Die ertrag- und vermögensteuerrechtliche Behandlung von Gewerbebetrieben mit Betriebsstätten in Deutschland und Griechenland: im Lichte des deutsch-griechischen Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) [1 ed.] 9783428485475, 9783428085477

Gründen gewerbliche Unternehmen im Ausland eine Betriebsstätte, ergeben sich besondere steuerliche Folgen. Dies ist Gege

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Die ertrag- und vermögensteuerrechtliche Behandlung von Gewerbebetrieben mit Betriebsstätten in Deutschland und Griechenland: im Lichte des deutsch-griechischen Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) [1 ed.]
 9783428485475, 9783428085477

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Schriften zum Steuerrecht

Band 52

Die ertrag- und vermögensteuerrechtliche Behandlung von Gewerbebetrieben mit Betriebsstätten in Deutschland und Griechenland im Lichte des deutsch-griechischen Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) Von

Alexandros Karakitis

Duncker & Humblot · Berlin

ALEXANDROS KARAKITIS

Die ertrag- und vermögensteuerrechtliche Behandlung von Gewerbebetrieben mit Betriebsstätten in Deutschland und Griechenland

Schriften zum Steuerrecht Herausgegeben von Prof. Dr. Joachim Lang und Prof. Dr. Jens Peter Meincke

Band 52

Die ertrag- und vermögensteuerrechtliche Behandlung von Gewerbebetrieben mit Betriebsstätten in Deutschland und Griechenland im Lichte des deutsch-griechischen Doppelbesteuerungsabkommens (DBA)

Von

Alexandros Karakitis

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Karakitis, Alexandros: Die ertrag- und vermägensteuerrechtliche Behandlung von Gewerbebetrieben mit Betriebsstätten in Deutschland und Griechenland im Lichte des deutsch-griechischen Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) I von Alexandros Karakitis. - Berlin : Duncker und Humblot, 1996 (Schriften zum Steuerrecht; Bd. 52) Zug!.: Tübingen, Univ., Diss., 1995 ISBN 3-428-08547-7 NE:GT

D21

Alle Rechte vorbehalten © 1996 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Werner Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0235 ISBN 3-428-08547-7 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 @

na -'1/ f.l1/-.epa f.lOV Für meine Mutter

Vorwort Die vorliegende Arbeit hat im Sommersemester 1994 der Juristischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen vorgelegen und ist von ihr als Dissertation angenommen worden. Meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Ferdinand Kirchhof, möchte ich an dieser Stelle herzlich dafür danken, daß er mich und meine Arbeit mit Rat und Tat unterstützt hat. Weiterhin gilt mein Dank Herrn Professor Dr. Eugen Klunzinger für die Mühe der Erstellung des Zweitgutachtens. Dankbar bin ich auch allen meinen Freunden, die während meiner Promotion in Tübingen dafür gesorgt haben, daß meine Zeit in Deutschland nicht nur ergiebig, sondern auch lebenswert war. Schließlich möchte ich auch an dieser Stelle meinen Eltern, Themistoklis und Ilektra Karakiti, für ihre vielseitige und wertvolle Förderung herzlich danken. Nea Makri, im September 1995

Alexandros Karakitis

Inhaltsverzeichnis Einleitung I. Renaissance der Betriebsstlltte? ...................................................................................... 19

11. Gegenstand der Arbeit ................................................................................................... 19 111. Gang der Untersuchung ........... ....... ............................................................................... 20

TeilA

Die Begriffe Gewerbebetrieb und Betriebsstätte im Steuerrecht von Deutschland und Griechenland und in ihrem DBA

21

Erstes Kapitel Betriebsstätte und ständiger Vertreter als Anknflplimgsmerkmale eines grenzüberschreitenden Gewerbebetriebes im deutschen Steuerrecht

21

I. Der Begriff des Gewerbebetriebes und die materiellen Steuerpflichten des Gewerbe-

treibenden im allgemeinen ............................................................................................. 21 1. Die Bedeutung und Definition des Begriffes ............................................................. 21 2. Der Kreis der Gewerbetreibenden und die Zuteilung der Steuersubjekteigenschaft ........................................................................................................................ 24 a) Die natürliche Person als Gewerbetreibende ............................................ ............. 25 b) Die juristische Person als Gewerbetreibende .......... .. .. .. .................. ........ .. ............. 25 c) Die Personengesellschaft als Gewerbetreibende .................................................... 26

11. Die Anspruche im deutschen Steuerrecht bei der grenzüberschreitenden gewerblichen Betätigung in Form der Betriebsstllttenerrichtung oder der Vertreterbestellung .............. 28 1. Allgemeines über den sachlichen Umfang der deutschen Steueranspruche ................. 28 a) Die unbeschränkte Steuerpflicht ........................................................................... 29 b) Die beschränkte Steuerpflicht ............................................................................... 30 c) Exkurs: Der sachliche Umfang des gewerbesteuerlichen Anspruchs ....................... 31 2. Deutscher Gewerbebetrieb mit Betriebsstätte oder ständigem Vertreter im Ausland und die Ausgestaltung der deutschen Steueranspruche ...................................... 32 3. Ausländischer Gewerbebetrieb mit Betriebsstätte oder ständigem Vertreter im Inland und die deutschen Steueranspruche ................................................................ 34

10

Inhaltsverzeichnis Zweites Kapitel Die Stellung der Begriffe Gewerbebetrieb und Betriebsst/itte im griechischen Steuerrecht

36

1. Der Gewerbebetrieb ....................................................................................................... 36

1. Die Bedeutung und Definition des Begriffes ............................................................. 36 2. Der Gewerbebetrieb: eine gastfreundliche Einkunftsquelle ....................................... 37 3. Die Zurechnung des Gewerbebetriebes und die materiellen Steuerpflichten im allgemeinen .............................................................................................................. 40 H. Die Betriebsstätte und die griechischen SteueranspfÜche .................................. ............ 41 1. Allgemeines über den Umfang der griechischen SteueranspfÜche ............................... 41 2. Die Bedeutung der Betriebsstätte bei der Ausgestaltung der griechischen SteueranspfÜche .......... .................................................................. ............ ............... 44

Drittes Kapitel Die Einschaltung des DBA mit Griechenland und seines Betriebsst/ittenprinzips

47

1. Vorbemerkungen ........................................................................................................... 47

1. Doppelbesteuerung und DBA .................................................................................... 47 a) Das Problem ......................................................................................................... 47 b) Die Handhabung des Problems im Rahmen der Funktion der DBA ......... .............. 49 2. Die Struktur des DBA mit Griechenland ................................................................... 52 H. Der Geltungsbereich des DBA mit Griechenland ........................................................... 53 1. Der sachliche Geltungsbereich .................................................................................. 53 2. Der persönliche Geltungsbereich ............................................................................... 54 a) Die Regelung ........................................................................................................ 54 b) Die Frage: Kann eine deutsche Personengesellschaft die Abkommenserleichterungen in Anspruch nehmen? ............................................................................. 57 c) Anwendung auch anderer DBA durch die Meistbegünstigungsklausel .................. 58 111. Betriebsstättenprinzip und Betriebsstättenbegriff............................................................ 60 1. Betriebsstättenprinzip ............................................................................................... 60 a) Abkommensrechtliche Einkunfts- und Vermögensarten und Verankerung des Betriebsstättenprinzips ........................................................................... 60 aa) Die abkommensrechtliche Einkunfts- und Vermögensarteneinteilung und ihr Verhältnis zur Quellenstaatsbesteuerung ............................................. 60 bb) Die Verankerung des Betriebsstlttenprinzips .................................................. 63 b) Näheres zum Betriebsstättenprinzip des DBA mit Griechenland ........................... 63 aa) Das Betriebsstättenprinzip bei den gewerblichen Gewinnen ............................ 63

Inhaltsverzeichnis

11

bb) Das Betriebsstättenprinzip bei BetriebsvermOgen ............................................ 67 ce) Die Einschränkung der beschränkten Steuerpflicht durch das Betriebsstättenprinzip des DBA ................................................................................... 67 (1) Die Einschränkung in Deutschland ............................................................ 67 (2) Die Einschränkung in Griechenland .......................................................... 68 c) Das Betriebsstättenprinzip und die gewerblichen Personengesellschaften ............... 68 2. Der Betriebsstättenbegriff ......................................................................................... 70 a) Die Analyse des Betriebsstättenbegriffes im Lichte der Abkommensdefinition .............................................................................................................. 70 b) Die Einschränkung der beschränkten Steuerpflicht durch den abkommensrechtlichen Betriebsstättenbegriff .......................................................................... 75 aa) Die Einschränkung in Deutschland ................................................................. 75 bb) Die Einschränkung in Griechenland ................................................................ 75 c) Der Betriebsstättenbegriffund die Beteiligung an einer gewerblichen Personengesellschaft ................................................................................... 76

TeilB

Die Besteuerung im Betriebsstättenstaat

79

Erstes Kapitel Gewinn- und Vermögenzurechnung auf die Betriebsstätte

79

I. Die Verflechtung der Zurechnung mit der Betriebsstättenstaatsbesteuerung .................. 79

II. Der Inhalt des Betriebsstättenanteils an den Steuergütern .............................................. 81 I. Im Ertragsbereich ..................................................................................................... 81 a) Bei gewerblichen Einkünften ................................................................................ 81 b) Bei Dividenden, Zinsen, Lizenzgebühren und Veräußerungsgewinnen aus dem Betriebsstättenvertragsstaat ........................................................................... 84 2. Im Vermögensbereich ............................................................................................... 85 III. Die Vorgehensweise bei der Gewinn-und Vermögenszurechnung auf die Betriebsstätte ............................................................................................................................. 86 I. Zurechnungswege ..................................................................................................... 86 a) Die direkte Methode als Zurechnungsweg ............................................................. 87 aa) Darstellung ..................................................................................................... 87 bb)Vor- und Nachteile der direkten Methode ........................................................ 87 b) Die indirekte Methode als Zurechnungsweg .......................................................... 88 aa) Darstellung ..................................................................................................... 88 bb)Vor- und Nachteile der indirekten Methode ............. .. .. .. ...... .. .......................... 89 2. Der Vorrang der direkten Methode ............................................................................ 90

12

Inhaltsverzeichnis a) In Deutschland ................................................................................. ..................... 90 b) In Griechenland ...................................... .............................................................. 91 c) Im deutsch-griechischen DBA ............................................................................... 92 3. Innerbetriebliche Verrechnungs probleme als Folge der Wahl der direkten Methode .................................................................................................................... 93 a) Die Reichweite der Selbständigkeitsfiktion der Betriebsstätte ............................... 94 aa) Die Funktionsnutzentheorie ............................................................................ 95 bb) Die Erwirtschaftungstheorie .................................................................. .......... 96 cc) Kritik und eigene Stellungnahme im Lichte des Art. III Abs. 2 des deutsch-griechischen DBA .............................................................................. 98 b) Die Abrechnung des unternehmensinternen Leistungsverkehrs im einzelnen ....................................................................................................... 100 aa) Die Finanzausstattung der Betriebsstätte ....................................................... 100 bb) Die unternehmensinternen Bewegungen von Wirtschaftsgütern ..................... 103 (I) Die Nutzungsüberlassung von Wirtschaftsgütern ..................................... 103 (2) Die Überführung von Wirtschafts gütern des Anlagevermögens ............... 105 (3) Die Überführung von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens ............... 109 (a) Die Überführung zwischen der deutschen Betriebsstätte und der griechischen Hauptniederlassung ..................................................... 109 (b) Die Überführung zwischen der griechischen Betriebsstätte und der deutschen Hauptniederlassung ............................................. 111 cc) Der Dienstleistungsverkehr ........................................................................... 113 (1) Dienstleistungen zugunsten bestimmter Unternehmensteile ..................... 114 (2) Dienstleistungen im Interesse des Gesamtunternehmens .......................... 115

IV. Die Berichtigung der Zuordnung ................................................................................. 116 Zweites Kapitel Die Besteuerung des Betriebsstättenerfolges und -vermögens

117

I. Die Nicht-Diskriminierung der Betriebsstätte als abkommens- und europarechtliche

Leitlinie bei der Ausübung des Besteuerungsrechts des Betriebsstättenstaates ............. 117 11. Deutschland als Betriebsstättenstaat ...... .......... ........... ............................ .................... 120 1. Die Besteuerung des Betriebsstättenerfolges ........................................................... 120

a)Die Unterwerfung unter die Einkommen- oder Körperschaftsteuer ....................... 120 aa) Die Besteuerung des laufenden Betriebsstättengewinns ................................. 122 (1) Gewinnermittlung ................................................................................... 122 (a) Abgrenzung von der Gewinnzuordnung als Vorbemerkung ............... 122 (b) Anknüpfung an die allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften ........ 122 (c) Die Berücksichtigung von Betriebsausgaben ..................................... 126

Inhaltsverzeichnis

13

(2) Verlustausgleich und Verlustabzug auf dem Weg zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage ............................................................................ 128 (3) Ermittlung der Steuerlast ......................................................................... 130 bb) Die Besteuerung des Gewinnes aus der Veräußerung der Betriebsstätte ........ 134 (1) Einkommensteuerpflicht ..................... ~ .................................................... 134 (a) Allgemeines ...................................................................................... 134 (b) Die Einbringung der Betriebsstätte in eineKapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten als Veräußerungsfall ............... 136 (c) Aufhebung der Betriebsstätte als Veräußerung .................................. 141 (2) Körperschaftsteuerpflicht ....................................................................... 142 cc) Die Behandlung von nachträglichen Betriebseinnahmen und -ausgaben ........ 145 b) Die Unterwerfung unter die Steuer nach dem Gewerbeertrag .............................. 145 2. Die Besteuerung des Betriebsstättenvermögens ....................................................... 146 a) Die Unterwerfung unter die Steuer nach dem Gewerbekapital ............................ 146 b) Die Unterwerfung unter die Vermögensteuer ................................. .. .. .. .. ............. 147 III. Griechenland als Betriebsstättenstaat ........................................................................... 148 1. Die Besteuerung des Betriebsstättenerfolges ........................................................... 148

a) Die Besteuerung des laufenden Betriebsstättenerfolges ........................................ 149 aa) Gewinnermittlung ....................................................... .................................. 149 (1) Gewinnermittlung und Buchfiihrungsklassen ........................................... 150

(2) Ermittlungszeitraum ................................................. .... .... .... ............ ....... 152 (3) Gewinnermittlungsweise ......................................................................... 154 (a) Buchmäßige Gewinnermittlung ......................................................... 154 (b) Die nichtbuchmäßige Gewinnermittlung (Die Methode der Reingewinnsätze ) ........................................................................................ 167 bb) Die Berücksichtigung von Verlusten ....................................................... 172 cc) Die Bestimmung der Steuerlast ............................................................... 173 dd) Sonderbesteuerung in bestimmten Fällen ................................................ 175 b) Die Besteuerung des Gewinnes aus der Veräußerung der Betriebsstätte .......... 179 2. Keine Besteuerung des Betriebsstättenvermögens ................................................... 181 Drittes Kapitel Besteuerungsrälle von betriebsstättenunabhängigen EinIdlnften und Vermögensteilen der abkommensbcrechtigten Unternehmen

181

I. Besteuerungsralle von betriebsstättenunabhängigen Einkünften ................................... 181

1. Von einer im Betriebsstättenstaat ansässigen Gesellschaft gezahlten Dividenden ............................................................................................... .... .......... 181 a) Deutschland als Betriebsstättenstaat ................................................................... 182

14

Inhaltsverzeichnis b) Griechenland als Betriebsstättenstaat - keine Besteuerung des Dividendenbeziehers ............................................................................................................ 2. Zinsen ..................................................................................................................... a) Deutschland als Betriebsstättenstaat ................................................................... b) Griechenland als Betriebsstättenstaat .................................................................. 3. Einkünfte aus im Betriebsstättenstaat belegenem unbeweglichenVermögen ............ a) Deutschland als Betriebsstättenstaat ................................................................... b) Griechenland als Betriebsstättenstaat ..................................................................

183 183 184 186 186 187 187

11. Besteuerungsflllle von betriebsstättenunabhängigen Vermögensteilen .......................... 188

Teil C

Die Besteuerung im Ansässigkeitsstaat

189

Erstes Kapitel Das Universalitätsprlnzip und Wege zur Vermeidung der Doppelbesteuerung im Rahmen des deutsch-griechischen DBA

189

1. Die Anrechnungsmethode ............................................................................................ 189 H. Die Freistellungsmethode ............................................................................................ 190 III. Vergleich der beiden Methoden ................................................................................... 191 Zweites Kapitel Griechenland als Ansässigkeitsstaat

192

Drittes Kapitel Deutschiand als Ansässigkeitsstaat

193

1. Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer .......................................................................... 193 1. Die Besteuerung im Gewinnfall .................................... .. .. .. .. .. ................................ 193 2. Die Besteuerung im Verlustfall ............................................................................... 195 H. Gewerbesteuer ............................................................................................................. 197 III. Vermögensteuer ........................................................................................................... 197 Literaturverzeichnis .......................................................................................................... 199 Sachregister ....................................................................................................................... 210

Abkürzungsverzeichnis a.A. ABl.EG Abs. A.E. a.F. AG AG AIG AktG Anm. AO Art. AStG Aufl. BB Bd. BdF Beil. BewG BFH BFHE BGB BGBI BR-Drucks. BStBl BT-Drucks. Buchst. BVerfG BVerfGE bzw. CDFI DB DBA D.F.N. Diss. DStR DStZ EDDD E.E. EFG EG EGBGB

anderer Ansicht Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Absatz Anonymi Etaeria (der AG entsprechende Gesellschaft) alter Fassung Aktiengesellschaft Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) Auslandsinvestitionsgesetz Aktiengesetz Anmerkung Abgabenordnung Artikel Außensteuergesetz Auflage Der Betriebsberater (Zeitschrift) Band Bundesminister der Finanzen Beilage Bewertungsgesetz Bundesfinanzhof Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofes Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesrats-Drucksache Bundessteuerblatt Bundestags-Drucksache Buchstabe Bundesverfassungsgericht Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beziehungsweise Cahiers de Droit Fiscal International Der Betrieb (Zeitschrift) Doppelbesteuerungsabkommen Deltion Forologikis Nomothesias (Zeitschrift) Dissertation Deutsches Steuerrecht (Zl!itschrift) Deutsche Steuerzeitung (Zeitschrift) Epitheorissi Dimossio\l kae Diikitikou Dikaeou (Zeitschrift) Eterorrythmos Etaeria (dl'r KG entsprechende Gesellschaft) Entscheidungen der Finanzgerichte Europäische Gemeinschaftjln Einfiihrungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch

16 E.P.E. EStG EStR EStZ EuGH EuGHE EG-V EU F.E.K. FG FinMin. Fn. FR G

GewStDV GewStG GG GmbH Gr. grBGB GrS GVO HFR HGB h.M. Hrsg. i.d.R. IDW i.e. IPR i.S. IStR i.V.m. IWB JbdFfSt Kap. KG Komm. KStG MA m.a.W. m.w.N. NJW Nr. OE OECD OFD OHG

Abkürzungsverzeichnis Etaeria Periorismenis Efthinis (der GmbH entsprechende Gesellschaft) Einkommensteuergesetz Einkommensteuerrichtlinie Europäische Steuerzeitung Europäischer Gerichtshof Sammlung der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs Vertrag der Europäischen Gemeinschaft Europäische Union Fyllo Ellinikis Kyverniseos (Regierungsblatt) Finanzgericht Finanzminister Fußnote Finanzrundschau (Zeitschrift) Gesetz Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung Gewerbesteuergesetz Grundgesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gruppe griechisches Bürgerliches Gesetzbuch Großer Senat des BFH Gesetzliche Verordnung Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung (Zeitschrift) Handelsgesetzbuch herrschende Meinung Herausgeber in der Regel Institut der WirtschaftsprOfer e. V. im einzelnen Internationales Privatrecht im Sinne Internationales Steuerrecht in Verbindung mit Internationale Wirtschaftsbriefe (Zeitschrift) Jahrbuch der Fachanwälte rur Steuerrecht Kapitel Kommanditgesellschaft Kommentar Körperschaftsteuergesetz Musterabkommen mit anderen Worten mit weiteren Nachweisen Neue Juristische Wochenschrift Nummer Omorrythmos Etaeria (der OHG entsprechende Gesellschaft) Organization for Economic Cooperation and Development Oberste Finanzdirektion Offene Handelsgesellschaft

Abkilrzungsverzeichnis Rdnr. RFH RFHE RIW RIW/AWD RStBl Rz. S. s. Sp. StbJb StBp S.t.E. Stpfl. StuW Tz. u.a. UmwStG UNO USA vgl. Vol. VStG VStR Wpg WÜRV z.B. z.Z.

2 Karakitis

Randnummer Reichsfinanzhof Sammlung der Entscheidungen des Reichsfinanzhofes Recht der Internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) Recht der Internationalen WirtschaftlAußenwirtschaftsdienst des Betriebsberaters (älterer Name der Zeitschrift RIW) Reichssteuerblatt Randziffer Seite siehe Spalte Steuerberaterj ahrbuch Die Steuerliche Betriebsprilfung (Zeitschrift) Symvoulion tis Epikratias (Das oberste Verwaltungsgericht Griechenlands) Steuerpflichtige Steuer und Wirtschaft Textziffer unter anderen Umwandlungssteuergesetz United Nations Organization United States of America vergleiche Volume Vermögensteuergesetz Vermögensteuerrichtlinie Die Wirtschaftsprilfung (Zeitschrift) Wiener Übereinkommen i1ber das Recht der Verträge zum Beispiel zur Zeit

17

Einleitung L Renaissance der Betriebsstätte? Einem Unternehmer stehen grundsätzlich zur internationalen Betätigung drei Organisationsformen zur Verfügung. Im einfachsten Falle einer internationalen unternehmerischen Betätigung tritt der Unternehmer durch direkte Warenlieferungen, Leistungen aller Art usw. an den ausländischen Markt heran. Will er seine internationale Betätigung intensivieren, so bieten sich die Möglichkeiten der Gründung oder des Erwerbs einer ausländischen Tochtergesellschaft in der Form einer Personen- oder einer Kapitalgesellschaft und die der Errichtung einer Betriebsstätte. Bei der Betriebsstätte handelt es sich um eine Geschäftseinrichtung ohne privatrechtliche Selbständigkeit. Mit Ausnahme der Bank-, Versicherungs- und Bauunternehmen wird die Organisationsform Betriebsstätte gegenüber der der Gründung einer Tochtergesellschaft nicht in großem Umfang vorgezogen. 1 Es bleibt abzuwarten, ob die Fusionsrichtlinie des EG-Rates, 2 die die steuerneutrale Einbringung von Unternehmensteilen in EG-Kapitalgesellschaften unter bestimmten Voraussetzungen ermöglicht, 3 sowie die Annäherung an der EG-Zielsetzung der Herstellung eines Binnenmarktes im Jahre 1993 zur Verstärkung der Betriebsstättenalternative in Europa führen wird. 4 R Gegenstand der Arbeit

Die vorliegende Arbeit befaßt sich mit der steuerrechtlichen Behandlung von Gewerbebetrieben, die für ihre grenzüberschreitende Betätigung die Betriebsstättenalternative verwenden. Dabei werden die Steuerrechtsordnungen von Deutschland und Griechenland berücksichtigt. Ihre steuerrechtliche Behandlung wird im Lichte des deutsch-griechischen Doppelbesteuerungsabkommens untersucht, welches die Besteuerungsbefugnisse der Vertragspartner 1 Zu den ökonomischen und außerökonomischen Faktoren, die rur die Entscheidung hinsichtlich der Organisationsform maßgeblich sind, s. Bähr, Gewinnermittlung ausländischer Zweigbetriebe, S. 15 ff. 2 ABI. EG Nr. L 225/6 vom 20.8.1990. 3 s. dazu unten, in: Teil B 2. Kap. 11 1 a) bb). 4 So Becker, lntertax 1991, 202. Kritisch: Hosson, lntertax 1991, 352.

20

Einleitung

Deutschland und Griechenland einschränkt. Da sich das Abkommen auf die wechselseitige Rolle der Vertragspartner als Ansässigkeits- und Betätigungsoder besser Quellenstaat bezieht, werden sowohl in Griechenland ansässige Gewerbebetriebe mit Betriebsstätten in Deutschland als auch in Deutschland ansässige Gewerbebetriebe mit Betriebsstätten in Griechenland in die Untersuchung einbezogen. Im Vordergrund der Untersuchung stehen Gewinnabgrenzungsprobleme und die Ausübung des Besteuerungsrechts des Betriebsstättenstaates unter Berücksichtigung des EG-Rechts, insbesondere des sich auf die Niederlassungsfreiheit beziehenden Art. 52 EWG-Vertrages. Daneben wird von der Anwendung einer der Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung im Ansässigkeitsstaat nicht abgesehen.

m. Gang der Untersuchung Zunächst wird auf die deutschen und griechischen Steuerrechtsregelungen für die durch Betriebsstätte international tätigen Gewerbebetriebe im abkommensfreien Raum eingegangen. Danach werden die steuerpflichteinschränkenden Auswirkungen des abkommensrechtlichen Betriebsstättenprinzips und -begriffes dargelegt. Im Rahmen des zweiten Teiles wird die mit der Abgrenzung der deutschen und griechischen Steueransprüche zusammenhängende Gewinn- und Vermögenszuordnung auf die Betriebsstätte erörtert und Ermittlung und Besteuerung des der Betriebsstätte zugeordneten Unternehmensgewinnes ausgeführt. Soweit dabei Abweichungen von der Besteuerung von Steuerländern festgestellt werden, wird ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht geprüft. 1 Ferner wird kurz auf die in Deutschland bestehenden Gewerbe- und Vermögensteuer sowie auf die betriebsstättenunabhängige Tätigkeit des Gewerbebetriebes eingegangen. Am Ende wird die Bewältigung des Problems der Doppelbesteuerung im Ansässigkeitsstaat erörtert.

1 Verfassungsrechtlich ergeben sich hingegen grundsätzlich keine Probleme. Vgl. unten, in: Teil B 2. Kap. I.

TeilA

Die Begriffe Gewerbebetrieb und Betriebsstätte im Steuerrecht von Deutschland und Griechenland und in ihrem DBA Erstes Kapitel

Betriebsstätte und ständiger Vertreter als Anknüpfungsmerkmale eines grenzüberschreitenden Gewerbebetriebes im deutschen Steuerrecht I. Der Begriff des Gewerbebetriebes und die materiellen Steuerpflichten der Gewerbetreibenden im allgemeinen 1. Die Bedeutung und Definition des Begriffes

Das Einkommensteuergesetz mißt dem Gewerbebetrieb im Gegensatz zum Gewerbesteuergesetz, wonach er selbst Steuerobjekt ist (§§ 2 Abs. I Satz I und 35a GewStG), nur mittelbare Bedeutung bei. Der Gewerbetrieb bezeichnet die Ertragsquelle, die selbst durch die Einkommensteuer nicht besteuert wird. 1 Besteuert werden hingegen die Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die eine Einkunftsart neben den sechs anderen des § 2 Abs. I EStG darstellen. 2 Neben der Einkommen- und Gewerbesteuer kommt dem Begriff des Gewerbebetriebes im Rahmen der Vermögensteuer Bedeutung zu. Unter die vermögensteuerliche Bemessungsgrundlage Gesamtvermögen fällt neben dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen, dem Grundvermögen und dem sonstigen Vermögen das Betriebsvermögen,3 zu dem alle Teile eines Gewerbebetriebes gehören, die bei der steuerlichen Gewinnermittlung dem Betriebsvermögen zugeordnet werden. 4 HerrmannIHeuerlRaupach, § 15 EStG, Anm. 3. Zur steuerlichen Bedeutung der Zuordnung der Einkünfte zu einer Einkunftsart s. Tipke/Lang, Steuerrecht, S. 328 f. 3 Vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 1 VStG i.V.m. § 18 BewG. Zum Verständnis der Bedeutung der Aufspaltung des Gesamtvermögens in die dargestellten Vermögensarten ist beispielsweise auf die Anknüpfung unterschiedlicher Bewertungsvorschriften an die einzelnen Vermögensarten (§§ 9, 10, 36 Abs. 1 76 BewG) sowie auf die Vergünstigung des das Betriebsvermögen betreffenden § 117a BewG zu verweisen. 4 § 95 Abs. 1 BewG. 1 2

22

Teil A: Die Begriffe Gewerbebetrieb und Betriebsstätte

Seit 1983 wird der Begriff des Gewerbebetriebes, der auch gewerbliches Unternehmen genannt wird,5 in § 15 Abs. 2 EStG definiert. 6 Dieser Definition folgt sowohl das GewStG7 als auch das BewG.8 Nach § 15 Abs. 2 EStG ist der Gewerbebetrieb eine selbständige, nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Darüber hinaus muß die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung selbständiger Arbeit anzusehen sein, um als Gewerbebetrieb zu gelten. Den vom Gesetzeswortlaut erfaßten negativen Tatbestandsmerkmalen des Gewerbebetriebes (keine Land- und Forstwirtschaft, keine selbständige Arbeit) ist schließlich das in ständiger Rechtsprechung herausgebildete negative Tatbestandsmerkmal, daß es sich bei der Betätigung nicht um eine private Vermögensverwaltung handeln darf, hinzuzufügen. 9 Die gewerbliche Betätigung unterscheidet sich durch die Selbständigkeit von der nichtselbständigen Arbeit. 10 Die Selbständigkeit setzt voraus, daß der Betrieb auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird. 11 Bei der Beurteilung des Vorliegens dieses Tatbestandsmerkmals ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung abzustellen. 12 Durch die Nachhaltigkeit unterscheidet sich die gewerbliche Tätigkeit von den gelegentlichen Handlungen. 13 Daneben wird der Charakter des Gewerbebetriebes als (ständige) Erwerbsquelle hervorgehoben. 14 Nachhaltigkeit liegt vor, wenn die Betätigung subjektiv von der Absicht getragen ist, sie zu wiederholen und daraus eine (ständige) Erwerbsquelle zu machen und objektiv i.d.R. tatsächlich wiederholt wird. 15 5 Vgl. BFH vom 17.2.1973, 1 R 191/72, BStHl II 1973,260, der den Gewerbebetrieb und das gewerbliche Unternehmen als synonyme Begriffe betrachtet. 6 Das EStG hat sich die Definition des § 1 GewStDV a.F. zu eigen gemacht. Vgl. Schmidt, L, § 15 EStG, Anm. 4. 7 § 2 Abs. 1 Satz 2. 8 § 95 Abs. 1. 9 Vgl. BFH vom 25.6.1984, GrS 4/82, BStHl II 1984,751 (763); BFH vom 23.10.1987, III R 275/83, BStHl II 1988, 293 (294). Man spricht von ungeschriebenem negativem Tatbestandsmerkmal. Vgl. HerrmannlHeuer/RaupachiClausen, § 15 EStG, Anm. B III 3 (grüne Blätter); Schmidt, L., § 15 EStG, Anm. 4. 10 HerrmanniHeuer/RaupachiClausen, § 15 EStG, Anm. Bill (grüne Blätter). II HerrmanniHeuerlRaupach, Fn. 1, Anm. 7. 12 Schmidt, L., § 15 EStG, Anm. 5, mit Rechtsprechungshinweisen. 13 HerrmanniHeuer/RaupachiClausen, Fn. 1, Anm. B II 2 (grüne Blätter). 14 Vgl. Schmidt, L. (Fn. 1), Anm. 6. 15 BFH vom 21.8.1985, 1 R 60/80, BStBI II 1986, 88 (90) m.w.N.; BFH vom 3.6.1987, III R 209/83, BStHl II 1988,277 (278); Schmidt, L. (Fn. 1).

1. Kap.: Betriebsstltte und Gewerbebetrieb im deutschen Steuerrecht

23

Das dritte positive Merkmal des Gewerbebetriebes, nämlich die Gewinnerzielungsabsicht, wird durch das Streben nach einer Betriebsverrnögensmehrung in Gestalt eines Totalgewinns gekennzeichnet. 16 Beweisanzeichen für das Vorliegen dieses Strebens kann eine Betriebsführung sein, bei der der Betrieb nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung auf die Dauer dazu geeignet und bestimmt ist, mit Gewinn zu arbeiten. 17 Die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ist neben den bereits dargestellten positiven Tatbestandsmerkrnalen erforderlich, damit der gewerbliche Charakter der Tätigkeit nicht ausgeschlossen wird. Die Erfüllung dieses Merkmals erfordert, daß "eine Tätigkeit am Markt gegen Entgelt und für Dritte äußerlich erkennbar angeboten wird. Das Merkmal soll aus dem Gewerbebetrieb Tätigkeiten ausklammern, die von Gewinnabsicht getragen, aber nicht auf Leistungs- oder Güteraustausch gerichtet sind. "18 Liegen die vier positiven Merkmale (Selbständigkeit, Nachhaltigkeit, Gewinnerzielungsabsicht und Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr) vor, so ist nicht abschließend entschieden, daß die ausgeübte Tätigkeit der eines Gewerbebetriebes entspricht. Weist die Tätigkeit neben den vier positiven Merkmalen die besonderen Merkmale der Land- und Forstwirtschaft (§ 13 Abs. 1 EStG) oder der selbständigen Arbeit (§ 18 Abs. 1 EStG) auf, so ist kein Gewerbebetrieb anzunehmen. 19 Ebensowenig begründet einen Gewerbebetrieb eine Tätigkeit, die den Rahmen der privaten Verrnögensverwaltung nicht überschreitet. 20 Ein Überschreiten des Rahmens der privaten Verrnögensverwaltung zeichnet sich dadurch aus, daß die Verwertung der Verrnögenssubstanz im Vordergrund steht und die Tätigkeit dem Bild eines Gewerbebetriebes entspricht; insbesondere in Zweifelsfällen sei dies anband des Bildes, das sich gemeinhin die Verkehrsauffassung von einem Gewerbebetrieb macht, zu beurteilen. 21 Der BFH hat anläßlich seiner Befassung mit der Abgrenzung der privaten Verrnögensverwaltung vom Gewerbebetrieb bestimmte Kriteria herausgebildet, welche die Beantwortung der Frage nach den Umständen, unter denen der Rahmen der privaten Verrnögensverwaltung überschritten wird, erleichtern sollen. Diese Kriteria unterscheiden sich je nach Tätigkeitsgegenstand. BFH vom 25.6.1984, GrS 4/82, BStBl II 1984,751 (766). BFH vom 25.6.1984, GrS 4/82, BStBI II 1984,751 (767). 18 BFH vom 9.7.1986, I R 85/83, BStBl II 1986,851; vgl. auch BFH vom 2.9.1988, III R 58/85, BStBl II 1989, 24 (26). 19 Zur Abgrenzung des Gewerbebetriebes von der Land- und Forstwirtschaft einerseits und der selbständigen Arbeit andererseits s. Schmidt, L. (Fn. 12), Anm. 22 ff. und 19 tf. 20 Vgl. u.a. BFH vom 31.7.1990, I R 173/83, BStBl II 1991,66 (69). 21 Kirchhof, Paul, in: Kirchhof, P.lSöhn, H., § 2 EStG, Rdnr. B 146. 16

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Teil A: Die Begriffe Gewerbebetrieb und Betriebsstätte

Bei An- und Verkauf von Wertpapieren bilden derartige Kriteria die Aufnahme erheblicher Kredite, die Häufigkeit der Vorfälle und die Kürze der Zeiträume, in denen die Papiere behalten werden,22 und die Organisation. 23 Bei Veräußerungen von Grundstücken prüft der BFH den Übergang von der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbeberieb grundsätzlich anhand der Zahl der veräußerten Objekte und der Zeitspanne zwischen deren Erwerb bzw. Errichtung und Veräußerung. 24,25 Abschließend kommt im Bereich der Vermietung und Verpachtung dem "wirtschaftlichen Sachverhalt"26 der Betriebsaufspaltung eine erhebliche Bedeutung zu. Nach dem BFH ist die Vermietung oder Verpachtung keine Vermögensverwaltung mehr, sondern eine gewerbliche Vermietung oder Verpachtung, wenn deren Gegenstand die Nutzungsüberlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage an eine gewerblich tätige Gesellschaft ist und eine oder mehrere Personen zusammen sowohl das Besitzunternehmen, d.h. das Unternehmen, das die Vermietung oder Verpachtung betreibt, als auch die Betriebsgesellschaft, d.h. die gewerblich tätige Gesellschaft, welcher die Betriebsgrundlage zur Nutzung überlassen wird, in dem Sinne beherrschen, daß sie in der Lage sind, in beiden Unternehmen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchzusetzen. 27 2. Der Kreis der Gewerbetreibenden und die Zuteilung der Steuersubjekteigenschaft

Gewerbetreibende können natürliche Personen, juristische Personen, wie z.B. AG, GmbH, KGaA, Erwerbs- und Wirtschafts-genossenschaften sowie Personengesellschaften sein. 28

22 BFH vom 11. 7.1968, I V 139/63, BStHl 11 1968, 775 (776 f.); s. auch die besonderen Fälle, die in BlümichlStuhrmann, § 15 EStG, Rz. 119, angefilhrt sind. 23 Vgl. B1ümichlStuhrmann, § 15 EStG, Rz. 119. 24 Vgl. BFH vom 9.12.1986, V III R 317/82, BStHl 11 1988,244 (245); BFH vom 22.3.1990, I R 23/88, BStHl 11 1990, 637 (638) rn.w. Rechtsprechungshinweisen; BFH vom 5.9.1990 x R 107108/89, BStHl 11 1990, 1060 (1061 f.). 25 Vgl. auch dazu BdF vom 20.12.1990, I VB2-S 2240-61/90, BStHl 11990,884 (Rdnr. 17 ff.). 26 Der Ausdruck ist von Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 774, entnommen. 27 BFH vom 12.11.1985, V III R 240/81, BStHl 11 1986,296 (297); kritisch dazu Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 331 f., 744 ff. 28 HerrmannIHeuerlRaupach, § 15 EStG, Anm. 4.

1.

Kap.: Betriebsstätte und Gewerbebetrieb im deutschen Steuerrecht

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a) Die natürliche Person als Gewerbetreibende Als Gewerbetreibender ist die natürliche Person anzusehen, die die Merkmale der gewerblichen Betätigung im wesentlichen erfüllt, die also insbesondere das geschäftliche Risiko trägt. Das Gewerbe muß auf ihre Rechnung und Gefahr betrieben werden, d.h. sie muß Erfolge, Mißerfolge und Lasten des Gewerbebetriebes zu tragen haben. 29 Die natürliche Person ist Einkommensteuersubjekt. Ihre Einkünfte, die sowohl aus der laufenden gewerblichen Tätigkeit als auch aus der Veräußerung des Betriebes oder einer wesentlichen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft stammen können,30 unterliegen nach § 2 Abs. I Nr. 2 EStG der Einkommensteuer, sofern eine der in § I EStG dargestellten Beziehungen zum Inland vorliegt. Ferner ist die natürliche Person Vermögensteuersubjekt. Ihr Betriebsvermögen unterliegt unter bestimmten Voraussetzungen der Vermögensteuer. 31 Abschließend kommt die Gewerbesteuerpflicht in Betracht, soweit die gewerbliche Tätigkeit der natürlichen Person im Inland ausgeübt wird (§ 2 Abs. I Satz I GewStG). b) Die juristische Person als Gewerbetreibende Im Hinblick auf die juristischen Personen wird sich die Erörterung auf die Kapitalgesellschaften beschränken. Darunter fallen insbesondere die AG und GmbH. Es ist zu unterscheiden zwischen den Kapitalgesellschaften, die im Inland ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung haben, und den Rechtsgebilden, die im Inland weder Sitz noch Geschäftsleitung haben und den deutschen Kapitalgesellschaften entsprechen. Die Kapitalgesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland sind als solche körperschaft- und vermögensteuerpflichtig. 32 Daneben unterliegen sie der Gewerbesteuer, sofern ihre Tätigkeit im Inland im Sinne des § 2 Abs. I Satz 3 GewStG entfaltet wird. Im Gegensatz zu den natürlichen Personen haben die inländischen Kapitalgesellschaften - unabhängig von der Art ihrer Tätigkeit - nur Einkünfte aus Gewerbebetrieb. 33 Daneben sind ihre

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HartmannIBöttcherlNissenIBordewinlSchulze zur Wische, § 15 EStG, Rz. 162 m.w.N. §§ 15 Abs. 1 Nr. 1, 16 Abs. 1, 17 Abs. 1 EStG. S. dazu §§ 1 Abs. 1 Nr. 1,2 Abs. 2 VStG i.V.m. §§ 121 Abs. 2, 117a Abs. 1 BewG. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG, § 1 Abs. 1 Nr. 2a VStG. § 8 Abs. 2 KStG i.V.m. §§ 6, 238 HGB, § 3 AktG, § 13 Abs. 3 GmbHG.

Teil A: Die Begriffe Gewerbebetrieb und Betriebsstätte

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Wirtschaftsgüter stets in vollem Umfang der Vermögensart Betriebsvermögen zuzuordnen. 34 Abschließend knüpft ihre Gewerbesteuerpflicht im Gegensatz zu den natürlichen Personen nicht an die Art ihrer Tätigkeit an. Ihre Tätigkeit gilt stets als Gewerbebetrieb. 35 Die Rechtsgebilde, die im Inland weder Sitz noch Geschäftsleitung haben und nach den leitenden Gedanken des deutschen Steuerrechts einer der in § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG bzw. § 1 Abs. 1 Nr. 2a VStG genannten Kapitalgesellschaften vergleichbar sind, sind in Deutschland gegebenenfalls körperschaft-, vermögen- und gewerbesteuerpflichtig (§ 2 Abs. 1 KStG, § 2 Abs. 1 Nr. 2 und 2 VStG, § 2 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 GewStG).36 Im Gegensatz zu den inländischen Kapitalgesellschaften können die Kapitalgesellschaften mit Sitz und Geschäftsleitung im Ausland infolge der Anwendung der isolierenden Betrachtungsweise37 bei der Einordnung ihrer Einkünfte und Vermögensteile Einkünfte und Vermögensteile haben, die keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb und Betriebsvermögen darstellen. Gewerbesteuerlich sind sie aber Gewerbebetriebe kraft Rechtsform und mithin, sofern ihre Tätigkeit im Inland im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 3 GewStG ausgeübt wird, gewerbesteuerpflichtig. c) Die Personengesellschaft als Gewerbetreibende

Der gewerbliche Charakter einer Personengesellschaft kann sich sowohl aus der die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG erfüllenden Tätigkeit ergeben, wobei auf die gemeinschaftliche Betätigung ihrer Gesellschafter abzustellen ist,38 als auch aus der ausschließlichen Beteiligung einer (oder mehrerer) Kapitalgesellschaft(en) an ihr als Komplementär(e), die zugleich nur selbst unter dem Gesellschafterkreis geschäftsführungsbefugt ist (oder sind). Im letzteren Fall handelt es sich um gewerblich geprägte Personengesellschaften. 39,40 Ist eine Personengesellschaft teils gewerblich, teils freiberuflich oder Vgl. § 97 Abs. 1 BewG. § 2 Abs. 1 Satz 1 i. V.m. Abs. 2 Satz 1 GewStG. 36 Vgl. BFH vom 3.2.1988, I R 134/84, BStBl 11 1988, 588 (590); RässlerlTroll, § 2 VStG, Rz. 15; GlaneggerlGürojf, § 2 GewStG, Anm. 185 m.w. Rechtsprechungsnachweisen. 37 s. dazu unten, in Teil A l.Kap. 11 1 b). 38 BFH vom 25.6.1984, GrS 4/82, BStBl 11 1984,751 (761,763). 39 § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Als gewerblich geprägte Personengesellschaft ist auch die Personengesellschaft anzusehen, an der sich als Komplementär und Geschäftsfiihrer entweder ausschließlich oder zusammen mit Kapitalgesellschaften gewerblich geprägte Personengesellschaften beteiligen. Daneben können sich Personen außer des Gesellschafterkreises an der Geschäftsfiihrung beteiligen, ohne die Einstufung der Personengesellschaft als gewerblich geprägte Personengesellschaft zu beeinflussen. Dazu vgl. die angegebene Vorschrift im Zusammenhang mit Schmidt, L., § 15 EStG, Anm.46cdd. 34

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1. Kap.: Betriebsstätte und Gewerbebetrieb im deutschen Steuerrecht

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land- und forstwirtschaftlich oder vermögensverwaltend tätig, so gilt ihre Tätigkeit, soweit diese von Einkunftserzielungsabsicht getragen ist, nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 "in vollem Umfang" als Gewerbebetrieb. 41 Die Personengesellschaft als solche ist weder einkommen- noch körperschaftsteuerpflichtig. 42 Der im Gewerbebetrieb einer Personengesellschaft erwirtschaftete Gewinn oder Verlust wird denjenigen anteilig zugerechnet, die Mitunternehmer des Gewerbebetriebes der Personengesellschaft sind. 43 Mitunternehmer ist die natürliche oder juristische Person, die aufgrund eines zivilrechtlichen Gesellschaftsverhältnisses oder eines wirtschaflich damit vergleichbaren Gemeinschaftsverhältnisses zusammen mit anderen Personen eine Unternehmerinitiative entfalten kann und ein Unternehmerrisiko trägt, d.h. wer aufgrund dieses Verhältnisses an der Ausübung von Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechten beteiligt und am Erfolg und Mißerfolg, insbesondere am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven einschließlich des Geschäftswertes der Gesellschaft teilhat. 44 Neben den Gesellschaftern einer OHG, die allein schon wegen ihrer unbeschränkten Haftung in aller Regel gleichzeitig Mitunternehmer sind, sind auch die Kommanditisten stets als Mitunternehmer anzusehen, soweit sie wenigstens annähernd die Rechte erlangen, die einem Kommanditisten nach dem HGB zustehen. 45 Dasselbe gilt für den atypischen stillen Gesellschafter, der sich im wesentlichen dadurch vom typischen stillen Gesellschafter unterscheidet, daß er an den stillen Reserven des Handelsgeschäftes des Geschäftsinhabers in der Weise beteiligt ist, daß ihm bei seinem Ausscheiden nicht nur ein schuldrechtlicher Anspruch auf Auszahlung des Buchwertes seines Kapitalkontos zusteht, sondern ihm darüber hinaus auch der Betrag ausgezahlt werden muß, der seinem Anteil an den stillen Reserven des Unternehmens entspricht. 46 Die gewerblichen Einkünfte des Mitunternehmers stammen aus drei Bereichen. Neben dem Gewinnanteil (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 1 EStG) stellen

40 Eine weitere von der Rechtsprechung entwickelte Gruppe von gewerblichen Personengesellschaften bilden die Besitzpersonenunternehmen im Rahmen der Betriebsaufspaltung. Dazu vgl. Fn. 27. 41 S. ausfuhriich dazu Schmidt, L., § 15 EStG, Anm. 42. 42 Vgl. § 1 EStG, § I KStG. Ihr kommt jedoch eine partielle Steuerrechtssubjekteigenschaft zu (BFH vom 26.5.1984, GrS 4/82, BStHl II 1984, S. 751 (762)). Sie ist als Wirkungs- und Handlungseinheit gegenüber ihren Gesellschaftern verselbständigt und dient als Tatbestandssubjekt fur die Ermittlung der Steuergüter und die Zurechnung von Geschäftsvorfallen. Kirchhof, P., in: Kirchhof, P./Söhn, H., § 2 EStG, Rdnr. A 86. 43 Vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG. 44 Schmidt, L., § 15 EStG, Anm. 49c. 45 Söffing, Besteuerung der Mitunternehmer, S. 45 f. mit Rechtsprechungshinweisen. 46 Söffing, S. 50 mit Rechtsprechungshinweisen.

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Teil A: Die Begriffe Gewerbebetrieb und BetriebsstAtte

diese Bereiche die Vergütungen für die Überlassung von Arbeitskraft, Kapital oder Wirtschaftsgütern an die Gesellschaft (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG), m.a.W. die Sondervergütungen, und das Entgelt für die Veräußerung der Beteiligung (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG) dar. 47 Die Personengesellschaft als solche ist nicht vermögensteuerpflichtig. 48 Der Wert des Betriebsvermögens einer Personengesellschaft49 wird auf die Mitunternehmer aufgeteilt. 50 Die gewerbliche Personengesellschaft ist selbst Schuldner der Gewerbesteuer (§ 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG).

ß. Die Ansprüche im deutschen Steuerrecht bei der grenzüberschreitenden gewerblichen Betätigung in Form der Betriebsstättenerrichtung oder der Vertreterbestellung 1. Allgemeines über den sachlichen Umfang der deutschen Steueranspriche

Im deutschen Steuerrecht wird die Unterscheidung zwischen unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht getroffen. 1 Je nachdem, ob unbeschränkte oder beschränkte Steuerpflicht vorliegt, erstreckt sich das deutsche Besteuerungsrecht auf sämtliche steuerbegrundenden Vorgänge, unabhängig davon, ob sie im Inland oder Ausland stattfinden, oder es beschränkt sich nur auf die inländischen steuerbegründenden Vorgänge. 2 Man spricht im Falle der unbeschränkten Steuerpflicht auch von Wohnsitzbesteuerung oder Totalitätsprinzip und im Falle der beschränkten Steuerpflicht auch von Quellenbesteuerung oder Territorialitätsprinzip. Daneben werden die unbeschränkt steuerpflichtigen natürlichen Personen, Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen als Steuerinländer bezeichnet. 3

Vgl. Döllerer, DStZ 1976, 436 ff. Vgl. § 1 VStG. 49 Nach § 97 Abs. I Nr. 5a BewG ist das Vennögen einer Personengesellschaft, bei der die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind, Betriebsvennögen. Betriebsvennögen ist auch stets das Vermögen der gewerblich geprägten Personengesellschaften (§ 97 Abs. 1 Nr. 5b BewG). 50 § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO, § 3 BewG. 47 48

§ 1 EStG, §§ 1,2 KStG, §§ 1,2, VStG. § 2 Abs. 1 EStG, § 1 Abs. 2 KStG, § 1 Abs. 3 VStG oder § 1 Abs. 4 EStG, § 2 KStG, § 2 Abs. 2 VStG. 3 Vgl. statt aller Debatin, Systematik I, Rdnr. 22 f. 1

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1. Kap.: Betriebsstätte und Gewerbebetrieb im deutschen Steuerrecht

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a) Die unbeschränkte Steuerpflicht Unbeschränkte Steuerpflicht liegt vor, wenn der Einkommensbezieher bzw. Vermögensinhaber mit dem Inland dergestalt verbunden ist, daß sich bei natürlichen Personen ihr Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt und bei juristischen Personen und sonstigen Vermögensmassen ihr Sitz oder ihre tatsächliche Geschäftsleitung im Inland befindet. 4 Der steuerrechtliche WohnsitzbegrifI ist in § 8 AO definiert. Er ist nicht mit dem WohnsitzbegrifI der §§ 7, 8 BGB identisch. Während für das Zivilrecht die rechts geschäftliche Willenserklärung für die Begründung und Aufhebung des Wohnsitzes maßgeblich ist, knüpft das Steuerrecht an die tatsächliche Gestaltung an. 5 Die Erfüllung des WohnsitzbegrifIes setzt eine Wohnung, d.h. zum dauerhaften Wohnen geeignete Räumlichkeiten, und die tatsächliche Verfügungsmacht des Steuerpflichtigen über die Wohnung voraus. Darüber hinaus müssen die objektiven Umstände darauf schließen lassen, daß die Wohnung beibehalten und benutzt werden soll.6 Der gewöhnliche Aufenthalt als alternatives Anknüpfungsmerkmal der unbeschränkten Steuerpflicht der natürlichen Personen ist in § 9 AO definiert. Demgemäß liegt der gewöhnliche Aufenthalt in Deutschland vor, wenn der Einkommensbezieher oder Vermögensinhaber in Deutschland nicht nur vorübergehend verweilt. Hält er sich in Deutschland länger als sechs Monate auf, so wird gemäß § 9 Abs. 2 AO fingiert, daß er seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. 7 Der Sitz der Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen liegt an dem Ort, der durch Gesetz, Gesellschaftsvertrag, Satzung, Stiftungsgeschäft oder dergleichen bestimmt ist (§ 11 AO). Hier kommt es auf rein rechtliche und nicht auf wirtschaftliche Faktoren an. 8 Schließlich kommt es alternativ auf den Ort der Geschäftsleitung der juristischen Personen und sonstigen Vermögensmassen bei der Beurteilung des sachlichen Umfangs der Steuerpflicht an. 9 Nach § 10 AO ist die Geschäfts-

4 § 1 Abs. 1 EStG, § 1 Abs. 1 KStG, § 1 Abs. 1 VStG. Zur Reichweite der deutschen Gebietshoheit, die seit dem 3.10.1990 kraft des Einigungsvertrages vom 31.8.1990 BGBI. 111990, S. 889, auch das Gebiet der ehemaligen DDR umfaßt, s. MertenIKirchhof, F., in: Staudinger, Art. 1 EGBG, Rdnr. 28 ff. 5 Tipke/Kruse, § 8 AO, Tz. 1. 6 Kluge, Das deutsche IStR, S. 47; Tipke/Kruse (Fn. 5), Tz. 2ff. Zu der sechsmonatigen Fiktion des § 9 Satz 2 AO s. Tipke/Kruse, § 9 AO, Tz. 5. BeUstedt, Die Besteuerung international verflochtener Gesellschaften, S. 5. 9 Zur steuerlichen Funktion der Geschäftsleitung s. Raupach, in: Steuergestaltung, S. 67.

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Teil A: Die Begriffe Gewerbebetrieb und Betriebsstätte

leitung der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung. Der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung ist dort, wo das entscheidende Wort für die Geschäftsführung des Unternehmens gesprochen wird. 10 Im Regelfall wird sich die Geschäftsleitung an dem Ort befinden, wo der Vorstand oder die sonst leitenden und zur Vertretung des Unternehmens befugten Personen die ihnen obliegende geschäftsführende Tätigkeit entfalten. l1 Von der Geschäftsleitung ist die gesellschaftsrechtliche Beherrschung zu trennen. Eine solche gesellschaftliche Machtwirkung reicht nur dann aus, wenn ein nachhaltiges Eingreifen in die laufende Geschäftsführung des Unternehmens hinzutritt. 12 Hat ein Unternehmen sowohl eine kaufmännische als auch eine technische Leitung, die sich an zwei verschiedenen Orten befinden, so liegt für das Steuerrecht das Übergewicht bei der kaufmännischen Leitung. 13 b) Die beschränkte Steuerpflicht Im Gegensatz zu der unbeschränkten Steuerpflicht, die an die persönliche Bindung des Steuerpflichtigen zum Inland anknüpft, kommt es im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht auf eine sachliche Beziehung zum Inland an. 14 Diese sachliche Beziehung zum Inland wird dadurch gekennzeichnet, daß im Inland Einkommen erwirtschaftet oder Vermögen gelegen ist. 15 Ob inländische Einkünfte erwirtschaftet werden oder Vermögen im Inland gelegen ist, wird unter Zugrundelegung des § 49 Abs. I EStG bzw. § l21 Abs. 2 BewG beurteilt. Liegen inländische Einkünfte im Sinne des § 49 EStG oder liegt inländisches Vermögen im Sinne des § 121 BewG vor, so unterliegt der Steuerausländer mit diesen Einkünften oder diesem Vermögen der inländischen Besteuerung. 16 Bei der Beurteilung der Beziehung der Einkünfte und des Vermögens eines Steuerausländers zum Inland ist zunächst auf deren Zuordnung auf Einkunftsund Vermögensarten abzustellen, weil § 49 EStG und § 121 BewG die inländischen Einkünfte und Vermögensteile nach Einkunfts- und Vermögensarten bestimmen. Dieser Zuordnung dient die von der Rechtsprechung entwickelte

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RFH vom 3.7.1936, I A 150/36, RStB11936, 806. KühnIKutterlHofmann, § 10 AO, Anm. 3. KühnIKutterlHofmann, mit Rechtsprechungshinweis. Mersmann, Die Ertragsbesteuerung, S. 24. Vgl. Bayer, in: Festschrift fiir Mosler, S. 69. Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, S. 10 f § 1 Abs. 4 EStG, § 2 KStG, § 2 Abs. 2 VStG.

