Die Entstehung und Entwicklung des Kurkollegs: Von den Anfängen bis zum frühen 15. Jahrhundert [1 ed.] 9783428532223, 9783428132225

Das Buch behandelt das »Fundamentalrätsel der deutschen Verfassungsgeschichte«, die Frage, wie sich im 13. Jhd. das Rech

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Die Entstehung und Entwicklung des Kurkollegs: Von den Anfängen bis zum frühen 15. Jahrhundert [1 ed.]
 9783428532223, 9783428132225

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Schriften zur Verfassungsgeschichte Band 81

Die Entstehung und Entwicklung des Kurkollegs Von den Anfängen bis zum frühen 15. Jahrhundert

Von

Alexander Begert

! Duncker & Humblot · Berlin

ALEXANDER BEGERT

Die Entstehung und Entwicklung des Kurkollegs

Schriften zur Verfassungsgeschichte Band 81

Die Entstehung und Entwicklung des Kurkollegs Von den Anfängen bis zum frühen 15. Jahrhundert

Von

Alexander Begert

! Duncker & Humblot · Berlin

Gedruckt mit Unterstützung des Förderungsund Beihilfefonds Wissenschaft der VG WORT

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten ! 2010 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0553 ISBN 978-3-428-13222-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 !

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Der viel zu früh verstorbene Ernst Schubert erklärte im Vorwort seines letzten großen Werkes über die Königsabsetzungen, dass er froh sei, nicht mehr die heutigen Mühlen einer Laufbahn als wissenschaftlicher Nachwuchs durchlaufen zu müssen. Dabei mahnt Schubert vor allem auch das Prinzip des publish or perish zu Lasten nachdrücklicher Forschung an. Doch nicht nur, weil ich diesen fragwürdigen universitären Zwängen der Gegenwart nicht unterworfen bin, schätze ich mich mehr als glücklich, nach meiner Assistenzzeit Gymnasiallehrer geworden zu sein. An der Entwicklung junger Menschen verantwortlich teilzuhaben, auch und gerade jenseits des reinen Lehrstoffes, ist nicht nur eine gesellschaftlich relevante Aufgabe, sondern wirklich erfüllend. Gleichwohl bin ich der Forschung verbunden geblieben und so reifte in den letzten fünf Jahren unter anderem das vorliegende Buch heran. Meine Beschäftigung mit der Frage nach der Entstehung des Kurkollegs, die auf mich seit meinem ersten Studiensemester eine große Faszination ausübte, findet hiermit einen vorläufigen Abschluss. Bei aller Intensität der Auseinandersetzung mit der breit gefächerten Forschungsliteratur war dabei aber schließlich aufgrund der üblichen Arbeiten für die Endredaktion und Drucklegung ein Schnitt zu machen, und so musste die nach 2008 erschienene Literatur unberücksichtigt bleiben. An dieser Stelle danke ich dem Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG WORT für den gewährten großzügigen Druckkostenzuschuss. In dem Zusammenhang möchte ich gleichermaßen und herzlich Herrn Professor Franz J. Felten (Mainz) danken, der so freundlich war, mir hierfür ein Gutachten zu erstellen. Mein Dank gilt ebenfalls dem Verlag Duncker & Humblot für die Aufnahme meines Werkes in die angesehene Reihe der „Schriften zur Verfassungsgeschichte“ und namentlich Frau Birgit Müller für die intensive Betreuung bei der Drucklegung. Ich widme dieses Buch meinen Freunden an den Universitäten Frankfurt und Mainz sowie in Erfurt. Möge sie der Ruf, für den sie in hohem Maße qualifiziert sind und auf den sie leider immer noch warten müssen, schlussendlich doch ereilen. Rödermark, im März 2010

Alexander Begert

Inhaltsverzeichnis I.

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ziel der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kritischer Überblick über den Stand der Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

II.

Vom Wahlausschuss zum Gremium der Alleinwähler – Das Prinzip des Schiedsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Idee der Wahlausschüsse im 12. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Gremium der vier Hauptwähler (1198–1208). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das Gremium der sechs Hauptwähler (1209 bis Mitte des 13. Jahrhunderts) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Der König von Böhmen als Wahlobermann? – Die Etablierung des siebenköpfigen Alleinwählergremiums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zwischenresümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11 11 13 22 22 24 33 47 56

III. Die Reduktion des Wahlrechts auf die Kurfürsten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 1. Konsens oder Rechtsusurpation – Prozess oder Akt? . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 a) Die Haltung der weltlichen Reichsfürsten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 b) Die Liste der Nicht-Wähler des Matthäus von Paris. . . . . . . . . . . . . . . 68 c) Die Haltung der geistlichen Reichsfürsten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 2. Beschluss einer Fürstengruppe oder Gesetz eines Hoftages? . . . . . . . . . . 79 a) Grundsätzliche Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 b) Der Braunschweiger Hoftag von 1252 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 3. Ursprung, Anlass und Motivation der Rechtsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 a) Die geistlichen und weltlichen Reichsfürsten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 b) Die Reichsstädte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 c) Das Königtum Wilhelms von Holland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 4. Zwischenresümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 IV.

Sieben Kurfürstentümer = sieben Kurfürsten? – Die Kur als gemeinsamer Besitz der Dynastie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einführung: Der sog. „Gesamtwillebrief von neun Fürsten“ von 1279 2. Die multiple Kurwürde. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Markgrafen von Brandenburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Herzöge von Sachsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Pfalzgrafen bei Rhein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Durchsetzung der singulären Kurwürde unter Karl IV. . . . . . . . . . . . 4. Zwischenresümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

105 105 109 109 118 126 135 143

8

Inhaltsverzeichnis

V.

Vom Gremium zum Kollegium der Kurfürsten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Zusammensetzung und Ergänzung von Kollegien . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Vertretung von Mitgliedern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das Abstimmungsverfahren und die Verhandlungen im Vorfeld des Wahlaktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Willebriefe und andere Reichshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zwischenresümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

160 165 168

Das Prinzip der Majorität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Von der „Volkswahl“ bis zur Formierung des Kollegs . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Doppel- und Gegenkönigswahlen (1298–1349). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vom verdeckten zum offenen Mehrheitsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Goldene Bulle und ihre Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Gesetzeswerk von 1356. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Absolute oder relative Mehrheit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die letzte Doppelwahl der Reichsgeschichte (1410) . . . . . . . . . . . . . . . 5. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

171 171 179 183 185 185 186 190 192

VII. Exkurse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kirchenbann und Königswahlrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kurze Ausführungen zur angeblichen zweiten Wahl Karls IV. 1349 . . . 3. Die Translation von Kurwürden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

194 194 196 197

Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ungedruckte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gedruckte Quellen und Regesten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

200 200 200 200 204

VI.

149 149 153

Personen- und Ortsverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227

*** Stammtafeln Tafel 1: Die Kurfürsten von Brandenburg (Askanier). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Tafel 2: Die Kurfürsten von Sachsen (Askanier) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Tafel 3: Die Kurfürsten von der Pfalz, Bayern und Brandenburg (Wittelsbacher) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

Abkürzungsverzeichnis a. Abt. APW BayHStA Bd./Bde. Bearb. (v.) bes. bspw. bzgl. bzw. cap. CTS DA ders./dies. ed. FBPG FDG FRG GB ggf. HJb Hrsg. (v.) HZ IPO Ldr. lib. MGH – Const. – Epp. saec. XIII – Fontes iuris; n. s. – SS – SSrG i. us. schol. – SSrG; n. s. MIÖG

anno Abteilung Acta Pacis Westphalicae Bayerisches Hauptstaatsarchiv Band/Bände Bearbeiter/bearbeitet von besonders beispielsweise bezüglich beziehungsweise Kapitel (capitulum) Consolidated Treaty Series Deutsches Archiv derselbe/dieselbe(n) ediert Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte Forschungen zur deutschen Geschichte Fontes rerum Germanicarum Goldene Bulle gegebenenfalls Historisches Jahrbuch Herausgeber/herausgegeben von Historische Zeitschrift Instrumentum Pacis Osnabrugense Landrecht Buch (liber) Monumenta Germaniae Historica – Constitutiones – Epistolae saeculi XIII – Fontes iuris Germanici antiqui; nova series – Scriptores – Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum – Scriptores rerum Germanicarum; nova series Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung

10 MW NA ND N. F. Nr(n). RDH RhVjbll RNI RTA, ÄR/MR S. sog. Sp. Verf. vgl. vs z. B. ZHF ZRG GA/KA

Abkürzungsverzeichnis Monumenta Wittelsbacensia Neues Archiv Neu-/Nachdruck Neue Folge Nummer(n) Reichsdeputationshauptschluss Rheinische Vierteljahrsblätter Regestum Innocentii III papae super negotio Romani imperii Deutsche Reichstagsakten, Ältere Reihe/Mittlere Reihe Seite so genannt Spalte Verfasser vergleiche versus zum Beispiel Zeitschrift für historische Forschung Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung/Kanonistische Abteilung

I. Einleitung 1. Ziel der Arbeit Die Frage nach der Entstehung des Kurfürstentums gilt als eines der, wenn nicht das „Fundamentalrätsel der deutschen Verfassungsgeschichte“ (Stehkämper). Seit Jahrhunderten wird über diese Frage sinniert. Immer wieder gab es Versuche zur Lösung des Problems, und gerade die Literatur der letzten 200 Jahre ist so zahlreich, dass sich nahezu ein eigenes bibliographisches Nachschlagewerk hierzu rechtfertigen würde. Dennoch bzw. gerade deswegen leitet Hugo Stehkämper einen Aufsatz zu diesem Thema mit der resignierenden Feststellung ein, dass „auf eine abschließende Aufklärung [. . .] kein Kenner mehr [hofft].“1 Allerdings betont Wolfgang Giese seinerseits zu Recht, dass die unbeantworteten Fragen im Zusammenhang mit der Problematik der Genese des Kurfürstentums „ein Pfahl im Fleisch der verfassungsgeschichtlichen Forschung geblieben“ sind.2 Zwischen diesen beiden Polen bewegt sich die vorliegende Arbeit. Einerseits kann die im Folgenden präsentierte Interpretation der Quellen und die daraus hervorgehende Darstellung der Entstehung und Entwicklung des Kurkollegs nicht „den Anspruch auf unanfechtbare Gültigkeit oder gar historische Wahrheit erheben [. . .], denn von der Illusion einer bis zur Wirklichkeit vordringenden Rekonstruierbarkeit der Geschichte mußten die Historiker längst Abschied nehmen.“3 Rekonstruktion von Geschichte ist immer „ein Akt der Deutung“, der zu unterschiedlichen Ansichten führen kann, und so hat man zu erkennen, „dass es die eine Geschichte nicht gibt.“4 Aber andererseits will diese Arbeit trotzdem an dem von Giese beschriebenen Pfahl zumindest rütteln. Denn ebenso wenig wie die Perspektivität des Historikers, die bewusst oder unbewusst seine Arbeit bestimmt, zu einer Beliebigkeit bei der Interpretation führen darf5, darf es zu deren Vermeidung ein bloßes Zurückziehen auf wenige unstrittige Aussagen geben. Unter moderner Geschichtswissenschaft ist weder eine kreative, besser: fa1 2 3 4 5

Stehkämper, Adolf von Altena, S. 7 f. Vgl. auch Erkens, Deuten, S. 327. Giese, Reichstag, S. 566. Erkens, Kurfürsten, S. 91. Bergmann, Multiperspektivität, S. 65. Vgl. Erkens, Deuten, S. 336 f. und 350; Wolff, Wahrheit, S. 43–45 und 57.

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I. Einleitung

bulierende Konstruktion von Geschichte noch eine reine Deskription von Fakten zu verstehen. Natürlich ist es zunächst Pflicht des Historikers, die erkennbaren Tatsachen aus den Quellen zu sammeln und darzustellen. Doch darüber hinaus besteht die grundlegende Aufgabe der Geschichtswissenschaft in der Interpretation von Quellen, in dem Herausfiltern von nicht direkt ersichtlichen Fakten auf den höheren Abstraktionsebenen. Wie Marc Bloch es sagte: „Die Aufgaben des Untersuchungsrichters sind nicht dieselben wie die eines Gerichtsschreibers.“6 Es ist der Auftrag des Historikers, mit dem Material, das er vorfindet, zu arbeiten, durch die Methoden der Quellenkritik, durch Verknüpfung und Vergleich etc. die Historie zu verstehen und Erkenntnisse zu gewinnen oder aber durch Deutungen zumindest wahrscheinlich zu machen (Geschichte als „Plausibilitäts-“ bzw. als „Wahrscheinlichkeitswissenschaft“). Indem man Interpretationen nahelegt und dem wissenschaftlichen Diskurs aussetzt, kann Erkenntnis als Produkt eines Prozesses erwachsen. Natürlich muss man als Historiker aber ebenso „die Spannungen des Ungewissen und Unvollendeten“7 bisweilen aushalten und nüchtern, nicht resignierend, feststellen, dass eine Frage nicht endgültig gelöst werden kann, weil es die Quellenlage einfach nicht erlaubt. Aber es darf auch in solchen Fällen nicht nur legitim sein, Optionen der Deutung anzubieten, sondern es muss gefordert werden. Die vorliegende Arbeit will ein solches Angebot sein. Sie will ein Lösungskonzept nahelegen, das sich als Folge der kritischen Auseinandersetzung mit allen relevanten Quellen ergibt. Dabei werden diese nicht selektiv interpretiert, ihnen wird keine „Gewalt angetan“, sei es bezüglich ihrer chronologischen Einordnung oder ihres Inhalts. Unter Berücksichtigung verschiedenster Faktoren und starker Einbeziehung der politischen Rahmenbedingungen finden keine Rückprojektionen späterer Gegebenheiten statt und ebenso wenig werden Konstrukte bemüht, um ein modernes Systemdenken zu befriedigen. Dennoch erscheint es nicht zulässig, den Fürsten des 12. und 13. Jahrhunderts prinzipiell eine juristisch bewusste Auseinandersetzung mit der Thematik und ihre entsprechende Handhabung abzusprechen, weil dies angeblich anachronistisch sei. Nicht zuletzt Sachsenspiegel und kanonisches Recht beweisen das Gegenteil. Dabei wird auch Annahmen über Rechtsetzungen nachgegangen, denn nur, weil beispielsweise ein Gesetz nicht oder nicht eindeutig überliefert wurde, darf es nicht verboten sein, über dessen Existenz nachzudenken. Ansonsten wäre dies eine unzulässige Beschneidung der wissenschaftlichen Methode der Bildung von Hypothesen und ihrer Überprüfung. 6 7

M. Bloch, Werkstatt, S. 19. Ertl, Thesen, S. 624.

2. Kritischer Überblick über den Stand der Forschung

13

Auf diese Weise wird im Folgenden eine mögliche Lösung für das „Fundamentalrätsel“ entwickelt, die nicht monokausal ist und sich schon gar nicht auf reine Deskription zurückzieht. Dabei werden nicht nur die Problematik der Entstehung des Siebenergremiums und das Zuwachsen des Alleinstimmrechts bearbeitet, sondern auch weitere Fragen zum Werden und Ausformen des Kollegs im 13. und 14. Jahrhundert. 2. Kritischer Überblick über den Stand der Forschung Die Entstehung des Kurkollegs ist eines der am meisten bearbeiteten Themen der deutschen Mittelalterforschung. Zu dessen Erklärung gibt es zahllose Thesen und nahezu ebenso viele Datierungsansätze.8 Zu den wichtigsten Gedankengebäuden, warum ausgerechnet die bekannten sieben Fürsten zu dem wurden, was sie dann bis zum Ende des Alten Reiches als vornehmste Fürstengruppe auswies, gehört die schon im Mittelalter erwogene Erzämtertheorie, nachdem erstmals Eike von Repgow in seinem Sachsenspiegel um 1220 einen Zusammenhang zwischen Vorwahlrecht und Reichsamt angedeutet hatte. Demnach seien die Inhaber der nachmals so genannten Erzämter, die Fürsten also, die die Hofämter am Königshof ehrenhalber ausübten, zu hervorgehobenen Königswählern geworden, weil sie eben diese Ämter innehatten.9 In der neueren Forschung ordnet trotz problematischer Quellenlage Egon Boshof die vier Ämter spätestens seit der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts den nachmaligen weltlichen Kurfürsten zu und hält den Kölner Erzbischof Adolf von Altena im Rahmen des deutschen Thronstreites für den Initiator der Erzämtertheorie.10 Dagegen sieht Heinz Thomas diese Ämterzuweisung und die damit verbundene Legitimation des Wahlrechtes durch König Wenzel I. von Böhmen im Zuge einer geplanten 8 Einen Überblick über die Forschung und die Theorien bieten auch bspw. W. Becker, Kurfürstenrat, S. 33–47; Erkens, Kurfürsten, S. 5–15, 50–53 und 87–90; Wolf, Entstehung, S. 197–216; Boshof, Erstkurrecht, S. 84–86. Bei Stehkämper, Adolf von Altena, S. 6–9, ist zahlreiche Literatur aufgelistet. 9 Während beim Sachsenspiegel, Landrecht III, 57 § 2 (MGH, Fontes iuris, Bd. 1,1, S. 243), nur ein Zusammenfall von Vorwahlrecht und Erzamt angesprochen wird, wird in den Annales Stadenses, a. 1240 (MGH, SS 16, S. 367) das (Vor-) Wahlrecht als vom Erzamt abhängig dargestellt (quia). Martin von Troppau, Chronicon (MGH, SS 22, S. 466), erklärt ca. 1270, dass den officiales imperii das Wahlrecht zugewiesen worden sei, wobei er als erster die Erzämtertheorie in vollem Umfang anführt, da er auch den drei Erzbischöfen die Erzkanzellariate zuweist. Jüngst erklärt Pitz, Verfassungslehre, S. 973 und 1000–1004, dass die sieben Reichsamtleute aufgrund ihrer Ämter vor anderen die Aufgabe hatten, als Treuhänder des Reichsvolkes die Königswahl zu vollziehen. Es handele sich also gerade um keine Usurpation, sondern um Volksrecht. 10 Vgl. Boshof, Erstkurrecht, S. 99–107, 117 und 120.

14

I. Einleitung

Gegenkönigswahl 1239 propagiert.11 Beide Historiker gehen somit letztlich von einer Usurpation des (Vor-)Wahlrechtes mit Hilfe der Erzämter aus, wobei Thomas auch die Ämter selbst für okkupiert ansieht. Die ältere Forschung hatte sich dagegen vor allem darum bemüht, den Besitz der Erzämter durch die nachmaligen Kurfürsten erbrechtlich bzw. durch königliche Zuweisung zu erklären.12 Dies zeigt bereits, dass mit der Erzämtertheorie nur die Problematik verlagert wird von der Frage, warum die Kurfürsten das alleinige Wahlrecht erhielten, zu der Frage, warum sie Erzbeamte wurden. Darüber hinaus bleibt zu klären, ob nun die Erzämter rechtsstiftend waren oder die Fürsten erst das Vorwahlrecht hatten, um dann das Erzamt zugesprochen zu bekommen bzw. sich zuzusprechen, denn bis zum Sachsenspiegel lässt sich alleine das Reichsschenkenamt des Königs von Böhmen feststellen.13 Diesem aber wird just vom Sachsenspiegel das Wahlrecht abgesprochen! Schließlich lässt sich mit der Erzämtertheorie auch nicht die Frage beantworten, wie die geistlichen Kurfürsten zu ihrer Stellung kamen. Von ihrer zeremoniellen Rolle bei der Krönung (Krönungstheorie) abgesehen und den Erzkanzellariaten für Germanien (Mainz) und Italien (Köln), wurde zumindest der Trierer Erzbischof erst zu Beginn des 14. Jahrhunderts Erzkanzler „für Gallien“.14 Jüngst beantwortet Peter Landau einige dieser Fragen unter Übernahme älterer Thesen wieder dahingehend, dass Eike von Repgow just im Königswahlparagraphen konstruierend tätig gewesen sei (Konstruktionstheorie). Der sächsische Ministeriale habe als Parteigänger und Dienstmann der Askanier „seinen“ Fürsten aus Sachsen und Brandenburg ein Vorwahlrecht zuerkennen wollen und ihnen deswegen zur Legitimation die Erzämter zugewiesen, die er sich selbst aus Quellen erschlossen habe.15 Den Pfalzgra11 Vgl. Thomas, König Wenzel, S. 359 ff. Zur Kritik an Thomas vgl. Begert, Böhmen, S. 24 Anm. 7, und Erkens, Kurfürsten, S. 50–53. 12 Einige Forscher konstruierten dabei einen Übergang der Ämter von den alten Stammesherzögen, die auch ein Vorwahlrecht besessen hätten (Stammestheorie) auf die vier nachmaligen weltlichen Kurfürsten. Vgl. hierzu den Überblick bei W. Becker, Kurfürstenrat, S. 41 f.; Boshof, Erstkurrecht, S. 89 f. Diese Gedankenspielereien gab es schon im späten 17. Jahrhundert: Cocceius, Prudentia, 12,1–17 (S. 216–225); Tolner, Historia, S. 119 f. und 170 f. 13 Vgl. Begert, Böhmen, S. 33–37 und 61 f. Vgl. auch Erkens, Kurfürsten, S. 87–90; Boshof, Erstkurrecht, S. 101–104. 14 Vgl. Buchner, Erzkanzleramt, S. 17–42. 15 Dabei sind dies die Quellen, mit denen schon in der älteren Forschung versucht wurde, die Erzämter den weltlichen Kurfürsten bereits für das 12. Jahrhundert oder gar früher zuzuweisen; vgl. oben Anm. 12. Dass Eike Zugriff auf die besagten Quellen gehabt haben könnte, macht die These nicht wahrscheinlicher. Nicht zuletzt das Schwertträgeramt, 1199 vom Sachsen ausgeübt, hat nichts mit dem Marschall-

2. Kritischer Überblick über den Stand der Forschung

15

fen habe Eike als bedeutenden Wähler akzeptieren müssen und ihm deswegen ebenfalls ein Erzamt zugewiesen, zu dem er ihn als Erbe der Lothringer Herzöge (die gab es aber noch!) berechtigt gesehen habe.16 Abgesehen davon, dass damit auch Landau nicht erklärt, wie es zu den drei rheinischen Erzbischöfen als Vorwähler kam (er sieht sie wohl ebenso „gesetzt“ wie den Pfalzgrafen)17, überzeugt auch seine Begründung nicht, warum dann ausgerechnet der Böhme als real feststehender Erzschenk ausgeschlossen wurde. Gerade dies zeigt doch, dass eine entsprechende Erfindung der Erzamtstheorie mehr als unpassend gewesen wäre.18 Schließlich bleibt die schwerwiegende Frage, warum Eikes Privatmeinung und Rechtskonstruktion sich dann im Reich durchsetzen konnte. Wieso sollte man dem Sachsenspiegel hinsichtlich der Sechszahl der Vorwähler und der bestimmten Rechtspersonen und der Zuweisung der Erzämter gefolgt sein?19 Helmut Assing glaubt dagegen, dass erst nach 1257 analog zu den Krönungsaufgaben der drei Erzbischöfe die usurpatorisch beanspruchten Erzämter zur Legitimation der vier weltlichen Kurfürsten herangezogen wurden, weshalb er – was abzulehnen ist (vgl. unten) – nicht zuletzt den Sachsenspiegelparagraphen als spätere Interpolation erkennen will. Durch das Erzamtsargument sollten die übrigen, immer noch wahlberechtigten Fürsten endgültig vom Wahlgeschäft ausgeschlossen werden, nachdem sich bis dahin die sieben Kurfürsten aber bereits ein besseres Wahlrecht als die anderen Fürsten gesichert hatten. Dies wiederum führt Assing in der jüngsten Theorie auf eine „Versachlichung“ des Wahlrechts zurück, wonach sich die amt zu tun; vgl. Buchner, Entstehung, S. 141–143; Zeumer, Goldene Bulle, Bd. 1, S. 240–244. 16 Vgl. Landau, Eike, S. 27–34. 17 Wenig hilfreich ist Landaus, Eike, S. 37 f., Verweis auf Widukind von Corvey als Quelle Eikes, der von einem Streit der Erzbischöfe aus Trier und Köln um die Königsweihe 936 berichtet, in dessen Folge beide zugunsten des Mainzers verzichtet hätten. 18 Vgl. Landau, Eike, S. 34–36. So erklärt Erkens, Kurfürsten, S. 12, völlig zu Recht, dass die „Erzämtertheorie“ damit keine Erfindung Eikes gewesen sein kann, denn „niemand erfindet zur Begründung eines neuen Rechtszustandes eine Theorie, die er selbst in Teilen sofort wieder entkräften muß“; vgl. auch Mitteis, Königswahl, S. 173; Lintzel, Entstehung, S. 448 f. 19 Vgl. Landau, Eike, S. 41. Dass sich Landau, ibid., S. 47, ausdrücklich auf einen Friedensnobelpreisträger (Quidde) und einen Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Schwerin (Bloch) beruft, macht seine These nicht haltbarer. Jedoch räumt selbst Mitteis, Königswahl, S. 174 f., aufgrund fehlender Quellen zumindest als Möglichkeit ein, dass hinsichtlich der Aufnahme des Herzogs von Sachsen und des Markgrafen von Brandenburg in den Königswahlparagraphen „Eikes sächsisches Stammesgefühl“ und seine Nähe zur „sächsischen Herzogsfamilie“ ausschlaggebende Faktoren gewesen sein könnten. Zu Mitteis vgl. unten.

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I. Einleitung

Stimme nur bei einigen Fürsten auf das Territorium und nicht mehr auf die fürstliche Person bezogen habe.20 Im Gegensatz zu der These, dass es sich bei der Übernahme des alleinigen Stimmrechts letztlich um die Usurpation eines Rechts gehandelt habe, wurde vor allem von der älteren Forschung vertreten, dass ein förmlicher Rechtsakt (Einsetzungstheorie) für die Zuordnung des alleinigen Wahlrechts zu den Kurfürsten verantwortlich gewesen sei. Abgesehen von einem Historiker, der allen Ernstes die mittelalterliche „Kurfürstenfabel“ mit der Kollegsgründung durch Otto III. und/oder Papst Gregor V. für zutreffend erklärte21 (andere mittelalterliche Darstellungen wiesen diesen Akt schon Karl dem Großen zu22), wurde einerseits von manchen Forschern im 19. Jahrhundert ein formaler Einsetzungsakt durch das Papsttum im 12./13. Jahrhundert vermutet (kuriale Theorie).23 Wenngleich diese These als widerlegt gilt, gesteht man heute dem Papsttum und dem kanonischen Recht zumindest einen gewissen oder gar entscheidenden Einfluss zu.24 Andere Historiker vertreten die Auffassung, ein förmliches Reichsgesetz bzw. ein Fürstenweistum unter Otto IV., Friedrich II., Wilhelm von Holland oder im Interregnum habe die Kurfürsten zu Alleinwählern bestimmt.25 Aus der neueren Forschung ist hier Wolfgang Giese zu nennen, der eine schon ältere These wieder aufgegriffen hat, wonach in einer Reichsversammlung am 8. September 1256 die Reichsfürsten auf ihr Wahlrecht zugunsten der nachmals so genannten Kurfürsten verzichtet hätten.26 Gegen die Reichsgesetztheorie wird immer wieder das Fehlen von Quellenbelegen angemahnt und dabei für den Beginn des 13. Jahrhunderts ein entsprechendes Reichsgesetz Assing, Weg, passim; ders., Aufstieg, passim; vgl. zur Ablehnung dieser These unten Anm. 498. 21 Vgl. Wilmanns, Reorganisation, S. 57–75. Bis ins 16. Jahrhundert galt die Kurfürstenfabel, die ihren Ursprung bei Martin von Troppau, Chronicon (MGH, SS 22, S. 466), hat, als die Erklärung für die Entstehung des Kurkollegs schlechthin; vgl. W. Becker, Kurfürstenrat 23–25. Erstmals wandte sich Aventinus entschieden gegen diese frühe Entstehung. Auch er sah allerdings eine förmliche Konstituierung des Kollegs, auch er durch einen Papst: Gregor X.; Turmair, Annales, lib. 5, cap. 4 und 7,9 (ed. Riezler, Bd. 2, S. 29 f. und 331); ders., Bayerische Chronik, 7,42 (ed. Lexer, Bd. 2,1, S. 388). 22 Vgl. z. B. Schwabenspiegel, Kaiserchronik 44a (BRH 4, S. 312); Alexander von Roes, Memoriale, cap. 24–27 (MGH, Staatsschriften 1,1, S. 124–132). 23 Vgl. z. B. Lorenz, Geschichte, Bd. 1, S. 25 f. und 417 f.; Maurenbrecher, Geschichte, S. 236–242. 24 Vgl. z. B. Hugelmann, Königswahl; Castorph, Ausbildung; letztlich auch Wolf, Entstehung, S. 57. 25 Vgl. Schirrmacher, Entstehung, S. 12–16 und 37–45; Buchner, Königswahlen, S. 72–75; ders., Entstehung, S. 246–248; H. Bloch, Kaiserwahlen, S. 246–254; Zeumer, Kur, S. 211. 26 Vgl. Giese, Reichstag, passim. 20

2. Kritischer Überblick über den Stand der Forschung

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abgelehnt, da die nachfolgenden Wahlen dem widersprächen, bzw. für die Mitte des Jahrhunderts, weil die politische Situation für ein (wirksames) Gesetz nicht gegeben gewesen wäre.27 Für Martin Lintzel ist ein Reichsgesetz zur Erklärung des alleinigen Wahlrechts der Kurfürsten überhaupt nicht notwendig. Nach seiner Theorie erhielten die Kurfürsten ihre Stellung mehr oder weniger per Zufall. An ihnen, den zeremoniellen Vorwählern, wie sie unter anderem der Sachsenspiegel kennt, sei das Wahlrecht Mitte des 13. Jahrhunderts „gewissermaßen hängen“ geblieben, während alle anderen Reichsfürsten sich auf den Ausbau der Landesherrschaft konzentriert hätten und deswegen ein Desinteresse an der Reichspolitik gehabt und somit faktisch auf ihr Wahlrecht freiwillig verzichtet hätten. Hierdurch sei den Kurfürsten schließlich auch de jure dieses Alleinwahlrecht zugewachsen.28 Unter anderem ist die Krux dieser These, dass trotz aller Schwäche der Zentralgewalt im Reich ein König doch immer noch nützlich sein konnte zum von den Fürsten der Reichspolitik vorgezogenen Ausbau der Landesherrschaft.29 Auch nahm die – zugegebenermaßen beschwerliche – Reise zu einem Wahltag schließlich nicht die zeitlichen Dimensionen eines Kreuzzuges an! Autoren wie Franz-Reiner Erkens lehnen ebenfalls die Einsetzungstheorie ab und betonen, dass „das kurfürstliche Wahlrecht kaum aus einem Akt der Rechtsetzung oder Verfassungsgebung [abgeleitet werden kann], sondern wohl nur als Ergebnis eines historischen Prozesses [zu] verstehen“ ist.30 In Ermangelung eindeutiger Quellen ziehen sie sich auf die Feststellungen der überlieferten Tatsachen zurück und konstatieren den zweifellos vorhandenen Entwicklungsprozess seit dem Ende des 12. Jahrhunderts unter dem Einfluss unterschiedlicher Faktoren. Damit erklären sie aber nur bedingt die Entstehung und Zusammensetzung des Kurkollegs sowie das Zuwachsen des Alleinstimmrechts. Sie bleiben unter Verweis auf die Quellenlage unkonkret und weichen dem Problem letztlich aus.31 Erkens, als jüngster Vertreter dieses eher deskriptiven Ansatzes der polykausalen Entwicklungstheo27 Vgl. bspw. Wolf, Entstehung, S. 46; Lintzel, Entstehung, S. 459; Erkens, Erzbischof, S. 18 Anm. 5. 28 Vgl. Lintzel, Entstehung, S. 459–463. Vgl. schon Mitteis, Rezension, S. 126. 29 Vgl. hierzu bspw. unten die Ausführungen zu den Markgrafen von Meißen und den Herzögen von Brabant und Lothringen in Kapitel III.1.a). 30 Erkens, Kurfürsten, S. 75; vgl. schon Bayley, Formation, S. 183–188; Ertl, Thesen, S. 620–623; Groten, Rezension, S. 365. 31 Vgl. Erkens, Kurfürsten, S. 82 f. Für Ertl, Thesen, S. 624, ertrage „der Allgemeinhistoriker“ im Gegensatz zum Rechts- und Verfassungshistoriker „die Spannungen des Ungewissen und Unvollendeten“. Er feiert daher (S. 637) Erkens’ Arbeit als „überzeugendes Plädoyer für eine [moderne] Geschichtswissenschaft“ gegenüber einem „überholten Systemdenken“.

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rie, liefert sich dabei in letzter Zeit eine heftige Debatte mit dem Vertreter einer weiteren, eigenen Theorie: Armin Wolf.32 Armin Wolf setzt die Gründung des Kurkollegs äußerst spät an. Erst mit der zweiten Wahl Albrechts I. 1298 sei die Ausbildung des Kurkollegs abgeschlossen gewesen, erst dann habe sich das Wahlrecht endgültig auf die sieben bekannten Kurfürsten reduziert, wobei hier am Ende letztlich auch ein informeller Rechtsakt gestanden habe.33 Kern seiner erbrechtlichen Theorie ist die genealogische Abstammung der weltlichen Kurfürsten von den Ottonen und Saliern in kognatischer Linie, die die so genannten „Ottonisch-Salischen Tochterstämme“ repräsentierten und die im 13. Jahrhundert zunehmend ausstarben.34 Die eklatante Schwäche dieser Theorie ist – abgesehen davon, dass sie die bereits 1257 festzustellende Wählerreduktion auf die sieben Fürsten ignoriert – die aufgrund des Ansatzes eben zwingend notwendige völlige Nicht-Berücksichtigung der geistlichen Kurfürsten. Wolf kann nicht erklären, warum noch bis 1247 (Wahl Wilhelms von Holland) zahlreiche geistliche Fürsten ihr Wahlrecht in Anspruch nahmen, ab 1257 aber nur noch die drei rheinischen Erzbischöfe.35 Dessen ungeachtet kann Wolf jedoch selbst in Bezug auf die weltlichen Fürsten nicht überzeugen, da es nach 1298 noch „Tochterstämme“ gab, die kein Wahlrecht mehr hatten, weshalb er weitere Hilfskonstrukte benötigt.36 Genauso krankt die 32 Zu der publizistischen Auseinandersetzung ist zunächst Erkens’ Monographie von 2002 (Erkens, Kurfürsten) auch als Antwort auf die gesammelten Forschungen Wolfs aufzufassen (Wolf, Entstehung, von 1998/ 22000). Hierauf reagierte Wolf in seiner Rezension von Erkens’ Buch (2003), woraufhin wiederum Erkens eine Entgegnung schrieb (Erkens, Deuten, 2005). 33 Dieser Rechtsakt, diese vertragliche Einigung war jedoch s. E. eine Usurpation der Kurfürsten gegen die Rechte der übrigen Reichsfürsten (als Repräsentanten der ottonischen Tochterstämme) unter Billigung des (erst gewählten, dann verzichtenden und daraufhin neuerlich) designierten römischen Königs Albrecht; vgl. Wolf, Entstehung, S. 69–79. 34 Vgl. Wolf, Entstehung, S. 15–33. Dabei ist es „interessant“, dass im 13. Jahrhundert die kognatische Erblinie dann nicht mehr genügte, sondern die Tochterstämme nur noch agnatisch relevant blieben. 35 Wolf, Königswähler, S. 18 f. und 53 Anm. 90, bemüht zuletzt aber auch für einige Erzbischöfe und Bischöfe die Abstammung von den Ottonen. Auf dem von ihm 1998 veranstalteten Kolloquium im Frankfurter Max-Planck-Institut für Europäische Rechtsgeschichte, das dem zitierten Aufsatz vorausging, versuchte er sogar für die drei rheinischen Erzbistümer bzw. die Kapitel entsprechende Vorgaben hinsichtlich des passiven Wahlrechts nahezulegen, die auch hier nur – niederadlige – Tochterstämme für den Erzstuhl zugelassen haben sollen. Bezeichnenderweise hat Wolf hierzu noch keine Einzeluntersuchung vorgelegt. 36 Nach 1273 seien aber die wahlberechtigten ottonischen Tochterstämme von den aus ihnen neu hervorgehenden Habsburger Tochterstämmen „abgelöst“ worden („Erbengemeinschaft innerhalb der Erbengemeinschaft“). Nur noch diese seien schließlich Wahlfürsten gewesen; vgl. Wolf, Entstehung, S. 54–58 und 89–92. Aller-

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Theorie Wolfs an seinem Umgang mit den Quellen. Urkunden und chronikalische Berichte, die mit seiner These kollidieren, werden beispielsweise als Fälschungen oder nachträgliche Interpolationen gewertet. Nicht zuletzt der berühmte Königswahl-Paragraph des Sachsenspiegels (Landrecht III, cap. 57 § 2)37, der die sieben nachmaligen Kurfürsten (bzw. sechs davon, da der Böhme kein Wahlrecht habe, weil er nicht deutsch sei) als erste an deme kore nennt, sei eine nach 1273 anzusetzende Interpolation.38 Hiergegen kann jedoch bewiesen werden, dass der Paragraph definitiv authentisch ist und zwischen 1220 und 1235 von Eike von Repgow verfasst wurde. Augenfälligster Beweis dafür ist die „kleine“ Königswählerliste des Matthäus von Paris, die vor 1254, also noch vor (!) der Doppelwahl Richards von Cornwall und Alfons’ von Kastilien aufgezeichnet wurde, bei der nur noch die sieben nun so zu nennenden Kurfürsten agierten.39 Auch in dieser Liste werden drei Erzbischöfe und vier weltliche Fürsten als bevorrechtete Königswähler (principales) genannt, und dies ist sicherlich keine autonome Erfindung des Engländers, sondern muss auf Vorlagen und Nachrichten aus dem Reich fußen. Einzig bekannte Quelle, die hierfür Vorlage hätte sein können, ist der Sachsenspiegel, der ja auch drei Erzbischöfe und vier Laien nennt, wenngleich er den vierten ausdrücklich ausschließt. Matthäus’ Liste weist also hinsichtlich der Siebenzahl eine Korrektur auf, außerdem wurden einige Namen verändert.40 Dass diese Bearbeitung volldings ist auch dieses Konstrukt – wie Wolf selbst zugeben muss – nicht stimmig, da die Ehe zwischen dem Markgrafen Otto VI. und Hedwig von Habsburg ohne überlebenden Nachwuchs blieb, sodass im Falle Brandenburgs kein Tochterstamm die Kur führte. Ohnehin ist die Reihenfolge der Ereignisse zu beachten. Erst fand 1273 die Wahl Rudolfs durch sieben Fürsten statt und danach wurden die Ehen zwischen den Töchtern Rudolfs und den weltlichen Wahlfürsten geschlossen. Erst gab es die Wählerreduktion, dann gab es die Tochterstämme! Vgl. schon Erkens, Kurfürsten, S. 47. 37 Erkens, Deuten, S. 342, will seit neuestem den Terminus „Kurfürstenparagraph“ zur Abgrenzung gegen den anderen Königswahlparagraphen des Sachsenspiegels (Landrecht III, 52 § 1) einführen, doch dürfte sich der nicht einbürgern, da der Begriff Kurfürsten als Bezeichnung der Alleinwähler verstanden wird und die ersten an deme kore eben noch nicht das Alleinwahlrecht hatten. 38 Hierin folgt Wolf Castorph, Ausbildung, S. 103–109. 39 Matthäus von Paris, Chronica, a. 1245 (Rolls series 57,4, S. 455; Wolf, Entstehung, Q 40, S. 145). Zur Datierung zwischen 1245 und 1253 vgl. Wolf, ibid., S. 144, der dabei das Jahr 1246 als Entstehungszeit favorisiert. 40 Diese Abweichungen gegenüber der Liste Eikes sind nicht störend. So wird beispielsweise statt des Pfalzgrafen der seinerzeit mit diesem identische Herzog von Bayern und statt des Königs von Böhmen der ab 1251/53 personengleiche Herzog von Österreich genannt; vgl. hierzu und zur Widerlegung der Wolf’schen Interpolationsthese Begert, Böhmen, S. 25–37, bes. 30 f.; sowie Erkens, Kurfürsten, S. 15–49; ders., Deuten, S. 342–344; Schubert, Königsabsetzung, S. 232–234. Wolfs, Rezension, Entgegnung zu meiner Argumentation läuft meist ins Leere, wie etwa

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I. Einleitung

kommen eigenständig von Matthäus vorgenommen worden sein könnte, ist wohl auszuschließen. Matthäus muss eine entsprechende, uns heute unbekannte Nachricht aus dem Reich erhalten haben. In dieser könnte entweder der Sachsenspiegel aufgrund aktueller Ereignisse (teilweise irrtümlich) verändert worden sein oder aber es wurde – zumindest hinsichtlich der Siebenzahl – eine Korrektur in Kenntnis der Rechtswirklichkeit vorgenommen. Als dritte Option bliebe, dass diese Realität sogar unabhängig vom Spiegel Eikes wiedergegeben wurde. So oder so wird damit aber die Authentizität des Sachsenspiegelparagraphen belegt. Unter Zugrundelegung des Sachsenspiegels und anderer Quellen beginnt daher auch die überwiegende Mehrheit der Historiker mit der Untersuchung der Genese des Kurkollegs im späten 12. Jahrhundert. Dabei werden jedoch bisweilen verschiedene spätere Gegebenheiten willkürlich rückprojiziert oder Prämissen vergangener Zeiten als weiterhin relevant angesehen, ohne dass das eine oder das andere durch zeitgenössische Quellen abgestützt werden könnte. Hierzu gehört die Diskussion über die Vierzahl der Königswähler. Neben anderen wie Hugo Stehkämper postuliert vor allem Heinrich Mitteis im Rahmen seiner These vom Viererquorum für die Zeit des deutschen Thronstreites, dass die drei Erzbischöfe von Mainz, Trier und Köln sowie der Pfalzgraf bei Rhein als unabdingbare Wahlfürsten anerkannt gewesen seien. Mitteis unterstellt Innozenz III. einfach, dass dieser in seiner „Deliberatio de tribus electis“ von 1200 mit den hier nicht näher bezeichneten principes, ad quos principaliter spectat imperatoris electio, die besagten vier Fürsten gemeint habe. Ihnen misst Mitteis den gemeinhin anerkannten entscheidenden Einfluss bei der Königserhebung zu, weshalb für ihn in der Folge nur die Kurwürde der beiden „östlichen“ Fürsten aus Brandenburg und Sachsen zu erklären ist. Hierfür kann er dann aber nur das „sächsische Stammesgefühl“ Eikes und die Schaffung eines „Gegengewichtes gegen die Rheinländer“ anführen.41 sein Beharren auf dem Standpunkt, dass die Liste des Matthäus stark von der Liste des Sachsenspiegels abweiche und also kein Beweis für dessen frühe Existenz sei (S. 678 f.). Dabei bezieht er sich auf die beiden weiteren, neben Österreich und Bayern von den sieben Kurfürsten differierenden Fürsten: Salzburg und Brabant, die anstatt Trier und Brandenburg aufgeführt werden. Abgesehen davon, dass deren Nennung als „tagespolitisch“ motiviert bewertet werden muss, ignoriert Wolf neuerlich die signifikante Parallelität der Zahl der geistlichen und weltlichen Fürsten; vgl. zur Liste auch unten Anm. 306. Deshalb kann an dieser Stelle auf eine dezidierte Entgegnung auf Wolfs Rezension verzichtet werden, zumal Wolf meinen Aufsatz (Begert, Kurkolleg) nicht zur Kenntnis genommen hat. Abgesehen vom Rückverweis auf meine Dissertation bleibt zu sagen, dass im Folgenden immer wieder auf einzelne Thesen und Interpretationen Wolfs eingegangen werden wird. 41 Mitteis, Königswahl, S. 132–138, 174 f. Von der noch älteren Literatur, die diese Auffassung der „Stammesbezogenheit“ der Kurfürsten und die besondere

2. Kritischer Überblick über den Stand der Forschung

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Für die vier rheinischen Fürsten als „Urkurfürsten“ verweist Mitteis dabei auch auf Jordan von Osnabrück.42 Doch die fraglichen Ausführungen, die auf Jordans Bearbeiter Alexander von Roes zurückgehen, sind in einem völlig anderen Zusammenhang zu sehen. Ziel der Darstellung ausgangs des 13. Jahrhunderts (!) war es, die Translatio imperii ad Germanos-Theorie und die Kurfürstenfabel zu verbinden und sich so gegen französische Ansprüche auf das Kaisertum abzusichern (Translatio imperii ad Francos).43 Demnach seien die vier – von Karl dem Großen bestimmten – rheinischen Kurfürsten Franci, id est Germani (dagegen werden die Franzosen als Mischvolk der Francigenae bezeichnet), und somit sei das Kaisertum vom alten fränkischen Reich auf das deutsche übergegangen. Schließlich seien dann durch die Symbiose von Franken und Sachsen auch die beiden principes Saxoniae, der Markgraf von Brandenburg und der Herzog von Sachsen, in das Wahlkollegium aufgenommen worden.44 Während also das Stammeselement bezüglich der Teilung in fränkische und sächsische Kurfürsten und das nachmalige Beitreten der letzteren somit erst durch die Notwendigkeit der Translations-Argumentation Ende des 13. Jahrhunderts konstruiert wurde, ist eine wie auch immer geartete gemeinsame Politik der vier rheinischen Fürsten auch erst für diese Zeit ein realer Tatbestand, was sich dann im 14. Jahrhundert intensivierte.45 Erst seither sind sie unter Vorbehalt als eine politische Einheit aufzufassen. Beides kann und darf für die Beurteilung der frühen Entwicklung einer Hauptwählerschaft von wenigen Fürsten an der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert keine Rolle spielen. Rolle der vier fränkischen Fürsten vertritt, vgl. besonders Krammer, Kurfürstenkolleg, S. 21 f. und 24, der erklärt, dass vom Kölner Erzbischof im deutschen Thronstreit nicht nur propagiert worden sei, die Wahl sei auf fränkischem Boden abzuhalten, sondern auch, dass die besagten vier Fürsten unabdingbar seien „und zwar, weil sie Franken waren“. Diesen Ansichten folgt heute bspw. auch Willoweit, Verfassungsgeschichte (2005), § 11-I-1, S. 94 f.; vgl. auch Stehkämper, Adolf von Altena, S. 51; Landau, Eike, S. 25 und passim. 42 Vgl. Mitteis, Königswahl, S. 139 Anm. 428. 43 Vgl. Heimpel, Alexander von Roes, S. 24–26 und 42–44; Goez, Translatio imperii, S. 219–222. 44 Alexander von Roes, Memoriale, cap. 11 f. und 24–27 (MGH, Staatsschriften 1,1, S. 100–103 und 124–132). Der Böhme wird in zahlreichen Handschriften gar nicht erwähnt, ansonsten nur „kommentarlos“ aufgeführt. Schirrmacher, Entstehung, S. 45 f., führt die Magdeburger Schöffenchronik an, die das gleiche Schema vertritt. Auch Schirrmacher sieht den „Gegensatz zwischen den Sachsen und den Franken“ für entscheidend an und glaubt, dass zu den vier rheinischen Fürsten die beiden sächsischen traten. 45 Vgl. MGH, Const. 3, Nr. 6 (Vertrag von Boppard 1273); MGH, Const. 4,2, Nr. 1188 (Bund von Heimbach 1300). Vgl. auch Schubert, Mainzer Kurfürst, S. 87; Winterfeld, Bündnisse, passim; Neuhaus, Kurfürsten, S. 144 f. und passim.

II. Vom Wahlausschuss zum Gremium der Alleinwähler – Das Prinzip des Schiedsgerichts 1. Die Idee der Wahlausschüsse im 12. Jahrhundert Die Vierzahl und die Stämme spielten allerdings am Beginn der Geschichte einer reduzierten Wählerschaft noch sehr wohl eine Rolle. 1125 kam es angesichts der anstehenden Wahl eines neuen Herrschers nach dem Aussterben der Dynastie der Salier zu einem „Wahlausschuss“ von decem ex singulis Bawariae, Sweviae, Franconiae, Saxoniae provinciis principes, deren Entscheidung die anderen Fürsten beipflichten wollten. Aus jedem Stamm wurden also – wie eine weitere, von dieser Überlieferung unabhängige Quelle die zweideutige Aussage präzisiert – jeweils zehn Fürsten in den Ausschuss entsandt, der die Wahl faktisch stellvertretend für die Gesamtheit der Fürsten vollziehen sollte, wenngleich diese formal nachträglich ebenfalls noch ihr Wahlrecht wahrnehmen sollten, um aber nicht mehr von der getroffenen Entscheidung abzuweichen.46 Dieses Verfahren war den verschiedenen Kandidaten und Interessengruppen geschuldet. Man einigte sich angesichts einer strittigen Wahl zur Vereinfachung des Wahlaktes, aber auch zur friedlichen und einmütigen Durchführung auf einen Wahlausschuss (electio per compromissum).47 Allerdings gilt es auch zu bedenken, dass die Bayern und die Sachsen im Vergleich zu Franken und Schwaben überproportional auf dem Wahltag vertreten waren. Der Ausschuss, der von allen Faktionen gleichmäßig zu beschicken war, sollte also neben der Vereinfachung der Wahl vor allem eine gerechte, paritätische Gewichtung der Stammesvertreter herstellen.48 Das Moment der Parität, in dieser Absolut46 Narratio de electione Lotharii, cap. 1 (MGH, SS 12, S. 509); Ordericus Vitalis, Historia ecclesiastica, lib. 12, a. 1125 (MGH, SS 20, S. 76). Wenngleich in der Forschung gelegentlich Skepsis an der Rolle der Stämme im Jahre 1125 geübt wird, da diese nur die „Narratio de electione“ überliefert (vgl. Nonn, Geblütsrecht, S. 154), so lässt sich der auch durch die zweite Quelle belegte und deswegen offenkundig realisierte Ausschuss von 40 Personen nur unter Hinweis auf die Stämme erklären (4x10). 47 Vgl. Maleczek, Abstimmungsarten, S. 108 f.; Keller, Herzöge, S. 154 f.; Schlick, König, S. 90. 48 Vgl. zur Wahl von 1125 Speer, Kaiser Lothar III., S. 59–65, der betont, dass die „Wahlordnung“ schließlich aber doch von den nicht-fürstlichen anwesenden Laien negiert und Lothar akklamatorisch zum König erhoben worden sei und somit eine „Volkswahl“ stattgefunden habe; vgl. auch Mitteis, Königswahl, S. 99 f.; Reu-

1. Die Idee der Wahlausschüsse im 12. Jahrhundert

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heit gar nicht für die Ausschüsse der seit Ende des 11. Jahrhunderts vorkommenden Kompromisswahlen vorgesehen bzw. so konsequent umgesetzt49, war eine wichtige Voraussetzung hinsichtlich der allgemeinen Anerkennung und damit des Erfolges. Es bleibt damit zunächst festzuhalten, dass man bereits in dieser frühen Zeit „die in der Begrenzung der Wahlberechtigten sich ankündigende Entwicklung zu einem festen Wählerkollegium“ erkennen kann. Und es zeigt sich angesichts der freiwilligen Abtretung des Wahlrechts durch einige Reichsfürsten an diesen Ausschuss zugleich deren „Verantwortungsbewusstsein [. . .] zugunsten des Allgemeinwohls.“50 Der Gedanke an einen Wahlausschuss ging dann auch im Verlauf des 12. Jahrhunderts bei den römisch-deutschen Königswahlen nicht verloren. Die Stämme spielten aufgrund der Territorialisierung des Reiches dann zwar im politischen Leben zunehmend keine Rolle mehr51, dennoch blieb die überkommene Vierzahl von Bedeutung. So berichtet Giselbert von Mons ca. 1196 (dem Jahr der ersten Wahl Friedrichs II.!) über die Erhebung Friedrich Barbarossas von 1152, vier Fürsten hätten zur Vermeidung eines unüberbrückbaren Dissenses die Wahl unter sich ausmachen sollen. Diese vier Fürsten benennt Giselbert mit Ausnahme Friedrichs nicht, sodass über diese eher fragwürdige Erzählung hinsichtlich ihres Wahrheitsgehalts ling, Kur, S. 149–160; ders., Entwicklung, S. 259–262; Schmidt, Königswahl, S. 46–52; Rogge, Könige, S. 22 f. 49 So wurden zwar bei der Papstwahl 1130 die drei Kardinalordines berücksichtigt, doch setzten sich die Kompromissare aus zwei Bischöfen, drei Priestern und drei Diakonen zusammen, die dabei mehrheitlich bereits einem Kandidaten zuneigten; vgl. Schmale, Studien, S. 151–155; kritisch hierzu Keller, Herzöge, S. 155 f. mit Anm. 188. Gerade dieses Beispiel zeigt aber, dass das Moment der Parität, bei Schiedsgremien zentraler Aspekt (vgl. im Folgenden), bei den Kompromiss-Ausschüssen nicht immer oder gar nur in den seltensten Fällen eingehalten werden konnte. Oftmals wurde in komplizierten Verfahren eine Gruppe von Kompromissaren benannt, die in Stellvertretung des Gesamtwahlkörpers die Wahl vornahmen. Anders als beim Wahlausschuss von 1125 konnte bzw. musste in diesen Fällen aber oftmals keine Berücksichtigung konkreter Interessengruppen oder ordines stattfinden. Vgl. Maleczek, Abstimmungsarten, S. 108–114 und 130 f. Einziges hier benanntes Gegenbeispiel ist die Bestimmung der römischen Senatoren 1203 durch einen aus jedem der zwölf römischen Stadtbezirke links des Tibers beschickten zwölfköpfigen Ausschuss; ibid., S. 113 Anm. 160. 50 Schlick, König, S. 90. 51 Flachenecker, Wittelsbacher, S. 165, glaubt jedoch, dass man durch die nach Stämmen geordnete Aufzählung der Wähler von 1198 bzw. 1208 bei Burchard von Ursberg und Arnold von Lübeck das „Vierstämmeprinzip“ auch noch in dieser Zeit nachweisen könne. Dem ist nicht zuzustimmen, da eben nicht die Repräsentanten der Stämme abstimmten, sondern „Einzelfürsten“, die aber aus allen Regionen des Reiches kamen.

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II. Vom Wahlausschuss zum Gremium der Alleinwähler

keine weiteren Überlegungen angestellt werden können und müssen.52 Es bleibt aber zumindest das Faktum zu konstatieren, dass man sich der Möglichkeit eines Wahlausschusses in der Theorie zur Gewährleistung einer einmütigen, allgemein anerkannten Königswahl bei mehreren Kandidaten sehr wohl bewusst war.53 2. Das Gremium der vier Hauptwähler (1198–1208) Im Jahre 1198 war dann die Wahl des neuen Königs zwischen den Lagern der Staufer und Welfen nicht nur umstritten, sondern es kam sogar zur Wahl beider Kontrahenten, Philipps von Schwaben und Ottos IV. Von einem Wahlausschuss zur Schlichtung bzw. zur Gewährleistung eines von allen zu akzeptierenden Wahlausgangs ist im direkten Kontext der Erhebungsakte nicht das Geringste überliefert. Allerdings wurde in der anschließenden Propaganda der welfischen Partei, die nicht die Mehrheit der Reichsfürsten hinter sich hatte, erklärt, man habe die (Mehrheit der) entscheidenden Wahlfürsten hinter sich.54 Auch hier handelte es sich um vier Fürsten, doch wurden durch sie keineswegs die vier Stämme paritätisch repräsentiert, ebenso wenig handelte es sich um die vier „Erzbeamten“55, wie gemutmaßt wurde. Ihre Zusammensetzung folgte anderen Kriterien. Hugo Stehkämper sieht den Kölner Erzbischof Adolf von Altena nicht nur als treibende Kraft der Opposition gegen das staufische Königtum, sondern auch als Initiator und Hauptvertreter der Rechtsanschauung, dass be52 Gislebert de Mons, Chronicon Hanoniense, cap. 54 (ed. Vanderkindere, S. 92 f.). Denkbar ist im Hinblick auf die Geschichte und das Reich, dass Giselbert eine Aufteilung nach den vier Stämmen vorschwebte, obwohl dies beinahe anachronistisch war; vgl. Mitteis, Königswahl, S. 100. 53 Auf die beiden Wahlszenarien von 1125 und aus Giselberts Erzählung wiesen beispielsweise schon Maleczek, Abstimmungsordnung, S. 108 f., und Giese, Reichstag, S. 581–583, hin; Kaufhold, Interregnum (2000), S. 152, zumindest auf Giselbert. 54 So Innozenz III. in seiner „Deliberatio de tribus electis“, wenngleich er aufgrund der Mehrheitsverhältnisse bei der Gesamtzahl der Wähler das Mehrheitsprinzip wieder relativiert und die – von ihm festzustellende – Eignung des Kandidaten als Kriterium hervorhebt (RNI, Nr. 29); vgl. Maleczek, Abstimmungsarten, S. 120 f. 55 Der Terminus „Erzamt“ ist als solcher erst für das 14. Jahrhundert feststellbar, jedoch ist es sinnvoll, ihn als „wissenschaftlichen Hilfsbegriff“ schon für das 13. Jahrhundert anzuwenden; vgl. Erkens, Kurfürsten, S. 11. Es ist dabei ein deutlicher Unterschied zwischen den Reichsehrenämtern (z. B. sacri imperii marescalcus), die Reichsfürsten innehatten, und den Hofämtern (z. B. noster marescalcus), die von Ministerialen und niederem Adel ausgeübt wurden, festzuhalten. Nicht zuletzt zeigt sich, dass sich erstere auf das Reich, letztere auf den Herrscher beziehen; vgl. hierzu auch Schubert, Erz- und Erbämter, S. 197–213; vgl. Begert, Böhmen, S. 34 f. Anm. 54.

2. Das Gremium der vier Hauptwähler (1198–1208)

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stimmte Fürsten nicht bei der Wahl zu umgehen seien, nämlich – hier folgt er im Ergebnis der seit Generationen vertretenen Anschauung – die vier rheinischen Fürsten von Mainz, Köln, Trier und Pfalz.56 Zwar überliefert ein Fortsetzer der Weingartener Chronik, Adolf habe die Wahl Philipps mit der Begründung verworfen, dass an ihr weder der Mainzer noch der Pfalzgraf teilgenommen hätten57, doch eine Propagierung des Trierer Wahlrechtes durch Köln kann Stehkämper nicht belegen. Die Kölner Königschronik teilt lediglich mit, die Erzbischöfe von Köln und Trier hätten die electio regis als ihr Recht betrachtet.58 Dass aber Adolf seinerseits gegenüber Dritten das Votum des Trierers als unabdingbar bezeichnet hätte, kann hieraus nicht gelesen werden, sondern bestenfalls, dass er dem Trierer ein prinzipielles Wahlrecht, wie anderen Reichsfürsten auch, zuerkannte, zumal er damals mit diesem zunächst noch verbündet war. Vor allem ist aber daran zu denken, dass beide Fürsten gemeinsam den Mainzer Erzkanzler zu vertreten hatten und aufgrund dessen war die Königswahl im Sinne der Einberufung und Leitung „ihr Recht“.59 Somit bleibt nur das Resümee, dass Adolf neben seiner Kölner Stimme die Voten des Mainzer Erzbischofs und des Pfalzgrafen als unverzichtbar für eine korrekte Königswahl bezeichnete – von der Trierer Stimme ist keine Rede. Doch der 1201 verstorbene Engländer Roger von Hoveden überliefert im Zusammenhang mit der Wahl Ottos IV. im Juni 1198 die erste namentliche Nennung von vier „Kurfürsten“: Er führt in seiner Chronik vier Fürsten auf, die einen Wahlausschuss bilden und aus zwölf, von allen Fürsten gewählten Kandidaten den künftigen König (aus-)wählen würden. Drei dieser vier Fürsten sind nach dem Zeugnis Rogers die Erzbischöfe von Köln und Mainz sowie der Pfalzgraf – alle auch nachweislich von Adolf von Altena als „Hauptwähler“ propagiert. Der vierte Fürst in Rogers Liste ist der Herzog von Sachsen.60 Während Stehkämper diese Nachricht Rogers ignoriert zu haben scheint, erklärt Mitteis sie schlicht für unrichtig (zumal auch das dargestellte Wahlverfahren unglaubwürdig sei) und vermutet hier einen „Übermittlungsfehler“. Der vierte Fürst sei selbstverständlich der Trierer Erzbischof.61 56 Vgl. Stehkämper, Adolf von Altena, S. 5–83; vor ihm haben schon andere, wie Lintzel, Entstehung, S. 447, betont, dass das Vorstimmrecht der vier rheinischen Fürsten „der Parteistandpunkt der rheinisch-welfischen Partei“ gewesen sei. Vgl. auch Boshof, Erstkurrecht, S. 110–121. 57 Continuationes Weingartenses Chronicorum (MGH, SS 21, S. 480). 58 Chronica regia Coloniensis, a. 1198 (MGH, SSrG i. us. schol. 18, S. 162). 59 Vgl. Meiers, Erzbischof Johann, S. 97 f.; Stehkämper, Adolf von Altena, S. 42–49; Erkens, Erzbischof, S. 28. 60 Roger von Hoveden, Chronica, a. 1198 (Rolls series 51,4, S. 38; MGH, SS 27, S. 177).

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II. Vom Wahlausschuss zum Gremium der Alleinwähler

Es ist noch einmal zu betonen, dass zwar der Trierer seinerseits auf sein Wahlrecht pochte, aber dass es keinen Hinweis darauf gibt, dass dies auch Adolf tat. Sicherlich hätte dies ursprünglich angesichts des gemeinsamen Vorgehens (bis zum Frühjahr 1198) durchaus Sinn gemacht und die Nachricht aus der Kölner Königschronik kann als Indiz dafür genommen werden, doch im Sommer 1198, zum Zeitpunkt der Wahl Ottos war der Trierer Erzbischof bereits ins staufische Lager übergewechselt.62 Spätestens nun hat Adolf von Altena sicherlich keine Unersetzbarkeit des Trierers mehr vertreten und propagiert, wenn er es denn je gemacht hat. Stattdessen gibt es bei Roger von Hoveden eine Nachricht über die Wahl Ottos, die fraglos auf Informationen aus dem Reich (Köln) beruhte63, die eben die Fürsten aus Mainz, Köln, Sachsen und der Pfalz als Angehörige eines „engeren Wahlgremiums“ nennt, und es gibt keinen Grund, diese Nachricht nicht ernst zu nehmen. Selbst der angebliche Beweis, die vier rheinischen Fürsten seien diejenigen gewesen, die althergebracht die ersten Stimmen bei der Wahl gehabt hätten, und als solche „Vorkürenden“ für die Wahl unverzichtbar gewesen seien, ist nutzlos. Einerseits lässt sich ein bevorzugtes Wahlrecht ohnehin nur für den Mainzer als Erstwähler beweisen und sonst für keinen anderen Fürsten64, andererseits geht es hier nicht um die gemäß ihrem 61 Vgl. Mitteis, Königswahl, S. 138; Lintzel, Entstehung, S. 447, hält Rogers Nachricht für „konfus“. Erkens, Kurfürsten, S. 63–65, „akzeptiert“ zwar die Nennung der vier Fürsten durch Roger, aber nicht das Gremium der vier Fürsten an sich. Stattdessen zählt er nur sämtliche Nennungen der Eike’schen Sieben in den Quellen nach und nach auf. Schließlich sieht er erst ab 1252 die Realität mit dem theoretischen Anspruch des Sachsenspiegels in Einklang gebracht. Dabei habe Eikes Werk die Prärogativen der vier rheinischen Kurfürsten nur bestätigt, während er rechtstiftend für die Kur der beiden sächsischen Fürsten und vielleicht sogar des Böhmen gewesen sei (S. 73 f., 79–81 und 97). Auch Erkens löst sich demnach gedanklich nicht von der überkommenen Aufteilung der Kurfürsten in die (alten) rheinischen und die (neuen) östlichen. 62 Vgl. Meiers, Erzbischof Johann, S. 98 f. 63 Vgl. Mitteis, Königswahl, S. 138; Boshof, Erstkurrecht, S. 117. 64 Es ist schlicht unzutreffend, wenn Stehkämper, Adolf von Altena, S. 49 Anm. 151 und 51 Anm. 164, behauptet, die „Erststelligkeit“ der drei rheinischen Erzbischöfe sei mehrfach belegt, sie hätten gemeinsam mit dem Pfalzgrafen eine „Sonderstellung in Bezug auf die Wahl“ und sie wären unter den Vorkürenden „auf jeden Fall die Ersten an der Kur“, was nicht Parteistandpunkt der welfisch-rheinischen Partei, sondern „ordo“ gewesen sei. Keiner der genannten „fränkischen Vier“ außer dem Mainzer ist als besonderer Wähler in den zeitgenössischen Quellen vor dem Thronstreit hervorgehoben. Gegenteilige Interpretationen sind unzulässige Rückprojektionen; vgl. Lindner, Königswahlen, S. 67–71; Lintzel, Entstehung, S. 443 f.; Krammer, Kurfürstenkolleg, S. 23 f.; W. Becker, Kurfürstenrat, S. 48–50. Wenn der Trierer Erzbischof bei der staatsstreichartigen Wahl Konrads III. die wahlleitende Funktion einnahm, dann lag dies an dem Umstand, dass es einerseits nur eine Versammlung lothringisch-ostfränkischer Großer war, und andererseits, dass es zu diesem Zeitpunkt keinen Mainzer Erzbischof gab. Der Trierer war der

2. Das Gremium der vier Hauptwähler (1198–1208)

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Rang abstimmenden – besser kürenden – Fürsten im Rahmen einer großen Versammlung. Es geht in der Darstellung Rogers um die Zugehörigkeit von Fürsten zu einem kleineren Gremium, zu einem Wahlausschuss, der stellvertretend für alle Reichsfürsten agiert. Sicherlich war die primär politisch motivierte Besetzung der vier Stellen nicht völlig frei von verfassungs- und verfahrensrechtlichen Vorgaben. Der Mainzer Erzbischof war als traditioneller Wahlleiter und Erstwähler von Adolf von Köln ebenso wenig zu übergehen, wie sich dessen eigene Position aufgrund des Amtes als Koronator erschüttern ließ.65 Dabei war es allerdings für Adolf von Altena in der aktuellen Situation sicherlich willkommen und für seine Erklärung über die Zusammensetzung des Wahlausschusses förderlich, dass er für den seinerzeit im Heiligen Land weilenden Mainzer Erzbischof (gemeinsam mit dem Trierer) dessen Stellvertretung in Reichsgeschäften ausübte.66 Somit konnte Adolf zwei der von ihm als unabdingbar deklarierten vier Stimmen bereits für sich reklamieren. Die Propagierung des Pfalzgrafen als unverzichtbaren Vorwähler hat aber wohl nur (tages-)politische Gründe, denn eine bevorzugte Rolle des Pfalzgrafen bei Königswahlen lässt sich bis dahin ebenso wenig belegen wie seine Rolle als Königsrichter oder als Erztruchsess, was hierfür als Legitimation hätte dienen können.67 Doch vergegenwärtigt man sich, wer damals Pfalzgraf war, dann wird der Grund für die Betonung von dessen Wahlrecht durch Adolf von Altena unschwer deutlich: der Welfe Heinrich I. Wenngleich dieser die Pfalzgrafschaft durch die Ehe mit einer Stauferin gewonnen hatte, konnte sich Adolf sicher sein, dass kein anderer Reichsfürst eher mit ihm gegen ein staufisches Königtum auftreten würde als Pfalzgraf Heinrich I. Dieser kehrte zwar erst im Herbst 1198 nach Deutschland zurück, doch dürfte Adolf von Altena durchaus für sich in Anspruch genommen haben, auch ihn zu vertreten.68 einzige geweihte Erzbischof am Wahlort und zudem päpstlicher Legat; vgl. Niederkorn, Staatsstreich, S. 432–434; Rogge, Könige, S. 26 f. 65 Vgl. Stutz, Erzbischof, S. 16–34; Buchner, Kaiser- und Königsmacher, S. 196–198, 202–206 und passim; Erkens, Erzbischof, S. 17–40. 1158 hat Friedrich I. ausdrücklich das Mainzer Erststimmrecht und das Kölner Krönungsrecht verbrieft und bestätigt: Rahewin, Gesta III,17 (MGH, SSrG i. us. schol. 47, S. 187–189); MGH, Const. 1, Nr. 167. 66 Arnold von Lübeck, Chronica Slavorum 6,1 (MGH, SSrG i. us. schol. 14, S. 217 f.). 67 Sowohl Richteramt wie auch Hofamt erwähnt erstmals der Sachsenspiegel, Landrecht III, 52 § 3 und III, 57 § 2 (MGH, Fontes iuris, Bd. 1,1, S. 237 f. und 243). 68 Wie sehr man die Unterstützung Heinrichs voraussetzte, zeigt Arnold von Lübeck, Chronica Slavorum 6,1 (MGH, SSrG i. us. schol. 14, S. 218), der diesen – rückblickend – ausdrücklich als Wähler Ottos nennt. Beispielsweise halten auch

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II. Vom Wahlausschuss zum Gremium der Alleinwähler

Was den vierten Hauptwähler in Rogers Liste, den Herzog von Sachsen, anbelangt, so gibt es auch für ihn keinerlei Anhaltspunkte, dass er aus formalrechtlichen Gründen diese Rolle zugewiesen bekam. Sein Marschallamt ist für diese Zeit unbewiesen und sein Reichsvikariat, wie das des Pfälzers, entstand erst wesentlich später.69 Will man die Begründung in der Person oder Dynastie suchen, so muss aber zunächst festgestellt werden, wer in Rogers Liste mit dem Herzog von Sachsen gemeint ist. Der Askanier Bernhard wurde 1180, in Nachfolge des abgesetzten Heinrich des Löwen, Herzog von Sachsen. Im Jahre 1197 war er unter Federführung Adolfs von Köln als Kandidat für die Königskrone im Gespräch, jedoch lehnte er ab und blieb auf Seiten der Staufer.70 Das Kölner Konstrukt vom Wahlausschuss war aber erst eine Folge der Wahlen von 1298, zumindest aber der Wahl Philipps im März 1198 und somit bliebe als Erklärung für Bernhard nur die mehr als unbefriedigende Lösung, dass Adolf mit ihm die Gegenpartei nicht vollständig außen vor lassen wollte.71 Es besteht jedoch bei der Identifikation des Sachsen eine zweite Möglichkeit. Roger bzw. seine Quelle könnten hiermit ebenfalls den Welfen Heinrich I., Pfalzgrafen bei Rhein, gemeint haben. Roger von Hoveden hat in seinem Bericht über die Wahl von 1198 ausdrücklich Heinrich als sächsischen Herzog genannt.72 Denn dieser hatte sich nach seiner Ankunft im Boshof, Erstkurrecht, S. 116, und Krammer, Kurfürstenkolleg, S. 21 Anm. 2, eine Wahlvertretung des Pfalzgrafen durch den Kölner für wahrscheinlich. 69 Waitz, Reichstage, S. 218, der auch Rogers vier Hauptwähler zur Kenntnis nimmt, weist jedoch gerade auf das Vikariat bei den beiden weltlichen Fürsten als Begründung hin; vgl. zum Pfalzgrafen auch Mitteis, Königswahl, S. 83–85. Zu den Ursprüngen des pfälzischen und sächsischen Vikariats vgl. Hermkes, Reichsvikariat, S. 6–12. Demnach liegen die ersten Zeugnisse der pfälzischen Reichsverwesung in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, im Falle Sachsens jedoch als Folge der Rechtssetzung der Goldene Bulle erst im 16. Jahrhundert; vgl. auch Begert, Böhmen, S. 553 f. 70 Vgl. Winkelmann, Philipp, Bd. 1, S. 55 f. 71 Durch die „Nominierung“ Bernhards von Sachsen konnte er deutlich machen, dass die Mehrheit der Gesamtwählerschaft, die Anhänger Philipps, bei den entscheidenden Wählern nur die Minderheit stellten. Immerhin war genau dies ja auch die Formulierung Innozenz’ III. in seiner „Deliberatio de tribus electis“, und der Papst hatte seine maßgeblichen Informationen über den Thronstreit aus Köln; RNI, Nr. 29 [Hervorhebungen durch den Verf.]: Verum, cum tot vel plures ex his, ad quos principaliter spectat imperatoris electio, in eum [scil. Otto] consensisse noscantur, quot in alterum [scil. Philipp] consenserunt. Innozenz berichtet selbst, dass er von Adolf über die Lage informiert worden sei; vgl. ibid., Nrn. 9 und 11. 72 Allerdings bezeichnet Roger Heinrich schon zuvor als dux Saxoniae, so zum Jahr 1193 im Rahmen des Berichts über seine Heirat der Erbin der Pfalz und zum Jahr 1197, wo seine Abreise ins Heilige Land erwähnt wird. An dieser Stelle wird Heinrich, wie auch im Anschluss an den Passus über das Wahlverfahren, wo Roger dessen nachträgliche Zustimmung zur Wahl seines Bruders überliefert, dux Saxonie,

2. Das Gremium der vier Hauptwähler (1198–1208)

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Reich 1198 als Preis für die Unterstützung seines Bruders von diesem mit dem Herzogtum Sachsen belehnen lassen, auf das er schon immer Ansprüche erhoben hatte.73 Allerdings erscheint es einerseits nicht recht nachvollziehbar, wieso Adolf von Altena einen Fürsten in doppelter Rechtsperson zum Prinzipalwähler stilisiert haben soll, und andererseits ist es mehr als fraglich, ob Adolf das sächsische Herzogtum eines Welfen propagiert hat. Schließlich war der Kölner Erzbischof einer der Nutznießer des Sturzes Heinrichs des Löwen 1180, indem er das Herzogtum Westfalen zu Lehen erhielt. Ein erneuertes sächsisches Herzogtum der Welfen musste er fürchten. Zwar ließ sich Erzbischof Adolf von Otto IV. auch im Namen von dessen Brüdern bereits als Gegenleistung für die Krönung den Verzicht der Welfen auf Westfalen bestätigen, doch die nachmalige Belehnung Heinrichs mit Sachsen und dessen langes Zögern, seinerseits auf Westfalen Verzicht zu leisten, machen es eher unwahrscheinlich, dass der Kölner von sich aus für das sächsische Vorwahlrecht des Welfen eintrat.74 Sofern also Heinrich I. als sächsischer Prinzipalwähler gemeint war, ist seine Hinzurechnung zum Wahlausschuss als Ergebnis des englisch-welfischen Einflusses zu werten. Keinesfalls bedeutet dies aber, dass der welfische Sachse nachträglich anstatt des nunmehr staufischen Trierers als vierter Hauptwähler propagiert worden ist. Denn der vierte Fürst konnte mit absoluter Sicherheit niemals der Trierer oder ein anderer Geistlicher gewesen sein, denn es gilt, abgesehen von der bereits einleitend dargelegten Bedeutung und Tradition der Vierzahl, das Augenmerk auf einen anderen Aspekt der Zusammensetzung zu richten: Es ist nämlich kein Zufall, dass – und dies wurde bislang in der Forschung niemals mit der nötigen Gewichtung zur Kenntnis genommen – sich diese vier aus zwei geistlichen und zwei weltlichen Fürsten zusammensetzen.75 Beide „Arten“ von Reichsfürsten gehörten paritätisch dem Gremium an, und dies ist der entscheidende Punkt. So ist es ja auch bezeichnend, dass nachmals im Sachsenspiegel die ersten an deme kore nicht in irgendeiner beliebigen Reihenfolge genannt werden, sondern fein säuberlich getrennt in geistliche und weltliche Fürsten, letzteren wird ausdrücklich zur Abgrencomes etiam Palatinus de Reno genannt (Rolls series 51,3, S. 225 und 51,4, S. 25 f. und 38 f.). 73 Hucker, Kaiser Otto IV., S. 40–45 und 360. Vgl. auch Heinemann, Heinrich von Braunschweig, S. 302 f. 74 Vgl. Hucker, Kaiser Otto IV., S. 24 f. und 40. 75 So nahm zwar H. Bloch, Kaiserwahlen, S. 307, hiervon Notiz, ohne jedoch irgendeine Schlussfolgerung zu ziehen. Schirrmacher, Entstehung, S. 12, hält Rogers Nachricht zwar gerade wegen dieser Parität für durchaus glaubwürdig, nimmt dann aber letztlich doch zunächst ein Viererkollegium bestehend aus den drei Erzbischöfen und dem Pfalzgrafen an (S. 41 und 44).

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II. Vom Wahlausschuss zum Gremium der Alleinwähler

zung von den ersteren die Kennzeichnung als leien vorangestellt. Wenn dann vom anschließenden Wahlrecht der vorsten alle die Rede ist, dann heißt es auch von ihnen: papen unde leien.76 Man war sich sehr wohl bewusst, dass sich der Wahlkorpus aus zwei unterschiedlichen Wählergruppen zusammensetzte. Beide gleichermaßen zu berücksichtigen war von juristischer und politischer Relevanz. In der Praxis zur Beilegung von Rechtsstreitigkeiten bildeten sich im deutschen Raum im 12. Jahrhundert „Schiedskommissionen“ heraus, die von beiden streitenden Parteien paritätisch zu beschicken waren. Beispiele solcher (weltlicher) Austrägal-Gremien sind dann im 13. Jahrhundert zahlreich.77 Ein Wahlausschuss, wie ihn die electio per compromissum kennt, entstammt auch der Tradition der Schiedsgremien78 und ist ebenfalls hinsichtlich der Mitglieder in Bezug auf den Gesamtkörper formal um Ausgewogenheit und Pluralität bemüht, jedoch ist er normalerweise nicht auf eine duale Parität ausgerichtet. Dies war im Angesicht des Verhandlungsgegenstandes geradezu zwangsläufig, denn es galt ja eine Wahl mit potentiell mehreren Kandidaten zu vollziehen und nicht zwischen zwei Parteien zu entscheiden.79 Der Wahlausschuss Adolfs von Altena sollte – auch als reine Erfindung einer parteiischen Propaganda – nicht nur dem Zweck dienen, durch Reduktion der Wählerschaft leichter zu einem Ergebnis kommen zu können, sondern er war seinem Wesen nach nichts anderes als ein solches Schiedsgremium, in dem theoretisch die verschiedenen Interessengruppen bzw. Wahlparteien gleichberechtigt vertreten sein sollten.80 Letzteres wäre freilich in politisch-faktischer Hinsicht selbst durch ein vor jeder Wahl neu zu besetzendes Gremium kaum zu gewährleisten gewesen81, aber dies war ja von Köln ohnehin nicht beabsichtigt. Stattdessen wurde der PaSachsenspiegel, Landrecht III, 57 § 2 (MGH, Fontes iuris, Bd. 1,1, S. 243). Mitteis, Königswahl, S. 139 Anm. 428, selbst hat ein ebenfalls von Roger von Hoveden überliefertes Beispiel eines vierköpfigen Schiedsgremiums zur Aushandlung eines Waffenstillstandes zwischen Frankreich und England im Jahre 1194 angeführt (Rolls series 51,3, S. 259). 78 Vgl. Maleczek, Abstimmungsarten, S. 114; Schlick, König, S. 91 Anm. 38. 79 Vgl. die Beispiele bei Maleczek, Abstimmungsarten, S. 110–114 und 130 f. Vgl. oben Anm. 49. 80 Dazu, dass die Wahl prinzipiell eine Rechtsfindung ist, ja dass die Wahlversammlung einer Gerichtsversammlung gleichzusetzen und insofern die Kur eine Bezeugung/Verkündung des Urteils ist, vgl. schon Schröder, Rechtsgeschichte, S. 485, der eine entsprechende Auslegung zumindest Eike unterstellt; vgl. auch Schubert, Königswahl, S. 276 und 265 f. Zur Tradition des Kürrufs vgl. Reuling, Entwicklung, passim. 81 Das von Wiegand angeführte Andernacher Gremium (vgl. im Folgenden) wurde ja nach (!) der Wahl von 1198 initiiert, als die Parteien sich ja bereits formiert hatten und es definitiv zwischen zwei bereits gewählten Personen zu entscheiden galt. Vor einer Wahl gab es aber im Zweifelsfall mehrere Kandidaten. Wie viele 76 77

2. Das Gremium der vier Hauptwähler (1198–1208)

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rität in staatsrechtlich-formaler Hinsicht dauerhaft Rechnung getragen, indem man die Aufteilung des Reichsfürstenstandes berücksichtigte und sowohl die Gruppe der weltlichen als auch der geistlichen Fürsten gleichmäßig im Wahlausschuss vertreten sein ließ.82 Gab es 1125 noch vier Gruppen paritätisch zu berücksichtigen (Stämme), so waren dies nun nur noch zwei (Fürsten). Mag damit die duale Parität auch eine Folge der Veränderung der Reichsstruktur gewesen sein, so ist dennoch die Analogie zur Schiedsgerichtsbarkeit signifikant. Dass die Mitteilung eines solchen paritätischen Gremiums durch Roger von Hoveden mit Sicherheit kein Zufall war, wird umso offensichtlicher, da es bei der Wende zum 13. Jahrhundert fast sechsmal soviel geistliche wie weltliche Reichsfürsten gab.83 Das Wahlgremium war somit keineswegs ein Abbild der Realität und sollte es auch nicht sein, sondern vielmehr das Idealbild eines Schiedsgerichts, in dem beide Interessengruppen unabhängig von ihrer Macht und Stärke paritätisch vertreten waren. Auch in Rogers Darstellung des Wahlverfahrens klingt die Schiedsfunktion des Vierergremiums an und dürfte in abgewandelter Form der kölnisch-welfischen Propaganda entsprechen: Die Gesamtheit der Reichsfürsten konnte sich nicht zwischen zwei Kandidaten entscheiden, dies oblag den vier Hauptwählern, und diese entschieden sich (mehrheitlich) für Otto. Die duale Parität ist damit nicht nur eine Konsequenz des veränderten Reichsaufbaus, sondern auch der Tatsache, dass man sich in der konkreten Situation in einer Auseinandersetzung zwischen zwei Lagern befand. In der jüngeren Literatur wurde im Zusammenhang mit dem deutschen Thronstreit und der Entwicklung des Kurkollegs auf ein anderes Gremium verwiesen: Für das Jahr 1200 wurde ein Schiedsgericht bei Andernach geplant, das eine Entscheidung im Thronstreit per Mehrheitsbeschluss herbeiführen sollte.84 Beide Parteien sollten es paritätisch beschicken. Im Falle Parteien hätten also einen Wahlausschuss beschicken sollen? Außerdem kristallisierte sich deren Anhängerschaft zum Teil ja erst im Verlauf der Beratungen heraus. 82 Diese von mir bereits in einem Aufsatz (Begert, Kurkolleg, S. 407 f. und passim) geäußerte Auffassung fand mittlerweile in der Forschung Zuspruch: Rogge, Könige, S. 54. Erkens, Kurfürsten, S. 93 Anm. 519, hat dagegen zu Kaufhold genau bemängelt, dass die Schiedsgerichte ja von den streitenden Parteien be- und eingesetzt wurden, weshalb diese die Entstehung des Kurkollegs nicht beeinflusst haben könnten. Kaufhold seinerseits erklärt das Problem der „Parteien“ im Kolleg nicht. 83 Die Auflistung der 17 weltlichen und der 92 geistlichen Fürsten bei Ficker, Vom Reichsfürstenstande, Bd. 1, S. 264 und 373, und die Korrektur zu letzteren durch die neuere Forschung bei Krieger, Lehnshoheit, S. 162–168. Da Krammer, Kurfürstenkolleg, S. 25, glaubt, das von Köln propagierte Vierergremium habe aus den drei Erzbischöfen und dem Pfalzgrafen bestanden, sieht er ausdrücklich das Übergewicht der geistlichen Reichsfürsten auch in diesem Gremium repräsentiert.

