Naturschutzrecht und städtebauliche Planung im Vergleich zwischen Deutschland und Griechenland [1 ed.] 9783428523047, 9783428123049

Bei dieser Arbeit handelt es sich um einen Vergleich zwischen dem deutschen und dem griechischen Recht. Anders als üblic

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Naturschutzrecht und städtebauliche Planung im Vergleich zwischen Deutschland und Griechenland [1 ed.]
 9783428523047, 9783428123049

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1054

Naturschutzrecht und städtebauliche Planung im Vergleich zwischen Deutschland und Griechenland Von Eftychia Kourakou

Duncker & Humblot · Berlin

EFTYCHIA KOURAKOU

Naturschutzrecht und städtebauliche Planung im Vergleich zwischen Deutschland und Griechenland

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1054

Naturschutzrecht und städtebauliche Planung im Vergleich zwischen Deutschland und Griechenland

Von

Eftychia Kourakou

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg hat diese Arbeit im Jahre 2006 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2007 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 978-3-428-12304-9 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2006 von der juristischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg als Dissertation angenommen. Inhaltlich befindet sie sich auf dem Stand von Juni 2006. Zunächst möchte ich mich an dieser Stelle bei meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Eberhard Schmidt-Aßmann, herzlich bedanken: Als Betreuer meiner Doktorarbeit ist er mir immer mit Lösungen und durchaus inspirierenden Ideen zu Hilfe gekommen; dabei hat er mir ein prägendes Beispiel des Wissenschaftlers fürs Leben gegeben. Als Mensch und Lehrer hat er mir vertraut und er hat mir die Möglichkeit verschafft, am Institut für deutsches und europäisches Verwaltungsrecht als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig zu sein und somit von meinem Aufbaustudium in Deutschland auf besondere Weise zu profitieren. Bei Herrn Professor Dr. Rüdiger Wolfrum möchte ich mich herzlich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens bedanken. Weiterhin möchte ich mich bei meinem Lehrer Dr. Pavlos-Michael Efstratiou, Professor für öffentliches Recht an der Universität Athen, und bei Herrn Sotirios Risos, Vizepräsident des griechischen Staatsrates, für die aufschlussreiche Hilfe bei der Sammlung und Bearbeitung des Materials der Dissertation im griechischen Recht herzlich bedanken. Der Athener Akademie der Wissenschaften gilt mein nächster Dank. Sie hat durch ein Stipendium einen Großteil meines Studiums in Deutschland finanziert. Weiterhin möchte ich mich bei allen Kollegen und Mitarbeitern am Institut für deutsches und europäisches Verwaltungsrecht von Herzen bedanken, weil sie mich in den Kreis des Instituts völlig integriert haben. Vor allem möchte ich mich bei Dr. Wolfgang Schenk, Kristina Heußner, Markus Glaser, Julia Heesen, Dennis Kümmel und Andreas Jakob bedanken, die die zeitaufwendige und äußerst wichtige Aufgabe der Korrektur des Manuskripts freundlicherweise übernommen haben. Vor allen anderen möchte ich mich aber an dieser Stelle bei meinen Eltern von ganzem Herzen bedanken. Ihnen ist auch diese Arbeit gewidmet. Sie haben mein bisheriges Studium ermöglicht und, vor allem, haben sie mir unschätzbare Werte vermittelt und mir ein leuchtendes Beispiel für das ganze Leben mitgegeben. Athen, Oktober 2006

Eftychia Kourakou

Inhaltsverzeichnis Einführung

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A. Struktur der Bauplanungssysteme in Deutschland und in Griechenland . . . . . I. Städtebauliche Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. In Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. In Griechenland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Unterschied zwischen den beiden Systemen der städtebaulichen Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Planersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Innen- und Außenbereich in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die „Bebauung ohne Städtebauliche Studie“ in Griechenland . . . . . . . 3. Vergleich zwischen Deutschland und Griechenland . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Exkurs: Bebauung ohne Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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B. Definition des Naturschutzrechts und Abgrenzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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C. Gegenstand und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bestimmung des Untersuchungsgegenstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Schilderung des Untersuchungsgangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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D. Erläuterung der benutzten Methodik des Rechtsvergleichs . . . . . . . . . . . . . . . .

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E. Die Zitierweise bei griechischer Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Teil Wie kann es zu Konflikten zwischen dem Naturschutzrecht und der städtebaulichen Planung kommen (Spannungsfelder)

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Kapitel 1 Konflikte zwischen Schutzgebietsausweisungen und städtebaulicher Planung A. Schutzgebietsausweisungen des Naturschutzrechts i. e. S. . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ausweisung von Naturschutzgebieten (im untechnischen Sinne) . . . . . . . 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zuständige Behörde und Ermessen bei der Unterschutzstellung . . . . .

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Inhaltsverzeichnis 3. Mindestinhalt der Naturschutzgebietsausweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Kategorien von Naturschutzgebietsausweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Parallele Geltung von Naturschutzgebietsausweisungen und städtebaulichen Plänen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Unterschutzstellung von Gebieten eines städtebaulichen Plans . . . . . . . . . 1. Lösungen im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unterschutzstellung bei Bestehen eines Flächennutzungsplans . . . . aa) Regel: Anpassungsgebot an den Flächennutzungsplan . . . . . . . bb) Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Parallele zum Entwicklungsgebot? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterschutzstellung bei Bestehen eines Bebauungsplans . . . . . . . . . aa) Ablehnung der allgemeinen Vorrangregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Analoge Anwendung des Anpassungsgebots . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Rechtsfragen der Beeinträchtigungen des Rechts auf Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Lösungen im griechischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unterschutzstellung bei Bestehen eines Allgemeinen Städtebaulichen Plans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Regel: Spezielles Anpassungsgebot an den Allgemeinen Städtebaulichen Plan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterschutzstellung bei Bestehen einer Städtebaulichen Studie . . . c) Eigentumsrechte (hinsichtlich beider Stufen der städtebaulichen Planung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Speziell bei Bestehen einer Baugenehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Im griechischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Überplanung eines geschützten Gebiets . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Regel: Strenge Bindung der städtebaulichen Planung an bestehende Naturschutzgebietsausweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundlage im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Grundlage im griechischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Spezielles Problem in Deutschland: Beeinträchtigung der Planungshoheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abweichungen von der Regel: Möglichkeiten zur abweichenden Überplanung von Naturschutzgebieten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gerichtliche Aufhebung der Naturschutzgebietsausweisung . . . . . . aa) In Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) In Griechenland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

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cc) Fragen der gerichtlichen Überprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Gerichtliche Aufhebung aufgrund förmlicher Mängel . . . . (2) Inzidente Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausnahmen und Befreiungen vom Inhalt der Naturschutzgebietsausweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Voraussetzungen der Ausnahmen und Befreiungen . . . . . . . . . . (1) Im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Im griechischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Vorläufiges vergleichendes Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Speziell in Deutschland thematisierte Rechtsprobleme . . . . . . . (1) Problematik der Überplanung in einer Befreiungslage . . . . (a) Neueste Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Kritische Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Ausnahmen vom Inhalt der Schutzgebietsausweisungen für zukünftige städtebauliche Pläne – die Problematik der Öffnungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Darstellung der Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Ablehnung der Zulässigkeit der Öffnungsklauseln . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Einstweilige Sicherstellung der Naturschutzgebietsausweisung und Berührungen mit der Städtebauplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Möglichkeit des einstweiligen Schutzes der Naturschutzgebietsausweisungen und eventuelle Verschränkungen mit der städtebaulichen Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausgestaltung des einstweiligen Schutzes in den beiden Rechtsordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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B. Schutzgebietsausweisungen des Wasserschutzrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Wasserschutzgebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Festsetzung von Wasserschutzgebieten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zur Abgrenzung der Wasserschutzgebietsausweisungen nach § 19 WHG von den Naturschutzgebietsausweisungen von §§ 31 i. V. m. 22 ff. BNatSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Konflikte mit der Bauleitplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Wasserschutzgebietsfestsetzung und nachträgliche Bauleitpläne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Regel: Rechtswidrigkeit der abweichenden Bauleitpläne . . (2) Beeinträchtigung der Planungshoheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis bb) Unterschutzstellung von beplanten Gebieten . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Anpassungsgebot an die bestehenden städtebaulichen Pläne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Beeinträchtigung von Eigentumsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Griechisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Überschwemmungsgebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Definition und Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gebundene Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verschränkungen mit der städtebaulichen Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Überplanung von Überschwemmungsgebieten . . . . . . . . . . . . . . (1) Voraussetzungen der Überplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Befreiungslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Ausgleichsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Überschwemmungsgebietsfestsetzung auf beplante Flächen . . b) Im griechischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Überplanung von Überschwemmungsgebieten . . . . . . . . . . . . . . bb) Festsetzung eines Überschwemmungsgebiets auf beplanten Flächen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Kapitel 2 Gesetzlicher Naturschutz im Spannungsverhältnis mit der städtebaulichen Planung anhand von drei Beispielen: gesetzlicher Waldschutz, gesetzlicher Biotop- und gesetzlicher Artenschutz A. Gesetzlicher Waldschutz im Spannungsverhältnis zur städtebaulichen Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtsgrundlagen des Waldschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Im griechischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Waldschutz und Städtebauplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Im griechischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsätzliches Verbot der Nutzungsänderung von Wäldern und Waldgebieten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gerichtliche Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Umwandlungsgenehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis b) Beteiligung der Forstbehörden bei der Aufstellung von Bauleitplänen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bauleitplanung in Wäldern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Überplanung von Waldflächen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Umwandlungsgenehmigung nicht schon im Planungsstadium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Erforderlichkeit einer Umwandlungsgenehmigung trotz Festsetzungen eines Bebauungsplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Entscheidung über die Umwandlungsgenehmigung nach Überplanung der Waldflächen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Flächennutzungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Bebauungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Schutz- und Erholungswälder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Eingriffsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Forstrechtliche Rahmenplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Waldschutz und Bebauung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Im griechischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsätzliches Verbot der Bebauung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Eigentumsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Parks und Gärten bzw. Gehölze innerhalb eines Bebauungsplans . . . . . . 1. Im griechischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Gesetzlicher Arten- und Biotopschutz im Spannungsverhältnis zur städtebaulichen Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gesetzlicher Artenschutz im Kollisionsverhältnis zur städtebaulichen Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesetzlicher Rahmen des Artenschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Fälle von Kollisionen mit der städtebaulichen Planung . . . . . . . . . . . . . 3. Artenschutzregelungen als zwingendes Recht für die Städtebauplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ausnahmen und Befreiungen vom gesetzlichen Artenschutz . . . . . . . . a) Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Befreiungen und Möglichkeit der Überplanung in einer Befreiungslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Biotopschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesetzlicher Biotopschutz und Bauleitplanung (nur hinsichtlich Deutschlands) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Strikt verbindliche Vorschriften zum gesetzlichen Biotopschutz für die Bauleitplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Nachträgliche Entstehung eines Biotops auf dem Gebiet eines Bebauungsplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis 2. Zwischen dem gesetzlichen Biotopschutz und den Schutzgebietsausweisungen: Schutz von Biotopverbunden und Bauleitplanung . . . . 200 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202

2. Teil Mechanismen zur Harmonisierung von Naturschutzrecht und städtebaulicher Planung (Kooperationsfelder und Strategien zur Bewältigung von Konflikten) 204 Kapitel 1 Allgemeine Mechanismen der Kooperation zwischen Naturschutzrecht und städtebaulicher Planung (Kooperationsfelder) 204 A. Naturschutzrecht als interdisziplinärer Rechtsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Deutschland: Querschnittscharakter des Naturschutzrechts . . . . . . . . . . . . . II. Griechenland: Parallelen zu den deutschen Unterstützungs- und Integrationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Einbeziehung der Belange der städtebaulichen Planung in die naturschutzrechtlichen Entscheidungen: Insbesondere am Beispiel der Naturschutzgebietsausweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Materiellrechtliche Berücksichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Naturschutzrechtliches Abwägungsgebot allgemein und speziell bei der Erstellung von Schutzgebietsausweisungen . . . . . . . . . . . . . . b) Berücksichtigung der Belange der Bauleitplanung . . . . . . . . . . . . . . . 2. Im griechischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Einbeziehung der städtebaulichen Belange in das Verfahren zur Unterschutzstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beteiligung der kommunalen Planungsträger in Deutschland . . . . . . . . 2. Beteiligung des Rats der Präfektur und Durchführung einer Umweltprüfung in Griechenland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Einbeziehung der naturschutzrechtlichen Belange in die Abwägung bei der städtebaulichen Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtliche Grundlagen im Städtebaurecht: die allgemeinen Klauseln . . . 1. Einschlägige Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Allgemein: Bauleitplanung als räumliche Gesamtplanung . . . . bb) Grundlagen der Einbeziehung der naturschutzrechtlichen Belange in die bauleitplanerische Abwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

205 205 208 209

210 210 210 210 212 215 216 216 216 218 218 219 220 220 220 222

Inhaltsverzeichnis

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b) Im griechischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verfassungsrechtliche Vorschriften und aus der Verfassung abgeleitete Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Einfachgesetzliche Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Berücksichtigung der naturschutzrechtlichen Belange bei der städtebaulichen Planung im Normalfall . . . . . . . . . . . . . (2) Berücksichtigung der naturschutzrechtlichen Belange im besonderen Fall der städtebaulichen Planung auf Gebieten mit Zweit- und Ferienwohnungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Durchführung der planerischen Abwägung im Hinblick auf die Einbeziehung der naturschutzrechtlichen Belange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kein abstrakter Vorrang und kein Optimierungsgebot in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Tendenz zu einem abstrakten Vorrang der umweltrechtlichen Belange bei der städtebaulichen Planung in Griechenland . . . . . . . c) Insbesondere: Vorgang der städtebauplanerischen Abwägung, wenn Eigentumsrechte zu berücksichtigen sind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Rolle von fachspezifischen naturschutzrechtlichen Planungen . . . . . . 1. Rolle der Landschaftsplanung bei der Bauleitplanung in Deutschland a) Darstellung der Landschaftsplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtliche Natur der Landschaftsplanung als raumplanungsbezogene Fachplanung – Flächendeckungsprinzip . . . . . . . . . . . cc) Inhalt der Landschaftsplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zuständige Behörden für die Landschaftsplanung . . . . . . . . . . . ee) Rechtswirkung der aus der Landschaftsplanung entstehenden Pläne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verzahnung mit der Bauleitplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verhältnis der Landschaftsplanung allgemein zu anderen Planungen und Verwaltungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Regeln speziell zum Verhältnis zwischen Landschaftsplanung und Bauleitplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Berücksichtigung bzw. Beachtung der bauleitplanerischen Belange bei der Landschaftsplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Berücksichtigung bzw. Integration des Inhalts der Landschaftsplanung in die Bauleitpläne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Modell der parallelen Planungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Modell der Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Beeinträchtigung der Planungshoheit . . . . . . . . . . . . . . . (3) Vollzugsdefizit der Landschaftsplanung bei der Bauleitplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

224 224 226 226

230 231 232 232 234 237 239 239 239 239 240 245 247 248 249 249 251 251 253 254 256 258 259

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Inhaltsverzeichnis 2. Keine Landschaftsplanung in Griechenland – stattdessen „Umweltschutzprogramme“ in den Regelungsplänen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Darstellung der „Umweltschutzprogramme“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vergleich der Umweltschutzprogramme mit der Landschaftsplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

D. Einbeziehung der naturschutzrechtlichen Belange in die Aussagemöglichkeiten und das Instrumentarium der städtebaulichen Planung . . . . . . . . . . . . . . I. „Naturschutzfreundlicher“ Inhalt der städtebaulichen Pläne . . . . . . . . . . . . 1. Bestimmung von geeigneten Bodennutzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Griechisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Strikte Trennung oder Vermischung der baulichen Nutzungen? . . . . . a) Problemdarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Lösung im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Lösung im griechischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Reichweite der städtebaulichen Pläne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Reichweite der städtebaulichen Pläne in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . 2. Reichweite der städtebaulichen Pläne in Griechenland . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. In Griechenland: Gebiete besonderen Schutzes und Zonen baulicher Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Darstellung des Instituts der Zonen baulicher Kontrolle . . . . . . . . . . . . 2. Der Zweck der Ausweisung von Zonen baulicher Kontrolle und ihr Beitrag zum Naturschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verschränkungen der Ausweisung von Zonen baulicher Kontrolle mit dem Recht auf Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

260 260 261 263 264 265 265 266 269 270 271 271 272 274 275 275 276 277 279 279 280 281 284

Kapitel 2 Strategien zur Bewältigung von konkreten Konflikten zwischen Naturschutzrecht und städtebaulicher Planung (Bewältigungsstrategien)

286

A. Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 I. Die allgemeine naturschutzrechtliche Eingriffsregelung der §§ 18 ff. BNatSchG und die Frage ihrer Anwendung bei der Bauleitplanung . . . . 287 1. Darstellung der allgemeinen naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung der §§ 18 ff. BNatSchG als Instument zur Bewältigung von Konflikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287

Inhaltsverzeichnis 2. Anwendung der Eingriffsregelung des BNatSchG bei der Bauleitplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Argumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gesetzliche Lösung – Baurechtskompromiss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Änderung des Bebauungsplans und Anwendung der Eingriffsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Exkurs: Eingriffsregelung im Außen- und im unbeplanten Innenbereich (Planersatz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausgestaltung der Anwendung der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung und Abweichungen von der allgemeinen Eingriffsregelung der §§ 18 ff. BNatSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kriterien für die Annahme eines Eingriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Definition des Eingriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unterlassung von vermeidbaren Beeinträchtigungen . . . . . . . . . . . . . . . a) Vermeidungspflicht bei der allgemeinen naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Berücksichtigung von Vermeidungsmöglichkeiten bei der Bauleitplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Maßnahmen zum Ausgleich und zum Ersatz des Eingriffs . . . . . . . . . . a) Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in der allgemeinen Eingriffsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Unterscheidung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen . . . . . bb) Verhältnis von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen . . . . . . . . . . b) Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen im Falle der Anwendung der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verhältnis von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen . . . . . . . . . . bb) Ausgestaltung des Ausgleichsgebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Abwägungsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Entwicklung des Abwägungsgebots bei der allgemeinen Eingriffsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Abwägungsgebot im Falle der Anwendung der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Integration der Eingriffsregelung in die bauleitplanerische Abwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gewicht der naturschutzrechtlichen Belange in der bauleitplanerischen Abwägung bei Anwendung der Eingriffsregelung – Optimierungsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Kein allgemeiner Vorrang der naturschutzrechtlichen Belange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Besondere Bedeutung der naturschutzrechtlichen Belange bei der bauleitplanerischen Abwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

289 289 291 293 295

296 296 297 297 300 300 301 305 305 305 306 308 308 311 314 314 315 315

316 317 318 321

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Inhaltsverzeichnis III. Art der Kompensation der Eingriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kompensation durch Darstellungen in Flächennutzungsplänen und Festsetzungen in Bebauungsplänen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausgleich durch Darstellungen im Flächennutzungsplan . . . . . . . . . b) Ausgleich durch Festsetzungen im Bebauungsplan . . . . . . . . . . . . . . 2. Kompensation durch städtebauliche Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Regelungen in städtebaulichen Verträgen zur Kompensation . . . . . b) Sicherstellung der Verwirklichung des Ausgleichs . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kompensation durch „sonstige geeignete Maßnahmen“ . . . . . . . . . . . . . a) „Sonstige geeignete Maßnahmen“ als Kompensation des Eingriffs b) Absicherung der Kompensation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Räumliche und zeitliche Entkoppelung von Eingriff und Ausgleich . . a) Räumliche Entkoppelung von Eingriff und Ausgleich . . . . . . . . . . . b) Zeitliche Entkoppelung von Eingriff und Ausgleich – Ökokonto . . c) Mit der räumlichen und zeitlichen Entkoppelung von Eingriff und Ausgleich verbundene Rechtsprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Probleme der räumlichen Entkoppelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Probleme der zeitlichen Entkoppelung – Ökozinsen . . . . . . . . . IV. Fragen der Durchführung der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung 1. Kosten der Ausgleichs- und Kompensationsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . a) Verursacherprinzip bei der Anwendung der allgemeinen naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Abweichung vom Verursacherprinzip im Fall der Anwendung der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vollzugsdefizit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

B. Fehlende allgemeine Eingriffsregelung in Griechenland . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtsprechung des gr. Staatsrates zu den einzelnen Gebietskategorien. . 1. Küstenzonen und kleine Inseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ökologische Bedeutung von Küstenzonen und kleinen Inseln . . . . b) Verfassungsrechtliche Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Städtebauplanung in Küstenzonen und auf kleinen Inseln . . . . . . . . aa) Zuständigkeit zur Aufstellung von städtebaulichen Plänen in Küstenzonen und auf kleinen Inseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Sanfte städtebauliche Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Landwirtschaftsflächen („Flächen hoher landwirtschaftlicher Produktivität“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Olivenbaumgebiete und Landschaften besonderer natürlicher Schönheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Olivenbaumgebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Landschaften besonderer natürlicher Schönheit . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

322 322 322 324 325 325 327 329 329 330 332 333 335 337 337 343 345 345 345 346 349 352 352 352 353 354 356 357 359 361 362 363 364 365

Inhaltsverzeichnis

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II. Der von der Rechtsprechung des gr. Staatrates entwickelte allgemeine Grundsatz „Grün gegen Grün“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 1. Darstellung der Regel „Grün gegen Grün“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 2. Vergleich mit dem Kompensationsgebot der Eingriffsregelung . . . . . . 368 C. Versuch einer allgemeinen Dogmatik und vergleichende Bemerkungen . . . . 370 Schlussfolgerungen in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 Rechtsprechungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407

Abkürzungsverzeichnis a. A. ABl. Abs. Abschn. AöR Art. Armenüpouloò AgrarR AUR BauNVO BauGB BauR BauROG

BayNatSchG BayVBl BBauG BbgNatSchG Beschl. BGBl. BImSchG BkleingG BNatSchG BremNatSchG BVerfG BVerwG BVerwGE BWaldG DDNN DiDik DÖV DtA DV DVBl.

anderer Ansicht Amtsblatt Absatz Abschnitt Archiv des öffentlichen Rechts (Zeitschrift) Artikel Armenüpouloò (gr. Zeitschrift) Agrarrecht (Zeitschrift) Agrar- und Umweltrecht (Zeitschrift) Baunutzungsverordnung Baugesetzbuch Baurecht (Zeitschrift) Gesetz zur Änderung des BauGB und zur Neuregelung des Rechts der Raumordnung (Bau- und Raumordnungsgesetz) v. 18.8.1997 Bayerisches Naturschutzgesetz Bayerische Verwaltungsblätter (Zeitschrift) Bundesbaugesetz Naturschutzgesetz Brandenburg Beschluss Bundesgesetzblatt Bundes-Immissionsschutzgesetz Bundeskleingartengesetz Bundesnaturschutzgesetz Naturschutzgesetz Bremen Bundesverfassungsgericht Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Bundeswaldgesetz Deltûo Dioikhtikh·ò Nomoqesûaò kai Nomologûaò (gr. Zeitschrift) Dioikhtikh· Dûkh (gr. Zeitschrift) Die öffentliche Verwaltung (Zeitschrift) Dikaiÿmata tou Anqrÿpou (gr. Zeitschrift) Die Verwaltung (Zeitschrift) Deutsches Verwaltungsblatt (Zeitschrift)

Abkürzungsverzeichnis EAG Bau EDDDD

21

Europarechtsanpassungsgesetz Bau v. 24.6.2004 Epiqeÿrhsh Dhmosûou Dikaûou kai DioikhtikoŸ Dikaûou (gr. Zeitschrift) EfDhmDik Efhmerûda Dhmosûou Dikaûou (gr. Zeitschrift) EG Europäische Gemeinschaft EllD Ellhnikh· DikaiosŸnh (gr. Zeitschrift) EuGH Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft FFH-RL Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie Fn. Fußnote FS Festschrift G. (griechisches) Gesetz GG Grundgesetz GME Gemeinsame Ministerentscheidung gr. griechisch HbgNatSchG Naturschutzgesetz Hamburg HENatG Naturgesetz Hessen Hrsg. Herausgeber i. e. S. im engeren Sinne i. w. S. im weiteren Sinne JuS Juristische Schulung (Zeitschrift) JZ Juristenzeitung (Zeitschrift) Kap. Kapitel KoV Kodifizierende Verordnung Kritikh· Epiqeÿrhsh Kritikh· Epiqeÿrhsh (gr. Zeitschrift) LG NW Landesgesetz Nordrhein-Westfalen (zum Naturschutz) LNatSchG M. V. Landesnaturschutzgesetz Mecklenburg-Vorpommern LNatSchG Schl-H. Landesnaturschutzgesetz Schleswig Holstein LPflG Rhein-Pfalz Landespflegegesetz Rheinland-Pfalz ME Ministerentscheidung NatSchG Bad-Würrt. Naturschutzgesetz Baden-Württemberg NatSchGBln Naturschutzgesetz Berlin NatSchG SchsAnh Naturschutzgesetz Sachsen-Anhalt Nds.NatSchG Naturschutzgesetz Niedersachsen NdsVBl Niedersächsische Verwaltungsblätter (Zeitschrift) NJ Neue Justiz (Zeitschrift) NJW Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) NoB Nomikü Bh·ma (gr. Zeitschrift) Nümoò+Fu·sh Nümoò kai Fu·sh (gr. Zeitschrift) Nr. Nummer NuR Natur und Recht (Zeitschrift) NVwZ Neue Verwaltungszeitschrift (Zeitschrift)

22 NVwZ-RR OVG PerDik Plan-UP-RL RGBl. RL Rn. RNG ROG SaarlNatSchG SächsNatSchG Spgstr. StaatsratsE StaatsratsPE SUP ToS ThürNatG u. Ä. UPR Urt. u. v. a. UVP VBlBW VerwArch VGH vgl. VRL VwGO VwVfG WHG z. B. ZfBR ZfW ZUR

Abkürzungsverzeichnis Neue Verwaltungszeitschrift – Rechtsprechungsreport (Zeitschrift) Oberverwaltungsgericht PeribÜllon kai Dûkaio (gr. Zeitschrift) Plan-Umweltprüfungsrichtlinie Reichsgesetzblatt Richtlinie Randnummer Reichsnaturschutzgesetz Raumordnungsgesetz Naturschutzgesetz Saarland Naturschutzgesetz Sachsen Spiegelstrich Entscheidung des (griechischen) Staatsrates Bearbeitungsprotokoll des (griechischen) Staatsrates Strategische Umweltprüfung To SŸntagma (gr. Zeitschrift) Naturgesetz Thüringen und Ähnliches Umwelt- und Planungsrecht (Zeitschrift) Urteil und vieles andere Umweltverträglichkeitsprüfung Verwaltungsblätter Baden-Württemberg (Zeitschrift) Verwaltungsarchiv (Zeitschrift) Verwaltungsgerichtshof vergleiche Vogelrichtlinie Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz Wasserhaushaltsgesetz zum Beispiel Zeitschrift für deutsches und internationales Baurecht (Zeitschrift) Zeitschrift für Wasserrecht (Zeitschrift) Zeitschrift für Umweltrecht (Zeitschrift)

Einführung A. Struktur der Bauplanungssysteme in Deutschland und in Griechenland Das Verständnis der vorliegenden Arbeit setzt die Kenntnis der grundlegenden Strukturen der Bauplanungssysteme von Deutschland und von Griechenland voraus. Aus diesem Grund folgt eine kurze Darstellung der wesentlichen Grundlagen der Bauplanungssysteme beider Rechtsordnungen1. I. Städtebauliche Planung 1. In Deutschland In Deutschland2 gilt im Bauplanungsrecht das Prinzip der Planmäßigkeit, wonach die bauliche oder sonstige Nutzung der Grundstücke durch Bauleitpläne vorzubereiten und zu leiten ist3. Ferner haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist4. Die Aufstellung von Bauleitplänen und somit die Planung der städtebaulichen Entwicklung liegt somit im Aufgabenbereich der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften. Diese Kompetenz der Gemeinden ist sogar verfassungsrechtlich durch Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG gewährleistet (Planungshoheit). Die Bauleitplanung erfolgt in der Regel in zwei Stufen: Auf der ersten Stufe wird für das gesamte Gemeindegebiet5 der Flächennutzungsplan aufgestellt, der die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung er1 Dabei vgl. die entsprechenden Schemata 1, 2. a. und 2. b. der jeweiligen Bauplanungsstruktur im Anhang. 2 Zum deutschen Bauplanungssystem in der griechischen Sprache vgl. SchmidtAßmann, NoB 1984, S. 1498 ff. 3 § 1 Abs. 1 BauGB (Baugesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung v. 23.9.2004, BGBl. I, S. 2441). 4 § 1 Abs. 3 BauGB. 5 Im Regelfall ist hier das Gebiet einer Gemeinde gemeint. Vgl. aber dazu § 204 Abs. 1 BauGB, der den sog. gemeinsamen Flächennutzungsplan für mehrere Gemeinden vorsieht.

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gebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde an Grund und Boden in Grundzügen darstellt6. Mit dem Flächennutzungsplan macht also die Gemeinde ihre Absichten für eine geordnete städtebauliche Entwicklung geltend. Die Darstellungen sind im Flächennutzungsplan nur in Grundzügen enthalten, da sie flächendeckend das ganze Gemeindegebiet umfassen7. Aus diesem Grund ist der Flächennutzungsplan im Gesetz als ein bloßer vorbereitender Plan ausgestaltet, der keine direkte8 externe Rechtsverbindlichkeit für die Bürger entfaltet. Intern, d.h. gegenüber anderen öffentlichen Planungsträgern und vor allem bei der Aufstellung des Bebauungsplans in der zweiten Planungsphase, entfaltet der Flächennutzungsplan dagegen eine jeweils besonders intensiv ausgestaltete Rechtsverbindlichkeit9. In Ausnahmefällen sieht das Gesetz vor, dass auf den Flächennutzungsplan verzichtet werden kann. In diesen Fällen erfolgt die Bauleitplanung nur in einer Stufe, nämlich allein durch die Aufstellung des Bebauungsplans10. Im Normalfall wird aber ein Flächennutzungsplan aufgestellt; dann wird die städtebauliche Planung in einer zweiten konkreteren Ebene vollzogen, nämlich mit der Aufstellung des Bebauungsplans. Dabei handelt es sich um das wichtigste Instrument der gemeindlichen städtebaulichen Entwicklung. Der Bebauungsplan ist im Regelfall aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln (Entwicklungsgebot)11. Darin werden die Darstellungen des Flächennutzungsplans für den Bereich des Bebauungsplans konkretisiert und endgültig bestimmt. Sonst enthält der Bebauungsplan die genaueren Festsetzungen der baulichen Nutzungen im Plangebiet und ist für alle Betroffenen rechtsverbindlich. Wenn ein Bebauungsplan vorhanden ist, wird die Zuläs6

§ 5 Abs. 1 BauGB. Der Flächennutzungsplan darf bei Darstellung der Art der Bodennutzung über die Grundzüge nicht hinausgehen, so die ständige Rechtsprechung; dazu siehe die neue BVerwG, Urt. v. 18.8.2005 – 4 C 13.04 (OVG Oldenburg), NuR 2006, S. 235 ff. (236). 8 Für eine indirekte solche siehe im § 35 Abs. 3 Nr. 1 BauGB. 9 §§ 7 und 9 Abs. 2 S. 1 BauGB. Zur Rechtsnatur des Flächennutzungsplans als vorbereitende Planung siehe grundlegend Schmidt-Aßmann, Grundfragen des Städtebaurechts, S. 115 ff. 10 In diesem Fall wird ein „selbständiger“ Bebauungsplan nach § 8 Abs. 2 S. 2 BauGB entstehen, dazu Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, §§ 1–3 Vorab, Rn. 16. Diese Fälle sind von denjenigen Fällen zu unterscheiden, in denen der Flächennutzungsplan nach § 9 Abs. 3 S. 1 BauGB parallel mit einem Bebauungsplan aufgestellt, geändert, ergänzt wird (Parallelverfahren) oder ein Bebauungsplan nach § 9 Abs. 4 S. 1 BauGB vor dem entsprechenden Flächennutzungsplan aufgestellt, geändert, ergänzt oder aufgehoben wird (vorzeitiger Bebauungsplan). 11 § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB; zur neuesten Rechtsprechung zum Entwicklungsgebot siehe Stüer, DVBl. 2005, S. 461 ff. (461 f.). 7

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sigkeit jedes Vorhabens in seinem Geltungsbereich in der Regel12 aufgrund dessen Festsetzungen überprüft und die entsprechende Baugenehmigung nach dessen Regelungen erteilt13. In einem solchen Fall befinden wir uns in dem sog. qualifizierten Planbereich14. 2. In Griechenland Was das Bauplanungssystem in Griechenland anbelangt, ist zunächst eine Bemerkung über die aktuelle gesetzliche Lage unerlässlich: Das komplizierte griechische System der Städtebauplanung wurde im Rahmen der Kodifikation der wichtigsten städtebaulichen Gesetze durch die Präsidialverordnung vom 14.7.199915 (im Folgenden als „Kodifizierende Verordnung (KoV)“ bezeichnet) erheblich vereinfacht. Dennoch umfasst diese Kodifikation erstaunlicherweise das städtebauliche Gesetz 2508/199716 nicht. Dieses hat aber als neueres Gesetz vor den in der kodifizierenden Präsidialverordnung enthaltenen Vorschriften der älteren Gesetze Vorrang17. Darüber hinaus verweisen die neuen Vorschriften in einigen Fällen18 auf das alte, erste städtebauliche Gesetz im griechischen Recht vom 17.7.192319. So findet die Aufstellung von städtebaulichen Plänen zum Teil auch nach den Vorschriften des Gesetzes vom 17.7.1923 statt. Diese Kompliziertheit der städtebaulichen Normen im griechischen Recht wurde mehrfach kritisiert20: 12 Das gilt beim Vorhandensein eines sog. qualifizierten Bebauungsplans, nämlich eines Bebauungsplans, der mindestens (auch) Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzungen enthält sowie auch die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen bestimmt. Der qualifizierte Bebauungsplan bildet tatsächlich den Regelfall. Bei einem Bebauungsplan, der solche Bestimmungen nicht enthält, handelt es sich um einen sog. einfachen Bebauungsplan. Die Zulässigkeit der Vorhaben im Geltungsgebiet eines einfachen Bebauungsplans wird zwar in erster Linie an seinen Festsetzungen, in zweiter Linie aber auch (subsidiär) an den gesetzlichen Vorschriften über den Innen- bzw. Außenbereich (§§ 34 und 35 BauGB) gemessen, je nachdem, in welchem Geltungsbereich sich das Vorhaben befindet (§ 30 Abs. 3 BauGB). Dazu ausführlich unten Einf. A. II. 1. 13 § 30 Abs. 1 BauGB. 14 In der Literatur auch als qualifiziert beplanter Bereich oder etwas unpräzise als beplanter Bereich oder bloßer Planbereich bezeichnet. 15 Gr. ABl. D’ 580/27.7.1999. Diese Art von Kodifizierung durch Präsidialverordnung und nicht durch ein formelles Gesetz ist kritisiert worden, Efstratiou, Kodifikation, S. VIII. 16 Gr. ABl A’ 124. 17 Efstratiou, Kodifikation, S. IX. 18 Z. B. in den Fällen des § 19 Abs. 3, 4 G. 2508/1997, Efstratiou, Kodifikation, S. 4. 19 Gr. ABl A’ 228/16.8.1923. 20 Dazu Menoudakos, Nümoò+Fu · sh April 2005, www.nomosphysis.org.gr.; vgl. auch den Bericht des WWF Hellas mit dem Titel „Die Gesetzgebung über den Um-

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Sie ruft Probleme der Rechtssicherheit bei der Rechtsanwendung hervor. Eine Reform zur Vereinfachung der geltenden städtebaulichen Normen wird dringend empfohlen. Auch in Griechenland ist die städtebauliche Planung nunmehr zweistufig ausgestaltet21. Das war aber nicht immer der Fall22. Das erste griechische städtebauliche Gesetz vom 17.7.1923 sah nur eine einzige Stufe der Städtebauplanung vor: die Aufstellung des sog. Stadtplans, der dem deutschen Bebauungsplan entsprechen würde. Seit 1979 ist aber in Griechenland, wie in Deutschland, die Städtebauplanung zweistufig aufgebaut23: Zur ersten Stufe gehören zwei parallele Pläne, nämlich der Allgemeine Städtebauliche Plan 24 und der Plan räumlicher und städtebaulicher Organisation offener Stadt. Der Allgemeine Städtebauliche Plan wird vor der Errichtung eines neuen oder Erweiterung eines schon bestehenden baulichen Gebiets aufgestellt und enthält den allgemeinen Vorschlag der städtebaulichen Entwicklung durch die Darstellung der erforderlichen Bodennutzungen in ihren Grundzügen25. Dieser Plan wird für das gesamte Gebiet einer Stadt oder Gemeinde26 aufgestellt, in dem mindestens eine Siedlung von mehr als 2.000 Einwohnern enthalten ist27. Für Städte oder Gemeinden, die eine oder mehrere Siedlungen von weniger als 2.000 Einwohnern umfassen, wird entsprechend dem Allgemeinen Städtebaulichen Plan der Plan räumlicher und städtebaulicher Organisation offener Stadt vorgesehen28. Der Plan räumlicher und städtebaulicher Organisation offener Stadt ist zum ersweltschutz in Griechenland“ vom Mai 2005, veröffentlicht im Internet unter www.wwf.gr, S. 62 ff. Nach Risos, in: FS für den Staatsrat, S. 1191 ff. (1191) spiegelt die Qualität der Gesetzgebung im Städtebaurecht die Qualität der städtebaulichen Organisation wider. 21 Zu einer ausführlichen Darstellung des griechischen Städtebausystems in der deutschen Sprache siehe Efstratiou, DV 1984, S. 355 ff. Aus der griechischen Literatur siehe Skouris, Raumordnungs- und Baurecht, S. 98 ff.; Tzika/Chatzopoulou, Städtebaurecht; Efstratiou, Kodifikation, Einf. 22 Vgl. dagegen in Deutschland die zweistufige Struktur der Bauleitplanung schon in den §§ 1 Abs. 2 und 5 ff. BBauG 1960. 23 Zuerst hat dieses zweistufige System das G. 947/1979 (gr. ABl A’ 168/26.7.1979) vorgesehen. Diesem System sind auch das G. 1337/1983 (gr. ABl A’ 33/14.3.1983) und das neue G. 2508/1997 (gr. ABl A’ 124/13.6.1997) gefolgt. 24 Die Übersetzung der folgenden Begriffe der Städtebauplanung folgt dem Efstratiou, in: Schwarze/Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Ausmaß der gerichtlichen Kontrolle, S. 111 ff. 25 § 4 Abs. 5 gr. G. 2508/1997 und § 38 Abs. 1 und 2 KoV. 26 Städte und Gemeinden sind die nach dem gr. G. 2539/1997 (gr. ABl. 244/4.12.1997) zwei Kategorien der ersten Stufe der örtlichen Selbstverwaltung in Griechenland. 27 § 4 Abs. 1a) S. 1 gr. G. 2508/1997. 28 § 5 Abs. 1 gr. G. 2508/1997.

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ten Mal durch das G. 2508/1997 vorgesehen worden. In Griechenland ist somit zum ersten Mal erforderlich, dass ein städtebaulicher Plan auch diejenigen Ortsteile umfasst, die zwischen kleineren Siedlungen liegen (sog. freie Zwischenräume) und nicht unbedingt für die Bebauung bestimmt sind29. So wird die flächendeckende städtebauliche Planung auch in Griechenland, zumindest im Gesetzestext30, erreicht. Der Plan räumlicher und städtebaulicher Organisation offener Stadt erfüllt also genau dieselbe Rolle wie der Allgemeine Städtebauliche Plan, allerdings für die ländlichen Gebiete, die nur kleinere Siedlungen einschließen31. Aus diesem Grund verweist das Gesetz bei der Regelung des Plans räumlicher und städtebaulicher Organisation offener Stadt entsprechend auf die Vorschriften über den Allgemeinen Städtebaulichen Plan32. Nach dem Gesetz ist die städtebauliche Planung in der ersten Stufe vor der Bebauung eines bestimmten Gebiets erforderlich33. Nach alldem liegt es auf der Hand, dass der Allgemeine Städtebauliche Plan (bzw. der Plan räumlicher und städtebaulicher Organisation offener Stadt) als die allgemeinere Stufe der Städtebauplanung in Griechenland zwar dem Flächennutzungsplan des deutschen Rechts entspricht. Dieser Plan weist aber zugleich einen wesentlichen Unterschied zum Flächennutzungsplan auf, indem er keine vorbereitende Planung, sondern eine verbindliche solche darstellt. Und es trifft zwar zu, dass die erste Ebene der Städtebauplanung bloße Vorschläge für die städtebauliche Entwicklung beinhaltet, die in der Städtebaulichen Studie später konkretisiert werden müssen. Trotzdem werden diese Regelungen als unmittelbar verbindlich nicht nur für die Verwaltung, sondern auch für die Bürger angesehen, da sie die Be29

Giannakourkou, PerDik 1997, S. 173 ff. (175). Denn in der Praxis sind noch viele Allgemeine Städtebauliche Pläne nicht aufgestellt worden und Pläne räumlicher und städtebaulicher Organisation offener Stadt sind noch keine entstanden. Dazu Bericht des WWF Hellas mit dem Titel „Die Gesetzgebung über den Umweltschutz in Griechenland“ vom Mai 2005, veröffentlicht im Internet unter www.wwf.gr, S. 62 ff. 31 Diese Zwiespaltung der Städtebauplanung der ersten Stufe wurde in der griechischen Literatur wegen ihrer Kompliziertheit kritisch angesehen, Giannakourou, PerDik 1997, 173 ff. (175 f.). 32 § 5 Abs. 3 G. 2508/1997. Wenn in den folgenden Ausführungen der Begriff „Allgemeiner Städtebaulicher Plan“ undifferenziert benutzt wird, wird darunter immer auch der Plan räumlicher und städtebaulicher Organisation offener Stadt für die entsprechenden Flächen zu verstehen sein. 33 § 7 Abs. 1 S. 1 gr. G. 2508/1997. Für die Zwischenzeit bis zur Aufstellung der erforderlichen Allgemeinen Städtebaulichen Pläne bzw. Pläne räumlicher und städtebaulicher Organisation offener Stadt hat der Gesetzgeber in § 7 Abs. 1 S. 2 gr. G. 2508/1997 vorgesehen, dass andere, übergeordnete Raumpläne (z. B. Regelungspläne, Zonen baulicher Kontrolle und die sog. Besonderen Raumordungspläne) sie vorläufig ersetzen können. 30

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stimmung von baulichen Nutzungen beinhalten, die Grundrechte einschränken können34. Diese Tatsache ist während der folgenden Untersuchung stets im Auge zu behalten, weil sie von entscheidender Bedeutung für die Beantwortung bestimmter Fragen sein wird. In der zweiten Stufe der Städtebauplanung in Griechenland wird die Städtebauliche Studie aufgestellt. Die Aufstellung der Städtebaulichen Studie ist im Regelfall die Voraussetzung für die Realisierung der städtebaulichen Entwicklung. Dieser Plan entsteht auf der Basis und gemäß den Darstellungen der Pläne der ersten Stufe, nämlich des Allgemeinen Städtebaulichen Plans bzw. des Plans räumlicher und städtebaulicher Organisation offener Stadt, und zur Verwirklichung deren Inhalts35. Die Städtebauliche Studie ist allgemeinverbindlich. Bei Vorhandensein eines solchen Plans muss jede Baugenehmigung seinen Anforderungen entsprechen. Somit entspricht die Städtebauliche Studie dem Bebauungsplan des deutschen Rechts. In diesem Punkt muss auch eine weitere Kategorie von Raumplänen erwähnt werden, die sich im griechischen Recht zwischen der Raumordnung und der Städtebauplanung befindet. Es handelt sich um die sog. Regelungspläne. Diese Pläne stellen eine Mischform zwischen den Raumordnungsplänen und den städtebaulichen Plänen dar. Durch sie werden bestimmte große Städte Griechenlands umfassend überplant. Weil besagte Städte besondere Probleme aufweisen, die einer speziellen Behandlung bedürfen, hat der griechische Gesetzgeber diese besondere Art von Raumplänen speziell für große Städte vorgesehen, die ein Zentrum in ihrer Region darstellen, so dass die komplexen Probleme dieser Großstädte und ihres Umfelds effektiver gelöst werden können. Aufgrund ihres umfassenden Charakters werden die Regelungspläne oft als Raumordnungspläne angesehen36. Vom Gesetzgeber werden sie aber eindeutig der Städtebauplanung zugeordnet37. Die Regelungspläne müssen sich an die ihnen übergeordneten Raumordnungspläne anpassen und müssen die untergeordneten städtebaulichen Pläne an 34 Z. B. § 4 Abs. 3 und 4 gr. G. 2508/1997. Siehe auch § 4 Abs. 8 S. 1 gr. G. 2508/1997, wonach Baugenehmigungen, die im Gegensatz zu Festsetzungen des Allgemeinen Städtebaulichen Plans stehen, unzulässig sind. So Skouris, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 68, Fn. 12; Tzika-Chatzopoulou, Städtebaurecht, S. 82; StaatsratsE 1088/1988, NoB 1989, S. 809 ff.; 1094/1988; 3103/1990; a. A. Efstratiou, DV 1984, S. 355 ff. (367). 35 § 7 Abs. 2 S. 1 gr. G. 2508/1977 und § 43 Abs. 2 KoV; Dazu vgl. Efstratiou, Kodifikation, S. 28 f.; StaatsratsE 1088/1988. 36 Efstratiou, Kodifikation, S. 18, Tzika-Chatzopoulou, Baurecht, S. 85. Diese zwei „Regelungspläne“ für Athen und Thessaloniki sind in Form von Parlamentsgesetzen erlassen worden. 37 § 2 G. 2508/1997 wird nämlich im Kapitel A’ des Gesetzes eingeordnet, das den Titel „Leitende Grundsätze und grundlegende Vorschriften je nach Stufe der städtebaulichen Planung“ trägt.

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ihren Inhalt binden. Somit sind die Regelungspläne für die Vorbereitung und die Steuerung der städtebaulichen Pläne in den Großstädten Griechenlands gedacht. Die ersten Regelungspläne sind durch die Gesetze 1515/1985 für Athen38 und 1561/1985 für Thessaloniki39 erlassen worden. Diese zwei Gesetze sind in der KoV kodifiziert worden40. Kurz darauf ist das Gesetz 2508/1997 erlassen worden, das Regelungspläne auch für bestimmte andere große Städte vorgesehen hat und die Möglichkeit der Aufstellung eines Regelungsplans auch für weitere Städte Griechenlands offen gelassen hat, wenn diese die Merkmale einer Großstadt aufweisen41. Bis zum jetzigen Zeitpunkt sind aber Regelungspläne nur für Athen und Thessaloniki erlassen worden. Die Aufstellung von Regelungsplänen in den anderen Großstädten wird vermutlich noch lange auf sich warten lassen. 3. Unterschied zwischen den beiden Systemen der städtebaulichen Planung In diesem Punkt ist auf einen grundlegenden Unterschied zwischen dem deutschen und dem griechischen Recht der Städtebauplanung aufmerksam zu machen, der in den folgenden Ausführungen immer wieder von Bedeutung sein wird: Die städtebauliche Planung ist in Deutschland eine Aufgabe der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften. Die Gemeinden genießen von Verfassungs wegen das Recht auf Selbstverwaltung42, das unter anderem die Planungshoheit beinhaltet. Im Gegensatz dazu sind die kommunalen Körperschaften in Griechenland nicht für die städtebauliche Planung zuständig. Ihnen werden zwar manche Aufgaben im Rahmen des Aufstellungsverfahrens übertragen, wie z. B. die Durchführung der Öffentlichkeitsbeteiligung. Ansonsten stellt aber die städtebauliche Planung eine Aufgabe des zentralen Staates dar43. In beiden Stufen der Städtebauplanung werden die Pläne durch eine zentrale Behörde genehmigt: der Allgemeine Städtebauliche Plan grundsätzlich vom Allgemeinen Sekretär der Region (= Vertreter der Regierung in den verschiedenen Regionen) und ausnahmsweise vom Minister für Umwelt, Raumordnung und öffentliche 38

Gr. ABl. A’ 18/18.2.1985. Gr. ABl. A’ 148/6.9.1985. 40 Entsprechend in den §§ 8 ff. für den Regelungsplan von Athen und den §§ 23 ff. für den Regelungsplan von Thessaloniki. 41 § 2 gr. G. 2508/1997. 42 Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG. 43 Ausführlich zum Begriff der örtlichen Angelegenheiten, die den örtlichen Selbstverwaltungskörperschaften nach dem Art. 102 Abs. 1 S. 1 gr. Verfassung 1979/1986/2001 gehören, Efstratiou, PerDik 2003, S. 24 ff. (27 ff.). Zu den Zuständigkeiten der örtlichen Selbstverwaltungskörperschaften in umweltrechtlichen Angelegenheiten siehe Skanavi/Zacharaki, PerDik 2004, S. 193 ff. 39

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Werke44. Die Städtebauliche Studie wird durch Präsidialverordnung nach einem Vorschlag des Ministers für Umwelt, Raumordnung und öffentliche Werke erlassen45. Nach der ständigen Rechtsprechung des obersten Verwaltungsgerichts (Staatsrat) ist sogar eine Übertragung der städtebaulichen Planung auf die kommunalen Körperschaften von Verfassungs wegen unzulässig, da sie ausschließlich eine Aufgabe der zentralen Verwaltung darstellt. Der Grund dafür ist, dass die städtebauliche Planung ohne den Einfluss von partiellen privaten Interessen im Kleinraum der Selbstverwaltungskörperschaften und anhand von einheitlichen Kriterien für das gesamte Land erfolgen soll46. Diese verfassungsrechtliche Sperre ist aber durch die neueste Änderung der griechischen Verfassung von 200147 aufgehoben worden. Nach Art. 102 Abs. 1 S. 4 gr. Verfassung 1975/1986/200148 kann durch Gesetz den kommunalen Körperschaften die Durchführung von Aufgaben der zentralen staatlichen Verwaltung übertragen werden. Man fragt sich also, ob nach der neuen verfassungsrechtlichen Rechtslage die Aufgaben der städtebaulichen Planung den kommunalen Körperschaften in jedem einzelnen Fall übertragen werden könnten, auch wenn sie als keine örtliche Angelegenheit bezeichnet werden können49. Der Gesetzgeber hat schon von dieser verfassungsrechtlich dargebotenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, indem er in § 10 Abs. 1 gr. G. 3044/200250 die Zuständigkeit der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften für die meisten Aufgaben der städtebaulichen Planung festgelegt hat. Aus diesem Anlass hat der gr. Staatsrat die Gelegenheit gehabt, die neue verfassungsrechtliche Ermächtigung des Art. 102 Abs. 1 S. 4 gr. Verfassung 44

§ 4 Abs. 10 G. 2508/1997. § 7 Abs. 3 G. 2508/1997. 46 Z. B. StaatsratsE 2774/1998; 4033/1998; 5/1999; 2317/1999, Nümoò+Fu · sh 1999, S. 727 ff.; 2318/1999; 2319/1999; 1227/2000; 1242/2000; 2446/2000, PerDik 2001, S. 87 ff.; 285/2001; StaatsratsPE 2/1996; 508/1997; 601/2002, PerDik 2003, S. 106 ff.; dazu Gogos, Nümoò+Fu·sh Mai 2005, www.nomosphysis.org.gr.; Oikonomou, PerDik 2000, S. 521 ff. (525 f.). 47 Gr. ABl 85/A/18.4.2001. 48 Diese Form des Zitierens der griechischen Verfassung bedeutet, dass sie im Jahre 1979 erlassen worden ist und dass sie dann zum ersten Mal im Jahre 1986 und zum zweiten Mal im Jahre 2001 revidiert worden ist. 49 Zu dieser Frage Giannakourou, PerDik 2000, S. 360 ff. (361). Diese Frage bejahend Venizelos, Die positiven Einwirkungen der Verfassungsänderung von 2001, S. 381. Nach Ziamos, PerDik 1999, S. 544 ff. (555), kann eine Kooperation von Staat und kommunalen Körperschaften im Bereich der städtebaulichen Planung nie zum „Verkauf“ der Zuständigkeiten oder zur Abschaffung des Ermessens der staatlichen Organe führen. 50 Gr. ABl. A’ 197. 45

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auszulegen. Der gr. Staatsrat hat diese Regelung tatsächlich so interpretiert, dass die Möglichkeit der Übertragung von Zuständigkeiten der zentralen Verwaltung auf die kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften keine Aufgaben umfassen kann, die Auswirkungen außerhalb der Grenzen der jeweiligen Selbstverwaltungskörperschaft haben oder Einfluss auf die allgemeinen nationalen Interessen ausüben könnten. Ferner ist diese Übertragung nur unter den allgemeinen Voraussetzungen der Übertragung von Zuständigkeiten auf Verwaltungsorgane möglich, die im Art. 43 Abs. 2 gr. Verfassung niedergeschrieben sind. Danach kann die Übertragung von Zuständigkeiten auf die örtlichen Selbstverwaltungskörperschaften nur spezielle Fragen, Fragen lokalen Interesses oder mit technischem oder sonstigem Detailcharakter betreffen51. In diesem Sinne ist der gr. Staatsrat zum Schluss gekommen, dass die Übertragung der Zuständigkeit zur Änderung oder Erweiterung einer Städtebaulichen Studie auf die kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften im Falle der Überplanung von ökologisch besonders wertvollen Gebieten unzulässig ist, weil solche Pläne Interessen des Staates von herausragender Bedeutung berühren und ihre Bedeutung über die Grenzen der betroffenen Selbstverwaltungskörperschaften hinausgeht52. Zu diesem Thema wird mehr noch im Weiteren zu sagen sein. Unbestritten und festzuhalten ist folglich, dass in Griechenland die städtebauliche Planung keine verfassungsrechtlich garantierte Aufgabe der kommunalen Gebietskörperschaften, sondern eine Aufgabe des zentralen Staates darstellt. II. Planersatz Soeben ist die Struktur der Städtebauplanung in beiden Rechtsordnungen erklärt worden. Darüber hinaus können aber die bauliche Entwicklung und die Bebauung sowohl in Deutschland als auch in Griechenland auch jenseits der städtebaulichen Planung und insbesondere jenseits des Bebauungsplans bzw. der Städtebaulichen Studie stattfinden. Die städtebauliche Planung ist ein kosten- und zeitaufwendiges Verfahren. Auf die Pläne der zweiten Stufe der Städtebauplanung wird in beiden Ländern nur dann zurückgegriffen, wenn es für die städtebauliche Ordnung erforderlich ist. Das ist dann der Fall, wenn die städtebauliche Entwicklung nach der Ansicht der aufstellenden Behörde eine bestimmte qualitatitive und/oder quantitative Schwelle übersteigt. Das trifft z. B. nicht bei der Verwirklichung jedes neuen Bau51

StaatsratsPE, 601/2002, PerDik 2003, 106 ff. (107 f.). StaatsratsPE 601/2002, PerDik 2003, S. 106 ff. (112); 602/2002. Diese Rechtsprechung billigend Efstratiou, PerDik 2003, S. 24 ff. (35); Gogos, Nümoò+ Fu·sh Mai 2005, www.nomosphysis.org.gr. So auch die neuere StaatsratsE 3661/2005, die sich sogar auf alle Fälle der städtebaulichen Planung und nicht nur auf die Gebiete eines hohen ökologischen Wertes bezieht. 52

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vorhabens unbedingt zu53. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber in beiden Rechtsordnungen Vorschriften für den Fall erlassen, dass kein Bebauungsplan bzw. keine Städtebauliche Studie vorhanden sind, die Bebauung aber unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt werden soll. Dabei handelt es sich um eine Art „gesetzlicher Planung“, da der Gesetzgeber mangels eines Plans im herkömmlichen Sinne des Wortes selbst Vorschriften über die Regelung der Bebauung erlässt. In diesem Fall befinden wir uns also nicht mehr im Bereich der Städtebauplanung, sondern im Bereich des sog. Planersatzes 54. 1. Innen- und Außenbereich in Deutschland In Deutschland wird der nicht qualifiziert beplante Bereich in zwei Kategorien gegliedert: Innenbereich und Außenbereich. Diese Kategorisierung des Bauplanungsrechts in qualifiziert beplantem Bereich, Innen- und Außenbereich ist abschließend und flächendeckend, so dass jeder Quadratmeter des Gemeindegebiets auf jeden Fall einem der drei Bereiche zuzuordnen ist55. Wie der Innenbereich zu definieren und vom qualifizierten Planbereich und vom Außenbereich abzugrenzen ist sowie unter welchen Voraussetzungen bestimmte Vorhaben in diesen Gebieten zulässig sein sollen, wird in § 34 BauGB geregelt. Zum Innenbereich gehören die Flächen, die von keinem qualifizierten Bebauungsplan erfasst werden und trotzdem einen Ortsteil bilden, der von einer zusammenhängenden Bebauung geprägt ist. Wie diese Bebauung zustande gekommen ist, spielt für die Einordnung eines Gebiets zum Innenbereich grundsätzlich keine Rolle56. Ausreichend ist allein, dass die in Frage kommende Gegend einen „Ortsteil“ bildet, also einen gewissen Grad an Geschlossenheit und Vollkommenheit aufweist, so dass eine organische Siedlungsstruktur vorhanden ist, und dass die darin enthaltene Bebauung ein gewisses Maß an Zusammengehörigkeit hervorbringt57. Zum Innenbereich gehören also bestimmte Teile der von einem qualifizierten Bebauungsplan unbeplanten Flächen, die eine tatsächliche bauliche Ein53

Schmidt-Aßmann, JuS 1981, S. 731 ff. (731). In der deutschen Literatur wird manchmal begrifflich zwischen gesetzlicher Ersatzplanung (= Innenbereich nach § 34 BauGB) und Planersatz (Außenbereich nach § 35 BauGB) differenziert, Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 34, Rn. 1. Der Begriff des Planersatzes taucht nur im deutschen Recht auf, er wird aber für die Zwecke dieser Untersuchung einheitlich für das deutsche und das griechische Recht verwendet. 55 Schmidt-Aßmann, JuS 1981, S. 731 ff. (731). 56 Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 34, Rn. 4. 57 Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 7, Rn. 107 ff.; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 34, Rn. 7 ff. 54

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heit bilden und die vorwiegend dazu bestimmt sind, eine zukünftige Erweiterung der Bebauung und eine geordnete städtebauliche Entwicklung auf diese Flächen zu ermöglichen58. Aus diesem Grund ist nach dem Gesetz die Zulässigkeit eines Vorhabens im Innenbereich in der Regel anzunehmen, wenn das Vorhaben sich in jeder Hinsicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt59. Der Gedanke des Gesetzgebers, der in dieser Voraussetzung des „Einfügens“ steckt, ist das Rücksichtnahmegebot des Hinzutretenden gegenüber dem Vorhandenen60. In genau im Gesetz beschriebenen Fällen kann bei der Zulässigkeitsprüfung in Einzelfällen von der Voraussetzung des „Einfügens“ abgewichen werden. Diese Abweichung wird aber im Gesetz durch andere strenge Voraussetzungen kompensiert61. Alle Flächen eines Gemeindegebiets, die weder dem qualifizierten Planbereich noch dem Innenbereich angehören, sind dem Außenbereich zuzuordnen. Diese negative Definition ist zum ersten Mal von § 19 Abs. 2 S. 1 BBauG 196062 ausdrücklich gesetzlich formuliert und trotz ihrer Streichung durch das BauROG 1998 ist immer noch von einer negativen Abgrenzung des Außenbereichs auszugehen63. Darin kommt die sog. Auffangfunktion des Außenbereichs zum Ausdruck und die Lückenlosigkeit des Bauplanungssystems bezüglich der Zugehörigkeit jedes Grundstücks zu einem der drei oben genannten Bereiche wird auf diese Weise gesichert. Im Gegesatz zum Innenbereich sind die dem Außenbereich zugehörenden Flächen grundsätzlich nicht für die Bebauung bestimmt. Traditionell sind dem Außen58

Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 7, Rn. 102; Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, Vorb §§ 29–38, Rn. 6. 59 § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB. Nach dieser Vorschrift ist auch die Sicherung der Erschließung als Voraussetzung für die Zulässigkeit des Vorhabens ausdrücklich erwähnt. Da aber dies eine gemeinsame Voraussetzung für die Bebauung auch im qualifizierten Planbereich und im Außenbereich (in diesem Fall in Form der Sicherung einer ausreichenden Erschließung) darstellt, ist auf sie im Weiteren nicht näher einzugehen. 60 Schmidt-Aßmann, JuS 1981, S. 731 ff. (731); Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 34, Rn. 17; Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels (Hrsg.), Öffentliche Baurecht, § 7, Rn. 150. Zum Gebot der Rücksichtnahme auch bei der Aufstellung von Bebauungsplänen und bei der Festsetzung der baulichen Nutzungen siehe Näheres unten 2. Teil Kap. 1. D. I. 2. b). 61 § 34 Abs. 3a BauGB. In diesem Punkt ist anzumerken, dass diese Ausnahmeregelung, die zugleich eine bedeutende Eröffnung der Zulässigkeitstatbestände für Vorhaben im Innenbereich vollzogen hat, zum ersten Mal durch das BauGB 1987 eingeführt wurde, dann durch das BauROG 1998 aufgehoben wurde, um mit dem EAG Bau 2004 leicht verändert erneut aufzutauchen. Zum Hintergrund dieser Schwankungen des Gesetzgebers siehe Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 34, Rn. 56 f.; Krautzberger/Stüer, DVBl. 2004, S. 781 ff. (786). 62 Bundesbaugesetz v. 23.6.1960, BGBl. I 1960, S. 341 ff. 63 Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 7, Rn. 180 f.; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 35, Rn. 2.

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bereich andere Funktionen eingeräumt, nämlich die Erholungsfunktion für die Menschen, eine Regenerations- und Schutzfunktion für die natürliche Umwelt, die landwirtschaftliche und andere betriebsfachliche Nutzungsfunktionen von Flächen, für die der Außenbereich am besten geeignet ist, und schließlich eine Reservefunktion für zukünftige Inanspruchnahme von bis zu diesem Zeitpunkt freien Flächen zu einer eventuellen geordneten städtebaulichen Entwicklung nach Bedarf64. Der Außenbereich ist also prinzipiell von der Bebauung freizuhalten. Der Gesetzgeber ist sich aber der Tatsache bewusst, dass diese Regel aus praktischen Erwägungen nicht ausnahmslos bleiben kann. Demzufolge sieht er in § 35 BauGB bestimmte Tatbestände vor, bei denen Vorhaben im Außenbereich zulässig sein sollen. So werden unter jeweils unterschiedlichen Bedingungen privilegierte65 und sonstige66, darunter allerdings auch teilprivilegierte67 Vorhaben zugelassen. Bei diesen Kategorien von Vorhaben werden die Zulässigkeitsvoraussetzungen stufenweise je nach Steigerung der allgemeinen Außenbereichsverträglichkeit der voraussichtlichen Nutzung gelockert. Grundsätzlich gilt die Regel, dass die Berührung des Vorhabens mit öffentlichen Belangen die Zulässigkeit dieses Vorhabens verhindern kann, wenn die Betroffenheit der öffentlichen Belange im konkreten Fall eine bestimmte Schwelle überstiegen hat. Diese Schwelle ist aber vom Gesetzgeber für jede der drei Kategorien von Vorhaben unterschiedlich hoch angesetzt. So ist erst der Gegensatz von öffentlichen Belangen geeignet, die Zulässigkeit von privilegierten Vorhaben zu verhindern, wobei bei den sonstigen Vorhaben die bloße Beeinträchtigung von öffentlichen Belangen für die Ablehnung der Zulässigkeit des Vorhabens schon ausreicht. Bei den in § 35 Abs. 4 BauGB aufgelisteten teilprivilegierten Vorhaben, die durch die zahlreichen Novellen des Bauplanungsrechts immer wieder erweitert worden sind68, wird aber die Zulässigkeit von Vorhaben erheblich erweitert, da den besagten Vorhaben bestimmte öffentliche Belange nicht entgegengehalten werden können. Dafür müssen aber die teilprivilegierten Vorhaben nach dem ROG 1998 gemäß § 35 Abs. 4 S. 1 BauGB außenbereichsverträglich sein. Schließlich ist eine weitere Absicherung des Außenbereichs darin zu sehen, dass alle Vorhaben in diesem Bereich nach § 35 Abs. 5 S. 1 BauGB auf eine flächensparende und für den Außenbereich schonende Weise durchgeführt werden müssen. 64 Schmidt-Aßmann, JuS 1981, S. 731 ff. (731 f.); Bönker, in: Hoppe/Bönker/ Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 7, Rn. 174. 65 § 35 Abs. 1 BauGB. 66 § 35 Abs. 2 BauGB. 67 § 35 Abs. 4 BauGB. Die teilprivilegierten Vorhaben werden in der Literatur auch als begünstigte Vorhaben bezeichnet. So z. B. Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 35, Rn. 1. 68 Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 7, Rn. 253.

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Schon aus dieser kurzen Darstellung des Innen- und Außenbereichs lässt sich der Schluss ziehen, dass durch diese Institutionen das deutsche Recht die Vermeidung von Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung von Splittersiedlungen69 und zusammenhangloser Bebauung durch die unnötige Inanspruchnahme von freien Flächen im nicht qualifizierten Planbereich erreicht. Die beliebige und willkürliche Bebauung ohne einen gesetzlich vorgesehenen oder (zumindest) „gesetzlichen“ Plan ist also auf keinem Grundstück des deutschen Bodens rechtlich gestattet. Seit der ersten Regelung des Innen- und Außenbereichs im BBauG 1960 hat es zwar immer wieder umfassende Änderungen der Regeln über die Zulässigkeit der entsprechenden Vorhaben gegeben und sich dabei eine vorsichtige, aber deutliche Tendenz zur Öffnung der Bebauungsvoraussetzungen, vor allem im Außenbereich, gezeigt70. Trotzdem gewährleistet die genaue gesetzliche Festlegung der Zulässigkeitsvoraussetzungen auch für den Innen- und Außenbereich eine in Grenzen gehaltene, gewissermaßen geordnete und den Naturhaushalt schützende Bebauung. 2. Die „Bebauung ohne Städtebauliche Studie“ in Griechenland In Griechenland sind die Regelungen über die Bebauung ohne eine Städtebauliche Studie völlig anders aufgebaut als in Deutschland. Die entsprechenden Vorschriften, die seit jeher71 in vielen und verschiedenen Gesetzen verstreut waren und den Überblick für den Rechtsanwender erheblich erschwerten, sind nunmehr in der Verordnung vom Jahre 1999 (KoV) kodifiziert worden72. Der Regelung der Bebauung ohne Städtebauliche Studie ist in der KoV ein ganzes Kapitel (Kapitel H’) im Teil II73 der Verordnung gewidmet. Die Vorschriften des Kapitels H’74 enthalten die Vorraussetzungen der Bebauung in denjenigen Gebieten, wo keine Städtebauliche Studie vorhanden ist. 69

§ 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 BauGB. Speziell zur geschichtlichen Entwicklung Jäde, UPR 1993, S. 48 ff. (50 ff.). 71 Die Geschichte der Bebauung ohne städtebaulichen Plan in Griechenland ist sehr lang und stürmisch. Sie geht schon auf das erste griechische städtebauliche Gesetz von 1923 zurück, das in § 9 die Verwaltung ermächtigte, Bedingungen und Beschränkungen der Bebaubarkeit außerhalb des sog. Stadtplans zu erlassen. 72 Kritisch zu dieser Institution der Bebauung ohne Städtebauliche Studie Christofilopoulos, Nümoò+Fu·sh 1999, S. 113 ff.; Oikonomou, PerDik 2000, S. 521 ff. (523); Risos, in: FS für den Staatsrat, S. 1191 ff. (1193 f.); Bericht des WWF Hellas mit dem Titel: „Die Gesetzgebung über den Umweltschutz in Griechenland“ vom Mai 2005, veröffentlicht im Internet unter www.wwf.gr, S. 62 ff. 73 Dieser Teil II des Gesetzes trägt den Titel: „Städtebauliche Planung und Bebauung“. 74 Es handelt sich um die §§ 162–182 der KoV. 70

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Diese Bebauung ist auf zwei Ebenen geregelt: § 162 KoV enthält die allgemeinen Bedingungen und Voraussetzungen der Bebaubarkeit und der Bebauung. Die allgemeinen Voraussetzungen der Bebauung in § 162 KoV sehen für die Zulässigkeit von Vorhaben etwa eine Grundfläche von mindestens 4.000 Quadratmeter, 10% als Maß der Bebauungsdeckung des Grundstücks, einen Abstand der baulichen Anlage von mindestens 15 Meter von den Grenzen des Grundstücks, höchstens 2 Geschosse, maximale Höhe der baulichen Anlagen von 7,5 Meter usw. vor. Diese Bedingungen und Voraussetzungen der Bebauung sind dann anzuwenden, wenn keine der in den nachfolgenden §§ 163–182 beschriebenen Nutzungen und somit die für die jeweilige Nutzung festgelegten besonderen Vorschriften in Betracht kommen. In den §§ 163 ff. werden sonst besondere Bedingungen und Voraussetzungen der Bebaubarkeit und der Bebauung für jede bestimmte bauliche Nutzung (Bauwerke für die Landwirtschaft, Wasseranlagen, Industrieanlagen, Bürogebäude und Geschäfte, Wohnung, Gebäude für den Gemeinbedarf u. a.) festgeschrieben. In diesen Fällen wird von den oben dargestellten allgemeinen Voraussetzungen der Bebauung nach § 162 KoV je nach baulicher Nutzung abgewichen, so dass die Zulässigkeit der entsprechenden Vorhaben erleichtert oder erschwert wird. 3. Vergleich zwischen Deutschland und Griechenland Schon aus dieser kurzen Gegenüberstellung des gesetzlichen Planersatzes in Deutschland und in Griechenland geht ein wesentlicher struktureller Unterschied zwischen den beiden Rechtsordnungen hervor: In Deutschland wird durch die Differenzierung zwischen Innen- und Außenbereich zweierlei erreicht: Erstens wird der Bedarf an Bebauung und Erweiterung der städtebaulichen Entwicklung auch außerhalb des Bebauungsplans gedeckt. Zweitens bleiben genügend freie Flächen übrig, die vor der Bebauung dauerhaft geschützt werden, so dass die entsprechenden Funktionen des Außenbereichs (z. B. Erholungsfunktion, Regenerationsfunktion, Naturschutzfunktion usw.) erfüllt werden können. Durch die Aufteilung des nicht qualifiziert beplanten Bereichs in zwei getrennte Bereiche mit unterschiedlichen Bestimmungen und Funktionen und durch die entsprechende Differenzierung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für Vorhaben in diesen beiden Bereichen wird eine Kompromisslösung angenommen: Der Kompromiss wird zwischen den Belangen, die zu einer Ermöglichung der Bebauung auch in den unbeplanten Gebieten drängen, und denjenigen, die für eine Erhaltung dieser Flächen in ihrem natürlichen Zustand sprechen, erreicht. Im Gegensatz zum deutschen Recht erfolgt der gesetzliche Planersatz in Griechenland einheitlich auf einer einzigen Ebene. Auf diese Weise erfolgt keine vernünftige Einteilung zwischen den Flächen, wo die Zulässigkeit

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von Vorhaben eher anzunehmen ist, und den sonstigen, wo die Zulässigkeit nur in ganz seltenen Fällen anzunehmen bzw. eher abzulehnen ist. Die gegenseitigen Interessen werden nicht zufriedenstellend ins Gleichgewicht gebracht, da durch die grundsätzliche Zulässigkeit von Vorhaben (unter meistens formellen Voraussetzungen über die Eigenschaften des Grundstücks und die Art und Weise der Bebauung) den für die Bebauung sprechenden Belangen Vorrang verliehen wird. Aus diesem Grund vermitteln die Vorschriften über die Bebauung im unbeplanten Bereich in Griechenland, im Gegensatz zu Deutschland, den Eindruck keiner Ausnahmeregelung, sondern vielmehr einer eigenständigen und regelmäßigen Regelung der Bebauung außerhalb der beplanten Flächen. Dieses Ergebnis widerspricht aber der Grundregel, die in § 7 Abs. 2 gr. G. 2508/1997 niedergeschrieben ist. Danach muss für die Bebauung eines bestimmten Gebiets grundsätzlich (mindestens) ein städtebaulicher Plan der zweiten Stufe vorhanden sein, der die Bebaubarkeit der beplanten Flächen vorsieht und regelt. Die unbeplanten Flächen sind im Prinzip nicht für die Bebauung bestimmt75. Aus diesem Grund erweckt die Regelmäßigkeit der Zulässigkeit von Vorhaben in Gebieten ohne Städtebauliche Studie im griechischen Recht gerechtfertigte Bedenken über die systematische Richtigkeit der entsprechenden gesetzlichen Vorschriften76. Darüber hinaus ist aber auch ein wichtiger Unterschied in der Qualität und dem materiellrechtlichen Inhalt der Regelung der Zulässigkeitsvoraussetzungen in beiden Rechtsordnungen festzustellen: Im griechischen Recht werden vorwiegend77 die besonderen Voraussetzungen der Bebauung, entweder generell oder speziell für bestimmte gesetzlich festgelegte bauliche Nutzungen vorgeschrieben. Das Gesetz beantwortet praktisch mit konkreten und sehr detaillierten Regelungen die Frage, wie die Vorhaben außerhalb einer Städtebaulichen Studie gebaut werden müssen. Es enthält keine Abgrenzung der zulässigen von den unzulässigen baulichen Nutzungen und keine Festlegungen der substanziellen Kriterien der Zulässigkeit. Die Vorschriften des griechischen Gesetzes sollten also eher dem Bauordnungsrecht als dem Bauplanungsrecht zugeordnet werden. Es lässt sich also zu Recht bezweifeln, ob in Griechenland von einem richtigen Planersatz die Rede sein kann. Der Un75 Diese Aussage entspricht der ständigen Rechtsprechung des gr. Staatsrates; beispielhaft werden folgende Urteile erwähnt: StaatsratsE 2690/1994; 3135/2002, Armenüpouloò 2003, S. 265 ff.; StaatsratsPE 30/2001; 633/2002; 247/2003, DtA 2004, S. 282 ff.; so auch Christofilopoulos, Nümoò+Fu·sh 1999, S. 113 ff. (119); Risos, in: FS für den Staatsrat, S. 1191 ff. (1193 f.). 76 Mantouvalou/Balla, Nümoò+Fu · sh September 2003, www.nomosphysis.org.gr. weisen aber auch auf manche positive Aspekte dieser Praxis hin. 77 In den §§ 163 ff. sind auch seltene Ausnahmen enthalten, z. B. §§ 164, Abs. 2, 165 Abs. 2, 173 B Abs. 1 S. 1 KoV.

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terschied zum deutschen Recht wird allein schon bei der Untersuchung der §§ 34 und 35 BauGB deutlich. Diese Vorschriften sind von einem hohen materiellrechtlichen Gehalt geprägt: („im Zusammenhang bebauter Ortsteil“, „Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung“, keine „Beeinträchtigung des Ortsbilds“ für den Innenbereich; enumerative Aufzählung der privilegierten Vorhaben im Außenbereich, kein „Entgegenstehen“ bzw. keine „Beeinträchtigung“ von öffentlichen Belangen, „außenbereichsverträglich“, „flächensparende“ und „schonende“ Ausführung der Vorhaben im Außenbereich). 4. Exkurs: Bebauung ohne Genehmigung Neben der Bebauung ohne Städtebauliche Studie ist in Griechenland noch eine andere rechtliche Institution vorhanden, die dem deutschen Beobachter äußerst merkwürdig erscheinen mag: Es handelt sich um die (indirekte) Zulässsigkeit der Bebauung ohne Baugenehmigung durch die Duldung oder sogar Legalisierung von rechtswidrigen Bauten (sog. willkürliche Bebauung). Damit ist jede Bebauung ohne jegliche Baugenehmigung, entgegen den Anordnungen der erteilten Baugehmigung oder mit einer ungültigen Baugenehmigung gemeint. Man muss an diesem Punkt betonen, dass die willkürliche Bebauung in Griechenland kein soziales Phänomen am Rande des Rechts, sondern eine rechtlich vollständig geregelte Praxis darstellt. Mittlerweile kann also bei der willkürlichen Bebauung schon von einer echten Institution im griechischen Recht die Rede sein78. Dazu hat der Gesetzgeber aus jeweils besonderen Anlässen und mit unterschiedlichen Begründungen schon seit fast einem Jahrhundert immer wieder Gesetze und Verordnungen erlassen, und zwar nicht – wie man zu Recht vermuten könnte – zu ihrer Bestrafung, sondern zu ihrer Legalisierung! Auch die KoV widmet der willkürlichen Bebauung, wie das Gesetz selbst sie nennt, ein ganzes Kapitel, nämlich das Kapitel A’ des IV Teils der KoV (§§ 381–409). In diesem Kapitel sind zwar als Regel der Abriss des willkürlich gebauten Bauwerks und andere Ordnungsstrafen für den Bauherrn vorgesehen79; in den darauf folgenden Vorschriften werden aber Voraussetzungen festgelegt, unter denen die Zulässigkeit des Vorhabens „ausnahmsweise“ angenommen werden kann. Im deutschen Recht könnte von einer vergleichbaren „Institution“ nicht die Rede sein. Es wird zwar von der Rechtsprechung anerkannt, dass für 78 Menoudakos, Nümoò+Fu · sh April 2005, www.nomosphysis.org.gr.; Mantouvalou/Balla, Nümoò+Fu·sh September 2003, www.nomosphysis.org.gr. Vgl. dazu den Bericht des WWF Hellas mit dem Titel „Die Gesetzgebung über den Umweltschutz in Griechenland“ vom Mai 2005, veröffentlicht im Internet unter www.wwf.gr, S. 37. 79 § 382 Abs. 1 KoV.

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den Erlass einer Abrissverfügung eine lediglich formelle Rechtswidrigkeit der Bauten nicht ausreichend ist; eine materielle Rechtswidrigkeit muss vielmehr zugleich vorliegen80. Ausserdem kann auch bei formeller und materieller Rechtswidrigkeit eine Abrissverfügung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit oder des Bestandsschutzes im konkreten Fall unzulässig sein81. Diese Verwaltungspraxis ist aber mit der „Institution“ der willkürlichen Bebauung im griechischen Recht insofern nicht vergleichbar, als diese letzte einen gesetzlich geregelten, weit verbreiteten und letzlich zur Regel gewordenen Legalisierungsvorgang von (formell und materiell) rechtswidrigen Bauten darstellt, wogegen die deutsche Praxis immerhin eine im konkreten Fall angeordnete Ausnahme darstellt. Das Phänomen der willkürlichen Bebauung hat in der Geschichte und den sozialen, wirtschaftlichen und politischen Verhältnissen des neugriechischen Staates seine Wurzeln82. Darin kann eine gewisse, wenn nicht Rechtfertigung, so doch Erklärung gefunden werden. Dieses Phänomen hat aber nunmehr so große Dimensionen angenommen, dass es die ordnungsgemäße Bebauung nach einer vollständigen Städtebauplanung in manchen Fällen sogar zu überlagern droht. Aus diesem Grund wird gegen die Regelungen der willkürlichen Bebauung heftige Kritik geübt und ihre Abschaffung wird nachdrücklich gefordert83. Diese Forderungen haben aber bis jetzt bei der Politik keine offenen Ohren gefunden. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass sich die vorliegende Arbeit auf die Städtebauplanung beschränkt. Am Rande der folgenden Ausführungen werden aber zuweilen Exkurse über bestimmte Aspekte der Problematik innerhalb der Gebiete des Planersatzes gemacht, wenn das für die Vollständigkeit der Untersuchung erforderlich erscheint. 80

Zur Notwendigkeit von formeller sowie materieller Illegalität Grotefels, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 15, Rn. 88; BVerwG, Urt. v. 29.6.1999 – 4 B 44/99, NVwZ-RR 1999, S. 623; OVG Münster, Urt. v. 17.5.2000 – 7 B 723/00, BRS 63 Nr. 214. 81 Grotefels, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 15, Rn. 89 ff. 82 Dazu Efstratiou, DV 1984, S. 355 ff. (363); Menoudakos, Nümoò+Fu · sh April 2005, www.nomosphysis.org.gr.; Christofilopoulos, Nümoò+Fu·sh 1999, S. 113 ff. (119); Mantouvalou/Balla, Nümoò+Fu·sh September 2003, www.nomosphysis.org.gr.; Tzika-Chatzopoulou, Städtebaurecht, S. 175; Bericht des WWF Hellas mit dem Titel „Die Gesetzgebung über den Umweltschutz in Griechenland“ vom Mai 2005, veröffentlicht im Internet unter www.wwf.gr, S. 62 ff. 83 Efstratiou, Kodifikation, S. 145; Christofilopoulos, Nümoò+Fu · sh 1999, S. 113 ff. (119); Tzika-Chatzopoulou, Städtebaurecht, S. 184 f.; Risos, in: FS für den Staatsrat, S. 1191 ff. (1194 f.); Bericht des WWF Hellas mit dem Titel „Die Gesetzgebung über den Umweltschutz in Griechenland“ vom Mai 2005, veröffentlicht im Internet www.wwf.gr, S. 62 ff.

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B. Definition des Naturschutzrechts und Abgrenzungen Das Naturschutzrecht bildet in Deutschland zwar einen Zweig des Umweltrechts, es stellt aber zugleich einen selbstständigen Rechtsbereich dar. Seit 1935 besteht sogar ein spezielles Gesetz über den Schutz der Natur und der Landschaft (RNG)84, das im Jahre 1976 durch das BNatSchG ersetzt wurde85. Das BNatSchG wird als Rahmenrecht von Gesetzen der Bundesländer konkretisiert. Vorschriften, die sich materiellrechtlich auf den Naturschutz und die Landschaftspflege beziehen, können auch in anderen Gesetzen enthalten sein, wie z. B. im BJagdG86, im BWaldG87, im WHG88 u. v. a. In Griechenland dagegen gibt es kein spezielles Gesetz über den Naturschutz und die Landschaftspflege. Die naturschutzrechtlichen Vorschriften des griechischen Rechts sind in verschiedenen Gesetzen verstreut, die wichtigsten davon sind aber im gr. G. 1650/1986 über den Umweltschutz89, und zwar vor allem in seinem Kapitel D’, §§ 18 ff. enthalten. Eine gesetzliche Definition der Natur und des Naturschutzrechts als Ganzes ist weder in Deutschland noch in Griechenland zu finden. Aus dem Inhalt der entsprechenden Gesetze, aus den darin enthaltenen Definitionen über Bestandteile des Naturschutzes und aus den Ausführungen des Schrifttums dazu90 ist in der vorliegenden Arbeit von der folgenden Definition des Naturschutzrechts ausgegangen: Zum Naturschutzrecht in seinem weitesten Sinne gehören alle Vorschriften, die den Schutz der Biosphäre, d.h. der belebten Umwelt, zum Ziel haben. Dazu gehört einerseits der Schutz aller organischen Teile, wie die einzelnen Tier- und Pflanzenarten als solche und auch in ihren Wechselwirkungen, sowie andererseits der Schutz von anorganischen Teilen, die für die Erhaltung der organischen Teile notwendig sind, wie die Lebensstätten und Lebensräume der wild lebenden Tiere und Pflanzen (= Biotope)91. Nach dieser weit gefassten Definition des Natur84

Reichsnaturschutzgesetz (RNG) v. 26.6.1935, RGBl. I 821. Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG) v. 20.12.1976, BGBl. I 1976, S. 3574. 86 Bundesjagdgesetz v. 29.11.1952 (BGBl. I, S. 780). 87 Gesetz zur Erhaltung des Waldes und zur Förderung der Forstwirtschaft (Bundeswaldgesetz) v. 2.5.1975, BGBl. I, S. 1037. 88 Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts v. 27.7.1957, BGBl. I S. 1110 zuletzt geändert vom Gesetz v. 3.5.2005, BGBl. I S. 1224 ff. 89 Gr. Gesetz 1650 v. 15/16.10.1986, gr. ABl. A’ 160. 90 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 6, Rn. 1 ff.; De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Baurechts, Naturschutz, Rn. E 17 ff. 91 Gesetzliche Definition des Biotops in § 10 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG. 85

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schutzrechts können dazu auch Vorschriften anderer Rechtszweige gehören, z. B. Vorschriften zum Schutz unterschiedlicher Naturgüter wie Boden, Luft, Wasser usw. Solche Vorschriften sind auf der einen Seite Bestandteile von jeweils eigenständigen Rechtszweigen des Besonderen Umweltrechts (z. B. Gewässerschutzrecht, Immissionsschutzrecht, Bodenschutzrecht, Klimaschutzrecht usw.)92; auf der anderen Seite tragen sie aber zugleich zum Naturschutz bei (Naturschutzrecht i. w. S.). Aus diesem Grund werden im Rahmen dieser Arbeit manche Instrumente z. B. des Wasser- oder des Waldschutzes, die eine naturschutzrechtliche Wirkung entfalten, in Bezug auf ihrer Berührung mit der Städtebauplanung untersucht. Zum Naturschutzrecht zählt traditionell sowohl in Deutschland als auch in Griechenland die Landschaftspflege 93. Die Definition der Landschaft ist in den beiden Ländern identisch. Allgemein als Landschaft ist ein bestimmter Teil der gesamten Erdoberfläche zu bezeichnen, der aufgrund seiner besonderen organischen oder anorganischen Merkmale bzw. ihrer Wechselwirkungen eine individuell geprägte optische Einheit darstellt94. Schließlich ist anzumerken, dass in den zahlreichen internationalen Abkommen, die beide Staaten unterschrieben haben95, verschiedene Aspekte 92 Kloepfer, Umweltrecht, §§ 12, 13, 14, 17; Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, §§ 8, 9, 10. 93 Dazu siehe den vollständigen Titel des BNatSchG (Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege) sowie ihren parallelen Schutz durch den gesamten BNatSchG. So auch die Literatur, z. B. Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 6, Rn. 2; Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 33; Tausch/Wagner, NuR 1999, S. 370 ff. (371). Entsprechendes gilt auch für den Naturschutz in Griechenland, siehe § 1 Abs. 3 Nr. d) gr. G. 1650/1986, der den Schutz und die Erhaltung der Natur und der Landschaft als einen allgemeinen Grundsatz anordnet, sowie Kapitel D’ (§§ 18 ff.) des Gesetzes, der den Titel „Schutz von Natur und Landschaft“ trägt. 94 Für das deutsche Recht Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 6, Rn. 9; in diese Richtung auch De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Baurechts, Naturschutz, Rn. E 27; für das griechische Recht § 2 Nr. 16 gr. G. 1650/1986 (gesetzliche Definition). 95 Internationales Übereinkommen v. 19.9.1979 über die Erhaltung der europäischen wild lebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume (Berner Konvention), in das griechische Recht durch das gr. G. 1335/1983, gr. ABl. A’ 32, in das deutsche durch das Zustimmungsgesetz v. 17.7.1984, BGBl. II 618 umgesetzt; Übereinkommen v. 3.3.1973 über den internationalen Handel mit gefährdeten freilebenden Tieren und Pflanzen (Washingtoner Artenschutzübereinkommen), in das griechische Recht durch das gr. G. 2055/1992, gr. ABl. A’ 105, in das deutsche durch das Zustimmungsgesetz v. 22.5.1975, BGBl. II 773 umgesetzt; Übereinkommen v. 23.6.1979 zur Erhaltung der wandernden wild lebenden Tierarten (Bonner Konvention), in das griechische Recht durch das gr. G. 2719/1999, gr. ABl. A’ 106, in das deutsche durch das Zustimmungsgesetz v. 29.6.1984, BGBl. II 569 umgesetzt; Abkommen über Feuchtgebiete, insbesondere als Lebens-

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der Natur und der Landschaft als Schutzgegenstände bestimmt sind. Durch die Einwirkung des internationalen Rechts, auch wenn es als soft law auftritt, wird somit auf indirekte Weise die Definition des Naturschutzes und der Landschaftspflege in beiden Rechtsordnungen zunehmend vereinheitlicht.

C. Gegenstand und Gang der Untersuchung I. Bestimmung des Untersuchungsgegenstandes Nach der Definition und Abgrenzung der zwei zentralen Rechtsgebiete, die in dieser Arbeit in Betracht kommen, nämlich des Naturschutzrechts und der Städtebauplanung, gilt es nunmehr, den Untersuchungsgegenstand deutlich zu formulieren. Die vorliegende Arbeit hat zum Ziel, das Wechselspiel zwischen der Städtebauplanung und dem Naturschutzrecht im Vergleich zwischen Deutschland und Griechenland zu erforschen. Eventuelle Konfliktbereiche sowie der positive gegenseitige Austausch zwischen den beiden Rechtsgebieten, vor allem der positive Beitrag der Städtebauplanung zum Naturschutz96, sollen den Kern der vorliegenden Dissertation darstellen. In diesem Rahmen betrifft diese Arbeit allerdings nur das rein nationale Recht. Die europarechtliche und völkerrechtliche Perspektive der Thematik (z. B. die europarechtlichen Vorgaben der Vogelschutz-Richtlinie97, der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und des Netzes Natura 200098) werden aus dieser Forschungsarbeit herausgenommen. Der Grund dafür liegt darin, dass diese europarechtlichen Vorschriften mittlerweile eine in einem solchen Maß selbstständige Bedeutung erreicht haben, dass ihre raum für Watt- und Wasservögel von internationaler Bedeutung v. 2.2.1971 (Ramsar-Konvention), in das griechische Recht durch die gr. Präsidialverordnung 191/1974, gr. ABl. A’ 350, in das deutsche durch das Gesetz v. 16.7.1976, BGBl. II 1265 umgesetzt; Konvention von Rio de Janeiro v. 5.6.1992 zum Schutz der Artenvielfalt (Biodiversitätskonvention), in das griechische Recht durch das gr. G. 2204/1994, gr. ABl. A’ 59, in das deutsche durch das Gesetz v. 30.8.1993, BGBl. II 1741 umgesetzt. 96 Zu den übrigen Instrumenten des Naturschutzes außerhalb der Naturschutzgesetze durch rechtsgebietsübergreifende Ausweisungen, der Bauleitplanung allerdings von der Untersuchung ausdrücklich ausgenommen, siehe v. Strenge, Naturschutzrecht außerhalb der Naturschutzgesetze. 97 Richtlinie 79/409/EWG des Rates v. 2.4.1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten, ABl. EG Nr. L 103, S. 1, zuletzt geändert durch RL 97/49/EG der Kommission v. 29.7.1997, ABl. EG Nr. L 223, S. 9. 98 Richtlinie 92/43/EWG des Rates von 21.5.1992 (FFH-RL) zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen, ABl. EG Nr. L 206, S. 7, zuletzt geändert durch die Richtlinie 97/62 des Rates v. 27.10.1997, ABl. EG 1997, Nr. L 305, S. 42.

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gründliche Untersuchung eine eigenständige Dissertation erfordern würde. Davon abgesehen kommen auch solche europarechtlich geschützte Gebiete erfahrungsgemäß in der Regel nicht in Berührung mit der städtebaulichen Planung, so dass eine eventuelle Miteinbeziehung der europarechtlichen Problematik im Rahmen der vorliegenden Arbeit wenig praktische Bedeutung haben würde. II. Schilderung des Untersuchungsgangs In diesem Rahmen tauchen zwei zentrale Fragen auf, deren Behandlung entsprechend auf die zwei Teile dieser Dissertation aufgeteilt ist. Im ersten Teil wird die Frage gestellt, wie es zu Konflikten zwischen der Städtebauplanung und dem Naturschutz kommen kann. Darin werden eventuelle Spannungsfelder zwischen den beiden Rechtsgebieten ermittelt. Zu diesem Zweck erfolgt eine Differenzierung zwischen dem zentralen naturschutzrechtlichen Instrument der Schutzgebietsausweisungen und dem Schutz von Natur und Landschaft durch gesetzliche Vorschriften. In beiden Fällen können Verschränkungen mit der Städtebauplanung entstehen, die aber in jedem dieser Fälle gesondert geprüft werden müssen, da die Rechtsprobleme, die jeweils auftauchen, teilweise unterschiedlich sind. Das erste Kapitel hat die Spannungsverhältnisse zwischen den Schutzgebietsausweisungen als zentrales Instument des Naturschutzes und der städtebaulichen Planung zum Gegenstand. Dabei wird zwischen Schutzgebietsausweisungen des Naturschutzrechts (z. B. Naturschutzgebiete, Landschaftsschutzgebiete usw.) und des Wasserschutzrechts (Wasserschutzgebiete und Überschwemmungsgebiete) differenziert. Den Schutzgebietsausweisungen wird eine zentale Stellung im Rahmen der vorliegenden Arbeit gewidmet. Der Grund hierfür liegt darin, dass sie, ob förmlich dem Naturschutzrecht i. e. S. oder dem Wasserschutzrecht zugeordnet, eines der wichtigsten Instrumente des Naturschutzrechts i. w. S. darstellen, bei denen es zugleich zu problematischen Verschränkungen mit der räumlichen Planung und insbesondere mit der Städtebauplanung kommen kann. Gleich darauf folgt das zweite Kapitel dieses Teils, das die Spannungsverhältnisse der Städtebauplanung zum gesetzlichen Naturschutz betrifft. Diese Problematik wird anhand von drei Beispielen untersucht: Als Erstes kommt der Schutz von Wäldern und Waldgebieten in Betracht. In beiden Rechtsordnungen sind die Städtebauplanung und die Bebauung in den Waldflächen durch besondere Vorschriften geregelt und dabei erheblich eingeschränkt. Als zweites Beispiel wird der Artenschutz genommen. Der Artenschutz wird deshalb gesondert von den Schutzgebietsausweisungen, dem Waldschutz und dem Biotopschutz vorgestellt, weil es sowohl in Deutsch-

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land als auch in Griechenland spezielle Vorschriften zum Schutz der pflanzlichen und tierischen Artenvielfalt gibt. Zu Verschränkungen mit der städtebaulichen Planung kann es kommen, wenn die Städtebauplanung Flächen in Anspruch nimmt, die zugleich als schutzwürdige Lebensräume oder Lebensstätten dienen. Schließlich wird als drittes Beispiel der gesetzliche Biotopschutz nach § 30 BNatSchG thematisiert. Die fachspezifischen gesetzlichen Regelungen über den Biotop- und Artenschutz werden in Bezug auf ihre Spannungsverhältnisse zur Städtebauplanung zusammen behandelt, weil es zwischen diesen beiden Unterteilungen des Naturschutzrechts oft zu rechtlichen und tatsächlichen Überschneidungen kommt und bei ihnen sich die rechtlichen Fragen in einer sehr ähnlichen Weise stellen, so dass ihre parallele Untersuchung sinnvoll erscheint. Im zweiten Teil wird danach gefragt, welches die möglichen Mechanismen zur Harmonisierung von Naturschutzrecht und städtebaulicher Planung in jeder der Referenzrechtsordnungen sind. In diesem Rahmen wird die Untersuchung in zwei Kapiteln geordnet: Im ersten Kapitel werden allgemeine Mechanismen untersucht, die auf eine gegenseitige Berücksichtung bzw. Beachtung der Belange der beiden Rechtsgebiete abzielen (Kooperationsmechanismen). Im zweiten Kapitel werden besondere Instrumente beider Rechtsordnungen untersucht, die speziell dann in Betracht kommen, wenn konkrete Konflikte zwischen dem Naturschutzrecht und der städtebaulichen Planung zu erwarten sind (Bewältigungsstrategien). Konkreter wird also im ersten Kapitel dieses zweiten Teils die Frage behandelt, wie Städtebauplanung und Naturschutzrecht allgemein aufeinander positiv wirken bzw. wirken können. Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist, ob und inwiefern die Verwaltungsentscheidungen, Pläne und Maßnahmen zum Naturschutz alle einschlägigen Interessen, darunter auch die Interessen der Städtebauplanung und der städtebaulichen Entwicklung, berücksichtigen und nach einer Abwägung in ein sachgerechtes Gleichgewicht miteinander bringen. Dieselbe Frage stellt sich auch umgekehrt: Wie kann die Städtebauplanung positiv zum Naturschutz beitragen? Zu diesem Zweck ergeben sich mehrere Möglichkeiten: Die Städtebauplanung kann die naturschutzrechtlichen Belange sowohl in die planerische Abwägung, also bei der Aufstellung der Pläne, als auch in das Ergebnis dieses Aufstellungsvorgangs, nämlich in darin enthaltenen Aussagen der städtebaulichen Pläne, einbeziehen. Im zweiten Kapitel des zweiten Teils interessieren Mechanismen der beiden Rechtsordnungen, die zur Harmonisierung von städtebaulicher Planung und Naturschutzrecht eingesetzt werden, wenn konkrete Konflikte, vor allem Beeinträchtigungen des Naturhaushalts, durch die künftige Verwirklichung der städtebaulichen Planung zu erwarten sind (Bewältigungsstrate-

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gien). In Bezug auf Deutschland beschäftigt sich dieser Teil mit der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung der §§ 18 ff. BNatSchG. Einer Darstellung der allgemeinen naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung und ihrer Entwicklung folgt die Erläuterung ihrer Anwendung bei der städtebaulichen Planung und der speziellen rechtlichen Fragen, die damit verbunden sind. Aufgrund des Mangels des griechischen Rechts an einer entsprechenden gesetzlichen Regelung, die zur Bewältigung der Konflikte zwischen Naturschutzrecht und Städtebauplanung bestimmt wäre, wird als Referenzpunkt für den Vergleich die griechische Rechtsprechung herangezogen. Die Rechtsprechung des gr. Staatsrates über bestimmte naturschutzrelevante Gebietskategorien und ihr Verhältnis zur Städtebauplanung sowie die Entwicklung eines allgemeinen Grundsatzes zur Lösung eventueller Konflikte zwischen den beiden Rechtsgebieten durch die ständige Rechtsprechung des gr. Staatsrates decken einigermaßen die gesetzliche Lücke.

D. Erläuterung der benutzten Methodik des Rechtsvergleichs Bei der vorliegenden Studie handelt es sich um eine rechtsvergleichende Arbeit. Die zwei Referenzrechtsordnungen sind die deutsche und die griechische. Die hier am meisten benutzte Vergleichsmethode ist der sog. stark integrierte Rechtsvergleich. Damit wird diejenige Form des Vergleichs bezeichnet, nach der mehrere Referenzbereiche bzw. -punkte ausgesucht werden, die für die Beurteilung der Ähnlichkeit oder Verschiedenheit der zu vergleichenden Gegenstände relevant sind. Im Hinblick auf jeden Referenzpunkt erfolgt dann eine direkte Gegenüberstellung der jeweiligen Aspekte der Vergleichsobjekte, so dass ihre Merkmale und Bestandteile stark ineinander integriert werden. Auf den vorliegenden Rechtsvergleich übertragen bedeutet die Methode der starken Integration, dass die Untersuchung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den beiden Rechtsordnungen anhand von bestimmten als Kriterien dienenden Fragestellungen erfolgt. Der Darstellung der Antworten für eine der Referenzrechtsordnungen folgen zugleich die Antworten der jeweils anderen. Auf diese Weise sind die Ausführungen zu den beiden Referenzrechtsordnungen immer aufeinander bezogen. So wird der Vergleich intensiver und produktiver. Diese Vergleichsform wird vorgezogen, weil dadurch die Gemeinsamkeiten und Unterschiede deutlich zu erkennen und zu analysieren sind. Die Gefahr, die bei der Benutzung dieser Vergleichsmethode besteht, ist, dass der Überblick für den Leser nach der ständigen Gegenüberstellung von Bruchstücken aus zwei verschiedenen Rechtsordnungen verloren geht. Um dieser Gefahr ent-

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gegenzuwirken, steht am Ende jeder Untersuchungseinheit ein kleinerer zusammenfassender bzw. vergleichender Abschnitt, der für die Erhaltung des Zusammenhangs der Analyse und die Bewahrung des Überblicks über das ganze System und die gesamte Problematik sorgen soll. Die Alternative zum stark integrierten Vergleich ist der parallele Rechtsvergleich: Dabei werden die Regelungen und Instrumente beider Rechtsordnungen getrennt voneinander geschildert und anschließend folgen die vergleichenden Bemerkungen. Diese zweite Variante wird hier weniger gebraucht, nämlich nur wenn sich der integrierte Vergleich nicht eignet, weil es keine direkt zu vergleichenden Institutionen in beiden Rechtsordnungen gibt. Das ist im zweiten Kapitel des 2. Teils der Fall, da in Griechenland keine der Eingriffsregelung genau entsprechende Institution vorhanden ist. In der Regel wird sowohl im integrierten als auch im parallelen Vergleich das deutsche dem griechischen Recht vorausgestellt. Ausnahmsweise wird im zweiten Kapitel des 1. Abschnitts unter A. (Städtebauplanung und Waldschutz) aufgrund des besonderen Gewichts dieser Problematik für das griechische Recht die Reihenfolge geändert.

E. Die Zitierweise bei griechischer Rechtsprechung Vor dem Beginn der Analyse ist noch eine Klarstellung über die Art und Weise des Verweisens auf die gr. Rechtsprechung für den deutschen Leser von Bedeutung: Meistens werden Entscheidungen des obersten Verwaltungsgerichts, des griechischen Staatsrates, zitiert. Das Zitieren von griechischen Entscheidungen erfolgt nach folgendem Schema: Zuerst kommt die Bezeichnung des Gerichts in abgekürzter Form (z. B. gr. VerwG steht für die Verwaltungsgerichte ersten Grades, gr. VerwBerG für die Verwaltungsberufungsgerichte und gr. StaatsratsE bzw. StaatsratsPE für den Staatsrat), dann die Nummer und schließlich das Erscheinungsjahr der Entscheidung (z. B. StaatsratsE 2855/2003). Die Bezeichnungen E und PE beim Zitieren der Rechtsprechung des gr. Staatsrates deuten auf die Begriffe „Entscheidung“ bzw. „Bearbeitungsprotokoll“ hin. Dem gr. Staatsrat kommt von Verfassungs wegen die Aufgabe zu99, vor dem Erlass jeder Präsidialverordnung diese zu bearbeiten und dabei eine präventive gerichtliche Rechtskontrolle auszuüben, die zum Verfahren des Erlasses der Verordnung gehört. Dabei erlässt der gr. Staatsrat ein sog. Bearbeitungsprotokoll. Diese Bearbeitung der Präsidialverordnungen vom gr. Staatsrat wird traditionell als Garantie des Rechtsstaates im grie99

Art. 95 Abs. 1 Nr. d) gr. Verfassung 1975/1986/2001.

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chischen verwaltungsrechtlichen Rechtssystem angesehen100. Diese Bearbeitungsprotokolle tragen zwar traditionell den Namen „Protokoll“, materiellrechtlich stellen sie aber Entscheidungen des gr. Staatsrates dar, allerdings nicht in seiner Funktion als Gericht, sondern als Verwaltungsträger. Trotzdem zählen sie traditionell zur Rechtsprechung des gr. Staatsrates und aus diesem Grund werden sie hier mit der Bezeichung PE, aber ansonsten undifferenziert als Urteile des gr. Staatsrates zitiert.

100 Vgl. aus der älteren Rechtsprechung StaatsratsE 1253/1952; aus der neueren Rechtsprechung StaatsratsPE 601/2002, PerDik 2003, S. 106 ff.; 602/2002.

1. Teil

Wie kann es zu Konflikten zwischen dem Naturschutzrecht und der städtebaulichen Planung kommen (Spannungsfelder) Den Untersuchungsgegenstand des vorliegenden Teils bilden einerseits Instrumente und andererseits gesetzliche Regelungen des Naturschutzrechts in beiden Ländern, die in Widerspruch zur Städtebauplanung geraten können, sowie die rechtlichen Probleme, die aus solchen Verschränkungen resultieren. In diesem Rahmen werden zunächst im Kapitel 1 die Schutzgebietsausweisungen als zentrales Instrument des Naturschutzrechts und der Landschaftspflege behandelt. Diese werden in zwei Kategorien aufgeteilt, nämlich die Schutzgebietsausweisungen des Naturschutzrechts (unter A.) und die Schutzgebietsausweisungen des Wasserschutzrechts (unter B.). Zweitens werden im Kapitel 2 gesetzliche fachspezifische Regelungen des Naturschutzrechts und der Landschaftspflege ermittelt, die sich in einem Spannungsverhältnis zur Städtebauplanung befinden (können). Diese Problematik wird anhand von drei Beispielen erläutert, und zwar anhand der Vorschriften des Waldschutzes (unter A.), des Arten- und Biotopschutzes (unter B.). Kapitel 1

Konflikte zwischen Schutzgebietsausweisungen und städtebaulicher Planung Die Schutzgebietsausweisungen sind Instrumente der Verwaltung zum Schutz von bestimmten Gebieten, die sich aus verschiedenen Gründen als schutzwürdig und schutzbedürftig erweisen. Die Schutzgebietsausweisungen können unterschiedliche Arten von Gebieten betreffen: Gebiete, die aufgrund ihres natürlichen Gehalts geschützt werden müssen; solche, die durch eine besondere Landschaft geprägt sind; Wassergebiete, die als Wasserbiotope eine besondere Schutzbedürftigkeit aufweisen; Überschwemmungsgebiete, die aufgrund ihrer natürlichen Funktion, aber auch einer ihnen zugeordneten Gefahrenabwehrfunktion als schutzbedürftig erscheinen; Ge-

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

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biete, in denen sich schutzbedürftige Denkmäler befinden usw. Der Schutz durch die Schutzgebietsausweisungen erfolgt in der Regel wie folgt: Die Verwaltung setzt durch einen allgemeinverbindlichen Rechtsakt die Grenzen des in Betracht kommenden Gebiets sowie die Maßnahmen zu seinem Schutz und die unerlaubten Handlungen in diesem Gebiet fest. Im Folgenden werden zwei Kategorien von Schutzgebietsausweisungen thematisiert, nämlich diejenigen, die sich aus dem Naturschutzrecht ergeben, und diejenigen, die auf dem Gewässerschutz basieren.

A. Schutzgebietsausweisungen des Naturschutzrechts i. e. S. Vorab eine Bemerkung zur nachfolgenden Untersuchung: Im Bereich der Schutzgebietsausweisungen zum Schutz der Natur und der Landschaft bietet sich beim Vergleich zwischen der deutschen und der griechischen Rechtsordnung die Anwendung des Modells der starken Integration an. Wie sich bei der allgemeinen Darstellung der Naturschutzgebietsausweisungen unter I. zeigen wird, weisen die Naturschutzgebietsausweisungen in beiden Rechtsordnungen so starke Parallelen zueinander auf, dass der Vergleich ihrer Verhältnisse zur Städtebauplanung durch eine direkte Gegenüberstellung ihrer Merkmale erfolgen kann. Die als Vergleichskriterien benutzten Fragestellungen sind folgende: Unter II. wird danach gefragt, unter welchen Voraussetzungen die Unterschutzstellung von Gebieten im deutschen und im griechischen Recht möglich ist, die von einem städtebaulichen Plan schon erfasst sind. Unter III. wird daraufhin der umgekehrte Fall ermittelt, nämlich die Voraussetzungen, unter denen ein städtebaulicher Plan für ein schon geschütztes Gebiet aufgestellt werden kann. Schließlich werden unter IV. die Regelungen zur einstweiligen Sicherstellung der Schutzgebietsausweisungen in Bezug auf mögliche Verschränkungen mit der jeweiligen Städtebauplanung miteinander verglichen. I. Ausweisung von Naturschutzgebieten (im untechnischen Sinne) 1. Einführung Die Unterschutzstellung bestimmter Gebiete oder Gegenstände, die von Bedeutung für den Schutz von Natur und Landschaft sind, ist ein Instrument des besonderen naturschutzrechtlichen Flächen- und Objektschutzes, das sich in beiden Referenzrechtsordnungen findet. Gemäß § 22 Abs. 1 BNatSchG können Teile von Natur und Landschaft, wenn sie nach den Kri-

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1. Teil: Spannungsfelder

terien des Naturschutzrechts als schutzwürdig und schutzbedürftig erscheinen, nach dem im jeweiligen Landesrecht vorgesehenen Verfahren zu einem Schutzgebiet oder Schutzobjekt im Sinne der im Gesetz vorgesehenen Kategorien erklärt werden. Gleichen Inhalts ist auch § 18 Abs. 2 gr. G. 1650/1986: Land-, Wasser- oder gemischte Flächen sowie einzelne Bestandteile von Natur und Landschaft können wegen ihrer ökologischen, biologischen oder ästhetischen Bedeutung nach den für jede Schutzkategorie spezifisch festgelegten Kriterien unter Schutz gestellt werden. Die Schutzgebietsausweisungen gehören zu den ältesten und wichtigsten Maßnahmen des Naturschutzrechts in Deutschland. Es ist kein Zufall, dass die erste bedeutende rechtliche Naturschutzmaßnahme auf deutschem Boden die Unterschutzstellung eines Gebiets im Jahre 1836 durch eine preußische Verordnung war1. Nunmehr werden die Naturschutzgebietsausweisungen in den §§ 22 ff. BNatSchG rahmenrechtlich geregelt. Diese Vorschriften werden vom Landesgesetzgeber weiter konkretisiert. In Griechenland kam der Schutz von Natur und Landschaft durch Schutzgebietsausweisungen erst viel später in Betracht. Die generelle Möglichkeit von Unterschutzstellung bestimmter Gebiete oder Gegenstände aufgrund ihrer Bedeutung für den Naturhaushalt ist zum ersten Mal in den Vorschriften der §§ 18–22 des gr. G. 1650/1986 zum Umweltschutz2 vorgesehen worden3. Das vorhergehende und erste Gesetz zur Raumordnung in Griechenland G. 360/1976, das umwelt- und naturschutzrechtliche Maßnahmen vorsah, hatte zwar in § 1 Abs. 5 unter dem Begriff der Umwelt explizit auch die Fauna und Flora als Naturgüter miteinbezogen. Trotzdem sah dieses Gesetz keine Möglichkeit von Schutzgebietsausweisungen vor. Trotz deren verspäteter Einbeziehung in das Instrumentarium des Naturschutzrechts zählen aber die Schutzgebietsausweisungen auch in Griechenland nunmehr zu den wichtigsten und effektivsten Mitteln des Naturschutzes und der Landschaftspflege. 1 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 6, Rn. 39; J. Schumacher/A. Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, Einf., Rn. 3. 2 Gesetz v. 15/16.10.1986, gr. ABl. A’ 160. Das ist das wichtigste Gesetz zum Umweltschutz in der griechischen Rechtsordnung und wird auch die Basis für die folgenden Untersuchungen des griechischen Rechts darstellen. Kritisch zu diesem Gesetz Risos, Nümoò+Fu·sh Juni 2005, www.nomosphysis.org.gr. 3 Auch schon vor diesem Gesetz gab es aber spezielle Ermächtigungen zur Unterschutzstellung bestimmter Gebiete durch gesetzliche Vorschriften. Eine solche war z. B. die Ermächtigung zur Ausweisung einer sog. „Landschaft besonderer natürlicher Schönheit“ durch Präsidialverordnung nach dem gr. G. 1469/1950, gr. ABl. A’ 169. Dieses Gesetz sah allein die Möglichkeit der Ausweisung dieser bestimmten Kategorie von Gebieten, jedoch keine allgemeine Möglichkeit der Unterschutzstellung von naturschutzrechtlich relevanten Gebieten vor. Für alle Fälle solcher spezieller gesetzlicher Ermächtigungen gelten die im Folgenden gemachten Ausführungen über die allgemeine Möglichkeit zu Schutzgebietsausweisungen nach §§ 18 ff. gr. G. 1650/1986 entsprechend.

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

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2. Zuständige Behörde und Ermessen bei der Unterschutzstellung In Deutschland sind die Natur- und Landschaftsschutzbehörden für die Unterschutzstellungen nach den §§ 22 ff. BNatSchG zuständig. Dies ergibt sich aus der allgemeinen Regelung des § 6 Abs. 1 BNatSchG, wonach die Durchführung dieses Gesetzes und die Erfüllung der darin beschriebenen Aufgaben den für den Naturschutz und die Landschaftspflege zuständigen Behörden obliegt, soweit in anderen Rechtsvorschriften nichts anderes vorgeschrieben ist. Auf Bundesebene wird im BNatSchG nicht zwingend festgelegt, in welcher Rechtsform die Naturschutzgebietsausweisungen erlassen werden müssen. Diese Entscheidung sowie auch das Verfahren zur Unterschutzstellung werden dem Landesrecht überlassen. Nach Landesrecht werden die Naturschutzgebietsausweisungen meistens in Form einer Verordnung erlassen4. In sehr seltenen Fällen können sie aber auch die Form eines (Landes)gesetzes, einer kommunalen Satzung oder sogar einer Allgemeinverfügung einnehmen5. In Griechenland werden die Schutzgebietsausweisungen nach § 21 Abs. 1 S. 1 gr. G. 1650/1986 in Form einer Präsidialverordnung nach Vorschlag des Ministers für Umwelt, Raumordnung und öffentliche Werke und des jeweils in concreto zuständigen Ministers erlassen. Diese Rechtsform von Verwaltungshandeln durch Präsidialverordnung ist in Griechenland sehr verbreitet für die Regelung zahlreicher Verwaltungsangelegenheiten. Der offensichtliche Nachteil dieser Rechtsform bei den Schutzgebietsausweisungen im Vergleich zum deutschen System ist die große Distanz der erlassenden Behörde vom Schutzgegenstand. Sowohl das „Ob“ als auch das „Wie“ der Erklärung zu einem Schutzgebiet liegen in beiden Rechtsordnungen im Ermessen der zuständigen Behörde, die aber ihre Entscheidung aufgrund der gesetzlich festgesetzten 4 § 21 Abs. 1 NatSchG Bad-Würrt., § 7 Abs. 3 S. 1 BayNatSchG, § 18 Abs. 1 NatSchGBln, § 19 Abs. 1 BbgNatSchG, § 18 Abs. 1 BremNatSchG, § 15 Abs. 1 HmbNatSchG, § 16 Abs. 1, 2 und 5 HENatG, § 21 Abs. 2 LNatSchG – M. V., § 24 Abs. 1 Nds.NatSchG, § 16 Abs. 1 SaarlNatSchG, § 16 Abs. 1 SächsNatSchG, § 29 Abs. 1 NatSchG SchsAnh, § 16 Abs. 1 LNatSchG Schl-Hols, § 12 Abs. 1 ThürNatG. 5 J. Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 22, Rn. 16; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, § 22, Rn. 8; Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 204; J. Schumacher/A. Schumacher/Fischer-Hüftle, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 22, Rn. 18; Kratsch/Schumacher, Naturschutzrecht, S. 70. Nach § 25 Abs. 1 BbgNatSchG kann beispielsweise die Erklärung zu Biosphärenreservaten oder Naturparke durch Bekanntmachung der Naturschutzbehörde erfolgen, nach § 19 LG NW werden die Schutzgebietsausweisungen in einem Landschaftsplan festgesetzt.

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1. Teil: Spannungsfelder

Kriterien der Schutzbedürftigkeit und Schutzwürdigkeit treffen muss6: In Deutschland ist die Entscheidung des Verordnungsgebers über die Unterschutzstellung, von den Vorschriften der FFH- und Vogelschutzrichtlinien7 abgesehen, keine gebundene Entscheidung. Der Verordnungsgeber hat keine Pflicht, Schutzanordnungen zu treffen. Die Unterschutzstellung muss also nach einer sachgerechten Abwägung der zuständigen Behörde erfolgen8. Das geht aus der Formulierung des § 22 Abs. 1 BNatSchG deutlich hervor („erklärt werden können“). Dieselbe Formulierung benutzt auch der griechische Gesetzgeber, der in § 18 Abs. 3 gr. G. 1650/1986 festlegt, dass die Flächen und Gegenstände nach den im Gesetz genannten Kriterien zu den entsprechenden Schutzkategorien erklärt werden können. Daraus lässt sich der Wille des griechischen Gesetzgebers schließen, die Entscheidung zur Unterschutzstellung im Ermessen der Behörde zu belassen. Und trotzdem: Dass die Entscheidung über die Schutzgebietsausweisungen im Ermessen der erlassenden Behörde liegt, bedeutet in keiner der beiden Rechtsordnungen, dass die Unterschutzstellung eine völlig freie Entscheidung darstellt. Die zuständige Behörde in Deutschland ist an die Ziele und Grundsätze des Naturschutzes und der Landschaftspflege nach den §§ 1 und 2 Abs. 1 BNatSchG gebunden und ist verpflichtet, die in den §§ 22–29 festgelegten Kriterien und Schutzmöglichkeiten zu berücksichtigen und fehlerfrei gegen die übrigen einschlägigen Belange abzuwägen9. Entsprechend muss die zuständige Behörde in Griechenland bei der Entscheidung zur Unterschutzstellung sich an die allgemeinen Ziele und Grundsätze des § 1 gr. G. 1650/1986 über den Umwelt- und Naturschutz sowie auch an die Anordnungen des Art. 24 Abs. 1 gr. Verfassung10 halten11. Vor 6 So ist auch die Aussage des OVG Greifswald, Urt. v. 18.9.2003 – 1 L 279/01, NuR 2004, S. 739 ff. (741) zu verstehen, dass Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit nicht Gegenstand, sondern Voraussetzung für die Abwägung sind. 7 §§ 32 ff. BNatSchG. 8 J. Schumacher/A. Schumacher/P. Fischer/Hüftle, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 22, Rn. 12; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 §§ 22, Rn. 6; J. Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 22, Rn. 17; Kratsch/Schumacher, Naturschutzrecht, S. 69; De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Baurechts, Naturschutz, Rn. E 292 ff. (293). 9 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 6, Rn. 184; J. Schumacher/A. Schumacher/Fischer-Hüftle in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 22, Rn. 12 f. Näheres zur Ausübung des Ermessens zur Unterschutzstellung durch die zuständige Behörde auch unten 2. Teil Kap. 1. B. I. 1. a). 10 Art. 24 Abs. 1 der griechischen Verfassung ist dem Schutz der Umwelt gewidmet. Er sieht die Pflicht des Staates vor, besondere präventive und repressive Maßnahmen zum Schutz der Umwelt im Rahmen des Nachhaltigkeitsprinzips zu treffen, sowie ein entsprechendes Recht des Einzelnen, einen solchen Umweltschutz vom Staat zu verlangen. Diese verfassungsrechtliche Regelung ist von zentraler Bedeu-

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

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allem muss sie aber bei der Unterschutzstellung den festgelegten Kriterien der jeweiligen Schutzkategorien des § 19 gr. G. 1650/1986 folgen und diese gegen andere in Betracht kommenden Belange gerecht abwägen. 3. Mindestinhalt der Naturschutzgebietsausweisungen Im deutschen Recht wird in § 22 Abs. 2 S. 1 BNatSchG der Mindestinhalt der Schutzgebietsausweisungen festgelegt: Die Erklärung zum Schutzgebiet muss auf jeden Fall den Schutzgegenstand und den Schutzzweck sowie die zur Erreichung des Schutzzwecks notwendigen Gebote und Verbote und eventuell die in concreto erforderlichen Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen beinhalten. Wie schon oben erwähnt, sind aber die §§ 22 ff. BNatSchG als Rahmenregelungen ausgestaltet, die der Konkretisierung durch die Landesgesetze bedürfen. Dabei muss der Landesgesetzgeber sich an den in den §§ 22 ff. BNatSchG enthaltenen Mindestinhalt der Schutzgebietsausweisungen, an die Schutzgebietskategorien, an ihre Definition und an die Verfahrensbestimmungen halten12. Die entsprechenden Regelungen des griechischen Rechts, nämlich die §§ 18 Abs. 5a) S. 1 und 21 Abs. 1 und 2 gr. G. 1650/1986, sind dem deutschen insofern ähnlich, als sie vorsehen, dass die Schutzgebietsausweisungen die Schutzgegenstände und ihre Schutzzonen sowie auch die zu diesem Schutz erforderlichen allgemeinen Gebote, Verbote und Beschränkungen der dem Schutzzweck zuwiderlaufenden Tätigkeiten festsetzen. Im Anschluss an eine Schutzgebietsausweisung und innerhalb einer Jahresfrist von ihrem Erlass wird aber in Griechenland durch eine weitere Präsidialverordnung die Verwaltungs- und Betriebsordnung für dieses Schutzgebiet erlassen. Darin werden die allgemeinen Gebote und Verbote, die in der Schutzgebietsausweisung selbst enthalten sind, konkretisiert und durch weitere notwendige Maßnahmen zur Verbesserung und Vervollständigung des Schutzes erweitert13. Parallel dazu müssen zu jeder einzelnen Schutzgebietsausweisung sog. Leitungspläne durch Ministerialentscheidungen aufgestellt werden14. Diese Leitungspläne legen noch konkreter die zum effektiven und vollständigen Schutz zu treffenden Maßnahmen fest und beschreiben auch das zur Verwirklichung dieser Maßnahmen erforderliche Programm tung für die Entwicklung des Umwelt- und speziell auch des Naturschutzes im griechischen Recht und wird auch während der folgenden Ausführungen immer wieder herausgezogen werden. 11 Gr. StaatsratsPE 306/1992. 12 J. Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 22, Rn. 2. 13 § 18 Abs. 5a) Abs. 1 S. 1 gr. G. 1650/1986. 14 § 18 Abs. 5b) gr. G. 1650/1986.

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1. Teil: Spannungsfelder

mitsamt zahlreicher Details seiner Durchführung wie z. B. die erforderlichen Kosten, die finanziellen Ressourcen und Sponsoren und den voraussichtlichen Zeitplan. Im Hinblick auf den Inhalt der Schutzgebietsausweisungen ist also festzustellen, dass in Deutschland Schutzgegenstand, Schutzzweck und die Maßnahmen zur Verwirklichung dieses Schutzes in der Schutzgebietsausweisung selbst bestimmt werden müssen; dagegen ist in Griechenland der Inhalt der Unterschutzstellung auf verschiedene Rechtsakte verteilt und bezüglich der Festsetzung der konkreten Maßnahmen und der Details ihrer Durchführung sogar möglicherweise bis zu einem Jahr zeitlich verschoben. Diese Regelung kann zu Verzögerungen und zu einer Zersplitterung des Schutzes führen, was der Effektivität der Schutzgebietsausweisung schaden kann. 4. Kategorien von Naturschutzgebietsausweisungen Das Instrument der Unterschutzstellung war schon in der deutschen Rechtsordnung im Reichsnaturschutzgesetz (RNG)15, dem Vorläufer des BNatSchG, vorgesehen. Im Vergleich zum RNG hat das BNatSchG die Regelung zur Unterschutzstellung mehrfach erweitert: Erstens hat es zusätzlich zu den schon im RNG bestehenden Schutzkategorien neue vorgesehen und zweitens hat es die Palette der durchzuführenden Sanierungsmaßnahmen durch Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen erweitert16. Auf diese Weise ist das Instumentarium zum Naturschutz und zur Landschaftspflege deutlich flexibler und präziser als zum Zeitpunkt seiner ersten Regelung im RNG geworden, so dass sich die Schutzmöglichkeiten verfeinert und verbessert haben17. Von den in den §§ 22 ff. BNatSchG vorgesehenen Schutzgebietskategorien interessieren hier bezüglich ihres eventuellen Gegensatzes zur Bauleitplanung vorwiegend die Naturschutzgebiete (§ 23 BNatSchG) und die Landschaftsschutzgebiete (§ 26 BNatSchG). Die Kategorien der Nationalparke (§ 24 BNatSchG), der Biosphärenreservate (§ 25 BNatSchG) und der Naturparke (§ 27 BNatSchG) sind in diesem Kontext weniger bedeutsam, denn sie können wegen ihrer Großräumigkeit mit einer Bauleitplanung nur in seltenen Fällen in Konflikt geraten. Auch die Naturdenkmale (§ 28 BNatSchG) und die geschützten Landschaftsbestandteile (§ 29 BNatSchG) 15

§ 3 (Naturdenkmale), § 4 (Naturschutzgebiete) und § 5 (Sonstige Landschaftsteile) Reichsnaturschutzgesetz (RNG) v. 26.6.1935, RGBl. I 821. 16 J. Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, Vor § 22, Rn. 1. 17 J. Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, Vor § 22, Rn. 2.

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

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können nur selten in Konkurrenz mit der Bauleitplanung geraten, weil sie eher für den Objekt- und nicht für den Flächenschutz gedacht sind. Auch im griechischen Recht werden die Schutzgebietsausweisungen gesetzlich in verschiedene Kategorien eingeteilt. Diese Kategorien werden in § 19 gr. G. 1650/1986 ausführlich beschrieben. Es handelt sich um die Gebiete absoluten Naturschutzes (§ 19 Abs. 1), die Naturschutzgebiete (§ 19 Abs. 2), die Nationalparke (§ 19 Abs. 3), die geschützten Naturdarstellungen, die Landschaftsschutzgebiete, die geschützten Landschaftsteile (§ 19 Abs. 4) und die Gebiete ökologischer Entwicklung (§ 19 Abs. 5). Die Gebiete absoluten Naturschutzes unterscheiden sich von den Naturschutzgebieten aufgrund ihrer herausragenden Bedeutung für den Naturschutz. Gebiete absoluten Naturschutzes sind solche, in denen sich außerordentlich gefährdete und wichtige Biotope und Ökosysteme befinden, deren pflanzliche oder tierische Arten vom Aussterben bedroht sind. Naturschutzgebiete dagegen haben geringerere Bedeutung im Vergleich zu den Gebieten absoluten Naturschutzes: Sie sind „bloß“ von großem ökologischem und biologischem Wert. Bei den geschützten Naturdarstellungen, den Landschaftschutzgebieten und den geschützen Landschaftsteilen führt nicht nur ihre ökologische Bedeutung, sondern auch ihr wissenschaftlicher, ästhetischer und kultureller Wert zur Schutzbedürftigkeit. Zu Gebieten ökologischer Entwicklung können solche großräumige Flächen erklärt werden, die eine bestimmte Qualität an natürlichen und kulturellen Gütern aufweisen und durch die Aufnahme naturschützender und landschaftspflegerischer Tätigkeiten weiterentwickelt werden können. Diese Gebiete ökologischer Entwicklung können auch ganze Dörfer oder Siedlungen umfassen und können – ebenso wie die Nationalparke und die entsprechenden Kategorien in Deutschland – wegen ihrer Großräumigkeit nur in seltenen Fällen in Widerspruch zur Städtebauplanung geraten. Die folgenden Ausführungen gelten aber für alle Kategorien von Schutzgebietsausweisungen, sowohl des deutschen als auch des griechischen Rechts, falls doch Fälle vorkommen, in denen sie mit einem schon bestehenden oder beabsichtigten städtebaulichen Plan in Konflikt geraten.

5. Parallele Geltung von Naturschutzgebietsausweisungen und städtebaulichen Plänen Vor Beginn der Untersuchung der Kollisionsfälle von Städtebauplanung und Schutzgebietsausweisungen sollen zwei Fallkonstellationen geschildert werden, die sowohl im deutschen als auch im griechischen Recht vorkommen können und in denen ein Nebeneinander von Naturschutzrecht und städtebaulicher Planung möglich ist, ohne dass ein Konflikt zwischen beiden entsteht:

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1. Teil: Spannungsfelder

Das ist zum einen der Fall, wenn sich das Gebiet einer Naturschutzgebietsausweisung und das eines städtebaulichen Plans überschneiden und die beiden Rechtsakte trotzdem in keinem Kollisionsverhältnis zueinander stehen. Eine Schutzgebietsausweisung wird z. B. für einen Teil des Planbereichs des städtebaulichen Plans erlassen, ohne aber seinem Inhalt entgegenzustehen. Das ist dann der Fall, wenn der naturschutzrechtliche Zustand des Gebiets die Unterschutzstellung erfordert und dabei die konkreten Regelungen der Schutzgebietsausweisung den bauplanungsrechtlich festgesetzten Nutzungen nicht widersprechen18. Dann gelten die Schutzgebietsausweisung und der städtebauliche Plan problemlos parallel zueinander. Denkbar und ebenso unproblematisch ist auch die umgekehrte Konstellation, nach der ein städtebaulicher Plan z. B. landwirtschaftliche Flächen oder Grünflächen gemäß den Regelungen einer Schutzgebietsausweisung darstellt bzw. festsetzt, sich also dem Inhalt der Schutzgebietsausweisung anpasst. Auch in diesem Fall gelten beide Rechtsnormen nebeneinander19. Weiter ist denkbar, dass der städtebauliche Plan von Anfang an nichtig war oder nachträglich rechtsunwirksam geworden ist. In einem solchen Fall entfaltet der nichtige städtebauliche Plan keinerlei rechtliche Verbindlichkeit für andere Fachplanungen20 und so kann er die Gültigkeit einer nachträglich erlassenen Schutzgebietsausweisung, deren Vorschriften gegen den unwirksamen städtebaulichen Plan verstoßen, nicht beeinflussen21. 18

VGH Mannheim, Beschl. v. 11.1.1995 – 5 S 227/94, NuR 1996, S. 152 ff. (153); VGH München, Urt. v. 14.1.2003 – 1 N 01.2072, NuR 2003, S. 753 ff. (754); im Ergebnis ähnlich VGH Mannheim, Urt. v. 11.10.1993 – 5 S 1266/92, NuR 1994, S. 239 ff. (241); Hermanns/Hönig, NuR 2001, S. 30. Im griechischen Recht kann man das im Umkehrschluss aus dem § 12 Abs. 4 gr. G. 2508/1997 schließen. 19 Fischer-Hüftle/A. Schumacher/J. Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 26, Rn. 29, S. 423 f.; Weiblen, Bauleitplanung und naturschutzrechtlicher Flächen- und Objektschutz, S. 170. 20 Das ist auch dann der Fall, wenn der städtebauliche Plan schon bei seiner Aufstellung aufgrund einer Fehlgewichtung die Schutzbedürftigkeit des in Betracht kommenden Gebiets nicht erkannt hat. Insofern ist er nichtig und entwickelt keine Verbindlichkeit und Anpassungspflicht, De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Baurechts, Naturschutz, Rn. E 301; VGH München, Urt. v. 18.5.1999 – 9 N 97.2491, NuR 2001, S. 402 ff. (407). 21 BVerwG, Urt. v. 31.1.2001 – 6 CN 2/00, NVwZ 2001, S. 1035 ff. (1037 f.). So auch in entsprechender Interessenlage (Fortgeltung der Vorgängerfassung bei Nichtigkeit der Baumschutzsatzung, die eine andere abändert) OVG Münster, Urt. v. 17.11.2000 – 8 A 1973/97, NuR 2001, S. 653 ff. (654). Auch nicht als Ausdruck der Planungsabsichten der Gemeinde, die die Naturschutzbehörde im deutschen Recht bei der Unterschutzstellung zu berücksichtigen hat, könnte ein nichtiger oder unwirksam gewordener Bauleitplan funktionieren, denn in diesem Fall sind die Absichten der Gemeinde nicht als ausreichend konkret und verfestigt anzusehen; zu diesen von der Rechtsprechung gestellten Voraussetzungen siehe unten 2. Teil

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

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II. Unterschutzstellung von Gebieten eines städtebaulichen Plans Grundsätzlich gilt für beide Rechtsordnungen die allgemeine Aussage, dass für eine Erklärung zum Schutzgebiet nach §§ 22 ff. BNatSchG und nach §§ 18 ff. gr. G. 1650/1986 nicht entscheidend ist, wie die in Betracht kommenden Flächen bis zu diesem Zeitpunkt rechtlich qualifiziert worden waren. Entscheidend ist allein, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Unterschutzstellung gegeben sind oder nicht22. Schon als Kulturdenkmäler oder als Wasserschutzgebiete qualifizierte Gegenstände bzw. Flächen können also z. B. als Teile eines Landschaftsschutzgebiets ausgewiesen werden23. Ist aber auch bei der Unterschutzstellung von bauplanungsrechtlich als bebaubar qualifizierten Flächen undifferenziert dieselbe Antwort zu geben? Dabei sind schwerwiegende gegenseitige Interessen im Spiel, die nicht leichthin beiseite geschoben werden können. Die bestehenden städtebaulichen Pläne sind gültige Rechtsakte, die bei einer nachträglichen Planung oder beim nachträglichen Erlass von Verwaltungsakten nicht einfach ignoriert werden können. Außerdem sind durch die städtebaulichen Pläne häufig schon Eigentumsrechte und Interessen von Einzelnen geschützt und verfestigt, die nicht ohne weiteres beeinträchtigt werden können24. Ferner wird durch den Erlass von gegensätzlichen Rechtsakten ein Widerspruch in der Rechtsordnung verursacht. Dieser muss schon von Anfang an möglichst vermieden werden, damit Rechtsklarheit und Rechtssicherheit nicht beeinträchtigt werden. Schließlich kommen bei einer Schutzgebietsausweisung gegen einen städtebaulichen Plan in Deutschland auch Verletzungen der Planungshoheit in Betracht. Alle diese gewichtigen Interessen und wesentlichen Grundsätze der Rechtsordnung, die bei einer Unterschutzstellung bauplanungsrechtlich erfasster Gebiete in Betracht kommen, erfordern einen vorsichtigen Umgang mit der Zulässigkeit solcher Schutzerklärungen. In Kap. 1. B. I. 1. b). Zur Dogmatik der Fehlerhaftigkeit bei Bebauungsplänen vor und nach der Novellierung des BauGB vom 2004 siehe Stüer, Bau- und Fachplanungsrecht, Rn. A 1092 ff. 22 J. Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 22, Rn. 14; für das griechische Recht in diese Richtung Maria, Schutz der Wälder, S. 295. 23 Z. B. zum Wasserschutzgebiet VGH Mannheim, Urt. v. 11.10.1993 – 5 S 1266/92, NuR 1994, S. 239 ff. (242); zu planungsrechtlich privilegierten Gebieten VGH Kassel, Beschl. v. 5.3.1993 – 4 UE 619/89, NuR 1993, S. 339 ff. (340); zu Vorbehaltsflächen nach einem Regionalplan VGH München, Urt. v. 17.12.1998 – 9 N 93.1261, NuR 1999, S. 393 ff. (395). 24 J. Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 22, Rn. 14; Günther, NuR 2002, S. 587 ff. (587) zum entsprechenden Verhältnis zwischen Baumschutzsatzung und BkleingG.

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1. Teil: Spannungsfelder

welchen Fällen und unter welchen Bedingungen die Unterschutzstellung von durch städtebauliche Pläne überplanten Gebieten möglich ist, wird im Folgenden für jede der beiden Stufen der Städtebauplanung und gesondert für jede Rechtsordnung im Einzelnen untersucht. 1. Lösungen im deutschen Recht Im Gegensatz zum Bebauungsplan ist der Flächennutzungsplan keine allgemeinverbindliche, sondern eine vorbereitende Planung25. Die Planungsabsichten der Gemeinde sind hier nicht so konkret festgelegt wie im Bebauungsplan. Diese Tatsache ist von Bedeutung für die Behandlung der Frage, wie die Rechtswirkung einer Schutzgebietsausweisung zu beurteilen ist, die nicht im Einklang mit einem bestehenden Bauleitplan steht. Insofern ist zwischen Flächennutzungsplan und Bebauungsplan zu differenzieren. a) Unterschutzstellung bei Bestehen eines Flächennutzungsplans aa) Regel: Anpassungsgebot an den Flächennutzungsplan Nach § 7 S. 1 BauGB haben die öffentlichen Planungsträger, die am Planaufstellungsverfahren beteiligt worden sind, ihre Planungen dem Flächennutzungsplan insoweit anzupassen, als sie diesem Plan nicht widersprochen haben (= Anpassungsgebot). Zu solchen öffentlichen Planungsträgern zählen alle diejenigen Behörden, deren Fachplanungen einen raumbeanspruchenden oder raumbeeinflussenden Charakter haben. Dazu gehören auch die Naturschutz- und Landschaftsschutzbehörden beim Erlass von Naturschutzgebietsausweisungen26: Der Inhalt solcher Schutzerklärungen muss sich im Prinzip dem bestehenden27 Flächennutzungsplan anpassen28. Eine Naturschutzgebietsausweisung also, die im Gegensatz zu einem Flächennut25

§ 1 Abs. 2 BauGB, § 8 Abs. 1 und 2 BauGB. Durner, Konflikte räumlicher Planungen, S. 106; VGH München, Urt. v. 28.10.1994 – 9 N 87.03911, BayVBl. 1995, S. 242 ff. (244). 27 Das bedeutet selbstverständlich auch einem schon in Kraft getretenen und wirksamen Flächennutzungsplan, OVG Schleswig, Urt. v. 3.6.2004 – 1 KN U/02, NuR 2006, S. 256 ff. (257). 28 Bielenberg/Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 7, Rn. 4; Löhr in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 7 BauGB, Rn. 1; Gaentzsch, in: Schlichter/Stich (Hrsg.), Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, § 7, Rn. 5; Hermanns/Hönig, NuR 2001, S. 27 ff. (29); Weiblen, Bauleitplanung und naturschutzrechtlicher Flächen- und Objektschutz, S. 105 f.; De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Baurechts, Naturschutz, Rn. E 301. Aus der neuesten Rechtsprechung siehe OVG Schleswig, Urt. v. 3.6.2004 – 1 KN U/02, NuR 2006, S. 256 ff. (257). 26

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

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zungsplan steht, ist grundsätzlich rechtswidrig29. Die Natur- und Landschaftsschutzverordnungen dürfen z. B. im Regelfall keine Bodennutzungen verhindern, wie sie im Flächennutzungsplan dargestellt worden sind30. Falls eine solche doch im Gegensatz zum Flächennutzungsplan erlassen worden ist, kann die Gemeinde nach der Normenkontrolle des § 47 VwGO ihre Nichtigerklärung verlangen und entsprechend ihre gerichtliche Aufhebung erreichen31. Hat aber der öffentliche Planungsträger gegen den Flächennutzungsplan schon bei seiner Aufstellung rechtzeitig Widerspruch eingelegt, kann er sich in einer interessengerechten Abwägung bei der Unterschutzstellung gegen die städtebauliche Planung durchsetzen. Somit löst der rechtzeitige Widerspruch keinen allgemeinen Vorrang der Fachplanung vor dem Flächennutzungsplan aus32. bb) Ausnahmen Diese grundsätzliche Regel der Anpassung an den Flächennutzungsplan gilt nicht, wenn die kommunale Planungsbehörde, die diesen Plan aufgestellt hat, der gegensätzlichen Schutzgebietsverordnung zugestimmt und ein Verfahren zur entsprechenden Änderung des Flächennutzungsplans in die Wege geleitet hat33. In diesem Fall ist es offensichtlich sinnlos, dass die Fachbehörde sich an einen Plan zu halten hat, auf dessen Wirksamkeit selbst die Behörde, die ihn aufgestellt hat, nicht besteht. Es ist allerdings nicht erforderlich, dass die förmliche Änderung des Flächennutzungsplans sich schon zum Zeitpunkt des Erlasses der Naturschutzverordnung vollzogen hat34. Die Naturschutzbehörden brauchen also nicht auf den Zeitpunkt der förmlichen Aufhebung des Flächennutzungsplans zu warten, um 29 Bielenberg/Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 7, Rn. 23; Kratsch/Schumacher, Naturschutzrecht, S. 73; Durner, Konflikte räumlicher Planungen, S. 106; VGH München, Urt. v. 28.10.1994 – 9 N 87.03911, BayVBl. 1995, S. 242 ff. (244). 30 Bielenberg/Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 7, Rn. 10. 31 Bielenberg/Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 7, Rn. 23. 32 Durner, Konflikte räumlicher Planungen, S. 108. 33 De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Baurechts, Naturschutz, Rn. E 301; VGH Mannheim, Beschl. v. 9.5.1995 – 5 S 2153/94, NVwZ-RR 1996, S. 17 f.; VGH München, Urt. v. 31.10.2000, 9 N 96.3505, NVwZ-RR 2002, S. 106 ff. (108). 34 Ständige Rechtsprechung, siehe beispielsweise VGH Mannheim, Beschl. v. 9.5.1995 – 5 S 2153/94, NVwZ-RR 1996, S. 17 f.; VGH Mannheim, Urt. v. 18.11.1996 – 5 S 432/96, NVwZ-RR 1998, S. 99 f. (100); VGH München, Urt. v. 17.12.1998 – 9 N 93.1261, NuR 1999, S. 393 ff. (394); VGH München, Urt. v. 31.10.2000, 9 N 96.3505, NVwZ-RR 2002, S. 106 ff. (108).

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1. Teil: Spannungsfelder

die Naturschutzgebietsverordnung zu erlassen; dass das Aufhebungsverfahren schon in die Wege geleitet worden ist, muss für die Zulässigkeit einer gegensätzlichen Schutzgebietsverordnung ausreichen. Dabei bleibt aber fraglich, wann im konkreten Fall davon auszugehen ist, dass das Aufhebungsverfahren schon in die Wege geleitet worden ist. Die bloße Absicht der Gemeinde, den Flächennutzungsplan zu ändern, sollte nicht reichen. Die künftige Aufhebung des Flächennutzungsplans sollte möglichst sichergestellt werden, damit die beiden gegensätzlichen Rechtsnormen nicht gleichzeitig gelten und so ein Widerspruch in der Rechtsordnung entsteht. Aus diesem Grund sollte das Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans schon begonnen oder die Gemeinde schon Vorbereitungshandlungen für die Aufhebung unternommen und auf jeden Fall ihre Absicht durch eindeutige Handlungen manifestiert haben35. Eine andere Möglichkeit, eine Schutzgebietsausweisung trotz gegensätzlicher Bauleitplanung und mangelnden Widerspruchs von Seiten der Naturschutzbehörden zu erlassen, sieht § 7 S. 3 BauGB im Falle einer Veränderung der Sachlage vor. Wenn sich die Gegebenheiten des Falles, z. B. der naturschutzrechtliche Zustand, nach der Aufstellung des Flächennutzungsplans wesentlich verändern, kann es den Naturschutzbehörden nicht zumutbar sein, sich ohne weiteres an einen überholten und insofern nicht mehr interessengerechten Flächennutzungsplan zu halten36. Aber auch in einem solchen Fall ist ein Einvernehmen zwischen der Gemeinde und dem öffentlichen Planungsträger (also der Naturschutzbehörde) erforderlich37 oder aber müssen die für die abweichende Schutzgebietsausweisung sprechenden Belange (nämlich hier die naturschutzrechtlichen) die städtebaulichen Belange nicht unwesentlich überwiegen38. Wenn also die Gemeinde die Veränderung der Sachlage nicht einsieht, kann die Naturschutzbehörde einen nachträglichen Widerspruch gegen den Flächennutzungsplan einlegen, der aber nur dann durchsetzbar ist, wenn die naturschutzrechtlichen Belange den städtebaulichen wesentlich überlegen sind39. Das Erfordernis eines Einvernehmens mit der Bauleitplanungsbehörde oder des überwiegenden Gewichts der für die Unterschutzstellung sprechenden Belange, auch wenn der Flächennutzungsplan wegen Veränderung der 35

De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Baurechts, Naturschutz, Rn. E 301; VGH München, Urt. v. 17.12.1998 – 9 N 93.1261, NuR 1999, S. 393 ff. (394); VGH München, Urt. v. 28.5.2001 – 9 N 99.2580, NuR 2002, S. 412 ff. (413). 36 So VGH München, Urt. v. 28.10.1994 – 9 N 87.03911, BayVBl. 1995, S. 242 ff. (244). 37 § 7 Abs. 4 BauGB. 38 § 7 Abs. 5 BauGB. 39 Durner, Konflikte räumlicher Planungen, S. 107.

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

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Sachlage nicht mehr als interessengerecht erscheint, stützt sich auf den Grundsatz, dass jeder Planung ein gewisser Gestaltungsspielraum zur Regelung der Planungsmaterie gewährt wird. Ein Bauleitplan erfüllt seine Regelungsfunktion, auch wenn er schon veraltet ist, dabei aber noch in Kraft bleibt. Diese Funktion soll weder von anderen Planungsträgern noch von den Gerichten in Frage gestellt werden, es sei denn, die bauleitplanaufstellende Behörde selbst gibt ihre Zustimmung oder äußerst schwerwiegende Gründe der Gerechtigkeit erfordern dies. Wenn das aber nicht der Fall ist, ist dem schon fertigen Flächennutzungsplan Vorrang vor den Einschätzungen der Natur- und Landschaftsschutzbehörde zu geben, selbst wenn diese nach der aktuellen Rechts- und Sachlage als gerechtfertigt erscheinen40. Auf diese Weise ist ein Kompromiss zwischen den naturschutzrechtlichen Belangen und der Beachtung der Planungshoheit erreicht. In allen oben genannten Fällen, in denen eine Schutzgebietsausweisung im Gegensatz zu den Darstellungen eines Flächennutzungsplans erlassen werden kann, entsteht ein Widerspruch in der Rechtsordnung, da Rechtsnormen mit gegensätzlichem Inhalt nebeneinander gelten. Dieser Widerspruch ist nachträglich aufzuheben, indem die schon durch die Vorschriften des Flächennutzungsplans zugelassenen Nutzungen gemäß dem Inhalt der Schutzgebietsausweisung geändert werden41. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Eigentumsrechte der Bürger kein Hindernis für die Zulässigkeit von Schutzgebietsausweisungen, die im Gegensatz zu einem Flächennutzungsplan stehen, oder für die nachträgliche Anpassung des Flächennutzungsplans an die Festsetzungen der Naturschutzgebietsansordnung darstellen. Als vorbereitender Plan entfaltet der Flächennutzungsplan für die Bürger keine unmittelbaren Rechtsfolgen und begründet keine direkten verfestigten Anspruchspositionen42; deshalb stehen dem Vorrang der Schutzgebietsausweisung vor einem gültigen Flächennutzungsplan keine Rechte der Bürger im Wege43. cc) Parallele zum Entwicklungsgebot? In diesem Punkt ist zu betonen, dass das Anpassungsgebot nicht jeden einzelnen Punkt und jede Einzelheit des Flächennutzungsplans oder der Fach40 Durner, Konflikte räumlicher Planungen, S. 107; Hermanns/Hönig, NuR 2001, S. 27 ff. (30). 41 VGH Mannheim, Beschl. v. 11.1.1995 – 5 S 227/94, NuR 1996, S. 152 ff. (153). Ein Argument in diese Richtung kann aus § 7 Satz 6 BauGB entnommen werden, der die Kostenfrage in Folge einer Änderung oder Ergänzung des Flächennutzungsplans aufgrund einer entgegengesetzten Planung beantwortet. 42 Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 3, Rn. 85. 43 VGH München, Urt. v. 31.10.2000, 9 N 96.3505, NVwZ-RR 2002, S. 106 ff.

