Die Leistungsfähigkeit des Staates: Verfassungsrechtliche Grenze der Staatsleistungen? [1 ed.] 9783428495054, 9783428095056

Der Staat hat kein Geld mehr, die öffentlichen Kassen sind leer. Gleichzeitig werden heute unter Berufung auf Sozialstaa

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Die Leistungsfähigkeit des Staates: Verfassungsrechtliche Grenze der Staatsleistungen? [1 ed.]
 9783428495054, 9783428095056

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A N N A LEISNER

Die Leistungsfähigkeit des Staates

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 756

Die Leistungsfähigkeit des Staates Verfassungsrechtliche Grenze der Staatsleistungen?

Von Anna Leisner

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Leisner, Anna:

Die Leistungsfähigkeit des Staates : verfassungsrechtliche Grenze der Staatsleistungen? / von Anna Leisner. - Berlin : Duncker und Humblot, 1998 (Schriften zum öffentlichen Recht ; Bd. 756) Zugl.: München, Univ., Diss., 1997/98 ISBN 3-428-09505-7

Alle Rechte vorbehalten © 1998 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Satz: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-09505-7 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 θ

Vorwort Diese Studie wurde von der Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München im Wintersemester 1997/98 als Dissertation angenommen. Sie befindet sich auf dem Stand vom 1. März 1998. Mein besonderer Dank gilt Herrn Professor Dr. Klaus Vogel. Er hat diese Untersuchung mit seinem Rat in vielfachen Anregungen begleitet und mir damit wissenschaftliche Dimensionen erschlossen. Sein menschliches Verständnis und sein lebendiges persönliches Interesse haben mir immer sehr geholfen. Herrn Professor Dr. h.c. Norbert Simon danke ich für die freundliche Übernahme dieser Arbeit in die renommierte Reihe seines traditionsreichen Verlages. München, im März 1998

Anna Leisner

Inhaltsverzeichnis

Α. Das Thema der Untersuchung - Anlaß und Abgrenzung

15

I. Die Berufung auf Grenzen der staatlichen finanziellen Leistungsfähigkeit in der Diskussion um das Entschädigungs-und Ausgleichsleistungsgesetz

15

II. Auslegung im Sinne eines Vorbehalts der Leistungsfähigkeit als eines ungeschriebenen Verfassungsgrundsatzes

16

III. Verdeutlichung des Themas: Finanzielle Leistungsfähigkeit des Staates im „erfüllungsrechtlichen", nicht im „austeilungsrechtlichen" Sinn

18

IV. Mögliche Bedeutung eines erfüllungsrechtlichen Leistungsvorbehalts zugunsten des Staates

20

1. Wirkung eines Vorbehalts staatlicher Leistungsfähigkeit in der Verfassung ...

20

2. Kategorisierung der Ansprüche des Bürgers gegen den Staat

20

V. Die Ansprüche des Bürgers gegen den Staat und die unterschiedliche Wirkungsweise des Vorbehalts staatlicher Leistungsfähigkeit VI. Aufbau der Untersuchung

22 29

B. Erhaltung staatlicher Leistungsfähigkeit zur Erfüllung von Staatsaufgaben ....

31

I. Staatliche Leistungsfähigkeit als „Staatserhaltung", im Sinne der Sicherung staatlicher Aufgabenerfüllung

31

1. Staatserhaltung - Staatsrechtfertigung - Staatsaufgaben

31

2. Die Fragestellungen der Leistungsfähigkeit an die Staatsaufgabenlehre

33

3. Die Freiheit des Staates bei der Bestimmung seiner Aufgaben - kein Recht zur Einschränkung bestehender Verpflichtungen

34

4. Verfassungsschranken der Aufgabenbestimmungsfreiheit - Ansatz für eine Bestimmung des Inhalts staatlicher Leistungsfähigkeit?

37

8

nsverzeichnis 5. Leistungsverweigerung zur Erfüllung ausschließlicher, notwendiger, wesentlicher Staatsaufgaben?

41

6. Öffentliche Aufgabenerfüllung durch Private und Einrede mangelnder Leistungsfähigkeit des Staates

44

II. Der „konkursreife Staat" - eine letzte Ausnahme-Begrenzung der Staatsleistungen

47

1. Die unterschwellige Begründung des Vorbehalts „staatlicher Leistungsfähigkeit" aus den Rechtsgrundsätzen über die Bewältigung eines staatlichen Zusammenbruchs

47

2. Konkursunfähigkeit des Staates - Begründung für Leistungsverweigerungsrechte?

48

3. Staatsbankrott als spezieller Rechtsbegriff

54

4. Die rechtliche Bewältigung des Staatsbankrotts und die staatliche Leistungsfähigkeit

56

5. Notwendige Erfüllung von Staatsauf gaben - grundsätzliche Legitimation für Staatsbankrott wie für allgemeine staatliche LeistungsVerweigerung

58

6. Staatsbankrott als Ausnahmerecht - keine Möglichkeit der Erweiterung zu einem allgemeinen Recht staatlicher Leistungsfähigkeit

59

7. Wiederholung der „Einmaligkeit des Staatsbankrotts" in der Zukunft? - Ungeschriebenes Staatsbankrottrecht?

61

C. Haushaltsrecht als Grundlage staatlicher Leistungsbeschränkung I. Keine „Außenwirkung" des Haushalts

63 63

1. Die Fragestellung: Haushaltsplan als Leistungssperre?

63

2. Die rein innerorganische Wirkung des Haushaltsplans - § 3 Absatz 2 HGrG .

64

3. Leistungsverpflichtungen „nach Maßgabe des Haushalts"

65

4. Verfassungsrang von § 3 Absatz 2 HGrG?

66

II. Das verfassungsrechtliche Überschuldungsverbot - eine Leistungsschranke? ...

67

1. Die Bedeutung des Art. 115 GG für die Fragestellung der Untersuchung

67

2. Die Lenkungsfunktion des Haushalts - Deficit spending als Verschuldensgestattung

69

3. Verfassungsrechtliches Überlastungsverbot des Haushalts?

71

4. „Nur investive Kredite" - eine „weiche Überschuldungsgrenze"

74

5. Das „Gesamtwirtschafliche Gleichgewicht" - Begründung staatlicher Leistungs Verweigerung?

77

nsverzeichnis

9

6. Haushaltsrecht: Beschränkung des Mittelzuflusses, damit Begrenzung der Leistungsfähigkeit?

80

7. Austrocknung des Haushalts durch höherrangige normative Sperren des Mittelzuflusses?

82

8. Steuerwiderstand als faktische Sperre des Mittelzuflusses

86

III. „Wirtschaftlichkeit" und „Sparsamkeit" - Grenzen der Staatsleistungen? 1. Die Fragestellung: „Wirtschaftlichkeit als Leistungssperre"?

90 90

2. Außenwirksamkeit des Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes

91

3. Bindung des Gesetzgebers an die „Wirtschaftlichkeit"

95

4. Normative Faßbarkeit der „Wirtschaftlichkeit" als Leistungsschranke?

97

5. Unmöglichkeit der Bestimmung staatlicher Leistungsfähigkeit gegenüber Dritten aus „Wirtschaftlichkeit"

99

6. „Sparsamkeit" - Rechtfertigung aus staatlicher Mittellosigkeit?

D. Entschädigung nach staatlicher Leistungsfähigkeit

102

105

I. Die Bedeutung des Verfassungsrechts der Entschädigungsleistungen für die Fragestellung der Untersuchung 105 II. Die Entschädigungsklausel der Verfassung 1. Das Deichordnungsurteil des Bundesverfassungsgerichts

106 107

2. Die Problematik einer Flexibilisierung der Entschädigungshöhe

108

3. Einschränkung der Entschädigung nur in Ausnahmefällen

109

III. „Interessen der Allgemeinheit" - »Abwägung": Bedeutung fiskalischer Belange

111

1. „Interesse der Allgemeinheit" - doch ein subjektbezogener Entlastungsbegriff für den Staat?

111

2. Berücksichtigung von „Interessen der Allgemeinheit" - nicht Schutz finanzieller Leistungsfähigkeit

112

3. Die Problematik fiskalischer Interessen als „Interessen der Allgemeinheit" ..

114

4. Folgerungen für einen Vorbehalt staatlicher Leistungsfähigkeit: Keine Ableitung aus dem geltenden Verfassungsrecht der Entschädigung

116

E. Vorbehalt staatlicher Leistungsfähigkeit im Bürgerlichen Recht - Ansatz für einen allgemeinen Rechtsgrundsatz?

118

I. Fragestellung: Das Zivilrecht als Ausgangspunkt für die Begründung eines verfassungsrechtlichen Vorbehalts der Leistungsfähigkeit

118

nsverzeichnis II. Das Leistungsstörungsrecht des Bürgerlichen Rechts

119

1. Anwendbarkeit zivilrechtlicher Grundsätze der Leistungsstörungen auf öffentlich-rechtliche Verpflichtungen - Allgemeines

119

2. Die Unmöglichkeit der Leistungserbringung

120

3. Das anfängliche Unvermögen

120

4. Das nachträgliche Unvermögen

123

5. Der Sonderfall der wirtschaftlichen Unmöglichkeit

125

III. Privilegien des Fiskus - Ansatzpunkte für ein Recht staatlicher Leistungsfähigkeit?

127

1. Fragestellung und Bedeutung für das Thema

127

2. Zusätzliche staatliche Einnahmequellen als materiellrechtliches Privileg

128

3. Entlastung von HaftungsVerpflichtungen

129

4. Vollstreckungsprivilegien

131

IV. Ergebnis: Keine Begründung eines Vorbehalts staatlicher Leistungsfähigkeit aus dem Zivilrecht

133

F. Folgerungen aus dem bisherigen Ergebnis der Untersuchung für die einzelnen Kategorien von Leistungsansprüchen gegen den Staat 134 I. Negatives und zugleich positives Gesamtergebnis II. Ansprüche auf verfassungsrechtlicher Rechtsgrundlage

134 135

III. Einfachgesetzliche Ausformungen verfassungsrechtlich begründeter Leistungsansprüche 137 IV. Einfachgesetzliche Ansprüche ohne verfassungskonkretisierenden Inhalt V. Durch Verwaltungsentscheidung eingeräumte Leistungsansprüche VI. Leistungsansprüche auf vertraglicher Grundlage

138 139 140

G. Staatsleistungen nach verfügbaren Haushaltsmitteln - die „indirekte Außenwirkung des Haushaltsrechts" 141 I. Die Fragestellung: Staatliche Leistungskürzungen durch staatsbestimmte Veränderung der flexiblen Leistungsziele

141

1. Das bisherige Ergebnis: Keine Berufung des Staates auf mangelnde Leistungsfähigkeit 141 2. Der „stillschweigende Haushaltsvorbehalt"

142

nsverzeichnis

11

3. Die Bedeutung der Erkenntnis des indirekten Haushaltsvorbehalts für das Leistungsfähigkeitsproblem 145 II. Sozialversicherungsrechtliche Ansprüche - „Eigentum nach Haushalt"?

146

1. Die Sozialversicherung als Staatsleistung 2. Der Eigentumsschutz sozialversicherungsrechtlicher Sperre der Leistungskürzung?

146 Rechtspositionen

-

3. Kürzungen von Sozialversicherungsleistungen aus Haushaltsgründen

148 149

4. Flexibilisierung der staatlichen Leistungsaufgaben statt Leistungskürzung ... 150 ΠΙ. Das beamtenrechtliche Alimentationsprinzip - Beamtenbesoldung als Sparpotential?

152

1. Die Alimentation als verfassungsrechtlich begründete Staatsleistung

152

2. Der Zweck der Alimentation: Beamtensicherung als Staatsziel

154

3. Zulässigkeit der Besoldungskürzung nach Haushaltslage?

158

IV. „Verwaltungsermessen nach Haushaltsmitteln"

161

1. Die Bindungen des Ermessens an den Haushaltsplan - das polizeirechtliche Opportunitätsprinzip

161

2. Flexible Ermessensziele

162

H. Gesamtergebnis und Schlußbetrachtung

163

I. Zusammenfassung der Ergebnisse

166

J. Literaturverzeichnis

176

Sachwortverzeichnis

190

Abkürzungsverzeichnis a. a. O.

am angegebenen Ort

AcP

Archiv für die civilistische Praxis (Zeitschrift)

AGGVG

Ausführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz

Anm

Anmerkung

AöR

Archiv des öffentlichen Rechts (Zeitschrift)

BayAGZPOKO

Bayerisches Ausführungsgesetz zur Zivilprozeß-und Konkursordnung

BayHO

Bayerische Haushaltsordnung

BayVBl

Bayerische Verwaltungsblätter (Zeitschrift)

BBesG

Bundesbesoldungsgesetz

BGBl

Bundesgesetzblatt

BGHZ

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen

BHO

Bundeshaushaltsordnung

BMF

Bundesministerium der Finanzen

BSG

Bundessozialgericht

BSGE

Entscheidungen des Bundessozialgerichts

BSHG

Bundessozialhilfegesetz

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

BVerfGE

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

BWBauO

Badenwürttembergische Bauordnung

DÖV

Die Öffentliche Verwaltung (Zeitschrift)

DStZ

Deutsche Steuerzeitschrift (Zeitschrift)

DtZ

Deutsch-deutsche Rechts-Zeitschrift (Zeitschrift)

DVB1

Deutsche Verwaltungsblätter (Zeitschrift)

EGKNov

Einführungsgesetz zur Konkursnovelle

EGZPO

Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung

FA

Finanzarchiv (Zeitschrift)

FN

Fußnote

GewArch

Gewerbearchiv (Zeitschrift)

GG

Grundgesetz

GVG

Gerichtsverfassungsgesetz

HessVerwVollStG

Hessisches Verwaltungsvollstreckungsgesetz

HGrG

Haushaltsgrundsätzegesetz

Hrsg

Herausgeber

JA

Juristische Arbeitsblätter (Zeitschrift)

JuS

Juristische Schulung (Zeitschrift)

JZ

Juristenzeitung (Zeitschrift)

Abkürzungsverzeichnis Kap

Kapitel

KG

Kommanditgesellschaft

KO

Konkursordnung

NJW

Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift)

NVwZ

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (Zeitschrift)

OHG

Offene Handelsgesellschaft

PersV

Die Personalvertretung (Zeitschrift)

Rdnr

Randnummer

RGZ

Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen

Sten Prot

Stenografische Protokolle

StuW

Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift)

StWG

Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft

u. a.

unter anderem

vgl VGH

vergleiche Verwaltungsgerichtshof

VVDStRL

Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

ZBR

Zeitschrift für Beamtenrecht (Zeitschrift)

ZParlR

Zeitschrift für Palamentsrecht (Zeitschrift)

ZRP

Zeitschrift für Rechtspolitik (Zeitschrift)

13

Α. Das Thema der Untersuchung - Anlaß und Abgrenzung

I. Die Berufung auf Grenzen der staatlichen finanziellen Leistungsfähigkeit in der Diskussion um das Entschädigungsund Ausgleichsleistungsgesetz In den Jahren zwischen 1945 und 1949 wurden im Zuge der sogenannten demokratischen Bodenreform 1 in der damaligen sowjetisch besetzten Zone Vermögensgegenstände, vor allem Grundstücke, in großem Umfang enteignet. Das Vermögensgesetz des Bundes2 schloß, entsprechend dem neugefaßten Art. 143 Absatz 3 GG, eine Rückgabe des enteigneten Gutes, welche es grundsätzlich vorsah (§ 3 Absatz 1 Satz 1), bei „Enteignungen von Vermögenswerten auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage" (§ 1 Absatz 8 a VermG) aus.3 Die von der Enteignung betroffenen Grundeigentümer riefen das Bundesverfassungsgericht an. Dieses entschied im Bodenreformurteil 4, daß den Beschwerdeführern ein Rückgabeanspruch nicht zustehe. Es könne jedoch nicht im Ermessen des Gesetzgebers liegen, ob er für solche Rechtsverluste Wiedergutmachung vorsehen wolle oder nicht, wenn er schon den nach 1949 durch Enteignungsakte im Osten betroffenen Eigentümern den Rückgabeanspruch nach § 3 Absatz 1 Satz 1 VermG zubillige.5 Der Bundesgesetzgeber hat diesem Wiedergutmachungsauftrag durch Erlaß des „Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes" (EALG) vom 27. 9. 1994 (BGBl I, 2624) nachzukommen versucht. Während der langdauernden und kontro1 Nach Badura, P., DVBI 1990,1256 (1259/60) wurden, Jahre beispielsloser Entrechtung" mit einer „umwälzende(n) Umgestaltung der Sozial- und Wirtschaftsordnung" verbracht, welche das „erst nach Jahrzehnten als gescheitert zu Tage getretene Ziel" verfolgte, einen sozialistischen Staat mit der Diktatur einer Partei der „Arbeiterklasse"aufzubauen. 2 Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen, vom 23. 09. 1990 (BGBl. II, 889, 1159, seither mehrmals geändert). 3 Rechtsgrundlage ist Art. 143 Abs. 3 GG in Verbindung mit Nr. 1 der Gemeinsamen Erklärung der Regierungen der Bundesrepublik Deutschland sowie der Deutschen Demokratischen Republik zur Regelung offener Vermögensfragen, vom 15. 06. 1990 (Anlage III zum Einigungsvertrag vom 31. 08. 1990, BGBl II, 889, 1237) und Art. 41 Abs. 1 des Einigungsvertrages. 4 BVerfGE 84, 90. 5 BVerfGE 84, 90 (126).

16

Α. Das Thema der Untersuchung - Anlaß und Abgrenzung

versen Diskussionen in diesem Gesetzgebungsverfahren 6 fanden Anhörungen auch zur verfassungsrechtlichen Problematik, insbesondere zur Höhe der zu gewährenden Entschädigungs- und Ausgleichsleistungen statt. Bei der zweiten Anhörung 7 ging es vor allem um die Frage, ob der Gesetzgeber für diejenigen, welche ihr Gut vor 1949 verloren hätten, nur Wiedergutmachung in geringer Höhe (etwa 5 - 1 0 vom Hundert des Verkehrsweites) leisten dürfe, wenn er in den Fällen der nach 1949 Enteigneten Rückgabe und damit den vollen Verkehrs wert gewähre. Im Lichte des Gleichheitsgrundsatzes wurde überlegt, ob eine derart große Wertschere nicht von Verfassungs wegen geschlossen werden müsse, und sei es auch unter schwerer Haushaltsbelastung. Dem traten namhafte Vertreter des Staatsrechts mit der These entgegen, dem Staat stünden dafür die erforderlichen Mittel nicht zur Verfügung. Durch eine Verpflichtung zur Aufbringung eines zweistelligen Milliardenbetrags werde er überfordert. Die finanzielle Leistungsfähigkeit des Staates müsse berücksichtigt werden und jedenfalls gesichert bleiben, durch derartige Verpflichtungen aufgrund von Gesetzesrecht (VermG) in Verbindung mit Verfassungsrecht (Art. 3 Absatz 1 GG), gerate sie jedoch in akute Gefahr. Dies widerspreche einem Verfassungsgrundsatz, nach dem die finanzielle Leistungsfähigkeit des Staates stets erhalten werden müsse.8 Schmidt-Preuß hat später die Ansicht vertreten, dem Staat stehe ein „spezifischer Abwägungsspielraum zu, der es ihm erlaube, bei äußerster Ausschöpfung aller finanziellen Möglichkeiten auch die Begrenztheiten der außerordentlich angespannten Haushaltslage in Rechnung zu stellen".9 Eine nähere Begründung für einen solchen Grundsatz wurde, soweit ersichtlich, nicht gegeben.

II. Auslegung im Sinne eines Vorbehalts der Leistungsfähigkeit als eines ungeschriebenen Verfassungsgrundsatzes Was war mit der These, die Leistungsfähigkeit des Staates müsse immer erhalten bleiben, im Ausgangsfall des EALG gemeint? Sie sollte hier den Einwand widerlegen, daß die allzu weit geöffnete Wertschere zwischen der gesetzlich vorgesehenen Enteignungsentschädigung und der Rückgabe des vollen Weites des enteigne6 Badura, P. hatte schon 1990 vorhergesehen, daß „die Bemessung der den Betroffenen zustehenden Ausgleichsansprüche nach der Direktive einer rechtstaatlichen Eigentumsordnung eine dornenreiche Aufgabe des Gesetzgebers" werden würde (DVB1. 1990, 1256 (1263)). 7 Vergleiche Sten. Prot, der Öffentlichen Sitzung des Finanz- und Rechtsausschusses des BT (02. 02. 1994, Prot. Nr. 68 und Nr. 111); siehe dazu Schmidt-Preuß, M., NJW 1994, 3249 (3255). » So u. a. Schmidt-Preuß, M., Schmidt-Jortzig, E. (FN 7). 9 Schmidt-Preuß, M., NJW 1994, 3249 (3255), unter Hinweis auf Friauf, Κ. H JHorscht, Α., Rechtsfolgen der Enteignung von Grundbesitz und Wohngebäuden in der ehemaligen DDR zwischen 1949 und 1990, 1993, S. 193.

II. Vorbehalt der Leistungsfähigkeit als ungeschriebener Verfassungsgrundsatz

17

ten Guts in den Fällen der Enteignungen nach 1949 geschlossen werden müsse. Das EALG geht ferner davon aus, daß die Fälle der vor 1949 Enteigneten denen der nach 1949 Enteigneten im wesentlichen gleichartig behandelt werden sollen. Dann aber könnte sich die erwähnte Wertschere zwischen Rückgabe und Entschädigung auch zu Lasten aller vor 1949 Enteigneten öffnen und im Verhältnis zu den danach Betroffenen eine Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte bedeuten. In beiden Fällen wäre das Vermögensgesetz nur mit Art. 3 GG vereinbar, wenn der Vorbehalt staatlicher Leistungsfähigkeit eine solche Ungleichbehandlung rechtfertigen würde. Eine Ungleichbehandlung verschiedener Sachverhalte verletzt nach der sogenannten neuen Formel den Gleichbehandlungsgrundsatz dann, wenn der Staat eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art oder solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten.10 Dabei fällt die Intensität der Prüfung dieser Grenze im einzelnen sehr unterschiedlich aus.11 Zulässig ist indes in der Regel eine Differenzierung, die im Grundgesetz selbst angelegt ist. 12 So wurde etwa die Unterscheidung von Beamten und anderen Angehörigen des öffentlichen Dienstes gebilligt, da sie eine Grundlage in Art. 33 V GG hat 13 , oder auch die differenzierte Behandlung von Ehe und eheähnlichem Verhältnis aufgrund der Wertentscheidung des Art. 61 GG. 14 Die Vertreter der Auffassung, daß die Wertschere wegen eines Vorbehalts staatlicher Leistungsfähigkeit nicht geschlossen werden müsse, gehen denn auch davon aus, daß diesem Vorbehalt Verfassungsqualität zukomme. Ihre Äußerungen über die begrenzte Leistungsfähigkeit des Staates sind also, als Ausgangspunkt der folgenden Untersuchung, wie folgt zu verstehen: Die Verfassung enthalte den ungeschriebenen Grundsatz „Staatliche Leistungen werden nur nach Maßgabe zur Verfügung stehender oder unschwer zu beschaffender Haushaltsmittel gewährt". Dies wirft eine Frage auf, welche über den Anlaßfall des EALG weit hinausreicht: ob es einen ungeschriebenen Verfassungsgrundsatz gibt, wonach die Leistungsfähigkeit des Staates ganz allgemein die Grenze seiner Verpflichtungen darlo BVerfGE 55,72 (88); 60, 123 (134); 62, 256 (274); 74, 9 (28); diese neue Praxis arbeitet nach Badura, P, Staatsrecht, 2. Auflage, 1996, C 45, schärfer heraus, „daß sich das überkommene Willkürverbot bei der Betroffenheit verschiedener Personengruppen spezifischer als Gleichbehandlungsgebot erweist". n Jarass, H. D., in: Jarass, H. D./Pieroth, B. (Hrsg.), GG, 3. Auflage, 1995, Art. 3 Rdnr. 15 12 Jarass a.a.O. Rdnr. 17. 13 BVerfGE 3, 162 (186). 14 BVerfGE 18, 257 (269). 2 Leisner

18

Α. Das Thema der Untersuchung - Anlaß und Abgrenzung

stellt, das heißt all seiner Leistungen, und woraus sich ein solcher Vorbehalt gegebenenfalls herleiten läßt. Zunächst soll dabei der Begriff „Leistungsfähigkeit des Staates" erläutert werden (i. folg. III.). Sodann ist zu prüfen, wie sich ein solcher Verfassungsgrundsatz auf verschiedene Arten von Ansprüchen gegen den Staat auswirken würde (i. folg. IV.).

I I I . Verdeutlichung des Themas: Finanzielle Leistungsfähigkeit des Staates im „erfüllungsrechtlichen 44, nicht im „austeilungsrechtlichen44 Sinn 1. „Leistung " ist im juristischen Sprachgebrauch 15 die Zuwendung eines wirklichen oder vermeintlichen Vorteils, der typischerweise, aber nicht notwendig, einen Vermögenswert hat. Sie kann positiv oder auch negativ sein, das heißt in Tun oder Unterlassen bestehen. Hier wird der Begriff im Sinne der finanziellen Leistung gebraucht, des Vorteils mit Vermögenswert. „Quelle" der einzelnen Leistungspflichten 16 ist das öffentlich-rechtliche Schuldverhältnis, auf das mit Blick auf die Fragestellung noch einzugehen sein wird, (siehe unten IV.). 2. Der Begriff „Leistungsfähigkeit"

wird unterschiedlich verwendet:

a) Im allgemeinen Sprachgebrauch ist er ein Qualitätsmaßstab. So zeigt etwa der Jurist in seiner Sprache die Standards seiner Leistungsfähigkeit. 17 b) In der juristischen Terminologie ist das Wort weithin besetzt vom Steuerrecht. Unter Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit versteht man Besteuerung gleicher wirtschaftlicher Sachverhalte mit gleicher Belastungswirkung. 18 Das Prinzip stellt einen Sachgrund fur die Lastenverteilung dar. Dieser wird deshalb benötigt, weil sich aus der Steuerrechtfertigungslehre nicht unmittelbar ein Maßstab für die Höhe der Steuer ableiten läßt. 19 Dieses Lastenverteilungsprinzip 20 ist Ausfluß desjenigen Teils der partikularen Gerechtigkeit, die von Aristoteles im fünften Buch der Nikomachischen Ethik als die „austeilende" bezeichnet wird 2 1 , jener Tugend, kraft de15 Vgl. Vogel, K., in: Isensee, J. / Kirchhof, P. (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band 4, 1990, § 87 Rdnr. 90 ff.; siehe dazu allgemein auch Henke, W , Die Leistung, 1991. 16 Henke, W , JA 1989, 186. 17 Kirchhof, P, Die Bestimmtheit und Offenheit der Rechtssprache, 1987, S. 33. is Tipke, K. /Lang, J., Steuerrecht, 14. Auflage, 1994, § 4 Rdnr. 84. 19 Vogel (FN 15) Rdnr. 90. 20

Siehe etwa Vogel (FN 15); Birk, D., Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, 1983, S. 6, 26. 21 Aristoteles, Nikomachische Ethik, Buch 5, Kap. 5, 1131 a, Kap. 6 ff., zitiert nach Aristoteles, Philosophische Schriften, Band 3, in der Ubersetzung von Eugen Rolfes, bearbeitet von Günther Bien, 1995, S. 100 ff.; vgl. dazu auch Vogel, K., DStZ 1975,409.

III. Verdeutlichung des Themas

19

ren der Gerechte bei der Austeilung so verfährt, daß er die proportionale Gleichheit wahrt. 22 Im Anschluß an die Aristotelischen Kategorien liegt es nahe, das Besteuerungsprinzip als „ austeilungsrechtliche Leistungsfähigkeit " zu bezeichnen. c) In der folgenden Untersuchung geht es aber um eine andere Leistungsfähigkeit. Man könnte sie die „erßllungsrechtliche" nennen. Zu erörtern ist nämlich die Frage, ob die finanziellen Erfüllungsmöglichkeiten eine absolute Leistungsgrenze darstellen, ob sie eine Ausnahme bilden zu dem Grundsatz, daß Versprochenes zu gewähren ist, einen Vorbehalt zu dem Gebot „pacta sunt servanda": Eine Verpflichtung zur Rücksichtnahme auf Erfüllungsfähigkeit gibt es auch bei der Besteuerung. So hat der Bundesgesetzgeber nach Art. 106 Absatz 3 Nr. 2 GG bei der Festsetzung der Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer eine Überbelastung des Steuerpflichtigen zu vermeiden. 23 Die Abgabenordnung sieht in §163 die Möglichkeit einer abweichenden Festsetzung von Steuern aus Billigkeitsgründen vor, nach § 227 I AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Im Vollstreckungsverfahren schließlich kann die Finanzbehörde (§ 249 AO) nach § 258 AO die Vollstreckung einstweilen einstellen oder beschränken, soweit sie im Einzelfall unbillig ist. Die unter b) erwähnte „austeilungsrechtliche Leistungsfähigkeit" hat jedoch eine andere Stoßrichtung: Sie soll keine Grenze bilden, ist vielmehr in erster Linie Verteilungsprinzip zwischen einer Vielzahl von Steuerschuldnern, die einem Abgabengläubiger, närnlich dem Staat, gegenüberstehen. Auch im übrigen sind die austeilungsrechtliche und die erfüllungsrechtliche Leistungsfähigkeit grundverschieden: Im Steuerrecht erscheint das Leistungsfähigkeitsprinzip als ein Grundsatz von ethischer Qualität, hier geht es nur darum, daß der Staat nicht überlastet werden darf, ohne daß damit ein ethischer Anspruch verbunden würde. Im Steuerrecht wird Leistungsfähigkeit als Erfüllung des Gebots der Gleichheit eingesetzt - hier würde ihre Beachtung eher die Ungleichheit des Staates als Schuldner begründen. 3. Unter „Staat" und „staatlichem Schuldner" werden im folgenden Bund, Länder und die übrigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts verstanden, einzubeziehen sind auch Beliehene.24

22 Aristoteles a.a.O. S. 115. 23 Wie P. Kirchhof in StuW 1985, 319 (322) erläutert, handelt es sich bei dieser Vorschrift jedoch nur um eine finanzverfassungsrechtliche Vorkehrung gegen einen Aufgabenwettlauf zwischen Bund und Ländern, nicht dagegen um einen Maßstab für die Bundessteuergesetzgebung. 24 Grundlegend dazu Vogel, K., Öffentliche Wirtschaftseinheiten in privater Hand. 1959, S. 46 ff., vgl. auch Ossenbühl, F. und Gallwas, H.-U., VVDStRL 29 (1971), S. 137, 196. 2*

20

Α. Das Thema der Untersuchung - Anlaß und Abgrenzung

IV. Mögliche Bedeutung eines erfüllungsrechtlichen Leistungsvorbehalts zugunsten des Staates 1. Wirkung eines Vorbehalts staatlicher Leistungsfähigkeit in der Verfassung Wenn es einen (ungeschriebenen) Verfassungsgrundsatz gäbe, nach dem der Staat nur zu leisten hätte, wenn er dazu finanziell in der Lage wäre (vgl. oben Π. a. E.), so müßte ein solcher Vorbehalt gegenüber allen Kategorien von Ansprüchen gegen den Staat wirken. Unbeachtlich wäre dann sowohl der Inhalt der staatlichen Verpflichtung im einzelnen wie auch, vor allem, die Rechtsgrundlage, aus der sich der Anspruch ergäbe. Dennoch darf nicht einheitlich-pauschal von einem Begriff des „Anspruchs gegen den Staat" ausgegangen werden. Unterschieden werden muß vielmehr vor allem nach der Rechtsgrundlage des jeweiligen Anspruchs. Denn die Wirkungsweise eines angenommenen verfassungsrechtlichen Vorbehalts der Leistungsfähigkeit könnte eine andere sein, je nach dem, ob damit Ansprüche gegen den Staat eingeschränkt werden, die sich unmittelbar aus der Verfassung ergeben, oder aber Ansprüche auf einfachgesetzlicher Grundlage, auf Grund von Verwaltungsakten oder schließlich Forderungen, die aus einem Vertragsverhältnis abzuleiten sind. Eine unterschiedliche rechtliche Bedeutung des Vorbehalts der Leistungsfähigkeit für diese einzelnen Kategorien könnte die Folge sein.

2. Kategorisierung der Ansprüche des Bürgers gegen den Staat a) Zunächst ist der allgemeine rechtsdogmatische Rahmen zu bestimmen, in den Ansprüche einzuordnen sind, bei denen der hier untersuchte Vorbehalt der Leistungsfähigkeit geltend gemacht werden könnte: Es handelt sich um subjektive Rechte gegen den Staat, die einem verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnis entspringen. Schwerpunkt der Verwaltungsrechtsdogmatik ist von je her die objektivrechtliche Bindung der Verwaltung, ihre Verpflichtung, die Gesetze zu beachten und anzuwenden.25 Von Georg Jellinek 26 und Bühler 27 wurde jedoch Anfang dieses Jahrhunderts eine neue Entwicklung in Gang gesetzt: In den Blick rückte die Figur des 25 Dies wird in der Lehre kritisiert; vgl. etwa Bachof, O., VVDStRL 30 (1972), S. 193 (231); Häberle, P., BayVBI. 1977, 745 (748); ders., Die Verfassung des Pluralismus, 1980, S. 248 ff. 26 Jellinek, G., System der subjektiven öffentlichen Rechte, 2. Auflage, 1919 (Nachdruck 1963), S. 41 ff. 27

Bühlen O., Die subjektiven öffentlichen Rechte und ihr Schutz in der deutschen Verwaltungsrechtsprechung, 1914, S. 9 ff., 21, 223 ff.

IV. Mögliche Bedeutung eines erfüllungsrechtlichen Leistungsvorbehalts

21

subjektiv-öffentlichen Rechts, das heißt die einem Rechtssubjekt in öffentlichrechtlichen Vorschriften eingeräumte Rechtsmacht, mit Hilfe der Rechtsordnung eigene Interessen zu verfolgen. 28 Diese Rechtsfigur gibt dem Bürger zwar nicht mehr, als ihm objektiv-rechtlich ohnehin zu gewähren ist 2 9 , sie ist aber Ausdruck der Würde und Persönlichkeit des Menschen30 und entfaltet ihre praktische Bedeutung in der Möglichkeit der gerichtlichen Durchsetzung. b) Eng damit zusammen hängt der Begriff des Verwaltungsrechtsverhältnisses als der aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer Rechtsnorm sich ergebenden rechtlichen Beziehung verwaltungsrechtlicher Art zwischen mindestens zwei Rechtssubjekten.31 Es handelt sich dabei um das Rechtsverhältnis, in dem die subjektiven Rechte geltend gemacht werden, ohne daß aber die Gegenseitigkeit der Verpflichtungen in dieser Kategorie zum Ausdruck käme. Um diese spezifischen Beziehungen zwischen Staat und Bürger zu erfassen, wurde das verwaltungsrechtliche Schuldverhältnis entwickelt, als „Teilmenge" des Verwaltungsrechtsverhältnisses. 32 Das verwaltungsrechtliche Schuldverhältnis ist eine Sonderverbindung, kraft derer eine begrenzte Leistung geschuldet wird. 33 Nicht erfaßt werden daher Leistungspflichten der öffentlichen Verwaltung, etwa die Verkehrssicherungspflicht, besteht diese doch der Allgemeinheit gegenüber. Sonderverbindungen, damit aber verwaltungsrechtliche Schuldverhältnisse, können dort allerdings aus Konkretisierung oder Verletzung solcher Pflichten entstehen. Rechtsverhältnisse, die einen umfassenden Einsatz der Person 34 erfordern, gehören als solche ebenfalls nicht zum Verwaltungsschuldrecht, das eine Begrenzung des Leistungsinhalts voraussetzt. Aus ihnen können sich jedoch einzelne schuldrechtliche Beziehungen ergeben, zum Beispiel der Gehaltsanspruch des Beamten. Die umstrittene Frage, ob der Begriff des Verwaltungsschuldrechts auch voraussetzt, daß eine Leistung von Vermögenswert geschuldet wird 3 5 , kann in der vorlie28 Zum Begriff vgl. Scherzberg , Α., DVBI. 1988, 129 (131 f.). 29 Dies betont Maurer, H., Allgemeines Verwaltungsrecht, 11. Auflage, 1997, § 8 Rdnr. 4: er warnt denn auch davor, die Erwartungen an die Verwaltungsrechtsdogmatik in diesem Bereich allzu hoch zu stecken, Rdnr. 24. 30 Vgl. BVerwGE 1, 159. wo ein Anspruch des Hilfebedürftigen auf Fürsorgeleistungen entwickelt wurde. 31 Vgl. BVerwGE 14, 235 (236): 62, 342 (351): 89, 327 (329 f.). 32 Nach Maurer (FN 29) § 8 Rdnr. 21 handelt es sich hier nicht um eine „weitere Gruppe", sondern um eine „Überlagerung". 33

Wolff, Η. J J Bachof, Ο., Verwaltungsrecht I, 9. Auflage, 1974, § 44 I, Wolff, H. J. / Bachof, O.I Stober, R., Verwaltungsrecht I, 10. Auflage, 1994, § 32 Rdnr. 41, § 55 Rdnr. 3. 3 * Wolff/Bachof (FN 33) § 441. 3 5 So Wolff/Bachof (FN 33) § 44 I a; Wolff/Bachof/Stober (FN 33) § 55 I Rdnr. 3 unter Hinweis darauf, daß sich für eine so begrenzte Sonderbeziehung leichter gemeinsame Grundsätze entwickeln lassen; ablehnend Eckert, L., DVBI. 1962, 11 (12): Das bürgerliche Recht, aus dem der Begriff stamme, kenne eine derartige Einschränkung nicht; vgl. auch Zuleeg, M., DÖV 1970, 627 (630).

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Α. Das Thema der Untersuchung - Anlaß und Abgrenzung

genden Untersuchung offenbleiben: Nur vermögensrechtlichen Ansprüchen gegenüber wird der Vorbehalt finanzieller Leistungsfähigkeit geltend gemacht (siehe oben II. 1.), er soll also jedenfalls in einem verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnis wirken. Die Rechtsprechung hat den Versuch unternommen, den Begriff des Verwaltungsschuldverhältnisses weiter einzugrenzen: Voraussetzung sei ein „besonders enges Verhältnis des Einzelnen zum Staat oder zur Staatsverwaltung", das staatliche Handeln müsse „Ausfluß der fürsorgerischen Tätigkeit in bezug auf den Einzelnen sein". Dies erfordere, daß die Beziehung zwischen der öffentlichen Hand und dem Gewaltunterworfenen ihren Grund in der Fürsorge für den Gewaltunterworfenen habe, es genüge nicht, daß die Fürsorge eine bloße Nebenpflicht darstelle. 3 6 In der Literatur wurde diese Formulierung zu recht kritisiert. 37 Papier hat nachgewiesen, daß die Unterscheidung zwischen Haupt- und Nebenpflichten widersprüchlich ist, daß es im übrigen auf den Inhalt der Rechtspflicht nicht ankommt. 38 Die im folgenden dargestellten Leistungsansprüche entspringen also einer „schuldrechtlichen Rechtsbeziehung", in deren Rahmen auch das Problem der exceptio pecuniam non habendi zu verorten ist, welches an sich aus dem Zivilrecht bekannt ist. Die Frage, ob dieses Schuldverhältnis als „Institut der allgemeinen Rechtslehre" 39 auch Anwendung in öffentlichen Recht findet 40 , muß an dieser Stelle noch nicht erörtert werden (siehe unten E.). Die verschiedenen Ansprüche gegen den Staat brauchen im folgenden nicht unter allen denkbaren Kriterien kategorisiert zu werden. 41 Von Bedeutung für die Fragestellung ist allerdings die Unterscheidung der einzelnen Ansprüche nach dem Begründungsakt, da der Vorbehalt staatlicher Leistungsfähigkeit gegenüber diesen Gruppen von Ansprüchen jeweils unterschiedlich wirken könnte.

V. Die Ansprüche des Bürgers gegen den Staat und die unterschiedliche Wirkungsweise des Vorbehalts staatlicher Leistungsfähigkeit Zur Systematisierung der Ansprüche des Bürgers gegen den Staat nach dem Begründungsakt werden in der Literatur unterschiedliche Kategorien gebildet.42 Viele 36 BGHZ 21, 214 (218). 37 Nachweise bei Wolff /Bachof/Stober

(FN 33) § 55 I Rdnr. 3.

38 Papier, H.-J., Die Forderungsverletzung im öffentlichen Recht, 1970, S. 53. 39 Vgl. dazu Papier (FN 38) S. 18, 84. 40 Zu diesem Problemkreis grundlegend Meier-Branecke, H., AöR 11 (1926), 230 (239 ff.). Vgl. dazu Wolff/

Bachof ( FN 33), § 441 a und b.

V. Die Ansprüche des Bürgers gegen den Staat

23

Autoren wählen zwar eine andere Blickrichtung und erörtern die unterschiedlichen Handlungsformen des Staates.43 Dem oben (II.) angedeuteten „Wandel der Dogmatik des öffentlichen Rechts" 44 , nach dem die subjektiven Rechte des Bürgers in den Mittelpunkt rücken sollen 45 , vor allem aber dem Gegenstand der vorliegenden Untersuchung, der Suche nach einer möglichen Einwendung des Staates gegen Ansprüche des Bürgers, entspricht es jedoch, von den nach ihren Grundlagen geordneten Ansprüchen auszugehen. Bei einer solchen Behandlung der Ansprüche ist die besonders detaillierte Unterscheidung von insgesamt zehn Kategorien bei Wolff/ Bachof zugrundezulegen46 (i. folg.l.), wobei verschiedene Gruppen zusammengefaßt werden können (i. folg. 2.). Für die sich so ergebenden Anspruchskomplexe ist sodann die unterschiedliche Wirkungsweise des Prinzips darzustellen, welches den Gegenstand der Untersuchung bildet (i. folg. 3.). 1. Bei Wolff/ Bachof findet sich die Unterscheidung von Ansprüchen aus Rechtsnormen, aus Verwaltungsakt und aus verwaltungsrechtlichem Vertrag. Darüberhinaus werden folgende Kategorien gebildet: einseitige verwaltungsrechtliche Willenserklärung, Leistungen ohne Rechtsgrund und sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen im Rahmen öffentlichrechtlicher Rechtsverhältnisse, Amtspflichtverletzung, Aufopferung, enteignungsgleicher Eingriff und Enteignung sowie schließlich verschiedene Arten der Geschäftsführung, nämlich gesetzlich vorgesehene auftragsähnliche Geschäftsführung eines Trägers öffentlicher Verwaltung für eine Privatperson, Geschäftsführung ohne Auftrag seitens eines Trägers öffentlicher Verwaltung und schlechte Geschäftsführung. 2. a) Als Hauptkategorien von Ansprüchen lassen sich somit erstens solche aus Rechtsnormen nennen, das heißt aus Gesetzen im materiellen Sinn, wobei inner42 Vgl. schon Bühler, O., Die subjektiven öffentlichen Rechte und ihr Schutz in der deutschen Verwaltungsrechtsprechung, 1914; ders., Altes und Neues über Begriff und Bedeutung der subjektiven öffentlichen Rechte, in: ders./Drath, M . / Gönnenwein, O./Walz, E. (Hrsg.), Gedächtnisschrift für Walter Jellinek, 1955, S. 269 ff.; Bachof, O., Reflexwirkungen und subjektive Rechte im öffentlichen Recht, Gedächtnisschrift für Walter Jellinek, 1955, S. 287 ff.; aus neuerer Zeit vgl. etwa Rupp, H. H., Grundfragen der heutigen Verwaltungsrechtslehre, 2. Auflage, 1991, S. 146 ff. 43 Vgl. etwa Becker, J., JA 1986, 359; Kirchhof, P, in: Isensee, J./Kirchhof, P. (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band 3, 1988, 59; Kloepfer, M., JZ 1991, 737; Ossenbühl, F., JuS 1979, 681; Schmidt-Aßmann, E., DVBI. 1989, 533; Thieme, W., Zur Systematik verwaltungsrechtlicher Handlungsformen, in: Ipsen, H. P. (Hrsg.), Hamburger Festschrift für Friedrich Schack 1966, S. 157. 44

So lautet die Überschrift eines Aufsatzes von Henke, W., JZ 1992, 541. Grundlegend Fleiner-Gerster, Th., Öhlinger, Th. sowie Krause, P. zu dem Beratungsgegenstand Rechtsverhältnisse in der Leistungsverwaltung, VVDStRL 45 (1986), S. 152, 182, 212. 4 6 Wolff/ Bachof (FN 33) § 44; ähnlich Wolff /Bachof/Stober (FN 33), wo jedoch, im Unterschied zur Vorauflage, Verwaltungsakt, Verwaltungsvertrag und verwaltungsrechtliche Willenserklärung ohne erkennbaren Grund zusammengefaßt werden. 45

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Α. Das Thema der Untersuchung - Anlaß und Abgrenzung

halb dieser Gruppe weiter danach zu differenzieren sein wird, auf welcher Ebene der Normenhierarchie sie jeweils anzusiedeln sind. Sodann gibt es die Ansprüche aus Verwaltungsakt. Dabei interessieren nicht die Fälle einer Beschlagnahme oder Sicherstellung von Sachen seitens eines Trägers öffentlicher Gewalt, wodurch ein öffentlich-rechtliches Verwahrungsverhältnis ausgelöst wird 4 7 , oder die Zulassung zur Benutzung einer Anstalt 48 , da es hier nicht um Geld, sondern um Sachleistungen geht. Der Vorbehalt staatlicher Leistungsfähigkeit könnte aber etwa gegenüber einem durch Verwaltungsakt begründeten Anspruch auf Geldzuschüsse, Betriebsmittel und andere Subventionen an Privatpersonen ohne Gegenleistung wirken (i. folg. b). Eine dritte Gruppe bilden die Ansprüche aus verwaltungsrechtlichem

Vertrag.

Der spezielle Begründungsakt der verwaltungsrechtlichen Willenserklärung kann in diesem Zusammenhang vernachlässigt werden. Denn die von Wolff / Bachof angeführten Baulasterklärungen nach den Landesbauordnungen49 gibt es nur in einzelnen Ländern 50 ; die übrigen rechtserheblichen Willenserklärungen von Behörden, wie etwa Aufrechnungserklärung, Fristsetzung, Stundung einer Forderung oder Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts, wirken lediglich auf ein bereits bestehendes Schuldverhältnis forderungsverändernd ein, sind jedoch nicht geeignet, ein solches zu begründen. b) Bei einigen Anspruchsgrundlagen erhebt sich die Frage, welcher, insbesondere normativen, Rechtsgrundlage sie zuzuordnen sind. aa) Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch beruht nach herrschender Meinung nicht auf einer Analogie zu den §§ 812 ff. BGB. Vielmehr ist er als eigenständiges Rechtsinstitut anzusehen, welches aus dem besonderen Rechtsgrundsatz abzuleiten ist, daß eine mit der Rechtslage nicht übereinstimmende Vermögenslage auszugleichen ist. 51 Die Tatsache, daß trotzdem „auf einzelne Vorschriften aus den §§ 812 ff. BGB je nach Interessenlage" zurückgegriffen wird 5 2 , läßt allerdings den Schluß zu, daß der Erstattungsanspruch auf der Ebene des einfachen Gesetzes anzusiedeln ist. bb) Bei dem Anspruch aus Art. 34 Satz 1 GG in Verbindung mit § 839 BGB ist umstritten ob Art. 34 GG die originäre Anspruchsgrundlage bildet, oder diese dem 47 Vgl. BGH Ζ 43, 344 (349). 48 Wolff/ Bachof (FN 33) § 441 b Nr. 1. 49 Verwiesen wird auf §§ 108 f. BWBauO. 50 So etwa in den Landesbauordnungen Nordrhein-Westfalens, Baden-Württembergs, Berlins und Schleswig-Holsteins. Die Saarländische Landesbauordnung kennt eine baulastähnliche Regelung. Dagegen haben Rheinland-Pfalz und Bayern davon abgesehen, Baulastvorschriften in ihre Bauordnungen aufzunehmen. Vgl. zum Ganzen David, C.-H., Die Baulast als bauaufsichtliches Instrument 1970, S. 15 ff. 51 Vgl. Wolff/ Bachof { FN 33) § 441 b Nr.6. 52 Wolff/ Bachof (FN 33) § 441 b Nr.6.

V. Die Ansprüche des Bürgers gegen den Staat

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839 BGB zu entnehmen ist. Bettermann ist der Ansicht, daß Art. 34 GG Ausdruck einer originären Staatsverbandshaftung sei, damit „publizistisches Gegenstück zu §§ 31, 89 BGB". 5 3 Andere betonen, daß § 839 BGB zuerst „da war" 5 4 , die Verfassungsbestimmung lediglich „angeseilt" sei. 55 Eine bloße „Zurechnungsnorm" ist Art. 34 GG jedenfalls nicht 56 , schon weil diese Vorschrift die Tatbestandsvoraussetzungen weitgehend bestimmt und sie gegenüber dem allgemeinen Deliktsrecht modifiziert. 57 Im Hinblick auf die wichtigen Auswirkungen der privativen Schuldübernahme auf den Haftungstatbestand erscheint es konsequent, dem Anspruch heute Verfassungsrang einzuräumen. Mit der bloßen Berufung auf die Entstehungsgeschichte läßt sich seine Verortung auf der Ebene des einfachen Gesetzesrechts schwerlich begründen. cc) Ebenfalls in die Kategorie der Ansprüche auf normativer Grundlage sind Forderungen aus Aufopferung, enteignungsgleichem Eingriff und Enteignung einzuordnen. 58 Überwiegende Gründe sprechen hier gegen eine Herleitung aus Verfassungsrecht. Der Aufopferungsanspruch wird zwar von einigen als Grundsatz mit Verfassungsrang, als ungeschriebenes rechtsstaatliches Verfassungsprinzip, nämlich als Prinzip der Lastengleichheit, eingestuft. 59 Diese Einordnung erscheint jedoch problematisch. Der Aufopferungsgedanke, der die Idee einer Konfliktlösung zwischen Gemeinwohl und Individualrecht enthält, ist zwar rechtshistorisch eng mit der Entstehung des modernen Staates verbunden. 60 Die dogmengeschichtliche Entwicklung sowie die praktischen Auswirkungen des Prinzips haben sich, während des 19. Jahrhunderts über die Weimarer Zeit bis in die Gegenwart, immer wieder stark verändert. 61 In einem solchen Fall läßt sich eine „Idee der Gerechtigkeit" 6 2 mit Verfassungsrang kaum anspruchsbegründend heranziehen. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt betont, daß bei der Ableitung konkreter Folgen aus dem Rechtsstaatsprinzip wegen dessen Weite und Unbestimmtheit mit Behutsamkeit vorzugehen ist. 63 Gerade im Hinblick auf die historische Entwicklung des 53 In: Bettermann, K. A./Nipperdey, H. C./Scheuner, U., Die Grundrechte. Handbuch der Theorie und Praxis der Grundrechte, 3. Band, I . Halbband, 2. Auflage, 1972, S. 779 (831). 54 Ossenbühl (FN 34) S. 10. 55 Jellinek, W , JZ 1955, 147 (149). 56 Bei Ossenbühl (FN 34) S. 10 ff. steht diese Zurechnungsfunktion allerdings im Vordergrund. 57 Dies wird auch von Ossenbühl (FN 34) S. 11 anerkannt, der aber - aus seiner Sicht konsequent - betont, daß der Amtshaftungsanspruch privatrechtlicher Natur bleibt. 58 Vgl. die Überblicke bei Ossenbühl (FN 34) S. 108 f. und 184 f. 59 Vgl. Wolff/ Bachof (FN 33) 611 b; Lerche, P, JuS 1961, 237 (241). 60 Ossenbühl (FN 34) S. 102. 61 Vgl. Janssen, O., Der Anspruch auf Entschädigung bei Aufopferung und Enteignung, 1961, S. 22 ff. 62 Darauf werden die materiellen Anforderungen des Rechtsstaatsprinzips oft bezogen, vgl. BVerfGE 20, 323 (331); 52, 131 (144 f.); 70, 297 (308).

63 BVerfGE 57, 250 (276); 70, 297 (308).

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Α. Das Thema der Untersuchung - Anlaß und Abgrenzung

Aufopferungsgedankens ist dieser Anspruch, dessen Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen von der Rechtsprechung der gewohnheitsrechtlichen Geltung des § 75 EinlALR entnommen werden, auch auf der Ebene des einfachen Rechts einzuordnen. 64 Es handelt sich mithin nicht um einen Anspruch aus Verfassungsrecht. So zu beurteilen sind nun auch die Ansprüche aus enteignungsgleichem und aus enteignendem Eingriff, die spätestens seit dem Naßauskiesungsbeschluß65 in Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen auf den Aufopferungsgedanken mit Grundlage in den §§ 74 f. EinlALR gestützt werden. 66 dd) Die von Wolff /Bachof aufgezählten Fälle der Geschäftsführung schließlich sind gleichfalls gesetzlich geregelt 67, oder durch Bezugnahme auf die §§ 677 ff. BGB zu lösen, können mithin in die Kategorie der Ansprüche aus Rechtsnormen eingeordnet werden. ee) Eine weitere, praktisch bedeutsame Kategorie von Ansprüchen gegen den Staat wird zwar auf eine verfassungsrechtliche Grundlage gestützt, ist jedoch durch einfachgesetzliche Grundsätze näher ausgestaltet. Dies gilt insbesondere für den Anspruch auf Enteignungsentschädigung (Art. 14 Absatz 3 Satz 3 i.V.m. Satz 2 GG) und für den Sozialhilfeanspruch. 68 Auch der Alimentationsanspruch der Beamten und ihrer Hinterbliebenen wird meist nicht nur unter Bezugnahme auf die Spezialvorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes69, sondern unter Rückgriff auf die Vorschrift des Art. 33 V GG 7 0 erörtert. Hier wird man unterscheiden müssen: Die Forderung, etwa des Beamten auf Alimentation durch den Dienstherrn, findet als solche ihre Grundlage in der Verfassung. Ob sie für den Fall, daß es für sie keine einfachgesetzliche Ausgestaltung in den Besoldungs- und Versorgungsgesetzen gäbe, dennoch geltend gemacht werden könnte, ihr Inhalt dabei von Verwaltung und Gerichten unmittelbar der Verfassung entnommen werden könnte, mag hier offenbleiben. Die verfassungsrechtlichen Rechtsgrundlagen begründen jedenfalls einen Anspruch des Beamten auf Gewährung von Unterhalt nach jeweils gesamtwirtschaftlich zu ermittelnden Bedürfnissen. 71

64 So auch Ossenbühl (FN 34) S. 108. 65 BVerfGE 58, 300, zur vorherigen Entwicklung vgl. Ossenbühl (FN 34) S 173 ff 66 Der BGH hat für den enteignungsgleichen Eingriff klargestellt, daß der Aufopferungsgedanke in seiner richterrechtlich geprägten Ausformung eine hinreichende Anspruchsgrundlage bildet, BGH Ζ 90, 17 (39); allerdings hat das Gericht die sachliche Abkopplung von Art. 14 III GG nicht immer terminologisch entsprechend flankiert. Es sagt etwa nach wie vor, daß der enteignungsgleiche Eingriff aus dem Eigentumsschutz des Art. 14 GG abzuleiten sei (BGH Ζ 76, 375 (384); 90, 17 (39)); für den enteignenden Eingriff vgl BGHZ 91, 20 (26 ff.). 67 Wolff/ Bachof (FN 33) Nr. 4, 5, 7. 68 BVerwGE 52, 339 (346); 82, 364 (368); dieser Anspruch ist durch Leistungsgesetze ausgestaltet, insbesondere durch das BSHG. 69 §§ 13 ff. BBesG, vgl. insbesondere § 14. 70 Vgl. BVerfGE 8, 1 (14 ff.); 71, 39 (62 f.).

V. Die Ansprüche des Bürgers gegen den Staat

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Bei der Kategorisierung der Ansprüche ist nun aber - bereits an dieser Stelle zu prüfen, ob ein Einwand mangelnder Leistungsfähigkeit des Schuldners Staat der Verfassungsgrundlage, das heißt dem Recht auf Alimentation als solchem, oder deren einfachgesetzlicher Ausgestaltung zuzuordnen ist. Für letzteres mag angeführt werden, daß es sich dabei doch um einen „speziellen" Einwand handelt, der an eine besondere Voraussetzung geknüpft ist, daß dem Staat nämlich nicht genügend Mittel zur Verfügung stehen. Überwiegende Gründe dürften aber dafür sprechen, daß der Einwand mangelnder Leistungsfähigkeit hier unmittelbar gegen einen verfassungsrechtlich begründeten Anspruch gerichtet ist: Gibt es ein solches Gegenrecht des Staates, so richtet es sich gegen den Anspruch auf Alimentation selbst, berührt unmittelbar dessen Grundlage. Es geht hier nicht um eine der einfachgesetzlich ausgestalteten Anspruchsmodalitäten, sondern um den Verfassungsanspruch des Bürgers, er würde durch einen allgemeinen Verfassungsvorbehalt relativiert. Im folgenden werden daher verfassungsrechtlich begründete Ansprüche auch dann dieser Kategorie zugeordnet, wenn sie einfachgesetzlich ausgestaltet sind. 3. Die vorstehend vorgenommene Einordnung der Ansprüche auf Staatsleistungen erlaubt nun bereits einige allgemeine Aussagen darüber, wie ein Grundsatz des Berücksichtigung mangelnder Leistungsfähigkeit auf die wichtigsten Anspruchskategorien wirken könnte. Damit wird auch schon hier die praktische Bedeutung der folgenden Untersuchung (B. bis E.) erkennbar. Je nach dem Ergebnis, welches bei ihr erzielt wird, entfaltet der Vorbehalt staatlicher Leistungsfähigkeit unterschiedliche Wirkungen auf die einzelnen Anspruchskategorien: a) Zwischen einem Verfassungsvorbehalt staatlicher Leistungsfähigkeit und verfassungsrechtlichen Leistungsansprüchen bestünde gleichstufige Normkonkurrenz. So würde etwa der Alimentationsanspruch als Grundsatz des Berufsbeamtentums, der unter der Weimarer Reichsverfassung, von der er ja „hergebracht" wurde 72 , keinen solchen Vorbehalt kannte, mit einem solchen konkurrieren müssen. Ähnlich wäre die Rechtslage beim Anspruch auf Enteignungsentschädigung zu beurteilen: Das Gebot gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten nach Art. 14 Absatz 3 Satz 3 GG enthält, wie auch immer es in Folge des Deichordnungsurteils im einzelnen auszulegen sein mag (dazu siehe unten D. II. 1.), bestimmte verfassungsrechtliche Vorgaben. Diese stünden im Widerspruch zu einem verfassungsrechtlichen Vorbehalt staatlicher Leistungsfähigkeit. Konkurrenzprobleme in der Verfassung lassen sich nun nicht abstrakt und für alle Fälle gleichmäßig lösen. Vielmehr müssen die verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgüter in der Problemlösung einander so zugeordnet werden, daß jedes von ihnen Wirklichkeit gewinnt. Zugrundezulegen ist hier der Gedanke des nach beiden Seiten schonendsten Ausgleichs73, bei Kollisionen darf nicht im Wege vor71 BVerfGE 8, 1 (14 ff.); 71, 39 (62 f.); weitere Nachweise bei Pieroth, B., in: Jarass, H./ Pieroth, B. (Hrsg.), GG, 3. Auflage, 1995, Art. 33 Rdnr. 17. 72 BVerfGE 8, 332 (343); 70, 69 (79); 83, 89 (98).

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Α. Das Thema der Untersuchung - Anlaß und Abgrenzung

schneller Güterabwägung eine normative Weitung auf Kosten der anderen realisiert werden. 74 Die Einheit der Verfassung gebietet hier praktische Konkordanz Der Berücksichtigung beider Güter müssen Grenzen so gezogen werden, daß sie zu optimaler Wirksamkeit gelangen.

75

:

Bei Kollisionsfallen zwischen einem bestehenden verfassungsrechtlichen Anspruch und der Einwendung des Staates aus seiner mangelnden Leistungsfähigkeit wäre also im Einzelfall zu ermitteln, welche Rechtsgüter einander gegenüberstehen, und welches Gewicht ihnen, bezogen auf den konkreten Fall, zukäme. Dabei müßte für die Ansprüche im einzelnen untersucht werden, welche Rechtsgüter der Anspruchsträger sie jeweils schützen sollen. Diese wären dem näher zu bestimmenden Rechtsgut der Erhaltung staatlicher Leistungsfähigkeit jeweils gegenüberzustellen, wobei sich allerdings schwierige Abwägungsprobleme im Einzelfall stellen könnten. b) Gegenüber Ansprüchen aus einfachen Gesetzen würde sich ein verfassungsrechtlicher Vorbehalt staatlicher Leistungsfähigkeit in jedem Falle durchsetzen. Es bedürfte in diesen Fällen keines zusätzlichen legislativen Akts des einfachen Gesetzgebers zur Abänderung des von ihm erlassenen Leistungsgesetzes. Leistungsverpflichtungen müßten in allen Fällen nur erfüllt werden, soweit die staatliche Leistungsfähigkeit reichte. Dieser Vorbehalt könnte im einfachen Leistungsgesetz auch weder ausgeschlossen, noch auch nur abgeschwächt werden. c) Gegenüber Ansprüchen auf Grund von Verwaltungsakt würde der Vorbehalt staatlicher Leistungsfähigkeit nach dem Grundsatz des Vorrangs des Gesetzes zum teilweisen oder vollständigen Wegfall der Forderung gegen den Staat führen, und zwar sowohl bei gesetzlich gebundenem Verwaltungshandeln, als auch dort, wo sich dies in einem gesetzlich eingeräumten Ermessensspielraum vollzieht. Denn stets würden die einfachgesetzlichen Rechtsgrundlagen durch die Verfassungsnorm entsprechend verengt. d) Bei Ansprüchen aus einem verwaltungsrechtlichen Vertrag wäre bei Beeinträchtigung staatlicher Leistungsfähigkeit in der Regel eine Teilnichtigkeit des zu begründenden Vertrags anzunehmen (§ 59 I VwVfG i.V.m. § 134 BGB), falls der Inhalt der vom Staat geschuldeten Leistung teilbar ist. Andernfalls würde der Vorrang des Gesetzes zur vollständigen Nichtigkeit des Vertrags führen (vgl. b)). In Betracht käme aber auch ein entsprechende Anpassung des Vertrags über das Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage, welches über § 62 Satz 2 VwVfG Anwendung fände. Im Ergebnis ist also festzuhalten, daß sich ein verfassungsrechtlicher Vorbehalt staatlicher Leistungsfähigkeit gegenüber Ansprüchen aus einfachen Gesetzen, aus 73 Lerche, P., Übermaß und Verfassungsrecht, 1961, S. 125 ff. 74 Hesse, K., Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 20. Auflage, 1995, Rdnr. 72. 75 Hesse a.a.O. Rdnr. 317 ff.

VI. Aufbau der Untersuchung

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Verwaltungsakt und aus öffentlich-rechtlichem Vertrag immer durchsetzen würde. Bei Ansprüchen, welche ihre Grundlage unmittelbar in der Verfassung finden, müßte hingegen im Wege der Herstellung praktischer Konkordanz ermittelt werden, ob und inwieweit die staatliche Einwendung Wirkungen entfaltet.

VI. Aufbau der Untersuchung Ein Verfassungsgrundsatz, nach welchem den unter III. aufgeführten Ansprüchen vom Staat der Einwand mangelnder Leistungsfähigkeit entgegengesetzt werden kann, müßte sich aus öffentlich-rechtlichen Normen ergeben, und zwar aus Bestimmungen des Verfassungsrechts, aus Grundsätzen, welche aus diesen entwickelt worden sind, insbesondere vom Bundesverfassungsgericht, oder aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen auf dieser Normebene. Dabei liegt es nahe, zunächst den Ausgangsfall (oben Α. I.) im Blick zu behalten, den des Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes, zu dem die Auffassung vom Vorbehalt der Leistungsfähigkeit geäußert worden ist. Ihre Vertreter wollten ersichtlich gewährleisten, daß der Staat nicht durch allzu hohe Entschädigungsleistungen daran gehindert werde, seine Aufgaben, insbesondere vorrangige Verpflichtungen, zu erfüllen. Auszugehen ist also vom Verfassungsbegriff der Staatsaufgaben, um festzustellen, ob sich dort eine Abstufung nach der Bedeutung der jeweiligen Aufgabe ergeben könnte. Dementsprechend wären möglicherweise Staatsleistungen einzuschränken, die der Erfüllung nachrangiger staatlicher Aufgaben dienen (i. folg. Β. I.). Der Ausgangsfall führt für das Problem der Einwendung fehlender Leistungsfähigkeit zu einer weiteren verfassungsrechtlichen Überlegung, welche damals eine entscheidende Rolle gespielt hat: Im Bodenreformurteil 76 waren Grundsätze des Kriegsfolgenrechts herangezogen worden, welche die Leistungsansprüche gegen den Staat begrenzten. Es liegt daher die Annahme nahe, daß die Vertreter eines Vorbehalts der Leistungsfähigkeit diesen aus einem Verfassungsrecht des Staatsbankrotts haben gewinnen wollen. Aus der Konkursunfähigkeit des Staates könnte sich, andererseits, ergeben, daß dieser nicht durch Forderungen überlastet werden darf, die er nicht erfüllen kann. Das Recht des Staatsbankrotts ist ohnehin in engem Zusammenhang mit dem Problem der Konkursunfähigkeit von juristischen Personen des öffentlichen Rechts entwickelt worden (i. folg Β. II.). Sollten sich daraus überzeugende Lösungen nicht gewinnen lassen, so ist zu untersuchen, wie ein Vorbehalt staatlicher Leistungsfähigkeit nach dem Haushaltsrecht der Verfassung zu beurteilen ist, bis hin zu den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (i. folg. C.). Dies wäre auch die sedes materiae eines (ungeschriebenen) Leistungsfähigkeitsprinzips. 76 BVerfGE 84, 90.

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Α. Das Thema der Untersuchung - Anlaß und Abgrenzung

Ferner ist zu prüfen, ob sich aus dem übrigen Verfassungsrecht Begründungen für einen solchen Verfassungsgrundsatz ergeben könnten. Im Mittelpunkt steht dabei das Entschädigungsrecht des Art. 14 III GG (i. folg. D.). Schließlich fragt es sich, ob sich eine exceptio pecuniam non habendi des Staates aus Grundsätzen des Zivilrechts gewinnen läßt, aus denen sich ein allgemeiner Rechtsgrundsatz mit Verfassungsrang ergeben müßte (i. folg. E.). Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind dann in ihrer Wirkung auf die einzelnen Kategorien von Leistungsansprüchen gegen den Staat zu beurteilen (i. folg. F., im Anschluß an die vorstehend unter IV. gebildete Kategorisierung). Im letzten Teil der Ausführungen (i. folg. G.) wird schließlich, an ausgewählten Beispielen von Leistungsansprüchen gegen den Staat (Sozialleistungen, Alimentation, Ansprüche im Ermessensbereich der Verwaltung), untersucht, ob nicht wichtige, insbesondere verfassungsrechtliche, Ansprüche des Bürgers gegen den Staat behandelt werden, als stünden sie unter einem Vorbehalt verfügbarer Haushaltsmittel. Damit könnten weithin Ergebnisse erzielt werden, wie sie Folge eine Verfassungsgrundsatzes des Vorbehalts fehlender Leistungsfähigkeit wären, selbst wenn ein solcher allgemein nicht nachzuweisen sein sollte.

Β. Erhaltung staatlicher Leistungsfähigkeit zur Erfüllung von Staatsaufgaben I. Staatliche Leistungsfähigkeit als „Staatserhaltung", im Sinne der Sicherung staatlicher Aufgabenerfüllung 1. Staatserhaltung - Staatsrechtfertigung - Staatsaufgaben a) Die Annahme eines Verfassungsprinzips der Leistungsfähigkeit als Schranke von Staatsleistungen gegenüber Dritten, überdies noch als innerorganisatorisches Staatsprinzip, das jede Übernahme übermäßig belastender Staatsaufgaben verbietet, könnte wie folgt begründet werden: Eine letzte Grenze staatlicher Leistungsfähigkeit müsse gewahrt bleiben, bei deren Überschreitung der Staat als Institution funktionsuntauglich würde 1, das heißt „seine Aufgaben" nicht mehr erfüllen könnte, sich vielleicht in seiner Existenz bedroht sähe. Die Legalität strikter Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen träte in Widerstreit zur allgemeinen Begründung der Staatlichkeit, zu deren Legitimität. 2 Die rechtsdogmatische Untersuchung zur staatlichen Leistungsfähigkeit muß zwar von dieser grundsätzlichen Frage ausgehen, sie darf sich aber nicht in prinzipiellen Betrachtungen zu den Aufgaben des Staates verlieren. Im folgenden sind daher nur die herrschenden Auffassungen in Schrifttum und Rechtsprechung kritisch darauf zu prüfen, was sich aus ihnen für oder gegen einen Grundsatz der Leistungsfähigkeit als Grenze der Staatsleistungen ergeben könnte. Dabei dürfen zwar nicht feste dogmatische Abgrenzungsformeln erwartet werden, wohl aber vielleicht Orientierungen für das geltende Recht der Staatsleistungen. b) Dieser notwendigen Selbstbeschränkung der Untersuchung entspricht es, daß hier nicht die Diskussion über Wesen und Nutzen des Staates nachgezeichnet oder auch nur aufgerollt werden kann. Aus der Debatte über die Staatsrechtfertigung 3 1 Dieser - allerdings nicht unproblematische - Begriff (vgl. Willms, B., Funktion - Rolle Institution. Zur politiktheoretischen Kritik soziologischer Kategorien (Konzepte Sozialwissenschaft 1), Düsseldorf, 1971), würde damit vom Recht einzelner Staatsorgane, etwa des Parlaments, auf die Staatsorganisation insgesamt übertragen. 2 Auf diesem speziellen Sektor käme es zur Neuauflage einer früheren Problematik: Schmitt, C., Legalität und Legitimität, 2. Auflage, 1968; Hofmann, H., Legitimität gegen Legalität. Der Weg der politischen Philosophie Carl Schmitts, 1964. 3 Vgl. dazu Jellinek, G., Allgemeine Staatslehre, 1913 (Neudruck 1960), S. 184 ff.; Kriele, M., Einführung in die Staatslehre, 5. Auflage, 1994, S. 15 ff.; Herzog, R., Allgemeine Staatslehre, 1971, S. 19; Isensee, J., Stichwort „Staat", in: Görres-Gesellschaft (Hrsg.), Staatslexi-

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Β. Erhaltung staatlicher Leistungsfähigkeit

wird daher im folgenden vor allem eine heute mehr denn je aktuelle Problematik herausgegriffen, die der Staatsaufgaben. Es entspricht ja auch der Entwicklung des modernen demokratischen Verfassungsstaats, die Legitimation des Staates gegenüber dem Bürger in seiner Aufgabenerfüllung zu suchen4, nicht mit Blick auf transzendente Mächte.5 Der Begriff der „Staatserhaltung" spielt im Staatsrecht zwar durchaus noch eine Rolle: Den „Bestand der Bundesrepublik" „gilt" es „zu schützen und zu erhalten". 6 Wo der staatliche Gesetzgeber Gemeinschaftsgüter von überragender Bedeutung auch gegen grundrechtliche Ansprüche - sichern darf 7, ist deutlich die Rechtfertigung staatlicher Ordnungsmacht gegenüber der Bürgerfreiheit angesprochen. Diese Staatsrechtfertigungslehre stützt sich aber bereits auf jene Staatsaufgaben, welche im folgenden den Mittelpunkt der Untersuchung bilden sollen: Es geht darum, ob der Staat seine Leistungsfähigkeit wahren darf, indem er Leistungen in einem Bereich kürzt, damit er seine (anderen) Aufgaben (vollständig) zu erfüllen vermag. Leistungsschranken würden damit nicht (primär) aus der mangelnden Verfügbarkeit der Mittel gewonnen, sondern aus der Notwendigkeit, diese für andere Aufgaben einzusetzen. Zugleich werden damit wichtige Vorfragen zu den folgenden Erörterungen der Konkursfähigkeit des Staates und des Staatsbankrotts behandelt; denn Konkurs bedeutet Leistungskürzung oder gar Leistungsverweigerung, damit (noch) vorhandene Mittel zur Befriedigung vorrangiger oder auch gleichrangiger Ansprüche eingesetzt werden können. c) In Untersuchungen der Staatsaufgaben begegnen denn auch immer wieder Hinweise auf die Problematik der Leistungsfähigkeit des Staates, wenn auch in allgemeiner Form, so etwa wenn Grenzen der Erfüllung sozialer Staatsaufgaben aus der „beschränkten Leistungsfähigkeit des Staates" abgeleitet werden.8 Die „ökonomisch-finanzielle Leistungsfähigkeit" des Staates erscheint als eine generelle Schranke der Übernahme von (weiteren) Staatsaufgaben 9, weil „das heute vielfach kon, 7. Auflage, 1989, Sp. 146 ff. sowie BVerfGE 49, 24 (56 f.); zu Begriff, Gegenstand und Maßstab der Rechtfertigung im allgemeinen vgl. Rodi , M., Die Rechtfertigung von Steuern als Verfassungsproblem, 1994, S. 7 ff. 4

Schachtschneider, Κ. Α., hat gerade dem den großangelegten Versuch einer „Allgemeinen Republiklehre" zugedacht, Res publica res populi, 1994, insbesondere S. 400 ff. 5 Georg Jellinek konnte in seiner Staatsrechtfertigungslehre noch ein längeres Kapitel der theologischen Staatslegitimation widmen (FN 3, S. 186 ff.). 6 BVerfGE 20, 162 (178). 7 Entsprechend der Judikatur des Bundesverfassungsgerichts im Apothekenurteil, E 7, 377 (398 ff.); vgl. näher unten 4 c). 8 Schon bei Carl Schmitt, Verfassungslehre, 4. Auflage, 1965, in seinen Ausführungen zu den Leistungsgrundrechten, S. 169 f.; vgl. auch Bull, H. P., Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, 1973, S. 236; nach Bauer, H., VVDStRL 54 (1994), S. 243 (245) stößt der „geforderte Staat" an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit und entledigt sich deshalb eines Teils seiner Aufgaben durch Privatisierung. 9

Eichenberger, K , in: Hennis, W. / Graf Kielmansegg, P./Matz, U. (Hrsg.), Regierbarkeit - Studien zu ihrer Problematisierung, Band 1, 1986, S. 103 (108).

