Die frühe nachösterliche Verkündigung des Reiches Gottes
 9783666538544, 3525538545, 9783525538548

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V&R

PETER WOLFF

Die frühe nachösterliche Verkündigung des Reiches Gottes

VANDENHOECK & RUPRECHT IN GÖTTINGEN

Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments Herausgegeben von Wolfgang Schräge und Rudolf Smend 171. Heft der ganzen Reihe

Die Deutsche Bibliothek -

CIP-Einheitsaufnahme

Wolff, Peter: Die frühe nachösterliche Verkündigung des Reiches Gottes. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1999 (Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments; H. 171) Zugl.: Greifswald, Univ., Diss. A, 1988 ISBN 3-525-53854-5

© 1999 Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen. Printed in Germany. - Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Druck und Bindung: Hubert & Co., Göttingen.

Inhalt 1. Das Reich Gottes und Christi in der paulinischen Tradition . . . . 1.1. 1.1.1. 1.1.2. 1.1.2.1. 1.1.2.1.1. 1.1.2.1.2. 1.1.2.2. 1.1.2.3. 1.1.3. 1.2. 1.2.1. 1.2.2. 1.2.2.1. 1.2.2.2. 1.2.2.3. 1.2.3. 1.2.3.1. 1.2.3.2. 1.2.4. 1.3. 1.3.1. 1.3.2. 1.3.3. 1.4.

Die vorpaulinische Tradition vom Reich Gottes und Christi Die Berufung in das Reich Gottes (l.Thess 2,12) . . . Die Drohworte vom „Nicht-Ererben des Reiches Gottes" Die Lasterkataloge und das Reich Gottes l.Kor 6,9f Gal 5,21 l.Kor 15,50 Zusammenfassung Eine vorpaulinische Tradition vom Reich Christi? ( l . K o r 15,24) Die paulinische Interpretation l.Thess 2,12 Die Drohworte vom „Nicht-Ererben des Reiches Gottes" und die paulinische Korrektur l.Kor 6,9f Gal 5,21 l.Kor 15,50 Die antithetischen Definitionssätze l.Kor 4,20 Rom 14,17 Das Reich Christi bei Paulus Ausblick auf die nachpaulinische Entwicklung Das Reich Gottes als Lohn (2.Thess 1,5) Das Reich Christi und Gottes (Eph 5,5) Das Reich Christi in der späteren Tradition Zusammenfassung

9 9 9 11 11 13 14 14 16 16 20 20 20 21 22 22 23 24 26 29 31 31 32 33 33

2. Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

35

2.1. 2.1.1.

35

2.1.1.1. 2.1.1.2.

Die Sprüche vom Eingehen in das Reich Gottes . . . . Die ältesten Sprüche vom Eingehen in das Reich Gottes Verzicht um des Reiches Gottes willen (Mk 9,47) . . . Die Kinder und das Reich Gottes (Mk 10,14 f) . . . .

37 37 39

6 2.1.1.2.1. 2.1.1.2.2. 2.1.1.3. 2.1.1.4. 2.1.1.5. 2.1.2. 2.1.2.1. 2.1.2.1.1. 2.1.2.1.2. 2.1.2.1.3. 2.1.2.2.

2.1.2.3. 2.1.2.3.1. 2.1.2.3.2. 2.1.2.3.3. 2.2. 2.2.1. 2.2.1.1. 2.2.1.2. 2.2.1.3. 2.2.1.4. 2.2.1.5. 2.2.2. 2.2.3. 2.2.4. 2.2.5. 2.2.5.1. 2.2.5.2. 2.2.5.3. 2.3. 2.3.1. 2.3.1.1.

Inhalt

Der Ansatzpunkt bei den Geringen (Mk 10,14 par Mt 19,14; Lk 18,16) Die Geringen als Vorbild (Mk 10,15 par Lk 18,17) . . Die Reichen und das Reich Gottes (Mk 10,23 ff par Mt 19,23 ff; Lk 18,24 ff) Zöllner, Huren und das Reich Gottes (Mt 21, 31) . . . Zusammenfassung Spätere Traditionsschichten und ihr Verhältnis zu den ältesten Sprüchen vom Eingehen in das Reich Gottes . . Taufe und Missionspredigt als Sitz im Leben Werden wie ein Kind (Mt 18,3) Existenzwandel und Taufe (Joh 3,3.5) Der Einzug in das ewige Reich Christi (2.Petr 1,11) . . Die bessere Gerechtigkeit und die Erfüllung des Willens des Vaters als Einlaßbedingung in das Reich Gottes (Mt 5,20; 7 , 2 1 ) Das Reich Gottes im Kontext von Leidensaussagen . . . Die Notwendigkeit von Bedrängnissen (Apg 14,22) . . . Gedenke meiner, wenn du in dein Reich kommst (Lk 23,42) Vergleichende Überlegungen Die Zusage des Reiches Gottes an eine bestimmte Personengruppe Die Seligpreisungen ( L k 6 , 2 0 f f par Mt 5,3 ff) Die älteste Tradition (Lk 6,20 f) Die weitere Entwicklung in Q Die vormatthäische Erweiterung Die matthäische Redaktion (Mt 5 , 7 - 1 0 ) Zusammenfassung Die kleine Herde (Lk 12, 32) Die Parabel vom großen Mahl (Lk 14,16-24 par Mt 22, 1-10) Das eschatologische Mahl im Reich Gottes ( L k l 3 , 2 8 f par Mt 8,11 f) Zusammenfassung Die Einbeziehung der Heiden in die Reich-GottesVerheißung Die Ethisierung der Reich-Gottes-Vorstellung Die Charakteristika des Reiches Gottes Der zeitliche Aspekt des Reiches Gottes Anbruch, Naherwartung oder Gegenwart des Reiches Gottes? Die Gleichnisse und der Anbruch des Reiches Gottes . .

39 41 43 44 46 48 48 48 49 52

53 54 54 55 55 57 57 57 59 59 60 61 61 64 67 69 70 71 71 72 73 73

Inhalt

Das Doppelgleichnis vom Senfkorn und Sauerteig (Lk 13, 18-21 par Mt 13,31-33; Mk 4,30-32) 2.3.1.1.1.1. Das Gleichnis vom Senfkorn ( L k l 3 , 1 8 par Mt 13,31; Mk 4,30-32) 2.3.1.1.1.2. Das Gleichnis vom Sauerteig (Lk 13,20 par Mt 13, 33) 2.3.1.1.2. Das Gleichnis von der selbstwachsenden Saat (Mk 4,26-29) 2.3.1.1.3. Vergleichende Überlegungen 2.3.1.2. Die Aussendungsrede und das Problem der Naherwartung (Lk 10,9.11 par Mt 10,7) 2.3.1.3. Die Präsenz des Reiches Gottes in den Heilungen Jesu (Lk 11,20 par Mt 12,28) 2.3.1.4. Das Verkündigungssummarium Mk 1,15 2.3.1.4.1. Die Elemente des Summariums 2.3.1.4.2. Zusammenfassung 2.3.1.5. Das Terminwort Mk 9,1 2.3.1.6. Das Reich Gottes in heilsgeschichtlich abgrenzenden Aussagen über Johannes den Täufer 2.3.1.6.1. Der Kleinste im Reich Gottes (Lk7,28 par Mt 11, 11) . 2.3.1.6.2. Die Zeit der Verkündigung des Reiches Gottes (Lk 16,16 par Mt 11,12 f ) 2.3.2. Aspekte der Erwartung des noch ausstehenden Reiches Gottes 2.3.2.1. Die Bitte um das Kommen des Reiches ( L k l l , 2 par Mt 6,10) 2.3.2.2. Die Aufforderung zum Trachten nach dem Reich Gottes (Lk 12,31 par Mt 6,33) 2.3.2.3. Die implizite Zukünftigkeit des Reiches Gottes 2.3.3. Zusammenfassung der Zeitproblematik 2.4. Die Verkündigung des Reiches Gottes im formelhaften Sprachgebrauch der nachösterlichen Gemeinde 2.4.1. Verkündigungssummarien 2.4.2. Der technische Sprachgebrauch 2.4.2.1. Das Evangelium vom Reich Gottes 2.4.2.2. Der formelhafte Sprachgebrauch der lukanischen Redaktion 2.4.3. Die Gleichniseinleitungen 2.4.3.1. Die verschiedenen Einleitungswendungen und ihr Vorkommen in bestimmten Traditionsschichten 2.4.3.2. Auswertung 2.4.4. Das Wissen um das Reich Gottes als proprium der christlichen Gemeinde 2.4.4.1. Das Geheimnis des Reiches Gottes (Mk 4,11)

7

2.3.1.1.1.

73 74 77 77 79 79 83 88 89 94 94 97 97 99 103 103 103 105 107 109 109 110 110 113 113 114 115 118 118

8 2.4.4.2. 2.4.4.3. 2.4.4.4.

Inhalt

Reich Gottes und Lehrgewalt (Mt 23,13 diff Lk 11, 52) . Jeder Schriftgelehrte, der über das Reich der Himmel unterrichtet ist (Mt 13,52) Josef aus Arimatäa (Mk 15,43 par Lk 23,51)

119 121 122

3. Zusammenfassung

123

4. Literaturverzeichnis

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1. Das Reich Gottes und Christi in der paulinischen Tradition Das Vorkommen der Vorstellung vom Reich Gottes bzw. Reich Christi in der paulinischen Tradition ist mit insgesamt 13 Belegen nicht allzu zahlreich. Auf die echten Paulusbriefe entfallen 7 Belege.1 Auffällig ist, daß Paulus dreimal in offensichtlich geprägten Formulierungen vom „Nichtererben des Reiches Gottes" spricht.2 Andererseits begegnen uns 4 der 7 Belege im 1. Kor, was wohl durch die Situation in Korinth bedingt ist. Die nachpaulinische Zeit kennt zwar noch die Rede vom „Nichtererben des Reiches Gottes" 3 , aber jetzt hat sich der Schwerpunkt deutlich zur Rede vom Reich Christi verschoben. 4 Gliedert man die paulinischen Belege zunächst nach formgeschichtlichen Gesichtspunkten, so ergeben sich: - die Berufungsaussage l.Thess2,12, - die Drohworte vom „Nicht-Ererben des Reiches Gottes" in l . K o r 6 , 9 f ; 15,50 und Gal5,21, - der apokalyptische Fahrplan 1. Kor 15,24 und - die antithetischen Definitionssätze in l.Kor 4,20 und Röm 14,17.

1.1. Die vorpaulinische Tradition vom Reich Gottes und Christi 1.1.1. Die Berufung in das Reich Gottes (l.Thess 2,12) Die Thessalonicher sollen sich nach l.Thess 1,12 in ihrem Wandel Gottes würdig erweisen, welcher sie in sein Reich und seine Herrlichkeit berief (καλεΐν είν βασιλείαν και δόξαν). Der Form nach handelt es sich um eine bei Paulus übliche Gottesaussage im Partizipialstil, die Gottes berufendes Handeln zum Inhalt hat. 5 1 l.Kor 4,20; Röm 14,17; l.Thess 2,12 und die Belege in den beiden folgenden Anmerkungen. 2 l.Kor 15,50; l . K o r 6 , 9 f ; Gal 5,21. 3 Eph 5,5. 4 Eph 5, 5 zusammen mit dem Reich Gottes; Kol 1,13; 2.Tim 4 , 1 ; 4,18. 5 Kosmologisch: Röm 4.17; individuell: Röm 9,12; Gal 1,6.15;5,8; l.Thess 4,7.

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Das Reich Gottes und Christi in der paulinischen Tradition

Berücksichtigt man außerdem noch die anderen paulinischen Berufungsaussagen6, so zeigt sich, daß diese Rede von der Berufung ihre nächste Parallele im Sprachgebrauch der Septuaginta hat. 7 Mit der Wendung καλέϊν εις bzw. weitaus seltener καλεΐν έν scheint eine geprägte Formulierung vorzuliegen, wie sie fast nur in der paulinischen und nachpaulinischen Überlieferung vorkommt. 8 Da keine direkte Abhängigkeit der deuteropaulinischen Belege von den paulinischen auszumachen ist, muß mit vorpaulinischer Tradition gerechnet werden. 9 Die Verbindung von Berufungsaussagen mit Taufaussagen 10 macht es zudem wahrscheinlich, hinter der paulinischen Erinnerung an seine frühere Predigt 11 auch einen solchen Taufbezug zu sehen.12 Sitz im Leben dieser Berufungsaussage dürfte demnach die Taufparakiese bzw. die Missionspredigt sein. Wie in l.Thess 2,11 wird auch l.Kor 4,14f von Paulus das Bild von der Vaterschaft 13 herangezogen, um diese anfängliche Belehrung zu umschreiben. Beide Male ist mit der paulinischen Erinnerung an die Anfänge der Missionspredigt auch eine Reich-Gottes-Aussage verbunden. Die Berufung in das Reich Gottes stellt eine Verheißung dar, wie sie in der Missionspredigt der eigentlichen Paraklese 14 vorausgegangen sein dürfte. 15 Diese Verheißung hat in l.Thess 2,12 die Funktion des Heilsindikativs, dem die Forderung nach einem würdigen Wandel folgt. Der würdige Wandel ist hier nicht mit der Teilnahme oder dem Ausschluß vom Reich Gottes motiviert. Der Gerichtshorizont bildet nicht den Hintergrund der Ermahnung. Die Berufung in das Reich Gottes gibt vielmehr den Ermöglichungsgrund für ein entsprechendes Verhalten an und ist an keinerlei Vorleistungen gebunden.

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Röm 8,30; 9,24; l.Kor 1,9; 7,15.17.18.20.21.22.24; 10,27; Gal5,13; l.Thess 4,7. Schmidt, ThWNT III, 491. 8 Mit εις: Lk5,23; l.Kor 1,9; Kol 3,15; 2.Tim6,12; l . P e t r 2 , 9 ; 2,21; 3,9; 5,10; Offb 19,9. Mit En: l.Kor 7,15; l.Thess 4,7. Vgl. auch den Reich-Gottes-Bezug bei Mt 22,3. ' Das Ziel der Berufung ist jeweils ein anderes. 10 Für E p h l , 1 8 vgl. 1,13; für Eph4,4 (wie l.Thess 2,12 mit άξίως περιπατέϊν!) vgl. Eph 4, 5; für die Berufungsaussagen des l.Petr ist wegen 1, 3.23; 2,1 f generell Taufbezug wahrscheinlich. 11 l.Thess 2,11; οΐδατε bezieht sich bei Paulus auf die frühere Verkündigung. Vgl. Anm. 35. 12 Vgl. Haufe, RG, 468. 13 Diese Vorstellung war „current in his day to describe the special understanding of the moral philosopher who adapted his manner of exhortation to the condition of his hearers." (Malherbe, Exhortation, 242; ebd. Anm. 22 die Belege und Lit.) - Paulus kann 1. Kor 4,15 und Phlm 10 die Bekehrung zum Christen mit έγέννησα in das Bild der Zeugung fassen. 14 Vgl. l.Thess 2,3 παράκλησις mit l.Kor 4,16 παρακαλώ. 15 Vgl. Haufe, RG, 468. 7

Die vorpaulinische Tradition vom Reich Gottes und Christi

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Diese Berufung in das Reich Gottes steht in ihrer Bedingungslosigkeit den Verheißungen der ältesten Jesus-Tradition sehr nahe. 16 Die Berufung in das Reich Gottes und seine Herrlichkeit sind hier als Synonyme das Ziel der Hoffnung der Christen, welches erst von der Zukunft erwartet wird. 1.1.2. Die Drohworte vom „Nicht-Ererben des Reiches Gottes" Die Redeweise vom „Nicht-Ererben des Reiches Gottes" (ού κληπονομέϊν βασιλείαν θεοΰ) ist offensichtlich traditionell und Paulus bereits vorgegeben. Darauf weist die Herkunft aus der frühjüdischen Rede vom „Ererben des Landes" 17 und der andere Charakter der paulinischen Verwendung der Wortgruppe 18 hin, die bei Paulus auf den Zuspruch des Erbes durch den freien Willen Gottes zielt. An der Wendung „Ererben des Landes" erkennt man deren Herkunft aus der alttestamentlichen Landverheißung 19 , die ins Universale und Kosmische ausgeweitet 20 , schließlich auch auf transzendenteschatologische Heilsgüter 21 angewandt werden konnte. Formal ist die Rede vom „Nicht-Ererben des Reiches Gottes" zweimal über Lasterkataloge mit der Gerichtsvorstellung verbunden, l.Kor 6,9f und Gal 5,21 haben im wesentlichen ethische Implikationen. l.Kor 15,50 hat mehr das Reich Gottes selbst im Blick und steht damit in der Nähe der antithetischen Definitionssätze.

1.1.2.1. Die Lasterkataloge und das Reich Gottes Bei den drei Formeln l.Kor 6 , 9 f ; 15,50 und Gal 5,21 handelt es sich um Ausschlußformeln. 22 Der angedrohte Ausschluß vom Reich Gottes, das Nicht-Ererben, hat seine Parallele in der synoptischen Tradition in den Sprüchen vom „Eingehen in das Reich Gottes". 23 Dort entscheidet ein bestimmtes gefordertes Verhalten 24 über den Eintritt in das Reich Gottes, hier ist es die " Vgl. bes. die Seligpreisungen. S. P k t 2.2.1.1. d.A. 17 Bzw. der Erde, des kommenden Äons, des ewigen Lebens, Gottes Herrlichkeit, Gan Eden. Belege s. Foerster, T h W N T III, 779f; Bill. I, 829; vgl. auch Kuhn, Enderwartung, 72-75. 18 Vgl. H.D.Betz, Galatians, 285 unter Berufung auf Gal 3,18.29; 4,1.7.30; ebd. Anm. 128. " Vgl. Schnackenburg, RG, 199. 20 Vgl. Luz, Mt I, 209 mit Anm. 74. 21 Vgl. Foerster, T h W N T III, 779 f, ζ. B. ewiges Leben, kommender Äon. 22 Windisch, Sprüche, 171. 23 Ebd.; Schnackenburg, RG, 199; Haufe, RG, 470f: „schon D t n 4 , l ; 6,18; 16,20 (LXX) stehen είσελθέΐν und κληρονομήσαι so dicht nebeneinander, daß sie im Grunde denselben Vorgang bezeichnen." - vgl. Windisch, Sprüche, 171. 24 Mt 5,20 (Sondergut); 7,21 (matthäische Redaktion); Mk 10,15 par Mt, Lk, Joh.

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Das Reich Gottes und Christi in der paulinischen Tradition

Unterlassung bestimmter Laster. Im Gegensatz zur Reich-Gottes-Verheißung der ältesten Jesus-Tradition 25 ist hier der Eintritt in das Reich Gottes mit der Forderung eines bestimmten Verhaltens verknüpft. Dies ist auch dort der Fall, wo in der synoptischen Tradition das Ererben der γή 26 , der ζωή αίώνιον 27 bzw. der βασιλεία28 begegnet. Diese synoptischen Parallelen lassen trotz ihres unterschiedlichen Ortes in der Überlieferung 29 Gemeinsamkeiten erkennen: Sie stammen, von der matthäischen und lukanischen Redaktion abgesehen 30 , aus hellenistisch-judenchristlichen Kreisen.31 Wie die Anführung der Gebote und der Gerichtsbezug vermuten lassen, haben sie ihren Sitz im Leben in der Paränese. Jedoch sind auch Unterschiede in Form und Inhalt vorhanden: In der Form steht der Makarismus Mt 5, 5 noch der ältesten Jesustradition nahe. Sachlich verlagert sich aber der Schwerpunkt von der bedingungslosen Zusage des Reiches Gottes an die Deklassierten 32 zur Verknüpfung von ethischer Haltung 33 und Reich-Gottes-Zusage. Damit ist die Vorstellung gegeben, daß die Anwartschaft auf das Reich Gottes bzw. das ewige Leben von einem bestimmten Tun abhängig ist. Mit der Nennung von Dekaloggeboten bzw. eines höchsten Gebotes ist dem eine Form gegeben, die auf eine judenchristliche Gemeinde weist. 34 Diese Paränese mit der Forderung eines positiv bestimmten Verhaltens wird nun abgelöst von negativ formulierten Lasterkatalogen. Die alttestamentlichen Gebote als Handlungsanweisung erscheinen nun durch Verbote der zeitgenössischen Popularphilosophie ersetzt. An die Stelle der positiven Bestimmung tritt die negative.

" Vgl. Mk 10,14; Lk 6,20 par Mt 5,3 mit l.Thess 2,12. 26 Mt 5,5. Zur Demut als gefordertes Verhalten s. Luz, Mt I, 208 f. " Mt 19,29; M k l 0 , 1 7 ; Lk 10,25; 18,18. 28 Mt 25,34. 29 Mt 5,5; vormatthäisch, aber nicht Q, vgl. Luz, M t l , 201. Mk 10,17 par Lk 18,18: aus markinischer Tradition; Mt 19,29: matthäische Redaktion. Lk 10,25: lukanische Redaktion. Mt 25,34: Sondergut. 30 Mt 19,29; Lk 10,25. 31 Mt 5,5: Die dritte Seligpreisung ist Zitat aus Ps 36,11 - LXX. Πραεΐς umschreibt im judenchristlichen Sprachgebrauch eine ethische Haltung. Vgl. Luz, M t l , 209. Mk 10,17ff par Lk: Die zu befolgenden Gebote sind Zitat aus Ex 20,12-16; Dtn 5,16-20 (LXX). Vgl. Gnilka, Mk II, 84: LXX-Zitation und soziale Reihe der Dekaloggebote sind Hinweis auf hellenistisch-judenchristliche Tradition. Mk 12,29f par Lk 10,27f zitiert im wesentlichen Dtn 6,4 f nach der LXX. 32 Vgl. Lk 6,20 b, 21. 33 Vgl. Anm. 31 zu πραεΐς. 34 Mk 10,17ff: Dekaloggebote; Mk 10,29f par Lk 10,27f: höchste Gebot.

Die vorpaulinische Tradition vom Reich Gottes und Christi 1.1.2.1.1. l . K o r

13

6,9f

D i e ethische Implikation ist deutlich. U n g e r e c h t e (άδικοι) werden das Reich G o t t e s nicht ererben. D i e Einleitung mit ουκ οϊδατε soll auf längst Bekanntes verweisen und ist paulinisch. 3 5 D i e z w e i t e Einleitung mit μή πλανασθε Epiktet IV, 6, 23. Vgl. Wilkens, Weisheit, 8. ist d a g e g e n traditionell. D e r Lasterkatalog expliziert durch v o n der Tradition vorgegebenes Material 3 6 den Begriff der άδικοι, welcher sich formal an das αδικείτε in V 8 anlehnt und inhaltlich V l - 8 zusammenfaßt. Indiz für einen jüdisch-hellenistischen U r sprung des Katalogmaterials ist die auch in l . K o r 5 , 1 0 und Gal 5 , 1 9 f f vork o m m e n d e K o m b i n a t i o n von πόρνοι und είδωλολάτραι. Für das hellenistische Judentum ist die U n z u c h t geradezu Folge des G ö t z e n d i e n s t e s . 3 7 Sitz im Leben dieser Art der Belehrung ist die U n t e r w e i s u n g der G e m e i n d e 3 8 , w o b e i näherhin an die praebaptismale U n t e r w e i s u n g zu d e n k e n ist. 3 9 D i e Enthaltsamkeit v o n den aufgelisteten Lastern hat die gleiche Funktion w i e die positiven G e b o t e in den Sprüchen v o m Eingehen in das Reich Gottes. W e r d e m geforderten Verhalten n a c h k o m m t , der wird des Reiches G o t t e s teilhaftig werden. D i e Ethik erhält durch den B e z u g auf das Reich G o t t e s eine eschatologische Begründung.

35 Vgl. Ellis, Traditions, 487: „a favourite idiom of (the amanuensis of) 1 Corinthians". Bei Paulus einmal in Röm 6,16 und sonst nur im l.Kor (lOmal!). 36 Zur Übereinstimmung zwischen den neutestamentlichen Lasterkatalogen allgemein Ellis, Traditions, 483f. Vgl. die Beziehungen zw. l . K o r 5 , lOf und 6,9f. Beiden Katalogen sind (1) πόρναι, (2) είδωλολάτραι, (7) πλεονέκται, (8) μέθυσοι, (9) λοίδοροι und (10) αρπαγές gemeinsam, während nur in l.Kor 6, 9f die (3) μοίχοι, (4) μαλακοί, (5) άρσενοκοΐται und (6) κλεπται aufgeführt sind. l . K o r 6 , 9 f erscheint als durch Synonyme für Unzucht (vielleicht wegen 12 ff) aufgefüllt. (3), (4), (5) zu (1); aber auch (6) zu (10). Vgl. auch zur Kombination von (1) und (2) Schweizer, Gottesgerechtigkeit, 462 und 470 f. vgl. auch l.Thess 4,3-5. 37 Sap.Sal. 14,12: άρχή γαρ πορνείας έπίνοια ειδώλων. Vgl. E.Schweizer, a.a.O. (Anm. 116), 462,470f; Weitere Zusammenstellungen s.H. Hübner, EWNTI, 938 unter 3. Vgl. aber auch 1 QS 4, 9 f; CD 4,17 f. 38 Vgl. zu l.Kor 5, lOf bes: V 9 a - l l a und in l . K o r 6 , 9 das ούκ οϊδατε, was natürlich voraussetzt, daß das folgende bekannt ist. E. Schweizer, Gottesgerechtigkeit, 462 erwägt, ob nicht hinter l.Thess 4,3-6 eine Trias mit Unzucht (V3), Habgier (V6) und Götzendienst (V 5 in alttestamentlicher Wendung: Gott nicht kennen) steht. Sitz im Leben ist eindeutig die „Erstbelehrung der Gemeinde durch den Apostel" (A.a.O.), Vgl. bes. V 2 : οϊδατε γαρ τίνας παραγγελίας έδώκαμεν ύμΐν, V 6: καθώς και προείπαμεν ύμΐν; zu Gal 5, 19ff bes. V21: α προλέγω ύμΐν, καθώς προεϊπον 39 Indiz dafür sind die Verknüpfung von Lasterkatalog und zurückverweisendes προειπόντες mit Taufbezug in Did 5,1; 7,1 sowie προεϊπον in Gal 5,21, was sich auf Lasterkatalog und Reich-Gottes-Aussage bezieht. - Hahn, Taufe, 105 denkt ohne nähere Begründung an postbaptismale Unterweisung. Zum Taufbezug vgl. noch Schnelle, Gerechtigkeit, 38.

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Das Reich Gottes und Christi in der paulinischen Tradition

1.1.2.1.2. Gal 5,21 Der Befund ist ein ähnlicher. Die vorpaulinische Tradition begründet Ethik mit dem Hinweis auf das mögliche „Nicht-Ererben des Reiches Gottes". Es wird die Enthaltsamkeit von den in V 19-21 aufgelisteten „Werken des Fleisches" gefordert. Positiv entspricht dem die „Frucht des Geistes" 40 , die durch eine Aufzählung von Tugenden präzisiert wird. Damit weist Paulus auf seine Missionspredigt bei den Galatern hin, die er jetzt aber wiederholt: α προλέγω ΰμΐν, καθώς προεΐπον (V21). Die Kombination von Unzucht und Götzendienst läßt wieder an jüdisch-hellenistischen Ursprung des Katalogmaterials denken. 1.1.2.2. 1.Kor 15,50 Bei dem Lehrsatz σαρξ και αάμα βασιλείαν θεοϋ κληπονομδσαι ού δύναται handelt es sich wahrscheinlich um ein vorpaulinisches Traditionsstück. 41 Sowohl der Lehrsatz als ganzer 42 als auch dessen Bestandteile 43 sind traditionell. Man wird auch hier einen hellenistisch-judenchristlichen Ursprung vermuten können. Die Formel „Fleisch und Blut" ist Ausdruck „der Vergänglichkeit und des Kreatürlichen" 44 . Die Zusammenstellung beider Begriffe zur Umschreibung des Menschen ist alt und begegnet sowohl in der griechischsprachigen Literatur 45 als auch im hebräischen Kanon des Alten Testaments 46 . Als Formel kommt sie aber erst in Sir und Sap 47 sowie bei Philo 48 , später dann bei den Rabbinen 49 vor. Die Formel scheint ihren Schwerpunkt im hellenistischen Judentum 50 bzw. in der Auseinandersetzung mit diesem zu haben 51 , wobei sie den Menschen in seiner Vergänglichkeit 52 umschreibt. Die gleiche Verwendung begegnet auch aethiop. Henoch 15,4, wo diese Formel im Kontext des Engelfalls den Gegensatz zum ewigen Leben bildet. Fleisch und Blut

40

Singular! wie auch Röm 6, 22; Phil 1,11; 4,17. Conzelmann, l.Kor, 345; Baumgarten, Paulus, 106; Haufe, RG, 468; J. Weiß, l.Kor, 377; Farina, Leiblichkeit, 238 f, Jeremias, Flesh, 299. 42 Paulus legt den Satz in V 50b aus! 43 Die Formel „Fleisch und Blut" und die Wendung „Nicht-Ererben des Reiches Gottes." 44 Meyer, ThWNTVII, 115; Jeremias, Flesh, 152 hat nachgewiesen, daß die Wortgruppe sich nur auf Lebende bezieht 45 Empedokles in: Diels, Fragm. I,31B fr, 98 4 « Gen 9,4; Lev 17, 11; l.Sam 14, 33 f; Jes 49,26a 47 Sir 14,18; 17,31; Sap 12,5. 48 Quis rer. div. her. 57; Deus Imm. 143; Somn. 11,67 4 ' Bill. I, 730f; Meyer, ThWNTVII, 115 50 Philo, Sap. 51 Vgl. Hengel, Judentum, 255 f mit Anm. 224 zu Sir " Ähnlich auch Gal 1,16 und Mt 16,17 (Sondergut). 41

Die vorpaulinische Tradition vom Reich Gottes und Christi

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werden den Menschen, ewiges Leben 53 den Engeln zugeschrieben 54 . Die Aussage des Lehrsatzes besteht, ähnlich wie Mk 12,25 in der Bestreitung der Meinung, daß das Endheil mit dem irdischen Leben vergleichbar wäre. Dies könnte sich richten gegen: Vertreter einer „konservativ-nationaljüdischen Richtung" 55 oder Vertreter einer realisierten Eschatologie, die meinen, bereits im Diesseits des Reiches Gottes teilhaftig zu werden 56 oder Vertreter der „orthodoxjüdische(n) Auferstehungslehre" 57 . Letzteres ist am wahrscheinlichsten, wenn sich der Satz auch ursprünglich auf die Auferstehungslehre bezog. Die sich in der Formel „Fleisch und Blut" aussprechende Anthropologie fügt sich gut in den Rahmen hellenistisch geprägter Anschauungen 58 , so daß man an eine Kontroverse zwischen hellenistischer und traditioneller Auferstehungslehre zu denken hat. Sitz im Leben wäre die Missionspredigt (unter Juden 59 ?) oder die Belehrung der Gemeinde. Die zuerst genannte Möglichkeit kann aber nicht völlig ausgeschlossen werden. Eine Parallele dazu wäre in der synoptischen Tradition Mt 5,5, wo eine antizelotische Tendenz wahrscheinlich ist.60 Mt 5,5 und l.Kor 15,50 wäre auch eine Tradierung im hellenistischen Judenchristentum gemeinsam. Dabei ist die Tendenz feststellbar, das eschatologische Heilsgut nicht im apokalyptischen Sinne als hereinbrechenden neuen Aon, sondern als transzendente Gabe 61 zu verstehen. 53

Mit „geistig" parallelisiert. Beide Begriffe werden in Analogie zu „Fleisch und Blut" physisch verstanden. Vgl. auch V 6-8. 54 Eine Auseinandersetzung mit hellenistischen Anschauungen ist nicht unwahrscheinlich. Die Vorstellung im aethiop. Henoch repräsentiert eine frühe Form der Apokalyptik. Der Dualismus zwischen gefallenen Engeln und Gott ist kein wirklicher, vgl. Hengel, Judentum, 347 f und seine Einschätzung ebd.: „Die Analogie zum Titanensturz des griechischen Mythos liegt hier näher als der iranische Dualismus; zumal die gefallenen Engel wie der Prometheus des Aeschylos den Menschen gewisse Kulturgüter und geheimes Wissen offenbarten." Letzteres wird im aethiopischen Henoch auffallend häufig (z.B. 7,1; 8,1.3; 69,8.12) negativ bewertet. 55 Hengel, Judentum, 274 bezeichnet damit die diesseitige, politisch-national gefärbte endzeitliche Hoffnung Ben-Siras, der in späterer Zeit die Hasmonäer und Sadduzäer zuzurechnen sind. Zu den Interpolationen in Sir s. a.a.O. Anm.280. 56 Vgl. etwa l . K o r 4 , 8 . 57 Haufe, RG, 468 f. 58 Die Unterscheidung des Menschen in Leib und Seele bzw. Geist. Zur Entwicklung der Anschauung vgl. Schweizer, ThWNTVII, 102f: Griechentum; 108: LXX-Sprachgebrauch; 121 f: Philo. 5 ' Die Kenntnis der orthodoxjüdischen Auferstehungslehre wäre ja Voraussetzung des Verstehens. 60 Hengel, Zeloten, 315. 61 In Form des ewigen Lebens. Voll ausgeprägt in Mt 19,16 aus Mk 10,17, wo εχειν das κληρονομεΐν ersetzt.

Das Reich Gottes und Christi in der paulinischen Tradition

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1.1.2.3. Zusammenfassung Sitz im Leben dieser vorpaulinischen Tradition ist die Missionspredigt bzw. die Taufunterweisung. Ziel ist die eschatologische Begründung der Umkehr durch die Androhung des Ausschlusses vom Reich Gottes. Tradent ist ein hellenistisches Judenchristentum. Formgeschichtlich liegt zweimal ein Drohwort vor. Diese ausschließlich negative Formulierung liegt auch in dem Lehrsatz l.Kor 15,50 vor. Das Reich Gottes ist seinem Charakter nach - futurisch, d. h. noch ausstehend, - ein transzendentes Heilsgut, welches aber nicht im apokalyptischen Sinne als anbrechender Neuer Aon verstanden wird, sonder eher als individuelle Heilsgabe, und damit - wohl nicht räumlich als Reich zu verstehen. 1.1.3. Eine vorpaulinische Tradition vom Reich Christi? (l.Kor 15,24) Nicht einheitlich wird in der exegetischen Diskussion die Frage beantwortet, ob sich hinter l.Kor 15,23f eine vorpaulinische Tradition verifizieren läßt. Formgeschichtlich gesehen liegt ein typisch apokalyptischer Geschichtsüberblick 62 vor. Er beginnt zu einem innergeschichtlichen Zeitpunkt, der etwa der Zeit des Verfassers entspricht, um von dort ein Bild vom Ablauf der Endereignisse zu entwerfen. 63 Der Unterschied zu den zeitgenössischen apokalyptischen Uberblicken liegt in der lakonischen Kürze. Diese Kürze ist Ausdruck für ein Desinteresse an einer ausmalenden Schilderung der Endereignisse. Die gleiche Beobachtung läßt sich an der ältesten Jesus-Tradition machen, die „in bezeichnender Modifikation des apokalyptisch üblichen an der Ansage des Endes nicht um dieses Endes selbst und um seiner Folgen willen interessiert war." 64 Von V 23 an herrschen in 1. Kor 15 temporale Aussagen und Partikel vor. 65 Die Aussage von V 23 a J e d e r in seiner Reihenfolge" 66 bildet die Uberschrift

Zur Klassifizierung vgl. Vielhauer in: Hennecke/Schneemelcher, Apokryphen II, 410. Zu diesem Typ gehören Dan 8 - 1 2 ; syr. Baruch 3 5 - 4 0 ; test. Levi 1 6 - 1 8 ; 4.Esra 11 f.: Ass. Mos. 2 - 1 0 ; Apk. Ahr. 27-30. Vgl. Vielhauer, a.a.O. 64 Schmithals, Apokalyptik, 117 über Jesus und Johannes den Täufer. 65 Vgl. Chr.Wolff, l . K o r II, 177. - In V 12-22 überwiegen die kontrastierenden Aussagen. " Zur Übersetzung s. Bergmeier, EWNT III, 794. 62 63

Die vorpaulinische Tradition vom Reich Gottes und Christi

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z u m folgenden. U n t e r besonderer Berücksichtigung der zeitlichen Aussagen bietet V 23 b, 24 folgendes Bild: V 2 3 b : Als Erster (απαρχή) 6 7 Christus V 2 3 c : darauf (επειτα) 6 8 die Christen 6 9 bei seiner Parusie (έν τι) παρουσίςι αύτοΰ) 7 0 , V 2 4 a : dann (έιτα) 7 1 das E n d e (τό τέλος) 7 2 V 2 4 b : indem (δταν mit Konj.Präsens) 7 3 er die Herrschaft an G o t t und den Vater übergibt, V 2 4 c : n a c h d e m (δταν mit Konj.Aorist) 7 4 er jede Herrschaft, M a c h t und G e w a l t wird vernichtet haben. 7 5 D i e Versuche, hier größere vorpaulinische T r a d i t i o n s k o m p l e x e auszugrenz e n , k ö n n e n nicht überzeugen. J . B e c k e r vermutet zwei K o m p l e x e , einmal V 2 4 c . 2 6 und z u m anderen V 2 4 b. 2 5 . 2 7 f, die Paulus miteinander verbunden hätte. D a b e i hätte er V 23 f unmittelbar für diesen Z u s a m m e n h a n g geschaffen. 7 6 . H i e r ist übersehen, d a ß mit V 2 5 . 2 7 ein Schriftbeweis folgt, der nicht z u m apokalyptischen Fahrplan selbst gehört und schon gar nicht die Herrschaftsübergabe an G o t t ( V 2 4 b ) begründen kann. 7 7 . V 2 6 ist w o h l unbestreitbar paulinischen U r s p r u n g s 7 8 ,

67 Nach Bauer, WB, 161 fast gleich πρώτος. Sand, EWNTI, 279 macht neben der zeitlichen auch auf die konsekutive Bedeutung aufmerksam. Dagegen aber kritisch schon Spörlein, Leugnung, 71, der nur für zeitliche Bedeutung eintritt. " Bei der Reihenfolge der Aufzählung, s. Bauer, WB, 563. " Wie bereits bei l.Kor 15,50 beobachtet, hat Paulus nur die Christen im Blick. 70 Ev hat hier zeitliche Bedeutung, s. Bauer, WB, 516 unter II/2. 71 Zeitlicher Gebrauch. Aber „unter Verflüchtigung des zeitl. Momentes" ist es Übergangswort. Bauer, WB 463. Vgl. ähnlich auch Lidell-Scott, Lexicon, 498. 72 Die von Lietzmann, l . K o r , 80; Oepke, T h W N T I , 371; Weiß, l.Kor, 358; Bauer, WB 1607 vorgeschlagene Übersetzung mit „Rest" wird von der Mehrzahl der Exegeten zu Recht abgelehnt, da sich in der Literatur diese Bedeutung nicht belegen läßt. Vgl. Chr.Wolff, l.Kor II, 181; Schendel, Herrschaft, 12f. 73 Drückt die Gleichzeitigkeit der Handlung von Haupt- und Nebensatz aus; Bauer, WB, 1165. - S.a. die nächste Anm. 74 Die Handlung des Nebensatzes geht der des Hauptsatzes voraus; Bauer, a.a.O. Hauptsatz ist hier syntaktisch gesehen είτα τό τέλος, dem die beiden δταν-Sätze als Nebensätze untergeordnet sind. Die drei mit απαρχή ... επειτα ... έιτα eingeleiteten Glieder sind gleichwertig und nur zeitlich unterschieden. Vergleichbar wäre Plat. Theaet. 194d: πρώτον ... επειτα ... έιτα. 75 Καταργήστ] hat hier die Bedeutung eines Futurum exactum Lietzmann, l.Kor, 81. So auch Chr.Wolff, l.Kor II, 181 unter Hinweis auf Kühner-Gerth, Grammatik II, 474 (a.a.O. Anm. 168). 76 Becker, Auferstehung, 84-86. 77 Vgl. Chr.Wolff, l.Kor II, 178. - Diese Unebenheiten in der paulinischen Argumentation sind begründet in der Vorgabe der kombinierten Psalm-Zitate. 78 Καταργεΐν ist eindeutig paulinische Vorzugsvokabel. Bei Paulus 22 mal, im übrigen Neuen Testament 5 mal.

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Das Reich Gottes und Christi in der paulinischen Tradition

zumal er auch den „Schlüssel zur Interpretation des ganzen Abschnittes" 79 im paulinischen Sinne bietet. Die von O. Betz vermutete Abhängigkeit von Dan 7,13 f. (26.28) 8 0 ist wegen der dafür notwendig zu postulierenden Arbeitsweise des Paulus höchst unwahrscheinlich.81 In Dan 7,13 f ist eindeutig davon die Rede, daß - dem Menschenähnlichen 82 die Herrschaft übergeben wird, - die Unterwerfung der Feinde bei seinem Herrschaftsantritt bereits vollzogen ist und - seine Herrschaft ewig ist. Dies steht im offenkundigen Gegensatz zu l.Kor 15,23f, so daß als einzige Gemeinsamkeit beider Texte nur die Tatsache einer „Herrschaftsübergabe" bleibt. Der Komplex V 23 f erlaubt keine literarkritischen Operationen, ohne daß der Zusammenhang zerstört werden würde. Da sich für die Reihenfolge der einzelnen Elemente dieses Geschichtsüberblickes weder vor noch neben Paulus Parallelen finden, ist von dem paulinischen Ursprung dieser Komposition auszugehen. Deshalb wäre jetzt nach der möglichen vorpaulinischen Herkunft der einzelnen Traditionselemente zu fragen. Paulinischen Ursprungs sind offenbar zwei Vorstellungen: Christus als απαρχή ist vom Kontext her durch V 20 bedingt. 83 Die Bezeichnung Gottes als Vater ist durch den absolut gebrauchten Sohnestitel in V 28 veranlaßt und bereitet diesen Vers vor. 84 Der Vorstellungswelt der zeitgenössischen Apokalyptik sind entlehnt: Die Auferstehung der Christen bei der Parusie Christi entspricht der Auferstehung der Gerechten bei der Parusie des Messias im zeitgenössischen Judentum. 85 " Luz, Geschichtsverständnis, 348; vgl. auch Chr.Wolff, l.Kor II, 182. O. Betz, Jesus II, 130-136. 81 Beide Texte wie O.Betz (a.a.O.) dadurch parallelisieren zu wollen, indem man für Paulus Subjektwechsel, neue (d. h. falsche - d. Verf.) Lesung des aramäischen Textes, dessen Umformung von Aktiv in Passiv u. ä. annimmt, ist in dieser Massivität nicht nachvollziehbar. In der Wendung είτα to τέλος noch den Einfluß von Dan 7,26-28 zu sehen, bedarf eigentlich keiner Erwiderung. 82 Die Problematik kann hier nicht behandelt werden. 83 Christus wird V 20 als απαρχή bezeichnet, was wohl voraussetzt, daß in der Gemeinde Todesfälle zur Normalität gehören. Vgl. Becker, Auferstehung, 82. - Der Begriff auch sonst vorzugsweise bei Paulus. 84 Becker, Auferstehung, 85. 85 Die älteste Auffassung ist, daß die Auferstehung der Toten beim Erscheinen des Messias geschieht. Der Messias bringt das Endheil. Vgl. Henoch 51,2 f. Im 1. und 2.Jahrhundert werden das Kommen des Messias und Auferstehung der Toten getrennt. Die Parusie des Messias leitet das messianische Reich ein, das mit der Auferstehung der Toten endet. Vgl. z.B. syr. Baruch 30; 4.Esra 7,30ff. Anschließend bricht der neue Äon an. Ab Anfang des 3.Jahrhunderts kennt man zwei Auferstehungen, eine in Israel beim Kommen 80

Die vorpaulinische Tradition vom Reich Gottes und Christi

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Die Vernichtung aller Feinde ist nach Num 24, dem wichtigsten messianischen Text des Diasporajudentums 86 und des palästinischen Judentums 87 Aufgabe des Messias. Problematischer ist schon die Zuordnung der Herrschaftsübergabe. Darf man wirklich aus dem sonstigen Fehlen dieser Vorstellung bei Paulus auf eine vorpaulinische Herkunft schließen?88 Vorgegeben ist Paulus doch offensichtlich die Vorstellung von der Erhöhung Christi 89 und dem noch ausstehenden Reich Gottes. Die durch die Herrschaftsübergabe implizierte Begrenztheit und Vorläufigkeit der Herrschaft Christi erklärt deshalb am einfachsten die Herrschaftsübergabe als Ausgleich zwischen den beiden vorgegebenen Traditionskomplexen. 90 Die Herrschaftsübergabe könnte ihre allerdings entfernte Parallele in der Vorstellung von der begrenzten Dauer des messianischen Reiches haben. 91 . Diesen apokalyptischen Geschichtsüberblick begründet Paulus mit einer Zitatenkombination aus Ps 110,1 und 8,7. Diese Zitate werden von Paulus interpretiert 92 , was sich durch deren andere, der paulinischen Intention nicht dienliche Aussage als nötig erweist. Nun begegnet in der gesamten urchristlichen Tradition „die Unterwerfung der Mächte unter Christus im Zusammenhang mit seiner Auferstehung bzw. mit seiner Erhöhung, nicht aber im Zusammenhang mit seiner Parusie oder am Ende der Welt". 93 Der Aorist im Zitat aus Ps 8,7 scheint ja auch eine vollendete Unterwerfung der Mächte vorauszusetzen. 94 Die beiden Psalm-Stellen können also schon vor Paulus 95 dazu gedient haben, die gegenwärtige Herrschaft Christi und die bereits erfolgte Niederwerfung der Mächte durch Gott aus-

des Messias, eine zweite, allgemeine Totenauferstehung am Ende der messianischen Periode. Vgl. Billerbeck III, 827 f; Schade, Christologie, 96. 86 Vgl. Hengel, Hoffnung, 669 Anm.54; 679f. 87 Ders. a.a.O., 679f; s.a. ders., Zeloten, 243-246. 88 So Luz, Geschichtsverständnis, 343 mit Anm. 96. 8 ' Für Tradition auch Luz, a. a. O., 343-345. 90 Vgl. Becker, Auferstehung 85. 91 Die rabbinischen Belege bei Bill. III, 823-827. Zu 4.Esra und der Vorstellung vom sterbenden Messias am Ende (!) seiner Herrschaft s. Charlesworth, Messiah, 202f. 92 V 2 6 macht den eschatologischen Vorbehalt geltend; der Tod ist noch nicht besiegt. V 27 b, 28 begrenzt nicht nur zeitlich, sondern auch sachlich durch seine subordinatianischen Aussagen das regnum Christi. 93 Luz, Geschichtsverständnis, 345, dort auch das Belegmaterial. - Vgl. noch zu Ps 110,1 im Neuen Testament Loader, Christ at right hand, passim, bes. die Übersicht S. 217. 94 Im Sinne eines lateinischen Perfectum historicum. 95 Für die nachpaulinische Tradition ist dies durch Eph 1,20ff, l.Petr 3,22; Hebr 1,13 zusammen mit 2 , 6 f f ; Kol 1, 16;2, 10.15 sicher.

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Das Reich Gottes und Christi in der paulinischen Tradition

zusagen. Sie sind somit Ausdruck eines christologisch 96 begründeten Enthusiasmus. Eine Herkunft dieser Zitatenkombination von Ps 110,1 und Ps 8,7 aus dem palästinischen Judenchristentum ist nicht auszuschließen. L X X - G e brauch liegt nicht vor. 97 Als Sitz im Leben ist die Unterweisung der Gemeinde anzunehmen, 98 ohne dies jedoch näher bestimmen zu können.

1.2. Die paulinische Interpretation 1.2.1. l.Thess 2,12 Paulus hat die ihm vorgegebene Tradition von der Berufung in das Reich Gottes ohne größere Veränderungen aufgenommen. 99 Für diese Vorstellung, die sich aus der Reich-Gottes-Verheißung der ältesten Jesus-Tradition herleitet, 100 ist ein Adressatenwechsel festzustellen. Die Deklassierten und Entrechteten der ältesten Jesus-Tradition mögen noch in der frühen Mission als bevorzugte und ansprechbare Zielgruppe fungiert haben, 1 0 1 im Kontext des l.Thess ist es aber die christliche Gemeinde. Das Berufungsmotiv erscheint hier im Rahmen einer Erinnerung an die Missionspredigt, wobei für Paulus seelsorgerliche Interessen leitend sind.

1.2.2. Die Drohworte vom „Nicht-Ererben des Reiches Gottes" und die paulinische Korrektur Die vorpaulinische Tradition begründet die Umkehrforderung mit der Androhung des Ausschlusses vom Reich Gottes. Dieser Zusammenhang entspricht insofern nicht der paulinischen Intention, als Paulus zwar die Drohworte aufnimmt, sie aber korrigiert. Die Forderung nach einem bestimmten

" Christi Auferstehung und Erhöhung bildet die Voraussetzung für seine Herrschaft. " Vgl. Lambrecht, Use of Scripture, 507 f, der alle Differenzen zum L X X - T e x t anmerkt. - Sollte allein das ύπέταξεν in Ps 8, 7 (aus der L X X ? ) daran hindern, auf den M T oder eine aramäische Vorlage zurückzugehen? 9 8 Vgl. auch 4 Q test. Diese Testimoniensammlung dürfte ähnliche Funktion gehabt haben. " Die Begründung der Ethik aus dem Heilsindikativ entspricht anerkanntermaßen der paulinischen Theologie. 100 Vgl. Pkt. 1.1.1. d.A. 101 Vgl. 1. Kor 1,26 ff, wo sich Paulus ausdrücklich auf die Berufung der Geringen bezieht. Vgl. auch Theißen, Schichtung, 232-234.