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II. Vom Wahlausschuss zum Gremium der Alleinwähler

der Zusammenstellung dieses Gremiums wurde aber nicht abstrakt verfahren, wie beim „Kölner Modell“, sondern hier sollten wirklich die beiden politischen Lager jeweils acht Fürsten entsenden, wobei der Mainzer Erzbischof als mediator vorgesehen war. Dass dieses Schiedsgericht aber dann nicht Vorbild für das Kurkolleg war, zeigt die Zusammensetzung, denn hier waren von den nachmaligen Kurfürsten nur die drei rheinischen Erzbischöfe vertreten, wobei der Trierer – seinerzeit noch nicht als Prinzipalwähler propagiert – für die staufische „Fraktion“ nur an zweiter Stelle nach dem Salzburger Erzbischof genannt wurde. Kein einziger der nachmals so genannten weltlichen Kurfürsten war hier vertreten.85 Auch zeigt das insgesamt deutliche Übergewicht der geistlichen Fürsten in diesem Schiedsgremium mit 11:5 (den Mainzer nicht eingeschlossen), dass hier keine Verbindung zum Kurkolleg besteht. Letzteres war in seiner Zusammensetzung eben maßgeblich von der Kölner Agitation bestimmt worden. Allerdings beweist dieser Plan des Schiedsgremiums im Jahre 1200 für die Genese des Kurkollegs neuerlich, dass die Idee eines paritätischen Schiedsgremiums von wenigen Fürsten zur Vermeidung bzw. in diesem Fall zur nachträglichen Beseitigung einer strittigen Königswahl nach wie vor präsent und vor allem allgemein akzeptiert war – im Angesicht der aktuellen Lage wohl mehr denn je. Damit wurde die Idee des Wahlausschusses der kölnisch-welfischen Partei indirekt unterstützt und bestätigt.86

Vgl. Krieb, Vermitteln und Versöhnen, S. 58–70, der diesem Gremium jedoch die Funktion eines nach Mehrheit entscheidenden Schiedsgerichts abspricht, da dies damals weder im weltlichen noch im kirchlichen Bereich üblich gewesen sei. Erst mit der Herausbildung des Kurkollegs, das für ihn mit dem Andernacher Fürstenrat in keiner Verbindung steht, sei das Mehrheitsprinzip anwendbar gewesen. S. E. sollte der Mainzer 1200 einen Konsens herstellen. Doch „mediator“ war durchaus die Bezeichnung für den „Ungeraden“, der die Mehrheits-Entscheidung beim Patt eines Schiedsgremiums herbeiführen sollte; vgl. Kaufhold, Interregnum (2000), S. 440 f. und 451. Vgl. zum Andernacher Schiedsgericht daher vor allem Wiegand, Ludowinger, S. 372–383; seine Kritik an Krieb auf S. 417 f. Wiegand, der alleine kanonistisch-kirchenrechtliche und keine weltlichen Grundlagen für die Schiedsgerichtsbarkeit sieht, will dieses Andernacher Schiedsgericht als „Schlüssel zum Verständnis für die gesamte Wahlrechtsentwicklung des 13. Jahrhunderts“ verstanden wissen (365). Dieses Urteil ist sicherlich übertrieben, doch die prinzipielle Erkenntnis, dass es sich beim Kurkolleg um ein Schiedsgericht handelte, ist zutreffend. 85 Es ist daher abzulehnen, wenn Wiegand, Ludowinger, S. 380, die Möglichkeit vorschlägt, dass Roger von Hoveden für seinen Bericht über das deutsche Wahlverfahren das geplante Andernacher Schiedsgericht als Vorlage hatte und er somit kein Beleg für die „kölnische Vorwählertheorie“ sei. Alleine schon Rogers Tod 1201 macht dies unwahrscheinlich, aber vor allem wurden eben von ihm ausdrücklich die weltlichen Fürsten von der Pfalz und Sachsen genannt. Diese waren in Andernach nicht vorgesehen, obwohl sie welfisch-kölnische Parteigänger waren. 84

3. Gremium der sechs Hauptwähler (1209 bis Mitte 13. Jahrhundert)

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3. Das Gremium der sechs Hauptwähler (1209 bis Mitte des 13. Jahrhunderts) Die Zusammensetzung des deutschen Hauptwählergremiums nach kölnisch-welfischer Diktion, wie sie Roger von Hoveden überliefert, wurde jedoch bald von der Geschichte überholt. Denn schon wenige Jahre nach dem Ende des Thronstreites bieten der so genannte Auctor vetus und der Sachsenspiegel Eikes von Repgow zweifellos und eindeutig die Gewähr dafür, dass das Gremium nicht mehr von der „traditionellen“ Vierzahl bestimmt war, sondern nun zu einem sechsköpfigen erweitert wurde.87 Zu den bisherigen vier ersten an deme kore kamen noch der Trierer Erzbischof und der Markgraf von Brandenburg.88 Dabei ist von vornherein davon auszugehen, dass Eike sich nicht nur die Erweiterung nicht ausgedacht hat, sondern genauso wenig die beiden genannten Fürsten. Abgesehen davon, dass man sich schwer tun würde, die Motivation Eikes für eine solche Willkür und Hybris zu erklären, kann man seinem Werk auch keine derartige Autorität zubilligen, dass seiner freien Erfindung schließlich die Reichs- und Wahlverfassung gefolgt wäre!89 Keine Bezüge sind zum französischen Pairskolleg herzustellen. Zwar bildete sich auch dieses abstrakte Gremium Ende des 12. Jahrhunderts aus, doch seine paritätische Zusammensetzung mit sechs geistlichen und sechs weltlichen Fürsten (davon drei Herzöge und drei Grafen) ist für die Zeit von 1216–1225 zumindest nicht nachweisbar, da hier nur neun Pairs belegt sind. Ohnehin geht die gerade Zahl Zwölf auf die legendären Paladine Karls des Großen zurück, die wiederum biblische Vorbilder haben; vgl. Holtzmann, Verfassungsgeschichte, S. 232 f.; Jackson, Peers, S. 30 f. Dagegen geht Buchner, Entstehung, S. 41–48, schon von Anfang an von einer Zwölfzahl aus. Zur symbolischen Bedeutung der Zahl Zwölf vgl. Heinz-Mohr, Lexikon, S. 341. 87 Auctor vetus, I 12, wo nur von namenlosen sex principes, qui primi sunt in [. . .] electione gesprochen wird (MGH, Fontes iuris, Bd. 2,1, S. 64). Dagegen benennt der Sachsenspiegel, Lehnrecht 4,2, die ses vorsten [. . .], de de ersten in des rikes kore sin (ebenso im Ldr. III, 57 § 2 [MGH, Fontes iuris, Bd. 1,2, S. 23 und Bd. 1,1, S. 243]). 88 Auch diese These ist nicht neu. Schon Waitz, Reichstage, S. 217 f., hat Rogers Nachricht ernst genommen und sah im Hinblick auf den Sachsenspiegelparagraphen, dass man Trier „später“ neben Köln und Mainz das Wahlvorrecht zugesprochen hatte. „Bei den weltlichen Fürsten schlossen sich den zwei, welche Erzämter innehatten, naturgemäß die beiden anderen so ausgezeichneten an, und so kam man zur Siebenzahl“. Wenngleich Waitz somit die Adlektion auf das Erzamt zurückführt und zudem für Brandenburg und Böhmen annimmt, da er glaubt, auch der Sachsenspiegel „kennt und nennt sieben Kurstimmen, von denen nur die eine nicht geübt wird“ (206 f.), so muss doch zumindest registriert werden, dass auch er von einer nachträglichen Ergänzung des von Roger überlieferten Gremiums ausgeht. 89 Vgl. schon Lintzel, Entstehung, S. 448 f., mit seiner grundsätzlichen Kritik an der These, Eike habe das Kurrecht des Sachsen und des Brandenburgers „erfunden“, was dann Reichsrecht geworden sei. 86

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II. Vom Wahlausschuss zum Gremium der Alleinwähler

Warum die Vergrößerung des Wahlausschusses um diese zwei Mitglieder vorgenommen wurde, ist offensichtlich: Es ging im Sinne der zu symbolisierenden und wiederherzustellenden Reichseinheit um die Versöhnung der beiden sich im staufisch-welfischen Thronstreit gegenüberstehenden Lager, was sich auch in der Besetzung des Hauptwählergremiums (wie schon 1200 beim Andernacher Schiedsgericht) niederschlagen sollte und musste. Es bleibt nur die Frage, wann diese Erweiterung erfolgte. Zwar ist der Auctor vetus die lateinische Vorlage für das Lehnsrecht des zwischen 1220 und 1235 entstandenen Sachsenspiegels, doch lässt sich dadurch keine Datierung ansetzen. Aber unabhängig davon, ob die Erweiterung unter Otto IV. oder Friedrich II. stattgefunden hat, eine solche „Verfassungsänderung“ wurde sicherlich nicht in Abwesenheit des Königs vorgenommen. Da Friedrich II. im Sommer 1220 Deutschland für die nächsten 15 Jahre verließ, muss als terminus ante quem der August 1220 angesehen werden. Kam es aber nun unter Otto IV. zur Erweiterung des Hauptwählergremiums als Zeichen für die bzw. als Mittel zur Aussöhnung mit dem bisher gegnerischen Lager oder aber erst unter Friedrich II., nachdem dieser 1218 durch den Tod Ottos endgültig unangefochtenes und allgemein anerkanntes Reichsoberhaupt wurde? Angesichts der beiden „neuen“ Fürsten für das Haupt- bzw. Vorwählergremium ist diese Zeit weiter einzugrenzen. Da aufgrund des paritätischen Verhältnisses zwingend davon auszugehen ist, dass beide Fürsten gleichzeitig und nicht getrennt von einander adlegiert wurden, ist nach den Perioden zu suchen, in denen sich der Trierer und der Brandenburger im gleichen Lager befanden. Der Trierer Erzbischof war seit 1198 mehr oder weniger Anhänger Philipps, erkannte dann 1208 Otto an, um sich 1212 Friedrich II. zuzuwenden.90 Der Brandenburger war zwar ebenfalls bis 1208 im staufischen und dann im welfischen Lager, doch vollzog er den Wechsel zu Friedrich II. erst kurz vor dem Tod Ottos IV. 1218.91 Da Markgraf Albrecht II. dann im Frühjahr 1220 starb und nur zwei minderjährige Söhne hinterließ, die bei der Wahl Heinrichs (VII.) im Mai desselben Jahres schwerlich in Erscheinung treten konnten, um ihr Wahlrecht oder gar ihr Vorwahlrecht auszuüben, konnte also auch die konkrete Wahl von 1220 nicht der Anlass für die Aufnahme des Brandenburgers in den Kreis der Vorwähler gewesen sein. Somit bleiben für die Erweiterung des Wahlausschusses um Trier und Brandenburg nur die Jahre 1208–1211/12 und 1218/19, als beide gemeinsam mit den vier 90 Bereits Erzbischof Johann zog sich 1211 von Kaiser Otto zurück, doch sein Nachfolger Dietrich von Wied stellte sich 1212 offen auf die Seite Friedrichs und nahm an dessen dritter Wahl teil; vgl. Winkelmann, Philipp, Bd. 2, S. 270, 274, 301, 330 und 333. 91 Gesta archiepiscoporum Magdeburgensium (MGH, SS 14, S. 421). Vgl. auch Winkelmann, Philipp, Bd. 2, S. 462.

3. Gremium der sechs Hauptwähler (1209 bis Mitte 13. Jahrhundert)

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Fürsten des alten Wahlausschusses dem allgemein anerkannten römischen König bzw. Kaiser anhingen. Über die Aufnahme des Trierers lassen sich dabei keine weiteren Erkenntnisse gewinnen. Die Motivation, warum man ihn auswählte (schließlich wären theoretisch auch die Erzbischöfe von Salzburg, Bremen oder Magdeburg möglich gewesen), dürfte offenkundig seine Stellung als ältester Erzbischof des Reiches und vor allem seine Rolle bei der Aachener Krönung gewesen sein, bei der ihm die Marbacher Annalen die Funktion als Inthronisator des neuen Königs zuweisen.92 Nicht zuletzt um seinen Parteiwechsel hat sich die Kurie während des Thronstreits nachhaltig bemüht, was seine Bedeutung unterstreicht.93 Anders sieht dies bei der „Erhebung“ des Brandenburgers zum Hauptwähler aus. Die Überlegung befriedigt kaum, man hätte hierdurch (ähnlich wie beim französischen Pairskolleg94) mit dem Markgrafen neben dem Herzog und dem Pfalzgrafen fast jeden weltlichen Fürstenrang im Gremium vertreten gehabt, denn dann hätte man auch einen anderen Markgrafen nehmen können oder den Landgrafen von Thüringen, der nachweislich 1208 auf dem Halberstädter Wahl- bzw. Huldigungstag agierte. Ja, wäre ein konkreter Wahlakt entscheidend für die Bestimmung des neuen weltlichen Prinzipalwählers gewesen, dann wäre die Wahl sicherlich nicht auf den Markgrafen von Brandenburg gefallen, denn dieser hatte sich im Thronstreit nachweislich nicht hervorgetan. An keiner der Wahlen hatte er teilgenommen, weder 1198, noch 1205 oder 1208.95 Da aber auch das erbliche Amt eines Erzkämmerers dem Markgrafen von Brandenburg für diese frühe Zeit nicht zugewiesen werden kann96, muss der Grund für seine neue Rolle als herausragender Wahlfürst in einem anderen Bereich gesucht werden. Annales Marbacenses, a. 1198 (MGH, SSrG i. us. schol. 9, S. 71). Vgl. auch Buchner, Entstehung, S. 240 f.; W. Becker, Kurfürstenrat, S. 50. 93 Vgl. Meiers, Erzbischof Johann, S. 98–106. 94 Vgl. oben Anm. 86. 95 Vgl. Krammer, Ursprung, S. 18; Arnold von Lübeck, Chronica Slavorum 7,13 (MGH, SSrG i. us. schol. 14, S. 285). Assing, Aufstieg, S. 327 f., will Markgraf Otto II. zu Unrecht als Wähler Philipps 1198 ausmachen, nur weil die Speyerer Erklärung vom Mai 1199 an den Papst auch in seinem Namen erging. Hier steht jedoch auch der Böhme, der nachweislich nicht an den Wahlakten beteiligt war. Assing betont aber zumindest, dass damals der Brandenburger bzw. seine Stimme gering geachtet wurde und er unbedeutend war. 96 Selbst Boshof, Erstkurrecht, S. 104 f., muss ein völliges „Versagen“ der Quellen bezüglich der Erzämter bei Pfalz und Brandenburg für das 12. Jahrhundert konstatieren. Dennoch behauptet er, „in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts werden beide Fürsten [scil. Albrecht der Bär und sein Sohn Otto als Markgrafen von Brandenburg] in den Besitz des Erzamtes gelangt sein“. Hierfür kann er aber einzig Arnolds von Lübeck Bericht zum Mainzer Hoffest von 1184 anführen (vgl. hierzu 92

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II. Vom Wahlausschuss zum Gremium der Alleinwähler

Fündig wird man ggf. auf der politisch-dynastischen Ebene, denn Markgraf Albrecht II. von Brandenburg war Askanier und Neffe Herzog Bernhards III. von Sachsen. Doch wie bereits erwähnt, nannte sich der welfische Pfalzgraf bei Rhein, Heinrich I., auch Herzog von Sachsen, machte seine Ansprüche auf das väterliche Erbe geltend und wurde schließlich Ende 1198 von seinem Bruder Otto IV. als sächsischer Herzog belehnt. Es erscheint daher sehr gut möglich, dass das Brandenburger Vorwahlrecht eine Folge des welfisch-askanischen Dualismus wegen des sächsischen Herzogtitels war. Um die Askanier zu beruhigen bzw. zu entschädigen, wurde ihnen für die unstrittige Markgrafschaft Brandenburg das Recht zuerkannt, einen der Hauptwähler zu stellen. Allerdings hatte Otto IV. 1208 die Restitution seines (1204 zu Philipp übergelaufenen) Bruders in Sachsen zurückgenommen und den Askanier Bernhard als sächsischen Herzog voll anerkannt, während er seinen (nach Philipps Tod ebenfalls wieder zu ihm zurückgekehrten) Bruder nur mehr als Pfalzgrafen bezeichnete.97 Eine weitere Satisfaktion der Askanier, noch dazu zugunsten der „unauffälligen“ Brandenburger Linie, scheint somit unter Otto IV. eher unnötig gewesen zu sein. Anders verhält es sich bei der „Reichseinigung“ unter Friedrich II. 1218/19. Der Staufer hatte 1214 die rheinische Pfalzgrafschaft den Wittelsbachern übertragen, sodass Heinrich I. als Pfalzgraf nicht mehr dem Hauptwählergremium angehören konnte, wenngleich er weiterhin diesen Titel führte (dies tat er, obwohl er seinem gleichnamigen Sohn, der 1214 kinderlos starb, 1213 die Herrschaft am Rhein überlassen hatte98). Doch anscheinend gestand Friedrich dem Welfen 1219 auf Lebzeiten „eine“ sächsische Herzogswürde zu, die das askanische Herzogtum reduzierte, zumindest aber mit diesem titular kollidierte. Der Askanier Albrecht I. wurde zwar von der königlichen Kanzlei zumeist als sächsischer Herzog bezeichnet, doch finden sich auch die Anreden als Herzog von Bernburg oder von Engern, während Heinrich nicht nur als Herzog von Braunschweig, sondern auch als dux SaAnm. 107). Des Weiteren bemüht er die Verhältnisse in England und Frankreich, weshalb eben auch in Deutschland die Erblichkeit der Erzämter eingetreten sein müsse. Dies ist ebenso unzulässig wie der Versuch, die Übertragung des Schwertträgerdienstes an den Sachsen 1199 als Beweis für dessen Marschallamt zu nehmen, weil es ab dem ausgehenden 13. Jahrhundert mit diesem in Verbindung gebracht wurde – zumal Boshof selbst betont, dass der Schwertträgerdienst ursprünglich nicht das Geringste mit dem Marschallamt zu tun hatte (ibid., S. 101–104). Vgl. auch Krammer, Ursprung, S. 4 f. und 11 f.; Assing, Aufstieg, S. 341–345. 97 Vgl. Hucker, Kaiser Otto IV., S. 44 f.; Heinemann, Heinrich von Braunschweig, S. 303 f. Dieser titulierte sich freilich selbst weiterhin als Pfalzgraf und als Herzog von Sachsen; vgl. z. B. die Urkunden, die Heinemann, ibid., S. 324 ff., abdruckt. 98 Vgl. Winkelmann, Philipp, Bd. 2, S. 341; Heinemann, Heinrich von Braunschweig, S. 154 f.

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xonie tituliert wurde!99 Wenngleich diese Beschränkung der sächsischen Askanier 1219 anscheinend nur für die Zeit bis zu Heinrichs I. Tod († 1227) konzipiert war, mussten die Askanier dennoch die Welfen weiter fürchten, denn nachdem schon Heinrichs Bruder Wilhelm († 1213) 1208 zum Herzog von Lüneburg geworden war, sollte dessen Sohn Otto schließlich im Jahre 1235 von Friedrich II. zum Herzog von Braunschweig erhoben werden.100 Eine Entschädigung oder eine Maßnahme zur Kompensation der beschnittenen askanischen Rechte bzw. eine Art „Pfand“ scheint daher 1219 angebrachter gewesen zu sein als 1208/09, wenn man von der damaligen Erhebung Wilhelms absieht. Allerdings bleibt die Frage, warum Friedrich II. eine prinzipielle Erweiterung des Wahlausschusses 1218/19 überhaupt für notwendig befunden haben sollte. Der Mainzer und der Kölner hatten ihn 1212 gewählt, 1214 hatte er die Pfalzgrafschaft den ihm treu ergebenen Wittelsbachern zugesprochen. Damit hatte er die Mehrheit des „alten“ Gremiums hinter sich. Hätte es wirklich Sinn gemacht, den Brandenburger aus dem ehemals welfischen Lager als symbolische Geste für die Versöhnung beider Parteien zu einem Hauptwähler zu machen? Schließlich hätten damit zwei „Welfen“ vier „Staufern“ gegenüber gestanden, wenn man den ebenfalls adlegierten Trierer berücksichtigt. Das Verhältnis wäre also politisch nach wie vor unausgewogen gewesen. Dabei bleibt es auch unerklärlich, wieso Friedrich II. den Trierer Erzbischof erst 1219 zum Hauptwähler hätte machen sollen, nachdem ihn dieser schon 1212 gewählt hatte und zu seinem treuesten Anhang gehörte. Zuletzt ist noch fragen, bei welcher Gelegenheit diese „Verfassungsänderung“ hätte erfolgen sollen. Auf dem Hoftag zu Goslar im Juli 1219, wo die Unterwerfung und Belehnung Heinrichs von Sachsen stattfand, war zwar just auch Albrecht von Brandenburg anwesend sowie Pfalzgraf Ludwig, aber die geistlichen Prinzipalwähler fehlten – auch der Trierer, der bei seiner „Erhebung“ doch hätte zugegen sein müssen.101 Hier war daher kaum das nötige Umfeld, um das Wahlgremium zu erweitern. Bis zur Wahl vom April 1220 gab es aber keine weiteren Möglichkeiten mehr, und hier fehlten ja – wie bereits erwähnt – die minderjährigen Markgrafen.102 99 Vgl. Hucker, Kaiser Otto IV., S. 347–351 und 365 f.; Stürner, Friedrich II., Bd. 1, S. 186 Anm. 2; Heinemann, Heinrich von Braunschweig, S. 305 f. Besonders auffällig ist die Gegenüberstellung von Heinrich als dux Saxonie und Albrecht als dux Angariae in einem Diplom Heinrichs (VII.) von 1223 (MGH, Const. 2, Nr. 281). 100 Vgl. Hucker, Kaiser Otto IV., S. 44 f. und 372. MGH, Const. 2, Nr. 197. 101 Vgl. die Zeugenlisten in Regesta imperii 5,1, Nrn. 1025 f.; Winkelmann, Kaiser Friedrich II., Bd. 1, S. 21–24. 102 Für die Adlektion erscheint es irrelevant, dass damals zumindest der Lehnsvormund, der Erzbischof von Magdeburg, und der „private“, der Landrechtsvor-

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In den Jahren, als Otto IV. allgemein anerkannt war (1208–1211), ist die Situation jedoch eine andere. Die Erweiterung des Wahlausschusses ist für diese Zeit wesentlich „sinnvoller“, selbst wenn nicht zweifelsfrei ersichtlich ist, warum der Brandenburger adlegiert wurde (eventuell sollte damit doch die Aussöhnung zwischen Welfen und Askaniern unterstrichen werden, zumal just damals auch Ottos Bruder Wilhelm zum Herzog von Lüneburg erhoben wurde). Denn während die ursprünglichen vier Fürsten des von Roger von Hoveden überlieferten Gremiums Anhänger des welfischen Lagers waren, gehörten die beiden adlegierten Fürsten, der Trierer und der Brandenburger, im Thronstreit zum Lager des Staufers. Bedenkt man aber, dass ab 1208 Otto IV. den Askanier Bernhard und nicht mehr seinen Bruder Heinrich als sächsischen Herzog anerkannte103, dann befanden sich somit drei Anhänger der Welfen (Mainz, Köln, Pfalz104) und drei Anhänger der Staufer (Trier, Sachsen, Brandenburg) im Ausschuss der Prinzipalwähler. Symbolträchtiger hätte man die 1208 entstandene bzw. entstehende neue Einheit des Reiches, die (vermeintliche) Überwindung des staufisch-welfischen Gegensatzes nicht darstellen können, als durch die paritätische Besetzung des Wahlausschusses mit Anhängern beider Seiten. Aber wann und bei welcher Gelegenheit fand die Neugestaltung des Wahlausschusses statt? Auf der Versammlung von Halberstadt 1208, wo die sächsischen Fürsten Otto IV. wählten oder ihm doch zumindest huldigten, fehlte anscheinend der Markgraf von Brandenburg. Auf dem kurze Zeit später abgehaltenen Hoftag in Frankfurt kamen nur die Fürsten von Franken, Bayern und Schwaben, aber auch der Trierer Erzbischof zusammen, um sich Otto anzuschließen.105 Damit konnte offenkundig keine konkrete Wahl mund, Graf Heinrich I. von Anhalt, anwesend waren; vgl. Erkens, Kurfürsten, S. 107 f. Bei dieser Wahl war auch kein sächsischer Herzog vor Ort, weder Herzog Heinrich noch Herzog Albrecht nahmen teil. 103 Vgl. Hucker, Kaiser Otto IV., S. 44. 104 Heinrich I. war 1204 ins Lager Philipps übergelaufen, was in dem Bemühen geschah, seine Reichslehen am Rhein und das sächsische Herzogtum zu erhalten. Die Beziehung zum Staufer kühlte jedoch schnell ab. Es war Heinrich, der als erster nach Philipps Tod die allgemeine Anerkennung seines Bruders betrieb und nachhaltig beförderte, sodass er – auch trotz der kurzen Episode von 1204–1208 – sehr wohl zur welfischen Partei zu rechnen ist, zumal er selbst ein Welfe war; vgl. Hucker, Kaiser Otto IV., S. 361–363. Ebenfalls lief 1204 Erzbischof Adolf von Köln zu Philipp über, doch dieser wurde daraufhin gebannt und abgesetzt. Mit Bruno wurde ein welfischer Anhänger zum neuen Kölner Erzbischof erhoben und wenngleich Adolf nicht verzichtete und 1212 schließlich wieder als Erzbischof Anerkennung fand, blieb für Otto auch nach 1204 der Kölner Metropolit kontinuierlich in seinem Lager. Vgl. Winkelmann, Philipp, Bd. 1, S. 324 f., 334 f., 361–363 und 366–370. 105 Arnold von Lübeck, Chronica Slavorum 7,13 f. (MGH, SSrG i. us. schol. 14, S. 285 f.). Zum Erzbischof von Trier vgl. Winkelmann, Philipp, Bd. 2, S. 123.

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oder wahlähnliche Versammlung Vorbild oder Anlass für die „Verfassungsänderung“ sein, doch bietet sich ein anderes Ereignis an: der Würzburger Hoftag von 1209, bei dem es vor allem um die Aussöhnung der ehemaligen Streitparteien ging und sich Otto hier sinnfällig mit Philipps von Schwaben Tochter Beatrix verlobte. Hier waren neben dem Markgrafen Albrecht und dem Trierer Erzbischof Johann auch alle anderen nachmaligen Kurfürsten (inklusive des Böhmen) anwesend. Ein konstituierender Akt, ein Beschluss oder ein Reichsgesetz, über die Zahl und die Personen der Hauptwähler sowie ihre Funktion und den Ablauf eines künftigen Wahlaktes ist prinzipiell wahrscheinlich, ja erscheint aufgrund der Materie des Hoftages zwingend notwendig, wenngleich er durch keine Quelle bezeugt ist.106 Schon Hädicke hat diesen wichtigen Hoftag für die Zuweisung der Erzämter an die (nachmaligen) weltlichen Kurfürsten ins Auge gefasst.107 De106 Diese These vertrat im Kern schon Schirrmacher, Entstehung, S. 12–16 und 37–45, wenngleich er zu den vier rheinischen Fürsten den Sachsen und den Brandenburger hinzutreten sieht. Zwar stützte er seine Theorie mit einer angeblichen Quelle, wonach das Kurkolleg auf einem Hoftag in Frankfurt (einen solchen setzt Schirrmacher dann für den März 1209 an) per Gesetz geschaffen worden sein soll, doch erklärt er von Anfang an, dass die Entlarvung dieser von Goldast überlieferten Nachricht als Fälschung nichts über die Richtigkeit seiner These aussage. Wilmanns, Reorganisation, S. 31, datierte die Bestimmung der (drei weltlichen) Kurfürsten auf den Würzburger Hoftag vom Mai 1209 (seine Annahme, die Kurfürstenfabel sei zutreffend und schon zu Zeiten Ottos III. und Gregors V. sei ein siebenköpfiges Kurkolleg bestehend aus den drei rheinischen Erzbischöfen und vier weltlichen Fürsten gegründet worden, das dann Otto IV. „reorganisiert“ habe, ist freilich unsinnig). Die Kritik an beiden Autoren von Winkelmann, Geschichte, passim, und Meyer, Forschungen, passim, läuft bezüglich deren Grundthese ins Leere. Schließlich mahnen Winkelmann und Meyer letztlich nur die fehlenden Quellen bzw. die teilweise fabulösen Herleitungen, Schlussfolgerungen und Beweisführungen an, ohne jedoch die Möglichkeit eines Beschlusses auf einem Hoftag im Jahre 1209 wirklich ausschließen zu können; vgl. in demselben Tenor auch Waitz, Reichstage, S. 201–206. 107 Vgl. Hädicke, Kurrecht, S. 85; Buchner, Entstehung, S. 220 f., widerspricht zwar Hädicke hinsichtlich der erstmaligen Zuweisung der Ämter an die vier Fürsten auf diesem Hoftag (dies sieht er nur bedingt beim Pfälzer), geht jedoch ebenfalls von deren Ausübung durch die vier Fürsten des Sachsenspiegels aus; Arnold von Lübeck, Chronica Slavorum 7,17 (MGH, SSrG i. us. schol. 14, S. 289–291); vgl. Regesta imperii 5,1, Nr. 280b; Waitz, Reichstage, S. 204; zu den hier geäußerten Bedenken bezüglich der Teilnehmer gilt es auf die weitgehende Deckungsgleichheit von Arnolds Angaben zum Hoftag von Braunschweig und entsprechenden Zeugenlisten zu verweisen (Regesta imperii 5,1, Nr. 278 und Arnold von Lübeck, Chronica Slavorum 7,16 [MGH, SSrG i. us. schol. 14, S. 288]), was seine Glaubwürdigkeit unterstreicht. Zu überlegen ist, ob nicht Arnolds von Lübeck, Chronica Slavorum 3,9 (MGH, SSrG i. us. schol. 14, S. 88), viel bemühter Bericht über das Mainzer Hoffest von 1184, wonach Officium dapiferi sive pincerne, camerarii vel marscalci, non nisi reges vel duces aut marchiones amministrabant, eine Rückprojektion des Autors ist, um die Vorgänge auf dem Hoffest 1209 als althergebracht und traditionell zu bele-

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finitiv erhielten diese ihre Reichsämter zumindest vor dem Interregnum, da sie bereits währenddessen zur Legitimation des Wahlrechtes herangezogen wurden und schließlich 1273 die Kurfürsten ihre Ämter auch beim Krönungsmahl König Rudolfs versahen.108 Ein Indiz für eine bereits 1209 vollzogene Verquickung von Prinzipalwahlrecht und Hofamt könnte der Engländer Gervasius von Tilbury mit seinen zwischen 1209 und 1214 für Otto IV. entstandenen „Otia imperialia“ liefern. Darin spricht er von den palatini, also den Hofbeamten, denen das Wahlrecht zugestanden habe.109 Treffen diese Überlegungen zu, wäre damit auch die Verknüpfung von Kurrecht und Erzamt in Eikes Paragraphen erklärt.110 gen. Schließlich gab es 1184 keinen König (von Böhmen), der einen Hofdienst hätte ausüben können, sehr wohl aber 1209. Zur Datierung der Chronik vgl. Hucker, Chronik, S. 111–115. 108 Vgl. Begert, Böhmen, S. 35 f. Nur die Könige von Böhmen waren höchstwahrscheinlich bereits seit Beginn des 12. Jahrhunderts erblich im Besitz des Reichsschenkenamtes; vgl. ibid., S. 62 f. 109 Gervasius von Tilbury, Otia imperialia 2,19 (MGH, SS 27, S. 380 f.). Dabei bezieht sich diese Nachricht auf die Zeit vor Heinrich VI., wofür sie natürlich unzutreffend ist. Allerdings kann hier sehr wohl eine bedingte Rückprojektion vorliegen; vgl. Boshof, Erstkurrecht, S. 118; dagegen Mitteis, Königswahl, S. 43 Anm. 87. Wenn Gervasius erklärt, die Wahl durch die palatini sei durch Heinrichs Gesetz vom Erbrecht abgelöst worden, dann übergeht er, dass der Kaiser mit seinen Plänen für ein Erbreich letztlich doch scheiterte; vgl. Rogge, Könige, S. 34 f. Jedoch hatte Gervasius engste Beziehungen zu Otto IV., traf mit ihm 1209 anlässlich von dessen Kaiserkrönung in Rom zusammen und wurde vom Welfen zum Marschall des Arelats ernannt; vgl. Wolf, Gervasius, S. 416 f. Gervasius hätte damit aus erster Hand erfahren können, dass (seit neuestem „wieder“) die palatini für die Königswahl im besonderen Maße zuständig waren, nachdem die Staufer ein Erbreich durchzusetzen versucht hatten. Anzuführen ist an dieser Stelle auch die Fürstenliste des Chronicon pontificum et imperatorum Romanorum (ed. Pertz, S. 628) aus dem ersten Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts. In einem kurze Zeit später (vgl. Lindner, Königswahlen, S. 170 Anm. 1), noch vor dem Sachsenspiegel erfolgten Nachtrag zum Pfalzgrafen wird dieser als summus in electione imperatoris bezeichnet. Dies kann als Reaktion auf die Kölner Agitation während Thronstreits oder aber als Reaktion auf die jüngsten rechtswirksamen Ereignisse unter Otto IV. gewertet werden. 110 Vgl. hierzu auch die These von Schubert, Königsabsetzung, S. 234 f., wobei er Eike unterstellt, aufgrund von Analogiebildungen und theoretischen Überlegungen letztlich doch selbstherrlich die „Fiktion von Erzämtern“ geschaffen zu haben. Doch können diese von Schubert Eike unterstellten Überlegungen auch von den Reichsfürsten und dem König angestellt worden sein und dann zur Zuweisung der Erzämter an die drei weltlichen Erstkieser geführt haben. Grundlage für Schuberts These ist die Tatsache, dass die weltlichen Kurfürsten erst im letzten Viertel des 13. Jahrhunderts begannen, sich ihrer Erzamtstitel zu bedienen; vgl. ders., Erz- und Erbämter, S. 208–211; Wolf, Entstehung, S. 49–51. Jedoch hatten diese Reichsämter zunächst keine größere politische Bedeutung, da es ja nur die Prinzipal- und nicht die Alleinwähler betraf. Außerdem gibt es sehr wohl Indizien, dass sie schon früher auf diese Ämter legitimatorisch rekurrierten; vgl. Begert, Böhmen, S. 33–37.

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Eikes Darstellung des Wahlaktes verdeutlicht zugleich, dass nun keineswegs von den sechs Wählern behauptet wurde, sie seien unbedingt für eine Wahl erforderlich und sie würden letztlich über den künftigen König entscheiden. Stattdessen wird zu den ersten an deme kore ausdrücklich von Eike erklärt, dass sie niemanden nach ihrem mutwillen küren sollten, sondern den, der von allen Fürsten gewählt worden sei. Dies zeigt, dass Eike hier mehr von einer symbolischen Rolle der Erstkieser ausging und ihnen nicht mehr die Stellung eines Schiedsgremiums, eines Wahlausschusses zusprach. Auch dies dürfte auf die Ergebnisse des Hoftages von 1209 zurückzuführen sein. Die alte kölnisch-welfische „Kampf-These“ konnte nicht mehr aufrechterhalten werden, sondern das Wahlrecht der Gesamtheit der Reichsfürsten musste auch in der Theorie wieder als entscheidend anerkannt werden. Die Mehrheit aller Reichsfürsten, derer sich Otto IV. ja 1208 sicher sein konnte, sollte (wieder) verbindlich für die Königswahl sein. Dagegen sollten die Prinzipalwähler, deren Zusammensetzung maßgeblich auf die Kölner Propaganda zurückging, nur ein symbolisches Vorrecht haben.111 Dennoch war in dem zeremoniellen Vorrecht der Prinzipalwähler bereits der Grundstein zur Entwicklung eines bestimmenden Wahleinflusses angelegt. In der Praxis mussten die Prinzipalwähler im weiteren Verlauf mit ihrem Kürruf geradezu zwangsläufig entscheidend werden, während den übrigen Fürsten, zunächst (nach vorangegangener Wahl) nur zeremoniell, später aber auch realiter lediglich die abschließende Akklamation zukam.112 Wenngleich somit die Erweiterung und rechtliche Etablierung des Prinzipalwählergremiums zwar mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auf das Jahr 1209 zu datieren ist, so ist diese chronologische Einordnung nur eine Vermutung aufgrund einer Indizienkette. Absolut jenseits aller Spekulation ist jedoch die Tatsache, dass auch weiterhin für den Wahlausschuss die symbolhafte Parität von geistlichen und weltlichen Fürsten als rechtlich entscheidend und notwendig angesehen und deshalb beibehalten wurde. Ein mediator wie im Andernacher Schiedsgremium wurde nicht hinzugezogen – Andernach hatte eben keinerlei Bedeutung für die Genese des Kurkollegs. Die Parität ist als Prämisse zu sehen, weshalb nochmals zu betonen ist, dass definitiv von einer gleichzeitigen Adlektion des Trierers und des Brandenburgers auszugehen und die etwaige These abzulehnen ist, ersterer sei 1212, letzterer 1219 zum Erstkieser geworden. Wenn ein neuer Geistlicher adlegiert wurde, dann musste zwangsläufig auch ein neuer Weltlicher hin111 Zur Tradition des Kürrufs vgl. Reuling, Entwicklung, passim; vgl. auch Erkens, Kurfürsten, S. 35 f. 112 Vgl. z. B. Mitteis, Rezension, S. 126.

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zugenommen werden oder umgekehrt.113 Eine gerade Zahl von Fürsten war absolut unerlässlich. Dies erklärt wiederum die zwingend notwendige Ablehnung jedes weiteren Mitgliedes für dieses Gremium. Es ist müßig darüber zu spekulieren, ob den drei weltlichen Erstkiesern von Otto IV. oder schließlich erst von Friedrich II. die Erzämter zugewiesen wurden, um ihre bevorrechtete Position analog zu Koronator, Inthronisator und wahlleitendem/erstwählendem Reichskanzler zeremoniell abzusichern.114 Fakt ist, dass es eben vier große Hofämter gab, aber nur drei weltliche Vorwähler, weshalb die Verknüpfung mehr als unglücklich war. Durch die Verbindung von Wahlvorrecht und Erzamt lag es auf der Hand, dass dem vierten Reichsehrenbeamten, dem schenke des richs, dem König von Böhmen, prophylaktisch die Stellung als Erstkieser abgesprochen werden musste (diese ansonsten unnötige Ablehnung des Böhmen beweist die kausale Intention in Eikes Aufzählung115), wenngleich Friedrich II. zumindest dessen „normales“ Wahlrecht noch 1212 ausdrücklich betont und bestätigt hatte.116 Die Parität von Geist- und Weltlichkeit im Ausschuss der Erst- bzw. Vorwähler durfte nicht durch einen weiteren weltlichen Fürsten beseitigt werden.117 113 Schirrmacher, Entstehung, S. 44 mit Anm. 3, hat im Endresultat des Hoftages von 1209 sehr wohl die Parität von geistlichen und weltlichen Fürsten als beabsichtigt erkannt, weshalb er erklärt, dass der Erzbischof von Magdeburg auch deshalb nicht als Vertreter der sächsischen Geistlichkeit in das Kollegium kam, da damit die Parität zwischen Geist- und Weltlichkeit aufgehoben worden wäre. 114 Es ist ebenso wie hinsichtlich der „Auswahl“ der Fürsten abzulehnen, dass Eike von Repgow dies eigenmächtig getan und seine Erfindung dann allgemeine Anerkennung im Reich gefunden hat. Vgl. zur älteren Literatur in dieser Frage Buchner, Entstehung, S. 150 f. Anm. 2. 115 So beispielsweise auch Boshof, Erstkurrecht, S. 94 f.; vgl. auch Lintzel, Entstehung, S. 451. Dies zeigt jedoch gerade, so erklärt Erkens, Kurfürsten, S. 12, zu Recht, dass die „Erzämtertheorie“ damit keine Erfindung Eikes gewesen sein kann, denn „niemand erfindet zur Begründung eines neuen Rechtszustandes eine Theorie, die er selbst in Teilen sofort wieder entkräften muß“; vgl. auch Mitteis, Königswahl, S. 173. 116 In der sog. Sizilischen Goldbulle (MGH, Const. 2, Nr. 43) wurde Otakar neben zahlreichen Privilegien ausdrücklich bestätigt, er habe Friedrich als primus inter alios principes gewählt. Diese Feststellung lieferte dem Böhmen aber auch ein Argument, sein Teilnahmerecht am Wahlgremium als einer der Erstkieser zu fordern. Es gilt noch zu erwähnen, dass in der Urkunde das Schenkenamt des Böhmen nicht berücksichtigt wird, auch nicht im Zusammenhang mit der Wahl. Hieraus allerdings den Schluss ziehen zu wollen, die Erzämtertheorie, wie sie Eike vertrat, sei damals noch nicht existent gewesen, wäre unzulässig; vgl. auch die Einschätzung von Erkens, Kurfürsten, S. 70 und 79, wobei ihm aber zu widersprechen ist, Eike habe nur das Kur-, nicht aber das Wahlrecht des Böhmen bestritten; vgl. dazu Begert, Böhmen, S. 45–49. 117 Dass diese Ablehnung nicht mit der Beibehaltung der geraden Zahl an Hauptwählern begründet wurde, sondern anderweitige staatsrechtliche Argumente ins Feld geführt wurden, um konkret den Böhmen auszuschließen (vgl. Begert, Böhmen,

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Doch wie sah es mit dem wohl 1209 erweiterten und von Eike beschriebenen Gremium der Erstkieser in der Praxis aus? Blieb es – wie schon in Zeiten des Thronstreits – bloße Theorie und man erinnerte sich dessen erst wieder in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts? In diesem Falle wäre in der Tat die These vom konstituierenden Rechtsakt 1209 zweifelhaft. Bis zur Erhebung Friedrichs II. zum Gegenkaiser 1211 und seiner dritten Wahl 1212 blieb das Gremium wohl wirklich nur reine Theorie. Doch zur ersten Wahl, die jenseits aller Thronkämpfe stattfand, der Erhebung Heinrichs (VII.) 1220, berichtet der Reichskanzler Konrad von Metz von vota tam electorum quam etiam omnium principum et nobilium Teutonie118 und belegt damit erstmals unzweifelhaft die Existenz einer von der Gesamtheit der Reichsfürsten zu unterscheidenden Gruppe von Wahlfürsten. Gleichwohl werden die entsprechenden Fürsten von Konrad nicht benannt und es war damals neben den drei rheinischen Erzbischöfen mit Pfalzgraf Ludwig auch nur ein weltlicher Fürst des Sechsergremiums anwesend (keine Parität!).119 Dass es ein solches Gremium gegeben hat, zeigt auch das stete Bemühen des böhmischen Königs, hierzu zu gehören, wofür nicht zuletzt Eikes ausdrücklicher Ausschluss selbst ein Beleg ist.120 1237 ist Wenzel I. der „Einbruch“ in das Gremium der Erstkieser erstmals gelungen, denn wenngleich das Dekret über die Wahl Konrads IV. elf Fürsten kennt, die Konrad gewählt haben, berichten die Marbacher Annalen, dass nur vier (!) Fürsten wirklich gewählt hätten, während die anderen lediglich ihren Konsens hierzu gegeben, nur mehr akklamiert hätten. Zwar hatten – unter ZugrundeS. 45–78), ist irrelevant. Schließlich hätte dieser ja weiterhin seine Adlektion fordern und konsequent gleichzeitig die Hinzunahme eines weiteren Erzbischofs anregen können. Vielleicht hat er dies sogar in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts getan und hierfür den Erzbischof von Salzburg vorgeschlagen, der nicht zuletzt 1237 einer der Wähler war (MGH, Const. 2, Nr. 329). Eventuell ist Matthäus von Paris, Chronica, a. 1245 (Rolls series 57,4, S. 455; Wolf, Entstehung, Q 40, S. 145), hierfür Gewährsmann, der den Salzburger in seiner kleinen Prinzipalwählerliste als einen der (allerdings nur drei) Erzbischöfe aufführt. 118 MGH, Epp. saec. XIII, Bd. 1, Nr. 127. 119 Zudem war jedoch zumindest der landrechtliche Vormund der beiden minderjährigen brandenburgischen Markgrafen, Graf Heinrich von Anhalt, anwesend, ebenso wie beider Lehnsvormund, der Erzbischof von Magdeburg (vgl. Erkens, Kurfürsten, S. 107 f.). Zu den Vormündern und deren Recht die Kur auszuüben vgl. Mitteis, Königswahl, S. 154 f. Dabei gilt es aber zum einen Einschränkungen zu seinen Aussagen hinsichtlich der Radizierung des Stimmrechts auf das Lehen zu machen – soweit es die Kur betrifft; vgl. unten Kapitel IV.4. Zum anderen ist zumindest eine Vertretung von Reichstagsvoten durch Vormünder auch erst eine Erscheinung des 16. (!) Jahrhunderts; vgl. Domke, Viril-Stimmen, S. 132 f. Für die Kurstimme regelte dies die Goldene Bulle zumindest schon 1356 (cap. VII,1 [MGH, Const. 11, S. 586]). 120 Zu den Bemühungen und Argumentationen der böhmischen Könige im 13. Jahrhundert vgl. Begert, Böhmen, S. 50–74.

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legung beider Quellenzeugnisse – diese anderen Fürsten auch noch das Wahlrecht, jedoch ein zumindest zeremoniell nachgeordnetes gegenüber den vier Fürsten. Diese vier Fürsten waren die Erzbischöfe von Mainz und Trier sowie der Pfalzgraf und der König von Böhmen.121 Es ist dabei in der Tat irrelevant, dass das Hauptwählergremium nicht in der von Eike überlieferten Zusammensetzung agierte. Dies spricht weder gegen die Authentizität des Sachsenspiegelparagraphen Landrecht III,57,2, geschweige denn gegen die Existenz des Hauptwählergremiums überhaupt.122 Die Nachrichten von 1220 und 1237 sind vielmehr der Beweis für die Existenz eines solchen Hauptwählergremiums in der ersten Hälfte 13. Jahrhunderts. Und für 1237 wird durch die Marbacher Annalen eindeutig belegt, dass man hinsichtlich der Zusammensetzung darauf bedacht war, die Parität zwischen geistlichen und weltlichen Fürsten zu wahren, selbst wenn nicht alle Gremiumsmitglieder (sei es aus tagespolitischen oder persönlichen Gründen) präsent waren. Drei der vier Fürsten waren bei der Wahl von 1237 Fürsten, wie sie Eike genannt hatte. Der Vierte war der um die Zugehörigkeit kämpfende Böhme, den Eike zwar ausschloss, jedoch zumindest im Zusammenhang mit den Erstkiesern nannte. Wenzels damalige Zulassung resultierte daraus, dass weder der Herzog von Sachsen, noch ein Markgraf von Brandenburg (ebenso wenig wie der exkommunizierte Erzbischof von Köln123) anwesend waren. Ein paritätisches Gremium war also 1237 in Wien mit den „regulären“ Mitgliedern nicht herzustellen. Jedoch war eine paritätische Anzahl geistlicher und weltlicher Fürsten für den Ausschuss offenkundig zwingend notwendig, um diesen die als erforderlich angesehene symbolisch-zeremonielle Rolle beim Wahlakt spielen zu lassen. Nur so schien eine vollgültige Wahl durchgeführt werden zu können!124 Dies zeigt, wie etabliert das Gremium der Erstkieser als Institution bereits 121 Annales Marbacenses, a. 1237 (MGH, SSrG i. us. schol. 9, S. 99); Wahldekret (MGH, Const. 2, Nr. 329). Vgl. Erkens, Kurfürsten, S. 68–70; Mitteis, Königswahl, S. 178–182; W. Becker, Kurfürstenrat, S. 29 f.; Lintzel, Entstehung, S. 449. Wenngleich es sich um keine freie Wahl gehandelt hat, standen doch der Kandidat und dessen Erhebung im Vorhinein fest, deckt sich der Akt mit der Beschreibung der Königswahl im Sachsenspiegelparagraphen Ldr. III, 57 § 2. Vgl. dagegen Wolf in seiner Rezension meiner Arbeit (S. 678), der mir unberechtigterweise vorwirft, das Wahldekret ignoriert zu haben. Vielmehr lässt seinerseits Wolf in seinen Überlegungen die Annalen völlig unberücksichtigt. 122 Vgl. auch zuletzt Wolfs Rezension meiner Dissertation, wo er süffisant anmerkt (S. 680): „Es ist für eine Theorie immer schlecht, wenn die böse Praxis ihr nicht entspricht.“ Konkrete tagespolitische oder persönliche Zwänge können ja die Existenz eines juristischen Körpers nicht in Frage stellen. 123 Vgl. Janssen, Erzbistum, S. 149 f. 124 Zumindest nachträglich gab mit Markgraf Johann von Brandenburg ein zweiter „etatmäßiger“ weltlicher Hauptwähler wenig später mit anderen Fürsten seine Zustimmung zur Wahl auf einem Fürstentag in Speyer. Der Herzog von Sachsen

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damals war. Dabei ist es akademisch zu fragen, ob dies an ihrer Funktion als Wähler oder als Kürrufer lag, denn diese Unterscheidung dürfte schnell verschwommen gewesen sein. Man brauchte ihre Wahlstimmen, weil man ihren Kürruf brauchte und umgekehrt. Es war dann nur eine logische Folge daraus, dass man der Stimmen anderer Fürsten zunächst nicht mehr unbedingt bedurfte und schließlich auf sie ganz verzichtete.125 Der Böhme diente demnach 1237 als „Ersatz“, was ihn aber nicht weiter gestört haben wird, da er auf diesem Präzedenzfall aufbauen konnte.126 Dass damit für Prag aber doch (noch) nichts erreicht war, zeigt sich, als 1252 eine Nachwahl Wilhelms von Holland durchgeführt werden sollte. Dieser war 1247 fast ausschließlich von geistlichen Fürsten, darunter auch den drei rheinischen Erzbischöfen gewählt worden. Die Fürsten der ehemaligen „Wahlschiedskommission“, im Falle einer Doppel- bzw. Gegenkönigswahl notwendiger denn je, waren also seinerzeit nicht nur keineswegs vollzählig, sondern kein einziger der weltlichen Erstkieser hatte sich an dem Wahlakt beteiligt. Die Bezeichnung Wilhelms als „Pfaffenkönig“ gewinnt daher eine neue Qualität, wenn man bedenkt, dass nicht nur fast ausschließlich geistliche Fürsten hinter dem Holländer standen (mit dem Herzog von Brabant gab es lediglich einen princeps secularis unter den Wählern127), sondern dass das paritätisch besetzte Gremium der kürenden Reichsfürsten als solches nicht beteiligt war, weil dessen weltliche Komponente völlig fehlte.128 fehlte jedoch, wie der exkommunizierte Kölner Erzbischof, auch hier; vgl. Regesta imperii 5,1, Nrn. 2252a und 2253; Assing, Aufstieg, S. 319 und 329. 125 Vgl. auch Mitteis, Königswahl, S. 179 f. und 193, hinsichtlich seiner Unterscheidung von den notwendigen Kürern und den damit bei der Wahl irrelevant werdenden übrigen Fürsten. Dabei ist ihm zu widersprechen, dass es damals das von ihm propagierte Viererquorum gab und dass es dabei gleichgültig war, wie sich dieses zusammensetzte (drei Geistliche und ein Weltlicher, zwei und zwei oder vier Weltliche). Die Parität war in diesem Stadium unerlässlich. Dies änderte sich erst, als sich das symbolische Schiedsgremium in das Alleinwählergremium wandelte. 126 Somit bleibt auch die Zuordnung des so genannten Kurfürstenspruchs, der sieben Kurfürsten kennt und den Böhmen als Schenken direkt anspricht, zum ca. 1250 verstorbenen Reinmar von Zweter (ed. Roethe, Nr. 240) trotz der Überlegungen über das bis dahin bestehende paritätische sechsköpfige Gremium weiterhin möglich; vgl. Begert, Böhmen, S. 37 Anm. 63. Gleichwohl hängt von der Datierung dieses Spruchs nicht das Geringste ab. Wenn man wie Wolf, Kurfürsten, S. 417–421, die Verse in das Jahr 1298 rücken will, dann tangiert das die Frühdatierung des Gremiums überhaupt nicht. 127 Ferner waren noch die beiden Grafen von Geldern und Looz in irgendeiner Form an der Erhebung beteiligt (MGH, Const. 2, Nr. 355). Allerdings gehörten sie definitiv nicht zu den Wählern (Sächsische Weltchronik, cap. 397 [MGH, Dt. Chroniken 2, S. 257]; vgl. Regesta Imperii 5,1, Nr. 4885e). Vgl. zu beiden Grafen unten S. 71 f. mit Anm. 229. 128 Hinsichtlich der Wähler Wilhelms ist die auffällige Unterscheidung des Papstes von Fürsten, die ein Wahlrecht hätten, und applaudentes zur Kenntnis zu neh-

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II. Vom Wahlausschuss zum Gremium der Alleinwähler

Da jedoch die Wahl von 1237 gezeigt hat, dass man mittlerweile die Beteiligung des paritätischen Gremiums als unerlässlich für eine vollgültige Wahl ansah, ist es angesichts dieses Gebrechens bei seiner Erhebung einsichtig, dass das Königtum Wilhelms – unabhängig von der staufischen Konkurrenz – erhebliche Schwierigkeiten hatte, sich durchzusetzen. Die weltlichen Fürsten und die Reichsstädte konnten bzw. wollten Wilhelm (in ihrer Mehrheit) solange nicht anerkennen, wie ihm die Zustimmung der sie repräsentierenden weltlichen Hauptwähler fehlte. Die niedersächsischen Städte unter der Führung Lübecks forderten dann nachdrücklich die Nachwahl durch den Herzog von Sachsen und den Markgrafen von Brandenburg ein.129 Dies hing sicher auch damit zusammen, dass sie sich als Städte des sächsischen Raums besonders von diesen beiden weltlichen Fürsten repräsentiert sahen, aber eine derartige Bezugnahme auf das „Königswahlrecht“ dürfte in diesem Raum nicht zuletzt auf Kenntnisse des Sachsenspiegels zurückzuführen sein.130 Dass sie aber nicht auch auf die Nachwahl durch den Pfalzgrafen bestanden, lag an dessen Verharren auf Seiten der Staufer. Es ist sicherlich kein Zufall, dass die Erfurter Annalen im Zusammenhang mit dem Braunschweiger Tag auch des Pfalzgrafen gedenken und betonen, dass alle Fürsten nun Wilhelm anhingen, exepto duce Bawarie, qui genero suo Conrado [. . .] adherebat.131 Dessen Haltung ist ganz offensichtlich damals zur Sprache gekommen. Und dass sie zur Sprache gekommen ist, dürfte wiederum nicht nur an seiner politischen Haltung gelegen haben, sondern auch an seiner Relevanz als Wahlfürst. Als solcher war er im Hinblick auf das paritätische Gremium als dritter weltlicher Fürst von zentraler Bedeutung, doch wertete man offensichtlich die Abstinenz des Pfälzers schlichtweg als Gegenstimme. Zu überlegen gilt es aber zudem, ob man sein Wahlrecht nicht sogar als ruhend betrachtet hat, denn Otto II. befand sich im Kirchenbann, einem Zustand, der die rechtlichen Möglichkeiten eines Fürsten im 13. Jahrhundert noch massiv einschränken konnte.132 Der Böhme spielte in den Überlegungen keine Rolle, um die geistlichweltliche Parität in einem Sechser-Gremium zu gewährleisten. Wenngleich men (MGH, Const. 2, Nr. 352). Ähnlich wie 1220 und 1237 hat es also 1247 Vorbzw. Hauptwähler und akklamierende Fürsten bei der Wahl gegeben. Es scheint zumindest naheliegend, dass es sich bei den ersteren um die anwesenden Erzbischöfe aus Mainz, Köln, Trier und ggf. auch Bremen gehandelt hat. Ein Beweis, dass nicht auch andere als Vorwähler auftraten, kann aber nicht erbracht werden. 129 MGH, Const. 2, Nr. 459. 130 So bspw. auch Erkens, Kurfürsten, S. 73 f. und 80 f.; zustimmend Landau, Eike, S. 30; vgl. auch Kaufhold, Rhythmen, S. 103 f. Der Sachsenspiegel diente dann auch auf dem Hoftag von Braunschweig als Vorlage für mindestens ein dort gefundenes Weistum; vgl. unten Anm. 334. 131 Annales Erphordenses, a. 1252 (MGH, SSrG i. us. schol. 42, S. 111). 132 Vgl. zur Relevanz der Bannung für das Wahlrecht unten Kapitel VII.1.

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er 1237 als „Ersatz-Prinzipalwähler“ fungiert hatte, so war er eben bis dahin kein Angehöriger dieses Gremiums und die norddeutschen Städte hatten seine nachträgliche Stimmabgabe nicht gefordert. Wenzel erschien aber auch nicht persönlich in Braunschweig, weshalb das böhmische Votum ohnehin nicht hätte abgegeben werden können.133 Doch ließ der Prˇemyslide zumindest durch seine Gesandten Geschenke in signum electionis überreichen.134 4. Der König von Böhmen als Wahlobermann? – Die Etablierung des siebenköpfigen Alleinwählergremiums Dass weder der Böhme zur Nachwahl gebeten wurde, noch der in seiner Residenz anwesende Herzog von Braunschweig an ihr teilnahm, zeigt, wie sehr die Nachwahl von 1252 einen Bruch in der Wahlgeschichte kennzeichnet. Es wurden nicht einfach nur die Stimmen der Prinzipalwähler für notwendig erachtet, sondern bereits damals ausschließlich nur sie zugelassen. Zwar berichten die Erfurter Annalen neben dem Brandenburger und dem Sachsen noch von der Wahl durch ceteris magnatibus aus Sachsen, doch der päpstliche Legat lässt diese (wie die böhmische Anerkennung) in seinem Bericht völlig unerwähnt, was darauf hinweist, dass sie keine bedeutende, keine wahlrechtlich relevante Rolle spielten, sondern bestenfalls – analog zur Wahl von 1237 – nur akklamatorisch bzw. huldigend tätig wurden.135 133 Vgl. zu den Möglichkeiten einer Vertretung bei Wahlen unten Kapitel V.2.; Begert, Böhmen, S. 102–110. Erst die Goldene Bulle ermöglichte die Stimmausübung durch Gesandte. Bis dahin mussten es Mitglieder des Wahlkörpers selbst sein, an die die Stimme delegiert wurde. 134 Annales Erphordenses, a. 1252 (MGH, SSrG i. us. schol. 42, S. 111). Eckhardt, Entstehungszeit, S. 33, will die Stelle der Erfurter Annalen als Beleg sehen, dass auch Wenzel seine Stimme (als Ersatz für den noch abseits stehenden Pfalzgrafen) abgegeben habe. Vgl. dagegen aber zu Recht Weizsäcker, Böhme, S. 195; Zeumer, Reichsweisthum, S. 409; vgl. auch Begert, Böhmen, S. 75 und 108. Nicht zuletzt das gleichzeitige Schreiben des päpstlichen Legaten (MGH, Const. 2, Nr. 459) ist für Interpretation der Erfurter Annalen bedeutend: Da Hugo von S. Sabina von den entscheidenden Geschehnissen auf dem Hoftag berichtet und neben den Voten Brandenburgs und Sachsens nichts vom Böhmen erwähnt, haben dessen Gesandte ganz offenkundig nicht förmlich gewählt bzw. die Stimme delegiert. Weiland, Königswahlen, S. 309, und ihm folgend Buchner, Königswahlen, S. 77, glauben, dass durch die Opposition des Pfälzers eine discordia vorlag, weshalb man den Böhmen 1252 zugelassen habe, um diese Zwiekur zu entscheiden (zu dieser auf eine Glosse des Hostiensis zurückgehenden Theorie über die böhmische Rechtsposition vgl. das folgende Unterkapitel). Dies ist ebenso abzulehnen, da bei einer Gegenstimme keine discordia gegeben war; vgl. unten Kapitel VI.1. Zur böhmischen Rolle 1252 vgl. unten S. 90 f. 135 MGH, Const. 2, Nr. 459. Vgl. Erkens, Kurfürsten, S. 73 f., der jedoch missverständlich zitiert, als habe auch der Legat von der Wahl durch andere Große ge-

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Die Wahl von 1247 wurde, wenn schon nicht direkt als ungültig, so doch zumindest als mangelhaft und damit in ihrem rechtsstiftenden Charakter als fragwürdig angesehen, solange die weltlichen Hauptwähler ihr nicht zugestimmt hatten, was dann 1252 nachgeholt wurde.136 Mag bei einer Nachwahl noch die Symbolik im Vordergrund gestanden haben, was das Agieren der Prinzipalwähler betrifft, so musste dies dennoch zwangsläufig für alle künftigen „echten“ Wahlen bedeuten, dass sie erst durch die Stimmen der sechs Prinzipalwähler bzw. ihrer Mehrheit vollgültig wurden. Die Voten der übrigen Reichsfürsten waren folglich in letzter Konsequenz nicht mehr rechtsbegründend und damit faktisch überflüssig.137 Entsprechend wurde dann bei der nächsten Wahl bzw. den beiden Wahlen von 1257 verfahren. Die Prinzipalwähler waren nun auch die einzigen Votanten. Zwar versuchte zudem der bayerische Herzog Heinrich XIII. seine Stimme abzugeben, doch fand dies in den offiziellen Dokumenten keinerlei Berücksichtigung und Anerkennung, wurde hier vielmehr völlig negiert und unterschlagen.138 Diese Tatsache belegt auf das Deutlichste, sprochen. Zur Interpretation der Annales Erphordenses ist noch hinzuzufügen, dass diese nach dem Satz über die Wahl durch die beiden Fürsten ceterisque huis terre magnatibus fortfahren: Eodemque tempore cives Goslarienses fecerunt similiter. Da den Bürgern der Stadt ganz sicher kein Wahlrecht eingeräumt wurde, relativiert sich die Aussage über die Magnaten weiter (MGH, SSrG i. us. schol. 42, S. 111). In diesem Sinne vgl. auch Zeumer, Reichsweisthum, S. 409. 136 Mitteis, Königswahl, S. 186 und 191 f., bemüht sich zu betonen, dass die Worringer Wahl vollgültig war und deshalb die Nachwahl von 1252 juristisch nicht notwendig gewesen sei. Damit übersieht er eben das Element der Zustimmung durch die weltlichen Fürsten. Dennoch war die Worringer Wahl damit nicht ungültig, vielmehr erklärten die beiden Askanier 1252 ihren Beitritt zur Wahl von 1247, erkannten sie also formal an, drückten so aber gleichzeitig aus, dass sie defizitär war. Vgl. auch unten Kapitel III.3.c). 137 Diese Entwicklung will Mitteis, Königswahl, S. 181 f., sogar schon bei der Wahl von 1237 angelegt sehen. Dagegen sieht Erkens, Kurfürsten, S. 81, in der Nachwahl von 1252 den „entscheidende[n] und zukunftsträchtige[n] Kontakt [. . .] zwischen der Sphäre Theorie, wie sie um 1235 im Sachsenspiegel unter welchen Voraussetzungen auch immer formuliert worden war, und der Realität Praxis“. 138 Die Stimmabgabe Heinrichs 1257 muss als Versuch gesehen werden, nach der Teilung des Erbes seines Vaters wie sein älterer Bruder ein Votum abzugeben, zumindest aber an dessen pfälzischer Stimme anteilig zu partizipieren und ggf., als das nicht gelang, ein bayerisches Votum abzugeben. In den damaligen Dekreten wurde ihm keine Beachtung geschenkt, sein Recht somit bestritten. Lediglich zwei bayerische Annalen und dann Rudolf von Habsburg im Jahre 1275 im Rahmen des bayerisch-böhmischen Kurstreites nahmen Notiz davon (Annales S. Rudberti Salisburgensis, a. 1257 [MGH, SS 9 S. 794] sowie die Annales Altahenses, a. 1257 [MGH, SS 17 S. 397]; MGH, Const. 3, Nr. 83); vgl. hierzu zuletzt Flachenecker, Wittelsbacher, S. 173–179; vgl. auch Buchner, Königswahl, S. 91–107 Vgl. zum bayerischen Votum auch unten S. 64. Schuberts, Königsabsetzung, S. 237, Auffas-

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dass eine strenge Reduktion auf ein engeres Gremium vorangegangen sein muss und die übrigen Reichsfürsten nun keine Stimme bei der Königswahl mehr hatten – mit einer Ausnahme: Noch deutlicher wird diese Reduktion durch den Umstand, dass sich an der Wahl durch die ersten an deme kore aber doch noch ein weiterer Fürst beteiligte. Diese Begründung mag zunächst paradox klingen, jedoch ist zu bedenken, dass das alte Prinzipalwählergremium ja aufgrund seiner paritätischen Besetzung völlig ungeeignet war, alleine Wahlen durchzuführen, da ja stets die Möglichkeit eines Patts gegeben war. Es bedurfte also eines zusätzlichen Fürsten, um definitiv Mehrheitsentscheidungen zu gewährleisten.139 Nur so ist die Hinzunahme des Königs von Böhmen zu erklären, nur deshalb nahm er 1257 als Wähler teil, weil das Wahlrecht nun nur noch bei einer reduzierten Fürstengruppe, den alten Prinzipalwählern lag. Dabei geschah dies schon (lange) im Vorfeld der Wahl140, was auch durch das Auftreten der böhmischen Gesandten bei der Wahl zweifelsfrei belegt wird: Sie drängten sich nicht einfach hinzu, sondern sie wurden zum Frankfurter Tag erwartet und waren – im Gegensatz zum ebenfalls anwesenden bayerischen Herzog Heinrich – zugelassen.141 Weil die Kurfürsten nun die alleinigen Wähler waren, setzten sie sich aus einer ungeraden Zahl von Fürsten zusammen: sieben. Dies war eine zwingende Notwendigkeit und Prämisse und nicht erst eine Erkenntnis, die man im Laufe des Interregnums gewann, nachdem sich das Wahlrecht reduziert hatte, wie Kaufhold glauben will.142 sung, dass 1257 nicht von einem existierenden siebenköpfigen Wählergremium die Rede sein könne, da einerseits Heinrich von Bayern mitgewählt habe, andererseits sich zum Teil nur auf (vermeintliche) Vollmachten von Fürsten berufen worden sei (hierbei ist es als Schreibfehler zu werten, wenn Schubert ‚Albrecht von Braunschweig‘ statt ‚von Sachsen‘ schreibt), ist abzulehnen; vgl. im Weiteren. 139 Vgl. zum Majoritätsprinzip unten Kapitel VI. Schon bei der oben in Anm. 77 erwähnten vierköpfigen Waffenstillstandskommission von 1194 sollte bei Dissens der päpstliche Legat entscheiden. Vgl. auch z. B. MGH, Const. 2, Nr. 131 (1230): Arbitri, quorum duo sint ex parte ecclesie et duo ex parte imperatoris. Qui si concordare non poterunt, quintum eligent. Vgl. zu weiteren Beispielen von Schiedsgremien mit einem Ungeraden/Obermann Kaufhold, Interregnum (2000), S. 141–143 und passim. 140 Vgl. zu Art und Weise der Reduktion unten Kapitel III. 141 Vgl. Begert, Kurkolleg, S. 423 f. 142 Vgl. Kaufhold, Interregnum (2000), S. 470–478. Überhaupt bleibt Kaufhold eine konkrete Aussage schuldig, ob, wann und wie es zu einer Reduktion der Wahlfürsten zunächst auf sechs gekommen ist, inwiefern Eike Recht oder Theorie wiedergibt (wenig konkreter ders., Interregnum (2002), S. 16 f. und 24–26) und warum es 1257 die bekannten sieben Fürsten waren, die die Doppelwahl vollzogen (ibid., S. 56: „Es waren nur wenige gekommen.“). Er konzentriert sich allein auf die Endzeit des Interregnums, als aufgrund der Erfahrungen mit Schiedsgerichten in den Jahrzehnten zuvor auch bei den Wahlfürsten nach der Theorie auch in der Praxis

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Dass man ausgerechnet dem Böhmen dieses Recht des siebten Elektors einräumte und beispielsweise keinem der geistlichen Fürsten, die ja die Mehrheit der Reichsfürsten stellten143, wird mit Sicherheit auch davon beeinflusst worden sein, dass der Böhme im Sachsenspiegel ausdrücklich als siebter, wenngleich eben auszuschließender Fürst genannt wurde (was damit aber der einzige Punkt sein dürfte, bei dem der Sachsenspiegel von sich aus auf die Rechtswirklichkeit der Königswahl einwirkte) und sich seitdem stetig um die Aufnahme in das Gremium (1237 mit Erfolg) bemüht hatte. Neben der machtpolitischen Bedeutung Otakars II. als mächtigster Reichsfürst seiner Zeit gilt es vor allem aber auch das Reichsschenkenamt des böhmischen Königs als möglicherweise legitimierenden Faktor zu berücksichtigen.144 Wie stellte sich aber die rechtliche Stellung des Böhmen dar? Dass diese keineswegs eindeutig war, belegt der Kardinal von Ostia (Hostiensis), Heinrich von Segusio, in seiner während des Interregnums (vor 1265145) entstandenen berühmten Glosse zur Dekretale „Venerabilem“. Denn diese ist eben nicht nur Ausdruck und Ergebnis der Wahl von 1257 und der vor der Kurie geäußerten Parteistandpunkte („Qui celum“)146 und einer (nur) danach erfolgten Diskussion.147 Der Kardinal zählt zunächst zu dem Satz der Dekretale, wonach der Papst hier ungenannten Fürsten ius et potestatem eligendi regem zuerkenne, die sechs Prinzipalwähler Eikes auf. Dann erklärt er, septimus est [rex] Bohemie. Dies weist auf die eine Variante, wonach der Böhme vollgültiger siebter Kurfürst war. Allerdings fügt der Hostiensis an, dass quidam den Böhmen als siebten Votanten nur bei discordia zulassen wollten, also als Obermann bei Stimmengleichheit.148 Ganz unzweifelhaft der Kreis auf sieben erweitert worden sei. Wie dies geschah, erklärt Kaufhold aber auch nicht. 143 Gerade dies ist auch für Lintzel, Entstehung, S. 457, Beleg dafür, dass das Papsttum hier keinen Einfluss genommen haben kann, da dies seinen Interessen entgegengestanden hätte. 144 Zu den Argumentationen der böhmischen Könige im 13. Jahrhundert zur Begründung ihres Wahl- und Kurrechtes vgl. Begert, Böhmen, S. 50–74. 145 Vgl. Landau, Eike, S. 43 Anm. 123. 146 So aber Castorph, Ausbildung, S. 87; Wolf, Entstehung, S. 47 f. Da die beiden vor der Kurie streitenden Parteien den Böhmen jeweils schlicht für sich als Wähler reklamierten (MGH, Const. 2, Nr. 405) und die Obermann-Theorie ihrerseits auch nicht an der Kurie entwickelt worden sein konnte (vgl. im Folgenden), zeigt gerade die im Weiteren zu erläuternde Passage über den Böhmen, dass die Glosse keine bloße „Bestandsaufnahme“ der Situation von 1257 ist. 147 Es ist unzutreffend, wenn Schubert, Stellung, S. 102, erklärt, dass im Spätmittelalter nachträglich eine Interpretation des Kurkollegs als Schiedsgremium und des Böhmen als Obermann auftrat, eine Theorie als Folge der Hostiensis-Glosse. Diese ist vielmehr die Wiedergabe der realen Grundlagen, die eine weitere Rezeption erfahren hat; vgl. auch Weizsäcker, Böhme, passim, auf den sich Schubert fälschlich beruft.

4. Der König von Böhmen als Wahlobermann?

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war es also zu einem Streit gekommen, ob der Böhme prinzipiell ein neues Mitglied im Haupt- bzw. nun im Alleinwählergremium sein oder nur potentiell im Falle eines Patts hinzugezogen werden sollte.149 Zur Obermann-Variante ist zu sagen, dass sie nicht im Geringsten so abwegig war, wie sie rückblickend im Wissen um das siebenköpfige Kurkolleg erscheinen mag, denn angesichts der Genese des Wahlmännergremiums als paritätisch besetztes Schiedsgremium entsprach die Benennung eines Obermanns bei Pattsituationen der weltlichen Gerichtspraxis.150 Wenngleich der Hostiensis berichtet, nur „einige“ hätten dem Böhmen lediglich eine Obermannstellung zuerkennen wollen, so war der Kardinalbischof in diesem Punkt nicht zwangsläufig neutraler Beobachter und Berichterstatter, sondern er vertrat und propagierte als Kirchenrechtler seinerseits selbstverständlich die geistliche Schiedstradition. Und hier war anders als im weltlichen Recht von vornherein eine ungerade Zahl an Schiedsleuten vorgesehen, um stets eine Entscheidung zu gewährleisten.151 Die Frage, ob der 148 Die Glosse ist jetzt am besten zugänglich im Quellenanhang bei Wolf, Entstehung, Q 51, S. 162; die Dekretale ibid., Q 15, S. 121–123, und RNI, Nr. 62. Unsinnig ist Eckhardts, Entstehungszeit, S. 35 f., Behauptung, ‚discordia‘ meine „wenn die sechs Hauptelektoren nicht einhellig votieren, einerlei ob das Stimmenverhältnis fünf zu eins, vier zu zwei oder drei zu drei ist“. Vgl. dazu schon Mitteis, Königswahl, S. 188 f. 149 Dazu, ob dieser Streit erst im Vorfeld der Wahl von 1257 oder aber bereits bei der Braunschweiger Nachwahl von 1252 (bei der der Hostiensis Augen- und Ohrenzeuge war!) entbrannte, vgl. unten Kapitel III.2.b). 150 Vgl. Kaufhold, Interregnum (2000), S. 141–143, 155, 440 f., 444 f. und 450–452. Allerdings will Kaufhold in seinen gehäuften Beispielen von Schiedsgremien vor und nach der Wahl Rudolfs von Habsburg ein Indiz sehen, dass sich die nachmaligen Kurfürsten erst angesichts der konkret bevorstehenden Wahl von 1273 darauf verständigt hätten, das Gremium auf sieben Fürsten auszuweiten, um „auch bei unterschiedlicher Meinung zu einer Entscheidung kommen“ zu können (S. 473). Doch ist zu betonen, dass die angeführten Beispiele einerseits paritätische Schiedsgremien mit einem Obermann waren, also eben gerade keine ungeradzahligen Gremien wie das Kurkolleg spätestens seit dem Interregnum, und andererseits gab es diese Schiedsgremien eben schon lange vor dem Interregnum im Rechtsleben. Deshalb ist es auch ohne die dargestellte Entwicklungsgeschichte des Wahlmännergremiums abzulehnen, dass erst 1273 über eine Erweiterung seitens der Kurfürsten nachgedacht worden sein soll; vgl. auch Begert, Kurkolleg, S. 429 Anm. 87 und S. 431 Anm. 95. 151 Vgl. Kaufhold, Interregnum (2000), S. 143–145; vgl. auch die Beispiele bei Maleczek, Abstimmungsarten, S. 109 und 111. Da diese Schiedsvariante Heinrich von Segusio in seiner „Summa“ mit Nachdruck als Notwendigkeit vertrat, wird unzweifelhaft deutlich, dass die von ihm überlieferte Obermann-Theorie niemals an der Kurie, sondern nur im Reich entwickelt und von Reichsfürsten vertreten worden sein konnte. Lindner, Königswahlen, S. 175 f., war dagegen der Ansicht, diese Theorie gehe sogar auf Heinrich persönlich zurück, wozu ihn die Doppelwahl und die Negierung des böhmischen Wahlrechtes 1252 angeregt habe. Dies übernahm

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II. Vom Wahlausschuss zum Gremium der Alleinwähler

Böhme bei Pattsituationen Obermann eines Sechsergremiums oder aber Mitglied eines Siebenergremiums sein sollte, war also nicht zuletzt eine Grundsatzentscheidung zwischen säkularem und kanonischem Recht. Dieser Disput über das böhmische Kurrecht macht wiederum das Wahlverhalten der böhmischen Gesandten 1257 verständlich: Obwohl sie ursprünglich offensichtlich Alfons von Kastilien wählen sollten, traten sie einige Tage nach der vollzogenen Wahl Richards von Cornwall (post paucos dies) durch den Kölner, der auch das Mainzer Votum führte, und den Pfälzer dieser Erhebung bei, um zweieinhalb Monate später dann doch noch zusätzlich Alfons von Kastilien zu wählen.152 Die Wahl Richards durch die böhmischen Wahlbotschafter wurde als Kompetenzüberschreitung gedeutet oder als Versuch Otakars, absichtlich unklare Verhältnisse zu schaffen, um seine Macht während eines Doppelkönigtums ausbauen zu können. Doch gilt es hier zu bedenken, dass die Anhänger Alfons’ am 13. Januar 1257 noch nicht zur Wahl bereit waren, als die drei anderen Wahlfürsten vor der Stadt Richard von Cornwall wählten. Für die Böhmen bestand damit durchaus die Gefahr, dass angesichts dieser Situation möglicherweise Trier oder Sachsen (der Brandenburger war ja abwesend) „umfallen“ und ebenfalls ihr Votum für Richard abgeben könnten und somit kein Patt mehr möglich wäre. Dies hätte zur Folge haben können, dass es zu keiner nachfolgenden Gegenkönigswahl mehr kam, bei der das böhmische Votum hätte abgegeben werden können, egal ob es nur die Stimme des Wahlobermanns oder die des siebten Kurfürsten gewesen wäre. Um also die böhmische Kur auf jeden Fall „aktenkundig“ zu machen und so das neu erworbene böhmische Kurrecht abzusichern, mussten die Gesandten entgegen den politischen Überzeugungen ihres Herrn (aber eventuell durchaus nach seinen Weisungen) mehr oder weniger umgehend der Wahl Richards von Cornwall beitreten. Als dann aber wenige Wochen später doch eine Wahl Alfons von Kastilien abgehalten wurde, geschah auch dies im Namen Otakars, womit auf den Spanier ebenfalls vier Stimmen vereinigt waren. Damit war ein (doppelter) Präzedenzfall für die böhmische Kur geschaffen.153 Schubert, Stellung, S. 102. Vgl. auch Weizsäcker, Böhme, S. 196 f., der davon fälschlich ausgeht, der Hostiensis würde erklären, der Böhme habe nur das Wahlrecht bei Dissens. Dies tut er gerade nicht! Dass in der Praxis auch noch im 13. Jahrhundert bei geistlichen Wahlen verschiedentlich eine gerade Zahl von Kompromissaren bestimmt wurde (vgl. Maleczek, Abstimmungsarten, S. 110–112; Kaufhold, Interregnum (2000), S. 419 f.), ändert an der prinzipiellen Feststellung zu geistlichen Schiedsgremien und deren Regelung im kanonischen Recht nichts. 152 MGH, Const. 2, Nr. 405. 153 Vgl. Busson, Doppelwahl, S. 36. Lewis, Ottokar II, S. 514, hebt darauf ab, Otakar habe sich bemüht, seinen Ausschluss wegen seines Slawentums obsolet zu machen. Dagegen sieht Groten, Konrad, S. 508 f., politische Gründe vorherrschend.

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Dennoch ist es mehr als nur wahrscheinlich, dass der Hostiensis korrekt berichtet, nur eine Minderheit habe sich gegen den Böhmen als permanenten siebten Wahlfürsten gesperrt. Denn in ihrem Bemühen um den Zuspruch des Papstes nahmen beide konkurrierenden Wahlparteien ohne weitere Ausführungen auf den Böhmen als jeweils vierten Wähler Bezug. Keine der beiden Seiten berief sich auf dessen etwaige Obermannstellung, womit man sich ja eine bessere Rechtsposition hätte verschaffen können, wenn es diese gegeben hätte. Vor diesem Hintergrund erscheint es sekundär, dass Kastilier und Engländer versuchten, vor der Kurie ihre kanonische Korrektheit beim Wahlverfahren zu belegen.154 Das kanonische Schiedsmodell war bereits Fakt. Fakt ist auch, dass die Kurie schließlich zwar keine Stellung bezog, welcher der beiden gewählten Könige der rechtmäßige sei, doch zumindest was die Frage des böhmischen Kurrechts anbelangte, war ihre Haltung eindeutig. Der Gedanke an einen Obermann fand hier keinerlei Resonanz. Kurz und bündig sprach man in der Bulle „Qui celum“ von den wahlberechtigten Fürsten, qui sunt septem numero.155 In der Frage also, ob Wahlobermann oder siebter Elektor, war die Kurie sicher eine Stütze des böhmischen Königs in seinem Bemühen, als vollgültiger siebter Kurfürst anerkannt zu werden. Inwieweit die Kurie eine Rolle bei der Schaffung des Kurkollegs spielte, was sie selber für sich in Anspruch nahm156, sei hier zunächst dahingestellt, doch begrüßte sie sicher die prinzipielle Erweiterung des Alleinwählergremiums von sechs auf sieben Mitglieder, wodurch nach kirchenrechtlichem Vorbild stets eindeutige Mehrheiten gewährleistet sein sollten.157 Dass mit dem König ein weltlicher Fürst diese Position einnahm, war dagegen wohl weniger im Sinne des Papstes.158 Auch er geht davon aus, dass Otakars Gesandte ursprünglich die Anweisung hatten, Alfons zu wählen. Vgl. auch Hoensch, Prˇemysl Otakar II., S. 85 f., der zwar auch von taktischen Manövern Otakars ausgeht, sich möglichst die Dankbarkeit des neuen Königs zu sichern, jedoch betont er auch, dass es sein Plan gewesen sein könnte, mit seiner Stimme „in letzter Minute [. . .] den Ausschlag zu geben“. 154 MGH, Const. 2, Nr. 405; vgl. Castorph, Ausbildung, S. 58–93. 155 MGH, Const. 2, Nr. 405, § 5. Vgl. auch Erkens, Kurfürsten, S. 84 f. 156 Bereits in der Dekretale „Venerabilem“ von 1202 erklärte Innozenz III., dass die Fürsten ihr Wahlrecht vom Apostolischen Stuhl erhalten hätten (RNI, Nr. 62). 157 Kaufhold, Interregnum (2000), S. 471–473, nimmt zwar sowohl den Hostiensis als auch die Feststellung der Bulle „Qui celum“ zur Kenntnis, doch sieht er durch die Hostiensis-Glossenstelle über den Böhmen zum einen nur den Unterschied zwischen Sachsenspiegel und Wahlakt von 1257 (Kaufhold schreibt in seiner Arbeit zumeist die falsche Jahreszahl 1256) wiedergegeben, zum anderen würdigt er nicht, dass der Hostiensis eben zwei Varianten des böhmischen Wahlrechts darlegt und das Kurkolleg dann ein Gremium nach kirchenrechtlichem Vorbild darstellte. Dessen Formierung war somit keine ad-hoc-Entscheidung, sondern ihr musste eine Diskussion lange vor dem Jahre 1273 vorangegangen sein.