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1. Teil: Spannungsfelder

planung, in diesem Fall der Schutzgebietsausweisung, betrifft. So kann die Schutzgebietsausweisung in Detailfragen vom Inhalt des Flächennutzungsplans abweichen, ohne dass ihre Rechtmäßigkeit in Frage gestellt wird. Im Falle einer solchen Abweichung soll zur Detailfrage die Regelung der neueren und spezielleren Schutzgebietsausweisung gelten. Die Rechtsprechung kommt zu diesem Schluss, indem sie eine Parallele vom Anpassungsgebot zum Entwicklungsgebot zieht44. Nach dem Entwicklungsgebot muss der Bebauungsplan sich aus den Darstellungen des Flächennutzungsplans entwickeln und mit ihnen vereinbar sein45. Die Parallele zum Anpassungsgebot wird darin gesehen, dass auch die Fachplanungen sich an den Inhalt des Flächennutzungsplans anpassen und mit ihm im Einklang stehen sollen. Beim Entwicklungsgebot wird allgemein angenommen, dass der Bebauungsplan die Festsetzungen des Flächennutzungsplans konkretisieren und gegebenfalls von ihnen abweichen darf, vorausgesetzt, dass das gesamte Konzept des allgemeineren Plans aufrechterhalten bleibt und die Grundzüge dieser Planung eingehalten werden46. Aufgrund der Ähnlichkeiten beider Grundsätze wird von der Rechtsprechung entsprechend anerkannt, dass einzelne Nutzungsfestsetzungen in einer Schutzgebietsausweisung, die von den Darstellungen des Flächennutzungsplans abweichen, wegen ihrer beschränkten Reichweite das Grundkonzept der Flächennutzungsplanung nicht in Frage stellen und so nicht gegen die Anpassungspflicht des § 7 Abs. 1 BauGB verstoßen47. Auch wenn dieser Rechtsprechung im Ergebnis beizupflichten ist, bestehen Bedenken gegen die Begründung und die Parallele zum Entwicklungsgebot. Das Entwicklungsgebot bezieht sich auf zwei Stufen ein und derselben räumlichen Planung, nämlich der Bauleitplanung, und ordnet an, dass der Bebauungsplan sich aus dem Flächennutzungsplan entwickelt. Das bedeutet, dass geringfügige Abweichungen vom Flächennutzungsplan nicht bloß erduldet, sondern unter Umständen sogar gewollt sind, da der Bebauungsplan konkretere, endgültige und rechtsverbindliche Festsetzungen enthält. Der Bebauungsplan soll den Flächennutzungsplan hauptsächlich konkretisieren und dabei im Einklang mit seinen allgemeinen Darstellungen stehen48. Fachliche Planungen befinden sich dagegen in keinem solchen Verhältnis 44

Dazu Durner, Konflikte räumlicher Planungen, S. 105 f. § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB. 46 BVerwG, Beschl. v. 12.2.2003 – 4 BN 9.03, NuR 2003, S. 371 f. (371); BVerwG, Beschl. v. 11.2.2004 – 4 BN 1.04 – BauR 2004, S. 1264 ff. (1265); Stüer, DVBl. 2005, S. 461 ff. (461 f.). 47 VGH Mannheim, Beschl. v. 28.7.1986 – 5 S 2110/85, NuR 1986, S. 340 ff. (341). In dieselbe Richtung auch VGH München, Urt. v. 28.5.2001 – 9 N 99.2580, NuR 2002, S. 412 ff. (413), der trotz Widerspruchs eines kleinen Teils einer Landschaftsschutzverordnung mit dem Flächennutzungsplan ihre Rechtmäßigkeit nicht in Frage gestellt hat. 48 BVerwG, Beschl. v. 12.2.2003 – 4 BN 9.03, NuR 2003, S. 371 f. (371). 45

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

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mit dem Flächennutzungsplan. Es handelt sich dabei um unterschiedliche Arten von Planungen, von denen die eine, nämlich die Fachplanung, sich dem Inhalt des Flächennutzungsplans anpassen muss. Fachplan und Flächennutzungsplan befinden sich in zwei unterschiedlichen Kategorien, stehen aber auf gleicher Ebene; eine Entwicklung des einen aus dem anderen, die nebensächliche Abweichungen des zweiten Plans rechtfertigen würde, kommt nicht in Frage. Trotz alldem ist aber diese Rechtsprechung im Ergebnis richtig, weil Abweichungen vom Flächennutzungsplan in Detailfragen für die Rechtmäßigkeit der Schutzgebietsausweisung in der Tat nicht ausschlaggebend sein sollen. Dies resultiert aber aus dem allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und nicht aus der entsprechenden Anwendung des Entwicklungsgebots. b) Unterschutzstellung bei Bestehen eines Bebauungsplans Zunächst ist auf eine empirische Feststellung aufmerksam zu machen: Das Bedürfnis nach Unterschutzstellung von Flächen eines Bebauungsplans entsteht in der Praxis sehr selten. Das Gebiet eines Bebauungsplans ist hauptsächlich für die städtebauliche Entwicklung und die Bebauung bestimmt, und es besteht auch meistens überwiegend aus bebauten Flächen. Diese Gebiete weisen in der Regel keine solchen Merkmale auf, die nach den Kriterien des Naturschutzrechts eine Schutzbedürftigkeit durch eine Naturschutzgebietsausweisung begründen würden. Trotzdem können solche Schutzfälle vorkommen: Denkbar wäre etwa der Fall, dass sich in einer größeren Parkanlage innerhalb eines qualifiziert beplanten Bereichs solche Verhältnisse und Zustände der Naturgüter entwickeln, die eine besondere Schutzwürdigkeit aufweisen49. In der Praxis werden aber solche Fragestellungen selten relevant und so werden die folgenden Ausführungen nur in Ausnahmefällen Anwendung finden50. aa) Ablehnung der allgemeinen Vorrangregeln Der Bebauungsplan wird von der Gemeinde in Form einer Satzung beschlossen51. Nach den allgemeinen Vorrangregeln52 sollte also die nachträglich erlassene Schutzgebietsverordnung immer Vorrang vor dem schon 49 In diese Richtung auch der OVG Frankfurt (Oder), Urt. v. 10.8.2004 – 3a A 764/01, NuR 2005, S. 45 ff. (46), der die Möglichkeit einer Unterschutzstellung im unbeplanten Innenbereich vorsieht, wenn die Bebauung nicht so dicht und verfestigt ist, dass sie der Schutzwürdigkeit des Gebiets entgegensteht. 50 Diese Bemerkung gilt entsprechend auch für das griechische Recht und die von einer Städtebaulichen Studie umfassten Gebiete. 51 § 10 Abs. 1 BauGB.

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1. Teil: Spannungsfelder

bestehenden Bebauungsplan haben. Im Falle eines Verstoßes gegen die Schutzgebietsausweisung würde der Bebauungsplan fehlerhaft sein53. Das würde praktisch bedeuten, dass ein Bebauungsplan immer mit dem Vorbehalt einer eventuellen zukünftigen Schutzgebietsverordnung erlassen werden würde54. Gegen dieses Ergebnis sind aber zahlreiche und schwerwiegende Argumente vorzubringen: Zunächst würde eine solche Konstellation die Planungshoheit der Gemeinde erheblich beeinträchtigen. Die Planungshoheit umfasst nicht nur die Befugnis der Gemeinde, die Bauleitpläne für das Gemeindegebiet eigenständig aufzustellen, sondern auch die Befugnis, diese Bauleitpläne zu ändern oder aufzuheben55. Eine allgemeine und bedingungslose Abhängigkeit der Rechtmäßigkeit der Bauleitpläne von Verordnungen der Natur- und Landschaftsschutzbehörden verletzt also den Kern der Planungshoheit, da auf diese Weise das Recht auf das letzte Wort und zugleich die Verantwortung für die Aufrechterhaltung der Bauleitpläne der Gemeinde entzogen und einer anderen fachfremden Behörde übertragen werden. Ferner ist ein allgemeiner Vorrang von Schutzgebietsverordnungen vor bestehenden Bebauungsplänen aus Gründen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes abzulehnen56. Mit der Aufstellung und dem In-KraftTreten des Bebauungsplans wird nicht nur die Schaffung einer städtebaulichen Ordnung, sondern auch die dauerhafte Regelung der Verhältnisse der jeweiligen Grundstücke mit Grund und Boden beabsichtigt, und somit wird eine Art Rechtssicherheit für die betroffenen Grundstückseigentümer gewährleistet. Die Bürger vertrauen auf einen fertigen Bebauungsplan und es ist ihnen allgemein nicht zumutbar, mit beliebigen Änderungen von Seiten der Natur- und Landschaftsschutzbehörden zu rechnen. Außerdem sind oft vom Bebauungsplan abgeleitete Rechtspositionen für die Bürger mit Eigentumsrechten aus Art. 14 Abs. 1 GG verbunden57. Aus diesem Grund ist ein 52 Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 38, Rn. 3; Durner, Konflikte räumlicher Planungen, S. 450 f.; Brohm, Öffentliches Baurecht, § 12, Rn. 29; Louis, UPR 1990, S. 208 f. (208). 53 Zu Fehlerfolgen bei Bebauungsplänen vor und nach der Novellierung des BauGB vom 2004 siehe Stüer, Bau- und Fachplanungsrecht, Rn. A 1092 ff. 54 Hermanns/Hönig, NuR 2001, S. 27 ff. (30); Weiblen, Bauleitplanung und naturschutzrechtlicher Flächen- und Objektschutz, S. 151. 55 Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1, Rn. 25; Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. A 1072. 56 Hermanns/Hönig, NuR 2001, S. 27 ff. (30). 57 Im Gegensatz zum Flächennutzungsplan, der als vorbereitender Bauleitplan den Bürgern keine direkten Rechte verleiht, ergehen aus dem fertigen Bebauungsplan konkrete Rechtspositionen für die Einzelnen, die sich meistens auf das Eigen-

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

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eventueller Vorrang einer Schutzgebietsverordnung vor einem fertigen und gültigen Bebauungsplan nicht ohne weiteres anzunehmen58. Schließlich entsteht bei der Annahme eines allgemeinen Vorrangs von Naturschutzgebietsausweisungen vor bestehenden Bebauungsplänen eine systematische Unstimmigkeit: Der Flächennutzungsplan, der einen geringeren Grad an Rechtsverbindlichkeit aufweist, würde in einem solchen Fall mit dem aus § 7 BauGB abgeleiteten Anpassungsgebot im Ergebnis die Naturund Landschaftsschutzbehörden intensiver binden als der allgemeinverbindliche Bebauungsplan59. Die Rechtsverbindlichkeit des Bebauungsplans betrifft nämlich sowohl die Einzelnen, als auch die öffentlichen Planungsträger, und zwar – anders als § 7 BauGB – unabhängig davon, ob Letztere im Planaufstellungsverfahren widersprochen haben oder nicht. Diese Bindung der öffentlichen Planungsträger ist direkt auf den Normcharakter des Bebauungsplans und seine Festsetzungen zurückzuführen60. Aus den genannten Gründen erweist sich der absolute Vorrang der neueren Naturschutzgebietsausweisung vor älteren Bebauungsplänen als sehr problematisch61. Auf der anderen Seite sind aber auch die Interessen des Naturschutzes und der Landschaftspflege in Betracht zu ziehen. Unter Umständen sollten also diese zu einem vorrangigen Schutz der Naturgüter führen können. bb) Analoge Anwendung des Anpassungsgebots Aus diesem Grund wird als eine Kompromisslösung die analoge Anwendung von § 7 BauGB auch für Bebauungspläne vorgeschlagen62. Die klassitumsrecht von Art. 14 Abs. 1 GG und die Baufreiheit stützen. Die Freiheit des Bürgers, auf seinem eigenen Grundstück zu bauen, ist in der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG enthalten. Grundlegend dazu BVerfG, Beschl. v. 19.6.1973 – 1 BvL 39/69 und 14/72, BVerfGE 35, 263 ff. (276); aus der Literatur siehe dazu Schrödter, in: Schrödter (Hrsg), BauGB, § 1, Rn. 1; Just, in: Hoppe/Bönker/Grotefels Öffentliches Baurecht, § 2, Rn. 55. 58 Auf die Behandlung des Rechts auf Eigentum in den Fällen einer Unterschutzstellung im qualifiziert beplanten Bereich im deutschen Recht wird noch im Folgenden näher einzugehen sein. 59 Hermanns/Hönig, NuR 2001, S. 27 ff. (30). 60 Gaentzsch, in: Schlichter/Stich, Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, § 8, Rn. 5. 61 A. A. Durner, Konflikte räumlicher Planungen, S. 451 f.; Brohm, Öffentliches Baurecht, § 12, Rn. 31 f. mit Hinweis auf die allgemeinen Vorrangregeln. 62 Hermanns/Hönig, NuR 2001, S. 27 ff. (30). Indirekt auch zu diesem Ergebnis gelangend Bielenberg/Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 7, Rn. 12, die aufgrund des Entwicklungsgebots eine mittelbare Auswirkung des Anpassungsgebotes auch auf die Bebauungsplanung sehen.

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1. Teil: Spannungsfelder

schen Vorrangregeln, nach denen eine später erlassene Verordnung einer früheren Satzung vorgeht, gelten nur allgemein und soweit das Gesetz selbst nichts anderes vorsieht. Im Fall einer analogen Anwendung des Anpassungsgebots des § 7 BauGB auch bei den Bebauungsplänen wird die herkömmliche Vorrangregel umgedreht: Der ältere Bebauungsplan wird in der Regel Vorrang vor neueren Naturschutzgebietsausweisungen haben. Die obigen Ausführungen zum Inhalt des Anpassungsgebots und zu seinen Ausnahmen sollen auch hier entsprechend gelten. Den Natur- und Landschaftsschutzbehörden wird das Recht gewährt, sich an das Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans zu beteiligen und eventuell Widerspruch zu erheben. Bei Nichtwahrnehmung dieser Möglichkeit ist die Einlegung eines nachträglichen Widerspuchs gegen den Bebauungsplan nur mit den strengen Voraussetzungen des § 7 BauGB (Veränderung der Sachlage und Zustimmung der Gemeinde oder überwiegende naturschutzrechtliche Belange) zulässig. Ferner kann bei einer (vollzogenen oder noch beabsichtigten) Änderung des Bebauungsplans unter den oben dargestellten Voraussetzungen die Zulässigkeit der Naturschutzgebietsausweisung gleichfalls angenommen werden63. Bedenken gegen die analoge Anwendung des Anpassungsgebots auch bei den Bebauungsplänen können nicht daraus entstehen, dass der Gesetzgeber die Vorschrift des § 7 BauGB ausdrücklich auf die Flächennutzungspläne beschränkt hat. Im Hinblick auf den vorbereitenden Charakter der ersten Stufe der Bauleitplanung in Deutschland und ihrer beschränkten Rechtsverbindlichkeit war eine Klarstellung ihrer Bindung gegenüber anderen öffentlichen Planungen nicht zwecklos. Beim Bebauungsplan dagegen kann der Gesetzgeber auf eine solche Vorschrift verzichten, da von diesem Plan ohnehin die vollständige Rechtsverbindlichkeit gegenüber allen Betroffenen ausgeht. Die Pflicht jedes öffentlichen Planungsträgers, und so auch der naturschutzrechtlichen Behörde bei der Unterschutzstellung, sich an die Festsetzungen eines vorhandenen Bebauungsplans zu halten, folgt also schon aus der rechtlichen Natur dieses Plans und aus seiner Rechtsverbindlichkeit. Die analoge Anwendung des Anpassungsgebots dient also eher der Erstreckung der für den Flächennutzungsplan entwickelten Abgrenzungen und Ausnahmen aus diesem Grundsatz auch auf den Bebauungsplan. Von dieser Problematik ist die Frage zu unterscheiden, ob die Naturschutzgebietsausweisungen Anordnungen enthalten dürfen, die von den in einem Bebauungsplan aufgestellten Voraussetzungen der Zulässigkeit von Vorhaben abweichen. Die beiden Fragestellungen decken sich nämlich nicht unbedingt. Es ist z. B. durchaus möglich, dass die in einer Naturschutzverordnung festgesetzte Nutzung mit der im Bebauungsplan festgesetzten über63

Dazu oben 1. Teil Kap. 1. A. II. 1. a) bb).

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

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einstimmt und dass dabei die Naturschutzverordnung zusätzliche (bauordnungsähnliche64) Anordnungen über die Zulässigkeit von Vorhaben in diesem Gebiet trifft, die weit über die im Bebauungsplan vorgesehenen hinausgehen. Diese Fallkonstellation ist nicht anhand des Anpassungsgebots zu behandeln, sondern bildet einen Fall des § 29 Abs. 2 BauGB. Die Regelungen eines Bebauungsplans über die Zulässigkeit von Vorhaben beeinflussen nicht die Geltung von anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die sich auf die Zulässigkeit derselben Vorhaben beziehen. Solche öffentlichrechtlichen Vorschriften können auch im Naturschutzrecht oder im Wasserrecht enthalten sein65. Entsprechende Anordnungen einer Naturschutzverordnung gelten also neben den bauplanungsrechtlichen Vorschriften, und die Zulässigkeit der in Frage kommenden Vorhaben wird nach beiden Regelungskomplexen beurteilt66. cc) Rechtsfragen der Beeinträchtigungen des Rechts auf Eigentum Ist die Unterschutzstellung von Gebieten des qualifiziert beplanten Bereichs zulässig, ist näher auf die rechtliche Beurteilung der Beeinträchtigungen der Eigentumsrechte einzugehen: Nach ständiger Rechtsprechung des BVerwG und der übrigen Verwaltungsgerichte werden die Festlegung von Nutzungsmöglichkeiten oder die Änderung der schon bestehenden Nutzungsmöglichkeiten sowohl durch baurechtliche als auch durch natur- und landschaftsschutzrechtliche Regelungen (wie z. B. die Verbote nach § 22 Abs. 2 S. 1 BNatSchG) grundsätzlich als zumutbare Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums nach § 14 Abs. 1 S. 2 GG angesehen67. Der die Baufreiheit der Bürger be64 § 29 Abs. 2 BauGB bezieht sich auf nicht bodenrechtliche Vorschriften, also auf solche des Bauordnungsrechts, Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, BauGB, § 29, Rn. 58. 65 BVerwG, 24.2.1978 – 4 C 12/76, BVerwGE 55, S. 272 ff. (277 f.). 66 Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, §§ 29–38 Vorb, Rn. 13.; BVerwG, Urt. v. 20.10.1978 – 4 C 75.76, NuR 1979, S. 26 ff. (27). 67 OVG Münster, Urt. v. 6.10.1988 – 11 A 372/87, NuR 1989, S. 188 ff. (189); BayVerfGH, Entsch. v. 30.4.1991 – Vf.1 – VII – 90, NuR 1992, S. 227 ff. (228); OVG Koblenz, Urt. v. 28.8.1991 – 10 C 10840/90, NuR 1992, S. 133 ff. (134); BVerwG, Urt. v. 24.6.1993 – 7 C 26.92, NuR 1993, S. 487 ff. (488); VGH Mannheim, Urt. v. 11.10.1993 – 5 S 1266/92, NuR 1994, S. 239 ff. (243); BVerwG, Beschl. v. 18.12.1995 – 4 BN 8.95, NuR 1996, S. 249 ff. (251); BVerwG, Beschl. v. 17.1.2000 – 6 BN 2.99, NuR 2000, S. 267; VGH Mannheim, Urt. v. 21.6.2000 – 5 S 3161/98, NuR 2001, S. 156 ff. (158); VGH München, Urt. v. 31.10.2000 – 9 N 96.3505, NVwZ-RR 2002, S. 106 ff. (111); BVerwG, Urt. v. 31.1.2001 – 6 CN 2/00, NVwZ 2001, S. 1035 ff. (1036); OVG Lüneburg, Urt. v. 24.8.2001 – 8 KN 209/01, NuR 2002, S. 99 ff. (100); OVG Lüneburg, Urt. v. 13.3.2003 – 8 KN

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1. Teil: Spannungsfelder

schränkende Inhalt der Naturschutzgebietsausweisungen stellt also in der Regel eine zumutbare und entschädigungsfreie Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums dar und erweckt insofern keine verfassungsrechtlichen Bedenken68. Das liegt daran, dass die normativen Maßnahmen des Natur- und Landschaftsschutzes im Normalfall die Sozialgebundenheit des Eigentums zum Wohl der Allgemeinheit konkretisieren und so keine unzumutbaren Eingriffe in dieses Grundrecht darstellen. Das gilt nicht nur für noch unbeplante Flächen, sondern auch für die durch einen Bebauungsplan erworbenen Rechte und Rechtspositionen, die durch Vorschriften zum Schutz von Natur und Landschaft beschränkt werden können69. Die die Eigentumsrechte der Bürger einschränkende Naturschutzverordnung muss aber in diesem Fall den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsprinzips (Erforderlichkeit, hoher Grad an Schutzbedürftigkeit, Angemessenheit usw.) entsprechen, damit ihr Vorrang vor dem Bebauungsplan und so auch vor den aus 14 Abs. 1 GG hervorgehenden Rechten im konkreten Fall angenommen werden kann70. Auf jeden Fall unverhältnismäßig und somit unzumutbar ist die Einschränkung des Eigentums, wenn die naturschutzrechtliche Regelung jeglichen privatnützigen Gebrauch des Eigentums unmöglich macht oder wenn eine lange ausgeübte oder sich nach Lage der Dinge objektiv anbietende Nutzung nun ohne entsprechende Entschädigung abgeschafft wird71. Zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit und somit der Zumutbarkeit der Beeinträchtigung der Eigentumsrechte kann nach den Umständen des konkreten Falles eine Entschädigung oder ein anderer Ausgleich in Betracht kommen (ausgleichspflichtige Inhalts- und 236/01, NuR 2003, 567 ff. (569 f.); Just in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 2, Rn. 48 f.; J. Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/SchmidtRäntsch, BNatSchG, § 22, Rn. 24; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, § 22, Rn. 5; Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 6, Rn. 208; Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 199; J. Schumacher/A. Schumacher/Fischer-Hüftle, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 22, Rn. 14; Hahn, DVBl 1992, S. 1408 ff. (1409); Weiblen, Bauleitplanung und naturschutzrechtlicher Flächen- und Objektschutz, S. 244. 68 Grundlegend zur dogmengeschichtlichen Entwicklung der Baufreiheit und zu ihren Konsequenzen für die Grundeigentumsdogmatik siehe statt anderer SchmidtAßmann, Grundfragen des Städtebaurechts, S. 89 ff. 69 Gaentzsch, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 473 ff. (478). 70 Dazu z. B. J. Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 22, Rn. 24 mit Verweisen auf die einschlägige Rechtsprechung; insbesondere bezüglich der Wasserschutzgebietsausweisungen vgl. Schmidt-Aßmann, DÖV 1986, S. 985 ff. (987). 71 Zuletzt BVerwG, 18.7.1997 – 4 BN 5.97, NuR 1998, S. 37 ff. (40); BVerwG, Beschl. v. 17.1.2000 – 6 BN 2.99, NuR 2000, S. 267. Zur Abgrenzung der zumutbaren von den unzumutbaren Eigentumsbeschränkungen ausführlich Mengel, Naturschutz, Landnutzung und Grundeigentum, S. 180 ff.

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

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Schrankenbestimmungen)72. Bei dieser Ausgleichspflicht handelt es sich nicht um eine Entschädigung im Rahmen einer Enteignung. Ferner kann nach ständiger Rechtsprechung die dauernde Entziehung der Baulandqualität durch die Anordnungen einer Schutzgebietsausweisung, wenn das Grundstück zuvor bebaubar war, eine de facto enteignende Wirkung entfalten; insofern ist eine Entschädigung erforderlich73. In diesem Fall liegt keine förmliche Enteignung vor, da keine gesetzliche Grundlage für eine solche vorhanden ist; trotzdem wird ein enteignender Eingriff angenommen, der ebenso eine Entschädigungspflicht herbeibringt74. Eine Enteignung kann nach dem aktuellen Stand der Rechtsprechung und der Dogmatik in Deutschland in der Tat nur beim Bestehen einer formellen gesetzlichen Vorschrift erfolgen, die diese Enteignung, den mit ihr verfolgten öffentlichen Zweck und die Höhe der Entschädigung genau festlegt75. Die entsprechende Rechtsprechung hat ihre Wurzeln in einer Entscheidung des BVerwG von Anfang der 80er Jahre76. Der BVerwG hat darin versucht, den bis zu diesem Zeitpunkt angenommenen Enteignungsbegriff zu beschränken, indem es ihn als gezielten staatlichen Zugriff auf das Eigentum des Einzelnen definiert und ihn in einer ausdrücklichen Festlegung der Entschädigung in einem Gesetz für den konkreten Fall verankert hat. Die in § 19 Abs. 3 WHG enthaltene Entschädigungspflicht z. B. sollte somit nunmehr als keine „salvatorische Klausel“ für die Erteilung einer Entschädigung aufgrund einer Enteignung, sondern als eventuelle Entschädigung im Rahmen der Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG angesehen werden. Bei der Einordnung der Eigentumsbeeinträchtigung in eine dieser drei unterschiedlichen Kategorien (bloße Inhalts- und Schrankenbestimmung, entschädigungspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung bzw. enteignender Eingriff) muss der Grad der Zumutbarkeit der Verletzung des Eigentums 72 J. Schumacher/A. Schumacher/Fischer-Hüftle, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 22, Rn. 14. 73 Grundlegend BVerwG, Urt. v. 27.6.1957 – I C 3.56, BVerwGE 5, S. 145 ff. (145); weiter BayOLG, Urt. v. 1.8.1975 – 2 Z 268/74, BayVBl. 1976, S. 28 ff. (29); BVerwG, Beschl. v. 23.1.1984 – 4 B 157.83, ZfW 1984, S. 294 f. (295); OLG Karlsruhe, Beschl. v. 19.6.1984 – 3 Ss 10/84, NuR 1985, S. 121 ff. (122); BayObLG, Urt. v. 29.5.2000 – 2Z RR 12/99, NVwZ-RR 2000, S. 750 ff. 74 Zu den Schwierigkeiten der Abgrenzung der ausgleichspflichtigen Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums zu dem enteignenden Eingriff siehe Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 26, Rn. 108. 75 Vgl. Art. 14 Abs. 3 S. 1 und 2 GG; dazu Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 26, Rn. 57 und 61. 76 Grundlegend BVerfG, Beschl. v. 15.7.1981 – 1 BvL 77/78, BVerfGE 58, S. 300 ff. (331 f.) bekannt als „Nassauskiesungsbeschluss“.

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1. Teil: Spannungsfelder

berücksichtigt werden: Bei der Untersuchung der Zumutbarkeit der Eigentumsbeeinträchtigungen und der Annahme einer ausgleichspflichtigen Inhaltsbestimmung bzw. eines enteignenden Eingriffs muss insbesondere in Betracht gezogen werden, ob die in Frage kommenden Flächen noch unbeplant sind oder ob sie von einem Bebauungsplan umfasst sind und eventuell schon Baugenehmigungen erteilt worden sind und somit die festgesetzten baulichen Nutzungen schon ausgeübt worden sind77. Je mehr sich der Eigentümer auf den Bestand seines Rechts aufgrund von Verwaltungsentscheidungen verlassen hat und verlassen durfte, desto schwieriger fällt die Rechtfertigung des Entzugs der Baufreiheit und der Eigentumsrechte. Dies stimmt mit der ständigen deutschen Rechtsprechung überein, dass bei der Beurteilung eines enteignenden Eingriffs bzw. einer entschädigungspflichtigen Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG die „von der Natur der Sache her“ nach dem Eingriff verbleibende Nutzungsmöglichkeit des Eigentums im Vergleich zu der bis zu diesem Zeitpunkt gewährleisteten üblichen oder ausgeübten Nutzung einschlägig ist78. 2. Lösungen im griechischen Recht a) Unterschutzstellung bei Bestehen eines Allgemeinen Städtebaulichen Plans aa) Regel: Spezielles Anpassungsgebot an den Allgemeinen Städtebaulichen Plan So wie das deutsche BauGB enthält auch das griechische städtebauliche Gesetz 2508/199779 in § 4 Abs. 12 ein Anpassungsgebot. Dieses Anpassungsgebot bezieht sich ausdrücklich nur auf die Pläne der ersten Stufe der Städtebauplanung (Allgemeiner Städtebaulicher Plan und Plan räumlicher und städtebaulicher Organisation offener Stadt) wie auch das deutsche Anpassungsgebot. Im Gegensatz zum deutschen Recht beschränkt sich aber das Anpassungsgebot im griechischen Recht nur auf die Schutzgebietsausweisungen; es handelt sich also um kein generelles, sondern um ein spezielles Anpassungsgebot. Gemäß dieser Vorschrift muss die Unterschutzstellung von Gebieten oder Gegenständen nach den Vorschriften des gr. G. 77

Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rn. 888; in diese Richtung auch OVG Frankfurt (Oder), Urt. v. 10.8.2004 – 3a A 764/01, NuR 2005, S. 45 ff. (47). Insbesondere bei einer erteilten Baugenehmigung, siehe auch unten 1. Teil Kap. 1. A. II. 3. 78 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rn. 885. 79 Gr. ABl. A’ 124/13.6.1997.

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

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1650/1986 im Einklang mit den Darstellungen und Festsetzungen der Raumordnungspläne, des Allgemeinen Städtebaulichen Plans und des Plans räumlicher und städtebaulicher Organisation offener Stadt stehen. Die Anordnungen der Schutzgebietsausweisungen müssen sich also an die bestehenden Raumordnungspläne und die städtebaulichen Pläne der ersten Ebene anpassen. In dieselbe Richtung geht auch die Vorschrift des § 39 Abs. 7 KoV, die sich aber auf den Zeitraum zwischen dem Beginn der Aufstellung des Allgemeinen Städtebaulichen Plans und seinem endgültigen In-KraftTreten bezieht. Gemäß dieser Vorschrift sind alle am Planaufstellungsverfahren zu beteiligenden Behörden, darunter auch die für den Erlass von Schutzgebietsausweisungen zuständigen Behörden80, verpflichtet, zur Verwirklichung der Ziele und Festsetzungen des zu erlassenden städtebaulichen Plans durch die entsprechende Anpassung ihrer Programme und Handlungen beizutragen. Auf diese Weise wird die Anpassungspflicht an den (voraussichtlichen) Inhalt des Allgemeinen Städtebaulichen Plans schon auf das Stadium des Planaufstellungsverfahrens vorgezogen. bb) Ausnahmen Weiter ist danach zu fragen, ob auch im griechischen Recht Ausnahmen vom Anpassungsgebot zu finden sind. Der griechische Gesetzgeber sieht in § 4 Abs. 12 S. 3 gr. G. 2508/1997 einen solchen Ausnahmegrund vor: Falls in den Schutzgebietsausweisungen die Festsetzung von Maßnahmen und Regelungen erforderlich ist, die mit den Allgemeinen Städtebaulichen Plänen enthaltenen baulichen Nutzungen, Verboten oder Geboten nicht im Einklang stehen, müssen zuerst diese Pläne entsprechend geändert werden. Dass in der Schutzgebietsausweisung solche Regelungen erforderlich sind, wird von der speziellen Umweltprüfung belegt, die vor dem Erlass einer Schutzgebietsausweisung in jedem Fall durchgeführt werden muss. Die durch eine spezielle Umweltprüfung festgestellte Schutzbedürftigkeit der Flächen rechtfertigt also die Abweichung vom Inhalt des Allgemeinen Städtebaulichen Plans. Somit sollte dann eine Ausnahme von der Anpassungspflicht möglich sein, wenn sich die Sachlage dermaßen radikal und unterwartet verändert, dass nach den neuen Gegebenheiten die Unterschutzstellung als absolut notwendig und im Verhältnis zu den Interessen zur Aufrechterhaltung des Allgemeinen Städtebaulichen Plans als schwerwiegender erscheint. Die Veränderung der Sachlage und die (neuen) Erfordernisse des Naturschutzes stellen offensichtlich auch den Hintergedanken des Gesetzgebers beim Erlass des § 4 Abs. 12 S. 3 gr. G. 2508/1997 dar. Belanglose Änderungen des naturschutzrechtlichen Zu80

§ 39 Abs. 2 S. 3 und Abs. 7 S. 3 KoV (= § 3 gr. G. 1337/1983).

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1. Teil: Spannungsfelder

standes sollen die Bestandskraft des städtebaulichen Plans nicht aufheben. Aus dieser Vorschrift geht ferner hervor, dass schon vor Erlass der Schutzgebietsausweisung die förmliche Aufhebung der bestehenden gegensätzlichen räumlichen Pläne erfolgen muss. Die Erhebung eines Widerspruchs durch die für die Schutzgebietsausweisung zuständigen und am Planaufstellungsverfahren nach § 39 Abs. 2 S. 3 KoV zu beteiligenden Behörden während des Planaufstellungsverfahrens wird im Gesetz nicht als ausreichender Grund angesehen, die aus dem Anpassungsgebot ausgehenden Pflichten auszuschließen. Das Gegenteil ist der Fall: Die unterbliebene Erhebung eines Widerspruchs während des Planaufstellungsverfahrens verbietet es der zuständigen Behörde, durch Erlass einer Schutzgebietsausweisung gegen die Vorschriften des Allgemeinen Städtebaulichen Plans zu verstoßen, wenn sich die tatsächliche Lage nicht geändert hat. Denn ein solches widersprüchliches Verhalten würde gegen den allgemeinen Grundsatz des Rechts „venire contra factum proprium“ und das Gebot des konsequenten Verhaltens der Verwaltung verstoßen81. Daraus ergibt sich freilich nicht, dass bei Erhebung eines Widerspruchs vom Inhalt des Allgemeinen Städtebaulichen Plans ohne weiteres abgesehen werden kann. Einen solchen Fall hätte der Gesetzgeber nach dem Vorbild des deutschen Gesetzes ausdrücklich vorsehen sollen. Weiter ist zu fragen, ob auch im griechischen Recht die Zustimmung der den städtebaulichen Plan erlassenen Behörde und ihre unzweifelhafte Absicht, den Plan aufzuheben, das Anpassungsgebot zurücktreten lassen. Eine positive Antwort auf diese Frage könnte sich auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip stützen: Eine Einschränkung des Erlasses einer Schutzgebietsausweisung ohne Verfolgung eines berechtigten Zwecks ist unverhältnismäßig und somit überflüssig. Bei einer bevorstehenden Änderung des räumlichen Plans scheint seine Bindung für die Naturschutzbehörde nicht mehr unabdingbar. Bedenken gegen diese Lösung ergeben sich aber aus dem gesetzlichen Text: Wie aus § 4 Abs. 12 S. 3 gr. G. 2508/1997 hervorgeht, hat der Gesetzgeber die förmliche Aufhebung des räumlichen Plans vor dem Erlass der gegensätzlichen Schutzgebietsausweisung gewollt. Dadurch sollte verhindert werden, dass ein Widerspruch in der Rechtsordnung durch die parallele Wirkung von auseinander gehenden Normen entsteht. Diesem gesetzlichen Zweck würde es nicht gerecht werden, wenn allein die (auch manifestierte) Absicht zur Änderung des Allgemeinen Städtebaulichen Plans für die Zulässigkeit der entgegengesetzten Schutzgebietsausweisung ausreichen würde. 81 Zu diesen allgemeinen Prinzipien des Verwaltungsrechts in Griechenland siehe statt vieler Dagtoglou, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 385 ff., S. 212 ff.

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

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b) Unterschutzstellung bei Bestehen einer Städtebaulichen Studie Wie im deutschen Recht beschränkt sich das gesetzlich festgelegte Anpassungsgebot auch in Griechenland auf die erste Stufe der Städtebauplanung. Es bezieht sich ausdrücklich nicht auf die zweite Stufe, d.h. auf die Städtebauliche Studie. Und so taucht die Frage auf: Gilt die Anpassungspflicht gegenüber neueren Schutzgebietsausweisungen auch in diesem Fall? Die Vorrangregeln helfen bei der Beantwortung dieser Frage im griechischen Recht nicht weiter, weil sowohl der Städtebaulichen Studie als auch den Naturschutzgebietsausweisungen die gleiche Stellung in der Hierarchie der Rechtsnormen eingeräumt wird: Sie werden beide als Präsidialverordnungen erlassen82. Viele Argumente sprechen auch hier dafür, das Anpassungsgebot auch auf der zweiten Ebene der Städtebauplanung analog anzuwenden. Die Städtebauliche Studie entwickelt denselben Grad an Rechtsverbindlichkeit wie der Allgemeine Städtebauliche Plan und der Plan räumlicher und städtebaulicher Organisation offener Stadt; an die Festsetzungen der Städtebaulichen Studie müssen sich also andere Behörden genauso streng halten. Es besteht kein Grund, warum die städtebaulichen Festsetzungen auf der konkreteren Ebene nicht in demselben Maße respektiert werden sollten wie die Festsetzungen auf der abstrakteren Ebene. Ganz im Gegenteil gibt es einen zusätzlichen Grund, sich an den Inhalt der Städtebaulichen Studie noch fester zu halten: Die Betroffenen vertrauen umso mehr auf die Festsetzungen der Städtebaulichen Studie, als ihr Inhalt sich aus dem Allgemeinen Städtebaulichen Plan entwickelt hat und mit ihm im Einklang stehen muss83. Auf diese Weise werden die auf der ersten Ebene der städtebaulichen Planung gewählten Nutzungen durch einen zweiten verbindlichen Rechtsakt konkretisiert und gleichzeitig doppelt bekräftigt. So kann man zu Recht davon ausgehen, dass die Städtebauliche Studie den Allgemeinen Städtebaulichen Plan inhaltlich bestätigt und gesteigertes Vertrauen auf ihren Inhalt bei den Einzelnen auslöst. Aus diesem Grund muss das den Allgemeinen Städtebaulichen Plan betreffende Anpassungsgebot des § 4 Abs. 12 S. 3 gr. G. 2508/1997 umsomehr bei den Festsetzungen der Städtebaulichen Studie Anwendung finden. Entsprechend kann hier auch auf die vorangegangenen Ausführungen über die Ausnahmen vom Anpassungsgebot verwiesen werden. 82 § 7 Abs. 3 S. 1 gr. G. 2508/1997 für die Städtebauliche Studie und § 21 Abs. 1 S. 1 gr. G. 1650/1986 für die Schutzgebietsausweisungen. 83 Das Entwicklungsgebot im griechischen Recht ist in § 7 Abs. 2 S. 1 gr. G. 2508/1997 enthalten.

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1. Teil: Spannungsfelder

c) Eigentumsrechte (hinsichtlich beider Stufen der städtebaulichen Planung) Wie schon oben erwähnt, ist der Allgemeine Städtebauliche Plan in Griechenland, im Gegensatz zum deutschen Flächennutzungsplan, auch für die Einzelnen ebenso rechtsverbindlich wie auch die Pläne der zweiten Stufe der Städtebauplanung84. Die folgenden Ausführungen über die Beeinträchtigung der Eigentumsrechte durch die Unterschutzstellung von beplanten Gebieten gelten daher in gleichem Maße für beide Stufen der Städtebauplanung. § 22 gr. G. 1650/1986 hat die ökonomischen Folgen der Schutzgebietsausweisungen zum Gegenstand. Aus der Formulierung des § 22 Abs. 1 S. 1 gr. G. 1650/1986 geht hervor, dass im Regelfall Einschränkungen des Eigentums durch die Anordnungen der Schutzgebietsausweisungen als entschädigungsfreie Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums anzusehen sind85. Dies ist daraus zu schließen, dass die Möglichkeit der Erteilung einer Entschädigung nur im Ausnahmefall vorgesehen wird, und zwar dann, wenn die aus dem Eigentum ausgehenden Rechte und Befugnisse „übermäßig“ beeinträchtigt werden. Die griechische Rechtsprechung bestätigt diese Ansicht: Die Eigentumsbeeinträchtigungen durch Naturschutzgebietsausweisungen sind hauptsächlich als Inhaltsbestimmungen des Eigentums zu deuten86. Die Möglichkeit einer Entschädigung ist aber auch angesprochen, und zwar abgekoppelt von der Erfüllung der Enteignungsvoraussetzungen. Eine Entschädigung kann dann verlangt werden, wenn ein wesentlicher Entzug von Nutzungsmöglichkeiten des Eigentums vorliegt, auch wenn kein Enteignungstatbestand erfüllt ist (entschädigungspflichtige Inhaltsbestimmungen des Eigentums)87. Nach dem Gesetz kann diese Entschädigung in Geld oder auch in natura, und zwar durch Übertragung von Grundstücken aus dem staatlichen Eigentum, Austausch der in Anspruch genommenen Grundflächen gegen staatliche Grundstücke oder durch die Übertragung der Grundflächenzahl88, erfolgen89. 84

Skouris, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 68 und Fn. 12. So Koutoupa-Regkakou, in: Griechische Gesellschaft für die Umwelt (Hrsg.), Das Recht auf Eigentum und Umweltschutz, S. 35 ff. (37 f.). 86 StaatsratsE 88/1993; 558/1993; 1318/2001, PerDik 2002, S. 142 ff.; 1319/2001, DtA 2003, S. 596 ff.; 1320/2001. 87 StaatsratsE 3067/2001. 88 Dabei kann der Eigentümer die Grundflächenzahl (oder deren Teil), die er auf einem konkreten Grundstück nicht benutzen darf, auf einem anderen Grundstück seines Eigentums benutzen. Diese Institution, die in Griechenland viele Diskussionen und Auseinandersetzungen verursacht hat, wird im Rahmen dieser Arbeit nicht 85

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

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Eine förmliche Enteignung muss auch im griechischen Recht immer aufgrund einer speziellen gesetzlichen Vorschrift erfolgen, die den konkreten öffentlichen Zweck der Enteignung und die vorherige volle Entschädigung des Eigentümers festsetzt90. Darüber hinaus kann aber, im Gegensatz zum deutschen Recht, auch der Tatbestand einer sog. de facto Enteignung vorliegen. Eine de facto Enteignung ist dann anzunehmen, wenn die staatliche Handlung, in diesem Fall die Schutzgebietsausweisung und die in ihr enthaltenen Maßnahmen, das Eigentum unnutzbar und überflüssig macht, indem sie ihm de facto jegliche Nutzungsmöglichkeit nach seinem gesetzlichen und tatsächlichen Zweck entzieht91. Sowohl die förmliche Enteignung als auch jegliche staatliche Handlung mit enteignender Wirkung (de facto Enteignung) ist nach griechischem Recht immer, auch von Verfassungs wegen92, nur zwecks des allgemeinen Nutzens und mit vorheriger Vollentschädigung zulässig. Die Regelung des § 22 gr. G. 1650/1986 über die Entschädigungs- und Enteignungstatbestände differenziert zwischen sich im beplanten oder unbeplanten Bereich befindendem Eigentum nicht. Die Eigentümer, die sich mit gutem Recht auf bestehende städtebauliche Pläne verlassen haben, werden vom Gesetz nicht bevorzugt behandelt. Gemäß dem Anpassungsgebot müssen sich die Schutzgebietsausweisungen zwar an schon bestehende städtebauliche Pläne anpassen; auf diese Weise wird es nur in Ausnahmefällen vorkommen, dass eine Schutzgebietsausweisung ein beplantes Gebiet unter Schutz stellt. Trotzdem können solche Ausnahmefälle eintreten. Dann sollte das Vorhandensein eines städtebaulichen Plans, der Rechte der Bürger begründet bzw. verfestigt, bei der Beurteilung eines Anspruchs der Betroffenen auf Entschädigung von entscheidender Bedeutung sein. Denn in diesem Fall sollte die auf die „übermäßige“ Beschränkung der Eigentumsrechte bezogene Voraussetzung des § 22 Abs. 1 gr. G. 1650/1986 unter dem Licht der im städtebaulichen Plan festgelegten Nutzung interpetiert werden: Die Festlegung einer die Eigentumsrechte der Bürger begünstigenden Nutzung im städtebaulichen Plan ist ein wichtiges Indiz dafür, dass das Vertrauen der Bürger auf diese Rechte gerechtfertigt und schützenswert ist, so dass ausführlich aufgeführt, weil sie eher die städtebauliche und nicht die natürliche Umwelt betrifft; zur Erläuterung dieser Institution und zu ihrer Entwicklung siehe statt anderer Efstratiou, EfDhmDik I 2003, S. 27 ff. Zu einer kritischen Betrachtung Risos, in: FS für den Staatsrat, S. 1191 ff. (1200). 89 Dazu Oikonomou, PerDik 2000, S. 521 ff. (524). 90 Dagtoglou, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1321 ff., S. 894 ff. 91 Dagtoglou, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1304, S. 880; zur ständigen Rechtsprechung des gr. Staatsrates vgl. z. B. einige ältere StaatsratsE 223/1929, 112/1959, 519/1965, 1968/1974. 92 § 17 Abs. 2 gr. Verfassung 1975/1986/2001.

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die „Übermäßigkeit“ der Beschränkung des Eigentums und somit auch die Erfüllung der Entschädigungsvoraussetzungen des §§ 22 gr. G. 1650/1986 leichter zu bejahen ist93. 3. Speziell bei Bestehen einer Baugenehmigung Wie ist aber in beiden Rechtsordnungen die Rechtslage zu beurteilen, wenn aufgrund eines bestehenden Bebauungsplans bzw. einer Städtebaulichen Studie schon vor der Unterschutzstellung Baugenehmigungen erteilt worden sind? Ist in diesem Fall dieselbe Anwort zu geben wie im Falle eines bestehenden Bebauungsplans? Kann bzw. muss die Baugenehmigung aufgrund ihrer Unvereinbarkeit mit der nachträglichen Naturschutzgebietsverordnung aufgehoben werden? Spielt es eine Rolle, dass von der Baugenehmigung eventuell noch nicht Gebrauch gemacht wurde? a) Im deutschen Recht Die Rechtslage ist für das deutsche Recht in diesem Fall in der Tat anders zu beurteilen. Die Erteilung einer Baugenehmigung verfestigt die Rechtsposition des Bürgers in dem Maße, dass nachträglich erlassene Vorschriften nur im Ausnahmefall und unter strengen Voraussetzungen ihre Bestandskraft zurücknehmen können. Dabei gelten die allgemeinen gesetzlichen Voraussetzungen über die Rücknahme oder den Widerruf eines Verwaltungsakts (§§ 48, 49 VwVfG), die im Licht des nachträglichen Erlasses einer Naturschutzgebietsausweisung interpretiert werden müssen: Zunächst ist anzumerken, dass die Verbote und Genehmigungsvorbehalte in naturschutzrechtlichen Verordnungen keine drittschützende und absolute Wirkung haben. Eine Aufhebung oder Änderung der Baugenehmigung wegen Verstoßes gegen eine Naturschutzgebietsausweisung kann also ein Dritter nicht beantragen94. 93 In der Literatur werden vielfach Fragen im Hinblick auf die in den §§ 22 gr. G. 1650/1986 vorgesehenen Kompensationsarten aufgeworfen, die diese Vorschrift offen lässt: Wer bestimmt nach welchen Kriterien, dass die Einschränkungen des Eigentumsrechts „übermäßig“ schwerwiegend sind? An welche Kriterien ist die Verwaltung beim Gebrauch ihres Ermessens über die Erteilung einer solchen Entschädigung gebunden? Wie wird die Höhe der Entschädigung festgelegt?, Dazu Pantis, in: Griechische Gesellschaft für die Umwelt (Hrsg.), Das Recht auf Eigentum und Umweltschutz, S. 81 ff. (82 ff.); Koutoupa-Regkakou, in: Griechische Gesellschaft für die Umwelt (Hrsg.), Das Recht auf Eigentum und Umweltschutz, S. 35 ff. (44 ff.). Diese Fragen gehören aber speziell zum Haftungsrecht der Verwaltung und sind im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht weiter zu verfolgen. 94 Louis, NuR 1992, S. 24 ff. (25).

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Eine solche Aufhebung oder Änderung ist auch von Seiten der erlassenden Behörde nicht ohne weiteres möglich. Erteilte Baugenehmigungen können als bestandskräftige Verwaltungsakte nur unter den Voraussetzungen der §§ 48, 49 VwVfG aufgehoben werden. In der vorliegenden Konstellation geht es um die Voraussetzungen des Widerrufs nach § 49 VwVfG, wenn man davon ausgeht, dass die Baugenehmigung gemäß den geltenden Vorschriften erteilt wurde. In Betracht kommt vor allem der Fall des § 49 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG, denn die Baugenehmigung ist ein begünstigter Verwaltungsakt, der keine Geldleistung zum Gegenstand hat. Wenn eine Naturschutzgebietsverordnung nach der Erteilung der Baugenehmigung erlassen wird und aufgrund der Vorschriften dieser Verordnung die Baugenehmigung nunmehr nicht mehr zulässig wäre, ist der Tatbestand des § 49 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG erfüllt. Diese Vorschrift stellt zwei Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Widerrufs auf: Zum einen darf der Begünstigte noch keinen Gebrauch vom Verwaltungsakt gemacht haben. Zum anderen muss ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet werden. Der Widerruf der Baugenehmigung wäre also dann nicht möglich, wenn von ihr schon Gebrauch gemacht worden wäre. Außerdem ist die Voraussetzung über die Gefährdung des öffentlichen Interesses bei Bestehen einer Baugenehmigung nicht ohne weiteres erfüllt. In jedem konkreten Fall ist zu überprüfen, ob die Verwirklichung der Baugenehmigung den öffentlichen Zweck und so das öffentliche Interesse an der Durchführung der Naturschutzverordnung gefährden würde. Keine Gefährdung des öffentlichen Interesses liegt z. B. vor, wenn eine Befreiung von den naturschutzrechtlichen Verbotsregelungen in Betracht käme95; in diesem Fall wäre nämlich die Behörde verpflichtet, trotz Vorhandenseins der Naturschutzgebietsausweisung eine Baugenehmigung gleichen Inhalts erneut zu erlassen. Somit kann die Aufrechterhaltung der Baugenehmigung nicht als Gefährdung des öffentlichen Interesses angesehen werden. Auf jeden Fall ist aber die Behörde zu keinem Widerruf verpflichtet; der Widerruf liegt in ihrem Ermessen. Schließlich muss nach § 49 Abs. 6 VwVfG bei Widerruf eines begünstigenden Verwaltungsakts das negative Interesse der Betroffenen erstattet werden96. Wie schon oben erwähnt, kann sich die Naturschutzgebietsausweisung sogar auf schon bebaute Flächen erstrecken97, also dahin, wo von der Bau95

Louis, NuR 1992, S. 24 ff. (25). Dazu Louis, NuR 1992, S. 24 ff. (26). 97 Fischer-Hüftle/A. Schumacher/J. Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 26, Rn. 5; VGH Mannheim, Urt. v. 11.10.1993 – 5 S 1266/92, NuR 1994, S. 239 ff. (241); OVG Greifswald, Urt. v. 20.4.1994 – 4 K 25/93, NuR 1995, S. 149 ff. (154); BVerwG, Beschl. v. 24.5.1995 – 4 NB 37.94, NuR 1995, S. 456 f. (457). 96

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genehmigung schon Gebrauch gemacht worden ist und eine Bebauung vorliegt. Dann muss aber die Bebauung von der Naturschutzgebietsausweisung unberührt bleiben. Die Verbote und Gebote der Naturschutzgebietsverordnung können in diesem Fall nur solche Aspekte betreffen, die die vorhandene Bebauung nicht antasten, wie z. B. die Grünanlagen innerhalb einer Siedlung. Auf diese Weise wird die Unterschutzstellung den Anforderungen des § 49 VwVfG gerecht, wonach der Widerruf eines begünstigenden und rechtmäßigen Verwaltungsaktes aufgrund einer nachträglichen Rechtsvorschrift nach dem Gebrauch des Verwaltungsaktes nicht mehr möglich ist. b) Im griechischen Recht Eine erteilte Baugenehmigung ist auch im griechischen Recht ein bestandskräftiger Verwaltungsakt, der von der Verwaltung selbst nur unter bestimmten Voraussetzungen aufgehoben werden kann. Die materiellrechtlichen Voraussetzungen dieser Aufhebung werden im griechischen Gesetz nicht festgelegt; der einschlägige § 21 gr. VwVfG98 beschränkt sich auf die Regelung der Zuständigkeit und des Verfahrens der Aufhebung. Aus diesem Grund hat die gr. Rechtsprechung allgemeine Grundsätze über die Gründe der Aufhebung von Verwaltungsakten von der Verwaltung entwickelt. Dabei wird zwischen Rücknahme von rechtswidrigen und Widerruf von rechtmäßigen Verwaltungsakten differenziert99. Auch hier interessiert vor allem die Möglichkeit des Widerrufs der Baugenehmigung, gesetzt den Fall, dass ihre Erteilung rechtmäßig gewesen ist. Ein Widerruf von rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakten ist also nur in zwei Fällen und nur unter strengen Voraussetzungen möglich: Entweder müssen die Verwaltungsakte mit einem Widerrufsvorbehalt erlassen worden sein oder muss das Gesetz100 diese Möglichkeit ausdrücklich vorsehen. In jedem dieser beiden Fälle ist aber der Widerruf materiellrechtlich nur aus Gründen eines dringenden öffentlichen Interesses zulässig. Wenn also die Naturschutzgebietsverordnung Festsetzungen beinhaltet, die der erteilten Genehmigung entgegenwirken, und so der Widerruf der Genehmigung in der Verordnung angeordnet wird, dann muss das zum Widerruf drängende öffentliche Interesse dringend sein und sich bei einer Abwägung gegen die gegensätzlichen und schwerwiegenden Interessen zur Beibehaltung der Baugenehmigung durchsetzen können. 98

Gr. Gesetz 2690/1999 v. 9.3.1999, ABl. A’ 45. Dazu Dagtoglou, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 676 ff., S. 370 ff. 100 Dabei ist das Gesetz im materiellen Sinne gemeint, also nicht nur das Gesetz im formellen Sinne, sondern alle Hoheitsakte, die allgemeine und abstrakte rechtsverbindliche Regeln enthalten. Zur Unterscheidung siehe statt vieler Dagtoglou, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 142 ff., S. 77 ff. 99

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c) Vergleich Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Wirkung von Unterschutzstellungen in beiden Rechtsordnungen danach differiert, ob bereits eine Baugenehmigung erteilt worden ist oder nicht. Die Anordnungen der Naturschutzgebietsausweisungen können sich bei einer Abwägung gegen die Eigentumsrechte in der Regel nicht durchsetzen, wenn sich diese Rechte schon auf Baugenehmigungen stützen. Die Baugenehmigungen können nur nach den in jeder Rechtsordnung dafür bestimmten Voraussetzungen zurückgenommen bzw. widerrufen werden. Wenn diese Voraussetzungen nicht vorliegen, muss sich die Schutzgebietsausweisung dem Inhalt der Baugenehmigungen anpassen; sonst muss ihr gegensätzlicher Inhalt entsprechend eingeschränkt werden. Dass der Berechtigte von der Baugenehmigung noch keinen Gebrauch gemacht hat, wird als eine Voraussetzung des Widerrufs nach § 49 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG ausdrücklich vorgesehen. Außerdem spielt diese Tatsache eventuell bei der Bewertung des Vertrauens des Bürgers und der Bejahung einer Entschädigung nach § 49 Abs. 6 VwVfG eine Rolle. In Griechenland sind die materiellrechtlichen Voraussetzungen für den Widerruf einer rechtmäßig erteilten Baugenehmigung nicht gesetzlich festgelegt. Die griechische Rechtsprechung hat diesbezüglich allgemeine Grundsätze entwickelt, die den entsprechenden Regelungen des deutschen Rechts sehr ähnlich sind. Dass vom besagten Verwaltungsakt Anwendung gemacht worden ist, wird in der griechischen Rechtsprechung zwar nicht allgemein als Hindernis für seinen Widerruf angesehen. Diese Tatsache bekräftigt aber auf jeden Fall die Bestandskraft des Verwaltungsakts und das Schwergewicht der für seine Aufrechterhaltung sprechenden privaten Interessen, so dass das gegensätzliche öffentliche Interesse umso mehr als absolut zwingend erscheinen muss, um sich bei der Abwägung durchzusetzen. Das wird in der Praxis nur in extrem seltenen Fällen vorkommen. 4. Zwischenergebnis Aufgrund der vorangehenden Ausführungen ist festzustellen, dass bei der Behandlung der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Schutzgebietsausweisungen für bereits durch städtebauliche Pläne überplante Gebiete erlassen werden können, in beiden Rechtsordnungen sehr ähnliche Lösungen gegeben werden: Grundsätzlich gilt das Gebot der Anpassung der Schutzgebietsausweisung an die Anordnungen des bestehenden städtebaulichen Plans. Das legt das Gesetz in beiden Rechtsordnungen explizit nur für die erste Stufe der Städtebauplanung fest. In beiden Rechtsordnungen soll aber die analoge Anwen-

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1. Teil: Spannungsfelder

dung des Anpassungsgebots auch für die zweite Stufe der Städtebauplanung aus mehreren Gründen angenommen werden. Vom Anpassungsgebot gibt es auch Ausnahmen, die anhand von Allgemeinen Grundsätzen des Rechts entwickelt worden sind und nach denen die Unterschutzstellung von beplanten Gebieten erlaubt ist. Dabei wird in beiden Rechtsordnungen der Tatsache Rechnung getragen, dass bei der Unterschutzstellung von beplanten Gebieten die Eigentumsrechte beeinträchtigt werden können. In der Regel sind diese Einschränkungen der Eigentumsrechte auch auf beplanten Gebieten in beiden Rechtsordnungen als zumutbar angesehen und werden als (ausgleichsfreie oder ausgleichspflichtige) Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums bezeichnet. Diese Lösung ist problematisch, wenn die Beeinträchtigung des Eigentums eine solche Schwelle erreicht, dass ein gänzlicher Entzug der Eigentumsbefugnisse vorliegt. In Griechenland stellt die Rechtsprechung nicht so sehr auf die formelle Voraussetzung des Vorliegens einer gesetzlichen Grundlage für die Annahme einer Enteigung ab, sondern akzeptiert auch die Möglichkeit einer de facto Enteigung. In Deutschland dagegen ist die gesetzliche Grundlage für die Annahme einer Enteignung nach der Rechtsprechung unerlässlich. Wenn Baugenehmigungen schon erteilt worden sind, können diese aufgrund von Anordnungen in Naturschutzgebietsausweisungen sowohl in Deutschland als auch in Griechenland nur unter den allgemeinen Voraussetzungen über den Widerruf rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakte aufgehoben werden. III. Überplanung eines geschützten Gebiets Im Rahmen der folgenden Untersuchung wird die entgegengesetzte Frage behandelt, nämlich ob und nach welchen Voraussetzungen durch eine Naturschutzgebietsausweisung unter Schutz gestellte Gebiete von einem städtebaulichen Plan überplant werden können. Vorab zwei Klarstellungen: 1. Von der Problematik der Verbindlichkeit der vorangegangenen Unterschutzstellung für die nachträgliche Städtebauplanung ist die Pflicht des gemeindlichen Plangebers, bei der Städtebauplanung die nach anderen gesetzlichen Vorschriften erlassenen Festsetzungen nachrichtlich zu übernehmen101, 101 § 5 Abs. 4 BauGB und § 9 Abs. 6 BauGB für jeweils den Flächennutzungsund den Bebauungsplan. Die Pflicht zur nachrichtlichen Übernahme gilt auch für Wasserschutzgebiete und nunmehr ausdrücklich auch für Überschwemmungsgebiete in den Flächennutzungs- und Bebauungsplänen, § 5 Abs. 4 und 4a BauGB für den Flächennutzungsplan und § 9 Abs. 6 und 6a BauGB für den Bebauungsplan.

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zu trennen102. Denn der „nachrichtlichen Übernahme“ wird nur eine informative Funktion eingeräumt; dadurch wird nur darauf hingewiesen, dass es im Planbereich schon eine einschlägige gesetzliche Festsetzung gibt. Keine unmittelbaren Rechtswirkungen entstehen aus der nachrichtlichen Übernahme. So hat auch die Verletzung dieser Pflicht zur nachrichtlichen Übernahme in der Regel keine negativen Folgen für die Wirksamkeit der städtebaulichen Pläne; die Außerachtlassung von nach anderen gültigen Vorschriften getroffenen Festsetzungen kann aber gegebenenfalls ein Indiz für die mangelhafte Abwägung im Planaufstellungsverfahren und so für die Rechtswidrigkeit des Planes sein103. Eine ähnliche Institution wie die „nachrichtliche Übernahme“ gibt es im griechischen Recht nicht104. 2. Wie schon mehrmals erwähnt, stellt der Flächennutzungsplan im deutschen Recht nur eine vorbereitende Planung dar, die nicht denselben Grad an Rechtsverbindlichkeit wie der Bebauungsplan auslöst. Aus diesem Grund ist zu berücksichtigen, ob gegenüber Konflikten zwischen Flächennutzungsplänen und Naturschutzgebietsausweisungen eine nachgiebigere Haltung zu zeigen ist als gegenüber Konflikten zwischen Naturschutzgebietsausweisungen und Bebauungsplänen105. Dieser Gedanke könnte daraus entstehen, dass Fehler im Flächennutzungsplan belanglos sind oder mindestens seiner Gültigkeit nicht schaden, da sie spätestens zum Zeitpunkt der Aufstellung des rechtsverbindlichen Bebauungsplans behoben werden können106. Ein solches Ergebnis ist aber abzulehnen. Trotz fehlender unmittelbarer Verbindlichkeit gegenüber Privaten kommt dem Flächennutzungsplan eine Leitfunktion für die städtebauliche Entwicklung zu107: Er bereitet den verbindlichen Bebauungsplan vor und Letzterer ist aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln108. Aus diesem Grund ist auch für die Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans von entscheidender Bedeutung, dass seine rechtliche Basis, nämlich der Flächennutzungsplan, auch als selbstständige Norm einwandfrei ist109. Diese These 102

Durner, Konflikte räumlicher Planungen, S. 100 f. Brohm, Öffentliches Baurecht, § 6, Rn. 10, S. 100 und Rn. 25, S. 110 f.; Weiblen, Bauleitplanung und naturschutzrechtlicher Flächen- und Objektschutz, S. 67. 104 Zu einer eventuellen, allerdings nur partiellen Parallele der „nachrichtlichen Übernahme“ im griechischen Recht siehe jedoch unten 2. Teil Kap. 1. D. III. 105 OVG Münster, Urt. v. 11.1.1999 – 7 A 2377/96, NuR 1999, S. 704 ff. (705); Weiblen, Bauleitplanung und naturschutzrechtlicher Flächen- und Objektschutz, S. 96 ff. (100); Kratsch/Schumacher, Naturschutzrecht, S. 73. 106 Es handelt sich dabei um einen Aspekt des Grundsatzes der planerischen Zurückhaltung, dazu auch unten 2. Teil Kap. 2. A. I. 2. a). 107 BVerwG, Urt. v. 21.10.1999 – 4 C 1.99, NuR 2000, S. 321 ff. 108 § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB. 109 BVerwG, Urt. v. 21.10.1999 – 4 C 1.99, NuR 2000, S. 321 ff.; Gaentzsch, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 473 ff. (481). 103

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wird unter anderem durch die Tatsache gestärkt, dass ein Bebauungsplan sich oft direkt aus einem Flächennutzungsplan ohne Genehmigung der Behörde entwickeln kann110. Aus all diesen Gründen ist es erforderlich, dass der rechtliche Boden, auf dem sich der verbindliche Bebauungsplan gestaltet, „sauber“ ist111. Die folgenden Ausführungen gelten daher für beide Ebenen der städtebaulichen Planung. Im griechischen Recht stellen sich ähnliche Fragen nicht, da sowohl der Allgemeine Städtebauliche Plan als auch die Städtebauliche Studie denselben Grad an Rechtsverbindlichkeit aufweisen. 1. Regel: Strenge Bindung der städtebaulichen Planung an bestehende Naturschutzgebietsausweisungen a) Grundlage im deutschen Recht Im deutschen Recht ist die Bauleitplanung eine Aufgabe der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften. Diese müssen ihre städtebauliche Entwicklungspolitik selbständig und in eigener Verantwortung, aber gemäß dem vorrangigen Recht betreiben. Nach § 6 Abs. 2 BauGB und § 10 Abs. 2 i. V. m. § 6 Abs. 2 BauGB sind Flächennutzungsplan und Bebauungsplan an alle Rechtsvorschriften gebunden, also auch an die Naturschutzgebietsverordnungen. Somit wird der Inhalt der Bauleitpläne nicht zur absoluten Disposition der planaufstellenden Gemeindeinstanzen gestellt112; die Darstellungen und Festsetzungen in den Bauleitplänen müssen den Regelungen bestehender Schutzgebietsverordnungen folgen und mit ihnen vereinbar sein113. Dieser Vorrang folgt auch aus dem Sinn und Zweck der Unterschutzstellung: Der Gesetzgeber hat im 4. Abschnitt (§§ 22 ff.) des BNatSchG die Möglichkeit der Schutzgebietsausweisung für diejenigen Fälle vorgesehen, in denen er den dauerhaften Schutz von bestimmten Naturgüter als unerlässlich bewertet hat. Ein Gebiet wird deshalb zum qualifizierten Schutzgebiet ausgewiesen, damit dessen Schutz auf Dauer und gegenüber allen Trägern öffentlicher bzw. privater Belange gewährleistet wird114. Dieser Schutz soll unabhängig von jeglicher Abwägung anderer Fachbehörden sichergestellt werden. 110 111

Argumentum a contrario aus § 8 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 10 Abs. 2 BauGB. Hermanns/Hönig, NuR 2001, S. 27 ff. (31); Müller, NVwZ 2005, S. 526 ff.

(528). 112 Hermanns/Hönig, NuR 2001, S. 27 ff. (28, 31); Kratsch, NuR 1994, S. 278 ff. (278); Louis/Wolf, NuR 2002, S. 455 ff. (455); Weiblen, Bauleitplanung und naturschutzrechtlicher Flächen- und Objektschutz, S. 95 f.; BVerwG, Beschl. v. 28.11.1988 – 4 B 212.88, NuR 1989, S. 225 f. 113 VGH München, Urt. v. 7.11.2001 – 1 N 98.3032, NuR 2002, S. 495 f.; BVerwG, Urt. v. 7.6.2001 – 4 CN 1/01, NVwZ 2001, S. 1280 ff. (1281). 114 Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 122.

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Der Vorrang der Naturschutzgebietsausweisung vor neueren Bauleitplänen geht weit über eine bloße Berücksichtigung der naturschutzrechtlichen Belange bei der Bauleitplanaufstellung nach § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB hinaus. Die in der Erklärung zum Schutzgebiet enthaltenen Gebote und Verbote115 stellen nicht einfache Belange des Naturschutzrechts dar, sondern sie sind rechtsverbindliche Vorschriften, die bei der Aufstellung der Bauleitpläne eingehalten werden müssen (Planungsleitsätze)116. Bauleitpläne (Bebauungsoder Flächennutzungspläne), die Anordnungen von Naturschutzgebietsverordnungen widersprechen, verstoßen also gegen zwingendes Recht und sind aus diesem Grund nach § 6 Abs. 2 und § 6 Abs. 2 i. V. m. § 10 Abs. 2 S. 1 und 2 BauGB nicht genehmigungsfähig und somit nichtig117. Konsequenterweise müssen vor der Aufstellung von Bauleitplänen, die nicht im Einklang mit bestehenden Naturschutzgebietsausweisungen stehen sollen, die entgegengesetzten naturschutzrechtlichen Vorschriften aufgehoben werden118. 115

§ 22 Abs. 2 S. 1 BNatSchG. Zur Bedeutung der Planungsleitsätze in der Bauleitplanung siehe Hoppe, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 5, Rn. 22 ff.; Reidt, in: Gelzer/ Bracher/Reidt (Hrsg.), Bauplanungsrecht, Rn. 645 ff. 117 Aus der Rechtsprechung siehe OVG Berlin, Urt. v. 14.12.1982 – OVG 2 A 10.81, NuR 1983, S. 193 ff. (196); VGH Kassel, Urt. v. 27.7.1988 – 3 UE 1870/84, NuR 1989, S. 87 f. (88); BVerwG, Beschl. v. 28.11.1988 – 4 B 212.88, NuR 1989, S. 225 f.; OVG Hamburg, Urt. v. 1.2.1990 – OVG Bf II 2 und 12/86 N, NuR 1991, S. 239 ff. (240); VGH Mannheim, Urt. v. 5.4.1990 – 8 S 2303/89, NuR 1990, S. 464 f. (465); VGH Kassel, Urt. v. 25.7.1990 – 3 UE 100/86, NuR 1991, S. 283 ff. (284); OVG Greifswald, Normenkontrollurt. v. 20.4.1994 – 4 K 25/93, NuR 1995, S. 149 ff. (156); BVerwG, Beschl. v. 14.8.1995 – 4 BN 43.94, NuR 1996, S. 82 ff. (84); OVG Frankfurt/Oder, Urt. v. 21.6.1996 – 3 D 15/94, NE, NuR 1997, S. 98 ff. (99); VGH Kassel, Urt. v. 31.5.2001 – 3 N 4010/97, NuR 2001, S. 704 ff. (706); BVerwG, Urt. v. 7.6.2001, 4 CN 1.01, NuR 2002, S. 42 ff. (43); BVerwG, Beschl. v. 9.2.2004 – 4 BN 28.03, UPR 2004, S. 386 f. (387); vgl. auch VGH Müchen, Urt. v. 24.11.1994 – 2 N 93.3393, NuR 1995, S. 411 ff. (412), der die Nichtigkeit auf die spezielle Regelung des Art. 61 Abs. 2 S. 1 BayWG zurückführt; vgl. BVerwG, Urt. v. 30.1.2003 – 4 CN 14.01, NuR 2003, S. 489 ff. (490), der die Nichtigkeit mit der Vollzugsunfähigkeit und dem Verstoß gegen § 1 Abs. 3 BauGB begründet; für Flächennutzungsplan, BVerwG, Urt. v. 21.10.1999, 4 C 1.99, NuR 2000, S. 321 ff. (321 f.); nur für qualifizierten Bebauungsplan, VGH Kassel, Beschl. v. 5.7.1989 – 4 N 1064/88, NuR 1990, S. 468 ff. (469). Aus der Literatur Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 122; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 21, Rn. 9; Egner, NuR 2003, S. 737 ff. (737); Louis/Wolf, NuR 2002, S. 455 ff. (455 f.); Louis, NuR 1992, S. 24 ff. (26); Hahn, DVBl 1992, S. 1408 ff. (1410); Kube, NuR 2005, S. 515 ff. (515); Kratsch/Schumacher, Naturschutzrecht, S. 73; Durner, Konflikte räumlicher Planungen, S. 451. So auch Stüer, Handbuch des Bauund Fachplanungsrechts, Rn. A 1231, allerdings unter der Voraussetzung, dass das Gesetz einen Vorrang dieser Regelung gegenüber dem Bauleitplan vorschreibt. 118 Bei der Aufhebung der naturschutzrechtlichen Regelungen dürfen aber die Naturschutzbehörden nicht allein baurechtliche Belange berücksichtigen, BVerwG, Urt. v. 11.12.2003 – 4 CN 10.02, UPR 2004, S. 182 ff. (184). 116

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b) Grundlage im griechischen Recht Auch im griechischen Recht sind die städtebaulichen Pläne an die Vorschriften der Schutzgebietsausweisungen gebunden, so dass ein Allgemeiner Städtebaulicher Plan oder eine Städtebauliche Studie, die im Gegensatz zu den Festsetzungen einer Schutzgebietsausweisung stehen, rechtswidrig und nichtig sind. Diese strenge Bindung an die Schutzgebietsausweisungen wird aus mehreren Vorschriften abgeleitet und anhand zahlreicher Argumente begründet: Zunächst sieht § 4 Abs. 12 S. 1 gr. Gesetz 2508/1997 vor, dass die Vorschriften über die Unterschutzstellung von Gebieten nicht berührt werden. Sinn und Zweck der Regelung erschließen sich aus dem gesetzlichen Kontext: § 4 regelt die Zuständigkeit und das Verfahren zur Aufstellung des Allgemeinen Städtebaulichen Plans sowie auch dessen Inhalt. Mit der Vorschrift des § 4 Abs. 12 S. 1 ist also gemeint, dass die Regelungen über die Naturschutzgebietsausweisungen durch die Aufstellung und den Inhalt des Allgemeinen Städtebaulichen Plans nicht beeinflusst werden. Daraus kann man schließen, dass die in einer Schutzgebietsausweisung enthaltenen Verbote und Gebote von neueren und eventuell gegensätzlichen städtebaulichen Plänen nicht beseitigt werden können. Ganz im Gegeneil: Städtebauliche Pläne müssen mit diesen naturschutzrechtlichen Vorschriften im Einklang stehen. Dies ergibt sich auch im Umkehrschluss aus der Formulierung des § 4 Abs. 12 S. 2 gr. Gesetz 2508/1997, wonach die Schutzgebietsausweisungen sich den zum Zeitpunkt ihres Erlasses „bestehenden städtebaulichen Plänen“ anpassen müssen, und also nicht zukünftigen. Außerdem folgt diese Bindung mittelbar aus den Vorschriften des gr. Gesetzes 1650/1986, das in § 19 für jede Kategorie von Schutzgebietsausweisungen bestimmte Bodennutzungsverbote festlegt. So wird in den „Gebieten absoluten Schutzes“ jede Tätigkeit absolut untersagt; in den „Naturschutzgebieten“ werden jede Tätigkeit und jeder Eingriff verboten, die zu einer Veränderung des Naturzustandes und der natürlichen Entwicklungsprozesse in diesem Gebiet führen könnten; die „Nationalparke“ müssen sowohl vor natürlichen schädlichen Veränderungsprozessen als auch vor menschlichen nachteiligen Eingriffen und Tätigkeiten angemessen geschützt werden usw. Diese gesetzlichen Verbote gelten unmittelbar beim Erlass der jeweiligen Schutzgebietsausweisung und binden auch die zuständigen Behörden bei der Aufstellung der städtebaulichen Pläne119. Sie müssen nicht unbedingt in 119 Ein entsprechendes Argument über die strikte Verbindlichkeit des Inhalts von Naturschutzgebietsausweisungen für die nachträglichen Bauleitpläne könnte auch im deutschen Recht gezogen werden, da in den §§ 23 ff. BNatSchG bestimmte Handlungen für die jeweiligen Kategorien von Schutzgebietsausweisungen per Gesetz

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

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die Schutzgebietsausweisungen aufgenommen werden, weil sie schon per Gesetz unmittelbare Geltung erlangen. Meistens werden sie aber in den Schutzgebietsausweisungen durch entsprechende Gebote und Verbote konkretisiert, die dann auch für die Städtebauplanung verbindlich sind. Darüber hinaus können die Schutzgebietsausweisungen weitere Beschränkungen für die städtebaulichen Pläne enthalten. § 21 Abs. 2 gr. G. 1650/1986120 ermächtigt die zuständigen Behörden, in den Schutzgebietsausweisungen allgemeine Gebote und Verbote, Festsetzungen von Bodennutzungen, Einschränkungen und Bedingungen der Bebaubarkeit und der Zerteilung von Grundstücken sowie Untersagungen bestimmter Tätigkeiten und Voraussetzungen zur Durchführung bestimmter Werke zu erlassen. Diese Anordnungen in den Schutzgebietsausweisungen richten sich von ihrer Natur aus überwiegend an die Planungsbehörden und sind für die städtebaulichen Pläne verbindlich. Dies folgt auch aus dem Sinn und Zweck der Unterschutzstellungen: Diese werden nämlich mit dem Ziel erlassen, die in Betracht kommenden Gebiete vor allen für den Naturhaushalt und für das Landschaftsbild schädlichen Handlungen und Tätigkeiten effektiv zu schützen. Dazu ist es aber notwendig, dass alle durch die Naturschutzgebietsausweisungen angesprochenen Behörden sich an ihre Festsetzungen halten. In Bezug auf den Schutz von Gebieten hohen ökologischen Wertes vor der Überplanung durch städtebauliche Pläne und folglich der Bebauung ist der gr. Staatsrat in einem Fall weiter als das gr. Gesetz 1650/1986 oder gar das deutsche Recht gegangen. Das oberste Verwaltungsgericht hat diesen Gebieten einen Schutz vor der Städtebauplanung und der Bebauung bereits vor ihrer förmlichen Unterschutzstellung gewährt. Somit wurde der Schutz dieser Flächen zeitlich vorgeschoben. Zu diesem Zweck hat sich das Gericht direkt auf die verfassungsrechtliche Vorschrift des Art. 24 Abs. 1 gr. Verfassung über den Umweltschutz gestützt. Aus ihr hat es die Regel abgeleitet, dass Gebiete hohen ökologischen Wertes vor der Bebauung geschützt werden müssen, auch ohne bzw. bevor eine förmliche Schutzgebietsausweisung nach den §§ 18 ff. gr. G. 1650/1986 erlassen worden ist. Gleichzeitig regt das Gericht die Verwaltung an, das Instrumentarium der §§ 18 ff. gr. G. 1650/85 zu förmlichen Unterschutzstellungen zu nutzen, da diese gesetzlichen Vorschriften zur Verwirklichung des verfassungsrechtverboten werden, allerdings nur rahmenrechtlich, da sie der konkreten Festlegung durch die Landesgesetze bedürfen. Das Zurückgreifen auf ein solches, eher indirektes Argument ist aber im deutschen Recht aufgrund der gesetzlichen Regelung und der speziellen Behandlung der Frage in der Literatur und der Rechtsprechung entbehrlich. 120 In seiner Fassung nach der Änderung durch § 16 Abs. 2 gr. G. 2742/1999, gr. ABl. A’ 207.

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lichen Erfordernisses nach einem wirksamen Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen erlassen worden sind121. c) Spezielles Problem in Deutschland: Beeinträchtigung der Planungshoheit Durch die strikte Verbindlichkeit des Inhalts der Naturschutzgebietsausweisungen für die nachträglichen Bauleitpläne stellt sich in Deutschland die Frage der Vereinbarkeit dieser Regel mit der gemeindlichen Planungshoheit. Der Gemeinde wird dadurch die Befugnis entzogen, die unter Schutz gestellten Gebiete selbständig und nach eigenem Ermessen gemäß den Erfordernissen einer geordneten städtebaulichen Entwicklung zu überplanen. Als Erstes ist darauf hinzuweisen, dass eine generelle Einbeziehung der gesamten nicht bebauten Flächen einer Gemeinde in ein Natur- oder Landschaftsschutzgebiet auf jeden Fall als unzulässig wegen Beeinträchtigung der gemeindlichen Planungshoheit angesehen werden muss122. Eine in solchem Maße ausgebreitete Unterschutzstellung würde die städtebaulichen Entwicklungsmöglichkeiten der betroffenen Gemeinde in unzumutbarer Weise einschränken123. Die Einbeziehung eines – auch größeren – Teils des Gemeindegebiets kann dagegen nach den Gegebenheiten des Einzelfalls eine hinzunehmende Einschränkung der Planungshoheit darstellen124. Daher stellt sich die Frage nach der Grenze zwischen einer zumutbaren Einbeziehung eines Teils des Gemeindegebiets in die Schutzgebietsausweisung und der unzumutbaren. Ist auch die Einbeziehung nicht der gesamten unbebauten Flächen, aber immerhin eines überwiegenden Teils zulässig? Jeder Fall ist in concreto von den Gerichten zu beurteilen. Aus der bisherigen Rechtsprechung lassen sich konkrete und handhabbare Kriterien zur Einordnung dieser Fälle kaum erschließen. Entscheidend soll aber letzten Endes sein, ob das StaatsratsE 2164/1994, Nümoò+Fu·sh 1995, S. 455 ff. Aus der älteren Rechtsprechung OVG Koblenz, Urt. v. 6.3.1979 – 10 C 10/78, NuR 1979, S. 113 ff. (114); BVerwG, Urt. v. 11.4.1986 – 4 C 51.83, BVerwGE 74, S. 124 ff. (132), OVG Koblenz, Beschl. v. 28.1.1987 – 10 C 31/86, NuR 1987, S. 231 f.; so auch aus der neueren Rechtsprechung OVG Koblenz, Urt. v. 18.9.2002 – 8 C 11279.01, NuR 2003, S. 122 ff. (123). A. A. OVG Greifswald, Normenkontrollurt. v. 20.4.1994 – 4 K 25/93, NuR 1995, S. 149 ff. (154), das bei Vorliegen eines überregionalen Interesses die Einbeziehung des ganzen Gemeindegebiets durch eine Landschaftsschutzverordnung für zulässig hält und darin keine Verletzung der kommunalen Planungshoheit sieht. 123 Vgl. Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. A 1231. 124 OVG Lüneburg, Urt. v. 24.7.1995 – 3 K 2909/93, NuR 1997, S. 203 ff. (205), Hermanns/Hönig, NuR 2001, S. 27 ff. (29). So auch für die Erstreckung eines Landschaftsschutzgebiets auf bebaute Flächen OVG Greifswald, Normenkontrollurt. v. 20.4.1994 – 4 K 25/93, NuR 1995, S. 149 ff. (154). 121 122

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verfügbare räumliche Potential, das nach einer Unterschutzstellung eines größeren Teils des Gemeindegebiets übrig bleibt, für eine (weitere) zukünftige kommunale städtebauliche Entwicklung ausreicht. Ist das der Fall, dann ist auch kein Verstoß gegen die kommunale Planungshoheit anzunehmen. Dabei sind als Kriterien in concreto der voraussichtliche zukünftige Bedarf der Gemeinde an freien Flächen, die beabsichtigte Verwirklichung von öffentlichen Bauwerken, der Stand der vorhandenen städtebaulichen Entwicklung, die bestehenden Alternativen für eine Bauleitplanung usw. heranzuziehen. Darüber hinaus ist aber zu betonen, dass die eventuellen Einschränkungen der gemeindlichen Planungshoheit durch eine Naturschutzgebietsausweisung eine zusätzliche Pflicht der naturschutzrechtlichen Behörden begründet, beim Verfahren zur Unterschutzstellung die Belange der kommunalen Bauleitplanung zu beachten bzw. zu berücksichtigen. Über die besonderen Voraussetzungen und die Reichweite dieser Pflicht wird im Folgenden im Teil 2. unter A. II. im Einzelnen einzugehen sein. 2. Abweichungen von der Regel: Möglichkeiten zur abweichenden Überplanung von Naturschutzgebieten Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass sowohl in Deutschland als auch in Griechenland die städtebaulichen Pläne sich in der Regel den Festsetzungen der Naturschutzgebietsausweisungen anpassen müssen. Gleichzeitig taucht aber die Frage auf, ob und gegebenfalls unter welchen Voraussetzungen eine Überplanung eines unter Schutz gestellten Gebiets durch einen Flächennutzungs- oder Bebauungsplan doch möglich sein kann. a) Gerichtliche Aufhebung der Naturschutzgebietsausweisung Die Möglichkeit einer gerichtlichen Aufhebung der Naturschutzgebietsverordnungen wird in beiden Rechtsordnungen vorgesehen. Dabei handelt es sich zwar streng genommen um keinen echten Fall von Überplanung von geschützten Gebieten, da dadurch die naturschutzrechtlichen Vorschriften aufgehoben werden und daher die Unterschutzstellung wegfällt, so dass der Weg zu ihrer Beplanung durch die städtebaulichen Pläne offen steht. Gleichwohl soll diese Thematik hier behandelt werden, da sie im weitesten Sinne auch eine Form der Überplanung (ehemals) geschützter Gebiete darstellt. aa) In Deutschland Grundsätzlich gilt für die Naturschutzverordnung im deutschen Recht, was für alle Rechtssätze gilt: Sie kann der gerichtlichen Normenkontrolle

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1. Teil: Spannungsfelder

nach § 47 VwGO unterzogen werden125. Gegebenenfalls wird die Naturschutzverordnung dann für unwirksam erklärt und der Weg zu einer Überplanung des ehemals unter Schutz stehenden Gebiets freigemacht. Normenkontrollverfahren kommen dann in Betracht, wenn die Verordnung von Anfang an nicht rechtmäßig erlassen worden ist oder wenn sich die tatsächlichen oder rechtlichen Gegebenheiten, auf die sie sich stützt, nach ihrem Erlass radikal verändert haben. Die Rechtsprechung hat das Recht der Betroffenen anerkannt, die Rechtmäßigkeit der Schutzgebietsverordnung mit einem Normenkontrollurteil gerichtlich überprüfen zu lassen126. Auf diese Weise kann das naturschutzrechtliche Hindernis für eine Überplanung des Gebiets von den Gerichten beseitigt werden. Fraglich ist aber, ob auch der Gemeinde, die ein Interesse auf Überplanung der unter Schutz gestellten Gebiete aufweisen kann, ein Anspruch auf Aufhebung der Schutzgebietsausweisung zu gewähren ist. Die Gemeinden würden tatsächlich ein großes Interesse an einer solchen Klagemöglichkeit haben, um auf diese Weise den Weg für ihre Bauleitplanung frei zu machen. Ein solches Klagerecht ist aber abzulehnen. Die Aufhebung oder Änderung einer Schutzgebietsverordnung liegt im Kompetenzbereich und in der Verantwortung der Naturschutzbehörden. Diese sind für diese Handlungen zuständig und können dazu nicht durch eine Klage von Seiten der Gemeinde gezwungen werden127. Die aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ausgehende Planungshoheit kann keinen Entzug der Kompetenzen anderer Behörden rechtfertigen. Die Planungshoheit gebietet es allerdings, der Gemeinde zumindest einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Aufhebung oder Änderung der Schutzgebietsausweisung einzuräumen128. Dadurch werden die kommunalen Interessen ausreichend gesichert.

125 Vorausgesetzt natürlich, dass die Länder nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO eine entsprechende Rechtsgrundlage geschaffen haben, Lörz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, § 22, Rn. 24; Hermanns/Hönig, NuR 2001, S. 27 ff. (31). 126 VGH Mannheim, Urt. v. 12.6.1984 – 5 S 2397/83, VBlBW 1985, S. 25 ff. (27); VGH Mannheim, Urt. v. 11.10.1993 – 5 S 1266/92, NuR 1994, S. 239 ff. (244); VGH München, Urt. v. 25.4.1996 – 9 N 94.599, NuR 1998, S. 150 ff. (152); J. Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 22, Rn. 40. 127 Weiblen, Bauleitplanung und naturschutzrechtlicher Flächen- und Objektschutz, S. 197. Vgl. aber die entgegengesetzte Lösung der Gewährung einer Klagemöglichkeit der Gemeinde, wenn eine Schutzgebietsausweisung im Widerspruch zu einem bestehenden Flächennutzungsplan erlassen worden ist, oben 1. Teil Kap. 1. A. II. 2. a) aa). 128 Weiblen, Bauleitplanung und naturschutzrechtlicher Flächen- und Objektschutz, S. 197.

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bb) In Griechenland Wie schon vorher erwähnt, werden die Schutzgebietsausweisungen in Griechenland als Präsidialverordnungen erlassen. Die Präsidialverordnungen können entweder einen generellen und abstrakten Charakter haben, so dass sie als von der Verwaltung erlassene Rechtsnormen, oder einen individuellen und konkreten Charakter haben, so dass sie als normale Verwaltungsakte anzusehen sind. In beiden Fällen können sie als Handlungen der Verwaltung der gerichtlichen Kontrolle (entweder als Normen oder als Verwaltungsakte) unterzogen werden. Es stellt sich also die Frage, welche Rechtsnatur die Präsidialverordnungen haben, die Unterschutzstellungen enthalten. Zur Beantwortung dieser Frage kommen zwei denkbare Lösungen in Betracht: Die erste Lösung unterscheidet die Rechtsnatur der Naturschutzgebietsverordnungen nach ihrem konkreten Inhalt. Danach ist die Naturschutzgebietsausweisung in den meisten Fällen eine Allgemeinverfügung, da sie eine generelle, aber konkrete Regelung enthält, nämlich die Erklärung eines bestimmten Gebiets zum Schutzgebiet. Die Erlärung richtet sich aber an einen zum Zeitpunkt des Erlasses unbestimmten Adressatenkreis; sie entwickelt also eine generelle Rechtsverbindlichkeit gegenüber allen zukünftigen Adressaten. Auf diese Weise kann man leicht die Parallele z. B. zur Widmung oder Sperrung einer Straße feststellen, die sowohl in Griechenland129 als auch in Deutschland130 Hauptbeispiele von Allgemeinverfügungen darstellen. Die Naturschutzgebietsverordnung kann aber auch eine Rechtsnorm darstellen, wenn und soweit sie auch Gebote und Verbote, z. B. über die Bebauungsvoraussetzungen oder die Bodennutzungen, enthält, da solche Feststetzungen allgemein-generelle Regelungen darstellen. Diese erste Lösung folgt der traditionellen griechischen Rechtsprechung zur Rechtsnatur der Städtebaulichen Studie131: Diese wird hauptsächlich als Allgemeinverfügung angesehen; sie wird aber als Rechtsnorm betrachtet, wenn und soweit sie Bedingungen und Beschränkungen der Bebaubarkeit enthält132. Diese Rechtsprechung ist äußerst bedenklich: Die Städtebauliche Studie sollte immer als Rechtsnorm betrachtet werden – wie auch alle städtebaulichen Pläne – da sie immer (also auch wenn sie keine Bedingungen 129 Dagtoglou, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 549, S. 295 und Rn. 1210 ff., S. 808 ff. 130 Erichsen, in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 12, Rn. 49 ff. 131 Diese Frage taucht auch bei der Frage der gerichtlichen Kontrolle der Städtebaulichen Studie zum Waldschutz auf, dazu unten 1. Teil Kap. 2. A. II. 1. c). 132 Vgl. die StaatsratsE 1675/1962; 2387/1972; 2952/1975.

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1. Teil: Spannungsfelder

oder Beschränkungen der Bebaubarkeit festlegt) Festsetzungen enthält, die den Tatbestand zur Verwirklichung von schweren Eingriffen in Rechte Einzelner erfüllen oder ermöglichen können133. Außerdem ist die einheitliche Rechtsnatur der städtebaulichen Pläne aus Gründen der Rechtsklarheit und der Rechtssicherheit notwendig. Entsprechend dieser Meinung zur Rechtsnatur der Städtebaulichen Studie wird die zweite Lösung über die Rechtsnatur der Naturschutzgebietsverordnungen vertreten: Die Präsidialverordnung zur Unterschutzstellung ist als Rechtsnorm zu betrachten, weil sie auf jeden Fall und von ihrer Natur aus Einschränkungen und Beeinträchtigungen von Rechten, vor allem von Eigentumsrechten, Einzelner enthält. Diese zweite Variante ist deshalb anzunehmen, weil sie für mehr Klarheit und Rechtssicherheit sorgt und zugleich eine dogmatisch nicht zu beanstandende Lösung darstellt. Die Gerichte können auch in Griechenland die Rechtmäßigkeit eines normativen Rechtsaktes der Verwaltung überprüfen, allerdings im Rahmen einer Anfechtungsklage134. Auch die Präsidialverordnung zur Unterschutzstellung kann als Rechtsnorm gerichtlichen Kontrolle unterzogen werden135. cc) Fragen der gerichtlichen Überprüfung (1) Gerichtliche Aufhebung aufgrund förmlicher Mängel Für beide Rechtsordnungen gilt also die Regel, dass die Naturschutzgebietsausweisungen von den Gerichten auf ihre Rechtmäßigkeit kontrolliert werden können. Falls bei dieser Kontrolle die Naturschutzgebietsausweisung aufgehoben wird, können die ehemals geschützten Flächen von einem städtebaulichen Plan grundsätzlich ohne Bedenken überplant werden. Dabei stellt sich aber die Frage, ob dieses Ergebnis sachgerecht ist. Wenn 133 Skouris, Besonderes Verwaltungsrecht, Band 4, S. 74 f.; Tzika-Chatzopoulou, Baurecht, S. 118; Dagtoglou, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 295 f., Rn. 550 f.; Efstratiou, DV 1984, S. 355 ff. (374); Gogos, Nümoò+Fu·sh Mai 2005, www.nomosphysis.org.gr. 134 Zur gerichtlichen Kontrolle der Verwaltung in Griechenland siehe Efstratiou, DV 1984, S. 355 ff. (360 f.). Der Verfasser übersetzt diesen Rechtsbehelf der griechischen Verwaltungsprozessordnung als „Aufhebungsantrag“. Der Begriff „Anfechtungsklage“ wird aber hier vorgezogen, damit die Parallele dieser Klageart im deutschen System der Gerichtsprozessordnung deutlich wird. 135 Die Präsidialverordnungen normativen Inhalts in Griechenland unterliegen auch der präventiven Rechtmäßigkeitskontrolle des gr. Staatsrates während ihres Aufstellungsverfahrens und dadurch entsteht eine zusätzliche Sicherung für ihre Rechtmäßigkeit und die Erfüllung der gesetzlichen Zwecke der Schutzgebietsausweisung. Zu dieser Zuständigkeit des gr. Staatsrates siehe oben Einf. E.

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die Naturschutzverordnung ausschließlich aufgrund formeller Mängel aufgehoben worden ist, kann die Zulässigkeit der Überplanung der einst unter Schutz stehenden Gebiete nicht ohne weiteres angenommen werden. Vor allem ist sie dann abzulehnen, wenn die zuständige Behörde die Unterschutzstellung erneut unter Wahrung aller Formvorschriften beabsichtigt, weil die materiellrechtlichen Kriterien der Unterschutzstellung erfüllt sind. Eine bloße Berücksichtigung der naturschutzrechtlichen Belange bei der städtebauplanerischen Abwägung würde in diesem Fall nicht ausreichen. Durch die Unterschutzstellung haben sich die naturschutzrechtlichen Belange erheblich gestärkt, ihre Schutzebene hat trotz Aufhebung der Unterschutzstellung eine höhere Stufe erreicht. Die ehemalige Unterschutzstellung in Verbindung mit dem Vorliegen der materiellrechtlichen Voraussetzungen der Schutzbedürftigkeit und der (geäußerten) Absicht der naturschutzrechtlichen Behörde, die Naturschutzgebietsausweisung erneut zu erlassen, müssen die Unzulässigkeit einer entgegengesetzten städtebaulichen Planung zur Folge haben136. Sonst würde die städtebauliche Planung die Unterschutzstellung vorwegnehmen, obwohl alle materiellrechtlichen Voraussetzungen der Unterschutzstellung vorhanden sein würden. Auf diese Weise würde der spätere Erlass der Naturschutzgebietsausweisung zusätzlichen Zeit- und Kostenaufwand für die Änderung der gegensätzlichen städtebaulichen Pläne verursachen137. Solche Diskrepanzen dieser beiden Verwaltungstätigkeiten können durch die Teilnahme der naturschutzrechtlichen Behörde beim Verfahren zur städtebaulichen Planung nach § 4 BauGB im deutschen Recht und §§ 39 Abs. 2, Abs. 7 S. 3 und 44 Abs. 1 und gr. Gesetz 2508/1997 im griechischen Recht verhindert werden. (2) Inzidente Kontrolle Über die prinzipale Normenkontrolle hinaus, die in beiden Ländern zu einer Ungültigkeit der Naturschutzgebietsausweisungen allen gegenüber führen kann, gibt es sowohl in Deutschland als auch in Griechenland die inzidente Normenkontrolle. Damit wird die Überprüfung der Normen gemeint, die auf Anlass der Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts erfolgt, der sich auf besagte Rechtsnormen stützt. Die inzidente Kontrolle ist im Gegensatz zur prinzipalen Normenkontrolle unbefristet: Sie kann auch nach Ablauf der Frist zur Anfechtung der Rechtsnorm erfolgen. 136 Ein solches Ergebnis wird sich in solchen Fällen meistens ohnehin daraus ergeben, dass die städtebauplanerische Abwägung nicht sachgerecht wäre, da die naturschutzrechtlichen Belange in diesem Fall nicht ausreichend berücksichtigt sein würden. 137 Vgl. oben 1. Teil Kap. 1. A. II. zur Möglichkeiten der Unterschutzstellung von durch städtebauliche Pläne erfassten Gebieten.

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1. Teil: Spannungsfelder

Ausschlaggebend für ihre Zulässigkeit ist, dass ein Verwaltungsakt angefochten ist, dessen rechtliche Basis die in Betracht kommende Norm darstellt. Die unbefristete Überprüfungsmöglichkeit der normativen Verwaltungshandlungen ist damit zu erklären, dass diese Handlungen nicht nur als solche Rechtswirkung entfalten, sondern auch die Basis für den zukünftigen Erlass anderer normativer Rechtsakte oder individueller Verwaltungsakte darstellen. Daher muss ihre Rechtmäßigkeit zu jedem Zeitpunkt des Erlasses neuer sich darauf stützender Verwaltungsakte überprüfbar sein138. In diesem Fall kann folgendes Problem vorkommen: Ein konkreter Verwaltungsakt wird oft nicht aufgrund der Naturschutzgebietsausweisung selbst, sondern aufgrund des entsprechenden städtebaulichen Plans (Flächennutzungsplan bzw. Allgemeiner Städtebauliche Plan und Bebauungsplan bzw. Städtebauliche Studie) erlassen, die aber, wie schon oben aufgeführt, im Einklang mit der Naturschutzgebietsausweisung stehen müssen. Wenn also z. B. die Verweigerung einer Baugenehmigung aufgrund eines Bebauungsplans erfolgte, die sich aber in diesem Punkt den Anweisungen einer Schutzgebietsausweisung angepasst hatte, dann wird bei der Anfechtung dieses ablehnenden Verwaltungsakts inzident die Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans geprüft. Und so stellt sich die Frage: Wird dabei inzident auch die Rechtmäßigkeit der Naturschutzgebietsausweisung geprüft, die die rechtliche Basis für den Inhalt des Bebauungsplans darstellte? Die Anwort auf diese Frage muss gleichfalls für beide Rechtsordnungen bejahend lauten139. Dass die inzidente Kontrolle in diesem Fall doppelschichtig erscheint, spielt bei der Erforderlichkeit der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Schutzgebietsausweisung keine Rolle. Diese Lösung ist erforderlich, damit der Rechtsschutz vollständig und lückenlos bleibt. b) Ausnahmen und Befreiungen vom Inhalt der Naturschutzgebietsausweisungen Von den Geboten und Verboten der Naturschutzgebietsausweisungen können sowohl im deutschen als auch im griechischen Recht Ausnahmen und Befreiungen in Betracht kommen. Die Ausnahmen und Befreiungen von den Vorschriften der Naturschutzgebietsausweisungen, die hier interessieren, betreffen Abweichungsmöglichkeiten von den für die Bauleitplanung relevanten Festsetzungen der Naturschutzgebietsausweisungen, die z. B. bestimmte Bodennutzungen oder Handlungen untersagen bzw. beschränken, 138 Dagtoglou, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 296, Rn. 550a; Dagtoglou, Verwaltungsprozessrecht, S. 582, Rn. 806. 139 So für das deutsche Recht Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. A 1231.

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andere gebieten oder die Bebauung durch zusätzliche Voraussetzungen erschweren oder gar verbieten. Bei den Ausnahmen handelt es sich um im Gesetz mit konkreten Kriterien festgelegte Tatbestände, bei deren Erfüllung es abschließend vorgesehen wird, dass die naturschutzrechtlichen Gebote oder Verbote keine Anwendung finden. Die Ausnahmen werden schon zum Zeitpunkt des Normerlasses als solche vorgesehen und sie bedürfen keiner behördlichen Zustimmung oder anderer Entscheidung mehr, um Geltung zu erlangen. Beim Eintreten der im Gesetz aufgezählten Voraussetzungen tritt auch die Rechtsfolge ein, nämlich die Nichtanwendung der in Frage kommenden Verbote oder Gebote. Bei den Befreiungen dagegen handelt es sich um vorher nicht genau bestimmbare Tatbestände, bei denen es in jedem Einzelfall nach den konkreten Gegebenheiten beurteilt wird, ob die Vorschriften der Naturschutzverordnung ausnahmsweise keine Anwendung finden sollen. So entfalten die Befreiungen ihre Ausnahmewirkung nur nach einer behördlichen Entscheidung in concreto140. In diesem Fall signalisiert erst der Zeitpunkt der Erteilung der Befreiung eindeutig und zweifellos, wann die von der Befreiung nunmehr erlaubten Handlungen unternommen werden können. aa) Voraussetzungen der Ausnahmen und Befreiungen Im Folgenden wird sich mit den gesetzlichen Vorschriften auseinandergesetzt, die in beiden Rechtsordnungen entweder selbst Ausnahme- oder Befreiungstatbestände festlegen, oder die Ermächtigung zum Erlass von solchen Tatbeständen an die naturschutzrechtlichen Behörden beim Erlass der Naturschutzgebietsausweisungen enthalten. (1) Im deutschen Recht Ausnahmen- oder Befreiungstatbestände können im Gesetz oder in den einzelnen Naturschutzgebietsausweisungen selbst vorgesehen werden. Darüber hinaus können im deutschen Recht Befreiungen von den naturschutzrechtlichen Verboten oder Geboten gemäß § 62 Abs. 1 S. 2 BNatSchG auch in den Landesgesetzen festgelegt werden. Diese Befreiungstatbestände unterscheiden sich in der Regel von den Befreiungsregeln in den Schutz140 Zum Verhältnis der naturschutzrechtlichen Befreiung zur Ausnahme siehe A. Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 62, Rn. 8; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, § 62, Rn. 3; Müller, NuR 2005, S. 157 ff. (159).

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gebietsverordnungen141. Insofern müssen beide Befreiungstatbestandskategorien parallel zueinander Anwendung finden142. Ausnahmen von Festsetzungen der Naturschutzgebietsausweisungen werden in Deutschland weder im Bundes- noch in den Landesnaturschutzgesetzen festgelegt. Bis 2002 hat § 31 BNatSchG a. F. noch die Möglichkeit von Befreiungen von jedem Verbot oder Gebot dieses Gesetz unter bestimmten Voraussetzungen vorgesehen. Durch die Novelle des BNatSchG 2002 wurde diese Regelung aber gestrichen. Seitdem bestehen keine einheitlichen bundesweiten Befreiungsvoraussetzungen für alle naturschutzrechtlichen Gebote oder Verbote143. § 62 BNatSchG, der allgemeine Voraussetzungen für eine Befreiung festlegt, bezieht sich lediglich auf Befreiungen von speziellen Regelungen des BNatSchG oder bestimmter Verordnungen, die aufgrund von § 52 Abs. 7 BNatSchG erlassen worden sind. Von den Regelungen einer Schutzgebietsausweisung nach §§ 22 ff. BNatSchG kann also mittlerweile nur aufgrund von entsprechenden landesgesetzlichen Vorschriften befreit werden, zu denen § 62 Abs. 2 BNatSchG die Landesgesetzgeber ermächtigt144. Trotzdem ist es nützlich, die Vorschrift von § 62 BNatSchG zu ermitteln, denn alle Landesgesetzgeber haben mittlerweile eine generelle Befreiungsregelung erlassen, die sich an dieser Regelung als Vorbild orientiert145. Das BNatSchG legt in § 62 Abs. 1 und 2 bestimmte strenge Voraussetzungen für die Befreiungen fest. Eine Befreiung kann nur in einem der folgenden beiden Fälle erteilt werden: erstens, wenn die Durchführung der naturschutzrechtlichen Vorschriften im Einzelfall zu einer nicht beabsichtigten Härte führen würde und die Abweichung mit den naturschutzrechtlichen 141 A. Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 62, Rn. 9. 142 J. Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 22, Rn. 51. 143 J. Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 22, Rn. 51; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, § 62, Rn. 1. 144 Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, § 62, Rn. 2. 145 A. Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 62, Rn. 9; Beispiele aus den verschiedenen LandesNatSchG: §§ 62, 63 NatSchG Bad-Würrt. v. 29.3.1995, GVBl. S. 385; § 49 BayNatSchG v. 18.8.1998, GVBl. S. 593; § 50 NatSchGBln v. 28.10.2003, GVBl. 554; § 72 BbgNatSchG v. 26.5.2004, GVBl. S. 350; § 48 BremNatSchG v. 17.9.1979, BremGBl. S. 345; §§ 48 und 48a HbgNatSchG v. 7.8.2001, HbgGVBl. S. 281; § 30b HENatG v. 16.4.1996, GVBl. S. 145; § 66 LNatG MV v. 22.10.2002, GVBl. v. 10.1.2003 S. 1; § 53 NdsNatSchG v. 11.4.1994, Nds. GVBl. S. 155, 267; § 69 LG NW v. 21.7.2000, GV. NRW. S. 568; § 38 LPflG Rhein-Pfalz v. 5.2.1979, GVBl. S. 36; § 34 Abs. 2 SaarlNatSchG v. 19.3.1993, Amtsbl. S. 346; § 53 SächsNatSchG v. 11.10.1994, GVBl. S. 1601; § 58 NatSchG SchsAnh v. 23.7.2004, GVBl. LSA S. 454; § 54 LNatSchG Schl.-H. v. 18.7.2003, GVOBl. Schl.-H. S. 339; § 36a ThürNatG v. 29.4.1999, GVBl. S. 298.

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Belangen zu vereinbaren ist146. Oder zweitens, wenn die Durchführung der naturschutzrechtlichen Vorschriften zu einer nicht gewollten Beeinträchtigung von Natur und Landschaft führen würde147. Zusätzlich zu einer dieser Voraussetzungen müssen überwiegende Gründe des Gemeinwohls die Befreiung erforderlich machen und es dürften keine Konflikte mit dem Gemeinschaftsrecht entstehen148. Was die Auslegung der Tatbestandsmerkmale der „nicht beabsichtigten Härte“ und der „Gründe des Gemeinwohls“ betrifft, wird vorgeschlagen, wegen der Ähnlichkeit der Formulierung mit § 31 Abs. 2 Nr. 1 u. 3 BauGB über die Befreiungen von einem Bebauungsplan auf die dazu ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung zurückzugreifen149. Die Rechtsprechung hat die oben dargestellten Voraussetzungen insbesondere im Hinblick auf die Bauleitplanung durch eine weitere ergänzt: Nur wenige Grundstücke dürfen im Geltungsbereich der Schutzanordnung durch die Bauleitplanung erfasst werden; die großflächige Inanspruchnahme eines besonders wertvollen Schutzgebiets kann durch eine Befreiung nicht ermöglicht werden150. Auf jeden Fall kommt die Zulassung der Überplanung des gesamten unter Schutz gestellten Gebiets durch eine Befreiung nicht in Frage. Die Schutzgebietsausweisung darf also durch die Befreiung nicht „funktionslos“ werden151. (2) Im griechischen Recht Im griechischen Gesetz 1650/1986 gibt es keine allgemeine Regelung, die Ausnahmen oder Befreiungen von allen naturschutzrechtlichen Regelungen oder von einer Kategorie davon insgesamt festlegt. Die Tatbestände der Ausnahmen oder die Voraussetzungen der Befreiungen von den Schutz146

§ 62 Abs. 1 Nr. 1 Fall a) BNatSchG. § 62 Abs. 1 Nr. 1 Fall b) BNatSchG. 148 § 62 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG. 149 Hermanns/Hönig, NuR 2001, S. 27 ff. (31). Die „Atypiklehre“ wurde aber im Falle der baurechtlichen Befreiung nach der Neufassung von § 31 Abs. 2 BauGB mit dem BauROG 1998 von der Rechtsprechung aufgegeben, VGH Mannheim, Urt. v. 16.6.2003 – 3 S 2324/02, NVwZ 2004, S. 357 ff. (359). Dazu Herrmann, NVwZ 2004, S. 309. 150 OVG Berlin, Urt. v. 14.12.1982 – OVG 2 A 10.81, NuR 1983, S. 193 ff. (197); VGH Mannheim, Urt. v. 5.4.1990 – 8 S 2303/89, NuR 1990, S. 464 f. (465); VGH Mannheim, Urt. v. 9.5.1997 – 8 S 2357/96, NVwZ-RR 1998, S. 422 f. (423); Louis/Wolf, NuR 2002, S. 455 ff. (456). 151 Fischer-Hüftle, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 62, Rn. 8; Hermanns/Hönig, NuR 2001, S. 27 ff. (31); Egner, NuR 2003, S. 737 ff. (739); Huber/ Dietrich, ZfBR 2005, S. 437 ff. (440); VGH München, Urt. v. 14.1.2003 – 1 N 01.2072, NuR 2003, S. 753 ff. (755). 147

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gebietsausweisungen werden, anders als im deutschen Recht, speziell für jede einzelne Schutzgebietskategorie in § 19 gr. G. 1650/1986 in Grundzügen dargestellt. Diese allgemeinen gesetzlichen Grundlinien werden dann in den einzelnen Schutzgebietsausweisungen konkretisiert. Erst durch ihre Konkretisierung erlangen die Ausnahmen oder die Befreiungsvoraussetzungen ihre Geltung. Das griechische Gesetz unterscheidet nicht zwischen Ausnahmen und Befreiungen. Aus diesem Grund muss man davon ausgehen, dass Abweichungen von Regelungen der Schutzgebietsausweisungen sowohl durch abschließende Kriterien, deren Eintreten auf jeden Fall zur Abweichung führt (= Ausnahme), als auch durch flexible Kriterien, die in jedem Einzelfall von der Behörde nach Ermessen festgestellt werden müssen (= Befreiung) ausgestaltet werden können. Die gesetzlich festgelegten Ausnahme- bzw. Befreiungsvoraussetzungen sind für jede Schutzgebietskategorie unterschiedlich aufgebaut und umso strenger, je höher die Bedeutung des Schutzgebiets für den Naturschutz und das Landschaftsbild einzuschätzen ist: In den Gebieten absoluten Schutzes kann nur solche wissenschaftliche Forschung und die Durchführung solcher anderer Handlungen zugelassen werden, die die Erhaltung der natürlichen Merkmale dieser Gebiete zum Ziel haben, voraussgesetzt, dass dabei ein sehr hoher Schutz der Gebiete gewährleistet wird. In Naturschutzgebieten können – vor allem traditionelle – Tatigkeiten und Handlungen zugelassen werden, die im Einklang mit den Schutzzwecken des Gebiets stehen. In den Nationalparken können Werke, Forschungen und Tätigkeiten – ebenfalls vor allem traditionellen Charakters – zugelassen werden. Auf den Gebieten ökologischer Entwicklung schließlich können sogar industrielle Tätigkeiten zugelassen werden, wenn sie zur wirtschaftlichen Entwicklung dieser Gebiete beitragen und keinen Nachteil für die Umwelt verursachen, der mit dem Charakter des Gebiets unvereinbar wäre.

(3) Vorläufiges vergleichendes Ergebnis In beiden Rechtsordnungen sind Ausnahmen und Befreiungen vom Inhalt der Naturschutzgebietsausweisungen möglich. In Deutschland werden im Bundesgesetz keine Ausnahmetatbestände vorgesehen; die Befreiungsvoraussetzungen werden durch Landesgesetze aufgrund der in § 62 Abs. 1 S. 2 BNatSchG enthaltenen Ermächtigung und nach dem Vorbild der in § 62 Abs. 1 BNatSchG bezüglich bestimmter naturschutzrechtlicher Verbote vorgesehenen Befreiungsvoraussetzungen festgelegt. In Griechenland legt das Gesetz für jede Kategorie von Schutzgebietsausweisungen bestimmte Tatbestände fest, bei denen von den naturschutzrechtlichen Verboten abgewichen werden kann. Diese Tatbestände können in die einzelnen Natur-

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schutzgebietsverordnungen übernommen und in concreto als Ausnahmen oder Befreiungen ausgestaltet werden. Treten die Ausnahmevoraussetzungen ein bzw. wird eine Befreiung erteilt, ist die städtebauliche Planung für das befreite Gebiet von den Anordnungen der Schutzgebietsausweisung entbunden. bb) Speziell in Deutschland thematisierte Rechtsprobleme Im deutschen Recht wird die Problematik der Überplanung von naturschutzrechtlich geschützten Gebieten durch zwei zentrale Fragen geprägt, nämlich die Fragen der Planung in einer Befreiungslage und der Zulässigkeit von Öffnungsklauseln152. In Griechenland werden diese Problemkreise nicht thematisiert. Sollten aber in der Zukunft auch im griechischen Recht solche Fragen auftauchen, können die Probleme nach dem Vorbild des deutschen Rechts gelöst werden. (1) Problematik der Überplanung in einer Befreiungslage Wie schon oben erwähnt, eröffnet eine Befreiung den Weg für eine Bauleitplanung entgegen den Festsetzungen einer Naturschutzgebietsausweisung nur, wenn sie tatsächlich erteilt worden ist. Erst ab diesem Punkt entfaltet sie ihre befreiende rechtliche Wirkung. In diesem Zusammenhang stellt sich folgende Frage: Ist es nicht unangemessen, die Bauleitplanung zu verhindern, wenn schon bei der Aufstellung des Bauleitplans alle Voraussetzungen einer zukünftigen Befreiung für die sich in Zukunft darauf stützenden Bauvorhaben gegeben sind, auch wenn die Befreiung förmlich noch nicht erteilt worden ist153? 152 Die häufige Beschränkung dieser Problemkreise auf die Landschaftsschutzgebiete im deutschen Schrifttum basiert nicht auf einer rechtsdogmatischen Grundlage, sondern folgt daraus, dass eine Befreiung bzw. eine Befreiungslage und die Öffnungsklauseln aus statistischer Sicht öfter in Landschaftsschutzverordnungen als in anderen Schutzgebietskategorien vorkommen. Dieses Phänomen entspricht der Natur der Sache: Die Schutzbedürftigkeit der Landschaftsschutzgebiete ist meistens von einem niedrigeren ökologischen Wert als z. B. die der Naturschutzgebiete und kann leichter zugunsten baurechtlicher Belange verdrängt werden. Vgl. dazu Kube, NVwZ 2005, S. 515 ff. (517). Da aber kein rechtsdogmatischer Grund für eine Beschränkung der Untersuchung nur auf die Landschaftsschutzgebiete besteht, gelten die folgenden Ausführungen für alle Schutzgebietskategorien. 153 Solche Fragen tauchen bei Ausnahmen ihrer Rechtsnatur entsprechend nicht auf; es kann nämlich keine „Ausnahmelage“ geben: Wenn alle Voraussetzungen des Ausnahmetatbestands erfüllt sind, dann tritt die Rechtsfolge der Ausnahme vom Inhalt der Naturschutzgebietsausweisung automatisch ein. Die rechtliche Wirkung der Ausnahme wird nicht auf den Zeitpunkt der Erteilung eines weiteren Verwaltungsakts verschoben.

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1. Teil: Spannungsfelder

Bei der Behandlung dieser Frage ist zunächst eine Klarstellung erforderlich: Wie bereits erwähnt, kann eine Befreiung entweder in der Schutzgebietsverordnung selbst oder im Landesgesetz nach § 62 Abs. 1 S. 2 BNatSchG vorgesehen werden. Im ersten Fall werden von der Verordnung selbst konkrete atypische Fälle vorgesehen, in denen eine Befreiung interessengerecht erscheint. Im zweiten Fall dagegen sind Befreiungssituationen notwendigerweise mit allgemeinen und abstrakten Kriterien gesetzlich typisiert. Die Problematik der Befreiungslage stellt sich nur für den ersten Fall154. Die Aufnahme eines atypischen Falls in den Befreiungstatbestand einer Schutzgebietsverordnung ist das Ergebnis einer konkreten Abwägung. Im Gegensatz dazu sind die allgemein im Gesetz vorgesehenen Befreiungsfälle nicht dafür geeignet, einer Schutzgebietsverordnung ihre Wirkung ohne weiteres zu nehmen, denn beim Erlass der Befreiungsvoraussetzungen hat noch keine konkrete Interessenabwägung stattgefunden155. Die im Gesetz vorgesehenen Befreiungsvoraussetzungen und ihre Verwirklichung im konkreten Fall sind zu weit voneinander entfernt, um die Beseitigung der naturschutzrechtlichen Vorschriften auch ohne förmliche Befreiung rechtfertigen zu können: Die folgenden Ausführungen beziehen sich daher allein auf die Befreiungstatbestände, die in den Schutzgebietsausweisungen selbst vorgesehen werden, und nicht auf die allgemeine Befreiungsvoraussetzungen des § 62 BNatSchG und der sich darauf stützenden Landesvorschriften156. (a) Neueste Rechtsprechung Nach neuester Rechtsprechung ist die Überplanung eines unter Schutz gestellten Gebiets dann möglich, wenn eine Befreiung vom Bauverbot für einzelne Vorhaben im Plangebiet in Betracht kommt157. So wird die Verbotswirkung der Naturschutzgebietsverordnung im Hinblick auf die zukünftige 154

Das Problem erkennend Müller, NVwZ 2005, S. 526 ff. (526). VGH Kassel, Urt. v. 31.5.2001 – 3 N 4010/97, NuR 2001, S. 704 ff. (706); VGH München, Beschl. v. 28.3.2002 – 1 NE 01.2074, DÖV 2002, S. 786 ff. (787); a. A. VGH Mannheim, Urt. v. 2.2.2001 – 3 S 1000/99, VBlBW 2001, S. 370 ff. (372). 156 In diese Richtung auch Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 6, Rn. 206; Kube, NVwZ 2005, S. 515 ff. (517). 157 Zuletzt VGH Mannheim, Urt. v. 29.7.1999, 5 S 1603/97, NuR 2000, S. 272 ff. (273); VGH Mannheim, Urt. v. 2.2.2001 – 3 S 1000/99, NuR 2001, S. 690 ff. (693); VGH Mannheim, Urt. v. 14.9.2001, 5 S 2869/99, NuR 2002, S. 296 ff. (298); BVerwG, Urt. v. 17.12.2002, 4 C 15.01, NuR 2003, S. 365 ff. (366); BVerwG, Urt. v. 30.1.2003 – 4 CN 14.01, NuR 2003, S. 489 ff. (490); VGH Kassel, Urt. v. 5.5.2003 – 9 N 640/00, NuR 2004, S. 47 ff. (48); VGH Kassel, Urt. v. 13.5.2003 – 9 N 640/00, DÖV 2004, S. 41; BVerwG, Beschl. v. 9.2.2004 – 4 BN 28.03, UPR 2004, S. 386 f. (387). 155

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

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Bauleitplanung von vornherein eingeschränkt, indem das Vorliegen einer eindeutigen Befreiungslage die Festsetzungen der Naturschutzgebietsverordnung schon vor der förmlichen Erteilung der Befreiung zurücktreten lässt. Auf diese Weise werden die in einer Naturschutzgebietsausweisung enthaltenen Verbote praktisch unter den Vorbehalt des Eintretens nicht nur der Ausnahmevoraussetzungen, sondern auch der Befreiungsvoraussetzungen gestellt; dadurch wird der dogmatische Unterschied zwischen Ausnahmen und Befreiungen im Ergebnis erheblich geschwächt. Diese Annahme stützt sich auf die Tatsache, dass bei Vorliegen einer Befreiungslage nicht von einem unüberwindbaren rechtlichen Hindernis zur Aufstellung des Bauleitplans die Rede sein kann158, denn die auf ihnen gestützten Bauvorhaben werden in Zukunft voraussichtlich rechtmäßig verwirklicht. Auf die vorläufige Unstimmigkeit zwischen Schutzgebietsverordnung und Bauleitplan wird weniger Wert gelegt; ausschlaggebend sind die teleologische Abstimmung der Vorschriften und die materiellrechtliche Gerechtigkeit. Es ist doch eine bloße Formalität, auf die Beachtung der Regelungen einer Schutzgebietsausweisung zu bestehen und so eine entgegengesetzte Bauleitplanung zu verhindern, wenn die Schutzgebietsausweisung selbst auf diese Vorschriften durch die Befreiungsregelung verzichtet159. Der Flächennutzungs- und der Bebauungsplan können nur durch die sich darauf (mittelbar bzw. unmittelbar) stützenden Bauvorhaben verwirklicht werden. Letztere werden aber in der Zukunft bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen rechtmäßig zugelassen. Daher ist letzten Endes auf die Rechtmäßigkeit der Verwirklichung der Bauleitpläne abzustellen und nicht auf den formellen Widerspruch zwischen Schutzgebietsausweisung und Bauleitplanung, der in Zukunft zu beseitigen ist160. Ein nicht hinnehmbarer Widerspruch der Rechtsordnung wäre vielmehr darin zu sehen, dass Befreiungsvorschriften zur Ermöglichung von Bauvorhaben ad absurdum geführt würden, indem die für sie grundlegende Bauleitplanung unter Verweis auf die künftig aufgrund eben dieser Befreiungserteilungen unanwendbaren Vorschriften verhindert würde. Die Rechtsprechung des BVerwG geht sogar noch weiter, indem sie geltend macht, dass, solange die Gemeinde keine Anhaltspunkte für eine künf158

Egner, NuR 2003, S. 737 ff. (738); Kube, NVwZ 2005, S. 515 ff. (516). Das ist natürlich umso mehr der Fall, wenn die Naturschutzbehörde auf die Gültigkeit der Schutzgebietsausweisung ausdrücklich verzichtet, indem sie öffentlich ihre Absicht bekannt gibt, sie zugunsten der von der Gemeinde beabsichtigten Bauleitplanung aufzuheben, Weiblen, Bauleitplanung und naturschutzrechtlicher Flächen- und Objektschutz, S. 64 f. In einem solchen Fall befinden wir uns noch im Bereich der Problematik der Befreiungslage, da die Interessenlage in beiden Fällen identisch ist. 160 Kube, NVwZ 2005, S. 515 ff. (517). 159

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1. Teil: Spannungsfelder

tige Ablehnung des Befreiungsantrags hat, sie die Bauleitplanung vorantreiben und den Bauleitplan erlassen kann161. Wenn alle Voraussetzungen für die Befreiung vorliegen, kann also die Gemeinde davon ausgehen, dass eine Befreiung erteilt wird. Somit ist sogar eine Tendenz zur Umkehr der Beweislast angezeigt, die die Bauleitplanung erleichtern soll. Dabei muss darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Aussicht auf eine nachträgliche Befreiung von Anordnungen der Naturschutzgebietsausweisung keinen Einfluss auf ihre Rechtmäßigkeit zum Zeitpunkt ihres Erlasses hat. Das Erfordernis einer ordnungsgemäßen Abwägung bei der Unterschutzstellung wird dadurch nicht abgeschafft. Die Schutzgebietsverordnung muss nämlich bei ihrem Erlass auf jeden Fall (auch) materiellrechtlich einwandfrei sein, unabhängig davon, ob eventuell in Zukunft von ihren Vorschriften in konkreten Fällen befreit werden kann162. (b) Kritische Betrachtung Gegen diese Rechtsprechung lässt sich einwenden, dass die Bauleitplanung bei Ablehnung der Möglichkeit der Überplanung in einer Befreiungslage nicht auf jeden Fall verhindert wird. Sie wird nicht einmal erheblich erschwert oder eingeschränkt. Aus Gründen der Rechtsklarheit und der Rechtssicherheit sollte die Bauleitplanung bloß bis zum Zeitpunkt der tatsächlichen Erteilung der Befreiung oder der Aufhebung der gegensätzlichen Vorschriften der Naturschutzgebietsausweisung verschoben werden. Auf diese Weise stünden die Bauleitpläne immer im Einklang mit den bestehenden Naturschutzgebietsausweisungen163. 161 BVerwG, Beschl. v. 25.8.1997 – 4 NB 12.97, NuR 1998, 135 ff. (136); Louis/ Wolf, NuR 2002, S. 455 ff. (455). 162 OVG Bautzen, Urt. v. 24.9.1998 – 1 S 369/96, NuR 1999, S. 344 ff. (347); J. Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 22, Rn. 52. 163 So die herrschende Meinung in der Literatur, vgl. z. B. Fischer-Hüftle/A. Schumacher/J. Schumacher in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 26, Rn. 31; Kratsch/Schumacher, Naturschutzrecht, S. 73; Enger, NuR 2003, S. 737 ff. (738); Schrödter, in: Schrödter (Hrsg.), BauGB, § 1a, Rn. 36; Louis, UPR 1990, S. 208 f. (208) So auch Einzelfälle in der Rechtsprechung OVG Greifswald, Normenkontrollurt. v. 20.4.1994 – 4 K 25/93, NuR 1995, S. 149 ff. (156 f.); VGH München, Beschl. v. 28.3.2002 – 1 NE 01.2074, NuR 2003, S. 752 f. (752). Dasselbe Gericht hat sich aber in seiner späteren Entscheidung der ständigen Rechstprechung des BVerwG angeschlossen, VGH München, Urt. v. 14.1.2003 – 1 N 01.2072, NuR 2003, S. 753 ff. (754). Eine solche Tendenz aufweisend BVerwG, Urt. v. 21.10.1999 – 4 C 1.99, NuR 2000, S. 321 ff.; BVerwG, Urt. v. 7.6.2001 – 4 CN 1.01, NuR 2002, S. 42 ff.; BVerwG, Urt. v. 7.6.2001 – 4 CN 1/01, NVwZ 2001, S. 1280 ff. (1281).

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

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Zuerst deutet das historische Argument, das sich aus der Streichung des § 5 Abs. 6 BBauG 1960 durch die Novelle des BBauG 1976164 ableiten lässt, auf dieses Ergebnis hin. In dieser Regelung wurde der Bebauungsplanung von vornherein Vorrang vor den naturschutzrechtlichen Regelungen gewährt, auch wenn sie ihnen zeitlich nachfolgte. Allerdings war dieser Vorrang nicht bedingungslos gewährt: Immerhin durfte die Bauleitplanung nur bei Erforderlichkeit der städtebaulichen Planung für die Entwicklung der Gemeinde und nach einer Abwägung mit den Belangen des Natur- und Landschaftsschutzes den Inhalt einer Naturschutzgebietsverordnung überwinden. Dass diese Regelung ersatzlos aufgehoben worden ist, lässt den Schluss zu, dass die naturschutzrechtlichen Vorschriften nunmehr vollständige Geltung beanspruchen, solange sie nicht auf die dafür vorgesehene Weise, nämlich durch die Erteilung einer Befreiung von diesen Regelungen oder durch ihre förmliche Aufhebung, außer Kraft getreten sind165. Die Gerichte haben zunächst auf diese Streichung in der Tat so reagiert, dass sie für die Überplanung eines unter Schutz gestellten Gebiets immer die vorherige Aufhebung der entgegengesetzten Naturschutzgebietsausweisung verlangt haben166. Ein systematisches Argument in dieselbe Richtung liefert der Vergleich mit den artenschutzrechtlichen Verboten sowie den gesetzlichen Biotopschutzregelungen: Verstößt ein Bauleitplan gegen ein artenschutzrechtliches Verbot oder eine biotopschutzrechtliche Regelung, so ist die Konstruktion der Befreiungslage absolut notwendig, damit der Bauleitplan überhaupt aufgestellt werden kann; denn diese Regelungen sind im Gesetz verankert und können nicht im Einzelfall aufgehoben werden, um den Weg für die Bauleitplanung ohne vorherige Befreiung offen zu machen. Im Falle eines Verstoßes gegen eine naturschutzrechtliche Gebietsausweisung dagegen gibt es die Möglichkeit ihrer formellen Änderung oder Aufhebung durch die zuständige Behörde zur Durchführung der Bauleitplanung167. Somit kann hier auf die Regelung der Befreiungslage verzichtet werden. Ein weiteres Argument stützt sich auf die Kompetenzverteilung: Es ist Sache des Landesrechts zu bestimmen, welche Behörde für die Befreiung 164 Diese Regelung wurde durch das Änderungsgesetz zum Bundesbaugesetz v. 18.8.1976, BGBl. I S. 2318 aufgehoben. 165 VGH Kassel, Urt. v. 22.4.2003 – 3 N 528/01, NuR 2003, S. 758 ff. (759); Gaentzsch, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 473 ff. (480); Schödter, in: Schrödter (Hrsg.), BauGB, § 1a, Rn. 36, S. 87. 166 OVG Koblenz, Urt. v. 6.3.1979 – 10 C 10/78, NuR 1979, S. 113 ff. (114). 167 VGH Kassel, Urt. v. 22.4.2003 – 3 N 528/01, NuR 2003, S. 758 ff. (760); Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 6, Rn. 206; Egner, NuR 2003, S. 737 ff. (739).

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1. Teil: Spannungsfelder

zuständig ist und in welchem Verfahren die jeweilige Stelle zu entscheiden hat168. Verordnungsgeber und Befreiungsbehörde können also, müssen aber nicht, identisch sein169. Bei einer Kollision mit anderen Planungen obliegt es aber im Regelfall dem Verordnungsgeber selbst, seine eigene Planung eventuell aufzuheben170. Derjenigen Stelle, die gesetzlich dazu ermächtigt ist, durch entsprechende Abwägung den Status eines Gebiets als schutzwürdig zu erklären, muss auch die Kompetenz zur Überprüfung und eventuellen Aufhebung dieses Status gewährt bleiben. Der Befreiung wird dagegen eine andere Rolle eingeräumt: Sie bezieht sich auf atypische Fälle, die die Unanwendbarkeit bestimmter Festsetzungen der Naturschutzgebietsverordnung in concreto rechtfertigen. Insofern kann eine Befreiung nicht zur Änderung der Schutzgebietsausweisung benutzt werden171. Die Annahme der Befreiungslage als Grundlage für die Zulässigkeit der Bauleitplanung führt zudem zu einer großen Rechtsunsicherheit und Unklarheit des Umfangs des geschützten Gebiets. Wie schon oben erwähnt kann durch die Erteilung von Befreiungen nicht der gesamte Anwendungsbereich der Hauptregelung oder ein überwiegender Teil annulliert werden172. Auf die Bauleitplanung übertragen würde das bedeuten, dass bei der Aufstellung des Bauleitplans eine Prognose über das Ausmaß der künftigen Befreiungen und den Umfang der durch diese in Anspruch zu nehmenden Flächen gemacht werden müsste. Eine solche Prognose ist aber meistens unmöglich. So besteht die Gefahr, dass zum Zeitpunkt der Bauleitplanaufstellung der Umfang der Befreiungen von den naturschutzrechtlichen Vorschriften und deshalb ihre Zulässigkeit überhaupt zweifelhaft bleiben173. Nur eine vorherige Aufhebung oder eine entsprechende Änderung der Schutzgebietsausweisung im maßgeblichen Bereich vor der Aufstellung des Bauleitplans würde zu eindeutigen Lösungen führen und damit zu Rechtsklarheit und Rechtssicherheit. Außerdem sprechen auch rein praktische Gedanken gegen die Konstruktion der Befreiungslage. Die Gemeinde als städtebaulicher Plangeber wird nämlich aus eigener Sachkunde regelmäßig nicht in der Lage sein zu beur168

§ 62 Abs. 1 S. 2 BNatSchG. Egner, NuR 2003, S. 737 ff. (739), Fn. Nr. 17. 170 Huber/Dietrich, ZfBR 2005, S. 437 ff. (441). 171 Weiblen, Bauleitplanung und naturschutzrechtlicher Flächen- und Objektschutz, S. 79; Egner, NuR 2003, S. 737 ff. (739); Müller, NVwZ 2005, S. 526 ff. (526). Wie noch unten zu zeigen sein wird, ist das bei den gesetzlichen arten- und biotopschutzrechtlichen Vorschriften anders. 172 Egner, NuR 2003, S. 737 ff. (739); Huber/Dietrich, ZfBR 2005, S. 437 ff. (441). 173 Herrmann, NuR 2004, S. 309; Weiblen, Bauleitplanung und naturschutzrechtlicher Flächen- und Objektschutz, S. 81. 169

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

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teilen, ob eine Befreiungslage vorliegt. Die Befreiung bezieht sich auf Vorhaben, die erst zu einem späteren Zeitpunkt aufgrund des Bebauungsplans zugelassen werden. Die konkrete Feststellung der Voraussetzungen einer Befreiung erfordert also Erwägungen mit Blick auf die zukünftige naturschutzrechtliche Sachlage, bei denen der Bauleitplangeber auf Erkundigungen und Anfragen der für die Befreiung zuständigen Behörden zurückgreifen soll174. Solche Anfragen und Beratungen werden meistens aufwendig sein. Dabei darf die Gemeinde sich über diese nicht hinwegsetzen, damit die gesetzliche Kompetenzverteilung nicht beeinträchtigt wird175. Somit wird die Gemeinde mit dem Zeit- und Kostenaufwand für die Überprüfung des Vorliegens einer Befreiungslage belastet, ohne dass sie dabei von mehr Freiraum bei der Bauleitplanung profitiert. Ferner liegt die Erteilung der Befreiung immer im Ermessen der zuständigen Behörde. Auch wenn alle gesetzlichen Voraussetzungen für eine Befreiung vorliegen, kann die zuständige Behörde die Befreiung ablehnen. Die Gemeinde kann diese Entscheidung der Befreiungsbehörden nicht im Voraus mit Sicherheit vorhersagen. Auch kann die zuständige Behörde nachträglich ihre Einschätzung über die Sachlage ändern. Die Gemeinde kann die Befreiungsentscheidungen nicht vorwegnehmen und in Kompetenzen einer anderen Behörde eingreifen176. Und weiter: Auch wenn zum Zeitpunkt der Aufstellung des Bebauungsplans alle Voraussetzungen für die zukünftigen Befreiungen tatsächlich vorliegen, bedeutet das nicht, dass die tatsächlichen Verhältnisse auch in Zukunft so bleiben werden. Ändert sich die Sachlage nachträglich und kommt damit keine Befreiung mehr in Betracht, wird die Verwirklichung der sich auf den Bebauungsplan stützenden Bauvorhaben unmöglich. Der Bebauungsplan, ursprünglich zulässigerweise erlassen, verstößt nachträglich gegen naturschutzrechtliche Vorschriften und folglich wird seine Verwirklichung unmöglich177. 174

Kube, NVwZ 2005, S. 515 ff. (517). Egner, NuR 2003, S. 737 ff. (739). 176 Kube, NVwZ 2005, S. 515 ff. (517). 177 Die Vollzugsunfähigkeit eines Bauleitplans führt zum Wegfall seiner Erforderlichkeit nach § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB und so zur Rechtswidrigkeit dieser Festsetzungen, zuletzt BVerwG, Urt. v. 12.8.1999 – 4 CN 4/98, NVwZ 2000, S. 550 ff. (550); BVerwG, Beschl. v. 11.5.1999 – 4 BN 15.99, NuR 1999, S. 577 f. (577 f.); VGH Mannheim, Normenkontrollurt. v. 2.2.2001 – 3 S 1000/99, VBlBW 2001, S. 370 ff. (372); BVerwG, Urt. v. 21.3.2002 – 4 CN 14/00, NVwZ 2002, S. 1509 ff. (1510); BVerwG, Urt. v. 30.1.2003 – 4 CN 14.01, NuR 2003, S. 489 ff. (490); BVerwG, Beschl. v. 9.2.2004 – 4 BN 28.03, UPR 2004, S. 386 f. (387). Die Rechtmäßigkeit des gesamten Bauleitplans würde aber in diesem Fall nicht beeinträchtigt, weil die Rechtmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit von Verwaltungsakten oder Planungen im Hinblick auf den Zeitpunkt ihres In-Kraft-Tretens geprüft wird, vgl. dazu Kube, NVwZ 2005, S. 515 ff. (518). 175

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1. Teil: Spannungsfelder

Schließlich wird die Konstuktion der subsidiären Bauleitplanung von der Rechtsprechung des BVerwG ausdrücklich abgelehnt178. Unter diesem Begriff wird die Aufstellung eines Bauleitplans unter der aufschiebenden Bedingung verstanden, dass die gegensätzliche Schutzgebietsausweisung künftig aufgehoben wird. Diese Rechtsprechung könnte auf die Frage der Befreiungslage insofern übertragen werden, als es sich in beiden Fällen um die Verhinderung von Unsicherheiten und von einer parallelen Geltung gegensätzlicher Vorschriften handelt. Aus den vorgetragenen Gründen kommt man zu dem Schluss, dass auch bei Vorliegen einer einwandfreien Befreiungslage eine Bauleitplanung nur nach Aufhebung der entgegengesetzten Anordnungen der Naturschutzgebietsverordnung erfolgen kann. (2) Ausnahmen vom Inhalt der Schutzgebietsausweisungen für zukünftige städtebauliche Pläne – die Problematik der Öffnungsklauseln (a) Darstellung der Problematik Die soeben geschilderte Problematik der Überplanung in einer Befreiungslage bezieht sich auf Befreiungen, die einzelne Vorhaben im Planbereich eines zukünftigen städtebaulichen Plans anbelangen. Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass Naturschutzgebietsausweisungen eine Regelung enthalten, die ihre Geltung zugunsten von ganzen künftigen städtebaulichen Plänen einschränkt. Dabei handelt es sich um sog. „Öffnungsklauseln“179. Diese Klauseln nehmen zukünftige Bebauungsplangebiete aus dem Geltungsbereich einer Schutzgebietsausweisung180 im Voraus heraus und räumen somit der nachträglichen Bauleitplanung Vorrang ein. Im Gegensatz zu 178

BVerwG, Urt. v. 16.12.1988 – 4 C 48/86, NVwZ 1989, S. 655 ff. (657). Früher wurden diese Regelungen als „Rückweichklauseln“ bezeichnet. Zur unterschiedlichen Färbung dieser Begriffe siehe Weitzel/Baum, NuR 2004, S. 511 ff. (511). 180 Die Flächennutzungspläne werden von den Öffnungsklauseln nicht erfasst, denn sie stellen nur eine vorbereitende Planung dar, die vom Bebauungsplan konkretisiert werden muss, um in die Praxis durchgesetzt zu werden. So ist es noch zu diesem Zeitpunkt nicht erforderlich, dass die Naturschutzgebietsausweisung sich für die Bauleitplanung „öffnet“; Müller, NVwZ 2005, S. 526 ff. (527). Diese „Öffnung“ kann noch bis zum Zeitpunkt der endgültigen und verbindlichen Festsetzungen des Bebauungsplans warten. In diesem Fall ist auch die Rechtmäßigkeit des entsprechenden Flächennutzungsplans anerkannt, Fischer-Hüftle, NuR 2003, S. 127. Es wäre aber denkbar, den Geltungsbereich der Öffnungsklausel auch auf die Flächennutzungspläne zu erstrecken, denn eine Öffnungsklausel zugunsten eines Bebauungsplans ergibt praktisch nur dann Sinn, wenn zugleich auch die rechtliche Basis 179

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

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den Befreiungsmöglichkeiten beziehen sich die Öffnungsklauseln also nicht auf einzelne Vorhaben, sondern auf ganze Bebauungspläne, die in der Zukunft frei von den Anordnungen der Naturschutzgebietsausweisung aufgestellt werden sollen. Außerdem wird die Abweichung vom Inhalt der Naturschutzgebietsausweisung nicht von einem weiteren Verwaltungsakt abhängig – wie die Erteilung der Befreiungen – sondern besteht automatisch ab In-Kraft-Treten der Naturschutzgebietsausweisung. Insofern stellen die Öffnungsklauseln praktisch Ausnahmen aus dem Inhalt der Naturschutzgebietsausweisungen dar181. Eine solche gesetzliche „Öffnungsklausel“ wurde in § 5 Abs. 6 S. 2 BBauG 1960 aufgenommen. Gemäß dieser Vorschrift traten die landschaftschutzrechtlichen Vorschriften außer Kraft, die einem Bebauungsplan entgegenstanden, sobald dieser Bebauungsplan in Kraft getreten war. Diese Regelung ist durch die Novelle des BBauG 1976 gestrichen worden182. Dadurch kam der Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck, den allgemeinen und pauschalen Vorrang des Bebauungsplans vor landschaftsschutzrechtlichen Regelungen abzuschaffen. Diese Tatsache führt aber nicht automatisch im Umkehrschluss zu dem Ergebnis, dass die Aufstellung eines widersprechenden Bebauungsplans auf jeden Fall verhindert werden muss183. Der naturschutzrechtliche Normgeber kann selbst die Reichweite des Naturschutzes bestimmen und gegebenenfalls sogar einschränken. Die Zulässigkeit der Öffnungsklauseln wird von der neuesten Rechtsprechung mit dem Argument a majore ad minus immer wieder bestätigt: Darf der Verordnungsgeber selbst über den Erlass einer Naturschutzverordnung entscheiden, dann dieses Bebauungsplans zugelassen wird, nämlich der entsprechende Flächennutzungsplan; so ähnlich der Vorschlag von Müller, NVwZ 2005, S. 526 ff. (527). 181 Es besteht aber auch die Möglichkeit von Befreiungen, die sich auf den gesamten Bauleitplan beziehen, so Kube, NVwZ 2005, S. 515 ff. (518). Diese werden dann zulässig, wenn sie vom Landesrecht ausdrücklich vorgesehen werden, VGH München, Urt. v. 14.1.2003 – 1 N 01.2072, NuR 2003, 753 ff. (753); BVerwG, Urt. v. 30.1.2003 – 4 CN 14.01, NuR 2003, S. 489 ff. (490); BVerwG, Beschl. v. 9.2.2004 – 4 BN 28.03, UPR 2004, S. 386 f. (387); a. A. Fischer-Hüftle, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 62, Rn. 7, der Rechtsnormen als Gegenstand von Befreiungen nach § 62 BNatSchG allgemein ablehnt. In diese Richtung auch Louis, UPR 1990, S. 208 f. (208). Solche Befreiungen werden teilweise in der Literatur mit dem Vorteil verbunden, dass sie eine umfassendere und deshalb angemessene Abwägung zwischen den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege und den städtebaulichen Vorstellungen ermöglichen, weil sie den gesamten Planbereich, seine Bedürfnisse und seine Möglichkeiten in Betracht ziehen, Louis/ Wolf, NuR 2002, S. 455 ff. (456). Zur Praxis der Gemeinden, die Erteilung einer solchen Befreiung für den gesamten Bebauungsplan anzustreben, um ihre Planung abzusichern, siehe Huber/Dietrich, ZfBR 2005, S. 437 ff. (440). 182 Zu dieser Regelung siehe auch oben 1. Teil Kap. 1. A. III. 2. b). bb). (1). (b). 183 Ell, NVwZ 2004, S. 182 ff. (183).

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1. Teil: Spannungsfelder

darf er erst recht deren Reichweite selbst bestimmen184. Aus diesem Grund kann der Verordnungsgeber auch ganze zukünftige Bebauungspläne nach seinem Ermessen vom Geltungsbereich der Naturschutzgebietsverordnung ausnehmen. (b) Ablehnung der Zulässigkeit der Öffnungsklauseln Die Zulässigkeit der Öffnungsklauseln ist aber erheblichen Bedenken ausgesetzt und daher zu verneinen185. Zunächst kann gegen die Zulässigkeit solcher Klauseln eingewendet werden, dass das Ermessen des Verordnungsgebers, die Naturschutzgebietsverordnung zu erlassen oder nicht, nicht zwangsläufig mit der Befugnis zur beliebigen Einschränkung des Geltungsbereichs dieser Verordnung gleichgestellt werden kann. Der Verordnungsgeber entscheidet bei der Feststellung der Schutzbedürftigkeit zwar nach Ermessen, bei seiner Entscheidung über den Umfang des Schutzes eines schutzbedürftigen Gebiets ist er aber nicht völlig frei186. Dies beweisen die Vorschriften der §§ 22 ff. BNatSchG, die die Art und den Umfang des Schutzes für jede Schutzgebietskategorie verbindlich für die naturschutzrechtliche Behörde festlegen. Ist die Erforderlichkeit der Unterschutzstellung durch den Erlass der Schutzgebietsverordnung erst einmal bejaht, kann der Verordnungsgeber diesen Schutz nicht in dem Maße einschränken, dass der Schutzzweck annuliert wird187. Bei einer Öffnungsklausel wird der Geltungsgebereich der Naturschutzgebietsverordnung im Hinblick auf die zukünftige Aufstellung von Bebauungsplänen per definitionem so geschrumpft, dass es sich dabei praktisch um eine Abschaffung des Schutzes für die Zukunft handelt. Die in Bezug auf zukünftige Bebauungspläne erlassenen Öffnungsklauseln verstoßen zudem gegen das naturschutzrechtliche Abwägungsgebot 188. 184

Zuletzt OVG Koblenz, Urt. v. 18.9.2002 – 8 C 11 279/01, NuR 2003, S. 122 ff. (123); BVerwG, Beschl. v. 20.5.2003 – 4 BN 57/02, NuR 2003, S. 624 f. (624). Die Zulässigkeit solcher Klauseln bestätigend Weiblen, Bauleitplanung und naturschutzrechtlicher Flächen- und Objektschutz, S. 86 ff. (88); Müller, NVwZ 2005, S. 526 ff. 185 Vgl. dazu die frühere Rechtsprechung zu den „Rückweichklauseln“, die später in „Öffnungsklauseln“ umbenannt wurden OVG Koblenz, Beschl. v. 6.3.1979 – 10 C 10/78, NuR 1979, S. 113 (114); VGH Kassel, Urt. v. 27.7.1988 – 3 UE 1870/84, NuR 1989, S. 87 (88); BVerwG, Beschl. v. 28.11.1988 – 4 B 212.88, NuR 1989, S. 225 f. (226), die sich gegen die Zulässigkeit solcher Klauseln geäußert hat. 186 Ell, NVwZ 2004, S. 182 ff. (183); Weitzel/Baum, NuR 2004, S. 511 ff. (512). Dieses Argument verneinend mit der Begründung, dass es eher die Grenzen der Zulässigkeit der Öffnungsklauseln als ihre Zulässigkeit selbst betreffe, Müller, NVwZ 2005, S. 526 ff. (527). 187 VGH Mannheim, Beschl. v. 28.7.1986 – 5 S 2110/85, NuR 1986, S. 340 ff. (342).

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

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Die Öffnungsklausel verhindert eine umfassende und konkrete sachgerechte Abwägung zum Erlass der Naturschutzgebietsverordnung, weil sie pauschal und undifferenziert großflächige Teile des Naturschutzgebiets (nämlich das für den Bebauungsplan beanspruchte Gebiet) von vornherein der Bebauung preisgibt189. Die Erfordernisse und Bedürfnisse der städtebaulichen Entwicklung stehen zum Zeitpunkt des Erlasses der Naturschutzgebietsausweisung noch nicht konkret fest, denn die Öffnungsklauseln beziehen sich vorwiegend auf künftige Bebauungspläne. Auf keinen Fall darf die Naturschutzbehörde diese Erwägungen der bauleitplanerischen Behörden vorwegnehmen190. So ist eine sachgerechte Abwägung bei der Unterschutzstellung nicht möglich. Das Erfordernis der Berücksichtigung naturschutzrechtlicher Belange bei der späteren Aufstellung des Bebauungsplans191 kann die Abwägung der Naturschutzbehörden bei Erlass der Naturschutzverordnung nicht ersetzen192. Die Verletzung des naturschutzrechtlichen Abwägungsgebots hat die Fehlerhaftigkeit der Schutzgebietsausweisung zur Folge193, wenn sie – wie üblich – als Verordnung oder Satzung erlassen worden ist. Darüber hinaus verstoßen die Öffnungsklauseln gegen § 22 Abs. 2 S. 1 BNatSchG, der eine genaue Festlegung des Schutzgegenstandes verlangt (Bestimmtheitsgebot)194. Die Naturschutzgebietsausweisung ist nach Sinn und Zweck der Regelung nicht ausreichend bestimmt, wenn sie durch eine Öffnungsklausel zum Zeitpunkt ihres Erlasses noch unbestimmte Teile des Schutzgegenstandes von ihrem Geltungsbereich ausnimmt. Die Größe dieser Gebiete kann bei Erlass der Naturschutzverordnung nicht hinreichend 188 Bei der Unterschutzstellung verfügt die zuständige Stelle über einen Ermessensspielraum und so erfolgt die Schutzgebietsausweisung nach einer gerechten Abwägung aller einschlägigen Interessen, dazu auch unten 2. Teil Kap. 1. B. I. 1. a). 189 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 6, Rn. 206, Fußnote Nr. 291. 190 Dazu ausführlicher auch unten 2. Teil Kap. 1. B. I. 1. b). 191 Dazu ausführlich unten 2. Teil Kap. 1. C. I. 1. a). bb). Von der Rechtsprechung z. B. OVG Koblenz, Urt. v. 18.9.2002 – 8 C 11279.01, NuR 2003, S. 122 ff. (123). 192 Fischer-Hüftle/A. Schumacher/J. Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 26, Rn. 30; Ell, NVwZ 2004, S. 182 ff. (183); Fischer-Hüftle, NuR 2003, S. 127; Müller, NVwZ 2005, S. 526 ff. (528). 193 OVG Berlin, Beschl. v. 26.9.1991 – 2 A 5.91, NuR 1992, S. 87 ff. (88 f.); VGH Mannheim, Urt. v. 11.10.1993 – 5 S 1266/92, NuR 1994, S. 239 ff. (240 ff.) 194 J. Schmidt-Räntsch in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 22 Rn. 22; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, § 22, Rn. 10; Weitzel/Baum, NuR 2004, S. 511 ff. (513); Grundlegend aus der Rechtsprechung BVerwG, Urt. v. 28.11.1963 – I C 74.61, BVerwGE 17, S. 192 ff. (194 f.). Aus der neuesten Rechtsprechung siehe VGH Mannheim, Beschl. v. 5.11.2001 – 5 S 1006/00, NVwZ-RR 2002, S. 571 f. (571); einen gewissen Grad an Unbestimmtheit der Vorschriften einer Landschaftsschutzverordnung bejaht dagegen OVG Lüneburg, Urt. v. 24.8.2001 – 8 KN 41/01, NuR 2002, S. 56 ff. (59 f.).

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1. Teil: Spannungsfelder

bestimmt werden, damit die Entscheidung der Gemeinde über die Erforderlichkeit und den Umfang der Bebauungsplanung nicht vorweggenommen und die Planungshoheit beeinträchtigt wird. So bleiben die Grenzen des Schutzgebiets bei In-Kraft-Treten der Naturschutzgebietsausweisung unsicher, was gegen das Bestimmtheitsgebot verstößt195. Schließlich stellt die Entscheidung über die Aufrechterhaltung oder die Aufhebung der Schutzgebietsausweisung eine Aufgabe der Naturschutzbehörde dar, die im Blick auf den konkreten Fall zu urteilen hat. Wenn sie nach ihrer naturschutzrechtlichen Abwägung zum Ergebnis kommt, dass bestimmte Flächen nicht schutzbedürftig sind196, dann muss sie eben diese konkreten Flächen außer Schutz lassen oder konkrete Ausnahme- bzw. Befreiungstatbestände festlegen. Den Gemeinden als Träger der Bauleitplanung kommt es auf keinen Fall zu, die Naturschutzgebietsausweisung aufzuheben oder zu ändern. Dafür ist die naturschutzrechtliche Behörde zuständig und diese Zuständigkeit darf fachfremden Behörden nicht übertragen werden197. 3. Zwischenergebnis Sowohl in Deutschland als auch in Griechenland wird die grundsätzliche Bindung der Bauleitplanungsbehörden an den Inhalt einer Naturschutzgebietsausweisung sichergestellt. In beiden Ländern werden aber auch ähnliche Möglichkeiten zur Überplanung der unter Schutz gestellten Gebiete ausnahmsweise vorgesehen: Im ersten (unechten) Fall erfolgt die Überplanung nach Aufhebung der Naturschutzgebietsausweisung durch gerichtliche Kontrolle. Im zweiten Fall ist die Überplanung auch dann möglich, wenn Ausnahmen im Gesetz und in den Schutzgebietsausweisungen selbst vor195 Ell, NVwZ 2004, S. 182 ff. (183); Huber/Dietrich, ZfBR 2005, S. 437 ff. (439). Das damit verbundene, von Weitzel/Baum, NuR 2004, S. 511 ff. (513) hervorgehobene Problem der Verletzung des Verkündungsgebots durch die eventuellen ständigen Änderungen der Naturschutzgebietsverordnung aufgrund des In-Kraft-Tretens von Bebauungsplänen ist dagegen nicht überzeugend. Denn das Verkündungerfordernis wird in diesem Fall durch die Verkündung der entsprechenden Bebauungspläne erfüllt, auch wenn diese eine andere Form von Verkündung darstellen. 196 Auch wenn sie selbst sich als nicht schutzbedürftig erweisen, sie aber dem Schutz anderer Flächen dienen, können diese Flächen in die Schutzgebietsausweisungen einbezogen werden, OVG Münster, Urt. v. 21.8.1972 – 7 A 1291/70, NuR 1981, S. 184; VGH München, Urt. v. 21.7.1988 – 9 N 87.02020, NuR 1989, S. 261 ff. (261); OVG Schleswig, Urt. v. 18.2.1992 – 1 L 2/91, NuR 1993, S. 344 ff. (345). 197 Weitzel/Baum, NuR 2004, S. 511 ff. (512). So auch die ältere Rechtsprechung OVG Koblenz, Beschl. v. 6.3.1979 – 10 C 10/78, NuR 1979, S. 113 ff. (114). Diesbezüglich sieht Müller, NVwZ 2005, S. 526 ff. (528) in der Öffnungsklausel keine Änderung der Naturschutzverordnung durch die Bauleitplanungsbehörde, sondern eine Vorrangregelung zugunsten der Bauleitplanung.

