Die Haftungsverhältnisse der Vor-GmbH [1 ed.]
 9783428463978, 9783428063970

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Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 59

Die Haftungsverhältnisse der Vor-GmbH Von

Gerald Derwisch-Ottenberg

Duncker & Humblot · Berlin

GERALD DERWISCH-OTTENBERG

Die Haftungsverhältnisse der Vor-GmbH

Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 59

Die Haftungsverhältnisse der Vor-GmbH

Von

Dr. Gerald Derwisch-Ottenberg

Duncker & Humblot · Berlin

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek

Derwisch-Ottenberg, Gerald: Die Haftungsverhältnisse der Vor-GmbH / von Gerald Derwisch-Ottenberg. — Berlin : Duncker u. Humblot, 1988 (Schriften zum Wirtschaftsrecht ; Bd. 59) Zugl.: Marburg, Univ., Diss., 1987 ISBN 3-428-06397-X NE: GT

Alle Rechte vorbehalten © 1988 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Satz: Hagedornsatz, Berlin 46 Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISBN 3-428-06397-X

Meinem Bruder Herbert

Vorwort Die Arbeit hat im Wintersemester 1986/87 dem Fachbereich Rechtswissenschaften der Philipps-Universität Marburg als Dissertation vorgelegen. Das Schrifttum ist bis zum Stand von April 1987 berücksichtigt. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Herbert Leßmann. Er hat die Arbeit, die während meiner Tätigkeit als Assistent an seinem Lehrstuhl entstand, durch seine ständige Offenheit zum Gespräch und vielfaltige Anregungen gefördert. Herrn Prof. Dr. Olaf Werner danke ich für die Zweitkorrektur. Marburg, den 15.5.1987 Gerald Derwisch-Ottenberg

Inhaltsverzeichnis

Α. Einführung I. Die Bedeutung der Vor-GmbH in der rechtlichen und wirtschaftlichen Praxis II. Problemstellung III. Aufgaben einer Neubearbeitung angesichts des heutigen Diskussionsstandes

17

17 19

21

1. Die Entwicklung der Diskussion um die Vorgesellschaft

21

2. Aktuelle Fragestellungen und Aufgaben einer Neubearbeitung

25

B. Zur Methode der Problemlösung I. Die sui-generis-Formel als Lösungsansatz II. Die Bedeutung der Eintragung III. Folgerungen für den Gang der Bearbeitung C. Die persönliche Haftung der Gründergesellschafter und der Handelnden für Verbindlichkeiten der Vor-GmbH I. Problemstellung

26 26 28 32

34 34

1. Allgemeine Einführung

34

2. Die Relevanz einer neben die Haftung des Gesellschaftsvermögens tretenden Haftung für die Beteiligten

34

3. § 11 I I GmbHG keine ausreichende Grundlage für die Bestimmung des Haftungssystems

35

4. Das Verhältnis der persönlichen Haftung während der Vor-GmbHPhase zu den anderen Problemen der Vorgesellschaft

36

II. Darstellung der bisherigen Meinungen

37

1. — zum Bestehen und Umfang der Handelnden- und Gründerhaftung

37

2. — zum Erlöschen dieser Haftungen

43

3. Zusammenfassung

45

nsverzeichnis

10 III. Eigene Stellungnahme

46

1. Die Bedeutung des numerus clausus der Haftungsbeschränkungen für die Vor-GmbH

46

2. Die Verselbständigung auf der Vermögensseite der eingetragenen GmbH

46

3. Die Verselbständigung auf der Vermögensseite der angemeldeten VorGmbH

50

a) Die Anwendbarkeit der Vorschriften zur Kapitalerhaltung b) Das Vorhandensein der Mindesteinlagen gemäß §§ 7 II, III, 81, I I GmbHG

50 51

aa) — im Falle der ordnungsgemäßen Anmeldung

52

bb) — im Falle der unzureichenden Kapitalausstattung; die „unechte Vor- GmbH"

52

cc) Zusammenfassung

54

4. Die Notwendigkeit eines Ausgleichs der Schlechterstellung der Gläubiger der angemeldeten Vor-GmbH gegenüber denjenigen der eingetragenen GmbH

56

5. Erste Möglichkeit dès Ausgleichs: Gründerhaftung

56

6. Zweite Möglichkeit des Ausgleichs: Handelndenhaftung gemäß §11 I I GmbHG

58

a) Die Erstreckung der Handelndenhaftung auch auf gesetzliche Verbindlichkeiten

58

b) Die sonstige Brauchbarkeit der Handelndenhaftung zum Ausgleich

61

7. Die Zumutbarkeit der beiden Ausgleichsmöglichkeiten für die betroffenen Haftenden

62

8. Entscheidung zwischen den Möglichkeiten, Zusammenfassung

65

9. Die Verselbständigung auf der Vermögensseite der nicht angemeldeten Vor-GmbH

67

a) Praktische Relevanz dieser Frage

67

b) Das Vorhandensein der Mindesteinlagen gemäß §§ 7 II, III, 81, I I GmbHG

68

c) Die Anwendbarkeit der Vorschriften zur Kapitalerhaltung

70

d) Die Publizität der nicht angemeldeten Vor-GmbH, Zusammenfassung

70

10. Geltung der allgemeinen Haftungsgrundsätze und der Handelndenhaftung

72

11. Die Konsequenzen dieser Haftungsausgestaltung

73

12. Zwischenergebnis: Die Haftungsverhältnisse während der Vor-GmbHPhase

75

nsverzeichnis 13. Das Erlöschen der Ansprüche aus Gründer- und Handelndenhaftung im Zeitpunkt der Eintragung

76

14. Das Schicksal von Gründer- und Handelndenhaftung bei Liquidation oder Konkurs der Vorgesellschaft

80

D. Die Sicherung der Kapitalgrundlage im Eintragungszeitpunkt I. Problemstellung II. Darstellung der bisherigen Meinungen

82 82 84

1. Die Ansicht bei Schaffung des Art. 211 ADHGB

84

2. Das Vorbelastungsverbot

85

3. Die Differenzhaftung

89

4. Kritik an dem auf die Eintragung bezogenen Unversehrtheitsgrundsatz

95

III. Eigene Stellungnahme

96

1. Lösungsansatz

96

2. Die Rechtfertigung der Verlustrisikozuweisung an die Gläubiger im Falle der eingetragenen GmbH

97

3. Das Vorhandensein dieser Voraussetzungen bei der Vor-GmbH . .

98

4. Ergebnis

99

5. Die Konsequenzen dieses Ergebnisses

100

6. Die Erfüllungswirkung von freiwillig frühzeitig erbrachten Einlagen

102

E. Die Vertretungsmacht der Vor-GmbH-Geschäftsführer I. Problemstellung II. Darstellung der bisherigen Meinungen III. Eigene Stellungnahme

105 105 106 111

1. Die Voraussetzungen einer unbeschränkten und unbeschränkbaren Vertretungsmacht

112

2. Das Vorliegen dieser Grundlagen bei der Vor-GmbH

114

F. Die Einmann-Vor-GmbH

117

I. Problemstellung

117

II. Darstellung der bisherigen Meinungen 1. Unanwendbarkeit der Vor-GmbH-Regelungen wegen des Fehlens eines vom Gründer gesonderten Rechtsträgers

118 118

nsverzeichnis

12

2. Die Gleichstellung der Einmann- mit der Mehrmann-Vor-GmbH

119

a) Die Einmann-Gesamthand

120

b) Sondervermögen des Gründers

120

c) Teilrechtsfähigkeit

121

III. Eigene Stellungnahme

122

G. Zusammenfassung

126

Literaturverzeichnis

129

Abkürzungsverzeichnis a. Α.

anderer Ansicht

a.a.O.

am angegebenen Ort

Abs.

Absatz

Abt.

Abteilung

AcP

Archiv für civilistische Praxis

ADHGB

Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch

AG

Aktiengesellschaft(en). Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift für das gesamte Aktienwesen)

AktG

Aktiengesetz

Allg.

Allgemeine(r)

Alt.

Alternative

Anm.

Anmerkung

Art.

Artikel

AT

Allgemeiner Teil

Aufl.

Auflage

BayObLG

Bayrisches Oberstes Landesgericht

BB

Der Betriebsberater

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGH

Bundesgerichtshof

BGHZ

Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen

Bl.

Blatt

BT

Bundestag(s)

Bürgerl.

Bürgerlichen

bzw.

beziehungsweise

d.

des, der

DB

Der Betrieb

ders.

derselbe

d. h.

das heißt

Diss.

Dissertation

DM

Deutsche Mark

DNotZ

Deutsche Notarzeitung

EG

Europäische Gemeinschaften

eGen

eingetragene Gesnossenschaft

etc.

et cetera

f.

folgende (Seitenzahl, Randzahl)

14 ff.

Abkürzungsverzeichnis folgende (Seitenzahlen, Randzahlen)

FG

Finanzgericht

Fn.

Fußnote

Fs.

Fortsetzung

FS

Festschrift

GenG

Genossenschaftsgesetz

GesR

Gesellschaftsrecht

ggf.

gegebenenfalls

GK-HGB

Großkommentar zum Handelsgesetzbuch

GmbH

Gesellschaft(en) mit beschränkter Haftung

GmbHG

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung

GmbHRdsch

GmbH-Rundschau

HGB

Handelsgesetzbuch

h. M.

herrschende Meinung

Hs.

Halbsatz

JA

Juristische Arbeitsblätter

JBl

Juristische Blätter

JurA

Juristische Analysen

JuS

Juristische Schulung

JW

Juristische Wochenschrift

JZ

Juristenzeitung

LM

Lindenmeyer-Möhring

MK

Münchener Kommentar

Mrd

Milliarde(n)

n. F.

neue Fassung

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

Nr.

Nummer

o.ä.

oder ähnlich

OHG

Offene Handelsgesellschaft

OLG

Oberlandesgericht

Prot.

Protokoll(e)

RG

Reichsgericht

RGZ

Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen

RM

Reichsmark

Rspr.

Rechtsprechung

Rz

Randzahl(en)

S.

Seite

sog.

sogenannte

Stat.

statistisches

Tab.

Tabelle

Abkürzungsverzeichnis u.a.

unter anderem

Urt.

Urteil

usw.

und so weiter

u.U.

unter Umständen

V.

von

Verf.

Verfasser

vgl.

vergleiche

WM

Wertpapiermitteilungen

z.B.

zum Beispiel

ZGR

Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht

ZHR

Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht

ZIP

Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis

Α. Einführung I. Die Bedeutung der Vor-GmbH in der rechtlichen und wirtschaftlichen Praxis Seit ihrer Schaffung durch das GmbHG im Jahre 1892 hat die Gesellschaftsform der GmbH fortwährend an Bedeutung gewonnen. Diese Entwicklung hat sich, nicht zuletzt durch die vielfach gewählte Rechtsform der GmbH & Co. K G , in den letzten drei Jahrzehnten in extremer Weise beschleunigt1. So hat sich die Anzahl der GmbH seit Beginn der sechziger Jahre fast verneunfacht und Mitte der achtziger Jahre eine drittel Million überschritten 2. Dabei hat sich insbesondere auch die wirtschaftliche Bedeutung der GmbH gegenüber derjenigen der A G stark vergrößert. Das Stammkapital aller GmbH, das vor dem Krieg noch viermal kleiner war als das Grundkapital aller A G 3 , war 1960 schon auf die Hälfte angewachsen4 und ist seit 1982 sogar größer als dieses5. Diese Tendenz wird noch dadurch verstärkt, daß die Anzahl der A G infolge der Wirtschaftskonzentration bei Großunternehmen kontinuierlich sinkt 6 . Besonders deutlich wird die gesteigerte Bedeutung der GmbH angesichts der Neugründungen: allein im Jahr 1985 wurden über 31.000 neuerrichtete GmbH ins Handelsregister eingetragen 7. Es ist durchaus möglich, daß die Beliebtheit der GmbH noch weiter anwächst. Ihre rechtlichen Rahmenbedingungen sind in 1

Raiser, Kapitalgesellschaften, S. 15 spricht von einem „explosionsartigen Aufschwung" seit Beginn der siebziger Jahre. 2 A m 31.12.60 betrug der Bestand an GmbH 37.901 (Stat. Jahrbuch 1961, S. 197), am 31.12.85 dagegen 339.541 (Stat. Jahrbuch 1986, S. 116). Weitere Zahlen zur Entwicklung des GmbH-Bestandes bei Raiser, Kapitalgesellschaften, S. 14, Kübler, S. 220. 3 Vgl. z.B. Stat. Jahrbuch 1921/22, S. 410 und 415, wo ein Gesamtgrundkapital von 29 Mrd. R M und ein Gesamtstammkapital von 7,5 Mrd. R M genannt wird. 4 A m 31.12.60 betrug es 14,2 Mrd. D M gegenüber einem Gesamtgrundkapital von 31,6 Mrd. D M (Stat. Jahrbuch 1961, S. 197). 5 A m 31.12.85 betrug es 137,8 Mrd. D M gegenüber einem Gesamtgrundkapital von ca. 111 Mrd. D M (Stat. Jahrbuch 1986, S. 116). 6 Im Jahre 1920 bestanden im Deutschen Reich noch 5.657 A G (Stat. Jahrbuch 1921 /22, S. 410). 1960 waren es noch 2.537 (Stat. Jahrbuch 1961, S. 197), 1985 nur noch 2.141 (Stat. Jahrbuch 1986, S. 116). Weitere Zahlen für die dazwischen liegenden Jahre bei Raiser, Kapitalgesellschaften, S. 14. 7 Die genaue Zahl betrug 31.279 (Stat. Jahrbuch 1986, S. 116). Damit hat sich die Anzahl der Neugründungen seit 1960 ebenfalls fast verneunfacht. Dort betrug sie noch 3.575 (Stat. Jahrbuch 1961, S. 197). Dagegen wurden 1985 lediglich 68 A G neu errichtet (Stat. Jahrbuch 1986, S. 116). Auf eine AG-Gründung kamen somit annähernd 500 GmbH-Gründungen. 2 Derwisch-Ottenberg

18

Α. Einführung

jüngerer Zeit noch attraktiver ausgestaltet worden. 1977 wurde die Doppelbesteuerung auch bei der GmbH abgeschafft 8. Die kleine GmbH-Reform von 1980 ermöglichte durch eine Änderung des § 1 GmbHG die Gründung einer GmbH durch nur eine Person. Der vorher bei gleicher Interessenlage notwendige Umweg über die Strohmanngründung ist damit entbehrlich geworden 9. Auf jeden Fall ist zu erwarten, daß der Vorgang der GmbH-Neugründung in der rechtlichen und wirtschaftlichen Praxis auch in Zukunft von erheblicher Bedeutung sein wird. Die Gründung einer GmbH verläuft in mehreren Phasen. Zunächst wird von einer oder mehreren Personen der Entschluß gefaßt, auf die Gründung einer GmbH hinzuwirken. Geschieht dies durch mehrere Personen, bilden diese fortan die sog. Vorgründungsgesellschaft, die allgemein als Gesellschaft bürgerlichen Rechts qualifiziert wird 1 0 . Diese Phase findet ihren Abschluß in der Errichtung des notariellen Gesellschaftsvertrages 11. Damit nun die Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister ordnungsgemäß 12 erfolgen kann, müssen ein oder mehrere Geschäftsführer 13 bestellt und ein Teil der im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Einlagen erbracht werden 14 . Ist dies geschehen, wird die Gesellschaft von den Geschäftsführern 15 beim Handelsregister angemeldet. Das Registergericht prüft anhand der eingereichten Unterlagen, ob alle gesetzlichen Voraussetzungen beachtet worden sind. Ist dies der Fall, wird die GmbH ins Handelsregister eingetragen, anderenfalls wird die Eintragung abgelehnt 16 . Eine erfolgte Eintragung wird gemäß § 10 HGB veröffentlicht. In der Phase zwischen dem Abschluß des Gesellschaftsvertrages, auch Errichtung der Gesellschaft genannt, und der Eintragung ins Handelsregister besteht die Vorgesellschaft, auch Vor-GmbH genannt. Allein mit diesem Zwischenstadium auf dem Wege zu einer vollendeten GmbH beschäftigt sich die vorliegende Arbeit.

8

Raiser, Kapitalgesellschaften, S. 289; Kübler, S. 263 ff. Raiser, Kapitalgesellschaften, S. 162; ausführlich zur alten Regelung Hachenburg/Ulmer, § 2, Rz 49 ff.; vgl. auch unten E I. 10 BGH NJW 85,1828; Scholz/Emmerich, § 2, Rz 84; Scholz/K. Schmidt, § 11, Rz 9; Hachenburg /Ulmer, §11, Rz 17; Fischer, GmbHG, §11, Anm. 2 g; Bartl / Henkes, Rz 217; John, Rechtsperson, S. 307. 11 § 2 GmbHG regelt die Formerfordernisse dieses Vertrages, § 3 GmbHG die zwingenden inhaltlichen Erfordernisse. Der dabei im GmbHG durchgängig verwendete Begriff „Vertrag" ist insofern mißzuverstehen, als bei der Einmann-Gründung nur der eine Gründer eine Willenserklärung abgibt. 9

12

d. h. gemäß den Anforderungen der §§ 7, 8, 78 GmbHG. Vgl. § 6 GmbHG. 14 Vgl. § 7 II, I I I GmbHG. 15 Nach § 78, 2. Hs., 1. Alt. GmbHG muß die Anmeldung durch sämtliche Geschäftsführer erfolgen. Gemäß § 44 GmbHG zählen dazu auch die Stellvertreter, vgl. hierzu auch Hachenburg/Ulmer, § 78, Rz 18; Scholz/Tiedemann, § 78, Rz 10f.; Scholz/Schneider, § 44, Rz 14. 16 Vgl. § 9c GmbHG. 13

II. Problemstellung

19

Über die durchschnittliche Dauer der Vor-GmbH gibt es keine umfassenden statistischen Erhebungen. Eine beim Amtsgericht Marburg durchgeführte empirische Untersuchung 17 bestätigte jedoch die Ergebnisse früherer Untersuchungen in anderen Amtsgerichtsbezirken 18. Als durchschnittliche Dauer kann danach ein Zeitraum von einem bis zu drei Monaten angenommen werden. Es wurden aber auch Eintragungsdauern von weniger als einem Monat und bis zu sechs Monaten festgestellt 19. Angesichts solcher Zeitspannen kann es nicht verwundern, daß in vielen Fällen bereits die Vor-GmbH den Geschäftsbetrieb aufnimmt. Insbesondere bei der Einbringung eines werbenden Handelsgeschäftes als Sacheinlage kann die Geschäftsaufnahme nicht bis zur Eintragung hinausgezögert werden 20 . Aber auch bei Bargründungen kann das dringende Bedürfnis bestehen, die notwendigerweise bereits bestellten Geschäftsführer 21 und das bereits aufgebrachte Gesellschaftsvermögen geschäftlich einzusetzen und nicht womöglich monatelang ruhen zu lassen22. So entstehen zahlreiche Rechtsbeziehungen der Vor-GmbH. Die rechtliche Behandlung dieser Beziehungen wirft eine Vielzahl von Problemen auf.

II. Problemstellung Die Teilnahme von Gesellschaften am Rechtsverkehr und die dabei auftretenden spezifischen Probleme führen zu der Notwendigkeit von gesellschaftsrechtlichen Regelungen. So sind die Rechtsgrundlagen der gängigen Gesellschaftsformen meist bis ins Detail hinein in Gesetzen verankert. In §§ 705ff. BGB, 105ff., 161 ff. HGB sowie im GmbHG, A k t G und GenG etwa finden sich für die 17 Verf. untersuchte dabei mit freundlicher Unterstützung durch Herrn Amtsgerichtsdirektor Schemel und Herrn Rechtspfleger Geiger sämtliche 43 GmbH-Neueintragungen ins Handelsregister beim Amtsgericht Marburg im Jahre 1983 unter anderem auf die zeitliche Dauer von Satzungserrichtung bis Anmeldung und von Anmeldung bis Eintragung. Außerdem wurde die Arbeitsweise des Registergerichts während des Eintragungsverfahrens und auch noch danach bei der Veröffentlichung der Eintragungen gemäß §10 HGB untersucht. U m überhaupt eine Vergleichsbasis für das Verhältnis zwischen erfolgten und abgelehnten Eintragungen zu erlangen, wurden diesbezüglich die Eintragungen und Eintragungsablehnungen des Jahres 1982 miteinbezogen. Die Ergebnisse der Untersuchung werden jeweils an maßgeblicher Stelle der vorliegenden Arbeit herangezogen. 18

v. Bismarck, S. 20ff., für Lübeck, Kiel und Flensburg; Braasch, S. 97f. für Hamburg; Gröning, Anhang Tab. 2, 4, 6, 8 für Düsseldorf. Dazu auch allgemein ohne eigene Untersuchung: Theobald, S. 12. 19 In den in Fn. 18 genannten Untersuchungen werden auch Zeiträume bis zu einem Jahr und sogar darüber genannt. 20 Allgemeine Ansicht, vgl. etwa Dilcher, JuS 66, 89, 91. 21 Da die Geschäftsführer gemäß § 78, 2. Hs., 1. Alt. GmbHG die GmbH anmelden, müssen sie zumindest vor der Anmeldung bestellt werden. Es dürfte aber der gängigen Praxis entsprechen, daß die Erstgeschäftsführer bereits in der Satzung bestimmt werden. Auf diese Möglichkeit wird auch in § 8 I Nr. 2 GmbHG hingewiesen. 22 Huber, FS Robert Fischer, S. 263, 270. 2*

20

Α. Einführung

wichtigsten Gesellschaftsformen eingehende Regelungen u. a. über die Bestellung, Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht der Organe sowie über die Haftungsverhältnisse. Anders liegt es bei den rechtlichen Verhältnissen der Vor-GmbH: Diese sind — ebenso wie diejenigen der werdenden Aktiengesellschaft oder eingetragenen Genossenschaft — nicht gesetzlich geregelt, ja die Vor-GmbH wird im Gesetz noch nicht einmal expressis verbis erwähnt. Dies erklärt sich daraus, daß der historische Gesetzgeber des vorigen Jahrhunderts die Existenz einer Vorgesellschaft insgesamt ablehnte und somit keine Veranlassung zu ihrer rechtlichen Ausgestaltung sah. Er beschränkte sich folgerichtig auf die Vorschrift des § 11 GmbHG, dessen Abs. 2 dem vor der Eintragung mit der Gesellschaft abschließenden Kontrahenten einen Schuldner anstelle der noch nicht als existent angesehenen Gesellschaft gab 2 3 . Aber auch in neuerer Zeit, als die Existenz einer Vorgesellschaft längst allgemeiner Überzeugung entsprach 24 , hat sich der Gesetzgeber jeglicher gesetzlichen Regelung bewußt enthalten. Der im Rahmen der geplanten großen GmbH-Reform erstellte Regierungsentwurf 1973 verzichtete auf eine gesetzliche Regelung. Der Gesetzgeber überließ die Klärung des Rechts der Vorgesellschaft vielmehr der Rechtsprechung und dem Schrifttum 25 . Genauso war er bei der Reform des Aktienrechts 1965 in bezug auf die Vor-AG verfahren 26 . Auch die kleine GmbH-Reform 1980 brachte keine Änderung. Es bestehen derzeit ferner keine Anzeichen dafür, daß der Gesetzgeber in näherer Zukunft seine Zurückhaltung aufgeben und diesbezüglich tätig werden wird. Die Bestimmung der rechtlichen Verhältnisse der Vor-GmbH muß also auch weiterhin ohne eine ausführliche gesetzliche Grundlage auskommen. Immerhin steht fest, daß die Geschäftsführer als Organe der Gesellschaft zumindest vor der Anmeldung bereits bestellt sein müssen. Dies ergibt sich daraus, daß nach § 7 I I I GmbHG Sacheinlagen vor der Anmeldung zur freien Verfügung der Geschäftsführer stehen müssen. Außerdem müssen der Anmeldung, die gemäß § 78,2. Hs., 1. Alt. GmbHG durch die Geschäftsführer bewirkt werden muß, nach § 8 I Nr. 2, II, III, IV, V GmbHG zahlreiche Angaben und Erklärungen beigefügt sein, die von den Geschäftsführern abzugeben sind oder sich auf sie beziehen. Fraglich ist aber bereits, ob und in welchem Rahmen die Geschäftsführer den normalen Geschäftsbetrieb aufnehmen dürfen, welchen Umfang also ihre Geschäftsführungsbefugnis hat. Unklar bleibt auch, wie weit ihre Vertretungs23

Näheres dazu unten C I I 1). Zu dieser Entwicklung näheres unten D I I 1). 25 Begründung zum Regierungsentwurf eines neuen GmbH-Gesetzes v. 26.2.1973, BTDrucksache 7/253, S. 96 (zu § 22). 26 Begründung zum Regierungsentwurf eines neuen Aktiengesetzes v. 13.6.1960, BTDrucksache III/1915 = IV/171, S. 110 (zu § 38). Vgl. dazu auch Barz in Großkomm. AktG, §41, Anm. 2; Baumbach/Hueck, AktG, §41, Rz 1; Godin/Wilhelmi, §41, Anm. 2. 24

III. Aufgaben einer Neubearbeitung

21

macht nach außen reicht. Problematisch ist dies insbesondere deshalb, weil die Vorgesellschaft nicht wie die anderen Gesellschaften bereits ihrem endgültigen Zweck nachgeht, sondern zumindest auch den Zweck der Eintragung verfolgt. Es besteht daher die Möglichkeit, daß der beschränkte Zweck der Eintragung auch die Befugnisse der Geschäftsführer zwingend einschränkt. Weiterhin ist zweifelhaft, wer aus Geschäften, die im Namen der Gesellschaft getätigt werden, verpflichtet wird. Hierzu besteht immerhin die Vorschrift des § 11 I I GmbHG. Diese Norm kann jedoch die Außenhaftungsverhältnisse der Vor-GmbH nicht abschließend bestimmen. Diese Funktion wurde ihr auch weder vom historischen Gesetzgeber noch von einem späteren, der sie unverändert im Gesetz beließ, beigemessen. So ist schon in Zweifel zu ziehen, ob überhaupt das Vorgesellschaftsvermögen verpflichtet werden kann oder ob es nicht bis zur Eintragung unversehrt bleiben muß. Weiterhin bleibt unklar, ob, je nachdem, wie die Vorfrage beantwortet wird, anstelle oder neben dem Gesellschaftsvermögen noch das persönliche Vermögen der Gesellschafter oder anderer Personen verpflichtet wird. Eine weitere Schwierigkeit wird dadurch begründet, daß sich die Vor-GmbH im Zeitpunkt der Anmeldung in eine vollendete GmbH mit eigener Rechtspersönlichkeit verwandelt. Es stellt sich also die Frage, ob und in welchem Umfang das Vermögen der Vor-GmbH mit seinen Aktiven und Passiven auf die GmbH übergeht.

III. Aufgaben einer Neubearbeitung angesichts des heutigen Diskussionsstandes 1. Die Entwicklung der Diskussion um die Vorgesellschaft Die rechtliche Ausgestaltung der Vorgesellschaft beschäftigt Rechtsprechung und Literatur seit vielen Jahrzehnten. Ausgangspunkt dieser Diskussion war die Erkenntnis, daß bereits vor der Eintragung der GmbH ins Handelsregister und ihrer damit erfolgenden Entstehung „als solcher" (§11 I GmbHG) eine handlungsfähige Organisation, eben die Vorgesellschaft, besteht. Diese Erkenntnis bestand nicht etwa von Anfang an, sondern wurde erst um die Jahrhundertwende gewonnen 27 . Vorher war die Existenz eines solchen Gebildes negiert worden 28 , wodurch auch das Fehlen einer gesetzlichen Ausgestaltung zu erklären ist. Während demnach zunächst gar kein Bedürfnis einer rechtlichen Regelung gesehen wurde, brachte die Anerkennung der Vorgesellschaft das Bewußtsein für die vielfaltigen Probleme mit sich. Die Erkenntnis, daß die 27

Eine ausführliche Begründung der Existenz eijier Vorgesellschaft findet sich schon bei Staub, HGB 1900, § 188, Anm. 3 und § 200, Anm. 2 (für die Aktiengesellschaft) und bei demselben in GmbHG 1903, § 11, Anm. 1 f. Die Anerkennung durch die Rechtsprechung erfolgte mit RGZ 58, 55, 56 im Jahre 1904. 28 Protokolle der Commission zur Berathung eines A D H G B , Prot. X C I X - C L X X V I , S. 1449; Hahn, Art. 211 A D H G B , §§ 3,4 (für die Aktiengesellschaft); näheres dazu unten D I I 1).

22

Α. Einführung

Vorgesellschaft bereits Trägerin des Gesellschaftsvermögens ist und wirksam verpflichtet werden kann 2 9 , zog notwendig die Fragestellungen nach sich, unter welchen Voraussetzungen eine solche Verpflichtung möglich ist, wer u. U. neben dem Gesellschaftsvermögen für solche Verbindlichkeiten einzustehen hat und in welchem Rahmen diese Verbindlichkeiten auch gegenüber der eingetragenen GmbH wirksam sind. Von Anfang an bemühte man sich darum, die Rechtsnatur der Vorgesellschaft zu bestimmen, um damit eine Grundlage für die Beantwortung dieser Einzelfragen zu gewinnen. Anfangs wurde die Vor-GmbH als Gesellschaft bürgerlichen Rechts qualifiziert 30 . Später wurde ein viel Raum einnehmender Streit darüber geführt, ob sie nicht stattdessen als nichtrechtsfähiger Verein anzusehen sei 31 . Nachdem sich allgemein die Erkenntnis durchgesetzt hat, daß beide Einordnungen den Besonderheiten der werdenden Gesellschaft nicht gerecht werden können, betrachtet man heute die Vorgesellschaft als „Gebilde eigener Art, das durch die angestrebte Rechtsform weitgehend vorgeprägt ist" 3 2 . Der BGH drückt dies in seiner bekannten Formel so aus: „Die Vor-GmbH ist eine Organisation, die einem Sonderrecht untersteht, das aus den im Gesetz oder im Gesellschaftsvertrag gegebenen Gründungsvorschriften und dem Recht der eingetragenen GmbH, soweit es nicht die Eintragung voraussetzt, besteht." 33 . Diese Formel ist heute allgemein anerkannt 34 . Die Bestimmung der Rechtsnatur kann damit als abgeschlossen gelten. Ebenfalls seit Anerkennung der Existenz einer Vorgesellschaft beschäftigt man sich mit ihrem Verhältnis zur fertigen eingetragenen GmbH. Dabei überwog von Anfang an die Ansicht, daß es sich bei der Vor-GmbH und der eingetragenen GmbH um ein und dieselbe Gesellschaft in lediglich unterschiedlicher Entwicklungsphase handelt (Identitätstheorie) 35 . Daraus folgt, daß das 29

Eingehend Staub, GmbHG 1903, § 11, Anm. 1; vorher schon derselbe, HGB 1900, § 200, Anm. 2; dem folgend RGZ 58, 55 f., danach ständige Rspr. des RG: RGZ 82, 288, 290; 83, 370, 373; 87, 246, 249; 105, 228, 229; 134, 121, 122; 143, 368, 372; 151, 87, 91. 30 Staub, HGB 1900, § 188, Anm. 3 und § 200, Anm. 2; derselbe, GmbHG 1903, § 11, Anm. 2; RGZ 58, 55, 56; danach ständige Rspr. des RG, RGZ 82, 288, 290; 83, 370, 373; 87, 246, 249; 105, 228, 229; 134, 121, 122; 143, 368, 372; 151, 87, 91. 31 Rud. Fischer in Ehrenbergs Handbuch I I I / l , S. 109; Paul, NJW 47/48, 417, 418; Bayer, S. 552; Baumbach/Hueck, GmbHG, 13. Aufl. 1970, § 11, Anm. 1; Schultze-v. Lasaulx, FS Olivecrona, S. 605 ff. 32 Hachenburg/Ulmer, l 2 Aufl., § 11, Rz 8. 33 BGHZ 21, 242, 246, nachdem die entsprechende Formel für die Genossenschaft schon in BGHZ 20, 281, 285 verwendet worden war, seitdem ständige Rechtsprechung: BGHZ 45, 338, 347; 51, 30, 32; 72, 45, 48 f.; BGH, Urt. v. 23.3.81, GmbH-Rdsch 82, 67, 68; BGH, Urt. v. 29.5.80, W M 80, 955, 956 = JA 81, 192, 193. 34 Dregger, S. 75; Dilcher, JuS 66, 89, 90; Hachenburg/Ulmer, T2 Aufl., § 11, Rz 8; Ulmer, FS Kurt Ballerstedt, S. 282; Binz, S. 156; John, Rechtsperson, S. 313; Hüffer, Z H R 142,486,493; MK-Reuter, §§ 21, 22, Rz 49; Scholz/K. Schmidt, § 11, Rz 24; Fezer, JZ 81, 608, 614; K. Schmidt, NJW 81, 1345; Autenrieht, JA 81, 391, 393; Fischer, § 11, Anm. 2d; Raiser, Kapitalgesellschaften, S. 176.

III. Aufgaben einer Neubearbeitung

23

Vermögen der Vorgesellschaft mit der Eintragung ipso iure auf die vollendete Gesellschaft übergeht. Nur vereinzelt wurde die Identität zwischen werdender und eingetragener juristischer Person geleugnet und eine völlige rechtliche Trennung der beiden Gesellschaften gefordert (Trennungstheorie) 36. Danach hätte etwa das Vermögen der Vorgesellschaft durch rechtsgeschäftliche Übertragungsakte auf die GmbH übertragen werden müssen 37 . Diese Ansicht konnte sich aber nicht durchsetzen, da sie offensichtlich den Charakter der Vor-GmbH als notwendiges Durchgangsstadium zur vollendeten Gesellschaft nicht berücksichtigte. Aber auch die Identitätstheorie wurde über viele Jahrzehnte hinweg nicht konsequent durchgeführt. U m die für erforderlich gehaltene Vollständigkeit des Stammkapitals im Eintragungszeitpunkt zu gewährleisten, ließ man nur die unbedingt erforderlich gewordenen Verbindlichkeiten der Vorgesellschaft gegen die eingetragene GmbH gelten. Dieses sogenannte Vorbelastungsverbot führte dazu, daß zwar alle Aktiva und die aus den notwendigen Geschäften herrührenden Passiva ipso iure auf die GmbH übergingen, nicht jedoch die sonstigen Verbindlichkeiten (eingeschränkte Identitätstheorie). Inzwischen haben die vielen mit dem Vorbelastungsverbot einhergehenden Schwierigkeiten zu seiner allgemeinen Ablehnung geführt. Dieser Prozeß fand seinen Abschluß in der Verneinung eines Vorbelastungsverbotes auch durch die Rechtsprechung in dem Grundsatzurteil BGHZ 80,129 aus dem Jahre 1981 und den darauf erfolgenden, durchweg zustimmenden Reaktionen des Schrifttums 38 . Die konsequente .Identitätstheorie wird damit heute nicht mehr angezweifelt. Damit hat die Diskussion Einigkeit über die Grundzüge des Wesens bzw. der Rechtsnatur der Vorgesellschaft und ihres Verhältnisses zur eingetragenen GmbH herstellen können. Im Gegensatz zu der gewandelten Bestimmung der Rechtsnatur, die bisher für die Lösung der Einzelfragen kaum Konsequenzen nach sich zog, hat die Überwindung des Vorbelastungsverbotes und der Durchbruch der uneingeschränkten Identitätslehre die gesamte Vorgesellschaftsdiskussion auf eine neue Grundlage gestellt. Wegen der vielfaltigen Auswirkungen der eingeschränkten Identitätstheorie auf nahezu alle in Frage stehenden Problembereiche der Vor-GmbH kam es nach ihrer Überwindung, also besonders nach dem BGH-Urteil von 1981 39 , zu einem Aufleben der Diskussion und zu zahlreichen Versuchen, die verschiedenen Einzelprobleme auf der neuen Grundlage zu bewältigen. Obwohl dabei ein gewisser Konsens 35 RGZ 82, 288, 290; 87, 249, 250; 105, 228, 229f.; 143, 368, 372; 151, 87, 91; eine ausführliche Darstellung der Rechtsprechung des Reichsgerichts findet sich bei Flume, FS Ernst Geßler, S. 3, 8ff. 36 Enneccerus/Nipperdey, § 107 VII; ν. Tuhr, S. 588 f. (beide zum Verhältnis nichtrechtsfahiger-rechtsfahiger Verein). 37 Enneccerus/Nipperdey, § 107 VII; ν. Tuhr, S. 589. 38 Ausführlich zum Vorbelastungsverbot und seiner zunehmenden Ablehnung unten D I I 2). 39 BGHZ 80, 129.

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Α. Einführung

zwischen der Rechtsprechung und großen Teilen der Literatur in der Bejahung einer Differenz- 40 und einer beschränkten Gründerhaftung 41 und den sich daraus ergebenden Konsequenzen erzielt wurde, kann von einer endgültigen Klärung des „Rätsels Vorgesellschaft" 42 keine Rede sein. Es gibt vielmehr auch ernstzunehmende Stimmen der Kritik an der neuerdings überwiegenden Meinung. Neben einigen kürzeren Beiträgen sind in jüngerer Zeit auch zwei Dissertationen erschienen, die das neue Haftungsmodell von verschiedener Seite aus in Frage stellen. Theobald 43 beschäftigt sich vorwiegend mit der Frage der Haftungsverhältnisse vor der Eintragung und insbesondere mit der Gründerhaftung der Gesellschafter und kommt dabei zu anderen Ergebnissen als die auch vom BGH vertretene herrschende Ansicht. Schäfer-Gölz 44 untersucht hauptsächlich die Haftungssituation im Zeitpunkt der Eintragung und kommt dabei mit einer Ablehnung der Differenzhaftung ebenfalls zu grundsätzlich abweichenden Ergebnissen. Man kann daher sagen, daß auf den neuen, allseits anerkannten Fundamenten der Vor-GmbH noch keine abschließende Lösung der Einzelfragen gelungen ist. Insbesondere in den Bereichen der Haftung vor und im Zeitpunkt der Eintragung sowie der Vertretungsmacht sind nach wie vor die Einzelprobleme offen und in der Diskussion. Einen weiteren Anlaß zur Auseinandersetzung schuf die kleine GmbHReform von 1980. Der neugefaßte § 1 gestattet nun die Errichtung einer GmbH durch nur eine einzige Person. Diese Gesetzesänderung, die den vorher bei gleicher Interessenlage üblichen Umweg über die Strohmanngründung entbehrlich machen sollte, brachte das Phänomen der Einmann-Vor-GmbH mit sich. Damit stellt sich die Frage, ob auf dieses Gebilde die für die Mehrmann-VorGmbH geltenden Rechtsverhältnisse Anwendung finden können oder ob und inwieweit Sonderregelungen heranzuziehen sind. Abgesehen von nach wie vor verbliebenen unterschiedlichen dogmatischen Einordnungen der Einmann-VorGmbH zeichnet sich nach anfanglicher großer Skepsis gegenüber der Institution überhaupt und ihrer Vergleichbarkeit mit der Mehrmann-Vorgesellschaft eine überwiegende Übereinstimmung in der weitgehenden Gleichbehandlung aller Vor-GmbH unabhängig von ihrer Mitgliederzahl ab. Jedoch ist auch hier die Diskussion noch im Fluß und eine gefestigte Beurteilung noch nicht absehbar 45 . 40

Dazu ausführlich unten D I I 3). Dazu ausführlich unten C I I 1 ) . 42 So der Titel eines Aufsatzes von Wiedemann in JurA 70, 439. 43 Theobald, Vor-GmbH und Gründerhaftung, Diss. Gießen 1983. 44 Schäfer-Gölz, Die Lehre vom Vorbelastungsverbot und die Differenzhaftung der Gründer, Diss. Bonn 1982. 45 So ist gerade eine ausführliche Stellungnahme und Zusammenfassung des Diskussionsstandes zu dieser Problematik von Kusserow erschienen (Die Einmann-GmbH in Gründung: Gründungs- und Haftungsprobleme, Steinbach 1986). Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit seiner Ansicht war in der hier vorliegenden Arbeit leider nicht mehr möglich, da sie bereits abgeschlossen war, als diejenige von Kusserow veröffentlicht wurde. 41

III. Aufgaben einer Neubearbeitung

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2. Aktuelle Fragestellungen und Aufgaben einer Neubearbeitung Eine erneute Bearbeitung des vielbehandelten Themas „Vor-GmbH" steht also der Situation gegenüber, daß nach erfolgreichem Abschluß der beiden Grundsatzdebatten um Rechtsnatur und Identität, die jahrzehntelang das Feld beherrscht hatten, die aktuelle Diskussion sich in jüngerer Zeit verlagert hat. Es gilt jetzt, auf der neuen Grundlage die anstehenden Einzelprobleme zu lösen. Dies bedeutet konkret, vor allem ein Haftungssystem zu finden, das sowohl für den Zeitraum der Vor-GmbH als auch für den Übergang zur vollendeten GmbH angemessene Lösungen bietet. Es erscheint im Gegensatz zu anderen Ansätzen 46 nicht sinnvoll, einen Schwerpunkt bei einem der Haftungsaspekte zu setzen oder sich gar isoliert auf einen Themenbereich zu beschränken. Da alle Einzelprobleme der Haftung vor und während der Eintragung in unlösbarer Verknüpfung miteinander verbunden sind, soll hier vielmehr die Zielsetzung verfolgt werden, ein Gesamthaftungsmodell zu entwickeln. Wegen der gegenseitigen Abhängigkeit von Haftung und Verpflichtungsmöglichkeit kann dabei der Aspekt der Vertretungsmacht in der Vor-GmbH nicht ausgespart bleiben. Ein solches „GesamtmodeH" sollte dabei so ausgestaltet sein, daß es — einen angemessenen Interessenausgleich zwischen den Beteiligten herbeiführt, — trotz der Kompliziertheit der Materie eine überschaubare und praktikable Rechtssituation schafft und — wegen der vom Gesetzgeber in der kleinen GmbH-Reform von 1980 durchgeführten Gleichstellung von Einmann- und Mehrpersonengründung unabhängig von der Anzahl der Gründer zur Anwendung kommen kann. Neben der Entwicklung eines eigenen Lösungsmodells sollen die historische Entwicklung der Diskussion und insbesondere die heute vertretenen Ansichten dargestellt werden. Dabei soll die Fülle der vorhandenen Literatur dadurch transparent gemacht werden, daß die verschiedenen Lösungen zu Einzelfragen in ihrem Zusammenhang mit den verschiedenen Ansätzen zum Verständnis der Vor-GmbH dargestellt werden. Insbesondere diejenigen Antworten auf einzelne Probleme, die im Rahmen der beschränkten Identitätslehre entwickelt wurden, sind häufig nur unter dieser Prämisse verständlich. Die Zuordnung solcher Lösungsvorschläge zu überholten Ansätzen erlaubt es, in der eigenen Stellungnahme von der fruchtlosen Auseinandersetzung mit ihnen weitgehend abzusehen und sich dort konzentriert mit denjenigen Vorschlägen zu befassen, die ebenfalls von den heute als zutreffend anerkannten Grundlagen ausgehen. Wegen dieser Entlastung der eigenen Lösungsentwicklung und zur Erreichung einer größeren Geschlossenheit der historischen Darstellung soll der Überblick über die bisher vertretenen Ansichten zu den einzelnen Problemkomplexen jeweils der eigenen Stellungnahme vorangestellt werden.

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Vgl. etwa diejenigen von Schäfer-Gölz und Theobald.

Β. Zur Methode der Problemlösung Bevor aber in die Erörterung von Einzelproblemen eingetreten wird, soll zunächst der Versuch unternommen werden, einen einheitlichen methodischen Ansatz für die Lösung aller dargestellten Fragen zu gewinnen.

I. Die sui-generis-Formel als Lösungsansatz Angesichts des Fehlens ausreichender gesetzlicher Regelungen zur VorGmbH beim gleichzeitigen Vorhandensein verschiedener durchnormierter Gesellschafstypen liegt es nahe, nach der Anwendbarkeit dieser Normen auf die Vor-GmbH zu fragen. Dieser Ansatz findet sich von Beginn an in der Diskussion der Vor-GmbH. Das Bemühen um die Bestimmung der Rechtsnatur ist nichts anderes als der Versuch, durch die Einordnung der Vor-GmbH unter einen der vorgegebenen Gesellschaftstypen die Anwendbarkeit des dazugehörigen Regelungskomplexes auf sie festzustellen und auf diesem Wege zu einer Beantwortung der Einzelfragen zu kommen. Wie oben bereits dargestellt, gelang es aber nicht, die Vorgesellschaft einem herkömmlichen Gesellschaftstypus gänzlich unterzuordnen. Selbst die Vertreter einer solchen Zuordnung, die die VorGmbH vorwiegend als Gesellschaft bürgerlichen Rechts bzw. als nichtrechtsfähigen Verein einstuften 1 , mußten die entsprechenden vorhandenen Regelungen als nicht durchweg anwendbar bezeichnen und in weitem Maße auf das GmbHG ausweichen, woran schon das Scheitern dieser Einstufungen sichtbar wurde. Auch das GmbHG kann nicht uneingeschränkt Anwendung finden. Dies verbietet sich insbesondere wegen § 111 und I I GmbHG und allgemein deshalb, weil die ganz maßgebliche und für das GmbH-Recht charakteristische Haftungsbeschränkung die durch das Registergericht kontrollierte Kapitalaufbringung voraussetzt, die vor der Eintragung noch nicht vorliegt. Wenn so auch eine einfache Lösung in Form der Einordnung der Vor-GmbH unter einen vorgegebenen Gesellschaftstyp und damit die uneingeschränkte Anwendbarkeit von dessen Regelungen auf sie scheiterte, führte die Diskussion doch zu einem ersten Erfolg auf dem Wege zur Bestimmung des anwendbaren Gesellschaftsrechts. Die Qualifikation der Vor-GmbH als Organisation sui generis, „die einem Sonderrecht untersteht, das aus den im Gesetz ... gegebenen Gründungsvorschriften und dem Recht der rechtsfähigen GmbH, soweit es nicht die Eintragung voraussetzt, besteht" 2 , ist nämlich durchaus eine brauchbare 1 2

Vgl. oben A I I I 1). BGHZ 21, 242, 246; vgl. dazu oben A I I I 1).

I. Die sui-generis-Formel als Lösungsansatz

27

Grundlage zu diesem Zweck. Neben den wenig problematischen Gründungsvorschriften zur Errichtung und Anmeldung der Gesellschaft in den §§ 1 ff. GmbHG und der in ihrem Wirkungsumfang unklaren Regelung des § 11 I I GmbHG zur Handelndenhaftung findet demnach grundsätzlich auch das übrige GmbHG Anwendung. Nur diejenigen Normen des GmbH-Rechts, die die Eintragung voraussetzen, werden von der Anwendung auf die Vor-GmbH ausgeschlossen. Diese heute allgemein anerkannte und dem Charakter der VorGmbH als vorübergehendem Durchgangsstadium gerecht werdende methodische Grundlage zur Klärung der vom Gesetzgeber offen gelassenen Regelungslücke wird bisher in ihrer Bedeutung weithin unterschätzt. Es herrscht die Ansicht vor, mit der Bestimmung der Rechtsnatur sei lediglich eine Verlagerung des Problems gelungen, weil nun mit der Folgefrage, welche Vorschriften denn nun die Eintragung voraussetzen, nach wie vor die ganze Problematik offen sei. Diese Skepsis wird anscheinend auch bestätigt durch die Folgenlosigkeit der neuen Rechtsnaturbestimmung, denn in den Einzelfragen änderte sich nach der Durchsetzung der sui-generis-Formel insbesondere durch BGHZ 21, 242 zunächst überhaupt nichts. Ohne die verbliebenen Schwierigkeiten mit der genannten Folgefrage, der im folgenden noch ausführlich nachgegangen wird, zu unterschätzen, erscheint die Bedeutung der sui-generis-Formel aber doch weit größer zu sein als bisher angenommen. Sie besagt nichts weniger, als daß es sich bei der Vor-GmbH bereits grundsätzlich um eine GmbH handelt, auf die lediglich einige, die Erlangung der vollen Rechtsfähigkeit voraussetzende Besonderheiten des GmbHG noch keine Anwendung finden können. Durch diese grundsätzliche Qualifizierung der Vorgesellschaft als GmbH und die in der Formel enthaltene Anweisung, das GmbHG „soweit" als möglich anzuwenden, steckt gleichzeitig eine Grundentscheidung für den im GmbHG aufgestellten Maßstab bei der Interessenabwägung auch für die Vorgesellschaft. Nur dort, wo das durch das GmbHG geschaffene Gleichgewicht der Interessen durch die noch ausstehende Eintragung gestört wird, soll es zu der Anwendung anderer Regelungen kommen. Dort aber, wo die vom GmbHG vorgegebene Interessenabwägung nicht von der Eintragung tangiert wird, muß das Recht der eingetragenen GmbH zum Zuge kommen. So gesehen bietet die sui-generisFormel durchaus schon erste Anhaltspunkte für die Auswahl des anzuwendenden GmbH-Rechts. Sogar für diejenigen Bereiche, in denen die noch fehlende Eintragung das Interessengleichgewicht des GmbHG stört und Sonderregelungen zur Anwendung kommen müssen, ist mit der grundsätzlichen Heranziehung eben dieses Maßstabes auch schon eine Vorentscheidung getroffen. Die von den Sonderregelungen auszufüllenden Lücken sind in der Weise zu schließen, daß das durch die noch ausstehende Eintragung gestörte Gleichgewicht in einer möglichst an die Interessenabwägung des GmbHG angelehnten Weise wiederhergestellt wird. Die Ersatzlösungen sind also so zu gestalten, daß die Interessen derjenigen, die mit einer Vorgesellschaft zu tun haben, möglichst in gleichem Maße berücksichtigt werden wie die Interessen derjenigen, die es mit einer vollendeten eingetrage-

28

Β. Zur Methode der Problemlösung

nen GmbH zu tun haben. Die Sonderregelungen haben ausschließlich die Aufgabe, in ausgleichender Weise ein Gegengewicht zur noch fehlenden Eintragung zu bilden. Für den Bereich der Haftung bedeutet dies zum Beispiel, daß den Gläubigern eine ebenso große Sicherheit zu gewährleisten ist, als wären sie Gläubiger einer vollendeten GmbH. Es besteht aber auch kein Anlaß, sie besser zu stellen, denn auch damit verließe man den in der sui-generis-Formel aufgestellten Maßstab 3 . Aufgabe des Rechts der Vor-GmbH ist somit nicht, die Maßstäbe des GmbHG in Frage zu stellen und wenigstens für die Vorgesellschaft „bessere" Lösungen anzubieten, sondern eben diese Maßstäbe durch die Anpassung des GmbHRechts an die Sondersituation der Vorgesellschaft auch bei dieser zu verwirklichen.