Die paulinische Interpretation

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Verhalten bejaht Paulus durchaus. Dies zeigt sich daran, daß er die vorgegebene Tradition in 1. Kor 6,9 a zunächst in einer Kurzfassung voranstellt, um sie dann breit anzuführen. Das Drohwort hat die Aufgabe, vor einem Rückfall in vorchristliche Verhaltensweisen zu warnen. Für Paulus ist es aber wichtig aufzuzeigen, worin dieses neue Verhalten gründet bzw. wodurch es ermöglicht wird. Der von Paulus betonte Heilsindikativ wehrt einer möglichen Kasuistik, wie sie ihm wohl durch die vorgegebene Tradition nicht ausgeschlossen zu sein scheint. Im Gegensatz zu dieser ist bei Paulus nie eine Reich-Gottes-Aussage mit dem Lohnmotiv verknüpft. Die allgemeinen Wendungen „Ungerechte" (1. Kor 6, 9) bzw. „Werke des Fleisches" (Gal 5,19) zeigen, daß Paulus die einzelnen Elemente der Kataloge nicht kasuistisch versteht. Die angeführten Laster sind für ihn Beispiele einer verfehlten Lebenshaltung. Deshalb kann man das von ihm geforderte Verhalten auch als Umkehr umschreiben. Paulus will mit den Drohworten vor einem Rückfall warnen. Er führt die Tradition dadurch weiter, daß er Heilsaussagen damit verknüpft. Diese sollen aufzeigen, wodurch die Umkehr ermöglicht wurde bzw. wird.

1.2.2.1. l . K o r 6 , 9 f Als Ermöglichungsgrund für das geforderte Verhalten wird von Paulus in V 11 die Taufe (άπελούσασθε)102 genannt, die mit der Heiligung und Rechtfertigung parallelisiert ist. Die Trias der Verben ist vermutlich vorpaulinischen Ursprungs. Der Vergleich mit l.Kor 1,30 zeigt, daß abgesehen von der Reihenfolge nur in άπολύτρωσις und άπελούσασθε eine Differenz besteht. Beides sind keine spezifisch paulinischen Begriffe. 103 Sie sind inhaltlich miteinander verwandt 104 , wie Kol 1,14; E p h l , 7 und die Textvarianten zu Offb 1,5 deutlich zeigen. Die Trias umschreibt (wohl auch schon vor Paulus) mit soteriologischen Begriffen Sinn und Ziel des Christusgeschehens in seiner Auswirkung auf den Einzelnen. Dabei ist V 11 eindeutig an ein einmaliges Geschehen gedacht. 105 Die Wendung „im Namen Jesu Christi" sowie die Erwähnung der Gabe des Heiligen Geistes machen dabei den Taufbezug deutlich. 106 Heiligung und Rechtfertigung sind durch das Passiv als Handeln

102

Mit gleichem Sinn auch Apg. 22,16; vgl. Oepke, T h W N T I V , 306; Beasley-Murray, ThBNT II, 1212. 103 Άπολούεσθαι bei Pls nur l . K o r 6 , 1 1 ; άπολύτρωσις bei Paulus nur Rom 3,24; 8,23 und l.Kor 1,30. 104 Hahn, Taufe, 107 f. 105 Die Verben stehen im Aorist! - Vgl. Beasley-Murray, ThBNT II, 1212. 106 Das Material bei Dinkier, Taufaussagen, S. 116 f, 138 f.

22

Das Reich Gottes und Christi in der paulinischen Tradition

Gottes ausgewiesen, während das „Abwaschen" 107 sich auf die Sündenvergebung in der Taufe 108 bezieht. Damit ist die vorpaulinische Tradition durch Paulus in für ihn bezeichnender Weise modifiziert worden. Die Umkehrforderung wird nicht allein mit dem Hinweis auf das Reich Gottes als zukünftigen, eschatologischen Lohn begründet, sondern gleichzeitig durch die bereits erfolgte Heilszueignung im christologisch begründeten Taufgeschehen. Die paulinische Korrektur der Tradition erfolgt von der Christologie her.

1.2.2.2. Gal 5,21 Vorpaulinische Tradition und paulinische Interpretation stehen in einem ähnlichen Verhältnis wie in 1. Kor 6,9 ff. Das Drohwort erscheint als Kommentar zu einem Lasterkatalog, dem als positive Entsprechung ein Tugendkatalog folgt. Die beiden Leitbegriffe sind σάρξ und πνεΰμα, die beide von Paulus als Mächte verstanden, das Handeln des Einzelnen leiten. 109 Der Geist ermöglicht nach Paulus ein Verhalten, das die Anwartschaft auf das Reich Gottes sichert. Dieser Geist ist den Christen aber schon gegeben (V25). Auf dem Hintergrund der vorpaulinischen Tradition kommt den gesetzeskritischen Bemerkungen in V 18 b, 23 b besondere Bedeutung zu. Sie machen deutlich, daß Paulus die Kataloge nicht im Sinne einer Kasuistik verstanden wissen will.

1.2.2.3. l.Kor 15,50 Paulus verdeutlicht den Sinn des aus der Tradition übernommenen Lehrsatzes V 5 0 a durch einen Nachtrag in V50b. 110 Das dazu von Paulus benutzte Vokabular (φθορά, αφθαρσία) 111 sowie das in V 53 f als Kommentar verwandte Motiv vom „Bekleiden" 112 sind hellenistischen Ursprungs. Die Befindlich-

107 Das Medium bedeutet nicht Selbsttaufe, wie J. Weiß, l.Kor,155; Fascher, 1. Kor 1,172 meinen, sondern es ist, obwohl das Passiv sehr selten ist (Oepke, ThWNT IV, S. 306), auch nicht passivisch zu deuten (so ζ. B. Dinkier, Taufaussagen, S. 91; Conzelmann, l.Kor, S. 129), sondern wahrscheinlich kausativ abwaschen lassen (Hahn, Taufe, 106 Anm.44; Kertelge, Rechtfertigung, 243; Bl.-Debr. § 317, Anm. 1). 108 So auch Apg. 22,16. 1OT Für σάρξ s. Röm 7, 5; 8,5-9 u.ö.; Für πνεΰμα s. Gal 5,18a. 110 Conzelmann, l.Kor, 345; Usami, How are, 489; u.v.a.m. 111 Φθορά: V42.50. 'φΟαρσία: V42.50.53 f. - Die ganze Wortgruppe kommt außer Lk 12,33 (im realen Sinne) nicht in den Evangelien vor. Vgl. Merkel, T h B N T I I , 1257 f. Der gleiche Gegensatz auch Philo Mos. 2,194. 112 Am wahrscheinlichsten ist immer noch der Bezug auf die hellenistischen Mysterienkulte. Vgl. Paulsen, E W N T I , 1103 f.

Die paulinische Interpretation

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keit des Menschen wird mit φθορά als „Zustand der Vergänglichkeit" 113 umschrieben, was unter der Berücksichtigung der Parallelbegriffe 114 abwertend im Sinne physischer Verfaßtheit 115 gemeint ist. Das Reich Gottes wird dagegen als αφθαρσία (Unvergänglichkeit) aufgefaßt. Vom Gegensatz zum physisch aufgefaßten φθορά her legt sich hier eine Reich-Gottes-Auffassung nahe, die das Endheil in einer hellenistisch verstandenen Gottähnlichkeit (αφθαρσία) sieht. Gestützt wird diese Interpretation noch durch die Parallelisierung von αφθαρσία und σώμα πνευμάτικον in V 42.44. In diese hellenistische Vorstellung fügt Paulus das apokalyptische Motiv der Auferstehung ein. Damit bildet sein Reich-Gottes-Verständnis hier eine Synthese zwischen jüdischer Apokalyptik 116 und hellenistischer Unvergänglichkeits-Vorstellung117. Das Reich Gottes ist für Paulus hier eindeutig die Umschreibung für das Endheil. Dessen Anbruch stellt er sich nach apokalyptischem Vorbild als mit der Auferstehung der Toten beginnend vor. Die Umschreibung des Endheils wird dagegen ebenso wie die Charakterisierung der irdisch-gegenwärtigen Befindlichkeit des Menschen in hellenistischen Termini vorgenommen.

1.2.3. Die antithetischen Definitionssätze In l.Kor 4,20 und Rom 14,17 liegen formgeschichtlich gesehen antithetische Definitionssätze 118 vor. Im Vordersatz wird mit ού γάρ eine Aussage negiert, der im Nachsatz mit αλλά eine andere entgegengesetzt wird. Die formalen Parallelen für einfache Definitionssätze sind recht häufig. 119 Die direkten antithetischen Definitionssätze mit ού αλλά sind seltener. 120 Über ihre Herkunft läßt sich nichts Genaueres aussagen. Die Parallelen bei Epiktet weisen jedoch auf einen Lehrbetrieb nach hellenistischem Muster hin. 121 Eine vorpaulinische Entstehung der beiden Definitionen in l.Kor 4,20 und

1,3

Bauer, WB, 1696. Parallel stehen σαρξ και αίμα. 115 Anders Holtz, EWNT III, 1011, der die negative Wertung nur „religiös" verstanden wissen will. Bes. V 5 1 f. 117 Bes. V 53.54 a. 118 Haufe, RG, 469. 119 Die Parallelen bei Epiktet sind aufgeführt bei Lietzmann, Kor, 22. 120 Z.B. Epiktet IV, 1,137; IV, 11,29; Xen.Oec. XXI, 12. 121 Nach Mullins, Topos, 546 liegt in Röm 14,16-23 formgeschichtlich ein „Topos" vor. Mit seinen drei Elementen „injunction, reason and discussion" stammt dieser aus der stoischen und kynischen Popularphilosophie (a.a.O., 547; die hellenistischen und neutestamentlichen Belege a.a.O., 542-547). 114

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Das Reich Gottes und Christi in der paulinischen Tradition

Rom 14,17 ist nicht zu verifizieren. Ihr Kontext macht vielmehr eine situationsbedingte Formulierung durch Paulus wahrscheinlich. Sitz im Leben solcher abgrenzenden Definitionen ist die Belehrung 122 im weitesten Sinne.

1.2.3.1. l.Kor 4,20 Wie die ähnliche Aussage in Rom 14,17 und die Parallelen bei Epiktet 123 zeigen, ist in l.Kor 4,20 ein έστιν zu ergänzen. Die Feststellung, daß das Reich Gottes nicht im Wort (έν λόγφ), sondern in Kraft (έν δυνάμει) besteht, will das Reich Gottes nicht umfassend definieren, sondern greift einen Aspekt dieses heraus. Das Logion wird nur durch Kontext und Situation des l.Kor verständlich. Der häufige Gebrauch der Begriffe λόγος, σοφία und γνώσις im l.Kor geht auf die dortige Situation zurück. 124 Es dürfte sich dabei um korinthische Parolen handeln, von denen Paulus die beiden ersten weitgehend synonym gebraucht. 125 l.Kor 1,17 zeigt, daß es bei der von Paulus abgelehnten Verkündigung έν σοφίςι λόγου nicht um eine rhetorische Variante des einen Evangeliums geht, sondern daß ein neuer Inhalt gesetzt ist. Bei dieser Weisheitstheologie sieht Paulus ebenso wie im Gal bei der dortigen Gesetzestheologie die Gefahr der „Entleerung des Kreuzes". 126 Paulus räumt zwar in l.Kor 1,5 den Korinthern ein, daß sie in allen Dingen, besonders an λόγος und γνώσις reich geworden sind, schränkt dieses Zugeständnis aber sofort wieder ein. 127 Reichsein (πλουτέϊν) ist, wie Rom 10,12 und 2. Kor 8,9 zeigen, Umschreibung für das Endheil der Christen 128 , wobei Paulus an beiden Stellen die Heilsmittlerschaft Christi betont. Ver122 Vgl. auch zu Röm 14,17; Michel, Rom, 346: lehrhafte These, die normative Gültigkeit beansprucht; Käsemann, Röm, 364: Lehrstil; Wilckens, Röm III, 93: sentenzartige Formulierung. 123

Bei Lietzmann, Kor, 22. Σοφία (außer Röm 11,33 - Zitat!) bei Paulus nur in l . K o r (17 mal) und l.Kor (1 mal); γνώσις (außer Phil 3, 8; Röm 2,20 und 11, 33 - Zitat) bei Paulus nur l.Kor (8 mal) und 2. Kor (6 mal). 125 So l.Kor 1,17; 2,4.13; 12,8. - Vgl. Horsley, "Wisdom of Word, 230f. 126 Gal 5, 11: καταργειν; l.Kor 1,17: κενοϋν; zur sachlichen Gleichwertigkeit s. Röm 4,14. 127 1. Christologisch (έν αύτφ seil. J. Chr.) und 2. theologisch (Passivum divinum) wird dem menschlichen Ursprung des Reichtums gewehrt. 3. Schließlich wird in l.Kor 1,7 der für Paulus typische eschatologische Vorbehalt - die noch ausstehende άποκάλυψσις (Parusie) geltend gemacht. 128 In Röm 10,12 f durch die Zitierung von Joel 3, 5 noch verdeutlicht und auf die Christen eingeschränkt. Völlig abwegig ist daher die Vermutung von Arai, Gegner, 431, daß l.Kor 4,8 bedeute, die „Armen strebten nämlich, sich nicht nur geistig, sondern auch materiell den Reichen gleichzusetzen ..." 124

Die paulinische Interpretation

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gleicht man diese paulinische Korrektur mit der ironischen Skepsis von l . K o r 4 , 8 1 2 9 , s o legt sich für die v o n Paulus b e k ä m p f t e korinthische A u f fassung ein präsentisches Verständnis des H e i l s n a h e . 1 3 0 Paulus kündigt seinen Gegnern, die er recht schroff als Aufgeblasene tituliert ( V 1 9 ) , seinen baldigen Besuch an. Bei diesem Besuch will er nicht d e n λ ό γ ο ς , sondern die δύναμις seiner Kontrahenten prüfen. Λ ό γ ο ς und δύναμις sind bei Paulus nicht immer im Sinne einer ausschließenden Antithese gemeint, sondern w e r d e n v o n Paulus auch aufeinander b e z o g e n . In l . T h e s s 1 , 5 und 2 . K o r 6 , 7 sind W o r t und Kraft U m s c h r e i b u n g e n für z w e i G r ö ß e n , die sich in Verkündigung und D i e n s t gleichsam ergänzen. Zu beachten ist, d a ß im l . T h e s s nicht Paulus, sondern das Evangelium Subjekt ist. S o ist es wahrscheinlich, d a ß die Trias δύναμις, πνεΰμα αγιον und πληποφορία die göttliche Legitimierung der paulinischen V e r k ü n d i g u n g umschreibt. M a n wird hier an charismatische P h ä n o m e n e w i e die in l . K o r 1 2 , 8 - 1 0 b e z e u g t e n z u d e n k e n haben. W i e l . K o r 4 , 2 0 s o bringt auch l . K o r 2 , 4 1 3 1 eine s c h r o f f e Antithese u . a . z w i s c h e n diesen beiden Begriffen. D i e positive Formulierung in l . K o r 2 , 4 (έν αποδείξει πνεύματος και δυνάμεως) 1 3 2 läßt hierbei erkennen, d a ß es sich 129

Zu κεκορεσμένοι vgl. Lk6,21 p. Mt 5,6; Mk 7,27. Beide Stellen reden vom eschatologischen Endheil. Zu Mk 7,27 und zur punktuellen Deutung s. Klauck, Allegorie, 276. Lk 6,21 p, wie auch 1. Kor 4,8 scheinen Reihen wie Testjud. 25,4 vorauszusetzen. Letztere wohl christlich überarbeitet. Vgl. Kleinknecht, Gerechtfertigter, 225. 130 Dies bedeutet die Annahme einer „Realized Eschatology at Corinth" (so der Titel des Aufsatzes von Thiselton). Zwei Beobachtungen Thiseltons stützen diese Annahme: 1) die realisierte Eschatologie von 1. Kor 4, 8 ist eng verbunden mit der Überbetonung von Geist, Erkenntnis und Weisheit sowie der 1. Kor 12-14 angesprochenen enthusiastischen Phänomene. „That these phenomena are causally related can hardly be doubted." (a. a. O., 523) „... an over-realized eschatology leads to an enthusiastic view of the spirit." (a.a.O., 512, dort gesperrt). 2) Die Wurzel dieses Enthusiasmus scheint in der paulinischen Predigt selbst zu liegen. Die korinthischen Parolen πάντα μοι εξεστιν (6,12; 10,23) und πάντες γνώσιν εχομεν (8,1) lassen sich indirekt auf Paulus zurückführen. „We may assume that Corinthians either took up Paul's own words about freedom from law, or more probably that they felt drawn towards a more radical application of Paul's own eschatological dualism than he himself had seemed to allow." (a.a.O. 515). Deshalb ist auch die Feststellung richtig, daß die realisierte Eschatologie von l . K o r 4 , 8 zwar nicht die notwendige, aber doch eine hinreichende Ursache für die einzelnen Probleme darstellt, die Paulus im 1. Kor anspricht, (a. a. O., 512). Vgl. auch die Gesamteinschätzung des 1. Kor durch Meeks, Social Functions, 699. Die Korinther sind der Meinung, „that their status is superior to that of persons still concerned with the fleshly world ..." „Against them Paul uses eschatological language with emphasis upon the future tense, in order to emphasize the imperfection of the present status of the Christians ..." (ebd.). 131 Zum textkritischen Problem s. die Übersichten bei J.Weiß, l.Kor, 49; Lietzmann, Kor, 11; Conzelmann, l.Kor, 71; Fascher, l.Kor I, 113. Es ist πειθοΐς zu lesen, zumal die griechischen Kirchenväter die Lesart nicht beanstanden, vgl. J. Weiß, 1. Kor, 49; weitere Vertreter bei Bauer, WB, 1267. 132 Άπόδειξις πνεύματος και δυνάμεως wird zwar in der Regel verstanden als Gen.subj.: Πνεΰμα und δύναμις führen den eigentlichen Beweis bzw. sind Beweismittel, so J.Weiß, l.Kor, 50; Fascher, l . K o r l , 116; Lietzmann, Kor, 11; Dautzenberg, E W N T I , 305;Bauer,

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Das Reich Gottes und Christi in der paulinischen Tradition

bei diesen Phänomenen nicht um Begleiterscheinungen handelt, die nur bestätigend bei der Verkündigung wirken. Vielmehr kann bei ihnen gerade nicht vom Verkündigungsinhalt abgesehen werden. Anders ausgedrückt: Inhalt der paulinischen Verkündigung ist δύναμις und πνεΰμα - vermittelt durch δύναμις und πμεϋμα. Entscheidend in der Kontroverse des Paulus mit seinen korinthischen Gegnern ist nicht deren λόγος, sondern deren δύναμις, die sich an diesem Maßstab messen lassen muß. Die Antithese δύναμις statt λόγος begründet Paulus damit, daß δύναμις zu den Signa des Reiches Gottes gehört. Die Korinther sollen nach Paulus diesem Signum bereits in der Gegenwart entsprechen. Das Reich Gottes wird in der Gegenwart zur Norm. 133 Das Reich-Gottes-Verständnis ist kein präsentisches. 134 Der eschatologische, noch ausstehende Charakter des Reiches Gottes ist hier vorausgesetzt. 135 Es geht vielmehr wie in l . T h e s s 2 , 1 2 um eine dem Reich Gottes entsprechende Haltung in der Gegenwart.

1.2.3.2. Röm 14,17 Auch dieser antithetische Definitionssatz ist situationsbedingt und damit eine paulinische ad-hoc-Bildung. 136 Der Vordersatz bezieht sich auf Röm 1415,13, speziell 14,14-23. Es geht dabei um das Verhältnis der Starken und Schwachen in der römischen Gemeinde. Die Position der Schwachen ist gekennzeichnet durch Fleischverzicht (V2), Beobachtung bestimmter Tage ( V 5 ) und Enthaltsamkeit von Wein (V21). Unklar ist zunächst, ob sich hinter den Schwachen eine konkrete Gruppierung in Rom verbirgt 137 oder WB, 177; vorsichtig auch Conzelmann, l.Kor, 72. Diese Übersetzung ergibt auch einen guten Sinn, läßt sich aber nicht durch außerntl. Belege stützen. Der Inhalt des Beweises steht im Genitiv (Epiktet II, 16.18; Thuc2,13,8; PlatPhaedr. 73A; Lys. 12.19; vgl. auch Her. 1,1) oder wird mit περί angeschlossen (Epiktet 1,24,8; IV, 7,29). Ein Beispiel für die Anführung des Beweismittels bietet Philo Mos. 1,95: άπόδειξις δια σημείων και τεράτων im Gegensatz zu δια λόγων (zit. auch bei Bauer, WB, 177). 133 Münchow, Ethik, 166. - Vgl. auch Haufe, RG, 469: „die gegenwärtig zu erwartende menschliche Entsprechung zur Basileia-Verheißung." 134 So Lietzmann, Kor, 22 (dagegen Kümmel bei Lietzmann, Kor, 173); Nielsen, Δύναμιδ, 155; Klein, Zentralbegriff, 663; Kuhn, Heil Gottes, 250. - Es ist auch keine Entwicklung der paulinischen Eschatologie von „the radical realised eschatology and charismatic enthusiasm" zu „a futurist eschatology" festzustellen. So Mearns, Development, passim, zit. 157, der dementsprechend l.Kor 4, 20 als Beleg für eine frühere Verkündigungsstufe als l.Kor 15,24 heranzieht (a.a.O., 151). 135 Haufe, RG, 469. 136 Mit Käsemann, Röm, 346; Baumgarten, Paulus, 90; Münchow, Ethik, 165; Haufe, RG, 469; gegen Wilckens, Röm 111,93; der ein gegen Völlerei gerichtetes Wort als Ursprung annimmt. 137 Für eine bestimmte Gruppe: Michel, Röm, 334, (möglicherweise zwei unabhängige Gruppen aber 335); Bornkamm, Paulus, 76; Käsemann, Röm, 353.

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ob Paulus für Rom mit ähnlichen Strömungen wie in Korinth rechnet 138 und hier nur diese Situation überträgt. Gegen letzteres spricht aber die im Rom überschüssige Bemerkung über die Beobachtung bestimmter Tage. Diese toleriert Paulus offenbar, was nur bei jüdischem Ursprung dieser Anschauung verständlich wird. 139 Fragt man nach den Gründen für diese Askese, so ist immer noch die Vermutung P. Billerbecks erwägenswert, ob die Judenchristen nicht in heidnischer Umgebung „um nicht unwissentlich Götzenopferfleisch oder heidnischen Libationswein zu trinken, prinzipiell auf all u. jeden Fleisch- und Weingenuß verzichteten". 140 Paulus macht ausdrücklich den Standpunkt der Starken zu seinem eigenen, wobei er sich zur Begründung V 14 mit der Formel πέπεισμαι έν κυρίφ141 auf Jesus beruft. 142 Auffällig ist auch die große Parallelität zwischen V l 5 b und l . K o r 8 , l l . Paulus bedient sich demnach in der römischen Speisefrage nach Form und Inhalt des gleichen Arguments wie in der korinthischen Kontroverse. An die Stelle der γνώσις ist dabei die βρώσις getreten. Der Sinn ist: Wer seine Freiheit ohne Rücksicht auf den

138

Vgl. l.Kor 8 u. 10. Vgl. Käsemann, Röm, 355; Luz, Eschatologie, 183 Anm.48). Zur möglichen religionsgeschichtlichen Herkunft: 139

hellenistischer Ursprung

jüdischer Ursprung

Fleischverzicht

- bei Orphiker, Pythagoreer, einzelnen Stoikern u.v.a.m. (Belege bei Bornkamm, ThWNTIV, 67)

- keine generelle Enthaltsamkeit, aber möglich (Belege bei Bill., III, 307 f.)

Weinverzicht

- bei den Pythagoräern (vgl. Lietzmann, Röm, 119 f.)

- Belege bei Bill. III, 307 f. - außerdem: Joh. d.Täufer ist Lk 1, 15;7, 33; Mt 11,18 nach dem Vorbild atl. Nasiräer gezeichnet. - nicht so Jesus Mt 11,19p. Lk7,34; Mk 2,18-22

Beobachtung von Tagen

- Gundel, RAC I, 817-831

- allgm.Bill.,111, 308 - spez.Sabbat, jüd. Festtage vgl. Michel, Röm, 338, Anm.4; Lietzmann, Röm, 115

Herkunft

Rauer, Schwachen, 164ff., 185f.

Bornkamm, T h W N T I V , 67 u.v.a.m.

- ein synkretistisch beeinflußtes Judentum nimmt Käsemann, Röm, 355 an. 140

Billerbeck, III, 307. Gal 5, 10; Phil 2,24; 2.Thess 3,4 (nachpln.): vgl. Michel, Röm, 343 mit Anm.4. 142 Vgl. M k 7 , 15 und dazu Luz, Eschatologie, 183, der zu Recht von direkter traditionsgeschichtlicher Kontinuität zw. Jesus und Paulus spricht. 141

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Das Reich Gottes und Christi in der paulinischen Tradition

Bruder gebraucht, verdirbt 143 diesen. Die christliche Freiheit ist nicht Selbstzweck, denn der Mißbrauch (V 15) verlästert die Freiheit selbst (V 16). Auf dem Hintergrund dieses Freiheitsverständnisses ist dann auch V17 zu verstehen. Der Vordersatz stellt die prinzipiell auch von Paulus vertretene Position der Starken auf dem Hintergrund des Reiches Gottes in Frage. „Das Reich Gottes bedeutet 144 nicht Essen und Trinken." Im Vergleich mit dem Reich Gottes als traditionellem Spitzenbegriff der Eschatologie macht Paulus deutlich, daß die Freiheit der Starken nicht nur etwas Begrenztes 145 , sondern auch etwas Vorläufiges ist. Einem übersteigerten Vollkommenheitsbewußtsein der Starken 146 wird entgegengehalten, daß ihre gegenwärtige Freiheit nicht zu den Signa des Reiches Gottes gehört. Im Nachsatz werden die Signa des Reiches Gottes mit der Trias δικαιοσύνη και ειρήνη και χαρά έν πνεύματι umschrieben. Die Präpositionalwendung έν πνεύματι bezieht sich nicht nur auf χάρις 147 , sondern auf die gesamte Trias 148 , denn Paulus kann auch anderweitig Gerechtigkeit 149 , Frieden 150 und Freude 151 mit dem Geist verbinden. Da Paulus die Trias als Signum des Reiches Gottes auf das Verhalten der Starken gegenüber den Schwachen angewandt wissen möchte, ergibt sich für das Reich Gottes eindeutig ein Gegenwartsaspekt. Wie ist dieser aber zu bestimmen? Als Lösung bieten sich an ein Verständnis der Trias als „die in der Kirche bereits gegenwärtige hineinwirkende Wirklichkeit des eschatologischen Heils" 152 oder

143 Zur eschatologischen Bedeutung von άπόλλυμι s. Kretzer. E W N T I , 325; Hahn, T h B N T I I 1254. 144 'Εστίν hat als Kopula zwischen Subjekt und Prädikat hier explizierenden Sinn: vgl. Bauer, WB, 443 unter II.3. 145 Vgl. V 3 . 1 0 . 1 3 . 146 Vgl. auch deren „richten" V 4.10.13. 147 Michel, Röm, 346 Anm.4; Baumgarten, Paulus, 91. 148 Käsemann, Röm, 364; Wilckens, Röm III, 93; Schlier, Röm, 416; Schnackenburg, RG, 203 f. 149 Röm 8,10: 2.Kor 3, 8f; Gal 5, 5. - Diese Belege bieten nur den Terminus „Gerechtigkeit" und nicht „Gerechtigkeit Gottes". Vgl. Williams, Righteousness of God, 259: „... the kinds of things he (seil. Paulus - der Verf.) say about dikaiosyne (... 8:10 ... 14:17) he does not say about dikaiosyne theou." Die Interpretation von Röm 14,17 kann also nicht von einer allgemeinen Konzeption der „Gerechtigkeit Gottes bei Paulus" her erfolgen. So allerdings der methodische Ansatz bei Michel, Röm, 346; Schnackenburg, RG, 203 f; Wilckens, Röm III, 93 f. 150 Gal 5,22. 151 Gal 5,22; l.Thess 1,6. 152 Wilckens, Röm III, 94; vgl. Haufe, RG, 469: „zeichenhafte Form, in der die eschatologische Basileia in die Gegenwart hineinwirkt"; vgl. auch Schnackenburg, RG, 204; Michel, Röm, 346.

Die paulinische Interpretation

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als „Entsprechung zwischen Gottes Zukunft und dem sie vorwegnehmenden Verhalten der Gemeinde in der Gegenwart" 153 . Zur Klärung gehen wir von den paulinischen Äußerungen aus, in denen ein Element der Trias mit dem Geist verbunden ist. Nach Gal 5, 5 ist die Gerechtigkeit zukünftiges 154 und der Geist gegenwärtiges Heilsgut. Dagegen hat die Gerechtigkeit in Rom 8,10 ethische Bedeutung 155 und ist dort „der gottwohlgefällige Wandel aus dem Geist in leiblicher Dienstbarkeit" 156 . Dem entsprechen auch die Bezüge zwischen Friede und Freude einerseits und dem Geist andererseits. Der Friede und die Freude sind nach Gal 5,22 „Frucht des Geistes" und durch ihre dort aufgeführten Synonyme eindeutig als menschliche Verhaltensweisen ausgewiesen. Die Freude ist nach l.Thess 1,6 eine Haltung, die durch den Geist ermöglicht wird. 157 . Nach diesem Befund erscheint es als wahrscheinlich, die Trias als gegenwärtige, menschliche Entsprechung zum noch ausstehenden Reich Gottes zu betrachten. 158 Damit nimmt Paulus inhaltlich wieder das άξίως-Motiv von l.Thess 2,12 auf.

1.2.4. Das Reich Christi bei Paulus Wie bereits festgestellt wurde, gleicht Paulus die Tradition von der erfolgten Erhöhung Christi und dessen Herrschaft über die Mächte einerseits und die Tradition vom noch ausstehenden Reich Gottes andererseits durch die Vorstellung einer Herrschaftsübergabe von Christus an Gott aus. Daraus ergibt sich folgendes Bild: Christus ist der Erste der Auferstandenen, dem bei seiner Parusie - also noch zukünftig - die Christen folgen werden. Das folgende Ende (to τέλος) hat zum Inhalt die Herrschaftsübergabe an Gott und zur Grundlage die Vernichtung aller außer- und widergöttlichen 159 Mächte. Christus übergibt also seine Herrschaft an Gott in dem Moment, in dem er diese Herrschaft voll errungen hat. Zeit für ein messianisches Zwischenreich bliebe dann nur, wenn man es zwischen Auferstehung der Christen und Herrschaftsüber-

153

Luz, Eschatologie, 184; vgl. Haufe, RG, 469. Bornkamm, Lohngedanke, 93: Beyer/Althaus, Gal, 42; Oepke, Gal, 157; Lietzmann, Gal, 37; Käsemann, Gottesgerechtigkeit, 183. 155 Käsemann, Röm, 214; Lietzmann, Rom, 80; Wilckens, Röm II 133. 156 Käsemann, Röm, 216. 157 Holtz, l.Thess, 50. 158 Vgl. Dautzenberg, Wandel, 28: Die Trias „nennt Qualitäten des Reiches Gottes, die in der Gemeinde vor allem anderen Wirklichkeit werden sollen." Ähnlich auch Brandenburger, Frieden, 64. 159 Zu dieser Doppelung vgl. J.Weiß, l.Kor, 358 f. 154

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Das Reich Gottes und Christi in der paulinischen Tradition

gäbe an G o t t ansetzt. 1 6 0 N i m m t man dies an, m u ß man aber eine Auferstehung der T o t e n o h n e vorherige Besiegung des T o d e s postulieren. 1 6 1 D a der Sieg über den T o d aber d o c h offensichtlich Grundlage für die Auferstehung der T o t e n ist 1 6 2 , bleibt für ein messianisches Reich z w i s c h e n Parusie und Auferstehung einerseits und Herrschaftsübergabe andererseits kein Raum.163 D i e vorgegebene Zitatenkombination aus Ps 1 1 0 , 1 u n d 8 , 7 fügt sich nur schwer in den paulinischen G e d a n k e n g a n g ein. D e r jeweilige P s a l m - K o n t e x t setzt voraus, d a ß G o t t derjenige ist, der die Feinde unterwirft. A u c h müßte ύπό τους πόδας mit έαυτοϋ statt mit αύτοΰ verbunden sein, w e n n Christus das Subjekt wäre. Andererseits läßt V 2 5 a (δει γαρ αύτόν (seil. Christus) βασιλεύειν άχρι, ) keinen Zweifel daran, d a ß für Paulus Christus die M ä c h t e unterwirft. 1 6 4 Paulus hat das Reich G o t t e s als Reich der V o l l e n d u n g v o m Reich Christi abgegrenzt. 1 6 5 D i e s war wahrscheinlich durch ein sich auf Christi Auferstehung berufendes präsentisches Vollendungsbewußtsein bedingt. 1 6 6 D i e abgewehrte T h e s e v o m gegenwärtigen Mitherrschen mit Christus (1. K o r 4, 8) p a ß t hier als Hintergrund für die paulinischen Aussagen sehr gut. 1 6 7

140

Luz, Geschichtsverständnis, 347. Nach Luz, Geschichtsverständnis, 349 bildet die Auferstehung der Toten die „Einleitung der endgültigen Besiegung der Macht des Todes". - Aber es sind Niederwerfung der Mächte und Auferstehung der Toten eng miteinander verknüpft. S. dazu bes. l.Kor 15,52-55: Die Auferstehung der Toten stellt die Entmachtung des Todes dar. Deshalb ist, wie bereits Anm. 71 angedeutet, είτα Ubergangswort (ferner, weiterhin). Vgl. auch Froitzheim, Christologie, 146 f. 162 Froitzheim, Christologie, 147; Schade, Christologie, 36. 163 Wie l.Thess4,16f und Phil 3,20f zeigen, gehören Parusie und Auferstehung zusammen. - Zur fehlenden Zwischenzeit vgl. Schade. Christologie, 36. 164 Daß V 27 b. 28 dieser Auffassung nicht entgegensteht, hat Chr. Wolff, l.Kor II, 183f überzeugend dargelegt. 165 Vgl. auch noch Anm. 99. 164 Dies erklärt einmal die Hochschätzung des Täufers (l.Kor 1,13), zum anderen die Verbindung von Auferstehungsleugnung und Taufbezug. ( l . K o r 15,29) sowie 1) die von Paulus nicht vollzogene Konsequenz, daß ein Mitsterben des Täuflings mit Christus auch ein Mitauferstehen zur Folge hätte (Röm 6, 3-5). 2) die Kol 2,12; 3,1; Eph 2, 5 f vertretenen Auffassung von der bereits vollzogenen Auferstehung, wobei in Kol 2,12 der Taufbezug deutlich ist, 3) die in 2.Tim 2,18 abgelehnte These der bereits geschehenen Auferstehung, deren möglicher Ansatzpunkt in dem Hymnus 2. Tim 2, 11-13, bes. V 11 deutlich wird. Im Gegensatz zu Röm 6,4 (συνετάφημεν) und Kol 2,12 (συνταφέντες) ist in 2. Tim 2,11 (συναπεθάνομεν) der Taufbezug nicht zwingend. Hier geht es um ein Mitleiden, das die Voraussetzung für die Rettung darstellt. Anders allerdings Spicq, Notes de Lexicographic II, 853, der an ein Tauflied denkt. Vgl. Dougthy, Presence, 74 f, der die von Paulus abgelehnte Vorstellung von der gegenwärtigen Auferstehung als entscheidenden Hintergrund der korinthischen Situation versteht (a. a. O., 75 Anm. 56 weitere Vertreter dieser Auffassung). 1 " Vgl. Wedderburn, Denial, 233 f, 236. 161

Ausblick auf die nachpaulinische Entwicklung

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Damit wird deutlich: Das Reich Christi ist die Herrschaft Christi in der Gegenwart. 168 Es begann mit Auferstehung und Erhöhung Christi. 169 Seinem Charakter nach ist es im apokalyptischen Denken Endzeit, denn es ist durch die Niederringung der widergöttlichen Mächte bestimmt. Das Verständnis ist ein dynamisches. Es ist mehr an Herrschaft als an einen abgegrenzten Bereich (Reich) gedacht. Das Reich Gottes ist der Zustand der eschatologischen Vollendung. Seinem Charakter nach ist es dem neuen Aon im apokalyptischen Denken vergleichbar. Das Verständnis ist ein mehr statisches.

1.3. Ausblick auf die nachpaulinische Entwicklung 1.3.1. Das Reich Gottes als Lohn (2.Thess 1,5) Blickt man von der Verheißung l.Thess 2,12 mit ihrer Bedingungslosigkeit auf 2.Thess 1,5, so wird ein Unterschied sofort deutlich. Erduldete Verfolgungen und Bedrängnisse sind Anzeichen für ein gerechtes Gericht Gottes, der die so Verfolgten seines Reiches würdigt. Sie leiden für (ύπέρ) das Reich Gottes. Sitz im Leben dieses Wortes ist die Trostpredigt für eine angefochtene Gemeinde. Problematisch gerade im Blick auf die paulinische Tradition ist dabei die Begründung des Lebenswandels der Gemeinde. Beide Male begegnet das Motiv der Würdigkeit 170 , jedoch mit einem bezeichnenden Unterschied. Bei Paulus ist die Verheißung des Reiches Gottes in l.Thess 2,12 die Grundlage für einen entsprechenden Lebenswandel. Der Christ hat sich der erfolgten Berufung in das Reich Gottes würdig zu erweisen. In dem nachpaulinischen 2.Thess ist die Situation gerade umgekehrt. Das Reich Gottes ist hier die Belohnung für einen entsprechenden Wandel. Wenn auch die Gemeinde angesichts Verfolgungen getröstet werden soll, so ist doch der Gerichtshorizont unverkennbar. Das Heil in Form des Reiches Gottes ist l.Thess 2,12 Grund und 2.Thess 1,5 Lohn für einen würdigen Lebenswandel der Christen.

" · Schade, Christologie, 37.95. 169 Conzelmann, l.Kor, 321 f; Froitzheim, Christologie, 146; Grundmann, ThWNT II, 308. Vgl. Phil 2,5-11. bes. 9f; E p h 4 , 8 f f : l . P e t r 3 , 2 2 . 170 Vgl. l.Thess 2,12 mit 2.Thess 1,5.

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Das Reich Gottes und Christi in der paulinischen Tradition

1.3.2. Das Reich Christi und Gottes (Eph 5,5) Der Verfasser des Eph benutzt hier eine ähnliche Tradition wie Paulus. Ubereinstimmung besteht in der Verbindung von Reich Gottes und Lasterkatalog sowie in der geprägten Wendung, die Reich Gottes und die Vorstellung vom Erbe verknüpft. So konnte bereits die vorpaulinische Tradition den zukünftigen Ausschluß vom Reich Gottes mit einem Lasterkatalog begründen. 171 Die auch hier festzustellende Verbindung von Unzucht und Götzendienst entstammt jüdisch-hellenistischer Tradition. Für unsere Thematik interessanter sind die Unterschiede in der Terminologie und in der Axt der Traditionsverarbeitung. Die Verwendung von κληρονομιά statt κληρονομέΐν ließe an ein Verständnis des Reiches Gottes als abgeschlossenen, statischen Bereich denken. 172 Auffälligerweise ist die Reich Gottes-Aussage präsentisch formuliert. Man hat den Eindruck, als ob das Erbteil gleichsam schon bereit liege. Den Hintergrund der präsentischen Aussage bildet wohl eine hellenistisch strukturierte Eschatologie 173 , die das zeitliche Nacheinander der Äonen in ein räumliches Oben und Unten verwandelt. 174 Auffälliger aber ist noch, daß hier Reich Christi und Gottes nicht wie bei Paulus unterschieden werden. Auch die Reihenfolge, erst Reich Christi, dann Reich Gottes ist bemerkenswert. Die Aufgabe, die bei Paulus dem Reich Christi zufällt, scheint im Eph die Gemeinde wahrzunehmen. 175 Das Reich Christi, ohne eigenständige Funktion, wird so mit dem Reich Gottes gleichgesetzt. Beide Reiche umschreiben das gleiche Endheil. Unterschiedlich ist weiter die Art der Traditionsverarbeitung. Bei Paulus war die Tendenz erkennbar, im Heilsindikativ den Grund aufzuzeigen, der ein neues Verhalten ermöglicht. Etwas ähnliches wird zwar auch Eph 5, 8 erkennbar, doch überwiegt im Kontext von Eph 5,5 der ethische Imperativ. 176 Eph 5,6 verstärkt sogar noch mit der Androhung des Zornes Gottes den Charakter des Drohwortes in V 5.

171

So legt es die Einleitung des δτι-Satzes in V 5 nahe. Ähnlich der deutschen Übersetzung „Reich" statt „Herrschaft". 173 Zur Problematik einer hellenistischen Eschatologie s. Walter, Eschatologie, passim. 174 Vgl. Thraede, RAC 12, 67 f; Schnackenburg, RG. 200; Schlier, Eph., 235. - Paulus kennt zwar die Vorstellung auch (vgl. Walter, Eschatologie, 342-344), aber er verbindet sie nicht mit dem Begriff des Reiches Gottes. Vergleichbare Aussagen bei ihm sind Gal 4,26 und Phil 3, 20. Die letzte Stelle zeigt, was diese Art der Eschatologie zu leisten vermag. Sie kann den Stand der Christen in der Spannung von Schon und Noch-Nicht des Heilsbesitzes verständlich machen. 175 Vgl. Eph 6 , 1 2 mit l.Kor 15,24. 176 Eph 5,1.2.3.6.7.11. 172

Zusammenfassung

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1.3.3. Das Reich Christi in der späteren Tradition Zwei der Belege für das Vorkommen von Reich Gottes bzw. Christi in den Deuteropaulinen sind von der vorpaulinischen bzw. paulinischen Tradition abhängig. Eph 5,5 nimmt die Tradition vom Ererben des Reiches Gottes auf. 177 Der bewußt paulinisch sein wollende 2. Thess hat bei 1,5 sicher 1.Thess2,12 im Blick. Sieht man von Kol 4,11 ab 178 , so macht man die erstaunliche Entdeckung, daß die übrigen Belege nur vom Reich Christi handeln. Nach 2. Tim 4,1 beginnt das Reich mit Christi Parusie (έπιφανεία) zum Gericht über die Lebenden und die Toten. Das Reich Christi wird 2. Tim 4,18 als έπουράνιον bezeichnet. Es stellt kein messianisches Zwischenreich dar. Es ist an die Stelle des Reiches Gottes getreten bzw. es ist mit diesem identisch. Anders verhält es sich mit Kol 1,13 f, wo das Reich Christi 179 als ή αφεσις των αμαρτιών180 umschrieben wird. Das Reich Christi ist hier wie l . K o r 15,24 gegenwärtig und befindet sich ebenfalls in Opposition zu den widergöttlichen Mächten. Ein Taufbezug von Kol 1,12-14 ist wahrscheinlich.181

1.4. Zusammenfassung Die vorpaulinische Tradition übernimmt aus der ältesten judenchristlichen Missionspredigt die Rede von der Berufung in das Reich Gottes. Deren Bedingungslosigkeit wird festgehalten, aber im Rahmen der Taufparakiese mit der Forderung nach einem der Verheißung entsprechenden Wandel verknüpft. Die Sprüche vom „Nicht-Ererben des Reiches Gottes" wurden in einem hellenistischen Judenchristentum tradiert. Hier begründet umgekehrt der entsprechende Wandel die Zugehörigkeit zum Reich Gottes. Sitz im Leben die177 S. auch noch Jak 2,5, wo verschiedene Reich-Gottes-Traditionen (Ererben des Reiches Gottes und Zusage an die Geringen) zusammengefaßt sind. Vgl. die ausführliche Darstellung bei Hoppe, Hintergrund, 78-86, 120 f. 178 Ob zu Kol 4,11 (συνεργοί εις την βασιλείν τοϋ θεοϋ) die Stelle Offb 1,9 (συνκοινωνός εν -tfi βασιλείς) zu vergleichen ist, ist nicht ganz klar. Bei Kol 4,11 wird die Interpretation durch das Problem der Namensübereinstimmungen zwischen Kol und Phlm erschwert. Es ist vielleicht an eine Mitarbeit bei der Verkündigung des Reiches Gottes gedacht. Offb 1,9 parallelisiert θλΐψσις und βασιλεία. Dies weist auf den auch in 2. Thess 1,4 ff ausgesprochenen Zusammenhang zwischen Verfolgung und Reich-Gottes-Verheißung. 179 Wörtlich: Reich seines geliebten Sohnes. 180 Vgl. Lk 11,4 var Mt. 181 Schweizer, Kol, 49,; Pokorny, Kol,45.

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Das Reich Gottes und Christi in der paulinischen Tradition

ser mit Lasterkatalogen verknüpften Drohworte ist wieder die Taufparakiese. Das Reich Gottes ist hier nicht notwendig eine apokalyptische Größe. Seine Zukünftigkeit wird vorausgesetzt, aber nicht eigens thematisiert. Die Drohworte zielen auf ein Verhalten in der Gegenwart. Der Ort der paulinischen Interpretation ist der Rückgriff auf Missionspredigt bzw. Taufparakiese. Von sich aus verknüpft Paulus nie eine Reich-Gottes-Aussage mit dem Lohnmotiv. Sein Interesse liegt bei der Angabe des Heilsindikativs, der den Ermöglichungsgrund für einen entsprechenden Wandel angibt. Mit der vorpaulinischen Tradition besteht Übereinstimmung in dem Ort der Reich-Gottes-Aussagen in der Ethik. Allerdings geht es bei Paulus nicht um eine Vorleistung zur zukünftigen Erlangung des Reiches Gottes, sondern um eine gegenwärtige Entsprechung. Der eschatologischfuturische Charakter ist überall vorausgesetzt, wird aber nur einmal (l.Kor 15,24) mit Hilfe apokalyptischer Aussagen thematisiert. Auffällig ist dort die Begrenzung christologischer Aussagen, um die Zukünftigkeit und Priorität des Reiches Gottes sicherzustellen. Einmal (l.Kor 15, 50) kann Paulus eine Reich-Gottes-Aussage mit hellenistischen Termini interpretieren. Der Schwerpunkt der paulinischen Aussagen liegt im l.Kor. Dies dürfte zum größten Teil durch seine dortige Frontstellung gegen ein präsentisches Heilsverständnis bedingt sein. Trotzdem entfaltet Paulus keine Lehre vom Reich Gottes. Seine Aussagen haben mehr polemisch-abgrenzenden Charakter. D i e nachpaulinische

Tradition

- verstärkt das Lohn- bzw. Gerichtsmotiv (2.Thess 1,5; Eph 5,5; 2. Tim 4,1) sowie - die Hellenisierung des Reich-Gottes-Verständnisses (Eph 5, 5; Kol 1,13) und - setzt das Reich Christi an die Stelle (2.Tim 4,18) oder neben (Eph 5,5) das Reich Gottes. Der Schwerpunkt der Reich-Gottes-Aussagen aller drei Traditionsschichten liegt eindeutig auf dem Gebiet der Ethik.

2. Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition 2.1. Die Sprüche vom Eingehen in das Reich Gottes Die Sprüche vom „Eingehen in das Reich Gottes" sind bezeugt -

in der markinischen Tradition, als matthäische Redaktion, im Johannes-Evangelium und in dessen späterer Redaktion, in der lukanischen Passionsgeschichte sowie als gelegentliche Erwähnung bzw. Anspielung in verschiedenen späteren Schriften des Neuen Testamentes (Apg, Kol, 2.Tim, 2.Petr).

Parallelen liegen in Wendungen vor, die vom Eingehen in das Leben, die Herrlichkeit, die Ruhe u. ä. reden. 1 Meistens handelt es sich hier um Bestandteile späterer Traditionsschichten. Formal liegt in den Sprüchen vom „Eingehen in das Reich Gottes" eine unterschiedliche Gestaltung vor. Einlaßsprüche in dem Sinne, daß das „Eingehen ... eben an gewisse Bedingungen geknüpft" 2 ist, begegnen in - Mk 10,15 aus der vormarkinischen Tradition, - Mt 5,20; 7,21; 18,3 als matthäischer Redaktion sowie - J o h 3 , 3 . 5 als johanneischer Fassung von Mk 10,15 und deren späterer Redaktion. Ihnen ist folgendes gemeinsam: - Ein mehr oder weniger konkret umschriebenes Tun bzw. Verhalten, welches im weitesten Sinne als Umkehr bezeichnet werden kann, entscheidet über den Eingang in das Reich Gottes. - Nur diese Sprüche, in denen die Umkehr gefordert wird, sind auch Drohworte. Sie sind ausschließlich negativ formuliert. 1 Mit είσέρχεσθαι konstruiert erscheinen mit ähnlichem Sinn: Mt 7,13 par Lk 13,24 (Q): durch die enge Pforte ( = Gericht), M k 9 , 4 3 . 4 5 par Mt 18,8.9: in das Leben. Mt 19,17 (matthäische Redaktion): in das Leben, Mt 2 5 , 2 1 - 2 3 (Sondergut des Matthäus): in die Freude, Mt 26,41 par Lk22,46: Versuchung (diff M k l 4 , 3 8 ) L k 2 4 , 2 6 (Sondergut des Lukas): in die Herrlichkeit) Joh 10,1.2.9: durch die enge Tür (christolog.) H e b r 3 , 1 1 . 18.(19): 4,13.5.11: in die Ruhe. 2 Windisch, Sprüche, 163.