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II. Vom Wahlausschuss zum Gremium der Alleinwähler

Wie wenig die Kurfürsten im Interregnum (noch) der Obermann-Variante anhingen, belegt etwa die Übereinkunft zwischen Otakar II. und Otto III. von Brandenburg aus dem Jahre 1261, worin man das gemeinsame Vorgehen bei einer kommenden Königswahl verabredete.159 Im Zuge der Erwägungen einer Wahl Konradins ergingen dann sowohl 1262 vom Mainzer Erzbischof als auch 1268 von nonnulli Kurfürsten (wohl Mainz und Pfalz) Wahleinladungen an Otakar.160 In dem darauf folgenden Verbot der Wahl eines (dritten) Königs bestätigte Papst Clemens IV. 1268 Otakar ausdrücklich: ius eligendi, quod tibi et eisdem principibus competere, non negamus.161 Martin von Troppau, seines Zeichens nicht nur ehemaliger Mönch im Prager Dominikanerkloster, sondern zum Zeitpunkt der Niederschrift seiner Papst-Kaiserchronik (zwischen 1268 und 1271) auch päpstlicher Pönitentiar, nahm dann in seinem Kurfürstenvers auch nur schlicht die sieben Kurfürsten ohne jede Einschränkung der Position des Böhmen zur Kenntnis.162 Bei der Wahl von 1273 stand dann die Siebenzahl nicht mehr zur Debatte. Die Entwicklung des Wahlgremiums war insoweit abgeschlossen. Die weltlichen Fürsten hatten die Mehrheit. Das Verhältnis von geistlichen und weltlichen Fürsten war im Vergleich zum Reichsganzen genau umgekehrt. Damit war das Bemühen des bayerischen Herzogs um seine Aufnahme als zusätzlicher Kurfürst (wobei er sich auch – selbstverständlich vergeblich – noch 1271 an die Kurie wandte163) von vornherein zum Scheitern verurteilt. Vgl. zur Frage des kurialen Einflusses auf die Bildung des Kurkollegs unten Kapitel III.3.a). 159 MGH, Const. 2, Nr. 463. 160 Davon berichtete zumindest Otakar der Kurie (MGH, Epp. saec. XIII, Bd. 3, Nr. 520; MGH, Const. 2, Nr. 408). 161 MGH, Const. 2, Nr. 408, § 8. Clemens wies dabei auch darauf hin, dass Otakar 1257 beide Kandidaten gewählt habe. Schon Urban IV. konstatierte 1262 in seinem Schreiben an Otakar bezüglich des Verbots der Wahl Konradins die Rolle des böhmischen Königs als Königswähler (MGH, Epp. saec. XIII, Bd. 3, Nr. 520), ebenso wie in dem Entwurf zur Bulle „Qui celum“ 1263 (MGH, Const. 2, Nr. 405, §§ 11 ff.). 162 Martin von Troppau, Chronicon (MGH, SS 22, S. 466). 163 Heinrich XIII. an Papst Gregor X., nach 24. Oktober 1271 (Pez, Codex, Bd. 6,2, S. 137); die späte Datierung ins Frühjahr 1273 ist abzulehnen, da dann eine Gratulation zum Pontifikatsantritt vom 1.9.1271 kaum wahrscheinlich ist; vgl. Buchner, Königswahlen, S. 111 f. Flachenecker, Wittelsbacher; S. 175, versucht den Brief zumindest spätestens in die ersten Wochen des Jahres 1272 und damit „zeitlich nahe an den Tod König Richards von Cornwall am 2. April 1272“ zu rücken, um dann zu konstruieren, er sei möglicherweise erst nach dessen Tod abgeschickt worden. Riezler, Geschichte Baierns, Bd. 2, S. 140, datiert den Brief dagegen wohl zutreffend auf „letztes Viertel 1271“. Es bestand also kein direkter Bezug zu einer anstehenden Königswahl: nostrorumque statum inter caeteros Romani Imperii electores paterna benedictione dirigere. Dass Heinrich natürlich nur von caeteros 158

4. Der König von Böhmen als Wahlobermann?

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Einen fünften weltlichen Fürsten hätten die drei Erzbischöfe niemals geduldet. Doch vor allem wäre mit der Hereinnahme des Bayern, ebenso wie der jedes anderen, auch geistlichen Fürsten, wieder die Möglichkeit eines Patts gegeben und damit die vorgenommene Erweiterung um den Böhmen wirkungs- und sinnlos geworden.164 Zwar kam es 1273 dazu, dass der Bayer die Kur ausüben konnte165, doch nur als einmaliger Ersatz für den König von Böhmen.166 Die Siebenzahl blieb gewahrt und wurde nicht nur im als Kaiserrecht aufgefassten Schwabenspiegel festgehalten, sondern auch von König Rudolf in einer Urkunde.167 Er war es dann auch, der 1289/90 endgültig der bayerischen Kur eine Absage erteilte und zugunsten der böhmischen entschied.168 *** Den zeitlichen Ablauf bei der Konstituierung des Prinzipal- bzw. Alleinwählergremiums belegt dann auch unmissverständlich der Hostiensis in seiner spätestens 1265 verfassten Glosse.169 Erst angesichts der hier erarbeiteten und dargelegten Abläufe wird seine zeitgenössische Aussage erklärlich, der König von Böhmen habe das Recht der Teilnahme an der Königswahl im Gremium als siebter Fürst nicht ab antiquo, sed de facto hoc hodie tenet, während die anderen sechs Fürsten kommentarlos als Elektoren aufgeführt werden.170 Sie waren eben aus Sicht des Kardinals „von jeher“ in dieser Stellung, während der Böhme erst Mitte des 13. Jahrhunderts hinzugetreten war. electores sprach, ist verständlich, da er ja gerade eine zahlenmäßige Begrenzung – zumindest solange sie seine Person ausschloss – ignorierte. 164 Dem kanonischen Recht bezüglich des Schiedsgerichts war Genüge getan, und der Schwabenspiegel propagierte 1275 auch ausdrücklich die durch die Siebenzahl erreichte Sicherheit im Hinblick auf eine Wahlentscheidung (Landrecht, cap. 130a [BRH 4, S. 430]): dar umbe ist der fursten vngerade gesezzet, ob drie an ainen genassent und viere an dem andern, daz die drie den vieren sfflln volgen. und sol dffl minre volgen dem meren. daz ist an aller kur reht. 165 Vgl. Begert, Böhmen, S. 27 und 76. 166 Vgl. unten Kapitel V.2. 167 Schwabenspiegel, Landrecht, cap. 130a (BRH 4, S. 430); MGH, Const. 3, Nr. 83. Wolf, Entstehung, S. 57–61, meint, Rudolf habe hier wissentlich gelogen und nur nachträglich behauptet, die bayerische Stimme sei eine von sieben gewesen. Die Siebenzahl sei letztlich nicht einmal jetzt fest etabliert gewesen. Diese Auffassung ist zu verwerfen. Vgl. zur Kritik an Wolfs Umgang mit der Quelle und deren Authentizität Erkens, Kurfürsten, S. 41–43; Begert, Böhmen, S. 26 f.; vgl. auch schon Zeumer, Kur, S. 227. 168 MGH, Const. 3, Nrn. 415 und 444; Archivum coronae regni Bohemiae, Bd. 2, Nrn. 31 und 38. 169 Vgl. zur Datierung Landau, Eike, S. 43 Anm. 123. 170 Wolf, Entstehung, Q 51, S. 162.

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II. Vom Wahlausschuss zum Gremium der Alleinwähler

Dies sahen andere Chronisten, gleichwohl sie zeitlich später schrieben, sogar noch differenzierter. Denn bei aller gebotenen Vorsicht kann man auch die oben in Kapitel I.2. bereits erwähnte Darstellung des Alexander von Roes aus dem Jahre 1281 als Indiz für die hier dargelegte Theorie von der Genese des Kurkollegs nehmen. Wenngleich seine Motivation die Abwehr französischer Ansprüche auf die Kaiserkrone war, so gilt es aber zu berücksichtigen, dass nach seiner Darstellung zunächst vier Fürsten (hier die rheinischen) das Königswahlrecht hatten, dann zwei weitere Fürsten (hier die sächsischen) adlegiert wurden. Das Kurrecht des Böhmen wird dann nachträglich ohne weitere Begründung nur in einigen Handschriften hinzugesetzt.171 Diese Variante ist auch in der aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts stammenden Magdeburger Schöppenchronik zu finden, wobei sie in ihr – durchaus unter möglichen böhmischen Einflüssen (Dalimil-Chronik)172 – ausgebaut wurde. Auch nach dem Magdeburger Schöffen gab es ursprünglich zunächst nur die vier rheinischen Kurfürsten und dann die Erweiterung um die beiden sächsischen. Da es aber nun drei geistliche und drei weltliche Fürsten gegeben habe, dar is sedder de koning van Behmen to genomen to einem overen heren, der bei Zwietracht die Mehrheit schaffen solle.173 Der Obermann, schließlich auch schon bei vier Fürsten notwendig, wurde demnach also ausdrücklich erst hinzugenommen, nachdem es sechs Fürsten gab. Diese Abfolge vier – sechs – sieben bei der Zahl der Prinzipalwähler bzw. Kurfürsten ist als der wahre Kern des Berichts anzusehen. 5. Zwischenresümee Bereits im 12. Jahrhundert finden sich in verschiedenen Quellen Hinweise, wonach zumindest der Gedanke an einen Wahlausschuss, an eine gewisse Anzahl von Fürsten, die die Gesamtheit der Reichsfürsten bei einer Königswahl repräsentieren sollten, zu Tage tritt (1125, 1152). Während des welfisch-staufischen Thronstreites wurde dann in der Kölner Propaganda ein Vierergremium bestehend aus den Erzbischöfen von Mainz und Köln sowie dem Herzog von Sachsen und dem Pfalzgrafen bei Rhein entworfen, die sogar die entscheidenden Wähler sein sollten. Ausschlaggebend für die 171 Alexander von Roes, Memoriale, cap. 12 und 24 (MGH, Staatsschriften 1,1, S. 102 f. und 25 f.). Vgl. zur Motivation Alexanders Heimpel, Alexander von Roes, S. 24–26 und 42–44; Goez, Translatio imperii, S. 219–222. 172 Vgl. zu ihr unten S. 91 f. 173 Magdeburger Schöppenchronik (Chroniken der dt. Städte 7, S. 45); zu den Vorlagen des Schöffenschreibers vgl. Lenz, Konsens, S. 137–146, wobei dieser aber böhmische Vorlagen nicht in Betracht zieht.

5. Zwischenresümee

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konkrete Auswahl der Fürsten war hier die Tatsache, dass sie dem welfischen Lager angehörten.174 Da die Zusammensetzung aufgrund der angesprochenen tages- bzw. parteipolitischen Umstände eindeutig konstruiert war, erklärt sich schon alleine hierdurch das oft angemahnte Fehlen (sei es im Hinblick auf die Repräsentanz der Stämme oder auf die Macht der einzelnen Fürsten) etwa der Herzöge von Bayern, Schwaben oder Österreich sinnfällig.175 Doch wenngleich somit keine Parität hinsichtlich der beiden streitenden Parteien geschaffen wurde, berücksichtigte man für das Kölner Konstrukt zumindest die paritätische Besetzung mit beiden „Arten“ von Reichsfürsten, den geistlichen und den weltlichen. Dies weist auf die Analogie zu einem Schiedsgremium aus der weltlichen Rechtssphäre hin, das ebenfalls paritätisch von beiden Parteien zu besetzen war, denn formal sollten die vier Fürsten eben eine unter den Reichsfürsten strittige Wahl entscheiden bzw. „präventiv“ eine unstrittige gewährleisten. Höchstwahrscheinlich unter Otto IV. auf dem „Versöhnungshoftag“ von Würzburg 1209176 (jedoch bleibt die theoretische Möglichkeit, dass sich diese Veränderung erst unter Friedrich II. vollzogen hat), wurde das paritätische Wahlschiedsgremium um je einen geistlichen (Erzbischof von Trier) und einen weltlichen Fürsten (Markgraf von Brandenburg) erweitert, womit ihm nun drei Anhänger der Staufer und drei der Welfen angehörten. Allerdings sollten diese sechs Fürsten, die Eike von Repgow dann entsprechend der historischen Realität in seinem Sachsenspiegel nennt, nun nur noch eine zeremonielle Sonderstellung bei der Königswahl einnehmen und nicht mehr die Wahl entscheiden. 1220 und 1237 kann man eine solche Sonderstellung in den Quellen feststellen. 174 Die Parallelität zum Vorgehen Papst Nikolaus’ II. 1059 ist frappant. Dieser und seine Anhänger schufen damals das Papstwahldekret, wonach für eine kanonische Papstwahl – entgegen der bisherigen Praxis – die Kardinalbischöfe entscheidend sein sollten. Mit Hilfe dieses Rechtskonstrukts konnte sich Nikolaus gegen den von der Mehrheit des römischen Volkes und des Klerus gewählten Benedikt X. als rechtmäßiger Papst propagieren; vgl. Sperber, Wahl des Papstes, Kap. III.1.2. „zu 1.“. 175 Zum Beispiel mahnt dies Mitteis, Königswahl, S. 176, an; vgl. auch Mitteis/ Lieberich, Rechtsgeschichte, 23-II-3-d, S. 143; Lindner, Entstehung, S. 580 f. 176 Es sei die These in den Raum gestellt, ob nicht der wahre Kern der von Martin von Troppau erdachten Kurfürstenfabel darin zu finden ist, dass er die Gründung des Kollegs mit einem Kaiser Otto verband, nur dass er eben den falschen wählte (ob aus Unkenntnis oder in der Absicht, das Kurkolleg als älter erscheinen zu lassen, bleibt dahingestellt). Nach Martins Version habe das Siebenerkolleg nach dem Tod Ottos III. begonnen, die Könige zu wählen (MGH, SS 22, S. 466). In der mittelalterlichen Historiographie wurde in der Folge nicht (mehr) Otto IV., sondern wenn, dann Otto III. als Initiator des Kollegs überliefert oder mit dessen Gründung indirekt in Verbindung gebracht. Die Vorgänge vom Beginn des 13. Jahrhunderts verschwanden im Dunkel der Geschichte.

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II. Vom Wahlausschuss zum Gremium der Alleinwähler

Nachdem aber noch bei den Gegenkönigswahlen von 1246/47 zahlreiche, vor allem geistliche Fürsten ihr Wahlrecht ausgeübt hatten, wurde 1252 von den norddeutschen Städten unter Führung Lübecks ausdrücklich eine Nachwahl Wilhelms von Holland durch den Herzog von Sachsen und den Markgrafen von Brandenburg gefordert und erreicht. Die Zustimmung anderer Fürsten wurde nicht mehr für nötig befunden und diese votierten auch offenkundig nicht mit. 1257 wählten schließlich nur noch die sieben nachmals so genannten Kurfürsten, da zu den bisherigen sechs Prinzipalwählern nun auch der König von Böhmen hinzugezogen wurde, um eine Mehrheitsentscheidung zu gewährleisten. Die Person des Böhmen empfahl sich nicht zuletzt wegen seines Erzschenkenamtes und seiner Nennung im Sachsenspiegel, weshalb er schon 1237 ersatzweise als Prinzipalwähler fungiert hatte. Hinsichtlich seiner Position war jedoch zunächst noch strittig, ob der Böhme dauerhafter siebter Kurfürst (entsprechend einem kirchlichen Schiedsgremium) oder nur bei Dissens hinzuzuziehender Obermann (entsprechend einem weltlichen Schiedsgremium) sein sollte. Dass man dann schließlich die prinzipielle Erweiterung vollzog, ist wohl nicht nur auf die steten Bemühungen des böhmischen Königs um Aufnahme in das Gremium und auf Otakars machtpolitische Stellung im Interregnum zurückzuführen. Die konkreten Vorzüge dieser Maßnahme nach kanonischem Recht177 mit der (theoretischen) Sicherheit, die sie bot, trugen nicht minder dazu bei. Im Interregnum bzw. während der Regierung Rudolfs von Habsburg hat sich das siebenköpfige Kurkolleg endgültig etabliert. Es bestand aus den drei rheinischen Erzbischöfen aus Mainz, Trier und Köln, dem Pfalzgrafen bei Rhein, dem Herzog von Sachsen, dem Markgrafen von Brandenburg und dem König von Böhmen.

Vgl. zum Einfluss des kanonischen Rechts allgemein Neumann, Königswahlen; Castorph, Ausbildung; Hugelmann, Königswahl. Vgl. aber auch unten Kapitel III.3.a). 177

III. Die Reduktion des Wahlrechts auf die Kurfürsten 1. Konsens oder Rechtsusurpation – Prozess oder Akt? Nachdem die Entwicklung der Zusammensetzung des Prinzipalwählergremiums dargelegt wurde, ist nun zu klären, wie Mitte des 13. Jahrhunderts aus dessen Mitgliedern die Kurfürsten mit dem alleinigen Stimmrecht wurden. Die grundsätzliche Frage lautet, ob die Kurfürsten zu den alleine wahlberechtigten Fürsten durch einen allgemeinen Konsens der Reichsfürsten geworden sind – sei es passiv durch Enthaltung oder aktiv durch Zustimmung – oder ob sie sich dieses Recht gegen den Willen zumindest einer Vielzahl der Fürsten angeeignet haben. Einhergehend damit ist zu klären, ob die Konzentrierung des Wahlrechts auf die sieben Kurfürsten die Folge eines Prozesses war, wie beispielsweise Erkens oder Lintzel behaupten, an dessen Ende sich die ehemaligen Prinzipalwähler plötzlich alleine beim Wahlgeschäft wiederfanden, oder Ergebnis eines konkreten Aktes, den es dann noch näher zu bestimmen gelten würde. Hierzu soll zunächst vom Erklärungsmodell Armin Wolfs ausgegangen werden, der ja den biologischen Faktor bemüht und die Reduktion der Wählerschaft des römisch-deutschen Königs darin begründet sieht, dass die so genannten ottonisch-salischen Tochterstämme als einzig Wahlberechtigte zunehmend ausstarben. Wolf ist insoweit zuzustimmen, dass sich durch „natürliche Auslese“ die potentiellen Königswähler verringerten – allerdings selbstverständlich nur die weltlichen. Die Reduktion der geistlichen Wahlfürsten kann Wolf eben mit seinem Modell nicht erklären!178 a) Die Haltung der weltlichen Reichsfürsten Kurz vor der endgültigen Reduktion auf die sieben Elektoren ist die Dynastie der Babenberger, die die Herzöge von Österreich stellte, ausgestorben (1246). Wenig später folgten mit dem Ende der Ludowinger (1247) die Landgrafen von Thüringen. 1248 starben die Herzöge von Meranien aus. Dagegen gab es aber – abgesehen von den nachmaligen Kurfürsten – nach wie vor zahlreiche weltliche Reichsfürsten, die jedoch nach 1257 kein Wahlrecht mehr zugesprochen bekamen. Warum? 178

Vgl. hierzu oben Anm. 35.

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III. Die Reduktion des Wahlrechts auf die Kurfürsten

Als erstes seien hier die Herzöge von Schwaben aus der Dynastie der Staufer behandelt. Der schließlich ab April 1251 gebannte Konrad IV. musste sich ab 1246 mit den gegen ihn und seinen Vater erhobenen Gegenkönigen auseinandersetzen. Sowohl Heinrich Raspe als auch Wilhelm von Holland sprachen ihm dabei auch die Würde des Herzogs von Schwaben ab179, sodass für die mit Konrads Tod 1254 sich endgültig durchsetzenden Staufergegner das Herzogtum als vakant galt.180 Konrads damals gerade einmal zweijähriger Sohn Konradin galt zwar den Stauferanhängern nun als legitimer Herzog von Schwaben, doch wurde er selbstverständlich formal nicht in diese Rechte eingesetzt. Es gab damit in der Mitte des 13. Jahrhunderts im reichsrechtlichen Sinne keinen schwäbischen Herzog mehr, der überhaupt ein Wahlrecht zumindest theoretisch hätte haben können bzw. dem es aberkannt hätte werden können. Dieses seinerseits zu wahren und zu verteidigen, hatte der minderjährige Konradin ohnehin keine Möglichkeiten. Einzig verbliebener Fürsprecher unter den Reichsfürsten war sein Vormund, Pfalzgraf Ludwig II., der zumindest die Wahl des jungen Staufers zum römischen König mehrfach vergeblich betrieb.181 Durch den kinderlosen Tod Konradins 1268 erledigte sich die Frage des schwäbischen Herzogtums dann endgültig. Mit dem Wettiner Heinrich dem Erlauchten, Markgrafen von Meißen, hat man einen Reichsfürsten, der zunächst auch nach der Absetzung Friedrichs II. durch den Papst noch weiter den Staufern anhing, zumindest aber nicht offen zu ihnen in Opposition trat. Heinrich war seit seiner Eventualbelehnung mit Thüringen 1242/43 ganz auf die Gewinnung dieses Territoriums konzentriert, was nach dem Tod Heinrich Raspes 1247 in den hessisch-thüringischen Erbfolgekrieg mündete. Erst nachdem Konrad IV. das Reich Richtung Italien verlassen hatte, wandte der Wettiner sich offen König Wilhelm von Holland zu und erhielt von diesem kurz nach dessen Nachwahl in Braunschweig (1252) die Belehnung mit Meißen und Thüringen. Die Kämpfe um die Landgrafschaft flammten dann aber besonders ab 1256 wieder auf. Sie dauerten bis 1263 an und fesselten die ganze Aufmerksamkeit des Markgrafen.182 Dies zeigt zum einen, dass eine Verbindung zum König179 Regesta imperii 5,1, Nrn. 4872a (1246) und 5105a (1252). Zu den Nachrichten über die Bannung Konrads IV. 1251/54 siehe ibid. 5,2, Nrn. 8374a und 8710a. 180 Auch die Anwartschaft Alfons’ von Kastilien fand unter Wilhelm und dann nach 1257 seitens Alfons’ Gegenkönig Richard keine Anerkennung. 181 Möglicherweise versuchte Ludwig dies schon 1256, worauf allerdings einzig ein geharnischter Drohbrief des Papstes an die rheinischen Erzbischöfe, niemals die Wahl Konradins zu unterstützen, hinweist (Regesta imperii 5,2, Nr. 9068); vgl. Hampe, Geschichte, S. 12–14.; Groten, Konrad, S. 488. 182 Vgl. Goez, Lebensbilder, S. 489–496; Lutz, Heinrich der Erlauchte, S. 227– 282.

1. Konsens oder Rechtsusurpation – Prozess oder Akt?

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tum selbst Mitte des 13. Jahrhunderts gesucht wurde und zum Ausbau der Landesherrschaft bzw. zu ihrer Arrondierung förderlich war, obwohl damals eine königliche Investitur keine Rechtssicherheit mehr bringen konnte. Zugleich ist aber festzustellen, dass man eine Begünstigung mittels Investitur erlangen konnte, ohne unbedingt einer der Wähler des Königs zu sein. Ein gesteigertes Interesse an der Beibehaltung des Wahlrechts ist somit bei Heinrich von Meißen nicht feststellbar – im Gegenteil. Jörg Rogge kommt bei dem Wettiner zu dem Urteil, dass dieser sich „so gut wie gar nicht“ an den Reichsangelegenheiten beteiligte und sich stattdessen „fast ausschließlich auf seine Herrschaftsgebiete“ konzentrierte.183 Somit ist angesichts dieses Vorrangs der „Innenpolitik“ bei Heinrich zumindest in seinem Fall das Zutreffen der Lintzel’schen These vom Verzicht auf das Wahlrecht aus Desinteresse zu konstatieren oder doch wenigstens nicht auszuschließen. Ähnlich sieht es auch im Falle des Herzogs von Kärnten aus. Auch hier dürfte Lintzels These vom Desinteresse an der Königswahl zutreffen. Zwar gehörte Herzog Bernhard 1237 noch zu den Wählern Konrads IV., doch gilt es zu bedenken, dass dessen Wahl in Wien und damit in relativer Nähe seiner Herrschaft stattfand.184 Zunehmend kümmerte er sich aber um den Ausbau der Markgrafschaft Krain, während er in Bezug auf Kärnten selbst resigniert hatte. Genauso verfolgte auch sein jüngerer Sohn, der 1247 Erzbischof von Salzburg wurde, eher lokale Herrschaftsinteressen. In den päpstlich-staufischen Auseinandersetzungen nahmen die Spanheimer eine eher indifferente, tendenziell den Staufern zuneigende Haltung ein. Als Bernhard im Januar 1256 starb, mussten seine Söhne zunächst einen Erbvertrag aushandeln und umsetzen. Ulrich III., der letzte regierende Herzog von Kärnten aus dem Hause Spanheim, kümmerte sich dann – ganz im Lintzel’schen Sinne – um die Konsolidierung seiner Herrschaft an der Peripherie des Reiches, was er der Beteiligung an einer Königswahl offenkundig vorzog. Zumindest kann für ihn analog zum Wettiner keine Protestreaktion in der Mitte des 13. Jahrhunderts bzw. im Anschluss an die Doppelwahl von 1257 festgestellt werden. Nachdem Ulrich 1269 söhnelos verstorben war, beerbte ihn Otakar II. von Böhmen, der als Kurfürst keine Notwendigkeit hatte, auf das Wahlrecht des Herzogs von Kärnten zu bestehen, sofern hierzu die rechtliche Möglichkeit überhaupt noch gegeben gewesen sein sollte.185 Ebenso verhielt es sich mit dem Wahlrecht des Herzogs von Österreich. Hier hatte Otakar II. bereits 1251 die Rechtsnachfolge der Babenberger Vgl. Rogge, Wettiner, S. 62–69. Vgl. auch Lutz, Heinrich der Erlauchte, S. 242–262; Blaschke, Kur, S. 193 f. 184 MGH, Const. 2, Nr. 329. 185 Vgl. Fräss-Ehrenfeld, Geschichte Kärntens, S. 315–319, 323 und 326 f. 183

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III. Die Reduktion des Wahlrechts auf die Kurfürsten

angetreten, sodass ein Protest aus Wien gegen den Alleinvertretungsanspruch der Kurfürsten bei der Wahl obsolet war, da Otakar seit 1248 bereits „jüngerer böhmischer König“ war und 1253 schließlich seinem Vater auf den Thron nachfolgte.186 Durch die Herrschaftskumulierung erklärt sich auf einfache Art der Fortfall des bedeutenden Herzogs von Österreich aus der Wählerschaft des römischen Königs, denn bis ins 17. Jahrhundert hinein gab es den Grundsatz, dass ein Fürst, egal wie viele Herrschaften er in seiner Hand vereinigte, auch nur eine Stimme auf Reichsversammlungen haben konnte.187 Dennoch war der Herzog von Österreich somit Mitte des 13. Jahrhunderts zumindest indirekt bei den Königswählern repräsentiert. An dieser Stelle ist nun auf die Herzöge von Brabant und Lothringen einzugehen. Wolf sieht diese beiden noch formal als Königswähler, die Alfons von Kastilien 1257 bzw. 1259 nachträglich anerkannten, ja letztlich nachwählten.188 Dabei ist zu Herzog Heinrich III. von Brabant zu sagen, dass bei ihm – noch stärker als bei Heinrich von Meißen – festzustellen ist, wie sehr auch noch Mitte des 13. Jahrhunderts ein Fürst theoretisch von seinem König profitieren konnte, gerade wenn er sich auf seinen Herrschaftsausbau konzentrieren wollte. Denn relativ kurz nach seiner Wahl machte König Alfons Herzog Heinrich zum Reichsvikar für die Gebiete zwischen Brabant und dem Rhein und zwischen Trier und der Küste sowie für Westfalen.189 Dies trug den Machtbestrebungen Heinrichs in seiner Auseinandersetzung mit dem Kurfürsten von Köln, einem Wähler Richards, Rechnung.190 Ein freiwilliger Verzicht auf das Wahlrecht – auch eingedenk der Wahlbeteiligung seines Vaters, Heinrich II., bei der Königswahl von 1247191 – erVgl. Begert, Böhmen, S. 30; Hoensch, Prˇemysl Otakar II., S. 34 f. Vgl. Domke, Viril-Stimmen, S. 120–139, der nachweist, dass hier eine Entwicklung stattfand und das Jahr 1582 nicht als Einschnitt gesehen werden kann; Mitteis/Lieberich, Rechtsgeschichte, 41-II-2-b, S. 353. Dass Ludwig II. 1273 zusätzlich zu seiner pfälzischen Stimme einen hälftigen Anteil an der bayerischen zugesprochen bekam, ist die große Ausnahme. Sie gründet sich vor allem darauf, dass es eben nur ein Anteil war und die Rechtsperson des bayerischen Herzogs auch einen anderen natürlichen Vertreter hatte, Heinrich XIII., mit dem die Kur gemeinsam ausgeübt wurde (MGH, Const. 3, Nr. 83). 188 Vgl. Wolf, Entstehung, S. 46 f. 189 Regesta imperii 5,1, Nr. 5493. 190 Hiermit scheiterte Heinrich allerdings letztlich; vgl. Mohr, Niederlothringen, S. 158. In den Bemühungen von Heinrichs zweitgeborenem Sohn Johann, seinen älteren schwachsinnigen Bruder in der Herrschaft abzulösen, wandte man sich dann 1267 an König Richard. Auch hier brauchte man also den König. Desinteresse an der Reichsspitze gab es demnach sicher nicht; Acta imperii inedita, Bd. 1, Nr. 576; Regesta imperii 5,1, Nr. 5439 und 5441. 191 MGH, Const. 2, Nr. 355; Sächsische Weltchronik, cap. 397 (MGH, Dt. Chron. 2, S. 257). 186 187

1. Konsens oder Rechtsusurpation – Prozess oder Akt?

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scheint daher relativ unwahrscheinlich. Ganz entgegen der Argumentation Lintzles192 müsste Heinrich III. von Brabant danach getrachtet haben, sein Wahlrecht zu behalten.193 Dennoch ist nicht festzustellen, dass er in irgendeiner Art Protest gegen den Verlust seines Wahlrechtes erhoben hätte. Dies war aber auch gar nicht nötig, könnte man andererseits erklären, denn Heinrich erhielt seine umfangreichen Begünstigungen eben auch ohne formal ein Wähler Alfons’ gewesen zu sein. Die bloße Unterstützung des Kastiliers und seiner Partei genügte hierfür. Deutlicher wird die Opposition gegen die Wählerreduktion aber bei Herzog Friedrich III. von Oberlothringen, der im März 1259 von König Alfons nicht nur seine Investitur mit dem Herzogtum erwirkte, sondern auch mit dem Seneschallat links des Rheins.194 Dies macht eine Bemühung um das Wahl- bzw. Kurrecht evident. Schließlich hatte ja schon der Sachsenspiegel Eikes von Repgow das Vor- bzw. Hauptkürrecht der drei weltlichen Fürsten indirekt mit deren Ehrenhofämtern verbunden und den vierten „Erzbeamten“195, den König von Böhmen als Reichsschenken, ausdrücklich ausgeschlossen, was offenkundig nur wegen seines Amtes notwendig war.196 1257 war der Böhme aber schließlich doch einer der Wahlfürsten, wenngleich seine Stellung als siebtes Mitglied des Gremiums oder aber als im Eventualfall hinzuzuziehender Obermann noch nicht allgemein anerkannt gewesen zu sein scheint.197 Damit waren die vier Erzbeamten die weltlichen Kurfürsten. Die Bedeutung dieses Amtes unterstrich dann auch der Böhme im Interregnum, indem er sich um das Schenkenamt des Patriarchen von Aquileja bemühte (1264), wie auch der Pfalzgraf Truchsess des Bischofs von Bamberg wurde (1269).198 Wenn daher der Herzog von Oberlothringen zu jener Zeit nach dem Seneschallat strebte, kann dies kein Zufall sein. Es ist vielmehr eindeutig als Ausdruck seines Bemühens zu verLintzel, Entstehung, S. 460 f.: „Man brauchte das Königtum nicht mehr, und man wollte es auch nicht mehr haben.“ Und zumindest etwas relativierend: „Der König war noch bei der Bestätigung von Privilegien, eventuell auch, um die Spitze des Lehnsstaates darzustellen, zu verwerten; im übrigen war er zu einer völlig nebensächlichen und überflüssigen Figur geworden. Die Idee des Königtums und seine Regierungsgewalt waren tatsächlich erloschen.“ 193 Vgl. auch oben die Ausführungen zum Meißner; siehe auch W. Becker, Kurfürstenrat, S. 55 f. Nicht zuletzt zeigt die Doppelwahl von 1257 selbst, dass es gerade nicht egal war, wer König war. 194 Zeumer, Quellensammlung, Bd. 1, Nr. 78; Regesta imperii 5,1, Nr. 5501. 195 Zur Verwendung des Terminus, der erst im 14. Jahrhundert gebräuchlich wurde, vgl. oben Anm. 55. 196 Sachsenspiegel, Landrecht III, 57 § 2 (MGH, Fontes iuris, Bd. 1,1, S. 243). 197 Vgl. Begert, König, S. 8–12; oben Kapitel II.4. 198 Zur Bedeutung der nachmals sog. Reichserzämter schon für die Zeit vor Ende des Interregnums vgl. Begert, Böhmen, S. 33–37 und 71. 192

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III. Die Reduktion des Wahlrechts auf die Kurfürsten

stehen, nicht um sein Wahlrecht gebracht zu werden und wenigstens als fünfter Erzbeamter ebenfalls Kurfürst zu werden! Hat man mit den beiden eben behandelten Fürsten zwei (potentielle) Opponenten gegen die Wählerreduktion, so liegt die Sache beim Herzog von Bayern etwas anders. Zunächst gilt es festzuhalten, dass analog zum Herzog von Österreich auch der bayerische Herzog als andere Rechtsperson einer der verbliebenen Alleinwähler war, denn Otto II. war bis zu seinem Tod 1253 nicht nur Herzog von Bayern, sondern auch Pfalzgraf bei Rhein. Gleiches gilt für seine Söhne Ludwig und Heinrich. Als sich diese 1255 zur Landesteilung entschlossen, blieb Ludwig II. zwar Pfalzgraf bei Rhein und Herzog von Ober-Bayern, aber sein Bruder erhielt nur Nieder-Bayern.199 Prompt ist dann gerade bei Heinrich XIII. Protest gegen den Verlust des Wahlrechtes festzustellen. Er wandte sich 1271 an den Papst, um von diesem selbiges bestätigt zu bekommen.200 Und schließlich bemühte er sich 1273 um die Kur und konnte sie auch – als Stellvertreter für Böhmen – einmalig ausüben.201 Heinrich XIII. von Bayern wandte sich also offenkundig gegen die erfolgte Reduktion des Wahlrechtes auf die sieben Kurfürsten, die bis dahin stattgefunden haben musste. Allerdings gehörte der Bayer nicht zwingend von Anfang an zu den Gegnern der Reduktion. Denn als Heinrich XIII. 1257 versuchte, sich an der Erhebung Richards von Cornwall zu beteiligen, tat er dies als Pfalzgraf. Bewusst bezog er sich auf diesen ihm eigentlich nicht mehr zustehenden Titel, als er versuchte, seine Stimme abzugeben.202 Wie schon der Ausschluss Heinrichs und seine völlige Ignorierung in den offiziellen Berichten über die Wahl belegen203, so beweist gerade auch Heinrichs Bemühen, als Pfalzgraf zugelassen zu werden, dass zuvor eine Reduktion des Wahlrechts auf bestimmte Fürsten stattgefunden hatte und der Herzog von Bayern als Rechtsperson nicht dazu gehörte. Allerdings hoffte Heinrich, an dem Kurrecht der Pfalz partizipieren zu können, indem er die Landesteilung nicht (mehr) als Real-, sondern nur (noch) als Nutzteilung auffasste. Erst nachdem er hiermit 1257 gescheitert war, versuchte er den Erhalt seines Stimmrechtes als Bayernherzog durchzusetzen. Insofern ist davon auszugehen, Vgl. zur Qualität der wittelsbacher Landesteilung auch unten S. 126. Vgl. Flachenecker, Wittelsbacher, S. 175. Auch diese Bitte an den Papst ist Beweis für die festgeschriebene Reduktion. Sie wäre unnötig, wenn alle Fürsten noch ein Wahlrecht gehabt hätten! Vgl. zur Datierung oben Anm. 163; zur Sache vgl. Begert, Böhmen, S. 76 Anm. 291. 201 MGH, Const. 3, Nr. 83; vgl. Begert, Böhmen, S. 76. 202 Vgl. Müller, Kur, S. 29; Buchner, Königswahlen, S. 99; vgl. schon Wilmanns, Reorganisation, S. 52–54 und 103 f., der aber die Titulatur Heinrichs von 1256/57 noch nicht kannte. 203 Vgl. oben Anm. 138. 199 200

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dass auch er ursprünglich nichts gegen die Reduktion des Wahlrechtes einzuwenden hatte! Der Herzog von Braunschweig hatte dagegen nicht nur anfänglich keine Probleme mit dem Verlust seines Wahlrechts. Im Januar 1252 vermählte Herzog Otto I. seine Tochter Elisabeth mit König Wilhelm von Holland, wodurch sich diesem wiederum ein „Zugang zu den Fürstenhäusern im Norden Deutschlands“ eröffnete.204 Bei der im Anschluss erfolgten Nachwahl zu Braunschweig schritt jedoch der welfische Herzog auffälligerweise nicht zur Stimmabgabe, überließ dies allein den beiden Askaniern aus Brandenburg und Sachsen. Bereits dieser Vorgang selbst spricht, zudem eingedenk des Ortes des Geschehens und der kurz zuvor geschlossenen Familienbande, für einen freiwilligen Verzicht auf das Wahlrecht. Galt das aber nur für diesen besonderen Wahlakt, zu dem die beiden Prinzipalwähler ausdrücklich von den Städten des Nordens gefordert waren?205 Im Sommer 1256 betrieb Ottos Sohn, Herzog Albrecht, gemeinsam mit seinem Vetter, Herzog Albrecht I. von Sachsen, und seinem Onkel, Johann I. von Brandenburg, vergeblich die Wahl des Bruders des letzteren, Ottos III.206 Dies spricht entschieden gegen die These Lintzels vom Desinteresse an der Königswahl. Doch Albrecht nahm dann 1257 nicht an der Doppelwahl teil, obwohl er nach wie vor mit den Askaniern verbündet gewesen zu sein scheint. Mit dem Mainzer Erzbischof nahm er – wenngleich in anderer Angelegenheit – einen Anhänger der gegnerischen Partei gefangen.207 Fakt ist, dass damit zwar nicht der Mainzer, wohl aber der Braunschweiger zur Wahl von 1257 hätte erscheinen können. Zumindest hätte Herzog Albrecht die Möglichkeit gehabt, wie der Böhme, Gesandte zu schicken oder seine Stimme, wie der Sachse und der Brandenburger, an Arnold von Trier zu delegieren.208 Er tat es jedoch nicht. Es ist nur schwer vorKaufhold, Interregnum (2002), S. 23; Regesta imperii 5,1, Nr. 5057a. MGH, Const. 2, Nr. 459. Die Erfurter Annalen (MGH, SS 16, S. 38) berichten zwar von der Wahl auch durch ceterisque huius terre magnatibus, doch kann es sich – angesichts des Schweigens des Legaten hierüber – nur um eine Huldigung oder Akklamation gehandelt haben, die dann wohl auch der Braunschweiger vollzog; vgl. auch oben Anm. 135. Wolf, Entstehung, S. 42, scheint dagegen andeuten zu wollen, dass ggf. auch Albrecht zu den Wählern gehörte. 206 MGH, Const. 2, Nr. 428 XI; Giese, Reichstag, S. 575; Busson, Doppelwahl, S. 7 f. 207 Im Rahmen der sog. Asseburger Fehde im Januar 1256 hatte Albrecht Gerhard von Mainz gefangen gesetzt und hielt ihn mehr als ein Jahr in Haft, wodurch dieser nicht auf dem Wahltag erscheinen konnte! Der Grund hierfür war sehr profaner, weil pekuniärer Natur: Das Lösegeld konnte nicht gezahlt werden. Erst das Handgeld Richards von Cornwall für die Stimme des Mainzers befreite diesen aus der Haft; vgl. Zillmann, Territorialpolitik, S. 234 f. und 268 f.; Bähr, Albrecht I., S. 12 f. und 20 f. 204 205

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stellbar, dass sich die askanischen Fürsten, mit denen der Braunschweiger eben noch zusammengearbeitet hatte, gegen ihn gestellt und ihn des Wahlrechtes „beraubt“ haben sollen. Vielmehr ist dies doch ein Indiz dafür, dass auch Albrecht von Braunschweig der Wählerreduktion als Parteigänger zustimmte, auch weil er sich durch seine askanischen Verwandten gut vertreten sah.209 Außerdem wäre angesichts der politischen Situation eine Aberkennung des Wahlrechts durch die kastilische Partei insofern folgen- und daher sinnlos geblieben, da sich Herzog Albrecht der Gegenpartei hätte anschließen können, um dieses Recht zu erhalten. Eventuell hat der Welfe sogar, was aber durch Quellen nicht zu belegen ist, bereits im Spätjahr 1256 die Zusammenarbeit mit seinen askanischen Vettern aufgegeben und ist, im Gegensatz zu diesen, im Verbund mit Köln und Mainz im Vorfeld der Wahl auf die Seite seines englischen Verwandten Richard geschwenkt.210 Doch auch für diesen Fall bleibt die viel sagende fehlende Wahlbeteiligung zu konstatieren. Ebenso wenig hört man im weiteren Verlauf der Geschichte noch etwas vom Braunschweiger im Hinblick auf sein Wahlrecht. Weder fällt er durch eine besondere Belehnung auf, wie zum Lothringer festgestellt, noch durch eine Hinwendung an den Papst, wie 1271 der Bayer. 208 Irgendein Hinderungsgrund für die persönliche Anwesenheit in Frankfurt lässt sich nicht erkennen; vgl. Mertens, Urkunden- und Kanzleiwesen, S. 9. Auch Bähr, Albrecht I., S. 25, der von einem bestehenden Wahlrecht Albrechts ausgeht, kann keinen solchen Grund anführen, behauptet aber ohne jeden Beleg dessen Unabkömmlichkeit, „da er [. . .] in seinem Lande vollauf mit sich selbst zu tun hatte“. 209 Schubert, Mainzer Kurfürst, S. 77 f., will jedoch gerade im Verhalten des Braunschweigers 1256/57 einen schweren taktischen Fehler sehen. Albrecht hätte sich mit dem Mainzer verständigen und auf diese Weise als sächsischer Kurfürst gelten können. So aber sei er auf Konfrontationskurs gegangen und habe 1257 und damit für die Zukunft sein Wahlrecht verloren. Wenngleich Schubert natürlich Recht hat, dass das alte sächsische Kernland in welfischem Besitz war, so war Albrecht aber kein dux Saxonie – diese Zeiten waren lange vorbei. Dieser Titel lag einzig bei den Askaniern und als sächsischer Herzog hatte 1252 eben Albrecht I. von Sachsen und nicht Otto von Braunschweig nachträglich Wilhelm von Holland gewählt. Außerdem agierte Ottos Sohn Albrecht eben 1256 noch zusammen mit den Askaniern aus Sachsen und Brandenburg, sodass er höchstwahrscheinlich auch zu deren Wahlpartei 1257 zu rechnen ist; davon ging auch schon Lemcke, Beiträge, S. 14 f., aus. 210 Bähr, Albrecht I., S. 20 f., kann seine Behauptung durch nichts belegen, lediglich durch die Verwandtschaft nahe legen und die Möglichkeit, dass sich die Unterhändler, die mit dem in Braunschweig gefangenen Mainzer in Kontakt getreten sein müssen, auch an Albrecht wandten. Albrechts belegbare engere Kontakte zum englischen Hof stammen jedoch erst aus den späten 1260er Jahren, wenngleich Bähr, ibid., S. 36–38, dies – auch hier ohne jeden Beleg – bereits rückwirkend ab 1256/57 annimmt. Eine Investitur Albrechts durch Richard von Cornwall über kleinere Lehen ist auch erst für 1270 greifbar (Regesta Imperii 5,2, Nr. 5469).

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Es ist daher davon auszugehen, dass der Braunschweiger auf sein Wahlrecht langfristig bzw. dauerhaft verzichtet hat – aber sicher nicht aus Desinteresse. *** Gerade die Situation um die Herzöge von Braunschweig, Bayern, Lothringen und Brabant 1257 wirft ein entscheidendes Licht auf die damaligen Verhältnisse des Wahlrechts. Alle vier hatten Interesse an der Königswahl, doch verzichtete einer offenkundig freiwillig (Braunschweig), während sich einer dem Wahlrechtsverlust – wenngleich mit zeitlichem Abstand – widersetzte (Bayern) und zwei sich in der konkreten Situation scheinbar fügten. Denn obwohl Lothringen und Brabant sehr wahrscheinlich bereit waren, ihre Stimme für Alfons von Kastilien abzugeben, versuchte sich keiner von beiden an den Wahlakten selbst zu beteiligen.211 Dies mag nur Indiz für einen Beschluss oder eine konkrete Absprache sein, wodurch beide ausgeschlossen wurden, doch der Beweis wird dadurch erbracht, dass umgekehrt Arnold von Trier mit dem Lothringer und dem Brabanter eine deutlichere Mehrheit an Wählern auf der Seite Alfons’ hätte vereinigen können, aber beim eigentlichen Wahlakt nicht auf die beiden Herzöge zurückgriff. Er tat dies, obwohl er bei der Erhebung Alfons’ am 1. April 1257 wusste, dass Richard fast drei Monate zuvor von nur vier Fürsten gewählt worden war! Nicht einmal nachträglich berief sich die kastilische Partei vor der Kurie auf sie.212 Gleichgültig welcher Seite er schließlich zuneigte, auch der Braunschweiger wurde nicht bemüht, ebenso wenig berief sich eine der beiden Parteien zumindest nachträglich auf ihn. Sollte der Braunschweiger bereits 1256/57 für Richards Partei gewonnen worden sein, so wäre es zudem auffällig, dass an Herzog Albrecht keine Bestechungsgelder geflossen sind, wie an die anderen Wähler. Man „schmierte“ eben keinen, der nicht aktiv in die Wahl eingreifen konnte.213 Genauso wenig hatten der Pfalzgraf und der 211 Vgl. zum Lothringer Herzog 1256/57 Mohr, Herzogtum, S. 81–85. Dass der Brabanter umgehend nach Wilhelms Tod in die Königspläne Alfons’ eingeweiht wurde und damit wohl auch von Beginn an dessen Erhebung unterstützte, legt Balduin von Avennenses, Chronicon Hanoniense, cap. 241 (MGH, SS 25, S. 462), nahe. 212 Nachweislich waren ja die Bischöfe von Speyer und Worms im April bei der Wahl des Kastiliers in Frankfurt anwesend, doch dieser beiden wird vor der Kurie („Qui celum“) überhaupt nicht gedacht, wie auch die Gesta Treverorum (MGH, SS 24, S. 413) berichten, dass nur Arnold von Trier für sich und in Vertretung von Sachsen, Brandenburg und Böhmen die Wahl vorgenommen habe, während omnium qui aderant lediglich accedente applausu letificio et consensu; vgl. auch Giese, Reichstag, S. 568. 213 Andererseits ist überhaupt die Zahlung von Geldern an bestimmte Fürsten ein Indiz. Hätte es hundert potentielle Wähler gegeben, wäre Bestechung ein schier aus-

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Kölner im Januar Heinrich XIII. von Niederbayern als Wähler Richards zugelassen. Stattdessen ignorierten sie sein Votum und erinnerten sich dessen ebenfalls nicht nachträglich vor der Kurie.214 Der Verzicht auf eine vermeintliche Verbesserung der eigenen Position zeigt, dass offenkundig eine Erweiterung des Kreises der Königswähler 1257 bereits nicht mehr möglich war!215 Da sich somit beide konkurrierenden Parteien an dieses offenkundige Faktum gleichermaßen hielten, spricht dies für ein unabänderliches, verbindliches Recht. All dies weist demnach darauf hin, dass es sich um keinen schleichenden Prozess, sondern um einen konkreten Akt handelte, der zur Stimmrechtsreduzierung führte. Dass diese Begrenzung dabei nicht irgendwelche Fürsten betraf und sie sich demnach nur auf deren Zahl bezog, ist nicht zuletzt mit dem Verhalten des niederbayerischen Herzogs zu belegen. Da dieser ja versuchte, 1257 seine Teilnahme als Pfalzgraf zu erreichen und nicht als Bayer, zeigt sich, dass die eine Rechtsperson eben zugelassen war, die andere nicht. b) Die Liste der Nicht-Wähler des Matthäus von Paris Über das bislang Ausgebreitete hinaus ist als Argument für einen konkreten Rechtsakt auf eine Quelle zu verweisen, der bislang nicht die ihr zustehende Bedeutung zuerkannt wurde: In seiner Chronica maiora glossierte Matthäus von Paris († 1259) nach 1250, vielleicht auch erst nach 1253 eine Liste, die Armin Wolf als „Liste von Nicht-Wählern Richards von Cornwall“ interpretiert.216 Es handelt sich jedoch hier keineswegs um eine sichtloses Unterfangen, selbst wenn man es auf die wichtigsten Wahlfürsten beschränken wollte. Zu den damaligen Zahlungen vgl. Kaufhold, Interregnum (2002), S. 62 f. 214 Vgl. oben S. 48 f. und 64. 215 Wolf, Entstehung, S. 153, erklärt, dass in der Bulle „Qui celum“ die englische Partei von nicht anwesenden reliqui spreche, die ihr Wahlrecht an sie verloren hätten, womit andere Reichsfürsten als die sieben Kurfürsten gemeint gewesen seien, die somit potentiell noch 1257 ein Wahlrecht gehabt hätten (MGH, Const. 2, Nr. 405, § 10). Dies ist unzutreffend. Der Kontext zeigt eindeutig, dass es um reliqui geht, die zum Zeitpunkt des Wahlaktes nicht anwesend gewesen sind, also um Böhmen und Brandenburg. Es ist dabei irrelevant, wie diese sich im Weiteren verhielten. Das Wahlrecht lag 1257 unmissverständlich nur noch bei den sieben Kurfürsten; vgl. auch Erkens, Kurfürsten, S. 84 f. 216 Vgl. Wolf, Entstehung, S. 150 f., dort ist auch die Glosse abgedruckt (Q 47); vgl. Vaughan, Matthew Paris, S. 49–77 und 92–124. Die Liste wird stets in den Kontext der Wahl von 1257 gerückt, jedoch kann sie gemäß der Handschriftenlage auch in Bezug zur Nachwahl von 1252 zu sehen sein; vgl. zu deren Bedeutung Kapitel III.2.b).

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Nicht-Wählerliste bezüglich der konkreten Wahl Richards, sondern die Überschrift spricht vielmehr eindeutig von den magnates Alemannie, non tamen electores imperatorum. Die Fürsten217 werden also ganz allgemein als nicht zur Wahl der Kaiser berechtigt bezeichnet. Bei diesen Fürsten handelt es sich aber um just die weltlichen Fürsten, die – wie oben dargestellt – bis spätestens 1257 ihr Wahlrecht zugunsten der Kurfürsten verloren hatten, sei es freiwillig oder nicht, nämlich: Landegravius Duringie [dessen Rechtsnachfolger war der Markgraf von Meißen218], Dux Lotharingie, Dux Bruneswikie, Dux Carentenie, Dux Suavie. Irritierend scheinen lediglich die Nennungen eines Dux Saxonie, des Dux Lemburgie und des Comes de Geleia sowie des ganz zu Anfang stehenden Rex Boemie zu sein.219 Die Nennung des Böhmen erklärt sich jedoch ganz einfach aus dem Umstand, dass sein Kurrecht vor 1257 noch keineswegs sicher erschien. Der König gehörte nicht zum ursprünglichen Gremium der Prinzipalwähler und bis zum Zeitpunkt der Doppelwahl war wahrscheinlich noch nicht allgemein anerkannt, ob er siebter Kurfürst oder aber nur Obermann im Falle eines Stimmenpatts war. Einige Fürsten und Städte wollten ihm nur die letztere Stellung zugestehen.220 Wenn Matthäus bzw. seine Quelle also behauptete, der böhmische König sei kein (vollgültiger) elector imperatorum, so ist dies durchaus nachvollziehbar – zumindest bis 1257, als Otakars Gesandte auch für Richard von Cornwall stimmten.221 Nicht für Richard hatte dagegen Herzog Albrecht I. von Sachsen gestimmt. Dennoch ist die Aufführung des dux Saxonie in der Nicht-Wählerliste hiermit sicher nicht zu erklären. Schließlich hätte dann hier zumindest ebenso der Markgraf von Brandenburg aufgeführt werden müssen, der seine Stimme ebenfalls für Alfons von Kastilien abgab. Es erscheint jedoch nicht unwahrscheinlich, dass dieser Herzog von Sachsen mit Albrechts I. ältestem seiner drei Neffen aus Anhalt, Heinrich II., zu identifizieren ist. Zwar urkundete schon Heinrichs gleichnamiger Vater als ältester (!) Sohn Herzog Bernhards III. von Sachsen nicht als dux Saxonie, sondern aufgrund seines 217 Dass es sich bei den magnates um Fürsten, also principes handelt, wird aus der Liste selbst klar. Lediglich bzgl. des Grafen von Geldern und des Herzogs von Limburg muss man eine Einschränkung machen; vgl. zu diesen im Folgenden. Jedoch ist bei Matthäus ohnehin festzustellen, dass er ‚magnates‘ im Sinne von ‚principes‘ gebraucht, vgl. z. B. Matthäus, Chronica, a. 1257 (Rolls series 57,5, S. 604). 218 Da Meißen in dieser Liste fehlt, wurde sich also bei Heinrich dem Erlauchten nur für eine seiner Rechtspersonen entschieden. 219 Matthäus von Paris, Chronica, a. 1245 (Rolls series 57,4, S. 455; Wolf, Entstehung, Q 47, S. 151). 220 Vgl. Begert, König, S. 11; vgl. oben Kapitel II.4. 221 Nicht zuletzt zeigt auch dies, dass es sich bei der Glosse nicht um eine Liste der Nicht-Wähler Richards handeln kann, wie Wolf glaubt.

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III. Die Reduktion des Wahlrechts auf die Kurfürsten

Erbteils nur als comes de Anhalt222, doch seit 1215 nannte er sich comes Ascharie et princeps in Anhalt. Dies zeigt, dass die Grafschaft nicht nur ein Fahnenlehen war, sondern Heinrich sich aufgrund seiner Abstammung auch zu den Reichsfürsten zählte. Diese Würde wurde ihm auch von anderen Reichsfürsten zugebilligt. Wenngleich die staufische Reichskanzlei Heinrich I. diese Titulatur noch nicht zuerkannte, so wurden er und sein Sohn, Heinrich II., von Wilhelm von Holland und damit von einem römischen König schließlich doch princeps genannt. Die Anhaltiner sind damit als damals einzige Grafen des Reiches eindeutig zu den Reichsfürsten zu zählen, und sie waren folglich ebenso zweifellos als solche auch wahlberechtigt.223 Demnach war auch der Graf/Fürst von Anhalt ab Mitte des 13. Jahrhunderts ein von der Königswahl Ausgeschlossener und es ist möglich, dass dieser Ausschluss des nepos (bzw. filius fratris) ducis Saxonie von Matthäus respektive seiner Ursprungsquelle festgehalten wurde.224 Nichtsdestotrotz waren die Grafen Heinrich II. und sein Bruder Bernhard I. ohnehin an den Königswahlen relativ desinteressiert, richteten sich hier ganz nach ihren mächtigeren askanischen Nachbarn und Verwandten aus Brandenburg und Sachsen. So schlossen sie sich Wilhelm von Holland erst an, nachdem diese ihn 1252 nachgewählt hatten. Ebenso erkannten sie den Kandidaten der beiden Askanier, Alfons, nach 1257 an, ohne sich jedoch in irgendeiner Art im Thronstreit zu exponieren.225 Da die Anhaltiner also politisch schwach und ohnehin von Brandenburg und Sachsen in gewisser Weise abhängig waren, liegt es bei ihnen umso näher, dass sie ihr Wahlrecht an ihre Verwandten abtraten bzw. zu deren Gunsten darauf verzichteten. Der Ausschluss ist also auf keinerlei Widerstand seitens der Anhaltiner, sondern viel eher auf ihr Einverständnis gestoßen.226 222 Heinrich I. von Anhalt erbte als ältester Sohn Bernhards III. von Sachsen die Stammlande, während sein jüngerer Bruder Albrecht I. Herzog von Sachsen wurde. Die Anhaltiner repräsentierten also die ältere Linie mit dem unbedeutenderen Territorium! Vgl. Härtel, Landesteilungen, S. 185; Beck, Herrschaft, S. 146 f. 223 Vgl. Assing, Askanier, S. 25–27; Ficker, Reichsfürstenstande, Bd. 1, S. 201–204, auf den folgenden Seiten wird von Ficker bei den Grafen von Orlamünde, Flandern und Hennegau, die bisweilen auch fürstliche Qualität zugesprochen bekamen, die Reichsfürstenwürde letztlich verneint. 224 Zu bedenken ist im Falle der Anhaltiner noch, dass Graf Heinrich I. bei der Wahl Heinrichs (VII.) 1220 anwesend war und ggf. auch mitvotiert bzw. akklamiert hatte; vgl. Regesta imperii 5,1, Nrn. 1125 f. Dabei ist es nicht irrelevant, dass Heinrich als Onkel auch Vormund der beiden minderjährigen Markgrafen aus Brandenburg war. 225 Vgl. Wäschke, Geschichte Anhalts, S. 224 f. 226 Unerheblich ist es im Hinblick auf das Königswahlrecht der Grafen/Fürsten von Anhalt, dass Graf Siegfried I. von Werner von Mainz und Ludwig II. von der Pfalz 1273 als Thronkandidat ins Spiel gebracht wurde (MGH, Const. 3, Nr. 5). Siegfried wurde neben Rudolf von Habsburg als Ersatzkandidat für den Fall ge-

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Auch die Auflistung des Grafen von Geldern in der Nicht-Wählerliste ist zunächst befremdlich, denn mit Ausnahme des fürstlichen Grafen von Anhalt hatten „normale“ Grafen kein förmliches Wahlrecht mehr. Dieses war spätestens seit Ausgang des 12. Jahrhunderts alleine bei den Reichsfürsten verblieben.227 So ist es irrelevant, dass Graf Otto I. von Geldern zumindest bei der Erhebung Ottos IV. 1198 und bei der Wahl Philipps von Schwaben 1205 anwesend war, und Ottos Sohn Gerhard schließlich der Wahl Heinrichs (VII.) 1220 beiwohnte.228 An den eigentlichen Wahlen haben sie sich sicher nicht aktiv beteiligt. Anscheinend hat sich aber Graf Otto II. von Geldern bei der Erhebung seines Verwandten Wilhelm von Holland so exponiert, dass sich Papst Innozenz IV. veranlasst sah, auch ihm für die Mühen, die er für dessen Erhebung aufgewandt habe, zu danken und ihn aufzufordern, den König weiterhin zu unterstützen. Wohlgemerkt, der Papst bedankte sich nicht für die Wahl Wilhelms durch den Grafen von Geldern! Ein Wahlrecht ist dem Grafen strikt abzusprechen.229 Dennoch haben Matnannt, falls die Wahl Ludwigs nicht durchsetzbar war. Dies belegt nur, dass man ihn für einen weniger bedeutenden Fürsten bzw. Grafen hielt, den man glaubte durchsetzen zu können, da man in seinem Fall nicht zuletzt auf die Stimmen der beiden askanischen Kurfürsten hoffen konnte. 227 Vgl. Mitteis, Königswahl, S. 104–110; Reuling, Entwicklung, S. 270; dagegen etwa Lintzel, Entstehung, S. 432, 437 f. und 455. Bereits der Sachsenspiegel, Landrecht III, 57 § 2 (MGH, Fontes iuris, Bd. 1,1, S. 243), kennt nur noch die Fürstenwahl. Ebenso wird in den Quellen zum Thronstreit nur von dem Wahlrecht der Fürsten gesprochen (vgl. z. B. RNI, Nrn. 55 und 62; MGH, Const. 2, Nrn. 18 und 21 etc.; in Nr. 3 wird von der Wahl Philipps berichtet, die bei Anwesenheit zahlreicher nobiles erfolgt sei. Unter Anwesenheit, aber nicht mit Beteiligung! Klarer kann das fehlende Wahlrecht der Magnaten nicht belegt werden). 1198 behauptete lediglich Graf Albert von Dagsburg, mit dem das Geschlecht ausstarb, gegenüber dem Papst von sich, gemeinsam mit „anderen Fürsten“ Otto IV. gewählt zu haben (MGH, Const. 2, Nr. 22). Anders als bei diesem, vom Dagsburger selbst verfassten Schreiben hat der Graf von Cuyk bei einer Wahlanzeige der Wähler Philipps im Gegensatz zu den Fürsten nicht mit „elegi et subscripi“, sondern mit „consensi et subscripsi“ unterzeichnet, was deutlich macht, dass er offenkundig geringere Rechte bei der Wahl hatte (MGH, Const. 2, Nr. 19); vgl. Mitteis, Königswahl, S. 134; auch Erkens, Kurfürsten, S. 55 f. 228 Regesta imperii 5,1, Nrn. 200, 90, 93 und 1102. 229 MGH, Const. 2, Nr. 355. Wenngleich Graf Otto anwesend war (Regesta imperii 5,1, Nr. 4889), kennt die Sächsische Weltchronik, cap. 397 (MGH, Dt. Chron. 2, S. 257), aber eben nur den Brabanter als Laienwähler. Dabei ist anzumerken, dass die päpstliche Danksagung beim Geldener einen ganz anderen Hintergrund haben könnte. Zu beachten gilt es nämlich, dass Matthäus berichtet, auch dem Geldener wäre 1247 die Krone vom Papst angeboten worden. Der Graf verzichtete demnach zugunsten des Holländers; Matthäus von Paris, Chronica, a. 1251 (Rolls series 57,5, S. 201). Zum nicht-reichsfürstlichen Status der Grafen von Geldern vgl. Krieger, Lehnshoheit, S. 205–207. Der Graf von Looz, dem der Papst ebenfalls im Zusammenhang mit der Wahl von 1247 dankte, ist auch kein Reichsfürst. Er gehört zwar als Lehnsmann Lüttichs

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thäus oder seine Ursprungsquelle es angesichts der Vorgänge von 1247 offenkundig für notwendig befunden herauszustellen, dass künftig eine Beteiligung des Geldeners an der Königswahl ausgeschlossen war.230 Die letzte zu behandelnde problematische Person der „Liste der NichtWahlberechtigten“ ist der Dux Lemburgie. Will man ihn nicht als Irrtum oder als „Ersatz“ für den ansonsten in der Liste fehlenden Herzog von Brabant (siehe zu diesem aber im Folgenden) werten231, dann taucht mit dem Herzog von Limburg in der Glosse ein Name auf, der bislang in den Analysen über die Geschichte der Königswahlen keine Rolle gespielt hat. Die Limburger waren gegen die Brabanter im Kampf um die Herzogswürde von Nieder-Lothringen unterlegen, doch konnten sie sich als Ausgleich etwa seit Mitte des 12. Jahrhunderts Herzöge von Limburg nennen. Formal handelte es sich bei ihnen jedoch nicht um Reichsfürsten, wenngleich sie darum bemüht waren, diese Qualität zu erreichen. Ihre Stellung war eine „schwebende“ zwischen Fürsten und Grafen. Allerdings findet sich gerade in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts zu Zeiten des vorletzten Herzogs aus dem Hause Limburg, Heinrich IV. (1226–1247), gelegentlich die Bezeichnung als princeps, sowohl in kaiserlichen Urkunden als auch in der Chronistik. Wenngleich Erkens diese Nennungen als Irrtümer deklariert232, belegen sie zumindest, dass der dux-Titel dazu „verführte“, den Limburgern den reichsfürstlichen Stand zu attestieren. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass schon für die Herzöge Heinrich III. und Walram III. eine Beteiligung bei den Wahlen von 1198 und 1220 nicht ausgeschlossen werden kann. Zumindest ihre Anwesenheit steht fest.233 Wenngleich dann der letzte Herzog, Walram IV. (1247–1279), nach einer Erbteilung alleine auf die kleine Limburger Herrschaft reduziert war und faktisch zu einem bloßen nobilis absank, haben es diese Umstände offensichtlich notwendig erscheinen lassen, den Herzögen von Limburg ausdrücklich das Wahlrecht abzusprechen. Dies mag – je nach dem, welchen Ursprung man ebenfalls zu den Unterstützern Wilhelms, sicher aber nicht zu seinen Wählern. Dazu, wie groß der Einfluss auch von Nicht-Wahlberechtigten sein konnte, vgl. Schubert, Königswahl, S. 264–270. 230 Da bzgl. der Wahl Wilhelms in englischen Chroniken keine Nachricht von einer Beteiligung des Grafen vorliegt, dürfte dieser Eingriff nicht von Matthäus vorgenommen worden sein. 231 Zur generellen Fehlerhaftigkeit Matthäus’, gerade was kontinentale Fürsten und Titel anbelangt, vgl. Vaughan, Matthew Paris, S. 37 f.; vgl. auch Erkens, Kurfürsten, S. 83 f. Dass eine Verwechslung mit dem Brabanter eher unwahrscheinlich ist, scheint eine Auflistung an anderer Stelle bei Matthäus von Paris, Chronica, a. 1254 (Rolls series 57,5, S. 438) zu belegen, wo es unter anderem heißt: dux Braibantiae, qui et Lovaniae, qui se vocat ducem Lotharingiae, dux de Limburc . . . 232 Vgl. Erkens, Stellung, passim. 233 Regesta imperii 5,1, Nrn. 199–201, 209 und 1126.

1. Konsens oder Rechtsusurpation – Prozess oder Akt?

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Matthäus’ Vorlage zuschreiben will – offiziell von Seiten der Reichsfürsten erfolgt sein, die ihn als Standesgenossen akzeptierten oder nicht und ihm dennoch bzw. deswegen jedes Wahlrecht absprachen, oder von Seiten Außenstehender, die aufgrund der Wählerreduktion den Ausschluss dieses vermeintlichen Reichsfürsten zur Kenntnis nahmen. Hat man mit dem Limburger demnach einen „zusätzlichen“ Großen ohne Wahlrecht in der Glosse aufgeführt, so fehlen hier andererseits von den definitiv ausgeschlossenen Reichsfürsten die oben in Kapitel 1.a) behandelten Herzöge von Brabant und Bayern sowie von Österreich.234 Dies lässt sich jedoch ganz einfach mit dem Hinweis erklären, dass Matthäus vor 1254, also vor seinem Eintrag der Nicht-Wählerliste, in der Handschrift B auf der gegenüberliegenden Seite die Information glossiert hatte, dass nur noch sieben Fürsten die electores imperatorum waren235: die Erzbischöfe von Mainz, Köln und Salzburg sowie die Herzöge von Österreich, Bayern, Sachsen und Brabant.236 Hier waren also die fraglichen drei Fürsten, die Mitte des 13. Jahrhunderts kein Wahlrecht mehr hatten, als Kurfürsten aufgelistet. Es ist mehr als nur nachvollziehbar, dass Matthäus diese drei Reichsfürsten aufgrund seiner älteren Glosse nicht in seine Nicht-Wählerliste aufnahm. Er hat dies geflissentlich unterlassen, um nicht widersprüchlich zu werden. Zumindest hier wird deutlich, dass Matthäus offenkundig eine entsprechende Korrektur bzw. Kürzung seiner Ursprungsquelle vorgenommen hat. Lediglich hinsichtlich des dux Saxonie hat der Engländer diese Sorgfalt nicht walten lassen, da er in beiden Listen vorkommt. Dieser Widerspruch ist nicht endgültig aufzulösen, doch bleibt der Hinweis auf eine mögliche andere, aber missverständliche Bezeichnung, sofern wirklich der Anhaltiner gemeint war. 234 Letzteres freilich nur, wenn man Matthäus unterstellt, ihm sei die Herrschaftskumulation mit Böhmen nicht bewusst gewesen. Dies scheint jedoch auch so gewesen zu sein, denn Matthäus nennt nicht nur nirgendwo Otakar als Herzog von Österreich oder weist sonst auf die Personalunion hin, sondern in zwei nach 1253 zu datierenden Auflistungen von Fürsten führt der Engländer beide Herrschertitel nebeneinander auf, was Indiz dafür ist, dass er nichts von der Identität des Herzogs von Österreich und des Königs von Böhmen wusste (Matthäus von Paris, Chronica, a. 1254 und 1257 [Rolls series 57,5, S. 438 und 604]). Kein Gegenargument hierzu ist die Liste der sieben Prinzipalwähler, die eben statt des Böhmen den mit ihm seit 1251/53 identischen Herzog von Österreich auflistet; vgl. im Folgenden. Denn dass Otakars II. zweiter Rechtspersonen das Wahlrecht zuerkannt wurde, ist ja nicht als Werk Matthäus’ zu sehen, sondern diese Information hat den Engländer so aus Deutschland erreicht. 235 Diese Glosse steht auch in der jüngeren Handschrift C; vgl. Wolf, Entstehung, Q 40, S. 144. 236 Matthäus von Paris, Chronica, a. 1245 (Rolls series 57,4, S. 455; Wolf, Entstehung, Q 40, S. 145). Zur Handschriftenlage und Datierung vgl. Wolf, ibid., S. 144, und unten Anm. 306. Wolfs Bewertung dieser Glosse ist freilich abzulehnen; vgl. hierzu Begert, Böhmen, S. 30 f., und oben S. 19 f.

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III. Die Reduktion des Wahlrechts auf die Kurfürsten

Dass sich Matthäus die Nicht-Wählerliste aber nicht einfach eigenständig erdacht und hergeleitet hat, wird dadurch signifikant, dass der Brandenburger, der mit dem Brabanter in der Glosse der sieben Kaiserwähler wegen der Vorgänge bei der Wahl von 1247 und der ähnlichen Namen verwechselt wurde237, dann ebenso wenig in der Nicht-Wählerliste genannt wurde wie der Pfalzgraf, an dessen Stelle die Kaiserwählerliste den Bayern nennt. Da Brandenburger und Pfalzgraf mittlerweile Kurfürsten waren, konnte Matthäus sie zwangsläufig nicht als „Fürsten, die keine Wähler des Kaisers“ sind, bezeichnen – oder besser: – sie tauchten in seiner Ursprungsquelle naturgemäß nicht auf!238 Gerade diese Umstände sprechen für eine gewisse Authentizität und für eine originäre Herkunft der Quelle aus dem Reich. Allerdings wäre es zu weit gegriffen, in der Glosse gleichsam die „Mitschrift“ eines offiziellen Beschlusses der Reichsfürsten erblicken zu wollen. Nicht zuletzt die Auflistung des Sachsen (sofern hier kein Irrtum Matthäus’ vorliegt) und des Geldeners sprechen eindeutig dagegen. Es hat also mindestens eine Bearbeitung der ursprünglichen Quelle stattgefunden. Gleichwohl ist es Fakt und kann nicht genug betont werden, dass die Liste widerspiegelt, dass man sich in der Mitte des 13. Jahrhunderts bewusst war, dass gewisse deutsche Fürsten mit einem Mal kein Wahlrecht mehr hatten. Es hatte also offensichtlich eine Zäsur stattgefunden. Die Liste ist gleichsam Ergebnis einer Art „Inventur“ und somit ein weiteres Indiz für eine zu einem konkreten Zeitpunkt vorgenommene Reduktion des Wahlrechts, die sich eben nicht schleichend und stillschweigend vollzog, wie von Lintzel oder Erkens angenommen.239 Dass sich daraus resultierend das Wahlrecht auf sieben Fürsten beschränkte, übermittelt Matthäus ebenfalls in den frühen 1250er Jahren mit seiner ersten Glosse über die sieben Kurfürsten, und stützt damit die Interpretation weiter ab. c) Die Haltung der geistlichen Reichsfürsten Unabhängig davon, welche Ursprünge die Nicht-Wählerliste hat, fällt eines auf: Es wurden keine Geistlichen als „Fürsten, die keine Kaiserwähler Vgl. Begert, Böhmen, S. 30. Gleichwohl ist es nicht sicher, ob diese Verwechslung auf Matthäus oder seine Ursprungsquelle zurückgeht. 238 Die Nicht-Wählerliste kann also nicht auf einem Vergleich des Matthäus mit seiner „langen Königswählerliste“ (vgl. Anm. 240) beruhen, denn hier stehen nicht zuletzt diese beiden Fürsten neben Brabant und Bayern als Königswähler. 239 Freilich ist aufgrund der Handschriftenlage die Möglichkeit nicht vollständig auszuschließen, dass die Nicht-Wählerliste eine Reaktion auf die Doppelwahl von 1257 und die dann hier „vermissten“ weltlichen Wähler ist, wobei der aufgeführte Böhme dann aber eigentlich nicht zu erklären wäre (vgl. oben Anm. 221). Dies wäre jedoch ebenfalls Beleg für die Wahrnehmung einer Zäsur. 237

1. Konsens oder Rechtsusurpation – Prozess oder Akt?

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sind“ bezeichnet! Dies könnte als Argument gegen die These dienen, dass es sich um eine offiziöse Liste der ausgeschiedenen Wähler handelt, da sie nur die weltlichen Reichsfürsten berücksichtigt. Andererseits muss man aber bedenken, dass es im Falle der ca. 90 geistlichen Fürsten schlichtweg kaum leistbar und völlig unökonomisch gewesen wäre, alle diejenigen aufzulisten, die nun kein Wahlrecht mehr hatten, statt nur die drei zu nennen, die es künftig alleine ausübten. Matthäus von Paris hatte bereits in seiner „langen“ Wähler-Liste, die inhaltlich auf die Zeit um 1246 zu datieren ist, keine anderen geistlichen Fürsten genannt als die drei rheinischen Erzbischöfe.240 Doch 1246 beteiligten sich an der Wahl Heinrich Raspes seitens der Geistlichkeit außer den rheinischen Erzbischöfen noch die Bischöfe aus Straßburg, Metz und Speyer.241 Und 1247 wurde Wilhelm von Holland von fast einem Dutzend Erzbischöfen und Bischöfen gewählt.242 Das Wahlrecht aller geistlichen Reichsfürsten war somit Ende der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts – entgegen der Liste des Matthäus – noch fest verankert. Aber bereits 1246 adressierte Papst Innozenz IV. ein Zirkularschreiben, mit der Aufforderung, Heinrich Raspe von Thüringen zu wählen, an Archie240 Matthäus von Paris, Chronica, a. 1257 (Rolls series 57,5, S. 604): archiepiscopus Coloniae [. . .], archiepiscopus Maguntinus, archiepiscopus Treverensis, rex Boemiae, comes Palatinus de Reno, dux Austriae, dux Suavie qui et comes Bavarie [!], dux Poloniae [!], Marchisus de Miche, marchisius Brandebord, dux Saxoniae, dux de Bruneswic, dux de Carentene, dux de Melain, dux Braibantiae qui et Lovaniae, Landegravius Duringiae, marchio Mixiae. Nach eigener Aussage erhielt Matthäus diese Liste 1257 von König Heinrich III. von England persönlich (ibid., S. 617). Aufgrund der Auflistung des Herzogs von Melain, was wohl als Meran zu deuten ist, muss aber der Ursprung dieser Liste – sofern man ihr offiziösen Charakter oder/und die Übermittlung durch König Heinrich unterstellen will – vor dem Jahre des Aussterbens der Meranier (1248) liegen. Die Landgrafen von Thüringen waren sogar schon 1247, die ebenfalls genannten Herzöge von Österreich 1246 ausgestorben. Es gab für diese drei Herrschaften zunächst nicht einmal (anerkannte) Rechtsnachfolger, die dann aber ohnehin bereits Fürsten anderer Herrschaften waren, sodass etwa später die Rechtsperson des Landgrafen von Thüringen durch die des Markgrafen von Meißen verdeckt wurde. Beide (!) werden aber nebeneinander in der Liste aufgeführt, wie auch der Herzog von Österreich und der seit 1251/53 mit ihm identische König von Böhmen, was nachdrücklich auf eine frühere Datierung weist. Ferner gab es spätestens seit 1254 keinen reichsrechtlich anerkannten schwäbischen Herzog mehr, weshalb auch dies ein Argument für die Frühdatierung ist. Sollte Wolf, Entstehung, S. 148, mit seiner Deutung Recht haben, dass es sich bei dem marchisius de Miche um den Markgrafen von Mähren (marchio Mixiae sei dagegen der Markgraf von Meißen) handelt, dann gilt es auch in diesem Fall festzustellen, dass der für lange Zeit letzte eigenständige Markgraf von Mähren im Jahre 1247 verstorben ist. Die Bedeutung dieser von Wolf, ibid., S. 43 und 46, so hoch geschätzten Liste wird ohnehin durch die Nennung des Herzogs von Polen als einer der Königswähler weiter stark relativiert. 241 Regesta imperii 5,1, Nr. 4865d; Erkens, Kurfürsten, S. 110 f. 242 Vgl. die Auflistung bei Erkens, Kurfürsten, S. 111 f.

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III. Die Reduktion des Wahlrechts auf die Kurfürsten

piscop[o]s et nobil[es] vir[o]s ali[o]s, princip[es] Theutonie, die die Macht zur Königswahl hätten. Wenngleich vom selben Tag ein dazugehöriges Einzelschreiben, das zu einer einmütigen Wahl aufforderte, auch an den Bischof von Würzburg erging und schlussendlich mehrere geistliche Fürsten Heinrich wählten, fällt auf, dass das Zirkularschreiben außer an ungenannte Laien nur an Erzbischöfe gerichtet war.243 Ihnen kam als Metropoliten eine Führungs- und Sonderrolle zu. Dasselbe zeigen die päpstlichen Dankschreiben bezüglich der Wahl Wilhelms von Holland 1247. Die einzelnen Schreiben sind jeweils an die Erzbischöfe aus Mainz, Köln, Trier und Bremen und ihre suffragane[o]s gerichtet. Zwar wurden auch vier dieser Suffragane direkt angeschrieben, doch zeigt dieser Brief neuerlich die den Erzbischöfen aufgrund der kirchlichen Hierarchie zugebilligte Führungsrolle bei der Wahl.244 Hinzuweisen ist auch auf die auffällige Unterscheidung des Papstes zwischen wahlberechtigten und applaudierenden (akklamierenden) Fürsten bei der Erhebung Wilhelms.245 Es ist nicht zu gewagt, wenn man unter der Gruppe der ersteren die vier versammelten Erzbischöfe, wenn nicht gar nur die drei rheinischen als die geistlichen Mitglieder des Prinzipalwählergremiums verstehen will. Dann ist aber ein signifikanter Bruch festzustellen: Anders als zehn Jahre zuvor spricht der Papst im Juli 1256 nur noch die Erzbischöfe aus Mainz, Köln und Trier an, als er davor warnte, Konradin zum König zu wählen!246 Alexander IV. schrieb also nur noch an jene drei Fürsten, die dann auch als einzige Geistliche in der Folgezeit das Wahlrecht ausübten, und nicht mehr auch an deren Suffragane oder erzbischöfliche Amtsgenossen. Dieser Sachverhalt legt es nahe, dass bereits vor dem Juli 1256 die übrige deutsche Geistlichkeit ihres Wahlrechtes verlustig ging. Dafür, dass sie freiwillig bzw. bereitwillig auf das Stimmrecht verzichtete, spricht nicht allein die fehlende Überlieferung des geringsten Anzeichens für einen Protest hiergegen durch einen der fast 90 betroffenen geistlichen Reichsfürsten. 243 MGH, Const. 2, Nrn. 346 und 347. Vgl. schon Weiland, Königswahlen, S. 331–333. 244 MGH, Const. 2, Nr. 355. Das Schreiben ging außer an die Erzbischöfe aus Mainz, Köln, Trier und Bremen an die Bischöfe von Würzburg, Straßburg, Münster und Speyer, deren Wahlbeteiligung jedoch fraglich ist. Dagegen nahmen abgesehen von den vier Erzbischöfen die Bischöfe von Osnabrück und Lüttich (Suffragane Kölns), Toul und Verdun (Suffragane Triers) und Hildesheim und Paderborn (Suffragane von Mainz) an der Wahl teil; vgl. Erkens, Kurfürsten, S. 111 f. 245 MGH, Const. 2, Nr. 352. 246 MGH, Epp. saec. XIII, Bd. 3, Nr. 440. Der Papst drohte in seinem Mahnschreiben coelectoribus tuis, tam ecclesiasticis quam secularibus mit der Exkommunikation, doch hat sich ein entsprechender Brief an die weltlichen Wahlfürsten nicht erhalten, sofern er denn überhaupt abgeschickt wurde.

1. Konsens oder Rechtsusurpation – Prozess oder Akt?

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Ein entscheidendes Argument sind auch die Abläufe kirchlicher Wahlverfahren, sei es in Rom oder in deutschen Diözesen. Das Bewusstsein, dass die Papstwahl nicht mehr durch den gesamten (römischen) Klerus oder gar das (römische) Kirchenvolk, sondern seit 1059 bzw. 1130 durch die Kardinäle als Stellvertreter für die oder Repräsentanten der Gesamtkirche erfolgte, war sicherlich nicht unwichtig für die Delegierung des Wahlrechts an die drei Erzbischöfe.247 Auch die Bischofswahlen waren spätestens seit dem 4. Laterankonzil von 1215 auf das jeweilige Domkapitel als Wahlkörper beschränkt.248 Schließlich scheint ja auch nichts logischer und einfacher, als dass die Suffragan-Bischöfe sich von ihren Metropoliten vertreten ließen bzw. den von diesen Gewählten anerkannten, nachdem es ohnehin bereits bei den bisherigen Königswahlen – analog zu den weltlichen Fürsten – eine Art Folge der rangniederen Geistlichen gegenüber den Erzbischöfen gegeben hatte.249 Allerdings wurden nur drei der sechs deutschen Erzbischöfe auch Kurfürsten. Der Magdeburger, der Bremer und der Salzburger traten nicht als Vertreter des Reichsepiskopats bei der Königswahl auf. Was deren konkretes Wahlverhalten seit 1198 anbetrifft, so kann man vom Erzbischof von Magdeburg sagen, dass er nur im deutschen Thronstreit aktiv war und auch da nur bei den Wahlen, die in seiner Erzdiözese oder doch zumindest in deren Nähe stattfanden. Einzige Ausnahme ist die Frankfurter Wahl von 1220, die jedoch die letzte Königswahl war, an der sich ein Magdeburger beteiligte.250 Der Metropolit des kleinsten deutschen Erzbistums, Bremen, hatte sich seit der Jahrhundertwende überhaupt nur ein einziges Mal an einer Königswahl beteiligt. Dies war zwar die bis zur Wähler-Reduktion letzte Königs247 Vgl. Frank, Kirchengeschichte, S. 81 f.; Feine, Rechtsgeschichte, S. 317–321; das Papstwahldekret von 1059 in: MGH, Const. 1, Nr. 382, hier bes. § 4; vgl. Sperber, Wahl des Papstes, Kap. III.1.2, 2.1 und 2.2. Es gilt dabei auch auf das Dekret „Licet de vitanda“ von 1179 hinzuweisen, das regelte, dass fortan keine sanior pars mehr entscheiden konnte, sondern eine Zweidrittelmehrheit der nun gleichgewichtigen Kardinäle (Jaffé, Regesta, Bd. 2, S. 340 f.). Zugleich zeigt dies, dass die Papstwahlordnung nur bedingt auf die Königswahl Einfluss hatte; vgl. Elsener, Geschichte, S. 87 f.; Maleczek, Abstimmungsarten, S. 103 f. Damit war aber die sanioritas als Kriterium bei kanonischen Wahlen noch lange nicht obsolet, vgl. ibid., S. 120–124. 248 Vgl. Schimmelpfennig, Papsttum, S. 205; Landau, Kollegium, S. 490 f. 249 Vgl. Mitteis, Königswahl, S. 77–79. Vgl. zur Gewichtung geistlicher Stimmen bei kanonischen Wahlen nach Bernhard von Pavia auch Landau, Kollegium, S. 486. Zur Rolle des Mainzers und der Wirkung seiner Stimmabgabe beispielsweise bei der Wahl von 1024 vgl. Wipo, Gesta, cap. II (SSrG i. us. schol. 61, S. 18 f.). Zu den weltlichen Fürsten vgl. Erkens, Kurfürsten, S. 55. 250 Vgl. Erkens, Kurfürsten, S. 100–108.

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III. Die Reduktion des Wahlrechts auf die Kurfürsten

wahl, die Wahl Wilhelms von Holland im Jahre 1247, doch fand diese bei Köln, unweit der Heimat des damaligen Erzbischofs Gerhard II. von Lippe statt.251 Auch vom Erzbischof von Bremen ist im späteren Verlauf ein Beharren auf sein Wahlrecht nicht feststellbar.252 Die Wahlbeteiligung der Erzbischöfe von Salzburg seit 1198 fällt ebenfalls ernüchternd aus. Sowohl der Salzburger selbst als auch seine Suffragane aus Freising, Regensburg und Passau waren einzig bei der in der Salzburger Erzdiözese stattfindenden Wahl Konrads IV. (1237 in Wien) anwesend. Von diesen Suffraganen hatte lediglich der Bischof von Regensburg zumindest auch schon 1220 seine Stimme abgegeben.253 Lintzels These vom Desinteresse der Fürsten an der Königswahl, die diese lieber den „verkehrsgünstig“ und relativ nahe zum Wahlort (in der Regel auf Frankeserde254 und hier in Frankfurt) residierenden Standesgenossen überließen, dürfte also auch für einen Großteil des Episkopats zutreffen.255 Zumindest scheint hier die Bereitschaft, sich von geistlichen Amtskollegen vertreten zu lassen bzw. denen die Wahl vertrauensvoll zu überlassen, die ihren Sprengel näher am Wahlort hatten, insgesamt auf größere Akzeptanz gestoßen und unproblematischer gewesen zu sein als bei den weltlichen Fürsten. Es gilt dabei aber nochmals zu betonen, dass es nicht irgendwelche Kollegen, irgendwelche Erzbischöfe waren, die nun die einzigen geistlichen Königswähler waren, sondern der Erzkanzler des deutschen Reiches und Wahlleiter, der Erzkanzler Italiens und Kröner des deutschen Königs sowie dessen Inthronisator (zumindest aber war Trier das älteste der deutschen Erzepiskopate).256 Nicht zuletzt aufgrund dieser Sonderstellungen und ihrer kontinuierlichen Beteiligung an den früheren Königswahlen haben die drei 251 Vgl. Erkens, Kurfürsten, S. 111 f. Der ebenfalls wählende Bischof von Paderborn war Gerhards Neffe Simon, sodass für Gerhard durchaus auch Familieninteressen eine Rolle gespielt haben können. Zu denken ist aber auch an Absprachen hinsichtlich einer Politik gegenüber den Friesen mit dem Grafen von Geldern und dem Bischof von Osnabrück sowie Wilhelm von Holland selbst. 252 Kein Indiz hiergegen ist das Mahnschreiben Clemens’ IV. vom September 1266, nicht Konradin zum römischen König zu wählen, das auch an den Bremer ging (MGH, Const. 2, Nr. 406), denn es war eben ein Schreiben des Papstes an den Bremer und nicht umgekehrt; vgl. hierzu auch unten Kapitel V.2. 253 Vgl. Erkens, Kurfürsten, S. 99–109. 254 So die Formulierung der englischen Partei vor der Kurie 1263, wiedergegeben in der Bulle „Qui celum“ (MGH, Const. 2, Nr. 405, § 6). 255 Mainz befand sich ja in direkter Nachbarschaft zu Frankfurt. Im Vergleich zu Köln und Trier waren nur die Bischofsstädte Worms, Speyer und Würzburg (allesamt Mainzer Suffragane) näher an der Mainmetropole. Die Trierer Residenz Koblenz wurde aber nur von Worms „distanziert“. 256 Vgl. Stutz, Erzbischof, S. 21–34 und 64–89; Erkens, Erzbischof, S. 41–52; Begert, Böhmen, S. 46 f.