1. Kap.: Betriebsstätte und Gewerbebetrieb im deutschen Steuerrecht

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und in § 49 Abs. 2 EStG verankerte isolierende Betrachtungsweise. 17 Sie besagt, daß im Ausland gelegene Besteuerungsmerkmale außer Betracht bleiben, soweit bei ihrer Berücksichtigung inländische steuerbegrtindende Vorgänge nicht angenommen werden können. Demzufolge soll ein Rückgriff auf die Qualifizierung der ausländischen Tätigkeit oder auf deren Rechtsform nicht stattfinden, solange die Einkunfts- oder Vermögensart nach den im Inland gegebenen Tatbestandsmerkmalen bestimmt werden kann. 18 Danach kann eine steuerausländische Kapitalgesellschaft inländische Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und inländisches Grundvermögen haben. 19 ,20 c) Exkurs: Der sachliche Umfang des gewerbesteuerlichen Anspruchs

Die Unterscheidung zwischen unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht ist dem Gewerbesteuerrecht unbekannt. Abgesehen von dem Reisegewerbebetrieb (§ 35a GewStG) unterliegt der Gewerbesteuer jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird. Ein Gewerbebetrieb wird im Inland betrieben, wenn für ihn im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird (§ 2 Abs. 2 GewStG).21 Ist dies der Fall, so unterliegt das Unternehmen mit seiner gesamten auch ausländischen Tätigkeit der Gewerbesteuer. 22 Danach sind z.B. die Zinsen aus einem Darlehen, das ein inländischer Gewerbetrieb einem Ausländer gegeben hat, Teil der gewerbesteuerlichen Besteuerungsgrundlage Gewerbeertrag. Daneben stellt die Darlehensforderung

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Zur analogen Anwendung der isolierenden Betrachtungsweise auf das Vermögensteuerrecht vgl.

GürschinglStfinger, § 121 BewG, Anm. 3. 18 Vgl. HerrmanniHeuerlRaupach, § 49

EStG, Anm. 2b;RösslerlTroll, § 121 BewG, Rdnr. 3. Umstritten ist, inwieweit sich die Anwendung der isolierenden Betrachtungsweise über die Aufhebung der Subsidiaritätsklausel der Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 3 EStG), aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 3 EStG) und der sonstigen Einkünfte (§§ 22 Nr. 1 Satz 1, Nr. 3 Satz 1,2;3 Abs. 3 EStG) hinaus auswirkt. Vgl. dazu einerseita BFH vom 1.12.82, I B 11182, BStBl 11 1983, ;367 (368); Clausen, DStZ 1974, 319; HerrmannIHeuerlRaupach, § 49 EStG, Anm. 2b; Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, S. 93, Mösmer, in: Mössner u.a., Steuerrecht international tätiger Unternehmen, Rz. 147; Schaumburg, IStR, S. 94; SchmidtiHeinicke, § 49 EStG, Anm. 8b und andererseits Bilsdorfer, RIW 1983,854; BlümichiKrabbe, § 49 EStG, Rz. 31; Hartmannl BättcherlNissenIBordewiniScholtz, § 49 EStG, Rz. 806. 20 Die beschränkte Steuerpflicht wird in bestimmten Fällen durch das Außensteuergesetz, §§ 2, 3, erweitert. 8. dazu z.B. Kluge, Das deutsche IStR, S. 57 ff., 30~ f. 21 Nach Abs. 8 des § 2 GewStG gehört zum Inland auch der der BRD zustehende Anteil am FestlandsocJq~l, soweit dort Naturschätze des Meeresuntergrundes erforscht oder ausgebeutet werden. Dasselbe gilt auch filr die ESt (§ 1 Abs. I Satz 2 EStG), KSt (§ 1 Abs. 3 KStG), VSt (§ lAbs. 4 VStG). 22 GlaneggerlGürojJ, § 2 GewStG, Anm. 6. 19

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Teil A: Die Begriffe Gewerbebetrieb und Betriebsstätte

einen Teil der gewerbesteuerlichen Besteuerungsgrundlage Gewerbekapital dar. 23 2. Deutscher Gewerbebetrieb mit Betriebsstätte oder ständigem Vertreter im Ausland und die Ausgestaltung der deutschen Steueranspriche

Entfaltet eine natürliche Person mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in der BRD eine Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG oder ist Mituntemehmer des Gewerbetriebes einer Personengesellschaft, oder hat eine Kapitalgesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in Deutschland, so erhebt Deutschland kraft der vorliegenden unbeschränkten Steuerpflicht Steueransprüche auf die gewerblichen Einkünfte und das Betriebsvermögen dieser Personen, unabhängig davon, wo die Tätigkeit entfaltet wird und das Vermögen liegt. Steuerlich erfaßt werden das Welteinkommen und -vermögen dieser Personen. 24 Wird die Tätigkeit dieser Personen bzw. der Personengesellschaft teilweise oder ausschließlich im Ausland ausgeübt, so wird sie für die Frage nach dem Vorliegen ausländischer Einkünfte im Sinne des § 34d EStG, das Voraussetzung der Anrechnung der ausländischen Steuer ist,25 "isoliert" und unabhängig von deren inländischen Einkünften aus Gewerbebetrieb beurteilt. 26 Erweist die isolierende Betrachtungsweise der ausländischen Tätigkeit, daß ein Gewerbebetrieb vorliegt, so wird die der deutschen Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer entsprechende ausländische Steuer insoweit auf die deutsche Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer angerechnet, als sie in dem Staat erhoben wird, in dem die Betriebsstätte27 des deutschen Gewerbebetriebes liegt oder sein bestellter ständiger Vertreter28 tätig wird, und sich auf die Erfassung der durch diese Betriebsstätte oder diesen Vertreter erzielten Einkünfte beschränkt. 29 Unter diesen Voraussetzungen wird die festgesetzte und gezahlte und keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegende ausländische Steuer auf die deutsche Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer angerechnet, die auf § 6 i.V.m. §§ 7,12 GewStG; vgl. das Beispiel in: Rose, Grundzüge des ISm, 22 B 2. § 2 Abs. 1 EStG, 1 Abs. 2 KStG, § 1 Abs. 3 VStG. 25 Zu der Anrechnung als Methode der Vermeidung der Doppelbesteuerung s. unten, in: Teil C. l.Kap.1. 26 Vgl. § 34d Nr. 2a EStG; F1ickIWassermeyerlBecker, § 34d EStG, Anm. 14. 27 Zum Begriffs. unten, in: 3.Kap. III 2 b) bb). 28 Zum Begriffs. unten, in: 3.Kap. III 2 b) bb). 29 Von den Fällen der ausländischen Steuern, die auf die gewerblichen Einkünfte aus Bürgschaftsund Avalprovisionen und aus den BefOrderungen durch Seeschiffe oder Luftfahrzeuge entfallen und deren Anrechnung das Vorliegen einer Betriebsstätte oder ständigen Vertreters nicht voraussetzt, wird abgesehen. 23 24

1. Kap.: Betriebsstätte und Gewerbebetrieb im deutschen Steuerrecht

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die Einkünfte aus diesem Staat entfällt. 30 Neben der Anrechnung kommt alternativ der Abzug der ausländischen Steuer bei der Ermittlung der Einkünfte in Betracht (§ 34c Abs. 2 EStG), der auch bei der unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Kapitalgesellschaft Anwendung finden kann (§ 26 Abs. 6 Satz I KStG). Statt der Anrechnung oder des Abzugs der ausländischen Steuer sind für bestimmte Fälle, die in Abs. 4 und 5 des § 34c EStG angeführt sind, die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes sowie die Pauschalierung oder der Erlaß der inländischen ESt zur Milderung der Steueransprüche auf die ausländischen Einkünfte vorgesehen. Diese Regelungen gelten im Bereich der Körperschaftsteuer sinngemäß (§ 26 Abs. 6 KStG). Auch im Bereich der Vermögensteuer hängt das Vorhandensein einer Betriebsstätte oder eines ständigen Vertreters mit dem Vorliegen ausländischen Betriebsvermögens, das einen Teil des ausländischen Vermögens darstellt,31 zusammen. Als Teil des ausländischen Vermögens ermöglicht das Vorliegen ausländischen Betriebsvermögens, d.h. des Vermögens, das einem im Ausland betriebenen Gewerbe dient, wenn hierfür im Ausland eine Betriebsstätte unterhalten wird oder ein ständiger Vertreter bestellt ist, die Anrechnung der ausländischen Vermögensteuer. 32 Darüber hinaus ist das Vorhandensein einer Betriebsstätte im Ausland Voraussetzung für die Beanspruchung der Anwendung des § 12 VStG, nämlich der Steuerermäßigung der auf ausländisches Betriebsvermögen entfallenden deutschen Vermögensteuer, anstelle der Anrechnung des § 11 VStG. Im Hinblick auf die Gewerbesteuer ist zwischen ausländischer gewerblicher Betätigung durch Betriebsstättenerrichtung und Betätigung durch Bestellung eines ständigen Vertreters zu unterscheiden, weil im Gegensatz zu der ausländischen Betriebsstätte, deren Gewerbeertrag nach § 9 Nr. 3 GewStG abgezogen wird und Gewerbekapital nach § 12 Abs. 4 Nr. I GewStG nicht berücksichtigt wird, die Bestellung eines ständigen Vertreters gewerbesteuerlieh nicht als Anknüpfungsmerkmal von Kürzungen gilt. Die bisherigen Ausführungen gelten auch bei mitunternehmerischen Beteiligungen von Steuerinländern an ausländischen Wirtschaftsgebilden, die nach den Maßstäben des deutschen Steuerrechts als gewerbliche Personen-

§ 34c Abs. 1 Satz 1 EStG, § 26 Abs. 1 KStG i.V.m. § 34d Nr. 2a EStG. § 11 Abs. 2 VStGi.V.m. § 121 Abs. 2 Nr. 3 8ewG. Vgl. § 11 Abs. 1 Satz 1 VStG, der zu den Voraussetzungen der Anrechnung Steuer das Vorliegen von Auslandsvermögen zählt. 30 31 32

3 Karakitis

der ausländischen

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Teil A: Die Begriffe Gewerbebetrieb und Betriebsstätte

gesellschaften anzusehen sind. 33 Die steuerinländischen Mitunternehmer sind Gewerbesteuerschuldner im Inland, sofern für ihre Rechnung ein inländischer Gewerbeberieb betrieben wird (§ 5 Abs. 1 GewStG). In diesem Falle sind nach §§ 9 Nr. 2, 11 Abs. 3 Nr. 2 GewStG Kürzungen hinsichtlich ihrer Beteiligungen an den ausländischen Personengesellschaften vorzunehmen, wenn ihre Anteile an den ausländischen Personengesellschaften zum Betriebsvermögen der inländischen Unternehmen gehören. 3. Ausländischer Gewerbebetrieb mit Betriebsstätte oder ständigem Vertreter im Inland und die deutschen Steueransprüche

Werden die Einkünfte und das Vermögen eines Steuerausländers unter Zugrundelegung der isolierenden Betrachtungsweise in die Einkünfte aus Gewerbebetrieb und in das Betriebsvermögen eingeordnet, so ist der Steuerausländer in Deutschland beschränkt steuerpflichtig, soweit für seinen Gewerbebetrieb im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird. Der inländischen Betriebsstätte wird hinsichtlich der einkornrnen- bzw. körperschaftsteuerlichen und vermögensteuerlichen Wirkung der inländische ständige Vertreter gleichgestellt,34 während gewerbesteuerlich nur die inländische Betriebsstätte die Steuerpflicht des Gewerbebetriebes des Steuerausländers begründet (§ 2 Abs. 1 GewStG).35 Die steuerausländischen Mitunternehmer des Gewerbebetriebes einer Personengesellschaft, die nach deutschem Recht errichtet worden ist, sind 33 Vgl. RFH vorn 12.2.1930, VIA 899127, RFHE 27, 73 (78); BFH vorn 17.7.1968, I 121164, BStBl II 1968, 695 (696); Beckerath, Der Durchgriff im deutschen Außensteuerrecht, S. 103; Debatin, Systematik IV, Rdnr. 134; derselbe, BB 1978,669; Diehl, FR 1978, 519; Koch, CDFI Vol. LVIIIb, IUI5 f., IU21 f.; Piltz, Die Personengesellschaften im IStR der BRD, S. 64 ff., 78 ff.; Sch/ütter in Grundfragen des IStR, s. 219 ff.; aA Hintzen, DStR, 1971, 331 ff. Zur Beurteilung der Mitunternehmereigenschaft im zwischenstaatlichen Bereich s. Selent, Ausländische Personengesellschaften, S. 126 ff. 34 § 49 Abs. 1 Nr. 2a EStG, § 121 Abs. 2 Nr. 3 BewG. Allerdings ist das Vorhandensein einer inländischen Betriebsstätte oder eines inländischen ständigen Vertreters keine Voraussetzung filr die steuerliche Erfassung im Inland der gewerblichen Einkünfte der ausländischen Schiffahrt- und Luftfahrtuntemehmen, der gewerblichen Einkünfte aus künstlerischen u.a. Darbietungen und der gewerblichen Einkünfte aus der Veräußerung eines wesentlichen Anteils an einer Kapitalgesellschaft (§ 49 Nr. 2 Buchst. b-e EStG). 35 Ausnahmsweise begründet die inländische Betriebsstätte eines Schiffahrt- oder Luftfahrtunternehmens, dessen Geschäftsleitung sich in einem ausländischen Staat befmdet, keine Gewerbesteuerpflicht, wenn die Einkünfte aus dieser Betriebsstätte nach § 49 Abs. 4 EStG einkommen- bzw. körperschaftsteuerfrei sind und der ausländische Staat Unternehmen, deren Geschäftsleitung sich im Inland befindet, eine entsprechende Befreiung von der Gewerbesteuer ähnlichen oder ihr entsprechenden Steuern gewährt oder in dem ausländischen Staat keine der Gewerb~steuer ähnlichen oder ihr entsprechenden Steuern bestehen (§ 2 Abs. 7 GewStG).

l. Kap.: Betriebsstätte und Gewerbebetrieb im deutschen Steuerrecht

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beschränkt steuerpflichtig, sofern sich die Tätigkeit der Personengesellschaft in einer inländischen Betriebsstätte vollzieht bzw. ein ständiger Vertreter mit der Besorgung der Geschäfte der Personengesellschaft im Inland betraut ist. 36 Neben der steuerbegründenden Wirkung der inländischen Betriebsstätte bzw. des inländischen ständigen Vertreters kommt diesen Begriffen im Rahmen des § 50 Abs. 5 und 6 EStG, §§ 50 Abs. 1 Nr. 2, 51, 26 Abs. 6 KStG, § 11 Abs. 4 VStG eine erhebliche Bedeutung zu. Im Hinblick auf § 50 Abs. 5 EStG und §§ 50 Abs. 1 Nr. 2, 51 KStG tritt eine Ausnahme von der Abgeltungswirkung des Steuerabzugs und dem Körperschaftsteueranrechnungsverbotes bei beschränkt Steuerpflichtigen insoweit ein, als es sich um Betriebseinnahmen eines inländischen Betriebes des beschränkt Steuerpflichtigen handelt. Als inländischer Betrieb ist insbesondere eine inländische Betriebsstätte oder ein inländischer ständiger Vertreter anzusehen. 37 Nach § 50 Abs. 6 EStG können beschränkt Steuerpflichtige, für deren gewerblichen Einkünfte ein Betrieb im Inland unterhalten wird, die Anrechnung oder den Abzug von ausländischen Steuern nach § 34c EStG beanspruchen, soweit in deren Einkünfte nicht Einkünfte aus einem ausländischen Staat entfallen, mit denen die beschränkt Steuerpflichtigen dort in einem der unbeschränkten Steuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen werden. Entsprechendes gilt im Bereich der Körperschaftsteuer (§ 26 Abs. 6 KStG) und der Vermögensteuer (§ 11 Abs. 4 VStG).

36 § 1 Abs. 4 EStG, § 2 Nr. 1 KStG, § 2 Abs. 1 und 2 VStG, i.V.m. §§ 15 Abs. 1 Nr. 2, 49 Abs. 1 Nr. 2a EStG, §§ 97 Abs. 1 Nr. 5, 19 Abs. 3 Nr. 2, 121 Abs. 2 Nr. 3 8ewG; vgl. Pi/tz, Die Personengesellschaften im IStR der BRD, S. 209. 37 Vgl. FG München vom 25.10.1989, I 279/84 E, EFG 1990,245, rechtskräftig.

Teil A: Die Begriffe Gewerbebetrieb und Betriebsstätte

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Zweites Kapitel

Die Stellung der Begriffe Gewerbebetrieb und Betriebsstätte im griechischen Steuerrecht I. Der Gewerbebetrieb 1. Die Bedeutung und Definition des Begriffes

Die Einkünfte aus Gewerbebetrieben stellen eine der sieben Einkunftsarten dar, in die der Gegenstand der griechischen Einkommensteuer unterteilt ist. 1 Die besondere Bedeutung dieser Einkunftsart liegt in der Ermittlung der Einkünfte,2 in der steuerlichen Behandlung der Vermögenswertänderungen,3 in der Zulässigkeit des überperiodischen Verlustabzugs4 und in den bestehenden Steuervergünstigungen. 5 Was schließlich die Steuer auf den (realisierten) Wertzuwachs (des unbeweglichen Vermögens) betrifft, so ist der Wertzuwachs des dem Gewerbebetrieb dienenden unbeweglichen Vermögens, weil er der Einkommensteuer unterliegt, steuerfrei. 6 Der griechische steuerrechtliche Begriff des Gewerbebetriebes ist besonders umfangreich. Die Definition des Begriffes ergibt sich aus Art. 31 Abs. 1 der gesetzlichen Verordnung (GVO)7 3323/55. Danach ist ein Gewerbebetrieb die Ausübung jedes auf Erwerb gerichteten Berufes, der nicht zu den in Art. 45 erschöpfend aufgezählten freien Berufen gehört. Daneben ist ein Gewerbebetrieb jede von Gewinnerzielungsabsicht getragene vereinzelte oder gelegentliche Handlung sowie die Veräußerung von Grundstücken, die außerhalb des Ortsgebietes gelegen sind und einen besonders hohen Wert haben, vorausArt. 2 Abs. 2 Buchst. Dder GVO 3323/1955. s. dazu unten in: Teil B, 2.Kap. III I a) aa). Durch Art. 32 der GVO 3323/1955, der sich auf die Einkünfte aus Gewerbebetrieb bezieht, gelangt in diesem Bereich die Reinvermögenszugangstheorie zur Anwendung. Zur geltenden Einkommenstheorie in Griechenland s. S.t.E 1453/1982. 4 Nach Art. 4 Abs. 1 Satz 3 der GVO 3323/1955 dürfen die negativen Einkünfte aus gewerblichen und landwirtschaftlichen Unternehmen von den Gesamtbeträgen der Einkünfte der fiinf folgenden Veranlagungszeiträume abgezogen werden. Zur Rechtfertigung dieser Regelung s. Theocharopoulos, Die Einkommensteuerneutralität gegenüber den Unternehmensverlusten, S. 11 f. 5 s. z.B. Art. 12,15 und 21 des G 1892/1990. 6 Vgl. Art. 16 Abs. 6 Buchst. a und b des G 1882/1990. 7 Bei den gesetzlichen Verordnungen geht es um Gesetze, deren Erlaß in Art. 35 Abs. 2 der Verfassung von 1952 vorgesehen war. Danach konnte der König während der Einstellung der Parlamentsarbeiten zur Regelung von besonders dringenden Fragen unter der Bedingung der Zustimmung eines besonderen parlamentarischen Ausschusses gesetzliche Verordnungen erlassen. Vg1. i.e. Stassinopoulos, Verwaltungsrechtslehre, S. 86 ff. I

2 3

2. Kap.: Gewerbebetrieb und Betriebsstätte im griechischen Steuerrecht

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gesetzt, daß sie innerhalb von zwei Jahren nach dem Grundstückserwerb aus entgeltlichem Rechtsgrund erfolgt. In diesem Falle gilt die Gewinnerzielungsabsicht als gegeben, so daß es auf deren Nachweis seitens der Finanzverwaltung nicht ankommt. Der Stpfl. kann aber beweisen, daß die Veräußerung dieser Grundstücke nicht auf seiner Absicht beruht, Gewinne zu erzielen, sondern auf anderen Gründen, und damit mangels einer anderen einkommensteuerrechtlichen Regelung über die Steuerbarkeit des sich daraus ergebenden Vermögenszugangs dessen Einkommensteuer- bzw. Körperschaftsteuerfreiheit gemäß Art. 78 der Verfassung erreichen. 8 Als Beweisanzeichen für das Vorliegen der Gewinnerzielungsabsicht wird die unternehmerische Organisation im Sinne der Kapitalbereitstellung, der Buchführung, des Vorhandenseins von Personal usw. angesehen. 9 Die höchstrichterliche Finanzrechtsprechung nimmt ferner das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht auch dann an, wenn zwischen dem Erwerb eines Grundstückes und der Errichtung des Bauwerkes ein kurzer Zeitraum eingeschaltet wird und innerhalb eines kurzen Zeitraumes viele Appartements veräußert werden.1° Von Bedeutung ist schließlich aufgrund der unterschiedlichen Regelungen bezüglich der steuerlichen Erfassung des Gewinnes eine Abgrenzung des Gewerbebetriebes vom landwirtschaftlichen Unternehmen. II Kriterien der Abgrenzung mögen der Ursprung und der Verarbeitungsumfang der zum Absatz bereitgestellten Erzeugnisse sowie die Art und Weise des Absatzes sein. 12 2. Der Gewerbebetrieb: eine gastfreundliche Einkunftsquelle

Aus Art. 31 der GVO 3323/1955 ist nicht nur eine Definition des Begriffes Gewerbebetrieb zu entnehmen, sondern auch ein Katalog von Sachgütern, die

8 Vgl. S.t.E. 3144/1993, D.F.N. 1994, 1227 (1228); a.A Totsis. N. und ehr., Die Besteuerung der AG und GmbH, Bd. I, Anm. 59 9 Vgl. die Urteile 304111974 und 1952/1974 des Steuergerichtes zweiter Instanz von Athen; Totsis. N. und ehr., Die Einkommenbesteuerung der natürlichen und juristischen Personen, Bd. 1, Anm. 602; dieselben, Die Besteuerung der AG und der GmbH, Bd. 1, Anm. 33. 10 Vgl. z.B. S.t.E. 4035/1988, S.t.E. 87111991, LOGISTIS 1992,51 (52); S.t.E. 2812-13/1988, D.F.N. 1989,813. 11 Nach Art. 38 Abs. 1 der GVO 3323/1955 gehören zu den landwirtschaftlichen Unternehmen u.a. die Agrar-, Viehzucht-, Geflügelhaltungs-, Bienenhaltungs-, Forstwirtschafts- und Fischereiunternehmen. 12 Vgl. hierzu ausfiihrlich Totsis. N. und ehr., Die Einkommensbesteuerung ... , Bd. 1, Anm. 605; dieselben, Die Besteuerung der AG und der GmbH, Bd. 1, Anm. 34.

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Teil A: Die Begriffe Gewerbebetrieb und Betriebsstätte

stets als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gelten und damit den Begriff des Gewerbebetriebes insbesondere im Vergleich zum handelsrechtlichen Begriff des Handelsgewerbes noch umfangreicher machen. 13 Zu diesem Katalog gehören insbesondere: (a) Der Gewinn aus der Ausübung eines Unternehmens, dessen Gegenstand der An-und Verkauf von Grundstücken ist. Ein solches Unternehmen liegt nicht nur dann vor, wenn jemand nachhaltig zum Zwecke der Gewinnerzielung eine derartige Tätigkeit entfaltet; auch die einmalige Beschäftigung mit dieser Tätigkeit führt zur Begründung eines solchen Unternehmens, wenn sie auf der Gewinnerzielungsabsicht beruht. Wie bereits erwähnt wurde, ist Anzeichen dafür, daß im Falle einer derartigen Tätigkeit Gewinnerzielungsabsicht vorliegt, daß zwischen dem Erwerb eines Grundstückes und der Errichtung des Bauwerkes eine kurze Zeitspanne eingeschaltet wird and innerhalb eines kurzen Zeitraumes so viele Appartements veräußert werden, daß sie die im Eigentum des Veräußerers verbleibenden Appartements stark überwiegen. 14 (b) Der Gewinn, den ein Unternehmen aus der Veräußerung von parzellierten Grundstücken erzielt. Dabei ist für die Einordnung des Gewinnes unter die Einkünfte aus Gewerbebetrieb entscheidend, daß es sich bei dem veräußerten Grundstück um eine Parzelle handelt und der Veräußerer über eine unternehmerische Organisation verfügt, der der Gewinn zurechenbar ist. 15 Auf den Rechtsgrund des Erwerbs dieses Grundstückes vom Veräußerer kommt es nicht an. 16 Den Einkünften aus Gewerbebetrieb wird dabei der Gewinn zugeordnet, der dem Betrag entspricht, der sich daraus ergibt, daß der Marktpreis des veräußerten Grundstückes dem Wert gegenübergestellt wird, den das veräußerte Grundstück am Veräußerungszeitpunkt hätte, wenn die Parzellierung nicht stattgefunden hätte, und anschließend die damit zusammenhängenden Aufwendungen des Art. 35 der GVO 3323/1955 17 abgezogen werden. 18 Der Wertzuwachs des Grundstückes, der nicht auf die Parzellierung zurückzuführen ist, bleibt hingegen außerhalb der Einkunftsart Einkünfte aus Gewerbebetrieb 19 und mangels einer anderen Einkunftsart, der er zugeordnet

13 vgl. Hatzitzanis, Handbuch der Grundzüge des Steuerrechts, S. 92 mit Rechtsprechungsnachweisen; Theocharopoulos, Besonderes Steuerrecht, S. 26,70. 14 Vgl. z.B. S.t.E. 1908/1976, 178-179/1980, 1345-46/1987, in: Anagnostopoulou, Verzeichnis der Rechtsprechung des S.t.E.... , in: Diikitiki Diki 1993, Sonderheft, 580 f., Abs. 545 ff. IS Vgl. Art. 31 Abs 2b der GVO 3323/1955. 16 Vgl. Totsis. N. und ehr., Die Besteuerung der AG und GmbH, Bd. 1, Anm 60. 17 S. dazu unten, in: Teil B 2.Kapitel III 1 a) aa) (3) (a). 18 So Art. 31 Abs. zb b der GVO 3323/1955. 19 Etwas anderes muß aber gelten, wenn auch der Tatbestand des Falles (a) erfilllt wird.

2. Kap.: Gewerbebetrieb und Betriebsstltte im griechischen Steuerrecht

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werden könnte, gemäß Art. 78 Abs. 1 der Verfassung einkommen- bzw. körperschaftsteuerfrei. 20 (c) Die Gewinne aus den Nebentätigkeiten des Unternehmens, sofern sie zusammen mit der seinem Hauptzweck dienenden Tätigkeit entfaltet werden. In Übereinstimmung mit dieser Regelung ordnet dann Art. 26 Abs. 4 der GVO 3323/1955 21 die Zinsen den Einkünften aus Gewerbebetrieb und nicht den Einkünften aus Kapitalvermögen zu, wenn der Empfanger der Zinsen ein Unternehmen in Griechenland ausübt und die Zinsen aus seinen unternehmerischen Geschäften stammen. 22 (d) Die Bezüge der Mitglieder der nach dem G. 602 gegründeten Genossenschaften, die unternehmerische Vergütung des Komplementärs und des geschäftsleitenden Gesellschafters der GmbH im Sinne des Art. 16a der GVO 3323/55 und Art. 10 der GVO 3843/195823 sowie die Gehälter der Mitglieder des Verwaltungsrates der AG, soweit sie nicht bei der Anstalt der Sozialversicherungen versichert sind. Es ist angesichts der Definition des Art. 31 Abs. 1 der GVO 3323/55 offensichtlich, daß diese Aufzählung nicht abschließend ist. Darüber hinaus ordnet Art. 32 der GVO 3323/55 bestimmte Vermögenswertänderungen den Einkünften aus Gewerbebetrieb und damit dem steuerbaren Einkommen zu, obwohl sie nach der im übrigen das griechische Steuerrecht beherrschenden Quellentheorie nicht zum Einkommen gehören. 24 Hierzu zählen der Gewinn aus der Veräußerung eines Gesellschaftsanteiles oder des ganzen Betriebes, der dem Firmenwert entspricht, der Gewinn aus der Veräußerung von Rechten (z.B. Mietrechte, Patente), die mit der Ausübung der gewerblichen Tätigkeit zusammenhängen, und der Gewinn aus der Veräußerung von Anlagegütern sowie ihre unrealisierte Wertsteigerung, sofern sie in der Inventur erfaßt worden ist. 25

20 Er unterliegt aber der Wetzuwachssteuer, wenn das Grundstück in Griechenland liegt.. 21 In der Neufassung durch Art 9 Abs. 4 des G 2065/1992, F.E.K. 113 Heft A·/30-6-1992. 22 Ist aber das Unternehmen ausländisch (zum Begriff s. unten, in:ILl), so sind diese Zinsen nur

dann Einkünfte aus Gewerbebetrieb, wenn deren Bezieher in Griechenland eine Betriebsstätte unterhält, der diese linsen zugerechnet werden können. So Art. 26 Abs. 4 der GVO 3323/1955. 23 s. dazu unten, in: Teil A, 2.Kap. I 3. 24 Vgl. S.t.E. 1453/1982, in: Totsis, N. und ehr., Die Besteuerung der AG und GmbH, Bd.l, Anm. 5, Fn 3; Theocharopoulos, Besonderes Steuerrecht, S. 24f, 36, 46 f., m. w. Rechtsprechungsnachweisen; Totsis, N. und ehr., Die Besteuerung der AG und GmbH, Bd. 1, Anm. 5 f. ebenfal1s m.w. Rechtsprechungsnachweisen. 25 Vgl. dazu unten, in: Teil B 2.Kap. III 1 a) aa) (3) (a) und Teil B 2.Kap. III 1 a) dd).

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Teil A: Die Begriffe Gewerbebetrieb und Betriebsstätte 3. Die Zurechnung des Gewerbebetriebes und die materiellen Steuerpflichten im allgemeinen

Der Gewerbebetrieb ist derjenigen natürlichen Person oder Personenvereinigung zuzurechnen, die den Gewerbebetrieb auf eigenen Namen und Rechnung betreibt. 26 Die natürliche Person unterliegt mit ihren Einkünften aus dem Gewerbebetrieb, den sie betreibt, und aus den anderen eigenen Einkunftsquellen der Einkommensteuer, sofern die in Art. 3 Abs. 1 GVO 3323/1955 angeführte personelle oder sachliche Beziehung zum Inland vorliegt. Von den Personenvereinigungen sind die inländischen AGs,27 die Genossenschaften und sämtliche ausländische Personen- und Kapitalgesellschaften sowie sonstige ausländische Wirtschaftsgebilde Subjekte der Einkommensteuer der juristischen Personen. 28 Vor der Einführung des G 2065/1992 waren die griechischen Personengesellschaften und GmbHs nicht Einkommensteuersubjekte. Ihr Gewinn wurde anteilig bei den Gesellschaftern steuerlich erfaßt. Der durch Art. 7 Abs. 1 des G 2065/92 modifizierte Art. 3 der GVO 3323/55 umfaßt nunmehr unter den Subjekten der Einkommensteuer der natürlichen Personen auch die griechischen Personengesellschaften, nämlich die O.E.,29 die E.E.,30 die stille Gesellschaft und die Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Daneben umfaßt der durch Art. 15 Abs. 1 des G 2065/1992 modifizierte Art. 3 der GVO 3843/58 die griechischen GmbHs unter den Subjekten der Einkommensteuer der juristischen Personen. Soweit aber natürliche Personen Komplementäre der griechischen OHG und KG und geschäftsfiihrende Gesellschafter der griechischen GmbH sind, wird der Gewinn dieser Gesellschaften bei ihnen steuerlich erfaßt, nachdem ein Teil davon als unternehmerische Vergütung abgezogen worden ist. Anders als der restliche Gewinn, der der proportionalen Gesellschaftsbesteuerung unterworfen wird, wird die unternehmerische Vergütung als Einkunft aus Gewerbebetrieb anteilig der progressiven Einkommenbesteuerung

26 Vgl. RechnungshofUrt. 17/1958; Totsis, N. und ehr., Die Einkommensbesteuerung ... , Bd. I, Anm.604. 27 Zu den Begriffen inländische und ausländische Gesellschaften im Sinne des griechischen Steuerrechts s. unten, in: Teil A 2.Kap. II I. 28 Art. 3 Abs. I der GVO 3843/1958. 29 Entspricht der OHG. 30 Entspricht der KG.

2. Kap.: Gewerbebetrieb und Betriebsstätte im griechischen Steuerrecht

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der drei Komplementäre bzw. der drei geschäftsfiihrenden Gesellschafter mit den größten Gesellschaftsanteilen unterworfen. 31 II. Die Betriebsstätte und die griechischen Steueransprüche 1. Allgemeines über den Umfang der griechischen Steueransprüche

Das griechische Einkommensteuerrecht verwirklicht neben dem Territorialitätsprinzip das Totalitätsprinzip.l Danach beschränken sich die inländischen Einkommensteueransprüche nicht nur auf die in Griechenland erwirtschafteten Einkünfte, sondern erstrecken sich auf das Welteinkommen, vorausgesetzt, daß der Einkommensbezieher eine bestimmte persönliche Bindung zum Inland aufweist. 2 Ist der Einkommensbezieher eine natürliche Person, so unterliegt sie dann mit ihrem weltweiten Einkommen der inländischen Besteuerung, wenn sich ihr Wohnsitz in Griechenland befindet. 3 Zur Definition des WohnsitzbegrifIes verweist die höchstrichterliche Rechtsprechung auf die Regelungen des Zivilrechts. 4 Nach Art. 51 des gr. BGB ist Wohnsitz der Ort der ständigen Hauptniederlassung des Menschen. Dabei handelt es sich um den Ort, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Menschen darstellt, und zu dem der Mensch nach jeder Abreise zurückkehrt. 5 Das griechische Zivilrecht kennt neben dem freiwilligen Wohnsitz, welcher an die tatsächliche Niederlassung der Person in dem Ort anknüpft, den die Person zum ständigen Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen zu machen beab-

31 Art. 16a Abs. 1 Buchst. c der GVO 3323/55 in der Neufassung durch Art. 7 Abs. 3 des G. 2065/1992 (F.E.K. Nr. 113, Heft A', 30.6.1992), Art. 10 Abs. 2 der GVO 3843/ 58 in der Neufassung durch Art. 16 Abs. 6 des G 2065/1992 und Art. 31 Abs. 2 Buchst. e der GVO 3323/55 in der Neufassung durch Art. 10 Abs. 1 des G 2065/ 2992. Nach Art. 16a Abs. 1 Buchst. c Satz 4 der GVO 3323/55 und Art. 10 Abs. 2 Satz 5 der GVO 3843/58 bestimmt sich die unternehmerische Vergütung durch die Anwendung der Gewinnanteile der filr die unternehmerische Vergütung steuerpflichtigen Gesellschafter auf die Hälfte des zu versteuernden Gewinnes der Gesellschaft. Vgl. auch BdF Schreiben vom 16-12-1993, IVC 5-S 1301 Gri 1993, DB 1994,453 1 Zu den Begriffen Totalitäts- und Territorialitätsprinzip s. Debatin, Systematik I, Rdnr. 22 f.; Theocharopoulos, Finanzwissenschaft, S. 296 f. 2 Vgl. Art. 1 Abs. 1 und 3 Abs. 1 der GVO 3323/1955 und Art. 4 Buchst. ader GVO 3843/1958. 3 Vgl. Art. 3 Abs. 1 der GVO 3323/1955. 4 StE Urteile 204, 205/1941; StE 2633/1989, vgl. auch Dertilis; in: Festschrift filr TriantafYllopoulos, S. 44, 49; Theocharopoulos, Besonderes Steuerrecht, S. 112. 5 Papantoniou, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts, S. 94.

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Teil A: Die Begriffe Gewerbebetrieb und Betriebsstätte

sichtigt,6 den vom Gesetz vorgesehenen Wohnsitz, welcher sich auf die unabsetzbaren Staatsbeamten und die Geschäftsunfahigen bezieht. 7 Je nachdem, ob es sich um unabsetzbare Staatsbeamte oder Geschäftsunfahige handelt, gilt als Wohnsitz der Ort ihres Dienstes8 oder der Wohnsitz ihrer Eltern bzw. ihres gesetzlichen Vertreters. Es liegt auf der Hand, daß dieser Mittelpunkt der Lebensinteressen des Menschen nur in einem Ort liegen kann. Diejenigen, die dafür sprechen, den Wohnsitz des Menschen in jedem Ort als begründet zu sehen, in dem er sich für einen bestimmten Zeitraum niederlasse und beruflich tätig werde, und als Argument die Regelungen der in Griechenland geltenden DBA über die Ansässigkeit in beiden Vertragsstaaten geltend machen,9 vergessen eine Sache: daß sich der Ansässigkeitsbegriff der DBA nicht nur auf den Wohnsitzbegriff des griechischen Steuerrechts bezieht, sondern auf jeden Begriff, der eine persönliche Bindung des Stpfl. zum Territorium eines der Vertragsstaaten solcher Art ausdrückt, die ihn dort steuerpflichtig macht. Es ist das Vorliegen dieser persönlichen Bindung in beiden Vertragsstaaten, das unabhängig von dem jeweiligen Namen dieser Bindung die Ansässigkeit in beiden Vertragsstaaten begründet und den Eingriff der diesbezüglichen Regelungen des Abkommens ermöglicht, und nicht die Regelugen des Abkommens über die Ansässigkeit in beiden Vertragsstaaten, die den Inhalt dieser persönlichen Bindung bestimmen. 10 Es ist eine andere Sache, ob der Wohnsitzbegriff der steuerrechtlichen Regelungen anderes als zivilrechtlich ausgelegt werden und auch den Begriff des Aufenthaltes umfassen muß, weil der Wohnsitzbegriff im Steuerrecht anderen Zwecken als denen innerhalb des Zivilrechts dient. 11 Diese besondere Teleologie des Steuerrechts hat aber den Gesetzgeber nicht daran gehindert, das zweite Kriterium des Gesetzes zur Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht, nämlich den sechsmonatigen Aufenthalt in Griechenland, vom Rechtssatz zu streichen, obwohl die Rechtspechung den Wohnsitzbegriff der steuerrechtlichen Regelungen auch damals zivilrechtlich verstanden hat. 12 Es spricht dann vieles dafür, den Wohnsitzbegriff des Einkommensteuerrechts zivilrechtlich zu verstehen und damit die unbeschränkte Ebenda. Art. 54 und 56 gr. BGB. Für die Staatsbeamten, deren Dienstort sich im Ausland befmdet, gilt aber eine besondere steuerrechtliche Regelung hinsichtlich der Bestimmung ihres Wohnsitzortes. s. dazu Theocharopoulos, Besonderes Steuerrecht, S.112. 9 So Paroutsas, Einkommensbesteuerung der natürlichen und juristischen Personen, S. 31 10 Vgl. dazu auch unten, in: 3.Kap. II 2 a) und Teil B 2.Kap. II 1. 11 Bejahend Paroutsas (Fn. 9). 12 Vgl. Dertilis, in: Festschrift filr TriantafYllopoulos, S. 44 f m. zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen. 6 7 8

2. Kap.: Gewerbebetrieb und Betriebsstätte irn griechischen Steuerrecht

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Steuerpflicht einer natürlichen Person, deren Wohnsitz im Sinne des griechischen Zivilrechtes nicht in Griechenland liegt, auch dann in Griechenland auszuschließen, wenn sie dort einen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Ist der Einkommensbezieher eine Gesellschaft, so unterliegt sie dann mit ihrem weltweiten Reineinkommen oder Gewinn der Besteuerung, wenn sie inländisch ist. 13 Das anzuwendende Steuergesetz, nämlich die GVO 3843/1958, enthält keine Regelung über die Voraussetzungen der Bezeichnung einer Gesellschaft als inländisch. Verwaltungspraxis und Schrifttum einigen sich darüber, daß die Bestimmung der steuerlich inländischen Gesellschaften durch Rückgriff auf das Internationale Privatrecht erfolgen soll. 14 Danach ist die Rechtsgrundlage der steuerlichen Staatszuordnung einer Gesellschaft Art. 10 des gr. BGB, wonach sich die Fähigkeit der Gesellschaft nach dem Recht ihres Sitz richtet. Demzufolge ist jede juristische Person, die nach dem griechischen Recht errichtet wurde und in Griechenland ihren Sitz hat, inländisch. 15 In diesem Zusammenhang ist anzumerken, daß das griechische Recht den Begriff "Sitz" im Sinne des tatsächlichen Verwaltungssitzes verwendet,16 der dort liegt, wo die Geschäftsleitung der juristischen Person tatsächlich ausgeübt wird. 17 Auf den statutarischen Sitz kommt es dann nicht an. Dies gilt auch für die nach den Regelungen des griechischen Aktienrechts gegründeten AG, obwohl diese Regelungen den statutarischen Sitz auch als Verwaltungssitz ansehen. 18 Denn diese Regelungen beseitigen nicht jene des Internationalen Privatrechts, sondern können erst dann Anwendung finden, wenn die kollisionsrechtlichen Fragen beurteilt worden sind. 19 Ursprünglich waren auch die aus Griechenland geleiteten ausländischen Wirtschaftsgebilde nach Art. 4 Buchst. d Satz 3 der GVO 3843/1958 unbeschränkt steuerpflichtig. Diese Regelung wurde aufgrund ihrer negativen Investitionsauswirkungen von Art. 1 Abs. 3 Satz 3 Buchst. b des Zwangsgesetzes 378/1968 abgeschafft.

Vgl. Art. 4 Buchst. a und d der GVO 3843/1958 und Art. 3 Abs. 3 der GVO 3323/ 1955. Vgl. FinMin. Rundschreiben 139/58 § 5; Theocharopoulos, Besonderes Steuerrecht, S. 183; Totsis, N. und ehr., Die Besteuerung der AG und der GmbH, Bd. I, Anm. 173. 15 Theocharopoulos (Fn. 1), S. 183 rn.w. Literaturhinweisen;Finokaliotis, AG 1992, S. 188. 16 Theocharopoulos (Fn. 1), S. 184; vgl. auch z.B. Areopag Urteil 461/1978 (Großer Senat), Dikaeossini 1978, S. 247; Kypraeos, Elemente des Steuerrechts, S. 124; Papasteriou, Der Sitz der juristischen Personen im Privatrecht, S. 244,247 ff., 255 ff., 261 ff.; Vrellis, IPR. S.98. 17 Vgl. jeweils rn.w. N. Papasteriou, Der Sitz der juristischen Personen im Privatrecht, S. 256 f.; Vrellis, IPR. S 98. 18 AA Theocharopoulos (Fn. 14), S. 184 f.; Georgakopoulos, Gesellschaftsrecht, Bd. B, §19 H, S. 128 ff. 19 Papasteriou (Fn.17), S. 258 ff. 13

14

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Teil A: Die Begriffe Gewerbebetrieb und Betriebsstätte

Die inländischen Steueransprtiche auf das weltweite Einkommen der Steuerinländer werden durch die in Art. 9 Abs. 6 Buchst. b der GVO 3323/ 1955 (Einkommensbesteuerung der natürlichen Personen) und Art. 10 Abs. 4 Buchst. c der GVO 3843/195820 (Einkommensbesteuerung der juristischen Personen) vorgesehene Anrechnung der ausländischen Steuern der Höhe nach eingeschränkt. Nach diesen Artikeln ist Voraussetzung der Anrechnung, daß die im ausländischen Staat erhobene Steuer nachweislich entrichtet worden ist. Ist dies der Fall, so wird diese Steuer auf den Teil der inländischen Steuer angerechnet, der auf die Einkünfte aus diesem Staat entfällt. 21 Weist der Einkommensbezieher nicht die erforderliche persönliche Bindung zum Inland auf, nämlich inländischen Wohnsitz bei natürlicher Person oder inländische Staatszugehörigkeit bei Personenvereinigung, so kann er in Griechenland unter Zugrundelegung des Territorialitätsprinzips nur in beschränktem Umfang der Besteuerung unterworfen werden. Bei natürlichen Personen bedeutet dies, daß nur die in Griechenland entstandenen Einkünfte zur griechischen Einkommensteuer heranzuziehen sind. 22 Bei Unternehmen, die in irgendeiner Gesellschaftsform auftreten, bedeutet das, daß nur das erworbene Nettoeinkommen oder der Gewinn aus einer in Griechenland gelegenen Quelle sowie der Reingewinn aus einer in Griechenland gelegenen Betriebsstätte der inländischen Besteuerung unterliegen. 23 2. Die Bedeutung der Betriebsstätte bei der Ausgestaltung der griechischen Steueranspriiche

Im Rahmen des griechischen Außensteuerrechts erlangt der Betriebsstättenbegriff eine besondere Bedeutung bei den ausländischen Unternehmen, die in irgendeiner Gesellschaftsform auftreten, und den ausländischen Organisationen, die die Gewinnerzielung bezwecken. Aus Art. 4 Buchst. d Satz 1 der GVO 3843/1958 ergibt sich, daß neben der inländischen Quelle die inländische Betriebsstätte maßgebliches Anknüpfungsmerkmal der inländischen Einkommensbesteuerung dieser Wirtschaftsgebilde ist. Es ist anhand der Ausführungen der Rechtsprechung zu prüfen, wann das Kriterium der inländischen Quelle, das lediglich die Inlandsbelegenheit der Erwerbsgrundlage 20 In der Neufassung durch Art. 16 Abs. 6 des G. 2065/1992. 21 s. näheres dazu in Rigas, Die direkten Steuern, S. 69; Theocharopoulos, Les solutions grecques

au :Brobleme des doubles irnpositions ... , S. 97 f.; derselbe, Besonderes Steuerrecht, S. 169 ff., 232 f. 2 So Art. 3 Abs. 1 Satz I und lAbs. 2 der GVO 3323/1955. 23 So Art. 4 Buchst. d Satz I der GVO 3843/1958.

2. Kap.: Gewerbebetrieb und Betriebsstltte im griechischen Steuerrecht

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erfordert,24 und wann das Kriterium der inländischen Betriebsstätte, das gemäß Art. 5 Abs. 1 der GVO 3843/1958 eine engere sachliche Beziehung dieser Wirtschaftsgebilde zum Inland voraussetzt, die beschränkte Einkommensteuerpflicht dieser Subjekte begründet. Die ältere Auffasung der Rechtsprechung, wonach die Beurteilung der beschränkten Einkommensteuerpflicht der auf die Gewinnerzielung gerichteten ausländischen Personenvereinigungen je nach Einkunftsart auf der Grundlage der inländischen Einkunftsquelle oder der inländischen Betriebsstätte habe erfolgen müssen,25 ist vom Urteil 803/1981 des S.t.E aufgegeben worden. 26 Die Urteile 843/1984 und 2911/1990 desselben Gerichts 27 haben die Aufgabe der älteren Auffassung des StE bekräftigt und die neue höchstrichterliche Auffassung bei der Auslegung des Art. 4 Buchst. d Satz 1 der GVO 3843/1958 weiterentwickelt. Während die Urteile 1896/1965, 732/1966 und 2467/1967 des S.t.E zur steuerlichen Erfassung der gewerblichen Einkünfte der ausländischen Unternehmen gesellschaftlicher Art und Organisationen deren Erzielung durch eine inländische Betriebsstätte dieser Wirtschaftsgebilde voraussetzten, wenden die neueren Urteile des S.t.E das Kriterium der inländischen Quelle auf alle Einkunftsarten an. Das Vorhandensein einer inländischen Betriebsstätte, durch die die gewerblichen Einkünfte der ausländischen Unternehmen gesellschaftlicher Art und Organisationen erzielt werden müssen, um in Griechenland besteuert zu werden, ist nicht mehr erforderlich. Mithin wird die SchlechtersteIlung des ausländischen Einzelunternehmers, der nach der GVO 3323/1955 in Griechenland auch den Gewinn versteuern muß, der aus einer in Griechenland gelegentlich vorgenommenen gewerblichen Handlung entsteht, gegenüber den ausländischen Unternehmen, die in irgendeiner Gesellschaftsform auftreten, aufgehoben. 28 Der neueren Rechtsprechung des S.t.E ist nicht entgegenzuhalten, daß sie den Teil des Art. 4 Buchst. d Satz 1 der GVO 3843/1958 überflüssig macht, der sich auf die in Griechenland gelegene Betriebsstätte bezieht. Der Grund dafür ist der folgende:

Vgl. z.B.S.t.E. 1214/1983, in: Krobas, Sammlung der Rechtsprechung des S.t.E., S. 6-14 f., 8; S.t.E. 5049/1984. 25 So S.t.E Urteile 1896/1965 und 732/1966; S.t.E. 2467/1967, D.F.N. 1968, 381 (382); vgl. auch Theocharopoulos, Les solutions grecques au probleme des doubles impositions ... (1969), S. 67. 26 D.F.N. 1981, 1090 f. 27 D.F.N. 1984,726 und D.F.N. 1991, 1095 (1096). 28 Theocharopoulos, Besonderes Steuerrecht (1990), S. 193; vgl. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 31 Abs. 1 der Gva 3323/1955. 24

Rdnr.

46

Teil A: Die Begriffe Gewerbebetrieb und Betriebsstätte

Ob die aus ausländischen Quellen stammenden Einkünfte ausländischer Wirtschaftsgebilde in Griechenland steuerpflichtig sind, hängt davon ab, ob sie in Griechenland eine Betriebsstätte unterhalten, der diese Einkünfte zuzurechnen sind. Danach haben diese Wirtschaftsgebilde im Gegensatz zu den steuerausländischen natürlichen Personen, die in Griechenland nur dann steuerpflichtig sind, wenn sich die Einkunftsquelle in Griechenland befindet, grundsätzlich auch dann mit einer griechischen Steuerpflicht zu rechnen, wenn die aus dem Ausland stammenden Einkünfte deren griechischer Betriebsstätte zufließen. 29 Daß das der Fall ist, wird von Art. 2 Abs. 1 Buchst. d des Zwangsgesetzes 89/1967 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 des Zwangsgesetzes 378/1968 sowie von Art. 9 Abs. 1 des G. 4171/1961 bestätigt, wonach die ausländischen in Griechenland niedergelassenen Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen von der griechischen Besteuerung freigestellt werden, wenn sich deren Tätigkeitsgegenstand außerhalb des griechischen Hoheitsgebietes befindet. Nicht nur die Zuordnung von ausländischen Einkünften eines ausländischen Wirtschaftsgebildes auf seine griechische Betriebsstätte, sondern auch das bloße Vorhandensein dieser Betriebsstätte hat für das griechische Steuerrecht Bedeutung. Danach erstreckt sich die Anwendung der buchmäßigen Einkunftsermittlungsweise30 auf sämtliche in Griechenland steuerbaren Einkünfte der ausländischen Wirtschaftsgebilde oder nur auf jene aus Gewerbetrieb, je nachdem, ob sie in Griechenland eine Betriebsstätte unterhalten oder nicht. 31 Abschließend unterliegen die Lizenzeinnahmen sowie die Einnahmen aus der Vermietung von beweglichen Sachen und der Erbringung von Dienstleistungen, die ein ausländisches Wirtschaftsgebilde in Griechenland erzielt, dort einem Quellensteuerabzug mit abgeltender Wirkung, es sei denn, daß dort eine Betriebsstätte unterhalten wird. 32 Der Betriebsstättenbegriff wird in Art. 5 Abs. 1 der GVO 3843/58 durch eine abschließende Aufzählung von Fällen definiert, die eine Betriebsstätte darstellen. 33

Vgl. S.t.E. 291111990, D.F.N. 1991, 1095 (1097). s. dazu unten, in: Teil B 2.Kap. III 1 a) aa) (2) (a). 31 Theocharopoulos, Besonderes Steuerrecht, S. 218; vgl. Art. 8 Abs. 6 der GVO 3843/ 1958. 32 Art. 15 Abs. 3 der GVO 3843/1958 in der Neufassung durch Art. 18 Abs. 4 des G. 2065/1992. 33 s. dazu unten, in: 3.Kap. III 2 b) bb).

29 30

3. Kap.: Das DBA mit Griechenland und sein Betriebsstittenprinzip

47

Drittes Kapitel

Die Einschaltung des DBA mit Griechenland und seines Betriebsstättenprinzips L Vorbemerkungen 1. Doppelbesteuerung und DBA

a) Das Problem

Die grenzüberschreitende Erwerbstätigkeit und der Besitz von Vermögen, das nicht im Ansässigkeitsstaat des Vermögensinhabers gelegen ist, enthält die Gefahr der internationalen Doppelbesteuerung. Internationale Doppelbesteuerung ist eine Normenkonkurrenz im zwischenstaatlichen Bereich, die dann vorliegt, wenn Steuergewalten der Bereiche verschiedener ursprünglicher Abgabenhoheiten berechtigt sind, denselben Steuerschuldner wegen desselben Steuergegenstandes gleichzeitig zu einer oder mehreren gleichartigen Steuern heranzuziehen. I Die Gefahr der internationalen Doppelbesteuerung wird neben dem wirtschaftlichen noch zu einem juristischen Problem, wenn sich die Steueranspruche der jeweils in Betracht kommenden Staaten aufgrund der Festlegung unterschiedlicher bzw. mehrerer Anknüpfungsmerkmale hinsichtlich deren Erhebung oder aufgrund des unterschiedlichen Verständnisses derselben Anknüpfungsmerkmale seitens der einzelnen Staaten überschneiden. 2 Als häufigste Form der Steueranspruchsüberschneidung gilt das Nebeneinander von Wohnsitz- und Quellenbesteuerung. Einerseits zieht der Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen kraft dessen persönlicher Bindung zu seinem Territorium dessen Welteinkommen und -vermögen zur Steuer heran; andererseits verzichtet der Quellenstaat, d.h. der Staat, aus dem die Einkünfte stammen oder in dem das Vermögen liegt, nicht auf die Besteuerung dieser Einkünfte oder dieses Vermögens. Neben dieser Form der Steueranspruchsüberschneidung sind noch die folgenden Überschneidungen erwähnenswert:

1 Ebling, Unilaterale Maßnahmen gegen die iltternationale Doppelbesteuerung, S. 49. Von der Doppelbesteuerung ist die Doppelbelastung oder winschaftliche Doppelbesteuerung zu unterscheiden. Diese liegt vor, wenn derselbe wirtschaftliche Vorgang oder Vermögenswert ilt demselben Zeitraum mit mehr als einer ähnlichen Steuer belastet wird, jedoch nicht bei demselben Stpfl. Vg1. Bühler, Prinzipien des IStR, S. 32; Kluge, Das deutsch!! JStR, S. 9; Theocharopoulos, D.F.N. 1989,276 (Fn. 5);Vogel. K., DBA-Komm., EinI., Rz. 3. 2 Vgl. Debatin, Systematik I, Rdnr. 21; Theocharopoulos, D.F.N. 1989,276 f.