II. Die Bedeutung der Eintragung In dieser Weise konkretisiert, erscheint die Bestimmung der Rechtsnatur der Vorgesellschaft durch die sui-generis-Formel doch schon als weittragender Schritt zu einer methodischen Bearbeitung der Vor-GmbH-Probleme. Richtig ist allerdings, daß damit nur ein Anfang gemacht ist, der durch die Beanwortung der Folgefrage fortgeführt werden muß, wie bestimmt werden kann, welche Bestimmungen des GmbHG die Eintragung voraussetzen und welche nicht. Die Folgefrage wirft in der Tat erhebliche Schwierigkeiten auf. Veranschaulicht man sich die sui-generis-Formel einmal verkürzt in mathematischer Form, also „ G m b H G — Eintragung = Recht der Vor-GmbH", zeigt sich nämlich, daß die Bedeutung des Faktors „Eintragung" weitgehend noch als Unbekannte bewertet werden muß. Vor der Eintragung besteht die GmbH „als solche" gemäß § 11 I GmbHG nicht. Nur diese ist aber nach § 131 GmbHG juristische Person. Die Eintragung bedeutet somit die Verleihung der vollen Rechtsfähigkeit. Die Bedeutung dieses Übergangs zur rechtsfähigen juristischen Person und damit die Bedeutung der Rechtsfähigkeit selbst muß demnach an dieser Stelle bestimmt werden. Betrachtet man die Dinge in bezug auf die Rechtszuständigkeit, d.h. daraufhin, wer denn letztendlich Träger von Rechten und Pflichten ist, wem etwas „gehört", gewinnt die Rechtsfähigkeit eine große Bedeutung. Da eine rechtsfähige Gesellschaft oder sonstige Rechtsperson selbst Bezugspunkt aller Rechte und Pflichten ist, bei einer nichtrechtsfähigen dagegen letztendlich doch die Gesellschafter oder andere rechtsfähige Personen Rechtsträger sind, verleiht 3

A m deutlichsten ist dieses Verbot der Bevorzugung von Vor-GmbH-Gläubigern gegenüber den Gläubigern der eingetragenen GmbH bisher im Zusammenhang mit der Beendigung der persönlichen Haftungen neben der Haftung des Gesellschaftsvermögens im Zeitpunkt der Eintragung gesehen worden, vgl. dazu etwa BGHZ 80,129,145: „Es ist kein Grund ersichtlich, Gläubiger der Vorgesellschaft ... gegenüber Neugläubigern zu bevorzugen."

II. Zur Bedeutung der Eintragung

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die Rechtsfähigkeit ihrem Inhaber aus dieser Sicht eine qualitativ völlig andere Stellung. Die Rechtsfähigkeit ist danach die maßgebliche Verselbständigungsstufe. Unterhalb dieser Stufe wird bei Organisationen nur noch eine Stufe der Teilrechtsfähigkeit, nämlich die Gesamthand, anerkannt. Auf dieser Stufe soll eine gewisse rechtliche Verselbständigung insbesondere aufgrund der gegenseitigen Kontrolle der Gesamthänder gerechtfertigt sein, wie es ja am deutlichsten durch § 124 HGB vorausgesetzt wird, der der offenen Handelsgesellschaft eine rechtlich weitgehende Selbständigkeit zubilligt, obwohl die O H G keine juristische Person ist. Außerhalb der Gesamthandsgemeinschaften soll es aber bei Organisationen keine Teilrechtsfahigkeiten mehr geben. Es ergibt sich somit eine dreiteilige Stufenfolge von der Nichtrechtsfahigkeit über die GesamthandsTeilrechtsfähigkeit bis zur vollen Rechtsfähigkeit. In diesem Zusammenhang wird die Rechtsfähigkeit nach herkömmlicher Betrachtungsweise, in letzter Zeit eingehend von Flume, eingeordnet 4. Diese Einordnung führt bei der Frage, welche Teile des Rechts der eingetragenen GmbH die Eintragung voraussetzen und welche auch auf die Vor-GmbH Anwendung finden können, zwangsläufig zu bestimmten Ansätzen bei der Problemlösung. Regelungsbereiche, die wie zum Beispiel die Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen nur von juristischen Personen bekannt sind, werden schon aus diesem Grunde einer nichtrechtsfähigen Personifikation nicht zugebilligt, weil sie allem Anschein nach die Rechtsfähigkeit voraussetzen. Andere Regelungsbereiche, die eine geringere Selbständigkeit verleihen, werden in ihrer Anwendbarkeit davon abhängig gemacht, ob eine Gesamthandsgemeinschaft vorliegt oder nicht. Indes ist fraglich, ob die zugrundeliegende dreistufige Einteilung der möglichen Rechtsfahigkeitsebenen nicht bereits verfehlt ist. Zweifel an der Brauchbarkeit dieses Ansatzes ergeben sich schon daraus, daß innerhalb der Ebenen Personifikationen mit ganz unterschiedlichen Verselbständigungsgraden existieren. Die Aktiengesellschaft ist, z.B. durch ihr viel stärker in seinem Bestand geschütztes Gesellschaftsvermögen und den weitaus mittelbarer gestalteten Mitgliedereinfluß, in weit höherem Maße verselbständigt als die GmbH, obwohl es sich in beiden Fällen um Kapitalgesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit handelt 5 . Auch auf der Ebene der teilrechtsfahigen Gesamthandsgemeinschaften gibt es unterschiedliche Grade der rechtlichen Verselbständigung, wie es sich z. B. an § 124 HGB zeigt, der nur für die O H G und — über § 161 I I HGB — die Kommanditgesellschaft gilt, nicht aber für die übrigen Gesamthandsgemeinschaften. Es hat deshalb immer wieder Versuche gegeben, die vorherrschende nur dreistufige Einteilung der Möglichkeiten der Rechts- bzw. Teilrechtsfähigkeit zu überwinden und zu einem feiner abgestuften System zu gelangen, das 4

Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 1/1, S. 90. Selbst Flume, Allg. Teil d. Bürgerl. Rechts, 1/1, S. 94, verweist auf das unterschiedliche „Wesen" der verschiedenen juristischen Personen. Dennoch bleibt für ihn allein die Trennungslinie zwischen juristischer Person und Personengesellschaft „kategorial" (Allgem. Teil d. Bürgerl. Rechts, 1/2, S. 259. 5

30

Β. Zur Methode der Problemlösung

auch die unterschiedlichen Verselbständigungsgrade innerhalb einer der herkömmlichen Stufen erfassen kann. Dabei ist in letzter Zeit John 6 zu einem überzeugenden Ergebnis gekommen. Er bricht das alte System nicht nur in der Weise auf, daß er zu den vorhandenen drei Stufen weitere feiner differenzierte Stufen hinzufügt. Er stellt zusätzlich fest, daß es eine einzige Stufenfolge, die von der völligen rechtlichen Unselbständigkeit über verschiedene Stufen der Teilrechtsfahigkeit bis zur vollen Rechtsfähigkeit und Verselbständigung reicht, gar nicht gibt. Die verschiedenen Personifikationen 7 stehen nicht in einer festen Rangfolge der rechtlichen Selbständigkeit über- und untereinander. Es bestehen vielmehr drei Stufenfolgen nebeneinander, auf denen eine Personifikation in ganz unterschiedlicher Höhe verselbständigt sein kann. Diese drei Stufenfolgen sind die drei Elemente, aus denen jede rechtsfähige Person genauso wie jede nichtrechtsfähige Einheit gebildet wird 8 ; eine Handlungsorganisation, ein Haftungsverband und eine Identitätsausstattung. — Unter der Handlungsorganisation versteht John dabei die rechtliche Zweckkonstruktion, die es dem Rechtsgebilde ermöglicht, nach außen, insbesondere rechtsgeschäftlich, tätig zu werden (externe Handlungsorganisation) und ihr eigenes Funktionieren zu gewährleisten (interne Handlungsorganisation). Der Rahmen, in dem diese Handlungsorganisation tätig werden kann, wird abgesteckt durch den Organisationszweck. A m Beispiel der GmbH wären nach dieser Terminologie die Geschäftsführer vor allem die externe Handlungsorganisation 9 und die Gesellschafterversammlung (und ggf. der Aufsichtsrat) die interne. Der Organisationszweck ist im Außenverhältnis (Vertretungsmacht) zum Schutze des handelsrechtlichen Verkehrs unbeschränkt und unbeschränkbar, vgl. § 37 I I G m b H G 1 0 , im Innenverhältnis (Geschäftsführungsbefugnis) dagegen z.B. durch die Satzung beschränkbar 11 . — Der Haftungsverband ist dasjenige, auf das die Gläubiger letztendlich zur Befriedigung von Forderungen zugreifen können. John unterscheidet hierbei zwischen einem realen und einem personalen Haftungsverband. Der reale besteht aus dem Vermögen, das dem Zugriff unterliegt 12 , der personale meint die

6

Mit diesem Problemkreis beschäftigt sich John vor allem in seiner Habilitationsschrift „Die organisierte Rechtsperson", erschienen 1977. 7 Dieser Begriff wird im folgenden so verstanden wie von John, AcP 185, 209, 215 definiert: als Oberbegriff für volle Rechtspersonen und strukturell verwandte, „teilrechtsfähige" Erscheinungen. John faßt darunter ζ. B. die Einzelperson, sei sie voll rechtsfähig oder entmündigt etc., die juristischen Personen, die Personengesellschaften, Erbengemeinschaft und eheliche Gütergemeinschaft, Konkursverwaltung, Pflegschaft usw., vgl. Die organisierte Rechtsperson. 8 John, Rechtsperson, S. 72 ff. 9 John, Rechtsperson, S. 117. 10 John, Rechtsperson, S. 118. 11 John, Rechtsperson, S. 120. 12 John, Rechtsperson, S. 87 ff.

II. Zur Bedeutung der Eintragung

31

Personen, die in bestimmten Fällen der Haftvollstreckung unterliegen 13 . Wiederum am Beispiel der GmbH betrachtet, ist hier der reale Haftungsverband gemäß § 13 I I GmbHG ausschließlich das Gesellschaftsvermögen 14 und der personale Haftungsverband die Geschäftsführer 15. — Letztes Element ist die Identität, also der Name. Bei der GmbH sind dies die Firma und der Sitz der Gesellschaft. Jedes dieser drei Strukturelemente kann verschieden stark ausgeprägt und verselbständigt sein. Dabei gibt es innerhalb jedes Strukturelements ganz spezifische Voraussetzungen, die vorliegen müssen, damit bestimmte Grade der Verselbständigung erreicht werden können. Bei ein und demselben Rechtsgebilde können die einzelnen Elemente verschieden weit verselbständigt sein. Es läßt sich demnach keine feste Rangfolge von bestimmten Teilrechtsfahigkeiten aufstellen, sondern nur feststellen, daß es eine Vielzahl von Personen, Gesellschaften, Gesamthandsgemeinschaften und anderen von einzelnen Personen verselbständigten Rechtsgebilden gibt, die in den drei Elementen unterschiedlich stark verselbständigt sind. Für den Begriff der juristischen Person ergibt sich daraus, daß sie nicht etwas qualitativ völlig anderes ist als diejenigen Personifikationen, die keine juristischen Personen bilden, daß ihr nicht eine Eigenschaft „Rechtsfähigkeit" zukommt, die den anderen Personifikationen völlig fehlt. Die juristische Person stellt vielmehr auch eine Verselbständigung dar, die lediglich in allen drei Strukturelementen so weit verselbständigt ist, daß auf sie ohne weiteres die Regelungen angewendet werden können, die für Rechtspersonen gelten 16 . So besehen verleiht die volle Rechtsfähigkeit ihrem Träger keine andere Qualität, sondern bescheinigt ihm nur eine bestimmte Quantität seiner Verselbständigung in allen Bereichen. Für die anderen, nicht so eindeutig vollverselbständigten Personifikationen kann eine Anwendung der für Rechtspersonen geltenden Regelungen nicht allein schon deshalb abgelehnt werden, weil ihnen die volle Rechtsfähigkeit fehlt 17 . Ein solcher Umkehrschluß verbietet sich, da die volle Rechtsfähigkeit der Rechtspersonen eben keine qualitativ völlig andere Verselbständigung darstellt, sondern nur die Höchstform all der Verselbständigungen, die auch bei den anderen Personifikationen in vielfaltiger Gestalt anzutreffen sind. Es ist also durchaus möglich, auf eine nicht voll rechtsfähige Personifikation Regelungen anzuwenden, die für die Rechtspersonen geschaffen sind. Es ist nur nicht möglich, dies wie bei den Rechtspersonen, bei denen aufgrund ihrer Einordnung in die Vollrechtsfahigkeit von vornherein von einer weitgehenden Verselbständigung ausgegangen werden darf, generell zu tun, vielmehr muß hier die 13 14 15 16 17

John, John, John, John, John,

Rechtsperson, S. 87. Rechtsperson, S. 126. Rechtsperson, S. 129. Quaderni Fiorentini 1982/83, 948, 970. Rechtsperson, S. 221; derselbe, Quaderni Fiorentini 1982/83, 948, 970.

32

Β. Zur Methode der Problemlösung

Anwendung jeder Norm, die von einer Verselbständigung ausgeht, sachlich begründet werden. Dieses Verständnis der Rechtsfähigkeit, das diese mehr als quantitativen denn als qualitativen Begriff auffaßt und sie in ihrer Bedeutung relativiert, kann gegenüber der herkömmlichen Einteilung die verschiedenen Verselbständigungsphänomene innerhalb und unterhalb der vollen Rechtsfähigkeit wesentlich besser erklären. Deshalb soll im folgenden von diesem Verständnis der Rechtsfähigkeit ausgegangen werden 18 .

III. Folgerungen für den Gang der Bearbeitung Damit ergibt sich folgende Methode zur Erkennung des auch auf die VorGmbH anzuwendenden GmbH-Rechts: — Zuerst ist jede in Frage stehende Regelung einem der drei Strukturelemente zuzuordnen. Der Schwerpunkt der Probleme wird dabei im Bereich des Haftungsverbandes liegen, da im Vor-GmbH-Recht vor allem fraglich ist, wer für Verbindlichkeiten der Vorgesellschaft in welchem Umfang haftet. — Danach ist festzustellen, welches Maß der Verselbständigung in diesem Strukturbereich die Norm voraussetzt. Es ist also zu bestimmen, welche Eigenschaften der GmbH von der Regelung sachlich vorausgesetzt werden. An dieser Stelle kehrt also die Grundproblematik der sui-generis-Formel wieder. Die Vorüberlegungen erlauben jedoch, sich dieser Kernfrage wesentlich gezielter zuzuwenden. Die Relativierung der Bedeutung der Rechtsfähigkeit ermöglicht eine klarere Untersuchung der sachlichen Voraussetzungen einer Regelung, weil die volle Rechtsfähigkeit an sich als mehr formales Merkmal erkannt wurde und nicht mehr für eine inhaltliche Voraussetzung der Regelung gehalten werden muß. Die Zuordnung der untersuchten Regelung zu einem der drei Strukturelemente konzentriert die Fragestellung außerdem auf die Zusammenhänge innerhalb dieses Bereichs. M i t dieser isolierten Betrachtungsweise wird es wesentlich einfacher sein, die maßgeblichen Voraussetzungen einer Regelung zu erfassen. — Drittens muß untersucht werden, ob auch die Vor-GmbH schon den notwendigen Verselbständigungsgrad erreicht hat, ob also die Voraussetzungen zur Anwendbarkeit der konkreten Regelung bereits bei ihr vorliegen. Ist dies der Fall, ist die Regelung aus dem Recht der eingetragenen GmbH auch auf die VorGmbH anzuwenden. Jede Sonderbehandlung muß in diesem Falle unterbleiben, da sonst von dem Grundsatz der möglichst weiten Anwendung des GmbHRechts abgewichen und die gesetzlich verankerte Interessenabwägung des GmbH-Rechts verfälscht würde. Nur wenn sich die Gesellschaft gerade durch 18 Eine vertiefende Darstellung oder Stellungnahme zur Diskussion um das Wesen der Rechtsperson würde den Umfang der vorliegenden Arbeit sprengen und kann an dieser Stelle nicht erfolgen.

III. Folgerungen für den Gang der Bearbeitung

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den letzten Akt der Eintragung im jeweiligen Bereich zur vorausgesetzten Verselbständigungsstufe entwickelt und damit gerade erst durch diesen letzten Schritt die Anwendbarkeit einer für die GmbH geschaffenen Norm sachlich gerechtfertigt ist, entfallt die Anwendbarkeit dieser Norm auf die Vor-GmbH. In diesem Falle sind entsprechend den Ausführungen oben 19 angemessene Ersatzregelungen zu finden, die mit anderen Mitteln dem Interessenausgleich des GmbHG zur Geltung verhelfen. Im folgenden sollen die einzelnen Probleme im Recht der Vor-GmbH einheitlich nach dieser Methode untersucht werden.

19

Vgl. oben Β I.

3 Derwisch-Ottenberg

C. Die persönliche Haftung der Gründergesellschafter und der Handelnden für Verbindlichkeiten der Vor-GmbH I. Problemstellung 1. Allgemeine Einführung § 13 I I GmbHG bestimmt die ausschließliche Haftung des Gesellschaftsvermögens für Verbindlichkeiten der GmbH. In Ausnahme zu den allgemeinen Haftungsgrundsätzen, nach denen jeder, der Geschäfte betreibt, unbeschränkt persönlich dafür einstehen muß, bietet die GmbH für ihre Gesellschafter die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung. Die Gesellschafter riskieren lediglich ihre Stammkapital-Einlagen, ihr sonstiges privates Vermögen bleibt bei geschäftlichem Mißerfolg unberührt 1 . Diese Haftungsbeschränkung ist wohl der Hauptgrund für die Beliebtheit der Gesellschaftsform GmbH. Es stellt sich die Frage, ob auch in der Vor-GmbH-Phase nur das Gesellschaftsvermögen für Gesellschaftsverbindlichkeiten haftet oder ob daneben noch eine persönliche Haftung besteht. Träger einer solchen persönlichen Haftung könnten zum einen die Gesellschafter, zum anderen diejenigen sein, die für die Gesellschaft handeln. 2. Die Relevanz einer neben die Haftung des Gesellschaftsvermögens tretenden Haftung für die Beteiligten Diese Frage ist für die Beteiligten von erheblicher Bedeutung. Die Gründergesellschafter haben durch die Wahl der Rechtsform GmbH gerade ausgedrückt, daß sie nur mit ihren Einlagen haften wollen. Es widerspräche daher ihren Interessen, wenn sie gerade in der schwer kalkulierbaren Phase der Geschäftsaufnahme bzw. -Vorbereitung keine Risikominderung durch eine Haftungsbeschränkung genießen würden. Auch für die Handelnden, also insbesondere die Geschäftsführer der Vorgesellschaft, stellte eine persönliche Haftung eine außergewöhnliche Belastung dar, da sie gegenüber den Gläubigern normalerweise keinerlei persönliches Risiko bei ihrer Geschäftstätigkeit zu tragen haben. Die Geschäftspartner einer Vor-GmbH dagegen werden selbstredend jede weitere Haftungsgrundlage begrüßen, die ihnen für ihre Forderung zur Verfügung steht. Darüber hinaus aber haben sie gerade bei der Vorgesellschaft ein 1

Die einzige Ausnahme hierzu bildet die Durchgriffshaftung, die — bei im einzelnen stark umstrittenen Voraussetzungen — in äußersten Fällen des Rechtsformmißbrauchs eine persönliche Haftung der Gesellschafter begründet.

I. Problemstellung

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besonders starkes Bedürfnis, nicht auf die ausschließliche Haftung des Gesellschaftsvermögens verwiesen zu werden. Ihre primäre Schuldnerin wird ihnen häufig noch etwas diffus erscheinen, handelt es sich doch um eine Gesellschaft, die im Gegensatz zu den anderen werbenden Handelsgesellschaften nicht im Handelsregister eingetragen ist und damit größere Informationshindernisse aufwirft. Dabei wird gerade bei einer neugegründeten Gesellschaft das Informationsbedürfnis bezüglich der wirtschaftlichen, rechtlichen und personellen Grundlagen besonders groß sein. Die Hintergründe einer Gesellschaft sind gerade zu Beginn eines geschäftlichen Kontaktes von Interesse. Hat jemand dagegen schon längere Zeit geschäftliche Beziehungen zu einer Gesellschaft und dabei zwangsläufig Einblick in deren Verhältnisse genommen, kann ein gewisses Vertrauen entstehen und die Publizität der Verhältnisse an Bedeutung verlieren. Die neuerrichtete Vor-GmbH aber nimmt naturgemäß ausschließlich neue Geschäftskontakte auf, so daß die noch fehlende Registereintragung von vielen Gläubigern wirklich als Manko empfunden wird. Zudem ist die rechtliche Einordnung der Vorgesellschaft nicht eindeutig. Die teilweise wohl als verworren und unübersichtlich zu bezeichnende Rechtslage dürfte ein übriges zu der Verunsicherung der Gläubiger beigetragen haben. Vor diesem Hintergrund gewinnt eine persönlichen Haftung neben der Haftung des Gesellschaftsvermögens für die Gläubiger ein entscheidendes Gewicht. Das Vertrauen der Gläubiger in den Geschäftspartner Vor-GmbH wird aber letztendlich mit darüber entscheiden, in welchem Maße die Vorgesellschaft überhaupt erfolgreich am Wirtschaftsleben teilnehmen kann. 3. § 11 I I GmbHG keine ausreichende Grundlage für die Bestimmung des Haftungssystems Das GmbHG regelt die Haftungsverhältnisse der Vorgesellschaft nur lückenhaft und unzureichend. Die einzige gesetzliche Regelung hierzu ist §11 I I GmbHG, der die persönliche und solidarische Haftung derjenigen Personen anordnet, die vor Eintragung im Namen der Gesellschaft gehandelt haben. Diese Norm ist einer der wenigen Anhaltspunkte, die sich für die rechtlichen Verhältnisse der Vor-GmbH aus dem Gesetz direkt ergeben, das ansonsten zu den meisten Fragen der Vorgesellschaft gänzlich schweigt. Aber auch diese gesetzliche Vorschrift kann den Bereich der persönlichen Haftung neben einer Haftung der Vor-GmbH bei weitem nicht eindeutig regeln. Das Gesetz ordnet lediglich die Haftung an, ohne auf ihre Ausgestaltung näher einzugehen. Es verbleibt daher eine Reihe von Einzelfragen. So ist schon unbestimmt, wer genau Adressat dieser Norm ist, was also unter dem Merkmal des „Handelnden" i. S. d. § 11 I I GmbHG zu verstehen ist. Ist es, unter Zugrundelegung des allgemeinen Sprachgebrauchs, der unmittelbar Handelnde, also etwa der Ladenangestellte eines von der Vor-GmbH betriebenen Handelsgeschäftes, ist es derjenige, der aufgrund seiner Geschäftsführungsbefugnis für ein bestimmtes Geschäft die Verantwortung trägt, also der 3*

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C. Gründerhaftung und Handelndenhaftung

Geschäftsführer, oder ist es der Gründergesellschafter, der die Gesellschaft miterrichtet hat und einer Aufnahme der Geschäftstätigkeit zugestimmt hat? Offen bleibt also schon, ob § 11 I I GmbHG die persönliche Haftung aller dafür in Frage kommenden Personengruppen regeln soll oder ob er auf die Regelung der Haftung derjenigen Personen beschränkt ist, die tatsächlich nach außen in Erscheinung getreten sind. Weiterhin unklar bleibt der Umfang der Haftung. Wird eine Verpflichtung nur bezüglich rechtsgeschäftlicher Verbindlichkeiten begründet, oder haften die Handelnden auch, wenn anläßlich eines Tätigwerdens für die Gesellschaft eine gesetzliche Verbindlichkeit entsteht? Fraglich ist auch die Dauer der Haftung: Endet sie auch für bereits begründete Verbindlichkeiten im Zeitpunkt der Eintragung, oder besteht sie für diese Verbindlichkeiten fort? Besondere Schwierigkeiten bietet die Ausfüllung dieser Lücken nicht nur wegen der mangelnden Deutlichkeit des § 11 I I GmbHG selbst, sondern auch wegen des Fehlens anderer gesetzlicher Vorschriften zur Vor-GmbH, die eine systematische Auslegung ermöglichen könnten. Das Gesetz verzichtet ganz weitgehend auf eine ausdrückliche Bestimmung des „Wesens der Vor-GmbH", aus der sich Aufschlüsse über § 11 I I GmbHG gewinnen ließen. So bleibt insbesondere die ratio legis dieser Vorschrift unbestimmt. Einzelne Aspekte im Zusammenhang mit § 11 I I GmbHG können aber nur dann behandelt werden, wenn dessen Sinn und Zweck erkannt wird. Nur wer die Funktion der Handelndenhaftung für die rechtlichen Verhältnisse der Vor-GmbH bestimmt, kann darüber urteilen, in welcher Ausgestaltung diese Haftung ihrer Zielsetzung am besten gerecht wird. So ist verständlich, daß die meisten Probleme im Laufe der Zeit unterschiedliche Lösungen erfahren haben und zum Teil immer noch umstritten sind, denn der Normzweck des § 11 I I GmbHG wurde und wird ganz unterschiedlich beurteilt. Aus all dem wird deutlich, daß § 11 I I GmbHG es nicht vermag, einen festen Ausgangspunkt zu bieten, von dem aus die unklaren Haftungsverhältnisse vor Eintragung der GmbH zu entschlüsseln sind. Der Ansatzpunkt muß gerade umgekehrt sein, zunächst ist ein angemessenes Haftungssystem zu skizzieren, dann erst kann der Standort des § 11 I I GmbHG innerhalb dieses Systems bestimmt werden 2 . 4. Das Verhältnis der persönlichen Haftung während der Vor-GmbH-Phase zu den anderen Problemen der Vorgesellschaft Der Frage nach den Haftungsverhältnissen vor der Eintragung, also nach dem Bestehen einer persönlichen Haftung neben der Haftung des Gesellschaftsvermögens in diesem Zeitraum, soll als erster Einzelfrage nachgegangen werden. Die Antwort darauf wird eine entscheidende Grundlage für die Lösung der 2 Ähnlich setzt auch Dregger, S. 102, zur Bestimmung von Inhalt und Umfang der Haftung aus § 11 I I GmbHG an.

II. Darstellung der bisherigen Meinung

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übrigen Einzelprobleme darstellen. U m zu beurteilen, ob das Gesellschaftsvermögen im Zeitpunkt der Eintragung die vollständige Höhe des ausgewiesenen Stammkapitals erreichen muß und wie diese Kapitalsicherung nach der Abkehr vom Vorbelastungsverbot ggf. zu gewährleisten ist, muß die Haftungssituation für entstandene Verbindlichkeiten der Vor-GmbH geklärt sein 3 . Für den Umfang der Vertretungsmacht der Geschäftsführer ist wiederum die gesamte Haftungssituation bezüglich aller vor Eintragung entstandenen Verbindlichkeiten von maßgeblicher Bedeutung: Je weiter die Gesellschafter für Handlungen der Geschäftsführer auch persönlich einstehen müssen, desto mehr müssen sie vor einer unbeschränkten Vertretungsmacht geschützt werden. Je weiter sich dagegen die Haftungssituation derjenigen bei der eingetragenen GmbH annähert, desto mehr kann auch die Regelung der Vertretungsmacht derjenigen bei der eingetragenen GmbH (§ 37 I I GmbHG) angeglichen werden. Für die Beurteilung der Verhältnisse im Falle einer Einmann-Gründung schließlich wird der Vergleich zu den Gegebenheiten der Mehrmann-Vor-GmbH als Maßstab dienen, so daß dieser Problembereich sachdienlicherweise erst zum Ende der Untersuchung erörtert werden soll.

II. Darstellung der bisherigen Meinungen 1. — zum Bestehen und Umfang der Handelndenund Gründerhaftung Nach Inkrafttreten des GmbHG im Jahre 1892 ging man zunächst davon aus, daß § 11 I I GmbHG als Strafvorschrift zu interpretieren sei, die ein unerwünschtes Auftreten im Namen der als überhaupt noch nicht existent angesehenen Gesellschaft verhindern solle 4 . Übernommen wurde damit die gleichlautende Ansicht zur älteren Parallelbestimmung im Aktienrecht 5 , die sich auf entsprechende Ausführungen in den Protokollen zur Beratung des A D H G B stützen konnte 6 . Das unerwünschte Auftreten im Namen der noch nicht endgültig 3

Solange das Vorbelastungsverbot noch diskutiert wurde, war dagegen die Kapitalsicherung im Zeitpunkt der Eintragung die „logisch vorgeschaltete" Frage (so Lieb, DB 70, 961, 966). Eine Bejahung des Vorbelastungsverbots führte zu einer viel stärkeren Notwendigkeit einer persönlichen Haftung, da nach dieser Ansicht die GmbH nicht in alle Vorgesellschafts-Verbindlichkeiten eintrat und die Vor-GmbH-Gläubiger deshalb auf eine anderweitige Haftungsgrundlage angewiesen waren; vgl. dazu unten C II, 1. 4 Staub, GmbHG 1903, § 11, Anm. 9; RGZ 55, 302, 304. 5 Im Recht der Aktiengesellschaft gibt es von Beginn an bis heute eine Regelung, die dem § 11 I I GmbHG inhaltlich genau entspricht. Normiert war diese Regelung von 1861 1897 in Art. 211 I I A D H G B , von 1897-1937 in § 2001 2 HGB, von 1937-1965 in § 3412 A k t G 1937, seither in § 41 I 2 A k t G 1965. 6 Protokolle der Commission zur Berathung eines A D H G B , 1858, Prot. X C I X C L X X V I , S. 1449 f. Schäfer-Gölz, S. 9 ff., weist jedoch überzeugend nach, daß trotz des eindeutigen Wortlautes in den Protokollen keineswegs eine feste Vorstellung über den Gründungsablauf einer Aktiengesellschaft bestand. Es gab vielmehr in der Mitte des

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C. Gründerhaftung und Handelndenhaftung

entstandenen Gesellschaft wurde dabei als Sonderfall der Vertretung ohne Vertretungsmacht i.S.d. § 179 BGB verstanden 7. Nachdem sich die Erkenntnis durchgesetzt hatte, daß ein Handeln für die noch nicht vollständig entstandene Gesellschaft in vielen Fällen gar nicht vermeidbar und wirtschaftlich betrachtet sogar geboten ist, ging man jedoch von dieser Betrachtungsweise ab 8 . Da sich bei der allgemein verbreiteten Annahme eines Vorbelastungsverbotes die Belastung der neueingetragenen GmbH mit Verbindlichkeiten aus der Zeit vor der Eintragung verbot 9 , sah man nun den Sinn des § 11 I I GmbHG nur noch darin, den Gläubigern der im Namen der Gesellschaft eingegangenen Verbindlichkeiten einen Schuldner zu geben. Sonst hätten diese ja spätestens im Zeitpunkt der Eintragung auf niemanden mehr zurückgreifen können. Die zunächst als Schuldnerin existierende Vorgesellschaft bestand nach der Eintragung nicht mehr, und die nun vollendete GmbH trat nicht in die Verbindlichkeit ein. Die Aufgabe des § 11 I I GmbHG bestand allein in der Schließung dieser unvertretbaren Schuldnerlücke. Dabei wurde der Begriff des „Handelnden" von Anfang an sehr weit gefaßt. Als Adressaten der Norm wurden nicht nur diejenigen Personen angesehen, die tatsächlich im Namen der Gesellschaft gehandelt hatten, sondern auch alle Gründungsgesellschafter, die der Geschäftsaufnahme vor der Eintragung zugestimmt hatten 10 . Dies führte dazu, daß das Problem einer eigenständigen Gründerhaftung außerhalb der Handelndenhaftung nicht bedeutsam wurde. Die Gründer hafteten in der Regel bereits nach § 11 I I GmbHG, da die Aufnahme des Geschäftsbetriebes üblicherweise mit Billigung aller Gründergevorigen Jahrhunderts eine Vielfalt von Meinungen in Rspr. und Schrifttum darüber, wie die neuaufgekommenen Probleme im Zusammenhang mit der Gründung einer Aktiengesellschaft zu behandeln seien. Art. 211 A D H G B ist deshalb keinesfalls als grundlegende abschließende Gründungsvorschrift gedacht.,Dies wird auch deutlich aus der Tatsache, daß schon 1870, also nur wenige Jahre später, im Gesetz betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften der Gründungsverlauf ganz wesentlich verändert wurde, indem das Konzessionssystem aufgegeben und durch das Normativsystem abgelöst wurde (a.a.O., S. 31). 7

So schon für die AG: Hahn 1871, § 4 zu Art. 211 A D H G B ; Staub, GmbHG 1903, §11, Anm. 9, hielt dabei den § 11 I I GmbHG neben dem § 179 BGB nicht für überflüssig, weil letzterer den Fall im Auge habe, daß der Vertretene existiere, hier aber gerade noch kein Vertretener vorhanden sei. 8 Eine ausdrückliche Abkehr der Rechtsprechung von der bislang geltenden Sicht als Strafvorschrift zunächst für § 200 I 2 HGB in RGZ 159, 33, 43, für § 11 I I GmbHG in BGH L M GmbHG, § 11 Nr. 10, Bl. 1 und BGHZ 47, 25, 29. 9 Eine Ausnahme hierzu bildeten lediglich die Verbindlichkeiten aus „notwendigen" Geschäften. Dazu im einzelnen unten D U 2). 10 So schon Protokolle der Commission zur Berathung eines A D H G B , S. 1450, darauf gestützt RGZ 55, 302, 304 f. zum § 20012 HGB, wobei zunächst noch das Einverständnis bezüglich des einzelnen Geschäftes verlangt wurde. Später wurde ein allgemeines Einverständnis zum Geschäftsbeginn, ja sogar die Unterlassung eines Widerspruches dagegen als ausreichend angesehen, RGZ 70, 296, 300; BGH L M GmbHG, § 11 Nr. 6 = NJW 55, 1228; zustimmend Dregger, S. 108.

II. Darstellung der bisherigen Meinung

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sellschafter erfolgte. Eine allgemeine Gründerhaftung hätte daneben keine zusätzliche Schutzwirkung zugunsten der Gläubiger entfalten können. So ist verständlich, daß sie in aller Regel gar nicht erörtert wurde. Die einzige Äußerung des Reichsgerichts hierzu lehnt sie ab, weil sonst „die Vorschrift des § 11 I I GmbHG entbehrlich wäre" 1 1 . Diese Grundlage veränderte sich mit dem Urteil BGHZ 47, 25, in dem der BGH den Kreis der Haftenden nach § 11 I I GmbHG enger faßt: nicht mehr alle Gesellschafter, die der Geschäftsaufnahme zugestimmt haben, haften, sondern nur noch die unmittelbar Handelnden bzw. rechtsgeschäftlich Vertretenen 12 . Die Abkehr von dem weiten Handelndenbegriff in BGHZ 47, 25 hatte weitreichende Folgen. Dadurch, daß unter die Haftung des § 11 I I GmbHG nur noch die Geschäftsführer und wie Geschäftsführer auftretende Personen 13 fielen, wurde der Blick frei für die Problematik der Gründerhaftung 14 , die bis dahin fälschlicherweise als ein Teilbereich der Handelndenhaftung behandelt worden war. Nachdem die Handelndenhaftung vorher als einziges Mittel gesehen wurde, die Gläubiger der Vor-GmbH vor einem totalen Verlust ihrer Haftungsgrundlage zu schützen, betrachtete man sie fortan differenzierter als eines von zwei zu diesem Zweck nutzbaren Mitteln. Dem durch die Einengung des Handelndenbegriffs verminderten Schutz der Gläubiger trug der BGH in der Weise Rechnung, daß er eine allgemeine Gründerhaftung bejahte. Diese Haftung ist aber nur eine beschränkte, der Gründer haftet nur in Höhe seiner Einlage abzüglich des bereits eingezahlten Betrages 15. Wird der Gründer aus dieser Haftung in Anspruch genommen, wird er dadurch nicht von seiner Resteinlagenverpflichtung frei. Er muß also unter Umständen die noch ausstehende Resteinlage zweimal leisten, einmal an den Gläubiger der Vor-GmbH und einmal an die Gesellschaft 16. Die Beschränkung der Haftung ergibt sich für den BGH daraus, daß unter der Firmierung 11

RGZ 143, 368, 372 f. BGHZ 47, 25, 27 f. 13 So noch konkreter einschränkend BGHZ 53, 206, 208; 65, 378, 380; 66, 359, 360 f.; 72,45,46 f.; 80,129,135; BGH W M 80,955 = JA 81,192; Auch in der Literatur wurde die Handelndenhaftung zunehmend als Organhaftung verstanden. Während zum Teil strikt auf die Organstellung abgestellt wird (so Lieb, DB 70, 961, 965; Huber, FS Wolfgang Hefermehl, S. 127, 146; K. Schmidt, GmbH-Rdsch 73, 146, 152; Hachenburg/Ulmer, § 11, Rz 72; Priester, ZIP 82, 1141, 1153), zählen andere ebenso wie die Rechtsprechung aus Gründen des Gläubigerschutzes auch diejenigen Personen zu den Handelnden, die wie ein Geschäftsführer auftreten, diese Stellung in Wahrheit aber gar nicht innehaben (Scholz/K. Schmidt, § 11, Rz 101, 104; Häuser, JA 81, 193). 12

14 Auf diesen Zusammenhang zwischen dem Begriff des Handelnden in § 11 I I GmbHG und der Gründerhaftung verweisen auch BGHZ 80, 129, 134f.; Priester, ZIP 82, 1141, 1151; Theobald, S. 42f.; Huber, FS Wolfgang Hefermehl, S. 127, 149f.; Fleck, Anm. zu BGH L M , GmbHG, § 11 Nr. 20, Bl. 2. 15 BGHZ 65, 378, 382f.; 72, 49f.; 80,182; BGH NJW 84, 2164; so auch OLG Hamm, NJW 85, 1846, 1847. 16 BGHZ 65, 378, 384; 72,45, 50; BGH W M 80, 955 f.

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C. Gründerhaftung und Handelndenhaftung

„ G m b H " gehandelt wurde 17 . Diese vom BGH seither vertretene, nur einmal vorübergehend in Frage gestellte18 Ansicht, nach der die Gründer den VorGmbH-Gläubigern beschränkt auf ihre noch ausstehenden Einlagen und damit ggf. wohl auch nach der Ausfallhaftung aus § 24 GmbHG auf die noch ausstehenden Einlagen der anderen Gesellschafter haften, wird von einer starken Literaturmeinung mitgetragen 19 . Allerdings gibt es auch anderslautende Stellungnahmen, die in verschiedene Richtungen weisen. Die eine Gegenmeinung vertritt eine unbeschränkte Gründerhaftung etwa i.S.d. §128 H G B 2 0 . Als Hauptargument dient dabei der Grundsatz, wonach eine Haftungsbeschränkung für geschäftliches Tätigwerden in Ausnahme zur allgemein geltenden persönlichen unbeschränkten Haftung nur in den dafür gesetzlich vorgesehenen Organisationsformen gerechtfertigt ist. Diese Ausnahme könne aber bei der Vor-GmbH gerade nicht gemacht werden, da eine der Organisationsformen mit Haftungsbeschränkung wie GmbH, A G oder eGen eben noch nicht vorliege. Es wird darauf hingewiesen, daß die Firmierung unter dem GmbH-Zusatz und die daraus abgeleitete erkennbare Begrenzung der Vertretungsmacht nicht ohne weiteres eine allgemeine Haftungsbeschränkung nach sich ziehen könne, da sie allenfalls die rechtsgeschäftli17

BGHZ 65, 378, 382; 72, 45, 49f. In BGHZ 80, 129, 144. 19 Ulmer, FS Beierstedt, S. 299; derselbe in Hachenburg, § 11, Rz 61; derselbe BB 80, 1001, 1005; derselbe ZGR81, 593, 608ff.; Binz, S. 214ff; Hüffer, JuS 83, 161, 167f.; Raiser, Kapitalgesellschaften, S. 179; Lieb, DB 70, 961, 967; Fleck, ZGR 75, 212, 228ff.; derselbe GmbH-Rdsch 83, 5, 7; Rittner, S. 364f.; wohl auch Roth, GmbHG, § 11, 4.4; Reinhardt/Schultz, Rz 824 f.; Kübler, GesR., S. 315 f., nach ihm aber nur, solange die Gesellschaft nicht gewerblich tätig geworden ist oder nur ein sollkaufmännisches Gewerbe betreibt. Bei Ausübung eines Grundhandelsgewerbes nach § 1 I I HGB soll dagegen eine unbeschränkte Haftung der Gründer eingreifen, vgl. S. 316; Schultz, JuS 82, 732, 738 vertritt eine beschränkte Gründerhaftung, die jedoch im Falle einer endgültigen Nichteintragung in eine unbeschränkte umschlagen soll. Für Verpflichtungen, die vor Anmeldung entstanden sind, soll dagegen unabhängig von einer später erfolgenden Eintragung unbeschränkt gehaftet werden. 18

20 Flume, FS Geßler, S. 33 f.; ders. DB 80, 1781, 1782f.; ders. NJW 81, 1753, 1754; ders. FS v. Caemmerer, S. 517ff.; ders. AT 1/2, S. 164f.; K . Schmidt, NJW 81, 1345, 1347; ders. ZHR 145, 561 f.; ders. NJW 78, 1979, 1980; ders. NJW 76, 421; ders. OHG, S. 317ff.; ders. GmbH-Rdsch 73,146,150ff; ders. GmbH-Rdsch 84,272,281; neuerdings einschränkend auf die Fälle, in denen die Vor-GmbH unternehmerisch tätig wird, vgl. in Scholz, Rz 81 ff. und GesR. S. 770f.; John, Rechtsperson, S. 324f.; ders. BB 82, 505, 51 Iff.; MK-Reuter, §§ 21, 22, Rz 83; Brinkmann, GmbH-Rdsch 82, 269, 270f.; Wiedemann, JurA 70, 439, 454ff.; Häuser, JA 81, 193, 194; Kübler, GesR., tritt für eine unbeschränkte Gründerhaftung nur ein für den Fall, daß ein Grundhandelsgewerbe ausgeübt wird, S. 316, ansonsten will er es bei einer beschränkten Haftung der Gründer belassen, S. 315 f. Schultz, JuS 82, 732, 738, differenziert zwischen Verbindlichkeiten, die vor, und solchen, die nach Anmeldung entstanden. Für erstere soll eine unbeschränkte Gründerhaftung gelten, für letztere eine vorläufig beschränkte, die bei Versagung der Eintragung in eine unbeschränkte umschlägt.

II. Darstellung der bisherigen Meinung

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chen Verpflichtungen beeinflussen könne, nicht aber die gesetzlichen Verbindlichkeiten wie z.B. aus § 31 B G B 2 1 . Die andere Gegenansicht will dagegen auf eine Gründerhaftung ganz verzichten 22 . Die Gläubiger sollen danach genauso geschützt werden wie bei einer eingetragenen GmbH. Sie erhalten also keinen unmittelbaren Anspruch gegen die Gründer, sondern nur die Möglichkeit, sich im Wege der Zwangsvollstreckung die noch ausstehenden Einlageforderungen der Gesellschaft gegen die Gründer zur Einziehung überweisen zu lassen. Dies bedeutet gegenüber der vom BGH vertretenen Ansicht nicht nur eine Komplizierung der Rechtsverfolgung für die Gläubiger, sondern auch im vermögensmäßigen Endergebnis eine Schlechterstellung der Gläubiger bei entsprechender Besserstellung der Gründer. Letztere müssen zwar auch, genau wie bei der eingeschränkten Gründerhaftung, ihre noch nicht eingezahlten Einlagen leisten. Sie werden aber dadurch, weil sie eine Verpflichtung der Gesellschaft erfüllen, von dieser Einlagenverpflichtung frei und müssen nicht noch einmal den Rest der Einlagen an die Gesellschaft erbringen. Gerade eine solche zum zweiten Mal (diesmal an die Gesellschaft) geleistete Einlage steht aber nun im Gegensatz zur Situation bei der beschränkten Gründerhaftung nicht mehr dem Zugriff der Gesellschaftsgläubiger offen. Begründet wird der Verzicht auf eine direkte Zugriffsmöglichkeit der Gläubiger auf die Gründer damit, daß die Haftungsbeschränkung im Recht der Kapitalgesellschaften dadurch gerechtfertigt sei, daß das Korrelat der Kapitalaufbringung und der Kapitalerhaltung bestehe. Im Zeitpunkt der Anmeldung sei aber das Kapital bereits erbracht, zum Teil an die Gesellschaft geleistet, zum Teil in Form der Einlageforderungen. Einer Kapitalerhaltung im Wege der Anwendung der Kapitalerhaltungsvorschriften des GmbHG, insbesondere der §§ 30 ff. GmbHG, stehe ebenfalls nichts entgegen. Das erforderliche Vermögen sei also bereits vorhanden, die Haftungsbeschränkung damit seit dem Zeitpunkt der Anmeldung gerechtfertigt 23 . Der nächste entscheidende Anstoß der Diskussion über das Haftungssystem der Vor-GmbH war die inzwischen allgemein übereinstimmend erfolgte Abkehr vom Vorbelastungsverbot und die von der Rechtsprechung und weiten Teilen der Literatur vollzogene Bejahung einer Differenzhaftung. Danach kann eine GmbH im Zeitpunkt der Registereintragung durchaus mit Verbindlichkeiten aus der Vor-GmbH-Phase belastet sein. Es entsteht lediglich ein Anspruch der Gesellschaft gegen die Gesellschafter in Höhe der Differenz zwischen dem veröffentlichten Stammkapital und dem unter Berücksichtigung der übernommenen (bzw. weiterbestehenden) Verbindlichkeiten errechneten tatsächlichen 21

Flume, DB 80, 1781, 1783. Huber, FS R.Fischer, S. 282 ff.; Scholz/Winter, 6. Aufl., §11, Rz 10; Scholz, Haftung, S. 81 ff.; Fischer, GmbHG, § 11, Anm. 2d; Priester, ZIP 82, 1141, 1151, wobei nach Priester die Haftungsbefreiung der Gründer zunächst nur vorläufig eintreten und erst mit erfolgter Eintragung endgültig wirksam werden soll. 23 Priester, ZIP 82, 1141, 1151. 22

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C. Gründerhaftung und Handelndenhaftung

Kapital. Der bislang als am wichtigsten eingeschätzte Zweck einer persönlichen Haftung, nämlich der Ausgleich für den Verlust des bisherigen Schuldners im Moment der Eintragung, entfallt damit. Die entstandene GmbH tritt in die Verbindlichkeit ein, der Gläubiger behält seine Schuldnerin. Es kann nicht verwundern, daß infolge der Umorientierung vom Vorbelastungsverbot zur Differenzhaftung die Daseinsberechtigung der beiden persönlichen Haftungen in Zweifel gezogen wurde. So rückte der BGH in seinem grundlegenden Urteil BGHZ 80,129 vorsichtig von seiner vorher ausdrücklich vertretenen Bejahung einer eingeschränkten Gründerhaftung ab 2 4 . Er ließ offen, ob sie weitervertreten wird oder ob eine Gründerhaftung vollständig abgelehnt wird 2 5 . Dabei bezog er sich nicht etwa auf die oben dargestellten, vorher vom Schrifttum vorgebrachten Einwände gegen die Gründerhaftung. Das Infragestellen des bisherigen Standpunktes erfolgte vielmehr offenbar allein deshalb, weil bei der Annahme einer Differenzhaftung die Gläubiger vor Kapitaleinbußen der Vor-GmbH weitgehend geschützt sind und ihre Schutzbedürftigkeit durch eine Gründerhaftung damit stark verringert ist. Später kehrte der BGH aber wieder zu seiner vorher vertretenen Ansicht zurück und bejaht nun in ständiger Rechtsprechung die beschränkte Gründerhaftung 26 . Ihre Funktion sieht er nun allein im Ausgleich des Fehlens der registergerichtlichen Kontrolle, der Bekanntmachung und des Eingreifens der zwingenden Kapitalschutzvorschriften 27 . Andere Stimmen wandten sich angesichts der neuen Haftungssituation im Eintragungszeitpunkt gegen die Handelndenhaftung. Neben dem umfassenden Gläubigerschutz durch die ineinandergreifende Gründer- und Differenzhaftung sei die Haftung aus § 11 I I GmbHG völlig obsolet und überflüssig 28 . Die sachlich zu fordernde Verneinung jeglicher Handelndenhaftung verböte sich derzeit nur, weil § 11 I I GmbHG noch geltendes Recht und ein Hinwegsetzen über den ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes nicht möglich sei 29 .

