Die Irreführungsverbote des UWG im Spannungsfeld des freien europäischen Warenverkehrs [1 ed.] 9783428484997, 9783428084999

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Die Irreführungsverbote des UWG im Spannungsfeld des freien europäischen Warenverkehrs [1 ed.]
 9783428484997, 9783428084999

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ANDREs MARTIN-EHLERS

Die Irreführungsverbote des UWG im Spannungsfeld des freien europäischen Warenverkehrs

Beiträge zum Europäischen Wirtschaftsrecht Herausgegeben im Auftrag des Instituts für Europäisches Wirtschaftsrecht der Universität Erlangen-Nürnberg durch die Professoren Dr. Wolfgang Blomeyer und Dr. Karl Albrecht Schachtschneider

Band3

Die Irreführungsverbote des UWG im Spannungsfeld des freien europäischen Warenverkehrs Von

Andres Martin-Ehlers

Duncker & Humblot • Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Martin-Ehlers, Andres:

Die Irreführungsverbote des UWG im Spannungsfeld des freien europäischen Warenverkehrs I von Andr~ Martin-Ehlers.Berlin : Duncker und Humblot, 1996 (Beiträge zum europäischen Wirtschaftsrecht ; Bd. 3) Zugl.: Erlangen-Nümberg, Univ., Diss., 1994 ISBN 3-428-08499-3 NE:GT

n2 Alle Rechte vorbehalten © 1996 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0947-2452 ISBN 3-428-08499-3 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

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Meiner Familie und meinen Freunden

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 1994/1995 von der juristischen Fakultät der Friedrich-Alexander Universität als Dissertation angenommen. Das Thema wurde von Prof. Dr. Winfried Veelken angeregt und betreut. Er hat mich mit seinem fachlichen und darüber hinaus auch menschlichen Engagement fortwährend unterstützt und so die Arbeit mitgeprägt. Ich bin ihm zu tiefem Dank verpflichtet. Dank gebührt auch Herrn Prof. Dr. Klaus Viehweg fiir sein instruktives Zweitgutachten. Von der thematischen Diskussion bis hin zur Korrektur der Arbeit waren mir meine Studienfreunde und Referendarkollegen Nicole Rollinger, Jörg Gundel, Dr. Helmut Satzger sowie Martin Schultheiß behilflich. Die datentechnische Verarbeitung zur Drucklegung hat maßgeblich Alexander Tchernavski übernommen. Schließlich möchte ich mich auch noch bei Prof. Dr. Karl Albrecht Schachtschneider sowie Prof. Dr. Wolfgang Blomeyer fiir die Aufnahme der Arbeit in die Schriftenreihe "Beiträge zum Europäischen Wirtschaftsrecht" bedanken. Die Arbeit spiegelt den Stand in Rechtsprechung und Literatur bis einschließlich April1995 wider. Nümberg, im Oktober 1995 Andres Martin-Ehlers

Inhaltsverzeichnis Einleitung............................................................................................................. 19

1. Kapitel

Grundlagen: Die Rechtsprechung des EuGH zu den Art 30 fJ. EGV A. Art. 30 EGV: Maßnahmen mit kontingentgleicher Wirkung............................... I. Die ,,Dassonville"-Fonnel. ......................................................................... II. Die ,,Keck"-Regel........... .............................. .... .................. ................. ....... ill. Die "Cassis"-Systenl8tik.............................................................................

23 23 24 25

B. Dogmatische Eingliederung der "Cassis"-Grundsätze ........ ... .......... .... ......... ..... . I. Die Modifikation der Nennstruktur des Art. 30 EGV.. .......... ..... ..... ... ....... .. Il. Die Einßlhnmg des Verhältnismäßigkeitsprinzips....................................... ill. Die Anwendbarkeit der "Cassis"-Systematik............................................... 1. Keine abschließende gemeinschaftsrechtliche Regelung.......................... 2. Unterschiedslose Geltung der betreffenden nationalen Regelung .............

26 26 27 28 28 29

C. Die Bedeutung des "Cassis"-Urteils ....................... ........... ........ ........ ................ I. Das Ursprungslandprinzip.. .... ............... ..... ...... .... .................. ....... ........ .. .... II. Das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung................................................ 1. Rechtsangleichung durch den Rat............ ................................................ 2. Stellung der Kolllßlission........................................................................ 3. Ersatzstrategie des EuGH .............................. ......... ......... ........ ...............

30 30 33 33 34 34

D. Unmittelbare Anwendbarkeit von Art. 30 EGV .. .. .. ........... ............... .......... .... ... 35

Inhaltsverzeichnis

10

2. Kapitel Das intematlonale Wettbewerbsrecht A. Strukturen des internationalen Wettbewerbsrechts............................................. 36

Kritik des Schrifttums an der Zuordnung des Wettbewerbsrechts zum Deliktsrecht................................................................................................ ll. Ausgangspunkt der Rechtsprechung............................................................ 1. Der Auslandswettbewerb deutscher Unternehmen................................... 2. Die Werbung.......................................................................................... a) Auseinanderfallen von Werbe- und Absatzmarkt ................................. aa) Deutsche Werbung ftlr einen Absatz im Ausland.......................... bb) Auslandische Werbung ftlr Absatz in der BRD .. .. .. .. ....... .. .. ..... .. .. . b) Die grenzüberschreitende Werbung.....................................................

37 37 38 39 39 39 41 44

B. Ansatzpunkte ftlr eine Überschneidung mit dem Gemeinschaftsrecht............. .... I. Einschrllnkung der Kollisionsregeln des UWG? ................... ................. ...... ll. Das Prinzip der "Quell-Verantwortung"...................................................... m. Stellungnahme............................................................................................

44 45 46 48

I.

3. Kapitel Irreführungsverbote als Maßnahmen gleicher Wirkung i.S.v. Art. 30 EGV A. Vorschriften zur Ausgestaltung der Werbung..................................................... 50

I.

Bestandsaufnahme aktueller gemeinschaftsrechtlicher Werberegelungen.................................................................................................. ll. Nationale Beschranlrungen der irrefuhrenden Werbung und ihre Vereinbarkeit mit Art. 30 EGV ........ ................................ .................... .... ... 1. Der Begriff der ,,irreftl.hrenden Werbung" in der RiL 84/450................... 2. Regelungsmodelle zur Bekämpfung der irreftlhrenden Werbung.............. 3. Die Anwendbarkeit des Art. 30 EGV auf mitgliedstaatliche Werberegelungen.................................................................................... 4. Wandel in der Rechtsprechung des EuGH ......................... .. ............. .... .. . 5. Die mögliche Berufung auf ,,zwingende Erfordernisse" bzw. Art. 36 EGV ............ ...... ........ ... ... .. .............. ....................... ............. ... .... 6. Falle aus der deutschen Rechtsprechung.................................................

50 52 52 54

55 57 58 61

Inhaltsverzeichnis B. Mitgliedstaatliche Etikettierungsvorgaben.... ........... ............ ............... .. ..... ...... .. I. Gemeinschaftsrechtliche Regelungen zur Etikettierung ....... .. ......... ............. II. Mitgliedstaatliche Etikettierungsvorschriften und Art. 30 EGV ................... 1. Die Erhöhung der Produktionskosten ...................................................... 2. Der Anfall von Folgekosten ........................ ............ ............. ........ ......... .. 3. Der Rückgriff auf ,,zwingende Erfordernisse" bzw. Art. 36 EGV ...... ....... 4. Tendenzen in der deutschen Rechtsprechung............................................

11 63 63 64 65 65 66 67

C. Der mitgliedstaatliche Vorbehalt von Produktbezeichnungen............................. 68 D. Nationale Vorschriften zur Produktaufinachung................................................. I. Der Begriff der Produktaufmachung............................................................ II. Nationale Vorschriften zur Produktaufinachung und Art. 30 EGV ............... m. Rückgriff auf ,,zwingende Erfordernisse" bzw. Art. 36 EGV .. .... .... .............

68 68 69 70

E. Gesamtergebnis................................................................................................. 70

4. Kapitel Die Auswirkungen auf§ 3 UWG

A. Allgernein ......................................................................................................... I. Die Normstruktur des § 3 UWG bzw. ihre Ausprägung durch die Rechtsprechung .......................................................................................... II. Gemeinschaftliche und deutsche Verkehrsauffassung.................................. 1. Die Verkehrsauffassung im deutschen Recht.... ....................................... 2. ,,Zwingende Erfordernisse" i.S.d. Art. 30 EGV und Rechtfertigungsgründe gern. Art. 36 S.l EGV ............... ......... .. ......... .. .. ................. a) Einleitung........................................................................................... aa) Der Verbraucherschutz................................................................. bb) Die Lauterkeit des Handelsverkehrs............................................. b) Die Auslegungskompetenz ftlr die Begriffe des "Verbraucherschutzes" und der ,,Lauterkeit des Handelsverkehrs" .......................... 3. Das Verbraucherleitbild des EuGH......................................................... a) Das Merkmal der "angemessenen Unterrichtung"............................... aa) Das "Cassis"-Urteil als Ausgangspunkt........................................ bb) Kriterien einer angemessenen Etikettierung ................................. a) Zutreffende und deshalb nicht irreruhrende Information...........