48

Teil A: Die Begriffe Gewerbebetrieb und Betriebsstätte

Zwei oder mehrere Staaten stellen auf unterschiedliche Merkmale persönlicher Bindung zu ihrem Territorium ab, Z.B. den Wohnsitz, den gewöhnlichen Aufenthalt, die Staatsangehörigkeit und erheben gleichzeitig Steueransprüche auf das Welteinkommen und -vermögen eines Steuerpflichtigen. Bestimmte Einkünfte eines Steuerpflichtigen unterliegen in zwei oder mehreren Staaten der Quellenbesteuerung. Zur Verdeutlichung der drei hauptsächlichen Formen von Steueranspruchsüberschneidungen und damit Doppelbesteuerungen sei auf die folgenden Beispiele verwiesen, wobei die deutschen und griechischen steuerrechtlichen Anknüpfungsmerkmale herangezogen werden. (a)

A hat seinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Er bezieht aus Griechenland Einkünfte. Als Wohnsitzstaat besteuert Deutschland diese Einkünfte, 3 während gleichzeitig in Griechenland eine Quellensteuer anflillt. 4

(b)

A hat seinen Wohnsitz in Griechenland und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Beide Staaten besteuern als Wohnsitzstaaten, der eine auf der Grundlage des Anknüpfungsmerkmals Wohnsitz und der andere auf der Grundlage des Anknüpfungsmerkmals gewöhnlicher Aufenthalt, das gesamte Einkommen von A. 5 Dasselbe Ergebnis, nämlich eine doppelte Wohnsitzbesteuerung, kann sich aus dem unterschiedlichen Inhalt des Wohnsitzbegriffes in Deutschland (§ 12 AO) und Griechenland (Art. 51 ff. gr. BGB) ergeben.

(c)

A ist im Staat X ansässig. Er hat in Deutschland eine Betriebsstätte. Über die Betriebsstätte bezieht A Einkünfte aus Griechenland. Deutschland und Griechenland besteuern beide als Quellenstaaten. 6

Die internationale Doppelbesteuerung bewirkt, daß der international tätige Steuerpflichtige im Vergleich zu den Steuerpflichtigen, die ihre Tätigkeit auf den innerstaatlichen Bereich einschränken, benachteiligt wird, da er eine höhere Steuerlast zu tragen hat. 7 Sie verletzt mithin die Belastungsgleichheit und -gerechtigkeit, 8 sie stellt mithin einen wettbewerbsverzerrenden Einfluß

§§ lAbs. 1 Satz 1, 2 Abs. I EStG. Art. 1 Abs. 2,3 Abs. 1 Satz 1 der GVO 3323/1955. 5 Art. 1 Abs. 1,3 Abs. 1 Satz 2 der GVO 3323/1955, §§ 1 Abs. 1 Satz 1,2 Abs. 1 EStG. 6 §§ 1 Abs. 4,2 Abs. 1 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2a EStG, Art. 1 Abs. 2, 3 Abs. 1 Satz 1 der GVO 3323/1955. 7 Vgl. Theocharopoulos, Finanzwissenschaft, S. 299 f. mit Beispiel. g Theocharopoulos, D.F.N. 1989,277. 3 4

3. Kap.: Das DBA mit Griechenland und sein Betriebsstättenprinzip

49

dar9 und erschwert dadurch den Außenhandel und die internationalen Kapitalverflechtungen in höchst unerwünschter Weise. 10 b) Die Handhabung des Problems im Rahmen der Funktion der DBA

Die negativen Auswirkungen der Doppelbesteuerung sowohl auf den Steuerpflichtigen als auch auf die Volkswirtschaft deuten an, daß sie ein Übel ist, das ausgeschaltet werden muß. 11 Die Idee der Ausschaltung der Doppelbesteuerung, die uralt ist,12 läßt sich dadurch realisieren, daß die Staaten ihre bestehenden oder möglichen Steueransprüche so zurücknehmen, daß sie sich nicht mehr überschneiden. Dies verlangt eine entsprechende Gestaltungsentscheidung der nationalen Steuergewalt. 13 Dafür kommen zwei Formen in Betracht: einmal die einseitige Selbstbeschränkung im Sinne der Anwendung des Territorialitätsprinzips und mithin der steuerlichen Erfassung nur der aus inländischen Quellen stammenden Einkünfte und des im Inland gelegenen Vermögens oder des Ergreifens einseitiger Doppelbesteuerungsbeseitigungsmaßnahmen l4, zum anderen zweiseitige Verträge mit anderen, international gleichgestellten Abgabengewalten. 15 Weil die einseitige Selbstbeschränkung i.d.R. nicht umfassend genug ist und sich aufgrund der fehlenden Abstimmung der eingreifenden Abgabengewalten bezüglich der Milderung ihrer Steueransprüche häufig als nicht

Kluge, Das deutsche IStR, S. 15. RtidlerlRaupach, Deutsche Steuern bei Auslandsbeziehungen, S. 347; vgl. auch Dertilis, Über die internationale Doppelbesteuerung, S. 16; Kypraeos, Elemente des Steuerrechts, S. 767;. Theocharopoulos, Finanzwissenschaft, S. 301; Tsakonas, Das Problem der Doppelbesteuerung, S. 74. 11 Diesem "muß" entspricht jedoch keine völkerrechtliche Verpflichtung der Staaten, die Doppelbesteuerung auszuschalten bzw. sich auf die in ihrem Territorium elWirtschafteten Einkünfte und gelegenen Vermögensteile bei der Besteuerung zu beschränken. Vgl. hierzu Vogel, K., DStR 1968,430. 12 Bereits im Altertum sind Maßnahmen zu erkennen, welche auf die Vermeidung der Doppelbesteuerung gerichtet waren. So befreiten beispielsweise Opunt und andere Städte des östlichen Lokris diejenigen Einwohner, die als Kolonisten in Naupaktos im westlichen Lokris tätig waren, von den Steuern im Heimatland. Die Kolonisten hatten nur in Naupaktos Abgaben zu entrichten. Sofern sie dieser Verpflichtung nachgekommen waren, konnten sie jederzeit wieder ins Mutterland zurückkehren. s. Lip&ert, Das Internationale Finanzrecht, S. 600. 3 Debatin, Systematik I, Rdnr. 29. 14 Vgl. deutscherseits § 34c EStG, § 26 KStG, § 11 VStG und griechischerseits Art. 9 Abs. 6 Buchst. b GVO 3323/1955, Art. 10 Abs. 4 Buchst. c GVO 3843/1958. 15 Vgl. Debatin, Systematik I, Rdnr. 29. Bemühungen um multilaterale Verträge waren bislang nicht besonders fruchtbar. Zu den Gründen s. Prang, RIW 1983,357; zu den Ergebnissen, s. Vogel, K., DBA-Komm., Einl. Rz. 22. 9

10

4 Kacakitis

50

Teil A: Die Begriffe Gewerbebetrieb und Betriebsstätte

besonders wirksam erweist,16 kommt es entscheidend auf die zweiseitigen Verträge als Hauptinstrument der Vermeidung der Doppelbesteuerung an. 17 Die zweiseitigen Verträge zur Vermeidung der Doppelbesteuerung - im folgenden die Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) - sind völkerrechtliche Verträge,18 die nicht nur die Staaten verpflichten sollen, sondern zur unmittelbaren innerstaatlichen Anwendung bestimmt und dazu geeignet, also anwendungsfahig sind. Bewirkt wird die innerstaatliche Anwendbarkeit regelmäßig durch das Zustimmungsgesetz, 19 das, je nachdem, ob man der Transformations-20 oder der VOllzugstheorie 21 folgt, den Charakter des Transformators des völkerrechtlichen DBA in innerstaatlich anwendbares Recht oder den Charakter des Anwendungsbefehls hat. In jedem Fall - sei Transformation, sei Vollzug anzunehmen - verlieren die DBA bei deren innerstaatlicher Anwendung ihren ursprünglich völkerrechtlichen Charakter nicht. Damit bleibt die Eigenständigkeit der Abkommen, welche durch ihre besondere, vom innerstaatlichen Recht getrennte Begriffswelt geprägt ist, fiir ihre Anwendung gewahrt. 22 Die DBA, die als leges speciales dem innerstaatlichen Recht vorgehen23 und von Amts wegen zu berücksichtigen sind,24 verankern Verzichte der VertragsDebatin, FR 1970, 5; Vogel, K. (Fn. 15), Rz. 26. Debatin, Systematik I, Rdnr. 35. Vgl. auch Kypraeos, Elemente des Steuerrechts, S. 767; Theocharopoulos, D.F.N. 1989,278. 18 s. statt aller Debatin, Systematik: I, Rdnr. 36; Vogel, K. (Fn. 15), Rz. 28; Weber-Fas, Staatsverträge im IStR, S. 60. Zum Begriff der völkerrechtlichen Verträge s. Heintschel von Heinegg, in: Ipsen, 16 Vgl.

17

Völkerrecht, S. 19

98 ff.

Vogel, K. (Fn. 15), Rz. 39. So Weber-Fas, Staatsverträge im IStR, S. So Vogel, K. (Fn. 15), Rz. 39. Vgl. Debatin, FR 1970,2 f.

20 21 22 23 Vgl. griechischerseits S.t.E.

71; vgl. Debatin, DB 1985, Beil. 23, 1 [

3016/1986, D.F.N. 1987, 820 f, bezpgen auf das griechischdeutsche DBA; S.t.E. 4183/1987, bezogen auf das griechisch-de\ltsclll: DBA; S.t.E. 1847/1987, Diikitiki Dikaeossini 1988, 79 f.; S.t.E. 3112/1989, D.F.N. 1990, 510 (511), hezogen auf das griechisch-deutsche DBA; S.t.E. 50/1991, "LOGISTIS" 1991, 1068 (1069), bezogen auf das griechisch-deutsche DBA; S.t.E. 550/1991, bezogen auf das griechisch-deutsche DBA; S.t.E. 3278/1991, D.F.N. 1992, 891 (893), bezogen auf das griechisch-deutsche DBA Was Deutschland anbetrifft, so ordnet § 2 AO an, daß Verträge mit anderen Staaten im Sinne des Art. 59 Abs. 2 Satz 1 des GG über die Besteuerung, soweit sie unmittelbar anwendQares innerstaatliches Recht geworden sind, den Steuergesetzen vorgehen. Da § 2 AO nur ein einfaches Ges$ ist, kann es den DBA nicht einen höheren Rang gegenüber den innerstaatlichen Steuergesetzen verleihen. Er bestätigt nur, daß die DBA im Verhältnis zu den innerstaatlichen Steuergesetzen Spezialnormen sind und daß sie ihnen in diesem Sinne "vorgehen" (Vogel, K., DBA-Einl., Rz 44). In Griechenland hingegen verleiht Art. 28 Abs. 1 der Verfassung den völkerrechtlichen Verträgen ab dem ;U:itpunkt ihrer gesetzlichen Ratifizierung einen höheren Rang gegenüber den innerstaatlichen Geset?en, macht aber ihre Anwendung auf die Ausländer von der Bedingung der Gegenseitigkeit abhängig (s. dazu S.t.E. 2280/1990 (Großer Senat) und die einschlägigen Beiträge von Trova, EDDD 1991, 348 und Bakogiannis, EDDD 1993, 43). Die gesetzlich ratifizierten völkerrechtlichen Verträge gehen dem

3. Kap.: Das DBA mit Griechenland und sein Betriebsstättenprinzip

51

staaten hinsichtlich der Ausschöpfung der ihnen kraft Staatssouveränität zustehenden Steuerberechtigung. 25 Betroffen sind die Personen, die unter den persönlichen Geltungsbereich des Abkommens fallen. Ursprüngliches Ziel der DBA ist die Ausschaltung der Doppelbesteuerung, die durch das Nebeneinander der Steueransprüche der Vertragsstaaten in ihrer wechselseitigen Rolle als Ansässigkeits- und Quellenstaat enststeht. Zur Erreichung dieses Zieles enthalten die DBA, wie sich bereits aus dem DBAEntwurf der OECD ergibt, der zusammen mit dessen Kommentar als Muster für die DBA der OECD - Mitgliedsstaaten gemäß der Empfehlung des OECDRates dienen soll,26 zwei Normengruppen. Die eine setzt sich aus denjenigen Normen zusammen, die der vertragsrechtlichen Eingrenzung der Besteuerungsansprüche des Quellenstaates dienen. Die andere setzt sich aus denjenigen Normen zusammen, die sich auf die Vermeidung der Doppelbesteuerung seitens des Ansässigkeitsstaates beziehen. 27 Abgesehen von den Fällen, in denen das Besteuerungsrecht des Quellenvertragsstaates kraft DBANorm aufrechterhalten bleibt,28 hat der an die erste Normengruppe gebundene Quellenvertragsstaat zur Ausschaltung der Doppelbesteuerung dadurch beizutragen, daß er seine Zugriffsbefugnis auf die Steuerobjekte im Hinblick entweder auf die Besteuerungsgrundlage oder auf die Steuerhöhe einschränkt29 oder völlig aufhebt. 30 ,31 Soweit die Besteuerung im Quellen-

innerstaatlichen Recht auch dann vor, wenn sie, wie das deutsch-griechische DBA, vor dem Inkrafttreten dieser Verfassungsregelung am 11. Juni 1975 gesetzlich ratifiziert worden sind. Ihr Vorrang gegenüber dem innerstaatlichen Recht gilt dann von diesem Zeitpunkt an (Pararas, Die Verfassung 1975, Corpus I (Art. 1-50), Art 28 Rdnr. 7 ff.; vgl. auch S.t.E. 395/1978 (Großer Senat), To Syntagma 4 (1978), 176; S.t.E. 4183/1987; Juristischer Rat des Staates, Gutachten 50711980, D.F.N. 1981,141; Giannopoulos, D.F.N. 1981, 116. 24 So schon RFH vom 3.10.1935, III A 267/34, RStBl1935, 1399. 25 Debatin, RIW 1988,727; vgl. auch Tsakonas, Das Problem der Doppelbesteuerung, S. 42 f. 26 Zur Geschichte dieses Musterabkommens, dessen Aufbau auch das im übrigen der besonderen Interessenlage der Entwicklungsländer Rechnung tragende UNO-Abkommensmodell folgt (Debatin, Systematik 1II, Rdnr. 134; Vogel, K., DBA-Komm., 1983, Einl., Rz. 13), s. Debatin, Systematik 1II, Rdnr. 132; Theocharopoulos, D.F.N. 1989,278 f.; Vogel, K., DBA -Komm., 1983, Einl., Rz. 11 f. 27 Vgl. Weber-Fas, Staatsverträge im IStR, S. 51 f. Neben diesen Normengruppen, die den zentralen Regelungsbereich der DBA bilden - so Weber-Fas, S. 53 -, gehören zum Rechtskörper der DBA Bestimmungen über deren Geltungsbereich (vgl. Art. 1 und 2 des OECD-MA), das Diskriminierungsverbot (vgl. Art. 24 OECD-MA), das Verständigungsverfahren (vgl. Art. 25 OECDMA) und den Informationsaustausch zwischen den Vertragsstaaten (vgl. Art. 26 OECD-MA). Ferner enthalten die DBA regelmäßig eigene BegriffsdefInitionen (vgl. Art. 3, 4 und 5 OECD-MA). 28 So z.B. Art. 6 Abs. 1 OECD-MA bezüglich der Einkünfte aus im Quellenvertragsstaat gele~enem unbeweglichen Vermögen. 2 Einschränkung im Hinblick auf die Besteuerungsgrundlage liegt z.B. im Falle der gewerblichen Einkünfte vor. s. dazu unten, in: Teil A 3.KapitellII 1 b) aa). Einschränkung im Hinblick auf die Steuerhöhe liegt i.d.R. bei bestimmten Kapitalerträgen vor (vgl. Art. 10 Abs. 2, 11 Abs. 2 OECD-MA). 30 So im Falle der Lizenzgebühren (vgl. Art. 12 Abs. 1 OECD-MA).

52

Teil A: Die Begriffe Gewerbebetrieb und Betriebsstätte

vertragsstaat nach den einschlägigen Vertragsnormen nicht beseitigt wird, hat der Ansässigkeitsvertragsstaat nach der zweiten Normengruppe durch die Anwendung entweder der Freistellungs- oder der Anrechnungsmethode die Doppelbesteuerung auszuschalten. 32 Sieht man den Rechtfertigungsgrund für eine Besteuerung in der Mitwirkung der jeweiligen staatlichen Rechtsgemeinschaft am Entstehen und Nutzbarmachen der Erwerbsgrundlage für das besteuerbare Einkommen, so gelangt man zum Ergebnis, daß die DBA mit Hilfe dieser zwei Normengruppen versuchen, die originäre Zugriffsberechtigung der einzelnen Staaten je nach ihrem Mitwirkungsanteil an der Erwerbsgrundlage und damit an deren Sozialpflichtigkeit (Steuerbarkeit) verdeutlichend zu definieren. Diesem Konzept entsprechend stellen diese Normengruppen dann nicht bloß Aufteilungsnormen dar, in dem Sinne, daß sie eine den Staaten im vorhinein zustehende Berechtigung in Überschneidungsbereichen aufteilen, sondern sie führen die im innerstaatlichen Recht zu weit definierten Besteuerungsansprüche auf ihren sachlichen Legitimationsgrund zurück. 33 Die vertragliche Abgrenzung von Ansässigkeitsstaats- und Quellenstaatsbesteuerung ist auch im Falle der Ansässigkeit in beiden Vertragsstaaten dergestalt vollziehbar, daß die DBA i.d.R einem der beiden Vertragsstaaten den Vorrang als maßgebendem Ansässigkeitsstaat einräumen. 34 Mithin ist der "zurücktretende" Ansässigkeitsstaat in die Rolle des Quellenstaates verwiesen, so daß sich wieder die wechselbezügliche Wirkungsweise der auf Ansässigkeits- und Quellenstaat zugeschnittenen Abkommensnormen entfalten kann. 35 2. Die Struktur des DBA mit Griechenland

Das DBA zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Griechenland vom 18. April 196636 , das seit dem 8. Dezember 1967 in Kraft ist,37 folgt in seiner 31 Zur Einschränkung der Quellenbesteuerung beim Vorhandensein eines DBA s. eingehend Debatin, Systematik I, Rdnr. 42 ff. 32 Vgl. Art. 23 OECD-MA Zu diesen Methoden s. unten, in: Teil CLKapitel. 33 Kirchhof, P., in: Kirchhof, P.lSöhn, H., §2 EStG, Rdnr. A 148. 34 Vgl. Art. 4 Abs. 2 und 3 OECD-MA 35 Weber-Fas (Fn. 27), S. 50. 36 Das Abkommen, dessen Anwendbarkeit in der Bundesrepublik durch das Zustimmungsgesetz vom 18. Februar 1967 (BGBI II 1967, 852) und in Griechenland durch das Zwangsgesetz 52/1967 (F.E.K. 134/4-8-1967, Heft A) bewirkt wurde, war nach seinem Artikel XXIII Abs. 2 Halbsatz 2 erstmals deutscherseits auf die im Kalendeljahr 1964 erhobenen Steuern und griechischerseits auf die im Kalendeljahr 1964 bezogenen Einkünfte anzuwenden. Im Hinblick auf das Gebiet der früheren DDR ist anzumerken, daß das DBA mit Griechenland ab dem 1.1.1991 auch dort anzuwenden ist. Dies ergibt sich aus der Bestimmung des Einigungsvertrages in Anlage I, Kapitel IV, B, Nr. 14, die das

3. Kap.: Das DBA mit Griechenland und sein Betriebsstättenprinzip

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Struktur wie auch in zahlreichen Einzelregelungen dem OECD-MA von 1963. 38 Dies ermöglicht in gewissem Umfang die Heranziehung des OECDMA 1963 und seines Kommentars bei der Auslegung des Abkommens. 39

n. Der Geltungsbereich des DBA mit Griechenland 1. Der sachliche Geltungsbereich

Das DBA mit Griechenland gilt deutscherseits für die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer, die Vermögensteuer und die Gewerbesteuer und griechischerseits für die Einkommensteuer der natürlichen Personen und die Einkommensteuer der juristischen Personen. I Darüber hinaus gilt das Abkommen auch für alle Steuern gleicher oder ähnlicher Art, die künftig neben den bestehenden Steuern oder an deren Stelle erhoben werden. 2 Danach wird die griechische Sondersteuer des Gesetzes 27/1975, die die Gewinnbesteuerung derjenigen Schiffahrtsunternehmen betrifft, deren Schiffe in Griechenland registriert sind, vom Abkommen erfaßt. 3 Als das deutsch-griechische DBA abgeschlossen wurde, gab es in Griechenland keine Wertzuwachssteuer. Die Frage nach der Unterwerfung der nachträglichen griechischen Steuer auf den (realisierten) Wertzuwachs (des unbeweglichen Vermögens) unter den sachlichen Geltungsbereich des Abkommens hat indessen kaum praktische Bedeutung, da diese Steuerart in ihrer griechischen Gestalt ausschließlich vom Territorialitätsprinzip getragen ist und das Abkommen die Gewinne aus der Veräußerung des unbeweglichen Vermögens dem Besteuerungsrecht des Belegenheitsstaates überläßt. 4 Für Deutschland als Wohnsitzstaat bedeutet dies, daß es diese Steuergüter unabhängig von dem Ob und Wie ihrer steuerlichen Erfassung im Belegenheitsstaat freistellen muß. 5

Steuerrecht der Bundesrepublik mit Wirkung vorn 1.1.1991 im Gebiet der früheren DDR in Kraft gesetzt hat. s. ausfiihrlichhierzuDebatin, BB 1991,390. 37 Das Abkommen tritt nach seinem Art. XXIII Abs. 2 Halbsatz 1 einen Monat nach dem Austausch der Ratiftkationsurkunden in Kraft. Dieser Austausch fand arn 8. November 1967 statt. 38 Debatin, DB 1967, 1558; vg!. auch Rigas, Die direkten Steuern ... , S. 136. 39 Vg!. Debatin CFn 38); Doris, D.F.N. 1986,612 f.; Vogel, K., DBA-Komm., Ein!., Rz. 81; aA Gloria, Das steuerliche Verständigungsverfahren, S. 86 tr. I Art. lAbs. 1 des DBA mit Griechenland. 2 Art. lAbs. 2 des DBA mit Griechenland. 3 Vg!. BT-Drucks. V/1046, Denkschrift zu Art. I, S. 22. 4 s. Art. XVI Abs. 1 und XIII des DBA mit Griechenland. 5 Art. XVII Abs. 2 Nr. 1.

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Teil A: Die Begriffe Gewerbebetrieb und Betriebsstätte

2. Der persönliche Geltungsbereich

a) Die Regelung

Das DBA muß seine Wirkung auf die Steuerobjekte auch einem Steuersubjekt zuordnen, also bestimmen, wen die Rechtswirkungen des Abkommens treffen sollen. Dazu setzen die DBA bei den in einem oder beiden Vertragsstaaten ansässigen Personen an. 6 Dies gilt auch für das DBA mit Griechenland, obwohl ein ausdrücklicher Hinweis, wie in Art. 1 des OECD-MA, fehlt, da die einzelnen Abkommensvorschriften darauf abheben, daß die Person in einem Vertragsstaat ansässig ist. 7 Ist sie in beiden Vertragsstaaten ansässig, so räumt Art. 11 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. bund c des DBA mit Griechenland für seine Zwecke einem der beiden Vertragsstaaten den Vorrang als maßgebendem Wohnsitzstaat ein. Eine Person, die in Griechenland oder in Deutschland oder in beiden Staaten ansässig ist, hat im Besteuerungsverfahren Anspruch auf Anwendung der Regelungen des deutsch-griechischen DBA; sie ist abkommensberechtigt. 8 Das Abkommen mißt neben den natürlichen Personen den Gesellschaften die Personeneigenschaft bei. 9 Gesellschaften im Sinne des Abkommens sind juristische Personen oder andere Rechtsträger, die nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland steuerlich als juristische Personen behandelt werden, und Rechtsträger, die nach dem griechischen Recht errichtet sind. 10 In Betracht kommen insbesondere Kapitalgesellschaften, wie z.B. die AG, GmbH und die ihnen entsprechenden AE und EPE sowie griechische Personengesellschaften. 11 Demgegenüber fallen die deutschen OHG und KG nicht unter die abkommensrechtlichen Gesellschaften, sofern die abkommensrechtliche Gesellschaftseigenschaft nicht im Rahmen der Gewerbesteuer geprüft wird. Denn die OHG und KG, die keine juristischen Personen sind, Pi/tz, Die PersonengeseUschaften im IStR der BRD, S. 221. Debatin, DB 1967, 1558. Vgl. Schröder, St. Bp. 1989, S. 7. Die Abkommensberechtigung wird von Manke, in: K. Vogel, Grundfragen des IStR, S. 197, als die rechtliche Möglichkeit der Inanspruchnahme der Abkommensnormen definiert. 9 Vgl. Art. II Abs. 1 Nr. 2 des DBA mit Griechenland. 10 Art. II Abs. 1 Nr. 3 des DBA mit Griechenland. Es ist jedoch anzumerken, daß die griechische Fassung der Vorschrift mit der deutschen nicht übereinstimmt. Nach der griechischen Fassung bedeutet der Ausdruck "Gesellschaft" jede Gesellschaft oder jede juristische Person, die rur steuerliche Zwecke als Gesellschaft gemäß den Gesetzen der BRD und den griechischen Gesetzen angesehen werden kann. Für Zweifelsfälle wie diese wurde vereinbart, daß die englische Fassung maßgeblich sein soll (s. BGBI 1I 1967,870), welche auch diejenigen Rechtsträger unter dem Gesellschaftsbegriffzählt, die nach dem griechischen Recht errichtet sind. 11 Vgl. oben, in: Teil A 1. Kapitel 12 b); Rokas, Handelsgesellschaften, S. 4, 61, 77, 89 und 223. 6 7 8

3. Kap.: Das DBA mit Griechenland und sein Betriebsstättenprinzip

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sind weder materielle Subjekte der Einkommen- und Körperschaftsteuer noch Subjekte der Vermögensteuer, wohl aber Schuldner der Gewerbesteuer. 12 Eine Person ist in einem Vertragsstaat ansässig, wenn sie nach dem Recht dieses Staates dort aufgrund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthaltes, des Ortes ihrer Geschäftsleitung oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist. 13 Danach kann eine natürliche Person, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat und aus diesem Grund dort unbeschränkt steuerpflichtig ist, als in einem Vertragsstaat ansässig die Anwendung der Vorschriften des deutsch-griechischen DBA beanspruchen. Dasselbe gilt für eine natürliche Person, die ihren Wohnsitz in Griechenland hat und aus diesem Grund dort unbeschränkt steuerpflichtig ist. Ebenso kann eine Kapitalgesellschaft die Abkommenserleichterungen beanspruchen, die ihren Sitz oder den Ort ihrer Geschäftsleitung in Deutschland hat und damit dort unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig ist. Über die Abkommensberechtigung verfügen auch die griechischen Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften, die in Griechenland aufgrund ihrer griechischen Staatszugehörigkeit unbeschränkt steuerpflichtig sind. Da die unbeschränkte Steuerpflicht als die auf der persönlichen Bindung zum Inland beruhende Steuerpflicht dem Abkommenskriterium der Ansässigkeit zugrundeliegt, entsteht in dem Falle, in dem eine Person sowohl im einen als auch im anderen Vertragsstaat unbeschränkt steuerpflichtig ist, auf Abkommensebene doppelte Ansässigkeit. 14 Damit die einzelnen Abkommensvorschriften, die die Ansässigkeit nur in einem Vertragsstaat voraussetzen, auch auf diejenigen Personen Anwendung finden können, die sowohl in Griechenland als auch in Deutschland ansässig sind, hat einer der Vertragsstaaten infolge der Regelung des Art. 11 Abs. I Nr. 4 Buchst. bund c des Abkommens von seiner Rolle als Ansässigkeitsstaat zurückzutreten und sich auf die Rolle des Quellenstaates zu beschränken, soweit es sich um Sachverhalte mit Abkommensbezug handelt. Welcher der beiden Vertragsstaaten für die Zwecke der Abkommensanwendung von seiner Rolle als Ansässigkeitsstaat zurücktreten muß, beurteilt sich auf der Grundlage des Kriterienkatalogs, der in Art. 11 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. bund c des DBA mit Griechenland aufgestellt ist. 15 Die darin enthaltenen Kriteria, die identisch mit den Kriteria des Art. 4 Abs. 2 und 3 des OECD-MA sind, beziehen sich

12 Vgl. oben, in: Teil ALKapitel 12 c).

13 Art. 11 Abs. 1 Nr. 4a des DBA mit Griechenland. Zur Definition der darin enthaltenen Anknüpfungsmerkrnale s. deutscherseits Teil AL Kapitel 11 1 a) und griechischerseits Teil A 2.Kapitel 11 1. 14 Debatin, Systematik III, Rdnr. 35a. 15 Den Ausdruck Kriterienkatalog verwendet Debatin, Systematik 111, Rdnr. 37.

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Teil A: Die Begriffe Gewerbebetrieb und Betriebsstätte

auf denjenigen Vertragsstaat, der vorrangig als Ansässigkeitsstaat anzusehen ist. Bei einer natürlichen Person sind diese Kriteria in ihrer anzuwendenden Rangfolge die "ständige Wohnstätte", der "Mittelpunkt der Lebensinteressen", der "gewöhnliche Aufenthalt" und die "Staatsangehörigkeit".16 Kann nach Ausschöpfung dieser Kriteria nicht entschieden werden, welcher der Vertragsstaaten vorrangig als Ansässigkeitsstaat gelten soll, so ist die Frage von den Vertragsstaaten in gegenseitigem Einvernehmen, also im Rahmen des Verständigungsverfahrens, zu regeln. Bei einer Gesellschaft wird von den beiden Ansässigkeitsstaaten derjenige Staat als maßgebender Ansässigkeitsstaat angesehen, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung der Gesellschaft befindet. 17 Dasselbe gilt nach Art. 11 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c Satz 2 des Abkommens für Personengesellschaften und andere Personenvereinigungen, die nach den für sie maßgebenden innerstaatlichen Gesetzen keine juristische Person sind. Für die nach griechischem Recht errichteten Personengesellschaften kann die Regelung bedeuten, daß sie als in Deutschland ansässige Personen gelten, soweit sich der Ort ihrer Geschäftsleitung dort befindet. Daß sie als solche in Deutschland nicht steuerpflichtig sind, spielt keine Rolle. Art. 11 Abs. I Nr. 4 Buchst. c Satz 2 ist gegenüber Art. 11 Abs. I Nr. 4 Buchst. a eine Spezialnorm. Außerdem könnte man in Anlehnung an Klaus Vogel 18 Art. 11 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a des Abkommens dergestalt auslegen, daß eine Person in einem Vertragsstaat ansässig ist, wenn ihre räumliche Beziehung zu diesem Vertragsstaat diejenigen Merkmale aufweist, die bei gegebener Steuerpflicht diese zur unbeschränkten machen würden und damit die Ansässigkeit dieser Personengesellschaften in Deutschland bereits gemäß Art. 11 Abs. I Nr. 4 Buchst. ades Abkommens bejahen. Für die anderen Personengesellschaften bedeutet die Regelung, soweit man der Auslegung von KornlDebatin 19 folgt, daß in Konfliktfallen - in beiden Vertragsstaaten ansässige Gesellschafter - die Unternehmen der Personengesellschaften demjenigen Vertragsstaat zugeordnet werden, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung der Personengesellschaften befindet. 16 Zu den einzelnen Kriteria s. ausfilhrlichLehner in: Vogel, K., DBA-Komm. Art. 4, Rz. 70 ff. s. auch Anagnostopoulos, D.F.N. 1994,248; Doris, D.F.N. 1986,613 ff. m. zahlreichen Nachweisen. Zum Begriff "Mittelpunkt der Lebensinteressen" vgl. auch BFH vorn 31.10.1990, I R 24/89, BStBl 11 1991,563. 17 Zum Begriff "Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung" s. Lehner (Fn. 16), Rz. 103 ff.; Analnostopoulos, D.F.N. 1994,249. 1 DBA-Komm., Art. 1 OECD-MA, Rz. 25; Art. 4 OECD-MA, Rz. 24. 19 Doppelbesteuerung, Bd. 11, Kommentar zum DBA mit Griechenland, S. 61a (Anrn. 4).

3. Kap.: Das DBA mit Griechenland und sein Betriebsstättenprinzip

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Andernfalls kann die Bedeutung der Regelung nur darin bestehen, für Personengesellschaften in ihrer Stellung als Arbeitgeber und für das Diskriminierungsverbot, das sich ausdrücklich auch auf diese Unternehmensform erstreckt, eine einheitliche gebietliche Zuordnung zu treffen. 20 b) Die Frage: Kann eine deutsche Personengesellschaft die Abkommenser/eichterungen in Anspruch nehmen?

Die griechischen Personengesellschaften sind abkommensberechtigte Personen. In Deutschland, wo nicht die Personengesellschaften als solche, sondern deren Gesellschafter besteuert werden, schlägt ihre Abkommensberechtigung auf die Gesellschafter durch; ihnen kommt also der Abkommensschutz zugute, auch wenn sie nicht selber im Sitzstaat der Gesellschaft ansässig, somit ihrerseits nicht abkommensberechtigt sind. 21 Es ist fraglich, ob auch die deutschen Personengesellschaften die Anwendung des deutschgriechischen Abkommens vom griechischen Quellenstaat beanspruchen können, obwohl sie keine Personen im Sinne des Abkommens sind. Die Frage wirft sich deshalb auf, weil die deutschen Personengesellschaften, wie alle ausländischen Wirtschaftsgebilde, in Griechenland Steuersubjekte sind. Debatin22 bejaht die Frage. Für die Inanspruchnahme der Abkommensanwendung im griechischen Quellenstaat reicht es aus, daß die deutschen Personengesellschaften dort Steuersubjekte sind. Demgegenüber verneint Piltz23 die Frage. M.E. ist Piltz zuzustimmen. Das Abkommen bestimmt selbst seinen persönlichen Anwendungsbereich, wobei eine Koppelung an die Wertungen des Quellenstaates ausscheidet. Danach hat Griechenland seine Besteuerungsbefugnis nicht auf die Grenzen einzuschränken, die das Abkommen für den Quellenstaat festlegt, sofern es sich nicht um eine in dem anderen Vertragsstaat ansässige Person im Sinne des Abkommens handelt. Das innerstaatliche Recht Griechenlands ist dann so anzuwenden, als ob das DBA mit Deutschland nicht existiert hätte. 24 ,25 20 Vgl. die Auslegung entsprechender Regelungen des deutsch-britischen, deutsch-französischen und deutsch-südafrikanischen DBA bei KornlDebatin, Doppelbesteuerung, Bd. II, Komm. zum DBA mit Großbritannien, S. 235 (Anm. ee), Komm. zum DBA mit Frankreich, S. 167 (Anm. f), Bd. IV, Komm. zum DBA mit Südafrika, S. 126 (Anm. cc). 21 Vogel, K., DBA-Komm., Art. I, Rz. 24 m.w.N. 22 DB 1967, 1559; vgl. auch Vogel, K., DBA-Komm., Art. 1, Rz. 26. 23 Personengesellschaften im IStR der BRD, S. 222; ebenso die griechische Finanzverwaltung, BStBi 11990,219. 24 Die Feststellung des BdF in seinem Schreiben vom 26.4.1990, I VCG, S. 1301, Gri-17/90, BStHl I 1990, 218, daß die griechische Finanzverwaltung die deutschen Personengesellschaften mit den abkommensberechtigten Personen gleichstelle, vorausgesetzt, daß das zuständige deutsche

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Teil A: Die Begriffe Gewerbebetrieb und Betriebsstltte

In Anbetracht dessen, daß die griechischen Personengesellschaften abkommensberechtigt sind, kann die Versagung der Anwendung der Abkommensvorteile auf die Gewinnanteile der nicht in Deutschland ansässigen Gesellschafter der deutschen Personengesellschaften nicht befriedigen. Der Charakter des DBA als ein auf Gegenseitigkeit beruhendes System von Verzichten der Vertragsstaaten auf ihre Besteuerungsrechte wird verletzt. Auch wenn Art. 11 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c Satz 2 des Abkommens so ausgelegt würde, daß der Vertragsstaat, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung der Personengesellschaften befindet, für die Staatszuordnung ihrer Unternehmen maßgebend sein soll, wenn die Gesellschafter in beiden Vertragsstaaten ansässig sind, könnte er das Problem nicht lösen. Denn es gibt noch deutsche Personengesellschaften, die auch in Drittstaaten ansässige Gesellschafter haben, denen der Abkommensschutz im Gegensatz zu den in Drittstaaten ansässigen Gesellschaftern der griechischen Personengesellschaften nicht zugute kommen kann. Es bleibt dann als einzige Lösung die Revision des Abkommens. Das Muster dieser Revision könnte Art. 4 Abs 4 des deutsch-spanischen DBA sein. Art. 11 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c Satz 2 des Abkommens könnte dann lauten: Die Gesellschafter einer Personengesellschaft gelten als in dem Vertragsstaat ansässig, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung der Personengesellschaft befindet, sofern es um die Besteuerung des Gewinnes und des Vermögens der Personengesellschaft geht. c) Anwendung auch anderer DBA durch die Meistbegflnstigungsk/ause/?

Ebenso wie das deutsch-griechische DBA beziehen sich auch die mit der Vermeidung der DoppelIesteuerung zusammenhängenden Regelungen der anderen DBA lediglich auf Personen, die in einem oder beiden das jeweilige DBA anwendenden Staaten ansässig sind und eine grenzüberschreitende Tätigkeit entfalten. Indessen hat das oberste Verwaltungsgericht von Griechenland, das S.t.E.26, im Falle eines schweizerischen Unternehmens, das in Griechenland Lizenzgebühren erworben hat, mangels eines damals bestehen-

Betriebsstättenfinanzamt die im Bescheinigungsvordruck des griechischen Finanzministeriums enthaltenen Angaben bescheinige, ist m. E. nur dann richtig, wenn damit gemeint ist, daß die deutschen Personengesellschaften insofem die Abkommenserleichterungen beanspruchen können, als es sich um den Teil ihrer Steuergüter handelt, der der Beteiligung ihrer in Deutschland ansässigen Gesellschafter entspricht. 2 Aufgrund der DBA-Regelungen, aus denen sich der Kreis der abkommensberechtigten Personen er~bt, ist ebenfalls unerheblich, daß die OHG und KG in Deutschland formelle Steuersubjekte sind. 6 Urteilsnummer: 1738/1971, D.F.N. 1972, 104 (lOS).

3. Kap.: Das DBA mit Griechenland und sein Betriebsstättenprinzip

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den griechisch-schweizerischen DBA27 über die im griechisch-schweizerischen Niederlassungsvertrag bedingungslos aufgenommene Meistbegünstigungsklausel, die einem Staat verbietet, die Staatsangehörigen und die Gesellschaften eines anderen Staates schlechter als die Staatsangehörigen und die Gesellschaften von Drittstaaten zu behandeln28 , die Regelungen des griechisch-englischen DBA angewandt, das die Besteuerung der Lizenzgebühren im Quellenvertragsstaat verbietet, soweit sie nicht durch eine dort gelegene Betriebsstätte ihres Beziehers erzielt worden sind. 29 Zur Vermeidung ähnlicher Urteile in die Zukunft wurde in Art. 5 Abs. I der GVO 4488/1965 festgelegt, daß die Meistbegünstigungsklausel nicht auf die von den DBA gewährten Erleichterungen anzuwenden ist. Solange die Verfassung von 1952 in Griechenland galt, war diese Regelung stets wirksam. 30 Seit dem Inkrafttreten der Verfassung von 1975, die den gesetzlich ratifizierten völkerrechtlichen Verträgen den Vorrang gegenüber den einfachen Gesetzen einräumt und deren Anwendung auf die Ausländer nur von der Bedingung der Gegenseitigkeit abhängig macht, fragt sich zur Anwendung der bedingungslos vereinbarten Meistbegünstigungsklausel nicht mehr danach, ob die in Betracht kommenden Erleichterungen in DBA vorgesehen sind, sondern ob Gegenseitigkeit hinsichtlich des Anwendungsbereiches der Meistbegünstigungsklausel besteht. 31 Es ist dann zu prüfen, ob auch im Rahmen der griechisch-deutschen Beziehungen die Meistbegünstigungsklausel gilt, und falls ja, in welchem Umfang in jedem Land. Dies hat beispielsweise für ein deutsches Unternehmen Bedeutung, das aus Griechenland Zinsen ohne die Zwischenschaltung einer 27 Das griechisch-schweizerische DBA trat im Jahre 1984 in Kraft. Neben dem griechischdeutschen und dem griechisch-schweizerischen DBA bestehen heute folgende allgemeine sich auf die Ertragsteuern beziehende DBA in Griechenland (Informationsquelle: steuerlicher Führer 1994 des D.F.N. von Kostas Koutsikas, Februar 1994): Mit den Vereinigten Staaten (Zustimmungsgesetz: 2548 von 1953, F.E.K. 231 A'/1953); mit Großbritannien (Zustimmungsgesetz: 4300 von 1953, F.E.K. 329 A'/1953); mit Schweden (Zustimmungsgesetz: 4300 von 1963, F.E.K. 73 A'/1963); mit Frankreich (Zustimmungsgesetz: 4386 von 1964, F.E.K. 192 A'/1964); mit Indien (Zustimmungsgesetz: 4580 von 1966, F.E.K. 235 A'/1966); mit Italien (Zustimmungsgesetz: 23 von 1967, F.E.K. 109 A'/1967 und nach seiner Änderung Zustimmungsgesetz: 1927 von 1991, F.E.K. 17 A'/ 1991); mit Zypern (Zustimmungsgesetz: 573 von 1968, F.E.K. 223 A'/1968); mit Belgien (Zustimmungsgesetz: 117 von 1969, F.E.K. 41 A'/1969); mit Österreich (Zustimmungsgesetz: 994 von 1971, F.E.K. 210 A'/1971); mit Finnland (Zustimmungsgesetz: 1191 von 1981, F.E.K. 206 A'/1981); mit Ungarn (Zustimmungsgesetz: 1496 von 1984, F.E.K. 178 A'/1984); mit Tschechien und der Slowakei (Zustimmungsgesetz: 1838 von 1989, F.E.K. 86 A'/ 1989); mit Polen (Zustimmunsgesetz: 1939 von 1991, F.E.K. 37 A'/ 1991); mit Norwegen (Zustimmungsgesetz: 1924 von 1991, F.E.K. 16 A'/ 1991). Einen guten Überblick über die bis 1990 abgeschloßenen DBA von Deutschland vermitteh K. Vogel, DBA-Komm. 28 Theocharopoulos, D.F.N. 1989,280 m.w.N. 29 Vgl. auch u.a. S.t.E. 1279/1954; S.t.E. 1468/1963; a.A Paroutsas, Das Recht int. Verträge, S. 38 30 Vgl. Theocharopoulos (Fn. 28), 358 f mit Rechtsprechungsnachweisen. 31 Vgl. Theocharopoulos (Fn. 28), 359 ff.

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Teil A: Die Begriffe Gewerbebetrieb und Betriebsstätte

dortigen ihm zugehörigen Betriebsstätte bezieht. Denn das griechisch-britische DBA verbietet die Besteuerung dieser Zinsen im Quellenvertragsstaat, während das griechisch-deutsche DBA die Erhebung einer Steuer bis zu 10% der Zinsbeträge erlaubt. 32 Die Meistbegünstigungsklausel ist zwar in Art. 12 des griechisch-deutschen Niederlassungsvertrages vom 18.3.1960 vereinbart worden, Art. 24 Buchst. e dieses Vertrages ordnet aber an, daß diese Klausel nicht auf die von den DBA gewährten Erleichterungen anzuwenden ist. Danach kann sich das deutsche Unternehmen des Beispiels nicht auf die günstigere Regelung des griechisch britischen DBA berufen und ebenso nicht die griechischen Unternehmen auf die günstigeren als das deutsch - griechische deutschen DBA. Etwas anderes kann sich auch nicht aus dem EG-Recht - insbesondere nach dem Inkrafttreten des Vertrages von Maastricht - ergeben, soweit es sich dabei nicht um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit handelt. 33 In Betriebsstättenprinzip und Betriebsstättenbegriff 1. Betriebsstättenprinzip

Was die abkommensrechtliche Zulässigkeit des Zugriffes des Quellenvertragsstaates auf die Steuergüter betrifft, so hängt es in bestimmten Fällen davon ab, ob sich eine Betriebsstätte im Territorium dieses Staates befindet oder nicht. In welchen Fällen das Vorliegen einer Betriebsstätte maßgebend ist, beurteilt sich nach der abkommensrechtlichen Einkunfts- bzw. Vermögensart, zu der die jeweils in Betracht kommenden Steuergüter gehören. a) Abkommensrechtliche Einkunfts- und Vermögensarten und Verankerung des Betriebsstättenprinzips

aa) Die abkommensrechtliche Einkunfts- und Vermögensarteneinteilung und ihr Verhältnis zur Quellenstaatsbesteuerung Unbeschadet der Einkunfts- und Vermögensarten des nationalen Steuerrechts der Vertragsstaaten wenden diejenigen Normen der DBA, die der Eingrenzung der Besteuerungsansprüche des Quellenvertragsstaates dienen,

32 33

Vgl. dazu unten, in: Teil B 3.Kap. 12 und Teil B 2.Kap. III 1 a) dd). Vgl. i.e. HerziglDautzenberg, DB 1992,2520 ff.

3. Kap.: Das DBA mit Griechenland und sein Betriebsstättenprinzip

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eine eigene Aufteilung der Einkünfte und Vermögenswerte nach Einkunftsarten und Arten von Vermögenswerten an. Insbesondere wird im DBA mit Griechenland die Aufteilung der Einkünfte nach Einkünften aus Gewebebetrieb 1, Einkünften aus Schiffahrt und Luftfahrt2, Dividenden3, Zinsen4 , Lizenzgebühren5 Veräußerungsgewinnen6, Bezügen aus dem öffentlichen Dienst7, Einkünften aus Arbeit8, Renten9, Einkünften aus unbeweglichem Vermögen 10, Einkünften der Gastlehrer ll , Bezügen für Studium und Ausbildung 12 und des Vermögens nach unbeweglichem Vermögen 13 , Betriebsvermögen l4 , beweglichem Vermögen, das dem Betrieb von Schiffen und Luftfahrzeugen dient,15 und sonstigem Vermögen l6 getroffen. Je nach abkommensrechtlicher Einkunfts- bzw. Vermögensart läßt sich beurteilen, inwieweit das Besteuerungsrecht des Quellenvertragsstaates in bezug auf die Besteuerungsgrundlage oder die Steuerhöhe aufrechterhalten bleibt. Weist danach das Abkommen ein Steuergut infolge seiner diesbezüglichen Einkunftsart- bzw. Vermögensartregelung der Besteuerungskompetenz des Quellenvertragsstaates zu, so kommt eine Besteuerung dieses Steuergutes in diesem Staat erst dann in Betracht, wenn seine Heranziehung zur Steuer von dem nationalen Steuerrecht dieses Staates bereits vorgesehen ist. 17 Ist beispielsweise Deutschland Quellenstaat, so bedeutet dies, daß das ihm vom Abkommen zugewiesene Steuergut erst dann besteuert werden kann, wenn es den inländischen Einkünften im Sinne des § 49 Abs. 1 EStG bzw. dem Inlandsvermögen im Sinne des § 121 Abs. 2 BewG zugeordnet werden kann. Kann eine Zuordnung auf die inländischen Einkünfte oder das Inlandsvermögen des deutschen Steuerrechts nicht erfolgen, so scheidet eine Quellenstaatsbesteuerung angesichts des Charakters der DBA als eines

1 2 3 4

7

Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art. Art.

III.

v. VI. VII.

VIII. IX. X. XI.

Innerhalb der Vorschrift wird zwischen Einkünften aus selbständiger und unselbständiger Arbeit unterschieden. 8

9 10 11 12

13 14 15 16 17

Art. XII. Art. XIII. Art. XIV. Art. XV. Art. XVI Abs. l. Art. XVI Abs. 2. Art. XVI Abs. 3. Art. XVI Abs. 4.

Vgl. BFH vom 28.7.1982, I R 196/79, BStBi II 1983,77 (80).

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Teil A: Die Begriffe Gewerbebetrieb und Betriebsstätte

Systems von Steuerverzichten und nicht der Begründung von neuen Steuerpflichten aus. 18 Das folgende Beispiel mag das Verhältnis der abkommensrechtlichen Einkunftsarten zum innerstaatlichen Recht veranschaulichen: Eine natürliche Person, die in Griechenland ansässig ist und sich dort gewerblich betätigt, besitzt in Deutschland ein Grundstück mit aufstehendem Gebäude und ist gleichzeitig alleiniger Gesellschafter einer deutschen Kapitalgesellchaft, die sich nicht nur fiktiv kraft Rechtsform, sondern der Natur der Sache nach gewerblich betätigt. Die Tochterkapitalgesellschaft betreibt ihr Gewerbe auf dem dem ausländischen Unternehmer gehörenden Grundstück. Sie zahlt dem ausländischen Unternehmer hierfür eine Pacht. 19 Auf Abkommensebene sind die Pachteinnahmen den Einkünften aus unbeweglichem Vermögen zuzuordnen. 20 Kraft Art. XIII Abs. 1 des DBA mit Griechenland steht das Besteuerungsrecht auf diese Einkünfte dem Belegenheitsstaat Deutschland zu. Angenommen, daß die Betriebsaufspaltung21 über die Grenze in Betracht kommen kann,22 besteuert Deutschland diese Einkünfte nicht, weil sie nach deutschem Steuerrecht aufgrund der vorliegenden (unechten) Betriebsaufspaltung23 Einkünfte aus Gewerbebetrieb und nicht aus Vermietung und Verpachtung darstellen, welche mangels inländischer Betriebsstätte oder inländischen ständigen Vertreters24 keiner der in § 49 Abs. 1 EStG angefiihrten inländischen Einkunftsarten zugeordnet werden können und mithin nach Abs. 4 des § 1 EStG nicht steuerpflichtig sind. 25 .

18 Daß die Abkommensvorschriften innerstaatliche Steueranspl'Üche nicht begründen, war schon vom RFH vom 3.10.1935, III A 267/34, RStBl 1935, 1399 (1400) angenommen; vgl. auch Theocharopoulos, Les solutions grecques au probleme des doubles impositions, S. 116 ff. 19 Abgesehen von der näheren Bestimmung des ausländischen Gewerbetreibenden ist das Beispiel ausPiltz, DB 1981,2044, entnommen. 20 V gl. Art. XIII, insbesondere Abs. 4 des DBA mit Griechenland. 21 Zum wirtschaftlichen Sachverhalt der Betriebsaufspaltung s. oben, in: Teil ALKapitel I 1. 22 So Dehmer, Die Betriebsaufspaltung, Rdnr. 1061,1064; Günkel/Kussel, FR 1980, 554 ff m.w. Literaturhinweisen in Fn. 11; LittmannIBitzlMeincke, § 15 EStG, Rdnr. 152; a.A Kumpf, Besteuerung inländischer Betriebstätten, S. 199 f; Piltz, DB 1981,2046. 23 s. dazu Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 773. 24 Weder das Mietobjekt noch die Tätigkeit der Tochterkapitalgesellschaft als solche begründen einen hinreichenden, inländischen Stützpunkt, damit seine gewerblichen Pachteinnahmen in Deutschland besteuert werden. s. näheres dazu bei Günkel/Kussel, FR 1980, 554, 556. 25 A A Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, S. 102; Schmidt. L., § 15 EStG, Anm. 147, die die Einstufung der Einkünfte des ausländischen Besitzunternehmens als gewerblich davon abhängig machen, daß es in Deutschland eine Betriebsstätte unterhält oder einen ständigen Vertreter bestellt hat.

3. Kap.: Das DBA mit Griechenland und sein Betriebsstattenprinzip

63

bb) Die Verankerung des Betriebsstättenprinzips Ist das Steuergut auf Abkommensebene als gewerblicher Gewinn einzustufen, so kann eine Quellenstaatsbesteuerung erst dann in Betracht kommen, wenn das Steuergut einer im Quellenstaat gelegenen Betriebsstätte zuzurechnen ist. 26 Daneben kommt dem Vorliegen einer Betriebsstätte bei der Umgrenzung der Besteuerungsbefugnisse der Vertragsstaaten im Bereich des Betriebsvermögens Bedeutung zu. 27 b) Näheres zum Betriebsstättenprinzip des DBA mit Griechenland

aa) Das Betriebsstättenprinzip bei den gewerblichen Gewinnen Art. III Abs. I des DBA mit Griechenland beläßt die Besteuerung der gewerblichen Gewinne eines Unternehmens eines Vertragsstaates ausschließlich diesem Vertragsstaat, sofern das Unternehmen in dem anderen Vertragsstaat keine Betriebsstätte unterhält. Unterhält es hingegen eine Betriebsstätte in dem anderen Vertragsstaat, so kann der letzte diejenigen gewerblichen Gewinne des Unternehmens besteuern, die der Betriebsstätte zurechenbar sind. Die Ausgangsfrage bei der Prüfung der Anwendungsvoraussetzungen des abkommensrechtlichen Betriebsstättenprinzips lautet: Wann liegt ein Unternehmen im Sinne des Abkommens vor, das einem Vertragsstaat zuzuordnen ist? Der Wortlaut des Abkommens beantwortet teilweise diese Frage in Art. 11 Abs. I NT. 5. Demgemäß bedeutet der Ausdruck 'Unternehmen eines Vertragsstaates' ein gewerbliches Unternehmen, das von einer in diesem Vertragsstaat ansässigen Person betrieben wird. Danach ist ein Unternehmen, das das Abkommen als gewerbliches Unternehmen versteht, dem Vertragsstaat Deutschland zuzuordnen, wenn es von einer dort ansässigen Person betrieben wird, während ein von einer in Griechenland ansässigen Person betriebenes Unternehmen dem Vertragsstaat Griechenland zugehörig ist. Ob das Unternehmen in dem Ansässigkeitsstaat der es betreibenden Person betrieben wird oder nicht, ist gleichgültig. 28 Wann eine in einem Vertragsstaat ansässige

26 27 28

Art. III Abs. I des DBA mit Griechenhmd. Art. XVI Abs. 2 des DBA mit GriechellhUld.

Vgl. Debatin,

DB

1989,

1693; griechisches Finanzrninisteriurn,

Rundschreib!ln D

3683/933fPol. 223110.7.1987, D.F.N. 19118, 49{1 (500); BFH vorn 26.2.1992,1 R 85191, lclfR 1992,

628 (629).

