Die genossenschaftliche Landbewirtschaftung im Staate Bombay unter besonderer Berücksichtigung der Landbewirtschaftungs-Genossenschaften in vier Distrikten des Deccan [1. Aufl.] 978-3-322-98254-4;978-3-322-98947-5

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Die genossenschaftliche Landbewirtschaftung im Staate Bombay unter besonderer Berücksichtigung der Landbewirtschaftungs-Genossenschaften in vier Distrikten des Deccan [1. Aufl.]
 978-3-322-98254-4;978-3-322-98947-5

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Einführung (Forschungsinstitut für Internationale Technische Zusammenarbeit an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (FIZ), Johannes Gwildis)....Pages 11-15
Die natürlichen Bedingungen des Staates Bombay sowie die agrarwirtschaftlichen und gesetzlichen Voraussetzungen der Landbewirtschaftungs-Genossenschaften (Forschungsinstitut für Internationale Technische Zusammenarbeit an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (FIZ), Johannes Gwildis)....Pages 17-54
Die Landbewirtschaftungs-Genossenschaften (Forschungsinstitut für Internationale Technische Zusammenarbeit an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (FIZ), Johannes Gwildis)....Pages 55-155
Zusammenfassung (Forschungsinstitut für Internationale Technische Zusammenarbeit an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (FIZ), Johannes Gwildis)....Pages 156-159
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FORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN - WESTFALEN

Nr. 1078

Herausgegeben im Auftrage des Ministerpräsidenten Dr. Franz Meyers von Staatssekretär Professor Dr. h. c. Dr. E. h. Leo Brandt

DK 334.6: 631 (547.4) 308 (547.4-77): 334.6: 631

Forschungsinstitut für Internationale Technische Zusammenarbeit an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (FIZ)

Diplom-Landwirt Dr. agr. Johannes Gwildis Institut für Agrarpolitik Imd Sozialökoflomik des Landbol/J (In tier Lai;,!u'irtschajilicbflJ Hochrhule StutI,garl-HohenbtillJ

Die genossenschaftliche Landbewirtschaftung im Staate Bombay unter besonderer Berücksichtigung der Landbewirtschaftungs-Genossenschaften in vier Distrikten des Deccan

WESTDEUTSCHER VERLAG· KÖLN UND OPLADEN 1962

ISBN 978-3-322-98254-4 ISBN 978-3-322-98947-5 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-98947-5

VerIags-Nr.011078

© 1962 Westdeutscher Verlag, Köln und Opladen

Inhalt

Einführung ............................................................

11

A. Die natürlichen Bedingungen des Staates Bombay sowie die agrarwirtschaftlichen und gesetzlichen Voraussetzungen der Landbewirtschaftungs-Genossenschaften ........................................

17

1. Die natürlichen Bedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

17

1. Topographie und Bodenverhältnisse ............................. 2. Klima und Vegetation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

17 20

H. Die landwirtschaftlichen Verhältnisse ............................

23

1. 2. 3. 4. 5. 6.

Kulturartenverteilung und Bodennutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Tierhaltung ............ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Eigentums- und Besitzverhältnisse ............................... Pachtverhältnisse und Agrarreform .............................. Agrarmärkte und -preise. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Das ländliche Genossenschaftswesen .............................

B. Die Landbewirtschaftungs-Genossenschaften

23 29 31 35 44 49 55

1. Allgemeines ....................................................

55

1. Begriffsbestimmung ............................................ 2. Staatliche Färderungsmaßnahmen ............................... 3. Anzahl und Lage der Landbewirtschaftungs-Genossenschaften im Untersuchungsgebiet ........................................... 4. Auswahl der untersuchten Landbewirtschaftungs-Genossenschaften

55 59

11. Die Betriebsorganisation ........................................

69

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

65 68

Betriebsgräße und Erzeugungsgrundlagen ........................ 69 Parzellierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 74 Arbeitsverfahren und -geräte .................................... 77 Die pflanzliche Erzeugung ...................................... 81 Die Tierhaltung ............................................... 87 Die Arbeitswirtschaft .......................................... 91 Die Betriebsführung ........................................... 105 Markt- und Verkehrsverhältnisse ................................ 108

5

IH. Die staatliche Förderung der Genossenschaftsbetriebe . . . . . . . . . . . .. 110 1. Staatliche Zuschüsse ........................................... 110 2. Staatliche Kredite ..... :....................................... 112 3. Sonstige staatliche Förderungsmaßnahmen .......... . . . . . . . . . . . . .. 114

IV. Der Wirtschaftserfolg der Genossenschaftsbetriebe ................ 116 1. Der Betriebsertrag ............................................. 117 2. Die Betriebsaufwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 118 3. Der Reinertrag ................................................ 119 4. Das Roheinkommen ........................................... 119 5. Das Betriebseinkommen ........................................ 120 V. Die Mitglieder der Genossenschaftsbetriebe ....................... 122 1. Methodisches und Zielsetzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 122 2. Soziologische Gruppierung ..................................... 123 3. Landbesitz und Vergesellschaftungsgrad .......................... 125 4. Mitarbeit der Mitglieder ........................................ 128 5. Die Kastenstruktur ............................................ 130 6. Der Ausbildungsgrad der Mitglieder ............................. 134 7. Das Einkommen aus genossenschaftlicher Landbewirtschaftung ...... 136

VI. Verhaltensweise und Einstellung der Mitglieder ........ '" ........ 141 1. Motive für Gründung und Beitritt ............................... 141 2. Arbeitsklima und Arbeitsdisziplin ................................ 147 3. Pachtdauer der vergesellschafteten Parzellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 148 4. Möglichkeiten des Ausscheidens ................................. 150 5. Freiwillige Zusammenlegung .................................... 151 6. Nachfolge bei Todesfällen ...................................... 152 7. Änderungswünsche ............................................ 153

Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 156 Literaturverzeichnis ..................................................... 161 Anhang ................................................................ 165

Erklärung der Abkürzungen LN AK GV Rs Re 6

Landwirtschaftliche Nutzfläche Arbeitskraft Großvieheinheit indische Rupien indische Rupie (1 Rupie = -,87 DM)

Verzeichnis der Übersichten und Abbildungen

Übersichten 1. Die Kulturartenverteilung im Staate Bombay und in den Untersuchungsdistrikten, 1955/56 (v. H. dcr Gesamtfläche) .............................

25

2. Die Anbauflächen der Kulturpflanzen zur menschlichen Ernährung im Staate Bombay und in den Untersuchungsdistrikten, 1955/56 (v. H.) . . . . . . . . . . . . ..

28

3. Die Anbauflächen der Körner- und Hülsenfrüchte im Staate Bombay und in den Untersuchungsdistrikten, 1955/56 (v. H.) .................... . . . . . . ..

28

4. Geschätzte Hektarerträge einiger ausgewählter Kulturpflanzen im Staate Bombay und in den Untersuchungsdistrikten nach bewässerten (1) und unbewässerten (2) Flächen, 1955/56 (dz/ha) ............ .. ....... .... .......

29

5. Familienanteil, Familiengröße, Besitzanteil und Besitzgröße der Landbevölkerung im Staate Bombay nach sozialen Gruppen, 1950/51 ................

33

6. Die Eigentums- und Pachtfläche im Staate Bombay nach Größenklassen der » holdings«, 1952/53 .................................................

34

7. Neugründungen von Landbewirtschaftungs-Genossenschaften in den Untersuchungsdistrikten, 1944-1957 ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

66

8. Die Landbewirtschaftungs-Genossenschaften im Staate Bombay und in den Untersuchungs distrikten nach Typen am 30. 6. 1957 .....................

67

9. Die untersuchten Genossenschaften nach Größenklassen der Betriebsfläche

70

10. Die untersuchten Genossenschaften nach Größenklassen der LN ...........

70

11. Die untersuchten Genossenschaften nach dem Anteil der bewässerten Fläche an der LN ..........................................................

71

12. Die untersuchten Genossenschaften nach dem Anteil des kultivierbaren Ödlandes an der Betriebsfläche ........................................

73

13. Die untersuchten Genossenschaften nach dem Anteil von unproduktiven Flächen an der Betriebsfläche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

73

14. Zahl und Art der genossenschaftseigenen Maschinen und Geräte in 16 ausgewählten Genossenschaftsbetrieben ...................................

79

15. Die untersuchten Genossenschaften nach Besitztiteln an ~Iaschinen und Geräten ............................................................

80

16. Die landwirtschaftliche Nutzfläche ausgewählter Genossenschaften nach Fruchtarten .........................................................

81

17. Die untersuchten Genossenschaften nach der Verwendung von Düngemitteln

84

18. Die untersuchten Genossenschaften nach der Anwendung von verbessertem Saatgut ............................................................

86

19. Die untersuchten Genossenschaften nach der Vichhaltung . . . . . . . . . . . . . . . ..

88

20. Umfang upd Art der Viehhaltung in den untersuchten Genossenschaften

89

7

21. Jährlicher Arbeitsbedarf in einem 97 ha großen Genossenschaftsbetrieb (Betrieb Nr. 45) ..................................................... 22. Mitglieder-Arbeitstage ausgewählter Genossenschaften nach Monaten. . . . . . .. 23. Strukturmerkmalc von zwei ausgewählten Arbeitsgruppen einer Landbewirtschaftungs-Genossenschaft (Betrieb Nr. 39) ........................

92 93 99

24. Arbeitsteilung in den untersuchten Genossenschaften .......... . . . . . . . . . .. 100 25. Die untersuchten Genossenschaften nach Lohnsätzen ..................... 101 26. Die untersuchten Genossenschaften nach der Lohnform .................. 102 27. Ausbildungsgrad und frühere Tätigkeit der Betriebsleiter von 43 Genossenschaften ............................................................ 106 28. Die untersuchten Genossenschaften nach Markt- und Verkehrsentfernung 110 29. Die staatlichen Zuschüsse in den untersuchten Genossenschaften nach dem Verwendungszweck (v. H.) ........................................... 112 30. Der Wirtschaftserfolg von 26 ausgewählten Genossenschaften (ohne Zuschüsse, in Rupien) .......................................................... 121 31. Der Mitgliederbestand nach soziologischen Gruppen ..................... 124 32. Die untersuchten Genossenschaften nach der Art des Landbesitzes ........... 126 33. Grad der Vergesellschaftung des Grundbesitzes von Mitgliedern ............ 127 34. Die Mitglieder nach dem Modus der Mitarbeit (v. H.) .................... 129 35. Die Mitglieder nach Kastenzugehörigkeit ............................... 132 36. Die Mitglieder nach dem Bildungsgrad (v. H.) ........................... 136 37. Jährliches Gesamteinkommen der Mitgliederfamilien aus genossenschaftlicher Landbewirtschaftung nach Einkommensgruppen (in Rupien) .............. 138 38. Zusammensetzung der Einkommen aus genossenschaftlicher Landbewirtschaftung nach Betrieben (in Rupien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 139 39. Jahreseinkommen je Mitglied aus genossenschaftlicher Landbewirtschaftung nach Betrieben (in Rupien) ............................................ 140 40. Die Initiatoren der untersuchten Genossenschaften ....................... 143 41. Die Motive für die Gründung der untersuchten Genossenschaften. . . . . . . . .. 145 42. Die Pacht dauer in den untersuchten Genossenschaften. . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 149 43. Die Mitgliedernachfolge bei Todesfällen in den untersuchten Genossenschaften 153

Anhang 44. Art und Zahl der Landbewirtschaftungs-Genossenschaften in der indischen Union am 30. 6. 1958 ................................................ 165 45. Größe und Zahl der Teilstücke nach Betrieben .......................... 166 46. Höhe und Verwendungszweck von Staatszuschüssen naeh Betrieben (in Rupien) ............................................................ 168 47. Höhe, Herkunft und Verwendungszweck von Darlehen nach Betrieben (in Rupien) ............................................................ 170 48. Art und Höhe des Betriebsertrages nach Betrieben (ohne Zuschüsse, in Rupien) ............................................................ 172

8

49. Art und Hähe des Betriebsaufwandes nach Betrieben (in Rupien) ............ 174 50. Gruppenzugehärigkeit der Mitglieder nach Betrieben ..................... 176 51. Modus der Mitarbeit der Mitglieder nach Betrieben

177

52. Kastenzugehärigkeit der Mitglieder nach Betrieben ...................... 178 53. Kasten- und Gruppenzugehärigkeit der Mitglieder ....................... 180 54. Kastenzugehärigkeit und Modus der Mitarbeit der Mitglieder ............. 181 55. Ausbildungsgrad der Mitglieder nach Betrieben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 183 56. Ausbildungsgrad und Gruppenzugehärigkeit der Mitglieder ............... 184 57. Ausbildungsgrad und Modus der Mitarbeit der Mitglieder ................ 185 58. Die untersuchten Landbewirtschaftungs-Genossenschaften ................. 186

Abbildungen 1. Physikalische Karte des Staates Bombay (Grenzen von 1956)

17

2. Prohl durch Deccan über 17°N, westliche Hälfte ........................

18

3. Klima-Diagramme von fünf Beobachtungsorten im Staate Bombay .........

22

4. Nutzungszonen im Deccan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

24

5. Lage der Landbewirtschaftungs-Genossenschaften in den Distrikten Poona, Sholapur, North Satara und Ahmednagar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

65

6. Flurkarte der drei Gemarkungen Vadgaon, Bande und Koregaon, Distrikt Poona .............................................................

75

7. Arbeitstage je Mitglied und Monat in drei Landbewirtschaftungs-Genossenschaften,1957/58 ....................................................

91

9

Einführung

Indien gehört zu den überbevölkerten Agrarländern der Erde, die an der Schwelle zur Industrialisierung stehen. Für rund 80 v. H. der indischen Bevölkerung ist die Landwirtschaft der Haupterwerb. Arbeitsproduktivität und Flächenerträge sind jedoch in der indischen Landwirtschaft sehr niedrig, verglichen mit anderen Ländern, die ähnliche klimatische Verhältnisse aufweisen. Das Einkommen der landwirtschaftlichen Bevölkerung ist dementsprechend gering, die Versorgung mit Nahrungsmitteln unzureichend. Indien ist gezwungen, jährlich große Mengen von Nahrungsmitteln einzuführen, so z. B. im Jahre 1957 unter anderem 2,9 Mil!. t Weizen und 0,7 Mil!. t Reis!. Dafür müssen jährlich etwa 1,5 "Md. Rs in Devisen bereitgestellt werden, was infolge der Devisenknappheit große Schwierigkeiten verursacht. Die indische Regierung versucht, die heimische Erzeugung von Nahrungsmitteln zu steigern, um die Ernährung auf eine solidere Grundlage zu stellen. Bei diesen Bemühungen haben seit dem Ersten Fünfjahresplan (1951) neben agrartechnischen Maßnahmen auch bestimmte sozial-organisatorische Zielsetzungen eine wesentliche Rolle gespielt. Im Ersten Fünfjahresplan wird ausdrücklich festgestellt: » Es ist die Absicht des Planes, die Wirtschaft des Landes von einer individualistischen auf eine sozial regulierte, genossenschaftliche Grundlage zu stellen ... Sein Erfolg sollte daher, neben anderen Dingen, danach beurteilt werden, in welchem Ausmaß er durch genossenschaftliche Organisationen erreicht wird«2. Ein umfassendes ländliches Genossenschaftswesen, das auch auf die landwirtschaftliche Produktion ausgedehnt werden soll, bildet also den Angelpunkt der indischen Agrar- und Wirtschaftspolitik. Als Ziel schwebt den Plane rn vor, das Dorf nicht nur zur primären Verwaltungs-, sondern auch zur landwirtschaftlichen Wirtschaftseinheit zu machen. Nach Ansicht führender Kreise der Regierungspartei (Kongreßpartei) gibt es für Indien nur zwei Möglichkeiten, die Landwirtschaft zu reorganisieren: Entweder alle Rechte an Grund und Boden sofort und vollständig aufzuheben, also mit der Tradition radikal zu brechen, oder aber ein System genossenschaftlicher Dorfverwaltung zu entwickeln, in dem die individuellen Eigentumsrechte unangetastet bleiben, die Nutzungsrechte dagegen der Dorfgemeinschaft übertragen und genossenschaftlich ausgeübt werden. Man verspricht sich von genossenschaftlichen Bewirtschaftungsmethoden, das Erzeugungspotential besser als bisher ausnutzen und in kurzer Zeit die Erzeugung erheblich steigern zu können. Daneben spielen auch soziale Gesichtspunkte eine wichtige Rolle. 1 2

Vgl. FAO, Trade Yearbook, Vol. 12, Rome 1958, S. 85 und 88. Govt. of lndia, Planning Commission, First Fivc Ycar Plan, Delhi 1951.

11

Nur der zweite Weg wird für Indien als gangbar angesehen, weil er auf demokratischer Rechtsauffassung beruht, auf friedliche Weise den notwendigen Wechsel herbeiführt und weil diese Methode die Bedürfnisse der Allgemeinheit mit den Rechten des Einzelnen in Einklang bringt 3 • Als Wegbereiter dieses weitgesteckten Planes sollen Landbewirtschaftungs-Genossenschaften dienen, deren Gründung daher auch seit der Unabhängigkeit Indiens stark propagiert und gefördert wird. Sie haben im Ersten und Zweiten Fünfjahresplan einen festen Platz, wie u. a. folgende Stelle zeigt: »Man ist sich im allgemeinen darüber einig, daß die genossenschaftliche Landbewirtschaftung so schnell wie möglich ausgedehnt werden soll ... Die Hauptaufgabe während des Zweiten Fünfjahresplanes besteht darin, entsprechende Schritte zu unternehmen, die eine solide Grundlage für die Ausweitung der genossenschaftlichen Landbewirtschaftung schaffen, so daß nach einer Zeitspanne von etwa zehn Jahren ein wesentlicher Teil der landwirtschaftlichen Nutzfläche auf genossenschaftliche Art und Weise bewirtschaftet wird«4. Der Parteitag der Kongreßpartei im Januar 1959 in Nagpur bewies den unveränderten Willen, an der früheren Konzeption festzuhalten, das heißt die Bildung von Landbewirtschaftungs-Genossenschaften nach wie vor als Kernstück der landwirtschaftlichen Neuordnung zu betrachten und dementsprechend zu fördern (Nagpur Resolution). Premierminister NEHRu bezeichnete diesen Entschluß »als einen großen, umwälzenden Schritt, der das Land zum Sozialismus führen wird«5 und sagte: »Mein Wunsch ist, daß mit der genossenschaftlichen Landbewirtschaftung in ganz Indien so schnell wie möglich begonnen wird«6. Ein Jahr später zeigten die Resolutionen des Parteitages der Kongreßpartei in Bangalore nach außen hin die gleiche Haltung; es ließ sich jedoch eine gewisse Mäßigung der politischen Zielsetzung erkennen. Auch die Empfehlungen einer Arbeitsgruppe 7 für genossenschaftliche Landbewirtschaftung deuten auf eine weichere Handhabung ohne gesetzlichen Zwang hin, obwohl von dem Endziel, die genossenschaftliche Landbewirtschaftung im großen Maßstab einzuführen, nicht abgewichen wird. Die auffällige Betonung des Prinzips der Freiwilligkeit bei der genossenschaftlichen Landbewirtschaftung läßt jedoch vermuten, daß in der nächsten Zeit kaum wesentliche Fortschritte in der weiteren Verbreitung dieser Organisationsform zu erwarten sein werden, um so mehr, als ohne einen gewissen behördlichen Druck für spontane Erfolge nur wenig Aussicht besteht. Die Bemühungen der Regierung blieben nicht ohne Erfolg. 1958 waren rund 3000 Landbewirtschaftungs-Genossenschaften in das Genossenschaftsregister 3

4 5 6 7

Darauf hat T. SINGH, einer der führenden Männer der Planungskommission, schon 1945 hingewiesen. (SINGH, T., Poverty and Social Change, London 1945, S. 194.) Govt. of India, Planning Commission, Second Five Year Plan, De1hi 1957, S. 201. Times of India vom 11. 1. 1959. Times of India vom 9. 1. 1959. Govt. of India, Report of the Working Group on Cooperative Farming, Vol. I, New De1hi, December 1959.

12

eingetragen. Die Ergebnisse dieser neuen Organisationsform blieben aber weit hinter den Erwartungen zurück. Selbst die Planungskommission bezeichnete 1956 »die praktischen Errungenschaften auf diesem Gebiet als mager«8. Da die Praxis keine überzeugenden Argumente lieferte, gingen die Ansichten der Fachleute und die der öffentlichen Meinung über die Zweckmäßigkeit des eingeschlagenen Weges sehr bald auseinander. In der Regierungspartei selbst mußte die von der Regierung beschlossene Agrarpolitik gegen den heftigen Widerstand der innerparteilichen Opposition durchgefochten werden. Die entstehende Kontroverse führte schließlich sogar zur Abspaltung des liberalen Flügels von der Kongreßpartei und zur Bildung der» Swatantra Party«. Einer der überzeugtesten Gegner der sogenannten »Nagpur Resolution«, RANGA, warnte vor der genossenschaftlichen Landbewirtschaftung, weil sie die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Bauern bedrohe, und er mahnte, »darüber zu wachen, daß unsere Politiker (die Bauern) nicht zu politisch-wirtschaftlichen Sklaven ihres sowjetisch orientierten Staatssozialismus machen«9. Es wurde mehrfach versucht, die bedeutsame Streitfrage wissenschaftlich zu klären, ob die genossenschaftliche Landbewirtschaftung das geeignete Mittel sei, um auf friedlichem, demokratischem Wege die indischen Ernährungs- und Sozialprobleme zu lösen. Alle bisherigen Studien litten aber unter dem Mangel an wissenschaftlich einwandfreien Unterlagen. Wiederholt wurde nur statistisches Material von recht fragwürdigem Aussagewert herangezogen. Zum Teil wurden Erhebungsbogen ausgewertet, die meistens von den Distriktsdienststellen des Genossenschaftsdepartments, seltener von einzelnen Genossenschaften selbst mehr oder weniger gewissenhaft und vollständig ausgefüllt worden waren. Nur einige wenige Untersuchungen beruhen auf Material, das an Ort und Stelle erarbeitet worden ist. Die Planungskommission veröffentlichte Beschreibungen von mehreren Genossenschaftsbetrieben. Da es sich aber um ausgewählte Betriebe handelt, können die sonst recht sorgfältigen Berichte auch kein umfassendes Bild von den Landbewirtschaftungs-Genossenschaften vermitteln. In der vorliegenden Arbeit wurde methodisch ein etwas anderer Weg beschritten. Es wurden in einem zusammenhängenden Gebiet des Staates Bombay, nämlich in den vier Distrikten Poona, Sholapur, North Satara und Ahmednagar, alle aktiven Landbewirtschaftungs-Genossenschaften vom Verfasser selbst aufgesucht und an Ort und Stelle unter sozial-ökonomischen Aspekten untersucht. Dabei wurde versucht, Einblick in die tatsächliche Organisation, Arbeitsweise und Leistungsfähigkeit der Landbewirtschaftungs-Genossenschaften zu gewinnen, um herauszufinden, inwieweit diese Organisationsform in der Praxis dem agrartechnischen Fortschritt dient, leistungssteigernd wirkt und eine soziale Neuordnung herbeiführt. Als Kriterien für die Wirksamkeit der Landbewirtschaftungs-Genossenschaften im Sinne ihrer agrar- und sozialpolitischen Zielsetzung wurden hauptsächlich sechs Merkmale herangezogen: 8

9

Govt. of India, Planning Commission, Second Five Year Plan, Delhi 1956. N. G. RANGA, Prcsidential Addrcss, Punjab State Farmers Convention in Doraha am 31. 1. 1959, aus» Sunday Standard«, Bombay, vom 1. 2. 1959.

13

1. der agrartechnische Fortschritt, 2. der wirtschaftliche Erfolg, 3. die Zusammensetzung des Mitgliederbestandes, 4. das Verhalten der

~Iitglieder

(genossenschaftlich oder individualistisch),

5. die Gründungsmotive, 6. die Einstellung der Mitglieder zu ihrer Genossenschaft. Entsprechend der Fragestellung wurde überwiegend beschreibend und vergleichend vorgegangen. Einwandfreie Vergleichswerte zu erstellen stid) jedoch auf große Schwierigkeiten, da fast alle Auskünfte mit Hilfe \-on Dolmetschern eingeholt werden mußten, die Auskunft erteilenden Personen nach ihrem sozialen Stand, ihrem Bildungsgrad und ihrer Glaubwürdigkeit aber sehr unterschiedlich waren und schriftliche Unterlagen kaum vorlagen. Es wurde besonders viel l\Iühe und Sorgfalt darauf verwendet, betriebswirtschaftliehe Daten der Landbewirtschaftungs-Genossenschaften zu ermitteln. Als Grundlage für die Berechnung vergleichbarer Reinerträge, Roheinkommen und Betriebseinkommen standen in einigen Betrieben Rechnungsprüfungsberichte und die Einnahmen- und Ausgabenkonten zur Verfügung. Diese Unterlagen wiesen jedoch in der Regel buchführungstechnische Mängel auf, so daß sie alle zunächst überprüft und bereinigt werden mußten. Eine Amahl von LandbewirtschaftungsGenossenschaften mußte von der betriebswirtschaftlichen Betrachtung überhaupt ausgeschlossen werden, da die vorhandenen Unterlagen für Ertragsberechnungen nicht ausreichten oder ihre Tätigkeit zur Zeit der Untersuchung ruhte. Die Antworten auf die Frage nach dem Gesamteinkommen der Mitglieder und nach einer eventuellen Verschuldung waren so unzuverlässig, daß darauf verzichtet werden mußte, die Untersuchung nach dieser Seite hin abzurunden. Die Frage nach der Zweckmäßigkeit und nach der sozialen und ökonomischen Wirksamkeit der Landbewirtschaftungs-Genossenschaften ist nicht nur für Indien von großer Bedeutung. Die indischen Landbewirtschaftungs-Genossenschaften sind darüber hinaus auch von weltweitem Interesse im Hinblick auf den friedlichen Wettstreit zwischen der freien Welt und den kommunistischen Ländern um den raschen Aufbau der Wirtschaft in den Entwicklungsländern, denn mit den indischen Landbewirtschaftungs-Genossenschaften wird erstmalig im Großen versucht, die Methode kollektiver Agrarproduktion auf freiwilliger Basis und unter \Xhhrung der Menschenrechte anzuwenden. Wlenn dieses Experiment gelingt, könnte es beispielgebend für viele andere Entwicklungsländer werden, die vor ähnlichen Problemen stehen. Noch ist kein abschließendes Urteil möglich, denn noch ist man in Indien erst dabei, geeignete Genossenschaftstypen zu entwickeln und damit prdktische Erfahrungen zu sammeln. Deshalb kann auch die vorliegende Untersuchung kein Werturteil über die indischen Landbewirtschaftungs-Genossenschaften fällen. Sie möchte vielmehr an einem verhältnismäßig kleinen, räumlich begrenzten Ausschnitt den gegenwärtigen Stand und die Entwicklungstendenzen der indischen LandbewirtschaftungsGenossenschaften aufzeigen und damit zum tieferen Verständnis der Möglich-

14

keiten und Schwierigkeiten der Landbewirtschaftungs-Genossenschaften In Indien beitragen. Die Untersuchung wurde während eines zweijährigen Studienaufenthaltes in Indien vom Dezember 1957 bis Februar 1960 vorgenommen. Die örtlichen Erhebungen und Interviews wurden in den Monaten April, Mai, November und Dezember 1958 und im Januar 1959 durchgeführt. Die wissenschaftliche Auswertung des Materials erfolgte im Department of Economics, University of Bombay, in ständigem Kontakt mit den zuständigen Regierungsstellen und mit landwirtschaftlichen und genossenschaftlichen Fachleuten. Es ist mir eine angenehme Pflicht, an dieser Stelle meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. Dr. O. SCHILLER, meinen aufrichtigen Dank für die wirksame Unterstützung und für seine wertvollen Anregungen zu sagen. Es war der Arbeit sehr förderlich, daß Herr Prof. Dr. SCHILLER während der Untersuchung zweimal in Indien war und an Ort und Stelle mit dem Verfasser die auftauchenden Probleme erörtern konnte. Ganz besonderer Dank gilt Herrn Dr. U. PLANCK, der mir bei der Darstellung der Ergebnisse in Deutschland mit Rat und Tat zur Seite stand. Ich möchte es nicht versäumen, meinen indischen Lehrern, Herrn Prof. Dr. M. L. DANTWALA und Herrn Dr. M. B. DESAI für ihre Hilfe zu danken, ferner der indischen Botschaft in Bonn, dem Deutschen Akademischen Austauschdienst und den Dienststellen des Genossenschaftsdepartment und des Landwirtschaftsdepartment in Poona, Sholapur, Satara und Ahmednagar. Besonderer Dank gebührt meinen Dolmetschern, den Mitgliedern der Landbewirtschaftungs-Genossenschaften und den vielen freundlichen Bewohnern des Deccan, ohne deren Entgegenkommen und Hilfe die Untersuchungen zur vorliegenden Arbeit nicht hätten durchgeführt werden können. Der Aufenthalt in Indien wurde durch ein Stipendium unter dem Indo-German Industrial Cooperation Scheme 1956(57 der indischen Zentralregierung ermöglicht. Dafür sei besonders dem Ministry of Scientinc Research and Cultural Affairs, Government of India, New Delhi, herzlich gedankt.

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A. Die natürlichen Bedingungen des Staates Bombay sowie die agrarwirtschaftlichen und gesetzlichen Voraussetzungen der Land bewirtschaftungs-Genossenschaften

1. Die natürlichen Bedingungen

1. Topographie und Bodenverhältnisse Der Staat Bombaylo liegt im Westen des indischen Subkontinents. Er hat an drei großen Naturräumen teil, nämlich an den West-Ghats und dem westlichen Küstensaum, an dem zentralen Deccan-Hochland und an den Tiefländern von Kutch, Gujarat und der Halbinsel Saurashtra (Kathiawar) (Abb. 1). Die Hauptkette der West-Ghats, des bedeutendsten und höchsten Gebirges Westindieos,

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Abb. 1 10

Physikalische Karte des Staates Bombay (Grenzen von 1956)

In den Grenzen von 1956.

17

bildet gewissermaßen das »Rückgrat« des ganzen Gebietes. Die West-Ghats erstrecken sich in einer Länge von 1500 km in nord-südlicher Richtung parallel zur Küste vom Tapti-Becken bis zum Nilgiri-Gebirge in Südindien. Ihre Gipfel erheben sich im Staate Bombay bis 1645 m ü. N. N. (Kalsubai). Dem Steilabfall zur Küste hin ist ein schmaler Küstensaum (Konkan) wechselnder Breite (40 bis 80 km) vorgelagert, der durch kurze Flüsse und Höhenrücken unterbrochen wird. Wie die West-Ghats besteht auch der Untergrund des Konkan aus DeccanTrapp, das von jüngeren Sedimenten überlagert ist, die im südlichen Teil oft von lateritartiger Beschaffenheit sind. Von den West-Ghats zweigen in östlicher und südöstlicher Richtung zahlreiche Hügelketten ab, die, von tiefen Tälern durchfurcht, abgestufte Plateaus bilden und dadurch der Landschaft ein eigentümliches, treppenartiges Aussehen verleihen. Diese Höhenrücken leiten von dem bergigen Westteil allmählich zu dem welligen Hochland von Deccan über, das den größten Teil des Staates Bombay einnimmt. Es ist ein Teil der von Westen nach Osten geneigten Deccan-Scholle (Abb. 2), die aus Urgestein besteht,

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Abb.2

0

Profil durch Deccan über 17°N, westliche Hälfte

aber vor allem im Nordwesten von mächtigen Schichten jungen Eruptivgesteins bedeckt ist. Im Norden wird das Hochland von Deccan durch das Tapti-Becken von den meist alluvialen Ebenen von Gujarat und Kutch und den teils ebenen, teils bergigen Landstrichen von Saurashtra getrennt. Die vier Distrikte des Untersuchungsgebietes, Poona, Sholapur, North Satara und Ahmednagar liegen am Ostrand der West-Ghats im zentralen Deccan in einer Meereshöhe zwischen 450 und 750 m ü. N. N. Der Untergrund besteht im ganzen Untersuchungsgebiet aus Deccan-Trapp, das heißt aus auffallend parallel geschichteten Lagern von Basalt und Amygdaloid. Als geologische Besonderheiten treten steile Böschungen und Bergwände auf, die durch die Abtragung des weichen Amygdaloid entstehen, wenn der Schutz der härteren Basaltschichten fehlt. Außerdem findet man einzelstehende Säulen und Kugeln aus Basalt sowie mächtige Schichten aus eisenhaitigern Lehm unter Lagern von Basalt und Amygdaloid. Die Bodenverhältnisse wechseln entsprechend der Bodengestalt. Örtlich wird folgende qualitative Abstufung vorgenommen: 1. schwarzer (kali), 2. rötlicher (tambat), 3. grauer (barad) und 4. weißer (pandhri) Trappverwitterungsboden. In den Tälern und Senken, vor allem im Distrikt Sholapur, ist die tiefgründige Schwarzerde verbreitet. Im übrigen Gebiet herrschen mittlere Schwarzerden vor. Die dunkleren Böden lassen sich in optimalem Zustand mit ochsenbespannten Geräten ohne Schwierigkeiten bearbeiten. Sie werden aber mit zunehmendem

18

Feuchtigkeitsgehalt immer klebriger und bindiger und erhärten, wenn sie austrocknen, derart, daß sechs bis acht Paar Ochsen einen der gebräuchlichen Pflüge kaum und nur unter häufigem Rasten zu ziehen vermögen. Der Distrikt Poona weist drei verschiedene Landschaftsformen auf. Im Westteil erstreckt sich in ungefähr 15-30 km Entfernung von dem Höhenzug der Ghats eine von vielen gewundenen Tälern zerklüftete, überwiegend versteppte Hochfläche. Monatelang tragen die kahlen Hänge überhaupt keine Vegetation, weil sie regelmäßig von den Bewohnern abgebrannt werden. Die Asche wird eifrig gesammelt, um die ärmlichen Reisfelder in den Senken und Niederungen zu düngen. Dort, wo der Baumbestand erhalten blieb, sind die Berghänge mit· dichtem, aber niedrigem Wald überzogen. Im mittleren Gürtel des Distriktes Poona werden die Täler allmählich breiter. Reiche, alluviale Böden, mäßige, jedoch sichere Niederschläge auch in der Vor- und Nachrnonsunzeit machen diese Täler zu den erfreulichsten Anblicken des Deccan. Die kleineren Hügelketten gehen unmerklich in die Ebene über, während die größeren in Plateaus und einzelnen Inselbergen enden. Im östlichen Teil weicht das gegliederte Hochland allmählich einer offenen Ebene, die im Bombay Gazetteer treffend - wie folgt - beschrieben wird: »Die blanken, flachgründigen Plateaus, gelb von verdorrten Grasbüscheln und schwarz von Felsblöcken und Lagern von Basalt, haben - außer in der Regenzeiteine Atmosphäre äußerster Kargheit«ll. Nur ein paar Mangobäume (Mangifera indica) und wenige andere Schattenbäume, die nur an bevorzugten Plätzen wachsen, sowie Buschgruppen von» babhul« (Acacia arabica) beleben die eintönige Landschaft etwas. Der südöstlich angrenzende Distrikt Sholapttr bietet ein freundlicheres Bild. Ausgedehnte Hirsefelder verwandeln besonders die mittleren, östlichen und nördlichen Teile nach den Monsunregen in ein einziges grünes Meer. Tiefgründige Schwarzerde (deep black cotton soil) bedeckt weite Flächen. Ihre guten physikalischen und chemischen Eigenschaften ermöglichen fast überall den Anbau von Sorghumhirse (Andropogon sorghum) und Perlhirse (Pennisetum typhoideum). Durch das ausgezeichnete Wasserhaltevermögen dieser Böden wird die Vegetationszeit trotz früh versiegender Monsunregen wesentlich verlängert, und so sind zumindest mäßige Ernten in jedem Jahr gesichert. Mitten durch den Distrikt fließt der Bhima-Fluß, der zusammen mit den beiden NiraKanälen, die aus dem Nachbardistrikt Poona kommen, ein weitverzweigtes Bewässerungsnetz versorgt. Der Distrikt North Satara hat eine ähnliche Oberflächengestalt wie der nördlich davon gelegene Distrikt Poona. Der westliche, bergige Teil bildet das Quellgebiet des Krishna, dessen drei Quellflüsse ein fruchtbares Gebiet einschließen, das durch relativ ergiebige, gut verteilte Niederschläge begünstigt ist. Die Kulturen bleiben hier auch ohne Bewässerung bis zum Februar grün. Nach Osten zu werden die im Westen steil aufragenden Berge flacher. Sie werden von parallel verlaufenden Tälern durchzogen, die gut mit Wasser versorgt sind. 11

Govt. of Bombay, Bombay Gazetteer, Bombay 1885, S. 3.

19

Schattige Dörfer, die drei bis fünf Kilometer voneinander entfernt an den hohen Ufern der Flüsse angelegt sind, und gutstehende Kulturen zeugen von der Fruchtbarkeit dieses Teiles des Distriktes. Weiter ostwärts wird die Landschaft immer karger. Den südlichsten Teil ausgenommen, breiten sich hier weite Ödländereien aus. Die Hänge sind mit lockerem Gebüsch aus Pongamia glabre und Conocarpus latifolia bedeckt. Auch die tiefer liegenden Flächen sind steinig, flachgründig und unfruchtbar. Ausnahmsweise werden hier die Hänge und Hochflächen stärker ackerbaulieh genutzt als die Talsohlen und Niederungen. Diese dienen von jeher den Bauern der reicheren Gegenden im Westen als Weideland. Der Distrikt Abmednagar liegt auf einem hochgelegenen Tafelland, das von Westen nach Osten geneigt ist. Nur die westliche Ecke berührt die Ghats, während das übrige Gebiet rasch in eine offene Landschaft übergeht. Zwischen den beiden Flüssen Godavari und Bhima sind alle Übergänge von öden Hochflächen bis zu garten mäßig bebautem Bewässerungsland anzutreffen. Im nördlichen Teil des Distriktes befindet sich das Hauptanbaugebiet des Staates für Zuckerrohr.