I. Staatliche Leistungsfähigkeit als „Staatserhaltung"

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beklagte Übermaß an Staatsaufgaben an die Grenzen der Finanzierbarkeit, der Funktionsfähigkeit und der Regierbarkeit stößt". 10 Wenn schließlich der Ausgangsbegriff der Staatsaufgaben, das öffentliche Interesse 11, dem fiskalischen Staatsinteresse geöffnet wird 1 2 , so könnte daraus abgeleitet werden, daß die Erhaltung der finanziellen Leistungsfähigkeit des Staates jedenfalls einen wichtigen Abwägungsfaktor bei der Bestimmung dessen darstellt, was der Staat im konkreten Fall zu leisten hat. Über solche Bezugnahmen hinaus hat aber die Staatsaufgabenlehre das Leistungsfähigkeitsprinzip noch nicht entdeckt.13 Es gilt daher, ihre allgemeineren Aussagen auf den Gegenstand dieser Untersuchung auszurichten.

2. Die Fragestellungen der Leistungsfähigkeit an die Staatsaufgabenlehre Dabei sollen folgende Fragen erörtert werden: a) Es ist zu prüfen, ob dem Staat eine Aufgabenwahl- und Aufgabenbestimmungsfreiheit zusteht, und was die Folgen daraus für einen Rechtsbegriff staatlicher Leistungsfähigkeit sein könnten (im folgenden 3.). b) Fraglich ist, welche Folgerungen sich für das Untersuchungsthema daraus ergeben könnten, daß sich der Staat bei seiner Aufgabenbestimmung in den Schranken der Verfassung halten, insbesondere die Grundrechte beachten muß (im folgenden 4.). c) Sodann sind die Versuche zu bewerten, etwas wie einen Kreis von ausschließlichen, notwendigen, wesentlichen Staatsaufgaben festzulegen (im folgenden 5.). d) Schließlich sind Folgerungen aus den bisherigen Lehren zu den „öffentlichen" Aufgaben für die Leistungsfähigkeit des Staates zu ziehen, wobei das Verhältnis zu den „gesellschaftlich zu erfüllenden" oder tatsächlich so erfüllten Aufgaben im Mittelpunkt steht (im folgenden 6.). Stets geht es um eines: ob die Erfüllung einer (anderen) Staatsaufgabe den staatlichen Schuldner von der Pflicht zur Erfüllung einer bestimmten Staatsaufgabe (Leistungsverpflichtung) befreien kann. Bei dieser letzteren wird unterstellt, daß sie jedenfalls auch zu den „Staatsaufgaben" gehört, weil der Staat hier auf (verfas-

10

Isensee, J., in: Isensee, J./ Kirchhof, P. (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band 3, 1988, § 57 Rdnr. 176. 11 Vgl. die Einordnung bei Isensee (FN 10) Rdnr 135. 12 So etwa Häberle, P., DVBI. 1967, 220. 13 Dies mag den Ausspruch Isensees unterstreichen, die Lehre von den Staatszielen und Staatsaufgaben sei „heute erst Entwicklungsland der deutschen Staatsrechtslehre", (FN 10) Rdnr. 132.

3 Leisner

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Β. Erhaltung staatlicher Leistungsfähigkeit

sungs-)gesetzlicher Grundlage an sich in Anspruch genommen werden kann wenn ihn nicht mangelnde Leistungsfähigkeit schützt.

3. Die Freiheit des Staates bei der Bestimmung seiner Aufgaben kein Recht zur Einschränkung bestehender Verpflichtungen a) Herbert Krüger hat am klarsten die Lehre entwickelt, der Staat sei in Bezug auf seine Aufgaben zu allem fähig, im Namen einer „General- und Blankovollmacht, sich in freier Entschließung und in eigener Verantwortung diejenigen Aufgaben stellen zu dürfen, die er wegen der zu bewältigenden Lagen für erforderlich hält". 14 Man mag dies „Allzuständigkeit" nennen, Omnikompetenz15; doch der Kompetenzbegriff führt hier nicht weiter 16 ; er bezeichnet allenfalls die rechtliche Organisation der Aufgabenerfüllung. Ebensowenig sollte von „Kompetenz-Kompetenz" die Rede sein. 17 Wenn damit die Zuständigkeit zur Änderung der Verfassung gemeint sein soll, so steht eben auch diese zur Disposition des Staates als Verfassung(sgesetz)geber. 18 Daß die Aufgabenbestimmung in geordnetem Verfahren zu erfolgen hat 19 , ist, in so allgemeiner Form, eine Selbstverständlichkeit, die den Staat nicht wesentlich beschränkt. Es bleibt also aufgabenmäßig bei einer „Allfähigkeit" des Staates, der auch praktisch eine kaum begrenzte Bereitschaft zu „allem Tun" zeigt. 20 Er ist die höchste Ordnungsmacht.21 Was der Staat für sich in Anspruch nimmt, wird damit zur Staatsaufgabe; über diese Feststellung ist die herrschende Lehre bis heute nicht hinaus gekommen.22 Eine andere - und weitere - Frage ist es, welche Schranken ι 4 Allgemeine Staatslehre, 2. Auflage, 1966, S. 760. is Bull (FN 8) S. 90; Eichenberger (FN 9) S. 103. 16

Isensee (FN 10) Rdnr. 141: Staatsaufgaben und Kompetenz decken sich nicht. Krautzberger, M., Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch Private, 1971, S. 46, der dann aber doch bei der Aufgabenbestimmungsfreiheit des Staates endet, vgl. Bull (FN 8) S. 91; siehe auch Isensee (FN 10) Rdnr. 156. Kompetenz-Kompetenz hat übrigens herkömmlich einen anderen Begriffsinhalt: Sie bezeichnete traditionell das Recht der ordentlichen Gerichte zur Entscheidung über den Rechtsweg (§ 17 GVG a. F.), in Anknüpfung wohl an französischen Sprachgebrauch - darüber urteilt dort letztinstanzlich das Tribunal des Conflits (de compétences). 17

18

Näher zur Eingrenzung der Aufgabenbestimmung durch die Grundrechte unten 4 a. 19 Bull (FN 8) S. 236. 20 Eichenberger (FN 9) S. 104. 21 Das erkennt auch Bull (FN 8) S. 91 an. 22 Peters, H., in: Dietz, R./Hübner, H. (Hrsg.), Festschrift für H. C. Nipperdey, Band 2, 1965, S. 877 (880); Klein, H. H., DÖV 1965, 755 (758); Dagtoglou, P., DÖV 1970, 532 (534); Brohm, W., Strukturen der Wirtschaftsverfassung, 1969, S. 157; Martens, W., Öffentlich als Rechtsbegriff, 1969, S. 131; Lerche, P., Die Zulassung privater Fernseh Veranstaltungen, 1970, S. 89; Ossenbühl, F., VVDStRL 29 (1971), 137 (153); Steiner, U., Öffentliche Verwaltung durch Private, 1975, S. 52; Löwer, W., Energieversorgung zwischen Staat, Gemeinde

I. Staatliche Leistungsfähigkeit als „Staatserhaltung"

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die Verfassung zieht. „Was die Bürger gemeinsam, also staatlich, bestimmen und bewältigen, regeln die Gesetze".23 Die Sorge, es könne so die Staatsallmachttheorie des „totalen Staates" eingesetzt werden 24, ist unbegründet. Das Aufgabenbestimmungs- und -übernahmerecht des Staates macht diesen noch nicht allmächtig; Omnikompetenz bedeutet nicht Omnipotenz, sie schließt Verfassungsgrenzen oder gar solche aus überstaatlich geltendem Recht nicht aus, ist vielmehr ihrerseits Voraussetzung von deren rechtlicher Sinnhaftigkeit. b) Von diesem freien Aufgabenübernahmerecht hat der Staat durch die Tätigkeit all seiner Organe, vor allem über seine Gesetzgebung, in den letzten Jahrzehnten extensiven Gebrauch gemacht; die staatliche Aufgabenexpansion ließ sich nicht mehr eindämmen.25 Demokratische Regierungen konnten sich damit populär machen.26 Vor allem im Sozialbereich wuchs der Staat in eine Garantenrolle hinein, welche die Forderung der notwendigen Aufrechterhaltung irreversibler „Errungenschaften" befriedigen sollte. 27 So stieg denn die „Staatsquote" kontinuierlich an 28 , was wiederum das Problem der Leistungsfähigkeit des Staates drängender werden läßt. Ob dieser bereits säkularen Tendenz der Aufgaben-(und damit auch Ausgaben-) Erweiterung mit den Mitteln der „Aufgabenkritik" wirksam entgegengewirkt werden kann 29 , mag hier offen bleiben. Privatisierungsanstrengungen gehen in diese Richtung, ebenso die neuerdings im Bereich der Exekutive systematisierten Anstrengungen, zu einem „schlanken Staat" zu gelangen.30 All dies bleibt jedoch im Bereich politischer Zielsetzungen der Selbstbeschränkung eines Staates, der sich grundsätzlich frei darin sieht, welche Aufgaben er übernehmen will, trotz aller bisher rechtlich wenig ergiebigen - Versuche, ihn hier in Subsidiarität zurückzudrängen. 31 c) Dieser Staat, der wesensmäßig in der Übernahme seiner Aufgaben frei ist, dürfte sich nach der These vom Vorbehalt der Leistungsfähigkeit möglicherweise auf „andere Aufgaben" berufen, welche ihm die Erfüllung bisheriger Verpflichtunund Wirtschaft, 1989, S. 171; Isensee (FN 10) Rdnr. 137; Grimm, D., begründet dies für die heutige Zeit damit, daß sich die neuen Aufgaben, Instrumentarien und Akteure weitgehend der verfassungsrechtlichen Steuerung entzögen, in: ders. (Hrsg.), Staatsauf gaben, 1994, S. 613 (625 ff.). 23 Schachtschneider (FN 4) S. 371. 24 Welche offenbar die Konstruktionen von Bull (FN 8) trägt. 25 Vgl. neuerdings Grimm (FN 22) S. 625. 26 Darin ist Eichenberger (FN 9) S. 106 ein unverdächtiger Schweizer Kritiker. 27 Siehe dazu mit Nachweisen Isensee (FN 10) Rdnr. 153. 28 Dazu, allerdings auch kritisch zur Aussagekraft der Formel, Watrin, Chr., in: Regierbarkeit (FN 9), Band 1, S. 242 ff. mit Nachweisen. 29 Siehe dazu für viele Püttner, G., Verwaltungslehre, 2. Auflage, 1989, S. 46 mit Nachweisen. 30 Dazu mit Nachweisen neuerdings Busse, V., DÖV 1996, 389 ff. 31 Grundlegend und bereits damals grundsätzlich skeptisch Isensee, J., Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, 1968, insbesondere S. 58 ff. 3*

Β. Erhaltung staatlicher Leistungsfähigkeit

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gen unmöglich machten. Dies wäre ihm dann vielleicht nicht nur in Tätigkeitsbereichen gestattet, welche neu zu übernehmen sind, sondern auch dort, wo sich die bisherige Aufgabenerfüllung bereits zu einer rechtlichen Leistungsverpflichtung verdichtet hat. Dem stehen jedoch entscheidende Bedenken entgegen. aa) Selbst wenn der Staat frei darin sein sollte, seine Aufgaben zu wählen und näher zu bestimmen, so kann ihn dies nicht dazu berechtigen, die Erfüllung von Ansprüchen teilweise zu verweigern, welche sich aus bisher übernommenen Aufgaben ergeben, wenn diese Ansprüche rechtlich verfestigt sind. Der Staat könnte als Schuldner seine Leistungen allenfalls dann einschränken, wenn er seine neuen Aufgaben nicht nur übernehmen dürfte, sondern übernehmen müßte. Nur eine verfassungsrechtliche Übernahmeverpflichtung von Aufgaben durch den Staat könnte also überhaupt die Frage aufwerfen, ob die. Leistungsfähigkeit des Staates zur Erfüllung der bisherigen wie der neuen Aufgaben ausreiche, und ob etwa, weil dies nicht der Fall sei, die bereits bestehenden Leistungsverpflichtungen gekürzt werden dürften. Die Freiheit der Aufgabenübernahme allein kann jedenfalls einen Vorbehalt der Leistungsfähigkeit nicht begründen. Frei ist der Staat zur Aufgabenübernahme und -erfüllung nur, soweit seine bereits bestehenden Verpflichtungen dies noch gestatten. Die Aufgabenbestimmungsfreiheit des Staates eröffnet begrifflich lediglich eine Möglichkeit für die Zukunft, nicht ein Recht zur rückwirkenden Korrektur früherer Aufgabenübernahme. Und auch jenes Recht des Staates, Aufgaben zu übernehmen, steht unter dem Verbot des venire contra factum proprium, zwingt ihn also dazu, Entscheidungen zu Ende zu führen, sobald sich diese zu rechtlichen Ansprüchen des Bürgers verfestigt haben. Die Freiheit des Staates, weitere Aufgaben zu übernehmen, sagt aber über seine Verpflichtung, bereits übernommene Aufgaben zu erfüllen, nichts aus; bisher ist dies auch, soweit ersichtlich, nirgends behauptet worden. 32 Wenn dem nicht so wäre, wenn also die Erfüllung bisher eingegangener Verpflichtungen unter Berufung auf die Aufgabenfreiheit verweigert werden dürfte, so würde dies eine unabsehbare Relativierung bereits begründeter Ansprüche bedeuten: Die Vielfalt der erfüllten und der möglicherweise neu wahrzunehmenden Aufgaben sowie der sich aus ihnen jeweils ergebenden Belastungen wäre unübersehbar. Keine rechtliche Instanz, auch nicht die Verfassungsgerichtsbarkeit, könnte überzeugend entscheiden, ob gewisse Aktivitäten eingestellt werden, neue übernommen werden dürften. Staatlichen Einwendungen aus mangelnder Leistungsfähigkeit wären rechtlich faßbare Grenzen nicht mehr zu ziehen: Der Staat könnte Sozialhilfe beliebig kürzen, weil er sich um Kulturförderung zu kümmern habe, die Gemeinde dürfte Entschädigungsleistungen für Grundabtretungen mindern, weil sie ihre Beziehungen zu Partnerkommunen finanzaufwendig ausbauen müsse. 32

Zu ganz allgemeinen Ansätzen - allerdings nicht ausgehend von der vorliegenden Fragestellung - vgl. oben 2 c).

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bb) Jede Staatsaufgabe mag unter dem Vorbehalt jeder anderen stehen - bis zu einem gewissen Grad, den die Aufgabenfreiheit des Staates bestimmt; doch es kann nicht angehen, jede Staats Verpflichtung unter den Vorbehalt jeder Staats aufgabe zu stellen. Damit würden alle möglichen künftigen Pflichten zu Einschränkungen gegenwärtig bereits bestehender Rechtsverpflichtungen. Das verstieße gegen die Rechtsstaatlichkeit und, soweit Vermögensrechte begründet worden sind, gegen das Eigentumsgrundrecht (Art. 14 Absatz 1 Satz 1 GG): Dieses gewährt dem „Bestand" (der bestehenden Rechtspositionen) Vorrang vor den „Chancen", in einer Zukunft, in welcher etwa andere Aufgabenerfüllungen zu veränderten Leistung(sfähigkeit)en führen könnten.33 cc) Folge einer so erweiterten Aufgabenfreiheit des Staates wäre eine unerträgliche Rechtsunsicherheit: Jeder Gläubiger müßte ständig damit rechnen, daß Leistungen, auf die ihm ein Rechtsanspruch zusteht, mit der Begründung gekürzt würden, der staatliche Schuldner habe sich nun für anderes, Wichtigeres, entschieden; die Mittel zur Erfüllung seiner bisherigen Verpflichtungen stünden ihm zwar zur Verfügung, er wolle sie aber anders einsetzen. Damit würden sämtliche Staatsschulden zu Potestativverpflichtungen, der Staat wäre überhaupt kein Schuldner im Rechtssinne mehr. Dies bringt auch ein Ergebnis für die Staatsaufgabenlehre: Freiheit des Staates zur Bestimmung seiner Aufgaben besteht nur im Rahmen der Erfüllung von Rechtsverpflichtungen aus bereits übernommenen Staatsaufgaben. Hier zeigt sich nun eine Grundproblematik der Staatsaufgabenlehre: Wenn sie nicht von Prioritäten der Erfüllungsnotwendigkeit ausgeht, wird sie rechtlich unfaßbar, ja nutzlos 34 ; sie bringt dann nur die Feststellung, daß der Staat tun kann, was ihm das (Verfassungs-)Recht nicht verbietet - eine Verfassungstautologie. „Leistungsfähigkeit des Staates" kann also, aus der Sicht der Staatsaufgabenlehre, lediglich dann bestimmbar werden, wenn es gelingt, vorrangige Aufgaben zu definieren, hinter die andere, einschließlich der Befriedigung daraus sich ergebender Forderungen Dritter, zurücktreten müssen.35 Gerade wenn man, mit der herrschenden Lehre, dem Staat eine so weitgehende Aufgabenbestimmungsfreiheit einräumt, darf er sich von seinen Rechtspflichten nicht dadurch befreien, daß er sich auf jene beruft.

4. Verfassungsschranken der Aufgabenbestimmungsfreiheit Ansatz für eine Bestimmung des Inhalts staatlicher Leistungsfähigkeit? Eine Einschränkung des staatlichen Beliebens, eigene Aufgaben zu definieren, könnte nun in den Verfassungsbindungen gesehen werden, denen der Gesetzgeber 33 Vgl. etwa BVerfGE 58, 300 (336); 68, 193 (222); 74, 129 (148). 34 Insoweit ist Bull (FN 8) S. 90 zuzustimmen. 35 Dies ist unten, 5., zu vertiefen.

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unterliegt. 36 Auf diesem Wege würde die Staatsaufgabenlehre für die Bestimmung staatlicher Leistungsfähigkeit insoweit fruchtbar werden, als klar wäre, was der staatliche Schuldner an (anderen) Aktivitäten nicht entfalten darf, was er, umgekehrt, wahrnehmen muß: Einerseits wäre damit jene Weite der Aufgabenwahlfreiheit des Staates eingeschränkt, welche sie zur Bestimmung (der Grenzen) staatlicher Leistungsfähigkeit untauglich macht (vergleiche oben 3 c); andererseits könnten vielleicht sogar bestimmte Aufgaben herausgearbeitet werden, in deren Namen der Staat von der Wahrnehmung anderer Verantwortung und daraus fließender rechtlicher Verpflichtungen Abstand nehmen müßte. Die Betrachtung beschränkt sich dabei auf die Grundrechte als besonders deutliche Begrenzung der Staatstätigkeit und ihrer Aufgabenfreiheit. a) Wird der Staat zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben tätig, so unterliegt er einem Rechtfertigungszwang, soweit er dabei grundrechtsgeschützte private Verhaltensbereiche antastet.37 Das Bundesverfassungsgericht betont dies in ständiger Rechtsprechung und für alle Grundrechte. 38 Insoweit kommt den Grundrechten also Bedeutung für die „verfassungsstaatliche Staatsaufgabenlehre" zu: 3 9 Der grundrechtliche status negativus wird zur „negativen Staatsaufgabenbestimmung". Selbst wenn dies nicht bis zu einer allgemeinen Subsidiarität gesteigert wird, so schließt es doch, vor allem im Bereich der Berufs- und Gewerbefreiheit, die Erfüllung von Staatsaufgaben aus, welche Private in jeder Hinsicht ebenso gut erfüllen können.40 Der staatliche Schuldner darf sich also, dem privaten Gläubiger gegenüber, nicht darauf berufen, er könne ihm deshalb weniger leisten, weil er Aufgaben zu übernehmen habe, deren Erfüllung er Privaten - grundrechtswidrig - wegnimmt; damit würde er die Verletzung einer privaten Rechtsposition durch die einer anderen rechtfertigen. Doch nun ist zu prüfen, wie sich eine solche grundrechtliche Einschränkung der Freiheit des Staates in der Wahl seiner Aufgaben auf eine etwaige Leistungsverweigerung auswirkt, welche geltend machen wollte, der Staat habe eben anderes, Wichtigeres, zu leisten. Selbst wenn sich diese Begründung auf Räume verengte, welche nicht durch Grundrechte geschützt sind, so beließe sie dem staatlichen Schuldner noch immer zu viel an Möglichkeiten, sich bestehender rechtlicher Verpflichtungen zu entledigen. Allein schon Berufung auf Förderungstätigkeit könnte Leistungseinschränkung begründen, und staatliche Aufgaben mögen dann kaum übersehbar erweitert werden, wenn der Gleichheitssatz leistungsverbreiternd eingesetzt wird. 36 Sie liegen der Staatsaufgabenlehre im Verfassungsstaat ganz allgemein, in all deren Ausprägungen, zugrunde; dies ist der Hintergrund der „Kompetenzlehre", vgl. oben 2 a, sowie der Abgrenzungen bei Isensee (FN 10) Rdnr. 156 ff.; siehe auch Martens (FN 22) S. 131. 37 Für viele Isensee (FN 10) Rdnr. 171.

38 Beispiele bei Isensee a. a. O. 39 Dazu in grundsätzlichen Ausführungen Häberle, P., AöR 111 (1986), 595 ff. 40 Vgl. dazu für viele BVerfGE 56, 249 (261 f.).

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Überdies lassen sich Grundrechtsschranken einer staatlichen Aufgabenübernahme häufig erst a posteriori wirksam ziehen, wenn eben klar geworden ist, daß es bei der Aufgabenerfüllung zu Eingriffen in Schutzbereiche Privater kommt. Aus der Aufgabenübernahme als solcher läßt sich derartiges oft noch nicht herleiten. Es würde sogar dem staatlichen Schuldner noch als Entlastungsargument dienen, wenn er sich darauf berufen dürfte, er habe auch andere Staatsaufgaben wahrzunehmen, werde also schon deshalb bei der betreffenden Aufgabenerfüllung nicht allzu tief in Grundrechte eingreifen. Die Grundrechtsschranken behindern schließlich den Staat nicht in solchem Umfang, daß er nicht immer noch genügend „Alibi-Aufgaben" fände. Staatliche Aufgabenbestimmungsfreiheit wird auch nicht dadurch eingeschränkt, daß die Aufgabenübernahme in „(geordnetem Verfahren " erfolgen muß. 41 Eine gesetzliche Festlegung des Verfahrens ist nicht durchgehend erforderlich. „Nicht alle Aufgaben sind gesetzlich programmiert", vieles ist nur verwaltungsintern geregelt. 42 Jedenfalls kann der Staat solche Voraussetzungen für seine Aufgabenwahl unschwer und jederzeit schaffen. Die grundrechtlichen wie die verfahrensrechtlichen Schranken, welche die Verfassung der Übernahme staatlicher Aufgaben zieht, ändern also nichts daran, daß dem Staat noch immer ein allzu weites Leistungsverweigerungsrecht gegenüber Dritten eingeräumt bliebe, wenn er sich zu dessen Geltendmachung lediglich auf seine Aufgabenbestimmungsfreiheit zu berufen bräuchte. b) Aus der Verfassung könnte sich allerdings ergeben, daß der Staat gewisse Aufgaben erfüllen muß, vielleicht sogar im Sinn von Aufgabenprioritäten; sie müßten dann auch jedem Gläubiger einsichtig sein, der also von vorneherein mit einem darauf gestützten Leistungsverweigerungsrecht seines Schuldners zu rechnen hätte. Art. 30 GG 4 3 scheidet hier allerdings wegen seiner Weite ebenso aus wie die Kataloge der Gesetzgebungskompetenz nach den Art. 73 ff. GG; es zeigt sich darin allenfalls, daß der Begriff der Staatsaufgaben nicht ein geschlossener ist. 44 Die Erwähnung einzelner Staatsaufgaben, ausdrücklich oder implizit über entsprechende Kompetenznormen 45, bringt ebenfalls keine faßbare oder gar prioritätsbegründende Orientierung der Übernahme von Aufgaben durch den Staat. Ob und Wie einer Erfüllung solcher Aufgaben stehen in weitem staatlichen Gestaltungsermessen. Der staatliche Schuldner würde dadurch nicht gehindert, sich von anderen Verpflichtungen im Namen seiner Aufgabenfreiheit freizuzeichnen. Krüger, H., Allgemeine Staatslehre, 2. Auflage, 1966, S. 27. 42

Isensee (FN 10) Rdnr. 149 mit Nachweisen. Zu seiner Bedeutung hat sich früh schon Klein geäußert (FN 22) 758. 44 Siehe Isensee (FN 10) Rdnr. 147. 45 Wie etwa der Landesverteidigung, vergleiche Art. 73 Nr. 1, 87 a GG, dazu BVerfGE 48, 127 (165); 49, 202 (209); 57, 250 (268 f.), sowie Götz, V., in: Isensee, J./Kirchof, P. (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band 3, 1988, § 79 Rdnr. 18 ff. 43

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Auch verfassungsrechtliche Vorgaben zu seinen Aufgaben vermögen also den Staat nicht verpflichtungsrelevant zu beschränken; könnte er sich nämlich seinen Obligationen unter Hinweis auf irgendwelche andere Aufgaben entziehen, so wäre er Herr über jene, was aber unannehmbar wäre. c) Darf sich der Staat nicht wenigstens auf eine Verpflichtung zur Wahrung „überragend wichtiger Gemeinschaftsbelange " berufen, um sich der Erfüllung anderer Aufgaben zu entziehen, läßt sich daraus vielleicht gar eine deutliche Verpflichtungspriorität gewinnen? Die Staatsrechtsdogmatik läßt hier Kriterien für solche Prioritäten vermissen, ohne welche dieser Versuch nicht gelingen kann. Ein Verfassungsrang von Gemeinschaftsgütern mag dafür sprechen, sie in der Skala des Apothekenurteils am oberen Ende, bei den „überragend wichtigen Gemeinschaftsgütern" einzuordnen. 46 Doch was in diesem Zusammenhang dann behandelt wird 4 7 , ist nichts anderes als eine Reihe heterogener öffentlicher Belange, die nicht systematisierbar sind und eine zusammenfassende Begrenzung für das Aufgabenbestimmungsrecht des Staates nicht erkennen lassen: von der „äußeren Sicherheit" bis zu „Verfahrensgrundrechten des Beschuldigten im Strafprozeß", vom „staatlichen Gewaltmonopol" bis zum „Sicherheitsgefuhl der Bevölkerung" 48 . All dies zu gewährleisten mag umfangreiche Leistungen des Staates erfordern; doch er selbst ist es, der die Erfüllung dieser Aufgaben im einzelnen bestimmt. Als ranghöchste Gemeinschaftsgüter werden sie in der Verfassung nur allgemein angesprochen. Die Rechtsprechung bestätigt diesen Befund: 49 Volksgesundheit, Sicherung der Ernährung, geordnete Verhältnisse im öffentlichen Verkehr - was läßt sich im Namen ihrer Gewährleistung nicht alles als Staatsaufgabe definieren, welche Ausgaben dafür könnten nicht zur Begründung notwendiger Leistungsminderung gegenüber Gläubigern des Staates angeführt werden? Die Verfolgung von solch vagen Staatszielen - denn viel mehr ist daraus normativ kaum abzuleiten - würde dem Staat jede Art von Leistungsverweigerung gestatten, weil es in seiner Entscheidung läge, wieviel an Mitteln er in jedem dieser Bereiche einsetzen möchte. Im Ergebnis bleibt also festzustellen, daß die Verfassung die Aufgabenbestimmungsfreiheit des Staates nicht wesentlich einschränkt, jedenfalls nicht in einer Intensität, welche ihm eine „Berufung auf wichtigere Aufgaben" in großem Umfang unmöglich machen könnte. Daher ist bei solcher „Aufgabenfreiheit" eine Bestimmung der Grenzen staatlicher Leistungsfähigkeit aus der Staatsaufgabenlehre überhaupt nicht zu gewinnen. Diese gibt auch keinen Anhalt für eine Aufgabenpriori46 Götz (FN 45) Rdnr. 16. 47 Götz a. a. O. Rdnr. 17 ff. 48 Götz a. a. O. Rdnr. 23. 49 Vgl. den Überblick bei Gubelt, M., in: von Münch, I. / Kunig, P. (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Band 1,4. Auflage, 1992, Art. 12 Rdnr. 68.

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tät, welche ein Leistungsverweigerungsrecht bei der Erfüllung nachrangiger Verpflichtungen begründen könnte. d) Staatliche Mittelmehrung oder -erhaltung könnte jedoch als solche eine Staatsaufgabe darstellen. In der Literatur wird diese Frage unter den Stichworten „fiskalisches Interesse als öffentliches Interesse" im Zusammenhang mit der Lehre von den Staatsaufgaben behandelt.50 „Fiskalisches Interesse" wird verstanden als ein Interesse des staatlichen Aufgabenträgers, Mittel zu behalten oder anzusammeln, und darin erschöpft es sich. Wäre dies ein öffentlicher Belang, so müßte er bei allen Leistungen des Staates abwägend berücksichtigt werden, was zu einer Einschränkbarkeit praktisch aller staatlichen Verpflichtungen führen müßte; denn wo würde ein derartiges Interesse fehlen, und wie wäre sein Gewicht auch nur annähernd eingrenzbar? „Mehr Mittel" kann jeder brauchen, zuallererst der Staat. So entspricht es denn auch herrschender Lehre zu Art. 14 Absatz 3 GG, einer Verfassungsbestimmung, die besonders deutlich öffentliche und private Belange einander gegenüberstellt, daß fiskalische Interessen nicht zu den öffentlichen Belangen gehören, sie deshalb auch eine Enteignung nicht rechtfertigen können.51 Hier sind die Schranken zwischen „öffentlichen" und „fiskalischen" Interessen nicht gefallen. 52 Das Bundesverfassungsgericht meint denn auch: „Diese im Rechtsstaatsprinzip und im Gleichbehandlungsgebot verankerten öffentlichen Interessen (an gleichmäßiger Zinsbesteuerung) haben einen hohen Rang, der über das nur fiskalische Interesse an der Sicherung des Steueraufkommens hinausgeht" 53' (Hervorhebung v. Verf.). Den fiskalischen Interessen wird damit der ihnen gebührende Rang zugewiesen: Sie stehen auf der Ebene privater Interessen, können also nur in diesem Rahmen ein Leistungsverweigerungsrecht begründen. Für diese Untersuchung ergibt sich daraus die Folgerung, daß das Ziel staatlicher Mittelmehrung oder -erhaltung keine Staatsaufgabe darstellt. Seine Verfolgung vermag also nicht - als Erfüllung einer „wichtigeren" Staatsaufgabe - , eine Einschränkung staatlicher Leistungen zu bewirken.

5. Leistungsverweigerung zur Erfüllung ausschließlicher, notwendiger, wesentlicher Staatsaufgaben? a) Wer eine Berufung auf begrenzte staatliche Leistungsfähigkeit zuläßt und dies - wie es wohl am nächsten liegt - mit der Notwendigkeit einer Erfüllung anderer „wichtigerer" Staatsaufgaben begründet, wird versuchen müssen, einen so Siehe oben FN 11. 51 Vgl. etwa BGHZ 19, 138 (144). 52 Entgegen den Bestrebungen von Häberle (FN 12). 53 BVerfGE 67, 100 (140).

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Komplex von Aufgaben herauszuheben, welche gerade der Staat ausschließlich, damit aber auch notwendig, erfüllen muß. Auf sie dürfte sich der Aufgabenträger dann jedenfalls berufen, wenn er andere Leistungen entsprechend kürzen wollte. Hier gewinnt die Staatsaufgabenlehre den Anschluß an eine „Staatserhaltung", von der sie ihren Ausgang genommen hat, und die ihren Kern darstellt. Das Bundesverfassungsgericht spricht von „typisch staatlichen Funktionen, die ihrem Wesen nach nur von den Staatsorganen wahrgenommen werden können" 54 , weil sie notwendig einheitlicher Entscheidung bedürfen 55, und, wenn die Zuständigkeiten hoheitlich ausgestaltet sein müssen, von „originären Staatsaufgaben". 56 Ausgangspunkt ist die Lehre Georg Jellineks 51 von der Zweiteilung der Staatstätigkeiten, in solche, welche dem Staat ausschließlich zukommen und andere, bei welchen er „nur ordnend, unterstützend, fördernd oder abwehrend ... hinzutritt". 58 b) Die Kriterien, nach denen die „notwendigen Staatsaufgaben" bestimmt werden sollen, sind jedoch nicht unproblematisch. 59 Im Mittelpunkt steht hier: - Einsatz von Hoheitsgewalt: Doch sie muß dann zur Aufgabenerfüllung erforderlich sein. In weiten Bereichen, insbesondere der Daseinsvorsorge, ist aber Aufgabenerfüllung gerade durch hoheitliches Handeln der Entscheidung der öffentlichen Aufgabenträger überlassen.60 - Rechtssetzung: Sie stellt insoweit eine ausschließliche und notwendige Staatsaufgabe dar, als eine Ordnung durch generalisierende Normen erforderlich ist. Dies gilt aber nur in den engen Grenzen der Wesentlichkeitstheorie, die das Bundesverfassungsgericht entwickelt hat. 61 Weitere Materien „notwendiger Gesetzgebung" gibt es nicht. 62 Soweit Private vertraglich „Recht setzen" können 63 , beschränkt sich die gesetzgeberische „notwendige Staatstätigkeit" auf die Setzung der Norm „pacta sunt servanda".

54 BVerfGE 30, 292 (311). 55 BVerfGE 7, 377 (397). 56 BVerfGE 17, 371 (376); 73, 280 (292 ff.). 57 Allgemeine Staatslehre, 1913 (Nachdruck 1960), S. 255. 58 Zu den Stufen solcher Einflußnahme siehe Isensee (FN 10) Rdnr. 139. 59 Von nur scheinbar scharfen Grenzen spricht hier Hengstschläger, J., VVDStRL 54 (1994), S. 165 (175); nach H. Bauer hat sich der Verfassungstext für die Gewinnung von allgemeingültigen Aussagen über Privatisierungsverbote als wenig ergiebig erwiesen (FN 8) S. 264; siehe dazu bereits Vogel, K., Öffentliche Wirtschaftseinheiten in privater Hand, 1959, S. 60 ff. 60 Vgl. BGHZ 52, 325 (329); 65, 284 (289). 61 BVerfGE 49, 89 (126 ff.); 84, 212 (226). 62 Schachtschneider (FN 4) S. 199: Auch wenn nach der Verfassung „das Nähere der Gesetzgeber bestimmt", muß er nicht notwendig solche Normen erlassen. 63 Etwa durch Tarifvertrag aufgrund der Verfassung, Art. 9 Absatz 3 GG, vgl. BVerfGE 34, 307 (320).

I. Staatliche Leistungsfähigkeit als „Staatserhaltung"

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- Endgültige Streitentscheidung und deren Durchsetzung: Auch dies ist nur in einem engen Kernbereich „notwendige Staatsaufgabe"; vieles könnte etwa vertraglichem Vergleich und privater Schiedsgerichtsbarkeit überlassen bleiben. Nur das letzte gerichtliche Wort und seine Durchsetzung muß Staatsaufgabe bleiben, die jedoch nicht einmal in mehrstufigem Instanzenaufbau wahrzunehmen ist. 64 - Landesverteidigung wird herkömmlich zwar durch hoheitlich handelndes Militär besorgt; doch das Verfassungsrecht verbietet nicht die Beauftragung einer privaten Söldnertruppe. Nur deren Befugnisse im Verteidigungsfall müßten hoheitlich ausgestaltet sein, was im Friedensfall ohne Bedeutung bliebe. Hoheitlich sicherzustellen wäre auch, daß nicht der besser zahlende Staat dem ärmeren die Landesverteidigung abwerben kann. c) Die Privatisierungsdiskussion wird noch viele Bereiche sichtbar machen, in denen nicht nur Staatstätigkeit als solche nicht nötig ist, sondern auch eine bisher als notwendig angenommene Staatsaufgabe nicht erfüllt zu werden braucht. In der besonderen Akzentuierung der „Selbstregulierung durch Private" ist dies gerade neuerdings in den Brennpunkt des staatsrechtlichen Interesses gerückt. 65 d) Die notwendigen Staatsausgaben werden schließlich seit langem und vor allem in letzter Zeit 6 6 im Zusammenhang mit dem Problem diskutiert, zur Erfüllung welcher Staatsaufgaben Beamte eingesetzt werden müssen, was über Art. 33 Absatz 4 GG wieder zur Frage der notwendigen Hoheitstätigkeit zurückführt (vgl. oben b)). Auch die hier entwickelten Kriterien 67 können den Begriff der „notwendigen Staatsaufgaben" jedoch nicht mit einer Genauigkeit erfassen, welche es gestatten würde, aus deren Erfüllungsverpflichtung ein staatliches Leistungsverweigerungsrecht in anderen Bereichen abzuleiten. Teilweise sind diese Kriterien umstritten, durchwegs aber - und wohl auch notwendig - so flexibel, daß sie dem staatlichen Schuldner nahezu jede Leistungseinschränkung gestatten würden, ihm deshalb aber nichts gestatten dürfen. Oder wäre es hinnehmbar, daß der Staat Gleichheit der Beförderung im Öffentlichen Personennahverkehr nur deshalb nicht herstellte, weil er die notwendige Staatsaufgabe flächendeckender Kindergartenbetreuung zu erfüllen habe? 64 Dies folgt auch nicht aus Art. 19 Abs. 4 GG, vgl. BVerfGE 11, 232 (233); 49, 329 (340); 65, 76 (90). 65 Vgl. die Vortrage von Schmidt-Preuß, M. und Di Fabio , U., VVDStRL 1996 (56), S. 160 und 235. 66 Antworten darauf versucht der Deutsche Beamtenbund in seinem von ihm 1996 herausgegebenen Konzept zur Dienst- und Verwaltungsreform „Verwaltung 2000", 10 ff., an dessen Ausarbeitung Josef Isensee und Helmut Lecheler maßgeblich beteiligt waren. 67 Gewaltmonopol, politische Staatsführung, Marktunzugänglichkeit, Schaffung der Rahmenbedingungen der Freiheit, Stetigkeitserfordernis, kein Raum für Privatautonomie und subjektive Willkür, Notwendigkeit gerade staatlicher Organisationsform oder flächendeckender Versorgung.

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Β. Erhaltung staatlicher Leistungsfähigkeit

Der Begriff der „notwendigen Staatsaufgabe" kann aus der Staatsaufgabenlehre also nicht so bestimmt werden, daß der staatliche Schuldner geltend machen könnte, er brauche soviel nicht zu leisten, weil er eben diese wichtigeren, „notwendigen" Staatsaufgaben zu erfüllen habe: Entweder würde ihm dadurch zuviel Freizeichnungsmöglichkeit von seinen bestehenden Verpflichtungen eingeräumt, wenn man nämlich diesen „notwendigen Staatsaufgaben" einen größeren Raum gewähren wollte - oder es ließe sich eine Leistungsverweigerung überhaupt nicht begründen, weil jener Begriff so eng wäre, daß er die Erfüllung anderer rechtlicher Verpflichtungen jedenfalls nicht ausschlösse.68 Notwendige Staatsaufgaben beweisen also entweder zuviel - oder zuwenig für eine „staatliche Leistungsfähigkeit".

6. Öffentliche Aufgabenerfüllung durch Private und Einrede mangelnder Leistungsfähigkeit des Staates Aus der Lehre zu den Staatsaufgaben läßt sich, wie dargelegt, wegen der Allgemeinheit und Unbestimmtheit des Staatsaufgabenbegriffs zur Begründung eines Verfassungsgrundsatzes der Begrenzung von Staatsaufgaben nichts ableiten. Zu prüfen bleibt nun, ob ein ähnliches Ergebnis nicht erst recht die Folge wäre, wenn ein Leistungsverweigerungsrecht auch bei öffentlichen Aufgaben angenommen würde, welche nicht von Staatsorganen erfüllt werden. Die Frage geht zunächst vor allem dahin, ob sich aus der Lehre von den „öffentlichen Aufgaben" eine Privilegierung des staatlichen Schuldners folgern läßt. a) Der Begriff der „ öffentlichen Aufgabe " ist nach 1949 unterschiedlich gebraucht worden: Zunächst hat das Bundesverfassungsgericht sie als einen Unterfall der „staatlichen Aufgabe" gesehen69, oder doch als eine solche, welche im Bereich mittelbarer Staatsverwaltung erfüllt wird. 70 Doch sodann wurde der Begriff erweitert: Auch der Kassenarzt 71, die Presse (Unterrichtung über öffentliche Angelegenheiten) 72 und der Rundfunk 73 erfüllten „öffentliche Aufgaben". Einen gewissen dogmatischen Abschluß erreichte die Entwicklung im Notarbeschluß von 1964: 74 Der Staat könne öffentliche Aufgaben auf vielfältige Weise erledigen (lassen) von öffentlich-rechtlichen Auflagen für freie Berufe bis zum öffentlichen Dienst. 68 Allgemein(st)e Rechtssetzung, letzte Streitentscheidung können nie so aufwendig sein, daß sie dem Staat die notwendigen Mittel für die Erfüllung seiner Verpflichtungen entzögen. 69 So etwa BVerfGE 8, 51 (63); 10, 302 (327); 16, 147 ff.; vgl. seinerzeit auch Huber, E. R., Wirtschaftsverwaltungsrecht, Band 1, 2. Auflage, 1953, S. 523 ff. 70 So u. a. BVerfGE 10, 302 (327); 14, 312 (317).

71 72 73 74

BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE

11,30(39). 12, 113 (128). 12, 205 (243, 246). 17, 371 (376/77).

I. Staatliche Leistungsfähigkeit als „Staatserhaltung"

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Die dogmatische Entwicklung hat insoweit an eine Unterscheidung von staatlicher und öffentlicher Aufgabe angeknüpft, wie sie Hans Peters eingefühlt hatte.75 Öffentliche Aufgaben werden nicht nur vom Staat, sondern auch „von der Gesellschaft erfüllt". 76 Ihre Wahrnehmung ist nicht wesentlich dem Staat anvertraut; dieser darf sie gar nicht wahrnehmen, soweit sie etwa von der freien Presse, von den staatsunabhängigen Parteien oder von den Kirchen erfüllt werden 77 - in staatsferner, grundrechtsgeschützter Privatheit. „Staatsaufgabe" ist damit gegenüber „öffentliche^) Aufgabe" der engere Begriff. Für die Frage einer Leistungsfähigkeit als Grenze der Leistungsverpflichtung deutet dies: Auf mangelnde Leistungsfähigkeit gerade des Staates könnten sich außerstaatliche Träger öffentlicher Aufgaben nicht berufen. Allenfalls auf derartige Aufgabenerledigung in der mittelbaren Staatsverwaltung lassen sich die (oben 5.) für „Staatsaufgaben" gewonnenen Ergebnisse entsprechend anwenden.

be-

Dann aber bleibt nur eine von zwei Lösungen, will man hier die fehlende Leistungsfähigkeit des Staates berücksichtigen: - Entweder es gilt für die Erledigung öffentlicher Aufgaben ein solcher (Verfassungs-)Grundsatz nicht: In diesem Fall ließe sich nicht begründen, warum gerade eine Unterkategorie der öffentlichen Aufgaben, nämlich die vom Staat selbst erfüllten, einer derartigen Leistungsminderung zugänglich sein sollte, nicht aber die von „gesellschaftlichen Instanzen" zu erfüllenden Verpflichtungen; dies wäre schon deshalb kaum zu legitimieren, weil es dem Staat selbst ja weitestgehend - freisteht, wie und von wem er öffentliche Aufgaben besorgen lassen w i l l 7 8 ; er darf aber von Privaten nicht mehr verlangen, als er selbst, kraft eines Verfassungsgrundsatzes, leisten müßte; eher hat er auf private Leistungsfähigkeit hier mehr Rücksicht zu nehmen. Für den Dritten als Partner wäre überdies weithin undurchschaubar, welches Erfüllungsverweigerungsrecht jeweils gelten sollte. - Oder man müßte ein Recht zur Leistungseinschränkung nach Leistungsfähigkeit auch noch all denjenigen Privaten zuerkennen, welche irgendwelche öffentlichen Aufgaben, in welcher Form immer, wahrnehmen: Die Folge wäre etwa ein Leistungskürzungs- oder gar -verweigerungsrecht eines Presseverlages, eines Senders oder einer politischen Partei, gegenüber ihren privaten Vertragspartnern, mit der Begründung, sie seien dafür nicht (mehr) leistungsfähig, überhaupt nicht, oder weil sie ihre Mittel anderweit zur Erfüllung ihrer anderen öffentlichen Aufgaben einzusetzen hätten. Daraus erwüchse ein Sonderrecht für alle diese Instanzen, welches sie sogleich kreditunwürdig, praktisch geradezu vertragsunfähig machen würde. Dies wäre abwegig und ist - soweit ersichtlich im Privatrecht auch noch nie angenommen worden (s. u. E). 75 FN 22, insbesondere S. 879 f. 76 Klein (FN 22) 758 f. 77 Auch dies wird als „öffentliche Aufgabe" bezeichnet, BVerfGE 53, 366 (401). 78 BVerfGE 17, 371 (376/77).

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. Erhaltung staatlicher Leistungsfähigkeit

Ein Vorbehalt der Leistungsfähigkeit darf also für die „Erfüllung öffentlicher Aufgaben" als solcher nicht gelten.79 Dann aber kann er auch für die Unterkategorie dieses Begriffs, die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch den Staat, keine Bedeutung entfalten. Andernfalls dürfte sich der (leistungsunfähige) Staat auf (stets leistungsfähige) Private entlasten, selbst wenn und bis diese Konkurs anmelden müßten. c) Ein Blick auf Begriff und Rechtsstellung der Beliehenen bestätigt das Ergebnis zu den Staatsaufgaben und den öffentlichen Aufgaben für den Gegenstand der Untersuchung. 80 Zunächst erhebt sich die Frage, wie sich die von den Beliehenen erfüllten Aufgaben zu den öffentlichen Aufgaben im hier behandelten Sinne verhalten. Sie ist soweit ersichtlich - noch nie vertiefend behandelt worden. Diese Prüfung ist dann nicht nötig, wenn im Rahmen der wohl herrschenden Lehre zum beliehenen Unternehmer von der sogenannten Rechtsstellungstheorie ausgegangen wird. Diese erkennt nur die Verleihung von Hoheitsbefugnissen als Beleihung an 81 , lehnt also einen materiell bestimmten Begriff staatlicher Aufgaben ab. Die Aufgabentheorie hingegen nimmt die Existenz spezifisch staatlicher Aufgaben an und konstruiert deren Übertragung als Beleihung.82 Folgt man dieser Lehre, welche für sich beansprucht, Tätigkeitsbereiche außerhalb der hoheitlichbefehlenden Staatstätigkeit zu bestimmen, die dem Bürger a priori verschlossen sind 83 , so sind diese jedenfalls als öffentliche Aufgaben in dem Sinne zu definieren, wie ihn das Bundesverfassungsgericht in seiner früheren Rechtsprechung verwendet. Innerhalb der größeren Kategorie der öffentlichen Aufgaben, welche auch 79 Schon deshalb übrigens nicht, weil dieser Begriff ja weithin unbestimmt, „offen" ist, sodaß die Rechtssicherheit dann kaum mehr zu wahren wäre. 80 Zum folgenden grundlegend Vogel (FN 59), wo auf den Seiten 46 ff. die bis 1958 entwickelten literarischen Konstruktionen zur Lehre vom beliehenen Unternehmer ausführlich dargestellt werden. Vgl. im übrigen Krautzberger, M., Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch Private, 1971; Steiner, U., Öffentliche Verwaltung durch Private, 1975; ders., DÖV 1970, 526; Ossenbühl, F. und Gallwas, H.-U., VVDStRL 29 (1971), S. 137 ff. und 196 ff. 81

Erste Vertreter waren hier insbesondere Herrnritt, H., Grundlehren des Verwaltungsrechts, 1921, S. 242; Hatschek, J. / Kurtzig, P, Lehrbuch des deutschen und preußischen Verwaltungsrechts, 8. Auflage, 1931, S. 386; v. Köhler, L., Grundlehren des heutigen Verwaltungsrechts, 1935, S. 144 ff. 52 Vgl. schon Huber, E. R., Wirtschaftsverwaltungsrecht, 2. Auflage, Band 1, 1953, S. 533 f.; nach Vogel (FN 59) S. 60 handelt es sich hierbei um den Versuch, die „Lehre vom beliehenen Unternehmer" ohne das „öffentliche Unternehmen" Otto Mayers aufrechtzuerhalten. Dieser bezeichnet als öffentliches Unternehmen eine Tätigkeit, die nicht befiehlt oder fordert, äußerlich einer privaten Tätigkeit völlig gleicht und dennoch im Rechtssinn, aufgrund der an sie anknüpfenden Folgen, als öffentlich-rechtlich anzusehen ist. Die Tätigkeit eines Privaten könne diese Qualität durch einen Verwaltungsakt, die Verleihung, erlangen (Mayer, O., Deutsches Verwaltungsrecht, 2. Auflage, Band 2, 1917, S. 248 f. Wie bei Vogel (FN 59) § 3 wird der zweite Band aus den dort auf den Seiten 48 f. angegebenen Gründen in der zweiten, nicht in der 1924 erschienenen dritten Auflage zitiert). 53 Dazu kritisch Vogel (FN 59) S. 76 ff.

. Der „konkursreife Staat"

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die staatlichen Aufgaben umfaßt, wäre dann die Tätigkeit der Beliehenen diesen letzteren zuzuordnen. Da demnach die Beliehenen jedenfalls staatliche Aufgaben (im Sinne von oben 3.) erfüllen, trifft für sie schon deshalb das Ergebnis (oben 5. a. E.) zu, daß nämlich in diesem Bereich eine Berufung auf Leistungsfähigkeit nicht zulässig sein kann. Der Staat kann nämlich nicht mehr an Einwendungsrechten verleihen, als er selbst hat. Für den speziellen Fall der Beleihung bleibt schließlich zu berücksichtigen, daß sich Private - wie unten (E.) noch näher zu zeigen sein wird - grundsätzlich nicht gegenüber anderen Bürgern, welche ihnen gleichgeordnet sind, auf Leistungsschwäche berufen dürfen. Und ein Ergebnis, nach dem zwar der Staat selbst stets leisten müßte, ebenso der Private, dies aber nicht für jene Kategorie der Beliehenen gelten sollte, welche zwischen diesen beiden Bereichen angesiedelt wäre, und mit welcher der Staat sich auch gerade die Vorzüge gesellschaftlicher Aufgabenerledigung zunutze machen will, wäre abwegig. Dieses Kapitel läßt eine (meist wohl stillschweigende) Annahme zweifelhaft erscheinen: daß der Staat nicht über seine Leistungsfähigkeit hinaus zu leisten brauche, damit er sich nicht als Leistungsträger (im weitesten Sinne) gefährde: Dies kann er nämlich gerade dadurch ausschließen, daß er von seinem sehr weiten Aufgabenbestimmungsrecht sachgerechten Gebrauch macht.

II. Der „konkursreife Staat" eine letzte Ausnahme-Begrenzung der Staatsleistungen 1. Die unterschwellige Begründung des Vorbehalts „staatlicher Leistungsfähigkeit" aus den Rechtsgrundsätzen über die Bewältigung eines staatlichen Zusammenbruchs a) Diese Untersuchung beschäftigt sich mit geltendem Recht; sie geht der Frage nach, ob es nach diesem einen allgemeinen Grundsatz möglicher Leistungsverweigerung gibt, nicht, ob ein solcher - etwa durch Verfassungsänderung - eingeführt werden sollte. 84 Das Thema darf aber nicht von vorneherein auf einen „Normalfall" verengt werden, für den aus Ausnahme- oder Notsituationen als solchen keine rechtlichen Folgerungen gezogen werden dürften. Wie die „Notstandsverfassung" (Art. 115 a ff. GG) Aufschlüsse gibt über Grundprinzipien der Verfassung zur Grundrechtsdogmatik und zur Lehre von den Verfassungsorganen, so ist auch ein etwaiges „Verfassungsrecht der finanziellen Ausnahmesituation" in diese Betrachtungen einzubeziehen. Es ist ja nicht von vorneherein auszuschließen, daß sich aus 84 So aber die Fragestellung von Kratzmann, H., JZ 1982, 319 (322 ff.), in einem für dieses Kapitel wichtigen Beitrag.

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Β. Erhaltung staatlicher Leistungsfähigkeit

ihm ein generelles Recht des Vorbehalts staatlicher Leistungsfähigkeit entwickeln lassen könnte. Dies führt zur Frage der juristischen Bewältigung des Staatsbankrotts. Deutschland hat einen solchen Einbruch 1945 sowie beim Zusammenbruch der DDR erlebt. Gerade die rechtlichen Folgerungen aus der besonderen Wiedervereinigungssituation haben im Zusammenhang mit dem Ausgangsfall der Verfassungsmäßigkeit des Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes (vgl. oben Α. I.) dazu geführt, daß ein Vorbehalt der staatlichen Leistungsfähigkeit gefordert werden konnte. Das Bundesverfassungsgericht hatte sich auch zu eben diesem Komplex mit der Frage staatlicher Leistungsunfähigkeit befaßt. 85 Bevor näher auf Fragen des „Staatsbankrotts" eingegangen wird (im folgenden 3. ff.), ist die allgemeine Problematik der Konkursunfähigkeit des Staates zu erörtern (im folgenden 2.). Dies ist deshalb erforderlich, weil der Staatsbankrott in früherer Zeit, aber auch neuerdings, immer wieder im Zusammenhang mit der Konkursunfähigkeit des Staates behandelt worden ist. Ferner könnte sich gerade aus dieser letzteren etwas zu Staatsaufgaben ergeben, die unbedingt erfüllt werden müßten, so daß es zu einem Konkurs nicht kommen dürfte; von dort könnte eine Analogie zu einem Leistungsverweigerungsrecht wegen mangelnder Leistungsfähigkeit, aus ähnlichen Gründen der Aufgabenerfüllung, gezogen werden. Schließlich wird dadurch ein etwaiger Sondercharakter des „Staatskonkurses" gegenüber der Bewältigung der Zahlungsunfähigkeit im Normalfall deutlich. Das besondere Interesse dieser Problemstellung zum „Staatsbankrott" liegt vor allem in folgenden Fragen, welche es nun zu beantworten gilt: - Gibt es etwas wie ein Verfassungsrecht des Staatsbankrotts? - Welche Bedeutung kommt dessen Ausnahmecharakter zu? - Sind in diesem Zusammenhang Prioritäten von Staatsaufgaben entwickelt worden? - Wie könnte danach staatliche Leistungsfähigkeit näher bestimmt werden? - Könnten sich daraus praktikable Regelungen für ein Leistungsverweigerungsoder -minderungsrecht auch außerhalb des Staatsbankrotts ableiten lassen?

2. Konkursunfähigkeit des Staates Begründung für Leistungsverweigerungsrechte? a) Die Bedeutung der Konkursunfähigkeit juristischer Personen des öffentlichen Rechts für die Beurteilung von deren leistungseinschränkender Leistungsfähigkeit ergibt sich aus folgender Überlegung: 85 Im Bodenreformurteil, BVerfGE 84, 90.

II. Der „konkursreife Staat"

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Ein Verfassungsgrundsatz der Leistungsfähigkeit als Grenze der Staatsleistungen läßt sich nur daraus rechtfertigen, daß sich das öffentlich-rechtlich verfaßte Gemeinwesen unter keinen Umständen derart überlasten dürfe, daß es (generell) leistungsunfähig, „funktionsuntauglich" würde. Die Überlastung aber müßte - im Extremfall - zum Konkurs des Aufgabenträgers führen. Es fragt sich dann, ob sich aus einer Konkursunfähigkeit des Staates ablesen läßt, daß dessen Privilegierung im Sinne einer Erhaltung der Leistungsfähigkeit gewollt ist. Bejahendenfalls könnten sich dafür besondere Gründe insbesondere aus dem gesetzgeberischen Bestreben ergeben, durch Aufrechterhaltung einer gewissen Leistungsfähigkeit, auch unter Leistungseinschränkungen, die Erfüllung von (wichtigeren) Staatsaufgaben zu sichern. b) Nach § 213 KO in Verbindung mit §§ 207, 208 KO sind Juristische Personen als solche konkursfähig. Dies ist eine Auswirkung ihrer Rechtsfähigkeit. Für Juristische Personen des öffentlichen Rechts gilt dies jedoch nicht zwingend. Der Gesetzgeber könnte das Recht des Konkurses in ihrem Fall besonders regeln. 86 aa) Die Möglichkeit eines Konkurses von juristischen Personen des öffentlichen Rechts wird in § 89 Absatz 2 BGB erwähnt. Dort ist von „Körperschaften, Anstalten, Stiftungen" die Rede, was nach öffentlich-rechtlicher Terminologie auch Bund, Länder und Gemeinden einschließt. Allerdings werden in § 89 Absatz 2 BGB zwar diese Rechtsträger, nicht aber der „Fiskus" 87 genannt, was für die generelle Konkursunfähigkeit von Bund und Ländern spricht. 88 Denn wenn im Bürgerlichen Gesetzbuch der „Fiskus", insbesondere im Erbrecht, als Anfallsberechtigter erscheint (§ 1934 BGB), so ist damit der Staat als Vermögensträger gemeint, diese juristische Person des öffentlichen Rechts wird also dort gerade unter diesem besonderen Aspekt angesprochen. Bereits der Wortlaut des § 89 Absatz 2 BGB deutet darauf hin, daß mit dieser Vorschrift nicht eine generelle Konkursfähigkeit aller juristischen Personen des öffentlichen Rechts, also auch des Staates, statuiert oder auch nur unterstellt werden soll. Überdies regelt § 89 Absatz 2 BGB nur eine Einzelheit: wer verpflichtet ist, gegebenenfalls einen Konkursantrag zu stellen. Aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch läßt sich also die Konkursfähigkeit des Staates nicht ableiten; seine Systematik spricht vielmehr dagegen. bb) Die Konkursfähigkeit juristischer Personen des öffentlichen Rechts kann allerdings Gegenstand gesetzlicher Regelung sein. Sie ist also nicht von Verfassungs wegen, etwa aus dem Begriff der Trägerschaft von Hoheitsaufgaben, ausgeschlos86 Weber, F. in: Jaeger, E. (Hrsg.), Konkursordnung mit Einführungsgesetzen, 8. Auflage, 2. Band, 2. Halbband, 1973, § 213 Rdnr.l; die am 1. 1. 1999 in Kraft tretende Insolvenzordnung führt hier zu keiner anderen Beurteilung. 87 Dieser wird in § 88 in Verbindung mit § 46 BGB bei Auflösung der juristischen Person als anfallsberechtigt bezeichnet. 88 So Weber (FN 86) Rdnr. 2, ebenso im Anschluß an ihn Hess, H., Kommentar zur Konkursordnung, 5. Auflage, 1995, § 213 Rdnr. 5.

4 Leisner

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Β. Erhaltung staatlicher Leistungsfähigkeit

sen.89 Über das Vermögen solcher Rechtsträger hat, soweit sie als solche verklagt werden können, ein Konkursverfahren stattzufinden, wenn das Landesrecht dies nicht abweichend regelt. 90 Nach bürgerlichem Recht versteht sich aber die Anwendung der Konkursordnung auf juristische Personen des öffentlichen Rechts nicht von selbst.91 Das Schrifttum hat sich immerhin überwiegend für die grundsätzliche Konkursfähigkeit der juristischen Personen des öffentlichen Rechts ausgesprochen 92 , allerdings nur im Rahmen spezieller gesetzlicher Regelungen. c) Was jedoch den Staat betrifft, so sind nach herrschender Lehre Bund und Länder konkursunfähig. 93 Dies wird vor allem wie folgt begründet: aa) Hingewiesen wird zunächst auf das Fehlen einer dem Staat übergeordneten Zwangsgewalt. 94 Doch daraus muß sich eine Konkursunfähigkeit nicht notwendig ergeben. Der Konkurs fände über das Vermögen der jeweiligen Gebietskörperschaft statt. Der Konkursverwalter wäre insoweit staatlicher Sachwalter für den Staat, aus der staatlichen Konkursmasse würde er bezahlt. Daß er zugleich auch gegen Interessen dieser staatlichen juristischen Person handeln müßte, für die Belange der Gläubiger, ist im freiheitlichen Rechtsstaat ein gängiger Vorgang; denn überall im öffentlichen Recht wenden sich Staatsorgane zum Freiheitsschutz der Bürger auch gegen den Staat. Wenn es keine Zwangsgewalt gegen den Staat gäbe, wären die Grundrechte unwirksam. Die Argumentation entspringt also einem vorgrundrechtlichen Denken, nach dem staatlicher Hoheitsmacht keine rechtlichen Grenzen gezogen werden können. bb) Weiter wird behauptet, die erforderlichen gesetzlichen Verfahrensbestimmungen fehlten. 95 Die Konkursordnung könnte jedoch, ihrem Regelungsinhalt nach, auch auf den Staat erstreckt werden, was bisher allerdings noch nicht erfolgt ist. Für eine grundsätzlich fehlende Konkursfähigkeit ist dies aber kein Argument. cc) Problematisch ist ferner das Verhältnis von § 882 a Absatz 2 ZPO und § 1 Absatz 1 KO: Die Konkursordnung unterwirft dem Konkursverfahren nach dieser Bestimmung das gesamte, einer Zwangsvollstreckung unterliegende Vermögen des Gemeinschuldners. § 882 a Absatz 2 ZPO verbietet jedoch die Zwangsvollstrekkung in Sachen, die für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben unentbehrlich sind, oder deren Veräußerung ein öffentliches Interesse entgegensteht. 89 BVerfGE 60, 135 (142); in E 66, 1 (18/19) läßt das Gericht nur die Frage offen, ob der Gesetzgeber eine ausdrückliche Regelung treffen muß. 90 Vgl. BVerfGE 65, 359 (374). 91 Mayer, O., Deutsches Verwaltungsrecht, Band 2, 3. Auflage, 1924, S. 350 f. 92 Siehe etwa Herdt, H., BB 1977, 1357 (1358); Schmidt-Bleibtreu, B., in: Schmidt-Bleibtreu, B./Klein, B. (Hrsg.), Kommentar zum GG, 6. Auflage, 1983, Art. 87 Rdnr. 13. 93 Siehe etwa Weber (FN 86) § 213 Rdnr. 2 b; Hess (FN 88) § 213 Rdnr.5; Kilger, JJ Schmidt, K., Konkursordnung mit Gesamtvollstreckungsordnung, 16. Auflage, 1995, § 213 Rdnr. 1; Herdt (FN 92), 1358; Roth, H., BayVBl. 1981, 491. 94 Weber (FN 86) § 213 Rdnr. 26, ebenso Hess (FN 88) § 213 Rdnr.5. 95 Weber und Hess a.a.Oen.

II. Der,»konkursreife Staat"

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Behauptet wird nun, dies lasse nur einen Konkurs über das „Finanzvermögen" zu, welches nicht-öffentlichen Zwecken diene, nicht aber über das gesamte andere Vermögen des Staates.96 Eine solche Ausnahme vom Grundsatz „eine Person, ein Vermögen, ein Konkurs" 97 verlange jedoch die Bestimmung einer begrenzten Vermögensmasse als Konkursmasse durch Gesetz.98 Dieses Sondervermögen müsse eindeutig festgestellt werden können. Für den Fall des Konkurses des Staates enthalte dafür die Konkursordnung 99 in § 213 keine Regelung. Die Normen über den Sonderkonkurs ließen sich, mangels vergleichbarer Interessenlage, dafür kaum heranziehen.100 Diese Auffassung dehnt allerdings schon die Sperrwirkung des Zugriffs nach § 882 a Absatz 2 ZPO allzu weit aus. Diese Vorschrift verbietet nach ihrem Wortlaut nur die Zwangsvollstreckung in Vermögensgegenstände, auch Guthaben, die für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben „unentbehrlich" sind, nicht aber in solche, welche lediglich der Erfüllung derartiger Aufgaben zu dienen bestimmt sind. Die Abgrenzung der Gegenstände, auf die zurückgegriffen werden darf, von anderen, mag praktische Probleme aufwerfen. 101 Der Gesetzgeber hat sie aber gefordert, und sie läßt sich auch durchführen; andernfalls wäre die - allerdings wohl kaum voll durchdachte - Vorschrift des § 882 a Absatz 2 ZPO verfassungswidrig. Sie leistet aber gerade die von dieser Kritik vermißte gesetzliche Abgrenzung der Konkursmasse bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Daß der Staat notwendigerweise konkursunfähig sei, läßt sich also mit diesem Argument nicht annehmen102; vor allem aber ist der Hinweis auf § 882 a Absatz 2 ZPO zur Begründung einer Konkursunfähigkeit des Staates schon deshalb unbehilflich, weil diese Bestimmung lediglich die Zwangsvollstreckung in gewisse Vermögensgegenstände von Bund und Ländern ausschließen kann. Nach § 1 Absatz 1 KO steht dies jedoch einem Konkursverfahren in das Vermögen eines Gemeinschuldners nicht entgegen. Denn ein solches Vorgehen bezieht sich nach dieser Vorschrift ohnehin nur auf dasjenige Vermögen, welches einer Zwangsvollstrekkung unterliegt.

96 Piene, K. W., BayVBl. 1981,171 (172). 97 Henckel, Α., in: Jaeger, F. (Hrsg.), Konkursordnung, 9. Auflage, 1978, § 1 Rdnr. 149; vgl. auch Kuhn, G. / Uhlenbruch, W., Konkursordnung. Kommentar, 10. Auflage, 1986, § 1 Rdnr. 6; Kilger/Schmidt (FN 93) § 1 Anm. 1 A d. 98 Piene (FN 96). 99 Anders etwa für die OHG und die KG (§§ 209 ff. KO), für den Nachlaßkonkurs (§§ 214 ff. KO) und für die Gütergemeinschaft (§§ 236 f. KO). 100 Henckel (FN 97) § 1 Rdnr. 150. ιοί Miedtank, W., Die Zwangsvollstreckung gegen Bund, Länder, Gemeinden und andere Personen des öffentlichen Rechts, 1964, S. 52 ff. 102 So meint denn auch Weber (FN 86) § 213 Rdnr. 2 b, § 882 a Absatz 2 habe an der Konkursunfähigkeit von Bund und Ländern nichts geändert; daher lasse sich diese mit der Vorschrift auch nicht begründen. 4*

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. Erhaltung staatlicher Leistungsfähigkeit

Schließlich kann die Konkursunfähigkeit gerade und allein des Staates aus § 882 a Absatz 2 ZPO schon deshalb nicht gefolgert werden, weil dies dann auch für Gemeinden gelten müßte, die ja auch öffentliche Aufgaben erfüllen. Sie aber sind konkursfähig, soweit dies nicht durch Gesetz ausgeschlossen ist (vgl. unten d)). dd) Die Konkursunfähigkeit des Staates kann folglich nur daraus abgeleitet werden, daß die Eröffnung eines Konkursverfahrens die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch den Staat beeinträchtige oder gar unmöglich mache. In dieser allgemeinen Form könnte dann das Argument aber auch zur Begründung eines Vorbehalts eingesetzt werden, der die Leistungsfähigkeit des Staates unbedingt wahren will, damit im Sinne der hier untersuchten These. Im konkursrechtlichen Schrifttum wird denn auch angenommen, es müsse deshalb der Zugriff auf das staatliche Vermögen und damit letztlich auch die Zahlungsverpflichtung gegenüber Dritten eingeschränkt werden. 103 Dabei wird allerdings nicht klar zwischen „öffentlichen" und „öffentlich-rechtlichen" Aufgabenbereichen unterschieden. 104 Das Konkursrecht hat also ersichtlich die Entwicklung der öffentlich-rechtlichen Dogmatik hier noch nicht voll berücksichtigt: Nach den Ergebnissen zu den staatlichen und den öffentlichen Aufgaben sowie zur Beleihung (vergleiche oben I.) muß ja gelten: Die Träger sämtlicher „öffentlicher Aufgaben" oder deren „Verwalter" können keinesfalls alle konkursunfähig sein, sonst würde dies auch für die Presse oder die politischen Parteien gelten; insoweit gehen also die dargestellten Auffassungen von einem überholten Begriff öffentlicher Aufgaben aus. Wenn darunter jedoch „staatliche" Aufgaben oder gar nur solche zu verstehen sein sollten, die allein der Staat als Hoheitsträger unter notwendigem Einsatz seiner Hoheitsgewalt zu erfüllen hätte, so wäre auch daraus allein eine Konkursunfähigkeit gerade des Staates nicht zu begründen; denn es hat sich ja herausgestellt, daß auch ein solcher Aufgabenkreis nicht mit einer rechtsstaatlichen Eindeutigkeit faßbar ist, die aber gerade im Konkursverfahren unabdingbar bleibt. Mit Blick auf die vom Staat zu erfüllenden Aufgaben könnte also die Konkursunfähigkeit des Staates allenfalls damit begründet werden, daß der staatliche Aufgabenkreis nicht eindeutig zu bestimmen und deshalb das gesamte Vermögen von Bund und Ländern vom Konkurs auszunehmen sei. Dies allerdings liefe auf eine pauschale Begründung der Konkursunfähigkeit aus dem Begriff der staatlichen Aufgaben hinaus. Aus ihm hat sich jedoch ein Vorbehalt der Leistungsfähigkeit nicht überzeugend herleiten lassen, (siehe oben I.). Die grundsätzliche Konkursunfähigkeit des Staates mag also zwar sinnvoll sein, bisher ist sie jedoch noch nicht überzeugend begründet worden. Wie dies gesche103 Grundlegend Forsthoff, E. / Simons, T., Zwangsvollstreckung gegen Rechtssubjekte des öffentlichen Rechts, 1931, S. 42; vgl. auch Hess (FN 88) § 213 Rdnr. 5. 104 Weber (FN 86) und Hess (FN 88) sprechen vom „öffentlich-rechtlichen Aufgabenbereich" oder von „öffentlich-rechtlichen Aufgaben", Weber (FN 86) 2 c) zitiert jedoch Gesetzesmaterialien, nach denen die „Verwaltung öffentlicher Aufgaben vor Störungen zu bewahren" sei; bei Herdt (FN 92) ist von einem Widerstreit mit „öffentlichen Aufgaben" die Rede.

II. Der „konkursreife Staat"

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hen könnte, mag hier offenbleiben. Letztlich liegt der herrschenden Lehre von der Konkursunfähigkeit des Staates nur eines zugrunde: ein allgemein-unbestimmter, traditioneller Rückgriff auf das „Wesen des Staates"; dieser ist dogmatisch soviel wert wie auch im übrigen derartige Rückgriffe auf das juristische „Wesen"... Für den Gegenstand der Untersuchung jedoch, einen Vorbehalt der Leistungsfähigkeit zugunsten des Staates, läßt sich aus dem geltenden Recht der Konkursunfähigkeit von Bund und Ländern nichts ableiten; diese ist bisher nicht mit Argumenten begründet worden, welche allgemein die Notwendigkeit einer Schonung staatlicher Finanzen stützen könnten. d) Nichts anderes ergibt sich schließlich aus der kraft Gesetzes bestehenden Konkursunfähigkeit von nichtstaatlichen juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Unbestritten ist, soweit ersichtlich, daß der durchgehende Ausschluß der Konkursfähigkeit bei Gemeinden früher konstitutiv durch § 116 Absatz 2 DGO, nach 1945 durch die Gemeindeordnungen der Länder erfolgt ist und erfolgen durfte. 105 Ebenso ist allgemein anerkannt, daß die Länder - nach wie vor 1 0 6 - aufgrund von Art. IV des Einführungsgesetzes zu dem Gesetz betreffend Änderung der Konkursordnung vom 17. 05. 1898 (RGBl. 248) - die Konkursfähigkeit nichtstaatlicher juristischer Personen des öffentlichen Rechts durch Gesetz ausschließen können; davon ist auch weithin Gebrauch gemacht worden. 107 Dies wird damit begründet, daß der Konkurs die Wahrnehmung der öffentlichen Aufgaben nicht stören dürfe. 1 0 8 Auch insoweit kann die konstitutive Wirkung solcher Regelungen nicht zweifelhaft sein. 109 Diese gesetzlichen Regelungen sind verfassungsrechtlich zulässig. Sie sind zu verstehen als Ausgestaltungen der Aufgaben dieser Träger und der Unbedingtheit ihrer Erfüllung, im Namen des staatlichen Aufgabenbestimmungsrechts (vergleiche oben I.). Als Rechtfertigung für Beschränkung oder Ausschluß der Konkursfähigkeit wird aber auch hier allgemein die Gefahr einer Beeinträchtigung der Erfül105 Dazu mit Nachweisen Herdt (FN 92) 1389/59; Kuhn, G./Uhlenbruch:, W., Konkursordnung, 10. Auflage, 1986, § 213 Rdnr. 2; Weber (FN 86) § 213 Rdnr. 2 c. Durch Neufassung des § 15 Nr. 3 EGZPO (BGBl. 1953 I, 952) wurde die Vereinbarkeit dieser Regelung mit Bundesrecht bekräftigt. 106

Zur Diskussion über die Wirkungen der Neufassung des § 15 Nr. 3 EGZPO auf den Vorbehalt zugunsten des Landesrechts vergleiche Appell, R., BayVBl. 1980, 652 ff.; Piette, K. W., BayVBl. 1980, 334; ders. (FN 94); Roth (FN 91), alle mit weiteren Nachweisen. 107 Zum bayerischen Recht vergleiche (früher) Art. 10 BayAGZPOKO, jetzt Art. 25 AGGVG vom 23. 06. 1961 (GVB1. 187). 108

So bereits die Entstehungsgeschichte der reichsrechtlichen Vorbehaltsregelung zugunsten des Landesrechts in Art. IV EGKNov, vergleiche Hahn, D., Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, 1898, Band 7, S. 262. 109 Diese schließen übrigens zum Teil nur Vollstreckungsmaßnahmen gegen die unter Landesaufsicht stehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts aus, soweit diese dadurch an der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gehindert würden, so etwa § 26 Hess. VerwVollStG 1966.