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Diese Interpretation des Urteils so auch bei Fleck, GmbH-Rdsch 83, 5, 7; Priester, ZIP 82, 1141, 1151. 25 BGHZ 80, 129, 144. 26 Bereits eine Woche nach der Infragestellung durch BGHZ 80,129,144 bestätigte der BGH die beschränkte Gründerhaftung (BGHZ 80, 182). Dies erfolgte jedoch mehr am Rande der maßgeblichen Ausführungen in einem Nebensatz. Obwohl später ergangen, konnte dieses Urteil deshalb noch nicht als Klarstellung des vorangegangenen gewertet werden. Deutlich wurde die Rückkehr des BGH zu seiner früheren Ansicht erst später: BGH NJW 84, 2164. 27

BGH NJW 84, 2164, 2165. Lieb, DB 70,961 ff.; Fleck, L M , Anm. zu GmbHG, § 11, Nr. 20; Hüffer, JuS 83,161, 168; so auch noch Hachenburg/Ulmer, § 11, Rz 69, der aber in der T2 Aufl. doch wieder eine Berechtigung der § 11 Ii-Haftung als Ausgleich zur noch fehlenden registergerichtlichen Kontrolle sieht, § 11, Rz 94. 29 Hüffer, JuS 83,161,168; vgl. auch Fleck, Anm. zu BGH L M , GmbHG, § 11 Nr. 20, Bl. 1; so wohl auch Hachenburg/Ulmer, § 11, Rz 69, da er die Möglichkeit eines Verzichts erst im Zuge einer GmbHG-Reform sah. 28

II. Darstellung der bisherigen Meinung

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Ein solches einseitiges Abstellen auf die Haftung der Gesellschafter konnte sich aber in der Diskussion nicht durchsetzen. Dagegen wurde eingewandt, daß die Differenzhaftung anstatt eines Vorbelastungsverbots eine persönliche Haftung während der Vor-GmbH-Phase nicht ersetzen kann. Zwar gehen nun grundsätzlich alle Verbindlichkeiten der Vor-GmbH auf die eingetragene Gesellschaft über, so daß ein Ersatzschuldner anstelle des Gesellschaftsvermögens nicht mehr notwendig sei. Auch müssen die Gesellschafter die Differenz zwischen ausgewiesenem Stammkapital und tatsächlichem Gesellschaftsvermögen ersetzen. Aber es herrscht doch gerade noch Unsicherheit darüber, ob die Gesellschaft überhaupt eingetragen wird, mithin also der Vor-GmbH-Gläubiger tatsächlich eine eingetragene GmbH mit kontrolliertem Stammkapital zur Schuldnerin erhält. Es besteht immer noch die Möglichkeit, daß sich das Gesellschaftsvermögen als nicht ausreichend herausstellt und die Eintragung scheitert. Für diesen Fall bietet zumindest die eingeschränkte Gründerhaftung, die von der Rechtsprechung und weiten Teilen des Schrifttums vertreten wird, keinen ausreichenden Gläubigerschutz. Ohne die Handelndenhaftung läge hier vielmehr eine Haftungsbeschränkung vor, ohne daß als Gegengewicht dazu ein kontrolliertes Stammkapital zur Verfügung stehe. Daraus ergibt sich, daß die Handelndenhaftung nicht überflüssig, sondern ein notwendiger Ausgleich für die noch ausstehende registergerichtliche Kontrolle des Stammkapitals ist 3 0 . Außerdem wird der Handelndenhaftung eine gewisse Druckfunktion zugemessen, die dazu beitragen soll, die Geschäftsführer zu einer möglichst raschen Abwicklung der eintragungserforderlichen Geschäfte anzuhalten 31 . Im übrigen sei ein Verzicht auf die gesetzliche Regelung des § 11 I I GmbHG gar nicht mehr möglich, nachdem Art. 7 der ersten Richtlinie des Rats der europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts vom 9.3.1968 die Mitgliedstaaten verpflichtet hat, dem § 11 I I GmbHG entsprechende Regelungen beizubehalten oder in ihr Kapitalgesellschaftsrecht einzufügen 32 . 2. — zum Erlöschen dieser Haftungen Eine gewisse Klarheit brachte die Abkehr vom Vorbelastungsverbot in der Frage des Zeitpunkts der Beendigung der persönlichen Haftungen. Der BGH, der das Bestehen einer Gründerhaftung in BGHZ 80,129 in Zweifel zieht, macht im selben Urteil ganz deutlich, daß eine solche Haftung jedenfalls in dem Moment erlöschen muß, in dem die Gesellschaft eingetragen wird und in die

30 Hennerkes/Binz, DB 82, 1971, 1972; Priester, ZIP 82, 1141, 1152; Hüffer, JuS 83, 161, 168; jetzt auch Hachenburg/Ulmer, 7 2 Aufl., § 11, Rz 94 (vgl. dazu Fn. 28). 31 OLG Hamburg, Urt. v. 15.4.1983, ZIP 83, 570, 571. 32 Schäfer-Gölz, S. 174; Meister, FS Winfried Werner, S. 521, 554, der darlegt, daß deshalb auch die unbeschränkte Haftung der Handelnden nicht eingeschränkt werden kann. Text der Richtlinie in Amtsblatt EG 1968, L 65/8.

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C. Gründerhaftung und Handelndenhaftung

Verbindlichkeit eintritt 3 3 . In diesem Augenblick habe der Gläubiger alles erreicht, was er beim Kontrahieren mit einem als „ G m b H " auftretenden Geschäftspartner erwarten konnte 34 . Würde eine Gründerhaftung über die Eintragung hinaus bestehenbleiben, seien die Gläubiger, die in der Vor-GmbHPhase ihre Forderungen erworben hätten ( = Altgläubiger) besser gestellt als diejenigen, die ihre Forderungen nach der Eintragung erworben hätten ( = Neugläubiger). Sie könnten zusätzlich auf Vermögensteile der Gründer Zugriff nehmen, ohne daß dieser Vorzug nach der Eintragung noch einen sachlichen Grund habe. Schließlich sei nicht einzusehen, warum ein nach der Gründerhaftung haftender Gesellschafter die Entscheidungsgewalt darüber haben sollte, welche Gläubigerforderungen er zunächst befriedigen wolle. Es sei besser, er zahle in die Gesellschaftskasse und überlasse es der Geschäftsführung, zu entscheiden, welche Verpflichtungen vordringlich zu tilgen seien 35 . Auch im neueren Schrifttum gehen die Befürworter einer Gründerhaftung heute ganz überwiegend davon aus, daß diese im Zeitpunkt der Eintragung erlischt, ganz unabhängig davon, ob sie diese Haftung unbeschränkt oder beschränkt auf die noch ausstehenden Einlagen ausgestalten wollen 36 . Die entscheidenden Argumente, insbesondere dasjenige, daß bei der Annahme einer Differenzhaftung ein Weiterbestehen einer allgemeinen Gründerhaftung über die Eintragung hinaus keinerlei Schutzwirkung für die Gläubiger mehr entfalten kann, gelten völlig unabhängig vom Umfang der vorher bejahten Haftung, wenn man nur von der Differenzhaftung ausgeht 37 . Genauso entspricht es heute der überwiegenden Überzeugung, daß auch die Handelndenhaftung nach § 11 I I GmbHG im Zeitpunkt der Eintragung erlischt, soweit nun die vollendete GmbH in die Verbindlichkeit eintritt 3 8 . Hauptargu33 BGHZ 80,129,144f.; ebenso 80,182,186; BGH Urt. v. 20.6.83 in GmbH-Rdsch 84, 41,42; so auch Niedersächsisches FG, Urt. v. 3.11.82, GmbH-Rdsch 84, 51, das erstmals die Gründerhaftung für gesetzliche Verbindlichkeiten der Vor-GmbH in der Rechtsprechung anspricht. 34

Dieses Argument kann allerdings bei gesetzlichen Verbindlichkeiten nicht überzeugen, vgl. Niedersächsisches FG in GmbH-Rdsch 84, 51, das dennoch aus anderen Gründen zum gleichen Ergebnis des Erlöschens der Gründerhaftung bei Eintragung kommt. 35 BGHZ 80, 129, 145; 80, 182, 186; Niedersächsisches FG, GmbH-Rdsch 84, 51. 36 Flume, FS Geßler, S. 43; ders. DB 80, 1781, 1783; K. Schmidt, GmbH-Rdsch 73, 146, 151; ders. NJW 81, 1345, 1347; ders. ZHR 145, 540, 562; derselbe in Scholz, § 11, Rz 88; Sandberger, JZ 77, 58, 60; Wiedemann, JurA 70, 439, 456; Fleck, GmbHRdsch 83, 5, 13; Raiser, Kapitalgesellschaften, S. 179; MK-Reuter, §§ 21, 22, Rz 86; a. Α.: Schultz, JuS 82,732,738; und zunächst auch Ulmer in Hachenburg, § 11, Rz 64, der aber in ZGR 81, 593, 610, doch vom Erlöschen der Gründerhaftung im Moment der Eintragung ausgeht und in Fn. 78 a. a. O. von seiner vorherigen Gegenmeinung ausdrücklich abgeht. 37 MK-Reuter, §§ 21, 22, Rz 86. 38 Rspr. seit BGHZ 69,95,104; 70,132,139ff.; 76, 320, 323; 80,129,143; 80,182,185; BGH GmbH-Rdsch 84, 41; O L G Hamburg, Urt. v. 15.4.1983, ZIP 83, 570, 571;

II. Darstellung der bisherigen Meinung

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ment ist auch hierbei, daß der Kontrahent der ehemaligen Vor-GmbH von diesem Zeitpunkt an genauso gestellt ist, als hätte er das Geschäft mit einer bereits eingetragenen GmbH abgeschlossen. Eine weiterbestehende persönliche Haftung sei neben der Haftung des registergerichtlich überprüften Gesellschaftsvermögens nicht notwendig und stelle eine sachlich nicht zu rechtfertigende Besserstellung der Vor-GmbH-Geschäftspartner gegenüber den Neugläubigern dar 3 9 . 3. Zusammenfassung Zusammenfassend läßt sich der heutige Stand der Meinungen verkürzt so ausdrücken: Allgemeine Übereinstimmung besteht darüber, daß die Vor-GmbH Geschäfte jeder Art betreiben und aus diesen auch wirksam verpflichtet werden kann 4 0 . Den Gläubigern solcher Verbindlichkeiten steht auf jeden Fall das noch ungeprüfte Gesellschaftsvermögen als Haftungsgrundlage zur Verfügung. Unterschiedliche Ansichten bestehen darüber, welche persönliche Haftung daneben noch besteht. Die Rechtsprechung und weite Teile der Literatur sind der Ansicht, daß hier eine auf die noch ausstehenden Einlagen beschränkte Gründerhaftung und die unbeschränkte Haftung der Handelnden aus § 11 I I GmbHG nebeneinander stehen. Abweichungen ergeben sich im übrigen Schrifttum hauptsächlich insofern, als teilweise statt einer beschränkten Gründerhaftung eine unbeschränkte vertreten wird bzw. ein völliger Verzicht jeglicher Gründerhaftung bejaht wird. Die Haftung aus § 11 I I GmbHG wird de lege lata nicht bezweifelt. Weitgehende Einigkeit herrscht auch darüber, daß jede persönliche Haftung erlischt, wenn die GmbH eingetragen wird und in die Verbindlichkeit eintritt.

Dregger, S. 109; Flume, FS Geßler, S. 44; ders. NJW 81, 1753, 1755; K.Schmidt, NJW 81, 1345, 1347; ders. Z H R 145, 540, 562; ders. in Scholz, § 11, Rz 118; Sandberger, JZ 77, 58, 60; Scholz/Winter, 6. Aufl., § 11, Rz 32; Hennerkes/Binz, DB 82,1971,1972; Priester, ZIP 82, 1141, 1145; Roth, § 11, 3.4; Hüffer, JuS 83, 161, 168; Fischer, § 11, Anm. 3d; Fleck, GmbH-Rdsch 83, 5, 14; Raiser, Kapitalgesellschaften, S. 179; M K Reuter, §§ 21, 22, Rz 90; a.A.: Hachenburg/Ulmer, § 11, Rz 83; John, Rechtsperson, S. 341 f.; Schultz, JuS 82, 732, 738 f.; Schäfer-Gölz, S. 175f.; teilweise auch Huber, FS R. Fischer, S. 279ff.: Die Handelndenhaftung soll danach die Eintragung nur überdauern bezüglich solcher Verbindlichkeiten, die in diesem Moment fallig sind, S. 281. 39 So schon Dregger, S. 109; Fleck, ZGR 75, 212, 230; Hüffer, JuS 83, 161,168; auch Huber, FS R. Fischer, S. 280, verweist auf dieses Argument, obwohl er zu einem anderen Ergebnis kommt als die h.M., vgl. Fn. 38. 40 Zur Entwicklung, die zu diesem Meinungsstand führte, sehr ausführlich Theobald, S. 13 ff.

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C. Gründerhaftung und Handelndenhaftung

I I I . Eigene Stellungnahme 1. Die Bedeutung des numerus clausus der Haftungsbeschränkungen für die Vor-GmbH Die Ansicht, wonach eine Anwendung des § 13 I I GmbHG auf die VorGmbH von vornherein nicht in Betracht kommt, weil die Vor-GmbH nicht zu denjenigen Gesellschaftsformen gehört, bei denen das Gesetz ausdrücklich eine Haftungsbeschränkung erlaubt, und eine Haftungsbeschränkung bei ihr somit gegen den diesbezüglichen numerus clausus des Gesellschaftsrechts verstieße 41, vermag nicht zu überzeugen. Sie übersieht, daß die Vor-GmbH durchaus im Gesetz vorausgesetzt wird, ζ. B. durch § 7 II, I I I GmbHG, der eine Leistung der Mindesteinlagen an eine Vorgesellschaft anordnet. Diese zwangsläufig erforderliche Vorgesellschaft ist nun zwar nicht ausführlich gesetzlich geregelt worden. Daraus kann aber nicht mit Hinweis auf einen numerus clausus der Haftungsbeschränkungs-Möglichkeiten geschlossen werden, daß eine Haftungsbeschränkung überhaupt nicht in Betracht kommt. Die Zuordnung zu einer der beiden möglichen Gruppen von Gesellschaften mit oder ohne Haftungsbeschränkung ist vielmehr offen geblieben 42 . Da die Vor-GmbH nur ein notwendiges Durchgangsstadium zur eingetragenen GmbH ist und dieser bereits in vielfältiger Weise, ζ. B. bezüglich der inneren Organisation, gleichkommt, ist die Frage nach einer möglichen Haftungsbeschränkung durchaus naheliegend und legitim. Die angeführte Ansicht ist damit ein Paradebeispiel für diejenigen Meinungen, die die volle Rechtsfähigkeit als qualitativ völlig andere Form der Verselbständigung ansehen und allein aus dem Nicht-Vorliegen dieser Form Schlüsse ziehen. Nach dem hier vertretenen Ansatz zur Lösung der vom Gesetz offengelassenen Fragen der Vor-GmbH verbieten sich solche Rückschlüsse aus dem NichtVorliegen der vollen Rechtsfähigkeit. Da diese nur ein quantitatives und kein qualitatives Stadium der Verselbständigung beschreibt, muß auch der Frage der Haftungsbeschränkung differenzierter nachgegangen werden. Dies soll im folgenden anhand der oben entwickelten methodischen Schritte auf der Grundlage der dort gefundenen Erkenntnisse geschehen. 2. Die Verselbständigung auf der Vermögensseite der eingetragenen GmbH § 13 I I GmbHG ist, soweit er die Gesellschafter und alle übrigen beteiligten Personen von einer unmittelbaren Haftung gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft freistellt, auf die Vor-GmbH anzuwenden, wenn diese Regelung nicht die Eintragung (d.h. die volle Rechtsfähigkeit) der GmbH voraussetzt. 41 So insbesondere Flume, FS Ernst Geßler, S. 33; ders. NJW 81, 1753, 1754; John, BB 82, 505, 511 f. 42 Priester, ZIP 82, 1141, 1151; Fleck, GmbH-Rdsch 83, 5, 7; W.-H. Roth, ZGR 84, 597, 607 f.; Lieb, FS Walter Stimpel, S. 399, 407.

III. Eigene Stellungnahme

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Der Begriff der vollen Rechtsfähigkeit ist dabei so allgemein wenig hilfreich. Gemäß den methodischen Ausführungen oben ist es deshalb zunächst erforderlich, die Regelung einem der drei dargestellten Strukturelemente der Rechtsfähigkeit zuzuordnen. Weiter ist festzustellen, welchen Verselbständigungsgrad die Vorschrift angesichts der gesellschaftsrechtlichen Grundsätze innerhalb dieses Strukturelements voraussetzt. Danach ist zu untersuchen, ob die VorGmbH diesen Grad der Verselbständigung bereits erreicht hat. § 13 I I GmbHG bestimmt abschließend den realen Haftungsverband der eingetragenen GmbH. Es wird angeordnet, daß entgegen den im allgemeinen geltenden Haftungsgrundsätzen für Verbindlichkeiten nur das Gesellschaftsvermögen, nicht aber das private Vermögen der Gesellschafter oder irgendwelcher anderer Personen haftet. Dieses Privileg der Haftungsbeschränkung, das außer in § 13 I I GmbHG auch in § 1 I 2 A k t G zum Ausdruck kommt, kann nur im Zusammenhang mit den im Kapitalgesellschaftsrecht geltenden Prinzipien der Kapitalaufbringung und der Kapitalerhaltung verstanden werden. Der Verzicht auf persönlich haftende Gesellschafter wird dadurch gerechtfertigt, daß den Gläubigern ein Haftungsfonds zur Verfügung steht, bei der GmbH das Stammkapital und bei der A G das Grundkapital. Dieser Haftungsfonds entsteht bereits bei Errichtung der Satzung, denn von diesem Zeitpunkt an bestehen die Forderungen der Gesellschaft gegen die Gesellschafter auf Erbringung der Einlagen. In dieser Form hat der Fonds aber noch keine brauchbare Schutzwirkung zugunsten der Gläubiger, die die Satzung zunächst nicht einsehen können. Daß dieser Haftungsfonds auch tatsächlich in der vorgesehenen Weise bereitgestellt wird, sichert (im Falle der GmbH) das GmbHG in ausführlichster Weise. In den §§ 7 ff. GmbHG wird eine Mindesteinzahlung der Stammeinlagen schon vor der Anmeldung verlangt, die gemäß §7111,2 GmbHG mindestens ein Viertel der vereinbarten Stammeinlagen bzw. 25.000.- D M betragen muß. Sacheinlagen müssen gemäß § 7 I I I GmbHG sogar schon vollständig an die Gesellschaft geleistet, d.h. in den Haftungsfonds eingebracht sein. Im Falle der Einmann-Gründung müssen nach § 7 I I 3 GmbHG für die danach noch ausstehenden Einlageforderungen Sicherungen bestellt werden. Damit die tatsächlich zu erbringende Leistung der Mindesteinlagen und die Bestellung von Sicherungen gemäß § 7 I I 3 GmbHG nicht lediglich vorgetäuscht werden kann, ist eine registergerichtliche Kontrolle dieses Vorgangs vorgesehen. Nach § 8 I Nr. 1 GmbHG muß bei der Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister der Gesellschaftsvertrag beigefügt sein, aus dem sich gemäß § 3 I Nr. 3 und 4 GmbHG das Gesamtstammkapital und die auf jeden Gesellschafter entfallende Stammeinlage sowie gemäß § 5 IV GmbHG die Vereinbarung von Sacheinlagen ergeben. Aus diesen Tatsachen kann das Registergericht entnehmen, welche Mindesteinlagen geleistet worden sein müssen. Es muß sich nun nicht mit den Versicherungen der Geschäftsführer nach § 8 I I GmbHG begnügen, daß sich die Mindesteinlagen in ihrer freien Verfügung befinden (und

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C. Gründerhaftung und Handelndenhaftung

ihrer Haftung nach § 9 a GmbHG für unwahre Angaben), sondern kann darüber hinaus Belege über die Einlagenleistung anfordern. So kann es bei Bareinzahlungen die Vorlage von Einzahlungsquittungen o.ä. verlangen 43 . Auch bei Sacheinlagen kann die tatsächliche Zurverfügungstellung in vielfaltiger Weise überprüft werden. Dazu kommt bei den Sacheinlagen gemäß § 8 I Nr. 5 GmbHG die Notwendigkeit der Vorlage von Unterlagen, aus denen sich ergibt, daß der Wert der Sacheinlage tatsächlich den Betrag der dafür übernommenen Stammeinlage erreicht. Das Registergericht prüft alle Angaben und Unterlagen und trägt die Gesellschaft nur dann ins Handelsregister ein, wenn es zu der Überzeugung gekommen ist, daß die geforderten Mindesteinlagen tatsächlich geleistet und die ggf. gemäß § 7 I I 3 GmbHG erforderlichen Sicherheiten bestellt sind. Damit ist gleichzeitig festgestellt, daß das Stammkapital insgesamt im Zeitpunkt der Anmeldung vollständig zur Verfügung stand. Es wäre zwar denkbar, daß sich die tatsächlich erbrachten Leistungen im Moment der Eintragung noch in den Händen der Geschäftsführer befinden, das Gesamtstammkapital aber bereits dennoch durch noch offene Verbindlichkeiten geschmälert ist. In einem solchen Fall aber können die Geschäftsführer ihre Versicherung nach § 8 I I GmbHG nicht abgeben, daß sich die Mindesteinlagen endgültig in ihrer freien Verfügung befinden. Sie sind dann ja verpflichtet, die schon entstandenen Verbindlichkeiten mit den vorhandenen Einlagen abzudecken. Eine endgültige freie Verfügbarkeit ist also nicht mehr gegeben, da die Einlagen bereits „vorbelastet" sind. Die Richtigkeit der GeschäftsführerErklärung nach § 8 I I GmbHG wird wiederum abgesichert durch ihre Haftung nach § 9a GmbHG für falsche Angaben. U m jedes Mißverständnis über die pflichtgemäße Berücksichtigung von Vorbelastungen auszuschließen, wäre es wünschenswert, die Versicherung der Geschäftsführer gegenüber dem Wortlaut des § 8 I I GmbHG dahingehend zu erweitern, daß auch die Nichtvorbelastung ausdrücklich versichert werden muß. Dies wäre aber nur eine Klarstellung und würde an der jetzt bereits bestehenden Rechtslage nichts ändern 44 . Eine Anmeldung zum Handelsregister kann also nur dann erfolgversprechend erfolgen, wenn bereits ein beachtlicher Teil des letztendlich vorgesehenen Haftungsfonds, der seit dem 1.1.1981 gemäß §5 1 1 GmbHG mindestens 50.000.- D M betragen muß 4 5 , bereitgestellt ist und das Stammkapital in diesem Augenblick vollständig erhalten ist. Auch die noch ausstehenden Resteinlageforderungen sind über den § 7 I I 3 GmbHG bei der Einmann-Gründung hinaus noch gesetzlich abgesichert. In den 43

So die gängige Praxis beim Amtsgericht Marburg. BGHZ 80,129,143; Ulmer, ZGR 81,593,604ff.; ders. in Hachenburg 7* Aufl., § 11, Rz 88. Ulmer räumt aber auf der Grundlage der von ihm vertretenen Differenzhaftung im Eintragungszeitpunkt ein, daß die Prüfungspflicht bezüglich der Vorbelastungen konsequenterweise auch den Zeitraum zwischen Anmeldung und Eintragung erfassen müsse. Dies stoße aber auf erhebliche praktische Schwierigkeiten und sei daher abzulehnen. 45 Vorher seit Schaffung der Rechtsform GmbH durch das GmbHG 1892 unverändert 20000.- R M bzw. D M . 44

III. Eigene Stellungnahme

49

§§19 bis 24 GmbHG werden die verschiedensten Risiken, die eine vollständige Kapitalaufbringung gefährden könnten, nach Möglichkeit ausgeschlossen, wobei § 24 GmbHG als letztes Mittel die Ausfallhaftung der übrigen Gesellschafter anordnet, wenn die Stammeinlage eines Gesellschafters mit den anderen Mitteln nicht beigebracht werden kann. Da aber ein Haftungsfonds nur dann einen wirksamen Gläubigerschutz erzeugen kann, wenn er auch nach seiner Bereitstellung gegen mißbräuchliche Entnahmen gesichert ist, ist das Prinzip der Kapitalaufbringung gekoppelt mit dem Prinzip der Kapitalerhaltung, das insbesondere in den §§ 30 ff. GmbHG seinen Ausdruck findet. Diese Regelungen können jedoch, im Gegensatz zu den umfassenden Regelungen zur Sicherstellung der Kapitalaufbringung, nur einen begrenzten Risikobereich absichern. Das Hauptrisiko jedes Geschäftsbetriebes, die Verringerung des eingesetzten Kapitals durch einen ungünstigen Geschäftsverlauf, wird von den Regelungen zur Kapitalerhaltung nicht berührt. Die Gläubiger einer GmbH müssen also mit der Möglichkeit rechnen, daß ihre Schuldnerin zwar einmal über das in der Eintragung verlautbarte Stammkapital verfügt hat, daß dieses aber inzwischen durch Verluste verringert bzw. aufgebraucht ist. Begrenzt wird dieses Gläubigerrisiko erst durch die Konkursantragspflicht nach § 641 GmbHG bei Zahlungsunfähigkeit oder der anläßlich einer Bilanz festgestellten Überschuldung. Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß das Privileg des § 13 I I GmbHG nur gewährt wird, weil als Gegengewicht neben der bloßen Einlagenverpflichtung der Gesellschafter drei Sicherungen vorhanden sind, die dazu beitragen, daß den Gläubigern unabhängig von einer persönlichen Haftung der Gesellschafter oder Handelnden eine Haftungsgrundlage in Form des Stammkapitals geboten wird. Diese drei Faktoren sind: — Die Gesellschaft muß über einen beträchtlichen Teil des noch vollständigen Stammkapitals bereits bei der Anmeldung unmittelbar verfügen, dies muß nach registergerichtlicher Kontrolle durch die Eintragung der Gesellschaft ins Handelsregister bestätigt worden sein. — Die danach noch ausstehenden Stammeinlage-Forderungen sind durch vielfältige Mechanismen geschützt. — Das Stammkapital wird vor mißbräuchlichen Entnahmen etc. geschützt. Der Verselbständigung des Gesellschaftsvermögens auf der Passivseite, die §13 I I GmbHG dadurch herbeiführt, daß nur noch ausschließlich das Gesellschaftsvermögen für Gesellschaftsverbindlichkeiten haftet, steht also auf der aktiven Seite eine gleichrangige Verselbständigung gegenüber, die darin besteht, daß durch die drei genannten Sicherungen das Stammkapital in weitgehender Weise der Willkür der Gesellschafter entzogen und für den Zweck der Gläubigersicherung bereitgestellt wird.

4 Derwisch-Ottenberg

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C. Gründerhaftung und Handelndenhaftung

3. Die Verselbständigung auf der Vermögensseite der angemeldeten Vor-GmbH Festzustellen ist nun, wie weit die Verselbständigung auf der Aktivseite bei der Vor-GmbH fortgeschritten ist, inwieweit also bei ihr die drei genannten Sicherungen bereits vorhanden bzw. entwickelt sind. Relativ einfach ist diese Frage im Hinblick auf noch ausstehende Einlageforderungen zu beantworten. Kommt es zu der Situation, daß diese Forderungen geltend gemacht werden (etwa durch einen Gläubiger der Gesellschaft, der sie sich zur Einziehung überweisen ließ), gelten ganz genau die Sicherungsmechanismen zur Sicherstellung der tatsächlichen Kapitalaufbringung wie bei der eingetragenen GmbH auch, d.h. letztendlich die Ausfallhaftung nach § 24 GmbHG. Bezüglich der beiden anderen Sicherungsmechanismen kann nicht nach ihrer Ausprägung bei der Vor-GmbH im allgemeinen gefragt werden. Dazu sind die Situationen innerhalb der Vor-GmbH-Phase zu verschieden. Der Zeitpunkt der Anmeldung hat im Prozeß der Errichtung des Haftungsfonds eine große, wenn nicht gar die ausschlaggebende Bedeutung. Das Gesetz knüpft in §§ 7 II, I I I , 8 I I GmbHG bei der Regelung der Mindesteinlagenerbringung an den Moment der Anmeldung an. Die vom Registergericht hauptsächlich zu prüfenden Unterlagen werden gemäß § 8 GmbHG mit der Anmeldung eingereicht und beziehen sich somit ebenfalls auf diesen Zeitpunkt. Bezüglich der Mindesteinlagen und damit zusammenhängend der Kapitalaufbringungsregeln treten also mit der Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister maßgebliche Veränderungen ein. Bei der Untersuchung dieser beiden Aspekte wird deshalb danach unterschieden, ob die Vor-GmbH bereits angemeldet ist oder nicht. Begonnen werden soll mit der bereits angemeldeten Vor-GmbH. Diese Phase zwischen Anmeldung und Eintragung hat zeitlich und vom Umfang der Verbindlichkeiten her gesehen die weitaus größere Bedeutung. a) Die Anwendbarkeit

der Vorschriften

zur Kapitalerhaltung

Der Anwendung der Vorschriften zur Kapitalerhaltung steht nach der Anmeldung nichts entgegen40. Es würde im Gegenteil den Prinzipien der Kapitalaufbringung und -erhaltung grundlos widersprechen, wenn man den Schutz dieser Prinzipien zeitweilig unterbräche. Die Nichtanwendung der Kapitalerhaltungsvorschriften führte dazu, daß der entstandene Haftungsfonds während der Vor-GmbH-Phase mißbräuchlichen Entnahmen der Gesellschafter zugänglich wäre. Erst im Moment der Eintragung würde dieses Risiko für den Bestand des Haftungsfonds entfallen und die Vorschriften (insb. §§ 30ff. 46 So im Ergebnis auch Priester, ZIP 82, 1141, 1147f.; Scholz/Winter, 6. Aufl., § 11, Rz 10; Schäfer-Gölz, S. 172f.; a. A. BGHZ 80,129,133. Dabei beruft sich der BGH auf ein Urteil vom 29.5.80. Priester, ZIP 82,1141,1147 weist jedoch nach, daß das zitierte Urteil die Aussage nicht hinreichend stützen kann.

III. Eigene Stellungnahme

51

GmbHG) griffen, gegebenenfalls nur noch zum Schutze eines bereits „geplünderten" Haftungsfonds, ein. Die Unterbrechung des Schutzes dieser beiden zusammengehörenden Prinzipien bedeutete somit eine weitgehende Entwertung ihrer für das gesamte GmbH-Recht grundsätzlichen Schutzwirkung. Es spricht daher alles dafür, den Schutz der Kapitalerhaltungsvorschriften genau dann einsetzen zu lassen, wenn der Haftungsfonds erstmals überprüfbar zur Verfügung der Geschäftsführer steht: also im Zeitpunkt der Anmeldung. Das Registergericht prüft das ordnungsgemäße Vorhandensein der Mindesteinlagen in diesem Zeitpunkt. Gegen Einbußen des Haftungsfonds vor diesem Zeitpunkt sind die Gläubiger also geschützt. Haben z.B. die Gesellschafter vor der Anmeldung die erforderlichen Mindesteinlagen in Höhe von 25.000.- D M an die Geschäftsführer geleistet, sich jedoch, ebenfalls noch vor der Anmeldung, einen Teil dieses Betrages wieder zurückzahlen lassen, bedarf es nicht des Schutzes des § 30 I GmbHG. Die Anmeldung wird in jedem Fall erfolglos verlaufen, da in diesem Zeitpunkt das Mindestkapital nicht zur Verfügung stand. Anders ist die Situation in der Phase zwischen Anmeldung und Eintragung zu beurteilen. Erfolgen hier ungerechtfertigte Abflüsse vom Haftungsfonds an die Gesellschafter, führt dies nicht zwangsläufig zum Scheitern der Eintragung. Das Gericht überprüft lediglich die Richtigkeit der bei der Anmeldung erfolgten Angaben, nicht aber alle Geschehnisse danach. Deshalb muß nun der Haftungsfonds geschützt werden. Aus diesem Grunde sind die Vorschriften zur Erhaltung des Stammkapitals vom Zeitpunkt der Anmeldung an anzuwenden. Diese Aussage besagt noch nichts darüber, ob nicht vielleicht der Haftungsfonds noch umfassender gegen Verluste geschützt werden muß, die von den Kapitalerhaltungsvorschriften gar nicht erfaßt werden (so ζ. B. die Vertreter der Differenzhaftung). Diese Frage wird weiter unten zu klären sein. A n dieser Stelle ist nur festzustellen, daß in diesem Falle die Anwendung dieser Vorschriften zwar an Bedeutung verliert, weil ohnehin ein ausreichender Schutz des Stammkapitals bis zur Eintragung gewährleistet ist, daß aber auch dann nichts gegen die Anwendung der Kapitalerhaltungsvorschriften spricht 47 . b) Das Vorhandensein der Mindesteinlagen gemäß §§ 7 II, III, 8 I, II GmbHG Weiterhin ist festzustellen, wie weit die dritte Sicherung bei der angemeldeten Vor-GmbH ausgebildet ist, die verhindern soll, daß der Haftungsfonds nicht nur in unsicheren Forderungen gegen die Gesellschafter besteht, sondern tatsächlich als Haftungsgrundlage für Forderungen der Gläubiger nutzbar ist: die Anordnung der Mindesteinlagenerbringung vor der Anmeldung. U m die Situation deutlich zu machen, sollen zwei Alternativen beschrieben werden: einmal der 47 Priester, ZIP 82,1141,1148 weist zu Recht daraufhin, daß die gegenteilige Ansicht ein Zirkelschluß wäre: Rückzahlungen vor Eintragung sind erlaubt, weil sie durch die Differenzhaftung wieder ausgeglichen werden.

4*

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C. Gründerhaftung und Handelndenhaftung

Fall der völlig ordnungsgemäßen Mindesteinlagenerbringung und zum anderen derjenige der unvollständigen. aa) — im Falle der ordnungsgemäßen Anmeldung Haben die Gesellschafter die in § 7 II, I I I GmbHG geforderten Mindesteinlagen vollständig und ordnungsgemäß eingebracht, ist im Hinblick auf die Höhe und Zusammensetzung des Stammkapitals genau die Sicherung des Haftungsfonds eingetreten, wie sie auch bei der eingetragenen GmbH besteht. Das Korrelat zur Haftungsbeschränkung ist damit so weit ausgebildet, daß nach der Wertung des Gesetzgebers, die im GmbHG zum Ausdruck kommt, auch die Haftungsbeschränkung gerechtfertigt ist. Das Registergericht wird deshalb nach Feststellung der Sachlage die Gesellschaft ins Handelsregister eintragen und damit die endgültige Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen herbeiführen. Eine persönliche Haftung der Gründer oder der Handelnden wäre damit in der Phase zwischen Anmeldung und Eintragung an sich überflüssig und ungerechtfertigt, da die Situation in bezug auf den Haftungsfonds vor und nach der Eintragung genau dieselbe ist. bb) — im Falle der unzureichenden Kapitalausstattung; die „unechte Vor-GmbH" Erfolgt dagegen die Leistung der Mindesteinlagen unvollständig, ist die zusätzliche Sicherung, die in dem Mindestanteil an tatsächlich an die Gesellschaft erbrachten Einlagen besteht, nicht ausreichend vorhanden. Nach der Wertung des GmbHG ist in diesem Falle die Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen nicht genügend ausgeglichen und somit nicht gerechtfertigt. Das Registergericht wird deshalb nach Feststellung des Sachverhalts und gegebenenfalls erfolgter Aufforderung zur „Nachbesserung" die Eintragung ins Handelsregister verweigern. In diesem Augenblick wird deutlich, daß es sich bei der Gesellschaft um gar keine echte Vor-GmbH gehandelt hat. Denn unter diesen Begriff fallen nur diejenigen Gebilde, die sich nach Errichtung der Satzung in dem notwendigen Durchgangsstadium zur eingetragenen GmbH befinden. Liegen aber wie hier die Voraussetzungen für die Eintragung gar nicht vor, handelt es sich um kein Durchgangsstadium, sondern viel eher um ein Firmieren unter einem unzutreffenden GmbH-Zusatz. Auf diese unechte VorGmbH finden deshalb ab sofort und auch rückwirkend 45 die allgemeinen Haftungsregelungen Anwendung. Da die unechte Vor-GmbH unter einem GmbH-Firmenzusatz aufgetreten ist und damit den Rechtsschein hervorgerufen hat, sie sei ein im Werden begriffener Formkaufmann gemäß § 6 HGB, muß sie dabei im Haftungsbereich so behandelt werden, als sei sie Kaufmann, auch wenn sie mangels vollkaufmännischen Betriebs eher als BGB-Gesellschaft zu qualifizieren ist. Im Fall der Mehrmann-Gesellschaft findet auf sie also OHG48

Priester, ZIP 82, 1141, 1151; Schultz, JuS 82, 732, 738.

III. Eigene Stellungnahme

53

Haftungsrecht Anwendung, im Falle der Einmanngründung haftet der Gesellschafter wie ein Einzelkaufmann. Der Zeitpunkt, von dem ab die Haftung nach den allgemeinen kaufmännischen Haftungsgrundsätzen rückwirkend eintritt, kann dabei nur die Ablehnung der Eintragung durch das Registergericht sein. Dies ist der einzige greifbare Moment, in dem die unzureichende GmbH-Tauglichkeit der unechten Vor-GmbH dokumentiert wird. Das Abstellen auf einen anderen Zeitpunkt, etwa den, von dem ab die Gesellschafter oder Geschäftsführer die Eintragung nicht mehr hinreichend fördern 49 , würde zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit führen. Gerade in dem maßgeblichen Bereich der Haftung aber muß klar erkennbar sein, von welchem Zeitpunkt an wer in welcher Weise haftet. Wann aber die Eintragung nicht mehr „hinreichend gefördert" wird, ist schon rechtlich schwer zu bestimmen. Erst recht dürfte es den Gläubigern, die keinen näheren Einblick in den Verlauf des Eintragungsverfahrens haben, unmöglich sein, das Verhalten der Gesellschafter und Geschäftsführer dahingehend zu beurteilen, ob es die Eintragung hinreichend fördert oder nicht 5 0 . Die Haftungslage sollte aber für die Gläubiger durchschaubar sein, damit sie beurteilen können, gegen wen sie zur Durchsetzung ihrer Forderung vorgehen können. Es reicht nicht aus, wenn sich später in einem Prozeß — selbst bei einer Beweislastumkehr zu Lasten der Gesellschafter — herausstellt, daß die Eintragung nicht hinreichend gefördert wurde und die Gesellschafter haften. Dem Gläubiger kann nicht zugemutet werden, bei Tragung des Kostenrisikos trotz Ungewißheit über das Bestehen eines Anspruchs gegen die Gesellschafter vorzugehen. Die rückwirkende Haftung muß daher an einen auch von außerhalb der Gesellschaft klar zu bestimmenden Zeitpunkt angeknüpft werden. Dies kann nur die Ablehnung der Eintragung sein. Dieser Zeitpunkt läßt sich auch ohne Kenntnis irgendwelcher Interna des Eintragungsverfahrens objektiv leicht bestimmen. Unbedingt notwendig ist dabei nur, den Gläubigern einer unechten GmbH die Möglichkeit zu geben, beim Handelsregister die Tatsache und den Zeitpunkt der Eintragungsablehnung sowie die Personalien der Gesellschafter zu erfahren. Während über eingetragene Gesellschaften gemäß § 9 I HGB Informationen auch ohne jede Darlegung eines berechtigten Interesses 51 beim Handelsregister bezogen werden können, ist die Erlangung von Kenntnissen über nicht eingetragene Gesellschaften erschwert. Da bei diesen die Gerichtsakten noch nicht (bei der Ablehnung der Eintragung: endgültig nicht) getrennt wurden in einen unter § 91 HGB fallenden frei einsehbaren Teil und einen gerichtsinternen Teil 5 2 , wird die freie Einsicht insgesamt für sämtliche Unterlagen verweigert 53 , obwohl diese 49 So aber Hachenburg/Ulmer, § 11, Rz 14; K. Schmidt, GmbH-Rdsch 73, 146, 149 und 151; Theobald, S. 20; Schäfer-Gölz, S. 90; Huber, FS Robert Fischer, S. 263, 294. 50 Flume, FS v. Caemmerer, S. 517, 519. 51 Staub / Großkomm.-Hüffer, §9, Rz 1; Schlegelberger/Hildebrandt, §9, Rz 3; Baumbach/Duden/Hopt, Anm. 1 A. 52 Diese Begründung wurde beim Amtsgericht Marburg angegeben. 53 So jedenfalls beim Handelsregister Marburg.

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C. Gründerhaftung und Handelndenhaftung

Praxis keine Grundlage im Wortlaut des § 9 I HGB findet. Deshalb wird bei nicht eingetragenen Gesellschaften der in der freiwilligen Gerichtsbarkeit grundsätzlich geltende Maßstab des § 34 I 1 FGG angewendet, wonach die Einsicht in Gerichtsakten demjenigen gestattet wird, der ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht. Der Gläubiger einer nicht eingetragenen Vor-GmbH wird ein solches Interesse regelmäßig glaubhaft machen können. Der Maßstab sollte dabei wegen der nicht recht einleuchtenden Abweichung vom klaren Wortlaut des § 9 I HGB auch nicht streng sein. Somit sind die Tatsache und der Zeitpunkt der Eintragungsablehnung sowie die notwendigen Informationen über die Gesellschafter—wenn auch etwas unbequem—durchaus in Erfahrung zu bringen. Der Gläubiger einer mit Mindesteinlagen nur unzureichend ausgestatteten Vor-GmbH erhält also mit der zwangsläufig erfolgenden Ablehnung des Eintragungsantrages einen gut realisierbaren Anspruch gegen den oder die Gesellschafter, im letzteren Falle aus § 128 HGB. Eines sonstigen Gläubigerschutzes durch eine anders begründete persönliche Haftung bedarf es also nach der erfolgten Ablehnung nicht mehr. cc) Zusammenfassung In beiden Fällen also, sowohl bei der ordnungsgemäßen als auch bei der unzureichenden Mindesteinlagenleistung bekommt der Gläubiger der Vorgesellschaft eine Zugriffsmöglichkeit auf angemessene Haftungsverbände. Im ersten Fall haftet ihm zunächst eine Vor-GmbH, die mit einem Haftungsfonds ausgerüstet ist, der demjenigen einer dem Gesetz entsprechenden GmbH gleich ist, dann die eingetragene GmbH selbst. Der Gläubiger steht also genau so da, wie er als Partner einer bereits von Anfang an eingetragenen GmbH stünde. Im anderen Fall hat er zwar zunächst nur die Möglichkeit, auf das unzureichende Vorgesellschafts-Vermögen zuzugreifen, er bekommt dann aber nach Ablehnung der Eintragung eine O H G als Schuldnerin 54 , mit der Folge der persönlichen Haftung der Gesellschafter nach § 128 HGB. Die O H G und damit einhergehend sämtliche Gesellschafter sind als Schuldner mindestens ebenso wertvoll wie die GmbH, die nicht zustande gekommen ist. Im Geschäftsverkehr wird dem zweifachen Haftungsverband einer OHG ebenso wie der unbeschränkten persönlichen Haftung des Einzelkaufmanns im Zweifel sogar mehr Vertrauen entgegengebracht als einer GmbH. Damit kommen die Gläubiger letztendlich immer zu einem angemessenen Schuldner, ohne daß es einer zusätzlichen persönlichen Haftung in dem Zeitraum zwischen der Anmeldung und der Eintragung bzw. der Ablehnung der Eintragung bedürfte. Dennoch sind die Gläubiger einer Vor-GmbH gegenüber denjenigen einer eingetragenen GmbH benachteiligt. Wichtig ist für sie nicht nur das Endergebnis, daß sie also zu irgendeinem Zeitpunkt auf einen angemessenen Haftungsver54

Im Falle der Einmann-Gründung einen Einzelkaufmann.

III. Eigene Stellungnahme

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band zugreifen können, sondern auch die Durchschaubarkeit der Verhältnisse und insbesondere die Möglichkeit des sofortigen Zugriffs. Der Gläubiger einer eingetragenen GmbH weiß ganz genau, daß der Haftungsfonds seiner Schuldnerin zumindest einmal vollständig bereitgestellt wurde, dies rechtfertigt ein gewisses, wenn auch beschränktes Vertrauen in die Solidität der Gesellschaft. Er weiß genau, wer seine Schuldnerin ist, und kann vor allem unmittelbar nach Fälligkeit seiner Forderung mit der Beitreibung derselben beginnen. Der Gläubiger einer Vor-GmbH dagegen ist noch im ungewissen darüber, ob die Mindesteinlagen ordnungsgemäß an die Gesellschaft geleistet wurden, ob also der Haftungsfonds den vom Gesetz vorgeschriebenen Anteil von tatsächlich eingezahltem Vermögen aufweist. Da die registergerichtliche Überprüfung noch nicht mit der Eintragung oder der Ablehnung der Eintragung abgeschlossen wurde, weiß er noch nicht, ob er es mit einer echten oder einer unechten Vorgesellschaft zu tun hat. Er kann zwar ebenfalls sofort Zugriff auf das Gesellschaftsvermögen nehmen, aber er kann nicht sicher sein, daß dieses Gesellschaftsvermögen einen vom Gesetz für angemessen erklärten Haftungsfonds darstellt 55 . Erst mit der endgültigen Entscheidung des Gerichts erfahrt er, ob er noch Ansprüche gegen den oder die Gesellschafter persönlich hat. Diese Zeit der Ungewißheit kann recht lange dauern. Insbesondere wenn die Gesellschafter und Geschäftsführer einer unzureichend ausgestatteten VorGmbH es verstehen, beim Registergericht den Eindruck zu erwecken, sie beseitigten die Eintragungshindernisse noch, kann es durchaus einige Monate dauern, bis die Eintragung endgültig abgelehnt wird. Auch die Informationsmöglichkeit des Gläubigers über seine Schuldnerin ist in dieser Zwischenzeit eingeschränkt. Der Gläubiger einer eingetragenen GmbH kann sich gemäß § 9 I HGB anhand der Handelsregister-Eintragung jederzeit und ohne Nachweis irgendeines Interesses alle Informationen verschaffen, die er für seine Rechtsverfolgung benötigt. Diese Möglichkeit hat der Gläubiger einer Vor-GmbH nicht. Vor der Eintragung bzw. der Ablehnung der Eintragung ist eine Einsicht in die zum Handelsregister eingereichten Unterlagen nur erschwert unter den Voraussetzungen des § 341FGG möglich 56 , außerdem ist unsicher, ob diese Unterlagen überhaupt korrekt bzw. vollständig sind, da auch diesbezüglich noch die Bestätigung des Gerichts in Form der Eintragung aussteht. Die Benachteiligungen des Vor-GmbH-Gläubigers lassen sich also wie folgt zusammenfassen: — u.U. länger andauernde Unsicherheit darüber, ob seine Schuldnerin einen Haftungsfonds hat, der gemäß den gesetzlichen Vorschriften dadurch gesichert ist, daß bestimmte Mindesteinlagen bereits tatsächlich geleistet wurden. — Unsicherheit darüber, ob wegen unzureichender Kapitalausstattung noch andere Schuldner, insbesondere die Gesellschafter, in Frage kommen. 55 56

W.-H. Roth, ZGR 84, 597, 611. Vgl. oben C I I I 3) b) bb).