2. Beschluss einer Fürstengruppe oder Gesetz eines Hoftages?

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Erzbischöfe es bereits ein halbes Jahrhundert zuvor zu den drei einzigen geistlichen Vor- bzw. Hauptwählern gebracht. Was lag also näher, als diese an Erfahrung und Kompetenz „überlegenen“ Metropoliten mit der Stellvertreterschaft aller geistlichen Reichsfürsten bei der Königswahl zu betrauen? *** Die Untersuchung hat bisher aufgrund zahlreicher Indizien nahegelegt, dass die Reduktion des Wahlrechts auf die sieben Kurfürsten durch einen konkreten Akt geschah, der vor 1257 anzusetzen ist. Wie ferner dargestellt werden konnte, waren fast alle Fürsten mit einer Vertretung durch die sieben Hauptwähler einverstanden. Proteste sind einzig vom bayerischen Herzog festzustellen, der ursprünglich geglaubt hatte, ein Kurrecht zu behalten, und indirekt vom Herzog von Lothringen, gegebenenfalls auch vom Herzog von Brabant. Die Masse der Reichsfürsten, geistliche und weltliche, hat ganz offensichtlich die Reduktion mitgetragen oder zumindest klaglos akzeptiert, verzichtete aktiv oder passiv zugunsten der Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier sowie des Pfalzgrafen bei Rhein, des Herzogs von Sachsen, Markgrafen von Brandenburg und des Königs von Böhmen auf ihr Recht, bei der Königswahl ihre Stimme abzugeben. Eine Usurpation des Kurrechts durch die sieben Fürsten ist also auszuschließen, wobei ohnehin schon Lintzel feststellte, dass ihnen zu solch einer Rechtsusurpation eigentlich die Machtmittel fehlten.257 Der (nahezu) allgemeine Konsens, den Schubert erst nach 1273 gegeben sieht258, kam bereits lange zuvor zustande. Dabei ist noch einmal zu betonen, dass schon 1125 Reichsfürsten im Sinne des Reiches und des Wahlerfolges auf ihr Wahlrecht zugunsten einer kleinen Wählergruppe verzichtet hatten. Die Einsicht in das Notwendige oder Sinnvolle und der freiwillige, bewusste Verzicht waren nichts Ungewöhnliches. Dennoch bleibt zu fragen, wieso der Protest der Wenigen ungehört verhallte. Dies führt zur Frage, wie es zu dieser Reduktion kam, die eine so große und langfristige Akzeptanz fand. Welcher Art war der Beschluss, der vor der Doppelwahl von 1257 erfolgt sein muss? 2. Beschluss einer Fürstengruppe oder Gesetz eines Hoftages? a) Grundsätzliche Überlegungen Aufgrund der bislang angestellten Untersuchungen ist also die Übertragung des Königswahlrechts alleine auf die Fürsten des Prinzipalwählergre257 258

Vgl. Lintzel, Entstehung, S. 458. Vgl. Schubert, Königsabsetzung, S. 235 f. und 246.

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III. Die Reduktion des Wahlrechts auf die Kurfürsten

miums plus Böhmen mit Sicherheit keiner konspirativen Gruppe fürstlicher Verschwörer zuzuschreiben, die die übrigen Fürsten um ihr Wahlrecht brachte. Die große Akzeptanz, die die Reduktion erfuhr, mag es möglich erscheinen lassen, dass eine Gruppe von Fürsten in dem Wissen, letztlich auf die Zustimmung der schweigenden großen Mehrheit der übrigen principes bauen zu können, mehr oder weniger selbstherrlich zu dieser Reduktion der Wahlberechtigten schritt. Doch entschieden dagegen spricht, dass die wenigen, die protestierten, ihren Protest nicht zu einem erfolgreichen Abschluss führen konnten. Weder gelang es dem Lothringer 1273 als Kurfürst zu agieren (wenn er es denn überhaupt noch gewollt hatte), noch erhielt der bayerische Herzog 1271 vom Papst Unterstützung für die Zulassung seines Wahlrechtes.259 Gregor X. hätte aber doch höchstwahrscheinlich Partei ergriffen, wenn er es für durchsetzbar und vor allem für rechtmäßig erachtet hätte. Schließlich hätte er sich damit nicht zuletzt einen Wahlfürsten zutiefst verpflichtet – der Papst tat jedoch nichts dergleichen. Dies alles spricht aber nicht nur gegen eine Reduktion durch eine unlegitimierte Fürstengruppe, sondern auch gegen eine Reduktion, die nur für die eine konkret anstehende Wahl von 1257 vorgenommen worden wäre.260 Denn ansonsten hätte eine Usurpation des Wahlrechts durch die sieben Fürsten zwar nicht im Vorfeld von 1257, aber dafür 1273 stattgefunden. Damals wählten neuerlich nur noch sieben Fürsten und auch der um 1275 entstandene Schwabenspiegel kannte nur noch das kurfürstliche Wahlrecht und nicht mehr das aller Reichsfürsten, wie noch der Sachsenspiegel.261 Warum hätten 1273 alle Reichsfürsten auf das Wahlrecht verzichten sollen, wenn dies nur eine einmalige Ausnahme 1257 gewesen wäre? Hätten in diesem Fall nicht sehr wahrscheinlich zusätzlich zu den Gegnern der Reduktion von 1257 nun auch einige Rechtsnachfolger von solchen Fürsten, die seinerzeit aus Desinteresse oder Einsicht in das Notwendige verzichtet hatten, wieder auf ihr Wahlrecht gepocht? Ein regelrechtes Vergessen des Rechts der Königswahl in den knapp 20 Jahren ist für alle Reichsfürsten schwerlich anzunehmen. Dennoch ist 1273 nur noch ein einziger Protest, nämlich der des bayerischen Herzogs, gegen den Ausschluss vom Gremium der Kur259 Heinrich XIII. an Papst Gregor X., nach 24. Oktober 1271 (Pez, Codex, Bd. 6,2, S. 137). 260 Dies glaubt aber beispielsweise Giese, Reichstag, S. 585–588. Als Beleg führt er dabei unter anderem einen Brief Alfons’ von Kastilien an (Acta imperii inedita, Bd. 1, Nr. 579), worin dieser zwischen den Reichsfürsten allgemein und jenen unterscheidet, die damals alleine das Wahlrecht gehabt hätten. Diese Stelle beweist jedoch keine 1256/57 vorgenommene Reduktion der Wähler auf die Kurfürsten, ob nun prinzipiell oder ausnahmsweise, sondern spielt – wie „Qui celum“ – auf den Stimmverlust der im April 1257 Abwesenden und damit auf die einmütige Wahl Alfons’ an; so auch schon Groten, Konrad, S. 498 Anm. 81. 261 Schwabenspiegel, Landrecht, cap. 130a (BRH 4, S. 430).

2. Beschluss einer Fürstengruppe oder Gesetz eines Hoftages?

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fürsten festzustellen. Dieser wurde dann zwar 1273 zugelassen, aber eben nur im Austausch für den opponierenden Böhmen.262 Wieso konnte das Wahlrecht weiterhin auf nur sieben Fürsten begrenzt bleiben? Die einzig mögliche Antwort ist, dass die Reduktion, die vor der Doppelwahl 1257 beschlossen wurde, einen grundsätzlichen Charakter hatte. Sie sollte für alle Wahlen gelten!263 Nicht nur die allgemeine und dauerhafte Akzeptanz seitens der ausgeschlossenen Fürsten spricht für einen förmlichen Beschluss, ein regelrechtes Fürstenweistum oder Reichsgesetz, sondern nicht zuletzt auch die Durchsetzbarkeit und dass sich dabei die 1257 zerstrittenen Wahlparteien ihrerseits an die offensichtlich erfolgte Reduktion starr hielten und sich nicht mit bereit stehenden Parteigängern verstärkten.264 Jedoch scheint hierüber jedwede Überlieferung auszufallen. Denn anders als Giese glaubt, ist weder Entsprechendes aus einem Brief Richards von Cornwall herauszulesen265, noch kann eine Stelle in der Bulle „Qui celum“ hierfür herangezoVgl. Begert, Böhmen, S. 27 Anm. 18. Dazu, dass damit aber nicht allen Reichsfürsten ihr Wahlrecht benommen wurde, sondern sie theoretisch noch im Rahmen des Kurgremiums zur Wahl schreiten konnten, vgl. Kapitel V.2. 264 Vgl. oben S. 67 f. 265 Vgl. Giese, Reichstag, S. 585 f. Der Brief König Richards kann nichts zur Frage der Terminierung der Reduktion auf die sieben Alleinwähler oder ihre Art und Weise beitragen: Cum Romanum vacaret imperium et [Böhmen, Köln] et [Pfalz] principes vocem in electione creandi Romanorum regem habentes, ad quos per reliquorum principum quemdam processum indebitum erat ea vice ius eligendi racionaliter devolutum, die ad eligendum prefixa et eodem rege [Bohemiae] per procuratores, aliis vero apud Francofortem personaliter convenissent, ad ipsius imperii regimen unamiter et concorditer elegerunt (Hampe, Briefe, S. 685 f.). Hampe, ibid., S. 676 f. glaubte hier nur die Übertragung des Wahlrechtes auf die Wähler Richards durch die sich dem Wahlakt vor Ort im Januar 1257 verweigernden Kurfürsten aus Trier und Sachsen (und Brandenburg) angesprochen; zustimmend Groten, Konrad, S. 498 Anm. 81. Dem widersprach Giese aufgrund der Analyse der Syntax: Die Stimmendelegierung habe nach Eintreten der Vakanz vor der Zusammenkunft, ja sogar vor der Wahlterminierung stattgefunden; vgl. auch die grammatische Erörterung bei Jenks, Vorlesung, wonach folgende Abfolgen möglich sind: „Thronvakanz, Stimmrechtsdevolution, Wahlterminierung, Zusammenkunft, Wahl (mit Giese), aber auch Thronvakanz, Wahlterminierung, Stimmrechtsdevolution, Zusammenkunft, Wahl (gegen Giese).“ Sofern also dem mittelalterlichen Schreiber kein grammatischer Fehler unterlaufen ist (vgl. ansonsten die Hampes Version entsprechende Darstellung in „Qui celum“; MGH, Const. 2, Nr. 405, § 10), macht dieses Zeitgefüge zwar Hampes Interpretation hinfällig, dass mit der Delegierung der Stimmenver- bzw. -anfall der sich verweigernden Kurfürsten der nachmaligen kastilischen Partei gemeint ist, jedoch können die „reliqui principes“ sehr wohl den Mainzer bezeichnen. Dieser geriet ja noch zu Lebzeiten König Wilhelms in Gefangenschaft und dürfte entsprechend früh seine Stimme delegiert haben, da er indebitus, ohne eigenes Verschulden der Wahl 262 263

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III. Die Reduktion des Wahlrechts auf die Kurfürsten

gen werden.266 Nicht zuletzt diese Quellenlage hat die Forschung ja veranlasst, von einem stillschweigenden Verzicht der Reichsfürsten bzw. einem „konspirativen“ Ausschluss durch wenige Fürsten oder von einem schleichenden Prozess auszugehen.267 Allerdings liegt uns zumindest die sog. Kurfürstenfabel vor, die erstmals von Martin von Troppau 1268/71 und dann von der Kaiserchronik des Schwabenspiegels 1275 angeführt wird. Sie geht von einem konstitutiven Rechtsakt für das Kurgremium aus.268 Doch gerade weil diese Geschichte fabulös ist und die Gründung des Kollegs in die Zeit Ottos III. oder gar Karls des Großen rückt und scheinbar nicht durch weitere Quellen bestätigt wird, wird ihr von der Wissenschaft gemeinhin keine Beweiskraft zuerkannt.269 fern bleiben musste! Freilich benutzte Richard in seinem Brief den Plural, als hätten mehrere, ungenannte Fürsten ihre Stimme an seine Wähler übertragen, jedoch könnte dies als propagandistischer Euphemismus erklärt werden. Es gilt zu bedenken, dass, wenn diese Interpretation nicht zuträfe, Richard das Votum des Mainzer Erzkanzlers, das ja zu seinen Gunsten ausgefallen war, ansonsten völlig unerwähnt gelassen hätte. 266 Die von mir (vgl. Begert, Kurkolleg, S. 423) ursprünglich zur Stützung Gieses herangezogene Stelle aus der Bulle „Qui celum“ (MGH, Const. 2, Nr. 405, § 11) kann diesbezüglich auch nichts beweisen. Hierin heißt es seitens der kastilischen Partei, dass der 13. Januar 1257 nicht zur Wahl, sondern zu Verhandlungen hierüber vorgesehen gewesen wäre und zur Festlegung des Tages für die Wahl, non per omnes, sed quosdam ex ipsis principibus (Hervorhebung durch den Verf.). Es ist irrelevant, wie man die Stelle lesen will, ob die Bestimmung des Verhandlungstages, die Versammlung oder die Wahl selbst nur von „einigen Fürsten“ statt allen vollzogen wurde/werden sollte. Denn da sich „alle diese Fürsten“ auf die sieben Wahlfürsten des Jahres 1257 bezieht, weisen die „einigen“ eben nicht auf die Reduktion auf die Kurfürsten, sondern sie bezeichnen einen Teil von diesen, der eben vorgeblich den Verhandlungstag bestimmt haben, sich versammeln und beraten oder die Wahl vollziehen sollte. Andererseits deutet sich hieraus aber doch zumindest an, dass es schon zuvor eine Reduktion auf eine engere Fürstengruppe, eben die Kurfürsten (ipsi principes), gegeben hat. 267 Vgl. z. B. Lintzel, Entstehung, S. 458–463; Thomas, König Wenzel, S. 368– 372; Erkens, Kurfürsten, S. 77–86. 268 Martin von Troppau, Chronicon (MGH, SS 22, S. 466): institutum fuit; Schwabenspiegel, Kaiserchronik 44a (BRH 4, S. 312): der kaiser sprach also. . .. Die Kaiserchronik verweist dabei auch ausdrücklich auf das Landrecht (130a [BRH 4, S. 430]), wo ja ebenfalls von einer förmlichen Rechtsetzung gesprochen wird: dar umbe ist der fursten vngerade gesezzet . . .! Vgl. zur Kurfürstenfabel Buchner, Ausbildung, S. 65–75. 269 Vgl. Giese, Reichstag, S. 590, der mit anderen die Fabel gerade als Indiz dafür nimmt, dass man ausgangs des 13. Jahrhunderts bereits nicht mehr die geringste Ahnung gehabt habe, wie es zum Kurkolleg gekommen sei. In demselben Tenor Erkens, Kurfürsten, S. 35 und 93. Vgl. aber Ertl, Thesen, S. 620 und 623, der Erkens zwar hinsichtlich der Ablehnung eines konstitutiven Rechtsaktes zustimmt, jedoch erklärt: „Gebrochen durch mehrere Filter haben die Verfasser der sogenannten Kurfürstenfabeln mit ihrer Rückprojektion der entscheidenden Ereignisse in das Früh-

2. Beschluss einer Fürstengruppe oder Gesetz eines Hoftages?

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Aber es kann zunächst schlicht festgehalten werden, dass man ausgangs des 13. Jahrhunderts sehr wohl einen konstituierenden Rechtsakt vermutete bzw. überlieferte. Nur weil man diesen Akt bedeutenden Kaisern zuschrieb und weit in die Vergangenheit rückte, um der Regelung die notwendige Autorität zu verleihen oder – vielleicht besser: – deren Autorität zu erklären, muss der Kern der Nachricht, die Rechtsetzung, deswegen nicht zwangsläufig unglaubhaft sein. Von vornherein die Nachricht zur Gänze als Erfindung, Fälschung oder Märchen abzuqualifizieren, ist unzulässig. Zu bedenken ist, dass Martin von Troppau einen Kaiser Otto (allerdings den dritten) indirekt in Verbindung mit dem Kurkolleg bringt und Otto IV. sehr wahrscheinlich für die Konstituierung des sechsköpfigen Prinzipalwählergremiums verantwortlich zu machen ist.270 Dass dann auch rückblickend die Zuweisung des alleinigen Wahlrechtes an diese Gruppe aus späterer Zeit damit verquickt wurde, erscheint nachvollziehbar. Freilich kann die Kurfürstenfabel bestenfalls Indiz, aber kein Beweis für die These vom konstitutiven Rechtsakt sein. *** Da auf den ersten Blick eine Absicherung der Rechtsetzungsthese durch weitere Quellen auszufallen scheint, ist zunächst der grundsätzlichen Frage nachzugehen, ob und wann es überhaupt einen Zeitpunkt und eine Gelegenheit gegeben hat, um die prinzipielle Reduktion auf die sieben Wahlfürsten vornehmen zu können. Karl Zeumer hat aufgrund der Doppelwahl von 1257, die alleine von den nun mit dem Begriff „Kurfürsten“ zu Bezeichnenden vollzogen wurde, und eines Briefes des Herzogs Albrecht von Braunschweig vom August 1256 an die rheinischen Städte, worin dieser sich „ein Kurrecht zugestehe“, gefolgert, dass der Reduktionsbeschluss „zwischen dem August des Jahres 1256 und dem Januar des folgenden stattgefunden haben muß“.271 Während Zeumer hierfür den 8. September 1256, für den ein Wahltag angesetzt war, nur als möglichen Termin für die Reduktion des Wahlrechts vorschlug, legt sich Giese für den Rechtsakt auf dieses Datum fest.272 Armin Wolf gibt aber völlig zu Recht zu bedenken, dass aufgrund der zerstrittenen Parteien 1256 „kaum ein geeigneter Zeitpunkt [war], um einen einhelligen Beschluss über die Einschränkung des Königswahlrechts herzustellen. Ein für den 8. September 1256 in Frankfurt vorgesehener Wahltag hat offenbar überhaupt nicht stattgefunden.“273 Es gab damals wemittelalter [. . .] doch Wesentliches mit Realitätsbezug über die Königswahl zu berichten.“ Auch Wolf, Entstehung, S. 12, sieht einen „wahren Kern“ in der Fabel. 270 Vgl. oben Anm. 176. 271 Zeumer, Kur, S. 211 f. 272 Vgl. Giese, Reichstag, passim, bes. S. 573–576. 273 Wolf, Entstehung, S. 46. Vgl. schon Lintzel, Entstehung, S. 459; Erkens, Erzbischof, S. 18 Anm. 5; Groten, Konrad, S. 498 f.

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III. Die Reduktion des Wahlrechts auf die Kurfürsten

der die Basis noch die Gelegenheit für eine prinzipielle Reform des Wahlrechts der Fürsten. Genauso wenig ist eine Delegierung des Wahlrechts an eine kleine Gruppe im Sinne einer electio per compromissum vorstellbar, die ja gerade Dissense in der Wählerschaft auflösen sollte, zumal eine Bestellung von Kompromissaren nur für die konkret anstehende Wahl gegolten hätte, doch die Kurfürsten blieben ja auch nach 1257 dieselben.274 Aber anders als Wolf dies tut, ist daraus nicht der Schluss zu ziehen, dass die Kurfürsten folglich (wesentlich) später entstanden bzw. bestimmt worden sind. Vielmehr muss der Reduktionsbeschluss (deutlich) vor 1257 erfolgt sein! Gerade der Umstand, dass die Wahlparteien 1256/57 zerstritten waren und – wie in Kapitel III.1. erläutert – dennoch neben den sieben „Kurfürsten“ 1257 keine zusätzlichen Wähler auftauchten (die Herzöge von Lothringen, Bayern und vielleicht auch Brabant wären ja bereit gewesen), muss eine vorausgegangene förmliche Reduktion zwingend zur Vorbedingung gehabt haben! Weil mit dem König von Böhmen aber ein Fürst zum bereits bestehenden Hauptwählergremium der sechs hinzugezogen wurde, um eine Wahlentscheidung herbeizuführen, und dieser auch von beiden (!) Wahlparteien als wahlberechtigt anerkannt wurde275, kann dieser Beschluss nur gemeinsam gefasst worden sein. Es ist daher eine weitgehende Einigkeit der Reichsfürsten für den Zeitpunkt des Reduktionsbeschlusses vorauszusetzen. Damit kommt als Zeitraum für diesen Beschluss keinesfalls das Interregnum in Frage.276 Da Wilhelm von Holland im Oktober 1247 bekanntermaßen selbst noch von deutlich mehr als sieben (fast ausschließlich geistlichen) Fürsten gewählt wurde, muss die Reduktion demnach zwingend während seiner Regierungszeit († 28.1.1256) erfolgt sein.277 Hiergegen scheint einzig der von Zeumer genannte Brief Herzog Albrechts von Braunschweig zu sprechen, wonach dieser sich im August 1256 das Wahlrecht zugesprochen habe. Betrachtet man sich diesen Brief jedoch genauer, so muss man feststellen, dass Albrecht keineswegs erklärt, Otto von Brandenburg selbst zum König 274 Dies kann Giese, Reichstag, S. 584–588, nicht auflösen, der für 1256 solch eine singuläre Wählerbeschränkung annimmt. Zum Kompromissverfahren vgl. Maleczek, Abstimmungsarten, S. 108–114 und 130 f.; Sperber, Wahl des Papstes, Kap. III.2.1. mit Anm. 142. Vgl. auch die entsprechende Regelung für diese Variante der Papstwahl in dem Dekret „Decet Romanum pontificem“ von 1622 in: Magnum Bullarium, Bd. 5,5, S. 5–7. 275 Vgl. Begert, Kurkolleg, S. 423 f. 276 Vgl. auch Gieses, Reichstag, S. 570 f., Argumentation hinsichtlich der von den beiden zerstrittenen Wahlparteien vor der Kurie vertretenen Standpunkte. 277 Weiteres Indiz für die zeitliche Eingrenzung ist die Mahnung des Papstes vor der Wahl Konradins, die im Juli 1256 nur noch an die drei rheinischen Erzbischöfe erging; MGH, Epp. saec. XIII, Bd. 3, Nr. 440.

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wählen zu wollen! Er schreibt lediglich an die Städte, dass er dessen Wahl befördere und sie befürworte und Otto im Falle von dessen Erhebung mit allen Mitteln unterstützen wolle. Er positioniert sich also nur als potenter Parteigänger. Im Gegensatz zum Schreiben Johanns von Brandenburg verwendet er gerade nicht das Wort „eligemus“.278 Durch diesen Befund steht der Hypothese der Reduktion des Wahlkörpers auf die sieben Kurfürsten während der Regierungszeit König Wilhelms nichts im Wege.279 Vielmehr bietet sie die Möglichkeit, eine der bisher aufgeworfenen Fragen befriedigend zu beantworten. Denn wenn ein Beschluss im Beisein und mit förmlicher Zustimmung eines – wenngleich schwachen – Königs gefasst wurde, erklärt sich dessen Gültigkeit, Autorität und all278 MGH, Const. 2, Nr. 428 XI. Dies tut Albrecht von Sachsen in seinem Schreiben zwar auch nicht, doch entwertet dies nicht die Feststellung zum Braunschweiger; vgl. hierzu auch Buchner, Entstehung, S. 249. Vgl. zum Braunschweiger die zurückhaltende Formulierung von Erkens, Kurfürsten, S. 83, der auch nur davon spricht, dass möglicherweise „manche Städte in dem Welfen einen Königswähler gesehen haben mögen“. Es ist nämlich nicht einmal gesichert, dass die rheinischen Städte glaubten, auch Albrecht gehöre zu den Fürsten, ad quos spectat regis electio (MGH, Const. 2, Nr. 434, § 3), nur weil er ihnen in der beschriebenen Weise antwortete, als er gemeinsam mit seinen Verwandten die Königswahlfrage beriet. Vgl. dagegen Giese, Reichstag, S. 575 f.; Zeumer, Kur, S. 211; Buchner, Entstehung, S. 248; Bähr, Albrecht I., S. 24 f. Die Teilnahme an solchen Beratungen sagt nichts über ein Wahlrecht aus, denn die Kurfürsten brauchten nach wie vor den Konsens bzw. die Unterstützung anderer Reichsstände; vgl. hierzu Schubert, Königswahl, S. 264–270. Vgl. auch die folgende Anmerkung. 279 Giese, Reichstag, S. 572 f., führt als vermeintliche Belege, dass bis zum Herbst 1256 noch keine Wählerreduktion stattgefunden habe, zwei weitere Quellen an. Einmal verbat Papst Alexander IV. 1255 gegenüber allen deutschen Fürsten und Städten die Neuwahl eines Königs (Regesta imperii 5,2, Nr. 9008) und im Mai 1256 schrieb König Alfons von Kastilien an seinen Gesandten cum praelatis, principibus, comitibus, ducibus, marchionibus, ministerialibus, baronibus etc. über die Rückgewinnung seiner Rechte und seine Erhebung zum Kaisertum zu verhandeln (zitiert nach Giese). Gerade die Nennung von Grafen, Baronen und Ministerialen, die schon lange kein Wahlrecht mehr hatten, zeigt, dass es um die Werbung eines breiten Anhangs ging. Giese vermisst bei beiden Briefen die ausdrückliche Nennung von „Kurfürsten“, doch beweist ein solches „argumentum ex silentio“ nicht das Geringste. Die sieben Fürsten konnten ja nicht völlig autark agieren und so ist auch das allgemeine Schreiben des Papstes zu verstehen. Stattdessen kann man gerade in der Botschaft der rheinischen Städte ad principes, ad quos spectat regis electio, ein Indiz für die zu diesem Zeitpunkt bereits erfolgte Wählerreduktion erkennen (MGH, Const. 2, Nr. 434, § 3). Zwar lässt sich dieser Satz auch so deuten, dass das prinzipielle Recht der (aller) Fürsten auf die Königswahl angesprochen wird, doch wäre dies unökonomisch und hätte anders umschrieben werden können. Der erstmals von Deutschen verwandte Nebensatz, der zudem ohne die Relativierung „specialiter“ vor dem Verb gebraucht wird, ist hier vielmehr einschränkend hinsichtlich der Fürstenschaft gemeint. Es waren eben nicht mehr alle Fürsten zur Wahl berechtigt!

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gemeine Akzeptanz besser. Erkens postuliert aber bei seiner Ablehnung eines Gesetzesaktes, dass „(königliche) Rechtssatzungen in Zeiten eines fehlenden Gewaltmonopols und einer zwischen König und Fürsten geteilten ‚Souveränität‘ kaum eine Chance auf Anerkennung gegen den Widerstand der Betroffenen“ hatten.280 Aber es gab eben keinen breiten fürstlichen Widerstand gegen die Reduktion der Wahlberechtigten, der gegen ein etwaiges Gesetz des Königs opponiert haben könnte. Es bleibt also nur die Frage, auf wie viele Reichsfürsten Wilhelm als aktive Befürworter in dieser Angelegenheit zurückgreifen konnte bzw. die Wilhelm seinerseits mit seiner königlichen Autorität – wie schwach auch immer sie gewesen sein mag – unterstützen konnte. Viele Hoftage kommen für ein entsprechendes Gesetz unter König Wilhelm von Holland nicht in Betracht. Erst 1252, als es die Hoftage in Braunschweig und vor Frankfurt gab, erfuhr er breite Anerkennung auch im Osten des Reiches. Danach kam es nur noch zu einem einzigen, spärlich besuchten und bedeutungslosen Hoftag, den Wilhelm im Jahre 1255 und damit zu einem Zeitpunkt abhielt, als er schon keinen der rheinischen Kurfürsten mehr auf seiner Seite hatte.281 Dieser letzte Hoftag muss damit aus den Überlegungen folgerichtig ausscheiden. b) Der Braunschweiger Hoftag von 1252 Die Situation 1252 war dagegen so günstig wie sonst nie mehr in der Mitte des 13. Jahrhunderts. Durch die Nachwahl standen zu diesem Zeitpunkt sechs der sieben nachmals so genannten Kurfürsten hinter dem König: Die drei rheinischen Erzbischöfe hatten Wilhelm 1247 gewählt, die beiden Askanier aus Sachsen und Brandenburg dann 1252. Der Böhme erkannte ihn bei dieser Gelegenheit zumindest als König an.282 Damit wäre die notwendige Einigkeit wenigstens bei den Kurfürsten gewährleistet gewesen, da man bedenken muss, dass der gegen Wilhelm noch opponierende Erkens, Deuten, S. 337, sagt dies zu der von Wolf angenommenen Rechtsetzung 1298, jedoch ist es sogar noch mehr als für die Zeit Albrechts I. für die Regierung des schwachen Wilhelm zutreffend. 281 Regesta imperii 5,1, Nrn. 5127b, 5189a, 5213a und 5260a. Stattdessen gab es Pläne, zumindest aber Gerüchte, Otakar von Böhmen zum römischen König zu wählen (vgl. Busson, Plan, passim; Schubert, Königsabsetzung, S. 248 f.). Abgesehen von dem Umstand, nicht sagen zu können, wer außer dem Kölner Erzbischof und dem Böhmen von den „Kurfürsten“ daran konkret beteiligt war, ist nochmals festzustellen, dass eine willkürliche Wählerreduktion im Rahmen eines Staatsstreiches niemals anerkannte Rechtsgrundlage hätte sein können. 282 Vgl. Erkens, Kurfürsten, S. 111 f.; Annales Erphordenses, a. 1252 (MGH, SSrG i. us. schol. 42, S. 111); MGH, Const. 2, Nr. 459. 280

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Pfälzer Otto II. gebannt war und damit sein Wahlrecht seinerzeit durchaus als ruhend betrachtet worden sein konnte.283 Der Pfälzer war dabei überhaupt der einzige unter den Reichsfürsten, dies heben die Erfurter Annalen ausdrücklich hervor, der (noch) nicht hinter König Wilhelm von Holland stand.284 Zwar waren nach wie vor noch ein Großteil der Reichsministerialität und viele Reichsstädte, vor allem der Wetterau wie etwa Frankfurt, auf Seiten der Staufer, aber gerade durch die Nachwahl von Braunschweig erkannten die Städte des Nordens und Ostens Wilhelm als König an. Die Masse der Reichsstände stand also 1252 hinter dem Königtum des Holländers. Insofern ist es von geringerer Bedeutung, dass von ihnen, in Sonderheit von den Fürsten, nicht allzu viele in Braunschweig anwesend waren.285 Gerade die Haltung des Herzogs von Braunschweig belegt ganz offenkundig deren Einverständnis mit der Wählerreduktion, denn er gehörte nicht zu den förmlichen Nachwählern, und das in seiner eigenen Residenz! Wie erarbeitet, dürften sich damals höchstens zwei Fürsten gegen die Reduktion gesperrt haben (Lothringen und ggf. Brabant) und beide nahmen an dem Hoftag gar nicht teil. Jedoch bereitet die Vorstellung Schwierigkeiten, dass König Wilhelm den Sohn seines Mentors und einzigen weltlichen Wählers, Herzog Heinrich II. von Brabant, von der Königswahl ausgeschlossen haben soll. Vielleicht lässt sich so aber Heinrichs III. Anwesenheit auf dem folgenden Hoftag vor den verschlossenen Toren Frankfurts erklären, wo er eventuell protestierte, aber letztlich hinsichtlich des Verlustes seines Wahlrechtes möglicherweise doch resignierte bzw. darin einwilligte.286 Noch wahrscheinlicher wird die Datierung der Wählerreduktion auf den ersten Hoftag des Jahres 1252, wenn man bedenkt, dass in Braunschweig Vgl. Kapitel VII.1. Annales Erphordenses, a. 1252 (MGH, SSrG i. us. schol. 42, S. 111). 285 Neben dem Herzog von Sachsen und dem Markgrafen von Brandenburg waren der Bischof von Speyer, Wilhelms Hofkanzler (Regesta imperii 5,1, Nrn. 5061 und 5066), und der Erzbischof von Mainz (ibid., Nr. 5066a) anwesend. Für den Januar anlässlich der Hochzeit des Königs berichten die Annales Erphordenses, a. 1252 (MGH, SSrG i. us. schol. 42, S. 110) von quidam alii episcopi, die den Feierlichkeiten beiwohnten. Ggf. waren einige von diesen auch noch im März vor Ort. 286 Zu den Besuchern des Frankfurter Hoftages gehörten: die Erzbischöfe von Mainz und Köln, die Bischöfe von Würzburg, Speyer, Lüttich und Straßburg sowie die Herzöge von Braunschweig und Brabant (Regesta imperii 5,1, Nrn. 5105a und 5108). Aufgrund des Fehlens aller weltlichen Kurfürsten bei Anwesenheit des Brabanters ist für diesen Hoftag ein Reduktionsbeschluss völlig auszuschließen. Bestenfalls könnte hier eine Bestätigung bzw. Akzeptierung des Ausschlusses vom Wahlrecht durch die anwesenden Fürsten erfolgt sein. Dazu, dass damals Weistümer gefunden wurden, die auf Beschlüsse aus Braunschweig Bezug nahmen, vgl. Zeumer, Reichsweisthum, S. 413. 283 284

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nicht nur eine Nachwahl abgehalten, sondern auch nachweislich über Fragen beraten wurde, die zumindest indirekt auch die Königswahl betrafen. Schließlich wurde hier – von der Forschung anerkannt – ein Weistum gefunden, wonach ein König, ex quo electus est in concordia, dieselbe Macht habe wie ein Kaiser.287 Angesichts dieser Vorgänge, die der damals dort anwesende päpstliche Gesandte Heinrich von Segusio (Hostiensis) in einer Glosse überliefert288, ist eine Regelung hinsichtlich des Wahlverfahrens, das eine Wahl in concordia vermeintlich garantierte, doch wohl alles andere als unwahrscheinlich.289 Und prompt berichtet uns der Hostiensis auch von entsprechenden Diskussionen! In einer weiteren Glosse führt der Kardinal die sechs alten Prinzipalwähler als Wahlberechtigte an, et septimus est dux Bohemie, qui modo est Rex. Sed iste secundum quosdam non est necessarius, nisi quando alii discordarent.290 Zwar lässt sich diese Diskussion im Reich aufgrund der Glosse nicht definitiv datieren und so wird sie zumeist – wie auch die oben behandelte Nicht-Wählerliste des Matthäus von Paris – auf das Umfeld der Doppelwahl von 1257 bezogen.291 Man kann die überlieferten Rechtsver287 Vgl. Zeumer, Reichsweisthum, passim. Das Weistum ibid., S. 406; und bei Wolf, Entstehung, Q 44, S. 147. Siehe hierzu im Folgenden. 288 Zu seiner Anwesenheit vgl. Annales Erphordenses, a. 1252 (MGH, SSrG i. us. schol. 42, S. 111); vgl. auch Regesta Imperii 5,1, Nr. 5066a. Zum Hostiensis im Reich vgl. Zeumer, Reichsweisthum, S. 406 f. und 411. 289 Zur Definition von concordia vgl. unten Kapitel VI.1. 290 Wolf, Entstehung, Q 51, S. 162. Vgl. hierzu oben Kapitel II.4. 291 Die Glosse wurde zwischen 1254 und 1265 niedergeschrieben; vgl. Landau, Eike, S. 43 Anm. 123. Die inhaltliche Zuordnung zu 1257 vollzog beispielsweise Weizsäcker, Böhme, S. 196, wie sie auch Zeumer, Kur, S. 212, favorisiert. Vgl. bspw. auch schon Schirrmacher, Entstehung, S. 95 f., der zwar sieht, dass der Hostiensis sehr wohl 1252 im Reich wichtige Informationen auch über die Königswahl erhalten hat, jedoch sei der Satz über den Böhmen Folge von 1257. Entschieden für 1257 und gegen 1252 als Referenz spricht sich Mitteis, Königswahl, S. 187 f., aus. Dabei ist aber der Ansatz von Castorph und Wolf abzulehnen, wonach die Glosse nur eine „Bestandsaufnahme der an den Wahlen von 1257 beteiligten deutschen Fürsten“ sei, die der Kurie durch die Unterhandlungen der um Anerkennung bemühten kastilischen und englischen Parteien bekannt geworden seien; vgl. Castorph, Ausbildung, S. 87; Wolf, Entstehung, S. 47 f.; ders., Rezension, S. 679. Denn gerade die Passage über den Böhmen und den Widerspruch einiger zeigt, dass es sich hier unmöglich um eine reine Auflistung der Wahlfürsten von 1257 geschweige denn um eine Rezeption der Argumente der Wahlparteien handeln kann. Diese hatten den Böhmen vor der Kurie als jeweils vierten Fürsten benannt (MGH, Const. 2, Nr. 405), eine Einschränkung seines Wahlrechts erwähnen sie nicht. Genauso wenig würde damals ein Bericht über besagte Ansichten von Minderheiten vor der Kurie Sinn gemacht haben. Noch viel weniger können die quidam Angehörige der Kurie sein, da der Obermann ja aus der weltlichen Gerichtssphäre entlehnt ist. Es muss sich also folglich bei der Glosse um die Verarbeitung eines älteren Berichts oder entsprechender „Erkenntnisse“ aus dem Reich handeln.

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hältnisse und Vorgänge aber ebenso gut in die Zeit vor der Doppelwahl rücken. Ja, aufgrund der bisherigen Untersuchungsergebnisse scheint es mehr als nur wahrscheinlich, dass wir in dieser Nachricht des Hostiensis den Nachhall eines zweiten Reichsweistums oder eines Reichsgesetzes erblicken müssen, das 1252 in Braunschweig vor seinen Augen gefunden/verabschiedet wurde. In dieser Glosse Heinrichs von Segusio ist der bislang so sehr vermisste Quellenbeleg für die Konstitution des Alleinwählergremiums zu sehen. Hier wird der Beschluss überliefert, wonach nur noch die sechs Mitglieder des alten Prinzipalwählergremiums sowie der neu hinzugezogene Böhme das Wahlrecht hatten.292 Diese These hat Mitteis seinerzeit entschieden abgelehnt. Freilich sind seine Argumente wenig stichhaltig.293 So mahnt er die Rolle des Pfalzgrafen Otto II. an. Dieser stand als Anhänger der Staufer nach wie vor in Opposition zu Wilhelm, nahm logischerweise nicht am Braunschweiger Hoftag teil und war außerdem 1252 im Kirchenbann. Wie konnte ein solcher Fürst Mitglied eines reduzierten Wahlgremiums werden?294 Erklärlich wird dies allerdings einmal dadurch, dass man auch schon damals von der natürlichen Person die juristische zu trennen vermochte. Vor allem aber wies man dem Pfalzgrafen bei Rhein hier letztlich kein neues Recht zu, sondern die Reduktion des Wahlrechts auf das bereits bestehende (!) Prinzipalwählergremium betraf eben auch ihn. Dass man in Braunschweig über den Pfalzgrafen nachdachte, dass seine Stellung Thema war, verdeutlichen zudem – wie oben bereits erwähnt – die Erfurter Annalen unmissverständlich.295 Diese Auffassung vertraten bislang beispielsweise Buchner, Königswahlen, S. 72–75, ders., Entstehung, S. 246–248, oder Eckhardt, Entstehungszeit, S. 31–33. Vgl. auch H. Bloch, Kaiserwahlen, S. 246–254 und 360–363, der ein entsprechendes Weistum annimmt, ohne sich aber auf die Glosse zu beziehen. Dabei sieht er durch diesen Spruch, wonach derjenige als einmütig erwählt gilt, „auf den aller Kurfürsten Stimmen vereinigt“ sind, ursprünglich noch nicht das kurfürstliche Alleinwahlrecht begründet. Dieses habe sich aber aus dem Spruch faktisch ergeben und entwickelt. Ggf. sind auch die Ausführungen Landaus, Eike, S. 43–45, so zu verstehen, dass auch er die Glosse den Erkenntnissen des Hostiensis aus dem Jahr 1252 zurechnet. 293 Vgl. Mitteis, Königswahl, S. 188. 294 Aus diesem Grunde stellt Buchner, Entstehung, S. 233 f., die Hypothese in den Raum, dass 1252 möglicherweise versucht worden sei, den Pfälzer durch den Brabanter zu ersetzen, womit man aber gescheitert sei. Die grundsätzliche Missstimmung zwischen Otto und Wilhelm wird auch dadurch belegt, dass der König auf dem Frankfurter Hoftag von 1252 nur mit Mühe davon abgehalten werden konnte, gegen Otto die Reichsacht zu verhängen; Annales Erphordenses, a. 1252 (MGH, SSrG i. us. schol. 42, S. 112). Es wäre freilich zu weit gegriffen, hier einen Zusammenhang herstellen zu wollen, wonach Wilhelm erbost war, dass Otto trotz der erfolgten Privilegierung beim Wahlgeschäft immer noch in Opposition verharrte. Genauso wenig taugt diese Nachricht aber als Beleg, dass ein entsprechendes Weistum in Braunschweig nicht gefunden wurde. 295 Annales Erphordenses, a. 1252 (MGH, SSrG i. us. schol. 42, S. 111). 292

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Weiteres Argument Mitteis’ ist die Definition der Stellung des Böhmen in der Hostiensis-Glosse. Hierzu erklärt der Rechtshistoriker, es würde sich um „ein sonderbares Weistum“ handeln, „das nur die Meinung einer Partei (secundum quosdam) wiedergegeben hätte.“ In diesem Punkt verkennt Mitteis jedoch, dass dies eben nur ein Kommentar des Augenzeugen Hostiensis bezüglich der Minderheit ist. Die als Weistum bzw. Gesetz erkannte Nachricht spricht aber eindeutig vom Böhmen als siebtem Kurfürsten.296 Es ist auch nur schwer vorstellbar, dass in einer solchen Rechtsetzung eine derartige Frage keine definitive Entscheidung erfahren hätte, sondern dass sie stattdessen vertagt worden wäre. Nein, auch wenn es hinsichtlich der Rolle des Böhmen unter den Reichsfürsten und -städten divergierende Meinungen gegeben hat297, und schließlich die böhmischen Wahlbotschafter 1257 alles taten, um einen Präzedenzfall für die Kur zu schaffen298, muss davon ausgegangen werden, dass der Hostiensis uns korrekt unterrichtet und der Böhme 1252 festes Mitglied des Gremiums der Kurfürsten geworden ist. In diesem Zusammenhang ist auch zu konstatieren, dass es kein Problem darstellt, dass just bei der Nachwahl 1252 ein böhmisches Votum ursprünglich nicht zugelassen bzw. der König nicht zur Stimmabgabe geladen wurde.299 Denn primärer Anlass des Hoftages war die Nachwahl durch die von den norddeutschen Städten geforderten beiden „etablierten“ Hauptwähler und nicht eine neue Rechtsetzung. Vielmehr ist es absolut nachvollziehbar, dass man es erst infolge der Nachwahl als Faktum akzeptierte bzw. realisierte, dass die Hauptwähler die entscheidenden Wähler geworden waren, um daraus die Konsequenz zu ziehen und sie zu den alleinigen Wählern zu bestimmen. Erst damit trat die Frage nach dem Wahlentscheider auf den Plan. Es ist somit davon auszugehen, dass diese zweite vom Hostiensis überlieferte Rechtsetzung aus dem Jahre 1252 – wie das oben angeführte Weistum (!) – erst nach dem Wahlakt gefunden wurde.300 Damit ist die Es sei an dieser Stelle nicht verheimlicht, dass ich mich in meiner Dissertation noch Mitteis irrigerweise angeschlossen habe, vgl. Begert, Böhmen, S. 73 Anm. 275. 297 Vgl. Begert, König, S. 11. 298 Vgl. zu den Wahlbotschaftern oben S. 52. Nicht zuletzt dies war Anlass meiner ursprünglich „definitiven“ Ablehnung, die Glosse als Überlieferung eines Weistums zu betrachten, in dem der Böhme als fester siebter Wähler benannt wurde; vgl. Begert, Kurkolleg, S. 427 mit Anm. 80. 299 Weder forderten die norddeutschen Städte sein nachträgliches Votum, noch erschien Wenzel persönlich zum Hoftag von 1252, sondern ließ nur Geschenke überreichen; MGH, Const. 2, Nr. 459; Annales Erphordenses, a. 1252 (MGH, SSrG i. us. schol. 42, S. 111). 300 Vgl. zur Einordnung des (ersten) Weistums Zeumer, Reichsweisthum, S. 409–412. Auszuschließen ist es, dass das zweite Weistum bzw. Reichsgesetz erst auf dem Hoftag vor Frankfurt gefunden wurde; vgl. oben Anm. 286. 296

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Problematik bezüglich Ignorierung und Zulassung des Böhmen bei der Wahl auf ein und demselben Hoftag völlig entschärft. *** Dass die Hostiensis-Glosse damit vermeintlich die einzige Quelle ist, die uns den Inhalt eines so wichtiges Reichsgesetzes bzw. Weistums mitteilt sowie Details aus dem Kontext der Rechtsfindung, würde die Interpretation nicht unwahrscheinlicher machen. Da es sich um keine Ereignisgeschichte handelt, die in Annalen und Chroniken vorherrschend wiedergegeben wird, war es für Traditionsquellen uninteressant. Darüber hinaus sind die Berichte über den Braunschweiger Tag ohnehin spärlich. So ist es symptomatisch, dass diese Rechtsetzung genauso wie das (andere) 1252 gefundene Weistum nur durch eine Glosse des Kirchenrechtlers Hostiensis überliefert ist, der eine solche Materie hierfür für wert erachtete.301 Gleichwohl berichtet dennoch auch eine Chronik über diesen Rechtsakt, wenngleich nur verschlüsselt und indirekt. Die tschechische Chronik des sog. Dalimil hat dabei, anders als deutsche Traditionsquellen, auch einen besonderen Grund, hier etwas zu überliefern, da dies einen Reflex auf die Angriffe auf die böhmische Kur Mitte und/oder Ende des 13. Jahrhunderts darstellt. Wie im Falle der Kurfürstenfabel werden hier die Vorgänge in die Vergangenheit gerückt (sie projiziert den Rechtsakt in die Zeit Kaiser Heinrichs IV.), jedoch muss die Dalimilchronik als gewichtiges Indiz erkannt werden. Ihre Kernaussage im fraglichen Kapitel lautet, dass der Böhme durch kaiserlichen Spruch einem bereits existenten Gremium mit offenkundig gerader Mitgliederzahl (als Obermann) beigegeben wurde.302 Eine frapDass sich nachmals kein Fürst ausdrücklich auf das Gesetz/Weistum beruft, ist zum einen damit zu erklären, dass das kurfürstliche Wahlrecht ja nicht bezweifelt wurde und nicht begründet werden brauchte. Gleichwohl ist in der Bulle „Qui celum“ durchaus ein Nachhall in Form des Satzes über die Wahlfürsten „qui sunt septem numero“ zu finden, der eben nicht nur eine Feststellung des konkreten Wählerkreises von 1257 ist! Als es dann erstmals ein Wahlrecht zu begründen galt (Böhmen nach 1275), sind keine entsprechenden Quellen überliefert. In der vielbemühten Urkunde von 1275 (MGH, Const. 3, Nr. 83) wird seitens Bayerns mit der faktischen Ausübung argumentiert, nicht mit der juristischen Rechtsübertragung. Im Falle Bayerns war dies auch zwingend erforderlich, während die böhmische Argumentation – aus Sicht Bayerns und König Rudolfs mit gutem Grund – mit keinem Wort überliefert wird! Die böhmische Gegenpropaganda überliefert uns aber die Dalimilchronik. Vgl. im Folgenden. 302 Kronika, cap. 50 (ed. Dan ˇ helka, Bd. 1, S. 576; Übersetzung durch den Verf.): „Und wenn ein Kaiser gewählt wird, und die, die wählen, nicht einig werden, sollen die Wahlfürsten ihn [scil. den böhmischen König] zu sich rufen und den er wählt, der soll Kaiser sein.“ Zu den verschiedenen Argumentationssträngen dieser Passage der Chronik vom Anfang des 14. Jahrhunderts, die damit auf unter301

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pante Ähnlichkeit mit den hier erschlossenen Vorgängen in der Mitte des 13. Jahrhunderts.303 Aber auch noch weitere Quellen liefern bedeutende Indizien für die Reduktion des Wahlrechts auf dem Braunschweiger Hof- und Wahltag. Zuvorderst sind hier die Erfurter Annalen zu nennen. Sie berichten als absolut zeitnahe Quelle von besagter Nachwahl a marchione Brandenburgense ac duce Saxonie und heben darüber hinaus im direkten Zusammenhang ausdrücklich hervor, dass nun alle Reichsfürsten Wilhelm anhingen, exepto duce Bawarie (= Pfalzgraf Otto), um danach anzuführen: Rex etiam Boemie pretiosis atque regalibus muneribus in signum electionis [Wilhelmi] ipsum honoravit.304 Es werden also vier weltliche Fürsten namentlich im Kontext der Nachwahl erwähnt – nur vier. Und diese vier Fürsten sind die verbliebenen vier weltlichen Kurfürsten, die auch der Hostiensis in seiner Glosse nennt; der Teil des Gremiums, der Wilhelm bei seiner Wahl 1247 fehlte! Ein Zufall wäre zwar möglich, doch schwer vorstellbar. Eher ist dies als Hinweis zu werten, dass abgesehen von den beiden Wählern auch der beiden anderen Fürsten in besonderer Weise auf dem Tag gedacht wurde. Eine letzte Stütze erfährt die Datierung des Weistums/Gesetzes zur Schaffung des siebenköpfigen Alleinwählergremiums auf das Jahr 1252 durch die schon mehrfach angeführten Glossen des Matthäus von Paris. Zum einen ist da die Liste der sieben electores imperatorum, die aufgrund der Handschriftenlage definitiv auf die Zeit zwischen 1245 und 1253 zu datieren ist. Selbstverständlich kann ihr einfach nur eine Bearbeitung des Königswahlparagraphen des Sachsenspiegels zugrunde liegen, dennoch ist die prinzipielle Erweiterung von sechs auf sieben Fürsten wohl nicht willkürlich entstanden.305 Die inhaltliche Analyse der Liste legt weiter eine Datierung auf die Jahre 1251–1253 nahe, so dass es sich geradezu aufdrängt, zumindest aber möglich ist, die Glosse in den zeitlichen Kontext von 1252 zu stellen. Dabei könnte die Nennung des dux Austrie für den damals personengleichen König von Böhmen in Matthäus’ Ursprungsquelle Resultat der Irritationen hinsichtlich dessen Kurstimme gewesen sein.306 Zum andeschiedliche Angriffe gegen die böhmische Kur reagierte, vgl. Begert, Böhmen, S. 72 f. 303 Vgl. auch oben die Aussagen zur Magdeburger Schöppenchronik auf S. 56. 304 Annales Erphordenses, a. 1252 (MGH, SSrG i. us. schol. 42, S. 111). 305 Vgl. oben S. 19 f. 306 Matthäus von Paris, Chronica, a. 1245 (Rolls series 57,4, S. 455; Wolf, Entstehung, Q 40, S. 145). Zur umstrittenen böhmischen Stellung vgl. oben Kapitel II.4. Bezüglich der Datierung der Liste, die Wolf, Entstehung, S. 144, aufgrund der Handschriftenlage auf die Jahre 1245 bis 1253 eingrenzen kann, gilt es einerseits auf den als einen der sieben aufgeführten Brabanter (statt Brandenburg) zu verwei-

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ren gibt es die oben in Kapitel III.1.b) ausführlich behandelte Nicht-Wählerliste bei Matthäus. Auch ihre Niederschrift lässt sich zeitlich eingrenzen: 1250/53–1259. Wenngleich Matthäus diese Nachricht etwas später erreichte als die erstgenannte, ist es chronologisch absolut möglich, dass auch sie ein Produkt des Jahres 1252 ist und ihren Ursprung im Umfeld des Braunschweiger Hoftages hat.307 3. Ursprung, Anlass und Motivation der Rechtsetzung Nachdem damit die Reduktion des Wahlrechtes auf die sieben Kurfürsten auf 1252 datiert und einem förmlichen Reichsgesetz bzw. Reichsweistum zugewiesen wurde, ist zunächst noch einmal ausdrücklich festzuhalten, dass diese Rechtsetzung zu Lebzeiten eines jungen römischen Königs erfolgte. Dies geschah damit lange im Vorfeld einer Wahl, deren Terminierung und den folgenden Streit der Reichsfürsten noch niemand erahnen konnte. Es muss daher eine prinzipielle Wahlordnung und nicht nur eine einmalige Regelung für eine konkrete Wahl gewesen sein. Es bleibt aber noch die Frage, warum man 1252 die Notwendigkeit gesehen hat, das Wahlrecht aller Reichsfürsten auf die sieben Kurfürsten zu reduzieren. Warum versuchte man nun eindeutige Wahlen durch ein kleines, handlungsfähiges Gremium zu gewährleisten? An dieser Stelle gilt es erneut zu betonen, dass angesichts der Genese der Königswahl die Wahlrechtsreduktion keineswegs so plötzlich kam. Die Geschichte seit Beginn des 12. Jahrhunderts zeigt, dass das Bedürfnis nach Vereinfachung und Effektivierung der Wahl und Verkleinerung der Wählerschaft („Volkswahl“ fi Fürstenwahl fi Wahlausschuss) schon lange vorhanden war. In diesem Zusammenhang muss auch die Entwicklung berücksichtigt werden, dass das Wahlrecht der Prinzipalwähler immer bedeutsamer und das der übrigen sen. Dies ist eine Folge von dessen Wahlbeteiligung 1247. Otakar II. war wiederum seit 1251 Herzog von Österreich als Nachfolger der 1246 ausgestorbenen Babenberger, nachdem er seit 1248 jüngerer böhmischer König war und seit 1253 alleiniger Herrscher in Prag; vgl. Begert, Böhmen, S. 30. Als terminus post quem kann somit für die Glosse das Jahr 1251 festgehalten werden. Hinsichtlich des Salzburgers, der statt des Trierers in der Wähler-Liste des Matthäus steht, muss einerseits auf die Agitation bezüglich des Trierer Wahlrechts hingewiesen werden (vgl. Begert, Böhmen, S. 46–49). Zum anderen ist es vielleicht nicht irrelevant, dass just im Herbst 1252 kurzfristig von König Wilhelm ein Absetzungsverfahren gegen den Trierer Erzbischof vor der Kurie angestrengt wurde; Regesta imperii 5,1, Nr. 5127a + b; vgl. Holbach, Regierungszeit, S. 10; Seibrich, Arnold, S. 794 f. Der Salzburger hatte sich wiederum 1237 als dritter Erzbischof an der Wahl Konrads IV. beteiligt. Ein schlichter Fehler des Engländers bzw. ein Irrtum seiner Vorlage ist diesbezüglich natürlich auch nicht auszuschließen. 307 Vgl. zur Datierung Wolf, Entstehung, S. 150 f.

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III. Die Reduktion des Wahlrechts auf die Kurfürsten

Reichsfürsten entsprechend unwichtiger wurde. Dies zeigt sich bei der Wahl von 1237, zu der die Marbacher Annalen das Wahlrecht der vier Prinzipalwähler hervorheben, während die übrigen Fürsten nur ihren Konsens ausgesprochen hätten. Genauso wurde bei der Erhebung von 1247 seitens des Papstes zwischen applaudierenden und wählenden Fürsten unterschieden. 1252 wurde dann schließlich die Nachwahl durch nur zwei Prinzipalwähler für ausreichend erachtet.308 Mit den sieben Kurfürsten und ihrem alleinigen Wahlrecht wurde aus dieser Genese also nur die finale Konsequenz gezogen. Was aber war Mitte des 13. Jahrhunderts die Ursache dafür, dass nun dieser Schnitt erfolgte? a) Die geistlichen und weltlichen Reichsfürsten Zunächst gilt es neuerlich an die Situation zu erinnern, dass es aufgrund des Aussterbens der Herrscher-Dynastien immer weniger weltliche Reichsfürsten gab. Das Aussterben einer Dynastie zog keine Ausgabe des Reichslehens an eine neue Familie nach sich, die bislang noch keinen reichsfürstlichen Status hatte, sondern es kam zu Herrschaftskumulationen und damit zu einer Reduktion der weltlichen Stimmen.309 Die Wahlen wurden zunehmend vom Reichsepiskopat dominiert und dieses wiederum vom Papsttum. Ein Umstand, den es freilich schon länger gab, der jedoch gerade bei den Gegenkönigswahlen von 1246 und 1247 eklatant wurde. Wenngleich diese Dominanz der Geistlichkeit auch dem Proporz in der gesamten Reichsfürstenschaft entsprach, ist der Unmut der norddeutschen Städte hierüber durch den Akt von Braunschweig belegt.310 Genauso wenig waren die weltlichen Fürsten gewillt, in ihrem Einfluss zurückgedrängt zu werden, wofür ebenfalls die Nachwahl von 1252 Beleg ist, denn beide Fürsten hatten seit langer Zeit an keiner Wahl teilgenommen, sodass ihr „Engagement“ umso bezeichnender ist. Es ist somit sehr wahrscheinlich, dass es geradezu eine 308 1237: Annales Marbacenses, a. 1237 (MGH, SSrG i. us. schol. 9, S. 99); 1247: MGH, Const. 2, Nr. 352; 1252: MGH, Const. 2, Nr. 459. 309 Vgl. Mitteis/Lieberich, Rechtsgeschichte, 41-II-2-b, S. 353. Zwar wurden die Welfen 1235 nach Überlassung ihres Allodialbesitzes an den Kaiser Herzöge von Braunschweig, doch handelte es sich hier um eine vereinzelt stehende Neuschaffung eines Reichsfürstentums. Dagegen wurde das Erbe der Zähringer 1218 aufgeteilt, ohne dass das Reichsfürstentum fortbestand. Friedrich II. beanspruchte das 1246 ledig gewordene Österreich zunächst für sich selbst und ließ es von Generalkapitänen verwalten, ebenso wie 1247 Thüringen. Letztlich übernahmen in beiden Fällen bereits etablierte Reichsfürsten (Meißen und Böhmen) die Herrschaft. Erst Rudolf I. gelang es wieder, eine neue reichsfürstliche Dynastie zu schaffen, indem er seine Söhne 1282 mit Österreich belehnte. 310 Der päpstliche Legat berichtete hierüber: MGH, Const. 2, Nr. 459. Vgl. unten Kapitel III.3.b).

3. Ursprung, Anlass und Motivation der Rechtsetzung

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Forderung der weltlichen Fürsten war, dass die Masse der ca. 90 Erzbischöfe, Bischöfe und Äbte auf ihr Wahlrecht verzichtete, während dies analog dazu nur wenige weltliche Fürsten betraf. Einen „Pfaffenkönig“ konnte es auf diese Weise in Zukunft nicht mehr geben. Als Indiz hierfür kann auch die Durchsetzung des Böhmen als siebter Kurfürst genommen werden, womit eben die weltlichen Fürsten das Übergewicht im Wahlgremium hatten. Damit ging zumindest die konkrete Zusammensetzung des nachmaligen Kurkollegs mit dem Verhältnis von vier weltlichen Kurfürsten gegenüber nur drei geistlichen nicht auf Wünsche der Geistlichkeit und der Kurie zurück.311 Gegebenenfalls waren die „Wenigen“, von denen der Hostiensis berichtet, sie hätten den Böhmen nur als Obermann sehen wollen312, die in Braunschweig gegenüber den weltlichen Fürsten (Brandenburg, Sachsen, Braunschweig und die böhmischen Gesandten als Interessenvertreter König Wenzels) in der Minderheit befindlichen geistlichen Fürsten (Mainz und Speyer).313 Zwar entsprach die prinzipielle Strukturierung des Kurgremiums mit sieben festen Mitgliedern der kanonischen Rechtstradition314, jedoch muss konstatiert werden, dass beispielsweise in Venedig 1249, gerade einmal drei Jahre vor dem Braunschweiger Hoftag, die Anzahl der Kompromissare für die Wahl des Dogen von 40 auf 41 erhöht wurde, nachdem bei der vorangegangenen Wahl 1229 ein Patt von 20:20 eingetreten war.315 Es hatten Vgl. schon Lintzel, Entstehung, S. 457. Wolf, Entstehung, Q 51, S. 162. 313 Für das Reichsganze hätte dies theoretisch bedeutet, dass sogar die Mehrheit der Fürsten, die Erz- und Bischöfe, gegen dieses Ergebnis des Hoftages gewesen wäre. Zu den Anwesenden auf dem Braunschweiger Hoftag von 1252 vgl. MGH, Const. 2, Nr. 459; Annales Erphordenses, a. 1252 (MGH, SSrG i. us. schol. 42, S. 111); Regesta imperii 5,1, Nrn. 5064 und 5066. 314 Mit Sicherheit kein Grund für diese Verteilung von drei geistlichen zu vier weltlichen Fürsten, jedoch durchaus als zusätzlich stützendes Argument, mochte vielleicht damals auch der Hinweis auf die Zahlensymbolik gewesen sein. Schließlich stand die Drei für Gott (Dreifaltigkeit), war Symbol für die Seele des Menschen und es gab bspw. drei theologische Tugenden. Dagegen stand die Vier für die Welt, so wie es auch vier weltliche Kardinaltugenden gab. Die Siebenzahl vereinte damit als vollkommene Zahl Gott und die Welt. Das im Verhältnis 4:3 strukturierte Kurgremium konnte dementsprechend auch auf die Zahlensymbolik zurückgreifen, um sich als das Gremium zu stilisieren, das den göttlichen Willen auf Erden (im Reich) umsetzte. Vgl. Heinz-Mohr, Lexikon, S. 337–339; Mitteis, Königswahl, S. 102 f. Es muss aber betont werden, dass dies rein theoretische Überlegungen sind, worüber sich keine Resonanz in den Quellen findet. Hier soll keineswegs ein neues Konstrukt ohne zeitgenössische Quellengrundlage entworfen werden. 315 Vgl. Maleczek, Abstimmungsordnung, S. 131. 311 312

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III. Die Reduktion des Wahlrechts auf die Kurfürsten

also zuvor auch andere weltliche Wahlgremien die Sinnhaftigkeit einer prinzipiell ungeraden Mitgliederzahl erkannt. Somit kann nicht einmal für die strukturelle Gestaltung des Kurkollegs eine direkte Einflussnahme der geistlichen Reichsfürsten oder der Kurie als bewiesen angesehen werden. Gleichwohl ist sie nicht gänzlich unwahrscheinlich. Hinsichtlich des Einflusses der Kurie auf die Wahlrechtsreduktion gilt es aber auch den Verlauf des Hoftages zu bedenken. Mit Hugo von S. Sabina war zwar ein päpstlicher Legat anwesend, doch dies hinderte die versammelten Reichsfürsten nicht, unter Abänderung des nachweislich dort vorliegenden und benutzten Sachsenspiegels in einem Weistum festzuhalten, dass bereits der von einer Mehrheit gewählte römische König eandem potestatem habet quam et imperator!316 Damit wurden päpstliche Ansprüche bezüglich der Approbation des Königs zutiefst verletzt und man muss auch von einem umgehenden Protest des Legaten gegen dieses Weistum ausgehen. Beleg ist, dass Hugo im direkten Kontext hinsichtlich des Königtums nachdrücklich betont, zu dessen Vollgültigkeit seien nach der Wahl die päpstliche Konfirmation sowie die Weihe und Krönung zu Aachen notwendig.317 Auch der Hostiensis, der das Weistum überliefert, erklärt in seinem Kommentar hierzu seine strikte Ablehnung dieses Rechtsverständnisses: Der Papst müsse den Erhobenen approbieren.318 Die in Braunschweig mehrheitlich vertretenen weltlichen Fürsten blendeten diese geistliche Komponente völlig aus. Für sie war allein die Wahl der entscheidende Akt zur Begründung des Königtums.319 Man muss also in ihrem Verhalten in der Welfenre316 Zeumer, Reichsweisthum, S. 406; Wolf, Entstehung, Q 44, S. 147. Zum Sachsenspiegel vgl. unten Anm. 334. Da somit der Sachsenspiegel auf dem Hoftag verwandt wurde, ist es nicht zu unwahrscheinlich, dass er nicht nur für dieses Weistum herangezogen wurde, sondern auch für das Reichsgesetz bzw. zweite Weistum hinsichtlich der sieben Kurfürsten. Die sechs „etablierten“ Prinzipalwähler standen ja ohnehin fest, aber die Nennung des Böhmen in Eikes Paragraphen könnte hilfreich für dessen Auswahl bzw. Legitimierung als siebter Wahlfürst gewesen sein – freilich wurde das Rechtsbuch wie beim oben genannten Weistum auch in diesem Punkt korrigiert. 317 MGH, Const. 2, Nr. 459. Deshalb war für sein Rechtsverständnis die Nachwahl auch nicht notwendig, sie wurde nur (zur Beruhigung der weltlichen Reichsstände) ad cautelam durchgeführt. 318 Vgl. zum päpstlichen Approbations-Anspruch allgemein Miethke, Lupold, S. 296–310; Unverhau, Approbatio, passim. 319 Vgl. Zeumer, Reichsweisthum, S. 410–414, der zwar davon ausgeht, dass Legat und Papst dem Weistum hinsichtlich der kaiserlichen Rechte des römischen Königs zustimmten, jedoch entschieden dem Verschweigen des päpstlichen Rechts der Prüfung und Bestätigung des Königs als künftigen Kaiser widersprachen. Vgl. zur Bedeutung des Weistums auch Kölmel, Regimen, S. 565; Miethke, Wirkung, S. 201 mit Anm. 89; unrichtig Mitteis, Königswahl, S. 189–191, der den Einspruch des Hostiensis nicht entsprechend gewichtet und den des Legaten übersieht.

3. Ursprung, Anlass und Motivation der Rechtsetzung

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sidenz erkennen, dass sie keineswegs gewillt waren, sich den kurialen Ansprüchen zu ergeben.320 Obwohl es in diesem Zusammenhang nochmals auf die Analogien zum Kardinalskollegium und den Kapitelwahlen sowie nicht zuletzt den relativ spontanen und völlig klaglosen Verzicht der geistlichen Reichsfürsten auf ihr Wahlrecht zugunsten der drei rheinischen Erzbischöfe zu verweisen gilt, erscheinen daher eine massive Beförderungen oder gar die Initiierung der Wählerreduktion durch die Kurie eher unwahrscheinlich. Vielmehr lag die Reduktion im „Trend der Zeit“ und wurde auch von geistlichen Vorbildern und Gebräuchen unterstützt, aber eben nicht ausschließlich. Keine gegenteilige Beweiskraft hat die Einflussnahme der Kurie während des Interregnums. Denn aus der Tatsache, dass der Papst 1266 möglichen Wählern Konradins drohte, ihnen das Wahlrecht zu entziehen321 oder der Hinwendung des Bayern an den Papst wegen Erhalts seines Wahlrechts (1271)322 kann keineswegs geschlossen werden, das Papsttum habe die Reduktion der Königswähler nach dem Vorbild des Kardinalskollegiums angeregt oder gar bestimmt. Dies spiegelt vielmehr nur die beherrschende Stellung der damals einzig existierenden universalen Macht wieder bzw. ihren Anspruch und den Versuch, die deutsche Königswahl unter ihre Kontrolle zu bringen.323 Somit bleiben als schwache Indizien dafür, dass auch die Kurie eine Rolle bei der Reduktion des Wahlrechts auf die Kurfürsten gespielt hat, nur die ungerade Zahl der Wahlfürsten, die damit einem geistlichen Schiedsgremium entsprachen, und die bloße Anwesenheit des päpstlichen Legaten in Braunschweig. Gegen die Wahlrechtsreduktion selbst dürfte Kardinal Hugo, 320 Jedoch wurde dann umgehend auf dem nächsten Hoftag vor Frankfurt diese harsche antikuriale Frontstellung durch ein weiteres Weistum revidiert und Approbation, Weihe und Krönung wieder betont. Bezeichnenderweise wurde dieses Weistum von einem Bischof verkündet, und hier waren eben auch die geistlichen Fürsten gegenüber den weltlichen in der Überzahl; vgl. Zeumer, Reichsweisthum, S. 412 f. 321 MGH, Const. 2, Nr. 406. 322 Vgl. Pez, Codex, Bd. 6,2, S. 137. 323 Zu denken wäre hier auch an den päpstlichen Wahlbefehl von 1273; vgl. Krieger, Rudolf, S. 96–98; skeptisch hierzu Kaufhold, Interregnum (2000), S. 442–450. Zum Anspruch vgl. die von der Kurie vorformulierte Eingangsformel der Willebriefe von 1279, die das Wahlrecht als vom Papsttum vergeben darstellt (MGH, Const. 3, Nr. 225). Im Jahre 1300 hat dann Papst Bonifaz VIII. erklärt, der Heilige Stuhl habe das Recht zur Wahl des römischen Königs bestimmten geistlichen und weltlichen Fürsten übertragen (MGH, Const. 4,1, Nr. 105). Diese kuriale Auffassung wurde von König Albrecht I. 1303 sogar formal anerkannt (MGH, Const. 4,1, Nr. 181); vgl. Wolf, Entstehung, S. 94 f. Schließlich veränderte auch Bartholomäus von Lucca Anfang des 14. Jahrhunderts die Kurfürstenfabel dahingehend, dass durch Papst Gregor V. das Kurkolleg gegründet worden sei; vgl. Begert, Böhmen, S. 48 Anm. 135; W. Becker, Kurfürstenrat, S. 24.

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III. Die Reduktion des Wahlrechts auf die Kurfürsten

anders als gegen das Weistum über die Rechtsstellung des römischen Königs, keinen Protest erhoben haben. Ob er aber im Zweifel durch mehr als durch stilles Dulden dem Beschluss zusätzliche, kuriale Autorität verliehen hat, kann nicht gesagt werden. b) Die Reichsstädte Es gilt an dieser Stelle auch kurz auf die Rolle der Reichsstädte einzugehen, denn nicht nur die überwältigende Mehrheit der Reichsfürsten stand einem permanenten kleinen Wahlgremium positiv oder mindestens neutral gegenüber. Auch und gerade die Reichsstädte waren für die Reduktion mitverantwortlich. Ihr Einfluss auf die Königswahl wird markant durch die Forderung bezüglich der Nachwahl von 1252 unterstrichen.324 Diese Episode zeigt, dass die Städte einer Wahlrechtsreduktion nicht nur positiv gegenüberstanden, sondern mit ihrer gezielten Forderung einer nachträglichen Stimmabgabe nur von Brandenburg und Sachsen haben sie das System nachdrücklich gefördert, ja, sie haben damit die Reduktion auf dem damaligen Hoftag geradezu ausgelöst. Dabei sahen sie sich in ihrer Masse sicherlich von den weltlichen Fürsten eher vertreten als von den geistlichen – auch hierfür ist die Forderung nach der Nachwahl durch Sachsen und Brandenburg Beleg. Doch entscheidend für die Städte waren aufgrund ihrer wirtschaftlichen Interessen ein befriedetes Reich und klare Strukturen. Die Reichsstädte hatten, unabhängig von den aktuellen Thronkämpfen, die ihren „Eingriff“ in das Königswahlrecht auslösten, ein prinzipielles Interesse an einem eindeutigen Herrn, dem sie unmittelbar unterstellt waren. Das wird dann im weiteren Verlauf der Geschichte immer wieder deutlich. Zu verweisen ist hier etwa auf die mahnenden und bittenden Briefe an die (östlichen) Fürsten von 1256, einträchtig einen König zu wählen325, oder auf die 1273 von den Wetterauer Städten in Mainz geschlossene Vereinbarung, nur einen solch einmütig erkorenen Herrscher anerkennen zu wollen.326 Die Städte mit ihren Ratsverfassungen und Schöffenkollegien waren an kleine Entscheidungsgremien gewöhnt und von ihrem Nutzen überzeugt.327 Auch sie gehören ganz eindeutig zu den Unterstützern der Reduktion und sahen in den wenigen Kurfürsten die Garanten eines einheitlichen, befriedeten Reiches. So ist es bezeichnend, dass der Rat der Krönungsstadt der römischen Könige, Aachen, sein neues Rathaus 1267, in Zeiten des von den Kur324 325 326 327

Vgl. MGH, Const. 2, Nr. 459. MGH, Const. 2, Nr. 428 XI. MGH, Const. 3, Nr. 3. Vgl. zu einem Überblick Engel, Stadt, S. 55–63.

3. Ursprung, Anlass und Motivation der Rechtsetzung

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fürsten heraufbeschworenen Doppelkönigtums, mit Statuen der Kurfürsten schmückte und ihnen damit als den Hoffnungsträgern für die Zukunft des Reiches im Wortsinne ein Denkmal setzte.328 c) Das Königtum Wilhelms von Holland Angesichts der Situation Mitte des 13. Jahrhunderts, als es noch Staufer gab und Gegenkönige mit zweifelhaftem Anhang aufgestellt wurden, galt es, eine grundsätzliche Regelung zu finden, um eindeutige Wahlen zu gewährleisten. Mit dem Alleinwahlrecht von drei geistlichen und vier weltlichen Reichsfürsten wurde aber nicht nur diesem Anliegen entsprochen, sondern – wie gesagt – auch das generelle Ziel der weltlichen Reichsstände erreicht, „Pfaffenkönige“ zu verhindern und den Einfluss der Kurie zurückzudrängen. Konkret und aktuell war es aber das Ziel, das Königtum Wilhelms abzusichern. Diesem fehlte ja nicht zuletzt deshalb größerer Zuspruch im Reich, weil er als reiner Kandidat des Klerus galt. Durch den Braunschweiger Akt fand er aber dann im Reich – abgesehen von den prostaufischen Ministerialen und Reichsstädten wie Frankfurt – weitgehende Anerkennung. Genau diese Problematik, die Frage der Anerkennung und Durchsetzbarkeit des Königtums, dürfte der entscheidende Anstoß zur Wahlrechtsreduktion gewesen sein. Dabei gilt es die Parallelität zu 1198 zu beachten. Damals hatte Erzbischof Adolf von Köln die Existenz von vier Prinzipalwählern propagiert, um den vom Papst favorisierten Otto IV. trotz geringer Wählerschaft als anzuerkennenden König gegen Philipp von Schwaben zu etablieren. Mitte des 13. Jahrhunderts war die Situation ähnlich, denn wieder gab es ein Doppelkönigtum, wieder mit einem päpstlichen Kandidaten gegen einen Staufer: 1237 hatten sich an der Wahl Konrads IV. insgesamt elf Fürsten beteiligt329, und 1247 war Wilhelm von Holland seinerseits von elf Erzund Bischöfen sowie dem Herzog von Brabant gewählt worden.330 Damit standen sich hier – anders als 1198 – zwei letztlich gleich starke Wählergruppen gegenüber, aber es war dadurch genauso wichtig wie ein halbes Jahrhundert zuvor, auf die Mehrheit der „unerlässlichen Wähler“ zu rekurrieren. Bezüglich der Prinzipalwähler konnte aber zunächst Konrad auf eine dünne Mehrheit von 4:3 blicken (Mainz, Trier, Pfalz und – wenngleich nur als „Ersatz“ – Böhmen vs. Mainz [!], Köln und Trier [!]). Le328 329 330

Vgl. hierzu Begert, König, passim. MGH, Const. 2, Nr. 329; Erkens, Kurfürsten, S. 109. Vgl. Erkens, Kurfürsten, S. 111 f.

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III. Die Reduktion des Wahlrechts auf die Kurfürsten

diglich, wenn man die beiden übergetretenen erzbischöflichen Voten von Mainz und Trier bei Konrad „abzöge“, wäre hier eine Mehrheit von 3:2 für Wilhelm konstruierbar gewesen, was dessen Situation aber nicht wirklich verbessern konnte. Als 1252 aber noch die Voten des Herzogs von Sachsen und des Markgrafen von Brandenburg für Wilhelm abgegeben wurden sowie die Huldigung des Böhmen hinzukam, fiel dies zwar hinsichtlich der Gesamtwählerzahl wenig ins Gewicht, doch der Holländer konnte nun auf die Stimmen von fünf der sechs Prinzipalwähler verweisen, rechnete man den Böhmen hinzu, gar auf sechs der sieben! Sprach man ihnen nicht nur ein zeremonielles Vorwahlrecht zu, sondern zog die Konsequenzen aus der Forderung der norddeutschen Städte und erklärte sie zu den alleine berechtigten Wählern, so war Wilhelms Königtum von rechtlicher Seite quasi nicht mehr zu erschüttern. *** Dennoch wird durch die Vorgänge von 1247 und 1252, wobei letztere ja nicht zuletzt auch eine Garantie eindeutiger Wahlen durch die Kurfürsten bringen sollten, aufgezeigt, dass die Gefahr von Thronstreit und Doppelwahl auch künftig nicht gebannt war. Der Grund hierfür lag darin, dass zwei der Prinzipalwähler Wilhelms auch solche Konrads waren, rechnet man den Böhmen hinzu, dann sogar drei. Klammert man die Rechtsperson des Trierers aus, da 1237 Dietrich II. regierte, 1247 aber Arnold II., so ist doch zumindest im Falle des Erzbischofs Siegfried III. von Mainz (1230–1249), ebenso wie zu Wenzel I. von Böhmen (1230–1253), zu konstatieren, dass hier nicht nur die Rechtsperson die Fronten gewechselt hatte, sondern sogar die natürliche Person. Bezeichnenderweise überliefert uns aber auch für diese Problematik der Hostiensis eine wichtige Rechtsaussage. Sie ist deswegen wohl nicht (nur) ein späterer Kommentar des Rechtsgelehrten zu den Ereignissen, sondern dürfte vor allem eine konkrete Rechtfertigung von Wilhelms Wählerschaft gewesen sein. Dabei wurde sie wahrscheinlich nicht nur 1247, sondern ebenso 1252 in Braunschweig geäußert, als auch König Wenzel die Seiten wechselte, und kam hier dem Kardinal zu Ohren: qui consensit in unum, potest mutare voluntatem suam et in alium consentire.331 Es wurde also – abgesehen von der Macht des Faktischen – ausdrücklich die rechtliche Möglichkeit der Umentscheidung der Wolf. Entstehung, Q 51, S. 162. Landau, Eike, S. 44, sieht in dieser Glosse des Hostiensis nur einen Kommentar. Der Hostiensis muss jedoch nicht den Wechsel des Wählerwillens nur als ihm bekannte Tatsache angesprochen haben, sondern er könnte hier seinerseits die deutschen Fürsten zitiert haben und sein Kommentar hätte sich dann nur auf den Hinweis auf das Patronatsrecht von Laien beschränkt bzw. dies könnte damals seine Hilfestellung bei der rechtlichen Legitimierung gewesen sein; vgl. zum Patronatsrecht Landau, Jus, S. 155–170. 331

3. Ursprung, Anlass und Motivation der Rechtsetzung

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Wähler betont und damit wurden 1247 bzw. 1252 die ursprünglichen Voten Siegfrieds III. (sowie des Trierers) und Wenzels I. für ungültig bzw. hinfällig erklärt. Im Patronatsrecht, mit dem der Hostiensis den Wählerwechsel legitimierte und verglich, konnte (eigentlich: brauchte) die Präsentation, die Auswahl eines neuen, zweiten Kandidaten für ein Priesteramt durch den Kircheneigentümer nur erfolgen, solange der erste Kandidat noch nicht formal seine Stelle erlangt hatte, das heißt, vom Bischof approbiert und eingesetzt war.332 Im Falle des Königtums wäre die Analogie in der fehlenden Salbung und Krönung zu suchen – und Konrad IV. gebrach es an beidem! In diesem Punkt hätte man sich 1252 nicht zuletzt auf den Sachsenspiegel berufen können333, doch wurde ja just auf dem Tag von Braunschweig der Akt der Krönung von den mehrheitlich weltlichen Reichsständen per Weistum zur bloßen Formalie erklärt.334 Nur so konnte ja die Nachwahl für den dreieinhalb Jahre zuvor gekrönten Wilhelm überhaupt eine rechtliche Relevanz haben.335 Insofern war mit dem postulierten Recht des WählerwechVgl. Landau, Jus, S. 155–170, bes. S. 160. Sachsenspiegel, Landrecht III, 52 § 1 (MGH, Fontes iuris, Bd. 1,1, S. 237): De dudeschen scolen dorch recht den koning kesen. Swen der gewiet wert von den biscopen, de dar to gesat sin, unde op den stul to Aken kumt, so hevet he koningleke gewalt unde koningleken namen. Swen ene de paves wiet, so hevet he des rikes gewalt unde keiserleken namen. 334 Vgl. oben S. 96 f. Wenngleich es im Weistum um die Kaiserkrönung geht, die nur noch den „Namen“, nicht aber die „Gewalt“ verleihe, so ist dies konsequent auch auf die Aachener Krönung zu beziehen. Gleichwohl wurde das Weistum auf dem Frankfurter Hoftag desselben Jahres durch die dortige geistliche Mehrheit gleich wieder relativiert und die legitimierende Bedeutung von Weihe und Krönung unterstrichen; vgl. Zeumer, Reichsweisthum, S. 412–414. Diesen Rechtsstandpunkt nimmt dann auch im Interregnum die englische Partei vor der Kurie ein: MGH, Const. 2, Nr. 405, § 6. Zweifelsohne war der in der vorherigen Anmerkung aufgeführte Sachsenspiegelparagraph Vorlage für das Weistum. Eckhardt, Textentwicklung, S. 52 f., sieht wegen der Ablehnung der Gewalt-Übertragung durch Weihe und Krönung zwei konkrete Sachsenspiegelhandschriften als Vorlage für das Weistum von Braunschweig, in denen just die Passagen „koningleke gewalt unde“ sowie „des rikes gewalt unde“ fehlen. Es ist jedoch absolut nicht einzusehen, dass Eckhardt die Überlegung verwirft, diese Veränderung des Ursprungstextes sei Folge des Weistums gewesen. Seine Begründung, das Weistum sei ansonsten auch vom Sachsenspiegel beeinflusst, verfängt nicht, da ja die Urteiler von 1252 ihre Vorlage gemäß ihren politischen Vorstellungen dennoch abgeändert haben konnten; vgl. auch die Einwände von Kroeschell, Rechtsaufzeichnung, S. 368 f. Anm. 137. 335 Gleichwohl ist es richtig, dass das Königtum Wilhelms weiterhin schon seit der Erhebung 1247 gerechnet wurde und nicht erst seit der Nachwahl; vgl. Mitteis, Königswahl, S. 191 f.; Zeumer, Reichsweisthum, S. 410. Freilich ist dies erst die Rechtsfeststellung des Frankfurter Tages, der eben mit mehrheitlich geistlichen Reichsfürsten abgehalten wurde. Dennoch ist in diesem Punkt nicht zwingend eine 332 333

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III. Die Reduktion des Wahlrechts auf die Kurfürsten

sels auch das Recht angelegt, selbst gekrönten Königen das Vertrauen zu entziehen und neue Kandidaten zu erheben. Gegenkönigswahlen unter der Voraussetzung eines Wählerwechsels waren damit nicht nur faktisch weiterhin möglich, sondern sie wurden gleichsam juristisch für zulässig erklärt. 1298 würde es wieder soweit sein.336 4. Zwischenresümee Für die Reduktion der Wählerschaft gab es demnach mehrere Gründe: (1) das Aussterben zahlreicher Dynastien (z. B. Babenberger) und damit der Fortfall weltlicher Reichsfürsten; (2) das Desinteresse einiger Fürsten (z. B. Kärntner); (3) die Einsicht in die Notwendigkeit, zur Gewährleistung eindeutiger Wahlen ein handlungsfähiges Gremium zu schaffen (z. B. geistliche Fürsten, der Herzog von Braunschweig oder die Reichsstädte). Grundlegend war auch (4) der zunehmende Bedeutungsverlust des Wahlrechts der übrigen Reichsfürsten (Akklamation) angesichts der seit 1220 zunehmend entscheidenden Prinzipalwähler. Hinzu kam noch (5) das Streben der weltlichen Fürsten nach der Beendigung des Übergewichts geistlicher Wähler bei der Königserhebung. Und schließlich sorgten (6) die konkrete Konkurrenzsituation zwischen Konrad IV. und Wilhelm von Holland und die Bemühungen um die Durchsetzung des Königtums des letzteren für die Etablierung einer kleinen Gruppe von Wahlberechtigten, deren Mehrheit eindeutig feststellbar war. Diese Reduktion fand in Form eines reichsrechtlich relevanten Beschlusses auf dem Hoftag Wilhelms von Holland in Braunschweig im Jahre 1252 statt, der von der überwältigenden Mehrheit der Reichsfürsten getragen wurde. Hierfür sprechen folgende Argumente: (1) Die Kurfürstenfabel aus dem letzten Viertel des 13. Jahrhunderts weist hinsichtlich der Ursprünge des Kurkollegs auf einen förmlichen Rechtsakt hin, den (2) in veränderter Form auch die Dalimilchronik kennt. Dieser wird (3) durch die Überlieferung der „zweiten“ Hostiensis-Glosse höchstwahrscheinlich konkret fassbar. Denn (4) erhält diese Quelle aufgrund der Tatsache eines in Braunschweig verabschiedeten und ebenfalls vom Hostiensis in einer Glosse überlieferten Reichsweistums im Zusammenhang mit der Königswahl zusätzliches Gewicht.337 Außerdem wird (5) durch zwei Glossen des Matthäus von Paris aus den 50er Jahren des 13. Jahrhunderts, also im direkten chronologischen Differenz zwischen geistlichen und weltlichen Rechtsanschauungen zu sehen, denn Sachse und Brandenburger setzten ja im März 1252 kein neues Recht, begründeten nicht erst das Königtum Wilhelms, sondern ergänzten nur den Wahlakt von 1247. Nach geistlich-kurialer Auffassung wurde die Nachwahl nur ad cautelam durchgeführt (MGH, Const. 2, Nr. 459). 336 Gleichwohl fand damals zunächst die Absetzung des bisherigen Königs statt. Vgl. unten Kapitel VI.2.