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Β. Erhaltung staatlicher Leistungsfähigkeit

lung öffentlicher Aufgaben genannt. Dies allein trägt jedoch einen Vorbehalt der Leistungsfähigkeit ebensowenig wie die Annahme einer Konkursunfähigkeit des Staates (vgl. oben c) a. E.) ihn begründen könnte. e) Konkursunfähigkeit von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, beim Staat nach desses „Wesen", im übrigen nach Gesetzen, spricht als solche, abgesehen von ihrer Begründung im einzelnen, auch eher gegen Leistungsfähigkeit als Grenze von Staatsleistungen als für einen solchen Grundsatz: Der Gefährdung einer Wahrung öffentlicher Belange durch Überschuldung des Staates wird ja bereits dadurch entgegengewirkt, daß das Konkursverfahren nicht möglich ist. Wollte man überdies noch ein Leistungsverweigerungs- oder auch nur Leistungskürzungsrecht zugunsten des Staates vorsehen, so könnte es zu einem solchen Konkursverfahren schon deshalb niemals kommen, weil alle Ansprüche, welche es auslösen könnten, bereits „in seinem Vorfeld" gekürzt würden. Die Regelung der Konkursunfähigkeit liefe dann leer. Dies ist auch nicht nur ein Argument aus „einfachgesetzlichem Konkursrecht", dem die Durchschlagwirkung gegenüber der Annahme einer verfassungsrechtlich normierten exceptio pecuniam non habendi abgesprochen werden könnte. Gerade die Konkursunfähigkeit des Staates wird aus dessen „Wesen" abgeleitet (vgl. vorstehend d) dd)), sie läßt sich im einfachgesetzlichen Recht wohl nicht normativ verorten. Dann aber ist schwer einzusehen, daß auf derselben Ebene der Verfassung zwei Prinzipien nebeneinander stehen sollten - Konkursunfähigkeit des Staates und allgemeine Schonung seiner Finanzen - , von denen das letztere das erstere unnötig werden läßt. Insgesamt spricht daher das Konkursrecht der Personen des öffentlichen Rechts gegen einen verfassungsrechtlichen Vorbehalt staatlicher Leistungsfähigkeit.

3. Staatsbankrott als spezieller Rechtsbegriff Nach diesem Überblick zum Konkursrecht der öffentlichen Aufgabenträger ist nun auf die Frage zurückzukommen, was sich aus Rechtsgrundsätzen über einen „Staatskonkurs" für einen Vorbehalt der Leistungsfähigkeit des Staates ergeben könnte. a) Staatsbankrott ist als Begriff den Wirtschaftswissenschaften und dem Völkerrecht geläufig. 110 Solche Inhalte müssen hier, soweit sie ökonomisch-tatsächlicher 111 oder völkerrechtsgeschichtlicher Natur sind 112 , nicht näher behandelt werden. Denn schon vor dem 1. Weltkrieg wurde Staatsbankrott als Rechtsbegriff defi110

„Was Finanzwissenschaft und Völkerrecht „Staatsbankrott" nennen . . W e b e r (FN 86) §213, 2 b. m Weber a.a.O. 112 Strupp, V., Staatsbankrott und Völkerrecht, 1928, S. 622 ff.

. Der „konkursreife Staat"

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niert 113 , als „ein auf Nichtkönnen oder Nichtwollen beruhender Zustand der Nichterfüllung öffentlich-rechtlicher oder bürgerlich-rechtlicher Verbindlichkeiten". 114 In den Finanznöten des Reiches während der ersten Nachkriegszeit beschäftigte sich die Rechtswissenschaft näher mit ihm. 1 1 5 Für das geltende Recht ist vom Verständnis des Bundesverfassungsgerichts auszugehen. Das Gericht spricht sowohl mehrfach von „Staatbankrott" 116 als auch daneben, und gleichbedeutend, von Staatskonkurs. 117 Der Staatsbankrott liege begrifflich in dem Entfalten einer „für eine Begleichung der Schulden entscheidenden Leistungsfähigkeit" 118; und aus dieser Aussage dürfte wohl der hier untersuchte Terminus der Leistungsfähigkeit herrühren. Ein weiteres Konstitutivelement des Begriffes wird nicht genannt; das Bundesverfassungsgericht fügt nur - zur Begründung des Wegfalls der staatlichen Leistungsfähigkeit - hinzu: „Vor allem aber flössen dem Reich aufgrund der staatlichen Neuordnung keine Einnahmen mehr zu" - ein beim Staat sicher bedeutsamer Tatbestand, der ihm endgültig eine etwaige Qualifikation des „unendlich Reichen" nimmt. b) Der Begriff des Staatsbankrotts unterscheidet sich nicht von dem der Zahlungsunfähigkeit des Konkursrechts: Hier wie dort steht dem künftigen Gemeinschuldner keine rechtliche oder ökonomische Möglichkeit der Beschaffung von Mitteln zur Bezahlung seiner Schulden mehr zur Verfügung. Dabei kann es rechtlich keinen Unterschied machen, ob dies auf fehlender Produktivität und damit Ertragsfähigkeit, auf Kreditunwürdigkeit, oder auf der faktischen oder rechtlichen Unmöglichkeit einer Abgabenerhebung beruht. Folgerichtig wird denn auch der „Staatsbankrott" im konkursrechtlichen Schrifttum im Zusammenhang mit dem Konkurs über das Vermögen juristischer Personen des öffentlichen Rechts behandelt, und zwar als eine Bewältigung der Konkurssituation des „an sich" konkursunfähigen Staates (s. oben 2 c)). 1 1 9 Eigentlich müßte daher das Konkursrecht in einer solchen Situation zum Zug kommen. 120 Die herrschende Lehre geht dennoch von der Unanwendbarkeit des Konkursrechts auf den Staatsbankrott aus: Teils sieht man hier eine besondere gena Protokolle zur KO, zitiert von Weber (FN 86) 189. 114 Weber (FN 86) § 213, I I b; Herdt (FN 92) 1358. us Vgl. Kratzmann (FN 84) 319. 116 So etwa in den grundlegenden Entscheidungen BVerfGE 15, 126 (134 ff.); 41, 126 (154, 156). 117 „Das Reich befand sich in der Lage eines „Staatsbankrotts", es war nicht nur vorübergehend zahlungsunfähig ..., sondern konkursreif." (BVerfGE 15, 126 (136)); vgl. auch E 41, 126 (154). us BVerfGE 15, 126(135). 119 Vergleiche etwa Weber (FN 86) § 213, 2 b; Kuhn, G. / Uhlenbruch, W., Konkursordnung, 10. Auflage, 1986, § 213, Rdnr. 2; Herdt (FN 92) 1358. ι 2 0 Und daß dies nicht an sich schon, wegen Fehlens einer übergeordneten Zwangsgewalt oder der erforderlichen Verfahrensvorschriften, unmöglich wäre, wurde bereits oben 2 c) aa), bb) dargetan.

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. Erhaltung staatlicher Leistungsfähigkeit

setzliche Regelungsbedürftigkeit 121, teils wird aus dem „Wesen" dieser Art von „Erfüllungsverweigerung" 122 heraus argumentiert 123, über welche ein „souveränes Dispositionsrecht" des Staates angenommen wird. 1 2 4 Das Bundesverfassungsgericht formuliert lapidar: „Das allgemeine Konkursrecht (ist) für einen Staatsbankrott weder gedacht noch geeignet". 125 Diese Feststellung trifft nach Konkursrecht, wie nach dem geschichtlichen Hintergrund des Begriffes „Staatskonkurs", wohl zu. 1 2 6 Im folgenden ist daher von einem besonderen Begriff, ja von einer speziellen Rechtsfigur des Staatsbankrotts auszugehen. Es fragt sich nun, was diesen Begriff konstituiert, und ob sich von ihm Analogien zur Begründung eines weiterreichenden staatlichen Leistungsverweigerungsrechts ziehen lassen.

4. Die rechtliche Bewältigung des Staatsbankrotts und die staatliche Leistungsfähigkeit Staatsbankrott bedeutet das Entfallen der Leistungsfähigkeit, also Zahlungsunfähigkeit, nicht etwa bereits eine „ernste und hoffnungslose Lage" 1 2 7 , die sich ja nie als solche rechtlich definieren ließe. Ein „finanzielles Chaos" (.Kratzmann) ist nicht Voraussetzung. Nachdem sich der Staatsbankrott in dieser Voraussetzung nicht vom allgemeinen Konkursbegriff unterscheidet, kann der Inhalt einer ihn betreffenden lex specialis nur in der Art der Bewältigung der Situation gesehen werden, also in der Rechtsfolge. a) Der herkömmlichen Staatslehre des (Endes des) 19. Jahrhunderts mag es entsprochen haben, dem Staat hier ein weites, ja geradezu ein schrankenloses, eben ein „souveränes" Selbstbestimmungsrecht einzuräumen 128, mit dem „sich der Staat seine Überlebens- und Handlungsfähigkeit durch souveräne Disposition über seine 121 So die in FN 119 Genannten. 122 BVerfGE 41, 126(152). 123 Herdt (FN 92) 1358. 124 So Isensee (FN 10) Rdnr. 150. 125 BVerfGE 15, 126(135). 126 Vergleiche auch die weiteren Nachweise bei Kratzmann (FN 84) 322. Allerdings kann man mit ihm wohl aus der konkursrechtlichen Überlegung, daß der Staat dem Gläubiger nicht sein gesamtes Vermögen zur Verfügung stellt, nicht den entscheidenden Unterschied zum allgemeinen Konkurs ableiten, denn Beschränkungen der Konkursmasse sind auch dort geläufig. Das Bundesverfassungsgericht hat übrigens die Frage, wer beim Staatskonkurs die Konkursmasse übernommen habe, für unbeachtlich erklärt (BVerfGE 15, 125 (145)). 127 Diese kann allerdings Ausgangspunkt rechtspolitischer RegelungsVorschläge sein, vergleiche Kratzmann (FN 84) 323. 128

So etwa noch Krüger, H., Allgemeine Staatslehre, 2. Auflage, 1966, S. 711.

II. Der „konkursreife Staat"

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Verbindlichkeiten" sichert. 129 Auf dem Boden des Grundgesetzes kann die Verallgemeinerung eines derartigen, rechtlich nicht faßbaren Privilegs - über den Fall eines Staatszusammenbruches hinaus - schon deshalb keinen Bestand haben, weil der Staat seinen Bürgern damit beliebig eigentumsgeschützte Ansprüche entziehen, diese also entschädigungslos enteignen könnte. 130 Das Bundesverfassungsgericht hat denn auch derartige Formulierungen nicht gebraucht. Die Bestimmung der Rechtsfolge des Staatsbankrotts, und damit des entscheidenden Inhalts des Begriffs, kann nicht in einer rechtlich unbeschränkbaren Souveränität des Gemeinschuldners liegen; andernfalls wäre hier nichts als rechtsfreie Staatsallmacht. Es geht auch nicht an, daß sich der Staat über eine etwaige wirtschaftswissenschaftliche Erkenntnis freizeichnet, er sei eben „traditionell ein schlechter Schuldner" 131 - dies wäre nichts als Berufung auf eigenes Unrecht, und für einen solchen „Grundsatz" bietet das geltende Recht keinen Anhaltspunkt. Ebensowenig darf sich die deutsche Staatsgewalt auf die geschichtlichen Erfahrungen der zahlreichen Staatsbankrotte stützen, etwa auf Entwicklungen in den USA. 1 3 2 Die rechtliche Beurteilung kann vielmehr nur vom heutigen deutschen Staatsbankrott-Begriff ausgehen. Deshalb sollten übrigens frühere Vorgänge, bei denen der Staat sich allzu rasch seines damals als schrankenlos angenommenen Souveränitätsrechts bediente, aus der Betrachtung des Staatsbankrotts ausscheiden. 133 b) Das Bundesverfassungsgericht hat für die Bewältigung des Staatsbankrotts folgende Grundsätze entwickelt: Bei seiner Bereinigung ist „die gesamte künftige Staatspolitik mit im Spiele; im Vordergrund steht nicht die Abrechnung über die Vergangenheit, sondern die Schaffung einer Grundlage für die Zukunft". Staatsbankrott ist zu bewältigen in einer „Sanierung", welche mit „gesunden Finanzen die erste Voraussetzung für eine geordnete Entwicklung des gesamten sozialen und politischen Lebens" schafft. 134 Der Schuldner wird liquidiert - darin ist der Staatsbankrott Konkurs; seine Rechtspersönlichkeit und Aufgabenerfüllung setzt sich in neuer Organisationsform fort - darin zeigt der Staatsbankrott Elemente des Vergleiches.

129 Isensee (FN 10) Rdnr. 150. 1 30 Was aber nach Art. 14 Absatz 3 Satz 2 GG nicht zulässig ist. 131 Vgl. Kratzmann (FN 84) 319. 132 Beispiele mit Nachweisen bei Kratzmann a. a. O. 322. 133 Wie groß die Versuchung sein kann, den Begriff des Staatsbankrotts auch auf Fälle auszudehnen, in denen von eigentlicher Zahlungsunfähigkeit noch gar nicht die Rede sein kann, zeigt Kratzmann auf (a. a. O. 320), in seinen Darlegungen zur Schuldenlage nach dem 1. Weltkrieg - ihr wäre bereits mit einer Steuerquote von 35% des Volkseinkommens zu begegnen gewesen. 134 BVerfGE 15, 126 (141); es handelt konstitutiv der „neuorganisierte Staat", BVerfGE 15, 167 (197).

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Β. Erhaltung staatlicher Leistungsfähigkeit

Daß es hier primär um Neuordnung fur die Zukunft geht, erhellt auch daraus, daß Vermögensübernahme oder Funktionsnachfolge keine verfassungsrechtlichen Bestimmungsdaten für die gesetzgeberische Bewältigung des Staatsbankrotts darstellen. 135 Hier wird vielmehr ein Neuanfang gesetzt, deshalb ist der Gesetzgeber auch frei, Leistungen nur im Rahmen des Möglichen erbringen zu lassen 136 , „das heißt, soweit die notwendige staatliche Konsolidierung und der Wiederaufbau des wirtschaftlichen, sozialen und privaten Lebens eine finanzielle Belastung zuließe". 1 3 7 c) Dieses rechtliche Konstitutivelement der Regelung pro futuro läßt sich auf einen allgemeineren Begriff „staatlicher Leistungsfähigkeit" an sich übertragen. Wenn der Staat allgemein die Erfüllung seiner Verpflichtungen einstellen oder kürzen dürfte, so müßte dies stets mit Blick auf eine Zukunft erfolgen, in der er eben dadurch wieder voll oder doch weitergehend leistungsfähig werden wollte. Dies geschähe, wie beim Staatsbankrott, über eine Sanierung der gesamten Staatsfinanzen, welche der Staat dann, entsprechend seiner Aufgabenbestimmungsfreiheit (vergleiche oben I.), auf die Wahrnehmung seiner verschiedenen Belange verteilen würde (dazu noch näher im folgenden 5.). Die wesentliche Zukunftswendung (der Bewältigung) des Staatsbankrotts steht also der Begründung allgemeinerer Leistungsverweigerungsrechte durch Analogie zu einem solchen Staatskonkurs nicht entgegen.

5. Notwendige Erfüllung von Staatsaufgaben - grundsätzliche Legitimation für Staatsbankrott wie für allgemeine staatliche Leistungsverweigerung a) Die Bewältigung des Staatsbankrotts als Neubeginn stellt einen staatlichen Schuldner deshalb so weitgehend von bisherigen Verpflichtungen frei, weil „der Gesetzgeber nicht nur die Aufgabe (hat), Leistungen auf alte Reichsverbindlichkeiten und Leistungen zur Linderung oder Behebung insbesondere der Kriegsfolgen in ein annehmbares Verhältnis zueinander zu setzen - er hat auch alle sonstigen Staatsaufgaben zu erfüllen, ohne daß eine rechtlich bindende Dringlichkeitsskala aufgestellt werden könnte" (Hervorhebungen v. Verf.). 138 Denn dabei steht die „Entscheidung über die Prioritäten grundsätzlich in seinem Ermessen". 139 Daß durch übermäßig belastenden Schuldendienst andere Staatstätigkeiten möglicherweise „geradezu erstickt" werden können 140 , wird man kaum leugnen können.

135

BVerfGE 15, 126 (145); das Gericht ordnet dies eben dem einfachen Gesetzesrecht zu. 136 BVerfGE 15, 126 (143, 146); 23, 253 (285). 137 So definiert hier den „Rahmen des Möglichen" BVerfGE 27, 253 (285), vergleiche auch BVerfGE 3, 58 (135). 138 BVerfGE 15, 126 (142). 139 BVerfGE 27, 253 (285).

II. Derkonkursreife Staat"

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Bei einer solchen Art der Bewältigung des Staatsbankrotts kommt also das staatliche Aufgabenbestimmungsrecht rechtlich schrankenlos zum Zug (dazu oben I. 2.), eine Beschränkung auf die Erfüllung „notwendiger" oder „wesentlicher" Staatsaufgaben ist im Recht des Staatsbankrotts nicht ersichtlich. b) Auch dies ließe sich im Grundsatz zu einem allgemeinen Leistungsverweigerungs- oder -kürzungsrecht erweitern, welches dann, wie beim Staatskonkurs, der Bundesgesetzgeber141 vorsehen dürfte. Allerdings unterläge dies all jenen Einwendungen, welche sich bereits bei der Betrachtung der allgemeinen Staatsaufgabenlehre gezeigt haben: Der Gesetzgeber könnte hier beliebig Staatslasten abschütteln, im Namen der Aufgabenbestimmungsfreiheit des Staates, welche sich nicht beschränken läßt; Schranken für diese ergeben sich ja, wie sich hier zeigt, weder im Falle des Staatsbankrotts noch nach allgemeinem Konkursrecht (vergleiche oben 2·).

Wenn sich also der Fall des Staatsbankrotts nicht weiter eingrenzen läßt als bisher ersichtlich, so könnte eine allgemeine Leistungsfähigkeitsgrenze aus dieser Rechtsfigur gewonnen werden, grundsätzlich für alle Staatsleistungen.

6. Staatsbankrott als Ausnahmerecht - keine Möglichkeit der Erweiterung zu einem allgemeinen Recht staatlicher Leistungsfähigkeit a) Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Kriegsfolgenrechtsprechung immer wieder und unzweideutig herausgestellt, daß es sich dabei um die Bewältigung einer Ausnahmesituation handelt: Es gehe im Rahmen des Art. 134 GG um ein Regelungsbedürfnis „in der Ordnung einer besonderen Sachlage", um das Mißverhältnis zwischen dem „Leistungsvermögen" und dem „politischen Schicksal" des Reiches. 142 Ausführlich stellt das Bundesverfassungsgericht später die Sondersituation der notwendigen „Bewältigung außergewöhnlicher Probleme" dar, „die ihren Ursprung in historischen Vorgängen aus der Zeit vor der Entstehung der Bundesrepublik Deutschland haben": 143 Sie dürfen daher „nicht mit den Maßstäben gewonnen werden, wie sie für den Zwangseingriff in das Eigentum von Bürgern zur Erfüllung einer normalen öffentlichen Aufgabe gelten" (Hervorhebungen v. Verf.). 144 Diese Grundsätze gelten sinngemäß für die Abwicklung des gesamten 140

Kratzmann (FN 84) 324; die dort angeführte Äußerung von Neumark zeigt allerdings die Gefahr einer Überdehnung: Der Verzicht auf die Realisierung „an sich wünschenswerter eigentlicher Staatsaufgaben" kann doch nicht genügen, will man nicht zu einer unannehmbaren Souveränität des Staates zurücklenken, sich von seinen Schulden zu befreien (vgl. oben a)). 141 Zu dessen Zuständigkeit in einem solchen Fall vergleiche für den öffentlichen Dienst BVerfGE 7, 305 (313); Isensee (FN 10) leitet es in Rdnr. 150 aus Art. 73 Nr. 4 GG ab. 142 BVerfGE 15, 126 (139). 143 BVerfGE 41, 126(150). 144 BVerfGE 41, 126(152).

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. Erhaltung staatlicher Leistungsfähigkeit

Komplexes der Kriegs- und Kriegsfolgeschäden. 145 Im Bodenreformurteil hat das Bundesverfassungsgericht darauf ebenfalls Bezug genommen und dort übrigens auch betont, die Schädigung dieser Bürger sei vor Entstehung des Bundesrepublik Deutschland und Erlaß des Grundgesetzes eingetreten. 146 Es handelt sich also um Ausnahmerecht zur Bewältigung vorgrundgesetzlicher Sachverhalte, von Zahlungsverpflichtungen, denen vollständige Zahlungsunfähigkeit gegenüberstand.147 b) Ähnlich ist der Staatsbankrott seinerzeit für den öffentlichen Dienst bewältigt worden: Die Beamtenverhältnisse seien mit dem Zusammenbruch des Reiches erloschen 148 , deshalb habe der Staat Leistungen nur im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten zu erbringen. 149 Dieser Fall unterscheidet sich zwar von dem oben unter a ) erwähnten insoweit, als hier nicht ein Leistungsverweigerungsrecht angenommen, sondern gerade von dem Wegfall der beamtenrechtlichen Anspruchsgrundlage ausgegangen wird, an deren Stelle der „umfassende Fürsorgeauftrag" des Art. 131 GG getreten sei. Doch auch diese Problematik stand im Zusammenhang mit einer Situation des Staatsbankrotts. Gerade hier aber werden vom Gericht die beiden bereits zur allgemeinen Kriegsfolgenrechtsprechung herausgehobenen Einschränkungen besonders betont: - Diese Nachkriegssituation war eine „einmalige". 150 „Die Liquidation von Staatszusammenbrüchen im Bereich des modernen Beamtenrechts hat keine Tradition" 151 - es ist übrigens nicht ersichtlich, daß es in anderen Rechtsbereichen eine solche gäbe. - Der zu liquidierende Rechtszustand war „durch in der Vergangenheit liegende Umstände verursacht". 152 Wiederum wird klar zwischen dieser Ausnahmesituation und dem „normalen beamtenrechtlichen Status" unterschieden, in den nun die öffentlichen Bediensteten zu überführen seien. c) Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bietet also keinen Anhaltspunkt für eine Analogiebrücke vom Staatsbankrott zu einem allgemeineren Leistungsverweigerungsrecht des Staates. Die wiederholten Hinweise auf die „Einmaligkeit des Staatszusammenbruchs" können vielmehr sogar als Analogieverbot 145 BVerfGE 41, 126(153). 146 BVerfGE 84, 90 (122 f.). 14V Was man für die zweite Nachkriegszeit - anders als für die erste - wohl annehmen darf (Nachweise bei Kratzmann (FN 84) 320) und überdies aus alliierter Fremdbestimmung herleiten kann. 148 BVerfGE 3, 58 (134 ff.); 7, 305 (312 ff.). 149 BVerfGE 3, 58 (135). 150 BVerfGE 7, 305 (318); 15, 167 (196). 151 BVerfGE 15, 167 (196). 152 BVerfGE 15, 167 (196).

II. Der „konkursreife Staat"

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verstanden werden. Dabei ist hier das Problem nicht zu vertiefen, ob diese Einmaligkeit ihre Wirkungen bis nach 1989 noch entfalten konnte, und ob daher das Bodenreformurteil den Begriff der Kriegs(folge)schäden nicht überdehnt hat. Jedenfalls würde eine andere Dimension der Gefährdung der Rechtsstaatlichkeit dann erreicht, wenn man dieser früheren, auf ihre Einmaligkeit hinweisenden Verfassungsjudikatur einen generellen Verfassungsgrundsatz der leistungsbegrenzenden Leistungsfähigkeit entnehmen wollte. Ein solches Prinzip müßte dann auch noch die zweite Sperre durchbrechen, welche das Bundesverfassungsgericht in seiner Kriegsfolgenrechtsprechung errichtet hat: Deren Grundsätze über staatliche Leistungsverweigerung könnten nicht mehr nur auf vorgrundgesetzliche, sie müßten auch auf später entstandene Sachverhalte Anwendung finden. 153 Diese unterliegen jedoch der grundgesetzlichen Norm-Normalverantwortung und sind daher nach den Regeln der Verfassung und der Gesetze abzuwickeln, nach denen jeder Schuldner seine Verpflichtungen zu erfüllen hat, der Staat die seinigen im Namen der Rechtsstaatlichkeit.154 Aus dem geltenden Recht des Staatsbankrotts läßt sich also nicht entnehmen, daß die staatliche Leistungsfähigkeit stets zu wahren sei. Es spricht vielmehr dafür, daß ein solcher Grundsatz mit der Verfassung nicht zu vereinbaren wäre.

7. Wiederholung der „Einmaligkeit des Staatsbankrotts" in der Zukunft? Ungeschriebenes Staatsbankrottrecht? a) Das Bundesverfassungsgericht hat für die Anerkennung der rechtlichen Notwendigkeit, einen „Staatsbankrott" zu bewältigen, einen Ausnahme-, ja einen „einmaligen" - Zustand verlangt. Ein solcher könnte aber doch erneut eintreten, völlig ausschließen kann dies in der Tat keine noch so sorgfältige Finanzverfassung 155 und keine rechtliche Betrachtung, wollte sie nicht der Geschichte vorgreifen. Es könnte also geschehen, daß die gegenwärtige oder eine künftige Staats- und Verfassungsordnung in ähnlicher Weise zusammenbrächen wie seinerzeit das Reich und dann die DDR. Auch könnte dann nachfolgend gesetztes Verfassungsrecht diesen Staatsbankrott wieder auf andere Weise bewältigen als bisher geschehen. Doch Betrachtungen darüber würden den Rahmen des geltenden Rechts verlassen und zu reinen Spekulationen führen. Verfassungsrechtlich wäre dies unzulässig; historisch liegt es zumindest nicht nahe, sind doch die hier betrachteten Vorgänge von wahrhaft säkularer Einmaligkeit. 153

Noch im Bodenreformurteil hat sich ja das Bundesverfassungsgericht bemüht, diese zeitliche Sperre zum Tragen zu bringen: Die Enteignungen hätten vor Inkrafttreten des Grundgesetzes stattgefunden (BVerfGE 84, 90 (122 f.)). 154 Hat der grundgesetzliche Gesetzgeber die Basis für Ansprüche geschaffen, so hat auch der staatliche Schuldner diese zu befriedigen, vgl. BVerfGE 15, 126 (145). iss Isensee (FN 10) Rdnr. 150.

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. Erhaltung staatlicher Leistungsfähigkeit

b) Aus der Sicht der Allgemeinen Staatslehre mag die Frage bleiben, ob etwas wie ein „ungeschriebenes Staatsbankrottrecht" anzuerkennen ist, jenseits des Verfassungsrechts. Das Grundgesetz hat sich in Art. 1 Absatz 2 vor- und überstaatlichem Recht weit geöffnet. Auf eine derartige Rechtsgrundlage beruft sich jedoch, zur Herleitung eines Leistungsverweigerungsrechts im Namen des Staatskonkurses, oder gar darüberhinaus, in neuerer Zeit niemand. Auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts findet sich keinerlei Andeutung in dieser Richtung. Daher darf die Betrachtung zum Staatskonkurs hier schließen.

C. Haushaltsrecht als Grundlage staatlicher Leistungsbeschränkung I. Keine „Außenwirkung" des Haushalts 1. Die Fragesteilung: Haushaltsplan als Leistungssperre? Der These, daß Staatsorgane keine Leistungen beschließen oder erbringen dürften, welche die Leistungsfähigkeit des organisierten Gemeinwesens beeinträchtigen (könnten), liegen wohl - unausgesprochen - auch, wenn nicht gar vorrangig, haushaltsrechtliche Überlegungen zugrunde. Sollte eine Verfassung, welche das Haushaltswesen des Bundes so eingehend regelt (Art. 109 ff. GG), sollten Gesetzgeber, welche dies in Bund und Ländern durch Haushaltsgrundsätzerecht und Haushaltsordnungen weitestgehend übereinstimmend ausgestalten, nicht von einem allgemeinen „Überlastungsverbot" dieser Etats als einer finanzrechtlichen Grundnorm ausgehen? Muß dem aber nicht (auch) Bedeutung zukommen für Staatsleistungen, die nur über den Haushalt zu erbringen sind, jedoch unter Umständen nicht erbracht werden dürfen, wenn gerade dadurch Überlastung droht? Hier geht es um die Bedeutung des öffentlichen Haushalts schlechthin und um dessen normative Wirkungen. Daß er die Verwaltung nur ermächtigt, Ausgaben zu tätigen, sie dazu aber nicht verpflichtet, ergibt sich aus den Gesetzen (§ 3 Absatz 1 HGrG, § 3 Absatz 1 BHO). 1 Wirkt sich diese Gestattung aber nicht zugleich als Leistungssperre aus, in dem Sinn jedenfalls, daß der Haushalt vielleicht grundsätzlich die erforderlichen Mittel bereitstellen muß, daß dem aber letzte Grenzen gezogen sind - eben aus einem allgemeinen, verfassungsrechtlich wirksamen Überlastungsverbot? Das Haushaltsrecht ist jedenfalls sedes materiae für die Diskussion um die Leistungsfähigkeit des Staates in dem Sinn, daß deren Berücksichtigung im Rahmen eines Vorbehalts hier hätte geregelt werden müssen, oder daß ein ungeschriebener Grundsatz dieses Inhalts diesem Rechtsbereich zuzuordnen wäre.

1 Siehe dazu für viele Friauf, Κ. H., Der Staatshaushaltsplan zwischen Parlament und Regierung, Band 1, 1986, S. 163 ff.; v. Mutius, Α., VVDStRL 42 (1984), S. 147 (168 f.); Maunz, Th., in: Maunz, Th./Dürig, G./Herzog, R./Scholz, R , GG, Loseblatt, Stand 1982, Art. 111, Rdnr. 8; Kisker, G., in: Isensee, J./Kirchhof, P. (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band 4, 2. Auflage, 1990, § 89, Rdnr. 25, 28, 52; Jestaedt, M., Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, 1993, S. 338.

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C. Haushaltsrecht als Grundlage staatlicher Leistungsbeschränkung

2. Die rein innerorganische Wirkung des Haushaltsplans § 3 Absatz 2 HGrG a) Das Haushaltsgrundsätzegesetz gibt darauf eine lapidare Antwort: „Durch den Haushaltsplan werden Ansprüche oder Verbindlichkeiten weder begründet noch aufgehoben" (§ 3 Absatz 2). Damit ist ausdrücklich und eindeutig dem Haushaltsplan als solchem jede „Außenwirkung" gegenüber Dritten abgesprochen2; dann aber ist er auch ohne rechtliche Bedeutung für Leistungsverpflichtungen des Staates. Auszugehen ist vielmehr von voller Zweispurigkeit: Der Haushaltsplan stellt nur Mittel bereit, Leistungsverpflichtungen dagegen beruhen ausschließlich auf „außerbudgetären Rechtsgrundlagen" (Gesetz, begünstigendem Verwaltungsakt, Vertrag). 3 So darf einem Angestellten die Vergütung aus einer nach seinen Tätigkeitsmerkmalen verbindlich festgestellten höheren Gruppe nicht mit der Begründung versagt werden, Haushaltsmittel stünden nicht zur Verfügung. Schließt die Verwaltung einen Mietvertrag ohne Haushaltsdeckung ab, so ist dennoch die Miete zu zahlen.4 Das Haushaltsrecht wirkt nur innerorganisch. Dies mag sich erst mit der Entwicklung einer Steuerstaatlichkeit ergeben haben, welche Einnahmen und Ausgaben klar getrennt hat5 - heute ist es geltendes Recht. Die Frage, ob nicht doch eine Außenwirkung des Haushalts eintritt, wenn der Dritte das Fehlen der Haushaltsmittel kannte oder kennen mußte, wird sich in aller Regel, mangels entsprechender Kenntnis des Dritten, gar nicht stellen; sollte die Staatsinstanz selbst darauf hingewiesen haben, so wird damit die Staatsverpflichtung unter Haushaltsvorbehalt gestellt (vergleiche dazu 2.). Wo dies aber nicht der Fall ist, kann der dritte Berechtigte immer annehmen - und in der Regel auch darauf vertrauen - daß entsprechende Mittel vorhanden sind, oder sein Schuldner sich diese durch Haushaltsergänzung beschaffen kann und wird. Eine „Außenwirkung des Haushaltsrechts" wird sich auf solchem Weg also nicht konstruieren lassen.6 b) Verstärkt wird diese Trennung auf Bundesebene noch durch das sogenannte ,ßepackungsverbot" (Art. 110 Absatz 4 GG): In das Haushaltsgeseiz dürfen nur Vorschriften aufgenommen werden, die „sich auf Einnahmen und Ausgaben beziehen" - auf die Ansätze als solche also, nicht auf ihre Rechtsgrundlagen7 (Rechte 2 Nur um die Rechtsbeziehungen zu diesen geht es hier, mögen sie auch nicht mehr ausdrücklich erwähnt sein. 3 Piduch, Ε. Α., Bundeshaushaltsrecht, Kommentar, Loseblatt-Ausgabe, 1996, § 3 BHO, Rdnr. 4. 4 Birkner, E., Bayerisches Haushaltsrecht, 1996, Art. 3 BayHO, 5. 1; Kirchhof, P., NVwZ 1983, 505 (512). 5

Dazu mit Nachweisen Kirchhof, a. a. Ο. 507 f. Vergleiche zu dieser Problematik auch noch näher unten III - zur „Außenwirkung" des haushaltsrechtlichen Wirtschaftlichkeitgebots. 7 Kirchhof (FN 4). 6

I. Keine „Außenwirkung" des Haushalts

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auf Einnahmen - Verpflichtungen zu Ausgaben): Das „Recht der Staatsleistungen ist damit vom Recht der innerorganischen Leistungsermächtigung (Haushalt) vollständig getrennt." Selbst wo aber dieses „Bepackungsverbot" nicht gilt 8 , bleiben die beiden Komplexe (Budgetrecht - außerbudgetäre Leistungsgrundlagen) ihren normativen Wirkungen nach klar voneinander abgesetzt.9

3. Leistungsverpflichtungen „nach Maßgabe des Haushalts" Eine praktisch wichtige gesetzgeberische Gestaltung ist allerdings zu beachten, welche doch eine Verbindung zwischen Haushaltsrecht und außerbudgetärem Staatsleistungsrecht herstellt und sich damit als „haushaltsrechtliche Leistungssperre nach außen", Dritten gegenüber, erweist: Die Gewährung von Leistungsansprüchen gegen den Staat „nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel". Dieser Haushaltsvorbehalt beherrscht vor allem das gesetzliche Subventionsrecht, er berechtigt nach ganz herrschender Lehre die betreffende Körperschaft des öffentlichen Rechts, ihre Leistungen nur mit den veranschlagten Mitteln zu erbringen. 10 Einen Rechtsanspruch auf Erhöhung der Haushaltsmittel gibt es aber nicht. 11 Diese Wirkung des Haushalts gegenüber Dritten, im Sinne einer Leistungsbegrenzung zugunsten des staatlichen Schuldners, stellt die Leistungsansprüche unter den Vorbehalt sämtlicher haushaltsrechtlicher Bestimmungen12, des (periodischen) Haushaltsgesetzes (Sperren) ebenso wie des allgemeinen Haushaltsrechts der Haushaltsordnung.13 Hier wirkt also das Haushaltsrecht als Leistungssperre. Dem läßt sich aber nichts zur Begründung einer allgemeinen Schranke der Leistungsfähigkeit des Staates entnehmen. Daß eine solche dort liegt, wo ein Anspruch auf Staatsleistungen, von vorneherein, nur unter vom Schuldner näher zu bestimmenden Umständen eingeräumt ist 1 4 , entspricht allgemeinen Grundsätzen, die etwa auch im Vertragsrecht 8

Wie etwa in Bayern, vergleiche Birkner (FN 4) 5. Diese „verwaltungsrechtliche Sonderung von Haushaltsrecht und öffentlichem Schuldrecht" erkennt auch Kirchhof (FN 4) 509 f. an, obwohl er für eine weitergehende Verbindung beider Regelungsbereiche eintritt, vergleiche seinen Diskussionsbeitrag in VVDStRL 42 (1984), S. 147, 287 (288). 9

10 Siehe für viele Götz, V., Recht der Wirtschaftssubventionen, 1966, S. 39; Henke, W., Das Recht der Wirtschaftssubventionen, 1979, S. 107, 134; Stober, R., Handbuch .des Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrechts, 1989, S. 1226 (1228); ders., GewArch. 1993, 136 (143/44); Tettingen P. J., GewArch. 1981, 105 (111). n BVerwG, NJW 1979, 280 f.; VGH Baden-Württemberg, DVBI. 1981, 265 f. mit Anmerkungen; Stober, R., GewArch. 1993, 136 (143). 12 Birkner (FN 4) Rdnr. 5. 2. 13 Deshalb müssen hier etwa auch die Voraussetzungen der „Zuwendungen" nach §§44, 23 HO (entsprechend ζ. B. die Art. 44, 23 BayHO) erfüllt sein (besonderes öffentliches Interesse). 5 Leisner

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C. Haushaltsrecht als Grundlage staatlicher Leistungsbeschränkung

des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten (vergleiche dort für den Gläubiger § 315). Die hier untersuchte Problematik bezieht sich dagegen nur auf Fälle, in denen der Schuldner Staat den Einwand mangelnder Leistungsfähigkeit erheben möchte, obwohl seine Leistungen nicht unter Haushaltsvorbehalt stehen. In diesen Zusammenhang läßt sich auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur (ausnahmsweisen) Uminterpretierung von grundrechtlichen Abwehrrechten in Teilhaberechte einordnen, 15 Solche Individualansprüche gegen den Staat (etwa auf einen Studienplatz) unterliegen der immanenten Einschränkung(smöglichkeit) nach den haushaltsrechtlich verfügbaren Mitteln. Andere wichtige Gemeinschaftsgüter und die gleichen Rechte anderer Nachfrager müssen gewahrt werden. 16 Dies bedeutet einen ungeschriebenen Haushaltsvorbehalt für solche Leistungen, von Verfassungs wegen, damit „Staatsleistungen nach Maßgabe des Möglichen". 17 Doch dies gilt nur „in Einzelfällen und unter einschränkenden Kautelen" (Kirchhof). 1* Ein allgemeines Verfassungsprinzip eines ungeschriebenen Haushaltsvorbehalts für alle Staatsleistungen läßt sich dem nicht entnehmen; dies würde das „Recht individueller Teilnahme an rechtsstaatlichem Schutz" entwerten, das jedoch „ohne jeden Vorbehalt zu gewähren" ist. 19

4. Verfassungsrang von § 3 Absatz 2 HGrG? Nachdem sich aus einfachgesetzlichen Haushaltsnormen, den Besonderheiten des Etats entsprechend, für Dritte weder Rechte noch Pflichten ergeben, könnte die Behandlung des Haushaltsrechts im vorliegenden Zusammenhang an dieser Stelle schließen - es ließe sich daraus nichts zur staatlichen Leistungsfähigkeit ableiten. Mehr noch: Es bewiese, daß der Staat als Schuldner stets unbedingt zu leisten hätte, ohne Rücksicht auf seine verfügbaren Mittel. Nur der Haushaltsgesetzgeber kann über diese entscheiden; wenn ohne Rücksicht auf die veranschlagten Mittel zu leisten ist, so hat ihre Verfügbarkeit keine Bedeutung für die Leistungsfähigkeit. Dann aber kann es eine solche als Schranke von Staatsleistungen schon begrifflich nicht geben. Wenn nun allerdings die Beachtung eines allgemeinen Grundsatzes der Leistungsfähigkeit auf Verfassungsrecht gestützt wird, so erhebt sich hier eine Normstufenfrage: § 3 HGrG hat nur den Rang einfachen Gesetzesrechts. Zwar entspricht er der deutschen Rechtstradition 20, wie etwa dem früheren § 24 RHO; doch auch 14

Was eben durch eine außerbudgetäre Norm im Sinne von oben 1. (etwa des Subventionsrecht) erfolgt. 15 BVerfGE 33, 103 (333 ff.). 16 Dazu Kirchhof (FN 4) 511. 17 Kirchhof di. a. Ο. is Vergleiche BVerfG (FN 15). 19 Kirchhof (FN 4) 511.

II. Das verfassungsrechtliche Überschuldungsverbot

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dieses Herkommen beruht nur auf einfachgesetzlichen, nicht auf verfassungsrechtlichen Normen. Dann aber könnte eine derartige Bestimmung ein etwaiges Verfassungsgebot zur unbedingten Wahrung einer - wie immer definierten - staatlichen Leistungsfähigkeit nicht außer Kraft setzen oder einschränken. § 3 HGrG wäre vielmehr seinerseits im Licht eines solchen Grundsatzes etwa wie folgt restriktiv zu verstehen: „Durch den Haushaltsplan werden Verbindlichkeiten nicht aufgehoben, soweit ihre Erfüllung nicht die Leistungsfähigkeit (des Bundes) beeinträchtigt". Dagegen läßt sich nicht auf die Feststellung des Bundesverfassungsgerichts verweisen: „Gegen die Zulässigkeit eines gesetzlichen Ausschlusses von Außenwirkungen des festgestellten Haushaltsplanes bestehen umso weniger rechtliche Bedenken, als diese Regelung den seit langem geltenden Grundsätzen des Haushaltsrechts entspricht". 21 Ein etwaiger Verfassungsgrundsatz der Leistungsfähigkeit als Schranke von Staatsleistungen war damals (noch) gar nicht Gegenstand der Diskussion, über ihn hat das Gericht also nichts aussagen können. So läßt sich § 3 Absatz 2 HGrG zwar ein deutliches, traditionsgestütztes Indiz dafür entnehmen, daß es der Verfassung entspricht, aus der notwendig haushaltsrechtlich zu bestimmenden Leistungsfähigkeit des Staates Einwendungen gegen Ansprüche Dritter nicht abzuleiten. Dennoch bedarf es noch weiterer haushaltsverfassungsrechtlicher Prüfung, ob das Grundgesetz in seinen finanzrechtlichen Normen Ansätze für ein Verfassungsprinzip leistungssperrender Leistungsfähigkeit bietet. Außerdem könnte es sein, daß verfassungsrechtliche Normen den Zufluß der Mittel derart einschränken, jedenfalls kanalisieren, daß dies die Leistungsfähigkeit des Staates bis zur Notwendigkeit mindert, sich Dritten gegenüber oder innerorganisch auf deren Fehlen zu berufen.

II. Das verfassungsrechtliche Überschuldungsverbot eine Leistungsschranke? 1. Die Bedeutung von Art. 115 GG für die Fragestellung der Untersuchung Art. 115 GG enthält grundlegende Regelungen für Beschaffung (Kredite) und Verwendung (Investitionen) öffentlicher Mittel und ist daher eine Grundnorm der Finanzverfassung 22, die durch die finanzwissenschaftliche Staatsschuldentheorie23 20 Vgl. Viaion, F. K., Haushaltsrecht, 2. Auflage, 1959, § 24 Anm. 2 ff.; Mußgnug, R., Der Haushaltsplan als Gesetz, 1976, S. 308 ff. 21 BVerfGE 38, 121 (126). 22 Um nur die wichtigsten Beiträge aus letzter Zeit zu nennen: Arndt, H.-W., JuS 1990, 346; v. Arnim, H. H. / Steinberg, S., Staatsverschuldung in der Bundesrepublik Deutschland, 1986, S. 110 ff.; Birk, D., DVBI. 1984, 745; Donner, H., ZParl. 1987, 436; Fischer-Menshau5*

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C. Haushaltsrecht als Grundlage staatlicher Leistungsbeschränkung

beeinflußt worden ist. Gegenwärtige Überschuldungssorgen der öffentlichen Haushalte verleihen dem aktuelle Bedeutung. 2 4 Ausdrückliche normative Aussagen zu einem staatlichen Leistungsverweigerungsrecht gegenüber Dritten sind i m Haushaltsrecht, schon wegen der beschränkten Wirkungsweise des Etats (vergleiche § 3 HGrG; oben I.), nicht zu erwarten. Für eine Bestimmung staatlicher Leistungsgrenzen könnten allerdings folgende finanzverfassungsrechtliche Fragestellungen immerhin Ansatzpunkte bieten: - Läßt sich aus der allgemeinen Lenkungsfunktion des Haushalts ableiten, daß besonders belastende Staatsverpflichtungen nicht zu erfüllen sind? (im folgenden

2.) -

Kann von einem allgemeinen Überlastungsverbot staatlicher Haushalte gesprochen werden? (im folgenden 3.)

- Gibt es nach Haushaltsverfassungsrecht 25 Staatsziele, welche durch den Einsatz besonderer Mittel (insbesondere von Krediten) vorrangig zu verfolgen sind (investive Mittelverwendung, Zukunftssicherung)? (im folgenden 4.) - Werden solche insbesondere durch das Stabilitätsgesetz vorgegeben, sind damit Funktionen des Haushalts durch die Verfassung angesprochen, welche durch all-

sen, H., in: v. Münch, I. /Kunig, P. (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Band 3, 3. Auflage, 1996, Art. 115; Fricke, E., FA 48 (1990), 222 ff.; Hoyer, E., Kommentar zum Haushaltsrecht, 1990, Art. 115; Isensee, J., in: Wendt, R./Höfling, W./Karpen, U./Oldiges, M. (Hrsg.), Staat. Wirtschaft. Steuern. Festschrift für K. H. Friauf, 1996, S. 705; Kirchhof, P., Staatliche Einnahmen, in: Isensee, J./Kirchhof, Ρ (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band 4, 1990, § 88; Krißeleit, R./Menthen, J., DÖV 1995, 461 ff.; Lappin, R., Kreditäre Finanzierung des Staates unter dem GG, 1994; Maunz, Th., in: Maunz, Th./Dürig, G./Herzog, R./Scholz, R , GG, Loseblatt, Stand 1981, Art. 115; Müller, U., DÖV 1992, 1005; Osterloh, L., NJW 1990, 145; Piduch (FN 3) Art. 115 GG; Siekmann, E., in: Sachs, M. (Hrsg.), GG, 1996, Art. 115; Stern, K., Staatsrecht, Band 2, 2. Auflage, 1984, S. 1276 ff.; Tiemann, S., DÖV 1995, 632; Vogel, YL.IWiebel, M., in: Dolzer, R./Vogel, K. (Hrsg.), Bonner Kommentar (Zweitbearbeitung), 1966, Art. 115 GG. 23 Brenner, GJHaury, C. EJLipp, E.-M., FA 1980, 236; Ehrlicher, W., in: Boley, P./Tolkemitt, G. (Hrsg.), Wirtschaftswissenschaft als Grundlage staatlichen Handelns. Festschrift für H. Hallei; 1979, S. 27; ders., Der Staat 24, 1985, 31 ff.; Gandenberger, O., in: Gerloff, W./Neumark, F. (Hrsg.), Handbuch der Finanzwissenschaft, Band 3, 3. Auflage, 1981, S. 6; ders., Thesen zur Staatsverschuldung, in: Hansmeyer, K.-H. (Hrsg.), Staatsfinanzierung im Wandel, Schriften des Vereins für Socialpolitik, 134 n. F. (1983), S. 843; ders., FA 48 (1990), 28; Kath, D., Stichwort „Monetarismus", in: Görres-Gesellschaft (Hrsg.), Staatslexikon, Band 3, 7. Auflage, 1989, Sp. 1212. 24 Die bereits vor Jahrzehnten vorgebrachten Bedenken gegen Struktur-, vor allem aber Konjunkturwirksamkeit der antizyklischen Haushaltspolitik (vergleiche die Nachweise bei v. Arnim, H. H., BayVBl. 1981, 514 (518); Maunz (FN 22) Rdnr. 46; Prokisch, R., Die Justiziabilität der Finanzverfassung, 1993, S. 175; siehe auch BVerfGE 79, 311 (335 f. m. Nachw.)) wurden in den Stagnations- und Rezessionsphasen seit 1991 im wesentlichen bestätigt. 25 Daß sich aus der allgemeinen Staatsaufgabenlehre als solcher Prioritäten nicht ableiten lassen, hatte sich bereits oben (Β. I.) gezeigt.

II. Das verfassungsrechtliche Überschuldungsverbot

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zu schwere anderweite Leistungsbelastungen unerfüllbar würden? (im folgenden 5.) - Begrenzt das Haushaltsrecht, insbesondere die Kreditaufnahmesperre des Art. 115 GG, durch Einschränkung des Mittelzuflusses die Leistungsfähigkeit der öffentlichen Haushalte? (im folgenden 6.). Zu fragen ist insbesondere, ob sich aus solchen Ansätzen die Kredit-/Investionsregelung der Verfassung zu einem Vorbehalt staatlicher Leistungsfähigkeit „hochrechnen" läßt. Die Rezeption ökonomischer Erkenntnisse 26 öffnet das Staatsrecht immerhin zur Wirklichkeit der wirtschaftlichen Zwänge, die hier hinter der These vom begrenzten staatlichen Leistungsvermögen steht.

2. Die Lenkungsfunktion des Haushalts Deficit spending als Verschuldensgestattung Wer dem Staat Berufung auf wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in bestimmten Lagen gestatten will, möchte damit in der Regel nicht nur seine Kreditunwürdigkeit im Extremfall verhindern; es muß ihm darum gehen, schon in deren Vorfeld eine Überschuldung öffentlicher Haushalte zu verhindern, vor allem die Kreditaufnahme in Grenzen zu halten. a) Dies war anfangs auch der Sinn des „objektbezogenen" Haushaltsdeckungsprinzips 27 nach dem früheren Art. 115 Satz 1 GG: Im Wege des Kredits durften „Geldmittel nur bei außerordentlichem Bedarf und in der Regel nur für Ausgaben zu werbenden Zwecken beschafft werden". Diese der deutschen Tradition entsprechende Regelung28 hätte etwa Mittelbeschaffung für besonders hohe Entschädigungs- oder sozialstaatlich begründete Ausgaben grundsätzlich nicht gestattet. Die Haushaltsreformen von 1967 , vor allem aber von 1969 30 , brachten eine Wende zu einem (wirtschafts-)situationsbezogenen Haushaltsverfassungsrecht, welches (auch) antizyklische Haushaltspolitik gestatten sollte, nach den Lehren von John Meynard Keynes. 31 Nach ihm ist es Staatsaufgabe, einen Nachfrageman26 Beurteilung und Einschätzung des Gesetzgebers müssen aufgrund „der Auffassungen in Volkswirtschaftslehre und Finanzwissenschaft nachvollziehbar und vertretbar erscheinen" (BVerfGE 79, 311 (344)); für einen solchen „fächerübergreifenden Ansatz" tritt v. Arnim ein (FN 24) 514 mit Nachweisen; kritisch Maunz (FN 22) Rdnr. 32; Janson, B., ZRP 1983, 139 (144). 2

? Siekmann (FN 22) Rdnr. 20. Nachweise in BVerfGE 79, 311 (352/53). 29 Einfügung von Art. 109 Absatz 2 GG, Erlaß des Stabilitätsgesetzes, vergleiche dazu Stachels, E., Das Stabilitätsgesetz im Rahmen des Regierungshandelns, 1970, S. 24 ff., 33 ff.; Hollmann, H., Rechtsstaatliche Kontrolle der Globalsteuerung, S. 230 ff. 28

30 Überblick bei v. Arnim (FN 24) 515 ff.; Janson (FN 26) 140 ff.; Siekmann (FN 22) Rdnr. 2.

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C. Haushaltsrecht als Grundlage staatlicher Leistungsbeschränkung

gel durch Einsatz von Haushaltsmitteln, wenn nötig durch ein ständiges deficit spending zu kompensieren. Zurückgedrängt 32 wurde damit jener Monetarismus, der beim Angebot ansetzt und streng konjunkturkonforme Geldmengenpolitik forde«. 33 b) Die ökonomische Effizienz dieser antizyklischen Haushaltspolitik, die sich schon vor Jahren zunehmender Kritik ausgesetzt sah 34 , vor allem wegen ihrer „Verschuldungsversuchung" 35, ist hier nicht zu beurteilen. Eindeutig bewirkt sie jedenfalls eine Erleichterung staatlicher Kreditaufnahme, um (auch) Störungen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts (dazu noch näher 4. c), 5.) entgegenwirken zu können. Damit aber lassen sich auch größere, unerwartete, die Leistungsfähigkeit des Staates wirklich bedrohende Zahlungsverpflichtungen durch Aufnahme von Krediten abdecken. Eine Verfassung, die (zumindest auch) antizyklische Haushaltspolitik gestattet36, damit nur mittelfristig den Haushaltsausgleich anstrebt 37, öffnet sich unvorhersehbaren, großen Leistungsbelastungen des Staates grundsätzlich weiter, als es dem herkömmlichen Prinzip strenger Haushaltsdekkung entspricht 38; diesem muß zwar formal stets genügt werden (Art. 110 Absatz 1 Satz 2 GG), nicht aber „materiell". 39 Eine Kreditüberschuldung ist nun zulässig, und zwar auch für Zwecke, die nicht notwendig werbenden Charakter haben. Wer dem Staat so allgemein deficit spending gestattet, kann kaum durch rigides Haushaltsrecht Defizite verbieten, die sich aus der Erfüllung von Rechtsverpflichtungen ergeben. 40 In nicht wenigen Fällen, etwa bei Erfüllung weitreichender Sozialleistungsverpflichtungen, wird übrigens, gerade dadurch, das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht stabilisiert. Die neueren Tendenzen zum Verständnis der Funktion öffentlicher Haushalte gehen also nicht von einer Einschränkung von

31 Keynes, J. M., Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes, 1936, 7. Auflage, 1994. 32 Er wurde nicht etwa aufgehoben, da immerhin, nach wie vor, in der „Normallage" keine über Investitionsausgaben hinausgehende Kreditaufnahme gestattet ist („Deckungsregel"), siehe Siekmann (FN 22) Rdnr. 20. 33 Siehe dazu näher Kath (FN 23); Gandenberger (FN 23) S. 27 ff.; ν. Arnim, Η. Η. I Steinberg, S. (FN 22) S. 35 ff. 3 < BVerfGE 79, 311 (336). 35 Grundlegende Kritik bei Buchanan, J. M./Wagner, R. E., Democracy in Deficit, New York/S. Francisco/London, 1977; siehe dazu insbesondere Prokisch (FN 24) S. 179; v. Arnim (FN 24) 521 ff. 36

Maunz, Th., hält sie für grundsätzlich von der Verfassung vorgeschrieben, in: Maunz, Th./Dürig, G./Herzog, R./Scholz, R , GG. Loseblatt. Stand 1979, Art. 109, Rdnr. 24. 37 Janson (FN 26) 143 im Sinne eines „zyklischen Budgetausgleichs". 3 » Janson (FN 26) 142; Siekmann (FN 22) Rdnr. 428. 39 Siekmann (FN 22) Rdnr. 4. 40 Es sei denn, man stelle die Bekämpfung von Störungen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts noch über die Erfüllung sonstiger Staatsaufgaben (vergleiche dazu näher unten 4.).

II. Das verfassungsrechtliche Überschuldungsverbot

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Staatsleistungen aus, sie wollen deren Möglichkeiten sogar noch erweitern. 41 Dann aber kann schwerlich angenommen werden, (verfassungs-)gesetzlich begründete Leistungsverpflichtungen dürften aus haushaltsrechtlichen Gründen nicht erfüllt werden.

3. Verfassungsrechtliches Überlastungsverbot des Haushalts? a) Das Grundgesetz verlangt den Haushaltsausgleich im Haushaltsplan, in Einnahmen und Ausgaben (Art. 110 Absatz 1 Satz 2); diese Regelung ist streng einzuhalten, wie die Sondernormen über Ausgaben vor Etatgenehmigung (Art. 111) und die überplanmäßigen und außerplanmäßigen Ausgaben (Art. 112) belegen.42 Dies gilt auch nach Lockerung des früheren Verbots periodenübergreifenden Haushaltsausgleichs in Art. 110 Absatz 2 GG. 43 „Wenn sich während des Haushaltsjahres zeigt, daß die Haushaltsansätze aus finanz-, konjunktur- oder ordnungspolitischen Gründen nicht realisierbar sind, muß der Haushaltsgesetzgeber erneut tätig werden und einen Nachtragshaushalt beschließen".44 b) Die Verfassung überläßt jedoch die Erfüllung rechtlicher Verpflichtungen durch den Staat nicht dem politischen Willen des Gesetzgebers. Dies zeigt Art. 111 Absatz 1 Buchstaben a und b GG: Ist bis zum Schluß eines Haushaltsjahres der Etat für das folgende Jahr nicht durch Gesetz festgestellt, „so ist bis zu seinem Inkrafttreten die Bundesregierung ermächtigt, alle Ausgaben zu leisten, die nötig sind, a) um gesetzlich bestehende Einrichtungen zu erhalten und gesetzlich beschlossene Maßnahmen durchzuführen, b) um die rechtlich begründeten Verpflichtungen des Bundes zu erfüllen". Zu derartigen (noch) nicht veranschlagten Ausgaben können alle Ansprüche gegen den Bund führen, die gerichtlich durchsetzbar sind, zum Beispiel Ansprüche aufgrund eines vom Bund abgeschlossenen Vertrags oder eines Gesetzes, etwa Schadensersatzansprüche gegen den Bund. 45 Hier darf nicht nur geleistet werden 46 , um Ansprüche Dritter zu befriedigen (Außenwirksamkeit im Sinne von § 3 41

Und sie setzen sich gerade dadurch dem Vorwurf der Inflationierung von Staatsauf gaben aus, vergleiche mit Nachweisen v. Arnim (FN 24) 519, 521. 42 Vergleiche dazu BVerfGE 45, 1. 43 Vgl. auch § 9 HGrG; zur früheren Rechtslage Hettlage, Κ. M., DÖV 1966, 1 (7). 44

Isensee, J., DVBI. 1996, 173 (176). 5 Siehe Maunz, Th., in: Maunz, Th./Dürig, G./Herzog, R./Scholz, R., GG. Loseblatt Stand 1979, Art. 111, Rdnr. 19; Piduch (FN 3) Art. 111 GG, Rdnr.13 will sogar von der Voraussetzung des klagbaren Anspruches absehen. 4

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Daß eine rechtliche Verpflichtung dazu nicht besteht, ergibt sich aus dem Wesen des Haushaltsgesetzes, vergleiche Maunz a. a. O. Rdnr. 8; Stern (FN 20) S. 1207 f.

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C. Haushaltsrecht als Grundlage staatlicher Leistungsbeschränkung

Absatz 2 HGrG). Art. 111 GG gestattet sogar 47 eine Erfüllung von Aufgaben, die gesetzlich beschlossen worden sind, wenn kein Dritter dies rechtlich fordern kann 48 , sowie rein organisationsrechtlich-innenwirksame Leistungen zur Aufrechterhaltung von Einrichtungen, die auf gesetzlicher Grundlage errichtet worden sind 4 9 Die Verfassung geht also von einem weit verstandenen Grundsatz staatlicher Leistungskontinuität aus, hinter welchem das Prinzip des Ausgleichs des Etats zurücktritt. Diese Kontinuität muß jedoch nicht nur wirken, wenn ein bereits vorbereiteter Haushalt (noch) nicht durch Gesetz festgestellt worden ist, sondern auch, wenn sich Verpflichtungen, welche den Etat überschreiten, oder die Notwendigkeit von Leistungen aufgrund von früheren gesetzlichen Entscheidungen ergeben: In diesem Fall fehlt eben die erforderliche haushaltsgesetzliche Feststellung; der Etat ist dann durch Kreditaufnahme auszugleichen (Art. 111 Absatz 2 GG). 50 Daß dies nur bis zu einem Viertel der bisherigen Haushaltsansätze zulässig ist, wirft allerdings die unten (6 f)) noch näher zu behandelnde Frage auf, ob sich ein staatliches Leistungsverweigerungsrecht aus (verfassungs-)rechtlichen Sperren der Mittelzuflüsse begründen läßt. Das Grundgesetz gibt also dem Staat nicht allgemein das Recht zu der leistungshemmenden haushaltsrechtlichen Einrede, es stünden ihm keine im Haushalt veranschlagten Mittel zur Verfügung; die Verfassung will vielmehr die Kontinuität der Erfüllung von Staatsaufgaben haushaltsrechtlich absichern 51, und zwar ausdrücklich auch die Begleichung von Schulden als Wahrnehmung von Staatsaufgaben. Ein leistungsbeschränkendes etatrechtliches Verbot der Überlastung ist dagegen der Verfassung fremd. 47 Das Verhältnis von a) und b) sieht zutreffend Maunz a. a. O. Rdnr. 18; siehe dazu auch Theiß, H., Das Nothaushaltsrecht des Bundes, 1975, S. 47 f. 48 Etwa die Weiterverteilung von Fördermitteln, auf die ein Anspruch nicht besteht, vergleiche unter anderem Arndt, H.-W, Wirtschaftsverwaltungsrecht, in: Steiner, U. (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 4. Auflage, 1992, Rdnr. 199; Bleckmann, Α., Subventionsrecht, 1978, S. 73 ff.; Henke (FN 10) S. 110 ff. 4 9 Zu dem Begriff vergleiche Maunz (FN 45) Rdnr. 19; Piduch (FN 3) Art. I l l GG Rdnr. 11. 50

Kreditermächtigungen gelten weiter bis zur Verkündung des Haushaltsgesetzes für das nächste Haushaltsjahr (§ 13 Absatz 2 Satz 2 HGrG). 51 Die an sich bedenkenswerte Sorge von Püttner, G., Staatsverschuldung als Rechtsproblem, 1980, insbesondere S. 19 ff., es könne bei Staatsverschuldung zur Verfassungswidrigkeit kommen, weil der künftige (Haushalts-)Gesetzgeber demokratiewidrig gebunden werde, tritt also nach dem GG deutlich hinter die staatliche Leistungskontinuität zurück. Das Bundesverfassungsgericht hebt, ganz allgemein, auf Recht und Pflicht des Gesetzgebers zur „dauerhaften Befriedigung von Gemeinschaftsinteressen" ab (E 79, 311 (343)); v. Arnim (FN 24) 519 bezeichnet Püttners Bedenken als mehr „verfassungstheoretisch" denn „verfassungsrechtlich", also wohl im Sinne einer „allerletzten" - eben theoretischen - Verfassungsschranke, so wie etwa der Eintritt von gewissen atomaren Risiken als „theoretisch" bezeichnet wird, vergleiche BVerfGE 49, 89 (137 ff.).

II. Das verfassungsrechtliche Überschuldungsverbot

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c) Immerhin verweist aber das Grundgesetz die staatliche Leistungsgewalt in einer solchen haushaltsrechtlichen Ausnahmelage52, wie sie sich bei den hier zugrunde gelegten „besonderen Belastungen" ergeben könnte, letztlich darauf, „die erforderlichen Mittel im Wege des Kredits flüssig zu machen" (Art. 111 Absatz 2 GG). Wenn die Verfassung der Aufnahme von Schulden feste Grenzen zieht, so könnten weitreichende Leistungsverpflichtungen, welche zu deren Überschreitung zwingen, zu einer „Überlastung durch Überschuldung" des Staates führen, die Erfüllung dieser Ansprüche oder die Durchführung solcher gesetzgeberischer Leistungsentscheidungen verstieße somit gegen die Verfassung. Dies wäre jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Schuldendienst die Erfüllung verfassungsrechtlich vorgegebener Staatsaufgaben nicht mehr zuließe.53 Näher liegt jedoch, jedenfalls nach der Staatspraxis, eine andere Entwicklung: „Außerordentliche" Leistungsverpflichtungen werden, angesichts der bereits weitgehend „festgelegten" Haushalte54, oft, in der Regel vielleicht, zu der Versuchung, wenn nicht Notwendigkeit, einer Finanzierung durch Kredit führen. Eine Priorität der Finanzierung über Abgaben mag angesichts der „Steuerstaatlichkeit des Grundgesetzes" naheliegen55, und auch mit Blick auf die besonderen Schranken der Kreditaufnahme in Art. 115 Absatz 1 der Verfassung; doch dies gilt vor allem für „gegenwartswirksame" Leistungen.56 In der Staatspraxis werden jedoch schon seit längerem auch laufende Investitionen ohne Ertragserwartung in der Zukunft vom Staat über Darlehen finanziert. 57 Politische Gründe begünstigen eine Finanzierung über Kredite gerade bei schwereren, mehr noch bei unvorhergesehenen Belastungen.58 Kreditbelastung des Staates fühlt der Bürger weniger als Steuerlast; Abgaben lassen sich viel schwerer erhöhen, ihr Aufkommen ist nicht immer derart exakt abzuschätzen, und laufende Steigerungen der Abgaben haben, der Aufnahme

52 Früher war vom „Nothaushaltsrecht" die Rede, vergleiche Maunz (FN 45) Rdnr. 5 f.; siehe auch BVerfGE 79, 311 (355). Von „Haushaltsnotstand" sollte wohl besser in diesem Zusammenhang nicht gesprochen werden; denn dieser Begriff des Notstands ist verfassungsrechtlich festgelegt (vergleiche Art. 81 - Gesetzgebungsnotstand; Art. 115 a ff. - „Notstandsverfassung", die auch eine Regelung des „Haushaltsnotstandes" durch zustimmungsbedürftige Gesetze vorsieht (Art. 115 c Absatz 3 GG)). 53 So Prokisch (FN 24) S. 176. 54 Vgl. für die Personalausgaben Färber, G., DÖV 1992, 1045 f.; Bohnet, E. P., ZBR 1986, 360 ff. 55 Grundlegend Vogel, K., in: Isensee, J./ Kirchhof, P. (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band 1, 1987, § 27 Rdnr. 79. Davon ausgehend BVerfGE 78, 249 (266 f.); vgl. schon zuvor Isensee, J., in: Stödter, R/Thieme, W. (Hrsg.), Festschrift für Hans Peter Ipsen, 1977, S. 409 (420 ff.); aus neuerer Zeit vgl. etwa Prokisch (FN 24) S. 176: „Der Staat hat sich primär durch Steuern zu finanzieren und darf andere Einnahmen nur ausnahmsweise zur Haushaltsfinanzierung heranziehen." 56 Prokisch a. a. O. S. 181 f.; vom „zukunftsbegünstigenden Charakter" der über Kredite finanzierten Leistungen spricht BVerfGE 79, 311 (334). 57 Wie das BVerfG in E 79, 311 (353) feststellt. 58 Dazu näher v. Arnim (FN 24) 518 f.

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C. Haushaltsrecht als Grundlage staatlicher Leistungsbeschränkung

von Schulden gegenüber, eine „überschießende Tendenz", während sich die Aufnahme von Krediten besser entsprechend den jeweiligen Verpflichtungen ausgestalten läßt. Deshalb muß an dieser Stelle gefragt werden, ob harte Sperren für die Aufnahme von Krediten im Verfassungsrecht nicht (auch) für ein generelles Recht des Staates auf Leistungsverweigerung sprechen, weil immerhin die Erfüllung der Verbindlichkeiten Kreditaufnahmen erfordern oder doch nahelegen könnte.

4. „Nur investive Kredite" - eine „weiche Überschuldungsgrenze" Art. 115 Absatz 1 GG gestattet die Aufnahme von Darlehen grundsätzlich nur für Investitionen: Aus den so eingesetzten, laufenden Belastungen soll (später) in den Haushalt etwas zurückfließen, damit dieser nicht zu weitgehend festgelegt werde. 59 Die Erfüllung schwerer oder unvorhersehbarer Verpflichtungen führt aber nicht an sich schon zu einer „rentierlichen Investition" im strengen Wortsinn. Ob also Art. 115 Absatz 1 die Abdeckung derartiger Staatsleistungen über die Aufnahme von Krediten verbietet und damit - jedenfalls praktisch-politisch - zu deren (weitgehender) Unfinanzierbarkeit führt, hängt entscheidend vom Begriff der Investition ab 60 ; er steht denn auch im Mittelpunkt der haushaltsverfassungsrechtlichen Diskussion.61 a) Das Grundgesetz definiert den Investitionsbegriff nicht 62 , er kann auch nicht unmittelbar durch Verfassungsinterpretation erschlossen werden. 63 Er ist vielmehr offen und in der juristischen Literatur umstritten 64; auch ein eindeutiger wirtschaftswissenschaftlicher Begriffsinhalt ist nicht feststellbar. 65 Die Abgrenzung nach dem sogenannten Gruppierungsplan würde eine zentrale Verfassungsnorm einer Inhaltsbestimmung durch die Exekutive ausliefern 66 und findet daher zurecht Widerspruch im Schrifttum. 67 Von Verfassungs wegen sind lediglich Aufwendungen zur Ausbildung oder investive Verteidigungsausgaben eindeutig nicht „Investi59 Siehe dazu Janson (FN 26) 143. 60

Nachdem der Kreditbegriff weit zu fassen ist, vergleiche Siekmann (FN 22) Rdnr. 19. Vergleiche insbesondere Osterloh (FN 22) 147 f. 62 BVerfGE 79, 311 (334). 63 Wie es aber Siekmann (FN 22) Rdnr. 24 fordert. 64 Vergleiche etwa Maunz (FN 52) Rdnr. 32; Kitteren W., DÖV 1975, 23; Wiss. Beirat b. BMF, Gutachten zum Begriff der öffentlichen Investitionen, Schriftenreihe des BMF 29 (1980), S. 5 ff. 61

65 Prokisch (FN 24) S. 180 mit Nachweisen, wobei ein ökonomisches Verständnis ohnehin nicht entscheidend sein kann, vergleiche Janson (FN 26) 144. 66 Im Wege einer Festlegung durch Verwaltungsvorschrift nach § 13 Absatz 3 Nr. 2 BHO; zu dieser Problematik der Gesetzesbindung grundsätzlich und kritisch Isensee (FN 44) 174 ff. 67 Lappin (FN 22) S. 150.

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tionen" im Sinne von Art. 115 Absatz 1 GG. 68 Das Bundesverfassungsgericht hat daher dem Gesetzgeber den „dringlichen Auftrag" einer „näheren Präzisierung des Investitionsbegriffs" erteilt 69 ; dem ist dieser durch eine Änderung des Haushaltsgrundsätzegesetzes nachgekommen, die im wesentlichen bisheriger Staatspraxis folgt und den Investitionsbegriff sehr weit faßt. 70 Ihm unterfallen nun Finanzinvestitionen und Finanzhilfen, selbst wenn sie nicht nur der Finanzierung von Sachinvestitionen im Inland dienen, wie auch staatliche Darlehensgewährung, unabhängig vom Zweck der Mittelverwendung. Aus der notwendigen „Zukunftswirksamkeit" eines solchen Mitteleinsatzes kann zwar eine Einschränkung des Begriffs der Investition versucht werden. Gerade bei größeren Staatsausgaben wird sich aber eine gewisse Zukunftswirkung häufig „irgendwie" plausibel begründen lassen, so etwa bei Leistungen, die speziell für die Beschaffung von Grundstücken bezahlt werden, welche dann ihrerseits investiv eingesetzt werden sollen, oder im Falle der Schaffung von Arbeitsplätzen. Ein großer Teil der Verpflichtungen des Staates, die wegen ihres Umfanges, ihrer Atypik oder Unvorhersehbarkeit zu einer Leistungsverweigerung führen könnten, läßt sich unter diesen weiten Begriff der Investition fassen. Dies gilt vor allem für die Begründung von Subventionsansprüchen aus Art. 3 Absatz 1 GG 7 1 , aber etwa auch für größere Entschädigungsleistungen, wie sie für das im Osten Deutschlands enteignete Grundvermögen zur Diskussion standen, wenn daran zulässigerweise - eine Investitionsbindung geknüpft worden wäre. Nicht über Kredite finanziert werden dürfen dagegen rein konsumtive Staatsausgaben, insbesondere Sozialleistungen, etwa staatliche Zuschüsse zur Sozialversicherung oder zur Gewährleistung eines (höheren) Existenzminimums durch Sozialhilfe. b) Der Kreditrahmen für eine mögliche Finanzierung von Staatsleistungen erweitert sich noch erheblich - und kaum mehr übersehbar - wenn die Verwaltung so viel an Darlehen aufnehmen darf, wie an investiven Ausgaben im Haushalt veranschlagt worden ist, ohne daß sie jedoch diese Investitionen auch tatsächlich (vorher) getätigt hätte. Der Bundesrechnungshof hat dies als verfassungsrechtlich bedenklich angesehen.72 Diese Frage einer administrativen Ausweitung des Kreditrahmens ist Gegenstand eines Verfassungsstreits. 73 Dabei steht der grundsätzlich 68 BVerfGE 79, 311 (337); dies würde den Vorstellungen des Verfassunggebers widersprechen, so bereits Vogel/Wiebel (FN 22) Rdnr. 109. Hier wäre die Grenze auch des weitesten Verständnisses der „Investition" überschritten, da daraus nichts abschätzbar zurückfließen kann. 69 BVerfGE 79, 311 (342 ff.). 70 Näher dazu Prokisch (FN 24) S. 181 f. mit Nachweisen.