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C. Gründerhaftung und Handelndenhaftung

— erschwerte Informationsmöglichkeiten über die Schuldnerin, da die frei einsehbare Handelsregistereintragung noch aussteht. — Risiko der erschwerten Informationsmöglichkeit über die persönlichen Schuldner, wenn die Eintragung abgelehnt wird. 4. Die Notwendigkeit eines Ausgleichs der Schlechterstellung der Gläubiger der angemeldeten Vor-GmbH gegenüber denjenigen der eingetragenen GmbH Diese Benachteiligungen der Vor-GmbH-Gläubiger gegenüber denjenigen der eingetragenen GmbH verbieten es, die Haftungsbeschränkung des § 13 I I GmbHG ohne jede Einschränkung auf die Vor-GmbH anzuwenden. Es ist vielmehr nötig, für diese Benachteiligung einen wirksamen und angemessenen Ausgleich herbeizuführen. Eine Lösung, die das gesamte mit der vorübergehenden Unsicherheit einhergehende Risiko der Zahlungsverzögerung auf die Gläubiger abwälzt, scheidet somit von vornherein aus. Es muß vielmehr eine Lösung gesucht werden, die gerade die genannten Risiken der Gläubiger ausschließt. Das Verzögerungsrisiko kann nur in der Weise aus der Welt geschafft werden, daß man dem Gläubiger neben dem eventuell unzureichenden Vorgesellschaftsvermögen noch eine andere Haftungsmasse bereitstellt, auf die er sofort zugreifen kann. Ein Verweis auf die neuerdings vertretene Differenzhaftung der Gesellschafter kann also nicht weiterhelfen. Die Ansprüche der Gesellschaft aus dieser Haftung können erst im Moment der Eintragung entstehen, so daß dadurch das Verzögerungsrisiko der Gläubiger und die Ungewißheit, ob es überhaupt zu einer Eintragung kommen wird, nicht behoben wird. Die Benachteiligung durch die erschwerten Informationsmöglichkeiten während der Vor-GmbH-Phase sollten, wenn möglich, in der Weise berücksichtigt werden, daß der Schuldner neben der Vor-GmbH für den Gläubiger möglichst leicht festzustellen und namhaft zu machen ist. 5. Erste Möglichkeit des Ausgleichs: Gründerhaftung Eine Möglichkeit, die Benachteiligung der Gläubiger auszugleichen, wäre es, neben dem Gesellschaftsvermögen auch das Privatvermögen der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Vor-GmbH haften zu lassen (sog. Gründerhaftung). Wird die Gesellschaft dann ins Handelsregister eingetragen und zeigt sich somit, daß der Haftungsfonds der Gesellschaft bereits ordnungsgemäß bestand, müßte den Gesellschaftern allerdings die Gelegenheit gegeben werden, entweder erfolgte Leistungen an Vor-GmbH-Gläubiger auf ihre noch ausstehenden Einlageverpflichtungen anzurechnen oder aber sich diese Aufwendungen von der Gesellschaft erstatten zu lassen. Es ist zur Sicherung der Gläubiger nicht erforderlich, daß über den Betrag des ausgewiesenen Haftungsfonds hinaus

III. Eigene Stellungnahme

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Leistungen der Gesellschafter in der Gesellschaft verbleiben. Eine Lösung wie die des BGH, die den Gesellschafter u.U. endgültig dazu verpflichtet, Teile seiner Stammeinlage zweimal einzubringen, ist daher abzulehnen. Da das Hauptrisiko der Gläubiger darin besteht, daß die Mindesteinlagen nicht ordnungsgemäß erbracht wurden, liegt der Gedanke nahe, die Haftung der Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen auf den Betrag dieser Mindesteinlagen zu begrenzen. Die h.M., die die Gründerhaftung auf die noch ausstehenden Einlagen beschränkt, übersieht jedoch, daß gerade dieser Betrag für den Gläubiger noch nicht mit Sicherheit feststellbar ist. Vor der Eintragung weiß er ja gerade nicht, ob der Gesellschafter seine Mindesteinlage ordnungsgemäß in vollem Umfang erbracht hat. Gegen eine Haftungsbeschränkung spricht darüber hinaus generell zweierlei. Zum einen hätte sie zur Folge, daß der Gläubiger zur Feststellung seiner Ansprüche auf die noch nicht zur freien Einsicht freigegebenen Anmeldungsunterlagen angewiesen wäre. Die Feststellung der Höhe der einzelnen Mindesteinlagen ist nur bei eingehender Würdigung aller Anmeldungsunterlagen möglich. Es kommt dabei gemäß § 7 II, I I I GmbHG entscheidend auf die Zahl der Gesellschafter, die jeweilige Höhe ihrer Stammeinlagen und die Tatsache an, ob und in welchem Verhältnis zueinander Bar- und Sacheinlagen vereinbart sind. Die erschwerten Informationsmöglichkeiten blieben also gänzlich zu Lasten der Gläubiger bestehen. Zum anderen ist fraglich, ob eine beschränkte Haftung der Gründer die Ungewißheit der ordnungsgemäßen Mindesteinlagenerbringung ausgleichen kann. Nach der Wertung des GmbHG reicht es ja gerade zur Rechtfertigung einer beschränkten Haftung nicht aus, wenn ein beschränkter Haftungsfonds ausschließlich in Form von Forderungen errichtet wurde. Ein solcher Haftungsfonds besteht ja schon im Moment der Satzungserrichtung, da von da an die Gründer zur Stammeinlagenerbringung verpflichtet sind. Der Verzicht auf eine unbeschränkte persönliche Haftung ist nach den Regeln der Kapitalaufbringung aber erst gerechtfertigt, wenn ein maßgeblicher Teil des Haftungsfonds tatsächlich zur Verfügung steht 57 . Solange dies nicht mit Sicherheit der Fall ist, kommt ein Verzicht auf eine unbeschränkte persönliche Haftung also nicht in Betracht. Ein brauchbarer Ausgleich der Gläubigerbenachteiligungen kann also mit einer beschränkten persönlichen Haftung nicht erreicht werden. Somit ist die Gründerhaftung, wenn sie als Korrelat für die noch ausstehende registergerichtliche Kontrolle insbesondere der Mindesteinlagenerbringung fungieren soll, als unbeschränkte Haftung auszugestalten. Damit sind auch die Informationsprobleme, die im Fall einer beschränkten Gründerhaftung entstehen, größtenteils beseitigt. Der Gläubiger braucht zur Verfolgung seiner Ansprüche gegen die Gründer keine Detailkenntnisse der Satzung mehr, sondern lediglich die Kenntnis, wer Gründergesellschafter der verpflichteten Vor-GmbH ist. Trotzdem verbleibt auch im Falle einer unbeschränkten Haftung eine Erschwernis der Gläubiger, sich die notwendigen Informationen zu ihrer 57

Vgl. oben C I I I 2).

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C. Gründerhaftung und Handelndenhaftung

Rechts Verfolgung zu beschaffen. Auch die Personalien der Gründergesellschafter sind noch nicht frei einsehbar. Da der Geschäftspartner der Vor-GmbH allenfalls mit den Geschäftsführern der Gesellschaft zu tun hatte, ihm die Gesellschafter aber in aller Regel unbekannt geblieben sein werden, ist er auf die Informationsmöglichkeit beim Handelsregister angewiesen. Er muß sich dort ausnahmsweise und unter Nachweis eines berechtigten Interesses die notwendigen, noch nicht frei erhältlichen Auskünfte einholen. Da die Namen der Gesellschafter aber völlig unabhängig von irgendwelchen anderen Anmeldungsunterlagen einfach der Satzung zu entnehmen sind, darf diese Erschwernis auch nicht überbewertet werden. Der Gläubiger einer Vor-GmbH könnte mit einer durchaus zumutbaren Unbequemlichkeit die Namen seiner zusätzlichen Schuldner erfragen. Die unbeschränkte Gründerhaftung könnte damit seine Benachteiligungen in der Vor-GmbH-Phase weitestgehend ausgleichen. Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß eine solche Haftung als Korrelat zu der noch unvollständigen Vermögensverselbständigung der angemeldeten Vor-GmbH durchaus brauchbar ist. 6. Zweite Möglichkeit des Ausgleichs: Handelndenhaftung gemäß § 11 I I GmbHG Fraglich ist aber, ob sich nicht noch ein passenderer Ausgleich für die Benachteiligung der Gläubiger anbietet. Außer dem Privatvermögen der Gesellschafter kommt noch das Privatvermögen der Handelnden als zusätzliche Haftungsgrundlage neben dem Gesellschaftsvermögen in Betracht. Diese Möglichkeit hat den Vorzug, daß sie eine ausdrückliche Stütze im Wortlaut des § 11 I I GmbHG findet. a) Die Er Streckung der Handelndenhaftung gesetzliche Verbindlichkeiten

auch auf

Einen ausreichenden Gläubigerschutz kann die Handelndenhaftung aber nur dann erzielen, wenn sie alle Verbindlichkeiten der Vorgesellschaft umfaßt. Das Stammkapital der eingetragenen GmbH dient nicht nur deren Vertragspartnern als Ausgleich für die Haftungsbeschränkung, sondern auch denjenigen Gläubigern, die keine rechtsgeschäftliche, sondern eine gesetzliche Verbindlichkeit gegen die Gesellschaft erworben haben. Auch solche Gläubiger müssen in der Vor-GmbH-Phase vor den beschriebenen Benachteiligungen geschützt werden. Dies ist nur damit zu erreichen, daß eine zusätzliche persönliche Haftung neben die Haftung des Gesellschaftsvermögens tritt, die alle rechtsgeschäftlichen und gesetzlichen Verbindlichkeiten der Vorgesellschaft umfaßt. Bei der vorstehend behandelten Haftung der Gründergesellschafter stößt dieses Erfordernis auf keinerlei Schwierigkeiten, einer Erstreckung der Gründerhaftung auch auf gesetzliche Verbindlichkeiten steht nichts im Wege. Die Vertreter der Gründerhaftung, unabhängig davon, ob sie die Gesellschafter beschränkt oder unbe-

III. Eigene Stellungnahme

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schränkt haften lassen wollen, schränken diese Haftung demnach auch nicht in der Weise ein, daß nur rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten umfaßt sein sollen 58 . Anders liegt die Situation bei der hier zu erörternden Handelndenhaftung. Sie umfaßt nach vorherrschender Ansicht nur die Verbindlichkeiten aus rechtsgeschäftlichem Handeln und nicht die gesetzlichen59. Der BGH begründet diese Einschränkung mit dem Wortlaut des § 11 I I GmbHG, der ein Handeln „ i m Namen der Gesellschaft" verlangt 60 . Die Ausführungen des BGH dürfen allerdings im Zusammenhang mit dem inhaltlichen Umfang der Haftung aus § 11 I I GmbHG nicht überbewertet werden. Sie erfolgten nämlich in dem ganz anderen Zusammenhang der Frage nach dem personellen Umfang des Handelndenbegriffs. Nachdem, wie oben dargestellt, zunächst auch alle Gründergesellschafter, die der Geschäftsaufnahme zugestimmt hatten, als Handelnde i.S.d. § 11 I I GmbHG aufgefaßt wurden, wurde der Handelndenbegriff später eingeschränkt. Eben diese Zielsetzung verfolgte der BGH, als er ausführte, daß § 11 I I GmbHG keine Veranlassungshaftung, sondern eine Haftung aus rechtsgeschäftlichem Handeln sei. Gemeint ist damit lediglich die Ausgrenzung der mit der Aufnahme des Geschäftsbetriebes einverstandenen Gesellschafter aus dem Kreis der Handelnden, nicht dagegen eine endgültige Bestimmung des inhaltlichen Umfangs der Handelndenhaftung. Die anderen Vertreter einer auf rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten beschränkten Handelndenhaftung begründen diese Einschränkung in der Regel gar nicht 6 1 . Es sind deshalb Zweifel daran erlaubt, ob die behauptete Beschränkung auf rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten tatsächlich anzunehmen ist. Ausgegangen werden soll dabei nicht vom Wortlaut des § 11 I I GmbHG. Wie oben festgestellt, kann diese Norm nicht als Grundlage für das gesamte Haftungssystem der VorGmbH dienen. Eine Bestimmung der näheren Ausgestaltung der Handelndenhaftung kann aber nur auf der Grundlage eines solchen Gesamt-Haftungssystems erfolgen. Es soll daher, wie oben ausgeführt 62 , von der ratio legis des § 11 I I GmbHG und seiner sich daraus ergebenden Stellung im Haftungssystem der Vor-GmbH ausgegangen werden und nicht vom Wortlaut dieser Norm allein. De lege lata kann dabei die Handelndenhaftung auch nicht so ausgestaltet werden, daß sie sich in direkten Gegensatz zum Wortlaut des Gesetzes begibt. Aus der oben durchgeführten Analyse des Verselbständigungsgrades des Gesellschaftsvermögens im Stadium zwischen Anmeldung und Eintragung folgte eine Schlechterstellung der Gesellschaftsgläubiger während dieser Phase gegenüber den Gläubigern der eingetragenen GmbH. Das gebundene Stammka58 59 60 61 62

Ausdrücklich in diesem Sinne: Theobald, S. 80. Theobald, S. 43; BGHZ 53, 210, 214; 65, 378, 380; Ulmer, ZGR 81, 593, 612. BGHZ 53, 210, 214; 65, 378, 380. Vgl. etwa Theobald, S. 43; Ulmer, ZGR 81, 593, 612. Vgl. oben C I 3).

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C. Gründerhaftung und Handelndenhaftung

pital kann in diesem Zeitraum seine als Ausgleich zur Haftungsbeschränkung dienende Schutzwirkung zugunsten der Gesellschaftsgläubiger noch nicht voll entfalten. Diese Situation ist der grundlegende Ausgangspunkt für die Notwendigkeit einer persönlichen Haftung, die neben die Haftung des Gesellschaftsvermögens tritt. Dies gilt völlig unabhängig davon, ob mit der heute h.M. die Schlechterstellung der Gläubiger als nicht so gravierend und vorübergehend angesehen wird oder ob mit der früher vorherrschenden Annahme eines Vorbelastungsverbotes die Schlechterstellung ganz erhebliche Auswirkungen hat und unbeschränkt andauert. Außer in den Anfängen des Kapitalgesellschaftsrechts, als mit dem Streben nach Verhinderung jeglicher Geschäftstätigkeit der Vorgesellschaft auch ordnungsrechtliche Gesichtspunkte eine maßgebliche Rolle gespielt haben, war hauptsächliche ratio legis des § 11 I I GmbHG immer die Ausgleichung der Benachteiligung der Vor-GmbH-Gläubiger gegenüber den Gläubigern der eingetragenen GmbH. Daneben tritt die mehr dem ordnungsrechtlichen Bereich zuzuordnende Druckfunktion, die durch eine persönliche Haftung der Handelnden zu einer möglichst raschen Eintragung führen soll, an Relevanz wesentlich zurück. Die maßgebliche Funktion des § 11 I I GmbHG ist also ein zusätzlicher Gläubigerschutz, der in der Vorgesellschaftsphase neben die Prinzipien der Stammkapitalaufbringung und -erhaltung tritt, weil diese noch nicht ihre volle Schutzwirkung zugunsten der Gläubiger entfalten können. Diese Funktion muß Grundlage einer Inhaltsbestimmung des § 11 I I GmbHG sein. Die auszugleichenden Benachteiligungen treffen alle Gläubiger der Vorgesellschaft gleicherweise, völlig unabhängig davon, ob sie ihre Forderung durch Rechtsgeschäft oder in anderer Weise erworben haben. Auch die Inhaber einer nicht durch Rechtsgeschäft erworbenen Forderung gegen die Vor-GmbH stehen vor der spezifischen Schwierigkeit, u.U. vorläufig nur auf einen unzureichend errichteten Haftungsfonds zugreifen zu können und erschwert Informationen über ihre Schuldnerin beschaffen zu können. Eine Differenzierung zwischen rechtsgeschäftlichen und anderen Forderungen ist von der Interessenlage der Gläubiger her also in keiner Weise gerechtfertigt. Auch sonst dürfte sie sachlich schwer zu begründen sein. Oft entstehen gesetzliche Verbindlichkeiten aufgrund von zufällig unwirksamen Rechtsgeschäften. Warum soll der Handelnde für die Erfüllung eines Vertrages mithaften, jedoch bei dessen Unwirksamkeit, die vielleicht noch von ihm selbst verursacht wurde, nicht für die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung mitverantwortlich sein? Warum soll er nicht aus den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag haften, wenn er bei Kenntnis der Umstände einen Auftrag vergeben hätte und aus diesem Vertragsverhältnis mitverpflichtet worden wäre? Angebracht wäre die Differenzierung nur dann, wenn § 11 I I GmbHG einen besonderen Fall des Handelns ohne Vertretungsmacht behandelte. Dies wurde, wie oben dargestellt 63 , in der Tat einmal vertreten, wird aber heute nach allgemeiner Ansicht nicht mehr in Betracht gezogen. Wird ohne Vertretungs63

Vgl. oben C H I ) , insb. Fn. 7.

III. Eigene Stellungnahme

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macht gehandelt, bietet § 179 BGB einen ausreichenden Schutz. A u f der anderen Seite wird der zusätzliche Gläubigerschutz des § 11 I I GmbHG auch dann notwendig, wenn der Handelnde im Rahmen seiner Vertretungsmacht gehandelt hat. Die Funktion der Handelndenhaftung gebietet es daher, den § 11 I I GmbHG in der Weise auszulegen, daß die Handelnden für alle Verbindlichkeiten der Vorgesellschaft haften und nicht nur für die rechtsgeschäftlichen. Dieser Auslegung stehen keine sachlichen Bedenken gegenüber. Auch mit dem Wortlaut der Vorschrift kollidiert diese Inhaltsbestimmung nicht. Selbst wenn man das Tatbestandsmerkmal „im Namen der Gesellschaft" so auffaßt, daß damit nur rechtsgeschäftliches Handeln gemeint ist, sind im Wege der erweiternden Auslegung auch andere Verbindlichkeiten in die Haftung miteinzubeziehen. Die Aussage des § 11 I I GmbHG würde damit in keiner Weise in ihrer Geltung beeinträchtigt. Aber schon das enge Verständnis des Wortlautes erscheint nicht zwingend, so daß eine erweiternde Auslegung sogar verzichtbar ist. Ein „Handeln im Namen der Gesellschaft" meint doch unter Berücksichtigung der ratio legis der Vorschrift viel eher die Geschäftstätigkeit an sich mit den vielfaltigen sich daraus ergebenden Verpflichtungen. Damit ist der vorgeschlagene Umfang der Handelndenhaftung auch unter den Wortlaut des § 11 I I GmbHG allein subsumierbar. b) Die sonstige Brauchbarkeit der Handelndenhaftung zum Ausgleich Das oben dargestellte Verzögerungsrisiko der Gläubiger, im Falle einer unzureichend ausgestatteten Vor-GmbH erst nach der Ablehnung des Eintragungsantrages durch das Registergericht durch Inanspruchnahme der dann nach § 128 HGB haftenden Gesellschafter ihre Forderungen befriedigen zu können, ist auch ansonsten durch die Haftung der Handelnden ausgeglichen. M i t ihr steht den Gläubigern sofort und völlig unabhängig vom Stand des Eintragungsverfahrens der Zugriff auf mindestens ein Privatvermögen offen. Es ist dabei freilich möglich, daß der Handelnde vermögenslos ist und diese Haftung den Gläubigern daher keinen Vorteil bringt. Aber dieses Risiko besteht immer, jede Haftungsgrundlage kann sich im Einzelfall als nicht tragfahig erweisen. Auch die eingetragene GmbH oder ggf. haftende Gesellschafter können im Einzelfall nicht in der Lage sein, Gesellschaftsverbindlichkeiten zu tilgen. Hier aber, bei der grundsätzlichen Ausgleichung der Gläubigerbenachteiligungen gegenüber der Situation bei der eingetragenen GmbH, muß es darauf ankommen, ob die Haftung der Handelnden prinzipiell einen ausreichenden Ersatz für die Schlechterstellung darstellt. Dies kann bejaht werden, denn die persönliche Haftung einer natürlichen Person wird regelmäßig einen gleich großen, wenn nicht sogar größeren Schutz bieten als diejenige einer GmbH. Auch dem Informationsdefizit der Vor-GmbH-Gläubiger wird durch die Haftung nach § 11 I I GmbHG Rechnung getragen. Es haftet der Handelnde,

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C. Gründerhaftung und Handelndenhaftung

also derjenige, mit dem die Gläubiger der Vorgesellschaft den direkten Kontakt haben. Sie können damit auf denjenigen zurückgreifen, der ihnen am besten bekannt und namhaft zu machen ist. Zur Feststellung der zur Rechtsverfolgung erforderlichen Tatsachen (Name, Anschrift der Handelnden) wird in den allermeisten Fällen eine Nachforschung beim Registergericht nicht notwendig sein. Gemäß § 35a GmbHG, der auf die Vorgesellschaft soweit wie möglich anzuwenden ist, müssen auf allen Geschäftsbriefen die Familiennamen und jeweils ein Vorname der Geschäftsführer angegeben werden. Aus der Sicht der Gläubiger, die häufig über die Hintergründe der Vor-GmbH nicht informiert sind und somit auch die Gesellschafter nicht kennen, ist der Zugriff auf die Handelnden somit viel näherliegender und unproblematischer 64 . Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß die Haftung der Handelnden aus § 11 I I GmbHG die Benachteiligungen der Gläubiger der Vor-GmbH ebensogut ausgleicht wie eine persönliche Haftung der Gründergesellschafter. Sie ist sogar wegen der Zugriffsmöglichkeit auf bereits bekannte Personen auf die Bedürfnisse der Gläubiger besser zugeschnitten. 7. Die Zumutbarkeit der beiden Ausgleichsmöglichkeiten für die betroffenen Haftenden Obwohl der Gläubigerschutz für die vorliegende Untersuchung der maßgebliche Faktor ist, da es um eine Sonderbehandlung der Vor-GmbH aufgrund der auftretenden Benachteiligungen der Gläubiger im Vergleich zu den Verhältnissen bei der eingetragenen GmbH geht, sollen die beiden Korrelate, also die Gründer- und die Handelndenhaftung, noch unter einem anderen Aspekt untersucht werden. Die ausgleichende Abweichung vom Recht der eingetragenen GmbH schützt nicht nur die Gläubiger, sondern belastet auch auf der anderen Seite einen Personenkreis. Diese Belastung kann nicht willkürlich irgendwelchen Beteiligten aufgebürdet werden, sondern muß diejenigen treffen, die sachlich gerechtfertigt für die Verbindlichkeiten der Vorgesellschaft verantwortlich gemacht werden können. Die Gründerhaftung ist unter diesem Gesichtspunkt ohne Schwierigkeiten zu rechtfertigen: Die Gründer-Gesellschafter sind es schließlich, die nach allgemeinen Grundsätzen für die Verbindlichkeiten ihrer Gesellschaft haften müßten, wenn nicht wegen der angestrebten Rechtsform „ G m b H " die Anwendung der allgemeinen Haftungsgrundsätze zweifelhaft wäre. Jedenfalls läßt sich eine Inanspruchnahme der Gesellschafter für Verbindlichkeiten aus einer Geschäftstätigkeit, die letzten Endes ihrem Nutzen dient, nicht als willkürlich und völlig unangemessen bezeichnen. Fraglich ist, ob eine Inanspruchnahme der Handelnden in gleichem Maße zu rechtfertigen ist. Dazu ist vorab die Frage zu klären, welcher Personenkreis 64

Huber, FS Robert Fischer, S. 263, 276.

III. Eigene Stellungnahme

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unter die „Handelnden" i.S.d. §11 I I GmbHG fallt. Wie bereits oben dargestellt 65 , hat der BGH seine frühere Ansicht, wonach unter die Handelnden auch sämtliche Gründergesellschafter fielen, die der Geschäftsaufnahme zugestimmt hatten, mit BGHZ 47, 25 aufgegeben. Nach nun ständiger Rechtsprechung ist Handelnder nur derjenige, der die Vor-GmbH rechtsgeschäftlich nach außen vertritt 6 6 . Diese einschränkende Interpretation des § 11 I I GmbHG hat in der Literatur überwiegende Zustimmung gefunden 67 . Damit trifft die Haftung aus § 11 I I GmbHG ausschließlich die Geschäftsführer der Vorgesellschaft, die nach § 351 GmbHG die Gesellschaft nach außen vertreten 68 . Sie sind diejenigen, die jedes Handeln und jede Geschäftsaufnahme im Namen der Gesellschaft letztendlich zu verantworten haben. Einfache Angestellte, die lediglich in dem ihnen von den Geschäftsführern übertragenen Aufgabenbereich tätig werden, handeln in diesem Sinne nicht eigenverantwortlich, sondern sind als verlängerter Arm der Geschäftsführer einzuordnen 69 . Die Handelndenhaftung ist somit genaugenommen eine Organhaftung 70 . Damit kann die Eingangsfrage dahingehend präzisiert werden, ob es gerechtfertigt ist, den Geschäftsführern der VorGmbH eine persönliche Haftung zur Ausgleichung der vorübergehenden Gläubigerbenachteiligung im Vorgesellschaftsstadium aufzubürden. Normalerweise, im Falle der eingetragenen GmbH, sind die Geschäftsführer jedes unternehmerischen Risikos enthoben und haften allenfalls nach § 43 I I GmbHG wegen schuldhafter Verletzung ihrer Pflichten. Es müssen also schon erhebliche sachliche Gründe vorliegen, sie während des Eintragungsverfahrens, dessen Dauer auch sie in der Regel nicht wesentlich beeinflussen können, der Gefahr des persönlichen Einstehenmüssens für Verbindlichkeiten der Gesellschaft auszusetzen. Solche Gründe könnten darin liegen, daß den Geschäftsführern in der Gründungsphase der GmbH vom GmbHG eine äußerst verantwortungsvolle Rolle zugeordnet wird. Nach § 78 GmbHG erfolgt die Anmeldung der GmbH zum Handelsregister durch die Geschäftsführer. Gemäß § 8 I I GmbHG muß die Anmeldung eine Versicherung der Geschäftsführer beinhalten, daß die in § 7 II, I I I GmbHG bezeichneten Mindesteinlagen eingebracht wurden und zu ihrer freien Verfügung stehen, und daß im Falle der Einmann65

Vgl. oben C I I 1). BGHZ 51, 30, 35; 65, 378, 380f.; 72, 45, 46f. 67 Hachenburg/Ulmer, § 11, Rz 72; Scholz/K. Schmidt, § 11, Rz 101; Fischer, § 11, Anm. 3 b. 68 So auch Hachenburg/Ulmer, § 11, Rz 72. 69 In diesem Sinne BGHZ 53, 206, 208. 70 Ständige Rspr.: BGHZ 53,206,208; 65,378,380; 66,359,360f.; 72,45,46f.; 80,129, 135; BGH W M 80, 955 = JA 81, 192; Lieb, DB 70, 961, 965; Huber, FS Wolfgang Hefermehl, S. 127, 146; ders. FS Robert Fischer, S. 263, 278; K. Schmidt, GmbHRdsch 73,146; ders. in Scholz, § 11, Rz 101; Hachenburg/Ulmer, Ί 2 Aufl., § 11, Rz 98f.; Priester, ZIP 82,1141,1153; Häuser, JA 81,193;wobei unter den Begriff der Handelnden überwiegend auch diejenigen Personen gefaßt werden, die lediglich wie ein Geschäftsführer auftreten. 66

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C. Gründerhaftung und Handelndenhaftung

gründung die nach § 7 I I 2 GmbHG erforderlichen Sicherungen bestellt sind. Es obliegt also den Geschäftsführern, vor der Anmeldung sorgfältig zu prüfen, ob der Haftungsfonds der Gesellschaft in der vom GmbHG vorgesehenen Zusammensetzung errichtet wurde. Haben die Geschäftsführer diese Aufgabe ordnungsgemäß wahrgenommen und eine ausreichend ausgestattete Gesellschaft zur Anmeldung gebracht, ist ihr Risiko äußerst gering. Werden sie für Verbindlichkeiten der Gesellschaft in Anspruch genommen, können sie jederzeit nach den Regeln des Aufwandsersatzes Rückgriff auf das ausreichend ausgestattete Gesellschaftsvermögen nehmen. Dabei besteht zwar die Möglichkeit, daß das Gesellschafts vermögen dauerhaft nicht bzw. nicht mehr ausreicht, um den Rückgriffsanspruch zu befriedigen. Die Geschäftsführer müssen in diesem Fall einen Teil der von ihnen aufgebrachten Mittel nicht nur vorübergehend, sondern für immer persönlich einbringen. Diese Situation kann aber nur eintreten, wenn die Vor-GmbH durch das jeweilige Geschäft in die Zahlungsunfähigkeit und damit in die Nähe der Konkursantragspflicht nach § 641 GmbHG geraten ist. Denn die Unmöglichkeit des Rückgriffs kann nur gegeben sein, wenn die Verbindlichkeit so hoch war, daß sie auch nicht unmittelbar aus dem Gesellschaftsvermögen eingetrieben werden konnte. Nur in einem solchen Fall, der also den vollständigen geschäftlichen Fehlschlag durch die riskante Geschäftstätigkeit der Geschäftsführer voraussetzt, kann es zu einer endgültigen persönlichen Vermögenseinbuße bei den Geschäftsführern kommen, obwohl der Haftungsfonds bei Anmeldung der GmbH ordnungsgemäß vorhanden war. Ein wahres Risiko besteht dagegen in dem Fall, in dem die Gesellschaft bei der Anmeldung nicht mit den in § 7 II, I I I GmbHG geforderten Mindesteinlagen ausgestattet ist. Werden die Geschäftsführer in einem solchen Fall nach § 11 I I GmbHG in Anspruch genommen, können sie u.U. bei der unzureichend ausgestatteten Gesellschaft keinen ausreichenden Regreß nehmen. Sie werden nun von dem oben beschriebenen Verzögerungsrisiko betroffen. Sie müssen darauf warten, daß das Registergericht die Eintragung der Gesellschaft ablehnt und in diesem Augenblick die persönliche Haftung der Gesellschafter eingreift. Es kann also dazu kommen, daß sie aus ihrem Privatvermögen Mittel zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger vorstrecken müssen. Diese Belastung erscheint aber durchaus vertretbar, wenn berücksichtigt wird, daß sie selbst durch die unzutreffende Versicherung nach § 8 I I GmbHG die „kranke" VorGmbH auf den Weg gebracht haben und somit für die vorübergehende Nichthaftung der Gründer nach § 128 HGB unmittelbar verantwortlich sind. Die Beschränkung ihres Risikos auf ein Vorschießenmüssen persönlicher Mittel beschränkt sich dabei auf diejenigen Fälle, in denen die Geschäftsführer im Rahmen ihres nach § 37 I GmbHG durch die Gesellschafter umrissenen Aufgabenbereichs gehandelt haben. Werden sie dagegen für im Außenverhältnis nach § 37 I I GmbHG gegenüber der Gesellschaft wirksame Geschäfte in Anspruch genommen, die sie unter Überschreitung ihrer im Innenverhältnis nach § 37 I GmbHG beschränkten Geschäftsführungsbefugnis getätigt haben,

III. Eigene Stellungnahme

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wird ein Rückgriff auf die Gesellschaft nicht möglich sein. Aber auch dieses Risiko erscheint gerechtfertigt, denn es entspricht demjenigen, das § 43 I I GmbHG für Geschäftsführer aufstellt, die ihre Obliegenheiten gegenüber der Gesellschaft verletzen. Zusammenfassend ist somit festzustellen, daß § 11 I I GmbHG die im Eintragungszeitraum bestehenden Risiken der unzureichenden Errichtung eines Haftungsfonds durchaus gerechtfertigt den Geschäftsführern aufbürdet. Im Zusammenhang mit der Regelung der §§ 8 II, 78 GmbHG, die den Geschäftsführern die alleinige Verantwortung für die Zusicherung der ordnungsgemäßen Errichtung des Haftungsfonds überträgt, erscheint § 11 I I GmbHG sogar als „maßgeschneiderte" Zuweisung der Belastung, die der notwendige Ausgleich der Gläubigerbenachteiligungen im Eintragungszeitraum zwangsläufig mit sich bringt 7 1 . 8. Entscheidung zwischen den Möglichkeiten, Zusammenfassung Somit kann sowohl die persönliche Haftung der Gründer-Gesellschafter als auch die persönliche Haftung der Geschäftsführer für Verbindlichkeiten der angemeldeten Vor-GmbH einen brauchbaren Ausgleich für die Benachteiligungen der Gläubiger in der Vor-GmbH-Phase bieten, ohne daß dabei die Betroffenen in ungerechtfertigter Weise belastet würden. Es bieten sich daher theoretisch drei Möglichkeiten an, den Ausgleich auszugestalten. Als Ergänzung zur Haftung der Vorgesellschaft wäre denkbar einmal die alleinige persönliche Haftung der Gründer-Gesellschafter, des weiteren die alleinige persönliche Haftung der Handelnden und schließlich die gemeinsame Haftung beider Personengruppen. Die alleinige persönliche Haftung der Gesellschafter scheidet aber als Möglichkeit im Rahmen des geltenden Rechts aus. Sie beinhaltete einen Verzicht auf die Handelndenhaftung und damit einen Verstoß gegen den ausdrücklichen Wortlaut des § 11 I I GmbHG, der eben diese Haftung anordnet. De lege ferenda mag diese Möglichkeit zu überdenken sein, de lege lata ist für sie kein Raum, nachdem § 11 I I GmbHG als geltendes Recht auch nach der kleinen GmbH-Reform im Gesetz verblieben ist und Art. 7 der ersten Richtlinie des Rats der europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts die Mitgliedstaaten zu einer Beibehaltung einer solchen Vorschrift verpflichtet 72 . Gegenwärtig kommen also nur die beiden anderen Möglichkeiten in Betracht. Den besseren Gläubigerschutz erzielte selbstredend die gemeinschaftliche Haftung von Gesellschaftern und Handelnden. Dieser doppelte Schutz ginge 71

So im Ergebnis auch Huber, FS Robert Fischer, S. 263,277 f., der maßgeblich auf die Kontrollmöglichkeit der Geschäftsführer abstellt. 72 Vgl. oben C H I ) . 5 Derwisch-Ottenberg

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C. Gründerhaftung und Handelndenhaftung

aber über das notwendige Maß hinaus, denn es wäre, wie oben festgestellt 73, ein ausreichender Schutzmechanismus, wenn neben die allein noch nicht hinreichende Haftung der Vorgesellschaft irgendeine persönliche Haftung tritt. Selbst eine nur subsidiäre Haftung der Gesellschafter, etwa bei Vermögenslosigkeit der Geschäftsführer, stellte deshalb eine ungerechtfertigte Bevorzugung der VorGmbH-Gläubiger gegenüber den Gläubigern einer eingetragenen GmbH dar. Dies gilt umso mehr, als zum Vermögen der Geschäftsführer auch ihre Regreßansprüche gegen die Gesellschaft gehören. Außerdem darf das Risiko, einer nicht ordnungsgemäß ausgestatteten Vor-GmbH zu begegnen, auch nicht überbewertet werden. In aller Regel sind die zum Handelsregister angemeldeten Gesellschaften mit einem Haftungsfonds ausgestattet, der den Maßregeln des GmbHG entspricht. Nur in wenigen Ausnahmefallen ist das Gegenteil der Fall und es kommt deshalb zur Ablehnung des Eintragungsantrages durch das Registergericht 74. Angesichts dieser geringen Zahl von Fällen, in denen eine persönliche Haftung sachlich letztendlich unbedingt erforderlich ist, verbietet sich eine Übersicherung der Gläubiger ohnehin. Schließlich müssen auch die Interessen der Gesellschafter berücksichtigt werden, die gerade eine GmbH errichtet haben, um eine unbeschränkte Haftung auszuschließen. Eine persönliche Haftung ist ein starker Eingriff in ihren Rechtskreis, auch wenn sie Rückgriff auf das Gesellschafts vermögen nehmen können. Es spricht also alles dafür, von der Doppelsicherung der gemeinschaftlichen Haftung von Gesellschaftern und Handelnden abzusehen. Demnach haften für Verbindlichkeiten der angemeldeten Vor-GmbH nur das Gesellschaftsvermögen und daneben die Geschäftsführer aus § 11 I I GmbHG persönlich. Diese Variante gleicht die dargestellten Sonderprobleme der angemeldeten Vorgesellschaft gegenüber der eingetragenen GmbH in nahezu idealer Weise aus. Die Gläubiger können neben dem Gesellschaftsvermögen zugreifen auf das persönliche Vermögen der Geschäftsführer. Ihnen verantwortlich sind also diejenigen Personen, die bei den der Forderung zugrunde liegenden Geschäften und Handlungen maßgeblich tätig geworden sind. Die Geschäftsführer sind diejenigen Personen, die den Gläubigern deshalb am besten bekannt und namhaft zu machen sind. Aus der Sicht der Gesellschafter bietet die vorgeschlagene Lösung vor allem die frühzeitige Haftungsbeschränkung ab dem Zeitpunkt der Anmeldung. Sie veranlaßt die Gesellschafter aber auch, den Haftungsfonds der Gesellschaft sorgfaltig zu errichten. Ist dieser Haftungsfonds entsprechend den §§ 5, 7 II, I I I GmbHG ausgestattet, brauchen sie mit einer persönlichen Inanspruchnahme nach der Anmeldung nicht mehr zu rechnen. Ist der Haftungsfonds dagegen nicht ordentlich etabliert, droht die Ablehnung der Eintragung und eine 73

Vgl. oben C I I I 4). Beim Amtsgericht Marburg kam auf die insgesamt daraufhin untersuchten ca. 90 Anträge nur ein einziger solcher Fall. Die Eintragung scheiterte, weil keine Einzahlungsquittungen vorgelegt werden konnten. 74

III. Eigene Stellungnahme

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rückwirkende persönliche Haftung der Gesellschafter. Dieses Risiko werden die Gesellschafter scheuen. Die Haftungskonstellation übt somit einen durchaus wünschenswerten Druck auf sie aus, den Regeln des GmbHG zur Kapitalaufbringung nachzukommen. Auch auf die Geschäftsführer wird durch die Regelung ein wünschenswerter Einfluß ausgeübt. Wünschenswert ist dabei derjenige Einfluß, der zu soliden, dem GmbHG entsprechenden Eintragungsanträgen und einem möglichst unproblematischen, zügigen Eintragungsverfahren führt. Die Geschäftsführer müssen daran interessiert sein, sofort auf das Gesellschaftsvermögen Rückgriff nehmen zu können, wenn sie nach § 11 I I GmbHG persönlich in Anspruch genommen wurden. Sie werden deshalb mit besonderer Sorgfalt überprüfen, ob der Haftungsfonds von den Gesellschaftern ordnungsgemäß errichtet wurde, bevor sie die Gesellschaft zum Handelsregister anmelden und ihre Versicherung nach § 8 I I GmbHG abgeben. Nur die ausreichend ausgestattete Vorgesellschaft ist für ihre Aufwendungsersatzansprüche eine brauchbare Haftungsgrundlage. Des weiteren werden sie alles ihnen mögliche dazu beitragen, das Eintragungsverfahren zu fördern und Hindernisse zu beseitigen. Ihnen ist daran gelegen, möglichst bald zu einer Eintragung der GmbH zu kommen, weil danach § 11 I I GmbHG keine Anwendung mehr findet und sie zumindest für neu eingegangene Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht mehr persönlich haften müssen (ob sogar auch die vorher entstandenen Verbindlichkeiten aus § 11 I I GmbHG im Zeitpunkt der Eintragung erlöschen, ist erst weiter unten zu untersuchen). Damit ist die Haftungssituation während des Zeitraumes zwischen der Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister und der Eintragung bzw. der Ablehnung der Eintragung hinreichend aufgeklärt.

9. Die Verselbständigung auf der Vermögensseite der nicht angemeldeten Vor-GmbH Die vorstehenden Ausführungen können aber nicht für die gesamte VorGmbH-Phase Gültigkeit beanspruchen. Diese beginnt nicht erst mit der Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister, sondern bereits mit der Errichtung der Satzung. Geklärt werden muß also noch die Haftungssituation zwischen der Errichtung der Gesellschaft und ihrer Anmeldung. a) Praktische Relevanz dieser Frage Diese Frage hat eine wesentlich geringere praktische Bedeutung als diejenige nach der Lage zwischen Anmeldung und Eintragung. Während letztgenannter Zeitraum typischerweise einige Wochen umfaßt, erfolgt die Anmeldung in aller Regel unmittelbar nach Satzungserrichtung. Gängiger Praxis dürfte es entsprechen, daß der Notar, vor dem der Gesellschaftsvertrag gemäß § 2 11 GmbHG geschlossen werden muß, unmittelbar anschließend als Bevollmächtigter der *

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C. Gründerhaftung und Handelndenhaftung

Geschäftsführer die Anmeldungsunterlagen beim Registergericht einreicht 75 . Die übliche Zusammenziehung von Gründungsschritten (Vertragsschluß nach § 2 GmbHG, Bestellung der Geschäftsführer, Leistung der Mindesteinlagen nach § 7 II, I I I GmbHG, Anmeldung nach §§ 7 I, 8 GmbHG), die auch zeitlich auseinandergezogen denkbar wären, erfolgt wohl vor allem, damit anläßlich des Vertragsschlusses auch die anderen Schritte unter der sachkundigen Aufsicht des Notars vollzogen werden können. Die Anzahl der Rechtsgeschäfte, die von den frühestens im Gesellschaftsvertrag bestellten Geschäftsführern bis zum Zeitpunkt der Anmeldung getätigt werden, wird also im allgemeinen nicht von großer Bedeutung sein. Trotzdem soll untersucht werden, inwieweit die Haftungsbeschränkung des § 13 I I GmbHG auf sie Anwendung findet. b) Das Vorhandensein der Mindesteinlagen gemäß §§ 7 11,111,8 I, II GmbHG Oben wurde festgestellt, daß der Verselbständigung der eingetragenen Gesellschaft auf der Haftungsseite, die in § 13 I I GmbHG ihren Ausdruck findet, eine Verselbständigung auf der Vermögensseite gegenübersteht, die durch die verschiedenen Ausgestaltungen der Prinzipien der Kapitalaufbringung und -erhaltung begründet wird. Die Gesellschafter erkaufen ihre Haftungsbeschränkung damit, daß der Haftungsfonds, der aus ihrem Vermögen errichtet wird, ihrer Verfügbarkeit weitgehend entzogen wird und für einen effektiven Gläubigerschutz zur Verfügung gestellt wird 7 6 . Im Zeitraum von der Anmeldung bis zur Eintragung bzw. zur Ablehnung der Eintragung ist nach den oben getroffenen Feststellungen die Verselbständigung auf der Vermögensseite noch nicht genau so weit fortgeschritten, wie es nach der Eintragung bei der vollendeten GmbH der Fall ist 7 7 . Eine Anwendung des § 13 I I GmbHG mit der Folge, daß ausschließlich das Gesellschaftsvermögen haftet, kommt daher nicht in Betracht 78 . Die Verselbständigung ist aber bereits so weit gediehen, daß auf die Anwendung der allgemeinen Haftungsgrundsätze verzichtet werden kann. Die Handelndenhaftung allein vermag die relativ geringe Differenz im Verselbständigungsgrad zwischen eingetragener GmbH und angemeldeter Vor-GmbH zu überbrücken 79 . U m festzustellen, inwieweit § 13 I I GmbHG auf die nicht angemeldete VorGmbH anzuwenden ist, muß zunächst wieder nach ihrer Verselbständigung im Vermögensbereich gefragt werden. Da diese Verselbständigung bei den entstandenen und werdenden Kapitalgesellschaften maßgeblich durch die Prinzipien 75

So jedenfalls allgemein bei den untersuchten Handelsregisteranmeldungen beim Amtsgericht Marburg. 76 Vgl. oben C I I I 2). 77 Vgl. oben C I I I 3). 78 Vgl. oben C I I I 4). 79 Vgl. oben C I I I 8).

III. Eigene Stellungnahme

69

der Kapitalaufbringung und -erhaltung bewirkt wird, ist zu untersuchen, inwieweit in dieser Phase der Haftungsfonds bereits errichtet und gegen unzulässige Abflüsse gesichert ist. Der Haftungsfonds ist im Grunde bereits mit der Errichtung der Satzung entstanden. Nach §§ 3 I Nr. 4, 5 IV 1 GmbHG müssen die Stammeinlagen der einzelnen Gesellschafter der Höhe und der Art nach bereits in der Satzung bestimmt werden. Die Gesellschafter sind mit Abschluß des Gesellschaftsvertrages verpflichtet, die vereinbarten Stammeinlagen an die Gesellschaft zu leisten. Der Haftungsfonds besteht also vom Beginn der Vor-GmbH-Phase an. Fraglich ist aber, ob damit allein bereits eine Verselbständigung einhergeht, die den Haftungsfonds der Willkür der Gesellschafter entzieht und einen effektiven Gläubigerschutz bewirkt. § 7 II, I I I GmbHG beinhaltet die Wertung, daß die Einlageforderungen allein noch nicht ausreichen, um diese Ziele zu erreichen. Ein großer Teil der Stammeinlagen muß danach bereits tatsächlich an die Gesellschaft geleistet sein, nur der Rest darf die Form der Forderung gegen die Gesellschafter haben. Durch die Formulierung „Die Anmeldung darf erst erfolgen, wenn ..." in § 7 I I 1 GmbHG wird aber deutlich, daß dieses Erfordernis erst vom Zeitpunkt der Anmeldung an besteht. Auch die Versicherung der Geschäftsführer nach § 8 I I GmbHG, die Mindesteinlagen befänden sich zu ihrer freien Verfügung, bezieht sich ausschließlich auf den Zeitpunkt der Anmeldung und sagt über die Zeit davor nichts aus. Vom Vorhandensein eines Haftungsfonds, der bereits teilweise aus tatsächlich geleisteten Einlagen besteht, geht also das GmbHG bei der nicht angemeldeten Vor-GmbH nicht aus. Es besteht zwar die Möglichkeit, daß die Mindesteinlagen geleistet sind, aber im Zweifel wird die Gesellschaft nach der Einbringung dieser Einlagen sofort angemeldet werden. Die Gesellschafter, die ihre Leistungen ordnungsgemäß erbracht haben, werden ein Interesse daran haben, möglichst schnell zur Anmeldung und zur Eintragung zu gelangen, um endlich ihre endgültige Haftungsbeschränkung herbeizuführen. Sie werden deshalb einen entsprechenden Einfluß auf die Geschäftsführer ausüben. Es kommt aber auch gar nicht darauf an, ob nicht ausnahmsweise doch der Haftungsfonds schon den Formen des § 7, II, I I I GmbHG entspricht. Selbst in diesem Falle unterfiele er noch nicht den Kontrollen und Verfügungsbeschränkungen, die ihn derart verselbständigten, daß er als gläubigersicherndes Korrelat zum Tragen käme. Nirgends ist eine Kontrolle der Kapitalaufbringung vor der Anmeldung vorgesehen. Jede vorher erbrachte Einlage erfolgt zwar aufgrund der durch die Satzung begründeten Einlageverpflichtung, jedoch freiwillig zu einem so frühen Zeitpunkt. Eine solche frühzeitige Einlagenerbringung ist zur Beachtung der Kapitalaufbringungsvorschriften in §§ 7 II, III, 81, I I GmbHG nicht erforderlich. Diese können befolgt werden, indem die Einlagen erst unmittelbar vor der Anmeldung an die Gesellschaft zur freien Verfügung der Geschäftsführer geleistet werden.

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C. Gründerhaftung und Handelndenhaftung

c) Die Anwendbarkeit

der Vorschriften

zur Kapitalerhaltung

Da die Kapitalerhaltungsvorschriften sinnvollerweise an die kontrollierte Kapitalaufbringung anschließen, ist für ihre Anwendung vor der Anmeldung auch kein Raum. Sie greifen erst in dem Moment ein, in dem das Anfangskapital nach gerichtlicher Feststellung vollständig war, also im Moment der Anmeldung. Vorher besteht kein Bedürfnis, die freiwillig so früh geleisteten Einlagen durch Kapitalerhaltungsmaßnahmen zu schützen. Die Einlagen müssen ja doch im Moment der Anmeldung wieder vollständig sein, sonst liegen die Voraussetzungen des § 7 II, I I I GmbHG in diesem Moment nicht vor und die Geschäftsführer können die Versicherung nach § 8 I I GmbHG nicht abgeben. Auf jeden Fall wird die registergerichtliche Kontrolle, die allein auf den Zeitpunkt der Anmeldung abhebt, jede Unvollständigkeit des Gesellschaftsvermögens feststellen und in einem solchen Falle zur Ablehnung der Eintragung führen. Zu einer Gläubigergefährdung kann es also gar nicht kommen, wenn frühzeitig erbrachte Einlagen wieder entnommen oder in anderer Weise geschmälert werden. Der Gläubigerschutz, dem die Vorschriften zur Kapitalerhaltung dienen, indem sie gewissen Gefahrdungen des Haftungsfonds vorbeugen, muß erst im Moment der Anmeldung eingreifen. Nun erst besteht die Gefahr, daß eine Schmälerung des Haftungsfonds mangels einer fortdauernden Kontrolle des Registergerichts unentdeckt bleibt und die Gläubiger ihre Haftungsgrundlage verlieren. Deshalb müssen die Kapitalerhaltungsvorschriften von diesem Zeitpunkt ab gelten 80 . Vorher aber kann das vor diesem Zeitpunkt eingebrachte Stammkapital jederzeit wieder den Gesellschaftszwecken entzogen werden, ohne daß der Schutz der Kapitalerhaltungsvorschriften eingriffe. Die Ansicht von Schäfer-Gölz, wonach die Kapitalerhaltungsvorschriften bereits von der Gesellschaftserrichtung an Geltung haben sollen 81 , kann daher nicht überzeugen. Schäfer-Gölz differenziert nicht zwischen dem Zeitraum von Errichtung bis Anmeldung und demjenigen von Anmeldung bis Eintragung, sondern behandelt die gesamte Vorgesellschaftsphase einheitlich. Damit aber wird die Anmeldung als gesetzlich vorgeschriebener Anknüpfungszeitpunkt für die kontrollierte Kapitalaufbringung völlig ignoriert. Angesichts des im vorigen dargelegten Zusammenhangs zwischen kontrollierter Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung kann aber die Zäsur der Anmeldung nicht übergangen werden. d) Die Publizität der nicht angemeldeten Vor-GmbH, Zusammenfassung Somit ist festzuhalten, daß vor der Anmeldung kein gesetzlicher Zwang zur tatsächlichen Aufbringung und somit auch keiner zur Erhaltung des Haftungs80 81

Vgl. oben C I I I 3) a). Schäfer-Gölz, S. 172 f.