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Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

- Von Mk 10,15 abgesehen, gehören diese Einlaßsprüche relativ späten Überlieferungsschichten an. 3 Bei den übrigen, überlieferungsgeschichtlich älteren Einlaßsprüchen liegen im einzelnen verschiedene Formen wie Mahnworte ( M k 9 , 4 3 ff 4 ; 10,23 ff), Gemeinderegel (Mk 10,14) und Drohwort (Mt 21,31) vor. Mit der Wendung „Eingehen in das Reich Gottes" scheint eine Neubildung Jesu 5 oder der nachösterlichen Gemeinde vorzuliegen. Zeitgenössische Parallelen zu ihr lassen sich nicht nachweisen. Sachlich liegt aber ein Anschluß an alttestamentliche Wendungen vor. Dabei stehen dem synoptischen Sprachgebrauch am nächsten: - Sprüche, die das Eingehen in heilige Stätten an bestimmte Bedingungen knüpfen 6 sowie - Sprüche, die sich auf das Eingehen in das dem Volk Israel verheißene Land beziehen. 7 Mit dieser letzteren Gruppe hat die synoptische Spruchgruppe vom „Eingehen in das Reich Gottes" die größten Gemeinsamkeiten. Einmal begegnet hier die Parallelisierung von εΐσέρχεσθαι und κληροηομεΐν8 des Landes, wobei deutlich wird, daß beide Begriffe „im Grunde denselben Vorgang bezeichnen." 9 Zum anderen ist hier auch der Eingang mit der Forderung nach einem bestimmten Verhalten verbunden. Ein Teil dieser Sprüche ist negativ formuliert 10 , es handelt sich also um Ausschlußsprüche. Der Ausschluß wird in ihnen mit einem bestimmten Verhalten in der Vergangenheit begründet. Drohworte, wie sie z.T. in der synoptischen Tradition vorliegen, begegnen nur zweimal. Ez 13,9 bedroht Lügenpropheten und Ez 20, 38 Abtrünnige mit dem Nichteingehen in das Land. Das positiv geforderte Verhalten wird in Mahnworten formelhaft als Halten

3

Vgl. Flender, RG, 46: „Die Eingangs Sprüche insgesamt scheinen in die Lehrtradition der nachösterlichen Gemeinde zu gehören." - S.a. unten Anm. 12. 4 Bultmann, GST, 81. s Jeremias, Theol. I, 41; Kümmel, Verheißung, 46; Merklein, RG, 134: Anders Perrin, Was lehrte, 157, der dort feststellt, daß sich der Ausdruck im Judentum und im Urchristentum findet. Stellenangaben bzw. Beispiele für das Judentum fehlen allerdings a. a. O. 6 Ex 29,30; L e v l 2 , 4 ; 14,8 (Lager); 16,3ff.26.28 (Lager) Num31,24; Dtn 23, 2ff. 11 ff; 2 Sam 5, 8; 2 Chr 23,6.19; Ps 117,20; Ez 44,2f.9. Vgl. auch Ps 15. 7 Num 14,30; 10,24; Dtn 1,37; 4,21; 32,52; 34,4: sowie die in der folgenden Anmerkung genannten Belege. 8 Neben den bei Windisch, Sprüche, 177 aufgeführten Stellen Dtn 4,1; 6,17 f; 16,20 (LXX) (vgl. Haufe, RG, 470) wären noch Dtn 1,8; 8,1; 9,1; 11,8.10.31 (LXX) zu ergänzen. ' Haufe, RG, 471. 10 Alle Anm.7 (s.o.) genannten Belege sind negativ formuliert.

Die Sprüche vom Eingehen in das Reich Gottes

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der Gebote und Satzungen Jahwes umschrieben.11 Trotz des Fehlens von Parallelen zur Wendung vom „Eingehen in das Reich Gottes" sollte man mit der pauschalen Zuweisung von Sprüchen mit dieser Wendung an den historischen Jesus vorsichtig sein.12 Außer einer indirekten 13 und uncharakteristischen14 Erwähnung in Lk 11, 52 b par Mt 23,13 b (Q) begegnet diese Spruchgruppe in Q nicht. Auch die anderen Analogiebildungen im Neuen Testament und bei den Rabbinen mahnen zur Vorsicht. 15

2.1.1. Die ältesten Sprüche vom Eingehen in das Reich Gottes 2.1.1.1. Verzicht um des Reiches Gottes willen ( M k 9 , 4 7 ) Bei dem Komplex Mk 9,42-50 handelt es sich um eine Spruchkette, die durch Stichwortanschluß gebildet wurde. 16 Der Zusammenhang ist ein formaler, ein durchgehender Gedanke wird nicht sichtbar. Zwei Spruchgruppen haben ihre Parallele in anderen Zusammenhängen17, was den kompositorischen Charakter der Spruchkette nur bestätigt. Bezugswort der Spruchkette ist die Warnung V42, einer als Kleinen bezeichneten Gruppe Ärgernis zu geben. Ob das Problem, wer mit den „Kleinen" gemeint ist, eine redaktionsgeschichtliche Lösung (Bezug auf die Kinder von V37) 1 8 oder eine traditionsgeschichtliche Lösung (Arme wie Mt 5,1) hat, kann nicht sicher entschieden werden. Auffällig ist allerdings, daß auch den Eingangssprüchen von Mk 10,14 f und 10,23 f Bezugsworte vorangestellt sind, die die Geringen unter Schutz stellen bzw. den Reichen ihre Überlegenheit absprechen. Der Zusammenhang des Bezugswortes V 4 2 mit den folgenden drei Eingangssprüchen V 43.45.47 ist wahrscheinlich redaktionell. 19 Einmal begegnet die 11 Dtn 4 , 1 ; 6 , 1 7 f ; 8 , 1 ; 11, 8.31 f ; 16,20. Ausnahme ist D t n l 6 , 2 0 mit der Forderung nach Gerechtigkeit. 12 Merklein, RG, 134 hält übertriebene Skepsis (!?) nicht für angebracht Er urteilt allerdings jetzt (ders., RG II, 1 9 f ) skeptischer: Es „besteht der Verdacht, daß es sich um traditionsgeschichtlich sekundäre Bildungen handeln könnte, die möglicherweise in Analogie zu entsprechenden Redeweisen vom ,kommenden Aon' entstanden sind." 13 Die Vorstellung vom „Eingehen in das Reich Gottes" kann nur durch die Kombination von Mt 2 3 , 1 3 a diff Lk (!) mit Mt 23,13b par Lk erschlossen werden. 14 Vgl. Pkt. 2.4.4.2. dieser Arbeit. 15 Die neutestamentlichen Belege s. Anm. 1; die rabbinischen Belege bei Dalman, Worte, 95 f. 16 V 4 2 + 43.45.47: σκανδαλίζειν. V 4 8 interpretiert durch Jes 66,24 die γεέννα liefert gleichzeitig mit πΰρ das Stichwort für V 4 9 f . V 4 4 + 46 sind nach Nestle/Aland, 26. Aufl. zu streichen. 17 Mk 9,43.45.47 par Mt 5 , 2 9 f ; M k 9 , 4 9 f par Mt 5,13. '» Gnilka, Mk II, 64. 19 Man könnte vermuten, daß Lk 17,2 und Mk 9,42 einen gemeinsamen Ursprung haben und Mt 5 , 2 9 f aus Q stammend dort hinter Lk 17,2 stand. Dann wäre die Verknüpfung

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Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

traditionsgeschichtlich ältere Fassung in Mt 5,29 f ohne ein M k 9 , 4 2 vergleichbares Logion. Zum anderen ist das „Ärgernis anderer Art, nicht von dem, was man anderen bereitet, sondern von dem, das durch die eigene Begierde entsteht". 20 Die ältere Fassung Mt 5,29 f, zu der es sowohl griechisches21 als auch rabbinisches 22 Vergleichsmaterial gibt, ruft auf zum Verzicht auf leibliche Unversehrtheit angesichts des Gerichtes. Dies geschieht in Mt 5,29 a. 30 a (vgl. Mk 9,43 a. 45 a. 47 a) durch Imperative in Konditionalsätzen, deren Vordersatz eine Situationsangabe darstellt. Damit wird nicht allein das Sündigen, sondern bereits die Begierde unter die Forderung des rigorosen Verzichtes gestellt. Dies ist ein sachgemäßer Kommentar zu Mt 5,28 und könnte ein Indiz für älteste Jesus-Tradition sein.23 Gleichzeitig ist aber festzuhalten, daß damit etwas gesagt ist, „was nicht nur in der gesamten antiken Welt, sondern insbesondere auch im damaligen Judentum Unterstützung gefunden hätte." 24 Unter dem Einfluß der Stoa war diese Anschauung besonders im hellenistischen Judentum verbreitet. 25 Diese Imperative werden in Mt 5,29 b. 30 b ausschließlich mit dem Gerichtsmotiv (Androhung der Gehenna) begründet. Gegenüber diesem negativ formulierten Doppelspruch stellt Mk 9,43.45.47 eine Weiterbildung dar: - Der Doppelspruch (Auge, Hand) wird zur Trias (Hand, Fuß, Auge) erweitert. - Die Imperative werden jetzt durch alternative Formulierungen kommentiert. Der Gehenna als Strafandrohung tritt das Heil als Lohnverheißung zur Seite. Das Heil wird in Mk 9,43.45 als Leben und nur in Mk 9, 47 als Reich Gottes bezeichnet. Sachlich ist dadurch die frühjüdische Vorstellung von den Zwei Wegen 26 gegeben. Ihren Sitz im Leben hatte diese Vorstellung in der Paränese. 27 Dadurch wird vielleicht auch verständlich, warum erst auf dieser Uberliefevon Mk 9 , 4 2 und 9 , 4 3 ff relativ alt. Fleddermann, Discourse, 67.71 vermutet in Mk 9 , 4 2 die markinische Redaktion von Lk 17,1 f par Mt 18,6 f (Q). 20 Gnilka, M k l l , 64 f. Ähnlich auch Fleddermann, Discourse, 71. 21 Bei Luz, Mt, I, 267 Anm.50. 22 Billerbeck I, 302 f. 23 Dafür spricht nach Luz, Mt I, 262 „der semitische Sprachhintergrund, die doppelte Überlieferung und die Tatsache, daß Jesus oft ähnlich überspitzt formuliert hat." 24 Luz, Mt I, 264 zu Mt 5,27 f. 25 Berger, Gesetz I, 346-348. 26 Der wahrscheinlich älteste Beleg in der jüdischen Literatur ist Test. Ass. 1,3-5 (Michaelis, T h W N T V , 58; vergl. Ebel, T h B N T I, 1360), vgl. auch Test. Levi 19,1. Die Vorstellung ist außerhalb der Pseudepigraphen auch bei Philo (vgl. Michaelis, a. a. O., 62 mit Einschränkungen), in Qumran (1 QS 3 , 2 0 f ; 4, 17.19; 5,11) und in der rabbinischen Literatur (vgl. Bill., II, 460-464; Michaelis, T h W N T V, 58-60) bezeugt. Zur griechischen Vorstellung s. Xenophon, Mem. 2 , 1 , 2 1 - 3 4 ; Hesiod Op. 287-292. 27 Luz, Mt I, 396. - Vgl. neben Test. Ass. 1,3 ff bes. Did. 1 - 5 par Barn. 18-20. In Did 5 ist der Lasterkatalog zu beachten.

Die Sprüche vom Eingehen in das Reich Gottes

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rungsstufe das Reich Gottes bzw. das Leben eingefügt wird. Die alternative Formulierung der Zwei Wege ist für den Hörer einsichtig und eignet sich für die Paränese besser als die apodiktische Formulierung der Imperative mit ihrem einseitigen Gerichtsaspekt. Die erhobene Forderung beider Überlieferungsstufen ist keine geringe: der rigorose Verzicht auf leibliche Unversehrtheit. Damit besteht eine Differenz zu den Seligpreisungen und dem Vaterunser mit ihrem Ernstnehmen des Irdisch-Leiblichen. 28 Der Verzicht auf das, was dort das Heil umfaßt - das leibliche Heilsein bzw. -werden - bildet hier die Voraussetzung zur Erlangung des Heils.

2.1.1.2. Die Kinder und das Reich Gottes (Mk 10,14 f) Formgeschichtlich liegt ein biographisches Apophtegma vor. 29 Die Exposition V 1 3 berichtet, daß man Kinder zu Jesus brachte, damit er sie segne.30 Dies wollen die Jünger aus nicht genannten Gründen verhindern, was den Widerspruch Jesu (V 14a) hervorruft. Der von ihm gegebenen Begründung V 14b wird eine zweite in V 15 hinzugefügt. 31 In der Abschlußszene (V 16) kommt es zu der anfänglich verhinderten Zuwendung Jesu zu den Kindern.

2.1.1.2.1. Der Ansatzpunkt bei den Geringen (Mk 10,14 par Mt 19,14; Lk 18,16) Die Zuwendung Jesu zu Kindern ist in der markinischen Tradition reicher als in den anderen Schichten der synoptischen Tradition bezeugt. 32 Sachlich steht die Szene in der Nähe der ältesten Schicht der Seligpreisungen. Sieht man die Kinder unter dem Aspekt ihres „Angewiesensein (s) auf Bitten und Empfangen" 33 , so wird hier eine Zuwendung zu den Geringen innerhalb der gesellschaftlichen Rangordnung sichtbar. Die Begründung für dieses Verhalten in V 14 b ist in zweifacher Hinsicht bemerkenswert: Eine Reich-Gottes-Zusage in einer Genitivwendung begegnet außer in Mt 5,10 (Sondergut) und Mt 6,13 (einige Handschriften) nur noch in der ältesten Schicht der Seligpreisungen in Mt 5, 3 (Q). Zwischen beiden 28

Vgl. auch Render, RG, 45, der daraus die nachösterliche Entstehung ableitet. " Schlosser, RG II, 478. 30 Das Handauflegen meint nicht Heilung, sondern Segnung. Vgl. Gnilka, Mk II, 80, S. a. unten Anm. 36. 31 Formal fällt V 1 4 : παιδία (Plural) und V 15: παιδίον (Singular) auf. V 1 5 halten für sekundäre Einfügung in diesen Kontext u.a.: Busemann, Jüngergemeinde, 121; Haufe, Kind, 627, 633. 32 Vgl. Mk 5,39ff; 7,30; 9,24; 9,36f. - Sonst nur noch Lk 7,1 ff; A p g 2 0 , 7 f f . 33 Haufe, Kind, 634. Vgl. auch Schelkie, Eschatologie, 151; Dinkier, Taufaussagen, 66.

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Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

Reich-Gottes-Aussagen herrscht Übereinstimmung in der Bedingungslosigkeit der Zusage an die Geringen und Hilflosen (Arme bzw. Kinder). Es besteht ein Unterschied in den Adressaten. In dem Makarismus Mt 5,3 sind zweifellos die Armen selbst angesprochen. In Mk 10,14 a bilden die Kinder den Vergleichspunkt, wie die Formulierung mit „solchen" (τοιούτων) zeigt. Das Reich Gottes wird nicht Kindern verheißen, sondern denen, die wie Kinder sind. 34 Es sind also die Geringen und Hilflosen gemeint. 35 Von diesem Verständnis her gewinnt die christologische Komponente im ersten Teil der Begründung eine besondere Bedeutung. Die Reich-GottesZusage an die den Kindern Ahnlichen begründet das Kommen der Kinder zu Jesus. Die Reich-Gottes-Zusage an die Deklassierten ist in der ältesten Jesus-Tradition fest verankert. Daß diese Zusage aber den Bezug der Kinder auf Jesus (und nicht umgekehrt!) erst begründet, erscheint als historische Begebenheit aus dem Leben Jesu unmöglich. Hier spiegelt sich vielmehr eine bestimmte nachösterliche Gemeindesituation wider. Es geht um die Einbeziehung von Kindern in den Raum der nachösterlichen Gemeinde, die gegen den Einspruch aus eigenen Reihen (im Text durch die Jünger artikuliert) verteidigt wird. 36 Zur Begründung wird auf die analoge Zuwendung und Verheißung Jesu an die Geringen verwiesen. Für einen solchen Gemeindebezug spricht:

34 Bauer, WB, 1625: „Träger einer bestimmten Eigenart"; Haenchen, Weg, 344, 346f; Busemann, Jüngergemeinde, 123 f. - Τοιούτων als markinische Redaktion anzusehen, läßt sich nicht mit dem fünfmaligen Vorkommen dieser Vokabel bei Markus begründen. So aber Busemann, Jüngergemeinde, 122 mit Anm. 265. A. a. Ο., 122-124 auch die Auffassung, daß Mk 10,14 c ursprünglich real gemeint war (etwa: denn diesen Kindern hier gehört das Reich Gottes). Dies stellt eine petitio principii dar. Es müßte mindestens erklärt werden, was der Bezug auf konkrete Kinder in Mk 10,14c sachlich bedeutet. Die bloße Behauptung, daß Markus an konkreten Kindern der vormarkinischen Tradition nicht mehr interessiert ist (ebd.), kann nicht beweisen, daß ein Bezug auf konkrete Kinder je existiert hat. Weber, Kinder, 34 vermutet ebenfalls, daß ursprünglich konkrete Kinder gemeint sind. Der jetzige übertragene Sprachgebrauch ist wahrscheinlich nicht ursprünglich, denn: „In diesem Fall wären die Kinder nur Metapher." (a.a.O.). Schweitzer, RG, 625 bezieht Mk 10,13ff auf die Kinder ζ. Z. Jesu als „Kinder der letzten Menschheitsgeneration". 35 Flender, RG, 45. 36 Haufe, Kind, 627; Schmithals, M k l l , 446f; Schlosser, RG II, 482f; Dautzenberg, Wandel, 27. Sauer, Sitz im Leben, passim bestimmt den Sitz im Leben von Mk 10,13-16 in „der Wunderheilungstätigkeit bestimmter Personen", wobei die Perikope näherhin „der Legitimation der Zulassung kranker Kinder zu diesen Wunderheilungen" diente. (Zitate a. a. O., 49) Das Hypothetische dieser These wird deutlich, wenn man das Argument bedenkt, daß es „charakteristisch ist, daß Art und Weise des wunderbaren Vorgangs selbst nicht geschildert werden." (sie!) (a.a.O., 43). - Vgl. dagegen Böcher, Christus Exorcista, 83, der bei Mk 10,13 ff von „segnende(r) Handauflegung" im Unterschied zur „heilenden" Handauflegung spricht.

Die Sprüche vom Eingehen in das Reich Gottes

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1) die mögliche Verwendung von ερχεσθαι προς + Akk. für die „Aufnahme in die religiöse Gemeinschaft" 37 sowie 2) der Bezug von κωλύειν in Apg 8,36; 10,47; 11,17; Mt 3,14 auf Tauf- 38 bzw. in 1 Thess 2,16; Lk 11, 52 auf Missionshindernisse. Den ursprünglichen Schluß dieses Apophtegmas bildet die Abschlußszene in V16, u.a. mit dem (auch bei der Taufe bezeugten) Gestus des Handauflegens.39 Diese Perikope hat ein christologisches Verständnis der Person Jesu zur Voraussetzung. Die Zuwendung Jesu zu den Geringen und dessen ReichGottes-Verheißung an diesen Personenkreis bildet den Hintergrund der Argumentation. Beide Traditionen dienen dazu, ein aktuelles Gemeindeproblem zu lösen, indem sie als Norm angewandt werden. Die Bedingungslosigkeit der ältesten Reich-Gottes-Verkündigung ist hier beibehalten. Das sachlich Neue ist mit dem christologischen Bezug der Geringen auf Jesus gegeben. Dieser Bezug hat seinen Ort in der Gemeinde der Gegenwart, die ReichGottes-Zusage erscheint dagegen als zukünftig.

2.1.1.2.2. Die Geringen als Vorbild (Mk 10,15 par Lk 18,17) Im Laufe der weiteren Uberlieferung wurde V 14 b durch V 15 kommentiert. In V 15 liegt ein iterativer Bedingungssatz vor. 40 Formgeschichtlich handelt es sich um einen negativ formulierten Einlaßspruch mit der Funktion eines Drohwortes. Die Beteuerungsformel άμήν λέγω ύμΐν kennzeichnet das Folgende als Wort Jesu, erlaubt aber wegen ihres sonstigen Vorkommens in verschiedenen Traditionsschichten 41 kaum sichere Rückschlüsse auf Herkunft und Tradentenkreis. Allerdings ist diese Formel höchstwahrscheinlich Q noch unbekannt. 42 Der Spruch selbst bedroht den, der das Reich Gottes nicht wie ein Kind annimmt, mit dem Ausschluß vom Reich Gottes. Im Vergleich mit V 14 fällt der andere Bezug der Kinder auf das Reich Gottes in V 15 auf. Beide Male sind zwar die Kinder bzw. das Kind der Vergleichspunkt, aber es sind wohl verschiedene Aspekte des Kindsein im Blick. V 14 bezieht sich

37 So B. Reicke, ThWNT VI, 721 (bis auf „religiöse" dort gesperrt) unter Hinweis auf Mt 3,5.14; Mk 1, 5; Joh 1,29.47; 6 , 4 4 (a. a. O., 722). - Man könnte vermuten, daß damit das sachlich identische προσήλυθος vermieden wurde. 38 Auch wenn man nicht wie Cullmann, Tauflehre, 65-73 und Jeremias, Kindertaufe, 65-67 hier eine liturgische Taufformel findet, so ist doch der Taufbezug deutlich. Gegen eine Taufformel u.a. Aland, Säuglingstaufe, 67ff; ders., Stellung, 12ff; Schweizer, Mk, 112; Gnilka, Mk II, 81; Haenchen, Weg, 347. 39 Apg 8,17ff; 9,17; 19,6; vgl. 1 Tim 5,22. 40 Bl.-Debr. §371,4; 373,1b. 41 Vgl. zusammenfassend Kuhn, EWNTI, 167 f. 42 Vgl. Mt 23,36; 24,47 diff Lk.

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Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

in Übereinstimmung mit der ältesten Jesus-Tradition auf die Hilflosigkeit der Kinder bzw. Armen. Dagegen macht V 15 das besonders geartete „Annehmen des Reiches Gottes" seitens dieser Gruppe zur Einlaßbedingung für das Reich Gottes. In Lk 6,20 ff ist die Reich-Gottes-Zusage eine bedingungslose, während sie in Mk 10,15 von einem geforderten „Annehmen des Reiches Gottes" abhängt. Was ist unter dem Annehmen des Reiches Gottes wie ein Kind zu verstehen? Ausgangspunkt des Verständnisses ist die Feststellung: „Le verbe δέχομαι est un terme du vocabulaire missionaire de la communaute post-pascale .. ," 43 . Danach wäre die Wendung als Annehmen der Botschaft 44 vom Reich Gottes zu verstehen, was „wie ein Kind" zu erfolgen hätte. Damit ist aber nicht an die „Sündenreinheit" 45 des Kindes gedacht, sondern „an die recht verstandene Einfalt des Kindes, an seine ungeteilte Zuwendung". 46 Obwohl von der Form her ein Einlaßspruch vorliegt, wird nicht ein bestimmtes Tun, sondern lediglich die besonders qualifizierte Annahme der ReichGottes-Botschaft gefordert. Dies setzt einmal eine Missionstätigkeit der Tradenten dieses Spruches voraus. Zum anderen muß eine Reich-Gottes-Verkündigung Gegenstand der Missionspredigt gewesen sein. Zum dritten erscheint die Reich-Gottes-Zusage auf die beschränkt, die diese Verkündigung in der geforderten Weise annehmen. Mit dem letzten ist eine schon stärker kirchlich orientierte Blickrichtung gegeben. Inhaltlich setzt Mk 10,15 ein futurisch noch ausstehendes Reich-Gottes-Verständnis voraus. Das Reich Gottes ist Umschreibung für das eschatologische Endheil. Der Vergleich der beiden Aussagen von V 14 b und V 15 zeigt, daß V 15 nicht einfach nur einen Kommentar zu V 14 b, sondern eine eigenständige, auf eine andere Problematik bezogene Aussage bietet. Deshalb wird man für V 15 eine selbständige Überlieferung nicht ausschließen dürfen. 47 Für die schon vormarkinische Ein43 Schlosser, RG II, 494 Anm.12 unter Hinweis auf L k 8 , 1 3 ; A p g 8 , 1 4 ; 11,2; 17,11; l T h e s s l , 6 ; 2,13; 2 . K o r l l , 4 ; Jak 1,21; wobei noch M k 4 , 2 0 (παραδεχέσθαι) und Apg 2,42 (άποδεχέσθαι) zu vergleichen sind. Ahnlich auch mit weiteren Belegen Metzke, E W N T I , 702. Vgl. Schnackenburg, RG, 97; Dupont, Beatitudes II, 174-176; Haufe, Kind, 633 f u.v.a. m. 44 Die Interpretation des „Annehmens" durch Merklein, RG, 128 f (übernommen durch Busemann, Jüngergemeinde, 120 f) als „Sich-einlassen", „Akzeptieren" des Reiches Gottes, welches mit der Person Jesu in die Gegenwart hineinragt, ist m. E. unwahrscheinlich. 1) Dem Logion fehlt ein Bezug auf die Person Jesu Christi völlig. 2) Wenn das Logion tatsächlich eine Prolepse des Reiches Gottes voraussetzt, wie soll man sich das „Sich-einlassen" und „Akzeptieren" vorstelle? Es ist wohl unbestreitbar, daß das Reich Gottes hier Umschreibung für das Endheil ist. Aber kann man sich darauf „Einlassen" oder es „Akzeptieren"? Das Logion als Drohwort setzt voraus, daß auch das Gegenteil denkbar sein muß. Was ist wohl eher denkbar, das Nicht-Akzeptieren einer Botschaft oder einer eschatologischen Erscheinung? Doch wohl das erstere. 45 Rabbinische Belege bei Bill., I, 773 f. 46 Haufe, Kind, 634. 47 Vgl. Sauer, Sitz im Leben, 36f hält Mk 10,15 für älter als Mk 10,14. V 15 ist spätere Einfügung nach Weber, Kinder, 33; Flender, RG, 45.

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fügung von V 15 wäre Stichwortanschluß zu vermuten. Der Sitz im Leben ist die Belehrung über das Reich Gottes innerhalb der Missionspredigt.

2.1.1.3. Die Reichen und das Reich Gottes (Mk 10,23 ff par Mt 19,23 ff; Lk 18,24 ff) Formgeschichtlich liegt in Mk 10,23-27 ein Lehrgespräch 48 vor, in dem es um die Möglichkeit des Eingehens in das Reich Gottes geht. Die im Laufe des Gesprächs dazu gemachten Aussagen differieren, so daß mit Kommentierungen der Tradenten zu rechnen ist. Die Aussage Mk 10,23 über die Schwierigkeit des Eingehens in das Reich Gottes für die Reichen drückt negativ für diese Personengruppe einen Tatbestand aus, der seine positive Entsprechung in der Reich-Gottes-Zusage an die Armen hat. Das bekannte Logion vom Kamel und Nadelöhr (Mk 10,25) verstärkt das Gefälle der Absage an die Reichen zur Ansage der reinen Unmöglichkeit ihres Eingehens. 49 Diese einheitliche Aussage von V 23.25 50 wird durch V 2 4 gestört, der in V 2 4 b die Schwierigkeit des Eingehens in das Reich Gottes verallgemeinert und damit nicht mehr polemisch auf einen bestimmten Personenkreis festlegt. 51 In diesem allgemeinen Sinn wird dann auch V 26 ff das Problem verhandelt, so daß man in V 24 die redaktionelle Vorbereitung für V 26 f zu sehen hat. 52 Hinter der ältesten Schicht dieser Perikope (V23.25) steht eine vom Armutsideal geprägte Gemeinde. Umstritten ist, ob dieses Armutsideal der ältesten Jesus-Tradition nahe steht oder Ergebnis einer längeren Entwicklung ist. Das letztere Verständnis erblickt hinter der Perikope eine asketische, der Welt entsagende Gemeinde. 53 Dies kontrastiere mit der Weltoffenheit Jesu. Armutsideal bedeutet jedoch nicht eo ipso, in Schöpfung und Welt „nur noch die Verführung, das lockende Böse" 54 zu sehen. Logien wie Lk 12,24.27 par Mt (Q) zeigen das Gegenteil. Vom Kontext der ältesten Jesus-Tradition her legt sich das erstere Verständnis nahe. Die Reich-Gottes-Zusage an die Armen hat ihre negative Entsprechung in der Absage an die Reichen. Das Reich Gottes bringt als apokalyptischer Neuer Aon die Umkehrung der irdischen Ordnung. Die Reich-Gottes-Absage an die Reichen wurde uminterpretiert. 48 Gnilka, M k l l , 84; Jüngerbelehrung. Dazu Busemann, Jüngergemeinde, 40, der feststellt, daß Jüngerbelehrung" nicht die Gattung, sondern den Inhalt bezeichnet. 49 Vgl. Lohse, Armen, 58; Kelber, Kingdom, 88; Lohse, Bußruf, passim. 50 Gnilka, Mk II, 84. 51 Lang, Sola gratia, 332; Busemann, Jüngergemeinde, 52; Fischer, Radikalisierung, 24f: „redaktionelle Glosse des Markus". Ähnlich auch Schnackenburg, Botschaft, 153. 52 V 24 ist sekundär nach Bultmann, GST, 20 f; Gnilka, Mk II, 84 f (markinische Redaktion, aber nicht absolut sicher). 53 Haenchen, Weg, 355. 54 Ebd.

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Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

Die Schwierigkeit des Eingehens in das Reich Gottes wird verallgemeinert.55 So kann dann die angesichts der Absage an die Reichen unverständliche Frage gestellt werden, wer überhaupt gerettet werden kann (V26). Die Antwort Jesu in V 27 stellt das Reich Gottes als alleinige Gabe Gottes dar, welche von Menschen nicht verdient werden kann. Diese Aussage stellt einen Widerspruch zu dem Skopus von Mk 10,17-22 dar, was um so erstaunlicher ist, als V 2 3 f f einen Kommentar zu V 17-22 bilden soll.56 Vergleicht man beide Spruchgruppen, so stellt man fest, daß die apokalyptische Vorstellung von der Umkehrung der irdischen Ordnung zugunsten eines ethischen Bezuges des Reiches Gottes aufgegeben wurde. Die V 17 gestellte Frage nach den Bedingungen für das Ererben des ewigen Lebens wird zunächst mit dem Hinweis auf die Dekaloggebote beantwortet. Dies dürfte wegen der ähnlichen Verwendung dieser Gebote im hellenistischen Judentum auf eine hellenistisch-judenchristliche Gemeinde weisen.57 Auch die veränderte Bewertung der Armen fällt auf. Sie sind geradezu Objekt karitativer Fürsorge (V21), aber nicht mehr die um des Reiches Gottes willen Seliggepriesenen. Das Endheil - jetzt das ewige Leben - ist nicht apokalyptischer Natur. Der Wechsel in dessen Bezeichnung zwischen Reich Gottes in der ältesten Jesus-Tradition und ewigem Leben im hellenistischen Judenchristentum zeigt die Tendenz, das Heil mehr transzendent aufzufassen. Das Heil wird individuell nach dem Tun-Ergehen-Zusammenhang zugesprochen. Deshalb gilt es, sich auch durch Nachfolge und Verzicht einen Schatz „im Himmel" (V21) zu erwerben. 2.1.1.4. Zöllner, Huren und das Reich Gottes (Mt 21,31) Entscheidend für die Beurteilung des Logions Mt 21,31 ist, inwieweit es ursprünglich zur Parabel von den beiden Söhnen Mt 21,28-32 gehört. V 2 8 30 bilden das Handlungsgerüst der Parabel. V 3 1 a stellt abschließend eine Frage, die die Hörer auf die gemeinte Sache führen soll und damit gleichzeitig um ihr Einverständnis wirbt. Die Frage, wer von den beiden Söhnen den Willen des Vaters tat, enthält impliziert schon die Antwort, „daß einzig das Moment der Tat diese Frage entscheidet". 58 Das Reich-Gottes-Logion V 3 1 b bildet durch die überflüssige Redeeinführung und die Beteuerungsformel einen deutlichen Neuansatz. V 32 erweist sich durch seine doppelte Verklammerung mit dem Kontext 59 und der typisch matthäischen Parallelisierung von Johannes dem Täufer und 55

Vgl. Kelber, Kingdom, 88: V 2 4 als literarische Wiederholung von V 2 3 . Mk 10,1-12 hat den gleichen Aufbau. 57 Gnilka, M k l l , 84. 58 Lohmeyer, Mt, 308. M V 3 2 ist V 3 1 b durch die Wendung „Zöllner und Huren" und mit V 2 5 (aus Mk) durch πιστεύειν αύτω (seil. Johannes der Täufer) verklammert. V 32 könnte in Anlehnung an ein L k 7 , 2 9 f ähnliches Wort von Matthäus gebildet worden sein. 56

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Jesus als matthäische Redaktion. Es bestehen deutliche Unterschiede zwischen der Aussage der Parabel und des Logions V 31 b. 60 Der Skopus des Logions ist der Vorzug der gesellschaftlich Verachteten und Deklassierten, denen ohne Begründung ein Vorrang beim Eingehen in das Reich Gottes zugesprochen wird. Dieser Vorrang besteht in einem Vorangehen. Es setzt die Vorstellung vom Eingehen in das Reich Gottes voraus. 61 Schwerpunkt der Aussage ist die Auswahl eines bestimmten Personenkreises. Die Parabel hat ihren Skopus in der weitverbreiteten Anschauung, daß die Tat entscheidend ist. Entgegen der bedingungslos formulierten Heilszusage von V 31 b ist hier ein Tun-Ergehen-Zusammenhang vorausgesetzt. Die Blickrichtung des Logions V 31 b ist die auf das Reich Gottes als Heil. Die Parabel ist dagegen mehr auf das Gericht orientiert, wie sie denn auch eigentlich den Maßstab des Gerichtes (Tat, nicht Lippenbekenntnis) angibt. Als Tradent kommt für das Logion V 31 b die älteste Jesusbewegung in Betracht. Die besondere Stellung der gesellschaftlich Deklassierten ist gerade in der ältesten Reich-Gottes-Tradition fest verankert. 62 Jesu Zuwendung zu dieser Gruppe wird von vier untereinander unabhängigen Traditionsschichten bezeugt 63 , ist also früheste Tradition. Die Parabel hat inhaltlich die gleiche Aussage wie die beiden Reich-Gottes-Logien der matthäischen Redaktion in Mt 5,20 und 7,21. Diese machen eindeutig „ein quantitatives Mehr an Toraerfüllung" 64 zur Einlaßbedingung für das Reich Gottes. So ist die Parabel ein charakteristischer Bestandteil des Sondergutes des Matthäus oder Ergebnis matthäischer Redaktion. Das Reich Gottes hat in V 31b kollektiven Charakter. Es ist nicht der Einzelne wie in der Parabel im Blick, sondern eine Gruppe: einmal die Deklassierten, gleichzeitig aber auch die nicht genannten Privilegierten, die ursprünglichen Träger der Verheißung - Israel. An diese letzte Gruppe ist das Logion als Drohung gerichtet. Das Verhältnis zur Tradition ist damit als Absage an die Heilsprärogative Israels zu bestimmen. Terminologisch fällt die im Neuen Testament einmalige Kombination von οΐ τελώναι και πόρναι 65 auf. Die Zuwendung Jesu zu den Zöllnern ist in der vormarkinischen 66 und Q-Tradition 67 belegt. Auch in anderen Schichten der 60

Vgl. Schlosser, RG II, 457. Vgl. Schnackenburg, RG, 111; Windisch, Sprüche, 166. " Vgl. Lk 6, 20ff par Mt (Q) Mk 10,14.23.25; Lk 14,16ff par Mt (Q). 63 In der markinischen Tradition, Q, Sondergut des Lukas und des Matthäus. Die Belege bei Schillebeeckx, Jesus, 602 Anm. 47. 64 Luz, Mt I, 240. 65 Schlosser, RG II, 460: „eile vient sans doute de la tradition." Offen bleibt aber der Charakter dieser Tradition. " Mk 2,14-17. 67 Lk 7,34 par Mt 11,19. 61

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Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

Synoptiker 68 begegnen sie noch, aber das Interesse an ihnen erlischt merklich. Die Erwähnung von Prostituierten hat im Neuen Testament ihr Schwergewicht deutlich in hellenistisch geprägten Überlieferungsschichten 69 , „während in der Verkündigung Jesu und der Urgemeinde die Frage der πορνεέα kaum hervortritt". 70 Terminologisch dürfte mit αί πόρναι eine Interpretation vorliegen, die die Gruppe der Deklassierten in übliche hellenistische Terminologie faßt. Eine Tradierung des Spruches im hellenistischen Judenchristentum ist deshalb wahrscheinlich. Ein Hinweis auf übernommene Tradition ist der für Matthäus ungewöhnliche Terminus ή βασιλεία τοϋ θεοϋ statt ή βασιλεία τώ ουρανών.71. Zeitlich gesehen ist das Reich Gottes zukünftig - noch ausstehend, ohne daß dies weiter thematisiert wird. 72 Uberblickt man den Charakter des Logion Mt 21,31, so spricht viel dafür, daß hier sachlich gesehen eine Aussage der ältesten Jesus-Tradition vorliegt. Das Logion hat einen anderen Skopus als die Parabel und dürfte zur Verstärkung des Gerichtshorizontes sekundär an die Parabel angefügt worden sein. Als Sitz im Leben des Logions wäre eine Missionssituation vorstellbar, die unter Berufung auf den aus der ältesten Jesus-Tradition bekannten Vorrang der Deklassierten sich an ganz Israel wendet und es mit einem Drohwort 73 zur Umkehr ruft.

2.1.1.5. Zusammenfassung Der Sitz im Leben dieser ältesten Sprüche vom „Eingehen in das Reich Gottes" ist schwierig zu bestimmen, jedoch weisen bestimmte Aspekte auf die Missionspredigt. Mk 10,15 macht die Annahme der Reich-Gottes-Botschaft zur Voraussetzung für die Erlangung des Heils. Die Spruchgruppe Mk9,42ff und der Komplex Mk 10,17 ff thematisieren die Umkehr, indem sie den Verzicht auf die Sünde fordern. Die Grundsätzlichkeit, mit der dies

" Lk 18,10-14a (Sondergut) - das Interesse an dieser gesellschaftlich verachteten Gruppe wandelt sich deutlich. Bei Matthäus sind die Zöllner wieder Negativbeispiel (Mt 5,46; 18,17), bei Lukas sind sie u.a. „Exempel der Büßfertigkeit". Merkel, EWNTIII, 838. " Vgl. zu πορνεία Paulus 8mal, Synoptiker 4mal; zu πορνεύειν Paulus 3mal, Synoptiker kein Beleg; zu πόρνος Paulus 4mal, Synoptiker kein Beleg. 70 Hauck/Schulz, ThWNTVI, 592. " So Matthäus nur an 4 Stellen (12,28; 19,24; 21,31; 21,43). - Zum ganzen vgl. Kretzer, Herrschaft, 167-171. 72 Pamment, Kingdom, 231 f findet in Mt 21,31 (ohne exegetische Begründung) zur Bestätigung ihrer These (dort, wo Matthäus Reich Gottes statt Himmelreich überliefert, ist immer eine gegenwärtige Größe gemeint; a. a. O., 211.232), daß dort „God's sovereignty is realized in the present world." (zit. ebd., 232). 73 Schlosser, RGII, 462.

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geschieht, könnte auf die Missionspredigt weisen. Das Drohwort Mt 21,31 hat sicher seinen Sitz im Leben in der an Israel gerichteten Missionspredigt mit ihrer Umkehrforderung gehabt. Innerhalb der Spruchgruppen ist der Bezug des Reiches Gottes auf die Geringen durchgehend belegt (Mk 10,14 10,23.25; Mt 21,31). Die Wendung „Eingehen in das Reich Gottes" begegnet in der ältesten Schicht nur in Mk 10,23.25, wo sie die Kehrseite der Reich-Gottes-Zusage an die Armen als Absage an die Reichen formuliert. Es ist die Tendenz feststellbar, die Geringen als Vorbild (Mt 21,31; Mk 10,15) oder Beispiel (Mk 10,15) 74 zu begreifen. Diese gegenüber der ältesten Jesus-Tradition veränderte Bewertung scheint dadurch bedingt zu sein, daß sich der ethische Bezug des Reiches Gottes verstärkt. Die mit der Reich-Gottes-Verkündigung verknüpften Forderungen lassen sich als Umkehr bezeichnen. Die Wendungen vom „Eingehen in das Reich Gottes" haben ihren Schwerpunkt in jüngeren Uberlieferungsschichten. In Mk 9, (42.45)47 liegt dabei mit Sicherheit eine Weiterentwicklung gegenüber Mt 5,29 f vor. Für Mk 10,15 ist wegen des technischen Gebrauchs von δέχεσθαι und der vorausgesetzten Gemeindeproblematik eine Herkunft aus der ältesten Jesus-Tradition ohnehin unwahrscheinlich. Im engeren Kontext dieser Sprüche ist besonders im Mk 9,42.45.47 die Parallelisierung von „Eingehen in das Leben" mit „Eingehen in das Reich Gottes" auffällig. Dies hat seine Entsprechung in der Wendung vom „Ererben des Ewigen Lebens" bzw. „Ererben des Reiches Gottes". Das Vorkommen dieser Wendungen in der vorpaulinischen 75 und in verschiedenen Schichten der synoptischen Tradition 76 weist dabei einheitlich auf eine hellenistisch-judenchristliche Gemeinde. 77 Weitere Beobachtungen bei Wortwahl 78 und bestimmten Anschauungen 79 weisen in die gleiche Richtung. Inhaltlich lassen diese Wendungen erkennen, daß ein apokalyptisches Verständnis des Heils nicht gefordert ist. Das Heil ist nicht dem hereinbrechenden Neuen Äon der Apokalyptik vergleichbar, sondern wird dem Einzelnen nach dem Tun-Ergehen-Zusammenhang zugesprochen. Das kollektive Heilsverständnis, wie es noch in den ältesten Seligpreisungen, aber auch in Mt 21,31 sichtbar ist, wird durch ein individuelles abgelöst.

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Vgl. Kelber, Kingdom, 91: die Kinder als „model of new membership". " Vgl. Pkt. 1.1.2. d.A. 74 Vgl. Pkt. 1.1.2.1. Anm.27f. d.A. 77 Die Gleichsetzung Leben-Reich Gottes ist damit nicht unbedingt spezifisch markinisch (so Ambrozic, Kingdom, 177; Fleddermann, Discourse, 70), sondern bereits vormarkinisch. 78 Mk 10,16: zu έναγκαλίζεσθαι vgl. Diod. 3,58, 2 f bei Bauer, WB, 518 mit einer interessanten Kybele-Parallele. 7 ' Zu M k 9 , 4 3 f f und dem Kampf gegen die Begierde s.o. Pkt. 2.1.1.1. d.A.

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Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

Formgeschichtlich herrscht keine Einheitlichkeit, doch besteht im Laufe der Überlieferung eine Tendenz zum geprägten, konditional formulierten Einlaßspruch und Drohwort. 80 Das Reich Gottes selbst und der Zeitpunkt seines Kommens sind nicht eigenständiges Thema. Das Reich Gottes wird als zukünftig und noch ausstehend vorausgesetzt. 81 Ein Gegenwartsbezug wird nur dadurch sichtbar, daß zu einem Handeln in der Gegenwart aufgerufen wird, welches den zukünftigen Eingang in das Reich Gottes zu sichern vermag. Die Übereinstimmung der vormarkinischen Tradition vom „Eingehen in das Reich Gottes" mit der vorpaulinischen Tradition vom „Nicht-Ererben des Reiches Gottes" umfaßt: -

den Tradentenkreis: ein hellenistisch geprägtes Judenchristentum, den Sitz im Leben: die Missionspredigt, hinsichtlich der Form: die Tendenz zum Drohwort, die Charakterisierung des Reiches Gottes als futurisches, noch ausstehendes Endheil.

Ein mögliches apokalyptisches Verständnis (Umkehr der irdischen Rangordnung) tritt immer mehr zurück zugunsten eines Verständnisses des Reiches Gottes als individuellen, eschatologischen Lohn, welcher dem Einzelnen entsprechend dem Tun-Ergehen-Zusammenhang in Aussicht gestellt wird. 2.1.2. Spätere Traditionsschichten und ihr Verhältnis zu den ältesten Sprüchen vom Eingehen in das Reich Gottes 2.1.2.1. Taufe und Missionspredigt als Sitz im Leben 2.1.2.1.1. Werden wie ein Kind (Mt 18,3) Das Drohwort Mt 18,3 ist Ergebnis matthäischer Redaktion. Ein Mk 10,15 entsprechendes Drohwort fehlt im Kontext von Mt 19,13-15. Dafür bringt Matthäus schon bei der verwandten Perikope aus Mk 9,36 f ein Drohwort, welches Mk 10,15 voraussetzt 82 und es im matthäischen Sinne kommentiert. Das Reich Gottes ist eindeutig der eschatologische Lohn. Um in das Reich Gottes einzugehen, gilt es wie ein Kind zu werden, was die Bekehrung (στρέφειν)83 zur Voraussetzung hat. Das matthäische Drohwort bestätigt damit 80

Vgl. die Einleitung zu Pkt. 2.1. d.A. und Pkt. 2.1.2.1. + 2.1.2.2. d.A. Vgl. Kelber, Kingdom, 74, der allerdings Mk 9,43.45.47; 10,15; 10,23.25 für markinische Redaktion hält (a.a.O., 68). Anders Ambrozic, Kingdom, 2 I f f , der an die Gegenwart des Reich Gottes in der Verkündigung denkt. So zu Mk 4,11; 10,15; 9,1; 4 , 2 6 29.30-32. Die Verkündigung wird dabei als „eschatological event" (a. a. Ο., 27) verstanden. 82 Kretzer, Herrschaft, 50 Anm. 1. 83 Schenk, EWNTIII, 672. 81

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den bei Mk 10,15 vermuteten Missionskontext, da die Bekehrung der Hörer das Ziel der Missionspredigt gewesen sein dürfte. Die Kinder sind auch hier Vergleichspunkt. Im Gegensatz zu Mk 10,14 und in Übereinstimmung mit Mk 10,15 sind die Kinder hier Vorbild für die wahre Nachfolge. 2.1.2.1.2. Existenzwandel und Taufe (Joh 3,3.5) Das Gespräch Jesu mit Nikodemus Joh 3,1 ff gibt sich formal durch zwei eingeworfene „verständnislose" 84 Fragen zwar als Dialog, stellt aber tatsächlich einen Monolog Jesu im breiten johanneischen Stil dar. Der Anfang des Gesprächs in V 1 f erinnert an die ähnlichen Situationsangaben in Mk 10,17 und Mk 12,28, wo es um die zur Heilserlangung notwendigen Dinge geht. 85 Im Gegensatz zu diesen markinischen Parallelen wird in Joh 3,1 ff eine dieses Thema einführende Frage 86 nicht gestellt, ist aber, wie der Redeeinsatz in Joh 3,3 zeigt, vorausgesetzt. Eine Berührung mit der synoptischen Tradition ist nicht ausgeschlossen. Das eigentliche Problem dieser einzigen Reich-Gottes-Erwähnung im Joh 3, 3.5 liegt einmal in der Parallelität und gleichzeitigen Differenz beider Sätze. V 3 und V 5 haben den gleichen Aufbau und teilweise die gleiche Terminologie. Nach der Beteuerungsformel αμήν άμήν λέγω σοι wird in der Protasis des Bedingungssatzes die Forderung genannt (έάν μή τις γεννηθΐί), der bei Nichterfüllung der Ausschluß vom Reich Gottes folgt. Beide Male liegt ein Drohwort vor. Die erste Differenz besteht in der verschiedenen Umschreibung des notwendigen γεννασθαι als άνωθεν (V3) bzw. έξ ύδατος και πνεύματος (V5), die zweite in der Heilsumschreibung als ίδεΐν (V3) bzw. εΐσελθέϊν εις την βασιλείαν τοΰ θεοϋ (V 5). Im Joh ist die metaphorische Verwendung von γεννασθαι neben Joh 3,3.5 noch als „gezeugt werden έκ θεοϋ " in 1,13 und „έκ τοϋ πνεύματος" in 3,6.8 8 7 belegt. In Joh 1,13 werden damit die Christen 88 umschrieben. Da Johannes άνωθεν sonst immer in der Bedeutung „von oben" (d. h. vom Himmel, dem himmlischen Bereich her) verwendet, 89 so haben άνωθεν und έκ 84

Schnackenburg, Joh I, 378. In Mk 12,34 folgt auch eine Reich-Gottes-Aussage. Hier bewirkt das Verstehen (νουνεχώς), daß sich der Schriftgelehrte in dessen Nähe (ού μακράν) befindet. 86 Mk 10,17: die Frage nach den Bedingungen für das Ererben des Ewigen Lebens; Mk 12,28: die Frage nach dem höchsten Gebot. 87 Im 1 Joh noch häufiger: 2,29; 3,9; 4.7; 5,1.4.18. 88 V 12: die ihn (Logos/Christus) annehmen; die an seinen Namen (seil. Christi) glauben. 89 Ysebaert, Baptismal Terminology, 142, Büchsei, ThWNTI, 378. - Die Behauptung, daß in 3,3.7 im Gegensatz zu den eindeutigen Belegen von 3,31; 19,11.23 die Bedeutung „von neuem" vorliegt (so Dinkier, Taufaussagen, 126; Bultmann, Joh, 95), ist petitio prineipii. Von der Doppelbedeutung von πνεϋμα in dem Wortspiel V 8 auf die Doppelbedeutung von άνωθεν zu schließen (so Dinkier, a.a.O.) ist nicht überzeugend. 85

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Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

θεοϋ gleichen Sinn. 90 Sie weisen auf die göttliche Sphäre hin, die hier im Sinne einer hellenistischen Eschatologie räumlich umgesetzt erscheint. Mit dem Ubergang zur Wendung γεννασθαι έκ πνεύματος in V 5 ist diese Bedeutungsebene jedenfalls nicht verlassen, da der Geist zur Sphäre Gottes gehört. 91 Nicht hierher zu passen scheint die Wendung εξ ύδατος , die im folgenden nicht nur nicht mehr begegnet, sondern auch „den Gedanken in V. 6 und V. 8 stören"92 würde, weshalb sie von einigen Exegeten zu Recht als Interpolation eines Redaktors 93 angesehen wird. Diese Interpolation macht die Taufe zur Einlaßbedingung für das Reich Gottes 94 und schränkt gleichzeitig den in άνωθεν liegenden Vorrang des göttlichen Handelns zugunsten der Taufe ein. Dieses Verständnis legt sich jedenfalls nahe, wenn man die Formel „aus Wasser und Geist" in Analogie zu Tit 3, 5 versteht. 95 Wie Tit 3, 5 wird die Wiedergeburt bzw. die Zeugung von oben durch den Geist bewirkt, dessen Gabe an die Taufe gebunden ist. Die zweite Differenz ist dagegen weniger tiefgreifend. Das „Eingehen in das Reich Gottes" ist die von den Synoptikern her bekannte traditionelle Wendung. Die Vorstellung vom Sehen des Heils begegnet gelegentlich 96 , bemerkenswerter nur in apokalyptischen Zusammenhängen. Damit dürfte diese Formulierung bereits Joh vorgegeben sein. 97 Für die beiden johanneischen Drohworte in Joh 3,3.5 (ohne die Interpolation) ergibt sich damit ein einheitlicher Sinn. Der Mensch kann des Reiches

*> Schnackenburg, Joh I, 381; Beutler, EWNTI, 270; Bultmann, Joh, 96 Anm. 5. - Die andere Bedeutung „wiederum, von neuem" ist zwar möglich, aber durch V 4 ausdrücklich als Mißverständnis abgelehnt. Vermittelnd Richard, Expressions, 103: „ . . . J o h n is able to synthesize two fundamental truths of the Christian experience: the believer must be born again, from above." Vgl. zusammenfassend ebd. 107: „Ultimately John's vision and method ist dialectical." " Vgl. nur J o h 4 , 2 4 ; 14,26; 15,26. 92 Bultmann, Joh, 98 Anm. 1; vgl. Lohse, Wort und Sakrament, 199. 93 Bultmann, a.a.O.; Dinkier, Taufaussagen, 126; Richter, Taufetext, 335; Matsunaga, Anti-Sacramental, 523 Anm. 4 hält Joh 3, 3-5 als ganzes für nicht ursprünglich. Vorsichtig auch Lohse, Wort und Sakrament, 199: „nachträglich". 94 Der Taufbezug des „Wassers" wird schwerlich zu Recht geleugnet von Pamment, John 3:5, 189f, die statt dessen darin „a reference to the breaking of the water in natural birth" (zit. ebd., 190) erblickt. Auch altbabylonische Analogien (s. Note added by the editors, ebd., 190 Anm. 1) können diese Bedeutung hier kaum wahrscheinlich machen. " So schon Weiß, RG I.A., 34; Schweitzer, Mystik, 42; Vgl. Haufe, Taufe, 564. " Mk 14,62 (Menschensohn); Mk 13,26 (Menschensohn); Lk9,27 (Reich Gottes lukanische Redaktion); Joh 3,36 (ewiges Leben - eine schwerlich johanneische Formulierung, da er sonst εχειν verwendet). Bes. die letztere Stelle spricht dagegen, wie Schweizer, Matthäus, 109 Anm. 6 im „Sehen" eine Angleichung an die johanneische Gegenwartseschatologie zu vermuten. 97 Anders Berger, Amen-Worte, 103, der V 3 als johanneische Interpretation des traditionellen V 5 hält.