71 Siehe dazu für viele Jarass, H. D., JuS 1980,115 (118); Huber, P. M., Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, 1991, S. 31 ff.; grundlegend früher Ipsen, H. P, VVDStRL 25 (1967), S. 267 (303). 72 BTDrs. 12/8490,21. 73 Näher dazu Isensee (FN 66) 175 ff. m. Nachw.

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C. Haushaltsrecht als Grundlage staatlicher Leistungsbeschränkung

überzeugenden Auffassung, die Verfassungsschranke des Art. 115 Absatz 1 GG stehe nicht zur Disposition der Verwaltung, die These gegenüber, die Exekutive sei rechtlich nicht zur Realisierung der Investitionsansätze verpflichtet; überdies sei eine begleitende Haushaltskontrolle über die jeweils verwirklichten Investitionen, zum Zeitpunkt der Kreditaufnahme, praktisch schwer durchführbar. 74 Selbst wenn es eine Erweiterung des Kreditrahmens durch Verwaltungsvollzug nicht geben darf, so bleibt doch praktisch der Verwaltung - zunächst einmal - freie Hand, die Verschuldung zu verstärken, jedenfalls bis der Rechnungshof die Überschreitung des Kreditrahmens rügt, sodann das Parlament eingreift. c) Dies alles gilt in der Normallage. Bei einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts dagegen75 erweitern sich die Möglichkeiten der Aufnahme von Krediten. Nun dürfen nicht mehr nur investive, sondern auch konsumtive Ausgaben über Kredit finanziert werden. Der Grund dafür liegt bereits in der von der herrschenden Lehre zutreffend angenommenen Bedeutung des Art. 109 Absatz 2 GG: 7 6 Einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts muß stets, es darf ihr nicht nur durch Überschreitung der Kreditgrenzen (Art. 115 Absatz 1 Satz 2, 2. Halbsatz) entgegengewirkt werden. Nachdem aber diese Balance gerade auch durch mangelnden Konsum gestört sein kann, muß konsumtive Kreditfinanzierung ebenfalls möglich sein, und zwar sogar ohne Begrenzung durch eine Verhältnismäßigkeit zwischen der Wiederherstellung des Gleichgewichts und einem öffentlichen Interesse an staatlicher Kreditfinanzierung zu nur investiven Zwecken.77 Damit verliert im Störungsfall die Grenze der Aufnahme von Krediten bei „Ausgaben für Investitionen" ihre Bedeutung. Art. 115 Absatz 1 Satz 2, 2. Halbsatz, der zur Abwehr einer solchen Störung Ausnahmen zuläßt, bestätigt dies. 78 Das bedeutet aber nicht, daß diese Gestattung einer Kreditaufnahme „als Ausnahme eng zu interpretieren" wäre. 79 Ebensowenig darf nur bei Rezession eine weitergehende Überschreitung der Sperre zugelassen werden 80 ; dies liefe wieder auf das vom Bundesverfassungsgericht abgelehnte Verhältnismäßigkeitskriterium hinaus. Der Begriff „Ausnahme" weist lediglich darauf hin, daß Kreditaufnahmen, die nicht 74

Zu ihrer Möglichkeit vergleiche Vogel, K./Kirchhof, P., in: Dolzer, R./Vogel, K. (Hrsg.), Bonner Kommentar (Zweitbearbeitung 1973), Art. 114 Rdnr. 76. 75 Dazu näher unten 5; von der Unterscheidung „Normallage - Störungslage" geht das BVerfG aus, vergleiche E 79, 311 (334 f.); zu der Unterscheidung vergleiche auch Prokisch (FN 24) 176 f. 7 6 v. Arnim (FN 24) 516; Prokisch (FN 24) 177 ff.; Siekmann (FN 22) Rdnr. 15 f.; siehe auch BVerfGE 79, 311 (334/35). 77 BVerfGE 79, 311 (341/42); Prokisch (FN 24) S. 185 f., mit Darstellung früherer Gegenmeinungen; Siekmann (FN 22) Rdnr. 5. 78 Prokisch (FN 24) S. 179 gesteht ihm daher nur deklaratorische Funktion zu; „entscheidende Bedeutung" will Siekmann (FN 22) darin sehen, daß die lex specialis der Sperre investier Kreditaufnahme klarstellend wiederum durch eine lex specialissima für den Störungsfall durchbrochen wird. 79 So aber v. Arnim (FN 24) 521. 80

Wie es etwa Maunz (FN 24) Rdnr. 31 fordert; zutreffend dagegen Janson (FN 26) 146.

II. Das verfassungsrechtliche Überschuldungsverbot

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aus investiven Gründen erfolgen, nur in der besonderen Situation des „Störungsfalles" zulässig sind. d) Für die hier zu erörternde Problematik bedeutet dies: Schon im Normalfall dürfen viele wichtige Belastungen über Kredite finanziert werden (vergleiche oben a) a. E.), im Störungsfall alle, insbesondere auch solche mit sozialpolitischer Zielsetzung. Nachdem aber dem Gesetzgeber weitgehend die Entscheidung über Vorliegen und Ausmaß eines Störungsfalls zusteht (vergleiche im folgenden 5.), bestimmt er insoweit auch die Überschuldungsgrenze. Daß sie „weich" und einer Justiziabilität kaum zugänglich ist, hat die Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1989 (siehe oben c)) gezeigt. In praktischer Hinsicht sind Fälle, in denen „Leistungsverweigerung zur Staatserhaltung" diskutiert wird, ohne daß zugleich eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts befürchtet und damit in Finanzierung durch Kreditaufnahme ausgewichen werden könnte, nur schwer denkbar. Dann aber darf der Überschuldungsgrenze des Art. 115 Absatz 1 GG kein Anhaltspunkt dafür entnommen werden, daß die Verfassung in gewissen Situationen - etwa bei rechtlicher Verpflichtung zu rein konsumtiven Staatsausgaben - eine Versagung von Staatsleistungen durch haushaltsrechtliche Verbote habe durchsetzen wollen.

5. Das „Gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht" Begründung staatlicher Leistungsverweigerung? a) "Bund und Länder haben bei ihrer Haushaltswirtschaft den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen" (Art. 109 Absatz 2 GG). 81 Diese Vorschrift gilt für den Gesamtbereich der Haushaltswirtschaft, insbesondere für das Überschuldungsverbot des Art. 115 Absatz 1 GG, der ja ausdrücklich darauf verweist. 82 Deshalb ist sie in diesem Zusammenhang auch unter einem allgemeineren Gesichtspunkt zu untersuchen, der über die konkrete (mögliche) Überlastung des Staates in einer gegebenen Haushaltsperiode hinausführt: Kann sich ein Leistungsverweigerungsrecht staatlicher Aufgabenträger daraus ergeben, daß sie sich, bei voller Erfüllung ihrer Verpflichtungen, nicht (mehr) in der Lage sähen, das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht zu wahren? Selbst wenn diese Gefahr durch erweiterte Kreditaufnahme im Störungsfall (vergleiche oben 4. c)) gebannt werden könnte, so wäre doch vorstellbar, daß gerade dadurch wiederum das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht auf Dauer gestört würde. Zieht also Art. 109 Absatz 2 GG als solcher der Erfüllung staatlicher Verpflichtungen Schranken? Die Frage ist deshalb von grundsätzlicher Bedeutung, weil si •Siehe dazu Gandenberger, O., FA 1990, 28; Zuck, R., DÖV 1967, 81; Stern, K., NJW 1967, 1831; v. Mutius, NJW 1982, 2150. 82 Vergleiche dazu die Nachweise FN 61.

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C. Haushaltsrecht als Grundlage staatlicher Leistungsbeschränkung

diese Verfassungsnorm zu einer verfassungsrechtlichen Grundhaltung beitragen kann, nach welcher dem Staat „nicht allzuviel an Leistungsverpflichtungen auferlegt werden sollte", damit er seine grundgesetzlich vorgesehenen Aufgaben erfüllen kann. 83 b) Das „gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht" ist weder in Art. 109 Absatz 2 GG noch in Art. 109 Absatz 4 oder Art. 104 a Absatz 4 GG näher definiert, das Stabilitätsgesetz sollte lediglich eine „zutreffende Umschreibung" bieten. „Demnach stellt der Begriff des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts einen unbestimmten Verfassungsbegriff dar, der einen in die Zeit hinein offenen Vorbehalt für die Aufnahme neuer, gesicherter Erkenntnisse der Wirtschaftswissenschaften als zuständiger Fachdisziplin enthält. Da indessen nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand gesichelte abweichende Erkenntnisse nicht vorliegen, kann zur Konkretisierung dieses Begriffes weiterhin auf die Teilziele des § 1 Absatz 2 StWG zurückgegriffen werden". 84 Diese Feststellung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1989 gilt auch heute noch; die Entwicklung der wirtschaftswissenschaftlichen Erkenntnisse 85 betrifft die Frage des Einsatzes staatlicher wirtschaftspolitischer Instrumentarien im einzelnen86, nicht die Ziele des Verfassungsbegriffs oder dessen Inhalt. c) Das „magische Viereck der Stabilität" - Preisstabilität, hoher Beschäftigungsstand, außenwirtschaftliches Gleichgewicht, stetiges und angemessenes Wirtschaftswachstum, all dies ,4m Rahmen der marktwirtschaftlichen Ordnung" (§ 1 Satz 2 StWG) 87 - ist dynamisch zu verstehen, es „meint nicht die volle und nachhaltige Erreichung aller Teilziele zugleich, sondern eine relativ-optimale Gleichgewichtslage in der Realisierung der Teilziele, die untereinander in einem Spannungsverhältnis stehen können und oftmals nicht ohne wechselseitige Abstriche realisierbar sind. Das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht unterliegt damit ständigen Schwankungen und erscheint folglich stets als prekär". 88 In dieser Labilität 89 liegt noch keine „Störung", ernsthaft und nachhaltig müßte dazu das gesamte Gleichgewicht beeinträchtigt sein oder dies „unmittelbar drohen". Dabei kommt es „weniger auf die zu einzelnen Komponenten gegebenen Daten als auf die darin erkennbare Entwicklungstendenz an." 90 83 Insoweit geht es hier um Leistungsschranken aus Staatsaufgaben (dazu oben Β. I.) in einem weiteren Sinn. 84 BVerfGE 79, 311 (338/39), unter Hinweis auf Fischer-Menshausen, H., in: v. Münch, I./Kunig, P. (Hrsg.), GG-Kommentar, Band 3, 2. Auflage, 1983, Art. 109, Rdnr. 10. 85 Zu deren Bedeutung in diesem Zusammenhang vergleiche etwa v. Arnim (FN 24), S. 514 ff. mit Nachweisen. 86 Insbesondere im Rahmen der Antizyklik, vergleiche näher oben 2. 87 Siehe dazu näher Möller, K., Kommentar zum StWG, 1992; Stern, K./Münch, VJ Hansmeyer, K.-H., StWG, 1967, jeweils zu § 1 S. 2 StWG; Stachels (FN 29) S. 24 ff.; Theiß (FN 47) S. 49 ff. mit Nachweisen; Hollmann (FN 29) S. 25 ff., 327 ff. 88 BVerfGE 79, 311 (339). S9 Dazu Prokisch (FN 24) S. 184.

II. Das verfassungsrechtliche Überschuldungsverbot

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Diese lehrbuchhaften Ausführungen lassen erkennen, daß die vier Teilziele sogar im Gegensatz zueinander stehen können.91 Also kann nur ein „Gesamtzustand der Wirtschaft" Beurteilungskriterium sein; dies aber ist ein derart unbestimmter Begriffsinhalt, der zudem einen so weiten Beurteilungsspielraum beinhaltet92, daß sich daraus Schrankenziehungen haushaltsrechtlicher Art mit normativer Eindeutigkeit nicht gewinnen lassen, allenfalls noch Erweiterungen staatlicher Handlungsermächtigungen (vergleiche oben 4. c)). Konkrete Leistungskürzungs- oder gar -verweigerungsrechte sind so nicht zu begründen. Daher wird sogar gefordert, man „soll(t)e insoweit die Kontrollfreiheit von Haushaltsmaßnahmen unter dem Etikett des Regierungsaktes akzeptieren." 93 Dann aber widerspräche es erst recht dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot, dürfte sich die Exekutive, als „Herrin des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts", auf diese ihre Freiheit berufen, um konkrete Leistungen zu kürzen, auf welche Dritte einen Rechtsanspruch haben; dem Schuldner stünde ein unnachprüfbares Recht auf Inhaltsbestimmung seiner Leistung zu. d) Man mag nun soweit nicht gehen und sich um Justiziabilität der Stabilitätsziele bemühen; unterstellt man, daß dieses Ziel, mit Hilfe wirtschaftswissenschaftlicher Erkenntnisse, erreichbar sei, so könnte allerdings die Erfüllung jeder staatlichen Leistungsverpflichtung von größerem ökonomischen Gewicht eines der Teilziele des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts berühren - von Sozialleistungen mit Wirkung auf die Preisstabilität bis zu massiven Entschädigungsleistungen, welche Fördermittel bänden und damit das sonst zu erzielende Wirtschaftswachstum beeinträchtigten. Nur gegenüber der kleineren Forderung dürfte sich der staatliche Schuldner keinesfalls auf ein Leistungsverweigerungs- oder -kürzungsrecht aus seiner gesamtwirtschaftlichen Verpflichtung zur Wahrung des Gleichgewichts berufen; doch dies steht ohnehin nicht im Mittelpunkt der Untersuchung. Jedenfalls aber bliebe das (oben c)) bereits erhobene Bedenken: Gegenüber jeder bedeutenderen Forderung könnte die staatliche Verpflichtung aus § 1 StWG ins Feld geführt werden, eine Abwägung mit anderen Zielen 94 müßte der staatlichen Leistungsinstanz überlassen bleiben. Dann aber käme es doch zu einem Generalvorbehalt des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts für alle diese Staatsleistungen; Ansprüche auf sie wären damit potentiell entwertet. Der Berufung auf die Stabilitätsziele steht also schon ein qui nimis probat, nihil probat entgegen. Die Wahrung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts ist daher, wegen allzu weiter Begrifflichkeit, auch nicht als wesentliche Staatsaufgabe (vergleiche Β. I. 6.) zur Bestimmung leistungsmindernder staatlicher Leistungsfähigkeit geeignet.

90 BVerfGE 79, 311 (339). 91 Janson (FN 26) 144. 92 Maunz (FN 45) Rdnr. 19; Theiß (FN 47) S. 49 ff. 93 Janson (FN 26) 144 f. 94 Diese fordert das Bundesverfassungsgericht aber ausdrücklich, E 79, 311 (342).

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C. Haushaltsrecht als Grundlage staatlicher Leistungsbeschränkung

Zutreffend wird denn auch angenommen, die spezielleren haushaltsrechtlichen Normierungen, etwa aus Art. 111 GG, gingen der allgemeinen Verpflichtung des Staates aus Art. 109 Absatz 2 GG vor. 95 Wenn sich aber schon aus jenen keine Anhaltspunkte für ein Leistungsverweigerungs- oder auch nur -minderungsrecht des staatlichen Schuldners ergeben haben (siehe oben 1. bis 4.), so kann derartiges haushaltsrechtlich aus dem Stabilitätsgebot erst recht nicht folgen. Dieses muß daher aus den vorliegenden Betrachtungen vollständig ausscheiden, auch als Pfeiler einer Rechtsanalogie, auf der eine Leistungsschranke der öffentlichen Aufgabenträger errichtet werden könnte.

6. Haushaltsrecht : Beschränkung des Mittelzuflusses, damit Begrenzung der Leistungsfähigkeit? a) Die staatliche Leistungsfähigkeit könnte verfassungsrechtlich dadurch gemindert, die staatliche Leistungsfähigkeit damit erzwungen sein, daß das Haushaltsrecht die Mittelaufbringung für die öffentlichen Haushalte beschränkt: Sperrt die Verfassung den Zufluß der Mittel, so begrenzt sie damit die Möglichkeit, (größeren) Verpflichtungen gerecht zu werden; wegen der Konkursunfähigkeit des Staates würde dies unmittelbar zur Leistungssperre. Aus dem „unendlich reichen" würde - im Extremfall - der „mittellose" Staat. b) Das Haushaltsrecht allein könnte allerdings eine volle Sperre des Mittelzuflusses, mit etwaiger leistungsbefreiender Wirkung, nicht herbeiführen. Im wesentlichen begrenzt es nur einen Mittelstrom, den der Kredite. Selbst er aber bleibt, wie (oben 4.) nachgewiesen, noch immer weithin eröffnet. Sollte sich überdies die staatliche Haushaltsgewalt, etwa aus gesamtwirtschaftlicher Verantwortung, der Erweiterungsmöglichkeiten ihres Kreditrahmens nicht bedienen, so hätte sie noch immer sämtliche steuerstaatliche Instrumente zur Verfügung, um sich die zur Erfüllung ihrer Leistungsverpflichtungen erforderlichen Mittel zu beschaffen. Steuererhöhungen aber können aus Stabilitätsrücksichten, damit aus haushaltsrechtlichen Gründen, sogar angezeigt sein 96 (vergleiche zu deren Grenzen allerdings im folgenden 7.). c) Selbst wenn also das Kreditrecht der Haushaltswirtschaft den Staat in gewissem Umfang in steuererhöhende Finanzpolitik abdrängt, so liegt darin allein keine Austrocknung des Zuflusses der Mittel, auf die sich der staatliche Schuldner Dritten gegenüber mit leistungsbefreiender Wirkung berufen dürfte. Zur Steuerpolitik ist übrigens hier bereits hinzuzufügen: Das Stabilitätsgesetz setzt zwar auch ihr Ziele 97 ; doch dafür muß dasselbe gelten wie für die Haushaltspolitik (vgl. oben 95 Maunz (FN 45) Rdnr. 4. 96 Worauf Janson (FN 26) mit Recht hinweist. 97 Die Steuerpolitik führt ja zu - entscheidenden - „wirtschafts- und finanzpolitischen Maßnahmen" i.S.v. § 1 Satz 1 StWG.

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5.): Der Gesetzgeber und die gesetzesausführende Verwaltung dürfen nicht - unter Berufung auf einzelne Teilziele des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts - auf Steuererhöhungen verzichten, ohne die etwa der Staat seine Leistungen nicht mehr erbringen könnte; dies schließt schon Art. 111 Absatz 1 GG aus, der, wie dargelegt 98 , den Orientierungen des Stabilitätsgesetzes als lex specialis vorgeht - ganz zu schweigen von jener Rechtsstaatlichkeit, die auch vom Staat das Bezahlen seiner Schulden verlangt. Die Stabilitätsziele sind schließlich „im Rahmen der marktwirtschaftlichen Ordnung" zu verfolgen (§ 1 Satz 2 StWG); sie aber bricht zusammen, wenn wesentliche Marktteilnehmer, wie Bund, Länder und Gemeinden, sich auf eine exceptio pecuniam non habendi berufen dürfen. Mag also auch das Haushaltsrecht der Verfassung Restriktionen bei der Aufnahme von Krediten vorsehen, die entscheidenden Mittelzuflüsse der öffentlichen Abgaben versiegen damit noch nicht. Noch nie ist, soweit ersichtlich, das Haushaltsrecht als Schranke der Besteuerungsgewalt verstanden worden, diese alimentiert vielmehr den Haushalt. Art. 109 Absatz 2 wie Art. 104 a Absatz 4 GG regeln einschränkend die Mittelverwendung, nicht den Mittelzufluß ganz allgemein. Die Mittelzuführung über Abgaben aber ist, in letzten Verfassungsschranken (dazu im folgenden 7.), eine politische, keine rechtliche Frage. Das Haushaltsrecht der Verfassung bietet also nirgends einen Anhaltspunkt für leistungsbeschränkende Berufung auf mangelnde Leistungsfähigkeit gegenüber Dritten, weder in seinen Festlegungen von Aufgaben und Zielen, noch in der Regelung seiner Instrumente; es zeigt vielmehr - etwa in Art. 111 Absatz 1 GG oder dem verfassungskonformen, der Tradition entsprechenden § 3 Absatz 2 HGrG daß der Staat seinen Verpflichtungen nachkommen muß. d) Dies gilt allerdings nur insoweit, als es um Ansprüche Dritter geht, auf der Grundlage von Verfassung, Gesetz oder Vertrag. Fragt es sich dagegen, ob staatliche Träger Leistungen für die Erfüllung anderer Aufgaben zu erbringen haben, auf die niemandem ein Rechtsanspruch zusteht (Errichtung von Bauten, Aufrechterhaltung von Einrichtungen), so ist zu unterscheiden: - Entspricht dies einem Gesetzesbeschluß, so kommt eine Leistungskürzung mit der Begründung, es seien Haushaltsmittel dafür nicht vorhanden, nicht in Betracht. Dies ergibt sich aus Sinn und Zweck des Art. 111 Absatz 1 GG; das Haushaltsrecht hat auch hier dem außerbudgetären Gesetzesrecht zu folgen, nicht umgekehrt. - Geht es um Leistungen, die nicht auf einem Gesetzesbeschluß beruhen, so steht ihre Erbringung unter Haushaltsvorbehalt. Werden hier nicht sämtliche haushaltsrechtliche Normen der Verfassung beachtet, so kann deren Verletzung im Wege des Organstreites, des Bund-Länderstreites oder auch der abstrakten Normenkontrolle (des Haushaltsgesetzes) verfassungsgerichtlich sanktioniert werden. 98 Vergleiche oben 3. b). 6 Leisner

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C. Haushaltsrecht als Grundlage staatlicher Leistungsbeschränkung

Organisationsrechtlich wirkt das Haushaltsrecht insoweit als Leistungsschranke für die staatlichen Aufgabenträger; „nach außen" aber schützt es den anspruchsberechtigten Bürger, nicht den staatlichen Schuldner.

7. Austrocknung des Haushalts durch höherrangige normative Sperren des Mittelzuflusses? Wenn höherrangiges Recht (Verfassungs-, Europarecht) dem einfachen Haushaltsgesetzgeber normative Schranken für die Erzielung seiner Einnahmen setzt, so könnte eine Lage entstehen, in der sich der die Ausgaben regelnde Gesetzgeber zur Leistungskürzung gezwungen sieht, weil er sich schlicht die erforderlichen Mittel auf keinem Weg mehr beschaffen dürfte. a) Eine derartige normative Schranke der Einnahmen dürfte auch die verfassungsrechtliche Kreditaufnahmesperre darstellen; ihre den Zufluß der Mittel sperrende Wirkung ist als solche gewollt und tritt am deutlichsten zutage. Doch die Ausführungen (oben unter 4.) haben gezeigt, daß damit allein dem Haushaltsgesetzgeber - jedenfalls rechtlich - kaum wirksame Schranken gezogen werden, die ihn zur Kürzung von Leistungen Dritten gegenüber berechtigen könnten. Dies beantwortet allerdings noch nicht vollständig die hier aufgeworfene Frage, ob der Zufluß der Mittel nicht doch „normativ ausgetrocknet" werden könnte, auch außerhalb der Extremfälle des Staatsbankrotts (vergleiche Β. II. 3.). Selbst eine praktisch kaum einschränkbare Kreditaufnahme könnte die Leistungsfähigkeit eines „unendlich reichen Staates" nicht auf jeden Fall gewährleisten. Die Kredite müssen ja bedient und irgendwann zurückgeführt werden. Letztlich kann dies nur aus dem Zufluß anderer Mittel geschehen, dem gegenüber die Finanzierung über Kredite insoweit subsidiär bleibt. Die „Austrocknungsfrage" ist also dahin zu präzisieren, ob auch der Zufluß nicht-kreditärer Mittel normativen Sperren unterliegt, welche der einfache Gesetzgeber nicht beseitigen könnte, und welche daher der staatlichen Leistungsfähigkeit Grenzen ziehen. b) Beim Rückgriff auf den Verkauf von Staatsvermögen sind solche normative Schranken kaum ersichtlich. Selbst soweit es sich um den Verkauf von Vermögensgegenständen handelt, welche unmittelbar der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienen (i.S.v. § 882 a Absatz 2 ZPO), gewährt das staatliche Aufgabenbestimmungsrecht (vergleiche oben Β. I) dem Gesetzgeber weitestgehende Freiheit. Die laufenden Privatisierungsverkäufe zeigen, daß diese Quelle des Mittelzuflusses auch im großen Umfang genutzt wird. Im Zusammenhang mit den Entschädigungsverpflichtungen nach dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz wurde denn auch auf derartige Verkaufsmöglichkeiten hingewiesen." 99 Nachweise bei Schmidt-Preuß, M., NJW 1994, 3249 (3255).

II. Das verfassungsrechtliche Überschuldungsverbot

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Dennoch garantieren solche Zuflüsse nicht für alle Zukunft unendlichen Staatsreichtum. Privatisierungen lassen sich nicht beliebig wiederholen; dem Zufluß von Mitteln aus ihnen sind ökonomisch-faktische Grenzen gesetzt, die sich weithin heute schon absehen lassen. Überdies vermindern solche Verkäufe (umgekehrt) schon gegenwärtig den fiskalischen Mittelzufluß. Der Hinweis auf verkäufliches Staatsvermögen vermag also nicht grundsätzlich eine Gefährdung finanzieller Leistungsfähigkeit des Staates auszuschließen. Wenn diese Quelle aber versiegt, oder auch nur schwach strömt, so sieht sich der Haushaltsgesetzgeber erst recht auf Einnahmenerzielung aus anderen Quellen angewiesen, das heißt praktisch auf die Abgabenerhebung. c) Bei einigen Abgaben unterliegt nun aber eine Erhöhung normativen Sperren, die sich teils aus dem Begriff der Abgabe, teilweise aus Verfassungsrecht ergeben: - Gebühren lassen sich nur in Grenzen steigern, und auch dies immer nur in engem Bezug zu den jeweils erbrachten staatlichen Verwaltungsleistungen. Beherrscht wird das Gebührenrecht nämlich vom Äquivalenzprinzip, nach dem die staatliche Einnahme in angemessenem Verhältnis zum Nutzen des Belastungsgrundes für den Bürger stehen muß. 1 0 0 Dies setzt einer groß angelegten Gebührenerhöhung, mit dem Ziel einer Alimentierung des Haushalts zur Erfüllung von anderen Verpflichtungen, normative Schranken. 101 Daneben ist das Kostendeckungsprinzip von Bedeutung, mag es auch keine verfassungsrechtliche Begrenzung darstellen. 102 Es ist streng auf den konkreten Verwaltungsaufwand bezogen, kommt also für Einnahmeerzielung zu anderen Zwecken grundsätzlich nicht in Frage. Was schließlich ein etwa noch zu beachtendes Sozialprinzip anlangt 103 , so können sich daraus für die Gebühren nur einnahmenvermindernde, nicht aber einnahmensteigernde Wirkungen ergeben.

100 Zugrunde liegt hier oft die Ansicht, Gebühren seien Gegenleistung für einen durch eine Leistung eines Hoheitsträgers zugewandten Vorteil, vgl. etwa Achterberg, N., Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Auflage, 1986, S. 270; Gerloff, W., in: ders./Neumark, F. (Hrsg.), Handbuch der Finanzwissenschaft, Band 1, 2. Auflage, 1956, S. 203 (204); für einen doppelgliedrigen Gebührenbegriff tritt demgegenüber Vogel, K. ein, in: Faller, H. J. / Kirchhof, P. / Träger, E. (Hrsg.), Verantwortlichkeit und Freiheit. Festschrift für Willi Geiger zum 80. Geburtstag, 1989, S. 518 (536); vgl. dazu inzwischen auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluß zum baden-württembergischen Wasserpfennig, BVerfGE 93, 319 (346 f.). 101 Mögen diese auch einigermaßen flexibel sein, wie sich bei der Erhöhung der Abfallgebühren in jüngster Zeit herausgestellt hat. 102 Grundlegend Clausen, G., Das gebührenrechtliche Kostendeckungsprinzip, 1978; vgl. auch Kirchhof, F., Die Höhe der Gebühr, 1981; Leisner, W., Kostendeckung, 1984, insb. S. 86 ff. 103 Dazu näher Leisner, W., in: Conrad, H./Jahrreiß, H./Mikat, P./Mosler, H./Nipperdey, H.C./Salzwedel, J. (Hrsg.), Gedächtnisschrift Hans Peters, 1967, S. 730 (745 f.); zu beachten ist, daß der Verzicht auf Kostenüberwälzung als Gemeinlast des Sozialstaats, also aus Steueraufkommen, finanziert werden muß, VGH Kassel, NJW 1977, 452 ff. mit Anmerkung Klaus Vogel. *

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C. Haushaltsrecht als Grundlage staatlicher Leistungsbeschränkung

- Bei Beiträgen ist höhenmäßig auf die Einrichtung abzustellen, welche dem Leistungsverpflichteten zur Verfügung gestellt wird. 1 0 4 Wiederum ist damit diese Abgabe auf konkrete Staatsbelastungen bezogen; selbst bei fiskalisch geschickter Gestaltung lassen sich auf solche Weise kaum Haushaltsmittel in größerem, und schon gar nicht in unbegrenztem Umfang zur Sicherung staatlicher Leistungsfähigkeit allgemein aufbringen. - Sonderabgaben dürfen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungs- und des Bundesverwaltungsgerichts 105 nur in engen verfassungsrechtlichen Grenzen erhoben werden; insbesondere sind stets Gruppenhomogenität der Belasteten und Gruppennützigkeit der Verwendung der Abgaben zu beachten. Dies wird es in vielen Fällen ausschließen, staatliche Leistungsverpflichtungen mit auf diesem Weg aufgebrachten Mitteln zu erfüllen, etwa bei Alimentation und Sozialabgaben. Zur Finanzierung von Subventionen kommen Ausgleichsabgaben zwar grundsätzlich in Betracht, doch zieht auch hier die Gruppennützigkeit Schranken. Verpflichtungen zur Entschädigungsleistung ergeben sich ebenfalls nicht regelmäßig aus Staatseingriffen, die einer abgrenz- und damit belastbaren Gruppe entsprechenden Nutzen brächten. Die Problematik der Aufkommensgrenzen dieser nichtsteuerlichen Abgaben bedarf noch der Vertiefung, auch aus der Sicht der Finanzwissenschaft. Dies würde jedoch den Rahmen der Untersuchung überschreiten. Hier genügt vielmehr die Feststellung, daß sich staatliche Leistungsfähigkeit im erfüllungsrechtlichen Sinn jedenfalls nicht über Gebühren, Beiträge und Sonderabgaben gewährleisten läßt. d) Steuern sind also - und dies aus rechtlichen Gründen (siehe oben c)) - die einzig bedeutsame Quelle staatlicher Leistungsfähigkeit, auf die zur Erfüllung staatlicher Verpflichtungen regelmäßig zurückgegriffen werden kann. Verfassungsrechtliche Schranken der Besteuerung werden zwar seit langem intensiv erörtert 106 , haben aber bis vor kurzem dem Bürger keinen wirksamen Schutz vor Steuerbelastung bieten und, umgekehrt, den Zufluß von Mitteln in die Haushalte nicht effektiv beschränken können. Die jüngste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Vermögen- und Erbschaftsteuer 107 hat hier zwar insoweit eine Wende gebracht, als bei der Erhebung dieser Abgaben auf die steuerliche Vorbelastung, insbesondere mit Einkommensteuer, insoweit Rücksicht zu nehmen ist, als am Ende den Belasteten noch in etwa die Hälfte der Erträge zu verbleiben hat 1 0 8 . Vermögensbesteuerung wäre da104 Wilke, D., Gebührenrecht und Grundgesetz, 1973, S. 133; vergleiche BVerfGE 42, 223 (228 f.). los Dazu BVerfGE 55, 274; 57, 139; 67, 256; BVerwGE 69, 277; 74, 308. 106 Nachweise bei Tipke, K., Die Steuerrechtsordnung, Band 3,1993, S. 1054 (insbesondere FN 9). 107 BVerfGE 93, 121 und 165; vgl. dazu u. a. die Beiträge von Leisner, W., NJW 1995, 2591, Bull, H. P., NJW 1996, 281 und Vogel, K., NJW 1996, 1257. los Vergleiche dazu BVerfGE 93, 121 (138).

II. Das verfassungsrechtliche Überschuldungsverbot

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her zur Zeit nurmehr in engen Grenzen zulässig; auch aus der Erbschaftsteuer kann die Steuergewalt, selbst wenn sie bis an die äußersten Grenzen der verfassungsrechtlichen Vorgaben gehen wollte, nicht mehr ein Aufkommen gewinnen, das weit über bisherige Zuflüsse hinausginge. Die Einengung der Haushaltsgewalt schreitet also normativ fort, mag dies - angesichts der Aufkommensdimension von Vermögen- und Erbschaftsteuer - auch nicht zu übeschätzen sei. Dem Gesetzgeber bleibt allerdings immer noch sein Steuererfindungsrecht außerhalb dieses Bereichs 109 , praktisch jedoch vor allem der Mittelzufluß aus der Umsatzsteuer und der Einkommen- und Körperschaftsteuer: Der Umsatzsteuer sind verfassungsrechtliche Grenzen wohl kaum zu ziehen. Dieser überaus wichtige Kanal des Mittelzuflusses dürfte aber, vielleicht schon bald, bedeutsamen weiteren Verengungen durch Europarecht unterliegen. 110 Wenn mit der Vorstellung ernstgemacht wird, daß unterschiedliches Umsatzsteuerniveau in den Mitgliedstaaten ein Handelshemmnis darstellt, so kann am Ende nur die eine, gleiche Umsatzsteuer stehen, die von der Gemeinschaft, nicht jeweils von den Partnerstaaten, festgelegt wird. Der Weg dahin mag noch weit sein, er erscheint jedoch normativ vorgezeichnet. 111 Dann aber scheidet die Umsatzsteuer als beliebige Finanzierungsreserve zur Überwindung größerer Leistungsschwächen aus. Die Erhöhung der Einkommen- und Körperschaftsteuer bliebe dann praktisch die einzige Möglichkeit, eine etwa gefährdete Leistungsfähigkeit des Staates in größerem Umfang abzusichern. Bei Einkünften aus nicht zufließendem, sondern konsolidiertem Vermögen, insbesondere aus Zinsen, sind allerdings auch hier der Besteuerung des Einkommens Grenzen aus Art. 14 Absatz 1, Absatz 2 Satz 1 GG gesetzt: Die einkommensteuerliche Vorbelastung darf nach der oben erwähnten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 50% nicht wesentlich übersteigen. Überdies wird auch dieser Bereich - vor allem wegen der grenzüberschreitenden Wirkungen der Körperschaftsteuer - zunehmend in den Aktivitätsbereich der Europäischen Union einbezogen werden; dem nationalen Gesetzgeber mag dies eines Tages rechtliche Schranken ziehen, wobei sich die Betrachtung vor Zukunftsspekulationen hüten muß. Gegenwärtig bleibt festzustellen: Der Gesetzgeber kann, in Zeiten bedrohter Leistungsfähigkeit des Staates, den Haushalten zumindest über Umsatzsteuer und Einkommen- / Körperschaftsteuer, seine traditionell entscheidenden Mittelreserven, so viel an Finanzkraft zuführen, daß der Staat stets zur Erfüllung seiner rechtlichen Verpflichtungen leistungsfähig bleibt. Allerdings könnte sich dies im Zuge der europäischen Integration ändern, zunächst für die Umsatzsteuer, später viel109 Vergleiche dazu mit Nachweisen Tipke (FN 106) S. 1088 ff. no Bleckmann, Α., Europarecht, 5. Auflage, 1990, Rdnr. 1470. m Jatzke, H., Das System des deutschen Verbrauchsteuerrechts, unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Verbrauchsteuerharmonisierung in der Europäischen Union, 1997, insbes. S. 23 ff.

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C. Haushaltsrecht als Grundlage staatlicher Leistungsbeschränkung

leicht auch für die direkten Steuern. Dann mag der Staat „normativ leistungsunfähig" werden. Doch dies liegt noch in schwer absehbarer Zukunft.

8. Steuerwiderstand als faktische Sperre des Mittelzuflusses a) In der Praxis - und man darf sie hier durchaus bereits Staatspraxis nennen stehen nun aber nicht die vorstehend erörterten normativen Schranken der Mittelaufbringung im Vordergrund, wenn die Frage der staatlichen Leistungsfähigkeit aufgeworfen wird. Vielmehr sind vor allem der Besteuerung meist politische Grenzen gesetzt. So kann es durchaus geschehen - und im Falle der Entschädigung für die Enteignungen im Osten war es der Fall - daß zwar wohl, rechtlich gesehen, die erforderlichen Haushaltsmittel durch Steuererhöhungen aufgebracht werden können, dies aber politisch nicht durchsetzbar erscheint. Ob hier wirkliche Sperren liegen, oder ob es nur bestimmte Mehrheitsverhältnisse, anstehende Wahlen oder mangelnder politischer Mut sind, die den Gesetzgeber dazu bestimmen, sich hinter politische Unmöglichkeit zurückzuziehen, mag hier offen bleiben; in aller Regel wird dies erst spätere Untersuchung klären können. Hintergrund ist jedoch stets ein verbreitetes tatsächliches Phänomen, das man unter der Bezeichnung „Steuerwiderstand" anzusprechen pflegt: Der Durchsetzbarkeit staatlicher Einnahmenerhöhung sind gewisse letzte Grenzen gesetzt, mögen diese nun ökonomischer, rechtlicher oder (sozial)psychologischer Art sein. Dies rechtfertigt auch die Zurückhaltung des öffentlichen Rechts in der Verwendung der Worte „unendlich reicher Staat". Die Fragestellung der Untersuchung zu diesem Problem läßt sich wie folgt fassen: Könnte es sein, daß der Steuerwiderstand einer Abgabenerhebung, auf der ja letztlich die staatliche Leistungsfähigkeit beruht, letzte Grenzen von solcher Art zieht, daß es die dadurch verminderten staatlichen Mittel nicht mehr gestatten, eingegangene Verpflichtungen zu erfüllen? Hat dieser aktuelle oder potentielle Steuerwiderstand der Bürger, der zu einem „parlamentarischen Steuerwiderstand" führen kann, welcher jenen häufig vorwegnimmt, nicht möglicherweise auch rechtliche Bedeutung, weil eben keineswegs etwas einkalkuliert werden darf, mit dessen faktischer Akzeptanz nicht - mehr - gerechnet werden kann? Gibt es hier etwas wie ein (negatives) ex facto oritur ius? b) Der Begriff „Steuerwiderstand" 112 muß in diesem Zusammenhang weit gefaßt werden, wie es denn auch herkömmlich, ausgehend von finanzwissenschaftli112 Vergleiche dazu und zum folgenden insbesondere Diebold, U., Der illegale Steuerwiderstand, Diss. Zürich, S. 3 ff.; Flockermann, P., in: Kirchhof, P. (Hrsg.), Steuerrecht, Verfassungsrecht, Finanzpolitik. Festschrift für Franz Klein, 1994, S. 393 (402 f.); Gnahs, DJ Janneck, R., Soziale Welt 1979, 205; Kirchhof, P, in: Rüthers, B./Stern, K. (Hrsg.), Freiheit und Verantwortung im Verfassungsstaat, Festgabe zum 10jährigen Jubiläum der Gesellschaft für Rechtspolitik, 1984, S. 157 (160 f.); Mössner, J. M., DStZ 1990, 132 ff.; Schmölders, G.,

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chen Auffassungen, geschieht:113 Steuerwiderstand „manifestiert sich in der Gesamtheit der Gegenreaktionen, welche die Besteuerung bei den von ihr Betroffenen auslöst." 114 Er bezeichnet sowohl tatsächliches Verhalten als auch eine Verhaltensdisposition, eine Attitüde gegen die Steuerzahlung 115, wobei die Verhaltensdimension gegenüber der Einstellungsdimension im Vordergrund steht 116 , einschließlich des latenten Steuerwiderstandes. 117 Dieser kann sich sowohl in den straflosen Formen der Steuervermeidung und der Steuerumgehung zeigen als auch in strafbarer Steuerhinterziehung oder Steuerverkürzung. 118 Wesentlich ist im vorliegenden Zusammenhang, daß all diese Formen des Steuerwiderstandes zusammenzusehen sind; denn ihnen ist gemeinsam, daß die Abgabenerhebungsabsicht des Gesetzgebers vereitelt wird, wobei das Ausnützen stillschweigender gesetzlicher Privilegierung oder einer rechtstechnischen Fehlleistung des Gesetzgebers im Wege der Steuervermeidung oder der Steuerumgehung die staatliche Einnahmenhoffnungen möglicherweise in einem Umfang zunichte macht 119 , der noch weit über die Staatschädigung durch illegalen Steuerwiderstand hinausgeht; dessen Dunkelziffer 120 wird die Finanzverwaltung in vielen Fällen schon deshalb nur zögernd aufhellen, weil die Steuerpflichtigen unter Umständen dann noch mehr Steuerwiderstand leisten werden, um, auf ihre Art, „Gleichheit durch Unrecht" herzustellen. Hinzugenommen werden müssen schließlich „subventionsheischende Gesten und Formen'YKirchhof) 121, von der Schaffung von Tatbeständen, welche Steuerverschonungen zur Folge haben, bis zum unmittelbaren Erwerb von Subventionen. Wer so handelt, will psychologisch häufig „gezahlte Steuern auf anderem Wege wieder hereinholen"; jedenfalls aber partizipiert er auf diese Weise, gewissermaßen vorweg, an den durch Abgabenerhebung eingehenden Staatseinnahmen. Es ist dogmatisch nicht zulässig, den Subventionsbetrug in die Nähe der Steuerhinterziehung zu rücken; ökonomisch gesehen läuft beides am Ende aber auf das gleiche hinaus: auf Verkürzung des die staatliche Leistungsfähigkeit sichernden MitteleinFinanz- und Steuerpsychologie in: Albers, W. u. a. (Hrsg.), Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft, Band 3, 1980, S. 121 ff.; Tipke (FN 106) S. 1402 ff. 113 Grundlegend Gerlojf, W., Steuerwirtschaftslehre in: Gerloff, W./Neumark, F. (Hrsg.), Handbuch der Finanzwissenschaft, Band 2, 2. Auflage, 1956, S. 240 (insb. S. 294 ff.); Diebold (FN 112) S. 7. 114 Schmölders (FN 112) S. 129. us Gerloff (FN 113). 116 Schmölders (FN 112). 117 Diebold (FN 112) S. 7 mit Nachweisen. us Ein Begriff, der gelegentlich auch in einem weiteren Sinn gebraucht wird, als Oberbegriff für gesetzwidriges Verhalten des Steuerpflichtigen, Diebold (FN 112) S. 10. 119 Vergleiche die Aufzählung von Beispielen bei Kirchhof (FN 112), S. 160 f.; zur Steuereinsparung und Steuerumgehung siehe Diebold (FN 112), S. 11 ff. 120 Tipke (FN 112) S. 1403 ff. 121 Kirchhof (FN 112) S. 161.

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C. Haushaltsrecht als Grundlage staatlicher Leistungsbeschränkung

gangs. In einem weiteren Sinn sind also auch diese Formen eines gewissermaßen „positiven Steuerwiderstandes" im vorliegenden Zusammenhang zu berücksichtigen. Die Auswirkungen dieses Anti-Steuer-Verhaltens können derart gravierend sein 122 , daß es gar nicht des Hinweises auf Steuermeutereien durch politische Steuerverweigerung 123 bedarf, um hier eine wirkmächtige Barriere des Mittelzuflusses in die staatlichen Haushalte zu sehen. Es kann also durchaus zu einer Lage kommen, in der eine bestimmte Steuerhöhe von den Bürgern nicht mehr angenommen wird, dies aber notwendig wäre, um (verfassungsrechtliche Verpflichtungen zu erfüllen. c) Noch düsterer wird das Bild für die staatlichen Haushalte, wendet man sich dem bereits gegenwärtigen Umfang der Akzeptanz der Steuerbelastung und den Gründen für deren beunruhigend geringen Umfang zu. Die Schule von Schmölders hat schon vor Jahrzehnten hierzu Material gesammelt 124 ; Schmölders selbst stellte 1974 eine Globalakzeptanz des Steuersystem bei weniger als einem Drittel der Steuerpflichtigen fest 125 , noch geringer war sie bei deren finanziell bedeutsamsten Kategorien. Neuerdings ist ein solches Ergebnis als noch immer zutreffend bezeichnet worden 126 , mit gutem Grund; der politische Ruf nach Steuersenkungen kommt gegenwärtig aus allen politischen Lagern. Der „parlamentarische und gouvernementale Steuerwiderstand" nimmt derart zu, daß die faktische Barriere für Steuererhöhungen schier unüberwindlich zu werden droht. Die Motive des Steuerwiderstandes sachenkomplexe zurückführen:

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lassen sich wohl vor allem auf zwei Ur-

- einerseits geringe Kontroll(möglichkeit)en und Strafen, was gerade den risikobereiten und daher oft besonders leistungsfähigen Bürger zu einer Art von „Steuerkampf 4 mit dem Staat aus vorwiegend ökonomischen Gründen herausfordert oder zu „tax lottery" führt. - zum anderen grundsätzliche Ablehnung einer Belastung, deren Verwendungssinn nicht mehr (hinreichend) vermittelt werden kann, oder der - weithin zutreffend - darin gesehen wird, daß vor allem Transferleistungen erfolgen sollen. Es ist hier nicht möglich, näher zu untersuchen, ob sich daran Wesentliches wird ändern lassen. Drakonische Bestrafung ist ebensowenig durchsetzbar wie eine Überwachungsstaatlichkeit gläserner Taschen. Der Sozialstaat schließlich wird wohl weiterhin seinen Zoll fordern. Nicht zu erwarten ist jedenfalls, daß hier eine 122 Gerlojf gibt hierzu ein anschauliches Beispiel, wie von erwarteten Steuermehreinnahmen weniger als 5 von Hundert eingingen (FN 113) S. 302. ™ Zu solchen tax revolts vgl. Diebold (FN 112) S. 5; Schmölders (FN 112) 129. ™ Vgl. Gnahs/Janneck (FN 112) 228. 125 Schmölders, G., Einführung in die Geld- und Finanzpsychologie, 1974, S. 98. i * Von Mössner (FN 112) 133. 127 Siehe etwa die Zusammenstellung von Tipke (FN 112), S. 1405 ff., der allerdings keine Gewichtung versucht.

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größere Wende gelingt, welche eine andere Steuermentalität 128 schafft; sie aber wäre nötig, um die faktischen Schranken des Mittelzuflusses, die der Steuerwiderstand errichtet, zu brechen oder auch nur zurückzuverlegen. d) Wenn also politische Appelle an Steuersolidarität der Bürger wohl nicht fruchten werden, so bleibt nur die Hoffnung auf ethische Reaktionen der Betroffenen. Doch auch hier ist wenig zu erwarten. Von Steuermoral ist zwar die Rede 129 , doch der Begriff bleibt vage 130 , die Feststellbarkeit seines Inhalts zweifelhaft 131 ; letztlich bezeichnet er nicht viel mehr als ein Postulat. 132 Damit aber läßt sich gegen die harten Fakten des Steuerwiderstands tatsächlich wenig ausrichten. Daß es eine Steuermoral unter Umständen verlangen könnte - und dies steht keineswegs eindeutig für alle Abgabenpraktiken fest - , den Steuerwiderstand aufzugeben oder doch zu reduzieren, ist rechtlich unbeachtlich, wenn sich an diesem nichts ändert. Die Fiktionswirkung des Rechts geht hier nicht so weit, daß das rechtlich Unzulässige oder gar Strafbare als rechtlich irrelevant anzusehen wäre. e) Das Fazit dieser Überlegungen läßt sich wie folgt ziehen: Der Steuerwiderstand bleibt eine mächtige Realität, welche den Mittelzufluß in die staatlichen Haushalte an einer entscheidenden Stelle einengen kann. Aus dieser Wirklichkeit kann sich ergeben, daß dem Staat, in einer bestimmten Situation, die für die Erfüllung seiner Verpflichtungen erforderlichen Mittel tatsächlich nicht zur Verfügung stehen, obwohl er sie sich rechtlich beschaffen könnte. Aus anderen Einnahmequellen kann er sie nicht schöpfen (vgl. oben 7.); das zentrale Finanzierungsinstrument der Steuer könnte dann aber wegen Steuerwiderstandes versagen. Vermag der Staat in einer solchen Lage und mit dieser Begründung die Erfüllung von Verpflichtungen zu verweigern, wie dies im politischen Bereich fast täglich geschieht, wenn etwa die Anpassung von Renten, Alimentation oder Sozialhilfe abgelehnt wird, weil eine entsprechende Steuererhöhung „politisch nicht durchsetzbar" sei? Aus rechtlicher Sicht kann es nur eine Antwort geben: Eine solche Berufung auf mangelnde Leistungsfähigkeit könnte lediglich in dem Extremfall zulässig sein, daß der Staat selbst unter Ausschöpfung seines weiten Aufgabenbestimmungsrechts (vgl. Β. I.) auch seine (übrigen) Aufgaben und damit Ausgaben nicht so weit zu reduzieren vermöchte, daß er trotz eines solchen Engpasses seine konkret anfallenden Schulden bezahlen könnte. Zu Aufgabeneinschränkung wird er aber in aller Regel schon deshalb in der Lage sein, weil er Leistungsverpflichtungen eben so rechtzeitig zu erwartenden Mitteln anpassen kann, daß er nicht nachher gezwungen ist, weniger zu leisten als zugesagt.133 128 Zu diesem Begriff Schmölders (FN 112) S. 126. 129 Vgl. Schmölders (FN 112) S. 127 ff. 130 Gnahs/Janneck (FN 112) S. 221 f. 131 Mössner( FN 112) S. 132. 132 Mössner a. a. O. S. 138.

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C. Haushaltsrecht als Grundlage staatlicher Leistungsbeschränkung

Vom Extremfall des Staatsbankrotts (oben Β. II.) abgesehen, bleibt es also dabei: Der Staat hat immer genug Geld, um seine Schulden zu bezahlen; das geltende (Verfassungs-)Recht jedenfalls wird ihm die Mittel nicht mit der Wirkung sperren, daß ihn dies von Leistungsverpflichtungen rechtlich befreien könnte.

I I I . „Wirtschaftlichkeit" und „Sparsamkeit44 Grenzen der Staatsleistungen? 1. Die Fragestellung: „Wirtschaftlichkeit als Leistungssperre"? Zu untersuchen ist nun, ob sich der Staat zur Begründung eines Vorbehalts der Leistungsfähigkeit auf den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz berufen darf, zu dessen Beachtung er verpflichtet sei. Hat der Gesetzgeber die Erbringung einer bestimmten Leistung normativ angeordnet, so könnte etwa von der gesetzesausführenden Verwaltung eingewendet werden, das Gesetz sei im Lichte der Wirtschaftlichkeit restriktiv zu interpretieren. Im Ergebnis wäre also nur das „wirtschaftlich Leistbare" vom Gesetzgeber gemeint, von der Verwaltung daher auch nur dies zu erbringen. Fordert der Dritte eine Leistung, zu der sich der Staat ihm gegenüber vertraglich verpflichtet hat, so würde dessen Einwand dahin gehen, daß dies gegen die Wirtschaftlichkeit verstoße. Wirtschaftlichkeit müßte dabei begriffen werden als ein im Rang über dem Gesetz stehender, also als ein Verfassungsgrundsatz. Dies alles würde die Geltendmachung eines allgemeinen rechtlichen „Vorbehalts der Wirtschaftlichkeit des Verwaltungshandelns" bedeuten. Mit solcher Begründung könnte sogar im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle oder bei Verfassungsstreitigkeiten ein antragsbefugtes Organ geltend machen, durch Gesetz dürften so weitgehende Leistungen nicht vorgesehen werden. Voraussetzungen für solche Normwirkungen der Wirtschaftlichkeit wären: - Dem Wirtschaftlichkeitsprinzip müßte Außenwirksamkeit zukommen (im folgenden 2.). - „Wirtschaftlichkeit" bände nicht nur die Verwaltung, sondern auch den Gesetzgeber (im folgenden 3.). - Wirtschaftlichkeit wäre rechtlich soweit faßbar, daß der Grundsatz derartige Wirkungen hervorbringen könnte (im folgenden 4.). - Wenn all dies zu bejahen wäre, bliebe noch zu prüfen, welche Effekte sich aus so verstandener „Wirtschaftlichkeit" für Leistungsverpflichtungen des Staates ergeben könnten (im folgenden 5.).

133

Zu dieser indirekten Außenwirkung des Haushalts vgl. näher unten G. m. Beisp.

. „Wirtschaftlichkeit" und „Sparsamkeit"

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2. Außenwirksamkeit des Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes a) Die Beachtung der Wirtschaftlichkeit wird den Staatsinstanzen durch § 6 Absatz 1 HGrG und § 7 Absatz 1 BHO sowie die entsprechenden Landesnormen „bei Aufstellung und Ausführung des Haushalts" zur Pflicht gemacht. 134 Nachdem aber das damit ausdrücklich angesprochene Haushaltsrecht keine Außenwirkung entfaltet (vgl. oben I. 2. f)), liegt es zwar nahe, sie auch dem Wirtschaftlichkeitsgrundsatz abzusprechen. Diesem Schluß könnte allerdings entgegengehalten werden, daß sich die fehlende Außenwirkung des Haushaltsrechts nur aus einfachem Gesetzesrecht, nicht aus der Verfassung ergebe. Käme dem Wirtschaftlichkeitsgrundsatz im Gegensatz dazu Verfassungsrang zu, so ließe sich unter Berufung auf die fehlende Außenwirkung des einfach-gesetzlichen Haushaltsrechts nicht begründen, daß dies auch für das Wirtschaftlichkeitsprinzip gilt. Dieses ist daher, für sich genommen, auf Außenwirkung zu untersuchen. b) Die Verfassung erwähnt die „Wirtschaftlichkeit" in Art. 114 Absatz 2 Satz 1 GG: Der Bundesrechnungshof prüft an ihrem Maßstab „die Haushalts- und Wirtschaftsführung". Damit ist „Wirtschaftlichkeit" zwar zum Verfassungsbegriff erhoben, über dessen Außenwirksamkeit aber noch nichts ausgesagt: „Haushaltsführung" verweist wiederum auf das Haushaltsrecht, „Wirtschaftsführung" dürfte in engem Zusammenhang damit zu sehen sein. Selbst wenn aber der Begriff über das Haushaltsrecht, das als solches ja keine Außenwirkung hat, hinausgeht, und sämtliche ökonomisch wirksamen Veranstaltungen der Exekutive umfassen sollte, also auch die Eingehung und Erfüllung von Verpflichtungen, so wäre damit eine normative Außenwirkung des Grundsatzes noch nicht dargetan. 135 Der Rechnungshof soll die Bindung der Verwaltung an den Willen des Parlaments sicherstellen, seine gesamten Aktivitäten sind insoweit wesentlich nur innenwirksam, sie bleiben ohne unmittelbaren Effekt gegenüber Dritten. Der Verfassungsbegriff „Wirtschaftlichkeit" ist in Art. 114 GG also innerorganisch zu verstehen, was insbesondere dessen Absatz 2 Satz 2 zeigt. Eine Außenwirkung läßt sich daher unmittelbar aus Art. 114 nicht ableiten. Eine Außenwirkung der Wirtschaftlichkeit ergibt sich auch nicht aus einer etwa in diesem Zusammenhang noch erfolgenden staatlichen Rechnungsprüfung von Privatpersonen, insbesondere Subventionsempfängern: 136 Denn hier wird zwar überprüft, was die Staatsinstanzen an die privaten Partner im Rahmen des Haushalts leisten durften. Damit entfaltet dieser dort aber auch nicht Außenwirkung. 137 134

Zu weiteren Einzelausprägungen des Grundsatzes in der BHO, mit Wirkung vor allem für die Rechnungskontrolle, siehe Piduch, Ε. Α., Bundeshaltsrecht, Kommentar. Loseblatt (Stand 1996), Band 2, § 7 BHO, 2. 135 Im Sinne von jedem Verhalten mit unmittelbaren finanziellen Auswirkungen, vergleiche Grupp, K., DÖV 1983, 661 (663), und zwar im gesamten Verwaltungsbereich (siehe dazu v. Arnim, Η. H., DVBI. 1983, 664; Krebs, W., Kontrolle in staatlichen Entscheidungsprozessen, 1984, S. 190). 136 Vergleiche dazu Leisner, W., Staatliche Rechnungsprüfung Privater, 1990.

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C. Haushaltsrecht als Grundlage staatlicher Leistungsbeschränkung

Die Haushaltsüberprüfung bei den Subventionsempfängern dient wiederum nur der Feststellung der Korrektheit des Verhaltens des Schuldners Staat, bleibt insoweit also ebenfalls in dessen innerorganischem Raum. Von einem etwa dem privaten Subventionsempfänger bekannten Haushaltsvorbehalt abgesehen, ergibt sich aus ihr noch nicht eine Außenwirksamkeit des Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes. c) Ein Anhaltspunkt für Außenwirksamkeit des Wirtschaftlichkeitsprinzips könnte darin gesehen werden, daß dies ein Maßstab für sämtliche genehmigungspflichtigen Staatsakte sei: „Da das Rational-Prinzip gemeindlicher Funktionsverwirklichung (Wirtschaftlichkeit)" ein Rechtsgrundsatz ist, unterliegt seine Einhaltung der Kommunalaufsicht. 138 Die Nichtbeachtung der Wirtschaftlichkeit durch die Verwaltung könnte also insoweit Auswirkung gegenüber Dritten entfalten, eine Kommune etwa zu entsprechender Leistungskürzung berechtigen, als das Eingehen unwirtschaftlicher Verpflichtungen beanstandet werden kann und von der Aufsicht tatsächlich auch gerügt wird. 1 3 9 Diese aufsichtsrechtliche Argumentation führt bei der Begründung einer allgemeinen normativen Außenwirksamkeit des Wirtschaftlichkeitsprinzips jedoch nicht weiter. Hier ist nämlich zu unterscheiden: Wird die Genehmigung, wie in aller Regel, schon vor Eingehung der Verbindlichkeit versagt, so kommt es gar nicht zur Begründung der Forderung des Dritten: Der Aufgabenträger verpflichtet sich ihm gegenüber nicht. Geschieht dies dennoch, so kommt es darauf an, ob der Dritte die Genehmigungsbedüftigkeit kannte oder kennen mußte. Die Kommune ist nur in diesem Fall nicht zur Leistung verpflichtet; die Lage ist dann so zu beurteilen, als stünde die Staatsleistung unter einem dem Dritten erklärten und damit außenwirksamen Haushaltsvorbehalt. Mußte jedoch der Dritte diese Begrenzung nicht kennen, so können sich die kommunalen Organe ihm gegenüber, schon nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen, wie sie etwa im bürgerlichen Vertretungsrecht zum Ausdruck kommen, auf eine solche Beschränkung der Leistungsverpflichtung nicht berufen. Die Genehmigungsproblematik verbleibt im öffentlichen Innenbereich, also im Bereich der Geschäftsführung. Dieser darf nicht mit der Außenwirkung verwechselt werden, welche das Vertretungsrecht, das Kennen und Kennenmüssens von dessen Beschränkungen seitens des Dritten, betrifft. Eine allgemeine Außenwirksamkeit des Prinzips der Wirtschaftlichkeit läßt sich allein auf die innerorganische Genehmigungsbedürftigkeit nicht stützen. d) Eine Außenwirksamkeit des Wirtschaftlichkeitgebots könnte jedoch dann in Betracht kommen, wenn man nicht nur - gewissen Tendenzen der Lehre folgend 137

In einer besonderen Form der „Leistungserbringung nach Maßgabe des Haushalts" (vgl. oben I. 3.). »8 Schmidt-Jortzig, E., Kommunalrecht 1982, S. 222. 1 39 Das Eintreten Schmidt-Jortzigs für einen angeblichen Leistungsfähigkeitsgrundsatz mit Verfassungsrang (s. oben Α. I.), könnte sich sogar aus einer solchen aufsichtsrechtlichen Begründung einer generellen Außenwirksamkeit des Wirtschaftlichkeitsgebots erklären.

III. „Wirtschaftlichkeit" und „Sparsamkeit"

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eine generelle Außenwirksamkeit des Haushaltsrechts annehmen140 und diese dann auf die Wirtschaft übertragen wollte 1 4 1 , sondern in ihr ein Verfassungsgebot sieht. 142 Dieser Verfassungsgrundsatz würde dann eine „Pflicht des Staates zur Rationalität" beinhalten, welche „ungeeignete, nicht erforderliche, unverhältnismäßige oder sonst unwirtschaftliche Maßnahmen" als rechtswidrig verbietet. 143 Dabei darf aber nicht kurzerhand auf die Rechtsstaatlichkeit verwiesen werden. „Wirtschaftlichkeit" hat zwar deutlichen Bezug zur Erforderlichkeit, schon in der zweckgerichteten Beschränkung des Mitteleinsatzes (vergleiche dazu näher unten 4., 5.); sie kann aber zur Begründung der Außenwirksamkeit - anders als der allgemeine Erforderlichkeitsgrundsatz - nicht auf den Rechtsstaat zurückgeführt werden. Bei der Wirtschaftlichkeit geht es um ökonomische Erforderlichkeit, nicht um deren rechtsstaatliche Bedeutung als ein Prinzip des „geringsten Eingriffs" in (grundrechtliche) Rechtspositionen des Bürgers. Selbst wenn man die allgemeinen Grundsätze der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn auch im innerorganischen Staatsrecht zur Geltung bringen kann, so folgt daraus noch nicht, daß sie mit gleichem Inhalt auch in außenwirksames Recht transformiert und gegen den Bürger gewendet werden könnten. Die wirtschaftliche Erforderlichkeit wirkt innerorganisch, sie ist nur auf die Interessen des staatlichen Rechtsträgers ausgerichtet. Demgegenüber ist der rechtstaatlichaußenwirksamen Erforderlichkeit eine Abwägung öffentlicher Interessen gegenüber denen des Dritten, des Außenstehenden, wesentlich, weil in ihr schon von vorneherein ein Außenbezug liegt. Bei der Wirtschaftlichkeit muß der Außenbezug besonders begründet werden, der einfache Hinweis auf Rechtsstaatlichkeit genügt nicht. Immerhin bleibt „Rationalität" eine mögliche Begründung der generellen Wirkung der Wirtschaftlichkeit, und damit von deren Außenwirksamkeit, und zwar auch mit Blick auf die Rechtsstaatlichkeit. Diese verlangt ja Berechenbarkeit aller staatlichen Veranstaltungen durch den Bürger, also auch der Leistungserbringung durch den Staat. 144 Wie aber soll dem Leistungsberechtigten dies hier auf anderem Wege möglich sein als unter Einsatz von Wirtschaftlichkeitskriterien, indem er sich auch in die Lage des staatlichen Schuldners begibt, dessen Interessen gegenüber den seinen abwägt? Muß dann aber der Bürger nicht auch die Wirtschaftlichkeitszwänge seines Partners, des Staates, gegen sich selbst leistungsmindernd gelten lassen?

140 wie es etwa Kirchhof (FN 4) entwickelt hat; siehe zur indirekten Haushaltswirkung unten G. 141 Angedeutet etwa bei Walther, K., BayVBl. 1990, 231 (238) 1 42 Fischer-Menshausen, H., in: v. Münch, I./Kunig, P. (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, 3. Auflage, 1996, Art. 109 Rdnr. 8; dies kann allerdings nicht gerade aus Art. 114 GG abgeleitet werden, vgl. vorst. b). 143 So v. Arnim, H. H., Staatslehre der Bundesrepublik Deutschland, 1984, S. 235. 144 Vergleiche Pieroth, B., JZ 1984, 941.

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C. Haushaltsrecht als Grundlage staatlicher Leistungsbeschränkung

Dies spricht doch deutlich für eine Außenwirkung des Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes, an dessen Beachtung ja der Dritte, als Bürger, auch ein eigenes, wenn auch allgemeines, Interesse hat: Auf die Leistung des Staates vertraut der Bürger ja gerade deshalb, weil er davon ausgeht, daß diese auch vom Staat erbracht werden kann. e) Außenwirkung könnte sich aber nicht nur aus einer so verstandenen Rechtsstaatlichkeit, sondern vor allem auch aus einem allgemeinen Rechtsgrundsatz ergeben, den jeder Leistungsberechtigte jedem Partner, also auch dem Staat gegenüber, gelten lassen muß: Dessen Organe „verkörpern den Staat", vertreten ihn deshalb auch ihm gegenüber. Der Vertretungsinhalt wird zunächst im Innenverhältnis durch organschaftliche Bevollmächtigung, im Rahmen des Geschäftsführungsrechts der Organe festgelegt, hier: innerorganisch durch Haushaltsrecht. Dies alles erfolgt in den Grenzen des Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes. Davon ist, wie dargelegt, die Außenwirkung des Organverhaltens zwar zu unterscheiden, die dem Dritten gegenüber wirkende Vertretungsmacht. Ist dem Dritten aber die Überschreitung dieser Vertretungsbefugnis durch das vertretende Staatsorgan bekannt (gewesen), so kann der Leistungsberechtigte daraus Rechte nicht herleiten, weder gegenüber dem Vertretenen, noch gegenüber dem Vertreter; dies entspricht der Regelung in § 179 Absatz 3 Satz 1 BGB, worin ein allgemeinerer Rechtsgedanke zum Ausdruck kommt. Die Außenwirksamkeit des Wirtschaftlichkeitsprinzips läßt sich dann im Recht der Staatsleistungen wie folgt begründen: Jedem Dritten muß bekannt sein, daß der Staat wirtschaftlich zu handeln hat, daß seine Verwaltung innerorganisch laufend auf Wirtschaftlichkeit überprüft wird (Art. 114 Absatz 2 GG). Dann darf er aber von den Vertretern, den Organwaltern desselben Staates, nicht erwarten, noch weniger rechtlich fordern, daß sie in Verletzung dieses Grundsatzes ihm gegenüber Verpflichtungen eingehen, Leistungen erbringen. Die Außenwirkung des Wirtschaftlichkeitsprinzips wird damit nicht unmittelbar aus Art. 114 GG hergeleitet (vergleiche oben b)), sondern aus dem Kennen oder Kennenmüssen dieses innerorganisch wirkenden Grundsatzes seitens des Bürgers, der „seine Verfassung" zu kennen hat. Die Lage ist insoweit derjenigen nicht vergleichbar, in der sich der Staat einfach auf fehlende Haushaltsmittel berufen wollte, gegenüber Leistungsverpflichtungen, die jedoch nicht unter Haushaltsvorbehalt stehen: Dem Dritten ist hier in der Regel nicht zuzumuten, daß er eine solche Überschreitung der Vertretungsmacht, die sich aus der jeweiligen konkreten Mittellage ergibt, zu kennen habe; auf die Beachtung der Wirtschaftlichkeit muß(te) er sich jedoch von vorneherein einstellen. Über diesen allgemeinen Rechtsgedanken läßt es sich also vertreten, dem Wirtschaftlichkeitsprinzip des Haushaltsrechts als solchem, jedenfalls hinsichtlich der generell bekannten Verpflichtung der Verwaltung zu wirtschaftlichem Verhalten, Außenwirksamkeit beizumessen. Dies entspricht auch der Lehre vom verwaltungsrechtlichen Ermessen, welche davon ausgeht, daß der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz eine Bindung jeder Ermessensbetätigung der Verwaltung darstellt. 145

III. „Wirtschaftlichkeit" und „Sparsamkeit"

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Dieses Ergebnis, wie die hier gegebene Begründung, trägt auch am besten der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Rechnung; dieses hat in einer wenn auch isoliert gebliebenen - Wendung der Numerus-clausus-Entscheidung ausgeführt: 146 „Auch soweit Teilhaberechte nicht von vorneherein auf das jeweils Vorhandene beschränkt sind, stehen sie doch unter dem Vorbehalt des Möglichen im Sinne dessen, was der Einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft beanspruchen kann." Damit ist jene Rationalität („Vernünftigkeit") angesprochen, welche als zentrale Bedeutung des Wirtschaftlichkeitsprinzips herausgestellt wird. 1 4 7 Der Bürger soll danach auch nur einen Anspruch auf das geltend machen können, was er von der Gesellschaft erwarten kann; umgekehrt darf aber auch der Staat sicher sein, daß der Dritte seine Forderung nicht auf mehr richte als auf das nach wirtschaftlicher Vernünftigkeit Mögliche - also kann er ihm „seine Wirtschaftlichkeit" grundsätzlich entgegenhalten.148 Daß der Wirtschaftlichkeit etwas wie eine prinzipielle Außenwirkung zukommt, entspricht gerade heute einem allgemeinen Staatsverständnis, nach dem der Bürger Anspruch auf ökonomisch-vernünftige Staatsveranstaltungen haben soll 1 4 9 , dann aber eben auch umgekehrt die Wirtschaftlichkeitsgrenze sich selbst gegenüber gelten lassen muß, wenn er Staatsleistungen fordert.

3. Bindung des Gesetzgebers an die „Wirtschaftlichkeit" a) Die grundsätzlich auch außenwirksame Wirtschaftlichkeit muß demnach als Verfassungsprinzip angesehen werden, was wohl „auch der herrschenden Lehre entspricht. 150 Nur dann kann das Wirtschaftlichkeitsprinzip ja die Kontrolle der Rechnungsprüfung „bei der Aufstellung des Haushaltsplans"151 bestimmen, wenn diese Kompetenz Verfassungsrang hat, damit aber die Wirtschaftlichkeit selbst (§ 7 145 Drews, BJWacke, GJ Vogel, K./Martens, W., Gefahrenabwehr, 9. Auflage, 1986, S. 372 f.; vergleiche dazu noch näher unten G. IV. 1. 146 BVerfGE 33, 303 (333); es handelt sich dabei wohl auch nur um ein obiter dictum. 1 47 Siehe etwa Grupp, K., Die Stellung der Rechnungshöfe in der Bundesrepublik Deutschland, 1973, S. 233; von Zavelberg, G., in: v. Arnim, H. H. (Hrsg.), Finanzkontrolle im Wandel, 1989, S. 17 (19); weitere Nachweise bei Walther (FN 141) 231. 148 Davon geht etwa - allerdings ohne Vertiefung - VGH Baden-Württemberg, DÖV 1983, 383 aus. 1 49 Dafür kann sogar der Gleichheitssatz bemüht werden, denn eine Verletzung der Wirtschaftlichkeit macht eben staatliche Leistungen „unvernünftig", damit aber verfassungswidrig, nach dem früheren ,/einen" Willkürkriterium des BVerfG (vergleiche E 62, 189 (192)) wie nach dem neuerdings geschärften Gleichheitssatz (s. E 55, 72 (88)). 150 Vgl. etwa v. Arnim (FN 143) S. 235 ff.; Fischer-Menshausen (FN 142); ebenso wohl auch Kirchhof (FN 140) S. 515, wenn er die Beachtung des Haushaltsrechts mit der „Überwachung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung" in Zusammenhang bringt. 151 Was das Haushaltsrecht allerdings noch nicht als solches zur materiellen Rechtsnorm macht, vgl. BVerfGE 38, 121 ff.

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C. Haushaltsrecht als Grundlage staatlicher Leistungsbeschränkung

Absatz 1 BHO, § 6 Absatz 1 HGrG). Für den Verfassungsrang des Wirtschaftlichkeitsgebots spricht überdies vor allem der Begriffsinhalt dieser „ökonomischen Rationalität", als Ausprägung sowohl der Rechtsstaatlichkeit (Berechenbarkeit) als auch der Gleichheit (Willkürverbot) (vgl. oben 2. d)). b) Wenn also auch die Legislative diesem Wirtschaftlichkeitsgebot unterworfen ist, so müssen alle ihre Gesetze, welche Leistungsbeziehungen zu Dritten gestalten, im Licht dieses Verfassungsgrundsatzes ausgelegt werden; dies wird zu einem restriktiven Verständnis aller dort geregelten Verpflichtungen führen: Die Übernahme unwirtschaftlicher Verpflichtungen durch Gesetz verstößt gegen das Grundgesetz, ebenso generell Leistungen, welche ein unwirtschaftliches Verhalten des Schuldners Staat beinhalten müßten. Selbst bei unmittelbar aus Verfassungsrecht abzuleitenden Ansprüchen, von der Sozialhilfe bis zur Enteignungsentschädigung, könnten sich Leistungsrestriktionen also daraus ergeben, daß auf derselben Normstufe der Verfassung, welche diese Verpflichtungen trägt, der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz den Inhalt der Leistungsverpflichtungen einschränkt. Nach Inhalt und Bedeutung der Wirtschaftlichkeit wäre dies bei allen Leistungsverpflichtungen, vielleicht sogar mit Vorrangigkeit, anzunehmen. Man kann zwar dem Wirtschaftlichkeitsgebot kaum, auch unter Berücksichtigung von dessen Bezug zu höchstrangigen Normen der Rechtsstaatlichkeit (Art. 20 Absatz 1 in Verbindung mit Art. 79 Absatz 3 GG) 1 5 2 , die rangmäßige Bedeutung einer vorstaatlichen Norm zuerkennen. Dennoch könnte seine Vorrangwirkung, bis in Einzelheiten etwa des Sozialrechts hinein, aus folgender Überlegung abgeleitet werden: Wirtschaftlichkeit ist dem Verfassungsrecht der Sozialhilfe gegenüber (Art. 1, 2 Absatz 1 GG) keine lex generalis, welche durch diese den Sozialhilfeanspruch begründenden Verfassungsnormen als Spezialgesetze durchbrochen werden dürfte; das Wirtschaftlichkeitsgebot ist vielmehr insoweit als eine lex specialis im Verhältnis zum Sozialhilfeverfassungsrecht zu verstehen, als es nur einen Aspekt dieser verfassungsrechtlichen Leistungsregelung betrifft, ihr nur gewisse, spezielle Schranken zieht. Es wäre damit etwas aufgefunden wie ein allgemeiner Grundsatz des ökonomisch Sinnvollen - nicht nur: Möglichen; jedenfalls aber ließen sich dann aus der Wirtschaftlichkeit heraus Schranken rechtlich beachtlicher wirtschaftlicher Unmöglichkeit bestimmen, auf deren Wahrung sich der staatliche Schuldner berufen dürfte, und zwar gegenüber Normen jeden Ranges, welche Leistungsansprüche gegenüber dem Staat begründen.