III. Eigene Stellungnahme

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fonds besteht. Es gibt auch keinen Anlaß zu erwarten, daß die Einlagen trotz des Fehlens eines gesetzlichen Zwanges frühzeitig erbracht werden. Es fehlt bis unmittelbar vor der Anmeldung noch jeglicher Druck auf die Gesellschafter, den Haftungsfonds ordentlich zu errichten. Sie haben lediglich ein starkes Interesse daran, daß ihre Mindesteinlagen im Zeitpunkt der Anmeldung vollständig erbracht sind. Anderenfalls droht ihnen die Ablehnung der Eintragung mit der Folge ihrer auch rückwirkend unbeschränkten Haftung. Vor der Anmeldung dagegen kann ihnen die Vollständigkeit des Haftungsfonds gleichgültig sein. Es droht ihnen keinerlei Sanktion, wenn sie erst im letzten Augenblick ihre Einlagen nach § 7 II, I I I GmbHG leisten bzw. bereits erbrachte Einlagen noch einmal aus dem Gesellschaftsvermögen herausziehen. Die geforderte Konkretisierung und Festigung des Haftungsfonds ist also bei der noch nicht angemeldeten Vor-GmbH nicht gegeben, auch wenn im Einzelfall die Mindesteinlagen schon zur Verfügung der Gesellschaft stehen. Die Belange der Gläubiger werden während dieses Zeitraumes noch in anderer Weise unzureichend gewährleistet. Jene haben überhaupt keine Möglichkeit, sich über die Verhältnisse ihrer Geschäftspartnerin zu informieren. Beim Registergericht liegen noch keine Unterlagen vor, aus denen sich die Namen der Geschäftsführer und Gesellschafter und die vorgesehenen und bereits geleisteten Einlagen ergeben. Es ist sogar noch ungewiß, ob eine Anmeldung zum Handelsregister überhaupt jemals erfolgen wird. Nichts hindert die Gesellschafter daran, die Geschäftsführer dahingehend zu instruieren, von der Anmeldung ganz abzusehen. Der wahrscheinlichere Fall ist derjenige, daß die Mindesteinlagen nicht aufgebracht werden können und die Anmeldung deshalb immer wieder hinausgeschoben wird. Der Zugriff auf das Gesellschaftsvermögen, das unter Umständen lediglich aus den Einlageforderungen besteht, ist durch die mangelnde Übersichtlichkeit der Verhältnisse stark erschwert. Auch von der äußeren Zugriffsmöglichkeit her gesehen ist die nicht angemeldete Vorgesellschaft also noch wesentlich schwächer verselbständigt als die angemeldete. Diese Situation der Unsicherheit ist ihrer Art nach auch nicht zwangsläufig eine zeitlich begrenzte. Bei der angemeldeten Vor-GmbH werden die Ungewißheiten, die noch bestehen, weil die Anmeldungsunterlagen noch ungeprüft sind, mit der unweigerlich erfolgenden Entscheidung des Registergerichts so oder so ausgeräumt. Hier aber ist kein gerichtliches Verfahren in Gang gesetzt, das zwangsläufig zu einer Entscheidung führt. Die Anmeldung einer errichteten GmbH kann beliebig hinausgezögert werden, wenn die Gesellschafter dahingehende Anweisungen an die Geschäftsführer gegeben haben 82 . Dies wird auch bestätigt durch § 79 I I GmbHG, der die Erzwingung der Anmeldung durch ein Zwangsgeld nach § 14 HGB ausdrücklich verbietet 83 . Abhilfe bieten könnte nur eine Regelung, wonach sich die Vor-GmbH in eine O H G umwandelt, wenn die Eintragung nicht mehr mit der notwendigen Energie verfolgt 82 83

Hachenburg/Ulmer, Ί 2 Aufl., § 7, Rz 5, 6. Hachenburg/Ulmer, Ί 2 Aufl., § 7, Rz 5.

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C. Gründerhaftung und Handelndenhaftung

wird. Oben 84 wurde aber schon festgestellt, daß eine Ermittlung dieses Zeitpunkts im nachhinein sehr schwierig sein wird. Deshalb wurde oben die rückwirkende Umwandlung der angemeldeten Vor-GmbH in eine O H G erst vom Moment der Eintragungsablehnung an angenommen. Hier aber steht ein solcher ohne Schwierigkeiten zu ermittelnder Zeitpunkt gar nicht zur Verfügung. Von daher wäre wünschenswert, die Haftung der nicht angemeldeten Vorgesellschaft so auszugestalten, daß es auf eine Bestimmung dieses Zeitpunktes gar nicht ankommt. Zusammenfassend läßt sich folgendes feststellen: Der Haftungsfonds der noch nicht angemeldeten Vor-GmbH besteht zwar, weil mit der Satzungserrichtung die Forderungen gegen die Gesellschafter auf die Stammeinlagen entstanden sind. Dieser Haftungsfonds ist aber noch in keiner Weise verfestigt, da weder die Vorschriften über die tatsächliche Kapitalaufbringung noch diejenigen über die Kapitalerhaltung Anwendung finden. Der Zugriff der Gläubiger auf den Haftungsfonds, in der Regel also auf die Einlageforderungen, ist zudem erschwert durch das Fehlen jeder Informationsmöglichkeit beim Handelsregister. 10. Geltung der allgemeinen Haftungsgrundsätze und der Handelndenhaftung In dieser Form vermag der Haftungsfonds keinen effektiven Gläubigerschutz zu gewährleisten. Es geht nicht wie bei der angemeldeten Vor-GmbH darum, angesichts einer Situation, die derjenigen bei der eingetragenen GmbH nahekommt, einen angemessenen Ausgleich für das vorübergehende Fehlen einer abgeschlossenen gerichtlichen Überprüfung zu finden. Vor der Anmeldung fehlen vielmehr für einen unbestimmten Zeitraum die wesentlichen gläubigersichernden Merkmale des Haftungsfonds. Die Situation ist eine völlig andere als bei der eingetragenen GmbH. Die Verselbständigung auf der Vermögensseite der nicht angemeldeten Vor-GmbH ist noch so schwach ausgebildet, daß eine Verselbständigung auf der Haftungsseite noch nicht zu rechtfertigen ist. § 13 I I GmbHG kann demnach noch keine Anwendung finden. Es gelten vielmehr die allgemeinen Haftungsgrundsätze wie § 128 HGB, d.h. die Gesellschafter der Vor-GmbH haften vor der Anmeldung persönlich und unbeschränkt für Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Daneben besteht nach dem zwingenden Wortlaut des § 11 I I GmbHG, der auch den Zeitraum vor der Anmeldung mitumfaßt, die Haftung der Geschäftsführer 85.

84 85

Vgl. oben C I I I 3) b) bb). So auch Schultz, JuS 82, 732, 738.

III. Eigene Stellungnahme

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11. Die Konsequenzen dieser Haftungsausgestaitung Bei dieser Haftungslage kann es den Gläubigern gleichgültig sein, ob und wann die Anmeldung erfolgt. Die Gesellschafter haften in jedem Fall, unabhängig davon, ob bei Entstehung der Verbindlichkeit die Anmeldung noch nachhaltig verfolgt wurde oder nicht. Zur Feststellung einer Verbindlichkeit muß der kaum eindeutig zu klärende Zeitpunkt, in dem sich nach der hier nicht vertretenen herkömmlichen Ansicht die echte in eine unechte Vor-GmbH verwandelt 86 , nicht bestimmt werden. Die einzigen Aufklärungsschwierigkeiten, die danach noch verbleiben, betreffen die Feststellung der Gesellschafter. Da die Satzung von diesen noch nicht aus der Hand gegeben wurde, ist eine Einsichtnahme zur Feststellung sämtlicher haftender Schuldner unter Umständen schwierig. Diesem Problem begegnet aber auch jeder Gläubiger einer nicht ins Handelsregister eingetragenen vollkaufmännisch tätigen Personengesellschaft. Für die Gläubiger der noch nicht eingetragenen Vor-GmbH steht daneben sogar noch die Handelndenhaftung zur Verfügung, so daß ihre Interessen durch die genannte Lösung zufriedenstellend gewahrt sind. Auch die Belastung der Gesellschafter erscheint vertretbar. Im Gegensatz zur Situation nach der Anmeldung liegt es in ihrer Hand, die Dauer von der Errichtung der Gesellschaft bis zur Anmeldung zu bestimmen 87 . Haben sie alle Anmeldungsvoraussetzungen erbracht, sind die Geschäftsführer mangels entgegenstehender Weisungen verpflichtet, die Gesellschaft sofort zur Anmeldung zu bringen. Anderenfalls machen sich die Geschäftsführer schadenersatzpflichtig 8 8 . Außerdem besteht im Recht der GmbH im Unterschied zur Aktiengesellschaft der Grundsatz der Weisungsbefugnis der Gesellschafter gegenüber den Geschäftsführern 89. Die Gesellschafter können also den Geschäftsführern bis zur Anmeldung die Eingehung von Verbindlichkeiten verbieten. Unter diesen Umständen ist die unbeschränkte Haftung der Gesellschafter diesen auch dann durchaus zumutbar, wenn berücksichtigt wird, daß sie eine Gesellschaftsform gewählt haben, bei der diese Haftung gerade ausgeschlossen sein soll. Schließlich erlangt der aus der Gründerhaftung in Anspruch genommene Gesellschafter einen Aufwendungsersatzanspruch gegen die Gesellschaft, vergleichbar demjenigen des OHG-Gesellschafters aus §110 H G B 9 0 . Dabei muß allerdings 86

Vgl. dazu oben C I I I 3) b) bb). Schultz, JuS 82, 732, 738. 88 Hachenburg/Ulmer, l 2 Aufl., § 7, Rz 6. 89 Dies ergibt sich aus § 371 GmbHG. Vgl. dazu Scholz/ Schneider, § 37, Rz 5 ff.; sowie unten E I. 90 Der OHG-Gesellschafter erwirbt auch dann einen Anspruch aus § 110 HGB, wenn er aus § 128 HGB in Anspruch genommen wurde, obwohl dann möglicherweise keine freiwillige Aufwendung vorgelegen hat, so Baumbach/Duden/Hopt, § 110, Anm. 1 B; Heymann/Kötter, § 110, Anm. 2; Schlegelberger/Geßler, § 110, Rz 3; BGHZ 37, 299, 302 führt dies nicht ausdrücklich aus, setzt es aber offenbar bei seinen Ausführungen voraus. a.A.: GK-HGB-Feddersen, § 110, Rz 3, der in diesem Fall einen Anspruch aus § 670 BGB analog gewährt. 87

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C. Gründerhaftung und Handelndenhaftung

berücksichtigt werden, daß der Rückgriffsanspruch des Vor-GmbH-Gesellschafters nicht dazu führen darf, daß im Zeitpunkt der Anmeldung das Stammkapital der Gesellschaft angegriffen ist. Wurde er vor der Anmeldung aus dem Gesellschaftsvermögen befriedigt, muß dennoch bei der Anmeldung das volle Stammkapital nachgewiesen werden. Ist die Forderung gegen die Gesellschaft in diesem Zeitpunkt noch offen, muß sie als Negativposten auf den Haftungsfonds angerechnet werden 91 . Deshalb kann es zu dem Fall kommen, daß die Gesellschafter trotz ihres Aufwendungsersatzanspruchs gegen die Gesellschaft letztendlich persönlich für die Vorgesellschafts-Verbindlichkeit einstehen müssen, weil sie für den Zeitpunkt der Anmeldung den unter Umständen negativen Vermögensstand der Vorgesellschaft auf den Stand des ausgewiesenen Stammkapitals bringen müssen. Trotzdem wäre es nicht richtig, von einer auf den Anmeldungszeitpunkt bezogenen Differenzhaftung zu sprechen. Verzichten die Gesellschafter auf die Anmeldung, sind sie keinem Anspruch der Gesellschaft ausgesetzt. Insofern unterscheidet sich die Situation doch grundlegend von der auf den Eintragungszeitpunkt bezogenen Differenzhaftung, nach der die GmbH im Moment ihrer Vollendung automatisch einen Anspruch auf den Differenzbetrag gegen die Gesellschafter erwirbt. Da die Gesellschafter vor der Anmeldung frei in ihrer Entscheidung sind, ob sie zum Zwecke einer erfolgversprechenden Anmeldung das Gesellschaftsvermögen ausreichend auffüllen oder aber die Eintragung nicht mehr weiterverfolgen, paßt der Begriff der Differenzhaftung nicht. Zu unterscheiden von dieser Frage ist natürlich, inwieweit die Gesellschafter sich untereinander verpflichtet haben können, durch erneute Einlagen die Gesellschaft anmeldungsfähig auszustatten. Auch wenn die Gesellschafter auf die Anmeldung verzichten, bleiben sie auf ihrer Vermögenseinbuße sitzen, wenn ihre Rückgriffsansprüche nicht mehr vom Gesellschaftsvermögen gedeckt sind. Zusammenfassend bleibt also festzustellen, daß bei einer Geschäftsaufnahme vor der Anmeldung ein persönliches Risiko der Gesellschafter verbleibt, das aber angesichts der Möglichkeiten der Risikobeschränkung vertretbar ist. Zuletzt bleibt zu untersuchen, ob auch die durch § 11 I I GmbHG angeordnete Haftung der Geschäftsführer in dieser Phase vor der Anmeldung den Betroffenen zugemutet werden kann oder ob sie eine willkürliche, nicht zu rechtfertigende Belastung der Organe darstellt. Die Geschäftsführer sind diejenigen, die die wirtschaftlichen Verhältnisse der Vorgesellschaft am besten überschauen. Sie wissen genau, welche Stammeinlagen die Gesellschafter schon eingebracht haben. Eine rechtsgeschäftliche Verpflichtung der Vor-GmbH ist ausschließlich durch sie möglich. Es liegt also an den Geschäftsführern, dieses ihnen am besten bekannte Risiko einzuschränken. Sind die Mindesteinlagen bereits eingezahlt und haben die Gesellschafter alle Eintragungsvoraussetzungen erfüllt, sind sie verpflichtet, die Gesellschaft umgehend zur Anmeldung zu bringen 92 . Verlän91 92

Vgl. oben C I I I 2). Hachenburg/Ulmer, l 2 Aufl., § 7, Rz 6.

III. Eigene Stellungnahme

75

gern sie unter Verletzung dieser den Gesellschaftern gegenüber bestehenden Anmeldungspflicht die Phase der nicht angemeldeten Vor-GmbH, besteht kein Anlaß, sie besser zu stellen als nach erfolgter Anmeldung, nach der sie nach den oben getroffenen Feststellungen der § 11 I I GmbHG-Haftung unterworfen sind. Sind die Mindesteinlagen noch nicht eingezahlt bzw. weisen die Gesellschafter die Geschäftsführer nach erfolgter Einbringung an, mit der Anmeldung noch zu warten, müssen die Geschäftsführer sich darüber klar sein, daß ihnen bei einer Geschäftsaufnahme die persönliche Inanspruchnahme droht, wenn Verbindlichkeiten nicht aus dem Haftungsfonds der Gesellschaft beglichen werden können. Sie sollten mit der Eingehung von Verbindlichkeiten vorsichtig sein, die über das jeweilige Gesellschaftsvermögen hinausgehen, und auf die Errichtung des Haftungsfonds drängen. Auf jeden Fall verbleibt ihnen der Rückgriff auf das vorhandene Gesellschaftsvermögen und auf das persönliche Vermögen der Gesellschafter, die über die oben festgestellte Gründerhaftung auch für die Verbindlichkeiten der Vorgesellschaft einstehen müssen, die aus den Aufwendungsersatzansprüchen der Handelnden resultieren. Besteht aber die Aussicht, daß eine zu begründende Verbindlichkeit weder aus dem Gesellschaftsvermögen noch von den Gesellschaftern beglichen werden kann, wäre es wohl am besten, von vornherein auf ein solches Geschäft zu verzichten. Letztlich verbleibt dem Handelnden damit nur das Risiko einer vorläufigen Inanspruchnahme und dasjenige der Zahlungsunfähigkeit von Gesellschaft und allen Gesellschaftern. Diese Belastung aber erscheint für die Geschäftsführer mit ihrer zentralen Stellung im Geschehen der Vor-GmbH-Phase als nicht unangemessen. Es bestehen also keine Bedenken, im Zeitraum zwischen der Errichtung und der Anmeldung der Vor-GmbH für Verbindlichkeiten der Gesellschaft sowohl die Gesellschafter als auch die Handelnden persönlich und unbeschränkt neben dem Gesellschaftsvermögen haften zu lassen. 12. Zwischenergebnis: Die Haftungsverhältnisse während der Vor-GmbH-Phase Bis zur Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister hat sich das Stammkapital noch nicht soweit verselbständigt, daß von einem effektiv gläubigerschützenden Haftungsfonds die Rede sein könnte. Deshalb ist für die Anwendung des §13 I I GmbHG kein Raum. Es gelten die allgemeinen Haftungsregeln, d.h. außer dem Gesellschaftsvermögen selbst haften auch die Gesellschafter persönlich und unbeschränkt für Verbindlichkeiten der nicht angemeldeten Vor-GmbH. Daneben können die Gläubiger, die mit den Gesellschaftern meist gar nicht in Berührung gekommen sind, gemäß § 11 I I GmbHG auch auf die Geschäftsführer zurückgreifen. Sowohl Gesellschafter als auch Geschäftsführer können Rückgriff beim Gesellschaftsvermögen nehmen, wenn sie solcherart persönlich in Anspruch genommen worden sind. Letztendlich tragen aber die Gesellschafter Verluste aus den vor der Anmeldung entstandenen Verbindlichkeiten, denn im Zeitpunkt der Anmeldung muß das

76

C. Gründerhaftung und Handelndenhaftung

Stammkapital vollständig und ungeschmälert durch vorangegangene Verluste vorhanden sein. Durch eine ordnungsgemäße Anmeldung verselbständigt sich das Stammkapital derart, daß die Situation derjenigen bei der eingetragenen GmbH bereits angenähert ist. A u f die Anwendung der allgemeinen Haftungsregeln kann daher verzichtet werden. Die Gesellschafter müssen für die Verbindlichkeiten der angemeldeten Vor-GmbH nicht persönlich einstehen. Die Situation unterscheidet sich aber immer noch von derjenigen bei der eingetragenen GmbH, da die registergerichtliche Kontrolle der Anmeldungsunterlagen noch aussteht, der Haftungsfonds also noch ungeprüft ist. Einen ausreichenden Ausgleich dafür bietet jedoch schon die Handelndenhaftung nach § 11 I I GmbHG. Anderes gilt, wenn die Eintragung der Gesellschaft scheitert. In diesem Fall hat sich nachträglich herausgestellt, daß die Gesellschaft keine echte Vor-GmbH im Durchgangsstadium gewesen ist, sondern lediglich eine Gesellschaft unter fehlerhafter GmbH-Firmierung. Nach erfolgtem Scheitern haften die Gesellschafter auch rückwirkend für alle Gesellschafts Verbindlichkeiten. Vor der Entscheidung des Registergerichts ist die Haftungsbefreiung der Gesellschafter also nur eine vorläufige, die erst bei Eintragung endgültig wird oder aber bei Nichteintragung wieder entfallt. 13. Das Erlöschen der Ansprüche aus Gründer- und Handelndenhaftung im Zeitpunkt der Eintragung I m vorigen wurde festgestellt, wer innerhalb des Zeitraumes zwischen Satzungserrichtung und der endgültigen Entscheidung des Registergerichts, entweder die GmbH einzutragen oder aber die Eintragung abzulehnen, für Verbindlichkeiten der Vor-GmbH haftet. Im weiteren ist nun zu klären, ob die im Rahmen dieses Haftungssystems entstandenen Forderungen nur aufgrund der allgemein geltenden Erlöschensgründe wie insbesondere § 362 I BGB untergehen können, oder ob daneben noch ein spezifischer Erlöschensgrund anzunehmen ist. Wie oben dargestellt 93 , entspricht es heute der weit überwiegenden Ansicht in Rechtsprechung und Literatur, im Falle der Forderungen gegen die Handelnden und die Gesellschafter einen solchen besonderen Erlöschensgrund in der Eintragung der GmbH ins Handelsregister und dem Eintritt der vollendeten Gesellschaft in die Schuldnerstellung zu sehen. Im Zeitpunkt der Eintragung sollen die Gesellschafter und die Geschäftsführer von ihren Verbindlichkeiten aus der Gründer- und der Handelndenhaftung frei werden. Der Inhaber der Forderung habe ja nun mit der eingetragenen GmbH gerade diejenige Schuldnerin, die ihm zusteht. Er sei nun genau so gestellt, als habe er seine Forderung bereits gegen eine vollendete GmbH erworben. Eine weiter andauernde Privilegierung durch daneben fortexistierende Haftungsgrundlagen 93

Vgl. oben C I I 2).

III. Eigene Stellungnahme

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sei nicht mehr gerechtfertigt 94 . Für ein Fortbestehen der Handelndenhaftung hat sich in jüngster Zeit Schäfer-Gölz 95 ausgesprochen. Er führt aus, daß die Haftung aus § 11 I I GmbHG ihren Funktionen wesentlich besser gerecht wird, wenn sie nicht im Zeitpunkt der Eintragung erlischt. Der gewünschte Druck auf die Geschäftsführer, die Registereintragung beschleunigt durchzuführen, sei dann besonders groß, wenn diese nicht die Gewißheit haben, im Eintragungszeitpunkt ja doch von ihrer Verantwortung befreit zu werden 96 . Auch die Sicherung der Gläubiger, die angesichts der frühzeitigen Geschäftsaufnahme mit noch unkontrolliertem Stammkapital erforderlich ist, sei bei einer fortdauernden Haftung besser gewährleistet 97. Schließlich biete auch der Wortlaut des § 11 I I GmbHG keinen Anhaltspunkt für ein vorzeitiges Erlöschen der Handelndenhaftung 98 . Inwieweit die vorgebrachten Argumente tragfähig sind und ein Erlöschen der Haftungen im Eintragungszeitraum zu bejahen ist, soll im folgenden anhand der oben aufgestellten methodischen Grundsätze 99 untersucht werden. Auszugehen ist dabei immer von dem Grundsatz, daß die rechtlichen Verhältnisse der VorGmbH nach dem Recht der eingetragenen GmbH zu beurteilen sind, soweit nicht einzelne Regelungen die Eintragung voraussetzen. Die Außenhaftungsregelung des § 13 I I GmbHG kann nicht uneingeschränkt Anwendung finden, weil sie einen voll verselbständigten Haftungsfonds voraussetzt, der vor der Eintragung wegen der fehlenden registergerichtlichen Bestätigung noch nicht vorliegt. M i t der noch unvollständigen Verselbständigung des Haftungsfonds geht eine Schlechterstellung der Gläubiger der Vor-GmbH einher. Die Durchbrechungen des § 13 I I GmbH, also die Gründerhaftung für Verbindlichkeiten aus der Zeit zwischen Errichtung und Anmeldung und die Handelndenhaftung für solche aus der gesamten Vor-GmbH-Phase, haben die Aufgabe, diese Schlechterstellung auszugleichen. Ihre Funktion besteht somit darin, den Gläubigern der Vorgesellschaft eine Haftungsgrundlage zu verschaffen, die derjenigen bei einer eingetragenen GmbH gleichzusetzen ist. Dabei steht naturgemäß immer der Gesichtspunkt der Gläubigersicherung im Vordergrund, jede Benachteiligung der Vor-GmbH-Gläubiger soll vermieden werden. Das Gebot der Gleichstellung verlangt aber auf der anderen Seite auch eine Beschränkung des Gläubigerschutzes. Die Sonderregelungen im Recht der Vor-GmbH dürfen nur soweit gehen, bis ein Zustand erreicht ist, der demjenigen bei der eingetragenen GmbH entspricht. Sie haben also nur die Aufgabe, die Gläubiger so zu stellen, als hätten sie mit einer eingetragenen GmbH zu tun. Gehen die Sonderregelungen in ihrer Wirkung darüber hinaus, wird gegen das Grundprinzip des Rechts der 94 95 96 97 98 99

Vgl. oben C I I 2). S. 174 ff. Schäfer-Gölz, S. 175. Schäfer-Gölz, S. 175 f. Schäfer-Gölz, S. 176. Vgl. oben Β III.

78

C. Gründerhaftung und Handelndenhaftung

Vorgesellschaft verstoßen, daß auf diese das Recht der eingetragenen Gesellschaft anzuwenden ist, soweit dieses nicht die Eintragung voraussetzt. Die Zielsetzung, die persönliche Haftung so auszugestalten, daß sie einen optimalen Gläubigerschutz bewirkt, geht an den genannten Grundsätzen vorbei, weil sie nur den einen Aspekt der Gläubigersicherung sieht und nicht die andere Seite, das Verbot einer ungerechtfertigten Privilegierung der Gläubiger, berücksichtigt 1 0 0 . Die Ausgestaltung von Gründer- und Handelndenhaftung muß streng an der dargestellten Funktion ausgerichtet werden. Andere Grundlagen zur Bestimmung von Einzelheiten dieser Rechtsinstitute sind nicht vorhanden. Die Regelung des §11 I I GmbHG ist, wie schon oben ausgeführt 101 , ein so unvollständiger Anhaltspunkt für die Ausgestaltung des Vor-GmbH-Haftungssystems, daß aus ihrem Wortlaut nicht allzu weitreichende Schlüsse gezogen werden können. Aus dem Fehlen einer zeitlichen Beschränkung der Handelndenhaftung innerhalb des § 11 I I GmbHG kann deshalb nicht der Schluß gezogen werden, daß diese Haftung nach dem Willen des Gesetzgebers zeitlich unbeschränkt ausgestaltet sein soll 1 0 2 . Auch die zweite Funktion, die § 11 I I GmbHG zugemessen wird, nämlich einen gewissen Druck auf die Geschäftsführer auszuüben, die Eintragung zu beschleunigen, darf nicht überbewertet werden. Zum einen wäre eine solche Zielsetzung fragwürdig, weil die Dauer des Eintragungsverfahrens nach erfolgter Anmeldung von den Geschäftsführern kaum noch beeinflußbar ist, sondern hauptsächlich durch die verschiedenen Kontrollen und Anfragen des Registergerichts bestimmt w i r d 1 0 3 . Eine bewußte Sanktionierung einer langen Dauer des Eintragungsverfahrens, für die die Geschäftsführer in der Regel überhaupt nicht verantwortlich sind, erscheint daher zweifelhaft. Als Funktion auch der Handelndenhaftung sollte daher ausschließlich die Herstellung einer Gleichwertigkeit in der Außenhaftung zwischen Vor-GmbH und eingetragener GmbH gesehen werden. Daß sich bei dieser Gleichstellung auch Wirkungen einstellen, die aus Ordnungsgesichtspunkten wünschenswert sind, ζ. B. eine Interessenlage, die Gesellschafter und Geschäftsführer veranlaßt, einwandfreie Anmeldungen abzugeben, ist ein Nebeneffekt 104 . Im Vordergrund muß immer die dargestellte Ausgleichsfunktion stehen, der Blick auf erwünschte Nebenwirkungen darf keinesfalls dazu führen, daß dieser Hauptzweck gefährdet wird, sei es durch einen unzureichenden Gläubigerschutz oder durch ein Hinausschießen über das durch das Gleichstellungsgebot gesetzte Ziel. 100 So aber wohl Schäfer-Gölz, S. 175 f., der lediglich die Sicherungsfunktion sieht und schon die potentielle Bedeutung der Eintragung auf die Handelndenhaftung leugnet. 101 Vgl. oben C I 3). 102 Scholz/Winter, 6. Aufl., § 11, Rz 32; a.A. aber noch Hachenburg/Ulmer, § 11, Rz 64, 83. 103 Hachenburg/Ulmer, Ί 2 Aufl., § 11, Rz 84. 104 Huber, FS Robert Fischer, S. 263, 275.

III. Eigene Stellungnahme

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Abgesehen von dem hier vertretenen anderen Ansatzpunkt zur Bewertung der Druckfunktion des § 11 I I GmbHG kann die diesbezügliche Argumentation von Schäfer-Gölz auch in sich nicht recht überzeugen. Es mag sein, daß der Druck auf die Geschäftsführer im Einzelfall besonders groß ist, wenn ihnen eine zeitlich unbeschränkte Verantwortlichkeit droht. Sie werden in einem solchen Falle die Eingehung von Verbindlichkeiten ganz zu vermeiden suchen, was eher die gesunde wirtschaftliche Entscheidungsfindung hemmen als die Eintragung fördern wird. Sind aber maßgebliche Verbindlichkeiten entstanden, etwa gleich bei der Geschäftsaufnahme Betriebsmittel oder -anlagen angeschafft worden, kann die zeitlich unbeschränkte Handelndenhaftung auch gegenteilige Wirkungen zeigen: Weil mit der Eintragung diese großen Belastungen doch nicht von den Geschäftsführern genommen werden, ist ein wesentlicher Anreiz zur Beschleunigung der Eintragung entfallen, der bei zeitlicher Beschränkung der Haftung besteht. Diese Interessenlage wird sogar in vielen Fällen vorliegen, da die Vor-GmbH häufig ihre Geschäftstätigkeit unmittelbar nach Anmeldung aufnehmen wird und zu Beginn des Geschäftsbetriebes häufig große, auf langfristige Nutzung angelegte Anschaffungen getätigt werden. Damit kann das Argument einer vergrößerten Druckwirkung zur Bestimmung des zeitlichen Umfangs der Handelndenhaftung insgesamt nicht überzeugen. Die Bestimmung der Ausgestaltung von Gründer- und Geschäftsführerhaftung hat also allein im Hinblick auf ihre Funktion zu erfolgen, den Gläubigern der Vor-GmbH eine Haftungsgrundlage zu verschaffen, die möglichst weitgehend derjenigen einer eingetragenen GmbH gleichkommt. Jede persönliche Haftung muß daher enden, wenn die Gläubiger ohne sie so gestellt sind, als hätten sie ihre Forderungen gegen eine bereits eingetragene GmbH erworben. Es ist zu untersuchen, ob dies im Moment der Eintragung der Fall ist, wenn die vollendete GmbH in die Verbindlichkeit eintritt. Erwirbt jemand gegen eine eingetragene GmbH eine Forderung, hat er die Gewißheit, daß das Stammkapital dieser Gesellschaft einmal ordnungsgemäß aufgebracht und von diesem Zeitpunkt an den Vorschriften zur Kapitalerhaltung unterworfen gewesen ist. Die dem Gesetz entsprechende Aufbringung garantiert ihm die registergerichtliche Kontrolle, die positiv verlaufen sein muß, da die Gesellschaft ja eingetragen wurde. Derjenige Gläubiger, der eine Forderung gegen eine Vor-GmbH erworben hat, die nun eingetragen wurde, sieht sich genau der gleichen Situation gegenüber, ganz unabhängig davon, ob seine Forderung vor oder nach der Anmeldung entstanden ist und er bisher entweder auf die Geschäftsführer allein oder auch noch zusätzlich auf die Gründer zugreifen konnte. Stammt die Forderung aus der Zeit vor der Anmeldung, beweist ihm die Eintragung, daß in der Zwischenzeit eine ordnungsgemäße Anmeldung mit dem Nachweis einer gesetzesmäßigen Kapitalaufbringung erfolgt ist und vom Gericht anerkannt wurde. Entstand die Forderung nach der Anmeldung, liegt mit der Eintragung der Beweis dafür vor, daß bereits bei Entstehung der Forderung ein ordnungsgemäß errichtetes Stammkapital zur Verfügung stand oder zumindest bestehende Mängel noch nachträglich behoben wurden. Eine Beschränkung bei der

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C. Gründerhaftung und Handelndenhaftung

Information über die Gesellschaft besteht nicht mehr, weil nun ja die Handelsregistereintragung frei eingesehen werden kann. Die Gläubiger der Vor-GmbH stehen also im Zeitpunkt der Eintragung genau so, als hätten sie ihre Forderung bereits gegen die eingetragene GmbH erworben. Sie haben nun genau die Schuldnerin, die ihnen nach einem Kontakt mit einer unter einem GmbHZusatz firmierenden Gesellschaft zusteht. Eine Weitergeltung der Gründer- und Handelndenhaftung führte zu einer ungerechtfertigten Privilegierung der ehemaligen Vor-GmbH-Gläubiger, die in diesem Falle auf ein geprüftes und vom Registergericht für vollständig entstanden erachtetes Gesellschaftsvermögen und zusätzlich auf das Privatvermögen der Geschäftsführer und gegebenenfalls der Gründer zugreifen könnten. Sowohl die Handelnden- als auch die Gründerhaftung muß deshalb im Zeitpunkt der Eintragung erlöschen, wenn die vollendete GmbH in die Verbindlichkeit eintritt. Der h.M. hierzu ist also uneingeschränkt zuzustimmen. 14. Das Schicksal von Gründer- und Handelndenhaftung bei Liquidation oder Konkurs der Vorgesellschaft Damit ist nun geklärt, wie sich die beiden weitaus bedeutendsten Beendigungsgründe einer Vor-GmbH auf die zusätzliche persönliche Haftung von Gesellschaftern und Geschäftsführern auswirken. Endet die Vorgesellschaftsphase wie in aller Regel durch die Eintragung, erlischt die persönliche Haftung. Endet sie durch die Ablehnung der Eintragung, bleibt die Haftung bestehen und zusätzlich wird die Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten wirksam, die zwischen Anmeldung und der Entscheidung des Gerichts wirksam wurden und für die die Gesellschafter vorläufig nicht einstehen mußten. Die Vorgesellschaft kann aber auch noch in anderer Weise aufgelöst werden. Nach heute einhelliger Ansicht ist die Vorgesellschaft konkursfahig und kann nach § 60 I Nr. 4 GmbHG durch Konkurs aufgelöst werden 105 . Als weitere Auflösungsgründe kommen die Kündigung aus wichtigem Grund oder der Auflösungsbeschluß in Frage 106 . Zu klären bleibt also, was in einem solchen Falle mit der persönlichen Haftung geschieht, ob sie erlischt oder über die Auflösung hinaus weiterbesteht. Methodisch ist diese Frage in gleicher Weise anzugehen wie diejenige nach dem Schicksal der Haftung im Falle der Eintragung. Die persönliche Haftung kann und muß erlöschen, wenn die Gläubiger der Vor-GmbH ohne sie genau so gestellt sind, als hätten sie ihre Forderung gegen eine eingetragene GmbH erworben. Diese Gleichstellung setzt, wie oben festgestellt wurde, voraus, daß durch die Eintragung ins Handelsregister amtlich bestätigt wurde, daß die 105 Hachenburg/Ulmer, § 63, Rz 5 u. Ί 2 Aufl., § 11, Rz 39; Scholz/K. Schmidt, § 63, Rz 1 u. §11, Rz 55; Schäfer-Gölz, S. 173; Huber, FS Robert Fischer, S. 263, 272; BayObLG, NJW 65, 2257; O L G Nürnberg, A G 1967, 362, 363 (für die Vor-AG). 106 Hachenburg/Ulmer, 7* Aufl., § 11, Rz 39; Scholz/K. Schmidt, § 11, Rz 55.

III. Eigene Stellungnahme

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registergerichtliche Kontrolle zu dem Ergebnis gekommen ist, daß das Stammkapital der Gesellschaft ordnungsgemäß aufgebracht wurde. Wird die Eintragung abgelehnt, ist offenbar, daß die gesetzlichen Anforderungen nicht erfüllt waren. Endet die Vor-GmbH durch Konkurs oder in anderer Weise ohne endgültige Entscheidung des Registergerichts, bleibt offen, ob die Anmeldungsunterlagen das Vorliegen der Eintragungsvoraussetzungen belegen konnten oder nicht. Das Gericht wird bei Auflösung der Vor-GmbH das Eintragungsverfahren abbrechen und keine hypothetische Entscheidung darüber fallen, ob es im Falle der Nichtauflösung die Gesellschaft eingetragen hätte oder nicht. Für die Gläubiger verbleibt also, unabhängig davon, ob die Anmeldung in Wirklichkeit erfolg versprechend war oder nicht, die Ungewißheit über die ausreichende Errichtung des Haftungsfonds. Selbst ein späterer Versuch der Gesellschafter oder Geschäftsführer, die ordnungsgemäße Stammkapitalaufbringung gegenüber den Gläubigern nachzuweisen, kann die fehlende Registereintragung nicht ersetzen. Für die Haftungsausgestaltung müssen klar erkennbare Tatsachen wie zum Beispiel die Anmeldung oder Eintragung maßgeblich sein. Nicht zumutbar ist für den Gläubiger dagegen, zurückgezogene Anmeldungsunterlagen daraufhin zu untersuchen, ob sie eine ausreichende Kapitalaufbringung belegt haben oder nicht. Es verbleibt also in den Fällen, in denen die Vorgesellschaft ohne gerichtliche Entscheidung beendet wird, eine Benachteiligung der Gläubiger in Form der bleibenden Ungewißheit über die ausreichende Kapitalausstattung. Sie stehen bei der Auflösung der Gesellschaft nicht so wie die Gläubiger einer eingetragenen GmbH. Ihre Situation ähnelt eher derjenigen bei der abgelehnten Eintragung. Allenfalls ist dort der Abstand zur eingetragenen GmbH quantitativ noch größer, weil die Ungewißheit über die ordnungsgemäße Ausstattung schon umgeschlagen ist in eine Kenntnis ihrer Mangelhaftigkeit. Qualitativ aber stehen sich beide Situationen insofern gleich gegenüber, als daß die maßgebliche Gleichstellung zum Fall der eingetragenen GmbH nicht erreicht wurde und auch nicht mehr erreicht werden kann. Daraus folgt, daß im Falle des Konkurses oder einer Auflösung der Gesellschaft aus einem anderen Grunde die Anwendung des § 13 I I GmbHG nicht in Betracht kommt. Bereits bestehende persönliche Haftungen von Gesellschaftern und Geschäftsführern bestehen fort. Die vorläufige und in ihrer endgültigen Wirkung durch die Eintragung bedingte Haftungsfreistellung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Vorgesellschaft aus der Zeit zwischen Anmeldung und Eintragung entfällt. Für alle entstandenen Verbindlichkeiten der Vor-GmbH, unabhängig davon, ob sie vor oder nach der Anmeldung begründet wurden, sind Gesellschafter und Geschäftsführer persönlich und unbeschränkt verantwortlich.

6 Derwisch-Ottenberg

D. Die Sicherung der Kapitalgrundlage im Eintragungszeitpunkt I . Problemstellung Das Prinzip der Kapitalerhaltung soll gewährleisten, daß das gemäß dem Prinzip der Kapitalaufbringung errichtete Stammkapital dauerhaft den Gesellschaftsgläubigern als Haftungsgrundlage erhalten bleibt. Es soll verhindert werden, daß der den Ausgleich zur Haftungsbeschränkung bildende Haftungsfonds dem Zugriff der Gläubiger wieder entzogen wird. Diesem Zweck dienen die §§ 30ff., 58 I, 63f., 73 GmbHG 1 , die vor allem Ausschüttungen aus dem Gesellschaftsvermögen an die Gesellschafter verbieten, soweit dadurch das Stammkapital angegriffen würde. Dieser Schutz kann aber nur das eine Risiko abdecken, das dem Stammkapital aus der großen Einflußmöglichkeit der Gesellschafter auf das Handeln der Gesellschaft erwächst. Gegen das größte Risiko jeder werbenden Gesellschaft, den Verlust durch geschäftlichen Mißerfolg, ist das Stammkapital nicht geschützt2. Durch das starre Mindestkapital von 50.000.- D M ist noch nicht einmal gewährleistet, daß die Gesellschaft mit einem Anfangsvermögen ausgestattet wird, das dem Umfang des Geschäftsbetriebes gerecht wird. Es ist daher durchaus möglich, daß das Gesellschaftsvermögen weit unter den Betrag des ausgewiesenen Stammkapitals absinkt. In einem solchen Fall besteht keinerlei Verpflichtung der Gesellschafter, erneute Einlageleistungen zu erbringen, um das Gesellschaftsvermögen wieder auf den Stand des Stammkapitals zu bringen 3 . Die Gläubiger einer GmbH können daher nie sicher sein, daß ihre Schuldnerin über ein bestimmtes Mindestvermögen verfügt. Für sie setzt erst dann wieder ein Schutzmechanismus ein, wenn das gesamte Vermögen der GmbH, d.h. auch das Stammkapital 4 , verbraucht ist. Dann ist die Gesellschaft überschuldet und die Geschäftsführer müssen nach Feststellung dieser Tatsache anläßlich einer Bilanz gemäß §§ 63 I, 64 I 1, 2. Hs. GmbHG die Gesellschaft zum Konkurs anmelden5. Die Gläubiger einer eingetragenen GmbH sind also immer dem Risiko ausgesetzt, daß ihre Schuldnerin nicht mehr über den ausgewiesenen Haftungs1

Priester, ZIP 82, 1141, 1146, Fn. 69. Dilcher, JuS 66, 89, 93; Raiser, Kapitalgesellschaften, S. 265. 3 Priester, ZIP 82, 1141, 1149. 4 Vgl. dazu Hachenburg/Ulmer, § 63, Rz 24. 5 Genauer kann hier auf die — sonst im einzelnen auch umstrittenen — Voraussetzungen der Überschuldung nicht eingegangen werden, vgl. dazu Hachenburg/Ulmer, § 63, Rz 18 ff. und Scholz/K. Schmidt, § 63, Rz 6ff. 2

I. Problemstellung

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fonds verfügt. Fraglich ist nun, in welchem Zeitpunkt dieses Risiko einsetzt, von welchem Augenblick an also die Sicherung des Stammkapitals ausschließlich von den oben angeführten Kapitalerhaltungsregeln übernommen wird. Zunächst wird die Gewährleistung eines vollständigen Stammkapitals von den Regeln der Kapitalaufbringung bewirkt. Danach ist es erforderlich, daß das Gesellschaftsvermögen zumindest einmal für einen Augenblick die Höhe des ausgewiesenen Haftungskapitals hat. Das bedeutet, daß die Gesellschafter zu diesem bestimmten Zeitpunkt das volle Stammkapital zur Verfügung stellen müssen, auch wenn vorher bereits Verluste angefallen sind. Sie tragen also zunächst das Risiko geschäftlicher Mißerfolge, das dann später bei ausschließlicher Geltung der Kapitalerhaltungsregeln auf die Gläubiger übergeht. Dieser Augenblick des Risikoüberganges ist von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung und muß genau bestimmt werden 6 . Dies ist allein anhand des GmbHG nicht möglich. Die Kapitalaufbringung ist nur bezüglich der Mindesteinlagen ausdrücklich in §§ 7 II, I I I , 8 II, 9 GmbHG auf den Zeitpunkt der Anmeldung bezogen. Daraus kann noch nicht mit Sicherheit geschlossen werden, daß danach auf das vollständige Vorhandensein des Stammkapitals verzichtet werden kann. Zweifel daran kann auch § 1 1 1 GmbHG wecken, der bestimmt, daß vor der Eintragung ins Handelsregister die GmbH als solche nicht besteht. Man könnte daraus schließen, daß die für die vollendete Kapitalgesellschaft spezifische Verlustrisiko-Übertragung auf die Gläubiger vor der Eintragung nicht stattfinden soll. So läßt der Wortlaut des GmbHG offen, ob das Stammkapital im Zeitpunkt der Anmeldung oder bei der Eintragung in voller Höhe vorhanden sein muß. Auch die Lösung dieses Problems ist somit vom Gesetzgeber Literatur und Rechtsprechung überantwortet. Die Bestimmung des Zeitpunktes, zu dem das Stammkapital vollständig vorhanden sein muß und das Risiko geschäftlicher Verluste von den Gesellschaftern auf die Gesellschaftsgläubiger übergeht, ist aber nur der eine Aspekt der vorliegenden Problemstellung. Es muß weiterhin geklärt werden, wie die Vollständigkeit des Stammkapitals in diesem Zeitpunkt gewährleistet wird. Nur im unmittelbaren Moment der Satzungserrichtung, in dem sich die Gesellschafter zur Erbringung ihrer Stammeinlagen verpflichten und die Vorgesellschaft also mit ihrer Entstehung zwangsläufig Forderungen in Höhe aller Stammeinlagen erwirbt, kann vom Vorhandensein des ungeschmälerten Anfangskapitals ausgegangen werden. Selbst bei Vereinbarung einer im Wert zu hoch angesetzten Sacheinlage ist dies der Fall, denn gemäß § 9 GmbHG tritt an die Stelle des Fehlbetrages die Verpflichtung des Gesellschafters zur Einlageleistung in Geld. Unmittelbar nach der Satzungserrichtung kann das Anfangskapital jedoch schon Verlusten ausgesetzt sein. Wird ein laufendes Unternehmen als Sacheinlage eingebracht, kann es nicht bis zur Eintragung ruhen, sondern muß 6

6*

Priester, ZIP 82, 1141, 1146.

8 4 D .

Die Sicherung der Kapitalgrundlage im Eintragungszeitpunkt

weitergeführt werden 7 . Dabei wird eine Vielzahl von Rechtsgeschäften zu tätigen sein. Ein wirksames Verfügungsgeschäft über einen Gegenstand des Gesellschaftsvermögens kann die Vollständigkeit zerstören. Ein wirksames Verpflichtungsgeschäft kann durch die Begründung einer Forderung gegen die Vorgesellschaft das gleiche bewirken. Selbst ohne jedes rechtsgeschäftliche Handeln kann eine Schmälerung des Stammkapitals eintreten, etwa durch Diebstahl oder Beschädigung einer eingebrachten Stammeinlage bei Nichtbestehen einer entsprechenden Versicherung. Es sind sogar Fälle denkbar, in denen eine Vermögensschmälerung völlig ohne menschliches Zutun entsteht, etwa bei Zerstörung von Sacheinlagen durch höhere Gewalt (Blitzschlag, Überschwemmung o. ä.) 8 . Schließlich ist auch noch eine Wertminderung durch bloßes Altern, etwa bei Kraftfahrzeugen oder Maschinen, denkbar. In allen diesen Fällen kommt es im Zeitraum zwischen Errichtung der Satzung und Anmeldung oder Eintragung zu einer Schmälerung des Stammkapitals. Da aber, je nachdem wie in der Frage der Zeitpunktbestimmung entschieden wird, bei der Anmeldung oder Eintragung das volle Stammkapital vorausgesetzt werden muß, besteht die Notwendigkeit einer rechtlichen Gewährleistung der Vollständigkeit. Dazu bieten sich grundsätzlich zwei Möglichkeiten an. Entweder verhindert man Abflüsse aus dem Stammkapital und bewahrt so dessen Vollständigkeit — so der Grundgedanke des Vorbelastungsverbotes —, oder man gestattet zwar solche Schmälerungen, sorgt dann aber für eine Wiederauffüllung des Kapitals — so der Grundgedanke der Differenzhaftung. Zum Mittel der Sicherung der Kapitalvollständigkeit schweigt das GmbHG ebenfalls, so daß auch seine Bestimmung der Literatur und Rechtsprechung obliegt. Es ist also folgendes zu klären: a) in welchem Zeitpunkt letztmals das Stammkapital vollständig zur Verfügung der Gesellschaft stehen muß und das Verlustrisiko auf die Gesellschaftsgläubiger übergeht und b) wie die Vollständigkeit des Anfangskapitals in diesem maßgeblichen Zeitpunkt zu gewährleisten ist. I I . Darstellung der bisherigen Meinungen 1. Die Ansicht bei Schaffung des Art. 211 ADHGB Bei der Schaffung und während der Geltung des Art. 211 A D H G B , der die Verhältnisse bei der AG-Gründung regelte und als Vorbild für die gleichlautenden §§ 200 HGB, 11 GmbHG diente, ging man davon aus, daß vor Eintragung die Gesellschaft noch in keiner Weise existierte 9. Diese Ansicht ist verständlich 7

So die allgemeine Ansicht, vgl. etwa Dilcher, JuS 66, 89, 91. Darauf weist auch Schultz, JuS 82, 732, 734 hin. 9 Protokolle der Commission zur Berathung eines A D H G B , 1858, Prot. X C I X C L X X V I , S. 1449; Hahn, Art. 211 A D H G B , §§ 3, 4. Vgl. dazu aber auch einschränkend oben C I I 1). Fn. 6. 8

II. Darstellung der bisherigen Meinungen

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vor dem Hintergrund des Konzessionssystems, das von der Entstehung der Gesellschaft durch den einen einzigen A k t der staatlichen Genehmigung ausging und bei der Schaffung des Art. 211 A D H G B noch Geltung hatte. Aber auch nach der Ablösung des Konzessionssystems durch das Normativsystem, die 1870 durch das Gesetz betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften erfolgte, wurde die Existenz einer Vorgesellschaft nicht sofort erkannt. Als Zeitpunkt der vollständigen Kapitalaufbringung kam bei einer solchen Betrachtungsweise nur der Moment der Eintragung in Frage. Überlegungen, die Kapitalvollständigkeit in diesem Augenblick besonders zu gewährleisten, wurden nicht angestellt. Angesichts der Annahme, eine Gesellschaft existiere überhaupt noch nicht, lag es fern, Vorkehrungen gegen die Schmälerung des Gesellschaftsvermögens zu treffen. 2. Das Vorbelastungsverbot U m die Jahrhundertwende erfolgte dann die Erkenntnis, daß bereits vor der Eintragung eine Gesellschaft, die sog. Vorgesellschaft, besteht, die mit der späteren Kapitalgesellschaft identisch ist und als Gesellschaft bürgerlichen Rechts qualifiziert wurde 10 . Gleichzeitig wurde erkannt, daß diese Vorgesellschaft bereits Trägerin des Gesellschaftsvermögens ist und Verpflichtungen eingehen kann 1 1 . Mit der Anerkennung der Vorgesellschaft wurde auch der hier zu klärende Problemkreis sichtbar. Staub sah die Gefahr, daß durch die Möglichkeit, die Vorgesellschaft wirksam zu verpflichten, „alle Vorsorge, mit welcher das Gesetz die Errichtung der Gesellschaft umgiebt, ... ihren Zweck verfehle" 12 . Er begegnete dieser Gefahr, indem er eine beliebige und freie Veipflichtungsmöglichkeit verneinte 13 . Die Vorgesellschaft sei eine Gelegenheitsgesellschaft, die lediglich den beschränkten Zweck habe, die Kapitalgesellschaft wirksam entstehen zu lassen14. Daraus ergäben sich auch für das Handeln im Namen der Gesellschaft enge Grenzen. Nur solche Verpflichtungen, die der im Gesetz vorgesehene Gründungsablauf vor der Eintragung zwangsläufig mit sich bringt, lägen innerhalb der Handlungsbefugnis und würden auch auf die eingetragene Kapitalgesellschaft übergehen 15. Eine Ausweitung dieses engen Kreises von über die Eintragung hinaus wirksamen Verpflichtungen der Gesellschaft käme nur in Betracht, wenn bereits in der Satzung die Grundlage für weitergehende Geschäfte gelegt sei. Werde zum Beispiel im Gesellschaftsver10 Staub, HGB 1900, § 188, Anm. 3 und § 200, Anm. 2; ders., GmbHG 1903, § 11, Anm. 2; dem folgend RGZ 58,55,56 (1904), danach ständige Rspr. des RG: RGZ 82,288, 290; 83, 370, 373; 87, 246, 249; 105, 228, 229; 134, 121, 122; 143, 368, 372; 151, 87, 91. 11 Eingehend Staub, GmbHG 1903, § 11, Anm. 1; vorher schon derselbe, HGB 1900, § 200, Anm. 2, dem folgend RGZ 58, 55 f. und die weitere Rspr. des RG, vgl. Fn. 10. 12 Staub, HGB 1900, § 200, Anm. 2. 13 Staub, HGB 1900, § 200, Anm. 2; ders. GmbHG 1903, § 11, Anm. 7. 14 Staub, HGB 1900, § 188, Anm. 3; ders., GmbHG 1903, § 11, Anm. 2. 15 Staub, HGB 1900, § 200, Anm. 2, ders., GmbHG 1903, § 11, Anm. 7.