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Teil A: Die Begriffe Gewerbebetrieb und Betriebsstätte

Person ein gewerbliches Unternehmen betreibt, ist im Abkommen nicht definiert. Nach Art. 11 Abs. 2 des Abkommens hat jeder im DBA nicht definierte Begriff bei der Anwendung des Abkommens in einem Vertragsstaat die Bedeutung, die ihm das Steuerrecht des Anwendestaates beimißt, falls der Zusammenhang keine andere Auslegung erfordert. Diese Auslegungsregel, die mit Art. 3 Abs. 2 des OECD-MA übereinstimmt, ist dergestalt anzuwenden, daß ein Rückgriff auf die Begriffsbestimmungen des legis fori erst dann erfolgt, wenn der Auslegungsmaßstab des "Zusammenhangs" ausgeschöpft ist,29 wobei anzumerken ist, daß der Begriff "Zusammenhang" im DBA umfangreicher als der des Art. 31 Abs. 2 WÜRV ist und sowohl die Entstehungsgeschichte als auch die Heranziehung des OECD-MA und seines Kommentars erfaßt. 30 Im Hinblick auf den Begriff des gewerblichen Unternehmens bietet der Zusammenhang des Abkommens kaum Anhaltspunkte, die für seine Definition einleuchtend sein könnten. Daher scheint ein Rückgriff auf die im Steuerrecht des jeweils das Abkommen anwendenden Vertragsstaates enthaltene Definition des gewerblichen Unternehmens unvermeidbar zu sein. 31 29 Debatin, Systematik III, Rdnr. 126; vgl. auch BFH vom 15.1.1971, III R 125/69, BStBl II 1971,379 (380); BFH vom 21.8.1985, I R 63/80, BStBl II 1986,4 (5); Gavalas, CDFI Vol. XLII, 221; Klebau, RIW 1985, 127; Kluge, RIW 1975, 96; Knobbe-Keuk, RIW 1991, 312; Pi/tz, Die Personengesellschaften im IStR der BRD, S. 126 f.; Pott, Die Kollision, S. 155 f.; Schaumburg, IStR, S. 573 f., 577; Spitaler, CDFI, Vol. XLII, S. 170; Storck, A., Ausländische Betriebstätten, S. 121; Strobl, J., in: Festschrift filr Döllerer, S. 642; Vogel, H., BB 1978, 1021; Weber-Fas, Staatsverträge im IStR, s. 88 f.; aA Vogel, K., DBA-Konun., Art. 3, Rz. 70 f., 74 und ihm folgend Mössner, in: Festschrift filr Seidl-Hohenveldern, S. 426; Wassermeyer, StuW 1990,410. Nach der Auffassung von Klaus Vogel konunt eine Auslegung aus dem Zusanunenhang erst nach Bezugnahme auf das nationale Recht in Betracht. Die Auslegung durch Rückgriff auf das innerstaatliche Recht und die Auslegung aus dem Zusanunenhang seien dann abzuwägen, damit festgestellt werde, ob der Zusammenhang die vom innerstaatlichen Recht abweichende Auslegung fordere. Kritisch dazu Debatin, DB 1985, Beil. 23,6. 30 Vgl. BFH vom 17.12.1965, III 342/60U, BStBI III 1966,483 (485); Debatin, in: Festschrift filr Scherpf, S. 308; Klebau, RIW 1985, 133 f.; Storck, Ausländische Betriebstätten, S. 121; Vogel, K., DBA-Konun., Art. 3, Rz. 72; aA Gloria, RIW 1986, 977. Daß der Begriff Zusammenhang des WüRv nicht so weit gefaßt ist, wie er im Bereich der DBA verstanden wird, bewirkt nicht die Einengung des Begriffes "Zusammenhang" eines DBA, das, wie das deutsch-griechische, im Vergleich zum WüRv legi priori darstellt. Denn die DBA-Normen sind gegenüber den Normen des WÜRV spezielle Normen, die als solche Vorrang haben. Der vorzeitige Rückgriff auf das innerstaatliche Recht, der zu Qualiftkationskonflikten zwischen den Vertragsstaaten und damit zu unangemessenen Ergebnissen filhren kann, kann dann auch im Falle eines solchen DBA vermieden werden. Vgl. Vogel, K., DBA-Konun., 1983, Art. 3, Rz. 66, und EinI., Rz. 37. 31 Vgl. griechisches Finanzministeriurn, Rundschreiben D. 3683/933/Pol. 233/10.7. 1987, D.F.N. 1988,499 f.; Debatin, DB 1989, 1694; Pi/tz, Die Personengesellschaften im IStR der BRD, S. 150; Theocharopoulos, Les solutions grecques au probleme des doubles impositions, S. 136; Wassermeyer, StuW 1990,406. Auch Hemmelrath, der in: Vogel, K., DBA-Konun., 1983, Art. 7, Rz. 22, die An-

3. Kap.: Das DBA mit Griechenland und sein Betriebsstättenprinzip

65

Nicht alle Einkünfte des nach innerstaatlichem Recht definierten gewerblichen Unternehmens fallen unter die gewerblichen Gewinne im Sinne des Abkommens. Dies wird in Art. III Abs. 1 Satz 1 des DBA mit Griechenland angedeutet, wo von gewerblichen Gewinnen eines (gewerblichen) Unternehmens die Rede ist. Damit wird nicht nur gemeint, daß Einkünfte eines Unternehmens aus Schiffahrt und Luftfahrt, die unter die speziellere Regelung des Art. V des Abkommens fallen, von den gewerblichen Gewinnen ausgeschlossen sind, soweit es sich um die Anwendung des DBA handelt; vielmehr sind auch andere Einkünfte eines Unternehmens gegebenenfalls von den gewerblichen Gewinnen auszuschließen. Gerade dies wird von Art. XIII Abs. 4 und Art. XIII Abs. 5 des DBA mit Griechenland bestätigt. Art. XIII Abs. 4 bezieht sich auf Einkünfte eines Unternehmens aus unbeweglichem Vermögen32 und ordnet an, daß sie der Regelung über die Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen zuzuordnen sind, und zwar unabhängig davon, ob sie außerhalb oder innerhalb einer Betriebsstätte anfallen. Damit wird dem Belegenheitsprinzip, d.h. dem Prinzip, nach dem die Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen dem Besteuerungsrecht des Staates zuzuweisen sind, in dem das unbewegliche Vermögen liegt, gegenüber dem Betriebsstättenprinzip Vorrang eingeräumt. Art. III Abs. 5 ist zu entnehmen, daß die Einkünfte eines Unternehmens nicht gewerbliche Gewinne, sondern Einkünfte einer anderen abkommensrechtlichen Einkunftsart sind, wenn sie die Tatbestandsmerkmale dieser anderen Einkunftsart erfüllen und die Anwendungsvoraussetzungen der für diese andere Einkunftsart bestehenden Abkommensregelung vorliegen. Folge der Zuordnung der Einkünfte eines Unternehmens auf eine andere als die der gewerblichen Gewinne Einkunftsart ist, daß das Betriebsstättenprinzip grundsätzlich nicht eingreift. Inwiefern der Quellenvertragsstaat von seinem Besteuerungsrecht Gebrauch machen kann, richtet sich nach der Abkommensregelung, die sich auf diese andere Einkunftsart bezieht.

sicht vertritt, daß der Abkommenszusammenhang zum Teil eine vom nationalen Recht abweichende Auslegung des Unternehmensbegriffes des Art. 7 des OECD-MA erfordere, verzichtet in Rz. 35 auf die Heranziehung der autonomen Auslegung und plädiert fiir einen Rückgriff auf das Recht des Anwendestaates, sofern es sich um DBA handelt, die, wie das deutsch-griechische DBA, von gewerblichen Einkünften statt von Unternehmensgewinnen sprechen. Zur Defmition des Begriffes "ge_ werbliches Unternehmen" nach deutschem Steuerrecht s. oben, in: Teil A I.Kapitel I I; zur Definition des Begriffes nach griechischem Steuerrecht s. oben, in: Teil A 2. Kapitel I I 2. 32 Das unbewegliche Vermögen ist in Art. XIII Abs. 2 des Abkommens definiert. Dazu gehören unter anderen die Rechte auf veränderliche oder feste Vergütungen fiir die Ausbeutung von Mineralvorkommen, Quellen und anderen Bodenschätzen. 5 Karakitis

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Teil A: Die Begriffe Gewerbebetrieb und Betriebsstitte

Bezieht beispielsweise ein deutsches Unternehmen aus Griechenland Dividenden, Zinsen, Lizenzgebühren, Veräußerungsgewinne oder Einkünfte aus unbeweglichen Vermögen, zu denen nach ausdrücklicher Bestimmung in Art. XIII Abs. 3 Satz 2 des Abkommens auch die Gewinne aus der Veräußerung unbeweglichenVermögens zählen, so ist bei der Frage nach dem griechischen Besteuerungsrecht nicht Art. III, sondern je nachdem, Art. VI, VII, VIII, IX oder XlII des DBA mit Griechenland maßgebend. Sofern aber die aus griechischen Quellen stammenden Einkünfte Dividenden, Zinsen, Lizenzgebühren oder Veräußerungsgewinne sind, die einer griechischen Betriebsstätte des Unternehmens zuzurechnen sind, so sind diese Einkünfte der Abkommensregelung über die gewerblichen Gewinne und nicht derjenigen über Dividenden, Zinsen usw. zu unterwerfen. 33 Insoweit wird im DBA mit Griechenland der Betriebsstättenvorbehalt verankert. Dasselbe gilt selbstverständlich im umgekehrten Falle, nämlich griechischer Gewerbebetrieb mit Einkünften aus deutschen Quellen. In diesem Zusammenhang sei anzumerken, daß Lizenzgebühren für kinematographische Filme aufgrund ausdrücklicher Abkommensbestimmung in Art. 11 Abs. 1 Nr. 6 des DBA den gewerblichen Gewinnen und nicht der Einkunftsart Lizenzgebühren zuzuordnen sind. Ob dies auch für Lizenzgebühren für Videofilme gilt, hat kaum praktische Bedeutung, da die Abkommensregelung über Li?:enzgebühren in ihrer Wirkung parallel zu der Regelung über die gewerblichen G~winne läuft. Als Ergebnis läßt sich festhalten, daß zu den gewe,rblichc;m Gewinnen im Sinne des Abkommens alle Einkünfte eines nach irmersmatlichem Recht definierten gewerblichen Unternehmens gehören, diC! lli'iht unter die in Art. Vff. des DBA mit Griechenland angeführten Einkunft~arten fallc;m. Dabei ist der Betriebsstättenvorbehalt und Art. 11 Abs. 1 ~r. (i des AbkQmmens zu beachten, wonach Lizenzgebühren für kinematogralWscne Filqte gewerbliche Einkünfte sind. Die gewerblichen Einkünfte des Unternehmens eines Vertragsstill:ltes können im anderen Vertragsstaat nur dann besteuert werden, wepn si~ einer dort gelegenen Betriebsstätte des Unternehmens zuzurechnen sing. 34 Die Betriebsstätte muß zu dem Zeitpunkt bestanden haben, in dem die ausschlaggebenden Ursachen für die Erwirtschaftung des Gewinns entstanden sind. Ist dies der Fall, so steht dem Betriebsstättenstaat die Besteuerungsbefqg~

33 34

Art. VI Abs. 4, VII Abs. 5, VIII Abs. 3, IX Abs. 2 des DBA mit Griechenland. s. näheres dazu unten, in: Teil B l.Kapitel.

3. Kap.: Das DBA mit Griechenland und sein Betriebsstättenprinzip

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nis auch dann zu, wenn der Gewinn erst nach Auflösung der Betriebsstätte anfällt. 35 bb) Das Betriebsstättenprinzip bei Betriebsvermögen Neben dem fiir unbewegliches Vermögen geltenden Belegenheitsprinzip kommt fiir das Betriebsvermögen das Betriebsstättenprinzip in Betracht. Danach darf der Vertragsstaat, in dem sich die Betriebsstätte eines Unternehmens des anderen Vertragsstaates befindet, neben dem in seinem Territorium belegenen unbeweglichen Vermögen auch das Betriebsvermögen der Betriebsstätte besteuern, während dem Ansässigkeitsstaat das ausschließliche Besteuerungsrecht auf das in seinem Territorium gelegene unbewegliche Vermögen und den nicht der Betriebsstätte zugehörenden Vermögensteil zusteht. 36 Das DBA enthält keine Definition des Betriebsvermögens. Mangels Anhaltspunkten aus dem Zusammenhang bestimmt sich dieser Begriff durch Rückgriff auf das Recht des Anwendestaates. Das bedeutet, daß, sofern es sich um die Prüfung der Besteuerungsbefugnis von Deutschland handelt, sich der Begriff nach dem EStG bestimmt. cc) Die Einschränkung der beschränkten Steuerpflicht durch das Betriebsstättenprinzip des DBA (1) Die Einschränkung in Deutschland

Was die beschränkte Steuerpflicht eines griechischen Gewerbebetriebes in Deutschland anbelangt, so wird sie durch das Betriebsstättenprinzip des Art. III des DBA mit Griechenland nicht eingeschränkt, obwohl in § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG und § 121 Abs. 2 Nr. 3 BewG neben der Betriebsstätte der ständige Vertreter als Anknüpfungsmerkmal seiner inländischen Steuerpflicht anerkannt wird, da der abkommensrechtliche BetriebsstättenbegrifI auch den Begriff des (abhängigen) Vertreters umfaßt. 37 Etwas anderes gilt, wenn dem griechischen Unternehmen Lizenzgebühren oder Veräußerungsgewinne aus deutschen Quellen zufließen. Die diese 35

Hemmelrath, in: Vogel, K., DBA-Komm., Art. 7, Rz. 34.

Art. XVI Abs. 1, 2, 4 des DBA mit Griechenland. Die beschränkte Steuerpflicht wird aber durch die Einengung des Betriebsstättenbegriffes durch das Abkommen eingeschränkt. Dazu s. unten, in: Teil A 3. Kapitel III 2 b) aa). 36

37

Teil A: Die Begriffe Gewerbebetrieb und Betriebsstätte

68

Einkünfte betreffenden Abkommensregelungen38 wirken als leges speciales gemäß § 2 AO auf die deutsche beschränkte Steuerpflicht einschränkend ein, und zwar insofern, als diese Steuerpflicht diese Lizenzgebühren und die Gewinne aus der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung an einer deutschen Kapitalgesellschaft auch dann umfaßt, wenn der Einkunftsbezieher keine Betriebsstätte in Deutschland unterhält, der diese Bezüge zurechenbar sind. 39 (2) Die Einschränkung in Griechenland

Im Gegensatz zu Deutschland schränkt das abkommensrechtliche Betriebsstättenprinzip die beschränkte Steuerpflicht eines deutschen Gewerbetriebes in Griechenland dergestalt ein,40 daß die aus griechischen Quellen stammenden gewerblichen Einkünfte eines deutschen Unternehmens, das in Griechenland keine Betriebsstätte unterhält, in Griechenland nicht besteuert werden dürfen, obwohl sie nach griechischem innerstaatlichem Steuerrecht steuerpflichtig sind. 41 Darüber hinaus bewirkt das Fehlen einer griechischen Betriebsstätte eine Einschränkung der beschränkten Steuerpflicht des deutschen Unternehmens in Griechenland im Hinblick auf Dividenden, Zinsen, Lizenzgebühren und Veräußerungsgewinne, die aus griechischen Quellen herrühren. c) Das Betriebsstättenprinzip und die gewerblichen Personengesellschaften

Im Gegensatz zu den griechischen Personengesellschaften sind die deutschen Personengesellschaften keine in einem Vertragsstaat ansässigen Personen, weil sie nicht selbst materielles Steuersubjekt sind. Ihre Unternehmen sind danach nicht Unternehmen eines Vertragsstaates, da sie nicht von einer in diesem Staat ansässigen Person betrieben werden. Demzufolge greift das abkommensrechtliche Betriebsstättenprinzip nicht ein, es sei denn, daß 38

Art. VIII, Art. IX.

Vgl. jeweils i.V.m § 49 Abs. I Nr. 2 Buchst. e, Nr. 6 und 9 EStG § 1 Abs. 4 EStG und § 2 Abs. 1 KStG. 40 Die einschränkende Auswirkung der DBA auf die Steuerpflicht wird in Art. 6 Abs. 3 Buchst. c der GVO 3843/1958 deklariert, wonach die nach einem gesetzlich ratifizierten Vertrag von der Steuer befreiten Einkünfte von der Steuer freizustellen sind. 41 Vgl. z.8. S.t.E 2871/1978, D.F.N. 1978,663 f.; S.t.E. 3016/1986, D.F.N. 1987, 820 f.; S.t.E. 461/1989, D.F.N. 1990, 119 f.; Verwaltungsgericht zweiter Instanz von Athen 461/1989, Forologiko Wima 1989 (2), 1260 (1261); Fin.Min. E 349/1987, POL 367, "Logistis" 1988, 224. Zur Steuerpflicht der Einkünfte, die außerhalb einer Betriebsstätte anfallen, s. oben, in: Teil A2.Kapitel II 2. 39

3. Kap.: Das DBA mit Griechenland und sein Betriebsstättenprinzip

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Gesellschafter dieser Personengesellschaften Personen sind, die in einem Vertragsstaat ansässig sind. Ist dies der Fall, so sind die Beteiligungen dieser Personen als Unternehmen ihres Ansässigkeitsstaates anzusehen, vorausgesetzt, daß sich die Personen am Betreiben der Unternehmen der Personengesellschaften beteiligen. 42 Wann dies der Fall ist, beurteilt sich mangels Anhaltspunkten aus dem Abkommen durch Rückgriff auf das Recht des jeweils das Abkommen anwendenden Staates. 43 Beteiligt sich z.B. eine in Griechenland ansässige Person an einer deutschen Personengesellschaft, die gewerblich tätig ist, so hat Deutschland bei der Prüfung der beschränkten Steuerpflicht dieser Person zu untersuchen, ob ihre Beteiligung mitunternehmerisch ist und mithin ein griechisches Unternehmen darstellt. 44 Ist dies der Fall, so wird das Betriebsstättenprinzip des Abkommens auf ihre Beteiligung angewandt. Damit ihr Anteil am gewerblichen Gewinn und Betriebsvermögen der Personengesellschaft in Deutschland steuerlich erfaßt werden kann, muß sie in Deutschland eine Betriebsstätte unterhalten, der diese Steuergüter zurechenbar sind. Der Anteil des im einen Vertragsstaat ansässigen Gesellschafters am Unternehmen der Personengesellschaft erstreckt sich auf die Betriebsstätten der Gesellschaft im anderen Vertragsstaat sowie in anderen Staaten, unabhängig davon, ob der Gesellschafter an der Errichtung und Tätigkeit der Betriebsstätten beteiligt war oder ist. 45 Beteiligen sich am Unternehmen einer deutschen Personengesellschaft eine in Deutschland ansässige Person und eine in Griechenland ansässige Person, so ergibt sich angesichts des mehrdeutigen Wortlauts des Art. 11 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c Satz 2 des DBA mit Griechenland die Frage, ob die mitunternehmerischen Beteiligungen dieser Personen je für sich ein Unternehmen des Staates begründen, in dem sie ansässig sind, oder ob sie als Unternehmen des Vertragsstaates anzusehen sind, in dem sich die tatsächliche Geschäftsleitung der Personengesellschaft befindet. 46 Welcher von diesen beiden Alternativen zuzustimmen ist, bleibt offen, solange keine von ihnen den Vorzug unter dem Gesichtspunkt der besseren 42 Vgl. BFH vom 29.1.1964, I 153/61S, BStHl III 1964, 165 (166); Debatin, DB 1978,2439; Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, S. 460; Korn/Debatin, Doppelbesteuerung, Bd. 11, Komm. zum DBA mit Griechenland, S. 65 (Amn. 5); Manke, JdFSt 1978179, 338; Piltz, Die Personengesellschaften im IStR der BRD, S. 153; Selent, Ausländische Personengesellschaften, S. 188; Hemmelrath, in: Vogel, K., DBA-Komm., Art. 7 Rz. 29; a.A. Knobbe-Keuk, RIW 1991, 308, die trotzdem zur Anwendung des Betriebsstättenprinzips gelangt. 43 Vgl. Piltz CFn. 42); Korn/Debatin (Fn. 42). 44 Ebenda. 45 Vgl. Hemmelrath, in: Vogel, K., DBA-Komm., Art. 7, Rz. 29 m.w. Literaturhinweisen. 46 So KornIDebatin, Doppelbesteuerung, Bd. 11, Komm. zum DBA mit Griechenland, S. 61a CAmn. 4), 65 (Amn. 5).

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Teil A: Die Begriffe Gewerbebetrieb und Betriebsstätte

Erreichung des Abkommenszieles, nämlich der Vermeidung der Doppelbesteuerung, gewinnen kann. 2. Der Betriebsstättenbegriff

Anders als der Unternehmensbegriff ist der Betriebsstättenbegriff der Abkommenspraxis folgend im DBA mit Griechenland definiert. 47 Es wirft sich daher angesichts des Charakters des DBA als lex specialis die Frage auf, ob die im innerstaatlichen Recht der Vertragsstaaten enthaltene Definition48 dergestellt von der Abkommensdefinition verdrängt wird, daß sie bei Sachverhalten mit Abkommensbezug nicht mehr herangezogen werden darf. Diese Frage ist verneinend zu beantworten, weil die Funktion des Betriebsstättenbegriffes des innerstaatlichen Rechts einerseits und des Abkommensrechts andererseits unterschiedlich ist. 49 Der Betriebsstättenbegriff des innerstaatlichen Rechts wirkt sich grundsätzlich steuerbegründend aus. 50 Demgegenüber wird der abkommensrechtliche Betriebsstättenbegriff in den Verzichtsnormen des DBA verwendet, 51 deren Funktion, nämlich die Einschränkung der nationalen Steuerpflicht, ihm zugrunde liegt. 52 Infolgedessen muß eine Steuerpflicht, die sich auf die Erfiillung entweder des innerstaatlichen Betriebsstättenbegriffes oder eines anderen steuerbegründenden Kriteriums stützt, in Betracht kommen, damit der abkommensrechtliche Betriebsstättenbegriff berücksichtigt werden kann. Handelt es sich dabei um die beschränkte Steuerpflicht von gewerblichen Einkünften und Betriebsvermögen im Sinne des Abkommens, so entfällt sie, wenn die Tatbestandsmerkmale des abkommensrechtlichen Betriebsstättenbegriffes nicht vorliegen. 53 a) Die Analyse des Betriebsstättenbegriffes im Lichte der Abkommensdefinition

Den Ausgangspunkt der Auslegung des abkommensrechtlichen Betriebsstättenbegriffes 54 bildet Art. 11 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a des Abkommens, wonach Art. 11 Abs. 1 Nr. 7 des DBA mit Griechenland. § 12 AO, Art. 5 der GVO 3843/1958. 49 Vgl. Debatin, DB 1989, 1694, 1693. 50 Vgl. deutscherseits Teil A l.Kapitel III 3 und griechischerseits Teil A 2.Kapitel 11 2. 51 Art. III, VI Abs. 4, VII Abs. 5, VIII Abs. 3, IX Abs. 2, XVI Abs. 2 des DBA mit Griechenland. 52 Vgl. Debatin, DB 1989, 1694; Kolck, Der Betriebsstättenbegriff, S. 155. 53 Vgl. Art. III Abs. 1 des DBA mit Griechenland. 54 Zur historischen Entwicklung des abkommensrechtlichen Betriebsstättenbegriffes s. Kolck, Der Betriebsstättenbegriff, S. 139 ff.; Mersmann, Die Ertragsbesteuerung, S. 63 f 47 4S

3. Kap.: Das DBA mit Griechenland und sein Betriebsstättenprinzip

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der Ausdruck "Betriebsstätte" eine feste Geschäftseinrichtung bedeutet, in der die Tätigkeit des Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird. Daraus ist abzuleiten, daß eine Betriebsstätte abkommensrechtlich dann vorliegt, wenn sich die Tätigkeit eines Unternehmens in einem unter seine nicht nur vorübergehenden tatsächlichen Verfügungsmacht stehenden55 und dem Betrieb ständig 56 dienenden bestimmten örtlich fixierten sachlichen Apparat vollzieht. 57 Auf die Art der Unternehmenstätigkeit, die in der Einrichtung ausgeübt wird, kommt es nicht an. 58 Verpachtet eine Kapitalgesellschaft des einen Vertragsstaates ein im anderen Vertragsstaat belegenes Grundstück, so macht die Verpachtung das Grundstück noch nicht zu einer Geschäftseinrichtung, in der sich die Unternehmenstätigkeit vollzieht. 59 Steht dem Unternehmer das Recht zu, die Räume seines Vertreters zu betreten, um die Geschäftsvorfälle nachzuprüfen, so liegt keine Betriebsstätte in den Räumen des Vertreters des Unternehmers vor, da es an der erforderlichen Verfügungsmacht des Unternehmers über diese Räume fehlt. 60 Sobald das Unternehmen beginnt, seine Tätigkeit in einer festen Geschäftseinrichtung auszuüben, entsteht eine Betriebsstätte. Dies ist der Fall, sobald das Unternehmen in der Geschäftseinrichtung die Tätigkeit vorbereitet, für die die Einrichtung auf die Dauer bestimmt ist. Die Zeit, während der die feste Geschäftseinrichtung selbst vom Unternehmen errichtet wird, bleibt unberücksichtigt, wenn sich diese Tätigkeit wesentlich von derjenigen unterscheidet, der die Geschäftseinrichtung auf die Dauer dienen soll. Die Betriebsstätte hört entweder mit der Aufgabe der Verfügungsmacht über die feste Geschäftseinrichtung oder mit der Einstellung jeder durch sie ausgeübten Tätigkeit auf zu bestehen. Wird die feste Geschäftseinrichtung an ein anderes Unternehmen verpachtet, so dient sie in der Regel nur der Ausübung der Tätigkeit dieses Unternehmens, nicht aber derjenigen des Verpächters; im allgemeinen hört dann die Betriebsstätte des Verpächters auf zu bestehen, es sei denn, daß er 55 Vgl. OECD-MA-Komm. 77 zu Art. 5 Anm. 4, abgedruckt in: Vogel, K, DBA-Komm., Art. 5, Rz. 12; vgl. auch BFH vom 11.10.1989, I R 77/88, BStBl II 1990, 166 (167) m.w. Rechtsprechungshinweisen. 56 Vgl. OECD-MA-Komm. 77 zu Art. 5 Anm. 6, abgedruckt in: Vogel, K, DBA-Komm., Art. 5, Rz.14. 57 RFH vom 30.4.1935, I A 13/35, RStB11935, 840 (841); vgl. OECD-MA-Komm. 77 zu Art. 5, Anm. 4, abgedruckt in: Vogel, K, DBA-Komm., Art. 5 Rz. 12. 58 Vgl. BFH vom 23.1.1985, IR 292/81, BStBI II 1985,417 (418), bezogen auf das deutschgriechische DBA 59 Vgl. OECD-MA-Komm. 77 zu Art. 5 Anm. 8, abgedruckt, in: Vogel, K, DBA-Komm., Art. 5 Rz. 16; RFH vom 27.5.1941, 1112/41; RStBl1941, 393; BFH vom 6.7.1978, I V R 24173, BStBi II 1979, 18 (20); S.t.E. 571-573/1978; Anagnostopoulos, D.F.N. 1979, 1212. 60 Vgl. BFH vom 9.3.1962, I B I 56/58S, BStBl III 1962,227 (228); BFH vom 10.2.1988, VIII R 159/84, BStBl II 1988,653 (654).

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Teil A: Die Begriffe Gewerbebetrieb und Betriebsstätte

eine eigene Geschäftstätigkeit weiterhin durch die feste Geschäftseinrichtung ausübt. 61 Soweit in der Geschäftseinrichtung nicht Handlungen auf Rechnung und Gefahr des Verpächters erfolgen, wird die Ausübung einer Geschäftstätigkeit des Verpächters durch die Geschäftseinrichtung auch dann nicht angenommen, wenn die darin ausgeübte Tätigkeit in seinem Interesse liegt und ihm zugute kommt. 62 Der allgemeinen abkommensrechtlichen Definition des Betriebsstättenbegriffes folgt in Art. 11 Abs. 1 Nr.7 Buchst. b des Abkommens eine keineswegs abschließende Aufzählung von Betriebsstättenfällen. Dies wird durch den Ausdruck "insbesondere" unterstrichen. 63 Sieht man von dem zuletzt aufgeführten Falle ab, nämlich dem der Bauausführungen und Montagen, so ist anzunehmen, daß diese Betriebsstättenfälle Betriebsstättenbeispiele darstellen, die im Lichte der allgemeinen Definition des Betriebsstättenbegriffes zu sehen sind. Dies bedeutet, daß die im DBA-Beispielskatalog erfaßten Fälle nur dann Betriebsstätten begründen, wenn sie die allgemeinen Tatbestandsmerkmale des Betriebsstättenbegriffes erfüllen. 64 Das DBA mit Griechenland folgt dem OECD-MA 63 und ordnet die Bauausführungen und Montagen, deren Dauer zwölf Monate überschreitet, unter die Betriebsstättenbeispiele ein. 65 Daraus ist nicht zu entnehmen, daß das

61

18.

OECD-MA-Komm. 77 zu Art. 5 Arun. 10, abgedruckt, in: Vogel, K, DBA-Komm., Art. 5, Rz.

62 FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, vom 11.5.1992,3 K 309/91, EFG 1992,653 (654), rechtskräftig. 63 OECD-MA-Komm. 63 zu Art. 5 Arun. 7, abgedruckt: (Fn. 61), 1. Auflage, Art. 5, Rz. 42; Anagnostopoulos, D.F.N. 1979, 1212; Chrisostomidis, D.F.N. 1976, 882; aA S.t.E. 3016/1986, D.F.N. 1987,820, bezogen aufdas griechisch-deutsche DBA; S.t.E. 1847/1987, Diikitiki Dikaeossini 1988, 79; S.t.E. 42111989; Verwaltungsgericht zweiter Instanz von Athen 461/1989, D.F.N. 1990, 119, bezogen auf das griechisch-deutsche DBA 64 OECD-MA-Komm. 77 zu Art. 5 Arun. ll, abgedruckt in: (Fn. 61), Rz. 41; RFH vom 30.4.1935, I A 13/35, RStBl 1935, 840 (841); Anagnostopoulos, D.F.N. 1979, 1212; Görl, in: Vo~el, K., DBA-Komm., Art. 5, Rz. 47. 5 Zum Begriff Bauausruhrungen s. Görl, in: Vogel, K, DBA-Komm., Art. 5, Rz. 73. Umstritten ist, ob Instandsetzungs- und Reparaturarbeiten sowie die reine Bauaufsicht darunter fallen. Im Hinblick auf die Instandsetzungs- und Reparaturarbeiten bejahen dies: Kumpf, Besteuerung inländischer Betriebstätten, S. 37 f; Storck, Ausländische Betriebstätten, S. 174; aA BFH vom 27.4.1954, I B 136/ 53U, BStBl III 1954, 179 (180), bezogen auf den deutschen Betriebsstättenbegriff; Baehren, Die Behandlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb, S. 79; Knieper/Jahrmarkt, Zweigniederlassung, Zweigbüro, Rdnr. 248; Kolck, Der Betriebsstättenbegriff, S. 84; Mersmann, Die Ertragsbesteuerung, S. 51; Tipke/Kruse, § 12 AO, Tz 18. Im Hinblick auf die reine Bauaufsicht bejahen dies: Bopp, DStZ 1974, 94; Kolck, Der Betriebsstättenbegriff, S. 89; Storck, Ausländische Betriebstätten, S. 176 ff.; aA OECD-MA-Komm. 77 zu Art. 5 Arun. 16, abgedruckt, in: Vogel, K, DBAKomm., Art. 5, Rz. 66; vgl. auch FG München vom 18.3.1975, 11 43/72, EFG 1975, 489 f, rechtskräftig. Zum Begriff Montage s. BFH vom 16.5.1990, I R 113/87, BStBl 11 1990, 983 (984); BFH vom 13.11.1990, VIII R 152/86, FR 1991, 117 (1l8).

3. Kap.: Das DBA mit Griechenland und sein Betriebsstättenprinzip

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Abkommen die Überschreitung der Zwölfmonatsgrenze im allgemeinen als ausreichend zur Bejahung des Vorhandenseins einer festen, im Sinne einer ständigen Geschäftseinrichtung ansieht,66 vielmehr bezieht sich diese Zeitgrenze ausschließlich auf die Tätigkeitsbereiche Bauausführungen und Montagen. Die Überschreitung der Zwölfmonatsgrenze ersetzt bei diesen Tätigkeitsbereichen das Erfordernis der Ständigkeit, was eine Erweiterung des Umfangs des Betriebsstättenbegriffes bedeutet. 67 Wird die Zwölfmonatsgrenze überschritten, so liegt eine Betriebsstätte nicht erst nach deren Überschreitung, sondern von Anfang an vor. 68 Mehrere Bau- oder Montageprojekte, die in demselben Staat durchgeführt werden,69 sind dann bei der Fristberechnung zusammenzuzählen, wenn sie wirtschaftlich und geographisch ein zusammenhängendes Ganzes bilden. Ob sie auf demselben Vertrag beruhen oder nicht, ist gleichgültig. 70 Im Interesse der Erleichterung des zwischenstaatlichen Wirtschaftsverkehrs und der Vermeidung kaum lösbarer Gewinnzurechnungsprobleme wird die Betriebsstättenvorschrift des DBA durch einen Katalog von Fällen ergänzt, die auch dann keine Betriebsstätte begründen, wenn sie ihre Tatbestandsmerkmale erfüllen. 71 Hierbei handelt es sich in erster Linie um Einrichtungen, in denen sich nur ein unvollständiger Teil der Unternehmenstätigkeit vollzieht, eine Tätigkeit, die nur deshalb wirtschaftlich sinnvoll ist, weil sie durch die Tätigkeit anderer Teile des Unternehmens ergänzt wird. 72 Die Ausklammerung der festen Geschäftseinrichtungen aus dem Betriebsstättenbegriff setzt voraus, daß in diesen ausschließlich Unternehmenstätigkeiten im Sinne des Art. III Abs. 1 Nr. 7 Buchst. c, der identisch mit Art. 5 Abs. 3 OECD-MA ist, ausgeübt werden. Werden in diesen Einrichtungen neben diesen Tätigkeiten auch gewerbliche Kerntätigkeiten ausgeübt, so entfällt die Ausklammerung. 73 Danach ist z.B. die griechische Redaktionsstelle einer deutschen Zeitung, die die Tatbestandsmerkmale des Betriebsstättenbegriffes erfüllt, nicht durch Bezugnahme auf den im Betriebsstättenausnahmekatalog des Art. 11 Abs. 1 So aber Chrisostomidis, D.F.N. 1976,883 f. Vgl. RFH vom 22.1.1941, VI B 7/40, RStB11941, 90; Baehren, Die Behandlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb, S. 132 f.; Storck, Ausländische Betriebstätten, S. 170 f.; Görl, in: Vogel, K., DBA-Komm., Art. 5, Rz. 75. 68 Görl, in: Vogel, K., DBA-Komm., Art. 5, Rz. 76. 69 Vgl. FG Düsseldorfvom 14.9.1990,10 K 580/85 G, EFG 1991,290 (291). 70 OECD-MA-Komm. 77 zu Art. 5 Anm. 17, abgedruckt in: (Fn. 61), Rz. 67; vgl. auch S.t.E. 699/1977, D.F.N. 1978,260. 71 Vgl. BT-Drucks. Vl1046, Denkschrift zu Art. 11 des DBA mit Griechenland, S. 22. Zu den Einzelfällen s. Kolck, Der Betriebsstättenbegriff, S. 188 ff 72 Görl, in: Vogel, K., DBA-Komm., Art. 5 Rz. 117. 73 Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, S. 215. 66

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Teil A: Die Begriffe Gewerbebetrieb und Betriebsstätte

Nr. 7 Buchst. c erfaßten Tatbestand der Einrichtung zur ausschließlichen Beschaffung von Informationen aus dem Betriebsstättenbegriff auszuklammern, da dort die Informationen nicht nur beschafft, sondern auch bearbeitet werden. 74 Es entspricht dem Zweck der Vorschrift, den internationalen Wirtschaftsverkehr zu fördern und die Besteuerung zu erleichtern, wenn sich die Ansicht durchsetzen läßt, daß sich eine Kumulierung von Tätigkeiten des Betriebsstättenausnahmenkatalogs in einer festen Geschäftseinrichtung nicht betriebsstättenbegründend auswirkt,75 solange die Tätigkeiten in ihrer Gesamtheit im Hinblick auf die Tätigkeit des Unternehmens von untergeordneter Bedeutung sind. 76 Liegt in Griechenland bzw. in Deutschland keine betriebsstättenbegründende Geschäftseinrichtung eines Unternehmens vor, so bedeutet dies nicht notwendigerweise, daß das Unternehmen in diesem Staat keine Betriebsstätte unterhält. Vielmehr ist zu untersuchen, ob in diesem Staat eine Person, die nicht unabhängiger Vertreter im Sinne des Art. 11 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. e des DBA mit Griechenland ist, dergestalt für das Unternehmen tätig ist, daß sie ihre Vollmacht, im Namen des Unternehmens Verträge abzuschließen, regelmäßig ausübt. In diesem Falle liegt eine Betriebsstätte des Unternehmens vor, es sei denn, daß sich die Tätigkeit auf Bereiche beschränkt, die im BetriebsstättenausnahmekataIog erfaßt sind. 77 Dasselbe gilt für einen unabhängigen Vertreter, d.h. für eine Person, die zumindest nicht einer umfassenden Weisungsgebundenheit des vertretenen Unternehmens unterliegt,78 wenn er den Rahmen seiner ordentlichen Geschäftstätigkeit überschreitet79 und seine Vollmacht, im Namen des Unternehmens Verträge abzuschließen, regelmäßig ausübt. 80

BFH vom 23.1.1985, I R 292/81, BStBi II 1985,417 (419 f.). Vgl. Kolck, Der Betriebsstättenbegriff, S. 187 f. 76 Vgl. Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, S. 215; Görl, in: Vogel, K., DBAKomm., Art. 5, Rz. 117 f.; aA Weber, E., IWB, Fach 5 Griechenland, Gr. 2, 11 (Fn. 17). 77 Vgl. Art. II Abs. 1 Nr. 7 Buchst. d des DBA mit Griechenland. Daß sich die Ausnahme der Vorschrift nur auf die Einkaufstätigkeit bezieht, soll nicht dergestalt ausgelegt werden, daß sich die übrigen Tätigkeiten des Vertreters, gleichgültig, ob sie betriebsstättenbegründend wären oder nicht, wenn sie in einer festen Geschäftseinrichtung des Unternehmens ausgeübt würden, betriebsstättenbegründend auswirken können. Vgl. Görl, in: Vogel, K., DBA-Komm., Art. 5, Rz. 117 f. 78 Vgl. Görl, in: (Fn. 77), Rz. 169. 79 Zu der Frage danach, wann der Rahmen der ordentlichen Geschäftstätigkeit überschritten wird, s. BFH vom 30.4.1975, I R 152/73, BStBI II 1975,626 (628); BFH vom 23.9.1983, III R 76/81, BStBi II 1984, 93 (96). 80 Vgl. Buchst. e i.V.m. d des Abs. 1 Nr. 7 des Art. II des DBAmit Griechenland. 74

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3. Kap.: Das DBA mit Griechenland und sein Betriebsstättenprinzip

75

Da auch eine Gesellschaft Person ist, kann auch die Tochtergesellschaft eines Unternehmens, die als solche keine Betriebsstätte darstellt,81 dann als dessen Betriebsstätte angesehen werden, wenn sie die Tatbestandsvoraussetzungen des Vertreters gemäß Buchst. d und e des Abs. 1 Nr. 7 des Art. 11 des Abkommens erfüllt. b) Die Einschränkung der beschränkten Steuerpflicht durch den abkommensrechtlichen Betriebsstättenbegriff

aa) Die Einschränkung in Deutschland Anders als das Betriebsstättenprinzip des Art. m des Abkommens bewirkt dessen Betriebsstättenbegriff die Einschränkung der beschränkten Steuerpflicht des griechischen Unternehmens in Deutschland, obwohl seine allgemeine Definition der des deutschen Betriebsstättenbegriffes in § 12 AO entspricht. Der Grund dafiir liegt darin, daß der deutsche Betriebsstättenbegriff im Gegensatz zu dem des DBA nicht durch einen Betriebsstättenausnahmekatalog eingeengt wird und auch Bauausführungen und Montagen umfaßt, die weniger als zwölf Monate dauern. Die entlastende Einwirkung des abkommensrechtlichen Betriebsstättenbegriffes beschränkt sich nicht nur auf die auf der Erfüllung des Betriebsstättenbegriffes beruhende Steuerpflicht, sondern erstreckt sich auch auf diejenige, die durch das Tätigwerden eines Vertreters in Deutschland entsteht. Das besondere Besteuerungsanknüpfungsmerkmal des ständigen Vertreters ist in § 13 AO dergestalt im Vergleich zum betriebsstättenbegründenden Vertreter des DBA weiter gefaßt, daß es auch dann vorliegen kann, wenn der unabhängige Vertreter den Rahmen seiner ordentlichen Geschäftstätigkeit nicht überschreitet und wenn sich die Vertretertätigkeit nicht auf die Ausübung der Vertragsabschlußvollmacht, sondern auf die Warenauslieferung bezieht. Insoweit wird es vom Abkommensrecht eingeschränkt. bb) Die Einschränkung in Griechenland Der Begriff der in Griechenland gelegenen Betriebsstätte eines ausländischen Wirtschaftsgebildes, der in Art. 5 Abs. 1 GVO 3843/1958 durch eine Aufzählung von Fällen bestimmt wird, ist auch dann erfüllt, wenn das aus-

81

Vgl. Art. Il Abs. I Nr. 7 Buchst. f des DBA mit Griechenland.

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Teil A: Die Begriffe Gewerbebetrieb und Betriebsstätte

ländische Wirtschaftsgebilde in Griechenland ein Lagerhaus unterhält, durch einen Vertreter tätig wird, der seine Abschlußvollmacht nicht regelmäßig ausübt, die Erstellung von Studien oder Plänen betreffende Dienstleistungen erbringt, Forschungsarbeiten durchführt, technische oder wissenschaftliche Arbeiten ausführt oder wenn es einen Bestand von Gütern unterhält, von dem es Auslieferungen vornimmt. Ist dieses ausländische Wirtschaftsgebilde eine deutsche Gesellschaft, so wird der Betriebsstättenbegriff des Art. 5 Abs. 1 der GVO 3843/1958 in seiner Eigenschaft als Anknüpfungsmerkmal der beschränkten Steuerpflicht insoweit vom Betriebsstättenbegriff des deutsch-griechischen DBA eingeschränkt, als es sich um die dargelegten Fälle handelt. Handelt es sich bei dem Einkunftsbezieher um eine in Deutschland ansässige natürliche Person, so entfallt seine ausschließlich auf dem Kriterium der Quelle beruhende Steuerpflicht in Griechenland, wenn er dort nur gewerbliche Einkünfte erzielt, die keiner in Griechenland gelegenen Betriebsstätte im Sinne des Art. 11 Abs. 1 Nr. 7 des deutsch-griechischen DBA zuzurechnen sind. c) Der Betriebsstättenbegriffund die Beteiligung

an einer gewerblichen Personengese//schajt

Ob die in der Beteiligung an einer gewerblichen Personengesellschaft bestehende Tätigkeit einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person in dem anderen Vertragsstaat eine Betriebsstätte im Sinne des Art. 11 Abs. 1 Nr. 7 des deutsch-griechischen DBA darstellen kann, ist nicht einheitlich zu beurteilen. Handelt es sich bei der Personengesellschaft um eine deutsche Personengesellschaft, so ist die Frage grundsätzlich bejahend zu beantworten. In der Stätte ihrer Geschäftsleitung ist regelmäßig eine Betriebsstätte zu sehen,82 die den Mitunternehmern anteilig zuzurechnen ist. 83 Handelt es sich bei der Personengesellschaft um eine griechische Personengesellschaft, so ist die Frage angesichts des Art. 11 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. f des Abkommens zu verneinen. 84 Nach Art. 11 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. f des Abkommens wird eine in einem Vertragsstaat ansässige Gesellschaft allein dadurch, daß sie von einer anderen im anderen Vertragsstaat ansässigen Gesellschaft

82

83 84

Vgl. Art. II Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b des deutsch-griechischen DBA Vgl. z.B. B1ümichiKrabbe, § 49 EStG, Rz. 59. Vgl. BdF-Schreiben vom 16.12.1993, IV C5-S 1301 Gri-18/93, DB 1994,453.

3. Kap.: Das DBA mit Griechenland und sein Betriebsstättenprinzip

77

beherrscht wird, nicht zur Betriebsstätte dieser anderen Gesellschaft. 85 Die griechische Personengesellschaft stellt eine in einem Vertragsstaat ansässige Gesellschaft im Sinne des Abkommens dar. 86 Die Regelung des Art. 5 Abs. 1 Buchst. e der GVO 3843/58, wonach die Beteiligung eines ausländischen 85 Diese Regelung ist weit auszulegen und auch auf Unternehmen anzuwenden, die nicht von "Gesellschaften" i.S. des Art. II Abs. 1 Nr. 3 des Abkommens betrieben werden. Vgl. Görl, in: Vogel, K., DBA-Komm., Art. 5, Rz. 177. 86 Das oberste Verwaltungsgericht Griechenlands verneinte die Frage auch vor der Einfiihrung des G 2065/1992, das den griechischen Personengesellschaften und GmbHs die Eigenschaft eines Einkommensteuersubjektes zugeteilt hat, unter Bezugnahme auf Art. II Abs. 1 Nr. 7 Buchst. f des Abkommens, ohne zu prüfen, ob die griechischen Personengesellschaften und GmbHs in einern Vertragsstaat ansässige Gesellschaften i.S. des Abkommens waren (s. z.8. S.t.E. 3016/1986, D.F.N. 1987, 820; S.t.E. 4183/1987; S.t.E. 3112/1989, D.F.N. 1990, 510 (511); S.t.E. 50/1991, "LOGISTIS" 1991, 1068 (1068f); S.t.E. 550/1991; S.t.E. 3278/1991, D.F.N. 1992, 891 (892 f.». Infolgedessen hat das S.t.E. den dem Anteil eines in Deutschland ansässigen Gesellschafters an einer griechischen GmbH entsprechenden Gewinn dieser GmbH zunächst aufgrund der Anwendung der DBA-Regelung über die gewerblichen Einkünfte unabhängig von der Beteiligungshöhe rur steuerfrei gehalten (z.8. S.t.E. 3016/1986, D.F.N. 1987,820 (821); S.t.E. 3112/1989, D.F.N. 1990,510 (511» und etwas später, als es anfing, die DBA - Regelung über die Dividenden, nämlich Art. VI, anzuwenden, nur eine Steuer in Höhe von 25% zugelassen (s. z.B. S.t.E. 2063/1991; S.t.E. 1370/1992, D.F.N. 1992, 1390 (1391». Demgegenüber sah Deutschland die Geschäftseinrichtung der griechischen Personengesellschaften und GmbHs als eine den Gesellschaftern zuzurechnende Betriebsstätte an, wenn nur die Geschäftseinrichtung rur sich genommen die Merkmale einer Betriebsstätte erfilllte. Art. II Abs. 1 Nr. 7 Buchst. f des Abkommens wurde nicht berücksichtigt, da nach deutscher Auffassung die griechischen Personengesellschaften und GmbHs mangels Steuersubjekteigenschaft in Griechenland keine in einem Vertragsstaat ansässige Gesellschaften i.S. des Abkommens waren (vgl. jeweils bezogen auf Beteiligungen an griechischen GmbHs BFH vom 31.7.1991, I R 60/90, HFR 1992, 109 (110); BdF vom 16.2.1976, I V C 6 - S 1301, Griechenland 1/76 IV, abgedruckt in: KornlDebatin, Doppelbesteuerung, Bd. II, DBA mit Griechenland, S. 4Th). Folge dieses QualifJkationskonfliktes war eine DoppelfreisteIlung: Aufgrund des Art. XVII Abs. 2 des deutschgriechischen DBA besteuerte Deutschland den Gewinnanteil des deutschen Gesellschafters als seiner griechischen Betriebsstätte zurechenbar nicht; daneben ließ Griechenland diesen Gewinnanteil zunächst unbesteuert, und später besteuerte es ihn zwar, zumindest den Gewinn aus der Beteiligung an den griechischen GmbHs, es überschritt aber die in Art. VI des deutsch-griechischen DBA festgelegte Steuersatzgrenze trotz des höheren Steuersatzes, den das griechische Steuerrecht vorsah, nicht. Diese ungerechtfertigte Steuerentlastung des Gewinnes einer griechischen Personengesellschaft und GmbH, an denen sich deutsche Gesellschafter beteiligten, wäre wahrscheinlich vermieden worden, wenn das S.t.E., das oberste Verwaltungsgericht Griechenlands, neben Art. II Abs. 1 Nr. 7 Buchst. f Art. II Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a des Abkommens beachtet hätte. Wenn das S.t.E. auf den Wortlaut dieser letzten Abkommensregelung abgestellt hätte, hätte es in der Beteiligung an einer griechischen Personengesellschaft und GmbH keinen Anwendungsfall des Art. II Abs. 1 Nr. 7 Buchst. f des Abkommens gesehen. Außerdem ergibt sich aus Art. XVII Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b des Abkommens, der eine Schachtelvergünstigung nur den wesentlichen Beteiligungen an griechischen AGs einräumt, daß der Dividendenbegriff des Abkommens weder die Gewinne aus der Beteiligung an griechischen Personengesellschaften noch jene aus der Beteiligung an griechischen GmbHs urnfaßt (so Krabbe, RIW/AWD 1976, 194). Eine der deutschen Auffassung entsprechende Auffassung hinsichtlich der Beteiligungen in DBA-Partnerstaaten ansässigen Ausländern an griechischen Personengesellschaften und GmbHs wurde in Griechenland u.a. vom Verwaltungsgericht erster Instanz von Piräus 361821/90, D.F.N. 1992, 466 (469), vom griechischen Finanzrninisteriurn, Rundschreiben D. 3683/933/Pol. 223/10.7.1987, D.F.N. 1988,499 ff. und Anagnostopoulos, D.F.N. 1992, 1185 ff., vertreten.

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Teil A: Die Begriffe Gewerbebetrieb und Betriebsstätte

Unternehmens an einer Personengesellschaft oder GmbH mit Sitz in Griechenland als Betriebsstätte dieses ausländischen Unternehmens anzusehen ist, wird von der Spezialnorm des Art. 11 Abs. I Nr. 7 Buchst. f des Abkommens verdrängt. 87 Daß die Beteiligung des deutschen Gesellschafters an der griechischen Personengesellschaft nicht mit einer Betriebsstätte dieses Gesellschafters in Griechenland gleichzusetzen ist, hat in Griechenland zur Folge, daß der bei den Komplementären als unternehmerische Vergütung steuerlich erfaßte Gewinnteil der Personengesellschaft, der gewerbliche Einkünfte darstellt,88 aufgrund des Art. III Abs. 1 Satz 1 des deutsch-griechsichen DBA unversteuert bleibt, soweit er auf in Deutschland ansässige Gesellschafter entfällt. Wenn Art. 11 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c Satz 2 dergestalt revidiert würde, daß die Gesellschafter einer Personengesellschaft, sofern es um die Besteuerung des Gewinnes und Vermögens der Personengesellschaft geht, als in dem Vertragsstaat ansässig gelten, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung der Personengesellschaft befindet, wären auch die legitimen Interessen Griechenlands zur Versteuerung des auf die deutschen Gesellschafter entfallenden Anteils an der sog. unternehmerischen Vergütung gewahrt. 89

87 Soweit jedoch die griechische Personengesellschaft oder GmbH als Vertreter eines Gesellschafters mit Abschlußvollmacht i.S. des Art. 11 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. d. des Abkommens tätig ist, entsteht dadurch eine Betriebsstätte dieses Gesellschafters. In diesem Falle wird die Betriebsstätte auf der Grundlage der Vertretertätigkeit und nicht auf der des Beteiligungsverhältnisses begründet, so daß Art. II Abs. 1 Nr. 7 Buchst. f des Abkommens nicht eingreift. 88 Vgl. oben, in: Teil A 2. Kapitel I 3. 89 Die Besteuerung hingegen in Griechenland der auf die deutschen geschäftsleitenden Gesellschafter einer griechischen GmbH entfallenden untemehmerischen Vergütung, die nach griechischem Steuerrecht ebenfalls gewerbliche Einkünfte darstellt, kann bereits kraft des Art. XI Abs. 4 des Abkommens, das in seiner griechischen und englischen Fassung geschäftsleitende Funktionen umfaßt, i.V.m. Art. III Abs. 5 des Abkommens erfolgen.

Teil B

Die Besteuerung im Betriebsstättenstaat Erstes Kapitel

Gewinn- und Vermögenszurechnung auf die Betriebsstätte I. Die Verflechtung der Zurechnung mit der Betriebsstättenstaatsbesteuerung Allein das Vorhandensein einer Betriebsstätte veranlaßt das DBA nicht, dem Betriebsstättenstaat l das in seinem Territorium erwirtschaftete bzw. gelegene Steuergut zuzuweisen. Das Prinzip der Attraktivkraft der Betriebsstätte, das sich für das Recht des Betriebsstättenstaates ausspricht, sämtliche in seinem Gebiet erwirtschafteten Einkünfte und in seinem Gebiet gelegenen Verrnögensteile des ausländischen Unternehmens steuerlich zu erfassen, unabhängig davon, ob sie der Betriebsstätte zurechenbar sind oder nicht, wird in Art. III Abs. 1 Satz 2 und Art. XVI Abs. 2 i. Y.m. Abs. 4 des deutschgriechischen DBA abgelehnt. Dabei ist ohne Bedeutung, ob die Einkünfte aus der Abwicklung von Geschäften stammen, welche mit den Geschäften der Betriebsstätte vergleichbar sind. 2 Nach Art. III Abs. 1 Satz 2 können die gewerblichen Einkünfte im Betriebsstättenstaat nur insoweit besteuert werden, als sie der Betriebsstätte zurechenbar sind. Was für die gewerblichen Einkünfte gilt, gilt auch für die Lizenzgebühren und Veräußerungsgewinne der Art. VIII und IX des Abkommens, 3 während die Dividenden und Zinsen der Art. VI und VII dann dem uneingeschränkten Besteuerungsrecht des Betriebsstättenstaates zustehen, wenn sie der dort befindlichen Betriebsstätte des die Erträge beziehenden Untemehmens zuzurechnen sind. 4

1 Mit dem Ausdruck Betriebsstättenstllat wird im folgenden der Vertragsstaat gemeint, in dem ein Untemelunen des anderen Vertragsstaates eine Betriebsstätte unterhält. 2 Somit wird das Prinzip der Attraktivkraft der Betriebsstätte auch in seiner eingeschränkten FOfll\ als Prinzip der Geschäfte gleicher Art, das in den dem UNO-Modell nachgebildeten DBA Eingang . gefunden hat, vom DBA mit Griechenland dem OECD-MA entsprechend abgelehnt. 3 Art. VIII Abs. 3, Art. IX Abs. 2 des DBA mit Griechenland. 4 Art. VI Abs. 4, Art. VII Abs. 5 des DBA mit Griechenland.