152 Vergleiche BVerfGE 1, 14 (52).

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4. Normative Faßbarkeit der „Wirtschaftlichkeit" als Leistungsschranke? a) Die Annahme eines Verfassungsgrundsatzes der staatlichen Leistungsfähigkeit wegen der Verpflichtung, „Wirtschaftlichkeit" zu beachten, würde den Staat von der Erfüllung von Verpflichtungen freistellen, welche er nur unter Inkaufnahme von „Unwirtschaftlichkeit" erfüllen könnte. Dies würde jedoch voraussetzen, daß sich derartige leistungsmindernde oder gar -sperrende Wirkungen aus dem Inhalt des Wirtschaftlichkeitsprinzips ableiten lassen. Der Begriffskern der Wirtschaftlichkeit liegt nach herrschender Lehre in dem ökonomisch vertretbaren 153 Verhältnis der Mittel zu dem angestrebten Erfolg. 154 Dies könnte dann auch, begrifflich, eine exceptio pecuniam non habendi abdecken, wenn nämlich keine Mittel vorhanden sind für einen bestimmten Zweck, für dessen Erreichung sie lediglich in unwirtschaftlicher Weise aufgebracht oder eingesetzt werden könnten. „Wirtschaftlich" ist eine staatliche Maßnahme jeweils dann, wenn die Bedeutung der durch sie erreichbaren Ziele für das Gemeinwohl den eingesetzten Aufwand an Zeit, Arbeitskraft, Finanzmitteln usw. - unter Einschluß etwaiger abträglicher Nebenfolgen - als gerechtfertigt erscheinen läßt, und wenn die gleichen Ziele nicht auch mit geringerem Aufwand - in dem eben umrissenen weiten Sinn - erreicht werden könnten. 155 „Unter der günstigsten Zweck-Mittel-Relation wird entweder verstanden, daß ein bestimmtes Ergebnis mit möglichst geringem Einsatz von Mitteln (Minimalprinzip) erreicht, oder daß mit einem bestimmten Einsatz von Mitteln das bestmögliche Ergebnis erzielt wird (Maximalprinzip)." 156 b) Ob eine solche Wirtschaftlichkeit wirtschaftswissenschaftlich eindeutig faßbar ist, mag hier offen bleiben. Die Übernahme solcher „wirtschaftswissenschaftlicher Theoreme" ins öffentliche Recht 157 wird zwar immer wieder versucht 158 ; im 153 Offen bleiben mag hier die Frage, ob dies im Sinne eines „optimalen" Verhältnisses zu verstehen ist (dazu Vogel, K., DVBI. 1970, 193, (195)). Dafür spricht, daß die Betriebswirtschaft letztlich immer nur eine derartige Beziehung anerkennt, eben die „optimale"; sie erzwingt der Markt, nur sie honoriert er. 154 Siehe dazu Vogel, K. / Kirchhof\ P., in: Dolzer, R./Vogel, K. (Hrsg.), Bonner Kommentar Zweitbearbeitung (1973), Art. 114, Rdnr. 68; v. Arnim, H. H., Wirtschaftlichkeit als Rechtsprinzip, 1988, S. 21; Kiesker, G., NJW 1983, 2167 (2168); Piduch (FN 134); Grupp (FN 147) S. 155; ders., JZ 1982, 231 (233); Greifeid, Α., Der Rechnungshof als Wirtschaftlichkeitsprüfer, 1981, S. 7 f.; Karehnke, H., DVBI. 1970, 949; Schuppert, G. F., VVDStRL 42 (1984), S. 217 (259 ff.); Stern, K., Staatsrecht, Band 2, 2. Auflage, 1984, S. 435 ff.; Büsch, E., Zur Bestimmung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit im öffentlichen Haushaltsrecht der Bundesrepublik Deutschland, 1975, S. 31; Wieland, Α., DVBI. 1995, 894 (897); Walther (FN 141) 231 ff.; Hüttl, H., Das Wirtschaftlichkeitsprinzip der öffentlichen Verwaltung in: Bundesrechnungshof (Hrsg.), 250 Jahre Rechnungsprüfung, 1964, S. 20; aus der Rechtsprechung siehe etwa BayVGH, BayVBl. 1983, 566 (567).

155 Vogel/Kirchhof ( FN 154) Rdnr. 90. 156 Wieland (FN 154) 897. 157 Vogel/Kirchhof ( FN 154) Rdnr. 90. 7 Leisner

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Schrifttum ist jedoch längst bewiesen - und bis heute, so weit ersichtlich, nicht widerlegt worden 159 , daß „Wirtschaftlichkeit" „kein axiomatisches Entscheidungskriterium liefert, aus dem sich für das Verwaltungshandeln schon rein deduktiv exakte Folgerungen ableiten lassen." 160 Die unüberwindliche Schwierigkeit liegt hier im Begriff des zu realisierenden Ergebnisses, bei Staatsleistungen ist es nur aus der Erfüllung einer einzelnen Staatsaufgabe bestimmbar, eines staatsgesetzten Zwecks. Dieser läßt sich aber nur dann normativ im Sinne der Wirtschaftlichkeit erfassen, wenn er zu einem Output führen soll, der sich ökonomisch feststellen läßt. Gerade dies ist jedoch bei den weitaus meisten Staatsveranstaltungen schlechthin unmöglich. Eine öffentliche Einrichtung kann eben mehr oder weniger effizient betrieben, ein Subventionszweck mag „optimal" oder nur „suboptimal" erreicht werden. Lediglich dort, wo der Staat in Konkurrenz zu Privaten steht, könnte sein wirtschaftliches Ergebnis, im Vergleich zu dem der privaten Mitwettbewerber, quantifiziert werden, nur dann wäre eine Ergebnisvorgabe beim Staat überhaupt festsetzbar 161 - aber gerade aus solchem Wettbewerb soll sich der Staat ja zurückziehen 162, schon aus Gründen der Berufsfreiheit; Privatisierungstendenzen, wie sie heute immer stärker werden, wollen eine Art von Aufgabenteilung zwischen Verwaltung und Privatwirtschaft erreichen, welche „Wirtschaftlichkeit" in der Verwaltung, vom Ergebnis her, endgültig unfaßbar werden läßt. c) Das Schrifttum hält denn auch übereinstimmend „Wirtschaftlichkeit" für einen schwer bestimmbaren, problematischen, vagen, inhaltsarmen, naturgemäß unbestimmten Maßstab, für ein „offenes Prinzip". 163 Damit an einer solchen Maßstablosigkeit - denn um nichts anderes handelt es sich 1 6 4 - nicht auch noch die Kontrolle durch die Rechnungshöfe scheitert, wird sogar versucht, Wirtschaftlichkeit als Zweckmäßigkeitsbegriff zu verstehen, welcher den Staatsinstanzen ein Ermessen einräume, ebenso auch noch den Rechnungshöfen ein Kontrollermessen. Damit aber wäre der Begriff der Wirtschaftlichkeit entwertet, das Recht der Rechne So etwa, bis in Einzelheiten hinein, von Walther (FN 141) 231 ff. 159 Siehe in grundlegenden Ausführungen Vogel (FN 153) 195 und, aus soziologischer Sicht, Luhmann, N., VerwArch. 51 (1960), 90 (97 f.), welcher der Verwaltung generell die Fähigkeit abspricht, wirtschaftlich zu handeln. 160 Vogel a. a. O.

161 Auf die Unmöglichkeit einer festen Zwecksetzung bei Staatsveranstaltungen laufen denn auch die beiden wesentlichen Stränge der Kritik von Luhmann (FN 159) hinaus: Das „Staatsergebnis" lasse sich gar nicht quantifizieren, und selbst wenn dies gelänge, könnte sich der Staat stets auch mit dessen suboptimaler Erreichung begnügen. 162 Heute im Namen der Privatisierung auf breiter Front, schon bisher aufgrund eines immer strenger angewendeten Subsidiaritätsprinzips, vergleiche etwa Art. 89 ff. BayGO. 163 Krebs (FN 135) S. 186 ff.; Grupp (FN 135) 665; Battis , U., DÖV 1976, 721 (723); ν. Arnim (FN 163) 670; Stern (FN 154) S. 636/37; Ossenbühl, F., Rundfunkfreiheit und Rechnungsprüfung, 1984, S. 64; Kirchhof (FN 140) 515. 164 „Das zunächst - vermeintlich - so klare Kriterium der Wirtschaftlichkeit (= bei gegebenen Mitteln möglichst großer Ertrag) zerrinnt uns unter den Händen" (Vogel FN 159).

III. „Wirtschaftlichkeit" und „Sparsamkeit"

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nungsprüfer unerträglich weit ausgedehnt, die wohl herrschende Lehre lehnt dies denn auch ab. 1 6 5 d) Dann aber bleibt nur ein Ausweg, soll „Wirtschaftlichkeit" rechtlich nicht unvollziehbar werden: Sie kann allenfalls diskursiv fruchtbar gemacht werden, das heißt „ unter Abwägung der Sachaspekte der jeweiligen Fallgruppe oder des zu entscheidenden Einzelfalle s 1 6 6 Es bleibt dann allerdings eben nurmehr diese „Abwägung" im Einzelfall 167 , wobei die Rechnungskontrolle sich in die Verwaltung hineinzuversetzen, auch deren Praxis, ja ihre „Spruchweisheiten", zu berücksichtigen hat 1 6 8 , um die wirtschaftliche Zweck-Mittel-Relation auf diesen Wegen nachzuvollziehen. Im übrigen wird die Rechnungskontrolle aber weitestgehend vom Recht der Staatsinstanzen zur konkreten Zwecksetzung ausgehen müssen. Ihr eigentliches Feld bleibt - und dem entspricht auch die Praxis - die Prüfung, ob die konkret verwirklichten Zwecke nicht unter Einsatz geringerer Mittel hätten realisiert werden können. Das Wirtschaftlichkeitsprinzip wird also letztlich nur rechtlich faßbar als Minimalprinzip eines möglichst geringen Aufwands zur Erreichung festliegender, vorgegebener Zwecke. Das Maximalprinzip dagegen läßt sich nur über eine - stets problematische - Zweckabwägung im Einzelfall verwirklichen. Das Maximalprinzip, welches finanziell allzu ehrgeizige Zielsetzungen von vorneherein, unter Berufung auf „höchstwahrscheinlich fehlende Mittel", verhindern wollte, ließe sich durch die nachträgliche Kontrolle der staatlichen Rechnungsprüfung ohnehin kaum verwirklichen und würde überdies meist die Haushaltshoheit des Parlaments antasten, was die vorsichtigen Kontrolleure der Rechnungshöfe in der Regel zu vermeiden suchen.

5. Unmöglichkeit der Bestimmung staatlicher Leistungsfähigkeit gegenüber Dritten aus „Wirtschaftlichkeit" Die Frage ist, ob der Staat sich gegenüber Leistungsansprüchen auf eine Wirtschaftlichkeit berufen kann, die ihn zur Leistungsverweigerung berechtigte. Zwar wirkt der Grundsatz nach außen, wie oben dargestellt, er bindet alle Staatsinstanzen. An sich könnte man sich eine Beschränkung der Leistungsverpflichtung des Staates durch mangelnde Leistungsfähigkeit als Effekt der Wirtschaftlichkeit vorstellen, verstünde man diese insbesondere im Sinne des Minimalprinzips: Die Lei165 Nachweise dazu bei Leisner (FN 136) S. 82/83. 166 Vogel (FN 159) 196 im Anschluß an die „topische Methode" Theodor Viehwegs (Topik und Jurisprudenz, 4. Auflage, 1969). 167 Vogel/Kirchhof ( FN 154) Rdnr. 1. 168 Vögel (FN 159) 196. 7*

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stungseinschränkung würde dann in vielen, vielleicht allen Leistungsfällen zu „weniger an Mitteleinsatz" führen; selbst als Maximalprinzip könnte ein solcher Vorbehalt der Leistungsfähigkeit noch wirken, indem er übermäßig aufwendige Zwecksetzungen verhinderte. Entscheidend ist nun aber, ob der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz nach seinem Inhalt (oben 4.) eine Schranke gerade der staatlichen Leistungsverpflichtung sein kann. Dagegen bestehen jedoch erhebliche Bedenken. Den Wirkungen einer solchen Ausprägung der Wirtschaftlichkeit im Außenverhältnis wären kaum Schranken zu setzen; sie würde den Dritten als Gläubiger dem Schuldner Staat ausliefern, der sich auf solche Weise ganz allgemein auf innerorganisatorisches Fehlverhalten beriefe. Im einzelnen läßt sich dies noch wie folgt vertiefen: a) Wirtschaftlichkeit wirkt als Maßstab staatlicher Rechnungsprüfung ganz anders als dies Dritten gegenüber, im Wege eines Leistungsverweigerungsrechts, der Fall wäre. Die Rechnungsprüfung ist, nach herrschender Lehre, wesentlich weder vorgängig noch begleitend, sie kontrolliert Geschehenes169, mag dies auch zu Anregungen für die Zukunft führen. Daran ändert es nichts, daß sie möglichst gegenwartsnah erfolgen soll. 1 7 0 Das Abgelaufene, wenn schon nicht Abgeschlossene, läßt sich jedenfalls, wenn auch oft nur mühsam, nachträglich nachvollziehen, wie es etwa die diskursive Methode verlangt, oder die Beurteilung des Mitteleinsatzes am Maßstab des tatsächlich Erreichten (vgl. oben 4. d)). Wie aber soll diese Wirtschaftlichkeit faßbar werden, nachvollziehbar für den Richter in einem Prozeß zwischen dem Staat und dem Bürger, der dessen Leistung fordert, wenn Staatsorgane sich auf Unwirtschaftlichkeit berufen, um irgendeine Leistung, in irgendeiner Leistungsphase, in irgendeiner Haushaltskonstellation, zu versagen oder zu kürzen? Der Richter wäre hier in aller Regel überfordert. Zwar könnte er Sachverständige heranziehen, der Apparat der staatlichen Rechnungsprüfung als solcher steht ihm jedoch nicht zur Verfügung. Im Zweifel müßte er sich daher auf Angaben des staatlichen Schuldners verlassen; eine gerechte, wertende Entscheidung171 wäre kaum je zu erwarten. b) Der Dritte sähe sich in einer aussichtslosen Beweislage, er wäre völliger Rechtsunsicherheit ausgeliefert. Staatliche Leistungen ihm gegenüber stünden allenthalben ständig unter einem Wirtschaftlichkeitsvorbehalt, der im Ergebnis über den Haushaltsvorbehalt mangelnder Mittel noch weit hinausginge. Der staatliche Schuldner würde durch jede Zweckveränderung und Mittelumschichtung eine (angebliche oder wirkliche) Unwirtschaftlichkeit weiterer Staatsleistungen hervorru169 Grupp (FN 147) S. 160 f.; Krebs (FN 135) 204; Hansmeyer, K.-W./König, W./Oppermann, Th., Öffentliche Finanzkontrolle bei externen Dienstleistungen, 1974, S. 53. no Betont etwa bei Kirchhof (FN 140) 515; Grupp (FN 135) 664; Tiemann, S., DVBI. 1976, 323 (328). 171 Wie sie aber eine Beurteilung der Wirtschaftlichkeit in der Rechnungsprüfung verlangt (Vogel/Kirchhof (FN 154) Rdnr. 91).

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fen, sein Gläubiger aber könnte darauf weder irgendeinen Einfluß nehmen, noch es auch nur umrißhaft voraussehen. Ihm stünden keinerlei Möglichkeiten zur Verfügung, die Wirtschaftslage seines Schuldners zu erkennen und für die Zukunft abzuschätzen, da sie sich ja in ständig wechselnder Politik täglich verändert. Seine Forderungen gegen den Staat würde kein Kreditinstitut mehr beleihen, sie wären schlechthin wertlos. c) Die Staatsinstanzen, Gesetzgeber und Verwaltung, bestimmen die „Zwecke" im Bereich der Wirtschaftlichkeit (vergleiche oben 4.); daran findet, in aller Regel, sogar die Rechnungsprüfung unüberschreitbare Schranken. Damit würden die Staatsorgane zu Herren über den Leistungsanspruch, wenn dieser auf „Wirtschaftlichkeit" hin überprüft werden dürfte. Es würde dann ja genügen, daß der Staat erklärte, er messe dem Zweck einer Staatsleistung, etwa im Sozial- oder Subventionsbereich, nun nicht mehr die bisherige Bedeutung bei; dann dürften sogleich auch die zu seiner Erfüllung eingesetzten Mittel entsprechend gekürzt werden, selbst wenn bisher eine völlig andere Beurteilung vorherrschend gewesen wäre. Denn der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz würde als Generalvorbehalt für alle staatlichen Leistungen gelten; und ihn - wie auch seine grundsätzliche Außenwirkung muß ja jeder Bürger kennen und seinen Dispositionen zugrunde legen (vergleiche oben 2.). Dies liefe auf ein schrankenloses, beliebig auszuübendes staatliches Recht zur LeistungsVerweigerung hinaus. Für den Staat als Schuldner würden alle herkömmlichen Bindungen an gesetzliche, vertragliche und sonstige Zusagen nicht mehr gelten. Das Recht der Staatsleistungen stünde generell außerhalb des Rechts. Dies widerspräche nicht nur allgemeinen Rechtsgrundsätzen, welche keinem Schuldner derart weite, praktisch nicht eingrenzbare, Freizeichnungen gestatten; verletzt wäre auch die Rechtsstaatlichkeit, welche den Staat an Gesetz und Recht bindet, auch als Schuldner einer Leistung. Im Ergebnis ist also zu unterscheiden: Innerorganisch dürfen die Staatsorgane nicht unwirtschaftlich handeln; darüber wacht, im nachhinein, die Rechnungsprüfung. Wirtschaftliches Verhalten kann auch „innerorganisch" über verfassungsgerichtliche Entscheidungen erzwungen werden. Aus dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit läßt sich jedoch, auch bei Annahme einer Außenwirkung, nichts für einen Vorbehalt staatlicher Leistungsfähigkeit gewinnen, der zu einem Recht der Leistungsverweigerung oder -minderung gegenüber Dritten führen könnte. Nach außen, Dritten gegenüber, sind die Staatsorgane zwar grundsätzlich zu wirtschaftlichem Verhalten verpflichtet, was allerdings kaum erzwingbar sein wird; verstoßen sie jedoch gegen dieses Wirtschaftlichkeitsgebot, so können sie sich, dem Bürger gegenüber, nicht auf ihr eigenes, organisationsrechtliches Unrecht berufen. Gerade die große Gestaltungsfreiheit, vor allem in der Bestimmung der Zwecke, welche die Wirtschaftlichkeit dem Staat beläßt, schützt umgekehrt nun auch den leistungsberechtigten Bürger ihm gegenüber: Jener kann „die Wirtschaftlichkeitslage" seines Schuldners nicht absehen, braucht

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sie sich also auch nicht rechtlich entgegenhalten zu lassen. Wirtschaftlichkeit mag daher grundsätzlich ein Rechtsprinzip mit Außenwirkung gegenüber dem Bürger darstellen. Doch es läßt sich nicht umsetzen in eine praktisch faßbare Leistungsbeschränkung des Staates. Man könnte der Wirtschaftlichkeit sogar ein Gegenprinzip, zugunsten des Bürgers, entnehmen: Nun habe der Staat, durch Einräumung bestimmter Ansprüche, rechtlich feste Zwecke gesetzt; da müsse er sie eben wirtschaftlich erfüllen, durch Bereitstellung entsprechender Mittel, und das liege voll in seinem Verantwortungsbereich.

6. „Sparsamkeit" - Rechtfertigung aus staatlicher Mittellosigkeit? a) "Sparsamkeit" wird im Haushaltsrecht nur im Zusammenhang mit „Wirtschaftlichkeit" genannt (§ 6 Absatz 1 HGrG, § 7 Absatz 2 BHO); in der Verfassung jedoch kommt der Begriff nicht vor, obwohl der Rechnungshof, welcher nach diesem Kriterium die Verwaltung zu überwachen hat, der Nachfolger des „Reichssparkommissars" der Weimarer Zeit ist. Dies spricht dagegen, „Sparsamkeit" als selbständigen, von der Wirtschaftlichkeit zu trennenden Rechtsgrundsatz zu begreifen. Die wohl herrschende Lehre versteht denn auch „Sparsamkeit" als (Teil-)Ausprägung - man könnte auch sagen: als Aspekt - der Wirtschaftlichkeit. 172 Von „Tautologie" von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ist die Rede 173 , von „Sparsamkeit als Element der Wirtschaftlichkeit". 174 „Sparsamkeit" betont dann nur das Minimalprinzip der Wirtschaftlichkeit (vergleiche oben 4.), sie fordert den unter Abwägung aller zu berücksichtigenden Umstände geringstmöglichen Mitteleinsatz 175 ." Unwirtschaftliches Sparen", was durchaus vorstellbar ist 1 7 6 , wird dann vom Sparsamkeitsbegriff nicht gedeckt, der nur innerhalb der Wirtschaftlichkeit seine Wirkungen entfaltet. Legt man dieses Verständnis zugrunde, so gilt für die Sparsamkeit im Verhältnis zwischen dem Staat und Dritten dasselbe wie für die Wirtschaftlichkeit: Zur Bestimmung einer leistungsmindernden staatlichen Leistungsfähigkeit kann sie nicht herangezogen werden (vergleiche oben 5.). b) "Sparsamkeit" könnte allerdings auch als ein mit Wirtschaftlichkeit nur „ teilidentischer" Begriff verstanden 111, oder es könnte ihr überhaupt ein selbständiger 172 Vergleiche etwa v. Arnim, H. H., DVBI. 1983, 664 (665); Krebs (FN 135) 185 mit Nachweisen, Hansmeyer/König/Oppermann (FN 169) 34; Stern (FN 154) S. 434 ff.; zu dieser Frage, wie zur „Sparsamkeit" überhaupt grdl. Fischer, B., JZ 1982, 6 ff. (insb. 7 f. mit zahlreichen Nachweisen). 173 Grupp (FN 147) S. 156. 174 Vogel/Kirchhof (FN 154) Rdnr. 1. 175 Vogel/Kirchhof a. a. O. 176 Siehe Siedentopf, H., Wirtschaftlichkeit in der öffentlichen Verwaltung, 1969, S. 16. 177 Vgl. Fischer (FN 172) 8.

III. „Wirtschaftlichkeit" und „Sparsamkeit"

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Inhalt zuerkannt werden: Sie beinhaltete dann das Gebot „Sparen zuerst", sodann wirtschaftlicher Einsatz des wenigen Auszugebenden. Sparen wäre die erste Phase wirtschaftlichen Verhaltens 178; vom Wirtschaftlichkeitsgebot unterschiede sich ein solches Verhalten deutlich darin, daß es nicht die Mittel-Zweck-Relation in den Blick nähme, sondern allein die Mittel, mit dem eigenständigen Gebot, wenig oder „weniger als bisher" auszugeben, ohne Rücksicht auf Erfolg, auf Ertrag - auf das Ziel der staatlichen Veranstaltung überhaupt. Dies ist denn wohl auch das Verständnis des Begriffs in der (Staats-)Praxis, insbesondere des Bundesfinanzministeriums: Mitteleinschränkung als Selbstzweck ohne Berücksichtigung der Aufgabenerfüllung, durch prozentuale Kürzung von (allen) Haushaltsansätzen, flächendekkenden Stellenabbau, Besetzungssperren und ähnliches mehr. Dies bedeutet allerdings nicht, daß derartige Sparmaßnahmen nicht dann auch Auswirkungen auf die Zwecke des Staatshandelns zeitigten, daß „Sparsamkeit" damit nicht doch wieder den Anschluß an die Wirtschaftlichkeit gewinnen könnte: Wird wenig an Mitteln ausgegeben, so muß sich die Ausgabenerfüllung wandeln, reduziertes Personal kann sie eben nur langsamer, in stärker pauschalierender Massenabfertigung oder sogar nur zum Teil leisten. 179 Im Schrifttum ist denn auch die Aufgabenwirksamkeit eines sparsamen Mitteleinsatzes schon früher angesprochen worden 180 ; neuerdings wird vorgeschlagen, durch den Zwang pauschalen prozentualen jährlichen Personalabbaus zu einem Abbau auch der Staatsaufgaben zu gelangen. 181 Offen bleiben mag hier, ob eine damit unter Umständen erzwungene Schlechterfüllung von Staatsaufgaben mit der Rechtsstaatlichkeit vereinbar ist, oder ob solche Sparsamkeit nicht notwendig in einer verfassungswidrigen Überlastung der öffentlichen Bediensteten182 enden muß. Bedenklich wäre es jedenfalls, wenn der Rechnungshof auf diesem Weg der Regierung oder dem Gesetzgeber das Recht streitig machen wollte, die Zwecke des Staatshandelns zu bestimmen, indem er sie von vorneherein auf ein Mittel-Minus verpflichtete. Daher konnte festgestellt werden: „Von Wirtschaftlichkeitsanforderungen gelöste Kostensenkungsverpflichtungen bedingen zwangsläufig rechtswidriges Staatshandeln".183 Einen Grundsatz der von Wirtschaftlichkeit gelösten Sparsamkeit kann es, im Haushaltsrecht und bei der Rechnungsprüfung, schon deshalb nicht geben, weil dies das staatliche Zweckbestimmungsrecht von Regierung und Parlament antasten müßte.

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Fischer a. a. O. Dies wird näher dargestellt bei Fischer a. a. O., 9. 180 Siehe etwa Büsch (FN 154) S. 106 ff.; Reinermann, H., in: Letzeiter, F./Reinermann, H. (Hrsg.), Wissenschaft, Forschung und Rechnungshöfe. Wirtschaftlichkeit und ihre Kontrolle, 1981, S. 225 (230). 181 Färber, E., DÖV 1992,1045 (1049 f.). 179

1 82 Im Hinblick auf die Fürsorgepflicht der Dienstherrn, die sich bereits aus Art. 33 Absatz 4 GG, jedenfalls aber aus einem herkömmlichen Grundsatz des Berufsbeamtentums ergibt (Art. 33 Absatz 5 GG). 183 Fischer (FN 172) 111.

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C. Haushaltsrecht als Grundlage staatlicher Leistungsbeschränkung

c) Daraus lassen sich auch „Folgerungen für die Bedeutung der Sparsamkeit " im Bereich von Staatsleistungen gegenüber Dritten ableiten. Daß der Staat sie „möglichst wirtschaftlich" erbringt, ist für ihn organisationsrechtliche Verpflichtung, doch er kann deshalb nicht Leistungen kürzen (vergleiche oben 5.)· Für Sparsamkeit gilt dasselbe, aber eben auch nur dies, denn sie ist, auch im Verhältnis zu Dritten, nichts als eine Verdeutlichung der Wirtschaftlichkeit. Wollte man sie, gerade im Außenverhältnis, von dieser lösen, so wären unannehmbare Konsequenzen nicht abzuwenden: Der staatliche Schuldner könnte jederzeit, über „außenwirksame Sparzwänge", seine Verpflichtungen Dritten gegenüber unabsehbar reduzieren, eg.dürfte „Leistungen einfach verweigern, weil er weniger ausgeben müsse" - das aber würde die Aufhebung rechtlicher Leistungsverpflichtung schlechthin bedeuten, denn ein solcher Einwand könnte jeglicher Forderung gegenüber seitens des . Staates erhoben werden. Nachprüfbar wäre derartiges noch weniger als die (angeblichen) Zwänge eines Gebotes der Wirtschaftlichkeit: Hier stünde immerhin noch die Möglichkeit zur Verfügung, die Leistungen an einzelnen staatlichen Zwecken zu messen; „Sparzwänge" dagegen sind von solcher Globalität, sie erwachsen aus derart vielen, unübersehbaren Zweck-Mittel-Relationen, daß dem staatlichen Schuldner eine Blankoermächtigung zur Nicht- oder nur Teilerfüllung all seiner Verpflichtungen ausgestellt würde, dürfte er den Dritten Wirtschaftlichkeitserwägungen gebündelt in zweckabgelöster Sparsamkeit entgegenhalten. Im Ergebnis bliebe hier wirklich nicht mehr als eine exceptio pecuniam non habendi - wer sparen muß, hat eben kein Geld. Weder das Haushaltsrecht des Grundgesetzes noch ein aus oder unabhängig von ihm entwickelter Grundsatz der Wirtschaftlichkeit (und Sparsamkeit) des Staatshandelns bieten also tragfähige Ansätze für die Annahme einer Leistungsverweigerung oder -einschränkung unter Berufung auf fehlende staatliche Leistungsfähigkeit. Die nähere Untersuchung dieser Komplexe mit Blick auf das hier behandelte Thema spricht vielmehr dafür, dem Staat, der sich die erforderlichen Mittel stets beschaffen kann, eine exceptio pecuniam non habendi nicht zuzugestehen.

D. Entschädigung nach staatlicher Leistungsfähigkeit I. Die Bedeutung des Verfassungsrechts der Entschädigungsleistungen für die Fragestellung der Untersuchung Im geltenden Verfassungsrecht konnte die Untersuchung bisher keine tragfähige allgemeine Begründung für einen Vorbehalt staatlicher Leistungsfähigkeit auffinden. Am Ende der staatsrechtlichen Betrachtung führt nun jedoch die Suche nach einem Verfassungsgrundsatz leistungsbeschränkender Leistungsfähigkeit des Staates zu einer Verfassungsnorm, in welcher, auf den ersten Blick, ein zentraler Anwendungsbereich gerade eines solchen Prinzips angesprochen erscheint: Art. 14 Abs. 3 Satz 3 GG: Danach ist die Enteignungsentschädigung „unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten" festzusetzen. Zwar gilt dies nach der neueren Judikatur des Bundesverfassungsgerichts nurmehr für die Enteignung im engeren Sinn des teilweisen oder vollen Entzuges einer Rechtsposition1, nicht mehr (unmittelbar) für staatliche Leistungen als Aufopferungsentschädigung, ebensowenig für Ausgleichsleistungen, die etwa bei Überschreitung des verfassungsrechtlichen Rahmens der Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums vom Staat geschuldet werden.2 Dennoch ist die prinzipielle Anwendbarkeit des Grundsatzes des Art. 14 Absatz 3 Satz 3 GG auf sämtliche staatliche Ersatzleistungen mit Ausnahme des Schadensersatzes3, soweit ersichtlich, nirgends in Zweifel gezogen worden. Diese Verfassungsnorm erfaßt also einen nicht unwesentlichen Teil der Staatsleistungen. Bis in die erste Hälfte dieses Jahrhunderts, insbesondere bis zur Ausweitung der staatlichen Sozialleistungen, war diese Entschädigung als staatliche Leistung besonders wichtig. Das Verfassungsrecht der Entschädigung im Falle der Enteignung regelt konkrete, klar bestimmbare Ansprüche Dritter gegen den Hoheitsstaat. Was sogar hier - etwa in Einschränkung staatlicher Leistungsansprüche - gilt, könnte also möglicherweise auf andere Staatsleistungen übertragen werden.

ι BVerfGE 58, 300(331). 2 BVerfGE 58, 137 (150); vergleiche auch BVerwG NJW 1988, 505 (505); BGH, NVwZ 1988, 963 (963). 3 Siehe dazu Papier, H.-J., in: Maunz, Th./Dürig, G./Herzog, R./Scholz, R., Grundgesetz.. Kommentar (Loseblatt) Stand: September 1994, Art. 14, Rdnr. 601.

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D. Entschädigung nach staatlicher Leistungsfähigkeit

Dies führt zu der Frage, ob das Entschädigungsrecht der Verfassung nicht einen allgemeinen Ansatz für die Ermittlung von Grundsätzen des Grundgesetzes zu den Staatsleistungen bieten könnte. Immerhin weist es spezifischen Staatsbezug auf wie auch eine Normhöhe, welche es dem Gesetzesrecht überordnet. Sollte sich also aus Art. 14 Absatz 3 Satz 3 GG ein Grundsatz „Entschädigung nur nach staatlicher Leistungsfähigkeit" ableiten lassen, so könnte dies entweder unmittelbar auf das gesamte Recht bestimmter oder doch bestimmbarer Staatsleistungen Anwendung finden, oder aber im Wege einer Analogie, die vielleicht nicht nur als naheliegend, sondern als zwingend erschiene, mag dies auch, soweit ersichtlich, bisher noch nicht vertiefend behandelt worden sein. Besonders wichtig ist dabei die Beantwortung der Frage, was unter „Interessen der Allgemeinheit" im Sinne von Art. 14 Absatz 3 Satz 3 GG zu verstehen ist, ob dazu auch - oder sogar vor allem - das Interesse pecuniam habendi gehört.

II. Die Entschädigungsklausel der Verfassung Hier wird das Entschädigungsrecht des Grundgesetzes im Normalfall untersucht, also außerhalb des außerordentlichen Falles des Staatsbankrotts oder des Staatskonkurses (dazu oben B. II.). Deshalb können auch Aussagen des Bundesverfassungsgerichts über eingeschränkte Ausgleichsansprüche „angesichts der nicht in unbegrenzter Höhe zur Verfügung stehenden Mittel" 4 nicht berücksichtigt werden, sind sie doch dem Ausnahmerecht der Kriegsfolgeschäden zuzuordnen. Dasselbe gilt für die Feststellung des Bundesverfassungsgerichts im Bodenreformurteil, bei der Bemessung von Wiedergutmachungsleistungen dürfe der Gesetzgeber auch darauf Rücksicht nehmen, „welche finanziellen Möglichkeiten er unter Berücksichtigung der sonstigen Staatsaufgaben hat". 5 Dies gilt eben - das Bundesverfassungsgericht sagt es ausdrücklich - nur insoweit, als diese Grundsätze für den Ausgleich von Kriegsfolgeschäden entwickelt worden sind und auf die Enteignungen der Bodenreform daher „entsprechend" angewendet werden dürfen, weil eben auch dort ein derartiger Ausnahmefall vorliegt. Art. 14 GG war dagegen auf diesen Fall schon deshalb nicht anzuwenden, weil diese Verfassungsnorm zum Zeitpunkt der Enteignungen im Osten noch nicht in Kraft war. Art. 14 Absatz 3 Satz 3 GG scheidet für die Begründung eines Vorbehalts staatlicher Leistungsfähigkeit nicht schon deshalb aus, weil diese Regelung auf die Art der Entschädigungsleistung beschränkt wäre. 6 Begründet wird dies mit dem Argu4 BVerfGE 27, 253 (285). 5 BVerfGE 84, 90 (130/131). 6

So aber Weber, W., in: Neumann, F. L./Nipperdey, H. C./Scheuner, U. (Hrsg.), Die Grundrechte, Handbuch der Theorie und Praxis der Grundrechte, Band 2, 2. Auflage, 1968, S. 331 (392 f.); Schmidt-Aßmann, E., in: Schneider, H./Götz, V. (Hrsg.), Im Dienst an Recht und Staat. Festschrift für Werner Weber zum 70. Geburtstag, 1974, S. 589 (601 f.).

II. Die Entschädigungsklausel der Verfassung

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ment, nur so lasse sich die Gefahr einer Entschädigungshöhe je nach den Vermögensverhältnissen des Enteignungsbegünstigten bannen.7 Eine restriktive Auslegung ist jedoch mit dem klaren Wortlaut der Verfassung, welche eben „Art und Ausmaß" als Gegenstand der Entschädigungsgesetzgebung nennt, nicht zu vereinbaren. Sie steht auch im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vergleiche im folgenden 1.). Wenn die Entschädigung zu „bestimmen" ist (Art. 14 Absatz 3 Satz 3 GG), so kann dabei nicht die wichtigste Frage in diesem Rahmen, die nach der Entschädigungshöhe, ausgeklammert werden. Diese ist auch der dort vorgesehenen Abwägung weit eher zugänglich als die Art der Ersatzleistung. Immerhin zeigen solche Versuche das - verständliche - Unbehagen früherer Rechtslehre angesichts einer hier drohenden Relativierung der Höhe staatlicher Ersatzleistungen.

1. Das Deichordnungsurteil des Bundesverfassungsgerichts Das Deichordnungsurteil hat diese Problematik einer Herabsetzung der Höhe von Staatsleistungen in bestimmten Fällen deutlich hervortreten lassen. Abweichend von der bis zu diesem Zeitpunkt in der höchstrichterlichen Judikatur 8 ganz herrschenden Auffassung erklärte das Bundesverfassungsgericht, „das GG kenn(t) keine starre, am Marktwert orientierte Entschädigung", der Marktwert könne vielmehr vom Gesetzgeber auch unterschritten werden.9 Der Marktwert als Entschädigungsmaßstab war von den ordentlichen Gerichten zugrundegelegt worden, um den Wiederbeschaffungswert des Gutes im Enteignungsfall zu bieten, damit sich also der Enteignete ein Gut gleicher Art und Größe wieder besorgen könne. 10 Dies wurde stets aus dem Wesen einer Entschädigung als Kompensation für die entzogene Rechtsposition abgeleitet. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geht denn auch weiterhin vom Verkehrswert als dem Bemessungskriterium der Entschädigung aus, soweit nicht der Gesetzgeber ausdrücklich eine andere Entschädigungshöhe vorgesehen hat. Das Schrifttum hat die wenigen Sätze, mit welchen das Bundesverfassungsgericht einer bis dorthin ganz herrschenden Lehre 11 eine Absage zu erteilen schien, 7

Scheuner, U., in: Reinhardt, R./Scheuner, U. (Hrsg.), Verfassungsschutz des Eigentums, 1954, S. 126(137). s Für viele BGH Gr Ζ 6, 270 (292 ff.); BGHZ 39, 198 (200). 9 BVerfGE 24, 367 (421). 10 Ossenbühl, F., Staatshaftungsrecht, 4. Auflage, 1991, S. 168; weitere Nachweise bei Leisner, W., NJW 1993, 353. 11 Vergleiche Leisner, W., Sozialbindung des Eigentums, 1972, S. 101 ff., mit weiteren Nachweisen.

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D. Entschädigung nach staatlicher Leistungsfähigkeit

meist ohne nähere Auseinandersetzung in dem Sinn zitiert, daß die Verfassung dem Gesetzgeber eine Flexibilisierung der Entschädigung habe ermöglichen wollen. 12 Im Urteil heißt es allerdings nur, daß vom Marktwert abgewichen werden dürfe. Unter welchen Voraussetzungen im einzelnen eine solche Leistungseinschränkung möglich wäre, und wie weit sie gehen könne, ist dort jedoch nicht näher dargelegt worden. Das Deichordnungsurteil muß vorsichtig interpretiert werden. Zur Leistungshöhe im Entschädigungsfall allgemein enthält es möglicherweise nur ein obiter dictum. Es wäre immerhin erstaunlich, daß das Bundesverfassungsgericht eine grundlegende Abkehr von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mit tiefstgreifenden Folgen in wenigen Sätzen und ohne nähere Begründung hätte vollziehen wollen; mit dem allgemeinen Rechtsprechungsstil des Gerichts wäre dies schwer vereinbar. In der jahrzehntelangen Verfassungsrechtsprechung seither ist diese Formel auch nirgends näher verdeutlicht, sondern, soweit ersichtlich, nur allgemein in Bezug genommen worden. Dies spricht nicht dafür, daß das Bundesverfassungsgericht hier eine neue Grundsatz-Judikatur hat einleiten wollen. Dann aber bleibt fraglich, ob das Deichordnungsurteil eine ganz allgemeine Feststellung zu den Staatsleistungen und deren wesentlicher Beschränkbarkeit treffen wollte. Schon der Entscheidungsanlaß legt eher eine Äußerung in einem besonderen Fall nahe. Schließlich mag aus dem Deichordnungsurteil zwar folgen, daß der Gesetzgeber für einen bestimmten Fallkomplex den festen Anspruchsinhalt des Wiederbeschaffungswertes einschränken dürfte. Daraus läßt sich aber kaum ableiten, daß dies nach dem Gericht unmittelbar kraft eines Verfassungsgrundsatzes erfolgen darf oder gar geschehen muß.

2. Die Problematik einer Flexibilisierung der Entschädigungshöhe Die neuere Lehre geht, im Anschluß an das Deichordnungsurteil, von einer Flexibilisierung der Entschädigungshöhe aus 13 , ohne jedoch näher darzulegen, wie sich eine solche in rechtsstaatlich faßbarer Weise definieren ließe. Eine Konkretisierung unter Hinweis auf Notwendigkeiten des Wiederaufbaus nach dem Krieg, die im wesentlichen aus Kriegsfolgenüberlegungen argumentiert 14, könnte dazu schwerlich genügen. Gewiß lassen sich gewichtige Bedenken dagegen vorbringen, das Verkehrswertprinzip kurzerhand, als einen traditionellen Verfassungsgrundsatz, aus einer Konti12 Für viele: Papier (FN 3) Rdnr. 613; Kimminich, O., in: Dolzer, R./Vogel, K. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz (Zweitbearbeitung 1966 ff.; Stand Mai 1996), Art. 14, Rdnr. 298; Opfermann, W., Die Enteignungsentschädigung nach dem GG, 1974, S. 262 ff. 13 Vergleiche die Zitate in FN 12. 14 So etwa Thiel, F. / Frohberg, G., Enteignung von Grundeigentum, Kommentar, 5. Auflage, 1959, vor §§ 7 ff. Anmerkung I. 1 - 5; vergleiche BVerfGE 27, 253 (285).

II. Die Entschädigungsklausel der Verfassung

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nuität zur Weimarer Reichsverfassung herzuleiten, 15 Mit Blick auf die Verfassungsentwicklung besteht aber doch ein gewisser Widerspruch zwischen dem Anliegen des Grundgesetzes, einerseits den nunmehr stärker betonten Bestandsschutz durch die Wertgarantie der Verfassung in der Enteignungsentschädigung abzusichern 16 , wenn andererseits dann ein voller Sonderopferausgleich nicht erfolgen muß 17 ; damit könnte die Weitgarantie, indirekt also auch die Bestandsgarantie, an deren Stelle jene ja tritt, auf diese Weise aber die Enteignungsgewährleistung insgesamt, relativiert werden. Jedenfalls müßten es doch Interessen von hohem Verfassungsrang sein, welche eine Herabsetzung der Entschädigungshöhe ermöglichten. Soll die Flexibilisierung ihre Grenze im Schutz des Ergebnisses eigener Leistung des Berechtigten finden 18, so wird das Abgrenzungskriterium aus der Person des Gläubigers gewonnen, nicht des staatlichen Schuldners des Entschädigungsanspruchs. Gesichtspunkte für eine Begrenzung der Leistungsverpflichtung aus der Sicht des Staates, inbesondere für deren Festsetzung unter dem Verkehrswert, sind in dieser Flexibilisierungslehre bisher nicht aufgezeigt worden - es sei denn über die Forderung einer Berücksichtigung staatlicher Finanzinteressen (dazu im folgenden III.).

3. Einschränkung der Entschädigung nur in Ausnahmefällen Das Deichordnungsurteil war, gerade in seinen Aussagen zur Entschädigungshöhe, Gegenstand der Kritik. 1 9 Ausgehend von der Wiederbeschaffungstheorie wird gerügt, daß schon die Formulierung des Art. 14 Absatz 3 Satz 3 GG vage, dunkel und substanzlos sei. Zudem könne sie Vorstellungen nähren, welche die Enteignungsentschädigung mit einem Billigkeitsanspruch verwechselten, wie er auf Ausgleichsleistungen bestehen mag, die der Gesetzgeber bei Beeinträchtigungen einräumt, welche die Enteignungsschwelle (noch) nicht überschreiten. 20 Solche Kritik sieht im Deichordnungsurteil auch nicht eine grundsätzliche Abkehr von der Judikatur des Bundesgerichtshofs; der Verkehrs wert stelle nach wie vor die Grundlage aller Entschädigung dar, seine Unterschreitung komme nur in Ausnahmefällen in Betracht. 21 Dies läßt sich durchaus mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vereinbaren, berücksichtigt man den speziellen Ent15

Kritisch mit Nachweisen Papier (FN 3) Rdnr. 609. Zu Bestands- und Wertgarantie vergleiche Papier a. a. O. Rdnr. 615. 17 Papier a. a. O. Rdnr. 613. 16

is Dazu mit Nachweisen Opfermann (FN 12) S. 102 ff. 19 Vergleiche insbesondere Ossenbühl (FN 10) S. 169. 20 Vergleiche dazu etwa Henke, W., VVDStRL 28 (1970), S. 149 (172 ff.); Kloepfer, M., Umweltrecht, 1989, S. 558 ff.; Maiwald, B., BayVBl. 1991, 101; Papier, H.-J., NJW 1991, 193 (197).

21 Ossenbühl (FN 10).

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D. Entschädigung nach staatlicher Leistungsfähigkeit

scheidungsanlaß: Das Deichordnungsurteil erging in einem „Ausnahmefall": Außendeichland war nur wenig nutzbar, hatte daher geringen Verkehrswert. Der Verwaltungsaufwand einer Bewertung im Einzelfall hätte sich daher kaum rechtfertigen lassen. Die Unterschreitung des Verkehrswertes in Ausnahmefällen kommt überdies einer Substanzbesteuerung gleich, welche aber das Gericht nach neuerer Rechtsprechung nur in Ausnahmefällen zulassen will. 2 2 Solche Ausnahmen lassen sich durchaus vorstellen, ohne daß dabei auf die Ausnahmesituation des Staatsbankrotts (vergleiche oben Β. II. 3) zurückgegriffen werden müßte: Zu denken ist etwa an einen (noch) nicht (voll)funktionsfähigen Markt, der eine Festsetzung der Entschädigung durch den Gesetzgeber ermöglichen, wenn nicht notwendig machen mag, an Verkehrswerte, welche sich etwa schon in Erwartung der Enteignung gebildet haben23, oder an Verkehrswerte, welche in keiner Weise einem gerechten Ausgleich zwischen „Zwangskäufer" und ,2wangsVerkäufer" des Enteignungsrechtsverhältnisses entsprechen, weil allein der Eigentümer den Marktpreis bestimmt. Geht man allgemein davon aus, daß der Verkehrswert in einer Marktwirtschaft in aller Regel den von der Verfassung geforderten gerechten Ausgleich darstellt, so darf der Gesetzgeber, wo dies ausnahmsweise nicht der Fall ist, einschreiten, den Verkehrswert unterschreiten. Art. 14 Absatz 3 läßt sich also, im Licht des Deichordnungsurteils des Bundesverfassungsgerichts, durchaus in einem Sinne interpretieren, der nur in marktkonform zu bestimmenden Ausnahmefällen eine Unterschreitung des Wiederbeschaffungswertes eines entzogenen Gutes zuläßt. Die dem Kaufrecht entsprechende staatliche Gegenleistung für die Hingabe des Grundstücks im Wege der Enteignung kann dann aber nicht aus Gründen staatlicher Leistungsfähigkeit reduziert werden, sondern nur aus solchen, welche in dem konkreten Verhältnis von Leistung und Gegenleistung liegen, in einem bestimmten Enteignungsfall oder in einem vom Gesetzgeber näher zu bestimmenden Komplex von Expropriationsfällen. Geht man von einem solchen Verständnis aus, so kann der Begriff des „gerechten Ausgleichs" keine generelle Privilegierungsformel für den staatlichen Entschädigungsschuldner sein. Aus ihr läßt sich dann nicht eine allgemeine Wende von der objektiven Leistungsangemessenheit der Entschädigung zu einer Berücksichtigung der subjektiven Leistungsunfähigkeit des Schuldners Staat herauslesen.

22 Vgl. BVerfGE 93, 121. 23 Derartige Abweichungen des Gesetzgebers von einem - durchaus feststellbaren - Verkehrsweit sind etwa im Baurecht seit langem geltendes Recht.

III. „Interessen der Allgemeinheit" - „Abwägung"

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I I I . „Interessen der Allgemeinheit" - „Abwägung": Bedeutungfiskalischer Belange 1. „Interessen der Allgemeinheit" - doch ein subjektbezogener Entlastungsbegriff für den Staat? a) Nach den bisherigen Ergebnissen der Untersuchung ergeben sich Bedenken gegen eine Ableitung einer allgemeinen Leistungsfähigkeitsgrenze aus Art. 14 Absatz 3 Satz 3 GG, und zwar in zweifacher Hinsicht: - Entschädigung verlangt eine einigermaßen fest, durch den Wiederbeschaffungswert des entzogenen Gutes, bestimmte Staatsleistung. Eine Absenkung dieser Leistungshöhe unter den Verkehrswert läßt sich, selbst nach dem Deichordnungsurteil des Bundesverfassungsgerichts, wohl nur in Ausnahmefällen, nicht aber als Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes rechtfertigen. - Diese Regelung des Verfassungsrechts der Entschädigung ist auf den jeweiligen Gegenstand der Enteignung zugeschnitten; sie ist in diesem Sinne objekt-, nicht aber subjektbezogen. Auch dies spricht gegen die Möglichkeit, daraus ein allgemeines Prinzip abzuleiten, welches die Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit gerade des Schuldners Staat begründen könnte. b) Nun soll aber noch einer Fragestellung nachgegangen werden, welche immerhin der Wortlaut der Verfassung nahelegen könnte: Sie verlangt Abwägung unter Berücksichtigung der „Interessen der Allgemeinheit" in jedem Entschädigungsfall. Wenn man nicht davon ausgeht, daß dies lediglich gegenstandsbezogen zu verstehen ist, orientiert also an den jeweiligen Interessen der Partner des Enteignungsverhältnisses am Gegenstand der Expropriation, so gelangt man zu einem „Subjektbezug": Es könnte dann auf die „Gesamtinteressen" des Enteigneten ankommen, unter Einbeziehung seiner Vermögensverhältnisse 24, vor allem aber auf der Seite des Schuldners der Enteignungsentschädigung, des Staates, auf dessen Interessenlage schlechthin, nicht nur hinsichtlich des von ihm entzogenen Vermögensgegenstandes. Dies könnte man dann für alle Enteignungsfälle annehmen. Wird etwa zugunsten eines Dritten enteignet, ist also der Enteignungsbegünstigte mit dem Träger der Enteignungsgewalt nicht identisch25, so wären ebenfalls die Belange der Allgemeinheit in die Abwägung einzustellen, unter Berücksichtigung des staatlichen Interesses daran, daß gerade dieser Dritte den entzogenen Vermögensgegenstand erhält. Das mag wieder mehr für den eben erwähnten „Objektbezug" sprechen, schließt aber einen „Subjektbezug", eine Orientierung an der staatlichen Leistungsfähigkeit als solcher, begrifflich nicht aus; denn immerhin ist es dann ja dieses Interesse der Allgemeinheit, welches die Zuordnung gerade des enteigneten Gutes zum Enteignungsbegünstigten rechtfertigen muß. In allen Fällen fiele dann 24

Kritisch dazu neuerdings Leisner (FN 10) 353. 25 Wie zum Beispiel in BVerfGE 66, 248 (257).

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D. Entschädigung nach staatlicher Leistungsfähigkeit

das „Interesse der Allgemeinheit" (Art. 14 Absatz 3 Satz 3 GG) mit dem „Wohl der Allgemeinheit" (Art. 14 Absatz 3 Satz 1 GG) zusammen.26 Löst man also die abzuwägenden Interessen vom Gegenstand der Enteignung, so ist der Begriff wieder offen für eine Berücksichtigung staatlicher Leistungsfähigkeit im allgemeinen, welche hier dann sogar eine verfassungsrechtliche sedes materiae finden könnte. Die Stellungnahmen zugunsten einer Bedeutung dieser Leistungsfähigkeit im Ausgangsfall der Untersuchung (Α. I.) dürften, zumindest unterschwellig, auf derartige Überlegungen zurückführen.

2. Berücksichtigung von „Interessen der Allgemeinheit" nicht Schutz finanzieller Leistungsfähigkeit a) Bei Abwägungsüberlegungen zu Art. 14 Absatz 3 GG stand bisher nicht allgemein die Bewahrung finanzieller Leistungsfähigkeit des Staates im Vordergrund. Früher wurde betont, die hier angesprochenen „Interessen der Allgemeinheit" deckten sich keineswegs mit Fiskalinteressen des Schuldners Staat.27 Vielmehr gehe es in erster Linie um Schaffung und Bewahrung einer „gerechten Eigentumsordnung". Dies führte dann aber eher zu einer Hervorhebung der Rechtstellung des Einzelnen, des Enteigneten, als des enteignenden Staates: „Es kann dem Einzelnen nicht zugemutet werden, um fiskalischer Sparerwägungen willen persönliche Opfer zu bringen; eine solche Forderung wäre mit der Verstärkung der Rechtsstellung des Individuums unvereinbar, die eines der Hauptanliegen des Bonner Grundgesetzes gewesen ist". 2 8 Dies letztere liegt auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Verstärkung des Bestandsschutzes, also eben im Recht der Enteignung, zu Grunde. 29 Die grundgesetzliche Tendenz zur Verstärkung des Eigentumschutzes bedarf hier keines näheren Beleges; sie ergibt sich bereits aus der durchgehenden Frontstellung der neuen Verfassungsordnung gegen einen Nationalsozialismus, unter dem gerade Eigentumsinteressen des Einzelnen hinter die des Staates hatten zurücktreten müssen („Gemeinnutz geht vor Eigennutz"). 30 Der „geborene Grundrechtsgegner Staat" 31 muß seine Eigentumsordnung individualschüt26 So Scheuner (FN 7) S. 131; für Trennung beider Begriffe dagegen Kimminich (FN 12) Rdnr. 391,453. 27

Diester, H., Enteignung und Entschädigung - nach altem und neuem Recht, 1953, S. 130. 2 8 Hamann, Α., Rechtsstaat und Wirtschaftslenkung, 1953, S. 94. 2 9 Weber (FN 6) S. 389; kritisch Knoll, E., AöR 1981 (1956), 389 ff.; Opfermann (FN 12), S. 36. 30 Vgl. Huber, H., ZfSR n.F. 84 (1965), 39 ff.; v. Brünneck, Α., NVwZ 1986,425. 31 Siehe schon Jellinek, G., System der subjektiven öffentlichen Rechte, 2. Auflage, 1919, S. 87.

III. „Interessen der Allgemeinheit" - „Abwägung"

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zend ausgestalten; dies macht ihm Art. 1 GG ausdrücklich zur Pflicht. Nach der stereotypen Formel der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Situationsgebundenheit allen Eigentums32 wird, anschließend an Art. 14 Absatz 2 GG, vom „vernünftigen Eigentümer" erwartet, daß er die Allgemeinwohlinteressen nicht aus den Augen verliert; vom Staat darf also Entsprechendes auch zu Gunsten der Bürgerinteressen erwartet werden. b) Nichts anderes läßt sich aus der Sozialstaatlichkeit (Art. 20, 28 GG) ableiten, der gegenüber zwar Art. 14 GG, vor allem im Hinblick auf seinen Absatz 2, die speziellere Norm darstellt 33, welcher aber, als einer allgemeinen Staatsgrundsatznorm, immerhin noch direktive Bedeutung zukommen mag. Sie wurde denn auch anfänglich zur Auslegung des Art. 14 Absatz 3 herangezogen.34 Dabei wurde betont, daß auch früher schon „in Sonderfällen eine Mitberücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens, für das enteignet wurde, möglicherweise auch des Staates, bei der Bemessung der Entschädigung angezeigt" sei. 35 Dies aber kann schwerlich zu einem allgemeinen Grundsatz der Relevanz staatlicher Leistungsfähigkeit erweitert werden. Vielmehr könnte dies allenfalls als eine jener Ausnahmen angesehen werden, in denen dem Staat eine Leistungsminderung nach dem Deichordnungsurteil gestattet ist. Der vorsichtige Hinweis auf „Sonderfälle" dürfte überdies auf die zur selben Zeit vertretene Auffassung deuten 36 , nach der es dem Staat jedenfalls möglich sein sollte, „wirtschaftlich zu bestehen und zu arbeiten"; dahinter stehen aber ersichtlich bereits Überlegungen zum Staatsbankrott, die heute nicht mehr zur generellen Auslegung des Art. 14 GG herangezogen werden können. Selbst wenn man aber „Sozialstaatlichkeit" in einem Sinn verstehen wollte, welcher noch einen gewissen Bezug zu einer staatlichen Leistungsfähigkeit erkennen lassen mag, nämlich im Auftrag, übermäßige Unterschiede zwischen den Schichten der Bevölkerung zu vermeiden und eine „gerechte Sozialordnung" herzustellen 37 , so kann auch dies kaum im Sinne genereller Berücksichtigung staatlicher Finanzinteressen bei der nach Art. 14 Absatz 3 Satz 3 GG vorzunehmenden Abwägung gedeutet werden. Zunächst ist nämlich schon fraglich, ob in der Sozialstaatlichkeit ein allgemeiner Umverteilungsauftrag zu sehen ist. Selbst wenn dies aber anzunehmen wäre, könnte ein solcher kaum primär durch Ersparnisse bei der Festlegung der Entschädigungshöhe erfüllt werden; ob das Ergebnis einer solchen Interpretatioh zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet wäre, ist aber höchst zweifelhaft. Schließ32 Vergleiche auch BVerfG DVBI. 1983, 893 (894) zum „vernünftigen Betriebsinhaber", bei der Auslegung des Begriffs „dient" i.S.v. § 35 Absatz 1 Nr. 4 BauGB. 33 Vergleiche etwa BVerfGE 37, 132 (140); 38, 348 (370). 34 So etwa von Giese, F., Enteignung und Entschädigung, 1950, S. 31 f. 35 Giese a. a. O. 36 Siehe vor allem Knoll, E., AöR 81, (1956), 342 (393 f.). 37 BVerfGE 22, 180 (204); BSGE 15, 71 (76). 8 Leisner

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D. Entschädigung nach staatlicher Leistungsfähigkeit

lieh würde dem der Einwand des zu weit gehenden Beweises entgegenstehen: Auf solche Sozialstaatlichkeit könnte dann, völlig schrankenlos, jede Leistungsminderung gestützt werden, was wiederum mit der Rechtsstaatlichkeit nicht zu vereinbaren wäre. So ist denn auch, soweit ersichtlich, diese Staatsgrundsatznorm im vorliegenden Zusammenhang neuerdings nicht mehr herangezogen worden. Art. 14 Absatz 3 Satz 3 GG gewinnt also vernünftigen Sinn gerade dann, wenn man in die Abwägung zwar vielleicht allgemeinere öffentliche Interessen einsetzt, nicht aber finanzielle Belange des Staates als solche.

3. Die Problematikfiskalischer Interessen als „Interessen der Allgemeinheit44 a) Fiskalische Interessen könnten, nach ihrem Begriffsinhalt, mit den „Interessen der Allgemeinheit" in Zusammenhang gebracht, vielleicht sogar als solche verstanden werden. Immerhin ist es ein herausragendes Interesse der Allgemeinheit, versteht man diese im demokratischen Sinn der Bürgergemeinschaft, daß jene Abgabenlast in Grenzen gehalten werde, durch welche staatliche finanzielle Leistungsfähigkeit über Leistungen an die Bürger geschaffen und aufrechterhalten wird. Muß eine Gemeinde weniger an Entschädigung leisten, so stärkt dies ihre Leistungsfähigkeit für die Erfüllung anderer Aufgaben, die in Einzelfällen durch hohe Entschädigungsforderungen sogar gefährdet werden kann. 38 Die Folge wäre dann allerdings: Der öffentliche Aufgabenträger dürfte weniger an Entschädigung mit der alleinigen Begründung anbieten, er habe zu wenig Geld, um das an sich, etwa nach dem Verkehrswert, Geschuldete zu bezahlen; werde er dazu gezwungen, so könne er eben seine anderen Aufgaben nicht mehr ordnungsgemäß erfüllen. Diese Aufgabenproblematik wurde bereits oben (Β. I.) behandelt. Hier geht es nur darum, das Recht gerade der Enteignungsentschädigung darauf zu untersuchen, ob es einen Anhalt für eine allgemeine Berücksichtigung fiskalischer Interessen bei der Bestimmung der Höhe der Enteignungsentschädigung bietet. b) Die wohl herrschende Lehre Schloß lange Zeit, auch noch nach 1949, die Berücksichtigung solcher fiskalischer Interessen bei der Abwägung zur Bestimmung der Höhe der Enteignungsentschädigung schlechthin aus.39 Sie orientierte sich dabei wohl vor allem an einer Judikatur des Bundesgerichtshofs, welche das „Wohl der Allgemeinheit" im Sinne des Art. 14 Absatz 3 Satz 1 GG als Enteignungsvor38 Vergleiche etwa den in RGZ 128, 18 entschiedenen Fall. 39 Vergleiche für viele Schack, F., DÖV 1966, 549 (551), der allerdings auf gewisse, wenn auch wenig klare, Erweiterungstendenzen hinweist; Schulte, M., Eigentum und öffentliches Interesse, 1970, S. 85 ff. mit Nachweisen; ähnlich Hauke, G., Das Interessenabwägungsgebot nach Art. 14 Absatz 3 GG, Diss. Heidelberg, 1972, S. 96 ff.; weitere Nachweise bei Bryde, B.-O., in: von Münch, I./Kunig, R (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Band 1, 4. Auflage, 1992, Art. 14 Rdnr. 92.

ΠΙ.,»Interessen der Allgemeinheit" - »Abwägung"

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aussetzung nicht aus fiskalischen Staatsinteressen gewinnen wollte. 40 Dann aber lag es nahe, auch bei der Bemessung der Enteignungshöhe diese Fiskalbelange nicht zu berücksichtigen. Dagegen hat sich, schon vor längerer Zeit, vor allem Opfermann gewandt:41 Wenn nach Art. 14 Absatz 3 Satz 3 GG fiskalische Interessen nicht zu berücksichtigen wären, so laufe diese Interessenabwägung praktisch leer. Der Verfassunggeber habe sie aber gerade deshalb gewollt, damit fiskalische Belange berücksichtigt werden könnten.42 Diese seien also in die Abwägung einzustellen. Allerdings relativiert Opfermann diese Position doch wieder entscheidend: „Das allgemeine Interesse, die finanziellen Entschädigungslasten bei Enteignungsfällen zu reduzieren, kann nie ausreichender Grund sein, um im konkreten Einzelfall die Entschädigung unterhalb des Verkehrs wertes anzusetzen".43 Es fragt sich dann aber, wo die Grenze zu ziehen ist, bis zu der das Gewicht fiskalischer Belange bei der Abwägung zu berücksichtigen ist; eine solche aber vermag Opfermann nicht zu bestimmen. Dies kann auch schwerlich gelingen: c) Ein „fiskalisches Interesse" kann nur darin liegen, „möglichst wenig zu bezahlen". Da der Begriff aber keinen Anhaltspunkt dafür bietet, in welcher Höhe „denn nun doch" Entschädigung zu leisten sei, ist ein solches Interesse nur dahingehend vorstellbar, möglichst gar nichts leisten zu müssen. Jedenfalls liegt diese Tendenz unbegrenzbar in einem solchen Begriff. Die von der Verfassung als Grenze angedeutete „Gerechtigkeit" der Abwägung kann kaum eine faßbare Schranke errichten; eine solche liefe, veraUgemeinert, auf einen Rechtssatz etwa folgenden Inhalts hinaus: „Der Staat hat stets soviel zu leisten, daß er, unter Beachtung der Gerechtigkeit, möglichst wenig zahlen muß". Dies wäre nicht vollziehbar. Gerechtigkeit mag schließlich als iustum pretium im Einzelfall, mit Blick auf den enteigneten Gegenstand, faßbar werden können. Doch gerade darum geht es ja hier dann nicht mehr, wenn die Fiskalsituation des Schuldners Staat als solche, in der bereits beschriebenen Wendung von „objektbezogener" zu „subjektbezogener" Betrachtung, in die Abwägung eingestellt wird. Diese staatlichen Fiskalinteressen sind nämlich von so allgemeinem Inhalt und, als solche betrachtet, von einem derart überwiegenden Gewicht, daß dagegen der Gläubiger, der enteignete Eigentümer, in aller Regel keine Chance mehr hätte; sein Recht würde, wenn nicht auf Null reduziert, so doch gegen Null tendieren. Es müßte sich dann sogar die Frage stellen, ob hier überhaupt noch von einer „Abwägung" die Rede sein könnte, welche die Verfassung aber ausdrücklich fordert.

40 Dazu Hamann (FN 28) S. 94; Diester (FN 27) S. 130 f., 170 ff. 41

FN 29, vor allem S. 58 ff., 97 ff. Aufgenommen wurden diese Überlegungen von Papier (FN 3) Rdnr. 600 ff., insbesondere 611 ff. 42 Diese Argumentation (a. a. O. S. 61/62) überzeugt allerdings kaum; Giese (FN 34) S. 31, konnte hier nur „erhebliche Meinungsverschiedenheiten" feststellen. « Opfermann (FN 12) S. 101. 8*

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D. Entschädigung nach staatlicher Leistungsfähigkeit

Dagegen kann nicht eingewendet werden, eine ähnliche Lage ergebe sich bei allen Staatseingriffen in private Rechtspositionen, wo aber stets Abwägung stattfinde. 44 Diese erfolgt stets situationsbezogen, auf die einzelnen Rechtspositionen gerichtet, orientiert an den konkreten Durchsetzungsinteressen des Staates und den Bestandsinteressen der Bürger. Nie wird dabei allgemein ein „Interesse des Staates an der Durchsetzung seiner Macht" oder daran, „mehr Geld zu haben", als solches den Bürgerbelangen gegenübergestellt. Gerade dazu aber käme es mit der „Berücksichtigung der Fiskalinteressen als solchen", gelöst vom Objektbezug. Nur wenn dieser aber entfiele, es also allein darauf ankäme, die Mittel des Staates zu schonen, könnte generell die staatliche Leistungsfähigkeit berücksichtigt und geschützt werden. Die hier kritisierte Theorie, nach der fiskalische Interessen in die Entschädigungsabwägung einzubeziehen seien, zieht denn auch diese Folgerungen, wie dargelegt, nicht, sie endet vielmehr in einer Abwägung von Belangen der Allgemeinheit und des Betroffenen, welche auf die Schutzwürdigkeit der konkreten Eigentümerposition abhebt: Je weitergehend „Leistungseigentum" vorliege, desto eher dürfe Entschädigung gewährt werden. Ob dies ein faßbares Kriterium der Entschädigungshöhe darstellt 45, ist hier nicht zu entscheiden. Jedenfalls würde so aber der Blick vom Schuldner Staat auf den Bürger, den Gläubiger, zurückgelenkt. 46 Dann allerdings läßt sich die finanzielle Leistungsfähigkeit des Schuldners Staat als solche nicht bei der Abwägung nach Art. 14 Absatz 3 GG berücksichtigen. Diese Theorie stellt, soweit ersichtlich, den einzigen vertiefenden Versuch dar, bei der Entschädigungsabwägung die staatliche Leistungsfähigkeit generell zu berücksichtigen, während sich das Schrifttum im übrigen auf kurze, meist ablehnende Hinweise zur staatlichen Leistungsfähigkeit beschränkt. 47 Es ist also bisher nicht gelungen, unter Hinweis auf die Abwägungsfähigkeit fiskalischer Staatsinteressen48 eine Schranke der Entschädigung im Hinblick auf mangelnde finanzielle Leistungsfähigkeit des Staates zu bestimmen.

4. Folgerungen für einen Vorbehalt staatlicher Leistungsfähigkeit: keine Ableitung aus dem geltenden Verfassungsrecht der Entschädigung Art. 14 Absatz 3 GG stellt zwar eine naheliegende, wenn auch nach seinem Anwendungsbereich beschränkte Rechtsgrundlage dar, aus welcher ein Ansatz für ei44

Angedeutet bei Opfermann a. a. O. S. 101. So lassen sich ihre Ergebnisse zusammenfassen, a. a. O. S. 106. 46 Nicht anders Bryde (FN 39) Rdnr. 92. 45

47

Wie die in FN 39 angeführten Stellen zeigen. Die allgemeinere Frage, ob Vermögensmehrung, damit primäre Berücksichtigung fiskalischer Belange, als eine Staatsaufgabe anzusehen sei und als solche eine Verschonung des Schuldners Staat rechtfertigen könne, wurde bereits oben Β. I. 2. angesprochen. 48

III. „Interessen der Allgemeinheit" - „Abwägung"

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nen allgemeinen Verfassungsrechtssatz der Berücksichtigung staatlicher Leistungsfähigkeit bei der Erfüllung staatlicher Verpflichtungen hätte abgeleitet werden können. Die Prüfung hat jedoch ergeben, daß dem entscheidende Einwände entgegenstehen: Art. 14 Absatz 3 GG regelt wesentlich die Abwicklung der Enteigung. Dem Bürger soll ein gerechter Preis geboten werden, der seinen und des staatlichen Zwangskäufers berechtigten Interessen Rechnung trägt. In aller Regel bildet sich, in einer Marktwirtschaft, ein solches iustum pretium auf dem Markt, über den Verkehrswert. Ausnahmsweise kann auch der Gesetzgeber ihn festsetzen - stets aber in deutlichem Objektbezug der hier auszugleichenden privaten und öffentlichen Interessen. Auf die allgemeine Vermögenslage der beiden Partner des Enteignungsverhältnisses kommt es dabei nicht an: Weder ist die Vermögenslage des betreffenden Bürgers von Bedeutung für die Entschädigungshöhe49, noch darf es die allgemeine Fiskallage des Staates sein, seine Fiskalinteressen als solche; der zur Letztentscheidung berufene Richter wäre mit ihrer Feststellung auch schlechthin überfordert. Man wird also zu dem Ergebnis kommen müssen, daß Art. 14 Absatz 3 GG „die finanzielle Leistungsfähigkeit" des Staates als solche überhaupt nicht berücksichtigt, sondern etwas, das demgegenüber ein aliud darstellt: eine konkrete, streng einzelobjektbezogene „Preisgestaltung". Wollte man „die Fiskalbelange schlechthin" berücksichtigen, so wäre letztlich Entschädigung kaum je geschuldet; denn die Fiskalinteressen sind in aller Regel auf eines gerichtet: Freistellung des Staates von (möglichst) allen seinen Zahlungsverpflichtungen. Wie aber sollten dem rechtliche Grenzen gezogen werden? Abgesehen davon also, daß Art. 14 Absatz 3 GG nach Formulierung und Inhalt schon keinen allgemeinen Verfassungsgrundsatz aufstellt, hat die Norm auch keinen Bezug zu der hier untersuchten Problematik der Bedeutung der finanziellen Grenzen staatlicher Leistungsfähigkeit. Dem entspricht der generelle Befund, daß das geltende Entschädigungsrecht eine Einschränkung staatlicher Leistungsverpflichtungen unter Berufung auf staatliche finanzielle Leistungsschwäche oder Leistungsunfähigkeit herkömmlicherweise nicht zuläßt 50 . Dem Verfassungsrecht läßt sich also eine Beschränkung von staatlichen Leistungsverpflichtungen unter Hinweis auf mangelnde Leistungsfähigkeit nicht entnehmen.

49 Nachweise bei Leisner, W., NJW 1995, 1513 (1518). so Siehe Giese (FN 34) S. 31; Diester (FN 27) S. 175; Freudling, (11).