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

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gesehen oder entsprechende Befreiungen erteilt worden sind. Die Problemkreise der Befreiungslage und der Öffnungsklauseln werden in Griechenland nicht thematisiert; gegenbenenfalls könnten aber die für das deutsche Recht vorgeschlagenen Lösungen auch im griechischen Recht Anwendung finden. So ist zum einen festzuhalten, dass das Vorliegen einer Befreiungslage für die Überplanung eines unter Schutz gestellten Gebiets vor der formellen Aufhebung der Schutzgebietsausweisung nicht ausreichend sein kann. Zum anderen erweist sich die von der Rechtsprechung anerkannte Zulässigkeit von Öffnungsklauseln nach genauer Analyse als höchst problematisch und muss im Ergebnis abgelehnt werden. IV. Einstweilige Sicherstellung der Naturschutzgebietsausweisung und Berührungen mit der Städtebauplanung 1. Möglichkeit des einstweiligen Schutzes der Naturschutzgebietsausweisungen und eventuelle Verschränkungen mit der städtebaulichen Planung Die Unterschutzstellung durch Verordnung ist sowohl in Deutschland als auch in Griechenland das Ergebnis eines aufwendigen und zeitraubenden Verfahrens. Bis zu ihrem Erlass kann ein vorläufiger Schutz dringend erforderlich sein, damit der naturschutzrechtliche Zustand des in Betracht kommenden Gebiets vor zwischenzeitlichen Veränderungen, die den Schutzzweck gefährden könnten, bewahrt bleibt198. Beide Rechtsordnungen sehen die einstweilige Sicherstellung des schutzwürdigen Gebiets bis zum endgültigen Schutz vor. Der deutsche Bundesgesetzgeber hat in § 22 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG die Länder beauftragt, die rechtlichen Voraussetzungen einer einstweiligen Sicherstellung der mit einer Schutzgebietsausweisung zu schützenden Teile von Natur und Landschaft zu schaffen. Der griechische Gesetzgeber hat die einstweilige Sicherstellung der schutzbedürftigen Gebiete in zwei Vorschriften festgelegt, § 6 Abs. 3 gr. Gesetz 2242/1994, gr. ABl. A’ 162 und § 21 Abs. 6 gr. Gesetz 1650/1986. Der einstweilige Schutz der Schutzgebiete interessiert hier insofern, als er Auswirkungen auf die städtebauliche Planung haben kann. Die einstweilige Sicherstellung kann im deutschen Recht auf eine Inhaltsoder Schrankenbestimmung des Eigentums, z. B. in einer in concreto Bestimmung der Zulässigkeit von Vorhaben, oder auch in einem Eingriff in 198 J. Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 22 Rn. 37; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, § 22, Rn. 13; J. Schumacher/ A. Schumacher/Fischer-Hüftle, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 22, Rn. 34.

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1. Teil: Spannungsfelder

die Planungshoheit der Gemeinde bestehen199, indem bestimmte Nutzungen für die noch unbeplanten Flächen einer Gemeinde untersagt werden. Im griechischen Recht ist der einstweilige Schutz ähnlich ausgestaltet: In § 6 Abs. 3 gr. Gesetz 2242/1994 wird die Möglichkeit der Ablehnung von Baugenehmigungen oder des Verbots von Bauhandlungen vom Beginn des Verfahrens zur Unterschutzstellung bis zum Erlass der entsprechenden Verordnung vorgesehen. Nach § 21 Abs. 6 gr. Gesetz 1650/1986 können für den Verfahrenszeitraum auch allgemeine Verbote, Gebote, Bedingungen und Einschränkungen von Tätigkeiten und Handlungen festgelegt werden, die für die unter Schutz zu stellenden Gebiete schädlich sein könnten. 2. Ausgestaltung des einstweiligen Schutzes in den beiden Rechtsordnungen Die Maßnahmen zur einstweiligen Sicherstellung der schutzbedürftigen Gebiete können in Konflikt zu den Eigentumsrechten geraten. Diese Erkenntnis erfordert in beiden Rechtsordnungen die Festsetzung von speziellen Bedingungen und Grenzen der einstweiligen Maßnahmen im Hinblick auf Inhalt und Geltungsdauer. Im deutschen Recht sind diesen Maßnahmen durch die gemeindliche Planungshoheit noch engere Schranken gesetzt200. Zuerst muss angemerkt werden, dass in beiden Rechtsordnungen jede einstweilige Maßnahme immer im Hinblick auf den beabsichtigten endgültigen Rechtsakt, die beabsichtigte Schutzgebietsverordnung, erlassen werden muss201. Die zukünftige Schutzgebietsausweisung ist der rechtliche Maßstab der einstweiligen Sicherstellung. Das bedeutet, dass die Sicherstellung sich an Art, Größe und Schutzbedürftigkeit des unter Schutz zu stellenden Gebiets orientieren muss. Im deutschen Recht wird diese Voraussetzung dahingehend interpretiert, dass das in Betracht kommende Gebiet schon zu diesem Zeitpunkt nach summarischer Betrachtung202 als schutzbedürftig angesehen werden muss203 und in absehbarer Zeit mit seiner Unterschutzstel199

Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, § 22, Rn. 14. Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, § 22, Rn. 15. 201 Hamilothoris/Kloukinas (Hrsg.), Einstweiliger Schutz, S. 52 ff. für das griechisches Recht; Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pitzner, VwGO, § 123, Rn. 10 ff. 202 VGH Kassel, Beschl. v. 11.3.1994 – 3 N 2454, NuR 1994, S. 395 ff. (396); VG Bayreuth, Beschl. v. 4.8.1998 – B 1 S 98.615, NuR 1998, S. 671 ff. (672); OVG Koblenz, Urt. v. 1.7.1999 – 1 C 11884/98, NuR 2000, S. 290 ff. (292). 203 VGH Mannheim, Normenkontrollurt. v. 15.4.1983 – 5 S 1541/82, NuR 1984, S. 147 f. (147); OVG Lüneburg, Urt. v. 23.8.1990 – 3 L 209/89, NuR 1991, S. 145 ff. (147); VGH Kassel, Beschl. v. 11.3.1994 – 3 2454/93, NuR 1994, S. 395 ff. (396). 200

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

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lung zu rechnen sein wird204. Diese künftige Unterschutzstellung darf nicht aus rechtlichen oder tatsächtlichen Gründen unmöglich sein205. Im griechischen Recht wird der Bezug der einstweiligen Sicherstellungsmaßnahmen zur endgültigen Unterschutzstellung dadurch hergestellt, dass die einstweiligen Anordnungen vom Gesetzgeber frühestens bei Beginn des Verfahrens zur Unterschutzstellung erlassen werden dürfen. Zu diesem Zeitpunkt hat die für die Unterschutzstellung zuständige Behörde eine konkrete Vorstellung über das unter Schutz zu stellende Gebiet. Außerdem darf die einstweilige Sicherstellung in beiden Rechtsordnungen keine umfassenderen Wirkungen als die Schutzgebietsausweisung selbst auslösen206; so dürfen bei der einstweiligen Sicherstellung die Rechte und die Rechtspositionen der Bürger nicht intensiver beeinträchtigt werden, als es bei der endgültigen Sicherstellung zulässig ist. Das Verfahren der einstweiligen Sicherstellung wird in Deutschland durch das Landesrecht bestimmt207. Die Landesgesetze können die Sicherstellung in Form einer Rechtsverordnung oder eines Verwaltungsakts vorsehen208. Dabei kann die für die Sicherstellung zuständige Behörde auf die Beteiligung von Trägern öffentlicher Belange und von Grundstückseigentümern am Verfahren verzichten. Der Grund dafür ist, dass die Sicherstellung von ihrer Natur her ohne Zeitverzögerungen und sogar manchmal überraschend für die Betroffenen erfolgen muss, damit sie ihren Schutzzweck verwirklichen kann209. Auf die Anhörung der Gemeinde darf hingegen nicht verzichtet werden, sobald ihre Planungshoheit durch die einstweilige Sicherstellung beeinträchtigt wird210. Im griechischen Recht hat der Gesetzgeber die Rechtsform der einstweiligen Maßnahmen abschließend festgelegt. Laut § 6 Abs. 3 gr. Gesetz 2242/1994 erfolgen sie durch eine Entscheidung des Ministers für Umwelt, Raumordnung und öffentliche Werke nach Beginn der Durchführung der speziellen Umweltprüfung zur Unter204

OVG Lüneburg, Urt. v. 23.8.1990 – 3 L 209/89, NuR 1991, S. 145 ff. (148). VGH Kassel, Beschl. v. 11.3.1994 – 3 2454/93, NuR 1994, S. 395 ff. (396 f.); VGH Kassel, Beschl. v. 9.10.1995 – 4 N 1429/92, NuR 1996, S. 264 ff. (265); OVG Koblenz, Urt. v. 1.7.1999 – 1 C 11884/98, NuR 2000, S. 290 ff. (291). 206 Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, § 22, Rn. 18. Dies soll im griechischen Recht mangels einer speziell zur einstweiligen Sicherstellung bei Naturschutzgebietsausweisungen entwickelten Regel aufgrund der allgemeinen Regel über den einstweiligen Schutz anerkannt werden; zu den Regeln des einstweiligen Schutzes allgemein Hamilothoris/Kloukinas (Hrsg.), Einstweiliger Schutz, S. 52 ff. 207 § 22 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG. 208 J. Schmidt-Räntsch, in: Gässner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 22, Rn. 37; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, § 22, Rn. 19. 209 VGH Kassel, Beschl. v. 11.3.1994 – 3 N 2454/93, NuR 1994, S. 395 ff. (396); VGH Kassel, Beschl. v. 9.10.1995 – 4 N 1429/92, NuR 1996, S. 264 ff. (265). 210 Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, § 22, Rn. 19. 205

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1. Teil: Spannungsfelder

schutzstellung211. Gemäß § 21 Abs. 6 gr. G. 1650/1986 können der Minister für Landwirtschaft, der Minister für Umwelt, Raumordnung und öffentliche Werke und der eventuell noch zuständige Minister während des Verfahrens zur Schutzgebietserklärung eine gemeinsame Ministerialentscheidung zum einstweiligen Schutz durch Festlegung von Verboten, Geboten, Bedingungen und Einschränkungen von schädlichen Handlungen erlassen. Im Gegensatz zum deutschen Recht stellt sich hier die Frage einer eventuellen Beschränkung der Öffentlichkeitsbeteiligung nicht, da diese Verfahren immer auf Ministerialebene, also ohne Beteiligung der Bürger oder untergeordneter Behörden durchgeführt werden. In Griechenland stellt die Städtebauplanung, wie schon oben erwähnt im Gegensatz zu Deutschland, ohnehin keine örtliche Angelegenheit, die von den kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften durchgeführt wird, sondern ist eine staatliche Aufgabe, die von zentralen Behörden und auf höchster Verwaltungsebene, und zwar zum Teil auf Ministerialebene, erledigt wird212. Schließlich muss die zeitliche Wirkung der einstweiligen Sicherstellung in beiden Rechtsordnungen beschränkt werden. Eine Sicherstellung ohne Befristung ist in Deutschland nichtig213. Die einstweilige Sicherstellung darf ferner nicht so lange bestehen bleiben, dass ihre Anordnungen quasi die Rolle einer endgültigen Schutzgebietsausweisung übernehmen würde. So könnten die Regeln zum Erlass der Schutzgebietsausweisung umgangen werden. Bei der Bemessung der angemessenen Dauer sind die Umstände des Einzelfalls zu beachten214. Im griechischen Recht hat der Gesetzgeber selbst eine zeitliche Obergrenze festgelegt, die auf keinen Fall überschritten werden darf. Die Entscheidung des § 6 Abs. 3 gr. Gesetz 2242/1994 über die Einstellung der Erteilung von Baugenehmigungen und der Aufnahme von anderen Bauhandlungen kann für die Dauer eines Jahres erlassen und unter Umständen um ein weiteres Jahr verlängert werden. Die einstweilige Festlegung von Verboten, Geboten, Bedingungen und anderer Einschränkungen kann nach § 12 Abs. 6 gr. Gesetz 1650/1986 maximal zwei Jahre dauern. Diese konkrete Regelung der maximalen Dauer mag vielleicht die Flexibilität der Verwaltung einschränken, ist aber trotzdem zu begrüßen, weil sie zur Rechtssicherheit beiträgt. 211 Diese spezielle Umweltprüfung gehört zum Verfahren zur Unterschutzstellung, dazu ausführlicher unten 2. Teil Kap. 1. B. II. 2. 212 Dazu ausführlich oben Einf. A. I. 3. 213 OVG Bautzen, Urt. v. 28.9.1995 – 1 S 442/94, NuR 1998, S. 683 f. (683); J. Schmidt-Räntsch, in: Gässner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 22 Rn. 38; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, § 22, Rn. 17. 214 Nach VGH Kassel, Beschl. v. 11.3.1994 – 3 2454/93, NuR 1994, S. 395 ff. (398) z. B. kann die Dauer der einstweiligen Schutzanordnung bis zu 5 Jahren betragen.

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

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3. Zwischenergebnis In beiden Rechtsordnungen ist die Möglichkeit einer einstweiligen Sicherstellung der Gebiete, für die eine Unterschutzstellung beabsichtigt bzw. in die Wege geleitet worden ist, vorgesehen. In diesem Rahmen sehen beide Rechtsordnungen die Möglichkeit vor, sowohl einzelne Rechte wie etwa Eigentumsrechte, z. B. durch die konkrete Ablehnung von Baugenehmigungen, einzuschränken als auch allgemeine Gebote und Verbote, z. B. Festsetzung von Bodennutzungen, zu erlassen, um eventuelle schädliche Handlungen und Tätigkeiten zu verhindern. Hier finden die allgemeinen Regeln des einstweiligen Rechtsschutzes Anwendung. Im deutschen Recht erfolgt die einstweilige Sicherstellung durch Rechtsverordnung oder durch Verwaltungsakt, bei deren Erlass die Öffentlichkeitsbeteiligung und die Anhörungsrechte eingeschränkt werden können. Im griechischen Recht erfolgt der einstweilige Schutz durch Ministerialentscheidungen, bei denen Anhörungsrechte von Betroffenen gegebenenfalls nach den Regeln des allgemeinen Verwaltungsrechts zu beurteilen sind. Im deutschen Recht ist schließlich die zulässige Dauer der einstweiligen Sicherstellung von Fall zu Fall zu beurteilen. Im griechischen Recht dagegen ist die Dauer der einstweiligen Maßnahmen vom Gesetzgeber selber bestimmt und beträgt maximal zwei Jahre.

B. Schutzgebietsausweisungen des Wasserschutzrechts Unter Wasserrecht werden in der deutschen Rechtsordnung alle öffentlich-rechtlichen, privatrechtlichen und strafrechtlichen Regelungen verstanden, die den Zustand und die Nutzung von Gewässern zum Gegenstand haben. Das Wasserschutzrecht ist insoweit ein Teil des Umweltrechts, als es den Schutz der Gewässer zum Gegenstand hat215. Das Wasser ist eine der wichtigsten Grundlagen allen menschlichen, tierischen und pflanzlichen Lebens und insofern stellt es eines der wichtigsten Umweltgüter dar. Den Gewässern wird auch im Gesetz eine herausragende ökologische Bedeutung zugeschrieben: Nach § 1a Abs. 1 WHG sind sie als Bestandteil des Naturhaushalts und als Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu sichern. Trotz der hervorgehobenen Bedeutung des guten Zustandes der Gewässer für die Erhaltung der sich in ihnen befindenden Ökosysteme und des Gleichgewichts des Naturhaushalts bildet das Gewässerschutzrecht keine Untergliederung des Naturschutzrechts stricto sensu. Viele der wasserschutzrechtlichen Vor215 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 8, Rn. 1; Kloepfer, Umweltrecht, § 13, Rn. 2; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rn. 7.

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schriften gehören aber materiellrechtlich auch zum Naturschutzrecht lato sensu, weil dadurch auch der Naturschutz erheblich gefördert wird216. Insofern überschneiden sich Naturschutzrecht i. e. S. und Wasserschutzrecht, obwohl sie sich nicht völlig decken. Das Wasserschutzrecht ist also in Deutschland ein selbständiges Recht, das zwar mit dem Naturschutzrecht eng verbunden und verschränkt ist, das aber eigene Prinzipien und Strukturen aufweist. Von daher ist es sinnvoll, das Verhältnis von Bauleitplanung und Wasserschutzgebietsausweisungen getrennt von den Naturschutzgebietsausweisungen zu untersuchen. Von zentraler Bedeutung für den Gewässerschutz in Deutschland ist das Wasserhaushaltsgesetz (WHG)217. Auf die aus Art. 75 Abs. 1 Nr. 4 GG ausgehende Gesetzgebungskompetenz gestützt stellen die im WHG enthaltenen Regelungen Bundesrahmenrecht dar. Das Besondere und etwas Fremde beim WHG ist aber, dass in der Tat viele seiner Regelungen unmittelbare Wirkung besitzen, so dass sie keiner Umsetzung durch Landesgesetze bedürfen. Die große Mehrheit der Regelungen des WHG ist nämlich als punktuelle Vollregelung erlassen worden, für die keine Umsetzung, sondern die bloße Ausfüllung und Ergänzung durch die Landesgesetze erforderlich sind218. Ein repräsentatives Beispiel dafür bietet § 19 WHG, der die Festsetzung von Wasserschutzgebieten anordnet und regelt. Diese Regelung stellt unmittelbar geltendes Bundesrecht dar, z. B. hinsichtlich der Zuständigkeiten und der Verfahrensfragen, das aber von den Landesgesetzen ausfüllungsbedürftig ist219. Die Maßgaben des § 19 WHG sind aber als solche für die Wasserschutzbehörden verbindlich. Das Wasserschutzrecht ist auch in Griechenland ein wesentlicher Teil des Umweltrechts. Seine Trennung vom Naturschutzrecht ist aber im griechischen Recht nicht so deutlich wie im deutschen. Es gibt nämlich kein spezielles Wasserhaushalts- oder Wasserschutzgesetz: Die wasserschutzrechtlichen Vorschriften sind im allgemeinen Umweltschutzgesetz 1650/1986 enthalten sowie auch in verschiedenen anderen Gesetzen verstreut. Teil216 Zum Beitrag des Wasserschutzrechts zum Naturschutzrecht ausführlich v. Strenge, Naturschutzrecht außerhalb der Naturschutzgesetze, S. 49 ff., vor allem S. 54 f. 217 Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts v. 27.7.1957, BGBl. I S. 1110 zuletzt geändert durch das Gesetz v. 3.5.2005, BGBl. I S. 1224 ff. Für einen Überblick der über vierzigjährigen Geschichte dieses Gesetzes siehe Reinhardt, ZfW 2000, S. 1 ff. 218 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 8, Rn. 60; Kloepfer, Umweltrecht, § 13, Rn. 20; Reinhardt, ZfW 2000, S. 1 ff. (3 f.); Kotulla, WHG, Einf., Rn. 19. 219 Gößl, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 19, Rn. 2a; Czychowski/ Reinhardt, WHG, § 19, Rn. 3, S. 633; VGH München, Beschl. v. 16.2.2001 – 22 CS 00.2660, ZfW 2002, S. 98 ff. (99); a. A. Kotulla, WHG, § 19, Rn. 2.

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weise sind diese Regelungen auch mit dem Naturschutzrecht verschränkt und eng verbunden. Dies wird schon in § 1 Abs. 3 Nr. b) und e) gr. G. 1650/1986 deutlich, wo als Zweck des Gesetzes der Schutz der oberirdischen Gewässer sowie auch der Schutz der Meeres- und Flussufer, der Seen, des Meeresgrundes und der kleinen Inseln als Naturgüter und als Bestandteile der ökologischen Systeme und der Landschaft festgelegt ist. Außerdem werden in den §§ 9–10 gr. G. 1650/1986 Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Eingriffen in die Gewässer und zur Erhaltung ihrer Qualität vorgesehen. Die Instrumente des Wasserschutzrechts weisen oft einen starken räumlichen Bezug auf, so dass es oft zu Verschränkungen des Wasserschutzrechts mit der Städtebauplanung kommen kann. Im Folgenden werden zwei wichtige Instrumente der wasserschutzrechtlichen Verwaltungstätigkeit untersucht, die sich in beiden Rechtsordnungen im Widerspruch zur Städtebauplanung befinden können. Das sind einerseits die Wasserschutzgebietsfestsetzungen (B. I.) und andererseits die Ausweisungen von Überschwemmungsgebieten (B. II.). I. Wasserschutzgebiete 1. Deutsches Recht a) Allgemein aa) Festsetzung von Wasserschutzgebieten Die Festsetzung von Wasserschutzgebieten ist ein wichtiges Instrument des Wasserschutzrechts in Deutschland. Die Möglichkeit von Wasserschutzgebietsfestsetzungen wird in § 19 WHG bundesweit vorgesehen. Diese Vorschriften gelten unmittelbar und brauchen keine Umsetzung, sondern, falls erforderlich, lediglich eine Ausfüllung bzw. Ergänzung durch die Landesgesetzgebung220. Wasserschutzgebiete sind die Flächen, die als solche von den zuständigen Wasserschutzbehörden durch ein förmliches Verfahren zur Unterschutzstellung erklärt worden sind. Diese Flächen sind für den Schutz von oberirdischen Gewässern oder des Grundwassers geeignet und zu diesem Zweck werden in ihnen bestimmte Handlungen verboten oder nur begrenzt zugelassen oder es werden andere Handlungen oder Maßnahmen für die Eigentümer vorgeschrieben. Grundsätzlich wird dadurch die öffentliche 220 Gößl, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp WHG, § 19, Rn. 2a; Czychowski/Reinhardt, WHG, § 19, Rn. 3; VGH München, Beschl. v. 16.2.2001 – 22 CS 00.2660, ZfW 2002, S. 98 ff. (99); a. A. Kotulla, WHG, § 19, Rn. 2.

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1. Teil: Spannungsfelder

Wasserversorgung erzielt221. Darüber hinaus können sie aber auch anderen Zwecken des Gemeinwohls dienen, wie z. B. der Vermeidung des Austrocknens des Bodens oder der Erhaltung bzw. Renaturierung der Bodenfruchtbarkeit222. Auf diese Weise können sie zum Naturschutz und zur Landschaftspflege beitragen. Die Wasserschutzgebiete entfalten also eine zumindest mittelbare naturschutzrechtliche Wirkung. Die förmliche Festsetzung eines Wasserschutzgebiets besteht aus der räumlichen Abgrenzung des Gebiets und aus der Darlegung der darin geltenden Schutzanordnungen223. Nach § 19 Abs. 1 WHG liegt die Festsetzung von Wasserschutzgebieten im Ermessen der zuständigen Wasserschutzbehörde, wenn dies für das Wohl der Allgemeinheit und zur Erreichung der in § 19 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 WHG genannten Ziele erforderlich ist224. Dieses Ermessen der Wasserschutzbehörde bei der Unterschutzstellung nach § 19 WHG kann aber durch andere Vorschriften, wie z. B. das Gebot ortsnaher Wasserversorgung nach § 1a Abs. 3 WHG, eingeschränkt werden225. Bei diesem Ermessen handelt es sich auf jeden Fall um kein planerisches Gestaltungsermessen226, wie es bei der räumlichen Gesamtplanung der Fall ist. Das Ermessen der Wasserbehörde ist eher eindimensional (sog. nachvollziehendes Abwägen227): Das Urteil über die Erforderlichkeit der Unterschutzstellung nach dem Wohl der Allgemeinheit ist eine nach den Gegebenheiten des Einzelfalls von den Gerichten vollständig kontrollierbare Entscheidung der Verwaltung. Das Ermessen der Behörde beschränkt sich auf die darauf221 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rn. 833; Schmidt-Aßmann, DÖV 1986, S. 985 ff. (985 f.); v. Strenge, Naturschutzrecht außerhalb der Naturschutzgesetze, S. 132; Salzwedel, ZfW 1992, S. 397 ff. (410). 222 Vgl. vor allem § 19 Abs. 1 Nr. 2 und 3 WHG; dazu Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rn. 860; Gößl, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 19, Rn. 12.; a. A. Kotulla, WHG, § 19, Rn. 12. 223 § 19 Abs. 2 WHG. 224 VGH München, Urt. v. 26.6.2002 – 22 N 01.2625, NuR 2003, S. 428 ff. (429); Czychowski/Reinhardt, WHG, § 19, Rn. 6 und Rn. 24. Ermessen hat die Wasserbehörde auch bei der Aufhebung des Wasserschutzgebiets, VGH Mannheim, Urt. v. 23.6.1997 – 8 S 374/97, NVwZ-RR 1998, S. 423 ff. (424). 225 Czychowski/Reinhardt, WHG, § 19, Rn. 14. 226 VGH Mannheim., Beschl. v. 25.3.1971 – II 504/69, ZfW 1972, S. 182 ff. (184); VGH Mannheim, Urt. v. 21.12.1982 – 5 S 1359/81, ZfW 1983, S. 170 ff. (171); BVerwG, Beschl. v. 23.1.1984 – 4 B 157.83, ZfW 1984, S. 294; OVG Koblenz, Urt. v. 9.3.2000 – 1 C 12087/98, ZfW 2000, S. 243 ff. (244); a. A. BayVerfGH, Ent. v. 30.6.1977 – Vf. 4 – VII – 76, ZfW 1978, S. 293 ff. (295); OVG Münster, Urt. v. 3.6.1983 – 20 A 2233/82, ZfW 1984, S. 291 ff. (292). 227 Zum Ermessen als besondere Handlungs- und Abwägungskompetenz der Verwaltung allgemein siehe statt anderer Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, § 4, Rn. 47 ff.; insbesondere bei den Wasserschutzgebietsausweisungen siehe ders., NuR 1986, S. 98 ff. (100).

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hin zu treffende endgültige Entscheidung, ob eine Wasserschutzgebietsfestsetzung letzten Endes erlassen werden soll, weil sie sich gegenüber anderen, einzeln genommenen Belangen durchsetzt, oder aus eben weiteren Gründen verschoben oder verhindert werden soll228. bb) Zur Abgrenzung der Wasserschutzgebietsausweisungen nach § 19 WHG von den Naturschutzgebietsausweisungen von §§ 31 i. V. m. 22 ff. BNatSchG Parallel zum Schutz der Gewässer, der durch die Vorschriften des WHG gewährt wird, tragen auch die §§ 31 i. v. m. 22 ff. BNatSchG zum Gewässerschutz bei. Gemäß § 31 BNatSchG stellen die Länder sicher, dass die oberirdischen Gewässer mit ihren Gewässerrandstreifen und Uferzonen als Lebensstätten und Lebensräume für Tier- und Pflanzenarten erhalten und positiv entwickelt werden. Dadurch sollen die Gewässer selbst insofern geschützt werden, als sie Biotope enthalten. Es handelt sich um eine Rahmenvorschrift, die von den Ländern umgesetzt werden muss. Die Vorschrift des § 31 BNatSchG ist allgemein und deckt alle Lücken, die von anderen Schutzvorschriften nicht erfasst werden229. Dabei hat die Regelung des § 31 BNatSchG kaum eine eigenständige Bedeutung, da die Länder für die Erreichung dieses Ziels die herkömmlichen Instrumente, z. B. der §§ 22 ff. BNatSchG, benutzen sollen230. Auf diese Weise können Naturschutzgebietsausweisungen nach den §§ 22 ff. BNatSchG erlassen werden, die auch Wassergebiete umfassen, sofern diese als schutzbedürftige Lebensräume bzw. Lebensstätten für Tier- und Pflanzenarten erscheinen. Die Naturschutzgebietsausweisungen, die gemäß § 31 i. V. m. §§ 22 ff. BNatSchG erlassen werden, sind von den Wasserschutzgebietsausweisungen nach § 19 WHG zu unterscheiden. Beide Unterschutzstellungsmöglichkeiten erfüllen unterschiedliche Schutzzwecke. § 31 BNatSchG hat den Schutz von oberirdischen Gewässern in ihrer Habitatfunktion zum Gegenstand231. § 19 WHG hat dagegen einen anderen Schutzgegenstand, nämlich die ländlichen 228 Sehr ausführlich dazu Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rn. 862 ff.; dazu auch Kloepfer, Umweltrecht, § 13, Rn. 178; Kotulla, WHG, § 19, Rn. 4 ff.; Schmidt-Aßmann, DÖV 1986, S. 985 ff. (988); Sellmann, DVBl. 1992, S. 235 ff. (238); BVerwG, Beschl. v. 30.9.1996 – 4 NB 31 und 32.96, ZfW 1997, S. 163 ff. (164); OVG Koblenz, Urt. v. 9.3.2000 – 1 C 12087/98, ZfW 2000, S. 243 ff. (244). Über die Wahl des Standortes des geschützten Gebiets wird aber der Wasserbehörde auf jeden Fall breiteres Ermessen zuerkannt. 229 J. Schmidt-Räntsch in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 31, Rn. 2. Solche primär anzuwendenden Schutzvorschriften sind z. B. die der §§ 30 oder 32 ff. BNatSchG. 230 J. Schmidt-Räntsch in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 31, Rn. 9.

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1. Teil: Spannungsfelder

Flächen, auf oder unter denen sich Wasser befindet. Dadurch sollen die entsprechenden Gewässer als solche gesichert werden. Die Festlegungen des § 31 BNatSchG lassen also die aus § 19 WHG ausgehenden Befugnisse der Länder unberührt. Trotzdem weisen beide Arten von Schutzgebietsausweisungen wichtige Gemeinsamkeiten auf, weswegen im Folgenden oft auf die oben gemachten Ausführungen über die Naturschutzgebietsausweisungen zu verweisen sein wird. b) Konflikte mit der Bauleitplanung Die Wasserschutzgebiete sind die entsprechende Institution der Naturschutzgebiete im Wasserschutzrecht. Wie Naturschutzgebiete können auch die Wasserschutzgebiete im Widerspruch zur Bauleitplanung und zur kommunalen Planungshoheit stehen. Das kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn der Wasserschutz eine bestimmte Nutzung der mit Wasser bedeckten Fläche erfordert, ein schon bestehender Bauleitplan aber für diese Fläche eine andere Nutzung vorsieht oder die Gemeinde dieselbe Fläche zu überplanen gedenkt und bei der Überplanung eine gegensätzliche Nutzung in Betracht kommt232. Handlungen, die nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 WHG verboten werden können, können z. B. in der Verwirklichung der von nach §§ 30 bis 37 BauGB zulässigen Vorhaben liegen. Ebenso können Maßnahmen, die nach § 19 Abs. 2 Nr. 2 WHG die Grundstückseigentümer belasten, mit den im Bebauungsplan festgelegten Bebauungsvoraussetzungen nicht vereinbar sein, indem sie die Eigentumsrechte in höherem Maße beeinträchtigen. In solchen Fällen steht das Wasserschutzrecht im Gegensatz zur Bauleitplanung und die gemeindliche Planungshoheit wird von den Wasserschutzgebietsfestsetzungen berührt. So ist es erforderlich, nach Regeln zur Lösung solcher Konfliktsituationen zu suchen. aa) Wasserschutzgebietsfestsetzung und nachträgliche Bauleitpläne (1) Regel: Rechtswidrigkeit der abweichenden Bauleitpläne Einigkeit in Literatur und Rechtsprechung besteht darin, dass die strikten Regelungen der Wasserschutzgebietsfestsetzungen, die meistens in Form einer Verordnung erlassen werden, für die nachträgliche Bauleitplanung rechtsverbindlich sind. Bauleitpläne, die sich auf festgesetzte Wasserschutz231 J. Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 31, Rn. 6; Stich, UPR 2002, S.161 ff. (167). 232 Z. B. VGH München, Urt. v. 26.6.2002 – 22 N 01.2625, NuR 2003, S. 428 ff. (430).

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gebiete beziehen und die gegen die in den Festsetzungsverordnungen aufgestellten Verbote oder Gebote verstoßen, verletzen Vorschriften des zwingenden Rechts und sind insoweit nach § 6 Abs. 2 und § 6 Abs. 2 i. V. m. § 10 Abs. 2 S. 1 und 2 BauGB genehmigungsunfähig und fehlerhaft233. In § 19 WHG werden keine Ausnahme- oder Befreiungsmöglichkeiten vorgesehen. Trotzdem wird die Möglichkeit der Festsetzung solcher Ausnahme- und Befreiungsvoraussetzungen in den Landesgesetzen234 auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip und zwar auf das in § 19 Abs. 1 S. 1 WHG zum Ausdruck kommende Übermaßverbot („Soweit es das Wohl der Allgemeinheit erfordert“) gestützt235. In den atypischen Fällen ist also die Festlegung von Ausnahmen oder Befreiungen von repressiven Anordnungen der Wasserschutzgebietsausweisung möglich und sogar wünschenswert236. Auf diese Weise wird ein eventueller Weg zur Bauleitplanung gemäß den Ausnahmefestlegungen oder nach der Erteilung einer Befreiung offen gehalten. Ferner kann die Problematik der Befreiungslage auch hier auftauchen, da es sich hierbei ebenfalls um Schutzgebietsausweisungen handelt, die Befreiungstatbestände für bestimmte Vorhaben enthalten können, bei deren Erfüllung die städtebauliche Planung eventuell schon vor der Erteilung der einzelnen Befreiungen zulässig sein kann. Dazu kann entsprechend auf die oben gemachten Ausführungen über die Naturschutzausweisungen verwiesen werden237.

233 BVerwG, Beschl. v. 26.3.1993 – 4 NB 45.92, ZfW 1994, S. 275 ff. (276); OVG Bautzen, Normenkontrollurt. v. 8.12.1993 – 1 S 143/92, ZfW 1995, S. 41 ff. (43 f.); VGH München, Urt. v. 8.3.1996 – 22 N 95.3073, ZfW 1997, S. 96 ff. (99); VGH München, Urt. v. 13.6.1996 – 22 N 93.2863, 94270 u. 941569, ZfW 1997, S. 178 ff. (181). Von der Literatur Czychowski/Reinhardt, WHG, § 19, Rn. 57; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rn. 880; a. A. Schmidt-Aßmann, DÖV 1986, S. 985 ff. (987), der eventuell darin einen Abwägungsfehler bei der Bauleitplanung sieht. Zur Fehlerhaftigkeit der Bebauungspläne vor und nach der Novellierung des BauGB vom 2004 siehe Stüer, Bau- und Fachplanungsrecht, Rn. 1092 ff. 234 § 49 Abs. 4 NdsWG v. 10.6.2004, Nds. GVBl. Nr. 17/2004, S. 171; § 13 Abs. 6 RnPfWG v. 22.1.2004, GVBl. Nr. 4, S. 54, § 37 Abs. 2 S. 2 SaarlWG v. 30.6.2004, GVBl. 2004, S. 982, § 49 Abs. 4 SachsAnhWG v. 12.4.2006, GVBl. 2006, S. 248; § 48 Abs. 8 SächsWG v. 18.10.2004, GVBl. 2004, S. 482; § 4 Abs. 1 Nr. 1b S. 3 SchlHWG v. 6.1.2004, GVBl. I S. 8). 235 Czychowski/Reinhardt, WHG, § 19, Rn. 49; Salzwedel, ZfW 1992, S. 397 ff. (409). 236 VGH München, Urt. v. 26.6.2002 – 22 N 01.2625, NuR 2003, S. 428 ff. (430). 237 Speziell zu den Wasserschutzgebieten gibt es keine Rechtsprechung zur Überplanungsmöglichkeit in eine Befreiungslage.

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1. Teil: Spannungsfelder

(2) Beeinträchtigung der Planungshoheit Durch die Verbindlichkeit des Inhalts und der Anordnungen der Wasserschutzgebietsfestsetzungen für die nachträglichen Bauleitpläne wird die gemeindliche Planungshoheit eingeschränkt. Das Gemeinwohl und die Erfordernisse des Wasserschutzes rechtfertigen in der Regel die Einschränkung der gemeindlichen Planungshoheit238. Diese Einschränkungsmöglichkeiten durch die in den Wasserschutzgebietsverordnungen enthaltenen Verbote oder Gebote sind aber nicht unbegrenzt. Die verfassungsrechtlich anerkannte kommunale Planungshoheit kann zwar eingeschränkt, jedoch nicht völlig abgeschafft werden. Der Gemeinde muss immerhin ein gewisser Raum zur städtebaulichen Entwicklung ihres Gebiets sichergestellt bleiben. Eine zu großflächige Ausweisung eines Wasserschutzgebiets, die die Gesamtheit oder einen überwiegend großen Teil der gemeindlichen Flächen in Anspruch nehmen würde, sollte also, wie bei den Naturschutzgebietsausweisungen auch, nicht zulässig sein239. Insofern kann sich die Gemeinde wegen unzumutbarer Verletzung ihrer Planungshoheit gegen die entsprechende Wasserschutzgebietsverordnung wehren240. Bei der Überprüfung solcher Verletzungen der Planungshoheit stellt die neueste Rechtsprechung auf die hinreichende Bestimmtheit der gemeindlichen Planungsabsichten und auf die Nachhaltigkeit der durch die Wasserschutzverordnung verursachten Störung ab241. Liegen diese beiden Voraussetzungen vor, so bleibt die Frage offen, wo genau die Grenzen zwischen der Unzumutbarkeit einer zu großen Inanspruchsnahme der gemeindlichen Flächen und einer zumutbaren liegen. Eine interessengerechte Abwägung bei der Unterschutzstellung soll auf der einen Seite das öffentliche Interesse an quantitativ und qualitativ gesicherter Wasserversorgung sowie die besonderen Bedürfnisse der Bevölkerung an Wasser berücksichtigen und auf der anderen Seite das verfassungsrechtlich garantierte Recht der Gemeinden, eine geordnete städtebauliche Entwicklungspolitik in ihrem Gebiet zu betreiben, beachten242. Diese 238

In concreto die Zumutbarkeit der Einschränkung der Planungshoheit bejahend VGH Mannheim, Urt. v. 21.12.1982 – 5 S 1359/81, ZfW 1983, S. 170 ff. (174); VGH München, Urt. v. 8.3.1996 – 22 N 95.3073, ZfW 1997, S. 96 ff. (98); VGH Mannheim, Beschl. v. 5.8.1998 – 8 S 1906/97, ZfW 2000, S. 138 ff. (139); OVG Koblenz, Urt. v. 9.3.2000, I C 12 087/98, ZfW 2000, S. 243 ff. (246). 239 Schmidt-Aßmann, DÖV 1986, S. 985 ff. (987). 240 VGH Mannheim, Beschl. v. 5.8.1998 – 8 S 1906/97, ZfW 2000, S. 138 ff. (139 f.); OVG Koblenz, Urt. v. 9.3.2000, I C 12 087/98, ZfW 2000, S. 243 ff. (243); VGH München, Urt. v. 26.6.2002 – 22 N 01.2625, NuR 2003, S. 428 ff. (428); Czychowski/Reinhardt, WHG, § 19, Rn. 104. 241 VGH Mannheim, Beschl. v. 5.8.1998 – 8 S 1906/97, ZfW 2000, S. 138 ff. (139); OVG Koblenz, Urt. v. 9.3.2000, I C 12 087/98, ZfW 2000, S. 243 ff. (243). 242 Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rn. 859.

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

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wasserschutzrechtliche Abwägung ist in jedem konkreten Einzelfall von den Gerichten zu überprüfen243. Dabei muss darauf abgestellt werden, welche Möglichkeiten der planenden Gemeinde noch verbleiben, um eine geordnete städtebauliche Entwicklung zu sichern. Die Annahme einer Verletzung der Planungshoheit sollte allerdings in der Praxis eher die seltene Ausnahme darstellen, da die von Wasserschutzgebietsausweisungen in Anspruch genommenen Flächen in der Regel nicht für die städtebauliche Entwicklung geeignet sind. bb) Unterschutzstellung von beplanten Gebieten (1) Anpassungsgebot an die bestehenden städtebaulichen Pläne Wie ist aber die Interessenlage zu beurteilen, wenn ein Bauleitplan schon existiert und in seinem Plangebiet die Wasserschutzbehörde ein Wasserschutzgebiet festzusetzen beabsichtigt? Das Anpassungsgebot an den Flächennutzungsplan (und entsprechend auch an den Bebauungsplan) des § 7 BauGB muss auch für die Verordnungen zur Unterschutzstellung von Wasserschutzgebieten gelten. Zu den öffentlichen Planungsträgern im Sinne des § 7 Abs. 1 BauGB gehören auch die Wasserschutzbehörden, soweit deren Aufgabenbereich durch die städtebauliche Planung berührt werden kann244. Dabei handelt es sich zwar um eine Verfahrensregel, die im Planungsstadium zur Vermeidung von Konflikten zwischen der Bauleitplanung und den Fachplanungen dienen soll245. Trotzdem drückt diese Regelung den eindeutigen Willen des Gesetzgebers aus, dass die nachträglichen Fachplanungen die bestehenden Bauleitpläne in Betracht ziehen und in ihren Inhalt integrieren, so dass im Normalfall eine Abweichung aus den Darstellungen bzw. Festsetzungen der Bauleitpläne nicht vorliegen sollte246. Das ist auch beim Erlass von Wasserschutzgebietsverordnungen der Fall. In diesem Punkt ist auf die oben gemachten Ausführungen zu den Naturschutzgebietsausweisungen zu verweisen247. Da die Interessen der kommunalen Planungshoheit und der Eigentumsrechte der Grundstücksbesitzer sich auch hier nicht anders als bei den Naturschutzgebietsausweisungen im Gegensatz zu den Belangen des Wasserschutzes befinden, sollten dieselben Ausführungen über den Vorrang der vorherigen Bauleitpläne entsprechend Anwendung finden. Im Gegensatz 243

Czychowski/Reinhardt, WHG, § 19, Rn. 8. Bielenberg/Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 7, Rn. 4. 245 Czychowski/Reinhardt, WHG, § 19; Kotulla, WHG, § 19, Rn. 31. 246 Zum materiellrechtlichen Gehalt der Anpassungspflicht des § 7 BauGB siehe Durner, Konflikte räumlicher Planungen, S. 105. 247 Dazu oben 1. Teil Kap. 1. A. II. 1. 244

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1. Teil: Spannungsfelder

zu den Naturschutzgebietsverordnungen zeichnet sich aber in der Praxis die Tendenz ab, dass den Wasserschutzgebietsausweisungen Vorrang vor bestehenden Bauleitplänen einzuräumen ist, wodurch eine Unterschutzstellung auch von beplanten und sogar von bebauten Flächen ermöglicht wird248. Diese Tendenz der unterschiedlichen Behandlung von Natur- und Landschaftsschutzgebietsverordnungen einerseits und Wasserschutzgebietsverordnungen andererseits in Bezug auf ihr Verhältnis zu bestehenden Bauleitplänen kann damit erklärt werden, dass das Interesse der Allgemeinheit an einer gesunden und ordentlichen öffentlichen Wasserversorgung gegenüber anderen Belangen auf jeden Fall vorrangig erscheint, wobei sich die naturschutzrechtlichen Belange als mehr abwägungsfähig erweisen. Wie bei den Naturschutzgebietsausweisungen soll auch hier die Problematik der Anpassungspflicht der Wasserschutzgebietsverordnungen an die bestehenden Bauleitpläne von der Verbindlichkeit der in diesem Rahmen entstandenen bauordnungsrechtlichen Anordnungen der Wasserschutzgebietsverordnungen getrennt behandelt werden. Dabei handelt es sich um eigenständige normative Zulassungsschranken249. Eine Wasserschutzgebietsverordnung kann nach § 19 Abs. 2 WHG über die bodenrechtlichen Festsetzungen hinaus auch Vorschriften über die Zulässigkeit von Vorhaben, also z. B. Bauverbote oder Einschränkungen der Bebaubarkeit, enthalten. Diese bleiben gemäß § 29 Abs. 2 BauGB von den in den Bebauungsplänen enthaltenen Zulässigkeitsvoraussetzungen unberührt. Die Zulässigkeit eines Bauvorhabens ist in einem solchen Fall nach ihrer Vereinbarkeit sowohl mit den baurechtlichen als auch mit den wasserschutzrechtlichen Anordnungen zu prüfen250. Jeder dieser beiden Blöcke aus Bedingungen und Einschränkungen der Bebaubarkeit dient einem anderen gesetzlichen Zweck. Zum einen wird die Verwirklichung des Wasserschutzes angestrebt, zum anderen die geordnete städtebauliche Entwicklung. Aus diesem Grund verlangt jeder Bereich seine eigenständige Wirkung251. So können die Anordnungen in einer Wasserschutzgebietsverordnung die Baugenehmigung trotz der Zulässigkeit des Vorhabens nach den bestehenden bauplanungsrechtlichen Vorschriften verhindern252. 248

OVG Schleswig, Urt. v. 4.10.1995 – 2 K 2/94, ZfW 1996, S. 541 ff. (545); VGH München, Urt. v. 13.6.1996 – 22 N 93.2863, 94.270 u. 94.1569, ZfW 1997, S. 178 ff. (180); OVG Koblenz, Urt. v. 9.3.2000 – 1 C 12087/98, ZfW 2000, S. 243 ff. (246). 249 BVerwG, Urt. v. 12.4.2001 – 4 C 5.00, NuR 2001, S. 633 ff. (634). 250 OVG Münster, Urt. v. 3.6.1983 – 20 A 2233/82, ZfW 1984, S. 291 ff. (293); BVerwG, Urt. v. 12.4.2001 – 4 C 5.00, NuR 2001, S. 633 ff. (634); Czychowski/ Reinhardt, WHG, § 19, Rn. 49; Kotulla, WHG, § 19, Rn. 31. 251 Schmidt-Aßmann, DÖV 1986, S. 985 ff. (987). 252 BVerwG, Beschl. v. 30.9.1996 – 4 NB 31 u. 32/96, ZfW 1997, S. 163 ff. (167). Nur in diesem Sinne ist auch die in der Literatur [Kotulla, WHG, § 19,

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An diesem Punkt ist anzumerken, dass eine nachträgliche Notwendigkeit zur Unterschutzstellung von Wassergebieten auf dem Gebiet eines bestehenden Bauleitplans meistens im Falle einer Überschwemmung vorkommen wird. Die plötzliche Entstehung eines Überschwemmungsgebiets ist öfter zu beobachten als die der übrigen Wassergebiete des § 19 WHG. Bei Überschwemmungsgebieten nach § 32 WHG ist aber in diesem Rahmen einer differenzierten Lösung zu folgen; dazu wird auf die folgenden Ausführungen über die Überschwemmungsgebiete verwiesen253. (2) Beeinträchtigung von Eigentumsrechten Ein Vorrang des Inhalts einer Wasserschutzgebietsverordnung vor den bauplanungsrechtlichen Regeln kann die Eigentumsrechte im Plangebiet beeinträchtigen. Die Durchsetzung der Anordnungen der Wasserschutzgebietsverordnung schränkt die Baufreiheit der Bürger ein, die ihre Grundstücke im Plangebiet nutzen wollen. Die Baufreiheit ist im Eigentumsrecht des Art. 14 Abs. 1 GG enthalten254. Oben ist die entsprechende Problematik bei den Naturschutzgebietsausweisungen behandelt worden. Hier ist nun diese oben dargestellte Problematik auf den Fall der Wasserschutzgebietsausweisungen zu übertragen255: Im Allgemeinen kann der Verordnungsgeber bei einer Wasserschutzgebietsausweisung eine durch das BauGB zulässige Nutzungsmöglichkeit einschränken. Die Rechtsprechung hält diese Einschränkungen der Baufreiheit in der Regel für zumutbare Inhaltsbestimmungen des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG. Der Inhalt des Eigentumsrechts ist jedes Mal von der konkreten Situation abhängig, in der sich der Eigentumsgegenstand, hier das Grundstück, befindet (sog. „Situationsgebundenheit“ des Eigentums). So sind die Eigentumseinschränkungen in Wasserschutzgebieten in der Regel zumutbare Inhaltsbestimmungen des Eigentums, da sie von ihrer rechtlichen Natur her nicht für die städtebauliche Entwicklung bestimmt sind256. DenRn. 31; Schmidt-Aßmann, DÖV 1986, S. 985 ff. (987)] sehr verbreitete Aussage zu verstehen, dass kein abstrakter Vorrang zwischen Bauleitplanung und Wasserschutzgebietsfestsetzungen besteht, und nicht etwa in dem Sinne, dass eine Wasserschutzgebietsverordnung auch im Gegensatz zu bestehenden Bauleitplänen erlassen werden kann. 253 Dazu unten 1. Teil Kap. 1. B. II. 254 Dazu z. B. Schrödter, in: Schrödter (Hrsg.), BauGB, § 1, Rn. 1. 255 Zu einer umfassenden Betrachtung der Problematik insbesondere im Hinblick auf die Wasserschutzgebietsverordnungen Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rn. 880 ff.; Gößl, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 19, Rn. 2b. 256 Grundlegend BVerwG, Beschl. v. 15.7.1981 – 1 BvL 77/78, BverfGE 58, S. 300 ff. (344); vgl. dazu die neuere Rechtsprechung speziell zum Wasserschutzrecht OVG Schleswig, Urt. v. 4.10.1995 – 2 K 2/94, ZfW 1996, S. 541 ff. (542 f.);

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1. Teil: Spannungsfelder

noch soll auch bei bloßen Inhalts- und Schrankenbestimmungen nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG eine Entschädigung aufrechterhalten bleiben, wenn sich die Beeinträchtigung des Eigentums besonders belastend auswirkt, so dass eine Entschädigung für die Zumutbarkeit der Beeinträchtigung als geboten erscheint257. Daneben ist der Fall eines enteignenden Eingriffs, der ebenfalls die Pflicht auf eine volle Entschädigung auslöst, auch bei den Wasserschutzgebietsausweisungen nicht ausgeschlossen258. Die Annahme einer förmlichen Enteignung dagegen erfordert nach der Rechtsprechung immer eine gesetzliche Basis. Das WHG sieht seit seiner Novelle vom Jahre 1986259 in § 19 Abs. 4 S. 1 die Möglichkeit für die Grundstückseigentümer vor, auch für hinzunehmende Inhaltsbestimmungen des Eigentums einen angemessenen Ausgleich für die verursachten wirtschaftlichen Nachteile zu bekommen. Das ist dann der Fall, wenn durch die Anordnungen der Wasserschutzgebietsverordnung die ordnungsgemäße land- oder forstwirtschaftliche Nutzung eines Grundstücks beschränkt wird. Diese Regelung muss durch Landesrecht ausgefüllt werden260. Da es sich hier um keine Entschädigung handelt, die zur Rechtmäßigkeit der Enteignung erforderlich wäre und somit keine feste Rechtsposition des Betroffenen darstellt261, ist in diesem Fall im Schrifttum von einem Billigkeitsausgleich die Rede262. Der Billigkeitsausgleich gilt aber nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nur für Gründstücke, die durch die Wasserschutzgebietsverordnung in ihrer land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung beschränkt werden. In der Praxis ist diese Regelung eine FörVGH München, Urt. v. 13.6.1996 – 22 N 93.2863, 94.270 u. 94.1569, ZfW 1997, S. 178 ff. (184); BGH, Urt. v. 19.9.1996 – III ZR 82/95, DÖV 1997, S. 125 ff. (125); BVerwG, Beschl. v. 30.9.1996 – 4 NB 31 u. 32/96, ZfW 1997, S. 163 ff. (169); BayOLG, Urt. v. 29.5.2000 – 2 Z RR 12/99, NVwZ-RR 2000, S. 750 ff. (751); VGH Kassel, Urt. v. 17.5.2002 – 7 N 4645/98, UPR 2003, S. 79; VGH München, Urt. v. 26.6.2002 – 22 N 01.2625, NuR 2003, S. 428 ff. (430 f.); BVerwG, Beschl. v. 15.4.2003 – 7 BN 4.02, DVBl. 2003, S. 1074 ff. (1074); Gößl, in: Sieder/ Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 19, Rn. 2b. 257 BGH, Urt. v. 19.9.1996 – III ZR 82/95, DÖV 1997, S. 125 ff. (126). 258 Gößl, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 19, Rn. 45; Czychowski/ Reinhardt, WHG, § 87; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rn. 887; Kloepfer, Umweltrecht, § 13, Rn. 181; Kotulla, WHG, § 19, Rn. 36; Sellmann, DVBl 1992, S. 235 ff. (237); Schmidt-Aßmann, DÖV 1986, S. 985 ff. (988). 259 Gesetz v. 25.7.1986, BGBl. I, S. 1165 ff. 260 Czychowski/Reinhardt, WHG, § 19, Rn. 121; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rn. 902. 261 Vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.4.2003 – 7 BN 4.02, DVBl. 2003, S. 1074 ff. (1075 f.). 262 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 8, Rn. 248; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rn. 900 ff.; Kloepfer, Umweltrecht, § 13, Rn. 185; Czychowski/Reinhardt, WHG, § 19, Rn. 119; Reinhardt, ZfW 2000, S. 1 ff. (17).

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

125

derung der (ordnungsgemäßen) Land- und Forstwirtschaft263. Für eventuelle Einschränkungen einer baurechtlichen Nutzung eines Grundstücks wird kein Ausgleich eines wirtschaftlichen Nachteils des Eigentümers erteilt264; aus diesem Grund wird die Frage über die Vereinbarkeit dieser Regelung mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG aufgeworfen. Diese Regelung ist aber nicht nur wegen der Beschränkung ihres Anwendungsbereichs auf die land- und forstwirtschaftliche Nutzung, sondern auch wegen umweltpolitischer Bedenken zu Recht auf Kritik gestoßen265: Einerseits geht es bei dem Billigkeitsausgleich um einen Durchbruch des Verursachersprinzips. Der Verursacher der Beeinträchtigung des Naturgutes wird auf diese Weise für die Unterlassung der beeinträchtigenden Handlung praktisch entschädigt, obwohl diese Unterlassung eigentlich eine aus der verfassungsrechtlich verankerten Sozialgebundenheit des Eigentums darstellt. Und andererseits kann die Möglichkeit einer Ausgleichspflicht den Wasserschutz insoweit negativ beeinflussen, als die Wasserschutzbehörde dieses wirtschaftliche Kriterium in ihre Abwägung zur Unterschutzstellung mit einbeziehen wird. Der Billigkeitsausgleich kann so als Abschreckung für eine mögliche Unterschutzstellung eines Wasserschutzgebiets erscheinen. Aus allen diesen Gründen ist die Regelung über den Billigkeitsausgleich rechtspolitisch bedenklich. In jedem Fall ist diese Regelung eng auszulegen266. 2. Griechisches Recht Gemäß §§ 18 ff. gr. Gesetz 1650/1986 können Landflächen, Wasserflächen oder Flächen gemischten Charakters durch Präsidialverordnungen nach einem bestimmten Verfahren aufgrund ihrer ökologischen, biologischen, wissenschaftlichen oder ästhetischen Bedeutung dauerhaft unter Schutz gestellt werden. Für die Festsetzung von Wasserschutzgebieten gelten also in Griechenland dieselben Vorschriften wie für die Festsetzung von 263

Trotzdem steckt keine verdeckte Subventionierung gegenüber der Landwirtschaft dahinter, so dass auch keine Bedenken aus der Sicht des europäischen Beihilfenrechts entstehen können, so Gößl, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 19, Rn. 54b; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, § 904; a. A. Kotulla, WHG, § 19, Rn. 47; BGH, Urt. v. 14.5.1998 – III ZR 286/97, ZfW 1999, S. 37 ff. (38). 264 BGH, Urt. v. 14.5.1998 – III ZR 286/97, ZfW 1999, S. 37 ff. (39). 265 Zur kritischen Betrachtung der Regelung über den Billigkeitsausgleich siehe Czychowski/Reinhardt, WHG, § 19, Rn. 120; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, Rn. 900 ff. (907); Kloepfer, Umweltrecht, § 13, Rn. 183 ff.; Breuer, NuR 1987, S. 49 ff. (55 ff.); Nies, NVwZ 1987, S. 189 ff. (189 f.); Weyreuther, UPR 1987, S. 41 ff.; Kimminich, NuR 1989, S. 2 ff. 266 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 8, Rn. 248; Kloepfer, § 13, Rn. 183; Czychowski/Reinhardt, WHG, § 19, Rn. 119; so auch BGH, Urt. v. 14.5.1998 – III ZR 286/97, ZfW 1999, S. 37 ff. (39).

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1. Teil: Spannungsfelder

Natur- und Landschaftsschutzgebieten. Es gibt sonst keine andere Vorschrift, die die Unterschutzstellung von Wassergebieten267 ermöglicht. Nach entsprechender Ausgestaltung finden die Vorschriften der §§ 18 ff. gr. G. 1650/1986 über die Festsetzung von Schutzgebietsausweisungen entweder für die Ausweisung von Naturschutzgebieten oder von Wasserschutzgebieten Anwendung268. Nach § 19 gr. G. 1650/1986 können also die Wassergebiete zu Gebieten absoluten Naturschutzes (§ 19 Abs. 1), zu Naturschutzgebieten (§ 19 Abs. 2), zu Nationalparken (oder eventuell in diesem Fall zu Wasserparken) (§ 19 Abs. 3), zu geschützten Naturdarstellungen, Landschaftsschutzgebieten oder geschützten Landschaftsteilen (§ 19 Abs. 4) erklärt werden. Nur die Gebiete ökologischer Entwicklung (§ 19 Abs. 5) bieten sich gemäß ihrer gesetzlich festgelegten Funktion als Kategorie von Wasserschutzgebietsausweisungen nicht an. Zu den griechischen Regelungen von Wasserschutzgebietsausweisungen kann also auf die oben gemachten Ausführungen zu den Naturschutzgebietsausweisungen verwiesen werden. Diese Ausführungen werden im Folgenden durch Abweichungen sowie spezielle Bemerkungen und Rechtsprechung zu den Wasserschutzgebiesausweisungen im griechischen Recht ergänzt. Auch hier entscheidet über die Ausweisung von Wasserschutzgebieten die zuständige Behörde in Griechenland nach Ermessen. Nach der Vorschrift des § 18 Abs. 2 gr. G. 1650/1986 „können“ die entsprechenden Gebiete zu Wasserschutzgebieten erklärt werden, wenn alle gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind. Trotz dieser eindeutigen gesetzlichen Formulierung hat aber die Rechtsprechung des gr. Staatsrates durch die adäquate Interpretation des Art. 24 gr. Verfassung269 das Ermessen der Behörde praktisch annuliert. Zu diesem Zweck leitet der Staatsrat aus Art. 24 gr. Verfassung eine unmittelbare Pflicht der Verwaltung ab, die Wassergebiete festzusetzen und zu schützen270. Diese Festsetzungspflicht der Verwaltung besteht erst recht dann, wenn sie auch aufgrund einer anderen Norm erforderlich ist, meist aufgrund eines internationalen Vertrages, wie z. B. der internationale Vertrag von Ramsar von 1971 über den Schutz von Wasserbiotopen internationaler Bedeutung271 oder die FFH-RL. Die Unterlasssung der Verwaltung, ein Wasserschutzgebiet festzusetzen, kann vor den Gerich267

Die Wassergebiete werden im griechischen Recht auch Feuchtgebiete oder Feuchtbiotope genannt. 268 Kritikos, PerDik 1999, S. 58 ff. (63). 269 Wie schon oben erwähnt, legt diese verfassungsrechtliche Regelung die Pflicht des Staates fest, präventive und repressive Maßnahmen zum effektiven Schutz der Umwelt zu ergreifen. 270 StaatsratsE 1182/1996, Nümoò+Fu · sh 1997, S. 98 ff.; 1183/1996. 271 Dieser interationale Vertrag ist in das griechische Recht durch die gesetzliche Verordnung 191/19.11.1974, gr. ABl. A’ 350/20.11.1974 umgesetzt worden.

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

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ten angefochten werden272. In Anwendung dieser Gerichtsentscheidung ist dann die Verwaltung verpflichtet, ein Wasserschutzgebiet festzusetzen. Darüber hinaus erweitert der gr. Staatsrat den Schutz der Wasserbiotope im Falle ihrer Bedrohung durch die städtebauliche Planung und die Bebauung, indem er diesen Schutz nicht von der förmlichen Festsetzung der Wasserschutzgebiete durch eine Präsidialverordnung abhängig macht. Der Schutzstatus der §§ 18 ff. gr. G. 1650/1986 wird ungeachtet dessen angewandt, ob das in Betracht kommende Gebiet förmlich zum Wasserschutzgebiet erklärt worden ist oder nicht. Die Begründung des obersten Verwaltungsgerichts bei der Annahme dieser Lösung besteht darin, dass aufgrund des von Art. 24 gr. Verfassung gewährten Schutzes die wasserschutzrechtlichen Vorschriften der §§ 18 ff. gr. G. 1650/1986 bei allen Gebieten anzuwenden sind, die sich nach den naturwissenschaftlichen Kriterien als schützenswert erweisen273. So ist z. B. eine Städtebauliche Studie, die ein Wassergebiet überplant und dabei für dieses Gebiet ungeeignete Nutzungen festsetzt, nicht verfassungsmäßig und damit unzulässig. Die Grenzen der Siedlung müssen nämlich im städtebaulichen Plan in einem solchen Abstand vom Wassergebiet festgelegt werden, dass dieses Gebiet mitsamt den in ihm angesiedelten Biotopen und Ökosystemen vor möglichen Beeinträchtigungen tatsächlich und dauerhaft geschützt wird274. Diese Rechtsprechung des gr. Staatsrates stellt zwar einen klaren und eindeutigen Durchbruch des Wortlautes des Gesetzes dar, der den Schutz von Wassergebieten von einer nach Ermessen der Behörde zu erlassenden Schutzerklärung abhängig macht. Diese gerichtliche Praxis in Griechenland ist grundsätzlich damit zu erklären, dass trotz des Bestehens von einigermaßen zufrieden stellenden Vorschriften zum Schutz von Wassergebieten die Praxis hinter dem Stand dieser Regelungen beeindruckend zurückbleibt. Die Verwaltung hat sich in all den Jahren seit dem Erlass des gr. G. 1650/1986 nicht besonders großzügig bei der Festsetzung von Wasserschutzgebieten gezeigt. Im Verhältnis zu den zahlreichen schützenswerten und schutzbedürftigen Wasserschutzgebieten sind bis zum heutigen Zeitpunkt von der Verwaltung nur wenige unter Schutz gestellt worden275. Aus diesem Grund bemühen sich die Gerichte bei jedem sich ergebenden Anlass diese Zurückhaltung bzw. Untätigkeit der griechischen Verwaltung durch StaatsratsE 900/1998, Nümoò+Fu·sh 1998, S. 395 ff. StaatsratsPE 185/1997. 274 StaatsratsE 3955/1995, Nümoò+Fu · sh 1996, S. 473 ff.; 3956/1995. 275 Dazu siehe den Bericht des WWF Hellas mit dem Titel „Die Gesetzgebung über den Umweltschutz in Griechenland“ vom Mai 2005, veröffentlicht im Internet www.wwf.gr, S. 30; so auch Papagiannis, Nümoò+Fu·sh Juni 2005, www.nomosphysis.org.gr.; Kritikos, PerDik 1999, S. 58 ff. (63). 272 273

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1. Teil: Spannungsfelder

geeignete Entscheidungen zu kompensieren276. Angesichts dieser Situation ist der Durchbruch des gesetzlichen Wortlauts als angebracht und erforderlich anzusehen. 3. Zwischenergebnis Dem Wasserschutzrecht wird in beiden Ländern eine besondere Rolle eingeräumt. In Deutschland stellt es ein selbstständiges Recht dar. Dagegen ist es in Griechenland noch sehr eng mit dem Naturschutzrecht i. e. S. verbunden. In beiden Rechtsordnungen wird die Möglichkeit der Ausweisungen von Wasserschutzgebieten vorgesehen. In Deutschland bestehen über die herkömmlichen Vorschriften der Naturschutzgebietsausweisungen hinaus auch die speziellen Regelungen des WHG zur Festsetzung von Wasserschutzgebieten (§ 19 WHG), die auf Landesebene durch die Landeswasserschutzgesetze ausgefüllt werden. In Griechenland dagegen besteht keine gesonderte Festsetzungsmöglichkeit: Für die Ausweisung von Wasserschutzgebieten werden dieselben Vorschriften wie bei den Naturschutzgebietsausweisungen angewandt. Ein wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Rechtsordnungen besteht darin, dass die Behörden in Deutschland sich über die Wasserschutzgebietsausweisungen nach (zwar nicht planerischem Gestaltungsermessen, aber immerhin sog. nachvollziehendem) Ermessen entscheiden; in Griechenland dagegen entscheidet sich die zuständige Behörde zwar nach dem Wortlaut des Gesetzes auch nach Ermessen, nach der Rechtsprechung des gr. Staatsrates aber, der sich auf die verfassungsrechtliche Pflicht der Verwaltung zum positiven Schutz der Umwelt stützt, handelt es sich dabei um eine gebundene Entscheidung. Die Wasserschutzgebietsausweisungen stellen schließlich in beiden Ländern zwingendes Recht dar: Die Städtebauplanung muss sich an den Inhalt der Wasserschutzgebietsausweisungen anpassen. Außerdem sind eventuelle Einschränkungen der Eigentumsrechte durch die Wasserschutzgebietsausweisungen in der Regel zumutbar und gerechtfertigt. Daneben wird aber in beiden Ländern auch die Möglichkeit der Erstattung eines Ausgleichs der Eigentumsbeeinträchtigungen vorgesehen. II. Überschwemmungsgebiete Parallel zu den Wasserschutzgebieten sind auch die Überschwemmungsgebiete ein Instrument des Wasserschutzes, und genauer des Hochwasserschutzes. Dieses Instrument dient dazu, bestimmte Flächen, die für den Hochwasserschutz von Bedeutung sind, festzusetzen und vor nachteiligen 276 Kritikos, PerDik 1999, S. 44 ff. (66); Arambatzis/Tzaferos/Varras, PerDik 2003, S. 52 ff. (53).

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

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Beeinträchtigungen zu schützen. Das sind die Flächen, deren natürliche Funktion hauptsächlich darin besteht, das aus verschiedenen Gründen verursachte Hochwasser zu sammeln und zu halten, so dass Überflutungen verhindert oder ihre Wirkungen vermindert werden können277. Sowohl in Deutschland als auch in Griechenland beschäftigen sich die Gerichte in den letzten Jahren sehr oft mit Überschwemmungsgebieten. Nach den Flutkatastrophen der letzten 15 Jahre, die in beiden Ländern immer häufiger werden, ist ihre Festsetzung in beiden Ländern von besonderer Aktualität278. Für die Festsetzung und die Regelung des Status der Überschwemmungsgebiete gibt es in beiden Rechtsordnungen spezielle Vorschriften. Diese Vorschriften sind in Griechenland von der Rechtsprechung konkretisiert und oft erweitert worden. In Deutschland hat die Regelung über die Überschwemmungsgebiete vor kurzem durch das Hochwasserschutzgesetz vom 3.5.2005279 eine beträchtliche Änderung auf Bundesebene erfahren. Der bisher nur in § 32 WHG a. F. geregelte Hochwasserschutz wurde durch mehrere neue Vorschriften280 ersetzt, die ein vollständiges System des vorbeugenden Hochwasserschutzes für ganz Deutschland einführen. Dadurch wird vom Bundesgesetzgeber beabsichtigt, den bisherigen präventiven Schutz vor Hochwasser zu erweitern, bestehende Vollzugsdefizite aufzuheben und das Verhältnis zwischen Hochwasserschutz auf der einen Seite sowie Bauleitplanung und Bebauung auf der anderen Seite klarzustellen281. Wegen der Parallelität beider Rechtsordnungen bezüglich der Behandlung von Überschwemmungsgebieten bietet sich in diesem Punkt die enge integrative Gegenüberstellung der entsprechenden Vorschriften an. 1. Definition und Funktionen Nach der gesetzlichen Definition in § 32 Abs. 1 S. 1 WHG a. F. (nunmehr § 31b Abs. 1 WHG n. F.) werden als Überschwemmungsgebiete diejenigen Gebiete bezeichnet, die sich zwischen oberirdischen Gewässern und Deichen oder Hochufern befinden, sowie sonstige Gebiete, die bei Hochwasser überschwemmt oder durchflossen sind oder die für Hochwasserentlastung oder 277

Ausführlich dazu Beyer, Die Verantwortung für Gefahren, S. 72 ff. Vor allem die Flutkatastrophe an der Oder im Jahre 1997, an der Elbe 2002 wie auch in Bayern im August 2005. In Griechenland wird in den letzen Jahren der Fluss Kifissos in der Hauptstadt Athen nach stärkeren Regenfällen jedes Jahr überflutet. Solche Überflutungen in Athen haben in den letzten Jahren mehreren Menschen sogar das Leben gekostet. 279 Gesetz zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes v. 3.5.2005, BGBl. I Nr. 26, S. 1224 ff. 280 §§ 31a, 31b, 31c, 32 WHG n. F. 281 BT-Drs. 15/3158, S. 8. Ferner zu den Beweggründen des Gesetzgebers Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, E 3451. 278

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1. Teil: Spannungsfelder

Rückhaltung beansprucht werden. In der älteren Legaldefinition der Überschwemmungsgebiete, die durch die 6. Novelle des WHG 1996282 geändert worden war, wurden als Überschwemmungsgebiete nur die durch Hochwasser überschwemmten Flächen bezeichnet. Nunmehr gehören auch die für die Hochwasserentlastung oder Rückhaltung erforderlichen Flächen (sog. Rückhalteflächen) dazu, was auf einen nicht bloß repressiven, sondern auch vorbeugenden Hochwasserschutz hindeutet283. Die Gewässer selbst und auch die Ufer gehören bundesrechtlich nicht zum Überschwemmungsgebiet284. Die Definition des Überschwemmungsgebiets im griechischen Recht wird nicht vom Gesetzgeber, sondern von der Rechtsprechung gegeben. Danach sind die Überschwemmungsgebiete die Bodenfalten und Bodenunregelmäßigkeiten, durch die das Hochwasser fließt und durch das Land ins Meer gelangt285. In der griechischen Definition der Überschwemmungsgebiete sind also nur die Hochwasserabflussflächen enthalten und nicht auch die Retentionsflächen, wie es in der Legaldefinition des deutschen Rechts seit 1996 der Fall ist. Mit anderen Worten entspricht die vorhandene Definition der Überschwemmungsgebiete in Griechenland der alten Legaldefinition des deutschen Rechts. Die Überschwemmungsgebiete erfüllen eine Doppelfunktion: Auf der einen Seite haben sie eine hohe ökologische Bedeutung, da sich in ihnen Ökosysteme ansiedeln und die Überschwemmungsgebiete die Bedingungen für das Überleben eines solchen Ökosystems oder allgemein die Verbesserung der ökologischen Strukturen der Gewässer und ihrer Überflutungsflächen fördern können286. Auf der anderen Seite übernehmen die Überschwemmungsgebiete auch wichtige Gefahrenabwehrfunktionen 287. Darin 282

6. WHG-Novelle v. 11.11.1996, BGBl. I, S. 1690. Rühl, UPR 2001, S. 209 ff. (210); Kotulla, NVwZ 2006, S. 129 ff. (129). 284 Czychowski/Reinhardt, WHG, § 32, Rn. 3; Rühl, UPR 2001, S. 209 ff. (210); Kotulla, WHG, § 32, Rn. 4. Es muss trotzdem angemerkt werden, dass die Sicherung der Gewässer und Ufer auch dem Hochwasserschutz dient. 285 Ständige Rechtsprechung des gr. Staatsrates, z. B. StaatsratsE 5930/1996, Nümoò+Fu·sh 1997, S. 638 ff.; 2215/2002; StaatsratsPE 511/2001; 346/2002; 582/2002; 184/2003; 262/2003. 286 § 31b Abs. 2 S. 6 Nr. 1 aber auch Nr. 2 und 3 WHG n. F.; so auch Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 32, Rn. 3; v. Strenge, Naturschutzrecht außerhalb der Naturschutzgesetze, S. 133 f.; Rühl, UPR 2001, S. 209 ff. (211). Vgl. auch die Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Gesetzes zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes BT-Drs. 15/3168, S. 14, die in den Eingriffen in das Eigentum zum Hochwasserschutz (auch) einen naturschutzrechtlichen Zweck sieht. 287 § 31b Abs. 2 S. 6 Nr. 2–5 WHG n. F.; ständige Rechtsprechung des gr. Staatsrates, z. B. StaatsratsE 5930/1996, Nümoò+Fu·sh 1997, S. 638 ff.; 2215/2002; StaatsratsPE 511/2001; 346/2002; 582/2002; 184/2003; 262/2003. 283

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

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liegt ein beträchtlicher Unterschied des Grades an Schutzbedürftigkeit zwischen Natur- oder Wasserschutzgebieten einerseits und Überschwemmungsgebieten andererseits: Überschwemmungsgebiete erfüllen eine Rückhaltefunktion oder eine Hochwasserentlastungsfunktion (Retentionsflächen), indem durch sie die überschwemmenden Gewässer zum Abfluss geführt werden oder indem sie zur Verhinderung von Erosionen des Bodens beitragen. Sowohl die ökologische Bedeutung als auch die Gefahrenabwehrfunktionen der Überschwemmungsgebiete werden in Griechenland in der Rechtsprechung ausführlich beschrieben. Ihre Bedeutung auch für die Baugebiete wird besonders hervorgehoben. Nach der ständigen Rechtsprechung des gr. Staatsrates sind die Überschwemmungsgebiete natürliche Sauerstoffsleiter des Bodens, die für die darin angesiedelten Ökosysteme von existentieller Bedeutung sind. Darüber hinaus stellen sie durch ihre Abflussfunktion wichtige Faktoren gegen Überflutungen dar288. Zu beachten ist aber, dass in beiden Ländern die ökologische Bedeutung der Überschwemmungsgebiete nicht in ihrer Definition enthalten ist. Das bedeutet, dass die Gewährung des im Folgenden darzustellenden Schutzes der Überschwemmungsgebiete der Feststellung ihres hohen ökologischen Wertes im Einzelfall nicht bedarf. Das lässt sich damit erklären, dass beide Rechtsordnungen davon ausgehen, dass die Überschwemmungsgebiete aus sich heraus für den Naturschutz von großer Bedeutung und daher schützenswert sind. 2. Gebundene Entscheidung Die Entscheidung der Verwaltung über die Festsetzung von Überschwemmungsgebieten ist weder in Deutschland noch in Griechenland eine Ermessensentscheidung. In beiden Ländern handelt es sich um eine gebundene Entscheidung. Schon nach der Vorschrift des § 32 Abs. 1 S. 2 WHG a. F. mussten die Bundesländer in Deutschland die Überschwemmungsgebiete festsetzen und geeignete Regelungen zu ihrem Schutz erlassen, soweit es für die Erfüllung ihrer im Gesetz genannten Funktionen erforderlich war. Die Entscheidung über die Festsetzung eines Überschwemmungsgebiets war also schon nach § 32 Abs. 1 S. 1 WHG a. F. eine gebundene Entscheidung289. Mit der NeuStaatsratsE 5930/1996, Nümoò+Fu·sh 1997, S. 638 ff.; 2215/2002; 11/26/2004, DDNN 2004, S. 717 ff; StaatsratsPE 402/1998, PerDik 1999, S. 205 ff.; 511/2001; 356/2002; 582/2002; 262/2003; 184/2003. 289 BT-Drs. 15/3168, S. 13; VGH Mannheim, Urt. v. 20.4.1994 – 8 S 2449/93, ZfW 1995, S. 88 ff. (91); OVG Koblenz, Urt. v. 30.10.2003 – 1 C 10100/03, UPR 2004, S. 194 ff. (194 f.); Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 32, Rn. 16; Kotulla, WHG, § 32, Rn. 7; Burgi/Deichmöller, DÖV 2003, S. 358 ff. 288

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fassung der Regelung über die Überschwemmungsgebiete durch das Hochwasserschutzgesetz von 2005 ist diese Festsetzungspflicht noch strikter zum Ausdruck gekommen, damit Vollzugsdefizite bei der Festsetzung der Überschwemmungsgebiete behoben werden290. Diese Pflicht wird bundesrechtlich in drei Etappen je nach Gefährdungspotential der in Frage kommenden Gebiete abgestuft: Nach § 31b Abs. 2 S. 1 WHG n. F. werden durch Landesrecht alle Gewässer oder Gewässerabschnitte bestimmt, bei denen durch Hochwasser nicht nur geringfügige Schäden entstanden oder zu erwarten sind. Für diese Gebiete besteht bundesrechtlich nur eine Bestimmungspflicht. Von diesen zu bestimmenden Gebieten sind nach Landesrecht innerhalb von 7 Jahren mindestens diejenigen als Überschwemmungsgebiete förmlich festzusetzen, in denen ein Hochwasserereignis statistisch einmal in 100 Jahren zu erwarten ist291. Diese Festsetzungsfrist wird schließlich für diejenigen Gebiete um zwei Jahre verkürzt, in denen ein hohes Schadenspotential bei Überschwemmungen besteht, inbesondere in Siedlungsgebieten292. Dabei bleibt die Pflicht der Länder zum Erlass von Schutzvorschriften vor Hochwasserschutzgefahren bestehen, soweit es erforderlich für die Erfüllung der gesetzlich festgelegten Funktionen der Überschwemmungsgebiete ist293. In der Festsetzungspflicht der Überschwemmungsgebiete liegt ein wichtiger Unterschied zwischen den Naturschutzgebieten oder Wasserschutzgebieten einerseits und den Überschwemmungsgebieten andererseits. Wie schon oben erwähnt, verfügt die für die Ausweisung zuständige Behörde bei den Natur- und Wasserschutzgebieten über einen gewissen Spielraum, ein Ermessen über das Ob der Unterschutzstellung294. Dieser Unterschied (361 ff). Gegen die Auffassung, dass die Entscheidung über die Festsetzung eines Überschwemmungsgebiets eine gebundene Entscheidung ist, allerdings in Anbetracht der älteren Rechtslage, Czychowski/Reinhardt, WHG, § 32, Rn. 17 und Rn. 22; da wird in der Überschwemmungsgebietsausweisung sogar ein größeres Ermessen der Behörde als bei den Wasserschutzgebietsausweisungen gesehen. 290 BT-Drs. 15/3168, S. 13; Paul/Pfeil, NVwZ 2006, S. 505 ff. (506, Fn. Nr. 11). 291 § 31b Abs. 2 S. 3 WHG n. F. Diese zeitliche Festsetzung entspricht dem von der Rechtsprechung und der Literatur überwiegend anerkannten Standard schon nach der alten Rechtslage, vgl. z. B. Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 32, Rn. 13; Kotulla, WHG, § 32, Rn. 5; Burgi/Deichmöller, DÖV 2003, S. 358 ff. (360); VGH München, Urt. v. 19.2.1992 – 22 B 90.1322, ZfW 1992, S. 499 f. (499); VGH München, Urt. v. 16.1.1997 – 22 B 96.3491, ZfW 1997, S. 240 ff. (241); OVG Koblenz, Urt. v. 29.7.1999 – 1 C 12916/98, NuR 2000, S. 46 f. (47); VGH München, Beschl. v. 6.6.2000 – 22 ZS 00.1252, ZfW 2001, S. 46 ff. (47); VGH München, Beschl. v. 29.9.2004 – 15 ZB 02.2958, DÖV 2005, S. 164 f. 292 § 31b Abs. 2 S. 4 WHG n. F. 293 § 31b Abs. 2 S. 6 WHG n. F. 294 § 22 Abs. 1 BNatSchG bzw. § 19 Abs. 1 WHG. Dieser Spielraum wird bei den Wasserschutzgebieten zwar in der Rechtsprechung und der Literatur sehr eingeschränkt. Auch bei den Wasserschutzgebieten verfügt aber die Wasserbehörde letz-

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ist damit zu erklären, dass die Überschwemmungsgebiete über ihren ökologischen Wert hinaus noch weitere wichtige Gefahrenabwehrfunktionen erfüllen, wie die Vermeidung bzw. Verminderung von Überflutungen und der dadurch verursachten Schäden. Eine gewisse Abwägung mit den gegen den Hochwasserschutz sprechenden Belangen, vor allem der kommunalen Planungshoheit und den Eigentumsrechten, kann eventuell im Rahmen der Prüfung der Erforderlichkeit des Erlasses von Schutzvorschriften nach § 31b Abs. 2 S. 6 WHG n. F. erfolgen295. Diese Vorschriften über die Festsetzungspflicht werden durch das Landesrecht konkretisiert und erfüllt. Nach Landesrecht erfolgt die Festsetzung von Überschwemmungsgebieten im Regelfall durch eine Rechtsverordnung296. Im griechischen Recht folgt die Festsetzungspflicht aus § 188 KoV297 i. V. m. § 153 KoV, nach dem die Überschwemmungsgebiete innerhalb oder außerhalb eines städtebaulichen Plans298 festgesetzt werden müssen. Der gr. Staatsrat hat in diesem Rahmen sogar klargestellt, dass diese förmliche Festsetzung von Überschwemmungsgebieten eine wesentliche Form des Verfahrens zur Aufstellung und zur Genehmigung der städtebaulichen Pläne darstellt, die ein Überschwemmungsgebiet in ihrem Planbereich umfassen. Die Unterlassung dieser förmlichen Festsetzung führt somit zur Anfechtbarkeit des städtebaulichen Plans299. § 188 KoV beschreibt auch die Zuständigkeit ten Endes über ein sog. nachvollziehendes Ermessen, auch wenn es sich dabei um kein „planerisches“ Ermessen handelt, dazu oben 1. Teil Kap. 1. B. I. 1. a). aa). 295 Burgi/Deichmöller, DÖV 2003, S. 358 ff. (361). 296 Czychowski/Reinhardt, WHG, § 32, Rn. 23. Vgl. aber das neue Wassergesetz des Landes Baden-Württemberg nach seiner Änderung vom Dezember 2003, in dessen § 77 die im Gesetz und ohne eine weitere Festsetzung ausgewiesene Überschwemmungsgebiete durch eine „gesetzliche Fiktion“ als Überschwemmungsgebiete gelten, LT-Drs 13/2619, S. 30. Dazu Heiland, VBlBW 2004, S. 281 ff. (287). Ähnliche gesetzliche Festsetzungen, aber eher als Ausnahmefälle ausgestaltet sind auch in § 88 Abs. 1 HessWG v. 6.5.2005, GVBl. I 2005, S. 305, § 80 S. 4 ThürWG v. 23.2.2004, GVBl. 2004, S. 244, § 52 Abs. 1 lit. a) HbgWG v. 29.3.2005, GVBl. I, S. 97; § 96 Abs. 2 SachsAnhWG 12.4.2006, GVBl. 2006, S. 249; § 100 Abs. 3 und 4 SächsWG (in der Fassung v. 18.10.2004, GVBl. I 2004 S. 482. 297 § 188 KoV (= § 6 gr. G. 880/79, in seiner Fassung nach der Änderung durch den § 6 gr. G. 2052/92). 298 Dass die Festsetzungspflicht sich auf Überschwemmungsgebiete bezieht, die sich sowohl außerhalb als auch innerhalb des Planbereichs eines städtebaulichen Plans befinden, wird auch in § 349 Abs. 5 KoV vorgesehen. Zu den Folgen der Festsetzungspflicht auch innerhalb des Gebiets eines städtebaulichen Plans siehe ausführlich auch unten 1. Teil Kap. 1. B. II. 3. b). bb). 299 StaatsratsE 2656/1999; 4578/2001, PerDik 2003, S. 117 ff.; 319/2002; StaatsratsPE 551/2001; dazu auch Koutoupa-Regkakou, Nümoò+Fu·sh 1996, S. 459 ff. (459). Trotzdem zeigt sich die Verwaltung sehr oft unwillig, diesen auch aus Art. 24 gr. Verfassung ausgehenden Pflichten nachzukommen, dazu Giannakourou/Tsaitouridis, PerDik 2004, S. 408 ff. (411).

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1. Teil: Spannungsfelder

und das Verfahren zur Festsetzung der Überschwemmungsgebiete: Die Festsetzung wird vom Ministerium für Umwelt, Raumordnung und öffentliche Werke vorbereitet, indem die Grenzlinien dieser Gebiete in Kartenform dargestellt werden. Daraufhin erfolgt die förmliche Festsetzung des Überschwemmungsgebiets durch Präsidialverordnung nach dem Vorschlag des Ministers für Umwelt, Raumordnung und öffentliche Werke und nach Äußerung der jeweiligen Kommunalkörperschaft. Nach der Änderung, die § 5 gr. G. 3010/2002 eingeführt hat, sollten in manchen Fällen der Generalsekretär des Bezirks oder der Minister für Umwelt, Raumordnung und öffentliche Werke für die Festsetzung zuständig sein. Aber der gr. Staatsrat hat diese Vorschrift insofern für unwirksam erklärt, als es um bestimmte wichtige Gegenden geht, die aus archäologischen, traditionellen, touristischen, ökologischen oder anderen Gründen von besonderer Bedeutung für den Naturschutz und die Landschaftspflege sind. Nach Auffassung des Gerichts sollten die Entscheidungen der Festsetzung von Überschwemmungsgebieten für diese wichtigen Gebiete auf höherer Verwaltungsebene getroffen werden. In der Regel erfolgt also die Festsetzung immer noch durch Präsidialverordnung300. 3. Verschränkungen mit der städtebaulichen Planung Bei Überschwemmungsgebietsfestsetzungen und Städtebauplanung kann es oft in beiden Rechten zu Verschränkungen kommen. Diese werden zuerst für das deutsche Recht und anschließend für das griechische Recht dargestellt. a) Im deutschen Recht Der Hochwasserschutz stellt im Allgemeinen eine zentrale Aufgabe der Bauleitplanung dar. Dieser Schutz kann zunächst positiv durch die Bauleitplanung angestrebt werden. Der Hochwasserschutz ist im deutschen Recht einer der Belange, die die planende Gemeinde bei der bauleitplanerischen Abwägung nach § 1 Abs. 6 Nr. 7g) BauGB zu berücksichtigen, sachgerecht zu ermitteln und abzuwägen hat. Die Gemeinde muss nach dieser Regelung die Erfordernisse des Wasserschutzes allgemein in Betracht ziehen und somit auch des Hochwasserschutzes. Durch das neue Hochwasserschutzgesetz von 2005 werden zur Klarstellung die Belange des Hochwasserschutzes nunmehr ausdrücklich unter Nr. 12 des § 1 Abs. 6 BauGB erwähnt, um deren Bedeutung bei der Abwägung zur Bauleitplanung hervorzuheben301. 300

StaatsratsPE 346/2002; 184/2003; 262/2003. BT-Drs. 15/3168, S. 9. Vgl. dazu die entsprechende Rechtsprechung des gr. Staatsrates zur Unzulässigkeit der Übertragung von Aufgaben der städtebaulichen Planung auf die kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften, oben Einf. A. I. 3. 301

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

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Diese Verpflichtung der Gemeinde gilt auch vorbeugend; sie muss also auch ohne das Vorliegen einer förmlichen Überschwemmungsgebietsfestsetzung bei ihrer Abwägung potentielle Gefahren für den Hochwasserschutz berücksichtigen. Außerdem gelten die Vorschriften des § 31b Abs. 6 S. 1 WHG n. F. über die Erhaltungspflicht von Überschwemmungsgebieten in ihrer Funktion als natürliche Rückhalteflächen auch für die Gemeinden als Träger der Bauleitplanung. Diese Vorschrift legt unmittelbar geltendes Recht fest, das allgemein verbindlich ist302. Insofern müssen die Gemeinden als Träger der Bauleitplanung den Inhalt von Flächennutzungs- und Bebauungsplan so ausgestalten, dass sie durch ihre Darstellungen bzw. Festsetzungen einen adäquaten Schutz vor Hochwasser und der von ihm erfüllten Funktionen gewährleisten303. Schließlich wird in den neuen §§ 5 Abs. 4a und 9 Abs. 6a BauGB304 eine Pflicht zur nachrichtlichen Übernahme von festgesetzten Überschwemmungsgebieten305 und zur Vermerkung von überschwemmungsgefährdeten Gebieten in die entsprechenden Flächennutzungsbzw. Bebauungspläne eingeführt. aa) Überplanung von Überschwemmungsgebieten (1) Voraussetzungen der Überplanung Die kommunalen Planungsabsichten können aber auch im Widerspruch zur Verordnung über die Festsetzung und den Schutz des Überschwemmungsgebiets stehen. Die Gemeinde darf in der Regel ein schon festgesetztes Überschwemmungsgebiet nicht so überplanen, dass der Inhalt des Flächennutzungs- oder des Bebauungsplans gegen die Regelungen zum Schutz des Überschwemmungsgebiets verstößt. Die Bauleitplanung muss sich grundsätzlich an den Inhalt der Überschwemmungsgebietsfestsetzungen 302 BT-Drs. 15/3168, S. 10; Stüer, DVBl. 2005, S. 806 ff. (812); Paul/Pfeil, NVwZ 2006, S. 505 ff. (507). So Czychowski/Reinhardt, WHG, § 32, Rn. 13 schon über die gleichlautende vorherige Vorschrift des § 32 Abs. 2 S. 1 WHG a. F. 303 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 8, Rn. 250, S. 568 f.; Rühl, UPR 2001, S. 209 ff. (213); Beyer, Die Verantwortung für Gefahren, S. 72 ff.; Lüers, UPR 1996, S. 241 ff. (242); Paul/Pfeil, NVwZ 2006, S. 505 ff. (508). 304 Diese Änderung des BauGB wurde durch Artikel 2 Abs. 3 und 4 des Gesetzes zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes v. 3.5.2001, BGBl. I, S. 1224 ff. eingeführt. 305 Die Pflicht zur nachrichtlichen Übernahme und Kennzeichnung der festgesetzen Überschwemmungsgebiete bzw. der überschwemmungsgefährdeten Flächen in die Bauleitpläne wurde schon nach alter Rechtslage, also auch ohne ihre ausdrückliche Erwähnung in §§ 5 Abs. 4 und 9 Abs. 6 BauGB a. F., anerkannt, Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 32, Rn. 36; Kotulla, WHG, § 32, Rn. 17; Lüers, UPR 1996, S. 241 ff. (243 f.).

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1. Teil: Spannungsfelder

halten. Die Einschränkung der kommunalen Planungshoheit ist in diesem Fall gerechtfertigt306. Hier gelten in intensivierter Form dieselben Regeln wie bei den Naturschutz- und den Wasserschutzgebieten, die schon vorher erwähnt wurden und auf die hier entsprechend verwiesen werden kann307. So muss ein Bauleitplan, der ein festgesetztes Überschwemmungsgebiet überplant und dessen Inhalt im Gegensatz zu dieser Festsetzung steht, nach § 6 Abs. 2 und § 6 Abs. 2 i. V. m. § 10 Abs. 2 S. 1 und 2 BauGB nicht genehmigungsfähig und fehlerhaft sein, weil er gegen verbindliche Vorschriften verstößt308. Insbesondere was die Ausweisung von Baugebieten angeht, enthält das neue Hochwasserschutzgesetz von 2005 eine spezielle Regelung, die zur Lösung von Konflikten zwischen Bauleitplanung und Überschwemmungsgebieten beitragen soll. Die Ausweisung von neuen Baugebieten durch Bauleitpläne in festgesetzten309 Überschwemmungsgebieten ist nunmehr durch das Gesetz in der Regel ausgeschlossen310. Die Bebauung in Überschwem306 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 8, Rn. 250; Czychowski/Reinhardt, WHG, § 32, Rn. 26; Burgi/Deichmöller, DÖV 2003, S. 358 ff. (362); Stüer, NuR 2004, S. 415 ff. (420); VGH München, Urt. v. 24.11.1994 – 2 N 93.3393, NuR 1995, S. 411 ff. 307 Dazu oben 1. Teil Kap. 1. A. III. 1. 308 Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 32, Rn. 37; Kotulla, WHG, § 32, Rn. 17; Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. E 3459; VGH München, Urt. v. 24.11.1994 – 2 N 93.3393, NuR 1995, S. 411 ff. (412); VGH München, Urt. v. 27.4.2004 – 26 N 02.2437, NuR 2005, S. 109 f. (109); a. A. Rühl, UPR 2001, S. 209 ff. (213), die einen bloßen Abwägungsfehler bei der Bauleitplanung vorschlägt; Lüers, UPR 1996, S. 241 ff. (243) differenziert zwischen den Fällen eines generellen gesetzlichen Bauverbots in festgesetzten Überschwemmungsgebieten und eines bloßen Genehmigungsvorbehalts; so auch Burgi/Deichmöller, DÖV 2003, S. 358 ff. (362 f.) (unkonsequent, aber für die „faktischen Überschwemmungsgebiete“ die hier vertretene Meinung annehmend, S. 366). Angesichts der gesetzlichen Regelung in § 31b WHG n. F. ist diese Differenzierung entbehrlich geworden. Ein besonderes Gewicht dem Hochwasserschutz in der bauleitplanerischen Abwägung verleihend VGH München, Beschl. v. 29.9.2004 – 15 ZB 02.2958, DÖV 2005, S. 164 f. 309 Dass § 31b Abs. 4 WHG n. F. sich auf die nach § 31b Abs. 2 S. 3 und 4 festgesetzten und nicht auf die nach diesen Vorschriften festzusetzenden Überschwemmungsgebiete bezieht, wird aus dem systematischen Aufbau des Gesetzes geschlossen: Die nach § 31b Abs. 2 S. 3 und 4 WHG n. F. noch nicht festgesetzten Gebiete müssen gemäß § 31b Abs. 5 nach Landesgerecht ermittelt, in Kartenform dargestellt und vorläufig geschützt werden. Für sie gelten entsprechend die Absätze 2 bis 4. Wenn aber diese Vorschriften entsprechend Geltung finden sollen, dann gelten sie erforderlicherweise nicht unmittelbar. So betrifft § 31b Abs. 4 WHG n. F. direkt nur die festgesetzten Überschwemmungsgebiete. Da diese Regelung aber entsprechend auch für noch nicht förmlich festgesetzte Überschwemmungsgebiete anzuwenden ist, wird dieser Einschränkung praktisch keine Bedeutung eingeräumt. 310 § 31b Abs. 4 S. 1 WHG n. F.

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

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mungsgebieten birgt nicht nur Gefahren für erhebliche Schäden an Leben und materiellen Gütern, sondern sie führt auch zu einer Zerstörung der natürlichen Retentionsflächen311. Aus diesem Grund gehört das grundsätzliche Verbot der Ausweisungen von Baugebieten zu den Grundanforderungen einer wirksamen Hochwasservorsorge312. Dabei ist aber auch eventuellen Erfordernissen der städtebaulichen Entwicklung und der Planungshoheit Rechnung zu tragen: Die Ausweisung neuer Baugebiete in festgesetzten Überschwemmungsgebieten ist ausnahmsweise unter bestimmten strengen Voraussetzungen erlaubt, die einerseits auf dringende Bedürfnisse der städtebaulichen Entwicklung313 und andererseits auf die Nichtbeeinträchtigung der Sicherheit der Bevölkerung und des Hochwasserschutzes314 abstellen315. Darüber hinaus ist nunmehr nach Bundesrecht jede Bebauung in den Überschwemmungsgebieten nur nach einer behördlichen Genehmigung zulässig, die nur dann zu erteilen ist, wenn bestimmte Sicherheitsvoraussetzungen kumulativ eintreten316. Ob es sich bei dieser behördlichen Genehmigung um eine separate, eigenständige Genehmigung der Wasserbehörde oder um eine Genehmigung im Rahmen des herkömmlichen Baugenehmigungsverfahrens handelt, ist vom WHG nicht abschließend festgelegt. Die Auswahl der einen oder anderen Lösung ist den Landesgesetzen überlassen317. (2) Befreiungslage Nach der alten Rechtslage stellte sich auch hier die Problematik der Befreiungslage auf ähnliche Weise wie bei den Schutzgebietsverordnungen. Man fragte sich nämlich, ob die Überplanung von festgesetzten Überschwemmungsgebieten möglich war, wenn der Bauleitplan bei seinem InKraft-Treten im Gegensatz zu den Festsetzungen der Schutzverordnung stand, die Aufhebung dieser Unstimmigkeit aber in Zukunft zu erwarten war, da schon in diesem Planungsstadium alle Voraussetzungen für eine 311

Heiland, VBlBW 2004, S. 281 ff. (287); Paul/Pfeil, NVwZ 2006, S. 505 ff.

(507). 312

BT-Drs. 15/3168, S. 14. § 31b Abs. 4 S. 2 Nr. 1 und 2 WHG n. F. 314 § 31b Abs. 4 S. 2 Nr. 3 bis 9 WHG n. F. 315 Dazu Stüer, DVBl. 2005, S. 806 ff. (812); Kotulla, NVwZ 2006, S. 129 ff. (131 f.). 316 § 31b Abs. 4 S. 3 WHG n. F. 317 Dasselbe gilt sowohl für die Zulassung der Ausweisung eines Baugebiets nach § 31b Abs. 4 S. 2 WHG n. F., als auch für die behördliche Genehmigung vor der Errichtung oder Erweiterung einer baulichen Anlange nach § 31b Abs. 4 S. 3; BT-Drs. 15/3168, S. 14. 313

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1. Teil: Spannungsfelder

künftige Befreiung vorhanden waren318. Überwiegend wurde auch hier eine positive Antwort auf diese Frage gegeben. Bei Vorliegen einer Befreiungslage war die Bauleitplanung zulässig. Zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens eines Bauleitplans war eine erteilte Befreiung für die Rechtmäßigkeit des Bauleitplans noch nicht erforderlich319. Dieser Lösung konnte aber auch hier entgegengehalten werden, dass sie zu Unklarheit und Rechtsunsicherheit führte, weil sie für einen gewissen Zeitraum zwei gegensätzliche Rechtsnormen parallel gelten ließ. Zur Vermeidung eines Widerspruchs in der Rechtsordnung und eventueller nachträglicher Komplexitäten mit der Rechtmäßigkeit der Bauleitpläne muss der Erlass eines Bauleitplans auf jeden Fall unzulässig sein, wenn sein Inhalt nur durch nachträgliche Ausnahmegenehmigungen realisierbar wäre320. Schon zum Zeitpunkt seines In-Kraft-Tretens muss die Realisierbarkeit des Bauleitplans sichergestellt sein. Für die Argumente pro und contra die Annahme der Befreiungslage als ausreichende Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Bauleitplanung kann auf die oben gemachten Ausführungen entsprechend verwiesen werden. In diesem Punkt ist auf die Besonderheiten und die neuesten Entwicklungen des Hochwasserschutzes hinzuweisen. Die neuesten Entwicklungen zu dieser Frage wurden zunächst vom Landesgesetzgeber in Baden-Württemberg und daraufhin vom Bundesgesetzgeber durch das neue Hochwasserschutzgesetz von 2005 eingeführt. Dadurch ist ein Weg zur Änderung der Rechtsprechung über die Befreiungslage eingeschlagen worden. Der erste Schritt ist vom Landesgesetzgeber in Baden-Württemberg gemacht worden. Das neue BW WasserG vom 22.12.2003321 legt im § 77 die Kriterien fest, bei deren Erfüllung bestimmte Gebiete nach einer „gesetzlichen Fiktion“ als Überschwemmungsgebiete gelten. Der neue § 78a Abs. 1 318

Die Verwendung des Begriffs „Befreiungslage“ trifft aber hier nicht immer zu, da die Bebauung in einem Überschwemmungsgebiet nach der älteren Rechtslage je nach Landesrecht entweder einem Bauverbot mit Erlaubnisvorbehalt oder einer Genehmigungspflicht unterzogen werden konnte. Bei der Genehmigungspflicht kann – genau betrachtet – keine Rede von einer Befreiung sein. Die Interessenlage ist aber auch in einem solchen Fall die gleiche, deshalb wird auch hier der Begriff der Befreiungslage benutzt. Somit wird die Parallele zur Problematik der Befreiungslage bei den Natur- und Wasserschutzgebietsausweisungen deutlich. 319 VGH Mannheim, Normenkontrollurt. v. 6.7.2000 – 8 S 1513/99, NuR 2002, S. 288 ff. (289 f.); diese Tendenz aufweisend ohne aber eine klare Antwort auf diese Frage zu geben das frühere Urteil von VGH München, Urt. v. 11.3.1998 – 2 NE 97.3184, BayVBl. 1999, S. 82 ff. (84); so auch Knopp, in: Sieder/Zeitler/ Dahme/Knopp, WHG, § 32, Rn. 37. 320 OVG Lüneburg, Urt. v. 15.05.2003 – 1 KN 3008/01, BauR 2003, S. 1524 ff. (1515). 321 Gesetz v. 22.12.2003, BW GBl. Nr. 1/2004, S. 1 ff.

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

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BW WasserG löst eventuelle Konflikte dieser „gesetzlich ausgewiesenen“ Überschwemmungsgebiete mit der Bauleitplanung: Die Ausweisung, Änderung oder Ergänzung von Baugebieten in den „gesetzlich ausgewiesenen“ Überschwemmungsgebieten durch Bauleitpläne kann immer nur im Einvernehmen mit der Wasserbehörde und unter den strengen und abschließenden Voraussetzungen des Gesetzes erfolgen322. Nach dieser Überplanung und der Festsetzung eines Baugebiets auf den Flächen des Überschwemmungsgebiets treten die besonderen Vorschriften über die Erhaltung und den Schutz des Überschwemmungsgebiets außer Kraft323. Wenn dagegen ein Überschwemmungsgebiet schon förmlich durch eine Rechtsverordnung festgesetzt worden ist, dann ist eine Überplanung von einem Bauleitplan und dabei die Ausweisung eines Baugebiets auf diesen Flächen selbst nach diesen strengen Voraussetzungen nicht zulässig324. Für die Ausweisung eines Baugebiets ist in diesem Fall eine vorherige (Teil-)Aufhebung der gegensätzlichen Rechtsverordnung möglich und erforderlich325. Durch diese eindeutige Regelung kommt der Wille des Landesgesetzgebers zum Ausdruck, klare Verhältnisse zwischen Überschwemmungsgebieten und beplantem Bereich zu schaffen326: Wenn die strengen Voraussetzungen des Gesetzes erfüllt sind und dabei die Wasserbehörde ihr Einvernehmen gegeben hat, ist die Überplanung eines faktischen, gesetzlich „ausgewiesenen“ Überschwemmungsgebiets zulässig. Nach der förmlichen Ausweisung dieses Gebiets ist aber keine Bauleitplanung auf diesen Flächen mehr möglich, es sei denn die gegensätzliche Rechtsverordnung wird geändert327. Man muss diese eindeutige gesetzliche Lösung begrüßen, da sie keinen Raum für Zweifel mehr lässt. Nun ist nur noch die Reaktion der Rechtsprechung dazu abzuwarten. Der zweite und entscheidendste Schritt ist im Mai 2005 durch das neue Bundes-Hochwasserschutzgesetz gemacht worden. Wie schon oben dargestellt, enthält das neue Gesetz verbindliche Vorschriften über das Verhältnis zwischen den festgesetzten328 Überschwemmungsgebieten und der 322

Der Landesgesetzgeber war der Unterscheidung zwischen bloßem Benehmen und Einvernehmen der Wasserbehörde bewusst, LT-Drs. 13/2619, S. 40. Die Wasserbehörde muss auf jeden Fall mit der Bauleitplanung einverstanden sein, Heiland, VBlBW 2004, S. 281 ff. (288). 323 § 78a Abs. 1 S. 2 WG Bad-Württ. Dieses Außer-Kraft-Treten des Hochwasserschutzes erfolgt ohne zusätzliche Handlung oder Verwaltungsakt der Behörde, Heiland, VBlBW 2004, S. 281 ff. (288). 324 § 78a Abs. 2 WG Bad-Württ. 325 LT-Drs. 13/2619, S. 59. 326 LT-Drs. 13/2619, S. 30. 327 So auch Heiland, VBlBW 2004, S. 281 ff. (289). 328 Gemäß § 31b Abs. 5 WHG n. F. gilt diese Vorschrift entsprechend auch für noch nicht förmlich festgesetzte, aber vorläufig zu sichernde Überschwemmungsgebiete.

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1. Teil: Spannungsfelder

Bauleitplanung. In diesen Gebieten ist in der Regel keine Ausweisung von Baugebieten durch Bauleitpläne möglich. Ausnahmsweise wird eine solche Ausweisung unter eng gefassten und ausschließlichen Voraussetzungen als möglich vorgesehen329. Dabei unterscheidet das Bundesgesetz nicht zwischen förmlich festgesetzten und „gesetzlich ausgewiesenen“ Überschwemmungsgebieten. Vielmehr gilt § 31b Abs. 4 WHG n. F. direkt nur für die festgesetzten, entsprechend aber auch für die förmlich noch nicht festgesetzten Überschwemmungsgebiete330. Somit kann die Konstellation einer Befreiungslage nicht mehr vorkommen. Die Ausweisung von Baugebieten ist nunmehr nur nach abschließenden Voraussetzungen des Gesetzes möglich. Eine Befreiung (und somit eine Befreiungslage) kommt nicht in Betracht. Auf diese Weise hat der Bundesgesetzgeber die Frage der Befreiungslage vom Bundesgesetzgeber indirekt gelöst. Die Frage ist nunmehr, wie die Gemeinde bei der Beurteilung des Vorliegens der Ausnahmevoraussetzungen zu entscheiden hat331. (3) Ausgleichsmaßnahmen Die Bedeutung, die der Bundesgesetzgeber den Funktionen der Überschwemmungsgebiete beigemessen hat, wird auch durch die gesetzlich festgesetzte Pflicht zum Ausgleich ihrer Beeinträchtigungen bestätigt. Beeinträchtigungen des Überschwemmungsgebiets können z. B. aufgrund einer Versiegelung, die mit dem Zweck der Bebauung oder der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung unternommen wird, verursacht werden. Wenn überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Inanspruchnahme eines Überschwemmungsgebiets erfordern, müssen nach § 32 Abs. 2 S. 1 WHG a. F. (schon § 31b Abs. 6 S. 1WHG n. F.) für diese Flächen rechtzeitig Ausgleichsmaßnahmen ergriffen werden332. Ein früheres Überschwemmungsgebiet, das eine ökologisch wichtige Funktion erfüllte, muss so weit wie möglich wiederhergestellt werden. Diese Vorschriften bedürfen nicht der Ausfüllung durch das Landesrecht; sie stellen unmittelbar geltendes Recht dar333. 329

§ 31b Abs. 4 S. 1 und 2 WHG n. F. § 31b Abs. 5 S. 2 WHG n. F. Auch nach alter Rechtslage hat die Rechtsprechung es geltend gemacht, dass die Erhaltungspflicht bei der Bauleitplanung sowohl für festgesetzte als auch für nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete galt, OVG Lüneburg, Urt. v. 15.5.2003 – 1 KN 3008/01, DVBl. 2003, S. 1080; VGH München, Urt. v. 27.4.2004 – 26 N 02.2437, NuR 2005, S. 109 f. (110). 331 Diese Frage aufweisend Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. E 3454. 332 Diese Vorschriften wurden mit der 6. WHG-Novelle v. 12.11.1996, BGBl. I 18.11.1996, S. 1695 eingeführt. 333 Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 32, Rn. 6a; Czychowski/ Reinhardt, WHG, § 32, Rn. 13; Kotulla, WHG, § 32, Rn. 19. 330

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

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Eine Inanspruchnahme der Flächen des Überschwemmungsgebiets kann auch im Falle seiner Überplanung durch einen Bauleitplan vorkommen. Auf diese Weise wird per Gesetz und ohne vorherige Eingriffsprüfung der Bauleitplanung nach § 21 BNatSchG die Ausgleichs- und Wiederherstellungspflicht für Beeinträchtigungen von Überschwemmungsgebieten festgelegt. Sowohl die wasserschutzrechtliche Ausgleichspflicht als auch die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung werden eventuell parallel zueinander Anwendung finden, da sie einen unterschiedlichen Schutzzweck (nämlich die Wiederherstellung des Überschwemmungsgebiets bzw. den Ausgleich der naturschutzrechtlichen Beeinträchtigung allgemein) haben334. Wenn aber nach dem Ausgleich des WHG kein Anwendungsbereich mehr für die Eingriffsregelung besteht, dann ist auf ihren Einsatz zu verzichten. Beim wasserschutzrechtlichen Ausgleich der Beeinträchtigung des Überschwemmungsgebiets ist sogar strenger auf den Durchführungszeitpunkt und der tatsächlichen Ausgleichbarkeit zu achten als bei der Ausgleichspflicht der allgemeinen Eingriffsregelung, da das Gesetz ausdrücklich seine rechtzeitige Durchführung anordnet. Bei nicht rechtzeitiger Durchführung ist die Ausgleichbarkeit zu verneinen335. Im Übrigen sind die Erkenntnisse über die Eingriffsregelung in Bezug auf die Ausgleichspflicht auch hierher übertragbar336. bb) Überschwemmungsgebietsfestsetzung auf beplante Flächen Denkbar ist ferner der umgekehrte Fall, nämlich die Möglichkeit einer Festsetzung eines Überschwemmungsgebiets im Planbereich eines gültigen Bauleitplans. In letzter Zeit ist dieser Fall gar nicht so unüblich: Der Klimawandel auf der Erde und diverse andere Beeinträchtigungen des natürlichen Gleichgewichts haben oft übermäßige Regenfälle und andere Überflutungen verursacht, die zu Überschwemmungen nicht nur von Wiesen und Feldern, sondern auch von bebauten Gegenden geführt haben. Solche Fälle können bis zu einem gewissen Grad vermieden werden, indem die Gemeinden schon bei der bauplanerischen Abwägung die Belange des Hochwasserschutzes berücksichtigen. So wird ein präventiver Schutz von Überschwemmungsgebieten in dem Sinne erzielt, dass von Überschwemmungen gefährdete Flächen schon bei der bauleitplanerischen Abwägung erkannt und durch entsprechende Festsetzungen geschützt werden337. Nach der Novellierung des WHG 2005 kam der Wille des Bundesgesetzgebers zum vor334

v. Strenge, Naturschutzrecht außerhalb der Naturschutzgesetze, S. 137. Czychowski/Reinhardt, WHG, § 32, Rn. 15; Kotulla, WHG, § 32, Rn. 23. 336 Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 32, Rn. 29. 337 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 8, Rn. 250; BVerwG, Urt. v. 22.7.2004 – 7 CN 1.04, DÖV 2005, S. 158 f. (158). 335

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1. Teil: Spannungsfelder

beugenden Schutz vor Überschwemmungen noch deutlicher zum Vorschein: Noch nicht förmlich festgesetzte Überschwemmungsgebiete müssen nunmehr nach Landesrecht ermittelt, in Kartenform dargestellt und vorläufig gesichert werden338. Bei ihnen werden entsprechend auch die Vorschriften über die festgesetzten Überschwemmungsgebiete (also auch der Ausschluss der Ausweisung von Baugebieten) angewandt339. Außerdem werden auch sonstige überschwemmungsgefährdete Gebiete ebenfalls nach Landesrecht ermittelt und in Kartenform dargestellt. Zur Vermeidung oder Verminderung von Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit durch Überschwemmungen wird für diese überschwemmungsgefährdeten Flächen ebenfalls das Ergreifen von geeigneten Maßnahmen vorgesehen340. Trotz der vorbeugenden Wirkung der bauleitplanerischen Abwägung für den Hochwasserschutz kann es zur nachträglichen Bildung von Überschwemmungsgebieten auf schon durch Bauleitpläne überplanten Flächen kommen. Wie ist dann der Konflikt zwischen Bauleitplanung und Hochwasserschutz zu lösen? Bei dieser Fallkonstellation ist nicht ohne weiteres derselben Lösung zu folgen wie bei der Festsetzung von Natur- und Wasserschutzgebieten auf dem Gebiet eines Bauleitplans. Zwischen Überschwemmungsgebieten einerseits und Natur- und Wasserschutzgebieten andererseits besteht ein wesentlicher Unterschied: Die Entscheidung über die Unterschutzstellung eines Natur- oder Wasserschutzgebiets liegt im Ermessen der zuständigen Behörde. Die Entscheidung über die Festsetzung eines Überschwemmungsgebiets dagegen ist eine gebundene Entscheidung. Und die Ursache dieses Unterschieds liegt, wie schon erwähnt, noch tiefer: Die Überschwemmungsgebiete werden nicht nur ihres ökologischen Wertes wegen festgesetzt und unter strengen Schutz gestellt. Diese Gebiete tragen darüber hinaus zu einem direkten Schutz der Bevölkerung vor Überflutungen und vor durch Hochwasser verursachte Schäden bei. Aufgrund ihrer sehr wichtigen Gefahrenabwehrfunktion bedürfen sie einer besonderen Behandlung im Vergleich zu den Natur- und Wasserschutzgebieten. Soweit die Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 WHG a. F. vorliegen, sind die zuständigen Behörden der Länder verpflichtet, die Überschwemmungsgebiete festzusetzen und sie durch geeignete Vorschriften zu schützen341. Auch 338

§ 31b Abs. 5 WHG n. F. Zur älteren Rechtslage Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 32, Rn. 9. Vgl. dazu die Forderung einer gesetzlichen eindeutigen Regelung Rühl, UPR 2001, S. 209 ff. (212). 340 § 31c WHG n. F. 341 Aus diesem Grund ist es auch fragwürdig, ob die Überschwemmungsgebietsverordnung Planungscharakter im Sinne von § 7 Abs. 1 BauGB hat und die Wasserbehörde in ihrer Zuständigkeit als das Überschwemmmungsgebiet feststellende Behörde als öffentlicher Planungsträger nach § 7 Abs. 1 BauGB anzusehen ist. Von 339

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

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wenn ein Bauleitplan für dieselbe Fläche schon vorhanden ist, wird diese Festsetzungs- und Erhaltungspflicht für das Überschwemmungsgebiet nicht abgeschafft: § 32 Abs. 1 WHG a. F. sieht keine Ausnahme von diesen Pflichten vor342. So ist hier nach der Rechtsfolge der Unterschutzstellung eines Überschwemmungsgebiets, das schon von der Bauleitplanung überplant ist, zu fragen. Wenn ein Überschwemmungsgebiet auf dem Gebiet eines Bauleitplans festgesetzt wird, wird der Bauleitplan nicht förmlich unwirksam. In diesem Punkt muss man zwischen Flächennutzungsplan und Bebauungsplan differenzieren. Ein Flächennutzungsplan, in dessen Gebiet sich nachträglich ein Überschwemmungsgebiet gebildet hat, muss sich durch eine Änderung an die neuen Gegebenheiten anpassen343. So wird kein Widerspruch in der Rechtsordnung bestehen bleiben und gleichzeitig wird der Flächennutzungsplan den neuen Anforderungen des Hochwasserschutzes gerecht werden. Wenn ein Bebauungsplan vorhanden ist und auf seinem Gebiet ein Überschwemmungsgebiet nachträglich festgesetzt worden ist, müssen die gegensätzlichen Regelungen des Hochwasserschutzes die Festsetzungen des Bebauungsplans verdrängen. In einem solchen Fall wird in verfassungsrechtlich geschützte Güter, wie der Planungshoheit und dem Recht auf Eigentum nach Art. 14 Abs. 1 GG, eingegriffen. Dabei muss das Verhältnismäßigkeitsprinzip beachtet werden und gegebenenfalls müssen auch Befreiungsmöglichkeiten (z. B. aus dem Bauverbot im Überschwemmungsgebiet) oder Ausgleichsmöglichkeiten der Festsetzungen (ausgleichspflichtige Inhaltsbestimmungen des Eigentums) in Betracht gezogen werden344. Wenn die Unterschutzstellung dem Verhältnismäßigkeitsprinzip tatsächlich gerecht wird, ist keine Beeinträchtigung der Planungshoheit vorhanden345 und in der Regel ist auch von einer zumutbaren Einschränkung der gemeindlichen Planungshoheit und von einer anzunehmenden (zu den Festsetzungen des Bauleitplans zusätzlichen) Inhaltsbestimmung des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG auszugehen346. daher ist auch die Anwendung des Anpassungsgebots nach § 7 Abs. 1 BauGB in diesem Fall abzulehnen; a. A. Burgi/Deichmöller, DÖV 2003, S. 358 ff. (363). Ungelöst hat das BVerwG, Urt. v. 22.7.2004 – 7 CN 1.04, DÖV 2005, S. 158 f. (159) die Frage gelassen. 342 So für einen Bebauungsplan BVerwG, Urt. v. 22.7.2004 – 7 CN 1.04, DÖV 2005, S. 158 f. (159); Paul/Pfeil, NVwZ 2006, S. 505 ff. (506). 343 Rühl, UPR 2001, S. 209 ff. (213). 344 Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 32, Rn. 42; Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. E 3452. 345 BVerwG, Urt. v. 22.7.2004 – 7 CN 1.04, DÖV 2005, S. 158 f. (159). 346 VGH Mannheim, Urt. v. 20.4.1994 – 8 S 2449/93, ZfW 1995, S. 88 ff. (90); BVerwG, Urt. v. 22.7.2004 – 7 CN 1.04, DÖV 2005, S. 158 f. (159); Knopp, in:

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1. Teil: Spannungsfelder

Ferner werden die Baugenehmigungen in diesem Fall nicht nur nach den Voraussetzungen des Bebauungsplans (§ 30 Abs. 1 BauGB) erteilt, sondern auch nach den Anordnungen der Verordnung zur Festsetzung des Überschwemmungsgebiets347. Dies wird nunmehr im neuen Hochwasserschutzgesetz von 2005 noch deutlicher zum Ausdruck gebracht: Die Errichtung und Erweiterung einer baulichen Anlage nach §§ 30, 34 und 35 BauGB in festgesetzten (und auch entsprechend in festsetzbaren348) Überschwemmungsgebieten bedürfen der Genehmigung durch die zuständige Behörde349. Das bedeutet, dass die Zulässigkeit von baulichen Vorhaben in diesen Gebieten nicht nur nach den herkömmlichen Voraussetzungen des Bauplanungs- und Bauordnungsrechts, sondern auch nach Genehmigung der zuständigen Wasserbehörde erfolgen soll. b) Im griechischen Recht Verschränkungen der Überschwemmungsgebietsausweisungen mit der Städtebauplanung sind auch im griechischen Recht sowohl vom Gesetzgeber vorgesehen und geregelt als auch in der Praxis sehr oft vorgekommen und wurden von der Rechtsprechung bearbeitet und klargestellt. aa) Überplanung von Überschwemmungsgebieten Im Gegensatz zum deutschen WHG, das selbst nach seiner Novellierung von 2005 kein allgemeines Bauverbot weder in den festgesetzten noch in den faktischen Überschwemmungsgebieten, sondern nur einen Genehmigungsvorbehalt vorsieht, wird im griechischen Recht die Bebauung in den festgesetzten und in den nicht festgesetzten Überschwemmungsgebieten gesetzlich sehr ausführlich und rechtsverbindlich geregelt350: Innerhalb der Grenzen eines festgesetzten Überschwemmungsgebiets ist keine Bebauung möglich. Außerhalb ihrer Grenzlinie ist die Bebauung nach den jeweils geltenden bauplanungsrechtlichen Vorschriften möglich, vorausgesetzt, dass die erforderlichen Werke für die Erhaltung des Überschwemmungsgebiets schon vollzogen sind. Wenn solche Werke noch nicht vollzogen sind, kann die Bebauung in diesen Gebieten nur im Abstand von mindestens 10 m von der Grenzlinie des Überschwemmungsgebiets zugelassen werden. Wenn das Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 32, Rn. 40; Paul/Pfeil, NVwZ 2006, S. 505 ff. (506). 347 OVG Koblenz, Urt. v. 30.10.2003 – 1 C 10100/03, UPR 2004, S. 194 ff.; BVerwG, Urt. v. 22.7.2004 – 7 CN 1.04, DÖV 2005, S. 158 f. (159). 348 § 31b Abs. 5 S. 2 WHG n. F. 349 § 31b Abs. 4 S. 3 WHG n. F. 350 § 349 KoV.

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

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Überschwemmungsgebiet noch nicht förmlich festgesetzt worden ist, dann ist die Bebauung nur in der Nähe dieses Gebiets möglich, allerdings in einem Abstand von der (vermutlichen) Grenzlinie, der von der örtlichen Baubehörde in concreto festgelegt wird. Daraus kann man den Umkehrschluss ziehen, dass auch bei nicht festgesetzten Überschwemmungsgebieten die Bebauung innerhalb ihrer (mutmaßlichen) Grenzlinie nicht möglich ist. An diese gesetzlichen Vorschriften müssen sich natürlich auch die städtebaulichen Pläne anpassen. Der gr. Staatsrat hat in einer ständigen Rechtsprechung den durch diese Vorschriften zum Ausdruck kommenden gesetzlichen Willen noch weiter konkretisiert und ergänzt. Die Überplanung eines Überschwemmungsgebiets durch einen städtebaulichen Plan ist nur dann möglich, wenn es nach den Erfordernissen der städtebaulichen Entwicklung absolut notwendig ist und dabei die Erfüllung der natürlichen Funktionen des Überschwemmungsgebiets sichergestellt ist351. Der gr. Staatsrat stellt also sowohl auf die Notwendigkeit der Überplanung in Bezug auf die Bedürfnisse einer geordneten städtebaulichen Entwicklung als auch auf die Gewährleistung der natürlichen Funktionen des Überschwemmungsgebiets ab352. Das oberste Verwaltungsgericht stellt ferner klar, dass, wenn die Überschwemmungsgebiete von einem städtebaulichen Plan erfasst sind, sie nicht als Bebauungsflächen, sondern als Flächen zum allgemeinen Nutzen erklärt werden dürfen. Darüber hinaus werden in den Überschwemmungsgebieten nur diejenigen technischen baulichen Werke zugelassen, die für den Wasserabfluss notwendig sind. Keine andere Tätigkeit der Versiegelung ist in den Überschwemmungsgebieten zulässig. Dadurch wird diese Rechtsprechung den gesetzlichen Vorschriften über die grundsätzliche Unzulässigkeit der Bebauung in Überschwemmungsgebieten gerecht. Außerdem ist ein Überschwemmungsgebiet unter Umständen unter einstweiligen Schutz vor der Bebauung auch vor seiner förmlichen Festsetzung zu stellen: Die Bebauung in einem Überschwemmungsgebiet ist abzusagen, bis die Frage der Rechtmäßigkeit eines Festsetzungsakts endgültig gelöst worden ist, wenn sonst der mutmaßliche Schaden aus der Bebauung übermäßig groß und schwer zu beheben sein würde353. Eine ausdrückliche Pflicht zum Ausgleich von beeinträchtigten Überschwemmungsgebieten besteht im griechischen Recht, im Gegensatz zum 351 StaatsratsE 2163/1994, Nümoò+Fu · sh 1995, S. 156 ff.; 5930/1996, Nümoò+ Fu·sh 1997, S. 638 ff.; 2656/1999; 4578/2001, PerDik 2003, S. 117 ff.; 319/2002; 2215/2002; 453/2003; StaatsratsPE 124/1994; 402/1998, PerDik 1999, S. 205 ff.; 246/2000; 511/2001; 551/2001; 346/2002; 184/2003; 262/2003. 352 Diese Voraussetzungen weisen eine beeindruckende Ähnlichkeit mit den entsprechenden Voraussetzungen der Überplanung eines Überschwemmungsgebiets im deutschen Recht auf, vgl. § 31b Abs. 4 S. 2 WHG n. F. 353 StaatsratsE (Einstweiliger Rechtsschutz) 230/2004.

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1. Teil: Spannungsfelder

deutschen, nicht. Eine solche Pflicht könnte sich unter Umständen in concreto auf die von der Rechtsprechung entwickelte Regel stützen, dass die Überplanung eines Überschwemmungsgebiets nur unter der Voraussetzung möglich ist, dass die natürlichen Funktionen dieses Gebiets gewährleistet sind354. Diese Vorschrift bezieht sich natürlich in erster Linie auf eine präventive Vorbeugung und die Vermeidung von Beeinträchtigungen des Überschwemmungsgebiets bei seiner Überplanung. Trotzdem könnte daraus auch eine Pflicht zur vollständigen Kompensation der Beeinträchtigung der Funktionen des Überschwemmungsgebiets vor seiner Überplanung abgeleitet werden355. Auf jeden Fall steht fest, dass die Überplanung eines Überschwemmungsgebiets ohne Sicherstellung des Schutzes seiner natürlichen Funktionen nicht zulässig ist. bb) Festsetzung eines Überschwemmungsgebiets auf beplanten Flächen Der umgekehrte Fall der Festsetzung eines Überschwemmungsgebiets auf einem schon durch einen städtebaulichen Plan überplanten Gebiet ist in Griechenland vom Gesetzgeber geregelt. Nach § 188 Abs. 1 KoV356 und § 349 Abs. 5 KoV gelten die Festsetzungspflicht sowie die Vorschriften über die Zulässigkeit der Bebauung und der Überplanung von Überschwemmungsgebieten ausdrücklich auch für Überschwemmungsgebiete, die sich innerhalb der Flächen einer Städtebaulichen Studie befinden. Der Gedanke, der hinter dieser Regelung steckt, ist, dass die Überschwemmungsgebiete ihre naturschutzrechtliche und gefahrenabwehrechtliche Funktion sowohl in unbeplanten als auch in beplanten Flächen erfüllen können und auch sollen. Im beplanten Bereich, der für die zukünftige Bebauung bestimmt ist, ist der Druck zu einer Festsetzung der Überschwemmungsgebiete eventuell sogar von einer noch größeren Bedeutung, da die Überflutungsgefahr wegen der in Betracht kommenden Versiegelung größer erscheint und schwerwiegendere Schäden einzutreten drohen. Die Festsetzungspflicht für die Gebiete einer Städtebaulichen Studie ist aber auch in Griechenland im Hinblick auf die Beeinträchtigungen der Eigentumsrechte nicht ganz unproblematisch. Bemerkenswert ist vor allem die Tatsache, dass trotz dieser radikalen und undifferenzierten Vorschrift der Gesetzgeber keine Befreiungsmöglichkeiten vom Bauverbot oder eine 354

In diese Richtung tatsächtlich die StaatsratsE 2656/1999. Vgl. dazu das in der Rechtsprechung entwickelte Prinzip über die obligatorische Restitution der beeinträchtigten Ökosysteme, Dekleris, Das Recht der nachhaltigen Entwicklung, S. 173 ff. mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung dazu. 356 Diese Regelung stammt schon aus dem Jahre 1979; sie wurde zum ersten Mal im § 6 Abs. 1 gr. G. 880/1979, gr. GBl. A’ 58 vorgesehen worden. 355

1. Kap.: Schutzgebietsausweisungen und städtebauliche Planung

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Entschädigung der betroffenen Eigentümer vorgesehen hat. Wenn aber die dadurch entstandenen Eingriffe dem Eigentümer seine aus dem Eigentum ausgehenden Rechte und Befugnisse völlig entziehen und so den Eigentumsgegenstand völlig nutzlos nach seiner rechtlichen und tatsächlichen Bestimmung machen, liegt eine sog. „de facto“ Enteignung357 vor. Bei der de facto Enteignung gilt die Pflicht zu einer vollen Entschädigung uneingeschränkt358. Die gr. Rechtsprechung geht aber von der grundsätzlichen Zumutbarkeit dieser Einschränkungen der Eigentumsrechte zum Schutz der Überschwemmungsgebiete aus, die nicht als enteignende Eingriffe in das Recht auf Eigentum, sondern als zumutbare Inhaltsbestimmungen angesehen werden. Aufgrund ihrer Eigenschaft als Überschwemmungsgebiete kommt diesen Flächen eine besondere ökologische und abwehrrechtliche Bedeutung zu, die ihre grundsätzliche Bestimmung für die Bebaubarkeit überlagert. Diese Tatsache wird natürlich in jedem konkreten Fall von den Gerichten überprüft. Wenn es sich nach dieser gerichtlichen Prüfung z. B. tatsächlich ergibt, dass ein Überschwemmungsgebiet im konkreten Fall eine herausragende Bedeutung für den Naturschutz erfüllt, wird jede andere Funktion des Grundstücks entsprechend eingeschränkt und die Bebaubarkeit wird im Kreis der aus dem Eigentum ergehenden Befugnisse in concreto nicht umfasst359. Diese Aussage der ständigen Rechtsprechung des gr. Staatsrates in Bezug auf die konkrete Bestimmung des Grundstücks in seiner natürlichen Umgebung korrespondiert mit der sog. „Situationsgebundenheit des Eigentums“, die in der entsprechenden Rechtsprechung des deutschen Rechts zu treffen ist360. 4. Zwischenergebnis Die Regelungen über den Schutz der Überschwemmungsgebiete und die Lösungen der Rechtsprechung dazu weisen in beiden Ländern eine große Parallelität auf. Die obige Definition der Überschwemmungsgebiete in Griechenland wird von der Rechtsprechung gegeben und entspricht der Legaldefinition des deutschen Rechts bis zur Novellierung des WHG 1996. Nunmehr gehören auch die sog. Retentionsflächen zu den Überschwemmungsgebieten des deutschen Rechts und insofern ist die deutsche Definition umfassender als die griechische. Die den Überschwemmungsgebieten zugewiesenen Funktionen sind in beiden Ländern identisch: Es werden ökologische Funktionen und Funktionen der Gefahrenabwehr anerkannt. Außer357 358 359 360

Dazu statt anderer Dagtoglou, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 1267. Dagtoglou, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 1268. StaatsratsE 1270/1998; 1907/2001. Dazu oben 1. Teil Kap. 1. B. I. 1. b). bb). (2).

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1. Teil: Spannungsfelder

dem stellt die Festsetzung der Überschwemmungsgebiete in beiden Ländern eine gebundene Entscheidung dar. Die Überplanung eines festgesetzten (aber auch noch nicht festgesetzten, sog. faktischen oder natürlichen) Überschwemmungsgebiets von einem städtebaulichen Plan ist in beiden Rechten nur unter strengen Voraussetzungen möglich, welche einander sehr ähnlich sind. Ferner ist auch das Planungsinstrumentarium der für die Städtebauplanung zuständigen Behörde in diesem Fall sehr begrenzt: Die Bebauung ist in der Regel ausgeschlossen oder in nur ganz seltenen Ausnahmefällen zulässig. Allerdings wird im griechischen Recht ein gesetztliches Bauverbot festgelegt, wobei im deutschen Recht auf Bundesebene ein Baugenehmigungsvorbehalt besteht. Dennoch hat das neue WHG 2005 solche strengen Voraussetzungen für die Ausweisung eines Baugebiets durch einen Bauleitplan aufgestellt, dass die Bebauungsmöglichkeiten erheblich eingeschränkt worden sind. Innerhalb des Gebiets eines städtebaulichen Plans ist in beiden Rechtsordnungen eine Festsetzungspflicht von Überschwemmungsgebieten vorgesehen, die aber im Hinblick auf die Planungshoheit (in Deutschland) und die Eigentumsrechte der Bürger nicht ganz unproblematisch erscheint.

Kapitel 2

Gesetzlicher Naturschutz im Spannungsverhältnis mit der städtebaulichen Planung anhand von drei Beispielen: gesetzlicher Waldschutz, gesetzlicher Biotop- und gesetzlicher Artenschutz Im ersten Kapitel des vorliegenden 1. Teils der Arbeit wurden die Schutzgebietsausweisungen im Hinblick auf eventuelle Konflikte mit der Städtebauplanung behandelt. Die Schutzgebietsausweisungen stellen in beiden Rechtsordnungen ein Instrument der Unterschutzstellung in der Regel durch einen Rechtsakt der Verwaltung dar. Im zweiten Kapitel dieses Teils werden Kollisionsfälle zwischen gesetzlichen Vorschriften zum Naturschutz und der Städtebauplanung in beiden Ländern untersucht. Die Konfliktverhältnisse zwischen gesetzlichem Naturschutz und städtebaulicher Planung werden anhand von drei Beispielen aus dem gesetzlichen Naturschutz behandelt: dem gesetzlichen Waldschutz (unter A.) und dem gesetzlichen Arten- und Biotopschutz (unter B.). Der gesetzliche Artenschutz und der gesetzliche Biotopschutz werden unter ein Dach gestellt, weil ihr Schutzgegenstand nicht immer zu trennen ist und es oft zu Überschneidungen und parallelen Lösungen zwischen den beiden Rechtsgebieten kommt.

A. Gesetzlicher Waldschutz im Spannungsverhältnis zur städtebaulichen Planung Bei der Untersuchung des Verhältnisses zwischen Waldschutz und Städtebauplanung in beiden Ländern wird die stark integrative Vergleichsmethode gewählt. Der Vergleich wird anhand von vier Referenzpunkten erfolgen: Erstens (unter A. I.) wird der allgemeine verfassungsrechtliche und gesetzliche Rahmen der Thematik in jedem der beiden Länder dargestellt und miteinander verglichen. Zweitens (unter A. II.) werden die Spannungsverhältnisse zwischen Waldschutz und städtebaulicher Planung im Vergleich zwischen Griechenland und Deutschland untersucht. Konkreter wird sich mit der Frage auseinander gesetzt, unter welchen Voraussetzungen ein Wald von einem städtebaulichen Plan erfasst werden kann und welche Konsequenzen diese Überplanung mit sich bringt. Drittens (unter A. III.) wird die Frage beantwortet, inwieweit und unter welchen Voraussetzungen eine

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1. Teil: Spannungsfelder

Bebauung im Wald zulässig ist und welche Rechtsprobleme damit verbunden sind. Schließlich (unter A. IV.) ist auf die Frage einzugehen, wie Parks und Gärten innerhalb eines Bebauungsplans oder einer Städtebaulichen Studie geschützt werden, und zwar, ob sie unter denselben oder einen ähnlichen Schutz wie die Wälder gestellt sind. Bei der Analyse werden ausnahmsweise die Darstellungen des griechischen Rechts in jedem Referenzpunkt nach vorne gezogen und als Maßstab für den darauf folgenden Vergleich genutzt, weil dem Verhältnis zwischen gesetzlichem Waldschutz und städtebaulicher Planung in Griechenland sowohl im Schrifttum als auch in der gerichtlichen Praxis eine besondere Stellung eingeräumt wird. I. Rechtsgrundlagen des Waldschutzes 1. Im griechischen Recht Der Schutz des Waldes stellt schon seit mehreren Jahrzehnten ein heikles Thema dar und gehört zu den am kontroversesten Debatten in Griechenland. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung interessiert nur die Frage nach den Spannungsverhältnissen zwischen dem gesetzlichen Schutz der Wälder und Waldgebiete1 einerseits und der städtebaulichen Planung andererseits. Trotzdem scheint eine kurze Beschreibung des verfassungsrechtlichen Rahmens für die vollständige Erfassung der darauf folgenden Problematik notwendig. Der Wald spielt eine sehr wichtige Rolle in Griechenland sowohl durch seine (nachhaltige) Bewirtschaftung bzw. Bewirtschaftungsmöglichkeiten als auch für die Erhaltung des natürlichen und biologischen Gleichgewichts sowie zur Bewahrung bzw. Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen in ihrer natürlichen Umwelt2. Im Vergleich zu anderen Ländern des zentralen und nördlichen Europas und vor allem zu den skandinavischen Ländern ist in den Ländern des Mittelmeerraumes, wie in Griechenland und in Spanien, aufgrund der spezifischen Klima- und Bodenbedingungen ein (ursprünglicher) natürlicher Mangel an waldlicher Pflanzendecke festzustel1

Im griechischen Recht ist immer die Rede von Wäldern und Waldgebieten; die Waldgebiete werden fast immer neben den Wäldern erwähnt. Gemäß der von der gr. Verfassung 1975 in der Auslegungserklärung des Art. 24 Abs. 1 S. 3 gegebenen Definition sind als Waldgebiete diejenigen Flächen zu bezeichnen, die dieselbe Vegetation wie die Wälder aufweisen, die aber im Vergleich zur Vegetation der Wälder weniger dicht erscheint. Der im Folgenden dargestellte Schutz wird sowohl auf Verfassungs- als auch auf Gesetzesebene Wäldern und Waldgebieten undifferenziert gewährt. Vgl. Gesetzesmaterialien zum gr. G. 998/1979, Parlamentsprotokoll der Sitzung LA’ v. 4.9.1979, S. 1036. 2 § 3 Abs. 1 und 2 gr. Gesetz 998/1979 und Gesetzesmaterialien zu diesem Gesetz, z. B. Parlamentsprotokoll der Sitzung LA’ v. 4.9.1979, S. 1035 ff.

2. Kap.: Waldschutz, Biotop- und Artenschutz

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len3. Außerdem wird jedes Jahr die ohnehin mangelhafte Anzahl von Wäldern durch zahlreiche zufällige Feuer, absichtliche Brandstiftungen und durch die Nutzung solcher Flächen als Weideflächen in Griechenland noch weiter sowohl quantitativ gemindert als auch qualitativ verschlechtert4. Dieser Tatsachen ist sich der Verfassungsgeber bewusst. In der Verfassung von 1975 wurde ein besonders intensiver Schutz für die Wälder und Waldgebiete eingeführt. Art. 24 gr. Verfassung enthielt eine Anordnung an den Gesetzgeber, den Schutz von Wäldern und Waldgebieten per Gesetz zu regeln. Außerdem verbot diese Vorschrift jegliche Änderung der Nutzungsart von staatlichen Wäldern und Waldgebieten, es sei denn ihre landwirtschaftliche oder andere Nutzung habe nach den Erfordernissen der nationalen Wirtschaft Vorrang und sie sei für das allgemeine Interesse erforderlich. Private Wälder und Waldgebiete werden von dieser Regelung nicht erfasst. Aus dem Schweigen der Verfassung über die Behandlung der privaten Wälder und Waldgebiete haben Rechtsprechung und Literatur den Schluss gezogen, dass im Gegensatz zu den staatlichen Wäldern und Waldgebieten die privaten einen absoluten Schutz vor jeglicher Änderung ihrer Nutzungsart genießen5. Der Verfassungsgeber habe die privaten Wälder und Waldgebiete in diese Vorschrift nicht miteinbezogen, weil ihr Schutz unter keinen Umständen durchbrochen werden solle. Das bedeutet, dass die Ausnahmen der Verfassung über die Zulässigkeit der Nutzungsänderug der Wälder nur für die staatlichen, nicht aber für die privaten galten. Schließlich sah die gr. Verfassung 1975 in Art. 117 Abs. 3 die ausnahmslose Pflicht zur Wiederaufforstung der Wälder und Waldgebiete vor, die durch eine Brandstiftung, Rodung oder aus anderen in der Verfassung bestimmten Gründen zerstört oder beeinträchtigt worden sind. Zur Erfüllung dieser verfassungsrechtlichen Vorschriften ist im Jahre 1979 das gr. Gesetz 998/1979 6 erlassen worden. Dieses Gesetz hat sich dem verfassungsrechtlichen Rahmen vollständig angepasst. Darüber hinaus hat dieses Gesetz in § 3 Abs. 1 und 2 eine Legaldefinition von Wald und Waldgebiet gegeben. Diese Definition beschränkte sich nicht auf das morphologische 3

Gesetzesmaterialien zum gr. G. 998/1979, Parlamentsprotokoll der Sitzung LA’ v. 4.9.1979, S. 1036. 4 Dazu die ausführliche Studie von Palaskas, Nümoò+Fu · sh März 2005, www.nomosphysis.org.gr.; Gesetzesmaterialien zum gr. G. 998/1979, Parlamentsprotokoll der Sitzung LA’ v. 4.9.1979, S. 1036 und 1058 f. 5 So die ständige Rechtsprechung des gr. Staatsrates, beispielsweise aus der älteren Rechtsprechung StaatsratsE 1362/1981; 2196/1982; 2453/1982; 4005/1983; 3277/1986; 2164/1994, Nümoò+Fu·sh 1995, S. 455 ff.; 1328/1995; 2818/1997, Nümoò+Fu·sh 1997, S. 603 ff.; 4575/1998, Nümoò+Fu·sh 1999, S. 143 ff.; Karakostas, Umwelt und Recht, S. 80. 6 Gr. Gesetz 998/1979 „Über den Schutz von Wälder und Waldgebieten des Staates“, gr. ABl. A’ 289/29-12-1979.

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1. Teil: Spannungsfelder

Kriterium einer bestimmten Art von Pflanzenbedeckung und des Erscheinungsbilds des Waldes oder des Waldgebiets, sondern stellte auch auf das Kriterium der Erfüllung bestimmter Funktionen durch diese Gebiete ab. Aufgrund dieser gesetzlichen Definition, die beide Kriterien, das morphologische und das funktionale, gleichrangig nebeneinander zu stellen schien, ist eine Auseinandersetzung zwischen zwei obersten Gerichten entstanden: Das gr. oberste Zivilgericht (¡reioò PÜgoò) war der Meinung, dass die beiden Kritierien kumulativ angewandt werden sollten, um die Waldeigenschaft zu beurteilen7; das oberste Verwaltungsgericht dagegen (gr. Staatsrat) hat nur auf das erste morphologische Kriterium abgestellt, indem es davon ausgegangen ist, dass die Erfüllung der vom Gesetz beschriebenen Funktionen von Wäldern und Waldgebieten, die die morphologischen Merkmale aufweisen, unwiderlegbar vermutet wurde8. Diesen Konflikt in der Rechtsprechung hat das oberste Spezialgericht des Art. 100 gr. Verfassung gelöst, das dafür zuständig ist, auftretende Konflikte in der Rechtsprechung der drei anderen Gerichte, d.h. des obersten Zivilgerichts (= ¡reioò PÜgoò), des obersten Verwaltungsgerichts (gr. Staatsrat) und des Kontrollgerichtshofs (= Elegktikü SunÍdrio) rechtsverbindlich zu beheben9. Das oberste Spezialgericht ist der Meinung des gr. Staatsrates gefolgt, indem es nur das morphologische Kriterium für die Bejahung der Waldeigenschaft für einschlägig gehalten hat10. Die Verfassungsänderung von 2001 enthielt wichtige Neuerungen auch bezüglich des Waldschutzes. Manche Vorschriften, wie der Auftrag des Gesetzgebers, den Wald per Gesetz zu schützen, und die Pflicht zur Wiederaufforstung sind bei der Verfassungsrevision intakt geblieben. Darüber hinaus enthält die neue Verfassung 1975/1986/2001 auch andere Vorschriften über den Waldschutz, durch die einerseits eine Intensivierung und andererseits eine Relativierung des Schutzes erreicht wird: Die Definition des Waldes und des Waldgebiets wird nunmehr von der Verfassung selbst gegeben. Auf diese Weise wird der oben dargestellte Streit in der Rechtsprechung endgültig gelöst, und zwar in die Richtung, die der gr. Staatsrat und daraufhin das gr. oberste Spezialgericht des Art. 100 gr. Verfassung eingeschlagen haben: Auch der Verfassungsgeber stellt lediglich auf das objektive morphologische Kriterium für die Annahme der Waldqualität ab11. Außerdem enthält der neugefasste Art. 24 Abs. 1 gr. Verfassung die staatliche Pflicht zur Erstel7

Entscheidung des gr. obersten Zivilgerichts 607/1990 und 1874/1994. Gr. StaatsratsE 2086/1995; 3942/1995; 3273/1996; 1151/1997. 9 Art. 100 Abs. 1 Nr. d) gr. Verfassung 10 Entscheidung des gr. obersten Spezialgerichts 27/1999. 11 Dieselbe Tendenz des Übergangs von subjektiven Kriterien (= Verfolgung bestimmter Ziele vom Wald) in verschiedenen früheren Definitionen zu einer objektiven Definition des Waldes in § 2 Abs. 1 BWaldG von 1975 war auch in Deutschland festzustellen, Klose/Orf, Forstrecht, § 2, Rn. 6 ff. 8

2. Kap.: Waldschutz, Biotop- und Artenschutz

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lung eines Waldregisters, das es bisher in Griechenland nicht gegeben hat12. Schließlich wird durch die Änderung des Art. 24 Abs. 1 gr. Verfassung der früher allgemein anerkannte absolute Schutz von privaten Wäldern und Waldgebieten abgeschafft: Das Verbot der Nutzungsänderung der Wälder und Waldgebiete und die Ausnahmen von diesem Verbot aufgrund der Erfordernisse der nationalen Wirtschaft, der Landwirtschaft und des öffentlichen Interesses beziehen sich nicht mehr ausdrücklich nur auf die staatlichen Wälder. Die Beschränkung dieser Vorschrift auf die staatlichen Wälder und Waldgebiete ist abgeschafft worden, so dass nunmehr davon auszugehen ist, dass dieses Verbot (mitsamt seiner Ausnahmen) sowohl für die staatlichen als auch für die privaten Wälder und Waldgebiete gilt. Schließlich ist im Jahre 2003 das neue Gesetz 3208/2003 13 erlassen worden. Dieses Gesetz ergänzt das gr. G. 998/1979 in die Richtung, die die Verfassungsänderung vorschreibt. 2. Im deutschen Recht Die Wichtigkeit des Waldes für den Naturhaushalt und die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen, seine wirtschaftliche Nutzung sowie seine Schutz- und Erholungsfunktionen sind auch im deutschen Recht sowohl vom Gesetzgeber als auch in der Literatur seit langem anerkannt14. Die Schutzpflicht ist aber anscheinend so selbstverständlich, dass das Grundgesetz den Schutz des Waldes nicht speziell anordnen und detailliert regeln musste, wie es in Griechenland der Fall ist15. Die Pflicht zum vollständigen Schutz des Waldes wird von Art. 20a) GG abgeleitet, der den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und der Tiere in Verantwortung für die künftigen Generationen vorsieht. In Deutschland wird der Wald bundesrechtlich durch das Bundeswaldgesetz (BWaldG)16 geschützt. Die meisten Vorschrif12 Die Pflicht der Verwaltung zur Erstellung eines Waldregisters wurde auch schon nach der älteren Rechtslage anerkannt, dazu Menoudakos, Nümoò+Fu·sh April 2005, www.nomosphysis.org.gr. 13 Gesetz „über den Schutz der waldlichen Ökosysteme, die Erstellung eines Waldregisters, die Regelung der Rechte an den Wäldern und Waldgebieten und weitere Vorschriften“ v. 3.12.2003, gr. ABl. A’ 303. Dazu Maria, PerDik 2004, S. 460 ff. 14 § 1 Abs. 1 Bundeswaldgesetz v. 2.5.1975, BGBl. I, S. 1037 (zuletzt geändert durch VO v. 29.10.2001, BGBl. I, S. 2785); Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 269; Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 6, Rn. 301 ff.; v. Strenge, Naturschutzrecht, S. 321 ff. 15 Zu einer Darstellung des deutschen Systems des Waldschutzes im Verhältnis zur Raumordnung in der griechischen Sprache siehe Risos, PerDik 2004, S. 317 ff. 16 Gesetz zur Erhaltung des Waldes und zur Förderung der Forstwirtschaft (Bundeswaldgesetz) v. 2.5.1975, BGBl. I, S. 1037.