71 71 73 74 75 75 76 78 80 82 82 82 83 83

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Inhaltsverzeichnis

ß) Umfang der Infonnation........................................................... cc) Einzelheiten zum Verbraucherleitbild........................................... dd) Zeitliche Komponente.................................................................. ee) Ergebnis....................................................................................... fl) Folgerungen aus den Schlußantragen der Generalanwalte ............. b) Die Kritik der Lehre am Verbraucherleitbild des EuGH...................... 4. Der dogmatische Standort des mündigen Verbrauchers im Gemeinschaftsrecht ............................................................................................ a) Art. 215 II EGV: ·der rechtsvergleichende Ansatz................................. b) Art. 30 EGV ....................................................................................... c) Verhältnis von richterrechtlicher Rechtsfortbildung und legislativer Kompetenz ....................................................................... d) Zurückweisung der Kritik des Schrifttumsam Verbraucherleitbild des EuGH............................................................................... e) Rechtliche Auswirkungen ................................................................... 5. Die Rezeption des ,,mündigen Verbrauchers" in der BRD ....................... 6. Der kritische Verbraucher als Grundlage des§ 3 UWG ........................... ill. Die Einwirkung des Gemeinschaftsrechts auf die Nennstruktur des§ 3 UWG aus Sicht des Schrifttums ....................................................... IV. Die Tauschungsrelevanz .. .. .. ... .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ........ ... ... ... .. .. .... .... .. . .. .. V. Die InteressenabWIIgung ............................................................................. I. Die Nonnativität des Art. 30 EGV .............. ............ ...................... ...... .. .. a) Das ,,Nissan"- Urteil des EuGH .......................................................... b) Die Entscheidung "Vorgetäuschter Vermittlungsauftrag" desBGH............................................................................................. aa) Das Einfuhrverbot gern. § 1 UWG .................................. .. ............ bb) Das Werbeverbot gern. § 3 UWG ................................................. 2. Die Verschrankung von§ 3 UWG mit Art. 30 EGV ................................

85 86 88 89 90 90 91 92 95 97 98 99 100 104 105 108 110 111 111 111 112 115 116

B. Das Problem der Gattungsbezeichnungen ................ .... .. .. .. .. .. .. .... ...... .. .. ............ I. Die Rechtsprechung des EuGH.. ............ ...................... ...................... .... .. .. . II. Kriterien einer Gattungsbezeichnung .......................................................... ill. Tendenzen in der deutschen Rechtsprechung............................................... IV. Lösungsvorschlag .................................................................................. ..... V. Ergebnis .....................................................................................................

120 121 123 124 128 131

C. Ursprungs- und geographische Herkunftsangaben .............................................. I. Einleitung................................................................................................... II. Tangierung des Gemeinschaftsrechts: die Art. 30 ff. EGV ........................... ill. Tendenzen in der deutschen Rechtsprechung.. .............................................

132 132 133 137

Inhaltsverzeichnis

13

IV. Die Vereinbarkeit der VO 2081/92 mit Art. 30 EGV................................... 139 V. Ergebnis ..................................................................................................... 140 D. Die Unzulassigkeit obligatorischer Herlamftsangaben ....................................... I. Die Rechtsprechwtg des EuGH ................................................................... II. Fälle aus der deutschen Rechtsprechwtg...................................................... 1. Das Grwtdrecht auf den gesetzlichen Richter gern. Art. 101 1.2 GG ...................................................................................... 2. LOSWlgsansatz ft1r den Fall ,,Pingo-Frisch" ..............................................

141 141 143 144 147

5. Kapitel

Die §§ 6a bis 6e UWG

A. Die§§ 6a wtd 6b UWG ..................................................................................... 150 I. Die Rechtsprechwtg zu § 6a UWG .............. ............................... ......... ........ 150 II. Diejudikative Ausprägung von § 6b UWG.................................................. 153 m. Die Stellwtgnahme der Literatur................................................................. 155 IV. Reaktionen der Rechtsprechwtg........... .... .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ... .. .. .. ... .. .. .. .. .. .. .. .. . 159 V. Die Vereinbarkeit mit den Art. 30 ff. EGV ................................................. 161 1. Die Zugrundelegung des mündigen Verbrauchers.................................... 161 2. Art. 30 EGV: das Vorliegen einer Maßnahme gleicher WirkWlg ................................................................................................. 161 3. BerOcksichtigung der ,,Keck"-Regel.. ...................................................... 162 a) Ausnahmen von der ,,Dassonville"-Formel... ....................................... 162 b) Annahme einer Handelsbeeintrachtigung ohne expliziten Rückgriff auf "Cassis" bzw. Art. 36 EGV .......... ................. ...... .. ..... ... 164 c) Dogmatische Versuche des Schrifttums ............................................... 166 aa) Rechtliche Erklärungsansätze ....................................................... 166 bb) Wirtschaftlicher Erklärungsansatz ................................................ 169 d) Eigener LoswtgsveFSUch ..................................................................... 169 aa) Die Suche nach einer möglicherweise neuen Dogmatik................. 170 bb) EinpasSWlg in die konventionelle Dogmatik zu Art. 30 EGV ............... ................ ..................... .......... .............. ..... 171 e) Kritik an dem Urteil,,Keck" ............................................................... 174 t) Die Anwendwtg der ,,Keck"-Regel auf die §§ 6a, 6b UWG ......... ........ 175 4. Alternative Löswtg bei Anwendbarkeit von Art. 30 EGV ........................ 181 5. Der Schutz des Einzelhandels als möglicher Bestandteil der "Cassis"-Systematik................................................................................ 183

14

Inhaltsverzeiclmis a) Die Berücksichtigung der Interessen des Einzelhandels im Gemeinschaftsrecht .. ............................... ...................... .... ... ... .. ... ... ... b) Der "Schutz des Einzelhandels" als ,,zwingendes Erfordernis" ............ 6. Ergebnis der alternativen Lösung ............................................................ 7. Gesamtergebnis ..........................................................._. ..........................

183 183 185 185

B. § 6c UWG ......................................................................................................... I. Allgemeines................................................................................................ ll. Die progressive Kundenwerbung im Zivilrecht... .......................................... ill. Strafrechtliche Aspekte der progressiven Kundenwerbung .......................... IV. Die Anwendbarkeit von § 6c UWG auf Kettenbriefe ................................... V. Die Einwirkung der Art. 30 ff. EGV auf§ 6c UWG ....................................

185 185 187 188 189 191

C. Die§§ 6d und 6e UWG ..................................................................................... I. Einleitung ................................................................................................... ll. Der nach den Gesetzgebungsmaterialien intendierte Normzweck der§§ 6d und 6e UWG..................................................................... ill. Die Auffassung des Schrifttums .. .. . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ... .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. IV. Die Verhindenmg der Irreftlhrung aus Sicht des Schrift-

193 193 193 194

tums ........................................................................................................... 195

V. Die normsystematische Kritik der Lehre an § 6d UWG................. ... .. .. .. .. .. . VI. Die Rechtsprechung zu§ 6d UWG.............................................................. Vll. Die Bewertung von § 6e UWG in der Literatur........................................... Vill.Die richterliche Handhabung von § 6e UWG .............................................. IX. Die Vereinbarkeit der §§ 6d, 6e UWG mit dem Gemeinschaftsrecht........................................................................................................... 1. § 6e UWG .............................................................................................. 2. § 6d UWG .............................................................................................. a) Bisherige Rechtslage .......................................................................... b) Aktuelle gemeinschaftsrechtliche Bewertung .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..

197 198 199 200 202 202 207 207 208

6. Kapitel Die "Inländerdiskriminierung"

A. Einftlhrung .. .. .. ......... ........ ..... . ..... .. .... ........ .. .. .. .. ... . .... ... .... .. .. .. .......... .. .. .. .. .. ... .. . 210 B. Die Rechtsprechung des EuGH.......................................................................... 211 I. Art. 6 I EGV (=Art. 7 I EWGV a.F.) .......................................................... 211

Inhaltsverzeichnis

15

II. Art. 30 EGV ............................................................................................... 212 m. Der allgemeine Grundsatz der Gleichbehandlung ........................................ 212 C. Gemeinschaftsrechtliche Lösungsansätze des Schrifttums .................................. I. Art. 6 I EGV (=Art. 7 I EWGV a.F.) .......................................................... II. Art. 30 EGV ............................................................................................... III. Art. 34 EGV ............................................................................................... IV. Der allgemeine Grundsatz der Gleichbehandlung ........................................ V. Das Grundrecht aufunverflUschten Wettbewerb..........................................

213 213 214 214 214 215

D. Anknüpfungspunkte im nationalen Recht.. ......................................................... I. Art. 3 IGG ................................................................................................. 1. Die Rechtsprechung zu Art. 3 I GG............................................. ............ 2. Die Beurteilung von Art. 3 I GG im Schrifttum ....................................... a) Legislativer Bereich ............................................................................ b) Judikativer Bereich............................................................................. II. Die Beurteilung von Art. 12 I GG in der Literatur .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .... .. .. .. .. .. . III. Die Heranziehung von § 3 UWG.................................................................