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Gottes nur teilhaftig werden, wenn er zuvor radikal in seiner Existenz gewandelt wird. Dies ließe sich bedingt in synoptischer Termonologie als Umkehr beschreiben, wenngleich dies bei Johannes besonders nachdrücklich als Handeln Gottes ausgewiesen wird. 98 . Die Teilhabe am Reich Gottes geschieht bei ihm nun freilich nicht wie in apokalyptisch geprägten Kreisen in der Zukunft, sondern ist aufgrund seines eigenen Eschatologieentwurfes in die Gegenwart verlegt. Berücksichtigt man diese johanneischen Besonderheiten, die durch die eigenständige Sicht des 4. Evangelisten hinlänglich geklärt sind, so „ist mehr als wahrscheinlich, daß wir hier die johanneische Form von Mk 10,15 vor uns haben." 99 Die Gemeinsamkeiten zwischen den beiden johanneischen Reich-Gottes-Sprüchen und den vormarkinischen Sprüchen vom „Eingehen in das Reich Gottes" umfassen: - die Situationsangabe im engeren Kontext der Perikope: Lehrgespräch mit einem gutwilligen Vertreter des Judentums über die heilsnotwendigen Dinge (Vgl. Mk 10,17 ff; 12,28 ff), - den Skopus: ein radikaler Existenzwandel bzw. Umkehr, - die Form der Sprüche: Drohworte bzw. die Tendenz zum Drohwort, - wörtliche Übereinstimmung in allen drei Teilen der Sprüche (Beteuerungsformel, Protasis, Apodosis), - Tradent: ein hellenistisches Judenchristentum, 100 - den Charakter des Reiches Gottes: Umschreibung für das Endheil. Die hauptsächliche Differenz besteht in dem durch die besondere johanneische Eschatologie bedingten präsentischen Charakter des Reiches Gottes, der allerdings nicht expliziert wird.

" Vgl. Jeremias, Kindertaufe, 64. - Eine Wiedergeburt durch eine freie Entscheidung des Menschen (Grundschrift des Joh) durch ein Gezeugtsein von oben als von Gott gesetztem Akt (Joh.-Evangl.) zu unterscheiden, (so Richter, Taufetext, 338 f in offensichtlicher Umkehrung der Position Bultmanns in ders., Joh, 96 Anm. 5), ist problematisch, weil nur späte Belege als Parallelen für eine (hypothetische!) Grundschrift beigebracht werden können. Vgl. Justin, Mart. Apol., I, 6 1 , 4 - 5 ; Herrn. Pastor, Sim IX, 12,3f. - Anzumerken ist, daß der 1 Joh (!) in der inhaltlichen Füllung seiner Aussagen zu γεννασθαι έκ θεοϋ sich insoweit an den synoptischen Umkehrbegriff annähert, als dort eindeutig ein bestimmtes Tun vom Menschen gefordert wird: 2, 29 das Tun der Gerechtigkeit, 3,9; 5,18 die Meidung der Sünde, 5,1 die Liebe Gottes und Christi, 4,7 der Glaube an Christus, 5,4 die Uberwindung der Welt. " Schulz, Joh, 55; Jeremias, Kindertaufe, 63-68; Bultmann, Joh, 96 Anm. 5. 100 Dies ist wahrscheinlich durch die räumliche Umsetzung der Eschatologie (vgl. zum Problem, Walter, Hellenist. Eschatologie, passim) bedingt. Spätestens beim Redaktor, der den Taufbezug einfügte, ist wegen der Berührung mit Tit 3, 5 und der dortigen Mysteriensprache (vgl. Haufe, Taufe, 563) ein hellenistischer Einfluß deutlich.

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Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

Der Redaktor des Joh verstärkt den Skopus der Einlaßsprüche, indem er durch Einfügung eines Taufbezuges die Umkehr quasi institutionalisiert. 101 2.1.2.1.3. Der Einzug in das ewige Reich Christi (2.Petr 1,11) Die Perikope 2.Petr 1,5-11 erinnert mit ihrem Tugendkatalog in V 5 - 7 an die Zusammenhänge in der vorpaulinischen Tradition vom „Nicht-Ererben des Reiches Gottes". Auch hier ist ein Taufbezug vorhanden. Die Taufe wird als Reinigung (καθαρισμός) von früheren Sünden verstanden. Anders als bei Paulus in l.Kor 6,11 ist die Taufe aber nicht Ermöglichungsgrund für das geforderte Handeln, sondern „Schlußstrich unter die Vergangenheit und Verpflichtung für die Zukunft." 102 Die mit der Taufe wahrscheinlich verbundene göttliche Berufung (κλησις)103 - vielleicht auch hier in die βασιλεία wie 1 Thess 2,12 - gilt es nun durch menschliche (!) Aktivität fest zu machen. Wer dem nachkommt, dem ist der Einzug (είσοδος) in das ewige Reich Christi sicher. Das Reich Christi meint hier das zukünftige noch ausstehende Endheil und ist ausdrücklich als ewig (αιώνιος ) 104 bezeichnet. Das Reich Christi ist damit an die Stelle des Reiches Gottes getreten. Der Einzug in das ewige Reich unseres Herrn und Retters Jesu Christi (so die volle Bezeichnung) erscheint dabei als „der feierliche, von Gott selbst als Choregem prunkvoll ausgestattete Einmarsch der Sieger in das ewige Reich." 105 Die dem zugrundeliegende hellenistische Anschauungsweise ist unübersehbar. 106 Faßt man die hier gemachten Beobachtungen zusammen, so zeigt sich eine große Übereinstimmung mit der vormarkinischen und vorpaulinischen Reich-GottesTradition. Sie umfaßt: - den hellenistisch geprägten Tradentenkreis, - den Taufbezug als Hinweis auf den ursprünglichen Sitz im Leben, - den Charakter des Reiches Christi als 101 Dieser Zusammenhang besteht in der bei Justin Apol. I, 61,4 überlieferten Fassung des Wortes mit άναγεννηθητε. Zum Taufbezug dieses Terminus s. Ysebaert, Baptismal Terminology, 142 f. Expressis verbis ist der Taufbezug hergestellt in Const. Apost. VI, 15,5, wo das Logion mit βαπτισθτ) überliefert ist. Beide Logien zusammen mit Mt 18, 3; Mk 10,15 und Joh 3,5 übersichtlich bei Jeremias, Kindertaufe, 64. Weitere spätere Parallelen ebd. 65. 102 Schräge, 2.Petr, 133. 103 Vgl. Pkt. 1.1.1. mit Anm.10 d.A. 104 Fornberg, Early Church, 145 mit Anm. 19: Diese Wendung ist vor 2. Petr. nicht nachweisbar. 105 Käsemann, Apologie, 144. Vgl. dazu Pape, WB II, 1004 s.v. έπιχορηγεΐν „noch außerdem Kosten auf Etwas verwenden, od. auf seine Kosten noch Etwas veranstalten". ίο» v g i . d a z u Käsemann, Apologie, 143: „Zugrunde liegt die Anschauung vom antiken Chor, für dessen Ausstattung ein wohlhabender Bürger gesorgt hat." Vgl. auch Danker, Decree, 71 f mit Hinweis auf antike Parallelen.

Die Sprüche vom Eingehen in das Reich Gottes

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Umschreibung des zukünftigen - noch ausstehenden Endheils sowie als individuellen, eschatologischen Lohn gemäß dem Tun-Ergehen-Zusammenhang, - den Skopus: die Begründung der Umkehr bzw. damit identisch eines würdigen Lebenswandels. Die hauptsächliche Differenz betrifft die Bezeichnung des Endheils als Reich Christi statt als Reich Gottes wie in der vorpaulinischen und vormarkinischen Tradition.

2.1.2.2. Die bessere Gerechtigkeit und die Erfüllung des Willens des Vaters als Einlaßbedingung in das Reich Gottes (Mt 5,20; 7,21) Beide Sprüche sind das Ergebnis matthäischer Redaktion. 107 Mit dem ebenfalls in seiner jetzigen Form redaktionellen Logion Mt 18,3 liegen drei Drohworte vor, die Matthäus in Form und Inhalt überarbeitet hat. Formgeschichtlich sind es Drohworte, die für den Fall der Nichterfüllung den Ausschluß vom Reich Gottes androhen. Das Reich Gottes ist zeitlich gesehen zukünftig - noch ausstehend, wobei diese zeitliche Komponente Voraussetzung des Logions, aber nicht dessen Thema ist. Mt 5,20 wird eine Einlaßbedingung genannt, die auf „ein quantitatives Mehr an Toraerfüllung" 108 hinausläuft. Sachlich besteht zu Mt 7,21, der Forderung nach dem Tun des Willens des Vaters, kein Unterschied. Beide Male wird ein Handeln verlangt, welches an bestimmten Maßstäben gemessen wird. Mt 5,20 gilt es, die Gesetzeserfüllung der Schriftgelehrten und Pharisäer zu übertreffen. Mt 7,21 ist es der „Wille des Vaters", der erfüllt werden muß. Aus dem Kontext geht zweifelsfrei hervor, daß damit die Tora gemeint ist. 109 Wieweit Matthäus sich damit von der frühesten Interpretation der Reich-Gottes-Botschaft Jesu in Mk 10,15 entfernt hat, zeigt einmal der veränderte Vergleichspunkt (Kind - Schriftgelehrte und Pharisäer) 110 und zum anderen die besonders ausgeprägte nomistische Komponente seiner Ein-

107 Zu Mt 5, 20: Luz, M t l , 230; Strecker, Gerechtigkeit, 151 f; Hübner, Gesetz, 35-37. Zu M t 7 , 2 1 (als matthäische Redaktion von L k 6 , 4 6 - Q) : Luz M t l , 402; Schulz, Q, 427f; Schürmann, Lk I, 381; Polag, Fragmente, 38; vgl. auch Strecker, Gerechtigkeit, 160. - Nach Nordsieck, RG, 34 spricht die Wendung „Eingehen in das Reich Gottes" für Echtheit (d. h. Herkunft vom historischen Jesus)!? 108 Luz, M t l , 240. - Vgl. Trilling, Israel, 184: „Vollkommenheit". 1(B Den Gegensatz zum Willen des Vaters ( V 2 1 ) bildet die ανομία (V 22). - Vgl. Limbeck, EWNTII, 339. 110 Auch wenn Matthäus das Kind als Vergleichspunkt beibehält (Mt 18,3 - matthäische Redaktion), geht es um menschliches Handeln.

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Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

laßbedingungen. Hiermit wird auch sichtbar, daß „die Bergpredigt für Matthäus als ganze Imperativ und nicht Heilszuspruch ist." 111 Das Wissen um die besondere Stellung der Geringen in der Anwartschaft auf das Reich Gottes begegnet hier - anders als in der vormarkinischen Tradition - nicht mehr. Es ist einem ehtischen Bezug des Reiches Gottes gewichen, welcher das Reich Gottes als eschatologischen Lohn ansieht.

2.1.2.3. Das Reich Gottes im Kontext von Leidensaussagen Die Wendung vom „Eingehen in das Reich Gottes" ist im wesentlichen auf die synoptische Tradition beschränkt oder durch sie beeinflußt. Außerhalb der Synoptiker begegnet sie kaum (außer Joh 3,3.5 noch Apg 14,22). Bei diesen literarisch späten Reich-Gottes-Erwähnungen gibt es jedoch einen interessanten sachlichen Zusammenhang, der eine geprägte Tradition vermuten läßt.

2.1.2.3.1. Die Notwendigkeit von Bedrängnissen (Apg 14,22) Nach Apg 14,22 ist es notwendig (δει), durch viele Bedrängnisse (θλίψεις) in das Reich Gottes einzugehen (είσέπχεσθαι). Obwohl die letztere Wendung eindeutig die synoptischen Sprüche vom Eingehen in das Reich Gottes voraussetzt, findet sich unter diesen keine inhaltliche Parallele. Die hier für den Eingang als notwendig erachteten Bedrängnisse sind keineswegs endzeitlicher Natur 112 , sondern weisen auf gegenwärtige Verfolgungen und Anfeindungen hin. 113 Konkret ist dabei auf die mißglückte Steinigung von V 19 zu verweisen, die Paulus und Barnabas zu einer Reise veranlaßt (V 20). Zurückgekehrt (V21) trösten sie die Gemeinde mit eben jenem ReichGottes-Logion (V22). Bei einem endzeitlichen Verständnis von θλίψις wäre außerdem ein Singular zu erwarten gewesen. Sachlich ist das Reich Gottes Umschreibung für das noch ausstehende Endheil. Wenn das Reich Gottes als Endheil den uneschatologisch verstandenen Bedrängnissen entgegengesetzt wird, so scheint sich dann auch der Eingang in das Reich Gottes beim Tod des Einzelnen zu vollziehen. 114

111

Luz, Mt I, 406. So wohl Gräßer, Parusieverzögerung, 213, der an ein Martyrium vor der Parusie Christi denkt. 113 Haenchen, Apg. 377; Kremer, EWNTII, 377; Schille, Apg, 309. 114 Haenchen, Apg, 377; vgl. Baarlink, Eschatologie, 170 f. 112

Die Sprüche vom Eingehen in das Reich Gottes

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2.1.2.3.2. Gedenke meiner, wenn du in dein Reich kommst (Lk23,42) Die gleiche Anschauung ist auch Lk 23,42 vorausgesetzt. In der zum Sondergut des Lk gehörenden Perikope V 39-43 bittet V 42 der zweite der mit Jesus gekreuzigten Übeltäter: „Gedenke meiner, wenn du in dein Reich kommst." Als Antwort erhält er die Zusage: „Wahrlich ich sage dir, heute wirst du mit mir im Paradies sein." Hier ist wie Apg 14,22 vorausgesetzt, daß der Eingang in die βασιλεία mit dem Tod des Menschen verknüpft ist. 115 . Ein apokalyptisches Verständnis in Analogie zum kommenden Aon ist damit völlig ausgeschlossen. Zweierlei ist bemerkenswert: Einmal ist das Reich Christi an die Stelle des Reiches Gottes getreten. Das Reich Christi ist als Umschreibung des Endheils verstanden. Es wird nicht sichtbar, daß daneben noch Zeit und Raum für ein davon verschiedenes Reich Gottes wäre. Zum anderen tritt an die Stelle des Reiches Christi in der Antwort Jesu die Bezeichnung „Paradies". Die Umschreibung des Endheils erscheint demnach als austauschbar. Betont ist dagegen in der Antwort trotz der Auslassung von Reich Christi die sofortige Christusgemeinschaft nach dem Tode, die ihrerseits zu der Vorstellung vom Reich Christi paßt. Abzulehnen ist deshalb die Vermutung, daß das Paradies hier nach Analogie spätjüdischer Vorstellungen der Zwischenzustand der Gerechten wäre. 116 „Schwerlich denkt sich Lukas einen paradiesischen Zwischenzustand vor der Auferstehung Jesu an Ostern und des Verbrechers am Jüngsten Tag." 117 Die Vorstellung vom Reich Christi ist hier völlig unapokalyptisch gedacht, während die interessante Textvariante zu V42 1 1 8 , die von einigen Exegeten für ursprünglich gehalten wird, 119 reapokalyptisiert. 2.1.2.3.3. Vergleichende Überlegungen Die beiden lukanischen Aussagen verbindet der gemeinsame Kontext von Leidens- und Sterbensaussagen. Der Tod des Einzelnen ist gleichsam das Tor, durch das er erst gehen muß, um in das endzeitliche Reich Gottes zu gelangen. Beide Male erscheint der Anbruch des Heils zu Lebzeiten des Menschen als ausgeschlossen. Die gleiche Vorstellung und auch Situationsangabe begegnet 2.Tim 4,18, wo die Formulierung είς την βασιλείαν vielleicht auf eine Verbindung zur Tradition vom „Eingehen in das Reich Gottes"

115

So schon Weiß, RG 1. Aufl., 37 Anm. 1; Vgl. auch Michel, Heilsgegenwart, 111. » ' Bietenhard, ThBNT II, 998; Balz, E W N T III, 40f. 117 Schweizer, Lk, 233. 118 „... wenn du mit deinem Reich kommst" (έν -crj βασιλείς σου). Vgl. Metzger, Textual Commentary, 181. 119 Schneider, Lk II, 485; Michel, Heilsgegenwart, 111 unter Berufung auf Jeremias, T h W N T V , 768 Anm.47; Schnackenburg, RG, 188; Zehrer, Basileia, 7 mit Anm. 13.

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Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

verweist. Eine parataktische Anordnung von θλΐψις und βασιλεία in Apk 1,9 kann ebenfalls zum Vergleich herangezogen werden. Dieser hier beobachtete Zusammenhang hat seinen Ursprung in der apokalyptischen Vorstellung von der endzeitlichen Bedrängnis. 120 Die grundsätzliche Differenz des urchristlichen θλΐψις-Verständnisses zum zeitgenössischen jüdischen Verständnis liegt darin, „daß diese im Judentum von der Zukunft erwartete Bedrängnis nach urchristlichem Verständnis schon begonnen hat." 121 Die gegenwärtig erlittenen Bedrängnisse werden transparent für die endzeitliche Bedrängnis. Dies fügt sich problemlos in die gerade für die spätere Zeit charakteristische Individualisierung der Reich-Gottes-Hoffnung. Die Reich-Gottes-Hoffnung wirkt damit im Blick auf die gegenwärtigen Leiden sinngebend und zugleich tröstend. Solcher Trost setzt eine Verfolgungsbzw. Anfeindungssituation der Gemeinde voraus, die die Gefahr des Abfalls mit sich bringt. Dem entsprechen die mit den hier genannten Reich-GottesAussagen verbundenen Mahnungen zum Bleiben im Glauben, wie sie auch 2.Thess 1, 5 bezeugt. Die in der folgenden Ubersicht aufgeführten Logien bieten alle eine βασιλεία-Aussage im unmittelbaren Kontext einer Leidensaussage. Bedrängnis

Ausharren im Glauben

Apg 14,22

δια πολλών θλίξεων

έμμένειν τη πίστει

Lk 23,42

(vgl. den Kontext)

(entfällt)

2 Tim 4,18

άπο παντός έργου πονηρού

(vgl. V 16)

Apk 1,9

έν τω θλίψει

έν ύπομονί] Ίησοΰ

2Thess 1,5

( V 4 ) έν πασιν ... ταΐς θλίψεσιν

( V 4 ) ύπέρ της υπομονής ... και πίστεως

Diese sachliche und terminologische Parallelität macht es m. E. wahrscheinlich, daß hier eine geprägte urchristliche Tradition vorliegt. Diese Tradition gehört, wie die Verteilung ihrer Bezeugung im Neuen Testament belegt, erst in ein relativ spätes Stadium der Reich-Gottes-Uberlieferung. In Apg 14,22 und 2.Thess 1,5 liegen dabei Reich-Gottes-Aussagen vor. In Apk 1,9 wird βασιλεία absolut gebraucht, während es in Lk23,42 und 2. Tim 4,18 um das Reich Christi geht.

120 121

Schlier, ThWNT III, 144-146; Billerbeck, IV, 977-986; Volz, Eschatologie, 147-163. Schlier, ThWNT III, 145.

Die Zusage des Reiches Gottes an eine bestimmte Personengruppe

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2.2. Die Zusage des Reiches Gottes an eine bestimmte Personengruppe Als Ausgangspunkt für die weitere Untersuchung soll die Uberlieferung von Jesu Zuwendung zu den Geringen und Deklassierten dienen. Dieser Zug der Jesus-Tradition genügt dem Kriterium der mehrfachen Bezeugung sowie dem der Korrelation von Verkündigung und Praxis. 122

2.2.1. Die Seligpreisungen (Lk 6, 20 ff par Mt 5, 3 f f ) 2.2.1.1. Die älteste Tradition ( L k 6 , 2 0 f ) Den Ausgangspunkt für die Uberlieferungsgeschichte der Seligpreisungen bilden anerkanntermaßen die drei Seligpreisungen in Lk 6,20 b. 21. Den Wortlaut von Q dürfte im wesentlichen Lukas bieten. 123 Umstritten ist, ob die Makarismen ursprünglich in der zweiten Person (so Lk) oder, wie die meisten Exegeten annehmen, in der dritten Person (so M t ) formuliert waren. 1 2 4 . Zu beachten bleibt, daß Lukas eigentlich eine Mischform aus 3. Person in der Protasis und 2. Person in der Apodosis bietet. Diese Mischform könnte durch den Einfluß der Wehe-Sprüche von Lk 6 , 2 6 f entstanden sein, die wie üblich in der 2. Person 125 stehen. Gegen diese Beeinflussung spricht Mt 5,11, wo die 2. Person auch bei Matthäus erhalten geblieben ist. Man wird also die 2. Person für ursprünglich zu halten haben. Matthäus hätte dann die Makarismen an die allgemein übliche Form angeglichen. Formgeschichtlich liegen zweigliedrige, apokalyptische Makarismen vor. 126 In der Protasis wird ein bestimmter Personenkreis selig gepriesen, was in 122 Mk: Mk 2 , 1 4 . 1 5 - 1 7 „Sünder, nicht Gerechte" Q: Lk 1 5 , 4 - 7 par Mt 1 8 , 1 2 - 1 4 „verlorene Schaf" Lk 7, 34 par Mt 1 1 , 1 9 „Freund der Zöllner und Sünder" Sondergut des Lk: Lk 1 5 , 1 1 - 3 2 „verlorene Sohn" Lk 1 9 , 1 - 1 0 „Zachäus" Sondergut des Mt: Mt 1 0 , 6 „verlorene Schafe Israels" Trotz möglicher Einwände (Beziehung zwischen markinischer Tradition und Q-Redaktion, vgl. Schulz, Q, 2 4 1 . 3 7 1 ) spricht für das hohe Alter besonders das Vorkommen in verschiedenen Gattungen. Auch auf 1. Kor 1 , 2 6 ff wäre hinzuweisen. 123 Nüv wird für lukanische Redaktion gehalten von Luz, M t l , 200; Schlosser, RG II, 425.429. 124 Vgl. die Vertreter beider Richtungen bei Schlosser, RG II, 440 Anm. 10 f ; Schürmann, Lk I, 329 Anm. 25; Strecker, Makarismen, 110 Anm. 5; sowie für die 2. Person als ursprünglich Trilling, Christusverkündigung, 66. - Das Problem kann im Blick auf den historischen Jesus nicht gelöst werden, da natürlich nicht vorausgesetzt werden kann, daß er sich an den herrschenden Sprachgebrauch (3. Person) gehalten hat. Dies hieße sonst im Gegensatz zum Kriterium der Unableitbarkeit, hier die Ableitbarkeit zum Echtheitskriterium zu machen. 125 Vgl. Schlosser, RG II, 425 unter Berufung auf Dupont, Beatitudes I, 282 Anm. 4. 126 Schulz, Q, 80; Grundmann, Lk, 141; vgl. Koch, FG, 21.

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Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

der Apodosis eschatologisch begründet wird. Die Begründung erhält hier durch die ungewöhnliche Verwendung der 2. Person die Form der Anrede und damit den Charakter des Zuspruchs. Adressaten sind die tatsächlich Armen 127 , Hungernden und Weinenden, Menschen also, die sich in einer realen sozial-ökonomischen Notlage 128 befinden. Man sollte hier nicht spiritualisieren und z.B. ganz Israel angesprochen finden. 129 Gerade auf ihrem apokalyptischen Hintergrund wollen diese Makarismen die Umkehrung der irdischen Ordnung 130 proklamieren. Diese Umkehrung ist im Gegensatz zu dem sonst vorkommenden Typ des apokalyptischen Makarismus nicht an zu erfüllende Bedingungen geknüpft. 131 Das Reich Gottes wird damit als alleinige Gabe Gottes 132 charakterisiert. Es umschreibt den endgültigen eschatologischen Heilszustand 133 , dessen Eintritt für die Zukunft 134 verheißen wird, der aber schon in der Gegenwart 135 zugesprochen wird. Es ist zu vermuten, daß hier „eine Erfüllung noch zu Lebzeiten der Angesprochenen" 136 intendiert ist. Der Schwerpunkt liegt jedoch nicht auf der zeitlichen Komponente 137 , sondern auf dem angeredeten Personenkreis, dessen Auswahl jeden Tun-Ergehen-Zusammenhang sprengt. Als Sitz im Leben kommt die Verkündigung einer palästinischen judenchristlichen Gemeinde apokalyptischer Prägung in Betracht.

127 Für die πτωχοί, bei denen eine spiritualisierende Auslegung unter Berufung auf das Alte Testament möglich wäre (vgl. Schlosser, RG II, 433 f), ist dies durch die Zusammenstellung mit V21 ausgeschlossen. Für alle drei Makarismen eine getrennte Entstehung anzunehmen, (so Schulz, Q, 61; erwogen auch Schürmann, RG, 84), fehlt eine hinreichende Begründung. 128 Lohse, Armen, 56; Hoffmann, Eschatologie, 135; Strecker, Makarismen, 115; Keck, TRE IV, 77f. Dieser Aspekt ist z.B. völlig verkannt von Schweitzer, RG, 607; ders., Leidensgeheimnis, 228, der hier die geforderte „sittliche Verfassung" findet. Vgl. auch die folgende Anm. - Zur sozialen Entwurzelung in Jesu Umwelt siehe Theißen. Wir haben, passim, bes. 112-133. 129 So aber Merklein, RG II, 49 in Selbstkorrektur seiner noch RG, 51-54; EWNTIII, 468 vertretenen sozial-ökonomischen Interpretation. 130 Vgl. Pokorn'y, Bergpredigt, 17 f. 131 Schweizer, Seligpreisungen, 121-126. 132 Passivum divinum in V 21! 133 Vgl. Schlosser, RG II, 437: le „bonheur eschatologique" total. 134 Der 2. und 3. Makarismus sind futurisch. 135 Yg] j a s έοτίν im 1. Makarismus. 136 Schürmann, RG, 87. 137 Deshalb bleibt auch unklar, ob das Reich Gottes als futurisch-ausstehend (im Sinne einer Naherwartung) oder als anbrechend verstanden ist.

Die Zusage des Reiches Gottes an eine bestimmte Personengruppe

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2.2.1.2. Die weitere Entwicklung in Q Eine einschneidende Veränderung ist mit der Anfügung des 4. Makarismus von Lk 6,22 verbunden. Er weicht in Form (Prosa, ausführliche Begründung) und Inhalt (andere Situationsangabe) von den ersten drei Makarismen ab. Die neue Situation ist gekennzeichnet durch Anfeindung der Gemeinde 138 , Absonderung von der jüdischen Gemeinde 139 , Schmähung 140 und Verwünschung 141 . Diese Situation gründet offensichtlich in ihrem christologischen Menschensohnbekenntnis 142 . Daß hier deutlich aus der nachösterlichen Situation heraus formuliert wird, zeigt auch der heilsgeschichtliche Bezug auf die Propheten in V23f. Das Heil wird auf dieser Redaktionsstufe von Q bzw. seiner Gemeinde wenngleich der Terminus Reich Gottes hier nicht fällt - verstanden als - Lohn (μιστός) und nicht als Gabe, wobei - dieser Lohn jenseitig (έν τφ ούρανφ) und nicht irdisch-dinghaft vorgestellt wird. Der Sitz im Leben dürfte nunmehr ein innergemeindlicher sein. Da der Makarismus angesichts der Anfeindungen trösten will, dürfte sein Ort die Paränese sein. 143 Adressat ist die Gesamtgemeinde.

2.2.1.3. Die vormatthäische Erweiterung Noch vormatthäisch ist die Umformung und Ergänzung der ersten drei Makarismen zu einer 4 er Gruppe mit π-Alliteration. Wegen dieser Alliteration mündliche Tradierung anzunehmen 144 , ist nicht zwingend. 145 Beachtet man 138 Mioäv: Zum Vorwurf des Menschen- und Götterhasses in der zeitgenössischen Religionspolemik vgl. nur 1. Thess 2 , 1 5 b mit Tacitus, Historien, V, 3.5. 139 Άφοπίζειν ist vielleicht terminus technicus der synagogalen Praxis der Exkommunikation (so z. B. Kellermann, E W N T I , 443). Dies geschah nicht durch Bann, sondern durch Vermeidung des Umgangs. Vgl. Billerbeck, IV, 331. 140 Όνειδίζ ε ιν als geläufiger Topos in Verfolgungsaussagen. Vgl. Lattke, E W N T II, 1266. 141 Έκβάλλει ν κτλ.. Vgl. Schürmann, Lk I, 333. Wie Billerbeck, IV, 329-333 gezeigt hat, ist damit nicht auf die Praxis des Synagogenbanns angespielt. So aber z. B. Bousset, Kyrios, 18; Grundmann, Lk, 144; Ernst, Lk, 151. Vgl. oben Anm. 19. 142 Zur Zugehörigkeit zu Q vgl. Schürmann, RG, 160 Anm. 40. Zum titularen Gebrauch s. Tödt, Menschensohn, 115. 143 Vgl. Polag, Christologie, 10. 144 Luz, Mt I, 201. 145 Yg] Hebr. 1, 1. Es liegt ein betonter Anfang eines Briefes (Hebr) bzw. einer Rede (Bergpredigt) vor. Die Seligpreisungen leiten sowohl die matthäische Bergpredigt als auch die lukanische Feldrede ein. Ähnlich war es wohl auch schon in Q.

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den Einfluß der Wehe-Rufe von Lk6,24 f 146 auf diese Gruppe, so scheint es sich um eine literarische Abhängigkeit zu handeln. Da die Zusätze τω πνεύματι147 in Mt 5, 3 und την δικαιοσύνην148 in Mt 5,6 eine sichere Zuweisung an eine bestimmte Redaktionsstufe nicht zulassen, muß bei der Interpretation von ihnen abgesehen werden. Auch ohne sie ist eine „Verschiebung des Sinnes der Seligpreisungen in Richtung auf das Paränetische hin" 149 zu bemerken. Verwiesen sei hier nur auf die Verallgemeinerung von Situationsangabe 150 und Heilsschilderung 151 sowie der in Mt 5, 5 geforderten Demut als Haltung 152 . Wegen des LXX-Zitats in Mt 5, 5 153 und der wegen der Alliteration eindeutig griechischen Tradierung ist jetzt eine hellenistisch-judenchristliche Gemeinde als Tradent anzunehmen. Sitz im Leben ist die Paränese.

2.2.1.4. Die matthäische Redaktion (Mt 5,7-10) Mit Mt 5,7-10 ist der ersten Gruppe von Makarismen eine zweite nachgeordnet. Der Komplex V 7 - 1 0 ist wahrscheinlich Ergebnis matthäischer Redaktion. 154 Beide Gruppen sind deutlich gerahmt, wobei dem 8. Makarismus eine Schlüsselfunktion zukommt: - durch die gleichlautende Reich-Gottes-Zusage im 1. und 8. Makarismus und - durch die Stellung von δικαιοσύνη am jeweiligen Schluß einer 4 er Gruppe (4. und 8. Makarismus). Formgeschichtlich handelt es sich bei den Makarismen von Mt 5,7-10 um weisheitliche Makarismen. 155 . Die Seliggepriesenen werden nicht wie in der ältesten Jesus-Tradition in ihrer sozialen Befindlichkeit angesprochen, son146 Der 2. Makarismus Mt 5,4 ist eine Neubildung unter Verwendung von Material aus dem 1. und 3.Weheruf Lk 6,24.25 b. Außerdem ist der Makarismus Mt 5,11 von dem 4. Weheruf Lk 6,26 abhängig. Zu Mt 5,11 vgl. Schürmann, Lk I, 333 Anm.53. 1,7 Es handelt sich um matthäische oder vormatthäische Redaktion. Vgl. Luz, Mt I, 200: Nachweis nicht möglich. 148 Wahrscheinlich matthäische Redaktion; vgl. V 10; jeweils am Ende einer 4er Gruppe. 149 Luz, Mt I, 205 über vormatthäische und matthäische Interpretation. 150 d e i n e n wird zu trauern. 151 Lachen wird zu trösten. 152 Vgl. Luz, Mt I, 208 f; Strecker, Makarismen, 117. 153 Vgl. Pkt 1.1.2.1. d.A. mit Anm.26. 154 V 7 hat in Inhalt und Vokabular seine Parallele in Mt 18,33 (Sondergut). Der 8.Makarismus in V 1 0 ist sicher matthäischen Ursprunges. (Vgl. Strecker, Makarismen, 122 f). - Δικαιοσύνη nach Strecker, Weg, 150-153; Frankemölle, Jahwe-Bund, 280 immer matthäische Redaktion. Διώκειν ist wie Mt 5,11.12.44 matthäische Redaktion. Vgl. Frankemölle, Jahwe-Bund, 132 f Anm. 246. 155 Vgl. Koch, FG, 8 f.

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dem in ihrer Haltung bzw. ihrem Tun. Damit ist ein Tun-Ergehen-Zusammenhang ausgesprochen, der das Heil dem verheißt, der sich durch ein bestimmtes Handeln auszeichnet. Die Zueignung des Heils bleibt aber deutlich weiter Gott vorbehalten. 156 Weil Matthäus unter den Verfolgten aber die christliche Gemeinde versteht, haben die Adressaten gegenüber der ältesten Jesus-Tradition gewechselt. Inhaltlich ist bei den Makarismen Mt 5,7-9 der Einfluß zeitgenössisch-jüdischen Denkens und Sprachgebrauchs erkennbar. 157

2.2.1.5. Zusammenfassung Formgeschichtlich verlief die Entwicklung vom apokalyptischen zum weisheitlichen Makarismus. Dadurch liegt inhaltlich der Ton nicht mehr auf der Reich-Gottes-Zusage, sondern auf dem Tun-Ergehen-Zusammenhang. 158 Dies dürfte mit dem Tradentenwechsel von einer apokalyptisch geprägten palästinischen Gemeinde zu einer mehr hellenistisch orientierten (griechisch sprechenden) Gemeinde zusammenhängen. Der Adressatenkreis wird eingeengt auf die christliche Gemeinde und gleichzeitig vergrößert durch den Bezug über die Gruppe der Notleidenden hinaus.

2.2.2. Die kleine Herde (Lk 12, 32) Das Logion Lk 12, 32 ist in seinem jetzigen Kontext sicher sekundär 159 und durch Stichwortanschluß ad vocem βασιλεία160 dorthin gelangt. Wegen seiner sachlichen Berührungen mit den ältesten Seligpreisungen soll es hier zum Vergleich herangezogen werden. In der vorliegenden Form ist das Logion sicherlich nicht von Lukas geschaffen worden. Auch wenn μη φοβοϋ bei Lukas häufiger als bei den anderen Synoptikern vorkommt, kann dies bei dieser allgemeinen Wendung 161 höchstens für lukanische Bearbeitung sprechen. Der Vokativ τό μικρόν ποίμνιον ist semitischen Ursprungs 162 und würde im Aramäischen mit εύδοκησεν ein 156

Passivum divinum in Mt 5, 7-9. Der Nachweis im einzelnen bei Luz, M t l , 211 f. 213 f. 158 Vgl. Trilling, Christusverkündigung, 81. - Nach Kahler, Makarismen, 232 „läßt sich eine Trennung in apokalyptische und paränetische Makarismen nicht verifizieren." 159 Dalman, Worte, 101; Jeremias, ThWNTVI, 500; Kümmel, Verheißung, 47; Schneider, LkH. 286; Ernst, Lk, 274. 160 Jeremias, T h W N T V I , 500 Anm.19. 161 Im Alten Testament 74mal nach Wanke, ThWNTIX, 199. 162 Nach Bl.-Debr. § 147 ist der Nominativ mit Artikel statt Vokativ semitischen Ursprungs, begegnet aber auch schon in der LXX. 157

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Wortspiel ergeben. 163 Der Ausdruck ό πατήρ ύμών ist wegen des sonstigen Gebrauchs hier mit Sicherheit vorlukanisch. 164 Von der Form her liegt ein Trostwort vor. Die Angeredeten werden mit dem Hinweis auf die ihnen zukommende Gabe des Reiches getröstet. Sachlich gesehen ist mit δοϋναι ύμΐν την βασιλείαν ebenso wie in der ähnlichen Wendung ή βασιλεία τοΰ θεοϋ ... δοθησεται εθνει in M t 2 1 , 4 3 (Sondergut) der Zuspruch des Reiches Gottes an eine bestimmte Personengruppe gemeint. 165 Der auffällige absolute Gebrauch von βασιλεία dürfte auf die Vermeidung der Doppelung Vater-Gott zurückzuführen sein.166 Das Reich Gottes ist Gabe Gottes, die in der Gegenwart bereits zugesprochen wird. Das Heil selbst ist als futurisch-eschatologischer Heilszustand gedacht, weil sich die Furcht der Angeredeten nur beim Noch-Ausstehen des Heils erklärt. 167 Die Adressaten werden als „kleine Herde" bezeichnet. Der Terminus ποίμνιον hat in der damaligen jüdischen Umwelt einen eindeutigen Bezug auf Israel als „Herde Gottes" 168 . Deren Bezeichnung als klein verknüpft damit den Restgedanken. 169 Mit der Wendung „euer Vater" ist in der ältesten synoptischen Tradition immer ein Bezug auf die Jünger, nie aber auf Außenstehende gegeben. 170 Das Logion dürfte damit die Gemeinde im Blick haben. Das Selbstverständnis der Gemeinde als Rest aus Israel setzt historisch gesehen wohl eine gescheiterte Israelmission voraus. 171 Auf einen ekklesialen Sitz im Leben deutet auch die Verarbeitung der Reich-Gottes-Zusage im Logion hin. Der Grund für

143

Black, Muttersprache, 168; Jeremias, ThWNTVI, 500 Anm.20. Unter Vernachlässigung der eindeutig der matthäischen Redaktion zuzuweisenden Stellen ergibt sich für die Wendung „euer Vater": Mk: par Mt/Lk lmal (Mk 11,25); Q: 2mal (Lk6, 36 par Mt; Lk 12,30 par Mt); Sondergut des Mt: lmal (Mt 23.9b); Joh: 2mal (Joh 8,42; 20,1); Sondergut des Lk: nur die hier zu behandelnde Stelle Lk 12,32, also nie eindeutig lukanische Redaktion. Vgl. auch Schlosser, RG II, 577. Merklein, RG, 207 f ordnet das Material nach authentischen bzw. sekundären Anreden in Anlehnung an Jeremias, Abba, 39-56, was aber keinen Einblick in die Quellenlage erlaubt. 145 Wenn man meint, hier den Gedanken einer Herrschaftsübergabe in Analogie zu Dan 7,27 zu finden (so Dalman, Worte, 101.109), so muß man natürlich den Gedanken der Zukünftigkeit dieser Übergabe eintragen (a.a.O., 101). Sonst wird nicht verständlich, wovor die Träger der eschatologischen Herrschaft sich fürchten. 144 Sonst wäre „Vater" Subjekt und „Gott" als Genitiv Bestandteil des Objektes. 147 Ahnlich auch Kümmel, Verheißung, 47, der allerdings das Bekenntnis zu Jesus hier einträgt. 14 ' Nach Jeremias, ThWNT VI, 499 wird die säkulare Verwendung des Bildes vom Volk als Herde in Israel völlig durch die religiöse verdrängt. 149 So auch Jer23,3; Mi 2,12. 170 Jeremias, Theol. I, 176; ders., Abba, 41-46; Schlosser, RG II, 581. Vgl. auch Lohfink, Gewaltverzicht, 202. 171 So Lohfink, Gewaltverzicht, 202, der dem Logion einen solchen geschichtlichen Ort im Leben Jesu zuweist. 144

Die Zusage des Reiches Gottes an eine bestimmte Personengruppe

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das Nicht-Fürchten wird in der bereits ergangenen Zusage des Reiches durch Gott 172 gesehen, die aber einen anderen Personenkreis als in der ältesten Jesus-Tradition im Blick hat. Angeredet sind nicht die Geringen, denen im Rahmen der früheren Mission das Heil zugesprochen wird. 173 Hier ist die bereits bestehende „kleine" Gemeinde im Blick. Das Logion bezieht also situationsbedingt die Reich-Gottes-Zusage auf die Gemeinde. Die neue Situation, die Anlaß zur Furcht gibt, dürfte aus Anfeindungen erwachsen sein.174 Den Hintergrund könnte vielleicht die Loslösung der Gemeinde vom zeitgenössischen Judentum bilden. Die Situation von Lk 12, 32 ähnelt der der Seligpreisungen, wie sie für die Redaktion von Q und der vormatthäischen Erweiterung festgestellt wurde. 175 Dem Logion einen Ort im Leben Jesu zuzuweisen 176 oder es als authentisches Jesuswort zu verstehen 177 verbietet sich, weil „l'idee de reste est absente du programme premier de Jesus, de son intention fondamentale. Jesus se tourne vers le peuple tout entier, sans exclusive."178 Man wird von einer nachösterlichen Entstehung des Logions auszugehen haben, wobei eine ursprüngliche aramäische Herkunft nicht ausgeschlossen ist. 179 Vielleicht ist es im palästinischen Judenchristentum entstanden. Es könnte eine Anlehnung an Heilszusagen in Deuterojesaja vorliegen.180 Sitz im Leben des Logions ist die Trostpredigt für eine angefochtene Gemeinde.

172 Bemerkenswert ist die vielleicht auf aramäisches Sprachmilieu weisende Umschreibung des „Willens Gottes" (Dalman, Worte, 173) mit έυδόκησεν, die ähnlich noch in Lk 10,21 par M t ( Q ) (έυδοκία έγένετο) begegnet. 173 So wäre vielleicht der Sitz im Leben der ältesten Seligpreisungen in ihrer Weitergabe durch die Q-Gemeinde zu bestimmen. 174 Grimm, Weil ich, 158 spiritualisiert, wenn er hier und bei Deutero-Jesaja (vgl. Anm. 59) eine „existentielle Angst" bzw. „Lebensangst" meint wahrnehmen zu können. Nach Kümmel, Verheißung, 47 besteht die Furcht darin, sich vor den Menschen zu Jesus zu bekennen. 175 Vgl. Pkt. 2.2.1.2. und 2.2.1.3. d.A. 176 Lohfink, Gewaltverzicht, 202. 177 Riesner, Lehrer, 428. Dies schließt ein, solche Jüngerworte „mit charakteristischen Lebensfunktionen des vorösterlichen Jüngerkreises zu verbinden." (a.a.O. 426). - Die Vermutung von Legasse, Jesus, et l'enfant, 116, daß „pour Jesus, les ,pourvres', les affliges', les simples', les ,petite', le ,petit troupeau' recouvrent en substance une meme categorie" ist zwar gerade für unseren Zusammenhang reizvoll, scheitert aber an der Verwendung des Ausdrucks „euer Vater" im alleinigen Bezug auf die Jünger. Vgl. Schlosser, RG II, 581. Ahnlich wie Legasse auch Grimm, Weil ich, 155. 178 Schlosser, RG II, 593. Vgl. auch Jeremias, Rest, 129-131. 179 Vgl. auch oben Anm. 41.42.51. 180 Jes 43,1; 43,5; 44,2f; 54,4. Zum Textvergleich s. Schlosser, RG II, 579-582; Grimm, Weil ich, 155-157.

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Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

2.2.3. Die Parabel vom großen Mahl (Lk 14,16-24 par Mt 22,1-10) Die Unterschiede zwischen beiden Fassungen sind so groß, daß einige Exegeten zögern, die Parabel Q zuzuweisen. 181 Eine gemeinsame schriftliche Vorlage muß wegen wörtlicher Ubereinstimmungen 182 wenigstens für Teile der Parabel angenommen werden. Für eine Zugehörigkeit für Q spräche neben der Deutung der Parabel in Lk 14, 24 183 auch die sinnvolle Stellung im Q-Kontext, 184 wie dieser aus der lukanischen Abfolge erschlossen werden kann. Wegen der Gemeinsamkeiten im Handlungsablauf beider Fassungen werden beide aus einer ursprünglichen Parabel, deren genaue Abgrenzung allerdings unklar bleibt, entstanden sein.185 Der Bezug der Parabel auf das Reich Gottes ist trotz der Differenzen gesichert. 186 Die matthäische Einleitung durch ώμοιώθη mit Dativ in Mt 22,2 entspricht einer Eigenart seines Sondergutes. 187 Die Einleitung Lk 14,15b 188 bietet einen Makarismus, wie er sicher schon in Q 1 8 9 stand. Seliggepriesen wird, wer am eschatologischen Mahl im Reiche Gottes teilnimmt. Im Gegensatz zu den Makarismen Lk 6,20 ff par Mt ist hier der Einzelne und nicht eine Gruppe angesprochen. Sachlich bietet der Makarismus eine banale Selbstverständlichkeit. Eine konkrete Aussagerichtung erhält er erst, wenn ein bestimmter Personenkreis gemeint ist. Die Parabel thematisiert nun in der Tat die Auswahl eines bestimmten Personenkreises, so daß der Makarismus den Hinweis auf das Reich Gottes als Sachhälfte der Parabel bietet. Deshalb hat er sicher nie als selbständiges Logion existiert. 190 Als Bestandteil der Parabel zielt er auf das Einverständnis der Hörer und ist damit Kennzeichen für den argumentativen Charakter der Parabel.

181 Ablehnend: Grundmann, Lk, 296; Mt, 465; Rengstorf, Lk, 179f; Linnemann, Gleichnisse, 162 Anm. 6. 182 In Lk 14,16.17.21.23 par Mt. 183 Abschließender λεγω-ΰμΐν-Satz wie Lk 15,7; 19,26 (beides Q). 181 Lk 13,25-29.(34.35) (Q). 185 Wegen des Wechsels von wörtlicher Übereinstimmung mit starken Differenzen zwischen Matthäus und Lukas kann für Matthäus eine Kombination zweier Fassungen (vielleicht aus Sondergut und Q) vermutet werden. Vgl. Harnack, Sprüche, 83f; Dodd, Parabels, 91. 186 Skeptisch trotz Reich-Gottes-Erwähnung in Lk 14,15 und Mt 22,2 ist Schürmann, RG, 69 mit Anm. 15.71. 187 Vgl. Pkt. 2.4.3. d. A. 188 Die Situationsangabe V 15 a ist lukanische Redaktion und verbindet mit Lk 14,7-14 (Sondergut). 189 Lukas bildet sonst keine Makarismen. Gegen Schulz, Q, 392.

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Für die Parabel in Q ergibt sich folgender Handlungsablauf: Ein Mann 191 lädt zu einem großen Gastmahl 192 Gäste ein. Zur Stunde des Mahles sendet er einen Knecht 1 9 3 zu den Geladenen 194 , die sich jedoch alle entschuldigen. Zwei der drei Entschuldigungen sind betont höflich gehalten. 195 Die Größe des zweiten Kaufobjektes läßt an einen Großgrundbesitzer denken. 196 Den fiktiven Charakter der Parabel macht es aus, daß alle Geladenen absagen. Die Absagen erregten den Zorn des Gastgebers 197 und veranlassen ihn zu einer weiteren Entsendung des Knechtes. Die matthäische Fassung dieser Entsendung ist mit Sicherheit sekundär, 198 weshalb von der lukanischen auszugehen ist. Es handelt sich bei Lukas um eine doppelte Aussendung: Zunächst sind die Adressaten die gleichen wie Lk 14,13 (Sondergut): Arme, Krüppel, Blinde und Lahme. Sie sollen von den (innerstädtischen) Straßen und Gassen geholt werden. Wenn sich auch nicht erweisen läßt, daß die Personenangabe in dieser Ausführlichkeit zum Bestand von Q gehörte, so erscheint sie doch für Q sachlich als wahrscheinlich. Denn in der Parabel wird damit eine Umkehrung der irdischen Ordnung ausgesagt. 199 Das Reich Gottes wird den Deklassierten verheißen, ohne daß diese Verheißung an eine Bedingung geknüpft ist. Diese Vorstellung begegnet wie auch die irdisch-konkrete Umschreibung des Heils in der 1.1

"Ανθρωπος βασιλεύς ist typisch für matthäisches Sondergut. Vgl. M t 1 3 , 5 2 ; 1 8 , 2 3 ;

20,1. 1 . 2 Γάμος ist wohl matthäische Redaktion. Dalman, Worte, 9 6 . 2 7 6 nimmt eine Übersetzungsvariante an. 1 . 3 M t 2 2 , 3 : viele Knechte = Propheten; V 4 : andere Knechte = Gemeindemissionare. Die matthäische Fassung allegorisiert. Ahnlich auch M t 2 1 , 3 3 - 4 6 . 1 . 4 Zur Möglichkeit dieses Erzählzuges Jeremias, Gleichnisse, 176. 1 . 5 Lk 14,18 fin. - Die Formulierungen sind keineswegs lukanisch geprägt, wie Schulz, Q , 395 erweisen möchte. Bei diesen weist im Gegenteil die parataktische Anordnung durch dreimaliges καί auf vorlukanische Entstehung. Harnack, Sprüche, 84 weist auf zehnmaliges satzeinleitendes καί in der lukanischen Fassung hin. 1 . 6 Jeremias, Gleichnisse, 176. Vgl. Scott, Jesus, 35: „the invited are among the socially elite". 1 . 7 M t 2 2 , 7 bezieht sich auf die Zerstörung von Jerusalem. 1 . 8 1) Sendung dahin, „wo die Straßen der Stadt enden und in die Landstraßen übergehen" (Michaelis, T h W N T V , 112) ist durch die Zerstörung der Stadt ( V 7 ) gefordert und stellt damit einen notwendigen Ausgleich zwischen der doppelten Sendung von Lk 1 4 , 2 1 . 2 3 ( Q ) dar. 2) Das corpus mixtum von Schlechten und Guten ist wahrscheinlich matthäische Redaktion, denn es entspricht der matthäischen Deutung des Gleichnisses vom Fischnetz ( M t 1 3 , 4 7 f - Sondergut mit V 4 9 f - matthäische Redaktion). Vgl. auch M t 1 3 , 4 9 f mit M t 2 2 , 1 1 - 1 4 . Das corpus mixtum ist die Voraussetzung für V 11-14. 3) V 10 hat die gleiche Ortsangabe wie Lk 1 4 , 2 3 (εις τάς όδους) und widerspricht der Ortsangabe von V 9. l w Schnackenburg, R G , 138; Zeller, Eschatologie, 71; Scott, Jesus, 37: „...the householder goes from one extreme to the other: from the social elite to the bottom of the social scale".