4. Zwischenresümee

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Kontext, die Reduktion auf sieben Wahlfürsten überliefert. Weiter erhärtet wird die These, wenn man bedenkt, dass (6) in Braunschweig 1252 sowohl ein römischer König als auch ein päpstlicher Legat anwesend waren – ein für Jahrzehnte einmaliger Umstand –, womit den Beschlüssen über die Königswahl die entsprechende formalrechtliche Autorität verliehen wurde. Ebenso war (7) in Braunschweig die Zustimmung und Anwesenheit der Mehrheit der jetzt Kurfürsten zu nennenden Hauptwähler, darunter die des Erzkanzlers gewährleistet. Außer dem gebannten Pfälzer fehlten in Braunschweig nur die Erzbischöfe aus Trier und Köln, wobei der König mit diesen beiden Fürsten wenig später zusammentraf.338 Dass abgesehen davon in der Welfenresidenz nur äußerst wenige andere Fürsten anwesend waren, ist kein Gegenargument, denn die Untersuchung hat gezeigt, dass (8) aufgrund der allgemeinen Einstellung gegenüber der Königswahl eine größere Fürstenbeteiligung überhaupt nicht notwendig war, da die meisten Geistlichen ihr Wahlrecht bereitwillig an die drei rheinischen Erzbischöfe abtraten und viele Weltliche entweder desinteressiert waren oder – wie etwa der Braunschweiger – dieser Delegierung positiv gegenüberstanden. Ein förmlicher Verzicht der Gesamtheit oder der Mehrheit der Reichsfürsten auf ihr Wahlrecht wurde in Braunschweig 1252 nicht eingeholt, er konnte es auch nicht. Er hätte aber auch zu keinem späteren Zeitpunkt, außer etwa durch ein Zirkularschreiben, eingeholt werden können, da es zu keinen repräsentativen Reichsversammlungen mehr kam. Dies mag als Schwäche der These vom Reichsgesetz des Jahres 1252 über das Alleinwählergremium gewertet werden, doch teilt sie diesen Mangel mit allen Theorien, die die Datierung eines Gesetzes ebenso wie die einer Rechtsusurpation etc. 1256/57 oder im weiteren Verlauf des Interregnums ansetzen wollen. Sie teilt sie erst recht mit der These von der Genese eines allmählichen Rechtszuwachses.339 Dagegen hat aber die Datierung auf 1252 die 337 Der Hostiensis formuliert zu dieser anderen Glosse: sicut vidi in Alemania per Principes iudicari (Wolf, Entstehung, Q 44, S. 147; Zeumer, Reichsweisthum, S. 406). 338 Mit dem Trierer traf der König Ende Juni in Koblenz zusammen und dieser begleitete ihn nach Mainz, nicht aber zum Hoftag vor Frankfurt (Regesta imperii 5,1, Nrn. 5103 f.). Hier war dann aber der Kölner anwesend (ibid., Nrn. 5105a und 5108). 339 Selbst die These Armin Wolfs, Entstehung, S. 95, hat dieses Manko, obwohl Wolf doch von einer Reduktion im Jahre 1298 ausgeht. Auch hier habe es sich letztlich um eine Usurpation gehandelt, die „durch Handschlag“ zwischen Albrecht I. und den Kurfürsten besiegelt worden sei. Auch hier habe es keine reichsrechtliche Regelung, keine offizielle Zustimmung der Reichsfürsten gegeben. Wolf muss dies so darstellen, da der Hoftag von 1298 extrem gut überliefert ist, aber keine entsprechende Nachricht über den damaligen Wahlrechtsverzicht auf uns gekommen ist, obwohl der Tag doch eine entsprechende Plattform geboten hätte und hätte bieten müssen. Auch dies macht Wolfs Thesen nicht wahrscheinlicher.

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III. Die Reduktion des Wahlrechts auf die Kurfürsten

genannten zahlreichen Vorteile und dafür sprechenden Argumente, die den Spätansetzungen und Theorien über gewohnheitsrechtlichen Kompetenzzuwachs etc. allesamt fehlen. Außerdem gilt es zu bedenken, dass es angesichts eines entsprechenden Gesetzes zwar politisch opportun, juristisch jedoch nicht zwingend war, einen Verzicht einzuholen. Umgekehrt muss man vielmehr sagen: Weil es eine Kodifizierung gab, erklärt sich auch die allgemeine und langfristige Akzeptanz der Reduktion bei den Reichsfürsten über 1257 hinaus. Ohnehin stand ihre überwältigende Mehrheit der Reduktion positiv gegenüber und die die Opposition gegen den Verlust des Wahlrechts war angesichts der Zahl aller Reichsfürsten verschwindend gering. Von über 100 lehnten es unter Zugrundelegung der Überlieferung offensichtlich nur drei im Verlaufe des Interregnums ab, auf ihr Wahlrecht zu verzichten. Nach 1273 scheint hiervon nur noch der Herzog von Niederbayern übrig geblieben zu sein. Doch 1290 sank mit Heinrich XIII. auch dieser letzte Protest ins Grab.340

340 Gleichwohl gibt es noch vier Jahre später eine letzte, kleine Reminiszenz an die bayerische Kur, die aber bezeichnenderweise nicht mehr von den niederbayerischen Herzögen, sondern von Pfalzgraf Rudolf I. ausging. Dies geschah kurz nachdem dieser seinen verstorbenen Vater Ludwig II. beerbt hatte, der sich als Herzog von Oberbayern 1273 mit Heinrich XIII. die bayerische Kur geteilt hatte (MGH, Const. 3, Nr. 83). Im März 1294 versicherte Rudolf nämlich König Adolf, für einen diesem genehmen Kandidaten bei der nächsten Wahl zu stimmen mit sine kure, ir si einu oder me (MGH, Const. 3, Nr. 504). Doch war ein bayerisches Votum nicht gegen Böhmen durchsetzbar und die Pfalzgrafen hatten es aufgrund ihrer sicheren Kur auch nicht nötig, darum zu kämpfen. Vgl. Zeumer, Kur, S. 242 f.; und Flachenecker, Wittelsbacher, S. 182.

IV. Sieben Kurfürstentümer = sieben Kurfürsten? – Die Kur als gemeinsamer Besitz der Dynastie 1. Einführung: Der sog. „Gesamtwillebrief von neun Fürsten“ von 1279 Unter Rudolf von Habsburg ist endgültig und unangefochten das Wahlrecht auf die sieben Kurfürsten beschränkt worden. Durch den Zuspruch von Kur und Erzschenkenamt an den König von Böhmen 1289/90 stand neben der Siebenzahl auch die Besetzung des Gremiums endgültig fest.341 Armin Wolf führt gegen diese Ansicht jedoch unter anderem einen Willebrief aus dem Jahre 1279 an, den er als „Gesamtwillebrief von neun Reichsfürsten“ bezeichnet.342 Hatten demnach zu diesem Zeitpunkt noch andere Reichsfürsten außer den Kurfürsten das Recht und die Pflicht Konsense zu königlichen Maßnahmen zu erteilen? Ist dies damit Zeichen dafür, dass damals doch noch mehr als nur die sieben Kurfürsten das Wahlrecht hatten? Wie Ernst Schubert deutlich machen konnte, war die Mitträgerschaft der Reichsherrschaft Ende des 13. Jahrhunderts noch überhaupt nicht auf die Kurfürsten beschränkt, sondern lag noch bei allen Fürsten. Als Ausdruck dessen gaben beispielsweise noch bis in die Mitte des 14. Jahrhunderts Reichsfürsten Willebriefe zu königlichen Handlungen. Das Konsensrecht war also zunächst noch gar kein kurfürstliches Privileg.343 Wolfs Beobachtung zu 1279 beweist damit also gar nichts. Dennoch waren die Kurfürsten schon unter Rudolf als Gruppe bei der Konsensgebung herausgehoben. Wichtige Rechtshandlungen wurden zunehmend nur von ihnen bewilligt344 und 1281 fällte König Rudolf unter Zustimmung des Hoftages in Nürnberg formal den Spruch, dass künftig gewisse königliche Handlungen erst dann Gültigkeit erlangen sollten, wenn consensu maioris partis principum in 341 MGH, Const. 3, Nrn. 415 und 444; Archivum coronae regni Bohemiae, Bd. 2, Nrn. 31 und 38; vgl. Begert, Böhmen, S. 76 f. 342 Wolf, Entstehung, S. 175. Diese neun Fürsten stellten sowohl einen Gesamtwillebrief aus (MGH, Const. 3, Nr. 225), als auch jeder einen einzelnen (MGH, Const. 3, Nrn. 226, 227 und 229; Kaltenbrunner, Actenstücke Nrn. 152 f., 161, 178–181 und 183 f.). 343 Vgl. Schubert, Stellung, passim, bes. S. 108–110. 344 Vgl. Schubert, Stellung, S. 108; Erkens, Kurfürsten, S. 45–47.

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IV. Sieben Kurfürstentümer = sieben Kurfürsten?

electione Romani regis vocem habencium fuerint approbata.345 Von da an waren Konsense von anderen Fürsten als den Kurfürsten zwar politisch oft opportun, aber (sofern ihn der konkrete Rechtsgegenstand nicht gebot) rechtlich, wenn nicht gar überflüssig, so doch zumindest von sekundärer Bedeutung. Eine ähnliche Entwicklung wie beim Wahlrecht seit Beginn des 13. Jahrhunderts war damit auch bei den Willebriefen vorgezeichnet. Der Weg zur alleinigen Konsensgebung zu Reichshandlungen durch die Kurfürsten war beschritten. Aber schon vor 1281 war bei den Willebriefen die Gruppe der Kurfürsten die wichtigste, ja die entscheidende, wie der Konsens zeigt, der zur Belehnung Friedrichs von Zollern mit der Burggrafschaft Nürnberg 1273 nur durch die drei rheinischen Erzbischöfe sowie Pfalzgraf Ludwig II., Herzog Johann I. von Sachsen und Markgraf Johann II. von Brandenburg gegeben wurde.346 So hatte zwar in dem speziellen Fall von 1279, der zum „Gesamtwillebrief“ führte, der Papst in einem allgemein gehaltenen Schreiben auch den Konsens anderer Großer des Reiches gewünscht347, doch forderte er in einem gesonderten Schreiben vor allem von den Kurfürsten als den in imperii gubernatione custodes ihre Zustimmung zur Bestätigung der Rechte der römischen Kirche.348 Dennoch zeigt der daraufhin unterfertigte Willebrief der neun statt sieben Fürsten zugleich, dass die Konstituierung des Kurkollegs wirklich noch nicht abgeschlossen war! Allerdings in einer anderen Weise, als es uns Wolf suggerieren möchte.349 MGH, Const. 3, Nr. 284. MGH, Const. 3, Nrn. 18 f. 347 Kaltenbrunner, Actenstücke, Nr. 147. Es existieren Willebriefe des Erzbischofs von Salzburg (ibid., Nr. 154), der Bischöfe von Würzburg (Nr. 155), Lüttich (Nr. 171), Münster (Nr. 177), Speyer (Nr. 185), Straßburg (Nr. 186), Basel (Nr. 190), Konstanz (Nr. 191), Augsburg (Nr. 194), Regensburg (Nr. 195), Passau (Nr. 196) und Gurk (Nr. 197), ferner von den Äbten von Murbach (Nr. 187), St. Gallen (Nr. 192) und Reichenau (Nr. 193). Von den weltlichen Herren gaben die Herzöge von Brabant (Nr. 174), Braunschweig (Nr. 182) und Bayern (Nr. 151) sowie der Graf von Tirol (Nr. 198) ihren Konsensbrief. Damit haben aber längst nicht alle Fürsten ihren Konsens gegeben, die der Papst dazu aufforderte, andere taten dies dafür ohne ursprüngliche Aufforderung; vgl. Kaltenbrunner, Willebrief, S. 384. 348 MGH, Const. 3, Nr. 220; vgl. Kaltenbrunner, Willebrief, S. 377. Vgl. zur Sache Redlich, Rudolf, S. 393–396. Spätere Forderungen der Päpste an Reichsfürsten, sei es bezüglich eines Konsenses oder im Hinblick auf die allgemeine Reichspolitik, beschränkten sich dann nur noch auf die Kurfürsten. Vgl. z. B. Kaltenbrunner, Actenstücke Nr. 167 (gerichtet an die drei rheinischen Erzbischöfe und je zwei Herzöge von Sachsen, Markgrafen von Brandenburg und Pfalzgrafen bei Rhein). 349 Vgl. auch Wolfs, Entstehung, S. 64, Zahlenakrobatik zur Absetzung Adolfs von Nassau im Jahre 1298, wo er in demselben Sinne erklärt: „Die principes electores [. . .] waren weder in ihrer Zahl noch in ihrer Zusammensetzung mit den späteren sieben Kurfürsten identisch.“ 345 346

1. Einführung: Der sog. „Gesamtwillebrief von neun Fürsten“ von 1279

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Hierzu muss man sich die Adressaten des päpstlichen Aufforderungsschreibens an die custodes imperii vergegenwärtigen. Dass der böhmische König nicht hierzu gehörte, ist schlicht aus der Tatsache zu erklären, dass Wenzel II. zu diesem Zeitpunkt gerade einmal sieben Jahre alt und somit nicht geschäftsfähig war. Angesichts dessen ist es viel bezeichnender, dass auch der bayerische Herzog nicht angesprochen wurde, obwohl dieser ja 1273 einer der sieben Wähler Rudolfs war. Dies ist hinlänglicher Beweis für die Haltung der Kurie, Heinrich von Bayern in seinem Streben nach der Kur nicht zu unterstützen. Sehr wohl wurden aber die übrigen Kurfürsten um ihren Konsens gebeten. Jedoch erging die päpstliche Aufforderung nicht nur an sechs, sondern an sieben Fürsten: neben den drei geistlichen Kurfürsten auch an Pfalzgraf Ludwig als einzigen Wittelsbacher, was die angesprochene Absage an bayerische Ambitionen ist, an Johann II. von Brandenburg sowie an die beiden Brüder Albrecht II. und Johann I. von Sachsen.350 Zweierlei könnte den Papst bewogen haben, neben den übrigen Kurfürsten – mit Ausnahme des unmündigen Böhmen – an zwei sächsische Herzöge zu schreiben. Zum einen könnte dies als Zeichen gewertet werden, dass man in der Kurie die Siebenzahl wahren wollte, um den Konsens eines vollständigen Gremiums der entscheidenden Reichsfürsten zu erlangen (vgl. hierzu unten Kapitel V.2.). Zu diesem Zweck könnte man in Rom beschlossen haben, einen zweiten Fürsten anzuschreiben, der auch gewisse Rechtstitel bezüglich der Kur sein Eigen nennen konnte. Allerdings wäre in diesem Falle die Aufforderung an einen zweiten Markgrafen neben Johann II. von Brandenburg, nämlich an Otto V. den Langen, wesentlich sinnvoller gewesen, da dieser schließlich Vormund des jungen Böhmenkönigs war und somit diesen bei dem Rechtsgeschäft legitim hätte vertreten können.351 Eine zweite Option dürfte daher zutreffend sein, nämlich, dass die Kurie nicht wusste, welcher der beiden sächsischen Herzöge das Kurrecht innehatte, bzw. dass sie glaubte, beiden Sachsenherzögen stünde es gemeinsam zu. Dass diese Überlegungen angestellt wurden und auch nicht gänzlich unbegründet waren, belegt zwar nicht der Umstand, dass beide Brüder der Aufforderung des Papstes nachkamen und den gemeinsamen Willebrief siegelten. Der Beweis wird vielmehr durch das Verhalten der brandenburgischen Verwandten erbracht: Nicht nur Johann II. setzte sein Siegel unter die Urkunde, sondern auch sein Bruder Otto IV. und sein Cousin Otto V., obwohl der Papst sie hierzu gar nicht aufgefordert hatte.352 MGH, Const. 3, Nr. 220. Vgl. Richter, Länder, S. 278 f. 352 MGH, Const. 3, Nr. 225. Der Papst wiederum reagierte auf diese „neue Erkenntnis“, dass es offensichtlich auch mehrere „kurfürstliche“ Markgrafen aus Bran350 351

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IV. Sieben Kurfürstentümer = sieben Kurfürsten?

Dies zeigt, welche letzten Schwierigkeiten es noch bei der Reduktion der Wählerschaft auf die sieben Kurfürsten gab. Abgesehen vom bayerischen Bemühen um die Kur kämpften zwar im letzten Viertel des 13. Jahrhunderts keine Fürsten anderer weltlicher oder geistlicher Territorien mehr um das Wahlrecht, unklar war aber noch, welcher der Herzöge von Sachsen, der Markgrafen von Brandenburg und auch prinzipiell welcher der Pfalzgrafen bei Rhein Kurfürst war. Denn während sowohl die erzbischöflichen Mitren als auch die böhmische Königskrone nur auf jeweils einem Haupt ruhen konnten, kam es im 13. Jahrhundert dazu, dass die drei anderen weltlichen Kurfürstentümer wie alle weltlichen Territorien mehrere Landesherren gleichzeitig haben konnten. Ursprünglich waren Amtslehen, wie das eines Herzogtums oder einer Markgrafschaft, nicht teilbar, es konnte beispielsweise nur einen Herzog von Österreich oder Markgrafen von Baden geben. Die Würden wurden aber im 13. Jahrhundert zunehmend „weniger als persönlicher Auftrag des Königs, denn als Konsequenz der Territorialgewalt begriffen“. Und so setzte sich unter Beeinflussung aus verschiedenen anderen Rechtskreisen (Allodialerbfolge, lombardisches Lehnsrecht) auch im Reichslehnsrecht die gleichberechtigte Erbfolge aller männlichen Nachkommen durch, was zunehmend zu Gesamtbelehnungen aller Agnaten führte. Damit wurde aber noch die Unteilbarkeit des Lehens trotz mehrerer Erben betont. Doch kam es schließlich erst zu Nutz-, dann zu Realteilungen der Lehen seitens der Vasallen.353 Daraus folgte wiederum, und dies blieb die Rechtspraxis bis ins 16./17. Jahrhundert, dass jeder der Teilherrscher „Sitz und Stimme“ auf Hoftagen, später den Reichstagen hatte.354 Daraus und angesichts der mehrfachen Siegelung des Willebriefes von 1279 ergibt sich die Frage, ob es bei den Fürsten der Pfalz, Sachsens und denburg gab, und schickte seine Forderung nach Unterstützung König Rudolfs im Juni 1279 außer an Johann zumindest auch an einen der beiden Ottos (Kaltenbrunner, Actenstücke Nr. 167). Es gilt hier anzumerken, dass bereits Innozenz IV. 1246 an beide Markgrafen von Brandenburg eine Aufforderung geschickt hatte, zur Königswahl zu schreiten. Wenngleich damals noch nicht das Gremium der Alleinwähler bestand, drückt sich doch auch hierin aus, dass beiden Fürsten parallel ein Wahlrecht zugesprochen wurde (MGH, Const. 2, Nr. 347). 353 Vgl. Willoweit, Verfassungsgeschichte (2005), § 13-I-3, S. 108 f., und (2001), § 13-II-1, S. 91 (hieraus das wörtliche Zitat); Mitteis/Lieberich, Rechtsgeschichte, 27-I-6, S. 181; Sachsenspiegel, Lehnrecht 32 (MGH, Fontes iuris, Bd. 1,2, S. 55 f.). Eike von Repgow hält hierin ausdrücklich fest, dass die Söhne eines verstorbenen Bruders diesem selbstverständlich zu gleichen Teilen in seinen Rechten folgen und gleichberechtigt neben ihren Onkeln herrschen usw. Vgl. auch Buchda, Gesamthand, passim; Schmidt-Wiegand, Mutschieren, passim. 354 Vgl. Domke, Viril-Stimmen, S. 120–139; Mitteis/Lieberich, Rechtsgeschichte, 41-II-2-b, S. 353.

2. Die multiple Kurwürde

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Brandenburgs, die seit Mitte des 13. Jahrhunderts zu den alleine verbliebenen Königswählern gehörten, etwa Streit innerhalb der Dynastien um den Besitz der Kur gab. Stand sie nur jeweils einem bestimmten von ihnen zu? Wenn ja, welchem? Oder hatten alle die Würde gleichermaßen inne? Wurde sie demzufolge mehrfach abgegeben und haben damit mehr als nur sieben Kurfürsten gleichzeitig existiert? 2. Die multiple Kurwürde a) Die Markgrafen von Brandenburg In Brandenburg gab es seit 1220 mit Johann I. und Otto III. zwei gleichberechtigte, wenngleich zunächst minderjährige Markgrafen.355 Welche Folgen hatte dies für die Kurwürde? Zur Braunschweiger Nachwahl von 1252, zu der ja bereits nur noch die beiden Prinzipalwähler des Ostens aufgefordert waren, berichten uns die Quellen nur unpräzise von der Wahl durch dux Saxonie et marchio Brandenburgensis.356 Während ersterer eindeutig als Albrecht I. zu identifizieren ist, da er der damals einzige herrschende Sachsenherzog war, lässt sich für den Brandenburger keine definitive Aussage treffen, da anscheinend beide Markgrafen in Braunschweig anwesend waren.357 Auch bei der Wahl Alfons’ von Kastilien 1257 lässt sich nicht sagen, welcher der beiden Markgrafen die Bevollmächtigung über die Stimmführung für den Sachsen bzw. den Trierer ausstellte oder ob sie dies gemeinsam taten. In den Quellen wird bezüglich der Wähler immer nur im Singular von einem namenlosen Markgrafen gesprochen – außer in den Hamburger Annalen, und die nennen Iohannes et Otto marchiones!358 Dass 355 Vgl. Goez, Lebensbilder, S. 466–469; Schultze, Mark Brandenburg, Bd. 1, S. 136–138. 1231 belehnte Friedrich II. Johann mit der Mark, während Otto nur für den Eventualfall des Todes Johanns mit der Mark investiert wurde. Eine Eventualbelehnung wurde aber zugleich auch für beider (!) Erben ausgesprochen (Regesta imperii 5,1, Nr. 1918). Gerade dies zeigt den fließenden Übergang von der Einzelzur Gesamtbelehnung in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Beide Fürsten herrschten von Beginn an gemeinsam, nachdem zunächst ihre Mutter in beider Namen regiert hatte. Goez macht dabei im Falle der brandenburgischen Entwicklung zur Samtherrschaft auch slawisch-rechtliche Einflüsse geltend. 356 MGH, Const. 2, Nr. 459; Annales Erphordenses, a. 1252 (MGH, SSrG i. us. schol. 42, S. 111). 357 Krabbo, Regesten, Nr. 743 und 745. Freilich beweisen diese Urkunden, die von König Wilhelm beiden Markgrafen ausgestellt wurden, wenig. Krabbo geht davon aus, dass (auch) Otto III. in Braunschweig zu lokalisieren ist (ibid., Nr. 742), während Johann zwei Wochen nach dem Hoftag zumindest in Halle als Zeuge Wilhelms feststellbar ist (ibid., Nr. 746). 358 Annales Hamburgenses, a. 1257 (MGH, SS 16, S. 384); diese und andere Quellen zu den Wahlen von 1257 bei Erkens, Kurfürsten, S. 112–114.

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IV. Sieben Kurfürstentümer = sieben Kurfürsten?

die Brüder in jedem Falle einvernehmlich handelten, dürfte aus dem vergeblichen Versuch kurz zuvor ersichtlich sein, als Johann die Wahl seines Bruders betrieb. Hierbei wäre aber zwangsläufig nur ihm die Aufgabe des Kürens zugefallen.359 1258/60 führten die beiden Brüder dann zwar eine Landesteilung durch, allerdings blieb diese nur eine „innere Angelegenheit“. Sie betraf nur die Verwaltung der Mark Brandenburg im Sinne einer Nutz-, keiner Realteilung. Nach außen trat man gemeinsam auf, Belehnungen mit Reichs- oder Kirchenlehen fanden weiterhin zur gesamten Hand statt. Auch was die Kur anbelangte, gab es ganz offensichtlich keine Zuteilung an den älteren Bruder Johann.360 So schloss Otto III. 1261 mit Otakar von Böhmen einen Bündnisvertrag, der unter anderem auch das gemeinsame Vorgehen bei der Königswahl vorsah.361 Otto war also Kurfürst, verfügte mindestens in demselben Maße über die Kur wie sein Bruder Johann. Die Kur war wie die Markgrafschaft Gesamtbesitz des Hauses, und dies entsprach dem Reichsrecht!362 Die beiden Brüder starben 1266 bzw. 1267, doch 1273, bei der nächsten Königswahl, lebten noch sieben ihrer Söhne weltlichen Standes. Für den Wahltag Rudolfs ist jedoch nicht feststellbar, welcher von ihnen anwesend war.363 Dass die Kur aber nun allein beim Senior der Familie lag, kann keineswegs behauptet werden, wenngleich Johann II. wenige Wochen später zusammen mit den beiden weltlichen Kurfürstenkollegen aus Sachsen und der Pfalz einen gemeinsamen Willebrief ausfertigte.364 Denn am darauf folgenden Tag und beispielsweise einen Monat später gaben auch sein Bruder Otto oder/und dessen gleichnamiger Cousin Willebriefe zu anderen Rechts359 MGH, Const. 2, Nr. 428 XI; Giese, Reichstag, S. 575; Busson, Doppelwahl, S. 7 f. 360 Vgl. Schultze, Mark Brandenburg, Bd. 1, S. 168–171, der jedoch hier fälschlich behauptet, Kur und Reichskämmererwürde hätte der Senior besessen. Richtig dagegen Krabbo, Markgrafen, S. 162 f. Vgl. hierzu im Folgenden. 361 MGH, Const. 2, Nr. 463. 362 Der Sachsenspiegel, Lehnrecht 32,1 (MGH, Fontes iuris, Bd. 1,2, S. 55), spricht davon, dass im Falle einer „Auseinandersetzung“, einer Teilung des Besitzes an einem Lehen, die jeweilige Partei keine Rechte mehr an den Teilen der anderen Partei hat. Allerdings lag bei den Brandenburgern zum einen eben keine Besitzteilung vor, zum anderen war die Kur nicht von dieser Nutzteilung betroffen. Daher wäre auch die Überlegung zum brandenburgisch-böhmischen Vertrag von 1261 abzulehnen, dass einerseits Otto eine Anerkennung seines Kurrechtes gegenüber Johann von Otakar brauchte, wie andererseits Otakar zu diesem Zeitpunkt noch eine Anerkennung seines prinzipiellen Kurrechtes, da er nicht nur Obermann sein wollte. 363 Eine Chronik nennt nur die Anwesenheit eines namenlosen Markgrafen (Regesta imperii 6,1, S. 1). 364 MGH, Const. 3, Nr. 19.

Heinrich I.

Heinrich II.

* 1256 † 1318

* ca. 1261 † 1305 * ca. 1266 † 1308 * 1281 † 1319 * 1308 † 1320

Woldemar

* ? † 1304

Johann III. * 1244 † 1268

Otto V.

* 1302 † 1317

Johann V.

* ca. 1273 † 1308

Hermann I.

* 1246 † 1298

* 1250 † 1300

Albrecht III.

* Erstellt mittels: Isenburg/Loringhoven, Stammtafeln, Bd. 1; Grote, Stammtafeln; www.mittelalter-genealogie.de; Schultze, Mark Brandenburg, Bd. 1.

*? †?

Konrad I.

Otto VII.

* ? † 1281

Konrad II. Johann IV.

Otto IV.

* ca. 1238 † 1308

Johann II.

Otto III. * 1215 † 1267

Johann I.

Otto VI. * 1255 † 1303

SALZWEDEL

* 1213 † 1266

STENDAL

* 1174 † 1220

Albrecht II.

Tafel 1 Die Kurfürsten von Brandenburg aus der Dynastie der Askanier*

2. Die multiple Kurwürde 111

112

IV. Sieben Kurfürstentümer = sieben Kurfürsten?

geschäften. Wenngleich eingangs festgehalten wurde, dass Willebriefe damals noch keine rein kurfürstliche Angelegenheit waren, muss dies dennoch als kurfürstlicher Akt erkannt werden, da in beiden Fällen ansonsten nur Konsense anderer Kurfürsten überliefert sind.365 Allein aufgrund der kurfürstlichen Willebriefe durch einen oder zwei weitere(n) Markgrafen neben dem Senior davon zu sprechen, dass versucht worden sei, „der älteren Markgrafenlinie das Recht zur Führung der brandenburgischen Kurstimme streitig zu machen“366, ist jedoch unzulässig. Denn da es bei den Brüdern Johann I. und Otto III. keine Vorrechte bei der Kur gab, besteht zunächst kein Anlass, solche Vorrechte oder gar einen Streit hierüber bei den Söhnen zu vermuten, die ihren Vätern in deren Rechten folgten. 1277, noch zu Lebzeiten des Seniors Johann II., bezeichnete sich dessen Bruder Otto IV. gegenüber König Rudolf unwidersprochen als Reichskämmerer, was gleichzeitig einen Anspruch auf die Kur bedeutet.367 1279 kam es zum oben erwähnten Gesamtwillebrief für die Kurie durch Johann II., Otto IV. und Otto V., was hinlänglicher Beweis für ein einvernehmliches Vorgehen ist.368 Auch Otto VI. gab im Jahre 1285 zu einer Handlung König Rudolfs einen Willebrief.369 Markgraf Otto V., Sohn Ottos III., schloss dann 1291 als camerarius imperii mit Albrecht von Sachsen und Wenzel von Böhmen ein Abkommen über die bevorstehende Wahl.370 Sowohl er als auch sein Cousin Otto IV. waren bei der Wahl Adolfs von Nassau 1292 anwesend, und beide gaben wenige Tage nach der Wahl je einen Willebrief zur Erhebung des hessischen Landgrafen in den Reichsfürstenstand, wozu ansonsten nur Kurfürsten, nicht aber einfache Reichsfürsten konsentierten.371 Insofern ist es durchaus wahrscheinlich, zumindest aber theoretisch möglich, dass beide Markgrafen Adolf gewählt haben bzw. im Rahmen der electio per unum beide eine nominatio für Adolf ausgesprochen haben. Dem Bericht der Steierischen Reimchronik über einen Streit der beiden Ottos bezüglich des Kurrechts ist dagegen als Produkt der Habsburger ProRegesta imperii 6,1, Nrn. 14, 32 und 41. Kommentar von Krabbo, Regesten Nr. 1718. 367 Krabbo, Regesten Nr. 1105. 368 Ferner haben die drei Markgrafen auch gesonderte Antwortschreiben an den Papst gerichtet und zusätzlich ist auch ein solches von Markgraf Konrad I., einem weiteren Bruder Johanns, erhalten (Kaltenbrunner, Actenstücke Nrn. 178–181). 369 Krabbo, Regesten Nr. 1388. 370 MGH, Const. 3, Nr. 470. 371 Die Anwesenheit beider lässt sich nur indirekt über die besagten, sechs Tage nach der Wahl in Frankfurt ausgestellten Willebriefe erschließen: MGH, Const. 3, Nr. 477 f. Was die Willebriefe zur hessischen Erhebung anbelangt, so haben von den Kurfürsten nur die von Köln und Böhmen keinen Konsens erteilt. Letzterer war damals auch nicht anwesend, was dies in seinem Fall erklärt; vgl. hierzu Regesta imperii 6,2, Nr. 15. 365 366

2. Die multiple Kurwürde

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paganda wenig Glauben zu schenken.372 Welche verfahrenstechnischen Alternativen es gab, zeigen die in zeitlicher Nachbarschaft liegenden Wahlen auf. Absolut sicher ist, dass im Falle eines Agierens beider Brandenburger als Kurfürsten auf dem Wahltag nicht insgesamt acht Kurstimmen abgegeben wurden. Die Möglichkeit, dass mehrere Landesfürsten auch mehrere Kuren hatten, bestand nicht. Die Siebenzahl war seit 1252 festgeschrieben und hatte seitdem nicht nur in päpstlichen Bullen und deutschen Rechtsbüchern ihren Niederschlag gefunden, sondern war zuletzt auch 1275 von einem römischen König in Bezug auf die Wahl von 1273 ausdrücklich in einer Urkunde bestätigt worden. Gleichzeitig belegt diese Urkunde, wie man seinerzeit verfahren ist: Die ausnahmsweise zugelassene bayerische Kur wurde von beiden Herzögen gemeinsam ausgeübt. Es ist unzweifelhaft, dass man sich dies 1292 zum Vorbild genommen und die zwei brandenburgischen Stimmen racione [marchionatus] pro una in septem gewertet hätte.373 Diese Vorgehensweise könnte auch bei der ersten Wahl Albrechts 1298 praktiziert worden sein, wenngleich auch hier die Stimmführung Brandenburgs nicht zweifelsfrei geklärt werden kann. Zunächst werden in der Absetzungserklärung gegen Adolf von Nassau 1298 neben Herzog Albrecht II. von Sachsen von den absetzenden Fürsten namentlich noch die Erzbischöfe von Mainz und Köln (der Trierer blieb auf Seiten des Nassauers) sowie Pfalzgraf Ludwig IV. und drei (!) Markgrafen von Brandenburg erwähnt: Otto IV., sein jüngerer Bruder Heinrich I. und beider Neffe Hermann I.374 Indem Gerhard von Mainz erklärte, dass diese Absetzung neben den Genannten auch von namenlosen alii quam plures regni Alemanie principes, 372 Ottokar, Reimchronik, V. 58.939–59.266 (MGH, Dt. Chron. 5,2, S. 785–789), beschreibt die Wahl Adolfs als Intrige der rheinischen Erzbischöfe (der phaffen list), besonders des Mainzers, der sich die Stimmübertragung der vier weltlichen Kurfürsten, die ursprünglich Herzog Albrecht von Österreich hätten wählen wollen, erschlichen habe. Der Rechtsgang der electio per unum wird somit als Winkelzug verfremdet. Demnach ist auch der hier beschriebene angebliche Streit zwischen den beiden Ottos über die Führung der Kurstimme unglaubwürdig: Vermeintlich wäre dieser Streit durch Schiedsspruch der Erzbischöfe für Otto IV. entschieden worden, worauf der unterlegene Otto V. die Brandenburger Kur dem Mainzer aufgetragen habe, der sie dann wie die anderen entgegen der Absprache für Adolf abgegeben habe. Deutlich wird aber auch in dieser Erzählung, dass formal beider Markgrafen Recht gleich gut war und es nur deshalb im Zweifelsfall wirklich zu einem Disput über die konkrete Ausübung kommen konnte. Dazu, dass es zumindest 1290 sogar zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Otto V. und Otto IV. kam, vgl. Schultze, Mark Brandenburg, Bd. 1, S. 192. 373 So die analoge Formulierung zur Abgabe der bayerischen Stimme durch Ludwig und Heinrich im Jahre 1273 in der Urkunde Rudolfs I. von 1275 (MGH, Const. 3, Nr. 83). 374 MGH, Const. 3, Nr. 589.

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IV. Sieben Kurfürstentümer = sieben Kurfürsten?

comites et barones beschlossen worden sei, wird deutlich, dass dieser Akt nicht nur auf die Kurfürsten beschränkt war, sondern auch Reichsfürsten und Magnaten beteiligt waren. Gleichzeitig wurden die beiden Gruppen deutlich voneinander geschieden, namenlos sind die Nicht-Kurfürsten, namentlich ausgewiesen wurden nur die Kurfürsten.375 Obwohl die Kurfürsten ihren Staatsstreich demnach auf eine möglichst breite Basis stellen wollten, muss es abgelehnt werden, dass die anderen Fürsten und Barone auch ein Stimmrecht bei der nachfolgenden ersten Wahl Albrechts gehabt hätten. Dies zeigt sich nicht zuletzt daran, dass die alii quam plures principes in der einzigen Urkunde zu dieser Wahl keine Erwähnung mehr finden.376 Zwar werden hier die principes electores selbst auch nicht alle namentlich genannt, doch berichtet der Sachse, dass er cum ceteris principibus electoribus gewählt habe und erwähnt dabei den abwesenden, sich (von ihm) vertreten lassenden Pfalzgrafen Ludwig sowie die (vom Mainzer) vertretenen Wikbold von Köln und Wenzel von Böhmen.377 Wenngleich der Mainzer somit nur sehr indirekt genannt wird, fehlt eigentlich nur die Nennung des Kurfürsten von Brandenburg. Gegebenenfalls ist dies aber als Indiz zu werten, dass Albrecht von Sachsen hier nur unpräzisiert ließ, was umstritten war. Haben alle drei zuvor bei der Absetzung Adolfs agierenden und wegen ihrer namentlichen Nennung zweifellos zur Gruppe der Kurfürsten gerechneten Markgrafen mitvotiert oder hat eventuell nur einer der Brandenburger seine Stimme abgegeben?378 Welche Rolle spielten dann im letzteren Fall die beiden anderen? Sollten bei der ersten Wahl Albrechts alle drei Markgrafen gewählt haben, dann wurden – wie oben schon zur Wahl von 1292 ausgeführt – ana375 Dagegen deutet Wolf, Entstehung, S. 64, als Schlussfolgerung daraus indirekt an, dass also das Kurkolleg als solches noch nicht konstituiert gewesen sein könne. Doch macht es keine Schwierigkeit, schlicht zu konstatieren, dass die mittlerweile alleine wahlberechtigten Fürsten sich zur bis dahin präzedenzlosen Absetzung eines nicht gebannten Königs die Absicherung bei anderen Reichsfürsten holten. Die Absetzung Adolfs war das Ergebnis eines Fürsten-, nicht eines Kurfürstengerichts! 1400 konnten die rheinischen Kurfürsten auf diesem Vorbild aufbauen und ihren Putsch gegen König Wenzel formal ohne weitere Unterstützung durchführen. Vgl. zu beiden Absetzungen Schubert, Königsabsetzung, S. 254–273 und 362–403. 376 MGH, Const 3. Nr. 590. 377 Zur Vertretung Wenzels II. durch Gerhard von Mainz: MGH, Const. 3, Nr. 475. 378 Letzteres glaubt Krabbo, Markgrafen, S. 157. Sein Argument ist die Notiz in den Annales Moguntini, a. 1298 (MGH, SS 17, S. 3), worin die Wähler Albrechts aufgeführt sind, aber nur von einem marchio Brandenbuorgensis die Rede ist. Diese Nennung im (abstrakten) Singular wie bei den anderen Wählern beweist jedoch überhaupt nichts, wie die Beobachtung zur Wahl von 1257 zeigt; vgl. oben S. 109.

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log zur bayerischen Stimme 1273 alle Brandenburger Stimmen als eine gewertet. Wie die Variante aussah, wenn nur einer der Markgrafen abstimmte und welche Rolle die anderen beim Wahlgeschäft spielten, zeigt die zweite Wahl Albrechts wenige Wochen später. Hier taucht mit Otto IV. nur der älteste Markgraf als Wähler in der gemeinsamen Notifikationsurkunde aller anwesenden Kurfürsten (Wenzel II. von Böhmen fehlte, hatte aber seine Stimme dem Mainzer übertragen379) an den Papst auf.380 Aber es gibt vom gleichen Tag eine gesonderte Notifikationsurkunde von Ottos Neffen Hermann, in der dieser erklärte, auch er habe Albrecht mit nostr[i]s colleg[i]s gewählt!381 Dies scheint zunächst auf Differenzen zwischen den Markgrafen Otto IV. und Hermann wegen der Kur hinzudeuten.382 Lediglich ein Indiz für den regelrechten Ausschluss Hermanns ist die Notifikationsurkunde an den Papst, in der Hermann eben nicht erwähnt wird. Ferner wurde in dem an das Reich gerichteten Wahldekret, wo Otto ebenfalls als einziger Markgraf zu den Ausstellern gehörte, die Siebenzahl der Wähler dokumentiert.383 Einzige Erklärung scheint zu sein, dass Hermann die Kur demnach regelrecht verweigert worden wäre und er versucht hätte, sich dagegen mittels seiner eigenen Urkunde zu verwahren. Gegen eine solche Verweigerung spricht aber die Tatsache, dass die angesprochene Urkunde Hermanns kein Einzelstück ist. Auch von zwei anderen Kurfürsten (Bohemund von Trier und Rudolf von der Pfalz384) sind identische Notifikationsschreiben erhalten.385 Demnach hatte Hermann doch mitgewählt. Aber wie lässt sich dies mit dem Wahldekret vereinbaren? Abgesehen davon, dass die Wahl nicht wie später im Konklave, sondern vor MGH, Const. 4,1, Nr. 2. MGH, Const. 4,1, Nr. 9. Krabbo, Markgrafen, S. 157, erklärt diesen Unterschied damit, dass man nun angesichts der Vollzähligkeit der Kurfürsten (bis auf Böhmen) die Nennung aller anwesenden Markgrafen nicht mehr nötig gehabt habe. Diese Erklärung kann nicht befriedigen, zumal eben Wenzel II. abwesend war, wenngleich er seine Stimme delegiert hatte. 381 MGH, Const. 4,1, Nr. 10. 382 Da ein Kopialbuch-Regest, das von der Aussöhnung der beiden Markgrafen berichtet, undatiert ist (Krabbo, Regesten, Nr. 1724), kann es nur mit äußerster Vorsicht als Indiz für einen Streit der beiden Markgrafen hinsichtlich der Kur herangezogen werden. 383 MGH, Const. 4,1, Nr. 8. 384 Auffällig ist, dass es sich bei den beiden anderen Kurfürsten just um die ehemaligen Opponenten zu Albrecht handelte. Es ist dennoch nicht recht einsichtig, warum nur sie zu der von ihnen gesiegelten Gesamtnotifikation aller Kurfürsten ein gesondertes Schreiben an den Papst hätten schicken sollen, sodass entsprechende Urkunden aller Kurfürsten anzunehmen sind. 385 MGH, Const. 4,1, Nr. 10. Diese Schreiben sind textlich stark an das Notifikationsschreiben aller Kurfürsten angelehnt, sodass auch dies einem Ausschluss Hermanns und dessen Handeln im Verborgenen widerspricht. 379 380

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der Öffentlichkeit stattfand386, ist den Angaben des Wahldekretes unbedingt Glauben zu schenken und folglich muss es zutreffend sein, dass für Brandenburg wirklich nur Otto seine Stimme abgab. Allerdings muss er dies dann auch im Namen seines Neffen getan haben. Wenn überhaupt, dann gab es einen Streit zwischen beiden Markgrafen über die Frage, ob Hermann beim Wahlakt auch aktiv werden konnte bzw. welcher der beiden Markgrafen die Stimme auch im Namen des anderen abgeben konnte. Otto als Senior des Hauses setzte sich im Verbund mit den anderen Kurfürsten, die im wahrsten Sinne nur ein siebenköpfiges Kolleg haben wollten, durch. Hermanns Teilhaberschaft am Kurrecht des brandenburgischen Gesamthauses blieb aber durch dessen Urkunde dennoch gewahrt und von den collegae anerkannt!387 Dass es absolut zulässig ist, für 1298 (und 1292) die Ausübung einer Kur auch im Namen eines Verwandten zu vermuten, belegt die folgende Wahl unzweifelhaft. 1308 gab Otto IV. bei der Königswahl neuerlich seine Stimme ab – allerdings nicht persönlich. Da er todkrank war, wurde er von seinem Neffen, Markgraf Woldemar, vertreten. Dieser aber – und diesmal belegt es das Wahldekret eindeutig – stimmte nicht nur im Namen seines Onkels ab, sondern auch in seinem eigenen.388 Angesichts der Relevanz eines solchen Wahldekrets kann dies schwerlich die Unwahrheit sein. Ebenso kann eine (von den Kollegen tolerierte) Anmaßung seitens Woldemars ausgeschlossen werden, da er beispielsweise auch schon im Vorfeld gemeinsam mit seinem Onkel eine Wahlabsprache mit Albrecht III. von Sachsen-Lauenburg getroffen hatte.389 Beide Markgrafen hatten also eindeutig das Kurrecht inne und übten es auch beide gemeinsam und einvernehmlich aus – auch wenn „zeremoniell“ letztlich nur einer agierte!390 Bei der Wahl Ludwigs IV. 1314 votierte als einziger Brandenburger dann neuerlich Markgraf Woldemar.391 Allerdings war dieser keineswegs der einDie Beschreibung des Aktes im Wahldekret: MGH, Const. 4,1, Nr. 8, § 3. Vgl. Wolf, Entstehung, S. 92, der wieder versucht, auch hier seine Tochterstammtheorie ins Spiel zu bringen, da Hermann Schwiegersohn König Albrechts war. Vgl. auch Assing, Aufstieg, S. 323. 388 MGH, Const. 4,1, Nr. 262, § 3. 389 MGH, Const. 4,1, Nr. 255. 390 Krabbo, Markgrafen, S. 159, sieht bei dieser Wahl einen Ausschluss der jüngeren, Salzwedeler Linie durch die ältere, Stendaler Linie. Allerdings übersieht er die Vormundschaft Woldemars für Johann V., in dessen Namen er 1314 ausdrücklich auch agierte. Ein Ausschluss der Linie fand also nicht statt. Sehr wohl scheint aber die unbedeutende (und in den meisten Stammtafeln fehlende) Person des Markgrafen Konrad II. ausgeschlossen worden zu sein. Der war jedoch sogar der Primogenitus des Hauses Brandenburg; vgl. Krabbo, ibid., S. 156! 391 MGH, Const. 5, Nrn. 102 f. 386 387

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zige brandenburgische Kurfürst. Ausdrücklich erklärte er in seinem Wahlbündnis zugunsten der luxemburgischen Partei, dass er auch als Vormund im Namen des minderjährigen Johann V. (* 1302) wählen werde.392 Außerdem gab es noch Markgraf Heinrich I., der sich ja schon 1298 wahrscheinlich an der ersten Wahl Albrechts beteiligt hatte. Dieser hatte sich in einem Wahlversprechen für die Habsburger Partei das Kurrecht zugeschrieben.393 Allerdings darf man hier keineswegs den Versuch erblicken, Heinrich habe mit seinem Neffen bezüglich der Kur im Streit gelegen und hätte durch Anschluss an die Gegenpartei sein Wahlrecht sichern wollen. Vielmehr glaubte Heinrich im Sinne Woldemars zu handeln, der überraschend und zunächst heimlich die Partei gewechselt hatte.394 Gerade weil es dann aber bei der Doppelwahl 1314 im Falle der Brandenburger Stimme – anders als bei der sächsischen Kur395 – gerade nicht zu einer doppelten Ausübung kam, zeigt sich, dass Heinrich es nicht nötig hatte, mit Friedrich (III.) den Gegenkandidaten zu dem von seinem Neffen unterstützten Wittelsbacher zu wählen, weil ihm die Partizipation an der Kur von Woldemar nicht bestritten wurde! In Brandenburg agierte man bei der Kur als Gesamthaus, wenngleich der politisch bedeutendere Woldemar ein Vorrecht bei der Stimmabgabe (und bei der Bestimmung des Kandidaten) für sich in Anspruch nahm und auch durchsetzte.396 So zeigt das Verhalten Woldemars im Vorfeld der Wahl unmissverständlich, dass er sich bewusst war, den Konsens seines Onkels Heinrich einholen zu müssen, da dieser ihm ansonsten die Kur streitig machen konnte. Dies konnte Heinrich aber nur, weil er dieselben Rechte hieran hatte!397 Als Ausdruck dessen MGH, Const. 5, Nr. 20. MGH, Const. 5, Nr. 24. 394 Vgl. Homann, Kurkolleg und Königtum, S. 79–81. Krabbo, Markgrafen, S. 161 f., meint dagegen, Woldemar habe Hermann dessen Wahlrecht schließlich geradezu abgekauft. 395 Johann II. von Sachsen-Lauenburg wählte Ludwig IV., und Rudolf I. von Sachsen-Wittenberg wählte Friedrich (III.); MGH, Const. 5, Nrn. 94 f. und 102 f. 396 Zu Woldemars Stellung vgl. Schultze, Mark Brandenburg, Bd. 1, S. 215–232. Ob Woldemar formal argumentierte und die Kur als Vertreter der Primogenitur gegenüber dem Senior übernahm, muss dahingestellt bleiben. Auffällig ist, dass sehr wohl beim Sachsen-Lauenburger auf dessen Seniorat hingewiesen wurde, bei Woldemar aber jeder Zusatz in den Urkunden und Wahldekreten fehlt (MGH, Const. 5, Nrn. 96–103). 397 Vgl. Homann, Kurkolleg, S. 79–81. So fürchtete Woldemar bei seinem Wahlversprechen, dass uns eman hinderen [will] an deme rechte, daz wir han an der kore eynes Romeschen koniges (MGH, Const. 5, Nr. 20). Dieser Jemand konnte nur Heinrich sein. Dies war der Grund, weshalb Woldemar seinen Parteiwechsel zunächst geheim hielt. Er wollte Heinrich nicht brüskieren und so gegen sich aufbringen. Es galt ihm im direkten Gespräch die Situation zu erläutern und sein Einverständnis einzuholen. 392 393

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IV. Sieben Kurfürstentümer = sieben Kurfürsten?

stellte er dann am Tage der Wahl eine Urkunde aus, in der er ausdrücklich seinen Konsens zur Stimmabgabe seines Neffen verkündete.398 Allerdings besteht hier ein qualitativer Unterschied zur Urkunde Hermanns von 1298, da Heinrich eben nicht ausdrücklich erklärte, er habe mitgewählt!399 Es war auch für Woldemar nicht mehr möglich, zumindest zusätzlich im Namen von Brüdern, Neffen oder Onkeln als Kurfürst aufzutreten. Die Elektoren waren nicht einmal mehr dazu bereit, wie ein Vergleich der Wahldekrete zeigt. Im kurfürstlichen Wahlkörper sollte offenkundig von nun an jedes Territorium nur einmal, nur durch einen Fürsten vertreten sein. Im Falle Brandenburgs war dies bei der nächsten Wahl dann auch kein Problem, denn die einst so zahlreichen Askanier waren hier 1320 ausgestorben und Kaiser Ludwig IV. hatte seinem ältesten Sohn, Ludwig V., 1323 die Markgrafschaft übertragen.400 Als alleiniger Brandenburger Kurfürst wählte er dann 1349 Günther von Schwarzburg.401 b) Die Herzöge von Sachsen Zumindest die Ausgangslage war im Falle Sachsens anders als bei Brandenburg, da hier mit Albrecht I. bis 1261 nur ein Herzog, nur ein Kurfürst herrschte. Bei der Wahl Rudolfs von Habsburg gab es jedoch mit den Brüdern Johann I. und Albrecht II. zwei potentielle Anwärter auf die Kurwürde. Es scheint aber von den Sachsen 1273 nur ein Herzog anwesend gewesen zu sein und gewählt zu haben: der ältere Johann I.402 Es war auch nur Johann, der am Tag nach der Krönung mit seinen weltlichen Kollegen gemeinsam einen Willebrief ausstellte.403 Doch wie Otto von Brandenburg, MGH, Const. 5, Nr. 104. Diesen feinen Unterschied übersieht Assing, Aufstieg, S. 324. 400 Vgl. Schultze, Mark Brandenburg, Bd. 2, S. 24 f. mit Verweis auf die (zum Teil deutlich) ältere Literatur. Der Lehnsbrief datiert zwar erst vom 24.6.1324 (MGH, Const. 5, Nr. 938), aber Ludwig V. wurde schon am 4.5.1323 als Markgraf tituliert (ibid., Nr. 741). 401 MGH, Const. 9, Nrn. 2 f. und 9 f. 402 Vgl. Regesta imperii 6,1, S. 1. Ob Johann dies auch im Namen seines Bruders tat, ist zwar von einigen Forschern vermutet worden, jedoch durch keine Quelle zu belegen. Mohrmann, Lauenburg oder Wittenberg, S. 18 f., lehnt diese These strikt ab, da es auch keine Belege für andere Stellvertretungen bei den Sachsenbrüdern gebe. Dies ist m. E. jedoch nicht zwingend. Vielmehr zeigen die bereits erwähnten Beispiele bei den Brandenburgern, dass eine solche Handlung prinzipiell sehr wohl im Falle der Kur möglich war und daher auch 1273 für die beiden Herzöge zumindest als Option gelten muss. Dies wäre nur völlig auszuschließen, wenn es bereits damals Rivalitäten zwischen beiden Herzögen gegeben hätte; vgl. hierzu im Folgenden. 403 MGH, Const. 3, Nr. 19; vgl. auch Mohrmann, Lauenburg oder Wittenberg, S. 17 f. 398 399

2. Die multiple Kurwürde

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so gab auch der jüngere Albrecht II. von Sachsen in Aachen einen Willebrief zu einem anderen Rechtsgeschäft, wozu ansonsten nur Konsensbriefe sämtlicher Kurfürsten existieren – darunter auch einer von Albrechts Bruder Johann.404 Es ist schlicht unzulässig, aufgrund späterer Verhältnisse rückwirkend diesen Tatbestand als Beleg für einen Streit zwischen rivalisierenden Fürsten zu werten. Vielmehr ist – nicht zuletzt im Hinblick auf die Ergebnisse der Untersuchung bei den Markgrafen – zu konstatieren, dass beide Herzöge von Sachsen gemeinsam auf ein offenkundig auch beiden prinzipiell gleichermaßen zustehendes Recht rekurrierten. Albrecht galt wie Johann als gleichberechtigter Kurfürst. Und 1279 siegelten, wie erläutert, beide sächsischen Brüder den Willebrief für die Kurie.405 Auch die sächsischen Brüder, die entsprechend dem (neuen) Reichslehnsrecht gleichberechtigt das Herzogtum beherrschten, teilten sich also die Rechte an der Kur. Als Herzog Johann 1286 starb, hinterließ er nur drei minderjährige männliche Erben. Wenngleich sie gemäß Lehnsrecht nun in dieselben Rechte und in dasselbe Verhältnis zu Albrecht II. hinsichtlich der Herrschaft eintreten sollten wie ihr Vater406, war Albrecht als ihr Vormund zunächst faktisch im alleinigen Besitz von Herzogtum, Kur und Marschallamt.407 Zur Wahl Adolfs 1292 lässt sich aufgrund der Quellenlage wenig sagen, doch dürfte Albrecht hier alleine als Kurfürst tätig geworden sein, obwohl bereits einer seiner Neffen als volljährig galt.408 Dies wird auch durch die weitere Geschichte nahe gelegt. Denn nach der Mündigkeit aller Söhne Johanns folgte 1295/96 eine Erbteilung, wobei Albrecht das größere und geschlossene Territorium mit dem Hauptort Wittenberg erhielt, seine Neffen den Norden mit dem Hauptort Lauenburg. Wenngleich diese Teilung fast ein halbes JahrRegesta imperii 6,1, Nrn. 21 und 116. MGH, Const. 3, Nr. 225. 406 Sachsenspiegel, Lehnrecht 32,2 (MGH, Fontes iuris, Bd. 1,2, S. 55). 407 Wenzel II. von Böhmen überließ in einer Urkunde aus dem Jahre 1290 seine Stimme König Rudolf oder seinem kurfürstlichen Kollegen Albrecht von Sachsen, um Rudolfs Sohn Rudolf zum römischen König zu wählen (MGH, Const. 3, Nr. 427); vgl. zur Sache Begert, Böhmen, S. 102 f. und 107 f. 1291 schloss Albrecht mit Wenzel und Otto V. von Brandenburg einen Vertrag über die bevorstehende Königswahl als sacri Romani inperii princeps et marschalcus (MGH, Const. 3, Nr. 470). 408 Die Stimmabgabe lässt sich nur indirekt über Albrechts Anwesenheit bei der Wahl erschließen (Regesta imperii 6,2, Nr. 21). Allerdings dürfte es aufgrund der Vorverhandlungen (vgl. die vorhergehende Anm.) unzweifelhaft sein, dass nur Albrecht die Kur ausübte und dabei seine Neffen überging; vgl. Mohrmann, Lauenburg oder Wittenberg, S. 22–24. Wenn das Schreiben der Grafen von Holstein und Schwerin an den Papst von 1328 berichtet, (auch) Johanns I. Söhne hätten Adolf gewählt, so ist der Quelle in diesem Fall eher wenig Glauben zu schenken, zumal eben bestenfalls einer dieser Söhne damals als volljährig galt (Hasse, Regesten, Nr. 669; MGH, Const. 6,1, Nrn. 450 f.). 404 405

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IV. Sieben Kurfürstentümer = sieben Kurfürsten?

hundert nach der brandenburgischen erfolgte und im Gegensatz zu dieser den Charakter einer Tot- oder Realteilung hatte, so war in diesem Abkommen von der Kur definitiv keine Rede.409 Die Lauenburger gingen offenkundig davon aus, dass – wie bei den Brandenburgern – die Kur im Gesamtbesitz des Hauses blieb. Doch Albrecht dachte nicht daran, dieses wichtige Recht zu teilen. Er beanspruchte es für sich allein und überging die Neffen bei den beiden Wahlakten von 1298. Hilfreich war dabei für Albrecht sicherlich, dass er bei dem Staatsstreich mit seinem Schwager Albrecht von Österreich konspirierte, den es zum König zu erheben galt.410 Kurz darauf starb Herzog Albrecht von Sachsen-Wittenberg. Und obwohl dessen ältester Sohn und Nachfolger, Rudolf I., gerade einmal ca. 14 Jahre alt war, unterstützte der frisch gewählte König dessen Ansprüche gegen die der Herzöge von Sachsen-Lauenburg. Rudolf war König Albrechts Neffe und stand unter der Vormundschaft seiner Mutter Agnes, der Schwester des Habsburgers, und so haben wir hier den einzigen Fall vorliegen, bei dem Wolfs Tochterstammtheorie bedingt zutrifft, indem hier ein kognatischer Nachkomme der Habsburger bezüglich seines Kurrechtes protegiert wurde.411 Aber die Lauenburger waren ihrerseits keineswegs gewillt, auf ihr Kurrecht zu verzichten. Gemeinsam protestierten die Herzöge Johann II. und Albrecht III. umgehend auf König Albrechts erstem Hoftag 1298 in Nürnberg gegen ihren Ausschluss von der Wahl, ihre Behinderung bei der Ausübung ihres Wahlrechtes und Marschallamtes, die sie racione ducatus besäßen.412 Eine Reaktion ist weder für den König noch für die Kurfürsten überliefert. Doch gerade dies bzw. dass die Erzbischöfe von Trier und Köln nur Beglaubigungen über den erfolgten Protest ausstellten, zeigt die Reserviertheit gegenüber den Lauenburger Ansprüchen.413 Dabei erhoben diese hier ja nicht ohne jedes Recht Einspruch. So gaben sie auch nicht auf, und 1301 schlossen Johann II. und Albrecht III. Wahlbündnisse mit den Kurfürsten Gerhard II. von Mainz und Wikbold von Köln. Dabei versprach der Mainzer, beide Lauenburger bei 409 Vgl. Beck, Herrschaft, S. 147 f.; Meyn, Gebietsherzogtum, S. 45–47; Mohrmann, Lauenburg oder Wittenberg, S. 5–15. 410 MGH, Const. 3, Nr. 590; MGH, Const. 4,1 Nr. 8; vgl. Mohrmann, Lauenburg oder Wittenberg, S. 25 f. 411 Vgl. Wolf, Entstehung, S. 91 f. Bedingt deshalb, weil die Wittenberger ja in demselben Maße wie die Lauenburger ein Anrecht auf die Kur hatten und insofern die Verwandtschaft zum Königshaus nur die widerrechtliche Ausgrenzung der Lauenburger begünstigte, nicht aber die Zuweisung der Kur an die Wittenberger! 412 MGH, Const. 4,1, Nr. 30 f. 413 Vgl. Mohrmann, Lauenburg oder Wittenberg, S. 26–28.

RATZEBURG

Erich III.

†† 1689

Herzöge von Lauenburg

* ca. 1339 † 1401

Otto

* ? † 1385

Albrecht (III.)

* ? † 1350

Wenzel

Albrecht III. * ca. 1373 † 1419 * ca. 1375 † 1422

Rudolf III.

* ca. 1335 † 1388

* Erstellt mittels: Isenburg/Loringhoven, Stammtafeln, Bd. 1; Grote, Stammtafeln; www.mittelalter-genealogie.de; Beck, Herrschaft, S. 127–137.

Albrecht V.

* ca. 1337 † 1370

Johann III.

* ca. 1335 †1359

* ? † 1370

Rudolf II.

Erich II. * 1316 † 1368

Albrecht IV.

* 1315 † 1344

Rudolf I. * ca. 1284 † 1356

Erich I. * 1280 † 1359/61

Albrecht III.

* ca. 1279 † 1308

Johann II.

* ca. 1277 † 1322

BERGEDORFMÖLLN

Albrecht II. * 1250 † 1298

Johann I.

WITTENBERG

* 1249 † 1286

LAUENBURG

* ca. 1175 † 1261

Albrecht I.

* 1140 † 1212

Bernhard III.

Tafel 2 Die Kurfürsten von Sachsen aus der Dynastie der Askanier*

2. Die multiple Kurwürde 121

122

IV. Sieben Kurfürstentümer = sieben Kurfürsten?

einer anstehenden Königswahl in ihren Rechten zu schützen. Der Kölner erklärte, Johann (nur dieser wird genannt [!], ohne allerdings auf seine Stellung als Primogenitus oder Senior hinzuweisen) tamquam verum conprincipem nostrum bei der Königswahl die Kur zuzugestehen.414 Diese Abkommen sind im Zusammenhang mit der sich 1299/1300 formierenden Opposition der rheinischen Kurfürsten zu sehen, die mit der Absetzung des regierenden Königs und einer Neuwahl wie 1298 enden sollte.415 Wenngleich es hier um Machtpolitik und Putschpläne ging, muss man zur Kenntnis nehmen, dass die Rebellen sich nicht die fragwürdige und letztlich nutzlose Unterstützung von völlig Rechtlosen gesichert hätten.416 Die Kurfürsten unterlagen jedoch König Albrecht und die beiden Erzbischöfe starben 1304 bzw. 1305, sodass die Bündnisurkunden für die Lauenburger wertlos waren. Allerdings fanden die Herzöge im Vorfeld der Wahl von 1308 aufgrund der intensiven Bemühungen der Wahlparteien um Kurstimmen vermeintlich wieder Unterstützer. Die Brandenburger ließen sich für ihren Kandidaten die Stimme der Lauenburger versprechen.417 Zuvor hatten Johann II. und Albrecht III. dieselbe Zusage Heinrich von Köln gemacht418 und diesem gegenüber auch wieder erklärt, dass sie racione ducatus das Stimmrecht tamquam veros electores Romanorum regis hätten. Dabei beriefen sie sich ausdrücklich auf die Primogenitur: Ihr Vater sei der älteste der Söhne Herzog Albrechts I. gewesen und daher stehe alleine ihnen und nicht der jüngeren Linie aus Wittenberg das Kurrecht und das Marschallamt zu.419 Auch der Erzbischof versprach daraufhin die Lauenburger auf dem Wahltag zu unterstützen.420 Dabei gilt es jedoch zu beachten, dass die Lauenburger hier inkonsequent waren. Indem sie auf die Primogenitur pochten, hätte logischerweise auch nur der älteste von ihnen ein Anrecht auf die Kur anmelden dürfen, um sich bestenfalls von den Brüdern in seinem Anliegen unterstützen zu lassen. Dies taten die Lauenburger jedoch gerade nicht. Sie forderten für ihre ge414 MGH, Const. 4,2, Nrn. 1196 f. Vgl. Mohrmann, Lauenburg oder Wittenberg, S. 30, der betont, dass der Mainzer weitaus zurückhaltender in seinen Aussagen war als der Kölner. Allerdings ist nicht daran zu zweifeln, dass auch Gerhard II. an einer sächsischen Kurstimme, und sei es im Zweifelsfall die der Lauenburger, interessiert war. Nicht uninteressant ist es jedoch, dass beide Erzbischöfe die Lauenburger trotz allem nur als conprincipes und nicht als coelectores bezeichneten. 415 Vgl. Hessel, Jahrbücher, S. 93 f. 416 Es ist hier Gerlich, Königtum, S. 61, entschieden zu widersprechen, die Erzbischöfe hätten es mit der Legitimität ihrer Verbündeten nicht so genau genommen. 417 MGH, Const. 4,1, Nr. 255. 418 MGH, Const. 4,1, Nr. 252. 419 MGH, Const. 4,1, Nr. 253. 420 MGH, Const. 4,1, Nr. 254. Vgl. Schepelmann, Königswahl, S. 46–48.

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samte Linie den Besitz der Kur. Dies wiederum zeigt, dass das Primogenitur-Argument nicht ihrem eigentlichen Rechtsempfinden entsprach, ja dass es nicht einmal dem Rechtsverständnis der Zeit entsprach, wie das Brandenburger Beispiel zeigt. Die Lauenburger bedienten sich dieses Argumentes nur, um gegen die Wittenberger vorgehen zu können, die umgekehrt ihnen ja wider jedes Recht die Partizipation an der Kur verweigerten. Da 1296 eine Realteilung der sächsischen Besitzungen durchgeführt worden war421, schien den Lauenburgern für diesen Fall das Argument der Primogenitur zulässig. Sie selbst glaubten aber für ihre Teilherrschaft, den Besitz der Kur zur gesamten Hand postulieren zu können. So votierte dann auch Markgraf Woldemar 1308 stellvertretend und im Namen von Johann II. und Erich I. von Lauenburg (Albrecht III. war in der Zwischenzeit verstorben). Er tat dies allerdings unter dem Vorbehalt „sofern diese zuzulassen seien“. Der Brandenburger und der Kölner konnten sich aber auf dem Wahltag nicht gegen die anderen Kurfürsten durchsetzen. Als Aussteller des Wahldekretes firmierte neben den Kurfürsten aus Trier, Pfalz und Brandenburg alleine Herzog Rudolf von Sachsen-Wittenberg. Ausdrücklich verwahrte man sich in der Urkunde gegen die Stimmen Unberechtigter.422 Dieser Passus war zwar allgemein formuliert und daher auch als grundsätzliche Aussage zu verstehen, um damit das kurfürstliche Alleinwahlrecht zu postulieren. Aber der Passus galt aktuell und konkret den Lauenburgern. Dabei handelte es sich aber keineswegs um eine Absage bezüglich der Ausübung einer Kur durch mehrere Fürsten eines Hauses (sächsische Askanier), denn just bei dieser Wahl wählte ja – wie erwähnt – 421 1308 kam es dann zumindest zu einer Erbverbrüderung zwischen Lauenburgern und Wittenbergern, wonach im Falle des Aussterbens einer der beiden Linien die andere alle Besitzungen und Rechte erben würde. Die Kur wurde nicht ausdrücklich genannt, wohl weil das Thema zu heikel war, da aufgrund des Kurstreits nicht geschrieben werden konnte, welche Linie diese vererben würde (Hasse, Regesten, Nr. 174). Bezeichnenderweise lehnten es die Wittenberger stets ab, die hier vereinbarte Gesamtbelehnung vollziehen zu lassen, womit den Lauenburgern ja ein auch von den Wittenbergern nicht mehr zu bestreitendes Anteilsrecht an der Kur erwachsen wäre. Dies war ein Grund, dass dieser und andere Verträge den Lauenburgern auch nichts nutzten, als die Wittenberger im 15. Jahrhundert schließlich ausstarben; vgl. RTA, ÄR 15, S. 116–118; Leuschner, Streit, S. 315–319. 422 MGH, Const. 4,1, Nr. 262, § 2 und 3; vgl. Mitteis, Königswahl, S. 212 f. Allerdings ist es im Hinblick auf die Unterstützung der Brandenburger bedeutsam, dass diese sich im Vorfeld der Wahl auch der Stimme Rudolfs von Wittenberg versichert haben und entsprechende Vollmachten auch von ihm übertragen bekamen (MGH, Const. 4,1, Nr. 260). Da sie aber bereits im Vertrag mit den Lauenburgern deutlich machten, dass sie ihnen ebenso in der Kurfrage helfen wollten wie Herzog Rudolf (ibid., Nr. 255), scheint es wahrscheinlich, dass die Brandenburger analog zum Gebaren im eigenen Hause davon ausgingen, dass auch bei den sächsischen Vettern alle Herzöge gleichermaßen Anrecht auf die Kur hatten bzw. haben sollten.

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Markgraf Woldemar auch für seinen Onkel.423 Es handelte sich hier um die Ausgrenzung (angeblich) unberechtigter Verwandter. Nach dieser deutlichen Absage versuchten die Lauenburger – wie schon 1301 – über die Doppel- bzw. Gegenkönigswahlen ihr Kurrecht wieder zu erhalten, indem sie hofften, auf der Seite des Siegers zu stehen. Nachdem es in den Vorverhandlungen 1313 noch geheißen hatte, Herzog Erich solle in Vertretung des verhinderten Johann von erer beider weghen zur Wahl schreiten424, wählte 1314 allein der älteste Herzog, Johann II. von Lauenburg, bei der Doppelwahl Ludwig den Bayern. Nur er taucht im Wahldekret auf, unter auffallender Betonung seines Seniorats.425 Allerdings war auch sein Bruder Erich anwesend und gab zu diesem Votum Johanns seinen Konsens, wie eine andere Quelle berichtet.426 Damit wird deutlich, dass analog zu den Brandenburgern 1314 auch von den Lauenburgern nur ein Repräsentant der herrschenden Fürsten als Elektor zugelassen wurde.427 Aber familienintern sah man sich wie die Brandenburger Vettern weiterhin im gemeinschaftlichen Besitz der Kur. Dies ist umso bemerkenswerter, als es ab 1303 zu Streitigkeiten unter den Brüdern gekommen und hier ebenfalls eine herrschaftliche Trennung in zwei Linien erfolgt war (Lauenburg-BergedorfMölln und Lauenburg-Ratzeburg).428 Vgl. oben S. 116. MGH, Const. 5, Nr. 9; die Vollmacht für Erich durch Johann ibid., Nr. 8. 425 MGH, Const. 5, Nr. 102 f. Das Seniorat wird von seinen Mitkurfürsten auch in anderen Urkunden im Kontext der Königswahl hervorgehoben: ibid., Nrn. 96–100. 426 Dies überliefert ein Brief, den die Grafen von Holstein und Schwerin im lauenburgischen Auftrag 1328 an den Papst adressierten (Hasse, Regesten, Nr. 669; MGH, Const. 6,1, Nr. 451): Ipso Erico presente et consenciente. Wenngleich man hier auch Indizien für einen ratzeburgisch-bergedörfischen Kurstreit erkennen könnte (vgl. Anm. 428), verdeutlicht die Darstellung der Wahlgeschichte in dieser Urkunde, dass man in Lauenburg eigentlich generell alle Herzöge als gleichermaßen wahlberechtigte Kurfürsten ansah. 427 Diese Haltung hatte ja schon der Erzbischof von Köln 1301 eingenommen, indem er ausdrücklich nur für die Zulassung eines Lauenburgers bei der Königswahl eintreten wollte (MGH, Const. 4,1, Nr. 1197). 428 Vgl. Schulze, Herzogtum, S. 36–41; Meyn, Gebietsherzogtum, S. 123–126. Dabei ist es nicht unbedeutend, dass das Land Hadeln, auf das die Lauenburger nachmals gegen die Wittenberger Ansprüche die Kur zurückführten, im Besitz beider Lauenburger Linien war; vgl. Mohrmann, Lauenburg oder Wittenberg, S. 69 f. Zu bedenken ist jedoch, dass in dem Schreiben der Grafen von Holstein und Schwerin an den Papst von 1328 mit dem Verweis auf die Geschichte nur das aktuelle Kurrecht Erichs I. propagiert wurde (Hasse, Regesten, Nr. 669; MGH, Const. 6,1, Nrn. 450 f.). Zwar war Johann II. zu diesem Zeitpunkt schon verstorben, doch dessen – gleichwohl erst 13jährigem – Sohn Albrecht IV. geschieht keinerlei Erwähnung (vgl. dagegen oben S. 117 Markgraf Woldemars Einbeziehung seines minderjährigen Neffen). Das Übergehen Minderjähriger hatte ja Tradition bei den sächsi423 424

2. Die multiple Kurwürde

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Auf Wittenberger Seite musste ein solcher gemeinschaftlicher Besitz nicht postuliert werden, da Rudolf I. zunächst ab 1302 der einzige mündige Herzog war und er schließlich seine beiden jüngeren Brüder auf geistliche Ämter „abschob“.429 Rudolf wählte 1314 daher ohne Konsens eines anderen Herzogs den Konkurrenten Ludwigs, Friedrich (III.).430 Obwohl sich Ludwig der Bayer im Machtkampf durchsetzte, verlor Rudolf in der Kurfrage in der Folge nicht an Terrain gegenüber den Lauenburgern.431 Im Gegenteil, auf dem Kurfürstentag von Rhense wurde alleine der Wittenberger als sächsischer Kurfürst zugelassen.432 1346 stand Herzog Rudolf aber als Folge dieser kurfürstlichen Politik wie die Mehrheit seiner Kollegen wieder gegen Kaiser Ludwig und wählte den Luxemburger Karl IV. zum Gegenkönig.433 Die Lauenburger verbanden sich somit gezwungenermaßen und folgerichtig erneut mit der wittelsbacher Partei und wählten 1349 deren Kandidaten Günther von Schwarzburg zum König. Dabei delegierte der nunmehrige Senior der Linie, Erich I., mittels Vollmachten sein Votum an Ludwig von Brandenburg. Allerdings stellte diese Mandate auch sein Sohn Erich II. aus434, sodass festzustellen ist, dass sich nach wie vor alle volljährigen Lauenburger Herzöge im Besitz der Kur sahen.435 Wie 1308 traten jurisschen Askaniern und daher kann man vielleicht für diese Zeit dann auch einen internen lauenburgischen Kurstreit konstatieren. Ggf. ist deshalb auch die Nachricht vom Konsens Erichs 1314 unwahr, zumal er nur in einer (!) der beiden Fassungen auftaucht. Vielleicht hatte Johann II. damals seinerseits seinen jüngeren Bruder von der Kur ausgeschlossen. Zu beweisen ist dies alles allerdings nicht. Fakt ist aber, dass zumindest innerhalb der Ratzeburger Linie weiterhin ein Gesamtbesitz der Kur gesehen wurde; vgl. dazu im Folgenden. 429 Vgl. Beck, Herrschaft, S. 152; Meyn, Gebietsherzogtum, S. 256 Anm. 816. 430 MGH, Const. 5, Nr. 94 f. 431 Nach kurzer Drohgebärde Kaiser Ludwigs gegenüber Rudolf von Wittenberg lenkte dieser auf die Seite des Wittelsbachers ein und wurde von ihm schließlich im Besitz von Kur und Marschallamt bestätigt. Daraufhin wandten sich die Lauenburger an den Papst, womit sie sich jeden Kredit auch bei den anderen Kurfürsten verspielten, da diese die päpstlichen Ansprüche bzgl. Kaiserwahl und Reich vehement zurückwiesen; vgl. Mohrmann, Lauenburg oder Wittenberg, S. 63–76. 432 Zeumer, Quellensammlung, Bd. 1, Nrn. 141a + c. 433 MGH, Const. 8, Nrn. 63–66. 434 MGH, Const. 9, Nrn. 9 f. Matthias von Neuenburg, Chronica, cap. 106 (MGH, SSrG; n. s. 4, S. 256), berichtet bereits zur geplanten Wahl Eduards von England 1348 von einem Ericus dux Saxonie, cui ex sucessione patris sui das Kurrecht zugesprochen wurde! Wenngleich damit nicht bewiesen ist, dass auch schon damals beide Erichs votierten, so ist doch die neuerliche Berufung auf das Erbrecht der älteren Linie bemerkenswert. Vgl. auch ibid., cap. 118 (S. 273). 435 Johanns II. drei männliche Enkel sind erst nach 1334 (Eheschließung ihres Vaters Albrecht IV.) geboren. Allerdings muss an den möglichen ratzeburgisch-bergedörfischen Kurstreit erinnert werden, der dieses Übergehen begünstigt haben könnte.

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tisch mehrere Lauenburger als sächsische Kurfürsten auf, nachdem 1314 nur ein einziger zugelassen worden war. Da Günther von Schwarzburg schließlich auf den Thron Verzicht leisten musste und sich Karl IV., der Initiator der Goldenen Bulle von 1356, durchsetzte, standen die Wittenberger am Ende wieder auf der richtigen Seite und behielten dadurch endgültig das Kurrecht. Dass die Wittenberger Linie einen Habsburger Tochterstamm darstellte, spielte zumindest Mitte des 14. Jahrhunderts keine Rolle mehr.436 Denn wäre es Günther von Schwarzburg gewesen, der die Goldene Bulle erlassen hätte, hätten sich höchstwahrscheinlich die Lauenburger doch noch als sächsische Kurfürsten durchsetzen können. Sie repräsentierten schließlich unbestreitbar die ältere Linie. c) Die Pfalzgrafen bei Rhein Wie im Falle der sächsischen Askanier lässt sich auch bei den Wittelsbachern sowohl das Bemühen verschiedener Linien um die Kur als auch der gemeinsame Besitz derselben durch mehrere Angehörige der Dynastie feststellen. Zunächst gab es mit Otto II. nur einen einzigen Pfalzgrafen bei Rhein. Als er 1253 starb, hinterließ er mit Ludwig II. und Heinrich XIII. zwei Söhne, die sich aber nur kurz zu einer gemeinsamen Herrschaft verstehen konnten. Bereits 1255 kam es zu einer Landesteilung zwischen den beiden Brüdern. Anders als im Falle der Brandenburger wenige Jahre später hatte diese jedoch eher den Charakter einer Real- als einer bloßen Nutzteilung, die so bei Amtslehen ursprünglich ja gar nicht zulässig war und damals eigentlich Reichsrecht brach.437 Die Rheinpfalz fiel vollständig an Ludwig, wie dieser auch Oberbayern erhielt, während der jüngere Bruder, Heinrich, fortan nur Niederbayern verwaltete. Bezüglich Bayern konnte man noch formal eine gemeinsame Herrschaft der beiden Herzöge unterstellen, doch die Pfalz „gehörte“ Ludwig allein. Heinrich titulierte sich folgerichtig auch nicht mehr als Pfalzgraf!438 Als dann aber 1257 die Königs436 Vgl. hierzu auch die kritischen Anmerkungen zu Wolfs Thesen von Hergemöller, Fürsten, S. 52–56. Vgl. auch ders., ibid., S. 47–49, wobei zu seiner These vom „Rechtsempfinden seiner [scil. Karls IV.] Zeit“ zu sagen ist, dass auch ein solches, sofern es in diesem Punkt existierte, bzgl. der Entscheidung für eine der beiden Linien keine Rolle spielte. Hier ging es um politische Interessen. Vgl. auch Mohrmann, Lauenburg oder Wittenberg, S. 42, der im Sinne Hergemöllers argumentiert. 437 Vgl. oben S. 108. 438 Vgl. hierzu Spindler/Kraus, Grundzüge, S. 72–75. Volkert, Staat und Gesellschaft, S. 541, sieht zumindest ursprünglich nur eine Nutzteilung beabsichtigt, jedoch übersieht er die Titulatur Heinrichs in der direkten Folge.

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wahl anstand, und Heinrich schließlich an der Erhebung Richards von Cornwall teilzunehmen versuchte, nahm er diesen Titel wieder an. Dieser Vorgang macht deutlich, dass Heinrich nicht als Herzog von Bayern, der er seit der Landesteilung von 1255 eben nur noch war, sondern als Pfalzgraf bei Rhein wählen wollte. Er wollte als Pfalzgraf einen Anteil an der Stimme, die sein älterer Bruder Ludwig II. aufgrund jenes Fürstentums hatte, das dieser aber nun alleine beherrschte.439 Entscheidend für den hier zu untersuchenden Aspekt ist Heinrichs Versuch, die Rechtsauffassung durchzusetzen, als Erbe seines Vaters Anspruch auf die Wahlstimme zum gleichen Teil wie sein Bruder zu haben. Offenkundig sah er (jetzt) die Landesteilung – gemäß Reichsrecht – eben nur als eine „nutzungstechnische Auseinandersetzung“ an, die die gemeinsamen Rechte an den Amtslehen selbst nicht betraf und betreffen konnte. Wie 1257 verfahren worden wäre, hätte es zwei Jahre zuvor die damals ungewöhnliche Länderteilung nicht gegeben, ist reine Spekulation. Fakt ist, Heinrich von Niederbayern wurde zurückgewiesen, weil er kein Pfalzgraf mehr war. Da er an diesem Umstand nichts ändern konnte, bemühte er sich in der Folge als bayerischer Herzog um eine Kur. Als diese bayerische Kur 1273 ausnahmsweise zugelassen wurde, konnte aber sein Bruder Ludwig die Partizipation an dieser Stimme durchsetzen, da er als Herzog von Oberbayern im gleichen Maße wie sein Bruder Rechte am Herzogtum hatte. Gemeinsam übten Ludwig und Heinrich die Kur racione ducatus [Bavariae] aus.440 Dies war jedoch bis zum 17. Jahrhundert die einzige Wahl, bei der eine bayerische Kur zugelassen wurde. In der Folge gründete sich das Wahlrecht der Wittelsbacher zunächst einzig auf die Pfalzgrafschaft, womit die Linie der niederbayerischen Herzöge als Teilhaber an der Kur ausfiel. Als Pfalzgraf Ludwig 1294 starb, hinterließ er mit Rudolf I. (* 1274) und Ludwig IV. (* 1282) zwei Söhne. Da Rudolf 1298 treu zu König Adolf von Nassau stand, ließen die Aufständischen zunächst dessen jüngeren Bruder Ludwig 439 Vgl. Müller, Kur, S. 29; Buchner, Königswahlen, S. 99; vgl. schon Wilmanns, Reorganisation, S. 52–54 und 103 f., der die Titulatur Heinrichs von 1256/57 aber noch nicht kannte. Vgl. auch Begert, Böhmen, S. 32 mit Anm. 44. 440 MGH, Const. 3, Nr. 83. Es gilt aber zu betonen, dass die Kurie nie eine bayerische Kur anerkannt hatte. Die Bitten Heinrichs von 1271 verhallten ungehört, und auch nach 1273 unterstützte Rom stets die Rechte Otakars von Böhmen. Wenn die Kurie 1279, als der böhmische Thron faktisch verwaist war, schließlich auch an Heinrich die Aufforderung nach einem Konsens als Wahlfürst schickte (Kaltenbrunner, Actenstücke Nr. 167), so tat sie dies, weil sie glaubte, er habe ein Anrecht an der pfälzischen (!) Kur bzw. sei deren Teilhaber. Auslöser dafür war, dass Heinrich zuvor einen unerforderten Konsens an die Kurie mit seiner seit 1256 üblichen Titulatur als Pfalzgraf und Herzog geschickt hatte (ibid., Nr. 151); vgl. Flachenecker, Wittelsbacher, S. 179 f.