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Teil B: Die Besteuerung im Betriebsstättenstaat

Ferner erlaubt das Abkommen die steuerliche Erfassung des dem Unternehmen gewidmeten Betriebsvermögens im Betriebsstättenstaat insoweit, als es der Betriebsstätte zurechenbar ist. Daß die Zurechenbarkeit des Betriebsvermögens bei der Betriebsstätte für das Abkommen erforderlich ist, ist insbesondere dann erkennbar, wenn man neben dem Wortlaut des Art. XVI Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 des Abkommens den Kommentar zum mit diesem Artikel übereinstimmenden Art. 22 OECD-MA berücksichtigt. Dort5 heißt es, daß die Steuern von einem bestimmten Vermögensteil grundsätzlich nur von dem Staat erhoben werden, dem das Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus diesem Vermögensteil zusteht. Somit wird im Fall des Betriebsvermögens im Grundsatz auf die Abkommensregelung über die gewerblichen Einkünfte verwiesen. Die Abhängigkeit der Erlaubnis der steuerlichen Erfassung des Betriebsvermögens im Betriebsstättenstaat von seiner Zurechenbarkeit auf die Betriebsstätte betrifft nur denjenigen Teil des Betriebsvermögens, der weder im Betriebsstättenstaat noch im Ansässigkeitsstaat gelegenes unbewegliches Vermögen ist. Angesichts des übergeordneten Belegenheitsprinzips unterliegt das Betriebsvermögen, das im Betriebsstättenstaat gelegenes unbewegliches Vermögen ist, stets dem Besteuerungsrecht dieses Staates, während das im Ansässigkeitsstaat gelegene unbewegliche Betriebsvermögen nur dort besteuert werden kann. Die abkommensrechtliche Ablehnung der Attraktivkraft der Betriebsstätte bedeutet für das deutsche Steuerrecht keine Besonderheit. Bereits im abkommensfreien Raum ist das ausländische Unternehmen mit den der inländischen Betriebsstätte zurechenbaren Einkünften beschränkt steuerpflichtig, nicht dagegen mit den Einkünften aus den direkten Liefergeschäften. 6 Daneben umfaßt das steuerpflichtige inländische Betriebsvermögen die der inländischen Betriebsstätte des Unternehmens dienenden Wirtschaftsgüter, nicht dagegen sämtliche Wirtschaftsgüter des Unternehmens, die eine Beziehung zum Inland aufweisen. 7 Ist Griechenland Betriebsstättenstaat, so kommt der Ablehnung der Attraktivkraft der Betriebsstätte seitens des Abkommens eine besondere Bedeutung zu. Anders als im Falle des Betriebsstättenstaates Deutschland, beschränkt sie sich nicht nur auf die Einengung der Besteuerungsgrundlage hinsichtlich Lizenzgebühren und Veräußerungsgewinnen, die das Unterneh-

Anm. 2, abgedruckt in: Vogel, K., DBA-Komm., Art. 22, Rz. 2. Vgl. BFH vom 29.1.1964, I 153/61 s, BStBl II 1964, 165 (166); BFH vom 20.7.1988, I R 49/84, BStBi II 1989, 140 (142); vgl. ferner statt aller Kumpf, Besteuerung inländischer Betriebstätten, S. 106 f.; Littmann/BitzJMeincke/Hellwig, § 49 EStG, Rdnr. 26. 7 Vgl. BFH vom 1.4.1987, II R 186/80, BStBl II 1987,550 (551). 5 6

l. Kap.: Gewinn- und Vermögenszurechnung auf die Betriebsstätte

81

men aus Quellen des Betriebsstättenstaates bezieht, 8 sondern erstreckt sich auch auf die gewerblichen Einkünfte in ihrem engeren abkommensrechtlichen Sinne. In Abweichung von abkommensfremden Sachverhalten unterliegen diese Einkünfte beim Eingreifen des Abkommens nur dann der Besteuerung dieses Staates, wenn sie der im griechischen Inland befindlichen Betriebsstätte zugerechnet werden können. 9 Die Durchsetzung der abkommensrechtlichen Ablehnung der Attraktivkraft der Betriebsstätte zu Lasten der abweichenden Regelungen des innergriechischen Steuerrechts wird sowohl von Art. 28 Abs. 1 der griechischen Verfassung als auch von Art. 6 Abs. 3 Buchst. c der GVO 3843/1958, d.h. des Gesetzes über die Einkommensbesteuerung der juristischen Personen, gefördert. 10 IL Der Inhalt des Betriebsstättenanteils an den Steuergütern 1. Im Ertragsbereich

a) Bei gewerblichen Einkünften Der Betriebsstätte sind diejenigen gewerblichen Einkünfte zuzurechnen, die ihr wirtschaftlich zugehören, d.h. auf ihre Aktivität zurückzuführen sind. 1 Betreibt z. B. ein Unternehmen des einen Vertragsstaates eine betriebsstättenbegründende Bauausführung im anderen Vertragsstaat, so sind dieser Betriebsstätte die Gewinne zuzuordnen, die auf die bauausführende Tätigkeit entfallen, während der sich aus dem Geschäft ergebende Liefergewinn, der

8 Sowohl nach innerdeutschem als auch nach innergriechischem Steuerrecht können Lizenzgebühren und Veräußerungsgewinne eines Steuerausländers auch dann steuerpflichtig sein, wenn sie nicht einer inländischen Betriebsstätte zuzurechnen sind. Vgl. deutscherseits jeweils i. V.m. §§ 49 Abs. 1 Nr. 6 und 9 und Nr. 2e EStG § 1 Abs. 4 EStG und § 2 Abs. 1 KStG. 9 Zur Steuerpflichtigkeit der nicht der inländischen Betriebsstätte zurechenbaren gewerblichen Einkünfte im abkommensfreien Raum vgl. neben Art. 3 Abs. 1 Satz 1 der GVO 3323/55, Art. 4 Buchst. d Satz I der GVO 3843/58 S.t.E. 843/1984, D.F.N. 1984,726 ff.; S.t.E. 2911/1990, D.F.N. 1991, 1095 (1096); Theocharopoulos, Besonderes Steuerrecht, S. 214. Alleinige Voraussetzung rur deren steuerliche Erfassung ist, daß sie aus Quellen stammen, welche sich im griechischen Inland befinden. 10 Art. 28 Abs. 1 der gr. Verfassung räumt den gesetzlich ratifizierten völkerrechtlichen Verträgen Vorrang gegenüber den anderen Gesetzen ein, während Art. 6 Abs. 3 Buchst. c der GVO 3843/58 die Steuerfreiheit in Griechenland der kraft der gesetzlich ratifizierten Abkommen dem Besteuerungsrecht dieses Staates entzogenen Einkünfte bestätigt.

1

Hemmelrath, in: Vogel, K., DBA-Komm., Art. 7, Rz. 32.

6 Karakitis

82

Teil B: Die Besteuerung im Betriebsstättenstaat

nicht durch die Betriebsstättentätigkeit erwirtschaftet worden ist, außerhalb des Zuordnungsgegenstandes bleibt. 2 Zur Objektivierung des auf die Tätigkeit der Betriebsstätte entfallenden Gewinns verwendet Art. III Abs. 2 des Abkommens einen Fremdvergleichsmaßstab. Die Betriebsstätte wird dabei einer unabhängigen Unternehmung gleichgestellt, die eine der Betriebsstättentätigkeit entsprechende Tätigkeit unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen und unabhängig vom Betriebsstättenträger entfaltet. 3 Mithin wird das bei der Gewinnabgrenzung vom OECD-MA empfohlene Prinzip des "dealing at arm's length" vom DBA mit Griechenland berücksichtigt. Allerdings ist anzumerken, daß das deutschgriechische Abkommen im Gegensatz zum OECD-MA der Betriebsstätte nicht alle gewerblichen Einkünfte zurechnet, die sie als unabhängiges Unternehmen in der dargelegten Weise hätte erzielen können. Zurechenbar sind nur die gewerblichen Einkünfte, die die Betriebsstätte in der dargelegten Weise in dem Staat hätte erzielen können, in dem sie sich befindet. 4 Gewerbliche Einkünfte, die aus Drittstaaten und aus dem Ansässigkeitsstaat stammen, können daher in keinem Falle der Betriebsstätte zugeordnet werden. 5 Bezieht beispielsweise ein griechisches Unternehmen Dividenden aus seiner Beteiligung an einer in einem Drittstaat ansässigen Kapitalgesellschaft, die zum Zwecke erworben worden ist, den Wettbewerb zwischen der Gesellschaft und der in Deutschland unterhaltenen Vertriebsstätte des Unternehmens auszuschalten, so können die Dividenden angesichts des Art. III Abs. 2 des DBA der Betriebsstätte nicht zugerechnet werden, obwohl sie in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit ihr stehen. Ein steuerlicher Zugriff seitens Deutschlands auf diese Einkünfte ist daher vom Art. III Abs. 1 des Abkommens untersagt.

2 Vgl. z.B. BFH vom 13.11.1990, VIII R 152/86, FR 1991, 117 (118); S.t.E. 287111978 D.F.N. 1978, 663 (664); Verwaltungsgericht erster Instanz von Mhen 12894/89, D.F.N. 1990, 295 (296), bezogen auf das deutsch-griechische DBA; gr. FinMin E 349/1987, pol. 367, Logistis 1988, 224; Debaiin, DB 1967, 1562; Kumpf, Besteuerung inländischer Betriebstätten, S. 107; Weber, IWB, Fach 5 Griechenland, Gruppe 2, 15 (Fn. 26). 3 Die Frage, inwiefern diese Selbständigkeitsfiktion auf unternehmensinterne Leistungsbewegungen anzuwenden ist, ist unten, in: Teil B l.Kapitel III 3, zu prüfen. 4 So Art. III Abs. 2 des DBA mit Griechenland. Vgl. auch den eindeutigeren Wortlaut der griechischen und englischen Fassung der Vorschrift. Eine ähnliche Regelung enthalten deutscherseits das DBA mit Großbritannien in Art. III Abs. 3, abgedruckt in: KomlDebatin, Doppelbesteuerung, Bd. 11, S. 84 f., das DBA mit Pakistan in Art. III Abs. 3, abgedruckt in: Bd. III, S. 54 f. und das DBA mit Südafrika, abgedruckt in: KomlDebatin, Bd. IV, S. 14, und griechischerseits das DBA mit Großbritannien in Art. 111 Abs. 3, abgedruckt in: Totsis, Die Besteuerung der AG und GmbH, Bd. 11, S. 549 und das DBA mit Indien in Art. III Abs. 2, abgedruckt in: Totsis, S. 594. 5 AA das griechische Finanzministerium, Rundschreiben E 9565/41117.5.1968.

1. Kap.: Gewinn- und Vennögenszurechnung auf die Betriebsstätte

83

Im Ergebnis ist festzuhalten, daß das Prinzip der wirtschaftlichen Zugehörigkeit, das nach Art. III Abs. 1 Satz 2 des DBA für die Umgrenzung des dem Besteuerungsrecht des Betriebsstättenstaates unterliegenden Unternehmensgewinns maßgeblich ist, in Abs. 2 derselben Vorschrift vom Erfordernis des örtlichen Zusammenhangs des Gewinns ergänzt wird. Die Erwirtschaftung der gewerblichen Einkünfte durch die Betriebsstätte reicht nicht aus, um abkommensrechtlich den steuerlichen Zugriff des Betriebsstättenstaates zu rechtfertigen; vielmehr ist die Erwirtschaftung dieser Einkünfte von der Betriebsstätte innerhalb des Territoriums des Betriebsstättenstaates erforderlich, damit das Abkommen ihre Besteuerung im Betriebsstättenstaat zuläßt. Ist Deutschland Betriebsstättenstaat, so bedeutet dies eine Einschränkung der Besteuerungsgrundlage im Wirkungsbereich des Abkommens, da sie im abkommensfreien Raum auch im Ausland erwirtschaftete Einkünfte umfaßt, sofern sie mit der inländischen Betriebsstätte in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen6 und nicht einer ausländischen Unterbetriebsstätte zurechenbar sind7 oder aus Grundvermögen fließen 8 . Die Einschränkung der Besteuerungsgrundlage von Art. III Abs. 2 des DBA mit Griechenland wird kraft des Charakters des DBA als lex specialis ermöglicht. 9 Gleiches gilt, wenn der Betriebsstättenstaat nicht Deutschland, sondern Griechenland ist, insbesondere dann, wenn das die Betriebsstätte unterhaltende Unternehmen von einer Gesellschaft betrieben wird. Nach innergriechischem Steuerrecht ist das ausländische Wirtschaftsgebilde nicht nur mit den im Inland erwirtschafteten Einkünften, sondern auch mit dem aus dem Ausland stammenden Gewinn steuerpflichtig, sofern er von seiner in Griechenland befindlichen Betriebsstätte erwirtschaftet worden ist. 10 Dieser Gewinn ist daher beim Eingreifen des DBA in die Besteuerungsgrundlage nicht einzubeziehen. Nicht nur der im Ausland erwirtschaftete Gewinn, sondern auch der Gewinn, der auf die Einkaufstätigkeit des Unternehmens im Betriebsstättenstaat entfällt, kann der Betriebsstätte aufgrund des Art. III Abs. 4 des Abkommens nicht zugerechnet werden, es sei denn, daß es sich dabei um Einkäufe für Dritte handelt. 11 Bei der Anwendung der Fremdvergleichsklausel des Art. III Abs. 2 des Abkommens zur Bestimmung der der Betriebsstätte zuzurechnenden und mithin im Betriebsstättenstaat zum Abzug zugelassenen Aufwendungen ist 6 7 8

9 10

II

Vgl. insbesondere Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, S. 237. Vgl. BFH vom 24.2.1988, I R 95/84, BStBl II 1988,663 (665); Jacobs (Fn. 6). Jacobs (Fn. 6). Vgl. § 2 AO. Vgl. oben, in: Teil A 2.Kap. II 2. Vgl. Hemmelrath, in: Vogel, K., DBA-Komm., Art. 7, Rz. 125.

84

Teil B: Die Besteuerung im Betriebsstättenstaat

Art. III Abs. 3 zu beachten. Demnach sind die der Betriebsstätte zuzurechnenden anteiligen Geschäftsführungs- und allgemeinen Verwaltungskosten bei der Ermittlung der Betriebsstätteneinkünfte abzugsfähig. 12 Berücksichtigt man, daß die Geschäftsführungs- und allgemeinen Verwaltungskosten i.d.R. außerhalb des Territoriums des Betriebsstättenstaates anfallen, so gelangt man zum Ergebnis, daß im Gegensatz zu den positiven Einkünften die Entstehung dieser Aufwendungen außerhalb des Territoriums des Betriebsstättenstaates das Abkommen nicht verhindert, diese anteilig der Betriebsstätte zuzurechnen. b) Bei Dividenden, Zinsen, Lizenzgebühren und Veräußerungsgewinnen aus dem Betriebsstättenvertragsstaat

Dividenden, Zinsen, Lizenzgebühren und Veräußerungsgewinne, die aus Quellen des einen Vertragsstaates einem Unternehmen des anderen Vertragsstaates zufließen, sind dann als der im Quellenvertragsstaat befindlichen Betriebsstätte zuzurechnende und somit dem Besteuerungsrecht dieses Staates uneingeschränkt unterliegende gewerbliche Einkünfte anzusehen, wenn die Vermögenswerte, für die sie gezahlt werden, der Betriebsstätte tatsächlich zugehören. 13 Nach Schröder 14 ist dies bei Dividenden dann der Fall, wenn die Anteile mit eigenen, selbst erwirtschafteten Mitteln der Betriebsstätte erworben worden sind oder vom Unternehmensstammhaus auf die Betriebsstätte übertragen wurden, weil die Beteiligung die Geschäftstätigkeit der Betriebsstätte ergänzt oder fördert. 15 Bei Zinsen und Lizenzgebühren liege die tatsächliche Zugehörigkeit der ihnen zugrundeliegenden Vermögenswerte zur Betriebsstätte dann vor, wenn die Zinsen aus der Anlage selbst erwirtschafteter Mittel der Betriebsstätte stammten oder aus Krediten an Personen, mit denen die Betriebsstätte in Geschäftsbeziehungen stehe, und die Lizenzgebühren für die Nutzung von Rechten gezahlt würden, die in der Betriebsstätte entstanden oder mit von ihr selbst erwirtschafteten Mitteln erworben oder ihr vom Unter-

12 Zur Behandlung dieser AufWendungen im innerstaatlichen Recht des Betriebsstättenstaates s. deutscherseits BFH vom 20.7.1988, I R 49/84, BStBi II 1989, 140 (142 f) und griechischerseits Art. 5 Abs. 2 Satz I GVO 3843/58. Zum Verhältnis der Abkommensregelung zu dieser Vorschrift s. unten, in: Teil B 2.Kap. III I a) aa) (2) (a). 13 Vgl. KorniDebatin, Doppelbesteuerung, Bd. II, Kommentar zum DBA mit Griechenland, S. 70 (Anm. 5),73 (Anm. 3),75 (Anm. 3), 76. 14 In: Mössner, Steuerrecht international tätiger Unternehmen, Rz. C 147. 15 BFH vom 26.2.1992, I R 85/91, HFR 1992, 628 (630), spricht dabei von einem funktionalen Zusammenhang der Beteiligung zu einer in der Betriebsstätte ausgeübten aktiven Tätigkeit, der die Zurechnung der Beteiligungserträge auf die Betriebsstätte ermöglicht.

1. Kap.: Gewinn- und Vennögenszurechnung auf die· Betriebsstätte

85

nehmensstammhaus übertragen worden seien, weil sie ganz oder teilweise Grundlage der gewerblichen Betätigung der Betriebsstätte seien. 16 Daß die Zuordnung der Dividenden, Zinsen, Lizenzgebühren und Veräußerungsgewinne auf die Betriebsstätte von der Betriebsstättenzugehörigkeit der ihnen zugrundeliegenden Vermögenswerte abhängt, bringt den engen Zusammenhang der Zuordnung des Vermögens mit der der Erträge und Aufwendungen in den Vordergrund. 17 Danach hat die Vermögenszuordnung auf die Betriebsstätte auch für die griechische Besteuerung Bedeutung, obwohl Griechenland eine umfassende und vom Betriebsstättenprinzip betroffene Vermögensteuer nicht kennt. 2. Im Vermögensbereich

Der Betriebsstätte ist das Betriebsvermögen zuzurechnen, das ihr wirtschaftlich zugehört. 18 Darunter fallen Wirtschaftsgüter, die der Erfüllung der Betriebsstättenfunktion dienen. 19 Diese sind nach dem BFH die Wirtschaftsgüter, die ein selbständiger Gewerbebetrieb am gleichen Ort und unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen zur Erzielung eines vergleichbaren Geschäftserfolges benötigt. Entsprechendes gelte für die Verbindlichkeiten. 20 Bei einer Reihe von Wirtschaftsgütern des Unternehmens ergibt sich bereits aus ihrer Zweckbestimmung, welcher Unternehmensteileinheit sie dienen. Hierbei handelt es sich hauptsächlich um körperliche Wirtschaftsgüter, z.B. Maschinen und Geschäftsausstattung. 21 Die buchmäßige Behandlung kann ferner Anhaltspunkt für die Zuordnung nach wirtschaftlicher Zugehörigkeit sein. 22 Nach dem BFH23 hängt es bei Wirtschaftsgütern, die ihre ihnen im Rahmen des Gesamtunternehmens zugewiesene Funktion gleichermaßen als Bestandteil des Betriebsvermögens der Betriebsstätte und als Bestandteil des Betriebsvermögens der Zentrale oder einer anderen Niederlassung des 16 Vgl. auch den koordinierten Erlaß des FinMin von Nordrhein-Westfalen vom 3.6.1966, S. 1301 - U.S.A 19 - VB 1, BStBl II 1966, 143 ff. zum deutsch-amerikanischen OBA 1954/1965. 17 Vgl. Hemmelrath, Oie Ermittlung des Betriebstättengewinns, 207 [; Kluge, Ertragsteuerliche Zurechnungsprobleme, S. 80 [ 1S Vgl. Kumpf, StbJb 1988/89,405. 19 IDW-Stellungnahme, OB 1988,312. 20 Vgl. BFH vom 21.1.1972, III R 57171, BStBl II 1972, 374 (375); vgl. auch OECO-MAKomm. 77 zu Art. 22, Anm. 2, abgedruckt in: Vogel, K., OBA-Komm., Art. 22, Rz. 3 i.V.m. Art. III Abs. 2 des OBA mit Griechenland. 21 Vgl. Gonnella, OB 1986,298; Görl, in: Vogel, K., OBA-Komm., Art. 22, Rz. 23. 22 Vgl. Gonnella, OB 1986,298. 23 Vom 1.4.1987, II R 186/80, BStBl II 1987, 550 (551); vgl. auch BFH vom 29.7.1992, II R 39/89, RIW 1992,956 (958).

86

Teil B: Die Besteuerung im Betriebsstättenstaat

Unternehmens ausüben können, vom erkennbaren Willen der Geschäftsleitung, d.h. i.d.R. der buchmäßigen Behandlung, entscheidend ab, welcher Teileinheit des Unternehmens sie zuzuordnen sind. Dieser Wille sei allerdings dann nicht zu beachten, wenn er im Widerspruch zu kaufmännischen und wirtschaftlichen Erfordernissen stehe. 24 Dies ist der Fall, wenn die in Betracht kommenden Wirtschaftsgüter nach der erkennbaren Willensentscheidung der Geschäftsleitung derjenigen unternehmerischen Teileinheit zuzuweisen sind, deren Betrieb sie objektiv in keiner Weise zu fördern bestimmt und geeignet sind. 25 Danach kann z.B. ein Patent, das zu den von einer Vertriebsstelle des Unternehmens verkauften Waren keinerlei Beziehung hat, ihr auch dann nicht zugerechnet werden, wenn der erkennbare Wille der Geschäftsleitung die Zuordnung auf diese Vertriebsstelle befürwortet. 26 Dienen dieselben Wirtschaftsgüter mehr als einer Betriebsstätte des Unternehmens, so wirft sich die Frage auf, welcher Betriebsstätte sie unter Zugrundelegung des Prinzips der wirtschaftlichen Zugehörigkeit zuzuordnen sind. Bei derartigen Fällen ist eine anteilige Zuordnung denkbar. 27 Die anteilige Zuordnung ist jedoch bei zeitanteiliger Nutzung der Wirtschaftsgüter zu vermeiden. In solchen Fällen ist es aus praktischen Gründen zweckmäßig, die Wirtschaftsgüter dem Unternehmensteil zuzuordnen, bei dem sie überwiegend genutzt werden. 28 111. Die Vorgehensweise bei der Gewinn- und Vennögenszurechnung auf die Betriebsstätte 1. Zurechnungswege

Die Gewinn- und Vermögenszuordnung auf die Betriebsstätte läßt sich auf zwei Wegen vollziehen. 1 Dabei haben sich die Ausdrücke direkte und indirekte Methode eingebürgert. 2

Ebenda. Vgl. Pi/tz, Die Personengesellschaften im IStR der BRD, S. 95. 26 Ebenda. 27 Vgl. z.B. Hemmelrath, Die Ennittlung des Betriebstättengewirms, S. 216 f.; Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, S. 283. 28 Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, S. 283. 24 25

1 2

Debatin, DB 1989, 1696; vgl. auch u.a. Abschn. 54 Abs. 4 Satz 1 VStR. Bähr, Gewinnermittlung ausländischer Zweigbetriebe, S. 61 f., kritisiert die Verwendung der

Ausdrücke "direkte" und "indirekte" Methode und spricht stattdessen von "Teilgewinnkonstruktion" und "Gesamtgewinnzerlegung".

1. Kap.: Gewinn- und Vennögenszurechnung auf die Betriebsstätte

87

a) Die direkte Methode als Zurechnungsweg

aal Darstellung Bei der direkten Methode wird die Betriebsstätte als eine für sich operierende Einheit behandelt. Aus ihrer direkten Betrachtung werden dann die ihr zuzuordnenden Einkünfte und Vermögensteile abgeleitet. 3 In formeller Hinsicht bedeutet dies, daß sie mittels der die Betriebsstätte betreffenden Rechnungslegung oder auch einer auf der direkten Betrachtung der Betriebsstätte beruhenden Teil- oder Vollschätzung zu bestimmen sind. 4 bb) Vor- und Nachteile der direkten Methode Wird die Betriebsstättentätigkeit unmittelbar auf den Markt gerichtet und liegt kein Leistungsaustausch zwischen ihr und den anderen Teileinheiten des Unternehmens vor oder ist er gering, so wird der direkten Methode auch von deren Kritikern der Vorzug eingeräumt. 5 Ihr Vorteil in einem solchen Falle liegt darin, daß sie weitgehend eine verursachungsgerechte Zuordnung des Steuergutes gewährleistet, ohne zugleich in ihrer Handhabung bei gegebener ordnungsgemäßer gesonderter Buchführung der Betriebsstätte schwierig zu sein. 6 Als Nachteil der direkten Zurechnungsmethode ist die Möglichkeit der Überbesteuerung des Gesamtunternehmens zu nennen. 7 Das Unternehmen wird bei konsequenter Anwendung der direkten Zurechnungsmethode mit seiner gewinnbringenden Betriebsstätte im Betriebsstättenstaat auch dann zur Steuer herangezogen, wenn es in seiner Gesamtheit einen Verlust erlitten hat. Dieses mit dem Prinzip der Besteuerung nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit unvereinbare Ergebnis versucht Hemmelrath8 mit seinem Vorschlag für die Gewährung eines grundsätzlich § 2a Abs. 3 EStG entsprechenden Verlustausgleichs seitens des Betriebsstättenstaates zu überwinden.

3 4

HIlO.

Debatin, DB 1989, 1696. Debatin, DB 1989, 1696; vgl. auch u.a. Kumpf, StbJb 1988/89,409; Rädler, CDFI 1973, S.

So z.B. Philipp, DStZ 1974,20. Vgl. z.B. Hemmelrath, Die Ermittlung des Betriebstättengewinns, S. 33 f.; HerrmannIHeuerlRaupach, § 49 EStG, Anm. 60; Mersmann, Die Ertragsbesteuerung inländischer Betriebstätten, S. 80. 7 Vgl. z.B. Bähr (Fn. 2), S. 144; HerrmannIHeuerlRaupach, § 49 EStG, Anm. 60; Mersmann, Die Ertragsbesteuerung inländischer Betriebstätten, S. 80 f 8 (Fn. 6), S. 186 ff.; vgl. auch Bähr (Fn. 2), S. 144 f. 5 6

88

Teil B: Die Besteuerung im Betriebsstättenstaat

Bei Zunahme der unternehmensinternen Leistungsbewegungen wird die direkte Methode in ihrer Handhabung schwierig. Die schwierige Frage, wie diese Bewegungen zu behandeln sind, läßt sich bei Anwendung der auf der getrennten Betrachtung der einzelnen Unternehmensteileinheiten beruhenden direkten Zurechnungsvorgehensweise nicht ignorieren, sofern das Interesse an einer verursachungsgerechten Zuordnung des Steuergutes fortbesteht. Was den Steuerpflichtigen anbetrifft, so hat er sich mit seiner Unsicherheit darüber auseinanderzusetzen, ob die Ansichten der Finanzverwaltung sowohl des Betriebsstättenstaates als auch des Ansässigkeitsstaates hinsichtlich der Behandlung des unternehmensinternen Leistungsverkehrs im Falle einer Betriebsprüfung mit seinen Ansichten übereinstimmen werden. 9 Verschärft wird dieses Problem für den Steuerpflichtigen durch die Erkenntnis, daß die beiden mit der Betriebsprüfung befaßten Finanzverwaltungen nicht notwendig einer Meinung sein müssen. Die drohende Doppelbesteuerung des Unternehmens als Folge der Meinungsdiskrepanz der Finanzverwaltungen könnte dann mangels einer internationalen Schiedsstelle nur durch Einleitung des Verständigungsverfahrens, wie es in Art. XX des DBA mit Griechenland vorgesehen ist, vermieden werden. 10 Dabei ist auch das EG-Übereinkommen über die Beseitigung der Doppelbesteuerung nach seinem Inkrafttreten zu berücksichtigen. 11 b) Die indirekte Methode als Zurechnungsweg

aa) Darstellung Bei der Anwendung der indirekten Methode wird der Gesamtgewinn und das Gesamtvermögen des Unternehmens ermittelt und mit Hilfe eines bestimmten Zerlegungsschlüssels auf die einzelnen Unternehmensteile aufgeteilt. Als Zerlegungsschlüssel werden u.a. das Verhältnis von Umsatz, Löhnen, eingesetztem Kapital, gezahlten Prämien sowie Kombinationen dieser Verhältnisse angeführt. 12 Die Wahl des anzuwendenden Schlüssels richtet sich nach dem jeweils in Betracht kommenden Unternehmenstyp. So wird z.B. das Verhältnis von Umsatz im Falle der Handels- und DienstleistungsVgl. Hemmelrath (Fn. 6), S. 30 f.; Philipp (Fn. 5), 19. Hemmelrath (Fn. 6), S. 31. 11 ABI EG Nr. L 225/10 vom 20.8.90. s. dazu unten, in: Teil B, I.Kapitel IV. 12 Vgl. insbesondere Art. 37 Abs. 1 GVO 3323/1955; Abschn. 54 Abs. 4 Satz 5 VStR; OECD-MA-Komm. 77 zu Art. 7, Anm. 26, abgedruckt in: Vogel, K., DBA-Komm., Art. 7, Rz. 88, Bähr (Fn. 2), S. 163 tf. s. weitere Zerlegungsschlüssel bei Rädlerl Raupach, Deutsche Steuern, S. 101. 9

10

l.Kap.: Gewinn- und Vermögenszurechnung auf die Betriebsstätte

89

unternehmen, das Verhältnis der Arbeitslöhne oder besser die Kombination des Verhältnisses der Löhne mit dem Verhältnis des eingesetzten Kapitals im Falle der Produktionsunternehmen und das Verhältnis des eingesetzten Kapitals im Falle der Banken als anwendbarer Zerlegungsschlüssel angesehen. 13 Als angemessener Verteilungsschlüssel für den Bereich der Bau- und Montageunternehmen wird schließlich von Feuerbaum das Risikoverhältnis und von Schieber das Kostenverhältnis vorgeschlagen. 14 bb) Vor- und Nachteile der indirekten Methode Der Vorzug der indirekten Methode liegt u.a. darin, daß sie die Auseinandersetzung mit der schwierigen Frage, wie die unternehmensinternen Transaktionen zu behandeln sind, meidet. "Transaktionen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte spiegeln sich hier im Gesamtergebnis des Unternehmens wieder und ordnen sich durch die Gewinnverteilung in indirekter Weise dem Stammhaus und der Betriebsstätte zu."15 Außerdem wird eine Überbesteuerung des Unternehmens, wie z.B. die Besteuerung der gewinnbringenden Betriebsstätte trotz gleichzeitigen Unternehmensverlustes, bei Anwendung der indirekten Methode vermieden. 16 Im Rahmen dieses Zurechnungsweges ist der grenzüberschreitende unternehmensinterne Verlustausgleich von vornherein sichergestellt. Den einzelnen Teileinheiten des Unternehmens ist nicht mehr als ein Anteil am Gesamtergebnis des Unternehmens zuzuweisen. 17 Berücksichtigt man jedoch, daß jeder Staat das Gesamtergebnis des Unternehmens auch bei Zwischenschaltung eines DBA nach seinem eigenen Recht ermittelt,18 so sind Fälle denkbar, in denen der eine Staat einen Unternehmensverlust feststellt, während der andere von einem Gewinn des Gesamtunternehmens ausgeht und folglich die in seinem Territorium befindliche Teileinheit des Unternehmens besteuert. Abgesehen davon ist die Nicht-Besteuerung der gewinnbringenden Betriebsstätte bei gleichzeitigem Unternehmensverlust und die Besteuerung Vgl. z.B. OECD-MA-Komm. 77 zu Art. 7, Anm. 26, abgedruckt in: (Fn. 1); Abschn. 54 4 Satz 6 VStR; Bähr (Fn. 2), S. 163ff. 14 Feuerbaum, DB 1968, 1505; derselbe, In- und ausländische Besteuerung von BauausIuhrungen und Montagen, S. 18; Schieber, EStZ 1972, 58 ff.; vgl. auch hierzu Hemmelrath (Fn. 6), S. 170 ff.; Schräder, in: Mössner, Steuerrecht international tätiger Unternehmen, Rz. C 148 ff. 15 Debatin, DB 1989, 1739. 16 Z.B. Hemmelrath (Fn. 6), S. 35; HerrmanniHeuer/Raupach, § 49 EStG, An. 60. 17 Vgl. z.B. Bähr (Fn. 2), S. 147. 18 Vgl. OECD-MA-Komm. 77 zu Art. 7, Anm. 27, abgedruckt in: (Fn. 12), Rz. 89. 13

Abs.

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Teil B: Die Besteuerung im Betriebsstättenstaat

der verlustbringenden Betriebsstätte bei gleichzeitigem Unternehmenserfolg unter dem Gesichtspunkt der dem Prinzip der wirtschaftlichen Zugehörigkeit entsprechenden verursachungsgerechten Gewinn- und Verlustzuordnung bedenklich. 19 In Anbetracht einer Vielzahl unterschiedlicher Faktoren, von denen die Gewinnbildung und der Vermögenseinsatz abhängen, ist die indirekte Methode insbesondere deshalb zu kritisieren, weil sie das Betriebsstättenergebnis und -vermögen - mehr oder weniger - mittels eindimensionaler Verhältnisse zu bestimmen versucht und somit. sich von der verursachungsgerechten Gewinn- und Vermögenszuordnung distanziert. 20 Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Funktionen oder die innerbetrieblichen Strukturen der einzelnen Unternehmensteile unterschiedlich sind. 21 Zudem muß das Unternehmen regelmäßig mit einem Doppelbesteuerungseffekt der indirekten Methode rechnen, falls sich der vom Betriebsstättenstaat angewandte Zerlegungsschlüssel vom Schlüssel unterscheidet, den der Ansässigkeitsstaat für seine eigenen Steuerzwecke angewandt hat. 22 Dieser Effekt kann aber insbesondere im Falle von DBA-Partnerstaaten ausgeschlossen werden. Das im DBA vorgesehene Verständigungsverfahren kann dazu beitragen. 23 Allerdings ist die indirekte Methode in ihrer Handhabung einfacher als die direkte und zwar insbesondere dann, wenn die unternehmensinternen Leistungsbewegungen nicht unbedeutsam sind. Insbesondere im EG-Bereich wird dies am besten bestätigt, da dort auch die Amtshilfe zwischen den Mitgliedsstaaten in Steuerrechtssachen gilt, die u.a. die Prüfung der EG-ausländischen Ergebnisse des Unternehmens erleichtert. 24 2. Der Vorrang der direkten Methode

a) In Deutschland

Obwohl es an eindeutigen Rechtsgrundlagen für die eine oder andere Zurechnungsmethode fehlt, wird in Deutschland grundsätzlich nach der 19 Unter diesem Gesichtspunkt kritisch: Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, S. 264 f. 20 Z.B. Hemmelrath (Fn. 6), S. 37; Jacobs, S. 264. 21 Vgl. Schräder, in: Mössner, Steuerrecht international tätiger Unternehmen, Rz. C 28. 22 Vgl. Telkamp, Betriebsstätte oder Tochtergesellschaft?, S. 203 mit Beispiel in Fn. bezüglich des aus der Verwendung unterschiedlicher Zerlegungsschlüssel resultierenden Doppelbesteuerungseffektes der indirekten Methode. 23 s. z.B. Art. XX des DBA mit Griechenland. 24 EG-Richtlinie vom 19.12.1977, ABI. EG vom 27.12.1977, Nr. L336, 15.

I.Kap.: Gewinn- und Vennögenszurechnung auf die Betriebsstätte

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direkten Zurechnungsmethode verfahren. Der direkten Methode räumt nicht nur die Finanzverwaltung25 und die überwiegend herrschende Meinung im Schrifttum26 , sondern auch die Rechtsprechung27 den Vorrang ein, und zwar unabhängig davon, ob Deutschland Betriebsstätten- oder Ansässigkeitsstaat ist. Allenfalls in Ausnahmefällen soll die indirekte Methode anwendbar sein. 28 Was die Gewerbesteuer anbetrifft, so besteht keine Abweichung vom Primat der direkten Methode. 29 Die Zerlegungsvorschriften der §§ 29ff GewStG regeln nur den durch § 4 Abs. 1 Seite 2 GewStG vorausgesetzten Fall, daß der Gewerbebetrieb in mehreren (inländischen) Gemeinden der Gewerbesteuer unterliegt.30 b) In Griechenland

Auch in Griechenland wird die direkte Methode bei der Aufspaltung der Unternehmenseinkünfte zwischen Einkünften inländischer und Einkünften ausländischer Herkunft bevorzugt. Art. 37 Abs. 1 der GVO 3323/1955 stellt sie in den Vordergrund. 31 Art. 37 Abs. I GVO 3323/55, worauf auch Art. 8 Abs. 2 GVO 3842/1958 verweist, bezieht sich auf ausländische Unternehmen, die in Griechenland eine Fabrikationstätigkeit ausüben. Der im griechischen Inland erwirtschaftete Gewinn eines solchen Unternehmens, das die hergestellten Güter im Ausland verkauft, kann nach dieser Vorschrift, erst wenn seine genaue Bestimmung mittels der Unternehmensbilanz nicht möglich ist, in indirekter Vorgehensweise festgestellt werden. Nur dann ist er durch Verteilung des Gesamtgewinns des Unternehmens nach dem Verhältnis der Einnahmen aus dem 25 Z.B. Bd F-Schreiben vom 31.5.1979, IV B7-S2775-9179, BStBI. 11979,306; Abschn. 54 Abs. 4 Satz 9 VStR. 26 Z.B. Bellstel 1dt, Die Besteuerung international verflochtener Gesellschaften, S. 360 ff. und 65; Burmester, Probleme der Gewinnrealisierung, S. 83; Ebling, IWB Nr. 10 vom 26.5.1986, Fach 3 Deutschland, Gr. 8, 170; Gonnella, DB 1986, 298; Gürsching/Stenger, § 121 BewG Anm. 22; HerrmanniHeuer/Raupach, § 49 EStG, Anm. 60; Hofmann, IWB Fach 3 Deutschland Gruppe 1,868; Kumpf, StbJb 1988/89,410 f.; Neubauer, JbdFSt 1976177,313; Schieber, Die Besteuerung von Auslandsbetriebstätten, S. 29; a. A. Philipp, DStZ 1974, 20. 27 Z.B. BFH vom 27.7.1965, I 1l0/63 S, BStBl 11 1966,24 (26); BFH vom 21.1.1972, III R 57171, BStBl 11 1972, 374 (375); BFH vom 28.6.1972, I R 3~170, BStBI 11 1972, 785 (789); BFH vom 25.6.1986,11 R 213/83, BStBI 11 1986,785 (786). 28 Kumpf, Besteuerung inländischer Betriebstätten, S. 114; vgl. BdF-Schreiben vom 31.5.1979, I V B7 - S 2775-9179 (Fn. 25). 29 Kumpf(Fn. 28), S. 115; vgl. BFH vom 21.4.1971, IR 200/67, BStBl 11 1971,743 (748); BFH vom 28.3.1985, IV R 80/82, BStBl 11 1985,405 (407). 30 BFH vom 21.4.1971, I R 200/67, BStBl 11 1971,743 (748). 31 Vgl. Theocharopoulos, Besonderes Steuerrecht, S. 215.

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Teil B: Die Besteuerung im Betriebsstättenstaat

Verkauf dieser Güter zu sämtlichen Verkaufseinnahrnen des Unternehmens festzustellen. 32 c) 1m deutsch-griechischen DBA

Die fiktive Verselbständigung der Betriebsstätte in Art. III Abs. 2 des DBA mit Griechenland stellt die direkte Zurechnungsmethode in den Vordergrund. 33 Entsprechendes gilt im Verrnögensbereich, da die Bestimmung der zum Betriebsstättenverrnögen gehörenden Wirtschaftsgüter nach dem Kriterium des Dienens eine direkte Betrachtung der Betriebsstättentätigkeit voraussetzt. 34 Im Gegensatz zum OECD-MA, das in Art. 7 Abs. 4 die indirekte Methode unter bestimmten Voraussetzungen für zulässig erklärt, wird diese Methode im deutsch-griechischen DBA nicht erwähnt. Anläßlich dieser Feststellung wirft sich die Frage auf, ob es dem Abkommen widerspricht, wenn Griechenland als Domizilstaat der Produktionsstätte eines deutschen Unternehmens ihr Ergebnis unter der Voraussetzung des Art. 37 Abs. 1 GVO 3323/55 mittels der indirekten Methode bestimmt. Das DBA mit Griechenland stellt zwar die direkte Methode in den Vordergrund; dies bedeutet indessen nicht, daß die indirekte Methode mangels ausdrücklicher Bestimmung überhaupt nicht anwendbar ist. Vielmehr kommen Elemente der indirekten Methode auch bei einer Zuordnung nach der direkten Methode nicht selten in Betracht. 35 Hinzuweisen sei beispielsweise auf die Verwendung der Schlüsselung zur Bestimmung des der Betriebsstätte zuzuordnenden Anteils an den allgemeinen Verwaltungskosten. 36 Darüber hinaus ist das der indirekten Methode konsequent folgende Zurechnungsverfahren auch innerhalb des Geltungsbereiches des Abkommens als zulässig anzusehen,

32 Kritisch zu diesem Verteilungsschlüssel Totsis, Die Besteuerung der AG und GmbH, Bd. 1, Anm. 168. s. dazu auch unten, in: Teil B I.Kapitel III 3 b) bb) 33 Z.B. Debatin, DB 1989, 1696; Kumpf, Besteuerung inländischer Betriebstätten, S. 116; Theocharopoulos, Les solutions grecques au probleme des doubles impositions, S. 154; Hemmelrath, in: Vogel, K., DBA-Komm., Art. 7, Rz. 92; vgl. auch OECD-MA-Komm. 63 zu Art. 7, Anm. 10, abgedruckt in: Vogel, K. DBA-Komm., 1. Aufl., Art. 7, Rz. 45. 34 Vgl. insbesondere GörI, in: Vogel, K., DBA-Komm., Art. 22, Rz. 25. 35 Vgl. insbesondere Kumpf, Besteuerung inländischer Betriebstätten, S. 119. 36 Vgl. OECD-MA-Komm. 63 zu Art. 7, Anm. 13, abgedruckt in: Vogel, K, DBA-Komm., 1. Aufl., Art. 7, Rz. 70; vgl. ferner z.B. S.t.E. 238/1988, Diikitiki Dikaeossini 1989, 600 f.; S.t.E. 411/1988, Diikitiki Dikaeossini 1990, 31 (32), bezogen auf das innergriechische Steuerrecht.

1.Kap.: Gewinn- und Vennögenszurechnung auf die Betriebsstätte

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sofern es sich in den Grenzen des Art. III Abs. 2 des Abkommens hält. 37 Wann dies der Fall ist, kommt auf den ausgewählten Zerlegungsschlüssel an. Ist er geeignet, eine Art. III Abs. 2 nahekommende Zuordnung zu bewirken, so widerspricht es dem Abkommen nicht, wenn Griechenland als Betriebsstättenstaat ausnahmsweise nach der indirekten Methode verfahrt. 38 Daß Deutschland als Ansässigkeitsstaat die unter Progressionsvorbehalt freizustellenden Betriebsstätteneinkünfte mittels der direkten Methode bestimmt, spielt keine Rolle. "Denn es geht nur um verschiedene Wege zu dem übergeordneten Ziel, eine zutreffende Gewinnzuordnung zwischen den Vertragsstaaten zu verwirklichen".39 3. Innerbetriebliche Verrechnungsprobleme als Folge der Wahl der direkten Methode

Folge der Anwendung der direkten Zurechnungsmethode ist, daß jede einzelne Leistungsbeziehung der Betriebsstätte sowohl zu unternehmensfremden als auch zu unternehmensinternen Partnern zum Zwecke der Bewirkung einer möglichst zutreffenden Gewinn- und Vermögenszuordnung beachtet und von etwaigen Abrechnungsproblemen bereinigt werden muß. Was die Leistungsbeziehungen zu fremden Dritten anbetrifft, so ergeben sich keine nennenswerten Probleme. Das jeweils berechnete Leistungsentgelt ist i.d.R. ohne Korrektur der Ermittlung des der leistenden Betriebsstätte zuzuordnenden Gewinns zugrundezulegen. 4o Vermögenssteuerlich ist die Forderung auf dessen Entrichtung als Teil des Unternehmensrohvermögens der leistenden Betriebsstätte zuzuordnen. Schwierigkeiten bereitet dagegen die Frage, wie Leistungen zwischen der Betriebsstätte und deren unternehmensinternen Partnern, d.h. der Hauptniederlassung oder anderen Betriebsstätten des Unternehmens, zu beurteilen sind. Dabei geht es nämlich jeweils darum, ob sie zu verrechnen sind und falls ja, zu welchem Preis und zu welchem Zeitpunkt. 41 Einerseits wäre es denkbar, sich 37 Hemmelrath, in: Vogel, K., DBA-Komrn., Art. 7, Rz. 115; vgl. auch Korn/Debatin, Doppelbesteuerung, Bd. II, Kommentar zum DBA mit Griechenland, S. 64 (Anm. 3); Weber, E., IWB, Fach 5 Griechenland, Gr. 2, 15 (Fn. 26). 38 Vgl. OECD-MA-Komrn. 63 zu Art. 7, Anm. 24, abgedruckt in: (Fn. 36), Rz. 81. Ob der in Art. 37 Abs. 1 GVO 3323/55 vorgesehene Zerlegungsschlüssel geeignet ist, eine Art. 111 Abs. 2 nahekomrnende Zuordnung zu bewirken, ist unten, in: Teil B 1.Kapitel 111 3 b) bb) (3) (b), zu prüfen. 39 Debatin, DB 1989, 1696. 40 Z.B. Baranowski, Besteuerung von Auslandsbeziehungen, S. 10 1. 41 Hemmelrath, in: Vogel, K., DBA-Komm., Art. 7, Rz 99.

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Teil B: Die Besteuerung im Betriebsstättenstaat

an Verhältnissen wie zwischen fremden Dritten zu orientieren und Marktpreise im Zeitpunkt der Leistungsbewirkung unter Vernachlässigung der Unternehmenseinheit anzusetzen. Innerbetriebliche Forderungen und Verbindlichkeiten kämen nach dieser Vorgehensweise als Ausgleichsposten für die innerbetrieblichen Vermögensverlagerungen in Betracht. Andererseits könnte die Abrechnung auf Kostenbasis in Anbetracht des Umstands, daß sowohl die leistende als auch die leistungsempfangende Betriebsstätte unselbständige Teile desselben Unternehmens sind, das an sich selbst nicht verdienen kann, unter Vernachlässigung des Beitrags der erbrachten unternehmensinternen Leistung zum Unternehmenserfolg am Markt als vertretbar angesehen werden. Entgegen diesen beiden Abrechnungskonzepten könnte man auch je nach der Leistungsart beurteilen, ob der die unternehmensinterne Leistung erbringenden Betriebsstätte ein Anteil am entstandenen Außenerfolg des Unternehmens zuzuordnen ist, der grundsätzlich mit Hilfe der Anwendung des Fremdvergleichsmaßstabs im Zeitpunkt der Leistungserbringung zu bemessen ist, oder ob sie nur von dem Leistungsaufwand entlastet werden muß. Bevor auf die Abrechnungsproblematik bei den einzelnen unternehmensinternen Leistungsbewegungen eingegangen wird, ist es zweckmäßig, die Reichweite der Selbständigkeitsfiktion der Betriebsstätte des Art. III Abs. 2 des DBA mit Griechenland zu bestimmen und mithin die praktische Bedeutung dieser Fiktion im Bereich der Innenverhältnisse festzustellen. a) Die Reichweite der Selbständigkeitsjiktion der Betriebsstätte

Es besteht weitgehend Einigkeit darüber, daß die fiktive Verselbständigung der Betriebsstätte in den DBA keinesfalls zu einer Umqualifizierung der Betriebsstätte in ein rechtlich selbständiges Unternehmen führen darf. 42 Ferner wird angenommen, daß die Selbständigkeitsfiktion der Betriebsstätte43 einen wirtschaftlich zu denkenden Maßstab zur Feststellung des der Betriebsstätte zuzurechnenden Gewinns darstellt. 44 Allerdings stimmen die Meinungen bezüglich der Bedeutung dieser Fiktion im Bereich der unternehmensinternen Transaktionen nicht überein. Die dabei vertretenen gegensätzlichen

42 Fink, RIW 1988, 45; vgl. auch. u.a. Btihr, Gewinnennittlung ausländischer Zweigbetriebe, S. 81; Becker, DB 1989, 13; Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, S. 271. 43 Hofmann, H., IWB Nr. 5 vom 10.3.1984, Fach 3 Deutschland, Gruppe 1, 869, spricht von einer Selbstindigkeitsannahme. 44 Debatin, Systematik IV, Rdnr. 93; Fink (Fn. 42), 45; Weber, A., DStZ 1976, 202; vgl. auch u.a. BFH vom 13.1.1970, I 32/65, BStBI. II 1970,790; Btihr (Fn. 42).

l.Kap.: Gewinn- und Vennögenszurechnung auf die Betriebsstätte

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Grundpositionen können schlagwortartig durch die Begriffe "Funktionsnutzentheorie" und "Erwirtschaftungstheorie" gekennzeichnet werden. 45 aa) Die Funktionsnutzentheorie Hauptvertreter dieser Theorie ist Becker. 46 Becker meint, daß eine dem Leistungsbeitrag jeder einzelnen Teileinheit des Unternehmens entsprechende Aufteilung des Gesamtgewinns dadurch zu erreichen sei, daß jeder einzelnen Betriebsstätte der Gewinn zugeordnet werde, der den von ihr ausgeübten Funktionen im Rahmen des Gesamtunternehmens entspreche. Somit werde der Tatsache Rechnung getragen, daß der Gesamtgewinn des Unternehmens das Ergebnis der Zusammenfassung der Nutzenbeiträge sämtlicher im Rahmen des Unternehmens ausgeübten Funktionen sei. Bei der Bemessung des jeweiligen Funktionsnutzens seien die Regeln des Fremdvergleiches anzuwenden. In diesem Zusammenhang sei - so Becker - dem innerbetrieblichen Leistungsfluß Rechnung zu tragen. 47 Zur Erreichung des Zieles, den jeweiligen Funktionsnutzen richtig zu ermitteln, werde dieser Leistungsfluß als Geschäftsvorfall behandelt, worauf der arm's-length-Grundsatz angewendet werde. 48 Überlasse beispielsweise die Hauptniederlassung einer Betriebsstätte des Unternehmens eigene Finanzmittel, nachdem die Betriebsstätte ein angemessenes und ihrer Funktion entsprechendes Dotationskapital erhalten habe,49 so erfülle sie eine Finanzierungsfunktion. 50 Sie verwende die Finanzmittel nicht im eigenen Unternehmensteil, sondern überlasse sie der Betriebsstätte, die sonst die von ihr wahrgenommenen Aufgaben nicht in gleicher Weise hätte erfüllen können. Deshalb werde der Hauptniederlassung ein Finanzierungsnutzen zugeordnet, was für das Betriebsstättenergebnis eine Minderung auf dessen Höhe bedeute. Zur Bemessung des Funktionsnutzens werde die Überlassung von Finanzmitteln in einen "Quasi-Geschäftsvorfall" umgedeutet und auf der Basis eines arm's-length-Entgeltes abgerechnet, meint Becker. Zugleich betont er aber, daß diese Behandlung nicht dazu verleiten dürfe, daß nach der These vom Funktionsnutzen Darlehensverträge zwischen Hauptniederlassung und Betriebsstätte geschlossen oder Zinsen berechnet würden; vielmehr gehe es Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, S. 268. EuStZ 1971,97 ff.; derselbe, Intertax 1989, 14 f.; derselbe, DB 1989, 13 ff.; derselbe, DB 1990,392 ff.; gleicher Auffassung IDW-Stellungnahme, DB 1988, 310; Institut Finanzen und Steuern, BriefNr. 250, S. 53 ff.; Kluge, StuW 1975,304; Kumpf, StBJb 1988/89,418. 47 DB 1989, 13. 48 Becker, DB 1990,392. 49 Becker, DB 1990,393. 50 Becker, DB 1989, 14. 45 46

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Teil B: Die Besteuerung im Betriebsstättenstaat

darum, den Gesamtgewinn des Unternehmens auf die Unternehmensteile funktions gerecht zu verteilen. 51 In ähnlicher Weise werden von der Funktionsnutzentheorie auch die anderen Arten von unternehmensinternen Leistungsbewegungen behandelt, nämlich als "Quasi-Geschäftsvorfälle", die nach Marktpreis-Entgelten abgerechnet werden. 52 Zu einer vollständigeren Beurteilung der Funktionsnutzentheorie ist es notwendig, auch auf die Frage einzugehen, wie sie sich gegenüber dem Falle verhält, in dem das Gesamtunternehmen einen Verlust erleidet. Ist es z.B. nach ihrer These möglich, der Produktionsstätte des Unternehmens einen Produktionsgewinn zuzuordnen, obwohl das Gesamtergebnis für die Produktions- und Vertriebsstätte zusammen in einem Verlust endet? Becker bejaht diese Frage. Nach ihm ist der Produktionsstätte trotz des Gesamtverlustes ein Produktionsgewinn dann zuzuordnen, wenn der Funktionsbereich Produktion für sich genommen erfolgreich war. 53 Was die Bestimmung des Betriebsstättenvermögens anbetrifft, so sind "Quasi"-Forderungen und "Quasi"-Schulden aus innerbetrieblichen Transaktionen zu berücksichtigen, sofern man der Funktionsnutzentheorie folgt. 54 bb) Die Erwirtschaftungstheorie Nach der Erwirtschaftungstheorie55 ist der Betriebsstätte einerseits und dem Stammhaus andererseits jeweils der Gewinn zuzuordnen, den sie als unselbständige Unternehmensteile im Rahmen der Erwirtschaftung des unternehmerischen Gesamtergebnisses "verdient" haben. 56 Dabei sei der am Markt erzielte Gewinn und nicht fiktive Gewinne durch Rückgriff auf die von dem jeweiligen Unternehmensteil ausgeübte Geschäftstätigkeit zu verteilen. Als Hilfsmaßstab zur Bewirkung einer dementsprechenden Gewinnverteilung könnten die der fiktiven Verselbständigung der Betriebsstätte entsprechenden

51 Ebenda (Fn. 50, 49). 52 Vgl. Becker (Fn. 50), 14 ff.; derselbe (Fn. 49), 394 f. 53 Becker (Fn. 49); vgl. auch derselbe, Intertax 1989, 15; derselbe (Fn. 50), 15. 54 Vgl. Kumpf, Besteuerung inländischer Betriebstätten, S. 124. 55 Für diese Theorie sprechen z.B. Debatin, DB 1989, 1740 ff.; Ritter, JbdFfSt 1976177, 300 ff.; B1ümich/Krabbe, § 49 EStG, Rz. 240, 246 ff.; Burmester, Probleme der Gewinn- und Verlustrealisierung, S. 94 f.; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 253; Schaumburg, IStR, S. 775; Weber. A., DStZ 1976, 203; vgl. auch BFH vom 20.7.1988, I R 49/84, BStBl II 1989, 140 (142). 56 Debatin, DB 1990,828

l.Kap.: Gewinn- und Vennögenszurechnung auf die Betriebsstätte

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Marktpreise herangezogen werden. 57 Insoweit scheint kein Unterschied zwischen der Erwirtschaftungs-und der Funktionsnutzentheorie erkennbar zu sein. Bei einer näheren Untersuchung der Erwirtschaftungstheorie wird allerdings dieser erste Eindruck dementiert. Die Erwirtschaftungstheorie sorgt für eine strenge Abgrenzung zwischen Ausstattungs- und Tätigkeitsbereich einer Betriebsstätte. Was zum ersteren gehöre, könne keine Vergütung der Betriebsstätte an das Stammhaus auslösen. 58 Die Unterscheidung zwischen Dotationskapital und der Betriebsstätte darüber hinaus überlassene eigene Finanzmittel ist dieser Theorie fremd. 59 Die Betriebsstätte sei nicht mit einem Unternehmen zu vergleichen, das sich die Ressourcen des Stammhauses erst durch ein marktübliches Entgelt eröffnen müsse, sondern mit einem Unternehmen, das über die Ressourcen des Stammhauses verfüge und sie zu dessen Bedingungen nutze. 60 Demzufolge solle sich der zum Ausstattungsbereich gehörende Innenverkehr auf der Ebene der Aufwandszuordnung abwickeln. 61 Entgeltszahlungen seitens der Betriebsstätte an das Stammhaus für ihr verliehene, aus dem Eigenkapital des Unternehmens stammende Geldmittel und ihr zur Nutzung überlassene sonstige Wirtschaftsgüter seien grundsätzlich62 ungerechtfertigte Gewinnverlagerungen von der Betriebsstätte auf das Stammhaus. 63 Erst wenn sich der Innenverkehr im Tätigkeitsbereich abspiele, komme die Frage nach einer zutreffenden Gewinnaufteilung in Betracht,64 wobei die Abrechnung auf Marktpreis-Entgelte als Orientierungshilfe herangezogen werden könne, ohne jedoch die darauf beruhende Gewinnabgrenzung in jedem Falle als endgültig anzusehen. 65 Bei einer der Erwirtschaftungstheorie entsprechenden Umgrenzung des den einzelnen Unternehmensteilen zuzuordnenden Betriebsvermögens dürfen fiktive Forderungen und Schulden aus innerbetrieblichen Transaktionen ebensowenig erfaßt werden wie fiktive Gewinne und Aufwendungen bei der Ertragszuordnung. 66

Debatin, DB 1989, 1743. Debatin (Fn. 57), 1742. 59 Vgl. Ritter, JbdFfSt 1976/77, 303. 60 Ritter, 300 f. 61 Debatin (Fn. 57), 1740; Ritter, 303. 62 Ausnahmefalle werden unten bei der Darstellung einzelner Arten von Leistungsbewegunren angefilhrt werden. 6 Debatin (Fn. 57), 1740. 64 Debatin (Fn. 57), 1742. 65 Vgl. Debatin (Fn. 57); derselbe, BB 1990, 828. 66 Vgl. Debatin (Fn. 57); Ritter, 310 .. 57

58

7 Karakitis

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Teil B: Die Besteuerung im Betriebsstättenstaat

cc) Kritik und eigene Stellungnahme im Lichte des Art. III Abs. 2 des deutsch-griechischen DBA Sowohl die Funktionsnutzen- als auch die Erwirtschaftungstheorie gehen vom tatsächlich entstandenen Gesamtgewinn des Unternehmens aus und versuchen, den einzelnen Unternehmensteilen denjenigen Gewinnanteil zuzuordnen, der ihrem Beitrag zur Erwirtschaftung dieses Gewinns entspricht. Beide Theorien verstehen unter dem dealing-at-arm's-length-Grundsatz ein Hilfsmittel zur Bewirkung einer dementsprechenden Gewinnaufteilung. Ihr eigentlicher Unterschied liegt darin, daß ihre Vorstellung über den Umfang, den der Beitrag eines Unternehmensteils zur Erwirtschaftung des Gesamtgewinns haben kann, voneinander abweicht. Für die Funktionsnutzentheorie liegt ein solcher Beitrag auch dann vor, wenn ein Unternehmensteil einem anderen außerhalb der Ausstattung des letzteren mit einem angemessenen Dotationskapital eigene Finanzmittel oder sonstige Wirtschaftsgüter zur Nutzung überläßt. Demgegenüber stellt die Erwirtschaftungstheorie auf das Gebot gleicher Unternehmensausstattung aller Betriebsteile ab und verneint die Gewinnaufteilung allein aus dem Grund, daß derartige Transaktionen stattgefunden haben. Im Ergebnis stimmt die Funktionsnutzentheorie mit der Ansicht derjenigen Autoren überein, die sich fiir die uneingeschränkte Anwendung der Selbständigkeitsfiktion der Betriebsstätte und somit für die steuerliche Anerkennung von zwischen Teilen desselben Unternehmens vereinbarten Darlehenszinsen, Lizenzgebühren, Mieten, Provisionen fiir Dienstleistungen und ähnlichen Vergütungen insoweit aussprechen, als sie den Leistungsentgelten entsprechen, die fremde Dritte vereinbart hätten. 67 Ob das Ergebnis, zu dem die Konstruktion der Funktionsnutzentheorie fiihrt., ihrem ursprünglichen Streben nach Aufteilung des Gesamtgewinns des Unternehmens auf der Grundlage des Beitrags der einzelnen Unternehmensteile zu dessen Erwirtschaftung gerecht wird, ist zweifelhaft. Dagegen spricht, daß diese Theorie aufgrund dessen, daß ihre Vorstellung über den möglichen Beitrag eines Unternehmensteils zur Erwirtschaftung des Gesamtgewinns alle Bereiche von unternehmensinternen Leistungsbewirkungen umfaßt, die Aufteilung des Gesamtgewinns des Unternehmens auch dann unterstützt, wenn sich der unternehmensinterne Leistungsverkehr im Ausstattungsbereich nach der Überschreitung der Grenze des angemessenen Dotationskapitals abspielt. Abgesehen von der praktischen Schwierigkeit, das jeweils angemessene Dotations67 So z.B. Bähr, Gewinnennittlung ausländischer Zweigbetriebe, S. 84; Baehrens, Die Behandlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb, S. 164, 168 ff.; Bellstedt, Die Besteuerung international verflochtener Gesellschaften, S. 235 f., 356 f.