F., BayVBl. 1972, 10

E. Vorbehalt staatlicher Leistungsfähigkeit im Bürgerlichen Recht - Ansatz für einen allgemeinen Rechtsgrundsatz? I. Fragestellung: Das Zivilrecht als Ausgangspunkt für die Begründung eines verfassungsrechtlichen Vorbehalts der Leistungsfähigkeit Aus öffentlich-rechtlichen Normen, insbesondere des Verfassungsrechts, oder aus öffentlich-rechtlicher Dogmatik (Staatsaufgaben) hat sich ein Grundsatz des Vorbehalts staatlicher Leistungsfähigkeit nicht ergeben. Zu prüfen bleibt nun noch, ob sich ein verfassungsrechtliches Prinzip - und nur um ein solches geht es bei dieser Untersuchung - , nicht aus Bürgerlichem Recht entwickeln lassen könnte. Dies würde dann in der Form erfolgen, daß nicht nur eine exceptio pecuniam non habendi rechtsanalog mit Wirkungen auf der Ebene einfachen Gesetzesrechts entwickelt würde, sondern daß ein solcher Rechtsgrundsatz Bestandteil einer allgemeinen Rechtslehre1 mit Verfassungsqualität wäre. Voraussetzung dafür ist allerdings, daß das Prinzip im Zivilrecht überhaupt nachweisbar ist. Andernfalls käme eine Wirkung auf Verfassungsebene von vorneherein nicht in Betracht. Für diesen Blick ins Bürgerliche Recht im Rahmen einer verfassungsrechtlichen Untersuchung spricht, daß die wichtigsten Komplexe öffentlich-rechtlicher staatlicher Leistungen mit dem bürgerlichen Recht eng verzahnt sind2 - das Staatshaftungsrecht über § 839 BGB (vgl. i. folg. III.), das Entschädigungsrecht über den von den ordentlichen Gerichten entfalteten Aufopferungsgedanken 3, die Leistungsstörungen bei öffentlich-rechtlichen Verträgen über § 62 Satz 2 VwVfG. 4 Vor al1 Zu einer allgemeinen Rechtslehre, welche das private und das öffentliche Recht zugleich beherrscht, grundlegend Papier, H.-J., Die Forderungsverletzung im öffentlichen Recht, 1970, S. 8 f., 72 ff. 2 Vergleiche dazu Schmidt-Aßmann, E., in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, 1994, S. 7 (9): Hier werden vier Arten von Verbindungen zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht unterschieden, aus Systemgedanken, Rechtsnormen, Rechtmäßigkeitsbedingungen und Instrumenten. 3 Β GHZ 6, 270; 13, 88; 32, 208, nach dem Naßauskiesungsbeschluß des BVerfG (BVerfGE 58, 300) insbesondere BGHZ 76, 375; 90, 17. 4 Vergleiche Bullinger, M., DÖV 1977, 812 ff.; Obermayer, K., BayVBl. 1977, 546; für Otto Mayer galt demgegenüber noch: „ Für den Willen eines Zivilrechtssatzes .. kann ein öffentlich-rechtliches Verhältnis nie etwas Rechtsähnliches sein", Deutsches Verwaltungsrecht, 3. Auflage, 1924, Band 1, S. 117 f.

II. Das Leistungsstörungsrecht des Bürgerlichen Rechts

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lem aber ist es das bürgerliche Recht, welches ein Recht der Leistungsstörungen in schwer zu überbietender Verfeinerung entwickelt hat.5

II. Das Leistungsstörungsrecht des Bürgerlichen Rechts 1. Anwendbarkeit zivilrechtlicher Grundsätze der Leistungsstörungen auf öffentlich-rechtliche Verpflichtungen - Allgemeines a) Ein allgemeiner Rechtsgrundsatz läßt sich aus Vorschriften des Bürgerlichen Rechts nur dann gewinnen, wenn der Rechtsgedanke, welcher einer Vorschrift des Bürgerlichen Gesetzbuchs zugrunde liegt, auch unter Berücksichtigung der dogmatischen Trennung von öffentlichem und privatem Recht für öffentlich-rechtliche Verpflichtungen einschlägig ist. 6 Insoweit vermag § 62 Satz 2 VwVfG, wonach Vorschriften des Bürgerlichen Rechts entsprechend auf den öffentlich-rechtlichen Vertrag anzuwenden sind, mangels Verfassungsranges zwar nicht unmittelbar angewandt zu werden.7 Die dazu entwickelten Kriterien können aber zur Beurteilung dieser Frage durchaus herangezogen werden, geht es doch auch hier um mögliche „Verzahnungen" zwischen Zivil- und öffentlichem Recht. b) Besteht eine Verpflichtung zur Erbringung einer Leistung von der Art, wie sie im wesentlichen auch in den Gleichordnungsbeziehungen des Zivilrechts geschuldet sein kann, insbesondere also auf Leistung von Geld sowie auf Handlungen und Unterlassungen, auf welche die allgemeine Leistungsklage nach der VwGO erhoben werden kann8, so spricht eine allgemeine Vermutung für die Anwendbarkeit der bürgerlich-rechtlichen Grundsätze über Leistungsstörungen. Dies gilt jedoch nur, soweit nicht im einzelnen Normbezug eine Sonderstellung des staatlichen Schuldners ersichtlich ist, jedenfalls was den Umfang von dessen Verpflichtung anlangt: Denn wenn schon der Staat nicht aus der Hoheitsgewalt die „Flucht ins Privatrecht" antreten darf, um damit seine rechtlichen Befugnisse einseitig zu erweitern 9, insbesondere den Grundrechtsbindungen zu entgehen, so kann es umgekehrt ebensowenig zulässig sein, daß er durch „Flucht ins öffentliche Recht" Privilegien in Anspruch nimmt, die ihm nach den von Grundsätzen des bür5 Auf die lange Tradition des Privatrechts in der Entwicklung von Rechtsinstituten für koordinative Beziehungen weist Schmidt-Aßmann (FN 2) hin, S. 10. 6 Wolff, H.L,AöR 76 (1950/51), 205. 7

Dies unterstreicht die Nowendigkeit sorgfältiger Einzelprüfung, vergleiche schon Sendler, H., NJW 1964, 2189; Bonk, H.-J., in: Stelkens, P./Bonk, H.-J./Sachs, M. (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz, 4. Auflage, 1993, § 62 Rdnr. 8. s Erwähnt bzw. vorausgesetzt in §§ 43 Abs. 2, 111, 113 Abs. 3, 169 Abs. 2 und 191 Abs. 1; vgl. allgemein dazu BVerwG, DÖV 1971, 857; NJW 1974, 817; 1981, 241. 9 Forsthoff, E., Die Verwaltung als Leistungsträger, 1938, S. 43 ff.; ders., Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, 1959, S. 36; Püttner, G., in: ders. (Hrsg.), Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis, 2. Auflage, Band 5, 1984, S. 12.

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E. Vorbehalt staatlicher Leistungsfähigkeit im Bürgerlichen Recht

gerlichen Rechts geprägten Leistungsbeziehungen an sich nicht zukommen - etwa eine spezielle Berufung auf eine staatliche Leistungsunfähigkeit. Es sind daher im folgenden die Grundsätze der Unmöglichkeit (2. bis 4.) sowie des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (5.) auf den Staat als Schuldner anzuwenden. Die Untersuchung hat hierbei jeweils zu klären, ob sich aus ihnen ein allgemeiner Rechtsgrundsatz des Vorbehalts staatlicher Leistungsfähigkeit ergeben könnte.

2. Die Unmöglichkeit der Leistungserbringung Auch der Staat als Schuldner wird von einer Leistungsverpflichtung nur frei, soweit die Leistung infolge eines nach der Entstehung des Schuldverhältnisses eintretenden Umstands, den er nicht zu vertreten hat, unmöglich wird (§ 275 Absatz 1 BGB). Dies muß für vertragliche wie unmittelbar auf Gesetz beruhende staatliche Verpflichtungen gelten; für letztere kommt es auf den Zeitpunkt des Gesetzeserlasses an. 10 Darüber hinaus könnten die Vorwirkungen des Vertrauens zu berücksichtigen sein, wie sich ja auch der Bürger bei angelaufenen Gesetzgebungsverfahren bereits auf dessen belastende Wirkungen einstellen muß. 11 Objektive Unmöglichkeit scheidet für die weitere Betrachtung aus, sowohl als anfängliche (§ 306 BGB) als auch als nachträgliche (§ 275 Absatz 1 BGB): In der Regel wird es um Geldleistungen gehen - Geld aber kann „man" haben12, irgend jemandem steht es immer zur Verfügung. Im übrigen sind die rechtlichen und faktischen Möglichkeiten der Leistungserbringung dem Staat nicht weniger - eher noch weiter - eröffnet als Privaten (vergleiche dazu oben C.).

3. Das anfangliche Unvermögen a) Eine Berufung auf den Vorbehalt staatlicher Leistungsfähigkeit läuft also auf den Einwand der subjektiven Unmöglichkeit, des Unvermögens, hinaus; es wird in anfängliches und nachträgliches unterteilt. Anfängliches Unvermögen liegt vor, wenn bereits bei Entstehung der Leistungsverpflichtung objektiv feststeht, daß gerade dieser Schuldner ihr nicht wird nachkommen können. Dies kommt vor allem bei kraft Gesetzes entstandenen Geldschulden in Betracht, etwa solchen aus Delikt, bei deren Entstehung schon gewiß ist - oder zumindest sehr nahe liegt - , daß der Schuldner sie nicht erfüllen kann. 13 Bei Vertragsverpflichtungen dürfte dies seltener sein, da kaum jemand Verpflichio Vgl. BGHZ 47, 48 (50). h Vgl. etwa BVerfGE 72, 200 (260 f.). 12 Vgl. Medicus, D., AcP 188 (1988), 489. 13 Canaris , C.-W., JZ 1987, 993 (1001 ff.); Wieser, E., JZ 1988, 489 (493/4).

II. Das Leistungsstörungsrecht des Bürgerlichen Rechts

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tungen eingehen wird, von denen er von vornherein weiß, daß er sie nicht wird erfüllen können.14 Für den Staat als Schuldner käme Berufung auf anfängliches Unvermögen nur dann in Betracht, wenn der Gesetzgeber zu seinen Lasten Leistungsverpflichtungen schüfe, deren Unerfüllbarkeit bereits bei Erlaß des Gesetzes objektiv erkennbar wäre, oder wenn der Staat vertragliche Leistungsversprechen abgäbe, welche die schon bei Entstehung der Schuld gegebene staatliche Leistungsfähigkeit überforderten. Die Besonderheit im öffentlich-rechtlichen Bereich liegt aber in folgendem: In der Regel werden die Mittel nachträglich zur Verfügung stehen, weil der Staat sie sich über Kredite (vergleiche dazu oben C. II. 4.), vor allem aber über seine Abgabenhoheit beschaffen kann. Selbst etwaiges anfängliches Unvermögen wird hier also regelmäßig durch nachträgliches Vermögen aufgehoben. Außerdem entsteht nach § 325 I BGB ein Schadensersatzanspruch, wenn der Schuldner sein anfängliches Unvermögen zu vertreten hat. Wann dies im Falle des Unvermögens anzunehmen ist, wird unterschiedlich beurteilt: 15 Herrschend ist die Garantielehre, nach welcher der Schuldner sein Unvermögen stets zu vertreten habe, da in der Verpflichtung zur Leistung zugleich eine Garantie für die eigene Leistungsfähigkeit zur Zeit des Vertragsschlusses enthalten sei. 16 Andere beschränken die Haftung auf die „Zulänglichkeit des eigenen Geschäftskreises" 17, wollen also vor allem Zufall und höhere Gewalt ausschließen, wieder andere wollen das anfängliche Unvermögen dem nachträglichen gleichstellen, ein Vertretenmüssen also nur bei Verschulden i. S. d. §§ 276 ff. BGB annehmen. Das Verschulden soll sich dabei auf das Kennen oder Kennenmüssen der eigenen Leistungsfähigkeit beziehen. 18 Nach jeder diese Auffassungen hätte der Schuldner Staat ein etwaiges Unvermögen zu vertreten, nach der Gleichstellungslehre müßte er dafür einstehen, daß er sich die Mittel nicht über seine Steuerhoheit beschafft (siehe oben C.). b) Eine neuere Lehre zum (auch anfänglichen) Unvermögen 19 tritt für eine Einschränkung von Schadensersatzansprüchen nach § 242 BGB ein, unter Hinweis auf das verfassungsrechtliche Übermaßverhot. „Exorbitant hohe Schadensersatzansprüche" seien „nach den Umständen des Falles, insbesondere mit Rücksicht auf die Vermögensverhältnisse von Schädiger und Geschädigtem, herabzusetzen, um Medicus (FN 12) 490. 15 Eine Darstellung der in Literatur und Rechtsprechung vertretenen Auffassungen hierzu findet sich bei Hohmeister, U., Die Einordnung anfänglichen Unvermögens des Schuldners zur Leistung in die Unmöglichkeitslehre des BGB, Diss. Göttingen, 1982, S. 11 ff. 16 Vgl. BGH NJW 1972, 1702; NJW 83, 2874; OLG Frankfurt - RR 89, 763. 17 Grundlegend Beuthien, V., Zweckerreichung und Zweckstörung im Schuldverhältnis, 1969, S. 133 ff.; Larenz, K., Schuldrecht, Band 1, 14. Auflage, 1987, S. 293. is Vergleiche Emmerich , V., Das Recht der Leistungsstörungen, 2. Auflage, 1986, S. 33 f.; Braun, J., JA 83,488 und 571. 19 Canaris (FN 13) 993 ff.

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E. Vorbehalt staatlicher Leistungsfähigkeit im Bürgerlichen Recht

Rechtsmißbrauch zu verhindern". 20 Von der „wirtschaftlichen Unmöglichkeit" (vergleiche im folgenden 5.) unterscheidet sich diese Theorie dadurch, daß es ihr um Begrenzung des Anspruchs von vornherein geht, nicht um dessen nachträgliche Anpassung. Es fragt sich, ob diese Leistungseinschränkung auch auf das Verhältnis des Staates zu seinen Partnern paßt. Zwar könnte sich auch jener grundsätzlich auf exorbitant hohe Verpflichtungen berufen, die ihn etwa aufgrund einer Leistungsgesetzgebung träfen. Doch ein Vergleich zwischen den Vermögensverhältnissen der Partner des Rechtsverhältnisses mag in Beziehungen zwischen Bürgern möglich sein, nicht aber im Verhältnis Bürger-Staat; wie sollten auch im Prozeßfall die Vermögensverhältnisse des Steuerstaates beurteilt werden, die sich ständig ändern (können) und außerdem weitgehend vom Staatswillen abhängen? Der Hinweis auf das Übermaßverbot und damit den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wirft überdies beim Staat als Schuldner die Frage auf, ob sich auch der (Hoheits-)Staat auf das verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsprinzip berufen kann. Dagegen spricht nicht nur die extreme Schwierigkeit, gerade hier Vergleichsgrößen der Abwägung festzustellen, sondern vor allem die Überlegung, daß ein solches Übermaß verbot aus der Rechtsstaatlichkeit zu gewinnen wäre 21 , welche aber den Staat bindet, nicht privilegiert. In den bisherigen literarischen Äußerungen zur Verhältnismäßigkeit 22 sowie in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts23 sind denn auch, soweit ersichtlich, Übermaßverbot und Verhältnismäßigkeit stets als ein Schutz des Einzelnen gegen den Staat verstanden worden; hier würden sie zum Schutz des Hoheitsstaates gegen den Bürger. Ohne daß dieses Problem hier abschließend geklärt werden müßte, läßt sich doch feststellen, daß eine Berufung gerade des Staates auf Grenzen seiner Leistungsfähigkeit aus § 242 BGB in Verbindung mit dem Übermaßverbot der Verfassung nicht mit dem Anliegen dieser Lehre begründet werden kann und der herkömmlichen Schutzrichtung dieses Grundsatzes auch nicht entspräche; daß er eine Sicherungsfunktion zugunsten des Staates habe, läßt sich daher auch mit zivilrechtlichen Überlegungen nicht legitimieren.

20 Canaris a. a. Ο. 1002 2ΐ Grundlegend Lerche, P., Übermaß und Verfassungsrecht, 1961. 22 Vergleiche für viele Bleckmann, Α., JuS 1994, 177; Darlinger, E., DÖV 1966, 818; Grabitz, E., AöR 98 (1973), 568; Hirschberg, L., Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, 1981, S. 186 ff.; Jakobs, M. Ch., Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, 1985, S. 46 ff., 127 ff., 155 ff.; Kirchhof, P, in: Isensee J./Kirchhof, P. (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band 3, 1988, § 59 Rdnr. 71 ff.; v. Krauss, R., Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, 1955, S. 36 ff.; Mußgnug, R , VVDStRL 47 (1989), S. 113; Schink, Α., DVBI 1989, 1182 (1184 f.); Wellhöfer, C., Das Übermaß verbot im Verwaltungsrecht, 1970, S. 146 ff. 23 Siehe etwa BVerfGE 7, 377 (404 ff.); 20,45 (48 ff.); 67, 157 (172 ff.).

II. Das Leistungsstörungsrecht des Bürgerlichen Rechts

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4. Das nachträgliche Unvermögen Zu unterscheiden ist hier zunächst zwischen geschuldeter Leistung und Wegfall der Leistungspflicht, insbesondere bei Geldschulden. a) Ist die Leistung einer Geldsumme geschuldet, der Schuldner aber nicht zur Leistung der ursprünglich vorgesehenen Geldmittel in der Lage, so trifft ihn eine Pflicht zur Beschaffung anderer entsprechender Zahlungsmittel. Einer Heranziehung des § 279 BGB, auch seinem Rechtsgedanken nach, bedarf es insoweit nicht. 24 Für den Schuldner Staat bedeutet dies, daß er sich nicht darauf berufen darf, eine konkrete öffentliche Kasse sei leer. Er hat sie dann eben zu füllen, durch Verkauf von Eigentum, Erhöhung von Abgaben oder Aufnahme von Krediten. b) Kann sich der Schuldner (hier der Staat) die Mittel zur Erbringung der geschuldeten Leistung nicht beschaffen, so bleibt er dennoch verpflichtet. Insbesondere zur Geldschuld wird dies, im einzelnen unterschiedlich, im Kern aber übereinstimmend, wie folgt begründet: - An die Stelle der Geldleistung als besonderem Fall der Gattungsschuld (§ 275 Absatz 1 BGB) trete ein Schadensersatzanspruch nach § 280 BGB, der stets gegeben sei, weil sich aus § 279 BGB ergebe, daß der Schuldner sein Unvermögen immer zu vertreten habe. Nach diesem Verständnis von Gattungsschuld erweckt der Geldschuldner ebenso wie derjenige, der sich zur Lieferung nur gattungsmäßig bestimmter Waren verpflichtet, den Eindruck, die geschuldete Leistung zu besitzen oder zu ihrer Beschaffung in der Lage zu sein. Er schafft damit Vertrauen in seine Leistungsfähigkeit. 25 - Geldschuld lasse sich nicht in die Β GB-Kategorien Stückschuld oder Gattungsschuld einordnen. 26 Auf diese dritte Schuldart sei § 279 BGB auch nicht analog anwendbar, da die Rechtsfolge der Entstehung einer Sekundärverbindlichkeit Schadensersatz wegen Nichterfüllung für Geldschulden nur wieder auf Geld gerichtet, das gerade aus Geldmangel sich ergebende Unvermögen damit also nicht zu beheben wäre. 27 Auch diese Ansicht kann den von ihr ebenfalls angenommenen Fortbestand der Verbindlichkeit des Schuldners letztlich wiederum nur aus dem von diesem erweckten Vertrauen begründen, das auch in den Normen über die Durchsetzung von Forderungen seine Grundlage findet: Nicht befriedigte Forderungen sind selbst nach Abschluß des Konkursverfahrens rechtsbeständig (§ 164 Absatz 1 KO); dem Gläubiger bleibt immerhin die Hoffnung, daß sich sein Schuldner in Zukunft wieder Mittel beschaffen wird.

24 Larenz (FN 17) S. 293. 25 Nähere Begründung bei Medicus, D., Bürgerliches Recht, 17. Auflage, 1996, Rdnr. 260 ff. 26 Medicus (FN 12) S. 501; ders. (FN 15) Rdnr. 260 ff. 27 Larenz (FN 17) S. 167; Medicus (FN 12) 489.

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E. Vorbehalt staatlicher Leistungsfähigkeit im Bürgerlichen Recht

Ein Vertrauen des Gläubigers wird also darauf geschützt, daß sich sein Schuldner in Kenntnis der Maxime „Geld muß man haben" verpflichtet hat. 28 Dem bürgerlichen Recht ist also eine exceptio pecuniam non habendi fremd. c) Es ist nicht ersichtlich, warum dies nicht auch, ja sogar noch eher y für den „Schuldner (Hoheits-)Staat" gelten sollte. Im Zivilrecht wird nirgends ein Unterschied hinsichtlich der Vertrauenswürdigkeit des Schuldners gemacht, auf den gerade er sich berufen dürfte. In der Demokratie steht hinter ihm die Gesamtheit aller Bürger mit all deren integrierter Leistungsfähigkeit. Niemand mag sich auf den Fortbestand von Gesetzen verlassen dürfen, auch wenn sie Staatsleistungen versprechen 29; solange sie aber in Kraft sind, erzeugt der favor legis erhöhte Vertrauenswirkungen. Das gesamte öffentliche Recht wird vom Grundsatz der besonderen Vertrauenswürdigkeit des Staates und seiner Organe beherrscht - von dem Vertrauen der Allgemeinheit, dessen sich der Beamte würdig erweisen muß 30 , bis zu einem Verbot des Nachschiebens von Gründen durch die Verwaltung, das letztlich darauf zurückzuführen ist, daß der Bürger nicht klüger zu sein braucht als der Staat, daß er sich vielmehr auf dessen Sachkunde, auch im ökonomischen Bereich, verlassen darf. Schwer verständlich wäre es, daß ein Rechtsgenosse das Vertrauen eines anderen durch sein Wort begründen könnte, nicht aber der Staat mit seiner Gesetzgebung, der für jenes Vertrauen, mit eben diesen Gesetzen, die normative Grundlage schafft. Einer Gesellschaft des Privatrechts, welche nach Größe und Macht staatsähnliche Dimensionen erreicht, würde die exceptio pecuniam non habendi ebenso wenig zugestanden wie einem einzelnen Bürger - dann kann sie am wenigsten den Staat zugesprochen werden. d) Zur Begründung des Einwandes fehlender finanzieller Leistungsfähigkeit ist vorgebracht worden, sein Ausschluß wirke als „Denkverbot darüber, woher man dieses Geld zu haben hat". 31 Das Prinzip sei unsozial und daher auf Fälle zu beschränken, in denen etwa der Kreditnehmer durch eigenes Verschulden leistungsunfähig werde. 32 Abgesehen von den überzeugenden Gründen, welche zivilrechtlich gegen eine solche Auffassung angeführt werden 33 - auf den Hoheitsstaat als solchen paßt eine derartige Verschuldenskategorie von vorneherein nicht. 34 Er 28 Vgl. BGH LM, § 275 BGB Nr. 5. 29 BVerfGE 18, 429 (439); 43, 242 (286 f.); 45, 142 (167 ff.); 63, 343 (353 ff.); 71, 1 (10 ff.). 30 Vgl. § 36 Satz 2 BRRG; § 54 Satz 2 BBG. 31 Reifner, U., Alternatives Wirtschaftsrecht am Beispiel der Verbraucherverschuldung, 1979, S. 308 ff. 32 Reifner a. a. O. S. 310/11. 33 Vergleiche Medicus (FN 12) 499 ff. 34 Noch nicht einmal eine überzeugende Dogmatik der Staatshaftung aus legislativem Verschulden hat sich bisher entwickeln lassen, vgl. Ossenbühl, F., Staatshaftungsrecht, 4. Auflage, 1991, S. 48 ff., 53 ff.

II. Das Leistungsstörungsrecht des Bürgerlichen Rechts

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kann sich hier auch nicht auf Rechte aus einer Sozialstaatlichkeit berufen, die er selbst darstellen soll. Im Ergebnis zeigt sich also, daß das herkömmliche Recht der Leistungsstörungen, insbesondere im Hinblick auf das Unvermögen des Schuldners, zwar grundsätzlich auch auf den Schuldner Staat paßt, daß es aber keinerlei Anhaltspunkt für oder auch nur eine Analogiebrücke zur Anerkennung von Leistungsverweigerungsoder -minderungsrechten zu seinen Gunsten gibt. Wenn der Staat als Herr des Geldes kein Geld haben müßte - für wen sollte dies dann noch gelten?

5. Der Sonderfall der wirtschaftlichen Unmöglichkeit a) Seit der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wird im Zivilrecht der Leistungsstörungen der spezielle Fall erörtert, daß die Erbringung einer an sich (noch) möglichen Leistung vom Schuldner so unverhältnismäßige Anstrengungen fordert, daß dies die Opfergrenze überschritte. Die Anerkennung dieser wirtschaftlichen Unmöglichkeit als leistungsbefreiender Einwand wurde zunächst abgelehnt.35 Unter dem Druck der Nachkriegs- und Inflationsnot setzte sich allmählich jedoch die Ansicht durch, eine solche Unerschwinglichkeit müsse der Unmöglichkeit gleichgestellt, der Inhalt der geschuldeten Leistung daher eingeschränkt werden. 36 Der Anspruch erlösche dann nach § 275 Absatz 1 BGB. 3 7 b) Die Fälle einer Überschreitung der Opfergrenze werden heute über das Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäfts g rundlag e gelöst (§ 242 BGB) 3 8 ; damit wird Vertragsauflösung vermieden, die Verpflichtungen werden flexibel den geänderten Verhältnissen angepaßt. Kritiker haben dem Konturenlosigkeit vorgeworfen 39 , und in der Tat hat sich zum Wegfall der Geschäftsgrundlage eine kaum mehr übersehbare Theorienvielfalt entwickelt. 40 Fraglich ist auch, ob die Feststellung genügen kann, daß „die Masse der Fälle klar dies- oder jenseits der Grenze liegt". 41 Die bisher anerkannten Fallgruppen zeigen jedenfalls, daß ein Wegfall der 35 RG JW 1924, 1713. 36 Vergleiche schon Kleinadam, F., Unmöglichkeit und Unvermögen nach dem BGB, 1900, S. 1; Stoll, H., Die Lehre von den Leistungsstörungen, 1936, S. 17. 37 Insoweit entsprach diese Auffassung der bereits oben dargestellten neueren Lehre zum (auch anfänglichen) Unvermögen, siehe 4 b). 38 BGH BB 1956, 254; Larenz (FN 17) S. 318 f. 39 Etwa Emmerich (FN 18) der eine Rückkehr zum allgemeinen Recht der Leistungsstörungen fordert (Rdnr. 33 a.E.). 40

So zählt Chiotellis, Α., Rechtsfolgenbestimmung bei Geschäftsgrundlagenstörungen in Schuldverträgen, 1981, 56 solche Auffassungen auf. 41 So aber Schmidt, J., in: v. Staudinger, J., Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, Zweites Buch, Recht der Schuldverhältnisse, 12. Auflage, 1983, § 242, Rdnr. 9: Rechtswissenschaft sei keine Mathematik.

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E. Vorbehalt staatlicher Leistungsfähigkeit im Bürgerlichen Recht

Geschäftsgrundlage nicht nur den Ausnahme-, sondern geradezu den Extremfall voraussetzt.42 c) Die Anwendung solcher Kriterien auf einen nicht mehr leistungsfähigen staatlichen Schuldner ist bisher, soweit ersichtlich, im bürgerlichen Recht nicht näher untersucht worden. Auch sie könnte, nach den dort festzustellenden Tendenzen, nur in seltenen Extremfällen zur Leistungsbegrenzung führen. Beim Wegfall der Geschäftsgrundlage kommt es nämlich nicht auf die Leistungsfähigkeit im allgemeinen an, sondern vielmehr auf den vom Schuldner versprochenen konkreten Leistungsinhalt als solchen. Der Staat könnte sich darauf allenfalls dann berufen, wenn ihm gegenüber mit einem Male Forderungen in Höhe etwa von Hunderten von Milliarden geltend gemacht würden; dies mag als rein theoretische Konstellation hier vernachlässigt werden. 43 Insbesondere aber müßte sich der Staat, bei Anwendung bürgerlich-rechtlicher Grundsätze einer solchen wirtschaftlichen Unmöglichkeit, eine Risikoverteilung zu seinen Lasten entgegenhalten lassen. Auf Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 242 BGB) kann sich nämlich nicht berufen, wer nach dem Vertragsinhalt - also durch ein Leistungsversprechen - bestimmte Risiken übernommen hat. Nun würde es zwar zu weit gehen, von vorneherein, unter Berufung auf „Allmacht" oder „unendlichen Reichtum" des Staates, bei diesem die generelle Übernahme aller Leistungsrisiken pauschal zu unterstellen. Andererseits kann aber vom Bürger nicht die Eingehung von Risiken verlangt oder bei ihm angenommen werden, welche die Leistungsfähigkeit seines staatlichen Schuldners gefährden (könnten). Entscheidendes Kriterium der Risikoverteilung ist nämlich die Vorhersehbarkeit der weiteren Entwicklung seitens des Vertragspartners 44; sie aber fehlt beim forderungsberechtigten Bürger hinsichtlich der künftigen Finanzund Haushaltsentwicklung seines öffentlich-rechtlichen Schuldners vollständig, er sähe sich lediglich auf unnachprüfbare Schuldnerauskünfte verwiesen. 45 42 Zu den Fallgruppen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gehören insbesondere schwere Äquivalenzstörungen (BGH NJW 1958, 906), Zweckerreichung und Zweckfortfall (BGH Ζ 74, 374), gemeinschaftlicher Irrtum (BGH NJW 1976, 566), grundlegende Veränderungen der politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Verhältnisse (BGHZ 7, 360), sowie Veränderungen im Zusammenhang mit der Wiederherstellung der deutschen Einheit (vgl. BGHZ 120, 23). Nur auf die letzteren zwei Kategorien könnte zur Begründung einer Leistungsfähigkeitsschranke des Staates zurückgegriffen werden; doch gerade dies würde nur in Extremfällen in Betracht kommen. 43 Nicht einmal bei voller Entschädigung für Enteignungsmaßnahmen in der früheren SBZ/DDR (vgl. oben Α. I.) wäre es zu derartigen Größenordnungen gekommen. 44 Roth, G. H., in: Rebmann, K. / Säcker, F-J. (Hrsg.), Münchner Kommentar zum BGB, Band 2, 3. Auflage, 1994, § 242 Rdnr. 506; Ulmer, P., AcP 174 (1974), 167. 45 Die Problematik der Vorhersehbarkeit der Lage des Staates als Schuldner aus der Sicht des Bürgers wird etwa deutlich im Ausgangsfall dieser Betrachtungen (oben A I), bei den Entschädigungsansprüchen nach der Wiedervereinigung. Immer wieder wurde ja (auch in Gerichtsentscheidungen, Überblick bei Drexl, J., DtZ 1993, 194) betont, die Wende sei für die (betroffenen) Bürger nicht vorhersehbar gewesen. Andererseits hat die Verfassung mit ihrem eindeutigen Programm der Wiedervereinigung (Präambel, Art. 146 a. F.) wie auch die ständige Staatspraxis (Organisationsentscheidung für ein Ministerium für innerdeutsche

. Privilegien des Fiskus

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Wie immer man also das bürgerlich-rechtliche Leistungsstörungsrecht betrachten, es auf öffentlich-rechtliche Rechtsbeziehungen anwenden mag - ein allgemeines Prinzip der Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Staates läßt sich mit ihm nicht in Einklang bringen. 46 Das Leistungsrecht wird vielmehr beherrscht von dem Grundsatz, daß rechtliche Leistungsversprechen, in welcher Form immer abgegeben, unbedingt zu erfüllen sind, soweit ihr Inhalt bei vernünftiger Betrachtung dies auch nur irgendwie zuläßt. Person und Aufgaben des Schuldners allein können jedenfalls nach geltendem bürgerlichen Recht eine exceptio pecuniam non habendi nicht begründen.

I I I . Privilegien des Fiskus - Ansatzpunkte für ein Recht staatlicher Leistungsfähigkeit? 1. Fragestellung und Bedeutung für das Thema Das geltende bürgerliche Schuldrecht läßt keine generelle ausdrückliche Sonderbehandlung des Schuldners Staat erkennen. Eine Reihe von materiellrechtlichen wie prozessualen Sonderrechten unterscheiden jedoch juristische Personen des öffentlichen Rechts, insbesondere den Staat, vor allem in einer Schuldnerposition gegenüber Dritten, von Privaten: die Fiskalprivilegien. Mangelnde Leistungsfähigkeit als Grundlage von Leistungsverweigerungs- oder -minderungsrechten müßte ebenfalls als eines von denjenigen Vorrechten verstanden werden, die als „gesetzliche, öffentlich-rechtliche Begünstigung des Staates als Vermögensträger" bezeichnet werden. 47 Die wichtigsten Fiskalprivilegien, insbesondere die sie tragenden Begründungen, sind daher daraufhin zu untersuchen, ob sie Analogiestützen für die Annahme eines allgemeine(re)n Grundsatzes der Beachtung staatlicher Leistungsfähigkeit bieten. Dabei ist allerdings auch zu prüfen, ob die betreffende Sondergestaltung nicht eher eine staatliche Sonderlast schafft.

Angelegenheiten) gerade diese Wende nicht nur als eine politische Hoffnung, sondern zugleich als ein normativ fixiertes Staatsziel hingestellt. Was der Staat mit all seinen Kräften anstreben mußte, durfte dies nicht sein Gläubiger, der Bürger, vorhersehen, mußte er sich nicht sogar darauf einstellen? 46 Zum speziellen Gesichtspunkt des Staatsbankrotts unter dem, ebenfalls ausgehend von zivilrechtlichen Grundsätzen des Konkursrechts, ein Extremfall des Verlustes der Leistungsfähigkeit auftreten könnte, wurde bereits oben (Β. II.) Stellung genommen, im Zusammenhang mit den insoweit entscheidenden Staatsaufgaben (Β. I.). 47 Wolff, H. J./Bachof, Ο./Stober, R., Verwaltungsrecht I, 10. Auflage, 1994, S. 236.

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E. Vorbehalt staatlicher Leistungsfähigkeit im Bürgerlichen Recht

2. Zusätzliche staatliche Einnahmequellen als materiellrechtliches Privileg Herrenlose Grundstücke und Schiffe kann sich das Land aneignen (§ 928 Absatz 2 BGB, § 7 Absatz 2 SchiffsrechteG), nicht beanspruchter Versteigerungserlös (§ 981 BGB), Vereins- und Stiftungsvermögen, für welches nach Auflösung dieser Rechtsträger satzungsmäßig kein anderer Anfallberechtigter bestimmt ist, fallen dem Bund oder dem Land zu. Das Land ist letzter gesetzlicher Erbe (§ 1936 BGB), ohne Ausschlagungsrecht (§ 1942 Absatz 2 BGB). Diese Regelungen scheinen auf den ersten Blick darauf gerichtet zu sein, die staatliche Leistungsfähigkeit zu verbessern, deren Stärkung daher als ein besonderes Anliegen der Rechtsordnung erscheinen könnte. Näheres Zusehen zeigt jedoch rationes legum, welche auch in andere Richtungen weisen, so daß diese Privilegien zum Teil eher als eine besondere Belastung des Staates erscheinen. a) Der Fiskus ist hier der einzige verfügbare Rechtsträger, der manche Gegenstände in Empfang nehmen könnte. Diese würden sonst eine herrenlose Vermögensmasse darstellen, was aber das geltende Recht in engsten Grenzen halten will. 4 8 Der Fiskus soll dadurch nicht primär privilegiert werden, er tritt vielmehr als Garant der Rechtsordnung auf, im Sinne der (möglichst) durchgehenden Zuordnung aller Güter zu einem bestimmten Rechtsträger; zugleich dient dies der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, nachdem der Fiskus dann auch als Zustandsstörer in Betracht kommt wie auch als Garant der Realisierung von Rechten, welche an diesen Gegenständen bestehen.49 Niemandem anderen könnten billigerweise die mit solchen „Privilegien" verbundenen Belastungen auferlegt werden. 50 Der Staat tritt als letzter möglicher Schuldner ein; er entlastet damit etwa andere mögliche Zwangserben (weit entfernte Verwandte) oder Nachbarn bei Eigentumsaufgabe von Grundstücken. Sie anstelle des Fiskus als „Letzterben", als „Zwangseigentümer" heranzuziehen, wäre zwar wohl kaum willkürlich und damit bereits verfassungswidrig; die gesetzgeberische Entscheidung dürfte aber vor allem darauf beruhen, daß die Auferlegung einer Haftungsverpflichtung den Staat aus dem Kreis derjenigen Personen, welche möglicherweise verpflichtet werden, am wenigsten hart trifft, ist er doch besonders leistungsfähig. 51 Damit aber hat der Gesetzgeber hier das Gegenteil dessen zugrun-

48 So ist etwa die hereditas iacens ausgeschlossen; vgl. auch die Grundsätze der Aneignung nach §§ 958 ff. BGB. 49 Vergleiche zu dieser Doppelrolle der juristischen Personen des öffentlichen Rechts bei der Zustandshaftung Drews, B./Wacke, G./ Vogel, K./Martens, W., Gefahrenabwehr, 9. Auflage, 1986, S. 327. 50 Daher kann der Fiskus auf sein gesetzliches Erbrecht auch nicht verzichten, § 2346 BGB; die Geltendmachung der Haftungsbeschränkung ist allerdings durch §§ 2011 BGB, 780 I I ZPO wesentlich erleichtert. 51 Vergleiche Leipold, D., in: Rebmann, K./Säcker, F.-J. (Hrsg.), Münchner Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 6, 3. Auflage, 1994, § 1936 Rdnr. 1.

III. Privilegien des Fiskus

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de gelegt, was mit einer Einrede mangelnder Leistungsfähigkeit erreicht werden soll. Das Fiskusprivileg ist also zugleich Fiskallast; es wird unentrinnbar gewährt (Noterbrecht), damit dient es auch den Gläubigern des früheren Rechtsträgers, oft mehr noch als dem Schuldner Staat. Mag es auch dem Staat gelegentlich beachtliche Einkünfte verschaffen - so ist es doch nicht primär auf Schonung seiner Leistungsfähigkeit gerichtet. b) Daß solche Vermögenswerte letztendlich dem Staat zugesprochen werden, zeigt schließlich die Erwartung des Gesetzgebers, daß dieser gemeinwohlverpflichtete Rechtsträger sie mangels privater Nutzungsinteressen am besten und zu verfassungsrechtlichen Vorgaben verwenden werde. 52 Auch hier geht also der Gesetzgeber jedenfalls eher von staatlichen Leistungen aus als von staatlicher Leistungsverweigerung. Diese Fiskalrechte sind daher insgesamt zugleich Fiskalprivilegien und Fiskallasten: Damit „soll der Staat Geld haben, damit er Verpflichtungen erfüllen kann"; das ist das Gegenteil einer exceptio pecuniam non habendi, die ihm nur vermögensrechtliche Vorteile brächte. Aus „Fiskusprivilegien als zusätzlicher Einnahmequelle" läßt sich jedenfalls keine Begründung dafür gewinnen, staatliche Leistungsfähigkeit durch Leistungsverweigerung zu erhalten.

3. Entlastung von Haftungsverpflichtungen a) Bei schuldhafter Verletzung einer drittbezogenen Amtspflicht trifft den Beamten eine Schadensersatzpflicht (§ 839 Absatz 1 Satz 1 BGB), welche vom Staat übernommen wird (Art. 34 Satz 1 GG). 53 Nach dem sogenannten Verweisungsprivileg (§ 839 Absatz 1 Satz 2 BGB) tritt diese Amtshaftung jedoch nur ein, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag. Dieses Beamtenprivileg - eine Sonderregelung gegenüber den §§ 823 ff. BGB welches nun zum Staatsprivileg geworden ist, sollte die Entscheidungsfreudigkeit des Beamten stärken, ihn vor übertriebener Ängstlichkeit bewahren. 54 Seit der 52 Art. 14 Absatz 2 GG geht davon aus, daß der Eigentumsgebrauch „zugleich" den Interessen des Eigentümers und dem Wohl der Allgemeinheit dienen soll. Ist kein privater Eigentümer „ersichtlich", so ist gemeinwohlbezogene Nutzung Verfassungsgebot. 53 Vgl. dazu neuerdings Pfab, S., Staatshaftung in Deutschland, 1997, wo vor allem die Vorgaben des Art. 34 GG sowie des Gemeinschaftsrechts für eine Reform des Staatshaftungsrechts untersucht werden, (vgl. den Untertitel). 54 Ossenbühl (FN 34) S. 64; Papier, H.-J., in: Rebmann, K./Säcker, F.-J. (Hrsg.), Münchner Kommentar zum BGB, Band 3/2, § 839 Rdnr. 261; ders., Staatshaftung, in: Isensee, J./ Kirchhof, P. (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Band 6, 1989, § 157 Rdnr. 45; Bülow, P., DVBI. 1981, 813 (815); Nüßgens, K., in: Faller, H. J./Kirchhof, P./Träger, E. (Hrsg.), Verantwortlichkeit und Freiheit. Festschrift für Willi Geiger zum 80. Geburtstag, 1989, S. 456 (456 f.).

9 Leisner

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E. Vorbehalt staatlicher Leistungsfähigkeit im Bürgerlichen Recht

Haftungsüberleitung auf den Staat55 trägt diese Begründung im Regelfall der Staatshaftung nicht mehr 56 ; das Privileg ist offenbar auf den haftungsverpflichteten Staat „gedankenlos transponiert" worden. 57 b) Unter dem Eindruck von zum Teil heftiger literarischer Kritik 5 8 hat der BGH dem Verweisungsprivileg schon früh eine neue Begründung gegeben: Es entlaste die öffentliche Hand 59 , dies liege auch im öffentlichen Interesse - womit eine Verbindung zu der hier untersuchten Leistungsfähigkeit des Staates allgemein hergestellt sein könnte. Daneben wurde auf den Umfang der Staatshaftung hingewiesen. Wegen der umfassenden und tiefgreifenden Eingriffsmöglichkeiten des Staates in die Rechtsphäre des Einzelnen seien die Haftungstatbestände des § 839 BGB, im Vergleich zum allgemeinen Deliktsrechts, erheblich erweitert; daher sei umgekehrt diese Entlastung des Staates auch dem Geschädigten zuzumuten. Dieser Annahme eines neuen Gesetzeszwecks kann wohl nicht der Vorwurf unzulässiger Zweckauswechslung gemacht werden, so daß das Verweisungsprivileg damit als solches unanwendbar würde (cessante ratione legis cessât ipsa lex). Sie erfolgte vielmehr im Rahmen einer objektiv-teleologischen Auslegung60, bei der es nicht darauf ankommt, ob dem Gesetzgeber seinerzeit diese Möglichkeit bewußt war. Die Unterschiebung des neuen Zwecks begegnet also keinen methodischen Bedenken.61 c) Fraglich ist jedoch, ob ein solcher neuer Zweck (Entlastung des Staates) mit der Haftungsübernahme durch den Staat überhaupt noch vereinbar ist: Diese sollte den betroffenen Bürger schützen, und auch den leicht fahrlässig handelnden Beamten vor Regreß. Wenn der BGH die Haftungseinschränkung damit rechtfertigen will, daß der Staat zwar weitergehend zu haften habe, aber auch wieder der Verschonung bedürfe, weil er den Bürger so stark schädigen könne, so überzeugt dies nicht. Macht bedarf nicht des Privilegs, sondern der Bändigung; erhöhter Schädigungsmöglichkeit muß erweiterte Haftung entsprechen, die dann nicht wieder beschränkt werden darf. Dies allein steht mit den Grundgedanken der Gefährdungshaftung im öffentlichen Recht im Einklang 62 , die ja, durch Aufgabe der Verschul55 Im Jahre 1910, später in Art. 131 WRV und Art. 34 Satz 1 GG, dazu näher Ossenbühl a. a. O. 56 Zu Ausnahmefällen fortbestehender Beamtenhaftung vergleiche Ossenbühl a. a. O. S. 71. 57 Deutsch, E., JZ 1974, 712 (713). 58 Die Verweisungsregelung wurde als „antiquiert" bezeichnet, Scheuner, U., DÖV 1955, 545 (548), als ein „anachronistisches Fiskusprivileg" (Isensee, J., Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, 1968, S. 86 ff.). 59 BGHZ 13, 88 (104). 60 Larenz, K./Canaris, C.-W, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Auflage, 1996, S. 332. 61 Medicus, D., JuS 1977,637 (642). 62 Forsthoff, E., Verwaltungsrecht I, 10. Auflage, 1973, S. 359 ff., Zeidler, 1959, 681 (685 ff.).

K., DVBI.

III. Privilegien des Fiskus

131

densvoraussetzung, auch den Beamten sachgerecht schützt, was das Verweisungsprivileg nun auch noch - aber sachwidrig - zu Lasten des Bürgers bewirken will. 6 3 Die Weite der Staatshaftung ist also weder einschränkungsbedürftig noch durch das Verweisungsprivileg einschränkungsfähig. Dieses Vorrecht läßt sich somit über eine Entlastung des Staates nicht rechtfertigen. 64 Schonung staatlicher Leistungsfähigkeit steht dort, auch in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nicht im Vordergrund. Das Verweisungsprivileg läßt sich überhaupt schwer begründen. Dessen ist sich offenbar auch die Rechtsprechung bewußt, wenn sie seit fast zwei Jahrzehnten versucht, es fallgruppenweise einzuschränken 65, insbesondere bei Haftung aus Teilnahme am allgemeinen Straßenverkehr. 66 Wenn dabei der Staat nicht mehr privilegiert wird, soweit er handelt wie jeder andere Verkehrsteilnehmer auch, so könnte daraus zwar umgekehrt geschlossen werden, der mit Privaten unvergleichbare, als solcher „besonders gefährliche Hoheitsstaat" begründe weiterhin eben doch Staatsvorrechte. Abgesehen davon aber, daß dies ausdrücklich in der Judikatur nicht mehr zum Ausdruck kommt - es wäre auch nach dem vorstehend Ausgeführten nicht haltbar. Die berechtigte Kritik am Verweisungsprivileg, wie das Staatshaftungsrecht insgesamt, sprechen vielmehr eher dafür, dem durch die Staatsgewalt gefährdeten Bürger einen leistungsfähigen Schuldner Staat gegenübertreten zu lassen - einen leistenden.

4. Vollstreckungsprivilegien a) Eine private Zwangsvollstreckung gegen den Bund oder ein Land wegen einer Geldforderung ist in Sachen, die für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben des Schuldners unentbehrlich sind, oder deren Veräußerung ein öffentliches Interesse entgegensteht (§ 882 a Absatz 2 ZPO), unzulässig. Verwaltungsvollstreckung wegen Geldforderungen gegen den Bund oder ein Land ermöglicht § 5 Abs. 1 BVwVG in Verbindung mit § 255 Absatz 1 Satz 1 AO, wegen Handlungen, Duldungen und Unterlassungen § 17 BVwVG. b) Darin ist jedoch kein materielles Leistungsverweigerungsrecht des Staates zu sehen. Der Bestand der Forderung Dritter wird durch eine solche Vollstreckungssperre nicht berührt; ihre Wirkung unterscheidet sich insoweit nicht grundsätzlich von der der unpfändbaren Gegenstände (§811 ZPO). Unpfändbarkeit und Lei63

Daß der Staat auch für die Entlastung seines Beamten eintreten muß, nicht aber irgendein Dritter, ergibt sich schon daraus, daß ihm ja auch die Steigerung der Entscheidungsfreudigkeit seiner Beamten zugute kommt. 64 Scharfe Ablehnung bei Ossenbühl (FN 34), während Medicus (FN 61) die neue Begründung offenbar gelten lassen will. 65 Ossenbühl a. a. O. S. 66 ff.; dabei kommt es allerdings zu unsystematischen, ja widersprüchlichen Entwicklungen, vergleiche dazu Lässig, C. L., JuS 1978, 679. 66 BGHZ 68, 217 (220), BGH DVBI. 1979, 517; vergleiche auch Medicus (FN 61) 637; Lässig a. a. O. 680 f. 9*

132

E. Vorbehalt staatlicher Leistungsfähigkeit im Bürgerlichen Recht

stungsverweigerungsrecht sind dogmatisch streng zu trennen, von der ersteren führt zu letzterem kein Weg, schon weil sie gegenständlich unterschiedliche Inhalte aufweisen: Die Unpfändbarkeit soll beim Staat zwar Erfüllung öffentlicher Aufgaben ermöglichen - aber nur über den Schutz der Rechte an bestimmten Gegenständen des Schuldners, nicht von dessen Leistungsfähigkeit. Das Privileg des Staates aus § 882 a Absatz 2 ZPO läßt sich also nicht zu einem allgemeinen staatlichen Leistungsverweigerungsrecht erweitern. Das gleiche gilt grundsätzlich auch für das Verbot der Verwaltungsvollstreckung. Daß die Forderungen Dritter gegen den Staat trotz dieser Vollstreckungshindernisse voll bestehen bleiben, zeigt sich schon darin, daß einer Aufrechnung mit ihnen gegen den Staat nichts im Wege steht. c) Die Begründungen für die Vollstreckungsverbote

bestätigen dieses Ergebnis:

- Dem Hinweis auf eine mögliche Schädigung des staatlichen Ansehens61 kann keine Bedeutung zuerkannt werden; außerdem würde ein solches Ansehen nicht durch Zwangsvollstreckung gegen einen zahlungsunwilligen Schuldner beschädigt, sondern durch dessen Säumigkeit. - Soweit die Vollsteckungsverbote damit gerechtfertigt werden, daß jeder staatlichen Leistungsinstanz eine andere Instanz übergeordnet sei, welche die Erfüllung der Verbindlichkeiten zu überwachen habe und für diese schon sorgen werde 68 , liegt darin nicht der Ansatz für ein Leistungsverweigerungsrecht des Staates, sondern die Behauptung einer besonderen staatsorganisatorischen Form von Erfüllungszwang für Staats Verpflichtungen: Zwangsvollstreckung sei nicht nötig, weil organisationsrechtlich eine Erfüllung der Verpflichtungen schon erzwungen werde. 69 - Der Hinweis auf die Erfüllung von Staatsaufgaben könnte für die Entwicklung eines Leistungsfähigkeitsprinzips fruchtbar gemacht werden, wenn das Vollstreckungsrecht hierfür faßbare Kriterien zur Verfügung stellte. Dies wäre jedoch nur im Zusammenhang einer Ableitung des Grundsatzes aus der Staatsaufgabenlehre möglich, insbesondere auch im Zusammenhang mit der Konkursfähigkeit juristischer Personen des öffentlichen Rechts (vergleiche oben Β. I. und II.). Seine Begründung allein aus dem Vollstreckungsprivileg ist dagegen nicht möglich. Weder die Regelung selbst noch eine ihrer möglichen Begründungen trägt also zu einem Vorbehalt leistungseinschränkender Leistungsfähigkeit. d) Schließlich sei noch darauf hingewiesen, daß gerade das Vollstreckungsprivileg gegen den Staat nicht mit der Begründung geschaffen und aufrechterhalten 67 Vergleiche Miedtank, W., Zwangsvollstreckung gegen Bund, Länder, Gemeinden und andere Juristische Personen des öffentlichen Rechts, 1964, S. 7. 68 Miedtank, a. a. O. S. 15 69 Zweifelhaft ist allerdings, ob eine solche Legitimation nicht gegen Art. 19 Absatz 4 GG verstößt; immerhin wird damit der unabhängige Völlstreckungsrichter ausgeschaltet.

IV. Ergebnis

133

worden ist, der Staat brauche seine Schulden nicht zu bezahlen, sondern umgekehrt weil er ein besonders sicherer Schuldner sei. 70 In ständiger Rechtsprechung durchbrechen daher die obersten Zivilgerichte den Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungs- gegenüber der Leistungsklage, wenn der Staat Schuldner ist; denn es sei anzunehmen, daß er auf ein Feststellungsurteil hin zahlen werde. 71 Dieses Vertrauen mag bisweilen enttäuscht worden sein. 72 Noch immer wird aber das Vollstrekkungsrecht von einer Überzeugung beherrscht, die in der Begründung des sächsischen Ausführungsgesetzes zur Zivilprozeßordnung vom 20. Juni 1900 plastisch formuliert worden ist: es sei ein casus non dabilis, daß der Fiskus, werde er verurteilt, nicht zahlen könne oder wolle. 73 Das Vollstreckungsprivileg ist also dem Staat nicht deshalb eingeräumt, damit er nicht (voll) leiste, sondern weil er auch ohne Vollstreckungszwang leisten werde. Es zeigt gesetzgeberisches Vertrauen in Leistungsfähigkeit und Leistungswillen des Staates, nicht das Bestreben, dessen Finanzkraft zu schonen. Keines der Staatsprivilegien bietet mithin einen Anhaltspunkt für einen Grundsatz, welcher Leistungsverweigerung oder auch nur Leistungsminderung durch den Staat rechtfertigen könnte.

IV. Ergebnis: Keine Begründung eines Vorbehalts staatlicher Leistungsfähigkeit aus dem Zivilrecht Diese Betrachtungen zum Recht der Leistungsverweigerung nach Bürgerlichem Recht läßt keine Anhaltspunkte für eine Berücksichtigung mangelnder Leistungsfähigkeit des Staates als Schranke seiner Leistungsverpflichtungen erkennen. Dann aber ist auch ein allgemeiner Rechtsgrundsatz diesen Inhalts nicht ersichtlich, der privates wie öffentliches Recht gleichermaßen beherrschen könnte. Ein solcher müßte sich nämlich aus mindestens einer der beiden Rechtsordnungen ableiten lassen, was nach den bisherigen Erkenntnissen aber nicht möglich ist. Die bisherige Untersuchung kommt daher zu den Ergebnis, daß mangelnde Leistungsfähigkeit des Staates keine Schranke seiner Leistungsverpflichtungen darstellt.

70 So schon Ulpian, Dig. 23.5, 2. 71 Siehe etwa RGZ 92, 398; 106, 46; 129, 34; 146, 163; 146, 295; RG HRR 1931, 1382; BGH NJW 1960, 1167. 72 Jaeger, F., in: Jaeger, F. (Hrsg.), Konkursordnung, 9. Auflage, 1978, § 1 Rdnr. 26, verweist auf Berichte über erfolglose Vollstreckungen gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts. 73 Miedtank a. a. O.

F. Folgerungen aus dem bisherigen Ergebnis der Untersuchung für die einzelnen Kategorien von Leistungsansprüchen gegen den Staat I. Negatives und zugleich positives Gesamtergebnis 1. Ein allgemeiner Verfassungsgrundsatz, nach welchem bei finanzieller Überlastung des Staates dieser seine Leistungen Schuldnern gegenüber einschränken oder gar verweigern dürfte, hat sich in den vorstehenden Hauptteilen nicht auffinden lassen. Mögliche Sondergestaltungen in den außergewöhnlichen Lagen eines Staatskonkurses ändern daran nichts. Daraus könnte nun der Schluß gezogen werden, die Untersuchung ende insgesamt mit einem negativen Ergebnis; die oben (Α. I.) berichteten Stellungnahmen aus der Staatsrechtslehre bezögen sich lediglich auf frühere Enteignungen im Osten Deutschlands, damit aber eben auf ein Sonderphänomen, in dem sich der Staatskonkurs der früheren DDR fortsetze. Erkenntnisse für das Recht der Staatsleistungen oder, allgemeiner, für die öffentlich-rechtliche Dogmatik, ergäben sich daraus nicht. Daran ändere es auch nichts, daß die Fragestellung wie die Zusammenschau möglicher Leistungsansätze immerhin eine gewisse Vertiefung herkömmlicher Problemstellungen ermöglicht habe. 2. Insbesondere könnte dieses insoweit negative Gesamtergebnis zu der Frage führen, ob denn nun hier noch Aussagen zur Wirkungsweise eines Vorbehalts fehlender Leistungsfähigkeit auf einzelne öffentlich-rechtliche Ansprüche folgen müssen. Eingangs (Α. IV.) wurde der Begriff dieser Leistungsansprüche in einzelne Kategorien gegliedert, entsprechend ihrer jeweiligen Anspruchsgrundlagen (Verfassung, Gesetz, Vertrag, usw.). Zugleich wurden dort bereits allgemeinere Aussagen zu möglichen Wirkungen eines Vorbehalts mangelnder Leistungsfähigkeit auf diese einzelnen Rechtsgrundlagen und damit auf den Inhalt der daraus sich ergebenden Ansprüche gemacht. Damit sollte nicht nur die Begrifflichkeit der Fragestellung geklärt, sondern zugleich deren mögliche praktische Auswirkung aufgezeigt werden. Die dort angekündigte eingehendere Beantwortung der Frage nach den einzelnen Auswirkungen eines solchen Leistungsverweigerungsrechts auf die verschiedenen Ansprüche des Bürgers gegen den Staat könnte nun jedoch durch das ausgesprochene negative Gesamtergebnis überflüssig werden, oder doch mit einer eher kurzen, globalen Feststellung erfolgen: Da es einen solchen Verfassungsgrundsatz gar nicht gebe, könne es auch nicht zu Wirkungen auf Leistungansprüche gegen

Π. Ansprüche auf verfassungsrechtlicher Rechtsgrundlage

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den Staat kommen, die Unterschiede, die sich bei ihnen je nach Anspruchskategorie ergäben, dürften daher im Rahmen dieser Untersuchung vernachlässigt werden. 3. Ein solcher Schluß wäre jedoch vorschnell. Wenn es einen allgemeinen Vorbehalt mangelnder Leistungsfähigkeit nicht gibt, so ergeben sich gerade daraus auch Folgerungen für die einzelnen Anspruchskategorien: Sie betreffen deren Rechtsbeständigkeit und Unbedingtheit und führen zu Feststellungen über ihre notwendige oder mögliche Ausgestaltung im einzelnen (im folgenden III.). Dies läßt sich dann durchaus als ein „positives" Ergebnis dieser Untersuchung werten, dem auch nicht unerhebliche praktische Bedeutung zukommen kann. Dies ist nun in gebotener Kürze darzustellen. Dabei ist der eingangs (Α. IV.) vorgenommenen Kategorienbildung zu folgen.

II. Ansprüche auf verfassungsrechtlicher Rechtsgrundlage 1. Ansprüche, welche sich aus Verfassungsrecht ergeben, deren Inhalt durch diese höherrangigen Normen bestimmt wird, nicht durch einfachgesetzliche Konkretisierung 1, begründen heute die praktisch wichtigsten Forderungsrechte des Bürgers gegen den Staat, von Sozialhilfe und Alimentation bis zur Enteignungsentschädigung. Könnte der Staat sich ihnen gegenüber auf eine verfassungrechtlich eingeräumte exceptio pecuniam non habendi berufen, so würde dies zugleich zu einer Einschränkung der Leistungsansprüche der Bürger führen; insoweit jedenfalls, als eine Überlastung der Staatsfinanzen drohte, würden sie gekürzt oder entfallen. Die herzustellende praktische Konkordanz (vgl. oben Α. IV. 3.) könnte und müßte auch vom einfachen Gesetzgeber in konkretisierenden Gesetzen (Sozialhilfe, Besoldungsgesetze) näher ausgestaltet werden. 2. Dies ist nun nach dem gefundenen Ergebnis weder notwendig noch zulässig. Die verfassungsrechtlichen Ansprüche unterliegen nicht einem Verfassungsvorbehalt staatlicher Leistungsfähigkeit. Soweit sie nach der Verfassung als solche begründet sind,2 stehen sie nicht unter einem „immanenten Vorbehalt" staatlicher Leistungsfähigkeit, der sie, etwa als eine ungeschriebene Verfassungnorm, einschränken könnte. Dies bedeutet insbesondere, daß auf die anspruchsbegründenden Verfassungsnormen die Dogmatik der immanenten Vorbehalte bei vorbehaltlos gewährleisteten Grundrechten 3 nicht zu erstrecken ist. Staatliche Leistungsfähigkeit 1 Hier handelt es sich, unbeschadet einfachgesetzlicher Konkretisierungen (vgl. im folgenden III. sowie oben Α. IV. 2. b)), etwa um Ansprüche auf Sozialhilfe, auf Alimentation, auf Belassung des Existenzminimums, auf Mutterschutz sowie auf Entschädigung. 2 Vgl. allerdings zu den Voraussetzungen und damit zu den begrifflichen Schranken bei Sozialhilfe und Alimentation im folgenden G. 3 Siehe etwa zu Art. 4 GG BVerfGE 28, 243 (260/261), zu Art. 5 Absatz 3 GG E 47, 327 (369); 57, 70 (99).

136

F. Folgerungen für die einzelnen Kategorien von Leistungsansprüchen

ist nicht ein den verfassungsrechtlichen Leistungsrechten des Bürgers gleich- oder gar höherrangiger Wert, der dann gegenüber den privaten Leistungsinteressen der Bürger abgewogen werden müßte. Die weitergehende Frage, ob es andere hochrangige Verfassungsgüter geben kann, die doch in solcher Weise gegenüber Leistungsansprüchen des Staates zu berücksichtigen wären und diese relativieren könnten, mag hier offen bleiben. Keinesfalls darf dies unter Berufung auf ein Verfassungsgut staatlicher Leistungsfähigkeit erfolgen. Was die Verfassung dem Staat ausdrücklich als Leistungsverpflichtung gegenüber dem Bürger auferlegt, kann auch nicht unter Berufung auf die Erfüllung anderer Staatsaufgaben eingeschränkt werden, solange sich der Staat überhaupt noch die erforderlichen Mittel beschaffen kann.4 Schon in der Grundrechtsdogmatik hat die Lehre von den „immanenten Schranken" zu nicht unerheblicher Verunsicherung geführt. Gesetzesvorbehalte, die dem Verfassungtext zu entnehmen sind, bieten der Rechtsprechung einigermaßen sicheren normativen Boden. Bei der Bestimmung immanenter Grundrechtsschranken dagegen sieht sich diese auf allgemeine Wertungen und Abwägungen verwiesen, die häufig problematisch bleiben, jedenfalls die Grundrechts-Sicherheit beeinträchtigen und überdies den Verfassungsgrundsatz der Textvollständigkeit und Textklarheit (Art. 79 Absatz 1 Satz 1 GG) relativieren. Diese Unsicherheiten mögen sich, angesichts der Weite grundrechtlicher Verbürgungen und der historisch bedingten Unvollkommenheit der Verfassungsgebung, nicht vermeiden lassen. Sie dürfen jedoch nicht auch noch in den Bereich finanzieller Leistungen des Staates übertragen werden. Dort muß sich die Klarheit des Vermögensrechts durchsetzen, in dem es die Grauzonen des Freiheitsschutzes nicht geben darf, die oft kritisiert wurden, letztlich aber kaum aufzulösen sind. Der Staat als verläßlicher Schuldner ist noch wichtiger als der Staat als zuverlässiger Garant aller Freiheiten: Mit Leistungszuverlässigkeit beginnt dieser Grundrechtsschutz. 3. Eine Relativierung staatlicher Leistungsverpflichtungen gestattet die Verfassung nach diesen Ergebnissen auch nicht auf einem Umweg über Art. 14 GG, indem etwa behauptet würde, die Leistungsansprüche des Bürgers genössen zwar Eigentumsschutz nach Art. 14 Absatz 1 GG, dieser sei jedoch durch Art. 14 Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 2 Satz 1 GG wiederum eingeschränkt, der Bürger müsse sich also einen „Sozialbindungsabschlag" gefallen lassen. Dies könnte auf mangelnde staatliche Leistungsfähigkeit nicht gestützt werden, wie die Ausführungen zu E gezeigt haben. Insoweit greifen die normativen Entscheidungen des Art. 14 Absatz 3 GG ein, der gerade diesen Bereich der Festsetzung staatlicher Ersatzleistungen regelt.

4 Oben (C. II. 6.) wurde eingehend dargelegt, daß eine solche Möglichkeit, von heute zu vernachlässigenden Ausnahmefällen abgesehen, immer besteht.

III. Einfachgesetzliche Ausformungen

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Die verfassungsrechtlich begründeten Leistungansprüche des Bürgers gegen den Staat bleiben also insoweit ohne Rücksicht auf staatliche Leistungfähigkeit voll zu erfüllen, als sie sich inhaltlich aus der Verfassung ergeben.

I I I . Einfachgesetzliche Ausformungen verfassungrechtlich begründeter Leistungsansprüche 1. Selbst wenn verfassungsrechtlich begründete Ansprüche einfachgesetzlich ausgestaltet sind, schlägt der verfassungsrechtliche Normcharakter bei der Prüfung etwaiger Wirkungen eines verfassungsrechtlichen Vorbehalts staatlicher Leistungsfähigkeit durch. 5 Die Konkretisierungsgesetze dürfen also nicht ihrerseits einen Vorbehalt aufnehmen, nach dem die staatlichen Mittel zu schonen wären. Eine solche Norm würde die höherrangige Verfassungsverbürgung des Anspruchs einschränken oder gar aufheben; sie fände jedoch keine Grundlage in einem Verfassungsgrundsatz, der dies gestattete. Durch eine globale Anspruchseinschränkung verstieße sie gegen jenes Verfassungsrecht, welches den Anspruch einräumt, sie überschritte die Schranken, die jede konkretisierende Gesetzgebung zu achten hat. Mit der „Gesetzeshand" darf der Staat nicht zurücknehmen, was er mit der „Verfassungshand" gegeben hat. 2. Wie groß gerade diese Versuchung in einer angespannten Haushaltslage praktisch ist, wird sich noch bei den im letzten Hauptteil zu behandelnden Beispielen des Sozial- und Besoldungsrechts zeigen. Allgemein läßt sich bereits hier feststellen: Daß es einen generellen Vorbehalt verfügbarer Mittel nach Verfassungsrecht nicht gibt, wirkt sich als eine wichtige „Konkretisierung des Begriffs der Konkretisierungsgesetzgebung" verfassungsrechtlicher Leistungsansprüche aus; denn bisher bleibt ja weithin unklar, wieweit etwa einfaches Entschädigungsrecht Art. 14 Absatz 3 GG „näher ausgestalten" darf. Hier ist jedenfalls festzustellen, wie dies nicht geschehen darf, nämlich mit Blick auf die staatliche Finanzlage. Schließlich bewährt sich darin ein allgemeiner Grundsatz, der für das Verhältnis von Gesetzesrecht und Verfassungsrecht grundlegend ist: Das Grundgesetz darf nicht aus einfachem Recht interpretiert oder mit Sinn angefüllt werden.6

5 Vgl. oben Α. IV. 2. b) ee). 6

Im begrifflichen Bereich mag dies manchmal nicht zu vermeiden sein, ja sogar dem „vorrechtlichen Gesamtbild" des Verfassungsgebers entsprechen. Doch zentrale Verfassungsinhalte darf der einfache Gesetzgeber der Verfassung nicht unterschieben, vgl. dazu Leisner, W., Von der Verfassungsmäßigkeit der Gesetze zur Gesetzmäßigkeit der Verfassung, 1964, S. 12 ff.

1 3 8 F . Folgerungen für die einzelnen Kategorien von Leistungsansprüchen

IV. Einfachgesetzliche Ansprüche ohne Verfassungskonkretisierenden Inhalt 1. Für einfaches Gesetzesrecht, welches Leistungsansprüche gewährt, ergeben sich aus der Ablehnung eines verfassungsrechtlichen Vorbehalts staatlicher Leistungsfähigkeit ebenfalls wichtige Konsequenzen. Die einfachen Leistungsgesetze, auf denen insbesondere das Subventionsrecht beruht, können zwar einen Leistungsvorbehalt, insbesondere den Haushaltsvorbehalt vorhandener Mittel, enthalten. Der Gesetzgeber darf seine Einfügung aber nicht im Vertrauen darauf unterlassen, daß es ja einen entsprechenden Verfassungsgrundsatz gebe, der jederzeit eingreifen werde. Er hat also bei jeder einfachgesetzlichen Förderungsmaßnahme stets ein Gebot legislativer Sorgfalt zu beachten, er muß selbst seine Entscheidungen darauf überprüfen, ob sie sich nach bestehender oder zu erwartender Mittellage voraussichtlich realisieren lassen. Denn auf Haushaltsansätze allein kann er sich, dem Bürger gegenüber, nicht berufen. 2. Insbesondere sind die Auswirkungen des Ergebnisses dieser Untersuchung auf den Vertrauensschutz des Bürgers gegenüber staatlichen Förderungsentscheidungen zu berücksichtigen. Der Staat darf nicht geltend machen, der Anspruchsinhaber „habe ja wissen müssen", daß nur nach vorhandenen Mitteln geleistet werden könne. Stünde dies in der Verfassung, so müßte es der Berechtigte wissen und seinen Dispositionen zugrunde legen. Da dies aber nicht zutrifft, darf er sich in vollem Umfang auf die Einräumung eines Anspruchs durch den Gesetzgeber verlassen, der jedenfalls zu erfüllen ist. Der Gesetzgeber wird daher insbesondere sorgfältig prüfen müssen, mit welchem Inhalt, für welche Zeit, vor allem aber mit welchen Belastungswirkungen er dem Bürger Ansprüche einräumen will. Dadurch wird vor allem das Vertrauen des Begünstigten in eine Weitergewährung geprägt sein, auf das im Falle einer Änderung der Leistungsgesetze zu Lasten des Bürgers Rücksicht zu nehmen ist. 7 Wenn das Gesetz eine solche nicht ausdrücklich begrenzt oder relativiert, so darf der Gesetzgeber jedenfalls nicht damit rechnen, daß sich derartiges bereits aus einer allgemeineren Norm mit Verfassungsrang ergebe. Dies führt zur Mahnung an den Gesetzgeber, entweder Vorbehalte selbst einzufügen, oder jedenfalls gesetzliche Leistungsversprechen nur begrenzt, vor allem aber kürzerfristig, abzugeben. Daß dem allerdings Belange einer kontinuitätsverläßlichen Wirtschaftsförderung entgegenstehen können, ist nicht zu verkennen.

7 Vgl. BVerfGE 68, 287 (307); 69, 272 (310); 72, 141 (154 f.).

V. Durch Verwaltungsentscheidung eingeräumte Leistungsansprüche

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V. Durch Verwaltungsentscheidung eingeräumte Leistungsansprüche Hier ist zu unterscheiden: 1. Soweit sich die Ansprüche des Bürgers auf Verwaltungsakte stützen, welche in gesetzesgebundener Verwaltung erlassen werden, gilt das vorstehend unter III. Ausgeführte: Die Verwaltung kann ihrerseits, wenn das einfache Leistungsgesetz dies nicht gestattet, ihrer Entscheidung nicht Haushaltsvorbehalte oder ähnliche Beschränkungen oder Relativierungen hinzufügen. Sie darf auch beim konkretisierenden Gesetzesvollzug nicht bereits die jeweilige Kassenlage des Staates oder eine Bedürfnissituation des Begünstigten berücksichtigen, soweit das Gesetz dies nicht zuläßt. 2. Ist der Verwaltung bei der Begründung des Anspruchs ein Ermessen eingeräumt, so hat sie dessen Schranken zu beachten. Nach dem Ergebnis dieser Untersuchung gibt es jedoch keine Ermessensschranken aus einem verfassungsrechtlichen Verbot finanzieller Überlastung des staatlichen Schuldners. Eine Ermessensbegrenzung aus Sinn und Zweck des Gesetzes8, etwa in dem Sinn, daß der Gesetzgeber jedenfalls jede Überlastung habe vermeiden wollen, scheidet ebenfalls aus, soweit sie sich nicht deutlich aus dem betreffenden Gesetz ergibt: Wenn das Verfassungsrecht sie nicht kennt, darf der einfache Gesetzgeber dies nicht als einen allgemeinen Vorbehalt zugrundlegen. Auf diese Weise würde die hier getroffenen Feststellung unterlaufen, daß die Rechtsordnung derartiges allgemein nicht vorsieht. Überdies wäre ein derart unbestimmter, noch dazu ungeschriebener Gesetzesvorbehalt mit rechtsstaatlicher Normklarheit nicht zu vereinbaren. 3. Ansprüche des Bürgers auf Staatsleistungen können auch durch Verwaltungsentscheidung begründet werden, ohne daß es dazu einer spezialgesetzlichen Grundlage bedarf. Dies gilt vor allem bei einer Verteilung von veranschlagten Haushaltsmitteln, die lediglich begünstigende Wirkung entfaltet. Da der Haushaltsplan die Verwaltung zwar dazu ermächtigt, nicht aber verpflichtet, steht es ihr frei, hier einen Haushaltsvorbehalt einzufügen. Dem Bürger gegenüber kann sie sich jedoch, unterläßt sie dies, nicht auf eine solche Verpflichtung berufen, entfaltet der Haushaltsplan doch keine Außenwirkung. 9 Eine Begründung dafür darf sie dann auch nicht einem allgemeinen Prinzip der Zulässigkeit einer exceptio pecuniam non habendi entnehmen.10 Sieht die Verwaltung jedoch zulässigerweise einen Haushaltsvorbehalt vor, so schränkt dieser ihre Leistungsverpflichtung ein, ein Rückgriff auf einen etwaigen Verfassungsgrundsatz ist dann nicht mehr erforderlich. Relativiert die Verwaltung die Leistungsverpflichtung in anderer und allgemeinerer Art als durch einen Haus8 Vgl. Maurer, H., Allgemeines Verwaltungsrecht, 11. Auflage, 1997, § 7 Rdnr. 22. 9 Siehe oben C. I. 2. 10 Siehe oben C. III.

140

F. Folgerungen für die einzelnen Kategorien von Leistungsansprüchen

haltsvorbehalt, etwa durch den Hinweis, keinesfalls dürfe es zu einer übermäßigen Belastung der Staatsfinanzen kommen, so ist dies bedenklich. Schon das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot stünde dem entgegen. Zudem wäre auch nicht einzusehen, weshalb ein konkreter Haushaltsvorbehalt („soweit Mittel aus Titel ... vorhanden sind") nicht eine geeignete und hinreichende Einschränkung darstellte.