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IV. Sieben Kurfürstentümer = sieben Kurfürsten?

zur ersten Wahl Albrechts von Österreich zu.441 Nach Adolfs Schlachtentod schloss sich Rudolf den Siegern an und es war, aufgrund der Minderjährigkeit Ludwigs und da Rudolf zudem dessen Vormund war442, bei der zweiten Wahl Albrechts unbestritten, dass Rudolf die Kur ausübte und von seinem Bruder keine Rede mehr war.443 Entscheidend ist aber auch hier wieder, dass nicht nur Ludwig selbst sicher war, ein prinzipielles Anrecht auf die Kur zu haben, sondern auch die aufständischen Reichsfürsten, die sich mit einem völlig Rechtlosen keine Hypothek aufgeladen hätten. So erkannten sich auch beide Brüder während einer kurzen Phase der relativen Verständigung in einer gemeinsamen Urkunde im Vorfeld der anstehenden Königswahl von 1308 indirekt den Rang eines Kurfürsten und das potentielle Kurrecht gegenseitig zu.444 Dass Rudolf dann bei der Wahl von 1308 die Kur allein ausübte445, ist eventuell Beleg für sein größeres politisches Gewicht, wahrscheinlicher aber für seine Stellung als Senior. Denn 1313, kurz vor Ludwigs IV. eigener Wahl zum römischen König, konnte dieser mit Rudolf den sog. „Zusammenwurf“ vereinbaren, wonach die Kur zu Lebzeiten bei Rudolf, dann beim jüngeren Ludwig verbleiben sollte. Nach beider Tod sollte der eltiste vnder vnser baider chinden div wal haben an der chur dez reichs. Allerdings nur, solange alle Erben die Herrschaft ungeteilt und gemeinsam ausübten.446 Durch diese Regelungen wird also die Berechtigung der gesamten Familie auf die Kur betont, da eben der Älteste beider Linien, also aller Erben ausgewählt werden sollte. Vor allem aber zeigt die Formulierung bezüglich der Zusprechung der „Wahl an der Kur“, dass es hier alleine um die Ausübung der Kur beim Wahlakt ging und nicht um das Kurrecht im materiellen Sinn. Dieses lag eben weiterhin bei allen rheinischen Pfalzgrafen. 441 Wahlbevollmächtigung Ludwigs für seinen Onkel Albrecht von Sachsen: MGH, Const. 4,1, Nr. 5; Notifikation über die Absetzung Adolfs: MGH, Const. 3, Nr. 589; Notifikation über die erste Wahl Albrechts: MGH, Const. 3, Nr. 590. 442 Hinsichtlich der Minderjährigkeit muss das erst ein halbes Jahrhundert später festgeschriebene Mindestalter für Kurfürsten (18) aus der Goldenen Bulle unberücksichtigt bleiben. Allerdings war man auch in Oberbayern erst mit 18–20 volljährig, und dies war für Ludwig entscheidend. Irrelevant war in diesem Zusammenhang die Handhabung in Niederbayern, wo man schon mit 14 als mündig galt; vgl. Flachenecker, Wittelsbacher, S. 183 mit Anm. 70. Aus der Vormundschaft wurde Ludwig von Rudolf erst infolge von dessen militärischer Niederlage im Sommer 1301 mit 19 Jahren entlassen und an der Herrschaft beteiligt; vgl. Spindler/Kraus, Gefährdung, S. 140, und Koch/Wille, Regesten, Bd. 1, Nrn. 1468 und 1472. 443 MGH, Const. 4,1, Nr. 8. 444 MGH, Const. 4,1, Nr. 250. An der fraglichen Stelle wird von der Königswahl per nos et coelectores nostros gesprochen. 445 MGH, Const. 4,1, Nr. 262. 446 MW, Bd. 2, Nr. 248.

2. Die multiple Kurwürde

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Dennoch muss hervorgehoben werden, dass hier die erste Selbstbeschränkung einer kurfürstlichen Dynastie hinsichtlich des multiplen Ausübungsrechts der Kur vorliegt. Um im Sinne der Aufgabe des Wahlgremiums eine eindeutige Mehrheitswahl zu garantieren und permanenten Streit innerhalb der Familie zu verhindern, wurde eine Senioratsverfassung bezüglich der Kur für die gesamte pfälzisch-oberbayerische Linie der Wittelsbacher, den Nachkommen Ludwigs II., vereinbart. Für den Fall einer Realteilung wurde jedoch auch die Kur ausdrücklich als Recht ausgewiesen, das dann Bestandteil der Teilungsmasse sein sollte und also nur einem Erben zufallen konnte.447 Wie dieser dann hinsichtlich seiner Erben zu verfahren hätte, blieb zwar ungesagt, doch war dies auch unnötig, denn es lag auf der Hand, dass selbstverständlich auch hier bis zu einer etwaigen weiteren Realteilung alle Erben gleichermaßen im Besitz der Kur sein sollten. Nachdem entsprechend den Abmachungen Rudolf 1314 alleine die pfälzische Kur ausübte (und dabei Ludwigs Gegner Friedrich wählte448), kam es schließlich 1329 zur Teilung der wittelsbacher Länder unter den Nachkommen Ludwigs II. Während die Söhne des zehn Jahre zuvor verstorbenen Rudolf I. die Rheinpfalz und die nachmals so genannte Oberpfalz zur gemeinsamen (!) Herrschaft erhielten, beherrschten Kaiser Ludwig IV. und seine Söhne von nun an nur mehr Oberbayern kollektiv. Allerdings setzte Ludwig ungeachtet der weitgehenden territorialen Trennung durch, dass nicht nur die Wachau gemeinsamer Besitz der Erben Ludwigs II. blieb, sondern auch die pfälzische Kur, deren Ausübung bei den Königswahlen (sic) zwischen Rudolfs I. und Ludwigs IV. Nachkommen alternieren sollte.449 Viel wichtiger für diese Untersuchung als dieses gemeinhin bekannte Ergebnis des Vertrages von Pavia von 1329 ist jedoch die Regelung, dass ausdrücklich beide Söhne Ludwigs, Ludwig V. und Stephan II., oder deren Erben die Kur innehaben und ausüben sollten ebenso wie alle drei lebenden Pfalzgrafen aus der Rudolfinischen Linie oder deren Erben!450 Das heißt, dass nicht nur der Besitz des Kurrechtes allen Pfalzgra447 Wenn es nach Rudolfs und Ludwigs Tod zur Teilung zwischen allen Erben käme, so habe in diesem Fall aber weder eltær noch iungerr bezzer reht [. . .], weder an der wal noch an dem gùt, noch an der herscheft vor dem andern. Derjenige, an den schließlich die Kur falle, solle die anderen Erben mit Gütern oder Herrschaften entschädigen (MW, Bd. 2, Nr. 248). 448 MGH, Const. 5, Nr. 94 f. 449 Angermeier, Bayern, S. 174 f., weist daraufhin, dass die wittelsbacher Gebiete weiterhin eine „interne Bindung“ aufwiesen, indem sie ein einziges Landfriedensgebiet darstellten. 450 MGH, Const. 6,1 Nr. 628, § 7 (Hervorhebung durch den Verf.): Auch suln si [i. e. Rudolf II., Ruprecht I. und Ruprecht II.] den ersten Römischen chüng welen für sich und für iren tail. So suln unsereu chint Ludwig [V.] und Stephan oder ir erben den anderen Römischen chüng welen. Warum der damals einjährige Sohn des

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IV. Sieben Kurfürstentümer = sieben Kurfürsten?

fen bestätigt wurde, sondern auch eine wirkliche, gemeinschaftliche Ausübung dieses Rechts. Bei Königswahlen, und nur hier, wurde dieses Ausübungsrecht zwar eingeschränkt, allerdings nur auf eine einzelne Linie und nicht auf einen einzelnen Fürsten. Dies stellt somit einen enormen Rückschritt im Vergleich zu den Regelungen des „Zusammenwurfs“ von 1313 dar. Die Folge war, dass 1338 mit Rudolf II., Ruprecht I., Ruprecht II. und Stephan II. vier Pfalzgrafen am Kurfürstentag von Rhense teilnahmen. Das war den übrigen Kurfürsten dann doch definitiv zu viel. Es ist fraglos, dass von ihnen die Forderung nach einer hausinternen Regelung durch die Wittelsbacher erhoben wurde, wonach zukünftig immer nur einer der Pfalzgrafen als Kurfürst auftreten sollte. Denn ansonsten wäre es nicht dazu gekommen, dass in diesem Sinne noch während des Kurfürstentages die beiden Ruprechte eine entsprechende Erklärung abgaben, was wenig später auch die anderen Pfalzgrafen taten: daz nicht mer wan einer under uns und allen den, die pfallentzgraven bi dem Rein sint [. . .], kur an dem rich hat und nurmehr einer der Pfalzgrafen von den anderen Kurfürsten zuzulassen war, wo diese icht tedingen oder tùnde als kurfursten – allerdings mit der ausdrücklichen Feststellung, dass dies jeweils unpräjudizierlich sei und den anderen Pfalzgrafen hierdurch nichts von ihren rechten und eren verloren ginge. Das heißt nichts anderes, als dass selbstverständlich weiterhin alle Pfalzgrafen Kurfürsten waren und jeder von ihnen derjenige sein konnte, den die Kollegen zulassen konnten, um als Kurfürst zu agieren.451 Trotz dieser Erklärungen gehörten noch alle vier anwesenden Pfalzgrafen dem am Tag nach der Erklärung beschlossenen Kurverein an und stellten das Weistum452 über die Kaisers, Ludwig VI., noch nicht in dem Vertrag berücksichtigt wurde, kann nicht erklärt werden. Ggf. ist dies Indiz für eine doch später anzusetzende Geburt. Zuletzt wies Kaufhold, Rhythmen, S. 239 f., auf den Vertrag hin und vor ihm Flachenecker, Wittelsbacher, S. 184. Letzterer sieht allerdings in diesem Kontrakt auch eine gemeinsame Beratung aller Familienmitglieder bzgl. der Kur vorgeschrieben. Bei Nichtbeachtung dieses Punktes falle die Kur an die ausgegrenzte Linie. Dies ist jedoch ein Irrtum, da es in diesem Passus um die Unterlassung der Alternation geht, wenn also eine Linie die Kur entgegen der Absprache nicht von der anderen Linie ausüben lassen will (und si nicht wollten lazzen welen). 451 Koch/Wille, Regesten, Bd. 1, Nr. 2441 (15.7.1338). Stephan gab – nach einer von Muffat, Geschichte, S. 267, ohne genauen Beleg angeführten ungedruckten Urkunde, die von mir nicht in den Münchner Beständen gefunden werden konnte – für sich und seine Brüder Ludwig VI., Albrecht und Wilhelm am 7. August 1338 in Frankfurt eine analoge Erklärung wie seine Pfälzer Verwandten ab. Auch Pfalzgraf Rudolf tat dies am gleichen Tag (Acta imperii inedita, Bd. 2, Nr. 1146; hieraus die Zitate). Vgl. Krammer, Frage, S. 440 f. und 445. 452 Schubert, Stellung, S. 111–116, hat erarbeitet, dass man von einer „Erklärung“ der Kurfürsten sprechen müsse, die erst nachträglich zum Weistum geworden sei. Im Wissen darum wird hier dennoch der etablierte Begriff benutzt.

Ruprecht I.

* 1309 † 1390

Ludwig VI. * 1328 † 1365

Ludwig V. * 1315 † 1361

BRANDENBURG Otto VIII.

†† 1777

Wilhelm * 1330 † 1389

Herzöge von Bayern

* 1341 † 1379

* 1319 † 1375

Stephan II.

OBERBAYERN (ab 1340 BAYERN)

* Erstellt mittels: Isenburg/Loringhoven, Stammtafeln, Bd. 1; Grote, Stammtafeln; www.mittelalter-genealogie.de; Volkert , Stammtafeln.

Pfalzgrafen bei Rhein

* 1325 † 1398

Ruprecht II.

Rudolf II.

* 1306 † 1353

Adolf

* 1300 † 1327

PFALZ

†† 1340

Herzöge von Niederbayern

Ludwig IV.

Ludwig III.

* 1267 † 1290

Rudolf I.

* 1274 † 1319

* 1282 † 1347

* 1235 † 1290

NIEDERBAYERN Heinrich XIII.

* 1229 † 1294

PFALZ/OBERBAYERN Ludwig II.

* 1206 † 1253

Otto II.

* 1174 † 1231

Ludwig I.

Tafel 3 Die Kurfürsten von der Pfalz, Bayern und Brandenburg aus der Dynastie der Wittelsbacher*

Albrecht

†† 1425

* 1336 † 1404

2. Die multiple Kurwürde 131

132

IV. Sieben Kurfürstentümer = sieben Kurfürsten?

Königswahl mit aus. In Letzterem heißt es jedoch nach der Nennung der vier: representantes comitem palatinum Reni, cum non esset difinitum, quis eorum comes esse debeat vocem habens!453 Kaiser Ludwig IV. reagierte auf den kurfürstlichen Unwillen und ergänzte den Vertrag von Pavia auf dem einen Monat später stattfindenden Frankfurter Hoftag, indem er in einem brief die Bestimmung festschrieb, dass die Kur alternierend vom jeweils ältesten der beiden Linien ausgeübt werden sollte, beginnend mit Pfalzgraf Rudolf II., gefolgt von Stephan II. oder wer nach im der älteste der Söhne Ludwigs wäre.454 Es fällt auf, dass der Kaiser hier nur die Stimmführung bei der Königswahl regelte und nicht auch die Kur bei anderen Versammlungen der Kurfürsten. Dies mag zunächst als belanglose Analogie zum Vertrag zum Pavia erscheinen, wo ja ebenfalls nur das Wahlgeschäft selbst geregelt wurde, denn zum Teil nur vier Tage vor Ausstellung dieses „Briefes“ wurden ja noch pfalzgräfliche Erklärungen abgegeben, die sämtliche Kurfürstenversammlungen berücksichtigten. Jedoch scheint Ludwig IV. für sein Haus durchaus andere Ziele verfolgt zu haben. Zur Novellierung sollten die Kurfürsten Willebriefe ausstellen bzw. diese verlangten, einen entsprechenden Hausvertrag zu sehen und zu bestätigen. Vor Ort anwesend waren jedoch außer den Pfalzgrafen nur die Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen sowie der Mainzer.455 Als erstes musste der von der Pfälzer Kur nun ausgeschlossene Brandenburger Kurfürst Ludwig V. seinen Willebrief geben, wodurch er die neue, für ihn nachteilige Rechtslage anerkennen sollte.456 Zwei Wochen später folgte Rudolf von Sachsen mit seinem Konsens. Hier wird vom Askanier – genauso wie zuvor 453 Zeumer, Quellensammlung, Bd. 1, Nrn. 141a + c (16.7.1338). Vgl. Muffat, Geschichte, S. 266 f. 454 MW, Bd. 2, Nr. 301 (11.8.1338): allezeit an den eltesten vnder in oder ir erben; vgl. Flachenecker, Wittelsbacher, S. 185; Krammer, Frage, S. 441 f. 455 König Johann von Böhmen, der schon in Rhense gefehlt hatte, verharrte ebenso in Opposition wie der Kölner Erzbischof Walram. Auch Balduin von Trier hat es offenkundig bewusst vermieden, bei der Interpretation des Weistums durch Ludwig den Bayern anwesend zu sein; vgl. Thomas, Ludwig, S. 312 f. Der Erzbischof von Mainz, Heinrich von Virneburg, war zwar in Frankfurt anwesend (Regesten Mainz, Bd. 1,2, Nrn. 4234, 4245–4247), hat aber erstaunlicherweise damals noch keinen Willebrief gegeben. 456 Willebrief, Frankfurt, 14.8.1338 (BayHStA, HU, Nr. 143; Koch/Wille, Regesten, Bd. 1, Nr. 2190). Ludwig tituliert hier alleine als Markgraf und des Reichs oberster Kämmerer und nicht auch als Pfalzgraf und Herzog. Dieser Willebrief Ludwigs V. dürfte der Brief sein, den Johann von Böhmen in seinem Konsens vom 18.3.1339 neben dem Brief des Kaisers anspricht (Zeumer, Goldene Bulle, Bd. 2, Nr. 8). Es ist daher ein Irrtum Krammers, Frage, S. 442, anzunehmen, die hausvertragliche Regelung sei von Ludwig IV. und Ludwig V. vorgenommen worden. Seine Erklärung, diese beiden Wittelsbacher wären an der Regelung „nicht unmittel-

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von Markgraf Ludwig – die Senioratsregelung jedoch nicht erwähnt, sondern nur vom zunächst bei des Kaisers pfälzischen vettern (Plural!) liegenden Wahlrecht gesprochen, das danach sin sun innehabe. Zwei Tage später stellte Rudolf einen weiteren Willebrief in dieser Angelegenheit aus, der sich vom ersten nur dergestalt unterschied, dass nun sogar im Plural von sine sune die Rede war!457 Dies zeigt, wie sehr die Willebriefe im Sinne der Wittelsbacher verfasst wurden. Problemlos hätte man diese auf den alten Hausvertrag von Pavia beziehen und damit dessen nach wie vor bestehende Gültigkeit behaupten können.458 Diesen Vertrag von 1329 hatte Herzog Rudolf allerdings gekannt und ihm bereits 1333 zugestimmt, weshalb er zumindest die entsprechenden Änderungen in den neuen Bestimmungen erwartet haben dürfte und sie ihm dementsprechend wohl auch vorgelegt worden sein müssen.459 Keine Willebriefe zum Vertrag von Pavia hatten aber die drei Erzbischöfe gegeben – und auch noch keine zur neuen Kurregelung von 1338.460 Um deren Konsens bemühte man sich schließlich im September 1340 auf einem Hoftag in Frankfurt. Doch ganz offenkundig hat Kaiser Ludwig IV. – ggf. angeregt durch die Willebriefe von 1338 – versucht, den neuen Kurvertrag gleich ganz zu unterschlagen und sich die alte Regelung von Pavia bestätigen zu lassen, die die Erzbischöfe ja noch nicht gesehen hatten.461 bar interessiert“ gewesen, muss nicht zuletzt für Ludwig V. entschieden zurückgewiesen werden. Er wollte einen Anteil an der Pfälzer Kur; vgl. unten Anm. 479 f. 457 Willebriefe, Koblenz, 30.8. und 1.9.1338 (BayHStA, HU, Nrn. 144 f.; Koch/ Wille, Regesten, Bd. 1, Nr. 2192); vgl. Muffat, Geschichte, S. 268. In Ludwigs V. Konsensbrief wird zwar wie im ersten Willebrief Rudolfs auch nur von „sein sun“ gesprochen, doch lässt Ludwig durch die – im Gegensatz zur Kurregelung seines Vaters vom 11. August – fehlende namentliche Nennung seines Bruders Stephan zumindest so auch für sich selbst eine Hintertür offen. 458 Dies ist auch der Grund, warum Krammer, Frage, S. 444, annimmt, Herzog Rudolf wäre „ein unbestimmt gehaltenes Formular“, nicht aber der Brief über die Kurregelung selbst vorgelegt worden. Dies scheint jedoch fraglich, da ja der kurfürstliche Protest und die daraufhin abgegebenen pfalzgräflichen Erklärungen nur wenige Tage bzw. Wochen zurücklagen. Die neue hausvertragliche bzw. kaiserliche Regelung wollte auch Rudolf sehen! Zudem wurde auch ein Jahr später König Johann von Böhmen die neue Regelung von 1338 vorgelegt; vgl. unten Anm. 461. 459 Willebrief vom 8.12.1333. Vom gleichen Tag datiert auch ein Willebrief Johanns von Böhmen (BayHStA, HU, Nrn. 141 f.; Koch/Wille, Regesten, Bd. 1, Nr. 2145). 460 Dagegen konnten/mussten die Kurfürsten von der Pfalz genauso wenig wie Ludwig V. von Brandenburg ihren Konsens zum Vertrag von Pavia geben, da sie selbst Subjekte des Rechtsgangs waren. 461 Krammer, Frage, S. 442–444, vermutet, Kaiser Ludwig IV. habe auch diesen beiden Kurfürsten „ein unbestimmt gehaltenes Formular“ vorgelegt, das die Neuerungen von 1338 nicht enthielt. Aber dies erscheint viel zu umständlich. Fakt ist, dass Markgraf Ludwig V. im Vertrag von 1338 von der pfälzischen Kur aus-

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IV. Sieben Kurfürstentümer = sieben Kurfürsten?

Hierzu waren aber die Kurfürsten aus Mainz und Trier (der Erzbischof von Köln verharrte in Opposition zum Kaiser, weshalb er auch hier nicht anwesend war) nicht bereit. In einem bis dahin beispiellosen Akt, der Ausdruck ihres zunehmend kollegialen Selbstverständnisses war, wonach sie selbst auch über die Zulassung ihrer Kollegen bestimmen konnten, änderten Kurmainz und Kurtrier in ihrem Konsens die Bestimmungen entsprechend der Forderungen von Rhense ab: Nachdem sie zunächst die wechselunge der wal und kür zwischen den Linien bestätigten, erklärten sie gleichlautend, dass im vnderscheide zum ihnen vorgelegten Vertrag in Zukunft nymme dan eyner zu deme riche wellen sal, vnd ouch ander stücke tün, die eynen kürfürsten an gebüren, vnd daz man ouch nymme dan eynen vnder yn dar zü sal laszen. Sollten die Wittelsbacher sich bei der Bestimmung desjenigen nicht einig werden, dann würden die anderen Kurfürsten den aldesten aus der Linie zulassen, die gerade mit der Alternation an der Reihe sei. Damit sollte erreicht werden, daz nymme dan syben kurfursten, die da wal vnd stymme an dem riche haben, sin sollen.462 geschlossen war, nicht aber in dem von Pavia. Auch in den Willebriefen von 1340 (MW, Bd. 2, Nr. 306; BayHStA, HU, Nrn. 146 f.) taucht er wieder als deren Teilhaber auf. Ebenso wären die weiteren, in diesen Willebriefen aufgeführten vnderscheide (vgl. im Folgenden) bei Kenntnis des Vertrages von 1338 unnötig, nicht jedoch, wenn man nur den Vertrag von Pavia vorliegen hatte. Vielleicht ist diese plumpe Vorlage des alten Vertrages im Jahre 1340 eine Folge des böhmischen Willebriefs vom Vorjahr, der (zu) deutlich auf den Inhalt des Briefes von 1338 abhob. Diesen stellte König Johann 1339 auf Bitten Pfalzgraf Rudolfs II. aus. Hierzu wurden ihm Kaiser Ludwigs Regelung von 1338 und der dazu gehörende Willebrief Ludwigs V. vorgelegt, wie er ausdrücklich erklärte, und aufgrund dessen bestätigte er Rudolf, dass allein diesem die Kur bei der nächsten Königswahl zustehe (Zeumer, Goldene Bulle, Bd. 2, Nr. 8). Dieser Willebrief hat damit eine gänzlich andere Qualität. Er zeigt, dass Rudolf offenkundig um sein ihm 1338 verbrieftes Kurrecht fürchtete, wofür wiederum die bayerischen Verwandten verantwortlich gewesen sein müssen. Allein auf Rudolfs Drängen ist die eindeutige Formulierung König Johanns zurückzuführen. Ludwig IV. hat den Böhmen vorher und nachher nicht um einen generellen Konsens zur neuen Regelung gebeten, weshalb es spekulativ ist zu überlegen, wie ein solcher dann ausgesehen hätte. Genauso spekulativ ist es, ob die Nicht-Einholung eines böhmischen Willebriefs Taktik Ludwigs IV. war, da Johann ja in Rhense gar nicht anwesend war, den Eklat damit nicht miterlebt hatte und nicht zuletzt auch bereits zum Vertrag von Pavia seinen Willebrief ausgestellt hatte. 462 MW, Bd. 2 Nr. 306 (BayHStA, HU, Nrn. 146 f.). Übrigens beeilte sich Ludwig V. am folgenden Tag umgehend, die Willebriefe des Mainzers und des Trierers zu bestätigen, durch die er ja wieder in den Mitbesitz der pfälzischen Kur gelangt war. Prompt tituliert er hier als Markgraf, Pfalzgraf und Herzog (zu Mainz: MW, Nr. 307 = BayHStA, KBay, U, Nr. 11094; zu Trier: ibid., HU, Nr. 148). Gleichwohl war diese Bestätigung der Willebriefe offenkundig eine Forderung der Erzbischöfe, da gleiches auch Kaiser Ludwig IV. (Koch/Wille, Regesten, Bd. 1, Nr. 2235) und Stephan II. von Bayern (Muffat, Geschichte, S. 269 Anm. 1) taten.

3. Die Durchsetzung der singulären Kurwürde unter Karl IV.

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Zunächst sei zur Eindeutigkeit hier nochmals gesagt, dass diese Passage keineswegs so zu verstehen ist, dass es bis dahin sogar noch mehr als sieben Kurfürsten gegeben hätte und mehr als sieben Stimmen. Es galt nicht die Stimmenzahl zu reduzieren, die schon seit 1252 ebenso begrenzt war, wie auch die sieben Rechtspersonen festgelegt waren, sondern es sollte die Zahl der handelnden Kurfürsten der Zahl der Stimmen angepasst werden! Dabei ist zu dieser Regelung nachdrücklich zu betonen, dass auch hier weiterhin das Recht aller Pfalzgrafen an der Kur bestätigt wurde. Aber es sollte nur noch einer bei Zusammenkünften jedweder Art als Kurfürst agieren, wobei das Seniorat nur eine mögliche Variante für dessen Bestimmung war. Auf diese Weise schien endgültig erreicht worden zu sein, dass sich nur sieben Fürsten zur Wahl eines römischen Königs zu versammeln hatten, und dass der Dissens zwischen Fürsten, die ein gemeinsames Recht an der Kur hatten, unmöglich wurde. Dem war jedoch nicht so, wie die nächsten beiden Wahlen zeigen, bei denen zudem entgegen dem Alternationsprinzip jeweils die pfälzische Linie die Kur ausübte.463 Ihren eigenen Erklärungen von 1338464 zuwider übten die Pfälzer erneut gemeinsam die Kur aus. Bei der gescheiterten Gegenkönigswahl Eduards von England 1348 taten dies die Brüder Rudolf II. und Ruprecht I. sowie ihr Neffe Ruprecht II.465 Bei der letzten Königswahl vor der Goldenen Bulle466, wählten dann zumindest Rudolf II. und Ruprecht I. 1349 gemeinsam und persönlich Günther von Schwarzburg.467 Damit bestand das Problem der Kur als Besitz des Gesamthauses, als Besitz aller regierenden Fürsten und demzufolge auch deren gemeinsame Ausübung weiterhin. 3. Die Durchsetzung der singulären Kurwürde unter Karl IV. Mitte des 14. Jahrhunderts konnten also trotz zwischenzeitlicher Bemühungen um Reduktion auf einen stimmführenden Kurfürsten je Territorium Dies betonte schon Krammer, Frage, S. 446 f. Koch/Wille, Regesten, Bd. 1, Nr. 2441 (15.7.); Acta imperii inedita, Bd. 2, Nr. 1146 (7.8.). 465 Matthias von Neuenburg, Chronica, cap. 106 (MGH, SSrG; n. s. 4, S. 256). Dabei legt die Chronik nahe, dass Ruprecht I. als Kurfürst agierte und die anderen beiden ihren Konsens gaben. Dass dem wohl nicht so war, zeigt die Wahl Günthers von Schwarzburg. Zumindest wurde hier anders vorgegangen. 466 Dazu, dass 1349 keine Wahl Karls IV. mehr stattgefunden hat, vgl. Kapitel VII.2. 467 MGH, Const. 9, Nrn. 2 und 6–10; Matthias von Neuenburg, Chronica, cap. 118 (MGH, SSrG; n. s. 4, S. 273). Von einer Ignorierung oder gar einem Ausschluss Ruprechts II. von der Kur kann keine Rede sein, denn dieser befand sich zu jenem Zeitpunkt in Gefangenschaft und konnte demzufolge schwerlich mitwählen (vgl. ibid., cap. 124, S. 283). 463 464

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IV. Sieben Kurfürstentümer = sieben Kurfürsten?

immer noch mehrere Fürsten gemeinsam eine Kur ausüben, wie die Lauenburger und Pfälzer 1348/49 bewiesen. Aus diesem Grund war weiterhin die theoretische Möglichkeit gegeben, dass im Falle der Uneinigkeit innerhalb der kurfürstlichen Familien Wahlen aufgehalten oder sogar zwiespältige Wahlen herbeigeführt wurden. Wie sehr dieses Problem sich zu manifestieren begann, zeigen die Lehnsurkunden aus der Mitte des 14. Jahrhunderts. Nachdem unter Ludwig dem Bayern den weltlichen Kurfürsten neben ihren Territorien auch ihr jeweiliges Erzamt förmlich verliehen worden war468, kam unter Karl IV. schließlich die Kurwürde selbst als Rechtstitel hinzu. So verlieh Karl im Rahmen der Aussöhnung mit den Wittelsbachern 1350 den mittlerweile drei Markgrafen von Brandenburg (Ludwig V. hatte 1349 als Folge der Landesteilung unter den Söhnen Ludwigs IV. seine Brüder Ludwig VI. und Otto VIII. zu Mitherrschern gemacht469) gemeinschaftlich die Mark und die stimme und kur, die sie als margraven ze Brandemburg und dez heiligen Römischen Reichs obirste camerer haben an der wal eines Romischen Küngs.470 Es gab somit drei Kurfürsten von Brandenburg! Der Weg schien vorgezeichnet, dass fortan alle Fürsten, die entsprechende Anrechte hatten, nicht nur mit den Kurländern, sondern auch mit der Kur belehnt werden würden, wodurch ihre Rechtsposition diesbezüglich unerschütterlich würde. So musste Karl auch bei den pfälzischen Wittelsbachern zunächst ähnliche Konzessionen machen. Zwar ist in ihrem Fall eine Belehnung in den ersten Regierungsjahren des Luxemburgers nicht genau fassbar471, doch wie die etwaige Urkunde gelautet haben mag, kann aufgrund eines weiteren Diploms des Königs für die Brandenburger Markgrafen gesagt werden. Denn diesen hatte er hierin sogar die kuren und die stimmen, die sie als margra468 MGH, Const. 5, Nr. 938; Regesta diplomatica Bohemiae, Bd. 4, Nr. 662; Codex diplomaticus Brandenburgensis, Bd. 2, Nr. 647; vgl. Begert, Böhmen, S. 142 f. Einzige Ausnahme, wo auch schon zuvor die Verleihung eines Ehrenamtes urkundlich festgehalten worden war, ist der Lehnsvertrag zwischen dem Herzog von Lothringen und König Alfons von 1259 (Zeumer, Quellensammlung, Bd. 1, Nr. 78). 469 MW, Bd. 2 Nr. 324; vgl. Straub, Bayern, S. 200 f.; Riezler, Geschichte Bayerns, Bd. 3, S. 28 f. 470 MGH, Const. 10, Nr. 47. 471 Eine Investitururkunde ist zumindest nicht überliefert. Gleichwohl ist letztlich eine Belehnung im Rahmen der Aussöhnung Karls mit den Pfälzern zu erwarten. So berichtet auch Latomus, Acta, S. 415, dass Rudolf II. und Ruprecht I. von Karl am 19.6.1349, kurz nach dem Tod des ehemaligen Gegenkönigs Günther, in Frankfurt belehnt worden seien. Unerheblich ist, dass Rudolf wohl gar nicht in Frankfurt anwesend war (Regesta imperii 8, Nr. 1013). Gleichwohl stammt diese Nachricht aus dem 16. Jahrhundert, doch scheint sich Latomus auf gleichzeitige Quellen zu stützen; vgl. FRG, Bd. 4, S. XLIX. Allerdings überliefert Camentz, der dieselben Quellen wie Latomus heranzog, hiervon nichts.

3. Die Durchsetzung der singulären Kurwürde unter Karl IV.

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fen ze Brandenburg und [sic!] phallentzgrafen bi Ryn haben, bestätigt.472 Sollte es also damals zu einer Belehnung der pfälzischen Wittelsbacher gekommen sein, so ist auch hier eine Samtbelehnung mit der Pfalz und der Kur anzunehmen. Nach dem Tod Rudolfs II. 1353 gab es dann mit Ruprecht I. zwar nur noch einen regierenden Fürsten dieser Generation, aber mit Ruprecht II. herrschte noch ein weiterer Pfalzgraf, der zudem die ältere Linie repräsentierte. Ferner darf man in diesem Zusammenhang zum einen die bayerischen Herzöge nicht vergessen, die ja gemäß den Hausverträgen bezüglich der Kur eine Partizipation verlangen konnten, und zum anderen die Brandenburger mit ihren Rechten aufgrund der eben genannten königlichen Bestätigung. Diese Regelungen, die Karl im Rahmen der Aussöhnung mit den Söhnen und Neffen Ludwigs IV. zunächst eingehen musste, standen jedoch seinen Absichten bezüglich der Wahlverfassung – wie sich nicht zuletzt mit der Goldenen Bulle zeigen wird – diametral entgegen. Denn Karls Ziel war es, endgültig die Majoritätswahl durchzusetzen und Zwiekuren zu verhindern. Aus diesem Grunde koppelte Karl auch an die Belehnung des Brandenburger Gesamthauses mit Land und Kur zumindest die eindeutige Bestimmung, dass nur der älteste der Markgrafen dye stymme und wal eins Romischen kungs als dez heiligen Reichs obirst camerer haben solle.473 Doch Karl wollte weiter gehen und eindeutige und endgültige Verhältnisse schaffen: Es durfte jeweils nur noch einen einzigen Kurfürsten pro Kurfürstentum geben. So kommt es nicht von ungefähr, dass der erste Punkt seines Programms für den Nürnberger Hoftag von 1356 die Frage war, welge leigen kurfursten werent.474 Aber bereits 1354 ging Karl IV. an dieses Werk, indem er alleine Ruprecht I. als dem eldiste [. . .] undir allen erben der Pfallencz bestätigte, daz er und nyemant andirs recht hat und haben sol an der wal und kuor eyns Romischen kungs, eyns kumftigen keysirs, als offt dez not geschicht.475 Karl ignorierte hiermit nicht nur die wittelsbacher Hausverträge und die von ihm selbst bestätigte Teilhaberschaft der brandenburgischen Wittelsbacher an der pfälzischen Kur, sondern auch das Recht der Primogenitur-Linie, das auf Seiten Ruprechts II. war. Dieser einzig ernsthafte Konkurrent und Anwärter fand sich schließlich damit nur zu Lebzeiten Ruprechts I. und in der Hoffnung ab, bei dessen söhnelosem Tod alles, auch die Kur zu erben.476 Archivum coronae regni Bohemiae, Bd. 2, Nr. 142. MGH, Const. 10, Nr. 47. 474 Vgl. Hergemöller, Fürsten, S. 24; Zeumer, Goldene Bulle, Bd. 1, S. 152. 475 Zeumer, Goldene Bulle, Bd. 2, Nr. 9. 476 MGH, Const. 11, Nr. 649. Vgl. zu den Vorgängen bzgl. der Festlegung der pfälzischen Kur Krammer, Frage, S. 447–449; Zeumer, Goldene Bulle, Bd. 1, 472 473

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IV. Sieben Kurfürstentümer = sieben Kurfürsten?

Auch bezüglich Sachsens stellte Karl schon im Vorfeld der Goldenen Bulle die Weichen für eine eindeutige Führung der Kur durch nur einen Herzog. Es galt nicht nur die Lauenburger endgültig von der Kur auszuschließen, sondern auch künftigen dynastischen Entwicklungen bei den Wittenbergern vorzubeugen, da der hochbetagte Rudolf I. zwei lebende Söhne und einen Enkel von einem bereits verstorbenen Sohn hatte. Im August 1355 bestätigte Karl unter Berufung auf die Wahlen von 1273, 1298, 1308 und 1346 (die Wahl des glücklosen Adolf 1292 wurde vergessen und die des Gegenkönigs Friedrich 1314 verschwiegen477), dass Rudolf I. und niemand andirs als ein herczoge zu Sachsen und obrister marschalk des heiligen reichs eyn rechter elichir kurfurste ist und dass das Kurrecht, vom Herzogtum selbst wurde dies nicht (!) gesagt, nur in männlicher Primogenitur-Erbfolge weitergegeben werden solle.478 Als letztes regelte Karl IV. auch die Führung der Brandenburger Kur. 1350 hatte er sie ja noch selbst im Rahmen einer Gesamtbelehnung allen Markgrafen zugesprochen. Die Kurfürsten von Brandenburg hatten sich danach ihrerseits mehrfach gegenseitig der gemeinsamen Kurausübung versichert479 und im Dezember 1355 bat Ludwig VI. schließlich für sich und S. 155–160; Hergemöller, Fürsten, S. 20, 45–47 und 183. Am 7. Januar 1356 stellten die Kurfürsten Weistümer über das Kurrecht Ruprechts I. von der Pfalz aus (Zeumer, Goldene Bulle, Bd. 2, Nr. 21). 477 In der sog. Sächsischen Goldenen Bulle vom Dezember 1356 wurde die Erhebung Adolfs nämlich als Beleg für das althergebrachte Kurrecht der Wittenberger angeführt, sodass man in ihrer Auslassung 1355 ein Versehen erblicken muss. Die Wahl Friedrichs blieb dagegen auch hier ungenannt, wohl nicht zuletzt, weil dessen Kontrahent Ludwig IV. von den Lauenburgern gewählt worden war und somit die Wahl von 1314 nicht wirklich zur Untermauerung der Wittenberger Rechte taugte; MGH, Const. 11, Nr. 895. 478 MGH, Const. 11, Nr. 516; im Oktober 1355 folgte nochmals eine inhaltsgleiche Urkunde in Latein (ibid., Nr. 537); vgl. Zeumer, Goldene Bulle, Bd. 1, S. 152–154. Am 2., 8. und 9. Januar 1356 wurden auch von den Kurfürsten entsprechende Willebriefe für das Kurrecht Rudolfs von Sachsen ausgestellt (ibid., Bd. 2, Nrn. 19 und 24); vgl. ibid., Bd. 1, S. 82 f. 479 Ludwig V. hatte 1351 im sog. Vertrag von Luckau auf die Mark Brandenburg zugunsten von Ludwig VI. und Otto VIII. verzichtet, sich allerdings gen Vns allein, vnd nicht gen Vnser Erben die Partizipation an der Kur vorbehalten (MW, Bd. 2, Nr. 328): dy kur an dem reich, die vnsers vorgenanten lieben bruder ist von der marke wegen zu Brandemburg, so sullen wir mit vnserm egenanten bruoder eyn man syn vnd sullen mit eynander eynmueticlich, er mit vns vnd wir mit ym kisen, di wile wir lebend! Es scheint hier aber nicht ganz eindeutig, ob man in der Wendung, wonach man wie eyn man wählen wolle, eine Verletzung der Kurbestimmungen des Hausvertrages von 1338 sehen muss. Entweder bedeutet dies, man wollte zu zweit auf einem Wahltag erscheinen und gemeinsam die Stimme abgeben, oder dass man sich im Vorfeld bzgl. des Kandidaten einigen wollte, da eben alle gemeinsam an der Kur partizipierten. Dies zeigt so oder so erneut die Gefahren, die aus einer solchen

3. Die Durchsetzung der singulären Kurwürde unter Karl IV.

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seinen jüngeren Bruder Otto um die Bestätigung ihrer Rechte und ihres Besitzes, darunter auch der kur und stymme an der wale eins Romischen kuniges eins kunftigen keisers. Karl kam dieser Bitte nach und bestätigte somit quasi am Vorabend der Goldenen Bulle neuerlich den gemeinsamen Besitz einer Kur.480 Mittels eines Weistums der übrigen Kurfürsten wurde dann aber am 7. Januar 1356 Ludwig VI. als der älteste der Brüder, die sich im Besitz der Mark befanden, als alleiniger Kurfürst anerkannt und bestätigt – geradezu gegen seinen Willen.481 Eine Erbregelung für die Kur war damit aber ebenso wenig getroffen worden wie bei den Pfalzgrafen. *** Den Abschluss fand diese Politik Karls in der Goldenen Bulle von 1356. Um den Wahlkörper auf stabile Fundamente zu stellen, um Gegenkönigswahlen bzw. Zwiekuren endgültig auszuschließen, die durch uneinige Fürsten, die an einer Kurwürde partizipierten, entstehen konnten, wurde der Punkt, der bereits im Vorjahr zumindest bei der Regelung der sächsischen Kur zentral war, allgemeinverbindlich in die Goldene Bulle aufgenommen: die Primogeniturordnung (cap. VII). Jedoch galt sie – wie schon bei der gemeinschaftlichen Kur erwachsen konnten, wenn man eben nicht einig wurde. Auffällig ist allerdings, dass im obigen Zitat nur von einem Bruder (Singular!) die Rede ist, mit dem sich Ludwig V. die Kur teilt. Damit ist zweifellos Ludwig VI. gemeint, während Otto VIII. als Kurfürst „unterschlagen“ wird. Ob dies allein seiner Minderjährigkeit zuzuschreiben ist, erscheint fraglich, da er ansonsten als Erbe stets mit genannt wird. Vielleicht ist dies dann doch als Hinweis aufzufassen, dass man ansonsten die Regelung von 1338 zu achten bereit war und „normalerweise“ nur dem ältesten Markgrafen die Kur zuerkannte, wovon Ludwig V. aber eine Ausnahme gemacht sehen wollte. Vgl. zur Bestätigung des Luckauer Vertrages die folgende Anmerkung. 480 MGH, Const. 11, Nr. 579. Ludwig V. konnte daraufhin jedoch noch im Januar 1356 von seinem jüngeren Bruder eine Bestätigung des Luckauer Vertrages und damit seiner Partizipation an der Kur erreichen (MW, Bd. 2, Nr. 337, S. 446). Gegen die Interpretation der Vorgänge durch Zeumer, Goldene Bulle, Bd. 1, S. 162 f., vgl. Hergemöller, Fürsten, S. 195 f. 481 Zeumer, Goldene Bulle, Bd. 2, Nr. 22; vgl. Hergemöller, Fürsten, S. 50–52 und 170. Krammer, Frage, S. 455 f., wies allerdings bereits zu Recht darauf hin, dass Ottos „Mitinhaberschaft von Land und Kur schlechterdings nicht zu bezweifeln war“. Seinem Urteil, wonach zumindest faktisch „Ottos Ansprüche auf die Kur [. . .] durch das Weistum vom 7. Januar beseitigt“ waren, ist aber nicht zuzustimmen. Denn nicht nur Otto titulierte sich in Urkunden selbst als Erzkämmerer (Codex diplomaticus Brandenburgensis, Bd. 2, Nrn. 1029, 1034, 1035, 1037 [Willebrief!]). Als Karl IV. 1360 den mittlerweile volljährigen Otto VIII. – zu Lebzeiten Ludwigs VI. (!) – neuerlich mit Brandenburg belehnte, bezeichnete auch er ihn als Erzkämmerer, was die Kurwürde implizierte, wenngleich der Kaiser eine ausdrückliche Belehnung mit der Kur im Text vermied (ibid., Nr. 1040). Damit erkannte Karl IV. vier Jahre nach der Goldenen Bulle erneut an, dass es gleichzeitig zwei Kurfürsten von Brandenburg gab – wenn auch nur noch bis zum Tod Ludwigs fünf Jahre später.

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sächsischen Verbriefung 1355 – allein bezüglich der Kur! Ausdrücklich wird in dem Kapitel von mehreren Erben eines Kurfürsten gesprochen, von denen eben alleine der Älteste die Kur erben sollte. An dieser Situation änderte auch die Bestimmung der Untrennbarkeit von Kurland und Kurstimme (cap. XX) nichts. Wie schon Kapitel VII betonte, dass die weltlichen Kurfürsten ihre Würde kraft ihrer Fürstentümer (virtute principatuum) hatten, so wurde dies nun nochmals festgehalten und darüber hinaus bestimmt, dass auch die einzelnen Würden nicht trennbar waren, also etwa Kur und Erzamt.482 Damit bestand nach wie vor die Möglichkeit, dass es bspw. mehrere regierende Pfalzgrafen bei Rhein geben konnte und dies barg die Gefahr in sich, dass sie letztlich Rechte an der Kur fordern konnten, wozu sie aufgrund ihrer Herrschaft eine gewisse Legitimation hatten, selbst wenn sie nicht der Primogenitur angehörten. Die Nürnberger Kapitel der Goldenen Bulle vom Januar 1356 hatten diese Problematik noch nicht beseitigt. Eine weitere Einengung des Erbrechts war notwendig. Der sächsische Erbgang, der im März 1356 eintrat, bot dann die Möglichkeit bzw. den Anlass, zumindest bei den weltlichen Kurfürstentümern mit der jungen Rechtstradition der Gesamtbelehnung zu brechen. Auf dem Hoftag von Metz, wo am 25. Dezember der zweite Teil der Goldenen Bulle verabschiedet wurde, wurde am selben Tag alleine Rudolf II. mit dem sächsischen Herzogtum belehnt und zugleich mit Kur und Erzmarschallamt. Sein Bruder Wenzel und im Falle des Aussterbens dieser Linie dann erst sein damals noch minderjähriger Neffe Albrecht, der eine ältere Linie als Wenzel repräsentierte (!), waren lediglich Nacherben im Falle von Rudolfs Söhnelosigkeit.483 Die Rechtsgrundlage für dieses Vorgehen wurde zeitgleich vom Kaiser und den Kurfürsten (darunter Herzog Rudolf selbst) mit dem alles entscheidenden Kapitel XXV der Goldenen Bulle geschaffen: Nicht nur die Kur, auch das damit verbundene Kurland sollte unteilbar sein und alleine beim Primogenitus – sofern dieser nicht schwachsinnig war oder andere Gebrechen hatte484 – verbleiben. Ausdrücklich wurde das Ver482 Diese Feststellung war bereits auch Inhalt der kurfürstlichen Weistümer zugunsten Ruprechts I. von der Pfalz und Ludwigs VI. von Brandenburg (Zeumer, Goldene Bulle, Bd. 2, Nrn. 21 f.); vgl. ibid., Bd. 1, S. 82 f. 483 MGH, Const. 11, Nr. 895; Rudolf erwirkte noch am 2. Januar 1357 eine Ausstellung derselben Urkunde in Deutsch (ibid., Nr. 928). Zwar wurde im Falle des ungenannten Wenzel und des namentlich erwähnten Albrecht die jeweilige Nachfolge nach Erstgeburtsrecht betont, doch im Falle der beiden selbst wurde das Senioratsprinzip beachtet und damit im direkten Kontext der Goldenen Bulle deren Primogeniturregelung gleich wieder umgestoßen. Anlässlich der nächsten Königswahl kam es prompt zum Streit zwischen den Askaniern, vgl. hierzu unten Anm. 486. 484 Vgl. Hergemöller, Abschluß, S. 211 f.

3. Die Durchsetzung der singulären Kurwürde unter Karl IV.

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bot ausgesprochen, dass nachgeborene oder weibliche Geschwister Teile des Kurterritoriums erhielten. Im Falle der dieses Gesetz ebenfalls beschließenden Kurfürsten Ludwig VI. von Brandenburg und Ruprecht I. von der Pfalz bestand aber noch die Schwierigkeit, dass ja beide einen mit ihnen gemeinsam und gleichermaßen mit Kurterritorium und Kur belehnten Mitregenten hatten (Otto VIII. bzw. Ruprecht II.). Die (erstgeborenen) männlichen Nachkommen aller vier Fürsten hätten deshalb auch weiterhin entsprechende Ansprüche geltend machen können. Doch hatten Karl IV. und das Reich im wahrsten Sinne Glück, dass die Brandenburger und Ruprecht I. keine Erben hinterließen und damit die letzten kurfürstlichen Gesamtbelehnungen in dieser Hinsicht ohne Folgen blieben. So konnte es aufgrund der Bestimmungen der Goldenen Bulle künftig nur noch einen Markgrafen von Brandenburg, Herzog von Sachsen oder Pfalzgrafen bei Rhein geben, der auch im Besitz des kompletten Kurterritoriums und damit der Kur war.485 Erst jetzt war für die Zukunft de iure gewährleistet, dass es nur noch einen weltlichen Kurfürsten pro Kurfürstentum gab. Zwar waren künftige Streitigkeiten nicht ausgeschlossen, doch gab es für deren Beilegung nun eine Rechtsgrundlage.486 485 Zur Handhabung der Unteilbarkeit der Kurlande nach Karl IV. vgl. Schubert, Königswahl, S. 285 f. mit Anm. 3. Schon 1368 definierten die beiden Ruprechte mit dem sog. Kurpräzipuum den Teil, der stets unteilbares Erbe für den Kurfürsten der Pfalz sein sollte. Dies implizierte aber im Umkehrschluss die Möglichkeit, doch Landesteilungen durchzuführen. Gleichwohl waren die dadurch möglichen anderen regierenden Pfalzgrafen in Ermangelung dieses Kurpräzipuums nicht kurfähig und konnten hinsichtlich der Kur definitiv keine Ansprüche geltend machen. 486 Doch selbst Karl IV. ließ es zu „Unregelmäßigkeiten“ kommen (vgl. dazu auch Anm. 481). So hatte er 1373 dem letzten Brandenburger Wittelsbacher, Otto VIII., die Mark abgekauft und an sein Haus gebracht. Doch Karl beließ Otto, der fortan nur noch als Pfalzgraf und Herzog von Bayern galt, die Erzkämmererwürde und das Kurrecht auf Lebenszeit (Regesta imperii 8, Nrn. 5210 f.; vgl. Klare, Wahl Wenzels, S. 50–52). Bei der Wahl Wenzels zum römischen König 1376 übte dann aber Karls zweiter Sohn Sigismund, der nun Markgraf von Brandenburg war, die Brandenburger Kur aus (RTA, ÄR 1, Nrn. 46 und 80). Da Sigismund minderjährig war, handelte es sich auch in diesem Fall um einen Bruch der Goldenen Bulle. Karl hätte als ältester Agnat seinen Sohn vertreten müssen (GB cap. VII,1 [MGH, Const. 11, S. 584–586]). Doch er übte bereits die böhmische Kur aus (weniger als Agnat für seinen ältesten Sohn Wenzel, denn als regierender böhmischer König) und sah sich offensichtlich – zumal als Kaiser – nicht in der Lage bzw. hielt es für unstatthaft, zwei Kuren gleichzeitig zu führen; vgl. Begert, Böhmen, S. 141 Anm. 70 und 168 Anm. 219. Damit wurde aber die Abmachung mit Otto VIII. von 1273 verletzt, wogegen der Wittelsbacher protestiert zu haben scheint, denn er erhielt von Karl IV. das Recht zuerkannt, urkundlich als Wähler Wenzels aufzutreten, wobei er sich aber selbstverständlich nicht als Markgraf titulierte (RTA, ÄR 1, Nr. 48). Diese vermeintliche Stimmabgabe bestätigte auch Karl: ibid., S. LXXXVI Anm. 3 und Nr. 51; Regesta imperii 8, Nr. 5600 b und 5625. Vgl. Klare, Wahl Wenzels, S. 258–260.

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IV. Sieben Kurfürstentümer = sieben Kurfürsten?

Die Regelungen vom Januar und Dezember 1356 haben nicht das Geringste mit einer gegenseitigen Absicherung einer „Erbengemeinschaft der Tochterstämme“ Rudolfs von Habsburg (oder gar Heinrichs I.) zu tun, wie Wolf es sehen möchte.487 Die Heiratspolitik, wie sie nach fast jeder Königswahl zu beobachten ist, diente zur Absicherung von Interessen und Einfluss auf das Reich, nicht aber zur Absicherung der kurfürstlichen Stellung per se.488 1356 war zwar allen die gegenseitige Verwandtschaft bewusst, doch war dies nur ein nebensächlicher Fakt.489 Mit den Akten von 1354–1356 wurden ja gerade Mitglieder dieser „Erbengemeinschaft“ zugunsten eines höheren Ziels ausgeschlossen. Und hierzu dienten andere Auswahlkriterien, nämlich das Hilfskonstrukt des Seniorats bzw. der Primogenitur und nicht zuletzt rein politische Motive, wie bei der sächsischen Kur und den Lauenburgern zu sehen! Dadurch schien es Karl IV. gelungen, sein oberstes Ziel und das der Kurfürsten erreicht zu haben, nämlich durch eindeutige Zuweisung der Kur Doppelwahlen für die Zukunft zu vermeiden. Eine langfristige Stabilität des Reiches schien damit gesichert. Doch auch wenn die Bestimmungen der Goldenen Bulle eindeutig waren und es keine permanente Gefahr mehr durch mehrere gleichberechtigte Fürsten einer Dynastie gab, konnte es theoretisch in Einzelfällen sehr wohl noch zum Streit um die Kur und deren doppelte Ausübung kommen, wie es 1410 bei der Brandenburger Kur geschah und zur letzten Doppelwahl der Geschichte führte.490 In der Folge gab es weiterhin verschiedentlich Streit Ebenso gab es 1376 einen Streit unter den sächsischen Askaniern, bei dem Herzog Wenzel und der Sohn von dessen verstorbenem älterem Bruder, Albrecht (III.), das Kurrecht beanspruchten. Karl hat hier für Wenzel entschieden (RTA, ÄR 1, Nr. 26). Diese Regelung entsprach der Verbriefung des sächsischen Erbganges in der sog. Sächsischen Goldenen Bulle (MGH, Const. 11, Nr. 895). Doch nachdem schon diese Urkunde vom Dezember 1356 Karls eigene prinzipielle Primogeniturregelung der Goldenen Bulle missachtet hatte, tat dies auch die Entscheidung von 1376. Vgl. auch Schubert, Königsabsetzung, S. 354–357. 487 Vgl. Wolf, Entstehung, S. 91 f. und S. 96 f.; vgl. ders., Rechtbuch, S. 8–12. 488 Wie bereits erwähnt, könnte man lediglich im Falle Albrechts II. von Sachsen sagen, dass seine Ehe mit der Königstochter Agnes Grundlage für das Kurfürstentum seiner Wittenberger Nachfahren wurde. Allerdings muss betont werden, dass die Wittenberger nicht die Kur wegen der Ehe erhielten, denn sie hatten ja ein prinzipielles Anrecht darauf, in demselben Maße wie die Lauenburger. Der Habsburger Tochterstamm konnte aber den völligen Ausschluss der Letzteren durchsetzen – gleichwohl am Ende aufgrund politischer Erwägungen! 489 Assing, Aufstieg, S. 339, konstatiert: „So läßt sich m. E. generell sagen, dass nur der Zufall dafür gesorgt hat, dass 1356 alle weltlichen Kurfürsten Angehörige habsburgischer Tochterstämme waren.“ 490 Hier war zwischen den Kontrahenten Sigismund und Jost umstritten, wer im Besitz des Kurlandes und der Kur war. Einen vergleichbaren Fall hatte es schon 1314 mit der böhmischen Kur und dem abgesetzten Heinrich von Kärnten und dem neuen König Johann von Luxemburg gegeben. Vgl. zu 1410 unten Kapitel VI.4.c).

4. Zwischenresümee

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und Diskussionen, wer etwa die Kurstimme der Pfalz oder Böhmens ausüben durfte, doch wurden diese Fragen dann schon im Vorfeld eines Wahltages oder auf einem solchen durch die Kurfürsten korporativ entschieden – dabei allerdings auch bisweilen gegen die Bestimmungen des großen Reichsgesetzes.491 Wenngleich man hieran unschwer erkennen kann, dass das beste Gesetz also nichts nützt, wenn es in der Realität nicht beachtet wird und aufgrund der politischen Verhältnisse offenkundig nicht beachtet werden muss, entsprach man nach 1410 zumindest stets dem Geist des Gesetzes insofern, dass die jeweilige Kur immer nur einem Fürsten zuerkannt wurde. 4. Zwischenresümee Nach der Reduktion der Wählerschaft auf sieben Kurfürsten blieb das Problem, dass es in Brandenburg, Sachsen und Pfalz jeweils mehrere Landesfürsten gab bzw. geben konnte und somit eine eindeutige Zuordnung der Kur wie im Falle der drei Erzbischöfe und des Königs von Böhmen nicht möglich war. Es ging aber in der Folge nicht einfach darum, „Nebenlinien“ von der Kur auszuschalten (Bayern; Lauenburger)492, sondern es galt im Falle der kurfürstlichen Familien das Recht und das Rechtsverständnis zu beseitigen, dass alle Söhne die Lehen und Rechte eines Fürsten gemeinsam erbten und damit auch gleichberechtigt bei der Kur waren. Es muss an dieser Stelle aber nochmals betont werden, dass dabei nie zur Disposition stand, dass mehrere Landesfürsten auch mehrere Stimmen hatten! Durch die Wandlung des Amtscharakters der Lehen zum faktischen Territorialbesitz seit Beginn des 13. Jahrhunderts und der damit verbundenen Vererbung zur gesamten Hand kam es zu Samtherrschaften. Daher konnte sich die Anzahl der Stimmen ohnehin nicht ändern.493 Es blieb je491 Zu den Rechtsverletzungen Karls IV. vgl. oben Anm. 481 und 486. Zur Anerkennung des Kurfürstentums Friedrichs des Siegreichen vgl. unten Anm. 520. Auch stritten 1610/11 die beiden Herzöge Johann II. von Zweibrücken und Philipp Ludwig von Neuburg um das pfälzische Reichsvikariat und die Administration der Kur für den minderjährigen Friedrich V., was die Kurfürsten (und zuvor auch Kaiser Rudolf II.) aber gegen den nach der Goldenen Bulle hierzu berechtigten Neuburger entschieden; vgl. Hermkes, Reichsvikariat, S. 47–51; Begert, Böhmen, S. 361. 1619 kam es zum Streit um die böhmische Kur zwischen den böhmischen Landständen und Ferdinand II., den die Kurfürsten zugunsten des Habsburgers entschieden. 1741 stand die Ausübung der böhmischen Kur erneut zur Debatte. Durch ein einstimmiges kurfürstliches conclusum wurde beschlossen, sie aufgrund der umstrittenen Rechtslage zu suspendieren; vgl. Begert, Böhmen, S. 367–371 und 480–482. 492 So ist aber Wolf, Rechtbuch, S. 9 f., zu verstehen. 493 So gab es auch später trotz mehrerer Erzherzöge auf den Reichstagen nie mehrere österreichische Stimmen, denn es gab hier keine Realteilung – gleichwohl

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IV. Sieben Kurfürstentümer = sieben Kurfürsten?

weils bei einer einzigen Kur und dies wandelte sich auch angesichts der späteren Teilungsverträge nicht. So beließ beispielsweise der Vertrag von Pavia ausdrücklich die pfälzische Kur im Gesamtbesitz der Familie.494 Der Wittelsbacher Zusammenwurf von 1313 macht aber zugleich deutlich, dass im Falle einer Realteilung unter Einbeziehung der Kur diese nur an einen einzigen Fürsten fallen würde, fallen konnte. Eine Vermehrung der Kuren war unmöglich und dies war allgemein anerkannt. Es gab nur sieben Kuren, keine mehr und keine weniger.495 Dies ist aus „verfassungstechnischen“ Gründen auch nur logisch und konsequent, denn die Schaffung des Alleinwählergremiums (aber auch schon die des zeremoniellen Prinzipalwählergremiums) hatte zwingend gefordert, dass es keinen Unterschied machen durfte, wie viele Landesfürsten gemeinsam herrschten oder ob es zu einer Landesteilung kam. Ein Nebenaspekt ist hier nur, dass in ersterem Fall zudem die nicht „vermehrungsfähigen“ und damit permanent benachteiligten geistlichen Fürsten sowie der Böhme Widerspruch eingelegt hätten. Entscheidend ist, dass der Sinn des Alleinwählergremiums als Garant einer eindeutigen Königswahl nicht mehr gegeben gewesen wäre (dar umbe ist der fursten vngerade gesezzet . . .496), wenn mehrere Landesherren desselben Territoriums jeweils eine Stimme gehabt hätten oder wenn mit einer Aufteilung des Lehens zugleich eine Vermehrung der Kuren einhergegangen wäre, wie es bei den Fürstenstimmen auf dem Reichstag bis zum 16./17. Jahrhundert der Fall war.497 Es wäre aber unzutreffend, mit Assing von einer „Versachlichung des Wahlrechts“ zu sprechen, wonach sich eine Fürsten- in eine Landesstimme gewandelt habe und daraus das Kurfürstentum, das Alleinwahlrecht entstanden sei.498 Vielmehr bedingte umgekehrt das Kurfürstentum die Radizieverwahrten sich die Habsburger bisweilen formal gegen ihre „Einstimmigkeit“. Nur wenn es zu solchen Realteilungen kam, erwuchs den verschiedenen Teilherrschern zum Teil bis ins 17. Jahrhundert ein eigenes Stimmrecht auf dem Reichstag; vgl. Domke, Viril-Stimmen, S. 23 f., 119 f., 125 f. und passim; Mitteis/Lieberich, Rechtsgeschichte, 41-II-2-b, S. 353. 494 Die bayerischen Herzöge behielten daher nicht nur wegen ihrer Erbansprüche den pfalzgräflichen Titel bei. Ebenso war die Kur bei der sächsischen Teilung 1295/96 formal ausgeklammert und im Falle Brandenburgs handelte es sich 1258/60 nur um eine Nutzteilung. 495 Die doppelte Ausübung einer Kur im Falle einer Doppelwahl stellt formal keine Vermehrung der Kuren dar, da beispielsweise 1314 jede Partei nur „ihren“ Herzog von Sachsen als Wähler anerkannte. 496 Schwabenspiegel, Landrecht, cap. 130a (BRH 4, S. 430). Vgl. auch unten Kapitel VI.1. 497 Vgl. Domke, Viril-Stimmen, passim. 498 Vgl. Assing, Aufstieg, S. 331–334 und 351–357. Vgl. auch Mitteis, Königswahl, S. 155. Assings Theorie ist zu verwerfen, dass es eine Differenzierung im

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rung auf das Territorium, und dies war „systemimmanent“. Die Kur wurde von Beginn an auf das Territorium festgelegt, da die Prinzipalwähler und zwingend die daraus hervorgehenden Alleinwähler eben bestimmte Fürsten, bestimmte Rechtspersonen waren, die in diese Funktion eingesetzt wurden, nicht bestimmte natürliche Personen (wenngleich deren ursprüngliche Auswahl im Thronstreit zumindest im Falle der Weltlichen sehr wohl hiervon bestimmt war499). Wenn dann mehrere Fürsten einen legitimierenden territorialen Rechtstitel gemeinsam innehatten, gemeinsam und gleichermaßen eine der besagten Rechtspersonen darstellten, partizipierten sie folgerichtig alle an der einen Kur. Nicht von ungefähr finden sich die Argumentationen, das Wahlrecht ratione ducatus zu besitzen, was schließlich auch die Goldene Bulle aufgreift (cap. VII,1: virtute regni et principatuum).500 Es ist somit eine Verkennung der Situation, wenn man davon spricht, dass die drei weltlichen Kurwürden umstritten waren.501 Dies galt allein für Wahlrecht zwischen „Personen- und Landesstimmen“ gegeben habe. Das Wahlrecht derjenigen, die nur eine „Personenstimme“ gehabt hätten, wäre mit dem Aussterben der Dynastie verloren gegangen, während die Landesstimmen „stabiler“ gewesen und auch bei Dynastiewechsel erhalten geblieben seien. Hiergegen gilt es zunächst einzuwenden, dass theoretisch der Nachfolger einer Dynastie mit „Personenstimme“ damit ja auch zum Reichsfürsten geworden wäre und als solcher auch ein Wahlrecht hätte zuerkannt bekommen müssen. Dass etwa im Falle von Thüringen und Österreich die Rechtsnachfolger keine Wahlstimme mehr gehabt hätten, sieht Assing als Bestätigung seiner These. Jedoch folgten hier Reichsfürsten anderer Territorien nach, kumulierten damit Herrschaften. Es setzte aber erst im 16. Jahrhundert die Rechtsentwicklung ein, dass in diesem Fall ein Fürst auch mehrere Stimmen führen konnte; vgl. Domke, Viril-Stimmen, 120–139 und passim. Außerdem bestanden etwa die Wettiner und die Welfen fort und dennoch gingen ihre „Personenstimmen“ verloren. Dies versucht Assing damit zu erklären, dass diese Fürsten „mit ihrer personengebundenen Stimme zu Trägern geminderten Rechts wurden“ und deshalb von den Fürsten mit dem besseren, landesgebundenen Recht verdrängt worden seien. Dies erinnert an Faußners, Thronerhebung, passim, obskures Konstrukt von den zwei kurfürstlichen Kurien und muss abgelehnt werden. 499 Vgl. oben Kapitel II.2. und 3. 500 Diese Ableitung des Wahlrechts vom Territorium formuliert schon Pfalzgraf Otto II. ca. 1240: voces Palatii et ducatus (Huillard-Breholles, Historia, Bd. 5, S. 1026). Rudolf von Habsburg sprach 1275 davon, dass Heinrich XIII. und Ludwig II. eine gemeinsame Stimme racione ducatus geführt hätten (MGH, Const. 3, Nr. 83). Dieselbe Wendung benutzten auch die bei den Kölner Erzbischöfen protestierenden Lauenburger Herzöge 1298 und 1308 (MGH, Const. 4,1, Nrn. 30 und 253). 501 Vgl. Hergemöller, Fürsten, S. 21: „umstrittene weltliche Kurstimmen“, S. 162: „alle Laienkurlinien waren strittig“; Assing, Aufstieg, S. 356: „fast überall vorhandene[r] Familienstreit um die Wahlstimme“; Schubert, Stellung, S. 122: „erhebliche[.] Auseinandersetzungen [. . .] zwischen den verschiedenen rivalisierenden Linien der weltlichen Kurhäuser“; Mohrmann, Lauenburg oder Wittenberg, S. 21: „innerer Konkurrenzkampf“. Zeumer, Goldene Bulle, Bd. 1, S. 152, spricht von „Zweifel und Streitigkeiten“ bzgl. der weltlichen Kuren. Er führt weiter aus, dass dies aus dem „alte[n] Brauch [entstand], die Fürstentümer [. . .] auf mehrere Söhne

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die Auseinandersetzung zwischen den Linien (!) Wittenberg und Lauenburg, und auch hier nur als Folge der Rechtsusurpation durch erstere. Prinzipiell aber konnten die Kurwürden gar nicht umstritten sein, weil sie eben de iure unbestritten bei allen Markgrafen von Brandenburg, Herzögen von Sachsen und Pfalzgrafen bei Rhein racione principatus lagen, worüber sich nur die Wittenberger hinweggesetzt hatten. Ansonsten gab es keinen prinzipiellen Streit um die Kur zwischen den verschiedenen Fürsten der Kurhäuser, wohl aber konnte bei den konkreten Wahlen im Einzelfall um die Kur gestritten werden. Es ging dann einmal darum, ob sie nur ein Fürst alleine ausüben sollte, und wenn ja, welcher bzw. wie dann die anderen – ansonsten gleichberechtigten Fürsten – in das Wahlgeschäft einzubinden waren. Dann stellte sich die Frage, für wen die Stimme abgegeben werden sollte, denn auch hierüber konnte innerhalb einer Familie Uneinigkeit herrschen. Wie die Voten der weltlichen Kurfürsten ausgeübt wurden, wenn mehrere Fürsten einer Landesdynastie bei einer Wahl auftraten, zeigt uns unzweideutig das verbriefte Verfahren bei der bayerischen Kur 1273: Das Votum mehrerer Landesfürsten wurde als eine Stimme gezählt, die sich auf das jeweils eine, gemeinsam (wenn auch ggf. aufgeteilt) beherrschte Territorium gründete.502 Der Urkunde Rudolfs von 1275 kommt somit zwar „Verfassungsrang“ zu, doch hielt sie nur fest, was bereits Recht war. Sie kodifizierte nicht nur die Siebenzahl der Stimmen, sondern ausdrücklich auch, dass gleichberechtigte Landesfürsten zu gleichen Teilen an einer Kur partizipieren, nicht aber mit zwei (oder mehr) Stimmen votieren konnten. Es gab aber durchaus Tendenzen innerhalb der kurfürstlichen Dynastien, einen modus tractandi zu finden und die Kur dem Primogenitus oder dem Senior zu überlassen. Dies betraf jedoch nur die eigentliche Ausübung der Kur, nicht das Anrecht darauf. Außerdem war selbst das, mit Ausnahme des Wittelsbacher Zusammenwurfs, immer durch die Gesamtheit bzw. Mehrheit der Kurfürsten veranlasst, die versuchten, „überzählige“ Kurfürsten von den Wahlen und kurfürstlichen Verhandlungen fernzuhalten, um ein entscheidungsfähiges Gremium zu gewährleisten.503 Dies geschah zunächst kompromisshaft (Brandenburger Lösung 1298 und 1308 fi Votum auch im Namen anderer), dann nachdrücklich (Brandenburger und Lauenburger Lösung 1314 fi Ausschluss anderer, bei rechtlich irrelevanter Erklärung des Konsenses durch diese; Rhenser Kurverein 1338 und Willebriefe von zugleich geteilt oder ungeteilt zu vererben.“ Letzteres ist zwar richtig, jedoch übersieht er, dass es daher zwar Streitigkeiten gab, aber keine Zweifel, da das Recht aller Landesfürsten an der Kur eben unbezweifelbar war. 502 MGH, Const. 3, Nr. 83. 503 Vgl. Krammer, Frage, S. 461–467, der, auch und besonders im Zusammenhang mit den Regelungen von 1355/56, die kollegiale Mitwirkung, die kollegiale Idee der Kurfürsten bei der Lösung dieser Problematik betont.

4. Zwischenresümee

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1340504). Dennoch kam es bis zur Wahl des Gegenkönigs Günther von Schwarzburg 1349 bei den einzelnen weltlichen Kuren immer wieder zu deren gleichzeitiger und gemeinsamer Ausübung durch mehrere Kurfürsten derselben Familie. Dabei ist dies nicht zuletzt auch wieder ein Zeichen dafür, dass Lintzels These vom Desinteresse der Fürsten an der Königswahl zumindest in ihrer Absolutheit so nicht zutrifft. Als Folge dieses Rechtszustandes ist es zwar nur bei den rivalisierenden Linien Sachsen-Wittenberg und Sachsen-Lauenburg, und auch hier nur ein einziges Mal, zu einer doppelten und gegensätzlichen Kurausübung gekommen (1314)505, jedoch bestand diese Möglichkeit und Gefahr theoretisch permanent bei den drei weltlichen Kuren. Es bedurfte daher einer reichsrechtlichen, verbindlichen Regelung. Dies konnten nicht die Urkunde von 1275 oder die Verabredungen der Rhenser Kurfürstenversammlung sein, sondern erst das große Reichsgesetz von 1356, auch wenn dieses im weiteren Verlauf nicht immer voll beachtet wurde.506 Indem für Kur und Kurfürstentum die Primogenitur eingeführt wurde, konnte es nur noch einen einzigen Kurfürsten pro Kurland geben, der auch als einziger ein Anrecht auf die Kur hatte. *** Die hier gewonnenen Erkenntnisse bezüglich der Schwierigkeiten der weltlichen Kurstimmen können zugleich rückwirkend noch einmal das frühe Entstehen des nachmaligen Kurkollegs als Schiedsgremium bzw. als symbolisches Hauptwählergremium belegen. Denn es ist fraglos, dass die Propagierung bzw. Aufnahme der einzelnen Fürsten zu einem Zeitpunkt erfolgt sein muss, als die Rechtspersonen eindeutig waren und es jeweils nur einen einzigen Fürsten in den entsprechenden Territorien gegeben hat. Nur dann macht die Berufung des Pfalzgrafen, des Herzogs und des Markgrafen in dieses begrenzte und begrenzende Gremium Sinn. Man hätte ihnen kein Recht zugewiesen, wenn von vornherein die Gefahr bestand, dass es diesbezüglich zu Unklarheiten oder gar Streit zwischen mehreren gleichberechtigten Landesfürsten kommen konnte – auch wenn es zunächst nur um ein zeZu diesen Bemühungen ist auch die Maßnahme des Erzbischofs von Köln 1301 zu zählen, der nur den ältesten Lauenburger als Kurfürst zur geplanten Wahl zulassen wollte (MGH, Const. 4,1, Nr. 1197). 505 Wenn 1314 König Johann von Böhmen Ludwig IV. wählte, aber auch dessen abgesetzter Vorgänger Heinrich als Wähler der Gegenpartei auftrat, so ist dies eine gänzlich andere Problematik. Dieser wollte Karl IV. nicht zuletzt mit dem Kapitel XX der Goldenen Bulle einen Riegel vorschieben, wonach die Kur nur demjenigen zustehen sollte, der sich im rechtmäßigen Besitz des Kurlandes befand. 506 Zu dessen zunehmender Relevanz und Rezeption in der Folgezeit vgl. Kaufhold, Rhythmen, S. 303–306. 504

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IV. Sieben Kurfürstentümer = sieben Kurfürsten?

remonielles Vorrecht ging. Im Falle Sachsens ist dies die Zeit bis 1261507, bei der rheinischen Pfalzgrafschaft die bis 1253508, aber im Falle Brandenburgs nur die Zeit bis 1220. Dieser Zeitpunkt, ab dem mehrere Markgrafen gemeinsam herrschten (zumal sie damals noch minderjährig waren!), stellt den terminus ante quem dar, den Moment bis zu dem sich das Gremium der sechs Prinzipalwähler definitiv ausgeformt haben muss509 – auch wenn sie damals noch nicht die Alleinwähler waren. Dies ist damit auch ein weiterer Beleg dafür, dass der Landrechtparagraph III 57,2 des Sachsenspiegels Eikes von Repgow authentisch ist.

507 Unerheblich ist es, dass Kaiser Otto IV. anscheinend gegen das sächsische Herzogtum des Askaniers Bernhard seinen eigenen Bruder Heinrich 1198 als Herzog von Sachsen belehnte. Denn in der Zeit des Thronstreites sah die welfische Partei eben einzig Heinrich als Herzog (bis 1208), während die staufische Seite einzig Bernhard als solchen anerkannte. Wenn dann nachmals Friedrich II. Heinrich als „einen“ sächsischen Herzog erachtete, so wurde er doch in der Regel als Herzog von Braunschweig angesprochen, während Bernhards Sohn Albrecht der dux Saxoniae war; vgl. Begert, Kurkolleg, S. 406 f. und 414 f. 508 In der Zeit des deutschen Thronstreites gab es mit Heinrich I. nur einen regierenden und mündigen Pfalzgrafen bei Rhein, wenngleich wohl auch dessen 1195 geborener Sohn Heinrich II. († 1214) von Beginn an diesen Titel führte, zu dessen Gunsten Heinrich I. dann 1212/13 auf die Pfalz verzichtete. 1214 belehnte Friedrich II. entweder Herzog Ludwig I. von Bayern und dessen 1206 geborenen Sohn Otto gemeinsam mit der Pfalz oder/und bestimmte ersteren zu Ottos Lehnsvormund. Abgesehen davon, dass die Propagierung des Pfalzgrafen als Hauptwähler zur Zeit der Welfen erfolgte, kann auch für die Zeit der beiden Wittelsbacher gesagt werden, dass selbst im Falle einer gemeinsamen Belehnung zunächst nur ein mündiger Pfalzgraf existierte. 1228 überließ aber der Vater die Pfalz ganz seinem Sohn; vgl. Koch/Wille, Regesten, Bd. 1, Nr. 1; Winkelmann, Philipp, Bd. 2, S. 511 f. 509 Assing, Aufstieg, S. 343, der die Konstituierung des Kurkollegs mit Wolf für 1298 ansetzt, erkennt zumindest die Notwendigkeit, dass das Kämmereramt „an die brandenburgischen Askanier kam, als die Mark noch ungeteilt war“. Das bezieht er jedoch auf die (Nutz-)Teilung der Markgrafschaft und nicht auf die bloße gleichzeitige Existenz mehrerer Markgrafen, weshalb er weiter ausführt: „d. h. vor 1258.“

V. Vom Gremium zum Kollegium der Kurfürsten 1. Die Zusammensetzung und Ergänzung von Kollegien Mit dem Beschluss zur Reduktion der Wählerschaft des römischen Königs auf sieben Reichsfürsten Mitte des 13. Jahrhunderts war die grundsätzliche Entscheidung zugunsten des Alleinwählergremiums gefallen. Allerdings wird in der Forschung die Definitionsfrage gestellt, seit wann man bei den Kurfürsten von einem Kollegium sprechen kann. Zunächst gilt es in diesem Zusammenhang prinzipielle Aussagen zum Aufbau von Kollegien zu treffen. Dabei ist vorab festzuhalten, dass es verschiedene Arten von Kollegien gibt. Hier sind einerseits die sog. offenen Kollegien zu nennen. Diese sind in ihrer Mitgliederzahl nicht festgelegt (so z. B. das Kardinalskollegium), allerdings können durchaus bestimmte Rechtspersonen verbindliche Mitglieder sein, wobei diese juristischen Personen, sofern sie Gruppen darstellen, in ihrer Anzahl auch begrenzt sein können (z. B. die bis heute auf die Zahl Sieben beschränkten Kardinalbischöfe510). Daneben gibt es sog. geschlossene Kollegien mit einer aus bestimmten Gründen festgelegten Anzahl von Mitgliedern. Auch diese können sich ganz oder teilweise auf bestimmte Rechtspersonen beschränken.511 Das Gremium der Kurfürsten war mit seiner Konstituierung als Alleinwählergremium auf eine bestimmte Zahl an Mitgliedern begrenzt und bot von daher von Anfang an zumindest diese Voraussetzung für ein geschlossenes Kollegium. Dabei ist an dieser Stelle noch einmal kurz auf das im vorhergehenden Kapitel betrachtete „Phänomen“ einzugehen, wonach es im Falle der weltlichen Elektoren von der Pfalz, Sachsen und Brandenburg bis zur Goldenen Bulle von 1356 mehrere Kurfürsten gleichzeitig nebeneinander geben konnte. Selbstverständlich ist es zutreffend, dass Derartiges nicht zuletzt dem kanonischen Amtsverständnis fremd war: Ein Bistum, ein (rechtmäßiger) Bischof.512 Aber dies ist kein Kriterium für ein Kollegium, 510 Papst Sixtus V. hat allerdings zumindest die Maximalzahl aller Kardinäle zwischenzeitlich auf 70 festgelegt („Postquam verus“ 1586 [Magnum Bullarium, Bd. 4,4, S. 279–284]). Zum Kardinalskolleg vgl. Aymans, Recht, Bd. 2, S. 233–235; Feine, Rechtsgeschichte, S. 314–317. Dabei gibt es durchaus unterschiedliche Ansätze zur Bestimmung, ab wann man bei den Kardinälen vom Kolleg sprechen kann; vgl. Kaufhold, Rhythmen, S. 173 mit Anm. 91. 511 Vgl. Aymans, Kollegium, S. 45 f.

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V. Vom Gremium zum Kollegium der Kurfürsten

denn bei einem solchen geht es – sofern sich die Mitgliedschaft darüber definiert – um die zutrittsberechtigten Rechtspersonen. Wenn es daher für eine Rechtsperson Optionen gibt, ist dies für einen geschlossenen kollegialen Körper irrelevant, solange nur eine Partizipation an der einen Rechtsperson, nicht aber eine zusätzliche Person im Kollegium und damit dessen Erweiterung die Folge ist. So war auch bei den Kurfürsten nur eine Stimme je Kurfürstentum zugelassen. Traten mehrere Elektoren auf, mussten sie dies pro uno tun. Hier gab es die erläuterten Entwicklungen und die Kurfürsten wollten schließlich wirklich pro Kurfürstentum nur noch einen Wähler unter sich haben, sodass in diesem Punkt im 14. Jahrhundert zwar eine Verfestigung der kollegialen Struktur eintrat, aber prinzipiell stand dieser Sachverhalt bei den drei weltlichen Kuren der Kollegiumsdefinition nicht im Wege. Wenn etwa Woldemar von Brandenburg 1308 für sich und seinen Onkel Otto IV. auftrat oder 1298 Markgraf Heinrich wie Otto IV. mit seinen Kollegen wählte, dann tat dies dem abgeschlossenen Wahlkörper keinen Abbruch. Woldemar und Heinrich waren eben keine zusätzlichen (achten) Wahlfürsten, sondern jeder von ihnen war ein im gleichen Maße berechtigter Fürst als Teil derselben Rechtsperson. Die Kurfürsten waren also zumindest in der Anzahl der ihnen zugehörenden Rechtspersonen schon von Beginn an eine geschlossene Einheit. *** Lediglich das offene Kollegium kann beliebig um zusätzliche Mitglieder erweitert werden. Im Falle des Kardinalskollegiums geschieht dies bis heute durch den „Oberen“, den Papst. Jedoch gibt es auch offene Kollegien, die selbst darüber befinden. Geschlossene Kollegien können eigentlich nicht erweitert werden, denn sie sind ja gerade in ihrer Mitgliederzahl begrenzt.513 Geschieht dies aber dennoch, so sind diese Ausnahmefälle regelrechte Verfassungsänderungen, die oftmals politischen Notwendigkeiten geschuldet und vom Oberen und/oder dem Kollegium vorgenommen werden. Prinzipiell sind diese Kollegien trotz solcher Ausnahmen aber als geschlossen zu definieren. 512 Einzige Alternative zur Übertragung eines Kirchenamtes an eine einzelne Person ist die Übertragung an ein Kollegium; vgl. Aymans, Recht, Bd. 1, S. 445. Nicht anders sieht es beim weltlichen Amtsverständnis aus. Auch hier gibt es je Amt nur einen Amtsträger, weshalb es ursprünglich nur je Grafschaft einen Grafen etc. gab. Dadurch, dass die Fürsten und Grafen aber gerade den Amtscharakter zunehmend weniger wahrnahmen und ihre Würden als Ausfluss der Territorialhoheit sahen, kam es – wie in Kapitel IV. beschrieben – unter Einflüssen des lombardischen Lehns- und des Allodialrechts zur Vererbung der Würden an mehrere Nachkommen. 513 Vgl. Aymans, Kollegium, S. 45 f.; vgl. auch Landau, Kollegium, S. 485.