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1. Teil: Spannungsfelder

ten dieses Gesetzes, wie z. B. die Vorschriften über die Erhaltung des Waldes, sind nach § 5 BWaldG Rahmenrecht, das von den entsprechenden Landeswaldgesetzen konkretisiert werden muss17. Diese werden dann von den zuständigen Behörden im Einzelfall angewandt. Da sich aber alle Landesgesetze auf die Regelungen des BWaldG stützen und folglich mit dem BWaldG und miteinander identische Vorschriften enthalten, wird im Rahmen der folgenden Untersuchung grundsätzlich von den Vorschriften des BWaldG ausgegangen, wobei auf nicht unerhebliche und bedeutsame Abweichungen der Landeswaldgesetze an den entsprechenden Stellen aufmerksam gemacht wird. Die Definition des Waldes im deutschen Recht wird vom Gesetzgeber in § 2 BWaldG gegeben. Das deutsche Gesetz stellt dabei ausschließlich auf objektive, morphologische Gegebenheiten ab; die Erfüllung bestimmter Funktionen durch diese Flächen spielt für die Bejahung der Waldeigenschaft keine Rolle18. Die Frage, die im Rahmen der Definition von Wald im deutschen Recht auftaucht, ist, ob darunter auch Flächen innerhalb eines Bebauungsplans fallen, die die objektiven Kriterien erfüllen. Zu einer bejahenden Antwort auf diese Frage können wir mit dem Argument gelangen, dass das BWaldG bei der Definition des Waldes zwischen beplanten und unbeplanten Gebieten nicht differenziert19. Deshalb ist es für die Annahme 17 Waldgesetz für Baden-Württemberg v. 31.8.1995 (GBl. S. 685); Waldgesetz für Bayern (BayWaldG) v. 25.12.1982 (GVBl. S. 824); Gesetz zur Erhaltung und Pflege des Waldes, Landeswaldgesetz v. 16.9.2004 (GVBl. Nr. 40 v. 28.9.2004 S. 391); Waldgesetz des Landes Brandenburg v. 20.4.2004 (GVBl. I/04 S. 137); Landeswaldgesetz Hamburg v. 13.04.1978 (Hmb.GVBl. S.74); Hessisches Forstgesetz v. 10.11.1954 (GVBl. I S. 211); Waldgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern v. 8.2.1993 (GVOBl. M-V S. 90); Niedersächsisches Gesetz über den Wald und die Landschaftsordnung (NWaldG) v. 21.4.2002 (Nds. GVBl. S. 112); Landesforstgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (LFoG) v. 24.4.1980 (GVBl. 546); Landeswaldgesetz für Rheinland-Pfalz v. 30.11.2000 (GVBl. S. 504); Waldgesetz für das Saarland v. 26.10.1977 (ABl. 1009); Waldgesetz für den Freistaat Sachsen (SächsWaldG) v. 10.4.1992 (GVBl. 137); Landeswaldgesetz für SachsenAnhalt v. 13.4.1994 (GVBl. LSA Nr. 17 S. 520); Waldgesetz für das Land Schleswig-Holstein v. 5.12.2004 (GVOBl. S. 461); Gesetz zur Erhaltung, zum Schutz und zur Bewirtschaftung des Waldes und zur Förderung der Forstwirtschaft (ThürWaldG) v. 26.2.2004 (GVBl. Nr. 6 S. 282, 853). 18 Klose/Orf, Forstrecht, § 2, Rn. 6. 19 Mit demselben Argument lässt sich die Frage für das griechische Recht auch beantworten. Diese Frage taucht aber in Griechenland in den meisten Fällen nicht auf, da das Gesetz 998/1979 in § 3 Abs. 4 vorsieht, dass die Flächen innerhalb einer Stadt oder eines Baugebiets, die Waldbepflanzung aufweisen, als Parks oder Gehölze bezeichnet werden (je nachdem, ob diese forstliche Bepflanzung auf natürlicher Weise oder künstlich entstanden ist). Aufgrund dieser Regelung scheint Christofilopoulos, NoB 1998, S. 449 ff. (459 ff.) insgesamt die Möglichkeit abzulehnen, dass Wälder innerhalb des Planbereichs einer Städtebaulichen Studie bestehen. Sol-

2. Kap.: Waldschutz, Biotop- und Artenschutz

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der Waldeigenschaft einer Fläche unerheblich, ob sie sich im Außenbereich, im Innenbereich oder innerhalb des Gebiets eines Bebauungsplans befindet. Außerdem kommt man durch einen Umkehrschluss aus § 2 Abs. 2 BWaldG zu demselben Ergebnis. Danach werden nur kleinere Flächen im bebauten Gebiet aus der Walddefinition herausgenommen. Gemäß der Formulierung des Gesetzes sind also die übrigen Flächen im bebauten Gebiet, die die gesetzlichen Kriterien des Waldes erfüllen, als Wald im Sinne dieses Gesetzes zu verstehen20. Dieser Regel konsequent folgend kommt die Rechtsprechung zum Ergebnis, dass auch eine Waldfläche, die innerhalb eines Baugebiets entsteht und die gesetzliche Definition erfüllt, als Wald zu bezeichnen ist21. Dasselbe gilt auch für die Waldflächen im Innenbereich22. So sind die die gesetzlichen Merkmale aufweisenden Flächen als Wald zu bezeichnen ungeachtet der baurechtlichen Qualität des Gebiets, in dem sie sich befinden23. II. Waldschutz und Städtebauplanung Es ist an dieser Stelle zu fragen, welche Nutzungsarten für Waldflächen innerhalb des Gebiets eines städtebaulichen Plans dargestellt werden können, ferner, ob ein Bebauungsplan bzw. eine Städtebauliche Studie Waldflächen überplanen kann und gegebenfalls unter welchen Voraussetzungen und schließlich wie eventuelle Konkurrenzen zwischen den festgelegten Nutzungen und dem Waldschutz zu lösen sind. 1. Im griechischen Recht a) Grundsätzliches Verbot der Nutzungsänderung von Wäldern und Waldgebieten Das grundsätzliche Verbot der Nutzungsänderung von Wäldern und Waldgebieten und die Grundvoraussetzungen für deren Zulässigkeit im Ausnahmefall werden in Griechenland auf der Ebene der Verfassung geregelt. Wie che Fälle können aber vorkommen, z. B. wenn nach § 49 Abs. 2 S. 2 Nr. a) gr. G. 998/1979 ein Wald zur Erhaltung der städtebaulichen Einheit von einer Städtebaulichen Studie überplant wird, dabei aber (zwingend) seine Eigenschaft als Wald nicht verliert, darüber unten 1. Teil Kap. 2. A. II. 1. b). 20 Klose/Orf, Forstrecht, § 2, Rn. 33. 21 OVG Münster, Urt. v. 6.7.2000 – 7a D 101/97. NE, NuR 2001, S. 169 f. (170). 22 Klose/Orf, Forstrecht, § 2, Rn. 34. Das wird im bayerischen Waldgesetz anders geregelt, das in § 2 Abs. 1 den Wald auf außerhalb von im Zusammenhang bebauten Ortsteilen gelegene Flächen, also im Außenbereich des § 35 BauGB beschränkt. 23 OVG Münster, Urt. v. 6.7.2000 – 7a D 101/97. NE, NuR 2001, S. 169 ff. (170).

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1. Teil: Spannungsfelder

oben erwähnt, verbietet Art. 24 Abs. 1 S. 5 gr. Verfassung 1975/1986/2001 die Umwandlung von Wäldern und Waldgebieten mit der Ausnahme, dass im konkreten Fall eine landwirtschaftliche oder andere Nutzung nach den Erfordernissen der nationalen Wirtschaft Vorrang hat und sie für das allgemeine Interesse erforderlich ist. Die Verfassung geht also von einem prinzipiellen Verbot der Umwandlung von Wäldern und Waldgebieten aus, das nur nach einer Abwägung mit den wichtigen Belangen der nationalen Wirtschaft und des allgemeinen Interesses durchbrochen werden kann. Dieses grundlegende Verbot gilt für die Umwandlung des Waldes aus allen erdenklichen Gründen, deshalb auch aus Gründen der städtebaulichen Planung. Diese verfassungsrechtliche Regelung wird im gr. Gesetz 998/1979 konkretisiert. Nach § 49 Abs. 2 S. 1 ist die Erweiterung eines bestehenden Baugebiets oder die Errichtung eines neuen innerhalb eines Waldes oder Waldgebiets in der Regel nicht gestattet. Diesen Grundsatz hat die Rechtsprechung des gr. Staatsrates auch schon vor dem Erlass des Gesetzes 998/1979, ja sogar vor der Verfassung von 1975, geltend gemacht und seitdem immer wieder bestätigt: Das oberste Verwaltungsgericht hat erkannt, dass die Überplanung eines Waldes oder Waldgebiets durch einen Stadtplan24, dessen Gebiete hauptsächlich der Bebauung dienen, die Zerstörung oder die erhebliche und irreparable Beeinträchtigung dieser Waldflächen verursachen würde25. Außerdem hat der gr. Staatsrat in seiner neueren Rechtsprechung wiederholt betont, dass die städtebauliche Entwicklung als solche keinen Grund des öffentlichen Interesses darstellt, der die Umwandlung eines Waldes oder Waldgebiets ohne weiteres rechtfertigen kann26. b) Ausnahmen Die Regel des grundsätzlichen Umwandlungsverbots hat aber Ausnahmen, die im Rahmen der verfassungsrechtlich erlaubten Umwandlungsmöglichkeiten im Gesetz vorgesehen worden sind. Erstens legt § 49 Abs. 2 S. 2 gr. G. 998/1979 fest, dass die Überplanung eines Waldes oder Waldgebiets 24 Der ehemalige sog. Stadtplan ist nach der Einführung der zweistufigen Bauleitplanung durch das Gesetz 947/1979 (gr. ABl A’ 168/26.7.1979) in Städtebauliche Studie umbenannt, dazu oben Einf. A. I. 2. 25 StaatsratsE 359/1963, NoB 11, S. 824 ff.; 615/1968, NoB 16, S. 1008 ff.; 75/1969; 2387/1972; 3627/1972; 1184/1973; 850/1974; 3414/1978; 3754/81; 362/1982, NoB 31, S. 420 ff.; 2196/82; 4005/83; 1405/90; 666/94; 2164/94, Nümoò+Fu·sh 1995, S. 455 ff.; StaatsratsPE 667/94, Nümoò+Fu·sh 1995, S. 108 ff. 26 StaatsratsE 1589/1999, Nümoò+Fu · sh 1999, S. 400 ff.; 3403/2001, NoB 2002, S. 2079 ff.; 533/2003, PerDik 2003, S. 533 ff.; 2855/2003, Armenüpouloò 2003, S. 1829 ff.; StaatsratsPE 246/2000.

2. Kap.: Waldschutz, Biotop- und Artenschutz

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durch eine Städtebauliche Studie27 ausnahmsweise und unter strengen materiellrechtlichen Voraussetzungen in zwei Fällen möglich ist: Erstens, wenn die Überplanung aus Gründen der städtebaulichen Planungseinheit erforderlich ist. In diesem Fall bleibt die Identität des Waldes oder Waldgebiets grundsätzlich bestehen; nur Teile eines Waldes oder eines Waldgebiets können zu einer gemeinnützigen oder zu einer einen bestimmten öffentlichen Zweck dienenden Fläche nach den allgemeinen Vorschriften dieses Gesetzes angesehen werden, die allerdings für jeden Wald oder jedes Waldgebiet gelten, ob von einem städtebaulichen Plan erfasst oder nicht. Diese erste Ausnahme ist insoweit in der Literatur kritisiert28 und von der Rechtsprechung29 als verfassungswidrig erklärt worden, als dadurch die Umwandlung des Waldes für die Ausweisung von gemeinnützigen oder einem bestimmten öffentlichen Zweck dienenden Flächen erlaubt wird. Eine dermaßen allgemein gefasste Zulassung von Nutzungen, die dem Waldschutz möglicherweise entgegenlaufen, würde die verfassungsrechtlich gebotene konkrete Abwägung mit dem allgemeinen Interesse und den Erfordernissen der nationalen Wirtschaft praktisch abschaffen. Aus diesem Grund hat der gr. Staatsrat versucht, diese Ausnahme durch eine adäquate Auslegung als „verfassungskonform“ anzusehen: Die Überplanung eines Waldes oder Waldgebiets ist zwar aus Gründen der städtebaulichen Einheit möglich, ohne dass dabei aber die Identität der Waldflächen durch Ausweisung von gemeinnützigen oder einem bestimmten öffentlichen Zweck dienenden Flächen in Frage gestellt wird. Die Beibehaltung der Identität des Waldes muss ausnahmslos bleiben. Zweitens ist die Überplanung eines Waldes oder Waldgebiets durch eine Städtebauliche Studie und dabei die Ausweisung eines Baugebiets dann möglich, wenn die Waldflächen ein Baugebiet vollständig oder zu einem großen Teil umringen und die Ausdehnung des Baugebiets auf andere naheliegende Gebiete absolut unmöglich ist. In diesem Fall ordnet das Gesetz an, dass die Erfassung des Waldes oder Waldgebiets durch die Städtebauliche Studie sich auf das absolut notwendige Maß für die Erfüllung der Bedürfnisse der Bewohner des Baugebiets beschränken muss. Dabei muss vom Plangeber angestrebt werden, die Identität der Waldflächen möglichst beizubehalten und ihre Inanspruchnahme für die Bebauung auf das erforderliche Minimum zu beschränken. Diese zweite Ausnahmemöglichkeit mit 27 Die Rede ist hier nur von der Städtebaulichen Studie, weil die Gebiete dieses Plans in der Regel für die Bebauung bestimmt sind. Die Ausführungen gelten aber entsprechend auch für die Pläne der ersten Stufe der städtebaulichen Planung, falls sie dem Waldschutz zuwiderlaufende Nutzungen festlegen. 28 Dazu Maria, Schutz der Wälder, S. 339 f.; Christofilopoulos, NoB 1998, S. 449 ff. (463). 29 So StaatsratsPE 667/1994, Nomoò+Fu · sh 1995, S. 108 ff.; 246/2000.

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1. Teil: Spannungsfelder

ihren strengen und vorsichtig formulierten Voraussetzungen scheint auf den ersten Blick mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben vereinbar zu sein: Die Erweiterung eines bestehenden Wohngebiets, um die Bedürfnisse der Bewohner zu erfüllen, könnte ein vom öffentlichen Interesse gedeckter Zweck sein. Auch die zwei weiteren Voraussetzungen, nämlich das Erfordernis, dass die Überplanung der Waldflächen die einzige Lösung für die Ausdehnung des Baugebiets ist, und die Beschränkung der Inanspruchnahme von Waldflächen auf das erforderliche Minimum, deuten darauf hin, dass diese Ausnahme verhältnismäßig ist. Meines Erachtens bestehen jedoch ernste Bedenken, ob angesichts des allgemein anerkannten Zustandes der städtebaulichen Organisation in Griechenland (entweder dünnbewohnte bzw. menschenleere Siedlungen oder überfüllte „Großstadt-Ungeheuer“) die Ausweitung von Baugebieten mit Inanspruchnahme der ohnehin beschränkten Waldflächen zur Erfüllung von Wohnbedürfnissen überhaupt im öffentlichen Interesse liegen kann30. Auf jeden Fall müsste man in der Vorschrft des § 49 Abs. 2 S. 2 Nr. b) gr. G. 998/1979 eine echte Ausnahme und keine Regel sehen und die Verwaltung sollte mit dieser Möglichkeit vorsichtig und zurückhaltend umgehen, also so, wie es eigentlich auch von der Vorschrift des § 49 Abs. 2 S. 2 Nr. b) selbst verlangt wird. Eine dritte Möglichkeit der Überplanung von Waldflächen geht in dieselbe Richtung wie letztere der eben dargestellten Überplanungsmöglichkeiten und hat auch einen ähnlichen Wortlaut, obwohl sie eine andere Fallkonstellation regelt. Diese Überplanungsmöglichkeit wurde in den städtebaulichen Gesetzen31 vorgesehen und ist nunmehr nach der Kodifizierung dieser Gesetze im Jahre 1999 in § 37 Abs. 7 KoV enthalten. Danach ist die Überplanung einer schon tatsächlich entstandenen Siedlung in einem Wald oder Waldgebiet zulässig, aber nur insofern, als es für die Wohnbedürfnisse der Bewohner erforderlich ist und unter der Voraussetzung, dass die Erhaltung der Identität des Waldes möglichst gewährleistet wird. Diese Überplanungsmöglichkeit wird noch weiter eingeschränkt dadurch, dass sich die Vorschrift ausdrücklich nur auf bestimmte Kategorien von Wäldern und Waldgebieten bezieht, die vom Gesetzgeber nicht als die allerwichtigsten in Bezug auf ihrer Schutzbedürftigkeit angesehen werden32. Beweggrund des 30 Dieser Ansicht scheint auch die StaatsratsE 1589/1999, Nümoò+Fu · sh 1999, S. 400 ff. zu sein, die beide Ausnahmen des § 49 Abs. 2 gr. G. 998/1979 sowie jede Überplanung eines Waldes oder Waldgebiets durch eine Städtebauliche Studie als verfassungswidrig erklärt. Diese Entscheidung drückt aber nicht die herrschende Meinung in der Rechtsprechung des gr. Staatsrates aus. 31 § 2 Abs. 1 und 2 gr. G. 1512/1985 v. 11.1.1985, gr. ABl. A’ 4. 32 § 4 Abs. 1 Nr. g’, d’ und e’ gr. Gesetz 998/1979. Das sind die Wälder, die eine besondere Bedeutung im Hinblick auf ihre Bewirtschaftung aufweisen, die für die Erholung der Bevölkerung oder touristischen Zwecken dienenden Wälder (vgl.

2. Kap.: Waldschutz, Biotop- und Artenschutz

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Gesetzgebers für den Erlass dieser Vorschrift war, die schon auf irgendeine Weise tatsächlich entstandene städtebauliche Situation rechtlich anzuerkennen und zu regeln. Diese Überplanung kann unter Umständen manche positiven Auswirkungen für den Waldschutz erzielen, indem die bisher absolut willkürliche Bebauungstätigkeit nunmehr vom Recht erfasst wird und auf diese Weise weitere ungeordnete und für den Wald schädliche Ausweitungen der vorhandenen Bebauung verhindert werden können. Die Erforderlichkeit der Überplanung und das Übermaßverbot sind Ausprägungen des Verhältnismäßigkeitsprinzips. Die eng formulierten Voraussetzungen reichen aber nicht unbedingt aus, um den Erlass dieser Regelung zu rechtfertigen. Insgesamt ist diese Möglichkeit zur Überplanung negativ zu bewerten, weil dadurch ursprünglich unzulässige Handlungen nachträglich rechtlich geduldet und sogar legalisiert werden, so dass auch zur weiteren Bebauung des Waldes vom Gesetz selbst ermutigt wird. Schließlich kann auch diese Überplanungsmöglichkeit mit entsprechendem Verweis auf die oben genannten Argumente über die Verfassungswidrigkeit der Ausnahme vom Überplanungsverbot nach § 49 Abs. 2 S. 2 Nr. b) gr. G. 998/1979 der Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit nicht standhalten. c) Gerichtliche Kontrolle Eine weitere Frage, die an diesem Punkt auftaucht, hängt mit der gerichtlichen Kontrolle der Städtebaulichen Studien zusammen, die Wälder und Waldgebiete überplanen. Diese Frage ist im griechischen Recht von besonderer Bedeutung, denn die Städtebauliche Studie wird, im Gegensatz zum Bebauungsplan des deutschen Rechts, nicht ohne weiteres als Norm angesehen33. Nach ständiger Rechtsprechung der griechischen Gerichte werden die Städtebaulichen Studien nur dann als Normen betrachtet, wenn sie Bedingungen und Beschränkungen der Bebaubarkeit enthalten. In allen anderen Fällen werden sie als Allgemeinverfügungen angesehen, da sie einer „Sammlung“ von Verwaltungsakten gleichgestellt werden. Bei Annahme dieser Lösung ist auch keine inzidente Kontrolle der Städtebaulichen Studie möglich. So ist der Wald nachträglich nicht mehr zu retten, wenn die Städtebauliche Studie innerhalb der vorgesehenen Frist nicht angefochten die sog. Erholungswälder des deutschen Rechts, § 13 BWaldG) und schließlich alle Wälder, die in keine der übrigen gesetzlich festgelegten Kategorien einzuordnen sind. Ausgeschlossen von der Ausweisung eines Baugebiets sind von vornherein Wälder, die eine besondere wissenschaftliche, ästhetische, ökologische oder geomorphologische Bedeutung haben, und Wälder, die besondere Schutz- und Gefahrenabwehrfunktionen erfüllen (vgl. die im deutschen Recht sog. Schutzwälder, § 12 BWaldG). 33 Zur rechtlichen Natur der städtebaulichen Planung in Griechenland siehe auch oben 1. Teil Kap. 1. A. III. 2. a). bb).

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1. Teil: Spannungsfelder

worden ist. Anfang der 1990er Jahre hat die Problematik der Rechtsnatur der städtebaulichen Pläne insbesondere bezüglich ihrer Anwendung auf den Waldschutz für viele Diskussionen und Auseinandersetzungen in Griechenland gesorgt. Der gr. Staatsrat hat die traditionelle Meinung der Differenzierung zwischen städtebaulichen Plänen als Normen und als Allgemeinverfügungen bestätigt und somit die inzidente Kontrolle des städtebaulichen Plans, der einen Wald überplant hat, verneint34. Die Lösung dient zwar einerseits wichtigen praktischen Notwendigkeiten, wie der Rechtssicherheit und dem Bestandsschutz durch die Aufrechterhaltung von städtebaulichen Plänen, deren Anfechtungsfrist schon abgelaufen ist; trotzdem ist diese Rechtsprechung immer wieder auf heftige Kritik in der Literatur gestoßen35. Die Qualifikation der Städtebaulichen Studie als Allgemeinverfügung mit der Konsequenz, dass sie von einer inzidenten Kontrolle freigestellt wird, ist in der Tat abzulehnen. Die städtebaulichen Pläne der zweiten Stufe sind immer als Normen zu betrachten, da sie allgemeine und rechtsverbindliche Festsetzungen enthalten, die Grundrechte der Bürger einschränken können36. Außerdem müssen alle städtebaulichen Pläne aus Gründen der Rechtsklarheit und der Rechtssicherheit einheitlich rechtlich qualifiziert werden. Nach dieser Auffassung steht einer inzidenten Kontrolle der Städtebaulichen Studie nichts mehr im Wege37. So kann die unzulässige Überplanung des Waldes nicht nachträglich de facto legalisiert werden. Für die Annahme der hier vertretenen Ansicht spricht letztlich auch die praktische Erfahrung, dass die Gewissheit von Seiten der Grundeigentümer über die nachträgliche Legalisierung der willkürlichen Bebauung zur Zerstörung vieler Wälder in Griechenland geführt hat38. 34 StaatsratsE 1643/1991; 1157/1991; 2281/1992; 2282/1992; 55/93; 412/1993. Auch weiterhin ist die Rechtsprechung diesen Entscheidungen gefolgt, StaatsratsE 2753/1994, Nümoò+Fu·sh 1995, S. 391 ff.; 2757/1994. 35 Ausführlich zur Geschichte und zu den verschiedenen Argumenten der Auseinandersetzung siehe Maria, Schutz der Wälder, S. 343 ff.; Panagopoulos, Umweltrecht, 83 ff.; Karakostas, Umwelt und Recht, S. 95 ff. Kritisch zu dieser Rechtsprechung Charalampidis, Nomoò+Fu·sh 1994, S. 113 ff. (117 f.); KoutoupaRegkakou, Nümoò+Fu·sh 1996, S. 435 ff. (441 ff.); Panagopoulos, Umweltrecht, S. 95 ff. 36 Diese Ansicht scheint auch die herrschende in der Literatur zu sein; so Dagtoglou, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 295 f.; Rn. 550, 550a; Skouris, Raumordnungs- und Baurecht, S. 74 ff.; Charalampidis, Nomoò+Fu·sh 1994, S. 113 ff. (116); Koutoupa-Regkakou, Nomoò+Fu·sh 1996, S. 435 ff. (441 ff.); Panagopoulos, Umweltrecht, S. 95 ff. 37 Ausführlich zu den verschiedenen Argumenten, die diese Ansicht stützen Charalampidis, Nümoò+Fu·sh 1994, S. 113 ff. (122 ff.). 38 Christofilopoulos, NoB 1998, S. 449 ff. (467 f.); Risos, Nümoò+Fu · sh Juni 2005, www.nomosphysis.org.gr.

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2. Im deutschen Recht a) Umwandlungsgenehmigung Als Erstes ist darauf hinzuweisen, dass im deutschen Recht der Wald allgemein nur mit Genehmigung der nach Landesrecht zuständigen Behörde gerodet und in eine andere Nutzungsart umgewandelt werden kann39. Es handelt sich dabei um die sog. Umwandlungsgenehmigung 40. Die Erforderlichkeit einer Umwandlungsgenehmigung spiegelt den in § 1 Nr. 1 BWaldG enthaltenen allgemeinen Grundsatz der Erhaltung des Waldes wider. Die Umwandlungsgenehmigung wird gemäß § 9 Abs. 1 S. 2 BWaldG nach Abwägung der Belange zur Erhaltung des Waldes gegen Rechte und allerlei Interessen, die für die Waldumwandlung sprechen, erteilt. Oft spricht das öffentliche Interesse für die Erhaltung des Waldes und die privaten Rechte und Interessen drängen in die Richtung der Waldumwandlung (z. B. zum Einsatz von landwirtschaftlichen Nutzungen oder zu Bebauungszwecken). Man muss aber anmerken, dass für die Erhaltung des Waldes auch private Rechte und Interessen sowie für eine Umwandlung auch öffentliche wirtschaftliche oder andere Rechte und Interessen sprechen können. Das ist z. B. dann der Fall, wenn die Gemeinde die Umwandlung eines sich in ihrem Eigentum befindlichen Waldes beantragt, damit sie auf diesen Flächen ihre wirtschaftliche und städtebauliche Politik durchführen kann. Die unterschiedlichen Belange müssen auf jeden Fall gegeneinander und untereinander abgewogen werden, wobei den Walderhaltungsinteressen ein besonderes Gewicht zuerkannt wird41. Die Umwandlungsgenehmigung wird überwiegend als ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt angesehen42: Das grundsätzlich geltende Verbot der Waldumwandlung habe einen vorläufigen, provisorischen Charakter und gelte folglich nur bis zum Zeitpunkt, an dem die Verwaltung die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen kontrolliert habe, um die Genehmi39

§ 9 Abs. 1 S. 1 BWaldG. Eine solche spezielle Genehmigung für die Waldumwandlung kennt das griechische Recht nicht. 41 OVG Münster, Urt. v. 14.7.1982 – 20 A 2637/80, NuR 1983, S. 322 ff. (323); VGH Mannheim, Urt. v. 21.4.1983 – 5 S 1649/82, NuR 1984, S. 148 f.; a. A. OVG Lüneburg, Urt. v. 10.2.1995 – 1 K 2574/94, NuR 1995, S. 473 ff. (475) mit kritischer Anmerkung von Wollenteit, NuR 1995, S. 476. 42 Klose/Orf, Forstrecht, § 9, Rn. 5 ff.; Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 6, Rn. 321; v. Strenge, Naturschutzrecht außerhalb der Naturschutzgesetze, S. 328; OVG Lüneburg, Urt. v. 30.10.1979 – III A 95/77, AgrarR 1981, S. 17 f. (17); OVG Münster, Urt. v. 14.7.1982 – 20 A 2637/80, NuR 1983, S. 322 ff. (323); VGH Mannheim, Urt. v. 21.4.1983 – 5 S 1649/82, NuR 1984, S. 148 f.; VGH Kassel, Urt. v. 1.9.1994 – 3 UE 154/90, NuR 1995, S. 292 ff. (293). 40

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gung zu erteilen. Wenn alle gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, habe der Bürger grundsätzlich einen Anspruch auf die Genehmigung. Die Verwaltung beschränke sich auf eine bloße präventive Kontrolle. Ein solches Ergebnis ist aber abzulehnen, denn der forstrechtlichen Behörde wird vom Gesetzgeber ein breiterer Gestaltungsspielraum gewährt, als ein bloßes präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt zulassen würde. Dies kommt deutlich durch die Formulierung des § 9 Abs. 1 S. 2 BWaldG zum Ausdruck: Alle einschlägigen Belange müssen bei der forstrechtlichen Abwägung zur Erteilung der Umwandlungsgenehmigung gegeneinander und untereinander abgewogen werden43. Die Forstbehörde hat dabei noch weitere Möglichkeiten, als einem bestimmten Belang bloß Vorrang vor einem anderen einzuräumen, um einen Ausgleich zu erreichen; sie kann z. B. Kompensationen für die Umwandlung des Waldes anordnen oder der Umwandlungsgenehmigung andere Nebenbestimmungen beifügen44. Dabei handelt es sich also um eine sog. gestaltende Abwägung. Das bedeutet, dass die Abwägungsintensität zwar den Grad der am meisten integrierenden planerischen Abwägung nicht erreicht; sie erschöpft sich aber auch nicht in der Überprüfung des Durchsetzungsvermögens eines konkreten Belangs gegenüber anderen. Sie stellt einen Mittelweg zwischen planerischer und einfacher (eindimensionaler) Abwägung dar45. Dieser Schluss hat eine wichtige praktische Folge: Wichtig für die forstrechtliche Umwandlungsgenehmigung ist nicht nur, dass das Abwägungsergebnis, sondern dass auch der Abwägungsvorgang sich den Gegebenheiten jedes konkreten Einzelfalles anpassen muss46. Das kann anhand folgenden Beispiels veranschaulicht werden: Oft wollen natürliche Personen die Umwandlung eines Waldes oder eines Teils des Waldes erreichen, weil sie dessen Eigentümer sind und weil sie ihn zu bebauen oder auf eine andere Weise zu bewirtschaften beabsichtigen. Dann ist bei der Entscheidung zur Umwandlungsgenehmigung das Eigentumsrecht nach Art. 14 GG gegen die übrigen Belange abzuwägen, die die Erhaltung des Waldes fordern. Der 43 Diese Formulierung ist jener des § 1 Abs. 7 BauGB über die bauleitplanerische Abwägung sehr ähnlich. 44 Z. B. die Anordnung einer Ersatzaufforstung. Eine solche Nebenbestimmung hält aber das VGH Kassel, Urt. v. 1.9.1994 – 3 UE 154/90, NuR 1995, S. 292 ff. (293) für keine (Rechtmäßigkeits)voraussetzung der Umwandlungsgenehmigung (modifizierende Auflage), sondern für eine neben die Umwandlungsgenehmigung tretende besondere Leistungsverpflichtung (echte Auflage). 45 Dazu sehr ausführlich und völlig überzeugend im Vergleich zur herrschenden Meinung Schmidt-Aßmann, NuR 1986, S. 98 ff. (99 ff.). So auch v. Bülow, Forstliche Rahmenplanung, S. 44 ff.; Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 277, der in dieser Vorschrift ein repressives Verbot sieht. 46 Auf diesen Aspekt der Problematik weist Schmidt-Aßmann, NuR 1986, S. 98 ff. (101) hin.

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Abwägungsvorgang ist aber anders zu gestalten, wenn eine juristische Person des öffentlichen Rechts aus Gründen der effektiven Durchführung ihrer verfassungsrechtlichen oder gesetzlichen Zuständigkeiten eine Umwandlungsgenehmigung beantragt, z. B. wenn eine kommunale Selbstverwaltungskörperschaft die Waldumwandlung verlangt, um in diesem Raum die Verwirklichung ihrer Siedlungs- und Entwicklungspolitik durch die Bauleitplanung zu ermöglichen. Dann ist nämlich Art. 28 Abs. 2 GG, die verfassungsrechtlich garantierte Planungshoheit, bei der Umwandlungsentscheidung mitzuberücksichtigen. In diesem Fall geht es nicht um die Abwägung zwischen einem Grundrecht, nämlich den Eigentumsrechten aus Art. 14 GG, und dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Waldes; es geht um eine Entscheidung der Forstbehörde nach Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Abgrenzungen und der gesetzlichen Kompetenzverteilung. Es liegt also auf der Hand, dass die Maßstäbe der Durchführung der Umwandlungsabwägung nach § 9 Abs. 1 BWaldG nicht immer dieselben sein können und dass sie weit über die Grenzen des dogmatischen Schemas des präventiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalt hinausgehen. b) Beteiligung der Forstbehörden bei der Aufstellung von Bauleitplänen Bevor die Frage eventueller Überschneidungen zwischen Bauleitplanung und Waldschutz untersucht wird, sind Beteiligungsmöglichkeiten der Forstbehörden bei der Bauleitplanaufstellung zu schildern, die dafür sorgen sollen, dass Kollisionen zwischen den beiden Rechtsgebieten möglichst verhindert werden47. Diese Beteiligung wird in einer Sondervorschrift vorgesehen, in § 8 BWaldG. Diese Vorschrift ordnet allgemein die Beteiligung der Forstbehörden bei der Aufstellung aller Planungen und Maßnahmen von Trägern öffentlicher Vorhaben an, die für den Waldschutz von Bedeutung sein können. Zu den Planungen von Trägern öffentlicher Vorhaben gehören auch die Bauleitpläne48. Diese Vorschrift stellt das Spiegelbild des § 4 Abs. 1 BauGB über das Erfordernis einer frühzeitigen Beteiligung der von der Bauleitplanaufstellung betroffenen Behörden im Forstrecht dar. Dabei beschränkt sich § 8 BWaldG nicht auf ein verfahrensrechtliches Beteiligungs47 Bei der Darstellung des griechischen Rechts wurde diese Frage nicht thematisiert, da keine spezielle Vorschrift besteht, die der Forstbehörde Beteiligungsrechte bei der Aufstellung der städtebaulichen Pläne gewährt. Diese Behörde hat die üblichen Rechte wie jede andere Behörde bei der Aufstellung der städtebaulichen Pläne. 48 Klose/Orf, Forstrecht, § 9, Rn. 231.

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1. Teil: Spannungsfelder

gebot durch die Unterrichtung und Anhörung der Forstbehörde bei der Vorbereitung von Bauleitplänen, sondern enthält auch ein materiellrechtliches Berücksichtigungsgebot, indem er die angemessene Berücksichtigung der Funktionen des Waldes bei der Ausgestaltung der Bauleitpläne festlegt. Auf diese Weise werden die Bauleitpläne schon in diesem frühen Stadium mit den forstrechtlichen Interessen abgestimmt, so dass spätere Konflikte vermieden werden können. Die Anwendung des verfahrens- und materiellrechtlichen Beteiligungsgebots setzt das Vorhandensein von forstlichen Fachplanungen49 nicht voraus. Ganz im Gegenteil sind die Beteiligungsgebote gerade dann von größerer Bedeutung, wenn keine forstlichen Rahmenpläne vorhanden sind, anhand derer die „Waldverträglichkeit“ von öffentlichen Planungen und Vorhaben sichergestellt werden könnte. Zutreffend sind die Beteiligungsgebote als eine Art „partieller Umweltverträglichkeitsprüfung“ der künftigen Pläne bezeichnet worden50. Deutlich über die Grenze der (verfahrens- und materiellrechtlichen) Beteiligungsgebote hinaus geht § 10 Abs. 2 S. 3 BW WaldG. Nach dieser Vorschrift muss vor dem Satzungsbeschluss über den Bebauungsplan bei der forstlichen Behörde eine sog. Umwandlungserklärung eingeholt werden, in der die Voraussetzungen der späteren Umwandlung frühzeitig geprüft und eventuelle Ersatzmaßnahmen festgelegt wurden. Das Fehlen der Umwandlungserklärung führt zur Fehlerhaftigkeitkeit des Bebauungsplans, da er gegen zwingendes Recht, nämlich die Vorschrift des § 10 Abs. 2 S. 3 BW WaldG verstößt51. Man muss betonen, dass es sich dabei noch um keine Umwandlungsgenehmigung handelt, sondern um eine Erklärung der Forstbehörde über das Vorliegen der Umwandlungsvoraussetzungen. Andererseits geht aber das Erfordernis nach einer Umwandlungserklärung durch die Forstbehörde über eine bloße Beteiligung am Planaufstellungsverfahren und eine Stellungnahme weit hinaus. Trotzdem wird die Umwandlungserklärung überwiegend nicht als Teil des Bauleitplanaufstellungsverfahrens angesehen, sondern als ein Anteil der Befugnisse zur Genehmigungskontrolle des Bebauungsplans, der den Forstbehörden übertragen worden ist52. Diesem Schluss kann aber entgegengehalten werden, dass die Umwandlungserklärung wesentliche materiellrechtliche Folgen bei der Bauleitplanaufstellung herbeibringt: Ohne diese Umwandlungserklärung kann der Bebauungsplan 49 Forstliche Rahmenplanung nach § 7 BWaldG; dazu auch unten 1. Teil Kap. 2. A. II. 2. d). 50 Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 276. 51 VGH Mannheim, Urt. v. 20.12.1993 – 3 S 2356/91, NVwZ 1995, S. 1225 ff. (1225). 52 VGH Mannheim, Urt. v. 20.12.1993 – 3 S 2356/91, NVwZ 1995, S. 1225 ff. (1226). Mit dieser Argumentation für die Rechtmäßigkeit dieser Vorschrift Klose/ Orf, Forstrecht, § 9, Rn. 233.

2. Kap.: Waldschutz, Biotop- und Artenschutz

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nicht genehmigt werden. Sie stellt also eine materielle Voraussetzung für die Genehmigung des Bebauungsplans dar und somit wird sie zu einem Teil des Bauleitplanaufstellungsverfahrens, was eine unzulässige materiellrechtliche Änderung des Städtebaurechts bewirkt53. Warum das Erfordernis einer vorherigen Umwandlungsgenehmigung für die Zulässigkeit der Bauleitplanung mit dem Bauplanungsrecht nicht vereinbar ist, wird im Folgenden zu erläutern sein. c) Bauleitplanung in Wäldern Wie ist aber die Rechtslage zu beurteilen, wenn eine Gemeinde auf einer Waldfläche ihre Bauleitplanungspolitik zu betreiben beabsichtigt, so dass eine Umwandlung des Waldes erforderlich ist? Ist die Umwandlungsgenehmigung schon in diesem Planungsstadium erforderlich? Ist die Gemeinde als Planaufstellungsbehörde bei der Überplanung eines Waldes in ihrer Planungshoheit eingeschränkt und inwieweit? Und weiter: Unter welchen Voraussetzungen erfolgt die Waldumwandlung, wenn die in Frage kommenden Flächen schon von einem Bauleitplan erfasst sind und dadurch eine dem Forstschutz entgegenstehende Nutzungsart schon festgesetzt worden ist? aa) Überplanung von Waldflächen Zunächst muss man zwischen dem Bauleitplan selbst und den sich auf den Bauleitplan stützenden Entscheidungen (z. B. Baugenehmigungen) unterscheiden. Die Umwandlung kommt erst durch diese Verwaltungsentscheidungen zustande. Der Bauleitplan, ob Flächennutzungs- oder Bebauungsplan, stellt bloß die Voraussetzungen dar, die eine Umwandlung (z. B. durch eine Baugenehmigung) im Einzelfall ermöglichen54. (1) Umwandlungsgenehmigung nicht schon im Planungsstadium Die erste Frage, die hier auftaucht, ist, ob bei einer Bauleitplanung, die Flächen eines Waldes für andere Nutzungen in Anspruch nimmt und somit die spätere Umwandlung ermöglicht, die Vorschrift des § 9 BWaldG gelten soll, so dass schon in diesem frühen Stadium der Planung die Kriterien der Umwandlungsentscheidung Anwendung finden sollen. Schon bei der Aufstellung des Flächennutzungs- und vor allem des Bebauungsplans werden 53 Schmidt-Aßmann, NuR 1986, S. 98 ff. (105), der diese Vorschrift aus diesem Grund als unvereinbar mit dem (städtebaulichen) Bundesrecht sieht. 54 Klose/Orf, Forstrecht, § 9, Rn. 229; BVerwG, Beschl. v. 25.8.1997 – 4 NB 12/97, NuR 1998, S. 135 ff.

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1. Teil: Spannungsfelder

die wichtigsten Erwägungen gemacht und alle einschlägigen Interessen untereinander abgewogen, so dass nunmehr für die Erteilung der Baugenehmigungen und folglich für die Waldumwandlung nur noch die Subsumtion übrig bleibt. Die fertigen Bauleitpläne machen der Umwandlung den Weg frei55. Aus diesem Grund wird zuweilen angenommen, dass das Vorhandensein eines Waldes die Gemeinde bei der Ausgestaltung der Bauleitpläne materiellrechtlich streng bindet56. Obwohl den Darstellungen bzw. Festsetzungen der Bauleitpläne tatsächlich eine entscheidende Rolle bei der Erteilung der späteren Zulassungsgenehmigungen zukommt, muss man annehmen, dass die Aufstellung der Bauleitpläne von einer Umwandlungsentscheidung nach § 9 Abs. 1 BWaldG nicht abhängig gemacht werden kann und auch dass die Gemeinde bei der Bauleitplanaufstellung an die Kriterien einer Umwandlungsentscheidung nicht gebunden ist. Die bauleitplanerische Abwägung des § 1 BauGB ist sehr umfangreich. Die Planungsbehörde muss bei der Erfüllung ihrer Aufgabe alle einschlägigen Faktoren mit Blick auf die Zukunft und auch im Verantwortungsbewusstsein ihrer wirtschaftlichen, sozialen und umweltschutzrechtlichen Aufgaben berücksichtigen57. So gelten die für die Umwandlungsentscheidung gestellten engen Kriterien rechtsverbindlich für die Bauleitplanung nicht58. Wann und unter welchen Voraussetzungen ein Wald überplant werden soll, wird überwiegend anhand der herkömmlichen, allgemein geltenden städtebaurechtlichen Kriterien (die natürlich auch, aber nicht ausschließlich oder überwiegend, umwelt- und forstschutzrechtliche Erfordernisse miteinbeziehen) zu entscheiden sein59. Dies entspricht der verfassungsrechtlich garantierten Planungshoheit der Gemeinde. Außerdem ist diese Lösung auch konform mit der gestaltenden Abwägung, die der Forstbehörde bei der Umwandlungsgenehmigung gewährt wird. Die Bauleitplanaufstellungsbehörde darf diese gestaltende Abwägung der Forstbehörde bei der Erteilung der Umwandlungsgenehmigung nicht ersetzen oder vorwegnehmen, ohne dass dadurch die Kompetenzordnung verletzt wird. Dieses Ergebnis soll aber natürlich an der Tatsache nichts ändern, dass die 55 Dieser Gedanke erinnert sehr stark an das Hauptargument der Bejahung der Anwendung der Eingriffsregelung, dazu unten 2. Teil Kap. 2. A. I. 2. a). 56 So Klose/Orf, Forstrecht, § 9, Rn. 229c, der nicht nur die Berücksichtigung des Waldschutzes bei der Aufstellung der Bauleitpläne, sondern auch die materiellrechtliche Bindung der Bauleitpläne als erforderlich betrachtet; so auch Franz, AgrarR 2002, S. 133 ff. (136). 57 § 1 Abs. 5 S. 1 BauGB. 58 OVG Lüneburg, Urt. v. 10.2.1995 – 1 K 2574/94, NuR 1995, S. 473 ff. (475); Schmidt-Aßmann, NuR 1986, S. 98 ff. (105); v. Bülow, Forstliche Rahmenplanung, S. 71, Fußnote Nr. 165. 59 OVG Münster, Beschl. v. 21.8.2002 – 10a D 83/00, NuR 2003, S. 378 ff. (379); Nies/Kendzia, AUR 2004, S. 101 ff. (104).

2. Kap.: Waldschutz, Biotop- und Artenschutz

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Gemeinde bei der Aufstellung der Bauleitpläne die Forstbehörde nach § 8 BWaldG verfahrens- und materiellrechtlich zu beteiligen hat. Die Beteiligung der Forstbehörden ist schon in dieser Stufe der Aufstellung der Bauleitpläne auch deshalb geboten, damit eventuelle Konflikte möglichst frühzeitig bewältigt werden. Auf ihre Anhörung ist also auf keinen Fall zu verzichten. An diesem Punkt ist darauf hinzuweisen, dass die mangelnde Bindung der planenden Gemeinde an die Kriterien der Waldumwandlung mit der Beantwortung der entsprechenden Frage bei der Untersuchung der Überplanungsmöglichkeiten von Gebieten, die von Natur- und Wasserschutzgebietsausweisungen erfasst sind, nicht übereinstimmt. Dieser Unterschied ist mit folgenden Überlegungen zu erklären: Die Schutzgebietsausweisungen enthalten eventuell direkte Bauverbote oder andere unmittelbar geltende und für die Bauleitplanung verbindliche Anordnungen, die zwingendes Recht darstellen und so eine strenge materiellrechtliche Bindungswirkung für den Inhalt der Bauleitpläne entwickeln60. Ein Bebauungsplan, der gegen dieses zwingende Recht verstößt, ist nach § 6 Abs. 2 und § 6 Abs. 2 i. V. m. § 10 Abs. 2 S. 1 und 2 BauGB genehmigungsunfähig. Im gesetzlichen Forstrecht in Deutschland besteht dagegen (im Gegensatz zu Griechenland) kein allgemeines oder spezielles Verbot der Überplanung eines Waldes von einem Bebauungsplan, sondern nur ein Genehmigungsvorbehalt für jedes einzelne Vorhaben, das zu einer Umwandlung des Waldes führt. Deshalb können die Planungsbehörden unabhängig vom Vorliegen der Umwandlungsvoraussetzungen die Bauleitpläne aufstellen. Eine strenge materiellrechtliche Bindung der Gemeinde als Planungsbehörde vom Waldrecht folgt in diesem Fall aus keiner konkreten verbindlichen Vorschrift. Die Umwandlungsentscheidungen sind selbständige Verwaltungsakte, die sich auf konkrete Vorhaben beziehen, die eventuell aufgrund eines Bebauungsplans ermöglicht werden. Die Erteilung der Umwandlungsgenehmigung kann also einem Bebauungsplan eventuell folgen und wird gleichzeitig von seinem Vorhandensein beträchtlich beeinflusst, wie noch zu zeigen sein wird. Die Umwandlungsvoraussetzungen entfalten aber im Stadium der Bebauungsplanaufstellung noch keine (direkt) verbindliche Wirkung61. Außerdem erinnert die Tatsache, dass im Stadium der Bauleitplanung das Vorhandensein von Umwandlungsgenehmigungen noch nicht erforderlich ist, an die Problematik der Überplanungsmöglichkeit in einer Befreiungslage, die bei den Schutzgebietsausweisungen nach der hier vertretenen An60 Das ist auch für die gesetzlichen Arten- und Biotopschutzregelungen der Fall. Dazu unten 1. Teil Kap. 2. B. I. 3. und II. 1. a). 61 Bei der planerischen Abwägung müssen freilich auch die forstrechtlichen Belange berücksichtigt werden. Zur materiellrechtlichen Beteiligung der Forstbehörde bei der Aufstellung der Bauleitpläne siehe oben 1. Teil Kap. 2. A. II. 2. b).

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1. Teil: Spannungsfelder

sicht verneint wurde. Die Entsprechung zwischen den beiden Rechtslagen ist darin zu finden, dass auch hier der Bebauungsplan aufgestellt werden kann, ohne dass zuvor die Umwandlungsgenehmigung erteilt worden ist62. Hier wird aber im Gegensatz zu den Ausführungen zu den Schutzgebietsausweisungen die Möglichkeit der Überplanung von Wäldern schon vor der Erteilung der Umwandlungsgenehmigung und auch ohne vorherige Aufhebung der entgegengesetzten gesetzlichen Vorschriften zum Waldschutz akzeptiert63. Dadurch entsteht kein – auch vorläufiger – Widerspruch in der Rechtsordnung, da es sich hier um kein primäres Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, sondern um das Erfordernis einer vorherigen Genehmigung der Forstbehörde handelt. Auf diese Weise kann es aber nachträglich zu einer Unmöglichkeit der Durchführung des Bebauungsplans kommen, wenn die Forstbehörde im Gegensatz zu den im Bebauungsplan festgesetzten Nutzungen sich gegen die Umwandlung entscheidet64. Im Ergebnis wird also der Bebauungsplan hier unter Vorbehalt der späteren Umwandlungsgenehmigung in Kraft gesetzt, was natürlich auch in diesem Fall im Hinblick auf die Planungshoheit, den Bestandsschutz, die Rechtssicherheit und die Eigentumsrechte höchst problematisch ist65. Die Konflikte hinsichtlich Bestandsschutz-, Rechtssicherheit und Eigentumsrechte und nachträglich eintretende Diskrepanzen zwischen Umwandlungsgenehmigungen und Bebauungsplanfestsetzungen werden aber in der Praxis durch die im Folgenden darzustellenden Erfordernisse und Bindungen der Umwandlungsgenehmigung nach dem In-Kraft-Treten eines Bebauungsplans beträchtlich gemildert. (2) Erforderlichkeit einer Umwandlungsgenehmigung trotz Festsetzungen eines Bebauungsplans Die Erkenntnis, dass die Planungsbehörde bei der Aufstellung der Bauleitpläne sich nicht von den Kriterien einer Umwandlung nach § 9 Abs. 1 BWaldG leiten lassen muss, bedeutet noch lange nicht, dass auch im späteren Stadium der Anwendung des Bebauungsplans auf die Umwandlungsge62 Dieselbe Entsprechung auch in: BVerwG, Beschl. v. 25.8.1997 – 4 NB 12/97, NuR 1998, S. 135 ff. 63 Wie noch unten zu zeigen sein wird, ist das auch bei den gesetzlichen Artenund Biotopschutzregelungen der Fall, dazu unten 1. Teil Kap. 2. B. I. 4. b). und II. 1. a). 64 Die Unmöglichkeit der Verwirklichung des Bebauungsplans aufgrund von forstrechtlichen Gründen führt zur Rechtswidrigkeit des Bebauungsplans; aus der älteren Rechtsprechung VG Koblenz, Urt. v. 31.10.1980 – 1 K 220/79, NuR 1981, S. 213 f.; aus der jüngeren BVerwG, Beschl. v. 25.8.1997 – 4 NB 12/97, NVwZ-RR 1998, S. 162 ff. (164). 65 Zu den einzelnen Problemen dieser Lösung siehe die entsprechende Stelle bei den Schutzgebietsausweisungen 1. Teil Kap. 1. A. III. 2. b). bb). (1).

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nehmigung verzichtet werden kann. So lautet die hier interessierende Frage wie folgt: Ist eine Umwandlungsgenehmigung nach § 9 Abs. 1 BWaldG auch dann erforderlich, wenn ein Bebauungsplan die Waldfläche überplant und für diese Fläche eine andere als die vorhandene Nutzungsart verbindlich vorgesehen hat? Diese Frage lässt das BWaldG offen, indem es in § 9 Abs. 3 Nr. 1 eine Ermächtigung an die Länder enthält, gegebenenfalls die Umwandlungsgenehmigung des Abs. 1 für überflüssig zu erklären, wenn für die Waldfläche aufgrund anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften eine bestimmte Nutzungsart festgesetzt worden ist. Solche öffentlich-rechtlichen Vorschriften können natürlich auch die Festsetzungen von Nutzungsarten in einem Bebauungsplan sein. Es liegt im Ermessen des Landesgesetzgebers, sich für diese Lösung zu entscheiden. Dafür sprechen einerseits wichtige praktische Erwägungen: Da die Gemeinde die Forstbehörde notwendigerweise verfahrens- und materiellrechtlich bei der Aufstellung der Bauleitpläne beteiligt und in ihrer integrativen Planungsabwägung auch die forstrechtlichen Interessen mitberücksichtigt, könnte man davon ausgehen, dass die wichtigsten Erwägungen über die Zulässigkeit der Umwandlung des Waldes schon bei der Bauleitplanung gemacht worden sind. So kann auf eine zusätzliche Umwandlungserklärung verzichtet werden. Auf diese Weise werden Doppelprüfungen mit Kosten- und Zeitaufwand sowie widersprüchliche Entscheidungen vermieden66. Dagegen sprechen jedoch wichtige Argumente. Wie schon oben dargestellt, decken sich die Abwägungsentscheidungen dieser beiden Verfahren, der Bauleitplanung und des Umwandlungsgenehmigungsverfahrens, zwar einigermaßen, aber nicht vollständig. Die Planungsbehörde berücksichtigt die einschlägigen Interessen umfassend, wobei die Forstbehörden notwendigerweise den forstrechtlichen Interessen ein besonderes Gewicht beimessen (müssen). Aus diesem Grund ist eine Umwandlungsgenehmigung trotz der Überplanung des Waldes und der Änderung seiner Nutzungsart durch einen Bebauungsplan erforderlich, wenn das Landesrecht nichts anderes vorsieht67. 66 Diese Lösung haben die Landeswaldgesetze in Bayern, Niedersachsen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Saarland akzeptiert, vgl. § 9 Abs. 8 BayWaldG, § 8 Abs. 2 Nr. 1 NWaldG, § 4 Abs. 4 HmbLWaldG, § 43 Abs. 1 Nr. a) LFoG NordWestf.; § 8 Abs. 5 LWaldG Saarland. 67 Franz, AgrarR 2002, S. 133 ff. (137). Diese gesetzliche Lösung bestätigend OVG Münster, Urt. v. 6.7.2000 – 7a D 101/97.NE, BauR 2001, S. 55 ff. (57). Das Landesrecht kann natürlich auch das Gegenteil ausdrücklich vorsehen; so z. B. § 10 Abs. 1 LWaldG Baden-Württemberg, der die Pflicht zur Erwerbung einer Umwandlungsgenehmigung von der Forstbehörde trotz einer vom Bebauungsplan festgesetzten Nutzung beibehält. Ähnlich § 8 Abs. 1 S. 4 SächsWaldG, der anordnet, dass durch die Umwandlungsgenehmigung übrige Vorschriften, die eine Änderung der Nutzungsart erlauben oder untersagen, unberührt bleiben.

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1. Teil: Spannungsfelder

bb) Entscheidung über die Umwandlungsgenehmigung nach Überplanung der Waldflächen In diesem Fall ist weiter zu fragen, nach welchen Kriterien eine Umwandlungsgenehmigung erteilt werden soll, wenn der Wald von einem Bauleitplan schon erfasst ist. Sollen die Kriterien des § 9 Abs. 1 BWaldG in diesem Fall differenziert angewandt werden? Unsere Aussage lautet: Bei der Abwägung zur Umwandlungsgenehmigung ist der Tatsache, dass der Wald schon von einem Bauleitplan erfasst ist und die baurechtliche Abwägung zugunsten der Umwandlung ausgefallen ist, besonderes Gewicht zu verleihen. Konkreter: (1) Flächennutzungsplan Was den Flächennutzungsplan betrifft, wird diese Aussage auf zweierlei Begründungen gestützt: Erstens konkretisieren diese Pläne die Ziele der Raumordnung und Landesplanung auf örtlicher Ebene und so müssen sie auch, wie nach § 4 Abs. 1 S. 1 und 2 ROG die Ziele der Raumordnung und Landesplanung selbst, bei allen einschlägigen Verwaltungsentscheidungen berücksichtigt werden68. Zu diesen Verwaltungsentscheidungen gehören natürlich auch die Umwandlungsgenehmigungen, die die Darstellungen in den Flächennutzungsplänen als Konkretisierung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung auf örtlicher Ebene in die Abwägung miteinbeziehen müssen69. Und zweitens wird durch den Inhalt des Flächennutzungsplans das „öffentliche Interesse“ im Einzelfall konkretisiert, so dass die Darstellungen dieses Plans in die Entscheidungen zur Waldumwandlung über den abstrakten Begriff des „öffentlichen Interesses“ im § 9 Abs. 1 S. 3 BWaldG Eingang finden70. (2) Bebauungsplan Auf die Umwandlungsentscheidungen muss aber auch der Inhalt eines gültigen Bebauungsplans einen starken Einfluss nehmen. Auch ein Bebauungsplan ist der konkrete Ausdruck des öffentlichen Interesses und muss über den abstrakten Begriff des § 9 Abs. 1 S. 3 BWaldG Eingang in die 68 Über die Genehmigung einer Waldneuanlage siehe VG Koblenz, Urt. v. 31.10.1980 – 1 K 220/79, NuR 1981, S. 213 f. (213); VG Kassel, Urt. v. 22.1.1979 – IV E 182/79, AgrarR 1980, S. 203 f. (203). 69 Der Bebauungsplan zählt aber zu den Zielen der Raumordnung und Landesplanung nicht, VG Koblenz, Urt. v. 31.10.1980 – 1 K 220/79, NuR 1981, S. 213 f. (213). 70 Klose/Orf, Forstrecht, § 9, Rn. 112.

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Abwägung zur Umwandlungsentscheidung finden71. Außerdem hat die schon durchgeführte umfassende Planungsabwägung alle in Betracht kommenden Belange integriert und eine ausgewogene Lösung für vorkommende Interessenkonflikte gefunden. Dieses durch den Bebauungsplan erreichte Gleichgewicht der gegensätzlichen Interessen dürfte nicht leichtsinnig durch die Erteilung bzw. Verweigerung einer Umwandlungsgenehmigung entgegen den Festsetzungen des Bebauungsplans gestört werden. Dafür spricht der Grundsatz der Rechtssicherheit und das Bestandsschutzprinzip: Die Einzelnen, die Rechte oder Interessen auf die Festsetzung bestimmter Nutzungsarten in einem Bebauungsplan stützen, müssen sich auf diesen Plan verlassen können. Es ist ihnen nicht zumutbar, mit jeder beliebigen Abweichung von diesen Festsetzungen rechnen zu müssen, z. B. bloß weil eine andere Behörde (die Forstbehörde) bei der Abwägung desselben Materials zu einem unterschiedlichen Ergebnis gekommen ist als die Planungsbehörde. Im Regelfall sollte jeder davon ausgehen können, dass die Planungsbehörde sich mit anderen in demselben Gebiet zuständigen und tätigen Behörden in Kontakt gesetzt und ihre Tätigkeit mit ihnen koordiniert hat, so dass der Bebauungsplan das Ergebnis einer integrierten Abwägung ist. Eine Abweichung vom festgelegten Inhalt eines Bebauungsplans durch eine Umwandlungsentscheidung sollte nur dann zulässig sein, wenn die Forstbehörde bei der Erfüllung ihrer Aufgabe zusätzliche72, dem Forstschutz eigene, fachspezifische Belange berücksichtigt und daraufhin zu dem Ergebnis kommt, dass diese Belange den städtebaulichen Belangen überlegen sind, so dass eine Abweichung vom Inhalt des Bebauungsplans unerlässlich ist. Die neuere Rechtsprechung geht in der Tat davon aus, dass ein Bebauungsplan geändert werden muss, wenn nach seiner Aufstellung in seinem Gebiet sich ein Wald gebildet hat und dieser neue Umstand im Gegensatz zu den Festsetzungen des Bebauungsplans steht73. Dies wird in der Praxis nur in seltenen Fällen vorkommen, die sich im Regelfall mit Abwägungsfehlern bei der Aufstellung der Bauleitpläne decken werden74. cc) Schutz- und Erholungswälder Speziell für die Schutz- und Erholungswälder75 sieht § 9 Abs. 3 Nr. 2 BWaldG die Möglichkeit der Länder vor, einen generellen und absoluten 71

VG Koblenz, Urt. v. 31.10.1980 – 1 K 220/79, NuR 1981, S. 213 f. (213). Doppelprüfungen sollten vermieden werden und deshalb muss die Forstbehörde sich mit den Abwägungen der Gemeinde begnügen, wenn es um Belange geht, die bei der Bauleitplanung berücksichtigt worden sind bzw. hätten werden müssen. 73 OVG Münster, Urt. v. 6.7.2000 – 7a D 101/97.NE, BauR 2001, S. 55 ff. (57). 74 Schmidt-Aßmann, NuR 1986, S. 98 ff. (105); Klose/Orf, Forstrecht, § 9, Rn. 229b. 72

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Vorrang der Schutzinteressen dieser Wälder vor anderen einschlägigen Interessen festzulegen, so dass eine Umwandlungsgenehmigung auf jeden Fall abzulehnen ist76. Die erforderliche Abwägung zwischen den Interessen zur Erhaltung des Waldes und den Belangen zur Waldumwandlung ist in diesem Fall vom Bundesgesetzgeber beim Erlass des § 9 Abs. 3 Nr. 2 BWaldG und vom jeweiligen Landesgesetzgeber, falls er von der bundesrechtlich dargebotenen Möglichkeit Gebrauch macht, schon mit abstrakten Kriterien durchgeführt. Die Rechtsprechung hat bei Vorhandensein eines Bebauungsplans Bedenken über eine solche abstrakte gesetzliche Abwägung geäußert, die eine Umwandlung ausschließt: Die Erteilung einer Umwandlungsgenehmigung darf nicht ausgeschlossen sein, wenn ein Bebauungsplan Waldflächen für eine andere als die forstliche Nutzung in Anspruch nimmt; sonst wird die Vorschrift des § 1 Abs. 2 BauGB praktisch außer Kraft gesetzt, wonach die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen haben, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist77. Die Gemeinde müsste in diesem Fall untätig bleiben, auch wenn eine Überplanung des Waldes im konkreten Fall absolut notwendig wäre. Eine solche Beeinträchtigung des Kerns der Planungshoheit wird von der deutschen Rechtsprechung nicht akzeptiert. dd) Eingriffsregelung Eine weitere Frage speziell des deutschen Rechts betrifft das Verhältnis zwischen der Eingriffsregelung der §§ 18 ff. BNatSchG und der Waldumwandlung. Es liegt auf der Hand, dass die Waldumwandlung zugleich einen Eingriff in die Natur und Landschaft im Sinne der §§ 18 ff. BNatSchG darstellt. Eingriffe in Natur und Landschaft sind nämlich Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen, die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können78. Wie unterscheiden sich und wo überschneiden sich also die Vorschriften zur Waldumwandlung und die Eingriffsregelung des BNatSchG? 75 Die Definition dieser Waldkategorien wird für das Bundesrecht in den §§ 12 und 13 BWaldG und in diesem Rahmen für das Landesrecht in den jeweiligen Landeswaldgesetzen gegeben. 76 Die praktische Bedeutung dieser Vorschrift ist insofern gering, als das bayerische Waldgesetz als einziges Landeswaldgesetz in § 9 Abs. 4 Abs. 1 diesen absoluten Vorrang von Schutz- und Erholungswald vorsieht, allerdings mit der Ausnahme, dass eine Umwandlungsgenehmigung erteilt werden kann, wenn die Schutz- bzw. Erholungsfunktionen nicht beeinträchtigt werden. 77 BVerwG, Beschl. v. 25.8.1997 – 4 NB 12.97, NuR 1998, S. 135 ff. 78 § 18 Abs. 1 S. 1 BNatSchG.

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Überwiegend wird davon ausgegangen, dass beide Regelungskomplexe selbständige Anordnungen enthalten und somit parallel zueinander gelten79. Wenn die entsprechenden gesetzlichen Tatbestände erfüllt sind, treten die jeweiligen gesetzlichen Folgen ein, ungeachtet dessen, ob auch die Vorschriften des anderen Regelungskomplexes Anwendung beanspruchen. Trotzdem müssen beide Regelungsblöcke einander berücksichtigen. So sind Maßnahmen, die in der Umwandlungsgenehmigung nach § 9 BWaldG zur Schonung des Waldes angeordnet und durchgeführt worden sind (z. B. Neuaufforstungen an anderen Stellen), bei der Anwendung der Eingriffsregelung zu berücksichtigen. Dasselbe gilt auch umgekehrt: Die im Rahmen der Eingriffsregelung eventuell getroffenen Kompensationsmaßnahmen müssen bei der Erteilung der Umwandlungsgenehmigung in Betracht gezogen werden. Da das Forstrecht ein spezifisches Fachrecht darstellt, könnte man aber auch auf den Gedanken kommen, dass die Vorschrift des § 9 BWaldG lex specialis im Verhältnis zur allgemein geltenden naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung ist. In diesem Sinne würde die Eingriffsregelung nur dann Anwednung finden, wenn noch weitere Belange des Naturschutzes als die forstrechtlichen Belange betroffen wären80. Die Annahme einer solchen Lösung hat wichtige praktische Folgen, weil die Eingriffsregelung zusätzliche Ausgleichs- bzw. Ersatzpflichten anordnet, die bei der Waldumwandlungsentscheidung des § 9 BWaldG nicht gesetzlich vorgeschrieben werden. Diese Bemerkung zeigt auch den schwachen Punkt der Betrachtung der forstrechtlichen Umwandlungsgenehmigung als lex specialis: Falls nur die forstrechtlichen und keine weiteren naturschutzrechtlichen Belange von der Umwandlung beeinträchtigt werden sollten, wären nur die Kriterien der Umwandlungsentscheidung einschlägig und die im Rahmen der Eingriffsregelung erforderlichen Maßnahmen kämen nicht in Betracht. In diesem Fall wäre nämlich keine Kompensation erforderlich, obwohl dieselbe Beeinträchtigung der Natur, nämlich die Rodung oder die Änderung der Nutzung des Waldes, bei fehlender Umwandlungsregelung auch die Kompensationspflicht der Eingriffsregelung herbeigeführt hätte. Das Erfordernis einer Umwandlungsgenehmigung ist aber zu einem zusätzlichen Schutz des Waldes und nicht zu einer Verminderung des Schutzes festgelegt worden. 79 Klose/Orf, Forstrecht, § 9, Rn. 151; Fischer-Hüftle, NuR 1994, S. 68 ff. (69 f.); Tausch/Wagner, NuR 1999, S. 370 (376); v. Strenge, Naturschutzrecht außerhalb der Naturschutzgesetze, S. 322 ff. (323). 80 So Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 6, Rn. 321; Zerle, BayVBl. 1988, S. 134 ff. (135); Ronellenfitsch, VerwArch 84 (1993), S. 537 (554); VGH Kassel, Urt. v. 1.9.1994 – 3 UE 154/90, NuR 1995, S. 292 ff. (295).

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1. Teil: Spannungsfelder

Die entgegengesetzte Auffassung, dass die Eingriffsregelung lex specialis im Verhältnis zu den Waldgesetzen der Länder darstellt81, ist ebenfalls abzulehnen. Diese Annahme führt zu zweierlei absurden Ergebnissen: Zum einen schließt die Anwendung der Eingriffsregelung das Verfahren zur Umwandlungsentscheidung contra legem aus und zum anderen entscheidet sich die für die Eingriffsprüfung zuständige Behörde unabhängig von den Kriterien der Waldumwandlung. Auf diese Weise wären die fachspezifischen Belange des Waldschutzes ausgeschlossen, auch wenn die Integrität eines Walds in Betracht käme. Die Behandlung der Eingriffsregelung als lex specialis ist ferner aus rechtsdogmatischen Gründen problematisch, da sie sich allgemein auf allerlei Eingriffe in die Natur und Landschaft bezieht, wobei die Umwandlungsgenehmigung einen speziellen Fall von Eingriff in die Natur und Landschaft, nämlich den Eingriff in ein Waldgebiet, zum Gegenstand hat. d) Forstrechtliche Rahmenplanung Schließlich gibt es im deutschen Recht ein zusätzliches Instrument des Waldschutzes: Es handelt sich um die forstliche Rahmenplanung, die bundesweit rahmenrechtlich in §§ 6 und 7 BWaldG vorgesehen ist. Die forstliche Rahmenplanung interessiert im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nur insofern, als sie im Gesetz so ausgestaltet ist, dass sie einen wichtigen Beitrag zur Abstimmung der forstrechtlichen Interessen mit den raumplanerischen Belangen (vor allem raumplanerische Belange der höheren Stufen, nämlich der Raumordnung und Landesplanung82 und so auch mittelbar der Bauleitplanung) leistet: Nach § 6 Abs. 2 BWaldG sind die Ziele der Raumordnung und der Landesplanung bei der forstlichen Rahmenplanung zu beachten. Umgekehrt sieht § 7 Abs. 3 BWaldG vor, dass die raumbedeutsamen Erfordernisse und Maßnahmen der forstlichen Rahmenpläne unter Abwägung mit den anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen in die Programme oder Pläne des Raumordnungsgesetzes aufgenommen werden. Schließlich setzt § 7 Abs. 1 S. 2 BWaldG die Unterrichtungs- und Anhörungspflicht der interessierten oder eventuell betroffenen Träger öffentlicher Belange durch die Forstbehörde bei der Wahrnehmung ihrer forstlichen Rahmenplanungsaufgabe fest. Zu den Trägern öffentlicher Belange können auch die Gemeinden als Träger der Bauleitplanung gehören, entweder wenn sie als benachbarte Gemeinden ein Interesse an der Ausdehnung bestehender Bebauungspläne 81 Schrödter, in: Schrödter (Hrsg.), BauGB, § 1a, Rn. 84 und § 9, Rn. 84; OVG Lüneburg 10.2.1995 – 1 K 2574/94, NuR 1995, S. 473 ff. (475); OVG Lüneburg, Urt. v. 22.1.1996 – 6 K 5436/93, NuR 1997, S. 298 ff. (300). 82 Dazu v. Bülow, Forstrechtliche Rahmenplanung, S. 292 ff. (insb. 300 ff.).

2. Kap.: Waldschutz, Biotop- und Artenschutz

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auf waldliche Gebiete haben, oder wenn sie als Eigentümerinnen des Waldes auf diesen Flächen ihre Wohnungs- und Entwicklungspolitik durchzuführen beabsichtigen83. Alle diese Vorschriften weisen deutlich den Willen des Gesetzgebers auf, die forstliche Rahmenplanung mit anderen raumbedeutsamen Planungen, Maßnahmen und Belangen abzustimmen und auch umgekehrt den Inhalt der räumlichen Planung mit der forstlichen Rahmenplanung zu koordinieren. Der Gesetzgeber ist sich dessen bewusst, dass auf den Waldflächen nicht nur forstschutzrechtliche, sondern auch weitere wichtige Interessen auftauchen können. In diesen Fällen ist die Abstimmung der unterschiedlichen Planungen geboten. III. Waldschutz und Bebauung 1. Im griechischen Recht a) Grundsätzliches Verbot der Bebauung Wie schon oben dargestellt, ist in Griechenland verfassungsrechtlich jeder Eingriff (also auch jegliche Bebauung) in den Wäldern und Waldgebieten sowie jede Änderung ihrer Nutzungsart grundsätzlich verboten. Diese Bestimmung ist auch im Gesetz enthalten, und zwar in § 45 Abs. 3 gr. G. 998/1979. In den §§ 45 ff. dieses Gesetzes sind aber gleichzeitig einige seltene Ausnahmefälle festgelegt, in denen unter strengen Voraussetzungen die Bebauung bestimmter Anlagen erlaubt werden kann, die z. B. Zwecken der nationalen Verteidigung oder der nachhaltigen Benutzung der Ressourcen des Waldes dienen. Die Regel des grundsätzlichen Verbots der Bebauung in einem Wald oder Waldgebiet folgt in den meisten Fällen ohnehin aus der Unzulässigkeit der Überplanung dieser Waldflächen durch die Städtebauliche Studie bzw. aus der Unzulässigkeit ihrer Umwandlung bei einer Überplanung84. Falls die Städtebauliche Studie zulässigerweise nach den oben analysierten Voraussetzungen eine Änderung der Nutzungsart des Waldes oder Waldgebiets und seine Umwandlung in ein Baugebiet vorgesehen hat, ist auch die Bebauung auf diesen Flächen nach den baurechtlichen Voraussetzungen zulässig. Wenn aber keine Städtebauliche Studie vorhanden ist, die die Bebauung im Wald oder Waldgebiet zulässt, dann ist die Bebauung auf den Wald83 Ausführlich zum Verhältnis zwischen forstlicher Rahmenplanung und Bauleitplanung v. Bülow, Forstliche Rahmenplanung, S. 321 ff. 84 Zu dem grundsätzlichen Verbot der Überplanung und zu den Überplanungsmöglichkeiten im Ausnahmefall ausführlich oben 1. Teil Kap. 2. A. II. 1. a).

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1. Teil: Spannungsfelder

flächen selbst nach denjenigen Sondervorschriften nicht gestattet, die die Bebauung ausnahmsweise außerhalb des von einer Städtebaulichen Studie beplanten Bereichs erlauben85. Die Vorschriften über das grundsätzliche Bebauungsverbot in einem Wald oder Waldgebiet sind Spezialregelungen im Verhältnis zu den Regelungen über die Zulassung der Bebauung ausnahmsweise außerhalb des Gebiets einer Städtebaulichen Studie86. b) Eigentumsrechte Das grundsätzliche Verbot der Bebauung in den Wäldern und Waldgebieten und sein Durchbruch in nur ganz seltenen Ausnahmefällen ruft die Frage der Vereinbarkeit dieser Regelung mit dem Eigentumsrecht hervor. So wie bei allen Beeinträchtigungen der Eigentumsrechte aufgrund von umwelt-, naturschutz-, wasserschutz- oder hochwasserschutzrechtlichen Bestimmungen geht auch hier die ständige Rechtsprechung des gr. Staatsrates grundsätzlich von zumutbaren Inhaltsbestimmungen des Eigentums ohne oder mit der Pflicht einer Ausgleichsentschädigung aus. In der Regel wird also keine (de facto) Enteignung angenommen. Dabei ist die Beeinträchtigung der Eigentumsrechte im Falle von sich innerhalb eines Waldes oder Waldgebiets befindenden Grundstücken schwerer als bei den übrigen naturschutz- und wasserschutzrechtlichen Anordnungen. Trotzdem sind diese Einschränkungen grundsätzlich zumutbar und somit ohne Entschädigung zu dulden, da die Eigentumsrechte sich jeweils auf den konkreten Eigentumsgegenstand nach seiner rechtlichen und natürlichen Bestimmung beziehen. Die Waldflächen befinden sich von ihrer rechtlichen Natur aus außerhalb einer Städtebaulichen Studie und sind nicht für die Bebauung bestimmt87. Somit ist die Schwelle der Zumutbarkeit bei der Verletzung der Eigentumsrechte um so höher zu stellen, als es sich bei den Wäldern um besonders hochwertige Güter für den Naturschutz handelt. Auch hier ist die Entsprechung mit der deutschen Rechtsprechung über die „Situationsgebundenheit“ des Eigentums eindeutig. 2. Im deutschen Recht Im Gegensatz zum griechischen Recht enthält das deutsche Recht kein allgemeines Verbot der Bebauung im Wald. Stattdessen wird aber schon in § 1 Nr. 1 BWaldG ein allgemeiner Grundsatz der Walderhaltung festgesetzt. Das Spiegelbild dieses allgemeinen Grundsatzes des BWaldG 85

Dazu oben, Einf. A. II. 4. So ausdrücklich StaatsratsE 4430/1997. In dieselbe Richtung auch StaatsratsE 1/1993. 87 StaatratsE 2009/2003; so auch für das deutsche Recht OVG Münster, 14.7.1982 – 20 A 2637/80, NuR 1983, S. 322 ff. (322 f.). 86

2. Kap.: Waldschutz, Biotop- und Artenschutz

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in seinem Instrumentarium stellt die Umwandlungsgenehmigung des § 9 BWaldG dar. Somit sind im deutschen Recht für die Bebauung im Wald zwei Genehmigungen erforderlich: die Waldumwandlungsgenehmigung und die normale Baugenehmigung. Diese Teilung der Bebauungszulässigkeit auf Waldflächen in zwei Genehmigungstatbestände aus unterschiedlichen Rechtsgebieten verursacht spezielle Rechtsprobleme, die im griechischen Recht nicht auftauchen: Fraglich ist als Erstes, ob diese zwei Genehmigungen völlig selbstständig und unabhängig voneinander sind oder ob das Vorhandensein der einen die Erteilung der anderen beeinflusst. Für die Selbstständigkeit der beiden Genehmigungen spricht § 29 Abs. 2 BauGB, wonach andere öffentlich-rechtliche Vorschriften (wie auch die Vorschriften über die Waldumwandlungsgenehmigung) von den Regelungen über die Baugenehmigung unberührt bleiben88. Diese Vorschrift besagt aber nichts darüber, ob die Forstbehörde bei ihrer Abwägung zur Erteilung der Umwandlungsgenehmigung andere Planungen oder Verwaltungsakte berücksichtigen darf oder sogar muss. Andere Planungen oder Verwaltungsakte können tatsächlich unter Umständen diese Umwandlungsentscheidung stark binden. Wie schon oben dargestellt, soll der Inhalt des Bebauungsplans im Verfahren zur Umwandlungsgenehmigung sehr intensiv herangezogen werden. Wenn eine Baugenehmigung aufgrund eines Bebauungsplans schon erteilt worden ist, müsste diese Pflicht umso intensiver gelten, als das Bestandsschutzprinzip in diesem Fall stärker eingreift. Der Bürger vertraut auf eine schon erteilte Baugenehmigung, die nach dem Ablauf ihrer Anfechtungsfrist volle Bestandskraft entfaltet. Es handelt sich nicht mehr bloß um eine Planung, die weiterhin durch eine Baugenehmigung konkretisierungsbedürftig ist, sondern um einen konkreten begünstigenden Verwaltungsakt. Das Recht des Bürgers ist schon begründet und durch einen staatlichen verbindlichen Akt genug verfestigt. Ein Anspruch auf Erteilung der Umwandlungsgenehmigung ist aber auch in diesem Fall abzulehnen, da die Forstbehörde immerhin nach einer gestaltenden Abwägung entscheiden darf und muss. Ihr Ermessen hat sie aber fehlerfrei auszuüben. So muss die Forstbehörde bei ihrer Abwägung zur Erteilung der Umwandlungsgenehmigung der Tatsache, dass eine Baugenehmigung schon erteilt worden ist, ein besonderes Gewicht beimessen. Die Umwandlungsgenehmigung sollte nur noch aus überwiegenden Gründen des forstlichen Schutzes abgelehnt werden. In diesem Fall sollte auch eine Entschädigung für positive Verluste aus dem begründeten Vertrauen des Eigentümers nicht ausgeschlossen sein89. 88

Klose/Orf, Forstrecht, § 9, Rn. 234. Bei Ablehnung der Umwandlungsgenehmigung trotz des Vorliegens aller Voraussetzungen für das Vorhaben nach § 34 BauGB ist ein Entschädigungsanspruch 89

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1. Teil: Spannungsfelder

Um solche Diskrepanzen zwischen Bau- und Umwandlungsgenehmigungsverfahren zu vermeiden, sollten die beiden Verfahren miteinander zeitlich und inhaltlich koordiniert werden, so dass das Umwandlungsverfahren zuerst stattfindet und das Baugenehmigungsverfahren erst dann folgt, wenn die Umwandlungsgenehmigung schon erteilt worden ist90. So ergibt sich folgende Reihenfolge: Bebauungsplan – Umwandlungsgenehmigung – Baugenehmigung, wobei der Inhalt des Bebauungsplans das Ergebnis des Umwandlungsverfahrens nicht auf jeden Fall vorwegnehmen darf, aber immerhin stark beeinflussen soll. Die Nichterteilung einer Umwandlungsgenehmigung wird gleichzeitig zu einer Ablehnung der Baugenehmigung führen. Aber auch umgekehrt können nach Erteilung einer Umwandlungsgenehmigung die Gründe der Umwandlung im Baugenehmigungsverfahren nicht noch einmal (diesmal von der Baubehörde) überprüft werden; die Entscheidung der forstlichen Behörde über die Umwandlung ist abschließend. Die Baubehörde kann die Baugenehmigung nicht mehr aus Gründen des Waldschutzes verweigern, sonst würde sie ihre Kompetenz übersteigen. Die Baubehörde kann zwar alle einschlägigen Fragen kontrollieren, aber keinen konkreten Entscheidungen zuwiderlaufen, die eine andere Fachbehörde im Rahmen ihres Zuständigkeitsbereichs getroffen hat. Eine andere Lösung würde auch Bedenken im Hinblick auf das Bestandsschutzprinzip erheben: Dass die erteilte Umwandlungsgenehmigung von der Baugenehmigungsbehörde nachträglich in Frage gestellt werden könnte, würde praktisch der Aufhebung der Umwandlungsgenehmigung gleichkommen, was nur noch nach den Voraussetzungen der Aufhebung von bestandskräftigen Verwaltungsakten erfolgen könnte (§§ 48, 49 VwVfG)91. des betroffenen Eigentümers von der Literatur und der Rechtsprechung schon anerkannt worden, allerdings mit jeweils unterschiedlicher Begründung und mit unterschiedlichen Adressaten des Anspruchs: Klose/Orf, Forstrecht, § 9, Rn. 238 geht davon aus, dass die Entschädigung von der Gemeinde zu zahlen ist, da sie durch ihre Planung einen Innenbereich entstehen lässt bzw. beibehält, der eigentlich als Waldbereich von der Bebauung geschont werden muss und sie durch dieses für den Bürger irreführende Verhalten den Schaden verursacht hat; OVG Lüneburg, Urt. v. 28.5.1979 – I A 7/77, AgrarR 1980, S. 56 f. dagegen sieht das Land als entschädigungspflichtig an, da die waldschützende Umwandlungsverweigerung in diesem Fall eine enteignende Wirkung hat. Wenn ein Entschädigungsanspruch für zulässige Vorhaben im Innenbereich anerkannt worden ist, dann muss ein solcher Anspruch für den qualifiziert beplanten Bereich bei Vorliegen einer Baugenehmigung umso mehr akzeptiert werden, denn das schutzbedürftige Vertrauen des Grundeigentümers ist noch größer. 90 Klose/Orf, Forstrecht, § 9, Rn. 240 ff.; so schon die Rechtsprechung seit jeher BVerwG, Urt. v. 15.3.1967 – 4 C 205.65, BVerwGE 26, 287 ff. (289). 91 Diese Ansicht scheint auch Klose/Orf, Forstrecht, § 9, Rn. 240 zu vertreten, allerdings mit einer etwas verwirrenden Formulierung in diesem Punkt.

2. Kap.: Waldschutz, Biotop- und Artenschutz

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IV. Parks und Gärten bzw. Gehölze innerhalb eines Bebauungsplans Wälder und Waldgebiete können also sowohl in Griechenland als auch in Deutschland unter bestimmten Voraussetzungen durch städtebauliche Pläne überplant und sogar von Städtebaulichen Studien bzw. Bebauungsplänen erfasst werden. Über die Wälder und Waldgebiete hinaus kann aber die Städtebauliche Studie oder der Bebauungsplan auch andere Flächen mit entweder künstlich oder auch natürlich entstandenem waldlichem Pflanzenwuchs umfassen, die aber aus verschiedenen Gründen (z. B. Größe, Art der Vegetation u. a.) der Definition des Waldes nicht entsprechen92. Es wird gefragt, wie diese Flächen von den städtebaulichen Plänen behandelt werden und ob sie eventuell unter denselben oder einen entsprechenden Schutz wie die Wälder und Waldgebiete gestellt werden. Ein solches Ergebnis ist rechtspolitisch gerechtfertigt, weil diese Flächen die Entsprechung des Waldes oder Waldgebiets für den beplanten Bereich darstellen. Außerdem ist das Bedürfnis der Erhaltung der natürlichen Umwelt innerhalb eines Baugebiets und allgemein im Plangebiet noch größer als im Innen- oder Außenbereich, so dass besagte Flächen denselben oder einen entsprechenden Schutz verdienen. 1. Im griechischen Recht Von dieser Erkenntnis ist offensichtlich auch der gr. Gesetzgeber ausgegangen, indem er in § 3 Abs. 4 gr. G. 998/1979 den Parks und Gehölzen innerhalb des Gebiets einer Städtebaulichen Studie denselben Schutz wie bei den Wäldern und Waldgebieten gewährte93. Dieser Schutz wird seit diesem Zeitpunkt auch von den Gerichten anerkannt und bestätigt94: Die Parks 92 Einer etwas differenzierten Ansicht scheint Christofilopoulos, NoB 1998, S. 449 ff. (459 ff.) zu sein, der innerhalb des Bereichs einer Städtebaulichen Studie jegliche forstliche Bepflanzung als Park, Gehölz oder gemeinnütziges Grün ansieht. Die Wälder und Waldgebiete behalten nach dieser Meinung ihre Waldeigenschaft nur solange bei, als sie von keiner Städtebaulichen Studie erfasst werden. Diese Auffassung ist aber abzulehnen, weil sie zu einer Minderung des verfassungsrechtlich gebotenen Waldschutzes führt. Es ist eine Frage, ob die Wälder von einem städtebaulichen Plan erfasst werden dürfen, und eine andere, ob durch Festsetzungen in diesem städtebaulichen Plan ihre Nutzungsart geändert werden darf oder nicht, dazu auch oben Fn. 19. 93 Vgl. Gesetzesmaterialien zum gr. G. 998/1979, Parlamentsprotokoll der Sitzung LA’ v. 4.9.1979, S. 1038. 94 StaatsratsE 89/1981; 2568/1981; 1322/1989, Dioikhtikh· Dûkh 1990, S. 987 ff.; 2588/1992; 1118/1993; 3792/2001, PerDik 2002, S. 126 ff. Nach der älteren Rechtslage hatte aber die Rechtsprechung mangels einer expliziten Vorschrift keine Auslegung des Art. 24 gr. Verfassung in diese Richtung vertreten und den Parks und Gehölzen innerhalb eines städtebaulichen Plans nicht denselben Schutz

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1. Teil: Spannungsfelder

und Gehölze sind Flächen mit forstlicher Bepflanzung, die künstlich oder auf natürliche Weise entstanden sind und die sich innerhalb des Gebiets einer Städtebaulichen Studie befinden95. Zur Schaffung von mehr Klarheit sieht § 49 Abs. 1 gr. G. 998/1979 vor, dass die Nutzungsart dieser Flächen grundsätzlich nicht geändert werden kann. Die Überführung eines Parks oder eines Teils von ihm in ein Baugebiet durch eine Änderung der Städtebaulichen Studie ist also nicht erlaubt. In diesem Fall geht der Gesetzgeber beim Schutz von Parks und Gehölzen sogar noch weiter als beim Schutz der Wälder und Waldgebiete: Bei den Parken und Gehölzen finden die Ausnahmen des § 49 Abs. 2 gr. G. 998/1979 von dem Verbot der Veränderung ihrer Nutzungsart keine Anwendung. Die einzigen Ausnahmen vom Verbot der Überführung in eine andere Nutzungsart werden bei Parks und Gehölzen in § 49 Abs. 1 gr. G. 998/1979 vorgesehen; danach können in Parks und Gehölzen unter Umständen nur Straßen und sportliche Anlagen gebaut werden. Anders als die Parks und Gehölze innerhalb einer Städtebaulichen Studie werden die gemeinnützigen Grünflächen (Grünanlagen) von den Vorschriften des gr. G. 998/1979 zum Schutz von Wäldern und Waldgebieten nicht umfasst. Dabei handelt es sich um Flächen, die aus verschiedenen Pflanzenarten oder Reihen von Bäumen bestehen oder mit Rasen bedeckt sind, die gemäß den Festsetzungen der Städtebaulichen Studie von der Bebauung ausgeschlossen sind, dem Gemeinnutz gewidmet und als gemeinnützige Grünflächen (Grünanlagen) ausgewiesen werden. Diese Flächen werden den gemeinnützigen Flächen der Städtebaulichen Studie zugeordnet und gehören somit nicht zur natürlichen, sondern zur städtebaulichen Umwelt96. Trotzdem stellen diese Flächen einen Ersatz der natürlichen Umwelt innerhalb einer Stadt dar und deshalb sind sie von existentieller Bedeutung für die Gesundheit und die Lebensqualität der Stadtbewohner. Daher verdienen sie zwar nicht denselben Schutz wie die Wälder oder Waldgebiete oder gar die Parks und Gehölze, aber doch wohl einen besonderen Schutz im Verhältnis zu anderen von der Städtebaulichen Studie umfassten Flächen. Aus diesem Grund hat sich in der ständigen Rechtsprechung des gr. Staatsrates mit der Zeit die Regel durchgesetzt, dass die Grünanlagen durch eine Änderung der Städtebaulichen Studie im Raum neugeordnet werden können, immer aber unter der Voraussetzung, dass ihre Abschaffung durch die Neuschaffung einer gleich großen Grünanlage innerhalb des Gebiets derselben Städtebauwie bei den Wäldern und Waldgebieten gewährt, Maria, Schutz der Wälder, S. 362 f. 95 Christofilopoulos, NoB 1998, S. 448 ff. (459 f.) betrachtet die Parks und Gehölze praktisch als Wälder, die von einem städtebaulichen Plan überplant sind. 96 StaatsratsE 1491/1978; 89/1981; StaatsratsPE 642/1994, Nümoò+Fu · sh 1995, S. 141 ff.; Maria, Schutz der Wälder, S. 257.

2. Kap.: Waldschutz, Biotop- und Artenschutz

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lichen Studie ersetzt wird97. Diese Regel ist als Regel „Grün gegen Grün“ bekannt98. 2. Im deutschen Recht Im deutschen Recht werden Parks und Wälder unterschiedlich behandelt. Als Park wird die überwiegend an gartenbaulichen Gesichtspunkten orientierte Gestaltung bezeichnet, die sich insbesondere in einer gezielt geschaffenen Wechselbeziehung von Forstpflanzen mit Rasen, Blumen- und Strauchflächen manifestiert99. Obwohl im griechischen Recht keine ausdrückliche Definition des Parks in der rechtlichen Literatur oder in der Rechtsprechung vorhanden ist, kann davon ausgegangen werden, dass die Definition des Parks im deutschen Recht auch dem Park des griechischen Rechts entspricht. Im Gegensatz zu Griechenland werden die Parks innerhalb eines Bebauungsplans im deutschen Recht nicht immer auf dieselbe Weise wie die Wälder geschützt. Nach § 2 Abs. 3 BWaldG können die Landesgesetze zum Wohnbereich gehörende Parkanlagen vom Waldbegriff ausnehmen. Diese Formulierung ist aber nicht präzise und sie weist Abgrenzungsprobleme mit der Vorschrift des § 2 Abs. 1 BWaldG auf: Nach der obigen Definition des Parks und der in § 2 Abs. 1 BWaldG enthaltenen gesetzlichen Definition des Waldes können Parkanlagen dem Waldbegriff ohnehin nicht zugeordnet werden. Außerdem sind die Parkanlagen in der Auflistung der als Wald angesehenen Flächen des § 2 Abs. 1 BWaldG nicht einbezogen. Bezüglich der Abgrenzung beider Vorschriften ist aus § 2 Abs. 3 BWaldG der Umkehrschluss zu ziehen, dass auch Parkanlagen die Waldeigenschaft haben, wenn sie sich nicht im Wohnbereich befinden und (kumulativ) vom Landesgesetz aus dem Waldbegriff nicht herausgenommen werden100. Was der Bundesgesetzgeber in § 2 Abs. 3 BWaldG als eine bloße Möglichkeit der Länder vorgesehen hat, ist durch die entsprechende Landesgesetzgebung zur Regel geworden. So sind tatsächlich in fast allen Landeswaldgesetzen die Parkanlagen im bebauten Ortsgebiet vom Waldbegriff ausgenommen101. 97 Dieselbe Regel des obligatorischen Ersatzes einer allgemeinnützigen Fläche an einer anderen Stelle desselben städtebaulichen Plans, wenn sie durch eine Nutzungsänderung abgeschafft wurde, gilt für alle gemeinnützigen Flächen; sie wird dann aber als Regel des „städtebaulichen Bestandsschutzes“ angesehen, darüber unten 2. Teil Kap. 1. C. I. 2. b). 98 Zu dieser Rechtsprechung ausführlich auch unten 2. Teil Kap. 2. B. II. 99 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 6, Rn. 315; OVG Münster, Urt. v. 6.7.2000 – 7a D 101/97.NE, BauR 2001, S. 55 ff. (56). Ähnlich Klose/Orf, Forstrecht, § 2, Rn. 44. 100 Klose/Orf, Forstrecht, § 2, Rn. 39a. 101 Baden-Württemberg (§ 2 Abs. 4 LWaldG), Brandenburg (§ 2 Nr. 2 LWaldG), Hamburg (§ 1 Abs. 4 LWaldG), Hessen (§ 1 Abs. 3 LFoG), Mecklenburg-Vorpom-

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1. Teil: Spannungsfelder

Falls sie aber doch noch dem Waldbegriff zugeordnet werden können, gelten für ihre Umwandlung dieselben Regeln, die auch bei der Umwandlung des Waldes gelten. Als kein Wald im Sinne des BWaldG werden nach § 2 Abs. 2 BWaldG in der Flur oder im bebauten Gebiet gelegene kleinere Flächen angesehen, die einzelne Baumgruppen, Baumreihen oder Hecken enthalten oder als Baumschulen verwendet werden. Diese Vorschrift wird überwiegend entgegen dem Wortlaut des Gesetzes so ausgelegt, dass auch größere Flächen, die einzelne Baumreihen oder Hecken erfassen, keine Waldeigenschaft besitzen102. Trotzdem könnten Baumgruppen oder Baumschulen in der Praxis eventuell einen Wald bilden, wenn sie sich auf größeren Flächen verbreiten. Die Regelung des § 2 Abs. 2 BWaldG entspricht einerseits, wenn es um mit einzelnen Baumgruppen, Baumreihen und Hecken bedeckte Flächen im bebauten Gebiet geht, den „gemeinnützigen Grünflächen“ des griechischen Rechts, die aus dem Waldbegriff ebenfalls allgemein ausgeschlossen sind. Andererseits aber, wenn es sich um kleinere Baumschulen im bebauten ebiet handelt, entsprechen diese Flächen eher den griechischen Gehölzen im Planbereich, denen der Schutz des Waldes gewährt wird. Die beiden Rechtsordnungen unterscheiden sich also insofern, als im griechischen Recht die Gehölze im bebauten Gebiet immer dem strengen Schutz der Wälder unterstellt sind, wobei die kleineren Baumschulen im bebauten Gebiet in Deutschland vom Waldbegriff ausgeschlossen sind. V. Zwischenergebnis Im Gegensatz zum deutschen Recht sind im griechischen Recht die Definition des Waldes und des Waldgebiets sowie detaillierte Regelungen über den Waldschutz in der Verfassung selbst enthalten. Was insbesondere das Verhältnis zwischen Wald und Städtebauplanung betrifft, kommen die beiden Rechtsordnungen sehr aufeinander zu, obwohl sie den Waldschutz unterschiedlich ausgestalten: Im Prinzip sind in beiden Rechtsordnungen die Überplanung und die Umwandlung des Waldes ausgeschlossen. In Griechenland sind sie nach sehr strengen und genau festgesetzten materiellrechtlichen Voraussetzungen mern (§ 2 Abs. 3 LWaldG), Nordrhein-Westfalen (§ 1 Abs. 2 LFoG), Niedersachsen (§ 2 Abs. 5 Nr. 2 i. V. m. Abs. 2 Nr. 4 NWaldLG), Rheinland-Pfalz (§ 3 Abs. 4 LWaldG), Saarland (§ 2 Abs. 3 LWaldG), Sachsen (§ 2 Abs. 3 SächsWaldG), Sachsen-Anhalt (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 LWaldG), Schleswig-Holstein (§ 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 LWaldG), Thüringen (§ 2 Abs. 3 ThürWaldG). Ausnahmsweise werden die Parkanlagen im bebauten Bereich in Bayern und in Berlin vom Waldbegriff nicht ausgenommen. 102 Klose/Orf, Forstrecht, § 2, Rn. 28.

2. Kap.: Waldschutz, Biotop- und Artenschutz

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und immer nach den Regeln des Verhältnismäßigkeitsprinzips möglich. In Deutschland gilt der allgemeine Grundsatz der Walderhaltung. Für eine Waldumwandlung ist eine Genehmigung der Forstbehörde notwendig. Die Planungsbehörde ist zwar bei der Bauleitplanung an die Voraussetzungen der Waldumwandlung nicht strikt gebunden; sie muss aber damit rechnen, dass bei einer nachträglichen Verweigerung der Umwandlungsgenehmigung die Verwirklichung des Bebauungsplans unmöglich wird. Die Entscheidung über die Umwandlungsgenehmigung liegt grundsätzlich im Ermessen der Forstbehörde. In Griechenland dagegen sind die Fälle der Zulässigkeit der Waldumwandlung für baurechtliche Zwecke genau beschrieben und abschließend geregelt. Außerdem kann das Ermessen der Forstbehörde im deutschen Recht auch in die entgegengesetzte Richtung reduziert werden, nämlich vom Inhalt eines Bebauungsplans, wenn der Wald schon überplant ist. Schließlich sind Parks und Gehölze in Griechenland in Bezug auf ihre Verhältnisse zur städtebaulichen Planung wie Wälder zu behandeln. Ihr Schutz wird im Gesetz sogar intensiver gewährleistet als der Schutz von Wäldern, da sie unter noch strengeren Voraussetzungen für städtebauliche Zwecke in Anspruch genommen werden können. Die Grünanlagen dagegen genießen in Griechenland nicht denselben Schutz wie die Wälder und Waldgebiete. In Deutschland sind Parks vom Landesrecht überwiegend aus dem Waldbegriff herausgenommen; sonstiger waldlicher Pflanzenwuchs innerhalb des Gebiets eines Bebauungsplans wird meistens auch vom Waldbegriff ausgeschlossen. Nach den obigen Ausführungen kommt man zu dem allgemeinen Ergebnis, dass das griechische Recht den Schutz der Wälder und der Waldgebiete insgesamt und auch insbesondere vor bauplanungsrechtlichen Beeinträchtigungen detaillierter und zuweilen sogar strenger als das deutsche Recht regelt. Diese Tatsache könnte damit erklärt werden, dass das deutsche Recht über zusätzliche allgemeinere Instrumente verfügt, um den Wald zu schützen (wie z. B. die Eingriffsregelung, die Biotopen-, Tier- und Pflanzenartenregelungen, ausführliche Natur- und Wasserschutzgebietsvorschriften usw.). Der Schutz des Waldes erscheint also im deutschen Recht vollständig und ausreichend, auch ohne dass ausführliche Vorschriften speziell über den Forstschutz bestehen. In Griechenland dagegen sind die detaillierten und strengen Vorschriften über den Schutz von Wäldern und Waldgebieten auf Gesetzes- wie auch auf Verfassungsebene wegen der quantitativen und qualitativen Unzulänglichkeit der übrigen allgemeinen Vorschriften zum Naturschutz notwendig103.

103

Oikonomou, PerDik 2000, S. 521 ff. (522).

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1. Teil: Spannungsfelder

B. Gesetzlicher Arten- und Biotopschutz im Spannungsverhältnis zur städtebaulichen Planung Im deutschen Recht enthält § 10 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG eine gesetzliche Definition von Biotopen. Danach werden als Biotope diejenigen Flächen bezeichnet, auf denen sich wild lebende Tiere und Pflanzen ansiedeln, also ihre Lebensstätten und Lebensräume104. In Griechenland besteht keine Legaldefinition von Biotopen. Trotzdem kann man hier von der in der Ökologie geltenden Definition ausgehen: Biotope sind die abiotischen Teile eines Ökosystems105, d.h. der Raum, in dem sich die Angehörigen einer biologischen Einheit aufhalten, ansiedeln, leben und sich vermehren106. Deutsches und griechisches Recht gehen also von einer identischen Definition von Biotopen aus. Der Artenschutz umfasst in beiden Ländern den Schutz und die Pflege der wild wachsenden Pflanzen und der wild lebenden Tiere in ihrer Artenvielfalt, also kurz gefasst, den Schutz der biologischen Artenvielfalt107. Dazu gehört systematisch nicht der Schutz der einzelnen Tiere; diese werden durch das Tierschutzrecht geschützt108. Nach der Bestimmung des Gegenstandes des Biotopschutzes einerseits und des Artenschutzes andererseits liegt es auf der Hand, dass diese zwei Untergliederungen des Naturschutzrechts eng miteinander verbunden sind und dass es oft zu Überschneidungen zwischen ihnen kommen kann: Der Artenschutz betrifft allgemein den Schutz und die Pflege der biologischen Artenvielfalt. Dazu gehört auch der Schutz der Lebensräume und Lebensstätten der wild lebenden Tiere und Pflanzen, weil nur auf diese Weise der wirksame Schutz der Artenvielfalt gewährleistet wird109. Der Artenschutz ist also zu einem großen Teil auf den Biotopschutz angewiesen; und umge104 Zur Definition und ausführlichen Analyse dieser Begriffe siehe Haupt/Martens/Pretscher, NuR 2003, S. 722 ff. 105 Als Ökosystem wird jede Einheit bezeichnet, die alle Organismen eines konkreten Gebiets (einer biologischen Gesellschaft) umfasst, die aufeinander und auf ihre natürliche Umwelt einwirken, so dass der ökologische Kreis der Materie gewährleistet wird, Veressoglou, Ökologie, S. 360. 106 Veressoglou, Ökologie, S. 352 f. 107 Für das deutsche Recht § 39 Abs. 1 S. 1 BNatSchG; Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 207; Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 6, Rn. 245. Für das griechische Recht § 20 Abs. 1 S. 1 gr. G. 1650/1986. 108 Kratsch/Herter, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, Vorab §§ 39–55, Rn. 9; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 39, Rn. 4 und 10. 109 Kratsch/Schumacher, Naturschutzrecht, S. 118 f.; Kratsch, in: Schumacher/ Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 30, Rn. 6; Louis, in: Dolde (Hrsg.), Umweltschutz im Wandel, S. 493 ff. (503 ff.); A. Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/ Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 39, Rn. 7 f.; Haupt/Martens/Pretscher, NuR 2003, S. 722 ff. (726); Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 39, Rn. 6.

2. Kap.: Waldschutz, Biotop- und Artenschutz

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kehrt erlangt der Biotopschutz seine naturschutzrechtliche Bedeutung überwiegend durch seinen Beitrag zum Schutz der biologischen Vielfalt110. Dies wird durch die Ausgestaltung der gesetzlichen Regelungen zum Artenschutz in beiden Referenzrechtsordnungen bestätigt: Der Artenschutz umfasst auch den Schutz und die Pflege der entsprechenden Biotope111. Aufgrund dieser Verschränkungen zwischen Arten- und Biotopschutz werden die entsprechenden Vorschriften im vorliegenden Kapitel gemeinsam untersucht. Speziell über das deutsche Recht muss klargestellt werden, dass die Anwendung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung auch bei der Bauleitplanung112 eine gesonderte Prüfung der Verhältnisse zwischen gesetzlichem Arten- und Biotopschutzrecht und städtebaulicher Planung nicht entbehrlich gemacht hat. Der Grund dafür liegt darin, dass unabhängig von der Eingriffsregelung bestimmte spezielle gesetzliche Vorschriften über den Artenund den Biotopschutz bestehen, die sich im Gegensatz zur Bauleitplanung befinden können und die einer eigenständigen Prüfung bedürfen. Bei der Untersuchung des Artenschutzrechts im Vergleich zwischen Deutschland und Griechenland wird die stark integrative Methode angewandt, weil die beiden Rechtsordnungen in dieser Hinsicht sehr ähnlich ausgestaltet sind. Beim Biotopschutz dagegen wird vorwiegend das deutsche Recht dargestellt, da im griechischen Recht keine speziellen gesetzlichen Vorschriften zum Biotopschutz vorhanden sind; die Biotope werden in Griechenland durch die allgemeinen Vorschriften zum Artenschutz, zum Waldschutz, zu den Natur- und Wasserschutzgebietsausweisungen usw. geschützt. Darüber hinaus werden die biologische Artenvielfalt und die Biotope in beiden Ländern unmittelbar auch durch internationale Abkommen geschützt113; diese völkerrechtlichen Regelungen werden aber aus dem Blickfeld der vorliegenden Arbeit herausgenommen. 110

Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 30, Rn. 2. § 39 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und 3 BNatSchG; § 20 Abs. 1 S. 1 gr. G. 1650/1986. 112 Dazu ausführlich unten 2. Teil Kap. 2. A. I. 2. 113 Die in beiden Ländern geltenden wichtigsten internationalen Übereinkommen sind folgende: Internationales Übereinkommen v. 19.9.1979 über die Erhaltung der europäischen wild lebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume (Berner Konvention), in das griechische Recht durch das gr. G. 1335/1983, gr. ABl. A’ 32, in das deutsche durch das Zustimmungsgesetz v. 17.7.1984, BGBl. II 618 umgesetzt; Übereinkommen v. 3.3.1973 über den internationalen Handel mit gefährdeten freilebenden Tieren und Pflanzen (Washingtoner Artenschutzübereinkommen), in das griechische Recht durch das gr. G. 2055/1992, gr. ABl. A’ 105, in das deutsche durch das Zustimmungsgesetz v. 22.5.1975, BGBl. II 773 umgesetzt; Übereinkommen v. 23.6.1979 zur Erhaltung der wandernden wild lebenden Tierarten (Bonner Konvention), in das griechische Recht durch das gr. G. 2719/1999, gr. ABl. A’ 106, in das deutsche durch das Zustimmungsgesetz v. 29.6.1984, BGBl. II 569 umgesetzt; Abkommen über Feuchtgebiete, insbesondere als Lebens111

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1. Teil: Spannungsfelder

I. Gesetzlicher Artenschutz im Kollisionsverhältnis zur städtebaulichen Planung 1. Gesetzlicher Rahmen des Artenschutzes Die Vorschriften zum Schutz und zur Pflege wild lebender Tier- und Pflanzenarten in ihrer Vielfalt sind in Deutschland bundesrechtlich im Abschnitt 5 des BNatSchG, in den §§ 39 ff., enthalten. Die Bundesländer sind nach § 40 BNatSchG verpflichtet, Maßnahmen zur Verwirklichung der in § 39 Abs. 1 BNatSchG genannten Ziele zu treffen und nach § 41 BNatSchG ermächtigt, diese Vorschriften zu konkretisieren und eventuell zu erweitern. Darüber hinaus gibt es aber auch direkt anwendbare Regelungen des Artenschutzes, wie z. B. die Vorschriften des § 42 BNatSchG (= sog. besonderer Artenschutz), die als Bundesrecht unmittelbare Anwendung beanspruchen (bundesrechtliche Vollregelungen)114. In Griechenland werden die Pflanzenarten und die Arten der wild lebenden Tiere durch die Unterschutzstellung von Gebieten nach den §§ 18–22 gr. G. 1650/1986 geschützt, die für ihre Entwicklung und ihr Überleben notwendig sind. Es handelt sich dabei um einen mittelbaren Schutz der Artenvielfalt durch Schutzgebietsausweisungen115. Darüber hinaus wird die Vielfalt der Pflanzen- und Tierarten als solche und als wichtiger Bestandteil der entsprechenden Biotope auch durch eine spezielle gesetzliche Regelung und zwar durch § 20 gr. G. 1650/1986 geschützt. Diese Regelung zielt unmittelbar auf den Artenschutz anhand von zwei Sorten von Schutzvorschriften ab: Erstens sind in § 20 Abs. 1 und 3 gr. G. 1650/1986 zwei allgemeine Grundsätze enthalten. Danach müssen alle Pflanzen- und Tierarten und vor allem die am meisten gefährdeten von ihnen, wie die vom Aussterben bedrohten, geschützt und nachhaltig gepflegt werden. Alle anderen Tätigkeiraum für Watt- und Wasservögel von internationaler Bedeutung v. 2.2.1971 (Ramsar-Konvention), in das griechische Recht durch die gr. Präsidialverordnung 191/1974, gr. ABl. A’ 350, in das deutsche durch das Gesetz v. 16.7.1976, BGBl. II 1265 umgesetzt; Konvention von Rio de Janeiro v. 5.6.1992 zum Schutz der Artenvielfalt (Biodiversitätskonvention), in das griechische Recht durch das gr. G. 2204/1994, gr. ABl. A’ 59, in das deutsche durch das Gesetz v. 30.8.1993, BGBl. II 1741 umgesetzt. 114 Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 214; Kratsch/Herter, in: Schumacher/FischerHüftle, BNatSchG, Vorab §§ 39–55, Rn. 22 ff.; Kratsch/Schumacher, Naturschutzrecht, S. 174 f.; Bendomir-Kahlo, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, Vor § 39, Rn. 8; A. Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/ Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 42, Rn. 1; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 42, Rn. 2. 115 Christofilopoulos, Kulturelle Umwelt, Raumplanung und nachhaltige Entwicklung, S. 174 f.

2. Kap.: Waldschutz, Biotop- und Artenschutz

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ten (z. B. Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei, Jagd usw.) müssen sich an die Erfordernisse dieses Schutzes anpassen. Zweitens wird in § 20 Abs. 2 gr. G. 1650/1986 dem Minister für Umwelt, Raumordnung und öffentliche Werke und zusätzlich noch dem fachlich jeweils zuständigen Minister eine spezielle Ermächtigung erteilt, innerhalb von zwei Jahren nach dem InKraft-Treten des Gesetzes eine Liste über die am dringendsten zu schützenden Pflanzen- und Tierarten aufzustellen sowie auch die für diesen Schutz erforderlichen Gebote, Verbote, Einschränkungen von Rechten und anderen notwendigen Maßnahmen festzulegen. 2. Fälle von Kollisionen mit der städtebaulichen Planung Der Artenschutz kann mit der städtebaulichen Planung kollidieren z. B. dann, wenn die Gemeinde beabsichtigt, Flächen in Anspruch zu nehmen, auf denen wilde Tiere und Pflanzen ihre Lebensstätten bzw. Standorte haben116. Wie oben erwähnt, wird die Artenvielfalt sowohl in Deutschland als auch in Griechenland nach § 39 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BNatSchG bzw. § 20 Abs. 1 gr. G. 1650/1986 nicht nur durch den Schutz und die Pflege der wild lebenden Tiere und Pflanzen als solche, sondern auch durch die Unterlassung von Beeinträchtigungen und den positiven Schutz ihrer Lebensräume und allgemein die Sicherstellung ihrer Lebensbedingungen nachhaltig gewährleistet117. Eine Flächeninanspruchnahme der Lebensräume durch die städtebauliche Planung kann das natürliche Gleichgewicht stören, die Vermehrungsmöglichkeiten von Tieren beeinträchtigen und selbst die Existenz bestimmter Arten bedrohen118. Die städtebaulichen Pläne können zwar als solche die artenschutzrechtlichen Verbote und Gebote, genau betrachtet, nicht direkt verletzen, da sie nur die rechtliche Grundlage der beeinträchtigenden Vorhaben darstellen. Insofern sind die Planaufstellungsbehörden als Träger der Städtebauplanung streng genommen nicht Adressaten der artenschutzrechtlichen Vorschriften der §§ 39 ff. BNatSchG bzw. § 20 gr. G. 1650/1986. Trotzdem stellt sich die Frage, ob die städtebaulichen Pläne, als Pläne, die die rechtliche Basis für die künftigen Bauvorhaben darstellen, im Einklang mit den artenschutzrechtlichen Vorschriften stehen müssen. Es wird also gefragt, ob die artenschutzrechtlichen Vorschriften schon in der Planungsstufe beachtet und eingehalten werden müssen. 116

Schrödter, NdsVBl. 2003, S. 33 ff. (34). Z. B. § 41 Abs. 1 Nr. 2 und 3, § 42 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 BNatSchG. 118 Zur Erforderlichkeit des Schutzes der Lebensstätten bzw. der Standorte für den effektiven Schutz der Tier- und Pflanzenvielfalt Haupt/Martens/Pretscher, NuR 2003, S. 722 ff. (726). 117

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1. Teil: Spannungsfelder

3. Artenschutzregelungen als zwingendes Recht für die Städtebauplanung Im deutschen Recht sind die verbindlichen Vorschriften des Artenschutzes auch für die Bauleitplanung abschließend. Das bedeutet, dass ihre Anwendung keiner planerischen Abwägung unterliegt. Solche verbindlichen Regelungen sind z. B. die unmittelbar anzuwendenden Vorschriften des § 42 BNatSchG. Wenn bei der Aufstellung eines Bauleitplans die Tatbestandsvoraussetzungen solcher verbindlichen artenschutzrechtlichen Regelungen gegeben sind, haben diese ohne weiteres Vorrang vor gegensätzlichen bauleitplanerischen Absichten der Gemeinde. Sie können im Rahmen der bauleitplanerischen Abwägung nicht von anderen Belangen verdrängt werden. Ein Bauleitplan, der gegen diese strikten Regelungen des Artenschutzes verstößt, ist unwirksam, da seine Verwirklichung rechtlich unmöglich ist119. Im griechischen Recht enthält § 20 gr. G. 1650/1986 keine entsprechende abschließende, strikte und direkt anzuwendende Regelung, die dem § 42 BNatSchG entsprechen würde. Wie oben erwähnt, befinden sich in diesem Paragraphen auf der einen Seite zwei allgemeine Grundsätze über den Schutz von Pflanzen- und Tierarten, die der Konkretisierung durch speziellere Vorschriften bedürfen, und auf der anderen Seite eine Ermächtigung an die zuständigen Minister zur Erstellung einer Liste und zur Festlegung von Geboten und Verboten zum Artenschutz. Von dieser Ermächtigung müssen aber die zuständigen Stellen Gebrauch machen, damit diese Regelung für den Artenschutz tatsächlich Rechtsfolgen entfalten kann120. Insofern werden im griechischen Recht die artenschutzrechtlichen Belange bloß in der Abwägung zur städtebaulichen Planung berücksichtigt. Keine Rechtsvorschrift ordnet dabei die zwingende Bindung an die Erfordernisse des 119 So die herrschende Meinung: Gellermann, NuR 2003, S. 385 ff. (390 f.); Louis/Wolf, NuR 2002, S. 455 ff. (455); Louis, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 493 ff. (535); Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 21, Rn. 9. Einen eventuellen Verstoß gegen den Grundsatz der Erforderlichkeit der Planung gemäß § 1 Abs. 3 BauGB sieht darin VGH Kassel, Urt. v. 25.2.2004 – 3 N 1699/03, NuR 2004, S. 397 f. (397); so auch VGH Kassel, Urt. v. 24.11.2003 – 3 N 1080/03, NuR 2004, S. 393 ff. (393). Die entgegengesetzte Auffassung vertritt Schrödter, NdsVBl. 2003, S. 33 ff. (35), der unzutreffenderweise auf die „herrschende Meinung“ verweist; so ders., in: Schrödter (Hrsg.), BauGB, § 1a, Rn. 81 mit dem Argument, dass der Adressat der artenschutzrechtlichen Vorschriften sowie der Ausnahme- und Befreiungsvorschriften nicht die planende Gemeinde, sondern allein der Vorhabenträger ist, der den Plan realisieren will. Zu den Fehlerfolgen bei Bebauungsplänen vor und nach der Novellierung des BauGB von 2004 siehe Stüer, Bauund Fachplanungsrecht, Rn. 1092 ff. 120 Bislang sind keine Ministerialentscheidungen zur Umsetzung dieser Vorschrift erlassen worden.

2. Kap.: Waldschutz, Biotop- und Artenschutz

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Artenschutzes an. Angesichts dieser gesetzlichen Lücke hat die griechische Rechtsprechung einen entscheidenden Schritt in die Richtung des wirksamen Schutzes der Artenvielfalt gewagt: Sie hat eine Einschränkung des Ermessensspielraums der Behörden bei jeder Tätigkeit angenommen, die die artenschutzrechtlichen Belange beeinträchtigt. Diese Lösung wurde direkt aus Art. 24 gr. Verfassung abgeleitet, der allgemein den Schutz der Umwelt regelt. Auf diese Weise macht der gr. Staatsrat geltend, dass Art. 24 gr. Verfassung den Schutz der biologischen Artenvielfalt bei dem Betreiben jeder staatlichen Politik oder sonstigen Tätigkeit unmittelbar und verbindlich anordnet121. Dazu gehört auch die Aufstellung von städtebaulichen Plänen, die dieser Rechtsprechung zufolge an den artenschutzrechtlichen Erfordernissen streng gebunden sein muss. Durch diese Rechtsprechung kommen das deutsche und das griechische Recht mehr aufeinander zu, da auch im griechischen Recht eine starke und direkte Bindung der städtebaulichen Planung am Artenschutzrecht verlangt wird. Der Unterschied zwischen den beiden Rechtsordnungen besteht darin, dass im deutschen Recht nur die strikten Vorschriften des Artenschutzrechts zwingendes Recht für die Bauleitplanung darstellen. In Griechenland dagegen wird die Beachtung aller artenschutzrechtlichen Belange bei der städtebaulichen Planung vom gr. Staatsrat angeordnet. Aber auch im deutschen Recht gibt es eine allgemeine Regelung, die die Berücksichtigung der artenschutzrechtlichen Erfordernisse bei der Abwägung der Bauleitplanung gebietet. Die Auswirkungen der Bauleitplanung auf Tiere und Pflanzen und die biologische Vielfalt müssen nach § 1 Abs. 6 Nr. 7a) BauGB auch dann im Rahmen der Abwägung berücksichtigt werden, wenn keine konkrete bundes- oder landesrechtliche Vorschrift vorliegt (Auffangregelung). In diesem Fall ist aber die Bindung an die artenschutzrechtlichen Interessen weniger intensiv als bei den konkreten verbindlichen Regelungen des gesetzlichen Artenschutzes. 4. Ausnahmen und Befreiungen vom gesetzlichen Artenschutz Im griechischen Recht gibt es in § 20 gr. G. 1650/1986 keine direkten, unmittelbar geltenden und zwingenden artenschutzrechtlichen Anordnungen. Deshalb ist auch nicht darüber zu staunen, dass in diesem Gesetz auch keine Ausnahme- oder Befreiungstatbestände vom gesetzlichen Artenschutz vorgesehen werden. Im Gegensatz dazu werden im deutschen Recht sowohl Ausnahmen als auch Befreiungsmöglichkeiten von den gesetzlichen artenschutzrechtlichen Verboten und Geboten festgelegt. Insofern beziehen sich die folgenden Ausführungen nur auf das deutsche Recht. 121

Vgl. z. B. StaatsratsE 2731/1997, Nümoò+Fu·sh 1998, S. 442 ff.

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1. Teil: Spannungsfelder

a) Ausnahmen Nach § 43 BNatSchG werden bestimmte Ausnahmen von den artenschutzrechtlichen Verboten der §§ 39 ff. BNatSchG vorgesehen. Die für die Bauleitplanung einschlägige Ausnahme wird in § 43 Abs. 4 S. 1 BNatSchG festgelegt. Danach gelten die artenschutzrechtlichen Verbote für Vorhaben nicht, die nach der allgemeinen naturschutzrechtlichen Eingriffsprüfung des § 19 BNatSchG zugelassen werden. Der Sinn und Zweck dieser Ausnahme ist die Vermeidung von Doppelprüfungen, da davon ausgegangen werden kann, dass schon durch die Eingriffsprüfung nach § 19 BNatSchG Beeinträchtigungen der Artenvielfalt, die einen Teil der Natur darstellt, verhindert bzw. kompensiert werden122. So erlangen die gesetzlichen artenschutzrechtlichen Verbote eine Subsidiarität gegenüber der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung. Die Wirkung dieser Ausnahme wird aber vom Gesetzgeber insoweit eingeschränkt, als sie sich nur auf unabsichtliche Eingriffshandlungen bezieht. Bei einer absichtlichen Beeinträchtigung der Artenvielfalt wird der Ausnahmetatbestand nicht erfüllt und die artenschutzrechtlichen Vorschriften finden uneingeschränkte Anwendung. Bei der Erläuterung des Begriffs der „Absicht“ wurde von der Rechtsprechung des BVerwG angenommen, dass das Gesetz die „Absicht“ nicht etwa in einem strafrechtlichen Sinn versteht. Es muss vielmehr darauf abgestellt werden, ob die negativen Auswirkungen des Vorhabens auf die Tiere und Pflanzen und auf ihre Lebensstätten bzw. Standorte, soweit wie möglich, minimiert werden. Wenn alle möglichen Handlungen unternommen worden sind, damit die Beeinträchtigung sich auf ein Minimum beschränkt, kann also von Absicht nicht die Rede sein123. Die neueste und zutreffende Rechtsprechung weicht von der früheren insofern ab, als sie weiter in die Richtung der Objektivierung der Absicht zu gehen scheint: Danach liegt Absicht dann vor, wenn die Handlungen zwangsläufig zu einer Zerstörung oder erheblichen Beeinträchtigung des gesetzlichen Artenschutzes führen124, also unabhängig davon, ob 122 Müller, NuR 2005, S. 157 ff. (159 ff.); Kratsch, in: Schumacher/FischerHüftle, BNatSchG, § 43, Rn. 21; Louis, in: Dolde (Hrsg.), Umweltschutz im Wandel, § 528 ff.; Schrödter, NdsVBl. 2003, S. 33 ff. (36); A. Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 42, Rn. 6a. Aus der neuesten Rechtsprechung vgl. VGH Mannheim, Normenkontrollurt. v. 2.11.2005 – 5 S 2662/04, UPR 2006, S. 160 f. 123 BVerwG, Urt. v. 11.1.2001 – 4 C 6.00, NuR 2001, S. 385 ff.; Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 6, Rn. 269; Kratsch, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 43, Rn. 24; Müller, NuR 2005, S. 157 ff. (163); Kratsch/Schumacher, Naturschutzrecht, S. 186; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 43, Rn. 15. 124 VGH Kassel, Urt. v. 25.2.2004 – 3 N 1699/03, NuR 2004, S. 397 f. (398); VGH Kassel, Urt. v. 24.11.2003 – 3 N 1080/03, NuR 2004, S. 393 ff. (394); a. A. VGH Mannheim, Normenkontrollurt. v. 2.11.2005 – 5 S 2662/04, UPR 2006, S. 160 f.

2. Kap.: Waldschutz, Biotop- und Artenschutz

191

Handlungen zur Vermeidung oder Verminderung dieser Beeinträchtigung unternommen worden sind. Somit werden die Erfordernisse des Artenschutzes gestärkt, indem für die Bejahung eines Ausnahmetatbestands allein auf die Auswirkungen der Handlung für den Artenschutz (striktes objektives Kriterium) und nicht auf die Kenntnis der Auswirkungen der Handlung125 oder auf das Bemühen um eine Minimierung der nachteiligen Auswirkungen der Handlung abgestellt wird. Diese Regelung über die Ausnahme von den artenschutzrechtlichen Anordnungen wirft die Frage über ihre einheitliche Anwendung in den Gebieten innerhalb und außerhalb eines qualifiziert beplanten Gebiets auf. Von den artenschutzrechtlichen Verboten werden nach dem Wortlaut des Gesetzes nur nach § 19 BNatSchG zugelassene Eingriffe ausgenommen; dazu gehören nach § 21 Abs. 1 BNatSchG auch die durch die Bauleitplanung verursachten Eingriffe126. Die durch Bauvorhaben im qualifiziert beplanten Bereich oder im Innenbereich vollzogenen, nach § 21 Abs. 2 S. 1 BNatSchG gesetzlich zugelassenen Eingriffe werden dagegen von § 19 BNatSchG nicht erfasst; so werden die gesetzlich zugelassenen Eingriffe auch nicht von den artenschutzrechtlichen Verboten ausgenommen. Demzufolge müssten also bei Vorhaben im qualifiziert beplanten Bereich und im Innenbereich die Ge- und Verbote des § 42 BNatSchG uneingeschränkte Anwendung finden. Dagegen ist einzuwenden, dass eine solche Lösung zu einer systematischen Unstimmigkeit führen würde, da für Vorhaben im qualifiziert beplanten Bereich und im Innenbereich, die hauptsächlich für die Bebauung bestimmt sind, ein strengerer Artenschutz gelten würde als für Vorhaben im Außenbereich. Was die Vorhaben im Innenbereich betrifft, hat das BVerwG in jüngster Zeit tatsächlich die Ausnahme der nach § 19 BNatSchG zugelassenen Vorhaben von den Artenschutzregelungen auch auf die nach § 21 Abs. 2 BNatSchG gesetzlich zugelassenen Eingriffe erstreckt. Dieses Ergebnis hat das Gericht damit begründet, dass durch § 34 BauGB der Gesetzgeber die Zulässigkeit der Vorhaben im Innenbereich vorgesehen hat, so dass sie nun125 So Louis, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 493 ff. (525 f.); Gellermann, NuR 2003, S. 385 ff. (388); Schrödter, NdsVBl. 2003, S. 33 ff. (39). So auch EuGH, Urt. v. 30.1.2002 – Rs. C-103/00, Slg. 2002, I-1147 über die Interpretation des entsprechenden Begriffs der Absicht in den Art. 12 Abs. 1 Buchst. b und d der Richtlinie 92/43/EWG des Rates von 21.5.1992 (FFH-RL) zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen, ABl. EG Nr. L 206, S. 7. 126 So Kratsch, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 43, Rn. 25; Schrödter, NdsVBl. 2003, S. 33 ff. (42); a. A. VGH Kassel, Urt. v. 25.2.2004 – 3 N 1699/03, NuR 2004, S. 397 f. (397); VGH Kassel, Urt. v. 24.11.2003 – 3 N 1080/03, NuR 2004, S. 393 ff. (394). Zur Anwendung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung ausführlich unten 2. Teil Kap. 2. A. I. 2.

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1. Teil: Spannungsfelder

mehr an keinen naturschutzrechtlichen Erfordernissen (weder an der Eingriffsregelung noch an den artenschutzrechtlichen Verboten) scheitern sollten127. Somit ist die Anwendung der Artenschutzregelungen für Vorhaben im Innen- und im Außenbereich vereinheitlicht worden. Diese Argumentation ist aber sehr bedenklich: Der Gesetzgeber hat bei den Vorhaben im Innenbereich in § 34 BauGB nach Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Belange selber geplant (Planersatz). Da angenommen wird, dass der Gesetzgeber bei dieser gesetzlichen Planung die naturschutz- und somit auch die artenschutzrechtlichen Interessen mitberücksichtigt hat (gesetzliche Fiktion), wird von der zusätzlichen Anwendung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung abgesehen (§ 21 Abs. 2 BNatSchG). Der Gesetzgeber wollte aber durch den Ausschluss der Eingriffsregelung bei Vorhaben im Innenbereich nicht das Scheitern von solchen Vorhaben allgemein verhindern, sondern die Bauherren lediglich von den Kompensationspflichten der Eingriffsregelung entlasten. Durch die Regelung des § 21 Abs. 2 BNatSchG erfolgt also keine abschließende Zulassung der Vorhaben im Innenbereich128. Die endgültige Zulässigkeit der Vorhaben wird nach den Vorschriften der einschlägigen Fachrechte beurteilt129. Außerdem ist eine gleiche Behandlung von Innen- und Außenbereichsvorhaben bezüglich der artenschutzrechtlichen Ausnahmen nicht angemessen: Aufgrund ihrer grundlegenden Funktionsverschiedenheit130 werden Innen- und Außenbereichsvorhaben auch in Bezug auf ihren Eingriffscharakter in Natur und Landschaft vom BNatSchG ungleich behandelt. Für die Außenbereichsvorhaben gilt die Eingriffsregelung des § 19 BNatSchG uneingeschränkt131. Insofern beabsichtigt der Gesetzgeber die Vermeidung von Doppelprüfungen, indem er in § 43 Abs. 4 BNatSchG die nach § 19 BNatSchG zugelassenen Vorhaben von den artenschutzrechtlichen Verboten ausnimmt. Die Innenbereichsvorhaben werden dagegen von der Durchführung der Eingriffsprüfung nach § 19 BNatSchG gesetzlich nach § 21 Abs. 2 127 BVerwG, Urt. v. 11.1.2001 – 4 C 6.00, NuR 2001, S. 385 ff. (386); so auch Kratsch, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 43, Rn. 23; Kratsch/Schumacher, Naturschutzrecht, S. 185; Gaentzsch, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 473 ff. (478 f.) interpretiert das Urteil dahingehend, dass es eine bloße Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften im konkreten Fall darstellt und dass es die Möglichkeit nicht ausschließt, bei entsprechender Anwendung der Ausnahmeregelung auch im unbeplanten Innenbereich den Naturgütern Vorrang vor der Bebauung zu gewähren. 128 BVerwG, Beschl. v. 21.12.1994 – 4 B 266.94, DÖV 1995, S. 382; Louis, NuR 2001, S. 390, Anmerkung zum BVerwG, Urt. v. 11.1.2001 – 4 C 6.00, NuR 2001, S. 385 ff.; Louis,, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 493 ff. (531). 129 Louis/Wolf, NuR 2002, S. 455 ff. (466). 130 Dazu ausführlicher auch oben Einf. A. II. 1. 131 Dazu Schrödter, NdsVBl. 2003, S. 33 ff. (43).

2. Kap.: Waldschutz, Biotop- und Artenschutz

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BNatSchG ausgenommen. Aus diesem Grund ist die Anwendung der artenschutzrechtlichen Anordnungen in diesem Fall gerechtfertigt und geboten. Innen- und Außenbereichsvorhaben werden also in Bezug auf die Eingriffsregelung ungleich behandelt, was auch die Differenzierung ihrer Behandlung in Bezug auf die Anwendung der artenschutzrechtlichen Verbote nachvollziehen lässt. Aus diesem Grund ist nunmehr zu Recht überwiegend anerkannt, dass die Vorhaben im Innenbereich nicht allgemein von den artenschutzrechtlichen Vorschriften ausgenommen werden132. Im Gegensatz dazu ist die Erstreckung der Ausnahmen aus den artenschutzrechtlichen Verboten nach § 43 Abs. 4 S. 1 BNatSchG auch auf die gesetzlich zugelassenen Eingriffe im Falle von Vorhaben im qualifiziert beplanten Bereich ohne Bedenken hinzunehmen133. Hier ist die Anwendung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung nach § 21 Abs. 2 S. 1 BNatSchG entbehrlich. Der Grund dafür liegt darin, dass die Eingriffsprüfung schon im früheren Stadium der Bebauungsplanaufstellung nach § 21 Abs. 1 BNatSchG stattgefunden hat. Auf eine erneute Anwendung der Eingriffsregelung im konkreten Stadium der Vorhabenzulassung kann somit verzichtet werden. Hier handelt es sich also um eine tatsächlich durchgeführte Eingriffsprüfung im Planungsstadium und nicht bloß um eine gesetzliche Fiktion wie bei Vorhaben im Innenbereich. Eine Ausnahme von den artenschutzrechtlichen Regelungen zur Vermeidung von Doppelprüfungen und von Kosten- und Zeitaufwand ist in diesem Fall gerechtfertigt134. Die Rechtsprechung des BVerwG über die Ausdehnung der Ausnahmen auf die Vorhaben im Innenbereich ist also bei Vorhaben im qualifiziert beplanten Bereich problemlos zu übertragen. Diese Lösung setzt selbstverständlich voraus, dass der Bebauungsplan tatsächlich einen Eingriff darstellt und dass die Eingriffsprüfung stattgefunden hat. Was die Frage der Geltung der artenschutzrechtlichen Regelungen in Griechenland angeht, ist unbestritten, dass diese Vorschriften gleichermaßen im beplanten wie im unbeplanten Bereich Anwendung finden. Diese Lösung ist deshalb unproblematisch in Griechenland, weil hier keine natur132 Müller, NuR 2005, S. 157 ff. (160); Louis, NuR 2001, S. 390, Anmerkung zum BVerwG, Urt. v. 11.1.2001 – 4 C 6.00, NuR 2001, S. 385 ff.; Schrödter, NdsVBl. 2003, S. 33 ff. (41); A. Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/ Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 42, Rn. 6a; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 43, Rn. 17. 133 Kratsch, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 43, Rn. 25; Kratsch/ Schumacher, Naturschutzrecht, S. 185; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 43, Rn. 17. 134 A. A. Louis, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 493 ff. (535); Schrödter, NdsVBl. 2003, S. 33 ff. (42 f.). Diese verlangen für die Durchführung des Vorhabens, das den Artenschutzregelungen entgegensteht, eine Befreiung nach § 62 Abs. 1 BNatSchG, die aber in diesem Fall leichter zu bejahen sei.

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1. Teil: Spannungsfelder

schutzrechtliche Eingriffsregelung besteht, so dass keine Doppelprüfungen vorkommen. Die Anwendung der artenschutzrechtlichen Vorschriften außerhalb des Gebiets einer Städtebaulichen Studie ist sogar leichter in Bezug auf die Zumutbarkeit der Beeinträchtigung von Eigentumsrechten anzunehmen. Nach der Rechtsprechung des gr. Staatsrates in einer sehr wichtigen Angelegenheit, die nicht nur die nationalen Gerichte wiederholt beschäftigt hat, sondern auch bis zum EuGH gelangt ist135, sind die Einschränkungen der Eigentumsrechte durch die Bedingungen und Beschränkungen der Bebauung in Gebieten, in denen sich die vom Aussterben bedrohte Meeresschildkröte Caretta-Caretta fortpflanzt, nicht nur deshalb zumutbar, weil sie auf einem Zweck des öffentlichen Interesses beruhen, sondern auch weil sie außerhalb des räumlichen Bereichs der Städtebaulichen Studie stattfinden. b) Befreiungen und Möglichkeit der Überplanung in einer Befreiungslage Im deutschen Recht können auch konkrete Befreiungen von den artenschutzrechtlichen Verbotsregelungen erteilt werden136. § 62 Abs. 1 BNatSchG sieht die Befreiungsmöglichkeit von den Regelungen des § 42 BNatSchG vor. Befreiungen können auf Antrag und nur aus folgenden Gründen gewährt werden: wenn die Durchführung der artenschutzrechtlichen Vorschriften im Einzelfall zu einer nicht beabsichtigten Härte führen würde oder überwiegende Gründe des Gemeinwohls die Befreiung erfordern. Solche Gründe des Gemeinwohls können z. B. die bauleitplanerischen Belange sein137. Die Erfüllung dieser Voraussetzungen muss in jedem konkreten Fall ermittelt werden. Hier taucht auch die Problematik der Zulässigkeit der Bauleitplanung in einer Befreiungslage auf. Die Frage stellt sich in entsprechender Weise wie für die Schutzgebietsausweisungen: Ist ein Bebauungsplan gültig, der zwar bei seinem In-Kraft-Treten gegen die artenschutzrechtlichen Regelungen verstößt, dessen Verwirklichung aber voraussichtlich rechtmäßig erfolgen wird, da schon zu diesem frühen Zeitpunkt alle Voraussetzungen einer künftigen Befreiung für die sich auf den Bebauungsplan stützenden Bauvorhaben gegeben sind? Rechtsprechung und Literatur sind in diesem Fall StaatsratsE 695/1986; 696/1986; 1821/1995, Nümoò+Fu·sh 1996, S. 149 ff.; 4950/1995; 3135/2002, Armenüpouloò 2003, S. 265 ff. Die Angelegenheit, die alle diese Urteile des gr. Staatsrates veranlasst hat, ist als Caretta-Caretta-Fall bekannt. Der EuGH hat in seinem Urteil v. 30.1.2002 – Rs. C-103/00, Slg. 2002, I-1147 die hellenische Republik wegen mangelnden Schutzes der Artenvielfalt verurteilt. 136 Zur Unterscheidung zwischen Ausnahme und Befreiung siehe oben 1. Teil Kap. 1. A. III. 2. b). aa). (1). 137 Gellermann, NuR 2003, S. 385 ff. (391). 135

2. Kap.: Waldschutz, Biotop- und Artenschutz

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einer Meinung138: Da bei der Bebauungsplanung die Erteilung einer konkreten Befreiung aus Gründen der planerischen Zurückhaltung und der Verfahrensbeschleunigung manchmal nicht möglich und auf jeden Fall nicht wünschenswert ist139, muss die Überplanungsmöglichkeit in einer bloßen Befreiungslage, parallel zu der entsprechenden Lösung beim gesetzlichen Waldschutz und anders als bei den Schutzgebietsausweisungen, angenommen werden. Dafür spricht vor allem die Tatsache, dass die Regelungen über den Artenschutz in gesetzlichen Vorschriften enhalten sind, die ein allgemeines gesetzgeberisches Konzept verwirklichen. Schutzgebietsausweisungen werden dagegen in jedem Einzelfall für den Schutz eines konkreten Gebiets vor bestimmten Gefahren erlassen. Ihre förmliche Aufhebung zur Ermöglichung einer gegensätzlichen Bauleitplanung ist von daher möglich und aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit erforderlich. Bei den artenschutzrechtlichen Vorschriften müsste dagegen das Vorliegen einer eindeutigen Befreiungslage für die Zulässigkeit der Überplanung ausreichen. Eine Gesetzesänderung ist hier viel zu aufwendig, da sie in jedem konkreten Fall nicht verlangt werden könnte, in dem die Gemeinde entgegen den artenschutzrechtlichen Regelungen zu planen beabsichtigt. Darüber hinaus kann eine solche Aufhebung der gesetzlichen Artenschutzvorschriften in jedem Einzelfall gar nicht in Frage kommen, da das Gesetz per definitionem eine generelle und dauerhafte Geltung beansprucht. Um trotz der Regelungen des Artenschutzes anderen Erfordernissen des allgemeinen Interesses (wie z. B. den Erfordernissen der städtebaulichen Entwicklung) gerecht zu werden, hat der Gesetzgeber das Instrumentarium der Ausnahmen und Befreiungen vorgesehen. Die Gemeinde kann ihre Bebauungsplanung vor nachträglichen Diskrepanzen mit dem Artenschutz, z. B. aufgrund einer nachträglichen Verweigerung der artenschutzrechtlichen Befreiungen, die zu einer Unmöglichkeit der Durchführung des Bebauungsplans führen würde, dadurch absichern, dass sie von der Naturschutzbehörde schon vor der Aufstellung des Bebauungsplans verlangt, dass diese eine Befreiung durch eine entsprechende Erklärung in Aussicht stellt. Auf diese Weise kann die Gemeinde eine zusätzliche Absicherung ihrer Planung erreichen, da die Naturschutzbehörde 138 BVerwG, Beschl. v. 25.8.1997 – 4 NB 12.97, NuR 1998, S. 135 ff. (136); in diese Richtung aber indirekt VGH Kassel, Urt. v. 25.2.2004 – 3 N 1699/03, NuR 2004, S. 397 f. (398); VGH Kassel, Urt. v. 24.11.2003 – 3 N 1080/03, NuR 2004, S. 393 ff. (394). Schrödter, in: Schrödter (Hrsg.), BauGB, § 1a, Rn. 82; FischerHüftle, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 62, Rn. 7; Egner, NuR 2003, S. 737 ff. (738); Gellermann, NuR 2003, S. 385 ff. (391); Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 6, Rn. 206; Schrödter, NdsVBl. 2003, S. 33 ff. (39). 139 Weiblen, VBlBW 1996, S. 202 ff. (207).

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1. Teil: Spannungsfelder

nachträglich sich über ihre Erklärung nicht hinwegsetzen kann, es sei denn die tatsächlichen Verhältnisse haben sich entsprechend geändert140. II. Biotopschutz Biotope werden vom deutschen Gesetzgeber vielfach geschützt. Erstens werden diese Flächen durch die §§ 39 ff. BNatSchG im Rahmen des Schutzes der Artenvielfalt geschützt und auch gepflegt. Außerdem können Biotope auch durch Naturschutzgebietsausweisungen gemäß §§ 22 ff. BNatSchG geschützt werden, da die unter Schutz gestellten Flächen gleichzeitig Biotope darstellen können und auch das Vorhandensein eines Biotops die Schutzbedürftigkeit und Schutzwertigkeit eines Gebiets signalisieren kann. Biotope können teilweise auch durch Bodenschutzregelungen gepflegt werden. Was das griechische Recht angeht, werden Biotope ebenfalls durch Schutzgebietsausweisungen geschützt, die eben solche Biotope beinhalten. Außerdem werden sie durch die artenschutzrechtlichen Vorschriften des § 20 gr. G. 1650/1986 geschützt: Laut § 20 Abs. 1 und 2 gr. G. 1650/1986 werden die Pflanzen- und Tierarten mitsamt ihrer Standorte bzw. Lebensstätten als solche und als Bestandteile ihrer Biotope geschützt und nachhaltig gepflegt. 1. Gesetzlicher Biotopschutz und Bauleitplanung (nur hinsichtlich Deutschlands) Über alle diese Schutzmöglichkeiten hinaus verfügt das deutsche Recht auch über spezielle Vorschriften zum Biotopschutz. Durch die Einführung der Regelung des § 30 BNatSchG im Jahre 2002 ist der Biotopschutz im BNatSchG im Vergleich zum ehemaligen Schutz durch den § 20c BNatSchG a. F. bedeutend erweitert worden141. In § 30 BNatSchG werden nunmehr bestimmte Biotope aufgezählt, die aufgrund ihrer hohen naturschutzrechtlichen Bedeutung einen besonderen Schutz genießen. Sie bedürfen nicht der Unterschutzstellung durch eine Verordnung, Satzung oder irgendeine Einzelanordnung der Behörde, sondern sie werden unmittelbar kraft Gesetzes (§ 30 Abs. 1 BNatSchG) unter besonderen Schutz gestellt142. In § 30 Abs. 1 BNatSchG werden die Biotoparten genannt, deren Zerstö140 Schrödter, in: Schrödter (Hrsg.), BauGB, § 1a, Rn. 82; Louis/Wolf, NuR 2002, S. 455 ff. (456). Dasselbe gilt auch für Befreiungen von den Biotopschutzregelungen, Louis, NuR 1992, S. 24 ff. (26 f.). 141 Zur alten Rechtslage siehe Weiblen, Bauleitplanung und naturschutzrechtlicher Flächen- und Objektschutz, S. 297 ff; Weiblen, VBlBW 1996, S. 202 ff. 142 J. Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 30, Rn. 3; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 30, Rn. 4.

2. Kap.: Waldschutz, Biotop- und Artenschutz

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rung oder sonstige erhebliche oder nachhaltige Beeinträchtigung verhindert werden muss. Die Länder müssen die Maßnahmen zur Verwirklichung dieses Schutzes erlassen. Die Vorschriften der §§ 30 und 31 BNatSchG über den besonderen Schutz bestimmter gesetzlich festgelegter Biotope sind spezielle Regelungen im Verhältnis zu den Artenschutzregelungen der §§ 39 ff. BNatSchG143. Gleichzeitig werden diese Vorschriften zum Biotopschutz dem besonderen Flächenschutz zugeordnet, was auch durch die neue systematische Einordnung dieser Vorschriften im 4. Abschnitt des BNatSchG bestätigt wird144. Im griechischen Recht dagegen ist keine solche spezielle Vorschrift zum Schutz von Biotopen zu finden; aus diesem Grund betreffen die folgenden Ausführungen über den gesetzlichen Biotopschutz und seine Verschränkungen mit der städtebaulichen Planung ausschließlich das deutsche Recht. a) Strikt verbindliche Vorschriften zum gesetzlichen Biotopschutz für die Bauleitplanung Die Bauleitplanung kann Flächen in Anspruch nehmen, die Biotope enthalten und dem besonderen Schutz des § 30 BNatSchG unterliegen. Somit entstehen Konflikte zwischen der Bauleitplanung und dem gesetzlichen Biotopschutz145. Die Bauleitpläne stellen als solche keine Zerstörung oder Beeinträchtigung von Biotopen dar146; der Flächennutzungplan ist ein vor143 BT-Drs. 14/6378, S. 53. Was das Verhältnis von gesetzlichem Biotopschutz zur naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung der §§ 18 ff. BNatSchG betrifft, ist auch hier die Frage nach der Subsidiarität der einen oder anderen Regelungseinheit umstritten. Für die Spezialität der gesetzlichen Biotopschutzregelungen gegenüber der Eingriffsregelung Weiblen, VBlBW 1996, S. 202 ff. (205); Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 30, Rn. 4; a. A. J. Schmidt-Räntsch, in: Gassner/BendomirKahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 30, Rn. 17; In dieselbe Richtung BVerwG, Beschl. v. 20.2.2002 – 4 B 12.02, BauR 2002, S. 1368 f. (1369). Wie bei den gesetzlichen forstrechtlichen Anordnungen und aufgrund einer fehlenden Vorschrift, die dem § 43 Abs. 4 BNatSchG über die artenschutzrechtlichen Regelungen entspricht, muss man hier die parallele Geltung von gesetzlichem Biotopschutz und naturschutzrechtlicher Eingriffsregelung annehmen; in diesem Sinne Schrödter, NdsVBl. 2003, S. 33 ff. (36). 144 Diese Biotopschutzvorschriften wurden seit 1976 im Abschnitt 5 des BNatSchG dem Artenschutz zugeordnet. Kritisch zur älteren Rechtslage Weiblen, VBlBW 1996, S. 202 ff. (203). Seit dem BNatSchG 2002 sind sie – nunmehr systematisch richtig – im 4. Abschnitt des BNatSchG beinhaltet; Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 208; Kratsch, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 30, Rn. 9; Schrödter, NdsVBl. 2003, S. 33 ff. (34); Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 30, Rn. 1. 145 Dazu Weiblen, VBlBW 1996, S. 202 ff. (205 ff.), allerdings in Anbetracht der älteren Rechtslage. 146 Louis, NuR 1992, S. 24 ff. (26).

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1. Teil: Spannungsfelder

bereitender Plan, der einer Konkretisierung durch den Bebauungsplan bedarf; der Bebauungsplan ist zwar ein rechtsverbindlicher Plan, tatsächliche Wirkungen entfaltet er aber erst mit der Verwirklichung der einzelnen Vorhaben. Trotzdem setzen die Bauleitpläne durch ihre Darstellungen und Festsetzungen eventuell die Voraussetzungen für künftige Beeinträchtigungen des Biotopschutzes. Deshalb muss das Veränderungs- und Beeinträchtigungsverbot von Biotopen des § 30 BNatSchG schon in der Planungsstufe eingehalten werden. Somit sollen Maßnahmen oder Handlungen rechtzeitig verhindert werden, die zu einer Zerstörung oder zu einer sonstigen erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung der im Gesetz bestimmten Biotoparten führen können. Obwohl § 30 BNatSchG auf die Landesgesetze für die Konkretisierung seiner Regelung verweist (Rahmenrecht)147, ist dieses Zerstörungs- oder Beeinträchtigungsverbot des § 30 Abs. 1 S. 1 BNatSchG eine strikt verbindliche Vorschrift, die nicht der Abwägung vorliegt148. Diese Verbote gelten aber nicht ausnahmslos. Die Länder können nach § 30 Abs. 2 S. 1 BNatSchG Ausnahmen vorsehen, wenn die Beeinträchtigungen der Biotope ausgeglichen werden können oder wenn die dem Biotopschutz entgegengesetzten Maßnahmen aus überwiegenden Gründen des Gemeinwohls notwendig sind. Neben dem zwingenden Ausgleichsgebot sieht also der Gesetzgeber auch die Möglichkeit einer Abwägung als Voraussetzung einer Ausnahme vor. Gründe des Gemeinwohls, die eine Ausnahme rechtfertigen können, können auch die bauleitplanerischen Festsetzungen darstellen149. Hier stellt sich die Problematik der Befreiungslage genauso wie bei den artenschutzrechtlichen Vorschriften. Rechtsprechung und Literatur sind zu Recht auch hier überwiegend der Auffassung, dass die Überplanung eines gesetzlich geschützten Biotops zulässig ist, wenn eine Befreiung für die künftigen, sich auf den Bauleitplan stützenden Bauvor147 Stich, UPR 2002, S. 161 ff. (167); Kratsch, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 30, Rn. 13; J. Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/ Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 30, Rn. 2; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 30, Rn. 1; Schrödter, NdsVBl. 2003, S. 33 ff. (34). 148 VGH Mannheim, Normenkontrollurt. v. 13.6.1997 – 8 S 2799/96, NuR 1998, S. 146 ff. (146 f.); OVG Bautzen, Urt. v. 4.10.2000 – 1 D 683/99, NuR 2001, S. 286 f. (287) ; für einen Flächennutzungsplan VG Hannover, Urt. v. 11.6.1993 – 4 A 1141/92, NuR 1994, S. 457 f.; Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 6, Rn. 210 und Rn. 218; Kratsch, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BnatSchG, § 30, Rn. 43; J. Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 30, Rn. 12; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 30, Rn. 7; Louis, NuR 1992, S. 24 ff. (26); Louis/Wolf, NuR 2002, S. 455 ff. (455); Kratsch, NuR 1994, S. 278 ff. (278); Weiblen, Bauleitplanung und naturschutzrechtlicher Flächen- und Objektschutz, S. 297 ff. (302 und 307); Kratsch/Schumacher, Naturschutzrecht, S. 130 f.; Weiblen, VBlBW 1996, S. 202 ff. (205); a. A. Schrödter, NdsVBl. 2003, S. 33 ff. (35). 149 Louis, NuR 1992, S. 24 ff. (26 f.); Weiblen, VBlBW 1996, S. 202 ff. (204).

2. Kap.: Waldschutz, Biotop- und Artenschutz

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haben zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Bebauungsplans in Betracht kommt. Insofern ist zu diesem Zeitpunkt das Vorliegen einer (erteilten) Befreiung noch nicht erforderlich150. In diesem Punkt kann auf die obigen Ausführungen zum Artenschutz verwiesen werden. b) Nachträgliche Entstehung eines Biotops auf dem Gebiet eines Bebauungsplans Fraglich ist ferner, wie die Wirksamkeit eines Bebauungsplans zu beurteilen ist, wenn ein Biotop nach dem In-Kraft-Treten dieses Plans in seinem Planungsgebiet entstanden ist. Ein Bebauungsplan entfaltet direkte Rechtsfolgen für die Einzelnen, die sich auf seine Festsetzungen verlassen und darauf Rechte bzw. verfestigte Rechtspositionen stützen. Die nachträgliche Entstehung eines Biotops auf einem qualifiziert beplanten Gebiet kann in der Regel die Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans nicht ohne weiteres in Frage stellen. Auch ein AußerKraft-Treten des Bebauungsplans bei einer nachträglichen Entstehung eines Biotops in seinem Gebiet kommt nicht in Frage151. Eine solche Lösung würde zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit und zu einer Verletzung der Planungshoheit führen, da der Bebauungsplan keine endgültigen und abschließenden Regelungen gewährleisten würde. Auf der anderen Seite müssen aber auch die Erfordernisse des gesetzlichen Biotopschutzes berücksich150 VG Hannover, Urt. v. 11.6.1993 – 4 A 1141/92, NuR 1994, S. 457 f.; BVerwG, Beschl. v. 25.8.1997 – 4 NB 12.97, NuR 1998, S. 135 ff. (136); Weiblen, VBlBW 1996, S. 202 ff. (207); Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 6, Rn. 218; Louis, NuR 1992, S. 24 ff. (26); Weiblen, Bauleitplanung und naturschutzrechtlicher Flächen- und Objektschutz, S. 316; Schrödter, NdsVBl. 2003, S. 33 ff. (35 f.). Dagegen verlangt VGH Mannheim, Normenkontrollurt. v. 13.6.1997 – 8 S 2799/96, NuR 1998, S. 146 ff. (147) eine vorherige Ausnahmeerteilung vor der Aufstellung des Bebauungsplans. Diese Erteilung der Ausnahme vor der Aufstellung des Bebauungsplans ist nach dieser Rechtsprechung wegen seiner Rechtsverbindlichkeit möglich, im Gegensatz zum vorbereitenden Flächennutzungsplan, für den nur eine Zusicherung der Ausnahme möglich sein kann; so auch Kratsch, NuR 1994, S. 278 ff. (278); Kratsch, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 30, Rn. 43. An diesem Punkt muss angemerkt werden, dass diese Problematik bei Ausnahmen und Befreiungen einheitlich ist, vorausgesetzt, dass auch bei den Ausnahmen ein konkreter Rechtsakt der Erteilung erforderlich ist und dass sie nicht bei Vorlage der gesetzlichen Voraussetzungen automatisch eintreten. Vgl. zur Möglichkeit der Länder sowohl sog. Legalausnahmen als auch Ausnahmen nach einer behördlichen Einzelentscheidung vorzusehen Kratsch/Schumacher, Naturschutzrecht, S. 126. Vgl. auch Schrödter, NdsVBl. 2003, S. 33 ff. (35), der undifferenziert von Ausnahmeund Befreiungslage spricht. 151 A. A. Weiblen, VBlBW 1996, S. 202 ff. (208) bei einer überwiegenden Funktionslosigkeit des Bebauungsplans aufgrund von entgegengesetzten verbindlichen Biotopschutzregelungen.