2. KlilJla und Vegetation Der Staat Bombay gehört zu den »äußeren Tropen« (LüTGENs), die klimatisch durch einen scharfen Wechsel zwischen Regenzeit und Trockenzeit gekennzeichnet sind. Der wichtigste Klimafaktor ist der Monsun, der den Wechsel der Jahreszeiten bedingt. Es lassen sich vier Jahreszeiten unterscheiden: 1. Trockenwinter (Dezember-Februar). Der in dieser Zeit vorherrschende Nordost-Monsun bringt in allen Teilen des Staates Bombay schönes Wetter mit relativ niedrigen Temperaturen (]anuarmittel +25°C) und niedriger Luftfeuchtigkeit. 2. Trockensommer (März-Mai). Diese Jahreszeit ist gekennzeichnet durch einen raschen Temperaturanstieg, der durch die Verlagerung des äquatorialen Tiefgürtels nach Norden hervorgerufen wird. Die höchsten Temperaturen (+ 38° C) werden im Deccan im März gemessen, in Gujarat (etwa + 43° C) und weiter nördlich im April und Mai. Staubstürme und Wirbelwinde sind in dieser Zeit nicht selten. 3. Regenzeit (Südwest-Monsun). Von Juni bis September erreichen in den meisten Jahren mit erstaunlicher Pünktlichkeit relativ kühle und feuchte Luftmassen aus der Arabischen See die Westküste. Diese feuchten Luftmassen übersteigen die West-Ghats, wobei es zu heftigen Regenfällen (Steigungsregen) kommt. Die Niederschlagsmengen nehmen hinter den Höhenzügen der WestGhats in nordöstlicher Richtung stetig ab. Während an den Westhängen der Ghats über 2000 mm Regen fallen, beträgt die Niederschlagsmenge im DeccanHochland etwa 700 mm. Die Zug richtung und die Geschwindigkeit des Monsuns werden durch die Oberflächengestaltung stark beeinflußt. Abweichungen 20

vom normalen Verlauf sind für die Landwirtschaft des Deccan von ausschlaggebender Bedeutung. Solche Abweichungen ergeben sich, wenn der Monsun später einsetzt oder früher endet, wenn er gebietsweise ganz oder teilweise ausbleibt oder wenn es im Juli und August zu längeren Unterbrechungen kommt, wodurch die Aussaat der Sommerfrüchte beeinträchtigt wird. 4. Nachrnonsunzeit (Oktober-November). In dieser Zeit zieht sich der Monsun wieder zurück. Eine Schönwetterzone breitet sich allmählich ost- und südwärts aus und verdrängt die feuchte Luft ,wobei es häufig noch zu kräftigen Schauern kommt. Infolge dieses Witterungsverlaufes verteilen sich die Niederschläge sehr ungünstig. Die Monsunregen bringen in den Monaten Juni bis September in den nördlichen Teilen des Staates Bombay fast die gesamten Jahresniederschläge (zum Beispiel in Saurashtra 93 v. H., in Gujarat 95 v. H., im Konkan 93 v. H.)12. In verschiedenen Teilen des Deccan ist die Verteilung infolge von Gewitterschauern im Sommer und während der Nachrnonsunzeit etwas günstiger. So entfallen in Poona »nur« 79 v. H. und im Süd-Deccan »nur« 76 v. H. der jährlichen Niederschlagsmenge auf die Monsunzeit12 . Obwohl die Niederschlagsmengen in den einzelnen Gegenden sehr verschieden hoch sind, weichen deren . b'l' V ana lltäts k oeffi' Zlenten (NormalabWeichUng . MIttel

=

100) nur genng . f ' voneIn. üglg

ander ab. Die Sicherheit, mit der mit einer normalen Regenmenge gerechnet werden kann, ist jedoch in den regenreicheren Gebieten größer als in den regenärmeren. Gebiete mit einem Koeffizienten von mehr als 25 werden als »famine zones« bezeichnet; das sind Zonen, in denen Mißernten infolge ausbleibender Regenfälle möglich sind. Zu diesen Zonen gehören Kutch, Saurashtra und Teile von Gujarat sowie Gebiete im mittleren Deccan. Von den Distrikten des Untersuchungsgebietes liegen Sholapur ganz, Ahmednagar und Poona zu 10 v. H. und North Satara zu 30 v. H. in dieser Zone13 • Die Luftfeuchtigkeit hängt hauptsächlich von der Art der vorherrschenden Winde ab und wechselt, wie die Temperatur, jahreszeitlich sehr stark. Von Dezember bis Mai ist die Luft am trockensten. Die Luftfeuchtigkeit sinkt in dieser Jahreszeit im Deccan auf 30 v. H. und weniger. Feuchtigkeitsgehalte von 10 v. H. und darunter sind besonders nachmittags nicht selten. Im Gegensatz dazu beträgt die relative Luftfeuchtigkeit in der Regenzeit (Juni-September) im Mittel 80-90 v. H. und erreicht oft auch den Sättigungsgrad. Die Klima-Diagramme14 einzelner über den ganzen Staat Bombay verstreuter Beobachtungsorte zeigen einerseits, wie gleichförmig der Witterungsverlauf ist (Abb. 3). Gemeinsam ist allen Beobachtungsorten, daß sich die Niederschläge 12

K. N.

RAO,

Hydromcteorological Studies in India,

Symposia Darcy, Dijon 1956,

S. 253ff.

13

14

Govt. of Bombay, Statistical Atlas of Bombay State, Bombay 1950, nach Abb. 12. Nach H. WALTER, (in Ber. Deutsch. Bot. Ges., 68, S. 331-344, 1955); auf Grund von unveröffentlichtem Material des Meteorological Centre Bombay-Colaba berechnet und zusammengestellt.

21

über jedem Diagramm ist der ßcobachtungsorl und de sen Höhenlage in m über X . ~ .• darunter links die mir flete Jahrcslemper.uu r in C, rechts die minieren J.hre niederschlage (mm) angegeben. Auf der Ab s~isse sind die .\Ionale Januar bis Dezcmber, :tuf der Ort.lin:uc die .\tonarlömit· tcl der Tem peratur (links) untl der ~icdcrschhl' ge (rechlS) aufgttt!lgcn. L'OIcr jedem Dia~ramm srchen - \"o n oben nach unten - c.b.s nicdri~stc Monats mitte I, die tiefMen lind die hüchsten Tern· peruuren. \X'enn die Tcrnpcraturkut\'c die XiederschlaAs. kurve überst eigr . enr rein cin Feld (punktiert), dessen Grö Be l.ibcr die Dürrezeil Auskunh gibt. Die schraffie rtc Fläche ~cigr die feuchte Jahreszeit

;\lahablcshwar (1382 m) 19,9 ° 6635,2

o

Bombay (11m) 26, 0 1 ,



mm

IJO

an.

6 5

Diese DarslcIlung crmü~liclu eine rasche Oden· tierung über da Vorkommen \'on Trocken- und Dürrezeiten und tiber die i'otwcnd igkeit einer künstlichen Bewässerung landwirtschaftlicher Kul· tllren und konnte fur alle Kontinente bewie eil werden (nach 11. W.\LTER).

600

.Joo

Poona (559 m)

24,9u

20 ~: ... ... .... . . ..

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- 23,9 11, + 38,3

Abb. 3

\" q .. ..

18,1 ~ 6, + 36, 1

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L2 . ...

. .. ... .

20,6 - 1, 43,3

62,8

\

hmcdnagar (657 m)

2- ,0"

601,1

holapur (4901) 2 ,30 690,9

200

100

so 20,0 2,8 . -13,3

,. 22,2 6,1 -15,6

u

Klima-Diagramme von fünf Beobachtungsorten im Staate Bombay (60jähriges Mittel)

auf wenige Monate konzentrieren, während in der übrigen Zeit ein großer Mangel an Niederschlägen herrscht, so daß man überall künstlich bewässern muß, wenn man mehr als eine Ernte im ] ahr erzeugen will. Die Diagramme zeigen aber andererseits auch, wie stark die Niederschlagsmengen und die

22

Ausbildung der Niederschlagsspitzen variieren und wie sie von Westen nach Osten abnehmen, wobei die zeitliche Basis der Niederschlagsverteilung breiter und damit günstiger wird. Daraus ergeben sich im südlichen Teil des Staates Bombay verschiedene Klimazonen, und zwar von Westen nach Osten (nach W. KÖPPEN) folgende: Heißfeuchte Urwaldklimate, warme wintertrockene Klimate, Steppenklimate. Der nördliche Teil gehört einheitlich zu der Zone periodisch trockener Savannenklimate. Entsprechend den Klimazonen wechselt auch die Vegetation. Es lassen sich verschiedene Vegetationszonen unterscheiden 15 • Der Küstensaum gehört zur Zone des »tropischen feuchten Laubwaldes«. Die Vegetation der Ghats wird dagegen mit »tropischem halbimmergrünem Wald« bezeichnet. Am Ostrand der Ghats verläuft eine 60-80 km breite Zone »gemischten Trocken-Laubwaldes«, die sich nordwärts stark verbreitert und in Gujarat vorherrscht. An diese Zone schließt sich ostwärts die sogenannte »Trocken-Dorn-Zone« an. Der größte Teil des Untersuchungsgebietes gehörte zu dieser Zone. Die großen Flußniederungen des Godavari und Krishna haben allerdings eine andere Vegetation, weshalb man hier von der »riverine zone« spricht.

II. Die landwirtschaftlichen Verhältnisse 1. Kulturartenverteilung und Bodennutzung Unter den verschiedenartigen Boden- und Klimaverhältnissen haben sich bestimmte Nutzungs- und Anbauzonen herausgebildet (Abb. 4), nämlich Zonen mit Wald- und Weidenutzung und solche mit Ackernutzung. Die Ackerzone läßt sich nach den charakteristischen Früchten noch unterteilen in eine Reis-, Baumwoll-, Hirse- und Erdnußzone. In den Bergregionen der West-Ghats und ihrer östlichen Ausläufer wie auch im Gebirgsstock Saurashtras herrscht Wald vor, der allerdings nur einen kleinen Teil des Gesamtgebietes einnimmt. Er befindet sich fast ausschließlich in der Hand des Staates. Die Waldgebiete, die oft nur einen lichten »Busch« darstellen, dienen der Landbevölkerung manchmal als dürftige Rinder-, Schaf- und Ziegenweide. In gleicher Weise wird das flächenmäßig etwa gleich große Öd- und Unland genutzt. Dauergrünland spielt flächenmäßig und wirtschaftlich eine ganz untergeordnete Rolle. Der weitaus größte Teil des Gebietes, nämlich 61 v. H. des Staatsgebietes, ist unter dem Pflug. Dabei herrscht im Küstensaum der Reisanbau vor. Im Deccan-Hochland breitet sich ein Gebiet baumwollfähiger, schwarzer Trappverwitterungsböden aus. Die übrigen Gebiete werden mit Hirse angebaut. Angaben aus dem Jahre 1955/56 geben ein Bild davon, wie sich die Kulturarten im einzelnen flächenmäßig verteilen (Übersicht 1). Der Anteil der Anbaufläche an der Gesamtfläche liegt für das Untersuchungsgebiet höher als im Staatsdurchschnitt. Ein Teil der Anbaufläche, und zwar in den Distrikten Ahmednagar, North Satara und Poona zwischen 4 und 5 v. H., 15

Govt. of Bombay, Statistical Atlas of Bombay State Bombay 1950, S. 7.

23

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Abb. 4

I

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11

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urzungszoncn im Dcccan



m

Baumwolle

.....

Wei zen

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Reis

1IIIII1

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III

Zuckerrohr

r

11_

Tabak

\'('iesen und \Xleidcn

W·ald

nach Diercke, Welrarlas 1957

im Distrikt Sholapur rund 2 v. H. der Gesamtfläche, wird jährlich mehrmals genutzt. Wenn die mehrmals angebaute Fläche zur Anbaufläche addiert wird, ergibt sich die Brutto-Anbaufläche. Auch ihr Anteil an der Gesamtfläche ist im Untersuchungsgebiet größer als im Staatsgebiet Bombay. Die mehrmals angebaute Fläche ist im großen und ganzen identisch mit der künstlich bewässerten Fläche, denn nur ein verhältnismäßig kleiner Teil dieser Flächen trägt drei und mehr Kulturen pro Jahr. Der Umfang der künstlich bewässerten Fläche ist, wie in allen Monsunländern mit ausgeprägten Trockenzeiten, von ausschlaggebender Bedeutung für die landwirtschaftliche und besonders für die pflanzliche Erzeugung. 24

Obersicht 1 Die Kulturartenverteilllng im Staate Bomba)' lind in den Untersllchflngsdistrikten, 1955/56 (v. H. der Gesamtfläche) Kulturart

Staat Bombay Ahmednagar North Satara

Anbaufläche (net area sown) Schwarzbrache Sonstiges Brachland Baumkulturen Dauergrünland Kultivierbares Ödland Unland Wald Sonstige Flächen

61,0 2,0 3,6 0,5 3,5 3,3 9,7 15,2 1,2

Gesamtfläche in 1000 ha

100 28363

74,1 1,1 1,7

65,0 0,6 6,6

2,0 1,0 8,7 11,2 0,2

2,5 0,5 9,1 14,2 1,5

100 1681

100 1037

Poona

Sholapur

63,4 1,9 6,9 0,1 2,0 2,0 9,4 11,7 2,6

78,4 5,3 3,0 0,2 3,6 1,9 4,8 2.4 0,4 100 1481

100 1538

Quelle: Govt. of Bombay, Departmem of Agriculture, Season and Crop Report of the Bombay State 1955/56, Bombay 1958.

Die bewässerten Flächen betragen16 im Staat Bombay " Distrikt Ahmednagar Distrikt North Satara Distrikt Poona " Distrikt Sholapur

ha

v. H. der Netto-Anbaufläche

972 680 103280 57440 83600 96120

4,6 5,8 7,4 6,8 2,2

Im Untersuchungsgebiet wird also, abgesehen vom Distrikt Sholapur, anteilmäßig mehr Ackerland bewässert als im übrigen Staatsgebiet. Von je 100 ha Bewässerungsfläche werden bewässert16 mit Hilfe von: Staat Bombay Ahmednagar North Satara Brunnen Staatlichen Bewässerungskanälen Privaten Bewässerungskanälen Staubecken Anderen Bewässerungsarten

Sholapur

64,0

61,5

43,6

46,7

74,6

19,8

37,0

32,5

48,4

24,3

2,8 9,3

0,9 0,3

22,2 1,0

2,3 1,4

1,1

4,1

0,3

0,7

1,2

100 16

Poona

100

100

100

100

Quelle: Govt. of Bombay, Department of Agriculture, Season and Crop Report of the Bombay State for the Year 1955/56, Bombay 1958.

25

Die Brunnenbewässerung spielt im allgemeinen die Hauptrollel7. Große Flächen werden aber auch durch staatliche Kanäle bewässert. Im Distrikt Poona überwiegt sogar die Kanalbewässerung. Für das ganze Hochland von Deccan ist die sogenannte »mot«-Bewässerung typisch. Das Schöpfen wird dabei mit einem »mot« - einem oben und unten offenen, sackartigen Lederbehälter - vorgenommen. Dieser ist in der Regel 120-150 cm lang und hat einen Durchmesser von 60-100 cm. Der gefüllte Behälter wird über ein Gestell von - je nach Größe des Behälters und der Tiefe des Wasserstandes - zwei bis vier Ochsen hochgezogen. Ein zweites Seil knickt das untere Ende des Behälters so lange ein, bis der obere Brunnenrand erreicht ist und der Inhalt in den Zuleitungsgraben entleert wird. l\f i t einer » mot «-Anlage können nur kleinere Flächen bewässert werden, und zwar, je nach dem Wasserbedarf der angebauten Kultur, 0,8-1,2 ha. Bewässerungskanäle und Staubecken (tank) ermöglichen erst die Bewässerung größerer Flächen. Im Staatsgebiet Bombay und besonders im Untersuchungsgebiet ist die bewässerte Fläche durch Staubecken nur gering. Diese Anlagen, welche die Niederschläge des Monsuns sammeln, stellen jedoch für manche Dörfer und Gebiete die einzige Bewässerungsmöglichkeit dar. Die Bodennutzung trägt vorwiegend die Kennzeichen einer extensiven Trockenlandwirtschaft tropischer Gebiete. Zwar sind auch einige Kulturpflanzen der gemäßigten Zone zu finden (zum Beispiel Weizen, Gerste, Kartoffeln, verschiedene Gemüse und anderes), aber der Hauptanteil der Fläche wird doch mit anspruchsloseren Hirsearten und Hülsenfrüchten bestellt. Reis wird nur auf besseren Böden, besonders in dem den West-Ghats vorgelagerten Küstensaum, seltener im Hochland und dort nur auf besten Böden und bei guten Regenverhältnissen, angetroffen. Die künstlich bewässerten Flächen sind dem Anbau von Zuckerrohr, Zitrusfrüchten, Baumwolle und Tabak vorbehalten. Der indische Bauer unterscheidet drei Anbauabschnitte : Nach den ersten MonsunschauernimJunij Juli werden die Kharif-Früchte (Sommerfrüchte) bestellt, wachsen während des Monsuns heran und werden im September und Oktober bereits geerntet. Nur leichtere Böden kommen dafür in Frage. Unmittelbar nach dem .Monsun kommen die sogenannten Rabi-Früchte in den Boden, die dann im Januar bis Februar reif sind. Für viele Gebiete ist dieser Abschnitt der wichtigste und arbeitsreichste während des ganzen Jahres. Künstliche Bewässerung ermöglicht noch einen dritten Anbauabschnitt im :März bis Mai. Gemüse, Obst und Zuckerrohr gedeihen in dieser Jahreszeit bei guter Wasserversorgung vortrefflich. Die während der heißen Sommermonate angebauten Pflanzen werden als »hot weather crops« bezeichnet. 17

Jedes Dorf hat einen oder mehrere Brunnen, die der Trinkwasserversorgung dienendie meisten Brunnen sind aber zur künstlichen Bewässerung gegraben worden. Der Brunnenbau im Deccan ist mit besonderen Schwierigkeiten und Risiken yerbunden, denn nicht immer wird eine wasserführende Schicht getroffen. Außerdem ist das Gestein manchmal so hart, daß die Bauarbeiten eingestellt werden müssen. "'\IANN berichtet aus dem Deccan, daß selbst in Dörfern mit günstigen Verhältnissen über 40 Y. H. der Bohrungen erfolglos ycrlaufen. (H. H. MANN, Land and Labour in a Deccan Village, No. 2, London 1921, S. 27.)

26

Die indische Agrarstatistik unterscheidet drei Kulturpflanzengruppen, nämlich Kulturpflanzen zur menschlichen Ernährung, Industrie- und Handelspflanzen und Feldfutterpflanzen, die sich in den untersuchten Distrikten folgendermaßen auf die Brutto-Anbaufläche verteilen (in v. H.): Staat Bombay Ahmednagar North Satara Kulturpflanzen zur menschlichen Ernährung (food crops) Industrie- und Handelspflanzen Feldfutterpflanzen Brutto-Anbaufläche in 1000 ha

Poona

Sholapur

68,2

83,2

70,3

76,3

83,0

23,1 8,7

12,6 4,2

9,8 19,9

6,2 17,5

13,7 3,3

100

100

100

100

100

18100

1316

723

1041

1186

Quelle: Govt. of Bombay, Department of Agriculture, Season and Crop Report of the Bombay State for the Year 1955/56, Bombay 1958.

Im Durchschnitt dienen im Untersuchungsgebiet drei Viertel der Brutto-Anbaufläche unmittelbar der menschlichen Ernährung. In den Distrikten North Satara und Poona wird die Fläche der Kulturpflanzen zur menschlichen Ernährung dadurch etwas vermindert, daß mehr Futterpflanzen angebaut werden. Zu bemerken ist jedoch, daß es sich dabei nicht um einen intensiven Feldfutterbau handelt, sondern meistens um den Anbau einer anspruchslosen Sorghumhirse für Futterzwecke auf solchen Flächen, auf denen keine anderen Kulturpflanzen gedeihen würden. Deshalb ist ein hoher Flächenanteil von Feldfutterpflanzen im allgemeinen gleichbedeutend mit schlechteren Bodenverhältnissen. Der Flächenanteil der Industrie- und Handelspflanzen liegt in den Distrikten des Untersuchungsgebietes durchweg, zum Teil erheblich, unter dem Durchschnitt des Staates Bombay. Die hauptsächlichsten Industrie- und Handelspflanzen sind im Staat Bombay Baumwolle (Gossypium-Arten), Ölpflanzen (Erdnuß, Saflor, Sesam, Rizinus) und Tabak. Im Untersuchungsgebiet spielen nur Baumwolle, Erdnuß und Tabak eine gewisse Rolle. Unter den Kulturpflanzen zur menschlichen Ernährung (food crops) nehmen flächenmäßig die Körnerfrüchte den ersten Platz ein. Dann folgen Hülsenfrüchte, Gewürzpflanzen, Zuckerrohr, Obst, andere Baumfrüchte und Gemüse (siehe Übersicht 2). Die überragende Bedeutung der beiden Haupthirsearten, Sorghumhirse (Andropogon sorghum) und Perlhirse (Pennisetum typhoideum), im Staate Bombay und besonders im Untersuchungsgebiet zeigt die Aufgliederung der mit Körnerund Hülsenfrüchten bestellten Fläche nach einzelnen Früchten (s. Übersicht 3). Die Flächenerträge Indiens gehören zu den niedrigsten der Welt. Auch im verhältnismäßig fortschrittlichen Staat Bombay ist es noch nicht gelungen, die Ertragsleistung von Böden und Pflanzen wesentlich zu verbessern. Fehlende 27

Übersicht 2

Die Anbauflächen der Kulturpflanzen zur menschlichen Ernährtmg zm Staate Bombq)' und in den Untersuchungsdistrikten, 1955/56

(v. H.) Staat Bombay Ahmednagar North Satara

Fruchtart Körnerfrüchte Hülsenfrüchte Zuckerrohr Gewürzpflanzen Gemüse Obst und andere Baumfrüchte Sonstiges

Poona

Sholapur

83,8 13,1 0,8 1,3 0,6

86,4 10,6 2,1 0,3 0,2

82,0 14,3 1,0 1,3 1,2

87,7 9,0 1,0 0,5 1,4

87,3 10,7 0,8 0,8 0,3

0,4

0,3 0,1

0,2

0,4

0,1

100 Kulturpflanzen zur menschlichen Ernährung in 1000 ha 12376

100

100

100

100

1096

509

794

984

Quelle: Govt. of Bombay, Department of Agriculture, Season and Crop Repon of thc Bombay State for the Year 1955;56, Bombay 1958.

Übersicht 3

Die Anbauflächen der Kijrner- und Hülsenfrüchte und in den Untersuchungsdistrikten, 1955/56

ZlII

Staate Bombf/}

(v. H.) Fruchtart

Staat Bombay Ahmednagar North Satara

Sorghumhirse (Andropogon sorghum) Perlhirse (Pennisetum typhoideum) Fingerhirse (Eleusine coracana) Sonstige Hirsearten Reis Weizen Gerste Mais Kichererbse (Cicer arietinum) Straucherbse (Cajanus indicus)

28

Poona

Sholapur

38,0

55,3

40,9

59,7

74,4

21,0

25,4

32,3

18,5

11,0

2,6 3,9 10,9 7,5 0,1 1,9

0,8 0,7 0,8 6,0 0,0

2,8 1,9 4,4 2,6 0,1 0,3

1,8 1,5 6,1 2,8 0,1 0,1

0,0 0,2 0,7 2,2 0,1 0,4

3,0

3,0

3,4

3,3

2,5

2,2

1,2

1,7

0,9

3,8

(v. H.) Staat Bombay Ahmednagar North Satara

Fruchtart

Urdbohne (Phaseolus radiatus) Mungobohne (Phaseolus Mungo) Sonstige Hülsenfrüchte Körner- und Hülsenfrüchte in 1000 ha

Poona

Sholapur

1,5

0,2

2,3

0,6

0,1

1,4 5,4

1,7 4,9

0,8 6,5

0,3 4,3

0,6 4,0

100

100

100

100

100

11 971

1062

490

768

966

Quelle: Govt. of Bombay, Department of Agriculture, Season and Crop Report of the Bombay State for the Year 1955/56, Bombay 1958. oder unzureichende Düngung, minderwertiges Saatgut, eine ungesunde Agrarstruktur und vor allen Dingen fehlende Bewässerungsmöglichkeiten sind die wichtigsten Hemmnisse bei den Bemühungen um bessere Erträge. Wie niedrig die Flächenerträge tatsächlich liegen, geht aus dem amtlichen Erntebericht für 1955/56 hervor, dem folgende Hektarerträge entnommen sind (s. Übersicht 4):

Übersicht 4

Geschätzte Hektarerträge einiger ausgewählter Kulturpflanzen im Staate Bombt!) und in den Untersuchungsdistrikten nach bewässerten (1) und unbewässerten (2) Flächen, 1955/56

(dz/ha) Kulturpflanze Reis Weizen Sorghum hirse (Rabi) Perlhirse Kichererbse Straucherbse

Staat Ahmednagar North Satara 2 Bombay* 1 2 1 9,34 4,68 3,77 2,77 3,77 5,62

8,85 10,05 10,20 2,90 9,55 5,45

5,90 9,64 2,60 11,62 1,70 9,80 1,92 2,92 2,15 10,47 5,45

Poona 2 1

5,60 8,99 3,05 8,32 3,40 10,02 2,45 1,90 2,70 9,61 6,53 4,53

8,99 2,02 2,13 1,90 1,77 4,53

Sholapur 1 2 5,70 6,38 8,30 1,42 8,15 6,00

4,50 1,45 1,62 1,22 1,80 4,25

Quelle: Govt. of Bombay, Department of Agriculture, Season and Crop Report of the Bombay State for the Year 1955/56, Bombay 1958. * Für den Staat Bombay wurden bewässerte und unbewässerte Flächen nicht gesondert ausgewiesen.

2. Tierhaltung Die Tierhaltung tritt gegenüber dem Ackerbau ganz in den Hintergrund, da die Inder sich aus religiösen Gründen hauptsächlich vegetarisch ernähren. Die Tierhaltung im Staate Bombay ist - wie in allen Teilen Indiens - durch eine niedrige Erzeugungsleistung und durch einen ständigen Überbesatz gekennzeichnet. Dies trifft vor allem für die Rinder zu, die mehr als die Hälfte des

29

Gesamtviehbestandes des Staates ausmachen. Minderwertige Zuchttiere, fehlende Zuchtwahl, schlechte Fütterungs- und Haltungsverhältnisse sind hauptsächlich für den niedrigen Leistungsstand verantwortlich. Bezeichnend für das Leistungsniveau ist zum Beispiel die Milchleistung von 187 kg je Kuh und Jahr (im gesamtindischen Durchschnitt). Der Überbesatz an Vieh ist vor allem auf religiöse Vorstellungen und Vorschriften der Hindus zurückzuführen. Nach Sitte und Brauch ist das Töten und Schlachten von Rindvieh, besonders aber von Kühen, nicht erlaubt 18 , wodurch die Zahl an unproduktivem Rindvieh entsprechend ansteigt. Der Ochsenhaltung kommt eine besondere Rolle zu, weil fast alle landwirtschaftlichen Feld- und Transportarbeiten mit Ochsen verrichtet werden. Deshalb ist in der Rinderzucht bisher fast ausschließlich auf die Arbeitsfähigkeit und fast gar nicht auf die Verbesserung anderer Leistungsanlagen, wie zum Beispiel auf die Milchleistung, geachtet worden. Zur Milcherzeugung werden nämlich auf dem Lande wie in den Städten weniger die Kühe als die Büffel herangezogen, die auch eine höhere Milchleistung aufweisen. Den züchterischen Bemühungen für eine höhere Milchleistung der Büffel kommt der Umstand zugute, daß Büffel nicht als heilige Tiere gelten und es daher weniger Anstuß unter den Hindus erregt, wenn züchterisch minderwertige Tiere ausgemerzt werden. Seit kurzem versucht die indische Regierung, durch einen großangelegten Förderungsplan (als » key village system« bekannt) die Leistungen der breiten Landestierzucht zu verbessern. Dieser Plan sieht unter anderem vor, minderwertige und streunende Bullen zu kastrieren, künstliche Besamungsstationen zu errichten, die Futtergrundlagen zu verbessern und den genossenschaftlichen Absatz der tierischen Erzeugnisse auszubauen. Die Viehzählung von 1956 weist für den Staat Bombay den folgenden Viehbestand aus 19 : Tiere

Rindvieh Büffel Schweine Schafe Ziegen Pferde und Po nies Sonstige Tiere

20215995 5337416 164666 3702853 7188901 241646 221421

Gesamt-Viehbestand

37072 898

18

19

davon in ländlichen Gemeinden (v. H.) 95,3 91,0 76,2 94,8 92,6 89,8

Gesamt-Vieh bestand v.H. 54,6 14,4 0,4 10,0 19,4 0,6 0,6 100

Das Schlachten von Rindern ist in den Staaten Madhya Pradesh, Mysore, Punjab, Uttar Pradesh, Jammu und Kashmir, Himachal Pradesh und in den Territorien Manipur, Tripura und Delhi sogar gesetzlich verboten. Quelle: Govt. of India, The Economic and Statistical Adviser, Ministry of Agriculture, All-India Lifestock Ccnsus 1956, Delhi 1958.

30

Der Rindviehbestand besteht zu 28,0 v. H. aus Jungvieh, zu 29,6 v. H. aus Kühen und zu 42,4 v. H. aus männlichen Tieren, von denen 97,4 v. H. Arbeitsochsen sind. Bei Büffeln ist das Verhältnis entsprechend der vorwiegenden Milchnutzung andersartig. Die Jungtiere machen 38,6 v. H. aus. Der Anteil der Büffelkühe ist mit 55,S v. H. relativ hoch. Dagegen sind nur 6,1 v. H. der Büffel männliche Tiere über drei Jahre. Für viele karge Gebiete ist die Haltung von Schafen und Ziegen zur Wolleund Fleischgewinnung von Bedeutung. Das Pferd als landwirtschaftliches Zugtier hat in Indien noch nie eine Rolle gespielt. Auch heute kommt es nur als Zugtier der zweirädrigen »tonga« für gewerbliche Fuhren oder als Reittier in Betracht. Die Schweine haltung spielt ebenfalls eine nebensächliche Rolle. Von den Mohammedanern ganz verschmäht, gilt das Schwein auch bei vielen Hindus als unreines Tier und wird nur von wenigen Angehörigen niederer Kasten geschlachtet. Eine Stallhaltung gibt es kaum; die Tiere streifen meistens frei in den Dörfern umher und ernähren sich von Abfällen und Unrat. Es handelt sich im wesentlichen um wenig verbesserte, schwarze Landschweine vom Typ des sus scrofaferus. In früherer Zeit wurden von den Europäern Rasseschweine in sehr beschränkter Anzahl eingeführt, deren Nachzuchten in den wenigen Schweinemästereien einiger Großstädte zum Verkauf an die Europäer gemästet wurden. Hauptsächlich in größeren Städten trifft man heute ab und zu noch auf Reste dieser Zuchten. Die Viehzählung von 1956 gibt auch Aufschluß über den Umfang der Geflügelhaltung. Im Staate Bombay zählte man damals über 9,7 Mill. Stück Geflügel, wobei es sich zum überwiegenden Teil um Hühner handelte. Enten und Gänse gibt es nur wenig. Auch die Leistungen aus der Geflügelhaltung lassen viel zu wünschen übrig. Durch leistungsfähigere Rassen und durch bessere Fütterung und Haltung könnte die Geflügelhaltung viel produktiver gestaltet werden.

3. Eigentums- und Besitzverhältnisse Die soziologische Schichtung der landwirtschaftlichen Bevölkerung Indiens weist eine Vielseitigkeit auf, die die Gliederung der Statistik nur unvollständig wiedergibt. Die Volkszählung in Indien von 1951 teilte die Agrarbevölkerung in vier Gruppen ein, nämlich in 1. Landwirte (owner-cultivators), die nur oder zum größten Teil Eigenland bewirtschaften, und ihre Angehörigen; 2. Landwirte, die nur oder zum größten Teil fremdes Land bewirtschaften, und ihre Angehörigen 20; 3. Landarbeiter und ihre Angehörigen; 4. Grundeigentümer, die nicht selber ihr Land bewirtschaften, und sonstige Personen, die aus der Landwirtschaft eine Rente beziehen. 20

Entspricht etwa der Gruppe der Pächter.

31

Nach dieser Einteilung werden für den Staat Bombay und für die Distrikte des Untersuchungs gebietes folgende Angaben 21 gemacht: Agrarbevälkerung davon entfallen auf die Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 3 Gruppe 4 insgesamt v. H. v.H. v.H. v.H. Ahmednagar North Satara Poona Sholapur Staat Bombay

1029444 907 165 1021036 942195 22980000

77,4 87,7 84,6 64,5 66,0

3,0 2,4 3,9 7,4 16,0

16,1 5,1 7,8 23,4 15,0

3,5 4,8 3,7 4,7 3,0

Die Übersicht zeigt, daß der weitaus überwiegende Teil der landwirtschaftlichen Bevölkerung ausschließlich oder größtenteils Eigenland bewirtschaftet (wie klein aber diese Eigenwirtschaften sind, wird noch darzustellen sein). Landwirte, die überwiegend fremdes Land bewirtschaften, und Landarbeiter bilden im Staate Bombay fast gleich große Gruppen. In den untersuchten Distrikten sind dagegen deren Anteile sehr unterschiedlich groß. Besonders auffällig ist, daß der Anteil der Pächtergruppe im Untersuchungsgebiet durchweg weit unter dem Staatsdurchschnitt liegt; dafür ist der Anteil der Landwirte auf eigenem Grund und Boden größer. Nur im Distrikt Sholapur findet man andere Verhältnisse. Hier gehören, wie im Staats durchschnitt, rund zwei Drittel der Landbevölkerung zur Gruppe der Landwirte, die vorwiegend Eigenland bewirtschaften, und fast ein Viertel zur Gruppe der Landarbeiter. Es ist schwierig, wenn nicht unmöglich, sich über die Betriebsstruktur der indischen Landwirtschaft ein klares Bild zu machen, weil die indische Agrarstatistik nicht von» Betrieben«, also von der Bewirtschaftungseinheit, ausgeht, sondern gezwungen ist, mit dem Begriff »holding« zu arbeiten. Ein »holding« ist diejenige Fläche, die im Grundbuch als Besitzeinheit eingetragen ist. Ein Eigentümer kann mehrere »holdings« besitzen, die im gleichen Dorf oder in den Nachbardörfern liegen können. Sie werden aber, sehr komplizierter rechtlicher Verhältnisse wegen, nicht zu einer Besitzeinheit oder, was noch aufschlußreicher wäre, zu einer Bewirtschaftungseinheit zusammengefaßt. Sämtliche Flächen erscheinen daher in »holdings«, die aber nur wenig über die tatsächliche Besitzund Betriebsstruktur auszusagen vermögen. Die folgenden Aufstellungen können aus diesen Gründen nur als Anhaltspunkte für die Beurteilung der Betriebsgrößenstruktur dienen. Die Ergebnisse einer Stichproben-Untersuchung zeigen die Eigentums- und Besitzverhältnisse in den Hauptgruppen der ländlichen Bevölkerung für das Jahr 1950/51 im Staate Bombay (s. Übersicht 5). Demnach gehören über 80 v. H. der Familien zur landwirtschaftlichen Bevölkerung, darunter etwas mehr als die Hälfte zur Gruppe der Landeigentümer. Die Familien umfassen durchschnittlich etwa fünf Personen. Bemerkenswert ist die Tatsache, daß die Land21

Quelle: Govt. of India, Census of India 1951, Vol. Ha.

32

Übersicht 5

Familienanteil, Familiengröße, Besitzanteil und Besitzgrö'ße der Landbevölkerung im Staate Bombay nach sozialen Gruppen, 1950/51 davon Landwirtschaftliche LandPächter Landarbeiter NichtBevölkerung eigentümer mit ohne Landwirte Land

Anteil der Familien (v. H.) Durchschnittliche Familiengröße (Personen) Anteil an den bewirtschafteten »holdings« (v. H.) Flächenanteil (v. H.) Durchschnittliche Fläche je »holding« (ha)

83,6

44,8

18,4

8,8

11,6

16,4

5,1

5,4

5,5

4,6

4,0

4,4

95,0 97,2

57,8 65,9

26,0 27,0

11,2 4,3

5,0 2,8

5,3

5,6

5,1

2,0

2,8

Quelle: Govt. of India, Agricultural Labour Enquiry, Vol. I, New Delhi 1954. arbeiterfamilien, vor allem die landlosen, kleiner sind als die der Landeigentümer und Pächter. Die allermeisten »holdings« sind im Besitz der landwirtschaftlichen Bevölkerung. Auf die Nichtlandwirte entfallen nur 5 v. H. aller »holdings« und nur 2,8 v. H. der »holding«-Fläche. Die Nichtlandwirte besitzen im allgemeinen nur relativ kleine» holdings« (Durchschnittsgröße 2,8 ha). Noch kleiner jedoch sind im Durchschnitt die »holdings« der Landarbeiter, nämlich nur 2 ha. Die Durchschnittsfläche der »holdings« von Pächtern und Landeigentümern ist dagegen etwas größer, nämlich 5,1 beziehungsweise 5,6 ha. Die Größe der »holdings« kann im Einzelfall sehr weit von diesen Mittelwerten abweichen. Es entfallen nämlich im Staate Bombay22 auf die Größenklassen ha unter 0,4 2 4 8 20 40 80 200 400

0,4 bis unter 2 bis unter 4 bis unter 8 bis unter 20 bis unter 40 bis unter 80 bis unter 200 bis unter 400 und darüber

Insgesamt 22

»holdings« Anzahl v.B. 769997 1 676 156 960893 767262 483740 85055 16262 3749 515 217 4763846

16,2 35,2 20,2 16,1 10,1 1,8 0,3 0,1 0,0 0,0 100

Quelle: Govt. of Bombay, Census of Agricultural Holdings in the State of Bombay as in 1952/53, Bombay 1957.