215 215 215 216 217 218 219 220

E. Stellungnahme................................................................................................... 220

Zusammenfassung ............................................................................................... 221 Literaturverzeichnis ............................................................................................ 223

Abkürzungsverzeichnis

1. Die in den Fußnoten des Textkörpers sowie im Literaturverzeichnis zitierten Fundstellen richten sich in ihren Abkürzungen nach H. Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 4. Auflage, Verlag de Gruyter, 1993. 2. Für sonstige Fundstellen gilt: CMLRev

Common Market Law Review

ELRev

European Law Review

KCLJ

King's College Law Review

WLR

Weekly Law Reports

3. Anderweitig abgekürzte juristische Begriffe werden vorher erläutert: z.B. Bundesverfassungsgericht (BVerfG).

2 Martin·Ehlers

Einleitung Die vorliegende Arbeit möchte die Kompatibilität mehrerer Irrefiihrungstatbestände des UWG mit den Art. 30 bis 36 des EGV (Freier Warenverkehr, Dritter Teil, Titel I, 2.Kapitel: Die Beseitigung der mengenm.äßigen Beschränkungen zwischen den Mitgliedstaaten) analysieren. Keine spezifische Berücksichtigung erfahren in diesem Zusammenhang die ebenfalls vom UWG betroffenen Dienstleistungen mit ihrem gemeinschaftsrechtlichen Korrelat der Art. 59 tf. EGV sowie die ZugabeVO und das RabattG.1 Den Anlaß fiir diese Untersuchung bietet die sich in diesem Bereich zuletzt immer weiter verdichtende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu den Art. 30 tf. EGV. Dabei geht es regelmäßig um den in einem Mitgliedstaat initiierten, gemeinschaftsweiten Vertrieb eines einheitlich gestalteten Produkts bzw. um eine dementsprechende Vermarktungsstrategie, die jeweils mit den stark voneinander divergierenden nationalen Wettbewerbsrechtsordnungen in Konflikt geraten. Soweit der EuGH mit diesem Konflikt befaßt wird, tendiert er grundsätzlich dazu, der Verwirklichung besagter wirtschaftlicher Aktivitäten den Vorrang einzuräumen. Dies erreicht der Gerichtshof dadurch, daß er entgegenstehende nationale Verbote oder Hindernisse wegen ihrer Unvereinbarkeit mit Art. 30 EGV fiir unanwendbar erklärt. Damit geraten auch die einzelnen Irreführungstatbestände des UWG in ihrer richterlichen Ausprägung immer stärker unter den Druck gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben. Das diesbezüglich bislang wenig ausgeprägte Bewußtsein der deutschen Gerichte hat sich hier insbesondere seit dem Urteil "GB-Inno BM/Confederation du commerce luxernbourgeois (CCL)"2, sowie der zu § 6e UWG ergangenen Entscheidung "Yves Rocher" 3 zunehmend verschärft. 1 Zur Vereinbukeil des RabattG mit Art. 30 EGV R. Sack, EWS 94, S. 181 ZEuP 94, S. 210 ff.

2

f[

und J. Basedow,

Rs C-362/88, Slg. 90, S. 1-667 ff.

"Schutzverband gegen Unwesen in der Wirtschafte. V./Yves Rocher", Rs C-126/91, EuZW 93, S. 420 ff. (= WRP 93, S. 61S ff., mit zust. Arun. G. &hricker, S. 617 ff.; OB 93, S. 13S9; JuS 93, S. 970 mit zust. Besprecbung von V. Emmerich ebenda; NJW 93, S. 3187 f.; ZEuP 94, S. SOS mit Amn. A. Beater, S. S06 ff.; JA 94, S. 92 ff.). 3

2•

20

Einleitung

Diese Entwicklung hat sich zwischenzeitlich soweit aktualisiert. daß die Kommission mit einer begründeten Stellungnahme vom 03.06.1993 4 ein Vertragsverletzungsverfahren i. S. d. Art. 169 EGV gegen die Bundesrepublik Deutschland (BRD) eingeleitet hat, das die Aufhebung des RabattG, sowie der §§ 7 I und n, 6e UWG zum Ziel hat. Diese Vorgänge haben letztlich zu der ersatzlosen Streichung der §§ 6d und 6e UWG durch die am 01.07.1994 in Kraft getretenen UWG-Novelle geführt.

Dennoch hat die vielßltige Oberlagerung bzw. Verschränkung von Gemeinschaftsrecht und deutschem Wettbewerbsrecht bislang weder in der Rechtsprechung, noch in der Literatur klare Konturen gewinnen können. Vor diesem Hintergrund bedarf es zunächst einer genaueren Herausarbeitung bzw. Vorstellung der maßgeblichen Irrefilhrungstatbestände des UWG. Zu diesem Zweck erscheint es sinnvoll, an einen der mittlerweile vielßltigen Systematisierungsversuche des Schrifttums zum UW

Osseldorf, GRUR 88, S. 223 ff. (224).

GRUR 88, S. 836 ff. (837) • ,,Durchgestrichener Preis"; neuerdings auch WRP 93, S. 388 ff. (389, 390) • "Camcorder". "Warengruppcn" sind dam keine 'einzelnen Waren', wenn sie einen Groß. teil des Umsatzes ausmachen, BGH GRUR 89, S. 848 ff.; vgl. dazu OLG Hamburg, GRUR 88, 265

s. 62f.

266 Dazu allgcmeinH.-G. Borck, GRUR 88, S. 422 ff. 267 BGH, GRUR 89, S. 213 268

ff. ·"Gesamtes Angebot".

Dazu schon G. Nacken WRP 87, S. 347 ff. (349).

269 BGH a. a.

0. (Fn. 263), S. 93; siehe dazu auch einige der in Fn. 260 angesprochenen Ut1cile.

270

BGH, GRUR 89, S. 446 f.; mit zust. Bspr. vonA. Zumschlinge, GRUR 89, S. 848 ff. (849)

271

BGH, GRUR 88, S. 836 f.

272 BGH a. a.

0. (Fn. 270), S. 447.

S. Kapitel: Die §§ 6a bis 6e UWG

202

hohlen die Mißbilligung des höchsten deutschen Zivilgerichts gegenüber der hier tätig gewordenen Legislative.273 IX. Die Vereinbarkelt der §§ 6d, 6e UWG mit dem Gemeinschafbrecht

Das Bewußtsein einer eventuellen Kollision dieser beiden Vorschriften mit den Art. 30 ff. EGV entwickelte sich zu unterschiedlichen Zeitpunkten. /. §6e UWG

Bei dem sehr kontrovers diskutierten § 6e UWG wurde schon im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens auf eine eventuelle Unvereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht aufmerksam gemacht. 27~ Die Rechtsprechung nahm sich dieser Thematik aber eher zögerlich an. So lehnte das OLG München eine Klärung nach Art. 177 EGV wegen der Dringlichkeit einer von ihm erlassenen einstweiligen VerfUgung ab.m Der BGH meinte in der bereits erwähnten Entscheidung "Preisauszeichnung" einen Verstoß wegen der von ihm vorgegebenen, strengen Handhabung verneinen zu können.276 Dabei bedachte das Gericht wohl nicht, daß es nach der Gemeinschaftsrechtsprechung auf eine "de-minimis" Schwelle nicht ankommt. 277 Die Kehrtwende wurde dann durch das inzwischen vielbeachtete Urteil "GB-Inno-BM''278 des EuGH eingeläutet. Dieser Sachverhalt bezog sich insbesondere auf eine dem § 6e UWG inhaltsgleiche Iuxemburgische Vorschrift, die vom EuGH als mit Art. 30 EGV für unvereinbar befunden wurde. Der Gerichtshof hatte nationale Werberestriktionen im Anschluß an Oosthoek's als Konkretisierung der ,,Dassonville"-Formel und damit als eine Behinderung des innergemeinschaftlichen Handels eingestuft.279 Da die Maßnahme unter273 Zu dieser Einschltzung der §§ 6d, 6e UWG durch die Rechtsprechung: E. Ullmann. GRUR 90, S. 9SS ff. (9SS, 9S9). 27~ Vgl. den Hinweis vonM. Lehmann GRUR 87, S. 199 ff. (206, Fn. 74); austbhrlich die Eingabe der deutschen Vereinigung fllr gewerblichen Rechtsschutz und Urbeberrecht, GRUR 86, S. 439 ff. (444).

275

WRP 88, S. 48S f(486); ebeNoOLG DOsseldorfEuZW 94, S. 189 ff.

276

BGH (Fn. 270), S. 447.

277

Siehe oben S. 23.

278

Rs C-362/88, Slg. 90, S. 1-667 ff. ; dazu W. Hakenberg!M. Hartes GRUR lnt 90, S. 9S7 ff.

279

EuGH a. L 0 ., S. 1-686.