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Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

ältesten Jesus-Tradition. Anders als in dieser apokalyptisch geprägten Vorstellung erscheinen die Armen Lk 14,13 (Sondergut) als Objekt karitativer Fürsorge, wobei diese Fürsorge mit der Gerichtserwartung begründet wird. 200 Eine nochmalige Einladung 201 wendet sich an einen sozial nicht näher beschriebenen Personenkreis, der an den (außerstädtischen) 202 Wegen und Zäunen anzutreffen sei. Der abschließende λέγω-ύμΐν -Satz stellt den Ausschluß der Erstgeladenen ( = Israel) fest. Er ist damit deutlich an dieser Personengruppe interessiert. Das Reich Gottes wird durch die Verwendung des Bildes vom eschatologischen Mahl als zukünftige, aber doch irdisch-konkret umschriebene Wirklichkeit aufgefaßt. Die Parabel begründet die Verheißung des Reiches Gottes an die Deklassierten und Heiden. Dieser Adressatenwechsel spiegelt die nachösterliche Situation wider und fügt sich ein in die betont positive Haltung von Q gegenüber den Heiden. Ähnlich wie Lk 13,28 f (Q) ist hier an ein Kommen der Heiden und nicht an Heidenmission gedacht. Es kann vermutet werden, daß der doppelte Personenkreis erst im Laufe der Überlieferung der Parabel entstanden ist. Vielleicht waren auf einer früheren Traditionsstufe (im Rahmen einer Israelmission?) nur die Deklassierten im Blick. Daß Q die ReichGottes-Verheißung bereits als auf die Heiden ausgedehnt wußte, zeigt neben Lk 13,28 f par Mt auch die matthäische Fassung der zweiten Aussendung. 203 Die abschließende Deutung der Parabel in Lk 14,24 (Q) bringt den für die Q-Redaktion typischen Hinweis auf das Gericht. 204 Die Reich-GottesVerheißung für Deklassierte und Heiden wird als Ausschluß Israels interpretiert. Die zeitliche Komponente des Reiches Gottes wird nicht thematisiert. Das Motiv vom schon bereiteten Mahl 205 ist nicht zeitlich im Sinne der „Präexistenz des Bereitgestellten" zu verstehen, sondern sachlich als „Bestimmen" 206 . Aus diesem Motiv spricht damit auch keine „eschatologische Dringlich200

Dies entspricht der lukanischen Theologie, vgl. Schräge, Ethik, 127.129. Die Begründung ετι τόπος έστίν (V22) ist notwendige erzählerische Fiktion und deshalb nicht zu deuten. 202 Schnackenburg, RG, 166; Michaelis, T h W N T V , 69.112; Jeremias, Gleichnisse, 61; Weder, Gleichnisse, 183. 203 Lk 14,21 b.22f (Q) ist in M t 2 2 , 9 f vorausgesetzt: Die beiden Synoptikern gemeinsame Ortsangabe εις τάς οδούς widerspricht bei Mt 22,10 der Ortsangabe von V 9 , dort verlegt Matthäus (wohl redaktionell) die Aussendung in die Mitte (έπί τάς διεξόδους των οδών), weil die Stadt bei ihm ja bereits zerstört ist (V 7). Damit ist eine doppelte Aussendung nicht mehr möglich. 204 Vgl. Lührmann, Redaktion, 64. 205 Lk 14,17 und Mt 22,4. 206 Dalman, Worte, 104f, der bes. auf Mt 20, 23 verweist. 201

Die Zusage des Reiches Gottes an eine bestimmte Personengruppe

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keit" 2 0 7 . Sitz im Leben der Parabel dürfte der Zuspruch der Reich-GottesVerheißung in der Missionspredigt sein. D i e s hat seine Parallele in dem von Paulus bezeugten „Ruf" in das Reich Gottes, wie er für dessen Missionspredigt durch l . T h e s s 2 , 1 2 bezeugt ist. 2 0 8

2.2.4. D a s eschatologische Mahl im Reich Gottes (Lk 1 3 , 2 8 f par M t 8 , 1 1 f) Mit Lk 1 3 , 2 8 f par M t 8 , 1 1 f liegt mit Sicherheit ein ursprünglich selbständiges L o g i o n 2 0 9 vor, dessen Ort in Q nicht mehr sicher feststellbar ist. 2 1 0 M t 8 , 1 1 bezeugt noch die auf gesonderte Tradierung hinweisende Einleitungsformel λέγω δέ ύμιν. 2 1 1 . D i e Rekonstruktion des Q - L o g i o n s erweist sich w e g e n der unterschiedlichen Abfolge der einzelnen Elemente des Logion bei Matthäus und Lukas als schwierig. 2 1 2 D e n n o c h läßt es sich wahrscheinlich machen, d a ß Matthäus die ursprüngliche Abfolge gewahrt hat. 2 1 3 Formgeschichtlich liegt ein zweigliedriges D r o h w o r t 2 1 4 vor. Im ersten Teil wird von den H e i d e n im Rahmen der Vorstellung von der Völkerwallfahrt 2 1 5 207

So aber Grundmann, Lk, 299; Bösen, Jesusmahl, 105. Vgl. auch Weder, Gleichnisse, 188; Linnemann, Gleichnisse, 97, die auf das nahe Reich Gottes deuten, während Dodd, Parables, 91 dies auf das gegenwärtige Reich Gottes deutet. 208 Auf den Zusammenhang von l.Thess 2,12 mit Lkl4,16f.24 par Mt 22,3 f. 8 f. 14 weist Dalman, Worte, 97 hin. Die Terminologie ist mit καλεΐν εις + Akk. die gleiche. Vgl. l.Thess 2,12 mit Mt 22,3. ™ Bultmann, GST, 122; Dibelius, FG, 261; Trilling, Israel, 88; Schulz, Q, 324. 210 Vgl. Hoffmann, Studien, 5.39. Für die lukanische Abfolge: Schümann, RG, 117f. - Gegen die oft ohne nähere Begründung übernommene lukanische Abfolge spricht, daß Lk 13,28f par Mt in der Aussage eine große Ähnlichkeit mit der Q-Perikope des Hauptmannes von Kapernaum (Mt 8, 5 ff) - seinen jetzigen matthäischen Kontext - hat. Beide Q-Überlieferungen bezeugen ein Kommen der Heiden. 211 Nach Schulz, Q, 57 ff, ist die Formel prophetisch-enthusiastischen Ursprungs und weist auf apokalyptische Zusammenhänge. 212 Vgl. die Übersicht bei Schlosser, RG II, 608 im Anschluß an Harnack, Sprüche, 55f. 213 Übereinstimmung besteht bei beiden Synoptikern in der Abfolge von a) Personenangabe: Abraham. Isaak und Jakob (zu den Propheten als lukanische Redaktion vgl. Schulz, Q, 323), b) Ortsangabe: Reich Gottes bzw. Himmelreich sowie c) Feststellung des Ausschlusses der Angeredeten (Lk) bzw. der „Söhne des Reiches" (Mt). Der Spruch vom Heulen und Zähneklappern steht mit seinem έκεΐ bei Lukas beziehungslos voran, während er sich bei Matthäus folgerichtig der Feststellung des Ausschlusses anschließt. Vgl. Harnack, Sprüche, 57. Die doppelte Ortsangabe έν -rrj βασιλείς ist bei Lukas durch die Herauslösung der beiden bei Matthäus-Q zuerst angeführten Elemente (Kommen aus Ost und West und Zu-Tische-Liegen) aus dem ursprünglichen Zusammenhang mit den Patriarchen bedingt. Für die Ursprünglichkeit der matthäischen Abfolge u. a.: Schulz, Q, 323; Harnack, Sprüche, 56 f; Schweizer, Mt, 137. 214 Bultmann, GST, 122; Schulz, Q, 324. 215 Vgl. Jes 45, 6; Mal 1,11. Vgl. auch Jeremias, Verheißung, 48-53.

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Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

eine Teilnahme am zukünftigen Mahl 216 im Reich Gottes ausgesagt. Die Verknüpfung von Völkerwallfahrt und eschatologischem Mahl im Reich Gottes ist dabei einmalig.217 Die hier zugrunde liegende Vorstellung ist apokalyptischer Natur. Die Vorstellung von der Völkerwallfahrt entstammt zwar einer diesseits orientierten Zukunftshoffnung 218 , aber durch die Teilnahme der Patriarchen Abraham, Isaak und Jakob am endzeitlichen Mahl wird klar, daß die Wallfahrt zu einem apokalyptisch-transzendent 219 aufgefaßten Reich Gottes stattfindet. Das Kommen der Heiden und das Mahl sind als zukünftig vorgestellt. Beides sind eschatologische Vorgänge der Zukunft. Im zweiten Teil des Drohwortes wird der ebenfalls futurisch gehaltene Heilsausschluß verkündet. Die οί υίοι της βασιλείας dürften wie Mt 13,38 matthäische Redaktion 220 sein, ebenso wie τό σκοτος τό έξώτερον221, was Matthäus aus εξω (Lk 13,28 - Q) gebildet haben dürfte. Für Q wird man deshalb eine Anrede (ύμας ) anzunehmen haben. Der Ausschluß wird mit dem Logion vom Heulen und Zähneklappern 222 in apokalyptischen Farben geschildert. Der Ausschluß betrifft, wie die stellvertretende Nennung der Patriarchen zeigt, nicht Israel als solches 223 , sondern die Angeredeten 224 . Somit ist auch deutlich, daß das Logion Mt 8,11 f nicht in ein Heils- und in ein Drohwort zu zergliedern ist, 225 sondern ein einheitliches Drohwort darstellt. Die zukünftige Einbeziehung der Heiden stellt eine Drohung an die Hörer dar, insofern diese die Heiden als Ersatzgäste begreifen müssen. Das Drohwort enthält damit implizit eine Mahnung zur Umkehr. Angeredet ist Israel. Von den Heiden wird nur in der 3. Person gesprochen. Die Heidenmission ist hier (noch?) nicht im Blick.226

216

Zum Mahl als Metapher für die Heilszeit s. Klauck, Herrenmahl, 64-66. Hahn, Mission, 27 Anm.2; Schulz, Q, 325. - Dies bleibt trotz Klauck, Herrenmahl, 64 mit Anm. 161 festzuhalten, der diese Verknüpfung finden möchte in: - Sach 14,16 und Zeph 3,10: dort ist aber nur von der Völkerwallfahrt ohne Mahl die Rede sowie Jer 38, 8 (LXX) diff Jer 31,8 (MT): wo nur von Israel gesprochen wird. 218 Vgl. Schulz, Q. 325. 21 ' Vgl. Hahn, Mission, 26. 220 Schulz, Q, 324; Trilling, Israel, 88. 221 Schulz, Q, 324. 222 Q: Mt 8,12 par Lk 13,28; Sondergut des Matthäus: Mt 13,42; 13,50; 22,13; matthäische Redaktion: Mt 24,51; 25,30. 223 Vgl. Lohmeyer, Mt, 158; Schulz, Q, 327. 224 Erst Matthäus verallgemeinert mit „Söhne des Reiches" und trägt damit eine antijudaistische Tendenz ein. Vgl. Fischer, Urchristentum, 136. 225 Vgl. Schürmann, RG, 111-120, bes. 119; Schlosser, RG II, 608-614. - Eine Entwicklung vom vorösterlichen Heilswort zum nachösterlichen Gerichtswort nimmt Flender, RG, 32 an. 226 Die lukanische Abfolge in Lk 13,28 f erklärt sich am einfachsten als Historisierung: Ausschluß Israels vom Heil wegen dessen Verweigerung der Umkehr, daraufhin Zuwendung 217

Die Zusage des Reiches Gottes an eine bestimmte Personengruppe

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Als Sitz im Leben wäre somit die Israelmission zu vermuten. Tradent dürfte ein apokalyptisch geprägtes Judenchristentum palästinischer Herkunft sein.

2.2.5. Zusammenfassung Die Reich-Gottes-Zusage an die Armen zählt zusammen mit der für Jesus bezeugten Zuwendung zu den gesellschaftlich Deklassierten und Verachteten zu den unbestrittenen Bestandteilen der ältesten Jesus-Tradition. Diese Uberlieferung verdankt ihre vielfältige Bezeugung in den einzelnen Schichten der synoptischen Tradition allerdings kaum einem besonderen Interesse der nachösterlichen Gemeinde an ihr. Die Armen und die Geringen verlieren ihren aus der apokalyptischen Umkehrung der Werteskala begründeten Vorrang in dem Moment, wo diese neue Werteskala ihre Gültigkeit wieder einbüßt. Mit der Einbeziehung anderer Gruppen muß ein neuer Bewertungsmaßstab gesucht werden, der sich schließlich auch in der auf Christus bezogenen Nachfolge (Ethik) und im Bekenntnis zu ihm (Christologie) findet. Diese Entwicklung nun läßt sich an der Traditionsgeschichte der Reich-GottesVerheißung beobachten. Im ältesten Überlieferungsstadium ergeht die ReichGottes-Verheißung bedingungslos an die Armen und Geringen. Die dementsprechende Form ist in Q der Makarismus. Dies belegt die erste Seligpreisung Lk 6,20 par Mt 5,3 sowie der die Parabel vom großen Mahl einleitende Makarismus Lk 14,15, der seine Pointe gerade in dem unerwarteten Personenkreis findet. Aus der vormarkinischen Tradition wäre auf die GenitivWendung von Mk 10,14 zu verweisen, die formal an Mt 5, 3 erinnert und sachlich eine Reich-Gottes-Zusage an die Geringen voraussetzt. Als Kehrseite dieser Zusage ergeht an die Reichen eine Reich-Gottes-Absage (Mk 10,23.25). Das Reich Gottes ist bei alledem als futurische, noch ausstehende Größe betrachtet. Es ist das eschatologische Heil, das bereits in der Gegenwart zugesprochen wird. Dies hat dann natürlich christologische Konsequenzen, da hier das eschatologische Gerichtsurteil als vorweggenommen erscheint. Die Reich-Gottes-Zusage an die Armen hat damit „proklamatorischen Charakter" 2 2 7 . Die irdisch-menschliche Wertordnung ist nicht außer Kraft gesetzt, 228 sondern es wird - dies allerdings sehr drastisch - ihre Gültigkeit für das eschatologische Gerichtsurteil bestritten. zu den Heiden. Dies entspricht auch der Missionsdarstellung der Apg. vgl. Kremer, Mission, 155-157. 227 Merklein, RG, 51. 228 Gegen Merklein, a.a.O.

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Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

Diese Tradition erfährt nun im Laufe der weiteren Überlieferung eine unterschiedliche Aufnahme und Interpretation. Zwei mögliche Wege werden dabei beschritten. Einmal wird die Tradition von der nachösterlichen Situation her neu interpretiert. So ist es bei den Seligpreisungen und der Parabel vom großen Mahl zu beobachten. Zum anderen wird in Anlehnung an die Tradition Spruchgut neu formuliert. Beispiel dafür sind in unserem Zusammenhang Lk 12,32 (Sondergut) und Lk 13,28 f par Mt (Q). Bei diesen beiden Arten der Traditionsaufnahme lassen sich bestimmte Tendenzen erkennen.

2.2.5.1. Die Einbeziehung der Heiden in die Reich-Gottes-Verheißung Die Gemeinde hält an der Bedingungslosigkeit der Reich-Gottes-Zusage fest und paßt den Personenkreis der neuen Situation an. So wird die Reich-Gottes-Verheißung auch auf die Heiden ausgedehnt. Die Heiden treten in der Q-Parabel vom großen Mahl (Lk 14,15 ff) den ursprünglich nicht geladenen Geringen gleichberechtigt an die Seite. Beide Gruppen haben gemeinsam, daß ihre Einladung zum eschatologischen Mahl entgegen den geläufigen Wertmaßstäben erfolgt. Mit der Ausdehnung der Reich-Gottes-Zusage auf die Heiden wird nun erstaunlicherweise nicht die Heidenmission begründet. Es wird nach alttestamentlichem Vorbild mit dem Hinzuströmen der Heiden gerechnet. 229 Dieses Kommen der Heiden wird beide Male als Ausschluß der gegenwärtigen Generation Israels interpretiert und hat damit auf die Gegenwart der Hörer bezogen, den Charakter eines „Unheils-Zeichen" 230 . Dies führt zu der Vermutung, daß mit diesen Ausschlußbemerkungen Israel angeredet wird, welches doch noch zur Umkehr bewogen werden soll. Zwei Beobachtungen können diese Vermutung stützen: Die explizite Feststellung des Ausschlusses ist literarisch gesehen im Kontext der jeweiligen Perikope sekundär 231 und verdeckt die Anrede Israels. 232 Dies entspricht der für Q beobachteten Tendenz, das überlieferte Spruchgut mittels Drohworte zu interpretieren bzw. zu strukturieren. Dieser Zug der Uberlieferung dürfte also der Q-Redaktion zu229 Vgl. Lk 13,28 f par M t 8 , l l f (Q); M k 4 , 3 2 ; M k 7 , 2 4 - 3 0 gleicht Mt 8 , 5 - 1 3 par Lk 7 , 1 - 1 0 (Q) insofern, als die Heiden zu Jesus kommen und um Hilfe bitten. 230 So Polag, Christologie, 90 zu Lk 11,29; s. auch a.a.O. 93. 231 Mt 8,11 f als Interpretation von M t 8 , 5 - 1 3 par Lk(Q); L k l 4 , 2 4 (vgl. M t 2 2 , 8 ) ist vom Handlungsablauf her gesehen eine unnötige Bemerkung. 232 Vg] L k 7 , 9 par Mt 8,10: Solchen Glauben habe ich in Israel nicht gefunden. S.a. die direkte Anrede der Hörer in Lk 13,28 diff Mt 11,12. - Die Parabel vom großen Mahl Lk 14,15ff (Q) will erreichen, daß „ihre Hörer jener Einladung ... Folge leisten." (Weder, Gleichnisse, 189).

Die Zusage des Reiches Gottes an eine bestimmte Personengruppe

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zuschreiben sein, die den Gerichtsaspekt gegenüber dem überlieferten Spruchgut verstärkt. 233 Für Q ist zwar eine ausgesprochene Heidenfreundlichkeit festzustellen, aber eine Heidenmission findet in Q expressiv verbis keine Erwähnung. 234 Wenn auch Mt 10,5 f mit seiner Beschränkung der Mission auf Israel in seiner Zugehörigkeit zu Q äußerst umstritten ist, 235 so ist doch zu bedenken, daß nach Q die Heiden zur eschatologischen Heilsgemeinde Israel hinzukommen 236 bzw. sich zu Jesus von selbst hinwenden 237 . So ist wahrscheinlich anzunehmen, daß die Q-Gemeinde das endzeitliche Kommen der Heiden erwartete und in der Gegenwart auch die Zuwendung von Heiden erfuhr.

2.2.5.2. Die Ethisierung der Reich-Gottes-Vorstellung Andererseits erfährt die Tradition eine Interpretation in Richtung einer „Ethisierung" 238 . Die Reich-Gottes-Verkündigung findet innerhalb der Q-Gemeinde ihren neuen Sitz im Leben in der innergemeindlichen Paränese, 239 Diese Tendenz, besonders ausgeprägt dann in der vormatthäischen Uberlieferung, bewirkt aber auch schon in Q die Verbindung des Lohngedankens mit dem Reich-Gottes-Motiv. Gleichzeitig will die Reich-Gottes-Verkündigung angesichts von Anfeindungen trösten.

2.2.5.3. Die Charakteristika des Reiches Gottes Das Reich Gottes ist in der Q vorgegebenen Tradition Umschreibung für das eschatologische Heilsgut, welches zukünftig gedacht wird. Diese Zukünftigkeit ist nicht Thema der Verkündigung, sondern implizite Voraussetzung. Das Reich Gottes wird bestimmten Personengruppen zugesprochen, was zunächst im Rahmen apokalyptischer Vorstellungen bedingungslos geschieht, aber dann in einen Tun-Ergehen-Zusammenhang gestellt wird. Diese Ten233

Vgl. auch Polag, Christologie, 16. Vgl. Zeller, Logienquelle, 88, der erwägt, ob „die Q-Gemeinde vielleicht ... nicht selbst aktiv solche Mission (seil. Heidenmission - der Verf.) betrieb." 235 Die Zugehörigkeit zu Q vertreten: Strecker, Gerechtigkeit, 194 (unter Vorbehalt); Schürmann, Mt 10,5b-6, 137-149; Polag, Fragmente Q, 44; Pesch, Voraussetzungen, 36f mit Anm. 89. 236 L k l 3 , 2 8 f par Mt. 237 L k 7 , 1 - 1 0 par Mt 8,5-13. 238 Der Begriff bei Fiedler, Sohn Gottes, 96. 239 Vgl. oben zu Lk6,22 (Q) und Lk 12,32 (Sondergut). 234

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Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

denz ist bei den Seligpreisungen in Q erst in Ansätzen vorhanden, wird dann aber stärker in der vormatthäischen Tradition ausgeprägt. Damit ursächlich verbunden ist dort auch eine Individualisierung 240 und Transzendentalisierung 241 des Reiches Gottes. Von der Weiterentwicklung der Seligpreisungen abgesehen ist das Reich Gottes sonst durchgängig als kollektive Größe aufgefaßt bzw. es wird dieses Verständnis impliziert. Die Armen, Zweit- und Drittgeladenen, die kleine Herde und die herbeikommenden Heiden zeigen dies deutlich. Den Verstehenshintergrund der einzelnen Reich-Gottes-Aussagen bilden traditionelle jüdische Vorstellungen wie Armenfrömmigkeit, bestimmte Eigenheiten der Mahlpraxis, 242 die Metapher Herde, die Patriarchen als Teil der Heilsgemeinde, die Völkerwallfahrt und letztlich auch die Vorstellung vom eschatologischen Mahl. Ihr Vorkommen in dieser Dichte macht eine Entstehung der hier behandelten Reich-Gottes-Tradition im palästinischen Raum wahrscheinlich. Man wird davon ausgehen können, daß deren Überlieferung zunächst auch in einem palästinischen Judenchristentum erfolgte. Ein hellenistisches Judenchristentum ist erst in der vormatthäischen Erweiterung der Seligpreisungen greifbar.

2.3. Der zeitliche Aspekt des Reiches Gottes Ein Problem, welches über weite Strecken die exegetische Diskussion um das Reich Gottes bestimmt hat und noch bestimmt, ist die Frage nach dem Zeitbezug. Bereits in früher nachösterlicher Zeit liegen dazu recht unterschiedliche Aussagen vor. Da sich nicht alle Aussagen untereinander harmonisieren lassen, werden viele Aussagen in der Forschung mit wechselnden Mehrheiten dem historischen Jesus oder der nachösterlichen Gemeinde zugeschrieben. Das Problem kommt m. E. am besten in den Blick, wenn man beachtet, daß die verschiedenen Arten des Zeitbezuges des Reiches Gottes offenbar an ganz bestimmte Formen gebunden sind. Die Arten des Zeitbezuges sind dabei folgende: - Das Reich Gottes befindet sich im Anbruch. Dieser Aspekt begegnet in Gleichnissen: im Doppelgleichnis vom Senfkorn (Lk 13,18 f par Mt 13, 31 f (Q); vgl. Mk 4, 30-32) und Sauerteig (Lk 13,20 f par Mt 13, 33 (Q)) sowie im Gleichnis von der selbstwachsenden Saat (Mk 4,26-29). 240

Die Individualisierung ist durch den Lohngedanken impliziert. Lk 6, 23: im Himmel. 242 Zur Wiederholung der Einladung kurz vor Mahlbeginn vgl. Bill. I. 880 f; Jeremias, Gleichnisse, 176. 241

Der zeitliche Aspekt des Reiches Gottes

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- Das Reich Gottes ist gegenwärtig. Diese Auffassung begegnet in dem Deutespruch Lk 11,20 par Mt (Q). 243 - Das Reich Gottes ist nahe bevorstehend. Es ist noch nicht angebrochen, aber der Anbrach steht unmittelbar bevor. Diese Vorstellung findet sich in kerygmatischen Summarien als Zusammenfassung der Botschaft Jesu (Mk 1,15; Mt 4,17), Johannes des Täufers (Mt 3,2 - matthäische Redaktion) und der Boten (Lk 10,9.11; Mt 10,7 (Q)). - Eine zeitlich eingegrenzte Naherwartung liegt in den sogenannten Terminworten vor, die für den Anbruch des Reiches Gottes, der Parusie des Menschensohnes244 oder der Endereignisse245 „eine ziemlich genau bestimmbare Zäsur setzen" 246 . Eine solche Befristung begegnet in dem ReichGottes-Logion Mk 9,1. - Am umfangreichsten ist die Gruppe von Reich-Gottes-Aussagen, die implizit die Zukünftigkeit des Reiches Gottes voraussetzen. Das Reich Gottes ist hier noch ausstehend. Eine Beschränkung auf eine bestimmte Form liegt hier nicht vor. 2.3.1. Anbruch, Naherwartung oder Gegenwart des Reiches Gottes? 2.3.1.1. Die Gleichnisse und der Anbruch des Reiches Gottes Von den Reich-Gottes-Gleichnissen zählen das Doppelgleichnis vom Senfkorn (Mk; Q) und Sauerteig (Q) sowie das Gleichnis von der selbstwachsenden Saat (Mk) zur ältesten Tradition. 2.3.1.1.1. Das Doppelgleichnis vom Senfkorn und Sauerteig (Lk 13,18-21 par Mt 13, 31-33; Mk 4, 30-32) Die beiden Gleichnisse weisen in Q eine große formale Parallelität auf: Die doppelte Einleitung wird sowohl durch die markinische als auch durch die Q-Tradition (bei Lk und Mt) bezeugt. Sie besteht aus einer rhetorischen Frage an die Zuhörer 247 und dem Dativanfang 248 . 243 L k l 7 , 2 0 f dagegen verdankt sich sicher der lukanischen Redaktion: Geiger, Endzeitreden, 4 7 - 5 0 ; Schürmann, RG, 69 f; Lührmann, Redaktion, 72. Für lukanisches Sondergut hält es Michel, Heilsgegenwart, 104 - Die Perikope selbst ist aus verschiedenen traditionellen Elementen (z.B. Lk 1 1 , 2 0 ; 1 1 , 2 9 - 3 2 ; 1 2 , 5 4 f f ( Q ) ) komponiert Vgl. dazu Geiger, Endzeitreden, 47; Schürmann, RG, 69. 244 Mt 10,23. 245 Mk 13,z30. 246 Oberlinner, Terminworte, 51. 2 4 7 Noch erhalten in Mk 4, 30; Lk 1 3 , 1 8 . 2 0 ; während Mt mit αλλην παραβολήν offensichtlich eine Reihe von drei Gleichnissen (V 2 4 . 3 1 . 3 3 ) gegenüber drei weiteren (πάλιν) όμοια έστίν (V 4 4 . 4 5 . 4 7 ) bildet. 248 Zum traditionellen Dativanfang s. Jeremias, Gleichnisse, 9 9 - 1 0 2 .

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Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition D i e einleitende Situationsangabe

hat die gleiche Struktur:

- ov λαβών άνθρωπος εβαλεν 2 4 9 εις κήπον 2 5 0 α ύ τ ο ϋ 2 5 1 . . . - ην λαβοΰσα γυνή ένέκρυφεν εις αλεύρου σάτα τρία... Für die Tatsache, d a ß Markus nur das Gleichnis v o m Senfkorn ( M k 4 , 3 0 32) überliefert, gibt es zwei mögliche Erklärungen: D a s Gleichnis vom Sauerteig wurde entweder von Markus oder der ihm vorliegenden Tradition bewußt ausgelassen 2 5 2 oder - wahrscheinlicher - es ist erst auf einer Überlieferungsstufe von Q mit dem Senfkorngleichnis kombiniert worden. 2 5 3 . D a bei muß prinzipiell die Möglichkeit o f f e n bleiben, daß es nach dessen Vorbild erst sekundär gebildet wurde. 2 5 4

2.3.1.1.1.1. D a s Gleichnis vom Senfkorn (Lk 1 3 , 1 8 par M t 1 3 , 3 1 ; M k 4 , 3 0 - 3 2 ) D e r Q-Fassung am nächsten steht Lk 1 3 , 1 8 f , während M t 1 3 , 3 1 eine K o m bination der markinischen und Q-Uberlieferung darstellt. Wie die Elemente Aussaat, Wachstum und erreichte G r ö ß e deutlich machen, ist die Q-Fassung als Wachstumsgleichnis zu interpretieren. 2 5 5

24

' "Εσπειρεν nimmt wohl σπαρτ] aus Mk4,31 auf. Diese lukanische Variante ist ungewöhnlich, weil Senf zu den Feldfrüchten zählte und „sein Anbau auf Gartenbeeten war geradezu untersagt." Bill., I, 669. Belege ebd. Das matthäische έν τφ άγρω scheint „aus Mt 13,24.27.36 eingetragen zu sein." (Klauck, Allegorie, 211). 251 Schulz, Q, 299 Anm. 283. 252 Kümmel, Verheißung, 124; Schnackenburg, RG, 106; Flusser, Gleichnisse I, 204. 253 Schulz, Q, 300.307; Bultmann, GST, 186; Dodd, Parabels, 191 f; Klostermann, Mt, 121 f; Schürmann, RG, 114.116 f; Weder, Gleichnisse, 105. - Für eine spätere Entstehung spricht auch der analoge Vorgang in Lk 15,4 (Q) (τις άνθρωπος) und Lk 15,8 (Sondergut) (τίς γυνή). Auch hier lag ursprünglich kaum ein Doppelgleichnis vor. 254 Die große formale und sachliche Parallelität beider Gleichnisse macht eine getrennte Überlieferung unwahrscheinlich. 255 So richtig mit Schulz, Q, 300; Jülicher, II, 576; Lohmeyer, Mk, 88; ders., Mt, 218; Dodd, Parabels, 142; Weder, Gleichnisse, 130; Simonis, RG, 217. Für ein Kontrastgleichnis halten es: Weiß, RG, 83; Jeremias, Gleichnisse, 145-149; Kümmel, Verheißung, 123; Gräßer, Parusieverzögerung; 141 f; Grundmann, Mk, 132; ders., Mt, 347; ders., Lk, 282f; Schnackenburg, RG, 106, der dann aber a.a.O., 107 völlig richtig von einer „Kontinuität" zwischen Anfang und Vollendung des Reiches Gottes spricht; Reinhardt, Aussagen, 108 betont auch erst den Kontrast, um dies dann bis zum Anerkenntnis des Wachstums zu relativieren (a.a.O., 112-120); Maisch, Botschaft, 34 lehnt den Begriff „Kontrast" ab und spricht dafür von einem Bezug von Anfang und Ende" (ebd. gesperrt); vergl. auch Perrin, Was lehrte, 174, der erst im Kontrast die Pointe erblickt, dann aber feststellt, daß das Gleichnis „vom Anfang in der Gegenwart zur Vollendung in der Zukunft hinüberblickt". 250

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D e r V o r g a n g der Aussaat und des W a c h s t u m s wird im Aorist geschildert. 2 5 6 A u s g a n g s p u n k t ist das sprichwörtlich kleine S e n f k o r n 2 5 7 , w e l c h e s im Laufe seiner Entwicklung z u m B a u m 2 5 8 wird. D i e Pointe des Gleichnisses liegt in d e m „unbeirrbaren, unaufhaltsamen und kontinuierlichen W a c h s tum". 2 5 9 D a s Gleichnis zielt auf die Sicherheit, mit der das K o r n sich zur P f l a n z e entwickelt. A u f die Sachhälfte des Gleichnisses b e z o g e n ist darin die Vorstellung v o m Anbruch des Reiches G o t t e s z u erkennen. D u r c h das verwandte Bild v o m W a c h s t u m wird „der G e s c h e h e n s z u s a m m e n h a n g z w i s c h e n der jetzt in Kleinheit anwesenden Gottesherrschaft und deren herrlichem E n d e für d e n H ö r e r einsichtig". 2 6 0 V o n einem Anbruch des Reiches G o t t e s zu reden, setzt voraus, d a ß auch ein A n f a n g dieses G e s c h e h e n s sichtbar wird. Q erblickt diesen A n f a n g in den H e i l u n g e n Jesu (Lk 1 1 , 2 0 ) b z w . der eigenen Missionare (Lk 1 0 , 9 ) . Entscheidend dabei ist, d a ß der A n f a n g bereits g e m a c h t ist. D e r argumentative Charakter der Gleichnisse soll die H ö r e r dahin führen, d a ß sie der Schlußfolgerung zustimmen: D e r einmal geschehene A n f a n g verbürgt das herrliche Ende. D a s Gleichnis will damit helfen, das Reich G o t t e s „nicht als etwas n o c h Ausstehendes, sondern als eine in die G e g e n w a r t eindringende M a c h t zu verstehen". 2 6 1

256 Ob dieser „Erzählcharakter" (so die Formulierung von Jülicher, II, 572) ursprünglich ist, kann man bezweifeln. Formal müßte eine Parabel vorliegen (so auch die Klassifizierung Jülichers, II, 569 ff), inhaltlich wird man eher wegen der Allgemeinheit des Vorgangs an ein Gleichnis denken müssen. Vgl. auch die Klassifizierung von Harnisch, Gleichniserzählungen, bes. 107f, der von „epischen Miniaturstücke(n) ohne Dialogpartien" (a.a.O., 107) spricht, Weder, Gleichnisse, 136 bemerkt eine Umgestaltung eines ursprünglichen Gleichnisses in eine Parabel. 257 Billerbeck, I, 669. 258 Zur Diskussion um die Senfstaude und den Senfbaum vgl. Klostermann, Mk, 51; Bornkamm, T h W N T I V , 66 Anm.5; Hunziger, ThWNTVII, 288. Die Senfstaude wäre als λάχανον, der Senfbaum als δένδρον einzuordnen. Es ist auch bei Theopr. Hist. Plant. 1,3,1 4 der Begriff δενδρολάχανα belegt. Vgl. Hunziger, a. a. O. Allerdings ist die Bezeichnung Baum für die Senfstaude nicht ungewöhnlich. Außerdem zeigen die Belege bei Billerbeck, I, 669.656, daß nicht nur hyperbolisch von der Kleinheit des Senfkorns, sondern auch von der Größe der Senfpflanze gesprochen wurde. Deshalb besteht kein Grund, δένδρον in der Q-Fassung für sekundär zu halten. So auch Klauck. Allegorie, 214, der dann aber doch a.a.O., 215 wegen der Bindung von δένδρον an das AT-Zitat die markinische Fassung vorzieht. Die Baum-Metaphorik mit ihrem alttestamentlichen Bezug verstärkt die Interpretation der Gleichnisse in Richtung auf ein Reich und ist somit Hinweis auf die Sachhälfte. 259 Schulz, Q, 302; Bornkamm, Jesus, 63; - Die Annahme, daß der Vergleich des Reiches Gottes mit dem Schlußstadium (Baum, durchsäuerter Teig) den Skopus des Gleichnisses ausmache (so Jeremias, Gleichnisse, 146) übersieht, daß es sich um ein Gleichnis und nicht um ein Bildwort handelt. Den Vergleichspunkt bildet nicht ein einzelner Begriff (so im Bildwort), sondern ein Vorgang (so im Gleichnis im engeren Sinne). 260 Weder, Gleichnisse, 132. 261 Jüngel, Jesus, 169 unter Berufung auf E. Fuchs.

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Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

Der argumentative Charakter des Gleichnisses führt wahrscheinlich auf die Missionspredigt als Sitz im Leben. Eine weitergehende Interpretation scheint der Gleichnisschluß zu bieten, der das Bild vom Baum ausdeutet. Der Baum mit den in seinen Zweigen nistenden Vögeln ist Metapher für ein Weltreich 262 , welches auch anderen Völkern Schutz ( = unter seinen Zweigen) gewährt. Die nächste Parallele liegt dazu in Dan 4,21 (Theodotion) vor. Die nahezu wörtliche Ubereinstimmung läßt eine literarische Abhängigkeit vermuten. Das Reich Gottes als Endstation des im Gleichnis dargestellten Wachstums wird damit als Reich umschrieben, das auch Heiden umfaßt. Auf eine Heidenmission ist hier nicht angespielt, so daß man - auch wegen des alttestamentlichen Bezuges - an das Motiv der Völkerwallfahrt wird denken müssen. 263 Damit ist im Gegensatz zum Bild vom Wachstum und zur Heilungsdeutung in L k l 0 , 9 ; 11,20 das Reich Gottes weniger dynamisch als „Herrschaft", sondern eher räumlich als „Reich" verstanden. Das Reich Gottes wird als apokalyptische Größe vorausgesetzt. Es befindet sich bereits im Anbrach, jedoch wird die Dauer seines Wachstums nicht reflektiert. 264 Der Schwerpunkt liegt auf dem sicheren Kommen des Reiches Gottes, was durch den einmal geschehenen Anfang verbürgt ist. Die markinische Fassung ist dagegen als Kontrastgleichnis anzusehen. Wie die gegenüber der Q-Fassung überschüssigen Interpretamente zeigen, werden hier Anfang und Ende als Kontraste in den Mittelpunkt gerückt. Ob sich die Interpretamente der markinischen Redaktion 2 6 5 verdanken oder bereits auf einer vormarkinischen Uberlieferungsstufe 2 6 6 eingefügt wurden, ist nicht erkennbar. Für das Reich-Gottes-Verständnis besagen sie folgendes: Das Gleichnis stellt jetzt nicht mehr die Sicherheit des Kommens des Reiches Gottes in den Mittelpunkt, sondern den Kontrast zwischen dem unscheinbaren Anfang 2 6 7 und dem herrlichen Ende 2 6 8 . Allein der unscheinbare Anfang wird im Aorist erzählt und ist von Markus wahrscheinlich als historisches Ereignis verstanden worden. 2 6 9 262 Das Reich Nebukadnezars: Dan 4,9.11.18; Israel: Ez 17,23 (als Verheißung); Ägypten: Ez 31,6.13. 263 Schulz, Q, 304; Gnilka, Mk I, 188. Ebenfalls an das Hinzukommen der Heiden denken Jeremias, Gleichnisse, 146; Grundmann, Mt, 347. Unsicher ob Heidenmission oder Völkerwallfahrt Weder, Gleichnisse, 135 Anm. 185. Für Heidenmission Gräßer, Parusieverzögerung, 142 (als lukanische Redaktion). 264 Die Behauptung von Schulz, Q, 303, daß es sich um ein zeitlich kurzes Wachstum handle, geht aus dem Text nicht hervor. Deshalb ist auch keine Naherwartung im Gleichnis sichtbar. So aber außer Schulz, a.a.O. auch Hoffmann, Studien, 41. 265 Z.B. Dodd, Parabels, 142 Anm. 11. 2 " Z.B. Weder, Gleichnisse, 134f. 267 Mk 4,31zb: das Senfkorn als kleinstes (μικρότερον) Samenkorn auf Erden. 268 Mk 4,32b: der Senfbaum als μεΐξων. 2 " Vgl. zu Q oben Anm. 14.

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Die Gegenwart ist nicht als Zeit des Wachstums qualifiziert (so Q), sondern als Zeit des Wartens. Die Gegenwart ist nicht Endzeit, sondern Zwischenzeit. Das Gleichnis will damit offensichtlich angesichts von Zweifeln und Anfechtungen trösten. 270 2.3.1.1.1.2. Das Gleichnis vom Sauerteig (Lk 13,20 par Mt 13,33) Die Aussage des Gleichnisses vom Sauerteig geht in die gleiche Richtung wie die Q-Fassung des Senfkorngleichnisses. Erstaunlich ist hier das Bildmaterial, welches im Alten und Neuen Testament und bei den Rabbinen überwiegend im negativen Sinne gebraucht wird. 271 Auch die Mehlmenge ist unwahrscheinlich groß. 272 Vergleichspunkt ist auch hier die Sicherheit, mit der der Teig durchsäuert wird. Es geht um die Unabwendbarkeit des einmal in Gang gekommenen Geschehens. Entscheidend ist, daß der Anfang schon gemacht ist. Die Mengenangabe unterstreicht dabei mehr die Wirkung des Sauerteigs, als daß sie einen Hinweis auf die Größe und Herrlichkeit des Reiches Gottes geben will. Letzteres war jedem Hörer selbstverständlich. 273 2.3.1.1.2. Das Gleichnis von der selbstwachsenden Saat (Mk 4,26-29) Dieses Gleichnis zählt ebenfalls zu den sogenannten Wachstumsgleichnissen. Die Pointe des Gleichnisses liegt in dem sicheren Wachstum der Saat 274 und nicht in dem Verhalten des Säenden. 275 In der vorliegenden markinischen Fassung wird mit V29, der Joel 4,13 (LXX) zitiert 276 und einen Ausblick auf das Endgeschehen bietet, die Gleichnisaussage zum Hinweis auf das Gericht 277 umgeformt. Damit ist ein ReichGottes-Verständnis gegeben, das in dem Kommen des Reiches Gottes nicht nur das Heil, sondern auch das Gericht erblickt. Wellhausens Bemerkung „Durch den Bauer guckt der Weltenrichter hervor, der hier nichts zu tun 270

Vgl. Weder, Gleichnisse, 134zf; Jeremias, Gleichnisse, 148. Vgl. Windisch, ThWNTII, 904-908; Billerbeck, I, 728f. 272 Jeremias, Gleichnisse, 146: „eine Mahlzeit für mehr als 100 Personen." 273 Wer hier ein Kontrastgleichnis findet, sollte bedenken, daß von „wenig" Sauerteig nicht die Rede ist. 274 Otto, RG, 88f; Dodd, Parabels, 175ff; Jülicher, II, 544; Kümmel, Gleichnis, 172f; Simonis, RG, 220. 275 Weder, Gleichnisse, 117 f. 276 LXX-Benutzung ist wahrscheinlich, weil nur in Joel 4,13 die LXX das hebräische bsl mit παρίστημι übersetzt. Vgl. Klauck, Allegorie, 220; Stendahlk, School, 144; Weder, Gleichnisse, 119 Anm. 115. 277 Eine positive Deutung des Erntebildes - etwa nach dem Vorbild von Lk 10,2 par Mt 9,37 f (Q) - ist neben dem Übergewicht der negativen Deutung schon durch die eindeutige Nennung der Sichel als Waffe (Joel 4,10 im klaren Gegensatz zu Jes 2,4; Mi 4,3) ausgeschlossen. 271

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hat" 2 7 8 macht zugleich auf die christologische Komponente aufmerksam. V 29 dürfte markinische Redaktion sein. Darauf weist das von Markus bevorzugte ευθύς, das in der Verbindung δταν ... εύθύς auch noch in Mk 4, 15.16 279 vorkommt, und die deutlich von Markus bevorzugte Bildung des Konjunktiv Aorist von διδόναι nach dem Muster der Flexion der Verben auf - οΰν 280 . Das Reich Gottes ist auf dieser Redaktionsstufe auch Ausdruck des Gerichtes. Durch die Verknüpfung mit dem Gerichtsmotiv ist das Reich Gottes zwangsläufig als zukünftig - noch ausstehend verstanden. Die temporale Wendung δταν παραδοΐ ό καρπός weist ebenfalls darauf hin. In der vormarkinischen Überlieferung thematisierte das Gleichnis aber nicht den Charakter des Reiches Gottes, sondern sein Kommen. Das Geschehen, welches das Kommen des Reiches Gottes in Gang setzt, wird im Aorist erzählt und dürfte als vergangenes Ereignis verstanden sein. 281 Das Kommen des Reiches Gottes vollzieht sich ohne menschliches Zutun. Dieser Zug des Gleichnisses ist durch αυτόματη (V28) und die Passivität des Säenden ( V 2 7 a . c ) betont. Die Zwangsläufigkeit des Kommens des Reiches Gottes ist durch die Angabe der Wachstumsstufen in V 2 8 besonders herausgestellt. Diese Stufen sind Ausdruck eines apokalyptischen Determinismus. 282 Durch die behauptete Analogie von Natur- und Geschichtsablauf 283 werden die Wachstumsphasen transparent für die Einteilung der Geschichte in Perioden. Da die apokalyptische Periodisierung der Geschichte Ausdruck ihrer Determiniertheit ist, braucht man in den Wachstumsphasen keineswegs ein Indiz für das Verzögerungsproblem zu sehen. Tradent dieser Überlieferungsstufe (ohne V 2 9 ) dürfte ein apokalyptisch geprägtes palästinisches 284 Judenchristentum gewesen sein.

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Wellhausen, Mk, 34. Vgl. Dschulnigg, Sprache, 165 f. 2,0 Die Belege bei Blaß-Debrunner, § 95 Anm. 2. Diesen Sprachgebrauch teilt Markus mit Joh und Offb. - Zum Problem dieser Aorist-Flexion in der Koine s. Radermacher, Grammatik, 80 f. 281 Nach Weder, Gleichnisse, 119 f hat die Gemeinde „das Gleichnis Jesu zu einem Gleichnis ü b e r (gesperrt bei Weder) Jesus Christus gemacht, indem sie den mit Jesus gemachten Anfang der Nähe der Gottesherrschaft mit der künftigen Vollendung derselben durch Gott unlösbar verknüpfte." Vgl. auch Kümmel, Gleichnis. 175. 282 Zum Bezug des Determinismus auf die Zeitproblematik s. Vielhauer, Apokalyptik bei Rennecke/Schneemelcher, Apokryphen II, 414-417. 283 Belege bei Klauck, Allegorie, 223 f. 284 Indizien für eine ursprüngliche aramäische Sprachgestalt sind: - in V 27 der Wechsel zwischen „Subjekt und Modus, zudem tritt das Subjekt vor das Verbum, so daß man einen semitischen Zustandssatz als Vorlage annehmen könnte." (Klostermann, Mk 51 im Anschluß an Wellhausen, Mk, 34), - άνθρωπος für einfaches τις in V 26 (Black, Muttersprache, 107), - temporales ώς in V 2 7 (Black, Muttersprache, 89 f). Auf palästinisches Milieu weist die Reihenfolge Nacht-Tag (Lohmeyer, Mk, 86). 279

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Von der Form her liegt ein Gleichnis im engeren Sinne vor, denn es wird kein interessierender Einzelfall, sondern ein alltägliches Geschehen geschildert. Sitz im Leben des Gleichnisses war die Belehrung über das Reich Gottes, vielleicht im Rahmen der Missionspredigt. An letzteres läßt der argumentative Charakter des Gleichnisses denken, der um das Einverständnis der Hörer wirbt. Das Reich Gottes hat eindeutig apokalyptischen Charakter. Sein Kommen ist determiniert und allein Gottes Sache. Menschliche Aktivität zu dessen Heraufführung ist expressiv verbis ausgeschlossen. 2.3.1.1.3. Vergleichende Überlegungen Der Gedanke des Anbruches des Reiches Gottes ist von der Naherwartung des Reiches Gottes zu unterscheiden. Anbruch des Reiches Gottes besagt, daß das Reich Gottes sowohl eine gegenwärtige Größe ist, indem nämlich sein endzeitliches Kommen bereits in der Gegenwart begonnen hat, als auch eine zukünftige Größe, indem das Reich Gottes als universaler Heilszustand noch aussteht. Die Gegenwart wird bei dieser Vorstellung als Teil der Endzeit verstanden und gehört schon auf die Heilsseite. Naherwartung des Reiches Gottes besagt, daß das Reich Gottes noch eine ausschließlich zukünftige Größe ist. Der Anbruch des Reiches Gottes wird zwar als unmittelbar bevorstehend gedacht, hat aber noch nicht begonnen. Die Gegenwart ist auch Endzeit, gehört aber noch dem Alten Aon an. Das Problem hinsichtlich der hier behandelten Gleichnisse ist, daß die Interpretation als Kontrastgleichnisse ihr Bild zerbricht. Das Bild des Wachstums wird zum unbetonten Nebenzug, sobald sich das Interesse auf die Ausdeutung einzelner Züge der Gleichnisse richtet. Das Ereignis, welches das Kommen des Reiches Gottes in Gang gesetzt hat, ist mit Jesus Christus gegeben. Das Interesse an der Person des Säenden und dessen Deutung als Weltenrichter in Mk 4,29 zeigt, daß diese Allegorisierung ursprünglich unbetonter Erzählzüge zugleich eine Christologisierung bedeutet. Mit der punktuellen Ausdeutung geht auch der argumentative Charakter der Gleichnisse verloren. Dies dürfte auch auf den Verlust ihres ursprünglichen Sitzes im Leben in der Missionspredigt weisen. Die Gleichnisse haben nunmehr belehrenden und nicht werbenden Charakter. 2.3.1.2. Die Aussendungsrede und das Problem der Naherwartung (Lk 10,9.11 par Mt 10,7) Es besteht ein Konsens in der Forschung darüber, daß von zwei relativ selbständigen Aussendungsberichten auszugehen ist. Die Q-Fassung findet

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sich hauptsächlich in Lk 10,1-16 (17-20) wieder. Die vormarkinische Überlieferung ist M k 6 , 6 b-13 aufgenommen, von wo sie Lukas in L k 9 , 1 - 6 übernahm. Matthäus arbeitete beide Fassungen ineinander und gestaltete unter Verwendung seines Sondergutes die große Rede Mt 9,35-10,43. Weiterhin besteht darüber Einigkeit, daß die Q-Fassung ein älteres Überlieferungsstadium repräsentiert. 285 Die kürzere Fassung des Markus entstand durch Auslassung von für ihn nicht mehr zeitgemäßem Material. Die traditionsgeschichtliche Schichtung der Aussendungsrede Lk 10,1-12 wird recht unterschiedlich beurteilt. Die ursprüngliche Zugehörigkeit der hier interessierenden Verse 9 und 11 ist umstritten. 286 Es besteht die Tendenz, V 9 als ursprünglich und V 11 als redaktionell aufzufassen. Eine Gliederung wird bei einem Vergleich von V 5 a und V 8 a deutlich, die beide nahezu identisch formuliert sind. Die damit gegebene Aufteilung in Haus- und Stadtmission ist eine künstliche. V 5 erscheint als Unterweisung für die Hausmission sinnvoll. Dagegen bietet V 8 f aber keine Spezifika für eine Stadtmission, sondern bringt in V 8 sachlich die gleiche Essensregel wie V 7. Andererseits differieren die Anweisungen über das Verhalten bei Ablehnungen in V 6 und V 10 f. Man wird deshalb hier von zwei ähnlichen Traditionsschichten ausgehen können, die erst sekundär miteinander verbunden wurden. 287 Die Elemente dieser Verbindung stammen, wie der Vergleich mit Mt 10,12 f. 10b. 7 f. 14 f zeigt, aus Q. Die Herkunft aus Q wird man auch für die Gliederung annehmen können, da Mt 10,15 zeigt, daß „auch in der Vorlage des Mt die Spruchgruppe auf die Stadt bezogen war." 288 Der Komplex V 8 - 1 2 besteht aus zwei parallel gestalteten Konditionalsätzen und einem abschließenden Drohwort. V 8 f gibt Anweisungen an die Ausgesandten für den Fall ihrer Aufnahme. Die Aufnahme der Boten ist dabei gleichzeitig die Annahme ihrer Botschaft, wie besonders der Missionsterminus δέχεσθαι289 zeigt. Die Boten sollen die Kranken heilen. Die Heilungen werden dann in einem Deutespruch als Zeichen der auf die Person der Geheilten bezogenen Nähe des Reiches Gottes 285 So Bultmann, GST, 155f; Hahn, Mission, 33-36; Hoffmann, Studien, 264-270; Hengel, Nachfolge, 84f; Lührmann, Redaktion, 59f; Schulz, Q, 408; Klostermann, Lk, 103. 2,6 Polag, Christologie, 49 Anm. 143; V 11 wahrscheinlich lukanische Redaktion; Hahn, Mission, 33-36; V 9 . l l Grundbestand; Hoffmann, Studien, 288: V 9 vielleicht Zusatz, 167-272: V l l lukanische Redaktion; Schürmann, Mt 1 0 , 5 b - 6 , passim, V 9 . 1 1 gehören zum Kern der Rede. 287 Ähnlich auch, allerdings mit differierenden Gliederungen: Schürmann, Mt 10,5b-6, 280-282; Hoffmann, Studien, 267f. 288 Schulz, Q, 406 Anm. 22. 289 S. dazu oben unter Pkt. 2.1.1.2. d.A. zu δέχεσθαι. - Vgl. zu Lk 10,8 auch Polag, Christologie, 69: „die Handlung der Aufnahme i s t . . . aber nicht ein Akt der Barmherzigkeit, sondern ein Zeichen, das die Zustimmung zur Bewegung Jesu zum Ausdruck bringt." Sachliche Parallelen bei Billerbeck, I, 590; II, 558.