33

Die Aufgliederung nach Größenklassen macht ersichtlich, daß über 16 v. H. aller »holdings« kleiner als 0,4 ha sind. 35 v. H. der »holdings« haben eine Größe zwischen 0,4 und 2 ha, rund 46 v. H. zwischen 2 und 20 ha, und nur 2 v. H. aller »holdings« sind größer als 20 ha. Wenn man die Flächenanteile der einzelnen Größenklassen betrachtet, wird noch deutlicher, mit welch kleinen Flächen es der indische Bauer im allgemeinen zu tun hat (s. Übersicht 6). Übersicht 6

Die Eigentums- und Pachtftäche im Staate Bombay nach Größenklassfll der »!Jo/dings«, 1952/53

darunter verpachtete Fläche Größenklassen der» holdings« Gesamtflächc* in 1000 ha v. H. der v. H. der ha in 1000 ha v. H. Pachtfläche Gesamtfläche je Größenklasse unter 0,4 0,4 bis unter 2 4 8 20 40 80 200 400

bis bis bis bis bis bis

unter unter unter unter unter unter

2 4 8 20

171,5 1863,0 2769,2

40 80 200

4387,0 5818,6 2243,9 858,9 425,3

bis unter 400 und darüber

147,7 196,2

Insgesamt

18881,3

0,9 9,9 14,7 23,3 30,9 11,9 4,3 2,3 0,8 1,0 100

25,3 274,7 358,5 510,6 668,2 294,4 162,4 128,1 61,9 107,0 2591,1

1,0 10,6 13,8 19,7 25,8 11,4 6,3 4,9 2,4 4,1 100

14,7 14,8 13,0 11,6 11,5 13,1 18,9 30,2 42,0 54,5 13,7

Quelle: Govt. of Bombay, Census of Agricultural Holdings in the State of Bombay as in 1952/53, Bombay 1957. * Area o\vned.

Über vier Fünftel der Fläche gehören zu »holdings« der Größenklasse 2-40 ha. Allein auf die Größenklasse 4--20 ha entfällt mehr als die Hälfte der Gesamtfläche. Auch das meiste Pachtland fällt in den mittleren Größenklassen an. Bemerkenswert ist jedoch, daß von den größeren »holdings« erheblich mehr Fläche verpachtet ist als von den kleineren. Während im Gesamtdurchschnitt 13,7 v. H. der Gesamtfläche verpachtet sind, steigt der Pachtlandanteil von der Größenklasse 40-80 ha stetig an und erreicht in der Größenklasse 400 ha und darüber 54,5 v. H. Der Umfang des Pachtlandes ist im Untersuchungsgebiet verhältnismäßig höher als im Staatsdurchschnitt, wie folgende Gegenüberstellung zeigt 23 : 23

Quelle: Govt. of Bombay, Census of Agricultural Holdings in the State of Bombay as in 1952/53, Bombay 1957.

34

Staat Bombay Ahmednagar North Satara Pachtland in v. H. der Gesamtfläche Pachtland in ha Davon (v. H.) unter Geldpacht unter Naturalpacht

13,7 2591162

15,5 196 858

13,8 105053

43,7 56,3

28,7 71,3

39,7 60,3

Poona

Sholapur

14,6 17,5 165073 223502 27,9 72,1

37,8 62,2

Quelle:' Govt. of Bombay, Census of Agricultural Holdings in the State of Bombay as in 1952/53, Bombay 1957. Die Pacht wird überwiegend noch in Naturalien entrichtet, obwohl gesetzliche Anstrengungen gemacht worden sind, die Naturalpacht abzuschaffen und durch die Geldpacht zu ersetzen. Die Pachtflächen erscheinen im Vergleich zu den eigenbewirtschafteten Flächen nicht besonders groß zu sein. Dieser äußere Eindruck könnte leicht über die Bedeutung der Pacht in der indischen Landwirtschaft hinwegtäuschen. Es ist aber zweierlei zu bedenken: erstens wird in der herangezogenen Statistik das Dauerpachtland größtenteils bereits als Eigentumsland geführt; und zweitens ist gegenwärtig eine Agrarreform im Gange, die das Ziel hat, die bisherigen Pachtsysteme grundlegend zu verändern beziehungsweise ganz abzuschaffen. Die Gesetzgebung auf diesem Gebiet ist noch zu jung, um sich auch im letzten Dorf gegen die Tradition Jahrhunderte alter Pachtrechte und Pachtgewohnheiten durchsetzen zu können. Deshalb stößt man allenthalben noch auf beachtliche Reste der alten Pachtsysteme, die nach dem geltenden Gesetz eigentlich schon seit mehreren Jahren abgeschafft sind. Das Pachtwesen bildet immer noch einen so entscheidenden Faktor in der indischen Landwirtschaft, daß auf eine kurze Darstellung der wichtigsten Pachtsysteme und Pachtgesetze nicht verzichtet werden kann.

4. Pachtverhältnisse und Agrarreforll1 Für die Herausbildung verschiedener Pachtsysteme im Staate Bombay ist die Form der Grundsteuer und ihrer Eintreibung und Verwaltung schon früh von besonderer Bedeutung gewesen. Schon unter den alten Hindukänigen mußte von den Bauern eine Grundsteuer (land revenue) an den Staat als Obereigentümer entrichtet werden, die zuerst einen gewissen Teil der Ernte (crop share) darstellte, später aber in Barabgaben umgewandelt wurde. Staatliche Steuerbeamte, die im Dorf wohnten und über gute Ortskenntnisse verfügten, hatten die Grundsteuer festzusetzen und einzutreiben. Die im 11. Jahrhundert eingedrungenen Moghul-Herrscher ließen zwar den Beamtenapparat, den sie antrafen, bestehen. Sie übertrugen aber die Eintreibung der Grundsteuer einer neuen Zwischenschicht von wohlhabenden und einflußreichen Grundbesitzern und Dorfbewohnern, die jedoch keine Besitztitel oder

35

andere Rechte auf das ihnen zur Steuererhebung unterstellte Land bekamen. Diese Steuereinnehmer übernahmen öfters die Zahlung der Grundsteuer gegen einen hohen Zins, was die in Not geratenen Bauern in weitgehende Abhängigkeit brachte. Mit dem allmählichen Zerfall der Moghul-Herrschaft gelangten die Steuereinnehmer zu immer größerer örtlicher Macht und Unabhängigkeit. Schließlich erklärten sie sich zu Eigentümern des Landes, das ihnen früher als Steuerbezirk zugeteilt worden war. Unter der Herrschaft der Maratha wurde ein neues System des Steuereinzugs durch Beamte eingeführt, die man für ihren Dienst mit Land belohnte. Weil aber viele dieser Steuerbeamten diese Ländereien nicht selbst bewirtschafteten, entstand auch auf diesen Flächen eine neue Klasse von Pächtern und Unterpächtern. Außerdem gab es noch andere Landabgaben und das Recht, für bestimmte Flächen die ganze oder Teile der Grundsteuer als Entlohnung für Kriegs- und andere Dienste einzubehalten. Als um die Mitte des 17. Jahrhunderts die East India Company die Verwaltung im größeren Teil des Staates Bombay übernahm, traf sie eine verwirrende Vielfalt historisch gewordener Rechte und willkürlicher Anmaßungen an. Weil es den Briten aber unmöglich war, die Grundsteuern selbst einzutreiben, bedienten sie sich ebenfalls des schon bestehenden Apparates, dem sie, um ihren Einfluß zu stärken, noch mit Konzessionen entgegenkamen. Während der britischen Herrschaft sind Versuche gemacht worden, den bestehenden Rechten an Grund und Boden und der steuerlichen Veranlagung (settlement) eine gesetzliche Grundlage zu geben 24 . Dabei fanden Grundsätze westlicher Rechtsprechung Eingang in die Agrarverfassung, die sich später als problematisch erwiesen und tiefgreifende Veränderungen im indischen Dorf hervorgerufen haben. Die zwei wichtigsten Elemente, die während dieser Periode in die indische Landwirtschaft Eingang fanden, waren die aus den » settlements« hervorgegangene Landherrschaft der Steuerpächter und die Rechtsinstitution des Privateigentums an Grund und Boden auf vertraglicher Grundlage. Im Gebiet des Staates Bombay betrug vor der Bodenreform (1946/47) die unter die verschiedenen Land- und Steuerpachtsysteme fallende Fläche (non-ryotwari area) 15,7 v. H. des Kulturlandes, während 84,3 v. H. (= 10,5 Mill. ha) sogenannte ryotwari-Fläche war 25 , wobei die Landwirte (ryots) die Grundsteuer für diese Flächen direkt an den Staat als Obereigentümer zahlten. Diese Flächenangaben geben jedoch noch keinen vollständigen Aufschluß über die Pachtflächen, weil ein gewisser Teil von Landeigentümern auch noch Land privat verpachtete. Es muß in diesem Zusammenhang erwähnt werden, daß im Staate Bombay nicht das Zamindari-Steuerpachtsystem herrschte - ein Umstand, der die Agrar24

25

Versuche wurden seit 1847 durch PEILE, BEYTS, PEDDER, NAIRNE u. a. unternommen, die in den Gesetzen über die Bhagdari- und Narwadari-Pacht 1862, die Maleki-Pacht 1865, die Talukdari-Pacht 1866, die Khoti-Pacht 1873-1880 und über die MehwasiPacht 1873-1886 verankert wurden. Quelle: Govt. of Bombay, Bulletin of Economics and Statistics, Bd. IV, No. 1, S. 67.

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reform wesentlich erleichterte. Es bestanden hauptsächlich Privilegien und Rechte an Grund und Boden und an der Grundsteuer, die es zu liquidieren galt. Schon lange vor der Unabhängigkeit Indiens ließen die Agrarprogramme der Kongreßpartei erkennen, daß diese eine möglichst rasche und gründliche Neuordnung der Pachtverhältnisse durch die Abschaffung der Schicht der Steuerpächter und durch die Regulierung der Pachtbedingungen durchzuführen beabsichtigte. Nach der Unabhängigkeit Indiens wurde im Staate Bombay mit dem Bombay Prevention of Fragmentation and Consolidation Act 1947 begonnen, ein umfassendes Bodenreform-Programm durchzuführen. Dieses Gesetz soll der zunehmenden Flurzersplitterung Einhalt gebieten. Es setzt sogenannte » standard areas« für jede Region als kleinste unteilbare Bewirtschaftungseinheiten fest. Es untersagt ferner käufliche und sonstige Übertragungen von Flächen, die kleiner als die örtlich festgesetzte Mindestgröße sind, oder von Flächen, die durch solche Transaktionen unter die Mindestgröße herabsinken würden. Diese Mindestgröße reicht im Staate Bombay von einem halben acre für bewässerte bis zu vier bis fünf acres für unbewässerte Flächen. Außerdem ermächtigt dieses Gesetz den Staat, Flurbereinigungsverfahren auszuarbeiten und durchzuführen, wobei der Staat die Kosten tragen soll. In besonderen Fällen sind Überbrückungs-Kredite für betroffene und finanzschwache Bauern vorgesehen (taccavi loans). Einen zweiten großen Schritt bedeutet die Gesetzgebung zur Abschaffung der alten Pacht systeme und zur Neuordnung des Pachtwesens 26 • Die Abschaffungsgesetze berühren wirtschaftliche, soziale und verwaltungstechnische Fragen in wechselndem Umfang. Alle Unterpachten sollen fortfallen, wobei die früheren Pächter, sofern ihre Rechte» gut« waren (gemäß den Bestimmungen des Bombay Land Revenue Code 1879), wie auch die Steuerpächter oder Landherren einfache Dauerpächter mit guten Besitzrechten (occupancy tenants) werden. In einigen Fällen, wie zum Beispiel bei der Mehwasi-Pacht, sind gewisse Entschädigungen zu zahlen. Die Ablösung der Rechte dieser Gruppe von Steuerpächtern und Landherren ist relativ glatt und ruhig abgelaufen. Theoretisch hätte dieser Teil der Agrarreform große Erleichterungen für die tatsächlich das Land bewirtschaftenden ehemaligen Unterpächter bringen müssen. Die tatsächlichen Veränderungen blieben jedoch weit hinter den Erwartungen zurück, wie weiter unten im Zusammenhang mit den Folgeerscheinungen der späteren Agrargesetzgebung zu zeigen sein wird. Das umfassendste Gesetzwerk in der neue ren indischen Agrargesetzgebung ist zweifellos mit dem Bombay Tenancy and Agricultural Lands Act 1948 ge26

1. Bombay Bhagdari und Narwadari Tenures Abolition Act 1949, für die gesamte Provinz Bombay in Kraft gesetzt am 5. 8. 1949. 2. Panch Mahals Mehwasi Tenure Abolition Act 1949, in Kraft gesetzt am 15. 3. 1950. 3. Bombay Maleki Tenure Abolition Act 1949, am 1. 3. 1960 im Distrikt Kaira in Kraft gesetzt. 4. Bombay Talukdari Tenures Abolition Act 1949, für die Distrikte Ahmedabad, Kaira, Broach und Panch Mahal. 5. Bombay Khoti Abolition Act 1949, in den Distrikten Ratnagiri und Colaba in Kraft gesetzt am 15. 5. 1950.

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schaffen worden. Die vorangegangenen Gesetze und Gesetzesänderungen sind insofern wichtig und als Einführung unerläßlich, als verschiedene Bestimmungen und Konzeptionen mit in dieses Gesetz übernommen wurden. Das Gesetz von 1948 hat jedoch nicht in vollem Umfang zu den beabsichtigten Regelungen und Erleichterungen für die Gesamtheit der Pächter geführt, weil einige wesentliche Gesetzeslücken Umgehungen zuließen und die einzelnen Bestimmungen nicht mit Nachdruck durchgesetzt werden konnten. Der Vorläufer 27 dieses Gesetzes, das Gesetz gleichen Namens von 1939, trat zum erstenmal für einen Pächterschutz ein. Es wurden darin die Richtsätze für Pachtabgaben (reasonable rent), die Abschaffung von anderen Abgaben, die Vergütung für vom Pächter durchgeführte Landverbesserungen und ein Kündigungsschutz in besonderen Fällen festgesetzt. Es ist bezeichnend für die starken Widerstände der betroffenen Landeigentümer, daß dieses Gesetz nur in einigen ausgewählten Teilen der damaligen Provinz Bombay in Kraft gesetzt werden konnte, weil es » in wesentlichen Veränderungen in der wirtschaftlichen Struktur ... und in einem Zustand von Chaos wirtschaftlicher und administrativer Art resultieren könnte«28. Es wurde bald klar, daß dieses Gesetz und seine begrenzte Anwendung nicht den beabsichtigten Effekt haben werde, obwohl 1946 eine Gesetzesänderung durchgesetzt wurde, wonach unter anderem Höchstpachtsätze (ein Drittel des Rohertrages von bewässertem Land und ein Viertel von unbewässertem Land) festgelegt und der landwirtschaftliche Grundstücksverkehr mit Nichtlandwirten eingeschränkt wurde. Vornehmlich war aber die folgende Bestimmung von Bedeutung: Während früher vom Pächter ein Antrag für die Verleihung» guter« Besitzrechte gestellt werden mußte - was für die meisten Pächter auf Grund ihres sozialen Status und ihres Ausbildungsgrades einen schweren Nachteil bedeutete - wurde jetzt jeder Pächter automatisch zu einem Pächter mit» guten« Besitzrechten (protected tenant), wenn er vor dem 1. 1. 1945 das in Frage kommende Land sechs Jahre lang in Pacht hatte. Die Beweisführung im Zweifelsfall wurde dem Grundeigentümer auferlegt. Der Bombay Tenancy and Agricultural Lands Act 1948 29 behielt einige Bestimmungen der Gesetzesänderung von 1946 bei. Er stellt den Versuch dar, die Beziehungen zwischen Pächter und Landeigentümer zu regeln, wobei die wichtigsten Paragraphen folgende Bestimmung beinhalten: Pacht- und Kündigungsschutz für den Pächter; Beschränkungen des landwirtschaftlichen Grundstückverkehrs bei besonderer Förderung des Erwerbs von Pachtflächen durch Pächter

27

2R

29

Frühere Land- und Pachtgesetze treten in ihrer Bedeutung für die heutige Situation zurück, weil sie sich mehr mit der Konsolidierung der Interessen der Grundsteuerbehörde und weniger mit der Regelung der Pachtverhältnisse und der Beziehungen zwischen Verpächter und Pächter befassen. Diese früheren Verordnungen sind die Bombay Regulation of 1793 und der Bombay Land Revenue Code of 1879. Zitiert bei H. B. SIIIVA~fAGGI, Agrarian Reforms in Bombay State, Diss. Bombay 1955, unveröffentlicht, S. 218. Dieses Gesetz wurde am 28.12. 1948 für den gesamten Staat Bombay in Kraft gesetzt, 1950, 1951 und 1953 verbessert und 1955 in wesentlichen Punkten abgeändert.

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und landlose Landarbeiter; gesetzliche Regelung der Pachtabgaben bei Festsetzung der Höchstgrenze auf ein Sechstel des Rohertrages. Das Gesetz unterscheidet zwei Kategorien von Pächtern, die Pächter mit »guten« Besitzrechten (protected tenants) und gewöhnliche Pächter (ordinary tenants). Einem Pächter mit »guten« Besitzrechten, etwa einem Dauerpächter gleichkommend, kann nach dem neuen Gesetz nur gekündigt werden, wenn er nicht regelmäßig seine Pacht bezahlt30, wenn er dem Grund und Boden Schaden zufügt, wenn er Pachtland unterteilt und weiterverpachtet oder wenn er Pachtland für nicht-landwirtschaftliche Zwecke benutzt. Sonst ist die Pacht erblich, wobei der Verpächter dem Erben des Pächters das Land zu gleichen Bedingungen anzubieten hat. Einem gewöhnlichen Pächter konnte nach dem Gesetz von 1939 nicht vor Ablauf von zehn Jahren gekündigt werden, sofern er sich nicht obiger Vergehen schuldig machte. Das Gesetz von 1948 fügte dieser Bestimmung hinzu, daß nach Ablauf dieser zehn Jahre das Pachtland dem gleichen Pächter zu gleichen Bedingungen wieder angeboten werden muß, wenn nicht dem Verpächter aus obigen Gründen oder wegen Wiederaufnahme der Selbstbewirtschaftung ein Kündigungsrecht zusteht. Bei allen neuen Pachtverhältnissen, die nach dem Stichtag des neuen Gesetzes geschaffen wurden, bleiben die Pächter gewiihnliche Pächter. Über die Aufteilung der Pächter in die verschiedenen Kategorien werden für das Untersuchungsgebiet und für den Staat Bombay für 1948/49 folgende Angaben gemacht: Gebiet

Ahmednagar ................ Satara* ..................... Poona ...................... Sholapur ................... Staat Bombay ...............

Anzahl

Pächter von 100 Pächtern sind v. H. aller »protected« »ordinary« Landwirte (agriculturists)

106717 264480 161 185 60557 2211 664

41,1 53,1 51,7 41,9 48,0

80,7 74,5 76,3 75,0 76,0

19,3 25,5 23,7 25,0 24,0

Quelle: Govt. of Bombay, Revenue Department, Bombay, unveröffentlicht. * Alte Gebietseinteilung. Weil keine neuen Pachtvereinbarungen mit »guten« Besitzrechten geschlossen werden können, nimmt die Anzahl der »protccted tenancies« allmählich ab. Dieser Vorgang wird beschleunigt durch die im Gesetz enthaltenen Kündigungsrechte und andere Einflüsse. Eine regionale Untersuchung 31 zeigt für Teilgebiete des Staates Bombay, daß im Jahre 1952/53 nur noch 57,3 v. H. der 1947/48 eingetragenen Pachtverhältnisse mit» guten« Besitzrechten bestanden. 30

31

Die Gesetzesänderung von 1953 verschiebt eine so begründete Kündigung um ein Jahr, wenn das fragliche Jahr eine Mißernte gebracht hat. V. M. DANDEKAR and G. J. KHUDANPUR, Working of Bombay Tenancy Act 1948, Poona 1957, S. 4.

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Infolge der neuen gesetzlichen Pachtbestimmungen nahm die Zahl der überwiegend Eigenland bewirtschaftenden Landwirte beträchtlich zu, die Zahl der Pächter dagegen ab. SHIV AMAGGI 32 konnte an Material des Revenue Department Bombay nachweisen, daß innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes (1948) die Zahl der »owner cultivators« um 19 v. H. stieg, während die Zahl der Pächter mit »guten« Besitzrechten um 20 v. H. und die Zahl der gewöhnlichen Pächter um 18 v. H. absank. Die starke (statistische) Zunahme der» owner cultivators« ist jedoch insofern verdächtig, als bei mehreren Untersuchungen 33 die Anzahl derjenigen Pächter, die durch käuflichen Erwerb von Pachtland in die Reihen der Landeigentümer aufrückten, als viel geringer festgestellt wurde. Weil auch die Anzahl der nicht am Orte wohnhaften Landeigentümer (absentee landlords) kaum für die gesamte Zunahme verantwortlich gemacht werden kann, muß angenommen werden, daß sich viele Landeigentümer als » owner cultivator« in das Grundbuch haben eintragen lassen, obgleich sie nach wie vor nicht selbst das Land bewirtschaften, sondern es weiterhin verpachten. Die Praxis hat erwiesen, daß der gesetzlich zugestandene Pächterschutz auf legalem Wege teilweise umgangen werden kann. Vor allem ist dies möglich durch die erlaubte Kündigung von Pachtland bei Selbst bewirtschaftung und bei Benutzung für nicht-landwirtschaftliche Zwecke. Das Gesetz von 1948 führte zwar eine Höchstgrenze von 50 acres für solches wieder in Selbstbewirtschaftung genommenes Pachtland ein, die im Falle einer ungeteilten Hindu-Familie auf 200 acres erhöht wurde. Es hat sich aber in der Praxis herausgestellt, daß diese Höchstgrenze (ceiling) -- die schon an und für sich als hoch angesehen werden muß - nicht voll wirksam sein konnte, weil sie nur gesetzlichen Kündigungen einen Riegel vorschob. Andere Möglichkeiten, wie zum Beispiel den Pächter freiwillig zur Aufgabe seiner Pachtfläche zu veranlassen (voluntary surrender), wurden davon nicht berührt. Es kann rückblickend nicht übersehen werden, daß das Gesetz in seiner ursprünglichen Fassung den Pächtern tatsächlich wenig Schutz geboten hat. Im Gegenteil, es veranlaßte die Landeigentümer, die offengelassenen Möglichkeiten mehr oder weniger zu ungunsten der Pächter wahrzunehmen. Die Selbstbewirtschaftungsklausel, die eingeschoben worden war, »um solchen Landeigentümern, die zur Selbstbewirtschaftung zurückkehren wollen, nicht den Weg zu schließen«, bot die Handhabe dazu, die Pächter zu wechseln oder zu entfernen. Auf Grund einer Stichproben-Untersuchung in Maharashtra und Karnatak berichten DANDEKAR und KHuDANPuR 34 , daß 1952/53 nur noch 58,1 v. H. 32 33

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H. B. SHIVAMAGGI, a. a. 0., S. 286. DANDEKAR und KHUDANPUR geben den Anteil des von Pächtern gekauften Landes an der gesamten in Maharashtra und Karnatak von 1948/49 bis 1952/53 verkauften Fläche mit 3,2 v. H. an; a. a. 0., S. 107ff. M. B. DESAI erwähnt, daß in der Zeitperiode von 1952 bis 1955 12760 Pächter im Staate Bombay von Grundeigentümern Land gekauft haben. Das sind 7,1 v. H. der Pächter im Jahr 1951. (DESAI, Report on an Enquiry into the Working of the Bombay Tenancy and Agricultural Lands Act 1948 in Gujarat, Bombay 1958, S. 60.) DANDEKAR und KHUDANPUR, a. a. 0., S. 107ff.

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der Pachtfläche des Jahres 1948/49 im Besitz der ursprünglichen Pächter oder ihrer Erben waren. 23 v. H. der ursprünglichen Pachtfläche (1948/49 = 100) wurden von den Grundeigentümern zur Selbstbewirtschaftung zurückgenommen, während 15,7 v. H. die Pächter wechselten. Nur 3,2 v. H. der Pachtfläche wurde von Pächtern käuflich erworben. Von 1949 bis 1952 wurden im Staate Bomba y 162128 ha Pachtland von den Grundeigentümern gekündigt und zurückgenommen. Vom Inkrafttreten des Gesetzes am 28. 12. 1948 bis zum 31. 3. 1953 mußten 66750 Pächter ihr Pachtland abgeben 35 • Bis zum Juni 1955 war die Anzahl der gekündigten Pächter im Staate Bombay schon auf 110546 angestiegen 36. Die Begründungen für diese Kündigungswelle wechseln je nach Partei der Befragten. Nach einer offiziellen Darstellung37 entfielen 21,8 v. H. des gekündigten Pachtlandes auf »Wiederaufnahme aus anderen Gründen« und 38,2 v. H. auf »Aufgabe von Zehnjahrespachten«. Eine andere regionale StichprobenUntersuchung 38 gibt einen noch höheren Flächenanteil für Wiederaufnahme der Selbstbewirtschaftung (70,8 v. H.) an, während 13,5 v. H. des gekündigten Pachtlandes angeblich von den Pächtern gekündigt wurde. Diese Ergebnisse beruhen auf einer Fragebogenerhebung bei den Grundeigentümern. Der Pächterfragebogen dieser Untersuchung dagegen weist einen erstaunlich hohen Flächenanteil von 85,8 v. H. als »freiwillige Pachtaufgabe« aus, wobei bei mehr als der Hälfte der Fläche kommentiert wird, der Verpächter wolle das Land zurückhaben. Bei der ungleich stärkeren wirtschaftlichen und sozialen Stellung der Landeigentümer gegenüber den Pächtern im indischen Dorf kann mit Recht gefragt werden, ob nicht diese »freiwilligen« Pachtaufgaben das Ergebnis eines recht massiven Druckes sind. Überraschend selten wurden von DANDEKAR und KHUDANPUR Kündigungen wegen Pachtschulden festgestellt, die echte Schwierigkeiten mit den Pächtern anzeigen könnten und außerhalb der Beeinflussung durch das neue Gesetz stehen. Im Gegensatz dazu gibt DESAI 39 einen Anteil von 59 v. H. der Kündigungen wegen Pachtschulden und 41 v. H. »wegen anderer Vergehen« an (Werte für den Staat Bombay für die Zeitperiode 1952-1955). Neben dem Pacht- und Kündigungsschutz sind im Gesetz Bestimmungen enthalten, die einen Übergang von Pachtland oder von landwirtschaftlicher Nutzfläche in die Hände von Pächtern fördern und den Übergang an Nichtlandwirte verhindern sollen. Jeder Grundstücksverkehr durch Verkauf, Schenkung, Pacht und Hypothek an Nichtlandwirte ist untersagt und wird, wenn er nach einem bestimmten Stichtag vorgenommen wurde, für null und nichtig erklärt. Die derzeitigen Pächter, die Grundstücksnachbarn und die Landbewirtschaftungs-Genossenschaften werden gegenüber anderen kauflustigen Land35 36 37

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Quelle: Govt. of Bombay, Legislative Assembly Question No. 1102 und 1953. M. B. DESAI, Report on an Enquiry, S. 69. Quelle: Govt. of Bombay, Bombay Legislative Asscmbly Debates, Vol. 18, S.1542/ 43, vom 14.3.1951. DANDEKAR und KHUDANPUR, a. a. 0., S. 88 u. 90. M. B. DESAI, ebenda, S. 69.

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wirten durch ein Vorkaufsrecht bevorzugt. Außerdem wurde der Grundstücksverkehr einem Registrationszwang und der Genehmigungspflicht durch die Taluka-Behörde unterworfen. Der bereits erwähnte geringe Landkauf von Pächtern scheint in vielen Fällen finanzielle Gründe zu haben. Häufig wird auch die Wiederaufnahmeklausel als Haupthinderungsgrund bezeichnet. Verschiedene Studien beurteilen die Auswirkungen des Gesetzes auch in dieser Hinsicht negativ 40 . Weitere wichtige Bestimmungen des Gesetzes behandeln die Höhe und Art der Pachtabgaben. Die ursprünglich auf ein Drittel beziehungsweise ein Viertel des Rohertrages (je nachdem, ob es sich um bewässerte oder unbewässerte Flächen handelt) festgesetzte Höchstgrenze wurde 1952 auf ein Sechstel reduziert. Man hätte eine ziemlich rasche Auswirkung dieser Bestimmungen erwarten können, weil schon die ursprünglichen Höchstsätze erheblich unter den ortsüblichen Pachtsätzen lagen. Außerdem sind seit längerer Zeit Bestrebungen im Gange, das weit verbreitete Naturalpachtsystem (crop share rent) durch Pachtabgaben in bar allmählich zu ersetzen41 . Entsprechende Bestimmungen sind auch in diesem Gesetz enthalten. Die praktischen Auswirkungen bleiben auch hier hinter allen Erwartungen zurück, wie Untersuchungen gezeigt haben. Die Höhe der Pachtabgaben in bar wurde nicht selten sogar noch erhöht42 . Nach Inkrafttreten des Gesetzes (1948/49-1952/53) wurde aus bestimmten Gebieten des Staates Bombay berichtet, » daß fast die Hälfte der Pachtflächen unter Naturalpacht bei Abgaben von 50 v. H. des Rohertrages standen«43. Auch in anderen Teilen des Staates sind keine Anzeichen von drastischen Herabsetzungen der Pachtabgaben im Sinne des Gesetzes zu bemerken. Ebensowenig wie die Höhe der Pachtabgaben wurde im allgemeinen die Pachtart von Naturalpacht auf Geldpacht geändert. Viele Verpächter hielten es nicht einmal für nötig, auf Barzahlung umzustellen, um die Höchstsätze, die ja nur für Naturalpachten gelten, zu umgehen. Im Endeffekt hat also das Gesetzwerk von 1948 bis zu seinen Änderungen von 40

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DANDEKAR und KHUDANPUR (a. a. 0., S. 69) kommen zu dem Schluß: » ... that the Tenancy Act had left the market in land, at any rate upto 1952/53, very much unaffected both in respect of the volume of business and in respect of its character as a free market.« In Gebieten mit besonderen Naturalpachtsystemen hat die Staatsregierung Bombay in den Jahren 1950-1953 die Naturalpacht zugunsten einer Pachtzahlung in bar verboten. Darunter fallen verschiedene Taluka (entspricht etwa einem Landkreis) im Distrikt Baroda und die Distrikte Sabarkantha, Ahmedabad und Surat. Für Maharashtra und Karnatak wird der Flächenanteil unter Naturalpacht mit 63,5 v. H. und der unter Gcldpacht mit 29,3 v. H. (- Rest: andere Pachtarten - gesamte Pachtfläche = 100) angegeben (DANDEKAR und KHUDANPUR, a. a. 0., S. 112). In Gujarat sind von 100 Pachten 53 Naturalpachten und 45 Geldpachten; Rest andere Pachtarten (M. B. DESAI, a. a. 0., S. 76). »It will be seen that there are more cases where the rents were enhanced than they were reduced; in the case of share tenancies there are twice as many cases of enhancement of rent as of reduction and in the case of cash tenancies, they are as many as three times.« (DANDEKAR und KHUDANPUR, a. a. 0., S. 121.) Ebenda, S. 113.

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1955 nur wenig, und wenn, dann nur sehr langsam, an der Lage der Pächter und an den Pachtverhältnissen zu ändern vermocht. Die Schaffung von zwei Pächterkategorien (protected and ordinary) ist von manchen Seiten mit dem Argument kritisiert worden, daß - entgegen allen Bestimmungen - die Pächter mit »guten« Besitzrechten weniger geschützt seien als die gewöhnlichen Pächter, weil diesen nicht vor Ablauf ihrer Zehnjahrespacht gekündigt werden darf. Der Dauerpächter sei dagegen nur so lange vor einer Kündigung geschützt, als der Verpächter nicht die Voraussetzungen einer legalen Wiederaufnahme der Selbstbewirtschaftung erfüllen könne. Bei allen Versuchen zu einer Regelung der Pachtverhältnisse liegt daher die Frage der Sicherheit für die Pächter letzten Endes bei der Klausel, welche dem Landeigentümer bei Wiederaufnahme der Selbstbewirtschaftung ein Kündigungsrecht zuspricht. Eine große Schwäche des Gesetzes ist außerdem darin zu sehen, daß der Landeigentümer ohne Einschränkungen Land zurücknehmen kann, das der Pächter »freiwillig« aufgibt. Wer die krassen sozialen und wirtschaftlichen Unterschiede im indischen Dorf kennt, wundert sich nicht, daß es der Mehrzahl von Landeigentümern nicht schwerfiel, eine große Anzahl von »freiwilligen« Pachtaufgaben zu bewerkstelligen, um entweder das Land selbst zu bewirtschaften oder unter gleichen oder für sie günstigeren Bedingungen erneut zu verpachten. Die Gründe, warum so wenig Land von Pächtern gekauft worden ist, warum die Pachtsätze erheblich über der gesetzlichen Höchstgrenze geblieben sind, warum auf gesetzliche oder auf ungesetzliche Art und Weise Pächtern gekündigt worden ist, entspringen hauptsächlich den sozialen und gesellschaftlichen Gegebenheiten im indischen Dorf. Die große Nachfrage nach Land von seiten der potentiellen Pächter, vor allem der zahlreichen landlosen Landarbeiter, stärkt die Verhandlungsposition der Grundeigentümer ungemein. Die meisten Pächter vermeiden ängstlich, ihren gegenwärtigen Status zu gefährden. Teilweise hindern sie auch ihre geringe Bildung und ihre Unwissenheit daran, die ihnen gebotenen rechtlichen Vorteile wahrzunehmen. Schon aus diesen Gründen mußte mit beträchtlichen Schwierigkeiten bei der praktischen Ausführung der Gesetzesbestimmungen gerechnet werden. Die Gesetzesänderung von 1955 (Bombay Tenancy and Agricultural Lands [Amendmentl Act 1955) versuchte die Lücken des Gesetzes von 1948 zu schließen. Das Kündigungsrecht für den Verpächter wurde beibehalten, jedoch die Höchstgrenze genauer festgesetzt. Er darf jetzt nur noch kündigen, wenn sein selbstbewirtschaftetes Land dadurch nicht über 48 acres unbewässertes, 24 acres zeitweise bewässertes und 12 acres ganzjährig bewässertes Land steigen würde. (Die 200-acres-Grenze für die ungeteilte Hindu-Familie fiel schon 1952 fort.) Das Kündigungsrecht des Verpächters gilt nur für die Hälfte des Pachtlandes, so daß dem Pächter auch im schlimmsten Fall immer noch die Hälfte des gepachteten Landes für seine Bewirtschaftung übrigbleibt. Die neue Regelung unterwirft sämtliche Wiederaufnahmen - auch bei »freiwilliger« Aufgabe - der oben genannten Höchstgrenze an selbstbewirtschaftetem Land. Darüber hinausgehende Flächen müssen dem früheren Pächter, dem Anrainer oder einer Landbewirtschaftungs-Genossenschaft zum Kauf oder zur Bewirtschaftung an-

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geboten werden. Das Gesetz von 1948 stellte es dem Dauerpächter frei, Pachtland zu kaufen, wenn sich seine bewirtschaftete Fläche dadurch nicht über 50 acres vergrößerte und die Besitzfläche des Grundeigentümers nicht unter 50 acres sank. Neben wirtschaftlichen Schwierigkeiten haben diese bei den Einschränkungen den käuflichen Erwerb von Pachtland durch die Pächter stark gehemmt. Die neuen Bestimmungen halten die erste Einschränkung zwar aufrecht, setzen aber den Grenzwert für die Fläche des Grundeigentümers auf 16 acres unbewässertes oder entsprechend viel bewässertes Land herab. Das Einkommen des Grundeigentümers darf aber durch diese Maßnahme nicht unter 1500 Rs sinken. Die wichtigste Bestimmung der Gesetzesänderung von 1955 stellt das obligatorische Kaufrecht für alle Pächter dar, das heißt nach dem Stichtag vom 1. 4. 1957 (Tiller's Day) wird» vermutet«, daß jeder Pächter sein Dauerpachtland käuflich erworben habe. Diese »deemed to have purchased«-Klausel ist in der Praxis insofern problematisch geworden, als der Landkauf innerhalb eines Jahres vorgenommen werden muß, soll das Land nicht an den Grundeigentümer zurückfallen. Um anfängliche Zahlungsschwierigkeiten zu mildern, kann die Zahlung der Kaufsumme (das 50- bis 200fache der jährlichen Grundsteuer) in zehn Jahresraten vorgenommen werden, wobei die Pachtzahlung mit der ersten Rate aufhört, wenn ein Kaufvertrag abgeschlossen worden ist44 • Bleibt abcr der Pächter mit mehr als vier Raten im Rückstand, so kann der Kaufvertrag anullicrt und das Pachtverhältnis gekündigt werden. Danach bleibt für den Pächter nur noch die Einjahrespacht übrig. Diese Bestimmung birgt gewisse Gefahren in sich, weil durch administrative Schwierigkeiten, durch Unfähigkeit oder die Absicht der Pächter, innerhalb der kurzen Zeitspanne den Kaufvertrag abzuschließen, einer Kündigung mit oder ohne nachfolgender einjähriger Pachtvereinbarung nichts mehr im Wege steht. Die Agrarreform, die es sich zum Ziel gesetzt hat, das Kulturland in das Eigentum des tatsächlichen Bewirtschafters (tiller of the soil) zu überführen, läuft letzten Endes auf ein Verbot der Pacht als soleher hinaus, mit Ausnahmebestimmungen für Minderjährige, Witwen, Militärpersonal und wenige andere Sonderfällc. Die Anderungen von 1955 erscheinen nach den schlechten Erfahrungen, die bei der Durchführung des Gesetzes von 1948 gemacht worden sind, als ein kühner Schritt.

5. Agrarmärkte und -preise Ein ausgebautes Straßen- und Wege netz sowie ausreichende Lagermöglichkeiten am Erzeugungsort und in den Markt- oder Verbraucherzentren sind eine wesentliche Voraussetzung zu einem geordneten und leistungsfähigen Absatz- und 44·DANDEKAR und KHCDANPUR weisen darauf hin, daß in der Mehrzahl der in .Maharashtra und Karnatak untersuchten Fälle die jährlichen Pachtabgaben ungefähr die Höhe einer Rate decken, so daß häufig mit dem Wert von zehn J:::hrespachtabgaben die gesetzlich festgesetzte Kaufsumme erbracht werden kann (a. a. O. S. 117).