C. Die §§ 6d Wld 6e UWG

203

schiedslos wirkte, ging das Gericht dann zur Prüfung der "zwingenden Erfordernisse", d. h. ausschließlich den Verbraucherschutz, über. Dieses Merkmal verknüpfte das Gericht, unter Berufung auf das Erste und Zweite Programm des Rates fiir eine Politik zum Schutz und zur Unterrichtung der Verbraucher, mit dem Primat der (zutreffenden) Aufklärung bzw. Information, was noch durch einen Hinweis auf die Etikettierungsrechtsprechung untermauert wurde. Bei dieser Struktur war das Ergebnis dann vorgezeichnet: "Artikel 30 EWGV ... kann daher nicht in dem Sinne ausgelegt werden, daß nationale Rechtsvorschriften, die den Verbrauchern den Zugang zu bestimmten Informationen verwehren, durch zwingende Erfordernisse des Verbraucherschutzes gerechtfertigt werden könnten." 280 Dieses Urteil hat in der deutschen Literatur teils Zustimmung, teils auch deutliche Kritik erfahren. So ist in diesem Zusammenhang von einem ,juristischen Gewaltstreich" die Rede. 281 Der EuGH habe durch die Heranziehung der beiden unverbindlichen Programme einen neuen Rechtssatz entwikkelt und sich damit unzulässigerweise zum Gesetzgeber aufgeschwungen. 282 Außerdem wird die in besagten Programmen eingebettete Politik wegen ihrer Unbestimmtheit angezweifelt. Dieses Manko verhindere, im Gegensatz zu einer thematisch abschließenden und deshalb die Cassis-Prüfung blockierenden Gemeinschaftsregelung, eine einheitliche Rechtsanwendung. 283 Die hier aufgezählten Argumente sind jedoch nicht stichhaltig. Es ist zu berücksichtigen, daß die Ausfiihrungen des Gerichtshofs zum "zwingenden Erfordernis" Verbraucherschutz erfolgen. Die nähere Konkretisierung dieses Begriffs durch die Vorgabe eines Verbraucherleitbildes ist, wie o~n bereits dargelegt, nicht den Mitgliedstaaten vorbehalten, sondern flUlt in den Zuständigkeitsbereich des EuGH.284 Außerdem nimmt der EuGH, soweit nur das Verbraucherleitbild betroffen ist, keine Legislativfunktion wahr, sondern hält sich im Rahmen einer zulässigen Rechtsfortbildung.m In "GB-Inno-BM'' schaffi das Gericht keine eigenständige Schutzrnaßnahrne, sondern orientiert sich ausschließlich an dem von ihm konzipierten Verbraucher. Dies erfolgt durch eine thematische Assoziati280

EuGH a. a. 0., S. 1-689.

281

J. Sack EuZW 90, S. 313 f (313).

282 J.

Sack a. a. 0., S. 314; i. d. S. auch A. Zumschlinge (Fn. 224), S. 279.

283

M. Schc'Jdermeier, 08 90, S. 2S 11 ff. (2S 13); Ihnlieh R. Sack, 88 94, S. 22S ff. (232).

284

Siehe oben S. 80-81.

285

Siehe S. 97-98.

204

5. Kapitel: Die §§ 6a bis 6e UWG

on von Verbraucherschutz und Unterrichtung. Der Hinweis auf die Unverbindlichkeit der vom Gerichtshof zu diesem Zweck zitierten Programme ist angesichts des auf die "Sicherstellung einer angemessenen Information der Verbraucher'' abzielenden Art. 129a I b) EGV zeitlich überholt. Der EuGH will lediglich verhindern. daß eine die Mündigkeit des Konsumenten mitbegründende lnformationsmt'Jglichkeit*, nämlich die zutreffende Preisgegenüberstellung, entfällt. Angesichts des durchweg einheitlichen Verbraucherleitbildes ist auch die Furcht vor einer nicht einheitlichen Rechtsanwendung unbegründet. Deshalb ist der Gegenmeinung der Vorzug zu geben, die diese Urteilsmaßstäbe umgehend auf§ 6e UWG anwandte (und dadurch zur Unvereinbarkeit dieser Vorschrift mit Art. 30 EGV gelangte). 287 Jedenfalls sah sich der BGH wegen "GB-Inno-BM" veranlaßt, seine in dem Urteil "Preisauszeichnung" vertretene Auffassung zu revidieren und den nächsten Fall mit einem grenzüberschreitenden Sachverhalt nach Art. 177 III EGV vorzulegen. 288 Betroffen waren dort rechtmäßig in Frankreich gedruckte und später in der BRD vertriebene Kataloge und Verkaufsprospekte der Kosmetikfirma "Yves Rocher'' mit blickfangmäßig herausgestellten Preisgegenüberstellungen (§ 6 I i. V.m. II Nr. 2 UWG). Wie nicht anders zu erwarten, hatte der in dieser Situation eigentlich anzuwendende § 6e UWG vor dem EuGH keinen Bestand. 289 Jedoch ging das Luxemburger Gericht hier strukturell anders vor als noch in GB-Inno BM. Es trat, im Rahmen des Verbraucherschutzes, ausdrücklich in die Prüfung der Verhältnismäßigkeit ein und verneinte die Erforderlichkeit anband einer Kombination von insgesamt drei Elementen: das Verbot einer möglicherweise auch zutreffenden Werbung, das daraus dem Verbraucher erwachsende Informationsdefizit und ein Rechts-

286 Dazu siehe oben S. 89. 287 W. Alt, EuZW 90, S. 311 li (312); A. Reuter, 88 90, S. 1649 li (16S1); ebenso H. KIJhler, JuS 93, S. 447 li (4S 1). 288 BGH EuZW 91, S. 41S

f(= GRUR 91, S. SS6); dazu M.W. Huff, EuZW 20/92, Editorial. In

"Camcorder.., WRP 93, S. 388 li (390) lehnt der BGH den Geinschaftsbczug ab.

289 ,,Schutzvcrband gegen Unwesen in der Wirtschaft e.V.Nves Rocllef'', Rs C-126/91, EuZW 93, S. 420 li (= WRP 93, S. 61S ff, mit zust. Arun. G. Schrie/cer, S. 617 li; 08 93, S. 13S9; JuS 93, S. 970 mit zust. Besprechung von V. Emmerich ebenda; NJW 93, S. 3187 f.; ZEuP 94, S. SOS mit Arun. A. Beater, S. S06 li; JA 94, S. 92 li).

C. Die §§ 6d Wld 6e UWG

205

vergleich mit den, nur die Preistäuschung erfassenden und deshalb den Warenverkehr weniger einschrankenden Systemen der anderen Mitgliedstaaten. 290 Aufgrund dieser Tatsachen wird § 6e I UWG im Bereich des grenzüberschreitenden Warenverkehrs faktisch auf ein Verbot von unzutreffenden Preisgegenüberstellungen beschränkt. Beim ersten oben aufgezählten Element kontrastiert der EuGH deutlich den in der BRD grundsätzlich verbotenen Blickfang in Katalogen und Verkaufsprospekten (Nr. 2) mit dem, nach Auffassung des Gerichts, allein maßgeblichen Wahrheitsgehalt der Angabe. Bei dieser Alternative ist, im Anschluß an GA M Darmon außerdem zu berücksichtigen, daß der Nachweis eines über längere Zeit ernsthaft geforderten Preises anband eines Kataloges relativ unproblematisch zu fUhren ist. 291 Demnach bestehen also die für den Verbotserlaß mitursächlichen Beweisschwierigkeiten hier nicht. Diese Umstände werden in der Praxis wohl dazu fUhren, daß die Herausgeber solcher Kataloge im Regelfall zutreffende Preisgegenüberstellungen publizieren, die aber wiederum nicht sanktionsfähig sind. Damit entfällt überhaupt ein praktisches Bedürfnis für eine derartige Regelung. Akzessorisch dazu verlieren dann die anderen Ausnahmetatbestände des § 6e II UWG ebenfalls jegliche Relevanz. So ist im Anschluß an das EuGHUrteil bei § 6e II Nr. 1 UWG auf den Wahrheitsgehalt einer Preisauszeichung und nicht auf deren blickfangmäßige Aufmachung abzustellen. Eine falsche Preisauszeichnung kann aber unmöglich durch eine nicht blickfangmäßige Herausstellung korrigiert werden. Des weiteren ist auch nicht einsichtig, warum Gewerbetreibende im Hinblick auffalsche Preisgegenüberstellungen schutzlos bleiben sollten (Nr. 3). Wohl auch auf der Grundlage solcher Überlegungen im Zusammenhang mit dem hier dargelegten "Yves Rocher''-Urteil hat die Kommission nunmehr ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 169 EGV gegen die BRD eingeleitet. In einer mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 03. 06.93 292 wird die BRD aufgefordert, neben dem gesamten RabattG auch § 7 I und II UWG, sowie insbesondere § 6e UWG gänzlich abzuschaffen. Von deutscher Seite her 290 EuGH a. a. 0., S. 421 mit einem Verweis aufdie SchlußantrAge von GAM. Darmon; sehrkritisch dazu R. Sack, BB 94, S. 22S ff. (232). Einen ausfllhrlichen Rechtsvergleich fllhrt schon M. Graf (Fn. 235), S. 220-235 durch.

291 Nr. 48 seiner Schlußantrlge; ebemo auch die französische 292

Regierung.

Kurz beschrieben in EWS 93, S. 329 (siehe auch GRUR 93, S. 790, 791 bzw. 80S, 806); zitiert bei W. Leisner, EuZW 93, S. 6SS ff. ebenda (Fn. 8} als KOM 93 (304).