1. Die Zusammensetzung und Ergänzung von Kollegien

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Als die Kurfürsten unbestritten ein geschlossenes Kollegium darstellten, kam es auch hier zu Erweiterungen des Mitgliederkreises. Dies geschah durch ein gemeinsames Vorgehen von Kollegium und Oberem, dem Kaiser. Erstmals erfolgte dies 1648 im Rahmen des Westfälischen Friedens.514 Besonders deutlich wird das notwendige Zusammenspiel beider Instanzen bei der Erhebung des Braunschweigers zum Kurfürsten. Dieser wurde 1692 vom Kaiser zwar entsprechend belehnt, doch erst 1708, nach langen Verhandlungen mit den Kurfürsten (und den Fürsten) durch diese auch zugelassen.515 Neben der Erweiterung von Kollegien ist aber auch die Frage des Ersatzes von Mitgliedern zu klären. Bei beiden Arten von Kollegien, offenen und geschlossenen, kann es nur zu einem Austausch der Mitglieder kommen, wenn ein solches „rechtmäßig ausscheidet“. Das meint allein ein dauerhaftes Ausscheiden, also keine befristete Suspension durch Rechtsvorbehalte oder gar einen singulären persönlichen Verzicht auf die Teilnahme an einem Kollegialakt. Solch ein dauerhaftes Ausscheiden wird in der Regel durch den Tod einer natürlichen Person herbeigeführt. Repräsentierte diese natürliche Person dabei aber eine das Kollegium verbindlich mitkonstituierende Rechtsperson, erfolgt mit ihrem Tod eine automatische Ersetzung durch den Rechtsnachfolger (ggf. mit kurzzeitiger Vakanz). Genauso verhält es sich bei der neben dem Tod zweiten Möglichkeit des dauerhaften Ausscheidens eines natürlichen Kollegiumsmitgliedes als Träger eines legitimierenden Rechtstitels. Wenn nämlich der natürlichen Person selbiger Titel aberkannt wird, bleibt auch dann die juristische Person unangetastet, da sie von einem Nachfolger übernommen wird, der dadurch in das Kollegium eintritt. Die Rechtsperson scheidet somit nicht aus! Einen willkürlichen Austausch einer Rechtsperson durch eine andere juristische Person kann es hier nicht geben. Einzige Möglichkeit zur (dann dauerhaften) Auswechslung ist auch in diesem Fall eine förmliche Verfassungsänderung.516 Die Kontinuität des Kollegiums wird damit auch durch die Kontinuität der ihm verbindlich angehörenden Rechtspersonen sinnfällig deutlich gemacht.517 Im Falle der Bestimmung des Rechtsnachfolgers oder der Feststellung der zuzulassenden natürlichen Person als rechtmäßigen Inhaber der legitiVgl. Steiner, Kurwürde, passim; Begert, Böhmen, S. 378–389. Vgl. Esebeck, Begründung, passim; Schnath, Geschichte, Bd. 1, S. 592–651; Bd. 2, S. 68–120; Bd. 3, S. 153–201 und 398–424; Begert, Böhmen, S. 442–468. 516 Zu den Translationen von Kurwürden im Verlauf der Geschichte des Alten Reiches vgl. unten Kapitel VII.3. 517 Vgl. Aymans, Kollegium, S. 45–48. Dabei stellt auch das Kollegium selbst eine juristische Person dar. 514 515

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V. Vom Gremium zum Kollegium der Kurfürsten

mierenden Rechtstitel ist es hinsichtlich der Definition als Kolleg irrelevant, wer dies vornimmt, ob dies der Obere macht oder das Kollegium selbst kooptiert oder ob dies beide Organe im Verbund tun. Schubert will aber in der Praxis der Kooptation durch die Kurfürsten im 15. Jahrhundert ein zentrales Kriterium für das Werden des Kollegs erblicken, obwohl er damit in finaler Konsequenz nicht zuletzt auch den Kollegiumscharakter der Kardinäle in Frage stellt, da diese alleine vom Papst berufen werden.518 Zweifellos handelten die Kurfürsten mit den Kooptationen korporativ, doch indem sie sich zum Teil gegen den Kaiser als Oberen stellten und ihre Entscheidungen autonom trafen, wird eben nicht ihre kollegiale Stellung, sondern nur ihr Selbstverständnis von ihrer Position im Reichsgefüge deutlich. Die Kurfürsten begriffen sich zunehmend als sich selbst ergänzendes, autarkes Organ der Reichsregierung, aber auch als Repräsentanten und Garanten des Reiches, als die „Säulen des Reiches“, wie sie die Goldene Bulle nannte.519 Im 15. Jahrhundert bestimmten sie auch bisweilen gegen den Willen des Kaisers, wer von ihnen als Kollege anerkannt oder abgelehnt wurde – durchaus auch unter Negierung der Erbfolgebestimmungen der Goldenen Bulle.520 Sofern aber eine Reichsvakanz vorlag und also kein Kaiser oder König die entsprechenden Entscheidungen vornehmen konnte, haben dies die Kurfürsten schon deutlich vor dem 15. Jahrhundert selbst und allein in die Hand genommen. So ließen sie beispielsweise die Lauenburger weder 1298 noch 1308 zu den Wahlen zu.521 Ebenso sei an das Verhalten der Kurfürs518 Gleichwohl war und ist der Papst gehalten, nicht gezwungen, den Rat der Kardinäle hierüber einzuholen. Die Entscheidung lag und liegt aber allein bei ihm; vgl. Sägmüller, Thätigkeit, S. 182–185; Aymans, Recht, Bd. 2, S. 234. 519 Es ist jedoch zutreffend, dass Bernhard von Pavia in seiner „Summa de electione“ (ca. 1178) den Mitgliedern eines Kollegiums die Kooptation zugestand; vgl. Landau, Kollegium, S. 485. Zur Entwicklung des Kurkollegs vgl. Schubert, Stellung, S. 119–125; ders., Mainzer Kurfürst, S. 88. Zentral ist hier der Binger Kurverein von 1424/27. 520 Markantes Beispiel für das kurfürstliche Kooptationsrecht ist die Aufnahme Friedrichs des Siegreichen von der Pfalz in den Kurverein 1461, obwohl dessen minderjähriger Neffe Philipp rechtmäßiger Kurfürst gewesen wäre, weshalb Kaiser Friedrich III. Pfalzgraf Friedrich auch nie als Kurfürst anerkannte; vgl. Schaab, Geschichte, Bd. 1, S. 174–176 und 183; Begert, Böhmen, S. 248. Auch hier zeigt sich der Triumph des Faktischen über die juristische Regelung der Goldenen Bulle. Etwas anders verhält es sich bei dem Übergang der sächsischen Kur nach dem Aussterben der Wittenberger auf die Wettiner 1422/23 unter Ausschluss der Lauenburger, die ja sogar Erbverträge hatten. Die Kurfürsten wollten nach Protesten 1438 eine endgültige Entscheidung in dieser Frage dem neuen König Albrecht II. überlassen. Nachdem dieser unverrichteter Dinge starb, sorgten schließlich handfeste persönliche Interessen dafür, dass die Kurfürsten 1440 mit der Zulassung des Wettiners zur Königswahl endgültig Fakten schufen; vgl. Leuschner, Streit, S. 337–344; RTA, ÄR 15, S. 116–118, 121 f. und 125.

2. Die Vertretung von Mitgliedern

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ten auf dem Tag von Rhense 1338 hinsichtlich der Pfalzgrafen erinnert, bei dem die Kurfürsten sogar zu Lebzeiten eines Kaisers und ganz und gar nicht in dessen Sinne in der Frage der Zusammensetzung des Kollegiums entschieden.522 Insofern gab es – abgesehen davon, dass es ja sowieso kein Kriterium für ein Kolleg ist – derartiges korporatives Verhalten schon seit Ende des 13. Jahrhunderts, auch wenn das Selbstbewusstsein und die „Frontstellung“ gegenüber dem Kaiser noch nicht so ausgeprägt waren wie im 15. Jahrhundert. Wenn somit seit 1252, seit dem in Kapitel III. erschlossenen Reichsgesetz über die Wahlrechtsreduktion, nur noch die sieben bekannten Fürsten gewählt hätten, also nur noch eine bestimmte, begrenzte Zahl von bestimmten Rechtspersonen (die Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier, der König von Böhmen, der Pfalzgraf bei Rhein, der Herzog von Sachsen und der Markgraf von Brandenburg), dann hätten die Kurfürsten folglich schon von Beginn an dieses Kriterium eines geschlossenen Kollegiums erfüllt. Bekanntermaßen kam es aber im Jahre 1273, bei der Wahl Rudolfs von Habsburg, doch noch zu einer „Unregelmäßigkeit“. Hier wählte der Herzog von Bayern pro uno in septem anstatt des Böhmen mit.523 Da dies einmalig war, handelte es sich um keine Translation einer Kur im Sinne einer Verfassungsänderung eines geschlossenen Kollegiums. Wenn es daher ein befristeter, willkürlicher Austausch war, dann stand dies den Prinzipien eines Kollegiums eindeutig entgegen. Es gilt aber in diesem Zusammenhang auch die Möglichkeiten der Vertretung von Mitgliedern eines Kollegs zu prüfen, um eine Aussage über den Charakter des Kurgremiums im 13. Jahrhundert zu treffen. 2. Die Vertretung von Mitgliedern Zunächst ist zu beleuchten, was geschah, wenn ein Kollegiumsmitglied zwar verhindert war, physisch an einer Versammlung/Wahl teilzunehmen, jedoch sehr wohl seine Stimme abgeben wollte und hieran auch nicht durch Vgl. oben Kapitel IV.2.b). Vgl. oben S. 130. Wenngleich nur die Handlung zweier Kurfürsten, so ist doch auch die Zurückweisung des kaiserlichen Ansinnens hinsichtlich der Etablierung der pfälzischen „Samtkur“ durch Mainz und Trier kurz nach Rhense eindeutig als Akt kurfürstlich-korporativen Selbstverständnisses aufzufassen. Beide Kurfürsten sahen sich als (Teil der) Admissionsinstanz; in diesem Tenor schon Krammer, Frage, S. 461. Aufgrund dieser Vorgänge trifft Schuberts, Stellung, S. 122, Aussage, „nicht einmal [hätte] eine Stellungnahme bzw. eine Admission der Kurfürsten die Entscheidung gebracht“, nicht zu. Aber selbst wenn, so ist dies für die Definition der Kurfürsten als Kollegium irrelevant. 523 MGH, Const. 3, Nr. 83. 521 522

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V. Vom Gremium zum Kollegium der Kurfürsten

irgendeinen Rechtsgrund (Acht524) gehindert war. In diesem Fall entsprach es dem kanonischen Grundsatz, dass sich ein Mitglied eines Kollegiums durch einen Kollegen und nur durch einen solchen vertreten lassen konnte.525 Wie verhielt sich dies nun im Falle der Kurfürsten? Schon 1257 wurden die Stimmen von Mainz, Brandenburg, Sachsen und Böhmen an „Kollegen“ delegiert (Trier bzw. Köln). 1292 übertrug der fernbleibende Kurfürst Wenzel II. von Böhmen seine Stimme ebenfalls an einen anderen Kurfürsten (Gerhard II. von Mainz). Ebenso wurde 1298 verfahren: Böhmen und Köln delegierten ihre Stimmen an Mainz, und Pfalzgraf Ludwig IV. trug Albrecht II. von Sachsen seine Stimme auf.526 Eine Stimmabgabe durch Dritte, Gesandte fürstlichen oder nicht-fürstlichen Ranges, sucht man vergebens.527 Diesbezüglich handelten die Kurfürsten also von Beginn an wie ein Kollegium.528 Von dieser Art von Verhinderung und Stellvertretung gänzlich zu unterscheiden ist die Problematik der Ersetzung eines Gremiumsmitgliedes bei gänzlicher Unfähigkeit oder Unwillen hinsichtlich seiner Teilnahme an der Wahl. Wenn das Kurgremium Mitte des 13. Jahrhunderts bereits wirklich ein (geschlossenes) Kollegium dargestellt hätte, dann hätten die Kurfürsten 524 Anders als die Bannung (vgl. Kapitel VII.1.) stellte die Reichsacht hinsichtlich des weltlichen Wahlrechtes eine eindeutigere Barriere dar. Dabei gilt es festzuhalten, dass die Regelung, wonach auf den Bann die Acht binnen sechs Wochen folgen sollte (Confoederatio von 1220: MGH, Const. 2, Nr. 73, §§ 6 und 7), meist Theorie blieb. So wandten sich beispielsweise die Reichsfürsten ausdrücklich gegen den Versuch König Wilhelms, 1252 den gebannten Otto von Bayern auch zu ächten: Annales Erphordenses, a. 1252 (MGH, SSrG i. us. schol. 42, S. 112). Dagegen wurde gegenüber Ottos Nachfahren Max Emanuel von Bayern und Joseph Clemens von Köln die Reichsacht bzw. Privation ausgesprochen, weswegen beide 1711 nicht an der Wahl Karls VI. teilnehmen konnten; vgl. Begert, Böhmen, S. 460 f.; Granier, Reichstag, S. 237 f.; Hüttl, Max Emanuel, S. 498. 525 Corpus iuris canonici, Decretales Gregorii IX, I,6,42 (ed. Friedberg, Bd. 2, Sp. 89). Vgl. Begert, Böhmen, S. 103 f. 526 Vgl. Begert, Böhmen, S. 102–106. Vgl. auch oben S. 123 und 125 die Stimmdelegation der Lauenburger 1308 und 1349. 527 Eine Ausnahme stellt hier bedingt lediglich das böhmische Votum bei der Erhebung Richards von Cornwall im Januar 1257 dar. Hier konnte es aber keine förmliche Delegierung der Kur an einen „Kollegen“ (Köln bzw. Pfalz) geben, wie dies durch Böhmen drei Monate später bei der Wahl Alfons’ von Kastilien gegenüber dem Trierer geschah, da die Gesandten Otakars II. bei der Wahl im Januar erst nachträglich die Zustimmung ihres Herrn aussprachen: MGH, Const. 2, Nr. 405, § 9. 528 Allerdings ist dann gerade in der Goldenen Bulle hinsichtlich dieses „kollegialen“ Verhaltens ein Rückschritt – oder besser: – eine pragmatische Neuerung festzustellen, da Karl IV. im Verbund mit den Kurfürsten hier die Stellvertretung durch Wahlbotschafter ausdrücklich zuließ: GB cap. I,18, II und XIX (MGH, Const. 11, S. 574–578 und 608).

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auf einen Kollegen bei der Wahl verzichten müssen, der sich einem Wahlakt verweigerte oder aus rechtlichen Gründen nicht teilnehmen konnte bzw. als Rechtsperson aufgrund einer Vakanz gar nicht existent war oder auch einfach nur nicht rechtzeitig erschien. Man hätte diese Stimme gemäß kanonischem Recht schlicht wie eine Stimmenthaltung behandeln müssen, womit deren anteiliges Stimmrecht zu gleichen Teilen auf die anwesenden Mitglieder übergegangen wäre.529 Es gilt demnach zu untersuchen, ob in entsprechenden Fällen so verfahren wurde oder ob Ersetzungen vorgenommen wurden, die dann aber dem Geist eines Kollegiums widersprachen. Betrachtet man sich zunächst die Doppelwahl von 1257, bei der sich die Kurfürsten in zwei Lager spalteten, so ist festzustellen, dass beide Seiten vor der Kurie den Standpunkt vertraten, dass die Kurfürsten der jeweils anderen Partei ihr Wahlrecht verwirkt hätten, weil diese zum verabredeten Wahlakt nicht erschienen seien.530 Obwohl andere Fürsten vor Ort waren, nicht zuletzt der bayerische Herzog, wurden diese nicht zur Wahl und zur Auffüllung der Siebenzahl zugelassen. Insofern muss konstatiert werden, dass das kurfürstliche Verhalten 1257 im Hinblick auf das Nicht-Ersetzen kollegialen Rechtsvorstellungen entsprach. Allerdings gilt es zu beachten, dass beide Streitparteien in dieser Extremsituation nicht zuletzt im Hinblick auf die Kurie darum bemüht waren, ein kanonisches Vorgehen an den Tag zu legen. Bezüglich der Unersetzbarkeit von Kurfürsten bietet sich jedoch im 13. Jahrhundert noch nicht durchgehend dieses Bild. Hierzu muss man sich mit einer Argumentation Armin Wolfs auseinandersetzen, der ja davon ausgeht, dass Mitte des 13. Jahrhunderts das Wahlrecht noch gar nicht auf sieben Kurfürsten reduziert war, es sich ergo nicht um ein geschlossenes Gremium, geschweige denn ein Kollegium gehandelt habe. Wolf glaubt, dass nicht zuletzt auch Papst Clemens IV. dies so sah. Dieser adressierte nämlich – so das Argument Wolfs – im September 1266 unter anderem an den 529 Vgl. Aymans, Kollegium, S. 129–139. Abgesehen von den Doppelwahlen, bei denen sich die Kurfürsten in zwei Parteien spalteten, verweigerten bei den einstimmigen Königswahlen der Böhme 1308 (vgl. Begert, Böhmen, S. 130–133), der Sachse 1531 (vgl. Kohler, Politik, S. 109–114 und 159–181) sowie Pfalz und Brandenburg 1745 (vgl. Begert, Böhmen, S. 483) ihre Teilnahme. 1562 kam es zur zwischenzeitlichen Vakanz des Kölner Erzstuhls, wofür die Goldene Bulle keine Interims-Regelung analog zur Vertretung minderjähriger weltlicher Kurfürsten durch den ältesten Agnaten vorsah (GB cap. VII,1). Diese Vakanz wurde jedoch noch während des Wahltages beseitigt (vgl. Begert, Böhmen, S. 339). 1711 waren Bayern und Köln geächtet/priviert, und 1742 war die böhmische Kur suspendiert (vgl. ibid., S. 460 f. und 482). Zur Wertung bzw. Nichtwertung fehlender Stimmen vgl. unten Kapitel VI.4.b). 530 MGH, Const. 2, Nr. 405, § 10 und 11.

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Erzbischof von Bremen ein Mahnschreiben, keinesfalls Konradin zum römischen König zu wählen, andernfalls würde er amtsenthoben.531 Entscheidend für die Interpretation ist es aber, dass dieses päpstliche Schreiben außer an den Bremer nur an den Mainzer und Kölner erging – also an nur drei Erzbischöfe. Der Trierer Erzbischof Heinrich von Finstingen erhielt nachweislich keinen Brief! Dies lag an dem Umstand, dass gegen ihn an der Kurie ein Prozess anhängig war und er deswegen für Clemens IV. nicht amtsbefugt war.532 Somit lässt sich mit der Mahnung des Papstes – gegen Wolfs Meinung – sehr wohl belegen, dass man 1266 in Rom keineswegs an mehr als sieben Fürsten dachte, die zur Königswahl berechtigt waren, da man die Zahl der geistlichen Wähler genau einhielt. Andererseits zeigt das päpstliche Schreiben auch, dass man in Rom offenkundig davon ausging, dass das Wahlrecht noch nicht auf die sieben bekannten Rechtspersonen beschränkt war. Man hielt die Wähler für austauschbar.533 Das reduzierte Alleinwählergremium für den römischen König wäre also demnach (noch) kein Kollegium gewesen. Dass man dies an der Kurie wirklich so sah, bestätigt uns der Hostiensis, der feststellt: non tamquam ad collegium [. . .] competit principibus huius ius eligendi.534 Es ist jedoch bezüglich der Austauschbarkeit – und dies ist im Widerspruch zu Wolf ganz entscheidend – zu betonen, dass auch für die Kurie das eigentliche Gremium der Alleinwähler unangefochten aus den drei rheinischen Erzbischöfen, dem Pfalzgrafen, dem Herzog von Sachsen und dem Markgrafen von Brandenburg sowie inzwischen dem König von Böhmen bestand! Es muss nämlich auffallen, dass Papst Clemens 1266 nicht mehr – anders als noch Innozenz IV. 1246 und 1247 – an eine Vielzahl von geistlichen Fürsten schrieb, sondern – wie schon Alexander IV. 1256 – eben nur noch an drei Erzbischöfe. Anders als bei Alexander, dessen Schreiben an die drei rheinischen Erzbischöfe erging535, gab es zehn Jahre später von diesen aber nur zwei, die voll anerkannt waren (Köln und Mainz) – und an diese beiden erging auch „selbstverständlich“ ein Brief! MGH, Const. 2, Nr. 406. Vgl. Wolf, Entstehung, S. 47 f. Dabei bemüht Wolf auch eine Glosse des Hostiensis, die besage, dass „die weltlichen Königswähler in ihrer Zusammensetzung auch variieren konnten“. Hier unterläuft ihm jedoch ein Übersetzungsfehler, worauf Landau, Eike, S. 44, hinweist. 532 Vgl. Seibrich, Heinrich, S. 796 f. Im Jahre 1267 folgte schließlich die förmliche Suspendierung Heinrichs. 533 Erkens, Kurfürsten, S. 85, lehnt es dagegen ab, damit dem Papst zu unterstellen, er habe dem Bremer das Wahlrecht zuerkannt. Vielmehr könne dies als Versuch gewertet werden, eine möglichst große Opposition gegen die Staufer zu formieren. Erkens übersieht dabei aber die signifikante Adressierung des Schreibens an drei Erzbischöfe. Vgl. im Folgenden. 534 Wolf, Entstehung, Q 51, S. 162. 535 MGH, Epp. Saec. XIII, Bd. 3, Nr. 440. 531

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Das Mahnschreiben des Papstes an den Bremer offenbart also die Auffassung, dass zur Ergänzung des Schiedsgremiums bei Vakanzen bzw. bei (nicht nur die bloße Anwesenheit, sondern auch die Stimmabgabe betreffenden) Ausbleiben eines Kurfürsten von der Wahl bis dahin noch aus dem „Reservoir“ des durch das Gremium nur vertretenen Gesamtkörpers der Reichsfürsten geschöpft werden konnte. Diese Reichsfürsten waren aber eben nur noch „Ersatz“, nur Ergänzung der ansonsten feststehenden sieben Rechtspersonen. Wurde diese Sichtweise von der Ersetzbarkeit der Kurfürsten durch „normale“ Reichsfürsten auch im Reich geteilt, gab es diese Rechtswirklichkeit und muss demnach hinsichtlich des Werdens des Kurkollegs eine neue Etappe zur Kenntnis genommen werden? Zu erinnern ist hier zunächst an die Vorgänge von 1237, was allerdings vor der Reduktion von 1252 liegt, als schon der Böhme interimistisch einen der weltlichen Prinzipalwähler vertreten hatte (den Sachsen bzw. den Brandenburger).536 Die Geschehnisse bei der Wahl Rudolfs von Habsburg 1273 beweisen dann aber unzweifelhaft, dass auch im Reich die Rechtslage entsprechend gesehen wurde: Der bayerische Herzog, der sich gegen den Verlust seines Wahlrechts seit dem Interregnum wehrte, konnte bei der Wahl Rudolfs seine Stimme racione ducatus pro una in septem principum abgeben.537 Wenngleich ursprünglich der Bayer auch hier versucht hatte, zusätzlich zu den sieben Kurfürsten an der Wahl teilzunehmen, wurde er schließlich nur zugelassen, weil sich die böhmische Gesandtschaft weigerte, der Wahl Rudolfs zuzustimmen und offenkundig ihr Verlassen der Wahlversammlung angekündigt hatte. Es galt, die Siebenzahl herzustellen und dabei auch die Verteilung von vier weltlichen und drei geistlichen Fürsten zu wahren. Der böhmische Protest hiergegen verhallte ungehört.538 Ob daraufhin auch die Gefahr eines dauerhaften Verlustes des böhmischen Kurrechtes bestand, kann dahingestellt bleiben. So oder so zeigen die Vorgänge von 1273 definitiv, dass das Gremium der Kurfürsten noch Vgl. Begert, Kurkolleg, S. 419. MGH, Const. 3, Nr. 83. 538 Vgl. Begert, Böhmen, S. 27 mit Anm. 18. Die Feststellung von Mitteis, Königswahl, S. 194, wonach es bei dem Streit zunächst „gar nicht um das Kurrecht im materiellen Sinne, sondern nur um den Besitz daran“ ging, erhält damit eine gänzlich neue Dimension. Einerseits gilt es zu realisieren, dass damals eben noch prinzipiell der Besitz eines jeden Kurrechtes wechseln konnte und insofern der Vorgang nichts Besonderes darstellte. Daher muss andererseits der böhmische Protest hiergegen so interpretiert werden, dass man eine Zulässigkeit des Ersatzes in der konkreten Situation ablehnte. Da ja Böhmen nicht verhindert war, sondern nur die Stimmabgabe verweigerte, fürchtete man aber letztlich nicht nur, dass dadurch die politische Absicht Böhmens unterlaufen wurde, sondern dass demzufolge das Kurrecht im materiellen Sinne gefährdet war. So schloss sich dann konsequenterweise auch ein Streit um das materielle Kurrecht an. 536 537

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keine abgeschlossene Korporation und damit kein Kollegium war und dass dies nicht nur die Kurie, sondern auch die Reichsfürsten so sahen. Bei einem völligen Fernbleiben von der Wahl konnten die Kurfürsten von außen stehenden „normalen“ Reichsfürsten ersetzt werden – die Weltlichen durch Weltliche, die Geistlichen durch Geistliche. Man muss erkennen, dass man sich gerade 1273 darum bemühte, nach der desaströsen Doppelwahl von 1257, bei der sich ja bezüglich des nicht herangezogenen Ersatzes einem Kollegium entsprechend verhalten wurde, nun alles eindeutig zu machen. Ausdruck dessen sollte nicht zuletzt die Komplettierung des Gremiums sein, wodurch aber gerade (paradoxerweise) gegen ein kollegiales Prinzip verstoßen wurde.539 Hinsichtlich des auf 1252 datierten Rechtsaktes bleibt noch festzuhalten, dass es keinerlei Widerspruch darstellt, dass dieser die sieben bekannten Wahlfürsten als solche festgeschrieben hat und dennoch im Bedarfsfall über Alternativen nachgedacht wurde (Bremen, Bayern). Es ist zu modern gedacht, hierin eine Unvereinbarkeit zu sehen. Man muss sich die Rechtsetzung von 1252 vielmehr so vorstellen, dass die sieben Fürsten ausdrücklich als Stellvertreter der gesamten Reichsfürstenschaft etabliert und festgeschrieben wurden540, was aber wiederum umgekehrt die Möglichkeit beließ, dass diese durch Mitglieder derselben vertreten werden konnten. Es handelte sich damals eben noch nicht um ein abgeschlossenes Kollegium. Gleichwohl bleibt nochmals zu betonen, dass die Mitglieder des Wahlausschusses nicht (mehr) beliebig waren bzw. wie bei Wahlen per compromissum jeweils im Vorfeld einer Wahl neu bestimmt wurden.541 Es gab einen festen „Stamm“, den abgesehen vom Sachsenspiegel auch verschiedene andere Quellen seit der Mitte des 13. Jahrhunderts zweifelsfrei überliefern.542 Zugleich stand damit die begrenzende Siebenzahl fest. Es ist kein Zufall, dass Rudolf von Habsburg 1275 in der Urkunde über die bayerische Kur 539 Es ist unzutreffend, wenn Mitteis, Königswahl, S. 194, meint, dass die Kurfürsten dem bayerischen Drängen auf Wahlbeteiligung nachgaben, „weil diese Stimmführung [angesichts der klaren Mehrheit für Rudolf von Habsburg] irrelevant war“. Im Gegenteil, man glaubte damals, eine siebte Stimme sei für eine korrekte Wahl unbedingt erforderlich. Dies sieht so auch Kaufhold, Interregnum (2000), S. 448. 540 Vgl. hierzu auch Pitz, Verfassungslehre, S. 1000–1004. 541 Vgl. Maleczek, Abstimmungsarten, S. 108–114 und 130 f. Vgl. auch beispielsweise die entsprechende Regelung für diese Variante der Papstwahl gemäß dem Dekret „Decet Romanum pontificem“ von 1622 (Magnum Bullarium, Bd. 5,5, S. 5–7). 542 Es sind dies die Bulle „Qui celum“ 1263 (MGH, Const. 3, Nr. 405), die Glosse des Hostiensis etwa zur gleichen Zeit (Wolf, Entstehung, Q 51, S. 162; zur Datierung vgl. Landau, Eike, S. 43 Anm. 123) und 1268/71 Martin von Troppau, Chronicon (MGH, SS 22 S. 466). Daneben noch die Urkunden, die alleine das Wahlrecht dieser Fürsten belegen: MGH, Const. 2, Nr. 385; Const. 3, Nr. 6.

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bei der Wahl von 1273 ausdrücklich erklärte, das bayerische Votum sei una in septem gewesen.543 An der Siebenzahl des Gremiums durfte nicht gerüttelt werden, denn zum einen wäre bei Aufnahme eines Fürsten, etwa des Bayern, zur Gewährleistung der ungeraden Zahl und damit einer gesicherten Mehrheitswahl die Aufnahme eines weiteren Fürsten notwendig geworden. Zum anderen hätte dies einen Präzedenzfall dargestellt, und das eben erst geschaffene Alleinwählergremium hätte sich sehr wahrscheinlich Zulassungswünschen anderer Fürsten (z. B. Brabant, Meißen, vielleicht auch Bremen oder Salzburg) gegenüber gesehen. Die gerade erst erreichte Reduktion auf einen handlungs- und entscheidungsfähigen, überschaubaren Ausschuss von Fürsten wäre nur eine Episode geblieben. 1289 wurde dann durch König Rudolf endgültig dem bayerischen Streben nach der Kur eine Absage erteilt und das Kurrecht des Königs von Böhmen anerkannt.544 Damit ist das Dokument von 1275 das letzte, woran man erkennen kann, dass noch über Alternativen bei den Kurfürsten nachgedacht wurde – seien sie potentieller oder genereller Natur. Die Verbreitung des als „kaiserliches Rechtsbuch“ geltenden Schwabenspiegels ab 1275 mag ihr Übriges dazu getan haben. Wenngleich gerade hier in Reminiszenz an die Wahl von 1273 in zahlreichen Handschriften als Kurfürst der Herzog von Bayern statt des Böhmen genannt wird, werden ansonsten als einzige zugelassene Königswähler nur die sechs Fürsten aus Mainz, Trier, Köln, Pfalz, Sachsen und Brandenburg aufgeführt.545 Nach endgültiger Klärung des bayerisch-böhmischen Kurstreits konnten andere Fürsten (im Mittelalter) kein Kurrecht mehr erringen. Der Wahlkörper war endgültig abgeschlossen. Ersatzwähler konnte es fortan nicht mehr geben. Als 35 Jahre nach der Wahl Rudolfs wieder der böhmische König nicht mitwählen wollte und dieser dann dem Wahlakt fernblieb, ohne seine Stimme an einen Kollegen zu delegieren, zogen die Kurfürsten keinen „Ersatz-Fürsten“ mehr hinzu. Stattdessen hielten sie 1308 ausdrücklich im Wahldekret fest, dass die Stimmen Unberechtigter nicht gezählt würden.546 Man verstand sich damit unverkennbar als abgeschlossener Wahlkörper, als corpus electionis, als Kollegium, und handelte entsprechend. 543 MGH, Const 3 Nr. 83. Dagegen meint Armin Wolf, Entstehung, S. 57–61, Rudolf habe hier wissentlich gelogen und nur nachträglich behauptet, die bayerische Stimme sei eine von sieben gewesen. Die Siebenzahl sei letztlich nicht einmal jetzt fest etabliert gewesen. Vgl. aber zur Authentizität der Urkunde von 1275 und zur Kritik an Wolf Erkens, Kurfürsten, S. 41–43; Begert, Böhmen, S. 26 f.; vgl. auch schon Zeumer, Kur, S. 227. 544 MGH, Const. 3, Nr. 415; Archivum coronae regni Bohemiae, Bd. 2, Nr. 31; vgl. Begert, Böhmen, S. 76 f. 545 Schwabenspiegel, Landrecht, cap. 130a (BRH 4, S. 430); vgl. Hugelmann, Stämme, S. 457–460; Krause, Kaiserrecht, S. 91; Erkens, Kurfürsten, S. 82. 546 MGH, Const. 4,1, Nr. 262, § 2; vgl. Begert, Böhmen, S. 130–133.

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3. Das Abstimmungsverfahren und die Verhandlungen im Vorfeld des Wahlaktes Neben dem Kriterium der festen Mitglieder in einem geschlossenen Kollegium gilt es das Abstimmungsverfahren selbst zu betrachten. Hierzu erklärte der Hostiensis, non tanquam ad collegium, sed tanquam ad singulares competit principibus huius ius eligendi.547 Es habe sich seinerzeit bei der Königswahl also eben nicht um ein kollegiales Votum, sondern um die Summierung von Einzelstimmen gehandelt. Dies bedeutet in der Konsequenz, dass „der Gesamtwille [des Wahlgremiums] eine breitere rechtliche Geltung für sich in Anspruch nehmen könnte, je mehr Einzelwillen übereinstimmen“, während es bei einem kollegialen Akt keine graduellen Unterschiede hinsichtlich der „Verbindlichkeit des Gesamtwillens“ durch die Zahl der übereinstimmenden Einzelwillen gibt.548 Hauptverantwortlich für diese Sichtweise des Hostiensis war zweifelsohne die von ihm als Augenzeuge beobachtete Braunschweiger Nachwahl.549 Was konnte deutlicher den rechtlichen Fakt der Summierung von Einzelstimmen belegen, als das nachträgliche Wählen durch Sachsen und Brandenburg 1252, wodurch Wilhelm von Holland erst allgemeine Anerkennung erfuhr. Denn wenn ein Kollegium wählte, hatten die Abwesenden ihr Wahlrecht verwirkt, eine nachträgliche Zustimmung war hier ausgeschlossen, aber rechtlich eben auch überflüssig.550 Ein kollegialer Wahlakt muss demnach aufgrund des offenen Mehrheitsprinzips erfolgen, also dass die Mehrheit des Kollegiums den Beschluss des Gesamtkörpers repräsentiert.551 Dies wurde aber im germanischen Rechtskreis nicht so abstrakt umgesetzt. Hier galt das Prinzip der verdeckten Mehrheit, wonach die in der Minderheit befindlichen Einzelstimmen sich realiter dem Mehrheitsvotum anzuschließen hatten (Folgepflicht), also neuerlich voWolf, Entstehung, Q 51, S. 162. Aymans, Recht, Bd. 1, S. 353; ders., Kollegium, S. 125. Vgl. auch Wretschko, Einfluss, S. 190–192. 549 Schubert, Stellung, S. 103, hebt dagegen auf die böhmische Obermannstellung ab. Er interpretiert den Hostiensis dabei so, dass, indem ein Obermann nachträglich bei Stimmenpatt votierte, zumindest dessen Stimme ut singuli und nicht in einem einheitlichen Gesamtakt abgegeben wurde. Schubert übersieht dabei, dass die böhmische Obermannstellung vom Hostiensis ja gar nicht als Faktum, sondern nur als Minderheitsansicht dargestellt wurde und demnach für seine Beurteilung des kurfürstlichen Wahlmodus irrelevant war. Dies gilt auch für die weitere Rezeptionsgeschichte. Schubert hält jedoch gerade die These von den Einzelstimmen des Hostiensis für verantwortlich für die Herstellung einer Analogie zu den Schiedsgerichten, statt die Schiedsgerichtsbarkeit als wirkliche Grundlage des Kurkollegs zu erkennen. 550 Vgl. Wretschko, Einfluss, S. 179 f.; Aymans, Kollegium, S. 127 ff.; oben Kapitel V.2. 551 Vgl. Aymans, Recht, Bd. 1, S. 353. 547 548

3. Abstimmungsverfahren und Verhandlungen im Vorfeld des Wahlaktes

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tieren mussten.552 Unabhängig, ob die Kurfürsten eine nachgeordnete zweite Wahl abhielten oder im Rahmen des einen Wahlaktes zur Herstellung der faktischen Einstimmigkeit ein zweites Mal votierten, fand hier eine Summierung der Einzelstimmen statt. Insofern ist dem Hostiensis zuzustimmen, dass die Kurfürsten seinerzeit noch nicht wie ein Kollegium wählten. Allerdings wurde bereits 1257 von beiden zerstrittenen Wahlparteien das Prinzip der unitas actus beschworen. Ein gestaffelter Wahlakt wie 1247/52 war künftig rechtlich ausgeschlossen und damit war ein wichtiges Prinzip der kollegialen Wahl nach kanonischem Vorbild eingeführt.553 Ab 1273 bis 1314 wurde zudem die electio per unum praktiziert. Ein Fürst sprach im Namen aller Kurfürsten den Kürruf aus, wählte allein – gleichwohl nicht willkürlich, sondern in Berücksichtigung der nominationes der Mitkurfürsten – den neuen König.554 Indem hier die Kurfürsten im wahrsten Sinne mit einer Stimme sprachen, wird das korporative Agieren, die Darstellung der kurfürstlichen Wahlhandlung als einheitlicher Akt deutlich. Es zeigt sich, dass das Selbstverständnis zunehmend kollegial geworden war, dass die Wahl den Gesamtwillen der Kurfürsten repräsentierte, deren Einzelwillen aber in den Hintergrund rückten.555 Vgl. unten Kapitel VI.1. und 3. Vgl. unten S. 173 f. Vgl. Wretschko, Einfluss, S. 179 f. 1298 fand durch Wenzel II. keine förmliche Nachwahl statt, nachdem er an den Wahlen Albrechts nicht persönlich teilgenommen, sehr wohl aber seine Stimme delegiert hatte. Er erklärte auf Druck der Kurfürsten nachträglich nur nochmals seinen Konsens. Zu den Umständen vgl. Begert, Böhmen, S. 110 f. Interessant ist aber in diesem Zusammenhang, dass Rudolf von Sachsen anlässlich der Wahl Karls IV. noch 1346 ausdrücklich erklärte, er habe als Wähler des verstorbenen Friedrich (III.) nie Ludwig den Bayern gewählt und dieser habe sich auch nie darum bemüht, um die kur an in zu wenden (MGH, Const. 8, Nr. 69). Rudolf ging also zumindest theoretisch – in Verkennung der Rechtslage – noch von der Möglichkeit einer Nachwahl aus. 1349 erklärten wiederum die wittelsbacher Kurfürsten, dass sie ihre Kur an Karl gelegit hätten (ibid., Const. 9, Nr. 92). Eine förmliche Nachwahl konnten sie aber nicht durchsetzen, sondern mussten es bei dieser Erklärung und einer Huldigung belassen; vgl. Kapitel VII.2. 554 Eine electio per unum wird aber auch bereits für 1257 angedeutet. Arnold von Trier war ja ohnehin als einziger, ausgestattet mit den Vollmachten dreier anderer Kurfürsten, bei der Wahl des Kastiliers anwesend und agierte dementsprechend allein. Jedoch auch bei der Erhebung Richards scheint schließlich nur der Kölner die electio nach Stimmauftragung durch den Pfalzgrafen oder dessen nominatio, zumindest aber mit dessen Konsens durchgeführt zu haben; vgl. MGH, Const. 2, Nr. 405, § 8. Zwar ist das Wahldekret diesbezüglich weniger eindeutig, jedoch steht die dortige Wendung „elegimus in regem Romanorum“ dem nicht zwangsläufig entgegen (ibid., Nr. 385). Kritisch hierzu Mitteis, Königswahl, S. 197. 555 Vgl. Schubert, Stellung, S. 101; ders., Königswahl, S. 275; Mitteis, Königswahl, S. 205–213. Es ist daher irrelevant, dass die der electio er unum vorangehende nominatio zwangsläufig eine Abgabe von Einzelvoten war. Wie anders konnte man abstimmen? Vgl. hierzu auch die Ausführungen in Anm. 565. Direktes 552 553

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V. Vom Gremium zum Kollegium der Kurfürsten

Wenngleich dies so war und sich somit schon im letzten Viertel des 13. Jahrhunderts verstärkt kollegiales Denken und Strukturen auch beim Wahlverfahren selbst durchsetzten, bleibt dennoch zu konstatieren, dass für die römische Königswahl die Wende zum offenen Mehrheitsprinzip erst unter Ludwig dem Bayern 1338 vollzogen wurde, wodurch dann wiederum die electio per unum als „Hilfsmittel“ zur Gewährleistung einer kollegialen Wahl obsolet wurde.556 Es ist für die juristische Definition irrelevant, dass die Wahlen bis dahin aufgrund der Vorverhandlungen ohnehin einstimmig waren. Rein formal stand zumindest noch der Aspekt der germanischen Folgepflicht einer kollegialen Wahl entgegen.557 Allerdings gab es auch in diesem Punkt bereits unter Rudolf von Habsburg erste Tendenzen, von der Folgepflicht weg- und zum offenen Mehrheitsprinzip hinzukommen, indem der König bei Willebriefen den Konsens der Mehrheit der Kurfürsten für ausreichend erklärte, aber entsprechende Aussagen auch bezüglich der Königswahl selbst traf.558 Dennoch machten die Verhandlungen der Kurfürsten im Vorfeld der Wahlakte zumindest faktisch die Folgepflicht beim Wahlgang selbst obsolet und wirkten damit hier eigentlich einer Summierung von Einzelstimmen entgegen. Ernst Schubert betont jedoch, dass diese Vorverhandlungen im ausgehenden 13. und im 14. Jahrhundert immer größere Bedeutung erlangten und gerade dadurch die Wahlen auf eine bloße Summierung von Einzelstimmen zu reduzieren drohten. Als Höhepunkt dieser Entwicklung wurde bei der Erhebung Günthers von Schwarzburg 1349 sogar schon Wochen vor dem eigentlichen Wahlakt in einzelnen Urkunden die nominatio (nicht aber die electio!) ausgesprochen und rechtsverbindlich festgehalten.559 Aber anders als Schubert glaubt, änderte die Goldene Bulle hieran nichts, auch wenn sie formal die Bedeutung der Wahl hervorhob und eine nominatio nicht mehr vorsah. Sondierungen und Absprachen in der Kandidatenfrage waren im Vorfeld aller nachfolgenden Wahlen weiterhin Standard. Dies hatten die Kurfürsten aber nicht zuletzt mit den Kardinälen gemein – und die stellten fraglos ein Kollegium dar.560 Ebenso wurden in der Goldenen Bulle die unitas actus und das offene Mehrheitsprinzip nochmals festVorbild für die electio per unum von 1273 dürfte die Papstwahl von 1271 gewesen sein; vgl. Kaufhold, Interregnum (2002), S. 120. Auch dies unterstreicht den kollegialen Anspruch der Kurfürsten. 556 Vgl. zum Wandel des Mehrheitsprinzips unter Ludwig unten Kapitel VI.3. 557 Schubert, Stellung, S. 100, will die Propagierung der kollegialen Wahl durch Lupold von Bebenburg für die Durchsetzung des Mehrheitsprinzips mitverantwortlich sehen, statt dass umgekehrt die Mehrheitswahl endgültig die Ansicht vom kurfürstlichen Kollegium durchsetzte. 558 MGH, Const. 3, Nrn. 121 und 284. Vgl. Kapitel V.4. und Anm. 622. 559 Vgl. Schubert, Königswahl, S. 275–285.

3. Abstimmungsverfahren und Verhandlungen im Vorfeld des Wahlaktes

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geschrieben561, dennoch ging der Gedanke an eine Einzelstimmabgabe bis in die Frühe Neuzeit nie verloren, ebenso wie die reale Folge im Gegensatz zum offenen Mehrheitsprinzip immer wieder praktiziert wurde.562 So war 1411 unter Verletzung des Prinzips der unitas actus den ursprünglichen Wählern Josts von Mähren im Zuge der Verhandlungen nach dessen Tod eine Nachwahl Sigismunds zugestanden worden. Es ist rechtlich unerheblich, dass dieser Akt ursprünglich als regelrechte Neuwahl aller Kurfürsten gedacht war, ohne dass Sigismund allerdings offiziell resigniert hätte, wie 1298 Albrecht. Denn so oder so wurde damit zum Ausdruck gebracht, dass Sigismunds königliches Recht sich verbessern würde, je mehr Stimmen er auf sich vereinigte.563 Ob Nachwahl durch die ehemaligen Opponenten oder Neuwahl durch alle Elektoren, das Resultat war eine Summierung von Einzelstimmen. Obwohl dies der besonderen politischen Situation nach der letzten Doppelwahl der Reichsgeschichte geschuldet war und einen einmaligen Sonderfall darstellt, zeigt sich, dass auch seit Mitte des 13. Jahrhunderts etablierte kollegiale Prinzipien in Ausnahmesituationen nicht unantastbar waren. Wenngleich 1440 die unitas actus gewahrt wurde, war es rechtlich nicht weniger zweifelhaft, als die übrigen Kurfürsten den ursprünglich für einen anderen Kandidaten abstimmenden Kollegen aus Brandenburg und Böhmen einräumten, in einem zweiten Wahlgang ihre Stimmen ebenfalls auf Friedrich III. zu wenden, also der Mehrheit realiter zu folgen. Dies war nicht einfach nur eine Negierung der Bestimmungen der Goldenen Bulle und des offenen Mehrheitsprinzips. Vielmehr wurde so die Abstimmung als Kolleg gesprengt, da auch hier die Summierung von Einzelstimmen in eindeutigster Weise praktiziert wurde.564 Dass dies nach außen offiziell unsichtbar blieb und damit zumindest der Schein gewahrt wurde, ist dabei juristisch unerheblich.565 560 Vgl. Führ, Probleme, S. 39–41. Entsprechende Bemühungen der Päpste im 16. Jahrhundert schließlich besonders die Simonie, aber auch die Wahlabsprachen und Wahlbeeinflussungen durch Rechtsetzung zu beenden, scheiterten zunächst weitgehend. 561 GB cap. II (MGH, Const. 11, S. 574–578). 562 Vgl. Schubert, Königswahl, S. 285. Vgl. zu Mehrheitswahl und Folgepflicht unten Kapitel VI. 563 Sigismunds Wähler von 1410 weigerten sich jedoch, nochmals ihre Stimme abzugeben, da sie dadurch ihre frühere Wahl letztlich für ungültig erklärt hätten; vgl. Hoensch, Kaiser Sigismund, S. 154–156. 564 Schubert, Königswahl, S. 277, sieht dagegen fälschlich gerade in diesem Verfahren den Ausdruck der „Rechtsform der Samtkür“, des kollegialen Gesamtwillens. 565 So erfuhr der Frankfurter Rat von der doppelten Stimmabgabe Brandenburgs und Böhmens nur in heimlichkeit. Offenkundig erfolgten diese Voten im Anschluss daran, als zum Abschluss des (ersten) Wahlganges alle Kurfürsten den Mainzer um

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V. Vom Gremium zum Kollegium der Kurfürsten

Eine Folge der Vorgespräche und -verhandlungen auf dem Wahltag von 1612 war es, dass die geistlichen Kurfürsten entgegen ihrer Überzeugung kurz vor der Wahl auf Matthias als zu Erwählenden umschwenkten, da sich ergeben hatte, dass alle ihre weltlichen Kollegen für diesen stimmen würden und eine Opposition damit sinnlos wurde. Auch hier fand somit eine reale Folge gegenüber der Mehrheit statt, wenngleich vor der eigentlichen Wahl, bei der Matthias dann einstimmig erkoren wurde.566 Anders war die Situation 1745. Während der Vorverhandlungen zeichnete sich die Wahl Franz Stephans ab, weswegen die Kurfürsten der Pfalz und Brandenburgs bzw. ihre Gesandtschaften aus Opposition noch vor dem eigentlichen Wahlakt Frankfurt verließen. Der ostentative Auszug ist der Versuch, sich faktisch dem kollegialen Votum zu entziehen, wenngleich dadurch natürlich formal ihre Stimmen verfielen.567 An dieser Stelle noch bedeutender ist es aber, dass sich der Pfalzgraf und der preußische König dann nachträglich um eine Stimmabgabe zu Franz Stephans Gunsten bemühten. Dies wurde ihnen zwar aufgrund der Bestimmungen der Goldenen Bulle verweigert, aber mindestens ebenso wichtig ist, dass ein solches Ansinnen zu jener Zeit, als die kollegiale Struktur der Kurfürsten nicht mehr zur Debatte stand und steht, überhaupt noch gestellt wurde.568 All diese Beispiele zeigen, dass sich letzten Endes in der politischen Realität die juristische Abstraktion nicht vollständig durchsetzen konnte. Der Wahlakt selbst blieb zwar formal entscheidend und wurde (außer 1440) rechtskonform durchgeführt, doch die von der Goldenen Bulle „nicht vorgesehenen“ – besser: nicht behandelten, weil nicht zu reglementierenden – Vorverhandlungen sorgten nach wie vor für die faktischen Entscheidunseine Stimme fragten und die Mehrheit damit eindeutig war (RTA, ÄR 15, Nr. 91, § 9) – ein klarer Verstoß gegen die Wahlordnung der Goldenen Bulle (cap. IV,2 [MGH, Const. 11, S. 580–582]). Irrelevant ist der zeremoniell-praktische Ablauf des Wahlaktes. Während ab 1486 alle Kurfürsten gemeinsam im Konklave saßen und der Reihe nach abstimmten, wurden 1438 und 1440 die Kurfürsten noch einzeln vom Mainzer zur Stimmabgabe in die Liberei geholt, bis dann zum Schluss alle Kurfürsten zum Mainzer hineingingen, um dessen Stimme zu erfragen (1438: RTA, ÄR 13, Nr. 35; 1440: ibid. 15, Nr. 91, § 9; 1486: RTA, MR 1,1, Nr. 187). Hieraus lässt sich keine „Summierung von Einzelstimmen“ konstruieren, denn man kann – außer im Tumult – mündlich zwangsläufig nur nacheinander seine Stimme abgegeben, unabhängig davon, ob man gemeinsam in einem Raum ist oder nicht. 566 Vgl. Begert, Böhmen, S. 364; Gotthard, Säulen, S. 534 f.; Kohl, Politik, S. 25–33. Ähnliches war auch schon 1519 bei der Wahl Karls V. geschehen: vgl. Weicker, Stellung, S. 330–334 und 365–367. 567 Vgl. zu Otakers II. analogem Verhalten bzw. dem seines Gesandten 1273 Kapitel VI.1. 568 Vgl. Begert, Böhmen, S. 483 mit Anm. 22.

4. Willebriefe und andere Reichshandlungen

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gen.569 In diesem Punkt trat 1356 also keine Änderung ein und konnte es auch nicht. Dennoch kann man deswegen nicht davon sprechen, die Stimmabgabe sei eine Summierung von Einzelstimmen gewesen oder geworden bzw. der kollegiale Wahlakt sei durch die Vorverhandlungen entwertet worden, denn das Einlenken im Vorfeld oder während einer Wahl und die Herstellung der faktischen Einstimmigkeit sind nur Beleg für die politischen Bedürfnisse und Zwänge der Kurfürsten – nicht mehr und auch nicht weniger. Dass bei Wahltagen das Kurkolleg so agierte, dafür war nicht zuletzt die überschaubare Größe des Kollegiums entscheidend, wodurch solche Wendemanöver erst möglich wurden. Nicht minder zentral war der Umstand, dass die Kollegen Landesfürsten mit handfesten politischen Interessen waren. An der Feststellung, dass es sich (dennoch) bei den Kurfürsten um ein Kollegium gehandelt hat, das kollegialen Wahlprinzipien folgte, ändert dies nichts. Die Wahlabsprachen und Sondierungen schufen eben die politischen Voraussetzungen für die Wahl, aber sie „änderten nichts an der Rechtsbedingtheit der Wahlhandlung“ und deren Verständnis als „in sich geschlossener Akt“.570 Die Wahlen degenerierten zumindest formal – und nur darauf kommt es im Rahmen einer juristischen Definition an – niemals zum bloßen Vollzug der Vorverhandlungen. 4. Willebriefe und andere Reichshandlungen Bereits in Kapitel IV.1. wurde angesprochen, dass im 13. Jahrhundert Willebriefe noch kein kurfürstliches Privileg waren. Allerdings nahmen die Elektoren diesbezüglich schon unter Rudolf von Habsburg eine herausgehobene Stellung ein. Ausdrücklich wurde durch den König festgehalten, dass künftig gewisse königliche Handlungen erst dann Gültigkeit erlangen sollten, wenn consensu maioris partis principum in electione Romani regis vocem habencium fuerint approbata.571 Damit wuchs den Kurfürsten als 569 So auch bei der Wahl Wenzels 1376, deren faktisch entscheidender Akt in Rhense stattfand, Karl jedoch den formal entscheidenden Akt gemäß der Goldenen Bulle nach Frankfurt verlegen konnte; vgl. Schubert, Königswahl, S. 283 f. 570 So Schubert, Königswahl, S. 275–277, zum 13. und frühen 14. Jahrhundert. 571 MGH, Const. 3, Nr. 284. Vgl. Schubert, Stellung, S. 108; Erkens, Kurfürsten, S. 45–47. Gleichwohl betont Mitteis, Königswahl, S. 206, dass die Kurfürsten hier nacheinander und einzeln ihre Willebriefe abgeben sollten, also kein Majoritätsbeschluss des Kollegs als solcher vorlag. Diese Relativierung gilt aber sicher nicht für die Konsensgebung auf Hoftagen, wie im Folgenden das Beispiel von 1273 zeigt. Auch entspricht ein einzelner Willebrief einer einzeln abgegebenen Stimme und widerspricht prinzipiell nicht einem kollegialen Vorgehen. Lediglich die zeitliche Verteilung, die sukzessive Konsensgebung (außerhalb von Hoftagen) widerspricht dem Prinzip der unitas actus, ist aber gleichwohl technisch nicht anders

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V. Vom Gremium zum Kollegium der Kurfürsten

Gruppe zunehmend die Rolle der custodes imperii zu.572 Dies zeigen nicht zuletzt auch einige Willebriefe, die während der Krönungsfeierlichkeiten Rudolfs 1273 bezüglich der Belehnung Friedrichs von Zollern mit der Burggrafschaft Nürnberg ausgestellt wurden. Diese verfertigten nämlich ausschließlich die drei rheinischen Erzbischöfe sowie Pfalzgraf Ludwig II., Herzog Johann I. von Sachsen und Markgraf Johann II. von Brandenburg.573 Da weder der Bayer noch der Böhme beim Krönungstag anwesend waren574, unterblieb der Konsens des siebten Kurfürsten bzw. des siebten Wählers Rudolfs zwangsläufig. Wolf mahnt als Argument für die späte Ausgestaltung des Alleinwahlrechts und die „Vereinigung der sieben Kurfürsten“ gerade immer auch das Fehlen einer gemeinsamen Urkunde aller Kurfürsten an, will diese erst im Wahldekret von 1298 erblicken und darin quasi den Beweis für seine Theorie.575 Jedoch ist es nicht einsichtig, warum es zwingend eines (gegenständlichen/urkundlichen) gemeinsamen Zeugnisses aller Kurfürsten für deren Nachweis bedürfen soll.576 Außerdem muss man zur Kenntnis nehmen, machbar. So ist es auch später die absolute Regel, dass die Kurfürsten sukzessive und einzeln ihre Willebriefe gaben (vgl. z. B. Begert, Böhmen, S. 235 Anm. 330). In dieser Praxis für das späte 13. Jahrhundert das Fehlen eines kollegialen Auftretens und eines Selbstverständnisses als Körperschaft zu sehen, wie Mitteis dies tut, ist daher unzulässig. 572 So sprach sie der Papst bereits 1278 an: MGH, Const. 3, Nr. 220. 573 MGH, Const. 3, Nrn. 18 f. 574 Vgl. Regesta imperii 6,1, Nrn. 4d–18; Sächsische Fortsetzung der Sächsischen Weltchronik, cap. 4 (MGH, Dt. Chron. 2, S. 286). 575 Vgl. Wolf, Entstehung, S. 71 und 81 f. In dieser Urkunde (MGH, Const. 4,1, Nr. 8) glaubt Wolf auch eine „Verfassungsreform“ erwähnt, womit die Gründung des Kurkollegs gemeint sei. Wolfs Interpretation des Passus „sacri status imperii reformacione“ geht aber völlig fehl. Denn schon Friedrich I. Barbarossa hat kurz nach dem Tod seines Onkels Konrad III. am 19. Februar 1152 ein colloquium de reformando et componendo regni statu abgehalten (Regesta imperii 4,1, Nr. 61) – fast genau die gleiche Wortwahl, die auch 1298 gebraucht wurde! Wie in der Urkunde von 1298 in einem Atemzug von der reformacio, der römischen Königswahl und dem Nutzen für das gesamte Gemeinwesen gesprochen wurde, so hatte auch Barbarossa 1152 die Nachfolgeregelung im Sinn, und zu diesem Zweck galt es, nicht zuletzt einen Ausgleich mit Zähringern und Welfen zu erreichen und hierfür musste das Reichsgefüge „reformiert“ werden (Bayern, Burgund, Ostelbien etc.). Mit der Wendung der Wahlurkunde von 1298 kann man also keinesfalls eine Verfassungsreform beweisen, sondern lediglich den Gedanken an die Notwendigkeit erkennen, das Reich zum Nutzen des Gemeinwesens dauerhaft zu befrieden, es neu zu ordnen; vgl. auch Opll, Friedrich Barbarossa, S. 34 f. Die Reaktion Wolfs, Rezension, S. 682 f., auf diesen Quellenvergleich, wonach „dieser interessante Beleg [. . .] gut zu der Beobachtung passen [würde], dass gerade im Umkreis der Wahl Barbarossas 1152 ein Abschluss der Königswählerdynastien stattfand“, ist ein unzulänglicher und abzulehnender Versuch, diese Quelle für seine Theorie zu vereinnahmen.

4. Willebriefe und andere Reichshandlungen

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dass die angesprochenen Konsense von 1273 zum einen an einem einzigen Tag (und nicht sukzessive!) ausgestellt wurden und dabei zum anderen zumindest die drei weltlichen Kurfürsten einen gemeinsamen (!) Willebrief unterfertigten. Dies zeigt nicht zuletzt das entstehende Selbstverständnis der Kurfürsten, eine Gemeinschaft, ein Kollegium darzustellen. Der Gesamtwillebrief der sechs kurfürstlichen Rechtspersonen von 1279, gleichwohl auf päpstliche Initiative hin entstanden, ist ein weiterer Beleg dafür.577 Diese hierdurch dokumentierte gesteigerte Bedeutung der Kurfürsten hinsichtlich der Reichspolitik, ihrer Rolle als Sachwalter des Reiches schon im ausgehenden 13. Jahrhundert steht dabei nicht zuletzt der Argumentation Ernst Schuberts entgegen, der den Kollegiumscharakter der Kurfürsten erst spät verwirklicht sehen will. Als Begründung führt er deren vermeintlich fehlendes korporatives Handeln in der Reichspolitik außerhalb der Königswahl an („Samthaftung, Samthandlung und Samtverantwortung“). Dies habe sich erst im Laufe des 14. Jahrhunderts entwickelt und dann im 15. Jahrhundert durchgesetzt, erst ab dann könne man von einem Kurkolleg sprechen. Dabei sind Schuberts Feststellungen in diesem Zusammenhang durchaus korrekt, wonach Willebriefe zunächst noch kein kurfürstliches Vorrecht waren, auch dass der Kurverein von 1338 noch auf eine Reichseinung erweitert werden sollte und das sog. Rhenser Weistum noch kein Weistum war und damit die Kurfürsten in dieser Sphäre noch keine eigene Rechtsinstanz bildeten.578 Diese Entwicklungen fanden schließlich erst ausgangs des 15. Jahrhunderts in der eigenen Reichstagskurie und 1519 in der ersten Wahlkapitulation ihren Abschluss!579 Es ist aber gerade für letzteren Aspekt von eminenter Bedeutung, dass bereits seit 1273 ein Wahleid der Elekten feststellbar ist, den diese den Kurfürsten in ihrer Gesamtheit leisteten bzw. den die Kurfürsten als Ausdruck gemeinsamer Sorge und Verantwortung für das Reich von ihnen einforderten.580 Die Wurzeln für die korporative Reichsverantwortung liegen demnach unzweifelhaft schon im letzten Viertel des 13. Jahrhunderts, wie ja auch die Willebriefe belegen. Die Intensität der Ausgestaltung der kurAußerdem sei nur auf die Anwesenheit aller nachmaligen Kurfürsten auf dem Hoftag von 1209 verwiesen; Arnold von Lübeck, Chronica Slavorum 7,17 (MGH, SSrG i. us. schol. 14, S. 289–291). 1252 fehlten zwar drei Kurfürsten in Braunschweig, aber man brauchte auch nicht alle, um ihnen das alleinige Wahlrecht zuzuweisen. Und schließlich handelten 1257 – wenngleich in zwei Lager gespalten – nur die sieben Kurfürsten! 577 MGH, Const. 3, Nr. 225; vgl. oben Kapitel IV.1. 578 Vgl. Schubert, Stellung, passim. 579 Vgl. W. Becker, Kurfürstenrat, S. 78 f.; Moraw, Versuch, S. 24–31; Neuhaus, Kurfürsten, S. 139 f.; Schubert, Königswahl, S. 316–326. 580 Vgl. Schubert, Königswahl, S. 321 f. 576

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V. Vom Gremium zum Kollegium der Kurfürsten

fürstlichen Rolle in diesem Bereich unterlag freilich noch einer Entwicklung. Aber die Kurfürsten handelten selbst in der Frühen Neuzeit, als das Kurkolleg fest etabliert war und das korporative Selbstverständnis und das Standesbewusstsein voll ausgeprägt waren, inner- und außerhalb von Reichs- und Wahltagen stets auch in ihrem ureigensten Interesse, ohne Rücksprache mit den und Rücksicht auf die Kollegen. Das gemeinschaftliche politische Handeln kann also niemals das entscheidende Kriterium für die Definition als Kollegium sein.581 Es gilt daher nochmals das Selbstverständliche zu betonen, nämlich dass die eigentliche Aufgabe der Kurfürsten die Königswahl war.582 Inwieweit sich das Kurkolleg als solches noch darüber hinaus weiter ausformte, Kompetenzen übernahm und schließlich auch jenseits seiner eigentlichen Bestimmung als Korporation auftrat, ist deshalb unerheblich hinsichtlich der Feststellung des Kollegiumscharakters.583 So bleibt festzuhalten, dass eben nicht zufällig – wenngleich nur vereinzelt – die ersten Selbstbezeichnungen der Kurfürsten als collegium noch vor der Wende zum 14. Jahrhundert auftauchen.584 5. Zwischenresümee Es ist abschließend festzuhalten, dass die sieben Kurfürsten weder bei der Konstituierung des Alleinwählergremiums Mitte des 13. Jahrhunderts, 581 Vgl. zur fehlenden kurfürstlichen Gemeinschaft in der Frühen Neuzeit z. B. Neuhaus, Kurfürsten, S. 141 f. 582 Für Schubert, Stellung, S. 101 Anm. 23, ist dies aber eine „kasuelle“ Einschränkung! 583 So wird auch bei den Kardinälen vor allem hinsichtlich der Wahl vom Kollegium gesprochen, ansonsten aber durchaus auch von den Kardinälen als nicht korporierten, einzelnen Rechtspersonen. Diese handeln zwangsläufig nicht immer kollegial; vgl. Aymans, Kollegium, S. 36 f.; ders, Recht, Bd. 2, S. 236 und 240 f. 584 MGH, Const 4, Nr. 5. Vgl. auch die bei Wolf, Entstehung, S. 87, angeführten weiteren Belege aus diesem Jahr, worin Kurfürsten von ihren collegae sprechen. Dabei trifft Wolfs Feststellung, dass diese Bezeichnungen „nicht als Selbstbezeichnung der Kurfürsten vor[kommen, sondern] im Zusammenhang mit Ansprüchen Außenstehender oder Abwesender, diesem collegium der Kurfürsten anzugehören“, so nicht zu. Mag der minderjährige Ludwig IV. keine Rechte gehabt haben (aber auch nur aufgrund der Minderjährigkeit), so verhält sich dies bereits bei Markgraf Hermann anders. Ohnehin übersieht Wolf, dass auch die Kurfürsten von Trier und der Pfalz die Wendung „nostros collegas“ gebrauchen; vgl. oben S. 127 f. und 115. Wenzel II. gehörte definitiv und unbestritten zum Kurkolleg, wenngleich er – absichtlich – der Wahl fernblieb; vgl. Begert, Böhmen, S. 109 f. Außerdem wäre gerade eine Bezeichnung der Kurfürsten als Kolleg durch Un- oder Minderberechtigte bei deren Bemühen um Teilhabe der schlagendste Beweis, dass man damals bereits die Kurfürsten als begrenztes und begrenzendes Gremium, eben als geschlossenes Kollegium ansah. Sie selbst taten es, wie die Aussagen belegen.

5. Zwischenresümee

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noch in den beiden Jahrzehnten danach ein regelrechtes Kollegium darstellten. Immer noch waren sie ersetzbar und alle Reichsfürsten konnten sie ersetzen, sofern – und dies ist entscheidend – einer der festgelegten sieben Alleinwähler verhindert bzw. unwillig war an der Königswahl teilzunehmen. Doch noch unter König Rudolf I. haben sie sich als geschlossenes Kollegium etabliert und die anderen Fürsten endgültig von der Wahl exkludiert. Dies geschah bis zur Goldenen Bulle nicht durch einen förmlichen Akt, sondern durch interne Verabredung, denn die Kurfürsten waren die Herren des Verfahrens. Unterstützt von Rechtsbüchern und dem Gewohnheitsrecht war der kollegiale Status, das in seiner Zusammensetzung abgeschlossene Gremium, schließlich Anfang des 14. Jahrhunderts unumstritten. Spiegel dessen war auch, dass sich das Wahlverfahren selbst an den kollegialen Vorbildern orientierte (unitas actus und electio per unum), um sich allerdings dann erst zu Beginn des zweiten Drittels des 14. Jahrhunderts auch noch formal zum wichtigen offenen Mehrheitsprinzip durchzuringen. Erste Schritte in diese Richtung unternahm bereits Rudolf von Habsburg, wenngleich das offene Mehrheitsprinzip sogar noch im 15. Jahrhundert in Einzelfällen negiert wurde. Es gibt demnach zweifellos verschiedene Etappen auf dem Weg zum Kollegium, verschiedene Stadien der Intensität des kollegialen Charakters. Der weitaus größte Teil dieser Metamorphose vom Gremium zum Kollegium war aber bis zur Wende zum 14. Jahrhundert abgeschlossen. Dass darüber hinaus das Kurkolleg dann als solches auch noch Aufgaben in der Reichspolitik übernahm, ist für die Definition irrelevant. So tauchen nicht von ungefähr erste Bezeichnungen der Kurfürsten als collegium bereits ausgangs des 13. Jahrhunderts auf, und Lupold von Bebenburg betont dann in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts nachdrücklich, dass die Kurfürsten das Wahlrecht ut collegium besitzen würden.585 Gleichwohl ist es zutreffend, dass dieser Begriff dann im 14. Jahrhundert noch eher selten gebraucht wurde und er gerade in der Goldenen Bulle fehlt. Karl IV. sprach in seinem Gesetzeswerk von 1356 in verschiedenen Kapiteln vorwiegend vom consilium der Kurfürsten.586 Er definierte damit aber in erster Linie nicht das Gremium an sich, sondern beschrieb dessen (zweites) Betätigungsfeld. Die Elektoren sollten als Beratungsorgan des Kaisers in dessen Einflussbereich eingebunden, ihm letztlich unter-, zumindest aber in der Reichsregierung beigeordnet sein und nicht als eigenständige, dem Kaiser damit gegenüberstehende politische Instanz verstanden werden. Sie waren pars corporis nostri, hatten an seiner Majestät, hatten 585 586

Vgl. Schubert, Stellung, S. 100. GB cap. III; IV; XII; XVI und XXI (MGH, Const. 11, passim).

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V. Vom Gremium zum Kollegium der Kurfürsten

am Reich teil.587 Dennoch sind bei diesen Begrifflichkeiten die Analogien zum Verhältnis des Papstes zum Kardinalskollegium signifikant.588 Aber abgesehen vom consilium-Begriff bezeichnet die Goldene Bulle an einigen Stellen das Gremium der Kurfürsten auch als consortium.589 Dieser Terminus entstammte wiederum der genossenschaftlichen Rechtssphäre. Schon der Schwabenspiegel hatte die Kurfürsten als gesellen tituliert und damit einen Begriff aus dem genossenschaftlichen Zunftwesen verwandt.590 Gerade aber im Rechtsbereich der Genossenschaften hatte der kanonische Körperschaftsbegriff verstärkt Einzug gehalten – und jedes genossenschaftlich strukturierte corpus stellt ein collegium dar.591

587 GB cap. XXIV (MGH, Const. 11, S. 616–620). Vgl. Schubert, Stellung, S. 105–107; Mitteis/Lieberich, Rechtsgeschichte, 33-IV-2-d + g, S. 247 f. Hergemöller, Abschluß, S. 208–210, betont, dass Karl sich mit dem XXIV. Kapitel der Goldenen Bulle, das dem spätantiken Corpus iuris civilis entnommen ist, in die Tradition der römischen Kaiser stellte und seine „Weltherrschaftskompetenz“ ausdrückte. Gleichwohl sieht auch er selbstverständlich hier die Kurfürsten als „integrale Bestandteile der obersten Dignität“ dargestellt. 588 Auch das Kardinalskolleg galt als consilium des Papstes und gemeinsam bildeten sie einen corpus; vgl. Kaufhold, Rhythmen, S. 171–175; Maleczek, Papst, S. 283 f., 297 f. und 307 ff. Sägmüller, Thätigkeit, S. 173–177, sieht „die berathende Thätigkeit der Cardinäle Collegium bildend“. Zweifellos förderte dies das korporative (Selbst-)Verständnis, es war und ist jedoch nicht Voraussetzung für die Definition. 589 GB cap. I,6; II,5 und IV,2 (MGH, Const. 11, S. 568, 578 und 580–582). Wolf, Entstehung, S. 99, will diese „Teilhaberschaft“ natürlich wieder erbrechtlich interpretieren, wonach sie die „Erbengemeinschaft“ bezeichne. Dies ist freilich abzulehnen. 590 Schwabenspiegel, Landrecht, cap. 130a (BRH 4, S. 430). 591 Vgl. Gierke, Genossenschaftsrecht, Bd. 2, S. 553–558, 865 ff. und 923 ff., bes. 883 f.; Landau, Kollegium, S. 492–494. Unerheblich ist, dass nach älterem Recht eine Genossenschaft eine Versammlung aller derjenigen war, die sich im Falle einer Wahl ein neues Oberhaupt erkoren, also ursprünglich gerade kein abstraktes juristisches Organ; vgl. auch Wretschko, Einfluss, S. 177 f.; Gierke, Genossenschaftsrecht, Bd. 2, S. 47.

VI. Das Prinzip der Majorität 1. Von der „Volkswahl“ bis zur Formierung des Kollegs Die römisch-deutsche Königswahl wurde schon in Zeiten der „Volkswahl“, als noch eine breite Masse von Fürsten und Magnaten und „populus“ daran teilnahmen, durch Mehrheiten entschieden. Allerdings gilt es hier abzustufen von den bedeutenden zu den weniger bedeutenden Wählern. Bestimmte Herzöge und Erzbischöfe dominierten das Geschehen und zogen entsprechend das Gros der Wähler mit, indem sie ihnen „unausweichliches Vorbild“ waren.592 Insofern gab es eine sanior pars unter den Wählern, die ihrerseits aber in sich gespalten sein konnte, doch durch die Einbeziehung der Masse entschied letztlich auch hier die maior pars. Die unterlegene Minderheit musste dann entweder den Wahlort verlassen, um auf diese Weise als Nichtwähler zu gelten, oder sich der Mehrheit aktiv beugen und sich ihr anschließen. Dieses germanische Prinzip der Folgepflicht stellt eine factio iuris dar. Die ehemaligen Opponenten folgten der Majorität realiter, fielen in die Akklamation ein und huldigten dem neuen König ebenfalls. Nach außen wurde Einstimmigkeit dargestellt, jede Wahl endete formal concorditer.593 Die ggf. abgezogenen Wähler, die sich diesem Verfahren entzogen hatten, konnten einerseits nachträglich dem König huldigen, wie etwa nach der Wahl Konrads II. (1024/25).594 Andererseits konnten sie in Opposition verharren, was zu kriegerischen Auseinandersetzungen führen und gar in der Erhebung eines Gegenkönigs als Ausdruck der discordia enden konnte, wie dies bei der staufisch-schwäbischen Opposition 1125/27 geschah.595 Genauso konnten sich aber im Vorfeld von Wahlen Fürstengruppen zu „staatsstreichartigen“ Erhebungsakten herbeilassen, um die Kö592 Vgl. Buchner, Kaiser- und Königsmacher, S. 201 f.; ders., Königswahlen, 34–39; Mitteis, Königswahl, S. 77–79; Erkens, Kurfürsten, S. 55 f. mit Anm. 298. 593 Vgl. Mitteis, Königswahl, S. 75–87 und 169; Maleczek, Abstimmungsarten, S. 97; Elsener, Geschichte, S. 80–86. 594 Vgl. Maleczek, Abstimmungsarten, S. 95 mit Anm. 77; Erkens, Konrad II., S. 40 f., 54–59 und 72. 595 Vgl. Giese, Gegenkönigtum, passim; Schmidt, Königswahl, S. 60–68; Rogge, Könige, S. 22–26. Allerdings hatten die Schwaben unter der Führung ihres Herzogs Friedrich dem neuen König Lothar im Anschluss an dessen Wahl gehuldigt, sind also der concorditer erfolgten Erhebung zunächst formal beigetreten; vgl. Schmidt, Königswahl, S. 51.

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VI. Das Prinzip der Majorität

nigswahl in ihrem Sinne durchzuführen, obwohl sie eine Minderheit darstellten, was der staufischen Partei 1138 gelang.596 Das zeigt, dass das Mehrheitsprinzip zwar bestand, aber nicht „sicher“ war. Je größer die Gruppe der Wähler war, umso schwieriger war ein Konsens bei der Wahl, umso schwieriger war überhaupt die Feststellung der Mehrheit, umso größer war die potentielle Minderheit und umso größer war damit auch die Gefahr oppositioneller Handlungen entgegen der Mehrheitsentscheidung. Erschwerend kommt bei großen Wahlversammlungen noch das Risiko hinzu, dass durch tumultuarische Akte die wahren Mehrheitsverhältnisse verfälscht bzw. manipuliert werden konnten. Hierfür liefert etwa die Erhebung Lothars III. 1125 ein Beispiel.597 Die Ursprünge des Kurkollegs lagen in dem Bedürfnis, bei der Königswahl eindeutige und allgemein anerkannte Entscheidungen zu gewährleisten. Hierzu strebte man angesichts der Vielzahl der zur Wahl Berechtigten im Sinne der Praktikabilität deren Verringerung an. Nicht zuletzt tumultuarische Akte sollten auf diese Weise unmöglich werden. Den zum Teil nur in der Theorie existierenden Gremien des 12. Jahrhunderts lag dabei das Prinzip der schiedsrichterlichen Parität zugrunde, wodurch erreicht werden sollte, dass die Faktionen gleichberechtigt und gemeinsam zu einer Entscheidung kamen und so eine wirkliche concordia herstellten. Im deutschen Thronstreit 1198 war dies jedoch illusorisch. Dennoch wurde auch in der kölnisch-welfischen Propaganda weiterhin an einem paritätischen Gremium festgehalten, dessen Mehrheit freilich der Partei Ottos IV. zuneigte. Dabei stand auch dieses Gremium in der Tradition weltlicher Schiedsgerichte und hatte dementsprechend die Aufgabe, Streitigkeiten zu entscheiden. Solche Schiedsgerichte brauchten jedoch im Zweifelsfalle einen „Ungeraden“, ein zusätzliches Mitglied, das hinzugezogen wurde, um ein Patt zu entscheiden. Als die Prinzipalwähler zu Alleinwählern wurden, machte dies eine entsprechende Regelung zwingend notwendig. Die Hinzunahme des Königs von Böhmen in das Alleinwählergremium 1252 ist – wie nicht zuletzt die Überlieferung des Hostiensis zeigt – unbezweifelbarer Ausdruck dessen, dass durch die ungerade Zahl an Wahlberechtigten eine eindeutige Wahl eines römischen Königs gewährleistet werden sollte.598 Dies wiederum bedeutet, dass bei der Installierung des Alleinwählergremiums impliziert war, Vgl. Niederkorn, Staatsstreich, S. 430–436 und 448; Pauler, Wahl, passim; Rogge, Könige, S. 26 f.; Schmidt, Königswahl, S. 77–85. Vgl. zu diesem Absatz auch Wretschko, Einfluss, S. 188 f. 597 Vgl. Schlick, König, S. 91 f.; Speer, Kaiser Lothar III., S. 59–65; Schmidt, Königswahl, S. 46–52. 598 Vgl. Begert, Kurkolleg, S. 424–429; oben Kapitel II.4. 596

1. Von der „Volkswahl“ bis zur Formierung des Kollegs

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dass ein römischer König nicht nur einstimmig, sondern auch per Mehrheitsbeschluss vollgültig und unanfechtbar gewählt werden konnte. Dabei kam aber auch bei einer solchen Mehrheitswahl – wie einleitend erwähnt – aufgrund des germanischen Prinzips der Folgepflicht eine concordia zustande! Eine discordia konnte angesichts des Mehrheitsprinzips und des überschaubaren Gremiums eigentlich nur bei einem Stimmenpatt vorliegen. Aber dies sollte durch die Adlektion des Königs von Böhmen ja gerade unmöglich gemacht werden.599 Doch das Vermeiden von Doppelwahlen blieb zunächst nur frommer Wunsch, denn bereits 1257, bei der ersten Wahl, die alleine durch die sieben Fürsten dieses Gremiums durchgeführt wurde, kam es zu einer Wahl zweier Könige. Die eigentlich unmöglich gewordene discordia kam aber nicht (!) dadurch zustande, dass beide Seiten vier Wähler aufzuweisen hatten, da der König von Böhmen doppelt abstimmte, sondern dadurch, dass zwei Wahlakte stattfanden. Im Verhältnis zu den alten Volks- oder Fürstenwahlen hatte sich demnach vermeintlich nichts geändert. Trotz begrenztem Kurgremium konnte es weiterhin zur Spaltung des Wahlkörpers und damit zu Doppelwahlen kommen. Nach Auffassung der englischen Partei konnte es nur einen rechtmäßigen Wahlakt geben (festgelegter Ort und Zeitpunkt) und zwar unabhängig von der Zahl der dort vertretenen Kurfürsten, sofern es mindesten zwei waren.600 Damit wurde aber nicht das Mehrheitsprinzip verworfen. Es wurde sehr wohl dem – aus ihrer Sicht – rechtmäßigen Akt zugrunde gelegt. Da sich die Fürsten der kastilischen Faktion geweigert hätten, an der Wahlversammlung der englischen Partei teilzunehmen, betrachtete letztere – gemäß kanonischem Kollegialrecht601 – das Wahlrecht der ersteren als erloschen bzw. als gänzlich auf sie übergegangen.602 So schritten Pfalz und Köln (auch im 599 Vgl. Mitteis, Königswahl, S. 189, unter Zugrundelegung der Hostiensisglossen; zustimmend etwa Weizsäcker, Böhme, S. 196. Zu denken ist dabei auch an das erste Weistum, das 1252 gefunden wurde, wonach ein König, ex quo electus est in concordia, dieselbe Macht wie ein Kaiser habe (Zeumer, Reichsweisthum, S. 406; Wolf, Entstehung, Q 44, S. 147). Es galt daher Regelungen zu treffen, eine solche concordia zu garantieren. Abzulehnen ist Eckhardts, Entstehungszeit, S. 35 f., Ansicht, discordia meine beim Hostiensis generell eine fehlende Einstimmigkeit unter den Wählern, also schon den Widerspruch eines Einzelnen. Dies widerspricht nicht zuletzt dem kanonischen Recht. Vgl. zur Folgepflicht auch Elsener, Geschichte, S. 81 f.; Wretschko, Einfluss, S. 186–189. 600 MGH, Const. 2, Nr. 405, §§ 6–8. Der Grund für diese Mindestzahl lag nicht zuletzt darin, dass die englische Wahlpartei 1257 ja zunächst nur aus dem Pfalzgrafen und dem Erzbischof von Köln, der allerdings auch im Namen des Mainzers auftrat, bestand. Vgl. hierzu aber auch unten Anm. 662. 601 Vgl. Aymans, Kollegium, S. 129 f.; unten Kapitel VI.4.b).

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VI. Das Prinzip der Majorität

Namen von Mainz) alleine zur Wahl und erhoben Richard concorditer zum König.603 Das Postulat des kanonischen Prinzips der unitas actus war neu, doch ansonsten hatte sich an den rechtlichen Gegebenheiten wenig geändert seit den „Volkswahlen“: Die Wahlen wurden stets einstimmig beendet und eine discordia, so formulierte es die englische Partei ausdrücklich, kam, außer bei einem Patt, nur durch einen zweiten, allerdings unrechtmäßigen Wahlakt zustande.604 Es galt daher zur Entscheidung der Rechtmäßigkeit einer Wahl Kriterien zu finden und ein solches war die unitas actus. Die kastilische Partei übernahm zwar für ihre Argumentation, dass sich die gegnerischen Kurfürsten ihrem rechtmäßigen Wahlakt (festgelegter Zeitpunkt und Ort) verweigert und sich damit ihres Kurrechts begeben hätten605, jedoch betonten sie zudem, dass sie ohnehin die Mehrheit der Wahlfürsten ausmachten, während Köln und Pfalz mit der angezweifelten Stimme des Mainzers (das böhmische Votum, ohnehin im Januar erst nachträglich Richard zugewandt, wurde später für Alfons abgegeben und somit von der kastilischen Seite nicht für die englische Partei gewertet!) bei ihrer „PseudoWahl“ nur die Minderheit dargestellt hätten. Unabhängig von der unitasactus-Argumentation wurde damit das Prinzip der Mehrheitswahl von der kastilischen Partei auch für zwei Akte eingefordert, also die absolute Mehrheit der Mitglieder des Gremiums als conditio sine qua non für eine gültige Königswahl postuliert: electionem [. . .] fore legittimam utpote celebratam a 602

Tu ab omnibus principibus vel saltem ab hiis, in quos totaliter ius eligendi reciderat, censeri debes electus, [. . .] presertim cum non tantum maior pars principum predictorum, immo omnes [. . .] electioni de te facte consentiant (MGH, Const. 2, Nr. 405, § 10). 603 MGH, Const. 2, Nr. 405, §§ 8 und 10. In § 7 heißt es, dass eine einträchtige Wahl dann gegeben ist, wenn vota omnium electorum oder wenigstens der zwei anwesenden Fürsten auf den Kandidaten entfallen. Dies bedeutet aber nicht, dass eine discordia auch bereits bei einer einzigen Gegenstimme eintrat, sondern die Einstimmigkeit muss als Resultat und Ausdruck der Folgepflicht gesehen werden, wobei sich freilich zwei Kurfürsten wirklich einig sein mussten. 604 Mitteis, Königswahl, S. 196, sieht in der Argumentation der englischen Partei eine „gekünstelte Umdeutung“, sieht einen „vollständigen Wandel in der Auffassung der Worte ‚in concordia‘ und ‚in discordia‘.“ Doch hier irrt der große Rechtshistoriker, da er in diesem Punkt offenkundig von einer modernen Begriffsdefinition geleitet wird. Eine zwieträchtige Wahl konnte es nur (noch) aufgrund zweier Wahlakte geben, da das Kurkolleg ansonsten zu eindeutigen Entscheidungen aufgestellt war. Einzige Ausnahme würde das Fernbleiben einer ungeraden Zahl an Kurfürsten hervorrufen, wodurch wiederum die Zahl der zur Wahl versammelten Elektoren gerade wäre und damit ein Patt möglich würde. Auch dieser Fall wird von der Partei Richards angesprochen, wonach duo in discordia gewählt werden können, wenn die (an einem Ort) versammelten Fürsten divisis in plures (MGH, Const. 2, Nr. 405, § 7). Dies meint alleine ein Patt und keine Wahl durch unterschiedlich viele Fürsten auf beiden Seiten! Zur unitas actus vgl. Wretschko, Einfluss, S. 177–185. 605 MGH, Const. 2, Nr. 405, § 11.