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Marktsystem. An der Tatsache, daß der zweirädrige Ochsenkarren und in gebirgigem Terrain häufig der Mensch das wichtigste und oft das einzige Transportmittel darstellt, kann ermessen werden, vor welchen Verkehrsproblemen man in Indien zur Zeit noch steht. V orschläge für eine systematische Verbesserung des Verkehrswesens sind schon von den verschiedensten Seiten gemacht und teilweise auch verwirklicht worden. Der Staat Bombay ist auch hinsichtlich der Verkehrserschließung fortschrittlicher als andere Staaten der Indischen Union. a) Lagereinrichtungen V or dem zweiten Weltkrieg verfügten der private Landhandel und die Großgrundbesitzer über die meisten Lagerhäuser und Lagerräume, hauptsächlich über solche für Handelsgewächse, wie zum Beispiel Baumwolle und Erdnüsse. Während des Krieges ging ein großer Teil dieses Lagerraumes an den Staat über, der, besonders in den letzten Jahren, auch selbst neue Lagerhäuser errichtete. Verschiedene Staatsregierungen haben die Bildung von Lagerhausgenossenschaften finanziell unterstützt. Diese Bemühungen waren im Staate Bombay besonders intensiv, wo allein in den Jahren von 1949 bis 1952 Kredite in Höhe von 480 000 Rs an 26 Lagerhausgenossenschaften und Zuschüsse in Höhe von 50000 Rs an 16 Lagerhausgenossenschaften zum Bau von Lagerräumen gegeben wurden 45 • Auch Gesetze zur Schaffung von zusätzlichem Lagerraum innerhalb eines regulierten Marktsystems wurden in einigen Staaten erlassen. Diese Gesetze (Warehouse Acts) sind aber nur in wenigen Staaten, so in Bombay und Madhya Pradesh, in Kraft getreten. Angesichts dieser allgemeinen Situation überrascht es nicht, daß die Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse auf genossenschaftlicher Basis noch in den Anfängen liegt. Die Beispiele einiger erfolgreicher Unternehmen - vornehmlich in der Aufbereitung (ginning) von Baumwolle in Surat im nördlichen Bombay - lassen jedoch auf weitere Fortschritte hoffen 46 • Daß der Mangel an Lagerhäusern und an Absatzgenossenschaften einen ordnungsgemäßen Absatz der Erzeugnisse erschwert, braucht nicht weiter hervorgehoben zu werden. b) Marktüberschuß Es ist außerordentlich schwierig anzugeben, welcher Anteil der landwirtschaftlichen Erzeugung im Eigenverbrauch aufgeht und welcher Anteil einen Markt, entweder im Dorf selbst oder außerhalb des Dorfes, erreicht. In der vorherrschenden Selbstversorger-Landwirtschaft (subsistence agriculture) wird zweifellos ein sehr großer Teil von den Bauern und Landarbeitern und ihren Familien 45 46

Reserve Bank of India, All-India Rural Credit Survey, Vol. II, Bombay 1954, S. 96. Die Bildung dieser genossenschaftlichen Aufbereitungsbetriebe ging aus einem Boykott der privaten Fabrikanten hervor, die einen höheren Satz (ginning charge) für genossenschaftlich vermarktete Rohbaumwolle durchsetzen wollten.

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selbst verbraucht. Ein anderer Teil wird innerhalb des Dorfes, öfters im Tausch gegen billige Konsumgüter, wie Tee, Zucker, Baumwoll-Textilien, Haushaltgeräte und anderes mehr, umgesetzt. Es gibt nur wenige Angaben über die umgesetzten Mengen. So weist ein Bericht47 darauf hin, daß 65 v. H. der Verkäufe (bei sofortiger Lieferung) im Dorf selbst an Händler oder Kommissionäre getätigt werden. Für Gujarat wird dieser Hundertsatz mit 51, der für Kandesh mit 81 angegeben 48 • Eine weitere Quelle gibt den marktfähigen Überschuß im Staate Bomby für Reis (1956/57) mit 30 v. H. und für Weizen (1955/56) mit 40 v. H. der Gesamterzeugung an 49 • Der 1Iarktüberschuß kann direkt an den Verbraucher abgesetzt oder von Marktorganisationen, nämlich vom privaten Landhandel, von Genossenschaften oder von staatlichen Organen, übernommen werden. Über den Marktanteil der direkten Verbraucher kann naturgemäß nichts ausgesagt werden. Dagegen ist nach den wenigen zuverlässigen Studien, die darüber gemacht worden sind, der Landhandel im Vergleich zu den Genossenschaften und staatlichen Stellen außerordentlich stark an der Vermarktung der Agrarproduktion beteiligt. Die privaten Händler erscheinen dem Bauern häufig attraktiver als alle anderen Absatzeinrichtungen, weil sie ihm den Lohn für seine Arbeit sofort bar auf die Hand geben und ihm auch, regelmäßig oder in besonderen Notzeiten, mit - zwar teuren und nicht ungefährlichen - Krediten helfen. Sofortige Übernahme und freier Abtransport der Produkte sind weitere Vorteile, die der private Landhandel zu bieten hat. Die Erzeuger können oder wollen ihn vielfach auch deshalb nicht umgehen, weil genossenschaftliche oder staatliche Einrichtungen nicht erreichbar sind oder weil diese sich als schwerfällig im Geschäftsgang oder persönlich als unsympathisch erwiesen haben. Der private Landhandel übt auch Kreditfunktionen aus. Ein erheblicher Teil der kurzfristigen Kredite wird entweder vom Landhandel selbst oder von lokalen Geldverleihern, die oft gleichzeitig auch Händler sind, gewährt. Eine umfassende Untersuchung für ganz Indien 50 ergab, daß der Anteil des Landhandels am Gesamtdarlehen der Bauern 6 v. H. und derjenige der privaten Geldverleiher 70 v. H. beträgt. In dieser Untersuchung wird aber auch darauf hingewiesen, wie schwierig es ist, diese bei den Institutionen funktionell auseinanderzuhalten, und es wird weiterhin festgestellt, daß die Vermarktung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse größtenteils in den Händen einer Gruppe von Personen liegt, die - im Gegensatz zu Staat und Genossenschaft - private Interessen vertritt und sowohl über Kreditquellen als auch über die Absatzwege der Erzeugnisse verfügt 51 • Das hervorstechendste Merkmal dieser Gruppe ist also eine Funktionskoppelung von Geldyerleih und Handel.

47 48

49 50 .51

Reserve Bank of India, All-In dia Rural Crcdit Suryey, Vol. 1I, S. 100. Govt. of India, Planning Commission, Report on Rural Marketing and Finance, Dclhi 1947. Govt. of India, Indian Agriculture in Brief, Dclhi 1958, S. 76. Reserve Bank of lndia, All-India Rural Crcdit Survey, Vol. I-III, Bombay 1954 . Reserye Bank of India, All-India Rural Credit Survey, Bombay 1954, S. 101.

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c) Marktplätze Für den indischen Bauern sind drei Arten von Märkten von Bedeutung: die »hats«, die »shandies« und die »mandis«. »Hats« sind Wochenmärkte, die einmal oder zweimal wöchentlich abgehalten werden. Im Staate Bombay sind sie auch mit Viehmärkten verbunden. »Shandies« ähneln eher Jahrmärkten oder »Begleitmärkten« zu besonderen (religiösen) Festen. Organisation und Verwaltung von »hats« und »shandies« liegen meistens in Händen der Dorfverwaltung oder Kreisbehörde (taluka board). Bezeichnenderweise haben diese Organe geringen EinHuß und wenig Kontrolle über die weit verbreiteten Unsitten und Mißbräuche auf diesen Märkten. Das Einzugsgebiet dieser Märkte ist ganz unterschiedlich groß. Der Radius kann von wenigen Kilometern bis 100 km und darüber reichen. »Mandis« sind Großmärkte, die hauptsächlich dem Großhandel vorbehalten sind und entweder Privatpersonen gehören oder örtlichen Körperschaften. Das Einzugsgebiet dieser Großmärkte ist naturgemäß von den Transport- und Verkehrsverhältnissen, von der Lage der Umschlagsorte und von der Art der hauptsächlichsten Güter abhängig. Der Vollständigkeit halber muß auch noch eine besondere Gruppe von Märkten, sogenannte »regulierte Märkte« (regulated markets), erwähnt werden. Regulierte Märkte sind erst jüngeren Datums, und eine diesbezügliche Gesetzgebung ist nur in sechs Staaten erfolgt. 1957 betrug die Gesamtzahl der regulierten Märkte in der Indischen Union 521 52 • Bombay besitzt anteilmäßig die meisten derartigen Märkte, nämlich 184, von denen 103 auch für Getreide zugelassen sind. Das Ziel dieser vom Staat organisierten Märkt.:: ist (nach dem »Regulated Markets Act«) in erster Linie, Unsitten53, die mit falschen Maßen und Gewichten und anderen Betrügereien zusammenhängen, durch staatlich überwachte Eichung und andere Kontrollen einzudämmen. Weitere Bestimmungen sehen organisatorische und ordnende Maßnahmen vor und stellen den Versuch dar, die Märkte unter eine für beide Seiten faire Marktordnung zu bringen. Wie hartnäckig sich die Mißstände halten, zeigen Ergebnisse einer Untersuchung 54, wonach in beträchtlichem Umfang Scheinverkäufe und Scheinauktionen innerhalb der regulierten Märkte stattfinden, denen eine »Verständigung« nach althergebrachten Sitten oder Unsitten allßerhalb des Marktes zwischen dem Bauern und dem 52

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Govt. of India, Report of the Foodgrains Enquiry Committee 1957, Delhi 1957, S. 119. Die am häufigsten vorkommenden Unsitten sind: Veränderung der Gewichte und Waagen zuungunsten des Erzeugers; das Entnehmen größerer Mengen der Verkaufsgüter als» Proben«, bevor gewogen wird; ein willkürlicher Abzug vom Endpreis für »wohltätige« oder »religiöse« Zwecke; das sogenannte »hata«-System, wonach der Preis zwischen dem Agenten des Verkäufers und dem Käufer unter einem Tuch ausgehandelt wird, wobei der Verkäufer über die Vorgänge im unklaren bleibt; das Fehlen von Möglichkeiten, im Streitfall die Rechte des Erzeugers zu verteidigen; die Tendenz des vom Erzeuger beauftragten Agenten (Maklers), den Käufer zu begünstigen, weil sich Agent und Käufer öfters treffen und sich daher besser kennen. Govt. of Bombay, Report of the Enquiry into Regulated Markets in the Bombay State, Bombay 1952.

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Händler vorangegangen ist. Außerdem konnte beobachtet werden, daß eine erhebliche Zahl von Transaktionen außerhalb des regulierten Marktes, aber innerhalb der Ortsgrenze des Marktfleckens, durchgeführt wird. Diese Beispiele zeigen Schwierigkeiten auf, die mit der Ausführung neuer Bestimmungen auftreten, sobald es sich um Maßnahmen handelt, welche die Interessen wirtschaftlich starker und einflußreicher Personengruppen zu kontrollieren versuchen. Oft unterliegen die» darogas«55 und die ihnen beigegebenen Personen den Machtmitteln dieser Gruppen. Der Rural Credit Survey Report empfiehlt deshalb eine direkte Unterstellung und Neuorganisation der regulierten Märkte unter die staatliche Lagerhaus-Korporation (Warehouse Corporation) und eine Neubesetzung der Marktaufsicht durch verläßliche Beamte dieser Kärperschaft 56 . d) Agrarpreise und Stabilisierungsversuche Die für den bäuerlichen Erzeuger ohnehin unvorteilhafte Marktposition wird durch ein labiles Preisgefüge noch mehr beeinträchtigt. Im Laufe der Jahre ist der Ruf nach vom Staat garantierten Mindestpreisen für landwirtschaftliche Erzeugnisse, die vor der Bestellung festgesetzt und bekanntgegeben werden sollen, immer dringlicher geworden. Es wird argumentiert, daß der landwirtschaftliche Erzeuger solcher Anreize bedürfe, um mit erhöhter Produktion zu antworten. Erzeuger- und Verbraucherpreise klaffen weit auseinander. Außerdem treten, zum Teil erhebliche, regionale Preisunterschiede sowie zeitliche Preisschwankungen auf: Zum Beispiel lagen die Preise für Reis im Juni 1957 in Patna bei 23, in Cuttack bei 16,75, in Imphal bei 7,25, in Bombay bei 19,25 und in Kanpur bei 12,81 Rupien je maund (37,3 kg). Solche Schwankungen sind typisch für das Fehlen von zusammenhängenden Großmärkten und einem überregionalen Ausgleich des wechselnden lokalen Angebots. Das Aufsplittern des Marktes in weithin isolierte Teilmärkte ist die Folge mangelhafter Transport- und Verkehrsverhältnisse und ungenügender Lagermäglichkeiten in den Umschlags- und Verbrauchszentren. Aus dem oben beschriebenen defekten Marktsystem, mangelhafter Kenntnis der Marktlage seitens des Erzeugers (der oft nur weiß, wie eine Ernte hochzubringen, aber nicht, wie sie zu yerkaufen ist), regionalen Schwankungen der erzeugten Mengen und Preise, einer meist fehlenden Sortierung in passende Handelsklassen resultiert eine Situation, »die die Preise der landwirtschaftlichen Erzeugnisse im allgemeinen und die der Nahrungsmittel im besonderen ständig in Unordnung bringt, und welche die schon übermäßig hohen Verbraucherpreise ansteigen läßt und auch für die niedrigen Einkünfte des Getreidebauern verantwortlich ist«57. Darauf ist es auch zurückzuführen, daß» die Planaufwendungen 55 56

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Marktbevollmächttgte, von der Marktbehärde als Aufsichtspersonen eingesetzt. Reserve Bank ot India, All-India Rural Credit Survey, Vol. II, Bombay 1954, S. 427. M. B. DES AI, Indian Journal of Agricultural Economics, Vol. XIX, No. 2, S. 30.

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ständig anwachsen, ohne der Landwirtschaft eine entsprechende Erleichterung zu bringen, und daß sie nicht zu einer höheren Nahrungsmittelerzeugung und zu größeren, für den städtischen Verbrauch verwendbaren Marktüberschüssen führen «57. Nur auf Grund der geschilderten Zustände ist es zu verstehen, daß der Staat Bombay in seiner Brotgetreide-Politik in den Jahren 1951-1957 von einer Politik der vollständigen Kontrolle bis zur vollkommenen Liberalisierung und wieder zurück zu einer teilweisen Kontrolle gegangen ist. Nach den Empfehlungen eines hohen Ausschusses 58 sind verschiedene Maßnahmen getroffen worden, um die landwirtschaftlichen Erzeugerpreise und besonders die für Brotgetreide zu stabilisieren. Dazu gehört vor allen Dingen die Schaffung einer staatlichen Getreide-Großhandelsorganisation (Foodgrains Stabilization Organization), welche durch lizenzierte Getreidegroßhändler oder durch eigene Einrichtungen Getreidekäufe auf dem offenen Markt oder durch Zwangsablieferung in besonderen Überschußzonen vornimmt. Diese staatliche Organisation zur Getreideerfassung füllt zunächst die staatlichen Vorratslager auf. Die Überschüsse bietet sie dann den staatlich lizenzierten Einzelhandelsgeschäften (fair price shops oder genossenschaftliche Läden) oder auf dem offenen Markt zu Marktpreisen an. Ein Lagerhaussystem und ein Marktforschungsinstitut sollen ebenfalls aufgebaut werden. Trotz erheblicher Opposition wird diese Organisation weiter ausgebaut, um als Preis stabilisator »ein vollständiges laissez-faire ebenso wie starre Kontrollen zu vermeiden, um einerseits den Handel auf der Grundlage des Wettbewerbs in gewissen Grenzen zu erlauben, andererseits aber ihn durch passende allgemeine und spezielle Kontrollmaßnahmen durch die öffentliche Hand zu regulieren «59. Dieser Zweigleisigkeit ist es wohl zuzuschreiben, daß der staatliche Getreidegroßhandel bis jetzt nicht die erwarteten Auswirkungen gezeigt hat. »Solange es keine soziale Kontrolle über den Großhandel gibt«, so heißt es in dem oben zitierten Ausschußbericht, »werden wir nicht in der Lage sein, eine Stabilisierung der Brotgetreidepreise herbeizuführen. Eine progressive und geplante Sozialisierung des Getreidegroßhandels sollte deshalb unsere Politik sein«59. Die Planungskommission läßt also keinen Zweifel daran, daß sie den Getreidegroßhandel weiter sozialisieren will, um »in drei bis vier Jahren in der Lage zu sein, einen entscheidenden Teil des (Getreide-)Großhandels im Lande zu kontrollieren «59.

6. Das ländliche Genossenschaftswesen Der wachsenden Verschuldung der Landbevölkerung in fast allen Teilen Indiens wurde schon seit den siebzig er Jahren des letzten Jahrhunderts wachsende 58

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Auf eine detaillierte Darstellung der Situation, besonders auf dem Getreidesektor, in: Govt. of India, Report of the Foodgrains Enquiry Committee 1957, Delhi 1957, wird verwiesen. Govt. of India, Report of the Foodgrains Enquiry Committee, Delhi 1957, S. 86.

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Aufmerksamkeit von seiten der Regierung geschenkt. Aber erst im Jahre 1879, beschleunigt durch die Bauernunruhen im Deccan, verabschiedete die Regierung mit dem Deccan Agriculturists Relief Act ein Ge5etz, welches den verschuldeten Bauern einen gewissen Schutz vor dem Verlust des Landes an ihre Gläubiger geben sollte. Etwas später (1883) kam ein Gesetz dazu, nach welchem staatliche Kredite (sogenannte Taccavi loans) für bestimmte Zwecke unter besonderen Bedingungen vergeben werden konnten. Entgegen allen Hoffnungen verbesserte sich die Lage auch nach dem Inkrafttreten dieser beiden Gesetze nicht grundlegend. Auf der Suche nach einer Lösung wurde von STORK (1883) und von WEST (1887) vorgeschlagen, mit genossenschaftlichen Mitteln einen Ausweg aus der ländlichen Verschuldung zu suchen. Einige Jahre später beauftragte die Provinzregierung von Madras FREDERrcK NrcHoLsoN, zu studieren, ob die europäische Genossenschaftsbewegung für die südindischen Verhältnisse brauchbar sei. NrcHoLsoN befürwortete in seinem Bericht (1897) die Bildung von Spar- und Darlehenskassen nach deutschem Muster und schloß mit den Worten: » Find Raiffeisen «. Dieser Bericht und die Vorschläge anderer Provinz regierungen veranlaßten die indische Regierung im Jahre 1901, einen Ausschuß (Law Committee) zur Vorbereitung eines Genossenschaftsgesetzes zu bilden. Nach den Vorschlägen dieser Arbeitsgruppe wurde ein Gesetzentwurf ausgearbeitet, der 1903 verabschiedet wurde und ein Jahr später als Genossenschaftsgesetz (Cooperative Credit Societies Act 1904) in Kraft trat. Es geht aus dem Werdegang dieses Gesetzes hervor, daß die genossenschaftlichen Bemühungen damals im wesentlichen von der Regierung ausgingen und nicht von den betroffenen Volks schichten. Das Gesetz sah die Bildung von einfachen, kleinen Spar- und Darlehenskassen vor, um die Kreditbedürfnisse wirtschaftlich schwacher Bevölkerungskreise, besonders der ländlichen Bevölkerung, zu befriedigen. Für die ländlichen Kreditgenossenschaften wurde die unbeschränkte Haftung eingeführt, während die städtischen Genossenschaften zwischen beschränkter und unbeschränkter Haftung wählen konnten. Abgesehen von den Bestimmungen über das Revisions- und Aufsichtswesen ließ das Gesetz einen großen Spielraum, groß genug, um die Genossenschaftstätigkeit den unterschiedlichen Erfordernissen in den einzelnen Landesteilen anpassen zu können. Die erste ländliche Kreditgenossenschaft wurde im Staate Bombay 1905 in Kanginhal (Distrikt Darwar) gegründet. Gegen Ende des gleichen Jahres gab es schon zwölf solcher Genossenschaften im Staate Bombay, die später als Agricultural Credit and Thrift Societies bezeichnet wurden. In den nächsten Jahren nahm das Genossenschaftswesen zahlenmäßig einen bedeutenden Aufschwung, doch zeigte es sich bald, daß die eigenen Mittel der Genossenschaften bei weitem nicht ausreichten, um den großen Kreditbedarf der Mitglieder zu decken. Ein Versuch, den Überschuß von Kreditmitteln einiger städtischer Genossenschaften den Kreditgenossenschaften auf dem Lande zur Verfügung zu stellen, scheiterte. So mußte vor allen Dingen auf staatliche Mittel zurückgegriffen werden, die aber nur spärlich flossen. Das relativ einfache Gesetz aus dem Jahre 1904 erwies sich bald als überholt und für die weitere Entwicklung hinderlich, weil es nur die Bildung von Kredit50

genossenschaften vorsah. Auch machte sich das Fehlen einer genossenschaftlichen Zentralbank und der Überwachungsorgane bemerkbar. Das neue und wichtige Genossenschaftsgesetz aus dem Jahre 1912 sollte diese Mängel beheben. Bald darauf kam es zur Bildung von Absatzgenossenschaften, hauptsächlich für Baumwolle. Außerdem wurde eine genossenschaftliche Zentralbank gegründet. Einige Milchabsatz-Genossenschaften - die sich aber nur schlecht gegenüber dem Druck der privaten Milchhändler behaupten konnten -, zwei Genossenschaften für den Bezug von Erdnußkuchen (für Düngezwecke), weitere Genossenschaften für den Bezug von Saatgut und landwirtschaftlichen Geräten kamen dazu. Durch einen Gesetzeszusatz wurde 1919 das Genossenschaftswesen von der Zentralregierung den Provinzregierungen übertragen und unter einen Minister für das Genossenschafts\vesen gestellt. Sechs Jahre später fand die genossenschaftliche Gesetzgebung im Bombay Cooperative Societies Act 1925 ihren vorläufigen Abschluß. Eine Neuorganisation des Genossenschaftswesens brachte 1937-1939 den Typus der Universal-Genossenschaft (multi-purpose society) hervor, der sich in den folgenden Kriegsjahren rasch ausdehnte, weil diese Genossenschaften auch die Verteilung von bewirtschafteten Verbrauchsgütern (Brotgetreide, Textilien, Petroleum und anderes mehr) übernehmen konnten 6o . Die Universal-Genossenschaften sollten vor allem die Funktionen einer Spar- und Darlehenskasse mit denen einer Bezugs- und Absatzgenossenschaft verbinden. Die zahlenmäßige Entwicklung der Universal-Genossenschaften im Staate Bombay ist aus folgender Aufstellung ersichtlich:

Jahr

Zahl der Zahl der Eigenkapital Arbeitskapital UniversalMitglieder (in 1000 Rs) Genossenschaften

1937/38 1938/39 1939/40 1940/41 1941/42 1942/43 1943/44 1944/45 1945/46

8 65 70 73 79 106 184 264

2741 3476 4441 5644 7866 14034 20925

55 77 97 167 287 641 1024

128 190 275 779 768 1743 2461

Quelle: Govt. of Bombay, Fifty Years of Cooperation in the Bombay State, Bombay

1957, S. 145.

60

Bei dieser Verteilung bewirtschafteter Konsumgüter spielten auch die Kreditgenossenschaften eine wichtige Rolle. Nach NAIK waren 1948/49 von 10 138 Genossenschaften 4392 daran beteiligt. (K. N. NAIK, The Cooperative Movement in the Bombay State, Bombay 1953, S. 31.)

51

Die Kreditgenossenschaften bildeten aber trotz der Aufkommen der UniversalGenossenschaften nach wie vor das Rückgrat des Genossenschaftswesens, wie folgende Übersicht zeigt: Jahr

Zahl der Kreditgenossenschaften

Zahl der Mitglieder

Arbeitskapital (in 1000 Rs)

778 2011 2903 3725 3627 3777 4796 5271 5764 6174

62774 162974 217245 238886 203578 189187 232282 266427 321007 385920

3937 12667 25092 34054 29797 26968 30682 37025 40814 57662

1915/16 1920/21 1925/26 1930/31 1935/36 1940/41 1945/46 1946/47 1947/48 1948/49

Quelle: K. N. NAIK, The Cooperative Movement in the Bombay State, Bombay 1953

Bei dieser raschen zahlenmäßigen Ausdehnung der ländlichen Kreditgenossenschaften darf nicht übersehen werden, daß - besonders zwischen 1930 und 1936 in manchen Jahren viele Genossenschaften liquidiert werden mußten. Im Jahre 1931/32 wurden mehr Genossenschaften liquidiert als in das Genossenschaftsregister neu eingetragen. Neben diesen äußeren Zerfallserscheinungen schwächten große Summen von fälligen Tilgungen die Geschäftsfähigkeit der Genossenschaften in erheblichem Maße, wie es auch für die Kreditgenossenschaften im Staate Bombay durch folgende Aufstellung gezeigt werden kann. Der Anteil der nicht zurückgezahlten Tilgungsbeträge an der fälligen Tilgungssumme betrug nämlich: Jahr 1925/26 1926/27 1927/28 1928/29 1929/30 1930/31 1931/32 1932/33

v.H. 14 29 33 30 31 39 48 50

Jahr 1933/34 1934/35 1935/36 1936/37 1937/38 1938/39 1939/40 1940/41

v. H. 50 49 60 53 63 61 59 59

Jahr 1941/42 1942/43 1943/44 1944/45 1945/46 1946/47 1947/48

v.H. 54 46 42 40 39 36 29

Quelle: K. N. NAIK, a. a. 0., S. 58.

Seit der Unabhängigkeit Indiens sind große Anstrengungen gemacht worden, um das ländliche Genossenschaftswesen weiter auszubauen. » Für jedes Dorf eine Genossenschaft« lautet die Parole der indischen Regierung in dieser Frage. Dabei wurde nicht nur die Zahl der Genossenschaften der bestehenden Typen 52

vermehrt, sondern auch ganz neuartige Genossenschaftstypen entwickelt (so zum Beispiel genossenschaftliche Zuckerfabriken, Landbewirtschaftungs-Genossenschaften, Bewässerungs-Genossenschaften). Vor allen Dingen stieg die Zahl der Universal-Genossenschaften sprunghaft an. Während im Jahre 1945/46 264 derartige Genossenschaften eingetragen waren, gab es im Sommer 1958 mehr als 6000 Universal-Genossenschaften. Die Zahl der ländlichen Kreditgenossenschaften ist in den letzten Jahren auf das Doppelte angestiegen. Am 30. 6. 1958 gab es im Staate Bombay 23191 ländliche Genossenschaften (ohne Zentral verbände und Buchführungsvereine). Davon entfielen auf: Ländliche Kreditgenossenschaften ........................... . Universal-Genossenschaften ................................ . Getreide-Banken (grain banks) ............................. . Landbewirtschaftungs-Genossenschaften ..................... . Bezugs- und Absatz-Genossenschaften auf Distrikts- und TalukaEbene ................................................. . Molkerei- und Milchbezugs-Genossenschaften ................ . Bewässerungs-Genossenschaften ............................ . Sonstige ländliche Genossenschaften ........................ . Ländliche Genossenschaften insgesamt

Anzahl 12257 6149 2784 400

v. H. 52,9 . 26,5 12,0 1,7

296 234 233 838

1,3 1,0 1,0 3,6

23191

100

Quelle: Govt. of Bombay, Office of the Registrar, Cooperative Societies, Poona; unveröffentlicht. Obwohl es also eine recht beträchtliche Zahl von Genossenschaften gibt, ist der tatsächliche Wirkungsgrad der ländlichen Genossenschaften geringer, als allgemein angenommen wird. Diese Feststellung trifft hauptsächlich für den genossenschaftlichen Kreditsektor zu. Die Ergebnisse einer Untersuchung der Reserve Bank of India 61 erinnern daran, daß nach fast 50 Jahren genossenschaftlicher Tätigkeit noch immer der private Geldverleiher den weitaus größten Anteil am ländlichen Kreditverkehr beherrscht und etwa 70 v. H. der ländlichen Kreditbedürfnisse deckt. Die Ergebnisse dieser Untersuchung zeigen ferner, daß im Staate Bombay nur 8,3 v. H. aller befragten Bauernfamilien einen genossenschaftlichen Kredit in Anspruch genommen haben. Dabei ist der Staat Bombay führend auf dem Gebiet des genossenschaftlichen Kreditwesens. Der entsprechende Wert für die Indische Union beträgt 3,2 v. H. (Angaben für 1951/52). Auch die große Anzahl der Universal-Genossenschaften kann zu falschen Vorstellungen führen, wenn nicht berücksichtigt wird, daß viele dieser Genossenschaften oft nur neu benannte ehemalige Kreditgenossenschaften sind. In den meisten Fällen jedoch sind die Geschäfte auf der einfachsten Stufe geblieben 62 • Einige spezialisierte Absatzgenossenschaften, besonders die Baumwoll-Absatzgenossenschaften im nördlichen Bombay, arbeiten mit gutem Erfolg. Die meisten 61 62

Reserve Bank of India, All-India Rural Credit Survey, Vol. II, Bombay 1954, S. 230. Vgl. auch Reserve Bank of India, All-India Rural Credit Survcy, Bombay 1954, S. 219. 53

Absatzgenossenschaften jedoch »wrmögen noch nicht, in wichtigen Dingen die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken; sie können in dieser Hinsicht nicht einmal durch Zahlen beeindrucken, was - wenigstens auf dem Papier - den Kreditgenossenschaften inzwischen gelungen ist«63. Um das Genossenschaftswesen zu stärken und wettbewerbsfähig zu machen, wurde im Zweiten Fünfjahresplan (1956-1961) ein besonderer Förderungsplan aufgenommen. Dieser Plan (als Integrated Scheme of Rural Credit bekannt) ist nach den Empfehlungen des All-India Rural Credit Survey ausgearbeitet worden und sieht vor allem die finanzielle Teilnahme des Staates an Kredit-, Absatzund Verarbeitungsgenossenschaften vor. Weil der Genossenschaftstyp mit unbeschränkter Haftung eine solche Teilnahme des Staates aus praktischen Gründen ausschließt, ist im Zweiten Fünfjahresplan die Bildung von 10400 großen Kreditgenossenschaften für ganz Indien vorgesehen worden, die über ein großes Geschäftskapital und, wie eine normale Bank, über einen Stab geschulter Arbeitskräfte verfügen sollen. Eine solche Großgenossenschaft soll viele (bis zu fünfzig) Dörfer versorgen. Im Jahre 1957/58 gab es in Indien schon 4470 solcher Großgenossenschaften 64 . Über die Reserve Bank of India kamen größere Staatskredite zur Verteilung an die Genossenschaftsbanken, wodurch das genossenschaftliche Kreditvolumen entsprechend erhöht wurde. Als Neuerung kam der Versuch hinzu, den Absatz landwirtschaftlicher Erzeugnisse mit den Kreditwünschen der Bauern zu koppeln. Zu diesem Zweck ist der Ausbau der Absatzgenossenschaften, möglichst mit Lagereinrichtungen, forciert worden. Auch hinsichtlich des Genossenschaftswesens gehört der Staat Bombay zu den fortschrittlichsten Staaten der Indischen Union. In der Zeit nach 1947 ist die finanzielle und propagandistische Förderung des Genossenschaftswesens durch den Staat ein bedeutsames Merkmal der Agrarpolitik geworden. Die genossenschaftliche Entwicklung ist seither so rasch vorwärts geschritten, daß manche Fachleute65 davor gewarnt haben, das Genossenschaftswesen jetzt weiter auszudehnen. Sie empfehlen, das genossenschaftliche Gebäude in seinen Fundamenten zu stärken und das bisher Erreichte zu konsolidieren. Die Inder haben aber nicht nur ein ländliches Genossenschaftswesen nach europäischem Muster aufgebaut, sondern sie haben, seit sie unabhängig sind, auch einen neuen Typ der Genossenschaft entwickelt, die LandbewirtschaftungsGenossenschaft.

63 64

65

V gl. auch Reserye Bank of India, All-India Rural Crcdit Survey, Bombay 1954, S. 106. Rescrye Bank of India, The Integrated Scheme of Rural Credit, Bombav 1958. Vgl. Sir M. DARLING, Report on Ccrtain Aspects of Coopcrativc ':\Ioycmcnt in India, Planning Commission, Delhi 1957.

54

B. Die Landbewirtschaftungs-Genossenschaften

1. Allgemeines

1. Begriffsbestimmung Bis vor kurzem war der Begriff der » genossenschaftlichen Landbewirtschaftung« nur wenig mehr als eine Phrase in der politischen Diskussion über die Neuordnung der indischen Agrarstruktur. Berichte von Erfolgen und Fehlschlägen dieser Organisationsform in Osteuropa und in China, also in Ländern mit ganz anderen politischen Voraussetzungen, wirkten eher begriffsverwirrend als klärend. Erstmalig wurde in einem Memorandum des Imperial Council of Agricultural Research 66 versucht, genauer zu beschreiben, wie man sich eine solche genossenschaftliche Landbewirtschaftung unter indischen Verhältnissen vorzustellen habe. In jenem Memorandum wurde nachdrücklich von einer Vergesellschaftung des Landes (pooling of land) und besonders der kleinen Parzellen und ihrer gemeinsamen Bewirtschaftung als ein Betrieb gesprochen. Dabd sollte jedoch jeder Bauer oder Besitzer seine Rechte am Grund und Boden behalten. Gemeint waren damit wohl die Eigentumsrechte, während die Nutzungsrechte an die Genossenschaft übergehen sollten. In einer der ersten Veröffentlichungen, die sich mit der genossenschaftlichen Landbewirtschaftung auseinandersetzen, schreibt MOHITE: » Genossenschaftliche Landbewirtschaftung kann Landbau oder einen Teil davon bedeuten, wenn man auf gemeinschaftlicher Basis zusammenkommt. Es würde jedoch offensichtlich falsch sein, es schon als einen ,Genossenschaftsbetrieb' zu bezeichnen, wenn einzelne Bauern oder Pächter sich zusammenschließen, um nur gemeinsam Kredite zu beschaffen, landwirtschaftliche und häusliche Bedarfsartikel einzukaufen oder ihre Erzeugnisse zu verarbeiten und zu vermarkten. Erst, wenn die Landbewirtschaftung selbst ganz oder teilweise gemeinsam erfolgt, handelt es sich um einen echten ,Genossenschaftsbetrieb' «67. Der Zweite Fünfjahresplan der indischen Regierung bestätigt zwar auch, daß die genossenschaftliche Landbewirtschaftung » notwendigerweise die V ergesellschaftung des Landes und dessen gemeinsame Bewirtschaftung (management) einschließt«, betont jedoch, daß noch elastisch vorgegangen werden solle und 66

67

Imperial Council of Agricultural Research, Memorandum on the Development of Agriculture and Animal Husbandry in India, 1944, S. 36/37. Govt. of Bombay, Rcport on Cooperative Farming (MOHITE-Report), Bombay 1947, S.20.