I.Kap.: Gewinn- und Vermögenszurechnung auf die Betriebsstätte

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kapital zu bestimmen, die auch bei Anwendung der Erwirtschaftungstheorie in unterschiedlicher Form, nämlich Abgrenzung der Eigenkapital- von der Fremdkapitalausstattung zwecks der Aufwandszuordnung, besteht, vernachlässigt somit die Funktionsnutzentheorie in der Praxis die Tatsache, daß eine verursachungsgerechte Gewinnaufteilung ohne Rücksichtnahme auf die rechtliche und tatsächliche Zusammengehörigkeit der daran teilnehmenden Unternehmensteile nicht erfolgen kann. 68 Daß der Unternehmer eigene Finanzmittel oder sonstige Wirtschaftsgüter aus einem Unternehmensteil entnimmt und einem anderen Unternehmensteil zur Nutzung überläßt, bedeutet nicht, daß der Unternehmensteil, der die Nutzung dieser Wirtschaftsgüter verloren hat, einen Teil des Gewinns erwirtschaftet hat, den das Unternehmen durch die Betätigung des anderen Unternehmensteils am Markt erzielt. Wo der Unternehmer die seinem Betrieb gewidmeten Wirtschaftsgüter jeweils werbend einsetzt, ist seine Sache. Er trifft die Entscheidung und sie kann erfolgreich oder nicht sein. In jedem Falle kann sie aber nicht Anlaß für eine Gewinnverlagerung sein, die der Gewinnverursachung nicht entspricht. Dies wäre allerdings der Fall, wenn die Entscheidung für die Nutzungsüberlassung von zum Unternehmensvermögen gehörenden Wirtschaftgütern bei einem anderen Betriebsteil als bisher eine Vergütung an den Betriebsteil auslösen würde, der die Nutzung der Wirtschaftsgüter verloren hätte, obwohl beide Betriebsteile rechtlich und wirtschaftlich in dieselbe Einheit eingegliedert sind, deren Ausstattung ihnen unter den gleichen Bedingungen zugute kommen soll. Der eine Betriebsteil würde dann einen Gewinnanteil erhalten, den er nicht verdient hat. Deutlicher wird dies, wenn die getroffene Entscheidung angesichts z.B. der günstigeren Marktbedingungen im Tätigkeitsbereich dieses anderen Betriebsteils besonders erfolgversprechend für das Unternehmen erscheint. Endet die gemeinsame Erwerbstätigkeit von zwei Unternehmensteilen in einem Verlust, so läßt sich mit der Ausgangsthese über die Aufteilung des tatsächlich entstandenen Gesamtgewinns kaum vereinbaren, wenn die Funktionsnutzentheorie die Zuordnung von am Markt nicht erzielten Gewinnen auf den für sich genommen erfolgreichen Unternehmensteil begünstigt. Im Vergleich zu der Funktionsnutzentheorie scheint die Erwirtschaftungstheorie nicht nur konsequenter mit ihrer Ausgangsthese, sondern auch theoretisch haltbarer zu sein. Dies gilt auch im Lichte des Art. III Abs. 2 des deutsch-griechischen DBA. Hierbei handelt es sich um eine Vorschrift, deren Aufgabe die Bewirkung einer verursachungsgerechten Gewinn- und Aufwandsverteilung zwischen den Teileinheiten des Unternehmens ist. Dabei 68

Vgl. BFH vom 20.7.1988, BStBl 11 1989, 140 (142).

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Teil B: Die Besteuerung im Betriebsstättenstaat

kommen die für das Gesamtunternehmen tatsächlich entstandenen Gewinne und Aufwendungen in Betracht, nicht dagegen fIktive, auf der Verrechnung der unternehmensinternen Leistungen zu Marktpreisen beruhenden Gewinne und Aufwendungen, deren Heranziehung bei der Aufteilung deshalb ausscheidet, weil sich das innerstaatliche Recht der Vertragsstaaten, zu dessen Regelungsbereich die Bestimmung des Steuergutes gehört, in diesem Zusammenhang nicht auf den innerbetrieblichen Leistungsverkehr bezieht. 69 Beim Abstellen auf Art. III Abs. 2 des Abkommens kann dann nicht die konsequente Durchführung der darin enthaltenen SelbständigkeitsfIktion der Betriebsstätte bedeutsam sein, sondern die Frage, wann diese Fiktion ihre Aufgabe, die für das Gesamtunternehmen tatsächlich entstandenen Gewinne und Aufwendungen auf dessen Teile verursachungsgerecht aufzuteilen, am besten wahrnimmt. Die Antwort auf diese Frage stellt eine einschränkende Konzeption der SelbständigkeitsfIktion der Betriebsstätte in den Vordergrund, die im wesentlichen der Konzeption der Erwirtschaftungstheorie entspricht. Eine gegenteilige, dem zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft geltenden Abrechnungskonzept nahekommende Auslegung der SelbständigkeitsfIktion der Betriebsstätte würde nicht nur Art. III Abs. 2 des Abkommens in einen Herstellungsmechanismus von fIktiven Gewinnen und Aufwendungen verwandeln, sondern wäre auch mit der Abkommensvorschrift über die anteilige Zurechnung der Geschäftsführungs-und allgemeinen Verwaltungskosten auf die Betriebsstätte kaum vereinbar. 70 b) Die Abrechnung des unternehmensinternen Leistungsverkehrs im einzelnen

aa) Die Finanzausstattung der Betriebsstätte Zur Finanzierung seiner Betriebsstätte kann das Unternehmen sowohl Bestandteile des Eigenkapitals als auch aus der Kreditaufnahme stammende Finanzmittel verwenden. Es besteht Einigkeit darüber, daß eine Zinsverrechnung insoweit ausscheidet, als es sich dabei um die Ausstattung der Betriebsstätte mit einem angemessenen Unternehmenskapital handelt. 71 Man Vgl. Baranowski, Besteuerung von Auslandsbeziehungen, S. 102. van Raad, Intertax 1991, 499 f., Vertreter der uneingeschränkten Anwendung der Selbständigkeitsfiktion, schlägt eine Revision des dieser Vorschrift entsprechenden Art. 7 Abs. 3 des OECD-MA vor, und dadurch erkennt er die Schwierigkeit, seine Auffassung mit dieser Vorschrift in Einklang zu bringen, an. 71 Vgl. z.B. Becker, DB 1990, 393; Hemmelrath, in: Vogel, K., DBA-Komm., Art. 7, Rz. 100. 69 70

I.Kap.: Gewinn- und Vermögenszurechnung auf die Betriebsstätte

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spricht in diesem Zusammenhang vom Dotationskapital. Umstritten ist, ob die darüber hinausgehende Finanzierung der Betriebsstätte, gleichgültig, ob sie durch die Verwendung von Eigen- oder Fremdkapitalteilen erfolgt, steuerrechtlich Darlehenscharakter hat. 72 Nach der hier vertretenen Auffassung kann die Bereitstellung von Eigenfinanzmitteln bei der Betriebsstätte anders als die Bereitstellung von Fremdfinanzmitteln nicht als ein von ihr aufgenommenes Darlehen angesehen werden und folglich nicht eine ihr zuzuordnende von ihrem Rohvermögen abzugsfähige Verbindlichkeit begründen. Insoweit soll die Zinsverrechnung nicht zulässig sein. 73 Daß dem Unternehmensteil, der die Finanzmittel zur Verfügung gestellt hat, in dieser Weise ein Anteil am Gewinn, den die leistungsempfangende Betriebsstätte am Markt erzielt, nicht zusteht, widerspricht nicht dem Gebot der verursachungsgerechten Gewinnaufteilung, die erst dann stattfinden kann, wenn der Ausstattungsbereich der Betriebsstätte verlassen wird. Erst dann kann die Notwendigkeit einer verursachungsgerechten Gewinnaufteilung zu einer angemessenen Zinsverrechnung des unternehmensinternen Transfers von Eigenkapitalteilen führen. In diesem Zusammenhang ist an Kreditintitute zu denken. Die Verrechnung von Zinsen unter Zugrundelegung des Fremdvergleichsmaßstabs soll hier die verursachungsgerechte Gewinnaufteilung gewährleisten, die deshalb vorzunehmen ist, weil sich die Tätigkeit des die unternehmensinterne Leistung erbringenden Unternehmensteils einerseits und des die Leistung empfangenden Unternehmensteils andererseits ergänzen. 74 Auch hier müssen

72 Bejahend u.a.: Bähr, Gewinnermittlung ausländischer Zweigbetriebe, S. 119 ff.; Becker (Fn. 71) 393 f; Bellstedt, Die Besteuerung international verflochtener Gesellschaften, S. 235 f, 356; Gonnella, DB 1986, 299 f; Institut Finanzen und Steuern, Brief Nr. 250, S. 26; Kumpf, Besteuerung inländischer Betriebstätten, S. 147. 73 So auch die herrschende Meinung in Deutschland und Griechenland: RFH vorn 26.10.1937, 19/37, RStB11938, 46; BFH vorn 27.7.1965, I 110/63S, BStBlIII 1966,24 (27); BFH vorn 25.6.1986, 11 R 213/83, BStBI 11 1986, 785 (786); Blümich/Krabbe, § 49 EStG, Anrn. 249; Debatin, DB 1989, 1741; Fink, RIW 1988,47; Hemmelrath, Die Ermittlung des Betriebstilttengewinns, S. 202 ff.; Gürsching/Stenger, § 121 BewG, Anm. 25; Jacobs, Internationale Unternehrnensbesteuerung, S. 278; Mersmann, Die Ertragsbesteuerung inländischer Betriebstiltten, S. 102; Neubauer, JbdFfSt 1976/77,314; Schaum burg, IStR, S. 777 f; Schröder, in: Mössner, Steuerrecht international tätiger Unternehmen, Rz. C 136; Totsis. N. und ehr., Die Besteuerung der GmbH und Personengesellschaften, 1. Bd., Anm. 361 mit Rechtsprechungshinweis; Vogel. K., Intertax 1988,320. Dieser Meinung entspricht auch die Meinung des Steuerausschusses der OECD: OECD-MA-Komm. 63 zu Art. 7, Anm. 15, abgedruckt in: Vo~el, K., DBA-Komrn., 1. Aufl., Art. 7, Rz. 72. 4 Die dargestellten Meinungen einigen sich in diesem Bereich darüber, daß Zinsen verrechnet werden müssen. Vgl. z.B. OECD-MA-Komm. zu Art. 7 abgedruckt in: (Fn. 73); Debatin, DB 1989, 1741; Hemmelrath, Die Ermittlung des Betriebstättengewinns, S. 205 f

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Teil B: Die Besteuerung im Betriebsstättenstaat

allerdings die Grenzen des Ausstattungsbereiches der Betriebsstätte beachtet werden.1 5 Fraglich bleibt noch, wann und in welchem Umfang die Kreditaufnahme und der damit zusammenhängende Zinsaufwand des Unternehmens seiner Betriebsstätte zuzuordnen sind. Die Frage wird nicht einfacher sein, wenn diese Betriebsstätte ihre direkt zufließenden Mittel bei fremden Dritten aufnimmt oder wenn die Hauptniederlassung die Mittel speziell und nachweisbar für sie beschafIt.76 Die einseitige Zuordnung in diesen Fällen der Kreditaufnahme und des damit zusammenhängenden Zinsaufwands auf den in Betracht stehenden Unternehmensteil, auch wenn diesem kein Anteil am Unternehmenseigenkapital zugewiesen worden ist, könnte genauso bedenklich sein, wie die Zuordnung des gesamten Eigenkapitals auf ihn und der im Unternehmen arbeitenden Fremdkapitalteile auf die übrigen Unternehmensteile. Der Beantwortung der Vorfrage nach der Höhe des der Betriebsstätte bereitszustellenden Eigenkapitalanteils kommt danach bei der Beurteilung dieser Frage entscheidende Bedeutung zu. Zur Bestimmung der Höhe des Dotationskapitals einer Betriebsstätte sind drei Lösungsmöglichkeiten bekannt. 77 Die erste Lösungsmöglichkeit verweist auf die Branchenüblichkeit, was die Mißachtung der betriebsindividuellen Gegebenheiten als Folge haben kann. 78 Die zweite Lösungsmöglichkeit ordnet die in der Betriebsstätte arbeitenden Kapitalteile dergestalt dem Dotationskapital und dem Fremdkapital zu, daß die dort bestehende Finanzstruktur mit der Finanzstruktur im übrigen Unternehmen übereinstimmt. Sie wird deshalb Kapitalspiegeltheorie genannt. 79 Bei deren Anwendung wird die direkte Methode um Elemente der indirekten Methode ergänzt. Nach dem Grundsatz der wirtschaftlichen Zugehörigkeit ist sie dann vertretbar, wenn sämtliche Unternehmensteile weitgehend übereinstimmende Betriebsfunktionen ausüben und eine homogene

75 Vgl. Hemmelrath (Fn. 74), S. 206; Hofmann, H., IWB Nr. 5 vom 10.3.1984, Fach 3 Deutschland, Gruppe 1,886; vgl. auch OECD-MA-Komm. zu Art. 7 abgedruckt in: (Fn. 73). 76 Vgl. Hofmann, H. (Fn. 75), 882 ff. Das Gegenteil vertritt aber eine Reihe von Autoren. Vgl. insbesondere Hemmelrath (Fn. 74), S. 199; Kumpf, StbJb 1988/89,420. 77 So auch Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, S. 279. 78 GI. A. Jacobs, Ebenso kritisch Institut Finanzen und Steuern, BriefNr. 250, S. 24. 79 Für diese Lösungsmöglichkeit, die auf das FG Freiburg vom 30.5.1962, II 310/57, EFG 1963, 28 (29), zurückgeht, sprechen insbesondere Hemmelrath (Fn. 74), S. 199 f.; Neubauer, JbdFfSt 1976/77, 318; Storck, Ausländische Betriebstätten, S. 346 f. Vgl. auch BFH vom 27.7.1965, 1110/63 S, BStBl III 1966,24 (28).

1. Kap.: Gewinn- und Vennögenszurechnung auf die Betriebsstätte

103

Struktur aufweisen. Ist dies nicht der Fall, so wird ihre Anwendung den wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht gerecht. 80 Nach der dritten Lösungsmöglichkeit bleibt die Höhe der Eigenkapitalausstattung der Betriebsstätte grundsätzlich der unternehmerischen Entscheidung überlassen. Sofern sie nicht kaufmännischen, wirtschaftlichen oder gesetzlichen Erfordernissen zuwiderläuft, z.B. bei Banken oder Versicherungen, ist sie nicht zu beanstanden. 81 Obwohl diese Lösungsmöglichkeit die Gefahr einer mißbräuchlichen Gestaltung mit sich bringt, deren Feststellung Ld.R. schwierig sein wird, ist sie deshalb vorzuziehen, weil sie dem Gebot der Gewinn- und Vermögenszuordnung in direkter Vorgehensweise am ehesten entspricht und somit theoretisch akzeptabler als die anderen Lösungsmöglichkeiten erscheint. 82 bb) Die unternehmensinternen Bewegungen von Wirtschaftsgütem (1) Die Nutzungsüberlassung von Wirtschaftsgütern

In diesem Zusammenmhang sind innerbetriebliche Leistungsverhältnisse zu behandeln, die sich auf das zeitanteilige Zurverfiigungstellen von Wirtschaftsgütern beziehen. Demgegenüber sind nicht Fälle zu erfassen, in denen Wirtschaftsgüter von zwei oder mehreren Betriebsstätten des Unternehmens auf Dauer genutzt werden, denn hierbei geht es nicht um unternehmensinterne Leistungsverhältnisse, sondern es steht die anteilige Zuordnung der Wirtschaftsgüter in Betracht. 83 Werden Wirtschaftsgüter einer unternehmenseigenen Betriebsstätte vorübergehend zur Nutzung überlassen, so ist der damit zusammenhängende Aufwand, wie die AfA, die Wartungskosten, die an Dritte gezahlten Mieten und Lizenzgebühren, bei ihr abzugsflihig. 84 Demgegenüber ist eine Verrechnung von Miet-, Pachtentgelten oder Lizenzgebühren fiir die Nutzungsüber-

80 Jacobs (Fn. 77). Ebenso kritisch BFH vom 25.6.1986, II R 213/83 BStBl II 1986,785 (787); Kumpf, Besteuerung inländischer Betriebstätten, S. 150 f.; Schräder, in: Mössner, Steuerrecht international tätiger Unternehmen, Rz. C 96. 81 Jacobs (Fn. 77), S. 280; vgl. auch BFH vom 1.4.1987, II R 186/80, BStBl II 1987,550 (551). 82 Vgl. BFH vom 25.6.1986, (Fn. 81) S. 786 f.; Jacobs (Fn. 77), S. 280; Kump[(Fn. 80), S. 150. 83 Vgl. Storck, Ausländische Betriebstätten, S. 339. 84 Vgl. z.B. B1ümich/Krabbe, § 49 EStG, Anm. 252; Hemmelrath (Fn. 74), S. 217.

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Teil B: Die Besteuerung im Betriebsstättenstaat

lassung von unternehmenseigenen Wirtschaftsgütern nicht anzuerkennen. 85 Andernfalls würde das Ziel der verursachungsgerechten Gewinnaufteilung verzerrt. 86 Ausnahmen hiervon könnten gerechtfertigt sein, wenn derartige Nutzungsüberlassungen zum Tätigkeitsbereich eines Unternehmensteils gehören, wie z.B. bei der Überlassung eines Patentes durch eine reine Forschungseinrichtung, 87 die nicht zum Betriebsstättenausnahmekatalog des in Betracht kommenden DBA gehört,88 weil sie zugleich für Dritte tätig wird. 89 Was die Zuordnung des mit der Nutzung eines Wirtschaftsgutes zusammenhängenden Aufwandes auf die nutzende Betriebsstätte anbetrifft, so ist sie problematisch, wenn es sich dabei um ein selbsterstelltes immaterielles Wirtschaftsgut handelt; denn der Forschungs- und Entwicklungsaufwand entsteht regelmäßig, bevor das dadurch geschaffene immaterielle Wirtschaftsgut von der Betriebsstätte genutzt wird, so daß im Zeitpunkt der Nutzung kein Aufwand mehr entsteht, der der Betriebsstätte zugeordnet werden könnte. 90 Die Lösung zu diesem Problem könnte darin bestehen, daß der von der Betriebsstätte aus der Nutzung des immateriellen Wirtschaftsgutes erzielte Gewinn, soweit er auf den von einem anderen Unternehmensteil gewinnmindemd getragenen Forschungs- und Entwicklungsaufwand zurückzufuhren ist, ihm zugeordnet wird. 91 Ist dieser andere Unternehmensteil eine allein im Bereich der Bereitstellung von Wirtschaftsgütern tätige Betriebsstätte, so ist ihr noch ein angemessener, dem Fremdvergleichsmaßstab entsprechender Gewinnanteil zuzuweisen. Der verbleibende Gewinn ist dann der das Wirtschaftsgut erfolgreich nutzenden Betriebsstätte zuzuordnen. In dieser Weise wird die Erfolgszuordnung auf die die unternehmensinterne Leistung erbringende Betriebsstätte ermöglicht, ohne daß zugleich zu diesem Zwecke fiktive, vom Gesamtunternehmen noch nicht realisierte Gewinne hergestellt werden

85 So auch die herrschende Meinung z.B.: RFH vom 26.10.1937, 19/37, RStBl 1938, S. 46; OECD-MA-Komm. 63 zu Art. 7, Anm. 15, abgedruckt in: Vogel, K., DBA-Komm.l, Art. 7, Rz. 72; Blümich/Krabbe (Fn. 84); Debatin, DB 1989, 1741 f.; Hemmelrath (Fn. 74), S. 217 f., 232; Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, S. 277; Neubauer, JbdFfSt 1976177, 314; Schaumburg, IStR, S. 780; a.A. Biihr (Fn. 72), S. 123 ff.; Becker (Fn. 71), S. 395; Bellstedt (Fn. 72), S. 235 ff., 356 f.; Gonnella, DB 1986, 300 f.; Institut Finanzen und Steuern, Brief 250, S. 39; Kluge, StuW 1975,304; Kumpf, StbJb 1988/89, 418 f.; Storck (Fn. 83~, S. 339, 319 f. 6 Vgl. oben, in: Teil B I.Kapitel III 3 a) ce). 87 Jacobs (Fn. 85), S. 277; vgl. auch Bopp, DStZ 1974,98; Debatin, Systematik IV, Rdnr. 101; Fink, RIW 1988,49 f.; Hemmelrath (Fn. 74), S. 219, 231. 88 Vgl. Bopp, DStZ 1974,98. 89 Vgl. Görl, in: Vogel, K., DBA-Komm., Art. 5, Rz. 116. 90 BlümichlKrabbe, § 49 EStG, Anm. 254. 91 Debatin, DB 1989, 1742; ihm folgend BlümichlKrabbe; vgl. auch Ritter, JbdFfSt 1976177,309.

I. Kap.: Gewinn- und Vennögenszurechnung auf die Betriebsstätte

105

müssen. Die Gefahr der Besteuerung von Gewinnen, die vom Gesamtunternehmen nicht erzielt worden sind, wird somit ausgeschaltet. (2) Die Überfohrung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens

In diesem Zusammenhang sind Fälle zu erfassen, in denen die Nutzung von unternehmenseigenen Wirtschaftsgütern von einem Unternehmensteil auf einen anderen auf Dauer übergeht und damit eine Änderung der innerbetrieblichen Zuordnung dieser Wirtschaftsgüter eintritt. 92 Der BFH nimmt im Falle der Überfiihrung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens von der inländischen Hauptniederlassung auf die ausländische Betriebsstätte eine mit dem Teilwert zu bewertende Entnahme an, wenn sich die Betriebsstätte in einem DBA-Partnerstaat der Bundesrepublik befindet. 93 Wird der Auffassung des BFH gefolgt, so werden die stillen Reserven, die in der Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen Buchwert und höherem Teilwert94 der überfiihrten Wirtschaftsgüter existieren, im Überfiihrungszeitpunkt aufgedeckt und anschließend besteuert. 95 Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG sind Entnahmen alle Wirtschaftsgüter, die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat. Nach dem BFH ist als betriebsfremder Zweck nicht nur ein privater Zweck zu verstehen; vielmehr werde eine Entnahme zu einem betriebsfremden Zwecke auch dann begründet, wenn die deutsche Steueranwartschaft auf die stillen Reserven, die in den überfiihrten Wirtschaftsgütern enthalten und während ihrer Zugehörigkeit auf den inländischen Unternehmensteil angesammelt worden seien, nach der Überfiihrung auf eine ausländische Betriebsstätte nicht gewährleistet erscheine. Dies gelte insbesondere dann, wenn die ausländische Betriebsstätte in einem DBA-Staat liege. Der Grund hierfür sei die in den deutschen DBA enthaltene Vorschrift über die Ausklammerung der Betriebsstätteneinkünfte aus der Besteuerungsgrundlage im Ansässigkeitsstaat. 96 Vgl. Hemmelroth (Fn. 74), S. 220. BFH vom 16.7.1969, 1266/65, BStHl. 11 1970, 175 (176 f.); BFH vom 30.5.1972, VIII R III/69, BStBl. 11 1972,760 (761). 94 Zum Begriff des Teilwertes s. § 6 Abs. I Nr. I Satz 3 EStG. siehe ferner die bestehenden Tei1wertvennutungen in: Knobbe-Keuk, Bilanz-und Unternehmenssteuerrecht, S. 159 f. 95 Vgl. § 2 Abs. I Nr. 2, 2 Nr. I i.V.m. § 4 Abs. I Satz I EStG. Diese Auswirkung der Behandlung als Entnahme war durch § I Abs. I AlG entschärft. Diese Vorschrift wurde allerdings zusammen mit den anderen Vorschriften des AIG durch das StRefonnG 90 vom 25.7.1988, BStHl. I 1988,224, aufgehoben. 96 Vgl. BFH vom 16.7.1969 (Fn. 93),176. 92

93

106

Teil B: Die Besteuerung im Betriebsstättenstaat

Anläßlich der Entnahmerechtsprechung des BFH, der eine zweckorientierte Vorstellung des Entnahmebegriffes zugrundeliegt,97 wird im folgenden die Frage beurteilt, ob die Überführung von Wirtschaftsgütern von der deutschen Betriebsstätte auf die griechische Hauptniederlassung des Unternehmens aufgrund der beschränkten, sich nicht auf ausländische Einkünfte erstreckenden Steuerpflicht des Unternehmens in Deutschland eine dem Betriebsstättenstaat Deutschland zuzuordnende Entnahme begründet. Die Beurteilung dieser Frage ist dann auch bei der Beantwortung der Frage nach dem Einlagecharakter der umgekehrten Überführung zugrundezulegen. Die Auslegung des in § 4 Abs. I Satz 2 EStG definierten Entnahmebegriffes spricht gegen die Annahme einer Entnahme. 98 Sowohl die überführende Betriebsstätte im deutschen Inland als auch die übernehmende Hauptniederlassung im Ausland sind Bestandteile desselben Unternehmens. Deshalb stehen sie sich nicht als betriebsfremd gegenüber. 99 Die Überführung der Wirtschaftsgüter auf die ausländische Hauptniederlassung kann danach nicht als eine Entnahme für einen betriebsfremden Zweck angesehen werden. 100 Aber auch wenn man die steuerverschärfende Analogie für zulässig hält, 101 ist kein Grund ersichtlich, warum die Überführung von Wirtschaftsgütern in den DBA-ausländischen Unternehmensteil dem Entnahmetatbestand zuzuordnen ist. Die steuerliche Erfassung der bis zum Überführungszeitpunkt gebildeten stillen Reserven in Deutschland ist ebensogut gesichert wie zuvor. Die arm'slength-Klausel des DBA, d.h. im Falle des DBA mit Griechenland Art. III Abs. 2, gewährleistet dies. 102 Können die zwischenstaatlichen innerbetrieblichen Überführungsvorgänge nicht als Entnahmen behandelt werden, so ist die dem kaufmännischen Vorsichtsprinzip l03 widersprechende Vorverlegung des Gewinnausweises im Überführungszeitpunkt unzulässig. Die steuerliche Erfassung der in den überführten Wirtschaftsgütern vorhandenen stillen Reserven bei der Überführung muß, mangels der Erfüllung eines gesetzlichen Tatbestandes, an die als Rechtsfolge eine Steuer geknüpft ist, ausscheiden. Somit wird dem Prinzip der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung Rechnung getragen. 97

98

266.

Vgl. Pach-Hanssenheimb, Die Verstrickung, S. 90. Vgl. u.a. Hemmelrath (Fn. 74), S 220; Kohlenbach, DB 1972,361; Tipke, StuW 1972,

Vgl. statt vieler Pach-Hanssenheimb (Fn. 97), s. 117. A. A. Quack, BB 1975, 830 f.; a.A. auch Burmester, Probleme der Gewinn- und Verlustrealisierung, S. 156 f., bezogen auf die Überfiihrung auf die ausländische Betriebsstätte. 101 So z.B. Kirchhof, F., Grundriß des Abgabenrechts, Rdnr. 41; TipkelLang, Steuerrecht, S. 41 f. 102 Vgl. Schaumburg, in: Ruppe, Gewinnrealisierung im Steuerrecht, S. 253. 103 Dazu s. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 40 ff. 99

100

1. Kap.: Gewinn- und Verrnögenszurechnung auf die Betriebsstätte

107

Die grenzüberschreitende Überfiihrung von Anlagegütern zwischen Teilen desselben Unternehmens ist nicht unbeachtlich, obwohl es sich dabei nicht um eine Entnahme, sondern um einen rein innerbetrieblichen Vorgang handelt. Die verursachungsgerechte Erfolgszuordnung erfordert eine Überführung zu Marktpreisen. Um eine vorzeitige Gewinnrealisierung zu vermeiden, ist dann die Differenz zwischen Buchwert und höherem Marktpreis bei der überführenden Betriebsstätte durch einen passiven Ausgleichsposten zu neutralisieren, der entsprechend der Restnutzungsdauer des überführten Wirtschaftsgutes bzw. bei vorzeitigem Ausscheiden des Gutes zu diesem Zeitpunkt gewinnerhöhend aufzulösen ist. 104 Soweit der überführende inländische Unternehmensteil die Hauptniederlassung ist, ist auch die deutsche Finanzverwaltung mit der dargelegten Vorgehensweise einverstanden. 105 Wird hingegen das Wirtschaftsgut von der inländischen die beschränkte Steuerpflicht des Unte~emens begründenden Betriebsstätte überführt, so verlangt die deutsche Finanzverwaltung eine Aufdeckung und Versteuerung der stillen Reserven im Überfiihrungszeitpunkt. 106 Ihr kann aus den bereits erwähnten Gründen nicht zugestimmt werden. Ist die deutsche Betriebsstätte nicht der abgebende, sondern der übernehmende Unternehmensteil, so ist bei ihr der Buchwert des transferierten Wirtschaftsgutes, der sich nach deutschem Recht ergibt, fortzuführen und die Differenz zum Marktpreis, sofern er über dem Buchwert liegt, durch einen aktiven Ausgleichsposten festzuhalten. Dieser Ausgleichsposten ist dann entsprechend der Restnutzungsdauer des transferierten Wirtschaftsgutes bzw. bei vorzeitigem Ausscheiden des Gutes zu diesem Zeitpunkt gewinnmindernd aufzulösen. Damit wird die Versteuerung der im Ausland angesammelten stillen Reserven im Inland vermieden. 107 Diese Versteuerung wird auch dann vermieden, wenn das überführte Wirtschaftsgut bei der empfangenden Betriebsstätte mit dem Marktpreis angesetzt und abgeschrieben wird. Diese Lösung wird von einem Teil des Schrifttums unterstützt. 108 Ihr ist allerdings 104 So z.B. B1ümich/Krabbe, § 49 EStG, Anm. 246; Fink, RIW 1988,48; Hemmelrath, (Fn. 74), S. 224 f.; Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, S. 284 ff.; Kumpf, StbJb 1988/89, 413 ff.; Storck, Ausländische Betriebstätten, S. 315 f.; Hemmelrath, in: Vogel, K., DBA-Komm., Art. 7, Rz. 102. Diese Vorgehensweise ist auf Neubauer, JbdFfSt 1976/77, 319, zurückzuführen. 105 BdF-Schreiben vom 12.2.1990, I V B 2 - S 2135 - 4/901 V C 5 - S 1300 - 21190, BStBl I 1990,72. 106 BdF-Schreiben vom 3.6.1992, I V B 2 - S 2135 - 4/92, FR 1992, 494. Kritisch dazu: Kramer, StuW 1993, 149 ff. 10? Vgl. Kumpf, StbJb 1988/89,417; Pach-Hanssenheimb, Die Verstrickung, S. 150. 108 Vgl. z.B. Baranowski, Besteuerung von Auslandsbeziehungen, S. 108; Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, S. 286 f.

108

Teil B: Die Besteuerung im Betriebsstllttenstaat

angesichts der deutschen Bewertungsvorschriften, wonach höchstens die fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsgutes anzusetzen sind, 109 nicht zu folgen. 110 Obwohl das geltende Imparitätsprinziplll die Berücksichtigung der noch nicht realisierten Wertminderungen des Anlage- und Urnlaufvermögens vorschreibt, kann aufgrund seiner Stichtagsbezogenheit der Fall eintreten, in dem der Marktpreis des überführten Wirtschafts gutes in dem zwischen zwei Bilanzstichtagen liegenden Überführungszeitpunkt unter dem Buchwert liegt. Bei dem abgebenden Unternehmensteil ist dann ein aktiver und bei dem übernehmenden ein passiver Ausgleichsposten zu bilden. 112 Bei der dann vorzunehmenden stichtagsbezogenen Teilwertabschreibung erfolgt eine Auflösung des gebildeten Ausgleichspostens. 113 Kehrt das Wirtschaftsgut wieder zu dem abgebenden Unternehmensteil zurück, so ist es ebenfalls mit dem Buchwert anzusetzen. Gleichzeitig ist ein gegebenenfalls noch vorhandener Korrekturposten in Höhe des Betrages erfolgsneutral aufzulösen, der sich aus der Differenz zwischen fortgeführtem originärem Buchwert und höherem Marktpreis ergibt. Liegt der Marktpreis unter dem Buchwert, so ist der noch vorhandene Korrekturposten zu erhöhen, soweit der Unterschiedsbetrag höher liegt. I 14 Entsprechendes gilt für die rückübertragende Betriebsstätte. Bei der Anwendung der beschriebenen Vorgehensweise ist stets im Auge zu behalten, daß es sich hierbei um eine Technik zur Bewirkung einer verursachungsgerechten Aufteilung des für das Gesamtunternehmen tatsächlich entstandenen Gewinns handelt, der mit dem überführten Wirtschaftsgut zusammenhängt. Der steuerliche Unterschied zwischen dem grenzüberschreitenden innerbetrieblichen Überführungsvorgang und dem betriebsüberschreitenden Veräußerungsvorgang besteht dann nicht einfach im Aufschub der Gewinnverwirklichung. Wird ein überführtes Wirtschaftsgut mit Verlust für das Gesamtunternehmen veräußert, so kann dem überführenden Unternehmensteil kein dem Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und im Überführungszeitpunkt noch bestehendem höheren Marktpreis des Wirtschaftsgutes entsprechender Gewinn zugeordnet werden, weil dieser Gewinn vom Gesamtunternehmen nicht realisiert worden ist. Danach gilt der Gewinnanteil des MarktVgl. §§ 5 Abs. 1,6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG. GI.A. Pach-Hanssenheimb, Die Verstrickung, S. 149 f.; vgl. auch Kumpf, Besteuerung inländischer Betriebsstätten, S. 127. 111 s. dazu Knobbe-Keuk (Fn. 103). 112 Vgl. Pach-Hanssenheimb (Fn. 110), S. 150 f. 113 Vgl. Kumpf, StbJb 1988/89,414. 114 Kump[(Fn. 113), S. 415 f. 109 110

I.Kap.: Gewinn- und Vennögenszurechnung auf die Betriebsstätte

109

preisansatzes nicht allenfalls als der Gewinn, der dem überführenden Unternehmensteil zuzuordnen ist. Soweit er hinsichtlich des Zieles der verursachungsgerechten Aufteilung des vom Gesamtunternehmen realisierten Gewinnes keine annehmbare Lösung darstellt, ist auf seine Heranziehung zu verzichten. 115 Da die beschriebene Vorgehensweise als Technik zur Bewirkung einer verursachungsgerechten Gewinnaufteilung keine neuen innerstaatlichen Steueransprüche schafft, bedarf sie keiner eigenen innerstaatlichen Rechtsgrundlage. 116 Eine Problematik bezüglich der Behandlung der zwischenstaatlichen Überführungen von Anlagegütern hat sich, soweit ersichtlich, auf griechischer Seite nicht entwickelt. Dies gilt, obwohl die in den Anlagegütern des Betriebsvermögens enthaltenen Wertsteigerungen auch für das griechische Einkommensteuerrecht bedeutsam sind. 117 Die entsprechende Anwendung der hier beschriebenen Vorgehensweise bei dem die Wirtschaftsgüter empfangenden bzw. überführenden griechischen Unternehmensteil würde zu sachgerechten Ergebnissen führen und ist zu befürworten. (3) Die ÜberjUhrung von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens

(a) Die Überführung zwischen der deutschen Betriebsstätte und der griechischen Hauptniederlassung Dem Unternehmensteil, der die zum unternehmerischen Tätigkeitsbereich gehörenden unternehmensinternen Warenlieferungen vornimmt, muß nach dem deutsch-griechischen DBA118 ein Gewinnanteil aus dem Warenverkauf zugewiesen werden, sofern die gelieferten Waren nicht aus der bloßen Einkaufstätigkeit der Betriebsstätte stammen. 119 Diesem Abkommenserfordernis widerspräche es, wenn die Entnahme-Rechtsprechung auf diese Art von Über115 So Debatin, Knobbe-Keuk, (Fn.

BB 1990, 828; ihm folgend B1ümichlKrabbe, § 49 EStG, Anrn. 246; 103), S. 253; vgl. auch Ritter, JbdFfSt 1976177, 301 f.; a. A. Baranowski, Besteuerung von Auslandsbeziehungen, S. 107; Institut Finanzen und Steuern, BriefNr. 250, S. 63; Pach-Hanssenheimb (Fn. 110), S. 146; vgl. auch BdF vom 12.2.1990 (Fn. 105). 116 Vgl. z.B. Hemmelrath, Die Ennittlung des Betriebstättengewinns, S. 227; a. A. Burmester, Probleme der Gewinn- und Verlustrealisierung, S. 196 f. 117 Vgl. oben, in: Teil A. 2.Kapitel I 2. Tsingris, CDFI Vol. XLIXa, 229, schließt nur eine Versteuerung der stillen Reserven aus. 118 Art. III Abs. 2. 119 Vgl. Art. III Abs. 4. Kritisch im Hinblick auf den dieser Vorschrift entsprechenden Art. 7 Abs. 5 des OECD-MA z.B. Bähr, Gewinnennittlung ausländischer Zweigbetriebe, S. 103 f.; Hemmelrath (Fn. 116), S. 238; Storck, Ausländische Betriebstätten, S. 311.

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Teil B: Die Besteuerung im Betriebsstättenstaat

führungsvorgängen entsprechend angewandt würde, weil die mit dem Teilwert zu bewertende Entnahme im Falle der Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens i.d.R. nur die Selbstkosten zum Ansatz bringt. 120 Art. III Abs. 2 des DBA mit Griechenland wird dann gerecht, wenn die unternehmensinternen Warenlieferungen zu Marktpreisen abgerechnet werden. Ist unter den gegebenen Verhältnissen ein Rückgriff auf Marktpreise nicht möglich, so ist der angemessene Verrechnungspreis im Wege der Kalkulation festzustellen. 121 Je nachdem, wie umfangreich die Tätigkeit des empfangenden Unternehmensteils im Zusammenhang mit den überführten Wirtschaftsgütern ist, ist dann der angemessene Verrechnungspreis durch den Abzug einer dem die Güter empfangenden und sie veräußernden Unternehmensteil zuzuordnenden angemessenen Gewinnspanne vom Veräußerungserlös oder durch die Hinzurechnung eines betriebs- oder branchenüblichen Gewinnzuschlages auf die Kosten des liefernden Unternehmensteils zu bestimmen. 122 Sofern das Unternehmen den Gewinn aus dem Verkauf der gelieferten Waren bis zum Bilanzstichtag erzielt hat, entsteht durch die Abrechnung des unternehmensinternen Warentransfers zu Fremdvergleichspreisen das Problem des vorzeitigen Gewinnausweises bei dem liefernden Unternehmensteil nicht. Befinden sich jedoch die gelieferten Waren am Bilanzstichtag noch im Unternehmen, so bewirkt die Abrechnung ihres Transfers zu einem Gewinnelemente enthaltenen Fremdvergleichspreis die Zuordnung eines Gewinns auf den liefernden Unternehmensteil, der vom Gesamtunternehmen noch nicht erzielt worden ist. Dieses Ergebnis kann, wie schon festgestellt,123 auch bei Bestehen eines DBA mit einer die dealing-at-arm's-length-Klausel enthaltenden Zuordnungsvorschrift nicht gerechtfertigt werden, sofern eine diesbezügliche innerstaatliche Rechtsgrundlage fehlt. Zur Bewältigung dieses Problems bietet sich die beschriebene, den Aufschub der Gewinnverwirklichung bewirkende Technik der Bildung. von Ausgleichsposten. Die vom Hessischen Finanzgericht 124 vertretene Buchwerttechnik, wobei der inländische abgebende Unternehmensteil den vorzeitigen Gewinnausweis dadurch vermeidet, daß er den Buchwert der überführten Wirtschaftsgüter bis zur Erfüllung eines Gewinnrealisierungstatbestandes aus gesamtunternehmerischer Sicht, d.h. bis zum Verkauf, Verbrauch oder zur Verbringung der Wirtschaftsgüter in den PrivatVgl. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 159. Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, S. 272. Hierbei handelt es sich um die im Rahmen der verbundenen Unternehmen entwickelten Verfahren zur Ermittlung des Fremdvergleichspreises, die Wiederverkaufspreismethode und Kostenaufschlagsmethode genannt werden. s. näheres hierzu bei Hemmelrath (Fn. 116), S. 249 ff. 123 Vgl. oben, in: Teil B l.Kapitel III 3 a) cc). 124 vom 12.7.1977, IV 111/75, EFG 1977, 608 f., rechtskräftig. 120 121 122

I.Kap.: Gewinn- und Vennögenszurechnung auf die Betriebsstätte

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bereich, fortführt, versagt, wenn der inländische abgebende Unternehmensteil nicht die Hauptniederlassung, sondern eine Betriebsstätte ist. Die weitere bilanzielle Erfassung der überführten Wirtschaftsgüter im Inland ist in diesem Falle nicht möglich. 125 Werden im Laufe des Wirtschaftsjahres mehrere unternehmensinterne Lieferungen von Waren vorgenommen, die im Verkehr nach Maß, Zahl oder Gewicht bestimmt werden, so entsteht bei Veräußerung eines Teiles der in gemeinsamer Lagerhaltung befindlichen Waren die Frage nach der Höhe der aufzulösenden Ausgleichsposten, wenn die Fremdvergleichspreise in den Lieferzeitpunkten nicht identisch sind. Zur Vermeidung der Auseinandersetzung mit den mit dieser Frage verbundenen Schwierigkeiten könnte in solchen Fällen das Schätzungsverfahren nach einer fiktiven Veräußerungsfolge, wie Z.B. das Lifo(Last in - first out)-Verfahren, wonach angenommen wird, daß die zuletzt gelieferten Waren zuerst veräußert werden, oder die durchschnittliche Berechnung der Fremdvergleichspreise angewandt werden. 126 In Anbetracht dessen, daß der Ansatz des Fremdvergleichspreises im Zeitpunkt der unternehmensinternen Lieferung nur ein Hilfsmittel zur Bewirkung einer verursachungsgerechten Aufteilung zwischen den Unternehmensteilen des für das Gesamtunternehmen tatsächlich entstandenen Gewinns ist, ist auf dessen Berücksichtigung zu verzichten, wenn der Erlös aus dem Verkauf der übertragenen Waren niedriger als er ist. Somit wird vermieden, daß der abgebende Unternehmensteil einen Gewinn versteuert, den das Gesamtunternehmen nicht erzielt hat. 127 (b) Die Überführung zwischen der griechischen Betriebsstätte und der deutschen Hauptniederlassung

Ist die griechische Betriebsstätte der die Waren empfangende Unternehmensteil, so können die bisherigen Ausführungen über die Vorgehensweise bei der Abrechnung der unternehmensinternen Überführungen von Wirtschaftsgütern entsprechende Anwendung finden. Kumpf, Besteuerung inländischer Betriebstätten, S. 125 f. Vgl. Jacobs (Fn. 121), S. 288. s. näheres zu diesem Schätzungsverfahren bei KnobbeKeuk (Fn. 120), S. 142. 127 So auch Debatin, BB 1990, 828; vgl. auch z.B. BlümichiKrabbe, § 49 EStG, Anrn. 246; Fink, RIW 1988, 51; Ritter, JbdFfSt 1976177, 301 f.; a. A. Baranowski, Besteuerung von Auslandsbeziehungen, S. 107; Institut Finanzen und Steuern, Brief Nr. 250, S. 63; Neubauer, JbdFfSt 1976177, 315 f.; Pach-Hanssenheimb, Die Verstrickung, S. 246. 125

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Teil B: Die Besteuerung im Betriebsstättenstaat

Handelt es sich bei der griechischen Betriebsstätte um eine Fabrikationsstätte, die Fabrikatslieferungen ins Ausland vornimmt, so schreibt Art. 37 Abs. 1 der GVO 3323/1955 für den Fall vor, in dem sich der in Griechenland erwirtschaftete Gewinn aus der Unternehmensbilanz nicht genau bestimmen läßt, daß er durch Verteilung des Gesamtgewinns des Unternehmens nach dem Verhältnis der Einnahmen aus dem Verkauf der aus Griechenland stammenden Fabrikate zu sämtlichen Verkaufseinnahmen des Unternehmens festzustellen ist. Fraglich ist, ob diese Vorgehensweise mit der Gewinnzuordnungsvorschrift des deutsch-griechischen DBA vereinbar ist. Obwohl das deutsch-griechische DBA die dieser Vorgehensweise entsprechende indirekte Methode als zulässigen Zurechnungsweg nicht vorsieht, verstößt ihre Anwendung nicht gegen die DBA-Vorschriften, es sei denn, daß der angewandte Zerlegungsschlüssel nicht geeignet ist, ein Ergebnis zu gewährleisten, das dem Ergebnis aus der Anwendung der Art. III Abs. 2 des Abkommens gerecht werdenden direkten Methode möglichst nahe kommt. 128 Bei Beachtung des Art. III Abs. 2 sind der griechischen Fabrikationsstätte die Gewinne zuzuordnen, die sie als unabhängiges Unternehmen unter sonst gleichen Bedingungen in Griechenland hätte erzielen können. Diese sind die in Griechenland erwirtschafteten Produktionsgewinne, nicht dagegen die im Ausland erwirtschafteten Vertriebsgewinne. Der in Art. 37 Abs. 1 GVO 3323/55 vorgesehene Zerlegungsschlüssel trägt nicht der Tatsache Rechnung, daß der Gewinn aus dem Verkauf im Ausland der in Griechenland hergestellten Waren nicht nur durch die Tätigkeit der griechischen Produktionsstätte des Unternehmens erwirtschaftet worden ist. 129 Er ignoriert m.a.W. den Leistungsbeitrag des Absatzmechanismus des Unternehmens im Ausland und führt zu einer Überschreitung der von Art. III Abs. 2 des Abkommens gezogenen Grenze bezüglich des der Betriebsstätte zuzuordnenden Gewinnanteils. Man braucht nur an ein Unternehmen zu denken, dessen Tätigkeit sich darauf beschränkt, die von seiner griechischen Produktionsstätte hergestellten Waren über seine ausländische Hauptniederlassung zu verkaufen, um zu begreifen, daß die Bestimmung des der griechischen Produktionsstätte zuzuordnenden Gewinns durch Zerlegung des Gesamtgewinns des Unternehmens nach dem Verhältnis der Einnahmen aus dem Verkauf der aus Griechenland exportierten Waren zu den Einnahmen aus sämtlichen Verkäufen des Unternehmens aus der Sicht der abkommensrechtlichen Zuordnungsvorschrift überhaupt nicht befriedigen kann. Aus diesem Grund muß dieser Zerlegungsschlüssel im Falle eines deutschen Unternehmens angesichts des Vorrangs der

128 129

Vgl. oben, in: Teil B I.Kapitel III 2 c). Vgl. Totsis. N. und ehr., Die Besteuerung der AG und GmbH, Bd. 1, Anm. 168.

l.Kap.: Gewinn- und Vennögenszurechnung auf die Betriebsstätte

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Bestimmungen des in Betracht kommenden deutsch-griechischen DBA gegenüber den Vorschriften des innerstaatlichen Rechts als nicht anwendbar angesehen werden. Außer der Gesamtgewinnzerlegung als Methode zur Bestimmung des der griechischen Fabrikationsstätte zuzuordnenden Gewinns sieht Art. 37 der GVO 3323/55 in Abs. 2 die Möglichkeit der Anwendung der F.o.B.-(free on board)-Preis-Methode vor. Nach dieser Methode, die bis heute mangels des vorgesehenen erforderlichen Verwaltungserlasses nicht angewandt worden ist, ist dem der Betriebsstätte zuzuordnenden Gewinn der im Lieferungszeitpunkt und -ort geltende Großhandelspreis zugrundezulegen. Die Abrechnung der Lieferung zum F.o.B.-Preis kann zu einer Besteuerung von Gewinnen fuhren, die vom Gesamtunternehmen nicht erzielt worden sind. 130 Da die Frage nach der Gewinnzuordnung und nicht die Frage nach dem Begriff des steuerbaren Gewinns zum Regelungsbereich eines DBA gehört, kann die F.o.B.-PreisMethode, die mit der Fremdvergleichsklausel vereinbar ist, aufgrund ihrer steuerbegTÜndenden Auswirkung auf fur das Gesamtunternehmen nicht tatsächlich entstandene Gewinne nicht als eine dem DBA entgegenstehende Abrechnungstechnik angesehen werden. Es ist eine andere Sache, ob die Erhebung europarechtlicher Bedenken gegen diese Methode angesichts des Art. 52 des EWG-Vertrages denkbar ist. 131 Ist die Bestimmung des F.o.b.-Preises nicht möglich, so sieht Art. 37 Abs. 3 Satz 2 des GVO 3323/55 die Möglichkeit der Anwendung der Kostenaufschlagsmethodevor. cc) Der Dienstleistungsverkehr Der unternehmensinterne Dienstleistungsverkehr läßt sich in Dienstleistungen, die ein Unternehmensteil zur Förderung der Geschäftstätigkeit einer oder mehrerer anderer Unternehmensteile erbringt, und Dienstleistungen, die ein Unternehmensteil im Interesse des Gesamtunternehmens erbringt, unterteilen.