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1. Teil: Spannungsfelder

tigt werden. Die gesetzlichen Biotopschutzregelungen sind verbindliche Vorschriften, die zwischen qualifiziert beplantem und unbeplantem Bereich nicht unterscheiden152. Aus diesem Grund sollten die Festsetzungen des Bebauungsplans von den gesetzlichen Biotopschutzregelungen im Baugenehmigungsverfahren in concreto verdrängt werden153. In diesem Sinne sollte die Verwirklichung des Inhalts des Bebauungsplans durch die Erteilung einer Baugenehmigung unter Umständen erst nach der Gewährung einer Ausnahme von den Biotopschutzregelungen nach § 30 Abs. 2 BNatSchG möglich sein154. Andererseits könnte aber auch die Aufhebung oder Änderung der im Bebauungsplan vorgesehenen Nutzung, die gegen den Biotopschutz verstößt, eine Lösung darstellen, dann eventuell mit einer entsprechenden Entschädigung der betroffenen Grundeigentümer nach § 42 BNatSchG155. Auf diese Weise würde der Widerspruch zwischen den baurechtlichen und den biotopschutzrechtlichen Vorschriften schon im Planungsstadium aufgehoben werden. Nach alldem lässt sich festhalten, dass der Bebauungsplan durch die nachträgliche Entstehung eines gesetzlich geschützten Biotops in seinem Gebiet nicht unwirksam wird. Um einen Widerspruch in der Rechtsordnung zu vermeiden, da der Bebauungsplan nunmehr gegen gesetzliche Vorschriften dauerhaft verstoßen wird, muss aber eine Anpassung dieses Plans an die neuen Gegebenheiten angestrebt werden156. Die optimale Lösung ist in jedem Einzelfall anhand der Kriterien der Bedeutung des Biotops für den Naturhaushalt und des Schwergewichts der dadurch beeinträchtigten Grundrechte und der Planungshoheit in concreto zu finden. 2. Zwischen dem gesetzlichen Biotopschutz und den Schutzgebietsausweisungen: Schutz von Biotopverbunden und Bauleitplanung Die Vorschrift des § 3 BNatSchG über die Errichtung eines Netzes verbundener Biotope und anderer naturschutzrechtlich relevanter Flächen zwi152

J. Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 30, Rn. 12. Eine solche Einschränkung des Geltungsbereichs der Vorschrift auf den Außenbereich und die freie Landschaft durch das Landesrecht ist nur bei den eventuell nach § 30 Abs. 2 S. 1 BNatSchG landesrechtlich zusätzlich geschützten Biotopen zulässig, Kratsch, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 30, Rn. 14. 153 Louis, NuR 1992, S. 24 ff. (27); Weiblen, VBlBW 1996, S. 202 ff. (208); Schrödter, NdsVBl. 2003, S. 33 ff. (42). 154 Louis, NuR 1992, S. 24 ff. (27); Schrödter, NdsVBl. 2003, S. 33 ff. (42). 155 Berg, NuR 2003, S. 87 ff. (88); Schrödter, NdsVBl. 2003, S. 33 ff. (42). 156 Weiblen, VBlBW 1996, S. 202 ff. (206); Weiblen, Bauleitplanung und naturschutzrechtlicher Flächen- und Objektschutz, S. 341.

2. Kap.: Waldschutz, Biotop- und Artenschutz

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schen den Ländern (Biotopverbund) ist durch die Novelle des BNatSchG 2002157 eingeführt worden. In Griechenland besteht bisher keine Regelung über Biotopverbunde oder ein entsprechendes Institut. Hintergrund der Gestaltung dieses neuen Instituts des Naturschutzrechts im deutschen Recht sind die neuesten Befunde der Wissenschaft der Ökologie, dass bestimmte Tier- und Pflanzenarten auch durch die „Verinselung“ ihrer Lebensräume bedroht werden können158. Die Zusammenhänge und die Wechselwirkungen zwischen ökologischen Systemen ist oft von hoher Bedeutung für das Überleben bestimmter Tier- und Pflanzenarten159. Diese ökologischen Erkenntnisse konnten vom Recht nicht ignoriert werden. Auf diesen Gedanken gestützt hat der Bundesgesetzgeber in § 3 Abs. 1 BNatSchG die Länder ermächtigt, durch geeignete Gebietsausweisungen nach § 22 ff. BNatSchG, planerische Festsetzungen (z. B. in Bebauungsplänen), langfristige Vereinbarungen oder andere geeignete Maßnahmen160 naturschutzrechtlich bedeutende Flächen (also nicht unbedingt gesetzlich geschützte Biotope i. S. d. § 30 BNatSchG161) miteinander zu verbinden. Der Gesetzgeber verschärft sogar den Schutz, indem er in § 3 Abs. 1 BNatSchG festlegt, dass die gesamte Fläche des Biotopverbundes mindestens 10% der Landesfläche umfassen muss162. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung interessiert in Bezug auf die Biotopverbunde nur die Frage, inwieweit es zu Verschränkungen mit der Bauleitplanung kommen kann und wie eventuelle Konflikte zu beheben sind. Ein Biotopverbund besteht aus Kernflächen, Verbindungsflächen und Verbindungselementen. Diese Flächen und Elemente gehören zu den oben dargestellten Kategorien der Schutzgebietsausweisungen nach den §§ 22 ff. BNatSchG und/oder zu den nach § 30 BNatSchG gesetzlich geschützten Biotopen, wenn solche Flächen zur Erreichung der Ziele des Biotopverbun157

Gesetz v. 25.3.2002, BGBl. I, S. 1193. Zu einem Überblick über die durch dieses Gesetz eingeführten Neuerungen Gellermann, NVwZ 2002, S. 1025 ff. Die Konstruktion des Biotopverbundes war aber in der Rechtsprechung schon vor diesem Zeitpunkt bekannt, siehe z. B. OVG Schleswig, Urt. v. 18.2.1992 – 1 L 2/91, NuR 1993, S. 344 ff. (345). 158 BT-Drs. 14/6378, S. 37 f.; Kratsch, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 30, Rn. 6; Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 40; Gellermann, NVwZ 2002, S. 1025 ff. (1027 f.); Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 3, Rn. 1. 159 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 6, Rn. 78; A. Schumacher/ J. Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 3, Rn. 1. 160 § 3 Abs. 4 BNatSchG. 161 Insofern halten Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 3, Rn. 5 den Begriff „Biotopverbund“ für irreführend. 162 Diese Mindestflächenvorgabe von 10% wird als ausreichend für Deutschland angesehen A. Schumacher/J. Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 3, Rn. 16; a. A. Gellermann, NVwZ 2002, S. 1025 ff. (1028), der diese Vorgabe als unzureichend betrachtet.

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1. Teil: Spannungsfelder

des geeignet163 und erforderlich164 sind. Durch die Einführung der Biotopverbunde entstehen also keine neuen Instrumente des Naturschutzrechts165 und somit keine neuen speziellen Probleme zwischen der Regelung der Biotopverbunde und der Bauleitplanung. Bei Kollisionen und Verschränkungen der Bauleitpläne mit Schutzvorschriften der zum Biotopverbund gehörenden Flächen sind jeweils dieselben Lösungen zu geben wie bei den Kollisionen der Bauleitplanung mit den Schutzgebietsausweisungen der §§ 22 ff. BNatSchG oder mit den gesetzlichen Biotopschutzvorschriften des § 30 BNatSchG, je nachdem, um was für eine Fläche es sich dabei handelt und wie diese Flächen nach § 3 Abs. 4 BNatSchG zu Bestandteilen des Biotopverbundes geworden sind (also ob durch Ausweisung nach § 22 Abs. 1 BNatSchG, durch planungsrechtliche Festlegung, langfristige Vereinbarung oder andere geeignete Maßnahmen). III. Zwischenergebnis Die Artenvielfalt und die wild lebenden Tier- und Pflanzenarten werden in beiden Rechtsordnungen nicht nur durch Schutzgebietsausweisungen, sondern auch durch spezielle Vorschriften als solche und als Bestandteile der entsprechenden Biotope geschützt. In Deutschland bestehen mehrere Vorschriften des Bundes- und des Landesrechts, die sich speziell auf den Schutz und die Pflege der biologischen Vielfalt beziehen, von denen manche als zwingendes Recht auch in die städtebauliche Planung einwirken. In Griechenland dagegen gibt es nur eine einzige solche gesetzliche Regelung in Form eines allgemeinen Grundsatzes, die der Konkretisierung durch andere Vorschriften bedarf. So finden die Erfordernisse des Artenschutzes laut Gesetz nur durch die planerische Abwägung Eingang in die städtebauliche Planung. Die gr. Rechtsprechung hat versucht, diese gesetzliche Lücke zu schließen, indem sie eine intensivere Wirkung des Artenschutzes auf die städtebauliche Planung geltend gemacht hat, die sie direkt aus der Verfassung abgeleitet hat. Weiter bestehen in Deutschland Ausnahmen und Befreiungen von den zwingenden gesetzlichen Vorschriften zum Artenschutz, so dass auch hier die Problematik der Befreiungslage auftaucht. Dabei wird hier, anders als bei den Schutzgebietsausweisungen, angenommen, dass die Überplanung in einer Befreiungslage möglich ist. In Griechenland werden keine Ausnahmen und Befreiungen vorgesehen, da die speziellen gesetzlichen artenschutzrechtlichen Regelungen indirekt und mittelbar wirken. Schließlich finden die artenschutzrechtlichen Vorschriften nach der deut163

§ 3 Abs. 3 BNatSchG; vgl. dazu BT-Drs. 14/6378, S. 38. Schrader, NuR 2003, S. 80 ff. (83). 165 Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 3, Rn. 11. 164

2. Kap.: Waldschutz, Biotop- und Artenschutz

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schen Rechtsprechung im Innenbereich keine Anwendung; diese Rechtsprechung ist aber nicht bedenkenfrei. In Griechenland dagegen wird die bestehende artenschutzrechtliche Regelung gleichermaßen innerhalb und außerhalb des Bereichs einer Städtebaulichen Studie angewandt. Was den Biotopschutz betrifft, bestehen im griechischen Recht keine speziellen gesetzlichen Vorschriften, die sich ausschließlich und explizit auf den Schutz von Biotopen beziehen. Die Biotope werden in Griechenland mittelbar durch andere Vorschriften geschützt, z. B. durch die Schutzgebietsausweisungen, die gesetzlichen Artenschutzregelungen, die Vorschriften zum Waldschutz usw. Im Gegensatz dazu besteht in Deutschland, über den mittelbaren Schutz von Biotopen durch andere Vorschriften hinaus, seit dem Jahre 2002 auch eine spezielle Biotopschutzregelung in § 30 BNatSchG, die lex spezialis zu den Artenschutzregelungen darstellt. Diese Regelung enthält zum Teil zwingendes Recht für die Bauleitplanung, so dass dagegen verstoßende Bauleitpläne fehlerhaft sind. Die Landesgesetze können aber Ausnahmen und Befreiungsmöglichkeiten von diesem Schutz vorsehen. Die Überplanungsmöglichkeit in einer Befreiungslage wird auch in diesem Fall zu Recht allgemein angenommen. Bei Entstehung eines Biotops nach dem In-Kraft-Treten eines Bebauungsplans in seinem Plangebiet wird dieser Plan nicht automatisch unwirksam; der dadurch entstandene Widerspruch in der Rechtsordnung muss aber auf irgendeine Weise, die in jedem Einzelfall in concreto zu finden ist, behoben werden. Schließlich löst der gesetzliche Schutz von Biotopverbunden keine speziellen zusätzlichen Probleme in Bezug auf eventuelle Überschneidungen mit der Bauleitplanung aus; die Biotopverbunde stellen nämlich praktisch die Summe von Biotopflächen nach § 30 BNatSchG oder/und durch Schutzgebietsausweisungen nach §§ 22 ff. BNatSchG erfassten Flächen oder/und anderswie geschützten Flächen und Elementen dar.

2. Teil

Mechanismen zur Harmonisierung von Naturschutzrecht und städtebaulicher Planung (Kooperationsfelder und Strategien zur Bewältigung von Konflikten) Im ersten Teil dieser Arbeit wurde festgestellt, dass es sowohl in Deutschland als auch in Griechenland oft zu Konflikten zwischen dem Naturschutzrecht und der städtebaulichen Planung kommen kann. Im Rahmen dieses zweiten Teils wird die Frage behandelt, durch welche Mechanismen jede der Referenzrechtsordnungen die Harmonisierung der beiden Rechtsbereiche anstrebt. Die Behandlung dieser Frage wird systematisch in zwei Kapitel untergliedert: Im Kapitel 1 werden die allgemeinen Mechanismen der Kooperation zwischen dem Naturschutzrecht und der Städtebauplanung verglichen, d.h. die Art und Weise, in der das Naturschutzrecht und die Städtebauplanung einander Rechnung tragen. Im darauf folgenden Kapitel 2 werden die Strategien der beiden Rechtsordnungen untersucht, die eingesetzt werden, um konkrete Konflikte zwischen den beiden Rechtsbereichen zu bewältigen. Kapitel 1

Allgemeine Mechanismen der Kooperation zwischen Naturschutzrecht und städtebaulicher Planung (Kooperationsfelder) Im vorliegenden ersten Kapitel des zweiten Teils dieser Arbeit werden die Kooperationsfelder, d.h. die positiven gegenseitigen Einwirkungen zwischen Naturschutzrecht und städtebaulicher Planung herausgearbeitet. Dieses Kapitel wird in vier Teile gegliedert: Zunächst gibt es unter A. eine allgemeine Darstellung des fachzugreifenden Charakters des Naturschutzrechts, der zweierlei fordert: Einerseits, dass die fachspezifischen naturschutzrechtlichen Entscheidungen den Belangen der übrigen einschlägigen Rechtsbereiche (insbesondere der städtebaulichen Planung) Rechnung tragen; und andererseits, dass die städte-

1. Kap.: Allgemeine Mechanismen

205

bauliche Planung ihrerseits von naturschutzrechtlichen Belangen mitgeprägt wird. Nach dieser allgemeinen Darstellung wird in den darauf folgenden Teilen B., C. und D. der Vorgang des gegenseitigen Einflusses zwischen Naturschutzrecht und Städtebauplanung systematisch ermittelt. Als erstes setzt sich Kapitel B. damit auseinander, ob und inwieweit die naturschutzrechtlichen Entscheidungen den städtebauplanerischen Interessen sowohl in materiell- als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht Rechnung tragen sollen. Dieser Vorgang wird hauptsächlich am Beispiel der Naturschutzgebietsausweisungen erläutert. Zweitens werden unter C. die Mechanismen der Berücksichtigung naturschutzrechtlicher Interessen in der bauplanerischen Abwägung ermittelt. In diesem Rahmen liegt das Schwergewicht der Untersuchung auf zwei Punkten: Auf der einen Seite ist die planerische Abwägung als solche, also die bei ihr zu berücksichtigenden naturschutzrechtlichen Belange und ihr Gewicht beim Abwägungsvorgang in beiden Rechtsordnungen miteinander zu vergleichen. Und auf der anderen Seite ist das Vorhandensein von fachspezifischen naturschutzrechtlichen Planungen in jeder der Referenzrechtsordnungen (= Landschaftsplanung in Deutschland, die Umweltschutzpläne im Rahmen der Regelungspläne in Griechenland) und ihre Auswirkungen auf die Städtebauplanung zu ermitteln. Schließlich wird unter D. das Instrumentarium der städtebaulichen Planung zur Verwirklichung des Naturschutzes dargestellt. Dazu gehören die „naturschutzfreundlichen“ Darstellungen bzw. Festsetzungen in den städtebaulichen Plänen und die Reichweite derselben Pläne in beiden Rechtsordnungen sowie noch ein zusätzliches Instrument des griechischen Rechts, nämlich die sog. „Zonen baulicher Kontrolle“, deren Rolle und Funktionen einerseits im griechischen Bauplanungssystem und andererseits im Vergleich zum deutschen Bauplanungssystem zu erläutern sind.

A. Naturschutzrecht als interdisziplinärer Rechtsbereich I. Deutschland: Querschnittscharakter des Naturschutzrechts Das Naturschutzrecht ist kein isoliertes Recht zum Schutz einzelner Naturgüter. Es hat einen Querschnittscharakter 1: Für den wirksamen und voll1 Dazu v. Strenge, Naturschutzrecht außerhalb der Naturschutzgesetze, vor allem S. 33 f.; Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, Einf., Rn.1; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 Vorb., Rn. 14; Rehbinder, NuR

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

ständigen Schutz von Natur und Landschaft reicht nicht allein die Tätigkeit der fachspezifischen naturschutzrechtlichen Behörden aus. Zur Erreichung der Zwecke des Naturschutzes wird die Zusammenarbeit verschiedener staatlicher Behörden und die Koordination mehrerer staatlicher Handlungen verlangt2. Der Querschnittscharakter des Naturschutzrechts wird von der Literatur und der Rechtsprechung auf verschiedene gesetzliche Vorschriften gestützt. Eine wichtige Grundlage findet sich in § 2 Abs. 1 BNatSchG3. Diese Vorschrift beinhaltet einen Auftrag an alle Vollzugsbehörden (sowohl die naturschutzrechtlichen als auch die Vollzugsbehörden anderer Fachbereiche), die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege4 unter Abwägung mit den sonstigen Anforderungen der Allgemeinheit an Natur und Landschaft zu verwirklichen (Abwägungsgebot)5. Die Belange des Naturschutzes müssen also Bestandteil aller einschlägigen staatlichen Entscheidungen sein6. Diese Regelung deutet schon darauf hin, dass der wirksame Schutz von Natur und Landschaft die Kooperation und die Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen sektoralen Politiken erfordert. In dieselbe Richtung geht auch das Unterstützungsgebot des § 6 Abs. 2 und 3 BNatSchG7. Diese Vorschrift ordnet die Inbezugnahme der naturschutzrechtlichen Belange bei jeder (bundes)staatlichen Tätigkeit an. Danach haben alle Behörden des Bundes8 im Rahmen ihrer Zuständigkeit die 2001, S. 361 ff. (361 f.); Gaentzsch, in: Dolde (Hrsg.), Umweltschutz im Wandel, S. 473 ff. (473). 2 Lörz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 6, Rn. 5. 3 Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 2, Rn. 5; A. Schumacher/J. Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 2, Rn. 1; Stich, UPR 2002, S. 161 ff. (162). 4 Diese Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege werden in § 1 BNatSchG festgelegt. 5 Dazu Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 6, Rn. 64; Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 39; A. Schumacher/J. Schumacher, in: Schumacher/FischerHüftle, BNatSchG, § 2, Rn. 6 ff.; Schmidt-Aßmann, NuR 1979, S. 1 ff. (6 f.); Durner, Konflikte räumlicher Planungen, S. 278 ff.; BVerwG, Urt. v. 11.12.2003 – 4 CN 10.02, UPR 2004, S. 182 ff. (183). Bei diesem Abwägungsgebot handelt es sich um eine umweltbezogene Konkretisierung des allgemeinen Abwägungsgebots bei staatlichen Entscheidungen, die nach Berücksichtigung aller einschlägigen Belange getroffen werden müssen, Kloepfer, Umweltrecht, § 4, Rn. 66. 6 Zu einer ausführlichen Erweiterung der Anwendung des Verwirklichungsauftrags des § 2 Abs. 1 BNatSchG siehe statt anderer Schmidt-Aßmann, NuR 1979, S. 1 ff. (7 ff.). 7 Rehbinder, NuR 2001, S. 361 ff. (363). 8 Anfangs war diese Regelung vom Gesetzgeber für Bundesbehörden wie die Deutsche Bundesbahn, die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes usw. gedacht, Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 6,

1. Kap.: Allgemeine Mechanismen

207

Ziele und Grundsätze des Naturschutzes und der Landschaftspflege nicht nur unbeeinträchtigt zu lassen, sondern auch durch positive Handlungen aktiv zu unterstützen9. Insofern sind diese Behörden verpflichtet, bei der Wahrnehmung aller ihrer Zuständigkeiten die größtmögliche Erfüllung der naturschutzrechtlichen Anforderungen anzustreben10. In § 6 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG wird diese Unterstützungspflicht durch eine Unterrichtungspflicht und die Pflicht anderer Fachbehörden erweitert, die naturschutzrechtlichen Behörden zu einer Stellungnahme zu veranlassen. Die jeweils zuständigen Behörden haben in diesem Rahmen die naturschutzrechtlichen Behörden über beabsichtigte Handlungen, die den Naturschutz und die Landschaftspflege berühren könnten, zu unterrichten und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Aufgrund des Querschnittscharakters des Naturschutzrechts übernehmen also die Vorschriften des BNatSchG eine doppelte Rolle: Auf der einen Seite beinhalten sie die Grundlagen und Maßstäbe des Handelns der zuständigen naturschutzrechtlichen Fachbehörden zum Schutz der Natur und der Landschaft. Dabei ist zu betonen, dass die naturschutzrechtlichen Behörden nicht nur die naturschutzrechtlichen Belange, sondern auch alle anderen Anforderungen der Allgemeinheit zu berücksichtigen haben (Integrationsgebot). Diese Pflicht geht aus dem Abwägungsgebot des § 2 Abs. 1 BNatSchG hervor11. Darüber hinaus ist aber diese Pflicht auch aus den speziellen Vorschriften über die einzelnen Instrumente des Naturschutzes (z. B. aus den Vorschriften über den Erlass von Schutzgebietsausweisungen, über die Landschaftsplanung) abzuleiten. Und auf der anderen Seite setzen die Vorschriften des BNatSchG Kriterien und Maßstäbe fest, die in das Rn. 20. Die Vorschrift des § 6 Abs. 3 BNatSchG erweitert aber diese Pflicht auch auf die Landesbehörden. In diesem Sinne sind die Gemeinden als Träger der Bauleitplanung von der Regel nicht erfasst. Für eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auch auf die Gemeinden bei der Bauleitplanung gibt es keinen Grund, da andere Vorschriften bestehen, die die Berücksichtigung der naturschutzrechtlichen Belange bei der Bauleitplanung gewährleisten. 9 J. Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüflte, BNatSchG, § 6, Rn. 11; Lorz/ Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 6, Rn. 5; Gassner, in: Gassner/BendomirKahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 6, Rn. 21. 10 Auch die allgemeine naturschutzrechtliche Eingriffsregelung der §§ 18 ff. BNatSchG stellt einen Ausdruck des Querschnittscharakters des Naturschutzrechts in diesem Sinne dar. Diese Regelung wird von jeder Fachbehörde durchgeführt, die für die Zulassung von Vorhaben zuständig ist, die Eingriffe in den Naturhaushalt und das Landschaftsbild verursachen können. Dazu ausführlich unten 2. Teil Kap. 2. A. 11 Es geht um die sog. „aufgabenexterne Abwägung“ im Rahmen des § 2 Abs. 1 BNatSchG, Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 2, Rn. 21 ff.; A. Schumacher/J. Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 2, Rn. 11.

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

Handeln von Behörden anderer Fachrichtungen durch entsprechende Konkretisierung der gesetzlichen Generalklauseln und Abwägungsvorschriften (z. B. für die Bauleitplanung § 1 Abs. 5 S. 1 und S. 2 Nr. 7 BauGB) integriert werden12. Einer der rechtlichen Fachbereiche, in denen die naturschutzrechtlichen Vorschriften und Belange am häufigsten in Betracht zu ziehen sind, ist die Bauleitplanung13. Nach diesen Ausführungen ist folgende Aussage festzuhalten: Der in Deutschland allgemein anerkannte Querschnittscharakter des Naturschutzrechts führt dazu, dass das Naturschutzrecht Entscheidungen aus anderen relevanten Rechtsgebieten mitgestaltet und gleichzeitig von ihnen mitgesteuert wird. II. Griechenland: Parallelen zu den deutschen Unterstützungs- und Integrationspflichten In Griechenland ist die rechtliche Lage bezüglich der gesetzlichen Ausprägung des Querschnittscharakters des Naturschutzrechts deutlich anders als im deutschen Recht ausgestaltet. Was den ersten Aspekt des Querschnittscharakters, nämlich die Einbeziehung von umwelt- und naturschutzrechtlichen Erfordernissen, materiell- und verfahrensrechtlich, sowohl in die Raumordnung als auch in die städtebauliche Planung betrifft, besteht zwar im griechischen Recht keine allgemeine Vorschrift, die dem allgemeinen Unterstützungsgebot des deutschen Rechts entspricht. Es gibt aber zahlreiche spezielle Vorschriften in den jeweiligen Gesetzen, die die Einbeziehung der naturschutzrechtlichen Interessen in die einzelnen fachspezifischen Verwaltungsentscheidungen regeln14. Auch was den umgekehrten zweiten Aspekt des Querschnittscharakters des Naturschutzrechts, nämlich die Berücksichtigung bzw. Beachtung von raumplanerischen und insbesondere von städtebaurechtlichen Belangen bei den naturschutzrechtlichen Entscheidungen angeht, ist im griechischen Gesetz wie allerdings auch im deutschen eine Lücke festzustellen: Es gibt keine allgemeine Regelung, die eine Integration aller einschlägigen Belange in die Entscheidungen und Maßnahmen zum Naturschutz und zur Landschaftspflege ausdrücklich anordnet. Einige 12 A. Schumacher/J. Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 2, Rn. 1; Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 2, Rn. 6; Kratsch/Schumacher, Naturschutzrecht, S. 12. 13 Stich, UPR 2002, S. 161 ff. (162); Mengel, Naturschutz, Landnutzung und Grundeigentum, S. 89 f.; Gaentzsch, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 473 ff. (473); Schink, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 837 ff. (838). 14 Diese Vorschriften speziell in Bezug auf die Städtebauplanung werden im Folgenden unter A. III. im Vergleich zum deutschen Recht im Einzelnen aufgeführt.

1. Kap.: Allgemeine Mechanismen

209

Aspekte des Integrations- wie auch des Unterstützungsgebots können im griechischen Recht höchstens durch eine adäquate Auslegung aus den §§ 1 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 Nr. g) gr. G. 1650/1986 abgeleitet werden. In § 1 Abs. 1 S. 2 gr. G. 1650/1986 wird der Umweltschutz allgemein als grundlegender und unerlässlicher Bestandteil der kulturellen und sonstigen Entwicklungsprozesse und der entsprechenden Politiken bezeichnet. Das bedeutet, dass die zuständigen Stellen die Erfordernisse des Umweltschutzes bei Entwurf und Verwirklichung jeder Art von kultureller und sonstiger Entwicklungspolitik berücksichtigen müssen. Bei dieser Pflicht handelt es sich eher um einen unverbindlichen Hinweis an die fachspezifischen Behörden, die Umweltbelange zu berücksichtigen, als um eine strikt geltende Regelung. Trotzdem geht diese Vorschrift in die Richtung des Unterstützungsgebots des deutschen Rechts. Weiter legt § 1 Abs. 2 Nr. g) gr. G. 1650/1986 als ein wesentliches allgemeines Ziel des Gesetzes fest, dass eine rationale Umweltpolitik zu einer ausgeglichenen Entwicklung sowohl des gesamten nationalen Gebiets als auch der einzelnen Gebiets- und Siedlungseinheiten des Landes beitragen wird. Dadurch kommt der Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck, dass bei der Gestaltung und Verwirklichung der Umweltpolitik alle Erfordernisse des jeweiligen Gebiets berücksichtigt werden, so dass eine optimale und nachhaltige Entwicklung erreicht werden kann. Diese Regelung zeigt somit indirekt in die Richtung des Integrationsgebots des deutschen Rechts. III. Zwischenergebnis Die obigen Ausführungen lassen den Schluss zu, dass beide Rechtsordnungen die Interdisziplinarität des Naturschutzrechts anerkennen. Diese kommt in zwei Aspekten zum Ausdruck: Auf der einen Seite sind die Ziele und Grundsätze sowie die allgemeinen Belange des Naturschutzrechts bei jeder Verwaltungsentscheidung, die mit solchen Interessen in Berührung kommen könnte, in Betracht zu ziehen und auch positiv zu fördern (Unterstützungsgebot). Auf der anderen Seite sind aber auch bei den verwaltungsrechtlichen Entscheidungen zum Naturschutz alle übrigen einschlägigen Belange zu beachten (Integrationsgebot). Dies wird in beiden Rechtsordnungen sogar von der jeweiligen Verfassung geboten: Im deutschen Recht schützt der Staat auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung (Art. 20a GG). Im griechischen Recht stellt der Schutz der natürlichen und kulturellen Umwelt Pflicht des Staates und Jedermannsrecht dar. Zu diesem Zweck muss der

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

Staat besondere Vorsorge- und repressive Maßnahmen im Rahmen des Nachhaltigkeitsprinzips treffen (Art. 24 Abs. 1 gr. Verfassung). Die erste Perspektive des Querschnittscharakters in Bezug insbesondere auf den Einfluss des Naturschutzrechts auf die städtebauliche Planung wird ausführlich im Folgenden unter C. und D. erforscht. Die zweite Perspektive, nämlich ob und inwiefern die naturschutzrechtlichen Entscheidungen auch von den Erfordernissen der städtebaulichen Planung gesteuert werden, wird unter B. am Beispiel der Schutzgebietsausweisungen dargestellt.

B. Einbeziehung der Belange der städtebaulichen Planung in die naturschutzrechtlichen Entscheidungen: Insbesondere am Beispiel der Naturschutzgebietsausweisungen Um die Art der Einbeziehung der städtebaurechtlichen Anforderungen und den Integrationsgrad in die naturschutzrechtlichen Entscheidungen zu ermitteln, bietet sich das Gebiet der Schutzgebietsausweisungen nach §§ 22 ff. BNatSchG an, weil diese eins der wichtigsten Instrumente des Naturschutzes darstellen. Außerdem weisen sie einen hohen räumlichen Bezug auf und enthalten strikte Verbote und Gebote für die städtebauliche Planung. Die folgende Untersuchung wird in zwei Unterteile gegliedert, und zwar wird erstens die materiellrechtliche Berücksichtigung (unter B. I.) und zweitens die verfahrensrechtliche Einbeziehung von städtebauplanerischen Interessen in die Unterschutzstellung (unter B. II.) ermittelt. I. Materiellrechtliche Berücksichtigung 1. Im deutschen Recht a) Naturschutzrechtliches Abwägungsgebot allgemein und speziell bei der Erstellung von Schutzgebietsausweisungen In Deutschland findet die materiellrechtliche Einbeziehung der Belange der Bauleitplanung in die Entscheidungen zur Unterschutzstellung im Rahmen einer sachgerechten Abwägung der naturschutzrechtlichen Behörden statt15. Das allgemeine naturschutzrechtliche16 Abwägungsgebot ist in § 2 Abs. 1 15

Durner, Konflikte räumlicher Planungen, S. 135. Das naturschutzrechtliche Abwägungsgebot darf mit dem bauleitplanungsrechtlichen Abwägungsgebot (darüber ausführlich unten 2. Teil Kap. 1. C. I. 2.) nicht verwechselt werden. Im ersten Fall sind nämlich die naturschutzrechtlichen Behörden, im zweiten Fall dagegen die bauplanungsrechtlichen Behörden bei der Erfüllung ihrer jeweiligen Zuständigkeiten zu einer Abwägung verpflichtet. 16

1. Kap.: Allgemeine Mechanismen

211

BNatSchG enthalten17. Wie schon oben erwähnt, besagt dieses Abwägungsgebot, dass bei den Entscheidungen der naturschutzrechtlichen Behörden eine konkrete sachgerechte Abwägung zwischen allen in Betracht kommenden sonstigen Erfordernissen der Allgemeinheit18 stattfinden muss. Das Abwägungsgebot bringt somit eine Relativierung der Durchsetzung von naturschutzrechtlichen Belangen bei Berührungen mit anderen staatlichen Interessen, wie z. B. den Interessen der Bauleitplanung, hervor. In diesem Sinne wird überwiegend anerkannt, dass die in den §§ 1 und 2 Abs. 1 BNatSchG dargelegten Ziele und Grundsätze des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei den naturschutzrechtlichen Entscheidungen und Maßnahmen keinen absoluten Vorrang vor allen übrigen öffentlichen Interessen haben19. Insbesondere bezüglich der Naturschutzgebietsausweisungen ist das Abwägungsgebot bei der Unterschutzstellung allgemein anerkannt20. Dies wird in § 22 Abs. 1 BNatSchG angeordnet21. Danach liegt die Unterschutzstellung im Ermessen der zuständigen Behörde, die dabei allen einschlägigen 17

Dazu ausführlich Durner, Konflikte räumlicher Planungen, S. 278 ff. Dabei handelt es sich aber nicht unbedingt um staatliche Aufgaben, sondern eventuell auch um private Belange. So J. Schmidt-Räntsch, in: Gassner/BendomirKahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 22, Rn. 17; De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/ De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Baurechts, Naturschutz, Rn. E 40; Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 6, Rn. 64; Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 39; Schmidt-Aßmann, NuR 1979, S. 1 ff. (3); OVG Bautzen, Normenkontrollurt. v. 24.9.1998 – 1 S 369/96, NuR 1999, S. 344 ff. (346); OVG Koblenz, Urt. v. 1.7.1999 – 1 C 11884/98, NuR 2000, S. 290 ff. (291); a. A. aber Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 2, Rn. 25; A. Schumacher/ J. Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 2, Rn. 12; Kratsch/ Schumacher, Naturschutzrecht, S. 13. 19 Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 39; Kratsch/Schumacher, Naturschutzrecht, S. 13; Schmidt-Aßmann, NuR 1979, S. 1 ff. (3); Durner, Konflikte räumlicher Planungen, S. 279; BVerwG, Beschl. v. 10.10.1988 – 7 B 37.88, NuR 1989, S. 85. 20 VGH Mannheim, Beschl. v. 28.7.1986 – 5 S 2110/85, NuR 1986, S. 340 ff. (342); BVerwG, Beschl. v. 16.6.1988 – 4 B 102.88, NuR 1989, S. 37 f. (38); OVG Münster, Urt. v. 6.10.1988 – 11 A 372/87, NuR 1989, S. 188 ff. (189); OVG Berlin, Beschl. v. 26.9.1991 – 2 A 5.91, NuR 1992, S. 87 ff. (88 f.); OVG Greifswald, Normenkontrollurt. v. 20.4.1994 – 4 K 25/93, NuR 1995, S. 149 ff. (154 f.); VGH Mannheim, Beschl. v. 9.5.1995 – 5 S 2153/94, NVwZ-RR 1996, S. 17 f. (18); BVerwG, Beschl. v. 18.7.1997 – 4 BN 5.97, NuR 1998, S. 37 ff. (38); BVerwG, Beschl. v. 21.7.1997 – 4 BN 10.97, NuR 1998, S. 131 ff. (132); OVG Bautzen, Normenkontrollurt. v. 24.9.1998 – 1 S 369/96, NuR 1999, S. 344 ff. (346); OVG Koblenz, Urt. v. 1.7.1999 – 1 C 11884/98, NuR 2000, S. 290 ff. (291); J. SchmidtRäntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 22, Rn. 28; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, § 22, Rn. 7; J. Schumacher/A. Schumacher/ P. Fischer-Hüftle, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 22, Rn. 12; Kratsch/ Schumacher, Naturschutzrecht, S. 69. 21 „Die Länder bestimmen, dass Teile von Natur und Landschaft zum 1. Naturschutzgebiet . . . erklärt werden können.“ 18

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

Interessen Rechnung zu tragen hat und gemäß § 22 Abs. 2 S. 1 BNatSchG eine dem Schutzzweck und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip gerechte Entscheidung treffen muss22. b) Berücksichtigung der Belange der Bauleitplanung Unter den Belangen, die bei der Abwägung zur Unterschutzstellung berücksichtigt werden müssen, zählen auch die Belange der kommunalen Bauleitplanung23. Diese müssen insbesondere in Erwägung gezogen werden, da die Schutzgebietsausweisungen eine beschränkende Wirkung auf die Bauleitplanung haben können: Oft nehmen die Schutzgebietsausweisungen Flächen in Anspruch, die schon von der Gemeinde unter Planung stehen oder die die Gemeinde in der Zukunft zu überplanen beabsichtigt. Außerdem muss die planende Gemeinde, wie schon oben ausführlich dargelegt, bei einer Überplanung der unter Schutz gestellten Flächen den Inhalt von bestehenden Schutzgebietsausweisungen in der Regel als zwingendes Recht beachten. Somit kommen die Schutzgebietsausweisungen mit der Planungshoheit in Berührung. Diese aktuellen oder potentiellen Auswirkungen der Schutzgebietsausweisungen auf die Bauleitplanung begründen die Pflicht zur Berücksichtigung der bauleitplanungsrechtlichen Belange bei der Unterschutzstellung24. Ferner wird gefragt, wie weit diese Berücksichtigungspflicht geht. Sollen beim Erlass einer Schutzgebietsausweisung nur die fertigen Bauleitpläne oder auch bloße Planungsabsichten beachtet werden? Wie konkret und wie fest müssen diese Planungsabsichten der Gemeinde schon im Stadium bei Erlass der Schutzgebietsausweisung sein? Reichen auch die leisesten Vermutungen der Naturschutzbehörden über die künftige Überplanung, um ihre Pflicht zu begründen, den Inhalt der Schutzgebietsausweisung entsprechend zu gestalten? Zunächst ist davon auszugehen, dass ein fertiger, rechtsverbindlicher25 Bauleitplan auf jeden Fall die Planungsabsichten der Gemeinde in ausrei22 Dazu Hermanns/Hönig, NuR 2001, S. 27 ff. (28); J. Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 22, Rn. 17 und Rn. 24; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, § 22, Rn. 6; Weiblen, Bauleitplanung und naturschutzrechtlicher Flächen- und Objektschutz, S. 194 und 214; Kratsch/Schumacher, Naturschutzrecht, S. 69. 23 De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Baurechts, Naturschutz, Rn. E 295; OVG Koblenz, Urt. v. 28.1.1987 – 10 C 31/86, NuR 1987, S. 231. 24 J. Schumacher/A. Schumacher/P. Fischer-Hüftle, in: Schumacher/FischerHüftle, BNatSchG, § 22, Rn. 15; Kratsch/Schumacher, Naturschutzrecht, S. 69. 25 Entweder nur für die öffentlichen Planungsträger und die Behörden im Falle eines Flächennutzungsplans oder auch für die Bürger im Falle eines Bebauungsplans.

1. Kap.: Allgemeine Mechanismen

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chend konketer und verfestigter Weise festlegt, so dass ihm in den Schutzgebietsausweisungen in der Regel nicht widersprochen werden darf. Gemäß § 7 BauGB ist der Inhalt der fertigen Flächennutzungspläne (und analog auch der Bebauungsplan) bei der Abwägung zur Unterschutzstellung nicht bloß als überwindbarer Abwägungsbelang, sondern als verbindliche Regelung zu beachten26. Was die bloßen kommunalen Planungsabsichten betrifft, die in keinem wirksamen Bauleitplan niedergeschrieben sind, ist die Rechtslage anders zu beurteilen. Nicht alle diese Planungsabsichten müssen beim Erlass einer Schutzgebietsausweisung von den Naturschutzbehörden ohne weiteres berücksichtigt werden. Die Rechtsprechung hat zwei Voraussetzungen aufgestellt, damit diese Pflicht eingreift: Zum einen muss die Planung der Gemeinde schon hinreichend konkret und verfestigt sein27 und zum anderen muss die voraussichtliche Beeinträchtigung der Bauleitplanung durch die beabsichtigte Schutzgebietsausweisung als nachhaltig erscheinen. Die Auslegung dieser unbestimmten Begriffe und ihre Konkretisierung im Einzelfall ist Aufgabe der Gerichte. Die zweite Voraussetzung der Nachhaltigkeit der drohenden Beeinträchtigung liegt dann vor, wenn aufgrund der Regelungen der Schutzgebietsausweisungen zu erwarten ist, dass die Planungsabsichten der Gemeinde nicht mehr verwirklicht werden können, oder wenn sie nachträglich geändert werden müssten28. Die Festlegung einer solchen Voraussetzung ist nachvollziehbar, weil tatsächlich kein Grund besteht, die Naturschutzbehörden mit der Berücksichtigung von fachfremden Planungsabsichten zu belasten, wenn die ins Auge gefasste Naturschutzgebietsausweisung keinerlei Auswirkungen auf die Absichten und die Planungshoheit haben kann. 26 Aus dem Verbot widersprüchlicher flächenbezogener Regelungen leiten Kratsch/Schumacher, Naturschutzrecht, S. 73 diese Folge ab. In diese Richtung auch Hermanns/Hönig, NuR 2001, S. 27 ff. (29). Dazu ausführlich oben 1. Teil Kap. 1. A. II. 1. a). aa). 27 VGH München, Beschl. v. 19.11.1985 – 20 Cs 85 A 2304 u. A., NVwZ 1986, S. 679 ff.; BVerwG, Urt. v. 21.3.1996 – 4 C 26.94, BVerGE 100, S. 388 ff. (394); BVerwG, Beschl. v. 27.8.1997 – 11 A 18.96, NuR 1998, S. 199 f.; OVG Bautzen, Urt. v. 16.8.2000 – 1 D 162/99, NuR 2001, 283 ff. (284 f.). Die Berücksichtigung nicht verfestigter Pläne bei der Gebietsausweisung von FFH-Gebieten nach Art. 4 Abs. 1 FFH-RL ist auch durch Art. 2 Abs. 3 FFH-RL nicht eröffnet, Düppenbecker/ Greiving, UPR 1999, S. 173 ff. (175); a. A. Fischer-Hüftle/Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle (Hrsg.), BNatSchG, § 26, Rn. 30, der die Freihaltung von zukünftigen Bebauungsplangebieten von einer Naturschutzgebietsausweisung pauschal ablehnt. 28 BVerwG, Urt. v. 11.5.1984 – 4 C 83/80, NVwZ 1984, S. 584; VGH München, Beschl. v. 19.11.1985 – 20 Cs 85 A 2304 u. a., NVwZ 1986, S. 679 f.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 21.10.1986 – 7 D 2/86, NVwZ 1987, S. 341 f.; Hermanns/Hönig, NuR 2001, S. 27 ff. (29).

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

Das Erfordernis der Konkretheit der Planungsabsichten folgt aus praktischen Gründen. Die Naturschutzbehörden werden nämlich in der Regel nicht imstande sein, die bauleitplanerischen Absichten der Gemeinde zu kennen, solange diese nicht ausreichend konkret zum Ausdruck gebracht worden sind. Solche kommunalen Planungsabsichten ohne Anhaltspunkt in den Äußerungen des kommunalen Planungsträgers zu vermuten, kann und soll von den Naturschutzbehörden nicht verlangt werden. Was den Grad der Konkretheit der Planungsabsichten betrifft, muss Folgendes angemerkt werden: Ein fertiger Plan ist nicht die einzige Konkretisierung gemeindlicher Planungsabsichten. Die Rechtsprechung stellt vielmehr auf die Durchführung der Öffentlichkeitsbeteiligung ab29. Dies basiert auf dem Gedanken, dass nach diesem Stadium des Verfahrens der Plan auch von der Gemeinde selbst nicht mehr beliebig und ohne weitere Folgen (z. B. Wiederholung des Öffentlichkeitsbeteiligung) zu ändern ist. Dabei sollte aber nach der hier vertretenen Ansicht eigentlich schon auf den Aufstellungsbeschluss abgestellt werden. Damit kommen die Planungsvorstellungen zum ersten Mal für das in Frage kommende Gebiet konkret zum Ausdruck und zu diesem Zeitpunkt steht das Planungskonzept der Gemeinde schon fest. Der Aufstellungsbeschluss sollte also eine ausreichende Konkretisierung der Planungsabsichten darstellen, damit diese beim Verfahren zur Schutzgebietsausweisung beachtet werden müssen. Im Hinblick auf die Intensität der Berücksichtigungspflicht kommt es weiter darauf an, ob die Unterschutzstellung Flächen im Innen- oder im Außenbereich betrifft. Obwohl die Flächen im Innen- und vor allem im Außenbereich in erster Linie nicht für die Bebauung bestimmt sind, ist eine eventuelle zukünftige Erweiterung des Bebauungsplans auf diese Flächen, und zwar vorrangig im Innen- und ausnahmsweise auch im Außenbereich nicht ausgeschlossen30. Die Vorhaben im Innenbereich haben einen intensiveren Bezug zu einer zukünftigen potentiellen Bebauung und so zu den verfestigten Planungserwägungen der Gemeinden, weil sie sich in schon im Zusammenhang bebauten Gebieten befinden. Ein wichtiges Argument in diese Richtung liefert auch § 21 Abs. 2 S. 1 und 2 BNatSchG, der die Nichtanwendung der Eingriffsregelung im unbeplanten Innenbereich anordnet, ihre Anwendung im Außenbereich dagegen uneingeschränkt vorsieht31. Aus diesen Gründen sind die Planungsabsichten im Außenbereich weniger intensiv als die im Innenbereich zu berücksichtigen. 29

BVerwG, Urt. v. 21.3.1996 – 4 A 11.95, NuR 1997, S. 78 f. (79), BVerwG, Beschl. v. 27.8.1997 – 11 A 18.96, NuR 1998, S. 199 f. 30 Über die Struktur des Planersatzes und die Funktionen von Innen- und Außenbereich siehe oben Einf. A. I. II. 1. 31 Hermanns/Hönig, NuR 2001, S. 27 ff. (29); Louis/Wolf, NuR 2002, S. 455 ff. (466).

1. Kap.: Allgemeine Mechanismen

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2. Im griechischen Recht Im gr. Gesetz 1650/1986 taucht zwar der Begriff des (naturschutzrechtlichen) Abwägungsgebots nicht ausdrücklich auf. Trotzdem kommt man auch in Griechenland durch die Auslegung der gesetzlichen Vorschriften in jeder einzelnen Entscheidung zum Naturschutz zur Annahme eines Abwägungsgebots. Um das konkrete Beispiel der Schutzgebietsausweisungen zu nehmen, kann man schon aus der Formulierung des § 18 Abs. 3 gr. G. 1650/198632 schließen, dass die Entscheidung über die Unterschutzstellung auf dem Ermessen der zuständigen Behörde basiert. Die Kriterien dieser Abwägung werden aber im Gesetz nicht ausdrücklich genannt. Eine Rolle als Abwägungsdirektiven können die Vorschriften des § 19 Abs. 1 bis 5 gr. G. 1650/1986 übernehmen. Diese sehen für jede Schutzkategorie gewisse Ausnahmemöglichkeiten von den festzusetzenden Geboten oder Verboten der Schutzgebietsausweisungen aus Gründen z. B. wirtschaftlicher oder landwirtschaftlicher Interessen vor, solange dadurch dem Schutzzweck nicht geschadet wird. Unter diesen Kriterien werden die Belange der städtebaulichen Planung und Entwicklung zwar nicht explizit genannt; solche städtebaulichen Belange können aber zu den allgemeinen wirtschaftlichen, kulturellen oder Entwicklungsbelangen gehören. Deshalb kann davon ausgegangen werden, dass die Ausnahmemöglichkeiten des § 19 Abs. 1 bis 5 gr. G. 1650/1986 sich indirekt auch auf die städtebaulichen Interessen beziehen. So muss die zuständige Behörde bei Ausgestaltung des Schutzes den städtebaulichen Belangen Rechnung tragen. Dafür spricht ferner die Tatsache, dass die Präsidialverordnungen zur Unterschutzstellung gemäß § 21 Abs. 2 S. 1 gr. G. 1650/1986 verbindliche Bestimmungen zu den zulässigen Bodennutzungen sowie Beschränkungen der Bebaubarkeit beinhalten können33. Insofern müssen städtebauliche Erfordernisse bei der Unterschutzstellung berücksichtigt werden. Schließlich ist zu betonen, dass die Berücksichtigungspflicht sich auch im griechischen Recht in eine Beachtungs- bzw. Übernahmepflicht verwandelt, wenn es um fertige, rechtswirksame städtebauliche Pläne geht, deren Gebiete von einer Schutzgebietsausweisung erfasst werden sollen34. 32 „Die Gebiete, die Gegenstände und die Einheiten des vorigen Absatzes können nach den Kriterien des § 19 wie folgend ausgewiesen werden: Gebiete absoluten Schutzes . . .“. 33 Dazu Giannakourou, PerDik 2000, S. 470; StaatsratsE 1169/1994; 1821/1995, Nümoò+Fu·sh 1996, S. 149 ff.; 4950/1995; 1270/1998; 1907/2001; 3793/2001; StaatsratsPE 129/2004, EDDDD 2004, S. 556 ff. 34 Dazu ausführlich oben 1. Teil Kap. 1. A. II. 2. a). aa).

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

II. Einbeziehung der städtebaulichen Belange in das Verfahren zur Unterschutzstellung 1. Beteiligung der kommunalen Planungsträger in Deutschland Zum Schutz der Planungsinteressen und der Planungshoheit ist in Deutschland neben der materiellrechtlichen Berücksichtigung der bauleitplanerischen Belange auch die Beteiligung der kommunalen Planungsträger am Verfahren zum Erlass der Schutzgebietsausweisungen von großer Bedeutung. Die Gemeinden haben ein Recht auf Information und Anhörung in diesem Verfahren35. Eine solche Beteiligung ist nicht nur für die unmittelbar von den Schutzgebietsausweisungen betroffenen Gemeinden, sondern auch für die Nachbargemeinden erforderlich, auf deren Planung Auswirkungen zu erwarten sind36. Bundesrechtlich ist das Recht auf Beteiligung zwar nicht explizit in einer speziellen Vorschrift zu finden. § 6 Abs. 3 S. 2 BNatSchG überlässt es dem Landesgesetzgeber, eine solche Beteiligung und ihre Auswirkungen auf die naturschutzrechtliche Abwägung vorzusehen37. Aufgrund dieser Ermächtigungsregelung ist das Recht auf Beteiligung tatsächlich in den einzelnen Landesnaturschutzgesetzen verankert, darüber hinaus ergibt sich aber dieses Recht ohnehin aus der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG38. Das Recht auf Beteiligung ist zu begrüßen, weil es trotz eventueller Verzögerungen im Verfahren entscheidend dazu beiträgt, durch Kooperation und Verhandlungen zwischen naturschutzrechtlichen Verwaltungsträgern und kommunalen Instanzen Kompromisse zu erzielen39. 2. Beteiligung des Rats der Präfektur und Durchführung einer Umweltprüfung in Griechenland Wie schon oben erwähnt, werden die Schutzgebietsausweisungen in Griechenland gemäß § 21 Abs. 1 S. 1 gr. G. 1650/1986 in Form einer Präsi35 Ein Recht auf Information und Anhörung hat die Rechtsprechung auch in Bezug auf andere Fachplanungen mehrfach anerkannt, BVerwG, Urt. v. 7.7.1978 – 4 C 79.76, BVerwGE 56, S. 110 ff. (137); BVerwG, Urt. v. 17.7.1980 – 7 C 101.78, BVerwGE 60, S. 297 ff. (300); BVerwG, Urt. v. 11.4.1986 – 4 C 51.83, BVerwGE 74, S. 124 ff. (127); BVerwG, Urt. v. 27.3.1992 – 7 C 18.91, BVerwGE 90, S. 96 ff. (100). 36 Weiblen, Bauleitplanung und naturschutzrechtlicher Flächen- und Objektschutz, S. 60. 37 J. Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 22, Rn. 16; dazu auch Durner, Konflikte räumlicher Planungen, S. 134 f. 38 Düppenbecker/Greiving, UPR 1999, S. 173 ff. (175). 39 Hermanns/Hönig, NuR 2001, S. 27 ff. (29).

1. Kap.: Allgemeine Mechanismen

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dialverordnung auf Vorschlag des Ministers für Umwelt, Raumordnung und öffentliche Werke und des gegebenfalls sonst noch zuständigen Ministers erlassen. Diese Art von Verwaltungshandeln durch Präsidialverordnung auf Vorschlag eines oder mehrerer zuständigen Minister ist sehr zentralisiert und von den konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls sehr weit enfernt. Aus diesem Grund ist das gesetzliche Erfordernis, dass der Rat der Präfektur 40 sich vorher zur Unterschutzstellung geäußert haben muss, von besonderer Bedeutung. Dadurch wird die Einbeziehung der örtlichen Selbstverwaltungsgebietskörperschaften in das Verfahren erreicht und die Anpassung dieser Entscheidungen an die örtlichen Erfordernisse sichergestellt. Außerdem erfordert § 21 Abs. 1 S. 1 1650/1986, dass die Entscheidung über die Unterschutzstellung sich auf einen regionalen oder speziellen Raumordnungsplan oder auf einen Allgemeinen Städtebaulichen Plan oder auf eine speziell dafür durchgeführte Umweltprüfung stützt. Der griechische Gesetzgeber fordert somit für die Unterschutzstellung entweder einen Bezug zur räumlichen (überörtlichen) Planung oder zu einer speziellen Umweltprüfung, die eigens vor und für die Unterschutzstellung durchgeführt werden muss. Durch die erste Alternative wird ein indirekter Bezug der Schutzgebietsausweisung zur städtebaulichen Planung hergestellt. Die Bedeutung dieser Vorschrift wird aber dadurch erheblich geschwächt, dass der Gesetzgeber alternativ zur räumlichen Planung die spezielle Umweltprüfung als ausreichende Basis für die Schutzgebietsausweisung vorsieht. Bezeichnend für den unüberlegten Charakter dieser Vorschrift ist, dass das Gesetz im darauf folgenden Satz die Umweltprüfung auf jeden Fall als notwendig für die Feststellung der Schutzbedürftigkeit und der erforderlichen Schutzmaßnahmen festlegt. Das sind also keine Alternativen, sondern im Ergebnis muss die Umweltprüfung und kann dazu noch der Raumplan beachtet werden. Einerseits ist diese Vorschrift zu begrüßen, weil dadurch sichergestellt wird, dass das unter Schutz zu stellende Gebiet nach den Kriterien der Ökologie tatsächlich schutzbedürftig ist und dass der beabsichtigte Schutz erforderlich und zweckmäßig ist. Andererseits ist aber dadurch das Erfordernis eines entfernten Bezugs der Schutzgebietsausweisung zu 40 Die Präfektur war seit 1986 (§§ 19–60 gr. G. 1622/1986) für lange Zeit die zweite (höhere) Stufe der örtlichen Selbstverwaltung in Griechenland. Die Gesetzeslage über die örtlichen Selbstverwaltungskörperschaften hat sich aber sehr oft geändert, so dass die Präfektur zuweilen auch die Rolle des Repräsentanten der Regierung in kleineren Regionen, den sog. Verwaltungsbezirken, übernommen hatte. Zu dieser Rechtslage siehe Efstratiou, DV 1984, S. 355 ff. (356). Nach jetztiger Rechtslage stellt die Präfektur nach der Präsidialverordnung 30/1996 zur „Kodifizierung der Präfektur als Selbstverwaltungskörperschaft“ (gr. ABl. A’ 21) und nach dem neueren Gesetz 2539/1997 (gr. ABl. 244/4.12.1997) wieder die zweite Stufe der örtlichen Selbstverwaltung dar. Dazu siehe Dagtoglou, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1135a ff., S. 729 ff.

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

den Belangen der räumlichen und städtebaulichen Planung im Ergebnis rückgängig gemacht. 3. Zwischenergebnis Die Berücksichtigung der städtebaulichen Belange bei der Unterschutzstellung ist im deutschen Recht sowohl in materieller als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht gesetzlich gezielter geregelt und von der Rechtsprechung vollständiger ausgearbeitet als im griechischen Recht. Im griechischen Recht sind die Beachtung der städtebaulichen Interessen und die Beteiligung der für die städtebauliche Planung zuständigen Behörden höchstens durch Auslegung der in Betracht kommenden Vorschriften abzuleiten. Was insbesondere die spezielle Umweltprüfung betrifft, die im griechischen Recht für den Beleg der Schutzbedürftigkeit und der Geeignetheit der zu ergreifenden Maßnahmen im Verfahren der Unterschutzstellung erfordert wird, muss Folgendes angemerkt werden: Das deutsche Recht sieht eine solche Umweltprüfung nicht vor. Das liegt vermutlich daran, dass die Schutzgebietsausweisungen im deutschen Recht im Gegensatz zum griechischen System von den Natur- und Landschaftsschutzbehörden erlassen werden. Die Natur- und Landschaftsschutzbehörden überprüfen bei der Ausübung ihres Ermessens sehr ausführlich die Erforderlichkeit der Unterschutzstellung und alle in Betracht kommenden Parameter, was auch die spezielle Umweltprüfung nach griechischem Recht miteinbeziehen muss. Dabei findet in der Regel eine Öffentlichkeitsbeteiligung nach Landesrecht statt. Von daher gibt es in dieser Hinsicht materiellrechtlich keinen Unterschied zwischen den beiden Rechtsordnungen. Das Erfordernis einer speziellen Umweltprüfung in Griechenland ist darauf zurückzuführen, dass die die Schutzgebietsausweisung erlassenden zentralen, hoch angelegten (Ministerialebene) Verwaltungsbehörden keine Möglichkeit haben, bei der Abwägung alle konkreten ökologischen Gegebenheiten zu ermitteln und zu bewerten. Dabei benötigen sie die Unterstützung von fachspezifischen Bestandsaufnahmen. Die für die Schutzgebietsausweisung zuständigen Behörden des deutschen Rechts dagegen sind durchaus imstande, das erforderliche ökologische Abwägungsmaterial selbstständig zu erfassen und zu bearbeiten. In diesem Fall ist also keine zusätzliche Umweltprüfung erforderlich.

C. Einbeziehung der naturschutzrechtlichen Belange in die Abwägung bei der städtebaulichen Planung Bei der Aufstellung der städtebaulichen Pläne muss in beiden Rechtsordnungen eine sachgerechte Abwägung der planungsrechtlichen gegen alle anderen einschlägigen Interessen, unter ihnen auch die umwelt- und

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naturschutzrechtlichen, stattfinden. Die naturschutzrechtlichen Belange, die von den zuständigen Behörden bei der städtebauplanerischen Abwägung mitberücksichtigt werden müssen, werden oft vom Gesetzgeber selbst bestimmt oder durch bestimmte Verfahren von der Verwaltung konkretisiert, so dass die Planungsbehörden auf sie zurückgreifen können. Eine solche Konkretisierung erfolgt in Deutschland z. B. durch die Anwendung der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung. In diesem Fall handelt es sich um die Einbeziehung von konkreten naturschutzrechtlichen Belangen in die städtebauliche Planung. Die Einbeziehung der naturschutzrechtlichen Interessen in die planerische Abwägung muss aber unabhängig davon erfolgen, ob aufgrund der künftigen Pläne eine Beeinträchtigung des Naturhaushalts und des Landschaftsbilds (im Sinne der Eingriffsregelung der §§ 18 ff. BNatSchG) zu erwarten ist. Bei der Abwägung zur Aufstellung der städtebaulichen Pläne müssen nämlich in beiden Ländern nicht nur eventuelle Nachteile für den Naturschutz und die Landschaftspflege berücksichtigt werden, sondern auch Möglichkeiten in Betracht gezogen werden, durch die Städtebauplanung einen positiven Beitrag zur Ökologie zu erzielen41. Die speziellen Mechanismen der Integration naturschutzrechtlicher Belange in die städtebauliche Planung, wenn durch die Planung negative Auswirkungen auf die Naturgüter zu erwarten sind, werden für jede Rechtsordnung im folgenden Kapitel B. dieses Teils ermittelt. Im vorliegenden Kapitel interessiert die allgemeine Einbeziehung der naturschutzrechtlichen Belange in die städtebauliche Planung aus dem Blickwinkel ihres positiven Beitrags zur Gestaltung der städtebaulichen Pläne. Die Untersuchung ist in zwei Unterteile gegliedert: Unter I. werden die allgemeinen städtebaurechtlichen Grundlagen der Einbeziehung der naturschutzrechtlichen Belange in die bauleitplanerische Abwägung dargestellt. Daraufhin wird unter II. die Rolle der fachspezifischen naturschutzrechtlichen Planungen beim positiven Beitrag der Städtebauplanung zum Naturschutz in beiden Rechtsordnungen ermittelt. I. Rechtliche Grundlagen im Städtebaurecht: die allgemeinen Klauseln Im Rahmen der Untersuchung der rechtlichen Grundlagen werden zuerst unter C. I. 1. die Vorschriften jeder Rechtsordnung dargestellt und verglichen, die eine Integration der Belange des Naturschutzes in die bauplanungsrechtliche Abwägung anordnen. Daraufhin wird unter C. I. 2. die 41 Zur Funktion einer nachhaltigen Raumentwicklung allgemein siehe Hoppe, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 6, Rn. 3.

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

Abwägung als solche, insbesondere im Hinblick auf die Gewichtung der umwelt- und naturschutzrechtlichen Belange, untersucht. 1. Einschlägige Vorschriften a) Im deutschen Recht aa) Allgemein: Bauleitplanung als räumliche Gesamtplanung Die Bauleitplanung ist eine räumliche Gesamtplanung. Als solche bezieht sie sich auf den gesamten Raum auf örtlicher Ebene und hat einen umfassenden und gerechten Interessenausgleich zum Zweck. Somit gehört die Bauleitplanung nicht zu den Fachplanungen, sondern sie ist eine Gesamtplanung, durch die die jeweilige Gemeinde ihre Entwicklungspolitik betreibt und bei der mehrere und unterschiedliche Faktoren und Aspekte berücksichtigt werden müssen. Zwar ist die städtebauliche Planung immer raumbezogen und sie soll ein Instrument hauptsächlich zur Erfüllung städtebaulicher Aufgaben bleiben; bei der Erfüllung dieser Aufgaben sind aber zahlreiche andere Parameter in Betracht zu ziehen42. Insofern müssen in die Abwägung zur Aufstellung der Bauleitpläne alle privaten oder öffentlichen Belange einfließen, die durch die Planung betroffen werden können. Zu diesen Belangen zählen auch die naturschutzrechtlichen. Die Prüfung auch eventueller positiver ökologischer Aspekte der Bauleitplanung, der so genannten Synergien, ist von großer Bedeutung für den Naturschutz, da Bauleitplanung und Naturschutz sehr eng miteinander verknüpft sind43. Nach § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Damit werden zwei wichtige Anordnungen getroffen: Erstens ist die Gemeinde verpflichtet, Bauleitpläne aufzustellen, wenn die genannten Voraussetzungen vorliegen (allerdings nach der planerischen Vorstellung der Gemeinde selbst)44. Diese Planungspflicht ist vom planerischen Ermessen zur inhaltlichen Gestaltung der Pläne zu trennen. Die Gemeinde verfügt bei der Bauleitplanung über eine planerische Gestaltungsfreiheit: 42 Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1, Rn. 45; Hoppe, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 5, Rn. 9; Schrödter, in: Schrödter (Hrsg.), BauGB, § 1, Rn. 89; Gaentzsch, in: Schlichter/Stich (Hrsg.), Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, § 1, Rn. 48; ders., NuR 1990, S. 1 ff. (2). 43 Koch, DV 2004, S. 537 ff. (537). 44 Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1, Rn. 27 ff.; Ferner, in: Ferner/Kröninger (Hrsg.), BauGB, § 1, Rn. 5; Schrödter, in: Schrödter (Hrsg.), BauGB, § 1, Rn. 33 ff.; Gaentzsch, in: Schlichter/Stich (Hrsg.), Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, § 1, Rn. 12 ff.

1. Kap.: Allgemeine Mechanismen

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Die Gestaltungsfreiheit ist ein wesentliches Element der Planungen allgemein, da die Planung per definitionem zukunftsgerichtet ist und eine optimale Interessenkoordination bezweckt. Durch die Bauleitplanung betreibt die Gemeinde ihre Wohn- und Entwicklungspolitik und dabei soll ihr ein Gestaltungsspielraum bleiben45. Das ist verfassungsrechtlich durch die Garantie der kommunalen Planungshoheit im Art. 28 Abs. 2 GG abgesichert. Aufgrund der ihr gewährten Flexibilität bei der gestalterischen Aufgabe verfügt sie aber auch über zahlreiche Möglichkeiten, ihre raumplanerische Aufgabe zu erfüllen, indem sie zugleich die naturschutzrechtlichen Belange fördert. Der wesentliche Beitrag der Bauleitplanung zum Naturschutz hat sogar in den letzten Jahrzehnten dazu geführt, dass von einer „Ökologisierung“ der Aufgaben und des planerischen Instrumentariums der Bauleitplanung die Rede ist46. Die Gestaltungsfreiheit der planenden Gemeinde ist aber nicht uneingeschränkt. In § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB ist neben der Planungspflicht der Gemeinde als Zweites das Gebot enthalten, Bauleitpläne aufzustellen, wenn es für die städtebauliche Entwicklung erforderlich ist. Aufgrund dieser Vorschrift kommt man überwiegend zum Ergebnis, dass die Darstellungen bzw. Festsetzungen der Bauleitpläne mindestens einen räumlichen Bezug haben müssen, selbst wenn sie mittelbar anderen Zwecken dienen. Auf dieser Grundlage wird traditionell angenommen, dass die städtebauliche Planung immer (auch) bei Vorliegen eines städtebaulichen Grundes erfolgen und ihr Inhalt immer (auch) von einem städtebaulichen Grund gerechtfertigt sein muss47. Die Bauleitplanung darf Maßnahmen zum Schutz der Natur und der Landschaft enthalten, aber zu keinem primären Instrument des Naturschutzes werden48. Die Gemeinde darf also die Verwirklichung der naturschutzrechtlichen Interessen nicht zum einzigen oder hauptsächlichen Ziel 45

Dazu Hoppe, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 5, Rn. 9. Koch, DV 2004, S. 537 ff. (537); Schrödter, in: Schrödter (Hrsg.), BauGB, § 1, Rn. 88; Gassner, NuR 1989, 120 ff. (121); ders., NuR 1999, S. 79 ff. (79); Gaentzsch, NuR 1990, S. 1 ff. (2). 47 De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Rechts, Naturschutz, Rn. E 250; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 1, Rn. 32. Aus der Rechtsprechung z. B. BVerwG, Beschl. v. 11.5.1999 – 4 BN 15.99, NuR 1999, S. 577 f. (578); OVG Münster, Urt. v. 30.6.1999 – 7a D 144/97.NE, UPR 2000, S. 156 f. Insbesondere zur Erforderlichkeit des Vorliegens eines städtebaulichen Grundes bei wasserschutzrechltichen Darstellungen bzw. Festsetzungen in den Bauleitplänen BVerwG, Urt. v. 30.8.2001 – 4 CN 9.00, BVerwGE 115, S. 77 ff. (81); kritisch dazu Koch, DV 2004, S. 537 ff. 48 Schrödter, in: Schrödter (Hrsg.), BauGB, § 1, Rn. 126; Schink, in: Dolde (Hrsg.), Umweltschutz im Wandel, S. 837 ff. (838); De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Rechts, Naturschutz, Rn. E 876; Brohm, in: FS Hoppe, S. 511 ff. (516); Durner, Konflikte räumlicher Planungen, S. 248. 46

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

ihrer Bauleitplanung machen. Zur Problematik des „städtebaulichen Grundes“ wird im Folgenden zurückzukommen sein. bb) Grundlagen der Einbeziehung der naturschutzrechtlichen Belange in die bauleitplanerische Abwägung An diesem Punkt interessiert die Frage: Auf welche Vorschriften gestützt kann bzw. muss die Gemeinde den allgemeinen Naturschutz in die bauleitplanerische Abwägung einbeziehen und berücksichtigen? Eine solche Regelung ist in § 1 Abs. 5 S. 1 und 2 BauGB zu finden. Danach sollen die Bauleitpläne eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung fördern, eine menschenwürdige Umwelt sichern und die natürlichen Lebensgrundlagen schützen und entwickeln. Diese Regelung ist eine allgemeine Zielsetzung49 für die Bauleitplanung, der aber eine deutliche materiellrechtliche Bedeutung zukommt. Der Begriff der Nachhaltigkeit wurde in diese Vorschrift des BauGB zum ersten Mal durch das BauROG 1998 eingeführt50. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde der Begriff der „geordneten städtebaulichen Entwicklung“ gebraucht51. Der Sinn der „nachhaltigen“ städtebaulichen Entwicklung in § 1 Abs. 5 S. 1 BauGB ist weiterhin so auszulegen, dass er auch den Begriff der „Ordnung“ beinhaltet. Die Bauleitplanung soll nachhaltig sein; das bedeutet, dass sie im Einklang mit den sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Gegebenheiten und in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen erfolgen soll (Entwicklungs- und Ordnungsfunktion der Bauleitplanung)52. Diese Pflicht kommt in Satz 2 noch deutlicher und konkreter zum Ausdruck: Durch die Bauleitplanung soll eine menschenwürdige Umwelt und die natürlichen Lebensgrundlagen gesichert und entwickelt werden sowie auch die Anforderungen des Klimaschutzes und der Erhaltung und Entwicklung des Orts- und Landschaftsbildes erfüllt werden. Diese Vorschrift dient dem vorsorgenden Umweltschutz. Sie bezieht sich unmittelbar auf die Belange des Naturschutzes und schreibt ihre Beachtung bei der Bauleitplanung vor53. 49 Anders auch als programmatischer Hauptleitsatz oder generelles Planungsziel bezeichnet. 50 Ausführlich zum Begriff der Nachhaltigkeit im deutschen Recht Sieben, NVwZ 2003, S. 1173 ff. 51 Auch nach der älteren Rechtslage wurde in der Literatur davon ausgegangen, dass im Begriff der geordneten städtebaulichen Entwicklung das Ziel des Schutzes und der Entwicklung der natürlichen Lebensgrundlagen enthalten war, dazu Gassner, NuR 1989, S. 120 ff. (121). 52 Hoppe, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 5, Rn. 25 ff.; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1, Rn. 10 und Rn. 45; Schrödter, in: Schrödter (Hrsg.), BauGB, § 1, Rn. 80 ff. 53 Schink, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 837 ff. (837 f.).

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In § 1 Abs. 7 BauGB ist ferner vorgesehen, dass bei der Aufstellung von Bauleitplänen die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen sind. Die bei dieser Abwägung zu berücksichtigenden Belange werden in § 1 Abs. 6 BauGB nicht abschließend, sondern beispielhaft („insbesondere“) vorgesehen. Dabei handelt es sich um Planungsleitlinien, die das generelle Planungsziel des § 1 Abs. 5 BauGB konkretisieren. Zu den zu berücksichtigenden Interessen gehören gemäß § 1 Abs. 6 S. 1 Nr. 7 BauGB auch die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, sowie auch des Wasserschutzes54, die in den Nummern a) bis i) einzeln genannt werden. Die Aufzählung der zu berücksichtigenden Belange des Umwelt- und Naturschutzes ist zwar nach der eindeutigen Formulierung des Gesetzes nicht abschließend, aber doch so ausführlich, dass darüber hinaus gehende allgemeine Belange kaum denkbar sind. Somit wird die Bauleitplanung de facto zu einem zentralen Instrument der Umsetzung der Umweltpolitik, indem der Umwelt- bzw. Naturschutz in die Bauleitplanung integriert wird („Integrationsansatz“)55. Darüber hinaus finden die naturschutzrechtlichen Belange in die bauleitplanerische Abwägung durch die in § 1a Abs. 2 BauGB enthaltene Bodenschutzklausel Eintritt. Danach soll bei der Bauleitplanung mit Grund und Boden sparsam und schonend umgegangen werden. Flächen sollen nur in dem absolut notwendigen Maße in Anspruch genommen werden (= Beschränkung der Bodenversiegelung). Wenn möglich, sollen schon benutzte Flächen wiederbenutzt werden und durch verschiedene Maßnahmen (z. B. Bodensanierungen) sollen bis dahin unnutzbare Flächen wieder nutzbar gemacht werden. Das kann durch entsprechende Darstellungen bzw. Festsetzungen in den Bauleitplänen erreicht werden56. So werden Flächen gespart und Beeinträchtigungen von Grund und Boden vermieden. Die Boden54 Die Erfordernisse des Wasserschutzrechts sind bei der Bauleitplanung in Betracht zu ziehen unabhängig davon, ob z. B. eine Ausweisung eines Wasserschutzoder Überschwemmungsgebiets vorliegt oder nicht BVerwG, Beschl. v. 26.3.1993 – 4 NB 45.92, ZfW 1994, S. 275 ff. (276); OVG Bautzen, Normenkontrollurteil v. 8.12.1993 – 1 S 143/92, ZfW 1995, S. 41 ff. (42); OVG Lüneburg, Urt. v. 27.4.1994 – 1 K 69/91, ZfW 1995, S. 243 ff. (245); Czychowski/Reinhardt, WHG, § 19, Rn. 2 und Rn. 13; Frohberg, in: FS Pikalo 1979, S. 51 ff. (55 f.). Wenn durch geeignete Festsetzungen im Bebauungsplan auf den Wasserschutz genügend Rücksicht genommen wurde (z. B. durch Festsetzung einer Grünfläche im Plangebiet), ist auf eine zusätzliche Sicherung derselben Fläche z. B. durch eine Schutzgebietsausweisung zu verzichten, Czychowski/Reinhardt, WHG, § 19, Rn. 14. Für die Überschwemmungsgebiete ist aber eine zusätzliche Ausweisung unentbehrlich, Czychowski/Reinhardt, WHG, § 32, Rn. 22. 55 Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1a, Rn. 1. 56 Schink, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 837 ff. (852 f.); Kratzenberg, UPR 1997, S. 177 ff. (182).

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

schutzklausel dient dem Naturschutz bei der Bauleitplanung und ist Ausdruck der Nachhaltigkeitsstrategie57: Den Gemeinden soll bei der Bauleitplanung ein Freiraum zur Gestaltung ihrer kommunalen Entwicklungspolitik bewahrt bleiben, dabei sollen sie aber ihren Spielraum in Richtung eines sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden ausnutzen. b) Im griechischen Recht Auch das griechische Recht enthält Vorschriften, die die grundsätzliche Pflicht der für die städtebauliche Planung zuständigen Behörden begründen, die naturschutzrechtlichen Belange bei der planungsrechtlichen Abwägung zu berücksichtigen58. Diese Vorschriften sind aber insgesamt allgemeiner formuliert als die des deutschen Rechts und sie beziehen sich nicht explizit, sondern nur indirekt auf die Interessen des Naturschutzes. aa) Verfassungsrechtliche Vorschriften und aus der Verfassung abgeleitete Regeln Im griechischen Recht spielt die Vorschrift des Art. 24 Abs. 1 und 2 gr. Verfassung über den Umweltschutz auch für die städtebauliche Planung eine zentrale Rolle. Gemäß Art. 24 Abs. 2 S. 1 gr. Verfassung muss die städtebauliche Planung unter anderem das Ziel der Gewährleistung der bestmöglichen Lebensbedingungen verfolgen. Dazu gehört auch und vor allem der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen. Dadurch wird der Naturschutz in die städtebauliche Planung mittelbar integriert: Der Gesetzgeber soll bei der städtebaulichen Planung den bestehenden Zustand der natürlichen Güter bewahren bzw. Beeinträchtigungen möglichst vermeiden und unter Umständen die natürlichen Güter sogar sichern und fördern59. Diese Aussage kann aber wiederum nicht zu dem Ergebnis führen, dass der Gesetzgeber bei der Neuplanung einer bis zu diesem Zeitpunkt unbeplanten Gegend unbedingt genau dieselben, für den Naturschutz und die Umwelt günstigen, Bebauungsbedingungen beibehalten muss, die bisher auf diesen unbeplanten Flächen galten. Der Gesetzgeber kann und muss bei der neuen 57 Ausführlich zu den Mechanismen des Bodenschutzrechs als Instrumenten des Naturschutzes v. Strenge, Naturschutzrecht außerhalb der Naturschutzgesetze, S. 140 ff.; zu den neueren Entwicklungen im Verhältnis zwischen dem Bodenschutz und dem Nachhaltigkeitsprinzip Lee/Bückmann, UPR 2005, S. 370 ff. (374 f.). 58 Diese Berücksichtigungspflicht erfasst auch die Erfordernisse des Wasserschutzrechts; das Wasserschutzrecht ist, wie schon oben erwähnt, ein Teil des Umweltschutzrechts und so gehören die wasserschutzrechtlichen Belange zu den bei der städtebaulichen Planung zu berücksichtigenden Umweltbelangen. 59 Choromidis, Das Recht der Erschließung und der städtebaulichen Planung, S. 328.

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städtebaulichen Planung einer Gegend die Bebauungsbedingungen so gestalten, dass sie sich den neuen Umständen und Bedürfnissen der städtebaulichen Entwicklung anpassen. Und die Bedürfnisse der städtebaulichen Entwicklung werden höchst wahrscheinlich neue, für die Bebauung günstigere und für die natürliche Umwelt nachteiligere Bebauungsbedingungen als die bisher geltenden erfordern60. Außerdem sieht Art. 24 Abs. 1 S. 2 gr. Verfassung vor, dass der Staat besondere präventive oder repressive Maßnahmen zum Schutz der Umwelt im Rahmen des Nachhaltigkeitsprinzips zu treffen hat. Das Prinzip der Nachhaltigkeit ist zum ersten Mal mit der Verfassungsänderung von 2001 in der griechischen Verfassung ausdrücklich erwähnt worden. Nunmehr bestimmt dieses Prinzip jede Tätigkeit des Staates mit und folglich auch die städtebauliche Planung. Überwiegend wird sogar in Literatur und Rechtsprechung anerkannt, dass auch bei fehlenden geeigneten gesetzlichen Regelungen zur Konkretisierung und Anwendung dieser Anordnung Art. 24 Abs. 1 ohne weiteres eingreift, um die Belange des Umweltschutzes in alle staatlichen Tätigkeiten, also auch in die städtebauliche Planung, zu integrieren61. Eine solche direkte Anwendung von verfassungsrechtlichen Vorschriften auch in Detailfragen mag dem deutschen Betrachter fremd und seltsam erscheinen. Der gr. Staatsrat hat sich aber oft gezwungen gesehen, angesichts der als unzureichend empfundenen Lage der Gesetzgebung zum Umwelt- und Naturschutz auf eine solche unmittelbare Anwendung der gr. Verfassung zurückzugreifen, um der Umwelt einen adäquaten und dauerhaften Schutz zu gewähren62. Auf diese „rechtsschaffende“ Praxis des gr. Staatsrates hat der Verfassungsgeber mit der Verfassungsänderung von 2001 reagiert, indem er die umweltfreundliche Kontrolle der Gerichte von Planfeststellungen und städtebaulichen Plänen zu verhindern bzw. zu vermindern versucht hat. Zu diesem Zweck wurde Art. 24 Abs. 2 S. 2 gr. Verfassung wie folgt formuliert: Die Abwägung bei der städtebaulichen Planung erfolgt nach den Erkennt60 StaatsratsE 359/1992. Nach einer interessanten Sondermeinung des Gerichts ist aber der Gesetzgeber aufgrund des Art. 24 Abs. 1 gr. Verfassung jedenfalls gezwungen, bei der städtebaulichen Planung die bis zu diesem Zeitpunkt geltenden, für die natürliche Umwelt vorteilhaften Vorschriften zu erhalten bzw. sie nicht zu verschlechtern. So soll der Gesetzgeber auch bei der neuen Überplanung eines bis zu diesem Zeitpunkt planungsfreien Gebiets die Städtebauliche Studie so gestalten, dass die für die Umwelt bis zu diesem Zeitpunkt herrschenden günstigen Gegebenheiten nicht geändert werden (!). 61 Trantas, PerDik 1998, S. 359 ff. (361); aus der Rechtsprechung z. B. StaatsratsE 304/1993; 2829/1993; 2844/1993; 3818/1995; 5933/1996; 265/1997; 2805/1997; StaatsratsPE 253/1996. 62 Auf Beispiele dieser gerichtlichen Praxis in Griechenland ist im Rahmen dieser Dissertation sehr oft aufmerksam gemacht worden.

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nissen der Wissenschaft. Über den Sinn und Zweck dieser Regelung ist vor und nach der Verfassungsänderung viel diskutiert worden. Die technischen Fragen und die entsprechenden Erwägungen der Verwaltung werden traditionell von den Verwaltungsgerichten und dem gr. Staatsrat grundsätzlich nicht kontrolliert. Über solche Fragen wird der Verwaltung ein freier Gestaltungsraum gewährt63. Der Verfassungsgeber hat also durch die Verwendung des Begriffs „Erkenntnisse der Wissenschaft“ versucht, die gerichtlichen Kontrollbefugnisse zu beschränken. Der Hindergrund dieser Absicht ist, dass der gr. Staatsrat, wie schon oben erwähnt, in den letzten zwanzig Jahren die eindeutige Tendenz gezeigt hat, Verwaltungsentscheidungen und städtebauliche Pläne aufgrund ihrer mangelnden Umweltverträglichkeit64 massenhaft zu annulieren, auch wenn keine entsprechende gesetzliche Regelung vorhanden war. Mit der Bezeichnung der Abwägungserwägungen als technische Fragen, die nach den Erkenntnissen der Wissenschaft gelöst werden, beabsichtigte der Verfassungsgeber, die vorgezeichnete Tendenz des gr. Staatsrates durch Entzug der prozeduralen Kontrollbefugnisse der Gerichte zu beenden. Unabhängig von der Frage, ob der gr. Staatsrat in allen Fällen verhältnismäßig gehandelt hat, muss man annehmen, dass der vom Verfassungsgeber gewählte Weg zur Einschränkung der gerichtlichen Kontrolle nicht geeignet war. Die herrschende und richtige Meinung in Literatur und Rechtsprechung besagt, dass der Richter sich nur von technischen Erwägungen der Verwaltung gebunden sehen kann, die tatsächlich solche sind, und nicht von denen, die vom Gesetz- oder Verfassungsgeber unrichtigerweise (versehentlich oder absichtlich) als solche bezeichnet worden sind. bb) Einfachgesetzliche Vorschriften Über die verfassungsrechtlichen Vorschriften hinaus enthält das griechische Recht auch einfachgesetzliche Regelungen, die die Einbeziehung der Belange des Naturschutzes in die städtebauliche Planung anordnen. (1) Berücksichtigung der naturschutzrechtlichen Belange bei der städtebaulichen Planung im Normalfall Die nachhaltige städtebauliche Entwicklung von Städten und Siedlungen wird in Anwendung der entsprechenden verfassungsrechtlichen Garantie in § 1 Abs. 1 gr. Gesetz 2508/1997 als allgemeines Ziel dieses Gesetzes 63 Dagtoglou, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 204 f., Rn. 360 ff.; Spiliotopoulos, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, S. 524, Rn. 511; StaatsratsE 201/1978; 923/1983; 1369/1983; 4356/1987; 1942/1991. 64 Der Begriff wird hier nicht nur fachspezifisch im Sinne der Umweltverträglichkeitsprüfung, sondern allgemeiner benutzt.

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vorgesehen. Das Prinzip der nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung wird weiter konkretisiert, indem das Gesetz einen seiner Zwecke darin sieht, eine städtebauliche Organisation der Städte und der Siedlungen zu sichern, die optimal die Erfordernisse der städtebaulichen Entwicklung mit dem Umweltschutz und der Verhinderung der willkürlichen Bebauung verbindet. Das soll nach dem Gesetz so erfolgen, dass städtebauliche Ausweitungen möglichst vermieden werden65. Außerdem bezweckt dieses Gesetz den Schutz, die Entwicklung und die Förderung der Elemente der natürlichen Umwelt in den städtebaulichen Einheiten66. Weiter sieht das Gesetz vor, dass die bauliche Organisation und die städtebauliche Planung nach den Erfordernissen des Schutzes der natürlichen und kulturellen Umwelt sowie auch nach den Grundsätzen der städtebaulichen Wissenschaft und den allgemeinen Entwicklungszielen erfolgen müssen67. Da das Gesetz hier nicht differenziert, gelten diese Vorschriften für beide Stufen der städtebaulichen Planung. Darüber hinaus enthalten die Vorschriften der KoV über die Aufstellung von städtebaulichen Plänen Hinweise zur Berücksichtigung der umweltund naturschutzrechtlichen Belange bei der städtebaurechtlichen Abwägung. Gemäß § 38 Abs. 2 S. 1 KoV sind bei der Aufstellung des Allgemeinen Städtebaulichen Plans unter anderem die voraussichtlichen Auswirkungen des Plans auf die natürliche, kulturelle und bauliche Umwelt einzuschätzen (und folglich zu berücksichtigen)68. In den Vorschriften über die zweite Stufe der städtebaulichen Planung ist im Gesetz zwar eine entsprechende allgemeine Regelung nicht zu finden. Die Städtebauliche Studie muss sich aber an den Allgemeinen Städtebaulichen Plan anpassen69 und auf diese Weise werden die naturschutzrechtlichen Belange mittelbar auch in die Städtebauliche Studie integriert. Die Pflicht zur unmittelbaren Einschätzung (und folglich Berücksichtigung) der umweltrechtlichen, und darunter auch der naturschutzrechtlichen, Belange bei der Aufstellung der Städtebaulichen Studie wird dagegen explizit für den Fall vorgesehen, dass sie sich auf Siedlungen von weniger als 2.000 Bewohnern bezieht70. Diese Regelung hängt eventuell damit zusammen, dass für diese Regionen nach der Rechtslage vor dem gr. G. 2508/1997 kein Plan der ersten Stufe der städtebaulichen Planung aufgestellt werden musste. Dieser Mangel an Einschätzung 65 § 1 Abs. 1 Nr. b) gr. G. 2508/1997. In diesem Punkt ist eine Äquivalenz zur deutschen Bodenschutzklausel festzustellen. 66 § 1 Abs. 1 Nr. d) gr. G. 2508/1997. 67 § 1 Abs. 2 S. 2 gr. G. 2508/1997. 68 Dazu StaatsratsE 1663/1995; 1507/1997, Nümoò+Fu · sh 1997, S. 667 ff.; 4578/2001, PerDik 2003, S. 117 ff. 69 § 43 Abs. 2 KoV und nach § 7 Abs. 2 S. 1 gr. G. 2508/1997. 70 § 90 Abs. 4 KoV.

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und Berücksichtung der umwelt- und naturschutzrechtlichen Belange durch die fehlende Aufstellung eines Allgemeinen Städtebaulichen Plans bei Siedlungen von weniger als 2.000 Bewohnern wurde also durch die Festlegung eines entsprechenden Erfordernisses bei der Aufstellung der Städtebaulichen Studie kompensiert. Mit dem Erlass des gr. G. 2508/1997, das in die KoV nicht miteinbezogen wurde, ist aber der neue Plan räumlicher und städtebaulicher Organisation offener Stadt eingeführt worden, der die Rolle des Allgemeinen Städtebaulichen Plans für das gesamte Gebiet mehrerer Siedlungen von jeweils weniger als 2.000 Bewohnern übernommen hat71. Alle Regelungen über die Aufstellung von Allgemeinen Städtebaulichen Plänen finden analog auch bei den Plänen räumlicher und städtebaulicher Organisation offener Stadt Anwendung72. Eine Einschätzung und Berücksichtigung des umweltund naturschutzrechtlichen Zustandes im Planbereich findet also nunmehr auch bei kleineren Siedlungen von weniger als 2.000 Bewohnern schon im ersten, allgemeinen Stadium der Städtebauplanung statt. Insofern ist die Regelung des § 90 Abs. 4 KoV über die Einschätzung umweltschutzrechtlicher Folgen bei der Städtebaulichen Studie nach der neuen Rechtslage entbehrlich geworden. Ferner ist bei der städtebaulichen Planung auch in Griechenland eine Abwägung aller anderen einschlägigen Belange der städtebaulichen Entwicklung mit Belangen des Naturschutzes vorgesehen. Das wird für die Aufstellung des Allgemeinen Städtebaulichen Plans in § 4 Abs. 5 gr. G. 2508/1997 ausdrücklich festgelegt. Gemäß dieser Vorschrift müssen bei der Aufstellung des Allgemeinen Städtebaulichen Plans unter anderem folgende Aspekte berücksichtigt und gegeneinander abgewogen werden: Der Bedarf an Raum für die Entwicklungstätigkeiten innerhalb einer Stadt, der Bedarf an Wohnung und die übrigen Bedürfnisse der Bewohner an gemeinnützigen oder einem bestimmten öffentlichen Zweck dienenden Grundflächen sowie die voraussichtlichen Auswirkungen der gewählten Lösungen auf die Umwelt. Für die Aufstellung der Städtebaulichen Studie ist eine ähnliche Vorschrift über eine Abwägung aller einschlägigen Interessen mitsamt der des Umwelt- und Naturschutzes nicht vorhanden. Wie aber schon mehrfach aufgeführt, muss sich die Städtebauliche Studie an den Allgemeinen Städtebaulichen Plan anpassen73. Auf diese indirekte Weise wird die Pflicht zu einer umfassenden und sachgerechten Abwägung im Allgemeinen Städtebaulichen Plan auch für die Städtebauliche Studie relevant. 71

Dazu ausführlich oben Einf. A. I. 2. § 5 Abs. 4 gr. G. 2508/1997. 73 § 43 Abs. 2 KoV und nach § 7 Abs. 2 S. 1 gr. G. 2508/1997. Diese Vorschriften entsprechen dem Entwicklungsgebot des deutschen Rechts. 72

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Zwei weitere Vorschriften der KoV betreffen speziell die Erweiterung von Städtebaulichen Studien auf bisher freie Flächen: Die Erweiterung von Siedlungen und Städten auf neue, bisher freie Gebiete ist nicht zulässig, wenn sie den Erfordernissen des Schutzes der natürlichen und kulturellen Umwelt, den baurechtlichen Grundsätzen und den allgemeinen Entwicklungszielen, darunter auch dem Schutz der Landwirtschaftsflächen hoher Produktivität, entgegensteht74. Dabei handelt es sich um eine Regelung, die die Städtebauliche Studie mit den naturschutzrechtlichen Belangen intensiv verbindet, da der Gegensatz zu den naturschutzrechtlichen Belangen in diesem Fall zur Unzulässigkeit der Planung führt. Allerdings wird die Bedeutung der Regelung dadurch deutlich relativiert, dass sie sich nicht auf jede Städtebauliche Studie bezieht, sondern sich nur auf den Fall einer Erweiterung der Stadt oder der Siedlung auf neue, freie Flächen beschränkt. Im griechischen Recht gibt es keine der Bodenschutzklausel des § 1a Abs. 2 BauGB entsprechende Regelung. Diesen gesetzlichen Mangel hat aber erneut der gr. Staatsrat kompensiert, indem er durch seine ständige Rechtsprechung eine neue Regel entwickelt hat. Vom Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung, der sich auf Art. 24 Abs. 1 gr. Verfassung und die Auslegung dieser verfassungsrechtlichen Vorschrift nach den Prinzipien der Erklärung von Stockholm und der Agenda 2175 stützt, leitet das oberste Verwaltungsgericht die allgemeine Regel ab, dass die Erweiterung einer bestehenden Siedlung auf neue, freie Flächen nur dann zulässig ist, wenn die Deckung der dringenden Bedürfnisse der Bevölkerung an Wohnung und Raum innerhalb der Grenzen der bestehenden Siedlungen unmöglich ist. In erster Linie muss sich die städtebauliche Planung an die Förderung und Entwicklung von bestehenden Siedlungen orientieren und erst in zweiter Linie darf die planende Behörde die Möglichkeit der Errichtung neuer Siedlungen mit Aufopferung von Flächen der freien Natur in Betracht ziehen. Das gilt selbstverständlich nur insoweit, als die Kapazitätsgrenzen der bestehenden Siedlungen noch nicht erschöpft sind76. Diese Rechtsprechung des gr. Staatsrates ist der Bodenschutzklausel des deutschen Rechts insofern ähnlich, als sie auch den sparsamen und schonenden Umgang mit Grund und Boden anordnet. Auf der anderen Seite beschränkt sich aber diese 74 § 37 Abs. 5 KoV (für Siedlungen von über 2.000 Bewohnern) und § 89 Abs. 4 KoV (für Siedlungen von unter 2.000 Bewohnern). 75 Zur Erklärung von Stockholm und von Rio der Janeiro (Agenda 21) siehe unten Fußnote Nr. 1159; dazu siehe auch Sieben, NVwZ 2003, S. 1173 ff. (1174). 76 StaatsratsPE 365/1998, PerDik 1999, S. 244 ff.; 618/1995; 48/1995; 130/1998; 362/1998, PerDik 1999, S. 99 ff; 364/1998; 181/2000; 30/2001; 433/2001; 527/2001. Zu diesem in der Rechtsprechung des gr. Staatsrates entwickelten Prinzip ausführlich Dekleris, Das Recht der nachhaltigen Entwicklung, S. 163 ff. und 367 ff. Vgl. dazu Gogos, Nümoò+Fu·sh Mai 2005, nomosphysis.org.gr.

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Rechtsprechung nur auf die Erweiterung von bestehenden Plänen und Siedlungen, wogegen die deutsche Bodenschutzklausel jede Regelung in einem Bauleitplan betrifft und damit umfassender ist. (2) Berücksichtigung der naturschutzrechtlichen Belange im besonderen Fall der städtebaulichen Planung auf Gebieten mit Zweit- und Ferienwohnungen Um die Vorschriften zur Berücksichtigung der naturschutzrechtlichen Belange in der städtebaulichen Planung zu verdeutlichen, wird eine Gegenüberstellung der städtebaulichen Planung im Normalfall und der städtebaulichen Planung in einem speziellen Fall, nämlich im Fall der Planung auf den sog. Gebieten mit Zweit- und Ferienwohnungen folgen. Das sind Gebiete, in denen typischerweise Urlaubswohnungen gebaut werden. Bei Gebieten mit Zweit- und Ferienwohnungen sieht das griechische Recht strengere Voraussetzungen für die städtebauliche Planung und die Bebauung vor. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass in solchen Gebieten, wo Siedlungen nicht für die Deckung dringender Bedürfnisse nach einer ersten Wohnung, sondern für die Schaffung eines zusätzlichen Wohlstands, nämlich für die Erwerbung einer zweiten, „Urlaubs“-Wohnung, errichtet werden, die naturschutzrechtlichen Belange noch stärker beachtet werden und in der Abwägung schwerer als die übrigen einschlägigen Argumente für eine Zweit- und Ferienwohnung wiegen müssen77. So schreibt § 116 Abs. 2 KoV vor, dass die Überplanung dieser Gebiete nur dann zulässig ist, wenn sie nicht den Erfordernissen des Schutzes der natürlichen und kulturellen Umwelt, des Waldschutzes und des Schutzes von ökologisch empfindlichen Gebieten entgegenläuft. Außerdem soll ihre Überplanung nur nach den Festsetzungen einer übergeordneten Raumordnung erfolgen, die unter anderem auch den Schutz der Landwirtschaftsflächen hoher Produktivität und der Küstenzonen gewährleistet. Schließlich werden im Gesetz in diesem Fall auch die Grenzen der städtebaulichen Planung genannt: Die städtebaulichen Pläne dürfen die räumliche und natürliche Kapazität dieser Flächen nicht übersteigen sowie die besonderen Eigenschaften dieser Gebiete und die Lebensqualität nicht verschlechtern. Die Rechtsprechung hat diese gesetzlichen Vorschriften immer wieder bestätigt und sogar erweitert78: Die Überplanung der Gebiete mit Zweit- und 77 In letzter Zeit ist eine steigende Forderung nach einer Zweit- und Ferienwohnung in den Siedlungen von unter 2.000 Bewohnern festzustellen, dazu Gogos, Nümoò+Fu·sh Mai 2005, www.nomosphysis.org.gr. 78 StaatsratsPE 303/2002, DtA 2003, S. 616 ff.; 12/1998; 130/1998, 181/2000; 433/2001.

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Ferienwohnungen muss sich den Elementen der natürlichen Umwelt in diesen Gegenden anpassen und den besonderen Charakter dieser Gebiete hervorbringen und betonen. Dieses Ziel wird dann erreicht, wenn die entsprechenden städtebaulichen Pläne räumlich und in Bezug auf die Zahl der zugelassenen Vorhaben eingeschränkt bleiben und wenn große Zwischenräume von freier Natur zwischen den Siedlungen mit Zweit- und Urlaubswohnungen unbebaut bleiben79. Die städtebauliche Planung in den Gebieten mit Zweit- und Ferienwohnungen ist offensichtlich viel günstiger für die Umwelt geregelt als die städtebauliche Planung im Normalfall. Zwar ist auch für den Normalfall vorgesehen, dass die baurechtliche Organisation und die städtebauliche Planung (auch) nach den Erfordernissen des Schutzes der natürlichen und kulturellen Umwelt erfolgen sollen. Trotzdem ist der Schutz der Naturgüter bei Gebieten mit Zweit- und Ferienwohnungen nach § 116 Abs. 2 KoV viel ausgeprägter. Insgesamt kann man den Unterschied zwischen der städtebaulichen Planung im Normalfall und der städtebaulichen Planung auf den Gebieten mit Zweit- und Ferienwohnungen in zwei Sätzen zusammenfassen: Bei Letzteren ist die Abwägung der Wohnungsbedürfnisse gegen die naturschutzrechtlichen Belange abstrakt und im Voraus vom Gesetzgeber durchgeführt worden und dabei ist sie überwiegend zugunsten des Schutzes der Natur ausgegangen. Im Normalfall dagegen hat die Abwägung über den konkreten Vorrang der naturschutzrechtlichen oder sonstigen für die Bebauung sprechenden Belange während der städtebaulichen Planung stattzufinden; dabei kommt den naturschutzrechtlichen Interessen kein abstakter Vorrang zu. c) Zwischenergebnis Nach diesen Ausführungen kommt man zu dem Schluss, dass beide Rechtsordnungen die Belange des Naturschutzes in die städtebauliche Planung durch ihre Berücksichtigung in der Abwägung miteinbeziehen müssen und auch beide die nachhaltige städtebauliche Entwicklung als einen allgemeinen Grundsatz festlegen, der diese Berücksichtigung auf jeden Fall erforderlich macht80. Die beiden Rechtsordnungen weisen aber auch manche Unterschiede auf: In Griechenland ist die Pflicht zur Berücksichtigung der Umweltbelange bei der städtebaulichen Planung zwar indirekt, aber eindeutig in der Verfassung enthalten, wogegen in Deutschland keine ähnliche 79

Zur Erforderlichkeit von solchen Zwischenräumen der freien Natur zwischen den Siedlungen siehe Risos, EllDik 1998, S. 253 ff. (258). 80 Zu einem anderen Ergebnis kommt Papapetropoulos in seinem Vergleich zwischen Griechenland und Frankreich bezüglich der Inbezugnahme der naturschutzrechtlichen Belange im Städtebaurecht des jeweiligen Landes. Er scheint aber viele einschlägige Vorschriften des griechischen Rechts nicht in Betracht zu ziehen, Papapetropoulos, La prise en compte de l’Environnement, S. 16.

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ausführliche verfassungsrechtliche Vorschrift besteht. Auf der anderen Seite sind aber die Vorschriften über die Einbeziehung der naturschutzrechtlichen Belange in die städtebauliche Planung im deutschen Gesetz viel detaillierter und ausführlicher geregelt als im griechischen Gesetz, das darüber nur allgemeinere Vorschriften enthält. Schließlich ist in Griechenland keine gesetzliche Bodenschutzklausel vorhanden wie in Deutschland. Dieser gesetzliche Mangel wird aber von der Rechtsprechung des gr. Staatsrates ersetzt, allerdings nur bei Erweiterungen der Städtebaulichen Studie auf neue Flächen. 2. Durchführung der planerischen Abwägung im Hinblick auf die Einbeziehung der naturschutzrechtlichen Belange Die Abwägung ist ein wichtiges integrales Element der städtebaulichen Planung, damit die optimalen Lösungen in jeder Hinsicht erreicht werden können81. Wie alle oben analysierten Vorschriften des deutschen und des griechischen Rechts belegen, müssen die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege in der Abwägung zur Aufstellung von Bauleitplänen berücksichtigt werden. Eine zentrale Frage, die in diesem Punkt auftaucht, ist, welches Gewicht den naturschutzrechtlichen Belangen bei dieser Abwägung zuerkannt werden soll. Man fragt sich nämlich, ob die Interessen von Naturschutz und Landschaftspflege eine herausgehobene Stellung bei der Abwägung genießen sollen, so dass sie vor anderen Belangen einen (absoluten oder relativen) Vorrang haben. Bei der Beantwortung dieser Frage bietet sich der Vergleich mit der Methode der starken Integration an. a) Kein abstrakter Vorrang und kein Optimierungsgebot in Deutschland Überwiegend ist im deutschen Recht anerkannt, dass das Abwägungsgebot eine sach- und situationsgerechte Abwägung erfordert, die sich in ihrer Ausgangsposition auf eine Gleichstellung aller einschlägigen Belange stützt. Für die naturschutzrechtlichen Belange gilt kein Optimierungsgebot; ihre Verwirklichung muss bei der Abwägung grundsätzlich in gleichem Maße angestrebt werden wie die Verwirklichung jedes anderen Belangs auch. Nur nach einem Vergleich mit den gegensätzlichen Interessen können sich die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege durchsetzen82. In der 81 Über die Bedeutung der Abwägung bei der städtebaulichen Planung in den Rechtsordnungen von Deutschland, Frankreich, England und Griechenland siehe Ziamos, PerDik 1999, S. 544 ff. 82 Hoppe, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 5, Rn. 79; Müller, NVwZ 2005, S. 526 ff. (528); Schink, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 837 ff. (839); Gaentzsch, in: Dolde (Hrsg.), Umweltschutz im Wandel,

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Ausgangsposition haben sie also die gleichen Chancen, sich bei der planungsrechtlichen Abwägung durchzusetzen, wie die anderen Belange83. Die Gleichstellung der naturschutzrechtlichen mit den übrigen einschlägigen Belangen bei der bauleitplanerischen Abwägung ist durch die Novellierung des BauGB durch das EAG Bau 2004 indirekt bestätigt worden: Der Gesetzgeber hat den in der Abwägung zu berücksichtigenden Umweltund Naturschutzbelangen ihre spezielle Stellung in § 1a BauGB entzogen und sie neben die übrigen zu berücksichtigenden Belange in § 1 Abs. 6 BauGB unter Nr. 7 gestellt. Diese Neuordnung enthält zwar keinen eindeutigen materiellrechtlichen Gehalt, sie deutet aber indirekt auf den Willen des Gesetzgebers hin, den Erfordernissen des Naturschutzes und der Landschaftspflege keinen generellen Vorrang84 und keine andere privilegierte Stellung einzuräumen, sondern sie auf dieselbe Ebene mit jedem anderen Belang zu stellen85. Insbesondere die Frage über die Berücksichtigung der Bodensschutzklausel in der planerischen Abwägung als bloßen Abwägungsbelang oder als Optimierungsgebot ist heftig umstritten. Überwiegend wird angenommen, dass es bei der Bodenschutzklausel des § 1a Abs. 2 BauGB sich um keinen bloßen Abwägungsbelang, sondern um ein Optimierungsgebot gegenüber anderen Belangen handelt86. Allerdings ist nach der Neufassung des § 1a Abs. 2 S. 3 BauGB im BauROG 1998, der die Berücksichtigung der Sätze 1 und 2 in der bauplanungsrechtlichen Abwägung ausdrücklich festgelegt hat, die Annahme eines Optimierungsgebots problematischer geworden. Der Gesetzgeber könnte mit dieser Formulierung seinen Willen zum Ausdruck gebracht haben, die Bodenschutzklausel als einen normalen Belang zu betrachten, dem bei der Abwägung keine herausgehobene Bedeutung gewährt S. 473 ff. (479); Dolde, DVBl. 1983, S. 732 ff. (737). Die Annahme von Optimierungsgeboten in § 1 Abs. 1 S. 1 BauGB vertretend und eher die Mindermeinung bildend Gaentzsch, in: Schlichter/Stich (Hrsg.), Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, § 1, Rn. 44; Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch Satzungsrecht, Rn. 192, S. 109; ein faktisches stärkeres Gewicht der naturschutzrechltichen Belange durch ihre Artikulation in den Landschaftsplänen i. w. S. vertritt De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Rechts, Naturschutz, Rn. E 215. 83 OVG Münster, Urt. v. 28.7.1999 – 7a D 42/98, NVwZ-RR 2000, S. 573 ff. (576); ein erhöhtes inneres Gewicht der Umweltbelange annehmend auch BVerwG, Beschl. v. 31.1.1997 – 4 NB 27/96, NVwZ 1997, S. 1213 ff. (1215). 84 Zuletzt VerfGH Rh-Pf., Urt. v. 11.7.2005 – VGH N 25/04, UPR 2005, S. 464. 85 Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 3, Rn. 108; Ferner, in: Ferner/Kröninger (Hrsg.), BauGB, § 1, Rn. 11. 86 Schrödter, in: Schrödter (Hrsg.), BauGB, § 1a, Rn. 8; Krautzberger, in: Battis/ Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1a, Rn. 6; Gassner, NuR 1989, S. 120 ff. (121); Schink, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 837 ff. (849 f.).

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werden kann87. Trotzdem ist die Pflicht zur Berücksichtigung eines Interesses bei der planerischen Abwägung zwar ein Zeichen für die Ablehnung seines absoluten Vorrangs vor anderen Belangen; die Berücksichtigungspflicht kann aber nicht mit der Verneinung eines Optimierungsgebots gleichgestellt werden. Die Beurteilung über den Bestand eines Optimierungsgebots richtet sich nämlich nach anderen Kriterien wie der abstrakten Gewichtung des Belangs in der gesetzlichen und vor allem in der verfassungsrechtlichen Ordnung. Diese Kriterien führen im Fall der Bodenschutzklausel des § 1a Abs. 2 BauGB tatsächlich zur Annahme eines Optimierungsgebots, da der Gesetzgeber den sparsamen Umgang mit Grund und Boden gesondert und vor der Aufzählung der anderen zu berücksichtigenden Belange erwähnt und darüber hinaus dieser Grundsatz einen direkten Stützpunkt in Art. 20a GG findet, den er konkretisiert88. b) Tendenz zu einem abstrakten Vorrang der umweltrechtlichen Belange bei der städtebaulichen Planung in Griechenland Der griechische Staatsrat erkennt traditionell das Erfordernis einer im konkreten Fall durchgeführten sachgerechten Abwägung aller einschlägigen Interessen an, bevor eine Entscheidung oder eine Maßnahme von den staatlichen Organen getroffen wird, die die Umwelt schützen oder beeinträchtigen wird89. Solche einzubeziehenden Interessen sind z. B. die wirtschaftliche Entwicklung, die Gewährleistung und Förderung der nationalen Ressourcen, die Förderung der dezentralen Entwicklung des Staates und die Sicherung von Arbeitsplätzen, d.h. Interessen, die die gr. Verfassung in Art. 106, 22 Abs. 1 u. a. gewährleistet. Auf diese Weise kann das Ziel einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung erreicht werden90. Trotz der relativ stabilen Anerkennung dieser Abwägungsregel in der Rechtsprechung des gr. Staatsrates ist in den letzten Jahren aber eine Tendenz zum absoluten Schutz der Naturgüter im Verhältnis zu den übrigen 87 Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 3, Rn. 114; Brohm, Öffentliches Baurecht, § 13, Rn. 11; Dirnberger, in: Jäde/Dirnberger/Weiss, BauGB – BauNVO, § 1a, Rn. 9; Kratzenberg, UPR 1997, S. 177 ff. (182). 88 In diese Richtung auch Lee/Bückmann, UPR 2005, S. 370 ff. (375). 89 Dabei stützt sich der Staatsrat auf Art. 24 Abs. 1 gr. Verfassung, der den Staat dazu verpflichtet, geeignete Maßnahmen zum wirksamen Schutz der natürlichen Umwelt zu treffen. 90 StaatsratsE 613/2002; 99/2004, DDNN 2004, S. 348 ff; StaatsratsPE 273/1998, PerDik 1999, S. 206 ff.; 247/2003, DtA 2004, S. 282 ff. Über eine Abwägung des Rechts auf die Umwelt mit dem sozialrechtlichen Belang auf Schutz der Familie und Schaffung von familiären Wohnungen StaatsratsE 550/1999, Nümoò+Fu·sh 1999, S. 472 ff.

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einschlägigen Interessen deutlich geworden. Der gr. Staatsrat drückt damit seine Besorgnis aus, über nicht ausreichende gesetzlich gewährte Möglichkeiten zu verfügen, den Naturgütern und generell der Umwelt effektiven Schutz zu gewähren. Aus diesem Grund ist das oberste Verwaltungsgericht auf seine eigene Rechtsprechung angewiesen und strebt an, durch die Bevorzugung der Naturgüter bei der Abwägung ein sachgerechtes Gleichgewicht zwischen den Erfordernissen der Technik und der Entwicklung einerseits und den dringenden Nöten des Naturhaushalts andererseits zu etablieren. Diese Tendenz ist allgemein in der umwelt- und naturschutzbezogenen Rechtsprechung des gr. Staatsrates erkennbar91. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit interessiert insbesondere die Abwägung der umwelt- und naturschutzrechtlichen Belange mit den Erfordernissen der städtebaulichen Planung. Die These des gr. Staatsrates über den absoluten Vorrang der naturschutzrechtlichen Interessen erscheint insbesondere für die städtebauliche Entwicklung nicht paradox, da in Griechenland allgemein zugegeben wird, dass für unangemessen lange Zeit jegliche Planung ganz gefehlt hat oder verfehlt war92, so dass die heutige städtebauliche Situation einer dringenden Sanierung bedarf. Bedauerlicherweise erklärt sich der Gesetzgeber aber noch nicht bereit, die notwendigen Schritte zu einer solchen Sanierung zu unternehmen. Die Bemühung des gr. Staatsrates zum absoluten Schutz der Naturgüter, insbesondere gegenüber den Erfordernissen der städtebaulichen Entwicklung, wird durch das Beispiel seiner Rechtsprechung zur Erhaltung des natürlichen Status quo, also zum städtebaulichen Bestandsschutzprinzip93, veranschaulicht: Seit der Entscheidung 10/1988 des gr. Staatsrates ist das städtebauliche Bestandsschutzprinzip Teil der ständigen Rechtsprechung dieses Gerichts. Danach sollen alle neuen Baurechtsvorschriften, ob es sich dabei um gesetzliche Vorschriften oder Regelungen durch die städtebauliche Planung handelt, immer zur Verbesserung des städtebaulichen und natürlichen Status quo führen. Der Gesetzgeber kann die festgesetzten baurechtlichen Normen und die festgelegten Baubedingungen und -schranken sowie die baulichen Nutzungen des Allgemeinen Städtebaulichen Plans und der Städtebaulichen Studie ändern. Dabei ist er nach Art. 24 Abs. 1 gr. Verfassung verpflichtet, dem bestehenden Zustand des Naturhaushalts und dem Landschaftsbild keinen Schaden hinzuzufügen und die Lebensqualität der Menschen nicht zu Z. B. StaatsratsE 2731/1997, Nümoò+Fu·sh 1998, S. 442 ff. (Straßenbau in einem wichtigen Biotop unzulässig). 92 Trantas, PerDik 1998, S. 359 ff. (361). 93 Kloepfer, Umweltrecht, § 4, Rn. 35. Diese Rechtsprechung ist in Griechenland durch den festen Fachbegriff „poleodomiko kektimeno“ bekannt, was ins Deutsche übersetzt so viel wie „städtebauliches Bestandsschutzprinzip“ bedeutet. 91

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

verschlechtern. Dies muss durch eine spezielle wissenschaftliche Studie vor der Änderung des städtebaulichen Plans nachgewiesen werden und kann vom Richter nach den Erkenntnissen der allgemeinen Erfahrung kontrolliert werden94. Viele der Entscheidungen dieser Rechtsprechung beziehen sich auf den Schutz von Naturgütern vor nachteiligen Änderungen der Städtebaulichen Studie. So betont das oberste Verwaltungsgericht immer wieder, dass die festgesetzten für den Naturschutz vorteilhaften Nutzungen95 innerhalb einer Städtebaulichen Studie nicht abgeschafft oder formell oder auch de facto nachteilig für die Umwelt geändert werden dürfen. Somit gilt diese Rechtsprechung nicht nur für gesetzliche Änderungen der baurechtlichen Normen, wie ursprünglich durch die Entscheidung 10/1988 des gr. Staatsrats geltend gemacht wurde, sondern auch für die Änderung von bestehenden Darstellungen und Festsetzungen in den Städtebauplänen. Diese Rechtsprechung ist repräsentativ für die Ansicht des gr. Staatrates zu dieser Materie: Dem Naturschutz wird absoluter Vorrang vor anderen Belangen gewährt, ohne die Durchführung einer konkreten sachgerechten Abwägung. In dieser Rechtsprechung gibt der gr. Staatsrat dem natürlichen Status quo absoluten Vorrang vor schädlichen neuen baurechtlichen Vorschriften, ohne zwischen vermeidbaren oder unvermeidbaren Eingriffen zu differenzieren und sich in concreto mit Abwägungskriterien auseinander zu setzen. Diese Tendenz des gr. Staatsrates wird in der Literatur überwiegend kritisch bewertet. Diese Kritik wird meistens unter dem Gesichtspunkt des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung geübt, die durch eine sachgerechte Abwägung nicht nur die Umwelt, sondern alle einschlägigen Belange miteinbezieht96. Die griechischen Autoren weisen darauf hin, dass es nach der traditionellen Verfassungslehre in Griechenland keine abstrakte Hierarchie zwischen den Vorschriften der Verfassung gibt. So wie im deutschen 94 StaatsratsE 1322/1989; 3710/1989; 2588/1992; 1118/1993; 3183/1997, PerDik 1999, S. 588 ff.; 2511/2000, DiDik 2001, S. 1255 ff.; 3756/2000, PerDik 2001, S. 425 ff.; 3792/2001, PerDik 2002, S. 126 ff.; 384/2002, PerDik 2002, S. 332 ff.; 1528/2003; 3144/2004, DDNN 2004, S. 1238 ff. 95 Zu den den Naturschutz und die Landschaftspflege fördernden Bodennutzungen siehe unten 2. Teil. Kap. 1. D. I. 1. 96 Giannakourou, PerDik 2000, S. 468 ff. (472 f.); Trantas, PerDik 1998, S. 359 ff. (360); Tzika-Chatzopoulou/Dougia/Gerassimou, Die Rolle des Rechts bei der Auseinandersetzung von Recht und Entwicklung, S. 5 f.; Panagopoulos, Umweltrecht, S. 228 f.; Doris, in: Papadimitriou, Der Schutz der Wassergebiete in Griechenland (Hrsg.), S. 33 f., der den absoluten Vorrang des Umweltschutzes vor dem Eigentumsrecht ablehnt. Papakonstantinou, Nümoò+Fu·sh 2000, S. 489 ff. (491), Fußnote Nr. 3. Dagegen eher positiv zu dieser Praxis des gr. Staatsrates scheint Papakonstantinou, Nümoò+Fu·sh Juli 2003, www.nomosphysis.org.gr zu sein.

1. Kap.: Allgemeine Mechanismen

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Recht auch, haben alle Verfassungsartikel grundsätzlich das gleiche Gewicht, es besteht kein abstrakter Vorrang zwischen ihnen und es gibt keine „verfassungswidrigen“ Verfassungsregeln. Bei einer Kollision oder bei anderen Verschränkungen zwischen den Verfassungsvorschriften hat eine konkrete Abwägung stattzufinden, die in erster Linie die größtmögliche Anwendung jeder von ihnen nach dem Grundsatz der sog. praktischen Konkordanz bezweckt, und, wenn das nicht möglich sein sollte, in zweiter Linie, Vorrang dem einen oder dem anderen Gut je nach den konkreten Umständen gewährt97. Diese grundsätzliche Regel der griechischen Verfassungslehre muss bei der Städtebauplanung auch Anwendung finden, wenn Belange des Umwelt- und Naturschutzes in Betracht kommen, so dass Letztere keinen absoluten, abstrakten Vorrang vor anderen gegensätzlichen Interessen haben dürfen. Auf dieser Grundlage weckt die radikale Rechtsprechung des gr. Staatsrates zum städtebaulichen Bestandsschutzprinzip erhebliche Bedenken. c) Insbesondere: Vorgang der städtebauplanerischen Abwägung, wenn Eigentumsrechte zu berücksichtigen sind Bei der städtebauplanerischen Abwägung kommt oft zu einer Auseinandersetzung zwischen den Eigentumsrechten und den naturschutzrechtlichen Belangen. Empirisch kann man sogar feststellen, dass die naturschutzrechtlichen Belange bei der Abwägung zur städtebaulichen Planung in der Praxis am meisten mit den Eigentumsrechten in Konflikt geraten98. Hier kann man eine beeindruckend starke Annäherung beider Rechtsordnungen hinsichtlich der Lösungen dieses Konflikts feststellen: Wie die Abwägung definitiv ausläuft, wenn diese gegensätzlichen Interessen im Spiel sind, ist in keiner der beiden Rechtsordnungen im Voraus durch eine allgemeine und abstrakte Regel bestimmt. Sowohl in Deutschland als auch in Griechenland kommt aber in der Rechtsprechung in diesem Rahmen immer wieder die allgemeine Aussage zur Geltung, dass Beschränkungen der Eigentumsbefugnisse durch naturschutzrechtliche Regelungen grundsätzlich zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums darstellen99. 97 Manessis, Verfassungsrechte, a’ Grundfreiheiten, S. 64 ff.; Dagtoglou, Verfassungsrechte A’, S. 128 ff. (132), Rn. 198; Tsatsos, Verfassungsrecht, G’ Grundrechte, S. 295 ff.; Karakostas, Umwelt und Recht, S. 123; Rantos, in: Griechische Gesellschaft für die Umwelt (Hrsg.), Das Recht auf Eigentum und Umweltschutz, S. 49 ff. (49 f.); Sioutis, Lehrbuch des Umweltrechts, S. 70 ff. 98 Gaentzsch, in: Dolde (Hrsg.), Umweltschutz im Wandel, S. 473 ff. (474). 99 Beide Rechtsordnungen legen einen entscheidenden Wert auf die natürliche und rechtliche Bestimmung des Eigentums (sog. Situationsgebundenheit des Eigentums). Das bedeutet, dass Beeinträchtigungen der Eigentumsrechte leichter als zu-

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

Darstellungen oder Festsetzungen in den städtebaulichen Plänen zum Schutz von Natur und Landschaft können Beschränkungen des Eigentums rechtfertigen, so dass eine zulässige Bestimmung des Inhalts oder zulässige Schranken des Eigentums vorliegen100. Eine Entschädigung für solche Inhalts- oder Schrankenbestimmungen ist nach dem Prinzip der besonderen Aufopferung in keiner der beiden Rechtsordnungen ausgeschlossen101. Darüber kann eine Enteignung in beiden Staaten unter Umständen in Betracht kommen. Ein grundlegender Unterschied zwischen den beiden Rechtsordnungen liegt aber darin, dass das griechische Recht immer noch auf das materielle Kriterium der überwiegenden Betroffenheit des Eigentums abstellt, um zu beurteilen, ob die Zumutbarkeitsgrenzen der Inhaltsund Schrankenbestimmungen des Eigentums überschritten worden sind und somit eine Enteignung vorliegt. Im Gegensatz dazu stellt die deutsche Rechtsprechung und Literatur auf das formelle Kriterium der gesetzlichen Grundlage der Enteignung und nicht auf das Maß der materiellen Betroffenheit des Eigentums ab102. Somit kann in beiden Rechtsordnungen eine Annäherung aller naturschutzrechtlichen Vorschriften in Bezug auf ihr Verhältnis mit den Eigentumsrechten festgestellt werden. Die Aussagen der Gerichte zu Konflikten zwischen dem Naturschutzrecht und dem Recht auf Eigentum finden nämlich nicht nur für in Schutzgebietsausweisungen oder in gesetzlichen Regelungen enthaltene naturschutzrechtliche Vorschriften Anwendung, sondern auch bei naturschutzrechtlichen Regelungen, die in städtebaulichen Plänen enthalten sind. mutbar anzusehen sind, wenn die entsprechenden Grundstücke auf Flächen liegen, die von ihrer natürlichen und rechtlichen Lage her nicht für die Bebauung bestimmt sind. 100 Solche zumutbaren Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums werden im deutschen Recht verfassungsrechtlich in Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG, im griechiechen Recht dagegen in den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen verankert. 101 Für das deutsche Recht so Gaentzsch, in: Dolde (Hrsg.), Umweltschutz im Wandel, S. 473 ff. (477); De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Baurechts, Naturschutz, Rn. E 1175 f.; BVerwG, Urt. v. 24.6.1993 – 7 C 26.92, NuR 1993, S. 487 ff. (489); BVerwG, Beschl. v. 18.7.1997 – 4 BN 5.97, NuR 1998, S. 37 ff. (40); für das griechische Recht Koutoupa-Regkakou, in: Griechische Gesellschaft für die Umwelt (Hrsg.), Das Recht auf Eigentum und Umweltschutz, S. 35 ff. (41). 102 De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Baurechts, Naturschutz, Rn. E 1180. Dieses Defizit des deutschen Rechts kompensiert aber letzten Endes die Lehre über den enteignenden Eingriff, dazu Rüfner, in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 48, Rn. 75 ff.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 26, Rn. 24. Dazu auch oben 1. Teil Kap. 1. A. II. 1. b). cc).

1. Kap.: Allgemeine Mechanismen

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II. Die Rolle von fachspezifischen naturschutzrechtlichen Planungen 1. Rolle der Landschaftsplanung bei der Bauleitplanung in Deutschland a) Darstellung der Landschaftsplanung aa) Allgemein Die Landschaftsplanung wurde im deutschen Recht zum ersten Mal im Zweiten Abschnitt des BNatSchG 1976, genauer in den §§ 5–7 vorgesehen. Diese ursprüngliche Regelung wies aber einen Mangel an Effektivität auf, vor allem weil ihr Einfluss auf andere Planungen und Verfahren gering war103. Abgesehen von einer beschränkten Änderung der Regelungen zur Landschaftsplanung im Jahre 1998 durch das 3. Gesetz zur Änderung des BNatSchG104 haben diese Vorschriften erst 2002 durch die IV. Novelle des BNatSchG eine umfassende Neugestaltung erfahren und zwar in Richtung einer Stärkung der Landschaftsplanung als naturschutzrechtliches Querschnittsinstrument105. Nach dieser Änderung ist die Landschaftsplanung nunmehr in den §§ 13–17 BNatSchG vorgesehen und somit rahmenrechtlich geregelt. Diese Vorschriften werden landesrechtlich konkretisiert, so dass die für die Landschaftsplanung zuständige Behörde das erforderliche Verfahren und die Rechtsverbindlichkeit der Pläne in den jeweiligen Landesgesetzen genauer festsetzt106. Die wichtigsten Neuerungen, die durch die Novelle des BNatSchG 2002 in Bezug auf die Landschaftsplanung eingeführt wurden, sind kurz gefasst folgende107: Der § 6 BNatSchG a. F. legte den Inhalt nur der Landschaftspläne i. e. S.108 bundesrechtlich fest; der neue § 14 Abs. 1 BNatSchG n. F. 103 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 6, Rn. 105; Ramsauer, NuR 1993, S. 108 ff. (108). 104 G. v. 26.8.1998, BGBl. I 1998, Nr. 57, S. 2481 ff. 105 De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt, Handbuch des öffentlichen Baurechts, Naturschutz, Rn. E 94; Gellermann, NVwZ 2002, S. 1025 ff. (1029); Kratsch/Schumacher, Naturschutzrecht, S. 27. 106 § 13 Abs. 2 BNatSchG. 107 Dazu Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 65; A. Schumacher/J. Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 13, Rn. 1; Gellermann, NVwZ 2002, S. 1025 ff. (1029). 108 Wie noch unten gezeigt wird, werden als Landschaftspläne im Gesetz nur die Pläne der unteren örtlichen Ebene der Landschaftsplanung bezeichnet, die in der Hierarchie der räumlichen Planung einem Bauleitplan entsprechen. Aus diesem Grund werden hier die Pläne, die aus der Landschaftsplanung entstehen und der unteren Stufe angehören, als Landschaftspläne i. e. S. bezeichnet. Als Landschaftspläne

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

legt dagegen den Inhalt der Pläne aller Planungsstufen fest, so dass nunmehr Mindeststandards für die gesamte Landschaftsplanung einheitlich für alle Länder gelten. Auf diese Weise wird die Qualität der Landschaftsplanung in noch größerem Maße als vorher gewährleistet109. Außerdem werden in § 14 Abs. 2 S. 1 und 3 BNatSchG n. F. zwei neue Pflichten festgesetzt, die Pflicht zur Berücksichtigung der Inhalte der Landschaftsplanung in anderen Planungen und Verwaltungsverfahren sowie die Begründungspflicht bei Durchführung einer abweichenden Planung oder bei Erlass eines abweichenden Verwaltungsakts. So werden die Ergebnisse der Landschaftsplanung in allen Planungen und Verwaltungsverfahren zwingend und intensiver miteinbezogen und der Schutz von Natur und Landschaft wird vollständiger und effektiver. Eine weitere sehr wichtige Neuerung der IV. Novelle des BNatSchG ist die Einführung des Flächendeckungsprinzips. In den §§ 15 Abs. 1 und 16 Abs. 1 S. 1 wird festgelegt, dass die Landschaftsplanung flächendeckend erfolgt. Diese Regelung vervollständigt den Schutz von Natur und Landschaft und betont die Bedeutung der Landschaftsplanung durch die Ausweitung ihrer Reichweite (z. B. auch auf die Gebiete eines Bebauungsplans). Schließlich legt § 16 Abs. 2 BNatSchG zum ersten Mal die Fortschreibungspflicht110 fest. Die Landschaftspläne i. e. S. sind fortzuschreiben, wenn wesentliche Veränderungen der Landschaft zu erwarten sind. Mit dieser Regelung wird die Qualität der Landschaftspläne i. e. S. dauerhaft sichergestellt. Auf alle diese Neuerungen durch die Änderung des BNatSchG 2002 ist im Folgenden im Einzelnen zurückzukommen. bb) Rechtliche Natur der Landschaftsplanung als raumplanungsbezogene Fachplanung – Flächendeckungsprinzip Die Landschaftsplanung ist die spezifische Planung für den Naturschutz und die Landschaftspflege111. Das Endergebnis dieser eigenständigen112 Fachplanung sind die in erster Linie vom Bundes- und endgültig vom Lani. w. S. werden dagegen alle Pläne bezeichnet, die aus der Landschaftsplanung entstehen, egal ob sie rechtstechnisch Landschaftsprogramme, Landschaftsrahmenpläne, Landschaftspläne i. e. S. oder Grünordnungspläne genannt werden. 109 Dazu Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 14, Rn. 6 ff.; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, § 14, Rn. 2; A. Schumacher/ J. Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 14, Rn. 2. 110 In der Literatur auch als Dynamisierungspflicht bezeichnet, Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 68. 111 Der Begriff der Landschaft als Bestandteil des Begriffs der Landschaftsplanung ist vom herkömmlichen Sinne der Landschaft nach dem BNatSchG als ein Teil der Erdoberfläche, die besondere organische oder anorganische Merkmale aufweist und so eine eigenartige optische Einheit darstellt (siehe oben Einf. B.), zu unterscheiden. Die Landschaftsplanung betrifft nicht nur die Planung der Landschaft,

1. Kap.: Allgemeine Mechanismen

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desgesetzgeber abschließend festgelegten Pläne. Diese Pläne legen die Ziele, die Erfordernisse und die erforderlichen Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege für einen konkreten Planungsraum dar. Sie zielen darauf ab, durch deren Festsetzungen die Ziele und Grundsätze des Naturschutzes und der Landschaftspflege in die raumbezogene Gesamtplanung, in andere Fachplanungen oder in einschlägige Verwaltungsverfahren zur Geltung zu bringen113. Die Landschaftsplanung ist also eine spezielle naturschutzrechtliche Fachplanung, die aber meistens einen tatsächlichen Nutzen für die Natur und Landschaft erst durch die Einbeziehung ihrer Festlegungen in die anderen Fachpläne und Verwaltungsverfahren erbringen kann. Die Ergebnisse der Landschaftsplanung sind tatsächlich in allen anderen Planungen und Verwaltungsverfahren zu berücksichtigen114. Meistens wird der Inhalt dieser Pläne als zu berücksichtigendes Material für eine sachgerechte Abwägung bei der Aufstellung jedes Fach- oder Gesamtplans und in jedem Verwaltungsverfahren gebraucht, wenn die Entscheidungen sich im konkreten Fall in irgendeiner Weise auf Natur und Landschaft auswirken können. Falls die Fachpläne und Verwaltungsentscheidungen vom Inhalt der bestehenden Landschaftspläne i. w. S. abweichen, muss diese Abweichung begründet werden115. Nach alldem ist die Landschaftsplanung nicht nur eine naturschutzorientierte, sondern auch eine querschnittsbezogene Planung. So ist auch die Bezeichnung der Landschaftsplanung als „Anwalt der Natur“ zu verstehen116. Die gesetzliche Gestaltung der Landschaftsplanung richtet sich nach den vorhandenen räumlichen Plänen; sie ist eine raumbezogene Fachplanung 117. Das BNatSchG sieht die Möglichkeit einer dreistufigen Landschaftsplanung nach dem Modell der dreistufigen Raumplanung vor. Außerdem hat auch die Landschaftsplanung wie die Raumplanung nunmehr flächendeckend und auf die die wörtliche Bedeutung des Begriffs hinzudeuten scheint, sondern sie ist die Fachplanung des Naturschutzes und der Landschaftspflege. 112 Das Merkmal der Eigenständigkeit in diesem Sinne entfällt auch im Falle der Primärintegration nicht; dazu unten 2. Teil Kap. 1. C. II. 1. b). bb). (2). (b). 113 § 13 Abs. 1 S. 1 und S. 2 BNatSchG. 114 § 14 Abs. 2 S. 1 BNatSchG. 115 Der ausdrückliche Widerspruch der für die Landschaftsplanung zuständigen Behörden führt zur Unwirksamkeit dieser abweichenden Darstellungen oder Festsetzungen, OVG Münster, Urt. v. 24.6.2004 – 7a D 61/03, NuR 2005, S. 58. 116 Gellermann, NVwZ 2002, S. 1025 (1029); Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 65; Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 6, Rn. 107; Ransauer, NuR 1993, S. 108 ff. (109); in der Literatur wird diese Querschnittsaufgabe der Landschaftsplanung auch als „Bringschuld“ bezeichnet: Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/ Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 13, Rn. 3. 117 A. Schumacher/J. Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 13, Rn. 3; Kratsch/Schumacher, Naturschutzrecht, S. 27.

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

nicht mehr nach Erforderlichkeit118 zu erfolgen: Nach dem 2002 neu eingeführten Flächendeckungsprinzip müssen alle Flächen von der Landschaftsplanung erfasst werden. Überörtlich erfolgt die Landschaftsplanung nach § 15 Abs. 1 BNatSchG für den Bereich eines gesamten Bundeslandes durch die Erstellung von Landschaftsprogrammen und für Teile eines Landes durch die Erstellung von Landschaftsrahmenplänen. Örtlich wird die Landschaftsplanung nach § 16 Abs. 1 BNatSchG durch Landschaftspläne i. e. S. verwirklicht, die vom Landesgesetzgeber nach dem Beispiel der zweistufigen Bauleitplanung weiter zwischen Landschaftsplänen für den Bereich eines Flächennutzungsplans und Grünordnungsplänen für den Bereich eines Bebauungsplans differenziert werden können. In diesem Punkt muss aber angemerkt werden, dass der Landesgesetzgeber auf die Pläne einer der höheren Stufen, nämlich auf Landschaftsprogramme119 oder auf die Landschaftsrahmenpläne120 verzichten kann, da die Formulierung des § 15 Abs. 1 BNatSchG über die Einteilung zwischen Landschaftsprogrammen und Landschaftsrahmenplänen für die Länder nicht abschließend ist („oder“)121. In einem solchen Fall wird die Landschaftsplanung nur zweistufig erfolgen. Wegen der unterschiedlichen Gestaltung und Zielverfolgung beider höherer Planungsstufen erscheint es aber bedenklich, ob es sinnvoll ist, auf diese Möglichkeit des Drei-Stufen-Modells zu verzichten122. In den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg wird nach § 16 Abs. 3 BNatSchG eine einzige Planungsstufe als ausreichend gesehen. Trotzdem wird vom Landesgesetzgeber in allen diesen drei Bundesländern das Zwei-Stufen-Modell festgesetzt123. Allerdings wurde mit der Novellierung des BNatSchG auch eine Vorschrift eingeführt, die zur Relativierung des Flächendeckungsprinzips führt: § 16 Abs. 2 S. 3 BNatSchG. Danach können die Landesgesetzgeber eine Ausnahme vom Flächendeckungsprinzip festlegen, indem sie es erlauben, von der Erstellung eines Landschaftsplans i. e. S. für Teile einer Gemeinde abzusehen. Diese Ausnahme wird nur dann zugelassen, wenn die vorherr118 Die Auslegung dieser Voraussetzung der Erforderlichkeit nach der älteren Rechtslage hat in der Vergangenheit viele praktische Probleme verursacht, dazu Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 16, Rn. 3. 119 Wie in Rheinland-Pfalz § 16 ff. LRflG Rh.-Pf. 120 Wie in Hessen § 3a ff. HENatG 121 Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 69; A. Schumacher/J. Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 15, Rn. 7; Siegel, NuR 2003, S. 325 ff. (327). Die Mindermeinung vertritt Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/SchmidtRäntsch, BNatSchG, § 15, Rn. 11, da er darin eine Unzulänglichkeit mit dem Bundesrecht sieht. 122 A. Schumacher/J. Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 15, Rn. 7. 123 § 3 Abs. 2 NatSchGBln, § 4 Abs. 2 BremNatSchG, §§ 3 ff. HbgNatSchG.

1. Kap.: Allgemeine Mechanismen

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schende Nutzung den Zielen und Erfordernissen des Naturschutzes und der Landschaftspflege entspricht und diese Nutzung planungsrechtlich gesichert ist. Praktisch bedeutet dies, dass, wenn z. B. ein Flächennutzungsplan oder ein Regionalplan124 eine Nutzung vorsehen, die mit den Erfordernissen des Naturschutzes und der Landschaftspflege vereinbar ist, die Erfassung dieser Fläche von einem Landschaftsplan i. e. S. nicht mehr erforderlich ist. Diese Vorschrift entspricht dem Gedanken der Vermeidung von Doppelprüfungen und Doppelverfahren. Da die Interessen des Naturschutzes schon durch die räumliche Planung ausreichend gesichert sind, kann man auf die zusätzliche Absicherung der Nutzung durch eine Landschaftsplanung verzichten. So werden Zeit und Kosten gespart. Diese Regelung ist aber insofern problematisch, als sie die unterschiedlichen Funktionen der zwei Planungsarten außer Acht lässt125. Die bauleitplanerischen Festsetzungen verfolgen ein anderes Ziel und erfüllen eine andere Funktion als die Darstellungen eines Landschaftsplans, nämlich die Ordnung des Raums nach Abwägung aller betroffenen Belange auf der örtlichen Ebene. Die Landschaftsplanung dagegen erfolgt nach naturschutzrechtlichen Kriterien und hat hauptsächlich den optimalen Naturschutz und die Landschaftpflege zum Ziel126. Diese unterschiedlichen Sichtweisen des Raums ergänzen sich gegenseitig, können aber einander nicht ersetzen. Dazu kommt das Argument, dass die Darstellungen in einem Landschaftsplan eventuell länger in Geltung bleiben als die Darstellungen oder Festsetzungen in einem Bauleitplan. Wenn z. B. der Bebauungsplan von der Gemeinde aufgehoben oder so geändert wird, dass auch die dem Naturschutz dienende Nutzung nicht mehr vorhanden ist, bleiben die naturschutzrechtlichen Interessen auf diesen Flächen ohne adäquaten Schutz. In diesem Fall steht aber von nun an einem Landschaftsplan nichts mehr im Wege: Er muss dann erlassen werden, da keine Absicherung der naturschutzfreundlichen Nutzung mehr vorliegt. Auch bei der Festlegung des Entwicklungsgebots bei der Landschaftsplanung in § 16 Abs. 1 S. 1 BNatSchG lässt sich eine Parallelität mit der räumlichen Planung feststellen. Nach diesem Prinzip sind die örtlichen Erfordernisse und Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege in den Landschaftsplänen auf der Grundlage des Landschaftsprogramms 124 BT-Drs. 14/6378, S. 46; Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/SchmidtRäntsch, BNatSchG, § 16, Rn. 3; Gellermann, NVwZ 2002, S. 1025 ff. (1029). Die Rede ist hier nur von Flächennutzungs- und Regionalplänen, denn sie enthalten üblicherweise die Bestimmung der erlaubten Bodennutzungen, an die sich auch der Bebauungsplan halten muss. 125 Kritisch zu dieser Ausnahme Gellermann, NVwZ 2002, S. 1025 ff. (1030). 126 Zu den unterschiedlichen Funktionen beider Planungsarten Bunge, in: LübbeWolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch Satzungsrecht, Rn. 195, S. 110.

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

und des Landschaftsrahmenplans zu entwickeln. Die Parallele zu dem Gebot der Entwicklung der Bauleitpläne aus den Raumordnungs- und Regionalplänen sowie der Entwicklung des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan liegt auf der Hand. Die Geltung des Entwicklungsgebots auch bei der Landschaftsplanung trägt zur Koordination der örtlichen Landschaftspläne untereinander und mit der überörtlichen Landschaftplanung bei. Außerdem wird die Überzeugungs- und Durchsetzungskraft der örtlichen Landschaftspläne auf diese Weise gestärkt, da der Schutz von Natur und Landschaft auf mehreren Planungsebenen bestätigt wird127. Diese mehrfach belegte Orientierung der Landschaftsplanung an der integralen Raumplanung verfolgt einen nachvollziehbaren Sinn und Zweck. Das Landschaftsprogramm entspricht dem Raumordnungsplan des § 8 ROG, der Landschaftsrahmenplan dem Regionalplan des § 9 ROG und der Landschaftsplan dem Bauleitplan; bei einer weiteren Einteilung der Landschaftspläne i. e. S. entpricht der Landschaftsplan i. e. S. dem Flächennutzungsplan und der Grünordnungsplan dem Bebauungsplan. In den höheren Stufen verfolgt die Landschaftsplanung das Ziel, die Erfordernisse und Maßnahmen von Naturschutz und Landschaftspflege umfassender zu betrachten und miteinander abzustimmen, so dass ein vollständiges und effektives Schutzsystem entwickelt wird. Das bedeutet aber wiederum nicht, dass auf die niedrigere Stufe der Landschaftsplanung verzichtet werden kann. Die Ermittlung und Bewertung der Erfordernisse und Maßnahmen von Naturschutz und Landschaftspflege in einem konkreteren örtlichen Planungsraum ist erforderlich, damit die Probleme in jedem Einzelfall optimal erkannt und am effektivsten gelöst werden können. Diese Erkenntnisse gelten gleichwohl für die Landschaftsplanung wie für die Raumplanung; daher die Parallelität ihrer Struktur. Diese Parallelität verfolgt gleichzeitig auch das Ziel ihres gegenseitigen Vergleichs und ihrer Abstimmung. Außerdem weist die Landschaftsplanung einen starken räumlichen Bezug auf; insofern kann bei der Landschaftsplanung die Raumplanung nicht ignoriert werden und auch umgekehrt muss die Landschaftsplanung in die Raumplanung miteinbezogen und berücksichtigt werden128. Dieser Prozess wird durch die Gestaltung einer parallelen Struktur von Raum- und Landschaftsplanung erheblich erleichtert129. 127 Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 16, Rn. 8. 128 Nunmehr werden diese Wechselbeziehungen zwischen Raum- und Landschaftsplanung auch gesetzlich vorgeschrieben, §§ 14 Abs. 1 S. 3, 15 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2, 16 Abs. 1 S. 3 und Abs. 2 BNatSchG. Über die Wechselbeziehungen speziell der Landschaftspläne mit den Bauleitplänen siehe ausführlich unten 2. Teil Kap. 1. C. II. 1. b). bb). 129 A. Schumacher/J. Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 13, Rn. 4.

1. Kap.: Allgemeine Mechanismen

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cc) Inhalt der Landschaftsplanung Der Inhalt der Landschaftsplanung wird vom Gesetzgeber selbst in § 14 Abs. 1 BNatSchG einheitlich für jede Planungsebene festgelegt. Nach diesen Vorschriften sollen alle Landschaftsprogramme, Landschaftsrahmenpläne und Landschaftspläne i. e. S. folgende Bestandteile aufweisen: Zuerst müssen sie eine Bestandsaufnahme über den Zustand von Natur und Landschaft beinhalten. Dabei müssen sie sowohl den vorhandenen als auch den zu erwartenden Zustand der natürlichen Güter auf dem jeweiligen Planungsgebiet beschreiben. Die Erfüllung dieser Aufgabe erfordert die genaue Ermittlung und Darstellung der Gegebenheiten des Einzelfalls und daraufhin eine Prognose, die alle einschlägigen Faktoren miteinbeziehen muss. Außerdem müssen in den Plänen die Ziele und Grundsätze des Naturschutzes und der Landschaftspflege, die in §§ 1 und 2 BNatSchG allgemein festgelegt sind, für das jeweilige Planungsgebiet konkretisiert werden. Nach der Konkretisierung dieser Ziele und Grundsätze werden sie handhabbar und nützlicher. Der Zustand von Natur und Landschaft und die konkret dargelegten Ziele sowie eventuelle Konflikte zwischen den naturschutzrechtlichen Zielen oder zwischen den naturschutzrechtlichen und anderen einschlägigen Belangen werden dann in den Plänen bewertet. Diese Bewertung stellt einen wichtigen Teil der Pläne dar, da sie der Landschaftsplanung einen noch stärkeren Wertungscharakter verleiht. Diese fachmännische Bewertung der Gegebenheiten von Naturschutz und Landschaftspflege ist für die übrigen sich darauf beziehenden Planungen und Verwaltungsverfahren von besonderem Nutzen130. Auf dieser Basis werden schließlich Maßnahmen zur Erreichung der Ziele und zur Verbesserung des Zustandes der natürlichen Güter vorgeschlagen131. Mit diesem Inhalt unterscheidet sich die Funktion der Landschaftsplanung von der der Eingriffsregelung und der Schutzgebietsausweisung sehr deutlich132. Die Eingriffsregelung übernimmt die Abwehrolle, unzumutbare Eingriffe in Natur und Landschaft zu verhindern oder sie nur unter bestimmten Garantien für die Naturgüter zuzulassen. Auf jeden Fall findet die Eingriffsregelung nur reaktiv Anwendung, also nur anlässlich einer dem Naturschutz oder der Landschaftspflege schädlichen Handlung, 130 Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 14, Rn. 11; Schmidt-Aßmann, DÖV 1990, S. 169 ff. (171). 131 Diese Maßnahmenvorschläge können ihr Ziel besser erreichen, wenn sie situationsgezielt und adressatengerichtet bzw. adressatengerecht dargestellt werden, Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 14, Rn. 13. 132 Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 65; in Bezug insbesondere auf die Abgrenzung zu den Schutzgebietsausweisungen Schmidt-Aßmann, DÖV 1990, S. 169 ff. (170).

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

und zwar wenn eine solche Handlung vorgenommen worden oder künftig zu erwarten ist. Den Schutzgebietsausweisungen wird eine Reserverolle zuerkannt. Die Erklärung einer Fläche zum Schutzgebiet sorgt dafür, dass die natürlichen Güter erhalten, entwickelt oder wiederhergestellt werden. Der Schutz bezieht sich hier auf schon vorhandene und konkrete Naturgüter, die sich im Einzelfall als schutzbedürftig erweisen. Der Landschaftsplanung dagegen kommt eine eindeutige vorsorgende Wirkung zu133. Die Pläne werden flächendeckend erstellt, um die Erfordernisse von Naturschutz und Landschaftspflege zur Geltung zu bringen und die Ziele und Grundsätze des Naturschutzes zu verwirklichen. Mit der Landschaftsplanung wird dem Vorsorgeprinzip Rechnung getragen, indem der Schutz von Natur und Landschaft vorbeugend und ohne einen bestimmten Anlass umfassend in Plänen dargestellt wird. Insbesondere der Vorschlag von Maßnahmen deutet darauf hin, dass die Landschaftsplanung durch einen zukunftsorientierten Blick zum vorbeugenden Naturschutz und zur Pflege beiträgt. Von großer Bedeutung für die dauerhafte Nützlichkeit und Aktualität der Landschaftsplanung ist die 2002 in § 16 Abs. 1 S. 2 BNatSchG eingeführte Fortschreibungs- oder Dynamisierungspflicht. Danach sind die Landschaftspläne i. e. S. fortzuschreiben, wenn wesentliche Veränderungen der vorherrschenden Verhältnisse vorgekommen oder zu erwarten sind. Auf diese Weise wird die Qualität der Landschaftsplanung auf Dauer gewährleistet134. Eine entsprechende Regelung gibt es für die Landschaftsprogramme und die Landschaftsrahmenpläne nicht. Aufgrund des gesetzgeberischen Schweigens könnte man die Fortschreibungspflicht bei den zwei höheren Stufen der Landschaftsplanung ablehnen. Dafür spricht, dass die Landschaftsprogramme und die Landschaftsrahmenpläne für einen viel breiteren Raum als die Landschaftspläne i. e. S. aufgestellt und mit viel größerem Aufwand verbunden sind. Auf der anderen Seite ist aber gegen ein solches Ergebnis einzuwenden, dass die Fortsetzungspflicht ohnenhin nur bei wesentlichen Veränderungen der Landschaft eingreift135. Wenn aber solche wesentliche Veränderungen entstehen, wäre es nicht sinnvoll und unverhältnismäßig, auf 133

Kratsch/Schumacher, Naturschutzrecht, S. 27; Ramsauer, NuR 1993, S. 108 ff.

(109). 134 Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 68; A. Schumacher/J. Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 15, Rn. 8; Kratsch/Schumacher, Naturschutzrecht, S. 33; Gellermann, NVwZ 2002, S. 1025 ff. (1030); Stich, UPR 2002, S. 161 ff. (165); De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Baurechts, Naturschutz, Rn. E 196. 135 Wie Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 16, Rn. 9 und Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, § 16, Rn. 3, richtig bemerkt, kommt es wortgenau nicht auf wesentliche Veränderungen der Landschaft, sondern auf eine Veränderung der an die Landschaft und an ihre Leistungsfähigkeit gestell-

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die Weitergeltung von veralteten und überholten Plänen zu bestehen. In diesem Fall sollte man also die analoge Anwendung der Fortsetzungspflicht auch für die Pläne des § 15 BNatSchG annehmen136. dd) Zuständige Behörden für die Landschaftsplanung Die für die Aufstellung der Landschaftspläne i. w. S. zuständige Behörde ist vom Landesrecht zu bestimmen. Bundesrechtlich ist dazu nichts vorgesehen. Die Regelung über die für die Landschaftsplanung zuständige Behörde hängt mit der Frage zusammen, wie das Verhältnis zwischen der Landschaftsplanung und der Raumplanung in jedem Landesrecht geregelt ist. Wenn die Landschaftspläne in die Raumordnungspläne bzw. Bauleitpläne (primär) integriert werden137, dann sind die Raumordnungs- bzw. die Bauleitplanungsbehörden auch für die Landschaftsprogramme, Landschaftsrahmenpläne und Landschaftspläne i. e. S. zuständig138: In diesem Fall ist das Ergebnis des Planungsverfahrens ein einziger Plan und zwar der Raumordnungs- oder der Bauleitplan, der aber gleichzeitig in seinem Text einen Landschaftsplan i. w. S. beinhaltet. Zwei Behörden könnten nicht gleichzeitig für einen einzigen Plan zuständig sein; und ein Ausschluss der Gemeinden vom Bauleitplanverfahren kann schon wegen der verfassungsrechtlich garantierten Planungshoheit überhaupt nicht in Frage kommen. Auf jeden Fall sind aber bei einer solchen Konstellation die Naturschutzbehörden an der Landschaftsplanung zu beteiligen139. Wenn eine primäre Integration der Landschaftsplanung in die Bauleitpläne nicht in Frage kommt, weil die Landschaftspläne landesrechtlich als eigenständige Pläne erlassen werden, dann sind die Naturschutzbehörden dafür zuständig140. In der Praxis sind in ten Erfordernisse an. In diese Richtung muss die Vorschrift teleologisch ausgelegt werden. 136 Dafür spricht auch die Tatsache, dass die Fortschreibungspflicht auch vor ihrer expliziten Erwähnung in § 16 Abs. 1 S. 2 BNatSchG n. F. bereits aus dem früher geltenden Recht zu entnehmen war, BT-Drs. 14/6378, S. 46. So ist die Fortschreibungspflicht bei Landschaftsprogrammen und Landschaftsrahmenplänen auch ohne eine entsprechende explizite Regelung anzunehmen; in diese Richtung Ramsauer, NuR 1993, S. 108 ff. (110), wenn Änderungen der entsprechenden Raumordnungs- und Landespläne vorgenommen werden. 137 Zur primären und sekundären Integration sowie zum Verhältnis zwischen Bauleitplanung und Landschaftsplanung siehe ausführlich unten 2. Teil Kap. 1. C. II. 1. b). bb). (2). (b). 138 Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 79; Siegel, NuR 2003, S. 325 ff. (330). 139 Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 78 und 79; Gassner, in: Gassner/BendomirKahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 16, Rn. 1; Siegel, NuR 2003, S. 325 ff. (330). 140 Siegel, NuR 2003, S. 325 ff. (330).