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gedeutet. In diesem Deutespruch ist die Wendung έφ'ύμας wegen ihres Fehlens in den Naherwartungslogien Lk 10,11 und Mk 1,15 (vgl. auch Mt 3,2 = 4,17) und wegen ihrer sicheren Bezeugung in dem Gegenwartslogion Lk 11,20 par Mt 12,28 (Q) in ihrer ursprünglichen Zugehörigkeit zu Q umstritten. Die offensichtliche Funktion des έφ'ύμας besteht in der konkreten Ansage und zugleich Einengung der Nähe des Reiches Gottes auf die Angeredeten. Die umstrittene Wendung hat also eine individualisierende Tendenz. Dies entspricht der Aussage von Lk 11,20 (Q), die die Präsenz des Reiches Gottes (ofhasen) ebenfalls an erfolgte Heilungen knüpft. Allerdings wird die Präsenz des Reiches Gottes dort gleichzeitig christologisch eingeschränkt, indem sie an die Heilungen Jesu Christi gebunden ist. Interpretiert man Lk 10,9 zunächst unter Ausschluß der Wendung έφ'ύμας, so sind die Heilungen allgemein Zeichen für die Nähe des Reiches Gottes. Die Reich-Gottes-Nähe steht dabei in einem apokalyptischen Rahmen. Anders bei der Einschränkung der Nähe des Reiches Gottes durch έφ'ύμας auf die Angeredeten. Es erscheint schwer vorstellbar, wie die Nähe des Reiches Gottes sich auf einen Personenkreis beschränken soll, ohne nicht gleichzeitig den apokalyptisch-universalen Charakter zu verlieren. Als Lösung dieser Aporie bieten sich zwei Möglichkeiten an: "Ηγγικεν unterscheidet sich sachlich nicht von εφθασεν in Lk 11,20 par Mt 12,28 (Q) 290 und meint die Gegenwart des Reiches Gottes in den Heilungen. Es findet eine Prolepse des Heils in der Gegenwart statt, wobei der Zeitpunkt des universalen Endheils aufgrund der Individualisierung nicht in den Blick kommt. Dieses Verständnis scheitert an der unterschiedlichen Bedeutung von έγγίζειν und φθάνειν. Für eine mögliche aramäische Uberlieferungsebene kann das Problem nicht dahingehend gelöst werden, daß man den Ursprung beider griechischen Verben bei nur einem aramäischen Verb sucht, 291 wenn für jedes Verb ein entsprechendes aramäisches Äquivalent 292 nachweisbar ist. Die Wendung έφ'ύμας ist redaktionelle Einfügung nach dem Vorbild von Lk 11,20 (Q). 293 Voraussetzung dieser Lösung ist, daß der Bedeutungsunterschied beider Verben den Grund für die Einfügung bildet. 2.0 Polag, Christologie, 69; Dodd, Parabels, 36f; Becker, Heil Gottes, 200f. Dagegen: Kümmel, Verheißung, 16ff; Mußner, Gottesherrschaft, 88-90; Kuhn, Enderwartung, 192 mit Anm. 1. 2.1 So Polag, Dodd, Becker a.a.O. Zu Polag vgl. noch ders., a.a.O. Anm.212, wo er die unterschiedliche Bedeutung der beiden Verben zögernd („nicht . . . völlig gleichbedeutend") anerkennt, aber die Entstehung dieser Differenz der nachösterlichen Verkündigungspraxis zuschreibt. 2.2 Dalman, Worte, 8 8 f. 2.3 Als lukanische Redaktion: Conzelmann, Mitte, 98; Schulz, Q, 407; Schürmann, RG, 97 f. Als redaktionellen Zusatz von Q: Hoffmann, Studien, 275.

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Diese Lösung ist am wahrscheinlichsten. Zunächst lag die Pointe der ReichGottes-Aussage innerhalb der Aussendungsrede auf der Ansage der zeitlichen Nähe. Diese Naherwartung des Heils in Form des Reiches Gottes ist weder aus der Verkündigung zeitgenössischer Gruppierungen noch der Johannes des Täufers ableitbar. 294 Die Heilungen werden dabei als Zeichen des bald hereinbrechenden Endheils verstanden. Ohne die einschränkende Wendung έφ'ΰμας erscheint das Reich Gottes hier als universale Größe, die dem apokalyptischen Neuen Äon vergleichbar ist. Im Vergleich mit ähnlichen Heilungsdeutungen in Q 295 fällt auf, daß das Wirken der Jünger als endzeitliche Boten hier mit dem Wirken Jesu parallelisiert ist. Die Boten stehen in der Nachfolge Jesu und setzen dessen Werk fort. Geht man davon aus, daß die Aussendungsrede nicht nur tradiert, sondern auch praktiziert wurde, so ergibt sich für die Missionare ein Verständnis ihrer Zeit als Endzeit. Für Q ist diese Deutung der Heilungen als Zeichen des Endgeschehens typisch. In der Perikope von der Täuferanfrage Lk 7,18-35 par Mt 11,2-19 ist die Verkündigung deutlich den Heilungen nachgeordnet (Lk 7, 22). Die Heilungen sind dort Erfüllungen prophetischer Heilszusagen aus Jesaja 296 und werden zweifellos als Teil des Endgeschehens begriffen. In Lk 11,20 (Q) ist die Aussage der Präsenz des Reiches Gottes ebenfalls Deutung der Heilungen. Bei Markus ist diese Interpretation der Heilungen nicht nachweisbar. Bei ihm ist an diese Stelle die christologische Komponente der Heilungen 297 getreten, die in Q noch gleichberechtigt neben der eschatologischen Deutung steht. Er kennt zwar, wie Mk 9,14-29 zeigt, die Überlieferung, wonach die Jünger Jesu selbständig mit Heilungen auftraten, jedoch bezeugt er gleichzeitig deren Scheitern.298 Daraus kann man folgern: Die nachösterliche Gemeinde hat sich in der Deutung ihrer Heilungen als Teil des Endgeschehens getäuscht. Dieser neu eingetretenen Situation scheint die Wendung έφ'ΰμας Rechnung zu tragen, indem sie das ursprünglich universal gedachte Kommen des Reiches Gottes einschränkt. Der Verdacht, daß mit έφ'ύμας ein redaktioneller Einschub vorliegt, bestätigt sich an Lk 10,11. Bei einer möglichen Ablehnung erfolgt ein Fluchgestus, dem ein Drohwort angeschlossen ist. Dieses Drohwort wiederholt das Naherwartungslogion Lk 10,9 ohne έφ'ύμας. Es bestätigt damit den verVgl. Merklein, RG, 156. Lk 7 , 2 2 ; 1 1 , 2 0 . 2 . 6 Vgl. Jes 2 9 , 1 8 b ; 2 6 , 2 9 ; 3 5 , 5 . 8 ; 6 1 , 1 a . Zum Textvergleich s. Hoffmann, Studien, 204. - Der mögliche LXX-Einfluß ist umstritten. Vgl. Stendahl, School, 91 (LXX); Strecker, Gerechtigkeit, 24 Anm. 3 (vorsichtig für LXX-Nähe); Kuhn, Enderwartung, 196 Anm. 3 (nicht entscheidbar). 2 . 7 Vgl. Annen, Dämonenaustreibungen, 1 1 3 f ; Kertelge, Wunder Jesu, 87-90. 2 . 8 Nach Roloff, Kerygna, 145 f gehört das Jüngerversagen zur ältesten Traditionsschicht. 2.4 2.5

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muteten ursprünglich universalen Bezug der Reich-Gottes-Aussage. Für die Q-Missionare ergab sich sowohl im Falle der Annahme als auch der Ablehnung eine einheitliche Ansage des nahen Reiches Gottes. Dort, wo die Missionare und ihre Botschaft aufgenommen werden, erhalten sie die Anweisung zu Heilungen und deuten dies als Zeichen des nahen Reiches Gottes. Das Reich Gottes ist dann Sinnbild des Endheils. Werden sie abgelehnt, so vollziehen sie den Fluchgestus. Hier erfolgt wiederum ein Hinweis auf das nahe Reich Gottes. Diesmal aber ist das Reich Gottes Sinnbild für das Gericht, wie das folgende Drohwort mit dem Hinweis auf „jenen Tag" (V21) noch weiter verdeutlicht. Das Gerichts-Motiv im Zusammenhang einer Reich-Gottes-Aussage entspricht der für Q typischen Tendenz, das überlieferte Spruchgut mittels Gerichtsaussagen zu kommentieren. Deshalb ist zu vermuten, daß dieser Gerichtsaspekt des Reiches Gottes hier erst im Laufe der Überlieferung, vielleicht bei der Q-Redaktion angefügt wurde. 299 Es sind also bei diesem Teil der Aussendungsrede drei Schichtungen erkennbar: Wahrscheinlich Q vorgegeben ist das Motiv der Heilungen als Zeichen des nahen Reiches Gottes. Da die Reich-Gottes-Ansage Deutespruch ist und somit Heilungen voraussetzt, dürfte die Missionspredigt als Sitz im Leben von einer starken apokalyptischen Spannung geprägt gewesen sein. Tradent dieser akuten Naherwartung war ein apokalyptisch geprägtes palästinisches Judenchristentum. Auf die Redaktion von Q dürfte die Einführung des Gerichtsmotives zurückgehen. Der apokalyptisch-universale Charakter des Reiches Gottes bleibt erhalten. Da hier die ablehnende Haltung ganzer Städte vorausgesetzt ist oder erwartet wird, erhält die Mission „eine Ausrichtung auf das Volk als solches". 300 . Sitz im Leben ist die Israelmission. Wahrscheinlich geht die Einfügung der Wendung έφ'ύμας auf die lukanische Redaktion 301 zurück. Lukas gleicht damit die Naherwartung von Lk 10,9 an die Gegenwartsaussage von Lk 11,20 (Q) an. 2.3.1.3. Die Präsenz des Reiches Gottes in den Heilungen Jesu (Lk 11,20 par Mt 12,28) Das Logion Lk 11,20 wird in der Forschung meist als Einzellogion behandelt. Es wird in der Regel vorausgesetzt, daß der jetzige Kontext sekundär 2

" So auch Hoffmann, Studien, 303, der a.a.O. Anm.51 weitere Beispiele für diese Kompositionstechnik von Q bringt. A.a.O., 272 hält er allerdings V l O f für lukanische Redaktion! 300 Polag, Christologie, 70. 301 Vgl. Anm. 51.

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ist und das Logion vor der Verbindung mit diesem Kontext selbständig tradiert wurde. Die Perikope vom Vorwurf des Beelzebul-Bündnisses ist durch Lk 11, 14-23.24-26 par Mt 12,22-30.43-45 für Q und durch die kürzere Fassung Mk 3,22-27 auch für die vormarkinische Tradition bezeugt. Formgeschichtlich liegt ein Streitgespräch vor. Der Vorwurf des Beelzebul-Bündnisses setzt ein exorzistisches Wirken Jesu voraus. Dieses ist nach der Lage der Quellen 302 ein unbestreitbarer Bestandteil der ältesten Jesu-Tradition und dürfte auf historische Erinnerung zurückgehen. 303 Die Heilung L k l l , 1 4 par Mt (Q) diff Mk enthält alle Elemente einer stilgerechten Wundergeschichte. 304 Da das „Wunder ganz der apophtegmatischen Pointe dienstbar gemacht" 305 ist, wird man es als ideale Szene zu beurteilen haben, die damit lediglich den Rahmen für die folgende Kontroverse schafft. 306 Der Vorwurf Lk 11,15 par Mt besteht bei Q 3 0 7 in der Behauptung, daß Jesus im Bündnis mit Beelzebul die Dämonen austreibe. Nach der lukanischen Vorstellung (έν Βεελζεβούλ τω αρχοντι) ) ist Beelzebul Eigenname, den eine Apposition zu dem Dämonenfürsten macht. Die matthäische Formulierung (έν τφ Βεελζεβούλ αρχοντι) läßt dagegen Beelzebul als einen Dämonenfürsten unter vielen erscheinen. 308 Diese Fassung scheint ursprünglich zu sein: Sie stimmt mit der Tatsache überein, daß Beelzebul als oberster der Dämonen im Judentum nicht belegt ist. 309 Nur so erklärt sich die Übertragung des Namen des Dämonen, von dem man Jesus besessen glaubt, auf Jesus selbst (Mt 10,25). Die lukanische Formulierung bietet dagegen einen prinzipiellen Dualismus, wie er dann in der Kontroverse in Lk 11,18.20 sichtbar wird.

302 In Heilungsgeschichten: Mk 1,21-28 par Lk 4, 31-37 - Besessene von Kaphernaum M k 5 , 1 - 2 0 par Mt 8,28-34; Lk 8,26-39 - Besessene von Gerasa Mk 7 , 2 4 - 3 0 par Mt 15,21-28 - Syrophönizerin Mk 9 , 1 4 - 2 9 par Mt 17,14-21; Lk 9 , 3 7 - 4 3 a - epileptische Knabe in Summarien: Mk 1,32-34 par M t 8 , 1 6 f ; Lk 4, 40f - Heilungen am Abend in Redenstoff: Mk 3,22-27 par Mt 12,22-30; Lk 11,14-23 - Beelzebul-Kontroverse Lk 1 0 , z l 7 - 2 0 - Exorzistische Wirken der Jünger Lk 13,32 - Botschaft an Herodes. 303 Yg] Bousset, Kyrios, 59; Lorenzmeier, Logion, 291 u.v.a.m. 304 Lührmann, Redaktion, 32. 305 Bultmann, GST, 223. 304 Der Hinweis auf den Davidssohn stammt von Matthäus, der den Titel viermal mit Heilungswundern verbindet. Vgl. Goppelt, Theol. II, 552. 307 Mk 3,22 bringt einen doppelten Vorwurf: 1) Jesus ist selbst besessen - so auch Mt 11,18 von Johannes dem Täufer; 2) Bündnis mit Beelzebul. 308 Vgl. Schlatter, Lk, 510; Zahn, Mt, 452 mit Anm.72; Bl.-Debr. § 268,1; Foerster, T h W N T I , 605f. 309 Die jüdische Literatur nennt andere Namen, s. Billerbeck, I, 634 f; III, 521 f; IV, 501-535, bes. 509-515. - Nach Mac Laurin, Beelzeboul, passim stellt „οικοδεσπότης" (Mt 10,25) eine Übersetzung von Beelzeboul dar.

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Die „innere" Blickrichtung bestimmt dagegen noch die 1. Antwort auf den Vorwurf in Lk 11,17 par Mt (Q). Die beiden Bildworte vom Reich und vom Haus argumentieren „mit der Uneinigkeit, die sich in Staat und Familie unheilvoll auswirkt." 310 Dieses Bild wird in L k l 1,18 a, 311 einem Kommentar zur 1. Antwort,312 verlassen. Beelzebul wird mit Satan gleichgesetzt, welcher hier entsprechend dem apokalyptischen Denken die widergöttlichen Mächte symbolisiert. Ή βασιλεία αύτοΰ meint damit das „Reich des Satans", welches einen Kontrast zum „Reich Gottes" in Lk 11,20 (Q) bildet. Vorher wird jedoch eine 2. Antwort in Lk 11,19 (Q) gegeben. Diese unterstellt - anders als die 1. Antwort - theoretisch die Richtigkeit des Vorwurfs, um damit implizit die Schlußfolgerung nahezulegen, daß auch die übrigen zeitgenössischen Exorzisten ein Bündnis mit widergöttlichen Mächten eingegangen sind. Bei dieser Argumentation ist vorausgesetzt, daß die Schlußfolgerung von den Hörern abgelehnt wird. Gleichzeitig werden damit aber diese Exorzismen als mit den Exorzismen Jesu gleichrangig anerkannt. 313 Diese Offenheit begegnet auch Mk 9, 38-41. Dort ist die apologetische Absicht deutlich, mit der die angefeindete nachösterliche Gemeinde 314 nach Sympathisanten Ausschau hält. 315 Da man hier den Konsens in der gemeinsamen Praxis von jüdischer und christlicher Gemeinde sucht, dürfte der Sitz im Leben die urchristliche Apologetik sein. 316 Historisch bleibt festzuhalten, daß diese Offenheit, wie sie noch für die frühe markinische und Q-Tradition festzustellen ist, der späteren Zeit fehlt. 317 Die mit kräftigen Farben gemalte Legende in Apg 19,13 ff zeigt dies deutlich. Dort werden in letzter Konsequenz nur Jesus und Paulus für kompetent erklärt. 318 Lk 11,20 par Mt (Q) stellt also einen Kommentar zur 2. Antwort in Lk 11,19 dar, 3 1 9 welcher die Gleichartigkeit der Exorzismen prinzipiell in

310

Klauck, Allegorie, 177. Lk 11,18b ist lukanische Redaktion, vgl. Bultmann, GST, 94.353; Lührmann, Redaktion, 33 Anm.4; Schulz, Q, 205; Wanke, Bezugsworte, 53; Klauck, Allegorie, 176. 312 Vgl. Klauck, Allegorie, 179: „älteste Interpretation". 313 So richtig mit Trilling, Geschichtlichkeit, 105; Käsemann, Lk 11,14-28; 244; Wanke, Bezugsworte, 54. Vgl. auch Bousset, Kyrios, 59 Anm. 3. 314 Vgl. die Situation von Mk 9, 39 „κακολογησαι με (seil. Christus)" mit der von Plinius Ep. X , 96 „maledicerunt Christo" der abgefallenen Christen. 315 Vgl. Gnilka, M k l l , 60. 3 " Vgl. Käsemann, Lk 11,14-28, 243f; Wanke, Bezugsworte, 54. 317 Vgl. George, Paroles, 298. 318 Es ist zu beachten: 1) Der Dämon bleibt unausgetrieben! 2) Das Nebeneinander der beiden Namen Jesus und Paulus läßt auf ein bereits legendäres Paulusbild schließen. 319 So auch Wanke, Bezugsworte, 54-56, nach dem L k l 1,20 ein Kommentarwort zu dem Lk 11,19 überlieferten Bezugswort darstellt. Umgekehrt nehmen die Entstehung von L k l l , 1 9 nach der Vorlage von L k l l , 2 0 an: Schlosser, RG I, 131; Lührmann, Redaktion, 33. 311

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Frage stellt. Strenggenommen wird mit Lk 11,20 die Offenheit gegenüber anderen Exorzisten zurückgenommen. Lk 11,20 stellt eine Korrektur der vorhergehenden Aussage in folgenden Punkten dar: Die Exorzismen Jesu werden von denen seiner jüdischen Zeitgenossen abgehoben. Ihre prinzipielle Andersartigkeit besteht darin, daß in ihnen das Reich Gottes gegenwärtig ist. Der darin liegende christologische Anspruch wird durch die Verknüpfung des betonten έγώ mit der instrumentalen Wendung έν πνεύματι θεοΰ 320 klar herausstellt. Nicht die Exorzismen bewirken die Gegenwart des Reiches Gottes, „sondern die Tatsache, daß es Jesus ist, der hier handelt". 321 Die Kontroverse hat damit eine christologische Wendung bekommen, die in Q durch die Reflexion über den Stärkeren (Lk l l , 2 1 f var Mt 12,39) fortgeführt wird. Zu klären wäre, welchem historischen Ort in der Geschichte des Urchristentums das Kommentarwort Lk 11,20 zuzuweisen ist. Dazu ist festzustellen: In Übereinstimmung mit der Reich-Gottes-Ansage der Aussendungsrede Lk 10,9 (Q) handelt es sich bei Lk 11,20 ebenfalls um einen Deutespruch. Die Exorzismen Jesu werden ebenso wie dort die Heilungen als Signa des Reiches Gottes aufgefaßt. Beide Male ist auch die leibliche Seite des Heils im Blick. Die Differenzen zu der Reich-Gottes-Aussage Lk 10,9 (Q) sind aber trotzdem unübersehbar: Das Reich Gottes ist Lk 11,20 nicht notwendig eine apokalyptische Größe. Bei einer solchen wäre schwer vorstellbar, wie diese gleichsam nur fragmentarisch in den Heilungen Jesu gegenwärtig sein sollte. Im Gegensatz zu apokalyptischen Geschichtsentwürfen ist mit der Gegenwartsaussage gerade die Vorstellung einer Ubergangszeit vermieden. Die Bedeutung von ή βασιλεία τοϋ θεοΰ wäre hier also mehr in Richtung von „Herrschaft Gottes" zu sehen. 322

320 So vielleicht die Q-Fassung mit: George, Paroles, 299; Käsemann, Lk 11,14-28, 244; Yates, Pneumatology, passim; Hamerton-Kelley, Note, 167; Wall, Finger, passim. Die lukanische Fassung mit „Finger" halten für ursprünglich: Manson, Teaching, 82; Schneider, E W N T I , 659; Kümmel, Verheißung, 99 Anm.3; Lührmann, Redaktion, 33. Das Problem halten für nicht entscheidbar: Simonis, RG, 225; Lorenzmeier, Logion, 289ff. 321 Polag, Christologie, 40. 322 Schnackenburg, RG, 84; der wie Schürmann, RG, 108 die „dynamische" Komponente betont. - Die Bedeutung „Reich" hier dennoch sehen zu können, vermag nicht zu überzeugen. Die Argumentation von Schürmann, RG, 108 zu Lk 11,20: „Das Wirken Gottes schafft einen ,Heilsbereich', ist also Gottes ,Herrschaft' auch ,Reich'." erscheint künstlich.

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Gegenüber der apokalyptisch-universalen Ansage der Nähe des Reiches Gottes in Lk 10,9 fällt bei Lk 11,20 die christologische und zeitliche Beschränkung des Reiches Gottes auf. Es sind hier nur die Heilungen Jesu, denen die Deutung als Signa des Reiches Gottes zukommt. Das betonte εγώ schließt es gerade aus, hier die Gemeinde und ihre Heilungspraxis mit eingeschlossen zu finden. Gleichzeitig sind diese Heilungen nicht mehr Zeichen für einen universalen Anbruch des Reiches Gottes, sondern sie sind auf die Zeit und damit Gegenwart Jesu beschränkt. 323 Diese präsentisch-christologische Beschränkung der Heilungsdeutungen ist damit Abschwächung der Naherwartung des Reiches Gottes und Ubergang zu einer christologischen Heilungsdeutung, wie sie auch durchgängig in der markinischen Tradition 3 2 4 vorliegt. Es besteht eine nicht zu übersehende sachliche Übereinstimmung mit

christologisch qualifizierten Aussagen über die Gegenwart des Heils. Hier wäre zunächst die Seligpreisung der Augenzeugen in Lk 10,23 f par Mt 13,16 f (Q) zu nennen. Die Gegenwart ist hier die Zeit der eschatologischen Erfüllung. 325 Dieser ursprünglich selbständig überlieferte Spruch 326 erhält seinen christologischen Bezug durch die Anfügung an den Jubelruf Lk 10,21 f in Q 3 2 7 . Die Antwort Jesu auf die Täuferanfrage in Lk 7 , 1 8 - 2 3 par M t (Q) steht zwar zunächst mit ihrem Bezug auf die Heilungen ( L k 7 , 2 2 ) in der Nähe des Deutespruches Lk 10,9 (Q), bekommt aber durch den abschließenden Makarismus Lk 7 , 2 3 (Q) eine unverkennbar christologische Spitze. Aus der markinischen Tradition ist auf M k 2 , 1 9 zu verweisen, wo die Gegenwart des Heils deutlich christologisch begründet ist. 328 Im Blick auf Q bleibt festzuhalten, daß Aussagen über eine christologisch begründete Gegenwart des Heils offenbar erst auf einer späteren Traditionsstufe entstanden sind (Lk 1 1 , 2 0 ) bzw. durch die (sekundäre) Logienkombination (Lk 10,23 f; 7 , 2 2 ) hergestellt wurden.

323 y g ] Burchard, Jesus, 16. 324 Vgl. Annen, Dämonenaustreibungen, 113f; Kertelge, Wunder, 8 7 - 9 0 . 325 Vgl. Kümmel, Verheißung, 105; Polag, Christologie, 162; Merklein, R G I , 160; Bultmann, GST, 114.137. 326 Kümmel, Verheißung, 104; Merklein, RG, 161; Kuhn, Enderwartung, 193. 327 Für die wahrscheinliche Abfolge Lk 10,21 f. 23 f bereits in Q: Wanke, Bezugsworte, 46; Polag, Fragmente, 4 6 . 4 8 ; Kuhn, Enderwartung, 193 Anm. 4; Bultmann, GST, 114; Merklein, RG, 161. - Obwohl man weithin dazu neigt, bereits in dem isolierten Logion Lk 1 0 , 2 3 f einen christologischen Bezug auf das Wirken Jesu zu sehen (Kuhn, Enderwartung, 195; Kümmel, Verheißung, 105; Schulz, Q, 420; Merklein, RG, 162. Vgl. auch Bultmann, GST, 114: „das kann doch nur die messianische Zeit sein".) so wird dieser Bezug doch erst durch den (sekundären) Q-Kontext zwingend. 328

Vgl. Waibl, Auseinandersetzung, 79.

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Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

Diese Aussagen des Logions Lk 11,20, seine Funktion als Kommentarwort sowie die Unwahrscheinlichkeit einer isolierten Tradierung 329 lassen eine Rückführung auf Jesus als unwahrscheinlich erscheinen.330. Die Anwendung von Echtheitskriterien ergibt das gleiche Resultat: Das redaktionsgeschichtliche Kriterium (aufgenommene störende Überlieferungen) macht wegen der Anerkennung von jüdischen Exorzismen eher das Alter von Lk 11,19 als das von Lk 11,20 wahrscheinlich. Das formkritische Kriterium (das Prinzip der doppelten Unreduzierbarkeit aus Judentum und Urchristentum) ergibt wegen der christologischen Aussage, die sehr gut aus der nachösterlichen Gemeinde stammen könnte, einen negativen Befund. Es ist deshalb wahrscheinlich, daß das Logion Lk 11,20 seinen Ursprung und Sitz im Leben „in den Auseinandersetzungen zwischen Urchristenheit"und Synagoge" 331 hat. Wegen der Aufgabe des apokalyptischen Reich-Gottes-Verständnisses und der christologischen Neuinterpretation wird man Lk 11,20 einer jüngeren Schicht von Q zuweisen können. 332 2.3.1.4. Das Verkündigungssummarium Mk 1,15 Die Zusammenfassung der Verkündigung Jesu in Mk 1,15 hat programmatischen Charakter. Die Komposition von V 15 ist anerkanntermaßen redaktionell. Umstritten ist in der Forschung, ob diese Komposition das Ergebnis vormarkinischer 333 oder markinischer Redaktion 334 ist.

329 Schürmann, RG, 107 fragt mit Recht, ob Lk 1 1 , 2 0 „ohne Rahmen je in der Ichform tradiert" wurde. 330 In der Forschung ist man geneigt, das Logion Lk 1 1 , 2 0 meist ohne nähere Begründung für ein authentisches Jesuswort zu halten. Vgl. George, Paroles, 300: „La plupart des critiques se prononcent pour l'authenticite du logion. Iis ne justifient pas tous leur option, sans doute parce qu'ils s'en tiennent aux arguments recus." Für ein authentisches Jesuswort halten es u.a.: Weiß, RG, 90.95.104;Jülicher, II, 2 2 9 . 2 3 1 ; Bultmann, GST, 174; Kümmel, Verheißung, 9 8 - 1 0 1 ; Hoffmann, Studien, 299; Schnackenburg, RG, 84; Käsemann, Lk 1 1 , 1 4 - 2 8 , 244; Linnemann, Zeitansage, 247; Lührmann, Redaktion, 33; Perrin, Was lehrte, 65 f ; Hahn, Hoheitstitel, 298; Schlosser, RG I, 13; Simonis, Jesus, 225; Gegenstimmen sind selten: Bousset, Kyrios, 59 Anm. 3; Lorenzmeier, Logion, 289f; Schulz, Q, 2 1 0 ; Schürmann, RG, 107. 331 Käsemann, Lk 1 1 , 1 4 - 2 8 , 243 zu V 1 7 b - 1 8 . 332 Schulz, Q, 210 findet in Lk 1 1 , 2 0 „die hellenistisch-judenchristliche Basileia-Auffassung der jüngeren Q-Stoffe". 333 Pesch, Anfang, bes. 1 1 5 - 1 3 7 ; Merklein, RG, 19 (vorsichtig erwägend): Gnilka, M k l , 6 4 f ; Dautzenberg, Wandel, 21. 334 Ambrozic, Kingdom, 4-6.

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2.3.1.4.1. Die Elemente des Summariums Das Summarium weist eine Gliederung auf, die je zwei Elemente zusammenfaßt. 3 3 5 (Ia) (Ib) (IIa) (IIb),

πεπλήρωται ό καιρός και ηγγικεν ή βασιλεία τοϋ θεοϋ μετανοείτε και πιστεύετε έν τφ εύαγγελίφ

Die unter I aufgeführten Elemente sind eine apokalyptische Proklamation der Endzeit, die unter II genannten ziehen aus dieser Ansage die Konsequenz für Verhalten und Glauben der Angeredeten. Dem Indikativ folgt der Imperativ. (I) Der Indikativ stellt eine in apokalyptischen Termini gehaltene Zeitansage dar. (Ia) Das Perfekt πεπλήρωται bedeutet, daß der Vorgang des „Erfüllens" abgeschlossen ist und der dadurch bewirkte Zustand in der Gegenwart fortbesteht. 336 Hinsichtlich der Bedeutung von καιρός gibt es zwei Möglichkeiten. Liegt die Bedeutung „Zeitpunkt" 337 vor, so wäre damit gesagt, daß ein bestimmter Zeitpunkt „eben jetzt eingetroffen ist. Er ist nicht mehr in der fernen Zukunft zu erwarten, sondern gegenwärtig". 338 Bei der allgemeinen Bedeutung „Zeit" wäre der Sinn der, daß die Weltzeit 339 bereits abgelaufen wäre. Bei beiden Bedeutungsvarianten ist nach apokalyptischer Vorstellung der Alte Äon als bereits abgeschlossen gedacht. Die Gegenwart ist strenggenommen nicht mehr Bestandteil des Alten Äons. Zu dieser Aussage paßt aber kaum die Aussage von (Ib), wonach das Reich Gottes nahe herbeigekommen ist. (Ib) Für das immer wieder umstrittene ηγγικεν ist die Deutung „auf ein unmittelbar bevorstehendes Ereignis" 340 festzuhalten. Die Betonung von „unmittelbar" darf nicht darüber hinwegsehen lassen, daß das Reich Gottes noch bevorsteht und damit auch noch aussteht. 341 335

Vgl. Kelber, Kingdom, 9; Schlosser, RG I, 94; Ambrozic, Kingdom, 6 f. Vgl. Giesen, Ende, 118. 337 In diesem Sinne in der LXX gebraucht ζ. B. Ps. Sal 17, 21; Dan 4,26; 11,24 (Theod.); vgl. Gen 17,21; 18,10. 338 Trilling, Christusverkündigung, 46. 339 In diesem Sinne auch mit πληρούν verbunden in Tob 14,5. Weitere Belege zu der Bedeutung „Weltzeit", „Zeitstrecke" bei Delling, ThWNT VI, 287; ders., ThWNT III, 460. 340 Black, Muttersprache, 211. 341 Der Hinweis von Black, Muttersprache, 210f auf Klgl. 4,18 (LXX) zur Rechtfertigung einer präsentischen Ubersetzung im Sinne Dodds kann dies, allerdings anders als von ihm beabsichtigt, bezeugen. V18a: ηγγικεν ό καιπός (Singular!) ημών meint „ist nah", denn das Perfekt bezeichnet einen Zustand in der Gegenwart. VI 8b: έπληρώθησαν αί ήμέραι (Plural!) ημών bedeutet den Eintritt der Handlung in der Vergangenheit ohne Bezeichnung 336

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Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

Im Rahmen apokalyptischen D e n k e n s ist der Alte Ä o n damit noch nicht abgeschlossen, auch wenn sein Ende nahe bevorsteht. D i e Gegenwart ist strenggenommen noch Bestandteil des Alten Äons. (Ia und b) Es besteht also ein Widerspruch zwischen beiden Aussagen 3 4 2 , der sich aber traditionsgeschichtlich erklärt. D a s Motiv der erfüllten Zeit steht hier in einem unchristologischen Zusammenhang, was es von vergleichbaren Aussagen in Gal 4 , 4 ; Eph 1 , 1 0 abhebt. D a der καιρός sachlich nicht näher bestimmt ist, kann nur vermutet werden, daß mit ihm die „Äonenwende" gemeint ist. D a n n steht diese Aussage aber trotz ihrer terminologischen Einzigartigkeit in der N ä h e von Aussagen, die sich auf das bereits im Anbrach befindliche Reich Gottes beziehen. D a s Motiv der N ä h e des Reiches Gottes dürfte aus Q oder zumindest aus einer Q-ähnlichen Überlieferung stammen. 3 4 3 D a s Naherwartungslogion aus

der Dauer oder Vollendung (Aorist). VI 8c: πάρεστιν ό καιρός ist dagegen präsentisch gemeint. Blacks Folgerungen sind nicht zwingend: 1) V 18 b und c können nicht ohne weiteres gleichgesetzt werden, ohne auch V 18 a (den Black, a.a.O. trotz des ηγγικεν nicht erwähnt!!) zu berücksichtigen. V 1 8 a und b sind zusammengenommen sinnvoll, da ό καιρός hier den Zeitpunkt (und zwar das definitive Ende, welches noch nicht gegenwärtig ist) meint, während αί ήμέραι die Zeitstrecke davor meint. Der ganze Zusammenhang V 18 a, b, c ist schon im MT problematisch, weshalb gelegentlich Konjekturen vorgeschlagen werden. Vgl. Löhr bei Kautzsch, AT II, 383; Jerusalemer Bibel, AT, z. St., die beide V 18 c streichen. Black meint nun sogar, aus seiner Gleichsetzung von V 18 b und c die Schlußfolgerung ziehen zu können, daß die drei hebräischen Verben qrb, ml' und b' „im ursprünglichen Hebräischen bedeutungsgleich" (sie!) (a.a.O., 210) gewesen waren. Diese Vermutung hat, wie der Blick in die entsprechenden Artikel bei Gesenius, WB, s.v., zeigt, keinerlei Anhalt im Sprachgebrauch des Alten Testamentes. 2) Black überträgt den Aorist von πληροϋν aus V 18 b auf Mk 1,15 und findet so im Perfekt von πληροϋν die gewünschte Bestätigung für die Ubersetzung von ηγγικεν mit „Das Reich Gottes ist gekommen". (a.a.O., 211). 3) Da den von Black, a.a.O., 209f) herbeigezogenen weiteren Belegen (im Anschluß an P.Joüon) nach seiner eigenen Einschätzung die Bedeutung „nahe sein" gegeben werden kann (richtiger wohl: gegeben werden muß), müßte allein Ez 7,6f (LXX) mit der Parallelisierung von ηγγικεν und ήκει die ganze Beweislast tragen. Für eine Harmonisierung mit εφθασεν treten direkt ein: Dodd, Parabels, 44f; Dalman, Worte, 88; Polag, Christologie, 69 (vorsichtig); Black, Muttersprache, 208-211; Berkley, Eschatology, passim; indirekt: Gnilka, M k l , 67; Ambrozic, Kingdom, 21. 3*2 Vgl. auch Schnackenburg, RG, 96, der Ia als „ein schon eingetretenes Ereignis" versteht und feststellt, daß in Ib das ηγγικεν „die starke Annäherung, aber noch nicht die Ankunft meldet." Die darin liegende Spannung wird interpretiert als „das eigentümliche eschatologische Bewußtsein Jesu: Die Zeit, da sich die prophetischen Weissagungen von der Endzeit erfüllen, ist da, aber noch nicht die Vollendung." Ahnlich auch der Hinweis auf Röm 13,12 und „die eschatologische Spannung des ,schon jetzt' und ,noch nicht'" bei Giesen, Ende, 118 zu den beiden Elementen in Mk 1,15a. Dies dürften wohl Verlegenheitslösungen sein. 343 Zum Problem der Beziehung zw. Mk und Q siehe u.a. Schmithals, Einleitung, 229233; Schenk, Einfluß, passim.

Der zeitliche Aspekt des Reiches Gottes

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der Aussendungsrede von Q deutet die Heilungen als Zeichen des bald hereinbrechenden Reiches Gottes, wobei die Heilungen eindeutig als Signa des Reiches Gottes bereits dem Neuen Äon angehören. Dieser Deutespruch, aus seinem ursprünglichen Kontext genommen, wird zwangsläufig zur rein futurischen (wenn auch nahen) Zeitansage. Das Fehlen eines Hinweises auf die Heilungen bringt also nicht nur eine veränderte Situation der Tradenten zum Vorschein, sondern bewirkt auch eine andere Sicht der Gegenwart. Zukunft und Gegenwart haben die Heilungen als Signa des Reiches Gottes nicht mehr gemeinsam. Die Gegenwart ist nicht mehr die Zeit des Anbruches des Reiches Gottes. Diese Verschiebung der Reich-Gottes-Ankündigung vom Deutespruch zur Zeitansage bewirkt ein Dreifaches: Die Aussage von der Nähe des Reiches Gottes kann, losgelöst von ihren ehemals konkreten Bezügen, als Lehrformel tradiert werden. 344 Der Erfahrung der Gemeinde in Bezug auf das Ausbleiben des Reiches Gottes trägt die Verschiebung der Zeitansage auf die nahe Zukunft Rechnung. Die Gegenwart wird damit zur Zeit vor dem nahen Ende und verlangt als Zeit des Wartens nach einer Sinndeutung. (II) Der zweite Teil des Verkündigungssummariums zieht mit dem Imperativ die Konsequenz aus der Zeitansage und deutet damit gleichzeitig die Gegenwart als Zeit der Umkehr. (IIa) Mk 1,15 stellt das einzige Reich-Gottes-Logion im Neuen Testament dar, welches ausdrücklich die Reich-Gottes-Vorstellung mit dem Umkehrmotiv verknüpft. Dagegen spricht auch nicht Mt 3,2 = 4,17, da diese beiden Stellen literarisch von Mk 1,15 abhängig sind. Die explizite Forderung der Umkehr ist anerkanntermaßen in der ältesten Jesus-Tradition sehr selten 345 und bildete dort sicherlich nicht die Mitte der Verkündigung. Im zeitgenössischen Judentum, in Qumran und bei Johannes dem Täufer stellte allerdings die Verknüpfung von Umkehr-Forderung und der Ankündigung des nahen Endes einen Verkündigungsschwerpunkt dar. 346 Das Desinteresse der ältesten Jesus-Tradition an der ausdrücklichen Umkehrforderung wiegt auf diesem Hintergrund umso schwerer. Der Grund dafür dürfte in der traditionellen Verknüpfung von Umkehrund Gerichtsmotiv liegen. Bei Johannes dem Täufer ist dies besonders deutlich.

344

Vgl. Dautzenberg, Wandel, 22. Becker, Heil Gottes, 200 mit Anm.4; Schlosser, RG I, 103f; Merklein, EWNTII, 1026; u.v.a.m. 346 Die Belege zu den genannten drei Bereichen bei Schlosser, RG I, 101-104; Braun, Umkehr, 70-85 (Qumran); Behm, ThWNTIV, bes. 987 f. 995 f. 345

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Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

An die Stelle der Gerichtspredigt tritt in der ältesten Jesus-Tradition die Reich-Gottes-Verkündigung als Heilsansage. Hiermit kommen zwei unterschiedliche Arten der Begründung einer Ethik in den Blick. Einmal motiviert das drohende Gericht, das andere Mal das verheißene Heil zu einer ethischen Neuorientierung. Auffällig ist, daß in der nachösterlichen Reich-Gottes-Verkündigung die Umkehr gerade in der Verknüpfung mit dem Gerichtsmotiv zumindest wieder indirekt thematisiert wird. Dies geschieht in der vorpaulinischen Tradition vom „Nicht-Ererben des Reiches Gottes" und in verschiedenen Schichten der Tradition vom „Eingehen in das Reich Gottes". 347 Auffälligerweise lag nur dort ein Drohwort vor, wo von den Angeredeten konkret die Umkehr gefordert wurde. Dieser Zusammenhang ist gewiß kein zufälliger, sondern zeigt die enge Verbindung von Umkehr- und Gerichtsmotiv. Ähnlich wie in der frühjüdischen Apokalyptik „liegt alles Gewicht auf dem kommenden Gericht". 348 Die explizite Umkehrforderung in Mk 1,15 wirft damit insofern ein besonderes Licht auf das dortige Reich-Gottes-Verständnis, als das Reich Gottes nicht mehr primär als Heil, sondern auch als Gericht verstanden wird. Der vormarkinische Uberlieferungsträger oder Markus, der die Reich-Gottes-Ansage aus Q oder einer Q-ähnlichen Überlieferung entnahm und das vorliegende Summarium Mk 1,15 schuf, ist damit keineswegs eigenständig. Schon in Q war ausgehend von der ursprünglichen Heilsansage die Reich-Gottes-Verkündigung in Richtung auf eine damit verknüpfte Gerichtsansage verschoben worden. Zu dieser Verschiebung in der Verkündigung kommt es offenbar, weil sich für die Q-Gemeinde das Scheitern ihrer Israel-Mission abzuzeichnen beginnt. 349 Diese nach Ostern einsetzende Verstärkung der Gerichtspredigt auch im Zusammenhang mit der Reich-Gottes-Verkündigung kann begreiflich machen, warum Matthäus, der das Lehrsummarium Jesu in Mt 4,17 aus Mk 1,15 nahm und umbildete, dem Täufer in Mt 3,2 die gleiche Verkündigung zuschrieb. (IIb) Die formalen und sachlichen Parallelen zu diesem letzten Element des Summariums weisen einheitlich auf eine hellenistisch-judenchristliche Gemeinde. Die Wendung πιστεύετε έν τω εύαγγελίω ist in dieser Form im Neuen Testament einmalig und kann nur mit ή πίστις τοϋ ευαγγελίου in Phi 1, 27 verglichen werden. Mit dem εΰαγγέλιον-Begriff liegt anerkanntermaßen ein Terminus vor, der sich nicht auf die Verkündigung des historischen Jesus und auf die älteste Jesus-Tradition zurückführen läßt. 350 Die ältesten Belege

347

Vgl. Pkt. 2.1.1.5.; 2.1.2.1. + 2. d.A. Münchow, Ethik, 128 in Zusammenfassung der Beziehungen des apokalyptischen Zeitverständnisses zur Ethik. 349 So mit Hoffmann, Studien, 169-171.184 f, der gegen Lührmann, Redaktion, 47.87 f. 93 besonders betont, daß die Gerichtsdrohung nicht den Abbruch der Israelmission voraussetzt, sondern „ihren Platz im Vollzug der Mission" hat. (zit. a.a.O., 185). 350 Strecker, EWNTII, 177. 348

Der zeitliche Aspekt des Reiches Gottes

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stammen aus der vorpaulinischen und vormarkinischen Überlieferung 351 und sind somit einem hellenistischen Judenchristentum zuzuweisen. (IIa + b) In die gleiche Richtung weist auch die Kombination von Umkehr· und Glaubensmotiv in Hebr 6,1 und Apg 20,21. Nach Hebr 6,1 sind Umkehr und Glaube die ersten beiden der dort aufgeführten sechs Grundartikel des Glaubens. Umkehr meint dort eine grundlegende Neuorientierung im Handeln. Die Glaubensforderung ist deutlich an Heiden gerichtet. 352 In Apg 10,21 umschreibt μετάνοια in der Kombination beider Termini aber nicht „Umkehr" im Sinne einer ethischen Neuorientierung, sondern meint „Bekehrung" zum christlichen Glauben. 353 Damit dürfte auch in der Kombination von Umkehr- und Glaubensmotiv ein Hinweis auf „le langage missionaire da la communaute chretienne judeo-hellenistique" 354 gegeben sein. Das Umkehrmotiv weist auf die notwendige ethische Neuorientierung hin, während das Glaubensmotiv auf eine Erstzuwendung zu Gott hin zielt - sich also vornehmlich an Heiden wendet. Daraus lassen sich zwei Schlußfolgerungen ziehen: Der Evangeliums-Begriff ist hier nicht notwendig christologisch 355 gefüllt und scheint damit noch auf seinen ursprünglichen Haftpunkt, die monotheistische Missionspredigt hellenistisch-judenchristlicher Prägung 356 , hinzuweisen. Damit ist auch die Feststellung „le quatrieme stique de Mc 1,15 est une epexegese du troisieme ajoutee par le judeo-christianisme hellenistique" 357 nicht haltbar. Sie verkennt, daß hier zwei ursprünglich selbständige Motive miteinander verbunden sind.

351

l.Thess; l.Kor 15,1; Röm 1,1 und Mk 1,1. Braun, Hebr., 160. 353 Die gleiche Bedeutung von μετάνοια auch Apg. 5,31; 11,18. Vgl. auch Apg 26,20, wo μετνοεΐν und έπιστρέφειν parallelisiert sind. Letzteres meint eindeutig Bekehrung. 354 Vgl. Schlosser, RG I, 105. 355 Strecker, EWNT II, 184; ders., Evangelium, 523f. - Gegen eine „vorschnelle Christologisierung" des Evangeliumsbegriffs in Mk 1,14 und 1,15 vgl. Weder, Evangelium, passim, bes. 403 mit Anm. 22 (ebd.zit.) und vor allem Anm. 24: „Deshalb ist es fraglich, ob der Ausdruck ,Evangelium Gottes' auf dem Hintergrund der hellenistischen Missionspredigt zu verstehen sei. (...) Hier wäre es nämlich, wie IThess 2, 9 vgl. l , 9 f selbstverständlich christologisch zu verstehen (...). Demgegenüber müßte der Ausdruck bei Mk 1,14 wohl besser beim Wort genommen werden: Es war die Pointe der geschichtlichen Existenz Jesu, Gottes Herrschaft nahe zu bringen. Das war sein Evangelium von Gott." - Vgl. auch Ambrozic, Kingdom, 8-13. 356 Stuhlmacher, Evangelium I, 237.258 ff.; Guelich, Gospel Genre, 208; Merklein, RG I, 18; ähnlich auch: O.Betz, Jesu Evangelium, 75; Hengel, Probleme, 258; vorsichtig auch: Strecker, Überlegungen, 81 (denkbar). 357 Schlosser, RGI, 105. 352

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Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

2.3.1.4.2. Zusammenfassung Formgeschichtlich gesehen stellt Mk 1,15 ein Verkündigungssummarium dar, welches aus verschiedenen Motiven unterschiedlicher Herkunft gebildet wurde. Tradent dieses wahrscheinlich schon vormarkinischen 358 Summariums ist ein hellenistisches Judenchristentum. Sitz im Leben dürfte die Missionspredigt dieser Gruppe gewesen sein. Die Elemente Ib, IIa und IIb stammen aus diesem Umkreis. Das Reich Gottes in Mk 1,15 ist seinem Charakter nach eine nahe bevorstehende, aber noch nicht im Anbruch befindliche apokalyptische Größe. Der durch die Heilungen vermittelte Gegenwartsbezug ist nicht mehr gegeben. Im Gegensatz zur ältesten Jesus-Tradition und in Ubereinstimmung mit dem zeitgenössischen Judentum tritt wieder die Umkehrforderung und damit implizit das Gerichtsmotiv in den Vordergrund. 359 Die Ansage des Reiches Gottes als ursprünglicher Verkündigungsinhalt wird nunmehr zum Unterbau der Verkündigung, insofern sie nur noch Zeitansage ist. Was aber die Umkehr zu motivieren vermag, ist weniger das baldige Heil, als vielmehr das sichere Gericht. Der Schwerpunkt der Verkündigung liegt nicht mehr auf dem Reich Gottes, sondern auf der Umkehr und dem Glauben.