55

besonders die Art und Weise, wie das Land vergesellschaftet und bewirtschaftet wird, den jeweiligen örtlichen Verhältnissen anzupassen sei. Im Zweiten Fünfjahresplan68 , der richtungweisend für die genossenschaftliche Landbewirtschaftung ist, sind drei Möglichkeiten vorgesehen: 1. Das Eigentumsrecht an Grund und Boden kann bei den bisherigen Eigentümern verbleiben. Das Land soll jedoch als eine einzige Betriebseinheit bewirtschaftet werden. Die Eigentümer erhalten dafür eine Land-Dividende (ownership dividend). 2. Das Land kann vom Eigentümer an die Genossenschaft für eine bestimmte Zeit gegen Zahlung einer vereinbarten oder gesetzlich festgelegten Pachtsumme verpachtet werden. Die Genossenschaft verpachtet dann ihrerseits das Land an ihre Mitglieder weiter. 3. Das Eigentumsrecht kann der Genossenschaft übertragen werden gegen Ausgabe von Anteilscheinen (shares), die den Wert des Grund und Bodens repräsentieren. Aus diesen Bestimmungen heraus haben sich drei Genossenschaftstypen entwickelt, die offiziell anerkannt sind, nämlich a) die Genossenschaft zur gemeinschaftlichen Landnutzung (cooperative joint farming society), b) die Pächtergenossenschaft (cooperative tenant farming society) und c) die Genossenschaft zur kollektiven Landnutzung (cooperative collective farming society). Die häufig in der Literatur erwähnten Genossenschaften zur verbesserten Landbewirtschaftung (better farming societies) können in diesem Zusammenhang übergangen werden 69 • Die Genossenschaft zur ge!l1einschaftlichm Landbewirtschaftung setzt eine Vergesellschaftung von eigenem oder - unter besonderen Voraussetzungen - von gepachtetem Land voraus. Dabei wird hauptsächlich an den Zusammen schluß von Klein- und Kleinstbauern gedacht. Es besteht die Tendenz, mittlere und größere Bauern zunächst noch auszuschließen, bis sich diese Genossenschaftsform bewährt hat. Den Mitgliedern wird empfohlen, nicht nur ihr Land, sondern möglichst auch andere Produktionsmittel, wie Maschinen und Geräte, Arbeitsvieh 68 69

Govt. of India, Second Five Year Plan, Delhi 1956, S. 202. Genossenschaften zur verbesserten Landbewirtschaftung bezwecken, moderne Anbaumethoden einzuführen und zu verbreiten, indem z. B. durch Feldversuche neue Sorten, Düngemittel, Fruchtfolgen und anderes mehr vorgeführt werden. Diese Genossenschaften können auch landwirtschaftliche Produktionsmittel gemeinsam beziehen und ihre Erzeugnisse gemeinsam absetzen. Jedes Mitglied verpflichtet sich beim Eintritt, gewisse Neuerungen einzuführen, welche die Generalversammlung beschließt. Außerhalb dieser Beschlüsse bleibt das Mitglied jedoch völlig selbständig. 1958 waren im Staate Bombay 99 Genossenschaften zur verbesserten Landbewirtschaftung eingetragen. Auf Grund eines Regierungsbeschlusses werden seit 1949 solche Genossenschaften nur noch dann besonders gefördert, wenn sie Meliorationen, Maßnahmen zur Erosionsverhütung oder Bewässerungsprojekte durchführen. (Verfasser)

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und anderes zu vergesellschaften. Die Mitglieder wählen in der Hauptversammlung einen Verwaltungs rat, der einen Verwalter ernennt, unter dessen Führung und nach dessen Anweisungen gearbeitet wird. Für die gemeinsam geleistete Arbeit erhalten die Mitglieder Löhne. Ferner wird eine Land-Dividende ausgezahlt, die sich nach der Fläche und Bonität des eingeworfenen Landes richtet. Die Eigentümerrechte verbleiben beim Mitglied, die Nutzungsrechte gehen an die Genossenschaft über. Die Ernte wird gemeinsam eingebracht und vermarktet. Nach Abzug der Anbaukosten, sonstiger Ausgaben, der Rücklagen und der Land-Dividenden wird der Rest unter die Mitglieder je nach der Lohnsumme (Maß der geleisteten Arbeit) als Gewinnanteil (Bonus) verteilt. Es werden diesem Typ manche Vorteile, besonders die des Großbetriebes, zugeschrieben. Er stellt aber auch die größten Anforderungen an den Charakter und an die Bereitschaft der Mitglieder zur Zusammenarbeit. Eine Pächtergenossenschaft nimmt Land (es kann sich dabei um Staatsländereien oder um Privatland handeln) in Pacht und verpachtet es teilstückweise an die Mitglieder weiter. Diese Teilstücke werden selbständig und auf eigene Rechnung von den einzelnen Mitgliedern bebaut. Die Gesamtfläche soll jedoch nach einem gemeinsam ausgearbeiteten und von der Hauptversammlung genehmigten Plan, sonst aber individuell bewirtschaftet werden. Die Genossenschaft übernimmt außerdem den Einkauf von Betriebsmitteln, die Vermarktung der Erzeugnisse und die Beschaffung von Krediten. Die Gegenleistung der Mitglieder besteht darin, daß sie an die Genossenschaft einen bestimmten Pachtbetrag zahlen. Die Genossenschaft kann den Überschuß, der sich nach Abzug der primären Pachtsumme, anderer Ausgaben sowie der Rücklagen etwa noch ergibt, als Gewinnanteil (Bonus) entsprechend dem jeweiligen Flächenanteil unter die Mitglieder verteilen. Der Typ der Pächtergenossenschaft wird wegen seiner Selbständigkeit von den Bauern bevorzugt. Solange noch keine eindeutige Entscheidung hinsichtlich des Grundeigentums getroffen ist, ergeben sich für die Pächtergenossenschaften zwei ganz verschiedene latente agrarpolitische Funktionen: Wird das Privateigentum an Grund und Boden im Endziel der Agrarplanung bejaht, so kann die Pächtergenossenschaft dazu dienen, befähigte Landwirte auszulesen, denen das bisher kurzfristig verpachtete Land später einmal langfristig verpachtet oder verkauft werden soll. Offiziell wurde diese Vermutung jedoch bisher nirgends bestätigt. Deshalb muß angenommen werden, daß die Pächtergenossenschaften eher dazu dienen sollen, den Boden für eine gemeinschaftliche oder kollektive Landbewirtschaftung psychologisch und organisatorisch vorzubereiten, das heißt, den Bauern die genossenschaftliche Landbewirtschaftung schmackhaft zu machen. Auch die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung unterstützen diese Annahme. Die Pächtergenossenschaft scheint demnach eine Zwischenund Übergangsform zu sein und ist vor allem im Hinblick auf die agrarpolitischen Ziele von Bedeutung. Die Genossenschaft zur kollektiven Landbewirtscha/tung ist mit den Kollektiven sowjetischer Prägung nicht identisch. Sie unterscheidet sich von jenen vor allen Dingen durch völlige Unabhängigkeit vom Staat in der Anbauplanung, Bewirt57

schaftung und beim Absatz der Produkte und durch eine nach demokratischen Grundsätzen aufgebaute Selbstverwaltung. Dieser Typ ist hauptsächlich für die landlose Bevölkerung gedacht, die nur Arbeitskraft und Geschicklichkeit und zum Teil Produktionsmittel in die Genossenschaft einbringen kann. Der Staat hat diesen Typ besonders tatkräftig durch Bereitstellung von oft ausgedehnten Ländereien unterstützt. Diese Flächen müssen in der Regel erst kultiviert oder melioriert werden. Die Mitglieder arbeiten unter einem Verwalter und dem Verwaltungsrat gegen Taglohn. Sie sind am jährlichen Reingewinn der Genossenschaft beteiligt. Der Gewinnanteil (Bonus) wird häufig nach Zahl der Arbeitstage, seltener nach der Lohnsumme berechnet. Die obige Typisierung wurde 1948 im Staat Bombay als die amtlich gültige erklärt. Die nachgeordneten Dienststellen wurden angewiesen, Genossenschaften, die von diesen Standardtypen abweichen, im allgemeinen nicht zuzulassen 70 • Abweichungen müssen eingehend begründet werden, wenn der Antrag auf Eintragung in das Genossenschaftsregister gestellt wird. Diese Einteilung mag für praktische und verwaltungstechnische Zwecke recht brauchbar sein, da sie wenig Überschneidungen zuläßt. Sie führt jedoch unter Umständen zu Fehlschlüssen, wenn man versucht, die Möglichkeiten einer Agrarreform auf genossenschaftlichem Wege zu beurteilen. Weil sich die Probleme in alten und neuen Siedlungsgebieten grundsätzlich unterscheiden und deshalb getrennt behandelt werden müssen, wurde von O. SCHILLER7l eine Einteilung in Genossenschaften in alten Dörfern und in Neusiedlungen empfohlen. Um Genossenschaften in der ersten Gruppe handelt es sich dann, wenn in alten Siedlungsgebieten bestehende Betriebe dazu übergehen, ihr Eigen- oder Pachtland genossenschaftlich zu bewirtschaften. Dabei spielt die Organisationsform als solche eine untergeordnete Rolle. Es liegt auf der Hand, daß die Genossenschaften in alten Dörfern viel schwierigere Probleme aufwerfen als die Genossenschaften in Neusiedlungen. Dieser Typ schließt alle genossenschaftlichen Neusiedlungen ein, die meistens auf kollektiver oder Pächterbasis organisiert sind. Diese Genossenschaften verändern die Agrarstruktur nur unwesentlich. Sie erfüllen aber eine nützliche Funktion bei der Seßhaftmachung von seminomadischen Stämmen, bei der sozialen Eingliederung (rehabilitation)' zurückgebliebener Volksgruppen (backward classes) und nicht zuletzt bei der Ansiedlung landloser Landarbeiter und Flüchtlinge. Die von O. SCHILLER vorgeschlagene Unterteilung ermöglicht es vor allen Dingen, zu beurteilen, inwieweit der gewöhnliche indische Bauer die traditionellen, bis ins Religiöse hinreichenden Bindungen zu seinem Grundeigentum ganz oder teilweise zu lösen oder auch nur zu lockern bereit ist. Demnach sind die Genossenschaften in alten Dörfern, die meistens als Genossenschaften zur gemeinschaftlichen Landbewirtschaftung organisiert sind, im Hinblick auf die agrarpolitische Entwicklung viel bedeutungsvoller als die Genossenschaften in Neusiedlungen, deren Ausbreitung ohnedies durch die Fläche der verfügbaren Staatsländereien begrenzt ist. 70

71

Govt. of Bombay, Amtliches Rundschreiben, Bombay 1948; gedruckt. O. SCHILLER, Possibilities and Limitations of Cooperative Farming in India. Ind. Joum. of Agric. Economics, Vol. XI, No. 4, Bombay 1956, S. 1-11.

58

Die vorliegende Untersuchung bestätigt, daß der Vorschlag von O. SCHILLER eine weit nüchternere und ehrlichere Darstellung des Standes der genossenschaftlichen Landbewirtschaftung ermöglicht, besonders wenn man die ruhenden und desintegrierten Genossenschaften außer Betracht läßt 72 •

2. Staatliche Fb"rderungsmaßnahmen Staatliche Hilfen und Förderungsmaßnahmen sind so alt wie das Genossenschaftswesen selbst. Besondere Bedeutung erlangte die staatliche Förderung jedoch, als das Genossenschaftswesen zum Schwerpunkt wirtschaftlicher und sozialer Neuordnung erklärt wurde. Im Ersten Fünfjahresplan der indischen Regierung heißt es: » Der Staat für seinen Teil sollte alles, was in seiner Macht steht, tun, um zur Bildung solcher Betriebe zu ermutigen und danach ihr zufriedenstellendes Arbeiten zu fördern«73. Auf Bltndesebme (Indische Union) nimmt diese Förderung verschiedene Formen an. Neben besonderen Konzessionen und Vorrechten besteht sie aus finanzieller, verwaltungstechnischer und rein technischer Hilfe. In Gebieten unter NES- und CP-Entwicklungsprojekten 74 können den Landbewirtschaftungs-Genossenschaften folgende Vergünstigungen gewährt werden: a) Staatliche Kredite und Finanzhilfen genossenschaftlicher Institutionen für von der Regierung genehmigte landwirtschaftliche Projekte. b) Bevorzugte Versorgung mit Hochzucht- und verbessertem Saatgut, Düngemitteln und Baumaterialien. c) Bevorzugte Abwicklung in Flurbereinigungsverfahren. d) Bevorzugte Ausstattung mit Pachtland aus staatlich urbar gemachten, bebauungswürdigen Ödländereien, Staatsdomänen und aus Ländereien unter der Verwaltung von Dorf- Panchayats (Dörfliche Selbstverwaltung). e) Bereitstellung von technischem Hilfspersonal für Vermarktung, Aufstellung von Anbauplänen usw.

Betriebsorganisation,

f) Technischer oder finanzieller Beistand beim Ausbau von nicht-landwirtschaftlichen Beschäftigungsmöglichkeiten für die Mitglieder und andere Personen (Verwandte und Angehörige), wie Heimindustrie, Milchwirtschaft und Gartenbau. g) Beihilfen für Verwaltungsausgaben für eine begrenzte Zeit unter bestimmten Voraussetzungen. h) Eine weitere wesentliche Vergünstigung stellt die Bestimmung dar, daß - nachdem eine Landbewirtschaftungs-Genossenschaft gebildet worden ist und solange sie besteht und unter den gesetzlich vorgeschriebenen Bedin72 73 74

V gl. die Gegenüberstellung a. S. 67. Govt. of India, First Five Year Plan, Delhi 1951, S. 167. Entwicklungsprogramme für landwirtschaftliche Beratung (National Extension Service) und allgemeinen dörflichen Aufbau (Community Projects) der Zentral- und Länderregierungen.

59

gungen verwaltet wird - keine neuen Rechtsforderungen (hinsichtlich des Landes) erwachsen sollen, die gegen die Interessen der Mitglieder einer Landbewirtschaftungs-Genossenschaft gerichtet sind 75. Neben diesen für die ganze Indische Union geltenden Richtlinien sind in dem Staat BOTJibay noch einige andere Bestimmungen von Bedeutung. Nach dem Bombay Cooperative Societies Act von 1925 sind Genossenschaften von der Einkommensteuer, von Gebühren und anderem mehr befreit. Wichtige Sonderbestimmungen sind in den Pachtgesetzen von 1948 und 1955 enthalten (Bombay Tenancy and Agricultural Lands Act). Der Abschnitt 27 (2) b gestattet dem Pächter, wenn er Mitglied einer Landbewirtschaftungs-Genossenschaft wird, sein Pachtland zu vergesellschaften. Es steht dann unter besonderem Kündigungsschutz und kann zwecks Aufnahme von Krediten belastet werden. Abschnitt 28 ermächtigt eine Landbewirtschaftungs-Genossellschaft, Pachtparzellen zusammenzulegen, was unter normalen Umständen nicht statthaft ist. Abschnitt 31 verbietet einem Grundeigentümer die Auflösung eines Pachtvertrages, wenn der Pächter einer Landbewirtschaftungs-Genossenschaft beitreten will. Dieses Verbot gilt, solange der Pächter ßIitglied bleibt. In Abschnitt 32 wird einer Landbewirtschaftungs-Genossenschaft ein V orkaufsrecht für solches Land eingeräumt, das auf Grund der Bestimmungen über die zulässige Höchstgrenze für Landbesitz zum Verkauf angeboten werden muß. Ferner werden für Landbewirtschaftungs-Genossenschaften eine Reihe von Bestimmungen aufgehoben, die mit der Besitzgrößengrenze, mit Landverkaufsund Kaufgenehmigungen der Distriktsbehörde (Office of the Collector) zusammenhängen und anderes mehr. Angesichts der großen Anzahl von Pächtern als Mitglieder von Landbewirtschaftungs-Genossenschaften in verschiedenen Teilen des Staates (so zum Beispiel Gujarat) sind die Sonderbestimmungen in den Pachtgesetzen von großer Tragweite. Obwohl der Beitritt von Pächtern in solche Genossenschaften von gesetzlicher Seite gesichert erscheint, sind Berichte von Auseinandersetzungen und Prozessen zwischen Grundeigentümern und Pächtern überraschend häufig und zeugen von der starken Opposition der besitzenden Kreise 76 • Trotz aller Förderungsmaßnahmen waren die Fortschritte, gemessen an den Planzielen, so langsam, daß sich die Regierung gezwungen sah, ihr Förderungsprogramm zu erweitern. Im Mai 1949 gab das Genossenschafts-Department des Staates Bombay einen Plan zur beschleunigten Bildung von Landbewirtschaftungs-Genossenschaften heraus, der die Neubildung von 112 Einheiten in den folgenden fünf ] ahren vorsah. Die folgenden Vergünstigungen wurden in Aussicht gestellt: 7" Govt. of India, Second Fivc Year Plan, Delhi 1956, S. 103-204. 76 Aus Gujarat wird berichtet, daß 56 v. H. der untersuchten LandbewirtschaftungsGenossenschaften einer starken Opposition von seiten der »zamindari« ausgesetzt sind. Davon mußten 31 v. H. gerichtlich prozessieren, um die Nutzungsrechte ihrer Pächtermitglicder, die ihr Pachtland vergesellschafteten, zu verteidigcn. (M. R. KOT DAWALA, Rcport of thc Working of Coopcrative Farming Societics in Gujarat, Surat 1958,

S. 25.)

60

a) Die kostenlose Bereitstellung von landwirtschaftlich ausgebildeten Hilfskräften (agricultural assistants) für eine begrenzte Zeit als Verwalter von Genossenschaftsbetrieben. b) Eine befristete Ermäßigung der Grundsteuer (land revenue) für Genossenschaften zur gemeinschaftlichen Landnutzung und für Genossenschaften rückständiger Volksgruppen (backward classes). c) Beihilfen für Saatgut, Düngemittel und landwirtschaftliche Geräte bis zu einer Höchstgrenze von 1500,- Rs im ersten Jahr und je 750,- Rs im zweiten und dritten Jahr. d) Langfristige Kredite zu ermäßigten Zinsraten zum Kauf von Maschinen für Meliorationsarbeiten. e) Kurzfristige Kredite für Genossenschaften von Angehörigen rückständiger Volksgruppen als Beitrag zum Anteilskapital oder als Sicherheit bei der Aufnahme von Anleihen. f) Kredite und Zuschüsse (bis zu einem Viertel der Gesamtkosten) für den Bau von Lagerschuppen und Viehställen oder für die Kultivierung von Ödland77 • Die Regierung gab auch Anweisungen heraus, nach denen bereits gegründete Landbewirtschaftungs-Genossenschaften vorrangig weiter zu festigen und auszubauen seien und kein besonderer Nachdruck auf die Vermehrung der Genossenschaftsbetriebe zu legen sei. Das Planziel, als Teil des Nachkriegs-Wiederaufbauplans Nr. 65, wurde, einem amtlichen Rundschreiben zufolge 78 , viel früher erreicht, »was der guten Resonanz bei den Landwirten und den Bemühungen eines Beamten-Sonderstabes für dieses Projekt zuzuschreiben ist«. In diesem Rundschreiben wird auch betont, daß nur solche Genossenschaften eingetragen wurden, die nicht von staatlicher Hilfe »abhängig« waren. Es ist nicht ganz klar, wie das Wort »abhängig« in diesem Zusammenhang zu verstehen ist, denn im Untersuchungsgebiet bedurften fast alle Genossenschaftsbetriebe in großem Umfang staatlicher Hilfe. Außer zwei oder drei Betrieben waren alle anderen durchaus von Krediten und Hilfen staatlicher und anderer Institutionen abhängig, sogar schon hinsichtlich der Finanzierung normaler landwirtschaftlicher Vorgänge. Ein ncues Vorhaben zur Bildung und Förderung von LandbewirtschaftungsGenossenschaften wurde für die zweite Planperiode ausgearbeitet und am 31. 8. 1956 in Angriff genommen. Es wurde dabei ins Auge gefaßt, weiterhin die Ansiedlung von landlosen Angehörigen rückständiger Volksgruppen auf Staatsländereien zu fördern und auch der Bildung von Genossenschaften zur gemeinschaftlichen Landnutzung Beachtung zu schenken, »um die Defekte der gegenwärtigen unwirtschaftlichen Eigentumsverhältnisse zu korrigieren«. Die Ansiedlung von landlosen Landarbeitern soll vom Staat finanziell und technisch unterstützt werden, während die Neubildung von Genossenschaften 77

78

Reserve Bank of India, Review of the Cooperative Movement in India 1948-1950, Bombay 1952, S. 60/61. Govt. of Bombay, Cooperative Dept., unveröffentlicht.

61

zur gemeinschaftlichen Landnutzung für Personen, deren Betriebe sehr klein sind und durch eine größere Betriebseinheit profitieren würden, besonders unterstützt werden soll. Während der zweiten Planperiode dachte man an die Finanzierung von 140 Landbewirtschaftungs-Genossenschaften im Staate Bombay. Zu den geplanten 100 Neugründungen, davon SO auf Staatsländereien und SO mit vergesellschaftetem Privatland, wurden noch 40 bereits bestehende Genossenschaften in das Finanzierungsprogramm einbezogen. Das Programm hat sechs Teile: A. 1. Jeder Genossenschaft soll für Meliorationen eine finanzielle Unterstützung gewährt werden, und zwar für Genossenschaften auf Staatsland 8000,- Rs als Kredit und 2000,- Rs als Zuschuß; auf Privatland 2000,- Rs als Zuschuß. Dies bedeutet für die zweite Planperiode einen Aufwand von 730000,- Rs für Kredite und 200000,- Rs für Zuschüsse. 2. Den Genossenschaften auf Staatsland stehen außerdem Kredite in Höhe von 4000,- Rs zum Bau von Lagerräumen zur Verfügung. 3. Solchen Besitzern, die ihr Land einer Genossenschaft zur gemeinschaftlichen Landnutzung übergeben, soll eine Ermäßigung der Grundsteuer für ein Jahr gewährt werden. B. Genossenschaften auf Staatsland sollen eine Beihilfe in Höhe von 1500,- Rs zum Kauf von Saatgut und Düngemitteln erhalten.

e.

Frühere Erfahrungen haben bewiesen, daß die eingesetzten LandwirtschaftsAssistenten der Aufgabe als Verwalter und Förderer der Genossenschaft nicht gewachsen waren. Deshalb wird vorgesehen, diese Assistenten durch erfahrene Beamte zu ersetzen, die vorher eine theoretische und praktische Sonderausbildung erhalten sollen. Diese Beamten werden fünf Jahre lang in ausgesuchten Genossenschaften als Verwalter eingesetzt und sollen außerdem von den zuständigen örtlichen Kollegen des Landwirtschafts-Departments unterstützt werden. Im vorliegenden Plan ist die Schaffung von zehn solcher Stellen vorgesehen. Denjenigen Genossenschaften, die nicht einen landwirtschaftlichen Beamten als Verwalter erhalten, wird ein Zuschuß für Verwaltungs kosten gewährt, der 100,- Rs monatlich nicht übersteigen und nur in den drei ersten Jahren gezahlt werden soll.

D. Eine Schulung ist beabsichtigt, um die meist rückständigen und ungebildeten Mitglieder mit den Grundsätzen der Arbeitsweise der LandbewirtschaftungsGenossenschaften vertraut zu machen. Nach dem Plan sollen in 80 Genossenschaften 3200 Mitglieder geschult werden (pro-Kopf-Kosten 10,- Rs). E. Nach wirksamer Förderung sollen 25 Genossenschaften als Musterbetriebe ausgesucht werden, um der Umgebung als Schaustück und Ansporn 'zu

62

dienen. Der Teilplan für die Förderung der Musterbetriebe umfaßt folgende Punkte: 1. Bereitstellung von ausgebildetem Verwaltungspersonal. 2. Aufstellung eines lang- und kurzfristigen Entwicklungsprogramms hinsichtlich einer bestmöglichen Ausnutzung des Erzeugungspotentials bei einer hohen und nachhaltigen Beschäftigung der Mitglieder. 3. Bereitstellung von lang- und kurzfristigen Krediten. 4. Regelmäßige Überwachung dieser Muster-Genossenschaften. 5. Hilfeleistungen zum Ausbau von Nebenzweigen, wie Milchwirtschaft, Schafzucht, Geflügelhaltung und anderem mehr. 6. Bindung von Persönlichkeiten aus der Sozialarbeit an diese Genossenschaften. Jeder dieser künftigen Musterbetriebe kann folgende Kredite erhalten, wobei die angegebenen Sätze als zulässiges Maximum gelten: a) für Meliorationen 100,- Rs je acre, bis zu einem Höchstbetrag von 10000,- Rs, b) für Brunnenbau 10000,- Rs, c) für Maßnahmen zur Erosionsverhütung 30,- Rs je acre, bis zu einer Höchstgrenze von 6000,- Rs, d) für Einrichtung von Pumpaggregaten 15000,- Rs, e) zum Kauf von Geräten und Zubehör 10000,- Rs, f) für den Bau von Vieh- und Lagerschuppen 6000,- Rs, g) für landwirtschaftliche Nebenbetriebe (subsidiary industries) 20000,- Rs. F. Die Ausführung des Gesamtplanes erfordert zusätzliches Personal, und zwar: Monatliches Anfangsgehalt Endgehalt (in Rs) 10 1 2 10

Hilfsbeamte .................................. . älterer Angestellter ........................... . jüngere Angestellte ........................... . Amtsdiener (peons) ........................... .

100 100 46 45

140 140 130 45

Die Gesamtkosten des Plans werden wie folgt veranschlagt: in Rs

in v. H.

. . . . . .

108000 90000 37700 28000 11000 6400

38,4 32,0 13,4 10,0 3,9 2,3

Insgesamt ...................................... .

281100

100,0

1. 2. 3. 4. 5. 6.

Zuschüsse für Verwaltungspersonal ............. Zuschüsse für Meliorationen ................... Neu einzurichtende Stellen ..................... Zuschüsse für Saatgut und Dünger ............. Ausbildung von Landwirtschafts-Beamten ....... Mitgliederschulung ...........................

63

Außer diesen Hilfen und Förderungsmaßnahmen wurde vorgesehen, Kredite nicht nur wie bisher zweckgebunden, sondern auch als direkten Beitrag zum Anteilkapital zu geben. Auf diese Weise können die staatlichen Kredite zusammen mit den üblichen Mitteln als Beleihungskapital dienen und Beleihungsgrenze und Kreditwürdigkeit einer Genossenschaft erheblich heraufsetzen. Die staatlichen Beiträge zum Anteilkapital sollen »würdigen« Genossenschaftsbetrieben in Höhe von 4000,- Rs gegeben werden. Sie sind innerhalb von zehn Jahren zurückzuzahlen. Die erste Rate wird nach Ablauf des fünften Jahres fällig. Das Ausmaß staatlicher Finanzhilfen hängt von der Art der Genossenschaftsbetriebe ab. Genossenschaften auf Privatland können bestenfalls 5600,- Rs erhalten und für ein Jahr von der Grundsteuer befreit werden. Genossenschaften auf Staatsland können dagegen bis zu 20000,- Rs bekommen, und den künftigen Musterbetrieben können bis zu 77 000,- Rs in Form von Krediten und Zuschüssen zufließen. Jede Genossenschaft kann außerdem noch mit einem Beitrag von 4000,- Rs zum Anteilkapital rechnen. Es sind also, zum mindesten für die zukünftigen Musterbetriebe und für die Betriebe auf Staatsland, ganz bedeutende Förderungsmittel vorgesehen, die bei richtiger Verwendung ihre Wirksamkeit nicht verfehlen dürften. Die drei wesentlichen Voraussetzungen für die Entwicklung der Landbewirtschaftungs-Genossenschaften bilden also, um es zusammenzufassen: 1. Die Pachtgesetze, die es auch Pächtern ermöglichen, einer Landbewirtschaftungs-Genossenschaft beizutreten, ja sogar einen besonderen Anreiz dazu bieten durch den besonderen Schutz und die Vorrechte, die Pachtland in einer Landbewirtschaftungs-Genossenschaft genießt 79 • 2. Die finanziellen Hilfen in Form von Krediten, Zuschüssen und neuerdings auch von Beiträgen zum Anteilkapital. 3. Das Programm zur Bereitstellung von ausgebildetem Personal und zur Schulung der Genossenschaftsmitglieder. Die Bedingungen zur Bewilligung von Förderungsmitteln und deren Höhe sind vor allem vom jeweiligen Status einer Landbewirtschaftungs-Genossenschaft abhängig. Die Verteilung der Förderungsmittel erfolgt auf Antrag durch die Distriktsbehörde des Genossenschafts-Departments (Assistant Registrar). Versprechungen und Hinweise auf die staatlichen Förderungsmittel und Vergünstigungen dienten häufig dazu, die Bauern zu bewegen, Landbewirtschaftungs-Genossenschaften zu gründen.

79

KOTDAWALA, a. a. 0., weist anteilmäßig nach, wie viele Pächter ihre Nutzungsrechte verloren haben, weil sie nicht früh genug einer Landbewirtschaftungs-Genossenschaft beitraten und dadurch dem Verpächter die Kündigung wegen Selbstbewirtschaftung ermöglichten (Kotdawala, a. a. 0., S. 208).

64

3. Anzahl und Lage der Landbewirtschaftungs-Genossenschaften Im Untersuchungsgebiet Im Sommer 1957 bestanden in den vier untersuchten Distrikten80 Poona, Sholapur, North Satara und Ahmednagar insgesamt 70 Landbewirtschaftungs-Genossenschaften (Abb. 5). Sie treten gehäuft in der Umgebung der beiden Städte Poona

o

50

100 km

I~~~~~I_,~~~,~I

il

Bombay



• •

••W••

Poona

Abb. 5



•• •

Lage der Landbewirtschaftungs-Genossenschaften in den Distrikten Poona, Sholapur, North Satara und Ahmednagar (Stand vom 1. 1. 1958)

o Betriebezur gemeinschaftlichen Landnutzung (jointfarming societies) o Betriebe zur kollektiven Landnutzung (collective farming societies) t. Pächtergenossenschaften (tenant farming societies)

Die ausgefüllten Symbole bezeichnen die untersuchten Betriebe 80

Die vier untersuchten Distrikte bilden ein geschlossenes Gebiet von 57800 qkm Fläche, in dem 1951 sechs Millionen Einwohner gezählt wurden. Die mittlere Bevölkerungsdichte von 105 Einwohnern je qkm entspricht dem Durchschnitt des Staates Bombav, liegt aber unter dem indischen Gesamtdurchschnitt von 124 Einwohnern je qkm. (Verfasser.)

65

und Sholapur auf, während sie in anderen Gegenden des Untersuchungsgebietes nur ganz vereinzelt anzutreffen sind. Auffallend ist, daß LandbewirtschaftungsGenossenschaften vorwiegend in kleineren Gemeinden (unter 2000 Einwohnern) gegründet wurden. Die Gründungen erfolgten zwischen 1944 und 1957. 1952 war ein Jahr besonders aktiver Gründungstätigkeit, worüber weiter unten noch einiges zu sagen sein wird. Sonst wurden jährlich nie mehr als acht Landbewirtschaftungs-Genossenschaften neu in das Genossenschaftsregister eingetragen (Übersicht 7).

Übersicht 7 Neugründungen von Landbelvirtschaftun/!,s-Genossenschaften zn den Untersuchungsdistrikten, 1944-1957 Distrikt Ahmcdnagar North Satara Poona

Jahr

1944 1945 1946 1947 1948 1949 1950 1951 1952 1953 1954 1955 1956 1957

Sholapur

Untersuchungsgebiet insgesamt

1 2

2

2

3

1

5

3 2 46 2

6

2

8 3 49 1 8 2

1

1944-1957

7

7

14

52

80

Ein Ziel der gegenwärtigen indischen Agrarpolitik ist die genossenschaftliche Bewirtschaftung des gesamten Grund und Bodens durch den Zusammenschluß aller Bauern eines Dorfes. Wieweit dieses Ziel - soweit LandbewirtschaftungsGenossenschaften überhaupt schon bestehen - im Untersuchungsgebiet schon erreicht wurde, geht aus dem Anteil des Genossenschaftslandes an der Gemarkungsfläche und aus dem Anteil der Genossenschaftsmitglieder an den Haushalten hervor. Die Flächenanteile, die von Landbewirtschaftungs-Genossenschaften bewirtschaftet werden, sind von Ort zu Ort sehr verschieden groß. Eine Untersuchung der Verhältnisse in 36 ausgewählten Dörfern ergab folgendes Bild: Die genossenschaftlich bewirtschaftete Fläche betrug in 21 6 6 2 1

66

Dörfern weniger als 5 v. 5 - 10 v. Dörfern Dörfern 10- 20 v. Dörfern 30- 50 v. Dorf weniger als 100 v.

H. der Gemarkungsfläche H. der Gemarkungsfläche H. der Gemarkungsfläche H. der Gemarkungsfläche H. der Gemarkungsfläche

Ähnliche örtliche Unterschiede weisen die Anteile der Genossenschaftsmitglieder an der Gesamtzahl der Haushalte auf. Auf je 100 Haushalte entfallen in 14 4 8 5 5

Dörfern weniger als 5 Dörfern 5 - 10 Dörfern 10- 20 Dörfern 30 - 50 Dörfern weniger als 100

Mitglieder Mitglieder Mitglieder Mitglieder Mitglieder

Nur in drei Ausnahmefällen wird mehr als ein Fünftel der Gemarkungsfläche genossenschaftlich bewirtschaftet. In diesen Fällen ist der hohe Landanteil der Genossenschaften darauf zurückzuführen, daß der Staat saisonal trockenliegende Teile eines Staubeckens (tank) unter der Bedingung genossenschaftlicher Bewirtschaftung an die Bauern der umliegenden drei Dörfer verpachtet hat. Da sich an der Nutzung dieses Landes ein großer Teil der Bauern beteiligen wollte, ist auch der Mitgliederanteil in diesen drei Dörfern überdurchschnittlich hoch. Im Untersuchungsgebiet überwiegen - im Gegensatz zu anderen Teilen des Staates Bombay - Landbewirtschaftungs-Genossenschaften vom Typ der »gemeinschaftlichen Landnutzung« (joint farming societies). In ihrer agrarpolitischen Bedeutung treten sie jedoch hinter den Genossenschaften zur »kollektiven Landnutzung« (collective farming societies) zurück, weil es sich in der Mehrzahl der Fälle um Manipulationen handelt, wie in einem späteren Kapitel noch zu zeigen sein wird. Bemerkenswert ist die kleine Zahl von Pächtergenossenschaften (tenant farming societies) im Vergleich zu deren Häufigkeit im übrigen Staatsgebiet von Bombay (Übersicht 8).

Übersicht 8 Die Landbewirtschaftungs-Genossenschaften im Staate Bombqy und in den Untersuchungsdistriktett nach Typen, am 30. 6. 1957 Gebiet

Ahmednagar North Satara Poona Sholapur Untersuchungsgebiet insgesamt Staat Bombay

Nach amtlicher Typisierung Nach O. SCHILLER Insgesamt joint collective tenant in in farm societies alten Dörfern Neusiedlungen Genossenschaften

7 7 14 42

2 1 3 33

6 11

4

70 357

39 77

25 135

145

4

1 5

1 1 2 33

12 9

6

37

33

6 6

Aus der Typisierung nach O. SCHILLER geht hervor, daß in den Distrikten Ahmednagar, North Satara und Poona fünf Sechstel der LandbewirtschaftungsGenossenschaften Neusiedlungen auf staatlichen Ländereien darstellen. Auf-

67

fallend hoch ist dagegen im Distrikt Sholapur die Zahl der LandbewirtschaftungsGenossenschaften in alten Dörfern, was auf eine besondere Aktion der Distriktsverwaltung und auf besondere Pachtverhältnisse zurückzuführen ist. Vierzehn von den 33 aufgeführten Landbewirtschaftungs-Genossenschaften im Distrikt Sholapur sind auf sogenanntem »Vatan«-Land aufgebaut, das einen Teil des Inam-Pachtsystems bildet und deshalb offiziell »service inam« genannt wird. Bei dem Vatan-Land handelt es sich um Grundstücke, die der Staat in vorbritischer und britischer Zeit an verdiente Bürger und an bestimmte Kasten vergeben hat, wobei er sich allerdings bestimmte Rechte vorbehalten hat. Diese Grundstücke sind zwar erblich, sie dürfen aber weder geteilt, noch veräußert, noch belastet werden; sie genießen jedoch Steuerermäßigung oder Steuerfreiheit. Der Staat hat vielfach - so auch im Distrikt Sholapur - seine Rechte über das Vatan-Land dazu benützt, es einer genossenschaftlichen Bewirtschaftung zuzuführen, indem er einen gewissen Druck auf die Besitzer Vatan-Lands ausübte.

4. Auswahl der untersuchten Landbewirtschaftungs-Genossenschaften Insgesamt wurden 45 Landbewirtschaftungs-Genossenschaften, darunter 22 mit gemeinschaftlicher und 23 mit kollektiver Landnutzung, für eine ins einzelne gehende Untersuchung ausgewählt81 • Auf eine detaillierte Untersuchung des Typs der Pächtergenossenschaften mußte verzichtet werden, da sich im Untersuchungsgebiet nur sechs derartige Genossenschaftsbetriebe befinden, also zu wenig, um zu gesicherten Ergebnissen zu kommen. Im Distrikt Poona wurden sämtliche eingetragene Landbewirtschaftungs-Genossenschaften in die Untersuchung einbezogen, um die Gewähr zu haben, auch alle Varianten zu erfassen. In den drei übrigen Distrikten wurden nur diejenigen Landbewirtschaftungs-Genossenschaften aufgesucht, die nach Auskunft der Distriktsverwaltungen auch tatsächlich tätig sind. Dadurch schied über ein Drittel der eingetragenen Landbewirtschaftungs-Genossenschaften von vornherein aus der Untersuchung aus 82 • Die untersuchten Genossenschaften, 64 v. H. der im Untersuchungsgebiet und 13 v. H. der im Staate Bombay eingetragenen Landbewirtschaftungs-Genossenschaften, umfassen also den aktiveren Teil der Landbewirtschaftungs-Genossenschaften im Untersuchungs gebiet ziemlich vollständig und können für die aktiven Landbewirtschaftungs-Genossenschaften des ganzen Staatsgebietes als repräsentativ gelten. Sie liegen über das Untersuchungs gebiet verstreut und vertreten alle möglichen natürlichen und wirtschaftlichen Standorte (Abb. 5).

81

82

Eine Pächtergenossenschaft und eine Genossenschaft zur kollektiven Landnutzung waren ursprünglich in der Auswahl enthalten. Sie wurden aber bei der späteren Auswertung weggelassen, als sich herausstellte, daß eine davon nicht im Genossenschaftsregister eingetragen war und daß die statistische Basis nicht ausreichte. (Verfasser. ) So hoch ist der Anteil der ruhenden oder in Auflösung begriffenen, also nur noch auf dem Papier stehenden Landbewirtschaftungs-Genossenschaften! (Verfasser.)

68

H. Die Betriebsorganisation

1. Betriebsgroße und Erzeugungsgrundlagen Die Größe landwirtschaftlicher Betriebe kann an verschiedenen Maßstäben (Fläche, Beschäftigtenzahl, Ertragswert usw.) gemessen werden. Unter den gegenwärtigen indischen Verhältnissen kommt nur eine Bemessung nach der Fläche in Betracht. Es bereitet allerdings einige Schwierigkeiten, die Begriffe der deutschen Betriebsgrößenstatistik auf indische Betriebe zu übertragen. Am schwierigsten sind die in der indischen Statistik mit »grassland« und »waste« bezeichneten Flächen einzuordnen, die sinngemäß dem »Grünland« und »Ödland« im Deutschen entsprechen. Nach starken Regenfällen eines guten Monsuns ist alles Land, das sonst als »waste« geführt wird, grün und damit »grassland« - ein paar Monate später präsentiert sich die gleiche Fläche wieder als Halbsteppe. Im folgenden werden als» grassland« nur solche Flächen geführt, die während bestimmter Perioden als Weide oder Wiese genutzt werden. Wo dies nicht der Fall ist, aber eine Urbarmachung durch motorisches (oder tierisches) Tiefpflügen, durch Beseitigung von Stein und Fels oder durch erosionsverhütende Maßnahmen (Erdwälle, Konturen, Terrassen usw.) möglich und rentabel erscheint, wird das Ödland als kultivierbares Ödland (culturable waste) eingestuft. \Venn dagegen Bodenbeschaffenheit, Untergrund und Hanglage eine Melioration unwirtschaftlich und aussichtslos erscheinen läßt, wird die Bezeichnung» Unland« (waste) geführt. Der Einstufung ging jeweils eine persönliche Feldbegehung voraus. Das »grassland« wird in der vorliegenden Untersuchung nur dann der LN zugerechnet, wenn es auch wirtschaftlich genutzt wird. Andernfalls wird es als kultivierbares Ödland (culturable waste) geführt. Somit kommt die LN dem in Indien üblichen Begriff des »cultivated land« ziemlich nahe. Nach den aufgeführten Abgrenzungen setzt sich die Betriebsfläche aus der LN, dem kultivierbaren Ödland, dem Unland und sonstigen Flächen (Wege, bebaute Flächen und Hofräume und Gewässer) zusammen83 • Die untersuchten Genossenschaftsbetriebe haben überwiegend eine Größe, die nach der deutschen Nomenklatur als großbäuerlich (20-100 ha) zu bezeichnen wäre (Übersicht 9). Wenn sie sich auch auffallend von der durchschnittlichen indischen Betriebsgröße von 3.04 ha (im Staat Bombay 3,93 ha 8 4, im Distrikt Ahmednagar 8,24 ha B5 ) abheben, so ragen sie doch größtenteils nicht in jene Größen bereiche hinein, die es erst ermöglichen, die Vorteile des Großbetriebes (economies of scale) in vollem Umfang wahrzunehmen, die als der Hauptvorzug der genossenschaftlichen Landbewirtschaftung gepriesen werden.