206

5. Kapitel: Die§§ 6a bis 6e UWG

wurde die Bereitschaft geäußert, diesem Anliegen uneingeschränkt Rechnung zu tragen. Das Schrifttwn zeigt sich angesichts der nunmehr geplanten Abschaffung des RabattG uneins293; die im Entwurf einer UWG-Novelle vom September 1993294 vorgesehene und mittlerweile erfolgte ersatzlose Streichung des § 6e UWG wird dagegen allgemein begrüßt. 295 Der BGH hat zwischenzeitlich die Maßstäbe der Iuxemburgischen Entscheidung in dem zur Vorlage führenden Rechtsstreit durch Urteil vom 14. Oktober 1993 einbezogen und umfassend berücksichtigt. 296 Abschließend bleibt erneut darauf hinzuweisen, daß "Yves Rocher'' durch das zeitlich nachfolgende Urteil ,,Keck" nicht tangiert wird. 297 Eine andere Auffassung hierzu vertrat jedoch das OLG Düsseldorf in einer Entscheidung vom 30. Dezember 1993. 298 Dort fiihrt das Gericht in Anlehnung an "Keck" aus: ,,Der Anwendungsbereich des Art. 30 EWGV ist damit ... auf nationale Maßnahmen beschränkt, die eine Regelung des Warenverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten bezwecken, also den Absatz der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in anderer Weise berlJhren als den Absatz der inländischen Erzeugnisse. " 299 Dies träfe für § 6e UWG nicht zu, weshalb die Norm nunmehr doch gemeinschaftsrechtskonform sei. Bei dieser Entscheidung erweisen sich weder Resultat, noch Begründung tragfähig. Dem Urteil ,,Keck" kann eine Beschrankung des Begriffs der "Maßnahme gleicher Wirkung" i.S.d. Art. 30 EGV auf lediglich finale Eingriffe in den innergemeinschaftlichen Handel nicht entnommen werden. Außerdem erscheint die inhaltliche Gleichstellung zwischen der Finalität einer staatlichen Maßnahme und ihrer diskriminierenden Auswirkung nicht zwingend. Es ist durchaus denkbar, daß eine Diskriminierung auch durch nicht-finale Maßnahmen verursacht wird. Schließlich fehlt auch die für die Anwendung der 293 Zustimmend das Gutachten des Max Planck Instituts/Milnchen, GRUR 93, S. 880 ff. (884); EbensoA. ZlJller, GRUR 93, S. 9S3 ff.; kritisch dagegen die Zentrale zur Beklmpfung des unlauteren WcUbewerlls, WRP 93, S. 12S ff.; zu den Bedenken der FDP an dem bereits vorliegenden Kabinettsbeschluß siehe FAZ vom 31.01.1994, S. 11; R. Sack, EWS 94, S. 37 ff. (43) hAlt das RabattG aufgrund der neuen Entscheidung "Keck" ftlr eine aus dem Anwendung~~bercich des Art. 30 EGV herausfallende "VerkaufsmodaliW".

294

GRUR 93, S. 877 ff.

295

Gutachten des Max Planck lnstituts/Milnchen, GRUR 93, S. 880 ff. (880).

296

OB 93, S. 2480 f(= WRP 94, S. 33 f.; RJW 94, S. 1S9 f.).

297

Vgl. oben S. 177.

298

EuZW 94, S. 189 ff. (vgl. Fn. 274); Vorinstanz LG OOsseldorfWRP 94, S. 138 ff.

299

OLG Oilsseldorfa. a. 0., S. 190.

C. Die §§ 6d und 6e UWG

207

,,Keck"-Regel maßgebliche Differenzierung danach, ob eine nationale Regelung der Werbung oder Absatzförderung ein grenzüberschreitendes bzw. gemeinschaftsweit einheitlich angelegtes Marketingkonzept blockiert oder nicht. 300 Jedenfalls kommt dem Urteil des OLG Düsseldorf seit der ein halbes Jahr später erfolgten Abschaffung des § 6e UWG nur noch rechtsgeschichtliche Bedeutung zu.

2. §6dUWG Die Frage nach der Vereinbarkeil von § 6d UWG mit den Art. 30 ff. EGV wurde von der Literatur erst in neuerer Zeit aufgegriffen. 301 a) Bisherige Rechtslage Auf den ersten Blick scheint eine Kollision beider Nonnen allerdings nicht vorzuliegen. Das Verbot einer mengenmäßigen Abgabebeschränkung oder der Werbung damit sollte wohl einem vergleichsweise höheren Warenabsatz förderlich sein und deshalb bereits aus dem Anwendungsbereich der DassonvilleFonnel herausfallen. Diese Sichtweise ist indessen stark verkürzt und verkehrt sich, aus einer Gesamtperspektive heraus in ihr Gegenteil. § 6d UWG untersagt dem jeweiligen Händler eine bestimmte Form der Werbung, die entweder eine mengenmäßige Beschränkung ausdrücklich ankündigt, oder mit deren tatsächlicher Praktizierung einhergeht. Dadurch wird, insbesondere unter Berücksichtigung des bereits angesprochenen "Verbundeffekts", d. h. im Bezug auf das übrige Sortiment- unabhängig davon, ob dieses eine Verteuerung erfahren hat- eine Absatzsteigerung des Betroffenen verhindert. Hierin ist nun die, jedenfalls potentielle Beeinträchtigung des innergemeinschaftlichen Handels zu erblicken. Folglich wird§ 6d UWG von der Dassonville-Fonnel bzw. ihrer Konkretisierung durch die Werbe-Urteile seit einschließlich "Oosthoek's" erfaßt und war deshalb bislang als eine Maßnahme gleicher Wirkung i.S.d. Art. 30 EGV zu kategorisieren. Dieses Tatbestandsmerkmal würde begriffiich ausscheiden, wenn zwingende Erfordernisse des Verbraucherschutzes oder der Lauterkeit des Handelsver300 Im Ergebnis auch kritisch U. Becker, EuR 94, S. 162 f[ (164, 16S, Fn. 23), der wegen der unklaren Rechtslage eine Vorlage nach Art. 177 EGV einfordert. 301

SoM. Graf(Fn. 23S), S. 2S1, 2S2; H. K6hler JuS 93, S. 447 f[ (4Sl, 4S2).

5. Kapitel: Die §§ 6a bis 6e UWG

208

kehrs vorlägen. Dies ist jedoch. unter Zugrundelegung des kritischen Verbrauchers nicht der Fall. In diesem Zusammenhang ist insbesondere an die bereits zitierten Ausfiihrungen des GA van Gerven in "Nespoli und Crippa" zu erinnern. wonach der Verbraucher Preis und Qualität gegeneinander abwägen kann. 302 Wenn der Konsument aber imstande ist. diese Relation gedanklich herzustellen. so besteht regelmäßig keine Täuschungsgefahr durch die Verteuerung der von der Abgabebeschränkung nicht erfaßten Produkte. Der Verbraucher kann nach wie vor selbständig über deren Preiswürdigkeit und damit über den Kauf entscheiden.

§ 6d UWG würde sich deshalb als unverhältnismäßig und somit gleichzeitig gemeinschaftsrechtswidrig erweisen. 303 Eine geltungserhaltende Reduktion. wie noch bei § 6e UWG, käme hier aus Gründen der Normstruktur wohl nicht in Betracht. 304 Auch der von § 6d UWG möglicherweise beabsichtigte Schutz der kleinen und mittleren Einzelhandelsunternehmen vor einem preisaggressiven Wettbewerb kann nach der im Rahmen der §§ 6a, 6b UWG angestellten Untersuchung, jedenfalls aber nach den Vorgaben von "Yves Rocher'' keine Berücksichtigung finden. b) Aktuelle gemeinschaftsrechtliche Bewertung

Das unter a) gefundene Ergebnis istjedoch aufgrunddes am 24.11.1993 ergangenen Urteils ,,Keck"30s gegenstandslos geworden. Der EuGH schränkte in dieser Entscheidung explizit die ,,Dassonville"-Fonnel ein, d. h. er klammerte die nationale Regelung von "bestimmten Verkaufsmodalitäten" aus dem Anwendungsbereich des Art. 30 EGV aus, "sofern diese Bestimmungen für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gelten, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben. und sofern sie den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in der gleichen Weise berühren."306 302 Rs C-196/89,

Slg. 90, S. 1-3647 f[ (1-3659); siehe auch oben S. 90.

303

Im Ergebnis ebenso U.W. HIJsch (Fn. 68), S. 74, 1S; H. KtJhler, JuS 93, S. 447 f[ (4S2).

304

Der Entwulf einer UWG-Novelle, GRUR 93, S. 877 f[ (878) sieht demgegenOber nur die Auf-

hebung von § 6d I Nr. 1 UWG vor. Die Nr. 2 soll ihrem Wortlaut nach der Rechtsprechung des BGH angepaßt werden. 305

94,

Rscn C-267/91 und C-268/91; EuZW 93, S. 770 f(= BB 94, S. 36 f.; NJW 94, S. 121; RIW

s. 76 f.).

306 EuGH a. a.

0., S. 771.

C. Die §§ 6d und 6e UWG

209

Nach Ansicht der EuGH traf diese Definition auf das ihm vorgelegte französische Verbot des Verkaufs von Waren unter Einstandspreis zu. Eines der wesentlichen lauterkeilsrechtlichen Motive filr ein derartiges Verbot besteht darin. die sogenannte ,,Lockvogelwelbung" zu untelbinden. Wie oben bereits angedeutet, wird vermittels dieser Absatztechnik u.a. versucht, den Kunden über die velbilligen Angebote zum weiteren Einkauf von überteuerten Waren aus dem Restsortiment zu motivieren. 307 Dieser"Velbundeffekt" war nach den Materialien auch maßgeblich für das in § 6d UWG ausgesprochene Verbot der mengenmäßigen Beschränkungen. so daß hier eine vergleichbare Interessenlage besteht. Folglich kann davon ausgegangen werden. daß § 6d UWG eine Verkaufsmodalität i.S.d. "Keck"-Regel darstellt und somit aus dem Anwendungsbereich des Art. 30 EGV herausfällt; § 6d UWG ist also mit dem gemeinschaftlichen Prinzip des freien Warenverkehrs vereinbar. 308

307

Siehe Baumbach!Hefermehl, Rzen 13, 2S6 ff. zu§ I UWG und 283 ff. zu§ 3 UWG.