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

der überwiegenden Mehrheit der Länder die Gemeinden auch als Träger der Landschaftsplanung i. e. S. tätig141. ee) Rechtswirkung der aus der Landschaftsplanung entstehenden Pläne Schließlich muss die Frage der Rechtswirkung der Landschaftspläne i. w. S. beantwortet werden. In diesem Rahmen ist danach zu fragen, ob die Ergebnisse der Landschaftsplanung als solche allgemein verbindlich sind oder ob sie nur eine behördeninterne Wirkung entfalten. Im Regelfall enthalten Pläne als Handlungsweisen der Verwaltung keine Pflichten und Rechte für jeden Einzelnen, sondern sie binden bloß andere Behörden in ihren Handlungen oder weiteren Planungen142. Die Bewertung der Rechtswirkung der Landschaftspläne i. w. S. hängt eng mit der Tatsache zusammen, wie diese Pläne sich mit den entsprechenden räumlichen Plänen verhalten. Soweit die Landschaftspläne i. w. S. in die Raumplanung (primär) integriert werden, entfalten sie dieselbe Rechtswirkung wie die Raumpläne, deren Teil sie darstellen143. Soweit aber die Landschaftsplanung durch eigenständige Pläne erfolgt, muss man zwischen überörtlichen und örtlichen Plänen unterscheiden. Landschaftsprogramme und Landschaftsrahmenpläne haben auch als selbständige Pläne lediglich eine behördeninterne Wirkung. Sie binden nur die Behörden, die andere Pläne aufstellen oder Verwaltungsverfahren durchführen, die einen Bezug zur Landschaftsplanung haben können144. Hier kann man eine weitere eindeutige Parallele zur Raumplanung 141

Das ist nämlich in allen Bundesländern bis auf Nordrhein-Westfalen (§ 27 Abs. 1 LG Nordh-Westf) und zum Teil (d.h. nur für die Landschaftspläne) auch in Thüringen (§ 5 Abs. 1 ThürNatG) der Fall; dazu Runkel, DVBl. 1992, S. 1402 ff. (1405); dazu ausführlich auch De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Baurechts, Naturschutz, Rn. E 188 ff. Dazu wird später noch einiges zu sagen sein. 142 Zur Planung als Handlungsform der Verwaltung siehe statt anderer SchmidtAßmann, Ordnungsidee, § 6, Rn. 95 ff. 143 A. Schumacher/J. Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 15, Rn. 29; Schrödter, in: Schrödter (Hrsg.), BauGB, § 1a, Rn. 33; De Witt/ Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Baurechts, Naturschutz, Rn. E 133; Siegel, NuR 2003, S. 325 ff. (328). 144 Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 14, Rn. 5. Dieser stützt diese Auslegung auch auf die Formulierung des § 14 Abs. 1 S. 1 BNatSchG; in dieser Regelung ist nämlich nur von Darstellungen und nicht von Festsetzungen die Rede. Den Adressatenkreis der Landschaftsplanung erweitert aber Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 13, Rn. 10, undifferenziert auf alle betroffenen Privaten. A. A. De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Baurechts, Naturschutz, Rn. E 134, der für die Anerkennung der Rechtsverbindlichkeit der überörtlichen Landschafts-

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feststellen: Auch den Raumordnungsplänen und -programmen wird in der Regel keine allgemeine, sondern nur eine behördeninterne Verbindlichkeit zuerkannt145. Die Landschaftspläne i. e. S. sind dagegen allgemeinverbindlich, wenn sie als selbständige Satzungen oder Rechtsverordnungen erlassen werden146. In diesem Fall haben sie unmittelbare Wirkung nicht nur für die Behörden, sondern auch für die Bürger und sie sind nach § 47 VwGO angreifbar147. Hier kommt die Parallele zur Bauleitplanung und konkreter zur Rechtswirkung der Bebauungspläne ebenso deutlich zur Geltung148. b) Verzahnung mit der Bauleitplanung Zwischen der Landschafts- und der Bauleitplanung bestehen zahlreiche Berührungspunkte, auf die im Einzelnen einzugehen ist. Die Vorschriften des BNatSchG zur Einbeziehung der Belange der städtebaulichen Planung bei der Landschaftsplanung und umgekehrt sind im BNatSchG seit 1976 fast unverändert geblieben. Neu sind lediglich die allgemeine Berücksichtigungspflicht der Landschaftspläne i. w. S. bei den anderen Planungen und Verwaltungsverfahren (§ 14 Abs. 2 S. 1 und 2 BNatSchG), die Begründungspflicht bei fehlender Berücksichtigung (§ 14 Abs. 2 S. 3 BNatSchG) und die oben dargestellte Ausnahmeregelung (§ 16 Abs. 2 S. 3 BNatSchG), die durch das BNatSchG 2002 eingeführt wurden. aa) Verhältnis der Landschaftsplanung allgemein zu anderen Planungen und Verwaltungsverfahren Die Vorschriften des § 14 Abs. 2 BNatSchG beziehen sich auf alle Planungen und Verwaltungsverfahren, die auf irgendeine Weise mit der Landpläne auf jeden Fall Aufnahme dieser Pläne in die Raumordungs- oder Regionalpläne verlangt. 145 Krebs, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, § 4, Rn. 38 und Fn. 126; Vgl. aber § 4 Abs. 4 ROG und für Ziele der Raumordnung § 4 Abs. 1 ROG. 146 De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Baurechts, Naturschutz, Rn. E 135; Siegel, NuR 2003, S. 325 ff. (328); Durner, Konflikte räumlicher Planungen, S. 68. Die Frage der Rechtsverbindlichkeit nach außen und nach innen betrifft natürlich diejenigen Vorschriften nicht, die von ihrer Natur aus nicht geeignet sind, für die Einzelnen bzw. auch für die Behörden Rechtsverbindlichkeit zu entwickeln (z. B. Darstellungen des Ist-Zustandes der Natur). Zu einer ausführlichen Darstellung der rechtsverbindlichtauglichen Vorschriften Ramsauer, NuR 1993, S. 108 ff. (111 ff.). 147 Zum Rechtsschutz vor den Landschaftsplänen Gassner, in: Gassner/BendomirKahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 16, Rn. 26. 148 Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 80; Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/ Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 16, Rn. 15.

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

schaftsplanung in Berührung kommen können. Gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 BNatSchG ist der Inhalt der Landschaftsplanung in allen Planungen und Verwaltungsverfahren zu berücksichtigen. Das ist ein imperatives Gebot, das die Landschaftsplanung aus der Gesamtheit der Vorschriften des „soft law“ ausschließt149. Die Formulierung dieser Vorschrift und die Wahl der „Berücksichtigungs-“ statt einer „Beachtungspflicht“ deutet zwar darauf hin, dass die Einbeziehung der Landschaftsplanung in anderen Planungen und Verwaltungsverfahren nicht allzu strikt erfolgen muss. Dennoch stellt diese Berücksichtigungspflicht ein allgemeines Eingangstor dar, durch das die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei allen Verfahren und Abwägungsprozessen Eintritt finden, die einen Bezug zu den naturschutzrechtlichen Gütern haben können. Die Landschaftsplanung liefert wertvolles Material zur Durchführung einer interessengerechten Abwägung bei jedem relevanten Verwaltungsverfahren. Die jeweils zuständigen Fachbehörden sind meistens mangels fachspezifischer Kenntnis nicht imstande, den Zustand der bertoffenen Naturgüter und den Grad der Beeinträchtigung eigenständig zu beurteilen150. Die für die Landschaftsplanung zuständigen Behörden sind in einer besseren Lage, z. B. effektive Maßnahmen zum Naturschutz und zur Landschaftspflege vorzuschlagen. Die übrigen Fachbehörden können (und müssen) beim Erlass ihrer Pläne oder Entscheidungen vom Inhalt der Landschaftspläne i. w. S. profitieren. Die Landschaftsplanung bereichert also die jeweiligen Verwaltungsbehörden mit der ihnen fehlenden Fachkenntnis. Auf diese Weise erfüllt sie ihre sog. Vorbereitungsfunktion 151. Darüber hinaus erspart das Zurückgreifen auf die Landschaftsplanung den zuständigen Fachbehörden die zeitaufwendigen und kostenspieligen Ermittlungen zur Beurteilung des natürlichen Zustandes und zur Bestimmung von geeigneten Maßnahmen zum Naturschutz und zur Landschaftspflege. Infolgedessen wird das jeweilige Planaufstellungs- oder übrige Verwaltungsverfahren bedeutend beschleunigt (Beschleunigungsfunktion der Landschaftsplanung)152 und Doppelprüfungen werden vermieden. 149 Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 14, Rn. 16. 150 Brohm, in: FS Hoppe, S. 511 ff. (515). Diese Aussage gilt natürlich nur dann, wenn die für die Landschaftsplanung zuständigen Behörden tatsächlich die Naturschutzbehörden und nicht etwa die kommunalen Planungsträger sind. 151 Dazu Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 13, Rn. 14 und § 16, Rn. 2; De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Baurechts, Naturschutz, Rn. E 108 ff.; Ramsauer, NuR 1993, S. 108 ff. (111). 152 Zur Beschleunigungsfunktion der Landschaftsplanung für andere Verwaltungstätigkeiten Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 13, Rn. 4.

1. Kap.: Allgemeine Mechanismen

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Spiegelbildlich zur Berücksichtigungspflicht ist in § 14 Abs. 2 S. 3 BNatSchG die Begründungspflicht vorgesehen; danach ist jede Außerachtlassung der Landschaftsplanung zu begründen. Wenn diese Begründung fehlt, ist die Entscheidung fehlerhaft. Diese Regelung fördert die Berücksichtigungspflicht, die auf diese Weise ihre soeben analysierten Aufgaben besser erfüllen kann153. bb) Regeln speziell zum Verhältnis zwischen Landschaftsplanung und Bauleitplanung Die allgemeinen Regelungen des § 14 Abs. 2 BNatSchG gelten auch für Flächennutzungs- und Bebauungspläne, soweit keine spezielleren Vorschriften dazu bestehen. Über diese allgemeine Vorschrift des § 14 Abs. 2 BNatSchG zum Verhältnis der Landschaftsplanung mit anderen Planungen und Verwaltungsverfahren hinaus gibt es aber im BNatSchG spezielle Regelungen über das Verhältnis der Landschaftsplanung zur Bauleitplanung. (1) Berücksichtigung bzw. Beachtung der bauleitplanerischen Belange bei der Landschaftsplanung Zuerst soll dieses Verhältnis aus der Sicht der Landschaftsplanung untersucht werden. In diesem Rahmen stellt sich die Frage, ob und inwiefern bei der Landschaftsplanung die fertigen Bauleitpläne zu berücksichtigen bzw. zu beachten sind oder die Belange der Bauleitplanung in die Landschaftspläne miteinbezogen werden müssen. Was die fertigen Bauleitpläne betrifft, auf deren Plangebiet ein Landschaftsplan aufgestellt wird154, gilt das Anpassungsgebot. Nach § 7 BauGB 153 Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 14, Rn. 18; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, § 14, Rn. 9; Kratsch/Schumacher, Naturschutzrecht, S. 29; De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Baurechts, Naturschutz, Rn. E 132. 154 Hier könnte die Frage auftauchen, ob solche Fälle überhaupt vorkommen können, da die Landschaftspläne, wie schon oben dargestellt, in der Regel eine Vorbereitungsfunktion für die Aufstellung von Bauleitplänen aufnehmen (De Witt/ Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Baurechts, Naturschutz, Rn. E 207). Die Aufstellung eines Landschaftsplans für den Bereich eines Bebauungsplans hätte also keinen praktischen Sinn. Im Gegenteil dazu ist die Landschaftsplanung für den Bereich eines Flächennutzungsplans durchaus sinnvoll, da die Flächennutzungspläne auch die Flächen des Innen- und Außenbereichs erfassen. Ein Argument in diese Richtung ist in der in § 16 Abs. 2 S. 3 BNatSchG verankerten Ausnahme aus dem Flächendeckungsprinzips zu finden: Diese Ausnahme ist für den Fall vorgesehen, dass die naturschutzfreundliche Nutzung planungsrechtlich gesichert ist; im Umkehrschluss ist also davon auszugehen, dass, falls eine solche

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

müssen alle öffentlichen Planungsträger ihre Planungen dem fertigen Flächennutzungsplan insofern anpassen, als sie ihm nicht widersprochen haben. Zu diesen öffentlichen Planungsträgern zählen auch die Naturschutzbehörden. Nach dieser Regelung müssen die Landschaftsplanbehörden die Darstellungen des Flächennutzungsplans nicht bloß berücksichtigen, sondern sie strikt beachten. Zu dieser Pflicht gibt es natürlich Ausnahmen und Beschränkungen; die oben gemachten Ausführungen über das Gebot zur Anpassung der Schutzgebietsausweisungen an die fertigen Bauleitpläne gelten hier entsprechend155. Falls noch kein Flächennutzungsplan im Bereich eines Landschaftsplans vorliegt, muss die Landschaftsplanung keinen so engen Bezug auf die Bauleitplanung nehmen, wie es beim Anpassungsgebot der Fall ist, da die bauleitplanerischen Belange in diesem Fall noch nicht konkret dargelegt sind. Die Frage, die sich hier stellt, ist also, ob bei der landschaftsplanerischen Abwägung die raumplanerischen Belange immerhin Berücksichtigung finden müssen. Eine positive Antwort auf diese Frage kann auf zwei Stellen im BNatSchG gestützt werden: Zuerst geht es um § 16 Abs. 1 S. 3 BNatSchG156. Danach sind bei der Aufstellung von Landschaftsplänen i. e. S. die Ziele der Raumordnung zu beachten und die Grundsätze und sonstigen Erfordernisse der Raumordung zu berücksichtigen. Insofern sind die Ziele der Raumordnung bei der Aufstellung von Landschaftsplänen i. e. S. (aber auch von Landschaftsprogrammen und Landschaftsrahmenplänen nach § 15 Abs. 1 S. 2 BNatSchG) intensiver miteinzubeziehen als die Grundsätze und die sonstigen Erfordernisse der Raumordnung. Die Ziele und Grundsätze der Raumordnung sind zwar keine spezifisch bauleitplanerischen Belange; sie beziehen sich auf eine höhere und abstaktere Ebene der Raumplanung als Letztere. Trotzdem stellen die Ziele und Grundsätze der Raumordnung wichtige raumplanerische Belange dar, die einen starken Einfluss auf die Ausgestaltung der Bauleitplanung ausüben157, und insofern ist ihre Berücksichtung bei der Landschaftsplanung auch für die Bauleitplanung von Relevanz158. Nutzung durch einen Flächennutzungsplan nicht gesichert ist, die Aufstellung eines Landschaftsplans trotz Vorhandenseins eines Bauleitplans erforderlich ist. So anscheinend auch Durner, Konflikte räumlicher Planungen, S. 250. 155 Dazu und zu kritischen Bemerkungen über das Anpassungsgebot siehe oben 1. Teil Kap. 1. A. II. 1. a). aa). 156 So Siegel, NuR 2003, S. 325 ff. (329). 157 Vgl. § 1 Abs. 4 BauGB. Zur Anpassungspflicht der Bauleitplanung an die Ziele der Raumordnung siehe aus der neuesten Rechtsprechung BVerwG, Urt. v. 20.11.2003 – 4 CN 6.03, NuR 2004, S. 362 ff. (363); BVerwG, Beschl. v. 7.2.2005 – 4 BN 1.05, NuR 2005, S. 585 ff. (585). Für weitere Hinweise auf die neueste Rechtsprechung zu den Zielen der Raumordnung siehe Stüer, DVBl. 2005, S. 461 ff. (462 f.).

1. Kap.: Allgemeine Mechanismen

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Die zweite einschlägige Vorschrift, die sich sogar konkret auf die bauleitplanerischen Belange bezieht, ist in § 14 Abs. 1 S. 3 BNatSchG enthalten. Danach ist bei der Landschaftsplanung auf die Verwertbarkeit der Darstellungen der Landschaftspläne i. e. S. für die Bauleitpläne Rücksicht zu nehmen. Durch diese Regelung werden die Interessen und Erfordernisse der Bauleitplanung in die Landschaftspläne einbezogen159. Die für die Landschaftsplanung zuständige Behörde muss bei ihrer Abwägung mitberücksichtigen, inwiefern ihr Plan für die Bauleitplanung nützlich wird160. Das stellt eine konkrete Ausprägung der allgemeinen oben erwähnten „Umsetzungsorientierung“ der Landschaftsplanung dar. Dieser Aspekt der Landschaftsplanung ist auch aus der Formulierung des § 13 Abs. 2 BNatSchG zu schließen, wonach die Landschaftsplanung „der Verwirklichung der Ziele und Grundsätze des Naturschutzes und der Landschaftspflege“ bei anderen Planungen und Verwaltungsverfahren dient. Daraus ist zu schließen, dass die Landschaftsplanung im Voraus einen Bezug zur Bauleitplanung nehmen soll161. Eine solche Bezugnahme ist für die Kooperation und die Koordination von Landschafts- und Bauleitplänen von großer Bedeutung zur Vorbeugung von Diskrepanzen. Trotzdem muss an dieser Stelle hervorgehoben werden, dass die Landschaftsplanung an die bauleitplanerischen Belange nicht strikt gebunden ist. Die Landschaftsplanung stellt eine spezifische Fachplanung des Naturschutzes und der Landschaftspflege dar und soll in erster Linie nach naturschutzrechtlichen Kriterien erfolgen. Bei der Primärintegration der Landschaftspläne in die Bauleitpläne kommt die Verschränkung zwischen naturschutzrechtlichen und städtebaurechtlichen Belangen am meisten zur Geltung. (2) Berücksichtigung bzw. Integration des Inhalts der Landschaftsplanung in die Bauleitpläne Das Verhältnis zwischen Landschafts- und Bauleitplanung ist auch umgekehrt aus der Sicht der Bauleitplanung zu untersuchen. In diesem Rahmen 158

Vgl. § 1 Abs. 4 BauGB. Siegel, NuR 2003, S. 325 ff. (329). 160 Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 13, Rn. 7; De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Rechts, Naturschutz, Rn. E 107. 161 A. A. De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Rechts, Naturschutz, Rn. E 120, nach dem bei der Landschaftsplanung keine Abwägung mit den städtebaurechtlichen Belangen stattfinden soll; die Abwägung im konkreten Fall mit den entgegenstehenden bauleitplanerischen Belangen werde erst im späteren Stadium der Integration der Landschaftsplanung in die Bauleitpläne erfolgen. So auch BVerfG, Beschl. v. 7.5.2001 – BvK 1/00, NuR 2002, S. 27 ff. (35 f.). 159

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

ist danach zu fragen, wie der Inhalt der Landschaftspläne i. e. S.162 in die Bauleitpläne miteinbezogen bzw. integriert werden soll. Nach § 16 Abs. 2 S. 1 BNatSchG regeln die Länder die Verbindlichkeit der Landschaftspläne i. e. S. für die Bauleitplanung. In § 16 Abs. 2 S. 2 BNatSchG wird das Modell der sog. Primärintegration als mögliche Lösung vorgeschlagen. Daneben existieren die Möglichkeit der sog. Sekundärintegration sowie das Modell der parallelen Pläne. Bundesrechtlich wird im BNatSchG zu dieser Frage keine abschließende Anwort gegeben; kein Modell wird den anderen vorgezogen. (a) Modell der parallelen Planungen Nach dem Modell der parallelen Planungen gelten Landschafts- und Bauleitpläne eigenständig nebeneinander163. Der Inhalt der Landschaftspläne wird bei der Abwägung zur Aufstellung der Bauleitpläne berücksichtigt. Im BauGB wird diese Berücksichtigungspflicht ausdrücklich festgesetzt164. Bei Nichtberücksichtigung ist dies konkret zu begründen und eine mangelhafte Begründung indiziert eventuell einen Abwägungsfehler der Bauleitplanung165. Der Inhalt der Landschaftspläne fließt also in die Bauleitplanung ein, allerdings nicht als Planungsleitsatz166. Die Darstellungen der Landschaftspläne sind vielmehr als normale Belange des Umwelt- oder des Naturschutzes bei der bauleitplanerischen Abwägung gegen und unter den entgegengesetzten Belangen abzuwägen. Ihnen wird kein besonderes Gewicht zuerkannt; sie haben diegleichen Chancen, sich bei der Abwägung durchzusetzen wie die anderen Belange auch167. In diesem Modell der parallelen Planungen ist also die Stellung der Landschaftspläne bei der Bauleitplanung institutionell nicht besonders ausgeprägt, da ihr Inhalt nicht ohne weiteres von den Bauleitplänen übernommen werden muss. Auf der anderen Seite 162 Die Landschaftspläne der höheren Ebene sind für die Bauleitplanung nur mittelbar relevant und zwar insofern, als die Landschaftspläne der örtlichen Ebene aus ihnen entwickelt werden müssen. Wenn aber im konkreten Fall keine Landschaftspläne i. e. S. vorhanden sind, ist bei der Bauleitplanung, falls erforderlich, auf die Landschaftspläne der höheren Ebene insoweit zurückzugreifen, als diese für die Bauleitplanung greifbare Vorschriften enthalten; in diese Richtung Bunge, in: LübbeWolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch Satzungsrecht, Rn. 193, S. 110. 163 Dieses Modell wird in Berlin (§ 8 NatSchGBln), Bremen (§ 7 BremNatSchG) und Hamburg (§ 6 f. HmgNatSchG) sowie in Nordrhein-Westfalen (§ 16 LG NW) festgesetzt. Dazu ausführlich Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wagener (Hrsg.), Umweltschutz durch Satzungsrecht, Rn. 198 ff., S. 111 ff. 164 § 1 Abs. 6 Nr. 7g) BauGB. 165 Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. A 1232; Siegel, NuR 2003, S. 325 ff. (329). 166 A. A. Hahn, DVBl. 1992, S. 1408 ff. (1410). 167 Vgl. auch oben 2. Teil Kap. 1. C. I. 2. a).

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ist aber die Effektivität der Landschaftspläne in diesem Fall besser gewährleistet, da die Landschaftspläne verselbstständigt sind und daher unabhängig davon gelten, ob sie von den Bauleitplänen übernommen werden oder nicht168. Wie schon oben erwähnt, können aber diese Pläne in der Praxis die Aufgaben der Planbehörden erheblich erleichtern und optimale Lösungen bei der Bauleitplanung sichern (Vorbereitungsfunktion)169. Die Landschaftsplanung ist insbesondere für die effektive Anwendung der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung von großer Bedeutung. Der kommunale Planungsträger ist nicht in der allergünstigsten Lage, alle naturschutzrechtlichen Parameter eigenständig zu ermitteln und die besten Kompensationsmöglichkeiten für eventuelle Eingriffe durch Bauleitpläne zu entwickeln und durchzusetzen. Er ist bei der Beurteilung der naturschutzrechtlichen Eingriffe und ihrer Kompensation auf die fachspezifischen Kenntnisse und Ermittlungen der sich mit dem Naturschutz intensiv befassenden Behörden angewiesen170. Die Landschaftspläne enthalten Informationen sowohl zu dem derzeitigen Zustand von Natur und Landschaft als auch zu den erforderlichen und zu empfehlenden Maßnahmen zur Bewahrung bzw. zur Verbesserung des natürlichen Status quo. Die in den Landschaftsplänen enthaltenen wissenschaftlichen Ergebnisse gestatten es der planenden Gemeinde, einen Eingriff in Natur und Landschaft zutreffend als solchen zu erkennen und zu den geeignetsten und effektivsten Mitteln zu seinem Ausgleich zu greifen171. Die Darstellungen in den Landschaftsplänen sind dem Träger der Bauleitplanung insbesondere bei der Beurteilung der Art und des Umfangs der durchzuführenden Ausgleichsmaßnahmen und bei der Auswahl der Kompensationsflächen am meisten nützlich172. Man muss aber in diesem Punkt anmerken, dass diese Argumentation in der Praxis dadurch geschwächt wird, dass die überwiegende Mehrheit der 168

Ramsauer, NuR 1993, S. 108 ff. (111). Schumacher/Fischer-Hüftle, § 19, Rn. 99 ff.; Runkel, DVBl. 1992, S. 1402 ff. (1408); Rehbinder, NuR 2001, S. 361 ff. (364); Louis, NuR 2002, S. 385 ff. (387). 170 Stich, UPR 2002, S. 161 ff. (164). 171 Dazu ausführlich De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Rechts, Naturschutz, Rn. E 210 ff.; vlg. dazu Bunge, in: LübbeWolff/Wagener (Hrsg.), Umweltschutz durch Satzungsrecht, Rn. 211, S. 121 und 239, S. 132; Gassner, NuR 1989, S. 120 ff. (123); Schmidt-Aßmann, DÖV 1990, S. 169 ff. (172). 172 De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Rechts, Naturschutz, Rn. E 113 f.; Tegethoff, NuR 2002, S. 654 ff. (656); Köck, NuR 2004, S. 1 ff. (3); Stich, UPR 2002, S. 161 ff. (164 f.); Schubert, Harmonisierung umweltrechtlicher Instrumente, S. 138 f.; Kratsch/Schumacher, Naturschutzrecht, S. 61; Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 1a, Rn. 71; ders., in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1a, Rn. 20; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 21, Rn. 11; Stich, UPR 2002, S. 10 ff. (11). 169

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

Landesgesetze die Aufgaben der örtlichen Landschaftsplanung den Gemeinden zugeordnet hat, die gleichzeitig Träger der Bauleitplanung sind173. Somit kommt der Vorteil der Arbeitsteilung zwischen den jeweils kompetentesten Behörden nicht zur Geltung. (b) Modell der Integration Im Gegensatz zum Modell der parallelen Planungen sorgt das Modell der Integration der Landschaftspläne in die Bauleitplanung für eine umfassendere Inbezugnahme der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege in den Flächennutzungs- und den Bebauungsplan. Die Landschaftspläne können in die Bauleitpläne primär oder sekundär integriert werden. Gemäß § 16 Abs. 2 S. 2 BNatSchG sind beide Varianten vom Bundesgesetzgeber gebilligt; die Wahl des einen oder des anderen Systems bleibt beim Landesgesetzgeber174. Bei der Primärintegration bestimmt der Landesgesetzgeber, dass die Darstellungen der Landschaftspläne als Darstellungen oder Festsetzungen in die Bauleitpläne erlassen werden. So werden Landschaftspläne nicht als selbständige Pläne, sondern als Teil der Bauleitpläne aufgestellt. Es besteht kein eigenes Verfahren zur Aufstellung der Landschaftspläne; das ist ein Teil des Verfahrens zur Aufstellung des Bauleitplans175. Am Ende dieses Verfahrens entsteht ein einziger Plan, der die äußere Form des Bauleitplans einnimmt, gleichzeitig aber materiellrechtlich auch die Aufträge der Landschaftsplanung erfüllt. Das Modell der Primärintegration ist mit dem Nachteil verbunden, dass die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege von anderen Interessen und vom Gedanken der Effektivität der Bauleitplanung verdrängt werden können. Die Aufstellung eines Bauleitplans erfolgt nach einer umfassenden Abwägung aller einschlägigen Faktoren; die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege stellen dabei nur die zu berücksichtigenden Faktoren, die unter Umständen weggewogen werden können. Auf diese Weise wird die Durchsetzungskraft der Landschaftsplanung geschwächt176. Außerdem taucht beim Modell der Primärintegration 173 Das ist nämlich in allen Bundesländern bis auf Nordrhein-Westfalen (§ 27 Abs. 1 LG NW) und zum Teil (d.h. nur für die Landschaftspläne) auch in Thüringen (§ 5 Abs. 1 ThürNatG) der Fall; dazu Runkel, DVBl. 1992, S. 1402 ff. (1405). 174 Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 76. 175 Diese Lösung haben folgende Länder gewählt: Bayern (§ 3 Abs. 2 BayNatSchG), Rheinland-Pfalz (§ 17 Abs. 1 LPflG Rhein-Pfalz). Zu den von den verschiedenen Bundesländern gewählten Modellen ausführlich Bunge, in: Lübbe-Wolff/ Wagener (Hrsg.), Umweltschutz durch Satzungsrecht, Rn. 198 ff., S. 111 ff. 176 Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 15, Rn. 9; De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen

1. Kap.: Allgemeine Mechanismen

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folgendes Problem auf: Nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4b) BNatSchG müssen auch Erfordernisse des Artenschutzes in der Landschaftsplanung berücksichtigt werden, die aber nicht unbedingt raumbezogen sind. In der Raumplanung dürfen aber nur raumbedeutsame Belange enthalten sein177, so dass im Modell der Primärintegration die Belange des Artenschutzes eventuell aus der Raum- bzw. Bauleitplanung und folglich aus der Landschaftsplanung herausbleiben müssten178. Die Einbeziehung der artenschutzrechtlichen Belange in die Landschaftsplanung ist aber unentbehrlich und so müssen sie bei der raumplanerischen Abwägung auf jeden Fall berücksichtigt werden179. Trotz dieser Nachteile der primären Integration darf man nicht verkennen, dass hier die Landschaftsplanung und somit die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege in die Bauleitplanung am intensivsten miteinbezogen werden180. Bei der Sekundärintegration werden zuerst die Landschaftspläne als eigenständige Pläne aufgestellt und danach (also sekundär) werden alle oder einzelne Darstellungen dieser Pläne in die Bauleitpläne aufgenommen. Diese Lösung räumt den soeben erwähnten wesentlichen Nachteil der Primärintegration aus, indem den Erfordernissen des Naturschutzes und der Landschaftspflege durch die eigenständige Aufstellung der Landschaftspläne ausreichend Rechnung getragen wird. So wird zunächst eine interne Abwägung zur Aufstellung des Landschaftsplans durchgeführt, in der die naturschutzrechtlichen Belange ihre volle Wirkung ohne unmittelbaren Druck von externen Abwägungskriterien entfalten können181. Im darauf folgenden Stadium der Bauleitplanung kann dann den übrigen einschlägigen Belangen ausreichend Rechnung getragen werden. Das Modell der Sekundärintegration bietet also eine ausgeglichene Lösung zwischen den gegensätzlichen Interessen und ist aus diesem Grund allen anderen Lösungen zum Verhältnis zwischen Landschaftsplänen und Bauleitplänen vorzuziehen182. Baurechts, Naturschutz, Rn. E 192; Schmidt-Aßmann, DÖV 1990, S. 169 ff. (178); Ramsauer, NuR 1993, S. 108 ff. (115). 177 Es handelt sich hierbei wieder um die schon oben dargestellte Problematik des städtebaulichen Grunds bei der Bauleitplanung. 178 Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 15, Rn. 6. 179 A. Schumacher/J. Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 15, Rn. 21. 180 De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Baurechts, Naturschutz, Rn. E 192. 181 Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 15, Rn. 6; De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Baurechts, Naturschutz, Rn. E 131; Ramsauer, NuR 1993, S. 108 ff. (115). 182 Diesem Modell folgen die Bundesländer Baden-Württemberg (§ 9 Abs. 1 NatSchG Bad-Württ.), Hessen (§ 4 Abs. 3 und 4 HENatG), Saarland (§ 8 Saarl-

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

Praktisch erfolgt die (primäre oder sekundäre) Integration der Landschaftsplanung in die Bauleitplanung in der Regel durch Darstellungen nach § 5 Abs. 2 BauGB bzw. Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 BauGB. Dabei ist auch bei der sekundären Integration das Verfahren der bauleitplanerischen Abwägung anzuwenden, so dass der Inhalt der Bauleitpläne auf jeden Fall letztlich eine Entscheidung des kommunalen Planungsträgers darstellt183. Ferner wird danach gefragt, welche konkreten Darstellungs- bzw. Festsetzungsmöglichkeiten sich für die Integration der Landschaftspläne in die Bauleitpläne anbieten184. Was den Katalog der Darstellungen des Flächennutzungsplans betrifft, kommen am meisten die Darstellungsmöglichkeiten des § 5 Abs. 2 Nr. 10 BauGB in Betracht. Dieser Katalog ist aber ohnehin nicht abschließend geregelt. Flächennutzungspläne können also über den Katalog der Darstellungen des § 5 Abs. 2 BauGB hinaus Flächen von Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft nach den Vorgaben der konkreten Landschaftsplanung darstellen. Der Festsetzungskatalog der Bebauungspläne in § 9 BauGB ist dagegen abschließend geregelt185; die Bebauungspläne können aber nach § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB ohnehin Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft festsetzen. Durch diese Vorschrift wird auch den Bebauungsplänen eine gewisse Flexibilität bei den Festsetzungsmöglichkeiten gewährt, die bei der Integration der Landschaftsplanung in den Bebauungsplan von Nutzen sein kann. (c) Beeinträchtigung der Planungshoheit Aufgrund des eben dargestellten Einflusses der Landschaftsplanung auf die Bauleitplanung taucht sowohl beim Modell der parallelen Planungen als NatSchG), Schleswig-Holstein (§ 6 LNatSchG Schl-Hols), Sachsen (§ 6 Abs. 1 SächsNatSchG), Thüringen (§ 5 Abs. 1 ThürNatG), Brandenburg (§ 7 Abs. 2 BbgNatSchG), Mecklenburg-Vorpommern (§ 13 Abs. 4 S. 1 LNatSchG M-V.); in diese Richutung auch Sachsen-Anhalt (§ 16 NatSchG SachsAnh) und Niedersachsen (§ 6 NdsNatSchG). Zu den von den verschiedenen Bundesländern gewählten Modellen ausführlich Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wagener (Hrsg.), Umweltschutz durch Satzungsrecht, Rn. 198 ff., S. 111 ff. 183 De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Rechts, Naturschutz, Rn. E 240; Ramsauer, NuR 1993, S. 108 ff. (116 f.); SchmidtAßmann, DÖV 1990, S. 169 ff. (178). 184 Zu den Möglichkeiten von „naturschutzfreundlichen“ Darstellungen und Festsetzungen in den Bauleitplänen ausführlich unten 2. Teil Kap. 1. D. I. 185 Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 3, Rn. 64; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 9, Rn. 12; Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 16, Rn. 21; Bunge, in: LübbeWolff/Wagener (Hrsg.), Umweltschutz durch Satzungsrecht, Rn. 196, S. 111; De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Rechts, Naturschutz, Rn. E 845 und 856; Brohm, in: FS Hoppe, S. 511 ff. (518).

1. Kap.: Allgemeine Mechanismen

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auch beim Modell der Integration die Frage über die Vereinbarkeit dieser Regelungen mit der verfassungsrechtlich in Art. 28 Abs. 1 GG garantierten kommunalen Selbstverwaltungsgarantie und der Planungshoheit auf186. Nach der Einführung des Flächendarstellungsplanung erfasst die Landschaftsplanung nunmehr den gesamten Planungsraum, den auch die Bauleitplanung der Gemeinde umfasst. Die Einschränkung der Planungshoheit ist nicht zu beanstanden, solange für die Gemeinde ausreichend Spielraum übrig bleibt, um die örtliche Raumplanung und die städtebauliche Entwicklung selbstständig zu verwirklichen187. Die Selbstverwaltungsgarantie und die Planungshoheit der Gemeinden werden erst dann unzulässigerweise beeinträchtigt, wenn die Landschaftspläne den Inhalt der Bauleitpläne vorschreiben. Das ist aber in der Regel nicht der Fall, da auch nach einer flächendeckenden Landschaftsplanung der Gemeinde ausreichend Spielraum verbleibt (z. B. durch die Möglichkeit, die Darstellungen der Landschaftspläne bei der Bauleitplanung abzuwägen), ihre planungsräumliche Politik zu entwickeln188. (3) Vollzugsdefizit der Landschaftsplanung bei der Bauleitplanung Wenn man das Verhältnis zwischen Landschafts- und Bauleitplanung zu bewerten versucht, stößt man in der Praxis auf einen Durchsetzungsmangel 189 der Landschaftspläne i. w. S.190. Der Inhalt der Landschaftspläne wird bei der Bauleitplanung nicht ausreichend beachtet. Die Landschaftspläne werden in der Praxis bei der Bauleitplanung schlicht ignoriert oder nur zu wenig in Betracht gezogen. So werden die Landschaftspläne ihrer aus dem § 13 Abs. 1 S. 2 BNatSchG ausgehenden Pflicht zur Verwirklichung der Ziele und Grundsätze des Naturschutzes und der Landschaftspflege in anderen Planungen und Verwaltungsverfahren, die sich auf die Natur und Landschaft im Planungsraum auswirken können, nicht gerecht. Die Ursache dieses Vollzugsdefizits liegt neben dem Durchbruch des Flächendeckungsprinzips durch die Ausnahme des § 16 Abs. 2 S. 3 BNatSchG auch an der fehlenden Sanktionierung der Vernachlässigung der Landschaftsplanung bei der Bauleitplanung. Ein Bauleitplan ist nicht etwa unwirksam und erleidet auch keinen anderen formell-rechtlichen Mangel, wenn er von den Darstel186

Dazu Dreier, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 28, Rn. 130; Tettinger, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Art. 28, Rn. 181. 187 Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, § 13, Rn. 2. 188 Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, § 16, Rn. 2. 189 Auch Vollzugsdefizit genannt. 190 Gellermann, NVwZ 2002, S. 1025 ff. (1029); Ramsauer, NuR 1993, S. 108 ff. (117).

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

lungen des Landschaftsplans abweicht. Die Abweichung ist nicht zu beanstanden, wenn sie von der Bauleitplanaufstellungsbehörde ausreichend begründet worden ist191. Außerdem sind keine Planungsleitlinien und Gewichtungsklauseln vorhanden, die die Inbezugnahme der Landschaftspläne bei der Bauleitplanung abschließend regeln würden. So können die Gemeinden praktisch unbestraft über den Inhalt eines Landschaftsplans hinwegsehen; die Art und das Maß der Berücksichtigung werden de facto dem „guten Willen“ der planenden Gemeinde anvertraut. Diese Tatsache wird zwar einerseits von der Garantie der Planungshoheit der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften gerechtfertigt; andererseits relativiert sie aber die Vorbereitungsfunktion der Landschaftsplanung. 2. Keine Landschaftsplanung in Griechenland – stattdessen „Umweltschutzprogramme“ in den Regelungsplänen a) Darstellung der „Umweltschutzprogramme“ In Griechenland gibt es keine eigenständige raumbezogene Fachplanung, die ausschließlich die Natur zum Gegenstand hat. Eine Institution des gr. Rechts, die mit den Landschaftsplänen trotzdem vergleichbar sein könnte, sind die sog. Umweltschutzprogramme, die in den Regelungsplänen enthalten sind. Wie schon oben aufgeführt, sind die Regelungspläne räumliche Pläne. Sie werden für große Städte Griechenlands vorgesehen, die eine dominierende Stellung in ihrer Region einnehmen. Die Regelungpläne haben insofern eine zentrale Bedeutung für die räumliche Entwicklung und eine große Reichweite und sie stellen eine Mischform zwischen der Raumordnungsplanung und der städtebaulichen Planung dar192. Zu den Regelungsplänen gehören die sog. Umweltschutzprogramme, die mit ihnen eine Einheit bilden. Der genaue Inhalt der Umweltschutzprogramme wird im Gesetz festgelegt193. Jeder Regelungsplan enthält neben den rein raumplanerischen Darstellungen ein raumbezogenes Umweltschutzprogramm, das sich auf den jeweiligen Planbereich bezieht und Vorschriften zum Schutz und zur Förderung der natürlichen und bebauten Umwelt, insbesondere der Landwirtschaftsflächen, der Wälder und Waldgebiete, der Wassergebiete und anderen Biotope, der Landschaft, der Küstenzonen, der Gebiete besonderer natürlicher Schönheit, der Elemente des historischen und kulturellen Erbes usw. beinhaltet. Diese Vorschriften lassen den Schluss 191

§ 14 Abs. 2 S. 3 BNatSchG. Dazu siehe oben Einf. A. I. 2. 193 § 9 Abs. 2 KoV für Athen, § 24 KoV für Thessaloniki und § 2 gr. G. 2508/1997 für eventuell noch weitere große Städte Griechenlands, die auch einen Regelungsplan haben sollen. 192

1. Kap.: Allgemeine Mechanismen

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zu, dass die Umweltschutzprogramme spezielle Pläne zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und der übrigen Elemente der natürlichen und kulturellen Umwelt sind. Vor allem werden darin Maßnahmen zur Wiederherstellung von eingetretenen Schäden der Umwelt (Sanierungsmaßnahmen) oder zur Sicherung und Förderung der gesunden Elemente der natürlichen Umwelt (Vorsorgefunktion und Erhaltungsmaßnahmen) festgelegt. Die Umweltschutzprogramme haben also in Griechenland eine doppelte Funktion: Sie wirken sowohl pflegend und vorsorgend als auch repressiv für Umweltschäden, die schon eingetreten sind. b) Vergleich der Umweltschutzprogramme mit der Landschaftsplanung Aus diesen Ausführungen kommt die Parallele der Umweltschutzprogramme des griechischen Rechts mit der Landschaftsplanung deutlich zum Vorschein. Es handelt sich in beiden Fällen um raumbezogene Fachplanungen, die den Schutz der Umwelt und der Natur zum Gegenstand haben. Zwischen der Landschaftsplanung und den Umweltschutzprogrammen bestehen aber wesentliche Unterschiede, die aus ihnen zwei verschiedene Arten von Fachplanungen machen. Die Umweltschutzprogramme sind zwar raumbezogen, weil sie sich auf ein bestimmtes räumliches Gebiet beziehen und den Umwelt- und Naturschutz aus diesem konkreten raumbezogenen Blickwinkel betrachten. Dennoch ist dieser räumliche Bezug von einer anderen Qualität als derjenige der Landschaftsplanung in Deutschland: Letztere ist stufenweise aufgebaut, sie richtet sich dabei nach der jeweiligen Raumplanung und sie wird vom Entwicklungsgebot ausgeprägt. Die Umweltschutzprogramme dagegen sind nicht hierarchisch abgestuft, sie werden nur auf einer Ebene aufgestellt, nämlich auf der Ebene der Regelungspläne, die sie außerdem immer begleiten und mit denen sie zusammenhängen. Das bedeutet, dass sie nicht denselben Grad an Selbstständigkeit aufweisen wie die Landschaftspläne i. w. S. in Deutschland. Sie sind zwar in einem gewissen Sinne selbstständig, oder präziser ausgedrückt, sind sie eigenständig, weil ihre Darstellungen in den Inhalt der Regelungspläne nicht integriert sind. Die Umweltschutzprogramme sind also als solche vollständige und von den Regelungsplänen getrennte Pläne. Sie sind aber nicht ganz selbständig, weil sie ohne die entsprechenden Regelungspläne, die sie immer begleiten, nicht zustande gebracht werden und nicht weiterhin existieren können. Ein weiterer wesentlicher Unterschied zwischen den Umweltschutzprogrammen und der Landschaftsplanung, der offensichtlich mit dem ersten, eben erwähnten Unterschied zusammenhängt, liegt in ihrer unterschied-

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

lichen Rechtswirkung: Nach griechischem Recht sind alle staatlichen Behörden verpflichtet, sich bei der Aufstellung ihrer Pläne im Bereich von Athen bzw. Thessaloniki an die Anordnungen und Darstellungen der Regelungspläne und der Umweltschutzprogramme zu halten194. Für die anderen großen Städte Griechenlands außer Athen und Thessaloniki, für die eventuell Regelungspläne und Umweltschutzprogramme in der Zukunft erlassen werden, verweist das Gesetz analog auf die Vorschriften, die für den Regelungsplan von Athen gelten195. So sind alle staatlichen Behörden an die Regelungspläne und die Umweltschutzprogramme unmittelbar gebunden196. Nach diesen Vorschriften sind auch die Behörden, die mit der Aufstellung von städtebaulichen Plänen beauftragt sind, zur Anpassung dieser Pläne an die Festsetzungen der Regelungspläne und der darin enthaltenen Umweltschutzprogramme verpflichtet. Diese Anpassungspflicht differenziert sich grundlegend von der bloßen Berücksichtigungspflicht der Landschaftsplanung bei der Bauleitplanung im deutschen Recht. Die Bindung der städtebaulichen Planung an die Umweltschutzprogramme, die in einer Anpassungspflicht besteht, ist viel intensiver als die Bindung der deutschen Bauleitpläne an die Landschaftsplanung. Die Bindung an die Umweltschutzprogramme folgt speziell für die Aufstellung des Allgemeinen Städtebaulichen Plans auch aus der Vorschrift des § 4 Abs. 2 S. 2 gr. G. 2508/1997, die die Anpassungspflicht des Allgemeinen Städtebaulichen Plans an die Darstellungen des Regelungsplans (und somit auch des Umweltschutzprogramms) ausdrücklich festlegt197. Dass die Bindungswirkung der Umweltschutzprogramme sich von derjenigen der Landschaftsplanung grundsätzlich unterscheidet, lässt sich folgendermaßen erklären: Die Umweltschutzprogramme begleiten immer die Regelungspläne und sie stellen einen unzertrennlichen Teil von ihnen dar. Die Auswirkungen ihres Inhalts auf die städtebauliche Planung könnten sich nicht von der Rechtswirkung der Regelungspläne unterscheiden, da die beiden eine rechtliche Einheit bilden. Außerdem sind die Regelungspläne eine Form der Raumplanung, die in der Hierarchie zwischen den Raumordnungsplänen und den städtebaulichen Plänen eingeordnet wird. Dabei 194

§ 11 Abs. 2 KoV und § 26 Abs. 2 KoV. § 2 Abs. 3 S. 2 gr. G. 2508/1997. So wird auch die Vorschrift des § 11 Abs. 2 KoV für jedes künftige Umweltschutzprogramm aufgenommen. 196 Tzika-Chatzopoulou, Städtebaurecht, S. 72. Einzelne sind dagegen von diesen Plänen nur mittelbar gebunden und in diesem Punkt besteht ein weiterer Unterschied mit der Landschaftsplanung des deutschen Rechts, die in der untersten Stufe, nämlich bei den sog. Grünordnungsplänen, auch für die Einzelnen unmittelbar verbindlich ist. 197 Der gr. Staatsrat bestätigt in ständiger Rechtsprechung diese gesetzliche Regelung, siehe z. B. StaatsratsE 2675/2001. 195

1. Kap.: Allgemeine Mechanismen

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gilt das Entwicklungsgebot. Demzufolge müssen die Regelungspläne sich den ihnen übergeordneten Raumordnungsplänen und die städtebaulichen Pläne sich den ihnen übergeordneten Raumordungsplänen und Regelungsplänen anpassen. Aus diesem Grund gilt für die Regelungspläne und die Umweltschutzprogrmme das strengere Anpassungsgebot. Im deutschen Recht dagegen ist die Bauleitplanung zu einer bloßen Berücksichtigung der Landschaftsplanung verpflichtet, da diese eine zwar raumbezogene, aber bloße Fachplanung darstellt. Ein weiterer Unterschied zwischen den Umweltschutzprogrammen und den Landschaftsplänen liegt in der Sicherung der Durchsetzung und des effektiven Vollzugs dieser Pläne. Im Gegensatz zum deutschen Recht werden in Griechenland zu diesem Zweck bestimmte öffentlich-rechtliche Einrichtungen gegründet. Diese werden „Organisationen zur Durchsetzung der Regelungspläne und der Umweltschutzprogramme“ genannt und werden vom Gesetzgeber damit beauftragt, die Voraussetzungen zu schaffen, damit die Darstellungen dieser Pläne und Programme am effektivsten durchgeführt werden können. Außerdem überwachen sie den einwandfreien Vollzug und, nach Bedarf, tragen sie mit Vorschlägen und anderen geeigneten Handlungen zur Änderung der Regelungspläne und Umweltschutzprogramme bei198. Schließlich besteht ein beträchtlicher Unterschied in dem Inhalt der Umweltschutzprogramme auf der einen Seite und der Landschaftsplanung auf der anderen Seite. Die Landschaftsplanung ist eine spezielle Fachplanung der Natur. Die Umweltschutzprogramme dagegen beziehen sich auf die „Umwelt“ als Ganzes, was im griechischen Recht nicht nur die natürliche, sondern auch die historische und kulturelle Umwelt umfasst199. Aus diesem Grund enthalten die Umweltschutzprogramme auch Maßnahmen zum Schutz der historischen Tradition und des Kulturerbes im jeweiligen Gebiet200. In dieser Hinsicht sind die Umweltschutzprogramme umfassender als die Landschaftspläne i. w. S. 3. Zwischenergebnis Aus den obigen Ausführungen kommt man zu dem Schluss, dass die Landschaftsplanung des deutschen Rechts und die Umweltschutzprogramme des griechischen Rechts trotz ihrer scheinbaren Gemeinsamkeiten bei ge198

§§ 12 ff. KoV, §§ 27 ff. KoV und § 3 gr. G. 2508/1997 i. V. m. §§ 12 ff.

KoV. 199

Vgl. Art. 24 Abs. 1 S. 1 gr. Verfassung. § 9 Abs. 1 Nr. g) KoV, § 24 Abs. 1 Nr. g) KoV und § 2 Abs. 3 gr. G. 2508/1997 i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. g) KoV. 200

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

nauer Betrachtung solche tiefgreifenden und grundlegenden Unterschiede voneinander aufweisen, dass sie nicht mehr der gleichen Kategorie von Planungen zugeordnet werden können. Ihre wichtigste Gemeinsamkeit besteht darin, dass beide eine Art Fachplanung der natürlichen Umwelt darstellen. Diese Fachplanungen unterscheiden sich aber sowohl in ihrem spezielleren Inhalt und ihren Durchsetzungsmechanismen als auch in ihrem Grad an Selbständigkeit bzw. Abhängigkeit von der entsprechenden Raumplanung und in ihrer rechtlichen Rechtswirkung auf andere Verwaltungsentscheidungen und Planungen wie auch auf die städtebauliche Planung. Diese Feststellung führt zu dem Ergebnis, dass die Landschaftsplanung und die Umweltschutzprogramme, obwohl miteinander vergleichbar, doch nicht derselben rechtlichen Natur sind. Die Landschaftsplanung ist im Prinzip201 eine selbständige raumbezogene Fachplanung der Natur, die hierarchisch wie die Raumplanung aufgebaut ist. Dagegen stellen die Umweltschutzprogramme eine Fachplanung der Umwelt insgesamt (= natürliche, historische und kulturelle Umwelt) dar, die eine Stufe der räumlichen Planung, nämlich die Regelungspläne, immer begleitet.

D. Einbeziehung der naturschutzrechtlichen Belange in die Aussagemöglichkeiten und das Instrumentarium der städtebaulichen Planung In diesem Teil werden typische Instrumente, Aspekte oder Bestandteile der städtebaulichen Planung in jeder der beiden Rechtsordnungen untersucht, die neben ihrer herkömmlichen städtebaulichen Rolle zum Naturschutz und zur Landschaftspflege beitragen können. In diesem Rahmen werden einerseits die „naturschutzfreundlichen“ Festsetzungsmöglichkeiten in den städtebaulichen Plänen (D. I.) und andererseits die Reichweite der städtebaulichen Pläne (D. II.) untersucht, Probleme, die in ihren Grundzügen in beiden Rechtsordnungen auf einer sehr ähnlichen Weise existieren. Die benutzte Vergleichsmethode ist auch hier die der „starken Integration“. Im Anschluss daran (D. III.) werden zwei weitere Instrumente der griechischen städtebaulichen Planung dargestellt, denen zwar nach ihren rein äußerlichen Merkmalen eine raumplanerische Funktion eingeräumt wird, denen aber von der Rechtsprechung und in der Verwaltungspraxis eine erhebliche Bedeutung für den Naturschutz beigemessen wird. Es geht um die sog. Gebiete besonderen Schutzes und vor allem um die sog. Zonen baulicher Kontrolle. Da im deutschen Recht keine entsprechenden Institutionen 201

In dieser Hinsicht kommen die deutsche Landschaftsplanung und die griechischen Umweltschutzprogramme noch mehr aufeinander im Fall der Primärintegration zu.

1. Kap.: Allgemeine Mechanismen

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bestehen, werden die Gründe dieser Abwesenheit im deutschen Recht bzw. ihrer Erforderlichkeit für das griechische Recht erläutert und Möglichkeiten einer Äquivalenz im deutschen Recht ermittelt. I. „Naturschutzfreundlicher“ Inhalt der städtebaulichen Pläne 1. Bestimmung von geeigneten Bodennutzungen Die städtebauliche Planung in beiden Rechtsordnungen sorgt für eine geordnete städtebauliche Entwicklung. Diese Planung ist zweistufig aufgebaut: In der ersten Stufe werden die fachgerechten Bodennutzungen für das gesamte Plangebiet in Grundzügen dargestellt und in der zweiten Stufe werden diese Bodennutzungen bei der Planung jeder kleineren städtebaulichen Einheit in der Regel in Form von konkreten baulichen Nutzungen konkretisiert. Diese allgemeineren Darstellungen und konkreteren Festsetzungen von Boden- und baulichen Nutzungen in den städtebaulichen Plänen können sich unter Umständen als effektive Instrumente zum Naturschutz erweisen202. Beide Stufen der städtebaulichen Planung in Griechenland sind sowohl für die staatlichen Behörden als auch für die Einzelnen unmittelbar verbindlich203. Im deutschen Recht dagegen sind zwar nur die Festsetzungen der zweiten Stufe allgemein unmittelbar verbindlich, auch die Darstellungen der ersten Ebene der Bauleitplanung sind aber für die Behörden rechtsverbindlich und so mittelbar auch für die Einzelnen, da die Pläne der zweiten Stufe an diese Darstellungen angepasst werden müssen. Naturschutzrechtlich relevante Flächen können also durch geeignete Darstellungen und Festsetzungen vor Inanspruchnahme durch die Städtebauplanung und vor schädlichen Bodennutzungen dauerhaft geschützt werden. Außerdem sorgen die städtebaulichen Pläne in beiden Rechtsordnungen durch die bei ihrer Aufstellung durchgeführte Abwägung aller in Betracht kommenden Interessen für sachgerechte und ausgeglichene Lösungen, die Stabilität gewährleisten204. Somit können die darin festgesetzten Bodennutzungen einen besseren Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen auf Dauer garantieren. 202 Für das deutsche Recht siehe De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Rechts, Naturschutz, Rn. E 857; Gassner, NuR 1989, S. 120 ff. (122); Schink, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 837 ff. (837 ff.); BVerwG, Beschl. v. 12.2.2003 – 4 BN 9.03, NuR 2003, S. 371 f. (371); für das griechische Recht siehe StaatsratsE 1027/1999; StaatsratsPE 361/1999; 212/1999. 203 Dazu ausführlich oben in der Einf. A. I. 2. 204 Giannakourou, PerDik 2000, S. 468 ff. (469). StaatsratsE 4578/2001, PerDik 2003, S. 117 ff.

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

In diesem Rahmen ist zu untersuchen, über welche konkreten Darstellungs- und Festsetzungsmöglichkeiten die städtebauliche Planung in jeder der zwei Rechtsordnungen verfügt, die als Instrumente zum Naturschutz und zur Landschaftspflege dienen können, und welche Gemeinsamkeiten oder Unterschiede in dieser Hinsicht zwischen dem deutschen und dem griechischen Recht festzustellen sind. a) Deutsches Recht Die Festsetzungen im Bebauungsplan sind eine Konkretisierung im Einzelfall der in Grundzügen bestimmten Darstellungen im Flächennutzungsplan. Aus diesem Grund entsprechen die meisten in § 9 Abs. 1 BauGB vorgesehenen Festsetzungsmöglichkeiten spiegelbildlich Darstellungsmöglichkeiten des § 5 Abs. 2 BauGB. Insofern werden diese zwei Kategorien parallel untersucht. An diesem Punkt muss aber betont werden, dass die in § 5 Abs. 2 BauGB enthaltenen Darstellungsmöglichkeiten nur beispielhaft aufgezählt sind, wobei die Festsetzungsmöglichkeiten nach § 9 Abs. 1 BauGB trotz der gesetzlichen Formulierung („können“ und „insbesondere“) abschließend sind205. Dennoch ist auch die gesetzlich aufgeführte Liste der Darstellungsmöglichkeiten beinahe lückenlos. Aus diesem Grund beschränkt sich die folgende Untersuchung auf die gesetzlich dargelegten Möglichkeiten. Die für den Naturschutz und die Landschaftspflege wichtigste Darstellungs- bzw. Festsetzungsmöglichkeit ist, dass Flächen für oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft in den Bauleitplänen ausgewiesen werden können206. Dadurch können die Bauleitpläne zum Naturschutz und zur Landschaftspflege beitragen207. Hinsichtlich der Maßnahmen zum Schutz der Natur und der Landschaft wird herkömmlicherweise darauf hingewiesen, dass sie auf jeden Fall (auch) einen räumlichen Bezug haben müssen. Die Bauleitplanung 205 Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 9, Rn. 12; Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 3, Rn. 64; Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 16, Rn. 21; ders., NuR 1989, S. 120 ff. (122); Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wagener (Hrsg.), Umweltschutz durch Satzungsrecht, Rn. 196, S. 111; De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Rechts, Naturschutz, Rn. E 845 und 856; Brohm, in: FS Hoppe, S. 511 ff. (518). 206 § 5 Abs. 2 Nr. 10 BauGB für die Flächennutzungspläne und § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB für die Bebauungspläne. 207 Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wagener, Umweltschutz durch Satzungsrecht, Rn. 208, S. 120; De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Rechts, Naturschutz, Rn. E 852.

1. Kap.: Allgemeine Mechanismen

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kann zu keinem primären Instument des Naturschutzes werden. Bauleitpläne werden nur dann aufgestellt, wenn dies für die städtebauliche Entwicklung erforderlich ist208. Sie können den Naturschutz nur insoweit fördern, als es (auch) für die geordnete städtebauliche Entwicklung erforderlich ist, wenn es also einen „städtebaulichen Grund“ dafür gibt209. Die Dogmatik zum städtebaulichen Grund ist aber nicht bedenkensfrei. Es versteht sich von selbst, dass Bauleitpläne, die die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit zur Darstellung bzw. Festsetzung von Maßnahmen zum Schutz der Natur und der Landschaft wahrnehmen, im Ergebnis direkt zum Naturschutz und zur Landschaftspflege beitragen210. Dabei bedienen sich die Bauleitpläne keines fachspezifischen Instruments des Naturschutzrechts, sondern eines städtebaulichen Instruments, das auch zum Naturschutz beiträgt. Neben den naturschutzrechtlichen werden bei der Bauleitplanung noch andere, dem Naturschutz fachfremde Belange in Betracht gezogen und ins Gleichgewicht miteinander gebracht. So wird die Bauleitplanung zu keinem primären Instrument des Naturschutzes. Insofern könnte man von einem städtebaulichen Grund immer ausgehen, wenn die Gemeinde im Rahmen ihrer Planungshoheit Aufgaben des Naturschutzes, der Landschaftspflege, der Verkehrsregelung usw. wahrnimmt und somit für ihre Planung relevante Angelegenheiten regelt211. Das Ergreifen von Maßnahmen zum Naturschutz und zur Landschaftspflege könnte also nur in seltenen Fällen an einem Mangel eines städtebaulichen Grundes scheitern, etwa wenn die Maßnahmen sich nicht auf den Planungsbereich beziehen und auf ihn keine Auswirkungen haben können. Für eine Lockerung des Erfordernisses des Vorliegens eines städtebaulichen Grundes bei den für den Naturschutz geeigneten Darstellungen und Festsetzungen spricht auch das historische Argument: Die Möglichkeit der 208

§ 1 Abs. 3 S. 1 BauGB. Durner, Konflikte räumlicher Planungen, S. 248; BVerwG, Urt. v. 30.8.2001 – 4 CN 9.00 (OVG Koblenz), BVerwGE 115, S. 77 ff. (81); VGH Mannheim, Urt. v. 28.1.2005 – 8 S 2831/03, UPR 2005, S. 400 zur Erforderlichkeit eines städtebaulichen Grundes für den Ausschluss von bestimmten Nutzungsarten durch den Bebauungsplan. 210 So die neueste Rechtsprechung des BVerwG, siehe z. B. BVerwG, Beschl. v. 12.2.2003 – 4 BN 9.03, NuR 2003, S. 371 f. (371); BVerwG, Beschl. v. 24.2.2003 – 4 BN 14.03, NuR 2004, S. 310. 211 Ausführlich zur Kritik des „städtebaulichen Grundes“ bei Verschränkungen der Bauleitplanung mit Fachverwaltungen siehe Koch, DV 2004, S. 537 ff., der den „städtebaulichen Grund“ schon in den Vorschirften des BauGB über Einbeziehung der fachspezifischen Belange in der Bauleitplanung sieht. So auch Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wagener (Hrsg.), Umweltschutz durch Satzungsrecht, Rn. 221, S. 124. In diese Richtung auch das BVerwG, in seinem Beschl. v. 24.2.2003 – 4 BN 14.03, NuR 2004, S. 310. 209

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

Festsetzung von Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung der Landschaft ist durch die BBauG-Novelle 1976212 eingeführt worden. Mittels einer Subsidiaritätsklausel wurden diese Festsetzungen zugunsten des Naturschutzes und der Landschaftspflege nur dann zugelassen, soweit keine Maßnahmen nach anderen Vorschriften (z. B. Möglichkeit zur Ausweisung von Naturschutz- und Landschaftsschutzgebieten) getroffen werden konnten. Durch das BauGB 1987213 wurde diese Subsidiaritätsklausel aufgehoben und gleichzeitig wurde die Möglichkeit von entsprechenden Darstellungen im Flächennutzungsplan eingeführt214. Nunmehr dürfen also solche Darstellungen und Festsetzungen in den Bauleitplänen enthalten werden, unabhängig davon, ob die Möglichkeit eines entsprechenden Schutzes auch in anderen Gesetzen vorgesehen ist. Dies deutet auf den Willen des Gesetzgebers hin, die Verfolgung von naturschutzrechtlichen Zielen durch die Bauleitplanung unabhängig davon zu akzeptieren, ob diese Ziele durch andere naturschutzrechtliche Instrumente erreicht werden könnten. Ferner kann in Flächennutzungsplänen und Bebauungsplänen dargestellt bzw. festgesetzt werden, wo Grünflächen, wie Parkanlagen, Dauerkleingärten u. Ä., Wasserflächen und Flächen im Interesse des Hochwasserschutzes, Flächen für die Landwirtschaft und Wälder ausgewiesen werden215. Die sinnvolle Benutzung dieser Darstellungs- bzw. Festsetzungsmöglichkeiten kann ebenfalls die Interessen des Naturschutzes fördern, da die Erhaltung von Wasser- und Hochwasserschutzflächen, Landwirtschaftsflächen und Wäldern zum medienintegralen Naturschutz gehören und die Grünflächen für die Stärkung der Naturgüter in den Siedlungen sorgen216. Darüber hinaus können in den Bebauungsplänen Anpflanzungen von Bäumen, Sträuchern und sonstige Beflanzungen vorgesehen werden217. Solche Festsetzungen stellen ebenfalls Regelungen dar, die für die Verbesserung des Naturhaushalts innerhalb des besiedelten Bereichs geeignet sind. Schließlich werden von den Bauleitplänen allgemein die baulichen Nutzungen sowie das Maß und die übrigen Bedingungen der baulichen Nutzung dargestellt bzw. festgesetzt und dadurch kann auch eine naturschutzfreundliche Politik 212

Gesetz zur Änderung des Bundesbaugesetzes v. 18.8.1976, BGBl. I, S. 2221. Baugesetzbuch v. 8.12.1986, BGBl. I, S. 2191. 214 Zur geschichtlichen Entwicklung dieser Regelungen Söfker, in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 9, Rn. 162 und § 5, Rn. 60. 215 §§ 5 Abs. 2 Nr. 5, Nr. 7 und 9 a) und b) BauGB für die Flächennutzungspläne und §§ 9 Abs. 1 Nr. 15, Nr. 16 und Nr. 18 für die Bebauungspläne. 216 Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wagener (Hrsg.), Umweltschutz durch Satzungsrecht, Rn. 206, S. 119; De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Rechts, Naturschutz, Rn. E 849, 866 und 868; Söfker, in: Ernst/ Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 5, Rn. 44. 217 § 9 Abs. 1 Nr. 25a BauGB. 213

1. Kap.: Allgemeine Mechanismen

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der Gemeinde gesteuert werden, ohne dass die Bauleitplanung zu einem Instrument des Naturschutzes wird218. b) Griechisches Recht Die Liste der Festsetzungsmöglichkeiten ist im griechischen Recht, im Gegensatz zum deutschen, sowohl für den Allgemeinen Städtebaulichen Plan als auch für die Städtebauliche Studie abschließend219. Die Behörde muss bei der städtebaulichen Planung zwischen den im Gesetz vorgesehenen Bodennutzungen die geeignetsten nach den Gegebenheiten des Einzelfalls und den konkreten Erfordernissen des Planbereichs wählen220. Die Liste der Kategorien der Bodennutzungen enthält, im Gegensatz zum deutschen Recht, sehr wenige Stellen, die unmittelbar zum Naturschutz oder zur Landschaftspflege beitragen können. Durch Interpretation sind jedoch manche Festsetzungsmöglichkeiten zu finden, die den Naturschutz fördern können221: Der Allgemeine Städtebauliche Plan enthält den allgemeinen Vorschlag über die städtebauliche Entwicklung und somit eine allgemeine Einschätzung des Bedarfs des in Betracht kommenden Gebiets an gemeinnützigen Flächen sowie die Bodennutzungen und die Bedingungen und Beschränkungen der Bebaubarkeit im Planbereich in Grundzügen222. Zu den Bodennutzungen können freie Grünflächen und freie gemeinnützige Flächen, wie Parks, Gehölze, Gärten, öffentliche Plätze usw. gehören223. Bei geeigneter Anwendung dieser Festsetzungsmöglichkeiten kann die erste Stufe der städtebaulichen Planung die Belange des Naturschutzes unterstützen, da die Parks, Gehölze, Gärten und andere freie gemeinnützige Flächen den Ersatz der natürlichen Umwelt innerhalb einer Stadt oder Siedlung darstellen. Außerdem kann der Allgemeine Städtebauliche Plan durch adäquate Ausgestaltung der Bedingungen und Beschränkungen der Babaubarkeit (durch Festlegung der Unbebaubarkeit einer bestimmten Fläche, durch Erlass von strengen Bebauungsvoraussetzungen usw.) der Gestaltung der städtebaulichen Entwicklung einen naturschutzfreundlichen Charakter verleihen. Aber 218 Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wagener (Hrsg.), Umweltschutz durch Satzungsrecht, Rn. 221, S. 123 f.; De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Rechts, Naturschutz, Rn. E 874; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, BauGB, § 5, Rn. 216; Gaentzsch, NuR 1990, S. 1 ff. (3). 219 StaatsratsE 4578/2001, PerDik 2003, S. 117 ff. 220 StaatsratsE 1027/1999; 4578/2001, PerDik 2003, S. 117 ff.; StaatsratsPE 212/1999; 361/1999. 221 Tzika-Chatzopoulou, Städtebaurecht, S. 74. 222 § 38 Abs. 2 KoV. 223 § 230 Nr. A 8) und Nr. 25) KoV.

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

das wohl wichtigste Instrument, mit dem der Allgemeine Städtebauliche Plan unmittelbar dem Naturschutz und der Landschaftspflege dienen kann, ist die eventuelle Bestimmung von Zonen baulicher Kontrolle224 in seinem Plangebiet sowie anderer Zonen, in denen zum Schutz des Naturhaushalts besondere Bodennutzungen und Bedingungen der Bebaubarkeit festgelegt werden225. Spiegelbildlich zum Inhalt des Allgemeinen Städtebaulichen Plans wird auch der Inhalt der Städtebaulichen Studie gestaltet. Die Bodennutzungen und die Bedingungen und Beschränkungen der Bebaubarkeit werden für jede einzelne städtebauliche Einheit in der Städtebaulichen Studie im Rahmen des Allgemeinen Städtebaulichen Plans engültig geregelt226. Insofern gelten für die Städtebauliche Studie entsprechend die Ausführungen zum Inhalt des Allgemeinen Städtebaulichen Plans, zu den einzelnen Bodennutzungen und zu der Regelung der Bedingungen und Beschränkungen der Bebaubarkeit. Durch geeignete Festsetzungen kann also die Städtebauliche Studie auf entsprechende Weise wie der Allgemeine Städtebauliche Plan zum Naturschutz beitragen. c) Zwischenergebnis Im Hinblick auf die Darstellungs- bzw. Festsetzungsmöglichkeiten der städtebaulichen Pläne, die für den Naturschutz und die Landschaftspflege von Nutzen sein können, ist in beiden Rechtsordnungen eine gewisse Ähnlichkeit festzustellen: Flächennutzungs- und Bebauungsplan auf der einen Seite und Allgemeiner Städtebaulicher Plan und Städtebauliche Studie auf der anderen Seite sind mit inhaltlich vergleichbaren Instrumenten ausgestattet, um bei der Ausgestaltung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung auch zum Naturschutz und der Landschaftspflege beizutragen. Ein eher formeller Unterschied liegt aber darin, dass der Katalog der Darstellungsbzw. Festsetzungsmöglichkeiten in Deutschland sich in mehreren Stellen explizit auf naturschutzfreundliche Maßnahmen und andere Bestimmungen bezieht, wogegen die entsprechenden Vorschriften des griechischen Rechts erst durch Interpretation zu ähnlichen Ergebnissen führen. Schließlich geht das deutsche Recht weiter als das griechische, indem es explizit vorsieht, dass die Flächennutzungs- und Bebauungspläne Flächen für und Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft festlegen können. Als etwas Entsprechendes im griechischen Recht könnten eventuell die Bestimmungen von Zonen baulicher Kontrolle oder anderer Schutzzonen durch den Allgemeinen Städtebaulichen Plan gel224 225 226

Darüber ausführlich unten 2. Teil Kap. 1. D. III. § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. a) und b) und Abs. 4 gr. G. 2508/1997. § 43 Abs. 4 Nr. b) KoV.

1. Kap.: Allgemeine Mechanismen

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ten227. Solche Zonen werden aber nur in ganz bestimmten Fällen unter besonderen Voraussetzungen vorgesehen und festgesetzt. Es handelt sich nicht um Maßnahmen, die die für die städtebauliche Planung zuständige Behörde nach Bedarf selbst ergreifen kann. In diesem Punkt unterscheiden sich die Bestimmungen von solchen Schutzzonen von den Darstellungs- bzw. Festsetzungsmöglichkeiten der §§ 5 Abs. 2 Nr. 10 BauGB und § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB. Von diesen Schutzzonen wird noch im Folgenden ausführlich zu berichten sein. 2. Strikte Trennung oder Vermischung der baulichen Nutzungen? a) Problemdarstellung Mit baulichen Nutzungen wird eine bestimmte Art von Bodennutzungen bezeichnet, nämlich die Nutzungen, nach denen die Grundflächen allgemein für die Bebauung bestimmt sind228. Die konkrete Art und Weise der zulässigen Bebauung wird von der Art der baulichen Nutzung bestimmt. So können als bauliche Nutzungen im Einzelfall z. B. Wohngebiete, Industriegebiete, Dorfgebiete, Gewerbegebiete in einem städtebaulichen Plan ausgewiesen werden. Die baulichen Nutzungen, die durch die städtebaulichen Pläne dargestellt bzw. festgesetzt werden können, werden im deutschen Recht in der BauNVO und im griechischen Recht in den §§ 230 ff. KoV festgelegt. Diese Kategorien von baulichen Nutzungen, die in diesen Gesetzen allgemein und abstrakt als Ausweisungsmöglichkeiten aufgelistet werden, werden in den städtebaulichen Plänen für jede bestimmte Gegend konkretisiert, und zwar in der ersten Stufe der städtebaulichen Planung in Grundzügen229 und in der zweiten Stufe im Einzelnen endgültig festgesetzt230. Mit der Frage nach der Zulässigkeit der Vermischung der baulichen Nutzungen oder der Erforderlichkeit ihrer (strikten) Trennung ist die Problematik gemeint, ob die unterschiedlichen baulichen Nutzungen (z. B. Wohngebiete, Kerngebiete, Industriegebiete, Gewerbegebiete) in den städtebaulichen Plänen voneinander absolut getrennt ausgewiesen werden müssen, 227 Im Inhalt der Städtebaulichen Studie wird diese Möglichkeit nicht vorgesehen, vermutlich deshalb, weil der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die Städtebauliche Studie nur für Flächen aufgestellt wird, die für die städtebauliche Entwicklung bestimmt sind, und somit andere, für den Naturschutz relevante Gebiete nicht umfasst. 228 § 5 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BauGB. 229 Nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauGB können die baulichen Nutzungen nach ihrer allgemeinen Art (Bauflächen) oder nach ihrer besonderen Art (Baugebiete) bestimmt werden. Vgl. auch § 1 Abs. 1 und Abs. 2 BauNVO. 230 StaatsratsE 4578/2001, PerDik 2003, S. 117 ff.

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

oder ob sie nebeneinander existieren können. Die Antwort auf diese Frage ist auch für den Naturschutz relevant. Bei einer absoluten Trennung der baulichen Nutzungen können die natürlichen Lebensgrundlagen innerhalb der Siedlungen in besserem Zustand erhalten bleiben, da eventuelle Beeinträchtigungen des Naturhaushalts aufgrund von laufenden Betrieben und Tätigkeiten auf bestimmte, eigens dafür vorgesehene Bereiche beschränkt werden. Bei einer Vermischung der baulichen Nutzungen dagegen können sich die Nachteile der Eingriffe in die Naturgüter leichter auf das gesamte Plangebiet auswirken, da sich in diesem Fall die für den Naturhaushalt schädlichen baulichen Nutzungen nicht auf eine bestimmte Gegend beschränken. Obwohl die Vermischung der baulichen Nutzungen Nachteile für die natürliche Umwelt innerhalb einer Stadt aufweisen kann, ist die entgegengesetzte Variante der absoluten Trennung der baulichen Nutzungen nicht ohne Bedenken anzunehmen: Die absolute Trennung der baulichen Nutzungen, z. B. der Wohn- von den Gewerbegebieten, kann das wirtschaftliche Leben einer Stadt negativ beeinflussen. Dadurch können isolierte, monotone Gebiete entstehen, die mit dem anschaulichen Begriff „Schlafstädte“ bezeichnet werden und soziale, aber auch umweltrechtliche Probleme (z. B. übermäßige Flächenverwendung durch erheblichen Verkehrsbedarf) verursachen können231. Die Nachteile jeder dieser Varianten können durch eine Kompromisslösung gegenseitig neutralisiert werden. b) Lösung im deutschen Recht In der deutschen Rechtsordnung wird tatsächlich eine Kompromisslösung zwischen der Vermischung der baulichen Nutzungen und ihrer absoluten Trennung gewählt. Hier gilt der Grundsatz der möglichsten Trennung der unverträglichen Nutzungen 232. Bauliche Nutzungen, die von ihrer Natur aus 231 Sehr ausführlich dazu Christofilopoulos, Kulturelle Umwelt, Raumplanung und nachhaltige Entwicklung, S. 12 f., 39 und 269 ff.; Tzika-Chatzopoulou, Städtebaurecht, S. 103 f.; Mantouvalou/Mpala, Nümoò+Fu·sh September 2003, www.nomosphysis.org.gr. 232 Dazu Gaentsch, in: Berliner Kommentar zum BauGB, § 1, Rn. 53; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1, Rn. 110 ff. und Ferner, in: Ferner/ Kröninger (Hrsg.), BauGB, § 1, Rn. 15; Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 4, Rn. 85; Hoppe, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 5, Rn. 162 f.; Dolde, DVBl. 1983, S. 732 ff. Aus der Rechtsprechung dazu grundlegend BVerwG, Urt. v. 12.12.1975 – 4 C 71.73, BVerwGE 50, S. 49 ff. (54); und weiter BVerwG, Urt. v. 5.8.1983 – 4 C 96.79, BVerwGE 67, S. 334 ff. (337 f.); BVerwG, Beschl. v. 29.10.1984 – 7 B 149.84, UPR 1985, S. 29 f. (29); BVerfG v. 30.11.1988 – 1 BvR 1301/84, DVBl. 1989, 352 ff. (355); BGH v. 26.1.1989 – III ZR 194/87, NJW 1989, 976 ff. (977); BGH v. 6.7.1989 – III ZR 251/87, NJW 1990, S. 381 ff. (382); BVerwG v. 20.1.1992 – 4 B 71.90, UPR 1992, S. 188 f. (188).

1. Kap.: Allgemeine Mechanismen

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oder aufgrund von bestimmten Umständen in concreto miteinander nicht vereinbar sind, müssen getrennt voneinander ausgewiesen werden233. Z. B. Wohn- und Industriegebiete sollen möglichst nicht nebeneinander festgesetzt werden234. Das Prinzip der Trennung unverträglicher baulicher Nutzungen wird aber durch eine sachgerechte Abwägung im konkreten Fall relativiert. Nach dieser Abwägung kann in jedem Einzelfall eine gewisse Vermischung der baulichen Nutzungen zugelassen werden. Die Vermischung wird insbesondere bei schon vorhandenen Gemengelagen, d.h. bei schon bebauten Gebieten, wo Wohnung, Industrie, Handwerk oder Landschaft nebeneinander existieren, für möglich gehalten235. In diesem Fall sprechen in der Tat schwerwiegende Argumente aus dem Vertrauens- und Bestandsschutzprinzip für die Erhaltung der schon bestehenden Vermischung, da die vorhandenen Verhältnisse aus praktischen und finanziellen Gründen schwer rückgängig zu machen sind. Aus diesem Grund ist bei Gemengelagen eine Vermischung der baulichen Nutzungen einfacher anzunehmen als im Falle einer Neugestaltung von Baugebieten. Bei den neuen Baugebieten besteht ohne Probleme die Möglichkeit, dem Prinzip der grundsätzlichen Trennung der inkompatiblen Nutzungen zu folgen. Parallel zum Prinzip der möglichsten Trennung der baulichen Nutzungen gilt auch das sog. Gebot der Rücksichtnahme 236. Dieses ordnet in seiner Ausprägung in diesem konkreten Fall an, dass bei einer erforderlichen Vermischung jede Nutzung den ihr am nächsten liegenden, entgegengesetzten Nutzungen möglichst Rücksicht nehmen soll237. Diese Rücksichtnahme gilt für alle in Betracht kommenden Nutzungen. Das bedeutet, dass nicht nur die belastenden Nutzungen gegenüber den belasteten Rücksicht nehmen sollen, sondern auch, dass die belasteten zu einer Duldung der belastenden Nutzungen bis zu einem gewissen Grad verpflichtet sind. 233

Vgl. dazu § 50 BImSchG, der in dieselbe Richtung geht. Dazu grundlegend BVerwG, Urt. v. 5.7.1974 – 4 C 50.72, BVerwGE 45, S. 309 ff. (326 f.). Weiter BVerwG v. 20.1.1992 – 4 B 71.90, UPR 1992, S. 188 f. 235 BVerwG v. 20.1.1992 – 4 B 71.90, UPR 1992, S. 188 f.; Hoppe, in: Hoppe/ Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 5, Rn. 163; Dolde, DVBl. 1983, S. 732 ff. (738). 236 Dazu Hoppe, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 5, Rn. 153 ff.; Dolde, DVBl. 1983, S. 732 ff. (739); von der Rechtsprechung grundlegend BVerwG, Urt. v. 12.12.1975 – 4 C 71.73, BVerwGE 50, S. 49 ff. (54); und weiter BVerwG v. 5.8.1983 – 4 C 96.79, BVerwGE 67, S. 334 ff. (337); BVerwG, Beschl. v. 29.10.1984 – 7 B 149.84, UPR 1985, S. 29 f. (29); BVerfG v. 30.11.1988 – 1 BvR 1301/84, DVBl. 1989, 352 ff. 237 Die Positivierung des Rücksichtsnahmegebots in dieser Ausprägung findet sich in den § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO und im § 50 S. 1 BImSchG. 234

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

c) Lösung im griechischen Recht In Bezug auf die Vermischung bzw. Trennung der baulichen Nutzungen galt im griechischen Recht früher § 7 der Präsidialverordnung vom 17.7.1923. Gemäß dieser Vorschrift konnte ein Gebiet des damaligen sog. Stadtplans238 ausschließlich als Wohngebiet ausgewiesen werden. Auf der Grundlage dieser Vorschrift sind mehrere Siedlungen in den Vororten von Athen entstanden, die heutzutage noch als privilegierte Gegenden im Vergleich zu den übrigen Ortschaften der griechischen Hauptstadt gelten, weil die natürlichen Lebensgrundlagen in ihnen einen besonders hohen Standard bewahrt haben. Diese Vorschrift ist durch die nachfolgenden Gesetze de facto abgeschafft worden. Nunmehr sind die Bodennutzungen und die baulichen Nutzungen in den §§ 230 ff. KoV geregelt. Mit diesen Vorschriften werden getrennte Kategorien von baulichen Nutzungen vorgesehen. Eine explizite Vorschrift über die Erforderlichkeit der Trennung der baulichen Nutzungen oder die Zulässigkeit ihrer Vermischung enthält das griechische Recht nicht. In § 240 Abs. 1 KoV ist aber vorgesehen, dass in der Städtebaulichen Studie manche von den im Gesetz allgemein vorgesehenen baulichen Nutzungen im konkreten Fall ausgeschlossen oder nur unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen werden können. Daraus kann man den Schluss ziehen, dass der zuständigen Behörde die Aufgabe zukommt, die Erforderlichkeit und die Zweckmäßigkeit der Zulassung bestimmter baulicher Nutzungen abzuschätzen und folglich sie nach Bedarf voneinander zu trennen oder miteinander zu vermischen239. Allgemein wird im griechischen Schrifttum in der Tat vom Grundsatz der Trennung von unverträglichen Nutzungen ausgegangen. Dabei wird aber auch die Vermischung der verträglichen baulichen Nutzungen für zulässig und sogar wünschenswert gehalten240. Das oberste Verwaltungsgericht hat sich dagegen für die absolute Trennung der baulichen Nutzungen ausgesprochen. Zudem hat es die Festsetzung von ungeeigneten Nutzungen sowie die Änderung der baulichen Nutzungen auf nachteilige Weise für den Zustand der Naturgüter bei der Veränderung eines städtebaulichen Plans für unzulässig erklärt241. Als nachteilig für den 238

Dieser ehemalige Stadtplan entspricht der heutigen Städtebaulichen Studie. Christofilopoulos, Kulturelle Umwelt, Raumplanung und nachhaltige Entwicklung, S. 243. 240 Tzika-Chatzopoulou, Städtebaurecht, S. 103 f.; Christofilopoulos, Kulturelle Umwelt, Raumplanung und nachhaltige Entwicklung, S. 235 ff. 241 StaatsratsE 1027/1999; StaatsratsPE 185/1995; 312/1996; 212/1999; 361/1999. 239

1. Kap.: Allgemeine Mechanismen

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Naturhaushalt und die Umwelt und somit unzulässig wird auch die Vermischung von unterschiedlichen baulichen Nutzungen bezeichnet242. In seinem Bemühen, die Qualität des Naturhaushalts innerhalb der Städte und Siedlungen auf einem möglichst hohen Niveau zu erhalten und eine geordnete städtebauliche Entwicklung mit streng getrennten Bereichen für jede Tätigkeit zu sichern, ist der gr. Staatsrat in diesem Fall zu weit gegangen. Nach der hier vertretenen Meinung ist die Erforderlichkeit einer absoluten Trennung der baulichen Nutzungen mit der Vorschrift des § 240 Abs. 1 KoV nicht vereinbar. In dieser Vorschrift ist die Möglichkeit der planenden Behörde vorgesehen, eine bestimmte bauliche Nutzung unter Umständen und nach den Gegebenheiten des konkreten Falls in einer Gegend auszuschließen. Diese Regelung hat nur dann Sinn, wenn die Vermischung der baulichen Nutzungen bis zu einem gewissen Grad grundsätzlich erlaubt ist. Wenn die baulichen Nutzungen auf jeden Fall absolut getrennt voneinander festgesetzt werden sollten, dann hätte auch diese Regelung keinen Sinn. d) Zwischenergebnis Aus den obigen Ausführungen ist der Schluss zu ziehen, dass bei der Frage nach einer Trennung oder Vermischung der baulichen Nutzungen in beiden Rechtsordnungen ähnliche Lösungen angenommen werden. Grundsätzlich gilt sowohl in Deutschland als auch in Griechenland die Trennung der unverträglichen baulichen Nutzungen und die Zulässigkeit der Vermischung der verträglichen Nutzungen nach den Gegebenheiten des konkreten Falls. Von dieser Regel ist der gr. Staatsrat wesentlich abgewichen, indem er sich für die absolute Trennung der baulichen Nutzungen innerhalb eines städtebaulichen Plans ausgesprochen hat. Auf der anderen Seite wird die Grundregel der möglichsten Trennung von unvereinbaren baulichen Nutzungen in Deutschland vom Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme der benachbarten baulichen Nutzungen ergänzt, das im griechischen Recht aus keiner expliziten Vorschrift hervorgeht, sondern eventuell aus der Erforderlichkeit einer sachgerechten Abwägung abzuleiten ist. II. Reichweite der städtebaulichen Pläne Die dauerhafte Erhaltung von freien Flächen der Natur in der Nähe von Städten oder Siedlungen und ihr Schutz vor Bebauung stellt einen wichtigen Faktor für die Gewährleistung einer hohen Lebensqualität der Bewoh242 StaatsratsE 1027/1999; StaatsratsPE 212/1999. Diese Rechtsprechung billigend Risos, in: FS für den Staatsrat, S. 1191 ff. (1197 f.).

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

ner dieser Siedlungen oder Städte und für die Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen im Lebensraum der Menschen dar243. Auch wenn die ökologische Bedeutung dieser Freiflächen die Schwelle der Schutzbedürftigkeit nicht erreicht, um von einer Schutzgebietsausweisung erfasst zu werden, kommt ihrer Erhaltung ein besonderes Gewicht zu. Dies liegt daran, dass in den Baugebieten meistens aufgrund der erforderlichen Inanspruchnahme von freien Flächen für die städtebauliche Entwicklung eine relative Verminderung des vorhandenen ökologischen Wirkungsgefüges festzustellen ist. Innerhalb dieser Gebiete ist also in der Regel ein defizitärer ökologischer Zustand zu beobachten. Aus diesem Grund ist es umso wichtiger, dass die städtebaulichen Pläne, die Baugebiete ausweisen, auch die gesamte nähere Umgebung erfassen, so dass die Inanspruchnahme von Freiflächen durch andere Maßnahmen zum Naturschutz kompensiert werden können. Dies kann nur erreicht werden, wenn die städtebaulichen Pläne möglichst umfangreich sind und dabei vorhandene naturschutzfreundliche Bodennutzungen bewahren und somit auf Dauer sichern und stärken. Denn die Erhaltung einer naturschutzfreundlichen Bodennutzung kann am besten gewährleistet werden, wenn sie durch den Inhalt eines städtebaulichen Plans garantiert wird. Bezüglich des deutschen Rechts muss diese Aussage natürlich erheblich relativiert werden, da auch die unbeplanten Flächen von den Vorschriften über den Innen- und Außenbereich (§§ 34 und 35 BauGB) ausreichend geschützt werden. Die Reichweite der städtebaulichen Pläne zählt aber in beiden Rechtsordnungen zu den Mechanismen der städtebaulichen Planung, die zum Naturschutz mehr oder weniger beitragen können. 1. Reichweite der städtebaulichen Pläne in Deutschland In Deutschland sieht § 5 Abs. 1 S. 1 BauGB vor, dass der Flächennutzungsplan für das gesamte Gemeindegebiet aufzustellen ist. Diese Formulierung ist seit dem BBauG 1960 unverändert geblieben244. So müssen im Regelfall alle Flächen einer Gemeinde von einem Flächennutzungsplan erfasst werden, ob sie für die städtebauliche Entwicklung und die Bebauung bestimmt sind oder nicht. Auf diese Weise bleiben keine freien Flächen der Natur unbeplant und ohne jeglichen Schutz. Diese Regel ist aber nicht ohne Ausnahmen. Aus dem BauGB ist kein allgemeiner Grundsatz der lückenlosen Überplanung des Gemeindegebiets abzuleiten245. Ein Flächennutzungsplan ist dann entbehrlich, wenn der Bebauungsplan, der nur einen Teil des Gemeindegebiets erfasst, ausreicht, um die städtebauliche Entwicklung zu 243

Die Gesetzgebung über den Umweltschutz in Griechenland, WWF Hellas, Mai 2005, veröffentlicht im Internet unter www.wwf.gr, S. 78. 244 § 5 Abs. 1 S. 1 BBauG 1960 v. 23.6.1960, BGBl I 1960, S. 341. 245 Dazu Krautzberger in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1, Rn. 22.

1. Kap.: Allgemeine Mechanismen

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ordnen246. In diesem Fall wird der Bebauungsplan die für die städtebauliche Entwicklung in Anspruch genommenen Flächen überplanen und folglich wird das übrige Gebiet der Gemeinde unbeplant bleiben247. Außerdem gelten die Vorschriften der §§ 34 und 35 BauGB über den Innen- und Außenbereich unabhängig davon, ob die zu diesen Bereichen gehörenden Flächen in einem Flächennutzungsplan enthalten sind oder nicht. Das bedeutet, dass Vorhaben gemäß den Innen- und Außenbereichsvorschriften auch dann zulässig sind, wenn sie von keinem Flächennutzungsplan (und natürlich auch von keinem Bebauungsplan) zugelassen werden. Auch in diesem Fall ist also ein Flächennutzungsplan (wie auch ein Bebauungsplan) für die Zulässigkeit der Bebauung entbehrlich. In diesem Punkt muss nur angemerkt werden, dass die Ausnahmen von der Regel der flächendeckenden Flächennutzungsplanung dem Grundsatz der Planmäßigkeit nicht entgegenlaufen. Der Grundsatz der Planmäßigkeit, der in § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB verankert ist, ordnet an, dass die städtebauliche Entwicklung sich auf die gemeindliche Bauleitplanung stützt. Die Gemeinde ist aber nur dann verpflichtet, Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Anderenfalls besteht keine Pflicht der Gemeinde zur Überplanung248. Außerdem besagt dieser Grundsatz, dass jede bauliche oder sonstige Nutzung in der Regel in einem Bauleitplan vorgesehen sein muss. Ausreichend ist also auch ein Bebauungsplan. Und letzten Endes kann der Gesetzgeber Ausnahmen von diesem Grundsatz erlassen, was z. B. bei der Regelung des Planersatzes der Fall ist249. 2. Reichweite der städtebaulichen Pläne in Griechenland In Griechenland wurden mit dem gr. Gesetz 2508/1997 wichtige Neuerungen in der ersten Stufe der städtebaulichen Planung und deren Reichweite eingeführt. Das frühere gr. Gesetz 1337/1983, das im Jahre 1999 in die Kodifizierende Verordnung miteinbezogen worden ist, sah in § 2 Abs. 1 S. 2 vor250, dass die Allgemeinen Städtebaulichen Pläne für diejenigen Gebiete aufgestellt werden mussten, die für die Bebauung bestimmt waren und für die daraufhin eine Städtebauliche Studie aufgestellt werden sollte. Mit dem gr. Gesetz 2508/1997, das, wie schon oben erwähnt, in die Kodifizie246

§ 8 Abs. 2 S. 2 BauGB. Vgl. dazu das Schema 1 in dessen Varianten im Normal- und im Ausnahmefall im Anhang. 248 Aus der neueren Rechtsprechung siehe dazu BVerwG, Urt. v. 17.9.2003 – 4 C 14/01, NuR 2004, S. 452 ff. (453). 249 Dazu und zum Grundsatz der Planmäßigkeit auch oben Einf. A. II. 1. 250 Schon § 38 Abs. 1 S. 2 KoV. 247

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

rung der städtebaulichen Gesetze nicht miteinbezogen worden ist, aber als neueres Gesetz Vorrang hat, sind in der ersten Stufe der städtebaulichen Planung neben den Allgemeinen Städtebaulichen Plänen zum ersten Mal die Pläne räumlicher und städtebaulicher Organisation offener Stadt vorgesehen worden251. Parallel dazu ist durch dieses Gesetz auch der räumliche Umfang der Allgemeinen Städtebaulichen Pläne bedeutend ausgeweitet worden: Die neuen Allgemeinen Städtebaulichen Pläne umfassen nunmehr alle schon bebauten Flächen oder Flächen, die für die Bebauung bestimmt sind, sowie die Flächen rund um die Städte und Siedlungen, die Zonen baulicher Kontrolle252 und weitere Flächen, auf denen nach anderen Vorschriften die Bebaubarkeit beschränkt ist253. Somit sollen alle Bodennutzungen im Plangebiet des Allgemeinen Städtebaulichen Plans gesetzlich vorgesehen und dadurch koordiniert und systematisiert werden. Der Sinn und Zweck der Überplanung nicht nur der für die Bebauung bestimmten Flächen, sondern auch der Flächen außerhalb und rund um die zu bebauenden Flächen liegt darin, dass dadurch beliebige und willkürliche Bodennutzungen besser verhindert werden können. So wird der unnötigen und willkürlichen Zerstörung der natürlichen, kulturellen und baulichen Umwelt auch auf den Freiflächen und rund um die Städte und Siedlungen vorgebeugt. Kritisch betrachtet ist aber diese Regelung viel zu schwach, um die in den politischen, wirtschaftlichen, sozialen und rechtlichen Verhältnissen tief verankerte Praxis der Bebauung ohne Städtebauliche Studie und der Bebauung ohne Bebauungsgenehmigung in Griechenland254 abzuschaffen255. Das Ziel der kontrollierten Bebauung nicht nur auf den zu bebauenden Flächen, sondern auch auf den Flächen rund um die Städte und Siedlungen, die nunmehr von den städtebaulichen Plänen der ersten Stufe auch erfasst werden sollen, kann nur dann erreicht werden, wenn gleichzeitig die Vorschriften über die Zulässigkeit der Bebauung ausnahmsweise außerhalb des Bereichs 251 Die Einteilung zwischen Allgemeinen Städtebaulichen Plänen und Plänen räumlicher und städtebaulicher Organisation offener Städt in der ersten Ebene der städtebaulichen Planung hängt nach dem Gesetz von der Größe der in den entsprechenden Selbstverwaltungskörperschaften enthaltenen Siedlungen ab: Die Allgemeinen Städtebaulichen Pläne werden dann aufgestellt, wenn eine oder mehrere der darin enthaltenen Siedlungen mehr als 2.000 Bewohner hat; der Plan räumlicher und städtebaulicher Organisation offener Stadt wird dagegen dann aufgestellt, wenn alle darin enthaltenen Siedlungen weniger als 2.000 Einwohner haben. Ein Teil der gr. Literatur, eher die Mindermeinung, hat sich kritisch gegenüber dieser Trennung der ersten Stufe der städtebaulichen Planung in zwei unterschiedlichen Plänen geäußert. Dazu Giannakourou, PerDik 1997, S. 173 ff. (175 f.). 252 Dazu ausführlich unten 2. Teil Kap. 1. D. III. 253 § 4 gr. Gesetz 2508/1997. 254 Dazu oben in der Einf. A. II. 2. und 4. 255 Giannakourou, PerDik 1997, S. 173 ff. (176).

1. Kap.: Allgemeine Mechanismen

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einer Städtebaulichen Studie oder gar ohne Baugenehmigung abgeschafft bzw. erheblich eingeschränkt werden, so dass diese Möglichkeiten zu einer echten Ausnahme werden. Nur auf diese Weise wird das Ziel der Kontrolle und der Systematisierung der Bebauung sowie auch des vollständigen Schutzes der natürlichen und kulturellen Umwelt nicht nur in der Theorie, sondern auch tatsächlich und dauerhaft erreicht256. 3. Zwischenergebnis Die obigen Ausführungen führen zu folgendem Ergebnis257: Die Reichweite der städtebaulichen Pläne ist in beiden Rechtsordnungen identisch ausgestaltet, indem sie möglichst umfassend vorgesehen ist. In manchen Fällen kann zwar die erste Stufe der städtebaulichen Planung in Griechenland räumlich umfangreicher als in Deutschland sein, da die Überplanung durch städtebauliche Pläne der höheren Ebene im griechischen Recht (theoretisch) lückenlos ist. Man darf aber die Tatsache nicht verkennen, dass im Ergebnis die natürliche Umwelt in Deutschland, auch in den Ausnahmefällen, in denen keine Flächennutzungspläne aufgestellt werden müssen, bei weitem effektiver geschützt ist als in Griechenland. Im deutschen Recht gelten nämlich auf jeden Fall (d.h. ob ein Flächennutzungsplan vorhanden ist und alle gemeindlichen Flächen miteinbezieht oder nicht) die Vorschriften über den Innenund Außenbereich, die zwar keine Planung, jedoch sog. planersetzende Regelungen darstellen, die strenge Voraussetzungen der Bebaubarkeit und Regeln der Bebauung im jeweiligen Gebiet festlegen258. In Griechenland dagegen sind die freien Flächen der Natur ohne ihre Erfassung von einem städtebaulichen Plan praktisch der willkürlichen Bebauung preisgegeben. III. In Griechenland: Gebiete besonderen Schutzes und Zonen baulicher Kontrolle Die sog. „Gebiete besonderen Schutzes“ und „Zonen baulicher Kontrolle“259 stellen zwei wichtige Instrumente dar, mit denen der Allgemeine 256

Tzika-Chatzopoulou, Städtebaurecht, S. 8. Dazu vgl. die Schemata 1 und 2a. und b. im Anhang. 258 Dazu ausführlich oben Einf. A. II. 1. 259 Von Efstratiou, DV 1984, S. 355 ff. wird dieses Institut des griechischen Rechts als „Bauüberwachungszonen“ übersetzt. Dieser Begriff wird im Rahmen dieser Arbeit nicht übernommen, weil er eher auf eine verwaltungsrechtliche Kontrolle der Bebauung („Bauüberwachung“) als auf eine planungsrechtliche Bestimmung von besonderen Bedingungen und Beschränkungen der Bebaubarkeit verweist. Aus diesem Grund wird hier der anschaulichere Begriff der „Zonen baulicher Kontrolle“ vorgezogen. 257

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

Städtebauliche Plan die Belange des Naturschutzes positiv beeinflussen, nämlich auf Dauer sichern und unter Umständen fördern kann260. Die Gebiete besonderen Schutzes, die in einem Allgemeinen Städtebaulichen Plan ausgewiesen werden können, sind Gebiete, die nicht für die Bebauung bestimmt sind und die wegen ihrer kulturellen, archäologischen, historischen oder naturschutzrechtlichen Bedeutung eines besonderen Schutzes bedürfen. Die Ausweisungen von Gebieten besonderen Schutzes im Allgemeinen Städtebaulichen Plan werden im Folgenden nicht weiter untersucht, da ihnen keine selbständige Bedeutung zukommt: Durch die Darstellung von Gebieten besonderen Schutzes werden lediglich in den Allgemeinen Städtebaulichen Plan Gebiete aufgenommen, die durch andere Vorschriften (durch Schutzgebietsausweisungen nach dem gr. G. 1650/1986 oder nach der FFH- oder VRL, durch gesetzliche Regelungen im Fall von Wäldern, Biotopen, Küstenzonen, Landschaften besonderer natürlicher Schönheit usw.) für schutzbedürftig erklärt worden sind261. Durch die Darstellung dieser geschützten Flächen als Gebiete besonderen Schutzes im Allgemeinen Städtebaulichen Plan wird lediglich ihrer Ausweisung durch andere Vorschriften Rechnung getragen (Kennzeichnungsfunktion). Der Schutz dieser Flächen als solcher wird nicht durch ihre Einbeziehung in den Allgemeinen Städtebaulichen Plan und ihre Ausweisung als Gebiete besonderen Schutzes gewährt. Bei den Zonen baulicher Kontrolle dagegen ist die Rechtslage anders zu beurteilen. Als Zonen baulicher Kontrolle werden durch den Allgemeinen Städtebaulichen Plan Gebiete rund um Städte oder Siedlungen festgesetzt, in denen die Bebauung von strengeren Voraussetzungen abhängig gemacht wird und so die bauliche Erweiterung der Stadt oder Siedlung außerhalb der Grenzen der Städtebaulichen Studie verhindert bzw. eingeschränkt wird. Die Zonen baulicher Kontrolle werden speziell zum Schutz von bestimmten Flächen vor der Bebauung ohne Bezugnahme auf andere fachspezifische naturschutzrechtliche Vorschriften ausgewiesen. Somit stellen sie grundsätzlich ein städtebaurechtliches Instrument dar, das aber auch dem Naturschutz auf beträchtliche Weise dient. 1. Darstellung des Instituts der Zonen baulicher Kontrolle Die Zonen baulicher Kontrolle sind Zonen, die Städte, kleinere Siedlungen oder allgemein für die Bebauung bestimmte Flächen umgeben und in 260

§ 4 Abs. 3 S. 1 Nr. a) und b) und § 4 Abs. 4 gr. G. 2508/1997. Hier könnte eventuell eine Parallele zur nachrichtlichen Übernahme von bestimmten fachfremden Ausweisungen in den Bauleitplänen nach § 5 Abs. 4 BauGB und § 9 Abs. 6 BauGB gezogen werden. Der Unterschied zur nachrichtlichen Übernahme des deutschen Rechts ist aber der partielle Charakter der Zonen besonderen Schutzes, die sich nur auf umweltrechtlich geschützte Gebiete beziehen. 261

1. Kap.: Allgemeine Mechanismen

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denen ein absoluter Ausschluss oder andere Einschränkungen der Bebaubarkeit und spezielle Bebauungsvoraussetzungen festgesetzt werden. In diesen Zonen findet der Grundsatz der sanften städtebaulichen Entwicklung Anwendung. Die Zonen baulicher Kontrolle waren zum ersten Mal im gr. G. 1337/1983 vorgesehen262. Diese Vorschriften sind numehr in der Kodifizierenden Verordnung vom Jahre 1999 kodifiziert worden263. Gemäß diesen Vorschriften werden durch Präsidialverordnungen die Städte und Siedlungen bestimmt, die rund um die Zonen baulicher Kontrolle festgesetzt werden. In diesen Präsidialverordnungen werden auch die Breite und die Grenzen der Zonen baulicher Kontrolle264, die besonderen baulichen Nutzungen sowie auch weitere Bedingungen der Bebaubarkeit und Bestimmungen der Bebauung festgesetzt. Durch diese Regelungen wird die Bebauung außerhalb und im Anschluss an die städtischen Siedlungen von den herkömmlichen Regeln, Voraussetzungen und Bestimmungen der Bebauung innerhalb und außerhalb265 einer Städtebaulichen Studie differenziert und so wird die städtebauliche Entwicklung auf diesen Gebieten eingeschränkt und kontrolliert. Die Zonen baulicher Kontrolle werden auch vom nachfolgenden gr. G. 2508/1997 vorgesehen266. Nach diesem Gesetz sind diese Zonen in den jeweiligen Allgemeinen Städtebaulichen Plänen enthalten, deren Plangebiet nunmehr so ausgedehnt wird, dass sie nicht nur die für die Bebauung bestimmten Flächen, sondern das ganze Gebiet rund um die Städte und Siedlungen umfassen267. 2. Der Zweck der Ausweisung von Zonen baulicher Kontrolle und ihr Beitrag zum Naturschutz Der Gedanke, der hinter der Festsetzung der Zonen baulicher Kontrolle steckt, ist vor allem, bestimmte Flächen, die sich außerhalb des Plangebiets einer Städtebaulichen Studie befinden, vor planungsloser Bebauung nach Belieben jedes einzelnen Eigentümers zu schützen. Die betroffenen Flächen bedürfen meistens aufgrund ihrer Bedeutung für die natürliche Umwelt eines 262

§ 29 gr. G. 1337/1983. § 183 KoV. 264 Nach dem Gesetz (§ 183 Abs. 1 S. 7 KoV) werden die Grenzen der Zonen baulicher Kontrolle automatisch ausgedehnt, falls die entsprechende Städtebauliche Studie, deren Gebiet die Zone baulicher Kontrolle umgibt, ausgedehnt wird. 265 Wenn eine Zone baulicher Kontrolle festgesetzt worden ist und sie besondere Bestimmungen und Einschränkungen der Bebaubarkeit für diese Flächen vorsieht, dann sind das speziellere Regelungen im Verhältnis zu den Vorschriften über die Zulässigkeit der Bebauung ohne Baugenehmigung oder der Bebauung ohne Bebauungsplan und sie haben Vorrang. 266 § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. a) und b) und Abs. 4 gr. G. 2508/1997. 267 Dazu ausführlich oben 2. Teil Kap. 1. D. II. 2. 263

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

besonderen Schutzes vor der städtebaulichen Entwicklung und der Ausbreitung der Bebauung. Der Zweck der Festsetzung solcher Zonen rund um überplante Siedlungen ist also darin zu sehen, dass, aufgrund von besonderen, meistens naturschutzrechtlichen, Umständen eine willkürliche Ausweitung der Bebauung über die Grenze der Städtebaulichen Studie hinaus auf jeden Fall verhindert werden muss. So werden die Städte oder Siedlungen vor unzulässiger Zerstörung ihrer natürlichen Umwelt intensiver und effektiver geschützt. Außerdem wird dadurch eine vernünftige und planungsmäßige städtebauliche Ausdehnung der in Betracht kommenden Städte oder Siedlungen in Zukunft gewährleistet, da die zukünftige städtebauliche Planung dieser Gebiete nicht von einer willkürlichen Bebauung vorweggenommen wird268. So erfüllen die Zonen baulicher Kontrolle eine Aufbewahrungsfunktion zugunsten einer künftigen geordneten städtebaulichen Planung. Schließlich stellen die Zonen baulicher Kontrolle eine sehr wichtige und wirksame Maßnahme zur effektiven Absicherung der nach den §§ 18 ff. gr. G. 1650/1986 unter Schutz gestellten Gebiete dar. Gleichzeitig bietet es sich zur Unterschutzstellung dieser Gebiete meistens an, auf denselben Flächen durch den Allgemeinen Städtebaulichen Plan eine Zone baulicher Kontrolle festzusetzen, so dass der Gefahr einer willkürlichen Bebauung dieser Flächen zusätzlich durch baurechtliche Vorschriften vorgebeugt wird269. Auf diese Weise ergänzen die Regelungen zu den Zonen baulicher Kontrolle die Vorschriften der §§ 18 ff. gr. G. 1650/1986 zu den Naturschutzgebietsausweisungen. Diese grundlegende naturschutzrechtliche Funktion der Zonen baulicher Kontrolle wird durch die gesetzliche Überschrift des Kapitels Q’ der KoV bestätigt. Dieses Kapitel beinhaltet unter anderem die Vorschriften über die Festsetzung von Zonen baulicher Kontrolle270. Seine Überschrift lautet: „Einschränkungen271 zum Schutz der natürlichen, kulturellen und baulichen Umwelt“. Daraus ist der Schluss zu ziehen, dass der Gesetzgeber die Zonen baulicher Kontrolle als ein Instrument der städte268 Rantos, in: Griechische Gesellschaft für die Umwelt (Hrsg.), Das Recht auf Eigentum und Umweltschutz, S. 49 ff. (50). 269 Rantos, in: Griechische Gesellschaft für die Umwelt (Hrsg.), Das Recht auf Eigentum und Umweltschutz, S. 49 ff. (50); Zampelis, in: Griechische Gesellschaft für die Umwelt (Hrsg.), Das Recht aufs Eigentum und der Umweltschutz, S. 105 ff. (105), Tzika-Chatzopoulou, Städtebaurecht, S. 133. Der von den Zonen baulicher Kontrolle erstrebte Zweck wird auch von der Rechtsprechung des gr. Staatsrates bestätigt: StaatsratsE 1183/1996; StaatsratsPE 636/2002; 388/2003, DDNN 2003, S. 1435 ff. 270 Das Kapitel Q’ der KoV enthält die §§ 183–193, zu denen auch § 183 über die Regelung der Zonen baulicher Kontrolle gehört. 271 Gemeint ist: Einschränkungen (der Bebaubarkeit).

1. Kap.: Allgemeine Mechanismen

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baulichen Planung betrachtet hat, das gleichzeitig einen Mechanismus zum Schutz der natürlichen272 Umwelt darstellt. An diesem Punkt muss angemerkt werden, dass die Festsetzung von besonderen Zonen baulicher Kontrolle wegen des Mangels des griechischen Rechts an Vorschriften über den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen außerhalb des Geltungsbereichs einer Städtebaulichen Studie erforderlich ist. Die zwar theoretisch nur im Ausnahmefall eingreifenden, in der Praxis aber übermäßig verbreiteten Bebauungen ohne Baugenehmigung und Bebauungen außerhalb einer Städtebaulichen Studie machen die Zonen baulicher Kontrolle unentbehrlich, damit ein Mindestmaß an Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen außerhalb des Planbereichs der Städtebaulichen Studie gewährleistet wird. In Deutschland wäre eine solche Institution überflüssig, da die Rolle des Schutzes der natürlichen Umwelt außerhalb des Planbereichs des qualifizierten Bebauungsplans von den gesetzlichen Vorschriften über den Innen- und Außenbereich erfüllt wird: Im Innen- und Außenbereich wird die Bebauung im Verhältnis zum Geltungsbereich eines Bebauungsplans erheblich eingeschränkt und den Erfordernissen des konkreten Einzelfalls angepasst. So werden alle oben dargestellten Funktionen der Zonen baulicher Kontrolle in Deutschland durch die gesetzliche Planung erfüllt273. Mit dieser Feststellung kommt auch ein wesentlicher Unterschied zwischen den von den beiden Rechtsordnungen gewählten Strukturen zum Ausdruck: Zum Innen- und Außenbereich gehören automatisch und ohne weiteres alle Flächen, die nicht von einem Bebauungsplan erfasst sind274. Die Vorschriften zum Innen- und Außenbereich sind also allgemein für jede Fläche gültig, die die gesetzlich festgelegten Kriterien erfüllt. Die Zonen baulicher Kontrolle sind dagegen in concreto nach Ermessen der Verwaltung durch Präsidialverordnung festzusetzen, sie stellen also eher städtebauliche Instrumente zum fragmentarischen Naturschutz in jedem Einzelfall dar. Trotz ihrer positiven Funktion für die natürliche Umwelt kann man die Zonen baulicher Kontrolle auch kritisch betrachten275. Die Lösungen, die die Festsetzung dieser Zonen anbietet, sind, wie schon oben erwähnt, fragmentarisch und nicht dauerhaft: Sie beziehen sich auf eine ganz bestimmte, isolierte Gegend und dabei basieren sie nicht unbedingt auf einer übergeordneten Raumordnung. Dagegen sind die Zonen baulicher Kontrolle selbst 272 Zum Schutz der kulturellen und baulichen Umwelt enthält dieses Kapitel natürlich weitere Vorschriften. 273 Dazu ausführlich oben Einf. A. II. 1. 274 Daher auch die sog. Auffangfunktion des Außenbereichs nach § 35 BauGB, Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 7, Rn. 181. 275 Risos, EllDik 1998, S. 253 ff. (260 f.); Papapetropoulos, PerDik 2002, S. 108.

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

aufgrund des absoluten Mangels an Raumordnungsplänen von der Rechtsprechung in bestimmten konkreten Fällen zum provisorischen Ersatz der Raumordnung erklärt worden276. Obwohl diese Lösung des provisorischen Ersatzes der Raumordnung durch die Zonen baulicher Kontrolle einer absoluten Abwesenheit von übergeordneter Planung vorzuziehen ist, sollte damit der nachlässigen Verwaltung kein Alibi für die Verzögerung der Raumordnungsplanung geliefert werden277. Die Fiktion des Ersatzes der Raumordnung durch Zonen baulicher Kontrolle in Einzelfällen ist nur als Notlösung zu betrachten, solange keine Raumordnungspläne vorhanden sind. Das hat der griechische Staatsrat in jeder einschlägigen Entscheidung seiner Rechtsprechung betont, indem er den provisorischen Charakter dieser Konstruktion und die in der Verfassung verankerte Pflicht der Verwaltung zum Erlass von Raumordnungsplänen unterstrichen hat278. Auf diese Weise hat das Gericht auf die Verwaltung Druck ausgeübt, möglichst schnell solche übergeordneten Raumordnungspläne zu erlassen, so dass sich die Zonen baulicher Kontrolle auf ihre tatsächliche, gesetzlich festgeschriebene Rolle als fragmentarische Festsetzung baulicher Nutzungen in einer bestimmten Gegend beschränken würden und die Funktionen der Raumordnungsplanung den Raumordnungsplänen selbst überlassen blieben. Zum Schluss muss man mit Bedauern feststellen, dass die Verwaltung, allen diesen Bemühungen und Anregungen des gr. Staatsrates zum Trotz, noch 20 Jahre nach der Verankerung ihrer Pflicht zur Raumordnung in der griechischen Verfassung und deren Konkretisierung im gr. Gesetz 360/1975 bis zum heutigen Zeitpunkt keine Raumordungspläne erlassen hat. 3. Verschränkungen der Ausweisung von Zonen baulicher Kontrolle mit dem Recht auf Eigentum In den Zonen baulicher Kontrolle werden besondere bauliche Bedingungen und Einschränkungen der Bebauung festgelegt, die eventuell sogar den Grad eines absoluten Bauverbots erreichen können. Eine wichtige Frage, die also in diesem Rahmen auftaucht, hängt mit der Zulässigkeit der Beeinträchtigungen der Eigentumsrechte zusammen. Bei der Beantwortung dieser Frage gelten dieselben Regeln, die bei jeder Beeinträchtigung der Eigentumsrechte durch baurechtliche oder naturschutz276 StaatsratsE 586/1992; 2435/1993; 2844/1993; 1796/1995; 4726/1995; StaatsratsPE 246/1992; 479/1992; 144/1995; 215/1995; 604/1995; 668/1995; 265/1997; 292/1997; dazu Menoudakos, Nümoò+Fu·sh April 2005, www.nomosphysis.org.gr. 277 Efstratiou, Kodifikation, Einführung, S. 9 f. 278 StaatsratsE 586/1992; 2435/1993; 2844/1993; 1796/1995; 4726/1995; StaatsratsPE 246/1992; 479/1992; 144/1995; 215/1995; 604/1995; 668/1995; 265/1997; 292/1997.

1. Kap.: Allgemeine Mechanismen

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rechtliche Bestimmungen gelten und die im Rahmen dieser Arbeit mehrfach ausgeführt worden sind: In der Rechtsprechung werden die Beeinträchtigungen der Eigentumsrechte aufgrund von Bedingungen der Bebaubarkeit und Bestimmungen der Bebauung in den Zonen baulicher Kontrolle in der Regel als Eigentumsbestimmungen bzw. zumutbare Eigentumsbeschränkungen ohne Anspruch auf eine Entschädigung angesehen279. Diese Aussage wird grundsätzlich mit dem Argument begründet, dass die von den Zonen baulicher Kontrolle erfassten Gebiete sich außerhalb der jeweiligen Städtebaulichen Studie befinden und somit ihrer Rechtsnatur nach nicht für die Bebauung bestimmt sind280. Die vom Eigentum abgeleiteten Rechte richten sich in jedem Einzelfall nach der rechtlichen Bestimmung des Gegenstands des Eigentums. Aus diesem Grund wird das Recht auf Bebauung in diesem Fall erheblich abgeschwächt bzw. de facto ausgeschlossen. Außerdem handelt es sich dabei in den meisten Fällen um naturschutzrechtlich besonders empfindliche und schutzbedürftige Gegenden oder um Flächen herausragender natürlicher Schönheit. In diesen Fällen sind die Beschränkungen der Bebaubarkeit und folglich die Eingriffe in die Eigentumsrechte fast von selbst gerechtfertigt.

279 Zambelis, in: Griechische Gesellschaft für die Umwelt (Hrsg.), Das Recht auf Eigentum und Umweltschutz, S. 105 ff. (109 f.). 280 StaatsratsE 1169/1994; 1821/1995, Nümoò+Fu · sh 1996, S. 149 ff.; 4950/1995; StaatsratsPE 247/2003, DtA 2004, S. 282 ff.; 388/2003, DDNN 2003, S. 1435 ff.; 129/2004, EDDDD 2004, S. 556 ff.

Kapitel 2

Strategien zur Bewältigung von konkreten Konflikten zwischen Naturschutzrecht und städtebaulicher Planung (Bewältigungsstrategien) Im vorigen Kapitel wurden die allgemeinen Möglichkeiten zur Harmonisierung der städtebaulichen Planung und des Naturschutzrechts in beiden Rechtsordnungen untersucht und vor allem die Mechanismen zur Integration der naturschutzrechtlichen und der städtebaulichen Belange in das Verfahren des jeweils anderen Rechtsgebiets ermittelt. Den Gegenstand des zweiten Kapitels des 2. Teils bilden nunmehr die Strategien in beiden Rechtsordnungen, die zur Behebung konkreter Konflikte zwischen bauplanungsrechtlichen Regelungen und naturschutzrechtlichen Interessen eingesetzt werden. Im deutschen Recht wird die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung der §§ 18 ff. BNatSchG bei ihrer Anwendung in der Bauleitplanung untersucht (Teil A). Mangels eines entsprechenden Instituts im griechischen Recht wird zum Vergleich die Rechtsprechung des gr. Staatsrates dargestellt, die Regeln zur Bewältigung von eventuellen Gegensätzen zwischen den Belangen des Naturschutzes einerseits und der städtebaulichen Planung andererseits entwickelt hat (Teil B).

A. Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung in Deutschland Im Rahmen dieser Einheit wird die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung und ihre Anwendung bei der Bauleitplanung zur Bewältigung von Konflikten zwischen naturschutzrechtlichen und bauplanungsrechtlichen Interessen dargestellt. Diese Einheit wird wie folgt gegliedert: Unter I. wird zunächst eine kurze Einleitung in die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung und eine Beschreibung ihrer Rolle als Instrument zur Konfliktbewältigung allgemein stattfinden. Daraufhin wird die Anwendung der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung in ihrer Entwicklung dargestellt und erläutert. Weiter wird unter II. die Ausgestaltung der Eingriffsregelung in ihren unterschiedlichen Prüfungsstadien gemäß dem gesetzlich gebotenen Prüfungsschema im Einzelnen systematisch ermittelt. Dabei wird sich die Untersuchung abwechselnd nach der allgemeinen Eingriffsregelung der §§ 18 ff. BNatSchG und

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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nach ihrer speziellen Anwendung bei der Bauleitplanung richten, so dass die besonderen Probleme der Anwendung der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung besser hervorgehoben werden können. Ferner wird unter III. eine besondere Ebene der Eingriffsprüfung, die Kompensation der Eingriffe, im Hinblick auf ihre Anwendung bei der Bauleitplanung ermittelt. Schließlich werden unter IV. besondere Fragen der Umsetzung der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung behandelt, z. B. die Problematik der Kostentragung für die Kompensationsmaßnahmen und die des Vollzugsdefizits. I. Die allgemeine naturschutzrechtliche Eingriffsregelung der §§ 18 ff. BNatSchG und die Frage ihrer Anwendung bei der Bauleitplanung 1. Darstellung der allgemeinen naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung der §§ 18 ff. BNatSchG als Instument zur Bewältigung von Konflikten Zu den wichtigsten Instrumenten des Naturschutzrechts zählt die sog. naturschutzrechtliche Eingriffsregelung, die hauptsächlich in den §§ 18–21 BNatSchG geregelt ist. Durch die Einführung der Eingriffsregelung in das Instrumentarium des Naturschutzrechts im Jahre 19761 hat der Gesetzgeber einen allgemeinen Kontrollmechanismus für jeden Eingriff in den Naturhaushalt und das Landschaftsbild geschaffen, der von einem genehmigungspflichtigen Vorhaben oder Projekt verursacht wird. Es handelt sich grundsätzlich um ein Instrument zur Erhaltung des Status quo2; denn aufgrund der Eingriffsregelung sollen Eingriffe in den Naturhaushalt und das Landschaftsbild entweder ganz unterbleiben oder zwar unter Umständen stattfinden, aber durch geeignete Maßnahmen auf andere Weise kompensiert werden, so dass die Gesamtbilanz des Zustandes der Natur nach Vornahme des Eingriffs nicht negativ ausfällt. Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung beschränkt sich nicht auf eine bestimmte Art von Eingriffen in den Naturhaushalt und das Landschaftsbild; die von ihr erfassten Eingriffe können alle denkbaren Vorhaben oder Handlungen als Ursache haben, die in einem öffentlich-rechtlichen Verfahren von der zuständigen Behörde genehmigt werden müssen. Sie können so1

Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz) v. 20.12.1976, BGBl. I 1976, S. 3574. 2 Dazu Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, Vor § 18, Rn. 5 f.; Schubert, Harmonisierung umweltrechtlicher Instrumente, S. 132; Agner, UPR 2004, S. 7 ff. (8). Trotzdem können auch künftige natrurräumliche Entwicklungen von der Eingriffsregelung erfasst werden, dazu BVerwG, Urt. v. 16.12.2004 – 4 A 11.04, DVBl. 2005, S. 704 f. (705).

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

wohl von privaten als auch von öffentlichen Stellen vorgenommen werden. Dabei wird die Eingriffsregelung nicht von den Naturschutz-, sondern von den fachlich jeweils zuständigen Behörden, eventuell aber im Benehmen mit den Naturschutzbehörden, vollzogen3. Die Vorgaben der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung binden also unmittelbar nicht die Naturschutz-, sondern die jeweils fachlich zuständigen Behörden. Nach ihrer ersten Fassung in § 8 BNatSchG 1976 wurde die allgemeine Eingriffsregelung durch mehrere Gesetzesänderungen novelliert4. Letztmals umfassend geändert wurde sie 2002 durch das Gesetz vom 25.3.20025, das sie in ihrer heutigen Form ausgestaltet und ihr auch eine neue Nummerierung im BNatSchG gegeben hat. Schließlich soll angemerkt werden, dass die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung nach Art. 75 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 3 GG Rahmenvorschriften enthält, die einer Konkretisierung durch die Landesgesetze bedürfen. Da aber die zentralen Fragen der Eingriffsregelung schon im BNatSchG rechtsverbindlich für die Landesgesetzgeber geregelt worden sind6, beschränken sich die folgenden Ausführungen auf die bundesrechtlichen Vorschriften. Die allgemeine Eingriffsregelung der §§ 18 ff. BNatSchG stellt eine Strategie zur Bewältigung konkreter Konflikte zwischen den naturschutzrechtlichen und denjenigen Belangen dar, die jeweils für die Verwirklichung der in den Naturhaushalt oder in das Landschaftsbild eingreifenden Vorhaben sprechen. Durch die Anwendung der Eingriffsregelung beim Verfahren zur Zulassung dieser Vorhaben wird darüber entschieden, welche dieser Eingriffe unter welchen Voraussetzungen trotz Beeinträchtigung des Naturhaushalts oder des Landschaftsbilds zugelassen werden. Hinsichtlich der Verknüpfungen der Eingriffsregelung mit dem Baurecht muss zunächst angemerkt werden, dass die allgemeine Eingriffsregelung in der Regel bei konkreten Vorhaben Anwendung findet, so dass die Eingriffsprüfung normalerweise erst im Baugenehmigungsverfahren erfolgen sollte. Für eine Vorverlagerung der Eingriffsregelung schon in die frühere Stufe der Bauleitplanung wäre also eine ausdrückliche gesetzliche Regelung erforderlich. Eine solche gesetz3 Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 112; Schubert, Harmonisierung umweltrechtlicher Instrumente, S. 132; vgl. § 20 Abs. 2 BNatSchG. 4 Investitions- und Wohnbaulandgesetz v. 22.4.1993, BGBl. I, S. 466; Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 BauROG, G. v. 18.8.1997, BGBl. I, S. 2081; aufgrund der übrigen Änderungen des BNatSchG und vor allem aufgrund des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes v. 30.4.1998, BGBl. I, S. 823 und des dritten Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes v. 26.8.1998, BGBl. I, S. 2481 hat sich die Eingriffsregelung entweder gar nicht oder kaum und nur in nebensächlichen Vorschriften verändert. 5 BGBl. I 2002, S. 1193. 6 Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 1a, Rn. 18; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 18, Rn. 5.

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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liche Regelung würde eine Antwort auf die Frage geben, durch welche Regeln die naturschutzrechtlichen mit den baurechtlichen Belangen ins Gleichgewicht gebracht werden müssen, wenn durch die Bauleitplanung Eingriffe in Natur und Landschaft verursacht werden können. In diesem Sinne kann die Einbeziehung der Eingriffsregelung in die Bauleitplanung den Instrumenten oder Regeln zugeordnet werden, die zur Lösung der Konflikte zwischen Naturschutz und Bauleitplanung beitragen7. Diese Aussage setzt natürlich voraus, dass die allgemeine naturschutzrechtliche Eingriffsregelung tatsächlich auch bei der Bauleitplanung Anwendung findet. Auf diese Frage ist im Folgenden ausführlich einzugehen. 2. Anwendung der Eingriffsregelung des BNatSchG bei der Bauleitplanung Die Eingriffsregelung enthielt in ihrer Ursprungsfassung aus dem Jahr 1976 keine ausdrückliche Aussage über ihre Anwendung bei der Bauleitplanung; sie sollte also ausschließlich und vollständig bei der Zulassung der einzelnen Bauvorhaben zur Anwendung kommen. Schon sehr früh ist aber die Frage aufgetaucht, ob sie auch dann anzuwenden war, wenn aufgrund der Darstellungen und Festsetzungen eines Flächennutzungs- bzw. Bebauungsplans Eingriffe in Natur und Landschaft durch die entsprechend zugelassenen Vorhaben zu erwarten waren. Es wurde also gefragt, ob die Eingriffsprüfung schon auf den Zeitpunkt der Bauleitplanung vorverlagert werden musste, nämlich für diejenigen Eingriffe, die zwar schon in der Planungsphase vorhersehbar waren, aber erst durch die eventuelle spätere Verwirklichung der im Bebauungsplan festgesetzten Nutzungen erfolgen würden8. a) Argumente Die Integration der Eingriffsregelung in die Bauleitplanung wird dadurch gerechtfertigt, dass durch die Darstellungen und Festsetzungen in den Flä7

Zur Eingriffsregelung als Instrument der Minderung des Flächenverbrauchs Thum, NuR 2005, S. 762 ff. 8 Auch schon zur damaligen Rechtslage wurde teilweise die Ansicht vertreten, dass die Eingriffsregelung auch bei der Bauleitplanung Anwendung findet, Kuchler, Eingriffsregelung und Bauplanungsrecht, S. 235; Gaentzsch, NuR 1990 S. 1 ff. (6); VGH Mannheim, Normentrollurt. v. 5.12.1991 – 5 S 976/91, NuR 1992, S. 335 ff. (336); OVG Münster, Urt. v. 18.12.1991 – 7a NE 77/90, NuR 1992, S. 390 ff. (391); in diese Richtung aber nicht abschließend entschieden auch schon OVG Lüneburg, Beschl. v. 6.10.1988 – 1 B 115/88, NuR 1989, S. 443 ff. (444); kritisch hierzu Runkel, DVBl 1992, S. 1402 ff. (1407 f.); Schink, DVBl 1992, S. 1390 ff. (1393); Hahn, DVBl. 1992, S. 1408 ff. (1410).

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

chennutzungs- bzw. Bebauungsplänen die Hauptvoraussetzungen geschaffen werden, die zu einem Eingriff durch Bauvorhaben führen können. Sowohl der Flächennutzungsplan, der zwar ein vorbereitender Plan ist, dessen Darstellungen aber für die Träger öffentlicher Belange und insbesondere bei der Erstellung der Bauleitpläne der unteren Ebene, der Bebauungspläne, verbindlich sind, als auch der Bebauungsplan, dessen Festsetzungen für alle Betroffenen unmittelbar verbindlich sind, stellen die rechtliche Basis für eventuelle künftige Eingriffe dar. Gründe der Rechtssicherheit und die Erforderlichkeit einer wirksamen Konfliktbewältigung durch die Eingriffsregelung sprechen dafür, schon in diesem frühen Stadium der Planung eine mögliche Vermeidung dieser Eingriffe zu prüfen oder die Möglichkeit von Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen für die Natur und die Landschaft zu ermitteln. Auf diese Weise werden eventuelle Konflikte zwischen naturschutzrechtlichen und baurechtlichen Belangen schon frühzeitig bewältigt und die Zulassungsverfahren werden nicht mit einer erneuten Prüfung der Eingriffsregelung im Einzelfall belastet9. Außerdem ist mit der Vorverlagerung der Eingriffsprüfung schon in die Bauleitplanung ein Vorteil verbunden, der mit der Rechtsnatur der Planung als Handlungsweise der Verwaltung zu tun hat. Der Plan gilt für den gesamten jeweiligen Planbereich und er wird im Hinblick auf das gesamte Plangebiet aufgestellt. Bei einer Anwendung der Eingriffsregelung in der Bauleitplanung werden also die Folgen jedes Eingriffs und die Ausgleichsmöglichkeiten nicht nur auf die einzelnen Vorhaben bezogen, sondern umfassend und im Zusammenhang nach den Umständen und den allgemeinen Erfordernissen des gesamten Plankonzepts berücksichtigt10. So wird die naturschutzrechtliche Abwägung bei der Eingriffsprüfung, die in diesem Fall in die bauleitplanerische Abwägung integriert sein wird, sachgerechter ausfallen. Gegen die Anwendung der Eingriffsregelung schon bei der Bauleitplanung spricht der Grundsatz der planerischen Zurückhaltung 11. Nach diesem Grundsatz darf der jeweilige Plangeber das Vorgehen einer unteren Planungsebene bzw. auf der konkreten Ebene der Zulassung von einzelnen Vorhaben nicht in allen Einzelheiten regeln und somit das Ergebnis der konkreteren Planungsebene oder des konkreten Zulassungsverfahrens vorwegnehmen. Jeder Plan muss den untergeordneten Planungsebenen die 9 BT-Drs. 12/3944, S. 51; Schmidt-Aßmann, Studien zur städtebaulichen Umlegung, S. 74; Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 21, Rn. 1 f. 10 Schmidt-Aßmann, Studien zur städtebaulichen Umlegung, S. 74. 11 Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 21, Rn. 2; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1, Rn. 30; Louis/Wolf, NuR 2002, S. 455 ff. (455).

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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Möglichkeit einräumen, ein eigenes Planungskonzept zu entwickeln12. Außerdem muss den Zulassungsbehörden ein gewisser Konkretisierungsspielraum gewahrt bleiben, nach den Gegebenheiten des Einzelfalls das jeweilige Vorhaben zu genehmigen oder abzulehnen. Die Bewältigung von eventuellen Konflikten soll also nach dem Grundsatz der planerischen Zurückhaltung auch bei der Bauleitplanung auf die untere Planungsstufe bzw. auf das Baugenehmigungsverfahren verlagert werden13. Zur Erreichung des erforderlichen Verallgemeinerungsgrades der Planung sollte das Planungsverfahren von detaillierten abschließenden Entscheidungen des konkreten Einzelfalls entlastet werden14. Darüber hinaus ist der Plangeber in der Regel auch nicht imstande, alle Einzelheiten des Einzelfalls zu kennen, so dass eine sachgerechte Einzelfallentscheidung in der Planungsstufe noch gar nicht möglich ist. In der abstrakteren Planungsstufe lässt sich also nur schwer – wenn überhaupt – mit Sicherheit feststellen, ob und inwiefern Eingriffe in Natur und Landschaft aufgrund des Flächennutzungs- bzw. Bebauungsplans vorkommen werden. Schließlich ist die Lösung der Konflikte des konkreten Falles schon im Planungsstadium auch nicht unbedingt wünschenswert, weil daraus ein beträchtlicher Kosten- und Zeitaufwand für die Planungsbehörde entstehen würde. b) Gesetzliche Lösung – Baurechtskompromiss Die soeben dargestellten Argumente haben aber nach der vom Gesetzgeber gegebenen eindeutigen Antwort auf die Frage der Anwendung der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung nur noch rechtsgeschichtliche Bedeutung. Die erste gesetzliche Reaktion auf die Problematik der Anwendung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung erfolgte 1993 durch das Investitions- und Wohnbaulandgesetz: Mit § 8a Abs. 1 BNatSchG a. F. (nunmehr § 21 BNatSchG) hat der Gesetzgeber festgelegt, dass die Eingriffsregelung des BNatSchG auch bei der Bauleitplanung Anwendung findet, und zwar im Rahmen der bauleitplanerischen Abwägung aufgrund des BauGB. Diese Regelung ist als Baurechtskompromiss bekannt, weil sie einen Kompromiss zwischen der Lösung der ausschließlichen Anwendung des BNatSchG oder des BauGB im Falle der Anwen12 Zur Planung allgemein als Handlungsweise der Verwaltung und zu ihrer Konzeptfunktion siehe statt anderer Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, § 6, Rn. 95 ff. (insb. 98 f.). 13 Aus der neuesten Rechtsprechung siehe zum Grundsatz der planerischen Zurückhaltung BVerwG, Urt. v. 18.9.2003 – 4 CN 3.02, NuR 2004, S. 239 ff. (239). 14 Zu den Grenzen des Grundsatzes der planerischen Zurückhaltung vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 22.1.1996 – 6 K 5436/93, NuR 1997, S. 298 ff. (299 f.).

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

dung der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung darstellt15. Im Hinblick darauf, ob ein Eingriff in Natur und Landschaft vorliegt, sollten die Vorschriften des BNatSchG Anwendung finden. Hingegen sollten im Hinblick darauf, wie dieser Eingriff bei der Bauleitplanung zu behandeln ist, die Vorschriften des BauGB, also hauptsächlich die bauleitplanerische Abwägung, Anwendung finden. Durch die Novelle des BNatSchG von 1993 und die Regelung über den Baurechtskompromiss wurden aber weitere wichtige Fragen offen gelassen oder nicht mit ausreichender Klarheit beantwortet16. Von großer Relevanz war insbesondere die Frage, wie schwer die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung nach dem BauGB wiegen sollten. Sollte die Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung eventuell als Planungsleitsatz17 angewandt werden? Oder sollte dadurch den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege ein herausgehobenes Gewicht im Vergleich zu den übrigen bauleitplanungsrechtlichen Belangen zukommen? Oder aber sollten die naturschutzrechtlichen Interessen auch in diesem Fall als normale Belange behandelt werden18? Der Gesetzgeber hat daraufhin mit dem BauROG 1998 versucht, diese Frage zu beantworten, indem er in § 1a Abs. 2 Nr. 2 BauGB keinen allgemeinen Vorrang der Eingriffsregelung und der naturschutzrechtlichen Belange in der bauplanungsrechtlichen Abwägung zugelassen hat; er beabsichtigte einen entscheidenden Beitrag zur Klarstellung der Verhältnisse zwischen Eingriffsregelung und Bauleitplanung19. Die Frage der abstrakten Gewichtung der naturschutzrechtlichen Belange bei der bauleitplanerischen Abwägung, wenn darin die Eingriffsregelung einbezogen wird, ist aber auch nach dem BauROG 1998 nicht endgültig entschieden20. Mit der Novelle des BNatSchG von 2002 wurde die Eingriffsregelung neu strukturiert und inhaltlich umfassend geändert. Eine kleine Änderung 15 Kritisch über die Umsetzung dieser Kompromisslösung in der Praxis Reihnhardt, Bauleitplanung und Naturschutz, S. 4. 16 Dazu z. B. Schrödter, in: Schrödter (Hrsg.), BauGB, § 1a, Rn. 46a; Uechtritz, NuR 2001, S. 374 ff. (375 ff.); Stollmann, UPR 1994, S. 170 ff. 17 Zur Bedeutung der Planungsleitsätze in der bauleitplanerischen Abwägung allgemein und zu ihrer Abgrenzung von den Planungsgrundsätzen und den Optimierungsgeboten Hoppe, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 5, Rn. 22 ff. 18 Keine vorrangige Bedeutung bei der bauleitplanerischen Abwägung gewährt den naturschutzrechtlichen Belangen der Eingriffsregelung Stich, in: Schlichter/Stich (Hrsg.), Berliner Kommentar zum BauGB, § 8a BNatSchG, Rn. 21 schon angesichts der Rechtslage im Jahre 1993. Als Planungsleitsatz in der bauleitplanerischen Abwägung betrachtet dagegen Gassner, NuR 1993, S. 252 ff. (253 f.) die Anwendung der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung. 19 Vgl. BT-Drs. 13/6392, S. 43 i. V. m. S. 91. 20 Dazu näheres unten 2. Teil Kap. 2. A. II. 4. b).

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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hat die Anwendung der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung durch das EAG Bau21 mit der Streichung des zweiten Halbsatzes des § 21 Abs. 2 S. 1 BNatSchG erfahren. Das Konzept der Anwendung der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung blieb aber nach der umfassenden Novellierung des BauGB durch das Gesetz von 2004 unangetastet22. c) Änderung des Bebauungsplans und Anwendung der Eingriffsregelung Somit ist im Gesetz die Anwendung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung bei der Aufstellung, aber auch bei der Änderung, Ergänzung oder Aufhebung von Bauleitplänen angeordnet. Im Hinblick auf die Änderung eines Bauleitplans ist es aber im Gesetz nicht abschließend geregelt und deshalb umstritten, ob die Eingriffsprüfung erneut für jeden vom (geänderten) Bauleitplan erlaubten Eingriff stattfinden soll, oder ob sie sich nur auf die durch die Änderung verusachten neuen oder zusätzlichen Eingriffe beschränken soll. Auf der einen Seite spricht einiges für die vollständige Anwendung der Eingriffsregelung auch bei Änderungen von Bauleitplänen, also für die erneute Prüfung von an sich schon zugelassenen Eingriffen23. Auch die in der Vergangenheit schon zugelassenen Eingriffe können in der Zukunft angesichts von eventuell neuen ökologischen Parametern anders beurteilt und bewertet werden, so dass sie nunmehr als Eingriffe angesehen werden müssen. Außerdem stellt nach der Änderung des Bauleitplans nur der neue Plan die Grundlage für Eingriffe in Natur und Landschaft dar, so dass die Eingriffsregelung auch für die schon aufgrund des ursprünglichen Bauleitplans überplanten Flächen uneingeschränkt angewandt werden muss. Ein weiteres Argument in diese Richtung liefert die Vorschrift des § 1a Abs. 3 S. 5 BauGB. Danach kann bei der Bauleitplanung auf einen Ausgleich verzichtet werden, wenn der Eingriff schon vor der planerischen Entscheidung erfolgt oder zugelassen worden ist. Diese Regelung bezieht sich ausdrücklich nur auf den Ausgleich des Eingriffs und macht einen solchen Ausgleich entbehrlich; die Eingriffsregelung beschränkt sich aber nicht auf die Erforder21 Gesetz zur Anpassung des Baugesetzbuches an EU-Richtlinien (Europarechtsanpassungsgesetz Bau-EAG) v. 24.6.2004, BGBl I, S. 1359. 22 Zu den wenig bedeutenden Änderungen der Anwendung der Eingriffsregelung in der Bauleitplanung durch den EAG Bau 2004 Schubert, Harmonisierung umweltrechtlicher Instrumente, S. 274 ff. 23 So BVerwG, Urt. v. 31.8.2000 – 4 CN 6.99, NuR 2001, S. 150 ff. (151); Uechtritz, NuR 2001, S. 374 ff. (376); anscheinend so auch Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 21, Rn. 20; Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/SchmidtRäntsch, BNatSchG, § 21, Rn. 14.

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

lichkeit eines Ausgleichs24. Diese Vorschrift ist also nur dann sinnvoll, wenn sie dahingehend interpretiert wird, dass für die bereits vor der planerischen Entscheidung zugelassenen Eingriffe kein Ausgleich erforderlich ist, die Prüfung einer eventuellen Vermeidung des Eingriffs – wenn dies noch möglich sein sollte – jedoch erfolgen muss25. Auf der anderen Seite würde aber eine Erweiterung der Eingriffsprüfung bei der Änderung von Bauleitplänen auf schon zugelassenen oder sogar erfolgten Eingriffe erhebliche Bedenken im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit auslösen und zu Kollisionen mit den Eigentumsrechten führen. Die Einzelnen verlassen sich auf die gemeindliche Bauleitplanung, durch die eine gewisse Rechtsstabilität erreicht werden soll und bestimmte Bodennutzungen zugelassen werden. Auf diese Nutzungen können sich konkrete Rechte stützen (Bestandsschutzprinzip). Die Entscheidung über die Zulassung eines Eingriffs, die bei der Aufstellung eines Bauleitplans eventuell schon getroffen worden ist, muss endgültig sein und Rechtssicherheit schaffen; sie kann nicht bei jeder Änderung des Bauleitplans von der Gemeinde neu überprüft werden. Eine solche Lösung würde bei den Bürgern eine erhebliche Unsicherheit über den rechtlichen Status des Bauleitplans auslösen und sie würde eventuell auch in ausreichend gesicherte Eigentumsrechte und sonstige verfestigte Rechtspositionen eingreifen. Aus diesem Grund wird überwiegend und zu Recht anerkannt, dass die Eingriffsprüfung bei einer Änderung der Bauleitpläne sich auf die neuen oder zusätzlichen Eingriffe in Natur und Landschaft beschränken soll26. Somit hat die Vorschrift des § 1a Abs. 3 S. 5 BauGB eine bloße „klarstellende“ Bedeutung27. 24

Zu den unterschiedlichen Prüfungsstadien der Eingriffsregelung ausführlich unten 2. Teil Kap. 2. A. II. 25 Uechtritz, NuR 2001, S. 374 ff. (376 f.). Ein Widerspruch weist diese Meinung aber in Bezug auf die erste Konstellation der Vorschrift, nämlich den Fall, in dem ein Eingriff schon vor der planerischen Entscheidung erfolgt worden ist, auf. In diesem Fall ist eine Vermeidung des Eingriffs nicht mehr möglich, so dass die Anwendung der Eingriffsregelung sich notwendigerweise nur auf den Ausgleich des Eingriffs beschränken kann. Die andere Komponente der Eingriffsregelung, nämlich die Vermeidung des Eingriffs, ist in diesem Fall natürlich ausgeschlossen. 26 Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 1a, Rn. 103; ders., in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1a, Rn. 29; Schink, DVBl. 1998, S. 609 ff. (617); OVG Lüneburg, Urt. v. 27.8.1997 – 1 K 7061/95, NuR 1998, S. 497. Dasselbe gilt auch für die Überplanung eines sich im Innenbereich befindenden Gebiets. 27 Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 1a, Rn. 102; ders., in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1a, Rn. 29.

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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3. Exkurs: Eingriffsregelung im Außen- und im unbeplanten Innenbereich (Planersatz) Zur Vollständigkeit der Untersuchung muss noch folgende Frage beantwortet werden: Findet die Eingriffsregelung auch bei Bauvorhaben im unbeplanten Innen- und im Außenbereich Anwendung? Bei Vorhaben im unbeplanten Innenbereich hat der Gesetzgeber auf die Anwendung der Eingriffsregelung verzichtet. Für diesen Bereich hat er mit § 34 BauGB eine abschließende Regelung getroffen. Die Voraussetzungen der Zulässigkeit von Vorhaben im unbeplanten Innenbereich sind im Gesetz festgelegt und deren Erfüllung führt die Zulässigkeit des Vorhabens herbei. Der Grund für diese Lösung liegt darin, dass bei dieser „gesetzlichen Planung“ der Gesetzgeber alle einschlägigen Interessen, darunter auch die naturschutzrechtlichen, ausreichend mitberücksichtigt hat28. Die Vorhaben dürfen an keinen allgemeinen umwelt- oder naturschutzrechtlichen Interessen mehr scheitern29. Außerdem finden die umwelt- und naturschutzrechtlichen Belange durch das Erfordernis des „Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung“ auch bei der Zulassung von konkreten Vorhaben in diesem Bereich ausreichend Berücksichtigung30. So ist eine zusätzliche Prüfung der Beeinträchtigung der naturschutzrechtlichen Belange durch die Durchführung einer Eingriffsprüfung bei der Zulassung von Vorhaben entbehrlich. Demgemäß findet die allgemeine Eingriffsregelung der §§ 18 ff. BNatSchG nach § 21 Abs. 2 S. 1 BNatSchG keine Anwendung bei Vorhaben, soweit diese sich in die Eigenart der näheren Umgebeung einfügen. Die Unanwendbarkeit der Eingriffsregelung wird aber dadurch kompensiert, dass gem. § 21 Abs. 3 S. 1 BNatSchG über die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 34 BauGB nach Benehmen mit den für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden entschieden werden muss. Bei Vorhaben im Außenbereich dagegen ist die rechtliche Lage anders zu beurteilen. Die Zulässigkeit von Vorhaben im Außenbereich wurde vom Gesetzgeber in § 35 BauGB im Regelfall31 nicht abschließend festgelegt. 28

Schink, NuR 1993, S. 365 ff. (369). Zu einer wichtigen Einschränkung dieser Aussage siehe aber oben 1. Teil Kap. 2. B. I. 4. in Bezug auf die Anwendung der artenschutzrechtlichen Regelung auch bei den Vorhaben im Innenbereich. Die Anwendung der Vorschriften des gesetzlichen Artenschutzes bei Vorhaben im Innnenbereich wird nämlich auch damit begründet, dass in diesem Fall keine allgemeine Eingriffsprüfung stattfindet. 30 Vgl. BT-Drs. 12/3944, S. 26; Gassner, NuR 1993, S. 252 ff. (256); Dürr, BauR 1993, S. 460 ff. (472); Schink, NuR 1993, S. 365 ff. (369). 31 Mit Ausnahme der privilegierten Vorhaben in § 35 Abs. 1 BauGB, deren gesetzlich geregelte Zulässigkeit ebenfalls die Merkmale einer abschließenden Regelung aufweist. 29

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

Für diesen Fall wurden im Gesetz die Voraussetzungen festgelegt, die unter Umständen zur Zulässigkeit von Vorhaben im Außenbereich führen können. Aus diesem Grund wird bei Vorhaben im Außenbereich die allgemeine Eingriffsregelung der §§ 18 ff. BNatSchG uneingeschränkt angewandt32. Eine eventuelle Vorverlagerung der Eingriffsregelung auf eine vorherige Planungsstufe kommt in diesem Fall nicht in Betracht, weil der Gesetzgeber für den Außenbereich nicht die abschließende Regelung der Zulässigkeit der Vorhaben, sondern nur die Festlegung von Mindestvoraussetzungen der Zulässigkeit beabsichtigt hat. Aus diesem Grund ist also davon auszugehen, dass er bei dieser „Planung“ die umwelt- und naturschutzrechtlichen Belange nicht abschließend berücksichtigt hat, und so ist die Eingriffsprüfung im Genehmigungsverfahren in diesem Fall nicht entbehrlich. II. Ausgestaltung der Anwendung der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung und Abweichungen von der allgemeinen Eingriffsregelung der §§ 18 ff. BNatSchG 1. Kriterien für die Annahme eines Eingriffs Die Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung und die allgemeine Eingriffsregelung der §§ 18 ff. BNatSchG stimmen insbesondere im Hinblick auf die Kriterien der Annahme des Eingriffs überein. Die Frage, ob ein Eingriff in den Naturhaushalt oder in das Landschaftsbild33 aufgrund der Bauleitplanung zu erwarten ist, entscheidet sich nach den Vorschriften der §§ 18 ff. BNatSchG. Üblicherweise wird – nicht ganz präzise formuliert – ausgesagt, dass das Ob des Eingriffs nach dem BNatSchG zu beurteilen, das Wie dagegen nach dem BauGB zu bestimmen ist. Diese Regel wird aus dem Wortlaut des § 21 Abs. 1 BNatSchG abgeleitet. Gemäß dieser Vorschrift ist über Vermeidung, Ausgleich und Ersatz des Eingriffs nach dem BauGB zu entscheiden. Die Voraussetzungen für die Annahme eines Eingriffs in den Naturhaushalt oder das Landschaftsbild bei der Bauleitplanung sind also dieselben wie auch bei der Anwendung der allgemeinen Eingriffsregelung34. 32

§ 21 Abs. 2 S. 2 BNatSchG. Das Landschaftsbild wird in diesem Fall rein optisch und nicht im Sinne der Landschaft als Teil von Natur und Landschaft beurteilt. In diesem Sinne genießt das Landschaftsbild den Schutz als natürlicher Erholungsraum des Menschen, Schrödter, in: Schrödter (Hrsg.), BauGB, § 1a, Rn. 56; Stich, DVBl. 2002, S. 1588 ff. (1590). Insofern entspricht der Landschaftsschutz in diesem Fall auch den griechischen Vorschriften. Vgl. dazu die Definition der Landschaft in der Einf. B. 34 Fischer-Hüftle, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 21, Rn. 9; Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 1a, Rn. 66; ders., in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1a, Rn. 18. 33

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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a) Definition des Eingriffs Die Definition des Eingriffs in den Naturhaushalt und das Landschaftsbild hält § 18 Abs. 1 BNatSchG bereit. Wie soeben erwähnt, gilt sie auch für Eingriffe, die aufgrund von Bauleitplänen zu erwarten sind. Hiernach sind als Eingriffe in Natur und Landschaft Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen oder Veränderungen des Grundwasserspiegels zu betrachten. Dieses äußerliche Kriterium reicht aber nicht aus. Damit diese Veränderungen als Eingriffe im Sinne des Gesetzes bilden, müssen sie ein solches Maß an Intensität aufweisen, dass sie die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können. Mit dieser Definition zieht also der Gesetzgeber zwei Kriterien für die Annahme eines Eingriffs heran, nämlich ein formelles und ein funktionelles35. Das formelle Kriterium bezieht sich auf die (äußerliche) Veränderung der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen oder des Grundwassers. Das funktionelle Kriterium stellt dagegen auf die Beeinträchtigung der bisherigen Funktionen und Leistungen des Naturhaushalts oder des Landschaftsbilds infolge des Eingriffs ab, die zudem einen solchen Grad erreicht haben muss, dass sie als erheblich zu bezeichnen ist. Zur Klarstellung wiederholt § 1a Abs. 3 S. 1 BauGB das funktionelle Kriterium mit nahezu derselben Formulierung. Beide Kriterien, das formelle und das funktionelle, müssen nach dem Gesetz kumulativ erfüllt sein. b) Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen Nach dieser gesetzlichen Definition muss die Prüfung des Vorliegens eines Eingriffs in zwei Stadien durchgeführt werden. Zuerst wird der bisherige Zustand der Natur und der Landschaft erhoben und bewertet (= Ermittlung des Sachverhalts) und anschließend werden die vom Vorhaben voraussichtlich verursachten Beeinträchtigungen des Naturhaushalts und des Landschaftsbilds ermittelt und bewertet (= Wirkungsprognose)36. Eine Frage, die in diesem Zusammenhang auftaucht, lautet, ob diese Beurteilungen des Zustands und der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts und des Landschaftsbildes nach anthropozentrischen oder nach rein ökologi35 Diese beiden Teile des Eingriffstatbestands werden auch als Ursache bzw. Wirkung des Eingriffs bezeichnet, Fischer-Hüftle, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 18, Rn. 2. 36 Dazu ausführlich Fischer-Hüftle/A. Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 19, Rn. 6 ff.; Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/SchmidtRäntsch, BNatSchG, § 18, Rn. 8 f.; Louis/Wolf, NuR 2002, S. 455 ff. (459 f.); Schubert, Harmonisierung umweltrechtlicher Instrumente, S. 135 ff.; Kratsch/Schumacher, Naturschutzrecht, S. 61 f.