130 Vgl. Totsis, N. und ehr. (Fn. 129), Anm. 169. m s. dazu unten, in: Teil B 2.Kapitel 1. Ferner verstößt die in Art. 37 Abs. 3 der GVO 3323/55 enthaltene gesetzliche Ennächtigung gegen Art. 78 Abs. 1 und 2 der Verfassung. Vgl. Kypraeos, Elemente des Steuerrechts, S. 250. 8 Karakitis

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Teil B: Die Besteuerung im Betriebsstättenstaat

(1) Dienstleistungen zugunsten bestimmter Unternehmensteile

Derartige Dienstleistungen, die auch als spezielle Dienstleistungen bezeichnet werden,132 können beispielsweise in der Rechts- und Steuerberatung, Werbung sowie in der Erfüllung von Forschungs- oder Entwicklungsaufträgen bestehen. Während für selbstverständlich gehalten wird, daß die Unternehmensteile, denen die speziellen Dienstleistungen zugute kommen, die damit zusammenhängenden Kosten tragen müssen, stößt die Frage, ob dem leistungserbringenden Unternehmensteil aufgrund der Erbringung der speziellen Dienstleistungen ein auf der Grundlage des Fremdvergleiches berechneter Gewinn zuzuordnen ist, auf Meinungsdiskrepanz. 133 Der OECD-MAKommentar macht praktische Schwierigkeiten hinsichtlich der zutreffenden Bestimmung eines solchen Gewinnes geltend und verneint die Frage. 134 Zu Recht wird ihm entgegengehalten, daß er für die Gewinnzurechnung bei dem die Waren unternehmensintern liefernden Unternehmensteil spreche, 135 obwohl die Bestimmung dieses Gewinns in den Fällen, in denen Marktpreise für die gelieferten Waren nicht existieren, auf mindestens ebenso große praktische Schwierigkeiten verstoße. 136 Nach der hier vertretenen Auffassung ist dem leistungserbringenden Unternehmensteil aufgrund der Erbringung von speziellen Dienstleistungen ein Anteil am Unternehmenserfolg dann zuzurechnen, wenn es sich dabei um Dienstleistungen handelt, die das Unternehmen am Markt erbringt, oder der leistungserbringende Unternehmensteil eine spezialisierte feste Dienstleistungsgeschäftseinrichtung darstellt,137 die, sofern das d~utsch-griechische DBA eingreift, nicht einen Fall seines Betriebsstättenausnahmekatalogs 132 BFH vom 20.7.1988, I R 49/84, BStBI II 1989, 140 (143). 133 Bejahend u.a. Bähr, Gewinnermittlung ausländischer Zweigbetriebe, S. 134 f.; Bellstedt, Die Besteuerung international verflochtener Gesellschaften, S. 237; Kluge, StuW 1975, 305; Kumpf, Besteuerung inländischer Betriebstätten, S. 141; Storck, Ausländische Betriebstätten, S. 310; a. A. Mersmann, Die Ertragsbesteuerung inländischer Betriebstätten, S. 100 f.; Schieber, Die Besteuerung von Auslandsbetriebstätten, S. 39 f.; Vogel, H., CDFI Vol. XXXI Va, 245, macht die Zuweisung eines Gewinns auf den die Leistung erbringenden Unternehmensteil davon abhängig, daß es sich dabei um eine regelmäßig erbrachte und wirtschaftlich bedeutende und abgrenzbare Dienstleistung handelt. Ihm folgen HerrmannlHeuerlRaupach, § 49 EStG, Anm, 63a; vgl. auch Baranowski, Besteuerung von Auslandsbeziehuqgen, S. 111 f. 1340ECD-MA-Komm. 63 zu Art. 7, Anm. 17, abgedruckt in: Vogel, K., DBA-Komm., 1. Aufl., Art. 7, Rz. 74. 135 Vgl. OECD-MA-Komm. 63 zu Art. 7, Anm. 12, abglldruckt in: (Fn. 134), Rz. 48. 136 Vgl. statt vieler Hemmelrath, Die Ermittlung des Betriebstättengewinns, 8. 265 f. 137 Ebenso z.B. Jacobs, Internationale Unternehmensbllsteuerung, 8. 274; Hemmelrath, in: Vogel, K., DBA-Komm., Art. 7, Rz. 104; vgl. auch Bopp, DStZ 1974, 98; vgl. ferner BdF Schreiben vom 24.8.1984, I V C 5-8 1300 - 244/84, BS1tBI I 1984,458 (459), hinsichtlich Kontroll- und Koordinierungsstellen.

I. Kap.: Gewinn- und Vermögenszurechnung auf die Betriebsstätte

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begründet. Der diesem Unternehmensteil zuzurechende Gewinnanteil ist dann mit Hilfe des Fremdvergleichsmaßstabs zu bestimmen. Die Verwendung des Fremdvergleichsmaßstabs bei der Bestimmung des Gewinnanteils dieses Unternehmensteils wird allerdings kaum ergiebig sein, wenn es sich bei den erbrachten unternehmensinternen Dienstleistungen um betriebsindividuelle, nicht marktgängige Leistungen, wie die Leistungen, die ein regionales Management-Büro erbringt, handelt. 138 In solchen Fällen wäre eine Orientierung an einem auf die tatsächlich entstandenen Kosten anwendbaren Prozentsatz denkbar,139 wobei allerdings die Gefahr einer willkürlichen Gestaltung besonders naheliegend wäre. 140 Liegt weder ein Unternehmen vor, das solche Dienstleistungen am Markt erbringt, noch eine spezialisierte Dienstleistungsbetriebsstätte, so muß die Verrechnung der erbrachten speziellen Dienstleistungen nach der hier vertretenen Auffassung aufKostenbasis erfolgen. 141 (2) Dienstleistungen im Interesse des Gesamtunternehmens Als Beispiele derartiger Dienstleistungen sind die Geschäftsführung, die allgemeine Verwaltung und die Grundlagenforschung zu nennen. 142 Hierzu zählen ferner Werbekampagnen, die sich auf das Gesamtunternehmen beziehen. 143 Nach der hier vertretenen Auffassung sind bei solchen Dienstleistungen grundsätzlich nur die tatsächlich entstandenen Kosten anteilig sämtlichen Unternehmensteilen zuzuordnen. 144 Eine Gewinnelemente enthaltene Abrechnung soll ausscheiden, es sei denn, daß sich der leistungserbringende Unternehmensteil nur mit der Erbringung solcher Dienstleistungen befaßt und somit von ihnen nur dann profitieren kann, wenn deren Erbringung seine Beteiligung an der Gewinnaufteilung als Folge hat. 145 Vgl. Hemmelrath (Fn. 136), s. 275. So die deutsche Finanzverwaltung, BdF Schreiben vom 24.8.1984, die einen Gewinnaufschlag von 5 bis 10 v.H. vorschlägt. 140 Vgl. Hemmelrath (Fn. 136), S. 276 f. 141 Vgl. Hemmelrath, in: Vogel, K., DBA-Komm., Art. 7, Rz. 104. 142 Vgl. z.B. Kumpf, Besteuerung inländischer Betriebstätten, S. 142. 143 Vgl. Hemmelrath (Fn. 136), S. 268 f. 144 Ebenso z.B. Hemmelrath (Fn. 136), S. 270; Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, S. 274; vgl. auch S.t.E. 2234/1987, D.F.N. 1988, 1109; a. A. Bähr, Gewinnermittlung ausländischer Zweigbetriebe, S. 134 f; Bellstedt, Die Besteuerung international verflochtener Gesellschaften, S. 237 f.; Kluge, StuW 1975,305; Neubauer, JbdFfSt 1976/77, 317. 145 GI. A. Hemmelrath (Fn. 136), S. 271. 138 139

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Teil B: Die Besteuerung im Betriebsstättenstaat

Bei der Beurteilung der Frage, welcher Anteil an den Dienstleistungskosten bei jedem einzelnen Unternehmensteil abzugsfähig ist, wird i.d.R. ein Rückgriff auf die Schlüsselung und mithin auf Elemente der indirekten Methode unvermeidbar sein. Der dabei anzuwendende Verteilungsschlüssel sei er das Verhältnis vom Umsatz, wie der OECD-MA-Komm. erwähnt,146 sei er das Lohn- oder ein anderes Verhältnis - könnte dann nur für jeden Einzelfall bestimmt werden. Eine andere, in der apriori Festlegung des Verteilungsschlüssels bestehende Lösung, die unter dem Gesichtspunkt der Einfachheit akzeptabel erscheinen würde, würde dem Ziel einer verursachungsgerechten Aufwands- und Gewinnzuordnung kaum Rechnung tragen und ist aus diesem Grund zurückzuweisen. 147 Abschließend sei darauf hinzuweisen, daß der die Dienstleistung erbringende Unternehmensteil, der daneben eine andere unternehmensinterne Leistung, z.B. Warenlieferung, erbringt, die anteiligen, auf die anderen Unternehmensteile entfallenden Dienstleistungskosten nicht bei der Abrechnung der anderen Leistung berücksichtigen darf. Die verursachungsgerechte Aufwandszuordnung erfordert bei der Abrechnung dieser anderen Leistung die Berücksichtigung nur derjenigen damit zusammenhängenden Dienstleistungskosten, die auf den leistungserbringenden Unternehmensteil entfallen. 148 IV. Die Berichtigung der Zuordnung

Weder das nationale Steuerrecht der Vertragsstaaten noch das Abkommensrecht enthält eine Berichtigungsvorschrift. 1 Die allgemeinen Zuordnungsregeln liefern daher bei Abweichungen die Ermächtigung und den Maßstab für die Berichtigung. 2

146 147

148

Zu Art. 7, Anm. 13, abgedruckt in: Vogel, K., DBA-Komm., I. Aufl., Art. Vgl. Hemmelrath (Fn. 136), S. 279. Vgl. Hemmelrath (Fn. 136), S. 281.

7, Rz. 70.

§ 1 AStG greift im Verhältnis zwischen der Hauptniederlassung und der inländischen Betriebsstätte nicht ein, da es an dem für § I AStG notwendigen Minimum von zwei Personen fehlt. Kumpf, Besteuerung inländischer Betriebsstätten, S. 152 m.w.N. Was Griechenland anbelangt, so ist Art. 55 Nr. 6 des G 104111980, wonach die Regelung des Art. 55 des G 1041/1980 über die Gewinnberichtigung zwischen verbundenen Unternehmen auch für die inländische Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmers gilt, m.E. nicht im Falle des Leistungsverkehrs zwischen der Betriebsstätte und der Hauptniederlassung oder einer anderen Betriebsstätte desselben Unternehmens anwendbar, sondern im Falle des Leistungsverkehrs zwischen der Betriebsstätte und anderen Unternehmen des Konzerns. Vgl. auch den Bericht zum Art. 55 des G 104111980; a.A. Theocharopoulos, Besonders Steuerrecht, S. 220 f. 2 Kumpf, Besteuerung inländischer Betriebstätten, S. 152; vgl. auch OECD-MA-Komm. 63 zu Art. 7, Anm. 11 f., abgedruckt in: Vogel, K., DBA-Komm., I. Aufl., Art. 7, Rz. 47.

2.Kap.: Die Besteuerung der Betriebsstätte

117

Wird die Gewinnaufteilung von der griechischen bzw. deutschen Steuerverwaltung berichtigt, so tritt eine Doppelbesteuerung ein, wenn die Steuerverwaltung des anderen Vertragsstaates damit nicht einverstanden ist. Die Beseitigung dieser Doppelbelastung gewährleistet Art. XX des deutsch-griechischen DBA, der das Verständigungsverfahren vorsieht, nicht. Sobald aber das EGÜbereinkommen über die Beseitigung der Doppelbelastung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen, 3 das sich angesichts des Art. 1 Abs. 2 auch auf die die Gewinnaufteilung zwischen Betriebsstätte und Hauptniederlassung betreffende Berichtigung bezieht, in Kraft tritt, 4 wird die Beseitigung dieser Doppelbelastung gewährleistet sein. 5 Zweites Kapitel Die Besteuerung des Betriebsstättenerfolges und -vermögens I. Die Nicht-Diskriminierung der Betriebsstätte als abkommens- und europarechtliche Leitlinie bei der Ausübung des Besteuerungsrechts des Betriebsstättenstaates Die Besteuerung einer Betriebsstätte, die ein Unternehmer eines Vertragsstaates in dem anderen Vertragsstaat hat, darf in dem anderen Vertragsstaat nicht ungünstiger sein als die Besteuerung von Unternehmen des anderen Vertrags staates, die die gleiche Tätigkeit ausüben. Dies schreibt der den Art. 24 OECD-MA 1963 nachgebildete Art. XXI des deutsch-griechischen DBA in Abs. 4 vor. Bei der Prüfung der Vereinbarkeit der Betriebsstättenbesteuerung mit dem abkommensrechtlichen Gebot der Nicht-Diskriminierung der Betriebsstätte sind Steuervorteile außer acht zu lassen, die sich nicht auf die Tätigkeit, sondern auf die persönlichen Verhältnisse des Vergleichsunternehmens beziehen 1 und aus diesem Grund dann in Betracht kommen, wenn sich das Vergleichspaar aus Unternehmen zusammensetzt, die natürlichen Personen zuzuordnen sind. 2 Ferner wird die praktische Bedeutung des abkommensABI EG Nr. L 225/10 vom 20.8.1990. Das Übereinkommen tritt nach Art. 18 am ersten Tag des dritten Monats nach Hinterlegung durch den letzten die Ratifikationsurkunde hinterlegenden Unterzeichnerstaat in Kraft. ln Griechenland ist es durch das G 2216/94 (F.E.K. 83A13 1.5. 1994) ratiftziert worden. 5 Näheres dazu Saß, DB 1991,984 ff. 3 4

Vgl. Art. XXI Abs. 4 Satz 2. Vgl. z.B. Kumpf, Besteuerung inländischer Betriebstätten, S. 174; Engelschalk, in: Vogel, K., DBA-Komm., Art. 24, Rz. 129. 1 2

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Teil B: Die Besteuerung im Betriebsstllttenstaat

rechtlichen Betriebsstättendiskriminierungsverbotes durch eine gemeinsame Niederschrift der Verhandlungsdelegationen entkräftet, wonach die deutschen Rechtsvorschriften über die beschränkte Steuerpflicht - auch soweit sie von denen für unbeschränkt Steuerpflichtige abweichen - nicht gegen das Betriebsstättendiskriminierungsverbot verstoßen. 3 Was Griechenland als Betriebsstättenstaat anbetrifft, so kommt Art. 28 Abs. 1 Satz 2 der Verfassung in Betracht, wonach die Anwendung der Völkerrechtsregeln und der völkerrechtlichen Verträge auf die Ausländer immer von der Bedingung der Gegenseitigkeit abhängt. Soweit Deutschland unter Berufung auf diese Niederschrift steuerliche Benachteiligungen der griechischen Unternehmen entgegen des Betriebsstättendiskriminierungsverbotes des Abkommens nicht beseitigt, wird in Griechenland die Besteuerung der Betriebsstätte eines deutschen Unternehmens nicht am Art. XXI Abs. 4 des Abkommens gemessen. 4 Wenn nun Art. XXI Abs. 4 des Abkommens einen wirksamen Prüfungsmaßstab der Betriebsstättenbesteuerung nicht darstellen kann, so bedeutet dies nicht, daß sich der Betriebsstättenvertragsstaat in den von Art. III des Abkommens festgelegten Grenzen steuerlich frei und damit auch diskriminierend verhalten kann; vielmehr ist zu prüfen, ob die Steuerbehandlung der Betriebsstätte mit der Niederlassungsfreiheit des Art. 52 EG-Vertrages vereinbar ist,5 die gemäß Art. 52 Abs. 2 das Gebot der Inländergleichbehandlung umfaßt. Denn auch die direkte Besteuerung ist in Konformität mit den Freiheiten des EG-V zu gestalten, obwohl der EG-V die direkten Steuern vor dem Inkrafttreten des Vertrages von Maastricht im Herbst 1993 nicht erwähnte und sich in seiner neuen Fassung darauf lediglich dergestalt bezieht, daß die steuerlichen Diskriminierungen mit dem freien Kapitalverkehr nicht unvereinbar sind. 6 Andernfalls könnten die Mitgliedsstaaten durch steuerliche MaßBT-Drucks. V/I046, Denkschrift zu Art. XXI, S. 25. Die Prüfung, ob Deutschland Art. XXI Abs. 4 des deutsch-griechischen Abkommens anwendet oder nicht, erfolgt nicht von Amts wegen von den griechischen Gerichten. Die Finanzverwaltung muß geltend machen, daß es an der tatsächlichen Gegenseitigkeit fehlt. Macht dies die Finanzverwaltung geltend, so soll eine Vorabentscheidung folgen, wonach von den Streitparteien die Vorlegung von Beweismaterial oder vom Außenministerium die Zufilhrung von Informationen gefordert wird. S. S.t.E. 228011990 (Plenarsitzung). 5 Die Frage, ob steuerliche Benachteiligungen der Betriebsstlltte eines ausländischen Unternehmens in Deutschland bzw. Griechenland Art. 3 Abs. 1 GG bzw. Art. 4 Abs. 1 der griechischen Verfassung verletzen, wird verneint. Steuerliche Benachteiligungen werden unter diesem Gesichtspunkt als zulässig angesehen, sofern deren Grundlage die räumliche Beziehung des Steuerpflichtigen zum die Steueransprüche erhebenden Staat darstellt. Vg1. deutscherseits z.B. BVerfG vom 12.10.1976, 1 BvR 2328/73, BVerfGE 43, 1 (8 ff.); BVerfG vom 24.2.1989, 1 BvR 519/87, HFR 1990, 42; Arndt, StuW 1990, 367; Engelschalk, Die Besteuerung von Steuerausländern, S. 75 ff.; Wassermeyer, in: Vogel, K., Grundfragen des IStR, S. 63 f, und griechischerseits z.B. S.t.E. 1069/1990, Anastopoulos, Steuerrecht, S. 132; Finokaliotis, Das Prinzip der Steuergerechtigkeit und die Verfassung 1975, S. 107; Hatzitzanis, Handbuch der Grundzüge des Steuerrechtes, S. 41. 6 Art. 73 d. 3

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2.Kap.: Die Besteuerung der Betriebsstätte

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nahmen die Nutzung der gemeinschaftsrechtlichen Freiheiten faktisch verhindern, was mit dem Vertragsziel, der Errichtung und dem Funktionieren eines echten Binnenmarktes, kaum in Einklang stünde. 7 Außerdem ist aus der Tatsache, daß die Mitgliedsstaaten beim Abschluß des den EG-V modifizierenden Vertrages von Maastricht die Erklärung der steuerlichen Diskriminierungen für zulässig nur in den Regelungen über den freien Kapitalverkehr erfaßt haben, obwohl der EuGH seit 1986 mehrmals ein Verhältnis der direkten Besteuerung zu den anderen EG-Freiheiten und insbesondere zur Freizügigkeit der Arbeitnehmer und zur Niederlassungsfreiheit der Unternehmen festgestellt hat, zu entnehmen, daß die Mitgliedsstaaten dieses Verhältnis anerkannt haben. 8 Nach der Entscheidung des EuGH vom 28.1.19869 wird ein Verstoß steuerlicher Benachteiligungen von beschränkt Steuerpflichtigen gegen Art. 52 des EG-Vertrages nicht von vornherein ausgeschlossen. 10 Daß diese Vorschrift zur Entfaltung ihrer Schutzwirkung auf das Kriterium der Staatsangehörigkeit abstellt, während die abweichende Steuerbehandlung an die ausländische Ansässigkeit anknüpft, kann die Heranziehung des Art. 52 EG-V, der sich in Satz 2 auf sekundäre Niederlassungsformen, nämlich die Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften, bezieht, nicht verhindern, solange Angehörige anderer EG-Mitgliedsstaaten von der abweichenden Steuerbehandlung betroffen sind. 11 Damit wird auch Art. 58 EG-V Rechnung getragen. Diese Vorschrift, die die nach dem Recht eines EG-Mitgliedstaates errichteten und ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft habenden Gesellschaften hinsichtlich des EG-Schutzes vor Niederlassungserschwernissen einer die Staatsangehörigkeit eines EG-Mitgliedsstaates besitzenden natürlichen Person gleichstellt, würde ausgehöhlt, wenn die Benachteiligung einer Gesellschaft im EG-Mitgliedsstaat der Niederlassung mit der Begründung der Diskriminierung aufgrund der Ansässigkeit und nicht der Staatsangehörigkeit als vereinbar mit dem EG-V angesehen würde. 12 Der EG-Vertrag wird von der die Niederlassungsfreiheit beschränkenden steuerlichen Benachteiligung der Betriebsstätte dann verletzt, wenn sie nicht gerechtfertigt ist. Dies ist nicht der Fall, soweit "zwingende Gründe des Allge7 Daurzenberg, 88 1992, 2401; Vgl. Knobbe-Keuk, Bilanz-und Unternehmenssteuerrecht, S. 306; Sklias, Die Steuerhannonisierung in der Europäischen Gemeinschaft, S. 80. 8 Daurzenberg,8B 1993, 1566 f. 9 Rs. 270/83 (Kommission gegen Frankreich), NJW 1987,569. 10 Vgl. BFH vom 22.1.1992, I B 77/91, DStR 1992,494 f. 11 Vgl. Saß, D8 1992, 858; derselbe, StuW 1988, 363 m.w.N.; vgl. auch BFH vom 22.1.1992 (Fn. 1),495; EuGH vom 8.5.1990, Rs. C 175/88 (Biehlurteil), DStR 1991, 454. 12 Vgl. EuGH vom 28.1.1986 (Fn. 6), Anm. 18.

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Teil B: Die Besteuerung im Betriebsstättenstaat

meininteresses" vorliegen und das Interesse nicht durch weniger einschränkende Maßnahmen befriedigt werden kann. 13 Zu den legitimen öffentlichen Interessen eines Mitgliedsstaates gehört auch das Interesse an einem einheitlichen nationalen Steuersystem. 14 Steht nach der Ausschöpfung aller möglichen Rechtfertigungsgriinde fest, daß die Betriebsstättenbenachteiligung gegen den EG-V, insbesondere gegen seinen Art. 52, verstößt, so kann der Betroffene durch die Berufung auf Art. 52 EG-V erreichen, daß die die Betriebsstättenbenachteiligung bewirkende Regelung nicht angewandt wird. 15 Denn Art. 52 EG-V ist eine unmittelbar geltende Bestimmung, auf die sich die EG-Bürger berufen können,16 und geht als aus der für die Mitgliedsstaaten ebenfalls maßgeblichen aber auch eigenständigen Gemeinschaftsrechtsordnung stammend und damit dem Bereich zugehörend, den die Mitgliedsstaaten, mit einseitigen, mit dem Gemeinschaftsbegriff unvereinbaren Maßnahmen nicht betreten dürfen, dem innerstaatlichen Recht der Mitgliedsstaaten vor, unabhängig davon, ob es sich dabei um früheres oder nachfolgendes Recht handelt. 17

11. Deutschland als Betriebsstättenstaat 1. Die Besteuerung des Betriebsstättenerfolges

a) Die Unterwerfung unter die Einkommen- oder Körperschaftsteuer

Wird für das gewerbliche Unternehmen einer in Griechenland ansässigen Person eine Geschäftseinrichtung in Deutschland unterhalten, die neben dem Betriebsstättenbegriff des § 12 AO denjenigen des Art. 11 Abs. I Nr. 7 des deutsch-griechischen DBA erfüllt, so ist der Gewinn, der dieser Einrichtung sowohl nach innerdeutschem Steuerrecht als auch nach Abkommensrecht zuzuordnen ist, entweder einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtig. 1

13 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 317, vgl. auch Dautzenberg, BB 1992, 2404; Müller, StuW 1992, 168, mit Rechtsprechungsnachweisen. 14 Müller, StuW 1992, 168; vgl. EuGH vom 28.1.1992, Rs. C-204/90 (Bachmann), bisher noch nicht veröffentlicht. 15 Vgl. EuGH vom 9.5.1978, Rs. 106/77 (Simmenthal), EuGHE 1978,629 ff.; vgl. auch u.a. Dautzenberg, BB 1992, 2401; Dagtoglou, Europäisches Gemeinschaftsrecht, Bd. I, Rdnr. 533. 16 EuGH vom 28.1. 1986 (Fn. 9), Anm. 13;Knobbe-Keuk(Fn. 13). 17 Vgl. insbesondere EuGH vom 15.7.1964, Rs. 6/64 (Costa/ENEL), EuGHE 1964, 1141 (1251); BeutlerlBieberlPipkorniStreil, Die Europäische Gemeinschaft - Rechtsordnung und Politik, S. 97 ff.; Dagtoglou, Europäisches Gemeinschaftsrecht, Bd. I, Rdnr. 128,539, 554 ff., 565 ff.

2.Kap.: Die Besteuerung der Betriebsstätte

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Entsprechendes gilt für den Gewinn eines griechischen gewerblichen Unternehmens, der durch die Tätigkeit einer neben dem Begriff des ständigen Vertreters des § 13 AO den Betriebsstättensondertatbestand des Art. 11 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. d des Abkommens erfüllenden Person in Deutschland erzielt worden ist. Wird das Unternehmen von einer natürlichen Person betrieben, die mit ihrem Wohnsitz in Griechenland abkommensrechtlich als dort ansässig gilt,2 so ist sie in Deutschland mit dem Betriebsstättengewinn gemäß §§ 1 Abs. 4, 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG i.Y.m. § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG beschränkt einkommensteuerpflichtig, sofern neben ihrem Wohnsitz ihr gewöhnlicher Aufenthalt außerhalb der Bundesrepublik liegt. Andernfalls kommt die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht des § 1 Abs. 1 EStG in Betracht. Daß das Abkommen den Steuerpflichtigen auch dann als in Griechenland ansässig ansieht, wenn sein Wohnsitz in Griechenland und sein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland liegt,3 verhindert die Anwendung des § 1 Abs. 1 EStG, der die Steuerpflicht an die persönliche Beziehung zum deutschen Inland anknüpft, nicht. Nur die Rechtsfolge der Besteuerung nach § 2 Abs. 1 EStG des Welteinkommens ist dergestalt einzuschränken, daß die vom Abkommen dem Quellenvertragsstaat auferlegten Besteuerungsgrenzen nicht überschritten werden. Eine andere Beurteilung würde der Funktion des Abkommens, die sich nicht darauf erstreckt, das "Ob" und "Wie" der Besteuerung zu regeln, sondern darin besteht, den Vertragsstaaten hinsichtlich der Ausschöpfung ihrer Besteuerungskompetenz Schranken aufzuerlegen, 4 kaum Rechnung tragen. 5 Handelt es sich bei dem Unternehmer um eine nach ihrer Struktur der AG entsprechende AE, die, als in Griechenland ansässig, neben ihrem Sitz ihre Geschäftsleitung außerhalb der Bundesrepublik hat,6 so ist sie dort mit dem Betriebsstättenerfolg gemäß § 2 Nr. 1 KStG, § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG i.Y.m. § 8 Abs. 1 KStG, § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG beschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Dasselbe gilt, wenn der Unternehmer eine der GmbH entsprechende EPE ist. Ist hingegen das Unternehmen einer der OHG entsprechenden OE oder der KG entsprechenden EE zuzuordnen, so ist sie in Deutschland als sol-

1

2

Es wird vom Falle eines Schiffahrt- und Luftfahrtunternehmens abgesehen. Art. 11 Abs. I Nr. 4 Buchst. a des deutsch-griechischen DBA i.V.m. Art. 3 Abs. I Satz 2 GVO

3323/1955.

Art. 11 Abs. I Nr. 4 Buchst. b, aa-cc des deutsch-griechischen DBA s. dazu oben, in Teil A 3.Kapitelll b). Vgl. z.B. Kluge, Das deutsche IStR , S. 245; Mössner, Steuerrecht international tätiger Unternehmen, Rz. B 35[; vgl. auch BFH vom 13.10.1965, I 410/61 U, BStB) III 1965, 738 (739). 6 Art. 11 Abs. I Nr. 4 Buchst. c des deutsch-griechischen DBA 3 4 5

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Teil B: Die Besteuerung im Betriebsstättenstaat

che weder einkommen- noch körperschaftsteuerpflichtig. Der Erfolg ihrer deutschen Betriebsstätte wird bei den Gesellschaftern anteilig erfaßt - je nachdem im Rahmen der beschränkten oder der unbeschränkten Einkommen- bzw. Körperschaftsteuerpflicht.1 Daß die OE und EE in Griechenland einkommensteuerpflichtige Subjekte sind, kann eine unterschiedliche Behandlung in Deutschland nicht begründen. 8 Der Besteuerung unterliegt nicht nur der Gewinn aus der laufenden Betriebsstättentätigkeit im deutschen Domizilstaat, sondern auch der Gewinn aus der Veräußerung der Betriebsstätte. aa) Die Besteuerung des laufenden Betriebsstättengewinns (1) Gewinnermittlung

(a) Abgrenzung von der Gewinnzuordnung als Vorbemerkung Während die Gewinnzuordnung auf die Betriebsstätte mit der gegenseitigen Abgrenzung der Besteuerungskompetenz der Vertragsstaaten zusammenhängt, dient die Ermittlung des Betriebsstättengewinns als betragsmäßiges Ergebnis der Ausübung der bereits abgegrenzten Besteuerungskompetenz. Da sie sich auf das "Wie" der Besteuerung bezieht, liegt sie im Gegensatz zur Gewinnzuordnung außerhalb des Regelungsbereiches des Abkommens. Sie richtet sich ausschließlich nach dem internen Recht des jeweils die Besteuerungskompetenz ausübenden Vertragsstaates. 9 Dies gilt, obwohl das deutschgriechische DBA in Art. III Abs. 3 dem OECD-MA folgend von der Ermittlung des Betriebsstättengewinns spricht. Im Kern der Sache geht es dabei um die Gewinnzuordnung nicht dagegen um die Frage, wie der Betriebsstättengewinn ermittelt wird. 10 (b) Anknüpfung an die allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften

Ziel ist die Ermittlung des Gewinns, der der deutschen Betriebsstätte eines griechischen Gewerbebetriebes unter Anwendung der direkten Methode Z.B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Untemehmenssteuerrecht, S. 497. Vgl. insbesondere RFH vom 12.2.1930, VI A 899/27, RFHE 27, 73 (78 ff.). Vgl. z.B. BFH vom 13.9.1989, I R 117/87, BStBI II 1990,57 (58 [); BFH vom 9.8.1989, I B 118/88, BStHI II 1990, 175 (176); vgl. auch aus dem Schrifttum insbesondere Debatin, DB 1989, 1695; Institut Finanz und Steuern, BriefNr. 250, S. 18. 10 Debatin, DB 1989, S. 1695. 7

8 9

2.Kap.: Die Besteuerung der Betriebsstätte

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zuzuordnen ist. Dabei ist auf die allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften, d.h. §§ 4ff. EStG, abzustellen.! 1 Daneben ist beim Abzug von Betriebsausgaben die besondere Regelung des § 50 Abs. 1 Satz 1 EStG zu beachten, sofern der Betriebsstättengewinn im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht zu erfassen ist. Aus der Anknüpfung an § 4a Abs. 1 Satz 1 EStG ergibt sich, daß der Betriebsstättengewinn nach dem Wirtschaftsjahr zu ermitteln ist. Das Wirtschaftsjahr entspricht grundsätzlich dem Kalenderjahr. 12 Soweit die Firma des Gewerbebetreibenden ins Handelsregister eingetragen ist, kann auch ein vorn Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr gewählt werden. 13 Dies gilt somit immer für inländische Betriebsstätten griechischer Gewerbetreibender, die ins Handelsregister eingetragene Zweigniederlassungen sind. 14 Die in Betracht kommenden allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften sehen zwei Gewinnermittlungsarten vor. Ein Wahlrecht des Gewerbetreibenden zwischen beiden Gewinnermittlungsarten liegt insoweit vor, als er für seine deutsche Betriebsstätte nicht buchführungspflichtig ist. Das deutsche Steuerrecht schreibt nicht abschließend vor, wann Buchführungspflicht besteht. Vielmehr verweist § 140 AO auf außersteuerrechtliche Vorschriften, die die Buchführungspflicht anordnen, und erklärt sie auch steuerlich für wirksam. Danach ist die kraft § 238 i.Y.m. § 13b HGB bestehende Buchführungspflicht für die deutsche Betriebsstätte eines griechischen Gewerbebetriebes, die die Merkmale des engeren Begriffes der Zweigniederlassung aufweist, auch steuerlich zu erfüllen. Dasselbe gilt für die kraft § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.Y.m. Abs. 1 KWG bestehende Buchführungspflicht für die deutsche Zweigstelle eines griechischen Kreditinstitutes. Umstritten ist, ob auch ausländische Rechtsvorschriften die Buchführungspflicht im Sinne des deutschen Steuerrechts begründen können. 15 Besteht keine außersteuerrechtliche Buchführungspflicht für die Betriebsstätte, so greift die steuerrechtlich originäre Buchführungspflicht des § 141 Abs. 2 AO ein, vorausgesetzt, daß die Betriebsstätte die dort angeführte Vgl. z.B. Kluge, Das deutsche IStR der BR, S. 175. § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG. 13 Kumpf, Besteuerung inländischer Betriebstätten, S. 219; vgl. § 4a Abs. 1 Nr. 2 EStG sowie § 7 Abs. 4 KStG. 14 Vgl. Kump[(Fn. 13). Zum Begriff Zweigniederlassung s. BaumbachIDudeniHopt, § 13 HGB, Anrn. Ic. 15 Bejahend u.a. Mathiak, in: Kirchhof, P./Söhn, H., § 5 EStG, Rdnr. A 219; Tipke/Kruse, § 140 AO, Tz. 3; a.A u.a.: BFH vorn 13.9.1989, I R 117/87, BStBl II 1990, 57 (59); B1ürnichlSchreiber, § 5 EStG, Rz. 115; Kump[(Fn. 13), S. 179; Pi/tz, Die Personengesellschaften im IStR der BRD, S. 85 f; vgl. auch BFH vorn 9.8.1989, I B 118/88, BStBl II 1990, 175 (176). 11 12

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Teil B: Die Besteuerung im Betriebsstättenstaat

Buchführungsgrenze überschreitet,I6 d.h. Umsätze tätigt von mehr als 500.000 DM im Kalenderjahr oder ein Betriebsvermögen von mehr als 125.000 DM hat oder einen Gewinn von mehr als 36.000 DM im Wirtschaftsjahr erzielt. Die steuerrechtlich originäre Buchführungspflicht beginnt nach § 141 Abs. 2 Satz 1 AO nur, wenn das Finanzamt ausdrücklich darauf hingewiesen hat. Die Bücher sind nach § 146 Abs. 2 Satz 1 AO im Inland zu führen und aufzubewahren. Angesichts fortschreitender Internationalisierung des Rechnungswesens und neuer Möglichkeiten der Datenverarbeitung für grenzüberschreitende Anwendungen sollte die Möglichkeit eingeräumt werden, der Erfüllung der Buchführungspflichten ganz oder teilweise im Ausland zu genügen, soweit die Verfügbarkeit der Buchführung und der ihr zugrundeliegenden Unterlagen im Inland sichergestellt ist. Eine solche Erleichterung könnte gemäß § 148 AO bewilligt werden. 17 Was diejenigen Unternehmen anbetrifft, die im Inland nicht buchführungspflichtig sind, so haben sie dennoch ihre Wareneingänge (§ 143 AO) und ausgänge (§ 144 AO) aufzuzeichnen. Soweit Buchführungspflicht für die deutsche Betriebsstätte besteht, ist der Gewinnermittlungsart des § 5 EStG, der an § 4 Abs. 1 EStG anknüpft, zu folgen. I8 Der Betriebsstättengewinn läßt sich daher durch Vergleich des Betriebsstättenreinvermögens am Ende gegenüber dem Betriebsstättenreinvermögen am Anfang des Wirtschaftsjahres ermitteln. I9 Der Vermögensvergleich ist mit Hilfe der nach handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung erstellten lahresabschluß- und Anfangsbilanz der Betriebsstätte durchzuführen.2° Soweit die der Bilanzerstellung zugrundeliegende Buchführung Wirtschaftsgüter oder Ergebnisteile nicht berücksichtigt, obwohl sie der Betriebsstätte zuzuordnen sind oder umgekehrt, sind zuvor entsprechende Zu- oder Abrechnungen vorzunehmen. 21 Wird die Buchführungspflicht nicht erfüllt oder kann die Buchführung wegen ihrer Mängel oder

Kumpf(Fn. (3), S. 179 m.w.N. Kumpf (Fn. 13), S. 180; ebenso Kluge, Das deutsche IStR der BR, S. 177; vgl. auch Schröder in: Mössner u.a., Steuerrecht international tätiger Unternehmen, Rz. C 62 ff. 18 Vgl. insbesondere Kumpf (Fn. 13). 19 Er ist der Unterschiedsbetrag, vermehrt um die Betriebsstättenvermögensminderungen, die auf Entnahmen beruhen, und vermindert um die Betriebsstättenvermögensmehrungen, die auf Einlagen beruhen. 20 Bei den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchfiihrung geht es um bestimmte formelle und materielle Regeln über die Art und Weise der Rechnungslegung, und zwar sowohl der laufenden Buchfiihrung als auch der Inventur und Bilanzierung [Knobbe-Keuk (Fn. 7), S. 34]. 21 Kumpf (Fn. (3), S. 183. 16

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2.Kap.: Die Besteuerung der Betriebsstätte

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sachlichen Unrichtigkeiten der GewinnermittIung nicht zugrundegelegt werden, so ist der Vermögensvergleich mit Hilfe der Schätzung durchzuführen. 22 Hinsichtlich der Bilanzierung und Bewertung der einzelnen Bestandteile des Betriebsstättenvermögens sind §§ 5 Abs. 2 fI. EStG sowie die diesbezüglichen Vorschriften des HGB zu beachten. 23 Was insbesondere die Bewertung anbetrifft, darüber ist anzumerken, daß der anzuwendende § 6 EStG in Abs. 1 Nr. 1 letzter Satz, 2 vorletzter Satz die durch die Abschreibungen des § 7 EStG geminderten bzw. die ursprünglichen AnschafIungs- oder Herstellungskosten als Bewertungsobergrenze vorschreibt. Die auszuweisende Vermögensmehrung kann daher nicht in der Wertsteigerung eines im Betriebsstättenvermögen noch befindlichen Wirtschaftsgutes bestehen und somit eine unrealisierte Vermögensmehrung sein. Es gilt das Realisationsprinzip. Damit eine Vermögensmehrung ausgewiesen und folglich als Gewinn besteuert wird, ist ihre Realisierung durch einen Umsatzakt, durch Verbrauch des in den ausländischen Unternehmensteil überführten, stille Reserven tragenden Wirtschaftsgutes oder durch Entnahme, Betriebsaufgabe, Liquidation und dergleichen erforderlich. 24 Auf die Annahme der Gewinnrealisierung kann in bestimmten Fällen verzichtet werden. Eine solche Möglichkeit bietet die Reinvestitionsregelung des § 6b EStG. Besteht für die Betriebsstätte keine Buchführungspflicht, so kann sich der Gewerbetreibende für die Gewinnermittlungsart des § 5 EStG entscheiden, in dem er freiwillig Bücher führt, oder kann er bloß Aufzeichnungen erstellen, die zur Anwendung der Gewinnermittlungsart des § 4 Abs. 3 EStG, nämlich der Rechnung nach dem Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, führen. 25 Während in beiden Fällen der gleiche Totalgewinn der Betriebsstätte, d.h. der gleiche Gewinn von der BetriebsstätteneröfInung bis zur Betriebsstättenveräußerung oder -auflösung, erfaßt werden soll, kann sich ergeben, daß der Betriebsstättengewinn, der auf ein Wirtschaftsjahr entfallt, je nach angewandter Gewinnermittlungsart unterschiedlich ist. 26 Im Falle der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich geht es beim Gewinn eines WirtschaftsVgl. § 162 AO. Insbesondere die Zweigniederlassungen, rur die eine originäre, außersteuerrechtliche Buchruhrungspflicht besteht, haben neben den steuerrechtlichen die handelsrechtlichen Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften zu beachten. s. Schräder (Fn. 17), Rz. C 57. 24 Vgl. z.B. Knobbe-Keuk (Fn. 7), S. 222; Pezzer, in: Doralt, Probleme des Steuerbilanzrechts, S. 23; Schräder (Fn. 17), Rz. C 103. Demgegenüber können bzw. müssen Wertminderungen schon vor ihrer Realisation berücksichtigt werden. Es gilt das Imparitätsprinzip. Vgl. § 6 Abs. I Nr. 1 Satz 2, Nr. 2 Satz 2 EStG und § 253 Abs 3 HGB. 25 Matthiak, in: Kirchhof, P./Söhn, H., § 5 EStG, Rdnr. A 39. 26 Vgl. Tipke/Lang, Steuerrecht, S. 320 f. 22 23

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Teil 8: Die Besteuerung im 8etriebsstättenstaat

jahres um den Gewinn, dessen Realisationszeitpunkt auf dieses Jahr entfällt. Dabei kommt es nicht auf den Zeitpunkt an, in dem der Schuldner bezahlt; vielmehr ist bei dem durch Umsatz realisierten Gewinn der Zeitpunkt der Leistungsbewirkung maßgeblicher Zeitpunkt des Gewinnausweises. 27 Darüber hinaus dürfen und gegebenenfalls müssen unrealisierte Vermögensminderungen die Höhe des Gewinnes beeinflussen. 28 Demgegenüber ergibt sich der Gewinn im Falle der Überschußrechnung aus der Gegenüberstellung von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben, die in der Rechnungsperiode zuund abfließen. 29 Je höher die Vereinnahmung über die Verausgabung in einem Jahr liegt, desto mehr an Gewinn wird in diesem Jahr erfaßt. Eine Ausnahme vom Abfluß- und Zuflußprinzip bezieht sich auf Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Je nachdem, ob es sich dabei um nicht abnutzbare oder abnutzbare Anlagegüter handelt, werden ihre Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Zeitpunkt der Veräußerung berücksichtigt oder auf die Jahre der ·Nutzung verteilt. 30 Bei abnutzbaren Anlagegütern, die in den ausländischen Unternehmensteil verbracht werden, sollte der Marktpreis im Überführungszeitpunkt durch die Zahl der Jahre der Restnutzung dividiert werden. Der sich daraus ergebende Betrag sollte bei den Überschußrechnungen der folgenden Jahre in die Betriebsstätteneinnahme einbezogen werden, solange die Jahre der Restnutzung nicht erschöpft sind oder das Wirtschaftsgut nicht veräußert bzw. zerstört wird. Die Reinvestitionsregelung des § 6b EStG kann grundsätzlich auch bei der Gewinnermittlung durch Überschußrechnung entsprechende Anwendung finden. 31 Lassen die Umstände auf die Wahl einer der beiden Gewinnermittlungsarten nicht schließen, so richtet sich die eingreifende Schätzung nach den Grundsätzen des Vermögensvergleiches. 32 (c) Die Berücksichtigung von Betriebsausgaben Betriebsausgaben sind bei der Ermittlung des Betriebsstättengewinns mindernd zu berücksichtigen, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Hierbei ist zunächst auf den rur unbeschränkt und beschränkt Steuerpflichtigen gleichermaßen geltenden § 4 Abs. 5 EStaJ3 zu achten. Diese Vorschrift s. näheres dazu bei Knobbe-Keuk (Fn. 7), S. 222 ff. So § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, Nr. 2 Satz 2 EStG und § 253 Abs. 29 Vgl. § 11 EStG. 30 § 4 Abs. 3 Sätze 3, 4 EStG i.V.m. § 7 EStG. 31 § 6c EStG. 32 8Iümich/Mü/ler-GatermannIDankmeyer, § 4 EStG, Rz. 80. 33 HemnannlHeuerlRaupach/Kumpf, § 50 EStG, Anm. 28. 27

28

3 HG8.

2.Kap.: Die Besteuerung der Betriebsstätte

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enthält ein Abzugsverbot hinsichtlich bestimmter Betriebsausgaben. Dabei geht es im wesentlichen zum einen um Aufwendungen, die unangemessen sind und mehr oder weniger die außerbetriebliche Sphäre berühren, und zum anderen um Geldbußen und Geldstrafen. Ist der Betriebsstättengewinn im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht zu erfassen, so kommt ferner § 50 Abs. I Satz I EStG in Betracht. 34 Demnach sind Betriebsausgaben insoweit abzugsfähig, als sie mit inländischen Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang der Betriebsausgaben mit den inländischen Einkünften ist dann gegeben, wenn diese Aufwendungen von einer Tätigkeit oder Leistung veranlaßt sind, die der Erzielung inländischer Einkünfte dient. 35 Dies ist der Fall, wenn sie von der inländischen Betriebsstätte veranlaßt sind. Da ein örtlicher Zusammenhang nicht verlangt wird und somit auch im Ausland angefallene Betriebsausgaben einschließlich Verwaltungs- und Geschäftsfiihrungskosten, die durch die Betriebsstätte verursacht oder mitverursacht worden sind, den Betriebsstättengewinn beinflussen dürfen,36 bleibt § 50 Abs. I Satz I EStG vom Art. III Abs. 3 des DBA mit Griechenland unberührt, der die Aufwandszuordnung auf die Betriebsstätte nicht daran scheitern läßt, daß die Aufwendungen außerhalb ihres Domizilstaates anfallen. Soweit eine Veranlassung der Betriebsausgaben durch die Betriebsstätte zu bejahen ist, ist für ihre Berücksichtigung bei der Betriebsstättenbesteuerung unerheblich, ob sie in die Buchführung dieser Betriebsstätte oder eines anderen Unternehmensteiles einbezogen sind. 37 Ebenso unerheblich ist, ob die Betriebsausgaben in einem Zeitpunkt entstanden sind, in dem die Betriebsstätte vorhanden war. Danach sind Betriebsausgaben, die zum Zwecke der Betriebsstättenerrichtung entstanden sind, bei der späteren Besteuerung der Betriebsstätte zu berücksichtigen. 38 Wird der Betriebsstättengewinn im Quellenvertragsstaat Deutschland im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht erfaßt, weil es sich z.B. dabei um die Betriebsstätte einer EE, d.h. einer griechischen KG, mit in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschaftern handelt, so greift das Abzugsverbot des § 50 Abs. I Satz I EStG nicht ein. Dies bedeutet indessen nicht, daß sämtliche betrieblich veranlaßten Aufwendungen, die nicht unter das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 EStG fallen, den Betriebsstättengewinn mindern 34 Diese Vorschrift gilt auch, wie die allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des EStG, rur körperschaftsteuerpflichtige Betriebsstätteninhaber. Vgl. § 8 Abs. 1 KStG. 35 Herrmann/Heuer/RaupachiKumpf, § 50 EStG, Anm. 40. 36 Vgl. z.B. BFH vom 20.7.1988, I R 49/84, BStBl II 1989, 140 (142). 37 Vgl. insbesondere BFH vom 20.7.1988 (Fn. 36). 38 Vgl. Kump[(Fn. 13), S. 205 ff. m.w.N.; a. A Ritter JbdFfSt 1976/77, 308 f.

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Teil B: Die Besteuerung im Betriebsstättenstaat

dürfen; vielmehr sind Betriebsausgaben, die durch Tätigkeiten veranlaßt sind, deren Ergebnisse in Deutschland angesichts der Abkommensregelungen nicht erfaßt werden dürfen, nicht abzuziehen. Die Nichtberücksichtigung dieser Betriebsausgaben wird in § 3c EStG deklariert. Demnach dürfen Ausgaben, die mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden. 39 (2) Verlustausgleich und Verlustabzug auf dem Weg zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage Unterhält das griechische Unternehmen mehrere Betriebsstätten in Deutschland, die nicht in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, so sind ihre Ergebnisse zunächst gesondert zu ermitteln und dann zusammenzufassen. 40 Verluste einer oder mehrerer Betriebsstätten sind dann mit den positiven Einkünften der anderen Betriebsstätten zu verrechnen. Bezieht das Unternehmen neben den Betriebsstätteneinkünften auch andere Einkünfte, die in Deutschland trotz des Eingreifens des Abkommens steuerpflichtig sind,41 so werden sie mit den Betriebsstätteneinkünften zusammengefaßt. 42 Die negativen Einkünfte werden dann mit den positiven Einkünften verrechnet. Erfolgt die steuerliche Erfassung im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht, so schränkt § 50 Abs. 2 Satz I EStG diese Verrechnung dergestalt ein, daß Einkünfte, die dem Steuerabzug unterliegen,43 sowie Einkünfte im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 5 und 7, d.h. Renten aus Rentenschulden, Zinsen aus Hypotheken und Grundschulden und Zinsen aus sonstigen Kapitalforderungen, bei einem Ausgleich mit Verlusten aus anderen Einkunftsarten nicht zu berücksichtigen sind. Diese Verlustausgleichseinschränkung ist eine Folge aus der Abgeltungswirkung des Steuerabzuges nach § 50 Abs. 5 Satz 1 EStG bzw. § 50 Abs. 1 Satz 2 KStG44 und soll daher nicht gelten, wenn die Abgeltungswirkung ausnahmsweise nicht eingreift, so z.B. wenn abzugsteuer39 Diese Regelung gilt nicht nur fiir unbeschränkt Steuerpflichtige, sondern auch fiir beschränkt Steuerpflichtige. Vgl. BFH vom 14.11.1986, VI R 209/82, BB 1987, 882 f. 40 Bei vorhandenem wirtschaftlichem Zusammenhang erscheint hingegen die ErsteUung einer einheitlichen Bilanz am zweckmäßigsten, schon um die Eliminierung unternehmensinterner Vorgänge sicherzustellen [Kumpf(Fn. 13), S. 182]. 41 Dazu s. unten, in: Teil B 3.Kapitell. 42 Vgl. § 2 Abs. 3 EStG. 43 Z.B. Dividenden (§ 43 Abs. 1 Satz 1 EStG). 44 Eine weitere Folge der Abgeltungswirkung des Steuerabzuges ist, daß negative abzugsteuerpflichtige Einkünfte nicht mit positiven anderen Einkünften verrechnet werden können. Zur Verfassungsmäßigkeit der Verlustausgleichseinschränkung vgl. insbesondere Wassermeyer, in: Vogel, K., Grundfragen des IStR, S. 57; vgl. ferner z.B. BVerfG, Beschluß vom 24.2.1989, 1 BvR 519/87, HFR 1990,42.

2.Kap.: Die Besteuerung der Betriebsstätte

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pflichtige Einkünfte in einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen anfallen. 45 Die Ausklammerung dieser Einkünfte aus dem Anwendungsbereich des § 50 Abs. 2 Satz 1 EStG erfolgt im Wege der teleologischen Reduktion. 46 Ebenso sind Einkünfte i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 5 und 7 EStG außerhalb des Anwendungsbereiches des § 50 Abs. 2 Satz 1 zu lassen, wenn die Abgeltungswirkung bei Erfassung im Wege des Steuerabzugs an der Quelle nicht eintreten würde. 47 Denn Sinn ihrer Einbeziehung in Abs. 2 ist ihre Gleichbehandlung mit den abzugsteuerpflichtigen Einkünften. 48 Bei den zusammengefaßten Einkünften geht es um Einkünfte, die innerhalb eines Kalenderjahres bezogen worden sind. 49 Nachdem die in diesem Jahre entstandenen Verluste ausgeglichen worden sind, wird der im vorangegangenen Jahr entstandene und nicht ausgeglichene Betriebsstättenverlust oder Verlust aus einer anderen Einkunftsquelle des Unternehmens, die bei der Nettobesteuerung in Deutschland zu berücksichtigen ist, insoweit abgezogen, als ein Verlustrücktrag auf die zwei vorangegangenen Jahre nicht möglich ist, weil die in diesem Jahre bezogenen Einkünfte, die in Deutschland der Nettobesteuerung unterliegen, nicht ausreichend sind oder der abzugsfahige Verlust 10 Mio. DM übersteigt. Reichen die Einkünfte zur Abdeckung des Verlustes nicht aus, so wird der Restverlust auf die folgenden Jahre vorgetragen. 50 Eine zeitliche Beschränkung für den Verlustvortrag besteht nicht. 51 Soweit beschränkte Steuerpflicht vorliegt, muß sich der Verlust aus im Inland aufbewahrten Unterlagen ergeben, damit er durch Rücktrag oder Vortrag abgezogen wird. 52 Dabei ist zu beachten, daß die Verlustausgleichseinschränkungen zugleich Verlustabzugseinschränkungen sind. 53 Der interperiodische Verlusttransfer ermöglicht die Berücksichtigung der Errichtungskosten der Betriebsstätte, die im Jahre ihrer Entstehung nicht 45 Hemnann/Heuer/RaupachiKumpf, § 50 EStG Anm. 75; ähnlich BlümichiKrabbe, § 50 EStG, Rz. 19 f. 46 Hemnann/Heuer/RaupachiKumpf(Fn. 45), Anm. 84. 47 Hemnann/Heuer/RaupachiKumpf(Fn. 45), Anm. 90. 48 Hemnann/Heuer/RaupachiKumpf(Fn. 45), Anm. 97; ebenso z.B. B1ümichiKrabbe, § 50 EStG, Rz.19. 49 Vgl. §§ 2 Abs. 7 Satz 2, 25 Abs. I EStG. Weicht das Wirtschaftsjahr vom Kalendetjahr ab, so gilt der Betriebsstättengewinn des Wirtschaftsjahres als im KalendeJjahr bezogen, in dem das Wirtschaftsjahr endet (vgl. § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG). 50 Vgl. § JOd Abs. I, 2 EStG. Es ist aber anzumerken, daß das Standortsicherungsgesetz ein Wahlrecht beim Verlustrücktrag eingefilhrt hat. Danach kann der Steuerpflichtige ganz oder teilweise auf den Verlustrücktrag zugunsten des Verlustvortrages verzichten. 51 Die zeitliche Beschränkung des Verlustvortrages auf 5 Jahre ist vom Steuerreformgesetz 1990 au~ehoben worden. So § 50 Abs. 1 Satz 3 EStG. 53 Vgl. § 50 Abs. 2 Satz 2 EStG. 9 Karakitis

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Teil B: Die Besteuerung im Betriebsstättenstaat

abgezogen werden könnten, bei der späteren Besteuerung des Unternehmens in Deutschland. 54 Verluste des Gesamtunternehmens wirken sich auf die deutsche Besteuerung nur bei Anwendung der indirekten Zurechnungsmethode unmittelbar aus. 55

(3) Ermittlung der Steuerlast Die Betriebsstätteneinkünfte werden im Wege der Veranlagung steuerlich erfaßt. Mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie bezogen worden sind, werden sie der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer unterworfen. Dies gilt auch für diejenigen Betriebsstätteneinkünfte, die im Zeitpunkt ihres Zufließens dem Steuerabzug unterworfen worden sind,56 da die Abgeltungswirkung des Steuerabzuges bei Steuerausländern inländische Betriebsstätteneinkünfte nicht betrifft. 57 Die einbehaltene Steuer wird dann bei der Veranlagung zur Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer angerechnet. 58 Die im Rahmen der Veranlagung entfallende Einkommensteuer bemißt sich nach § 32a Abs. 1 EStG.59 Für beschränkt Einkommensteuerpflichtige gilt dies insoweit, als der Teil des aus dem Abzug eines Sonderfreibetrages von 864 DM vorn Einkommen abgeleiteten zu versteuernden Einkommens,60 der

54

55 56 57 58

gilt.