308

Ebenso R. Sack, EWS 94, S. 37 ff. (43).

14 Martin·Ehlers

6. Kapitel

Die "Inländerdiskriminierung" A. Einführung

Die partielle Modifikation bzw. Unanwendbarkeit der oben untersuchten Vorschriften des UWG gilt, wie bereits angedeutet, nur fiir innergemeinschaftliche und gleichzeitig transnationale Sachverhalte. Die interne Rechtslage der BRD, bezogen auf nationale Produkte wird dadurch nicht tangiert. Demnach wird der Anwendungsbereich einer nominell unterschiedslos geltenden hoheitlichen Regelung aufgesplittert. Diese Aufsplitterung führt zu einer wirtschaftlichen Benachteiligung de inländischen bzw. Vertreiber inländischer Waren. Sie bleiben an Normen gebunden, die ihre ausländischen Konkurrenten oder Vertreiber von Waren aus den EWG-Mitgliedstaaten wegen des Vorrangs von Art. 30 EGV nicht mehr zu beachten brauchen. Somit entstehen der ersten Personengruppe höhere Kosten bei der Produktion oder Vermarktung, mithin also ein WettbewerbsnachteiL Diese Situation wird als "Inländerdiskriminierung" (discrimination ä rebours) 1 bezeichnet. Fraglich ist nun, ob dieser wirtschaftlichen Benachteiligung in irgendeiner Weise rechtlich begegnet werden kann. In Betracht kommt dafür primär eine Verpflichtung der jeweiligen nationalen Legislative zur Aufhebung der die Wettbewerbsverzerrungen verursachenden Norm. Als Grundlage einer solchen Verpflichtung bietet sich zunächst das Gemeinschaftsrecht an. Dabei soll in diesem Zusammenhang zuerst die Rechtsprechung des EuGH und im Anschluß daran der korrelierende Literaturstand erörtert werden. Danach ist dann auf eventuelle Rechtsbehelfe nach deutschem Recht einzugehen. Den Abschluß bildet eine eigene Stellungnahme.

1 Zu den einzelnen Begrifflichkeilen in diesem Bereich vgl. M. A. Reitmaier, Inländerdiskriminierungen nach dem EWG-Vertrag, S. 2-3; R. Streinz, ZLR 90, S. 487 ff. (487-488).

B. Die Rechtsprechung des EuGH

211

B. Die Rechtsprechung des EuGH Der EuGH hat die Inländerdiskriminierung bis dato aus seinem Zuständigkeitsbereich ausgeklammert. 2 L Art. 6 I EGV (=Art. 7 I EWGV a.F.)

Zu dem von ihm in diesem Zusammenhang herangezogenen Vorschriften gehört u.a. Art. 6 I EGV (=Art. 7 I EWGV a.F.), der sowohl der Union als auch den Mitgliedstaaten3 im Anwendungsbereich des Vertrages jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verbietet. Der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist allerdings nichts über die potentielle Eign'Ung dieser Norm zur Unterbindung der Inländerdiskriminierung zu entnehmen. 4 Maßgeblich war filr den EuGH primär nur die KJarstellung, daß Art. 6 I EGV vor dem Hintergrund einer fehlenden Gemeinschaftsregelung nicht Platz greift, um die Unterschiede zwischen den einzelnen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten zu kompensieren.~ Diese Disparitäten bleiben also einer Harmonisierung nach Art. 100, lOOa EGV vorbehalten, soweit sie i.S.d. Art 3 h) EGV erforderlich ist. Soweit demgegenüber Unterschiede innerhalb ein und derselben Rechtsordnung auftreten, stellt der Gerichtshof jedes Mal auf das Merkmal der "Staatsangehörigkeit" ab. Eine darauf basierende (mittelbare oder unmittelbare) Diskriminierung würde das Gericht ausweislich seiner neueren Entscheidungen nur dann bejahen, wenn (ausdrücklich) "zwischen Wirtschaftsteilnehmern nach ihrer Staatsangehörigkeit oder nach dem Ort ihrer Niederlassung unterschieden (wird)."6 Diese Voraussetzungen waren jedoch, nach Auf-

2 M. Schweitzer!W. Hummer, Europarecht, S. 246, sehen in "The Queen!Immigration Appeal Tribunal ex parte Surinder Singh", Rs C-370/90, eine sich möglicherweise andeutende Trendwende. Zu diesem Urtei!M. v. Schwanenflilgel, NVwZ, 93, S. 8S4-8SS. 3 Zu den Adressaten: H. Matthies in Grabitz, Rz. 7 zu Art. 7 EWGV (= Art. 6 EGV); ebenso G. Nicolaysen, EuR 91, S. 95 ff. (99); a.A wohl H. Weis, NJW 83, S. 2721 ff. (2725), der nur eine Bindung der Gemeinschaft bejaht. 4 Anders die Kommission, die die Anwendbarkeit von Art. 7 I EWGV grundsätzlich bejaht, vgl. "Peureux!Services Fiscaux ...", Rs 86178, S. 897 ff. (90S, 906).

~ ..Wilhebn/Bundeskartellarnt", Rs 14/68, Slg. 69, S. I ff. ( 16); "van Darn", Rs 185178 bis 204178, Slg. 79, S. 234S ff. (2361); "Oebel" Rs 155/80, Slg. 81, S. 1993 ff, S. 2007 [EG 9]; .,Srnit/Commissie Grensoverschrijdend" ..., Rs 126/82, Slg. 83, S. 73 ff. (92). 6 "Driancourt!Cognet", Rs 3SSI8S, Slg. 86, S. 3231 ff. (3241); "Nederlandse Bakkerij Stichting!Edah", Rsen 80, 1S918S, Slg. 86, S. 3359 ff. (3383); anders noch "Bussonelltal. "Landwirtschafts-

14*

212

6. Kapitel: Die ,,Inlanderdiskriminierung"

fassung des EuGH, der sich ausschließlich arn konkreten Einzelfall orientierte, in keinem der zu beurteilenden Sachverhalte gegeben. Demnach bleiben also, anders als (noch) bei Art. 30 EGV bloß abstrakte Auswirkungen unberücksichtigt. Damit wird eine beträchtliche Restriktion des Art. 6 I EGV in Kauf genommen, d. h. vielleicht sogar bezweckt. Trotzdem bleibt die Anwendung dieser Vorschrift auf eine Inländerdiskriminierung durchaus denkbar. R Art. JOEGV

Art. 30 EGV ist aus Sicht des Iuxemburgischen Gerichts nicht dazu konzipiert, der Inländerdiskriminierung abzuhelfen. ,,Ziel des Art. 30 EGV ist es nämlich, die Hindernisse für die Wareneinfuhr zu beseitigen, nicht aber in allen Fällen eine gleiche Behandlung von einheimischen und eingefiihrten Waren zu gewährleisten. Eine unterschiedliche Behandlung, die weder die Einfuhr behindern noch den Vertrieb der eingefiihrten Waren erschweren kann, sondern ihnen vielmehr einen Vorteil einräumt, flUlt nicht unter das Verbot des Artikels 30." 7

m Der allgemeine Gruadsatz der Gleicbbebaadlung Schließlich läßt der EuGH auch den allgemeinen Grundsatz der Gleichbehandlungl bzw. das allgemeine Diskriminierungsverbot unangewandt. 9 Dabei handelt es sich um ein gemeinschaftliches Grundrecht, das nur die Organe der Gemeinschaft in die Pflicht nimmt. 10 Demnach geht der Gerichtshof also davon aus, daß die Inländerdiskriminierung ausschließlich auf das Verhalten der Mitgliedstaaten zurückzufUhren ist. 11 Auf diese Bewertung wird noch zurückzukommen sein.

ministerium, Rs 31n8, Slg. 78, S. 2429 ff. (2446) und "Oebel" (Fn. S), S. 2007 (EG 7], wo eine Differenzierung nach dem Ort der Niederlassung fllr zullssig erachtet wird. 7 ,,Nederlandse Bakkerij" (Fn. 6), S. 3382 f.; ihnlieh "DriancourVCognet" (Fn. 6). S. 3242 fund ,,Ministere Public!Mathot", Rs 98/86, Slg. 87, S. 809 (821 f.). lm Ergebnis ebenso LG I>Osseldorf, EuZW 94, S. 188 f. 8 Anerkannt in stAndiger Rspr. seit "Ruckdeschei!HZA Hamburg-St Annen", Rsen 117/76, 16n7, Slg. 77, S. 17S3 ff. (1770): im Zusarrunenhang mit Art 40 111 UA 2 EGV. 9

Siehe z.B. ,,Nederlandse Bakkerij" (Fn. 6), S. 3384.