2.3.1.5. Das Terminwort Mk 9,1 Markus bezieht das Terminwort Mk 9,1 wahrscheinlich auf die folgende Verklärungsgeschichte. 360 Dieser Bezug ist anerkanntermaßen nicht ursprünglich, so daß man auch unter Berücksichtigung des Neuansatzes mit και ελεγεν αϋτοΐς und der selbständigen Einleitung mit άμή λέγω ΰμΐν für das Logion eine ursprünglich selbständige Tradierung 361 wird annehmen müssen. Das Logion besagt, daß einige von den Angeredeten noch das Kommen des Reiches Gottes erleben werden. Damit sind zwei Voraussetzungen gegeben: Das Reich Gottes ist eine zukünftige Größe und keine gegenwärtige. 362 Die Auswahl unter den Angeredeten (τίνες mit Genitiv) verdeutlicht, 358

Vgl. Anm. 91. Vgl. Dautzenberg, Wandel, 21; „Die Reich-Gottes-Verktindigung der Gruppe Q scheint mit ihrer Ansage des Heils, ähnlich wie Jesus selbst, ursprünglich keine eigentliche Umkehrforderung verbunden zu haben (vgl. aber Lk 11,31 f)." 360 Schmithals, Mk I, 397; Nardoni, Interpretation, 375-378. 361 Kümmel, Verheißung, 19; Gräßer, Parusieverzögerung, 13Iff; Jeremias, Theol. I. 137; Merklein, RG, 151. - Markinische Redaktion nimmt an: Perrin, Was lehrte, 227-231; Schürmann, Lk I, 551. 362 So aber Dodd, Parabels, 42.53f; Otto, RG, 111. 359

Der zeitliche Aspekt des Reiches Gottes

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daß mit noch weiteren Todesfällen vor dem Kommen des Reiches Gottes gerechnet wird. 363 Das Logion rechnet also bewußt mit der Verzögerung dieses Kommens. Damit stellt Mk 9,1 ein Trostwort dar. Seinen Sitz im Leben hat es in der Trostpredigt an eine durch Todesfälle beunruhigte Gemeinde, welcher das Kommen des Reiches Gottes noch in ihrer Generation verheißen wird. 364 Die Gegenwart ist die Zeit des Wartens auf das Kommen des Reiches Gottes. Das Reich Gottes ist seinem Charakter nach eine apokalyptische Größe. Mit dem „Kommen des Reiches Gottes" 365 ist das eschatologische Endereignis gemeint, welches dem Alten Äon ein Ende setzt und den Neuen Äon (das Reich Gottes) herbeiführt. Bei der Verheißung des „Sehens" dieses Ereignisses soll weniger menschliche Passivität ausgesagt werden - dies ist vorausgesetzt - , sondern das „Sehen" umschreibt das Erleben 366 dieses Ereignisses. In Übereinstimmung mit den apokalyptischen und rabbinischen Parallelen367 begegnet hier als Objekt des „eschatologischen Sehens" nicht Gott, sondern ein anderer eschatologischer Terminus. 368 Die Wendung έν δυνάμει bereitet einige Schwierigkeiten. Ihre Zuweisung an die markinische Redaktion 369 scheitert an der völligen Analogielosigkeit innerhalb des gesamten Markusevangeliums. Deshalb wird auch nicht sichtbar, welche markinische Aussage sich in dieser Einfügung widerspiegeln soll363

Vgl. l.Thess 4,13-18. Vgl. dazu Gräßer, Parusieverzögerung, 133; Merklein, RGI,

152. 364 Bultmann, GST, 128; Conzelmann, Mitte; 95; Gräßer, Parusieverzögerung, 131 ff; Linnemann, Gleichnisse, 139 Anm. 26; Oberlinner, Terminworte, 63 f. 365 Die ausdrückliche Verbindung von Neuem Aon (bzw. selten Reich Gottes) und Aussagen vom Kommen desselben finden sich: 1) in der Apokalyptik: - Baruch Apok. 44,12 (syr. ,t' nach Dalman, Worte, 88) im Bezug auf den Neuen Aon - 4. Esr 7,47 (saeculum venturum) 2) bei den Rabbinen: - die Belege bei Sasse, T h W N T I, 207 3) im Prophetentargum Jonathan, der die Wendung vom „Offenbarwerden" des Reiches Gottes bevorzugt (8x), aber gelegentlich dieses „Offenbarwerden" mit Ausdrücken des „Kommens" parallelisiert (zu Ez 7,7.10; Mi 4 , 7 f ) . Vgl. zu Jer 10, 7 die Erwägung von Koch, RG, 165, ob das Reich Gottes „vom Targumisten von der Wurzel th als ,das was kommt' gedeutet" wird. Texte bei Camponovo, RG, 417-432 und Koch, RG, passim. 4) Vgl. übrigens auch Vergil, IV. Ekloge, 52, wo der Begriff „venturum Saeculum" begegnet. Die Übersetzungen von H. Lietzmann, (Kleine Schriften I, T U 67, Berlin 1958, 27 f = Umwelt II, 108 f) mit „goldene Zeit" und von Dietrich Ebener (in Vergil Werke, Bibliothek der Antike, Berlin 1984, 36) mit „kommenden Zeiten" sind irreführend und verdecken den Unterschied zu hellenistisch-römischen Eschatologie. 366 Vgl. Targjes 53,10;: „Sie werden das Königtum ihres Messias sehen"; zit. bei Bill., I, 482; II, 164. 367

Bei Michaelis, T h W N T V, 338-340. Bei Michaelis, a.a.O., 339, Billerbeck, I, 206; s.a. Anm. 124. 3 " Grundmann, MK, 231; Gnilka, M k l l , 23. 368

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Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

te. Die Vermutung eines paulinischen Einflusses 370 auf die Einfügung dieser Wendung kann sich auf eine Anzahl paulinischer Belege mit έν δυνάμει stützen, 371 wobei besonders 1. Kor 4, 20 ins Gewicht fällt. Dort ist dann auch deutlich erkennbar, daß die δύναμις zu den Signa des Reiches Gottes gehört, jedoch besteht der bezeichnende Unterschied zu Mk 9,1 im Gegenwartsbezug der δύναμις. Ein solcher Gegenwartsbezug wird aber in Mk 9,1 durch die Wendung έν δυνάμει gerade ausgeschlossen. Deshalb ist ein möglicher paulinischer Einfluß hier auszuschließen. 372 Für eine mögliche Ursprünglichkeit der Wendung sprechen zwei Beobachtungen: Es besteht eine auffällige Parallelität im formalen Aufbau und in der Wortwahl zu den Menschensohn-Logien M k 8 , 3 8 ; 13,26; 14, 62. 373 Dies ist insofern bemerkenswert, als diese drei Logien 374 die einzigen Sprüche vom kommenden Menschensohn im Markusevangelium sind. Das traditionsgeschichtlich älteste Logion dürfte dabei mit Mk 13,26 vorliegen, 375 welches sich „am engsten an die Gedankenwelt der spätjüdischen Apokalyptik" 376 anschließt. Mk 13,26 ist mit Sicherheit vormarkinische apokalyptische Tradition. Der Kraftbegriff findet sich im eschatologischen Kontext in den unterschiedlichsten Traditionsbereichen 377 , so daß hier eine allgemeine jüdi370 Vgl. E.Wendling, A.Loisy, M.-J.Lagrange (bei Künzi, Naherwartungslogion, 145,144 f, 167). 371 Röm 1,4; l K o r 4 , 2 0 ( ! ) , 15,43; l.Thess 1,5; vgl. auch 2 . T h e s s l , l l ; Kol 1,29. 372 Vgl. auch Trocme, predication, 262 Anm. 1; Schlosser, RG I, 339. 373 Vgl. die Zusammenstellung bei Pesch, Naherwartungen 169. Die Übereinstimmung betrifft: 1) Verb des Sehens (außer Mk 8,38) 2) Ausdruck für Kommen vom Stamm έπχbzw. έλθ- 3) Menschensohn (Mk 9,1 dafür Reich Gottes) 4) eine δύναμις-Wendung. 374 Vgl. Tödt, Menschensohn, 30-44. 375 Eine vollständige traditionsgeschichtliche Analyse kann hier nicht gegeben werden. Zu Mk 8,38 wäre festzustellen: 1) Die Q-Fassung Lk 12,18 par Mt 10,32 kennt die Wendung vom Kommen des Menschensohnes noch nicht. Ebenso 2. Tim 2,12, anders Offb 3, 5. 2) Vorlage für diese Wendung ist wahrscheinlich Mk 13,26. So Tödt, Menschensohn, 42; Pesch, Naherwartungen, 170,172; Gnilka, M k l l , 22. 3) Die Wendung leitet im Markus-Kontext zu Mk 9,1 über. Über den redaktionellen Charakter von Mk 14,62 besteht weitestgehend Einigkeit. Vgl. Schmithals, M k l l , 663 (markinische Redaktion); Gnilka, M k l l , 277 (vormarkinisch); Schenk, Passionsbericht, 234f (markinische Redaktion); Grundmann, Mk, 414 Anm.22; Pesch, Naherwartungen, 172. 376 Tödt, Menschensohn, 30; zur Selbständigkeit vgl. auch Pesch, Naherwartungen, 169 f. 377 Im Alten Testament: Jes 2,19; 24,21-23; 40,10; Ez 20,33. In der Apokalyptik: - 1.Henoch 1,4; Sib. III, 46-50 (vgl. Schlosser, RG I, 340f) - Baruch Apok. 30,1 (vgl. Volz, Eschatologie, 219) Im Targum - zu Jes 66,15 (vgl. Schlosser, RG I, 341) - Jes 53,7 f (vgl. Koch, RG, 163)

Der zeitliche Aspekt des Reiches Gottes

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sehe Vorstellung vorliegen muß, die zum Topos von eschatologischen Aussagen gehört. Somit ist die Wendung einfach mit „kraftvoll" zu übersetzen. Von daher wären auch Interpretationen abzuweisen, die in der Wendung einen Hinweis auf ein zweimaliges Kommen des Reiches Gottes sehen. 378 Sachlich ist also das Reich Gottes als Endheil charakterisiert, dessen Kommen wie das des Neuen Äons der Apokalyptik geschildert wird. Tradent ist ein apokalyptisch geprägtes, palästinisches 379 Judenchristentum. Die Entstehung des Logions Mk 9,1 wird man wegen der Begrenzung auf die Zeitgenossen Jesu vielleicht auf die erste Generation ansetzen können. Dazu paßt auch die Parallelität zu Mk 13,26 aus der ältesten Schicht der Menschensohnworte.

2.3.1.6. Das Reich Gottes in heilsgeschichtlich abgrenzenden Aussagen über Johannes den Täufer 2.3.1.6.1. Der Kleinste im Reich Gottes ( L k 7 , 2 8 par Mt 11,11) Der Komplex L k 7 , 1 8 - 3 5 par Mt 11,2-19 in Q über Johannes den Täufer ist zweigeteilt. Im 1. Teil wird in Lk 7,18-23 par Mt 11,2-6 mit der Anfrage des Täufers und Jesu Antwort deutlich Jesus über den Täufer gestellt. Der 2.Teil enthält dann in Lk 7,24-35 par Mt 11,7-19 das sogenannte „Zeugnis Jesu über den Täufer". In einer klaren strophischen Gliederung mit dreimaligem τί εξήλθατε θεάσασθαι (bzw. ίδεΐν) 380 erfährt der Täufer eine positive Würdigung, die in dem „mehr als ein Prophet" (Lk 7,26) ihren Höhepunkt erreicht. Diese Wertschätzung des Täufers, die auf den historischen Jesus zurückgehen wird, 3 8 1 erfährt nun in Lk 7,27.28 par Mt 11,10.11 eine doppelte Interpretation. Die darauf folgenden Verse Lk 7,29 f. 31 ff par Mt sind von dieser Interpretation als deutliche Neueinsätze abzuheben. 382 In Qumran: 1QM 12,6; 14,16. Bei den Pharisäern: Ps Sal 17,3 (mit Reich Gottes parallelisiert). Im Neuen Testament mit Reich Gottes parallelisiert in der Doxologie Mt 6,13 (HSS). Vgl. auch Offb 10,12. 378 Weiß, RG, 41 f; Wellhausen, Mk, 74; Volz, Eschatologie, 219; Grundmann, Mk, 231; Otto, RG, 117; Ambrozic, Kingdom, 23; Hiers, Kingdom, 82. 379 Die Wendung γεύεσθαι θανάτου begegnet im Alten Testament nicht, dann aber in apokalyptischen (4. Esr 6,26) und besonders in rabbinischen Texten. Die Belege bei Behm, ThWNTI, 675; Schlosser, RG I, 329; Billerbeck, I, 751 f. 380 Lk7,24.25.26 par Mt 11,7.8.9. 381 Becker, Johannes, 12; Schönle, Johannes, 66; Wanke, Bezugsworte, 33. 382 Wanke, Bezugsworte, 32.

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Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

Die erste Interpretation in Lk 7,27 par Mt 11,10 funktionalisiert die Wertschätzung des Täufers, indem sie diesen unter Verwendung eines Zitats aus Mal 3,1, kombiniert mit Ex 23 , 20 383 , als „Vorläufer" deutet. Der Täufer als Elia-Vorläufer 384 gehört hier aber im Gegensatz zu der Interpretation von Mk 1,2 385 keineswegs schon zur Heilszeit, sondern er ist „nur das letzte und bedeutsamste Glied in der Kette der Gottesboten, die auf die Heilszeit hinführen". 386 Die zweite Interpretation in Lk7,28 par Mt 11,11 hält an der damit gegebenen Deutung des Täufers als Abschluß der gegenwärtigen Weltzeit fest. Johannes der Täufer wird als der Größte dieses Äons bezeichnet. 387 . Die Antithese zu dieser Aussage ist eine zweifache: Dem durch Johannes den Täufer repräsentierten Äon wird das Reich Gottes entgegengesetzt. Der Dualismus beider Äonen wird noch dadurch verschärft, daß der Kleinste im Reich Gottes größer ist als der Größte dieses Äons. Weil der Gegensatz Größer - Kleiner „vorwiegend im Blick auf Jüngerverhältnisse verwendet" 388 wird, ist der zweite Teil des Spruches auf die Jünger als Repräsentanten der christlichen Gemeinde zu beziehen. 389 Für das spezielle Reich-Gottes-Verständnis dieses Spruches ist damit ein „ekklesiologischer" Bezug gegeben, 390 der einen Gegenwartsaspekt des Reiches Gottes 391 einschließt. Eine streng futurische Interpretation des Reiches Gottes scheitert an der Konsequenz, in dem Spruch dann auch einen Ausschluß Johannes des Täufers vom Reich Gottes zu finden. 392

383

Stendahl, School, 49f; Hoffmann, Studien, 218f; Schulz, Q, 232. Der älteste Beleg für die Erwartung der Wiederkunft Elias ist Mal 3,1.23f und Sir 48,10. Vgl. Bill., I, 597. 385 Vgl. Schulz, Q, 232 Anm. 371, der für das markinische Verständnis hinweist auf: 1) „Anfang des Evangeliums" in Mk 1,1 2) Jes40,3 in Mk 1,3 und 3) Taufe der Buße zur Vergebung in Mk 1,4. - Ahnlich auch Wanke, Bezugsworte, 33. 386 Hahn, Hoheitstitel, 376; in diesem Sinne auch: Schulz, Q, 232; Hoffmann, Studien, 219; Wanke, Bezugsworte, 33. 3,7 Die Wendung έν γεννητοΐς γυναικών bezieht sich nur auf die irdischen Verhältnisse. Belege bei Bill., I, 597 f. 388 Polag, Christologie, 159 Anm.486. Vgl. Legasse, EWNTII, 990; Wanke, Bezugsworte, 34. 389 Vgl. Wanke, Bezugsworte, 34; Polag, Christologie, 159f; Schulz, Q, 235. - Anders dagegen F. Dibelius, Zwei Worte, 190-192 und ihm folgend Cullmann, Christologie, 31; Grundmann, Lk 166; Hoffmann, Studien, 220-224; die μικρότερος auf Jesus beziehen. Erwogen auch Michel, ThWNTIV, 656. Dagegen bereits Windisch, Sprüche, 168 f. 3.0 Schürmann, RG, 90; vgl. auch Wanke, Bezugsworte, 34; Schulz, Q, 235. 3.1 Schürmann, RG, 90. 3.2 So Windisch, Sprüche, 168 f; Wink, John, 25. Hiers, Kingdom, 59 löst das Problem auf der Grundlage seines konsequent futurischen Reich-Gottes-Verständnisses durch die 3,4

Der zeitliche Aspekt des Reiches Gottes

99

Diese Annahme verbietet sich für Q schon wegen Lk 13,28 f par Mt 8,11 f. 393 Man wird deshalb wie in den rabbinischen Aussprüchen über Kleine und Große in diesem und im kommenden Aon 394 den Skopus des Spruches im Prinzipiellen sehen müssen: Es geht um die grundsätzliche Verschiedenheit von diesem Aon und dem Reich Gottes. Dabei ist es Ausdruck des Selbstverständnisses der christlichen Gemeinde und zugleich Indiz für ihre Gegenwartsauffassung, wenn sie sich bereits auf der Heilsseite weiß. Man braucht hier also keineswegs das Reich Gottes mit der Gemeinde gleichzusetzen 395 oder εστίν futurisch als εσται zu interpretieren. 396 Die Konzeption vom sich im Anbruch befindlichen Reiche Gottes erklärt am besten sowohl Zeit- als auch Selbstverständnis der diesen Spruch tradierenden Gemeinde. Die Pointe des Spruches besteht somit in der auch sonst für Q nachweisbaren differenzierten Beurteilung der Person des Täufers: seine Hochschätzung als der Prophet des Endes und seine Unterordnung, weil außerhalb der Zeit der Erfüllung stehend. 397 Der Sitz im Leben dieses durch Lk 7,28 par Mt 11,11 kommentierten Apophtegmas dürfte weniger die Mission unter Täuferanhängern 398 als vielmehr die Polemik gegen diese 399 sein. Für die Herkunft des Spruches L k 7 , 2 8 par Mt 11,11 wird man wegen seiner Stellung im Q-Kontext und seines Reich-Gottes-Verständnisses auf die Q-Redaktion verweisen müssen.400 2.3.1.6.2. Die Zeit der Verkündigung des Reiches Gottes (Lk 16,16 par Mt 11,12 f) Der ursprüngliche Q-Kontext des sogenannten Stürmerspruches ist nur noch fragmentarisch erkennbar und bleibt letztlich ungewiß. 401 Die Abfolge von Lk 16,16 und 16,17 ist wahrscheinlich durch Stichwortanschluß ad vocem νόμος bedingt. 402 Der Spruch selbst gehört aufgrund der stark differierenden Mt- und Lk-Parallelen und des seltenen, in der synoptischen Tradition teilweise beispiellosen Vokabulars zu den umstrittensten Logien der synoptischen Tradition. Feststellung, daß der Täufer nicht im Reich Gottes ist, „because the Kingdom of God has not yet come". 3.3 Vgl. auch Schulz, Q, 235 Anm.393; Schürmann, RG, 90 Anm.99. 3.4 Neben Bill., I, 597f vor allem bei Michel, T h W N T I V , 656 Anm.25. 3.5 Bousset, Kyrios, 45. 3.6 Klostermann, Mt, 97. 3.7 Vgl. auch Wink, John, 25 f; Bultmann, GST, 177. 3.8 Schümann, L k l , 419; Hoffmann, Studien, 224. 3 " Bultmann, GST, 177 f. 400 Vgl. Polag, Christologie, 160; Schürmann, RG, 91. 401 Vgl. aber die Erwägungen bei Schürmann, RG, 124 f. 402 Vgl. Schürmann, RG, 125; Polag, Christologie, 51 Anm. 151.

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Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

Der Umfang des Spruches läßt sich durch den synoptischen Vergleich ermitteln. Er bestand mit Sicherheit aus zwei Teilen: einer bei Lk voran-, bei Mt nachgestellten Charakterisierung der Zeit bis Johannes den Täufer (Lk 16,16 a) und einer Reich-Gottes-Aussage (Lk 16,16 b). Das Johannes den Täufer inkludierende Verständnis von Lk 16,16a par Mt (ό νόμος και οί προφήται μέχρι Ιωάννου) stimmt mit der oben zu Lk 7,28 par Mt 11,11 (Q) erhobenen heilsgeschichtlichen Stellung des Täufers als letzten Propheten dieses Äons überein. Die von Matthäus beabsichtigte Einbeziehung des Täufers in die Heilszeit steht wegen der Gleichsetzung von Mt 3,2 = 4,17 unter dem Verdacht der matthäischen Redaktion. 403 Die von Lukas diff Mt bezeugte Voranstellung dieses Spruchteiles dürfte der beabsichtigten heilsgeschichtlichen Aussage und Abfolge des Spruches entsprechen und hat Anspruch auf Ursprünglichkeit. 404 Für den Spruch teil Lk 16,16b par Mt sind zunächst die durch doppelte Bezeugung bei Mt und Lk gesicherten Bestandteile zu erheben. Diese sind: -

eine Zeitangabe mit από eine Reich-Gottes-Erwähnung im Nominativ die Verbform βιάζεται ein Akkusativobjekt αύτην, welches sich auf βασιλεία beziehen müßte, wenn man nicht unnötigerweise annehmen will, daß ein anderes feminines Substantiv bei beiden Seitenreferenten ausgefallen sei. - Außerdem kann mit großer Wahrscheinlichkeit die ursprüngliche Zweigliedrigkeit dieses Spruchteils angenommen werden. Dies legt die beiden Synoptikern gemeinsame Zweigliedrigkeit und die ebenfalls einheitliche Stellung des kopulativen καί zwischen ή βασιλεία und αυτήν nahe. Bei der Rekonstruktion des ursprünglichen Wortlautes in Q ist deshalb von folgender Struktur auszugehen: 'Από ... ή βασιλεία ... καί αύτην ... , wobei die Stellung des Verbs βιάζεται zunächst offen bleiben muß. Für die einleitende Zeitangabe wird man dem bei Lukas bezeugten από τότε den Vorzug geben, es schließt an die Zeitbestimmung μέχρι 'Ιωάννου an und bildet eine sinnvolle Fortsetzung. 405 Es geht also im folgenden um die Epoche nach Johannes dem Täufer, welcher er nicht angehört. Bei der „Rekonstruktion der weniger problematischen Elemente" 406 wird häufig bei dem Verb εύαγγελίζεσθαι begonnen, das als „typisch" 407 , „cha403 404 405 404 407

Vgl. Merklein, RG, 87; Schürmann, RG, 127. Merklein, RG, 84. Schulz, Q, 262; Schlosser, RGII, 51 l f ; Merklein, RG, 87. Merklein, RG, 81. Merklein, RG, 81; Hoffmann, Studien, 51; Conzelmann, Mitte, 33.

Der zeitliche Aspekt des Reiches Gottes

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rakteristisch" 408 lukanisch bzw. als „ein Lieblingswort des Lk" 409 gilt. Lukas verbindet nun dieses Verb viermal (Lk 4,43; 8,1; 16,16; Apg 8,12) mit dem Reich-Gottes-Motiv. Wie jedoch noch zu zeigen sein wird, folgt Lukas in Lk 4,43 und 8,1 wahrscheinlich dem Sprachgebrauch von Q. 410 Damit ist nur in Apg 8,12 die Verbindung von Evangeliums- und Reich-Gottes-Terminologie sicher als lukanische Redaktion anzusehen. Außerdem ist für Q mit Sicherheit in Lk7,22 par Mt 11,5 auch der Terminus εύαγγελίζεσθαι bezeugt. Für Q ist dieser kombinierte Sprachgebrauch also zumindest möglich (Lk 16,16) bzw. wahrscheinlich (Lk4,43; 8,1). Die damit gegebene Vorstellung von der Reich-Gottes-Verkündigung in der durch Jesus eingeleiteten Zeit ist für Q eine durchaus geläufige Vorstellung, wie die Aussendungsrede in Q (vgl. Lk 10,9.11) zeigt. Ebenfalls ist der zeitliche Abschluß des alten Äons mit Johannes dem Täufer durch L k 7 , 2 8 par Mt 11,11 für Q bezeugt. Für Q ist die Aussage από τότε ή βασιλεία θεοΰ εύαγγελίζεται also sprachlich und sachlich möglich. Wenn diese Erwägungen zutreffen, so ist βιάζεται mit dem Akkusativobjekt αυτήν zu verbinden. Dies führt dann zu der bei Lukas überlieferten Wendung και πας εις αύτήν βιάζεται = Jedermann drängt hinein. 411 Zum Verständnis von βιάζεται wurde von H. Schürmann völlig zu Recht festgestellt: „Das βιάζεται kann nur im positiven Sinn verstanden sein. Die Klimax von Verheißung zu Erfüllung legt ein negatives Verständnis nicht nahe." 412 Für das Reich-Gottes-Verständnis würde dies bedeuten: Die Gegenwart wird durch das Reich Gottes in doppelter Weise bestimmt: Sie ist, im Gegensatz zu der Epoche von „Gesetz und Propheten" durch die Verkündigung des Reiches Gottes bestimmt. Diese Verkündigung ist eine „christologisch motivierte" 413 , insofern diese neue Epoche für Q zweifelsfrei mit Jesus begonnen hat. Wie die Wendung vom Hineindrängen in das Reich Gottes nahelegt, ist damit die Reaktion auf die Verkündigung beschrieben. Sie ist offenbar von Erfolg gekrönt. Dies stellt historisch gesehen keine überhöhte Aussage dar. In einem Missionskontext ist sie nicht unmöglich, besonders wenn hier vielleicht an das Kommen der Heiden gedacht ist. Das (für Q wohl zunächst überraschende, weil nicht durch Heidenmission inaugurierte) Kommen der Heiden könnte sich aus der Perspektive einer 408

Schürmann, RG, 127. Schulz, Q, 262; Harnack, Sprüche, 16. 410 Vgl. Pkt. 2.4.2.1. d.A. 411 Zur Begründung dieser medialen Übersetzung s. Schrenk, T h W N T I , 611. - Vgl. auch die Wendung biazeshai eaesw bei Xen. Cyr. 3, 3,69. 412 Schürmann, RG, 127. Vgl. auch Conzelmann, Mitte, 103 Anm. 2. 413 Schulz, Q, 263. 409

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Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

„Nur"-Israelmission durchaus als ein Hereindrängen von jedermann darstellen. Eine andersartige Parallele 414 zum Hineindrängen bietet Lk 1 3 , 2 4 par Mt 7 , 1 3 f (Q) 415 , wo bei beiden Seitenreferenten gesagt wird, daß viele durch das enge Tor eingehen möchten, aber nicht eingehen werden. 416 Das Reich Gottes erscheint als Verkündigungsinhalt und gleichzeitig als Ziel menschlicher Bemühungen. Hinweise auf ein apokalyptisches Verständnis fehlen. Angaben wie Gesetz, Propheten, Johannes der Täufer sowie die damit verbundene Periodisierung haben heilsgeschichtlichen Sinn und stellen keine Terminangabe dar. Das Reich Gottes umschreibt allgemein das eschatologische Endheil. Der Spruch stellt den Versuch der Standortbestimmung der christlichen Gemeinde dar. Die Annahme einer vorösterlichen Entstehung ist deshalb höchst fraglich. 417 Die Botschaft des Logions führt auf eine Gemeinde, die wohl selbst die Reich-Gottes-Verkündigung weitertrug und durch diese Verkündigung ihre Gegenwart geprägt sah. Der Ursprung des Logions wäre deshalb im Umkreis der Tradenten der Q-Aussendungsrede zu suchen. Sollten diese Erwägungen zutreffen, wäre noch anzudeuten, wie die matthäische Fassung entstanden sein könnte. Hier bleibt jedoch vieles hypothetisch. Ausgangspunkt könnte sein, daß die Wendung βιάζεσθαι εις nicht wie Lk 1 6 , 1 6 ad bonam partem (eindringen, drängen in), sondern ad malam partem (kämpfen gegen) 418 verstanden wurde. 4 1 9 Diesen feindlichen Sinn hat nach Urteil vieler Exegeten gerade die matthäische Fassung des Spruches in Mt 11, 12. 420 . Sachlich besteht zwischen πας εις αυτήν βιάζεται (Lk 1 6 , 1 6 b ) und ή βασιλεία των ουρανών βιάζεται (Mt 1 1 , 1 2 b), wenn beide Wendungen ad malam partem verstanden werden, kein Unterschied. Die von Matthäus (?) 414 Eine weitere Parallele wäre nach Schürmann, RG, 127 auch Lk 14,13 (Sondergut oder lukanische Redaktion), wo auch an die Heiden gedacht ist. 415 Zur Zugehörigkeit zu Q vgl. zuletzt Luz, Mt I, 395. 416 Für die Beurteilung der Reich-Gottes-Verkündigung wird man dieses Logion nicht ohne weiteres heranziehen können, da der Begriff Reich Gottes nicht fällt. 417 Der Spruch wird oft für ein echtes Jesus-Wort gehalten, wobei sich dieses Urteil in der Regel auf ein aus den Elementen Lk 16,16 a und Mt 11,12b rekonstruiertes Logion bezieht. So auch vorsichtig: Merklein, RG, 94; Schürmann, RG, 129. Für nachösterlichen Ursprung: Schulz, Q, 263; Bultmann, GST, 178. 418 Für das Verb s. die Lexika s.v.; für εις ist „die feindliche Bdtg. gegen" (Pape, WB I, 737) reichlich bezeugt. Belege ebd. 419 Hält man die matthäische Fassung für ursprünglich, ergibt sich die entgegengesetzte Entwicklung. Vgl. z.B. Menoud, sens, 130 zusammenfassend: „... Luc donne a ce logion une interpretation nouvelle et tres positive." 420 Schrenk, T h W N T I , 610; Hübner, Gesetz, 30 Anm.83; Kümmel, Verheißung, 115f; Jüngel, Jesus, 191; Gräßer, Parusieverzögerung, 181; Schulz, Q, 265; Strecker, Weg, 167; Stenger, E W N T I , 520.

Der zeitliche Aspekt des Reiches Gottes

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stammende Wendung βιασταί άρπάζουσιν αύτην beschränkt dagegen πας auf Gewalttätige. Das Verb άρπάζειν wird von Matthäus ad malam partem auch Mt 12,29 diff Mk (also matthäische Redaktion?) und Mt 13,19 (eindeutig matthäische Redaktion) gebraucht. Bei Matthäus redet offensichtlich die angefeindete Gemeinde.

2.3.2. Aspekte der Erwartung des noch ausstehenden Reiches Gottes 2.3.2.1. Die Bitte um das Kommen des Reiches (Lk 11,2 par Mt 6,10) Das Herrengebet ist in einer Kurzfassung (Lk 11,2-4) und zwei Langfassungen (Mt 6,9-13; Did 8,2f) überliefert. Es ist davon auszugehen, daß die von Lukas bezeugte Fünfzahl der Bitten ursprünglich ist.421 Für die Bitte um das „Kommen des Reiches" in Lk 11,2c par Mt (Q) ist die Herkunft aus der apokalyptischen Vorstellung vom Kommen des Neuen Äons wahrscheinlich. 422 Die Bitte setzt voraus, daß das Reich Gottes zukünftig und noch ausstehend ist. Intendieren dürfte die Bitte ursprünglich ein möglichst baldiges Kommen des Reiches, weil ein Bitten um das Kommen in ferner Zukunft befremdlich erscheint. Im Vergleich zu jüdischen Gebeten, die ebenfalls das Kommen des Reiches Gottes erbitten 423 , fällt die Kürze und der gänzlich unpolitische Charakter der Bitte auf. Da die Bitte an Gott als Vater ergeht und das Reich gleichzeitig als sein eigen (σου) bezeichnet wird, ist deutlich, daß es „sich ausschließlich der Initiative des Abba verdankt, und nicht von einem menschlichen Engagement (pharisäischer oder zelotischer Art) erwartet wird." 424

2.3.2.2. Die Aufforderung zum Trachten nach dem Reich Gottes (Lk 12,31 par Mt 6,33) Eine Parallele zu der Reich-Gottes-Erwartung von Lk 11,2 (Q) scheint mit Lk 12,31 par Mt 6,33 (Q) vorzuliegen. Nach H. Schürmann weisen beide Stellen eine „inhaltlich große Verwandtschaft" 425 auf. Seiner weiteren Feststellung, daß das Logion Lk 12,31 par Mt 6,33 „innerlich weitgehend dem 421

Vgl. Luz, Mt I, 336. Vgl. Pkt. 2.3.1.5. Anm.123 d.A. 423 Z.B. Schemone-Esre, Qaddisch u.v.a.m. Die Texte bei Bill., I, 418f; Dalman, Worte, 311-313. Vgl. auch die Verweise bei Luz, M t l , 343 Anm.70. 424 Schümann, RG, 103. 425 Schürmann, RG, 110. 422

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Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

zentralen Basileia-Wunsch und der diesen flankierenden Brotbitte L k l l , 2 c. 3 par entspricht" 426 , soll mit dem Folgenden widersprochen werden. Das ζητείτε την βασιλείαν αύτοϋ (seil, des Vaters) bedeutet im Sinne des alttestamentlichen „ζητείν θεόν oder ζητεϊν κύριον ... die willentliche Hinwendung des Menschen zu Gott" 427 . Auf das Reich Gottes bezogen besagt dies ein doppeltes: 1) Es ist als eschatologisches, noch ausstehendes Heilsgut Objekt menschlicher Bemühungen. 2) Im Kontext von Lk 12,22-32 par Mt 6,25-34 (Q), innerhalb dessen das Logion die Funktion eines abschließenden „Kommentarwortes" erfüllt, 428 ist das Reich Gottes die alle irdischen Güter übertreffende Gabe Gottes. Die implizite Bezeichnung als „Reich des Vaters" weist innerhalb des Q-Kontextes auf den Schöpfer. Die Zusage von ταϋτα (πάντα in Mt 6, 33), die also denen verheißen wird, die sich willentlich um das Reich Gottes bemühen, kann sich im Q-Kontext nur auf die irdischen Güter wie Kleidung und Nahrung beziehen. Das von dem Spruch geforderte „Nicht-Sorgen" um diese Dinge dürfte „aus der ältesten Zeit des Wanderradikalismus" 429 stammen. Diese Einstellung zum Alltäglichen findet sich so aber nicht in Lk 11,2-4. Die Lk 11,2 f wie auch Lk 12,31 (Q) begegnende Verbindung vom ReichGottes- und Brot-Motiv ist gegensätzlicher Art. In Lk 11,3 par Mt 6,11 (Q) wird um das als έπιοόσιον430 näher bestimmte Brot gebeten. Damit ist die Nahrung für den morgigen Tag gemeint. Die Brotbitte „gehört in eine Situation sozialer Bedrängnisse, in der die Nahrung für den folgenden Tag nicht einfach selbstverständlich vorhanden ist.". 431 Damit spricht sich in dieser Bitte ein Ernstnehmen des Irdisch-Leiblichen aus, wie es auch in der ältesten Schicht der Seligpreisungen begegnete. 432 Dort und im Herrengebet steht das Reich Gottes im Umkreis von Aussagen, die sich auf ein leibliches 426

Schürmann, RG, 111. Greeven, ThWNTII, 895 Anm. 5; ebd. auch der Hinweis auf 2.Chron, wo die Formulierung „fast ausschließlich in diesem Sinne gebraucht" ist. 428 Zum Begriff „Kommentarwort" s. Anm. 197 - Zum sekundären Charakter von Lk 12,31 s. Zeller, Mahnsprüche, 86 f. 429 Schürmann, RG, 110. - Vgl. auch die Instruktionen über die Ausrüstung in der Aussendungsrede. Dazu Hoffmann, Studien, 327: „Der in Lk 10 nur kompositionell angedeutete Zusammenhang von dem Verzicht auf jede Ausrüstung und der Ankündigung des Reiches wird hier (Lk 12,31 - der Verf.) zur Sprache gebracht: dem Suchen des Reiches gebührt gegenüber der Sorge um den Lebensbedarf der Vorrang." 430 Sprachlich ist die Herleitung von έπιέναι (zukommen) über ή έπιοΰσα (seil, ήμερα der morgige Tag) zum Adjektiv επιούσιος die wahrscheinlichste. Vgl. Pape, WB I, 967; Luz, Mt I, 345 f. 431 Luz, Mt I, 347. 432 Vgl. Pkt. 2.2.1.1. d.A. 427

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Heilsein bzw. -werden beziehen. In den Seligpreisungen wird das Reich Gottes direkt als Heilwerden beschrieben. Diese Feststellung ist auch auf das Herrengebet zu beziehen, wenn dieses tatsächlich als Explikation der Bitte um das Kommen des Reiches aufzufassen ist. 433 Ebenso wie in den Einlaßsprüchen Mk 9,42-50 wird in Lk 12,31 (Q) zum Verzicht auf das aufgerufen, was in der ältesten Jesus-Tradition das Reich Gottes umfaßte. 434 Die Spannung zwischen Lk 11,2f (Q) und Lk 12,31 (Q) erklärt sich aus einem unterschiedlichen Sitz im Leben und einer anderen Zielgruppe. Das Herrengebet ist ein betont einfaches Gebet, welches für einen weiten Kreis formuliert ist. Im Gegensatz zu Lk 12,31 (Q) spiegelt sich in ihm „nicht die besondere Situation der um der Verkündigung des Gottesreiches willen arm gewordenen Jesusjünger, also der Wanderradikalen" 435 wider. Es ist ein unterschiedlicher Sitz im Leben anzunehmen: das individuelle Gebet des Einzelnen (Lk 11,2 ff) und die Mahnrede an die, „die im Dienste der BasileiaVerkündigung stehen" 436 (Lk 12,31). Mit Lk 12,31 par Mt 6,33 liegt also ein Logion vor, welches nicht in erster Linie die Reich-Gottes-Erwartung von der Zukunft her artikuliert (Lk 11,2), sondern das die „willentliche Hinwendung des Menschen" 437 fordert. Dabei scheinen, wie der Blick auf den Kontext Lk 12,22-32 par Mt zeigt, bereits asketische Tendenzen in den Blick zu kommen. 438 Festzuhalten bleibt auch, daß beide Texte unterschiedlichen Schichten von Q angehören: Lk 11,2 ff stellt ein „Grundwort" 439 dar, während es sich in Lk 12, 31 um ein (vielleicht späteres) „Kommentarwort" handelt.

2.3.2.3. Die implizite Zukünftigkeit des Reiches Gottes Wie die Untersuchung gezeigt hat, sind explizite Zukunftsaussagen innerhalb der neutestamentlichen Reich-Gottes-Tradition kaum vorhanden. Eine Ausnahme bildet Lk 11,2 par Mt 6,10 im Herrengebet. Die implizite Zukünftigkeit des Reiches Gottes begegnet im wesentlichen in zwei Zusammenhängen:

433

Vgl. Luz, Mt I, 341: „Kernpunkt". Vgl. Pkt. 2.1.1.1. d.A. 435 Luz, Mt I, 347; vgl. oben Anm. 187. 436 Schürmann, RG, 110. 437 s. oben Anm. 185. 438 Vgl. die Angaben zur Wirkungsgeschichte des Textes bei Luz, Mt 1,372 f. 439 Zur Terminologie von Grund- und Kommentarwort vgl. Schürmann, RG, 74-79 in Anlehnung an Wanke, Bezugsworte, 3-17, bes. 10-13. 434

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Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

Das noch ausstehende, zukünftige Reich Gottes bildet den eschatologischen Horizont für die Umkehrforderung und enthält somit einen Bezug auf das Endgericht. Dieser Zusammenhang begegnet: - in der vorpaulinischen Tradition vom „Nicht-Ererben des Reiches Gottes", - in der vormarkinischen Tradition vom „Eingehen in das Reich Gottes", - in der nachpaulinischen Tradition in 2.Thess 1,5 und mit zeitlicher Modifikation auch in Eph 5, 5, - in der matthäischen Redaktion in Mt 5,20; 7,21; 18,3, - in der johanneischen Tradition und deren kirchlicher Redaktion in Joh 3,3.5, - in 2.Petr 1,11. Mit dieser Begründung der Umkehr durch das Gerichtsmotiv befindet sich die neutestamentliche Reich-Gottes-Tradition in Übereinstimmung mit dem Zeitverständnis der frühjüdischen Apokalyptik, wie es Chr. Münchow formuliert hat: „Die Ethik in der Apokalyptik ist daher eher als Gerichtsethik denn als Kurzzeitethik zu bezeichnen, weil sie mit der Schärfe und Unausbleiblichkeit des Gerichts und nicht mit der Kürze der Zeit eindringlich gemacht wird." 440 Die neutestamentliche Reich-Gottes-Tradition folgt hier traditionellen Vorgaben ihrer Umwelt. Aber es findet sich auch eine Neuinterpretation dieses Zusammenhanges von Umkehr und Gericht. Paulus übernahm aus der Tradition die Drohworte vom „Nicht-Ererben des Reiches Gottes" und interpretierte sie neu, indem er den sogenannten „Heilsindikativ" zur Begründung heranzog. Wie nun l.Thess 2,12 zeigt, ist diese Beziehung zwischen Heil und Umkehr nicht paulinischen Ursprungs, sondern Paulus bereits vorgegeben. Dies weist dann auf den zweiten Zusammenhang hin. Das noch ausstehende, zukünftige Reich Gottes bildet den eschatologischen Horizont für den gegenwärtigen Zuspruch des Reiches Gottes an bestimmte Personengruppen. Wie innerhalb der synoptischen Tradition besonders der Zuspruch des Reiches Gottes an die Geringen, aber auch die Problematik um Jesu Mahlgemeinschaft mit Zöllnern und Sündern zeigt, ist die Heilszusage hier gerade nicht in einen Tun-Ergehen-Zusammenhang gestellt. Die bereits gegenwärtige Zusage des Heils kann als Ermöglichungsgrund von Umkehr verstanden werden. In Ubereinstimmung mit der ältesten Jesus-Tradition begegnet dieser Zusammenhang in l.Thess 2,12, wo Paulus auf die Tradition von der Berufung in das Reich Gottes hinweist. In diesem Sinne korrigiert Paulus auch 440

Münchow, Ethik, 128.

Der zeitliche Aspekt des Reiches Gottes

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die Drohworte vom „Nicht-Ererben des Reiches Gottes", indem er auf den Ermöglichungsgrund für Umkehr im bereits erfahrenen Heil hinweist. Hierher gehören sachlich auch die paulinischen antithetischen Definitionssätze in Röm 14,17 und lKor 4,20, in denen es um den Gegenwartsaspekt des Reiches Gottes bei vorausgesetzter Zukünftigkeit geht. Dieser der ältesten Jesus-Tradition und Paulus gemeinsame Zusammenhang zwischen Heil und Umkehr wurde aber in der Folgezeit nicht immer gewahrt. Für die nachpaulinische Tradition wurde dies an 2.Thess 1,5 gezeigt. Für die synoptische Tradition ist auf die vormatthäische Erweiterung (Mt 5,5) und besonders auf die matthäische Redaktion der Seligpreisungen zu verweisen. Das Reich Gottes wird hier in offensichtlicher Korrektur des ursprünglichen Skopus in einen Tun-Ergehen-Zusammenhang gestellt. Sachlich ist damit die Verbindung des Reiches Gottes mit dem Gerichtsmotiv gegeben.

2.3.3. Zusammenfassung der Zeitproblematik Unter Beachtung der in dieser Arbeit vorgelegten Analysen zu Kontextualisierung, speziellem Reich-Gottes-Verständnis und möglicher Herkunft bzw. Tradentenkreis ergibt sich für das Zeitverständnis der frühen nachösterlichen Reich-Gottes-Tradition folgendes Bild: Uninteressiert am Zeitaspekt sind die Reich-Gottes-Aussagen, die das Reich Gottes einer bestimmten Personengruppe zusprechen. Ihr Schwerpunkt ist die sachliche Charakterisierung des Reiches Gottes durch die Zusage an Geringe und Heiden. Zur Begründung der Umkehr wird auf das noch ausstehende Reich Gottes Bezug genommen. Die Nähe oder Ferne des Reiches Gottes wird dabei nicht thematisiert. Ziel dieser Aussagen ist es, dem Hörer den Zusammenhang zwischen gegenwärtigem Wandel und zukünftiger Teilhabe am oder Ausschluß vom Reich Gottes nahezubringen. Die Nähe oder Ferne des Reiches Gottes hat dabei keine Bedeutung, denn nicht die Nähe des Heils, sondern die Gewißheit des Gerichts ist der entscheidende, die Umkehr bewirkende Faktor. Eine Ausnahme stellt Mk 1,15 dar, wo die Umkehr mit der Nähe des Reiches Gottes begründet wird. Die Entstehung dieser Kombination erklärt sich traditionsgeschichtlich und ist keinesfalls charakteristisch für die ReichGottes-Tradition. Der Zeitbezug des Reiches Gottes wird ausdrücklich als Anbruch, Gegenwart oder Nähe thematisiert. Die traditionsgeschichtlich älteste Vorstellung ist offenbar die vom Anbruch des Reiches Gottes in der Gegenwart. Ihren Sitz im Leben hatte sie in der Mission. Die Gleichnisse Lk 13,18 f. 20 par Mt (Q) var Mk 4,26-29

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Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

wollen die Hörer des sicheren Kommens des Reiches Gottes versichern. Das Kommen des Reiches Gottes ist der Argumentation der Gleichnisse zufolge durch den einmal geschehenen Anfang verbürgt. Von dieser Argumentation ausgehend lassen sich zwei Tendenzen in der weiteren Überlieferung feststellen: Einmal wendet sich das Interesse der nachösterlichen Gemeinde bestimmten Einzelzügen des verwandten Bildmaterials zu und deutet diese aus. Deutlich wird dies an der Person des Säenden in Mk 4,29 und dem Bild vom Baum in Lk 13,19 par M k 4 , 32. Zum anderen verlangt natürlich die Behauptung eines einmal geschehenen Anfanges nach einer Verifizierung. Dem trägt wahrscheinlich die Neigung der Überlieferung Rechnung, die Gleichnisse in Parabeln umzuformen. 441 Die Gleichnisse gewinnen so Erzählcharakter und lassen an ein einmaliges Geschehen denken. Damit dürften sicher christologische Bezüge impliziert sein. 442 Die gleiche Tendenz läßt sich auch an den Heilungsdeutungen erkennen. Aussagen, die die Heilungen als Bestandteil des Endheils (Lk 7,22 (Q)) bzw. des nahen Reiches Gottes (Lk 10,9 (Q)) deuten, haben zunächst keinen christologischen Bezug. Sie erhalten diesen erst im Laufe der Überlieferung 443 , bis dieser schließlich völlig dominiert. 444 Deshalb sind auch Lk 10,9 und Lk 11,20 verschiedenen Überlieferungsstufen zuzuschreiben. Lk 11,20 reflektiert die Heilungen Jesu bereits mit einem deutlichen christologischen Eigeninteresse. Lk 10,9 steht einer frühen, unchristologischen Heilungsdeutung wie Lk 7,22 nahe, bezeugt aber in der Ansage der Nähe (und nicht der Präsenz oder des Anbruches) des Reiches Gottes wahrscheinlich schon das Verzögerungsproblem. 445 P. Hoffmann hatte zu bedenken gegeben, ob nicht Lk 10,9 gegenüber Lk 11,20 „eine Verschiebung der eschatologischen Perspektive von der betonten Gegenwartsaussage Jesu zur naheschatologischen Zukunftsaussage voraussetzt." 446 Zuzustimmen ist ihm, daß in der ältesten Jesus-Tradition „die gegenwärtige Zeit als Anbruch der Herrschaft Gottes verstanden wird". 447 Jedoch bezeugt gerade Lk 11,20 nicht die Vorstellung vom allge-

Vgl. oben Anm. 14. Vgl. aber oben Anm. 39. 443 S. oben Pkt. 2.3.1.3. d.A. zur Kombination von L k 7 , 2 2 mit L k 7 , 2 3 , vgl. auch Lk 1 0 , 2 3 f mit Lk 10, 21 f. Zur unchristologischen Heilungsdeutung s. bes. Lk 10,9. 444 Vgl. Lk 1 1 , 2 0 und das oben unter Pkt. 2.3.1.2. d.A. zu den Heilungen in der markinischen Tradition Ausgeführte. 445 Vgl. Hoffmann, Studien, 300: „Die Wahl des Ausdrucks ηγγικεν an unserer Stelle (Lk 1 0 , 9 - der Verf.) fügt sich also der stärker an der Zukunft orientierten Naherwartung von Q ... gut ein." 446 Hoffmann, Studien, 300; ähnlich auch Polag, Christologie, 69 Anm. 2 1 2 ; Dautzenberg, Wandel, 20. 4 4 7 Hoffmann, Studien, 300. 441

442

Die Verkündigung des Reiches Gottes im formelhaften Sprachgebrauch

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meinen Anbruch des Reiches Gottes in der Gegenwart, sondern die christologisch begründete Gegenwart des Reiches Gottes in den Heilungen Jesu. Ansonsten ist P. H o f f m a n n hinsichtlich der Verschiebung zur naheschatologischen Zukunftsaussage zuzustimmen. Die Gegenwart wird in der Konzeption der Naheiwartung zur Zwischenzeit, in der stehend die Gemeinde das Reich Gottes von der Zukunft her noch erwartet. Deshalb beginnt auch die christologische Deutung der Heilungen die eschatologische zu verdrängen. Die Vorstellung der Naherwartung prägte sich dann im einzelnen unterschiedlich aus. Für die vormarkinische Tradition konnte dies an M k 1,15 und 9,1 gezeigt werden. Während M k 9,1 noch eine starke eschatologische Spannung zeigt, ist in M k 1,15 die Naherwartung des Reiches Gottes „als reine Lehre bzw. als reines Kerygma formulierbar geworden" 4 4 8 . So erscheint es auch nicht weiter verwunderlich, daß die eigene Zeit nicht mehr als Zeit des Anbruches, sondern als Zeit der Verkündigung des Reiches Gottes begriffen wird (Lk 16,16).