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D. Die Sicherung der Kapitalgrundlage im Eintragungszeitpunkt

trag die Einbringung eines „im Gange befindlichen Geschäfts" als Sacheinlage vereinbart, könne der Betrieb dieses Geschäftes weitergeführt werden, und alle dabei anfallenden Verbindlichkeiten seien auch der eingetragenen Gesellschaft gegenüber wirksam 16 . Alle übrigen Geschäfte aber, die weder im Gesetz noch in der Satzung ihre Grundlage finden, seien der eingetragenen Gesellschaft gegenüber grundsätzlich unwirksam. Allenfalls durch eine spätere Übernahme der Geschäfte durch die vollendete Rechtsperson sei in diesen Fällen eine Verpflichtung über die Eintragung hinaus möglich 17 . Durch das Verbot, das Vermögen der Gesellschaft außerhalb der zugelassenen Ausnahmen der rechtlich oder wirtschaftlich notwendigen Geschäfte vorzubelasten, wollte Staub also lediglich erreichen, daß die Gesellschaft im Eintragungszeitpunkt über ein möglichst vollständiges Stammkapital verfügt. Dieses Kapitalsicherungsmodell wurde von der Rechtsprechung bereits 1904 übernommen 18 . Danach wurde es in ständiger Rechtsprechung bis 1981 vertreten 19 . Die einzige Unterscheidung zu den Vorschlägen Staubs bestand anfangs darin, daß die wirtschaftlich notwendigen Geschäfte nicht ausdrücklich vom Vorbelastungsverbot ausgenommen wurden. Dies geschah erst viel später, im Jahre 1963, durch den B G H 2 0 . Danach wurde aber der Übergang der lediglich wirtschaftlich notwendigen Geschäfte auf die eingetragene GmbH in ständiger Rechtsprechung anerkannt 21 . Auch im Schrifttum fand das Vorbelastungsverbot bis in neuere Zeit hinein Anhänger 22 . Aber schon sehr früh setzte auch Kritik ein. Schreiber, der den Entstehungszeitpunkt der juristischen Person in seiner Bedeutung stark relativierte und darin lediglich den Erwerb einer Eigenschaft der ansonsten identisch bleibenden Gesellschaft sah und deshalb aus prinzipiellen Gründen eine konsequente Identitätstheorie verfolgte, lehnte vor diesem Hintergrund das Vorbelastungsverbot ab. Rechtsgeschäfte der Vorgesellschaft seien vielmehr ohne jede Genehmigung auch der eingetragenen Gesellschaft gegenüber wirksam, da es sich um ein und dieselbe Gesellschaft handele 23 . 16

Staub, GmbHG 1903, § 11, Anm. 7. Staub, GmbHG 1903, § 11, Anm. 7. 18 Urteil des RG vom 4.11.1904, mitgeteilt von Seelig/Scheele in JW 1905, S. 31 (Nr. 48). Die Anerkennung einer Vorgesellschaft und ihre Qualifizierung als Gesellschaft bürgerlichen Rechts hatte das RG bereits einige Monate früher im Urteil vom 20.4.1904, RGZ 58, 55 f., vollzogen. 19 RGZ 83,370,373 f.; 105,228,230; 134,121,122; 151,87,91; BGHZ 53,210,212; 65, 378, 383; 76, 320, 324 (Letztes Urteil erging am 17.3.1980, bis dahin wurde das Vorbelastungsverbot also noch aktiv vom BGH vertreten). 20 BGH L M § 11 GmbHG, Nr. 12, Bl. 1. 21 BGHZ 53, 210, 212; 76, 320, 324. 22 Flume, FS Geßler, S. 39ff.; Fleck, Anm. zum Urteil des BGH vom 15.12.1975, L M nach Nr. 20 zu § 11 GmbHG; ders., ZGR 75, 212, 218f. 23 Schreiber, S. 36; dem schlossen sich im folgenden Feine, S. 193 ff. und MüllerErzbach, Deutsches Handelsrecht, S. 260 und 327, Mitgliedschaft S. 188 ff., an. Näher dazu: Schäfer-Gölz, S. 64 f. 17

II. Darstellung der bisherigen Meinungen

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Eine grundlegende und eingehende Auseinandersetzung mit dem Vorbelastungsverbot leistete dann Dregger 24 . Seine Kritik war der Ausgangspunkt für weitere ablehnende Stellungnahmen im Schrifttum 25 und schließlich in der Rechtsprechung 26. Es wurde kritisiert, daß das Vorbelastungsverbot seine Aufgabe, nämlich die Vollständigkeit des Anfangskapitals im Eintragungszeitpunkt sicherzustellen, nicht hinreichend erfüllen kann. Durch die notwendigen Ausnahmen, nämlich Verbindlichkeiten aus rechtlich und wirtschaftlich notwendigen Geschäften doch gegen die Gesellschaft gelten zu lassen, ist die Schutzwirkung des Vorbelastungsverbotes weitgehend ausgehöhlt. Insbesondere bei Anerkennung wirtschaftlich notwendiger Geschäfte besteht keinerlei Gewähr mehr dafür, daß nicht ζ. B. durch das verlustreiche Weiterbetreiben eines als Sacheinlage eingebrachten Handelsgeschäftes das Anfangsvermögen angegriffen oder gar verbraucht ist 2 7 . Wirtschaftlich gesehen bietet das Vorbelastungsverbot den Gläubigern auch keinen Schutz vor einer Belastung des Vermögens der eingetragenen Gesellschaft mit Verbindlichkeiten aus nicht notwendigen Geschäften. Unmittelbar nach der Eintragung kann die GmbH die ihr gegenüber zunächst unwirksamen Geschäfte gemäß § 177 BGB genehmigen 28 . Sie wird dazu sogar in vielen Fällen regelrecht gezwungen sein, um nicht angebahnte Geschäftsbeziehungen zu gefährden und als treuwidrig angesehen zu werden 29 . In aller Regel wird daher die Freiheit von Verbindlichkeiten aus nicht notwendigen Geschäften nur für einen kurzen Moment bestehen. Das Vorbelastungsverbot kann also die Erhaltung der Haftungssumme nur ganz punktuell sichern und dabei keinen beachtenswerten Gläubigerschutz bewirken 3 0 . Für diesen beschränkten Erfolg müssen erhebliche Nachteile in Kauf genommen werden. Die Ausnahmen des Vorbelastungsverbotes, also die rechtlich und wirtschaftlich notwendigen Geschäfte, sind nur schwer genau einzugrenzen 31. Für eine exakte juristische Abgrenzung erscheint der Begriff der notwendigen Geschäfte untauglich 32 . Insbesondere wird eine Unterscheidung zwischen notwendigen und nicht notwendigen Geschäften den Gläubigern der Vorgesellschaft gänzlich unmöglich sein 33 . Diese kennen die Verhältnisse ihrer Schuldnerin regelmäßig nicht bis in jede Einzelheit. Beliefern sie zum Beispiel ein 24

Dregger, S. 45 ff. Dilcher, JuS 66, 89, 92ff.; Lieb, DB 70, 961, 966; Binz, S. 79ff.; Huber, FS Robert Fischer, S. 272ff. 26 BGHZ 80, 129, 137 ff. 27 Dregger, S. 48 f. 28 So allgemein die Vertreter des Vorbelastungsverbotes; vgl. schon Staub, GmbHG 1903, § 11, Anm. 7; RGZ 105, 228, 230; 134, 121, 122. 29 Dilcher, JuS 66, 89, 93. 30 Dilcher, JuS 66, 89, 93; Huber, FS Robert Fischer, S. 263, 273; Wiedemann, JurA 70, 448 f.; Ulmer, FS Kurt Ballerstedt, S. 279, 288; Hüffer, JuS 80, 485, 487. 31 Dregger, S. 46; Dilcher JuS 66, 89, 92. 32 Dilcher, JuS 66, 89, 92; Hüffer, JuS 80, 485, 487; Binz, S. 57. 33 Dregger, S. 49; Binz, S. 57 f. 25

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D. Die Sicherung der Kapitalgrundlage im Eintragungszeitpunkt

von der Vor-GmbH betriebenes Unternehmen, werden sie nicht wissen, ob das Unternehmen satzungsgemäß als Sacheinlage eingebracht wurde und das Geschäft zur Weiterführung wirtschaftlich notwendig ist — dann handelt es sich um ein notwendiges Geschäft — oder ob die Vor-GmbH-Geschäftsführer das Unternehmen erst erworben haben — dann zählt das Geschäft zu den nicht notwendigen, da seine Berechtigung nicht aus Gesetz oder Satzung herzuleiten ist. Da aber von der Einordnung des einzelnen Geschäfts in eine der Kategorien viel für den Gläubiger abhängt, entsteht eine Rechtsunsicherheit nicht unerheblichen Ausmaßes 34 . Die Gläubiger aus nicht notwendigen Geschäften geraten also mehr zufällig in eine äußerst benachteiligte Situation 35 . Sie verlieren im Zeitpunkt der Eintragung ihre primäre Haftungsgrundlage, die Vorgesellschaft, die mit allen Aktiven auf die eingetragene GmbH übergeht 36 . Dieser Verlust ist noch gravierender geworden, seit mit BGHZ 47,25 der Kreis der daneben nach § 11 I I GmbHG haftenden Handelnden eingeschränkt wurde. Während vorher auch alle Gesellschafter aus § 11 I I GmbHG hafteten, die dem Beginn der Geschäftstätigkeit vor Eintragung zugestimmt hatten, der Gläubiger also in der Regel genügend persönlich unbeschränkt haftende Schuldner neben dem Vorgesellschaftsvermögen hatte, steht ihm nach der neueren Rechtsprechung und h. M . nur noch der Geschäftsführer für die Haftung aus § 11 I I GmbHG zur Verfügung, so daß das haftende Gesellschaftsvermögen für ihn an Bedeutung gewinnt. Die Kapitalsicherungswirkung des Vorbelastungsverbotes geht also zu großen Teilen auf Kosten der Vorgesellschaftsgläubiger 37. Die Einsicht in die Unzulänglichkeiten des Vorbelastungsverbotes führte zu Vorschlägen, dieses Dogma aufzugeben 38. Zunächst sollte nur bei Sachgründungen darauf verzichtet werden. Bei Sachgründungen ist wegen der unabweisbaren Notwendigkeit von Rechtsgeschäften zur Weiterführung, Erhaltung und Betreibung von Sacheinlagen die Gefahr besonders groß, daß das Stammkapital durch erlaubte wirtschaftlich notwendige Geschäfte ausgehöhlt wird, die Gläubiger der beschriebenen Rechtsunsicherheit ausgesetzt sind und in großer Zahl mit der Eintragung ihre primäre Haftungsgrundlage verlieren. Die Nachteile des Vorbelastungsverbotes zeigen sich also bei Sachgründungen in besonders krasser Weise. Bei Bargründungen sollte es dagegen bei einem Vorbelastungsverbot bleiben 39 . Wegen der Überschaubarkeit der rechtlich notwendigen Geschäfte hielt man dort die Schwachstellen dieses Instrumentes für hinnehmbar. U m trotz des Verzichts auf das Vorbelastungsverbot bei 34

Dregger, S. 49; Dilcher, JuS 66, 89, 94; Binz, S. 58. Huber, FS Robert Fischer, S. 263, 273. 36 Dregger, S. 45. 37 Dilcher, JuS 66, 89, 94; in diesem Sinne auch Dregger, S. 45. 38 Dregger, S. 50ff.; Rittner, S. 365f.; Wiedemann, JurA 70, 439, 446ff.; Büttner, S. 153 f.; Lieb, DB 70, 961, 966; K. Schmidt, GmbH-Rdsch 73, 146, 147f. 39 Kuhn, WM-Beilage 5/1956, S. 4f.; Wiedemann, JurA 70, 439, 452; für die VorAktiengesellschaft: Beierstedt, ZHR 127, 100; Barz in Großkomm. z. AktG, §41, Rz 12f.; Würdinger, 3. Aufl., S. 92. 35

II. Darstellung der bisherigen Meinungen

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Sachgründungen die Kapitalvollständigkeit im Eintragungszeitpunkt zu gewährleisten, wurde vorgeschlagen, eine Eröffnungsbilanz vorzuschreiben, anhand derer die Vollständigkeit des Einlagewertes nachgewiesen werden müsse 40 . Die unterschiedliche Beurteilung von Bar- und Sachgründungen konnte sich aber nicht durchsetzen. Zum einen erschien eine so krasse Andersbehandlung als nicht zu rechtfertigende Benachteiligung der Bargründungsgesellschaften, zum anderen ist die Differenzierung kaum überzeugend durchführbar, wenn man die vielfältigen Möglichkeiten von Zwischenformen zwischen einer reinen Bar- und einer reinen Sachgründung bedenkt 41 . 3. Die Differenzhaftung Breite Zustimmung, insbesondere auch seitens der Rechtsprechung, fand dagegen die von Ulmer vorgeschlagene Alternative der Differenzhaftung 42 . Danach kann auf ein Vorbelastungsverbot sowohl bei Bar- als auch bei Sachgründungen völlig verzichtet werden. Alle der Vorgesellschaft gegenüber wirksamen Verbindlichkeiten gehen im Sinne einer konsequenten Identitätstheorie auf die eingetragene Gesellschaft über, ohne daß es einer irgendwie gearteten Übernahmehandlung bedürfte. Die Vollständigkeit des Stammkapitals im Moment der Eintragung wird dennoch gewahrt. Sind durch die erlaubten Vorbelastungen Verluste am Kapitalstock eingetreten, entsteht nach der Ansicht Ulmers im Zeitpunkt der Eintragung ein Anspruch der Gesellschaft gegen die Gesellschafter auf Ausgleich der Differenz zwischen dem tatsächlichen Gesellschaftsvermögen und dem ausgewiesenen Stammkapital. Hat also zum Beispiel bei einem Stammkapital von 50.000,— D M das Gesellschaftsvermögen inclusive der noch ausstehenden Resteinlageforderungen aus beliebigen Gründen nur noch einen Wert von 30.000,— D M , sind die Gesellschafter verpflichtet, die Differenz von 20.000,— D M an die Gesellschaft zu leisten und damit den Haftungsfonds wieder aufzufüllen. Das Differenzhaftungsmodell sichert also nicht das Vorhandensein gerade der geleisteten Einlagen, sondern garantiert lediglich die wertmäßige Vollständigkeit des Stammkapitals im Zeitpunkt der Eintragung. Diese Wirkung wird auch noch durch die Geltung der Ausfallhaftung gemäß § 24 GmbHG abgesichert. Die Gesellschafter werden durch diese Regelung sehr stark in Anspruch genommen, sie müssen unter Umständen im Falle einer überschuldeten Gesellschaft Nachschüsse leisten, die weit über ihre vereinbarte Stammeinlage hinausgehen. U m dieses erhebliche persönliche Risiko abzufangen, soll die Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer weiterhin beschränkt bleiben. Grundsätzlich können die Geschäftsführer die eingetragene GmbH nach wie vor nur 40

Wiedemann, JurA 70, 439, 451 ff. Ulmer, FS Kurt Beierstedt, S. 279, 287. 42 Ulmer, FS Kurt Ballerstedt, S. 279, 292ff.; Hachenburg/Ulmer, §11, Rz28ff.; I 2 Aufl., § 11, Rz 81 ff.; ders., ZGR 81, 593, 602ff. 41

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D. Die Sicherung der Kapitalgrundlage im Eintragungszeitpunkt

an rechtlich oder wirtschaftlich notwendige Geschäfte binden. Neu ist lediglich die Möglichkeit der Gesellschafter, die Vertretungsmacht auch mit Wirkung für die vollendete GmbH beliebig zu erweitern, wobei allerdings die Erweiterung nur in typisierter Form erfolgen kann 4 3 . Daß der Kapitalauffüllungsanspruch gegen die Gesellschafter im Einzelfall uneinbringbar sein kann und dann die Sicherung des Kapitals weniger effektiv ausfallen kann als im Falle eines strikt durchgeführten Vorbelastungsverbotes, erkennt Ulmer selbst an 4 4 . Da aber das Vorbelastungsverbot wegen der notwendigen Ausnahmen gar keinen wirksamen Schutz der Einlagen bieten könne, sei die Differenzhaftung im Ergebnis doch wesentlich effektiver 45 . Rechtlich begründet Ulmer sein Modell der Differenzhaftung mit einer Analogie zum Fall der vorzeitigen freiwilligen Einzahlung von Bareinlagen über die Mindesteinlagen des § 7 I I GmbHG hinaus 46 . In diesem Fall schuldet nach herrschender Ansicht der Gesellschafter, der vor Eintragung seine BarStammeinlage über den Mindestbetrag des § 7 I I GmbHG hinaus einzahlt, ohne daß dies in der Satzung vorgesehen ist, der Gesellschaft nach Eintragung denjenigen Betrag der überzahlten Stammeinlage, der im Eintragungszeitpunkt nicht mehr im Vermögen der Gesellschaft vorhanden ist, wobei streitig ist, ob es darauf ankommt, daß die Einlage noch in Geld vorhanden ist 4 7 , oder ob es ausreicht, wenn sie lediglich wertmäßig vorhanden ist 4 8 . Der BGH übernahm den Vorschlag Ulmers im Jahre 1981 in seinem grundlegenden Urteil BGHZ 80, 129 49 und nahm damit endgültig „Abschied vom Vorbelastungsverbot" 50 . Lediglich in der rechtlichen Begründung geht der BGH einen anderen Weg und begründet die Differenzhaftung mit einer Analogie zum neuen, durch die kleine GmbH-Reform eingefügten § 9 G m b H G 5 1 . Diese Vorschrift legt eine Differenzhaftung für denjenigen Gesellschafter fest, dessen Sacheinlage im Zeitpunkt der Anmeldung ihren angegebenen Wert nicht erreicht. Nachdem der BGH in dem angegebenen Urteil noch offengelassen hatte, ob er ebenso wie Ulmer von einer unbeschränkten, also den 43

Vgl. dazu näher unten E II. Ulmer, FS Kurt Beierstedt, S. 279, 293. 45 Ulmer, FS Kurt Beierstedt, S. 279, 293. 46 Hachenburg/Ulmer, § 11, Rz 28; ders. in FS Kurt Beierstedt, S. 279, 292ff. 47 Ständige Rspr., RGZ 83, 370, 374ff.; 149,293,302ff; BGHZ 15,66,68; 37,75,77f.; 51, 157, 159ff.; 80, 129, 137. 48 Raiser, Kapitalgesellschaften, S. 166; Hachenburg/Ulmer, 7. und 7*. Aufl., §7, Rz41; zu weiteren, in Einzelheiten abweichenden Ansichten vgl. Hachenburg/Ulmer, T2. Aufl., § 7, Rz 40; insgesamt ablehnend: Scholz/Winter, 6. Aufl., § 7, Rz 12. 49 BGHZ 80, 129, 140f.; seither ständige Rspr., BGHZ 80, 182, 184; BGH, GmbHRdsch 82, 235. 50 So der Titel des Aufsatzes von Ulmer in ZGR 81, 593 zu der Änderung der BGHRechtsprechung in dem genannten Urteil. 51 BGHZ 80, 129, 141. 44

II. Darstellung der bisherigen Meinungen

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Betrag des Stammkapitals gegebenenfalls übersteigenden Differenzhaftung ausgeht, Schloß er sich dieser Ansicht später ausdrücklich an 5 2 . Nur durch die unbeschränkte Differenzhaftung kann gewährleistet werden, daß die GmbH bei ihrer Eintragung über ein unversehrtes Stammkapital verfügt. Auch bei den beiden Parallelfallen, anhand derer die Differenzhaftung entwickelt wurde, besteht eine unbeschränkte Differenzhaftung 53 . Das Schrifttum nahm das Differenzhaftungsmodell Ulmers ebenfalls weitgehend an und begrüßte die Neuorientierung des BGH fast einhellig 54 . Die allgemeine Abkehr vom Vorbelastungsverbot und die Hinwendung zur Differenzhaftung war insgesamt nur ein Wechsel des Mittels. Der Zweck, die Vollständigkeit des Stammkapitals im Zeitpunkt der Eintragung zu gewährleisten, blieb derselbe. Die Erforderlichkeit der Kapitalvollständigkeit gerade in diesem Zeitpunkt wurde sogar anläßlich der Diskussion des Mittels bekräftigt. Der BGH hält es in BGHZ 80,129 für einen „Kerngedanken des Gesellschaftsrechts, die juristische Person nur mit einem garantierten Mindestkapital als der unerläßlichen Betriebs- und Haftungsgrundlage ins Leben treten zu lassen" 55 , wobei er diesen Zeitpunkt mit der Eintragung gleichsetzt. Als Begründung wird angeführt, der Rechtsverkehr solle sich darauf verlassen dürfen, daß wenigstens in dem Augenblick, in dem die GmbH als solche entsteht, der öffentlich verlautbarte Haftungsfonds zur Verfügung steht 56 . Außerdem griffen die Vorschriften zur Erhaltung des Stammkapitals erst im Augenblick der Eintragung ein, weshalb eine Schmälerung der Haftungsgrundlage vorher mit anderen Mitteln zu verhindern sei 57 . Die unbeschränkte Differenzhaftung 58 der Gesellschafter für einen Fehlbetrag zwischen dem vereinbarten Stammkapital und dem tatsächlichen Gesell52

BGH, Urt. v. 23.11.81, GmbH-Rdsch 82, 235. BGH, GmbH-Rdsch 82, 235. 54 Bereits vor dem BGH-Urteil zustimmend: Ostheim, JBl 78, 337, 347 für das österreichische Recht; Hüffer, JuS 80, 485, 487; Kübler, GesR, S. 313; M. Scholz, S. 127ff.; Flume, DB 80, 1781, 1782; Binz, S. 124ff. Binz vertrat dabei allerdings die Ansicht, daß die Differenzhaftung der Gesellschafter nicht unbeschränkt, sondern beschränkt auf den Betrag der übernommenen Einlagen sein solle. Dieser Vorschlag konnte sich jedoch nicht durchsetzen. — Zustimmend zur neuen BGH-Rspr.: Flume, NJW 81, 1753f.; Hüffer, JuS 83, 167; Raiser, Kapitalgesellschaften, S. 182f.; Roth, GmbHG, § 11, Anm. 2.3.2.; K. Schmidt, NJW 81,1345f.; ders., Z H R 145, 540,562; ders. in Scholz, § 11, Rz 124; Theobald, S. 53; Fleck, GmbH-Rdsch 83, 5, 10; Brinkmann, GmbH-Rdsch 82, 269; John, BB 82, 505, 510; Hüffer, GesR., S. 261; Palandt, §21, Anm. 2 b; Bartl/Henkes, Rz 222. 53

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BGHZ 80, 129, 136. BGHZ 80, 129, 136. 57 BGHZ 80, 129, 136. 58 Neben den zunächst einheitlich verwendeten Begriff „Differenzhaftung" sind später andere Benennungsvorschläge getreten. Ulmer nennt sein Kapitalsicherungsmodell jetzt „Unterbilanzhaftung" (in Hachenburg, Ί 2 Aufl., § 11, Rz81), und ihm folgend Fleck, GmbH-Rdsch 83, 5, 11, K. Schmidt, GmbH-Rdsch 84, 272, 281; Meister, FS Winfried 56

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Die Sicherung der Kapitalgrundlage im Eintragungszeitpunkt

schaftsvermögen im Zeitpunkt der Eintragung ist damit heute ganz herrschende Meinung 5 9 und wegen der klaren Stellungnahme des BGH diejenige Ansicht, von der in der Praxis auszugehen ist. Sie sichert nach Ansicht ihrer Befürworter die Vollständigkeit des Anfangskapitals im Eintragungszeitpunkt, ohne mit der inzwischen anerkannten Notwendigkeit zu kollidieren, bereits der Vor-GmbH die Geschäftsaufnahme zu gestatten und damit auch das Eingehen von Verbindlichkeiten zu erlauben. In letzter Zeit sind aber bereits einzelne Stimmen der Kritik an der Differenzhaftung aufgekommen. Es wird darauf hingewiesen, daß damit das Stammkapital nicht in der von §7111,2, I I I GmbHG vorgesehenen Mischung von tatsächlich eingebrachten Einlagen und Resteinlageforderungen gewährleistet werden kann. Sind vor der Eintragung Verluste am bereits eingezahlten bzw. eingebrachten Stammkapital eingetreten, entsteht lediglich ein Anspruch gegen die Gesellschafter in Höhe der Differenz zwischen garantiertem Stammkapital und tatsächlichem Vermögen. Im Extremfall des Totalverlustes der bereits geleisteten Einlagen verbleibt der GmbH das garantierte Anfangskapital allein in Form der Ansprüche gegen die Gesellschafter, also in weitaus unsichererem Zustand als vom Gesetz vorgesehen. Das gegenwärtige Differenzhaftungsmodell kann also seinem Sicherungszweck insofern nur eingeschränkt gerecht werden 60 . Weiterhin bestehen Zweifel an seiner Praktikabilität. U m das Bestehen oder den Umfang eines Differenzhaftungsanspruchs festzustellen, ist es erforderlich, den genauen Vermögensbestand der Gesellschaft im Zeitpunkt der Eintragung zu kennen. Eine Feststellung des GmbH-Vermögens im Eintragungszeitpunkt ist aber nicht vorgesehen, das GmbHG kennt keine Eröffnungsbilanz. Ohne eine solche Bilanz wird eine genaue Feststellung häufig nicht möglich sein 61 , Werner, S. 521,527, plädiert für „Vorbelastungshaftung". M i t den neuen Begriffen soll die Haftung der Gesellschafter zur Sicherstellung der Vollständigkeit des Stammkapitals im Eintragungszeitpunkt von der Differenzhaftung des § 9 GmbHG bei Überbewertung von Sacheinlagen abgegrenzt werden (so die genannten Verf. a. a. O.). 59 Eine ausführliche Darstellung der gegenwärtigen h. M. hierzu findet sich bei Meister, FS Winfried Werner, S. 521, 526ff. 60 Roth, GmbHG, § 11, Anm. 2.3.2.; Schultz, JuS 82,732,735; W. H. Roth, FS Walter Stimpel, S. 399, 408; Ulmer selbst hatte diese Einschränkung der Sicherungswirkung ebenfalls von Anfang an gesehen, sie aber wegen der insgesamt wesentlich höheren Effizienz der Differenzhaftung gegenüber dem Vorbelastungsverbot für vertretbar gehalten (in FS Kurt Ballerstedt, S. 279, 293), vgl. oben. Roth schlägt zur Verbesserung der Sicherungswirkung vor, das Eintragungs ver fahren zu ändern. Es soll nicht nur die Prüfungspflicht des Registergerichts den gesamten Zeitraum bis zur Eintragung erfassen, sondern die Versicherungen der Geschäftsführer nach § 8 I I GmbHG sollen bei jeder Wertminderung korrigiert werden müssen (in GmbHG, § 11, Anm. 2.3.2. und § 8, Anm. 3). Dieser Vorschlag wurde wegen seiner Unpraktikabilität aber nicht angenommen. Ablehnend: Priester, ZIP 82, 1141, 1143. 61 Schultz, JuS 82, 732, 735; Priester, ZIP 82, 1141, 1142ff.; Fischer, GmbHG, § 11, Anm. 4; John, BB 82, 505, 511.

II. Darstellung der bisherigen Meinungen

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insbesondere wenn ein laufendes Handelsgeschäft geführt wurde und eine Vielzahl von Rechtsgeschäften getätigt wurde. Zu befürchten ist, daß angesichts dieser Unklarheit manche Geschäftsführer, die womöglich gleichzeitig Gesellschafter sind, die Forderungen der GmbH gegen die Gesellschafter, die aus der Differenzhaftung erwachsen, nicht mit dem notwendigen Einsatz feststellen und beitreiben bzw. die Höhe der Forderungen zu niedrig ansetzen. Die dadurch letztendlich geschädigten Gläubiger, die ihre Forderungen unter Umständen erst lange nach Eintragung geltend machen, haben dann erst recht keine praktikable Möglichkeit mehr, die Höhe der Forderungen aus der Differenzhaftung festzustellen, um sich daraus zu befriedigen. Die Gläubigerschutzwirkung der Differenzhaftung ist auch insoweit eingeschränkt. Die Gläubiger begegnen aber noch einer weiteren Schwierigkeit. Da nur bestimmte Verbindlichkeiten gegenüber der GmbH wirksam werden, nämlich die „notwendigen" und diejenigen, für die eine „typisierte" oder ausdrückliche Ermächtigung der Gesellschafter vorlag, wird der Geschäftspartner der Vorgesellschaft oft vor der Frage stehen, ob das mit ihm abgeschlossene Geschäft nun gegen die GmbH wirkt oder nicht. Wegen der zu erwartenden Vorsicht der Gesellschafter bei der Ermächtigung wird es in vielen Fällen auf die unseelige Abgrenzung zwischen „notwendigen" und anderen Geschäften ankommen, die von den außenstehenden Geschäftspartnern gar nicht richtig wahrgenommen werden kann und ihnen ein erhebliches Rechtsverfolgungsrisiko aufbürdet, weil sie nicht wissen, wer denn nun ihr Schuldner ist 6 2 . Auch bei der „typisierten" Ermächtigung wird es eine Vielzahl von Unklarheiten geben. Deshalb bleibt es bei der Differenzhaftung wegen des Erfordernisses der Ermächtigung durch die Gesellschafter für viele Geschäfte bei der bekannten Rechtsunsicherheit 63. Auch hier geht der Kapitalschutz also in weiten Teilen auf Kosten der Vorgesellschaftsgläubiger. Die Kritik zielte aber nicht nur auf die mangelnde Eignung der Differenzhaftung, das vollständige Stammkapital im Zeitpunkt der Eintragung effektiv zu sichern und einen angemessenen Gläubigerschutz zu gewährleisten. Auch der von den Befürwortern dieses Instituts hervorgehobene Vorteil, daß nun eine freie Geschäftstätigkeit der Vorgesellschaft ermöglicht und der zunehmenden Anerkennung ihrer potentiellen Unternehmensträgerschaft Rechnung getragen sei, wird angezweifelt. Grundlage dieser Überlegungen ist, daß jede Beschränkung der Gründerhaftung zwangsläufig ins Leere geht, wenn am Ende des Eintragungsverfahrens doch wieder eine unbeschränkte Gründerhaftung steht, auch wenn diese nicht auf Befriedigung jeder einzelnen Forderung der Gesellschaftsgläubiger, sondern auf den Ausgleich der Vermögensdifferenz gegenüber der GmbH selbst gerichtet ist. Die Befreiung der Gesellschafter vom Risiko einer unbeschränkten Inanspruchnahme für Verluste der Gesellschaft ist 62 Fischer, GmbHG, § 11, Anm. 2c; Schäfer-Gölz, S. 161 ff.; Scholz/Winter, 6. Aufl., §11, Rz 7. 63 Vgl. dazu ausführlich unten E I I am Ende.

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Die Sicherung der Kapitalgrundlage im Eintragungszeitpunkt

also nur eine vorläufige. Sie ist damit völlig entwertet, da die Gesellschafter doch nicht wirtschaftlich davon profitieren können 64 . Abgesehen davon, daß aus diesem Grunde eine Kombination von beschränkter Gründer- und unbeschränkter Differenzhaftung — und somit die derzeit ganz herrschende Ansicht — eine in sich inkonsequente und nicht schlüssige Lösung der Haftungsprobleme darstellt 65 , kehrt auf diesem Wege das Vorbelastungsverbot für alle Geschäfte doch wieder zurück: Aus dem rechtlichen ist lediglich ein wirtschaftliches Vorbelastungsverbot geworden 66 . Die Gesellschafter, die vor der Frage stehen, wie groß der Handlungsspielraum der Vor-GmbH-Geschäftsführer sein soll, werden eher übervorsichtig sein, weil ihnen die volle Verlustzuweisung droht. Die Gesellschafter haben durch die Wahl der Gesellschaftsform „ G m b H " ja gerade deutlich gemacht, daß sie eine unbeschränkte persönliche Haftung vermeiden wollen. Man könnte einwenden, daß solche Geschäfte, von denen schon die Gesellschafter einen Verlust befürchten, besser ganz unterblieben. Dabei wird jedoch übersehen, daß gerade bei der Neuaufnahme einer geschäftlichen Tätigkeit zunächst fast zwangsläufig besonders hohe Kosten und anfanglich geringe Einnahmen zu verzeichnen sind (z.B. durch besonders intensive Werbung, um den Geschäftsbetrieb anzukurbeln, die Einrichtung von Geschäftsräumen). Solche Anfangsgeschäfte sind verlustreich in dem Sinne, daß eine Differenz zwischen Stammkapital und tatsächlichem Vermögen entsteht, auf lange Sicht gesehen werden sie aber in der Regel zum Nutzen der Gesellschaft sein, wenn durch sie ζ. B. ein fester Kundenstamm geworben und ein ertragreicher Betrieb zu einem späteren Zeitpunkt überhaupt erst ermöglicht wird. Da die Eintragung der GmbH in der Regel bald nach dem Neubeginn einer Geschäftstätigkeit erfolgen wird, laufen die Gesellschafter also Gefahr, aus der Differenzhaftung verpflichtet zu werden, auch wenn sie die Geschäftsführer zu wirtschaftlich vollkommen sinnvollen und richtigen Geschäften ermächtigt haben 67 . Sie werden deshalb im Zweifel jede Ermächtigung unterlassen und jede nicht unbedingt erforderliche Geschäftstätigkeit erst nach Eintragung beginnen lassen, wenn — bei übrigens gleichen Risiken für das GmbH-Vermögen und die Gläubiger — eine persönliche Haftung ausscheidet. Somit sind die rechtlichen Hindernisse des Vorbelastungsverbotes eingetauscht worden gegen die wirtschaftlichen Hindernisse, die die drohende unbeschränkte Haftung bewirkt. Dies wird in der Praxis keinen großen Unterschied machen. Der allgemein befürworteten Tendenz zur Aufwertung der Vor-GmbH als Unternehmensträgerin ist also gerade nicht Rechnung getragen 68 . 64

Huber, FS Robert Fischer, S. 263, 291; Schäfer-Gölz, S. 156. Flume, NJW 81, 1753, 1755; ders., AT 1/2, S. 167ff.; Flume nimmt diese Inkongruenz der Haftung allerdings nicht zum Anlaß, die Differenzhaftung zu kritisieren, sondern unterstreicht damit die Notwendigkeit der von ihm vertretenen unbeschränkten Gründerhaftung. 66 Priester, ZIP 82, 1141, 1145. 67 Priester, ZIP 82, 1141, 1149. 68 Schäfer-Gölz, S. 157; Huber, FS Robert Fischer, S. 263, 291. 65

II. Darstellung der bisherigen Meinungen

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4. Kritik an dem auf die Eintragung bezogenen Unversehrtheitsgrundsatz Die Kritik des Schrifttums richtet sich aber nicht nur gegen die Differenzhaftung als unvollkommenes Mittel. Auch die Zielsetzung, nämlich die Vollständigkeit des Stammkapitals im Zeitpunkt der Eintragung sicherzustellen, wird zunehmend in Zweifel gezogen. Priester führt aus, daß die Begründungen, mit denen der BGH in BGHZ 80, 129 diesen Unversehrtheitsgrundsatz bekräftigt hat, nicht stichhaltig sind 69 . Seiner Ansicht nach kann mit der berechtigten Forderung, die Gesellschaft dürfe nur mit einem vollständigen Stammkapital „ins Leben treten", nicht die Erforderlichkeit der Vollständigkeit gerade im Zeitpunkt der Eintragung begründet werden. Nach der Überwindung des Konzessionssystems und der Anerkennung der Vorgesellschaft als potentieller Unternehmensträgerin sei doch gerade anerkannt, daß auch die Vorgesellschaft bereits die Geschäftstätigkeit aufnehmen kann und deshalb im Moment der Eintragung längst „ins Leben getreten" sei 70 . Auch der vom BGH angesprochene Aspekt der Publizität, wonach die GmbH wenigstens in dem Augenblick, in dem sie gemäß §11 I GmbHG als solche entsteht, über den „öffentlich verlautbarten Haftungsfonds" verfügen können muß 7 1 , kann nach Priester nicht herangezogen werden. Die eigentliche Verlautbarung geschehe doch erst mit der Bekanntmachung der Eintragung nach § 10 HGB; diese Veröffentlichung erfolge aber gegebenenfalls erst mehrere Wochen nach der Eintragung 72 . In diesem Zeitraum könne der Haftungsfonds aufgezehrt worden sein. Die GmbH käme also trotz des Unversehrtheitsgrundsatzes mit geschmälertem Anfangskapital an „das Licht der Öffentlichkeit". Selbst bei Vernachlässigung dieser Überlegungen sei der erreichte Gläubigerschutz nur sehr kurzfristig, da die Vollständigkeit des Stammkapitals nur für den einen Augenblick der Eintragung gewährleistet sei und schon unmittelbar danach wieder geschmälert werden könne 73 . Schließlich sei nicht einzusehen, warum nicht die Vorschriften zur Kapitalerhaltung bereits auf die Vor-GmbH Anwendung finden sollten 74 . Die Notwendigkeit einer Kapitalvollständigkeit im Moment der Eintragung sei 69

Priester, ZIP 82, 1141, 1147 ff. Priester, ZIP 82, 1141, 1147; W. H. Roth, FS Walter Stimpel, S. 399, 408; so auch schon Huber, FS Robert Fischer, S. 263, 292 zum gleichlautenden Postulat des Reichsgerichts (RGZ 149, 293, 303). 71 BGHZ 80, 129, 136. 72 Priester, ZIP 82, 1141,1148; W. H. Roth, FS Walter Stimpel, S. 399, 409; Die beim Amtsgericht Marburg durchgeführte Untersuchung ergab, daß hier durchschnittlich ein Zeitraum von 10 Tagen zwischen der Eintragung und der Veröffentlichung nach § 10 HGB lag. Die Verzögerung entsteht maßgeblich dadurch, daß Eintragungen „gesammelt" werden und dann gebündelt an bestimmten Tagen zur Veröffentlichung kommen. 73 Priester, ZIP 82, 1141, 1148; K. Schmidt, OHG, S. 312; W. H. Roth, FS Walter Stimpel, S. 399, 409. 74 Priester, ZIP 82, 1141, 1148; Schäfer-Gölz, S. 172ff.; vgl. dazu auch ausführlich oben C I I I 3) a). 70

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D. Die Sicherung der Kapitalgrundlage im Eintragungszeitpunkt

insgesamt nicht nachgewiesen. Die Forderung danach führe vielmehr zu einer ungerechtfertigten Belastung der Gesellschafter, die für die zwangsläufig entstehenden Anlaufverluste einstehen müßten. Daher sei auf den Unversehrtheitsgrundsatz zu verzichten 75 . Das Stammkapital habe nicht bei der Eintragung, sondern, wie ausdrücklich im GmbHG angesprochen, im Zeitpunkt der Anmeldung vollständig zur Verfügung zu stehen 76 . I I I . Eigene Stellungnahme 1. Lösungsansatz Wie in der Einführung dieses Kapitels bereits dargestellt wurde, ist nicht gesetzlich geregelt, in welchem Zeitpunkt das Risiko geschäftlicher Verluste am Stammkapital auf die Gläubiger übergeht, wann also den Gläubigern die Vollständigkeit des Stammkapitals letztmals für einen bestimmten Augenblick garantiert wird. Da der letzte dafür in Frage kommende Zeitpunkt derjenige der Eintragung ist, berührt diese Frage ausschließlich solche Verluste am Stammkapital, die während der Vor-GmbH-Phase eingetreten sind. Es liegt also eine in den Gründungsvorschriften des GmbHG nicht geregelte Frage der Vorgesellschaft vor, auf die die BGH-Formel von der rechtlichen Behandlung der Vorgesellschaft Anwendung findet. Von der im Recht der eingetragenen GmbH geltenden Zuweisung des Geschäftsverlustrisikos an die Gläubiger kann also nur abgewichen werden, soweit sie sachlich eine Verselbständigung der Gesellschaft voraussetzt, die die Vor-GmbH noch nicht erreicht hat. Soweit aber die Vor-GmbH bezüglich derjenigen Kriterien, die bei der vollendeten GmbH die Risikoverlagerung auf die Gläubiger rechtfertigen, ebensoweit entwickelt ist wie diese, muß eine Abweichung unterbleiben. Im folgenden soll daher ebenso wie im vorangegangenen Kapitel zunächst geklärt werden, welche strukturellen Hintergründe der Rechtslage bei der eingetragenen GmbH zugrundeliegen. Diejenigen Faktoren müssen bestimmt werden, die es bei der GmbH rechtfertigen, sogar Verluste am Haftungsstock den Gläubigern aufzubürden. Anschließend soll festgestellt werden, ob diese Faktoren tatsächlich erst im Zeitpunkt der Eintragung vorliegen oder ob sie nicht bereits in einem bestimmten Stadium der Vorgesellschaft gegeben sind, der Risikoübergang also schon zu einem früheren Zeitpunkt vor der Eintragung erfolgen kann und muß.

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So auch schon Huber, FS Robert Fischer, S. 263, 293. Priester, ZIP 82, 1141, 1149; Schäfer-Gölz, S. 177 ff.; Schultz, JuS 82, 732, 737; so weitgehend auch Fischer, GmbHG, §11, Anm. 4, der die auf den Eintragungszeitpunkt bezogene Differenzhaftung ablehnt und allein auf den Anmeldungszeitpunkt abstellt, dennoch aber meint, die Eintragung dürfe nicht erfolgen, wenn der Registerrichter erkennt, daß im Zeitraum bis zur Eintragung das garantierte Anfangsvermögen geschmälert wurde. 76

III. Eigene Stellungnahme

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2. Die Rechtfertigung der Verlustrisikozuweisung an die Gläubiger im Falle der eingetragenen GmbH Da das Stammkapital den realen Haftungsverband der GmbH bildet, gehören die aufgegriffenen Fragen zu seiner Vollständigkeit dem Bereich des Außenhaftungsrechts an. Das Außenhaftungsrecht der GmbH ist, wie oben bereits ausführlich dargestellt wurde, maßgeblich dadurch gekennzeichnet, daß anstelle der persönlichen Haftung der Gesellschafter ein kontrolliert aufgebrachtes und gegen gewisse Abflüsse geschütztes Stammkapital als (Ersatz-) Haftungsstock dem Zugriff der Gesellschaftsgläubiger offensteht. Auch die Frage, wann das Stammkapital letztmals vollständig zur Verfügung stehen muß, in welchem Zeitpunkt also der Verlustrisikoübergang an die Gesellschaftsgläubiger stattfindet, muß vor diesem Hintergrund beantwortet werden. Aus der gläubigersichernden Funktion der kontrollierten Stammkapitalaufbringung ergibt sich zunächst, daß das Verlustrisiko nicht auf die Gläubiger übergehen kann, bevor nicht das Stammkapital in kontrollierbarer Form dem Registergericht vorgewiesen wurde. Sonst wäre es dem Gericht unmöglich, die Vollständigkeit des Kapitals in einem bestimmten Zeitpunkt festzustellen. Würde das Verlustrisiko bereits vor der Einschaltung des Gerichts übergehen, wäre für dieses nicht mehr feststellbar, ob ein bei der Kontrolle zu geringes Stammkapital niemals ordnungsgemäß aufgebracht wurde oder aber nur durch Geschäftsverluste geschmälert wurde. Es wäre unmöglich, die bereits entstandenen Verluste dem jeweiligen Träger des Verlustrisikos zuzuordnen. Ein effektiver Gläubigerschutz ist weiterhin nur dann gewährleistet, wenn unmittelbar an die vollständige Kapitalaufbringung die Kapitalsicherung gemäß §§ 30 ff. anknüpft. Wie oben schon ausgeführt, können die kapitalsichernden Vorschriften ihre Funktion überhaupt nur erfüllen, wenn ihr Schutz bereits zugunsten eines noch vollständigen Kapitals einsetzt 77 . Würde man einen späteren Beginn ihrer Wirksamkeit zulassen, würden sie unter Umständen nur noch einen bereits „geplünderten" Haftungsfonds schützen. Die Gesellschafter würden in vielen Fällen der Versuchung erliegen, ihre Einlagen aus der Gesellschaft zurückzuziehen, solange es noch sanktionslos möglich wäre, böte sich ihnen doch so die Gelegenheit, ohne jedes eigene, noch nicht einmal auf die Einlagen beschränkte Verlustrisiko Geschäfte zu betreiben. Damit aber wäre das gesamte System einer vielfältig abgesicherten Kapitalaufbringung wieder völlig entwertet. Schließlich ist zu beachten, daß die Möglichkeit der GmbH-Gesellschafter, das Verlustrisiko auf die Gesellschaftsgläubiger abzuwälzen, auf den normalen Geschäftsbetrieb einer werbenden GmbH zugeschnitten ist. Es ist deshalb nicht möglich, den Gläubigern zusätzliche irgendwie geartete Verlustrisiken aufzubürden, die aus einer Sondersituation heraus entstehen und im Falle eines normalen GmbH-Geschäftsbetriebes nicht auftreten können. 77

Vgl. oben C I I I 3) a).