Vgl. Schröder, in: Mössner u.a., Steuerrecht international tätiger Unternehmer, Rz. C 74. Kumpf(Fn. 13), S. 226. Z.B. Dividenden (§ 43 Abs. 1 Satz 1 EStG). Vgl. § 50 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG, § 50 Abs. 1 Nr. 2 KStG und oben, in: Teil A l.Kap. II 3. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG, der über § 49 Abs. 1 Satz 1 KStG auch rur Körperschaftsteuerpflichtige

59 § 32a EStG sieht zunächst einen Grundfreibetrag, das sog. Existenzminimum, vor, der 5.616 DM beträgt. Daran schließt sich die untere Proportionalzone an, wobei der Steuersatz 19% beträgt. In der sich anschließenden Progressionszone steigt der Steuersatz linearprogressiv auf 53%. Es folgt die mit 53 % belastete obere Proportionalzone, welche die Estpfl. betrifR, deren Einkommen 120.042 DM übersteigt. Es ist aber anzumerken, daß rur die gewerblichen, der Gewerbesteuer in Deutschland unterliegenden Gewinne ab dem Veranlagungszeitraum 1994 ein besonderer Einkommensteuerspitzensatz gilt, soweit ihr Anteil am zu versteuernden Einkommen mindestens 100.278 DM beträgt. Dieser Steuersatz beträgt 47%. Kritisch hierzu, vor allem im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit der Regelung, u.a. Gosch, Beihefter DStR 1994, Heft 6, 4 ff. Darüberhinaus ist eine Erhöhung der steuerfreien Zone bei Niederstverdienern vorgesehen. Abs. 5 des § 32a EStG sieht rur zusarnmenveranlagte Ehegatten das Splitting-Verfahren vor, das sich i.d.R. steuerentlastend auswirkt. Es gilt allerdings rur beschränkt Steuerpflichtige nicht. Die Zusarnmenveranlagung erfordert die unbeschränkte Steuerpflicht beider Ehegatten (§ 26 EStG). Kritisch hierzu: Saß, DB 1992, 862. 60 Bei unbeschränkt Einkommensteuerpflichtigen hingegen werden vom Einkommen der Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG und der Haushaltsfreibetrag nach § 32 Abs. 7 abgezogen. Zuvor werden bei der Ableitung des Einkommens vom Gesamtbetrag der Einkünfte eine Reihe von Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen mindernd berücksichtigt, die bei beschränkt Einkommensteuerpflichtigen nicht zum Ansatz kommen dürfen. Zum Überblick s. Blümich/Krabbe,

2.Kap.: Die Besteuerung der Betriebsstätte

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nach § 32a Abs. 1 EStG als Einkommensteuer gilt, 25% des Einkommens übersteigt. Ist dies nicht der Fall, so beträgt die Einkommensteuer 25% des Einkommens. 61 Die Unterwerfung des beschränkt einkommensteuerpflichtigen griechischen Betriebsstätteninhabers unter die 25%ige Einkommensteuer, in dem Fall, in dem die Einkommensteuer nach § 32a Abs. 1 EStG nicht höher ist, stellt einen Verstoß gegen das Gebot der Inländergleichbehandlung des Art. 52 Abs. 2 EWG-V dar. 62 Daß die darin bestehende Diskriminierung an die fehlende inländische Ansässigkeit anknüpft, während Art. 52 EG-V ein Diskriminierungsverbot aufgrund der Staatsangehörigkeit enthält, steht dieser Feststellung nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des EuGH "verbieten die Vorschriften über die Gleichbehandlung nicht nur offensichtliche Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, sondern auch alle versteckten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zu dem gleichen Ergebnis führen". 63 Die abweichende Steuerbehandlung kann nicht dadurch gerechtfertigt werden, daß das Welteinkommen des unbeschränkt Einkommensteuerpflichtigen bei der Bestimmung des auf sein zu versteuerndes Einkommen anzuwendenden Steuersatzes zu berücksichtigen ist, während im Falle der beschränkten Einkommensteuerpflicht der Progressionsvorbehalt nicht zum Ansatz kommt, d.h. nichtinländische Einkünfte, aufgrund eines DBA freigestellte Einkünfte und abzugsteuerpflichtige Einkünfte, die nicht in einem inländischen Betrieb anfallen, bei der Bestimmung des Steuersatzes unberücksichtigt bleiben. 64 Selbst wenn man vom Fall absieht, in dem der beschränkt Steuerpflichtige praktisch kein anderes Einkommen als die Einkünfte aus der inländischen Betriebsstätte hat, ist durchaus denkbar, daß der Nichtansatz des Progressionsvorbehaltes die in der Mindestbesteuerung liegende Benachteiligung des steuerausländischen Betriebsstätteninhabers nicht ausgleichen kann. Der Steuersatz, der auf das Welteinkommen des Steuerausländers nach § 32a EStG entfallen würde, wenn er ein Steuerinländer wäre, könnte bei verschiedenen Fallgestaltungen niedriger als 25% sein, zumal dann i.d.R. auch das Splitting-Verfahren65 des Abs. 5 § 32a EStG in Betracht kommen könnte. § 50 EStG, Rz. 14. Da sich diese Abzüge auf die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen beziehen, erscheint gerechtfertigt, ihre Berücksichtigung der Wohnsitzbesteuerung zu überlassen. 61 § 50 Abs. 3 Satz 2 EStG. Eine Ausnahme ist aber neulich rur diejenigen verabschiedet worden, deren Einkommen fast ausschließlich der deutschen ESt unterliegt. 62 Ebenso Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 317 f. 63 EuGH vom 8.5.1990, Rs. C-175/88, Bieh!, DStR 1991,454 (455). 64 Vgl. EuGH vom 28.1.1986, Rs. 270/83, Kommission gegen Frankreich, NJW 1987, 569 (Tz. 21); EuGH vom 8.5.1990 (Fn. 63). 65 Im Splitting-Verfahren wird die Einkommensteuer ermittelt, indem der auf die Hälfte des zu versteuernden Einkommens beider Ehegatten entfallende und nach § 32a Abs. 1 ermittelte Steuer-

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Teil B: Die Besteuerung im Betriebsstättenstaat

Bei beschränkt Körperschaftsteuerpflichtigen, die veranlagt werden, beträgt die Körperschaftsteuer 46% des zu versteuernden Einkommens66 und ab dem Veranlagungszeitraum 199442%. Im Vergleich zu einer deutschen Kapitalgesellschaft, die ihren Gewinn thesauriert, ist eine Benachteiligung der deutschen Betriebsstätte einer griechischen Kapitalgesellschaft hinsichtlich der tarifmäßigen Behandlung nicht festzustellen. Denn im Falle der deutschen Kapitalgesellschaft beträgt die Körperschaftsteuer 50% des zu versteuernden Einkommens67 und ab dem Veranlagungszeitraum 199445%. Schüttet jedoch die deutsche Kapitalgesellschaft den Gewinn aus, so beträgt die Körperschaftsteuer 36% und ab dem Veranlagungszeitraum 1994 30%. Bei einer Kapitalgesellschaft, die Tochtergesellschaft einer griechischen AG ist, wird die 36 bzw. 30%ige Ausschüttungsbelastung die Regel sein, zumal die Ausnutzung des Schütt-Aus-Hol-Zurück-Verfahrens angesichts der niedrigen Kapitalertragsteuer des § 44d Abs. 1 EStG an Bedeutung gewinnt. 68 Die Gesamtbelastung beträgt dann 36% Körperschaftsteuer + 5 % von 64% (3,2%) Kapitalertragsteuer = 39.2% und ab dem Veranlagungszeitraum 1994 30% Körperschaftssteuer + 5% von 70% (=3,5%) Kapitalertragsteuer = 33,5%.69 Demgegenüber beträgt die Steuerbelastung einer griechischen AG rur die Gewinne ihrer Betriebsstätte in Deutschland auch dann 46% bzw. 42%, wenn sie in das griechische Stammhaus transferiert werden. Mit der Argumentation des EuGH70 läßt sich vertreten, daß bei dieser Konstellation die Betriebsstättenalternative diskriminiert ist und somit das Stammhaus der Betriebsstätte in seiner Niederlassungsfreiheit beschränkt ist.?1 Art. 52 EG-V wird damit verletzt. 72 Der pragmatische Einwand, das jeweilige Stammhaus betrag verdoppelt wird. Sind die Einkommen beider Ehegatten gleich hoch, so wirkt sich die Anwendung des "Splitting-Tarifs" nicht steuerentlastend aus. Bei unterschiedlich hohem Einkommen tritt jedoch regelmäßig eine Steuerentlastung ein, die um so größer ist, je weiter die Einkommen beider Ehegatten voneinander differieren (Schmidt/Heinicke, § 32a EStG, Anm. 3b. Zur grafischen Darstellung des Vorteils, s. Buchholz, StuW1986, 642). 66 Vgl. § 23 Abs. 3 i.V.m. 2 KStG. Anders als bei beschränkt Einkommensteuerpflichtigen wird bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens der beschränkt Körperschaftsteuerpflichtigen der Sonderfreibetrag von 864 DM nicht abgezogen. 67 Vgl. § 23 Abs. 1 i.V.m. 2, 3. KStG. 68 Zum Schütt-Aus-Hol-Zurück-Verfahren s. Knobbe-Keuk (Fn. 62), S. 564 ff. 69 Die 5%ige Kapitalertragsteuer gilt rur Kapitalerträge, die der griechischen AG bis 30. Juni 1996 zufließen. Nach diesem Zeitpunkt wird die Kapitalertragsteuer nicht erhoben (§ 44d Abs. 1 Satz 3 EStG). Nach Art. 5 Abs. 3 der Mutter-rrochter-Richtlinie (RL 90/435 EWG, ABI. EG 1990 Nr. L 225, 6) darf die Bundesrepublik bis Mitte 1996 die 5%ige Quellensteuer insoweit erheben, als bis dahin der Körperschaftsteuersatz rur ausgeschüttete Gewinne um mindestens 11 Prozentpunkte niedriger liegt als der Körperschaftsteuersatz rur thesaurierte Gewinne. 70 EuGH vom 28.1.1986 (Fn. 64). 71 Arndt, StuW 1990,367. 72 Ebenso Knobbe-Keuk (Fn. 62); Meilicke, RIW 1989, 662 f; Müller, StuW 1992, 160, 167; Rädler/Lausterer, DB 1993,453.

2.Kap.: Die Besteuerung der Betriebsstätte

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könne bei Benachteiligung der Betriebsstätte eine Tochtergesellschaft gründen, ist ausdrücklich vom EuGH zurückgewiesen worden. 73 Ist die Dividende, die ein griechisches Unternehmen von einer deutschen Kapitalgesellschaft erhält, der deutschen Betriebsstätte des Unternehmens zuzurechnen, so wird neben der auf Rechnung des Unternehmers einbehaltenen Kapitalertragsteuer die Körperschaftsteuer der ausschüttenden Kapitalgesellschaft in Höhe von 36/64 = 9/16 und ab dem Veranlagungszeitraum 1994 30/70 = 3/7 der Bardividende, d.h. der tatsächlich erhaltenen Dividende einschließlich der Kapitalertragsteuer, bei der Veranlagung des Unternehmers zur Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer angerechnet. 74 Obwohl das deutschgriechische DBA zuläßt, daß Griechenland sämtliche Einkünfte des Unternehmens uneingeschränkt besteuert,75 ist die Körperschaftsteueranrechnung aufgrund § 36 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. e EStG, der die Anrechnung verbietet, wenn die Einnahmen nach einem DBA in dem anderen Vertragsstaat besteuert werden können, nicht auszuschließen. Es entspricht dem Sinn und Zweck dieser Regelung, die Körperschaftsteueranrechnung erst dann auszuschließen, wenn die Einnahmen aufgrund des DBA nur im anderen Vertragsstaat voll besteuert werden können. 76 Das ist aber nicht der Fall, soweit die Dividende der deutschen Betriebsstätte des Unternehmens zurechenbar ist. 77 Der Körperschaftsteueranrechnungsbetrag entspricht in voller Höhe dem Betrag, den die ausschüttende Gesellschaft als Körperschaftsteuer für den ausgeschütteten Gewinn zu entrichten hat. Die Einbeziehung der Bardividende und des Körperschaftsteueranrechnungsbetrages in die im Rahmen der Veranlagung des Unternehmens zu erfassenden Betriebsstätteneinkünfte78 bewirkt dann keine Doppelbelastung des ausgeschütteten Gewinnes. Die Körperschaftsteuerbelastung auf der Ebene des Dividendenzahlers wird rechnerisch bei der

EuGH vom 28.1.1986 (Fn. 64), Tz. 22. Vgl. § 50 Abs. 5 EStG i. V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 2, 3 EStG bzw. § 51 KStG i. V.m. § 50 Abs. 1 Nr. 2 EStG, § 36 Abs. 2 Nr. 2, 3 EStG. 75 Die deutsche Steuer wird dann angerechnet. Vgl. Art. XVII des deutsch-griechischen DBA. Zur Anrechnung der Steuer s. unten, in: Teil C, l.Kap. I. 76 So auch z.B. Dötsch, in: Dötsch/Eversberg, § 36 EStG, Tz. 78 f.; Herrmann/Heuer/Raupach/Krebs, § 36 EStG, Anm. D.VI.2; vgl. auch Abschn. 213 h Abs. 1 EStR. Demnach schließt § 36 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. e EStG die Anrechnung der Körperschaftsteuer insbesondere rur die Fälle aus, in denen ein unbeschränkt steuerpflichtiger Anteilseigner einen zweiten Wohnsitz in einem anderen Staat hat und das mit diesem Staat bestehende DBA das Besteuerungsrecht - vom Kapitalertragsteuerabzug nach Abkommensrecht abgesehen - dem anderen Staat zuweist. 77 Vgl. Art. VI Abs. 4 i.V.m. Art. III Abs. 1 Satz 2 des deutsch-griechischen DBA. 78 Vgl. § 25 Abs. 1 EStG bzw. § 49 Abs. 1 KStG i.V.m. §§ 2 Abs. 4, 1,20 Abs. 1 Nr. 1, 3, 49 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, b, 50 Abs. 5 EStG bzw. § 50 KStG. 73

74

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Veranlagung des Dividendenempfangers zur Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer wieder rückgängig gemacht. 79 Nach § 50 Abs. 7 EStG kann für beschränkt Steuerpflichtige die Einkommensteuer und über § 49 Abs. I KStG auch die Körperschaftsteuer ganz oder zum Teil erlassen oder in einem Pauschbetrag festgesetzt werden, wenn es aus volkswirtschaftlichen Gründen zweckmäßig ist oder eine gesonderte Berechnung der Einkünfte besonders schwierig ist. Zuständig für die Entscheidung sind die obersten Finanzbehörden der Länder, die jedoch der Zustimmung des Bundesministers der Finanzen bedürfen. Von der Vorschrift wird zurückhaltend Gebrauch gemacht.8o Was die Frage nach ihrer Verfassungsmäßigkeit anbetrifft, so hat das BVerfG81 die Verfassungsmäßigkeit des gleichlautenden auf die ausländischen Einkünfte von unbeschränkt Steuerpflichtigen bezogenen § 34c Abs. 5 EStG (damals § 34c Abs. 3 EStG) bejaht. bb) Die Besteuerung des Gewinnes aus der Veräußerung der Betriebsstätte Der Besteuerung im Betriebsstättenstaat Deutschland unterliegt auch der Gewinn aus der Veräußerung der dort gelegenen Betriebsstätte. 82 Das Abkommen mit Griechenland steht auch diesem Steuerzugriff nicht entgegen. Nach Art. IX Abs. 2 können die Gewinne, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus dem Verkauf der Übertragung oder dem Tausch von Vermögenswerten aus Quellen innerhalb des anderen Vertragsstaates bezieht und ihrer dort belegenen Betriebsstätte zuzurechnen sind, im Quellenvertragsstaat besteuert werden. Es liegt auf der Hand, daß die Gewinne aus der Veräußerung der Betriebsstätte darunter fallen. 83 (1) Einkommensteuerpflicht

(a) Allgemeines Unabhängig davon, ob die Betriebsstättenveräußerung im Rahmen der Veräußerung des Gesamtunternehmens erfolgt oder sich der Veräußerungsvorgang allein auf die Betriebsstätte bezieht, wird der daraus fließende Gewinn tarifbegünstigt, solange sich die Betriebsstättenveräußerung als Veräußerung 79 80

81 82

83

Vgl. Kirchhof F., Grundriß des Abgabenrechts, Rdnr. 121. Blümich/Krabbe, § 50 EStG, Rz. 56. Vom 19.4.1978,2 BvL 2/75, BStBl 11 1978,548 (551 ff). Vgl. § 49 Abs. 1 Nr. 2a EStG. Vgl. Korn/Debatin, Kommentar zum Art. IX des DBA mit Griechenland, S. 76.

2.Kap.: Die Besteuerung der Betriebsstätte

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eines Teilbetriebes, d.h. eines organisch geschlossenen, mit einer gewissen Selbständigkeit und eigener Lebensfähigkeit ausgestatteten Teiles des Gesamtbetriebes, 84 darstellt. Nach § 34 Abs. I Satz I EStG ist die Einkommensteuer, die auf Gewinne aus der Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebes oder eines Teilbetriebes entfällt, nach einem ermäßigten Steuersatz zu bemessen. Dieser Steuersatz beträgt für den Teil des Veräußerungsgewinnes, der den Betrag von 30 Mio DM nicht übersteigt, die Hälfte des durchschnittlichen Steuersatzes, der sich ohne Anwendung des § 34 EStG ergeben würde. 85 Diese Regelung, deren Grundgedanke darin liegt, die durch die zusammengeballte Aufdeckung der im Laufe mehrerer Jahre angesammelten stillen Reserven im Jahre der (Teil-)Betriebsveräußerung ausgelöste Progressionswirkung des Einkommensteuertarifes zu entschärfen, gilt nach § 50 Abs. I Satz 4 EStG auch für beschränkt Einkommensteuerpflichtige. Der erhöhte Freibetrag des § 16 Abs. 4 Satz 3 EStG wird ihnen dagegen nicht gewährt. 86 Dem Umkehrschluß entsprechend, ist die Gewährung des in den Sätzen 1 bzw. 2 der Vorschrift vorgesehenen Freibetrages den beschränkt Einkommensteuerpflichtigen nicht vorzuenthalten. 87 Bei der Veräußerung der Betriebsstätte handelt es sich um ihre entgeltliche Übertragung auf einen anderen Rechtsträger. 88 Der Veräußerungsgewinn ergibt sich aus der Gegenüberstellung des um die Veräußerungskosten verminderten Veräußerungspreises und des nach § 5 EStG für den Zeitpunkt der Veräußerung festgestellten Buchwertes des Betriebsstättenvermögens. 89 Zuvor ist dieser Wert als Endbetriebsstättenvermögen dem Betriebsstättenvermögen am Anfang des Wirtschaftsjahres gegenüberzustellen. Ermittelte der Steuerpflichtige seinen Betriebsstättengewinn bisher nach der Überschußrechnung des § 4 Abs. 3 EStG, so muß er für die Ermittlung des laufenden Gewinnes des

Vgl. Z.8. BFH vom 12.4.1989, I R 105/85, BStBl II 1989,653 (654). Vgl. § 34 Abs. I Satz 2 EStG. Erzielt der Steuerpflichtige neben dem Gewinn aus der Veräußerung einer inländischen Betriebsstätte einen laufenden Betriebsstättenverlust und ferner laufende positive Einkünfte aus einer anderen Einkunftsart, die, wie die Betriebsstätteneinkünfte, im Rahmen der Veranlagung in Deutschland erfaßt werden, z.B. inländische Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, so müßten an sich zunächst der Betriebsstättenveräußerungsgewinn und der laufende Betriebsstättenverlust zusammengefaßt werden. Damit aber die Tarifermäßigung fiir den Veräußerungsgewinn möglichst erhalten bleibt, wird zugelassen, daß der Betriebsstättenverlust zunächst mit - dem normalen Tarif unterliegenden - positiven anderen Einkünften verrechnet wird. Vgl. Knobbe-Keuk (Fn. 62), S. 720 m.w.N. und Beispiel. 86 Vgl. § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG. 87 Vgl. Rose, Grundzüge des IStR, 29 B 6. 88 Vgl. z.B. BFH vom 21.10.1976, IVR 210/72, BStBl II 1977, 145 (146). 89 Vgl. § 16 Abs. 2 EStG. Zeitpunkt der Veräußerung ist i.d.R. der Zeitpunkt der Übergabe der Betriebsstätte. Vgl. Schmidt, L., § 16 EStG, Anm. 42 m.w.N. 84 85

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Teil B: Die Besteuerung im Betriebsstättenstaat

letzten Wirtschaftsjahres und des Veräußerungsgewinnes zum Vermögensvergleich übergehen. 9o (b) Die Einbringung der Betriebsstätte in eine Kapitalgesellschaft gegen

Gewährung von Gesellschaftsrechten als Veräußerungsfall

Eine Veräußerung der Betriebsstätte ist auch das Tauschgeschäft ihrer Einbringung in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten. 91 Für den Fall, in dem der Betrieb oder Teilbetrieb eines unbeschränkt Steuerpflichtigen in eine unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von neuen Anteilen eingebracht wird, räumt § 20 Abs. 2 Satz I UmwStG der übernehmenden Kapitalgesellschaft ein Wahlrecht hinsichtlich der Bewertung des eingebrachten Betriebsvermögens ein. Sie kann entweder den Buchwert fortführen oder den Teilwert oder einen Zwischenwert zum Ansatz bringen. 92 Da der Wert, mit dem die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen ansetzt, für den Einbringenden nach § 20 Abs. 4 Satz I UmwStG als Veräußerungspreis gilt, kann eine Gewinnrealisierung anläßlich der Einbringung dadurch vermieden werden, daß die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen mit dem Buchwert ansetzt. Ist hingegen der Einbringende beschränkt einkommensteuerpflichtig oder ist das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik hinsichtlich des Gewinnes aus einer Veräußerung der dem Einbringenden gewährten Gesellschaftsanteile im Zeitpunkt der Sacheinlage durch ein DBA ausgeschlossen, so ist die übernehmende unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft nach § 20 Abs. 3 Satz I UmwStG verpflichtet, das eingebrachte Betriebsvermögen mit dem Teilwert anzusetzen. Die im Unterschiedsbetrag zwischen Teilwert und Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens vorhandenen stillen Reserven sind bei dem Einbringenden als Veräußerungsgewinn nach §§ 16,34 EStG zu besteuern, da der Teilwert, mit dem die unbeschränkt steuerpflichtige übernehmende Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen anzusetzen hat, infolge des § 20 Abs. 4 Satz I UmwStG als Veräußerungspreis fiir den Einbringenden gilt. 93 Die Finanzverwaltung94 läßt 90 Schmidt, L., § 16 EStG, Anm. 53 c; vgl. auch z.B. BFH vom 16.3.1989, IVR 153/86, BStBI II 1989,557. 91 Vgl. z.B. BFH vom 24.3.1983, IVR 138/80, BStBI II 1984,233. 92 Den Ansatz eines den Teilwert übersteigenden Wertes verbietet § 20 Abs. 2 letzter Satz UmwStG. Zum Begriff des Teilwertes s. oben, in: Teil B l.Kapitel III 3 b) bb) (2). 93 Demgegenüber ist die steuemeutrale Einbringung in eine Personengesellschaft durch Buchwertfortfiihrung des eingebrachten Betriebsvennögens von der Personengesellschaft auch dann möglich, wenn der Einbringende beschränkt steuerpflichtig ist. Der die steuerneutrale Einbringung erlaubende § 24 UmwStG unterscheidet nicht zwischen unbeschränkt und beschränkt steuerpflichtigen Einbringenden. Daneben wird nicht vorausgesetzt, daß die Personengesellschaft inländisch ist. 94 BdF vom 2.8.1984, IV B 2-S1909-8/84, BStBi I 1984,461.

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indessen die erfolgsneutrale Einbringung, d.h. die Einbringung ohne Gewinnrealisierung, dann zu, wenn die durch die Einbringung erworbenen Gesellschaftsanteile einer deutschen Personengesellschaft des Einbringenden gewährt werden. Diesem Fall ist die Zuordnung der Anteile auf eine fortbestehende deutsche Betriebsstätte des Einbringenden gleichzustellen. Die Ermöglichung der erfolgsneutralen Einbringung in diesen Fällen entspricht dem Gesamtkonzept der §§ 20ff. UmwStG. Demnach kann die erfolgsneutrale Einbringung eines (Teil-)Betriebes in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten nur zum Preise der Verdoppelung der stillen Reserven des eingebrachten Betriebsvermögens erfolgen. 95 Die stillen Reserven des eingebrachten Betriebsvermögens werden nicht nur bei der Kapitalgesellschaft infolge der Buchwertfortführung steuerverhaftet, sondern auch durch die Behandlung der erworbenen Anteile als Betriebsvermögen96 und deren Ansatz nach § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG mit dem Wert, mit dem das eingebrachte Betriebsvermögen angesetzt worden ist. 97 Dieser Preis der Verdoppelung der stillen Reserven kann nur in den Fällen immer gezahlt werden, in denen die Buchwertfortführung seitens der übernehmenden Kapitalgesellschaft von § 20 Abs. 3 UmwStG nicht verboten ist, es sei denn, daß eine deutsche Personengesellschaft oder Betriebsstätte des Einbringenden zwischen ihm und den einbringungsgeborenen Gesellschaftsanteilen zwischengeschaltet wird.

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Liegt keiner dieser Fälle vor und wird mithin das griechische Personenunternehmen anläßlich der Einbringung seiner deutschen Betriebsstätte in eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft zur Kasse gebeten, so stellt sich die Frage, ob damit das Gebot der Inländergleichbehandlung des Art. 52 Abs. 2 EG-Vverletzt wird. Die Frage ist zu bejahen. 98 Der diese Besteuerung erzwingende und die freie Niederlassung erschwerende § 20 Abs. 3 Satz 1 UmwStG enthält eine verschleierte Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit, da das Kriterium der Ansässigkeit im Ausland für den Zwang zum Teilwertansatz die Gefahr birgt, daß es sich besonders zum Nachteil der Steuerpflichtigen auswirkt, die Angehörige anderer Staaten sind. 99 Ferner kann die Verletzung des Art. 52 Abs. 2 EWG-V nicht aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden. Bei steuerneutraler Einbringung entgehen die Knobbe-Keuk, DB 1991,302; dieselbe (Fn. 62), S. 756. Ebenda; vgl. auch § 21 Abs. 1 UmwStG. 97 Wegen des Körperschaftsteueranrechnungsverfahrens fuhrt diese Verdoppelung der stillen Reserven nicht zu einer zweifachen Besteuerung. Vgl. Thiel, J., StbJb 1991192,47 f. m.w.N. 98 Ebenso Knobbe-Keuk, DB 1991, 305; dieselbe (Fn. 62), S. 319, 761. 99 Vgl. EuGH vom 8.5.1990, Rs. C-115/88 (Biehl), DStR 1991,454 (455). 95

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Teil B: Die Besteuerung im Betriebsstättenstaat

stillen Reserven des eingebrachten Betriebsvennögens der deutschen Besteuerung nicht, sofern die übernehmende Kapitalgesellschaft die Buchwerte fortführt. Daß das griechische Personenunternehmen in Anbetracht der Steuerfreiheit seiner Gewinne aus der Veräußerung der erworbenen Anteile in Deutschland die erfolgsneutrale Einbringung zum Zwecke der Umgehung der deutschen Veräußerungsgewinnbesteuerung hinsichtlich der Betriebsstätte ausnutzen könnte, hat aufgrund des § 50c EStGIOO eingeschränkte praktische Bedeutung. Abgesehen davon muß das Mittel zur Durchsetzung des Interesses an der Verhinderung von Steuerumgehungen nicht unverhältnismäßig sein, damit die Verletzung des Art. 52 Abs. 2 EG-V gerechtfertigt werden kann. lOl Unverhältnismäßig ist aber, wenn die Möglichkeit der erfolgsneutralen Einbringung von vornherein ausgeschlossen ist. 102 Eine andere Beurteilung wäre angesichts der Verabschiedung der Fusionsrichtlinie problematisch. Diese Richtlinie des EG-Rates 103 verpflichtet die EG-Mitgliedsstaaten, die erfolgsneutrale Einbringung der in ihrem Gebiet befindlichen Betriebsstätte einer Kapitalgesellschaft eines anderen EG-Mitgliedstaates in eine einheimische Kapitalgesellschaft oder in eine Kapitalgesellschaft eines anderen EGMitgliedsstaates nicht zu verhindern, sofern das eingebrachte Betriebsstättenvermögen als Betriebsvennögen der inländischen Kapitalgesellschaft oder einer inländischen Betriebsstätte der ausländischen Kapitalgesellschaft weiter100 Nach dieser Vorschrift darf der körperschaftsteueranrechnungsberechtigte Steuerpflichtige, der einen Anteil an einer unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft von einern nichtkörperschaftsteueranrechnungsberechtigten Anteilseigner elWorben hat, Gewinnminderungen, die im Jahre des AnteilseIWerbs oder in einem der folgenden neun Jahre durch Ansatz des niedrigeren Teilwertes des Anteils oder Verlust aus dessen Veräußerung oder Entnahme entstanden sind, nicht berücksichtigen, soweit der niedrigere Teilwert oder Verlust nur auf Gewinnausschüttungen zurückgeruhrt werden kann und die Gewinnminderungen insgesamt den Sperrbetrag nicht übersteigen (§ 50c Abs. 1 EStG). Sperrbetrag ist nach § 50c Abs. 4 der Unterschiedsbetrag zwischen den Anschaffungskosten und dem Nennbetrag des Anteils, vermindert um frühere nicht anerkannte Gewinnminderungen im Sinne des Abs. 1 während der Sperrzeit. Abgesehen von bestimmten Fallgestaltungen, in denen die Wirkung des § 50c EStG, nämlich Verhinderung der Vereinnahmung des rur den nichtkörperschaftsteueranrechnungsberechtigten Anteilseigner sonst verlorenen Körperschaftsteuerguthabens über den Verkaufspreis seiner an einen körperschaftsteueranrechnungsberechtigten Steuerpflichtigen veräußerten Gesellschaftsbeteiligung, vermieden werden kann (s. ausruhrlich dazu Zwerger, in: DötschlEversberg, § 50c EStG, Tz. 80 ff), wird der körperschaftsteueranrechnungsberechtigte potentielle Anteilserwerber, der sowohl unbeschränkt als auch beschränkt steuerpflichtig sein kann, soweit die Einnahmen aus den Anteilen Betriebseinnahmen einer inländischen Betriebsstätte sein werden, aufgrund des § 50c EStG nicht bereit sein, ein vorhandenes, in den Gewinnrucklagen der Kapitalgesellschaft steckendes Körperschaftsteuerguthaben oder ein künftiges, in den noch unversteuerten stillen Rücklagen der Gesellschaft ruhendes Körperschaftsteuerguthaben an den steuerausländischen Anteilsveräußerer zu vergüten, der, soweit die Einnahmen aus den Anteilen nicht Betriebseinnahmen einer inländischen Betriebsstätte sind, nichtkörperschaftsteueranrechnungsberechtigt ist. Damit verliert der Einbringende das Interesse an der Veräußerung der erworbenen Anteile aus steuerlichen Gründen. 101 Vgl. Knobbe-Keuk (Fn. 98); dieselbe (Fn. 62), S. 761. 102 Vgl. Knobbe-Keuk(Fn. 98); dieselbe (Fn. 62), S. 761. 103 ABI. EG vom 20.8.1990, Nr. L 225, 1.

2.Kap.: Die Besteuerung der Betriebsstätte

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hin steuerverhaftet bleibt. 104 Dabei ist für den Gemeinschaftsgesetzgeber gleichgültig, ob auch die erworbenen Anteile steuerverhaftet bleiben und die personenidentische Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist. Mißbrauchsbekämpfung ist nur im Einzelfall möglich. 105 Wenn nun die Richtlinie selbst nur Vorgänge regelt, an denen mindestens zwei Kapitalgesellschaften beteiligt sind, so heißt dies nicht, daß die Verhinderung der erfolgsneutralen Einbringung der Betriebsstätte eines Personenunternehmens eines EG-Mitgliedstaates in eine Kapitalgesellschaft eines anderen EG-Mitgliedstaates durch Regelungen des Betriebsstättenstaates gemeinschaftsrechtlich zulässig ist. Vielmehr stellt die Nichteinbeziehung der Einbringungen seitens Personenunternehmen in die Regelungen der Fusionsrichtlinie eine Verletzung des gemeinschaftsrechtlichen allgemeinen Gleichheitssatzes dar. 106 "Nach diesem Grundsatz dürfen vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich behandelt werden, es sei denn, daß eine Differenzierung objektiv gerechtfertigt wäre." 107 "Die grenzüberschreitende Einbringung in eine Kapitalgesellschaft seitens einer Kapitalgesellschaft und die seitens eines Personenunternehmens sind ohne Frage vergleichbare Sachverhalte. Auf die Erleichterung der Wahrnehmung der Niederlassungsfreiheit haben alle Marktbürger, ob natürliche Personen oder Gesellschaften, gleicherweise Anspruch. Objektive Gründe für eine rechtsformbezogene Differenzierung der Träger der Niederlassungsfreiheit sind nicht ersichtlich. Denn das Ziel der Richtlinie, Beseitigung der grenzüberschreitenden Umstrukturierungsvorgängen entgegenstehenden steuerlichen Beschränkungen, ist für Personenunternehmen in gleicher Weise erstrebenswert, und in gleicher Weise ist auch der Einsatz des von der Richtlinie gewählten Mittels Besteuerungsaufschub bis zur tatsächlichen Gewinnrealisierung im Betriebsstättenstaat bei einbringenden Personenunternehmen wie bei einbringenden Kapitalgesellschaften einsetzbar. "108 Solange dieser Gleichheitsverstoß durch Regelungen des sekundären Gemeinschaftsrechts nicht beseitigt wird, ist die gemeinschaftsrechtsmäßige Behandlung der Einbringung seitens eines griechischen Personenunternehmens unmittelbar aus dem EG-Vertrag, insbesondere aus Art. 52, herzu-

Vgl. Art. 9 i.V.m. Art. 4 der Fusionsrichtlinie (Fn. 103),4,3. Vgl. Art. 11 der Fusionsrichtlinie (Fn. 103),4. 106 Vgl. Knobbe-Keuk (Fn. 98), 304; dieselbe (Fn. 62), S. 795 f.; ebenso HerziglDautzenberglHeyeres, DB 1991, Beil. Nr. 12, 16. Zum Verhältnis des allgemeinen Gleichheitssatzes zum Gemeinschaftsrecht s. Grabitz, Komm. zum EG-V, Art. 7, Rz. 24 m.w.N. 107 EuGH vom 19.10.1977, Rs. 117/76 (Ruckdeschel), EuGHE 1977, 1753 (1770). 108 Knobbe-Keuk (Fn. 98), 304; dieselbe (Fn. 62), S. 759 f. 104 105

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Teil B: Die Besteuerung im Betriebsstättenstaat

leiten. 109 Diese Regelung weist auf die Abschaffung der steuerlichen Umstrukturierungsbeschränkungen hin. Festzuhalten ist, daß § 20 Abs. 3 UmwStG mit Art. 52 EG-V unvereinbar ist. Es wäre gemeinschaftsrechtsfreundlich, wenn der deutsche Gesetzgeber anläßlich der Umsetzung der Fusionsrichtlinie in deutsches Steuerrecht eine Regelung zur Ermöglichung der Steuerneutralität bei Einbringungen seitens ausländischer Personenunternehmen verabschiedet hätte. Dafür ist es niemals zu spät. Ist die übernehmende Kapitalgesellschaft steuerausländisch, so ist bei der Frage nach der Behandlung der stillen Reserven der eingebrachten Betriebsstätte allein § 16 EStG entscheidend, dessen Wortlaut auf die Erfolgswirksamkeit des Einbringungsvorgangs hinweist. Dieselbe Regelung gilt auch für die Einbringung seitens eines inländischen Personenunternehmens. Danach liegt nicht ein Verstoß gegen das Gebot der Inländerbehandlung des Art. 52 Abs. 2 EG-V vor, wenn der deutsche Betriebsstättenstaat anläßlich der Einbringung vom griechischen Personenunternehmen verlangt, daß es einen Teil der stillen Reserven der eingebrachten Betriebsstätte als Einkommensteuer abführt. Es kann in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob Art. 52 EG-V über das Gebot der Inländerbehandlung hinausgeht und ein allgemeines Beschränkungsverbot beinhaltet. 110 Durch die teleologische Reduktion des § 16 EStG kann die Einbringung erfolgsneutral stattfinden, sofern das eingebrachte Vermögen einer inländischen Betriebsstätte der übernehmenden Kapitalgesellschaft zuzuordnen ist. ll1 Ist das nicht der Fall, so ist der Zwang zur Aufdekkung der stillen Reserven der eingebrachten Betriebsstätte auch dann mit Art. 52 EWG-V vereinbar, wenn diese Regelung als ein allgemeines Beschränkungsverbot der Niederlassungsfreiheit angesehen wird. Das Interesse des Betriebsstättenstaates an dem Zugriff auf die unter seinem Regime gebildeten stillen Reserven im letztmöglichen Zeitpunkt ist ein Allgemeininteresse, das die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit rechtfertigen kann. 112

109 Vgl. Mitteilung der Kommission der EG an das Parlament und den Rat über Leitlinien zur Unternehmensbesteuerung vom 18.5.1990, Ratsdokument 6128/90, BR-Drucks. 360/90, S. 9, Tz. 29; Knobbe-Keuk (Fn. 98), S. 304; dieselbe (Fn. 62), S. 760. 110 SO Z.B. Knobbe-Keuk, DB 1990, 2573 ff. III Vgl. Knobbe-Keuk (Fn. 98), 306; dieselbe (Fn. 62), S. 762. ll2 Vgl. Knobbe-Keuk (Fn. 98), 300. Zur Rechtfertigung der Beschränkung der Niederlassungsfreiheit aus Gründen des Allgemeininteresses s. Müller, StuW 1992, 168.

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(c) Aufhebung der Betriebsstätte als Veräußerung Unter "Aufhebung" der Betriebsstätte sind die Fälle zu verstehen, in denen die Wirtschaftsgüter des Betriebsstättenvermögens an mehrere Erwerber veräußert oder in das Vermögen des ausländischen Stammhauses bzw. dessen Trägers zurückgeführt werden. 113 Nach § 16 Abs. 3 gilt als Veräußerung auch die Aufgabe des Gewerbebetriebes. Als Veräußerung wird nicht nur die Aufgabe des ganzen Gewerbebetriebes, sondern auch die eines Teilbetriebes angesehen. 114 Eine (Teil-)Betriebsaufgabe kann auch die Aufhebung der deutschen Betriebs stätte eines griechischen Unternehmens sein, sofern die Aufhebungshandlungen - Einzelveräußerung der Bestandteile des Betriebsstättenvermögens oder ihre Überführung in das Privatvermögen des Betriebsstättenträgers oder in das griechische Stammhaus 1I5 - wirtschaftlich als ein einheitlicher Vorgang gewertet werden können. 116 Dabei ist die Zeitdauer der Aufhebung maßgeblich. 1I7 Entspricht die Aufhebung der Betriebsstätte einer (Teil-) Betriebsaufgabe, so wird der Aufhebungsgewinn einer durch §§ 34, 16 Abs. 4 Satz 1 oder 2 EStG gemilderten Besteuerung unterworfen. Dieser Gewinn wird, soweit einzelne Wirtschaftsgüter veräußert werden, durch Ansatz der Veräußerungspreise berechnet. Soweit die Wirtschaftsgüter nicht veräußert, sondern in das Stammhaus oder in das Privatvermögen des Steuerpflichtigen

113 Vgl. Rose, Grundzüge des IStR, 29 B 7. 114 Vgl. z.B. BFH vom 28.10.1964, IV 102/64 U, BStBl III 1965,88 (89); Abschn. 139 Abs. 3

EStR.

115 Daß auch bei Betriebsverlegung ins Ausland eine Betriebsaufgabe vorliegen kann, hat BFH vom 28.4.1971, IR 55/66, BStBl 11 1971,630 (631) angenommen. Kritisch hierzu: Felix, Steuerberaterkongreßreport 1980, S. 159 [; Knobbe-Keuk (Fn 98), 299 f.; dieselbe (Fn. 62), S. 254 ff. M.E. ist dem BFH vom 28.4.1971 insoweit zuzustimmen. Der im Gesetzestext nicht definierte Tatbestand der Betriebsaufgabe ist angesichts des Zweckes des § 16 Abs. 3 EStG, der Sicherstellung der steuerlichen Erfassung der stillen Reserven, auch dann als erfiillt anzusehen, wenn der Betrieb durch eine Handlung des Steuerpflichtigen in seiner ertragsteuerlichen Einordnung so verändert wird, daß die Erfassung der stillen Reserven nicht mehr gewährleistet ist (vgl. Schmidt, L., § 16 EStG, Anm. 31 m.w.N.). Der Fall der Überfiihrung einer inländischen Betriebsstätte ins ausländische Stammhaus ist nicht mit dem Fall der Überfiihrung von einzelnen Wirtschaftsgütern der weiterhin im Inland bestehenden Betriebsstätte ins ausländische Stammhaus zu vergleichen. Im ersten Fall wird die in der inländischen Betriebsstätte bestehende Anknüpfung einer inländischen Steuerpflicht aufgelöst; im zweiten Fall bleibt diese Anknüpfung erhalten. Im ersten Fall setzt der Verzicht auf die Besteuerung der stillen Reserven der überfiihrten Wirtschaftsgüter im Zeitpunkt der Überfiihrung ihre steuerliche Erfassung im Inland nicht in Gefahr, wohl aber im ersten Fall. 116 Zur Maßgeblichkeit der Wertung der Aufhebungshandlungen als ein einheitlicher Vorgang filr die Annahme einer Betriebsaufgabe vgl. z.B. jeweils m.w.N. BlürnichlStuhrmann, § 16 EStG, Rz. 205; Schmidt. L., § 16 EStG, Anm. 37. 117 Vgl. näher dazu Z.B. BlümichlStuhrmann (Fn. 116); Schmidt. L. (Fn. 115).

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Teil B: Die Besteuerung im Betriebsstättenstaat

überführt werden, werden die gemeinen Werte 118 im Zeitpunkt der Aufhebung angesetzt.! 19 Mit Ausnahme eines etwaigen Geschäftswertes werden mit dem gemeinen Wert auch die von der Betriebsstätte selbstgeschaffenen immateriellen Wirtschaftsgüter angesetzt,120 die, solange sie der Betriebsstättentätigkeit dienten, aufgrund des Aktivierungsverbotes der § 248 Abs. 2 HGB, § 5 Abs. 2 EStG bilanzieIl nicht erfaßt waren. Das deutsch-griechische DBA steht ebensowenig der Besteuerung der Gewinne entgegen, die bei der Überführung des Betriebsstättenvermögens in das griechische Stammhaus nach dem Steuerrecht des deutschen Betriebsstättenstaates als vorliegend gelten, wie der Besteuerung der Gewinne, die bei Überführung dieses Vermögens ins Privatvermögen als vorliegend gelten. 12 ! Wann ein Gewinn vorliegt, ist nicht Regelungsgegenstand eines DBA. Danach kann ein Vertragsstaat dabei uneingeschränkt auf sein inneres Recht zurückgreifen. Ergibt sich daraus, daß die im Betriebsstättenvermögen ruhenden stillen Reserven bei Überführung dieses Vermögens ins Ausland oder ins Privatvermögen einen gewerblichen Gewinn darstellen, so werden sie von Art. III Abs. 1 Satz 2 i. Y.m. Abs. 2 des DBA mit Griechenland dem Besteuerungsrecht des Betriebsstättenstaates zugewiesen. Schließlich ist die Besteuerung des griechischen Unternehmens in Deutschland anläßlich der Überführung des Vermögens seiner deutschen Betriebsstätte in Griechenland mit dem EG-Recht vereinbar. Die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit ist gerechtfertigt.!22 (2) Körperschajlsteuerpjlicht

Ist der Veräußerer der Betriebsstätte eine Kapitalgesellschaft, so kommt ein ermäßigter Steuersatznicht in Betracht.!23 Auf den Veräußerungsgewinn wird der Steuersatz angewandt, der für den laufenden Gewinn gilt und bei beschränkter Steuerpflicht der Kapitalgesellschaft 46 v.H. und ab dem Veranla-

118 Was der Begriff "gemeiner Wert" bedeutet, darüber wird grundsätzlich auf § 9 Abs. 2 BewG verwiesen. Demgemäß wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. 119 Vgl. § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG. 120 Vgl. Schräder, in: Mössner u.a., Steuerrecht international tätiger Unternehmen, Rz. C 180. 121 Vgl. OECD-MA-Kornrn. 63 zu Art. 13, Anrn. 10, abgedruckt in: Vogel, K., DBA-Kornrn., 1. Aufl., Art. 13, Rdnr. 10. 122 Vgl. oben, in Teil B 2.Kapitel 11 1 a) bb) (1) (b). 123 Vgl. z.B. BFH vom 21.2.1991, IVR 93/89 BStBl 11 1991,455 (456).

2.Kap.: Die Besteuerung der Betriebsstätte

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gungszeitraum 1994 42 v.H. beträgt. Der Freibetrag von § 16 Abs. 4 Satz 1 bzw. 2 EStG wird hingegen auch in diesem Falle gewährt. 124 Für den die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft innehabenden griechischen Betriebsstättenträger gilt die Betriebsstättenveräußerung als einer der Fälle, in denen der die Schlußbesteuerung anordnende § 12 Abs. 2 KStG eingreift. Diese Vorschrift bezieht sich auf die Auflösung, die Verlegung und die Übertragung der inländischen Betriebsstätte einer beschränkt steuerpflichtigen Körperschaft als Ganzes an eine andere Person. Liegt einer dieser Tatbestände vor, so wird der Betrag, der sich aus der Gegenüberstellung des gemeinen Wertes des Betriebsstättenvermögens im Zeitpunkt der Erfüllung dieses Tatbestandes und des Betriebsstättenvermögens am Anfang des Wirtschaftsjahres ergibt, als ein steuerpflichtiger Gewinn behandelt. 125 Fraglich ist, ob dies auch dann gelten muß, wenn die spätere Erfassung der stillen Reserven der Betriebsstätte für die deutsche Finanzverwaltung erfolgen kann. Das sei immer dann der Fall, wenn die deutsche Betriebsstätte als Anknüpfung beschränkter Steuerpflicht erhalten bleibe und sich durch Übertragung an einen ausländischen Erwerber oder Einbringung in eine ausländische Gesellschaft lediglich die Zuordnung ändere. 126 Unter Rückgriff auf den Zweck des § 12 Abs. 2 KStG, die Sicherung des letztmöglichen steuerlichen Zugriffes auf die stillen Reserven, ist die Frage zu verneinen; der über den Zweck der Regelung hinausgreifende Wortlaut ist zu reduzieren. 127 Dieser Frage erteilt auch der deutsche Gesetzgeber eine klare Verneinung, wenn eine Kapitalgesellschaft eines EG-Mitgliedsstaates im Rahmen der Einbringung ihres Betriebes oder Teilbetriebes in eine andere Kapitalgesellschaft eines anderen EG-Mitgliedsstaates ihre deutsche Betriebsstätte zur Betriebsstätte dieser anderen Kapitalgesellschaft macht. Der eingreifende § 20 Abs. 8 UmwStG, der die Vorschriften der Fusionsrichtlinie über die Einbringung von Unternehmensteilen in deutsches Recht umsetzt und gegenüber § 12 Abs. 2 KStG, § 16 EStG sowie § 20 Abs. 3 UmwStG als lex specialis vorranging ist, läßt zu, daß die aufnehmende Kapitalgesellschaft das eingebrachte Vermögen mit seinem Buchwert ansetzt. Macht sie von dieser Erlaubnis Gebrauch, so erfolgt die Einbringung steuerneutral. 128 Vgl. z.B. BFH vom 8.5.1991, IR 33/90, DStR 1991, 1587; Rose, Grundzüge des IStR, 29 B 6. Vgl. § 12 Abs. 2 i.V.m. Abs. I KStG. 126 Kumpf, Besteuerung inländischer Betriebstätten von Steuerausländern, S. 210. 127 Vgl. z.B. Herrmann/HeuerlRaupach/Hübl, § 12 KStG, Anm. 20; Knobbe-Keuk (Fn. 98), 302. 128 Gemäß § 25 Abs. 4 Satz 2 UmwStG ist aber § 20 Abs. 8 UmwStG auf Einbringungen seitenS beschränkt steuerpflichtiger EG-Kapitalgesellschaften dann nicht anzuwenden, wenn die als Gegenleistung erhaltenen Anteile innerhalb von 7 Jahren veräußert werden. Kritisch hierzu: Herzig/Förster, DB 1992,914. 124 125

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Teil B: Die Besteuerung im Betriebsstättenstaat

Was der Ausdruck "Kapitalgesellschaft eines EG-Mitgliedstaates" bei der Prüfung der Anwendungsvoraussetzungen des § 20 Abs. 8 UmwStG bedeutet, darüber wird auf Art. 3 der Fusionsrichtlinie verwiesen, der die von der Richtlinie begünstigten Gesellschaften bestimmt. Demnach ist eine "Gesellschaft eines Mitgliedsstaates" jede Gesellschaft, (a) die eine der im Anhang aufgeführten Formen aufweist; (b) die nach dem Steuerrecht eines Mitgliedsstaates als in diesem Staate

ansässig und nicht aufgrund eines DBA mit einem dritten Staat als außerhalb der Gemeinschaft ansässig angesehen wird;

(c) die ferner ohne Wahlmöglichkeit einer der deutschen Körperschaftsteuer entsprechenden Steuer unterliegt. Was die griechischen Gesellschaftsformen anbetrifft, so wird im Anhang nur die der AG angeführt. Danach bleiben Einbringungen der deutschen Betriebsstätten von griechischen GmbH in Kapitalgesellschaften von EG-Mitgliedsstaaten außerhalb des Anwendungsbereiches des § 20 Abs. 8 UmwStG, obwohl diese Gesellschaften seit Mitte 1992 in Griechenland ansässige der griechischen Körperschaftsteuer unterliegende Kapitalgesellschaften sind. Im Lichte des in der Präambel der Richtlinie dargestellten Zieles ihrer Verabschiedung, der Beseitigung der den grenzüberschreitenden Umstrukturierungsvorgängen entgegenstehenden steuerlichen Beschränkungen, sind keine Gründe ersichtlich, die die Herausnahme der Einbringung von Unternehmensteilen seitens griechischer GmbH vom Anwendungsbereich der Richtlinie rechtfertigen könnten. Der gemeinschaftsrechtliche Gleichheitssatz wird durch die unterschiedliche Behandlung der vergleichbaren Sachverhalte der Einbringung seitens einer griechischen AG und der seitens einer griechischen GmbH verletzt. Solange diese Verletzung des gemeinschaftsrechtlichen Gleichheitssatzes durch Erweiterung des persönlichen Geltungsbereiches der Fusionsrichtlinie nicht aufgehoben wird und mithin § 20 Abs. 8 UmwStG auf Einbringungen seitens griechischer GmbH nicht angewandt werden kann, können diese Einbringungen bei Sicherstellung der späteren Erfassung der stillen Reserven des Einbringungsobjektes in Deutschland auch kraft der teleologischen Reduktion des § 12 Abs. 2 KStG steuerneutral stattfinden. 129 Bei Einbringungen in unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften würde die Anwendung des § 20 Abs. 3 Satz 3 UmwStG eine Verletzung des Art. 52 Abs. 2 EG-V bewirken. 129

Vgl. Knobbe-Keuk (Fn. 98), 302

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cc) Die Behandlung von nachträglichen Betriebseinnahmen und -ausgaben Fallen nach der Auflösung der inländischen Betriebsstätte eines griechischen Unternehmens Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben an, die auf die Betriebsstättentätigkeit zurückzuführen sind, so scheidet ihre Berücksichtigung in Deutschland nicht deshalb aus, weil die Betriebsstätte im Zeitpunkt ihres Zuflusses bzw. Abflusses nicht mehr besteht. Gestützt auf § 24 Nr. 2 EStG, der die nachträglichen Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Besteuerung unterwirft, haben die Gerichte erkannt, daß nachträgliche gewerbliche Einkünfte eines Steuerausländers aus der Tätigkeit einer inzwischen aufgelösten inländischen Betriebsstätte inländische Einkünfte im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 2a EStG sind und der beschränkten Einkommen- bzw. Körperschaftsteuerpflicht unterliegen. 130 Das DBA mit Griechenland steht der steuerlichen Erfassung der mit einer inzwischen aufgelösten deutschen Betriebsstätte wirtschaftlich zusammenhängenden Einkünfte eines griechischen Unternehmens in Deutschland nicht entgegen. Art. III Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 des DBA mit Griechenland machen die Zuweisung von gewerblichen Einkünften auf den Betriebsstättenstaat nicht von der Bedingung abhängig, daß die Betriebsstätte im Zeitpunkt des Anfallens der Einkünfte noch besteht. 131 b) Die Unterwerfung unter die Steuer nach dem Gewerbeertrag Die Tätigkeit eines griechischen Gewerbebetriebes in Deutschland unterliegt auch der Gewerbesteuer, soweit sie seiner deutschen Betriebsstätte zuzuordnen ist. 132 Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Betriebsstätte vorliegt, ist neben Art. 11 Abs. 1 Nr. 7 des deutsch-griechischen DBA § 12 AO maßgeblich. Danach scheidet die Tätigkeit eines in Deutschland tätigen Vertreters des Gewerbebetriebes, der den Betriebsstättensondertatbestand des Art. 11 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. d des Abkommens begründet, mangels Betriebsstätte gemäß § 12 AO aus der Gewerbesteuer aus.

130 Schröder, in: Mössner, Steuerrecht international tätiger Unternehmen, Rz. C 171; vgl. RFH vom 9.3.1932, VI A 1848/31, R8tB11932, 513, BFH vom 15.7.1964, I 415/61 U, B8tBl III 1964,551; FG München vom 28.10.1975, 11 151170, EFG 1976,187. Dementsprechend sind nachträgliche, mit der Betriebsstättentätigkeit verbundene Betriebsausgaben abzugsfarug. BFH vom 16.7.1969, I R 186/66, B8tBi 11 1970, 56, ist nicht zu folgen. l31 Vgl. oben, in: Teil A 3.Kapitel III 1 b) aa). 132 Vgl. § 2 Abs. 1 Gew8tG.

10 Karakitis

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Teil B: Die Besteuerung im Betriebsstättenstaat

Der Gewerbeertrag und das Gewerbekapital bilden die Besteuerungsgrundlagen der Gewerbesteuer. Ausgangspunkt für die Ermittlung des Gewerbeertrages ist nach § 7 GewStG der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb. Dieser ist im Falle eines griechischen Gewerbebetriebes der nach Art. III des DBA mit Griechenland der Betriebsstätte zuzuordnende Gewinn. Entsprechend der herrschenden Meinung, wonach Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe eines ganzen Gewerbebetriebes oder eines Teilbetriebes bei der Ermittlung des Gewerbeertrages außer acht zu lassen sind,133 sind die Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe der Betriebsstätte unberücksichtigt zu lassen. Um zum Gewerbeertrag zu gelangen, sind dann die in §§ 8, 9 GewStG vorgesehenen Hinzurechnungen und Kürzungen vorzunehmen. 134 Gewerbeveduste sind nach § lOa GewStG abzugsfähig. Der Gewerbesteuer wird ein Steuermeßbetrag zugrundegelegt, der sich aus der Anwendung eines Hundertsatzes auf den Gewerbeertrag ergibt. 135 2. Die Besteuerung des Betriebsstättenvermögens

a) Die Unterwerfung unter die Steuer nach dem Gewerbekapital Ausgangspunkt für die Ermittlung des Gewerbekapitals des griechischen Gewerbebetriebes ist nach § 12 Abs. 1 Satz 1 GewStG der Einheitswert 136 der inländischen Betriebsstätte. Durch die Vornahme der in § 12 Abs. 2 und 3 vorgesehenen Hinzurechnungen und Kürzungen ergibt sich dann das Gewerbekapital. Der Gewerbesteuer wird ein sich aus der Anwendung eines Tausendsatzes auf das Gewerbekapital ergebender Steuermeßbetrag zugrundegelegt.137 Die Steuermeßbeträge nach dem Gewerbeertrag und -kapital werden zum einheitlichen Steuermeßbetrag zusammengerechnet. 138 Die Steuer ergibt sich s. näheres dazu bei B1ümich/v. Twiekel, § 7 GewStG, Rz. 125 ff. Die Hinzurechnungen sind mit dem DBA vereinbar. s. Görl, in: Vogel, K., DBA-Komm. Art. 2, Rz.65. 135 s. dazu § 11 GewStG. 136 Bei dem Einheitswert handelt es sich um den na