2.4. Die Verkündigung des Reiches Gottes im formelhaften Sprachgebrauch der nachösterlichen Gemeinde 2.4.1. Verkündigungssummarien Verkündigungssummarien sind Kurzformeln, die den Inhalt der Reich-Gottes-Verkündigung einprägsam zusammenfassen wollen. Eine solche Formel taucht traditionsgeschichtlich gesehen zuerst in der Aussendungsrede von Q auf. Die Formel ηγγικεν ή βασιλεία τοϋ θεοϋ (Lk 10,9.11 (Q)) stellt aber nicht eine ohne weiteres tradierbare „Lehre" dar, sondern ist an eine konkrete Situation - die Heilungen - gebunden. Die Heilungen erfolgen durch Wanderprediger im Rahmen der nachösterlichen Israelmission. Diese Israelmission ist auch der Sitz im Leben. Die Verkündigung des nahen Reiches Gottes ist Deutung der Heilungen als Zeichen der Endzeit und damit den Heilungen deutlich nachgeordnet. Verändert erscheint dieser Zusammenhang in dem Verkündigungssummarium Mk 1,15. Die Ansage des nahen Reiches Gottes bildet den Horizont für die Umkehr- und Glaubensforderung. Die Loslösung des Deutespruches von seinem einstigen Kontext ist die Voraussetzung dafür, ihn als „Lehrform e r zu tradieren. Diese Lehrformel, ursprünglich in Q als Deutespruch eine Schlußfolgerung, wird nun zum Ausgangspunkt für neue Schlußfolgerungen. Die gleiche Situation findet sich auch Mt 3,2 = 4,17. Das dem Matthäus sicher aus M k 1,15 bekannte Lehrsummarium wird auf die ihm wesentlichen 448

Dautzenberg, Wandel, 22.

110

Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

Elemente Umkehr und Reich-Gottes-Ansage beschränkt. Die Umkehrforderung als Imperativ steht voran, die Begründung als indikativischer Hauptsatz folgt. Die ethische Komponente der Reich-Gottes-Ansage ist hier besonders betont. Angesichts der Verknüpfung von Taufe und Umkehr bei der Verkündigung Johannes des Täufers in Mt 3,2 f könnte man erwägen, ob der Umkehr-Begriff hier nicht „auf den einmaligen Akt, der den Anfang der christlichen Lebensführung kennzeichnet" 449 , begrenzt ist. Ahnlich zieht auch U. Luz aus der „Vorausstellung von μετανοείτε" den Schluß, daß „damit die dem christlichen Leben und der Taufe vorangehende Bekehrung gemeint" 450 sei. Damit wäre wieder wie in Lk 10,9.11 die Missionspredigt im Blick. Ähnlich wie bereits in Mk 1,15 bildet die Ansage des nahen Reiches Gottes in Mt 3,2 = 4,17 den Horizont der Verkündigung, während sie in Q noch Verkündigungsinhalt war. 451 Die Loslösung von ihrem ursprünglichen Kontext ermöglicht eine neue inhaltliche Konkretion der Reich-Gottes-Verkündigung durch die Verbindung mit dem Umkehr-Motiv.

2.4.2. Der technische Sprachgebrauch Auf den technischen Sprachgebrauch soll hier nur kurz eingegangen werden. Weite Teile dieses Sprachgebrauches gehören strenggenommen in das Gebiet der Theologie der einzelnen Evangelienschriften. Gewisse Gemeinsamkeiten im redaktionellen Sprachgebrauch sowie dessen möglicher Nachweis bereits in Q erlauben es jedoch, dahinter mehr als nur redaktionelle Eigentümlichkeiten des Matthäus oder Lukas zu sehen.

2.4.2.1. Das Evangelium vom Reich Gottes Mit der Verbindung von Evangeliums- und Reich-Gottes-Terminologie liegt ein Sprachgebrauch vor, wie er Matthäus und Lukas gleichermaßen eigen ist. Lukas bezeugt in Lk 4,43 var Mt 4,23; Lk 8,1 var Mt 9, 35 die Wendung εύαγγελίζεσθαι την βασιλείν τοϋ θεοϋ. Ahnlich liegen auch in den Reich-Gottes-Aussagen Lk 16,16 diff Mt 11,12 und Apg 8,12 Konstruktionen mit dem Verb εύαγγελίζεσθαι vor. Matthäus bietet dagegen in Mt 4,23; 9,35; 24,14 (vgl. auch die Textvariante zu Mk 1, 14)452 die Wendung κηρύσσειν τό εύαγγέλιον της βασιλείας.

450 451 452

Strecker, Weg, 227; ähnlich auch Luz, M t l , 144.148.173. Luz, Mt I, 173. Vgl. auch Luz, M t l , 174. A D W 074.0133.0135 u.a.m.

Die Verkündigung des Reiches Gottes im formelhaften Sprachgebrauch

111

Er verwendet im Gegensatz zu Lukas den Begriff ή βασιλεία absolut und bevorzugt das Substantiv τό εύαγγέλιον. Wie der Vergleich zeigt, liegt mit der Verbindung von Evangeliums- und Reich-Gottes-Motiv eine Vorstellung vor, wie sie - wenn auch mit Differenzierungen - bei Matthäus und Lukas gleichermaßen begegnet. 453 Da beide diese Kombination wohl kaum unabhängig voneinander geschaffen haben, wird sie ihnen bereits vorgegeben sein. Hinsichtlich der Herkunft dieser Kombination ist man zunächst an die Parallelität von Lk 8,1 und Mt 9,35 gewiesen. In Lk 8,1 par Mt 9,35, einer Stelle, die in der Q-Forschung meistens übergangen wird 454 , sind bestimmte Gemeinsamkeiten vorhanden, weshalb „man für V 1 zumindest eine gewisse Grundlage in der Redenquelle vermuten" 455 darf. Es handelt sich dabei um Ubereinstimmung in folgenden Punkten: - Das Umherziehen Jesu (περήγεν456, διώδευεν) - die doppelte Ortsangabe Städte und Dörfer - die Verkündigungsterminologie Mt 9,3 5 κηρύσσων τό εύαγγέλιον της βασιλείας Lk 8,1 κηρύσσων και εΰαγγελιζόμένος τοϋ θεοϋ. Eine ähnliche Übereinstimmung zwischen Matthäus und Lukas findet sich auch Lk 4,43.(44) und Mt 4,23, wo beide gegen Mk 1,39 in der Verkündigungsterminologie übereinstimmen: Mt 4,23: κηρύσσων τό εύαγγέλιον της βασιλείας Lk 4,43: ... εύαγγελίσασθει ... την βασιλείαν τοϋ θεοϋ (Lk 4,44): κηρύσσων Vergleicht man Lk 8,1 par Mt 9,35 und Lk 4, 43 f par Mt 4,23 miteinander, so ist festzustellen, daß jeweils die gleiche Verkündigungsterminologie in einem Summarium über Jesu Wirken benutzt wird. Man kann deshalb mit einiger Wahrscheinlichkeit vermuten, daß hier ein aus Q stammendes Summarium vorliegt. Dieses hatte vielleicht seinen Platz in Q zwischen dem Komplex der Anfänge Johannes des Täufers und Jesu 457 sowie dem Beginn der Bergpredigt 458 . Dem Charakter eines Summariums 453 Z.B. übersehen von Völkel, Deutung, 62, der dort die Wendung vom Verkündigen des Reiches Gottes bei Lukas für „analogielos" hält. Vgl. die folgende Anm. 454 Nicht erwähnt in Polag, Christologie; ders. Fragmenta; Schulz, Q; Lührmann, Redaktion; bzw. als matthäische Redaktion vorausgesetzt in Hoffmann, Studien, 255.275 und umgekehrt als lukanische Redaktion bei Völkel, a.a.O., 62. 455 SchUrmann, Lk, 447. 454 Wahrscheinlich Einfluß von M k 6 , 6 b . 457 Lk 3,2-4.7-9.16.21.22; 4,1-13 par Mt. 458 Mt 6,20ff. - Vgl. zum Problem Schürmann, Bericht, passim; ders., RG, 68 Anm. 13f; ders., Lk, 256.

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Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

entsprechend wird man es nicht den ältesten Q-Sto'ffen, sondern wahrscheinlich der redaktionellen Rahmung zuzuweisen haben. Inhaltlich gesehen ist die Rede vom Reich Gottes zur Formel geworden. Aussagen über das Reich Gottes selbst oder über die Teilhabe an ihm werden nicht gemacht. Die Verkündigung des Reiches Gottes ist für Q (Lk 4,43 f par Mt 4,23; Lk 8,1 par Mt 9,35) das Charakteristikum der Verkündigung Jesu. Der Vergleich mit Mt 24,14 (matthäische Redaktion) und Apg 8,12 bestätigt die Mission als Sitz im Leben dieser Verkündigungsterminologie. Ein christologischer Bezug der Evangeliumsterminologie ist für Q nur insofern gegeben, als Jesu der Verkünder des Evangeliums ist. Der Evangeliumsbegriff ist hier nicht christologisch gefüllt, sondern sachlich durch das Reich Gottes bestimmt. Er scheint damit ebenso wie in Mk 1,15 noch auf seinen ursprünglichen Haftpunkt, die monotheistische Missionspredigt hellenistisch-judenchristlicher Prägung hinzuweisen. 459 Hiermit stellt sich auch die Frage, ob für Q die Verwendung des Begriffes εύαγγέλιον wahrscheinlich gemacht werden kann. Dagegen spricht das sonstige Fehlen des Substantivs in Q und die Verwendung des Verbs in Lk 7,22 par Mt (Q). Andererseits ist festzustellen, daß Lukas nur dort, wo er mit Matthäus zusammen Q folgt, auch den Terminus κηρύσσειν bietet. 460 Deshalb kann es fraglich erscheinen, ob in Q die beiden Verben κηρύσσειν und εύαγγελιζεσθαι so unverbunden nebeneinander standen. Die Verwendung des Substantivs εύαγγέλιον kann für Q ernsthaft erwogen werden, wenn man weiterhin bedenkt, daß Lukas konsequent dessen Verwendung meidet. Das Verb wäre somit Ergebnis seiner Redaktionsarbeit. 461 Weiterhin ähneln sich die möglichen Tradentenkreise für εύαγγέλιον in der markinischen Tradition und in Q. Für die abschließende Redaktion von Q und für den Ort des Verfassers des Markusevangeliums nimmt die Forschung eine hellenistisch geprägte Gemeinde vor 70 n. Chr. im syrischen Raum an. 462

Vgl. Pkt. 2.3.1.4.1. d. A. L k 4 , 4 3 f ; 8,1. 461 Immerhin finden sich von den 54 εΰαγγελίζειν-Belegen des Neuen Testaments allein 25 bei Lukas. 460

462

Q-Redaktion

Mk

hellenist. Charakter

-

- Vielhauer, Geschichte, 345 f - Lohse, Einleitung 87; - Schenke/Fischer, Einleitung, II, 79;

vor 70 n. Chr.

- Lührmann, Redaktion, 88;

- Lohse, Einleitung, 86;

syrischer Raum

- Lührmann, Redaktion, 88;

- Vielhauer, Geschichte, 347; - Schenke/Fischer, Einleitung II, 79.

Bousset, Kyrios, 50; Bultmann, GST, 331.354; Lührmann, Redaktion 88; Schulz, Q, 42 u.ö.:

Die Verkündigung des Reiches Gottes im formelhaften Sprachgebrauch

113

2.4.2.2. Der formelhafte Sprachgebrauch der lukanischen Redaktion Außer den bereits genannten Belegen mit εύαγγελίζεσθαι in L k 4 , 4 3 ; 8, l 4 6 3 und Apg 8,12 begegnen bei Lukas in formelhaften Reich-Gottes-Aussagen noch Wendungen mit κηρυσσειν (Lk9,2; Apg 20,25), λαλεΐν (Lk9,11), διαγγέλλειν (Lk 9,60), λέγειν (Apg 1,3), πείθειν (Apg 19,8) und διαμαρτυρειν (Apg 28,23). Diesen immerhin 9 Belegen lukanischer Herkunft 4 6 4 steht nur eine vergleichbare matthäische Erwähnung (Mt 13,18 - άκούοντος τό λόγον της βασιλείας ) gegenüber. Die Apostelgeschichte erwähnt achtmal das Reich Gottes. Sie ist mit Apg 1,3 und 28,31 (letzter Vers!) durch Reich-GottesAussagen gerahmt. Im Gegensatz zu den vergleichbaren formelhaften Aussagen über die Christusverkündung 465 findet die Reich-Gottes-Verkündigung keine Konkretion. Das Reich Gottes wird in der Apostelgeschichte entgegen den Behauptungen von Apg 8,12; 19,8; 20,25; 28,23.31 in keiner Rede jemals zum Thema gemacht oder auch nur erwähnt. Der lukanische Sprachgebrauch erlaubt deshalb wahrscheinlich einen Rückschluß auf die tatsächliche Verkündigung der frühen nachösterlichen Zeit: Er bezeugt der Reich-Gottes-Verkündigung eine zentrale Stellung innerhalb der christlichen Missionspredigt, 466 obwohl sie diese zur Zeit des Lukas nicht mehr zu haben scheint. Deshalb findet nun neben der Verkündigung des Reiches Gottes ein weiteres Thema seinen Platz innerhalb der Missionspredigt: die Christologie. In Apg 8,12; 28,23; 28,31 ist Christus neben dem Reich Gottes Inhalt der Verkündigung.

2.4.3. Die Gleichniseinleitungen Die Gleichnisse der synoptischen Tradition können nicht von vornherein mit der Vorstellung vom Reich Gottes verknüpft werden. 467 Berücksichtigt man Vgl. auch - obwohl m. E. höchst unwahrscheinlich, weil kaum verifizierbar - die Vermutung von Schmithals, Einleitung, 403: „Man kann nicht ausschließen, daß der Autor der Spruchquelle Q und der Evangelist Markus identisch sind. Jedenfalls gehören sie derselben , Schule' an." 463 Pkt 2.4.2.1. d. A. 464 Ohne Lk 4,43; 8,1 par Mt. 465 Delling, Wort, 194 weist hin auf Apg 5,42; 8,5.35; 9,20; 11,20; 17,18; 19,13. 466 Vgl. Haenchen, Apg, 646: „βασιλεία τοϋ θεοΰ kann für sich allein die ganze christliche Verkündigung bezeichnen." 467 So z. B. Nordsieck, RG, 24 Anm. 8: „Die Gleichnisse Jesu sprechen regelmäßig Aspekte der Gottesherrschaft an, oft auch direkt ..." Vgl. dagegen bereits J.Weiß, Jülichers .Gleichnisreden Jesu', 15: „Wie viele Gleichnisse gibt es, die auch nicht im mindesten auf den Gedanken vom Gottesreich zugeschnitten sind, und wie sehr muß die Eigentümlichkeit dieser Idee verwischt werden, wenn sie überall in die Gleichnisse eingetragen werden soll!"

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Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

nur die Gleichnisse, die ausdrücklich auf das Reich Gottes bezogen sind, so ergibt sich folgendes: Die markinische Tradition kennt zwei Gleichnisse (Mk 4,26-29; Mk 4 30-32), von denen das letztere auch in Q stand. Die Redenquelle Q bezeugt neben dem aus der markinischen Tradition bekannten Gleichnis (Lk 13,18 f) noch ein weiteres Gleichnis (Lk 13,20 f) und eine Parabel (Lk 14,15-24). Im Sondergut des Matthäus finden sich 4 Gleichnisse (Mt 13,24-30; 13,44; 13,45f; 13,47-50), 2 Parabeln (Mt 18,23-35; 20,1-16) und eine Allegorie (Mt 25,1-13).

2.4.3.1. Die verschiedenen Einleitungswendungen und ihr Vorkommen in bestimmten Traditionsschichten Bei den Reich-Gottes-Gleichnissen und -Parabeln begegnet mit einer Ausnahme (Mk 4,26) eine Einleitungswendung, die ein Wort vom Stamm „όμοι-" enthält. Dabei bieten die einzelnen Uberlieferungsschichten der synoptischen Tradition folgendes Bild: Die Redenquelle Q verwendet eine doppelte Gleichniseinleitung, den sogenannten „ausgeführten Dativanfang" 468 . Die einleitende (rhetorische!) Frage nach dem Muster ttvi ομοιώσω + Akkusativ (der gemeinten Sache) wendet sich an die Zuhörer und gibt die Sachhälfte des Gleichnisses 469 an. Es folgt als eigentlicher Beginn des Gleichnisses die Wendung δμοιος έστιν + Dativ (des Bildes) 470 . Diese Einleitung begegnet nur bei kurzen Gleichnissen, jedoch nicht in ausgeführten Parabeln. Die enge Verwandtschaft von Gleichnis und Bildwort ist hier besonders deutlich. In der matthäischen Tradition begegnen verschiedene Gleichniseinleitungen. Formgeschichtlich aufschlußreich sind die Einleitungswendungen innerhalb des Sondergutes des Matthäus. Mit einer Ausnahme 471 begegnet nur bei kurzen Gleichnissen 472 die Wendung ομοιος έστιν + Dativ (des Bildes), die auch den zweiten Teil der doppelten Gleichniseinleitung in Q bildete. Das gleiche Einleitungs468 Zu dieser Terminologie und der Herkunft des Dativanfanges vgl. Jeremias, Gleichnisse, 99-102, zit. 100. 449 Reich Gottes: Lk 13,18.20; dieses Geschlecht: Lk 7,31 par Mt 11,16a; der Nachfolgende: Lk 6,47. "" Lk 13,18f.21 par Mt 13,31.33; L k 6 , 4 8 f diff Mt; L k 7 , 3 2 par Mt 11,16b. 471 Mt 20,1. i n Mt 13,44.45.47.

Die Verkündigung des Reiches Gottes im formelhaften Sprachgebrauch

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element hat auch das Bildwort vom Schriftgelehrten in Mt 13,52, welches ebenfalls zum Sondergut des Matthäus zählt. Bei den ausgeführten Parabeln begegnen dagegen die Wendungen ώμοιώθη ή βασιλεί των ουρανών + Dativ 473 bzw. όμοιωθησεται ή βασιλεία των ουρανών + Dativ 474 . Die matthäische Redaktion wird greifbar in der Wendung αλλην παραβολήν παρέθηκεν bzw. έλάλησεν475, mit der Matthäus anscheinend den ersten Teil der doppelten Q-Einleitung (τίνι ομοιώσω + Akkusativ) ersetzt. Mit seiner Wendung bildet Matthäus redaktionell eine Gruppe von drei Saatgleichnissen. Die Gleichnisse dazu entnahm er Q 476 bzw. seinem Sondergut 477 . Eine lukanische Redaktion wird in den Gleichniseinleitungen nicht sichtbar. Die markinische Tradition bietet mit der Einleitung οϋτως ... ώς + Nominativ in Mk 4,26 eine eigenständige Einleitungswendung, die ebenso wie das gesamte Gleichnis nur bei Markus überliefert ist und auch nicht von Matthäus und Lukas übernommen wurde. In Mk 4,30 f liegt mit der recht umständlich erscheinenden Einleitung πώς όμοιώσωμεν την βασιλείαν τοϋ θεοϋ η έν τίνι αυτήν παραβολρ θώμεν; ώς + Dativ (des Bildes) eine Variante der von Q her bekannten doppelten Gleichniseinleitung mit den Elementen rhetorische Frage und Dativanfang vor.

2.4.3.2. Auswertung Es bestehen Gemeinsamkeiten zwischen Q und dem Sondergut des Matthäus. Auffällig ist das Vorkommen der Wendung όμοία έστίν + Dativ (des Bildes) nur bei kurzen Gleichnissen in beiden Uberlieferungsschichten. Dabei finden zum einen allgemein bekannte und gültige Vorgänge in der Bildhälfte Verwendung, wie das Senfkorn, der Sauerteig und das Fischnetz. Diesen allgemeinen Vorgängen kann der Hörer zustimmen. Er wird gleichzeitig durch die Form des Gleichnisses dazu aufgefordert, diese Zustimmung auf die gemeinte Sache zu übertragen. Gegenüber diesen alltäglichen Vorgängen wird zum anderen ein außergewöhnlicher Vorfall in der Bildhälfte verwendet. Allerdings erscheint die ge473 474 475 476 477

Mt Mt Mt Mt Mt

13,24; 18,23; 22,1 diff Lk. 25,1; vgl. auch Mt 7,24.26 diff Lk. 13,31.33; vgl. 13,24. 13,31 f. 33. 13,24ff.

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Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

schilderte Reaktion auf den Schatz im Acker und die Perle als reine Selbstverständlichkeit. 478 Diese Gleichnisse schildern in der Bildhälfte also einen „allgemein einsichtigen und selbstverständlichen Vorgang." 479 Dieser Gemeinsamkeit stehen Besonderheiten des matthäischen Sondergutes gegenüber. Gegenüber Q fehlt im Sondergut des Matthäus bei den Gleichnissen mit όμοία-έστίν-Einleitung die auf das Einverständnis der Hörer zielende Einleitungsfrage. Diese Frage hat werbenden Charakter und könnte für Q auf die Mission als Sitz im Leben weisen. Da auch für Mk 4, 30 f eine doppelte Einleitung bezeugt ist, kann für das Sondergut des Matthäus mit einer Kürzung gerechnet werden. Damit ist der für die Mission wichtige werbende Charakter der Gleichnisse nicht mehr ohne weiteres erkennbar. Berücksichtigt man auch noch den verstärkt auftretenden paränetischen Charakter und eine damit verbundene innergemeindliche Blickrichtung dieser Gleichnisse und Parabeln 480 , so wird deutlich, daß sich hier ein Wechsel des Sitzes im Leben vollzogen hat. Die Reich-Gottes-Gleichnisse des matthäischen Sondergutes haben ihren Sitz im Leben in der innergemeindlichen Unterweisung. Die nur dem matthäischen Sondergut eigenen Wendungen ώμοιώθη und όμοιωθησεται mit ihrem Zeitbezug erfordern eine sprachliche Erklärung. Die Verwendung des Aorist Passivs ist durch die Ungebräuchlichkeit des Aorist Aktivs bedingt 481 , wozu das Futur Passiv eine analoge Erscheinung darstellt. Das Passiv hat danach die Bedeutung „ähnlich werden, gleichen".482 Unter Beachtung der Tempora ist deshalb strenggenommen ώμοιώθη mit „ist gleichgeworden" 483 und όμοιωθησεται mit „wird gleichwerden" 484 . Diese wörtliche Übersetzung, die von der seit J.Jeremias allgemein üblichen Gleichsetzung der verschiedenen Gleichniseinleitungen mit dem aramäischen Dativanfang

478

So mit Weder, Gleichnisse, 140. So Roloff, Neues Testament, 93 zur Definition der Gleichnisse in Form einer ausgeführten Erzählung. 480 Vgl. unten mit Anm. 47. 481 Lidell/Scott, WB, 1225; Carson, word group, 279: „the verb does not have a normal but a deponent passive". 482 Bauer, WB, 1123; Lidell/Scott, WB, 1225: „to be made like, to be come like"; Carson, word group, 279: to become like, to be like, ebd. auch das Urteil: „This is so not only in the New Testament, but in the LXX and Hellenistic literature." Zu den neutestamentlichen Belegen vgl. auch Carson, a. a. O., 278. 483 Carson, word group, 279; B.Weiß, Mt, 252f.321.364; vgl. auch in: Das Neue Testament. Übersetzt und erklärt von Ulrich Wilckens, Berlin 1979, wo Mt 13,24 mit „ist gleichgeworden" übersetzt wurde. S. auch Lohmeyer, Mt, 213 Anm. 2: „Sinn ist nicht nur: verglichen werden, sondern: gleich werden." 484 Carson, word group, 279; B.Weiß, Mt, 423. 479

Die Verkündigung des Reiches Gottes im formelhaften Sprachgebrauch

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abweicht 485 , hat eine Berechtigung, wenn deren spezielle Bedeutung aufgezeigt werden kann. Einen ersten Anhaltspunkt bietet das die Bergpredigt abschließende Gleichnis vom Hausbau, in welchem die beiden Seitenreferenten unterschiedliche Einleitungswendungen bieten: Lk 6, 48.49: δμοιος εστίν + Dativ Mt 7,24.26: όμοιωθησεται + Dativ. Lukas bezeugt die für Q übliche Einleitungswendung. 486 Die bei Matthäus überlieferte Fassung mit dem Verb im Futur deutet das Gleichnis dahingehend, „daß es nicht um einen innerweltlichen Tun-Ergehen-Zusammenhang geht, sondern um das jüngste Gericht." 487 Das Futur hat hier insofern seine Berechtigung, als das Bestehen oder Nichtbestehen erst in der Zukunft sichtbar wird. Ahnlich scheint es auch mit der Allegorie von den 10 Jungfrauen zu sein. Das Futur in Mt 25,1 ist hier ebenfalls durch den „Blick auf die in der Zukunft liegende Parusie" 488 bestimmt. Wenn dieser Zusammenhang richtig ist, so müßte sich die Gleichniseinleitung im Aorist jeweils auf ein Geschehen in der Vergangenheit beziehen. Dies ist auch tatsächlich der Fall, wobei damit zugleich eine Historisierung und Allegorisierung der betreffenden Bilder gegeben ist. So blickt der Aorist von Mt 13,24 auf die als Aussaat umschriebene Tätigkeit Jesu zurück. 489 Mit Mt 18,23 ist dann die Vergebung „hic et nunc" 490 oder die bereits erfolgte Vergebung 491 im Blick. Ahnliches ist auch für Mt 22,2 zu erwarten. „Die Parabel ist heilsgeschichtlich allegorisiert; sie stellt ... die heilsgeschichtliche Vergangenheit sowohl des jüdischen Volkes als auch des ,neuen Israel' dar; demnach ist die Einführungsformel auch hier mit Absicht im Aorist gestaltet." 492 Betrachtet man die Einleitungswendungen im Aorist und im Futur unter diesem Zeitbezug, so ist damit herausgestellt, „daß die Basileia nicht allein als zukünftige Größe zu verstehen ist, sondern schon in der heilsgeschichtlichen Vergangenheit wie auch in der Gegenwart der Kirche vergegenwärtigt

485

Jeremias, Gleichnisse, 99-102; Haufe, E W N T I I , 1252; vgl. Billerbeck II, 7-9. Vgl. außer den Reich-Gottes-Gleichnissen in Q noch L k 7 , 3 1 f par Mt 11,16 (doppelte Einleitung). 487 Luz, M t l , 413, ähnlich Carson, word group, 279. 488 Bauer, WB, 1123; so auch Carson, word group, 279: „By contrast, the verb in the future passive is used exclusively in connection with the kingdom at its consummation."; B.Weiß, Mt, 423. 489 So unter ausdrücklichem Bezug auf den Aorist: B.Weiß, Mt, 253; Strecker, Weg, 215; Carson, word group, 279 denkt dagegen an „the mixture of wheat and tares at present". 4.0 Strecker, Weg, 215. 4.1 Zahn, Mt, 576; B.Weiß, Mt, 321; Carson, word group, 279. 4.2 Strecker, Weg, 215. - Zu Mt 22,2 vgl. auch Carson, word group, 279. 486

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worden ist." 493 Damit ist ein Gegenwartsbezug des Reiches Gottes gegeben, wie er schon in der paulinischen Tradition beobachtet wurde. Er beinhaltet auch hier ein doppeltes: Dem Aufweis des Heilsindikatives bzw. der Heilsvorgabe wie Vergebung in Mt 18,23 ff und Einladung in Mt 22,2 ff hat auch ein bestimmtes Verhalten in der Gegenwart zu entsprechen. Dieses Verhalten in der Gegenwart scheint auch das eigentliche Problem dieser Gleichnisse zu sein, denn sie „behandeln das Versagen der schon zur Gemeinde Berufenen; ein Problem, das für eine bestimmte Schicht der Tradition typischer zu sein scheint als für Matthäus selbst". 494

2.4.4. Das Wissen um das Reich Gottes als proprium der christlichen Gemeinde 2.4.4.1. Das Geheimnis des Reiches Gottes (Mk 4,11) Der Komplex Mk 4,11 f ist anerkanntermaßen vormarkinischen Ursprunges. 495 Seine Einfügung in den jetzigen Kontext dürfte er einem Stichwortanschluß ad vocem παραβολή verdanken. Das Logion Mk 4,11 beschreibt zwei Gruppen: Die unmittelbar Angeredeten (ύμΐν) sind gekennzeichnet durch den Besitz 496 des „Geheimnisses des Reiches Gottes" und repräsentieren die christliche Gemeinde. Die Außenstehenden (έκεϊνοι οί εξω)497 erfahren „die Verkündigung der Gemeinde durchweg als dunkle Rätselrede". 498 Dieser Gegensatz wird durch Mk 4,12 verstärkt, indem dies Nichtverstehen der zweiten Gruppe durch die Zitierung von Jes 6,9f als gottgewollte Verstockung gedeutet wird. 499 Welcher Art ist nun das μυστήριο ν τη βασιλείας? Gegenbegriffe dafür sind τά πάντα und έν παραβολαϊς. Mit dem ersten ist offensichtlich die Gesamtheit

4.3

Strecker, Weg, 215. Schweizer, Mt, 197. 4.5 Gnilka, M k l , 163; Haufe, Erwägungen, 415; Räisänen, Parabeltheorie, 46. 4.6 Δέδοται-Passivum divinum. Vgl. Gnilka, M k l , 163. 4.7 Vgl. Haufe, Erwägungen, 416: „Offensichtlich ein bereits stereotyper rabbinischer Schulausdruck"; ebd. Anm. 9 der Verweis auf Billerbeck, II, 7; III, 362. 4.8 Haufe, Erwägungen, 417. - Zur Übersetzung von παραβολή mit Rätselwort in Analogie zum hebräischen maschal s. ebd., 415; Gnilka, M k l , 163. 499 Zu Jes 6 , 9 f im Urchristentum vgl. Haufe, Erwägungen, 418-421; Evans, Function, passim. 4.4

Die Verkündigung des Reiches Gottes im formelhaften Sprachgebrauch

119

der christlichen Verkündigung umschrieben. 5 0 0 D i e s e müßte dann auch den in τό μυστήριον wahrscheinlich enthaltenen christologischen Bezug 5 0 1 der Verkündigung mitumfassen. D e r zweite Gegenbegriff betrifft dagegen nicht den Inhalt, sondern die bewirkte Scheidung in zwei Gruppen. 5 0 2 D e r historische Ort des Logions ist damit gekennzeichnet durch das Bemühen, „den Unglauben Israels theologisch z u bewältigen." 5 0 3 Dies scheint die bereits vollzogene Scheidung zwischen jüdischer und christlicher Gemeinde vorauszusetzen. Entgegen der Vermutung eines palästinischen Ursprunges des L o g i o n s 5 0 4 wird man der Beobachtung mehr sachliches Gewicht beimessen müssen, w o n a c h die beiden Termini τό μυστήριον und οι εξω im wesentlichen in der paulinischen und nachpaulinischen Tradition bezeugt sind. 5 0 5 Wahrscheinlich ist das Logion in einem solchen judenchristlich-hellenistischen Milieu entstanden. D e r Begriff des Reiches Gottes wird sachlich nicht entfaltet, sondern er stellt eine Abbreviatur für die christliche Verkündigung (und nur für sie) dar.

2.4.4.2. Reich Gottes und Lehrgewalt ( M t 2 3 , 1 3 diff Lk 1 1 , 5 2 ) Für diesen letzten Wehe-Spruch aus der Q - K o m p o s i t i o n Lk 1 1 , 3 9 - 4 8 . ( 4 9 51.)52 von 7 Wehe-Sprüchen 5 0 6 ist der Reich-Gottes-Bezug nur durch M t 2 3 , 1 3 bezeugt. Terminologische Beobachtungen z u diesem Problem betreffen entweder nicht den Kern der Aussage 5 0 7 oder führen zu keiner Klärung. 5 0 8 500

Haufe, Erwägungen, 416. Vgl. Haufe, Erwägungen, 417; ebd. Anm. 12 die neutestamentlichen Belege; s.a. Gnilka, M k l , 165; Breytenbach, Nachfolge, 159. 502 Der damit gegebene Dualismus findet sich ebenso wie das Geheimnis-Motiv in Apokalyptik, Mysterienkulte und Gnosis. Vgl. Bornkamm, ThWNT IV, 822. 503 Haufe, Erwägungen, 421. 504 Gnilka, M k l , 163; Jeremias, Gleichnisse, 11 f. - Die sprachlichen Beobachtungen (s. bes. Jeremias) sind letztlich ambivalent a) „Γίνεσθαι in der Bedeutung ,sich ereignen' mit Dativ der Person und Nominativ der Sache ist nicht idiomatisches Griechisch, sondern Semitismus." (Jeremias, a.a.O., 12f). So aber auch Homer, Illias 1,118! Vgl. auch die Belege bei Pape, WB I, 491 unter Pkt. lc. b) Passivum divinum und antithetischer Parallelismus sind nicht an semitische Vorlagen gebunden. 505 Vgl. Klauck, Allegorie, 247. 504 Zu Lk 11,34 vgl. Mt 23,25. 507 Die Anrede „Schriftgelehrte und Pharisäer" (Mt 23,13) kann matthäische Redaktion sein (vgl. Schulz, Q, 96 mit Anm. 10; Harnack, Sprüche, 70; Strecker, Weg, 140) wie auch die Anrede „Gesetzeskundige" (Lk 11,52) lukanische Redaktion sein kann (Lk 10,25 par Mt 22,35, aber sonst in der synoptischen Tradition nur noch Lk 7,30; 11,45.46; 14, 3). 508 Die Feststellung, daß γνώσις in der synoptischen Tradition sonst nur noch Lk 1,77 vorkommt (Harnack, Sprüche, 70), kann nichts entscheiden, weil der Begriff dort wahrscheinlich traditionell ist. 501

120

Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

Auffällig ist das Vorkommen von είσερξεσθαι in der zweiten Spruchhälfte, die damit an die vormarkinische Tradition vom „Eingehen in das Reich Gottes" erinnert, aber die betreffende Wendung expressis verbis nicht bietet und auch den damit sonst verbundenen Vorstellungskreis (Missions- bzw. Taufbezug; paränetischer Kontext; Umkehrforderung) vermissen läßt. Mt 23,13 a wirft den Angeredeten vor, daß sie kraft ihrer Schlüsselgewalt den Zugang zum räumlich 509 verstandenen Reich Gottes verschließen. 510 Diese Schlüsselgewalt dürfte sachlich in Analogie zu Mt 16,19 als „Lehrgewalt" zu verstehen sein.511 Welcher Art das „Verschließen" ist, etwa eine bestimmte Torainterpretation 512 oder eine „legalistische Auslegung" 513 , kann nur vermutet werden. Offensichtlich ist die Lehrgewalt auf bestimmte „Einlaßbedingungen" gerichtet, die für eine große Gruppe von Menschen 514 als unerfüllbar gedacht werden. Das „Verschließen" meint hier also allgemein den Ausschluß vom Reich Gottes. Bei den auf solche Art Ausgeschlossenen kann eigentlich nur an die gedacht sein, denen in der ältesten Jesus-Tradition die Zusage des Reiches Gottes gilt - die Geringen. 515 Bemerkenswert ist, daß nicht die Torainterpretation als solche in Frage gestellt wird - sie ist als selbstverständlich vorausgesetzt - , sondern eine bestimmte Art ihrer Handhabung. Den Angeredeten wird dann in einer angeschlossenen Prophezeiung 516 (Mt 23,13 b) ihr Ausschluß vom Reich Gottes angekündigt. Dies wird damit begründet, daß sie die, „die von Gott bestimmt sind, einzugehen" 517 , vom Reich Gottes ausschließen wollen. Die lukanische Version in Lk 11,52 läßt die Angeredeten vom in der Vergangenheit liegenden „Wegnehmen des Schlüssels der Erkenntnis" selbst betroffen sein. Sie vermochten nicht, zur Erkenntnis zu gelangen, und hinderten andere daran. Die Aoriste sind sachlich bedingt, „denn daß sie die Gnosis nicht haben, ist schon entschieden" 518 . 5OT

Lohmeyer, Mt, 342; Schweizer, Mt, 287; Schulz, Q, 111. Schulz, Q, 111; Schnackenburg, RG, 157; Kretzer, Herrschaft, 247. 511 Schweizer, Mt, 223.287; Kretzer, Herrschaft, 247; vgl. auch Lohmeyer, Mt, 342; Schulz, Q, 111; Untergaßmair, EWNTII, 734. 512 Schulz, Q, 111 denkt an den Vorrang der „Zeremonialtora" vor der „Sittentora". 513 Schnackenburg, RG, 157. 514 Die Wendung „vor den Menschen" generalisiert und meint wahrscheinlich alle Menschen außer die Angeredeten. 515 Vgl. Lohmeyer, Mt, 342. 516 Das Präsens εισερχεσθε ist hier futurisch gebraucht. Vgl. zu diesem Gebrauch des Präsens Bl.-Debr. § 323.1: „In Prophezeiungen ist dieser Gebrauch häufig, vor allem bei έρχομαι.. 517 Lohmeyer, Mt, 342 gegen Deutungen, die hier ein menschliches Wollen eintragen. Vgl. Schweizer, Mt, 279. 518 Harnack, Sprüche, 71; vgl. Schulz, Q, 110. 510

Die Verkündigung des Reiches Gottes im formelhaften Sprachgebrauch

121

Da die Verbindung von „Erkenntnis" und „Eingehen" nicht zueinander paßt, dürfte für die Rekonstruktion der Q- Fassung der matthäischen Version der Vorzug zu geben sein.519 Damit ist auch für Q - wenn auch gegenüber der vormarkinischen Tradition in modifizierter Gestalt - die Vorstellung vom „Eingehen in das Reich Gottes" zumindest indirekt gegeben. Seinen Sitz im Leben dürfte dieser Wehe-Spruch ursprünglich in der Auseinandersetzung mit dem zeitgenössischen Judentum gehabt haben, wobei er die Trennung von jüdischer und christlicher Gemeinde vorauszusetzen scheint, aber die Torainterpretation nicht in Frage stellt. Das Reich Gottes ist als eschatologisches Endheil Gegenstand von Belehrungen. Es ist damit höchst unwahrscheinlich, daß das Reich Gottes hier eine gegenwärtige Größe darstellen soll.520 2.4.4.3. Jeder Schriftgelehrte, der über das Reich der Himmel unterrichtet ist (Mt 13,52) Der Spruch Mt 13,52 steht am Ende des matthäischen Gleichniskapitels 13, in welchem Matthäus Reich-Gottes-Gleichnisse verschiedener Quellen sammelt. Da Matthäus das Interesse an der Reich-Gottes-Thematik mit seinem Sondergut teilt, könnte der Spruch auch aus seinem Sondergut stammen. Für matthäische Verfasserschaft könnte die ähnliche Verwendung von μαθητεύειν in Mt 27,57 diff Mk 15,43 var Joh 19, 38521 sprechen. Auf eine Herkunft aus dem Sondergut weist - die Verwendung von οικοδεσπότης in Reich-Gottes-Gleichnissen des Sondergutes (Mt 13,22;20,1), - die außer Mt 23, 34 (matthäische Redaktion) bei Matthäus ausschließlich negative Verwendung des Begriffs γραμματεύς, - die für Q und das matthäische Sondergut charakteristische Gleichniseinleitung δμοιος εστίν. . Aus diesen Beobachtungen wird man auf vormatthäischen Ursprung des Spruches schließen können. 522 Der Spruch besagt, daß es christliche Schriftgelehrte gibt, die über das Reich der Himmel unterrichtet sind. 523 Das Reich ist hier „Gegenstand des Studiums und der Unterweisung". 524 Diese Aussage ist aber nicht Ziel des Spru519 So mit Kretzer, Herrschaft, 247; Braun, Radikalismus, II, 93 Anm. 1; Schulz, Q, 110; Harnack, Sprüche, 70 gegen Kretzer, Herrschaft, 196. 520 Vgl. bes. Anm. 69. - Gegen Schulz, Q, 111. 521 Sonst nur noch M t 2 8 , 1 9 ; Apg 14,21. 522 Gegen Kretzer, Herrschaft, 96 f, der zwar das gleiche Material untersuchte, dies aber „ohne Versuch genauer Abgrenzung von Tradition und Redaktion" (a. a. O., 96). Er tritt wegen der numerischen Häufigkeit bestimmter Begriffe für matthäische Redaktion ein. 523 Zur Übersetzung vergleiche Trilling. Israel, 145f. 524 Trilling, Israel, 146. Vgl. Schweizer, Mt, 205.

122

Das Reich Gottes in der synoptischen Tradition

ches, sondern Voraussetzung für sein Verständnis. Der solchermaßen geschulte Schriftgelehrte holt für seine Tätigkeit (in der Gemeinde?) Neues und Altes hervor. Dies dürfte auf die Lehrinhalte bezogen sein. Wenn man „Altes" allgemein auf die Tora beziehen kann, so „Neues" auf die der christlichen Gemeinde eigene Verkündigung. 525 Die Tora bleibt also auch angesichts der Reich-Gottes-Verkündigung in Kraft und wird nicht durch diese verdrängt. Die Frage nach der Herkunft des Spruches führt, da eine Rückführung auf eine aramäische oder hebräische Fassung nicht möglich ist 526 , auf die vormatthäische Gemeinde. Aus sachlichen Gründen dürfte diese Tradentengruppe die gleiche sein, die auch die Reich-Gottes-Gleichnisse des matthäischen Sondergutes überlieferte.

2.4.4.4. Josef aus Arimatäa (Mk 15,43 par Lk 23, 51) Josef aus Arimatäa wird in Mk 15,43 als jemand bezeichnet, der auch (! και αυτός) das Reich Gottes erwartete. Die gleiche Struktur der Aussage (προσδέχεσθαι mit Akkusativ-Objekt) findet sich auch in Lk 2,15 (παράκλησις), Lk 2,38 (λύτρωσις) und Apg 24,15 (Hoffnung auf Auferstehung). Dort handelt es sich jeweils um eine eschatologisch ausgerichtete Erwartung. In Mk 15,43 ist diese Erwartung speziell auf das Reich Gottes ausgerichtet. Wie in Lk 2,25.38, so soll auch hier die Wendung den Betroffenen als besonders fromm bezeichnen. Da Josef noch nicht als Anhänger Jesu gedacht ist, 527 erhält die Reich-Gottes-Erwartung den Charakter eines vermittelnden Dritten zwischen frommen Juden und Anhängern Jesu. Mit seiner ReichGottes-Erwartung steht er der christlichen Gemeinde nahe. 528 Deshalb dürfte auch in Mt 27,57 und Joh 19,38 die Reich-Gottes-Erwartung Josefs durch eine Wendung über sein Jünger-Sein ersetzt worden sein. Dies bestätigt indirekt die Rolle der Reich-Gottes-Verkündigung für die frühe christliche Gemeinde. In späterer Zeit hat sich der Schwerpunkt verschoben. Die eschatologische Hoffnung, die dann mit der Wendung „προσδέχεσθαι mit Akkusativobjekt" ausgedrückt wird, hat eindeutig Christus zum Inhalt. Lk 12,36; Tit 2,13 und Jud 21 bestätigen dies.

525

Vgl. Frankemölle, Jahwe-Bund, 146; Schweizer, Mt, 205. So Dalman, Worte, 87, der deshalb an einen „griechisch schreibenden Schriftsteller" (ebd.) denkt. 527 So dann in Mt 27,57; Joh 19,38. Vgl. Gnilka, M k l l , 333; Schweizer, Mk, 200. 528 Grundmann, Mk, 440; Haenchen, Weg, 542; Schweizer, Mk, 200. 526

3. Zusammenfassung Zur Beurteilung der frühen nachösterlichen Reich-Gottes-Verkündigung ist von den Aussagen der ältesten Jesus-Tradition über das Reich Gottes auszugehen. Als deren gesicherte Bestandteile ergaben sich im Laufe der vorliegenden Untersuchung: -

die besondere Stellung der Armen und Geringen, die Vorstellung vom Anbruch des Reiches Gottes in der Gegenwart, der Geschenkcharakter des Reiches Gottes und der irdisch-konkrete Charakter der zu dessen Umschreibung verwandten Bilder und Aussagen.

Die frühe nachösterliche Gemeinde gibt diese älteste Reich-Gottes-Verkündigung weiter und unterzieht sie gleichzeitig einer Neuinterpretation: Das Interesse an den Armen und Geringen tritt allmählich zurück. Die besondere Stellung dieses Personenkreises wird im ethischen Sinne gedeutet oder durch die Einbeziehung der Heiden ergänzt bzw. abgelöst. Die Vorstellung vom Anbruch des Reiches Gottes in der Gegenwart verschiebt sich zu dessen Naherwartung. Die eschatologische Deutung der Heilungen wird durch deren christologische Deutung abgelöst. Damit ist gleichzeitig der Tatsache Rechnung getragen, daß die Gegenwart nunmehr christologisch qualifiziert erfahren wird. Mit dieser Verschiebung des Zeitaspektes sind weitere Veränderungen verbunden. Die Reich-Gottes-Vorstellung verliert ihren ursprünglichen apokalyptischen Charakter, indem sie zum eschatologischen Horizont für die Umkehrpredigt wird. Sachlich tritt damit neben die Heilsansage der Gerichtsaspekt des Reiches Gottes. In der ältesten Jesus-Tradition findet die Zusage des Reiches Gottes mit ihrer Bedingungslosigkeit ihre adäquate Form im Makarismus. Dem Makarismus als Zuspruch des Reiches Gottes steht in der nachösterlichen Mission der Deutespruch als Ansage des Reiches Gottes nahe. Hatte die Reich-Gottes-Verkündigung der ältesten Jesus-Tradition ihren Schwerpunkt offensichtlich in der Ansage des auf die Menschen zukommenden Heils, so wird in der nachösterlichen Verkündigung die Bezugnahme auf Heil und Gericht gleichermaßen wichtig. Kompositorische Beobachtungen zum Nacheinander von Seligpreisungen und Weherufen sowie Heilungen und Fluchgestus machen dies für die Q-Redaktion besonders deutlich. Dieser Einbeziehung des Gerichtsaspektes in die Reich-Gottes-Verkündigung der Q-Gemeinde ent-

124

Zusammenfassung

spricht die ausschließlich bezeugte Verwendung von Drohworten in der vorpaulinischen Tradition vom „Nicht-Ererben des Reiches Gottes" und die Tendenz zum Drohwort in der vormarkinischen Tradition vom „Eingehen in das Reich Gottes". Diese Wendung zum Drohwort hängt mit der Einbeziehung des Gerichtsaspektes zur Begründung ethischer Weisungen zusammen und weist zugleich auf einen Wechsel des Sitzes im Leben hin. Auch die zur Charakterisierung des Reiches Gottes verwandten Bilder und Umschreibungen ändern sich. Für die älteste Jesus-Tradition ist die MahlMetaphorik und das Ernstnehmen des Leiblichen charakteristisch. In der nachösterlichen Verkündigung treten diese konkreten Bilder zurück. Dafür begegnen in der markinischen Tradition als Synonym der Begriff „Leben" bzw. „ewiges Leben", der im Gegensatz zur Mahl-Methapher stets auf den Einzelnen ausgerichtet ist und ein mehr transzendentes Verständnis des Heils nahelegt. Der Sitz im Leben der Reich-Gottes-Aussagen weitet sich, ausgehend von der Missionspredigt, in hellenistisch beeinflußten Traditionsschichten auch auf die Taufunterweisung aus. Sachlich verschiebt sich dabei das Interesse vom berufenen Personenkreis zu den Einlaßbedingungen für das Reich Gottes. Dieser Vorgang ist bei der vormarkinischen Tradition vom „Eingehen in das Reich Gottes" deutlich erkennbar. Sieht man von der Taufunterweisung ab, so wird eine allein auf die Gemeinde bezogene Reich-Gottes-Unterweisung ohne missionarisch-werbenden Charakter vereinzelt erkennbar, ohne jedoch eine der früheren Traditionsschichten gänzlich zu bestimmen. Hinsichtlich der Tradenten gibt es bestimmte Schwerpunkte. Durch ein palästinisches Judenchristentum vermittelt sind apokalyptische Vorstellungen wie die von der Umkehrung der irdischen Verhältnisse und vom Anbruch bzw. nahen Kommen des Reiches Gottes. Sie finden sich in Teilen der markinischen und Q-Tradition. Auf ein hellenistisch beeinflußtes Christentum weist vor allem die ethisch orientierte Reich-Gottes-Verkündigung in Missionspredigt und Taufunterweisung, wie sie der vormarkinischen und vorpaulinischen Tradition gleichermaßen eigen ist. Apokalyptisch geprägte Reich-Gottes-Vorstellungen spielen hier keine Rolle. Paulus bildet mit seinem Rückgriff auf ein apokalyptisches Reich-GottesVerständnis in 1. Kor 15,24 innerhalb der hellenistisch beeinflußten Tradition eine Ausnahme.

4. Literaturverzeichnis An Abkürzungen, soweit sie nicht allgemeingültig sind, fanden Verwendung: d.A. diff FS LXX MT par Q RG

s.a. var WB

dieser Arbeit im Unterschied zu Festschrift Septuaginta Masoretischer Text (und) Parallele(n) Redenquelle, Logienquelle Reich Gottes, Gottesherrschaft, Herrschaft Gottes (Mit dieser Abkürzung werden die Titel aller häufiger in dieser Arbeit genannten Monographien und Aufsätze angeführt, wenn sie einen der oben genannten Begriffe im Titel führen.) siehe auch (und) Variante(n) Wörterbuch

Die Abkürzungen für die Reihentitel wurden entnommen aus: Schwertner, Siegfried: Theologische Realenzyklopädie. Abkürzungsverzeichnis, Berlin 1976. Der Eindeutigkeit wegen wurde jedoch an folgenden allgemein üblichen Abkürzungen festgehalten: NovTest

Novum Testamentum

ThBNT

Theologisches Begriffslexikon zum Neuen Testament

Zusätzlich findet Verwendung: ΑΝΤΊ EWNT

Arbeiten zum Neuen Testament und Judentum Exegetisches Wörterbuch zum Neuen Testament.

Bei den Kurztiteln wurde auf Eindeutigkeit Wert gelegt. In Zweifelsfällen wird der Kurztitel im Anschluß an die vollständige Nennung des Titels in Klammern angeführt. Sammelbände, Festschriften u. ä. werden nur dann als gesonderte Publikation aufgenommen, wenn aus ihnen mehrere Aufsätze bzw. Artikel benutzt wurden. Ansonsten werden die bibliographischen Angaben des Sammelbandes, Festschrift u. ä. bei dem entsprechenden Aufsatz gegeben.

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