83

84 85

Der Wald gehört im Untersuchungsgebiet dem Staat und kann deshalb hier vernachlässigt werden. Der im Genossenschaftsbesitz befindliche Busch wird als Unland aufgeführt. (Verfasser.) Govt. of India, Indian Agriculture in Brief, New Delhi 1958, S. 36. Ebenda, S. 37.

69

Übersicht 9

Die untersuchten Genossenschaften nach Größenklassen der Betriebsftäche

Größenklasse Landbewirtschaftungs-Genossenschaften nach der Betriebsfläche (ha) insgesamt gemeinschaftlich kollektiv 10 bis unter 15 bis unter 20 bis unter 50 bis unter 100 bis unter 150 bis unter über 200

15 20 50 100 150 200

1 1 18 12 5 3 5

12 6

6 6

4 2 4

Der kleinste Betrieb hat eine Betriebsfläche von 14,2 ha, der größte eine solche von 627 ha. Die Genossenschaften zur gemeinschaftlichen Landnutzung sind durchschnittlich kleiner als die mit kollektiver Organisationsform. Diese Erscheinung ist in ganz Indien zu beobachten und hängt in erster Linie damit zusammen, daß den collective farming societies meistens ausgedehnte staatliche Pachtländereien zur Verfügung stehen. Die in der Übersicht 9 aufgezeichneten Größenverhältnisse ändern sich erheblich, wenn statt der Betriebsfläche die landwirtschaftliche Nutzfläche (LN) der Klassifizierung zugrunde gelegt wird (Übcrsicht 10). Übersicht 10

Die tlnterstlchten Genossenscbaften nacb Größmklassm der LN

Größenklasse nach der LN (ha) 10 bis unter 15 bis unter 20 bis unter 50 bis unter 100 bis unter 150 bis unter über 200

15 20 50 100 150 200

Landbewirtschaftungs-Genossenschaften insgesamt gemeinschaftlich kollektiv 2 3 21 11

4 3

1

12 5

1 2 9 6 3 2

Der Schwerpunkt verlagert sich in die Größenklasse von 20 bis 50 ha LN. Die schematische Klassifizierung nach der LN vermittelt aber auch noch kein ganz zutreffendes Bild von den Größenverhältnissen der LandbewirtschaftungsGenossenschaften, denn die LN schließt zum großen Teil Flächen ein, die sich nur für eine ganz extensive Wirtschaftsweise in der Art des »dry farming« eignen. Das eigentliche Erzcllgungspotential bilden die künstlich bewässerten Flächen. Erst die künstliche Bewässerung macht Art und Intensität der pflanzlichen Erzeugung unabhängig von den Launen des Monsuns und stellt die gesamte Betriebsorganisation auf eine sichere, berechenbare Grundlage. Die KlimaDiagramme in Abb. 3 zeigen deutlich, daß im gesamten Untersuchungsgebiet wie auch im Staate Bombay eine künstliche Bewässerung wenigstens für mehrere

70

Monate des Jahres unumgänglich ist, um anspruchsvollere Früchte ganzjährig oder auch saisonmäßig anzubauen. Nur 20 der 45 untersuchten Betriebe verfügen über Bewässerungsanlagen. Die bewässerte Fläche macht 14 v. H. der Betriebsfläche und 15 v. H. der LN aller untersuchten Betriebe aus. Dieser an sich schon geringe Anteil schrumpft auf 6 v. H. zusammen, wenn zwei Großbetriebe mit extremen Verhältnissen bei der Durchschnittsberechnung weggelassen werden. Diese bei den Großbetriebe haben zusammen 433 ha (63 v. H. ihrer LN) unter künstlicher Bewässerung. Eine bewässerte Fläche von 6 v. H. der LN bedeutet, daß die untersuchten Genossenschaftsbetriebe im allgemeinen etwas schlechter in bezug auf Bewässerungseinrichtungen gestellt sind als die Durchschnittsbetriebe86 . Der Anteil der künstlich bewässerten Fläche an der LN schwankt allerdings sehr stark (Übersicht 11). Mehr als die Hälfte der untersuchten Genossenschaften verfügt über gar kein Bewässerungsland. Unterstellt man, daß erst ein Anteil von mehr als 20 v. H. Bewässerungsland einen Betrieb auf eine sichere Produktionsbasis hebt, so steht nur ein Viertel der Genossenschaftsbetriebe auf einer soliden Grundlage. Nach Art der Bewässerungsanlagen überwiegt eindeutig die Brunnenbewässerung mit Hilfe tierischer oder motorischer Kräfte. 73 v. H. der gesamten bewässerten Fläche fallen darunter. In zwei Fällen wird das Wasser aus nahen Flüssen gepumpt. Im Distrikt Poona spielt in manchen Gegenden die Kanalbewässerung eine große Rolle. Drei Betriebe mit einem Bewässerungsanteil von 24 v. H. sind an ein Kanalsystem angeschlossen. Der Rest mit 3 v. H. entfällt auf eine fortschrittliche Genossenschaft, deren Pachtland sich unterhalb eines Staubeckens (tank) erstreckt und von diesem sich während des Monsuns auffüllenden Wasserspeieher ganzjährig gespeist wird. Dieses Staubecken (ca. 50 ha groß) bietet auch erfolgversprechende Möglichkeiten für eine Fischzucht. Übersicht 11

Die untersuchten Ge!1ossenschaften nach dem Anteil der bewässerten Fläche an der LN

Bewässerte Fläche (v. H. der LN) keine

2 5 10 20 50 100

- 5 - 10 - 20 - 50 -100

Landbewirtschaftungs-Genossenschaften insgesamt gemeinschaftlich kollektiv

12 2

13

4

2

5 2

3

4

2

2 2 2 2

25 3

2

Daß die Betriebe zur gemeinschaftlichen Landnutzung nur über Brunnen- und Flußbewässerung verfügen, hängt mit ihrer geographischen Lage zusammen. Die Bewässerungsart ist von betriebswirtschaftlicher Bedeutung, weil die Kosten der Kanal- und Staubeckenbewässerung im allgemeinen unter denen der Brunnen86

Vgl. S. 25 f.

71

und Hubbewässerung liegen (»lift irrigation« im Gegensatz zu »flow irrigation«). Sechs der untersuchten Betriebe sind sogenannte Staubecken-Genossenschaften, das heißt, ihre Betriebsfläche besteht aus Uferstreifen von Staubecken, die Bewässerungszwecken dienen und daher je nach Wasserstand jahreszeitlich an Ausdehnung zu- und abnehmen. Weil sich die Seen während des Monsuns füllen und wesentliche Teile überschwemmen, können diese Flächen nur während der Trockenzeit landwirtschaftlich genutzt werden. Die frei werdenden Flächen haben jedoch den Vorzug, daß sie für bestimmte Früchte keiner zusätzlichen Bewässerung bedürfen und mit Sickerstoffen angereichert sind. Die gleichen V orteile genießen zwei weitere Genossenschaften, deren Land, an Flüssen liegend, in der Regenzeit ebenfalls überschwemmt wird. Obwohl diese Überschwemmung während der Regenzeit bei weitem nicht die künstliche Bewässerung ersetzen kann, ist die Lage der mit solchem Land ausgestatteten Genossenschaften trotzdem günstiger zu beurteilen als die Lage jener Genossenschaften, die ausschließlich auf Niederschläge angewiesen sind. Von den 45 untersuchten Landbewirtschaftungs-Genossenschaften fallen 16 (36 v. H.) in diese Gruppe. Für eine Entwicklung und Festigung des Erzeugungspotentials ist der Ausbau der Bewässerungsanlagen von größter Bedeutung. Größere Projekte sind nicht überall durchführbar. Die zum Teil sehr kostspielige Brunnenbohrung vermag jedoch nur geringe Flächen mit Wasser zu versorgen. So muß man vielfach auf althergebrachte Mittel zurückgreifen zur Urbarmachung oder zur Melioration. Obwohl kostspielig, bieten sie sich oft als einzige Möglichkeiten an. Diese technischen und finanziellen Schwierigkeiten machen den teilweise sehr hohen Flächenanteil des kultivierbaren Ödlandes verständlich (Übersicht 12). Besonders die Genossenschaften zur kollektiven Landnutzung besitzen relativ viel kultivierbares Ödland. Dies hängt unmittelbar mit der Herkunft des Genossenschaftslandes zusammen. Diese Genossenschaften haben ausschließlich Staatsländereien gepachtet, die großenteils erst kultiviert werden müssen. Wie hoch der Anteil sein kann, zeigen vier Genossenschaften, deren \Xiirtschaftsfläche zu mehr als 50 v. H. aus kultivierbarem Ödland besteht. In der i\lehrzahl der Fälle präsentieren sich diese Ländereien als stark erodierte Höhenrücken oder Hangflächen, die zu allererst vor weiterer Erosion geschützt werden müssen. Mit einfachen Erdwällen, wenn möglich durch Verwendung von Steinen und Anpflanzungen von Agaven verstärkt, könnte bei geringen Kosten von den Bauern selbst ohne große fremde Hilfe schon viel erreicht werden. Es ist aber häufig zu beobachten, daß die Landwirte und die Genossenschaften weit mehr auf staatliche Hilfe als auf eigene Kraft vertrauen. Auch ist es erstaunlich, daß in vielen Fällen die Meliorationsarbeiten auf Kontraktbasis an fremde Arbeitskräfte vergeben werden, obwohl die Genossenschaftsmitglieder selbst nicht das ganze Jahr über voll beschäftigt sind. Ein derartiges Verhalten wurde in etwa der Hälfte aller beobachteten Meliorationsverfahren festgestellt. Die Gründe hierfür sind teils in einer Scheu vor ungewohnter körperlicher Arbeit, teils in Kasten-Vorurteilen, teils in der Furcht vor einem Prestigeverlust zu suchen. Auch würde eine solche außerhalb der täglichen Arbeit stehende Tätigkeit einen gewagten Schritt hinaus aus der allgemeinen, das dörfliche Leben belasten72

den Lethargie bedeuten, so daß solche Arbeiten besser anderen überlassen werden. Daß dabei große Ausgaben für die Genossenschaft entstehen, braucht nicht besonders hervorgehoben zu werden. Es muß aber festgehalten werden, daß unter den gegenwärtigen Methoden der Landbewirtschaftung und der Betriebsorganisation bei richtiger Ausnutzung des Arbeitspotentials eine erhebliche Arbeitsrnacht für erosionsverhütende Maßnahmen und Meliorationen ohne zusätzliche Belastung des Lohnkontos gewonnen werden könnte, wenn es gelänge, die Mitglieder dafür zu gewinnen. Der Staat stellt für solche Zwecke bereitwillig Mittel zur Verfügung und läßt es in den meisten Fällen auch nicht an technischer Beratung fehlen. Trotzdem haben die LandbewirtschaftungsGenossenschaften - unter wesentlich günstigeren Voraussetzungen als die breite Landwirtschaft - nicht in dem Maße davon Gebrauch gemacht, wie man es erwarten sollte. Es gibt nur wenige Genossenschaften, die durch den Ansporn und dank des Weitblicks ihrer Betriebsleiter zielbewußt ein Meliorationsprogramm in Angriff genommen haben. Übersicht 12

Die untersuchten Genossenschaften nach dem Anteil des kultivierbaren Ödlandes an der Betriebsfläche

Kultivierbares Ödland (v. H. der Betriebsfläche) keine o bis unter 5 bis unter 10 bis unter 20 bis unter über 50

5 10 20 50

Landbewirtschaftungs-Genossenschaften insgesamt gemeinschaftlich kollektiv 31 3 4 2

19

2

12 2 2 2

4

4

Wie sehr die Landbewirtschaftungs-Genossenschaften von unproduktivem Besitz (kultivierbarem Ödland und Unland) zeitweilig oder dauernd belastet sind, zeigt Übersicht 13. Über die Hälfte der untersuchten Genossenschaften besitzt größere oder kleinere unproduktive Flächen. Hauptsächlich der Besitz der Genossenschaften zur kollektiven Landnutzung wird durch einen hohen Anteil von Öd- und Unland in seinem Wert beeinträchtigt. Übersicht 13

Die untersuchten Genossenschaften nach dem Anteil von unproduktiven Flächen an der Betriebsfläche

Unproduktive Flächen (v. H. der Betriebsfläche) keine o bis unter 5 bis unter 10 bis unter 20 bis unter über 50

5 10 20 50

Landbewirtschaftungs-Genossenschaften insgesamt gemeinschaftlich kollektiv 20 7 5 6 3 4

15 3 3

1

5 4 2 5 3 4

73

Ergebnis:

1. Die Genossenschaftsbetriebe liegen zwischen 14,2 und 624 ha Betriebsfläche. 2. Die landwirtschaftlich nutzbare Fläche wird durch unkultivierte Flächen und Unland zum Teil erheblich eingeschränkt. 84 v. H. aller Betriebe verfügen über weniger als 100 ha LN. 3. 46 v. H. aller Betriebe verfügen über Bewässerungsmöglichkeiten. i'.leist handelt es sich dabei um wenig leistungsfähige Brunnenhub-Bewässerung. In nur elf Betrieben (25 v. H.) erreicht die bewässerte Fläche ein Fünftel der LN.

2. Parzeliierung Die Einführung der genossenschaftlichen Landbewirtschaftung wird immer wieder damit begründet, daß dann größere Grundstücke gebildet werden können, die ein rationelleres Arbeiten ermöglichen. In 19 Genossenschaftsbetrieben wurde die Größe und Zahl der Teilstücke erhoben, um festzustellen, inwieweit dieser Gesichtspunkt in der Praxis tatsächlich zum Tragen kommt. Die Grundeinheit des indischen Katasters ist die »survey number«. Die survey number umfaßt in der Regel einen größeren Block von mehreren bis vielen Hektar, der früher vermutlich eine Besitz- und Wirtschaftseinheit darstellte, heute aber meistens in viele kleine Parzellen (hissa) aufgeteilt ist. Innerhalb einer survey number kann ohne weiteres aufgeteilt oder zusammengelegt werden. Veränderungen der survey number selbst bedürfen dagegen einer behördlichen Genehmigung und müssen im Grundbuch eingetragen werden. Die Größe der einzelnen survey numbers stellt die obere Grenze für die Möglichkeiten dar, das Land der Mitglieder einer Genossenschaft auf interner und freiwilliger Basis ohne behördliche Einwirkung und Genehmigung zusammenzulegen. Das Ackerland der Genossenschaftsbetriebe ist zwar in der Regel nicht voll arrondiert, aber auch nicht kleinparzelliert87 . Die Flurzersplitterung hält sich meistens in tragbaren Grenzen (Abb. 6). Von 24 Genossenschaftsbetrieben bewirtschaften 3 Betriebe 10 Betriebe 5 Betriebe 2 Betriebe 3 Betriebe 1 Betrieb

1 2- 5 6-10 11-20 21-50 62

Teilstück Teilstücke Teilstücke Teilstücke Teilstücke Teilstücke

Die Grundstücke der Genossenschaftsbetriebe sind von überdurchschnittlicher Größe. Sie liegen schwerpunktmäßig in der Größenklasse von 2 bis 10 ha. Nur in einem Betrieb sind Parzellen unter 10 a vorhanden. Hier handelt es sich aber um stark terrassiertes Reisland. 87

V gl. Übersicht 45 im Anhang.

74

~

Abb. 6

I

+ -N-

km den Mitgliedern gehörende Teilstücke (ha)

Flurkarte der drei Gemarkungen Vadgaon, Bande und Koregaon, Distrikt Poona (eingezeichnete Feldstücke sind identisch mit »survey numbers«)

o,

vom Staat an die Shri Datta-Genossenschaft verpachtete Teilstücke

Von 100 genossenschaftlich bewirtschafteten Grundstücken entfallen: Auf die Größenklasse (ha) 0,1 0,5 1 2 5 10 20 50

bis unter 0,5 bis unter 1 bis unter 2 bis unter 5 bis unter 10 bis unter 20 bis unter 50 und darüber

Insgesamt

v. H. der Teilstücke

v. H. der Teilstücksfläche

6,5 15,0 18,7 30,9 22,0 3,7 2,3 0,9

0,4 2,2 5,6 20,4 30,3 11,4 13,5 16,2

100

=

214 Teilstücke

100

=

1770 ha

Nur 8 v. H. der Fläche entfallen auf Teilstücke, die kleiner als 2 ha sind. 51 v. H. der Betriebsfläche findet man in der Größenklasse von 2 bis 10 ha. Die Teilstücke mit mehr als 10 ha Meßgehalt umfassen 41 v. H. der Betriebsfläche. Größe, geringe Zahl und auch die meist regelmäßige Form der Teilstücke bieten also günstige Voraussetzungen für eine großbetriebliehe Organisation der Genossenschaftsbetriebe. Bezeichnend für die derzeitige Lage ist aber eine denkbar schlechte Ausnutzung der Erzeugungsmöglichkeiten. So werden manchmal Feldstücke in einer Weise aufgeteilt, deren Sinn auch dem Kenner indischer Verhältnisse verschleiert bleibt. Offensichtlich ist häufig die Leistung der tierischen Zugkraft, des Ochsengespanns, der ausschlaggebende Faktor. Nicht selten findet man ein längliches, hektargroßes Feldstück quer zur Längsachse aufgeteilt, damit die meist schwächlichen, unterernährten Ochsen kürzere Arbeitsstrecken haben und an den Kehren öfters ausruhen können. Außerdem werden Feldstücke auch unterteilt, um möglichst vielerlei Früchte anbauen zu können. Wie sinnlos solche Aufsplitterung sein kann, zeigt folgendes typisches Beispiel einer Genossenschaft zur kollektiven Landnutzung. Der Betrieb hat fünf Teilstücke, die in folgende 23 Stücke aufgeteilt worden sind: 1. Teilstück. Gesamtfläche 8,7 ha, angebaut mit Erdnuß (Arachis hypogaea) ............................... . Straucherbse (Cajanus indicus) ............................ . Sorghumhirse (Andropogon sorghum) ...................... . Saflor (Carthamus tintorius) ............................... . Zweiblütiger Dolichos (Dolichos biflorus) .................. .

2,43 0,45 4,95 0,81 0,12

2. Teilstück. Gesamtfläche 3,7 ha, angebaut mit Weizen ................................................. . Sorghumhirse ........................................... .

3,24 ha 0,49 ha

3. Teilstück. Gesamtfläche 15,10 ha, angebaut mit Erdnuß ................................................ Zweiblütiger Dolichos ................................... Perlhirse (Pennisetum typhoideum) ........................ ~fais ...................................................

4,85 0,22 0,33 0,18

76

. . . .

ha ha ha ha ha

ha ha ha ha

Sorghumhirse ........................................... . Saflor .................................................. . Catjangbohne (Vigna catjang) ............................. . 4. Teilstück. Gesamtfläche 6,5 ha, angebaut mit Erdnuß ................................................ Straucherbse ............................................ Sorghumhirse ........................................... Saflor .................................................. Brache .................................................

8,20 ha 1,21 ha 0,11 ha

. . . . .

1,10 ha 0,45 ha 4,75 ha 0,13 ha 0,11 ha

5. Teilstück. Gesamtfläche 10,4 ha, angebaut mit Sorghumhirse ........................................... . Saflor .................................................. . Weizen ................................................. . Kichererbse (Cicer arietinum) ............................. .

8,76 ha 0,45 ha 0,61 ha 0,61 ha

Dieses typische Beispiel beweist, daß zwar durch die Vergesellschaftung große, rationell zu bewirtschaftende Feldstücke entstehen, daß aber die Schlageinteilung, der Anbauplan und die Betriebsorganisation nicht auf die grundlegend veränderten Verhältnisse umgestellt werden, um die gewonnenen neuen Produktionsmöglichkeiten auch richtig nutzen zu können. Vielmehr wird nach den alten Vorstellungen weitergearbeitet. Diese Tatsache wirft zugleich auch ein Licht auf die dringende Notwendigkeit einer zusätzlichen, zweckbestimmten Ausbildung der Betriebsleiter, ohne die eine erfolgreiche Führung der Betriebe in Frage gestellt bleibt. Ergebnis: 1. Die Landbewirtschaftungs-Genossenschaften verfügen großenteils über wenige, gutgeformte und große Teilstücke. Über die Hälfte der Teilstücke ist größer als 2 ha. Damit sind günstige Möglichkeiten für produktive und fortschrittliche Anbauplanung und Arbeitswirtschaft gegeben. 2. Diese Möglichkeiten werden aber (einige wenige Fälle ausgenommen) nur mangelhaft genutzt, weil die Feldstücke in der Regel nachträglich wieder unterteilt werden. 3. Offenbar sind die Betriebsleiter der Genossenschaftsbetriebe nicht genügend mit den betriebswirtschaftlichen Erfordernissen eines Großbetriebes vertraut. Eine entsprechende Umstellungsberatung tut not.

3. Arbeitsverfahren und -geräte Die Landbewirtschaftungs-Genossenschaften wenden im großen und ganzen dieselben Methoden und Geräte im Ackerbau an wie die übrigen Deccan-Bauern. Das wichtigste Gerät ist eine Art Hakenpflug, der in großer (nangar) und in kleiner (mangri) Ausführung überall im Deccan vorkommt. Jedoch nicht jeder Bauer besitzt einen eigenen Pflug. Oft wird er zusammen mit dem Ochsen77

gespann vom Nachbarn ausgeliehen. Seit einigen Jahren 88 werden die hölzernen Pflüge allmählich von modernen eisernen Pflügen verdrängt; das bedeutet einen der größten Fortschritte im Ackerbau des Deccan. Die Genossenschaftsbetriebe sind den übrigen landwirtschaftlichen Betrieben in der Verwendung eiserner Pflüge einen Schritt voraus. Dies ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß den Genossenschaftsbetrieben zweckgebundene Mittel für den Kauf moderner Geräte zur Verfügung gestellt worden sind. Auf leichteren Böden kommt man oft jahrelang ohne Pflügen aus 89 . An die Stelle des Pfluges tritt dann eine Art Ziehhacke (kulav) und die Ochsenhacke (kulpa). Damit kann der Boden gelockert und das Unkraut bekämpft werden. Mit der kulav oder kulpa und einer einfachen Schleppe wird der im Winter gepflügte oder auch nicht gepflügte Boden gewöhnlich Ende Mai oder Anfang J uni 90 für die Aufnahme der Saat vorbereitet. Nicht selten ist noch Breitsaat anzutreffen, doch wird das einheimische Drillgerät (tiphan) vorgezogen. Geerntet wird im allgemeinen ohne Geräte oder ::\Iaschinen, indem man die Pflanzen mitsamt dem Strunk aus dem Boden herauszieht. Bci der Reis- und Perlhirseernte benützt man Sicheln oder lange Messer. Der Abtransport des Erntegutes geschieht oft, bei Reis fast ausschließlich, auf dem Kopf, manchmal (besonders bei Sorghumhirse) mit dem plumpen zweirädrigen Ochsenkarren, der in weiten Teilen Indiens das Transportmittel schlechthin darstellt. Das Erntegut wird zunächst in der Nähe des Gehöftes im Freien aufgestapelt, dann in der heißen Jahreszeit auf den Dreschplatz geschüttet und gedroschen, indem das Vieh darauf herumgetrieben wird. Die ausgedroschenen Körner werden - soweit sie nicht sofort verkauft oder laufend verbraucht werden - noch vielfach in großen, zylindrischen Korbgeflechten (kangis) in den V orräumen der Hütten aufbewahrt. Die landesübliche Wirtschaftsweise erfordert also nur wenige einfache Geräte. Infolgedessen findet man auch in den Genossenschaftsbetrieben nur wenige Geräte (Übersicht 14). Eine Bestandsaufnahme der Maschinen und Geräte in 16 Genossenschaftsbetrieben ergab das Bild einer Ausrüstung mit vorwiegend 88

89

90

MANN berichtet schon 1921 von der erfolgreichen Einführung eiserner Pflüge in gewissen Teilen des Distriktes Poona. Die Bauern machten damals derart von dieser Neuerung Gebrauch, daß MA"I"I überzeugt war, »daß die Idee des Konseryatismus der Bevölkerung ein ~Iythos ist« (S. 58). Bedeutsam ist, daß die Einführung eiserner Pflüge größtenteils von Händlern in den ~Iarktflecken ausging. Sie vermieteten die Pflüge gegen eine Gebühr von zweieinhalb bis drei Annas je Tag oder viereinhalb bis fünf Rupien je Monat. Neben den bekannten Vorteilen eiserner Pflüge wird mit ihrer Verwendung von den Bauern das Verschwinden der Heuschreckenplage, die seit 1870 störend auftrat, in direkte Verbindung gebracht (H. H. ~t~N:-.J, a. a. 0., S. 57/58). 1m Distrikt Ahmednagar soll ein Pflügen nach yiC'r, sechs und zuweilen sogar nach zehn Jahren als »genügend« betracbtet werden. Ahnliches wird auch aus anderen Teilen des Dcccan berichtet (GOYt. of Bombay, Bombay Gazetteer, Bombay 1885, a. a. 0., S. 248). Für Reisland gibt es eine andere Folge. Wegen der großen Härte der meist tonigen, bindigen Reisböden kann mit dem Pflügen nicht vor dem ersten Regen begonnen \,'erden. Erst nachdem der Boden aufgeweicht ist, wird eine Bearbeitung möglich, die mit dem Pflügen beginnt. Dann folgen Grubber und eggenartige Geräte. (Verf.)

78

Obersicht 14

Zahl und Art der genossenschaftseigenen 111aschimn und Geräte ausgewählten Genossenschaftsbetrieben* Pflüge

Genossenschaftstyp

Motoren

:a

16

Traktoren

,

13

N c:'" '" -< Cl

N

17,9 100,0

49 273

Insgesamt

277

100,0

10,5

29

100,0

20,2

6,6 1,5 3,6 0,7 11,7 1,5 24,9 1,4 1,8 6,1 0,4

4 5 17 1

18 4 9 2 32 4 68

20,5 9,1

0,3

0,3

0,7

7

»niedere« Laman Kasten Parit und Sutar Dhangar Koli Wadar Chambhar Mahar Sonstige Backward Class-Zugehörige

49,1

56 25

2

6

0,7

29,6 14,8 0,4 4,3

82 41 1 12

»mittlere« Maratha Kasten Mali Sonar Mohammedaner und Bhagwan

30,7

5

100,0

68,2

30,4

1,4

8

Kollektiver Betriebstyp (12 Betriebe) Mitglieder Prozentualer Anzahl v.H. Gruppenanteil

2

16,6 2,2 2,9

46 6 8

4 9,0

3 25

2

Kaste

Gemeinschaftlicher Betriebstyp (20 Betriebe) Mitglieder Prozentualer Anzahl v.H. Gruppenanteil

Die Mitglieder nach Kastenzugehö"rigkeit

»höhere« Hindu-Brahmanen, Kasten Rajput-Brahmanen, Jains Chandraseni ya, Kayastha Prabhu Lingayat Marwadi und Vani Kshatrya

1

Gruppe

Übersicht 35

die Aussagen anderer Autoren1l6 , nämlich, daß in den meisten Fällen ein Zusammenschluß einer aus vielen und stark differenzierten Kasten zusammengesetzten Dorfgemeinschaft in einer Landbewirtschaftungs-Genossenschaft nicht stattgefunden hat. In der Mehrzahl der Fälle (75 v. H.) stellt nur eine Kaste den Hauptteil der Mitglieder. Weiter kann beobachtet werden, daß bei Neuaufnahmen von Mitgliedern Verwandte oder sonstige Angehörige der Majoritäts-Kaste unbedingt bevorzugt werden. Man gewinnt allerdings bei intensiver Beobachtung den Eindruck, daß Genossenschaftsbetriebe, deren Mitglieder sich ausschließlich oder zu einem hohen Prozentsatz aus Angehörigen einer Kaste zusammensetzen, vielerorts zufriedener und erfolgreicher sind und vor allen Dingen mehr genossenschaftlichen Geist ausstrahlen als Betriebe mit einer kastenmäßig stark differenzierten Zusammensetzung des Mitgliederbestandes. Die Zahl der Fälle ist allerdings zu gering, um aus dieser Feststellung weiter reichende Schlüsse zu ziehen. In den kastenmäßig stark differenzierten Genossenschaften treten genossenschaftlicher Geist und gemeinschaftliche Haltung zugunsten der traditionellen Kastenvorstellung oft so weit in den Hintergrund, daß das frühere Verhältnis von Landbesitzer zu Landarbeiter oder von hoher Kaste zu niederer Kaste offen zutage tritt. Eine gemeinsame Betrachtung von Kastenzugehörigkeit und sozialer Gruppierung nach dem Landbesitz (Übersicht 53 im Anhang) zeigt in groben Zügen das Bild einer starken Konzentrierung von Hindu-Brahmanen als nicht-mitarbeitende, mittlere Grundbesitzer (Gruppe 2), während Maratha hauptsächlich als selbst mitarbeitende kleine und mittlere Grundbesitzer (Gruppen 6 und 3) auftreten. Übersehen werden darf nicht der bedeutende Anteil von landlosen Maratha. Mali (vielfach Gartenbau treibende Kleinbauern) häufen sich besonders in Gruppe 5 als selbst mitarbeitende, kleine Grundbesitzer. Angehörige der anderen Kasten findet man hauptsächlich als landlose Landarbeiter, obwohl sie infolge der Pachtgesetzgebung zum Teil auch schon in den Gruppen der Landbesitzer auftauchen. Die Auszählung der Mitglieder nach dem Modus der Mitarbeit innerhalb der Kastengruppen (Übersicht 54 im Anhang) gibt wertvolle Hinweise. Brahmanen (die frühere, traditionelle Priesterkaste) und mit ihnen die meisten Angehörigen der »höheren« Kasten treten hauptsächlich als Personen auf, die die Mitgliedschaft durch bloße Vergesellschaftung von Land erworben haben. Sie stellen nicht nur den größten Teil der Aufsichts- und Verwaltungspersonen, sondern auch der »Strohmänner«. Es ist bemerkenswert, daß die althergebrachte Vorstellung, wonach die »höheren« Kasten, besonders die Brahmanen, keine körperliche Arbeit leisten sollen (manche Arbeiten, wie zum Beispiel das Pflügen, waren für Brahmanen verboten), heute noch praktische Gültigkeit besitzt. 116

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt KOTDAwALA im nördlichen Bombay. Obwohl keine Diskriminierung nach Religion, Kaste usw. gemacht werden sollte, gehörten in 74 v. H. der untersuchten Landbewirtschaftungs-Genossenschaften in Gujarat »beinahe alle Mitglieder nur einer Kaste an«. K. berichtet ferner von einem starken überwiegen von Angehörigen rückständiger Volksgruppen (backward dass communities); a. a. 0., S. 22.

133

In den »mittleren« Kasten (Maratha, Mali und andere) dagegen überwiegt die Vielseitigkeit der Mitarbeit, besonders bei den Maratha. Diese Gruppe stellt wesentliche Anteile' für jede Art von Mitarbeit. Maratha und Mali sind die eigentlichen Pfeiler in den Genossenschaftsbetrieben, wo es auf körperliche Arbeit und Aufsichts- und Verwaltungsaufgaben ankommt. Ha\lptsächlich in den kollektiven Einheiten und auch in den Vatan-Genossenschaften des gemeinschaftlichen Typs überwiegen Angehörige der »niederen« Kasten, die selbstverständlich körperliche Arbeit leisten. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß auch heute noch die Kasten zäh an den althergebrachten Vorstellungen von der Zuständigkeit für geistige und körperliche Betätigung festhalten. Die »höheren« Kasten verschmähen auch in den Genossenschaftsbetrieben - generell ausgedrückt - körperliche Arbeit und erscheinen nur als Landgeber und Aufseher, während Angehörige der »niederen« Kasten die eigentlichen Arbeiter in den Betrieben darstellen und nur selten in den Genossenschaften zur kollektiven Landnutzung mit Verwaltungs- und Aufsichtsaufgaben betraut werden. Ähnlich verhält es sich bei einem großen Teil der Mitglieder aus den »mittleren« Kasten. Die Ausbildung eines echten Genossenschaftsgeistes, der bei reibungsloser Zusammenarbeit hindernde Vorstellungen sozialer und materieller Art in den Hintergrund treten lassen müßte, wird von dem alten Kastengeist noch immer stark überlagert und gestört. Es ist offensichtlich, daß in den Betrieben zur kollektiven Landnutzung sich eine » kastenfreiere« Atmosphäre entwickelt hat, die in einigen Betrieben zu erfreulichen wirtschaftlichen und sozialen Resultaten geführt hat.

6. Der Ausbildungsgrad der Mitglieder Die Zweckmäßigkeit aller Maßnahmen zur Förderung der indischen Landwirtschaft kann nicht richtig beurteilt werden, wenn man nicht den Ausbildungsgrad der Landbevölkerung gebührend berücksichtigt. Im vorliegenden Falle ist der Ausbildungsgrad besonders wichtig, weil der Bildungsstand für das Funktionieren der Landbewirtschaftungs-Genossenschaften einen ganz entscheidenden Faktor darstellt. An und für sich ist eine echte demokratische Zusammenarbeit und eine Mitsprache bei Plänen und Beschlüssen in einer Genossenschaft nur denkbar, wenn jedes aktive Mitglied über ein Mindestmaß an schulischer Ausbildung verfügt. Die weiter unten wiedergegebenen Ergebnisse zeigen, wie weit man noch von diesem Ziel entfernt ist, obwohl beachtenswerte Anstrengungen gemacht worden sind, das Analphabetentum in kürzester Frist abzuschaffen. Von gleich großer Bedeutung ist der Bildungsgrad für die Wirkung einer Beratung. Weil aber die Breitenwirkung einer Beratung durch den niedrigen Bildungsgrad erheblich eingeschränkt wird, ist die Notwendigkeit einer Beratungstätigkeit in Form von Einzelberatungen um so dringlicher. Die vorliegenden Erfahrungen lehren allerdings, daß diese Form der Einwirkung noch

134

nicht so weit ausgebaut ist, wie es zur Erreichung rascher Fortschritte auf agrartechnischem Gebiet unerläßlich ist. Die Bildungsverhältnisse in den untersuchten Genossenschaftsbetrieben sind aus Übersicht 36 ersichtlich. Das angewendete Klassifikationsschema ist den hier üblichen schulischen Unterteilungen angepaßt ll7 . Die Ergebnisse weichen nach dem Genossenschaftstyp ziemlich voneinander ab, was nach Betrachtung der Kastenzusammensetzung der Mitglieder verständlich wird. Ein Vergleich zeigt, daß der Anteil der Analphabeten im gemeinschaftlichen Typ 41 v. H., im kollektiven Typ dagegen 55 v. H. beträgt. Der Bildungsunterschied zwischen den Analphabeten und den Absolventen von ein bis drei Grundschulklassen ist im Verhältnis zu den geistigen Anforderungen, die an die Genossenschaftsmitglieder zu stellen wären, so gering, daß diese beiden Gruppen ohne weiteres zusammengefaßt werden können. Mitglieder dieser niedrigen Bildungsstufe stellen im gemeinschaftlichen Genossenschaftstyp 45 v. H. und im kollektiven 73 v. H. aller Mitglieder. Damit ist die Bildungs-Situation in den Landbewirtschaftungs-Genossenschaften ziemlich genau gekennzeichnet. Diese Zahlen zeigen auch die Schwierigkeiten einer Einwirkung von außen auf, die mehr oder weniger ausschließlich auf das gesprochene Wort, und auf das Bild angewiesen ist. Während der Anteil der Mitglieder, die Lesen und Schreiben in der Landessprache (Marathi oder Kannada) und elementares Rechnen gelernt haben, in beiden Genossenschaftstypen etwa gleich hoch (etwa 24 v. H.) ist, wird die Diskrepanz in den Gruppen höherer Schulbildung größer. Mitglieder mit abgeschlossener Grundschulbildung, Mittlerer Reife oder mit College-Ausbildung sind im gemeinschaftlichen Typ viel zahlreicher als im kollektiven Typ. Eine betriebsweise Zusammenstellung (Übersicht 55 im Anhang) zeigt eine ziemlich gleichmäßige Verteilung von schulisch gebildeten Mitgliedern. Immerhin gibt es mehrere Betriebe, deren Mitglieder fast ausschließlich Analphabeten sind. Innerhalb der soziologischen Gruppen findet man eine starke Anhäufung von Analphabeten unter den Landarbeitern und etwas weniger stark auch unter den kleinen, mitarbeitenden Grundbesitzern (Übersicht 56 im Anhang). Die Schulbildung der Grundbesitzer, besonders die der mittleren Grundbesitzer, reicht meistens über die ersten Grundschulklassen hinaus und zum Teil bis zur .Mittleren Reife (pre-matric). Die wenigen Mitglieder mit Reifeprüfung (matric) und mit begonnener oder abgeschlossener College-Ausbildung entstammen hauptsächlich den wohlhabenden landbesitzenden Gruppen. Bringt man die gleiche Einstufung des Ausbildungsgrades mit dem Modus der Mitarbeit in den Genossenschaftsbetrieben in Verbindung, so ergibt sich folgendes Bild (vgl. auch Übersicht 57 im Anhang): Die Mehrzahl der Analphabeten leistet körperliche Arbeit, doch gehören zur Analphabeten-Gruppe auch eine beträchtliche Anzahl von » Strohmännern« und solchen Mitgliedern, die nur Land vergesellschaftet haben. Die Mehrzahl der Mitglieder, die V erwaltungs11'

Die Begriffe »matric« und »pre-matric« sind hier aus praktischen Gründen mit »Reife« und »~Iittlcre Reife« übersctzt worden. Sie sind aber nicht mit »AbiturientenReifc« und »~1ittlcrcr Reife« im deutschen Sinne identisch.