7 Derwisch-Ottenberg

D. Die Sicherung der Kapitalgrundlage im Eintragungszeitpunkt

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Zusammengefaßt bedeutet dies, daß der Verlustrisikoübergang von den Gesellschaftern auf die Gesellschaftsgläubiger der GmbH voraussetzt, daß — das Stammkapital vollständig der Kontrolle des Registergerichts vorgewiesen wurde, — die Vorschriften zur Erhaltung dieses Kapitals ausnahmslos eingreifen und — dieses Kapital keinen außergewöhnlichen Risiken außerhalb des normalen GmbH-Geschäftsbetriebs ausgesetzt ist. 3. Das Vorhandensein dieser Voraussetzungen bei der Vor-GmbH Bezüglich der ersten beiden Voraussetzungen kann zunächst weitgehend auf das vorangegangene Kapitel verwiesen werden. Dort wurde festgestellt, daß das Stammkapital im Zeitpunkt der Anmeldung vollständig der Kontrolle des Registergerichts unterworfen wird, weil nicht nur die Leistung der Mindesteinlagen zu belegen ist, sondern auch ihre endgültige freie Verfügbarkeit, d. h. die Nichtvorbelastung versichert werden muß 7 8 . Im Falle einer ordnungsgemäßen Anmeldung ist damit die Vollständigkeit des Stammkapitals im Moment der Anmeldung gewährleistet, jedenfalls soweit gesichert, wie es die im GmbHG vorgesehenen Kontrollmechanismen überhaupt ermöglichen. Ist das Stammkapital dagegen nicht ordnungsgemäß aufgebracht, spielt das vorliegende Problem des Verlustrisikoüberganges ohnehin keine Rolle, da es bei der unweigerlich erfolgenden Ablehnung der Eintragung zu der zeitlich unbegrenzten persönlichen Haftung der Gesellschafter kommt 7 9 und das Gesellschaftsvermögen als Haftungsgrundlage nebensächlich wird. Weiterhin wurde festgestellt, daß die Regeln zur Kapitalerhaltung unmittelbar an diese Kapitalaufbringung anknüpfen und somit vom Zeitpunkt der Anmeldung an wirksam sind 80 . Damit steht fest, daß vor der Anmeldung der Verlustrisikoübergang nicht stattfinden kann. Für den Zeitraum zwischen Anmeldung und Eintragung ist dies nach den bisherigen Ergebnissen möglich, wenn nicht besondere, im normalen GmbH-Geschäftsbetrieb nicht auftretende Verlustrisiken für das Stammkapital bestehen. Es kommt also letztlich darauf an, ob das Handeln der Vor-GmbH im Vergleich zum Handeln der eingetragenen GmbH ein besonderes Risiko der Vermögensminderung mit sich bringt. Das geschäftliche Tätigwerden der Vorgesellschaft kann durchaus überdurchschnittliche Verluste einbringen. Da die werdende Gesellschaft in vielen Fällen den Geschäftsbetrieb ganz neu aufnehmen bzw. einen übernommenen organisatorisch umgestalten wird, ist sie in ganz besonderer Weise dem Problem der Anlaufverluste ausgesetzt, das oben bereits beschrieben wurde 81 . Trotzdem liegt kein spezifisches Problem eines Handelns vor Eintragung vor, denn ganz genau dieselben Verluste träten ein, 78 79 80 81

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

oben oben oben oben

C C C D

I I I 2). I I I 3) b) bb). I I I 3) a), 9) c). I I 3) am Ende.

III. Eigene Stellungnahme

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wenn das Eintragungsverfahren schon abgeschlossen wäre und die vollendete GmbH dieselben Geschäfte betrieben hätte. Ein gesteigertes Unternehmensrisiko besteht also in der Vorgesellschaftsphase nicht. Ein anderes besonderes Risiko für die Erhaltung des Stammkapitals ist nicht ersichtlich. Die einzige wirkliche Gefahr liegt vielmehr darin, daß das Stammkapital gar nicht ordnungsgemäß aufgebracht wurde. Sie wird aber, wie im vorigen Kapitel dargestellt wurde, in anderer Weise ausgeglichen und hat mit dem vorliegenden Problem unmittelbar nichts zu tun. Abgesehen davon, daß ein weiterer Ausgleich die Verhältnisse zu sehr zugunsten der Gläubiger verschöbe, könnte eine Verlagerung des Verlustrisikoüberganges auf den Eintragungszeitpunkt das genannte Risiko überhaupt nicht verringern. In den Fällen, in denen sich dieses Risiko wirklich realisiert, wird die Gesellschaft gar nicht eingetragen und die Gesellschafter haften ohnehin aus allgemeinen Grundsätzen rückwirkend persönlich und unbeschränkt. Was soll dabei eine Verpflichtung ebendieser Gesellschafter zur Auffüllung des Stammkapitals im Zeitpunkt der Eintragung, zu der es gar nicht kommt? Mithin kann das Risiko eines unvollständig errichteten Haftungsfonds in keiner Weise die Verzögerung des Verlustrisikoüberganges bis zum Zeitpunkt der Eintragung rechtfertigen. Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß alle Voraussetzungen, die den Übergang des Verlustrisikos ermöglichen, bereits bei der Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister vorliegen. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen Verluste am Stammkapital von den Gesellschaftern getragen werden. Danach aber besteht diese Pflicht nicht mehr, so daß Verluste nunmehr zu Lasten der Gesellschaftsgläubiger gehen, denen ein verringerter Haftungsstock zur Befriedigung ihrer Forderungen gegen die Gesellschaft zusteht. Wird die Gesellschaft letztendlich eingetragen, sind die Gläubiger ja auch so gestellt, als hätten sie mit einer bereits eingetragenen GmbH zu tun gehabt. Wird nicht eingetragen, so sind die Gläubiger, wie schon mehrfach erwähnt, durch andere Mechanismen hinreichend geschützt. 4. Ergebnis Die absolut herrschende Ansicht, wonach die Gesellschaft im Zeitpunkt ihrer Eintragung über ein vollständiges Stammkapital verfügen muß und das Verlustrisiko erst in diesem Moment übergeht, ist abzulehnen. Die für diesen Zeitpunkt vorgesehenen Mittel zur Sicherstellung der Kapitalvollständigkeit, das früher vertretene Vorbelastungsverbot und die nun geltende Differenzhaftung, sind daher nicht nur wegen der in der Literatur herausgearbeiteten Schwächen, sondern schon grundsätzlich wegen ihrer verfehlten Zielsetzung abzulehnen. Bei dem hier vertretenen Ergebnis, das Verlustrisiko bei Anmeldung übergehen zu lassen, bereitet die Folgefrage, wie die Kapitalvollständigkeit in diesem Zeitpunkt gewährleistet werden kann, wesentlich weniger Schwierigkeiten als 7*

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D. Die Sicherung der Kapitalgrundlage im Eintragungszeitpunkt

beim Ergebnis der h. M . Es ist nicht notwendig, ein zusätzliches Institut wie die Differenzhaftung oder das Vorbelastungsverbot zu installieren, sondern es reicht aus, das vom Gesetz vorgesehene Anmeldungsverfahren zu nutzen. Dabei wird die Vollständigkeit des Stammkapitals durch die oben beschriebenen Voraussetzungen hinreichend gesichert. Hinzuweisen ist noch einmal darauf, daß keine Verpflichtung der Gesellschafter besteht, eingetretene Verluste auszugleichen und die Anmeldung dadurch zu ermöglichen. Sie können genausogut einverständlich von der Anmeldung absehen. Besteht kein Einverständnis zwischen den Gesellschaftern, wird allerdings aus dem Gesellschaftsvertrag eine gegenseitige Pflicht zur Kapitalvervollständigung abzuleiten sein. 5. Die Konsequenzen dieses Ergebnisses Nach der hier gefundenen Lösung können diejenigen Gesellschafter, die eine ordnungsgemäße Anmeldung ermöglicht haben, die von ihnen angestrebte Haftungsbeschränkung bereits vom Augenblick der Anmeldung an genießen. Sie werden deshalb, weil ihnen weder eine Gründer- noch eine Differenzhaftung droht, einer Geschäftsaufnahme durch die Geschäftsführer nicht im Wege stehen. Von daher ist es möglich, die unternehmerischen Entscheidungen allein unter betriebswirtschaftlichen Aspekten zu treffen. Dies ist nach der h.M. gerade nicht möglich. Selbst bei der derzeit überwiegend vertretenen beschränkten Gründerhaftung, die das Risiko für die Gesellschafter zunächst weitgehend mildert, ja selbst bei einem völligen Verzicht auf jede Gründerhaftung müssen die Gesellschafter ängstlich bemüht sein, die Aufnahme oder Fortführung der Geschäftstätigkeit zu verschieben oder so zu beeinflussen, daß zumindest das Gesellschaftsvermögen im Eintragungszeitpunkt vollständig ist. Jede Beschränkung der Gründerhaftung läuft leer, wenn am Ende des Eintragungsverfahrens doch die unbeschränkte Differenzhaftung droht. Jedes Postulat, die Vollständigkeit des Kapitals müsse im Eintragungszeitpunkt vorliegen, hat die Wirkung eines Vorbelastungsverbots, auch wenn es, wie Priester treffend formulierte, lediglich ein „wirtschaftliches Vorbelastungsverbot" ist 8 2 . Diese Wirkung war solange erwünscht, wie ein Handeln der Vorgesellschaft aus ordnungsrechtlichen Gründen möglichst verhindert werden sollte. Solche Gründe bestanden bei Geltung des Konzessionssystems, der Staat wollte damit vermeiden, daß von ihm nicht genehmigte Gesellschaften am Rechtsverkehr teilnahmen. M i t dem Übergang zum Normativsystem und der Anerkennung der Vorgesellschaft als Unternehmensträgerin, die wegen der Möglichkeit der Einbringung eines laufenden Betriebes als Sacheinlage unabweisbar war, fielen diese Gründe weg. Das Dogma des Unversehrtheitsgrundsatzes im Eintra82

Priester, ZIP 82, 1141, 1145.

III. Eigene Stellungnahme

101

gungszeitpunkt blieb aber als Relikt aus der Zeit des Konzessionssystems bestehen83, bei der GmbH als Folge der wörtlichen Übernahme der vor 1870 entstandenen aktienrechtlichen Regelung. Die Folge war und ist bis heute die unüberbrückbare Diskrepanz dieses Grundsatzes mit der sich immer weiter vollziehenden Anerkennung der Vorgesellschaft als Teilnehmerin am Rechtsverkehr. Die gleichzeitige Ermöglichung und Verhinderung von Geschäften der Vor-GmbH führte zu allseits unbefriedigenden und in sich widersprüchlichen und inkonsequenten rechtlichen Verhältnissen. Die hier vertretene Aufgabe des alten Dogmas führt dagegen endlich zur Möglichkeit einer wirklich freien Geschäftstätigkeit. Damit ist unternehmerischen Entscheidungen der Weg frei gemacht, die nicht wegen der Haftungsklippe der Eintragung Verzögerungen und Deformationen ausgesetzt sind. Letztendlich wird die Ermöglichung von rein betriebswirtschaftlich gesteuerten Geschäften zu optimierten Gewinnen führen und so mittelbar am besten auch den Gläubigerinteressen dienen. Der unbefriedigende Zustand, daß eine wirtschaftsrechtliche Regelung die freie Betätigung von Marktteilnehmern ohne zwingenden Grund behindert, ist letztlich im Interesse aller Beteiligten überwunden. Der einzige Druck, der nun noch auf die Gesellschafter wirkt, ist durchaus wünschenswert. Es wird noch wichtiger für sie, daß die Anmeldung der Gesellschaft tatsächlich zur Eintragung führt. Gelingt dies, sind sie von jeder persönlichen Haftung außerhalb ihrer Einlagenverpflichtung frei, weil es weder zu einer Gründer- noch zu einer Differenzhaftung kommt. Bei Ablehnung der Eintragung trifft sie dagegen die volle persönliche Haftung. Sie werden deshalb mit allen Mitteln dafür sorgen und peinlichst darauf achten, daß das Stammkapital bei der Anmeldung ordnungsgemäß aufgebracht ist und die Anmeldung fehlerfrei erfolgt. Der Gläubigerschutz wird bei der vorgeschlagenen Lösung gewahrt, seine Belange verbieten lediglich, den Übergang des Verlustrisikos noch früher anzusetzen84. Eine geringfügige Schlechterstellung gegenüber der derzeit h.M. erleiden die Geschäftsführer. Das Gesellschaftsvermögen, aus dem ihre Aufwendungsersatzansprüche aus Inanspruchnahmen nach § 11 I I GmbHG zu befriedigen sind, wird nicht wieder aufgefüllt. Angesichts der verantwortlichen Stellung der Geschäftsführer und ihrer Möglichkeiten, persönliche Inanspruchnahmen zu verhindern, erscheint dies aber nicht unangemessen. Insgesamt ist festzustellen, daß die vorgeschlagene Lösung — sich bestens in die gesetzlichen Regelungen des GmbHG einfügt,

83 Ulmer, FS Kurt Ballerstedt, S. 279, 288 bezeichnet nur das Vorbelastungsverbot als Residuum aus der Zeit des Konzessionssystems, nicht aber den Unversehrtheitsgrundsatz an sich. 84 Vgl. oben D I I I 3).

102

D. Die Sicherung der Kapitalgrundlage im Eintragungszeitpunkt

— kein gesetzlich nicht geregeltes, kompliziertes und mit erheblichen praktischen Schwierigkeiten behaftetes Sicherungsinstrument benötigt wie nach der h.M., — eine (auch nicht durch ein wirtschaftliches Vorbelastungsverbot gehemmte) freie nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten gelenkte Geschäftstätigkeit ermöglicht und damit der Anerkennung der Vorgesellschaft als Unternehmensträgerin gerecht wird und — dennoch die Prinzipien der Kapitalaufbringung und -erhaltung und den damit einhergehenden Gläubigerschutz in gleicher Weise gewährleistet wie dies bei der eingetragenen GmbH der Fall ist. 6. Die Erfüllungswirkung von freiwillig frühzeitig erbrachten Einlagen Wie oben 85 dargestellt, entwickelte Ulmer sein Differenzhaftungsmodell in Analogie zu dem Grundsatz, daß vor der Eintragung geleistete Einlagen, die so früh weder von § 7 II, I I I GmbHG noch von der Satzung verlangt werden, nur dann Erfüllungswirkung haben, wenn sie im Augenblick der Eintragung noch im Gesellschaftsvermögen vorhanden sind. Dieser Grundsatz wird, mit Abweichungen in verschiedenen Einzelheiten, in ständiger Rechtsprechung und von großen Teilen der Literatur vertreten 86 . Fraglich ist, ob dieser Grundsatz auf der Grundlage der im vorigen gefundenen Erkenntnisse bestehen kann. Die Frage der Erfüllungswirkung freiwilliger „vorzeitiger" Bareinlagen ist eine Frage des Vorgesellschaftsrechts, denn nur die Einlageleistungen sind betroffen, die vor der Eintragung erfolgen. Nach der Eintragung hat jede Einlagenerbringung befreiende Wirkung. Der beschriebene Grundsatz statuiert demnach eine Sonderbehandlung der freiwilligen Bareinlagen in der Vorgesellschaftsphase. Es ist zu prüfen, ob diese Sonderbehandlung, die den Gesellschaftern zugunsten des Gesellschaftsvermögens und damit mittelbar der Gesellschaftsgläubiger besondere Belastungen (eventuell Doppelleistung von Bareinlagen) auferlegt, durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist. Das GmbHG verbietet oder mißbilligt freiwillige Bareinlagen vor der Eintragung an keiner Stelle. Durch die Regelung des § 7 II, I I I GmbHG wird im Gegenteil sogar deutlich, daß der Gesetzgeber einen großen Teil von vor der Anmeldung tatsächlich erbrachten Stammeinlagen für unbedingt notwendig hält. Bei ausschließlicher Vereinbarung von Sacheinlagen ist durch § 7 I I I GmbHG sogar die vollständige Einbringung zu diesem frühen Zeitpunkt vorgesehen. An der Regelung des § 7 I I 3 GmbHG ist zu erkennen, daß der Gesetzgeber sogar die noch ausstehenden Bareinlageforderungen für besonders 85 86

Vgl. oben D I I 3). Vgl. oben D I I 3), insbesondere die Nachweise in Fn. 47 und 48.

III. Eigene Stellungnahme

103

gefährdet hält und Sicherheiten dafür verlangt, wenn die Ausfallhaftung des § 24 GmbHG sie nicht zusätzlich sichern kann 8 7 . Außerdem wurde bei der kleinen GmbH-Reform von 1980 die Regelung des § 7 I I 2 GmbHG eingefügt, wonach mindestens 25.000,— D M bereits geleistet sein müssen. Der Gesetzgeber beließ es also nicht bei der alten Regelung, wonach ein Viertel der Stammeinlagen ausreicht, obwohl dieser Betrag durch die Anhebung des Mindeststammkapitals von 20.000,—DM auf 50.000,—DM durch § 5 I n.F. GmbHG schon von 5.000,— D M auf 12.500,— D M angewachsen war. Aus all dem ist zu erkennen, daß der Gesetzgeber die frühzeitige Einlagenleistung eher begrüßt und fördern will, anstatt sie zu sanktionieren 88 . Es entspricht auch aller Erfahrung, daß tatsächlich vorhandene Barmittel ihrer Funktion wesentlich besser gerecht werden können als Vermögen, das lediglich in Form von (Resteinlage-) Forderungen besteht. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn den Barmitteln der Vorgesellschaft besondere Risiken drohten. Dies ist aber, wie oben 89 festgestellt, nicht der Fall. Das Gesellschafts vermögen unterliegt in der Phase zwischen Anmeldung und Eintragung genau den Risiken und Schutzmechanismen wie auch nach der Eintragung, unabhängig davon, in welcher Form es der Gesellschaft zur Verfügung steht. Der auf den Eintragungszeitpunkt bezogene Unversehrtheitsgrundsatz, der demnach allein zur Begründung dienen könnte 9 0 , wurde als unzutreffend abgelehnt. Damit aber besteht kein Grund für eine Sonderbehandlung freiwillig frühzeitig erbrachter Bareinlagen, die nach der Anmeldung eingebracht wurden. Der Grundsatz, Einlageleistungen nur unter den genannten Voraussetzungen befreiende Wirkung zuzumessen, ist daher insoweit abzulehnen. Nur so kann vermieden werden, daß die vom Gesetzgeber gewünschte Tendenz zu möglichst vollständiger frühzeitiger Einlagenleistung konterkariert wird. Außerdem ermöglicht die Ablehnung jeder Sanktion, daß eine freiwillig frühzeitige Bareinlagenleistung erfolgen kann, wenn dies für die Gesellschaft betriebswirtschaftlich von Vorteil ist. Die heute noch überwiegend vertretene Rechtsansicht verhindert solche im Endergebnis auch den Gläubigern zugute kommenden Einzahlungen durch die drohende Doppelzahlung 91 . Damit ist die gestellte Frage aber nur für den Zeitraum zwischen Anmeldung und Eintragung beantwortet. Es bleibt zu klären, ob der Grundsatz völlig aufgegeben werden kann, oder ob er dahingehend modifiziert werden muß, daß nur solche freiwilligen Bareinzahlungen befreiend wirken, die im Zeitpunkt der Anmeldung noch unversehrt zur Verfügung stehen. Einen zusätzlichen Schutz des Gesellschaftsvermögens könnte ein solcherart modifizierter Grundsatz nicht 87 88 89 90 91

Hachenburg/Ulmer, Ί 2 Aufl., § 7, Rz 50. Hachenburg/Ulmer, Ί 1 Aufl., § 7, Rz 41. Vgl. oben D I I I 3). Hachenburg/Ulmer, l 2 Aufl., § 7, Rz 42. Scholz/Winter, 6. Aufl., § 7, Rz 12.

104

D. Die Sicherung der Kapitalgrundlage im Eintragungszeitpunkt

bewirken, da eine ordnungsgemäße Anmeldung ohnehin nur möglich ist, wenn das Stammkapital, ggf. wieder aufgefüllt, vollständig vorhanden ist. Der Grundsatz hätte also nur noch die Wirkung, das Risiko des Verlustes einer freiwillig geleisteten Bareinlage in der Zeit vor der Anmeldung allein dem leistenden Gesellschafter zuzuweisen, während die anderen Verluste anteilig nach der Höhe der Stammeinlage auszugleichen wären. Eine Notwendigkeit für diese einseitige Zuweisung ist nicht erkennbar. Daher ist der Grundsatz der bedingten Erfüllungswirkung von vor der Eintragung geleisteten Bareinlagen insgesamt entgegen der h.M. abzulehnen, unabhängig davon, ob vor oder nach der Anmeldung geleistet wurde.

E. Die Vertretungsmacht der Vor-GmbH-Geschäftsführer I. Problemstellung Der GmbH-Geschäftsführer leitet die GmbH nicht in eigener Verantwortung. Anders als der Vorstand der Aktiengesellschaft, dem nach § 76 I A k t G die autonome Entscheidungsgewalt über die Geschicke der Aktiengesellschaft zugewiesen wird, hat der GmbH-Geschäftsführer gemäß § 37 I GmbHG nach Umfang und Inhalt nur diejenige Geschäftsführungsbefugnis, die ihm von der Satzung oder der Gesellschafterversammlung als maßgeblichem Entscheidungsorgan zuerkannt wurde. Im Innen Verhältnis unterliegen die Geschäftsführer dem Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung. Nur in wenigen Ausnahmebereichen, in denen den Geschäftsführern vom Gesetz eine besondere Verpflichtung auferlegt wird, ist ihnen eine nicht beschränkbare eigenverantwortliche Geschäftsführungsbefugnis zugewiesen, so insbesondere bei der Erhaltung des Stammkapitals nach §§ 301,33 GmbHG und bei der Konkursbeantragung nach § 64 GmbHG 1 . Die weite Beschränkbarkeit der Geschäftsführungsbefugnis wirkt aber nur im Innen Verhältnis. Die im Außenverhältnis maßgebliche Vertretungsmacht der Geschäftsführer ist dagegen gemäß § 37 I I GmbHG unbeschränkt und unbeschränkbar. Völlig unabhängig von allen im Innenverhältnis bestehenden Schranken kann der Geschäftsführer die GmbH in allen gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften, die die Teilnahme am Rechtsverkehr mit sich bringt, wirksam vertreten und verpflichten 2 . Überschreitet der Geschäftsführer seinen Handlungsspielraum, muß die GmbH dies im Verhältnis zu Dritten gegen sich gelten lassen und ist allein auf einen Schadensersatzanspruch gegen ihn aus § 43 I I GmbHG angewiesen3. Fraglich ist nun, ob diese Regelung des GmbHG, insbesondere § 37 I I GmbHG, auch auf die Vor-GmbH anzuwenden ist. Für die Beteiligten ist dies von erheblicher Bedeutung. Für die Gesellschafter führt eine Anwendung des § 37 I I GmbHG auch auf die Vor-GmbH dazu, daß sie eventuell, bei Scheitern der Eintragung, persönlich und unbeschränkt für Gesellschaftsverbindlichkeiten einstehen müssen, die die Geschäftsführer unter Umständen gegen den 1 Weitere Bereiche der eigenverantwortlichen Geschäftsführungsbefugnis sind die ordentliche Buchführung und Bilanzierung nach §§ 41, 42 GmbHG und die notwendigen Anmeldungen zum Handelsregister, § 78 GmbHG. Vgl. zur Geschäftsführungsbefugnis allgemein: Raiser, Kapitalgesellschaften, S. 224f., 227f. 2 Raiser, Kapitalgesellschaften, S. 227. 3 Raiser, a.a.O.

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E. Die Vertretungsmacht der Vor-GmbH-Geschäftsführer

ausdrücklich erklärten Willen der Gesellschafterversammlung eingegangen sind. Ein Ausgleich dafür erfolgte lediglich mittelbar über die Schadensersatzverpflichtung des Geschäftsführers aus § 43 I I GmbHG gegenüber der Gesellschaft. Für die Gläubiger bedeutete jede Abweichung von der Regelung des § 37 I I GmbHG eine erhebliche Verunsicherung im Geschäftsverkehr mit einer Vorgesellschaft. Es wäre für sie kaum überschaubar, in welchem Umfang die Geschäftsführer im Einzelfall zur Verpflichtung der Gesellschaft befugt sind 4 . Sie liefen somit Gefahr, nicht diejenige Schuldnerin zu bekommen, von der sie bei Vertragsschluß ausgingen, nämlich die Gesellschaft, sondern nur aus § 11 I I GmbHG auf die Handelnden zugreifen zu können. Wegen der Verunsicherung der Gläubiger führt jede Beschränkbarkeit der Vertretungsmacht zwangsläufig dazu, daß die Vor-GmbH nicht als vollwertige Teilnehmerin am Rechtsverkehr auftreten kann. Für die Geschäftsführer führt jede Abweichung von § 37 I I GmbHG dazu, daß das Risiko der Inanspruchnahme aus § 11 I I GmbHG größer wird. Während sich bei einer unbeschränkbaren Vertretungsmacht die Gläubiger in aller Regel vornehmlich an das Gesellschaftsvermögen halten, werden sie im anderen Falle aus Unsicherheit über die wirksame Verpflichtung der Gesellschaft eher vorrangig die Handelnden in Anspruch nehmen, die unabhängig davon, ob sie den Rahmen ihrer Befugnis überschritten haben oder nicht, aus der Handelndenhaftung haften. Letztendlich aber sind die Folgen für die Geschäftsführer nicht sehr erheblich. Haben sie innerhalb ihrer Geschäftsführungsbefugnis gehandelt, können sie Belastungen aus der Handelndenhaftung im Wege des Aufwendungsersatzanspruches gegen die Gesellschaft ausgleichen5. Haben sie ihre Befugnisse überschritten, müssen sie gemäß § 43 I I GmbHG Schadensersatz leisten, haben also auch keine bleibenden Vorteile von einer zunächst wirksamen Verpflichtung der Gesellschaft.

I I . Darstellung der bisherigen Meinungen Während der Geltung des Art. 211 A D H G B bestand noch kein Anlaß zur Diskussion über den Umfang der Vertretungsmacht der Handelnden. Da die Existenz der Vorgesellschaft, also der Vertretenen, noch nicht erkannt war, mußte jedes Handeln im Namen der noch nicht vorhandenen Gesellschaft als Vertretung ohne Vertretungsmacht angesehen werden 6 . Nach der Anerkennung der Vorgesellschaft wurde der Umfang der Vertretungsmacht ihrer Geschäftsführer weitgehend durch das Vorbelastungsverbot geprägt. Ausgehend von der Vorstellung, die Vor-GmbH habe nur den einen Zweck, die Gesellschaft zur Eintragung und Vollendung zu bringen, beschränkte man die Vertretungsmacht auf die Vornahme der notwendigen Geschäfte 7. 4 5 6

Dilcher, JuS 66, 89, 92. Siehe dazu oben C I I I 11) am Ende. Hahn, 1871, §§ 3, 4 zu Art. 211 A D H G B ; vgl. dazu auch oben D I I 1).

II. Darstellung der bisherigen Meinungen

107

Der Begriff der notwendigen Geschäfte stimmte dabei mit demjenigen im Vorbelastungsverbot überein und wandelte sich mit diesem im Laufe der Zeit. Er war also zunächst eng beschränkt auf die rechtlich notwendigen Geschäfte, wurde dann aber zunehmend erweitert auch auf die wirtschaftlich notwendigen 8 . Die Geschäftsführer waren demnach befugt, all diejenigen Geschäfte vorzunehmen, die ipso iure auf die eingetragene GmbH übergehen konnten und nicht vom Vorbelastungsverbot erfaßt waren. Überschritten die Geschäftsführer diesen Rahmen ihrer Vertretungsmacht, wurde weder die Vorgesellschaft noch die eingetragene GmbH verpflichtet. Für das Geschäft mußten ausschließlich die Handelnden nach § 11 I I GmbHG einstehen. Die eingetragene GmbH konnte allenfalls das Geschäft nach § 177 BGB genehmigen. Die Beschränkung der Vertretungsmacht auf die jeweils als notwendig angesehenen Geschäfte war aber nicht zwingend vorgeschrieben, sondern nur grundsätzlich wirksam. Die Geschäftsführer konnten durch die Satzung oder die Gesellschafterversammlung ermächtigt werden, auch andere, nicht notwendige Geschäfte vorzunehmen. Nur unter diesem Gesichtspunkt der potentiellen Erweiterung der Vertretungsmacht ist die rechtliche Konstruktion des Vorbelastungsverbotes überhaupt verständlich. Wäre bereits die Vertretungsmacht der Vorgesellschafts-Geschäftsführer zwingend auf die notwendigen Geschäfte beschränkt gewesen, wäre die gesamte Konstruktion der beschränkten Identität überflüssig gewesen. Dann wären für die Vorgesellschaft nur solche Verbindlichkeiten wirksam geworden, die auch ohne weiteres gegenüber der eingetragenen GmbH Geltung haben konnten. Einer unbeschränkten Identität und einem automatischen Übergang aller Verbindlichkeiten hätte nichts im Wege gestanden 9 . Das Vorbelastungsverbot setzte aber konstruktiv gerade nicht bei der Vertretungsmacht an, um das Anfangskapital vor Vorbelastungen zu schützen 10 . Es verhinderte nicht die Entstehung nicht notwendiger Verbindlichkeiten, sondern nur ihren automatischen Übergang auf die eingetragene G m b H 1 1 . Die Wirkungsweise des Vorbelastungsverbots setzte somit gerade die Möglichkeit von nicht notwendigen Vorgesellschafts-Verbindlichkeiten voraus 12 . Besonders deutlich wird dies in einem Urteil des Reichsgerichts 13, wo ausgeführt wird: „Die anderen (nicht notwendigen) Rechtsakte des geschäftsführenden Gesellschafters der Gesellschaft bürgerlichen Rechts 14 berechtigen und verpflichten nur 7

RGZ 83, 370, 373; 105, 228, 229; 134,121,122; 143, 368, 372; 151, 87, 91; BGH L M Nr. 12 zu § 11 GmbHG; BGHZ 45, 338, 343; Fischer, L M Anm. nach Nr. 13 zu § 11 GmbHG; Fleck, ZGR 75, 212, 219. 8 Vgl. dazu oben D I I 2). 9 Binz, S. 62. 10 Vgl. dazu auch Flume, FS Ernst Geßler, S. 3, 12. 11 Flume, FS Ernst Geßler, S. 3, 12. 12 Binz, S. 62. 13 RGZ 83, 370. 14 Als solche wurde die Vor-GmbH seinerzeit qualifiziert, vgl. dazu oben A I I I 1) mit ausführlichen Nachweisen.

108

E. Die Vertretungsmacht der Vor-GmbH-Geschäftsführer

diese Gesellschaft, nicht aber auch die GmbH, ihre Wirkungen gehen auf letztere nicht über" 1 5 . Der Umfang der Vertretungsmacht der Vorgesellschafts-Geschäftsführer war also grundsätzlich beschränkt auf die jeweils als notwendig angesehenen Geschäfte, jedoch beliebig erweiterbar. Wegen des Vorbelastungsverbots konnte durch wirksam abgeschlossene nicht notwendige Geschäfte nur die Vorgesellschaft, nicht aber die eingetragene GmbH verpflichtet werden. Im Schrifttum wurde die Möglichkeit, die Geschäftsführer auch zur Vornahme nicht notwendiger Geschäfte zu ermächtigen, nicht immer deutlich gemacht. Dies mag seine Ursache darin haben, daß unter dem Handeln im Namen der Gesellschaft vor allem ein Handeln für die künftige GmbH verstanden wurde 16 und es für die Haftungsfolgen gar nicht mehr auf die Erweiterung der Vertretungsmacht ankam, wenn die GmbH erst einmal eingetragen war, weil dann so oder so für nicht notwendige Verbindlichkeiten keine Gesellschafts-, sondern nur die Handelndenhaftung bestand. Heute besteht Klarheit darüber, daß mit einem Handeln im Namen der Gesellschaft vor der Eintragung die Vorgesellschaft verpflichtet werden soll, wenn nicht ausnahmsweise die Wirksamkeit des Geschäfts ausdrücklich von der Eintragung abhängig gemacht wird 1 7 . Eine Differenzierung zwischen Verpflichtungen der Vorgesellschaft und der GmbH hat ihren Sinn auch spätestens mit der Durchsetzung der unbeschränkten Identitätstheorie verloren, da alle wirksamen Verpflichtungen der Vorgesellschaft ohnehin im Moment der Eintragung zu solchen der vollendeten GmbH werden 18 . Der Umfang der Vertretungsmacht aber wird von der Rechtsprechung und dem überwiegenden Teil der Literatur nach dem Übergang zum Differenzhaftungsmodell ganz ähnlich beurteilt wie vorher zu Zeiten des Vorbelastungsverbots. Genauso wie in der Frage der Kapitalsicherung durch die Differenzhaftung ist die h. M. auch hier den Vorschlägen Ulmers gefolgt 19 . Danach gilt der Zweck der Vorgesellschaft weiterhin als grundsätzlich beschränkt auf die Herbeiführung der Eintragung 20 . Dementsprechend ist die Vertretungsmacht

15

RGZ 83, 370, 373; zur grundlegenden Bedeutung dieser Ausführungen auch Flume, FS Ernst Geßler, S. 3, 12 sowie Binz, S. 63. 16 Lieb, DB 70, 961, 963; Binz, S. 62f. 17 Hachenburg/Ulmer, Ί 2 Aufl., §11, Rz55f.; Baumbach/Hueck, GmbHG, 14. Aufl., § 11, Rz 17; Rowedder/Rittner, § 11, Rz 87; Huber, FS Robert Fischer, S. 271; Schäfer-Gölz, S. 98. 18 Hachenburg/Ulmer, T2 Aufl., § 11, Rz 55; Baumbach/Hueck, GmbHG, 14. Aufl., § 11, Rz 17; Rowedder/Rittner, § 11, Rz 87. 19 Ulmer, FS Kurt Beierstedt, S. 279, 295 f.; ders. in Hachenburg, § 11, Rz 57; ders. in Hachenburg, Ί 1 Aufl., § 11, Rz 53 f. 20 Hachenburg/Ulmer, l 2 Aufl., §11, Rz52f.; Baumbach/Hueck, GmbHG, 14. Aufl., § 11, Rz 18; Rowedder-Rittner, § 11, Rz 83 ff.

II. Darstellung der bisherigen Meinungen

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der Geschäftsführer auch grundsätzlich beschränkt auf die rechtlich notwendigen Geschäfte 21. Es besteht die Möglichkeit, den Gesellschaftszweck und somit auch die Vertretungsmacht zu erweitern, und zwar im Gegensatz zu früher auch mit Wirkung gegenüber der vollendeten GmbH. Zu konkreten Einzelgeschäften kann eine Vollmacht mit ganz beliebigem Umfang ausgestellt werden 22 . Soweit aber den Geschäftsführern schon die Aufnahme der werbenden Tätigkeit gestattet sein soll, sind die Gesellschafter nicht frei in der Bestimmung des Umfangs der Vertretungsmacht. In diesem Falle müssen sie sich vielmehr im Interesse des Rechtsverkehrs an bestimmte typisierte Handlungsrahmen halten. Werden z.B. Sacheinlagen vereinbart, was als konkludente Erweiterung des Gesellschaftszwecks gewertet wird 2 3 , umfaßt die Vertretungsmacht der Geschäftsführer zwingend alle Geschäfte, die zur Erhaltung der eingebrachten Gegenstände erforderlich sind. Wird ein laufendes Geschäft eingebracht oder gestatten die Gesellschafter einmütig die Aufnahme eines neuen Geschäftsbetriebes 24 , haben die Geschäftsführer zwingend die Vertretungsmacht für alle gewöhnlichen Rechtshandlungen der Gesellschaft, sie haben dann die gleiche Rechtsmacht wie später nach Eintragung der GmbH nach § 37 I I G m b H G 2 5 . Überschreiten die Geschäftsführer in Ausübung dieser typisierten Vertretungsmacht den ihnen im Innenverhältnis vorgegebenen Rahmen ihrer Geschäftsführungsbefugnis, sind die Gesellschafter genauso wie später ausschließlich auf die Schadensersatzansprüche der Gesellschaft nach § 43 I I GmbHG verwiesen, denn nach außen ist das Geschäft wirksam 26 . Die Einschränkung, daß die Vertretungsmacht immer nur entweder beschränkt auf die rechtlich notwendigen Geschäfte, oder beliebig erweitert im Hinblick auf konkrete einzelne Geschäfte oder aber erweitert in ganz bestimmten typisierten Rahmen ist, soll Rechtsunsicherheiten bezüglich des Handlungsrahmens der Geschäftsführer verhindern 27 . Es verbleibt jedoch auch bei dieser Regelung eine Unsicherheit bei den Kontrahenten der Vor-GmbH, denn 21

Ulmer, FS Kurt Beierstedt, S. 279, 290; ders. in Hachenburg, Ί 2 Aufl., § 11, Rz 53; BGHZ 80,129,139; 80,182,185; Flume, FS Ernst Geßler, S. 3, 36; John, BB 82, 505, 512; Roth, GmbHG, § 11 Anm. 4.3.2.; Fleck, GmbH-Rdsch 83, 5, 8; W. H. Roth, ZGR 84, 597, 612; Hueck, GesR., S. 318. 22 Hachenburg/Ulmer, Ί 2 Aufl., § 11, Rz 53; Hueck, GesR., S. 318. 23 Hachenburg/Ulmer, Ί 2 Aufl., § 11, Rz 53; Baumbach/Hueck, GmbHG, 14. Aufl., § 11, Rz 19; Ulmer, FS Kurt Beierstedt, S. 279, 291; Roth, GmbHG, § 11, Anm. 4.3.2. 24 Auch dies kann konkludent erfolgen, etwa indem die Gesellschafter die Vorbereitungen zur Geschäftsaufnahme billigend in Kauf nehmen, Hachenburg/Ulmer, T2 Aufl., § 11, Rz 53. 25 Hachenburg/Ulmer, l 2 Aufl., § 11, Rz 53, ders. FS Kurt Beierstedt, S. 279, 295f.; John, Rechtsperson, S. 324; ders. BB 82, 505, 512; Fleck, GmbH-Rdsch 83, 5, 8; Hueck, GesR., S. 318. 26 Hachenburg/Ulmer, Τ Aufl., § 11, Rz 53. 27 Hachenburg/Ulmer, Ί 2 Aufl., § 11, Rz 53.

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E. Die Vertretungsmacht der Vor-GmbH-Geschäftsführer

insbesondere im Falle der Bargründung läßt sich von außen schon nicht ohne weiteres feststellen, ob die Vertretungsmacht beschränkt oder aber im typisierten Rahmen bzw. für das konkrete Geschäft erweitert ist. Diese verbleibende Unsicherheit ließe sich nur vermeiden, wenn mit einer Mindermeinung bereits § 37 I I GmbHG Anwendung auf die Vorgesellschaft fände. Dies ist jedoch nach Ansicht von Ulmer und dem ihm folgenden Schrifttum nicht möglich. Scheitern muß die Anwendung des § 37 I I GmbHG letztendlich am Institut der Differenzhaftung. Für die Gesellschafter, die danach persönlich unbeschränkt für die Wiederauffüllung des Stammkapitals und damit mittelbar für die Folgen der Verpflichtungen der Vorgesellschaft haften, bedeutet die unbeschränkte Vertretungsmacht der Geschäftsführer ein erhebliches Risiko, das ihnen nur auferlegt werden soll, wenn sie ihr Einverständnis mit der vorzeitigen Geschäftsaufnahme erteilt haben 28 . Während die h.M. somit den Gesellschafterschutz in den Vordergrund stellt und den Verkehrsschutz durch typisierte Handlungsrahmen, die Handelndenhaftung und im übrigen durch eine ggf. eingreifende Rechtsscheinshaftung der Gesellschafter 29 gewahrt sieht, stellt eine in der Literatur schon länger vertretene Gegenansicht primär auf den Verkehrsschutz ab. Danach folgt die Anwendung des § 37 I I GmbHG zwingend daraus, daß die Vor-GmbH frei im eigenen Namen am Handelsverkehr teilnehmen kann und für die Sicherheit des Handelsverkehrs eine unbeschränkte und unbeschränkbare Vertretungsmacht der Handelnden üblich und unumgänglich ist 3 0 . Es müsse eine schwerwiegende Gefährdung für die Leichtigkeit und Sicherheit des Rechtsverkehrs nach sich ziehen, wenn der Rahmen der Vertretungsmacht in den einzelnen Vor-GmbH ganz unterschiedlich ausgestaltet wäre und von der Beschränkung auf Minimalbefugnisse über ganz unterschiedliche Zwischenstufen bis hin zur unbeschränkten Vertretungsmacht reichen könnte, ohne daß dies von außen ohne weiteres erkennbar wäre 31 . Für Dritte sei häufig schon nicht ersichtlich, ob die GmbH schon eingetragen sei oder nicht 3 2 . Die von Ulmer entwickelten typisierten Rahmen der Vertretungsmacht könnten diesen Mißstand zwar geringfügig mildern, aber im Grunde doch nicht beseitigen33. Das Gesellschafterinteresse, das der handelsverkehrsgerechten Lösung angeblich im Wege stehe, ließe sich wie sonst auch durch innergesellschaftliche Bindungen der Geschäftsführer wahren 34 . Es sei eher den Gründern als den Geschäftspartnern zuzumuten, die 28

Hachenburg/Ulmer, Ί 1 Aufl., § 11, Rz 52; Roth, GmbHG, § 11, Anm. 4.3.2.; Fleck, GmbH-Rdsch 83, 5, 9; Hueck, GesR., S. 318. 29 Vgl. dazu Hachenburg/Ulmer, l 2 Aufl., § 11, Rz 52; ders. FS Kurt Ballerstedt, S. 279, 294; Fleck, GmbH-Rdsch 83, 5, 9. 30

Dregger, S. 82; Binz, S. 135ff.; Scholz/Winter, 6. Aufl., § 11, Rz 7. Dilcher, JuS 66, 89, 92; Binz, S. 135 ff.; Scholz/Winter, 6. Aufl., §11, Rz 7; Autenrieht, JA 81, 391, 395 f. 31

32 33 34

Dregger, S. 82. Scholz/Winter, 6. Aufl., § 11, Rz 7. Scholz/Winter, 6. Aufl., § 11, Rz 7.

III. Eigene Stellungnahme

111

Folgen einer Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnis zu tragen, denn sie hätten diese ja bestellt und müßten auch nach der Eintragung diese Gefahr auf sich nehmen 35 . Letztendlich entspreche eine diesbezügliche Rechtssicherheit auch den Interessen der Gesellschafter, die davon profitieren, wenn ihrer am Rechtsverkehr teilnehmenden Vorgesellschaft Vertrauen entgegengebracht wird und das Verhalten der Geschäftspartner nicht von Unsicherheiten geprägt ist 3 6 . I I I . Eigene Stellungnahme Auch die Frage, ob § 37 I I GmbHG auf die Vor-GmbH anzuwenden ist oder ob für die Vertretungsmacht der Vor-GmbH-Geschäftsführer davon abweichende Sonderregelungen zu entwickeln sind, soll mit der oben entwickelten Methode 37 geklärt werden. Zunächst ist also festzustellen, welches Maß der Verselbständigung im maßgeblichen Strukturbereich diese Norm voraussetzt. Danach ist zu fragen, ob auch die Vor-GmbH schon diesen Grad der Verselbständigung erreicht hat. Wird diese Frage bejaht, ist § 37 I I GmbHG auf die Vorgesellschaft anzuwenden, wird sie verneint, muß eine Ersatzregelung mit gleichwertiger Interessenwahrung gefunden werden. Im Gegensatz zu den vorher behandelten Haftungsproblemen gehört die hier untersuchte Frage in den Bereich der Handlungsorganisation. Die Geschäftsführer stellen die externe Handlungsorganisation der GmbH dar, sie sind die Organe, durch die die GmbH nach außen tätig wird. Diese Handlungsorganisation ist bei der eingetragenen GmbH in zweierlei Hinsicht verselbständigt. Zum einen gewährt die hier in Frage stehende Regelung des § 37 I I GmbHG den Handelnden eine größtmögliche Selbständigkeit nach außen, weil ihre Vertretungsmacht unbeschränkt und unbeschränkbar ist. Zum anderen ist zu beachten, daß nach § 6 I I I 1 GmbHG Gesellschafter oder andere Personen zu Geschäftsführern bestellt werden können. Es gilt demnach die Drittorganschaft 38 und keiner der Geschäftsführer muß notwendig Gesellschafter sein. Die unbeschränkbare Fähigkeit zum Handeln nach außen wird somit unter Umständen ausschließlich Personen übertragen, die keine Gesellschaftsanteile besitzen und nur fremdnützig die Geschäfte führen. Damit ist die Handlungsorganisation noch weiter verselbständigt als diejenige der Personenhandelsgesellschaften, bei denen durch das Prinzip der Selbstorganschaft eine nähere Anbindung an die Gesellschafter gewährleistet ist 3 9 . 35 Dregger, S. 82; Huber, FS Robert Fischer, S. 274; Raiser, Kapitalgesellschaften, S. 183; Hansis, S. 68, der dies aber nur gelten läßt, wenn Unklarheit darüber herrscht, ob die GmbH schon eingetragen ist oder nicht. Nicht schutzwürdig sei derjenige Geschäftspartner, der weiß, daß es sich um eine GmbH i. G. handelt. 36 Dregger, S. 82. 37 Vgl. oben Β III. 38 Hachenburg/Ulmer, Ί 1 Aufl., § 6, Rz 16. 39 Übertroffen wird die ungebundene Position der Geschäftsführer allerdings noch von derjenigen des Vorstandes der Aktiengesellschaft, der auch im Innenverhältnis keinen

112

E. Die Vertretungsmacht der Vor-GmbH-Geschäftsführer

1. Die Voraussetzungen einer unbeschränkten und unbeschränkbaren Vertretungsmacht Die unbeschränkte und unbeschränkbare Vertretungsmacht setzt als Beschränkung der Gesellschafterinteressen ein anderes überwiegendes Interesse voraus. Es ist allgemein anerkannt, daß im Handelsverkehr der Verkehrsschutz und die Leichtigkeit des Geschäftsverkehrs ein solches überwiegendes Interesse begründen. Im Handelsverkehr muß gewährleistet sein, daß die Geschäftsführer stets wirksam für ihre Gesellschaft auftreten können. Es wäre unvereinbar mit der erforderlichen Schnelligkeit des Handelsverkehrs, wenn erst Erkundigungen über den Umfang der Vertretungsmacht von handelnden Personen eingezogen werden müßten. Die Interessen einer vertretenen Gesellschaft und ihrer Gesellschafter müssen daher hinter die Interessen des Rechtsverkehrs zurücktreten. Dies geschieht in der Weise, daß der Umfang der Vertretungsmacht der Handelnden vom Interesse des Handelsverkehrs bestimmt wird und nicht vom Umfang der Geschäftsführungsbefugnis. Deshalb ist die Vertretungsmacht der geschäftsführenden Organe aller Handelsgesellschaften und Genossenschaften unbeschränkt und unbeschränkbar ausgestaltet worden, so durch § 126 HGB für die vertretungsberechtigten Gesellschafter der Personenhandelsgesellschaften, durch § 82 I A k t G für den Vorstand der Aktiengesellschaft, durch § 27 GenG für den Vorstand der Genossenschaft und eben durch § 37 I I GmbHG für den Geschäftsführer der GmbH. Beschränkungen können sich lediglich dadurch ergeben, daß Gesamtvertretung angeordnet ist, vgl. §§ 125 I I HGB, 78 I I A k t G und 53 I I GmbHG. Ansonsten aber können sich Geschäftspartner von Handelsgesellschaften darauf verlassen, daß die zuständigen Organe einen unbeschränkten Handlungsrahmen für geschäftsführende Maßnahmen haben und ihre Legitimation nicht überprüft zu werden braucht 40 . Selbst bei anderen Personen, die im Handelsverkehr tätig werden, ohne Organe von Handelsgesellschaften zu sein, gilt ein fester Umfang der Vertretungsmacht, so etwa gemäß §§ 49, 50 HGB für den Prokuristen und gemäß § 54 HGB für den Handlungsbevollmächtigten. Als Zwischenergebnis ist damit festzustellen, daß die unbeschränkte und unbeschränkbare Vertretungsmacht von Handelsgesellschafts-Organen und ihre damit einhergehende Verselbständigung vom Gesellschafterwillen darauf beruht, daß sie im Handelsverkehr auftreten, in dem der Verkehrsschutz besonders starke Ausprägung gefunden hat. Damit aber sind die Gesellschafter einer Handelsgesellschaft ihren geschäftsführenden Organen in besonderem Maße auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Sie müssen selbst Rechtsgeschäfte gegen sich gelten lassen, die sie ihren Geschäftsführern im Innenverhältnis ausdrücklich untersagt haben, und sind in Beschränkungen unterliegt und einer Ersatzpflicht daher viel seltener ausgesetzt ist als der Geschäftsführer nach § 43 I I GmbHG. 40 Wiedemann, GesR. I, S. 524.

III. Eigene Stellungnahme

113

solchen Fällen auf die Schadensersatzansprüche im Innenverhältnis verwiesen. Während sonst Generalvollmachten jederzeit durch denjenigen widerrufen werden können, der durch die damit eingegangenen Geschäfte verpflichtet wird 4 1 , ist die Organstellung eines Geschäftsführers zudem für den einzelnen Gesellschafter häufig nicht ohne weiteres widerrufbar. Für den einzelnen Gesellschafter kann sich also die Situation ergeben, daß er „seine" Gesellschaft für längere Zeit in Händen eines Geschäftsführers weiß, dessen Geschäftsführung er nicht billigt. In den Fällen einer beschränkten Haftung der Gesellschafter für die Gesellschaftsverbindlichkeiten mag eine solche Gefährdung der Gesellschafterinteressen noch angehen, da das Risiko für das Vermögen des einzelnen begrenzt ist. Problematischer wird es aber in den anderen Fällen, in denen die oder einzelne Gesellschafter mit ihrem gesamten Vermögen für die Gesellschaftsverbindlichkeiten einstehen müssen, wie es zum Beispiel gemäß § 128 S. 1 HGB bei den Personenhandelsgesellschaften der Fall ist. Hier greift deshalb zur Verringerung dieses Risikos das Prinzip der Selbstorganschaft ein, das die Interessen der Gesellschafter beim Außenhandeln der Gesellschaft dadurch wahren hilft, daß immer auch ein persönlich haftender Gesellschafter der Geschäftsführung angehört. Damit ist gewährleistet, daß die sonstigen Vertretungsberechtigten, z.B. Prokuristen, jederzeit durch einen Gesellschafter effektiv und unmittelbar kontrolliert werden können. Für den GeschäftsführerGesellschafter ist das Risiko eines für ihn unerwünschten Außenhandelns wegen dieser Kontrollmöglichkeit stark beschränkt 42 . Auch für andere persönlich haftende Gesellschafter, die selbst nicht Geschäftsführer sind, bietet die Selbstorganschaft einen gewissen, wenn auch nur mittelbaren Schutz. Sie selbst können zwar nicht die beschriebene unmittelbare Kontrolle ausüben. Weil aber der geschäftsführende Gesellschafter ebenfalls persönlich unbeschränkt für die Gesellschaftsverbindlichkeiten haftet und deshalb eine weitgehende Interessenidentität besteht, ist gewährleistet, daß auch ihre Interessen geschützt werden 43 . Das Prinzip der Selbstorganschaft sichert so bei der Auswahl der Vertretungsorgane die Interessen der Gesellschafter, die bei der Bestimmung des Umfangs ihrer Vertretungsmacht hinter den Interessen des Handelsverkehrs zurücktreten müssen. Diese Sicherung greift grundsätzlich immer dann, aber auch nur dann ein, wenn die Gesellschafter persönlich unbeschränkt haften. Im Falle einer unbeschränkten und unbeschränkbaren Vertretungsmacht von Gesellschaftsorganen wird also das Gesellschafterinteresse entweder dadurch gewahrt, daß die Haftung der Gesellschafter für die Gesellschaftsverbindlichkeiten beschränkt ist, oder dadurch, daß bei unbeschränkter Haftung der Gesellschafter wenigstens eine der ebenfalls unbeschränkt haftenden Personen an der Vertretung teilnimmt.