A. Bleckmann, NJW 8S, S. 28S6 ff. (2858); ebenso F.-J. Schöne, RIW 89, S. 4SO ff. ( 454) und G. Nicolaysen EuR 91, S. 9S ff. (100). 10

11

Dazu R. Streinz ZLR 90, S. 487 ff. (502).

C. Gemeinschaftsrechtliche LöSWtgsansätze des Schrifttwns

213

C. Gemeinschaftsrechtliche Lösungsanslitze des Schrifttums Die Lehre hat sich mit den vom EuGH angefiihrten Lösungansätzen nicht immer zufrieden gegeben. Die Bemühungen gehen dahin, diese Ansätze zu ergänzen oder auch neue zu entwickeln. L Art. 6 I EGV (=Art. 7 I EWGV LF.)

Die grundsätzliche Erfassung der Inländerdiskriminierung durch Art. 7 I EWGV ist umstritten. Eine im Vordringen befindliche Literaturmeinung bejaht diesen Punkt uneingeschränkt.12 Zur Begründung wird regelmäßig auf den Wortlaut der Vorschrift, sowie eine systematische und teleologische Auslegung verwiesen. 13 Im Rahmen der teleologischen Auslegung verbiete insbesondere der Gemeinsame Markt als ein homogener Wirtschaftsraum die durch die Inländerdiskriminierung verursachten Wettbewerbsverzerrungen. 14 Allerdings soll die Vorschrift, im Hinblick auf den von ihr vorausgesetzten "Anwendungsbereich des (EWG-) Vertrages.. nur beim Vorliegen eines transnationalen Elements greifen.u Diese Erwägungen werden jedoch im Bereich des Warenverkehrs hintangestellt. Hier wird, entweder allgemein16, oder unter Berufung auf die Rechtsprechung des EuGH17 die Möglichkeit einer Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit abgelehnt. Hinsichtlich des zweiten Begründungsstranges ist jedoch zu beachten, daß sich der Gerichtshof, wie oben angedeutet, bislang auf eine Einzelfallbetrachtung beschränkt hat. Im einzelnen besteht hier noch ein weitergehender Klärungsbedarf.

12 M.-A. Reitmaier, lnlinderdiskriminierungen nach dem EWG-Vcrtrag ..., S. 76; im Anschluß daran A. Bleckmann, RIW 8S, S. 917 ff. (918 ff.), sowie L. Milnnich, ZfVR 92, S. 92 ff. (93 ff.); ebensoF.-J. Schöne, RIW 89, S. 4SO ff. (4S3). 13 Als ersteM.-A. Reitmaier(Fn. 12), S. 12-14, 16-2S, 2S-29. 14 ZuletztL. Milnnich ZfVR 92, S. 92 ff. (96, 97). IS vgl. z.B.A. Bleckmann, RIW 8S, S. 917 ff. (921).

16 Allgemein: M.-A. Reitmaier (Fn. 12), S. 79-81; bezugnehmend U.F. Kleier, RIW 88, S. 623 ff. (628). 17

SoR. Streinz ZLR 90, S. 487 ff. (SOl, S02); G. Nicoloysen EuR 91, S. 9S ff. (99).

6. Kapitel: Die ,,Jnlanderdiskriminienmg..

214

n

Art.30EGV

Demgegenüber bleibt, trotz der eindeutigen Ablehnung seitens des Gerichtshofs, die Mobilisierung des Art. 30 EGV nicht unversucht. Dieses Unternehmen beruht auf einer partiellen Modifikation der Tatbestands- bzw., alternativ, der Rechtsfolgenseite besagter Vorschrift Im ersten Bereich wird das oben bereits angeführte Argument zum Gemeinsamen Markt erneut aktiviert und zwar durch eine thematische Verknüpfung von Art. 3 g) EGV, der die Gemeinschaft zur Errichtung eines Systems des unverflUschten Wettbewerbs verpflichtet, mit den Vorschriften über den freien Warenverkehr. Die Verpflichtung der Gemeinschaft wird dann über Art. 5 EGV auf die einzelnen Mitgliedstaaten ausgedehnt. Im Ergebnis sei deshalb die jeweilige nationale Legislative dazu gehalten, eine gemeinschaftswidrige Norm insgesamt aufzuheben. 18 Auf der Rechtsfolgenseite wird andererseits vorgeschlagen, die eventuelle Unanwendbarkeit von nationalem Recht in eine Nichtigkeit umzudeuten. 19

m

Art. 34EGV

Auch eine Lösung über Art. 34 EGV, das Verbot von Ausfuhrbeschränkungen oder Maßnahmen gleicher Wirkung, wird in Erwägung gezogen.20 Voraussetzung dafür wäre, daß solche, mit Art. 30 EGV unvereinbare Maßnahmen gewissermaßen "spiegelbildlich.. von dem bislang restriktiver gehandhabten Art. 34 EGV erfaßt würden. 21 IV. Der allgemeine Grundsatz der Gleichbehandlung

Des weiteren wird die vom EuGH praktizierte Ausklarnmerung des gemeinschaftlichen Grundsatzes der Gleichbehandlung kritisiert. Die Ungleichbehandlung sei nämlich die Folge einer, vom jeweiligem Mitgliedstaat zu beach-

18 G. Nicolaysen EuR 91, S. 9' f[ (102-104); im Ansc:hluß daran P. Behrens EuR 92, S. 14' f[ (161, 162).

19 G. Nicolaysen EuR 91, S. 9' f[ (102),P. Behrenu. 20 Zweifelnd: E. 21 SoG.

a. 0.

Steindorff, ZHR 84, S. 338 f[ (3'4).

Nicolaysen, EuR 91, S. 9' RIW 87, S. 841 f[ (84S).

f[

(107); etwas anders, aber im Ergebnis gleich: G. Meier,

D. Anknüpfungspunkte im nationalen Recht

215

achtenden Vorgabe des Gemeinschaftsrechts und habe deshalb ihren Ursprung in dieser Rechtsordnung. 22 V. Das Grundrecht auf unverfälschten Wettbewerb

Schließlich wird auch dem einzelnen Teilnehmer am europäischen Markt ein, insbesondere über die einzelnen Marktfreiheiten konstituiertes, subjektives Recht auf (unverflllschten) Wettbewerb zugesprochen, das gegen die passiv verharrende nationale Legislative gerichtet werden kann. 23

D. Anknüpfungspunkte im nationalen Recht Im Rahmen der deutschen Rechtsordnung bieten sich mit den Art. 3 I und 12 I 00 primär zwei Grundrechte zur Behebung der durch die Inländerdiskriminierung verursachten Mißstände an. LArtJIGG

Die eventuelle Anwendbarkeit von Art. 3 I GG ist, bis zum heutigen Tage Gegenstand einer Kontroverse in Rechtsprechung und Literatur.

1. Die Rechtsprechung zu Art. 3 I GG Das BVerwG hat bereits im Jahr 1970 die Anwendung von Art. 3 I 00 abgelehnt. 24 Die dort zu beurteilende Inländerdiskriminierung resultiert aus der VO Handwerk EWG, die bei der Eintragung von Angehörigen anderer Mitgliedstaaten in die Handwerksrolle vom Erfordernis bzw. Nachweis einer Meisterprüfung absah. Die Tatsache, daß diese Voraussetzung nach wie vor fiir deutsche Staatsangehörige galt, ließ das Gericht unbeeindruckt: " ... (der Gleichheitssatz wird nicht) dadurch verletzt, daß der Gesetzgeber das fiir Inländer geltende Recht nicht dem fiir Ausländer günstigeren Recht einer Verordnung angepaßt hat...25 22

M. Schweitzer/R. Streinz, RIW 14, S. 39 ff. (41, Fn. 11); ebenso K. Spdtgens, FS von Ganun,

S. 201 ff. (209, 210). 23 U.

W. H6sch, Der Einfluß der Freiheit des Warenverkehrs aufdas Recht des unlauteren Wettbe-

werbs, S. 1!H-1S3, 160, 161. 24

DVBI. 70, S. 627 f.

25

BVerwG a. a. 0., S. 621; kritisch dazu z.B. D. K6nig, AöR 93, S. S91 ff. (609).

216

6. Kapitel: Die ,,Inlanderdiskriminienmg"

Die Zivilrechtsprechung hat sich dieser kategorischen Ablehnung angeschlossen. Maßgeblich war hier die Vorgabe des BGH im oben bereits angesprochenen "Cocktails for Two" Fall26 aus dem Jahr 1985, wo das Gericht die Willkür-Formel des BVertU auf § 100 ßl BranntwMG projizierte. Trotz des diese Vorschrift faktisch entwertenden "Cassis"-Urteils des EuGH verneinte der BGH einen legislativen Handlungsbedarf gegenüber Inländern, da, im Hinblick auf rein nationale Sachverhalte, die eine Willkür ausschließenden, sachlichen Gründe für den Erlaß dieser Norm fortbestünden. 27 Diese, etwas dürftige Argumentation ist in der Literatur zu Recht auf Kritik gestoßen. Insbesondere wird dem BGH entgegengehalten, daß die zur Prüfung des Art. 3 I GG erforderliche Wahl des "tertium comparationis", d. h. die Bestimmung der miteinander zu vergleichenden Adressatengruppen, völlig unterblieb. 28 Dennoch folgten die anderen Gerichte dem BGH ohne der Problemstellung im weiteren vertiefte Beachtung zu schenken. 29 Das BVertU hat sich demgegenüber eher bedeckt gehalten. So heißt es in der Zurückweisung einer Verfassungsbeschwerde gegen das Lokalisationsgebot der RechtsanwälteJO: "Ob das zu einer Inländerbenachteiligung durch Europarecht führt, auf die Art. 3 I GG anwendbar ist, kann hier offenbleiben."31 Grund dafür war, daß aus d~r Sicht des BVertU jedenfalls ein ausreichender Differenzierungsgrund bestanden hätte. Eine abschließende Klärung steht hier also noch aus.