135

und Aufsichtsfunktionen ausüben, hat mehrere oder alle Grundschulklassen absolviert oder besitzt die Mittlere Reife (pre-matric). » Strohmänner« sind in fast allen Ausbildungsgruppen vertreten. Die Genossenschaftsbetriebe zur kollektiven Landnutzung verfügen im allgemeinen über mehr und besser geschulte Mitglieder, die körperliche Arbeit im Betrieb leisten, als die Genossenschaften zur gemeinschaftlichen Landnutzung, in denen fast die gesamte Intelligenz nicht mitarbeitet. Übersicht 36 (in v. H.) Bildungsgrad

Die Mitglieder nach dem Bildungsgrad Von je 100 Mitgliedern in Genossenschaftsbetrieben gemeinschaftlich kollektiv insgesamt (277 = 100) (273 = 100) (550 = 100)

Absolute Analphabeten Analphabeten, die Unterschriften leisten können 1-3 Grundschulklassen 4-6 Grundschulklassen Abgeschlossene Grundschule Mittlere Reife (pre-matric) Reife (ma tric) Nicht abgeschlossene College-Ausbildung Abgeschlossene College-Ausbildung

39,8

48,0

43,8

1,4 4,0 25,7 14,4 9,0 2,9

6,6 18,0 21,3 3,7 0,3 1,5

4,0 10,9 23,5 9,1 4,7 2,2

1,4 1,4

0,3 0,3

0,9 0,9

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß die mangelhafte Schulbildung der meisten Genossenschaftsmitglieder eines der größten Hindernisse bei der Durchführung genossenschaftlicher und agrartechnischer Vorhaben ist. In den meisten untersuchten Genossenschaftsbetrieben sind allerdings wenigstens einige schulisch gebildete Mitglieder vorhanden, so daß ein Minimum von Zusammenarbeit möglich ist. Das niedrige Bildungsniveau stellt aber die aktive Mitarbeit vieler Mitglieder bei der Betriebsplanung und bei den täglichen Dispositionen in Frage. Das gesprochene Wort vermittelt noch immer den Hauptteil aller Informationen, was auch der genossenschaftlichen Führung und der Einflußnahme einzelner Persönlichkeiten besonderes Gewicht verleiht. Unter diesen Umständen ist eine Beratung auf genossenschaftlichem und agrartechnischem Gebiet durch Einzelberatung (Betriebsberatung) eher angebracht als die üblichen Mittel der Massenberatung.

7. Das Einkommen aus genossenschaftlicher Landbewirtschaftung Wie der Betriebserfolg ist auch das Einkommen der .Mitglieder beziehungsweise der Mitgliederfamilien aus dem Genossenschaftsbetrieb ein wichtiger Gradmesser für die Zweckmäßigkeit genossenschaftlicher Landbewirtschaftung.

136

Gerade an diesem Punkt hat die Kritik an der genossenschaftlichen Landbewirtschaftung am schärfsten eingesetzt. Bevor die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung behandelt werden, ist ein Blick auf die allgemeinen Einkommensverhältnisse in Indien notwendig. Das Pro-Kopf-Einkommen betrug im Jahre 1955/56 281,- Rs1l8. Eine StichprobenUntersuchung 1l9 gibt für 1950/51 das durchschnittliche Jahreseinkommen einer Landarbeiterfamilie in Bombay mit 386,- Rs an. Teilt man diesen Betrag durch die durchschnittliche Familiengröße von 4,3 Personen, so ergibt sich ein jährliches Einkommen von 86,- Rs pro Kopf einer Landarbeiterfamilie. An diesem Pro-Kopf-Einkommen ist das Einkommen aus der genossenschaftlichen Landbewirtschaftung zu messen. Die Ermittlung der Einkommensverhältnisse erwies sich als der schwierigste Teil der Erhebung. Ein Versuch, neben den Einkommen aus der Genossenschaft auch noch andere Einkommen festzustellen, scheiterte teils an der mißbilligenden Zurückhaltung der Befragten, teils an der Unwahrhaftigkeit der Angaben, die größtenteils zu niedrig lagen. Nur 13 Betriebe (28 v. H. aller untersuchten Einheiten) - drei Genossenschaftsbetriebe zur gemeinschaftlichen und zehn zur kollektiven Landnutzung -lieferten brauchbares Material über die Einkommen aus der Genossenschaft. In diesen Betrieben wurden sämtliche verdienenden Mitglieder erfaßt, deren Zahl (299) 82 v. H. der gesamten Mitglieder beträgt. Auch hier mußte auf eine Einbeziehung der Einkommen aus anderen Quellen verzichtet werden, weil die mündlichen Angaben größtenteils unglaubwürdig und ungenau erschienen. Die brauchbaren Unterlagen stammen überwiegend aus besonders erfolgreichen Genossenschaften. Deshalb kann angenommen werden, daß im Gesamtdurchschnitt die Mitglieder ein viel niedrigeres Einkommen aus ihrer Genossenschaft beziehen. Die als Orientierungspunkte zu wertenden Ergebnisse sind in den Übersichten 37 bis 39 zusammengestellt. Die durchschnittlichen Jahreseinkommen der Mitglieder zeigen sehr starke Schwankungen innerhalb der einzelnen Betriebe wie auch untereinander. Die Jahreseinkommen aus der genossenschaftlichen Landbewirtschaftung liegen zwischen 14,- und 669,- Rs je Mitglied (Übersicht 39). Etwas mehr als die Hälfte der ermittelten Jahreseinkommen (53 v. H., vgl. Übersicht 37) übersteigt 100,- Rs, während immerhin über 28 v. H. der Mitglieder weniger als 50,- Rs pro Jahr von der Genossenschaft erhalten. Auffallend ist die Konzentrierung der Einkommensbeträge in den höheren Einkommensgruppen : 20 v. H. der Mitglieder vereinigen 59 v. H. der Gesamteinkommen auf sich, während in der niedersten Gruppe 16 v. H. der Mitglieder einen geldwertmäßigen Anteil von nur 0,5 v. H. erhalten. Viele Mitglieder - in den untersuchten Betrieben sind es mindestens 47 v. H. müssen ihr Einkommen aus der genossenschaftlichen Landbewirtschaftung durch andere Einkünfte ergänzen, um überhaupt leben zu können. Für viele ist die Landbewirtschaftungs-Genossenschaft nur eine zusätzliche Einkommens118 119

Govt. of India, Second Five Year Plan, Delhi 1956, S. 11 u. 73. Govt. of India, Agricultural Labour Enquiry, Vol. I, Part A, Delhi 1954.

137

quelle. Auch die Mitarbeit der Familienmitglieder, die in fünf Fällen berücksichtigt werden konnte, läßt die Jahreseinkommen nur wenig ansteigen. Die von den einzelnen Genossenschaftsbetrieben an die ~fitglieder ausbezahlten Mindestbeträge (im Durchschnitt 100,- Rs) und Höchstbeträge (im Durchschnitt 462,- R5) lassen erkennen, daß die Mehrzahl der Genossenschaftsbetriebe ihren Mitgliedern doch noch ein Einkommen bietet, das zum Teil sehr beträchtlich über dem durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen der landwirtschaftlichen Bevölkerung liegt. Diese Aussage kann zweifellos nicht als Beweis für die Überlegenheit der genossenschaftlichen Landbewirtschaftung dienen, läßt aber ahnen, welche Anziehungskraft eine Landbewirtschaftungs-Genossenschaft auf den landlosen Landarbeiter oder Kleinstbauern auszuüben vermag. Bei Einkommen um und unter 100,- Rs wird von vielen Mitgliedern eine Nebenerwerbstätigkeit in Form von landwirtschaftlichen Gelegenheits- und Saisonarbeiten (Reispflanzen, Jäten, Ernten, Transportarbeiten) oder beim Straßenund Wegebau und anderem mehr ausgeübt. In mehreren stadtnahen Dörfern macht sich auch schon der Einfluß einer beginnenden Industrialisierung bemerkbar, in deren Folge die früheren » Nebeneinkommen« schnell zum Haupteinkommen anwachsen können.

Obersicht 37 Jährliches Gesamteinkommen der 1l1itgliederfami!ien 120 aus gel!ossenschaJtlieber Landbe2virtscbaftunj!, nacb Einkommensgruppen (in Rupien) Einkommensgruppen unter 25 Rs 25 - 50 Rs 50 -100 Rs 100 -200 Rs 200 - 500 Rs über 500 Rs Insgesamt

Auf die Einkommensgruppen entfallen ~Iitglieder Geldbeträge v.H. Rupien Anzahl v.H. 48 36 56 34 64 61 299

16,1 12,0 18,7 11,4 21,4 20,4 100

369 1 172 4311 4792 17576 41397 69617

0,5 2,0 6,2 6,9 25,2 59,2 100

Bei der geringen Z~hl der Fälle, bei denen eine Aufschlüsselung der Einkommen nach Lohnarbeit, Gespannarbeit, Land-Dividende und Gewinnanteil (Bonus) gemacht werden konnte, ist es nicht möglich, allgemeingültige Aussagen zu machen. Unter den Leistungen an die Mitgliederfamilien (Übersicht 38) überwiegt aber der Anteil für Lohnarbeit in .den meisten Fällen. Die Einkommen aus Gespannarbeit schwanken sehr stark (von Obis 63 v. H.), bedeuten aber für manche Mitglieder die Haupteinkommensquelle. Land-Dividende und Gewinnanteil liefern zusammen im Durchschnitt 16,5 v. H. des Gesamteinkommens, 120

Basis: 299 Mitglieder aus 13 Genossenschaften. Bei nicht feststellbarem Familieneinkommen wurde das Einkommen der Mitglieder ohne Familieneinkommen verwendet.

138

,...,.

\0

I.»

Übersicht 38

5018 18929 4772 4140 7128 2167 3608 1451 672 711 802 743 955

12462 24718 6598 4140 7128 2255 5104 2081 672 711 802 1991 955

69617

1 2 3 7 9* 11 13 27* 25* 31* 41* 45* 46*

Insgesamt 73,4

40,3 76,6 72,3 100,0 100,0 96,1 70,7 69,7 100,0 100,0 100,0 37,4 100,0

4

inv. H.

49,3

3,9 9,3

62,6

6148

88 476

1248

11,4

6

5

7960

in v. H.

Total

Gespannarbeit

* Mitgliedereinkommen ohne Einkommen von Familienangehörigen.

51096

3

2

Total

Lohnarbeit

2316

1020

1296

7

Total

3,3

20,0

10,4

8

in v. H.

Land-Dividende

ZlISatmJiCnselztln/z, der Eink(}mmen aus genossenschaftlicher Landbelvirtschaftung nach Betrieben

Betrieb Nr. Gesamtlcistungen der Genossenschaft an die Mitgliedcrfamilicn

(in Rupien)

8245

630

5789 1826

9

Total

Bonus

11,9

30,3

23,4 27,7

10

inv.H.

in einzelnen, gut geführten Genossenschaftsbetrieben auch 20-30 v. H. In den vorliegenden Fällen betragen die Gewinnanteile 23,4, 27,7 und 30,3 und die Anteile der Land-Dividende 10,4 und 20 v. H. des Gesamteinkommens.

Übersicht 39 jahreseinkommen je .Mi~f!,!ied aNS getiossetlSchaJtlicher Landbeu'irtscbaJtllng nach BetriebetI (in Rupien) Jahreseinkommen d urchschni ttlichcs Betrieb Nr.

2 3 7 9 11 13

25 27 31 41 45 46

je Mitglied überhaupt

380 669 548 235 264 38 162 67 116 71 14 125 74

je arbeitendes Mitglied einschließ!. mitarbeitender Familienangehöriger

389 600 244 66 243

* Mitgliedereinkommen olme Einkommen von

niedrigstes

2 457* 391 11 204* 18 10

6* 89* 36* 1* 52* 25*

höchstes

1 068 742* 821 900 786* 160 491 270* 284* 117* 54* 217* 88*

Familienangehörigen.

Ergebnis: 1. Die Mitglieder der Genossenschaftsbetriebe sind hinsichtlich sozialökonomischer Merkmale anders zusammengesetzt als die übrige Landbevölkerung. In den Genossenschaften zur kollektiven Landnutzung dominicren entsprechend der agrarpolitischen Zielsetzung die landloscn Landarbciter (56 v. H.). Trotz Kontrollen befinden sich unter den Mitgliedern jedoch auch 31 v. H. grundbesitzende und 12 v. H. nicht-landwirtschaftliche. 2. In den Genossenschaften zur gemeinschaftlichen Landnutzung habcn nur 43 v. H. der Mitglieder Land eingebracht. In der Mehrzahl der Fälle (64 v. H.), in denen tatsächlich in großem Umfang Land vergesellschaftet worden ist, handelt es sich um Unternehmen mit Familiencharakter. 3. In den Genossenschaften des gcmeinschaftlichen Typs übt über die Hälfte (53 v. H.) der Mitglieder weder Arbeits- noch Aufsichts- oder Verwaltungsfunktionen aus. Nur weniger als ein Drittel der Mitglieder arbeitet körperlich mit. In den Betrieben zur kollektiven Landnutzung dagegen entspricht die

140

körperliche Mitarbeit von 82 v. H. der Mitglieder eher den genossenschaftlichen Prinzipien. 4. In den Genossenschaften des gemeinschaftlichen Typs überwiegen die »höheren« Kasten, im kollektiven Typ die »niederen« Kasten. Die einzelnen Genossenschaften neigen zu einer möglichst homogenen Zusammensetzung. In drei Vierteln der Fälle stellt eine Kaste den Hauptanteil der Mitglieder. Darüber hinaus lassen sich gewisse Schwerpunkte bestimmter Kasten nach der Zugehörigkeit zu soziologischen Gruppen und nach dem Modus der Mitarbeit feststellen. Die Zusammenhänge zwischen Kastenzugehörigkeit, Mitarbeit und Stellung innerhalb der Genossenschaft deuten darauf hin, daß die Kaste als soziales Agens immer noch wirksamer ist als die genossenschaftlichen Prinzipien. 5. In den allermeisten Genossenschaftsbetrieben sind einige Mitglieder, die die Grundschule durchlaufen oder eine höhere Schulbildung genossen haben. Ein großer Teil der Mitglieder - im gemeinschaftlichen Typ 45 v. H. und im kollektiven Typ 73 v. H. - hat aber höchstens drei Grundschulklassen besucht oder gehört zu den Analphabeten. Dadurch wird die Mitwirkung an der Genossenschaftsleitung in Frage und die Beratung vor besondere Probleme gestellt. 6. 53 v. H. der ermittelten Mitgliedereinkommen überschreiten 100,- Rs jährlich; andererseits liegen 28 v. H. der Jahreseinkommen unter 50,- Rs. Dies beleuchtet die Dringlichkeit von Nebeneinkünften aus anderen Beschäftigungen beziehungsweise bestätigt die Annahme, daß in vielen Fällen die Genossenschaft als Nebenerwerbsquelle betrachtet wird. Die Einkommen aus der Genossenschaft setzen sich überwiegend aus Arbeitslöhnen zusammen (72 v. H.). Land-Dividende und Gewinnanteil (Bonus) bilden nur in einzelnen Genossenschaften wesentliche Teile (bis zu 30 v. H.) des Einkommens aus genossenschaftlicher Landbewirtschaftung.

VI. Verhaltensweise und Einstellung der Mitglieder 1. l'vlotive für Gründung und Beitritt Die staatliche Propagierung der genossenschaftlichen Landbewirtschaftung setzte zu einem Zeitpunkt ein, der recht unpassend sein mußte, weil gerade vorher der Grundton der agrarpolitischen Zielsetzung entgegengesetzt gestimmt war. Die Bodenreform und die neuen Pachtgesetze sollten in großem Umfange selbständige Kleinbauern schaffen. Deshalb war es unlogisch, wenn fast gleichzeitig für eine Organisationsform geworben wurde, zu deren Gunsten die Kleinbauern, die endlich den langersehnten Status eines Landeigentümers erlangt hatten, die eben erworbenen Rechte mindesenst teilweise wieder hergeben sollten. Diese ungünstige psychologische Situation macht einerseits die Stärke

141

der staatlichen Propaganda und andererseits die schwache Resonanz bei der Landbevölkerung verständlich. Unter den gegebenen Umständen war es nicht zu erwarten, daß sich die Bauern selbst für den Gedanken der Landbewirtschaftungs-Genossenschaften einsetzen würden. Eine Aufklärung zugunsten der genossenschaftlichen Landbewirtschaftung erfolgte durch die Presse - wobei die Lokalpresse lebhaften .A,nteil nahm - und durch Vorträge, Besuche und Inspektionsreisen von Beamten der zuständigen Verwaltungs- und Fachbehörden. Es blieb nicht aus, daß der Begrifl » genossenschaftliche Landbewirtschaftung« zum Schlagwort und überall dort gebraucht wurde, wo man mit der agrarpolitischen Situation oder mit der Produktivität der Landwirtschaft unzufrieden war. a) Herkunft des Gründungsgedankens Die geringe Breiten- und Tiefenwirkung all dieser Anstrengungen ist offenkundig. \'{Teitaus die ~fehrzahl der :Mitglieder der untersuchten Genossenschaftsbetriebe hatte bis unmittelbar vor der Gründung nichts von genossenschaftlicher Landbewirtschaftung gehört. Nur in verschwindend wenigen Fällen erreichte eine Information durch die Presse die Genossenschaftsmitglieder. Übersicht 40 veranschaulicht die Herkunft des Gründungsgedankens bei den untersuchten Genossenschaftsbetrieben. Nur in fünf Fällen (11 v. H.) kam der Anstoß zur Gründung einer Genossenschaft aus den Reihen der Dorfbewohner selbst. Die l\fasse der Dorfbewohner oder einer bestimmten Gruppe (Kaste, Flüchtlinge) läßt sich verhältnismäßig rasch und leicht für eine Idee gewinnen, sobald eine (oder mehrere) ältere und von der Dorfgemeinschaft geachtete Person dafür agiert. Diese Tatsache wurde gerade auch bei der Gründung dieser fünf Genossenschaften deutlich. In fast 90 v. H. der Fälle ging jedoch die Initiative von außenstehenden, meist sehr prominenten Persönlichkeiten aus, wobei die Frage offen bleibt, ob sich die Bauern mehr aus Überzeugung oder mehr auf Grund einer Überredung zur genossenschaftlichen Landbewirtschaftung entschlossen. Übersicht 40 spiegelt die Aktivität und den Einfluß der staatlichen Stellen wider, die mit der Durchführung des Planes zur genossenschaftlichen Landbewirtschaftung beauftragt sind. Im Distrikt Sholapur fand zum Beispiel 1952 auf Veranlassung und unter Leitung des Collectors l21 (Mohite Cooperative Farming Scheme) eine besondere Aktion statt, die zu der Gründung von 46 Landbewirtschaftungs-Genossenschaften führte. Die Mamlatdars 122 und in vielen Fällen der Collector persönlich kamen auf verkehrsmäßig leicht erreichbare Dörfer heraus und stellten den Bauern Zuschüsse, Kredite, Beratung und technische Hilfe in "A,ussicht, ,venn sie einer neu zu gründenden Landbewirtschaftungs-Genossenschaft beitreten würden. In den meisten Fällen konnte bereits am gleichen Tag eine solche Genossenschaft gegründet werden. Es liegt auf der Hand, daß die auf diese Art und Weise organisierten Genossenschaften von vornherein man[21

122

V cr\\'altungsobcrhaupt auf Distrikts~bene. Ein Distrikt ko:nmt eine,TI Regierungsbezirk nahe. Verwaltungs oberhaupt eines Taluka (etwa einem Landkreis vergleichbar). Mehrere Taluka bilden einen Distrikt.

142

cherlei Schwächen aufwiesen, die Mißerfolge heraufbeschworen. Ohne auf spätere Ausführungen vorgreifen zu wollen, kann hier erwähnt werden, daß viele dieser Genossenschaften nur gegründet wurden, um die in Aussicht gestellten staatlichen Vergünstigungen in Anspruch zu nehmen. Die Hoffnung, daß diese »Interessenverbände« ,wenn sie nur erst einmal gebildet waren, auch allmählich von echtem genossenschaftlichem Geist durchdrungen würden, erfüllte sich meistens nicht. Die Mehrzahl dieser Gründungen erwachte nie zu rechtem genossenschaftlichem Leben. Nachhaltigeren Erfolg hatten die Anstrengungen des Landwirtschafts-Departments und des Genossenschafts-Departments. Beide Regierungsstellen sind mit 28 v. H. zu einem beachtlichen Teil an der Gründung der LandbewirtschaftungsGenossenschaften beteiligt. Diese Beamten richteten, zusammen mit ihren Kollegen vom Amt zur Eingliederung rückständiger Volksgruppen, ihre Bemühungen im wesentlichen auf die Bildung von Genossenschaften zur kollektiven Landnutzung auf Staatsland.

Obersicht 40

Die Initiatoren der untersuchten Genossenschaften

Initiatoren A. Ortsansässige Personen: Praktische Landwirte ............. Nicht-Landwirte .................. B. Ortsfremde Personen: Regierungsbeamte auf Taluka-Ebene (Mamlatdar) auf Distrikts-Ebene (Collector) Beamte des Landwirtschafts-Departments oder des GenossenschaftsDepartments ................... Beamte des Eingliederungsamtes (Backward Class Rehabilitation Office) ........................ Prominente Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens .............

Landbewirtschaftungs-Genossenschaften insgesamt gemeinschaftlich kollektiv Anzahl v. H.

4

9

2

2

2 5 14

11

4

30

11

3

13

28

2

11

5

11

4

9

4 2

2

In vier Fällen regten prominente Persönlichkeiten die Gründung einer Landbewirtschaftungs-Genossenschaft an, in einem Fall unter dem unmittelbaren, persönlichen Eindruck einer Reise in die Sowjetunion. Die Ergebnisse der Erhebung beweisen eindeutig, daß es sich gegenwärtig, nach mehr als einem Jahrzehnt seit der ersten Gründungswelle, bei der genossenschaftlichen Landbewirtschaftung um keine Bewegung handelt, die von den Landwirten selbst getragen wird. Vorläufig ist sie vielmehr Ausdruck intensiver staatlicher Anstrengungen, wobei es offenbar häufig mehr um die Quantität als um die nachhaltige Qualität neu zu gründender Landbewirtschaftungs-Genossenschaften zu gehen scheint.

143

b) Die Gründungsmotive Besondere Schwierigkeiten bereitet die Erforschung der Beweggründe, die zur Gründung der Genossenschaft führten, nachdem der Gedanke durch die oben beschriebenen Träger den Bauern erfolgreich nahegebracht worden war. Es stellte sich schon nach wenigen Befragungen heraus, daß im allgemeinen zwei Versionen solcher Beweggründe existieren. Die offizielle Version fand ihren Niederschlag meistens in den Antworten, die die Altesten auf diese Fragen gaben. Oft verrieten solche Antworten nach Inhalt und Formulierung deutlich ihren Ursprung in der staatlichen Propagierung (»um die Produktivität zu steigern!«), oder sie gaben unverkennbar den Werbeslogan wieder, den die Vortragsredner gebraucht hatten (»die Genossenschaft wird mit verbessertem Saatgut, Düngemitteln und mit einem Maschinenpark für Erdarbeiten zur Melioration und zum Tiefpflügen versorgt werden«, oder »nur als Genossenschaft können die Bauern Kredite erhalten«). Andere Antworten deuten auf eine naive Überredung hin (»es ist eine gute Sache - es wird uns helfen« oder »uns wurde gesagt, daß eine Landbewirtschaftungs-Genossenschaft besser ist«). Oft wird die Gelegenheit, durch Mitarbeit in der Genossenschaft ein zusätzliches Einkommen zu verdienen, willkommen geheißen. (»Wir sind arme Kerle und bekamen das Darlehen vom Staat und gründeten die Genossenschaft. Dadurch verdienen wir zusammen etwa 1000,- Rs jährlich mehr als vorher.«) Antworten wie »um die Erträge zu steigern« oder »um die Produktions kosten zu senken« scheinen die wahren Beweggründe eher verbergen als aufdecken zu wollen. Denn in den betreffenden Genossenschaften sind keine Veränderungen in der Wirtschaftsweise zu bemerken. Durchaus glaubwürdig, wenn auch grotesk, ist die Angabe, der lokale Geldverleiher stecke hinter der Wiederbelebung einer ruhenden Genossenschaft. Dieser Mann sah nämlich keine andere Möglichkeit, sein der Genossenschaft geliehenes Geld wieder zurückzubekommen. Er rechnete damit, daß die wieder voll funktionierende Genossenschaft ein neues Staatsdarlehen bekommen würde, das sie zur Tilgung ihrer Schulden benützen könnte. Die obigen Schilderungen entsprechen genau dem Bild, welches normalerweise Besuchern und anderen interessierten Personen als offizielle Version gezeigt wird. Die wirklichen Beweggründe kommen aber darin nur teilweise oder gar nicht zum Vorschein. Es wurde deshalb versucht, durch Prüfung der Mitgliederlisten, Angaben über Landbesitz innerhalb und außerhalb der Genossenschaft, über Verwandtschaftsverhältnisse, über den Wohnort der Mitglieder sowie durch unabhängige Befragung der Nachbarn und anderer ortskundiger Personen und durch Gespräche mit den Mitgliedern, denen häufige Besuche vorausgingen, um Vertrauen zu gewinnen, die wirklichen Beweggründe für die Bildung der Genossenschaft zu erforschen. Dabei ergab sich ein Bild, das nur noch wenig Ahnlichkeit mit der ersten Version aufweist (Übersicht 41). Am ehesten passen die beiden ersten l\lotive - »Vergrößerung der Bewirtschaftungsbasis« (33 v. H.) und »Eingliederung von Flüchtlingen und landlosen Landarbeitern« (17 v. H.) - in die gewünschte Richtung der indischen Agrarplaner, obwohl auch diese Gruppen stark individualistische Elemente enthalten. 144

Übersicht 41

Die Motive für die Gründung der untersuchten Genossenschaften

Hauptmotive

Landbewirtschaftungs-Genossenschaften gemeinschaftlich kollektiv insgesamt Anzahl v.H.

Vergrößerung der Bewirtschaftungsbasis

15

33

2

Eingliederung von Flüchtlingen oder land losen Landarbeitern ........... .

7

17

Neue oder verbesserte Bewässerungsmöglichkeiten .................... .

3

6

3

Staatszuschüsse und Unterstützung, verbesserte Kreditmöglichkeiten ....... .

10

22

8

2

Umgehung der Pachtgesetzgebung und der Bestimmung über Besitzgrößengrenzen

10

22

8

2

Insgesamt

45

100

21

24

13 7

Auch die Seßhaftmachung von Flüchtlingen und Landlosen bedeutet im Grunde nichts anderes als eine Siedlungsaktion, wenn sie auch in Form der genossenschaftlichen Landbewirtschaftung versucht wird. Dies erwies sich aber auch nur zum Teil als erfolgreich. In Genossenschaftsbetrieben, die vor allem wegen neuer oder verbesserter Bewässerungsmäglichkeiten gegründet wurden (6 v. H.), finden sich einige echte betriebswirtschaftliche Gründe, die auch eine genossenschaftliche Betriebsform als zweckmäßig erscheinen lassen. Eine Genossenschaft motorisierte einen bestehenden Brunnen und bewässerte das umliegende Land. Die betreffenden Eigentümer verpachteten nur diese Parzellen der Genossenschaft, während die außerhalb eines gewissen Radius liegenden Parzellen weiterhin individuell bewirtschaftet werden. In zwei anderen Fällen konnte eine größere Fläche mit Hilfe von Pumpen aus einem Fluß bewässert werden - eine finanzielle Hilfe von außen machte mehr oder weniger die Bildung der Genossenschaft erforderlich. Diese wenigen Betriebe stellen eine echte gemeinschaftliche Aktion dar, um das gegebene oder zu erstellende Bewässerungspotential besser auszunutzen. Mehr als ein Fünftel der untersuchten Genossenschaftsbetriebe hat mit der Gründung bezweckt, die erheblichen staatlichen Mittel und Leistungen in Anspruch zu nehmen, aber versäumt, auch die betriebswirtschaftlichen und sozialen Konsequenzen zu ziehen. Ebenfalls mehr als ein Fünftel der untersuchten Genossenschaftsbetriebe wurde gegründet, um bestimmte Klauseln der Pachtgesetze oder die Bestimmungen über die Hächstgrenze der Besitzgräßen zu umgehen. Diese Beweggründe herrschen besonders im gemeinschaftlichen Typ vor und haben zur Gründung von Landbewirtschaftungs-Genossenschaften auf Familienbasis geführt. Einige typische Beispiele mögen die Situation illustrieren:

145

Beispiel 1 : Eine Gruppe von Mahars pflegte ihr Vatan-Land alljährlich an einen großen Grundbesitzer zu verpachten. Von der Distriktsverwaltung vor die Alternative gestellt, das Land einer neu zu bildenden Genossenschaft zu übertragen oder es zu verlieren, wählten diese Mahars die erste .Möglichkeit. B.eispiel 2: Ein Genossenschaftsbetrieb hat zehn Mitglieder, von denen nur zwei Mitglieder Land vergesellschaftet haben. Die übrigen acht nicht-besitzenden Mitglieder sind (außer einer Person) » Strohmänner«, das heißt, sie haben nur die Funktion, die Mitgliederliste zu füllen. Ein Mitglied dieser Genossenschaft hat nicht nur in dieser, sondern auch in einer Nachbargenossenschaft Land eingeworfen und die Mitgliedschaft erworben. Dieses Mitglied hat von den 39 ha, die es besitzt, je 8,4 ha den beiden Genossenschaften verpachtet, wodurch die selbst bewirtschaftete Fläche ungefähr auf die für den Staat Bombay geltende Höchstgrenze von 48 acres (11,9 ha) herabsinkt. Das einzige arbeitende Mitglied dieser Genossenschaft ist ebenfalls Mitglied in der Nachbargenossenschaft. Es stellt sich heraus, daß es, wie zwei andere arbeitende Mitglieder jener Nachbargenossenschaft, früher ständige Lohnarbeitskraft des erwähnten Grundeigentümers war. Dies ist ein typisches Beispiel, das eine Umgehung der Verordnung zur Besitzgrößenbeschränkung im Rahmen getarnter Familienunternehmen veranschaulicht. Beispiel 3: Ein noch krasserer Fall ist der folgende: Eine Genossenschaft zur gemeinschaftlichen Landnutzung hat zwölf Mitglieder. Dem Mitglied A gehören 28,4 ha, wovon es 20,4 ha der Genossenschaft für zehn Jahre verpachtet hat. A ist Vorsitzender » seiner« Genossenschaft, denn A ist das einzige Mitglied, das Land eingebracht hat. Unter den restlichen elf Mitgliedern sind vier verwandte » Strohmänner«, darunter die Frau von A, drei nicht verwandte» Strohmänner« und vier Landarbeiter, die auch die nicht vergesellschafteten 8 ha von A bearbeiten. Beispiel 4: Zwei Mitglieder, Mund N, die einzigen, die Land vergesellschaftet haben, sind als Amtsbüttel beschäftigt. Beide besitzen 16 ha Vatan-Land. Ahnlieh wie im Beispiel 1 wurde das Land alljährlich verpachtet. Nach den neuen Pachtgesetzen hätten sie ihr Land an den zeitweiligen Pächter abgeben müssen. Um diese Bestimmung zu umgehen, wurde auf diesem Land eine LandbewirtschaftungsGenossenschaft gegründet. Man fand acht Analphabeten als » Strohmänner«. Mitglied M läßt das Land durch Lohnarbeitskräfte bearbeiten, während Mitglied N seine 16 ha unter der Hand verpachtet hat. Diese Beispiele mögen genügen, um den Abschnitt über die wahren Gründungsmotive abzurunden. 146

Ergebnis: 1. Den Anstoß zur Gründung von Landbewirtschaftungs-Genossenschaften gaben hauptsächlich Beamte der zuständigen Behörden. Nur wenige Genossenschaftsbetriebe verdanken ihre Entstehung eigener Initiative. 2. Die wahren Gründe, die zur Bildung von Genossenschaftsbetrieben führten, weichen zum Teil erheblich von der landläufigen Darstellung ab. 3. Nur 6 v. H. der untersuchten Landbewirtschaftungs-Genossenschaften wurden ausschließlich aus echten genossenschaftlichen Motiven gegründet. 17 v. H. entsprechen der agrarpolitischen Zielsetzung der Eingliederung und Ansiedlung landloser Landarbeiter, Flüchtlinge und rückständiger V olksgruppen. 33 v. H. der Genossenschaftsbetriebe verdanken ihre Entstehung hauptsächlich dem Wunsch nach einer Vergrößerung der Wirtschaftsbasis. 21 v. H. der Genossenschaftsbetriebe wurden gegründet, um die in Aussicht gestellten staatlichen Förderungshilfen in Anspruch nehmen zu können, und ebenfalls 21 v. H., um einschneidende Bestimmungen der neuen Pachtgesetze und der Besitzgrößenbeschränkung umgehen zu können.

2. Arbeitsklima und Arbeitsdisziplin Die Organisierung einer neu gebildeten Landbewirtschaftungs-Genossenschaft wirft einige schwierige menschliche Probleme auf, besonders wenn der Betrieb wirklich im genossenschaftlichen Geist geführt werden soll. Es bedarf besonderer Anstrengungen, um diese Betriebe nicht in das Fahrwasser von normalen Großbetrieben gleiten zu lassen und der Gefahr eines »Wandels vom genossenschaftlichen Prinzip der Koordination zum bürokratischen Prinzip der Subordination«123 zu entgehen. Auf gewisse Einstellungen und Verhaltensweisen der Mitglieder untereinander und gegenüber der Organisationsform wurde bereits im Abschnitt über die Arbeitsorganisation hingewiesen. Diese Ausführungen sind nun noch zu erweitern durch eine Darstellung des Arbeitsklimas in den untersuchten Genossenschaftsbetrieben und der Mittel zu dessen Beeinflussung. Es ist nur in wenigen, außergewöhnlichen Fällen gelungen, genossenschaftliche Prinzipien im Aufbau der Betriebsorganisation so zu verwirklichen, daß ein genossenschaftliches Arbeitsklima entstand. In den meisten Betrieben jedoch - soweit sie überhaupt ein die Frage berührendes Produktionsniveau erreichen herrschen Verhältnisse, die sich von denen eines normalen Großbetriebes nicht wesentlich unterscheiden. Mit anderen Worten, im Arbeitsablauf sind in der Regel Aufsichts- und Kontrollorgane erforderlich, sonst würden Leistungen und Arbeitsqualität absinken. Nur in zwei Genossenschaftsbetrieben findet eine Selbstkontrolle beziehungsweise eine Aufsicht und Anleitung durch mitarbei123

O. SCIIILLER in: Govt. of India, Report of the German Agricultural Delegation to India on Cooperative Farming, Farm Machinery, Fertilizcr, Land Consolidation and Dairy Processing, Ne\v Delhi 1960.

147

tende Mitglieder statt. In den meisten Fällen übernehmen ältere oder solche Mitglieder, die Land vergesellschaftet haben, Kontrolle und Aufsicht. Sie gehören oft dem Verwaltungsrat (managing committee) an. Eine Aufsicht wird in vielen Fällen schon deshalb notwendig, weil zu einem nicht unerheblichen Teil fremde Lohnarbeitskräfte beschäftigt werden. Als eine gefährliche Abweichung von genossenschaftlichen Grundsätzen ist die Verhängung von Strafen zu werten, mit denen ein Mindestmaß an Disziplin und Leistung aufrechterhalten werden soll. In einer Reihe von Betrieben spielen Verwarnungen bei Lässigkeit und mangelnder Pünktlichkeit eine größere Rolle. Es wurde berichtet, daß dies in den meisten Fällen genügt, um die Mitglieder » bei der Stange zu halten«. Doch gibt es auch eine Anzahl von Genossenschaftsbetrieben (7 aus 45), die regelrechte Strafen für Unpünktlichkeit bei der Arbeit und für schlechte Arbeitsleistung verhängen. Diese Strafen bestehen aus Geldbußen zwischen 2,- und 10,- Rs oder aus Nichtanrechnung der in Frage kommenden Arbeitszeit. In einigen Fällen muß die Arbeit ordnungsgemäß und ohne Bezahlung wiederholt werden. Eine Genossenschaft, die besonders schwer unter Unpünktlichkeit zu leiden hatte, führte ein, daß bei einer Arbeitsversäumnis von einer Stunde ein halber Arbeitstag gestrichen wurde. In zwei Fällen entließ man ilditglieder wegen mangelnder Disziplin und Arbeitsleistung auf der Stelfe. Eine Auslösung von Land kam dabei nicht in Frage. Die offensichtliche Notwendigkeit, Ordnung und Leistung durch Strafen aufrechtzuerhalten, ist um so bemerkenswerter, als die allgemeinen Leistungsanforderungen nicht sehr hoch sind. Außerdem liegt es im Interesse der Mitglieder, die Mitgliedschaft nicht zu gefährden, um nicht die oft einzige Arbeitsund Verdienstmöglichkeit zu verlieren. In vielen Fällen entspringt Lässigkeit und Unpünktlichkeit bei der Arbeit dem Gefühl, daß der Ertrag der Arbeit doch nur zu einem kümmerlichen Dasein ausreiche, weshalb es sich kaum lohne, sich anzustrengen und mehr und bessere Arbeit zu leisten. Tatsächlich sind in weitaus der Mehrzahl der Fälle wenig materielle oder psychologische Mittel vorhanden, die das Genossenschaftsmitglied zu höherer Leistung anspornen könnten. Leistungslöhne oder Sondervergütungen sind selten, und eine Prämie am Ende des Jahres wird nur in wenigen Genossenschaften ausbezahlt, weil die Einkünfte nur knapp über den Ausgaben stehen. Zusammenfassend kann gesagt werden, daß die Genossenschaftsbetriebe vor der Schwierigkeit stehen, genossenschaftliche Elemente in den täglichen Arbeitsablauf einzuführen und nachhaltig zu wahren. Die Mehrzahl der Betriebe kann auf Aufsichts- und Kontrollorgane nicht verzichten. Verwarnungen und Strafen kommen häufiger vor, als es in genossenschaftlichen Unternehmen der Fall sein sollte.