VI. Leistungsansprüche auf vertraglicher Grundlage Diese Ansprüche stehen ebenfalls - ungeachtet der Ausgestaltung des Vertrags im einzelnen - nicht unter einem allgemeinen verfassungsrechtlichen Verbot übermäßiger Belastung des Schuldners Staat. Ein Berufung auf ein solches Prinzip könnte weder zur Nichtigkeit des Vertrags führen, noch die Rechtsfolgen eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage auslösen. 1. Dies gilt für Ansprüche aus Verträgen des Bürgerlichen Rechts unmittelbar (siehe oben E.), schon deshalb, weil dem Zivilrecht eine exceptio pecuniam non habendi fremd ist. 2. Das gleiche ist aber auch für öffentlich-rechtliche Verträge anzunehmen. Für sie gelten, soweit nicht Sonderbestimmungen des Verwaltungsverfahrensrechts eingreifen, nach § 62 Satz 2 VwVfG die bürgerlichrechtlichen Vorschriften über Verträge entsprechend. Dies trifft insbesondere für das Recht der Leistungsstörungen zu. 11 Eine Sondervorschrift des Verfassungsrechts aber greift, wie nachgewiesen, nicht ein. 3. Das öffentliche wie das private Vertragsrecht läßt der Vertragsautonomie weiten Spielraum. So ist insbesondere bei der inhaltlichen Bestimmung der Leistungserbringung stets zunächst vom Willen der Vertragsparteien auszugehen. Dieser ergibt sich aber in erster Linie aus dem festgehaltenen Vertragsinhalt. Ist also der Staat der leistungsverpflichtete Vertragspartner, so wird man, will er sich auf seine allgemeine wirtschaftliche Lage berufen, verlangen müssen, daß er sich dieses Recht im Vertragstext ausdrücklich vorbehält, steht es ihm von Verfassungs wegen doch nicht zu. Hier ist auch keine erweiternde Vertragsauslegung zugunsten des Staates zulässig, im Zweifel hat er in vollem Umfang zu erfüllen. So ergeben sich denn aus dem Ergebnis der Hauptteile Β bis E jeweils besondere, zum Teil praktisch bedeutsame Folgerungen für die verschiedenen Arten von Ansprüchen auf Staatsleistungen. Das Gesamtergebnis bleibt: Eine exceptio pecuniam non habendi steht dem Staat nicht zu.

π Vgl. etwa BVerwG DVBI. 1978, 610 (613); Bullinger, M., DÖV 1977, 812 ff.; Obermayer, K., BayVBl. 1977, 546 ff.

G. Staatsleistungen nach verfügbaren Haushaltsmitteln die „indirekte Außenwirkung des Haushaltsrechts" I. Die Fragestellung: Staatliche Leistungskürzungen durch staatsbestimmte Veränderung der flexiblen Leistungsziele 1. Das bisherige Ergebnis: Keine Berufung des Staates auf mangelnde Leistungsfähigkeit a) Die Untersuchung hat bisher versucht zu klären, ob es ein allgemeines Verfassungsprinzip gibt, welches den Staat zur Kürzung oder gar Verweigerung rechtlich geschuldeter Leistungen legitimiert, unter Berufung auf mangelnde Mittel, auf fehlende Leistungsfähigkeit. Ein solcher allgemeiner Verfassungsgrundsatz hat sich nicht erweisen lassen. Es haben sich nicht einmal deutliche Ansatzpunkte für eine etwaige Rechtsanalogie ergeben, aus der sich derartiges entwickeln könnte. Ein solches Leistungsverweigerungsrecht läßt sich aus den Funktionen der Aufgabenerfüllung durch den Staat nicht ableiten, und zwar gerade deshalb nicht, weil der Staatsgewalt ein so allgemeines Aufgabenbestimmungsrecht zukommt, daß eine Berufung auf die Notwendigkeit, andere Aufgaben zu erfüllen, einem vollständigen Freizeichnungsrechts des Schuldners Staat gleichkäme; umgekehrt gestattet es aber gerade diese Freiheit der Aufgabenbestimmung dem Staat, jedenfalls auf die Einschränkung anderer Zweckverwirklichung(sverfahren) auszuweichen, sodaß hinreichende Mittel immer noch zur Verfügung stehen werden (Β. I.). Das geltende Haushalts(-verfassungs)recht engt zwar den finanzpolitischen Handlungsspielraum des Staates ein, insbesondere durch Beschränkung der Kreditaufnahme; doch normative Schranken im Interesse einer stets zu wahrenden staatlichen Leistungsfähigkeit werden selbst hier nicht sichtbar. Derartige Einschränkungen reduzieren auch den Mittelzufluß in die staatlichen Kassen nicht in einem solchen Umfang, daß sich daraus die notwendige Folge einer staatlichen Leistungsschwäche oder gar -Unfähigkeit ergeben könnte; denn es bliebe noch immer das traditionelle staatliche Steuererhöhungsrecht (C.). b) Nur an zwei Stellen sind nach dem bisher Festgestellten Randkorrekturen angebracht: - Im Falle eines Staatsbankrotts greift ein normativ kaum begrenzbares staatliches Leistungskürzungsrecht ein (vergleiche oben C. III.); - der Möglichkeit, sich Mittel in normativ nicht beschränkter Höhe durch Anziehen der Steuerschraube zu beschaffen, könnte eines Tages das Europarecht

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G. Staatsleistungen nach verfügbaren Haushaltsmitteln

rechtliche Schranken ziehen; letzte faktische Grenzen ergeben sich möglicherweise aus einem Steuerwiderstand der Bürger (vergleiche oben D. II. 7. und 8.). Diese beiden Schranken mögen Zurückhaltung nahelegen, vom „unendlich reichen Staat" zu sprechen und deshalb die Fragestellung der „staatlichen Leistungsfähigkeit" als solche schon als unzulässig anzusehen. Doch die Bedeutung dieser Vorbehalte darf auch nicht überschätzt werden: Sie betreffen nur Extremlagen, die heute nicht voraussehbar und damit rechtlich-dogmatischer Betrachtung kaum zugänglich sind. Gewarnt werden muß davor, allzu leichthin eine Berufung auf Vorwirkungen eines „möglichen" Staatsbankrotts oder eines den Mittelzufluß sperrenden Steuerwiderstandes anzunehmen. Letztlich ist diesen Extrem-Vorbehalten eines gemeinsam: Sie können gar nicht Gegenstand rechtlicher Betrachtung sein, weil diese in historischen Kategorien und Dimensionen erfolgen müßte, die ihr aber fremd sind. Verlorene Weltkriege, Steuerrevolten, ein durchnormierter europäischer Finanzstaat, welcher die Steuerhoheit der Mitgliedstaaten entscheidend beschränkt - all dies sind Perspektiven, die weit über die Sicht der vorliegenden Untersuchung hinausreichen, welche aber den rechtsdogmatischen Boden nicht verlieren will. Es muß also bei dem immer wieder erzielten Ergebnis bleiben: Eine allgemeine Leistungsfähigkeitsschranke für Staatsleistungen gibt es nicht. Damit dürfen diese Betrachtungen jedoch nicht schließen.

2. Der „stillschweigende Haushaltsvorbehalt" a) Staatliche Leistungsverpflichtungen können weithin - soweit Verfassung oder Gesetz das nicht ausschließen - unter den Haushaltsvorbehalt vorhandener Mittel gestellt werden (vgl. oben C. I. 3.). Der Inhalt der betreffenden rechtlichen Verbindlichkeit ist damit, in zulässiger Weise, von vorneherein auf staatliche Leistungsfähigkeit beschränkt. Wo dies aber nicht erfolgt (ist), greift der beherrschende Haushaltsgrundsatz ein, daß der Haushalt keine Außenwirkung entfaltet, auch nicht zu Lasten der Gläubiger des Staates (§ 3 Absatz 2 HGrG). Doch bei dieser Aussage ist die Beantwortung einer Frage entscheidend: Was sind denn nun diese Rechte Dritter, welche Leistungsminderung seitens des Staates nicht zulassen? Darf der Staat, insbesondere der Gesetzgeber, nicht auf den Inhalt dieser gegen ihn gerichteten Ansprüche Einfluß nehmen, schon bei ihrer Entstehung oder nach dieser? Wenn ihm dies rechtlich möglich ist, so kann er sich auf einem solchen Weg von seinen Leistungsverpflichtungen eben doch befreien, ganz oder teilweise. Eine bedeutsame Sperre gegenüber derartigen Versuchen stellt jene Eigentumsgarantie des Art. 14 Absatz 1 Satz 1 GG dar, welche auch Ansprüche des Bürgers gegen den Staat grundsätzlich schützt, neuerdings auch dort, wo sie dem offendi-

I. Fragestellung

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chen Recht zuzurechnen sind.1 Deshalb will ein Teil der Lehre auf einen allgemeinen Grundsatz staatlicher Leistungsfähigkeit gerade im Entschädigungsrecht ausweichen (vergleiche oben Α. I.), was sich allerding nur als ein allenfalls politisch bedeutsames Postulat erwiesen hat. Immer wieder zeigt sich jedoch eine andere, ebenso wirksame Rechts-, ja Verfassungspraxis: Die staatlichen Leistungsinhalte werden entweder von Anfang an variabel gesetzt, oder nachträglich flexibilisiert, je nach dem, was der Haushalt jeweils gerade gestattet. Dann bedarf es nicht des budgetären Instruments des Haushaltsvorbehalts; dasselbe Ziel wird über die Flexibilisierung der Staatsleistungen durch außerbudgetäres Recht, spätestens durch entsprechende Verwaltungs- und Gerichtspraxis erreicht. b) Hier kommt es, und dies heute fast täglich angesichts leerer Kassen, zu etwas wie einem „,stillschweigenden Haushaltsvorbehalt": Nicht der Haushalt begrenzt die Aufgaben, die Aufgaben werden ihrerseits so zugeschnitten, daß sie mit den jeweils vorhandenen Mitteln erfüllt werden können. Politisch wird dieses Diktat der leeren Kassen über die Staatsaufgaben und die Verpflichtungen zu deren Erfüllung offen zugegeben; rechtsdogmatisch läßt es sich als Aufgabenveränderung darstellen, wobei zwar ebenfalls die etatmäßige Motivation offengelegt, die Leistungssperre der Leistungsunfähigkeit aber gewissermaßen in den außerbudgetären Bereich verlegt wird. Dann mag dieser stillschweigende Haushaltsvorbehalt politisch und ökonomisch bedauert werden; rechtlich steht ihm nichts entgegen, weil der Staat eben seine Aufgaben und Verpflichtungen reduzieren darf, wenn er kein Geld hat; dann braucht er nicht zu zahlen, weil er sich schon gar nicht verpflichtet (hat), nicht weil ihm keine Mittel zur Verfügung stehen - ein vielleicht feiner, dogmatisch aber beachtlicher Unterschied. Er setzt allerdings voraus, daß die Verfassung diese Aufgabenveränderung zuläßt, was noch zu vertiefen sein wird. Die Lehre hat dies schon seit langem erkannt. Der richtige Kern der These Luhmanns von der Unmöglichkeit der Verwaltung, wirtschaftlich zu handeln2, liegt nicht nur in der mangelnden Quantifizierbarkeit, in der fehlenden Vergleichbarkeit des staatlichen Outputs mit anderen Produktionen, insbesondere denen des Privatbereichs, sondern vor allem in der wesentlichen Beweglichkeit vieler staatlicher Leistungsinhalte, welche auf die Flexibilisierungsmöglichkeit der entsprechenden Zielvorstellungen zurückgeht.3 Kirchhof hat diese haushaltsrechtlichen Begrün1 Dies wurde oben, D. I., nachgewiesen; die Aufgabenbestimmungsfreiheit des Staates steht dem nicht entgegen. 2 Luhmann, N., VerwArch. 51 (1960), 90 (96 ff.). 3 Man könnte diese als „offen" bezeichnen, so für die Wirtschaftlichkeit Krebs, W., Kontrolle in staatlichen Entscheidungsprozesses, 1984, S. 215; vgl. zu den verschiedenen Bedeutungen dieses Begriffs Vogel, K., in: Recht und Staat in Geschichte und Gegenwart, Heft 292/293 (1964), S. 3 (insbesondere S. 33 ff.), der die Verfassungsentscheidung des Grundgesetzes für eine internationale Zusammenarbeit in ausdrücklichem Gegensatz zur geschlossenen Staatlichkeit Fichtes begreift (S. 33); siehe zur kritischen Forführung dieses Beitrags dens., JZ 1997, 161.

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düngen in Bereichen aufgezeigt, in welchen die Inhalte staatlicher Verpflichtungen letztlich vor allem haushaltsrechtlich bestimmt werden 4, etwa bei der Beamtenbesoldung. Damit werden Grundlagen des Haushaltsrechts verschoben: Etatüberlegungen wirken als „Zweitmotive" 5 , oft verdeckt durch die aufgabenbezogenen „Erstmotive", praktisch nur schwer sichtbar zu machen, in der Regel unüberprüfbar; damit wird der Haushalt und sein Recht auch noch zur Gefährdung der Rechtsstaatlichkeit. Vor allem aber kommt es zu einer Aushöhlung des Prinzips des § 3 Absatz 2 HGrG, nach dem der Haushaltsplan Rechte Dritter unberührt läßt; in der Tat „berührt" er sie dann nicht, weil er bereits ihre Entstehung verhindert oder sie nachträglich legal abbaut, soweit nicht das Verbot der rückwirkenden Gesetzgebung entgegensteht.6 Auf diese Weise kommt es zu einer indirekten Außenwirkung des Haushalts(rechts): nicht „Verpflichtungen nach Etatansätzen", sondern „Etatansätze nach (vorher entsprechend und mit Blick auf sie reduzierten) Verpflichtungen". Diese Praktiken finden auf so breiter Front statt, daß die Frage erlaubt ist, was denn die fehlende unmittelbare Außenwirkung des Haushalts noch bedeutet, wenn sie durch antizipierende Veränderung der Verpflichtungsinhalte unterlaufen werden kann. c) Dieser „indirekte Haushaltsvorbehalt" wirkt auf Staatsverpflichtungen auf gesetzlicher (etwa im Bereich der Sozialversicherung) wie auf verfassungsrechtlicher Grundlage (ζ. B. Beamtenalimentation, Sozialhilfe); über diese normativen Effekte wirkt er sogar auf Verpflichtungen ein, welche durch Verwaltungsakt oder Vertrag begründet werden, soweit diese auf gesetzlich nomierte Pflichten der staatlichen Schuldner Bezug nehmen. Unter indirektem Haushaltsvorbehalt steht daher heute der finanziell bei weitem bedeutsamste Teil der Staatsleistungen. Nachdem die meisten Subventionsansprüche bereits offenem Haushaltsvorbehalt unterliegen, gibt es im Ergebnis nurmehr einzelne, allerdings noch immer nicht unbedeutende, Bereiche, in denen sich Haushaltsüberlegungen nicht dergestalt leistungsmindernd auswirken können: Der wichtigste unter ihnen ist wohl das Entschädigungsrecht, und deshalb ist es auch verständlich, daß gerade dort immer wieder versucht wird, eine Flexibilisierung der Staatsleistungen unmittelbar über die Abwägung nach Art. 14 Absatz 3 GG herzustellen. Daß dem aber engste Grenzen gezogen sind, wurde bereits deutlich (vgl. oben D. III.).

4 Kirchhof, P., NVwZ 1983, 505 (512). 5 Kirchhof a. a. O. 6 Dieses stellt aber schon deshalb kaum eine wirksame Sperre für solche Entwicklungen dar, weil es hier in aller Regel um unechte Rückwirkungen geht (vgl. BVerfGE 59, 128 (164 f.)), bei der dort vorzunehmenden Abwägung aber auf staatlicher Seite meist gar nicht offen das Gewicht der leeren Kassen angesetzt, sondern eben auf aufgabenbezogene öffentliche Interessen Bezug genommen, besser: ausgewichen wird.

I. Fragestellung

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3. Die Bedeutung der Erkenntnis des indirekten Haushaltsvorbehalts für das Leistungsfähigkeitsproblem a) Geht man von diesen außerordentlich weitreichenden indirekten Wirkungen einer exceptio pecuniam non habendi auf den Inhalt staatlicher Leistungsverpflichtungen aus, so mag die Frage naheliegen, was es denn noch bedeute, daß eine allgemeine, direkte exceptio dieser Art nicht besteht - wenn deren Wirkungen auf dem Umweg der Reduzierung der Verpflichtungsinhalte so unschwer doch erreicht werden können. Das in den ersten Hauptteilen dieser Untersuchung gewonnene Ergebnis, daß es einen allgemeinen Vorbehalt staatlicher Leistungsfähigkeit nicht gibt, bleibt dennoch bedeutsam, zumindest aus zwei Gründen: - Es gibt Bereiche, in denen eine direkte Einrede fehlender Mittel wirken würde, der indirekte Haushaltsvorbehalt aber nicht wirksam werden kann, vom Entschädigungsrecht bis zu öffentlich-rechtlichen Verträgen über Gegenstände, die nicht normativ bestimmt sind. - Wenn bewußt wird, daß der Etat „eigentlich nicht nach außen wirken dürfe", daß aber so weitgehend entsprechende Effekte auf indirekten Wegen doch erzielt werden können, so muß dies dazu führen, daß vertiefend über die Zulässigkeit einer solchen „etatmäßigen Zweitmotivation" nachgedacht, daß sie wenigstens offengelegt wird. Dann aber wird sich ergeben, daß normative, insbesondere verfassungsrechtliche, Vorgaben bei einer solchen „Verpflichtungsgestaltung nach Mittellage" verfehlt werden könnten. Hingewiesen sei hier bereits auf die Sozialhilfe. Sie soll existenzielle Bedrohungen abwehren, nur soweit, aber auch voll soweit gewährt werden, wie dies Staatsleistungen erfordert. Das aber verbietet eine „Existenzsicherung nach Haushaltslage": einmal allzu großzügige Leistungen, weil volle Kassen Barmherzigkeit gestatten, dann wieder geringere Leistungen, nur weil nun die Kassen leer sind - und dies alles im Namen eines Anspruchs, der sich auf die Menschenwürde stützt.7 Vielleicht könnte ein klareres Bewußtsein dafür, daß Staatsleistungen nach (verfassungsrechtlichen, materiellrechtlichen Vorgaben zu erbringen sind und nicht mit Blick auf die Kassen des Staates, gelegentlich auch größeren Mut beim Gesetzgeber wecken, entweder nun den Bürger (über Steuern) stärker zu belasten - oder auch schwächer, weil eben selbst der „unendlich reiche Staat nichts zu verschenken hat", gerade er nicht. b) Im folgenden soll an einigen Beispielen gezeigt werden, wie es über den indirekten Haushaltsvorbehalt zu Leistungskürzungen seitens des Staates kommt, wie diese oft auch ganz offen mit Etatüberlegungen begründet werden, obwohl doch andere, außerbudgetäre Vorgaben und Zielsetzungen entscheiden sollten.

7 Vgl. BVerfGE 82, 60 (85). 10 Leisner

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G. Staatsleistungen nach verfügbaren Haushaltsmitteln

Im Vordergrund stehen dabei die beiden heute am stärksten wirkenden Haushaltsbelastungen: die Sozialleistungen, vor allem Sozialhilfe und Sozialversicherung, zu denen der Staat wesentlich über Zuschüsse beiträgt, und die Beamtenalimentation, bei der ja gerade gegenwärtig eine etwaige Kürzung von verfassungsrechtlichen Leistungsansprüchen offen haushaltsmäßig begründet wird. Ein kurzer Hinweis auf den Ermessensfall des polizeilichen Opportunitätsprinzips soll die Betrachtung in Bereiche erweitern, in denen sich ebenfalls, wohl noch kaum bemerkt, Etatüberlegungen ausbreiten.

II. Sozialversicherungsrechtliche Ansprüche „Eigentum nach Haushalt64? 1. Die Sozialversicherung als Staatsleistung a) Die gesetzliche Sozialversicherung wird in all ihren „Säulen" (Renten-, Kranken-, Unfall-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung) von den Grundzügen bestimmt, die seit ihrer Einführung diesen Leistungstypus bestimmen:8 Deckung eines möglichen, in seiner Gesamtheit schätzbaren Bedarfs durch Verteilung auf eine organisierte Vielheit, in sachorientierter Anknüpfung an ein Beschäftigungsverhältnis.9 Erbracht werden ihre Leistungen zwar von Trägern, die weitgehend autonom arbeiten, und aus Mitteln, welche diesen „Solidargemeinschaften" zur Verfügung stehen: den Beiträgen ihrer Mitglieder, der Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Die Sozialversicherung wäre aber schon seit langem ohne erhebliche staatliche Zuschüsse nicht mehr leistungsfähig, damit auch überhaupt nicht vorstellbar. Vor allem dadurch, und nicht nur über die Umverteilungswirkungen des sogenannten Generationenvertrags, war es möglich, daß insbesondere die Renten stets höher sein konnten, als es einem Beitragsniveau entsprochen hätte, das etwa nach versicherungstechnischen Grundsätzen ermittelt worden wäre. 10 Und deshalb konnte auch das Bundesverfassungsgericht schon früh aussprechen, der Gesetzgeber habe hier mehr auf das Versorgungs- als auf das Beitragsprinzip abgestellt.11 b) Die Leistungen der Sozialversicherung werden als Staatsleistungen angesehen, die Träger der Sozialversicherung erscheinen daher als „verlängerter Arm des Staates"12, und dies nicht nur im Hinblick auf die ihnen aus staatlichen Haushalten s Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG, vgl. etwa E 11, 105 (112); 75, 108 (146 ff.). 9 Dieser letztere Begriff ist allerdings vom BVerfG erheblich ausgeweitet worden, vgl. E 75, 108 (146 ff.); - Künstersozialabgabe. 10 Vgl. dazu und zum folgenden die grundsätzlichen Ausführungen von Schneider, H., in: Stober, R. (Hrsg.), Eigentumsschutz sozialrechtlicher Positionen, 1986, S. 150 (153/54). h BVerfGE 20, 52 (55). 12 Siehe etwa BVerfGE 21, 362 (378).

II. Sozialversicherungsrechtliche Ansprüche

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zufließenden Mittel. 13 Entscheidend ist vielmehr, daß hier eine dem Staat obliegende Aufgabe erfüllt wird 1 4 , was sich unter Hinweis auf die Verpflichtung des Staates aus Art. 1 GG 1 5 , aber auch aus der Sozialstaatlichkeit, begründen läßt. 16 Es ist daher zulässig, die Leistungen der Sozialversicherung im vorliegenden Zusammenhang zu behandeln; sie bieten ein besonders anschauliches Beispiel für (versuchte) Kürzungen von Staatsleistungen unter Hinweis auf die angespannte Haushaltslage, und dies gerade im gegenwärtigen Zeitpunkt. Zugleich wird deutlich, daß der Begriff der „Staatsleistungen" jedenfalls auf rechtliche Verpflichtungen ausgedehnt werden muß, die im öffentlichen Bereich (maßgeblich) auch unter Einsatz von Haushaltsmitteln zu erfüllen sind. Wenn sogar hier Leistungskürzungen zulässig sein sollen, obwohl doch auch umfangreiche Eigenleistungen der Sozialversicherten erbracht worden sind, diese also insoweit in einem der Privatversicherung vergleichbaren Verhältnis zu den Trägern der Sozialversicherung stehen, so zeigt sich, daß der Begriff der staatlichen, öffentlich-rechtlichen Leistungsfähigkeit auch Bedeutung für gleichordnungsähnliche Beziehungen gewinnt. Man könnte sogar an einen Erst-Recht-Schluß denken: Wenn schon dort, wo nur ein Teil der Leistungen aus Staatsmitteln erbracht wird, die leeren Staatskassen zur Leistungsreduzierung führen (können), hat dies dann nicht a fortiori in Fällen zu gelten, in denen der Staat alles bezahlen muß?17 Vor allem aber ist die aktuelle Problematik der Kürzungen der Sozialversicherungsleistungen deshalb ein wichtiges Beispiel, weil hier, in aller Regel, selbst durch kleinere Erhöhungen oder Verminderungen sogleich Größenordnungen erreicht werden 18, welche Millionen von Bürgern betreffen und Belastungen in Milliardenhöhe zum Gegenstand haben. Gerade hier kann also leicht die politische Überlastungsgrenze der Haushalte erreicht werden, was zu Versuchen anregt, die Staatsleistungen einzuschränken und dies auch rechtlich zu begründen.

13 BVerfG a. a. O. 14 Benda, E., Die verfassungsrechtliche Relevanz des Sozialrechts, 1975, S. 30 (41). 15 Benda a. a. Ο. 16

Benda a. a. Ο.; allerdings wird hier das Sozialstaatsprinzip vom BVerfG nur vorsichtig herangezogen, vgl. schon die Terminologie „sozialstaatliche Aufgabe", E 21, 362 (378). 17 Dabei darf jedoch nicht verkannt werden, daß eine Leistungskürzung der Sozialversicherung (vgl. im folgenden 3.) nicht nur konkret haushaltsrechtlich motiviert zu sein pflegt, sondern allgemein durch eine depressive Wirtschaftslage, welche der staatliche Gesetzgeber verbessern will - aber eben auch mit haushaltsrechtlichen Anstrengungen. 18 Siehe dazu die Beispiele bei Schneider, H., in: Stober, R. (Hrsg.), Eigentumsschutz sozialrechtlicher Positionen, 1986, S. 150 (156). 10*

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G. Staatsleistungen nach verfügbaren Haushaltsmitteln

2. Der Eigentumsschutz sozialversicherungsrechtlicher Rechtspositionen Sperre der Leistungskürzung? a) Einer solchen Begründung bedürfen hier staatliche Leistungskürzungen in besonderem Maße deshalb, weil die Rechtspositionen, welche eingeschränkt werden sollen, heute zwar als einfach-gesetzliche Ansprüche aus dem Recht der Sozialversicherung angesehen werden, in letzter Zeit aber deutlich eine verfassungsrechtliche Dimension erreicht haben. In einer langen und vorsichtigen Judikatur 19 hat das Bundesverfassungsgericht schließlich20 den Eigentumsschutz von Rechten und Anwartschaften aus der Sozialversicherung grundsätzlich anerkannt. Das Schrifttum ist dem gefolgt, allerdings weithin in deutüch kritischer Distanz: 21 Die Freiheit, welche das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung - einschließlich der Kürzung - dieser Leistungen zuerkannt habe 22 , entwerte nicht nur weitestgehend den nunmehr anerkannten Verfassungsschutz der Ansprüche; diese Flexibilisierung schlage sogar zurück auf die allgemeine Begrifflichkeit des grundgesetzlichen Eigentumsschutzes, der auf solche Weise bedenklich relativiert werde: durch die Umwandlung der Eigentumsgarantie in eine allgemeine Gewährleistung sozial schutzwürdiger vermögenswerter Positionen, wie sie bereits Carl Schmitt vorausgesehen habe.23 b) Die Problematik dieser Relativierung des Eigentumsschutzes und die damit verbundene Ausweitung des Rechts des Staates, Leistungen hier zu kürzen, zeigt sich vor allem bei jenen zwei Begründungen, welche den vom Bundesverfassungsgericht angenommenen Verfassungsschutz tragen sollen: - Das Bundesverfassungsgericht hat sich auf einefiinktionalistische Betrachtung gestützt: Es würde „zu einem weitgehenden, mit dem Schutz des Eigentums im sozialen Rechtsstaat schwerlich zu vereinbarenden Funktionsverlust dieser grundlegenden Gewährleistung führen, wenn sie vermögensrechtliche Positionen nicht umfaßte, die für die große Mehrzahl der Bevölkerung die wichtigste und oft einzige Grundlage ihrer Daseinssicherung sind." 24 Wenn nun aber der Gesetzgeber solche verfassungsgeschützte Positionen dennoch einschränken, Leistungen, welche in ihrem Namen gefördert werden können, also kürzen darf (näher im folgenden 3.), so ist er es, der wesentlich diesen Funktionsbezug be19 Überblick bei Schneider a. a. O. S. 151 f. 20 Ein gewisser Abschluß wurde im Jahr 1980 erreicht, BVerfGE 53, 257 (293 f.). 21 Vgl. für viele Benda (FN \A); Bryde, B.-O., in: von Münch, I./Kunig, Ρ. (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, 4. Auflage, 1992, Art. 14 Rdnr. 64 f.; Schneider (FN 18) S. 153 f.; Starck, Chr., DVB1. 1978, 937 (939 f.); Stober (FN 10) S. 50 (74). 22 Vgl. etwa BVerfGE 53, 257 (293); 58, 81 (110 f.); 74, 203 (215). 23 Siehe Schmitt, C., Auflösung des Enteignungsbegriffs, in: Verfassungsrechtliche Aufsätze, 1958, S. 110 ff. 24 BVerfGE 53, 257 (294).

II. Sozialversicherungsrechtliche Ansprüche

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stimmt. Dann aber findet (hier jedenfalls) der grundgesetzliche Eigentumsschutz seine Begründung nicht in der staatsabwehrenden Freiheit, sondern in dem staatsbestimmten Ziel der Leistung: Der Staat legt fest, was der Bürger zur Daseinssicherung jeweils braucht. Das Staatsziel Eigentumsschutz ist dabei dem Staat nicht mehr vorgegeben, er definiert es in Flexibilität. - Nicht geringere Bedenken ergeben sich aus der anderen Legitimationsgrundlage des Verfassungsschutzes sozialversicherungsrechtlicher Positionen, auf die sich das Bundesverfassungsgericht stützt: die „eigene Leistung". Was die Sozialversicherung dem Begünstigten - grundsätzlich verfassungsgeschützt - bietet, zerfällt gewissermaßen in zwei Teile: in das, was durch die eigene Leistung des Versicherten geprägt ist und „erhöhten verfassungsrechtlichen Schutz genießt", und in einen Rest, der sich auf solche Eigenleistungen des Versicherten nicht zurückführen läßt. 25 Man mag der Versichertenleistung auch noch die des Arbeitgebers zurechnen, der hier „Soziallohn" für den Arbeitnehmer bezahle; immer noch bleibt aber ein erheblicher Staatsanteil, der praktisch bei Leistungskürzungen entscheidend sein wird. Wie aber soll er auch nur einigermaßen präzis bestimmt werden, und was bedeutet es, daß hier (offenbar) geringerer verfassungsrechtlicher Eigentumsschutz gewährt werden soll - um wieviel? Auf solche Fragen 26 hat die Verfassungsjudikatur, soweit ersichtlich, überzeugende Antworten bisher nicht zu geben vermocht. Immerhin aber könnte daraus der Grundsatz abgeleitet werden, daß soziale Staatsleistungen jedenfalls insoweit (weitgehend) gekürzt werden dürfen, als der Betroffene nicht eigene (Gegen-)Leistung nachweisen kann. Damit stünden die Sozialleistungen des Staates in dem Umfang, um den es praktisch gehen wird, unter staatlichem Kürzungsvorbehalt.

3. Kürzungen von Sozialversicherungsleistungen aus Haushaltsgründen a) In der Tat unterliegen die Staatsleistungen der Sozialversicherung (vgl. oben 1.) weitestgehend einem gesetzlichem Veränderungsvorbehalt. Der staatliche Gesetzgeber nimmt insbesonde die Erkenntnis Hans Schneiders ernst: „Das Renteneigentum ist etwas Variables. Es ist seiner Natur nach ein Kunstprodukt des Gesetzgebers, ein soziales Erzeugnis des Staates der Industriegesellschaft. Es bleibt stets an das Schicksal seines Schöpfers gebunden".27 Diese Sozialleistungen werden gewährt und gekürzt je nach Lage der Volkswirtschaft 28, weil eben der Sozialstaat vom allgemeinen Wirtschaftswachstum abhängig ist. 29 Dies führt zu einer

25 BVerfG a. a. O. (293). 26 Vgl. die Kritik bei Schneider (FN 18) S. 155. 27 Schneider (FN 12) S. 156. 28 Stober (FN 21) S. 74. 29 Starck (FN 21) 939.

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ständigen Fluktuation der Normlage 30 ; in der Weimarer Zeit bereits kam es zu massiven Leistungskürzungen.31 Insoweit stehen also diese Staatsleistungen geradezu unter einem „allgemeinen Wirtschaftsvorbehalt", dessen Interpret der Sozialgesetzgeber ist. Dies läßt sich, generalisierend, als ein allgemeiner „Vorbehalt des ökonomisch Möglichen" deuten; damit wäre bei den Sozialleistungen etwas erreicht, was sonst für Staatsleistungen nur in den einmaligen Extremlagen des Staatsbankrotts gelten darf (vergleiche oben B. III.). b) Dieser allgemeine Wirtschaftsvorbehalt konkretisiert sich nun aber gerade bei den Leistungen der Sozialversicherung in einem „generellen Haushaltsvorbehalt Die staatlichen Haushalte sind eben weithin das Spiegelbild der Lage einer Wirtschaft, welche sie, vor allem über Steuermittel, alimentiert. Zwar stehen die Leistungen der Versicherungsträger nicht allgemein unter „ausdrücklichem" Haushaltsvorbehalt.32 Doch gerade hier wirkt sich der Mechanismus des indirekten Haushaltsvorbehalts aus. Von der Erkenntnis, daß Sozialleistungen wesentlich von den wirtschaftlichen Möglichkeiten abhängen, auch von denen des Staates33, ist es nur ein kurzer Weg bis zu der Feststellung, der Gesetzgeber müsse nicht nur in Krisenzeiten 34, sondern auch „bei einer angespannten Haushaltslage in der Lage sein, bestimmte soziale Rechtspositionen im Interesse des Gemeinwohls zu beschneiden".35 Das läuft auf ein allgemeines Leistungskürzungsrecht bei fehlenden Haushaltsmitteln hinaus36, letztlich auf „Sozialleistungen nach Haushalt"; und warum sollte dieser Grundsatz, einmal anerkannt, auf diese Kategorie der Staatsleistungen beschränkt werden? Wo liegt hier noch der Unterschied zu einer allgemeinen exceptio pecuniam non habendi?

4. Flexibilisierung der staatlichen Leistungsaufgaben statt Leistungskürzung a) Deutlich wird hier, am Beispiel der Sozialversicherung, daß ein Ergebnis vermieden werden muß, welches das Vertrauen in den staatlichen Schuldner entscheidend erschüttern würde: daß er zwar gehalten bleibt, rechtlich begründete Ansprüche zu erfüllen, aber deren Inhalt verändern kann, durch außerbudgetäres Recht. Doch gerade hier ergeben sich Probleme: 30 Bereits 1986 berichtete Schneider (FN 12) S. 155 von 241 Änderungsgesetzen zur RVO seit deren Neubekanntmachung im Jahre 1924, „in tausenden von Paragraphen". 31 Vergleiche Schneider a. a. O. 151. 32 Benda (FN 14) S. 42. 33 Stober (FN 21). 34 Zu einem solchen Fall vergleiche BSG E 7, 203 (205). 35 Stober (FN 21) unter Hinweis auf die Rechtsprechung. 36 Vgl. Benda (FN 14) 42.

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Die Sozialversicherung hat zwar Bedarfsdeckungsfunktion. Soll sie auch längst nicht mehr nur in „Notlagen" eingreifen, so bleibt sie doch immer noch am sozialen Bedarf der Versicherten orientiert, das zu dessen Befriedigung „Erforderliche" hat sie jedenfalls zu leisten.37 Daraus ergibt sich: Diese Staatsleistungen sind grundsätzlich nicht an dem haushaltsrechtlich Verfügbaren auszurichten, sondern an dem nach der jeweiligen außerbudgetären Entscheidung Erforderlichen. Dies aber darf nicht wiederum (nur) mit Blick auf den Etat bestimmt werden. Die bereits oben gegebene Mahnung (I. 3.) ist daher zu unterstreichen: Die außerbudgetären Ziele müssen zunächst und - wenigstens im Grundsatz - etatunabhängig bestimmt werden, sodann hat dem die Haushaltsgesetzgebung zu folgen, unter Umständen auch durch Abgabenerhöhungen oder -kürzungen. Der Weg darf nicht umgekehrt beschritten werden, von der Feststellung fehlender Mittel zur entsprechenden Veränderung der Bedarfsdeckung. b) Dem Gesetzgeber steht aber das Ventil der indirekten Leistungskürzung dort zur Verfügung, wo die Verfassung die Leistungsstandards nicht so eindeutig definiert, daß er sie nicht durch seine wertenden Normierungen verändern dürfte. Das Sozialversicherungsrecht kann also doch seinen Bedarfsbegriff jeweils der veränderten Wirtschaftslage anpassen, weitgehend jedenfalls. Der Gesetzgeber darf den Bedarf nur nicht grundsätzlich allein mit Blick auf die Kassen bestimmen, sonst geht er über zu indirekter exceptio pecuniam non habendi. Vielmehr muß er zunächst versuchen, den außerbudgetär festgestellten Sicherungsbedarf jedenfalls zu decken, und er hat dem die Steuererhebung anzupassen. Daß dies eine Belastung herbeiführen würde, die in einem gefährlichen Spiralvorgang, aus den öffentlichen Etats heraus, die Wirtschafts- und damit die Bedarfslage noch weiter verschlechtern könnte, ist allerdings eine Entwicklung, die unter außergewöhnlichen Umständen kaum zu vermeiden ist. Trotz dieser verfassungsrechtlichen Vorgabe, welche es ausschließen sollte, das außerbudgetäre Aufgabenbestimmungsrecht als einen rechtsdogmatischen Umweg hin zu einer Einwendung fehlender Haushaltsmittel zu mißbrauchen, läuft die Praxis dennoch in die Gegenrichtung: Der soziale Bedarf wird meist einfach nach Kassenlage definiert; darüber, wieweit dies getrieben werden darf, finden gerade gegenwärtig entscheidende sozialpolitische Kontroversen statt. Es droht ja, bei primärer Orientierung der Sozialversicherungsleistungen am Haushalt, eine für die Versicherten gefährliche Zyklik: Ist der Etat angespannt, so läßt dies auf ungünstige allgemeine Wirtschaftslage schließen, also auf steigenden Sozialbedarf - und gerade in solcher Lage soll dann weniger geleistet werden, weil die Kassenlage weniger gestattet. Das Grundprinzip der Sozialversicherung verlangt im Grunde hier antizyklisches Verhalten, damit entscheidende Abseilung der Sozialleistungen vom Haushalt; doch ist dies noch mehr als ein frommer Wunsch? Festzuhalten bleibt: Es gibt eine wirkmächtige, aus dem Sozialrecht kommende Tendenz zu staatlicher Aufgabenflexibilisierung nach Haushaltsmöglichkeiten, da37 Benda (FN 14) 43.

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mit aber zu „Staatsleistungen nach Haushalt". In diesem Trend könnte schließlich der indirekte Haushaltsvorbehalt, welcher die Folge dieser Entwicklung ist, auch auf andere Staatsleistungen noch erstreckt werden. Die dogmatischen Trennwände zur Nichtanerkennung der exceptio pecuniam non habendi werden dünner.

I I I . Das beamtenrechtliche Alimentationsprinzip Beamtenbesoldung als Sparpotential? 1. Die Alimentation als verfassungsrechtlich begründete Staatsleistung a) Der „indirekte Haushaltsvorbehalt" (vergleiche oben I.), unter den der Gesetzgeber in zunehmendem Maße Staatsleistungen stellt, wirkt sich besonders deutlich im Beamtenbesoldungs- und -versorgungsrecht aus. Die Leistungen für die große Zahl der Beamten legen die öffentlichen Haushalte weitgehend und auf Dauer fest 38 ; sie weisen überdies eine Steigerungsdynamik auf, die der Gesetzgeber nur schwer zu beeinflussen vermag, zumal er die Staatsleistungen seit einiger Zeit praktisch an das Ergebnis der Tarifverhandlungen koppelt. Dadurch gerät in der Tat die Leistungsfähigkeit der öffentlichen Haushalte in eine vielleicht sogar akute Gefahr, wenn es nicht gelingt, diese Staatsleistungen denn um solche handelt es sich eindeutig - zu reduzieren. Dies kann politisch gerade damit begründet werden, daß andernfalls Steuererhöhungen unumgänglich würden, die jedoch politisch nicht durchsetzbar seien, am Steuerwiderstand der Bürger - und der Parlamentarier scheitern müßten (dazu näher oben D. II. 8.). Nirgends ist in vergleichbarer Offenheit die Frage der Leistungskürzungen aus öffentlichen Kassen politisch und auch bereits rechtlich aufgeworfen worden wie bei den Leistungen des Staates an seine Diener; und noch nie ist, selbst unabhängig von Haushaltsbelastungen, so intensiv über Kürzungen von Staatsleistungen überhaupt gesprochen worden. Diese Entwicklung könnte eine politische Schubkraft entfalten, welche, weit mehr noch als die Diskussionen um das Eigentum Ost, die Problematik einer allgemeinen Staatserhaltung durch Berufung auf Leistungsfähigkeit zu hoher Aktualität führen würde. Neben den Sozialleistungen sind also Leistungen des Staates an seine Beamten die zentrale Materie, in der sich der „indirekte Haushaltsvorbehalt" notwendig auswirken muß, und in der er auch, gerade gegenwärtig, zum Tragen kommt. Auch hier liegt ein Erst-Recht-Schluß nahe: Wenn der Staat sich gegenüber seinen Dienern, denen er in besonderer Treue verbunden ist, derartige Restriktionen erlauben kann, muß dies dann nicht, in noch weitergehendem Maße, anderen Gläubigern gegenüber möglich sein, die dem Staat ferner stehen als seine Beamten? 38 Diese Problematik hat das BVerfG bereits im Jahr 1977 betont, E 41, 249 (262), die laufende Diskussion um die Haushaltsbelastungen durch Beamtenversorgung zeigen die Aktualität der Problematik.

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b) Diese Problematik ist gerade in vorliegendem Zusammenhang der staatlichen Leistungsfähigkeit von besonderem dogmatischen Interesse. Die Staatsleistungen der Besoldung und Versorgung stehen unter dem Alimentationsprinzip 39, welches dem (Ruhestands-)Beamten einen konkreten Rechtsanspruch gegen den Dienstherrn zuerkennt, den er sogar im Wege der Verfassungsbeschwerde durchsetzen kann; er umfaßt das Recht auf die aktiven Bezüge wie auf das Ruhegehalt des Beamten und seiner nächsten Angehörigen. 40 Der Anspruch stützt sich auf einen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums (Art. 33 Absatz 5 GG) 41 , den der Besoldungsgesetzgeber nicht nur zu berücksichtigen, sondern zu beachten hat. 42 Damit wird hier der Anspruch auf Staatsleistungen, die Verpflichtung des Schuldners Staat, durch die Verfassung selbst festgelegt. Wenn es eine allgemeine Schranke der Leistungsfähigkeit nicht gibt, welche den Staat zur Einschränkung seiner Leistungen berechtigen könnte - was die bisherige Untersuchung ergeben hat - so kann das entscheidende Sparpotential der Beamtenbezüge nur dadurch genutzt werden, daß eine Absenkung der Bezüge außerbudgetär begründet wird, also aus der Leistungsbeziehung zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer. In diese Leistungsbestimmung kann dann aber auch die jeweilige Haushaltslage als „Zweitmotiv" (Kirchhof) einfließen, womit der indirekte Haushaltsvorbehalt zum Tragen käme. Ob und in welchen Grenzen dies nach Beamten-Verfassungsrecht zulässig sein kann, ist im folgenden zu untersuchen, in gebotener Beschränkung auf die Zwecke, welche die Alimentationsleistungen erfüllen sollen. c) Dabei ist vorweg zu bemerken, daß das Verfassungsrecht selbst, die Anspruchsgrundlage der Alimentation, dem Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsraum zulässiger Einschränkung zuerkennt. Das Bundesverfassungsgericht betont: Die verfassungsrechtlichen inhaltlichen Vorgaben für die gesetzgeberische Umsetzung des Alimentationsprinzips seien eng begrenzt 43, nur Mindestanforderungen müsse entsprochen 44, lediglich eine unterste Grenze dürfe nicht unterschritten werden. 45 Besonders weit sei die gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit im Rahmen des 39

Siehe dazu allgemein sowie zum folgenden: Mayer, F., in: Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts, Band 5, 1973, S. 557 (690 ff.); Merten, D., Verantwortung und Leistung 1988, 1 (9 ff.); Millack, C./Summer, R., ZBR 1978, 138 ff.; Pannhausen, R., Das Alimentationsprinzip im Beamtenrecht, Diss. Regensburg, 1978, S. 78 ff.; Schick, W., in: Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts, Band 5, 1973, S. 171 (222 ff.); Summer, R , PersV 1984, 134 ff.; Summer, R J Rometsch, G., ZBR 1981, 1 ff.; Weiß, H. D., ZBR 1972, 289; Wenger, Α., Leistungsanreize für Beamte in Form von individuellen Zulagen, Diss. Tübingen 1995, S. 81 ff. 40 Für viele BVerfGE 39 (196) 200 ff.; Summer/Rometsch (FN 39) m. Nachw. 41

So das BVerfG in st. Rsp., vgl. FN 40, sowie etwa noch für den „traditionsbildenden Zeitraum" E 15, 167 (196). 42 So bereits BVerfGE 8, 1 (16/17). 43

So etwa BVerfGE 8, 1 (17). 44 BVerfG a. a. O. 19.

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Gleichheitssatzes (Art. 3 Absatz 1 GG). 46 Zu ihrer Bezeichnung werden unterschiedliche Begriffe verwendet, vor allem auch „Ermessen" und „Beurteilungsspielraum". 47 Gemeint ist immer dasselbe: Der Gesetzgeber darf die Leistungen grundsätzlich auch kürzen, und dies entspricht, seit der Weimarer Zeit, denn auch der Staatspraxis im traditionsbildenden Zeitraum. 48 Damit ist die grundsätzliche Möglichkeit, diese Staatsleistungen zu reduzieren, geradezu Bestandteil des hergebrachten Alimentationsgrundsatzes, der hier das Eigentumsgrundrecht verdrängt hat. 49 Die wesentliche Frage geht aber dahin, ob und inwieweit dies gerade mit mangelnder haushaltsmäßiger Leistungsfähigkeit begründet werden darf.

2. Der Zweck der Alimentation: Beamtensicherung als Staatsziel a) Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt: „Der hergebrachte und zu beachtende Grundsatz des Berufsbeamtentums fordert eine amtsangemessene Alimentierung; das heißt, die Dienstbezüge sowie die Alters- und Hinterbliebenenversorgung sind so zu bemessen, daß sie einen je nach Dienstrang, Bedeutung und Verantwortung des Amtes und entsprechender Entwicklung der allgemeinen Verhältnisse angemessenen Lebensunterhalt gewähren und als Voraussetzung dafür genügen, daß sich der Beamte ganz dem öffentlichen Dienst als Lebensberuf widmen und in wirtschaftlicher Unabhängigkeit, zur Erfüllung der dem Berufsbeamtentum vom Grundgesetz zugewiesenen Aufgabe, im politischen Kräftespiel eine stabile, gesetzestreue Verwaltung zu sichern, beitragen kann". 50 Zwei Orientierungspunkte - und nur sie - werden also gesetzt: Bedeutung des Amtes 51 - Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse, also des allgemeinen Lebensstandards.52 Beides zusammengesehen bestimmt den „angemessenen" (früher: standesgemäßen) Unterhalt. b) Die „Bedeutung des Amtes" kann heute nicht (mehr) in dem Sinn einer standesorientierten Sicherung verstanden werden. Hier hat sich, beginnend wohl schon in der Weimarer Zeit, etwas wie ein gesellschaftlicher Wertewandel vollzogen, so vorsichtig dieser Begriff auch einzusetzen sein mag: „Bedeutung und Verantwortung des Amtes" muß daher aus der Sicht dessen verstanden werden, was der Beamte für die Allgemeinheit leistet, nicht dessen, was er - „standesgemäß" - „ist". 45 BVerfGE 41, 249 (263). 46 BVerfGE 26, 141 (158 ff.). 47 Näher dazu m. Nachw. Merten (FN 39) S. 10 f. 48 Festgestellt wurde dies vom BVerfG schon in E 8, 1 (12 ff.). 49 Ständige Rechtsprechung des BVerfG, vgl. etwa E 16, 94 (111); 21, 329 (344). 50 BVerfGE 41, 249 (265), unter Hinweis auf E 39, 196 (201). 51 Dazu etwa Summer /Rometsch (FN 39) 15 ff. m. Nachw. 52 Siehe schon BVerfGE 8, 1 (14); Summer/Rometsch (FN 39) 54.

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Dies hat zu einem Verständnis der Alimentation als (globaler) Gegenleistung geßhrt 5\ im Sinne einer stärkeren Funktionsorientierung der Beurteilung der Beamtenbesoldung54, bis hin zu einer Angleichung der Lohnvorstellungen. 55 Teilzeitund Überstundenregelungen führen zu einer Quantifizierung und Teilbarkeit der Leistung des Beamten, welche letztlich mit der Vorstellung einer globalen Alimentation als Gegenleistung für volle Hingabe des Beamten nicht mehr vereinbar ist. 5 6 Der „synallagmatische Akzent" wird immer deutlicher gesetzt; auch bei der Alimentation soll gelten: „Leistung um Leistung". 57 Seit den Diskussionen um die Dienstrechtsreform, die vor nahezu drei Jahrzehnten einsetzten, wird im Beamtenrecht kontrovers erörtert, ob Alimentation und Gegenleistungsprinzip nicht unvereinbare Gegensätze seien58, ob die Vorstellung von einer Gegenleistung der Beamten nicht den hergebrachten Grundsatz der Alimentation, auf Dauer jedenfalls, aushöhle und damit eine der wichtigsten Schranken zwischen Beamtenrecht und Arbeitsrecht beseitige. Früh schon hat das Bundesverfassungsgericht sogar die gesetzgeberische Formulierung vom „erdienten" Ruhegehalt des Beamten aufgenommen 59 und damit die Vorstellung von einer staatlichen Gegenleistung gebilligt, ohne allerdings die Globalität der oben dargestellten Alimentation aufzugeben. Das Gegenleistungsdenken wird allerdings, gerade in neuester Zeit, immer stärker, vor allem in der zunehmenden Betonung des Lei60

stungspnnzips. Nach wie vor steht zwar das Beamtenrecht vor der kaum zu bewältigenden Problematik, daß die Staatsleistungen im Sinne eines Output in vielen und typischen Fällen kaum meßbar sind, weil der Monopolist Hoheitsstaat sich dem Wettbewerb auf den die Leistung bewertenden Märkten nicht stellen muß. Doch die Vorstellung von einer Beamtentätigkeit, die nicht am Leistungsprinzip orientiert ist - was immer man darunter verstehen mag - ist heute weder rechtlich noch politisch mehr zu vermitteln. So mußte denn der Nachweis versucht werden, daß das Leistungsprinzip dem Alimentationsgrundsatz nicht widerspreche. 61 In immer neuen Anläufen wurde deshalb die Einführung von Leistungsprämien und Leistungszulagen gefordert. 62 Das Dienstrechtsreformgesetz, welches am 1. 7. 1997 in Kraft trat, sieht 53 54 55 56 57

Für viele Merten (FN 39) S. 10; Summer (FN 39) 142. Millack/Summer (FN 39) 145 f. Siehe dazu Summer/Rometsch (FN 39) 10 f. Vgl. für diesen Zusammenhang Weiß (FN 39) 292 m. Nachw. Weiß a. a. O.

58 Überblick bei Wenger (FN 39) S. 91 ff. m. Nachw. 59 BVerfGE 39, 196 (201). 60 Vgl. dazu mit Nachweisen Millack /Summer (FN 39) 146 ff.; Überblick zum Schrifttum neuerdings bei Wenger (FN 39) S. 82 ff. 61 Vgl. etwa Summer/Rometsch (FN 39) 17. 62 Siehe bereits Millack/Summer (FN 39) 151; dabei darf selbstverständlich nicht an die Person des einzelnen Beamten angeknüpft werden, an seine sozialen Verhältnisse, sondern nur an die wahrgenommene Tätigkeit, vgl. Schick (FN 39) S. 229.

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denn auch eine finanzielle Honorierung hervorragender Leistungen vor, sowohl rückwirkend in der Form von Einmalzahlungen (Leistungsprämien, § 42 a I BBesG) als auch als aktueller, befristeter und bei Leistungsabfall widerrufbarer Leistungsanreiz (Leistungszulage, § 42 a I I BBesG). 63 In seiner Beurteilung zurückhaltend hat sich allerdings bisher das Bundesverfassungsgericht gezeigt, im Namen gerade des Alimentationsprinzips. 64 Dies ist verständlich: Leistungszulagen müssen die Tendenz verstärken, die Leistung des Beamten zu „entglobalisieren"; werden sie nicht für einzelne Verrichtungen gewährt, so sind sie bald nichts mehr anderes als allgemeine Besoldungsbestandteile, der sie tragende „besondere Leistungsbezug" geht wieder verloren. Trotz all dieser dogmatischen und praktischen Schwierigkeiten muß es jedoch dabei bleiben: Die Staatsleistung der Alimentation wird gewährt für Gegenleistungen des Beamten, die zwar immer mehr als einzelne erfaßt und auch als solche honoriert werden. Die hier zu untersuchenden Kürzungen der Alimentation könnten unter diesem Gesichtspunkt als einseitige Leistungsminderungen des Besoldungsgesetzgebers in einem synallagmatischen Beschäftigungsverhältnis erscheinen. Dabei ist jedoch die Besonderheit der Alimentation zu beachten, daß hier Bezahlung doch noch immer für eine Globalleistung erfolgt. c) Die zweite Orientierung der Staatsleistung Alimentation bietet die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse, des allgemeinen Lebensstandards. 65 Das Bundesverfassungsgericht findet hier die Wurzeln des Alimentationsprinzips, schon in der Zeit der konstitutionellen Monarchie. 66 Dabei steht der Gesichtspunkt der Bedürfnisbefriedigung im Vordergrund. In seiner Grundsatzentscheidung zur Alimentation 67 hat das Gericht verdeutlicht, daß die Alimentation nicht nur die „Grundbedürfnisse des Menschen nach Nahrung, Kleidung und Unterkunft" zu decken, sondern auch „die allgemeinen Verbrauchs- und Lebensgewohnheiten" einzubeziehen habe, zu denen „auch ein Minimum an Lebenskomfort" gehöre. Dies sei nach der Entwicklung des allgemeinen Wohlstandes zu bestimmen: „Das Alimentationsprinzip liefert einen Maßstabbegriff, der jeweils den Zeitverhältnissen gemäß zu konkretisieren ist" 6 8 ; nur dann sei die Alimentation „angemessen". Auch diese zweite Orientierung der Alimentation verweist also auf ein Kriterium, das zu der finanziellen Leistungsfähigkeit des staatlichen Dienstherrn keinen Bezug hat: Die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse mag sich zwar auf die Lage der öffentlichen Haushalte auswirken; doch kann der Ge63 64 65 66 67

Vgl. dazu Battis, NJW 1997, 1033. Analyse der Rechtsprechung bei Wenger (FN 39) S. 86 ff. m. Nachw. Dazu grds. Summer/Rometsch (FN 39) 11 ff. BVerfGE 8, 1 (14 f). BVerfGE 41, 249 (265 ff.).

68 BVerfG a. a. Ο. 266 m. Nachw.

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setzgeber hier durchaus auch gegensteuern, im Rahmen einer antizyklischen Haushaltspolitik (vgl. D. II.) mag er sogar dazu verpflichtet sein. Maßstab für seine Leistung bleibt aber, in jedem Fall, nicht die Haushaltslage, sondern die allgemeine wirtschaftliche Situation, die durch sie geprägten Bedürfnisse des Beamten. Insoweit enthält die Besoldung auch eine sozialrechtliche Komponente im weiteren Sinn. d) Faßt man zusammen, so ergibt sich für die verfassungsrechtlich vorgegebenen Ziele der Beamtenbesoldung als Staatsleistung ein deutliches Bild: Sie sind auszurichten einerseits an der - immer weitergehenden „entglobalisierten" (Gegenleistung des Beamten, zum anderen an der Befriedigung von dessen Bedürfnissen, einschließlich derer, die sich aus seiner familiären Lage ergeben. 69 Diese beiden Zielvorstellungen weisen keinen Bezug zu einer konkreten finanziellen Leistungsfähigkeit des Dienstherrn auf. Allenfalls könnte ein solcher darin gesehen werden, daß eben auch die öffentlichen Kassen darunter zu leiden hätten, wenn es wirtschaftlich allen Gliedern der Gemeinschaft schlechter geht. Doch diese Begründung könnte auch für eine Leistungseinschränkung in allen privaten Beziehungen herangezogen werden, in denen Lohn bezahlt oder Lebensbedürfnisse auf vertraglicher Grundlage befriedigt werden: Dann müssen die vereinbarte Leistungen allenfalls unter Berücksichtigung der veränderten Umstände neu festgesetzt werden. Nun läßt sich allerdings im Falle der Beamtenbesoldung wie folgt argumentieren: Die leistungsvertraglichen Bedingungen, insbesondere die der Besoldung, werden jährlich vom Besoldungsgesetzgeber neu gestaltet. Dieser kann dabei jeweils eine Leistungsbewertung seines Partners, des Beamten, vornehmen, ebenso wie jeder Arbeitgeber; bei dieser darf er auch seine eigene finanzielle Situation berücksichtigen: Wie der private Arbeitgeber, der in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät, dieselbe Leistung seines Arbeitnehmers niedriger bewerten und daher auch bezahlen kann als zu Zeiten günstiger Ertragslage, so kann, wie es scheint, auch der Dienstgeber Staat die Leistung seiner Beamten in Zeiten knapper Haushaltsmittel ohne weiteres geringer honorieren, insbesondere also die Besoldung je nach Haushaltslage erhöhen oder herabsetzen. Diese auf den ersten Blick einleuchtende Auffassung läßt sich jedoch mit dem Alimentationsprinzip nicht vereinbaren. Der Beamte soll gerade nicht nach jeweiliger Marktlage und einer sich etwa aus dieser ergebenden finanziellen Leistungsfähigkeit des Dienstherrn bezahlt, sondern er soll in jedem Fall gesichert werden. Entscheidend geprägt bleibt die Besoldung nach wie vor durch einen Alimentationsgedanken, der Unterhalt nicht entsprechend der finanziellen Verhältnissen des Dienstgebers, sondern nach der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse verlangt. Vergleicht man dies mit einem anderen leistungsvertraglichen Rechtsverhältnis zwischen Staat und Bürger, so käme dann, zugun69 Dazu mit Nachweisen Summer/Rometsch 249 (267 ff.).

(FN 39) 13 ff.; grundlegend BVerfGE 41,

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sten des Staates, allenfalls eine Vertragsanpassung an veränderte wirtschaftliche Umstände in Betracht; nach Zivilrecht wäre diese jedoch nur in engsten Grenzen zulässig. Die Alimentation steht also als Staatsleistung nicht unter allgemeinem Haushaltsvorbehalt.

3. Zulässigkeit der Besoldungskürzung nach Haushaltslage? a) Bereits unter der Weimarer Reichsverfassung „hat der Gesetzgeber - und zwar im übereinstimmenden Interesse von Staat und Berufsbeamtentum... je nach Lage der Währungs- und Wirtschaftsverhältnisse die Beamtengehälter erhöht oder herabgesetzt". 70 Nur mit Mühe konnten die Regierungen der Länder in früheren Zeiten parlamentarischer Großzügigkeit in der Besoldung, bei vollen Kassen, durch Stillhalteabkommen entgegenwirken 71; umgekehrt ist restriktive Besoldungspolitik bei schwieriger Haushaltslage unverhohlen schon früher zur Entlastung der öffentlichen Haushalte eingesetzt worden. 72 Seit vielen Jahren steht dieses Ziel („Nullrunden") in Stagnations- und Rezessionszeiten mit absoluter Priorität im Zentrum der Haushaltspolitik: Die Besoldungspolitik ist in deren Mittelpunkt gerückt, im Sinne von Leistungskürzungen nach finanzieller Leistungsfähigkeit des Schuldners Staat.73 Hier wird also die „indirekte Außenwirkung des Haushalts" auf Staatsleistungen, im Sinne dieses Abschnitts, offen praktiziert, ohne ersichtliche Rücksicht auf verfassungsrechtliche Vorgaben des Alimentationsprinzips. Dies geschieht mit einer Deutlichkeit und politischen Priorität, welche zu der Frage berechtigt, ob nicht heute ganz allgemein alle Staatsleistungen an die Beamten, vielleicht an alle öffentlichen Bediensteten, unter einem schon offenen Haushaltsvorbehalt stehen - obwohl doch die Verfassung inhaltliche Vorgaben für die Ausgestaltung der Leistung gesetzt hat, die haushaltsunabhängig zur verstehen sind (vergleiche oben 2. d)). Wenn diese so offen beiseite geschoben werden dürfen, zugunsten der Erhaltung staatlicher finanzieller Leistungsfähigkeit, so kann das nicht ohne Auswirkungen auf die Bedeutung staatlicher Leistungsfähigkeit im allgemeinen bleiben. b) Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch einer solchen „Besoldung nach Haushaltslage" eine deutliche Absage erteilt. In seiner Grundsatzentscheidung zur Alimentation heißt es: „Die vom Dienstherrn nach Maßgabe der Verfassung geschuldete Alimentierung ist nicht eine dem Umfang nach beliebig variable Größe, die sich einfach nach den „ wirtschaftlichen Möglichkeiten der öffentlichen Hand"

70 BVerfGE 8, 1 (13). 71 Vgl. Millack/Summer 72

(FN 39) 144 m. Nachw.

Vgl. die Nachweise zum Haushaltsbegleitgesetz 1984 bei Merten (FN 39) S. 11. 73 Siehe dazu auch Summer (FN 39) 43.

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oder nach den politischen Dringlichkeitsbewertungen hinsichtlich der verschiedenen vom Staat zu erfüllenden Aufgaben oder nach dem Umfang der Bemühungen um Verwirklichung des allgemeinen Sozialstaatsprinzips bemessen läßt. Alimentation des Beamten und seiner Familie ist etwas anderes und eindeutigeres als staatliche Hilfe zur Erhaltung eines Mindestmaßes sozialer Sicherung und eines sozialen Standards für alle" (Hervorhebung v. Verf.). 74 Diese Ausführungen greifen, in verdichteter Form, die Grundüberlegungen dieser Untersuchung auf: Die Beamtenbesoldung ist nicht eine Staatsleistung, welche unter einem so allgemeinen Vorbehalt der Verfügbarkeit öffentlicher Mittel stünde wie Sozialleistungen75; die Verfassung legt hier „eindeutig" den Inhalt der staatlichen Leistungsverpflichtung fest, diese ist „nach Maßgabe der Verfassung" geschuldet, also an deren Maßstab insgesamt - und nicht nur an einem unbedingt zu wahrenden Minimum - zu messen. Ein „einfacher" Hinweis auf die Haushaltslage kann keinesfalls genügen, ebensowenig eine Bezugnahme auf andere Staatsaufgaben, womit der Anschluß an Überlegungen zu den Staatsaufgaben allgemein (oben Β. I.) erreicht wird. c) So läßt sich also die Alimentationsproblematik dem Untersuchungsgegenstand dieses Abschnitts zuordnen, der indirekten Außenwirkung des Haushalts im Beamtenrecht. Die Lehre zum Beamtenrecht hat hier einmütig „Staatsleistungen nach haushaltsmäßiger Leistungsfähigkeit" abgelehnt.76 Die Beamtenbesoldung sei kein Mittel der Wirtschaftspolitik; der Gesetzgeber könne, wenn er so verfahre, den Auftrag der Alimentation nicht erfüllen. Durch eine haushaltsrechtliche Begründung begehe er einen Beurteilungsfehlgebrauch (Beurteilungsmißbrauch), weil „er sich nicht mehr ausschließlich vom Zweck des Verfassungstatbestandes (ratio constitutionis) leiten" lasse.77 „Im übrigen wäre angesichts der unterschiedlichen Finanzsituation im Bund, Ländern und Gemeinden ungewiß, welcher Haushalt für die bundeseinheitlich in Besoldungsgesetz zu regelnde Besoldung maßgeblich sein sollte. Finanznöte berechtigen den Staat grundsätzlich weder zur Leistungsverweigerung noch zur Leistungseinschränkung, wie auch im Privatrecht jeder Schuldner für seine finanzielle Leistungsfähigkeit einzustehen hat". 78 Dies leitet zu den oben (E.) angestellten Betrachtungen zum bürgerlichen Recht zurück. Rechtsprechung und Lehre wollen also auch bei dieser so wichtigen Staatsleistung den Grundsatz durchhalten, daß es auf die Leistungsfähigkeit nicht ankommen darf. 74 BVerfGE 41, 249 (264/65); ebenso E 44, 249 (264). 75 Und schon bei diesen hatte sich oben II. ergeben, daß ein indirekter Haushaltsvorbehalt nicht schrankenlos wirken kann. 76 Besonders deutlich und eingehend begründet von Merten (FN 39) S. 11/12; Pannhausen (FN 39) S. 78; Summer (FN 39) 136. 77 Merten a. a. O. S. 11. 78 Merten a. a. O. S. 12.

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d) Doch dieses Ergebnis muß relativiert werden, in dem Sinn, daß die Haushaltslage eben doch bei der Alimentationsgestaltung eine, wenn auch indirekte, Bedeutung erlangen kann. Das Bundesverfassungsgericht schließt nämlich, in allerdings etwas unklaren Ausführungen, doch nicht ganz aus, daß fiskalische Überlegungen ein Motiv für die Gestaltung der Besoldung sein können. Es betont, daß „finanzielle Erwägungen und das fiskalische Bemühen, Ausgaben zu sparen, für sich genommen nicht als sachgerechte Gründe anzusehen seien zur Rechtfertigung differenzierender Behandlung verschiedener Personengruppen". 79 „Für sich genommen" können danach Haushaltsüberlegungen Leistungskürzungen nicht rechtfertigen. Dies könnte aber immerhin so zu verstehen sein, daß zusammen mit anderen Zielen auch das der Haushaltskonsolidierung verfolgt werden dürfe, daß Etatüberlegungen also doch etwas wie ein „Zweitmotiv" (Kirchhof) darstellen dürften. Dabei bleibt allerdings offen, wie weitgehend Haushaltsstabilisierung „zusammen mit anderen" Motiven leistungskürzend wirken darf, und dies ist der dogmatischen Klarheit nicht zuträglich. Das Bundesverfassungsgericht wollte hier ersichtlich - wieder einmal - der politischen Wirklichkeit entgegenkommen. Zwar kann daraus nicht ein Argument für einen allgemeinen Grundsatz der Leistungsfähigkeit als Schranke von Staatsleistungen überhaupt gewonnen werden; die Möglichkeit indirekter Berücksichtigung der Haushaltslage, im Sinne dieses Abschnitts, läßt sich daraus jedoch ableiten. e) Deutlich zeigt sich aber auch, gerade hier, der Rahmen, in dem dies zulässig ist: Flexibilisierung der Leistungsinhalte nur nach der Elastizität der jeweils zu verfolgenden Staatsziele. Dem Besoldungsgesetzgeber ist eben nicht fest vorgegeben, wie weit er seine Beamten durch Alimentation sichern muß. Der Hinweis auf deren Bedürfnisse, nach jeweiliger allgemeiner Wirtschaftslage, erlaubt ihm zwar nicht „einfach" die Bezugnahme auf seine Kasse; ein gewisser Beurteilungs- und damit auch Prognosespielraum aber ist ihm hier eröffnet - und in diesen schieben sich die Haushaltsüberlegungen. Rechtlich ist dies ein verdeckter Vorgang, politisch bereits eine offen verkündete Realität. Auf diese Weise wird - und dies zu zeigen ist Ziel dieses Abschnitts - zwar formal, vielleicht sogar nurmehr verbal, der Grundsatz beachtet, daß der Staat seine Verpflichtungen erfüllen muß wie jeder Bürger - und zugleich darf er dabei eben doch auf seine finanziellen Möglichkeiten sehen. Denn er ist nicht nur Partner und Schuldner, sondern zugleich übergeordneter Gesetzgeber, der die Verpflichtungsinhalte gestalten darf, im Beamten- wie im Sozialrecht, im Rahmen weiter, aber doch flexibler verfassungsrechtlicher Vorgaben.

79 BVerfGE 19, 76 (84).

IV. „Verwaltungsermessen nach Haushaltsmitteln"

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IV. „Verwaltungsermessen nach Haushaltsmitteln" 1. Die Bindungen des Ermessens an den Haushaltsplan das polizeirechtliche Opportunitätsprinzip Die Verwaltungsbehörden haben bei der Ausübung ihres Ermessens das Gemeinwohl stets zu wahren, das öffentliche Interesse, nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit. 80 Ein rechtlich freies Ermessen gibt es nicht mehr. Die vielfachen Probleme der inneren und äußeren Ermessensschranken 81 können hier nicht vertieft werden. Nur um die Dimension einer möglichen „indirekten Außenwirkung der Haushalte" zu verdeutlichen, ist noch die Frage nach der Wirkung des Haushalts und seiner jeweiligen Mittellage auf die Ermessensausübung zu stellen. Sie tritt etwa deutlich auf im Zusammenhang mit dem Opportunitätsprinzip im Recht der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und ist gerade dort auch bereits gestellt worden. 82 Den Sicherheitsinstanzen des Staates ist, von jeher, ein bedeutsamer Freiraum der Entscheidung darüber eröffnet, ob sie zur Gefahrenabwehr eingreifen wollen oder nicht; nur in gewissen Fällen besteht insoweit eine klare gesetzliche Verpflichtung. 83 Wenn nun Ermessensentscheidungen über Geldleistungen Bindungen aus dem Haushaltsplan unterliegen 84, so könnte die so angesprochene Verfügbarkeit der Mittel, damit aber die staatliche Leistungsfähigkeit überhaupt, auch Bedeutung für die Ermessensausübung im Rahmen des Opportunitätsprinzips erlangen: Die Polizei würde in Zeiten ungünstiger Haushaltslage weniger oft und weitgehend eingreifen als in Perioden voller Kassen. Daß sie de facto so handeln wird, vielleicht handeln muß, steht außer Zweifel, schon weil ihr nur Personal nach Mittellage zur Verfügung steht. Auch hat unstreitig kein Bürger einen Rechtsanspruch auf bestimmte Einstellungen oder Ausrüstungen im Bereich der Polizeikräfte. Die Rechtsfrage der Leistungsfähigkeit tritt aber in diesem Zusammenhang möglicherweise dann auf, wenn ein Betroffener die Rechtswidrigkeit eines Nichteingreifens der Polizei mit der Begründung behauptet, hier liege eine Ermessensfehlentscheidung vor, eine Überschreitung des Rahmen des Opportunitätsprinzips. Dann könnte sich die staatliche Instanz dazu veranlaßt sehen, ihr Verhalten deshalb als ermessensfehlerfrei hinzustellen, weil sie vielleicht hätte eingreifen müssen, dazu aber, wegen mangelnder Ausstattung, aus haushaltsrechtlichen Gründen, nicht in der Lage gewesen sei. Hier geht es dann um eine Staatsleistung in einem weiteren Sinne, nicht in dem eingangs zugrunde gelegten der finanziellen Verpflichtung; gemeinsam ist aber so Mayer, O., Deutsches Verwaltungsrecht, Band 1, 3. Auflage, 1924, S. 99. 81

Vergleiche Forsthoff, E., Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 10. Auflage, 1973, S. 81 ff. 82 Drews, Β J Wache, G./ Vogel, K./ Martens, W., Gefahrenabwehr, 9. Auflage, 1986, S. 372 f. 83 Drews /Wacke/Vogel/Martens a. a. O. S. 401. 84 Drews /Wacke/Vogel/Martens a. a. O. S. 373, unter Hinweis auf §§ 3 Abs. 1, 19 Abs. 2 HGrG. 11 Leisner

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doch beiden Problemlagen, daß sich der Staat in ihnen auf die Haushaltslage beruft, um gesetzliche Verpflichtungen nicht zu erfüllen, unter Hinweis auf sein Ermessen. Damit reduziert der Staat einen bestimmten Verpflichtungsinhalt (gefahrenabwehrendes Eingreifen) aus Gründen der Haushaltslage; er erbringt mithin eine hoheitliche, nach dem Gesetz geschuldete Leistung allein deshalb nicht, weil er nicht leistungsfähig ist oder zu sein glaubt.

2. Flexible Ermessensziele Entscheidend muß sein, welche äußeren und inneren Ermessensschranken der Gesetzgeber im jeweiligen Fall der Verwaltung gezogen hat. Wenn hier ausschließlich außerbudgetäre Ziele verfolgt werden, so müßte die Folge sein, daß eine Ermessensausübung fehlerhaft ist, welche sich an den zur Verfügung stehenden Mitteln orientiert. Bei solcher Betrachtung mag vieles dafür sprechen, die Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung insoweit unter keinerlei Haushaltsvorbehalt stellen zu lassen, als eben für die Wahrung höchstrangiger Verfassungsgüter immer hinreichende Mittel zur Verfügung stehen müssen. Im übrigen aber könnte von „flexiblen Staatsaufgaben" ausgegangen werden, die nach jeweils vorhandenen Mitteln zu erfüllen sind. Dies dürfte denn auch einer Praxis entsprechen, die das Eingreifen der Polizei an der Ranghöhe der Schutzgüter, auch im Ermessensbereich, orientiert und insoweit der Haushaltslage, der „finanziell bedingten hoheitlichen Leistungsfähigkeit" Rechnung trägt. Wieder zeigt sich dann aber, daß nicht etwa „Staatsaufgaben (nur) nach Leistungsfähigkeit" erfüllt werden, sondern daß vielmehr der umgekehrte Weg beschritten wird, jedenfalls dogmatisch gesehen: Die über Ermessensräume flexibel ausgestalteten Staatsaufgaben und Staatsverpflichtungen werden zunächst inhaltlich zurückgenommen und dann, in diesem Umfang, vollständig erfüllt. Allerdings erfolgt diese Ausgestaltung der Verpflichtungen nach verfügbaren Mitteln. Das aber erscheint als zulässig, soweit die durch Ermessen zu erreichenden Ziele außerbudgetär flexibel bestimmt sind, nicht allerdings dort, wo, wie im Beamtenrecht, die Verfassung dem Gesetzgeber genauere Vorgaben setzt. In sehr vielen Fällen - und weithin gerade auch im Bereich der Gefahrenabwehr - ist von einer derartigen Flexibilität der Staatsziele und Staatsaufgaben auszugehen, daß beschränkter finanzieller Leistungsfähigkeit des Staates über die „indirekte Haushaltswirkung" auf einschränkbare Staatsaufgaben entsprochen werden kann. Dann aber muß das Haushaltsrecht gar nicht, als solches, als eine Ermessensbindung gesehen werden - obwohl dies, in deutlicher Umgehung des Verbotes einer Berufung auf mangelnde Leistungsfähigkeit, praktisch doch geschieht - weil ja die Staatsaufgaben bereits zurückgenommen werden, aus Gründen des Haushalts. Das führt zwar oft zum gleichen Ergebnis, dogmatisch ist es aber doch etwas anderes als eine offene Berufung auf eine exceptio pecuniam non habendi.