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

schen Kriterien erfolgen muss37. Im ersten Fall ist für die Bejahung oder Verneinung eines Eingriffs auf die konkreten Funktionen und das konkrete Leistungspotential von Natur und Landschaft für den Menschen abzustellen. Im zweiten Fall dagegen ist diese Prüfung lediglich nach ökologischen Gesichtspunkten durchzuführen, d.h. man muss dabei die Funktionen und das Leistungspotential der in Frage kommenden Naturgüter für die Natur selbst als Maßstab für die Schwere der Beeinträchtigung nehmen. Die Frage ist im Gesetz nicht ausdrücklich geklärt. Man kann aber annehmen, dass der Gesetzgeber mit der Novellierung des BNatSchG 2002, insbesondere mit dem breiteren Einsatz des Prozesses der Ökologisierung dieses Gesetzes38 zu dieser Frage indirekt Stellung genommen hat, und zwar in die Richtung der Anwendung von rein ökologischen Kriterien für die Beurteilung des Eingriffs39. Normativ ist kein besonderes Verfahren zur Bewertung des gegenwärtigen und voraussichtlich zukünftigen Zustands zur Bejahung oder Verneinung eines Eingriffs festgelegt worden40. Aufgrund dieses Schweigens des Gesetzes kann davon ausgegangen werden, dass jede vertretbare wissenschaftliche Methode zur Anwendung kommen kann41. Eine Standardisierung der Bewertungsmethode ist aufgrund der zahlreichen für die Beurteilung der ökologischen Wertigkeit einer Fläche in Betracht kommenden Faktoren nicht möglich. Die Tragfähigkeit der jeweiligen Methode ist aus der sachgerechten, aus naturschutzrechtlicher Sicht plausiblen Begründung zu entnehmen und nach dem Maß der Nachvollziehbarkeit dieser Begründung zu überprüfen42. Außerdem ist eine Standardisierung der Bewertungsmethode 37 Vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 22.1.1996 – K 5436/93, NuR 1997, S. 298 ff. (300). 38 Vgl. vor allem § 1 S. 1 BNatSchG („Natur und Landschaft sind auf Grund ihres eigenen Wertes . . .“ zu schützen und zu pflegen). Dazu Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 33; Gellermann, NVwZ 2002, S. 1025 ff. (1026); Louis, NuR 2002, S. 385 ff. (385). 39 De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Baurechts, Naturschutz, Rn. E 38; Stich, DVBl. 2002, S. 1588 ff. (1592). 40 Dieselben Regeln gelten entsprechend auch für die Bewertung der Möglichkeiten der Vermeidung und der Kompensation (d.h. Ausgleich und Ersatz) der naturschutzrechtlichen Eingriffe. 41 OVG Münster, Urt. v. 17.10.1996 – 7a D 122/94.NE, DVBl 1997, S. 440; BVerwG, Beschl. v. 23.4.1997 – 4 NB 13.97, NuR 1997, S. 446; VGH Kassel, Urt. v. 25.5.2000 – 4 N 2660/91, NuR 2001, S. 278 ff. (280); BVerwG, Urt. v. 27.10.2000 – 4 A 18/99, NuR 2001, S. 216 ff. (222); BVerwG, Urt. v. 31.1.2002 – 4 A 15.01, NuR 2002, S. 539 ff. (548); Fischer-Hüftle/Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle (Hrsg.), BNatSchG, § 19, Rn. 15; Uechtritz, NVwZ 1997, S. 1182 ff. (1184). 42 OVG Münster, Urt. v. 17.10.1996 – 7a D 122/94, DVBl 1997, S. 440; OVG Münster, Urt. v. 28.7.1999 – 7a D 42/98, NVwZ-RR 2000, S. 573 ff. (576 f.);

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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auch nicht wünschenswert, da sie die Besonderheiten des Einzelfalls außer Betracht lassen würde43. Die Gemeinde hat infolgedessen im Falle eines eingreifenden Bauleitplans in eigener Verantwortung den Eingriffstatbestand zu bewerten44. Bei dieser Beurteilung kann der Inhalt eines vorhandenen Landschafts- oder Grünordnungsplans von großer Hilfe für die Gemeinde und von großer Bedeutung für die Richtigkeit der Entscheidung sein45. Eine der Bewertungsmethoden für Eingriffe, die bei der Bauleitplanung oft verwendet wird, ist die Berechnungsmethode nach dem Differenzverfahren. Danach ist für die Annahme eines Eingriffs auf die Differenz der ökologischen Wertigkeit zwischen dem Zustand des in Betracht kommenden naturschutzrechtlichen Elements (z. B. eines Biotops) vor und nach dem Eingriff abzustellen. Wenn diese Prüfung keine Differenz ergibt, dann ist ein Eingriff ausgeschlossen bzw. ein vollständiger Ausgleich des Eingriffs vorhanden46. Die auf diese Weise vorgehende Differenzmethode ist aber eindimensional, weil sie jeweils nur auf einen Faktor des Naturhaushalts und der Landschaftspflege abstellt, nämlich den Zustand des konkret in Betracht kommenden Naturgutes. So wird diese Methode zur Bewertung des Eingriffs und dessen Ausgleichs in der Rechtsprechung als rechtsfehlerhaft mit der Begründung angesehen, dass sie nicht alle vom Eingriff beeinflussten oder für die Schwere der Beeinträchtigung relevanten naturschutzrechtOVG Münster, Beschl. v. 21.8.2002 – 10a D 83/00.NE, NuR 2003, S. 378 ff. (380); Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 6, Rn. 177; Krautzberger, in: Battis/ Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1a, Rn. 24. A. A. Gassner, in: Gassner/BendomirKahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 19, Rn. 8, der die Standardisierungsverfahren als Ausgangs- (und nicht als Endpunkt) der Bewertung bevorzugt; vgl. auch Dürr, BauR 1994, S. 460 ff. (468), der als Standardisierungsmethode eine Art „TA Eingriff“ vorschlägt. 43 Fischer-Hüftle/A. Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 19, Rn. 13; Reinhardt, Bauleitplanung und Naturschutz, S. 43; dagegen Schäfer in Finke, Bericht vom Symposium des Zentralinstituts für Raumplanung an der Universität Münster am 8.9.2000, NuR 2001, S. 32 ff. (33 f.). 44 Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 1a, Rn. 85; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1, § 21, Rn. 10; Schubert, Harmonisierung umweltrechtlicher Instrumente, S. 140; Stich, UPR 2002, S. 10 ff. (13); ders., DVBl. 2002, S. 1588 ff. (1592); OVG Münster, Urt. v. 5.12.1996 – 7a D 23.97, UPR 1997, S. 379; BVerwG, Beschl. v. 23.4.1997 – 4 NB 13.97, NuR 1997, S. 446. 45 De Witt/Dreier, in: Hoppenberg/De Witt (Hrsg.), Handbuch des öffentlichen Baurechts, Naturschutz, Rn. E 113 f.; Schubert, Harmonisierung umweltrechtlicher Instrumente, S. 138 f.; Kratsch/Schumacher, Naturschutzrecht, S. 61; Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 1a, Rn. 71; ders., in: Battis/ Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1a, Rn. 20; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 21, Rn. 11; Stich, UPR 2002, S. 10 ff. (11); Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wagener (Hrsg.), Umweltschutz durch Satzungsrecht, Rn. 211, S. 121. Dazu auch oben 2. Teil Kap. 1. C. II. 1. b). bb). (2). (a). 46 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 6, Rn. 179.

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

lichen Parameter (wie z. B. die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts, das Landschaftsbild, den Erholungswert und das örtliche Klima) umfassend berücksichtigt und so den Erfordernissen einer sachgerechten Gesamtbewertung nicht nachkommt47. Nach alldem lässt sich festhalten, dass bei der Prüfung der Annahme eines Eingriffs und der Festlegung des Ausgleichs dieses Eingriffs bei der Bauleitplanung die Gemeinde jede vertretbare Bewertungsmethode verwenden kann, die in der Begründung des Bauleitplans als nachvollziehbar und plausibel erscheint und die alle einschlägigen Parameter des Naturhaushalts und der Landschaftspflege ausreichend mitberücksichtigt48. 2. Unterlassung von vermeidbaren Beeinträchtigungen a) Vermeidungspflicht bei der allgemeinen naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung Nach der Feststellung eines Eingriffs in die Natur oder das Landschaftsbild durch ein Vorhaben legt § 19 BNatSchG einige Pflichten des Vorhabenträgers fest, die stufenweise erfüllt werden müssen. Zunächst gilt die „Vermeidungspflicht“ des § 19 Abs. 1 BNatSchG: Vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft sind zu unterlassen. Die Auswirkungen des Projekts auf die Naturgüter müssen möglichst vermieden oder begrenzt werden, indem naturschonende Alternativen zur Vermeidung oder Verminderung der Beeinträchtigung von Natur und Landschaft in Betracht gezogen werden49. Diese Regelung stellt zwingendes Recht dar, so dass vermeidbare Eingriffe nicht Gegenstand einer Abwägung sein können, sondern ohne weiteres unterlassen werden müssen50. An dieser Stelle ist eine Klarstellung erforderlich. Man könnte auf den Gedanken kommen, dass die Prüfung der Vermeidbarkeit eventuell auch 47

VGH Kassel, Urt. v. 25.5.2000 – 4 N 2660/91, NuR 2001, S. 278 ff. (280). Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 1a, Rn. 87; Wolf, NuR 2001, S. 481 ff. (484). 49 Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 19, Rn. 19; Tegethoff, NuR 2002, S. 654 ff. (655); Schink, DVBl. 1992, S. 1390 ff. (1397). Zur Alternativenprüfung bei der bauleitplanerischen Abwägung allgemein Spannowsky, UPR 2005, S. 401 ff. 50 Fischer-Hüftle/A. Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 19, Rn. 21; Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 19, Rn. 14; Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 111; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 19, Rn. 6; Schink, NuR 1993, S. 365 ff. (373); aus der Rechtsprechung BVerwG, Urt. v. 30.10.1992 – 4 A 4.92, NuR 1993, S. 125 ff. (128); ihm folgend BVerwG, Urt. v. 7.3.1997 – 4 C 10.96, BVerwGE 104, S. 144 ff. (150); BVerwG, Urt. v. 27.10.2000 – 4 A 18.99, NVwZ 2001, S. 673 ff. (681). 48

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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die Möglichkeit der Vermeidung durch eine gänzliche Unterlassung des Vorhabens miteinbezieht. Bei dieser Frage handelt es sich um die sog. „Null-Variante“ Problematik: Es wird also gefragt, ob bei der Alternativenprüfung auch die „Null-Variante“ eine zumutbare Alternative darstellt. Es liegt auf der Hand, dass eine bejahende Antwort zu dem absurden Ergebnis führen würde, dass auf jede Beeinträchtigung ohne weiteres zu verzichten wäre, da sie auf jeden Fall durch die Unterlassung des Vorhabens vermieden werden könnte51. Wenn der Gesetzgeber dieses Ergebnis gewollt hätte, hätte er die Eingriffsregelung anders gestaltet, er hätte nämlich keine mehrstufige Eingriffsprüfung vorgesehen, sondern eine eindimensionale abschließende Vermeidungspflicht festgelegt. Bei der Eingriffsregelung geht der Gesetzgeber aber von einer grundsätzlichen Zulässigkeit des Vorhabens aus. Zu Recht wird also angenommen, dass bei der Prüfung, ob eine Beeinträchtigung entbehrlich ist, die Möglichkeit des völligen Unterbleibens des Vorhabens keine zumutbare Alternative darstellt. Anders ausgedrückt, ist eine Beeinträchtigung nur dann als vermeidbar anzusehen, wenn durch ihre Unterlassung das Vorhaben selbst nicht beeinträchtigt wird52. b) Berücksichtigung von Vermeidungsmöglichkeiten bei der Bauleitplanung Es stellt sich die Frage, wie die Vermeidungspflicht der allgemeinen Eingriffsregelung im Fall ihrer Anwendung bei der Bauleitplanung aussieht. Ist auch dann eine vermeidbare Beeinträchtigung von Natur und Landschaft wie bei der allgemeinen Eingriffsregelung der §§ 18 ff. BNatSchG ohne weiteres zu unterlassen? Oder ist die Vermeidbarkeit der Beeinträchtigung in diesem Fall in die planungsrechtliche Abwägung einzubeziehen? Die Einbeziehung in die planerische Abwägung würde bedeuten, dass der Eingriff trotz seiner Vermeidbarkeit zugelassen werden könnte, wenn z. B. andere Belange für diese Zulässigkeit sprechen würden. Die Auslegung des Wortlauts der einschlägigen Vorschriften weist auf die zweite Variante hin. § 21 Abs. 1 BNatSchG verweist für die Vermeidung (wie auch für den Ausgleich und den Ersatz) des Eingriffs auf die Vorschriften des BauGB. Dementsprechend sieht § 1a Abs. 3 S. 1 BauGB vor, dass die Vermeidung der zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft in 51 Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 19, Rn. 20; Schubert, Harmonisierung umweltrechtlicher Instrumente, S. 141; Brohm, in: FS Hoppe, S. 511 ff. (512). So OVG Lüneburg, Urt. v. 22.1.1996 – K 5436/93, NuR 1997, S. 298 ff. (300) im Falle von Bauleitplänen. 52 Fischer-Hüftle/A. Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 19, Rn. 17.

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

der planungsrechtlichen Abwägung zu berücksichtigen ist. Diese beiden Vorschriften stimmen darin überein, dass vermeidbare Beeinträchtigungen nicht ohne weiteres unterlassen werden müssen, sondern dass über deren Unterlassung oder Zulassung nach der bauleitplanerischen Abwägung zu entscheiden ist53. Dieses Ergebnis war aber nicht immer selbstverständlich. Hauptsächlich in der Rechtsprechung und Literatur aus der Zeit vor dem BauROG 1998 war die Ansicht vertreten worden, dass auch bei der Bauleitplanung die Vermeidungspflicht als zwingendes Recht und genauer als Planungsleitsatz bei der planerischen Abwägung angewandt werden müsste, so dass sie von anderen Belangen nicht verdrängt werden könnte54. Eine solche Lösung wurde früher sogar als vereinbar mit dem Wortlaut des § 8a Abs. 1 BNatSchG a. F.55 angesehen: Der Verweis des Gesetzes auf die bauleitplanerische Abwägung bei der Vermeidung sowie beim Ausgleich und Ersatz des Eingriffs schließt die Vorlage eines Planungsleitsatzes nicht aus56. Dieser Verweis könnte durchaus die Beurteilung der Vermeidbarkeit bzw. der Ausgleichbarkeit und der Art der Kompensation des Eingriffs und nicht die Pflicht zur Unterlassung der vermeidbaren und zum Ausgleich der ausgleichbaren Eingriffe meinen. Dafür spricht schließlich, dass die Bauleitplanung nicht immer von einer frei zu gestaltenden planerischen Abwägung gesteuert wird; zwingende Planungsleitsätze sind in der bauleitplanerischen Abwägung durchaus möglich57. Darüber hinaus wirft die Relativierung des Vermeidungs- und Ausgleichsgebots bei der Bauleitplanung durch die planerische Abwägung gewisse 53 So die herrschende Meinung; vgl. Fischer-Hüftle, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 21, Rn. 13; Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 1a, Rn. 63; ders., in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1a, Rn. 23; Schink, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 837 ff. (861); ders., DVBl. 1998, S. 609 ff. (611); Uechtritz, NVwZ 1997, S. 1182 ff. (1185); Battis/ Krautzberger/Löhr, NVwZ 1997, S. 1145 ff. (1147). 54 So Gassner, NuR 1993, S. 252 ff. (255); Blume, NVwZ 1993, S. 941 ff. (942); Stollmann, UPR 1994, S. 170 ff. (174); Ecker/Engel/Schäfer, VBlBW 1994, S. 217 ff. (221); aus der neueren Literatur anscheinend auch Bunge, in: LübbeWolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 1 ff. (235, 238); Stich, DVBl. 2002, S. 1588 ff. (1592); in diese Richtung über das Vermeidnungsgebot auch Stüer, NVwZ 2005, S. 508 ff. (510). 55 Diese Vorschrift stimmt mit dem heutigen § 21 Abs. 1 BNatSchG völlig überein. 56 Vgl. Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. A 1231. 57 Vgl. aus der älteren Rechtsprechung z. B. BVerwG, Urt. v. 22.3.1985 – 4 C 73.82, BVerwGE 71, S. 163 ff. (164). Solche Planungsleitsätze für die Bauleitplanung stellen auch die zwingenden Vorschriften des Rechts der Schutzgebietsausweisungen, des Artenschutzrechts, des Biotopschutzrechts und des Fortschutzrechts dar, dazu ausführlich im 1. Teil dieser Arbeit.

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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rechtssystematische und teleologische Bedenken auf, die einer besonderen Ermittlung bedürfen. Diese soll zunächst im Hinblick auf die Gesetzessystematik erfolgen. Sowohl das BNatSchG als auch das BauGB geht von einer klaren Trennung zwischen vermeidbaren und auszugleichenden Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft aus. Eine Verschränkung der Rechtsfolgen dieser beiden Kategorien, indem auch die vermeidbaren Beeinträchtigungen nach der bauleitplanerischen Abwägung eventuell anzunehmen und auszugleichen sind, wirkt also dem klaren Willen des Gesetzgebers entgegen, zwischen Vermeidungs- und Ausgleichs- bzw. Ersatzpflicht zu unterscheiden. Die klaren Linien zwischen Vermeidung und Kompensation58 des Eingriffs werden auf diese Weise verwischt. Dieser Einwendung kann allerdings entgegengehalten werden, dass die Unterscheidung zwischen Vermeidbarkeit und Unterlassung einerseits und Ausgleichbarkeit und Kompensation des Eingriffs nicht unbedingt durch die Einordnung dieser Pflichten als Planungsleitsätze gewährleistet werden muss; die Differenzierung kann auch durch eine Ausgestaltung dieser Vorschriften als bloße Berücksichtigungsgebote und ihre innere Abstufung innerhalb der planerischen Abwägung erfolgen. Außerdem ist die Reduzierung der Vermeidungspflicht auf einen Abwägungsbelang auch aus weiteren rechtssystematischen und teleologischen Gründen problematisch. Sinn und Zweck der Eingriffsregelung insgesamt ist es, die Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft entweder ganz zu verhindern oder auf ein Mindestmaß zu beschränken. Dem widerspricht es, wenn für aufgrund eines Bauleitplans zu erwartende Eingriffe, die ohne Beeinträchtigung der Planung vermieden werden können59, keine Unterlassungspflicht besteht60. Das Vermeidungsgebot im Rahmen der Ein58 Im Rahmen der folgenden Untersuchungen wird der Begriff der Kompensation der naturschutzrechtlichen Eingriffe in einem allgemeinen Sinne benutzt, so dass darunter sowohl Ausgleichs- als auch Ersatzmaßnahmen fallen. Für diese allgemeine Verwendung des Begriffs der Kompensation ist es unerheblich, dass der Gesetzgeber im § 19 Abs. 2 S. 1 BNatSchG diesen Begriff nur für die Ersatzmaßnahmen benutzt. Die Verwendung dieses Begriffs in einem breiteren Sinne wird nämlich auch vom Sinn der Vorschrift bestätigt: Die Ersatzmaßnahmen stellen die Kompensation des Eingriffs „in sonstiger Weise“ (als die Ausgleichsmaßnahmen) dar, was bedeutet, dass nach dem Gesetz auch die Ausgleichsmaßnahmen eine Art der Kompensation des Eingriffs darstellen. 59 Wie schon oben erwähnt, gehört diese Voraussetzung zu den Definitionsmerkmalen der Vermeidbarkeit. 60 Diese Argumentation verschärft sich beträchtlich, wenn man bedenkt, dass durch die Anwendung der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung ihre Anwendung im konkreten Verfahren zur Erteilung der Baugenehmigung ausgeschlossen wird. So wird die Vermeidungspflicht auch nicht im späteren Stadium des konkreten Zulassungsverfahrens gewahrt.

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

griffsregelung stellt letzten Endes eine besondere Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsprinzips und genauer des Übermaßverbots61 dar, an das sich auch die Bauleitplanung zu halten hat. Eine Berücksichtigung der vermeidbaren Beeinträchtigungen in der planungsrechtlichen Abwägung und somit ihre eventuelle Aufnahme in die Bauleitpläne ist mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip und dem Grundsatz der Erforderlichkeit der Bauleitplanung62 nicht vereinbar. Die Planung ist nämlich in diesem Fall nicht erforderlich, da dadurch die Natur möglicherweise durch eine Beeinträchtigung belastet wird, ohne dass diese Belastung erforderlich für die städtebauliche Entwicklung ist. Den planungsrechtlichen Belangen der Gemeinde kann auf der anderen Seite durch die Beurteilung der „Vermeidbarkeit“ des Eingriffs in der bauplanungsrechtlichen Abwägung ausreichend Rechnung getragen werden. Trotz dieser Einwendungen hat sich vor allem nach Einführung der Vorschrift des § 1a Abs. 3 BauGB durch das BauROG 1998 nahezu allgemein und zu Recht die Lösung durchgesetzt, dass über die Vermeidbarkeit und die Unterlassung des Eingriffs nach den Vorschriften des BauGB, nämlich im Rahmen der bauplanerischen Abwägung, zu entscheiden ist und dass dabei das Vermeidungsgebot als ein Belang betrachtet werden muss, das unter Umständen „weggewogen“ werden kann63. Anders als bei der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung der §§ 18 ff. BNatSchG wird also die Vermeidungspflicht im Fall der Anwendung der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung als ein Gebot zur Minimierung der Beschädigung der naturschutzrechtlichen Güter angesehen, das aber in der bauleitplanerischen Abwägung von anderen Belangen verdrängt werden kann64. Solche Beeinträchtigungen können also unter Umständen zugelassen und der Prüfung nach einem möglichen Ausgleich oder Ersatz unterzogen werden. Die Rechtsprechung hat die Konsequenzen dieser Lösung zu mildern versucht, indem sie das Vermeidungs- und Ausgleichsgebot zwar nicht als Planungsleitsätze, aber immerhin als Abwägungsbelange mit herausragender Bedeutung bei der planerischen Abwägung betrachtet hat65. 61

Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 21, Rn. 20. 62 § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB. 63 Damit ist aber noch nichts über das besondere Gewicht, das das Vermeidungsgebot eventuell bei der bauleitplanerischen Abwägung erlangen muss, gesagt. 64 Konsequenterweise führt die (irrtümliche) Annahme der Gemeinde einer strikten Vermeidungspflicht von der Gemeinde sogar zur Fehlerhaftigkeit der Abwägung, Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1a, Rn. 24; OVG Münster, Urt. v. 28.6.1995 – 7a D 44/94, NVwZ 1996, S. 274 ff. (275). 65 Zur Gewichtung dieser Belange bei der bauleitplanerischen Abwägung ausführlich unten 2. Teil Kap. 2. A. II. 4. b). bb).

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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3. Maßnahmen zum Ausgleich und zum Ersatz des Eingriffs a) Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in der allgemeinen Eingriffsregelung Wenn sich die Ermittlung einer Möglichkeit der Vermeidung des Eingriffs als aussichtslos erwiesen hat, kommt bei der allgemeinen Eingriffsregelung die Prüfung einer Kompensationsmöglichkeit (durch Ausgleichsoder Ersatzmaßnahmen) zum Einsatz. aa) Unterscheidung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen Im BNatSchG wurde schon in der ersten Fassung von 1976 zwischen Maßnahmen zum Ausgleich und Maßnahmen zum Ersatz des Eingriffs differenziert66. Zu diesem Zeitpunkt gab es aber eine gesetzliche Definition nur der Ausgleichsmaßnahmen67; für die Ersatzmaßnahmen dagegen bestand keine Legaldefinition. So entstand eine Unsicherheit und eine entsprechende Diskussion über die Reichweite der beiden Arten von Maßnahmen und über ihre Abgrenzung voneinander. Diese Unsicherheit ergab sich auch daraus, dass die gesetzliche Definition der Ausgleichsmaßnahmen den durch die Dogmatik schon zu diesem Zeitpunkt entwickelten Unterschied zwischen gleichartigem Ausgleich und gleichwertigem Ersatz nicht deutlich genug zum Ausdruck brachte68. Ganz im Gegenteil erweckte der Wortlaut des § 8 Abs. 2 S. 4 BNatSchG Fassung 197669 den Eindruck, dass als ausgeglichen auch diejenigen Eingriffe galten, die zwar den Naturhaushalt in seinem vorherigen Zustand nicht wiederherstellten, ihn aber auf gleichwertige Weise kompensierten. Falls aber der Begriff des Ausgleichs so weit verstanden werden sollte, würde es zu Verschränkungen und weitgehenden Überschneidungen zwischen Ausgleich und Ersatz kommen, und auch die dogmatische Grenzlinie zwischen den beiden Kategorien von Kompensationsmaßnahmen würde vermisst. Mit der Novellierung des BNatSchG 2002 und der Neugestaltung der Eingriffsregelung wurde vom Gesetzgeber Klarheit geschaffen. In § 19 Abs. 2 S. 2 und 3 BNatSchG werden nunmehr sowohl die Ausgleichs- als 66 Die Ausgleichsmaßnahmen wurden in § 8 Abs. 2 BNatSchG Fassung 1976 und die Ersatzmaßnahmen in § 8 Abs. 9 BNatSchG Fassung 1976 vorgesehen. 67 § 8 Abs. 2 S. 4 BNatSchG in der Fassung von 1976. 68 Aber auch in der Literatur wurde zu diesem Zeitpunkt dieser dogmatischen Unterscheidung nicht immer konsequent gefolgt; vgl. Schink, DVBl. 1992, S. 1390 ff. (1398 f.); Berkemann, NuR 1993, S. 97 ff. (106). 69 „Ausgeglichen ist ein Eingriff, wenn nach seiner Beendigung keine erhebliche oder nachteilige Beeinträchtigung des Naturhaushalts zurückbleibt . . .“.

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

auch die Ersatzmaßnahmen definiert. Bei den Ausgleichsmaßnahmen stellt der Gesetzgeber auf die (gleichartige) Wiederherstellung der beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts und des Landschaftsbilds oder auf seine (gleichartige) Neugestaltung ab. Die Ersatzmaßnahmen zielen dagegen auf die gleichwertige Ersetzung der Funktionen des Naturhaushalts oder die (gleichwertige) Neugestaltung des Landschaftsbilds ab. Beim Ausgleich eines Eingriffs handelt es sich also um die Wiederherstellung des Zustands der Natur und Landschaft in genau denselben Zustand wie vor dem Eingriff70. Beim Ersatz des Eingriffs dagegen geht es eher um die Erreichung der funktionalen Gleichwertigkeit71 des naturschutzrechtlichen Status quo vor und nach dem Eingriff. Diese Definition lässt den Schluss zu, dass die Ausgleichsmaßnahmen eher zum Schutz und zur Schonung der Natur und der Landschaft beitragen als die Ersatzmaßnahmen, die eher für eine gewisse Flexibilität der Verwaltung bei der Zulassung der Eingriffe sorgen. bb) Verhältnis von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen Ausgleich und Ersatz des Eingriffs waren nach der Ursprungsfassung der Eingriffsregelung und bis zu ihrer Novellierung im Jahr 2002 strikt von einander getrennt und in einer jeweils unterschiedlichen Phase des Prüfungsvorgangs zu prüfen72. Zunächst war die Möglichkeit einer Vermeidung der durch den Eingriff verursachten Beeinträchtigung zu untersuchen. Bei unvermeidbaren Eingriffen sollten Ausgleichsmaßnahmen in Betracht gezogen werden. Falls auch diese Prüfung aussichtslos ausfallen sollte, musste eine Abwägung zwischen den naturschutzrechtlichen und den für den Eingriff sprechenden Belangen stattfinden. Bei unausgleichbaren, aber nach der Abwägung trotzdem vorrangigen Eingriffen sollte dann anschließend eine Prüfung möglicher Ersatzmaßnahmen erfolgen. Auf diese Weise wurden Ersatzmaßnahmen praktisch nur bei einem nach der Abwägung schon zugelassenen Eingriff zu einer zusätzlichen Absicherung der naturschutzrecht70 Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 19, Rn. 12. Aber auch im Falle der Ausgleichsmaßnahmen darf diese Definition nicht wörtlich genommen werden; unvermeidbare Beeinträchtigungen des Naturhaushalts und des Landschaftsbilds lassen sich ökologisch gesehen fast nie exakt ausgleichen. Vielmehr muss annähernd die Wiederherstellung dieses Zustands angestrebt werden, Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 19, Rn. 24; Wolf, NuR 2004, S. 6 ff. (7); Wolf, NuR 2001, S. 481 ff. (484); Berkemann, NuR 1993, S. 97 ff. (102); Reinhardt, Bauleitplanung und Naturschutz, S. 26; Stich, in: Kormann (Hrsg.), Naturschutz und Bauleitplanung, S. 31. 71 Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 19, Rn. 20; Gassner, in: Gassner/ Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 19, Rn. 35 f. 72 Dazu ausführlich unten in den Ausführungen zum Abwägungsgebot 2. Teil Kap. 2. A. II. 4.

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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lichen Belange getroffen. Ersatzmaßnahmen allein konnten dagegen keinen Eingriff rechtfertigen, wenn die vorherige Abwägung aller einschlägigen Belange nicht zugunsten des Eingriffs ausgefallen war73. Nach der Regelung des § 19 Abs. 2 S. 1 BNatSchG aus dem Jahr 2002 sieht aber das Verhältnis zwischen Ausgleich und Ersatz erheblich anders aus. Diese Vorschrift sieht die Prüfung sowohl von Ausgleichs- als auch von Ersatzmaßnahmen als zwingendes Recht74 schon vor der Abwägung vor, wobei die Prüfung und Anwendung von Ausgleichsmaßnahmen nach der eindeutigen Formulierung der gesetzlichen Regelung Vorrang vor der Anwendung der Ersatzmaßnahmen haben muss. Bei unvermeidbaren Eingriffen muss also vorrangig die Möglichkeit von Ausgleichsmaßnahmen berücksichtigt werden. Wenn diese Prüfung negativ ausfällt, soll die Möglichkeit von Ersatzmaßnahmen ermittelt werden75. Die Bejahung von (immerhin stufenweise zu prüfenden) Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen rechtfertigt also den Eingriff, ohne dass es einer Abwägung bedarf. Einer Abwägung aller einschlägigen Belange bedarf es nur bei einer erfolglosen Ausgleichs- und Ersatzprüfung. Aufgrund der Abwägung wird der Eingriff sodann endgültig zugelassen bzw. abgelehnt. Somit kommt den Ausgleichsund den Ersatzmaßnahmen die gleiche Rolle für die Annahme der Zulässigkeit eines Eingriffs zu, nämlich die eventuelle Rechtfertigung des Eingriffs ohne jegliche Abwägung76. Dieser entscheidende Schritt des Gesetzgebers in Richtung der Gleichstellung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen bei der Anwendung der allgemeinen Eingriffsregelung ist negativ zu bewerten. Diese neue Regelung dient nach der Gesetzesbegründung zwar der Behebung von Schwierigkeiten bei der Abgrenzung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen77. Die in der Praxis mit gewissen Schwierigkeiten verbundene Unterscheidung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen hat nunmehr tatsächlich einen 73 Schink, DVBl. 1992, S. 1390 ff. (1400); BVerwG, Urt. v. 27.10.2000 – 4 A 18/99, NVwZ 2001, S. 673 ff. (681). 74 Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 19, Rn. 14; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 19, Rn. 9; a. A. die frühere Rechtsprechung, vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.8.1990 – 4 B 104.90, NVwZ 1991, S. 69 f. (70), der in dieser Regelung ein in der Abwägung überwindbares Optimierungsgebot sieht; so auch BVerwG, Urt. v. 27.9.1990 – 4 C 44.87, BVerwGE 85, S. 348 ff. (362). 75 Fischer-Hüftle/A. Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 19, Rn. 27; Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener, Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, S. 1 ff. (234); Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/SchmidtRäntsch, BNatSchG, § 19, Rn. 33; Lorz/Müller/Stöckel, BNatSchG, § 19, Rn. 19; Gellermann, NVwZ 2002, S. 1025 ff. (1030). 76 Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 19, Rn. 27. 77 BT-Drs. 14/6378, S. 49; Gellermann, NVwZ 2002, S. 1025 ff. (1030).

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

Großteil ihrer Bedeutung verloren. Damit wurde vom Gesetzgeber mehr Rechtssicherheit, die Erleichterung des Vollzugs und die Verbesserung der Akzeptanz der Eingriffsregelung beabsichtigt78. Durch die Neuregelung ist aber im Ergebnis der Schutz von Natur und Landschaft geschwächt worden79. Trotz des immerhin weiter bestehenden Rangverhältnisses von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen weist die Vorziehung der Ersatzmaßnahmen vor die Abwägung auf die Tendenz hin, Vorhaben trotz fehlenden vollständigen Ausgleichs der dadurch verursachten Beeinträchtigungen zuzulassen. Eine bloß gleichwertige (und nicht gleichartige) Kompensation des Eingriffs reicht nunmehr aus, um das Projekt ohne Abwägung zu rechtfertigen. b) Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen im Falle der Anwendung der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung aa) Verhältnis von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen Das Verhältnis von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sieht bei der Anwendung der Eingriffsregelung im Rahmen der Bauleitplanung anders aus. § 21 Abs. 1 BNatSchG sieht vor, dass in diesem Fall über die Vermeidung, den Ausgleich oder den Ersatz eines Eingriffs nach den Vorschriften des BauGB zu entscheiden ist. Diese Aussage war zwar auch in § 8a Abs. 1 BNatSchG in der Fassung von 1993 enthalten, zusätzlich jedoch mit dem ausdrücklichen Vorbehalt der entsprechenden Anwendung der Vorschriften des BNatSchG Fassung 1976 über die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. Das führte praktisch dazu, dass auch im Fall der Anwendung der Eingriffsregelung in diesem Fall zwischen Ausgleich und Ersatz des Eingriffs strikt differenziert werden musste80. Diese Rechtslage hat sich erst mit dem BauROG 1998 und der Einführung der §§ 1a und 200a BauGB geändert. Seitdem hat auch der Verweis 78

BT-Drs. 14/6378, S. 49. Kritisch hierzu Fischer-Hüftle/A. Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 19, Rn. 35 f.; Rehbinder, NuR 2001, S. 361 ff. (365); a. A. Wolf, NuR 2001, S. 481 ff. (488), der in der Flexibilisierung des Instrumentariums der Kompensation des Eingriffs eine bessere Chance zur wirksamen Anwendung der Eingriffsregelung sieht. 80 Dazu z. B. Schrödter, in: Schrödter (Hrsg.), BauGB, § 1a, Rn. 59; Ecker/Engel/Schäfer, VBlBW 1994, S. 217 ff. (221). Der Unterschied zwischen Ausgleichsund Ersatzmaßnahmen bei der Bauleitplanung war aber auch nach dieser älteren Rechtslage nicht in allen Fällen deutlich, da die Kompensation des Eingriffs auf jeden Fall in der bauleitplanerischen Abwägung in Betracht gezogen werden musste, so dass Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen praktisch miteinander verschränkt wurden. 79

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des früheren § 8a Abs. 1 BNatSchG Fassung 1993 auf die Vorschriften des BauGB einen neuen Sinn erlangt. Nach § 1a Abs. 3 S. 2 BauGB Fassung 1998 (= nunmehr § 1a Abs. 3 S. 3 BauGB) können die Ausgleichsmaßnahmen auch an anderer Stelle als an Stelle des Eingriffs erfolgen. Auf diese Weise wird praktisch der Begriff der Ausgleichsmaßnahmen insofern erweitert, als er auch Maßnahmen umfasst, die (nicht nur eine gleichartige, sondern auch) eine gleichwertige Wiederherstellung von Natur und Landschaft bezwecken. Somit kommt der Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen miteinander zu verschränken und der zuständigen Behörde die Möglichkeit zu verschaffen, bei der Auswahl der geeigneten Kompensationsmaßnahmen nach den Gegebenheiten des Einzelfalls undifferenziert auf Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen zuzugreifen81. Zur Konkretisierung und Klarstellung dieses gesetzgeberischen Willens trägt auch die Vorschrift des § 200a BauGB bei. Danach umfassen Darstellungen und Festsetzungen oder andere Maßnahmen zum Ausgleich des Eingriffs auch Ersatzmaßnahmen, die in keinem räumlichen Zusammenhang mit dem Eingriff stehen. Bei näherer Betrachtung stellt man sogar fest, dass der Gesetzgeber in § 1a Abs. 3 BauGB auch begrifflich zwischen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht differenziert: Die Rede ist nur vom Ausgleich des Eingriffs, wobei darunter auch Maßnahmen fallen, die inhaltlich eher den Ersatzmaßnahmen der allgemeinen Eingriffsregelung der §§ 18 ff. BNatSchG entsprechen. Durch diese (auch) begriffliche Verschränkung wollte der Gesetzgeber seine Entscheidung für die Gleichstellung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in der Bauleitplanung noch deutlicher zum Ausdruck bringen82. Auf diese Grundlage könnte man die Ansicht stützen, dass der Planungsträger auf beide Arten von Maßnahmen zurückgreifen kann, ohne dass ein Rangverhältnis zwischen ihnen besteht, wie es in der allgemeinen Eingriffsregelung des BNatSchG der Fall ist. Anders als § 1a Abs. 3 BauGB wird aber in § 21 Abs. 1 BNatSchG begrifflich zwischen Ausgleich und Ersatz des Eingriffs bei der Bauleitplanung differenziert83. Dies liefert einen Hinweis dafür, dass auch hier eine inhaltliche Unterscheidung zwischen Ausgleichs- und Ersatzmaßnah81 Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 1a, Rn. 40; Schubert, Harmonisierung umweltrechtlicher Instrumente, S. 144; Kratsch/Schumacher, Naturschutzrecht, S. 62; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1a, Rn. 17 und § 200a, Rn. 4; Schrödter, in: Schrödter (Hrsg.), BauGB, § 1a, Rn. 61. 82 Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 1 ff. (236). 83 Kritisch zu dieser begrifflichen Unstimmigkeit zwischen BNatSchG und BauGB Schubert, Harmonisierung umweltrechtlicher Instrumente, S. 144 f.

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

men durchaus möglich und sinnvoll ist84, auch wenn der Gemeinde Ermessen bei dem Zurückgriff auf diese beiden Kategorien von Kompensationsmaßnahmen zukommen sollte85. Die vom Gesetzgeber bevorzugte Lösung der Verschränkung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen mag zwar der Gemeinde die auch aufgrund der kommunalen Planungshoheit erforderliche Flexibilität zu verleihen, um ihre räumliche Gesamtplanung sinnvoll zu gestalten. Diese Lösung ist jedoch von Nachteil für die naturschutzrechtlichen Belange, weil dadurch größere Eingriffe in Natur und Landschaft erleichtert werden. In diesem Punkt muss aber zugegeben werden, dass bei der Bauleitplanung der Weg der Ersatzmaßnahmen für die Bewältigung der durch den Eingriff verursachten Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft vorteilhaft erscheint. Der Grund dafür liegt darin, dass – erstens – der Geltungsbereich der Bauleitpläne sich auf größere Flächen erstreckt und – zweitens – diese Pläne in inhaltlicher Hinsicht umfassender sind. Sowohl der Flächennutzungs- als auch der Bebauungsplan müssen unter Berücksichtung der Gegebenheiten in ihrem gesamten Geltungsbereich aufgestellt werden. Jeder Plan bildet ein System, zu dessen Entstehung die Erfordernisse und Potentiale von Grund und Boden im gesamten Plangebiet berücksichtigt werden müssen. Aus diesem Grund ist es bei der Bauleitplanung rechtstechnisch einfacher und rechtspolitisch sinnvoller, Ersatzmaßnahmen (z. B. an einem anderen Ort als am Ort des Eingriffs) in Betracht zu ziehen und zu realisieren als bei den einzelnen Vorhaben, bei deren Zulassung die zuständige Behörde nur die Gegebenheiten des konkreten Einzelfalls im Blick hat. Trotzdem muss die Unterscheidung zwischen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auch bei der Bauleitplanung aus den oben aufgeführten Gründen bestehen bleiben. Damit ist aber die Frage noch nicht beantwortet, ob eventuell zwischen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ein Rangverhältnis wie bei der allgemeinen Eingriffsregelung der §§ 18 ff. BNatSchG besteht. Die gesetzliche Gleichstellung von Ausgleich und Ersatz deutet nicht unbedingt auf die Abschaffung des Vorrangs der Ausgleichsmaßnahmen bei der Bauleitplanung und damit auf ein „freies“ Ermessen des kommunalen Planungsträgers bei der Auswahl entweder von Ausgleichs- oder von Ersatzmaßnahmen hin. Angesichts des intensiveren Schutzes, den der Ausgleich des Eingriffs gewährleistet, und angesichts der Pflichten der Gemeinde nach §§ 1 Abs. 5 S. 2 und Abs. 6 BauGB zur Berücksichtigung und Sicherung der 84 Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 21, Rn. 13; Kratsch/Schumacher, Naturschutzrecht, S. 62; Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 21, Rn. 23. 85 Dazu, ob es sich beim Ausgleichsgebot in der Eingriffsregelung um einen Planungsleitsatz oder um einen in der bauleitplanerischen Abwägung wegwägbaren Belang handelt, näheres unten 2. Teil Kap. 2. A. II. 4. b). bb).

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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Umweltbelange bei der Aufstellung der Bauleitpläne müsste man annehmen, dass bei Bestehen sowohl von Ausgleichs- als auch von Ersatzmöglichkeiten und bei Bestehen der gleichen Chance ihrer Durchsetzung die Gemeinde die Ausgleichsmaßnahmen vorziehen müsste. In diesem Fall würde sich nämlich das Ermessen der Gemeinde bei der Auswahl von Ausgleichsoder Ersatzmaßnahmen auf Null reduzieren, so dass bei einer Bevorzugung von Ersatzmaßnahmen der Plan abwägungsfehlerhaft sein würde86. In diesem Sinne muss der (relative) Vorrang der Ausgleichs- vor den Ersatzmaßnahmen in der Bauleitplanung sicherlich angenommen werden. Fraglich bleibt jedoch, ob darüber hinaus ein absoluter Vorrang der Ausgleichs- vor den Ersatzmaßnahmen bei der Bauleitplanung angenommen werden kann bzw. muss87. Dies würde bedeuten, dass, wie bei der allgemeinen Eingriffsregelung in § 19 Abs. 2 S. 1 BNatSchG, ein Vorrang der Ausgleichs- vor den Ersatzmaßnahmen auf jeden Fall anzunehmen wäre, also auch, wenn letztere für die Gemeinde vorteilhafter (z. B. einfacher oder günstiger für die Gemeinde) durchzuführen wären. Ein solches Rangverhältnis ist mit dem Wortlaut der §§ 1a Abs. 3 S. 3 und 200a BauGB und mit dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, die Kompensation der Eingriffe bei der Bauleitplanung zu flexibilisieren und der Gemeinde diesbezüglich einen breiten Ermessensspielraum zu gewähren, nicht vereinbar; es muss deshalb abgelehnt werden88. Wie unten noch zu zeigen sein wird, muss zwar die Gemeinde bei der bauleitplanerischen Abwägung alle Prüfungsstufen der Eingriffsregelung, nämlich Vermeidung, Ausgleich und Ersatz beachten. Bei der Auswahl der Art der Kompensation unterliegt sie aber letzten Endes keiner abschließenden zwingenden Regelung. bb) Ausgestaltung des Ausgleichsgebots Wie schon oben erwähnt, wird das Ausgleichsgebot bei der allgemeinen Eingriffsregelung als zwingendes Recht angewandt, das in der Abwägung 86

Fischer-Hüftle, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 21, Rn. 14. Den Vorrang der Ausgleichsmaßnahmen vor den Ersatzmaßnahmen bei der Bauleitplanung allgemein annehmend Köck, NuR 2004, S. 1 ff. (2); Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 21, Rn. 23; Lorz/Müller/ Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 21, Rn. 13; Gassner, NuR 1999, S. 79 ff. (80 f.); Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 1 ff. (236). 88 Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 1a, Rn. 40; Schubert, Harmonisierung umweltrechtlicher Instrumente, S. 144; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1a, Rn. 17 und § 200a, Rn. 4; Schrödter, in: Schrödter (Hrsg.), BauGB, § 1a, Rn. 63; Schink, in: Dolde (Hrsg.), Umweltschutz im Wandel, S. 837 ff. (863); Schink, DVBl. 1998, S. 609 ff. (611). 87

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

nicht weggewogen werden kann. § 21 Abs. 1 BNatSchG und § 1a Abs. 3 S. 1 BauGB ordnen aber an, dass über den Ausgleich bzw. Ersatz des Eingriffs bei der Bauleitplanung nach der planerischen Abwägung zu entscheiden ist. Es stellt sich also die Frage nach der Anwendung des Ausgleichsgebots auch bei der Bauleitplanung als zwingendes Recht oder als bloßer Abwägungsbelang, der unter Umständen zurücktreten muss. Überwiegend und richtigerweise wird angenommen89, dass, im Gegensatz zur allgemeinen Eingriffsregelung der §§ 18 ff. BNatSchG, im Fall der Anwendung der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung keine strikte Bindung an das Ausgleichsgebot und somit keine Pflicht zur vollen Kompensation besteht90. Bei der bauleitplanerischen Abwägung muss zwar zwingend die Möglichkeit einer Kompensation des Eingriffs, und zwar eventuell mit einem herausgehobenen Gewicht gegenüber anderen Belangen91, berücksichtigt werden; dabei muss aber ein voller Ausgleich nicht unbedingt erreicht werden92. Gegen diese Auslegung der gesetzlichen Vorschriften kann man jedoch einwenden, dass sich der Verweis auf die bauplanungsrechtliche Abwägung lediglich auf die Auswahl der Maßnahmen zum Ausgleich und Ersatz des Eingriffs93 und das Maß der Kompensation, nicht aber auf die unausweichliche Pflicht zur Kompensation überhaupt bezieht. Nach dieser Ansicht dürften ausgleichbare Eingriffe bei der bauleitplanerischen Abwägung nicht ohne Ausgleich geduldet werden. Dafür spricht insbesondere, dass die Einführung der Eingriffsregelung in die Bauleitplanung die Eingriffsprüfung im Baugenehmigungsstadium nach § 21 Abs. 2 S. 1 BNatSchG entbehrlich macht. Diese Regelung hatte die Vermeidung von Doppelprüfungen zum 89 Vgl. die entsprechende Problematik oben über den Umfang der Anwendung des Vermeidungsgebots bei der bauleitplanerischen Abwägung 2. Teil Kap. 2. A. II. 2. b). 90 Vgl. dazu BT-Drs. 13/6392, S. 43. 91 Dazu unten bei der Ermittlung der Gewichtung des Vermeidungs- und Ausgleichsgebots bei der bauleitplanerischen Abwägung 2. Teil Kap. 2. A. II. 4. b). bb). 92 So die absolut herrschende Meinung Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 1a, Rn. 63; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 21, Rn. 10; Schubert, Harmonisierung umweltrechtlicher Instrumente, S. 145; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1a, Rn. 23; Louis/Wolf, NuR 2002, S. 455 ff. (461); Stüer, NVwZ 2005, S. 508 ff. (510); Schink, DVBl. 1998, S. 609 ff. (611); Uechtritz, NVwZ 1997, S. 1182 ff. (1184 f.); Schink, in: Dolde (Hrsg.), Umweltschutz im Wandel, S. 837 ff. (861); Kratsch/Schumacher, Naturschutzrecht, S. 63; Stich, DVBl. 2002, S. 1588 ff. (1595). A. A. Bunge, in: LübbeWolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 1 ff. (247). Stüer, NVwZ 2005, S. 508 ff. (514) schlägt sogar die Aufhebung der Pflicht zur Vollkompensation und ihren Ersatz durch ein Abwägungsmodell auch für die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung der §§ 18 ff. BNatSchG de lege ferenda vor. 93 Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 1 ff. (247).

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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Zweck94; dies setzt aber voraus, dass die Eingriffsprüfung bei der Bauleitplanung die Anwendung der Eingriffsregelung beim Baugenehmigungsverfahren ersetzt und aus diesem Grund mit ihr bis zu einem gewissen Grad übereinstimmt. Bei einem Ausschluss der Vermeidungs- und Ausgleichspflicht im Planungsstadium wäre das aber nicht der Fall. Durch die Festsetzung der Erforderlichkeit der Eingriffsprüfung schon im Planungsstadium wollte der Gesetzgeber offensichtlich nicht die Pflichten des Bauherrn zur Vermeidung und Kompensation des durch sein Vorhaben verursachten Eingriffs abschaffen und somit den Naturschutz im Baugenehmigungsverfahren vermindern. Vielmehr wurde damit die Verbesserung und Abrundung des Naturschutzes im Baurecht durch die Sicherstellung der Berücksichtigung der naturschutzrechtlichen Interessen schon im Planungsstadium beabsichtigt95. Diese Argumentation berücksichtigt aber nicht, dass zwischen der Anwendung der Eingriffsregelung bei einzelnen Projekten und Vorhaben einerseits und ihrer Anwendung bei der Bauleitplanung andererseits ein wesentlicher Unterschied besteht: Allein schon die Tatsache, dass die Bauleitplanung zwingend aus der Erforderlichkeit der städtebaulichen Entwicklung folgt96, stellt einen ausreichenden Grund des Gemeinwohls und einen Ausdruck des allgemeinen Interesses dar, der nach der Wertvorstellung des Gesetzgebers den Verzicht auf die Kompensation eines Eingriffs in die Natur und das Landschaftsbild unter Umständen rechtfertigen kann, und zwar auch dann, wenn eine Kompensation möglich ist. Auf diese Weise soll die nach Vorstellung der Gemeinde optimale Verwirklichung ihres planerischen Konzepts ermöglicht bzw. erleichtert werden97. Einzelne Projekte (etwa einzelne Bauvorhaben) können einen Verzicht auf die Pflicht zur Unterlassung von vermeidbaren oder auf die Kompensation von ausgleichbaren Eingriffen nicht rechtfertigen. Die aus Gründen der städtebaulichen Entwicklung erforderliche Bauleitplanung dagegen erreicht als solche eine ausreichende Schwelle an Gewichtigkeit, um von vornherein die Unterlassung von sogar vermeidbaren und die Kompensation von ausgleichbaren Eingriffen möglicherweise auszuschließen.

94 BT-Drs. 12/3944, S. 26; Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 1a, Rn. 39; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 21, Rn. 5. 95 Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 1a, Rn. 39; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1a, Rn. 18; Lorz/Müller/ Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 21, Rn. 5. 96 § 1 Abs. 3 BauGB. 97 In diese Richtung auch Uechtritz, NVwZ 1997, S. 1182 ff. (1183).

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

4. Abwägungsgebot a) Entwicklung des Abwägungsgebots bei der allgemeinen Eingriffsregelung Schon in § 8 Abs. 3 BNatSchG Fassung 1976 hat der Gesetzgeber für die allgemeine Eingriffsregelung vorgesehen, dass die unvermeidbaren und nicht ausgleichbaren Eingriffe in Natur und Landschaft sich nach einer Abwägung gegen alle betroffenen Interessen durchsetzen konnten. In dieser Ursprungsfassung des BNatSchG war die Abwägung schon vor der Prüfung von Maßnahmen zum Ersatz des Eingriffs durchzuführen. In die Abwägung einzubeziehen und so möglicherweise zulässig waren also alle Eingriffe, die unvermeidbar und nicht ausgleichbar waren. Somit konnte nur die gänzliche Vermeidung oder der Ausgleich des Eingriffs das Vorhaben ohne jegliche Abwägung rechtfertigen. Ersatzmaßnahmen konnten dagegen einen Eingriff nicht von vornherein rechtfertigen; diese konnten nur dann zur Verminderung der aus dem Eingriff ausgehenden, für die Naturgüter nachteiligen Folgen eingesetzt werden, wenn die Abwägung schon zugunsten des Vorhabens ausgefallen war. Diese Lösung wurde zusätzlich durch die Vorschrift des § 8 Abs. 9 BNatSchG Fassung 1976 bekräftigt. Danach waren Ersatzmaßnahmen nur bei nicht ausgleichbaren, aber „vorrangigen Eingriffen“ möglich. Daraus ergab sich folgendes Prüfungsschema bei einem Eingriff: Vermeidung – Ausgleich – Abwägung – Ersatz. Wie schon oben dargestellt, ist aber diese Reihenfolge bei der Eingriffsprüfung mit der Novellierung des BNatSchG 2002 geändert worden98. In § 19 Abs. 3 BNatSchG ist nunmehr vorgesehen, dass nicht zu vermeidende, nicht auszugleichende und auch nicht zu ersetzende Eingriffe nach einer Abwägung der naturschutzrechtlichen gegen die übrigen einzusetzenden Belange als zulässig angesehen werden können. Demgemäß erfolgt die Prüfung der allgemeinen naturschutzrechtlichen Regelung nunmehr nach folgendem Schema: Vermeidung – Ausgleich – Ersatz – Abwägung. Beide Arten von Kompensationsmaßnahmen werden nach dem neuen Konzept zum gleichen Zeitpunkt, nämlich vor der naturschutzrechtlichen Abwägung, geprüft. Das praktische Ergebnis dieser Regelung ist, dass der Zulassungsbehörde zusätzliche Flexibilität verliehen wird, indem die Ersatzmaßnahmen nunmehr auch eine Abwägung ausschließen, so dass eine größere Chance besteht, den Eingriff zu rechtfertigen99. Auf diese Weise ist die Zulässigkeit von Vorhaben trotz ihres eingreifenden Charakters erleichtert worden100. 98

Dazu auch oben 2. Teil Kap. 2. A. II. 3. a). bb). Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 19, Rn. 27. Das geht ohne weiteres auch aus der Formulierung des § 19 Abs. 3 S. 1 BNatSchG hervor: „Der Eingriff darf nicht zugelassen oder durchgeführt werden, wenn die Beeinträch99

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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b) Abwägungsgebot im Falle der Anwendung der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung aa) Integration der Eingriffsregelung in die bauleitplanerische Abwägung Die Anwendung sowohl der allgemeinen Eingriffsregelung bei allen Projekten und Vorhaben als auch der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung war schon immer mit dem Abwägungsgebot verbunden101. Obwohl aber in beiden Fällen von einer Abwägung die Rede ist, muss betont werden, dass es dabei um zwei unterschiedliche Arten von Abwägung geht: Die Abwägung bei der allgemeinen Eingriffsregelung betrifft die Frage, ob der nicht vermeidbare und nicht ausgleichbare bzw. ersetzbare Eingriff trotzdem zugelassen werden kann, weil die dafür sprechenden Belange die dagegen sprechenden Belange überwiegen. Bei der Bauleitplanung findet dagegen keine derartige Abwägung statt. Gemäß §§ 21 Abs. 1 BNatSchG und 1a Abs. 3 S. 1 BauGB wird über die Vermeidung, den Ausgleich und den Ersatz des Eingriffs in der Bauleitplanung in der bauleitplanerischen Abwägung entschieden. Es handelt sich dabei um die herkömmliche Abwägung der Gemeinde bei der Aufstellung der Bauleitpläne, in die die entsprechenden Erfordernisse der Eingriffsregelung integriert werden müssen. Es handelt es sich also nicht lediglich um die Frage der Gewichtung der naturschutzrechtlichen Interessen gegenüber den jeweils für den Eingriff sprechenden Belangen, sondern um eine Gleichgewichtung aller in Betracht kommenden Faktoren und Erfordernisse102 zum Zweck der Ausgestaltung eines planerischen Konzepts103. Insofern kann und darf die Gemeinde als planende Behörde nicht die „einseitige“ Position der jeweils zuständigen Behörden bei der Anwendung der Eingriffsregelung nach §§ 18 ff. BNatSchG einnehmen, auch wenn ihr die gleiche Befugnis zur Durchführung der Eingriffsregelung zukommt: Ihre Position bleibt die einer Behörde, die unterschiedliche Interessen und gegenläufige Anforderungen bei der Bauleitplanung miteinander in Einklang bringen muss. tigungen nicht zu vermeiden oder nicht . . . auszugleichen oder . . . zu kompensieren sind und die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung . . . vorgehen“. 100 Louis, NuR 2002, S. 385 ff. (387 f.); Gellermann, NVwZ 2002, S. 1025 ff. (1030); Schrader, NuR 2003, S. 80 ff. (84). 101 Für die Bauleitplanung also schon in § 8a Abs. 1 S. 1 BNatSchG Fassung 1993. 102 § 1 Abs. 7 BauGB: Die öffentlichen und privaten Belange sind bei der bauleitplanerischen Abwägung gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. 103 Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 1a, Rn. 67.

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

Mit dieser Erkenntnis ist auch der weitere zentrale Unterschied zwischen diesen beiden Arten von Abwägung zu erklären. Bei der allgemeinen Eingriffsregelung handelt es sich um keine planerische (mehrdimensionale) Abwägung wie bei der Bauleitplanung, sondern um eine bloß nachvollziehende104 Interessenabwägung. Damit ist gemeint, dass nach dem Abwägungsprozess eindimensional über die Zulassung oder die Ablehnung (nämlich über das „Sein oder Nichtsein“105) des Eingriffs entschieden wird, je nach dem, welche Belange sich in concreto als gewichtiger gegenüber den ihnen gegensätzlichen erweisen werden106. Die planerische Abwägung dagegen muss neben den naturschutzrechtlichen Interessen auch alle anderen einschlägigen Belange berücksichtigen, um Anworten auf unterschiedliche Fragestellungen und Herausforderungen zu geben und somit ein in jeglicher Hinsicht optimales Konzept für die städtebauliche Entwicklung zu gestalten. Die nachvollziehende Abwägung der allgemeinen Eingriffsregelung ist schließlich auch von den Gerichten umfangreicher zu überprüfen als die planerische Abwägung im Fall der Anwendung der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung107. bb) Gewicht der naturschutzrechtlichen Belange in der bauleitplanerischen Abwägung bei Anwendung der Eingriffsregelung – Optimierungsgebot Die ursprüngliche Regelung über die Integration der Eingriffsregelung in die bauleitplanerische Abwägung108 ließ die Frage offen, welches Gewicht die naturschutzrechtlichen Belange erlangen sollten, genauer: Ob die naturschutzrechtlichen Belange in der bauleitplanerischen Abwägung schon von vornherein eine hervorgehobene Stellung einnehmen, oder ob sie als normale Belange behandelt werden sollen, denen kein allgemeiner Vorrang und keine sonstige besondere Bedeutung im Vergleich zu den übrigen abzuwägenden Belangen zukommt. 104 Diese Art der Abwägung wird auch als eindimensionale oder bipolare Abwägung bezeichnet. 105 Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 19, Rn. 2. 106 Fischer-Hüftle/A. Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 19, Rn. 105; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 19, Rn. 33; Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 19, Rn. 2; Wolf, NuR 2001, S. 481 ff. (482); a. A. die frühere Rechtsprechung BVerwG, Urt. v. 27.9.1990 – 4 C 44.87, BVerwGE 85, S. 348 ff. (363); BVerwG, Beschl. v. 22.5.1996 – 4 B 30/95, NVwZ 1997, S. 217 ff. (218). 107 Wolf, NuR 2001, S. 481 ff. (482 f.). 108 § 8a Abs. 1 S. 1 BNatSchG 1993.

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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(1) Kein allgemeiner Vorrang der naturschutzrechtlichen Belange Bei dieser Frage muss zunächst zwischen einem allgemeinen Vorrang und einer herausgehobenen Stellung der naturschutzrechtlichen vor den übrigen Belangen bei der bauleitplanerischen Abwägung differenziert werden. Ein allgemeiner Vorrang kommt wegen der gesetzlichen Anordnung einer Abwägung nicht in Frage109. Wie schon oben ausgeführt, werden die Vermeidungs- und die Ausgleichspflicht der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung nicht als zwingendes Recht, sondern als abzuwägende und also unter Umständen wegzuwägende Belange angesehen. Die grundsätzliche Einbeziehung der naturschutzrechtlichen neben den übrigen Belangen in die bauleitplanerische Abwägung bei Anwendung der Eingriffsregelung hat der Gesetzgeber im Jahre 1998 noch deutlicher gemacht. Mit der Einführung des § 1a BauGB durch das ROG 1998 wurde klargestellt, dass die naturschutzrechtlichen Belange bei der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB a. F. als „normale“ Belange betrachtet werden sollten. Die Vorschrift des § 1a Abs. 2 Nr. 2 BauGB Fassung 1998 enthielt zwar nicht eine explizite und eindeutige Aussage über das Gewicht, das die naturschutzrechtlichen Belange bei der Abwägung erhalten sollten. Die Auslegung dieser Vorschrift führte aber überwiegend zu dem Ergebnis, dass auch die naturschutzrechtlichen Belange keinen Vorrang gegegenüber anderen Belangen bei Anwendung der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung erlangen könnten110. In dieser Hinsicht hat die Novellierung des BNatSchG aus dem Jahr 2002 keine Änderung bewirkt. Fraglich bleibt indessen, welche Veränderung die Novelle des BauGB im Jahre 2004 mit sich gebracht hat. Die grundsätzliche Gleichstellung von umwelt- und naturschutzrechtlichen Belangen mit den übrigen städtebaulich relevanten Belangen bei der bauleitplanerischen Abwägung wird in der neuesten Fassung des BauGB im Ergebnis bestätigt und bekräftigt. Der Gesetzgeber hat die ausführliche Liste der Umweltbelange, die berücksichtigt 109

Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 1a, Rn. 77; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1a, Rn. 23; Lorz/Müller/ Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 21, Rn. 12; Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/ Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 21, Rn. 8; aus der ständigen Rechtsprechung z. B. VGH Mannheim, Normenkontrollurt. v. 14.9.2001 – 5 S 2869/99, NuR 2002, S. 296 ff. (301). 110 Schrödter, in: Schrödter (Hrsg.), BauGB, § 1a, Rn. 67 ff.; Schink, in: Dolde (Hrsg.), Umweltschutz im Wandel, S. 837 ff. (862); Schubert, Harmonisierung umweltrechtlicher Instrumente, S. 134. Zur früheren Rechtslage so auch schon z. B. BVerwG, Beschl. v. 31.1.1997 – 4 NB 27.96, BVerwGE 104, S. 68 ff. (72); Runkel, DVBl. 1992, S. 1402 ff. (1403); Mitschang, in: Kormann (Hrsg.), Naturschutz und Bauleitplanung, S. 63; Bunzel, NuR 1997, S. 583 ff. (587); Uechtritz, NVwZ 1997, S. 1182 ff. (1183).

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

werden müssen, dem § 1a Abs. 2 BauGB Fassung 1998 entzogen und sie in den allgemeinen Katalog der zu berücksichtigenden Belange des § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB integriert. Laut Gesetzesbegründung sollte durch diese Neuordnung der zu berücksichtigenden naturschutzrechtlichen Belange in der Gesetzessystematik die Schaffung eines neuen Konzepts erreicht werden, das die Verhältnisse zwischen Umwelt- und Naturschutz einerseits und bauleitplanerischer Abwägung andererseits betrifft: Zusammen mit der Aufzählung der in die planerische Abwägung mitzueinbeziehenden umweltschützenden Belange und der Einführung der Plan-Umweltprüfung sollen die Regelungen des § 1a BauGB für die Sicherung des Nachhaltigkeitsprinzips bei der Aufstellung von Bauleitplänen sorgen111. Auf diese Weise kommt aber der Wille des Gesetzgebers noch deutlicher zum Ausdruck, bei der bauleitplanerischen Abwägung den naturschutzrechtlichen und allgemein den umweltrechtlichen Belangen keinen allgemeinen Vorrang zuzuerkennen112. (2) Besondere Bedeutung der naturschutzrechtlichen Belange bei der bauleitplanerischen Abwägung Gestützt auf die besondere naturschutzrechtliche Eigenart der Eingriffsregelung und ihre gesetzliche Einbeziehung in die Bauleitplanung kommt man überwiegend zu dem Schluss, dass die naturschutzrechtlichen Belange, obwohl sie keinen allgemeinen Vorrang vor anderen Belangen in der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB haben, jedoch eine herausgehobene Bedeutung genießen in dem Sinne, dass durch die Integration der Eingriffsregelung in die Bauleitplanung die planungsrechtliche Abwägung um einen Vermeidungs- und Kompensationsgrundsatz113 bereichert wird114. Bei der 111

BT-Drs. 15/2250, S. 40. Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grötefels, Öffentliches Baurecht, § 3, Rn. 108; Dirnberger, in: Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB-BauNVO, § 1a, Rn. 5. 113 Es handelt sich dabei um Grundsätze, nicht um Normen. Zum Unterschied zwischen Regeln und Prinzipien siehe Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 72 ff.; speziell im Hinblick auf die planerische Abwägung Hoppe, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 5, Rn. 19 f. 114 So z. B. BVerwG, Beschl. v. 31.1.1997 – 4 NB 27.96, BVerwGE 104, S. 68 ff. (78); OVG Koblenz, Urt. v. 22.9.2000 – 1 C 12156/99, NuR 2001, S. 54 ff. (54); VGH Mannheim, Normenkontrollurt. v. 14.9.2001 – 5 S 2869/99, NuR 2002, S. 296 ff. (301); Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 1a, Rn. 80; Fischer-Hüftle, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 21, Rn. 22; Louis/Wolf, NuR 2002, S. 455 ff. (460 und 468); Bunge, in: Lübbe-Wolff/ Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 1 ff. (248); Kratsch/Schumacher, Naturschutzrecht, S. 63; Gassner, in: Gassner/BendomirKahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 21, Rn. 7; Schink, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 837 ff. (850 f.); Gaentzsch, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 473 ff. (480); Uechtritz, NVwZ 1997, S. 1182 ff. (1183 f.). 112

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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planerischen Abwägung ist das Prüfungsschema der Eingriffsregelung zu beachten, so dass zuerst die Möglichkeit einer Vermeidung bzw. Verminderung der Beeinträchtigung von Natur und Landschaft und daraufhin die Möglichkeit einer Kompensation (Ausgleich oder Ersatz) dieser Beeinträchtigung berücksichtigt werden muss. Diese Ausgestaltung der bauleitplanerischen Abwägung, wenn aufgrund des Bauleitplans ein Eingriff in Natur und Landschaft zu erwarten ist, ist tatsächlich anzunehmen, denn sonst wird dem gesetzgeberischen Willen zu einer Vorverlagerung der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung nicht ausreichend Rechnung getragen. Die naturschutzrechtlichen Belange müssen nämlich ohnehin im Normalfall gemäß anderen Vorschriften bei der planerischen Abwägung berücksichtigt werden115; durch die Einbeziehung der Eingriffsregelung in die Bauleitplanung bekommen sie aber einen Mehrwert, indem der Gemeinde bei Vermutung eines künftigen Eingriffs aufgrund der Bauleitpläne zusätzliche Berücksichtigungspflichten zum Schutz der Natur und zur Pflege der Landschaft zukommen. Auf diese Weise wird das naturschutzrechtliche Defizit kompensiert, das durch die Ablehnung der Vermeidungs- und Ausgleichspflicht als Planungsleitsätze und die grundsätzliche Gleichstellung von naturschutzrechtlichen und anderen Belangen bei der bauleitplanerischen Abwägung verursacht wird. In dieselbe Richtung bewegt sich auch die Problematik, die unter dem Stichwort „Optimierungsgebot“ thematisiert wird. Darunter wird die Regel verstanden, bestimmten Belangen, nämlich im vorliegenden Fall den naturschutzrechtlichen, bei der Abwägung eine abstrakte Priorität zu gewähren, indem vermeidbare Eingriffe möglichst vermieden und ausgleichbare Eingriffe möglichst ausgeglichen werden sollen116. Somit gewährt man den naturschutzrechtlichen Belangen ein deutliches Privileg gegenüber den anderen in Betracht kommenden Belangen, wenn ein Eingriff in die Natur oder das Landschaftsbild aufgrund der Bauleitplanung tatsächlich zu erwarten ist. Das Optimierungsgebot wird sogar zuweilen aus Art. 20a GG abgeleitet: Der Eigenwert der naturschutzrechtlichen Belange wird als dermaßen wichtig angesehen, dass ihre Durchsetzung so weit wie möglich angestrebt werden soll117. Sie werden bei der Abwägung nach dem Je-Desto-Verhältnis berücksichtigt in dem Sinne, dass je gewichtiger die 115

Dazu ausführlich oben 2. Teil Kap. 1. C. Dürr, BauR 1994, S. 460 ff. (466). 117 Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 1a, Rn. 81; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 21, Rn. 15; im Ergebnis so, aber ohne den Begriff des Optimierungsgebots zu verwenden, Gassner, in: Gassner/BendomirKahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 21, Rn. 19; a. A. Stich, UPR 2002, S. 10 ff. (14); zu einer Begründung der Funktion des Art. 20a GG in der bauleitplanerischen Abwägung als „Argumentationsbaustein“ und nicht als Stütze eines Optimierungs116

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

negativen Folgen des zu erwartenden Eingriffs sind, desto intensiver müssen die entgegenwirkenden Belange zur Planung drängen118. Demgemäß gelten sie zwar nicht als zwingendes Recht, da sie gegen andere Belange abgewogen werden müssen; sie haben aber eine größere Chance, sich in der Abwägung durchzusetzen, weil ihnen von vornherein eine herausgehobene Stellung eingeräumt wird119. Aus alldem folgt, dass auch die Gründe für eine eventuelle Zurückstellung der in Betracht kommenden naturschutzrechtlichen Belange vom Planungsträger in der Begründung explizit und präzise betont werden müssen, wenn Eingriffe in die Natur und das Landschaftsbild vermutet werden120. Ferner liegt ein Abwägungsfehler vor, wenn die nach der Abwägung getroffenen Maßnahmen zum Ausgleich nicht geeignet sind121. Es lässt sich also festhalten, dass, wenn Eingriffe in die Natur und das Landschaftsbild aufgrund von Bauleitplänen zu erwarten sind, und somit die Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung Anwendung findet, den naturschutzrechtlichen Belangen de facto eine herausgehobene Stellung bei der Abwägung zukommt, die das Vermeidungs- und Ausgleichsgebot als Optimierungsgebote erscheinen lässt. In diesem Punkt unterscheidet sich die Gewichtung der naturschutzrechtlichen Belange bei der bauleitplanerischen Abwägung, wenn Eingriffe in die Natur zu erwarten sind, von der Durchführung der bauleitplanerischen Abwägung im Normalfall, bei der den naturschutzrechtlichen Belangen kein Vorrang und auch keine herausgehobene Stellung im oben genannten Sinne zukommt122. Durch die Neuordnung der Abwägungsbelange im Jahre 2004 hat sich an dieser Rechtslage und an den anzunehmenden Lösungen nichts geändert123. gebots beim Bodensschutz siehe Schrödter, in: Schrödter (Hrsg.), BauGB, § 1a, Rn. 9 ff. 118 Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, § 21, Rn. 12; Reinhardt, Bauleitplanung und Naturschutz, S. 202 f. 119 Louis/Wolf, NuR 2002, S. 455 ff. (462). 120 OVG Koblenz, Urt. v. 22.9.2000 – 1 C 12156/99, NuR 2001, S. 54 ff. (54); Fischer-Hüftle, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 21, Rn. 24. 121 Louis/Wolf, NuR 2002, S. 455 ff. (462). OVG Koblenz, Urt. v. 22.9.2000 – 1 C 12156/99, NuR 2001, S. 54 ff. (54); VGH Mannheim, Urt. v. 17.5.2001 – 8 S 2603/00, NuR 2001, S. 697 ff. (698) verlangen aber nicht, dass durch die Einbeziehung der Eingriffsregelung in die bauleitplanerische Abwägung unbedingt ein 100%er Ausgleich des Eingriffs gesichert wird. 122 Dazu oben 2. Teil Kap. 1. C. I. 2. a). 123 Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 1a, Rn. 81 f.; teilweise a. A. Dirnberger, in: Jäde/Dirnberger/Weiss, BauGB – BauNVO, § 1a, Rn. 5, der vertritt, dass durch die neue Formulierung des § 1a Abs. 3 S. 1 BauGB nach dem EAG Bau 2004 die Entscheidung des Gesetzgebers gegen ein Optimierungsgebot noch deutlicher wird.

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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Was nämlich das Verhältnis des neuen § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB zu den Vorschriften des § 1a Abs. 3 BauGB betrifft, wird weiterhin angenommen, dass § 1a Abs. 3 BauGB eine Konkretisierung bestimmter Belange des § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB, nämlich der in der Eingriffsregelung niedergelegten naturschutzrechtlichen Belange, darstellt124. Somit steht die Neuordnung der Abwägungsbelange durch das EAG Bau 2004 einer herausgehobener Stellung der naturschutzrechtlichen Belange, wenn die Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung Anwendung findet, nicht im Wege. Ganz im Gegenteil liefert die ausführliche Beschreibung des Nachhaltigkeitsprinzips im geänderten § 1 Abs. 5 S. 1 BauGB125 ein zusätzliches Argument für die Optimierung der Umweltbelange bei der Bauleitplanung126. 5. Zwischenergebnis Die Anwendung der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung weist wesentliche Unterschiede zur Anwendung dieser Regelung bei Vorhaben (z. B. Bauvorhaben im Außenbereich) auf. Diese Unterschiede betreffen alle Stadien der Eingriffsprüfung, nämlich das Vermeidungsgebot, den Einsatz von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen und schließlich auch das Abwägungsgebot. Alle diese Stufen der Eingriffsprüfung werden nach den Regeln des BauGB durchgeführt. Lediglich die Kriterien der Annahme eines Eingriffs sind in beiden Fällen einheitlich. Das bei der allgemeinen Eingriffsregelung als zwingendes Recht zu betrachtende Vermeidungs- und Ausgleichsgebot stellt bei der Bauleitplanung bloßes Abwägungsmaterial dar. Bei der Bauleitplanung können also auch vermeidbare Eingriffe unter Umständen zugelassen werden und eine volle Kompensation ist nicht in jedem Fall erforderlich. Die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege müssen zwar aufgrund der Anwendung der Eingriffsregelung in der Bauleitplanung eine besondere Gewichtung bei der bauplanungsrechtlichen Abwägung erlangen und dürfen nur im Ausnahmefall durch andere Belangen verdrängt werden. Trotzdem ist ihr Wegwägen im Gegensatz zur allgemeinen Eingriffsregelung auch dann möglich, wenn die Eingriffe in Natur und Landschaft unterlassen werden können oder ihr Ausgleich möglich ist. So muss zwar auch bei der bauleitplanerischen Abwägung dem Prüfungsprogramm der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung gefolgt werden (Steue124 Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 1a, Rn. 44; Battis/Krautzberger/Löhr, NVwZ 1997, S. 1145 ff. (1147). 125 Der neue § 1 Abs. 5 S. 1 BauGB beschreibt die nachhaltige städtebauliche Entwicklung als diejenige Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt. 126 So Krautzberger/Stüer, DVBl. 2004, S. 781 ff. (782).

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

rungsprogramm), das Vermeidungs- und das Kompensationsgebot können dabei aber nach den Regeln der sachgerechten Abwägung unter Umständen verdrängt werden127. Die Besonderheiten der Anwendung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung sind letzten Endes auf einen Punkt zurückzuführen: Die Bauleitplanung erfolgt nach ihren eigenen Regeln, die vom Bauplanungsrecht bestimmt werden, auch wenn die Eingriffsregelung dabei Anwendung findet. Die Anwendung der Eingriffsregelung passt sich in diesem Fall überwiegend den Erfordernissen und den Mechanismen der Bauleitplanung an. Aus diesem Grund verfügt die Planungsbehörde bei der Durchführung der Eingriffsprüfung über einen breiteren Ermessensspielraum als die übrigen jeweils zuständigen fachspezifischen Behörden bei der herkömmlichen Anwendung der Eingriffsregelung. Diese höhere Flexibilität wird auch in den sogleich folgenden Ausführungen über die Art der Kompensation deutlich. Dieses Ermessen findet aber seine Grenzen bei der obligatorischen Anwendung des Prüfungsschemas der Eingriffsregelung und ihrer Verwendung als Steuerungsprogramm für die Abwägung. Ob diese Einschränkung der bauleitplanerischen Abwägung mit dem Begriff des Optimierungsgebots oder mit der Annahme einer herausgehobenen Bedeutung der naturschutzrechtlichen Belange bezeichnet wird, ist für das Ergebnis kaum relevant. III. Art der Kompensation der Eingriffe 1. Kompensation durch Darstellungen in Flächennutzungsplänen und Festsetzungen in Bebauungsplänen Der Ausgleich von Eingriffen kann gemäß § 1a Abs. 3 S. 2 BauGB durch Darstellungen des Flächennutzungsplans (§ 5 BauGB) oder durch Festsetzungen des Bebauungsplans (§ 9 BauGB) erfolgen. Das ist die üblichste Form des Ausgleichs bei der Bauleitplanung. a) Ausgleich durch Darstellungen im Flächennutzungsplan Die Bauleitplanung in dieser ersten Stufe ist allgemeiner und umfassender als in der konkreteren Planungsstufe des Bebauungsplans. Die Eingriffe 127 BVerwG, Beschl. v. 31.1.1997 – 4 NB 27.96, BVerwGE 104, S. 68 ff. (78); Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 21, Rn. 9; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1a, Rn. 24; Kratsch/Schumacher, Naturschutzrecht, S. 63; Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 21, Rn. 13.

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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in den Naturhaushalt und das Landschaftsbild können zu diesem Zeitpunkt nur in Grundzügen erkannt werden, so dass auch die entsprechenden Ausgleichsmaßnahmen nur in Grundzügen beschrieben werden können128. Erst bei der Aufstellung des Bebauungsplans können diese Maßnahmen durch geeignete Festsetzungen konkretisiert werden129. Die Darstellung von Ausgleichsmaßnahmen schon im Flächennutzungsplan, auch nur in den Grundzügen, ist aber im Regelfall durchaus sinnvoll, denn auf diese Weise wird der Ausgleich für das gesamte Gemeindegebiet in Betracht gezogen und der Gefahr einer Verinselung der Ausgleichsflächen und des Scheiterns ihrer Ausgleichsfunktion vorgebeugt130. Ferner spiegelt die Möglichkeit, Ausgleichsmaßnahmen für Eingriffe im Flächennutzungsplan darzustellen, die Funktion dieses Plans als Instrument des Bodenschutzes und der Ressourcenschonung wider: Im Rahmen der in § 1a Abs. 2 S. 1 BauGB niedergeschriebenen Pflicht zum sparsamen und schonenden Umgang mit Grund und Boden muss der Flächennutzungsplan Lösungen bieten, die eine möglichst geringe Inanspruchnahme von Flächen bewirken und zu einer qualitativ zufriedenstellenden Kompensation der verbrauchten ökologisch wertvollen Flächen führen131. Zur Erfüllung dieser Pflicht stellen sich die Ausgleichsdarstellungen für künftige Eingriffe als geeignetes Instrument dar132. Schließlich muss angemerkt werden, dass die durch Darstellungen in einem Flächennutzungsplan in Grundzügen vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen als Ausgleich für konkret durch einen Bebauungsplan zugelassene Eingriffe nicht ausreichen. Die Zulässigkeit von konkreten Eingriffen setzt entsprechend konkret festgesetzte Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahmen voraus133. 128

Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 21, Rn. 19. Trotzdem gewährleistet die Darstellung von Ausgleichsmaßnahmen in einem Flächennutzungsplan nach der Rechtsprechung die erforderliche Sicherung der „sonstigen geeigneten Maßnahmen“ nach § 1a Abs. 3 S. 4 BauGB, OVG Lüneburg, Urt. v. 23.3.2001 – 1 K 2294/99, NuR 2001, S. 645 ff. (647). 129 Louis/Wolf, NuR 2002, S. 455 ff. (463); Fischer-Hüftle, in: Schumacher/ Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 21, Rn. 36; Reinhardt, Bauleitplanung und Naturschutz, S. 104; Bunzel, NuR 1997, S. 583 ff. (588 f.). 130 Schubert, Harmonisierung umweltrechtlicher Instrumente, S. 147; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 5, Rn. 61; Schink, DVBl. 1998, S. 609 ff. (616); Brohm, in: FS Hoppe, S. 511 ff. (518). 131 In Betracht kommen folgende Darstellungsmöglichkeiten: § 1a Abs. 3 S. 2 i. V. m. 5 Abs. 2 vor allem Nr. 10, aber auch Nr. 5, Nr. 7, Nr. 9a, Nr. 9b BauGB. Mehr zu diesen Darstellungsmöglichkeiten oben 2. Teil Kap. 1. D. I. 1. a). 132 Vgl. § 5 Abs. 2a BauGB; so Bunzel, NuR 1997, S. 583 ff. (591); Schubert, Harmonisierung umweltrechtlicher Instrumente, S. 146; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 5, Rn. 61; Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 5, Rn. 35b; Schink, DVBl. 1998, S. 609 ff. (616). 133 VGH Kassel, Urt. v. 25.5.2000 – 4 N 2660/91, NuR 2001, S. 278 ff. (280).

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

b) Ausgleich durch Festsetzungen im Bebauungsplan Ausgleichsmaßnahmen können durch Festsetzungen im Bebauungsplan getroffen werden134. Dazu ist folgendes anzumerken: Die Ausgleichsmaßnahmen werden im Normalfall von der Gemeinde am Ort des Eingriffs festgesetzt. Ferner wird die Durchführung der Ausgleichsmaßnahme grundsätzlich zeitlich mit der Erteilung der Genehmigung des Einzelbauvorhabens zusammenfallen, auch wenn die Eingriffe schon aufgrund eines Bauleitplans zu erwarten sind. Erst zum Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung ist der Eingriff vollzogen und muss tatsächlich ausgeglichen werden135. Das ist auch in der Praxis die Regel. In diesem Fall, in dem Eingriffs- und Ausgleichsort sowie Eingriffs- und Ausgleichszeitpunkt übereinstimmen, ergibt sich die Verbindung des Ausgleichs mit dem Eingriff von selbst. Wie noch unten ausführlich zu zeigen sein wird, können aber die Ausgleichsmaßnahmen an einem anderen Ort und für einen anderen Zeitpunkt als am Ort und für den Zeitpunkt des Eingriffs festgelegt werden. In einem solchen Fall ist es für die wirksame Anwendung der Eingriffsregelung von besonderer Bedeutung, dass schon im Planungsstadium Klarheit über den künftigen Ausgleich der Eingriffe herrscht. Aus diesem Grund können die vom Eingriffsort und von der Eingriffszeit abgekoppelten Ausgleichsmaßnahmen136 im Bebauungsplan einem konkreten Eingriff zugeordnet werden. Nach § 9 Abs. 1a BauGB können die in den Festsetzungen des Bebauungsplans enthaltenen Ausgleichsflächen und -maßnahmen den entsprechenden Eingriffsgrundstücken schon zu dem frühen Zeitpunkt der Planaufstellung zugeordnet werden137. Die Zuordnung erfolgt also meistens durch geeignete Festsetzungen im Bebauungsplan. So wird das Eingriffsgrundstück mit dem entsprechenden Ausgleichsgrundstück in Verbindung gebracht. 134 In Betracht kommen folgende Festsetzungsmöglichkeiten: § 1a Abs. 3 S. 2 i. V. m. § 9 Abs. 1 vor allem Nr. 20, aber auch Nr. 15, Nr. 16, Nr. 18a, Nr. 18b, Nr. 25a BauGB. Insbesondere der Festsetzungsmöglichkeit des § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB kommt eine Doppelfunktion zu: Auf der einen Seite kann sie zum Ausschluss von vermeidbaren oder auf der anderen Seite auch zum Ausgleich von unvermeidbaren Beeinträchtigungen beitragen, BVerwG, Urt. v. 30.8.2001 – 4 CN 9.00, NuR 2002, S. 349 ff. (350). Mehr zu diesen Festsetzungsmöglichkeiten oben 2. Teil Kap. 1. D. I. 1. a). 135 Reinhardt, Bauleitplanung und Naturschutz, S. 68 ff. 136 Vgl. §§ 1a Abs. 3 S. 3, 200a S. 2 BauGB und 135a Abs. 2 S. 1 BauGB, zur räumlichen und zeitlichen Entkoppelung zwischen Eingriff und Ausgleich ausführlich unten 2. Teil Kap. 2. A. III. 4. 137 Entsprechendes gilt nach § 5 Abs. 2 Nr. 10 i. V. m. Abs. 2a BauGB auch für die Darstellungen in den Flächennutzungsplänen.

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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Die Zuordnung hat einen wesentlichen Vorteil: Dadurch wird die Pflicht zur Kostentragung der Maßnahmen einem bestimmten Grundstückseigentümer zugeschrieben und die Gemeinde hat die Möglichkeit, die Ausgleichsmaßnahmen ohne eigene Kosten durchzuführen und zu sichern138. Durch die Zuordnung wird also die erforderliche Refinanzierung der Ausgleichsmaßnahmen durch ihre Verursacher gesichert. Eben diese Refinanzierungsfunktion der Zuordnung muss besonders hervorgehoben werden, da die Kostenfrage eine zentrale Bedeutung im Hinblick auf den erfolgreichen Vollzug der Eingriffsregelung auch bei der Bauleitplanung erlangt139. Da diese Zuordnung aber für den Vorhabenträger belastend wirkt in dem Sinne, dass sie ihn zur Kostentragung von bestimmten Ausgleichsmaßnahmen verpflichtet140, muss die Zuordnungsfestsetzung den Festsetzungen des Bebauungsplans ohne weiteres entnommen werden können. Ein bloß sachlichfunktionaler Zusammenhang von Eingriffsgrundstücken und Ausgleichsflächen ohne ausdrückliche Regelung der Zuordnung reicht nicht aus141. 2. Kompensation durch städtebauliche Verträge a) Regelungen in städtebaulichen Verträgen zur Kompensation Der größte Teil der Ausgleichsmaßnahmen bei der Bauleitplanung erfolgt durch Darstellungen in Flächennutzungsplänen oder Festsetzungen in Bebauungsplänen. Ausgleichsmaßnahmen können aber auch durch vertragliche Vereinbarungen nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 BauGB getroffen werden (§ 1a Abs. 3 S. 4 BauGB)142. Die Gemeinde kann im Rahmen ihrer planerischen Abwägung zwischen diesen Möglichkeiten frei wählen143. Im 138 Dabei handelt es sich um eine Möglichkeit und keine Pflicht der planenden Gemeinde, BVerwG, Beschl. v. 16.3.1999 – 4 BN 17.98, BauR 2000, S. 242 f.; Battis/Krautzberger/Löhr, NVwZ 1997, S. 1145 ff. (1152). 139 Näher zu Fragen der Kostentragung von Ausgleichsmaßnahmen bei der Bauleitplanung unten 2. Teil Kap. 2. A. IV. 1. 140 Dabei sind die Kosten für die Durchführung des Ausgleichs sogar ungekürzt (z. B. durch einen Abzug für den „Vorteil der Allgemeinheit“) an den Verursacher des Eingriffs bzw. den Grundstückseigentümer weiterzugeben (Grundsatz der vollen Verteilung der Kosten auf die zugeordneten Grundstücksflächen), VGH Kassel, Beschl. v. 19.2.2002 – 5 UZ 2858/01, NuR 2002, S. 557 f. (558). 141 VGH Mannheim, Beschl. v. 31.3.2005 – 5 S 2507/04, NVwZ-RR 2005, S. 649 f. (650). 142 Diese Vorschrift ist mit dem BauROG 1998 (Bau- und Raumordnungsgesetz v. 18.8.1997, BGBl. I, S. 2081 ff.) eingeführt worden. Die Möglichkeit eines Ausgleichs durch städtebauliche Verträge wurde aber von der Rechtsprechung schon vor dieser gesetzlichen Regelung anerkannt, BVerwG, Urt. v. 9.5.1997 – 4 N 1.96, NuR 1997, S. 446 ff. (448).

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

Fall der vertraglichen Vereinbarungen schließt sie mit Privaten einen Vertrag zur Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen ab, die aufgrund eines Bebauungsplans144 zu erwarten sind. Danach ist der Vertragspartner (oder der im Vertrag zu bestimmende Dritte) nach den vereinbarten Regeln für die Verwirklichung des Ausgleichs zuständig145. Ein solcher Vertrag ersetzt die Pflicht der Gemeinde zum Erlass von Darstellungen und Festsetzungen zum Ausgleich der Eingriffe vollständig; auf diese Weise werden solche Darstellungen und Festsetzungen in den Bauleitplänen entbehrlich146. Aus diesem Grund unterliegt diese Art der Kompensation bestimmten Anforderungen, damit der Ausgleich auf dieselbe Weise sichergestellt ist, wie bei Darstellungen im Flächennutzungsplan, bei Festsetzungen im Bebauungsplan und bei „sonstigen geeigneten Maßnahmen“ zum Ausgleich147. Die Sicherungsmechanismen der städtebaulichen Verträge, die die Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen betreffen, werdem unter bb) ausgeführt. Die städtebaulichen Verträge zum Ausgleich von durch Bauleitpläne verursachten Eingriffen haben ihren Ursprung und ihren Rechtfertigungsgrund im Kooperationsprinzip, nach dem der Umwelt- und folglich auch der Naturschutz als eine Querschnittsaufgabe sowohl öffentlicher als auch privater Aufgaben- und Vorhabenträger verstanden wird148. Die einschlägigen Vorschriften schreiben keinen bestimmten Vertragspartner vor; so können die durch den städtebaulichen Vertrag zum Ausgleich verpflichteten Private sowohl die Vorhabenträger oder Eigentümer des Grundstücks, das den Eingriff verursacht, als auch unbeteiligte Dritte sein, die durch den Vertrag eine Gegenleistung erhalten. Nur im ersten dieser Fälle stellt diese Regelung gleichzeitig einen Ausdruck des Verursacherprinzips dar. Außerdem ist die Konstellation durchaus möglich, dass der Vertrag die Durchführung der 143

Mitschang, BauR 2003, S. 183 ff. (185 f.); Schink, DVBl. 1998, S. 609 ff.

(613). 144 Die vertraglichen Vereinbarungen zum Ausgleich des Eingriffs können zwar anstelle von Darstellungen im Flächennutzungsplan getroffen werden, sie betreffen aber immer Eingriffe, die erst mit der Realisierung des Bebauungsplans tatsächlich eintreten können. 145 Diese Verträge sind von denen zu unterscheiden, die nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 BauGB die Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen der Gemeinde überlassen und den Vorhabenträger mit der bloßen Kostentragung belasten. 146 Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 12, Rn. 43; Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 1a, Rn. 41; Brohm, in: FS Hoppe, S. 511 ff. (525). 147 Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 11, Rn. 143; ders., in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1a, Rn. 27; Brohm, in: FS Hoppe, S. 511 ff. (525). 148 Gaentzsch, in: Dolde (Hrsg.), Umweltschutz im Wandel, S. 473 ff. (473). Zum Kooperationsprinzip Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, § 2, Rn. 48 ff.

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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Ausgleichsmaßnahmen von einem Dritten und nicht vom Vertragspartner selbst zum Gegenstand hat149. Ein mit der konsensualen Lösung verbundener Vorteil im Vergleich zu Darstellungen bzw. Festsetzungen in den Bauleitplänen liegt auch darin, dass im Vertrag über die bloße Festlegung des Ausgleichs hinaus auch spezielle Bestimmungen z. B. über den Zeitpunkt und die Art der Maßnahmen enthalten sein können. Auf diese Weise wird eine umfassendere Regelung nicht nur des Ausgleichs, sondern auch der Ausgleichsbedingungen ermöglicht150. Aus der Natur der Sache kommt aber auch ein praktisches Problem der Eingriffsbewältigung durch städtebauliche Verträge zum Vorschein: Die Gemeinde muss schon zum Zeitpunkt der Planaufstellung mit allen Grundstückseigentümern, auf deren Grundstücken ein Eingriff nach der Planung zu erwarten wäre, sich in Verbindung setzen und Vertragsverhandlungen führen, was freilich auf erhebliche praktische Probleme stoßen kann151. Ihrer Rechtsnatur nach sind diese Vertäge als normale öffentlich-rechtliche städtebauliche Verträge zu behandeln152. Demzufolge können sie die Form eines zu den Kategorien des § 11 Abs. 1 BauGB gehörenden Vertrags einnehmen, und genauer eines Maßnahme-, eines planbegleitenden oder eines Folgekostenvertrags153: Nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 BauGB kann die „Ausarbeitung der städtebaulichen Planung“, also auch die Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen, Inhalt eines Maßnahmevertrags sein. In § 11 Abs. 1 Nr. 2 BauGB wird die Durchführung des Ausgleichs im Sinne des § 1a Abs. 3 BauGB ausdrücklich zum möglichen Inhalt des planbegleitenden Vertrags gemacht. Schließlich kann auch der Folgekostenvertrag nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 BauGB die Übernahme der Kosten durch den Vorhabenträger für die Durchführung des Ausgleichs von die Gemeinde zum Gegenstand haben. b) Sicherstellung der Verwirklichung des Ausgleichs Mit der Möglichkeit, die Ausgleichsmaßnahmen durch städtebauliche Verträge festzulegen, ist vor allem die zentrale Frage nach der Absicherung der Verwirklichung des Ausgleichs verbunden. 149 Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 12, Rn. 43; Schmaltz, DVBl. 2003, S. 207 ff. (208). 150 Mitschang, BauR 2003, S. 183 ff. (185 f.); in diese Richtung auch Brohm, in: FS Hoppe, S. 511 ff. (524). 151 Mitschang, BauR 2003, S. 183 ff. (186 f.). 152 Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 12, Rn. 7; dazu auch Battis/Krautzberger/Löhr, NVwZ 1997, S. 1145 ff. (1156 f.). 153 Mitschang, BauR 2003, S. 183 ff. (188).

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

Aufgrund der besonderen Wichtigkeit der Ausgleichsmaßnahmen für den Naturschutz hat die Gemeinde selbst die Verantwortung für ihre Festlegung und für ihre Durchführung vor dem Eingriff. Die erforderliche Sicherung des Ausgleichs wird im Fall von Ausgleichsmaßnahmen durch Darstellungen bzw. Festsetzungen in den Bauleitplänen durch die (interne bzw. allgemeine) Rechtsverbindlichkeit dieser Pläne gewährleistet. Im Falle eines städtebaulichen Vertrags werden die Darstellungen oder Festsetzungen durch die vertraglichen Vereinbarungen ersetzt. So kann es durchaus vorkommen, dass der Ausgleich gefährdet ist, falls der Vertragspartner der Gemeinde seine Verpflichtungen nicht erfüllt. Die Gemeinde verfügt in diesem Fall nur über geringe Einflussmöglichkeiten auf die tatsächliche Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen. Die eventuell aus der Vertragsverletzung ausgelösten Schadensersatzpflichten können den erforderlichen tatsächlichen Ausgleich des Eingriffs nicht ersetzen. Dennoch muss die Verantwortung der planenden Gemeinde zur tatsächlichen Verwirklichung des Ausgleichs auch in diesem Fall bestehen bleiben. Aus diesem Grund muss die Gemeinde einerseits mit besonderen Kontrollinstrumenten über den Vertrag ausgerüstet sein. Andererseits muss zusätzlich der Vertrag selbst geeignete Regelungen über besondere Mechanismen zur Sicherung seiner Verwirklichung und zur dauerhaften Erhaltungspflicht des Vertragsergebnisses enthalten154. Diese allgemeinen Anforderungen sind in der Rechtsprechung weiter konkretisiert worden. Die Art und der Umfang der vertraglich vorgesehenen Maßnahmen muss für den Ausgleich geeignet sein, der Vertragspartner muss in der Lage sein, die Ausgleichsmaßnahmen zu verwirklichen (er muss z. B. Eigentümer der in Betracht kommenden Flächen sein), und die Gemeinde muss über bestimmte Rechte im Hinblick auf die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrags verfügen (z. B. Sicherheitsleistungen, Baulasten oder Vertragsstrafen)155. Bei einem Verzicht auf diese Bedingungen würde die Rechtmäßigkeit der Bauleitpläne von der Zuverlässigkeit des Vertragspartners abhängen, was sich aus rechtlicher und praktischer Sicht als höchst problematisch erweisen könnte. Fraglich ist schließlich, wie konkret die im Vertrag enthaltenen Ausgleichsmaßnahmen festgelegt sein müssen. Dazu wird überwiegend angenommen, dass die Ausgleichsmaßnahmen nicht unbedingt im Vertragstext im Einzelnen aufgezählt und beschrieben werden 154 Zu dieser Sicherung schlägt Brohm, in: FS Hoppe, S. 511 ff. (527 f.) dingliche Absicherungen des Vertrages in Form von öffentlich-rechtlichen Baulasten vor. 155 OVG Koblenz, Urt. v. 20.1.2003 – 8 C 11016/02 – NuR 2003, S. 373 ff. (375); Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1a, Rn. 46 und § 11, Rn. 12; Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 12, Rn. 45; Mitschang, BauR 2003, S. 183 ff. (190 f.) und 338 ff.; Krautzberger, in: Ernst/ Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 11, Rn. 143.

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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müssen, sondern dass die vertraglichen Vereinbarungen Bezug auf die entsprechenden Landschafts- oder anderen einschlägigen Pläne nehmen oder sogar auf sie verweisen können156. 3. Kompensation durch „sonstige geeignete Maßnahmen“ a) „Sonstige geeignete Maßnahmen“ als Kompensation des Eingriffs Neben städtebaulichen Verträgen sieht § 1a Abs. 3 S. 4 BauGB seit 1998 auch die Möglichkeit von „sonstigen geeigneten Maßnahmen“ zum Ausgleich des Eingriffs als Alternative zu den Darstellungen und Festsetzungen im Flächennutzungs- bzw. Bebauungsplan vor. Diese allgemeine Formulierung verleiht der Gemeinde einen hohen Grad an Flexibilität bei der Bestimmung der Form des Ausgleichs und folglich bei der Gestaltung ihrer Bauleitplanung, falls durch diese ein Eingriff in Natur und Landschaft zu erwarten ist157. Die nähere Bezeichnung der „sonstigen Maßnahmen“ zum Ausgleich des Eingriffs als „geeignet“ deutet auf die Erforderlichkeit ihrer Effektivität und Wirksamkeit zur Wiederherstellung des natürlichen Status quo hin. Diese Voraussetzung stellt zugleich eine äußere Schranke und eine materiellrechtliche Direktive für die angemessene Ausübung des Auswahlsermessens der Gemeinde bezüglich der Form des Ausgleichs dar. Nicht alle erdenklichen Maßnahmen sind für den Ausgleich des Eingriffs geeignet. Die der Gemeinde gewährte Flexibilität bei der Ausgestaltung der Kompensation des Eingriffs findet ihre Grenze bei ungeeigneten Maßnahmen. Für den Ausgleich geeignet könnten z. B. in der Begründung des Bebauungsplans be156 Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 12, Rn. 46; Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 11, Rn. 12; Krautzberger, in: Ernst/ Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 11, Rn. 143. Dagegen verlangt Mitschang, BauR 2003, S. 183 ff. (192) eine genaue Benennung und Bestimmung der Maßnahmen, wenn es um die vertragliche Kostenübenahme geht. Gegen den Verweis auf ein Grünordnungsplan, allerdings nicht in einem städtebaulichen Vertrag, sondern in der Begründung eines Bebauungsplans OVG Lüneburg, Urt. v. 22.1.1996 – K 5436/93, NuR 1997, S. 298 ff. (301). 157 Die sonstigen geeigneten Maßnahmen erinnern an die Legaldefinition der Ersatzmaßnahmen nach § 19 Abs. 2 S. 1 BNatSchG in der allgemeinen Eingriffsregelung Dabei besteht keine echte Entsprechung der „sonstigen geeigneten Maßnahmen“ des § 1a Abs. 3 S. 4 BauGB mit den Ersatzmaßnahmen des § 19 Abs. 2 S. 1 BNatSchG. Wie schon oben erwähnt, wird bei der Bauleitplanung zwischen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht differenziert. Alle Kompensationsmaßnahmen werden als Ausgleichsmaßnahmen bezeichnet, wobei darunter auch Maßnahmen fallen, die inhaltlich eher den Ersatzmaßnahmen der allgemeinen Eingriffsregelung der §§ 18 ff. BNatSchG entsprechen würden.

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

schriebene, aber noch nicht festgesetzte Maßnahmen oder der Abschluss zivilrechtlicher Vereinbarungen über die Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen durch einen Bürger sein158. Eine Verallgemeinerung der Zulässigkeit einer bestimmten Art von Maßnahmen als „sonstigen geeigneten Maßnahmen“ ist aber nicht möglich; die Prüfung der Geeignetheit muss konkret für jede einzelne Maßnahme erfolgen159. So hat die Rechtsprechung geltend gemacht, dass die bloße Berufung in einem Bauleitplan auf ein Ökokonto als „sonstige geeignete Maßnahme“ zum Ausgleich des Eingriffs nicht ausreicht160; es liegt nämlich auf der Hand, dass es in diesem Fall der Ausgleichsmaßnahme an Konkretheit und so auch an Effektivität fehlt. b) Absicherung der Kompensation Die Rechtsprechung hat sich oft mit dem Ausgleich durch „sonstige geeignete Maßnahmen“ auseinandergesetzt und dabei diesen gesetzlichen Begriff konkretisiert bzw. zusätzliche Anforderungen an die Zulässigkeit solcher Ausgleichsmaßnahmen gestellt. Nach der ständigen Rechtsprechung müssen diese Maßnahmen eine ausreichende Sicherung der Verwirklichung des Ausgleichs bieten, damit sie nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung zulässig sind161. Die planende Gemeinde ist also in ihrem Ermessen bei der Auswahl von Maßnahmen zum Ausgleich nicht nur durch das Erfordernis ihrer materiellrechtlichen Geeignetheit, sondern auch insofern eingeschränkt, als ein Mindestmaß an rechtlicher Sicherung des Ausgleichs gewährleistet sein muss. Die gesetzliche Gleichstellung von vertraglichen Vereinbarungen und vor allem von Darstellungen bzw. Festsetzungen in den Bauleitplänen mit den sonstigen geeigneten Maßnahmen als von der Gemeinde frei zu wählende Alternativen für die Kompensation von Eingriffen deutet darauf hin, dass auch die „sonstigen geeigneten Maßnahmen“ (mindestens) denselben Grad an Sicherstellung des Ausgleichs aufweisen müssen wie die städtebaulichen Verträge und der verbindliche Inhalt der Bauleitpläne162. Auf diese Weise soll vor allem verhindert werden, dass Ausgleichsmaßnahmen durch Handlungen getroffen werden, die leicht revi158

Schrödter, in: Schrödter (Hrsg.), BauGB, § 1a, Rn. 79; a. A. bei einer bloßen Erklärung der Gemeinde in der Begründung des Bebauungsplans über die Ausgleichsmaßnahme OVG Lüneburg, Urt. v. 22.1.1996 – 6 K 5436/93, NuR 1997, S. 298 ff. (301). 159 BVerwG, Urt. v. 19.9.2002 – 4 CN 1.02, NuR 2003, 352 ff. (355); BVerwG, Beschl. v. 18.7.2003 – 4 BN 37.03, NuR 2003, 750 f. (750). 160 OVG Koblenz, Normenkontrollurt. v. 13.6.2002 – 1 C 11646/01, NuR 2003, S. 38 ff. (40). 161 Dazu z. B. zuletzt VGH Kassel, Urt. v. 12.6.2003 – 3 N 453/02, NuR 2005, S. 41 ff. (44). 162 Stich, DVBl. 2002, S. 1588 ff. (1597 f.).

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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diert oder zurückgezogen werden können, wie z. B. durch einseitige Erklärungen der Gemeinde163. Um diese Anforderungen an eine ausreichende rechtliche Absicherung des Ausgleichs noch weiter zu konkretisieren, hat die Rechtsprechung bestimmte Voraussetzungen für die Anwendung der „sonstigen geeigneten Maßnahmen“ aufgestellt. Nach der älteren Rechtsprechung reichte es für die erforderliche Absicherung aus, wenn die von der Gemeinde bereitgestellten Flächen in ihrem Eigentum standen164. Gegen diese Lösung ist aber zu Recht der Einwand vorgebracht worden, dass das Eigentum der Gemeinde an die Ausgleichsflächen nicht immer eine hinreichende Sicherung des Ausgleichs darstellt; das ist z. B. dann der Fall, wenn diese Flächen sich außerhalb des Gemeindegebiets befinden und folglich ihre Nutzung von der Ausübung der Planungshoheit einer anderen Gemeinde abhängig ist165. Die neuere Rechtsprechung hat nun manche Kriterien angeführt, die auf eine hinreichende Sicherung des Ausgleichs hindeuten: Eine ausführliche Beschreibung der Art und des Umfangs des Ausgleichs durch die beabsichtigten Maßnahmen, so dass genau feststeht, was die Gemeinde zum Ausgleich des beabsichtigten Eingriffs zu tun gedenke166, die Selbstverpflichtung der Gemeinde dabei (z. B. entsprechende Erklärung in der Planbegründung)167 und die Übereinstimmung der Maßnahme mit einem überörtlichen Regionalplan, der allgemeinverbindlich die entsprechende Nutzung darstellt, sind wichtige Indizien, die auf die ausreichende Sicherstellung des Ausgleichs hinweisen. Der Gemeinde wird jedoch keine bestimmte verbindliche Vorgehensweise bei der Auswahl der Art der Kompensation des Eingriffs vorgeschrieben; umgekehrt kann aufgrund dieser Kriterien keine Maßnahme von 163 OVG Koblenz, Normenkontrollurt. v. 13.6.2002 – 1 C 11646/01, NuR 2003, S. 38 ff. (40); BVerwG, Urt. v. 19.9.2002 – 4 CN 1.02, NuR 2003, 352 ff. (355 f.); BVerwG, Beschl. v. 11.11.2002 – 4 BN 52.02, NuR 2003, S. 290 ff. (291); BVerwG, Beschl. v. 18.7.2003 – 4 BN 37.03, NuR 2003, 750 f. (750); Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 1a, Rn. 101; ders., in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1a, Rn. 28; Stich, DVBl. 2002, S. 1588 ff. (1598). 164 OVG Lüneburg, Urt. v. 23.3.2001 – 1 K 2294/99, BauR 2001, S. 1542 ff. (1546); OVG Lüneburg, Urt. v. 5.4.2001 – 1 K 2758/00, BauR 2001, S. 1546 ff. (1550). So anscheinend auch Schubert, Harmonisierung umweltrechtlicher Instrumente, S. 153. 165 BVerwG, Urt. v. 19.9.2002 – 4 CN 1.02, NuR 2003, 352 ff. (355 f.). 166 VGH Mannheim, Urt. v. 21.1.2002 – 8 S 1388/01, NuR 2002, S. 552 ff. (554); VGH Kassel, Urt. v. 12.6.2003 – 3 N 453/02, NuR 2005, S. 41 ff. (44); OVG Koblenz, Normenkontrollurt. v. 13.6.2002 – 1 C 11646/01, NuR 2003, S. 38 ff. (40); BVerwG, Urt. v. 18.9.2003 – 4 CN 3.02, NuR 2004, S. 239 ff. (241). 167 Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 9, Rn. 98e; BVerwG, Urt. v. 18.9.2003 – 4 CN 3.02, NuR 2004, S. 239 ff. (241); VGH Kassel, Urt. v. 12.6.2003 – 3 N 453/02, NuR 2005, S. 41 ff. (44).

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

einer konkreten Kontrolle der Geeignetheit und der ausreichenden Sicherstellung des Ausgleichs abstrakt und im Voraus befreit werden. Jeder Einzelfall muss nach wie vor in concreto nach dem Maßstab der Geeignetheit und der ausreichenden Sicherstellung des Ausgleichs geprüft werden. Gegen diese Rechtsprechung ist der Einwand erhoben worden, dass diese, über das Erfordernis des Eigentums der Gemeinde hinausgehenden Kriterien der „Absicherung“ im Falle von „sonstigen geeigneten Maßnahmen“ überflüssig sind. Diese Kritik stützt sich auf die Feststellung, dass auch die Festsetzungen und Darstellungen der Bauleitpläne oder die städtebaulichen Verträge keine höhere Sicherung der Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen bieten. Sie müssen nämlich auch durch die Vorhabenträger bzw. die jeweiligen Vertragspartner realisiert werden und die Kontrollmöglichkeit beschränkt sich dabei auf die Kommunalaufsicht oder die Verlässlichkeit des Vertragspartners. Die rechtliche Verbindlichkeit sowohl der Darstellungen oder Festsetzungen als auch der vertraglichen Klauseln zum Ausgleich wird allein durch das Erfordernis des Eigentums der Gemeinde bei den „sonstigen geeigneten Maßnahmen“ kompensiert168. Diese Kritik ist aber nicht berechtigt. Die Darstellungen bzw. Festsetzungen in den Bauleitplänen sowie die städtebaulichen Verträge weisen als Instrumente der Kompensation, obwohl sie keinen Ausgleich des Eingriffs garantieren, immerhin einen hohen Grad an Rechtsverbindlichkeit auf, so dass man mit einiger Sicherheit davon ausgehen kann, dass der Ausgleich auch tatsächlich durchgeführt wird. Der Abstand zwischen dieser beiden Arten der Kompensation und den „sonstigen geeigneten Maßnahmen“ ist in dieser Hinsicht sehr groß, da letztere sogar aus rechtlich absolut unverbindlichen Handlungen und Maßnahmen bestehen können. Der allgemeine und undifferenzierte Wortlaut des Gesetzes in § 1a Abs. 3 S. 4 BauGB mit der Definition der „sonstigen geeigneten Maßnahmen“ lässt nämlich auch solche unverbindliche Handlungen als „sonstige geeignete Maßnahmen“ zu. Aus diesem Grund sind die zusätzlich von der Rechtsprechung zur Absicherung des Ausgleichs gestellten Kriterien im Falle der sonstigen geeigneten Maßnahmen gerechtfertigt. 4. Räumliche und zeitliche Entkoppelung von Eingriff und Ausgleich Die räumliche und zeitliche Entkoppelung von Eingriff und Ausgleich betrifft zwei unterschiedliche Entwicklungen der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung. Es ist trotzdem sinnvoll, diese Entwicklungen im gleichen 168

Schmaltz, DVBl. 2003, S. 207 ff. (209).

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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Rahmen und parallel zu einander zu untersuchen, weil viele der daraus resultierenden Rechtsprobleme eng miteinander verbunden sind. a) Räumliche Entkoppelung von Eingriff und Ausgleich Seit der Novellierung des BauGB durch das ROG 1998 ist eine Entkoppelung von Eingriffs- und Ausgleichsort möglich. In den §§ 1a Abs. 3 S. 3 und 200a S. 2 BauGB ist ausdrücklich festgelegt, dass der Ausgleich an einer anderen Stelle als am Ort des Eingriffs stattfinden kann und dass auch kein unmittelbarer räumlicher Zusammenhang zwischen diesen beiden Stellen bestehen muss169. Über die räumliche Entkoppelung zwischen Eingriff und Ausgleich entscheidet die Gemeinde nach ihrem planerischen Gestaltungsermessen170. Beide Regelungen bestimmen aber, dass die Trennung von Eingriffs- und Ausgleichsort mit der städtebaulichen Entwicklung wie auch mit den Zielen der Raumordnung und des Natur- und Landschaftsschutzes171 vereinbar sein muss. Diese Flexibilität ermöglicht es der Gemeinde, nach einer sinnvollen Aufteilung der Ausgleichsflächen den Anforderungen sowohl der Stadtentwicklung als auch des Natur- und Landschaftsschutzes am effektivsten nachzukommen172. Die Möglichkeit der Entkoppelung von Eingriffs- und Ausgleichsort deutet gleichzeitig auf die Tendenz hin, bei der Eingriffsprüfung nicht mehr nur zurückblickend und repressiv die vollzogene Beeinträchtigung von Natur und Landschaft festzustellen, sondern alle Potentiale für eine umfassendere Entwicklung des Naturraums auch im Hinblick auf die Zukunft und vorbeugend zu nutzen173. Eine besondere Regelung zur Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen im Falle ihrer räumlichen Entkoppelung vom Eingriffsort sieht § 135a Abs. 2 S. 1 BauGB vor. Nach dieser Vorschrift muss die Gemeinde in diesem Fall anstelle und auf Kosten des Vorhabenträgers oder des Eigentümers des Grundstücks, der den Eingriff verursacht, selbst durchführen. Für die Durchführung muss sie auch die erforderlichen Flächen bereitstellen, wenn 169 Nach der Rechtsprechung sind die Anforderungen an den räumlichen Bezug zwischen dem Eingriff und den entsprechenden Ersatzmaßnahmen großzügig auszulegen, BVerwG, Urt. v. 17.8.2004 – 9 A 1/03, NuR 2005, S. 177 f. (177). 170 VG Gießen, Urt. v. 17.9.2001 – 1 WE 756/01, NVwZ 2002, S. 760 f. (761); Schink, DVBl. 1998, S. 609 ff. (613). 171 Falls ein Landschaftsplan vorhanden ist, ergeben sich die Ziele aus diesem Plan, Louis/Wolf, NuR 2002, S. 455 ff. (464). Die in den Landschaftsplänen enthaltenen Bestimmungen werden so mittelbar zum Maßstab für die Ermittlung der Rechtmäßigkeit der an anderer Stelle zu realisierenden Ausgleichsmaßnahmen. 172 Dazu Wolf, NuR 2001, S. 481 ff. (484 f.); Schubert, Harmonisierung umweltrechtlicher Instrumente, S. 146; Schink, DVBl. 1998, S. 609 ff. (611); Uechtritz, NVwZ 1997, S. 1182 ff. (1185). 173 Wolf, NuR 2004, S. 6 ff. (8); Wolf, NuR 2001, S. 481 ff. (487).

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

sie nicht auf andere Weise (z. B. durch Bereitstellung einer geeigneten Fläche durch den Vorhabenträger selbst) gesichert sind. Diese beiden Pflichten der Gemeinde bezwecken die Absicherung des Ausgleichs174. Die Rechtsprechung hat diese gesetzliche Pflicht der Gemeinde weiter konkretisiert, indem sie verlangt, dass die Gemeinde zur Sicherstellung des Ausgleichs Eigentümerin der bereitgestellten Flächen sein oder ein zeitlich unbefristetes Verfügungsrecht über diese Flächen haben muss175. Bei der räumlichen Trennung von Ausgleich und Eingriff ist das Risiko einer Vernachlässigung des Ausgleichs oder dessen Scheiterns noch größer. Dieses Risiko wollte der Gesetzgeber möglichst vermindern176. Gegen diese Lösung wird aber der Einwand erhoben, dass die volle Verantwortlichkeit der Gemeinde für die Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen und die Beschränkung der Pflichten des Verursachers auf die Kostenerstattung in der Praxis „dämpfend“ für den Naturschutz wirken kann; die Vorhabenträger bemühen sich nämlich um eine Kostensenkung zulasten des Naturschutzes und es besteht die Gefahr, dass die Gemeinde ihren Wünschen nachgibt177. Hierauf kann man erwidern, dass solche Gefahren einer mißbräuchlichen Anwendung der gesetzlichen Regelungen in der Praxis nicht von vornherein einen Grund für eine Abschaffung von als solchen richtigen und sinnvollen Regelungen darstellen sollten. Außerdem besteht die Gefahr der Vernachlässigung der Qualität des Ausgleichs aus Gründen der Kostensenkung bei jeder Konstellation. Die Übertragung der Ausgleichsdurchführung der planenden Gemeinde und die Pflicht der Vorhabenträger zur Kostenerstattung verringert immerhin das Risiko einer gescheiterten oder mangelhaften Verwirklichung der Ausgleichsmaßnahmen. In diesem Zusammenhang ist zur Klarstellung darauf hinzuweisen, dass die Möglichkeit der räumlichen Entkoppelung von Eingriff und Ausgleich auch im Fall des Abschlusses von städtebaulichen Verträgen zur Durchführung des Ausgleichs Anwendung finden kann. In den §§ 1a Abs. 3 S. 3 und 200a S. 2 BauGB differenziert der Gesetzgeber nicht bezüglich der Art des Ausgleichs. Literatur und Rechtsprechung sind sich insofern darüber einig, dass auch in diesem Fall die Ausgleichsmaßnahmen an einem anderen Ort als am Ort des Eingriffs stattfinden können. Auch in diesem Fall können die Ausgleichsmaßnahmen nicht nur außerhalb des Plangebiets, sondern eventuell auch außerhalb des Gemeindegebiets verwirklicht wer174

Brohm, in: FS Hoppe, S. 511 ff. (522). OVG Koblenz, Urt. v. 6.3.2002 – 8 C 11470/01, NuR 2002, S. 422 ff. (422). 176 Wolf, NuR 2004, S. 6 ff. (10); Wolf, NuR 2001, S. 481 ff. (487); a. A. Reinhardt, Bauleitplanung und Naturschutz, S. 100, der vertritt, dass die Gemeinde in der Praxis keine bessere Garantie zur Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen als der Vorhabenträger bietet. 177 Köck, NuR 2004, S. 1 ff. (2 f.). 175

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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den. Ein räumlicher Bezug oder ein funktionaler Zusammenhang ist dabei nicht erforderlich178. b) Zeitliche Entkoppelung von Eingriff und Ausgleich – Ökokonto Mit der Einführung des § 135a Abs. 2 S. 2 BauGB durch das ROG 1998 ist auch die zeitliche Entkoppelung von Eingriff und Ausgleich ermöglicht worden und somit die schon vorherige Praxis in vielen Länder normiert worden. Nach dieser Vorschrift können die Ausgleichsmaßnahmen schon vor den Baumaßnahmen, die den entsprechenden Eingriff in Natur und Landschaft verursachen, durchgeführt werden. Auf diese Weise kann die Gemeinde eine Reserve aus Flächen und Maßnahmen schaffen, die als Ausgleich für künftige, aufgrund von bauplanungsrechtlichen Darstellungen oder Festsetzugnen zu erwartende Eingriffe genutzt werden können. Dieses System ist als „Ökokonto“ bekannt179. Die zeitliche Entkoppelung von Eingriff, und Ausgleich erfolgt jedoch nur in die eine Richtung: die Ausgleichsmaßnahmen können nämlich vor dem Eingriff aber nicht nach ihm durchgeführt werden180. Zum Zeitpunkt des Eingriffs181 muss sein Ausgleich auf jeden Fall gesichert sein, damit er zulässig ist; spätestens zum Zeitpunkt der Planverwirklichung müssen also die Ausgleichsmaßnahmen durchgeführt werden können182. Ausgleichsmaßnahmen nach Vornahme des Eingriffs sind also auf keinen Fall zulässig. Ferner sind auch befristete Ausgleichsmaß178 Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 11, Rn. 12; Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 11, Rn. 143; Mitschang, BauR 2003, S. 183 ff. (192); Wolf, NuR 2001, S. 481 ff. (485); Schrödter, in: Schrödter (Hrsg.), BauGB, § 1a, Rn. 62; a. A. Brohm, in: FS für Hoppe, S. 511 ff. (518); BVerwG, Urt. v. 9.5.1997 – 4 N 1.96, NuR 1997, S. 446 ff.; VGH Mannheim, Normenkontrollurt. v. 22.7.1997 – 5 S 3391/94, VBlBW 1998, S. 177 ff. (182); BVerwG, Beschl. v. 5.1.1999 – 4 BN 28.97, BauR 1999, S. 729 f. (730). 179 Mit dem Ökokonto funktionell verbunden, aber dennoch von ihm zu unterscheiden ist das Institut des so genannten „Flächenpools“, nämlich die Bereitstellung von Flächen auf Vorrat. Diese war schon immer zulässig, auch ohne besondere Regelung des Gesetzes, Fischer-Hüftle/A. Schumacher, in: Schumacher/FischerHüftle, BNatSchG, § 19, Rn. 130. Zu den besonderen Fragen der Anlegung eines Ökokontos und Flächenpools bei der allgemeinen Eingriffsregelung der §§ 18 ff. BNatSchG Agner, UPR 2004, S. 7 ff.; Wolf, NuR 2001, S. 481 ff. (488 ff.). 180 Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 9, Rn. 98c; Wolf, NuR 2001, S. 481 ff. (487); Brohm, in: FS Hoppe, S. 511 ff. (520). 181 Aber nicht unbedingt schon bei Inkrafttreten des Bebauungsplans, Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 1a, Rn. 97; Stüer, NuR 2004, S. 11 ff. (13); BVerwG, Beschl. v. 16.3.1999 – 4 BN 17.98, BauR 2000, S. 242 f. (242). 182 OVG Koblenz, Urt. v. 6.3.2002 – 8 C 11470/01, NuR 2002, S. 422 ff. (422).

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

nahmen unzulässig, weil jeder Bauleitplan für eine unbegrenzte Geltungsdauer aufgestellt wird, so dass auch die Ausgleichsmaßnahmen zur Bewältigung der vom Bauleitplan verursachten Eingriffe ihn während seiner gesamten Geltungsdauer begleiten müssen183. Allerdings sollte es der Gemeinde nicht ermöglicht werden, jede beliebige, in der Vergangenheit realisierte Maßnahme zum Schutz der Natur ohne Bezug auf den konkreten Eingriff als Ausgleichsmaßnahme zu qualifizieren184. Vielmehr muss schon bei Vornahme besagter Maßnahmen auf ihren Ausgleichscharakter aufmerksam gemacht worden sein; zudem muss ein sachlicher Zusammenhang zwischen Eingriff und Ausgleich hergestellt worden sein185. Außerdem muss die Ausgleichsmaßnahme einen derart positiven Beitrag zur Verbesserung des ökologischen Zustandes der in Betracht kommenden Flächen leisten, dass die Wiederherstellung des Status quo ante der Natur erreicht werden kann. Dabei kann das Zurückgreifen auf ein schon vorher beschlossenes, aber noch nicht realisiertes Nutzungskonzept der Gemeinde als Ausgleichsmaßnahme akzeptiert werden186. Die bloße Pflege und Erhaltung eines schon vorhandenen Biotops ist dagegen als Ausgleichsmaßnahme nicht geeignet187. Die zeitliche Vorverlagerung des Ausgleichs vor den Eingriff bei der Bauleitplanung weist mehrere Vorteile auf. Meistens wird die zeitliche mit der räumlichen Entkoppelung von Eingriff und Ausgleich kombiniert; dies räumt der Gemeinde die Chance ein, noch flexibler bei ihrer Bauleitplanung vorzugehen188. Die Eingriffe können während der Bauleitplanaufstel183

OVG Lüneburg, Urt. v. 14.9.2000 – 1 K 5414/98, NuR 2001, S. 294 ff. (297); VGH Mannheim, Normenkontrollurt. v. 17.5.2001 – 8 S 2603/00, NuR 2001, S. 697 ff. (698); VGH Mannheim, Urt. v. 14.9.2001 – 5 S 2869/99, NuR 2002, S. 296 ff. (302). 184 Fischer-Hüftle/A. Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 19, Rn. 129 ff.; Köck, NuR 2004, S. 1 ff. (5); Schink, DVBl. 1998, S. 609 ff. (615). 185 Bönker, in: Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 3, Rn. 128; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 135a, Rn. 5; Fischer-Hüftle, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 21, Rn. 19; Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 19, Rn. 13; Schink, in: Dolde (Hrsg.), Umweltrecht im Wandel, S. 837 ff. (864 f.); Schubert, Harmonisierung umweltrechtlicher Instrumente, S. 150 ff.; Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 1 ff. (246). 186 BVerwG, Beschl. v. 18.7.2003 – 4 BN 37.03, NuR 2003, 750 f. (751). 187 VGH Mannheim, Urt. v. 17.5.2001 – 8 S 2603/00, NuR 2001, S. 697 ff. (698); Bunzel, NuR 2004, S. 15 ff. (19); Schubert, Harmonisierung umweltrechtlicher Instrumente, S. 145; Agner, UPR 2004, S. 7 ff. (9); Köck, NuR 2004, S. 1 ff. (3); Stich, UPR 2002, S. 10 ff. (14). 188 Rehbinder, NuR 2001, S. 361 ff. (365); Spannowsky/Krämer, UPR 1998, S. 44 ff. (46); Bunzel, NuR 1997, S. 583 ff. (588); Schink, DVBl. 1998, S. 609 ff. (612).

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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lung nur in Grundzügen für die Zukunft erkannt werden. Der konkrete Umfang, die Einzelheiten und der genaue Zeitpunkt jedes Eingriffs können zum Zeitpunkt der Planaufstellung noch nicht bekannt sein. So besteht in diesem Fall noch mehr die Notwendigkeit einer Flexibilisierung des Orts und des Zeitpunkts des Ausgleichs189. Zugleich stellt eine solche Praxis keine Gefährdung der naturschutzrechtlichen Interessen dar; ganz im Gegenteil wird dadurch der tatsächliche und effektive Ausgleich für künftige Eingriffe in Natur und Landschaft noch mehr gesichert. Mit der Verwirklichung des Ökokontos wird der sog. „Time-lag-Effekt“190, d.h. die zeitliche Verzögerung von der Durchführung einer Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahme bis zum Eintritt des beabsichtigten vollen Ausgleichseffekts, vermindert191. Durch die Schaffung eines Ökokontos ist schließlich auch eine Konzentration der Ausgleichsflächen möglich, die zur Vernetzung dieser Flächen beitragen und von großem Nutzen für die Natur und das Landschaftsbild sein kann192. c) Mit der räumlichen und zeitlichen Entkoppelung von Eingriff und Ausgleich verbundene Rechtsprobleme aa) Probleme der räumlichen Entkoppelung Die räumliche Entkoppelung von Eingriff und Ausgleich wirft Zweifel im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit den in den Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 3 GG enthaltenen Grundrechten. Das gilt insbesondere für diejenigen Fälle, in denen der Ausgleich des Eingriffs auf Grundstücken Dritter erfolgen soll. Es versteht sich nämlich nicht von selbst, dass ein Eigentümer, dessen Grundstück sich in keinem räumlichen oder sonstigen sachlichen Zusammenhang mit dem eingreifenden Vorhaben befindet, in seinen aus Art. 14 Abs. 1 GG fließenden Rechten belastet werden darf. Ihm zuzumuten, diese besondere Belastung seines Eigentums aufgrund von Eingriffen zu dulden, die nicht von ihm verursacht wurden und von denen er auch nicht profitiert, kann sich im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Schutz des Eigentums als problematisch erweisen. Weiter ist es fraglich, 189

Reinhardt, Bauleitplanung und Naturschutz, S. 72. Dazu Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 19, Rn. 13 und 28. 191 Fischer-Hüftle/A. Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 19, Rn. 155; Schubert, Harmonisierung umweltrechtlicher Instrumente, S. 150; Agner, UPR 2004, S. 7 ff. (7); Wolf, NuR 2001, S. 481 ff. (487). 192 Wolf, NuR 2004, S. 6 ff. (8); Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 1 ff. (245); Agner, UPR 2004, S. 7 ff. (7). 190

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

wie die Beeinträchtigung ausgerechnet seiner Rechte im Verhältnis zu den Rechten der anderen Eigentümer in derselben Gegend gerechtfertigt sein kann, so dass daraus keine Verletzung des in Art. 3 GG enthaltenen Gleichheitsgrundsatzes entsteht193. Diese Probleme ergeben sich noch extremer bei eingreifenden Vorhaben, die keinem öffentlichen Zweck, sondern lediglich einem privaten Interesse dienen. Bezüglich der Eigentumsrechte wird angenommen, dass die Belastung des privaten Eigentums durch den Grundsatz der städtebaulichen Entwicklung (§ 1 Abs. 3 BauGB) und die Pflicht zum naturschutzrechtlichen Ausgleich von Eingriffen (§ 1a Abs. 3 BauGB) sowohl bei Vorhabenträger als auch bei Dritten gerechtfertigt ist. Bei diesen Beeinträchtigungen wird es sich um nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG zumutbare Inhalts- und Schrankenbestimmungen handeln. Wenn die Grenzen der Zumutbarkeit nach den Kriterien des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG überschritten werden, ist aber die Beeinträchtigung des Eigentums nicht gerechtfertigt194. Die Grenzen der Zumutbarkeit der Beeinträchtigung des Eigentums sind natürlich bei Dritten unterschiedlich zu beurteilen als bei Vorhabenträger: Die Zumutbarkeit ist bei Dritten gründlicher zu begründen und einfacher abzulehnen. Was die Erfordernisse des Art. 3 GG betrifft, muss der Gleichheitsgrundsatz bei der Auswahl des mit dem Ausgleich belasteten Grundstücks durch Entwicklung von vernünftigen, differenzierenden Kriterien immer besonders beachtet werden195. Alle diese Ausführungen lassen den Schluss zu, dass auf jeden Fall ein „verursachernahes“ Ausgleichskonzept angestrebt werden und ein solches auch den Regelfall darstellen muss196. An diesem Punkt muss zur Klarstellung der im Folgenden verwendeten Begriffe angemerkt werden: § 9 Abs. 1a S. 1 BauGB sieht zwei Varianten der räumlichen (und eventuell auch der zeitlichen) Entkoppelung vor: Der Ausgleich kann für eine (von dem Eingriffsort abweichende) Fläche entweder desselben oder eines anderen Bebauungsplans festgesetzt werden. Der Ausgleich kann ferner entweder auf einem Grundstück des eigentlichen Plangebiets oder auf einem Grundstück außerhalb des Plangebiets erfolgen. Im letzteren Fall kann das Ausgleichsgrundstück zum Planbereich eines anderen Bebauungsplans gehören, der als „Ausgleichsbebauungsplan“ bezeichnet wird; oder aber es kann demselben Bebauungsplan zugeordnet werden, in dem auch der Eingriff zu erwarten ist, obwohl er nicht zum eigentlichen 193 Auf diese Probleme mit den Eigentumsrechten aus Art. 14 GG und dem Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 GG aufmerksam machend Brohm, in: FS Hoppe, S. 511 ff. (519 f.). 194 Porger, in: Kormann (Hrsg.), Naturschutz und Bauleitplanung, S. 83. 195 Dazu Brohm, Öffentliches Baurecht, § 6, Rn. 41; ders., in: FS Hoppe, S. 511 ff. (520). 196 Schmidt-Aßmann, Studien zur städtebaulichen Umlegung, S. 85.

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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Planbereich dieses Bebauungsplans gehört197. In diesem Fall ist von einem „Bebauungsplan mit zweigeteiltem Geltungsbereich“ die Rede198. Sowohl im Fall des zweigeteilten Bebauungsplans als auch im Fall des Ausgleichsbebauungsplans wird der Ausgleich auf einem anderen Grundstück durchgeführt als am Ort des Eingriffs. Der „Bebauungsplan mit zweigeteiltem Geltungsbereich“ entspricht nicht genau der Vorstellung eines herkömmlichen Bebauungsplans. In ihm werden Ausgleichsmaßnahmen an einem anderen Ort als am Ort des Eingriffs vorgesehen, wobei sich der Ausgleichsort außerhalb des eigentlichen Plangebiets befindet. Im Gegensatz zum „Ausgleichsbebauungsplan“ werden aber diese Ausgleichsgebiete demselben Bebauungsplan zugeordnet, aufgrund dessen auch die Eingriffe zu erwarten sind199. Ein wichtiger Kritikpunkt an dem „zweigeteilten Bebauungsplan“ betrifft seine Funktion, die sich von der eines „normalen“ Bebauungsplans grundlegend unterscheidet: Der Bebauungsplan mit zweigeteiltem Geltungsbereich konkretisiert nicht einen bestimmten abgegrenzten Teil des Flächennutzungsplans, sondern zwei voneinander getrennte Teile von ihm. Und die Boden- und Baunutzungen des gesamten Gebiets, in dem der zweigeteilte Bebauungsplan gilt, befinden sich nicht unbedingt in einem räumlichen Zusammenhang zueinander. So wird eine vollständige, sachgerechte Abwägung und Abstimmung der naturschutzrechtlichen Belange aufeinander im ganzen Geltungsbereich des Bebauungsplans erheblich erschwert200. Beim „Ausgleichsbebauungsplan“ handelt es sich um einen Bebauungsplan, der ausschließlich oder auch Ausgleichsmaßnahmen für Eingriffe enthält, die aufgrund eines anderen Bebauungsplans verursacht werden. Damit ist der Vorteil verbunden, dass der Ausgleichsbebauungsplan zuerst aufge197

Diese etwas seltsame Konstruktion kommt dann vor, wenn mehrere voneinander getrennte Gebiete materiellrechtlich Teilgebiete eines einheitlichen Bebauungsplans darstellen. In der Literatur und der Rechtsprechung war die Zulässigkeit von solchen Bebauungsplänen mit geteiltem Geltungsbereich schon vor dem Zeitpunkt der gesetzlichen Regelung anerkannt, Gassner, NuR 1993, S. 252 ff. (255); Louis, NuR 1997, S. 449; aus der Rechtsprechung grundlegend BVerwG, Urt. v. 9.5.1997 – 4 N 1.96, NuR 1997, S. 446 ff. (448); ihm folgend auch VGH Mannheim, Normenkontrollurt. v. 22.7.1997 – 5 S 3391/94, VBlBW 1998, S. 177 ff. (182). 198 Zur Differenzierung zwischen zweigeteiltem Bebauungsplan und Ausgleichsbebauungsplan Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 9, Rn. 231 ff.; Schubert, Harmonisierung umweltrechtlicher Instrumente, S. 148 f.; Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 1 ff. (244); Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, A1 § 21, Rn. 8. Nicht differenzierend Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 21, Rn. 33. 199 Zu den Vorteilen eines Bebauungsplans mit geteiltem Geltungsbereich im Vergleich zu einem Ausgleichsplan Louis, NuR 1997, S. 449. 200 Brohm, Öffentliches Baurecht, § 6, Rn. 41.

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

stellt und verwirklicht werden kann, so dass zum (späteren) Zeitpunkt des Erlasses des Eingriffsbebauungsplans der Ausgleichseffekt schon eingetreten ist. Umgekehrt kann aber nicht verfahren werden, weil zum Zeitpunkt der Aufstellung des eingreifenden Bebauungsplans der Ausgleich schon gesichert sein muss201. Wie ist aber die Wirksamkeit des einen Bebauungsplans zu beurteilen, wenn der andere aus irgend einem Grund unwirksam wird? Kann der Bebauungsplan, der Eingriffe in Natur und Landschaft erwarten lässt, auch dann wirksam bleiben, wenn der Bebauungsplan, der die für die Zulässigkeit des Eingriffs erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen enthält, seine Wirksamkeit verloren hat? Entfällt dann nicht gleichzeitig eine wesentliche Voraussetzung der Wirksamkeit des eingreifenden Bebauungsplans? Umgekehrt wird danach gefragt, wie die Rechtswirksamkeit des Ausgleichsbebauungsplans zu beurteilen ist, wenn der entsprechende Eingriffsplan seine Wirksamkeit nachträglich verliert und somit der Entstehungsgrund und die rechtliche Grundlage für die Aufstellung des Ausgleichsbebauungsplans entfällt. Bei der Beantwortung dieser Fragen sind §§ 1a Abs. 3 BauGB i. V. m. 18 ff. und insbesondere § 21 Abs. 1 BNatSchG einschlägig, nach denen die Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahmen für die Zulässigkeit von aufgrund von Bauleitplänen zu erwartenden Eingriffen in der Regel erforderlich sind. Aus diesem Grund wird allgemein und richtigerweise angenommen, dass die Rechtmäßigkeit von Eingriffs- und Ausgleichsbebauugsplänen nicht unabhängig voneinander beurteilt werden kann202. Dies bedeutet aber nicht unbedingt, dass die Aufhebung des einen Bebauungsplans direkt und automatisch die Unwirksamkeit auch des anderen herbeiführt. Bei Behandlung dieser Frage muss man zwischen Ausgleichsbebauungsplänen i. e. S. und Ausgleichsbebauungsplänen i. w. S. differenzieren. Als Ausgleichsbebauungspläne i. e. S. können diejenigen Bebauungspläne bezeichnet werden, die ausschließlich Ausgleichsmaßnahmen für den in Frage kommenden Eingriffsplan und keine weiteren Nutzungsbestimmungen enthalten. Unter Ausgleichsbebauungsplänen i. w. S. können dagegen diejenigen Bebauungspläne verstanden werden, die neben den Maßnahmen zum Ausgleich auch andere, für den Ausgleich des in Frage kommenden 201 Fischer-Hüftle, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 21, Rn. 37; Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 1 ff. (244); dazu auch oben in den Ausführungen über die zeitliche Entkoppelung von Eingriff und Ausgleich 2. Teil Kap. 2. A. III. 4. b). 202 VGH Mannheimm, Normenkontrollurteil. v. 22.7.1997 – 5 S 3391/94, VBlBW 1998, S. 177 ff. (182); Brohm, Öffentliches Baurecht, § 6, Rn. 41; Schubert, Harmonisierung umweltrechtlicher Instrumente, S. 148; Löhr, in: Battis/ Krautzberger/Löhr, BauGB, § 9, Rn. 98a; Tophoven, NVwZ 2004, S. 1052 ff. (1053); Brohm, in: FS Hoppe, S. 511 ff. (519).

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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Eingriffsplans irrelevante Festsetzungen enthalten (z. B. Ausgleichsmaßnahmen für einen anderen Eingriffsbebauungsplan oder Festsetzungen von Baunutzungen, die selbst als Grundlagen von künftigen Eingriffen eines Ausgleichs bedürfen203). Folgende Fallkonstellationen können vorkommen: Wenn der Ausgleichsbebauungplan seine Rechtswirksamkeit nachträglich verliert, spielt es für die Rechtmäßigkeit des Eingriffsbebauungsplans keine Rolle, ob es sich dabei um einen Ausgleichsbebauungsplan i. e. oder i. w. Sinne handelt. In beiden Fällen muss auch der Eingriffsbebauungsplan seine Wirksamkeit unmittelbar und ohne weitere Erwägungen verlieren, da ein Eingriff ohne Ausgleich unter diesen Umständen204 unzulässig ist205. Wenn aber der Eingriffsbebauungsplan nachträglich unwirksam wird, ist es für die Wirksamkeit des Ausgleichsbebauungsplans danach zu differenzieren, je nach dem, ob es sich um einen Ausgleichsbebauungsplan i. e. S. oder i. w. S. handelt. Ein Ausgleichsbebauungsplan i. e. S. muss ebenso wie der entsprechende Eingriffsbebauungsplan, der seine Grundlage darstellte, unwirksam sein. Der Ausgleichsbebauungsplan enthält nämlich in diesem Fall nur Maßnahmen zum Ausgleich für den entfallenen Eingriff, und es besteht kein rechtlicher und tatsächlicher Grund, dass er wirksam bleiben sollte. Er folgt also dem rechtlichen Schicksal des Eingriffsbebauungsplans. Anders als der Ausgleichsbebauungsplan i. e. S. enthält aber der Ausgleichsbebauungsplan i. w. S. auch andere Festsetzungen, die mit dem Ausgleich des Eingriffs nicht verbunden sind. Wenn der Eingriffsbebauungsplan rechtsunwirksam wird, müssen auch die Ausgleichsmaßnahmen des Ausgleichsbebauungsplans i. w. S. ihre Rechtswirksamkeit verliert, nicht aber unbedingt auch seine übrigen Festsetzungen. In diesem Fall ist es erforderlich, die Dogmatik der Teilwirksamkeit anzuwenden: Der gesamte Ausgleichsbebauungsplan i. w. S. soll nur dann seine Wirksamkeit verlieren, wenn sein unwirk203 Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 9, Rn. 232 und 237; Schink, DVBl. 1998, S. 609 ff. (613). 204 Die Alternative zum Ausgleich wäre natürlich, dass bei der Abwägung zur Bauleitplanaufstellung der Eingriff trotz fehlendem Ausgleich sich als vorrangig vor den naturschutzrechtlichen und den übrigen in Betracht kommenden Belangen erweisen würde. Für eine solche Abwägung ist es aber zu diesem Zeitpunkt ohnehin zu spät. Für eine nachträgliche Abwägung bleibt kein Raum. Aus diesem Grund folgt aus dem Entfall des Ausgleichs in diesem Fall unmittelbar die Fehlerhaftigkeit des Bauleitplans. 205 Löhr, in: Battis/Krautzgeberger/Löhr, BauGB, § 9, Rn. 98c; Battis/Krautzberger/Löhr, NVwZ 1997, S. 1145 ff. (1153); Brohm, in: FS Hoppe, S. 511 ff. (521); Tophoven, NVwZ 2004, S. 1052 ff. (1054), der die Nichigkeit des Eingriffsplans bei Unwirksamkeit des Ausgleichsplans nicht etwa auf eine aufschiebende Bedingung der Gültigkeit des Eingriffsplans, sondern auf eine konditionale Verknüpfung dieser Pläne stützt. A. A. Schink, DVBl. 1998, S. 609 ff. (614); Lüers, DVBl. 1998, S. 433 ff. (440).

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

samer Teil, nämlich die Ausgleichsmaßnahmen, für das gesamte planerische Konzept von so großer Bedeutung war, dass er ohne den unwirksam gewordenen Teil nicht mehr bestehen bleiben kann206. Ein weiteres Problem der Trennung zwischen Eingriffs- und Ausgleichsbebauungsplan liegt in der Abwägung bei der Aufstellung dieser Pläne. Die Abwägung sollte nämlich für diese aufeinander bezogenen Bebauungspläne einheitlich stattfinden, was aber aufgrund ihrer rechtlichen Selbstständigkeit problematisch zu sein scheint. Eine tatsächliche und rechtliche Abstimmung von Eingriffs- und Ausgleichsplan ist aber aus Gründen ihrer Effektivität und Wirksamkeit unerlässlich207. Die mit der räumlichen Entkoppelung von Eingriff und Ausgleich verbundenen Probleme stellen sich auf eine spezielle Weise, wenn die Ausgleichsmaßnahmen auf dem Plangebiet einer anderen Gemeinde durchgeführt werden sollen. Eine planende Gemeinde kann keine Boden- und baulichen Nutzungen im Plangebiet einer anderen Gemeinde festsetzen208. Außerdem kann keine Gemeinde ohne weiteres von solchen Festsetzungen von Seiten einer anderen Gemeinde ausgehen. In diesem Fall wäre also keine Sicherung des Ausgleichs vorhanden, da die zweite Gemeinde die von der ersten Gemeinde als Ausgleichsflächen vorgesehenen Gebiete anders überplanen kann209. Eine Lösung dieses Problems könnte die Aufstellung eines gemeinsamen Flächennutzungsplans zwischen den beiden in Betracht kommenden Gemeinden nach § 204 BauGB darstellen210. Gegebenfalls kann aber auch die bloße Vereinbarung der beteiligten Gemeinden über die Darstellung der erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen ausreichen (§ 204 Abs. 1 S. 4 BauGB)211. In diesem Fall muss die Überplanung der in Frage kommenden Ausgleichsflächen gemäß der gemeinsamen Vereinbarung zwischen den zuständigen Gemeinden erfolgen. Probleme können aber vorkommen, wenn die für die Ausweisung der Ausgleichsflächen zuständige Behörde ihre Bauleitplanung entgegen der gemeinsamen Vereinbarung ausgestaltet. In diesem Fall wird kein Ausgleich für die zu er206

Dazu siehe statt vieler Stüer, Bau- und Fachplanungsrecht, Rn. A 4197. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 9, Rn. 232; Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 9, Rn. 98a; Bunge, in: Lübbe-Wolff/ Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 1 ff. (244); Schubert, Harmonisierung umweltrechtlicher Instrumente, S. 148; Tophoven, NVwZ 2004, S. 1052 ff. (1053); Battis/Krautzberger/Löhr, NVwZ 1997, S. 1145 ff. (1153). 208 Brohm, in: FS Hoppe, S. 511 ff. (526). 209 Die Nachbargemeinde, die bei der ersten Gemeinde den Eindruck erweckt hat, dass sie die Ausgleichsmaßnahmen zugunsten dieser ersten Gemeinde treffen wird, muss nachträglich natürlich auf das gerechtfertigte Vertrauen der ersten Gemeinde Rücksicht nehmen, Brohm, in: FS Hoppe, S. 511 ff. (526). 210 Brohm, in: FS Hoppe, S. 511 ff. (526 f.). 211 Bunzel, NuR 1997, S. 583 ff. (588). 207

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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wartenden Eingriffe vorhanden sein. Die Gemeinde muss aber nach dem Gesetz sich nicht bloß um einen Ausgleich bemühen, sondern ihn auch durchführen, damit die Bauleitplanung rechtmäßig bleibt. So kommt man zu dem Schluss, dass, wenn die Ausgleichsmaßnahmen im Gebiet einer anderen Gemeinde gescheitert sind, der Eingriffsplan rechtswidrig ist. Die Gemeinde ist demnach verpflichtet, den entgegenstehenden Eingriffsplan aufzuheben, wie auch in jedem anderen Fall, in dem ihr Kompensationskonzept scheitert212. bb) Probleme der zeitlichen Entkoppelung – Ökozinsen Ein Problem, das mit der zeitlichen Entkoppelung von Ausgleich und Eingriff zusammenhängt, betrifft die Zulässigkeit von Ökozinsen. Darunter werden bestimmte Vorteile verstanden, die der Gemeinde wegen der frühzeitigen Durchsetzung von Ausgleichsmaßnahmen eventuell gewährt werden müssen. Die Gemeinde trifft Maßnahmen zum Ausgleich eines nachträglichen Eingriffs, wozu sie (zu diesem Zeitpunkt noch) gar nicht verpflichtet ist. So stellt sich die Frage, ob sie für diese Zwischenzeit eine Art Zinsen für ihr frühzeitiges Engangement für die Natur erhalten sollte. Die Zulässigkeit von Ökozinsen ist nicht selbstverständlich. Die Rechtfertigung und die Konsequenzen ihrer Annahme müssen genauer untersucht werden. Zu beantworten ist aber zunächst, wer im Falle ihrer Annahme der Begünstigte dieser Zinsen sein soll, der Träger des Ökokontos213 oder der Eingriffsverursacher. Für die Begünstigung des Trägers des Ökokontos, also desjenigen, der die Ausgleichsmaßnahmen vorzeitig realisiert, spricht sein Engagement und seine Bereitschaft, die Ausgleichsmaßnahmen frühzeitig durchzuführen und dauerhaft zu bewahren. Für die Begünstigung des Eingriffsverusachers dagegen spricht seine Verantwortung für den Ausgleich: Er ist letzten Endes zu einem Ausgleich des von ihm verursachten Eingriffs verpflichtet, wobei er seiner Pflicht eventuell auch auf lediglich finanzielle Weise nachkommen kann. Trotzdem ist es sachgerecht, dass Empfänger von eventuellen Ökozinsen derjenige sein muss, der in die Ausgleichsmaßnahmen vorzeitig investiert hat und das ist per Definition der Träger des Ökokontos214. Dieser trägt nämlich vorzeitig die Kosten der Ausführung der Ausgleichsmaßnahmen und ihn belastet das Risiko der Vorfinanzierung 212

Stüer, NuR 2004, S. 11 ff. (15). Zur Problematik, ob Ökokontos auch von Privaten durchgeführt werden können, siehe Thum, NuR 2004, S. 33 ff. (35 f.); Gassner, in: Gassner/BendomirKahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 19, Rn. 13; vgl. zur unterschiedlichen Problematik der Durchführung und Finanzierung eines Ökokontos durch Dritte Schink, in: Dolde (Hrsg.), Umweltschutz im Wandel, S. 837 ff. (865 f.). 214 Thum, Nur 2004, S. 33 ff. (35). 213

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

dieser Maßnahmen, die später den entsprechenden Eingriffen zugeordnet werden. Erst zu diesem späteren Punkt entsteht die Pflicht des Eingriffsverursachers zur Kostenerstattung, so dass es keinen Grund ergibt, ihn von der Verzinsung profitieren zu lassen. Die Diskussion über den Begünstigten der Ökozinsen könnte aber eigentlich im Rahmen dieser Arbeit dahingestellt bleiben, da die Zulässigkeit der Ökozinsen insgesamt abgelehnt wird. Man muss zwar einräumen, dass die Gewährung von Ökozinsen eventuell einen zusätzlichen Motivationsgrund für eine rechtzeitige und effektive Aktivierung der Gemeinde in Sachen Natur- und Landschaftsschutz darstellen könnte. Trotzdem würden die Ökozinsen zu einer unzulässigen Kommerzialisierung der naturschutzrechtlichen Güter führen. Darin, dass im Gegensatz zu den Ökozinsen, die Zulässigkeit des Ökokontos ohne ähnliche Bedenken angenommen wird, besteht kein Widerspruch: Obwohl der Begriff des „Ökokontos“ auf denselben Gedanken der Verwirtschaftlichung der Ökologie verweisen könnte, muss betont werden, dass der wörtliche Sinn tatsächlich keinem wirtschaftlichen Sinn dieses Begriffs entspricht. Das Ökokonto umfasst lediglich die Summe von Ausgleichsmaßnahmen, die frühzeitig getroffen werden; mit pekuniären Erwägungen hat er nichts, oder genauer nur mittelbar zu tun. Im Falle der Ökozinsen dagegen ist eine Verwirtschaftlichung der ökologischen Güter zwangsläufig, um die Höhe der „Zinsen“, d.h. der Begünstigung für die Gemeinde, zu bemessen. Ferner stellt es eine ohnehin bestehende allgemeine rechtliche Pflicht der Gemeinde dar, bei der Bauleitplanung die Natur und die Landschaft auf jeden Fall und unabhängig von einem besonders dazu verpflichtenden Anlass, wie im Falle eines Eingriffs in die Naturgüter, zu schützen und zu pflegen215. Insofern ist es überflüssig und auch rechtspolitisch unangebracht, die Gemeinde für die Erfüllung einer ohnehin bestehenden Pflicht besonders zu belohnen. Gegen dieses Argument kann man den Einwand erheben, dass die Gemeinde beim frühzeitigen Treffen der Ausgleichsmaßnahmen immerhin etwas unternimmt, wozu sie (noch) gar nicht verpflichtet ist, nämlich die Durchführung des Ausgleichs zu diesem früheren Zeitpunkt. Hierauf kann man aber erwidern, dass die Gemeinde, wenn nicht zu einem frühzeitigen, so doch zu einem rechtzeitigen Ausgleich verpflichtet ist. Die Ausgleichsmaßnahmen können aber nicht immer sofort Wirkungen aufweisen. Ein gewisser Zeitraum ist in den meisten Fällen erforderlich, damit sie ihre Wirkung entfalten und den Zweck der tatsächlichen Wiederherstellung der Status quo erfüllen („Time-lag-Effekt“ der naturschutzrechtlichen Maßnahmen). Der vollständige Ausgleich muss spätestens bis zum Zeit215 § 1 Abs. 5 und 6 Nr. 7 BauGB; Wolf, NuR 2004, S. 10. Dazu ausführlich auch oben 2. Teil Kap. 1. C.