3. Pachtdauer der vergesellschafteten Parzellen Sehr aufschlußreich ist die vereinbarte Pachtdauer des eingebrachten Landes für die Einstellung der Mitglieder zu ihrer Genossenschaft (Übersicht 42). Der

148

Analyse der privaten Pachtverträge sei eine Betrachtung der staatlichen Pachtbedingungen vorangestellt, denn auch das Verhalten des Staates läßt hochinteressante Rückschlüsse zu. Der Staat fungiert beinahe als einziger Verpächter für die Genossenschaftsbetriebe des kollektiven Typs. Die Laufzeit der Pachten für fast die Hälfte aller Parzellenbündel124 beträgt ein Jahr. Nicht einmal ein Viertel des staatlichen Pachtlandes wurde den Genossenschaftsbetrieben zur langfristigen Nutzung überlassen. Aus dem Überwiegen von Jahrespachten und dem Fehlen von langfristigen Pachtverträgen muß man schließen, daß der Staat eine gewisse Zurückhaltung gegenüber den jungen Landbewirtschaftungs-Genossenschaften für angebracht hält. Die einjährige Vereinbarung (eksali lease) betrifft häufig Pachtverträge für nur elf Monate, die laufend erneuert werden müssen. Unter den Landwirten sind diese kurzfristigen Pachten deshalb unbeliebt, weil viele Monate vergehen, bis ein Antrag bearbeitet wird. Während der Zeitspanne der Ungewißheit zwischen dem Erlöschen der alten Pacht - das meistens mit der Beendigung der Ernte im Februar/März zusammenfällt - und der Bestätigung der neuen Pacht stellt der Bauer alle Maßnahmen der Bodenpflege und der Erosionsverhütung ein. Vor allem scheut er sich - was noch schlimmer ist selbst kurzfristige Betriebsinvestitionen (Verwendung von Düngemitteln und verbessertem Saatgut) vorzunehmen, weil nach den gegenwärtigen Bestimmungen 125 das Land bei kurzfristiger Kündigung ohne Entschädigung des in-

Übersicht 42

Die Pachtdauer in den untersuchten Genossenschaften Laufzeit der Pachtvereinbarungen einzelner Parzellenbündel * (in Jahren) Staatliches Land Privates Land 5 10 30 99 Vatan ins5 10 20 30 99 insgesamt gesamt

Genossenschaftstyp

Gemeinschaftlich (21 Betriebe) Kollektiv (23 Betriebe)

10

1

4

2

Insgesamt (44 Betriebe)

11

1

4

2

*

4

5

3

2

22

3

6

27

13

13

2

2

1

1

1

3

3

3

1

21

18

Gruppe von Parzellen, die unter gleichen Bedingungen an den gleichen Pächter gegeben wurden.

124

125

Gruppe von Parzellen, die unter gleichen Bedingungen an den gleichen Pächter gegeben wurden. Auszug aus einer Anordnung des Collector, Poona (vom 19.6.1957) an einen Genossenschaftsbetrieb zur kollektiven Landnutzung: »These lands are leased out on the condition that the lcssees should surrender the land to the Government even during the currency of the lease period without claiming any compcnsation on any account and that no excuse regarding expenditurc on improvements etc. will bc entertained at thc time of the withdrawal of these lands and no representation on any

149

vestierten Kapitals wieder eingezogen werden kann. Bei diesen Bestimmungen ist das fehlende Interesse der Mitglieder an ertragssteigernden Maßnahmen auf eksali- Pachtland durchaus verständlich. Es wäre daher als Voraussetzung und gleichzeitig als Anreiz für eine höhere Erzeugung sehr zu begrüßen, wenn die zuständige Behörde (Revenue Department) die Jahrespacht wenigstens für Landbewirtschaftungs-Genossenschaften abschaffen und langfristige Vereinbarungen eingehen würde. Ist für die Mitglieder schon der Entschluß schwer, einen Teil oder das ganze Land pachtweise einer Landbewirtschaftungs-Genossenschaft zu überlassen, so steht die Pacht dauer in direktem Verhältnis zur Bereitschaft und zum Vertrauen, das dieser Betriebsform entgegengebracht wird. Auch bei den Mitgliedern ist auf Grund dieses Merkmales eine zurückhaltende Vorsicht festzustellen. Von 18 Parzellenbündeln, die von Mitgliedern als Verpächter der Genossenschaft überlassen worden sind, haben nur vier Laufzeiten, die länger als zehn Jahre sind. Die meisten Pachtverträge lauten auf zehn Jahre. In vielen Fällen steht diese Frist mit der Laufzeit staatlicher Kredite für Landentwicklungsvorhaben in Verbindung. Die Vatan-Ländereien stehen unter unbefristeter Pacht und können deshalb in diesem Zusammenhang unberücksichtigt bleiben. Die Pachtvereinbarungen sind vereinfachte Pachtverträge, von denen je eine Abschrift bei der Genossenschaft, beim Genossenschafts-Department (Office of the Registrar) und beim Mitglied selbst verbleibt. Nur in einem Fall bestand eine mündliche Abmachung der Beteiligten (für fünf Jahre). Die Pachtvereinbarungen übertragen die Nutzungsrechte für eine bestimmte Zeitdauer, ohne Auf- oder Abwertungen durch Landverbesserungen oder Anderungen der Verkehrs lage zu berücksichtigen. Es wird lediglich die Zahlung einer LandDividende zugesichert. Wesentlich für die Beurteilung des »Tiefgangs« der Pachtverhältnisse ist, daß die vergesellschafteten Parzellen im Grundbuch keine Veränderungen erfahren haben. In mehreren Fällen, besonders bei langen Laufzeiten, erscheint die Bemerkung »an die Genossenschaft X verpachtet«. Ebenso muß noch einmal hervorgehoben werden, daß es in keinem Fall zu einer Übertragung der Eigentumsrechte an die Genossenschaft gekommen ist. Beschränkte Eigentumsrechte haben die Landbewirtschaftungs-Genossenschaften von Vatan-Ländereien inne.

4. Mijglichkeiten des Ausscheidens Weil es sich in den vorliegenden Fällen nur um eine Verpachtung und dazu noch um eine kurzfristige handelt, fallen die Möglichkeiten einer Herauslösung des einmal vergesellschafteten Landes mit den Bedingungen der Pacht, vor allem account will be hard at the time of withdrawal evcn during the currency of the lease and that the lands would be vacated by the lessees within a week's time from the date of such intimation to thcm when rcquircd by the Government.«

150

mit der Laufzeit, zusammen. Es wäre von großem Interesse, zu erfahren, wie man sich eine Herauslösung vergesellschafteten Landes vorstellt, wenn es grundbuchmäßig der Genossenschaft übereignet worden ist, ohne das Gefüge eines Genossenschaftsbetriebes zu erschüttern. In den untersuchten Genossenschaften kann nur von einem Fall einer Herauslösung berichtet werden, bei dem ein Mitglied ohne Schwierigkeiten seinen pachtweise vergesellschafteten Landanteil zurückziehen konnte. Diese Parzellen wurden verkauft, um die Heirat einer Tochter zu finanzieren. In der Tat verdient das Argument, die Vergesellschaftung des Landes sei vielen Landwirten deshalb so unsympathisch, weil vergesellschaftetes Land für die Aufnahme von Krediten konsumptiver und privater Natur nicht mehr in Frage komme, große Beachtung. In einer Landwirtschaft mit stark schwankenden Erträgen muß eine derartige Beschränkung der Möglichkeiten einer Kreditnahme in Notzeiten für die Masse der Landwirte, die als Sicherheit oder Reserve nur ihr Land anzubieten haben, geradezu abschreckend wirken. Die offensichtlich geringe Neigung, einmal vergesellschaftetes Land wieder herauszulösen, hat zwei Gründe: 1. In nicht wenigen Fällen halten die Bedingungen aufgenommener Kredite das Gefüge der Landbewirtschaftungs-Genossenschaften zusammen oder schieben deren Auflösung zeitlich hinaus. Vor allem trifft dies zu, wenn das gesamte Land der Genossenschaft zur Sicherung der Kredite herangezogen worden ist. 2. Wie oben gezeigt werden konnte, haben viele Genossenschaften zur gemeinschaftlichen Landnutzung den Charakter eines Familienunternehmens. In diesen Fällen verliert die Herauslösung des vergesellschafteten Landes ihren Sinn als Kriterium für Mißerfolge, Mißstände, persönliche Notfälle oder Unzufriedenheit.

5. Freiwillige Zusammenlegung Als ein weiteres Kriterium für die Einstellung der Mitglieder zu ihrer Genossenschaft kann schließlich auch noch das Ausmaß der Zusammenlegung eingebrachten Landes innerhalb des genossenschaftlich bewirtschafteten Landes herangezogen werden. Dies trifft besonders für die Betriebe des gemeinschaftlichen Typs zu, weil - bei Aufrechterhaltung der Eigentumsrechte - einzelne Feldstücke leicht zu größeren, rationelleren Bewirtschaftungseinheiten zusammengelegt werden können 126 • 126

Nach den gegenwärtigen Bestimmungen des Revenue Department ist eine eigenmächtige Veränderung der Katastereinheiten (survey numbers) ohne Erlaubnis der zuständigen Behörde unzulässig. Die in der Praxis sehr häufigen Unterteilungen der relativ großen Katastereinheiten - nur selten durch Steine gekennzeichnet - können ohne Erlaubnis und Mitwirkung der Behörde nach Übereinkommen beider Parteien verändert oder aufgehoben werden. Es sind dies Teilstücke, hissa genannt, die für eine freiwillige Zusammenlegung in den Genossenschaftsbetrieben hauptsächlich als Schnellverfahren in Frage kommen.

151

Die Zustimmung zur Zusammenlegung zeigt an, inwieweit die Mitglieder, die Land vergesellschaftet haben, auch bereit sind, auf begrenzte Zeit, nämlich für die Pachtdauer, ihr Land als Bewirtschaftungseinheit aufzugeben und als Teil des genossenschaftlichen Gesamtbesitzes behandelt zu sehen. Solche Bereitschaft spiegelt aber auch die Ein- und Wertschätzung der neuen Organisations- und Betriebsform wieder. Der Landwirt wird sich nämlich die Frage vorlegen, ob dieses Experiment auch langlebig genug sein wird, um eine Zusammenlegung zu lohnen, und er wird überlegen, ob die genossenschaftliche Zusammenlegung sich nicht in Zukunft als versteckte Falle entpuppen wird, so daß er außer den individuellen Nutzungsrechten eines Tages auch seine Eigentumsrechte verliert. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung zeigen in dieser Hinsicht ein sehr skeptisches Verhalten. Nur in drei Betrieben (aus 22 Genossenschaften zur gemeinschaftlichen Landnutzung) sind Veränderungen der hissa-Grenzen auf freiwilliger Basis vorgenommen worden. In zwei Fällen (Nr. 1 und 13) dienten sie dazu, um neugeschaffene Bewässerungsanlagen voll ausnützen zu können, wobei an eine Mechanisierung noch nicht gedacht worden war. In einem Betrieb (Nr. 44) entsprang die Zusammenlegung den Erfordernissen eines stark mechanisierten Großbetriebes. In den übrigen Betrieben hat keine, auch nur zeitbedingte, Veränderung der Parzellenstruktur stattgefunden, obwohl es in vielen Fällen für eine bessere Ausnutzung der Zugkräfte und des Bewässerungspotentials oder für die Erosionsverhütung notwendig gewesen wäre. Diese Ergebnisse lassen erkennen, daß der Bauer im Deccan (und es liegen keine Berichte vor, die diese Ansicht für andere Teile Indiens widerlegen) nur sehr zögernd an Maßnahmen herangeht, die sein Land betreffen. Es dürfte in Zukunft recht schwierig sein, ihn auf freiwilliger Basis zu größeren Zugeständnissen in der Frage der Zusammenlegung seiner Parzellen zu animieren und auf diesem Wege vergesellschaftete Einzelparzellen zu größeren Bewirtschaftungseinheiten zusammenzufassen. Es muß hier allerdings bemerkt werden, daß unter den derzeitigen Verhältni ssen weder eine Vollarrondierung noch sehr große Teilstücke für eine rationelle Bewirtschaftung erforderlich sind. Es wird vielmehr vom Anbausystem und von Grad und Natur einer angepaßten Mechanisierung abhängen, wie Anzahl, Form und Fläche der Parzellen optimal bemessen sein sollen.

6. Nachfolge bei Todesfällen Eine Herauslösung des Landes oder eine Transaktion von Anteilen oder Geld kann notwendig werden, wenn die Nachfolge bei Todesfällen von Mitgliedern geregelt werden muß. Dieses Problem kann besondere Schwierigkeiten bereiten, wenn der Nachfolger des Verstorbenen der Genossenschaft nicht beizutreten gedenkt und auf einer Rückgabe des Landes besteht. Bedeutet schon die Auszahlung in Geld eine ohne Kredit kaum zu meisternde Aufgabe, so löst die Rückgabe von Land, besonders wenn es sich um bereinigte, arrondierte Flächen handelt, eine Reihe von Reaktionen aus. Mehrere Fälle solcher Art innerhalb 152

einer kürzeren Zeitspanne können die Betriebsplanung und Organisation auch der bestgeleiteten Genossenschaft aus dem Gleichgewicht bringen. In diesem Zusammenhang sind schon Vorschläge gemacht worden, geeignete Parzellen an der Peripherie zusammenhängender Feldstücke als Austausch- oder Kompensationsobjekte heranzuziehen, damit das betriebliche Gesamtgefüge nicht allzusehr gestört wird.

Übersicht 43

Die Mitgliedernachfolge bei Todesfällen in den untersuchten Genossenschaften

keine insGenossenschafts- Ältester Adoptiv- Tochter Enkel Bruder Witwe Nachfolge gesamt typ Sohn Sohn Gemeinschaftlich (20 Betriebe) Kollektiv (21 Betriebe) Insgesamt (41 Betriebe)

5

1

7 12

1

1

3

11

1

10

4

21

In der vorhandenen Literatur gibt es gegenwärtig keine Angaben oder Andeutungen darüber, wie die Nachfolge verstorbener oder ausgeschiedener Mitglieder, die Land vergesellschaftet hatten, praktisch geregelt wird. Diese Frage wurde deshalb in die vorliegende Untersuchung einbezogen. Das theoretisch unter Umständen sehr komplizierte Problem wird in der Praxis nach den vorliegenden Ergebnissen sehr einfach gelöst, nämlich durch Sukzession innerhalb der Verwandtschaft. In 41 berichtenden Betrieben läßt es sich an 21 Todesfällen nachweisen (Übersicht 43), daß die nächsten Verwandten und besonders der älteste Sohn automatisch den Anteil ohne weitere Komplikationen übernommen haben. Vier Mitgliederanteile wurden deshalb nicht neu besetzt, weil ein zweites Genossenschaftsmitglied aus der gleichen Familie den Anteil und die damit verbundenen Rechte und Verpflichtungen übernahm. Offensichtlich ist der Druck auf jede Erwerbsmöglichkeit und Arbeitsstelle so groß, daß er eine wählerische und abwägende Haltung verbietet. Darüber hinaus wirkt auch heutzutage noch - wenn auch zunehmend schwächer - die Kastenzugehörigkeit als berufbestimmend, so daß auch in dieser Beziehung der Sohn kaum etwas anderes tun kann, als es sein Vater zu tun pflegte.

7. Anderungswiinsche Es wäre ein Irrtum, anzunehmen, daß an dem gegenwärtigen Zustand und der Richtung, die die genossenschaftliche Landbewirtschaftung im Untersuchungsgebiet eingeschlagen hat, für alle Zeiten starr festgehalten würde. Die Landbewirtschaftungs-Genossenschaften müssen, weil sie nicht von unten her gewachsen sind, sondern an die Bauern herangetragen wurden, ohne ihnen Zeit zu

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lassen, diese Form ganz in sich aufzunehmen und innerlich zu verarbeiten, zwangsläufig gärende Elemente in sich bergen. Veränderungs- und Auflösungserscheinungen sind gerade bei Produktionsgenossenschaften nichts Neues und aus mehreren osteuropäischen Ländern (besonders aus Jugoslawien, Polen und Ungarn) bekanntgeworden, als sich dort der Kollektivierungsdruck lockerte. Wichtig ist es nun, ob solche Auflösungen zu einem Rückfall in die alten Wirtschaftsweisen führten oder ob fortschrittliche Arbeitsverfahren und gewisse genossenschaftliche Formen beibehalten werden. Das letztere trifft unter den berichtenden Betrieben für die Hälfte der Fälle zu. Während aus den zwölf Betrieben (27 v. H. aller untersuchten Betriebe), die den Wunsch zum Wechsel der Organisations- oder Betriebsform äußerten, die Hälfte zur individuellen Form der Landbewirtschaftung zurückkehren will, steuert die andere Hälfte auf die Form der Pächtergenossenschaft zu, also auf eine Beschränkung der genossenschaftlichen Tätigkeit auf bestimmte Teilaufgaben. Das Bild sieht im einzelnen wie folgt aus: Es besteht in zwei Genossenschaften zur gemeinschaftlichen und in vier Genossenschaften zur kollektiven Landnutzung der Wunsch, zu individueller Landbewirtschaftung zurückzukehren, ferner in sechs Genossenschaften zur kollektiven Landnutzung, zur Form der Pächtergenossenschaft überzugehen. Manche Kreise neigen stark dazu, diesen Veränderungstendenzen eine negative Wertung beizumessen. Es müßte aber erst noch bewiesen werden, ob diese Tendenzen zur individuellen Landbewirtschaftung oder zur Pächtergenossenschaft dem Ziel einer Erhöhung der landwirtschaftlichen Produktion entgegenwirken oder nicht. Die Begründungen für den Wechsel der Betriebsform in den vorliegenden zwölf Fällen scheinen die Zweifel an der These zu bekräftigen, daß die kollektive Landbewirtschaftung unter allen Umständen die vollkommenste Form der Bodennutzung sei. Die Antworten geben nämlich der Überzeugung Ausdruck, bei individueller Nutzung die Erträge rascher steigern zu können, besser für Vieh, Maschinen und Geräte zu sorgen und länger und härter zu arbeiten. Einige Zitate dazu: »Die Regierung will, daß wir auf kollektiver Basis arbeiten, aber wir wollen allein für uns wirtschaften ... Niemand kümmert sich um die Tiere, um den Pumpenmotor und alles andere.« - »Auf eigenen Feldern würden wir 11 maundsjacre (= 16,2 dzjha) ernten, jetzt bekommen wir nicht mehr als 1 maundjacre Jowar (Sorghumhirse).« - »Jeder arbeitet weniger unter dem kollektiven Arrangement, oft kommen Diebstähle von Erntegut vor, und der staatliche Verwalter hat - zusammen mit dem Rechnungsprüfer von der Genossenschaftsverwaltung - Geld veruntreut.« - »Wir würden das Land lieber aufteilen und individuell bewirtschaften, härter arbeiten und die Ernten verdoppeln.« - »Wir würden das Vatan-Land gern einzeln bebauen, aber die Hoffnung auf Zuschüsse hält die Genossenschaft zusammen.« Die Genossenschaftsverwaltung kommt nur sehr zögernd, wenn überhaupt, solchen Anträgen auf Wechsel der Organisations- oder Betriebsform nach. Es gibt einige Betriebe im Untersuchungsgebiet, deren Anträge schon mehrere Jahre lang unentschieden liegengeblieben sind. Es dürfte der Sache jedoch wenig dienlich sein, Zwang auszuüben, besonders wenn es sich um Genossen-

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schaften auf Staatsländereien handelt. Eher sollte versucht werden, solche Veränderungs erscheinungen in Bahnen zu lenken, die einen Rückfall in rückständige Produktionsmethoden verhindern. Eine Weiterentwicklung in Form von Bezugs- und Absatzgenossenschaften, von gemeinschaftlicher Nutzung von Bewässerungsanlagen und Maschinen, gemeinschaftliche Fortbildung, Beratung und Demonstrationen könnten die genossenschaftliche Initiative wach halten, die in den Landbewirtschaftungs-Genossenschaften unbefriedigt blieb. O. SCHILLER127 empfiehlt in diesem Zusammenhang» beim Übergang zur individuellen Landnutzung alle übrigen Formen der genossenschaftlichen Zusammenarbeit aufrechtzuerhalten«. Ergebnis: 1. Wenige vorbildliche Genossenschaften ausgenommen, weicht in der Mehrzahl der Fälle das Arbeitsklima kaum von dem eines üblichen Großbetriebes ab. Aufsicht, Kontrollen und Disziplinarstrafen lassen sich nicht vermeiden, um Arbeitsdisziplin und Leistung aufrechtzuerhalten. Eine befriedigende genossenschaftliche Lösung, um die Mitarbeit zu aktivieren, ist offensichtlich noch nicht gefunden worden. 2. An der Laufzeit der Pachten gemessen zeigen sowohl der Staat als auch private Pächter eine vorsichtige, abwartende Haltung gegenüber den Landbewirtschaftungs-Genossenschaften. Auf Staatsländereien (hauptsächlich in Genossenschaftsbetrieben zur kollektiven Landnutzung) herrscht die einjährige Pacht, in Betrieben zur gemeinschaftlichen Landnutzung eine Laufzeit bis zu zehn Jahren vor. Pachtvereinbarungen über zehn Jahre sind selten. Von der Möglichkeit der Herauslösung vergesellschafteten Landes ist wenig Gebrauch gemacht worden. 3. Eine freiwillige Zusammenlegung oder sonstige Veränderungen der Feldgrenzen aus betriebswirtschaftlichen Gründen wurde nur in drei Fällen (von 22 dafür in Frage kommenden Genossenschaften) durchgeführt. 4. Die Nachfolge der Mitgliedschaft bei Todesfällen erweist sich als unkompliziert. In der Regel übernehmen nahe Verwandte, meistens der älteste Sohn, automatisch Anteil und Verpflichtungen. 5. Bei über einem Viertel der gegenwärtig funktionierenden Genossenschaftsbetriebe ist eine fühlbare Tendenz zur Änderung der Betriebs- oder Organisationsform feststellbar. Mit der Begründung höherer Produktivität werden entweder Pächtergenossenschaften angestrebt oder individuelle Landbewirtschaftung.

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O. SCHILLER, in: Govt. of India, Report of the German Agricultural Delegation to India on Cooperative Farming, Farm Machinery, Fertilizer, Land Consolidation and Dairy Processing, New Delhi 1960.

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Zusammenfassung

Die vorliegende Studie stellt einen Versuch dar, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild von dem Funktionieren, den sozialökonomischen Auswirkungen, der Problematik und den Zukunftsaussichten der genossenschaftlichen Landbewirtschaftung in Indien zu gewinnen. Die in vier Distrikten im Hochland von Deccan vorgefundenen Zustände scheinen typisch zu sein für die Situation der indischen Landbewirtschaftungs-Genossenschaften, da Untersuchungen in anderen Teilen Indiens zu ganz ähnlichen Ergebnissen gekommen sind. Deshalb sind die bei der vorliegenden Untersuchung gewonnenen Ergebnisse mit gewissen Einschränkungen auch von Aussagewert für die genossenschaftliche Landbewirtschaftung in Indien überhaupt, wobei selbstverständlich zu beachten ist, daß die natürlichen, wirtschaftlichen und sozialen Voraussetzungen auf dem indischen Subkontinent sehr verschieden sind. Die wesentlichsten Ergebnisse sind folgende: Die Zukunftsaussichten der genossenschaftlichen Landbewirtschaftung auf freiwilliger Basis und die Brauchbarkeit der gewählten Organisationsformen unter indischen Verhältnissen können nicht allein auf Grund der Erfahrungen beurteilt werden, die bei kollektiver Landnutzung gemacht wurden, denn die Mehrzahl der Betriebe zur kollektiven Landnutzung ist auf Staatsländereien erstellt worden. Dadurch entfällt bei diesem Genossenschaftstyp die schwierige Entscheidung, eigenen Grund und Boden zu vergesellschaften. Bei diesen Genossenschaften sind Fragen der Arbeitsorganisation, der Entlohnung, der notwendigen Kontrollen und der Menschenführung von ausschlaggebender Bedeutung. Der Erfolg ist wesentlich von günstigen natürlichen und betriebswirtschaftlichen Voraussetzungen abhängig. Viel aufschlußreicher für die Beurteilung der künftigen Entwicklung der genossenschaftlichen Landbewirtschaftung sind die Erfahrungen, die mit den Genossenschaften des gemeinschaftlichen Typs gemacht werden konnten, unter anderem schon deshalb, weil die weitere Ausdehnung des kollektiven Typs durch die dafür zur Verfügung stehenden Ländereien begrenzt ist. Zwar hofft man, durch die Gramdan- und Bhoodan-Bewegung wie auch durch die Einführung einer gesetzlichen Beschränkung der Besitzgrößen landwirtschaftliche N utzflächen in erheblichem Umfang für die kollektive Landnutzung zu gewinnen, doch dürften solche Flächen nicht ganz in dem geschätzten Umfang anfallen, weil die Landeigentümer bestrebt sein werden, ihren Grundbesitz so weit als möglich dem gesetzlichen Zugriff des Staates zu entziehen. Da aus besagten Gründen eine starke Ausdehnung des kollektiven Typs begrenzt sein dürfte, muß das Hauptaugenmerk auf die Betriebe zu gemeinschaftlicher Landnutzung gerichtet werden. Die praktischen Erfahrungen mit Experimenten

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dieser Art können Aufschluß darüber geben, inwieweit die genossenschaftliche Landbewirtschaftung auf Bauernland bei freiwilliger Entscheidung über die Vergesellschaftung von Grund und Boden möglich ist und durchführbar erscheint. Gewisse organisatorische Mängel und Schwierigkeiten sind vor allem im Anfangsstadium der genossenschaftlichen Landbewirtschaftung unvermeidbar. Eine Analyse der Zusammensetzung des Mitgliederbestandes deckt aber auch grundsätzliche Mängel in den derzeitigen Landbewirtschaftungs-Genossenschaften auf. So konnte zum Beispiel festgestellt werden, daß unter den im Untersuchungsgebiet eingetragenen Betrieben zur gemeinschaftlichen Landnutzung eine große Anzahl nur dem Namen nach besteht. Es befinden sich darunter nur vereinzelt Beispiele echter genossenschaftlicher Art. Auch diese Betriebe funktionieren nur auf Grund von ideeller und materieller Hilfe seitens des Staates. Ihre Hauptantriebskräfte liegen außerhalb und nicht bei den Mitgliedern. Unter dem Deckmantel der Genossenschaftsgründung wurden in bemerkenswertem Umfange Familienunternehmen geschaffen, lediglich um die den Landbewirtschaftungs-Genossenschaften gewährten Vergünstigungen in Anspruch nehmen zu können, ohne die sozialen Verpflichtungen zu übernehmen, die sich aus dem Begriff »Genossenschaft« herleiten lassen. Durch zahlreiche derartige Vorgänge sind die Genossenschaften zur gemeinschaftlichen Landnutzung diskreditiert worden. Da diese fiktiven Landbewirtschaftungs-Genossenschaften außerdem von unbeständiger Natur sind, haben sie in weiten Kreisen der Landbevölkerung das Mißtrauen gegenüber dieser neuen Organisationsform noch verstärkt. Es kann weiter festgestellt werden, daß sich in den meisten der untersuchten Betriebe die Arbeitsorganisation und die Bewirtschaftungsmethoden kaum - wenn überhaupt - vom landesüblichen Niveau abheben. Obwohl genossenschaftliche Selbstverwaltungseinrichtungen, wie zum Beispiel die Hauptversammlung und das Verwaltungs komitee überall bestehen, kann eine aktive, von genossenschaftlichen Idealen getragene Teilnahme der Mitglieder an den Geschäften der Genossenschaft nur vereinzelt beobachtet werden. Auch sind Kontrolleinrichtungen und manchmal Bestrafungen notwendig, um Arbeitsleistung und Arbeitsdisziplin zu gewährleisten. In den größeren Genossenschaftsbetrieben herrschen meistens ähnliche Arbeitsverhältnisse wie in normalen Großbetrieben mit Lohnarbeitskräften; in den kleineren Genossenschaftsbetrieben (hauptsächlich im gemeinschaftlichen Typ) ist kaum ein Unterschied gegenüber den konventionellen indischen Bauernbetrieben mittlerer Größe zu bemerken, wo der Besitzer die von Landarbeitern durchgeführten Arbeiten beaufsichtigt. Die wenigen erfolgreichen und auch nach echten genossenschaftlichen Grundsätzen arbeitenden Betriebe sind überwiegend im kollektiven Typ zu finden, und auch nur dann, wenn eine Betriebsleitung, die fachliche Qualifikation mit geduldiger und einsichtsvoller Menschenführung verbindet, die Zügel straff in Händen hält. Nur besonders qualifizierten Persönlichkeiten ist es möglich, die differenzierten Probleme befriedigend zu lösen und in der Genossenschaft eine Atmosphäre genossenschaftlicher Zusammenarbeit und ein Gefühl brüderlicher Verbundenheit zu entwickeln.

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Die Genossenschaftsbetriebe zur Eingliederung und Ansiedlung von landlosen Arbeitern und Flüchtlingen haben ihren Mitgliedern zweifellos eine wirtschaftliche und soziale Besserstellung erbracht. In anderen Fällen bieten die Genossenschaftsbetriebe eine willkommene zusätzliche Einkommensquelle für Kleinbauern, die nicht voll beschäftigt sind. Es läßt sich jedoch aus dem Material der Untersuchung keine eindeutige betriebswirtschaftliche Überlegenheit der Genossenschaftsbetriebe über die benachbarten individuellen Betriebe ableiten. Auf Grund der ermittelten Erfolgszahlen ist man öfters geneigt, das Gegenteil anzunehmen, weil finanzielle und andere Staatshilfen nicht vermochten, Kapazitäten auszuschöpfen und das Produktionsniveau entsprechend zu erhöhen. Die wenigen erfolgreichen Fälle beschränken sich auf Betriebe, die über gute Bodenund Bewässerungsverhältnisse, kurzfristige Kredite und vor allen Dingen über fachlich und praktisch leistungsfähige Betriebsleiter verfügen, die auch in der Lage sind, die vielen täglich auftretenden menschlichen Probleme zu meistern. Dies sind die wesentlichsten Voraussetzungen für ein erfolgreiches Funktionieren der Landbewirtschaftungs-Genossenschaften überhaupt. Weil es aber schwierig sein dürfte, in absehbarer Zeit solche Verhältnisse für die breite Landwirtschaft zu schaffen, dürfte nach den Ergebnissen dieser Studie die Anwendungsmöglichkeit für eine großangelegte Neuordnung der Landwirtschaft mittels der genossenschaftlichen Landbewirtschaftung mindestens zunächst ziemlich eng begrenzt sein. Das bisherige, zurückhaltende und abwartende Verhalten der Grundeigentümer und Pächter läßt auch in Zukunft keine allzu großen Erfolge erwarten. Selbst dort, wo ein anfänglicher Enthusiasmus durch finanzielle oder andere Lockmittel entfacht worden war, blieb ein nachhaltiger Erfolg aus. Die im Untersuchungsgebiet gewonnenen Einsichten lassen vermuten, daß sich die indische Landwirtschaft kaum auf freiwilliger Basis von der individuellen zur genossenschaftlichen Landbewirtschaftung umwandeln lassen wird. Die zur Zeit bestehenden Genossenschaftsbetriebe sind nur in Ausnahmefällen Musterbeispiele, die unter der Landbevölkerung in der Nachbarschaft für die genossenschaftliche Landbewirtschaftung werben könnten. Bei der Mehrzahl der Betriebe ist eine befruchtende und überzeugende Wirkung ausgeblieben. Mit günstigen Startbedingungen allein ist es also offensichtlich nicht getan. Man darf nicht vergessen, daß eine erfolgreiche genossenschaftliche Landbewirtschaftung ein ungewöhnliches Maß an Gemeinschaftssinn und einen überdurchschnittlich hohen Bildungsstand der Mitglieder voraussetzt. Die bisherigen Versuche, die genossenschaftliche Landbewirtschaftung einzuführen, wurden im großen und ganzen nicht planmäßig angelegt, sondern mehr oder weniger dem Zufall überlassen. Wahrscheinlich würde die genossenschaftliche Landbewirtschaftung in Indien heute bessere Ergebnisse aufweisen können, wenn sie auf einer systematischen Vorplanung aufgebaut und durch geschulte Fachleute durchgeführt worden wäre. Die in der vorliegenden Arbeit erbrachten Ergebnisse führen zu der Feststellung, daß es bei der Vielzahl der eingetragenen Genossenschaftsbetriebe nur wenige Betriebe gibt, welche den Mindestanforderungen an Genossenschaftsgeist und daraus entspringendem sozialen und wirtschaftlichen Verhalten und Handeln

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genügen. Die unbefriedigenden wirtschaftlichen und sozialen Erfolge der meisten Betriebe zur genossenschaftlichen Landbewirtschaftung lassen daran zweifeln, ob das gesteckte Ziel auf dem eingeschlagenen Weg erreicht werden kann. Es erhebt sich die Frage, ob andere genossenschaftliche Selbsthilfe-Einrichtungen, die das Bauerntum festigen, Grund und Boden aber unangetastet lassen, nicht bessere und nachhaltigere Früchte hervorbringen könnten als die Vergesellschaftung des Bodens und das Aufgeben der bäuerlichen Selbständigkeit. Vergesellschaftung des Grundeigentums und Aufgeben der Selbständigkeit bedeutet, diejenigen Güter freiwillig aufzugeben, die von den Bauern überall auf der Welt am meisten geschätzt werden. Die Erhaltung dieser Güter hat die Bauern seit jeher zu nachhaltiger, verantwortungsbewußter Wirtschaftsweise und zu großen Arbeitsanstrengungen angespornt. Die untersuchten Genossenscl}.aftsbetriebe liefern nicht den Beweis, daß auf diese starken Antriebskärfte verzichtet werden kann.

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Anhang

Obersicht 44

Art und Zahl der Landbewirtschaftungs-Genossenschaften in der Indischen Union am 30. 6. 1958

Gebietseinheit

1 Staaten Andhra Pradesh Assam ................. . Bihar .................. . Bombay ................ . Jammu und Kashmir ..... . Kerala ................. . Madhya Pradesh ......... . Madras ................. . Mysore ................. . Orissa .................. . Punjab ................. . Rajasthan ............... . Uttar Pradesh ........... . West Bengal ............ .

Genossenschaftsbetriebe davon zur insgesamt gemeinschaftlichen kollektiven pachtweisen Landnutzung 2 3 4 5 1034 163 14 400 4 57 104 48 77 28 541 90 371 59

4 48 11

73 47 47 12 19 21 506 38 362 19

4 84 2 149 10 53 13 6 5 38 8 40

1026* 31 1 178 4

4 36 45 1 30 14** 1

U nionsge biete Andamanen und Nikobaren. Delhi .................. . Himachal Pradesh ....... . Manipur ................ . Tripura ................ . Laccadiven-Gruppe ...... . Indische Union .......... .

1 3 1 3*** 2 3000

1 3 1

3 2 1212

415

1373

* Einschließlich 29 Land-Kolonisationsgenossenschaften. ** Einschließlich 10 Land-Kolonisationsgenossenschaften.

*** Ausschließlich 6 Genossenschaftsbetrieben ohne nähere Angaben. Quelle: Govt. of India, offizielles Rundschreiben, unveröffentlicht, 1959.

165

Übersicht 45

Größe und Zahl der Teilstücke nach Betrieben*

Durchschnittliche von 100 Teilstücken haben eine Fläche von ... ha über TeilstückBetrieb Teilstücke unter größe Nr. insgesamt 0,1 0,1-0,5 0,5-1 1-2 2-5 5-10 10-20 20-50 50 (ha)

1 2 3 4 5 6 9 10 11 12 14 18 20 21 24 25 27 31 42 44

166

38 31 62 1 4 16 6 5 8 2 2 9 19 5 10 5 8 3 42

11

32

6 45

19 67

21 23 18

32 10 16 23 39 6 2 2

19

25 25

5

31

7

3 100 100 75

31 -

63

10

20 60 13 12 45 32 16 60 50 40 25 34 19 50

6 17

20 12 100 50 55 16 40 50 60 75 33 19

16

50

33 5

6,3 5,0 2,3 141,0** 141,0 ** 30,5 2,7 7,0 6,4 2,9 10,1 48,1 9,2 3,5 25,3 19,9 8,6 8,7 36,9 6,5

Übersicht 45 (Fortsetzung)

v. H. der Gesamtfläche entfallen auf Teilstücke der Größenklasse (ha) über Betrieb Gesamt- unter Nr. fläche 0,1 0,1-0,5 0,5-1 1-2 2-5 5-10 10-20 20-50 50

2 3 4 5 6 9 10 11 12 14 18 20 21 24 25 27 31 42 44

238 156 145 141 141 122 43 42 32 23 20

1

3 6

5 4

6 26

96

83 67 127 200 43 69 111 273

1

12

14 8 30 11 32 24

2 23 49 9 58 11 26 31 19 23 43 41 - 23 - 19 - 14 8 43

19 27 33 37 100 17 69 45 57 59

42

28

98

86 100** 100**

67

83

77

81 32 30

54 18

* Es wurden 20 ausgewählte Betriebe ausgewertet. Bei den übrigen Betrieben war das Material zu ungenau, um einbezogen zu werden.

** Hier handelt es sich um Genossenschaftsbetriebe, die nacheinander einen leeren Stausee bewirtschafteten.

167

Übersicht 46

Hiihe und Verwend!mgsZJveck von

Staatszuschüssen nach Betrieben

(in Rupien) Verwendungszweck

u

"0 :l ;~

...0

c;

U

Gemeinschaftliche Landnutzung 1 6 13 17 19 21 22 23 25 26 29 30 32 33 34 35 36 37 24a 42 43 44

Summe v. H.

168

14900 1 500 1400 4100 4100 1 150 1 875 4300 3500 4100 3600 1 800 1 700 1600 3400 1 800 2700

147,50 79,15,67,61,21,32,50 89,108,151,110,127,54,50 62,131,83,131,-

1150 1 875 1 500 1 500 2300 1 000 1 800 1 700 1 600 1500 1 800 1500

1000 1000

22,27,-

1000

59525 100

3000 1 500 1400 1500

2900

9000

2000 4100

2000 2000

600

800 1800 2600

1900 1200 1000

27625 1000 46,4 1,7

6900 11,6

6900 17100 11,6 28,7

Vbersicht 46

(Fortsetzung) Verwendungszweck "'0

bJ)

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Z

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I=Q

....