41 42 43

John, Rechtsperson, S. 284 f. John, Rechtsperson, S. 287. John, Rechtsperson, S. 287f.

8 Derwisch-Ottenberg

114

E. Die Vertretungsmacht der Vor-GmbH-Geschäftsführer

Die wegen der Teilnahme der GmbH am Handelsverkehr erforderliche Ausgestaltung der Vertretungsmacht gemäß § 37 I I GmbHG ist gerechtfertigt, weil die GmbH-Gesellschafter gemäß § 13 I I GmbHG nur mit dem Stammkapital für die Gesellschaftsverbindlichkeiten haften. Die starke Verselbständigung der möglicherweise ausschließlich fremden Geschäftsführer ist ihnen nur deshalb zuzumuten, weil sie darüber hinaus mit ihrem sonstigen Vermögen nicht für deren Handeln einstehen müssen. 2. Das Vorliegen dieser Grundlagen bei der Vor-GmbH Nun ist zu untersuchen, ob bereits bei der Vor-GmbH die Voraussetzungen vorliegen, die bei der eingetragenen GmbH die Regelung des § 37 I I GmbHG erforderlich machen und rechtfertigen. Es ist heute allgemein anerkannt, daß die Vor-GmbH im eigenen Namen am Handelsverkehr teilnehmen kann. Bei einem Außenhandeln ihrer Organe besteht ebenso wie bei den anderen Handelsgesellschaften ein starkes Interesse des Rechtsverkehrs am Ausschluß jeden Zweifels über den Umfang der Vertretungsmacht. Da häufig nicht ohne weiteres erkennbar ist, ob es sich bei einer werbenden GmbH um eine werdende oder eingetragene Gesellschaft handelt, sind die Geschäftspartner in gleichem Maße schutzwürdig wie beim Kontrahieren mit anderen Handelsgesellschaften. Aus den parallel ausgestalteten Vorschriften zum Umfang der Vertretungsmacht der Organe von Handelsgesellschaften folgt daher, daß auch für die Geschäftsführer der Vor-GmbH die unbeschränkte und unbeschränkbare Vertretungsmacht gelten müßte. Den Befürwortern einer Anwendung des § 37 I I GmbHG auf die Vorgesellschaft ist darin Recht zu geben, daß jede Abweichung von dieser Regelung ein Bruch handelsrechtlicher Verkehrsschutz-Grundsätze wäre. Andererseits darf auch der Gesellschafterschutz nicht außer acht bleiben. Den Gesellschaftern der Vor-GmbH ist die Anwendung des § 37 I I GmbHG nur zumutbar, wenn ihre Interessen durch eines der beiden oben genannten Begrenzungsmittel geschützt werden. Stellt man allein darauf ab, daß für die Auswahl der Vor-GmbH-Geschäftsführer uneingeschränkt die Regelung des § 6 I I I 1 GmbHG, also die Drittorganschaft, gilt, müßte parallel zur Situation bei der eingetragenen GmbH die Gesellschafterhaftung für Vorgesellschaftsverbindlichkeiten beschränkt sein, um eine Anwendung des § 37 I I GmbHG zu rechtfertigen. Unter dieser Prämisse der h.M. ist ihre Folgerung verständlich, daß sie angesichts der von ihr vertretenen unbeschränkten Differenzhaftung, die wirtschaftlich einer unbeschränkten Außenhaftung gleichsteht, eine unbeschränkte Vertretungsmacht ablehnt und Risikominderungen für die Gesellschafter fordert. Nach dieser Ansicht ist die Vor-GmbH eine gänzlich systemwidrige Gesellschaft, die einerseits wegen der Interessen des Rechtsverkehrs gemäß § 37 I I GmbHG vertreten werden müßte, bei der sich aber andererseits wegen des Zusammentref-

III. Eigene Stellungnahme

115

fens von unbeschränkter Gesellschafterhaftung und Drittorganschaft diese Anwendung gerade verbietet. Angesichts einer solchen Widersprüchlichkeit wäre die von Ulmer vorgeschlagene und heute von der h. M . vertretene typisierte Vertretungsmacht ein ausgewogener Kompromiß, der einen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen des Rechtsverkehrs und denjenigen der Gesellschafter herbeiführte. Fraglich ist aber, ob eine solche Systemwidrigkeit der Vor-GmbH wirklich vorliegt. Nach der hier vertretenen Ansicht besteht die sogenannte Differenzhaftung der Gesellschafter nicht 4 4 . Es könnte also allenfalls die unmittelbare Außenhaftung der Gesellschafter der unbeschränkten Vertretungsmacht entgegenstehen. Oben wurde festgestellt, daß diese sogenannte Gründerhaftung vor und nach der Anmeldung der GmbH zum Handelsregister unterschiedlich ausgestaltet ist. In dem hauptsächlich relevanten Zeitraum nach der Anmeldung haften die Gesellschafter nur beschränkt auf die noch ausstehenden Stammeinlagen, und dies ausschließlich gegenüber der Gesellschaft. Ihre Haftungsbeschränkung ist jedoch nur eine vorläufige und wird erst mit der Eintragung der GmbH unwiderruflich. Eine unbeschränkte Haftung kann noch entstehen, wenn die Eintragung scheitert 45 . Damit verbleibt bei den Gesellschaftern immer noch ein größeres Risiko, durch Fremdgeschäftsführer ruiniert zu werden, als es bei der eingetragenen GmbH der Fall ist. Es ist aber zu bedenken, daß die Gründer bei korrektem Vorgehen das Scheitern der Eintragung verhindern können und daß tatsächlich kaum jemals eine Eintragung endgültig verweigert wird 4 6 . Damit ist die Situation der angemeldeten Vor-GmbH in bezug auf die Haftungsbeschränkung zwar nicht identisch mit derjenigen bei der eingetragenen GmbH, aber doch weitgehend vergleichbar. Eine unbeschränkte und unbeschränkbare Vertretungsmacht der Geschäftsführer wäre durchaus allein mit dieser Haftungsausgestaltung zu rechtfertigen. Problematischer ist in diesem Zusammenhang der Zeitraum zwischen Errichtung und Anmeldung zu beurteilen. Hier haften die Gründer unbeschränkt für Verbindlichkeiten der Vorgesellschaft, ohne daß ihre Haftung durch die endgültige Nichteintragung der GmbH bedingt wäre 47 . Auch wenn berücksichtigt wird, daß die Zeitspanne zwischen Errichtung und Anmeldung sehr kurz gehalten werden kann und die Haftung der Gesellschafter bei Eintragung der GmbH erlischt 48 , kann die hier geltende Haftungsregelung nicht mit derjenigen bei der eingetragenen GmbH verglichen werden. Allein in Hinblick auf die Haftung der Gesellschafter ist eine Anwendung des § 37 I I GmbHG im Zeitraum zwischen Errichtung und Anmeldung nicht gerechtfertigt. 44 45 46 47 48

8'

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

oben oben oben oben oben

D C C C C

III III III III III

4). 3) b) bb). 8). 10). 13) am Ende.

116

E. Die Vertretungsmacht der Vor-GmbH-Geschäftsführer

Es sind aber Zweifel angebracht, ob angesichts der Drittorganschaft tatsächlich allein die Haftungsbeschränkung zu einer Zumutbarkeit der unbeschränkten Vertretungsmacht führen kann. Allein auf die Drittorganschaft abzustellen hieße, eine maßgebliche Besonderheit des Vorgesellschaftsrechts völlig außer acht zu lassen, die auch in diesem Zusammenhang von entscheidender Bedeutung ist, nämlich die Handelndenhaftung nach § 11 I I GmbHG. Sie schafft eine ganz ähnliche Situation wie die Selbstorganschaft bei den Personenhandelsgesellschaften. Die vertretungsberechtigten Personen haften uneingeschränkt persönlich für ihre im Namen der Vorgesellschaft getätigten Handlungen und haben damit das gleiche starke Interesse an einem ordentlichen Geschäftsverlauf wie die Gesellschafter, die bis zur Anmeldung auf jeden Fall und danach bedingt für die Vorgesellschaftsverbindlichkeiten haften. Daß die Haftung der Handelnden im Zeitpunkt der Eintragung erlischt, steht einer Interessenparallelität nicht entgegen, da auch die Gesellschafterhaftung in diesem Moment endet. Damit bewirkt die Handelndenhaftung im Recht der Vorgesellschaft trotz der geltenden Drittorganschaft genau denjenigen Gesellschafterschutz, der bei den Personenhandelsgesellschaften durch das Prinzip der Selbstorganschaft geschaffen wird. Deshalb ist auch unabhängig von einer Haftungsbeschränkung der VorGmbH-Gesellschafter eine Anwendung des § 37 I I GmbHG auf die Vor-GmbH gerechtfertigt und geboten. Die von Ulmer entwickelte h.M. ist somit in zweierlei Hinsicht abzulehnen: Zum einen entspricht die Annahme einer unbeschränkten Einstandspflicht der Gesellschafter für die Vorgesellschaftsverluste im maßgeblichen Zeitraum nach der Anmeldung nicht den hier gefundenen Ergebnissen. Entscheidender noch ist aber zweitens, daß die h. M . den ausreichenden mittelbaren Gesellschafterschutz durch § 11 I I GmbHG gänzlich unberücksichtigt läßt und allein auf das Vorliegen einer Haftungsbeschränkung abstellt. Soweit die Handelndenhaftung in diesem Zusammenhang sogar umgekehrt als Instrument des Verkehrsschutzes angesehen wird, ist dies zweifellos richtig; dies kann aber kein Argument für das Abweichen von der im Handelsverkehr üblichen unbeschränkten Vertretungsmacht sein, weil beispielsweise auch bei den Personenhandelsgesellschaften eine zusätzliche Haftung zur Haftung der Gesellschaft besteht und dennoch der übliche Umfang der Vertretungsmacht gilt und weil vor allem § 179 BGB grundsätzlich einen ähnlichen Verkehrsschutz gewährleistet. Das hier vertretene Ergebnis einer uneingeschränkten Anwendung des § 37 I I GmbHG auf die angemeldete und unangemeldete Vorgesellschaft hat gegenüber der h.M. den Vorteil, daß es zu einer völligen Rechtssicherheit bezüglich des Umfangs der Vertretungsmacht bei den Vor-GmbH-Geschäftsführern führt. Diese Rechtssicherheit ermöglicht ein größeres Vertrauen in die Vorgesellschaft insgesamt und erleichtert deren Teilnahme am Rechtsverkehr. Dies aber liegt letztendlich im Interesse aller Beteiligten.

F. Die Einmann-Vor-GmbH I . Problemstellung Die GmbH-Novelle von 1980 brachte als Novum die Möglichkeit der Gründung einer GmbH durch nur eine einzige Person. Schon seit langer Zeit war die Einmann-GmbH anerkannt, die durch nachträgliche Vereinigung aller Anteile in der Hand eines Gesellschafters entstanden war 1 . Für die Gründung war aber immer eine Personenmehrheit erforderlich. Bei von vornherein angestrebter Einmann-Gesellschaft war deshalb die Beteiligung eines Strohmannes erforderlich, der zunächst einen Gesellschaftsanteil übernahm und dann nach erfolgter Eintragung auf den Hauptgründer übertrug. Diese Strohmanngründung entsprach lange Zeit gängiger Praxis und war auch rechtlich anerkannt. Sie blieb aber ein Umweg, der die Entstehung einer rechtlich unbedenklichen Einmann-GmbH durch die notwendige Einschaltung eines Dritten komplizierte. Der Gesetzgeber machte diesen Umweg durch zwei Änderungen des GmbHG überflüssig. In § 1 GmbHG wurden die Worte „durch eine oder mehrere Personen" eingefügt, in § 2 GmbHG wurden die Worte „des Abschlusses in" gestrichen, um zu kennzeichnen, daß es zur Errichtung der Satzung keines Vertragsschlusses durch mehrere Personen mehr bedarf, sondern daß die Satzung auch durch eine Person errichtet werden kann. Darüber hinaus wurde § 7 I I 3 GmbHG eingefügt, der bestimmt, daß im Falle der EinmannGründung die Anmeldung erst erfolgen darf, wenn neben der Einzahlung der Mindesteinlagen (§7 I I 1, 2 GmbHG) für die noch ausstehenden Einlagen Sicherungen bestellt sind. M i t diesem „Federstrich des Gesetzgebers"2 wurde die Einmann-Vor-GmbH geschaffen und den zahlreichen Problemen des Vorgesellschaftsrechts ein weiteres hinzugefügt. Es fragt sich, ob die für die Mehrpersonen-Vorgesellschaft gefundenen Regelungen auch auf dieses neue 1 Die erste Anerkennung einer Einmann-Gesellschaft durch das Reichsgericht betraf im Jahre 1888 eine bergrechtliche Gewerkschaft, RGZ 23, 202 ff. Danach erkannte das RG in ständiger Rechtsprechung auch die Einmann-GmbH an, RGZ 68,172,174; 85,380, 382. Diese Rspr. wurde vom BGH übernommen, BGHZ 21, 378, 383 f. vgl. zur historischen Entwicklung der Diskussion um die Einmann-Gesellschaft im übrigen Fezer, JZ 1981, 608, 609ff.; Hüffer, ZHR 142, 486, 488 ff. Einer der letzten Kritiker der Einmann-GmbH dürfte Meyer-Cording, JZ 78,10 ff. sein, der die gesetzliche Zulassung der Einmann-Gründung denn auch „für die endgültige Legitimierung dieses unehelichen Kindes des Gesetzes und ein Signal für freie Fahrt in die falsche Richtung" hält. 2 So Fezer, JZ 1981, 608; vgl. auch Ulmer, BB 80, 1001, 1002, der sich an den Satz v. Kirchmanns erinnert fühlt, ein Federstrich des Gesetzgebers mache ganze Bibliotheken zur Makulatur.

118

F. Die Einmann-Vor-GmbH

Gebilde angewendet werden können, oder ob und inwieweit Sonderregelungen dafür gefunden werden müssen.

II. Darstellung der bisherigen Meinungen 1. Unanwendbarkeit der Vor-GmbH-Regelungen wegen des Fehlens eines vom Gründer gesonderten Rechtsträgers Nach einer Ansicht, die insbesondere von Hüffer vertreten wird 3 und anfangs auch von Ulmer 4 geteilt wurde, sind die für die Mehrmann-Vorgesellschaft geltenden Regelungen überwiegend nicht auf die Einmann-Vor-GmbH anwendbar. Anders als bei der Mehrpersonen-Gründung fehle es bei der EinmannGründung an einer teilrechtsfähigen Vorgesellschaftsorganisation, deren Existenz Grundlage aller Regelungs- und Haftungssysteme des Vorgesellschaftsstadiums ist. Die Teilrechtsfähigkeit, die es bei der Mehrmann-Vor-GmbH ermögliche, daß die Gesellschaft bereits vor der Eintragung Rechtsträger des Gesellschaftsvermögens, also insbesondere der Stammeinlagen, und primäre Schuldnerin der Vorgesellschafts-Verbindlichkeiten ist, beruht danach allein auf der gesamthänderischen Bindung im Verhältnis der Gründer untereinander. Da bei der Einmann-Gründung eine solche Gesamthand nicht entsteht, könne es auch keine von der Person des Gründers gesonderte Vorgesellschaftsorganisation geben. Eine unabhängig vom Bestehen einer Gesamthand mögliche Vermögenssonderung etwa wie bei der Konkurs- und Nachlaßverwaltung oder der Testamentsvollstreckung komme ebenfalls nicht in Betracht, weil es bei der GmbH-Gründung im Gegensatz zu diesen Fällen keinen unabhängigen Verwalter gibt. Der Geschäftsführer der Vorgesellschaft ist, wenn nicht sogar Eigengeschäftsführung vorliegt, weisungsabhängig vom Gründer und daher den Verwaltern in den genannten Fällen nicht vergleichbar 5. Eine irgendwie sonst geartete Teilrechtsfahigkeit sei dem deutschen Recht fremd und daher für die Einmann-Vor-GmbH abzulehnen6. Deshalb sei die gesetzlich vorgeschriebene Leistung der Mindesteinlagen unmöglich, denn es sei kein Rechtsträger vorhanden, an den der Gründer sie übertragen könne 7 . Die Mindesteinlagen müßten daher bis zur Eintragung unverändert im Vermögen des Gründers verbleiben, seien dort dem uneingeschränkten Zugriff seiner Privatgläubiger ausgesetzt und fielen bei einem Konkurs des Gründers vor der Eintragung in die Konkursmasse 8. Auch die 3

Hüffer, ZHR 142, 486, 492 ff.; ZHR 145, 520, 525ff.; JuS 83, 161, 168 f. Ulmer, BB 80, 1001, 1002 ff. 5 Ulmer, BB 80, 1001, 1002; Hüffer, Z H R 142, 486, 507 f.; ders., ZHR 145, 521, 526; derselbe, JuS 83, 161, 169. 6 Ulmer, BB 80, 1001, 1003; Hüffer, ZHR, 145, 521, 530; ders., JuS 83, 161, 169. 7 Ulmer, BB 80,1001,1002; Hüffer, ZHR 142,486,492,497 u. 499; ders., JuS 83,161, 168. 4

II. Darstellung der bisherigen Meinungen

119

nach § 7 I I 3 GmbHG erforderlichen Sicherungen könnten diesen Mangel nicht beheben, da ja auch keine Vorgesellschaft vorhanden sei, für die diese Sicherungen bestellt werden könnten 9 . Ein Handeln der Geschäftsführer für die Einmann-Vor-GmbH sei ausschließlich ein Handeln für den Gründer persönlich, der bei Vorliegen der entsprechenden Vertretungsmacht über § 164 BGB dafür unbeschränkt hafte 10 . Angesichts solcher Unklarheiten warnen die Vertreter dieser Ansicht folgerichtig vor der Einmann-Gründung und raten dazu, weiterhin den Umweg über die Strohmanngründung zu gehen 11 . Die gesetzgeberische Entscheidung für die Ermöglichung der Einmann-Gründung wird denn auch als verfehlt 12 bzw., so Ulmer 1 3 , als „Danaer-Geschenk" bezeichnet. Der Praxis wird dabei empfohlen, bei dennoch erfolgenden Einmann-Gründungen zusätzliche, rechtlich nicht abgesicherte Erfordernisse aufzustellen, etwa eine erneute Versicherung der Geschäftsführer nach § 8 I I GmbHG unmittelbar vor der Eintragung, die Einschaltung von unabhängigen Treuhändern oder gar die Zwangseinzahlung der Bar-Mindesteinlagen auf ein Notar-Anderkonto mit Sperrvermerk zugunsten der zukünftigen G m b H 1 4 . 2. Die Gleichstellung der Einmann- mit der Mehrmann-Vor-GmbH Nach heute ganz überwiegender Ansicht sind die Regelungen der MehrmannVor-GmbH jedoch auch auf die Einmann-Vorgesellschaft anwendbar. I m Gegensatz zur vorstehend genannten Meinung geht man davon aus, daß auch im Falle der Einmann-Gründung zwischen Errichtung und Eintragung der GmbH eine von der Person des Gründers zu unterscheidende Vorgesellschaft besteht, die Trägerin des Gesellschaftsvermögens und Schuldnerin der Gesellschaftsverbindlichkeiten ist und von den Geschäftsführern vertreten wird. Die Leistung der Mindesteinlagen erfolgt an diese Einmann-Vorgesellschaft genauso wie im Falle der Mehrpersonen-Gründung. Hauptargument für eine solche Verselbständigung ist der erkennbare Wille des Gesetzgebers, die Einmann- der Mehrmann-Gründung gleichzustellen und eine Leistung der Mindesteinlagen zur freien Verfügung der Geschäftsführer zu ermöglichen 15 . Es 8 Ulmer, BB 80, 1001, 1002; Hüffer, Z H R 142, 486, 497; ders., Z H R 145, 521, 532; ders., JuS 83, 161, 169; Brinkmann, GmbH-Rdsch 82, 269, 271. 9 Ulmer, BB 80, 1001, 1002/1003; Hüffer, ZHR 145, 521, 535. 10 Ulmer, BB 80, 1001, 1005. 11 Ulmer, BB 80, 1001, 1005. 12 Hüffer, JuS 83, 161, 168. 13 Ulmer, BB 80, 1001, 1002, 1005. 14 Ulmer, BB 80, 1001, 1003; Hüffer, ZHR 145, 521, 534. 15 Gessler, BB 80, 1385, 1389; K. Schmidt, NJW 80, 1769, 1774/75; ders., ZHR 145, 540, 550ff.;ders. in Scholz, §11, Rz 147; Raiser, Die neuen Gründungsvorschriften, S. 38/39; John, Die Gründung der Einmann-GmbH, S. 12.

120

F. Die Einmann-Vor-GmbH

gehe nicht an, die mit der GmbH-Novelle verfolgte Ermöglichung einer originären Einmann-Gründung für undurchführbar zu erklären oder contra legem zu komplizieren, nur weil dieses Gebilde in die bisherigen dogmatischen Denkstrukturen nicht ohne weiteres zu integrieren sei. Auf der Grundlage dieses gemeinsamen Ausgangspunktes haben die Vertreter der Gleichbehandlung aller Vorgesellschaften verschiedene Wege beschritten, um die Verselbständigung der Einmann-Vor-GmbH dogmatisch zu begründen. a) Die Einmann-Gesamthand Karsten Schmidt versuchte zunächst, die Parallelität der Verselbständigung dadurch zu beschreiben, daß er auch bei der Einmann-Vorgesellschaft eine gesamthänderische Bindung des Gesellschaftsvermögens annahm 16 . Ebenso wenig wie für die Kapitalgesellschaft sei es für die Gesamthand begriffsnotwendig, daß eine Personenmehrheit gegeben sei. Die Unmöglichkeit einer EinmannPersonengesellschaft ergebe sich aus der vom Gesetz gewollten Sozietätskonstruktion, nicht aus der Unmöglichkeit einer Einmann-Gesamthand. Wenn der Gesetzgeber nun genauso wie bei der eingetragenen auch bei der werdenden GmbH, die bisher notwendig als Gesamthand ausgestaltet war, die Existenz nur eines Gesellschafters zulasse, ergebe sich daraus die Möglichkeit der EinmannGesamthand 17 . Diese Konstruktion wurde jedoch im Schrifttum einhellig mit dem Argument abgelehnt, daß eine Gesamthand doch zwingend eine Personenmehrheit voraussetze 18. Karsten Schmidt selbst begründet inzwischen die Verselbständigung der Einmann-Vorgesellschaft ebenfalls auf anderem Wege 19 . b) Sondervermögen

des Gründers

Insbesondere von Flume ist der Gedanke entwickelt worden, daß es sich bei der Einmann-Vorgesellschaft um ein Sondervermögen des Gründers handele 20 . Zwar bleibe der Gründer bis zur Eintragung und der Entstehung der juristischen Person mangels eines anderen möglichen Rechtsträgers dogmatisch gesehen Bezugspunkt aller Rechte und Pflichten der Vorgesellschaft. Diese sei aber ein Sondervermögen des Gründers, das genauso wie die Mehrpersonen-Vor-GmbH 16

K. Schmidt, NJW 80, 1769, 1775. K. Schmidt, NJW 80, 1769, 1775; ders., ZHR 145, 540, 557. 18 Flume, ZHR 146, 205, 208; Fezer, JZ 81, 608, 616; Hachenburg/Ulmer, Ί 2 Aufl., § 11, Rz 14; Fischer/Lutter, 11. Aufl.,§ 11, Rz 17; John, BB 82, 505, 506; Scholz/Winter, § 1 n. F., Rz 42; Raiser, Die neuen Gründungsvorschriften, S. 37/38; John, Die Gründung der Einmann-GmbH, S. 12. 17

19

K. Schmidt, ZHR 145, 540, 558 f.; ders. in Scholz, § 11, Rz 147; siehe unten F I I 2) c). Flume, DB 80, 1781, 1783; ders., ZHR 146, 205, 208 ff.; Fezer, JZ 81, 608, 616; Hachenburg/Ulmer, Ί 2 Aufl., §11, Rz 16; Rowedder/Rittner, §11, Rzl33ff.; Fischer/Lutter, § 11, Rz 17. 20

II. Darstellung der bisherigen Meinungen

121

einem Sonderrecht, bestehend aus den Gründungsvorschriften und dem Recht der eingetragenen GmbH, soweit es nicht die Eintragung voraussetze, unterstehe 2 1 . Bei Vollstreckungsmaßnahmen der Gläubiger des Gründers oder bei dessen Konkurs diene das Vorgesellschaftsvermögen genauso wie jedes Sondervermögen vorrangig den Gläubigern der Vorgesellschaft als Haftungsmasse 22. Zwischenverfügungen zugunsten des Gründers wären genau wie bei der Mehrpersonen-Vor-GmbH möglich, würden aber ebenso wie bei dieser gegen § 30 GmbHG verstoßen und die Haftung von Gründer und Geschäftsführer auslösen23. Somit wäre trotz der verbleibenden Rechtsträgerschaft des Gründers die Vorgesellschafts-Organisation bei der Einmann-Gründung derjenigen bei der Mehrpersonengründung völlig gleichgeartet. Fezer versucht die Verselbständigung des Sondervermögens gegenüber seinem Träger, dem Gründer, damit rechtlich zu begründen, daß die Gründungsvorschriften des GmbHG eine gesetzliche Ausnahme zu § 137 S. 1 BGB darstellten und durch die Leistung der Einlagen eine Trennung von Recht und Verfügungsbefugnis eintrete 24 . c) Teilrechtsfähigkeit Eine dritte Ansicht hält die Einmann-Vorgesellschaft für eine parallel zur werdenden Mehrpersonengesellschaft teilrechtsfähige Organisation, die Trägerin der Rechte und Pflichten der Vorgesellschaft ist 2 5 . Es sei falsch, die Verselbständigung der Mehrpersonen-Vorgesellschaft allein ihrem Gesamthandscharakter zuzuschreiben und deshalb eine solche Verselbständigung bei der Einmann-Gründungsorganisation abzulehnen, weil bei ihr keine Gesamthand vorliege 26 . Die Teilrechtsfähigkeit der Vorgesellschaft beruhe nämlich auf ihrem Charakter als werdender juristischer Person und ihrer aus dem Gesetz zwingend folgenden Ausstattung mit einem zumindest aus den Mindesteinlagen bestehenden Vermögen 27 . Grund für den Prozeß zunehmender Verselbständigung der Vor-GmbH sei keineswegs ihre Eigenschaft als Gesamthand, sondern 21

Flume, DB 80, 1781, 1783f.; ders., ZHR 146, 205, 208/209. Flume, ZHR 146, 205, 209/210; Fischer/Lutter, § 11, Rz 17. 23 Flume, ZHR 146, 205, 209. 24 Fezer, JZ 81, 608, 616. 25 Scholz/Winter, 6. Aufl., § 1 n. F., Rz 42; K. Schmidt, ZHR 145, 540, 558 f.; ders. in Scholz, §11, Rz 147; Gessler, BB 80, 1385, 1389; Autenrieht, JA 81, 391, 395; John, BB 82, 505, 507f.; ders., BB 85, 626, 627; Priester, DNotZ 80, 515, 524, Fn. 51 a; Raiser, Die neuen Gründungsvorschriften, S. 38 f. 26 K. Schmidt, ZHR 145, 540, 558; ders. in Scholz, § 11, Rz 149; Raiser, Die neuen Gründungsvorschriften, S. 38; Scholz/Winter, § 1 n.F., Rz42; John, BB 82, 505, 506, ders., Die Gründung der Einmann-GmbH, S. 12. 27 K. Schmidt, ZHR 145, 540, 558f.; ders. in Scholz, § 11, Rz 149; Scholz/Winter, 6. Aufl., § 1 n.F., Rz42; John, BB 82, 505, 507f.; ders., Die Gründung der EinmannGmbH, S. 13. 22

122

F. Die Einmann-Vor-GmbH

das Bedürfnis nach weitestgehender Kontinuität zwischen ihr und der eingetragenen GmbH gewesen28. Die Einordnung der Vorgesellschaft als Sondervermögen trage zwar diesem Ansatz auch in gewisser Weise Rechnung, sei aber nur halbherzig. Auffällig sei bei den Vertretern der Sondervermögenstheorie, daß sie auf breitem Raum die Verselbständigung auch der Einmann-Gründungsorganisation begründen, dann aber aufgrund dogmatischer Bedenken doch den Gründer für den „eigentlichen" Träger von Rechten und Pflichten hielten 29 . John hebt hervor, daß die darin liegende Widersprüchlichkeit und „Janusköpfigkeit" ihre Ursache in der herkömmlichen Personenlehre habe, die von dem Gegensatz zwischen Person und Nichtperson gekennzeichnet sei und, in letzter Zeit, nur noch die Gesamthand als weitere verselbständigte Einheit dazwischen anerkenne 30 . Alle Verselbständigungsphänomene außerhalb dieses nur dreigliedrigen Systems müßten in dieses System gepreßt werden, so etwa mit dem Begriff des Sondervermögens. Dieser Begriff umfasse Phänomene, denen man eine gewisse Verselbständigung zuerkenne, die aber keine der anerkannten Personenqualitäten hätten. So ordne man sie dem Vermögen einer Person zu und behandle sie dennoch als selbständige Vermögenseinheit, eben als Sondervermögen 31. Die Widersprüchlichkeit sei zu vermeiden, wenn man den engen Rahmen der nur dreigliedrigen Personenlehre überwinde und verschiedenartigste Verselbständigungen und Teilrechtsfähigkeiten anerkenne 32 . Die Qualifizierung der Einmann-Vor-GmbH als eine solche teilrechtsfahfge Organisation sei daher konsequenter und der Sondervermögenslehre vorzuziehen.

III. Eigene Stellungnahme Der Gesetzgeber hat mit der GmbH-Novelle die Einmann- der Mehrpersonengründung gleichgestellt und in §§ 7 I I 3, III, 8 I I GmbGH ausdrücklich festgelegt, daß auch im Falle der Einmann-Gründung die Mindesteinlagen an die Vorgesellschaft zu leisten sind und zur freien Verfügung ihrer Geschäftsführer stehen müssen. Er hat damit festgelegt, daß auch bei nur einem Gründer eine verselbständigte Vorgesellschaft besteht, die Rechtsträger der eingebrachten Stammeinlagen und der sonstigen auf die Gesellschaft bezogenen Rechte und Pflichten ist 3 3 . Nur so ist die vom Gesetz verlangte Leistung der Stammeinlagen möglich. Die Hilfskonstruktionen, mit denen Hüffer und anfangs auch Ulmer 28

K. Schmidt, Z H R 145, 540, 558. John, BB 82, 505, 507; K. Schmidt, ZHR 145, 540,555; ders. in Scholz, § 11, Rz 147. 30 John, BB 82, 505, 506 f. 31 John, BB 82, 505, 507. 32 John, BB 82, 505, 508; ders., Die Gründung der Einmann-GmbH, S. 12. So auch die hier vertretene Ansicht, vgl. oben Β II. 33 John, Die Gründung der Einmann-GmbH, S. 12. 29

III. Eigene Stellungnahme

123

das angebliche Fehlen eines vom Gründer zu unterscheidenden Rechtsträgers ausgleichen wollen, etwa die Einzahlung auf ein Notaranderkonto, sind gegenüber der Leistung der Einlagen ein Weniger und können die vom Gesetzgeber geforderte gesicherte Kapitalaufbringung nicht gewährleisten 34. Deshalb ist diese Ansicht mit der heute fast einhelligen Meinung im Schrifttum abzulehnen. Die beiden anderen Theorien vom Sondervermögen und von der Teilrechtsfahigkeit können die gesetzlich Vorausgesetze Vermögenssonderung erreichen und begründen. Beide sind sich im Ergebnis einig, daß die für die MehrpersonenGesellschaft gefundenen Regelungen auch auf die Einmann-Gründungsorganisation anzuwenden sind. Die Unterschiede ergeben sich in der Tat folgerichtig, wie von John herausgearbeitet 35, aus einem unterschiedlichen Ansatz in der Personenlehre. Wer wie Flume nur vollendeten Rechtspersonen und Gesamthandsgemeinschaften die Fähigkeit zubilligt, eigentlicher Träger von Vermögen zu sein, muß hier wegen des Fehlens beider Elemente zu der Figur des Sondervermögens kommen. Wer dagegen wie John diese Dreigliedrigkeit aufgegeben hat und eine Vielzahl unterschiedlicher Stufen der Teilrechtsfahigkeit anerkennt, kommt unproblematisch zu einer teilrechtsfähigen Organisation. Obwohl oben bereits ausgeführt wurde, warum dem von John vertretenen Ansatz zu folgen ist 3 6 , sei noch hinzuzufügen, daß sich auch am Beispiel der Einmann-Vorgesellschaft die Überlegenheit dieser Personenlehre zeigt. Flume und die anderen Vertreter der herkömmlichen Lehre müssen die Verselbständigung von Mehrpersonen- und Einmann-Vor-GmbH ganz unterschiedlich begründen, einmal mit der angeblichen Ähnlichkeit zu anderen Gesamthandsgemeinschaften, einmal mit derjenigen zu anderen Sondervermögen wie etwa der Konkursmasse. Dabei sind doch in beiden Fällen die Gründe für die Verselbständigung einheitlich und ganz andere: nämlich die Sondersituation der werdenden juristischen Person, die der vollendeten in vielerlei Hinsicht schon ähnlich ist und in sie übergehen wird, sowie die Sicherung der Kapitalaufbringung durch eine Absonderung der Mindesteinlagen aus dem Vermögen der Gründer 37 . Die Lehre von den vielfaltigen Teilrechtsfähigkeiten braucht diese Parallelität nicht zu überdecken und kann ohne dogmatische Hindernisse auf die wahren Verselbständigungsgründe abstellen. Aus diesen Gründen ist die Einmann-Vor-GmbH einzuordnen als teilrechtsfahige Organisation, die selbst Trägerin der auf die Gesellschaft bezogenen Rechte und Pflichten, insbesondere des vor allem aus den Mindesteinlagen bestehenden Gesellschaftsvermögens, ist.

34 35 36 37

K. Schmidt, ZHR 145, 540, 551 ff. John, BB 82, 505, 507. Vgl. oben Β II. John, BB 82, 505, 507; ders., Die Gründung der Einmann-GmbH, S. 13.

124

F. Die Einmann-Vor-GmbH

Nachdem insoweit die völlige Gleichstellung der Einmann-Gründungsorganisation bezüglich ihrer Rechtsträgerschaft festgestellt ist, bleibt zu fragen, ob das Fehlen einer Mehrzahl von Gründern dennoch die Anwendbarkeit gewisser Vorgesellschaftsregelungen ausschließt. Oben 38 wurde dargelegt, daß die hier vertretene vorläufige Haftungsbeschränkung der Gründer auch darauf beruht, daß ein tatsächlich vorhandenes Gesellschaftsvermögen vorausgesetzt wird, dessen Aufbringung durch verschiedenartigste Mechanismen gesichert ist. Einen dieser Mechanismen regelt § 24 GmbHG, nämlich die Ausfallhaftung der übrigen Gesellschafter für den Fall, daß einer der Gesellschafter seinen Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft nicht nachkommen kann. Diese Zugriffsmöglichkeit auf andere Gesellschafter entfällt im Falle der Einmann-Gründung. Die GmbH-Novelle hat diese Schlechterstellung der Gesellschaftsgläubiger jedoch durch die Einführung der §§ 7 I I 3,8 I I 2 GmbHG ausgeglichen, wonach im Falle der Einmann-Gründung für die noch nicht erbrachten Einlagen Sicherungen zu bestellen sind, und die Erklärung der Geschäftsführer, daß dies geschehen sei, Bestandteil der ordnungsgemäßen Anmeldung ist. Fällt der Gründer mit seiner Einlagenleistung aus, besteht zum Schutze der Gesellschaftsgläubiger wiederum ein Ersatzanspruch der Gesellschaft, nur eben nicht gegen Mitgesellschafter, sondern auf Verwertung der Sicherheiten. Diese Sicherung der Kapitalaufbringung ist dem § 24 GmbHG in seiner Schutzwirkung ebenbürtig 39 . Auf jeden Fall hat der Gesetzgeber mit der Kompensierung des Wegfalls der Ausfallhaftung durch die Sicherungsbestellung seine Wertung zum Ausdruck gebracht, daß beide Mittel gleichwertig sind 40 . Daß die Gründerhaftung nach § 9 a GmbHG für überbewertete Sacheinlagen nur einen Gründer trifft und nicht wie sonst wegen § 24 GmbHG mindestens zwei, kann allerdings nicht durch die Bestellung der Sicherheiten ausgeglichen werden. Jedoch kann diese Einschränkung an der Sicherung der Kapitalaufbringung gegenüber der Mehrpersonengründung vernachlässigt werden. In aller Regel wird angesichts der strengen Überprüfung der Einlagen durch das Registergericht eine Überbewertung der Sacheinlagen von diesem festgestellt werden. Dann aber kommt es, wenn nicht „nachgebessert" wird 4 1 , gemäß § 9 c S. 2 GmbHG alsbald zu einer Ablehnung der Eintragung und damit zum Wegfall der vorläufigen Haftungsbeschränkung. Weiterhin macht sich das Fehlen der Ausfallhaftung bemerkbar, wenn man wie die h. M . von einer allgemeinen Gründerhaftung für die Vorgesellschaftsverbindlichkeiten und einer Differenzhaftung ausgeht, die ebenfalls von § 24 GmbHG umfaßt sein sollen. In diesen Fällen, in denen Sicherungen ebenfalls 38 39 40 41

Vgl. oben C I I I 2). John, Die Gründung der Einmann-GmbH, S. 14. Raiser, Die neuen Gründungsvorschriften, S. 40. Vgl. dazu Fischer/Lutter, § 9 c, Rz 17.

III. Eigene Stellungnahme

125

nicht bestellt werden können, weil schon die Höhe späterer Verpflichtungen nicht abgeschätzt werden kann, bedeutet der Wegfall weiterer mithaftender Gesellschafter in der Tat eine bedeutsame Schlechterstellung der Einmanngesellschaftsgläubiger. Es kann hier dahingestellt bleiben, welche Konsequenzen diese Unterschiede für die h. M. haben müssen, da nach der hier vertretenen Ansicht weder eine allgemeine Gründerhaftung für Gesellschaftsverbindlichkeiten noch eine Differenzhaftung besteht 42 . Somit ist der Wegfall der Ausfallhaftung bei der Einmann-Gründung hinreichend durch andere Sicherungen der Kapitalaufbringung ausgeglichen. Alle anderen Voraussetzungen der hier vertretenen Haftungsausgestaltung in der Vor-GmbH-Phase liegen vor. Für die Einmann-Vorgesellschaft gelten daher genau dieselben Haftungsregelungen wie für die Mehrpersonen-Vor-GmbH, und, dadurch bedingt, auch dieselben Ausgestaltungen der Vertretungsmacht.

42

Die Nichtgeltung der allgemeinen Gründerhaftung gilt jedenfalls im maßgeblichen Zeitraum zwischen Anmeldung und Eintragung, vgl. oben C I I I 12). Die kurze Zeitspanne zwischen Errichtung und Anmeldung kann in diesem Zusammenhang vernachlässigt werden, zumal neben der Haftung des Gründers ja immer noch die Handelndenhaftung besteht. Zur Ablehnung der Differenzhaftung vgl. oben D I I I 4).

G. Zusammenfassung Die Vor-GmbH ist nach heute allgemeiner Ansicht eine Organisation sui generis, die so weit wie möglich dem Recht der eingetragenen GmbH untersteht. Für die Haftungsverhältnisse der Vor-GmbH folgt daraus zum einen, daß von den Regeln des GmbHG, wonach für Gesellschaftsverbindlichkeiten ausschließlich das Gesellschaftsvermögen haftet und die Gesellschafter nach einmal erbrachter Stammeinlagenleistung von weiteren Verpflichtungen freigestellt sind, nur abzuweichen ist, soweit eine Benachteiligung der Gläubiger durch die noch ausstehende Eintragung dies gebietet. Zum anderen sind die erforderlichen Sonderregelungen für die Vor-GmbH so auszugestalten, daß sie nur diese Gläubigerbenachteiligung ausgleichen und das im GmbHG normierte Interessengleichgewicht erhalten. Die Haftungsregelungen der Vor-GmbH haben somit in erster Linie die Aufgabe, die Vorgesellschaftsgläubiger so zu stellen, als hätten sie eine Forderung gegen eine vollendete GmbH erworben 1 . Die Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen in § 131 GmbHG ist nur möglich, weil die GmbH über ein vom Registergericht überprüftes Haftungskapital verfügt. Vor der Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister ist dieser Haftungsfonds noch so wenig verfestigt, daß er eine Haftungsbeschränkung in keiner Weise rechtfertigen kann. Deshalb haften für Verbindlichkeiten der nicht angemeldeten Vor-GmbH neben der Gesellschaft die Gesellschafter sowie, nach § 11 I I GmbHG, die Geschäftsführer persönlich und unbeschränkt 2. Die Vertretungsmacht der Geschäftsführer ist bereits seit Errichtung der Gesellschaft gemäß § 37 I I GmbHG unbeschränkt und unbeschränkbar. Dies ist wegen der Teilnahme der Vor-GmbH am Handelsverkehr notwendig und stellt auch kein unzumutbares Risiko für die mithaftenden Gesellschafter dar, da diese die Geschäftsführer im Innenverhältnis binden können und sie überdies durch die im Außenverhältnis bestehende Haftungs- und Interessenparallelität mit ihnen ebenso geschützt werden wie etwa nichtgeschäftsführende Gesellschafter einer O H G 3 . Erleidet die Vor-GmbH bereits vor der Anmeldung Verluste, sind diese von den Gesellschaftern auszugleichen, da die Gründungsvorschriften des GmbHG im Zeitpunkt der Anmeldung ein vollständiges Stammkapital verlangen 4. 1 2 3 4

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

oben oben oben oben

Β C E C

I. I I I 9 u. 10. I I I 2. I I I 2.

G. Zusammenfassung

127

Durch die Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister verfestigt sich der Haftungsfonds, denn die registergerichtliche Prüfung wird in Gang gesetzt und die Kapitalerhaltungsvorschriften werden wirksam. Kommt es darauf folgend zur Eintragung, hat sich erwiesen, daß die angemeldete Vor-GmbH bereits über einen ausreichenden Haftungsfonds verfügte und eine ebenso gute Schuldnerin war wie eine eingetragene GmbH. Scheitert die Eintragung dagegen, steht fest, daß für eine Haftungsbeschränkung auch nach der Anmeldung kein Raum ist und Gesellschafter und Geschäftsführer unbeschränkt für alle Gesellschaftsverbindlichkeiten einzustehen haben. Den Gläubigern steht also in jedem Falle eine angemessene Haftungsgrundlage zur Verfügung 5 . Die allein verbleibende Benachteiligung, während der Dauer des Eintragungsverfahrens ihre endgültigen Schuldner noch nicht zu kennen und daher ihre Rechte gegebenenfalls erst mit Verzögerung geltend machen zu können, wird durch die Handelndenhaftung nach § 11 I I GmbHG ausreichend ausgeglichen. Zwischen der Anmeldung und der Entscheidung des Registergerichts haften daher neben dem Gesellschaftsvermögen nur die Geschäftsführer. Die Gesellschafter dagegen sind von einer Außenhaftung befreit. Diese Befreiung ist jedoch nur eine vorläufige, da sie nur im Falle der Eintragung endgültig gilt, jedoch bei Scheitern der Eintragung rückwirkend aufgehoben wird 6 . Im Moment der Eintragung erlischt jede entstandene Haftung der Gesellschafter und der Geschäftsführer. Die Gläubiger stehen nun so, als hätten sie eine Forderung gegen eine bereits eingetragene GmbH erworben; jede zusätzliche Haftung neben der des Gesellschaftsvermögens wäre daher eine ungerechtfertigte Besserstellung 7. Aus diesem Grunde besteht auch keine Veranlassung, für den Zeitpunkt der Eintragung die Vollständigkeit des Stammkapitals zu fordern. Auch der Gläubiger einer vollendeten GmbH hat keinen Anspruch darauf, daß ein einmal ordnungsgemäß errichtetes Stammkapital wieder aufgefüllt wird, sondern muß damit rechnen, daß es durch Geschäftsverluste geschmälert ist. Der Unversehrtheitsgrundsatz und die Differenzhaftung gelten daher nicht 8 . Ebensowenig müssen Bareinlagen, die über die Mindesteinlagen hinaus geleistet wurden und bei Eintragung nicht mehr im Gesellschaftsvermögen vorhanden sind, noch einmal erbracht werden 9 . Diese Ausgestaltung der Haftungsverhältnisse gilt gleichermaßen für die Mehrmann- wie die Einmann-Vor-GmbH. Die Einmanngründung bringt zwar eine spezifische Gläubigerbenachteiligung mit sich, die im Wegfall der Ausfallhaftung für nicht erbrachte Stammeinlagen nach § 24 GmbHG besteht. Diese Benachteiligung wird aber bereits dadurch hinreichend ausgeglichen, daß der 5 6 7 8 9

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

oben oben oben oben oben

C C C D D

III III III III III

3. b. 8. 13. 4. 6.

128

G. Zusammenfassung

Einmanngründer gemäß § 7 I I 3 GmbHG für die noch ausstehenden Einlagen Sicherungen zu bestellen hat 1 0 . Das hier entwickelte Haftungssystem der Vor-GmbH bietet einen ausgewogenen Interessenausgleich zwischen den Beteiligten, weitgehende Rechtssicherheit und die Möglichkeit, bereits die Vor-GmbH allein nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu führen. Die Gläubiger haben in jeder Phase der Gründung Zugriff auf einen angemessenen Haftungsverband. Die unbeschränkte Vertretungsmacht der Geschäftsführer und die Abhängigkeit der Haftungsverhältnisse von äußerlich klar erkennbaren Gegebenheiten (Anmeldung, Eintragung, endgültige Nichteintragung) bewirken zudem einen größtmöglichen Verkehrsschutz. Die Gesellschafter haben den Vorteil, daß sie durch die Schaffung ordnungsgemäßer Anmeldungsvoraussetzungen praktisch von Anfang an ihre Haftung beschränken können. Die Geschäftsführer haften zwar nach der zwingenden gesetzlichen Regelung des § 11 I I GmbHG im Außenverhältnis, können aber im Innenverhältnis Rückgriff bei der Gesellschaft nehmen. Außerdem ist ihre alleinige Haftung neben dem Gesellschaftsvermögen nur vorläufiger Natur: kommt es zur Eintragung, erlischt sie in diesem Zeitpunkt; scheitert die Eintragung, ist der Rückgriff auch auf die Gesellschafter offen. Die verbleibende Belastung der Geschäftsführer ist ihrer zentralen Stellung in der GmbH-Gründungsphase angemessen. Da die Gesellschafter das Gesellschaftsvermögen bei der Eintragung nicht wieder auffüllen müssen, also kein wirtschaftliches Vorbelastungsverbot besteht, können notwendige Anfangsinvestitionen ungehindert getätigt werden, auch wenn sie vorübergehende Bilanzverluste bewirken. Der Geschäftsbetrieb kann also allein auf die wirtschaftlichen Erfordernisse ausgerichtet werden. Im Zusammenhang mit der nach außen geschaffenen Rechtssicherheit wird so die Vor-GmbH zu einer vollwertigen Teilnehmerin am Handelsverkehr und entspricht damit konsequent ihrer heutigen Anerkennung als eigenständiger Organisation. Schließlich fügt sich die hier vertretene Lösung ohne weiteres in den vorgegebenen Rahmen des GmbHG ein. Haftungskonstruktionen, die im Gesetz keinerlei Grundlage finden, werden vermieden. § 11 I I GmbHG gilt uneingeschränkt, und die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gleichstellung von Einmann- und Mehrmanngründung wird vollzogen.

10

Vgl. oben F III.

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