2. Die Beurteilung von Art. 3 I GG im Schrifttum Die im Zusammenhang mit der Anwendbarkeit von Art. 3 I GG in der Literatur vertretenen Meinungen sind, insbesondere hinsichtlich des Ausgangspunktes der Diskriminierung stark gegenläufig. Das Defizit an Gleichbehandlung entsteht durch die Einwirkung des höherrangigen Gemeinschaftsrecht auf die ursprünglich einheitlich geltende deutsche Rechtsordnung. Diese Einwirkung bewirkt eine Reduzierung des Anwen26 GRUR 85, S. 886 ff. (= RIW 27 BGH a. 28 So

85, S. 58 ff., ZLR 8S, S. 240 ff.); siehe dazu auch oben S. 31.

a. 0 ., S. 888.

UF. K/eier, RIW 88, S. 623 ff. (629); im Anschluß daran R. Streinz, ZLR 90, S. 487 ff.

(508). 29 OLG Harnburg GRUR 90, S. 55 ff. (57); OVG MOnster, EuZW 90, S. 198 f. (1.99); OLG Harnm, EuZW 92, S. 151 ff. (159). 30 BVerfU NJW 90, S. 1033.

31

BVerfU a. a. 0 .

D. Anknüpfungspunkte im nationalen Recht

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dungsbereiches der regelmäßig strengeren nationalen Norm auf reine Inlandssachverhalte, d. h. ohne grenzüberschreitenden Bezug. Die Inländerdiskriminierung als solche liegt also ausschließlich in dem derart beeinflußten deutschen Recht begründet. Eine Bewertung nach Art. 3 I GG scheint deshalb nur dann möglich zu sein, wenn auch die Reflexwirkung des Gemeinschaftsrechts der deutschen Staatsgewalt zugerechnet werden kann. Die grundsätzliche M6glichkeit und eventuelle Ausgestaltung einer solchen Zurechnung sind im Schrifttum heftig umstritten. Zur besseren Darstellung der Frage soll im weiteren zwischen einem legislativen und judikativen Bereich unterschieden werden.

a) Legislativer Bereich Im legislativen Bereich, d. h. bei gemeinschaftlichen Rechtsakten32, wird eine Zurechnung z.T. damit verneint, daß auf Gemeinschafts- und nationaler Ebene zwei unterschiedliche Hoheitsträger agieren. 33 Deshalb käme hier sinngemäß die Rechtsprechung des BVerfG zum Tragen, wonach Art. 3 I GG bei divergierender Gesetzgebung der Länder im Verhältnis untereinander bzw. zum Bund nicht durchgreift; eine Bindung an dieses Grundrecht kommt nur im jeweils eigenen legislativen Kompetenz. B.ereich in Betracht. 34 Übertragen auf die Relation Bund - Europäische Union würde dies dann bedeuten, daß der BRD keinerlei Verantwortung fiir die Einwirkung des Gemeinschaftsrecht zukommt. 35 Dem wird andererseits entgegengehalten, daß die Judikatur des BVerfG von einer territorial wie personal jeweils umfassend ausgestalteten Länderkompetenz ausgeht. Diese Vollständigkeit fehle jedoch im Hinblick auf gemeinschaftlich relevante Sachverhalte, weshalb Art. 3 I GG durchaus zur Anwendung gelange. 36

32 Diese Unterscheidung trifft z.B. auch

Th. Schilling, JZ 94, S. 8 ff. ebenda.

SoA. Bleckmann, GRUR Int 86, S. 186; U. Fastenrath, JZ 87, S. 170 ff. (170); im Anschluß daranD. K"nig, AöR 93, S. S91 ff. (S99, S60); a.A LG Berlin, EuZW 94, S. 188 f(189). 33

34 Z.B. BVerlUE 10, S. 3S4 ff. (371); 12, S. 139 ff. (143); 12, S. 319 ff. (324); 17, S. 319 ff. (331 ); 27, S. 17S ff. ( 179); 32, S. 346 ff. (360); 42, S. 20 ff. (27).

35 AA LG Düsseldort: EuZW 94, S. 188 f. (189) und WRP 94, S. 138 ff. (139); OLG DOsseldort: EuZW 94, S. 189 ff. (190). 36 So H. Weis, NJW 83, S. 2721 ff. (272S); im Anschluß daran U. Kleier, RIW 88, S. 623 ff. (629); im Ergebnis Ihnlieh E. Ullmann in "Hannonisierung des Rechts ... '" FIW-Heft 1S6, S. S3 ff. (76).

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6. Kapitel: Die ,,lnländerdiskriminierung"

Für eine dann erforderliche Ausgestaltung der Zurechnung wird beim Primärrecht auf die mitgliedstaatliehen Ratifikationen der Gründungsverträgel' und beim Sekundärrecht insbesondere auf die sich in der Abstimmung im Rat verkörpernde nationale Mitverantwortung bei der Schaffung des Rechts zurückgegriffen. 38 Dagegen wird jedoch wiederum eingewandt, daß der Rat kein zusammengesetztes Staatenorgan, sondern lediglich ein Gemeinschaftsorgan darstelle und außerdem eine Mitverantwortung nach der vorbezeichneten Konstruktion bei einem von der Mehrheit divergierendem Abstimmungsverhalten entfiele.39

b) Judikativer Bereich Ähnlich problematisch ist die Frage einer Zurechnung im Judikativen Bereich gelagert, d. h. wenn die Inländerdiskriminerung in einem durch die Rechtsprechung des EuGH modifizierten nationalen Rechtssatz wurzelt. Ein Teil des Schrifttums sieht darin eine "fremde Rechtsausübung" der deutschen Hoheitsgewalt, die somit die Fähigkeit und deshalb auch die Pflicht zur Gleichbehandlung verlieren würde.40 Nach einer wesentlich engeren Auffassung kommt demgegenüber eine "fremde Rechtsausübung" im Rahmen der Inländerdiskriminierung nur dann in Betracht, "wenn die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben den Mitgliedstaat tatsächlich zu einer Differenzierung zwingen würden. " 41 Da dies nicht der Fall sei, bliebe die deutsche Hoheitsgewalt uneingeschränkt an Art. 3 I GG gebunden.42 Soweit dann die Anwendbarkeit von Art. 3 I GG grundsätzlich bejaht wird, bestehen Unklarheiten über das maßgebliche Prüfungsraster. Eine Literaturmeinung möchte nämlich Art. 3 I GG dahingehend beschränken, daß eine Ungleichbehandlung dann entfällt, wenn "die (verbleibende) nationale Rechtsordnung schützenswerte Ziele verfolgt. " 43 Die Konturierung und Gewichtung dieser Ziele sei wiederum eine Frage des Einzelfalls. 37 Th. Schilling, JZ 94, S. 8 ff. (10), wlhlt diese Lösungftlr Primlr- und Sekundirrecht 38

39 40

H. Weis, NJW 83, S. 2721 ff. (272S). So U. Fastenrath, JZ 87, S. 170 ff. (17S); ebenso R. Streinz, ZLR 90, S. 487 ff. (S07). Allgemein: U. Fastenrath, JZ 87, S. 170 ff. (177); etwas abgeschwlchtR. Streinz, ZLR 90, S.

487 ff. (S07, SOS).

41 42 43

G. Nicolaysen, EuR 91, S. 9S ff. (119). G. Nicolaysen a. a. 0.; ebenso K. Spätgens, FS von Ganun, S. 201 ff. (211 ). So E. Ullmann, in "Hannonisierung des Rechts ... '" FIW-Heft 1S6, S. S3 ff. (76).

D. AnknüpfimgspWikte im nationalen Recht

n

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Die Beurteilung VOD Art. 12 I GG iD der Utentur

Mehr Einigkeit besteht im Schrifttum hinsichtlich der durch Art. 12 I GG eröffneten Möglichkeiten. 44 Soweit die nationale Gesetzgebung die Bereiche der Werbung, Produktaufmachung oder -etikettierung betrifft, ist sie als Berufsausübungsregelung zu kategorisieren. Als solche wird ihr dann aber, wegen der Unvereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht, regelmäßig eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung nach Art. 12 1.2 GG versagt. Anknüpfungspunkt fiir diese Ablehnung sind die, nach der Rechtsprechung des BVerfG auf dieser Stufe bzw. im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zu prüfenden Gründe des Allgemeinwohls. 45 In diesem Zusammenhang wird der, von der Legislative regelmäßig als Allgmeinwohlziel vorgegebene Verbraucherschutz als unverhaltnismtlßig angesehen. Zur Begründung wird vorgetragen, daß der Konsument, wegen des Vorrangs von Art. 30 EGV gegenüber der betreffenden, nationalen Norm mittlerweile auch Zugang zu davon abweichenden Importprodukten aus anderen Mitgliedstaaten hätte.