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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punkt des tatsächlichen Eingriffs gesichert sein. Aus diesem Grund ist es, wenn nicht notwendig, so doch sehr zu empfehlen, dass die Gemeinde schon frühzeitig die Ausgleichsmaßnahmen trifft, so dass diese rechtzeitig wirken können. In diesem Sinne gehört das frühzeitige Engangement der Gemeinde in Richtung der Sicherung des Ausgleichs von künftigen Eingriffen zum weiteren Kreis ihrer Verpflichtungen und insofern sollte es nicht, etwa durch Gewährung von Ökozinsen, besonders belohnt werden. IV. Fragen der Durchführung der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung 1. Kosten der Ausgleichs- und Kompensationsmaßnahmen a) Verursacherprinzip bei der Anwendung der allgemeinen naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung Nach dem Verursacherprinzip, das im Umweltrecht allgemein216, aber auch speziell im Naturschutzrecht217 gilt, ist auch bei der allgemeinen Eingriffsregelung der Verursacher einer Beeinträchtigung des Naturhaushalts oder des Landschaftsbilds für ihre Verminderung oder Wiedergutmachung verantwortlich218. Der Verursacher selbst muss sich primär um die Vermeidung, den Ausgleich oder den Ersatz des Eingriffs bemühen und so unmittelbar die Kosten dafür tragen219. Der hat auch ein Interesse daran, die Beeinträchtigung zu unterlassen oder komplett auszugleichen oder zu ersetzen, damit sein Vorhaben unabhängig von einer (naturschutzrechtlichen) Abwägung, deren Ergebnis im voraus zweifelhaft ist, zugelassen wird. Mit der Einführung der Eingriffsregelung wurden also die aus §§ 18 ff. BNatSchG folgen Pflichten zu eigenen Aufgaben des Vorhabenträgers. Es handelt sich dabei um keine von außen auferlegte, fremdbestimmte Last des Eigentums220. Sekundär und wenn keine Vermeidungs- und Kompensationspflichten in Betracht kommen, besteht nach § 19 Abs. 4 BNatSchG die Möglichkeit für die Länder, Ersatzzahlungen gesetzlich vorzusehen221. Ersatzzahlungen sind nach der gesetzlichen Definition des § 19 Abs. 4 BNatSchG Zahlungen in Geld, die als Ersatz für zuzulassende eingreifende Vorhaben zu leisten sind, 216

Dazu ausführlich Kloepfer, Umweltrecht, § 4, Rn. 41 ff. Fischer-Hüftle/A. Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 19, Rn. 1; Bunzel, NuR 2004, S. 15 ff. (16); Reinhardt, Bauleitplanung und Naturschutz, S. 36. 218 Dazu mehr Agner, UPR 2004, S. 7 ff. (8). 219 § 19 Abs. 2 S. 1 BNatSchG. 220 Schmidt-Aßmann, Studien zur städtebaulichen Umlegung, S. 73. 217

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

wenn die Beeinträchtigungen der Natur und der Landschaft nicht ausgleichbar oder in sonstiger Weise kompensierbar sind. Gemäß dieser Definition, die auf zuzulassende Vorhaben abstellt, stellen die Ersatzzahlungen keine Alternative zum Ausgleich oder Ersatz des Eingriffs dar. Ihr Einsatz kommt erst in Betracht, wenn schon feststeht, dass der Eingriff nicht ausgleichbar oder ersetzbar ist und die nach § 19 Abs. 3 BNatSchG durchzuführende Abwägung schon zugunsten des Vorhabens ausgefallen ist222. Die Funktion der Ersatzzahlungen besteht also darin, dass sie bei einer nicht ausgleichbaren oder ersetzbaren Beeinträchtigung des Naturhaushalts oder des Landschaftsbilds, die aber nach einer sachgerechten Abwägung aller Belange zulässig ist, die zusätzliche Pflicht des Verursachers zu einer Geldleistung begründet. Somit wird ein lückenloses System der Anwendung des Verursacherprinzips geschaffen223. b) Abweichung vom Verursacherprinzip im Fall der Anwendung der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung Im Fall der Anwendung der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung sieht die Situation etwas anders aus. Der Verursacher ist von seiner Verantwortung im Prinzip auch hier nicht entlastet224. In erster Linie ist der Vorhabenträger bzw. der Eigentümer des Grundstücks, auf dem aufgrund des neuen Bauleitplans ein Eingriff in Natur und Landschaft zu erwarten ist, für den Ausgleich des Eingriffs zuständig225. Diese Last ist dadurch gerechtfertigt, dass der Verursacher von den durch den neuen Bauleitplan zugelassenen Boden- oder baulichen Nutzungen profitieren wird. Die Gültigkeit des Bauleitplans darf aber nicht allein auf die Vorhabenträger überlassen werden. Der kommunale Planungsträger muss auf irgendeine Weise für die Sicherstellung der tatsächlichen Umsetzung und Wirksamkeit der künftigen Ausgleichsmaßnahmen bürgen. Zu diesem Zweck verfügt die Gemeinde 221 Somit enthält die Regelung des § 19 BNatSchG die ganze Breite der unterschiedlichsten Ausprägungen des Verursacherprinzips, Kloepfer, Umweltrecht, § 4, Rn. 44. 222 Fischer-Hüftle/A. Schumacher, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 19, Rn. 133; Durner, NuR 2001, S. 601 ff. (602). 223 Agner, UPR 2004, S. 7 ff. (8). 224 Diese Verantwortung ist auch dann vorhanden, wenn die einzelnen Vorhaben eine nur geringe Beeinträchtigung der Natur und Landschaft herbeiführen und erst durch die Summe der Vorhaben im Bauleitplan der Charakter des Eingriffs deutlich wird, Schmidt-Aßmann, Studien zur städtebaulichen Umlegung, S. 78. 225 Vgl. § 135a Abs. 1 BauGB; dazu Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 1 ff. (253); Kratsch/Schumacher, Naturschutzrecht, S. 64; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 135a, Rn. 2; Wolf, NuR 2001, S. 481 ff. (487).

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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über mehrere Mittel: Die (rechtsverbindlichen) Darstellungen bzw. Festsetzungen von Ausgleichsmaßnahmen in den Bauleitplänen selbst, die vertraglichen Vereinbarungen zum Ausgleich des Eingriffs und die sonstigen geeigneten Maßnahmen, die nach der Rechtsprechung die Kompensation ausreichend sichern müssen, stellen zuverlässige Instrumente für die Sicherung der tatsächlichen Wiederherstellung der beeinträchtigten Naturgüter dar. Insbesondere bezüglich einer räumlichen Entkoppelung von Eingriff und Ausgleich sollte die Gültigkeit des gesamten Bauleitplans nicht von der Realisierung der Ausgleichsmaßnahmen durch den Dritten abhängen, auf dessen Grundstück Ausgleichsmaßnahmen ausgewiesen werden. Aus diesem Grund sind in diesem Fall zusätzliche Absicherungen der Ausgleichsmaßnahmen erforderlich226. Es ist sinnvoll, die Verantwortung für den Ausgleich auf die Gemeinde zu verlagern und den Vorhabenträger bzw. Grundstückseigentümer227 mit den daraus entstandenen Durchführungskosten zu belasten228. Die Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen durch die Gemeinde und die Pflicht der Vorhabenträger zur Erstattung der Durchführungskosten sind aber gemäß § 135a Abs. 2 S. 1 BauGB dann entbehrlich, wenn und sofern diese Durchführung auf andere Weise gesichert ist. Zusätzlich hat der Vorhabenträger im Regelfall auch die Pflicht zur Bewahrung der Ausgleichsmaßnahmen (Unterhaltungspflege). Wenn aber auch diese Pflicht von der Gemeinde übernommen wird, muss er die entsprechenden Kosten tragen229. Zur Verlagerung der Kosten für den Ausgleich auf den Vorhabenträger hat die Gemeinde mehrere Möglichkeiten. Wenn der Ausgleich des voraussichtlichen Eingriffs durch geeignete Darstellungen bzw. Festsetzungen in den jeweiligen Bauleitplänen festgelegt wird230, wird die Refinanzierung der Ausgleichsmaßnahmen durch die in § 5 Abs. 2a und § 9 Abs. 1a S. 2 BauGB gesetzlich vorgesehene Zuordnung der Ausgleichsflächen zu den Grundstücken, in denen der Eingriff zu erwarten ist, erreicht231. Falls bei 226

Brohm, in: FS Hoppe, S. 511 ff. (522). In erster Linie trägt der Verursacher des Eingriffs, hilfsweise aber auch der Eigentümer des Grundstücks die Durchführungskosten, VG Gießen, Urt. v. 17.9.2001 – 1 E 756/01, NVwZ 2002, S. 760 f. (761). 228 § 135a Abs. 2 BauGB. 229 Stüer, NuR 2004, S. 11 ff. (13); Bunzel, NuR 2004, S. 15 ff. (17); Reinhardt, Bauleitplanung und Naturschutz, S. 46; Dürr, BauR 1994, S. 460 ff. (473). 230 §§ 1a Abs. 3 S. 2, 5 Abs.2 Nr. 10 und Abs. 2a, 9 Abs. 1 Nr. 20 und Abs. 1a BauGB. 231 Dazu Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 9, Rn. 238 und § 5, Rn. 61; Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 9, Rn. 98 b und § 5, Rn. 35b; Dürr, BauR 1994, S. 460 ff. (472). Dazu ausführlich oben 2. Teil Kap. 2. A. III. 1. b). 227

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

städtebaulichen Verträgen oder sonstigen geeigneten Maßnahmen auch eine Entkoppelung vom Eingriffs- und Ausgleichsort stattfinden sollte, müsste man grundsätzlich auch hier davon ausgehen, dass die Gemeinde für die Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen zuständig ist und dass die Durchführungskosten ihr vom Vorhabenträger zurückzuerstatten sind. In diesen Fällen könnte man aber unter Umständen annehmen, dass die Durchführung des Ausgleichs auf andere Weise gesichert ist (z. B. durch die vertragliche Bindung), so dass es gemäß § 135a Abs. 2 S. 1 BauGB überflüssig ist, dass die Gemeinde selbst die Durchführung des Ausgleichs übernimmt232. Dieser Fall eines städtebaulichen Vertrags über die Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen ist von dem Fall zu unterscheiden, dass die Kostenerstattung für die Übernahme der Ausgleichsmaßnahmen durch die Gemeinde durch einen städtebaulichen Vertrag zwischen der Gemeinde und dem Vorhabenträger und nicht durch einen Einzelakt der Verwaltung erfolgt. Die vertragliche Lösung hat für die Gemeinde Vorteile 233: Die Kostenerstattung durch Bescheid basiert auf einer einseitigen Handlung, nämlich auf einem Verwaltungsakt, der vom Bürger aus verschiedenen Gründen angefochten werden kann. So kann die Gemeinde in einen gerichtlichen Prozess verwickelt werden. Durch einen städtebaulichen Vertrag dagegen begibt sich die Gemeinde auf einen sicheren Weg, da sie sich auf Konsens stützt. Außerdem dürfen im Kostenerstattungsbescheid lediglich die Kosten des Ausgleichs enthalten sein. In einem Vertrag dagegen kann es darüber hinaus zu einer umfassenderen Einigung über die zu erstattenden Aufwendungen der Gemeinde kommen. So kann die Gemeinde die vollständige Ersattung ihrer Kosten für den Ausgleich erreichen. Die konsensuale Lösung ist aber auch mit folgendem Nachteil verbunden: Wenn der Vertrag aus irgendeinem Grund unwirksam wird, ist die Gemeinde als Vertragspartnerin eindeutig benachteiligt. Sie hat dem Vertragspartner seine Geldleistung zurückzuerstatten, ohne dass sie ihre Gegenleistung zurückverlangen kann. Dabei handelt es sich nämlich etwa um Darstellungen oder Festsetzungen in einem Bauleitplan oder realisierten Ausgleichsmaßnahmen, die nicht immer einfach rückgängig gemacht werden können. Eine gewisse Abmilderung dieses Nachteils für die Gemeinde hat die neue Rechtsprechung zur Nicht-Anwendung der AGB des bürgerlichen Rechts bei den städtebaulichen Verträgen ermöglicht234. Nach dieser Rechtsprechung sollen bei der Beurteilung der Wirksamkeit dieser Verträge nunmehr auch ihre städtebauliche Bedeutung und die Gleichbehandlungspflicht der Gemeinde mitberück232 Bunge, in: Lübbe-Wolff/Wegener (Hrsg.), Umweltschutz durch kommunales Satzungsrecht, Rn. 1 ff. (254); Kratsch/Schumacher, Naturschutzrecht, S. 65; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 135a, Rn. 3. 233 Bunzel, NuR 2004, S. 15 ff. (17). 234 BGH, Urt. v. 29.11.2002 – V ZR 105/02, DVBl. 2003, S. 519 ff. (521).

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sichtigt werden235. Das Scheitern dieser Verträge ist auf diese Weise im Vergleich zu den herkömmlichen zivilrechtlichen Verträgen erschwert, weil die Angemessenheit des Vertrags in Bezug auf das Gesamtverhältnis von Leistung und Gegenleistung und nicht nur auf die Wirksamkeit der einzelnen Vertragsklauseln betrachtet werden soll. Diese Lösung stellt gleichzeitig eine Konkretisierung des Prinzips von Treu und Glauben dar. So wird die Rückabwicklungspflicht flexibler und gemäß den konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls beurteilt236. Eine weitere Möglichkeit der Kostentragung besteht darin, dass die Gemeinde die Kosten des Ausgleichs freiwillig übernimmt. Dabei wird sie meistens das Ziel anstreben, ihre auf diese Weise „baureif“ gemachten Grundflächen den Bürgern zu entsprechenden Preisen zu veräußern. Das Verursacherprinzip steht dieser Möglichkeit nicht entgegen237, da der Verusacher letzten Endes zu einer Geldleistung als Gegenleistung für den Erwerb des von naturschutzrechtlichen Lasten freien und einen Eingriff in Natur und Landschaft zulassenden Grundstücks verpflichtet wird. Gegen eine solche Möglichkeit der Gemeinde kann aber der Einwand erhoben werden, dass sie zu einer Kommerzialisierung der natürlichen Güter führt, da die kommunale Körperschaft das naturschutzrechtliche Institut des Ausgleichs ausschließlich zu einem wirtschaftlichen Zweck, nämlich zur Erhöhung ihrer Einnahmen benutzt. Trotzdem muss diese Lösung akzeptiert werden, da sie zu keinen negativen Auswirkungen für den Ausgleich und den natürlichen Status quo führt und außerdem Verzögerungen und praktische Unzulänglichkeiten bei der Verwirklichung des Ausgleichs durch die Vorhabenträger verhindern kann. 2. Vollzugsdefizit Der wirksame Schutz der Natur und der Landschaft bei der Bauleitplanung hängt auch vom effizienten Vollzug der Eingriffsregelung ab. Sehr oft werden aber ernsthafte Vollzugsdefizite bei der Anwendung der Eingriffsregelung in der Bauleitplanung festgestellt. Zuweilen ist die Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen unmöglich oder viel zu aufwendig. Manchmal sind die getroffenen Maßnahmen sogar nicht geeignet, einen adäquaten Schutz zu gewähren oder sie verlieren nach einiger Zeit an Wirksamkeit und können ihr Ziel nicht erreichen. Aus diesem Grund wird zurecht darauf hingewiesen, dass die Verbesserung des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Bauleitplanung keine Verschärfung der in Frage kommenden 235 236 237

Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 11, Rn. 14a. Stüer, NuR 2004, S. 11 ff. (14). BVerwG, Beschl. v. 21.2.2000 – 4 BN 43.99, ZfBR 2000, S. 424 ff.

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

Regelungen, sondern in erster Linie die Sicherstellung der wirksamen Durchsetzung der bestehenden Vorschriften erfordert238. Die Vollzugsdefizite der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung sind einerseits darauf zurückzuführen, dass die Gemeinde als Trägerin der Bauleitplanung und nicht die sachnäheren Fachbehörden, also die Naturschutzbehörden, für die Anwendung der Eingriffsregelung und die Durchführung der Kompensation zuständig239. Dabei sind die Naturschutzbehörden mehr als die Bauleitplanungsbehörden imstande, den Zustand von Natur und Landschaft zu erkennen, zu bewerten, Eingriffe zu identifizieren und eine adäquate Kompensation zu entwerfen und zu vollziehen. Aus diesem Grund würde es zum Zweck eines effektiveren Vollzugs der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung sinnvoll sein, die Naturschutzbehörden aktiver in die Durchführung und die Überwachung der Ausgleichsmaßnahmen einzubeziehen240. Insbesondere die effektive Kontrolle der Kompensation ist von zentraler Bedeutung für eine wirksame Anwendung der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung. Die tatsächliche Umsetzung der Ausgleichsmaßnahmen kann nach der bestehenden Rechtslage von den Naturschutzbehörden nicht überprüft werden. Diese Behörden haben keine Überwachungs- und Sanktionsbefugnisse im Hinblick auf die eingesetzten Kompensationsmaßnahmen. Die naturschutzrechtlichen Interessen können nicht durch eine eigenständige Klage der Naturschutzbehörden durchgesetzt werden. Sie müssen lediglich als öffentliche Belange in die Abwägung miteinbezogen werden. Die einzige Kontrollmöglichkeit für diese Maßnahmen liegt bei der Kommunalaufsicht, soweit sie bei Bauleitplänen zur Anwendung kommt241. Außerdem gibt es in diesem Rahmen auch die Möglichkeit der Verbandsklage nicht. Verbände mit einem naturschutzrechtlichen Zweck können keine Klage zur Kontrolle der Geeignetheit und Effektivität der gewählten Ausgleichsmaßnahmen erheben. Die Rechtsbehelfe von Vereinen im Naturschutzrecht sind nämlich vom Gesetzgeber in § 61 Abs. 1 BNatSchG abschließend vorgesehen (strenges Enumerationsprinzip). Normale Bauleitpläne fallen nicht unter diese Fälle und ihre Fehler können keinen Gegenstand einer Verbandsklage bilden242. Auch eine Analogie ist hier nicht 238 Zum Vollzugsdefizit der Eingriffsregelung allgemein Durner, NuR 2001, S. 601 ff. (605); Schrader, NuR 2003, S. 80 ff. (85); Stich, DVBl. 2002, S. 1588 ff. (1597); die Flexibilisierung ihrer Durchsetzungsmechanismen als Lösung für den Vollzugsdefizit vorschagend Wolf, NuR 2001, S. 481 ff. (481). 239 Tegethoff, NuR 2002, S. 654 ff. (654). Das ist allerdings eine Feststellung, die auch bei der allgemeinen Eingriffsregelung gilt. 240 Brohm, in: FS Hoppe, S. 511 ff. (515 f.). 241 § 6 Abs. 1 BauGB, § 10 Abs. 2 BauGB. 242 An dieser Rechtslage scheint sich auch nach der Aarhus Konvention v. 25.6.1998 über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Ent-

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möglich243. Aus diesem Grund kann also die Kontrolle über die Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen auch nicht durch den wachsamen Blick der naturschutzorientierten privaten Verbände gewährleistet werden. Zur Behebung des Vollzugsdefizits wird schließlich vorgeschlagen, dass den Gemeinden auch nach der Zulassung des Eingriffs und der Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen ein Recht auf nachträgliche Anordnungen im Falle einer unzufriedenstellenden Kompensation gewährt wird. Der Eingriffsverursacher ist zu einem Kompensationsergebnis verpflichtet und nicht zu einer bloßen Kompensationshandlung. Bei Projekten könnte dies z. B. auch durch eine in der erteilten Genehmigung bzw. Zulassung verankerte Nebenbestimmung erfolgen. Ähnliche Bestimmungen würden aber in der Bauleitplanung unzulässig sein. In diesem Fall könnte nur eine gesetzliche Regelung der Planungsbehörde den Weg zu nachträglichen Anordnungen öffnen244. Ferner wird die Festlegung von Ausführungs- und Funktionsfristen für die Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen vorgeschlagen245. Damit wird auf die Vorhabenträger bzw. die Durchführungsbehörden mehr Druck beim Vollzug der Kompensation ausgeübt, indem das Überschreiten der gesetzlich festgelegten Frist für den Eingriffsverursacher oder den Plangeber mit Sanktionen verbunden ist. Auf jeden Fall ist für einen erfolgreichen Vollzug der Eingriffsregelung in der Bauleitplanung eine regelmäßige Überprüfung der vorgenommenen Kompensationsmaßnahmen zum Zweck ihrer tatsächlichen und dauerhaften Qualitätssicherung zu empfehlen246. So wird festzustellen sein, ob und welche nachträglichen zusätzlichen oder abändernden Maßnahmen für die Erreichung der Kompensation erforderlich sind. Durch die Plan-UP-RL247 sind eventuell neuere Entwicklungen in diesem Bereich abzuwarten, insoweit als diese Richtlinie in Art. 10 das Monitoring, d.h. einen Überwachungsmechanismus für die von Plänen und Programmen verursachten Umweltauswirkungen, vorsieht248.

scheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (www.unece.org/env/pp/treatytext.htm) nichts geändert zu haben. 243 Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 61, Rn. 16. 244 Tegethoff, NuR 2002, S. 654 ff. (659 f.). 245 Tegethoff, NuR 2002, S. 654 ff. (656). 246 Tegethoff, NuR 2002, S. 654 ff. (657 f.); in diese Richtung auch Brohm, in: FS Hoppe, S. 511 ff. (528 f.). 247 Richtlinie 2001/42/EG v. 27.06.2001, ABl. Nr. L 197, S. 30 ff. In der Literatur wird diese Richtlinie sowohl als Plan-UP-RL als auch als SUP-RL bezeichnet. 248 Köck, NuR 2004, S. 1 ff. (1 und Fn. Nr. 7).

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

B. Fehlende allgemeine Eingriffsregelung in Griechenland In Griechenland gibt es keine allgemeine Eingriffsregelung. Der griechische Gesetzgeber hat keine allgemeinen Vorschriften erlassen, die der Eingriffsregelung der §§ 18 ff. BNatSchG entsprechen und auch keine, die eine solche Funktion speziell bei der Städtebauplanung erfüllen könnten. Stattdessen übernimmt im griechischen Rechtssystem der Richter in jedem Einzelfall die Geltendmachung von Pflichten, die der Vermeidungs-, Ausgleichs- bzw. Ersatzpflicht der Eingriffsregelung des deutschen Rechts entsprechen würden. Diese Rechtsprechung ist im Rahmen der vorliegenden Untersuchung insofern von großer Relevanz, als der Staatsrat solche Pflichten nicht nur in Bezug auf die Planfeststellung bei bestimmten Bauten oder die Genehmigung bestimmter Tätigkeiten, sondern auch speziell bei Beeinträchtigungen der Naturgüter durch städtebauliche Pläne annimmt. Dank der progressiven und naturschutzfreundlichen Rechtsprechung des Staatsrates wird also die gesetzliche Lücke im griechischen Rechtssystem ausgefüllt. Diese Rechtsprechung des gr. Staatsrates wird aus zwei Gruppen von Entscheidungen gebildet. Die erste Gruppe umfasst solche Entscheidungen, die sich auf einzelne Gebietskategorien (d.h. Küstenzonen und kleine Inseln, Landschaften besonderer natürlicher Schönheit, Olivenbaumgebiete, Landwirtschaftsflächen) beziehen. Im Falle einer Überplanung solcher Gebiete durch städtebauliche Pläne nimmt der griechische Staatsrat, sich auf die Verfassung stützend, bestimmte spezielle Regeln an, die der Eingriffsregelung des deutschen Rechts sehr ähnlich sind. Bei den Entscheidungen der zweiten Gruppe entwickelt der Staatsrat, wieder auf der Grundlage der griechischen Verfassung, bestimmte allgemeine Grundsätze, die bei jeder Beeinträchtigung von naturschutzrechtlichen Güter durch einen städtebaulichen Plan Anwendung finden und die unter der allgemeinen Regel „Grün gegen Grün“ erfasst werden. Die Entscheidungen der ersten Gruppe entsprechen eher der Vermeidungspflicht und dem Abwägungsgebot der Eingriffsregelung; die Entscheidungen der zweiten Gruppe entsprechen der Vermeidungs- aber auch der Kompensationspflicht. Die Entscheidungen der ersten Gruppe werden im Folgenden unter B. I. und die der zweiten Gruppe unter B. II. dargestellt. I. Rechtsprechung des gr. Staatsrates zu den einzelnen Gebietskategorien 1. Küstenzonen und kleine Inseln Der ökologische Schutz von Küstenzonen einerseits und kleinen Inseln andererseits und die Problematik ihrer Überplanungs- und Bebauungsmöglichkeiten werden in der Rechtsprechung des gr. Staatsrates parallel zu-

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einander behandelt. In den entsprechenden Urteilen werden Küstenzonen und kleine Inseln in den meisten Fällen nebeneinander genannt und der diesen Gebietskategorien gewährte ökologische Schutz ist aufgrund einer identischen Argumentation einheitlich. Diese Tatsache könnte damit erklärt werden, dass bei kleinen Inseln die Küstenzonen einen wichtigen Teil ihres ökologischen Gehalts darstellen und aus diesem Grund eine Beeinträchtigung der Ökosysteme der Küstenzonen eine Störung des ökologischen Gleichgewichts auf der ganzen Insel verursachen kann. Diesem Weg der parallelen Behandlung von Küstenzonen und kleinen Inseln folgt auch die folgende Untersuchung. a) Ökologische Bedeutung von Küstenzonen und kleinen Inseln In all diesen Entscheidungen wird die ökologische Bedeutung von Küstenzonen und kleinen Inseln nachdrücklich betont. Die ökologischen Systeme in diesen Gebieten werden auf der einen Seite als einzigartig und absolut wichtig für die Erhaltung des ökologischen Gleichgewichts in der näheren und weiteren Umgebung und auf der anderen Seite als empfindlich und besonders gefährdet bezeichnet. Der Grund für ihre besondere Emfindlichkeit liegt darin, dass sie sehr leicht aus dem Gleichgewicht gebracht werden können: Die besondere Empfindlichkeit des ökologischen Zustandes der Küstenzonen wird überwiegend auf ihre Lage im Grenzbereich zwischen den Wasser- und Landbiotopen gestützt, die starke wechselseitige Einwirkungen der entsprechenden Ökosysteme verursacht249. Darüber hinaus stellen die Küstenzonen ein wertvolles Element des schützbedürftigen Landschaftsbilds dar250. Die ökologische Empfindlichkeit der kleinen Inseln wird insbesondere auf ihre geringe Breite gestützt: Aufgrund der geringen Reichweite der Ökosysteme kann die Beeinträchtigung eines Faktors einen erheblichen Schaden für das ganze System herbeiführen. Aus diesem Grund ist die Gefahr des Aussterbens der darin lebenden Tier- und Pflanzenarten in den Ökosystemen der kleinen Inseln besonders hoch251. Außerdem sind die biologischen Ressourcen allgemein auf den kleinen Inseln meistens ziemlich eingeschränkt, so dass die nachhaltige Erhaltung und Pflege der vorhandenen natürlichen Güter äußerst wichtig für das ökologische Gleichgewicht auf den Inseln selbst, aber auch auf den benachbarten Flächen des Festlandes ist252. Ferner verfügen die Ökosysteme in Küstenzonen und auf kleinen Inseln über Eigenschaften, die ihnen im Verhältnis zu den übrigen 249 250 251 252

StaatsratsE 3818/1995; 265/1997; StaatsratsPE 253/1996. StaatsratsE 3818/1995; StaatsratsPE 253/1996. Veressoglou, Ökologie, S. 295 ff. (298); StaatsratsE 2805/1997. Veressoglou, Ökologie, S. 295 ff. (301).

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

Ökosystemen des Festlandes eigen und von daher zugleich außerordentlich wertvoll sind253. Insbesondere für Griechenland, das eine sehr hohe Zahl von kleinen Inseln besitzt und somit über eine sehr große Fläche an Küstenzonen verfügt, ist die Erhaltung und Erhöhung des ökologischen Wertes der entsprechenden Ökosysteme äußerst wichtig. b) Verfassungsrechtliche Vorschriften Aufgrund des besonderen ökologischen Wertes der Ökosysteme in Küstenzonen und auf kleinen Inseln leitet der gr. Staatsrat die Pflicht zu ihrem Schutz und zu ihrer Pflege direkt aus Art. 24 Abs. 1 Satz 1 und 2 gr. Verfassung ab, die im Lichte der zwingenden Vorschriften der internationalen Abkommen254 ausgelegt werden sollen, auch wenn keine gesetzliche Konkretisierung dieser Verfassungsvorschrift vorhanden ist255. Die Regelungen des § 24 Abs. 1 S. 1 und 2 gr. Verfassung stellen die Basis der seit etwa zwei Jahrzehnten progressiven Rechtsprechung des gr. Staatsrats allgemein zum Umweltschutz256 und konkreter auch zum Naturschutz257 dar. Nach diesen Vorschriften ist der Schutz der natürlichen und kulturellen Umwelt sowohl staatliche Pflicht als auch Jedermannsrecht. Zu diesem Schutz muss der Staat besondere Maßnahmen im Rahmen des Nachhaltigkeitsprinzips treffen. Der Vorbehalt der Nachhaltigkeit wurde erst mit der Verfassungsänderung von 2001 Art. 24 Abs. 1 S. 2 gr. Verfassung ausdrücklich beigefügt258. Papakonstantinou, Nümoò+Fu·sh October 2004, www.nomosphysis.org.gr; Sioutis, Lehrbuch des Umweltsrechts, S. 212; Sifounakis, Nümoò+Fu·sh October 2004, www.nomosphysis.org.gr.; Papakonstantinou, Nümoò+Fu·sh Juli 2003, www. nomosphysis.org.gr; Likos, Nümoò+Fu·sh Januar 2005, www.nomosphysis.org.gr. StaatsratsE 2805/1997; 327/1999; StaatsratsPE 636/2000; 210/2002, DDNN 2002, S. 572 ff. 254 Vor allem handelt es sich dabei um die Prinzipien der Erklärung von Stockholm nach der UNO-Konferenz über die menschliche Umwelt vom 5. bis zum 16. Juni 1972 und von Rio de Janeiro über die Umwelt und die Entwicklung, nach der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung vom 3. bis zum 14. Juni 1992 (Agenda 21), www.un.org. Dazu auch Hoppe, in: Hoppe/Bönker/ Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 6, Rn. 3. 255 Sioutis, Lehrbuch des Umweltrechts, S. 214; Likos, Nümoò+Fu · sh Januar 2005, www.nomosphysis.org.gr.; StaatsratsE 304/1993; 2829/1993; 3818/1995; 265/1997; 2805/1997; StaatsratsPE 253/1996. 256 Dazu ausführlich Rotis, Nümoò+Fu · sh 1994, S. 51 ff.; Rotis, in: Karafotias (Hrgs.), Das Recht auf die Umwelt, S. 200 ff.; Kallia-Antoniou, PerDik 1999, S. 182 ff. 257 Dazu ausführlich Sioutis, Lehrbuch des Umweltrechts, S. 199 ff. 258 Dazu Sioutis/Petrou, in: The Yearbook of European Environmental Law, Volume 3, (2003), S. 627 ff. (627). 253

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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Über den Schutz der Gebiete der kleinen Inseln, den der gr. Staatsrat aus Art. 24 Abs. 1 gr. Verfassung ableitet, hinaus enthält die gr. Verfassung noch zwei weitere Vorschriften, die sich ausdrücklich auf die Inseln beziehen. Die erste ist in 106 Abs. 1 gr. Verfassung enthalten. Dieser Artikel regelt allgemein die Wirtschaftsplanung des Staates. Im Satz b’ ordnet der Verfassungsgeber an, dass der Staat die erforderlichen Maßnahmen zur Entwicklung und Verbesserung insbesondere der wirtschaftlichen Lage der Inseln ergreifen muss259. Diese Regelung interessiert hier insofern, als die von der Verfassung angeordneten Maßnahmen eventuell auch die städtebauliche Entwicklung der Inseln erfassen können. Somit kann eine Konkurrenz zwischen Art. 24 Abs. 1 S. 1 und 2 gr. Verfassung einerseits und Art. 106 Abs. 1 gr. Verfassung andererseits entstehen. Wenn das der Fall sein sollte, muss eine Abwägung zwischen den zwei konkurrierenden Rechtssätzen der Verfassung stattfinden und eine Kompromisslösung nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz260 gefunden werden. Eine solche Kompromisslösung wurde tatsächlich vom Staatsrat gefunden, der aber meistens nur Art. 24 Abs. 1 und nicht Art. 106 Abs. 1 gr. Verfassung ausdrücklich erwähnt261. Die zweite verfassungsrechtliche Vorschrift, die sich explizit auf die Inseln bezieht, ist in der neuen Anmerkung (sog. „Auslegungserklärung“262) enthalten, die mit der Verfassungsänderung von 2001 Art. 101 hinzugefügt worden ist. Art. 101 gr. Verfassung insgesamt bezieht sich auf die Verwaltungsorganisation und – speziell – auf die Verwaltungsdezentralisierung. In diesem Rahmen legt der Verfassungsgeber fest, dass der Gesetzgeber und die normativ handelnde Verwaltung die besonderen Gegebenheiten der Inseln berücksichtigen müssen. Bei der Auslegung dieser Vorschrift wird überwiegend angenommen, dass ihre Rechtswirkung sich nicht auf die Verwaltungsorganisation erschöpft, in deren Rahmen sie eigentlich erlassen worden ist, sondern eine breitere Anwendung finden kann und muss. Sie schließt nämlich auch die umfassendere Pflicht des Gesetzgebers und der normativ handelnden Verwaltung ein, bei der Erfüllung aller ihrer Zustän259

Zu den neuesten Programmen über eine umfassende nachhaltige Entwicklung der Inseln von Ägäis siehe Kladi-Efstathopoulou, Nümoò+Fu·sh Mai 2005, www.nomosphysis.org.gr. 260 Dazu auch oben 2. Teil Kap. 1. C. I. 2. c). 261 Dazu sogleich unten unter c). 262 Solche „Auslegungserklärungen“ sind dem deutschen Verfassungsrecht nicht bekannt. Damit bietet der Verfassungsgeber eine authentische Auslegung bestimmter Verfassungsvorschriften an, die schwierige Auslegungsprobleme hervorrufen könnten oder bereits in der Vergangenheit hervorgerufen haben. Sie werden an das Ende eines Artikels hinzugefügt und entfalten die gleiche verfassungsrechtliche Wirkung wie jede andere Verfassungsregel auch, dazu Dimitropoulos, Verfassungsrecht, S. 117.

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

digkeiten (also z. B. auch bei der Aufstellung von städtebaulichen Plänen) die Besonderheiten der Inseln in Betracht zu ziehen263. Und zu diesen Besonderheiten gehören natürlich auch die empfindlichen Ökosysteme der kleinen Inseln und ihrer Küstenzonen. Man kann sich zwar auf den ersten Blick darüber wundern, dass die gr. Verfassung solch detaillierte Vorschriften über die Entwicklung, den Schutz und die Pflege der Inseln enthält. Derart konkrete Vorschriften sollten vielmehr Gegenstand der einfachen Gesetzgebung sein. Auf jeden Fall ist es aber davon auszugehen, dass die ausdrückliche Erwähnung der kleinen Inseln in speziellen verfassungsrechtlichen Vorschriften auf die besondere Stellung hindeutet, die ihnen in der griechischen Rechtsordnung aufgrund ihrer erheblichen Bedeutung für die Entwicklung des ganzen Landes eingeräumt wird. c) Städtebauplanung in Küstenzonen und auf kleinen Inseln Trotz der oben dargestellten herausgehobenen Bedeutung der Küstenzonen und der kleinen Inseln für die Erhaltung des Gleichgewichts des Naturhaushalts bestehen keine speziellen gesetzlichen Regelungen zum ökologischen Schutz dieser Gebiete264. Dies hat, vor allem in den letzten Jahrzehnten, bedauerlicherweise dazu geführt, dass in den Küstenzonen und auf den kleinen Inseln willkürlich und ohne jegliches städtebauliches System gebaut wurde265. Auf diese Weise ist es dazu gekommen, dass die in diesen Gebieten vorhandene Bebauung auf keiner allgemeinen und umfassenden Raumordnungs- oder Bauleitplanung basiert266. Deshalb darf man sich nicht darüber wundern, dass das äußere Erscheinungsbild eines nicht unerheblichen Teils der Küstenzonen und der kleinen Inseln Griechenlands von diesem zügellosen und unkontrollierten Bebauungsrausch schwer be263 Venizelos, Die positiven Einwirkungen der Verfassungsänderung von 2001, S. 370; vgl. Gesetzesmaterialien und zwar das Parlamentsprotokoll der Tagung RMD’ des 21.3.2001, S. 6173 und Tagung RME’ (21.3.2001), S. 6223, www.parliament.gr.; Papakonstantinou, Nümoò+Fu·sh October 2004, www.nomosphysis.org.gr. 264 Kritisch zu diesem gesetzgeberischen Mangel Risos, DtA 2001, S. 423; ders., Nümoò+Fu·sh Juni 2005, www.nomosphyis.org.gr; Lazaretou, Nümoò+Fu·sh 1995, S. 374 ff. (378); in diese Richtung auch Papakonstantinou, Nümoò+Fu·sh Juli 2003, www.nomosphysis.org.gr. den Bericht des WWF Hellas mit dem Titel „Die Gesetzgebung über den Umweltschutz in Griechenland“ vom Mai 2005, veröffentlicht im Internet www.wwf.gr, S. 39 f. 265 Sioutis, Lehrbuch des Umweltrechts, S. 218; den Bericht des WWF Hellas mit dem Titel „Die Gesetzgebung über den Umweltschutz in Griechenland“ vom Mai 2005, veröffentlicht im Internet www.wwf.gr, S. 39 f. 266 Lazaretou, Nümoò+Fu · sh 1995, S. 374 ff. (386 f.). Zu den Voraussetzungen der Bebauung in Küstenzonen siehe Papapetropoulos, PerDik 2004, S. 177 ff.

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einträchtigt worden ist und zugleich die Ökosysteme in diesen Gegenden negativ beeinflusst worden sind267. aa) Zuständigkeit zur Aufstellung von städtebaulichen Plänen in Küstenzonen und auf kleinen Inseln Bevor die Rechtsprechung des gr. Staatsrates zu den Küstenzonen und den kleinen Inseln und ihr Vergleich mit der deutschen Eingriffsregelung dargestellt werden, ist eine kurze Bemerkung über die Zuständigkeit zur Aufstellung von städtebaulichen Plänen in diesen Gegenden erforderlich: Wie schon oben erwähnt268, stellt die städtebauliche Planung grundsätzlich eine Aufgabe der zentralen Verwaltungsorgane dar. Die kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften werden zwar am Verfahren zur Aufstellung der städtebaulichen Pläne beteiligt. Sie haben aber keine allgemeine Zuständigkeit zur Aufstellung, Änderung oder Erweiterung von städtebaulichen Plänen. Nach ständiger Rechtsprechung des gr. Staatsrates aufgrund der Rechtslage vor der Verfassungsänderung vom Jahr 2001 kann den örtlichen Selbstverwaltungskörperschaften als Verwaltungsorganen die Aufgabe der städtebaulichen Planung sogar nicht gemäß Art. 43 Abs. 2 S. 2 gr. Verfassung269 von den zuständigen Verwaltungsorganen übertragen werden. Nach der Verfassungsänderung von 2001 ist dagegen durch die spezielle Regelung des Art. 102 Abs. 1 S. 4 die Möglichkeit des Gesetzgebers vorgesehen, den örtlichen Selbstverwaltungskörperschaften Aufgaben der zentralen Verwaltung zu übertragen. Der gr. Staatsrat hat aber diese Vorschrift dahin ausgelegt, dass eine solche Übertragung keine Aufgaben erfassen kann, die unmittelbare Auswirkungen außerhalb des räumlichen Bereichs der jeweiligen Selbstverwaltungskörperschaft oder auf die allgemeinen nationalen Interessen haben können. Außerdem muss eine solche Übertragung nach den allgemeinen Voraussetzungen des Art. 43 Abs. 2 S. 2 gr. Verfassung erfolgen; die übertragenen Aufgaben müssen nämlich entweder spezielle Angelegenheiten oder Fragen örtlichen Interesses oder technischen oder sonstigen Detailcharakters betreffen270. Andernfalls ist die gesetzliche Ermächtigung der örtlichen Selbstverwaltungskörperschaften, staatliche Aufgaben durch267 Sioutis, Lehrbuch des Umweltrechts, S. 217 f.; Karakostas, Umwelt und Recht, S. 102; Risos, Nümoò+Fu·sh Juni 2005, www.nomosphysis.org.gr.; Sifounakis, Nümoò+Fu·sh Oktober 2004, www.nomosphysis.org.gr. 268 Dazu oben Einf. A. I. 3. 269 Art. 43 Abs. 2 S. 2 gr. Verfassung lautet: „Eine Ermächtigung zum Erlass von normativen Akten durch andere Verwaltungsorgange“ (als dem Präsident der Republik) „ist möglich, damit spezielle Angelegenheiten, Fragen des örtlichen Interesses oder technischen oder sonstigen Detailcharakters geregelt werden“.

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

zuführen, trotz der neuen Verfassungsregelung des Art. 102 Abs. 1 S. 4 gr. Verfassung verfassungswidrig und unwirksam. Aufgrund dieser Erwägungen und in Anbetracht der soeben erwähnten erheblichen Bedeutung der Ökosysteme von Küstenzonen und kleinen Inseln kommt der Staatsrat in ständiger Rechtsprechung zu dem Schluss, dass die Änderung und die Erweiterung von Städtebaulichen Studien in solchen Gebieten nur mit Präsidialverordnung erfolgen darf. Dabei handelt es sich nämlich weder um örtliche Angelegenheiten, die nach Art. 102 Abs. 1a gr. Verfassung zu dem Zuständigkeitsbereich der örtlichen Selbstverwaltungskörperschaften gehören, noch um „spezielle Angelegenheiten oder Fragen örtlichen Interesses oder mit technischen oder sonstigen Detailcharakters“, so dass sie nach Art. 43 Abs. 2 S. 2 gr. Verfassung anderen Verwaltungsträgern (d.h. auch den Selbstverwaltungskörperschaften) übetragen werden könnten. Aufgrund der besonderen Bedeutung der kleinen Inseln und ihrer Küstenzonen für den gesamten Naturhaushalt und als wichtige Bestandteile des traditionellen Bilds Griechenlands müssen die städtebaulichen Pläne in diesen Gebieten von der zentralen Verwaltung aufgestellt werden, so dass sie allein die Verantwortung für ihre Gestaltung trägt271. Hinter dieser Rechtspechung des gr. Staatsrates steckt der Gedanke, dass die Aufstellung oder Änderung von städtebaulichen Plänen durch die örtlichen Selbstverwaltungskörperschaften in diesem Fall nicht die erforderliche Distanz zu den örtlichen Interessen bietet, so dass die Gefahr eines Nachgebens der planenden Verwaltungsstelle gegenüber den lokalen Drucksmechanismen vorkommen könnte. Die Erledigung der städtebaulichen Planung durch die Organe der zentralen Verwaltung bietet eine höhere Garantie dafür, dass dabei die Interessen des Naturschutzes und der Landschaftspflege nicht vernachlässigt werden, da solche Instanzen einen größeren Abstand zu den örtlichen Interessen halten können und insofern grundsätzlich weniger anfällig gegenüber dem Druck der lokalen Kleininteressen sind272. Ferner weist die Präsidialverordnung als Rechtsform der städtebaulichen Studie den zusätzlichen Vorteil auf, dass sie vor ihrem Erlass einer Bearbeitung und somit der präventiven Prüfung ihrer Rechtmäßigkeit durch den Staatsrat unterliegen muss273. 270 StaatsratsPE 601/2002, PerDik 2002, S. 106 ff. (107 f.); 602/2002; diese Rechtsprechung billigend Efstratiou, PerDik 2003, S. 24 ff. (35). Dazu auch oben Einf. A. I. 3. 271 Dazu StaatsratsPE 187/1992; 601/2002, PerDik 2003, S. 106 ff.; StaatsratsE 2317/1999, Nümoò+Fu·sh 1999, S. 727 ff.; 2412/1999; 552/2000, Nümoò+Fu·sh 2000, S. 534 ff.; 2446/2000, PerDik 2001, S. 87 ff.; 657/2001, DDNN 2002, S. 711 ff. 272 Gogos, Nümoò+Fu · sh Mai 2005, www.nomosphysis.org.gr.; Oikonomou, PerDik 2000, S. 521 ff. (526 f.).

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bb) Sanfte städtebauliche Entwicklung Der gr. Staatsrat hat infolge der mangelhaften gesetzlichen Lage bezüglich des Schutzes der Naturgüter und der Pflege des Landschaftsbilds in den Küstenzonen und auf kleinen Inseln in seiner Rechtsprechung eine eigene Dogmatik über die allgemeine nachhaltige Entwicklung insbesondere dieser Gebiete entwickelt. Danach hat das oberste Verwaltungsgericht die Erforderlichkeit von Raumordnungsplänen als Grundlage für die städtebauliche Entwicklung, die Planfeststellung als Voraussetzung für die Verwirklichung öffentlicher Elektrizitätswerke und anderer Werke des Gemeinwesens in diesen Gebieten, den Schutz der Landwirtschaftsflächen auf diesen Flächen, den beschränkten Bau von touristischen Anlagen usw. geltend gemacht. In all diesen Fällen hat der gr. Staatsrat betont, dass der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung bei den Küstenzonen und den kleinen Inseln in Form einer sanften Entwicklung umgesetzt werden muss, die sich der besonderen Tradition und der spezifischen Gestalt des Landschaftsbilds in diesen Gebieten sowie auch den konkreten Kapazitätsgrenzen der Gegend anpassen muss274. In diesem Rahmen hat sich der Staatsrat auch konkret zur städtebaulichen Entwicklung von Küstenzonen und kleinen Inseln geäußert. Das in Art. 24 Abs. 1 gr. Verfassung nunmehr ausdrücklich erwähnte Nachhaltigkeitsprinzip fordert, dass in Küstengebieten und auf kleinen Inseln eine sanfte städtebauliche Entwicklung stattfindet. Die Städtebauplanung muss sich an den traditionellen Charakter, das besondere Landschaftsbild und die übrigen Gegebenheiten des Naturkapitals der jeweiligen Gegend anpassen. Der Wohnungsbedarf soll in erster Linie innerhalb der bestehenden Baugebiete gedeckt werden. Im Regelfall sollen also keine neuen Siedlungsgebiete errichtet werden und die Deckung der Bedürfnisse der Bevölkerung an Raum soll sich auf die bestehenden Bauflächen beschränken275. In diesem Punkt ist eine erste Gemeinsamkeit der Rechtsprechung des gr. Staatsrats mit der Eingriffsregelung des deutschen Rechts festzustellen, 273 Zu dieser Funktion der Bearbeitungsprotokolle des gr. Staatsrates als präventive Rechtmäßigkeitskontrolle der Normen siehe auch oben Einf. E. 274 Dazu Papakonstantinou, Nümoò+Fu · sh October 2004, www.nomosphysis. org.gr.; Papakonstantinou, Nümoò+Fu·sh Juli 2003, www.nomosphysis.org.gr; Papapetropoulos, Nümoò+Fu·sh October 2004, www.nomosphysis.org.gr.; Menoudakos, Nümoò+Fu·sh April 2005, www.nomosphysis.org.gr.; Gogos, Nümoò+Fu·sh Mai 2005, nomosphysis.org.gr. 275 StaatsratsE 1588/1999, Nümoò+Fu · sh 1999, S. 717 ff.; 2425/2000; 99/2004, DDNN 2004, S. 348 ff.; (350); StaatsratsPE 16/1996; 265/1997, PerDik 1997, S. 225 ff.; 273/1998, PerDik 1999, S. 206 ff.; 362/1998, PerDik 1999, S. 99 ff.; 541/1998, Nümoò+Fu·sh 1999, S. 213 ff.; 210/2002, DDNN 2002, S. 572 ff.; 636/2002; 247/2003, DtA 2004, S. 282 ff.; 388/2003, DDNN 2003, S. 1435 ff.

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

konkreter mit dem Vermeidungsgebot. Die eben aufgeführte Aussage des gr. Staatsrates ist in ihrer Substanz eine Anwendung des Prinzips der Unterlassung von vermeidbaren Eingriffen, also der Verminderung der Beeinträchtigungen der naturschutzrechtlichen Güter und der Erforderlichkeit einer Alternativenprüfung vor einem Eingriff in die Naturgüter oder das Landschaftsbild. Bei der Forderung nach einem sparsamen Umgang mit den Bauflächen ist das oberste Verwaltungsgericht von der Erkenntnis ausgegangen, dass viele Dörfer und Siedlungen in Griechenland menschenleer und verwüstet sind276. Aus diesem Grund soll die städtebauliche Planung und die allgemeine Entwicklungspolitik bei diesen Flächen in erster Linie ihre Neubelebung zum Ziel haben. Darüber hinaus verlangt eine sanfte städtebauliche Entwicklung, dass die städtebauliche und allgemeine Kapazitätsgrenze von Küstenzonen und kleinen Inseln nicht überschritten werden darf. Aber auch umgekehrt muss angenommen werden, dass, wenn die Kapazität der bestehenden Baugebiete ihre Grenzen erreicht hat, die Ausweisung von neuen Bauflächen erforderlichenfalls erfolgen kann. Dabei sollen aber eher die bestehenden Siedlungen erweitert werden, als dass neue Siedlungen gegründet werden. Dies entspricht auch dem Grundsatz des sparsamen Umgangs mit Grund und Boden. Außerdem soll sich die Erweiterung der Bauflächen durch einen städtebaulichen Plan auf das absolut notwendige Maß beschränken, das durch eine konkrete Abwägung zwischen den Erfordernissen der städtebaulichen Entwicklung und des Schutzes des Naturhaushalts zu ermitteln ist277. In eben diesem Punkt ist ein weiterer Berührungspunkt zwischen der Rechtsprechung des gr. Staatsrates und der Eingriffsregelung festzustellen. Ähnlich wie das Vermeidungsgebot bei der deutschen Eingriffsregelung stellt auch hier der Grundsatz der städtebaulichen Entwicklung nach der Kapazität der entsprechenden Gegend und nur in dem absolut notwendigen Maß eine konkrete Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsprinzips, und genauer des Übermaßverbots, dar. Schließlich fasst der gr. Staatsrat unter den Grundsatz der sanften städtebaulichen Entwicklung auch die Regel, dass eine solche Entwicklung in den Küstenzonen nicht linear, sondern in Ringen erfolgen soll, so dass zwischen den Bauflächen genügend freie Räume bestehen bleiben278. Auf diese Weise wird eine flächendeckende Bebauung in den Küstenzonen Gogos, Nümoò+Fu·sh Mai 2005, www.nomosphysis.org.gr. StaatsratsE 1588/1999, Nümoò+Fu·sh 1999, S. 717 ff.; StaatsratsPE 273/1998, PerDik 1999, S. 206 ff.; 216/1999; 355/1999; 359/1999; 210/2002, DDNN 2002, S. 572 ff.; 536/2002; 633/2002. 278 StaatsratsPE 618/1995; 362/1998, PerDik 1999, S. 99 ff.; 540/1998, PerDik 1999, S. 245 ff. 276 277

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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verhindert und zwischen den Bebauungseinheiten befinden sich freie Naturräume, die sowohl für den Schutz des Naturhaushalts sorgen als auch die Lebens- und Wohnqualität der Bewohner der benachbarten Siedlungen gewährleisten. 2. Landwirtschaftsflächen („Flächen hoher landwirtschaftlicher Produktivität“) Unter „Flächen hoher landwirtschaftlicher Produktivität“ werden in der Rechtsprechung des gr. Staatsrats diejenigen Flächen verstanden, die entweder aufgrund ihrer natürlichen Eingeschaften oder in Folge eines menschlichen Eingriffs ein hohes Produktivitätspotential aufweisen279. Das oberste Verwaltungsgericht betont ständig in seinen entsprechenden Urteilen, dass diese Flächen verfassungsrechtlich durch Art. 24 Abs. 1 S. 1 und 2 gr. Verfassung280 geschützt werden, da ihre Erhaltung zum Schutz der natürlichen Umwelt und zur nachhaltigen Entwicklung beiträgt. Aus dieser Erkenntnis wird ferner der Schluss gezogen, dass die „Flächen hoher landwirtschaftlicher Produktivität“ bei der Raumordnung und der städtebaulichen Planung erhalten bleiben und vor Bebauung möglichst geschützt werden sollen. Die Flächen außerhalb einer Städtebaulichen Studie sind nämlich hauptsächlich nicht für die Bebauung, sondern für andere Nutzungen, wie z. B. für die Landwirtschaft, geeignet281. So ist es nur im Ausnahmefall möglich, dass solche Flächen für die Bebauung in Anspruch genommen werden. Der Staatsrat hat für eine Inanspruchnahme von Flächen hoher landwirtschaftlicher Produktivität für die städtebauliche Planung bestimmte strenge Voraussetzungen aufgestellt: In der Regel ist die Erweiterung von bestehenden Baugebieten der Errichtung von neuen vorzuziehen. Die Bedürfnisse der Bevölkerung an Raum müssen also in erster Linie innerhalb der bestehenden Siedlungen gedeckt werden, so dass neue Flächen (wie z. B. die Flächen hoher landwirtschaftlicher Produktivität) möglichst unbeeinträchtigt bleiben. Demgemäß soll die Inanspruchnahme von Flächen hoher landwirtschaftlicher Produktivität nur dann erfolgen, wenn sie für die 279 StaatsratsE 1088/1988; 1091/1988; 1094/1988; 5354/1995; 2303/1998; 4815/1998; 3489/2001. Die Flächen hoher landwirtschaftlicher Produktivität bilden den Schutzgegenstand des gr. Gesetzes 2945/2001, gr. ABl. A’ 223. 280 „Der Schutz der natürlichen und kulturellen Umwelt stellt eine Staatspflicht und (zugleich) ein Jedermannsrecht dar. Zu ihrer Erhaltung muss der Staat spezielle präventive und repressive Maßnahmen im Rahmen des Nachhaltigkeitsprinzpips ergreifen“. 281 StaatsratsE 3067/2001; 414/2002; 3135/2002, Armenüpouloò 2003, S. 265 ff.; 99/2004, DDNN 2004, S. 348 ff. (350); StaatsratsPE 30/2001; 177/2001; 210/2002, DDNN 2002, S. 572 ff. (575); 633/2002; 247/2003, DtA 2004, S. 282 ff.; dazu auch Papapetropoulos, PerDik 2002, S. 100 ff. (102).

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

Deckung äußerst dringenden Bedarfs absolut notwendig ist und wenn keine anderen Möglichkeiten für die Deckung dieses Wohnungsbedarfs in Betracht kommen282. Die Gemeinsamkeiten dieser Rechtsprechung mit der Eingriffsregelung des deutschen Rechts liegen auf der Hand. Die vom Staatsrat festgelegten Voraussetzungen für die Überplanung der Flächen hoher landwirtschaftlicher Produktivität entsprechen den Regeln des Vermeidungsgebots. Bei der städtebaulichen Planung auf Flächen hoher landwirtschaftlicher Produktivität ist die Unterlassung von vermeidbaren Eingriffen, die Durchführung einer Alternativenprüfung und die Beachtung des Übermaßverbots als Bestandteil des Verhältnismäßigkeitsprinzips angeordnet, allerdings nicht als zwingendes Recht, sondern als Maßstäbe für die planerische Abwägung. Diese Regeln entsprechen dem Inhalt des Vermeidungsgebots bei der Anwendung der Eingriffsregelung in der Bauleitplanung. Schließlich besteht auch eine spezielle gesetzliche Regelung, die den Schutz von Flächen hoher landwirtschaftlicher Produktivität bei der städtebaulichen Planung betrifft. Diese gesetzliche Regelung geht in dieselbe Richtung wie die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze. Gemäß § 37 Abs. 5 KoV ist die Ausdehnung von städtebaulichen Plänen auf neue Flächen nicht zulässig, wenn sie gegen die Regeln des Schutzes der natürlichen und kulturellen Umwelt, die Regeln der städtebaulichen Wissenschaft und die allgemeineren Entwicklungsziele, zu denen auch der Schutz der Flächen landwirtschaftlicher Produktivität zählt, verstößt. Diese Vorschrift betrifft zwar nur die Erweiterung von bestehenden städtebaulichen Plänen. Dabei drückt sie aber den deutlichen Willen des Gesetzgebers aus, eine städtebauliche Entwicklung und Planung gegen die Regeln des Schutzes der Flächen hoher landwirtschaftlicher Produktivität zu verhindern. 3. Olivenbaumgebiete und Landschaften besonderer natürlicher Schönheit Die im Folgenden dargestellten Entscheidungen zur Erhaltung von Olivenbaumgebieten und von Landschaften besonderer natürlicher Schönheit und zu ihrem Schutz vor Bebauung nehmen keine zentrale Stellung in der 282 StaatsratsE 1042/1989; 863/1993; 3698/2000, NoB 2002, S. 580 ff.; 3489/2001; 99/2004, DDNN 2004, S. 348 ff. (356); StaatsratPE 177/2001; 381/2002; a. A. die ältere StaatsratsE 1093/1988, nach der der Wohnungsbedarf in der Rangordnung der Lebensbedürfnisse vor den Erfordernissen der Landwirtschaft kommt. Dazu kann angemerkt werden, dass diese so allgemein und undifferenziert formulierte Aussage kein gutes Beispiel einer konkreten sachgerechten Abwägung darstellt. Aus diesem Grund ist sie auch in der späteren Rechtsprechung des gr. Staatsrates nicht mehr wiederholt worden.

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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Rechtsprechung des gr. Staatsrates ein. Trotzdem werden sie in diesem Rahmen dargestellt, weil sie derselben Richtung wie die Rechtsprechung über Küstenzonen, kleine Inseln und Landwirtschaftsflächen folgen und die Tendenz des gr. Staatsrates aufweisen, bei der Lösung von Konflikten zwischen der städtebaulichen Planung und dem Naturschutz entsprechende Grundsätze wie bei der Eingriffsregelung des deutschen Rechts anzuwenden. Die Urteile über diese beiden unterschiedlichen Kategorien von Gebieten werden gemeinsam behandelt, weil der Schutz bei beiden das gemeinsame Merkmal aufweist, dass er sich weitgehend auch auf die Erhaltung des Landschaftsbilds bezieht. a) Olivenbaumgebiete Das oberste Verwaltungsgericht stellt unter den Schutz von Art. 24 Abs. 1 S. 1 und 2 gr. Verfassung und das Prinzip der Nachhaltigkeit nicht nur die natürlich entstandenen, sondern auch die künstlichen, durch menschliche Handlungen geschaffenen Ökosysteme283. Dazu gehören in den Ländern des Mittelmeerraumes auch die Olivenbaumgebiete, d.h. die Gebiete, die überwiegend mit Olivenbäumen bepflanzt sind. Diese Gebiete stellen insbesondere für Griechenland nicht nur eine wichtige nachhaltige Landwirtschaftsart, sondern auch ein Element der Tradition und des typischen schützwürdigen Landschaftsbilds dar. Auf diese Argumentationsbasis gestützt kommt der gr. Staatsrat zu dem Schluss, dass eine Inanspruchnahme von Olivenbaumgebieten für die städtebauliche Entwicklung grundsätzlich nicht zulässig ist. Nur im Ausnahmefall, also wenn ein dringender Wohnungs- oder Raumbedarf die städtebauliche Entwicklung erfordert und sie auf keine andere Weise verwirklicht werden kann, ist die Inanspruchnahme von Olivenbaumgebieten für diesen Zweck möglich. In diesem Rahmen ist allerdings die Erweiterung von bestehenden Baugebieten der Errichtung von neuen vorzuziehen. Schließlich darf die Inanspruchnahme von Olivenbaumflächen für die städtebauliche Planung nur im absolut notwendigen Maße erfolgen, was im Regelfall die Opferung eines nur geringen Teils eines Olivenbaumgebiets bedeuten soll284. In dieser Rechtsprechung des gr. Staatsrates über die Olivenbaumgebiete sind ebenfalls dieselben Grundsätze erkennbar, die auch bei der oben dargestellten Rechtsprechung über die Küstenzonen, die kleinen Inseln und die Landwirtschaftsflächen dem Vermeidungsgebot der Eingriffsregelung des deutschen Rechts entsprechen. Bei der städtebaulichen Planung ist eine möglichst geringe Beeinträchtigung von Olivenbaumgebieten zulässig. Vermeidbare, weil nicht notwendige, Beeinträchtigungen sollen also unterlassen 283 284

StaatsratsPE 609/1996. StaatsratsPE 609/1996.

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

werden und eine eventuelle Inanspruchnahme von solchen Flächen soll sich nur auf das absolut notwendige Maß und in erster Linie auf die Erweiterung schon bestehender Siedlungen beschränken. Diese Grundsätze entsprechen dem Unterlassungs- bzw. Verminderungsgebot von vermeidbaren Eingriffen und der Alternativenprüfung der Eingriffsregelung. Dabei sind sowohl das Vermeidungsgebot der Eingriffsregelung als auch die von der Rechtsprechung des gr. Staatsrats entwickelten Grundsätze ein Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsprinzips in seiner Ausprägung des Übermaßverbots. b) Landschaften besonderer natürlicher Schönheit Nach speziellen Gesetzen können bestimmte Flächen durch entsprechende Verwaltungsentscheidungen (z. B. Ministerialentscheidungen oder Präsidialverordnungen) als „Landschaften besonderer natürlicher Schönheit“ ausgewiesen werden. Solche Verwaltungsakte sind Schutzgebietsausweisungen im Sinne der obigen Ausführungen im Teil 1 A. Solche Schutzgebietsausweisungen interessieren hier insofern, als der gr. Staatsrat in einer älteren Entscheidung Regeln für die städtebauliche Planung auf als Landschaft besonderer natürlicher Schönheit ausgewiesenen Flächen für den Fall entwickelt hat, dass die Schutzgebietsausweisung selbst keine abweichende Regelung enthält. Diese Regeln folgen demselben Muster wie die übrigen oben dargestellten Urteile. Nach dem gr. Staatsrat führt die Erklärung einer Gegend zur „Landschaft besonderer natürlicher Schönheit“ dazu, dass diese Gegend auch über die im Erklärungsakt enthaltenen Schutzvorschriften hinaus den Schutz des Art. 24 Abs. 1 gr. Verfassung genießt und entsprechend dem Nachhaltigkeitsprinzip dauerhaft erhalten werden soll. Daraus folgt, dass in dieser Gegend kein Eingriff zulässig ist, der die Erhaltung ihrer besonderen Eigenschaften gefährden könnte. So ist auch die Inanspruchnahme von Flächen einer ausgewiesenen „Landschaft besonderer natürlicher Schönheit“ für Zwecke der städtebaulichen Entwicklung im Normalfall nicht möglich, wenn dadurch die Eigenart der Landschaft beeinträchtigt werden könnte. Im Ausnahmefall dagegen und wenn das Gebiet ausreichend breit ist, ist eine sanfte städtebauliche Entwicklung unter strengen Voraussetzungen möglich: Die Erweiterung einer schon bestehenden Städtebaulichen Studie ist für die Deckung von äußerst dringendem Wohnungs- oder anderem Raumbedarf, der auf keine andere Weise befriedigt werden könnte, und dann nur in dem dafür absolut notwendigem Maße zulässig. Dabei ist auch hier die Erweiterung von vorhandenen Siedlungen der Errichtung von neuen vorzuziehen285. Es ist offensichtlich, dass auch in dieser Rechtsprechung des gr. Staatsrats über die städtebauliche Pla285

StaatsratsPE 307/1995.

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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nung auf Flächen, die als „Landschaften besonderer Schönheit“ ausgewiesen worden sind, die wesentlichen Merkmale des Vermeidungsgebots der Eingriffsregelung enthalten sind. 4. Fazit Aus obigen Ausführungen geht hervor, dass das oberste Verwaltungsgericht bei seinem Versuch, Kompromisslösungen für die Verschränkungen zwischen der städtebaulichen Entwicklung und dem Schutz des Naturhaushalts und des Landschaftsbilds zu finden, direkt aus Art. 24 Abs. 1 S. 1 und 2 gr. Verfassung Regeln ableitet, die wichtigen Aspekten der deutschen Eingriffsregelung entsprechen. Es handelt sich nämlich um den Grundsatz, vermeidbare Eingriffe in die Naturgüter bei der städtebaulichen Planung zu unterlassen bzw. zu vermindern und dabei nach anderen Lösungen zu suchen, die keinen oder eventuell einen minderen Eingriff verursachen würden286 (Alternativenprüfung und Vermeidungsgebot). Außerdem ist eine Inanspruchnahme solcher naturschutzrechtlich relevanten Flächen nur dann anzunehmen, wenn es einen äußerst dringenden Bedarf hierfür gibt, also nur nach Abwägung mit dem jeweils zu erreichenden Zweck (Abwägungsgebot). Schließlich ist festzustellen, dass die zweite und äußerst wichtige Komponente der Eingriffsregelung, nämlich die Kompensationspflicht durch Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahmen, in diesem ersten Teil der Rechtsprechung des gr. Staatsrates fehlt. Diese Komponente ist aber im zweiten Teil der Rechtsprechung des gr. Staatsrates enthalten, deren Darstellung unmittelbar folgt. II. Der von der Rechtsprechung des gr. Staatrates entwickelte allgemeine Grundsatz „Grün gegen Grün“ 1. Darstellung der Regel „Grün gegen Grün“ Der Allgemeine Städtebauliche Plan enthält unter anderem auch eine allgemeine Einschätzung des Bedarfs an der Allgemeinheit dienenden Grundflächen (im Folgenden als „gemeinnützige“ Flächen bezeichnet)287. Die Städtebauliche Studie setzt ferner die gemeinnützigen Flächen nach den Vorgaben des Allgemeinen Städtebaulichen Plans konkreter fest288. Zu diesen gemeinnützigen Flächen gehören auch die sog. gemeinnützigen Grünflächen (Grünanlagen). Das sind Flächen, die von einem natürlich oder 286

Anscheinend hält die griechische Rechtsprechung aber auch keine Null-Variante für möglich. 287 § 38 Abs. 2 S. 1 KoV. 288 § 43 Abs. 4 Nr. d) KoV.

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

durch menschliche Handlungen entstandenen pflanzlichen Gehalt geprägt sind und der Allgemeinheit dienen, aber aufgrund ihrer kleineren Größe keine Gehölze oder Parks darstellen, so dass für diese nicht dieselben strengen Schutzvorschriften angewandt werden können wie für jene289. Solche gemeinnützigen Grünflächen innerhalb einer Städtebaulichen Studie sind nach der ständigen Rechtsprechung des gr. Staatsrates zwar nicht Teil des Naturhaushalts im jeweiligen Gebiet, sie gehören also nicht zur natürlichen, sondern zur städtebaulichen Umwelt. Trotzdem sind sie der „Ersatz“ der natürlichen Umwelt innerhalb einer Stadt und aus diesem Grund sind sie von großer Bedeutung für die Erhaltung der Lebensqualität und der Gesundheit der Menschen. Sich auf diese Argumentationsbasis stützend hat der gr. Staatsrat den gemeinnützigen Grünflächen eines städtebaulichen Plans den hohen Schutz des Art. 24 Abs. 1 S. 1 und 2 gr. Verfassung gewährt. Danach sind diese Flächen als Teil der Natur gemäß Art. 24 Abs. 1 S. 1 und 2 gr. Verfassung zu schützen und der Staat muss zu diesem Schutz geeignete präventive und repressive Maßnahmen im Rahmen des Nachhaltigkeitsprinzips treffen. In diesem Sinn hat das Gericht entschieden, dass die Abschaffung oder die Umwandlung der Nutzung dieser Flächen eine Verschlechterung der Lebensbedingungen der Menschen und des bestehenden natürlichen Zustandes (Status quo) darstellt. Dem Gesetzgeber wird zwar das Recht eingeräumt, bei seiner Wohnungs- und Entwicklungspolitik durch die städtebauliche Planung eine als Grünanlage ausgewiesene Grundfläche abzuschaffen oder in eine andere Nutzung zu überführen. Das kann aber nur unter der Bedingung zulässig sein, dass diese abgeschaffenen oder in eine andere Nutzung überführten Flächen an einer anderen Stelle innerhalb derselben Städtebaulichen Studie ersetzt werden, so dass der gesamte Gehalt der Städtebaulichen Studie an gemeinnützigen Grünflächen nicht geringer wird290. Der natürliche Zustand im Gebiet der Städtebaulichen Studie darf bei jeder Änderung dieses Plans zumindest nicht verschlechtert werden. Hierdurch wird die Erhaltung des natürlichen Status quo innerhalb eines städtebaulichen Plans beabsichtigt. Die Kompensation der abgeschaffenen oder umgewandelten Grünflächen muss zum Zeitpunkt der Abschaffung bzw. Umwandlung erfolgen. Dabei handelt es sich um den Grundsatz „Grün gegen Grün“. Der erforderliche tatsächliche Ersatz der abgeschafften oder umgewandelten 289 Gehölze und Parks, die sich innerhalb eines städtebaulichen Plans befinden, werden nach den Vorschriften des gr. G. 998/1979 über die Wälder und Waldgebiete geschützt. Dazu ausführlich oben 1. Teil Kap. 2. A. IV. 1. 290 StaatsratsE 2587/1992; 2242/1994, Nümoò+Fu · sh 1995, S. 121 ff. (125); 1395/1998; 3441/1999; 1225/2000; 1869/2002, PerDik 2003, S. 371 f. (371); 288/2003; 2002/2003, Armenüpouloò 2003, S. 1503 ff. (1506); StaatsratsPE 40/1998; 445/1999; 345/2001.

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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Grünflächen ist von den Gerichten zu überprüfen, und, falls er nicht gleichzeitig mit der Abschaffung erfolgt, ist diese nicht rechtmäßig291. In einem Fall ist der gr. Staatsrat sogar noch über den traditionellen Inhalt der Regel „Grün gegen Grün“ hinaus gegangen: Das Gericht hat sich mit einem gleichwertigen292 Ersatz der gemeinnützigen Flächen nicht zufrieden gegeben, sondern es hat ihre Steigerung bei der Änderung der Städtebaulichen Studie angeordnet293. Diese Rechtsprechung ist aber nicht wiederholt worden. Die Regel „Grün gegen Grün“ war nicht immer selbstverständlich in der Rechtsprechung des gr. Staatsrates. In der früheren Rechtsprechung hat sich das Gericht nur auf die erste der oben aufgeführten Aussagen beschränkt, nämlich auf die Anerkennung des Rechts des Gesetzgebers, die festgesetzten gemeinnützigen Flächen, und speziell auch die gemeinnützigen Grünflächen, bei der Änderung eines städtebaulichen Plans abzuschaffen oder in eine andere Nutzung zu überführen294. Die Regel „Grün gegen Grün“ wurde zum ersten Mal im Jahre 1994295 ausdrücklich formuliert und seitdem gehört sie zur ständigen Rechtsprechung des gr. Staatsrates296. Mit dieser Rechtsprechung des gr. Staatsrates zur Regel „Grün gegen Grün“ ist auch für das griechische Recht das weitere Element festzustellen, das neben dem Vermeidungsgebot den zweiten Bestandteil der Eingriffsregelung des deutschen Rechts darstellt, nämlich die Pflicht zur Kompensation der Beeinträchtigung des Naturhaushalts. Der Gesetzgeber kann die vorhandenen Grünflächen bei der Änderung einer städtebaulichen Studie neu ordnen, er darf sie aber auf keinen Fall ganz abschaffen, sondern sie müssen immer vollständig ersetzt werden. Kurz gefasst bedeutet diese Rechtsprechung für den Gesetzgeber bei der städtebaulichen Planung, dass StaatsratsE 2242/1994, Nümoò+Fu·sh 1995, S. 121 ff. (125); 1395/1998; 3441/1999; 1869/2002, PerDik 2003, S. 371 f. (372); 2002/2003, Armenüpouloò 2003, S. 1503 ff. (1506); StaatsratsPE 40/1998, wo der Staatsrat sogar einen sachlichen Zusammenhang zwischen der abgeschaffenen und der ersetzenden Grünfläche verlangt. 292 Diese Rechtsprechung unterscheidet nicht ausdrücklich zwischen gleichartiger und gleichwertiger Kompensation; trotzdem scheint von der Formulierung der Entscheidungen der gleichwertige Ersatz gemeint zu sein. 293 StaatsratsE 593/2002, PerDik 2002, S. 323 ff. 294 Z. B. StaatsratsE 2568/1981; 89/1981; 1491/1978. 295 StaatsratsE 2242/1994. Ausführliche Analyse dieser Entscheidung siehe insbesondere in Sioutis, Kritikh· Epiqeÿrhsh 1994, S. 331 ff. 296 Diese – wie auch die gesamte dem Umweltschutz betonende Rechtsprechung in den 90er Jahren ist dem ehemaligen Präsidenten des Staatsrates Michali Dekleris zu verdanken, der in seinem Werk „Das Recht der nachhaltigen Entwicklung“ im Jahre 2002 die theoretische Grundlage dieser Rechtsprechung des gr. Staatsrates vorgestellt hat. 291

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

er sich, nachdem er sich einmal für den Naturschutz entschieden hat, immer für den Naturschutz zu entscheiden hat. Diese Rechtsprechung hat zwar einen sehr beschränkten Gegenstand, nämlich die Abschaffung von gemeinnützigen Flächen und insbesondere von gemeinnützigen Grünflächen durch die Änderung einer Städtebaulichen Studie. Sie betrifft nicht jedes Element der natürlichen Umwelt und sie beschränkt sich nur auf Änderungen von bestehenden städtebaulichen Plänen. Daher ist der Gegenstand dieser Rechtsprechung enger gefasst als die Eingriffsregelung, die sich auf jede Art von Eingriff durch die Bauleitplanung und auch auf jede Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung der Bauleitpläne bezieht. Die Regel „Grün gegen Grün“ nähert sich aber insofern der Eingriffsregelung, als sie Grünflächen betrifft, die ein Element des Naturhaushalts innerhalb einer Städtebaulichen Studie darstellen, und den vollständigen Ersatz solcher Flächen bei jeder Art von Beeinträchtigung durch eine Änderung der städtebaulichen Planung erfordert. 2. Vergleich mit dem Kompensationsgebot der Eingriffsregelung In diesem Punkt stellt sich die Frage, welche Gemeinsamkeiten und welche Unterschiede zwischen einerseits dem Kompensationsgebot der Eingriffsregelung bei ihrer Abwendung in der Bauleitplanung und andererseits der in der Regel „Grün gegen Grün“ der Rechtsprechung des gr. Staatsrates enthaltenen Kompensationspflicht bestehen. Als erstes ist festzustellen, dass der gr. Staatsrat zwischen gleichartiger und gleichwertiger Kompensation nicht unterscheidet. Die Differenzierung des deutschen Rechts zwischen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist also im griechischen Recht nicht bekannt. Aus den Formulierungen des Gerichts und aus der Natur der Sache ist aber davon auszugehen, dass es dabei nicht um Ausgleichsmaßnahmen geht, da bei der Anwendung der Regel „Grün gegen Grün“ der Ersatz per Definition an anderer Stelle als am Ort der Beeinträchtigung stattfindet. Die Grünflächen werden nämlich durch die Änderung der Städtebaulichen Studie abgeschafft oder in eine andere Nutzung überführt; insofern können sie als solche nicht an derselben Stelle der Städtebaulichen Studie wiederhergestellt werden, sondern sie müssen an einer anderen Stelle derselben Städtebaulichen Studie auf eine gleichwertige Weise ersetzt werden297. 297 Das bedeutet aber nicht, dass der Ersatz auch auf eine andere, ganz unterschiedliche Art und Weise erfolgen kann. Aus der Rechtsprechung des gr. Staatsrates kann man tatsächlich entnehmen, dass die Grünflächen eben durch Grünflächen (deshalb auch „Grün gegen Grün“) ersetzt werden müssen. Nach der Ansicht des Gerichts muss nach dem Ersatz der Prozentsatz des städtebaulichen Plans an Grünflächen derselbe bleiben.

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

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Somit ist gleichzeitig auch die Frage beantwortet, ob die Entkoppelung zwischen Beeinträchtigungs- und Kompensationsort im griechischen Recht möglich ist. Diese Frage muss ohne weiteres bejaht werden, da in der Rechtsprechung des gr. Staatsrates ohnehin nur von einem solchen räumlich „abgekoppelten“ Ersatz die Rede ist. Das entspricht tatsächlich der Natur der Sache bei der Anwendung der Regel „Grün gegen Grün“, da die in Frage kommenden Flächen nach der Abschaffung ihrer bisherigen Nutzung als Grünflächen einer anderen Nutzung dienen werden, wobei ihre bisherige Nutzung nunmehr an einer anderen Stelle der Städtebaulichen Studie ersetzt wird. Die räumliche Entkoppelung zwischen Beeinträchtigung und Kompensation ist also im griechischen Rechts selbstverständlich. Ist dann aber auch die zeitliche Entkoppelung möglich? Es ist also danach zu fragen, für welchen Zeitpunkt der tatsächliche Ersatz der Beeinträchtigung verlangt wird298. Der gr. Staatsrat geht in diesem Punkt weiter als die deutsche Eingriffsregelung und die deutschen Gerichte. Der gr. Staatsrat setzt strenge Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit der Umwandlung der Grünflächen fest, damit er den tatsächlichen Ersatz gegen eine mögliche Vernachlässigung dieser Kompensationspflicht durch die Verwaltung absichert. In der deutschen Rechtsordnung wird angenommen, dass der Ausgleich bzw. Ersatz (spätestens) zum Zeitpunkt des Eingriffs, also in unserem Fall der Planverwirklichung, erfolgen muss. Im griechischen Recht dagegen macht das oberste Verwaltungsgericht geltend, dass der bloße Enteignungsbeschluss, der im Plan zur Änderung der Städtebaulichen Studie enthalten ist299, für die Rechtmäßigkeit der Abschaffung besagter Grünflächen nicht ausreicht. Zusätzlich ist noch erforderlich, dass der Änderungsplan eine Bedingung enthält, dass er erst mit der vollständigen Durchführung der Enteignung in Kraft treten wird, die für den Ersatz der Grünflächen eventuell erforderlich ist300. Die formelle Durchführung der Enteignung zum Ersatz der abgeschaffenen Grünfläche ist also die gesetzliche Bedingung für das In-Kraft-Treten und die Rechtmäßigkeit der geänderten Städtebaulichen Studie. Nach der gr. Rechtsprechung muss der Ersatz nicht nur zum Zeitpunkt des Eingriffs, nämlich der Planverwirk298 Hier ist nur von der zeitlichen Entkoppelung die Rede, die eventuell die Beeinträchtigung vor der vollständigen Durchführung der Ersatzmaßnahmen erlaubt. Die zeitliche Entkoppelung in die andere Richtung, nämlich die Verwirklichung der Ersatzmaßnahmen vor dem Eintreten der Beeinträchtigung, wird vom griechischen Rechtssystem ignoriert. 299 Es ist im Schrifttum und in der Rechtsprechung allgemein anerkannt, dass die Enteignung in diesem Fall durch das In-Kraft-Treten der Städtebaulichen Studie selbst erfolgt, so dass kein zusätzliches Enteignungsbescheid erstellt werden soll und für den Vollzug der Enteignung nur noch die Zahlung der Enteignungsentschädigung fehlt. Vgl. dazu Eftratiou, DV 1984, S. 355 ff. (362). 300 StaatsratsE 2242/1994, Nümoò+Fu · sh 1995, S. 121 ff.

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

lichung, durch die Vorschriften desselben Änderungsplans vorgesehen und gesichert sein, sondern seine Verwirklichung muss auch durch eine zusätzliche gesetzliche aufschiebende Bedingung in der neuen Städtebaulichen Studie gewährleistet werden. Das Gericht knüpft schließlich eine strenge Rechtsfolge an diese Voraussetzung. Danach stellt diese aufschiebende Bedingung eine verfahrensrechtliche, formelle Voraussetzung der Rechtmäßigkeit des Änderungsplans dar.

C. Versuch einer allgemeinen Dogmatik und vergleichende Bemerkungen Im griechischen Recht gibt es keine allgemeine gesetzliche Eingriffsregelung wie im deutschen Recht. Außerdem gibt es auch keine allgemein entwickelte Dogmatik, die allen Aspekten der Eingriffsregelung des deutschen Rechts entsprechen würde. Aus den oben gemachten Ausführungen geht aber hervor, dass die Rechtsprechung des gr. Staatsrates Grundsätze aufgestellt hat, die trotz ihres situationsspezifischen und einzelfallbezogenen Charakters bis zu einem gewissen Grad verallgemeinungsfähig sind301. Insofern sind sie auch mit der deutschen Eingriffsregelung vergleichbar: Zunächst ist anzumerken, dass die Anwendung dieser Grundsätze, die der Eingriffsregelung entsprechen, nach ständiger Rechtsprechung des gr. Staatsrates, speziell auch bei der städtebaulichen Planung erfolgt. Das Gericht hat in der Tat diese Grundsätze in jedem einschlägigen Fall benutzt, ohne dabei von vornherein und rechtsdogmatisch zu differenzieren, ob es sich dabei um Beeinträchtigungen des Naturhaushalts z. B. durch Planfeststellungen von Elektizitätswerken oder durch städtebauliche Pläne handelte. In Deutschland dagegen war es anfangs umstritten, ob die allgemeine Eingriffsregelung des BNatSchG auch bei der Bauleitplanung anzuwenden war. Die endgültige Lösung hat aber der Gesetzgeber gegeben, indem er ausdrücklich die Anwendung der Eingriffsregelung auch bei der Bauleitplanung festgelegt und sogar wesentlich abweichende Regelungen für diesen Fall erlassen hat. Was die Kriterien des Eingriffs angeht, kann man gleich feststellen, dass sie in Griechenland anders als in Deutschland nicht einheitlich sind. Das liegt daran, dass die der Eingriffsregelung ähnlichen Grundsätze in Griechenland einen jurisprudenziellen Charakter haben: Sie sind von der Rechtsprechung von Fall zu Fall bei jeweils unterschiedlichen Eingriffstatbeständen entwickelt worden. Im griechischen Recht besteht also kein gesetzlich oder von der Rechtsprechung definierter Eingriff, sondern die Kriterien der 301 Vgl. dazu Papapetropoulos, PerDik 2002, S. 100 ff. (104 f.), der diese Rechtsprechung auf die traditionellen Siedlungen auf den Bergen erstreckt.

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Beeinträchtigung des Naturhaushalts werden in jedem einzelnen Fall vom gr. Staatsrat je nach Gebietskategorie und ihrer Bedeutung für die Natur gestellt. Solche Kriterien sind also aus keiner allgemeinen Dogmatik entstanden. Daraus folgt, dass man in jedem konkreten Fall auf die jeweiligen Entscheidungen des gr. Staatsrates zurückgreifen muss, um festzustellen, was als Beeinträchtigung des Naturhaushalts durch die städtebauliche Planung bezeichnet wird (z. B. die Inanspruchnahme von Küstenzonen oder Flächen auf den kleinen Inseln, von Landwirtschaftsflächen, Olivenbaumgebieten oder ausgewiesenen Landschaften besonderer natürlicher Schönheit für die Zwecke der städtebaulichen Entwicklung). Ein zwar einheitliches, jedoch nicht ausreichend konkretes Kriterium, das vom gr. Staatsrat in jeder der in Betracht kommenden Entscheidungen wiederholt wird, ist die Erfassung des jeweiligen Gebiets unter dem Schutz von Art. 24 Abs. 1 S. 1 und 2 gr. Verfassung. Das Vermeidungsgebot mit dem Erfordernis einer Alternativenprüfung in seiner Eigenschaft als Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsprinzips, und genauer des Übermaßverbots, ist in beiden Rechtssystemen sehr ähnlich ausgestaltet. Sowohl bei der Eingriffsregelung als auch in der gr. Rechtsprechung ist die Überprüfung der Notwendigkeit der Beeinträchtigung der Naturgüter von zentraler Bedeutung. Beeinträchtigungen, die vermieden werden können, weil sie keinem dringenden Bedürfnis entspringen oder weil die städtebauliche Planung auf eine andere weniger schädliche Weise erfolgen kann, sollen unterlassen werden. Auf jeden Fall darf aber die in Frage kommende Beeinträchtigung der Naturgüter in beiden Rechtssystemen definitiv nicht stattfinden, wenn die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege sich im konkreten Fall nach einer sachgerechten Abwägung als gewichtiger als die übrigen einschlägigen Belange erweisen. Die Eingriffsregelung und das griechische System sind ferner in Bezug auf die Kompensation des Eingriffs nur insofern vergleichbar, als die gr. Rechtsprechung überhaupt eine Kompensationspflicht vorsieht, nämlich in der Rechtsprechung „Grün gegen Grün“. Im deutschen Recht wird zwischen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen differenziert. Bei der Regel „Grün gegen Grün“ dagegen geht aus der Natur der Sache hervor, dass die Kompensation für die Abschaffung einer Grünfläche an einer Stelle des städtebaulichen Plans nicht an der Stelle der Beeinträchtigung, sondern an einem anderen Ort desselben städtebaulichen Plans ersetzt werden kann. Das bedeutet, dass es im griechischen Recht stets um einen Ersatz (und keinen Ausgleich im fachspezifischen Sinne des Wortes) geht. Dieser Ersatz kommt aber insofern dem Ausgleich der deutschen Eingriffsregelung nahe, als er den natürlichen Zustand vor dem Eingriff auf dieselbe Weise wiederherstellen muss, wie er vor der Beeinträchtigung war, nämlich durch die

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2. Teil: Mechanismen zur Harmonisierung

Festsetzung einer neuen gleichgroßen Grünfläche an einer anderen Stelle des städtebaulichen Plans. Somit ist in der Regel „Grün gegen Grün“, im Gegensatz zum deutschen System, auch die räumliche Abkoppelung zwischen Beeinträchtigung und Ersatz selbstverständlich. Die Rechtslage ist aber bei der zeitlichen Abkoppelung zwischen Beeinträchtigung und Ersatz anders zu beurteilen. Der griechische Richter begegnet einer Verminderung der gemeinnützigen Grünflächen vor der vollständigen Durchführung ihres Ersatzes mit erheblichen Bedenken, und er verlangt sogar einen höheren Grad der Absicherung des Ersatzes als das deutsche Rechtssystem. Die Problematik der Ersatzmöglichkeiten durch städtebauliche Verträge oder „sonstige geeignete Maßnahmen“, wie sie in Deutschland besteht, wird im griechischen Recht nicht ausdrücklich thematisiert. Wie man aber aus den strengen Voraussetzungen, die der gr. Staatsrat an die zeitliche Entkoppelung von Eingriff und Ersatz stellt, schließen kann, würde das Gericht bei einer Umwandlung von Grünflächen durch Änderung der städtebaulichen Pläne städtebauliche Verträge, „sonstige geeignete Maßnahmen“ oder auch „Ersatzzahlungen“ nicht als einen geeigneten Ersatz der Beeinträchtigung des Naturhaushalts annehmen. Bei der Abwägung zwischen naturschutzrechtlichen und dem übrigen für die Planung sprechenden Belangen ist eine weitere Ähnlichkeit zwischen der deutschen Eingriffsregelung und den von der gr. Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen festzustellen. Bei der Bauleitplanung ist im deutschen Recht über das Vermeidungs- (und Ausgleichs-)gebot in der planerischen Abwägung zu entscheiden. Diese Gebote stellen keine Planungsleitsätze dar, sondern sie können in der Abwägung zur Bauleitplanung unter Umständen weggewogen werden. Das entsprechende gilt auch im griechischen Recht. Die Regel, dass die Beeinträchtigungen des Naturhaushalts nur dann erfolgen sollen, wenn dies unbedingt erforderlich ist, wenn keine anderen weniger schädlichen Alternativen vorhanden sind und wenn sie sich auf das absolut notwendige Maß beschränken, stellt keinen Planungsleitsatz dar. Die Abwägung zur städtebaulichen Planung muss diese Grundsätze lediglich berücksichtigt haben. Dies ist daraus zu schließen, dass der gr. Staatsrat bei der Entwicklung dieser Rechtsprechung mit seinen Formulierungen äußerst vorsichtig ist. Er benutzt nämlich eher eine „Soll“-Formulierung, die darauf hindeutet, dass das Gericht allgemeine Grundsätze für den Abwägungsvorgang bei der Planung entwickelt und keine strikten und unüberwindbaren Regeln festschreibt302. 302

Dies kommt auch durch den verwendeten Begriff der Kapazität der in Frage kommenden Flächen zum Ausdruck, der auf eine sachgerechte Abwägung der Gegebenheiten hindeutet.

2. Kap.: Bewältigungsstrategien

373

Etwas anderes ist nur bei den Landschaften besonderer natürlicher Schönheit zu beobachten: In diesem Fall gibt sich der gr. Staatsrat nämlich deutlich strenger, indem er im Regelfall (wenn besagte Flächen nicht breit genug sind) die Vermeidung jeder Beeinträchtigung strikt anordnet. Diese Abweichung bei den Landschaften besonderer natürlicher Schönheit ist damit zu erklären, dass in diesem Fall ein staatlicher Akt der Ausweisung vorhanden ist. Diese Tatsache rechtfertigt auch einen qualitativen Unterschied des Schutzes zwischen den Landschaften besonderer natürlicher Schönheit einerseits und den Küstenzonen, kleinen Inseln, Landwirtschaftsflächen und Olivenbäumegebieten andererseits. Ferner ist auch bei der Pflicht zur Kompensation in der Regel „Grün gegen Grün“ ein Unterschied zum Ausgleichsgebot der Eingriffsregelung festzustellen. Die Kompensationspflicht in der Regel „Grün gegen Grün“ ist nämlich nicht abwägbar, sondern sie stellt nach der Formulierung des Gesetzes zwingendes Recht dar: Die Abschaffung von gemeinnützigen Grünflächen durch eine Städtebaulichen Studie muss auf jeden Fall und rechtzeitig durch die Ausweisung von anderen gemeinnützigen Grünflächen derselben Breite und Qualität genau kompensiert werden. Die Bedeutung dieser Abweichung von der Regel der Abwägung ist aber bei dieser Vorschrift insofern eingeschränkt, als sie nur einen Bestandteil des Naturhaushalts in einer Stadt, nämlich die ausgewiesenen gemeinnützigen Grünflächen und nicht jedes Element des Naturhaushalts, betrifft, wie es bei der Eingriffsregelung des deutschen Rechts der Fall ist. Diese Ausführungen führen zu dem Ergebnis, dass die griechische Rechtsprechung zwar einige nützliche Einzellösungen gegeben hat, die der Eingriffsregelung des deutschen Rechts ähnlich und zum Teil mit ihr vergleichbar sind. Das griechische Rechtssystem ist aber noch sehr weit davon entfernt, über eine allgemeine Dogmatik der Vermeidungspflicht, sowie Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zu verfügen. Von nicht unerheblicher Bedeutung ist es aber immerhin, dass nunmehr eine ständige Rechtsprechung des obersten griechischen Verwaltungsgerichts vorhanden ist, die bedeutende Schritte in diese Richtung macht. Diese begrüßenswerte Rechtsprechung zeigt dem Gesetzgeber den Weg zu einer gesetzlichen Bestätigung und eventuellen Verallgemeinerung dieser Grundsätze nach dem deutschen Vorbild.

Schlussfolgerungen in Thesen Sowohl in Deutschland als auch in Griechenland gilt grundsätzlich die Regel, dass Schutzgebietsausweisungen sich an die bestehenden städtebaulichen Pläne anpassen müssen. Eine Abweichung von dieser Regel ist allerdings in beiden Rechtsordnungen bei Festsetzungen von Überschwemmungsgebieten festzustellen. Eine ähnliche Tendenz ist darüber hinaus bei Wasserschutzgebieten zu beobachten, allerdings im griechischen Recht durch die Rechtsprechung des gr. Staatsrats ausgeprägter als im deutschen Recht. Umgekehrt müssen sowohl in Deutschland als auch in Griechenland die städtebaulichen Pläne sich in der Regel an die Anordnungen bestehender Schutzgebietsausweisungen halten. Eine gegenseitige Beachtung von Schutzgebietsausweisungen und städtebaulicher Planung ist also in beiden Rechtsordnungen geboten, die aus der jeweiligen Kompetenzordnung resultiert. Diese Lösung sorgt für klare Verhältnisse zwischen den beiden Rechtsbereichen, was zwei Hauptelemente des Rechtsstaates, die Rechtsklarheit und die Rechtssicherheit, fördert. Die hier vertretene Ansicht ist, dass die parallele Geltung von gegensätzlichen Normen einer Schutzgebietsverordnung und eines städtebaulichen Plans selbst dann nicht geduldet werden darf, wenn der dadurch verursachte Widerspruch in der Rechtsordnung nachträglich behoben werden kann – wie bei der Konstellation der Befreiungslage im deutschen Recht. Die Rechtslage ist allerdings bei einem provisorischen Widerspruch von gesetzlichen Vorschriften des Naturschutzes (z. B. Wald-, Arten- und Biotopschutz) und der städtebaulichen Planung anders zu beurteilen. Das gesetzgeberische Konzept entwickelt sich aus einem allgemeinen Blickwinkel und nicht für jeden konkreten Fall. Eine differenzierte Ausgestaltung der gesetzlichen Regelungen für den Einzelfall kommt nicht in Frage. In diesem Fall muss also die Konfliktbewältigung auf die Prüfung der Zulässigkeit der konkreten Vorhaben verlagert werden. Der Wald ist in Griechenland durch höherrangige (auf Verfassungsebene) und ausführlichere Vorschriften vor Umwandlung und vor Bebauung geschützt als in Deutschland. Dieser besonders strenge Schutz ist mit der Erfahrung seiner großen Gefährdung durch die Bebauung sowie mit den ansonsten unzureichenden Schutzvorschriften in der griechischen Rechts-

Schlussfolgerungen in Thesen

375

ordnung zu erklären. In Deutschland dagegen ist der Wald durch die allgemeinen Mechanismen und Instrumente des Naturschutzes (z. B. wirksame Schutzgebietsausweisungen, Eingriffsregelung, detaillierte Arten- und Biotopschutzvorschriften) ohnehin ausreichend geschützt, so dass besonders strenge Vorschriften speziell zum Schutz des Waldes vor der Umwandlung und der Bebauung entbehrlich sind. Sowohl in Deutschland als auch in Griechenland ist einerseits die Einbeziehung der naturschutzrechtlichen Belange in die städtebauliche Planung und andererseits die Berücksichtigung der städtebaulichen Belange bei den naturschutzrechtlichen Entscheidungen angeordnet. In beiden Rechtsordnungen sind die Mechanismen dieser gegenseitigen Inbezugnahme sehr ähnlich. Dennoch sind sie von zwei wesentlichen Unterschieden geprägt: 1. In Deutschland wird überwiegend angenommen, dass bei der bauleitplanerischen Abwägung den naturschutzrechtlichen Belangen weder ein allgemeiner Vorrang noch eine hervorgehobene Stellung gegenüber anderen Belangen zukommt. In Griechenland dagegen ist in den letzten zwei Jahrzehnten eine deutliche Tendenz des obersten Verwaltungsgerichts erkennbar, den Belangen des Umwelt- und Naturschutzes allgemein und auch im speziellen Fall der städtebauplanerischen Abwägung generellen Vorrang zu gewähren. 2. In Griechenland besteht keine eigenständige fachspezifische und raumbezogene Planung des Natur und der Landschaft, die der Landschaftsplanung des deutschen Rechts entsprechen könnte. Die Umweltprogramme im Rahmen der Regelungspläne sind zwar der Landschaftsplanung in mancher Hinsicht vergleichbar. Dennoch ist die genaue Untersuchung zu dem Ergebnis gekommen, dass sich diese von jenen wesentlich unterscheiden. Somit fehlt im griechischen Recht ein wichtiger Mechanismus, durch den die allgemeinen Erfordernisse und Ziele des Naturschutzes konkretisiert und für die städtebauliche Planung bereitgehalten werden könnten. In Deutschland wurde zur Bewältigung von konkreten Konflikten zwischen dem Naturschutzrecht und der städtebaulichen Planung der Weg der Anwendung der Eingriffsregelung bei der Bauleitplanung gewählt. In Griechenland besteht keine entsprechende gesetzliche Regelung zur Lösung von konkreten Konflikten. Dieser gesetzliche Mangel wird aber durch die Entwicklung von entsprechenden allgemeinen Grundsätzen von der Rechtsprechung kompensiert. Diese Grundsätze wurden zwar vom gr. Staatsrat in konkreten Kollisionsfällen ausgesprochen. Aufgrund ihrer Regelmäßigkeit und ihrer inneren Systematik sind sie aber verallgemeinerungsfähig und somit bilden sie eine Konfliktbewältigungsdogmatik, die der Eingriffsregelung des deutschen Rechts vergleichbar ist.

376

Schlussfolgerungen in Thesen

Von der obigen Untersuchung des gr. Rechtssystems insgesamt kann man den Eindruck vermittelt bekommen, dass das gr. Recht des Umwelt- und Naturschutzes zu einem großen Teil jurisprudentieller Herkunft ist. Das entspricht aber nicht der allgemeinen Orientierung der griechischen Rechtsordnung an den Rechten des kontinentalen Europas. Im Gegensatz zu den angelsächsischen Rechtsordnungen stellt die Rechtsprechung in der griechischen Rechtsordnung keine Rechtsquelle dar. Dennoch liegt die richterliche Tätigkeit zum Umwelt- und Naturschutz in der Tat an der Grenze der Rechtsschöpfung. Der Grund dafür liegt einerseits in dem eklatanten Mangel an gesetzlichen Regelungen zu dieser Materie und andererseits in der oft provokativen Untätigkeit der Verwaltung zur Umsetzung des gesetzlich angeordneten Schutzes. Diesen Mangel versucht der gr. Staatsrat durch seine konstruktive Rechtsprechung zu kompensieren, so dass das griechische Recht dem Vergleich mit den anderen westeuropäischen Rechten, wie dem deutschen Recht, einigermaßen standhalten kann.

Anhang

378

Anhang Schema 1 Deutsches Bauplanungssystem Flächennutzungsplan Bebauungsplan Innen- und Außenbereich (Gemeinde mit F-Plan)

Normalfall (§ 5 Abs. 1 S. 1 BauGB)

Innenbereich

Bebauungsplan

Außenbereich (Flächennutzungsplan) Bebauungsplan

Bebauungsplan Innenbereich

(Gemeinde ohne F-Plan) Innenbereich

Ausnahmefall (§ 8 Abs. 2 S. 2 BauGB)

Bebauungsplan Bebauungsplan

Außenbereich Bebauungsplan Innenbereich

Anhang

379

Schema 2.a) Griechisches Bauplanungssystem bei Siedlungen von mehr als 2.000 Bewohnern Allgemeiner Städtebaulicher Plan Städtebauliche Studie Zone baulicher Kontrolle Bebauung ohne Städtebauliche Studie Bebauung ohne Baugenehmigung Allgemeiner Städtebaulicher Plan (vor dem gr. G. 2508/1997)

Bebauung ohne Genehmigung

Städtebauliche Studie

Bebauung ohne Städtebaul. Studie

Städtebauliche Studie

Allgemeiner Städtebaulicher Plan (nach dem gr. G. 2508/1997)

Städtebauliche Studie

Zone baul. Kontrolle

Siedlungen von mehr als 2.000 Bewohnern

Städtebauliche Studie Städtebauliche Studie

Bebauung ohne Städt. Studie Bebauung ohne Baugenehmigung

Städtebauliche Studie

380

Anhang Schema 2.b) Griechisches Bauplanungssystem bei Siedlungen von weniger als 2.000 Bewohnern Plan räumlicher und städtebaulicher Organisation offener Stadt, Städtebauliche Studie Bebauung ohne Städtebauliche Studie Bebauung ohne Baugenehmigung

Plan räumlicher und städtebaulicher Organisation offener Stadt

Siedlungen von weniger als 2.000 Bewohnern

Bebauung ohne Städtebauliche Studie

Städtebauliche Studie

Städtebauliche Studie

Bebauung ohne Baugenehmigung

Bebauung ohne Städtebauliche Studie

Städtebauliche Studie

Bebauung ohne Baugenehmigung

Städtebauliche Studie

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Rechtsprechungsverzeichnis Europäische Gerichte EuGH, Urt. v. 30.1.2002 – Rs. C-103/00, Slg. 2002, I-114

Deutsches Recht Bundesverfassungsgericht BVerfG, Beschl. v. 7.5.2001 – BvK 1/00, NuR 2002, S. 27 ff. BVerfG v. 30.11.1988 – 1 BvR 1301/84, DVBl. 1989, 352 ff. BVerfG, Beschl. v. 15.7.1981 – 1 BvL 77/78, BVerfGE 58, S. 300 ff. = NJW 1982, S. 745 ff. BVerfG, Beschl. v. 19.6.1973 – 1 BvL 39/69 und 14/72, BVerfGE 35, 263 ff. Bundesverwaltungsgericht BVerwG, Urt. v. 18.8.2005 – 4 C 13.04 (OVG Oldenburg), NuR 2006, S. 235 ff. = DVBl. 2005, S. 1583 ff. = NVwZ 2006, S. 87 ff. BVerwG, Beschl. v. 7.2.2005 – 4 BN 1.05, NuR 2005, S. 585 ff. BVerwG, Urt. v. 16.12.2004 – 4 A 11.04, DVBl. 2005, S. 704 f. BVerwG, Urt. v. 17.8.2004 – 9 A 1/03, NuR 2005, S. 177 f. BVerwG, Urt. v. 22.7.2004 – 7 CN 1.04, DÖV 2005, S. 158 f. = DVBl. 2004, S. 1558 = NVwZ 2004, S. 1507. BVerwG, Beschl. v. 11.2.2004 – 4 BN 1.04 – BauR 2004, S. 1264 ff. BVerwG, Beschl. v. 9.2.2004 – 4 BN 28.03, UPR 2004, S. 386 f. = NVwZ 2004, S. 1242 ff. = NuR 2004, S. 661 ff. = DVBl. 2004, S. 663 ff. BVerwG, Urt. v. 11.12.2003 – 4 CN 10.02, UPR 2004, S. 182 ff. = DVBl. 2004, S. 635 ff. = NVwZ 2004, S. 729 ff. = NuR 2004, S. 311 ff. BVerwG, Urt. v. 20.11.2003 – 4 CN 6.03, NuR 2004, S. 362 ff. BVerwG, Urt. v. 18.9.2003 – 4 CN 3.02, NuR 2004, S. 239 ff. BVerwG, Urt. v. 17.9.2003 – 4 CN 14/01, NuR 2004, S. 452 ff. BVerwG, Beschl. v. 18.7.2003 – 4 BN 37.03, NuR 2003, 750 f. = UPR 2003, S. 449 f. = NVwZ 2003, S. 1515 ff. BVerwG, Beschl. v. 20.5.2003 – 4 BN 57.02, NuR 2003, 624 f. = NVwZ 2003, 1259 ff. = DVBl. 2003, S. 1462 ff. BVerwG, Beschl. v. 15.4.2003 – 7 BN 4.02, DVBl. 2003, S. 1074 ff.

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BVerwG, Beschl. v. 12.2.2003 – 4 BN 9.03, NuR 2003, S. 371 f. BVerwG, Urt. v. 30.1.2003 – 4 CN 14.01, UPR 2003, S. 304 ff. = NuR 2003, S. 489 ff. = NVwZ 2003, S. 742 ff. = BVerwGE 117, S. 351 ff. BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 – 4 C 15.01, NuR 2003, S. 365 ff. = UPR 2003, S. 188 ff. = BVerwGE 117, S. 287 ff. = NVwZ 2003, S. 733 ff. BVerwG, Beschl. v. 11.11.2002 – 4 BN 52.02, NuR 2003, S. 290 ff. BVerwG, Urt. v. 19.9.2002 – 4 CN 1.02, NuR 2003, 352 ff. = DVBl 2003, S. 204 ff. BVerwG, Urt. v. 21.3.2002 – 4 CN 14/00, NVwZ 2002, S. 1509 ff. = BVerwGE 116, S. 144 ff. BVerwG, Beschl. v. 20.2.2002 – 4 B 12.02, NuR 2003, S. 351 f. = BauR 2002, S. 1368 f. BVerwG, Urt. v. 31.1.2002 – 4 A 15.01, NuR 2002, S. 539 ff. BVerwG, Urt. v. 30.8.2001 – 4 CN 9.00, NuR 2002, S. 349 ff. = BVerwGE 115, S. 77 ff. BVerwG, Urt. v. 7.6.2001 – 4 CN 1.01, NuR 2002, S. 42 ff. = DVBl. 2001, S. 1845 ff. = NVwZ 2001, S. 1280 ff. BVerwG, Urt. v. 12.4.2001 – 4 C 5.00, NuR 2001, S. 633 ff. = NVwZ 2001, S. 1048 = ZfW 2002, S. 92 = DVBl. 2001, S. 1446 = UPR 2001, S. 441 = ZfBR 2001, S. 561 = BauR 2001, S. 1701 = BayVBl. 2001, S. 245 = RdL 2001, S. 313 = ZUR 2002, S. 103 = AgrarR 2001, S. 155. BVerwG, Urt. v. 31.1.2001 – 6 CN 2/00, NVwZ 2001, S. 1035 ff. = NuR 2001, S. 391 ff. = DVBl. 2001, S. 931 ff. BVerwG, Urt. v. 11.1.2001 – 4 C 6.00, NuR 2001, S. 385 ff. = BVerwGE 112, S. 321 ff. BVerwG, Urt. v. 27.10.2000 – 4 A 18/99, NuR 2001, S. 216 ff. = DVBl. 2001, S. 386 ff. = NVwZ 2001, S. 673 ff. BVerwG, Urt. v. 31.8.2000 – 4 CN 6.99, NuR 2001, S. 150 ff. BVerwG, Beschl. v. 21.2.2000 – 4 BN 43.99 – ZfBR 2000, S. 424 ff. BVerwG, Beschl. v. 17.1.2000 – 6 BN 2.99, NuR 2000, S. 267. BVerwG, Urt. v. 21.10.1999 – 4 C 1.99, NuR 2000, S. 321 ff. = BVerwGE 109, S. 371 ff. = NVwZ 2000, S. 1045 ff. BVerwG, Urt. v. 12.8.1999 – 4 CN 4/98, NVwZ 2000, S. 550 ff. = BVerwGE 109, S. 246 ff. BVerwG, Urt. v. 29.6.1999 – 4 B 44/99, NVwZ-RR 1999, S. 623. BVerwG, Beschl. v. 11.5.1999 – 4 BN 15.99, NuR 1999, S. 577 f. BVerwG, Beschl. v. 16.3.1999 – 4 BN 17.98, BauR 2000, S. 242 f. BVerwG, Beschl. v. 5.1.1999 – 4 BN 28.97, BauR 1999, S. 729 f. BVerwG, Urt. v. 27.8.1997 – 11 A 18.96, NuR 1998, S. 199 f. BVerwG, Beschl. v. 25.8.1997 – 4 NB 12.97, NuR 1998, S. 135 ff. = NVwZ-RR 1998, S. 163 ff. BVerwG, Beschl. v. 21.7.1997 – 4 BN 10.97, NuR 1998, S. 131 ff. BVerwG, Beschl. v. 18.7.1997 – 4 BN 5.97, NuR 1998, S. 37 ff. = NVwZ-RR 1998, S. 225 ff. BVerwG, Urt. v. 9.5.1997 – 4 N 1.96, NuR 1997, S. 446 ff. = BVerwGE 104, S. 353 ff. = NVwZ 1997, S. 1216 ff. = DVBl. 1997, S. 1121 ff.

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BVerwG, Beschl. v. 23.4.1997 – 4 NB 13.97, NuR 1997, S. 446 = NVwZ 1997, S. 1215 ff. BVerwG, Urt. v. 7.3.1997 – 4 C 10.96, BVerwGE 104, S. 144 ff. BVerwG, Beschl. v. 31.1.1997 – 4 NB 27.96, BVerwGE 104, S. 68 ff. = NVwZ 1997, S. 1213 ff. BVerwG, Beschl. v. 30.9.1996 – 4 NB 31 u. 32/96, ZfW 1997, S. 163 ff. (169) = NVwZ 1997, S. 887 ff. BVerwG, Beschl. v. 22.5.1996 – 4 B 30/95, NVwZ 1997, S. 217 ff. BVerwG, Urt. v. 21.3.1996 – 4 C 26.94, BVerwGE 100, S. 388 ff. BVerwG, Urt. v. 21.3.1996 – 4 A 11.95, NuR 1997, S. 78 f. BVerwG, Beschl. v. 18.12.1995 – 4 BN 8.95, NuR 1996, S. 249 ff. BVerwG, Beschl. v. 14.8.1995 – 4 NB 43.94, NuR 1996, S. 82 ff. BVerwG, Beschl. v. 24.5.1995 – 4 NB 37.94, NuR 1995, S. 456 f. BVerwG, Beschl. v. 21.12.1994 – 4 B 266.94, DÖV 1995, S. 382. BVerwG, Urt. v. 24.6.1993 – 7 C 26.92, NuR 1993, S. 487 ff. = BVerwGE 94, S. 1 ff. BVerwG, Beschl. v. 26.3.1993 – 4 NB 45.92, ZfW 1994, S. 275 ff. BVerwG, Urt. v. 30.10.1992 – 4 A 4.92, NuR 1993, S. 125 ff. = NVwZ 1993, S. 565 ff. = UPR 1993, S. 62 ff. BVerwG, Urt. v. 27.3.1992 – 7 C 18.91, BVerwGE 90, S. 96 ff. BVerwG v. 20.1.1992 – 4 B 71.90, UPR 1992, S. 188 f. BVerwG, Urt. v. 27.9.1990 – 4 C 44.87, BVerwGE 85, S. 348 ff. BVerwG, Beschl. v. 21.8.1990 – 4 B 104.90, NVwZ 1991, S. 69 f. BVerwG, Urt. v. 16.12.1988 – 4 C 48/86, NVwZ 1989, S. 655 ff. BVerwG, Beschl. v. 28.11.1988 – 4 B 212.88, NuR 1989, S. 225 f. BVerwG, Beschl. v. 10.10.1988 – 7 B 37.88, NuR 1989, S. 85. BVerwG, Beschl. v. 16.6.1988 – 4 B 102.88, NuR 1989, S. 37 f. BVerwG, Urt. v. 11.4.1986 – 4 C 51/83, BVerwGE 74, S. 124 ff. BVerwG, Urt. v. 22.3.1985 – 4 C 73.82, BVerwGE 71, S. 163 ff. = NuR 1985, S. 320 ff. BVerwG, Beschl. v. 29.10.1984 – 7 B 149.84, UPR 1985, S. 29 f. BVerwG, Urt. v. 11.5.1984 – 4 C 83/80, NVwZ 1984, S. 584. BVerwG, Beschl. v. 23.1.1984 – 4 B 157.83, ZfW 1984, S. 294 = DÖV 1984, S. 466 ff. = DVBl. 1984, S. 342 ff. BVerwG v. 5.8.1983 – 4 C 96.79, BVerwGE 67, S. 334 ff. = NJW 1984, S. 138 ff. BVerwG, Urt. v. 17.7.1980 – 7 C 101.78, BVerwGE 60, S. 297 ff. BVerwG, Urt. v. 20.10.1978 – 4 C 75.76, NuR 1979, S. 26 ff. BVerwG, Urt. v. 7.7.1978 – 4 C 79.76 u. a., BVerwGE 56, S. 110 ff. BVerwG, 24.2.1978 – 4 C 12/76, BVerwGE 55, S. 272 ff. = NJW 1979, S. 327 ff. = DVBl. 1978, S. 610 ff. = DÖV 1978, S. 73 ff. = BayVBl. 1978, S. 378 ff. = NuR 1979, S. 26 ff. BVerwG, Urt. v. 12.12.1975 – 4 C 71.73, BVerwGE 50, S. 49 ff. BVerwG, Urt. v. 5.7.1974 – 4 C 50.72, BVerwGE 45, S. 309 ff. = DÖV 1975, S. 92 ff.

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BVerwG, Urt. v. 15.3.1967 – 4 C 205.65, BVerwGE 26, 287 ff. BVerwG, Urt. v. 28.11.1963 – I C 74.61, BVerwGE 17, S. 192 ff. = NJW 1964, S. 512 ff. BVerwG, Urt. v. 27.6.1957 – I C 3.56, BVerwGE 5, S. 145 ff.

Landesgerichte VGH Mannheim, Normenkontrollurt. v. 2.11.2005 – 5 S 2662/04, UPR 2006, S. 160 f. VerfGH Rh.-Pf., Urt. v. 11.7.2005 – VGH N 25/04, UPR 2005, S. 454. VGH Mannheim, Beschl. v. 31.3.2005 – 5 S 2507/04, NVwZ-RR 2005, S. 649 f. = DÖV 2005, S. 787 ff. = NuR 2005, S. 591 ff. = UPR 2005, S. 456. VGH Mannheim, Urt. v. 28.1.2005 – 8 S 2831/03, UPR 2005, S. 400. VGH München, Beschl. v. 29.9.2004 – 15 ZB 02.2958, DÖV 2005, S. 164 f. OVG Frankfurt (Oder), Urt. v. 10.8.2004 – 3a A 764/01, NuR 2005, S. 45 ff. OVG Münster, Urt. v. 24.6.2004 – 7a D 61/03, NuR 2005, S. 58. OVG Schleswig, Urt. v. 3.6.2004 – 1 KN U/02, NuR 2006, S. 256 ff. VGH München, Urt. v. 27.4.2004 – 26 N 02.2437, NuR 2005, S. 109 f. VGH Kassel, Urt. v. 25.2.2004 – 3 N 1699/03, NuR 2004, S. 397 f. = NVwZ-RR 2004, S. 732 ff. = DÖV 2004, S. 671 ff. VGH Kassel, Urt. v. 24.11.2003 – 3 N 1080/03, NuR 2004, S. 393 ff. OVG Koblenz, Urt. v. 30.10.2003 – 1 C 10100/03, UPR 2004, S. 194 ff. = DVBl 2004, S. 264. OVG Greifswald, Urt. v. 18.9.2003 – 1 L 279/01, NuR 2004, S. 739 ff. VGH Mannheim, Urt. v. 16.6.2003 – 3 S 2324/02, NVwZ 2004, S. 357 ff. = NuR 2004, S. 379 ff. = DÖV 2004, S. 850 ff. VGH Kassel, Urt. v. 12.6.2003 – 3 N 453/02, NuR 2005, S. 41 ff. OVG Lüneburg, Urt. v. 15.5.2003 – 1 KN 3008/01, BauR 2003, S. 1524 ff. = DVBl. 2003, S. 1080. VGH Kassel, Urt. v. 13.5.2003 – 9 N 640/00, DÖV 20004, S. 41. VGH Kassel, Urt. v. 5.5.2003 – 9 N 640/00, NuR 2004, S. 47 ff. VGH Kassel, Urt. v. 22.4.2003 – 3 N 528/01, NuR 2003, 758 ff. OVG Lüneburg, Urt. v. 13.3.2003 – 8 KN 236/01, NuR 2003, 567 ff. OVG Koblenz, Urt. v. 20.1.2003 – 8 C 11 016/02, NuR 2003, S. 373 ff. = NVwZ-RR 2003, S. 373 ff. VGH München, Urt. v. 14.1.2003 – 1 N 01.2072, NuR 2003, 753 ff. = DÖV 2003, S. 638 ff. OVG Koblenz, Urt. v. 18.9.2002 – 8 C 11 279/01, NuR 2003, 122 ff. = DVBl. 2003, S. 82 ff. OVG Münster, Beschl. v. 21.8.2002 – 10a D 83/00.NE, NuR 2003, S. 378 ff. VGH München, Urt. v. 26.6.2002 – 22 N 01.2625, NuR 2003, S. 428 ff. OVG Koblenz, Normenkontrollurteil v. 13.6.2002 – 1 C 11646/01, NuR 2003, S. 38 ff. VGH Kassel, Urt. v. 17.5.2002 – 7 N 4645/98, UPR 2003, S. 79.

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VGH München, Beschl. v. 28.3.2002 – 1 NE 01.2074, NuR 2003, 752 f. = DÖV 2002, S. 786 ff. OVG Koblenz, Urt. v. 6.3.2002 – 8 C 11470/01, NuR 2002, S. 422 ff. VGH Kassel, Beschl. v. 19.2.2002 – 5 UZ 2858/01, NuR 2002, S. 557 f. VGH Mannheim, Normenkontrollurt. v. 21.1.2002 – 8 S 1388/01, NuR 2002, S. 552 ff. = VBlBW 2002, S. 203 ff. VGH München, Urt. v. 7.11.2001 – 1 N 98.3032, NuR 2002, S. 495 ff. = UPR 2002, S. 149 ff. VGH Mannheim, Beschl. v. 5.11.2001 – 5 S 1006/00, NVwZ-RR 2002, S. 571 f. VG Gießen, Urt. v. 17.9.2001 – 1 WE 756/01, NVwZ 2002, S. 760 f. VGH Mannheim, Normenkontrollurt. v. 14.9.2001 – 5 S 2869/99, NuR 2002, S. 296 ff. OVG Lüneburg, Urt. v. 24.8.2001 – 8 KN 209/01, NuR 2002, S. 99 ff. OVG Lüneburg, Urt. v. 24.8.2001 – 8 KN 41/01, NuR 2002, S. 56 ff. VGH Kassel, Urt. v. 31.5.2001 – 3 N 4010/97, NuR 2001, S. 704 ff. VGH München, Urt. v. 28.5.2001 – 9 N 99.2580, NuR 2002, S. 412 ff. VGH Mannheim, Urt. v. 17.5.2001 – 8 S 2603/00, NuR 2001, S. 697 ff. OVG Lüneburg, Urt. v. 5.4.2001 – 1 K 2758/00, BauR 2001, S. 1546 ff. OVG Lüneburg, Urt. v. 23.3.2001 – 1 K 2294/99, NuR 2001, S. 645 ff. = BauR 2001, S. 1542 ff. VGH München, Beschl. v. 16.2.2001 – 22 CS 00.2660, ZfW 2002, S. 98 ff. VGH Mannheim, Urt. v. 2.2.2001 – 3 S 1000/99, NuR 2001, S. 690 ff. = VBlBW 2001, S. 370 ff. OVG Münster, Urt. v. 17.11.2000 – 8 A 1973/97, NuR 2001, S. 653 ff. VGH München, Urt. v. 31.10.2000, 9 N 96.3505, NVwZ-RR 2002, S. 106 ff. = NuR 2001, S. 520 ff. OVG Bautzen, Urt. v. 4.10.2000 – 1 D 683/99, NuR 2001, S. 286 f. OVG Koblenz, Urt. v. 22.9.2000 – 1 C 12156/99, NuR 2001, S. 54 ff. OVG Lüneburg, Urt. v. 14.9.2000 – 1 K 5414/98, NuR 2001, S. 294 ff. OVG Bautzen, Urt. v. 16.8.2000 – 1 D 162/99, NuR 2001, 283 ff. OVG Münster, Urt. v. 6.7.2000 – 7a D 101/97. NE, NuR 2001, S. 169 f. = BauR 2001, S. 55 ff. VGH Mannheim, Normenkontrollurt. v. 6.7.2000 – 8 S 1513/99, NuR 2002, S. 288 ff. VGH Mannheim, Urt. v. 21.6.2000 – 5 S 3161/98, NuR 2001, S. 156 ff. VGH München, Beschl. v. 6.6.2000 – 22 ZS 00.1252, ZfW 2001, S. 46 ff. BayObLG, Urt. v. 29.5.2000 – 2Z RR 12/99, NVwZ-RR 2000, S. 750 ff. VGH Kassel, Urt. v. 25.5.2000 – 4 N 2660/91, NuR 2001, S. 278 ff. OVG Münster, Urt. v. 17.5.2000 – 7 B 723/00, BRS 63 Nr. 214. OVG Koblenz, Urt. v. 9.3.2000, I C 12 087/98, ZfW 2000, S. 243 ff. OVG Koblenz, Urt. v. 29.7.1999 – 1 C 12916/98, NuR 2000, S. 46 ff. VGH Mannheim, Urt. v. 29.7.1999 – 5 S 1603/97, NuR 2000, S. 272 ff. OVG Münster, Urt. v. 28.7.1999 – 7a D 42/98, NVwZ-RR 2000, S. 573 ff. = UPR 2000, S. 157 ff.

Rechtsprechungsverzeichnis

401

OVG Koblenz, Urt. v. 1.7.1999 – 1 C 11884/98, NuR 2000, S. 290 ff. OVG Münster, Urt. v. 30.6.1999 – 7a D 144/97.NE, UPR 2000, S. 156 f. VGH München, Urt. v. 18.5.1999 – 9 N 97.2491, NuR 2001, S. 402 ff. OVG Münster, Urt. v. 11.1.1999 – 7 A 2377/96, NuR 1999, S. 704 ff. VGH München, Urt. v. 17.12.1998 – 9 N 93.1261, NuR 1999, S. 393 ff. OVG Bautzen, Urt. v. 24.9.1998 – 1 S 369/96, NuR 1999, S. 344 ff. VGH Mannheim, Beschl. v. 5.8.1998 – 8 S 1906/97, ZfW 2000, S. 138 ff. = NuR 1999, S. 110 ff. VG Bayreuth, Beschl. v. 4.8.1998 – B 1 S 98.615, NuR 1998, S. 671 ff. VGH München, Urt. v. 11.3.1998 – 2 NE 97.3184, BayVBl. 1999, S. 82 ff. OVG Lüneburg, Urt. v. 27.8.1997 – 1 K 7061/95, NuR 1998, S. 497 = NVwZ-RR 1998, S. 301 ff. VGH Mannheim, Normenkontrollurt. v. 22.7.1997 – 5 S 3391/94, VBlBW 1998, S. 177 ff. VGH Mannheim, Urt. v. 23.6.1997 – 8 S 374/97, NVwZ-RR 1998, S. 423 ff. VGH Mannheim, Normenkontrollurt. v. 13.6.1997 – 8 S 2799/96, NuR 1998, S. 146 ff. = VBlBW 1998, S. 64 ff. VGH Mannheim, Urt. v. 9.5.1997 – 8 S 2357/96, NVwZ-RR 1998, S. 422 f. VGH München, Urt. v. 16.1.1997 – 22 B 96.3491, ZfW 1997, S. 240 ff. VGH Mannheim, Urt. v. 18.11.1996 – 5 S 432/96, NVwZ-RR 1998, S. 99 f. OVG Münster, Urt. v. 5.12.1996 – 7a D 23.97, UPR 1997, S. 379 OVG Münster, Urt. v. 17.10.1996 – 7a D 122/94.NE, DVBl 1997, S. 440 OVG Frankfurt/Oder, Urt. v. 21.6.1996 – 3 D 15/94, NE, NuR 1997, S. 98 ff. VGH München, Urt. v. 13.6.1996 – 22 N 93.2863, 94270 u. 941569, ZfW 1997, S. 178 ff. VGH München, Urt. v. 25.4.1996 – 9 N 94.599, NuR 1998, S. 150 ff. VGH München, Urt. v. 8.3.1996 – 22 N 95.3073, ZfW 1997, S. 96 ff. = NVwZ-RR 1997, S. 611 ff. OVG Lüneburg, Urt. v. 22.1.1996 – 6 K 5436/93, NuR 1997, S. 298 ff. VGH Kassel, Beschl. v. 9.10.1995 – 4 N 1429/92, NuR 1996, S. 264 ff. = NVwZ-RR 1997, S. 19 ff. OVG Schleswig, Urt. v. 4.10.1995 – 2 K 2/94, ZfW 1996, S. 541 ff. OVG Bautzen, Urt. v. 28.9.1995 – 1 S 442/94, NuR 1998, S. 683 f. OVG Lüneburg, Urt. v. 24.7.1995 – 3 K 2909/93, NuR 1997, S. 203 ff. OVG Münster, Urt. v. 28.6.1995 – 7a D 44/94, NVwZ 1996, S. 274 ff. VGH Mannheim, Beschl. v. 9.5.1995 – 5 S 2153/94, NVwZ-RR 1996, S. 17 f. = NuR 1996, S. 92 ff. OVG Lüneburg, Urt. v. 10.2.1995 – 1 K 2574/94, NuR 1995, S. 473 ff. = BauR 1995, S. 201 ff. = NVwZ 1995, S. 1223 ff. VGH Mannheim, Beschl. v. 11.1.1995 – 5 S 227/94, NuR 1996, S. 152 ff. = NVwZ-RR 1996, S. 14 ff. VGH München, Urt. v. 24.11.1994 – 2 N 93.3393, NuR 1995, S. 411 ff. = ZfW 1996, S. 317 ff. = NVwZ 1995, S. 924 ff. VGH München, Urt. v. 28.10.1994 – 9 N 87.03911, BayVBl. 1995, S. 242 ff.

402

Rechtsprechungsverzeichnis

VGH Kassel, Urt. v. 1.9.1994 – 3 UE 154/90, NuR 1995, S. 292 ff. OVG Lüneburg, Urt. v. 27.4.1994 – 1 K 69/91, ZfW 1995, S. 243 ff. VGH Mannheim, Urt. v. 20.4.1994 – 8 S 2449/93, ZfW 1995, S. 88 ff. = VBlBW 1995, S. 19 = NuR 1995, S. 256 ff. OVG Greifswald, Normenkontrollurt. v. 20.4.1994 – 4 K 25/93, NuR 1995, S. 149 ff. VGH Kassel, Beschl. v. 11.3.1994 – 3 N 2454/93, NuR 1994, S. 395 ff. VGH Mannheim, Urt. v. 20.12.1993 – 3 S 2356/91, NVwZ 1995, S. 1225 ff. = NuR 1994, S. 354 ff. OVG Bautzen, Normenkontrollurt. v. 8.12.1993 – 1 S 143/92, ZfW 1995, S. 41 ff. VGH Mannheim, Urt. v. 11.10.1993 – 5 S 1266/92, NuR 1994, S. 239 ff. = NVwZ 1994, S. 1024 ff. VG Hannover, Urt. v. 11.6.1993 – 4 A 1141/92, NuR 1994, S. 457 f. VGH Kassel, Beschl. v. 5.3.1993 – 4 UE 619/89, NuR 1993, S. 339 ff. VGH München, Urt. v. 19.2.1992 – 22 B 90.1322, ZfW 1992, S. 499 f. OVG Schleswig, Urt. v. 18.2.1992 – 1 L 2/91, NuR 1993, S. 344 ff. OVG Münster, Urt. v. 18.12.1991 – 7a NE 77/90, NuR 1992, S. 390 ff. VGH Mannheim, Normentrollurt. v. 5.12.1991 – 5 S 976/91, NuR 1992, S. 335 ff. OVG Berlin, Beschl. v. 26.9.1991 – 2 A 5.91, NuR 1992, S. 87 ff. = BVerwGE 94, S. 1 ff. OVG Koblenz, Urt. v. 28.8.1991 – 10 C 10840/90, NuR 1992, S. 133 ff. = NVwZ-RR 1992, S. 174 f. BayVerfGH, Entsch. v. 30.4.1991 – Vf.1 – VII – 90, NuR 1992, S. 227 ff. OVG Lüneburg, Urt. v. 23.8.1990 – 3 L 209/89, NuR 1991, S. 145 ff. VGH Kassel, Urt. v. 25.7.1990 – 3 UE 100/86, NuR 1991, S. 283 ff. VGH Mannheim, Urt. v. 5.4.1990 – 8 S 744/88, NuR 1990, S. 464 f. OVG Hamburg, Urt. v. 1.2.1990 – OVG Bf II 2 und 12/86 N, NuR 1991, S. 239 ff. VGH Kassel, Beschl. v. 5.7.1989 – 4 N 1064/88, NuR 1990, S. 468 ff. OVG Münster, Urt. v. 6.10.1988 – 11 A 372/87, NuR 1989, S. 188 ff. OVG Lüneburg, Beschl. v. 6.10.1988 – 1 B 115/88, NuR 1989, S. 443 ff. VGH Kassel, Urt. v. 27.7.1988 – 3 UE 1870/84, NuR 1989, S. 87 f. VGH München, Urt. v. 21.7.1988 – 9 N 87.02020, NuR 1989, S. 261 ff. OVG Koblenz, Urt. v. 28.1.1987 – 10 C 31/86, NuR 1987, S. 231 ff. OVG Lüneburg, Beschl. v. 21.10.1986 – 7 D 2/86, NuR 1987, S. 341 f. VGH Mannheim, Beschl. v. 28.7.1986 – 5 S 2110/85, NuR 1986, S. 340 ff. VGH München, Beschl. v. 19.11.1985 – 20 Cs 85 A 2304 u. a., NuR 1986, S. 679 f. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 19.6.1984 – 3 Ss 10/84, NuR 1985, S. 121 ff. VGH Mannheim, Urt. v. 12.6.1984 – 5 S 2397/83, VBlBW 1985, S. 25 ff. OVG Münster, Urt. v. 3.6.1983 – 20 A 2233/82, ZfW 1984, S. 291 ff. VGH Mannheim, Urt. v. 21.4.1983 – 5 S 1649/82, NuR 1984, S. 148 f. VGH Mannheim, Normenkontrollurt. v. 15.4.1983 – 5 S 1541/82, NuR 1984, S. 147 f. VGH Mannheim, Urt. v. 21.12.1982 – 5 S 1359/81, ZfW 1983, S. 170 ff. = DVBl. 1983, S. 638 ff.

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403

OVG Berlin, Urt. v. 14.12.1982 – OVG 2 A 10.81, NuR 1983, S. 193 ff. OVG Münster, 14.7.1982 – 20 A 2637/80, NuR 1983, S. 322 ff. VG Koblenz, Urt. v. 31.10.1980 – 1 K 220/79, NuR 1981, S. 213 f. OVG Lüneburg, Urt. v. 30.10.1979 – III A 95/77, AgrarR 1981, S. 17 f. OVG Lüneburg, Urt. v. 28.5.1979 – I A 7/77, AgrarR 1980, S. 56 f. OVG Koblenz, Urt. v. 6.3.1979 – 10 C 10/78, NuR 1979, S. 113 ff. VG Kassel, Urt. v. 22.1.1979 – IV E 182/79, AgrarR 1980, S. 203 f. = NuR 1981, S. 111 ff. BayVerfGH, Ent. v. 30.6.1977 – Vf. 4 – VII – 76, ZfW 1978, S. 293 ff. = BayVBl. 1977, S. 727 ff. BayOLG, Urt. v. 1.8.1975 – 2 Z 268/74, BayVBl. 1976, S. 28 ff. OVG Münster, Urt. v. 21.8.1972 – 7 A 1291/70, NuR 1981, S. 184. VGH Mannheim, Beschl. v. 25.3.1971 – II 504/69, ZfW 1972, S. 182 ff. = BWVBl. 1971, S. 171 ff. Bundesgerichtshof BGH, Urt. v. 29.11.2002 – V ZR 105/02, DVBl. 2003, S. 519 ff. = NJW 2003, S. 888 ff. BGH, Urt. v. 14.5.1998 – III ZR 286/97, ZfW 1999, S. 37 ff. BGH, Urt. v. 19.9.1996 – III ZR 82/95, DÖV 1997, S. 125 ff. BGH, Urt. v. 6.7.1989 – III ZR 251/87, NJW 1990, S. 381 ff. BGH, Urt. v. 26.1.1989 – III ZR 194/87, NJW 1989, 976 ff.

Griechisches Recht Staatsratsentscheidungen (StaatsratsE) 3661/2005 3144/2004, DDNN 2004, S. 1238 ff. 230/2004 (Einstweiliger Rechtsschutz), PerDik 2004, S. 53 ff. 99/2004, DDNN 2004, S. 348 ff. 11/26/2004, DDNN 2004, S. 717 ff. 2855/2003, Armenüpouloò 2003, S. 1829 ff. 2009/2003 2002/2003, Armenüpouloò 2003, S. 1503 ff. = EDDDD 2004, S. 627. 1528/2003 533/2003, PerDik 2003, S. 533 ff. = Armenüpouloò 2003, S. 713 ff. 453/2003 288/2003

3135/2002, Armenüpouloò 2003, S. 265 ff. = DDNN 2003, S. 155 ff. = NoB 2003, S. 1108 ff. = PerDik 2003, S. 754 ff. 2215/2002 1869/2002, PerDik 2003, S. 371 ff. 613/2002 593/2002, PerDik 2002, S. 323 ff. 414/2002. 384/2002, PerDik 2002, S. 332 ff. = Armenüpouloò 2002, S. 462 ff. = DiDik 2003, S. 1186 ff. 319/2002 4578/2001, PerDik 2003, S. 117 ff. 3793/2001 3792/2001, PerDik 2002, S. 126 ff.

404

Rechtsprechungsverzeichnis

3489/2001 3403/2001, NoB 2002, S. 2079 ff. 3067/2001 2675/2001 1907/2001 1320/2001 1319/2001, DtA 2003, S. 596 ff. 1318/2001, PerDik 2002, S. 142 ff. = DtA 2003, S. 589 ff. 1907/2001 657/2001, DDNN 2002, S. 711 ff. 285/2001 3756/2000, PerDik 2001, S. 425 ff. = DiDik 2000, S. 64 ff. 3698/2000, NoB 2002, S. 580 ff. 2511/2000, DiDik 2001, S. 1255 ff. 2446/2000, PerDik 2001, S. 87 ff. 2425/2000 1242/2000 1227/2000 1225/2000 552/2000, Nümoò+Fu·sh 2000, S. 534 ff. 3441/1999 2656/1999 2412/1999 2319/1999 2318/1999 2317/1999, Nümoò+Fu·sh 1999, S. 727 ff. 1589/1999, Nümoò+Fu·sh 1999, S. 400 ff. = PerDik 1999, S. 567 ff. 1588/1999, Nümoò+Fu·sh 1999, S. 717 ff. 1027/1999 550/1999, Nümoò+Fu·sh 1999, S. 472 ff. 327/1999 5/1999 4815/1998 4575/1998, Nümoò+Fu·sh 1999, S. 143 ff. 4033/1998 2774/1998

2303/1998 1395/1998 1270/1998 900/1998, Nümoò+Fu·sh 1998, S. 395 ff. 4430/1997 3183/1997, PerDik 1999, S. 588 ff. Nümoò+Fu·sh 1997, 2818/1997, S. 603 ff. 2805/1997 2731/1997, Nümoò+Fu·sh 1998, S. 442 ff. = PerDik 1999, S. 80 ff. 1507/1997, Nümoò+Fu·sh 1997, S. 667 ff. = PerDik 1999, S. 80 ff. 1151/1997 265/1997 5933/1996 5930/1996, Nümoò+Fu·sh 1997, S. 638 ff. 3273/1996 1183/1996 1182/1996, Nümoò+Fu·sh 1997, S. 98 ff. 5354/1995 4950/1995 4726/1995 3956/1995 3955/1995, Nümoò+Fu·sh 1996, S. 473 ff. = NoB 1997, S. 314 ff. 3942/1995 3818/1995 2086/1995 1821/1995, Nümoò+Fu·sh 1996, S. 149 ff. 1796/1995 1663/1995 1328/1995 2757/1994 2753/1994, Nümoò+Fu·sh 1995, S. 391 ff. 2690/1994 2242/1994, Nümoò+Fu·sh 1995, S. 121 ff.

Rechtsprechungsverzeichnis 2164/1994, Nümoò+Fu·sh 1995, S. 455 ff. 2163/1994, Nümoò+Fu·sh 1995, S. 156 ff. 1169/1994 666/1994 2844/1993 2829/1993 2435/1993 1118/1993 863/1993 558/1993 412/1993 304/1993 88/1993 55/1993 1/1993 2588/1992 2587/1992 2282/1992 2281/1992 586/1992 359/1992 1942/1991 1643/1991 1157/1991 3103/1990 1405/1990 3710/1989 1322/1989, Dioikhtikh· Dûkh 1990, S. 987 ff. 1042/1989 1093/1988 1094/1988

1091/1988 1088/1988, NoB 1989, S. 809 ff. 4356/1987 3277/1986 696/1986 695/1986 4005/1983 1369/1983 923/1983 2453/1982 2196/1982 362/1982, NoB 31, S. 420 ff. 3754/1981 2568/1981 1362/1981 89/81 3414/1978 1491/1978 201/1978 2952/1975 1968/1974 850/1974 1184/1973 3627/1972 2387/1972 75/1969 615/1968, NoB 16, S. 1008 ff. 519/1965 359/1963, NoB 11, S. 824 ff. 1675/1962 112/1959 1253/1952 223/1929

Bearbeitungsprotokolle des Staatsrats (StaatsratsPE) 129/2004, EDDDD 2004, S. 556 ff.

633/2002

388/2003, DDNN 2003, S. 1435 ff.

602/2002

262/2003

601/2002, PerDik 2003, S. 106 ff.

247/2003, DtA 2004, S. 282 ff.

582/2002

184/2003

536/2002

636/2002

381/2002

405

406

Rechtsprechungsverzeichnis

356/2002 346/2002 303/2002, DtA 2003, S. 616 ff. 210/2002, DDNN 2002, S. 572 ff. 551/2001 527/2001 511/2001 433/2001 345/2001 177/2001 30/2001 636/2000 246/2000 181/2000 445/1999 361/1999 359/1999 355/1999 216/1999 212/1999 541/1998, Nümoò+Fu·sh 1999, S. 213 ff. 540/1998, PerDik 1999, S. 245 ff. 402/1998, PerDik 1999, S. 205 ff. 365/1998, PerDik 1999, S. 244 ff. 364/1998 362/1998, PerDik 1999, S. 99 ff. 273/1998, PerDik 1999, S. 206 ff. 130/1998

40/1998 12/1998 508/1997 292/1997 265/1997, PerDik 1997, S. 225. 185/1997 609/1996 312/1996 253/1996 16/1996 2/1996 668/1995 618/1995 604/1995 307/1995 215/1995 185/1995 144/1995 48/1995 667/1994, Nümoò+Fu·sh 1995, S. 108 ff. 642/1994, Nümoò+Fu·sh 1995, S. 141 ff. 124/1994 479/1992 306/1992 246/1992 187/1992

Oberstes Zivilgericht (¡reioò PÜgoò) 1874/1994

607/1990 Oberstes Spezialgericht

27/1999

Sachwortverzeichnis Abrissverfügung 38 f. Abwägung 232 ff. – Abwägungsgebot 106 f., 206, 210 f., 314 ff. – Abwägungsvorgang 162 f., 232 ff. – eindimentionale Abwägung 116 f., 162 – gestaltende Abwägung 116 f., 162 f. – mehrdimentionale Abwägung 116 f., 162 – „nachvollziehendes“ Abwägen 116 f. Anpassungsgebot 58 f., 65 f., 70 f., 121 f. Artenschutz 186 ff. Aufhebungsantrag 90 Ausnahme 93 ff., 190 ff., 198 – Ausnahmeerteilung 93 ff. – „Ausnahmelage“ 97 – sog. Legalausnahmen 199 Außenbereich 33 f., 192 ff., 295 f. Bauliche Nutzungen 23 ff., 271 ff. – Gebot der Rücksichtnahme 273 – Trennung 271 ff. – Vermischung 271 ff. Bearbeitungsprotokoll 46 Bebauung – ohne Städtebauliche Studie 35 ff. – willkürliche 38 ff. Befreiung 93 ff., 194 ff., 198 – Befreiungslage 97 ff., 137 ff., 194 ff., 198 f. Bestimmtheitsgebot 107 f. Billigkeitsausgleich 124 f.

Biotop 184 – Biotopschutz 196 ff. – Biotopverbund 200 ff. Boden – Bodennutzungen 265 ff. – Bodennutzungsverbot 84 f. – Bodenschutz 223 ff. – Bodenschutzklausel 223 ff. Eigentum 67 ff., 110 ff., 123 ff., 146 f., 237 f. – de facto Enteignung 69, 75, 146 f. – Enteignender Eingriff 69, 124 – Enteignung 69, 75 – Entschädigung 68 ff., 74 f., 123 f. – Inhalts- und Schrankenbestimmung 67 f., 74, 123 f. – Situationsgebundenheit des Eigentums 123 f., 147, 176 Eingriffsregelung 172 ff., 287 ff. – Ausgleichsbebauungsplan 338 ff. – Ausgleichsgebot 302, 311 ff. – Ausgleichsmaßnahmen 140 f., 305 ff. – Bebauungsplan mit zweigeteiltem Geltungsbereich 339 ff. – Differenzverfahren 299 f. – Eingriff 297 ff. – Ersatzmaßnahmen 305 ff. – Ersatzzahlungen 345 f. – Kompensation durch städtebauliche Verträge 325 ff. – Kostentragung 325, 349 – „Null-Variante“ 301 – Räumliche Entkoppelung 333 ff.

408

Sachwortverzeichnis

– Sonstige geeignete Maßnahmen 329 ff. – Unterhaltungspflege 347 – Vermeidungsgebot 300 ff. – Vollzugsdefizit 349 ff. – Wirkungsprognose 297 f. – Zeitliche Entkoppelung 335 ff. Einstweilige Sicherstellung 109 ff. Entwicklungsgebot 24, 61 f., 243 f. Ermessen 51 f., 103, 116 Fauna-Flora-Habitat Richtlinie 52, 126, 213 Forstrechtliche Rahmenplanung 174 f. Forstschutz, siehe Waldschutz Garten 179 ff. Gebiete besonderen Schutzes 279 ff. Gebiete mit Zweit- und Ferienwohnungen 230 f. Gehölz 179 ff., 366 Gemeinnützige Grünflächen (Grünanlagen) 180 f., 365 f. Gesetzliche Planung, siehe Planersatz „Grün gegen Grün“-Regel 180 f., 365 ff. Hochwasser 128 ff. – Hochwasserschutz 128 ff. – Hochwasserschutzgesetz 2005 129 Innenbereich 32 f., 191 ff., 295 Integrationsgebot (= Integrationsansatz) 207, 223 Kapazität 360 – (natürliche) Kapazitätsgrenze 229, 360 Klausel – salvatorische 69 Kommunale Planungshoheit 23, 29 f., 64, 86 ff., 120 f. Kompensation 322 ff.

Küste 352 ff. – Küstenzonen 352 ff. Landschaft 41 – Landschaften besonderer natürlicher Schönheit 364 f., – Landschaftspflege 41 Landschaftsplanung 239 ff. – Beschleunigungsfunktion 250 – Durchsetzungsmangel 259 – Dynamisierungspflicht, siehe Forstschreibungspflicht – Flächendeckungsprinzip 240 ff. – Fortschreibungspflicht 246 f. – querschnittsbezogene Planung 241 – raumbezogene Fachplanung 241 f. – Umsetzungsorientierung 253 – Vorbereitungsfunktion 250 Landwirtschaft 361 – Landwirtschaftsflächen 361 f. – Flächen hoher landwirtschaftlicher Produktivität 361 f. Modell – Drei-Stufen-Modell 242 – der parallelen Planungen 254 f. – der Primärintegration 256 ff. – der Sekundärintegration 256 ff. – Zwei-Stufen-Modell 242 Nachrichtliche Übernahme 81, 135 Normenkontrolle 59, 87 f. – inzidente 91 f., 159 f. Öffnungsklausel 104 ff. Ökokonto 335 ff., 343 ff. Ökologisierung 221 Ökozinsen 343 ff. Olivenbaumgebiet 362 ff. Optimierungsgebot 232 ff., 316 ff.

Sachwortverzeichnis Park 179 ff., 366 f. Planerische Gestaltungsfreiheit 220 ff. Planersatz 31 ff., 295 f. Prinzip – der nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung 222, 359 ff. – der Nachhaltigkeit 52, 225, 366 ff. – der planerischen Zurückhaltung 290 f. – der Planmäßigkeit 23, 277 – der praktischen Konkordanz 355 – Verhältnismäßigkeitsprinzip 68, 119, 143 – Verursacherprinzip 125, 345 ff. – Vorsorgeprinzip 246 – des „städtebaulichen Bestandsschutzes“ 235 ff. Querschnittscharakter (des Naturschutzrechts) 205 ff. Ramsar Vertrag 126 Regelungsplan 28 f., 260 – Umweltschutzprogramm 260 ff. Retentionsflächen 130 Rückweichklausel, siehe Öffnungsklausel Rückhalteflächen, siehe Retentionsflächen Sanfte städtebauliche Entwicklung 359 ff. Schutzgebietsausweisungen 49 ff. – Biosphärenreservat 54 f. – Gebiete ökologischer Entwicklung 54 f. – Geschützte Landschaftsteile 54 f. – Geschützte Naturdarstellungen 54 f. – Landschaftsschutzgebiet 54 f.

409

– – – –

Nationalpark 54 f. Naturpark 54 f. Naturschutzgebiet 54 f. Naturschutzgebietsausweisungen 49 ff. – Wasserschutzgebiet 115 ff. – Wasserschutzgebeitsausweisungen 115 ff. Städtebaulicher Grund 221 f., 266 f. Strategische Umweltprüfung (SUP) 351 Subsidiäre Bauleitplanung 104 Tierschutz 184 Überschwemmungsgebiet 128 ff. – faktisches 136 f. – festgesetztes 136 f. Umweltprüfung 71, 217 f. Umweltschutzpläne 205 Umweltverträglichkeitsprüfung 164 Unterstützungsgebot 206 f. Venire contra factum proprium 72 Wald 149 ff. – Erholungswald 158 f., 171 f. – Schutzwald 158 f., 171 f. – Umwandlungserklärung 164 f. – Umwandlungsgenehmigung 161 ff., 176 ff. – Waldgebiet 150 – Waldschutz 149 ff. – Waldumwandlung 155 ff. – Waldverträglichkeit 164 Widerruf 76 ff. Zonen baulicher Kontrolle 280 ff.