H. Gesamtergebnis und Schlußbetrachtung Die Untersuchung hat zu einem zwiespältigen Gesamtergebnis geführt: - Einerseits konnte nachgewiesen werden, daß es einen Rechts(-grund)-satz, nach dem sich der Staat auf mangelnde Leistungsfähigkeit, rechtlichen Verpflichtungen gegenüber, berufen dürfte, nicht gibt, weder nach Verfassungs-, noch nach einfachem Gesetzesrecht. Der Extremfall des Staatsbankrotts (B. III.) und die in seiner Nähe anzusiedelnde - „theoretische" Möglichkeit des Versiegens jedes Mittelzuflusses (D. II. 7., 8.) sind nicht verallgemeinerungsfähig und können daher nicht Grundlage einer entsprechenden Dogmatik der Schranken der Staatsleistungen sein. - Zum anderen aber hat sich am Ende herausgestellt (G.), daß viele und die wichtigsten finanziellen - und bedingt durch sie auch andere - Staatsleistungen unter einem „indirekten Haushaltsvorbehalt" stehen. Hier kann, wie etwa bei Sozialleistungen und der Beamtenalimentation, der Inhalt der staatlichen Leistungsverpflichtung je nach Haushaltslage, und wegen dieser, weithin modifiziert werden. Praktisch kommt es also darauf an, wie weit die Verfassung dem Gesetzgeber normative Vorgaben setzt, hinsichtlich des Inhalts der von ihm zu erbringenden Leistungen. Je weitergehend dies der Fall ist, desto weniger kann der „indirekte Haushaltsvorbehalt" vom Staate in Anspruch genommen werden. Bei den am stärksten belastenden Staatsleistungen - im Sozialbereich - ist es sehr weitgehend möglich. Immerhin sollte aber auch dort bewußt werden, daß das Grundgesetz die Staatsleistungen grundsätzlich an anderen, außerbudgetären Kriterien ausgerichtet sehen möchte, insbesondere die Beamtenbesoldung. Längst nicht alle finanziellen Staatsleistungen stehen also, als wirtschafts- oder finanzpolitische Manövriermasse, zur freien Disposition des Schuldners Staat. Es ist daher zu betonen, daß der Staat stets einerseits seine Schulden bezahlen muß wie jeder Bürger, daß es ihm aber andererseits, in Grenzen, möglich ist, den größeren Teil seiner Haushaltsbelastungen eben doch mit Blick auf diesen Haushalt für die Zukunft zu gestalten. Es steht ihm also - über die Möglichkeit der Steuererhöhung hinaus - ein so bedeutsames (indirektes) Potential der Leistungskürzung zur Verfügung, daß schon deshalb keine Notwendigkeit besteht, sich im Namen der Leistungsfähigkeit auch rechtlich feststehenden Leistungsverpflichtungen zu entziehen. Daß all dies nicht genügen könnte, um den Staat in seiner Existenz und Funktionsfähigkeit zu sichern, ist kaum vorstellbar. Die eingangs (Α. I.) gestellten beiden Fragen lassen sich also wie folgt beantworten: 11*

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H. Gesamtergebnis und Schlußbetrachtung

- Rechtlichen Verpflichtungen gegenüber Dritten kann sich der Staat nicht unter Berufung auf einen Rechts- oder gar Verfassungsgrundsatz entziehen, nach dem seine Leistungsfähigkeit zu wahren wäre. - Innerorganisch kann ein Staatsorgan, insbesondere auch der Gesetzgeber, im Wege von Organstreitverfahren, Bund-Länder-Streit oder abstrakter Normenkontrolle, an der Übernahme „überlastender" Staatsaufgaben nur insoweit rechtlich gehindert werden, als dies gegen haushaltsverfassungsrechtliche Sperren verstößt. Solche können wohl nur im Bereich der Finanzierung über Kredite wirksam werden. Es hat sich jedoch gezeigt (oben D. II.), daß auch diese Verfassungsschranken durchaus flexibel sind. Zur Berufung auf den „indirekten Haushaltsvorbehalt" dagegen werden Legislative und Exekutive verfassungsprozessual kaum gezwungen werden können, es sei denn in Fällen, in denen sie anderenfalls notwendig Haushaltsverfassungsrecht verletzen müßten. Dieses Ergebnis gefährdet den Staat nicht, weil er sich dennoch hinreichend, durch zukünftige Leistungskürzungen mit Blick auf seine Finanzlage, entlasten darf. Die hier herausgestellte unbedingte Verpflichtungstreue im übrigen ist vielmehr geeignet, seine grundsätzliche Legitimität wie seine Akzeptanz bei den Bürgern im Einzelfall zu gewährleisten; sie wäre grundsätzlich gefährdet, wollte sich der Staat als „schlechter Schuldner" zeigen. Der Vertrauensverlust, der mit solchem Verhalten verbunden war, selbst in den Extremsituationen der beiden Nachkriegszeiten, sollte die politisch Verantwortlichen von jedem Versuch abhalten, sich auf Überlastung(-sgefahren) zu berufen. Die Vorbildfunktion des Staates muß nicht nur zu einem beispielhaften, ja pionierhaft vorausschreitenden Verhalten etwa im Umweltschutz führen, indem der Staat als erster mit seinem Eigentum gemeinschaftsfördernde Auflagen erfüllt. Noch weit wichtiger ist es, daß die rechtlich organisierte Gemeinschaft ihren Bürgern ein Vorbild der Verpflichtungstreue ist; nur dann darf sie sich als Rechtsstaat bezeichnen, wenn sie sich nicht häufiger, sondern seltener als Private auf (drohende) Überlastung beruft. Gegenwärtig werden intensive Versuche unternommen, das Staat-Bürger-Verhältnis zu verbessern, nicht zuletzt in Form einer Public-Private-Partnership. Dies aber kann Erfolg nur haben, wenn sich der Bürger bei seinem „Partner Staat" darauf verlassen kann, daß dieser ein guter, ja ein exemplarischer Schuldner sein werde, der nicht unter Berufung auf sein „Wesen" eine exceptio pecuniam non habendi vorbringen will, wie sie keinem anderen zu Gebote stünde. Jede begründete Besorgnis, es könnte hier doch irgendeinen, nicht definierten, ja gar nicht definierbaren Vorbehalt staatlicher Leistungsfähigkeit geben, gefährdet nicht nur die Rechtssicherheit und damit die Rechtsstaatlichkeit, sondern die Glaubwürdigkeit des Staates schlechthin - seine Legitimität. Im demokratischen Staat muß dies besonders sorgfältig bedacht werden. Hier sind - immer wieder - wechselnde Mehrheiten entscheidungsbefugt, mit ihrer Ablösung muß zumindest gerechnet werden, was an sich schon das Vertrauen in Be-

H. Gesamtergebnis und Schlußbetrachtung

stand und Kontinuität der Staatsleistung(-sverpflichtung)-en nicht stärkt. Lange mußte sich deshalb die französische Republik, im Konzert der Mächte, außenpolitisch bemühen, die Zweifel an ihrer Vertragstreue zu zerstreuen. Zu ähnlichen Vertrauenseinbußen darf es, erst recht, nicht nach innen kommen, im Verhältnis zur Bürgerschaft, die diesen Staat trägt. Die Demokratie muß sich als eine Staatsform des Sprechens verstehen, dieses Wort ist die etymologische Wurzel ihrer wichtigsten Staatsorgane, der Parlamente, und sie bleibt gegründet auf das „Sprechen ihrer Bürger" im Rahmen der Meinungsfreiheit. Daß viel verspricht, wer viel spricht, gilt vor allem in diesem Regime und für dieses selbst, und dies nicht nur bei Wahlversprechen. Damit die Demokratie sich nicht als Staatsform verspielt, muß sie, ganz allgemein schon, bemüht sein, möglichst viel auch zu halten, bei ihren Versprechungen zu bleiben, vor allem, wenn sie in rechtlicher Form verfestigt sind. Das alles ist eine Herausforderung an diese Staatsform; der Machtwechsel darf nicht zum Wortbruch werden, dieser nicht zur demokratischen Gewohnheit. Diese viel(-ver)-sprechende Staatsform kann nur bestehen, wenn sie Verpflichtungstreue beweist, Staatstreue vom Bürger nur fordern, wenn sie bürgertreu ist. Dies alles aber sind schon Postulate, vielleicht nur Hoffnungen. Muß nicht doch diese Untersuchung mit der Frage schließen: Übersteigt der Verzicht des Staates, sich auf Leistungsfähigkeit zu berufen - die Leistungsfähigkeit der Demokratie?

I. Zusammenfassung der Ergebnisse 1. Ausgangspunkt der Untersuchung ist eine Rechtsauffassung, die in der Diskussion um die Entschädigung für in der früheren SBZ/DDR enteignete Vermögensgegenstände vertreten wurde: Volle Wiedergutmachung sei schon deshalb nicht geschuldet, weil die staatlichen Haushalte nicht finanziell überlastet werden dürften. Dies verbiete ein Verfassungsgrundsatz, nach dem die staatliche Leistungsfähigkeit stets zu wahren, die Erfüllung von Verpflichtungen nur nach deren Möglichkeiten zu verlangen sei. Es fragt sich, ob es ein solches Verfassungsprinzip gibt, mit Wirkung für alle staatlichen Rechtsverpflichtungen zur Leistung. (Seite 15-16) 2. „Leistungsfähigkeit" bezieht sich hier auf finanziell relevante Geld- und Sachleistungsverpflichtungen, nicht aber auf die Möglichkeit des Staates, hoheitsrechtliche Regelungen zu treffen und durchzusetzen. Der Begriff der „Verpflichtung" wird in einem weiten Sinn gebraucht, einschließlich Rechtspositionen auf gesetzlicher Grundlage, wie Sozialleistungen, Alimentation oder Subventionsansprüche. (Seite 16-18) 3. „Leistungsfähigkeit" im Sinne dieser Untersuchung ist erfüllungsrechtlich zu verstehen, wie etwa im Recht der Enteigungsentschädigung. Dieser Begriff hat nichts zu tun mit der steuerrechtlichen Leistungsfähigkeit, die ein Lastenverteilungsprinzip darstellt und daher der austeilenden, nicht, wie der erfüllungsrechtliche Begriff, der austauschenden Gerechtigkeit zuzuordnen ist. (Seite 18-19) 4. Zu unterscheiden sind verschiedene Gruppen von Ansprüchen des Bürgers gegen den Staat, denen ein solcher Einwand fehlender Leistungsfähigkeit entgegengehalten werden könnte. Im Vordergrund steht dabei die Kategorisierung nach Anspruchsgrundlagen (Verfassungsrecht, einfaches Gesetzesrecht, Verwaltungsakte, öffentlich-rechtliche Verträge). Ein Vorbehalt staatlicher Leistungsfähigkeit könnte auf sie im einzelnen unterschiedliche rechtliche Wirkungen zeitigen. (Seite 20 - 30) 5. Ein Grundsatz der „Leistungsfähigkeit als Schranke der Staatsleistungen" könnte sich aus den Staatsaufgaben ergeben: Der Staat dürfe durch die Erfüllung von Verpflichtungen nicht gehindert werden, (andere, wichtigere) Aufgaben wahrzunehmen. Bei der Behandlung der Staatsaufgaben wird denn auch die Frage nach der staatlichen Leistungsfähigkeit gestellt. (Seite 31-33) 6. Der Staat kann seine Aufgaben weitgehend frei bestimmen, dies entspricht seit langem herrschender Lehre, und er hat von dieser Freiheit der Aufgabenüber-

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nähme seit dem 19. Jahrhundert immer mehr extensiven Gebrauch gemacht. Gerade deshalb darf sich aber der Staat der Erfüllung einmal in diesem weiten Rahmen übernommener rechtlicher Verpflichtungen nicht unter Berufung auf andere zu erfüllende Aufgaben entziehen; denn ein solches Recht stünde ihm dann viel zu weitgehend, unvorhersehbar, wenn nicht gar unbeschränkbar, zu Gebote. (Seite 33 -37) 7. Eine Priorität der Aufgabenerfüllung ergibt sich aus der Verfassung für den Staat nicht mit einer rechtlichen Faßbarkeit, welche ein allgemeines Leistungsverweigerungsrecht rechtfertigen könnte. Die Grundrechte mögen zwar der Übernahme von Aufgaben durch den Staat Schranken ziehen, als Schutzpflichten ihn, umgekehrt, zu einer solchen verpflichten. Doch dies beläßt dem Staat noch immer eine so weitgehende Aufgabenfreiheit, daß eine Berufung auf sie die Erfüllung all seiner rechtlichen Verpflichtungen aufheben könnte. (Seite 37 - 39) 8. Ein für die Wahrung der Leistungsfähigkeit relevanter Aufgaben Vorrang könnte aus der Notwendigkeit der Erfüllung ausschließlicher, notwendiger, wesentlicher Staatsaufgaben abzuleiten sein. Doch rechtlich hat sich bisher ein solcher Kernbegriff im staatlichen Aufgabenrecht nicht entwickeln lassen. Was ihm allenfalls zugerechnet werden könnte (etwa Rechtssetzung, Streitentscheidung), belastet die Haushalte keinesfalls so schwer, daß andere Leistungen deshalb einzuschränken wären. (Seite 39 - 44) 9. „Öffentliche Aufgaben" ist ein weiterer Begriff als „Staatsaufgaben"; sie können auch von Privaten und sogar staatsunabhängig (etwa von den Medien) erfüllt werden. Wollte man auch Verpflichtungen, welche zur Erfüllung solcher Aufgaben eingegangen werden, einem allgemeinen Vorbehalt der Leistungsfähigkeit unterstellen, so wäre das - unannehmbare - Ergebnis, daß sich etwa auch ein Presseverlag auf fehlende Mittel berufen dürfte, ebenso alle Beliehenen. Für sie gilt: Der Staat kann nicht selbst eine Einwendung geltend machen, die er ihnen versagt. (Seite 44 - 47) 10. Aus dem Recht des „Staatskonkurses" wie bereits aus der Konkursfähigkeit des Staates könnten sich Anhaltspunkte für die Notwendigkeit ergeben, staatliche Leistungsfähigkeit jedenfalls zu wahren. Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind grundsätzlich konkursfähig. Die herrschende Lehre nimmt jedoch für Bund und Länder Konkursunfähigkeit an, wenn auch mit teilweise überholter Begründung: Weder steht nämlich hier der Konkursfähigkeit entgegen, daß erforderliche Verfahrensvorschriften fehlen, noch schließen Vollstreckungshindernisse (etwa § 882 a ZPO) sie aus. Bleibt also hier nur die allgemeine Berufung auf die Notwendigkeit der Erfüllung von Staatsaufgaben. Allerdings hat die Lehre dem auch in diesem Zusammenhang keine näheren Konturen zu geben vermocht. Gemeinden und andere juristische Personen des öffentlichen Rechts sind weithin durch konstitutives Landesrecht für konkursunfähig erklärt worden.

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Dies bedeutet im vorliegenden Zusammenhang: Aus Konkursrecht ergeben sich keine brauchbaren Abgrenzungskriterien für ein etwaiges allgemeines Leistungsverweigerungsrecht des Staates; folgte es nämlich aus der fehlenden Konkursfähigkeit, so würde es viel zu weit tragen. Es wäre dann auch überflüssig, Konkursunfähigkeit gesetzlich vorzusehen: Der Konkurs könnte ja immer, durch Berufung auf fehlende Leistungsfähigkeit und Leistungskürzungen, schon im Vorfeld verhindert werden. Das geltende Konkursrecht spricht also nicht für, sondern eher gegen einen so allgemeinen Leistungsvorbehalt. (Seite 47 - 54) 11. Das Bundesverfassungsgericht hat zum „Staatsbankrott" des Reiches und der DDR sowie deren rechtlicher Bewältigung Grundsätze aufgestellt, welche eine Leistungsbeschränkung zur Wahrung staatlicher Leistungsfähigkeit begründen könnten. Der Begriff des Staatsbankrotts wird im Schrifttum bereits seit dem Ende des 1. Weltkriegs näher behandelt. Er unterscheidet sich nicht von dem der Zahlungsunfähigkeit des Konkursrechts. Der Staatsbankrott führt zu einer völligen Neuordnung der Staatsleistungen für die Zukunft. Dies und die in diesem Zusammenhang betonte notwendige Erfüllung von (anderen) Staatsaufgaben wäre dem „Staatsbankrott" mit einem Leistungsvorbehält der Leistungsfähigkeit an sich gemeinsam. (Seite 54 - 57) 12. Nach der Verfassungsjudikatur stellen aber die Grundsätze über den Staatsbankrott Ausnahmerecht dar, im Gegensatz zur Erfüllung „normaler" öffentlicher Aufgaben; es geht um die Bewältigung einer historisch einmaligen Situation. Eine Analogie zu (anderen) staatlichen Haushaltsengpässen läßt sich nicht ziehen. Eine Erweiterungsmöglichkeit zu einem allgemeinen Recht staatlicher Leistungsfähigkeit besteht nicht, ebensowenig gibt es ein ungeschriebenes, überzeitlich geltendes Staatsbankrottrecht. (Seite 57 - 62) 13. Das Haushaltsrecht der Verfassung könnte zum Schutz staatlicher Leistungsfähigkeit Leistungssperren, vorsehen, über welche deren Gefährdung zu Leistungskürzungen führen würde. Nach § 3 Absatz 2 HGrG kommt dem Haushaltsplan keine Außenwirkung zu, durch ihn werden Ansprüche oder Verbindlichkeiten weder begründet noch aufgehoben. Teilweise - insbesondere im Bundesbereich - gilt überdies noch das „Bepackungsverbot": Ins Haushaltsgesetz darf nur aufgenommen werden, was sich auf „Einnahmen und Ausgaben" bezieht. Diese Zweispurigkeit von Budgetrecht und außerbudgetärem Recht spricht gegen die Zulässigkeit einer Berufung auf fehlende Haushaltsmittel als Einwand gegen Ansprüche der Bürger. Leistungsverpflichtungen können jedoch „nach Maßgabe des Haushalts" begründet werden; unter diesem ausdrücklichen Haushaltsvorbehalt stehen viele Staatsleistungen, insbesondere im Subventionsrecht. Die im übrigen lediglich innerorganische Wirkung des Haushalts entspricht zwar der Tradition, hat aber als

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solche nicht Verfassungsrang. Sie könnte daher durch ein Verfassungsprinzip relativiert sein, wonach die Leistungsfähigkeit zu wahren sei. (Seite 63 - 67) 14. Es fragt sich, ob sich aus einem verfassungsrechtlichen Überschuldungsverbot Leistungsbegrenzungen ableiten lassen, insbesondere aus den Kreditregelungen des Art. 115 GG. Der Haushalt hat (auch) Lenkungsfunktion. Reformen des Haushaltsverfassungsrechts in den 60er Jahren haben antizyklische Haushaltspolitik ermöglicht, was allerdings als „Verschuldungsversuchung" kritisiert wurde. Diese Tendenz steht aber der Anerkennung eines Rechts der Leistungsminderung zur Wahrung der Leistungsfähigkeit entgegen: Wer deficit spending erlaubt, verzichtet gerade darauf, der Leistungsfähigkeit einen derartigen Stellenwert zuzuerkennen. (Seite 67 71) 15. Ein allgemein leistungsbeschränkendes etatrechtliches Überlastungsverbot ist der Verfassung fremd, wie schon Art. 111 Absatz 1 GG zeigt, sie trifft sogar weitreichende haushaltsrechtliche Vorsorge, um staatliche Haushaltskontinuität sicherzustellen. Immerhin zieht das Grundgesetz jedoch der Finanzierung von Staatsleistungen über Kredite Schranken (Art. 115 GG), woraus sich für den Staat ein verfassungsrechtliches Verbot der Überlastung durch Überschuldung ergeben könnte. Der Begriff der - grundsätzlich allein zulässigen - investiven Kredite stellt jedoch nur eine „weiche Überschuldungsgrenze" dar. Im Sonderfall der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts entfällt auch sie weitgehend, dies spricht gegen die Annahme, der Verfassungsgesetzgeber habe die Möglichkeit einer Leistungsminderung über Kreditsperren durchsetzen wollen. (Seite 71-77) 16. Aus der verfassungsrechtlichen Verpflichtung zur Wahrung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts (Art. 109 Absatz 2 GG) läßt sich ein Vorbehalt staatlicher Leistungsfähigkeit nicht ableiten. Jener Begriff ist verfassungsrechtlich nicht näher bestimmt, jedenfalls aber von einer dynamischen Flexibilität, welche seinen Einsatz zur Bestimmung rechtsstaatlich faßbarer Leistungsgrenzen ausschließt. Das Haushaltsverfassungsrecht bietet also, insoweit jedenfalls, keinen Anhaltspunkt für ein verfassungsrechtliches Prinzip beschränkter staatlicher Leistungsfähigkeit als der Zufluß etwa erforderlicher Kreditmittel gesperrt würde. (Seite 77 -

82) 17. Dem Staat müßte dann eine Berufung auf Grenzen seiner Leistungsfähigkeit möglich sein, wenn es zur Austrocknung des Haushalts durch andere normative Sperren des Mittelzuflusses kommen könnte. Einige Quellen des Mittelzuflusses sind, in der Tat, nur sehr beschränkt ergiebig: Verkauf von Staatsvermögen sichert Mitteleingang nur begrenzt, vielleicht sogar nur gelegentlich. Gebühren und Beiträge sind auf konkrete Leistungen und Einrichtungen bezogen, nicht auf die allgemeinen Haushaltsbedürfnisse; den Sonderabgaben ziehen die notwendige Gruppenhomogenität und die Gruppennützigkeit

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enge Grenzen. Die Ergiebigkeit der Besitzsteuern läßt sich, nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, nur mehr beschränkt steigern. Bleiben die hauptsächlichen Quellen des Mittelzuflusses: Umsatzsteuer und Einkommen-/ Körperschaftsteuer. Sie ermöglichen aber jederzeit die Aufbringung von Mitteln in solchem Umfang, daß die Leistungsfähigkeit des Staates gesichert ist. Diese heutige Lage könnte sich allenfalls dann ändern, wenn Europarecht nicht nur der Umsatzsteuer-, sondern auch der Einkommen- / Körperschaftsteuer-Gesetzgebung enge Grenzen setzte. Eine solche Entwicklung kann jedoch heute, weil noch nicht absehbar, normativer Betrachtung nicht zugrundegelegt werden. (Seite 82 - 86) 18. Steuerwiderstand könnte sich, in legaler wie illegaler Form, zur faktischen Sperre auch dieses Mittelzuflusses verdichten. Der Begriff muß weit gefaßt und die Wirkungen dieser Anti-Haltung können gravierend werden. Die geringe Akzeptanz gegenwärtiger Steuerbelastung gibt zu Befürchtungen Anlaß. Mit Appellen an Solidarität und ethisches Verhalten der Bürger läßt sich dagegen wenig ausrichten. Dennoch kann auch eine Berufung darauf heute rechtlich Leistungskürzungen seitens des Staates nicht legitimieren; ein dem Staatsbankrott ähnlicher Fall extremen Steuerwiderstandes darf nicht in die normative Betrachtung des geltenden Rechts einbezogen werden. (Seite 86 - 90) 19. Der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz (§ 6 Absatz 1 BHO) könnte eine Berufung des Staates auf seine (mangelnde) Leistungsfähigkeit verlangen, wenn die Erfüllung von Verpflichtungen als „unwirtschaftlich" erschiene. Dem Wirtschaftlichkeitsprinzip kommt Außenwirksamkeit zu, wohl weniger kraft Haushaltsrechts oder über die rechtsstaatliche Erforderlichkeit, als vielmehr deshalb, weil den Bürgern die Geltung des Grundsatzes im innerorganischen Bereich ihres Schuldners bekannt sein muß, und sie daher stets und von Anfang an nicht mit unwirtschaftlicher Leistungserbringung seitens der Staatsorgane rechnen dürfen. (Seite 90 - 95) 20. Dem Verfassungsprinzip der Wirtschaftlichkeit ist der Gesetzgeber unterworfen, ebenso Verwaltung und Rechtsprechung. Doch der Grundsatz ist normativ als Leistungsschranke für den Staat nicht faßbar. Die dafür erforderliche Feststellung eines meßbaren Outputs der Staatstätigkeit ist weithin unmöglich. Im Schrifttum gilt Wirtschaftlichkeit daher als ein vager, inhaltsarmer Begriff, der sogar als Maßstab der Rechnungsprüfung problematisch ist. Da die Zwecksetzung den Staatsinstanzen obliegt, läuft er vor allem auf Mittelminimierung hinaus. Dritten gegenüber kann sich der Staat auf das Prinzip, im Sinne einer Ausgabenkürzung wegen mangelnder Leistungsfähigkeit, schon deshalb nicht berufen, weil es allenfalls im Bereich einer einzelnen Leistungsbeziehung wirken könnte (Erbringung derselben konkreten Leistung unter geringerem Mittelaufwand). Jedenfalls muß

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aber dabei die allgemeine Leistungsfähigkeit des Staates als Schuldner außer Betracht bleiben. Sie könnte vom Gläubiger nie beweiskräftig festgestellt werden. Außerdem dürfte der Staat, als Herr über die Leistungsziele, den Bezugspunkt „Zweck" meist einseitig verändern. (Seite 95 - 102) 21. Das Gebot der Sparsamkeit kommt als Grundlage eines verfassungsrechtlichen Vorbehalts der Leistungsfähigkeit des Staates schon deshalb nicht in Betracht, weil es einen Grundsatz der von der Wirtschaftlichkeit gelösten Sparsamkeit nicht geben kann; andernfalls könnte, unabsehbar, jede beliebige Leistungskürzung auf solche Weise gerechtfertigt werden. Denn Sparen läßt sich „immer noch mehr". (Seite 102 - 104) 22. Aus Art. 14 Absatz 3 Satz 3 GG könnte ein Verfassungsgrundsatz der „Entschädigung (nur) nach staatlicher Leistungsfähigkeit" abzuleiten sein, der sich zu einem allgemeinen Recht zur Leistungseinschränkung zwecks Wahrung von „Belangen der Allgemeinheit" erweitern ließe. (Seite 105 - 107) 23. Im Deichordnungsurteil hat das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen, Entschädigung könne auch unter Verkehrswert gewährt werden. Dies darf jedoch nicht im Sinne einer allgemeinen und schrankenlosen Flexibilisierung der Entschädigungshöhe im öffentlichen Interesse gedeutet werden, was die Eigentumsgarantie entwerten müßte. Vielmehr ist die - in der Folgezeit deutlich zurücktretende Aussage auf Ausnahmefälle zu beschränken, in denen die Verkehrswerte keine sachgerechte Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen erkennen lassen. Überdies bezieht sich Art. 14 Absatz 3 GG auf den Wertausgleich im konkreten Enteignungsfall, er schützt dabei aber nicht die Leistungsfähigkeit des staatlichen Entschädigungsschuldners als solchen. (Seite 107-110) 24. Art. 14 Absatz 3 Satz 3 GG verlangt zwar Abwägung privater und öffentlicher Belange. Doch der letztere Begriff umfaßt gerade nicht fiskalische Interessen des Staates, in deren Namen nach herrschender Lehre auch nicht enteignet werden darf. Ein Interesse pecuniam habendi des Staates wäre nicht abwägungs-, ja nicht abgrenzungsfähig. Auf privater Seite könnten die schützenswerten Belange, den fiskalischen gegenüber, auch nicht mit hinreichender Präzision aus „eigener Leistung" definiert werden. Ein Vorbehalt staatlicher Leistungsfähigkeit läßt sich also aus dem geltenden Verfassungsrecht der Entschädigung nicht ableiten. (Seite 111-117) 25. Aus dem bürgerlichen Recht der Leistungsstörungen, welches für fiskalisches Staatshandeln und im Verwaltungsprivatrecht ohnehin gilt, könnte sich ein allgemeines Rechtsprinzip ergeben, welches auf Verfassungsebene auf das öffentliche Recht der Staatsleistungen wirken würde. (Seite 118-120) 26. Berufung auf mangelnde staatliche Leistungsfähigkeit läuft, zivilrechtlich gesehen, auf anfängliches Unvermögen zur Leistungserbringung hinaus; dieses hätte der Staat zu vertreten, weil zu erwarten steht, daß er sich grundsätzlich die erforderlichen Mittel werde verschaffen können. Auch unter Hinweis auf § 242

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BGB, in Verbindung mit dem Übermaßverbot, könnte er sich von seinen Leistungsverpflichtungen als solchen nicht befreien. Den Einwand des nachträglichen Unvermögens kann der Staat ebenfalls nicht vorbringen, denn nach bürgerlichem Recht bleibt der Schuldner verpflichtet, auch wenn er sich die erforderlichen Mittel nicht beschaffen kann („Geld muß man haben"). Durch das Eingehen der Verpflichtung wird ein entsprechendes Vertrauen des Gläubigers geschaffen, und der Staat ist in besonderem Maße vertrauenswürdig. (Seite 120 - 125) 27. Wirtschaftliche Unmöglichkeit kann ein Schuldner nur im Rahmen eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage geltend machen. Dabei kommt es jedoch primär auf den konkreten Verpflichtungsfall an, nicht auf die allgemeine finanzielle Lage des Schuldners, und der Staat müßte sich generell auf eine Risikoverteilung zu seinen Lasten verweisen lassen; sein Gläubiger könnte überdies nie seine finanzielle Situation auch nur annähernd übersehen oder gar vorhersehen. Nach dem bürgerlichen Recht der Leistungsstörungen bleibt also auch der nicht (voll) leistungsfähige staatliche Schuldner stets voll verpflichtet. (Seite 125 - 127) 28. Fiskalische Sonderrechte des Staates könnten möglicherweise Ansatzpunkte für ein allgemeines Rechtsprinzip bieten, nach dem die staatliche Leistungsfähigkeit stets zu berücksichtigen, ja zu fordern ist. Dabei scheiden jedoch Anfall- und Aneignungsprivilegien des Fiskus aus: Sie dienen nicht nur der Verstärkung staatlicher Finanzkraft, sondern auch der Rechtsklarheit (Fiskus als „Reserveschuldner"). Der gemein wohl verpflichtete Staat kann hier die Vermögensgegenstände mangels privater Nutzungsinteressen am besten nach den verfassungsrechtlichen Vorgaben (Art. 14 Absatz 2 GG) einsetzen. (Seite 127 - 129) 29. Im Staatshaftungsrecht gilt immer noch das Verweisungsprivileg (§ 839 Absatz 1 Satz 2 BGB), das früher auch mit der Entlastung des Staates begründet wurde. Es unterliegt jedoch berechtigter Kritik und wird von der Rechtsprechung abgeschwächt. Zugunsten eines Prinzips, nach dem die staatliche Leistungsfähigkeit allgemein zu berücksichtigen wäre, läßt sich daraus nichts ableiten. (Seite 129-131) 30. Vollstreckungsprivilegien (etwa § 882 a ZPO) begründen kein materielles Leistungsverweigerungsrecht des Staates; sie sollen ihm die Verfügung über verwaltungswichtige Vermögenswerte sichern, nicht aber seine Leistungsfähigkeit schützen. Überdies setzen sie gerade voraus, daß der Staat auch ohne Vollstreckung zahlen werde. (Seite 131-133) 31. Das bisherige Gesamtergebnis ist insofern negativ, als sich - von eng begrenzten Ausnahmefällen abgesehen - nicht hat erweisen lassen, daß es einen Verfassungsgrundsatz gibt, nach dem der Schuldner Staat Leistungen unter Berufung auf fehlende Mittel verweigern dürfte. Daraus ergeben sich jedoch, betrachtet man die Auswirkungen dieses Ergebnisses auf die Kategorien von Leistungsansprüchen gegen den Staat (siehe oben Nr. 4.) dogmatisch wie praktisch bedeutsame Folgerungen. (Seite 133 - 135)

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32. Ansprüche gegen den Staat auf verfassungsgesetzlicher Grundlage werden nicht durch ein Verfassungsprinzip der Berücksichtigung fehlender staatlicher Leistungsfähigkeit relativiert, eine praktische Konkordanz von Verfassungsnormen ist insoweit nicht herzustellen. Immanente Verfassungsschranken, wie sie etwa bei vorbehaltslos gewährleisteten Freiheitsrechten bestehen, gibt es insoweit nicht. (Seite 135 - 137) 33. Einfachgesetzliche Ausformungen verfassungsrechtlich begründeter Leistungsansprüche dürfen nicht ihrerseits eine exceptio pecuniam non habendi aufnehmen, welche das Verfassungsrecht nicht kennt. Der Staat darf nicht mit Gesetzeshand zurücknehmen, was er mit Verfassungshand gegeben hat. Einfachgesetzliche Ansprüche ohne Verfassungskonkretisierenden Inhalt können unter den Vorbehalt verfügbarer Haushaltsmittel gestellt werden, nicht aber unter allgemeinen Finanzierungsvorbehalt. Der Gesetzgeber hat also sorgfältig zu prüfen, welche Ansprüche er einräumen will, und dabei jeweils das dadurch entstandene Vertrauen der Bürger zu berücksichtigen. (Seite 137 - 138) 34. Werden Leistungsansprüche durch Verwaltungsakt eingeräumt, so ist bei gesetzesgebundener Verwaltung ein Leistungsvorbehalt nur zulässig, soweit das Gesetz ihn ausdrücklich vorsieht. Ist der Verwaltung ein Ermessen eingeräumt, so bietet für dessen Ausübung die Verfügbarkeit von Mitteln keine Schranke, ergibt sich dies nicht aus dem jeweiligen Gesetz. Ist eine gesetzliche Grundlage für den Verwaltungsakt nicht erforderlich, so kann ein Haushaltsvorbehalt eingefügt werden. Er (allein) ist erforderlich und genügend. (Seite 139 - 140) 35. Ansprüche aus Vertrag werden bei staatlichem Unvermögen zur Leistung weder ganz noch teilweise hinfällig. Auch die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage greifen nicht ein. Der Staat muß einen Leistungsvorbehalt deutlich im Vertrag zum Ausdruck bringen. (Seite 140) 36. In ständiger, sich intensivierender Staatspraxis werden jedoch staatliche Leistungen, die nicht unter Haushaltsvorbehalt stehen, dennoch laufend vermindert. Dies geschieht im Wege eines „stillschweigenden Haushaltsvorbehalts": Der (meist gesetzliche) Inhalt der Leistungsverpflichtungen wird durch außerbudgetäres Recht der jeweiligen Mittellage entsprechend verändert. Der Staat beruft sich dann nicht auf fehlende Mittel, er paßt seine Etatansätze den (vorher aber nach Etatüberlegungen bestimmten) Zwecken an, die häufig, vor allem im Sozialbereich, eine Flexibilität aufweisen, die eine Zielkorrektur durch außerbudgetäres Recht zuläßt. Die leistungsmindernden Auswirkungen dieser Praxis müssen deshalb ins Bewußtsein gehoben werden, weil es gilt, ihre verfassungsmäßigen Vorgaben bei haushaltsmotivierten Zweckänderungen zu beachten und einer Verschleierung der eigentlichen - eben etatbestimmten - Motivation des Gesetzgebers entgegenzuwirken. (Seite 141 - 146)

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37. Sozialversicherungsrechtliche Ansprüche sind ein - praktisch höchst bedeutsames - Beispiel dieser Praxis des stillschweigenden, indirekten Haushaltsvorbehalts. Die Sozialversicherung erbringt, nach herrschender Auffassung, Staatsleistungen insgesamt und nicht nur im Rahmen der Staatszuschüsse. Den Ansprüchen an die Träger der Sozialversicherung ist sogar, in der neueren Verfassungsjudikatur, Eigentumsschutz (Art. 14 Absatz 1 Satz 1 GG) zuerkannt worden, insbesondere, soweit sie auf „eigener Leistung" beruhen. Andererseits unterliegen diese Rechtspositionen der Versicherten einem weitgehenden Veränderungsvorbehalt, der sich praktisch oft zu einem stillschweigenden Haushaltsvorbehalt konkretisiert. Dieser wird jedoch rechtlich realisiert über eine Flexibilisierung der „Staatsaufgabe soziale Sicherung" - es bestehe eben geringerer sozialer Sicherungsbedarf. Den verfassungsrechtlichen Vorgaben wird dies allerdings nicht gerecht: Sozialrechtliche Schutzwürdigkeit nach Kassenlage ist dem Grundgesetz fremd. (Seite 146 - 152) 38. Die Alimentation der Beamten beruht auf einem ins Grundgesetz übernommenen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums (Art. 33 Absatz 4 und 5 GG). Hier sind Staatsleistungen nach verfassungsrechtlichen Vorgaben zu erbringen, welche amtsangemessene Besoldung und Versorgung sicherstellen. Das Bundesverfassungsgericht erkennt jedoch dem Gesetzgeber dabei einen weiten Gestaltungsspielraum zu; dieser wird in der Staatspraxis in dem - politisch bereits offen verkündeten - Sinn der Besoldung / Versorgung als Sparpotential der staatlichen Haushalte genutzt. Dies ist verfassungsrechtlich bedenklich. Trotz neuerer Tendenzen im Beamtenrecht sind Besoldung und Versorgung nicht auf konkrete Gegenleistungen der Bediensteten bezogen, welche die Dienstherren beliebig, nach Haushaltslage, geringer bewerten dürften, so wie ein privater Arbeitgeber. Vielmehr haben sie sich, nach der Verfassung, an der Bedeutung des Amtes zu orientieren, vor allem aber an den allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnissen; diese aber sind nicht mit der jeweiligen Lage der öffentlichen Kassen identisch. Bundesverfassungsgericht und Lehre halten denn auch Besoldungskürzungen nach Haushaltslage für verfassungsrechtlich unzulässig. Dennoch wird diese Praxis fortgesetzt, obgleich sie primär an einem verfassungsrechtlich unzulässigen Maßstab orientiert ist, dem der Haushaltsmittel. (Seite 152 - 160) 39. Bei der Ausübung des Verwaltungsermessens ist, nach überwiegender Auffassung, den Festsetzungen des Haushaltsplanes Rechnung zu tragen. Dies kann, etwa im Recht der Sicherheit und Ordnung, dazu führen, daß der durch das Opportunitätsprinzip gezogene Rahmen für polizeiliches Eingreifen je nach verfügbaren Haushaltsmitteln ausgefüllt, und diese nicht - umgekehrt - nach den Notwendigkeiten der Gefahrenabwehr bereitgestellt werden.

I. Zusammenfassung der Ergebnisse

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Die Ziele der Ermessensausübung - als innere Ermessensschranken - sind aber in den meisten Fällen, in außerbudgetärer Umschreibung der Staatsaufgaben, derart flexibel bezeichnet, daß es dem staatlichen „Schuldner der Gefahrenabwehr" freisteht, seine Leistungen nur mit einer von Gesetz und Verfassung hier nicht vorgesehenen Motivation - nämlich nach Mittellage - zu erbringen. (Seite 161-162) 40. Das Schlußergebnis der Betrachtung bleibt zwiespältig: Einerseits kann ein allgemeines Verfassungsprinzip nicht anerkannt werden, das eine Einschränkung von Staatsleistungen nach staatlicher Leistungsfähigkeit erlaubte, von zu vernachlässigenden Ausnahmen (Staatsbankrott) abgesehen. Andererseits praktiziert der Staat in großem Umfang „Staatsleistungen nach verfügbaren Haushaltsmitteln", indem er nach diesen die Leistungsinhalte bestimmt. Dies ist dort verfassungsrechtlich bedenklich, wo das Grundgesetz andere Leistungsziele vorgibt (soziale Sicherung, amtsangemessene Alimentation). Keinesfalls darf solche Praxis auf inhaltlich festliegende Ansprüche gegen den Staat (Entschädigung) ausgedehnt werden. (Seite 162) 41. Festzuhalten bleibt: Rechtlichen Verpflichtungen gegenüber Dritten kann sich der Staat nicht wegen mangelnder Leistungsfähigkeit entziehen. Im staatlichen Innenbereich können Staatsorgane dagegen, insbesondere der Gesetzgeber, an der Übernahme übermäßig belastender Verpflichtungen verfassungsprozessual gehindert werden, im Organstreit, Bund-Länder-Streit und über abstrakte Normenkontrolle. Voraussetzung ist eine Verletzung von Verfassungsrecht, insbesondere von haushaltsrechtlichen Normen. (Seite 163 - 164) 42. Der demokratische Staat muß seinen Bürgern Vorbild sein, er hat sich daher besonders verpflichtungstreu zu verhalten. Nur dann hat die heute überall versuchte Public Private Partnership eine Zukunft. Andererseits steht gerade die Demokratie in der Versuchung, immer (mehr) zu (ver)-sprechen, was dann oft zum Wortbruch wegen leerer Kassen führen muß. Es bleibt also die Frage: Übersteigt der Verzicht des Staates, sich auf Leistungsfreiheit zu berufen - die Leistungsfähigkeit der Demokratie? (Seite 164- 165)

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Sachwortverzeichnis Abgaben 19, 73, 81 ff., 123 - Abgabenerhebung 15, 86 f. - Abgabenhoheit 121 - Abgabenlast 114 - Abgabenordnung 19 ff. - Äquivalenzprinzip s. dort - Ausgleichsabgabe s. dort - Beitrag s. dort - Gebühr 5. dort - Kostendeckungsprinzip s. dort - Sonderabgabe s. dort - Sozialabgaben s. dort - Staat als Abgabengläubiger 19 - Steuer(n) s. dort Abstrakte Normenkontrolle 81, 164, 175 Abwägung 27, 79, 93, 99 ff., 111 ff., 122, 136, 144,144 FN 46, 171 - Abwägungsfaktor 33 - Abwägungsprobleme 28 - Abwägungsspielraum 16 - Güterabwägung 28 - im Rahmen der Wirtschaftlichkeit 99 s. a. Wirtschaftlichkeit - Interessenabwägung 114 FN 39 - nach Art. 14 Absatz 3 Satz 3 GG 27, 144, 171 s. a. Enteignungsentschädigung Abwehrrechte, grundrechtliche 66 s. a. Grundrechte Äquivalenzprinzip 83 Alimentation 26 ff., 84 ff., 135, 135 FN 1, 2, 152 ff., s. a. Beamte - Alimentationsanspruch 26 ff. - als Staatsleistung 152 ff., 174 j. a. Leistung - und ihr Zweck 154 ff. - und Sonderabgaben 84 s. a dort Allfähigkeit/Allzuständigkeit des Staates 34 ff. s. a. Kompetenz Allgemeine Staatslehre 62 Allgemeinheit 21, 105, 111 ff., 124, 129 FN 52, 171

-

Allgemeiner Lebensstandard 154 Allgemeinheit der Staatsaufgaben 44 Vertrauen der Allgemeinheit 124 Leistung (des Beamten) für die Allgemeinheit s. a. Beamte - Interesse der Allgemeinheit s. dort - Wohl der Allgemeinheit s. dort Amt 154, 174 f. s. a. Beamte - Amtshaftung 25 FN 57, 129 a. Staatshaftung - Amtspflicht 23, 129 5. a. Staatshaftung Aneignung 128 Anspruch 15 ff., 60 ff., 79 ff., 96 ff., 119 ff., 134 ff., 163 - Amtshaftungsanspruch s. dort - Anspruch auf Alimentation s. Alimentation - Anspruch auf Erhöhung der Haushaltsmittel 65 - Ansprüche aus Vertrag 173 - Anspruchsgrundlagen 166 - Anspruchskomplexe 23 ff. - Ausgleichsansprüche s. dort - Billigkeitsanspruch 109 - Entschädigungsanspruch 108 s. a. Entschädigung - Erstattungsansprüche s. dort - Ethischer Anspruch 19 f. - Gehaltsanspruch (des Beamten) 21 s. a. Alimentation - Kategorisierung von Ansprüchen 20 ff. - Leistungsansprüche gegen den Staat 134 ff. s. a. Leistung - Leistungsansprüche s. dort - Öffentlich-rechtliche Ansprüche s. dort - Rückgabeanspruch 15 - Schadensersatzanspruch s. dort - Sozialversicherungsrechtliche Ansprüche s. dort - Subjektive Rechte s. dort - Subventionsansprüche s. dort

Sachworterzeichnis Apothekenurteil 32 FN 7,40 Arbeitsrecht (Schranken zum Beamtenrecht) 155 Aufgaben des Staates 29 ff., 45 ff., 58 ff., 143 ff., 159 ff., 174 - Staatsaufgabenlehre 33, 37 ff., 132 - Aufgabenbestimmung 33 ff., 89, 141 ff. - Aufgabenbestimmungsfreiheit 36 ff., 141 ff., 166 - Aufgabenerfüllung 31 ff., 44 ff., 103, 167 - Aufgabenexpansion 35 - Aufgabenkritik 35 - Aufgabenpriorität/-vorrang 39, 167 - Aufgabenrecht 167 - Aufgabentheorie 46 s. a. Beleihung - Aufgabenübernahme 35 ff. Aufopferung 23 ff. - Aufopferungsentschädigung 105 - Aufopferungsgedanke 26 f., 118 Aufrechnung 24, 132 - Aufrechnungserklärung 24 Ausgleichsansprüche 16 FN 6 Ausgleichsabgaben 84 Ausschlagungsrecht 128 Außenwirtschaftliches Gleichgewicht 78 Äußere Sicherheit 40 Baulast 24; 24 FN 50 Beamte 17 ff., 21 ff., 43, 130 ff., 152 ff., 162 f., 174 - Beamtenalimentation s. Alimentation - Beamtenbesoldung 144, 152 ff., 174 - Beamtenbesoldungsgesetz 153 ff. - Beamtenbezüge 153 - Beamtenprivileg 129 - Beamtenrecht 155 ff. - Beamtensicherung 27, 154 - Beamtenverhältnis 60 ff. - Berufsbeamtentum 153 ff., 174 - Beschäftigungsverhältnis s. dort - Besoldungskürzung 158 - Besoldungspolitik 158 - Besoldungsrecht 137 - Hinterbliebenen Versorgung 154 - (Öffentlicher) Dienst s. dort - Teilzeitregelungen s. dort - Überstundenregelungen s. dort - Versorgung(-srecht) 26, 146, 152 f., 174

Beitrag 84, 169 s. a. Abgabe - Beitragsprinzip 146 Beleihung 46 ff., 52 - Aufgabentheorie s. dort - Beliehene 46, 167 - Rechtsstellungstheorie s. dort Bepackungsverbot 64, 65, 168 s. a. Haushalt Berechenbarkeit (staatlichen Handelns) 95 f. s. a. Rechtsstaat Berufsbeamtentum s. Beamte Berufsfreiheit 38 s. a. Grundrechte Beschäftigungsverhältnis 156 s. a. Beamte Besitzsteuer s. Steuer Bestimmtheitsgebot 79, 140 s. a. Rechtsstaat Besoldung s. Beamte Beurteilungsspielraum 79, 154 ff. Bodenreform(-urteil) 15, 29, 61, 106 Budgetrecht 65 s. a. Haushalt Bundesfinanzministerium s. Finanzen Bundeshaushaltsordnung s. Haushalt Bundesrechnungshof s. Rechnungshof Bundesrepublik 32, 59 f. Bund-Länderstreit 81, 164, 175 Bürgerliches Recht 21, 118 ff. s. a. Zivilrecht Darlehen 73 ff. Daseinssicherung 149 Daseinsvorsorge 42 DDR 48, 61, 134, 166 ff. Deficit spending 69 f., 169 Deichordnungsurteil 27, 107 ff., 171 Demokratie 63 FN 1, 72 FN 51, 124, 165 ff., 175 Dienst s. a. Beamte - Dienst- und Verwaltungsreform 43 FN 66 - Dienstbezüge 154 - Dienstgeber 157 - Dienstherr 153 ff. - Dienstrang 154 - Dienstrechtsreform 155 - Öffentlicher Dienst 60, 154 Eigentum 15 FN 1, 26 FN 66, 37, 59,107 ff., 136, 146 ff. - Eigentumsgarantie 142 ff., 171

192

Sachworterzeichnis

- Eigentumsgrundrecht 37,154 s. a. Grundrecht - Eigentumsordnung 16 FN 6 - Eigentumsschutz 26 FN 66, 148 f., 174 - Enteignung s. dort - und Situationsgebundenheit 113 - Renteneigentum s. dort Einkommensteuer s. Steuer Eingriff 23 ff., 39, 84, 93, 115, 130 - Enteignungsgleicher, enteignender Eingriff s. dort - Staatseingriff 84, 115 - Zwangseingriff 59 Enteignung 15 ff., 23, 105, 112, 113 FN 34, 117 - Enteignungsentschädigung 26 f., 96, 105, 114 f., 135, 166 - Enteignungsgleicher, enteignender Eingriff 23, 26 FN 66 Entschädigung 15 ff., 25 FN 61, 105 ff., 113 FN 34, 116 f., 135 FN 1, 166 ff., 175 - Entschädigungsund Ausgleichsleistungsgesetz 15 ff., 29, 48, 82 - Entschädigungsabwägung 116 s. a. Abwägung - Entschädigungshöhe 108 f., 171 - Entschädigungsleistungen 37, 75 s. a. Leistung - Entschädigungsrecht 106, 118, 137, 143 f. - Enteignungsentschädigung s. dort Erbe 128 - Ausschlagungsrecht s. dort - Erbschaftssteuer s. Steuer Erforderlichkeit 93 s. a. Verhältnismäßigkeit Erfüllung 17 ff., 29 ff., 44 FN 68, 46 FN 80, 53 FN 109, 71 ff., 102 ff., 131 ff., 166 ff. - Erfüllungsfähigkeit 19 - Erfüllungsnotwendigkeit 37 - Erfüllungsverweigerung 56 Erhaltung des Staates s. Staatserhaltung Ermessen 15, 28 ff., 94, 139, 154, 161 f., 173 - Ermessensausübung 162 - Ermessensbegrenzung 139 - Ermessensbereich 162 - Ermessensbindung 162 - Ermessensschranken 139, 161 - Ermessensziele 162

- Verwaltungsermessen 161,174 Erstattungsanspruch 24 Etatüberlegungen 144 Europarecht 82 ff., 141, 170 Exceptio pecuniam non habendi 22, 30, 81, 104, 118 ff., 140 ff., 162 ff., 173 Existenzminimum 75, 135 FN 1 Feststellungsklage 133 Finanzen / Finanzierung 53 ff. - Bundesfinanzministerium 103 - Finanzbehörde 19 - Finanzhilfen 75 - Finanzierbarkeit 33 - Finanzierung von Staatsleistungen 169 ff. - Finanzierungsvorbehalt 173 - Finanzinvestitionen 75 - Finanzkraft 133 ff., 172 - Finanzpolitik 80 - Finanzlage 137 - Finanzsituation 159 - Finanzverfassung 67 ff. - Finanzvermögen 51 - Finanz- und Haushaltsentwicklung 126 - Kreditfinanzierung s. dort - Staatsfinanzen 140 Fiskus 49, 128, 128 FN 50, 133, 172 - Aneignungsprivilegien des Fiskus s. dort - Fiskalbelange 111, 117 - Fiskalinteresse 41, 171, 112 ff. - Fiskalische Sonderrechte 172 - Fiskalisches Staatsinteresse 33 - Fiskallasten 129 - Fiskalprivilegien 127, 129 - Fiskalrechte 129 Garantielehre 121 s. a. Schuldrecht Gattungsschuld 123 s. a. Schuldrecht Gebühren 83 ff., 83 FN 100 u. 102, 84 FN 104, 169 Geeignetheit 93 s. a. Verhältnismäßigkeit Gefährdungshaftung 130 Gefahrenabwehr 161 f., 174 Gegenleistungsprinzip 155 Geld 24, 69 ff., 70 FN 31, 119 ff. - Geldleistungen 120 - Geldschuld 120, 123 - Geldverpflichtungen 166

Sachworterzeichnis Gemeinden 36,49, 81, 114,159 - Kommunalrecht 92 FN 138,119 FN 9 Gemeinschaft 32 ff., 66 ff., 157 - Bürgergemeinschaft 114 - Gemeinnutz 112 - Gemeinschaftsbelange 40 - Gemeinschaftsgüter 32,40, 66 - Gemeinschuldner 50, 55 - Solidargemeinschaft 51 FN 99, 72 FN 51, 126 FN 42, 129 FN 53, 146 General- oder Blankovollmacht 34 Generationen vertrag 146 Gerechtigkeit 115, 166 Gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht 70, 70 FN 40, 76 ff., 79, 81, 169 Geschäftsführung 23 ff. Gesetz - Entschädigungsund Ausgleichsleistungsgesetz s. dort - Gesetzesgebundene Verwaltung 139 - Gesetzesrecht 166 ff. - Haushaltsgesetz 5. dort - Vermögensgesetz s. dort Gewaltmonopol 40, 43 FN 67 Gewerbefreiheit 38 Gleichheit 96 - Gleichheits(-grund)-satz 38, 43 FN 66, 87, 95 FN 149, 154 - Gleichstellungslehre 121 Grundrechte 33 ff., 50, 167 - Berufsfreiheit s. dort - Eigentum s. dort - Grundrechtsbindungen 119 - Grundrechtsdogmatik 47, 136 - Grundrechtsschranken 39 - Grundrechtliche Abwehrrechte 5. Abwehrrechte - Grundrechtliche Teilhaberechte s. Teilhaberechte - Status negativus s. dort Gruppe 17 ff., 64, 131 ff., 152 ff., 166 - Gruppenhomogenität 84, 169 - Gruppennützigkeit 84, 169 - Gruppierungsplan 74 Haftung 25, 118 ff. a. Staatshaftungsrecht - Haftung aus Teilnahme am allgemeinen Straßenverkehr 131 13 Leisner

- Haftungseinschränkung 130 - HaftungsVerpflichtung 128 f. Haushalt 63 ff., 91, 143 ff., 158 f., 161 ff. - Βepackungsverbot s. dort - Bundeshaushaltsordnung 102, 170 - Finanz- und Haushaltsentwicklung s. dort - Haushalts- und Wirtschaftsführung 91 - Haushaltsansätze 138 - Haushaltsausgleich 70 f. - Haushaltsbelastung 16, 146, 152 - Haushaltsdeckung 64, 69 f. - Haushaltsengpässe 168 - Haushaltsgesetz 66, 71, 82, 168 - Haushaltsgewalt 80 - Haushaltsgrundsatz 142 - Haushaltsgrundsätzegesetz 63 f., 75, 102, 144, 168, - Haushaltskontinuität 169 - Haushaltslage 16, 137, 145, 147, 150, 157 ff. - Haushaltsmittel 17, 64 f., 81, 94, 139, 141 ff., 147, 151, 173 f. - Haushaltsnormen 66 - Haushaltsordnung 63, 65 - Haushaltsperiode 77 - Haushaltsplan 63 f., 69 ff., 139, 161, 168 - Haushaltspolitik 69 f., 80, 169 - Haushaltsrecht 29, 63 ff., 80 ff., 94, 95 FN 151, 141, 144, 162, 168 - Haushaltsreformen 69 - Haushaltsstabilisierung 160 - Haushalts verfassungsrecht 68 f., 169 - Haushaltsvorbehalt 65, 81, 138 ff., 143 ff., 150, 152 ff., 162 f., 173 - Haushaltswesen 63 - Haushaltswirtschaft 77 - Innerorganische Wirkung des Haushalts 168 - Nachtragshaushalt 71 - Nothaushaltsrecht 73 FN 52 - Öffentliche Haushalte 156 Herrenlos 128 Hinterbliebenenversorgung s. Beamte Hoheitsgewalt 42 Hoheitsstaat 155 Industriegesellschaft 149 Interesse der Allgemeinheit 111 ff.

194

Sachworterzeichnis

Kommunalrecht s. Gemeinden Kompetenzbegriff 34 - Kompetenz-Kompetenz 34 - Omnikompetenz 34 s. a. Allzuständigkeit Konkordanz - Praktische Konkordanz s. dort Konkurrenzschutz 75 Konkurs 32, 47 ff., 52 f., 168 - Konkursantrag 49 - Konkurs(-un)-fähigkeit 29, 32, 49 ff., 53, 80, 132, 167 f. - Konkursmasse 50 f. - Konkursordnung 49, 49 FN 86 u. 88, 53 - Konkursrecht 52, 127 FN 46, 167 f. - Konkursreife 47 ff. - Konkursverfahren 50 ff. - Konkursverwalter 50 - Sonderkonkurs 51 - Staatkonkurs 48, 54 f., 59 ff., 106, 134, 167, 55 Körperschaft 49 ff., 65 - des öffentlichen Rechts 65 - Körperschaftsteuer s. Steuer Kostendeckungsprinzip 83, 83 FN 102 Kredit 68, 73 ff., 121, 169 - Kreditaufnahme 69 ff., 82, 141 - Kreditbelastung 73 - Kreditfinanzierung 76 - Kreditgrenzen 76 - Kreditmittel 169 5. a. Mittel - Kreditrahmen 75, 80 - Kreditregelungen 169 - Kreditüberschuldung 70 s. a. Überschuldung Kriegs- und Kriegsfolgeschäden 60, 106 - Kriegsfolgenrecht 29 - Kriegsfolgenrechtsprechung 59 ff. Künstlersozialabgabe s. Sozialabgaben

Legitimität 31 Leistung 18 ff.; 18 FN 15; 21, 37, 101, 123, 152 ff., 166 - Entschädigungsleistungen s. dort - Finanzierung von Staatsleistungen s. dort - Leistungsanreize 156 - Leistungsansprüche 22 ff., 134, 146 - Leistungsbeschränkung 102 - Leistungsfähigkeit 15 ff., 18 ff., 27, 36, 52 ff., 63 ff., 117 ff., 132 ff., 132 f., 141, 152 f., 157, 159 f., 161 ff. - Leistungsgesetz 28, 138 - Leistungsgrenzen 68, 169 - Leistungsinhalt 126 - Leistungsinstanz 132 - Leistungsinteressen 136 - Leistungsklage 133 - Leistungskontinuität 72 - Leistungskürzung 141, 145, 148, 151, 163, 168 ff. - Leistungsminderung 142, 169 - Leistungspflichten 21 s. a. Schuldrecht - Leistungsprämien 156 - Leistungsprinzip 155 - Leistungsschwäche 141 - Leistungsstandards 151 - Leistungsstörungen 119, 121 FN 18, 125, 127, 140 f., 171 f. 5. a. Schuldrecht - Leistungsverpflichtung 36, 73, 96, 133, 136, 139, 145 5. a. Schuldrecht - Leistungsverweigerung(-srecht) 38 f., 41, 43, 61, 68, 101, 131 ff., 167 ff. 5. a. Schuldrecht - Leistungswille 133 - Leistungszulage 156 - Leistungszuverlässigkeit 136 - Leistungsziele 141 f. - SachleistungsVerpflichtungen 166 - Sozialleistungen s. dort - Staatsleistungen 142, 145, 152, 154, 161, 165 f., 171, 174

Landesverteidigung 43 Lastengleichheit 25 s. a. Gleichheit Lasten Verteilungsprinzip 166 Legalität 31 Legitimation 32

Markt - Marktlage 158 ff. - Marktunzugänglichkeit 43 FN 67 - Marktwert 107, 108 - Marktwirtschaft 117

Interessenabwägung s. Abwägung Investition 67, 73 ff., 75 FN 68, 76, 169 - Finanzinvestitionen s. dort

Sachwortverzeichnis Maximalprinzip 99 Minimalprinzip 99 Ministerium für innerdeutsche Angelegenheiten 126 FN 45 Mittel 44 FN 68, 81 ff., 98 FN 164, 147 ff., 169 - Fördermittel 72 FN 48 - Haushaltsmittel s. dort - Kreditmittel s. dort - Mittel Verwendung 81 - Mittelzufluß 81, 169 - Staatsmittel 147 Monetarismi 68 FN 23, 70 Mutterschutz 135 FN 1

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Rechnungshof 76,95 FN 147, 98,102 f. - Bundesrechnungshof 75, 91 - Rechnungskontrolle 99 - Rechnungsprüfung 91, 91 FN 136, 98 FN 163, 99, 100 f., 170 Rechtsstaat - Berechenbarkeit s. dort - Rechts(-un)-sicherheit 37 - Rechtsbeständigkeit 135 - Rechtsklarheit 172 - Rechtsstaatlichkeit 25, 37, 46, 61, 81, 93, 94, 96, 101, 103, 114, 122, 144, 164 ff. - Rückwirkung s. dort - Vorhersehbarkeit s. dort - Vorrang des Gesetzes s. dort Rechtsstellungstheorie 46 ff. s. a. Beleihung Nachkriegssituation 60 Regierbarkeit 33 Nachtragshaushalt s. Haushalt Renten(-eigentum) 89, 149 s. a. Eigentum Nachschieben von Gründen 124 Risiko(-verteilung) 88, 101, 126 f. Naßauskiesungsbeschluß 26 Rückgabenanspruch s. Anspruch Normenkontrolle s. abstrakte NormenkonRückwirkung 144 s. a. Rechtsstaat trolle Normstufen 66 Sachleistungsverpflichtung s. Leistung Notarbeschluß 44 Sachverständige 100 Nothaushaltsrecht s. Haushalt Schadensersatz 71, 106, 121 ff. 5. a. SchuldNotstandsverfassung 47 s. a. Verfassung recht Numerus-clausus-Entscheidung 95 - Schadensersatzanspruch 121, 123 - Schadensersatzpflicht 129 Öffentlich-rechtliche Verträge s. Verträge - wegen Nichterfüllung 123 Öffentliche Kassen 147, 157 Schiedsgerichtsbarkeit 43 Öffentlicher Dienst s. Dienst Schlanker Staat 35 Öffentliches Interesse 33, 41, 130 f., 161 Schuldrecht Öffentliche Sicherheit und Ordnung s. Si- Erfüllung s. dort cherheit und Ordnung - Garantielehre s. dort Öffentlich-rechtliche Ansprüche 134 s. a. - Gattunsschuld s. dort Ansprüche - Geldschuld, Geldleistungen, GeldverOmnikompetenz s. Kompetenz pflichtungen s. dort Omnipotenz 35 - Gleichstellungslehre s. dort Opportunitätsprinzip 146, 161, 174 - Leistungsstörungsrecht s. dort Organstreit 81, 164, 175 - Schadensersatz s. dort Output 98, 143, 155, 170 - Schuldrechtliche Rechtsbeziehung 22 - Schuldverhältnis 18 ff., 24 Praktische Konkordanz 28 f., 173 - Stückschuld 123 Preisstabilität 78 s. a. Stabilität - Unmöglichkeit s. dort Privatisierung 32 ff., 42 FN 59, 43, 82 ff., 98 - Verwaltungsrechtliches Schuldverhältnis FN 162 s. dort Prognosespielraum 160 - Wegfall der Geschäftsgrundlage s. dort - Zurückbehaltungsrecht s. dort Public-Private-Partnership 164, 175 13'

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S achworterzeichnis

- Zweckerreichung und Zweckfortfall s. dort Selbstbestimmungsrecht 56 Sicherheit und Ordnung 39, 128, 161 f. Situationsgebundenheit des Eigentums s. Eigentum Solidarität 146, 170 - Solidargemeinschaft s. Gemeinschaft Sonderabgaben 84, 169 Sonderkonkurs 5". Konkurs Sondervermögen 51 Souveränität 57, 69 ff., 113 ff., 146 ff. Sozialstaat 83, 149 - Künstlersozialabgabe 146 FN 9 - Sozialabgaben 84 - Sozialbedarf 151 - Sozialbereich 163, 173 - Soziale Sicherheit 175 - Sozialgesetzgeber 150 - Sozialhilfe 26, 36, 89, 96, 135, 135 FN 1 und FN 2, 144 ff. - Sozialleistungen 30, 70, 75, 79, 105, 146, 149, 159, 163, 166 - Sozialrecht 96, 137, 151, 160 - Sozialstaatlichkeit 113, 114, 125, 147, 147 FN 16, 159 - Sozialversicherung 75, 144, 146 ff., 174 - Sozialversicherungsleistungen 147, 149, 151 - Sozialversicherungsrechtliche Ansprüche 146 ff., 173 Sparen 102 ff., 160, 171 - Sparpotential 153 - Sparsamkeit 90, 102 ff., 171 a. Wirtschaftlichkeit Sprache 18; 18 FN 17 Staatsbankrott 29, 32, 48, 54, 55, 57 f., 61, 106, 110, 127 FN 46, 141, 163 ff., 170 ff. vgl. a. Staatskonkurs Staatseingriff s. Eingriff Staatserhaltung 31 ff., 42 Staatsfinanzen s. Finanzen Staatskassen s. öffentliche Kassen Staatkonkurs s. Konkurs Staatliche Aufgaben s. Aufgaben des Staates Staatsaufgaben s. Aufgaben des Staates Staatliche Leistungsfähigkeit s. Leistungsfähigkeit

Staatshaftung 118, 130 f., 172 j. a. Amtshaftung - Verweisungsprivileg s. dort Staatskassen 147 s. a. öffentliche Kassen Staatskonkurs s. Konkurs Staatsleistung s. Leistung Staatsmittel s. Mittel Staatsorgane 42 ff., 63 ff., 101, 175 Staatsprivileg 129 5. a. Fiskus Staatsrechtfertigung 31 Staatsreichtum 83 Staatsschuldentheorie 67 Staatstreue 165 Staatsvermögen 82, 169 s. a. Vermögen Staatsverpflichtung 37, 162 Staatsziele 40, 160, 162 Staatzusammenbruch 57 s. a. Staatsbankrott/Staatskonkurs Stabilität 68 ff. - Haushaltsstabilisierung s. dort - Stabilitätsgebot 80 - Stabilitätsgesetz 68, 78, 80 f. - Stabilitätsziele 81 - Magisches Viereck der Stabilität 78 - Preisstabilität s. dort Status negativus 38 s. a. Grundrechte Steuer(n) 18 ff., 64 ff., 73 ff., 80 ff., 122 ff., 152 ff. - Besitzsteuern 169 - Besteuerung(-sgewalt) 18 f., 81 - Einkommensteuer 85, 170 - Erbschaftssteuer 84 - Körperschaftssteuer 85, 170 - Steuerbelastung 88, 170 - Steuererfindungsrecht 85 - Steuererhöhungen 81, 141 - Steuerhinterziehung 87 - Steuerhoheit 142 - Steuerkampf 88 - Steuermentalität 89 - Steuermeutereien 88 - Steuermoral 89 ff. - Steuerpflichtiger 19 - Steuerrecht 18 f. - Steuerrechtfertigung 18 - Steuerschuldner 19 - Steuersenkungen 88 - Steuerstaat(-lichkeit) 64 ff., 73, 122

Sachworterzeichnis - Steuersystem 88 - Steuerumgehung 87 - Steuervermeidung 87 - Steuerverschonungen 87 - Steuerverweigerung 88 - Steuerwiderstand 86 ff., 142, 152, 170 - Umsatzsteuer 19, 85, 170 - Vermögensteuer 84 Subjektive Rechte 23; 23 FN 42 5. a. Ansprüche - Subjektiv-öffentliches Recht 20 f.; 20 FN 26, 27; 23 FN 42; 112 Subsidiarität 35, 38, 133 Subventionen 24, 84 ff. - Subventionsansprüche 75, 166 - Subventionsbetrug 87 - Subventionsrecht 138, 168 - Wirtschaftssubventionen 65 FN 10 Tarifvertrag 42 FN 63 Teilhaberechte 66, 95 s. a. Grundrechte Teilzeitregelungen 155 s. a. Beamte Textklarheit 136 Textvollständigkeit 136 Transferleistungen 88 Überlastungsverbot 68, 169 Übermaß verbot 121 f., 171 s. a. Verhältnismäßigkeit Überschuldung 54, 67 ff., 74 ff., 169 - Kreditüberschuldung s. dort - Überschuldungsgrenze 77 - Überschuldungsverbot 77, 169 Überstundenregelungen 155 s. a. Beamte Umsatzsteuer, s. Steuer Umweltschutz 164 Unmöglichkeit 55, 86 ff., 98 ff., 120 ff., 125 s. a. Schuldrecht - Unvermögen 120, 123, 125, 171 - Unvermögen, anfängliches 121, 121 FN 15 - Unvermögen, nachträgliches 123, 172 - wirtschaftliche Unmöglichkeit 122 ff., 125, 172 Unpfändbarkeit 131 f. Unterhalt 154

Venire contra factum proprium 36 Verfassung 16 ff., 31 ff., 59 ff., 67 ff., 135 ff., 141 ff., 163 ff. - Finanzverfassung s. dort - Haushaltsverfassungsrecht s. dort - Notstandsverfassung s. dort - Verfassungsebene 171 - Verfassungsgrundsatz 16 - Verfassungsrecht 166 - Verfassungsschranke 76, 173 Verhältnismäßigkeit 76 ff., 91 ff., 122, 122 FN 22 - Erforderlichkeit s. dort - Geeignetheit s. dort - Übermaßverbot s. dort Verkehrssicherungspflicht 21 Verkehrswert 16, 110 Vermögen 15 ff., 47 ff., 63 ff., 90 ff., 105 ff., 118 ff. 134 ff., 152 ff. - Vermögensgegenstände 82, 166 - Vermögensgesetz 15 f. - Vermögensteuer s. Steuer - Finanzvermögen s. dort - Staatsvermögen s. dort Verpflichtungstreue 165 Verschuldensversuchung 169 Versorgung(sprinzip) s. Beamte Vertrag 20, 23 f., 28, 144 - Ansprüche aus Vertrag s. dort - Generationenvertrag s. dort - Tarifvertrag s. dort - Vertragsinhalt 140 - Vertragsrecht 140 - Vertragstreue 165 - Öffentlich-rechtliche Verträge 118, 140, 145, 166 Vertrauen 120 ff., 138, 164, 172 f. - Vertrauensschutz 138 - Vertrauenswürdigkeit 124, 172 Verwahrungsverhältnis 24 Verwaltung 83 ff., 134 ff., 141 ff. - gesetzesgebundene Verwaltung 173 - Verwaltungsakt 20, 23, 28, 139, 144, 166, 173 - Verwaltungsentscheidung 139 - Verwaltungsprivatrecht 171 - Verwaltungsrechtlicher Vertrag s. öffentlich-rechtliche Verträge

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S achwort Verzeichnis

- Verwaltungsrechtliches Schuldverhältnis 22 - Verwaltungsrechtsverhältnis 21 - Verwaltungsvollstreckung s. Vollstrekkung - Verwaltungsermessen s. Ermessen Verweisungsprivileg 129, 130 f., 172 s. a. Staatshaftung Völkerrecht 54 ff. Volksgesundheit 40 Vollstreckung 19, 131 f., 172 - Vollstreckungshindernisse 132, 167 - Vollstreckungsprivileg 131 f., 172 - Vollstreckungsrecht 132 f. - Vollstreckungssperre 131 - Vollstreckungsverbote 132 - Vollstreckungszwang 133 - Zwangsvollstreckung s. dort Vorbehalt 16 ff., 27 ff., 47 ff., 53 ff., 105 ff., 116 ff., 134 ff., 163 ff. - Finanzierungsvorbehalt s. dort - Haushaltsvorbehalt s. dort - Vorbehalt der Leistungsfähigkeit 17 f., 20, 22, 29, 48, 101, 118, 135, 167, 171 - Vorbehalt des Möglichen 95, 150 - Vorbehalt zu dem Gebot „pacta sunt servanda" 19 Vorhersehbarkeit 126, 126 FN 45 5. a. Rechtsstaat Vorrang des Gesetzes 28 s. a. Rechtsstaat Wahrscheinlichkeitstheorie 42 Wegfall der Geschäftsgrundlage 28, 120, 125 f., 126 FN 42, 140, 172 f. j. a. Schuldrecht

Weimarer Reichsverfassung 109 Wertschere 17 Wesen des Staates 53, 54, 56 Wiederbeschaffungswert 108 Wiedervereinigung 48, 126 FN 45 Willenserklärung 23 f. Wirtschaftlichkeit 90 ff., 96 ff., 101 ff., 143 FN 3, 170 f. 5. a. Sparsamkeit - Abwägung im Rahmen der Wirtschaftlichkeit s. Abwägung - Wirtschaftlichkeitsgrenze 95 - Wirtschaftlichkeitsgrundsatz 96, 170 - Wirtschaftlichkeitsprinzip 94 f., 99, 170 - Wirtschaftslage 101 - Wirtschaftswachstum 78 - Wirtschaftswissenschaften 54 - Wirtschaftssubventionen s. Subventionen Wohl der Allgemeinheit 112 s.a. Allgemeinheit Zahlungs(-un)-fähigkeit 168 Zivilrecht 22, 30, 118, 119 5. a. Bürgerliches Recht Zurückbehaltungsrecht 24 s. a. Schuldrecht Zuwendungen 65 FN 13 Zwangseingriff s. Eingriff Zwangsvollstreckung 50 f., 131 f., 132 FN 67 s. a. Vollstreckung Zweckerreichung 126 FN 42 Zweckfortfall 126 FN 42 Zweiteilung des Staatstätigkeit 42