1. Von der „Volkswahl“ bis zur Formierung des Kollegs

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maiori parte ipsorum principum.606 Die Handlungs- und vor allem Entscheidungsfähigkeit des siebenköpfigen Alleinwählergremiums sollte auf diese Weise auch im Falle einer zweiaktigen Doppelwahl gewahrt bleiben.607 Doch selbst mit diesem Argument konnte sich die kastilische Partei im Thronstreit nicht durchsetzen. So wurde zwar von beiden Parteien am Prinzip der Mehrheitsentscheidung festgehalten, dennoch hatte sich die Delegierung des Wahlrechtes an ein kleines Gremium gleich bei seiner ersten Bewährungsprobe als Fehlschlag erwiesen. Die Problematik einer Negierung, oder besser: des Unterlaufens der Mehrheitsverhältnisse war geblieben.608 Die Angst vor weiteren Doppelwahlen war daraufhin manifest.609 In dem Bemühen, 1273 eine einstimmige Wahl zu gewährleisten, wurde sogar eine electio per unum durch den Pfalzgrafen vorgenommen. Wie früher die Prinzipalwähler im Hinblick auf die Gesamtheit der Reichsfürsten, so konnte auch Pfalzgraf Ludwig nicht nach seinem mutwillen wählen. Er wählte Rudolf von Habsburg aufgrund der zuvor sämtlich für diesen abgegebenen Stimmen.610 Dass diese Wahl den Grundsätzen des Mehrheitsprinzips folgte611, wird dabei gerade auch durch das Verhalten des Königs von Böhmen bzw. seines Gesandten, Bischof Bertholds von Bamberg, deutlich. Es gilt nämlich zu bedenken, dass 1273 der böhmische Wahlbotschafter für die 606 MGH, Const. 2, Nr. 405, § 14 und 12. Bezeichnenderweise unterschlägt Wolf, Entstehung, S. 159, in seinem Quellenanhang diese Passagen und paraphrasiert sie nur unzureichend. Schließlich wurde der Argumentation damit eindeutig ein feststehendes siebenköpfiges Gremium zugrunde gelegt. Vgl. auch MGH, Const. 2, Nr. 397, § 26. 607 Die Partei Richards konnte eigentlich nicht das Mehrheitsargument im direkten Verhältnis zur kastilischen Partei bemühen. Jedoch argumentierte auch sie mit dem electorum numerus, wonach die Wahl des Kastiliers auch diesbezüglich defizitär gewesen sei, da diese nur der Trierer Erzbischof – gleichwohl mit „fraglichen“ Vollmachten ausgestattet – alleine vollzogen hatte. Ebenso wurde indirekt darauf angespielt, indem man die Brandenburger Vollmachten unterschlug und die Situation im Januar so darstellte, dass der eigenen dreiköpfigen Partei (Köln, Mainz, Pfalz) nur die beiden Fürsten aus Trier und Sachsen gegenübergestanden hätten, man also die Mehrheit der Anwesenden gehabt hätte; MGH, Const. 2, Nr. 405, §§ 8 und 10; vgl. auch Acta imperii inedita, Bd. 1, Nr. 567. 608 Unzureichend in seiner Analyse der Parteistandpunkte ist Kaufhold, Rhythmen, S. 118 f. 609 Vgl. Schubert, Königswahl, S. 298 f. 610 Vgl. Zeumer, Kur, S. 233 f.; Mitteis, Königswahl, S. 205–209. 611 Bereits zuvor wurde das Mehrheitsprinzip der Einung der vier rheinischen Kurfürsten zugrundegelegt. Hier vereinbarten sie nämlich, dass der vierte Fürst sich für den Kandidaten erklären würde, auf den sich die anderen drei geeinigt hätten. Der Vierte hatte sich also der Mehrheit zu beugen, dieser zu folgen (MGH, Const. 3, Nr. 6). Da die Rheinländer zu viert wiederum die Mehrheit des Gremiums stellten, hieß das in Konsequenz: Wen drei rheinische Kurfürsten wollten, der würde König werden. Vgl. auch Erkens, Kurfürsten, S. 44.

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VI. Das Prinzip der Majorität

bevorstehende Wahl Rudolfs die Folge verweigerte und daraufhin von den Kurfürsten durch den „gefügigen“ bayerischen Wahlbotschafter ersetzt wurde, wogegen der Bischof protestierte, um dann die Wahlversammlung endgültig zu verlassen.612 Da Böhmen dem Mehrheitsvotum für Rudolf nicht folgen wollte, blieb letztlich auch nichts anderes übrig, als den Wahltag zu verlassen. Wäre der böhmische Wahlbotschafter geblieben, so hätte er durch die Teilnahme am Wahlakt auch im Falle seiner Gegenstimme dessen Ergebnis juristisch anerkannt.613 Dass Berthold das böhmische Votum nicht förmlich für Otakar abgab bzw. entsprechend an einen Kurfürsten delegierte, belegt nachdrücklich, dass man auch auf böhmischer Seite die rechtliche Bedeutungslosigkeit eines solchen Minderheitsvotums einsah. Das war eben die Konsequenz des Mehrheitsprinzips und der daran gekoppelten Folgepflicht. Dieses Prinzip bestand, war allgemein akzeptiert und unverrückbar. Otakar glaubte eben nicht, mit seiner einzigen Stimme alleine einen neuen König wählen zu können. Denn selbst wenn er für einen eigenen Wahlakt das Wahlrecht der anderen Kurfürsten als verfallen deklariert hätte, weil diese abwesend gewesen wären, hätte er – gemäß des kastilischen Postulats von 1263 – nicht die absolute Mehrheit des Gremiums/Kollegiums repräsentiert. So gab Otakar zwar 1274 als einzelner und einziger Kurfürst seine Stimme für Alfons von Kastilien ab614, doch vollzog er damit keine zweite Königswahl, die einen Kandidaten nur mit einer Stimme gegen König Rudolf erhob, der mit sieben Stimmen erwählt worden war.615 Stattdessen griff der böhmische König vielmehr die generelle Zulässigkeit des Wahlaktes von 1273 an, weshalb es irrelevant war, dass diese concorditer, aber gegen den vehementen böhmischen Widerspruch erfolgt war, wie er selbst dem Papst gegenüber erklärte.616 Indem Otakar nämlich König Alfons ausdrücklich neuerlich (iterate, secundario) wählte, drückte er hiermit aus, dass der 1257 (rechtmäßig) erwählte König immer noch lebte und regierte. Er unterstrich dessen älteren Anrechte auf den Thron und stellte Ru612 Bezeichnenderweise wurde die Opposition des böhmischen Wahlbotschafters gegen Rudolf von Habsburg in der berühmten Urkunde von 1275 geflissentlich übergangen und nur der gleichfalls erfolgte Protest des Bamberger Bischofs gegen die Zulassung des Bayern thematisiert; MGH, Const. 3, Nr. 83; vgl. Zeumer, Kur, S. 227–229. 613 Vgl. Begert, Böhmen, S. 131–133. 614 Ulanowski, Material, Nr. 4 S. 432 f. 615 Man muss bedenken, ob die Hinzunahme des Bayern als siebter Wähler mehr als nur formale Gründe hatte (vgl. oben S. 157). Eventuell wollte man durch die Herstellung der Vollständigkeit des Wahlgremiums dem Böhmen die Möglichkeit nehmen, überhaupt nachträglich als Kurfürst agieren zu können. 616 MGH, Const. 3, Nr. 16; vgl. Zeumer, Kur, S. 229.

1. Von der „Volkswahl“ bis zur Formierung des Kollegs

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dolf somit als Usurpator, die anderen Kurfürsten demzufolge als Hochverräter dar.617 Eine Ablehnung oder Negierung des Mehrheitsprinzips liegt hier also nicht vor! Im Gegenteil, Otakars ganzes Vorgehen zeigt die Vergeblichkeit, gegen das Mehrheitsprinzip agieren zu können. Dessen weiterhin bestehende Gültigkeit wurde ab 1275 im als Kaiserrecht aufgefassten Schwabenspiegel ausdrücklich kodifiziert. Hier heißt es: dar umbe ist der fursten vngerade gesezzet, ob drie an ainen genassent und viere an dem andern, daz die drie den vieren sfflln volgen. und sol dfflminre volgen dem meren. daz ist an aller kur reht.618 Die in der Abstimmung/ Wahl unterlegene Minderheit sollte der Mehrheit folgen, ihr zustimmen, und damit sollte der Beschluss faktisch und formal einstimmig sein. Wenngleich dies von Mitteis als „verdecktes Mehrheitsprinzip“ deklariert wird, so ist es eben doch das Mehrheitsprinzip. Die Stimmenmehrheit führt die Entscheidung herbei.619 Es war dies nicht nur der fromme Wunsch des Autoren des Schwabenspiegels, sondern wirklich bestehendes Recht620, denn die Gewährleistung einer Entscheidung war der Grund für die ungerade Siebenzahl des Kurkollegs, die 1252 festgelegt wurde, und das wusste und erkannte man auch noch gut 20 Jahre später. Ausdruck dessen war auch die Regelung des kurfürstlichen Konsensrechts 1281. Die notwendige Zustimmung der Kurfürsten galt als erbracht, wenn zumindest deren Mehrheit ihr Einverständnis zu einem königlichen Rechtsakt erklärte.621 Der einzige Unterschied zur Königswahl bestand darin, dass insofern keine förmliche Folgepflicht der nicht konsentierenden Kurfürsten impliziert war, sondern eine einfache Mehrheit genügte. Damit wurde hier bereits der Weg vom verdeckten zum offenen, reinen Mehrheitsprinzip beschritten622, das sich schließlich im 14. Jahrhundert bei der Königswahl durchsetzen würde. 617 Seine eigenen Ambitionen erwähnte Otakar deshalb natürlich geflissentlich nicht mehr. Vgl. zur Sache Krieger, Rudolf, S. 116–118. Vgl. Begert, Böhmen, S. 132 mit Anm. 28, wo ich noch fälschlich von einer Gegenkönigswahl mittels einer einzigen Stimme ausging. Man muss hier vielmehr einen Wechsel in der Taktik Otakars erkennen. 618 Schwabenspiegel, Landrecht 130a (BRH 4, S. 430). 619 Vgl. Mitteis, Königswahl, S. 169; H.-J. Becker, Mehrheitsprinzip, Sp. 434. 620 Mitteis, Königswahl, S. 209 spricht dagegen davon: „Das ist gut deutschrechtlich gedacht, aber nicht zwingend Reichsrecht.“ Im selben Tenor auch Elsener, Geschichte, S. 88. 621 MGH, Const. 3, Nr. 284. Dass dann königliche Handlungen mit consensu maioris partis principum ius in eleccione Romani regis habencium erfolgten, ist beispielsweise für das Jahr 1287 belegt: Acta imperii inedita, Bd. 2, Nr. 164. Vgl. zum kurfürstlichen Konsensrecht auch oben Kapitel V.4. 622 Gleichwohl betont Mitteis, Königswahl, S. 206, dass die Kurfürsten hier nacheinander und einzeln ihre Willebriefe abgeben sollten, also kein Majoritätsbeschluss

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VI. Das Prinzip der Majorität

Das bestehende Mehrheitsprinzip negierte auch Pfalzgraf Ludwig II. im Jahre 1292 nicht. Armin Wolf glaubt, dass er damals Herzog Konrad von Teck zum römischen König gewählt habe.623 Allerdings ist dies schon alleine deswegen fraglich, da Ludwig bzw. seine Partei ja im Interregnum gegenüber der Kurie eine Wahl als in discordia bezeichnet hatten, die nicht am festgelegten Wahltermin und Wahlort abgehalten wurde, außerdem müssten sich gemäß der seinerzeit vertretenen Auffassung für eine rechtmäßige Wahl mindestens zwei Kurfürsten versammeln.624 Selbst wenn der Pfalzgraf aber versucht haben sollte, Tatsachen zu schaffen, dürfte er keineswegs die Erhebung Konrads durch seine alleinige Stimme als vollendet (oder überhaupt gültig), geschweige denn als durchsetzbar angesehen haben. Da er mit dem Tecker weiter gen Frankfurt zum vereinbarten Wahltag zog, steht zu vermuten, dass Ludwig II. bemüht war, seine Kollegen für den Habsburger Kompromisskandidaten zu gewinnen, unabhängig davon, ob er ihn bereits formal gewählt oder nur die entsprechende Absicht im Sinne einer nominatio verkündet hatte.625 Da Konrad von Teck beinahe umgehend verstarb (Wolf legt einen gewaltsamen Tod nahe), bleibt alles weitere Spekulation. Zumindest aber kann angesichts dieser Vorgänge keine Verletzung des Mehrheitsprinzips, bestenfalls der unitas actus, festgestellt werden.

des Kollegs als solcher vorlag; vgl. aber dazu oben Anm. 571. Allerdings hat Rudolf auch an anderer Stelle, quasi beiläufig, ebenfalls den Gedanken von der Königswahl durch die bloße Mehrheit geäußert, ohne zumindest ausdrücklich die Folgepflicht zu berücksichtigen (MGH, Const. 3, Nr. 121: per eos vel maiorem partem eorum). Wretschko, Einfluss, S. 199 f., hat zwar nahegelegt, dass die Einflüsse auch der kanonistischen Sprache darauf schließen lassen, dass die entsprechende Wendung aus einer kirchlichen Urkunde entlehnt wurde, doch relativiert dies nichts, wie durch den Vergleich mit der Urkunde über die Willebriefe zu sehen ist. Rudolf scheint – durchaus unter Einfluss kirchlichen Rechts – in der Tat die faktische Folgepflicht als überflüssig angesehen zu haben. 623 Vgl. Wolf, König, S. 54–67 und 90–98; ders., Entstehung, S. 59–61. 624 MGH, Const. 2, Nr. 405, § 6 f. Die Aussage hinsichtlich der mindestens notwendigen zwei Kurfürsten nimmt auch Wolf, König, S. 90 und 98, zum Anlass, zwingend von mindestens einem weiteren Wähler Konrads von Teck auszugehen, den er in Albrecht von Österreich zu finden glaubt. Damit kann er vermeintlich wieder seine These vom noch nicht fertigen Kurkolleg belegen, doch ist dies ein unzulässiger Zirkelschluss. Ein Wahlrecht des Herzogs von Österreich ist auszuschließen; vgl. dazu auch Begert, Böhmen, S. 132 Anm. 29. Vgl. auch Götz, Herzog Konrad, S. 29 Anm. 12, der die von Wolf herangezogene Grabinschrift, die eine Wahl durch mehrere Fürsten (electus per principes) überliefert, als Erfindung des 19. Jahrhunderts überführt! 625 Vgl. auch Götz, Herzog Konrad, passim, der Wolfs Thesen zur Gänze verwirft und eine erfolgte Königswahl ablehnt.

2. Doppel- und Gegenkönigswahlen (1298–1349)

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2. Doppel- und Gegenkönigswahlen (1298–1349) Das Majoritätsprinzip wurde auch in der folgenden Phase der Doppelund Gegenkönigswahlen nie negiert.626 Dabei ist zunächst festzuhalten, dass sich diese beiden Komplexe kaum unterscheiden. In beiden Fällen wird eine Wahl vollzogen, während ein gewählter König noch lebt, egal ob nur wenige Stunden oder mehrere Jahre zwischen den zwei Wahlakten liegen. In beiden Fällen wird dessen Königtum durch die Wähler des zweiten Königs abgelehnt. Dabei wird dieses im Falle der sog. Doppelwahl, also einer in kurzem Abstand folgenden zweiten Wahl, schlicht ignoriert, während es im Falle einer Gegenkönigswahl zu einer förmlichen Absetzung des bislang regierenden Herrschers kommen kann. Dieser kann ursprünglich durchaus einstimmig erwählt worden sein und damit auch durch die Rechtsvorgänger der absetzenden Kurfürsten oder gar durch diese selbst.627 Daraufhin erklären sie das Reich für vakant. Es kann jedoch auch ohne vorhergehende Absetzung direkt dazu kommen, dass der Reichsthron einfach für ledig erklärt wird, womit man sich inhaltlich wieder der Ignorierung des Königtums wie bei einer Doppelwahl annähert. Das bedeutet aber, dass sowohl bei einer Doppelwahl als auch bei einer Gegenkönigswahl, abgesehen vom Königtum des Kontrahenten, auch die jeweils gegnerische Wählerschaft ignoriert wird. Entscheidend ist folglich für eine Partei nur die eigene Wahl, für die die abwesenden Kurfürsten ihr Wahlrecht verwirkt haben. Es findet kein Aufrechnen der Stimmenverteilung statt, sondern es wird Wert auf die concordia des jeweiligen Wahlaktes gelegt. Soweit folgt man den Vorgaben der englischen Partei aus dem Thronstreit des Interregnums. Jedoch hatte sich 626 Es ist ein Irrtum der Forschung, aufgrund der Doppel- und Gegenkönigswahlen zu vermuten, dass Mehrheitsprinzip sei noch „nicht akzeptiert“ gewesen; vgl. z. B. Schepelmann, Königswahl, S. 64 und 69; Schubert, Königswahl, S. 298–306; Willoweit, Verfassungsgeschichte (2005), § 11-I-2, S. 96. Auch ich selbst habe in meiner Dissertation ursprünglich die Meinung vertreten, dass das Majoritätsprinzip sich erst im 14. Jahrhundert durchsetzte, vgl. Begert, Böhmen, S. 132 und 152. Doch zeigen etwa Schepelmanns Ausführungen zum Wahldekret von 1308 nur, dass man aus der Vierzahl der ausstellenden Kurfürsten nicht das Majoritätsprinzip beweisen kann, nicht aber, dass es es nicht gab. Vgl. hierzu im Folgenden. 627 Vgl. zur Rechtsfeststellung der Zulässigkeit des Wählerwechsels 1247/52 oben Kapitel III.3.c). So wählten 1298 fünf Kurfürsten Albrecht gegen Adolf, den sie selbst 1292 persönlich gewählt hatten (Mainz, Trier, Böhmen, Brandenburg und Sachsen), ebenso wie bei beiden Wahlen ein Erzbischof von Köln aktiv war. Gleichwohl ging der Wahl Albrechts eine förmliche Absetzung Adolfs voraus. 1346 wählten Balduin von Trier und Johann von Böhmen Karl IV. gegen den von ihnen 1314 gewählten Ludwig IV. Hinzu kommen bei diesen beiden Wahlen jeweils ein Erzbischof von Mainz und ein Herzog von Sachsen, letzterer gleichwohl einmal aus Lauenburg und einmal aus Wittenberg.

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VI. Das Prinzip der Majorität

deren Argumentation hinsichtlich des reduzierten Quorums, wonach selbst zwei Kurfürsten für eine Wahl in concordia ausreichen würden, gegenüber den Kastiliern als Schwachstelle erwiesen, die auf ihre Mehrheit der Kurfürsten verwiesen. Daher waren nach 1257 die Faktionen bei Doppel- oder Gegenkönigswahlen darauf bedacht, die absolute Mehrheit der Mitglieder des Kollegs für den eigenen Wahlakt reklamieren zu können. Auch dadurch wird wieder das Mehrheitsprinzip als gültig bestätigt.628 So wurde Adolf, der 1292 von sieben Kurfürsten gewählt worden war, 1298 zunächst von Kurfürsten und Fürsten abgesetzt und darauf wählte eine neue Mehrheit des Kollegiums, nämlich sechs Kurfürsten, Albrecht zum König.629 1314 standen bei den Wahlen Friedrichs (III.) und Ludwigs IV. vier Wähler auf der einen und fünf auf der anderen Seite. Wenn Schepelmann dabei aber vermisst, dass sich eine der Parteien 1314 auf die maior pars der Wähler berief, und damit das fehlende Mehrheitsprinzip belegen will630, dann übersieht er, dass sich die Habsburger Partei durch die personell fragliche Hinzunahme Heinrichs von Kärnten als böhmischen König just um eine vierte Stimme bemühte und somit formal die absolute Mehrheit der Mitglieder des Kollegs erreichen wollte. Das Majoritätsprinzip wurde also sehr wohl beachtet! Ansonsten wurde aber nicht auf die Wählerschaft des gegnerischen Lagers rekurriert. Im Falle von Friedrichs Erhebung war dies ohnehin schwerlich möglich, da eine zweite Wahl noch gar nicht stattgefunden hatte. Man beließ es bei einem Hinweis, dass einige coelectores fehlten.631 Genauso wenig musste die Partei Ludwigs, die sich aus fünf Fürsten mit kurfürstlichen Ansprüchen zusammensetzte und damit (auch) über die Kollegiumsmehrheit verfügte, die maior pars als Argument bemühen: Die Wähler des Wittelsbachers setzten zwar Friedrich (III.) nicht ab, jedoch ignorierten sie dessen Wahl und damit auch dessen Wähler. Sie sahen das Reich schlicht als vakant an. Einen Tag nach Friedrichs Erhebung wurde so Ludwig IV. concorditer zum römischen König gewählt, mit der Anmerkung, dass die anderen Kurfürsten durch Nicht-Erscheinen ihr Wahlrecht verloren hätten. Es war damit formal unmöglich, sich auf die Mehrheit der Wähler gegenüber Friedrich zu berufen, denn durch dieses Ignorieren der 628 Dies ist eine entscheidende Feststellung, die etwa Hergemöller, Fürsten, S. 121 f., nicht trifft. 629 Absetzung Adolfs und erste Wahl Albrechts 1298: MGH, Const. 3, Nr. 589 f. 630 Vgl. Schepelmann, Königswahl, S. 62 f. 631 MGH, Const. 5, Nrn. 94 f. Die Wähler Friedrichs spielten in ihrem Wahldekret die Zahl ihrer Opponenten herunter, indem sie nur unbestimmt von den ungenannten „übrigen Mitkurfürsten“ sprachen, die nicht anwesend seien und nicht mitwählen würden. Diese ließen sich aber leicht als die Erzbischöfe von Mainz und Trier sowie der Markgraf von Brandenburg erschließen, also drei und damit die Minderheit des Kollegs.

2. Doppel- und Gegenkönigswahlen (1298–1349)

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gegnerischen Partei, konnte man ja nicht auf eben diesen anderen Wahlakt Bezug nehmen.632 Die Vorgänge von 1314 zeigen somit, dass und wie eine Doppelwahl unter Berücksichtigung des Majoritätsprinzips stattfinden konnte. Eine zwiespältige Wahl unter Negierung des Mehrheitsprinzips wäre nur möglich gewesen, wenn die Minderheitspartei mit dem von ihr gewählten Kandidaten/ König den gemeinsamen Wahltag nach der gemeinsam von allen sieben Kurfürsten abgehaltenen Wahl verlassen und also gerade keine gesonderte Wahl abgehalten hätte. Diesen Fall gab es jedoch mit gutem Grund in der Geschichte der Königswahlen niemals.633 Er war eben undurchführbar, weil das Mehrheitsrecht bestand. Strebte eine Gruppe von Kurfürsten eine Erhebung gegen einen anderen Kandidaten an und waren ihre Chancen angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Kolleg fraglich, musste es im Vorfeld zu einer Trennung der Parteien und dadurch zu zwei Wahltagen kommen, zumal nur so die Möglichkeit gegeben war, die eigene Wahlpartei durch Fürsten mit fraglichem Kurrecht auf vier oder mehr Elektoren zu verstärken. Die unterschiedlichen Versammlungsorte und Wahltermine offenbaren damit gerade, dass das Majoritätsprinzip Gültigkeit hatte, da es nur so auszuhebeln war. Jede der beiden Seiten erklärte alleine ihren Wahlakt für gültig und rechtmäßig. Dies aber konnten sie nach 1257 nur tun, weil sie jeweils die absolute Mehrheit der Mitglieder des Kurkollegs auf ihrer Seite hatten bzw. zu haben vorgaben, ohne sich freilich darauf ausdrücklich zu berufen. Damit wurde das Mehrheitsprinzip bestätigt und zugleich das Problem aufgezeigt, was solche Doppelwahlen überhaupt erst ermöglichte: Die eindeutige Feststellung, wer Kurfürst war.634 Dieses Problem blieb dann auch bei den Gegenkönigswahlen von 1346 und 1349 bestehen, denen natürlich ebenfalls zwingend das Mehrheitsprinzip zugrunde lag. Angesichts der Bannung und der päpstlichen Prozesse gegen Ludwig IV. erklärten 1346 fünf Kurfürsten (Mainz, Köln, Trier, Sachsen-Wittenberg und Böhmen), apud quos totum ius et potestas eligendi [. . .] 632 MGH, Const. 5, Nrn. 102 f. Indirekt wurde seitens der Wähler Ludwigs natürlich betont, dass man sich in der Mehrheit befand, da den fünf anwesenden Kurfürsten nach ihrer Diktion nur zwei abwesende Kurfürsten (Pfalz und Köln) gegenüberstanden! Dass Friedrich neben anderen rechtlichen Gebrechen seiner Wahl ohnehin nur von einer Minderheit, nämlich zwei Kurfürsten gewählt worden sei, sagt dann aber Ludwig IV. in seiner Sachsenhäuser Appellation 1324 ausdrücklich (MGH, Const. 5, Nr. 909/910, § 18 und 22). Dabei erklärt Ludwig bewusst unzutreffend, dies sei zudem post primam electionem nostram geschehen! 633 Vgl. oben S. 175 f. die Ausführungen zum Verhalten der böhmischen Wahlbotschaft von 1273. 634 Vgl. oben Kapitel IV.

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VI. Das Prinzip der Majorität

integraliter residebat, zunächst das Reich für vakant und wählten dann Karl von Mähren concorditer zum König.635 Trotz bzw. wegen dieses Anhanges Karls beließ es die wittelsbacher Partei nach Ludwigs Tod nicht einfach bei der Opposition von zwei Kurfürsten (Pfalz und Brandenburg). Weil sie sich um die Sachsen-Lauenburger bemühten und den abgesetzten Heinrich von Virneburg als Mainzer Erzbischof anerkannten und als Wahlfürsten zuließen, wird wieder unzweifelhaft deutlich, dass das Mehrheitsprinzip auch hier maßgeblich war. Es ist dabei irrelevant, dass die Wittelsbacher Rudolf I. von Sachsen-Wittenberg und Gerlach von Mainz damit indirekt das Kurrecht absprachen und so der Wahlpartei Karls nur drei Kurfürsten attestierten.636 Entsprechend dem Herkommen negierten sie offiziell die für sie unzulässige Erhebung des Luxemburgers, indem auch sie das Reich für vakant und die kurfürstlichen Gegner bei ihrem Wahlakt schlicht für abwesend und damit ihres Wahlrechtes für verlustig erklärten. Entscheidend ist, dass sie mit einer (vorgeblichen) Mehrheit des Kurkollegs von vier Fürsten 1349 Günther von Schwarzburg ihrerseits concorditer, rite et legitime wählten.637 Fraglich war also in den 100 Jahren seit Installierung des siebenköpfigen Alleinwählergremiums/Kurkollegs nicht das von Beginn an geltende Mehr635 Erklärungen über die Wahl 1346: MGH, Const. 8, Nrn. 63–71. Dabei betonen alle Kurfürsten in ihren Wahldekreten nicht nur die Reichsvakanz, sondern auch dass das Wahlrecht alleine bei den zusammengekommenen Kurfürsten liege, aber nur der Kölner (Nr. 66) merkt die Abwesenheit einiger Kurfürsten direkt an. Der Chronist Benesˇ von Weitmühl formulierte noch eindeutiger (MGH, Const. 8, Nr. 62): absentibus per contumaciam aliis duobus electoribus, videlicet marchione Brandenburgensi et comite palatino Reni. Vgl. Begert, Böhmen, S. 134–141; Schubert, Königsabsetzung, S. 343 f. 636 Vgl. die pro-wittelsbachische Chronica Ludovici (MGH, SSrG i. us. schol. 19, S. 136), die vermerkt, dass Gerlach vom Papst eingesetzt worden sei, obwohl sein Vorgänger noch gelebt und das Erzbistum regiert habe; vgl. Begert, Böhmen, S. 140 f. 637 Einforderung einer Erklärung über die Reichsvakanz 1349 durch Günther von Schwarzburg: MGH, Const. 9, Nr. 1 (Matthias von Neuenburg), die dann auch in den Wahlbekanntmachungen angesprochen wird. Wahl Günthers: Regesta imperii 8, Günther, Nr. a; MGH, Const. 9, Nrn. 9 f. Wenn Schubert, Königsabsetzung, S. 346 f., erklärt, dass weder Karl noch Günther an eine Rechtsgültigkeit ihrer Wahlen glaubten, dann ist dem zu widersprechen. Bestenfalls haben die Zweifel die faktische Durchsetzbarkeit betroffen, nicht aber die rechtlich-formale Ebene. So verzichtete ja auch Günther auf das Reich und alle Rechte, die er durch seine Wahl errungen hatte (MGH, Const. 9, Nr. 62), sah also sehr wohl durch diesen Akt Rechte als erworben an! Im Anschluss daran ließ Karl seinerseits auch keine förmliche Nachwahl zu; vgl. Kapitel VII.2. Was die Betonung der Mehrheit der Kurfürsten anbelangt, so ist Matthias von Neuenburg, Chronica, cap. 98 + 118 (MGH, SSrG; n. s. 4, S. 248 und 273), Beleg dafür, dass man auch in der Propaganda sehr wohl auf den Mehrheitsaspekt Bezug nahm; die Passagen auch bei Wretschko, Einfluss, S. 205 f. Anm. 7 und 1.

3. Vom verdeckten zum offenen Mehrheitsprinzip

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heitsprinzip, sondern das Problem lag in der Feststellung der berechtigten Kurfürsten. Dabei zeigt die Wahl Günthers von Schwarzburg, dass sich dieses Problem nicht alleine nur auf die weltlichen Kurfürsten erstrecken musste. 3. Vom verdeckten zum offenen Mehrheitsprinzip Unter Ludwig IV. war das Problem der berechtigten Kurfürsten nicht wirklich angegangen worden638, wohl aber fand eine juristische Neubewertung des Mehrheitsprinzips bei Königswahlen statt, das sich vom verdeckten zum offenen wandelte. Zunächst hing auch Ludwig in der sog. Sachsenhäuser Appellation von 1324 der überkommenen Rechtsanschauung an, dass auch bereits der von der Mehrheit der Kurfürsten, also vieren, Erkorene (aufgrund der Folgepflicht) als in concordia gewählt galt.639 Eine discordia läge nur vor, wenn sich die Wähler teilen und zwei Könige wählen würden.640 Das heißt, hier wurde die faktische discordia, wie sie durch ein Stimmenpatt oder zwei Wahlakte entsteht, benannt, nach wie vor aber nicht eine einaktige Mehrheitswahl als discordia angesehen.641 Dieser Rechtsstandpunkt wurde dann aber 1338 von den Kurfürsten in dem sog. Weistum von Rhense zum Teil verlassen. Hierin wurde davon gesprochen, dass ein König voll handlungsberechtigt sei, wenn er a principibus electoribus imperii [concorditer] vel a majori parte numero eorundem principum etiam in discordia pro rege Romanorum est electus.642 Die angesprochene discordia bezieht sich auch hier – wie bei der Appellation – auf den konkreten Fall einer Doppelwahl.643 Doch neu ist, dass darüber hinaus erstVgl. oben Kapitel IV.2.c). MGH, Const. 5, Nr. 909/910, § 11: Primo, quia ille censetur in concordia electus ad imperium, qui a majori parte electorum, puta a quatuor electus fuerit. 640 MGH, Const. 5, Nr. 909/910, § 17 + 21. Dabei sprach Ludwig aber Friedrich (III.) ab, korrekt gewählt worden zu sein, weshalb in seinem Falle keine Wahl in discordia vorliege (ibid., § 12 + 22). 641 Zu den weiteren Argumentationen aus der Appellation und zum historischen Kontext vgl. Mitteis, Königswahl, S. 214–216. 642 Zeumer, Quellensammlung, Bd. 1, Nr. 141c. ‚Concorditer‘ ist bei diesem Zitat sinngemäß ergänzt, da es an anderer Stelle des Weistums so vorkommt (electi a principibus electoribus imperii concorditer vel a majori parte); dies übersieht Mitteis, Königswahl, S. 216 f., der glaubt, diese Wendung tauche erst im „Licet iuris“ auf. Vgl. aber Mitteis/Lieberich, Rechtsgeschichte, 33-IV-2-a-b, S. 245 f.; Elsener, Geschichte, S. 89. Die Formulierung des Rhenser Weistums wird dann auch in dem ein Jahr später gefundenen deutschsprachigen Weistum der Kurfürsten bestätigt (Stengel, Nova Alemanniae, Nr. 30): Der konig, der also von uns eynmutiglichen oder von dem meren teyle erwelet wirt oder ist. 643 Dies übersieht W. Becker, Kurfürstenrat, S. 69; vgl. dagegen Mitteis, Königswahl, S. 216 f.; Zeumer, Kur, S. 232. 638 639

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VI. Das Prinzip der Majorität

mals eine durch concordia und eine durch Stimmenmehrheit erfolgte Wahl zwar als gleichwertig, aber nicht mehr als gleich angesehen werden, ohne allerdings letztere ausdrücklich als in discordia erfolgt auszuweisen. Eine discordia gab es eben nach wie vor nur, wenn ein Patt vorlag bzw. aus der Wahl zwei Könige hervorgingen – zweifellos eine komplexe Begriffsdefinition.644 Doch diese neue Rechtsauffassung wurde dann auch im Gesetz „Licet iuris“ Ludwigs IV. von 1338 festgehalten: postquam aliquis eligitur in imperatorem sive in regem ab electoribus imperii concorditer vel a majori parte eorundem, statim ex sola electione est verus rex et imperator Romanorum.645 Damit wurde die bisherige factio iuris der Folgepflicht (verdecktes Mehrheitsprinzip) durch die fictio iuris der durch die Mehrheit theoretisch angenommenen, aber im faktischen Wahlverfahren unnötigen Einstimmigkeit (offenes Mehrheitsprinzip) verdrängt. Allerdings mussten die Angehörigen der Minderheit dennoch dem neuen König mehr oder weniger unmittelbar huldigen und insofern auch jetzt die Einstimmigkeit, wenngleich geringfügig zeitversetzt, faktisch herstellen.646 Aus diesem Grunde hat sich trotz der Unterscheidung von concordia und maior pars keine (!) Neudefinition von discordia ergeben. Die Mehrheitswahl war eben keine Wahl in Zwietracht, wenngleich manche Wähler zunächst für einen anderen Kandidaten votiert hatten, denn nahezu umgehend wurde der mehrheitlich Gewählte von allen Wählern getragen. Doch mit diesen formaljuristischen Überlegungen und Definitionen hatte sich hinsichtlich der Problematik der Doppelwahlen in der Praxis nichts geändert! Schließlich war es im konkreten Fall gleichgültig, ob die Kurfürsten, die sich in der Minderheit befanden, die formale Folge verweigerten oder die Anerkennung des Mehrheitsvotums. Ebenso war es faktisch egal, ob sie während des Wahlaktes zum mehrheitlich Gewählten „überliefen“ oder diesem erst im Anschluss huldigten. 644 Auch Mitteis, Königswahl, S. 216 f., hat diese Sichtweise richtig interpretiert, wonach man hier meinte, eine discordia liege nur bei Zwiekuren vor. Gleichwohl stört Mitteis, dass man nicht auch eine Mehrheitswahl als discordia bezeichnete. Dies jedoch war bis dahin nie der Fall! 645 Zeumer, Quellensammlung, Bd. 1, Nr. 142. 646 Vgl. Mitteis, Königswahl, S. 216 f. und 227 f.; W. Becker, Mehrheitsprinzip, Sp. 434; Elsener, Geschichte, S. 89. Dabei sagt Elsener, ibid., S. 101: „Die deutschrechtliche ‚Folgepflicht‘ wandelte sich zur reinen Majorität. Das einer höheren Kulturstufe angehörige gelehrte Juristenrecht der romanischen Welt verdrängt diesseits der Alpen das primitivere, einer älteren Kulturschicht zugehörige Volksrecht germanischer Prägung.“ Zum rechtstheoretischen Gehalt des römisch-kanonischen Mehrheitsprinzips vgl. Aymans, Kollegium, S. 127 ff., und ders., Recht, Bd. 1, S. 353. Allerdings kam es noch im 13. Jahrhundert auch bei kirchlichen Wahlen dazu, dass die Minderheit realiter der Mehrheit folgen sollte und folgte, vgl. Maleczek, Abstimmungsarten, S. 95 f.

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Zwar war 1338 neuerlich festgehalten worden, dass die Mehrheit des Kurkollegs entscheidend war, aber nach wie vor war das Zustandekommen der eindeutigen Mehrheit keineswegs gesichert. Die Möglichkeit der Aufspaltung der Kurfürsten in zwei Faktionen im Vorfeld einer Wahl, die zudem jeweils die Mehrheit des Kollegs für sich reklamieren konnten, und die darauf folgende Erhebung zweier Könige waren durch Weistum und Gesetz nicht gebannt. 4. Die Goldene Bulle und ihre Wirkung a) Das Gesetzeswerk von 1356 Karl IV. versuchte das Damoklesschwert, das über den Königswahlen und damit dem Reichsfrieden hing, endgültig zu beseitigen. In der Goldenen Bulle647 wurde dabei nicht zuletzt das offene Majoritätsprinzip erneut kodifiziert (cap. II,3 + 4), wonach eine Wahl durch die Mehrheit der Kurfürsten so anzusehen sei, „als ob [ac si] sie von allen, ohne jede Gegenstimme einhellig [concorditer] vollzogen worden wäre.“ In Übernahme der Rechtsanschauung von 1338 wird die Mehrheitswahl der einstimmigen Wahl rechtlich gleichgesetzt, aber sie ist nicht mit ihr identisch.648 Gewonnen war hiermit freilich nach wie vor nichts. Eine Neuerung stellte es aber dar, dass sich Karl bemühte, die Träger der Kur eindeutig zu machen, um der doppelten Ausübung einer Kur vorzubeugen. Wie oben in Kapitel IV.3. behandelt, wurde zunächst der singuläre Besitz der Kur durch einen Fürsten und die Vererbung nach dem Recht der Primogenitur teilweise schon im Vorfeld der Goldenen Bulle geregelt. Karl schrieb selbiges dann im Gesetz für alle weltlichen Kuren endgültig fest (VII). Hinzu kam, dass die Kurwürde als untrennbar vom Kurterritorium deklariert und festgestellt wurde, dass sie nur derjenige ausüben konnte, der sich auch im rechtmäßigen Besitz des Kurlandes befand (XX). Doch mit letzterer Bestimmung wurde das Problem auch nur verlagert. Denn wer konnte nun, besser als bisher, im Angesicht einer Doppelwahl noch einen Rechtsstreit über die Zulässigkeit von Wählern führen, wenn der Thron mit647 MGH, Const. 11, S. 560–632. Es wird im Weiteren darauf verzichtet, die einzelnen Kapitel im Fußnotenapparat zu belegen. 648 Wretschko, Einfluss, S. 206, sagt zu Recht, dass diese betonte Gleichsetzung mit der Einstimmigkeit dem früheren Rechtszustand der Folgepflicht geschuldet sei, der eben hier noch anklinge. Falsch hier W. Becker, Kurfürstenrat, S. 69 f., der glaubt, mit dieser Formel sei die Definition von 1338 aufgehoben worden, wonach die Mehrheitswahl eine Wahl in discordia sei. Dies wurde eben auch 1338 so nicht gesehen!

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telfristig auf dem Schlachtfeld vergeben wurde? Einen Fortschritt brachte da schon eher die Regelung des Kapitels XXV der Goldenen Bulle vom Metzer Hoftag, die das Kurterritorium selbst für unteilbar erklärte und dem Primogenitus zuwies. Damit konnte es zumindest theoretisch wirklich nur noch jeweils einen Kurfürsten pro Kurfürstentum geben und damit auch nur insgesamt sieben Kurfürsten, wodurch nicht nur die Mehrheitswahl garantiert, sondern auch eine Doppelwahl, ein zweiter, konkurrierender Wahlakt mit anderen Kurfürsten verhindert zu sein schien. Doch letztlich bot auch das Kapitel XXV eben nur theoretische Gewähr für ein Ende der Doppel- und Gegenkönigswahlen. Von daher war es zu deren Vermeidung mindestens ebenso wichtig, den Wahlakt selbst als einzigartiges, genauen Vorschriften unterliegendes Ereignis herauszustreichen. Das Prinzip der unitas actus fand nun seinen gesetzlichen Niederschlag: Der Mainzer Erzkanzler hatte innerhalb bestimmter Fristen zur Wahl zu laden (I,15 + 16, IV,2), der Wahlort war mit der Frankfurter BartholomäusKirche genau festgelegt (II,1), es hatte bestimmte Zeremonien zu geben (II,1 und IV,2), außer den Frankfurtern und den Kurfürsten mit ihrem Anhang durften sich keine Personen in der Stadt befinden (I,20). Nicht zuletzt eine Trennung von Wahlparteien einhergehend mit der Durchführung zweier Wahlakte als Voraussetzung für eine Doppelwahl sollte damit unmöglich werden.649 Wie sehr man aber an dem Erfolg der Goldenen Bulle zunächst zweifelte und weiterhin Doppel- und Gegenkönigswahlen für möglich hielt, beweist ein österreichisch-württembergisches Bündnis vom August 1359, bei dem ausdrücklich die Möglichkeit von zwei aus einer Doppelwahl hervorgehenden Königen in Betracht gezogen wurde. Doch auch Karl IV. selbst blieb anscheinend skeptisch, da er 1373 mit Mainz und Würzburg eine Einung gegen jedermann schloss, aber ausdrücklich den Papst und einen eynmutigen Romischen kunige oder keiser hiervon ausnahm. Wer die Einmütigkeit betont, hält den Zwiespalt für möglich.650 b) Absolute oder relative Mehrheit? In der Tat half das Verfassungswerk Karls IV. selbst unter der Androhung, bei Verstoß gegen die Goldene Bulle Lehen und Kurwürde zu verlieren (I,6)651, zunächst nichts. Dies beweist die Absetzung Wenzels und die 649 Mitteis, Königswahl, S. 222: „Die G. B. bringt den Gedanken der unitas actus zur uneingeschränkten Anwendung.“ Vgl. auch Willoweit, Verfassungsgeschichte (2005), § 11-II-3, S. 99. 650 Regesta imperii 8, Reichssachen, Nr. 321; RTA, ÄR 1, Nr. 1; vgl. Schubert, Königsabsetzung, S. 354 f. und 358 f.

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Wahl Ruprechts von der Pfalz zum neuen römischen König durch die vier rheinischen Kurfürsten im Jahre 1400.652 Abgesehen von dem okkupierten Recht der Kurfürsten, einen unfähigen König auch absetzen zu können653, ist es bemerkenswert, dass weder die formale Ladungspflicht zur Wahl beachtet654, noch der vorgeschriebene Wahlort aufgesucht wurde (man wählte in Rhense, da Frankfurt den Putschisten versperrt war). Zumindest aber behielt man die Auffassung bei, die schon aus den Zeiten vor der Goldenen Bulle stammte, wonach die absolute Mehrheit der Mitglieder des Kurkollegs eine solche Entscheidung treffen und die Wahl durchführen müsse. Die vier Kurfürsten waren und propagierten sich als die maior et sanior pars electorum.655 Die Goldene Bulle schweigt aber hinsichtlich der Definition der gültigen einfachen Mehrheit, ob sich diese auf den gesamten Wahlkörper beziehen muss (absolute Mehrheit) oder nur auf die anwesenden und abstimmenden Wähler (relative Mehrheit).656 Wenn sich etwa Mitteis bemüht, durch InterVgl. Mitteis, Königswahl, S. 227 f.; Zeumer, Goldene Bulle, Bd. 1, S. 13 f. Es scheint eher unwahrscheinlich, dass sich der besagte Passus nur auf das erste Kapitel und die Geleitverpflichtungen bezieht. 652 Vgl. zu den Vorgängen von 1400 Gerlich, Habsburg, S. 334–347; Schubert, Königsabsetzung, S. 357, 362–364 und 398–403; Kaufhold, Rhythmen, S. 293–303. Absetzung Wenzels und Wahl Ruprechts: RTA, ÄR 3, Nrn. 204 f. und 209. 653 Vgl. Schubert, Königsabsetzung, S. 349: Die Goldene Bulle „schließt damit eine Absetzung schon aus zeremoniellen Gründen aus.“ „Die Goldene Bulle als indirektes Verbot der Herrscherdeposition: Es entspricht zwar moderner, jedoch nicht mittelalterlicher Gesetzeslogik, bei dem Thema Wahl auch das der Abwahl mitzudenken.“ Ibid., S. 396: „Die Absetzung Wenzels [folgte] nicht der Ausbildung eines kurfürstlichen ‚negativen Wahlrechts‘ [. . .], sondern [. . .] ihr [lag] die eigenständige Ausbildung eines Reichsbegriffs zugrunde.“ Vgl. aber zu den Grundlagen hierzu schon oben Kapitel III.3.c). 654 Zwar wurden die Kurfürsten aus Sachsen und Brandenburg wie auch König Wenzel von Böhmen (gleichwohl als römischer König) zu den Beratungen in Lahnstein ursprünglich geladen (RTA, ÄR 3, Nrn. 146–151), jedoch nicht zu der nach Wenzels Absetzung erforderlichen Wahl. Die rheinischen Kurfürsten hielten dies aus faktischen Gründen für überflüssig, da sich die östlichen Kurfürsten nicht an den Beratungen beteiligen und weiterhin an Wenzel festhalten wollten (vgl. die Argumentation des pfälzischen Rats Vener hierzu: RTA, ÄR 4, Nr. 120). Ein Formfehler war es dennoch. 655 RTA, ÄR 3, Nr. 231. 656 Zur Definition der verschiedenen Mehrheiten vgl. Gröpl, Staatsrecht, RandNrn. 320 ff., S. 75–77. Eine Unterscheidung zwischen Anwesenheits- und Abstimmungsmehrheit (vgl. Schmalz, Staatsrecht, Rand-Nr. 307, S. 135) ist im Zusammenhang mit dem Kurkolleg und der Königswahl im Mittelalter nicht notwendig, denn Stimmenthaltungen, die ohnehin für diese Zeit untypisch sind, gab es hier nicht, sodass beide Bezugsgrößen identisch sind. Erst zur Vermeidung der Selbstwahl – obwohl ausdrücklich von der Goldenen Bulle gebilligt (cap. II,5) – enthielten sich ab 1531 bis 1690 die Habsburger als Könige von Böhmen der Stimme, sobald fest651

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pretationen und Verknüpfung verschiedener Kapitel zu beweisen, dass die Goldene Bulle genau die absolute Mehrheit des Kollegs fordere, so ist diese Intention zwar gemäß dem Reichsherkommen und dem bisherigen Verhalten der Wahlparteien nahe liegend, jedoch durch den Wortlaut des Gesetzeswerkes nicht abgedeckt!657 Abwesende Kurfürsten verloren ihr Kurrecht (I,18), doch Mitteis’ Schluss, deren Stimmen würden als Gegenstimmen gewertet, ist unzulässig. Wenn dem so gewesen wäre, hätte dies ausdrücklich vermerkt werden müssen. Es hätte eines förmlichen Ausschlusses der Integration der fehlenden Stimmen bedurft. Hierfür wäre a) ein Gebot der Einstimmigkeit oder b) ein Gebot der gültigen Beteiligung aller Kollegiumsmitglieder notwendig. Beides wird von der Goldenen Bulle indirekt verneint (I,18 und II,4). Dann bliebe noch als dritte Möglichkeit, c) bei der Definition der Mehrheit ausdrücklich von der Gesamtzahl aller wahlberechtigten Mitglieder auszugehen, also vier.658 Eine solche Feststellung fehlt aber in der Goldenen Bulle. Dem kanonischen Recht jener Zeit entsprach es vielmehr – wie bereits mehrfach dargelegt –, dass bei einem Kollegium die Stimmen Abwesender überhaupt nicht gewertet wurden!659 Nicht zuletzt hatten ja so Engländer und Kastilier im Interregnum vor der Kurie argumentiert.660 Sie fielen faktisch fort und wurden theoretisch in das Votum der Anwesenden und gültig Abstimmenden zu gleichen Teilen integriert661, sodass auch in ihrem Fall formal der Anschluss an die Wahl gewährleistet und eine Gegenkönigswahl ausgeschlossen war. Sofern keine Regelung über das Quorum zur Beschlussfähigkeit des Kollegiums vorhanden ist, kann eine solche Integration der Stimmanteilsrechte Abwesender soweit gehen, dass „im Extremfall die Gesamtwillensmacht des Kollegiums sich auf das einzig erschienene Mitglied“ konzentriert.662 Und da die Goldene Bulle eben auch keine Beschlussfähigstand, dass sie selbst (bzw. 1690 der Sohn) gewählt würden; vgl. Begert, Böhmen, S. 578 f. 657 Vgl. Mitteis, Königswahl, S. 223–228; Mitteis/Lieberich, Rechtsgeschichte, 33-IV-2-a-b, S. 245 f.; ausführlich schon in die gleiche Richtung argumentierend Zeumer, Goldene Bulle, Bd. 1, S. 18–21. 658 Vgl. Aymans, Kollegium, S. 140–147. 659 Das Wahlrecht ging allein auf die – unbestimmte – Anzahl der Anwesenden über: vox eorum, qui non deberent interesse de iure vel consuetudine, non valeret (Corpus iuris canonici, Decretales Gregorii IX, I,6,50 [ed. Friedberg, Bd. 2, Sp. 91 f.]). Vgl. oben z. B. S. 160. 660 Vgl. oben S. 173 f. 661 Das heißt für das Kurkolleg, dass beispielsweise bei Ausbleiben eines Elektors die anderen sechs theoretisch jeweils ein Sechstel der Stimme des Abwesenden ihrer eigenen Stimme hinzurechnen konnten. Anders ausgedrückt: Ihr Stimmanteil innerhalb des Gesamtkollegs wuchs von einem Siebtel zu einem Sechstel; vgl. Aymans, Kollegium, S. 129 f.

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keitsgrenze kennt bzw. definiert, war damit die Möglichkeit einer Wahl mittels der Mehrheit der versammelten Kurfürsten (relative M.) anstatt durch die Mehrheit aller Mitglieder des Kollegs (absolute M.) nicht nur juristisch möglich, sondern wirklich impliziert. In dem Gesetzestext heißt es zwar nur, dass alle oder die Mehrzahl der Kurfürsten einen König wählen, ohne diese Mehrzahl ausdrücklich auf die Zahl der anwesenden Kurfürsten zu beziehen, jedoch wird die Mehrheit ebenso wenig auf das gesamte Kolleg bezogen (ipsi vel pars maior numero elegerit; cap. II, 3 + 4). Somit lässt der Kontext die Interpretation der relativen Mehrheit zu. Ja, sie muss als die einzige rechtlich statthafte Konsequenz erscheinen. Auch war das Postulat der absoluten Mehrheit – ohnehin ein Fehlschlag in der Praxis, wie die Doppel- und Gegenkönigswahlen zeigen – nicht mehr notwendig, nachdem die Wahlhandlung selbst zeremoniell einzigartig gemacht worden war. Einen zweiten Wahlakt, demgegenüber man sich mit der absoluten Mehrheit behaupten musste, konnte es (eigentlich) nicht mehr geben.663 Zudem gilt es zu bedenken, dass es im Falle der Erforderlichkeit einer absoluten Mehrheit des Gesamtkollegs ansonsten möglich gewesen wäre, eine Wahlversammlung durch Nicht-Erscheinen handlungsunfähig zu machen und dadurch eine längere Thronvakanz zu verursachen: Wenn etwa zwei Kurfürsten der Wahl fernblieben, die anwesenden fünf sich aber nicht einigen könnten und 3 : 2 abstimmen würden, wäre diese Wahl unter der oben genannten rechtlichen Voraussetzung ungültig.664 Blieben vier Kurfürsten, die untereinander uneins waren, der Wahl fern, bräuchten sich die anderen drei wiederum gar nicht erst versammeln, denn die Wahl könnte 662 Aymans, Recht, Bd. 1, 358; vgl. auch ibid., S. 354, und ders., Kollegium, S. 130 f. Es gilt dabei auch den theoretischen Gedanken zu erwägen, „daß der kollegiale Akt notwendig ein mindestens zweiseitiges Rechtsgeschäft sein müßte“ (Aymans, Kollegium, S. 130). Dies wurde bereits von der englischen Partei 1263 vor der Kurie formuliert, wonach „wenigstens zwei“ Kurfürsten zur Wahl erscheinen müssten, und diese beiden könnten dann gemeinsam auch einen rechtmäßigen König wählen (MGH, Const. 2, Nr. 405, §§ 6 und 7); ein Rechtsstandpunkt, den Ludwig der Bayer 1324 aufgriff (ibid., Const. 5, Nr. 909/910, § 12). Diese Zahl war also ganz und gar nicht „willkürlich“, wie Mitteis, Königswahl, S. 196, glaubt. Vgl. auch Kaufhold, Rhythmen, S. 202, der von einem „ ‚grauen‘ Bereich der Parteiargumente“ spricht. 663 Auch Wretschko, Einfluss, S. 206 f., sieht nur die Mehrheit der anwesenden Kurfürsten als von der Goldenen Bulle gefordert an. Mitteis’, Königswahl, S. 224, Argument, mit dem Hinweis auf das Kapitel über die Selbstwahl (II,5), worin festgehalten werde, die vierte Stimme bringe die Entscheidung, verfängt nicht. Denn hier wird letztlich nur auf den „Idealfall“ Bezug genommen, der eben von sieben Kurfürsten ausgeht. Vgl. auch Zeumer, Goldene Bulle, Bd. 1, S. 19–21. 664 Diese Auffassung vertritt Mitteis, Königswahl, S. 226.

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unter der Prämisse der notwendigen absoluten Mehrheit gar nicht stattfinden, da eine solche von vornherein nicht erreichbar wäre. Auch dies zeigt in aller Deutlichkeit, dass es ebenso unter rein praktischen Gesichtspunkten die Haltung des Gesetzgebers gewesen sein musste, dass es zur gültigen Mehrheit nur der Majorität der anwesenden und wählenden Kurfürsten und damit im Hinblick auf den Gesamtwahlkörper ggf. nur einer Minderheit bedurfte. c) Die letzte Doppelwahl der Reichsgeschichte (1410) Eine nicht zu bestreitende Tatsache ist es, dass sich 1410 die Kurfürsten aus Trier und der Pfalz prompt auf die Möglichkeit einer Wahl durch die Mehrheit der Anwesenden beriefen (mit dem merern teile der kuren und stimmen, die of diese zit hie sint).665 Dies taten sie nicht zuletzt unter Hinweis auf die Goldene Bulle. Nur bei den abwesenden Kurfürsten aus Böhmen und Sachsen erklärten sie deren Wahlrecht für verlustig, während sie die am Wahlort anwesenden, aber sich ihrem Wahlakt verweigernden Kurfürsten aus Mainz und Köln als Gegenstimmen werteten. Der Erzbischof von Trier und der Pfalzgraf wählten dagegen unter Zulassung des Botschafters Sigismunds von Ungarn als Führer der brandenburgischen Stimme mit drei Stimmen Sigismund zum römischen König.666 Wenngleich die Definition der notwendigen Mehrheit mit dem Reichsgesetz Karls IV. konform war, war es die Zulassung Sigismunds zur Kur nicht. Denn dieser hatte seinem Vetter Jost die Markgrafschaft 1388 verpfändet, befand sich somit nicht mehr in deren Besitz und war dadurch auch nicht zur Kur berechtigt (GB cap. XX), im Gegensatz zu Jost, der hiermit sogar 1397 belehnt worden war.667 Jost war es dann auch, den die beiden anderen, ebenfalls in Frankfurt anwesenden Kurfürsten (die Erzbischöfe aus Köln und Mainz) als Kollegen anerkannten. Sigismund lehnten 665 RTA, ÄR 7, Nr. 32. Der Pfälzer Jurist Vener berief sich nach der Wahl bei seiner gleichlautenden Argumentation ausdrücklich auf den Kollegialcharakter der Kurfürsten und die Goldene Bulle (ibid., Nr. 53, S. 81 f.). Zeumer, Goldene Bulle, Bd. 1, S. 25, sieht freilich in der Aussage, dass die Mehrheit der Anwesenden genügte, nur „das Ergebnis der Notlage“ der Wahlpartei, nicht aber geltendes Recht. 666 RTA, ÄR 7, Nr. 30; in diesem Wahlbericht wurde ebenso wie in ibid., Nr. 32, mehrfach ausdrücklich die Goldene Bulle zitiert; vgl. dazu auch Kaufhold, Rhythmen, S. 303–306. Schubert, Königswahl, S. 286 f., will dagegen aus der Unkenntnis über die Messevorschriften seitens der Kurfürsten von Pfalz, Trier und Köln deren mangelndes Wissen über den Inhalt der Goldenen Bulle in genere erschließen, was zu weit geht. 667 Vgl. Hoensch, Kaiser Sigismund, S. 71 f.; Schultze, Mark Brandenburg, Bd. 2, S. 183 und 196; vgl. zur Kurfrage auf dem Wahltag Leuschner, Wahlpolitik, S. 527 f.

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sie dagegen nicht nur als Kurfürsten von Brandenburg ab, sondern wollten ihn auch nicht als römischen König. Aus diesem Grunde versuchten Mainz und Köln seine Wahl zu verhindern, indem sie die Bartholomäus-Kirche durch Interdikt sperren ließen. Doch setzten sich die zur Wahl Entschlossenen darüber hinweg und wählten außerhalb der Kirche hinter dem Chor.668 Damit wurden die Vorschriften der Goldenen Bulle gleich mehrfach verletzt669 bzw. ihre Schwachstellen aufgezeigt. Weder die geforderte feierliche Einzigartigkeit des Wahlaktes konnte eine fragliche Wahl verhindern, noch die Eindeutigkeit der zur Wahl Berechtigten. Gerade hinsichtlich des letztgenannten Punktes zeigte sich, dass es im Einzelfall nach wie vor noch interpretationsfähig sein konnte, wer sich im Besitz einer Kurwürde befand, zumal wenn es politisch opportun war. Erkannte eine Partei im Gegensatz zu einer anderen das Kurrecht eines bestimmten Fürsten an, konnte sie mit diesem eine Mehrheit bilden und eine Wahl durchführen.670 Somit zeigt dies, dass die Macht des Faktischen gegenüber der des Rechts größer sein konnte. Oder anders gesagt: Jedes Gesetz ist nur so gut, wie diejenigen, für die es gemacht ist, bereit sind, es umzusetzen/einzuhalten. Die Gegenpartei von 1410, die sich schließlich aus den beiden anderen Erzbischöfen und den drei östlichen Kurfürsten zusammensetzte, folgte dann den Beispielen aus den vorangegangenen Jahrhunderten und ignorierte formal die Erhebung Sigismunds. Bei der Wahl Josts von Mähren zum römischen König wurde kein Bezug darauf genommen, dass man die Mehrheit des Kollegs gegenüber der Minderheit darstellte, sondern man ging von einem vakanten Reich und einer einstimmigen Wahl bei Abwesenheit zweier Kurfürsten aus.671 Anders als die Wähler Sigismunds, die dies freiRTA, ÄR 7, Nrn. 23, 30–32 und 50; vgl. Leuschner, Wahlpolitik, S. 511. Zuvor war sie bereits verletzt worden (cap. I,20), indem man Friedrich von Nürnberg als Gesandten Sigismunds überhaupt in Frankfurt einließ (RTA, ÄR 7, Nr. 23). Ebenso war es ein Verstoß gegen die Fristsetzungen der Goldenen Bulle (I,15 f. und II,1 + 3), als Mainz und Köln durch Hinauszögern noch eine Einigung mit den abwesenden östlichen Kurfürsten zu erreichen versuchten (RTA, ÄR 7, Nr. 30, § 3). Vgl. Leuschner, Wahlpolitik, S. 509–511. 670 Pikantes Detail bei den Vorgängen von 1410 hinsichtlich Sigismunds brandenburgischem Kurrecht ist der Umstand, dass ihm zunächst anscheinend alle Kurfürsten, auch Trier und Pfalz, die Kur absprachen; vgl. RTA, ÄR 7, Nr. 23. Im Falle der pfälzischen Kur und den diesbezüglich abgewiesenen Ansprüchen Stephans III. von Bayern funktionierte das kurfürstlich-korporative Kooptationsrecht dagegen: RTA, ÄR 7, Nr. 29. 671 RTA, ÄR 7, Nr. 51. In der Wahlproklamation wird davon gesprochen, dass die Kurfürsten das Wahlrecht hätten, so das heilige riche ledig ist. Dies impliziert die Voraussetzung der Vakanz bei ihrem Wahlakt. Im Weiteren wird nur kryptisch gesagt, dass zweitrechtige parthien under den korefuersten waren. Trier und Pfalz hätten sich also von uns gescheiden of wege, als ir wol mogent vernommen han. 668 669

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lich nicht konnten, bemühten sich die Anhänger Josts außerdem, die absolute Mehrheit des Kollegs zu repräsentieren. Da zunächst nur Mainz, Köln, Böhmen und Brandenburg (Jost) gewählt hatten, die brandenburgische Kur aber umstritten war, ging man unnötigerweise, aber sicherheitshalber sogar soweit, unter neuerlicher Verletzung der Goldenen Bulle (I,18) die Stimme Sachsens hinzuzurechnen, obwohl diese erst nachträglich abgegeben wurde.672 5. Ausblick Wenngleich es auch später noch zu Verletzungen der Wahlordnung der Goldenen Bulle kam673, agierten aber von nun an nicht mehr mehrere Anwärter auf eine kurfürstliche Würde gleichzeitig und konkurrierend. Zwar gab es auch in der Folge immer wieder Streit und Diskussionen hinsichtlich der Ausübung verschiedener Kurstimmen, doch wurden diese Fragen bereits vor den Wahlen durch das Kurkolleg eindeutig entschieden – korporativ und per Mehrheit.674 Auf dieser Grundlage konnte dann das Majoritätsprinzip für eindeutige Wahlen sorgen. Da in Zukunft höchstens ein (1438, 1486, 1531 und 1742) oder zwei (1711 und 1745) Kurfürsten bei den Wahlakten fehlten und die versammelten einstimmig votierten, blieb zudem die Wahl durch eine relative Mehrheit der Kurfürsten im Jahre 1410 eine einmalige Episode in der Geschichte der Königswahlen seit Schaffung des Kurkollegs.675 Die von Nichts an der Feststellung ändert es, dass in einer öffentlichen Bekanntmachung in Frankfurt ausdrücklich gesagt wurde, die beiden Kurfürsten haben da ein kuere eins Romischen kunigs getan, als sie meinen (ibid., Nr. 50, § 7). Denn gerade der letzte Halbsatz verdeutlicht, dass die Wahlpartei Josts dies eben nicht als Wahlakt im juristischen Sinne anerkennen konnte. Das Reich galt ihnen als vakant. 672 Zur sächsischen Kur vgl. RTA, ÄR 7, Nr. 50, und Leuschner, Wahlpolitik, S. 512. 673 Hierzu zählt vor allem die Nachwahl Sigismunds 1411. Ohne dass Sigismund verzichtet hätte, wählten ihn die Wähler Josts 1411 formal nach. Damit wurde gegen das Prinzip der unitas actus verstoßen, doch politisch war der Akt unbedingt notwendig; vgl. Hoensch, Kaiser Sigismund, S. 154–156; vgl. oben S. 163. Hinsichtlich der Rechtsbrüche ist auch an die Nichtladung des böhmischen Königs Vladislav zur Wahl von 1486 zu denken; vgl. Begert, Böhmen, S. 187–194. 674 Vgl. Anm. 491 und 520. Auch im Streit zwischen Lauenburgern und Wettinern um das Wittenberger Erbe nach 1422 erkannten zunächst alle Kurfürsten die Wettiner an, jedoch verweigerten dann Trier und Köln zwischenzeitlich diese Anerkennung; vgl. Begert, Böhmen, S. 243 f. Ebenso opponierten 1745 Pfalz und Brandenburg gegen die Zulassung Maria Theresias als böhmischer Kurfürst (männlicher Titel!); vgl. ibid., S. 483. Diese Minderheitsvoten blieben jedoch temporäre Ausnahmen und folgenlos.

5. Ausblick

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der Goldenen Bulle gar nicht geforderte absolute Mehrheit kam im weiteren Verlauf der Geschichte stets zum Tragen. Die Basis des Majoritätsprinzips, die ungerade Anzahl an Kurfürsten, wurde aber in der Frühen Neuzeit mehrfach aufgegeben. War aus verfahrenstechnischen Gründen 1252 der Böhme in das Alleinwählergremium aufgenommen worden, um stets eine Mehrheitswahl sicherzustellen, so wurde 1648 aus politischen Notwendigkeiten mit dem Pfälzer, an dessen Stelle 1623 der Bayer gerückt war, ein achter Kurfürst aufgenommen. Auf diese Weise war die Gewähr für eindeutige Mehrheiten verschwunden. Und obgleich sich alle Beteiligten der damit verbundenen potentiellen Schwierigkeiten bewusst waren, ließ sich keine Regelung durchsetzen, die die Mehrheitswahl weiter garantierte. Wegen politischer Rivalitäten konnte weder eine gleichzeitige Einführung einer neunten Kur durchgesetzt werden, noch dass eine (die böhmische) Stimme bei Stimmenpatt, ganz im Sinne der alten Obermanntheorie, doppelt gewertet wurde (votum decisivum).676 Dennoch kam es in der Folgezeit nicht zuletzt aufgrund der Stellung des Hauses Habsburg zu keinen unentschiedenen Wahlen. Dies und die politischen Zwänge der Zeit sorgten dafür, dass man es auch nach der Periode mit neun Kurfürsten (1708 war Braunschweig hinzu getreten) ab 1777 (Aussterben der bayerischen Wittelsbacher) für mehr als ein Vierteljahrhundert wieder bei acht Elektoren beließ. In Folge der großen Reform des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803 belief sich die Zahl der Königswähler schließlich sogar auf insgesamt zehn. Im Vorfeld war mehr um konfessionelle Mehrheiten gestritten worden, als die prinzipielle Mehrheitsfähigkeit des Kollegiums im Auge zu behalten.677 Doch dieses Kurkolleg musste seine Entscheidungsfähigkeit bei Königswahlen dann nicht mehr unter Beweis stellen. Drei Jahre später ging das Alte Reich unter und mit ihm das Kurfürstentum.

675 Dazu, dass es im weiteren Verlauf durchaus zur Negierung des offenen Mehrheitsprinzips zugunsten realer Folge oder zu einstimmigen Wahlen kam, die der Einsicht in die Mehrheitsverhältnisse geschuldet waren, vgl. oben S. 163 f. 676 Vgl. Begert, Böhmen, S. 378–392. 677 Vgl. Begert, Böhmen, S. 484 f. Neben dem „Kurfürst-Erzkanzler“, der von da an nicht mehr in Mainz, sondern in Regensburg saß, waren dies die „alten“ weltlichen Kurfürsten aus Böhmen, Pfalz(-Bayern), Sachsen, Brandenburg und Braunschweig. Hinzu kamen die Kurfürsten von Hessen-Kassel, Baden, Württemberg und Salzburg; RDH, §§ 25 und 31 (Huber, Dokumente, Nr. 1, S. 10–14). Zur hier nicht interessierenden Möglichkeit eines protestantischen Kaisers durch die konfessionelle Verteilung von dann vier Katholiken gegenüber sechs Protestanten vgl. Duchhardt, Kaisertum, S. 310–325. Vgl. zu den Bemühungen einiger Reichsfürsten im 18. Jahrhundert, in den Kreis der Kurfürsten zu gelangen, Pelizaeus, Aufstieg, S. 46–68.

VII. Exkurse 1. Kirchenbann und Königswahlrecht Der Sachsenspiegel thematisiert zum Verhältnis von Kirchenbann und Königswahl nur das passive Wahlrecht, das einem rechtmäßig Gebannten ausdrücklich nicht zustehe.678 Die Auswirkungen der Exkommunikation auf das aktive Wahlrecht lassen sich jedoch unschwer anhand der Praxis verfolgen. So traten bei der Erhebung Konrads IV. 1237 bekanntlich nur vier Prinzipalwähler auf, darunter als geistliche die Erzbischöfe von Mainz und Trier. Der Kölner fehlte. Er war vier Jahre zuvor exkommuniziert worden, und es scheint, man hat hierin den Grund dafür zu sehen, dass er der Wahl fernbleiben musste.679 Doch anders als bei dieser regulären Wahl verhielt es sich bei der Ausnahmesituation der Doppelwahl von 1257. Hier beteiligte sich der Kölner Erzbischof Gerhard trotz Bannung durch einen päpstlichen Legaten im Jahre 1255680 an der Wahl Richards von Cornwall und krönte diesen auch kurz darauf. Das war umgehend ein Argument für die kastilische Wahlpartei, die Kölner Stimme wie auch die ganze Wahl Richards für ungültig zu erklären.681 Umgekehrt warf die englische Partei dem damaligen Trierer Erzbischof vor, zum Zeitpunkt der Wahl Alfons’ seinerseits exkommuniziert gewesen zu sein, in seinem Fall aber zu Unrecht.682 Doch selbst diese „politische Lüge“ verdeutlicht, dass die Bannung eigentlich das Wahlrecht kostete. Andererseits sieht man aber durch das Verhalten des Kölners, dass im Falle einer strittigen Wahl bzw. konkurrierender Wählergruppen trotz dieses rechtlichen Defizits das Wahlrecht gewahrt werden konnte, da eben jede Stimme gebraucht wurde. Sachsenspiegel, Landrecht III, 54 § 3 (MGH, Fontes iuris, Bd. 1,1, S. 240). MGH, Const. 2, Nr. 329; Janssen, Erzbistum, S. 149 f. 680 Regesten Köln 3,1, Nr. 1818. Unerheblich ist es, dass der Papst auf die Bannung Gerhards von Köln keinen Bezug nahm und auch ihm 1256 für den Fall einer Erhebung Konradins die Exkommunikation androhte (MGH, Epp. saec. XIII, Bd. 3, Nr. 440). Dies kann nur ein Ver- bzw. Übersehen der Kurie gewesen sein, denn Gerhard bemühte sich nachweislich um die Lösung des Bannes; vgl. hierzu Groten, Konrad, S. 504 und 507 f. 681 MGH, Const. 2, Nr. 405, § 11 f.; ibid., Nr. 397, §§ 10–15. 682 MGH, Const. 2, Nr. 405, § 10. 678 679

1. Kirchenbann und Königswahlrecht

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Die nächste Wahl von 1273 stand unter dem Postulat der Einmütigkeit. Sie sollte problemlos ablaufen und Rechtsbeugungen offenkundig unterbleiben. Pfalzgraf Ludwig II., erster weltlicher Kurfürst und Kandidat für die Krone, befand sich aber seit 1267 im Kirchenbann, in den er damals als Unterstützer Konradins gekommen war.683 Aufgrund nachdrücklicher Bemühungen vor allem des Mainzer Erzkanzlers und dann des Trierers wurde Ludwig noch kurz vor der Wahl vom Bann gelöst (Juli 1273). Da die Erzbischöfe letztlich Ludwig eigentlich nicht als König wollten bzw. ihn nicht für durchsetzbar hielten, wird verdeutlicht, dass es ihnen nur um dessen Kurrecht ging und damit sieht man wiederum, wie sehr die Exkommunikation nicht nur dem passivem, sondern auch dem aktiven Wahlrecht formal im Wege stand. Ludwig wurde dann zwar nicht König, aber wählen konnte er!684 Beim Putsch gegen Adolf von Nassau 1298, der ersten Absetzung eines Königs nur durch die Reichsfürsten, nahm dann aufgrund fehlender maßgeblicher Opposition niemand im Reich Anstoß an der Bannung des Mainzer Erzkanzlers Gerhard II. durch Bonifaz VIII. Selbst der Papst stritt ihm aufgrund dessen nicht die Fähigkeit der Prozessführung gegen Adolf und der Wahl Albrechts ab – freilich eine politische Entscheidung.685 Beim wittelsbachisch-luxemburgischen Thronstreit bedienten sich 1349 dann die Wittelsbacher des gebannten und abgesetzten Mainzer Erzbischofs Heinrich von Virneburg und ließen diesen ihren Kandidaten Günther von Schwarzburg gegen Karl IV. wählen.686 Somit muss abschließend nochmals festgehalten werden, dass der Kirchenbann normalerweise das Kurrecht suspendierte, jedoch in Extremsituationen wie einer Doppelwahl oder einem Staatsstreich diese rechtliche Konsequenz ignoriert wurde.687 Freilich war Letzteres im 13. und 14. Jahrhundert die Regel und nicht die Ausnahme.

Vgl. Spindler/Kraus, Behauptung, S. 80 f. Vgl. Spindler/Kraus, Behauptung, S. 89 f.; Krieger, Rudolf, S. 95 f.; Regesta imperii 6,1, S. 4. 685 Vgl. Patze, Gerhard, S. 135 f.; Brabänder, Einflußnahme, S. 98–104. 686 Vgl. Regesta imperii 8, Günther, Nr. a. 687 Zu den rechtlichen Folgen des Bannes vgl. allgemein Feine, Rechtsgeschichte, S. 122–124, 219 f. und 437 f. Hinsichtlich des aktiven kanonischen Wahlrechts ist zu sagen, dass es im Falle des Kardinalskollegiums erst eine Rechtsneuerung aus dem 14. Jahrhundert ist, wonach auch exkommunizierte, suspendierte und interdizierte Kardinäle ausdrücklich ihr aktives Wahlrecht behielten; vgl. Feine, Rechtsgeschichte, S. 320; Führ, Probleme, S. 39 und 46; Aymans, Recht, Bd. 2, S. 239. Im 12. und 13. Jahrhundert verhielt sich dies noch anders. 683 684

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VII. Exkurse

2. Kurze Ausführungen zur angeblichen zweiten Wahl Karls IV. 1349 Es ist unzutreffend, wenn noch in verschiedenen jüngeren Arbeiten behauptet wird, es hätte im Juni 1349 kurz nach Günthers Tod eine neuerliche förmliche Wahl Karls IV. durch alle Kurfürsten gegeben.688 Eine regelrechte Neuwahl hätte den vorausgehenden Thronverzicht Karls erfordert. Den gab es jedoch nicht. Karl zählte in seiner Datierungsformel weiterhin sein Königtum ab dem 11.7.1346.689 Auch hätten sich Karls Wähler von 1346 einer solchen Neuwahl, die ja gleichsam ihre erste Wahl unwirksam gemacht oder gar als widerrechtlich oder defizitär dargestellt hätte, verweigert, wie es 1411 die Kurfürsten taten, die Sigismund bereits 1410 gewählt hatten.690 Allerdings waren zum fraglichen Zeitpunkt im Juni 1349 von den Kurfürsten ohnehin nur drei der bislang opponierenden Elektoren in Frankfurt anwesend: Heinrich III. von Virneburg, Pfalzgraf Ruprecht I. sowie Ludwig V. von Brandenburg.691 Hat es demnach zumindest eine Nachwahl nur durch diese drei Fürsten gegeben? Jene erklärten zwar, dass Günther ihnen ihre Kuren widdir gegebin habe und sie diese an Karl gelegit hätten692, doch war dies nur eine rein urkundliche „Handlung“ ihrerseits bzw. ihre Darstellung des Unterwerfungsaktes von Eltville im Mai.693 Karl konnte sich ohnehin formal gar nicht von Ludwig von Brandenburg wählen lassen, da er bis zum 6.4.1350 den sog. Pseudo-Woldemar als Markgrafen anerkannte.694 Auch Heinrich von Virneburg war für Karl offiziell nur der depositus Moguntinus.695 688 Vgl. z. B. die Dissertation von Günter Hohlweck: Studien zur Entstehung des Kurkollegs. Bonn 2001, S. 212, die auch ansonsten nur eine aneinanderreihende Präsentation von Quellen und älteren Forschungsmeinungen fast ohne jede kritische Kommentierung, geschweige denn mit einem eigenen Ansatz darstellt; vgl. aber auch Rogge, Könige, S. 69 f. Die Wahl überliefern im 16. (!) Jahrhundert Latomus, Acta, S. 415, und Camentz, Acta, S. 434; zur Kritik an dieser Nachricht mit Verweis auf die Handschriften vgl. schon Janson, Königtum, S. 102–104. 689 Vgl. Spe ˇ vácˇek, Karl IV., S. 91 Anm. 213. 690 Vgl. Hoensch, Kaiser Sigismund, S. 156; RTA, ÄR 7, Nr. 67. 691 MGH, Const. 9, Nrn. 87, 363, 401 und 403. 692 MGH, Const. 9, Nr. 92. 693 MGH, Const. 9, Nrn. 62 f. 694 MGH, Const. 10, Nr. 88; in der Urkunde über die Bestätigung ihrer Reichslehen vom 26.5.1349 wird daher neben Ludwig VI. und Stephan auch Ludwig V. nur als bayerischer Herzog tituliert, die Lehen werden nicht namentlich genannt; MGH, Const. 9, Nr. 325! Vgl. die Beistandsurkunde für Woldemar vom gleichen Tag, ibid., Nr. 326. 695 MGH, Const. 9, Nrn. 62 f.; irrelevant sind die „taktischen Spielchen“ Karls: ibid., Nrn. 311 f.

3. Die Translation von Kurwürden

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Beide hatten also in den Augen des Luxemburgers keine kurfürstlichen Rechte. Eine feierliche Nachwahl allein durch Pfalzgraf Ruprecht erscheint aber kaum wahrscheinlich, sodass von einer bloßen Huldigung der drei Fürsten im Verbund mit den Frankfurtern auszugehen ist.696 Nicht zuletzt muss auf einen entscheidenden juristischen Aspekt hingewiesen werden: Eine Nachwahl durch die wittelsbacher Partei hätte vor allem dem Prinzip der unitas actus widersprochen. Aus all diesen Gründen hat es also 1349 keine Wahl Karls gegeben – weder eine Neu- noch eine Nachwahl. 3. Die Translation von Kurwürden Im Rahmen der Ausführungen zur Gestaltung von Kollegien wurde festgestellt, dass Kollegiumsmitglieder, deren Mitgliedschaft sich auf eine bestimmte Rechtsperson gründet, nicht aus einem Kollegium ausscheiden können, da die Rechtsperson im Gegensatz zu einer natürlichen Person immer existent ist.697 Einen willkürlichen Austausch einer Rechtsperson durch eine andere juristische Person kann es nicht geben. Einzige Möglichkeit eines Wechsels ist eine förmliche Verfassungsänderung des Kollegs. Im Verlauf der Reichsgeschichte kam es verschiedentlich zu Umgestaltungen des Kurkollegiums, deren rechtliche Vorgänge im Folgenden kurz beschrieben werden. Bei der ersten Translation einer Kurwürde, nämlich der der sächsischen innerhalb der Dynastie der Wettiner von der Ernestinischen auf die Albertinische Linie (1547), wurde zunächst Kurfürst Johann Friedrich I. die legitimierende Würde in Form der Verhängung der Reichsacht aberkannt. Eine Übertragung dieser Würde war dann aber letztlich gar nicht notwendig, denn Johanns Cousin Moritz war ja schon seinerseits Herzog von Sachsen. Allerdings wurde es – nicht zuletzt wegen der Bestimmungen der Goldenen Bulle (cap. XX und XXV) – für nötig befunden, neben der Kur dennoch auch den größten Teil der kurfürstlichen Territorien, in Sonderheit den sog. „Kurkreis“ um Wittenberg Herzog Moritz zu verleihen.698 Es fand hier also nur ein Austausch der natürlichen Person als Träger des legitimierenden Rechtstitels statt. Etwas anders verhielt es sich dagegen bei der Translation der pfälzischen Kur auf Maximilian I. von Bayern (1623). Zunächst wurde auch FriedRegesta imperii 8, Nr. 1018a. Vgl. oben Kapitel V.1. 698 Sog. Wittenberger Kapitulation vom 19.5.1547 in: Herrmann/Wartenberg, Korrespondenz, Bd. 3, Nr. 584, S. 412–416. Zu den Bestimmungen der Goldenen Bulle vgl. oben S. 139–141. 696 697

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VII. Exkurse

rich V. von der Pfalz geächtet und ging aller Lehen verlustig, womit er ebenfalls „rechtmäßig“ aus dem Kurkolleg ausschied. Maximilian, ohnehin bereits titular ein Pfalzgraf, erhielt die Kur und zudem die Oberpfalz zu Lehen, nicht aber das sog. pfälzische Kurpräzipuum.699 Wenngleich die Kur nie formal auf das Herzogtum Bayern radiziert wurde, war Maximilian aber auch kein Kurfürst der Oberpfalz, sondern Kurfürst des Reiches als Herzog von Bayern, kurz „Kurfürst von Bayern“.700 Ungeachtet dessen, dass die Kur nach Aussterben der bayerischen Linie der Wittelsbacher an die Pfälzer zurückfallen sollte und also die Kur nur an eine spezielle dynastische Linie gekoppelt wurde, fand hier ein Tausch der juristischen Person als Inhaber der Kurwürde statt, nachdem die die Kur ursprünglich innehabende juristische Person zumindest vorübergehend inexistent war. Dies war trotz der Extremsituation aber nur durch die familiären Anrechte politisch möglich und durchsetzbar. Gleichwohl war von Kaiser Ferdinand II. 1621 erklärt worden, dass er auch die Macht hätte, die ehemals pfälzische Kur auf Österreich zu übertragen.701 Zur völligen Umgestaltung des Kurkollegs von 1803 ist zu sagen, dass die Kurfürsten von Trier und Köln nicht einfach durch andere Kurfürsten ausgetauscht wurden. Die beiden Erzbischöfe waren nach Abtretung des linken Rheinufers an Frankreich und dem entschädigungslosen Verlust ihrer Reichsfürstentümer nicht mehr als Rechtspersonen existent (der ehemalige letzte Erzbischof von Trier lebte noch bis 1812 apanagiert weiter, während Köln ohnehin seit 1801 vakant war). Mit dem dauerhaften Fortfall der legitimierenden Rechtstitel/Würden fielen auch die daran haftenden Kuren zwangsläufig fort. Die Schaffung der vier neuen Kuren hatte inhaltlich nichts mit den beiden erloschenen zu tun. Auch das Erzbistum Mainz ging 1803 für immer unter, doch dessen Kur wurde erhalten, indem man sie mitsamt ihrem Träger nach Regensburg transferierte und letzterer fortan als „Kurfürst-Erzkanzler“ tituliert wurde.702 Wie sehr die Reichsverfassung und deren Beachtung angesichts des Napoleonischen Drucks verfiel, zeigt sich dann noch stärker 1805, als die gerade erst geschaffene Salzburger Kur „umgesiedelt“ wurde – ohne dass man hierfür noch eine reichsgesetzliche Bestätigung einholte. Dabei blieb – anders als im Falle von Mainz – nach dem Frieden von Preßburg das HerzogZeumer, Quellensammlung, Bd. 2, Nr. 196. Zum Kurpräzipuum vgl. Anm. 485. IPO, Art. IV § 3–5 und 9 (APW III B 1/1, Nr. 18, S. 100 f.). 701 Vgl. Begert, Böhmen, S. 380 Anm. 106. Schon Kaiser Maximilian I. hatte 1504 den Plan, die Kur des damals ebenfalls geächteten Pfalzgrafen auf die Grafschaft Tirol zu transferieren. Politisch war auch dies undurchführbar; vgl. Wiesflecker, Pläne, passim. 702 RDH, §§ 25, 31 und 69–72 (Huber, Dokumente, Nr. 1, S. 10–14 und 23 f.). 699 700

3. Die Translation von Kurwürden

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tum Salzburg erhalten, fiel jedoch an den Kaiser von Österreich. Die Kur blieb aber nicht an dem Territorium haften, wodurch sie ansonsten der Kaiser als neuer Herzog von Salzburg innegehabt hätte (und damit zusätzlich zur böhmischen Kur eine zweite). Stattdessen wurde die Kurwürde – ähnlich wie fast drei Jahre zuvor die Mainzer Kur – bei der natürlichen Person des bisherigen Salzburger Kurfürsten belassen und auf dessen neues Fürstentum, das Großherzogtum Würzburg, transferiert.703

703 Friede von Preßburg, Art. 10 + 11 (CTS, Bd. 58, S. 339–349, hier 344); vgl. Putzer, Staatlichkeit, S. 640–644.

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Personen- und Ortsverzeichnis A. Bf. Ebf. Ebtm. Fst. Fstm. Gf. Gft. Hft. Hzg.

Anmerkung Bischof Erzbischof Erzbistum bzw. Erzstift Fürst Fürstentum Graf Grafschaft Herrschaft Herzog

Hzgtm. Kfst. Kfstm. Kg. Kgr. Ks. Ldgf. Mkgf. Mkgft. Pfgf.

Herzogtum Kurfürst Kurfürstentum König Königreich Kaiser Landgraf Markgraf Markgrafschaft Pfalzgraf

Päpste wurden unter dem Stichwort „Päpste“ und römische Könige bzw. Kaiser unter „Kaiser“ verzeichnet. Ansonsten wurden Fürsten unter Bezugnahme auf ihr Territorium, Fürstenkinder auf ihre Dynastie rubriziert. Wenn konkrete Herrscher gemeint sind, wurden sie auch dann unter ihrem Namen eingeordnet, selbst wenn sie im Text nur indirekt, bspw. allein mit ihrem Titel, genannt werden. Wird aber im Text eine abstrakte Rechtsperson bezeichnet, ist die entsprechende Seitenzahl unter der Oberrubrik z. B. der „Markgrafen von Meißen“ aufgeführt. Die drei Stammtafeln blieben unberücksichtigt. Moderne Autoren wurden ebenfalls nicht aufgenommen. „fi“ verweist auf eine andere Rubrik. Aachen 35, 96, 98, 99, 101 A, 119 Alexander von Roes, Kanoniker und Staatstheoretiker 21, 56 Andernach 30 A, 31, 32, 34, 41 Anhalt – Gft./Fstm. 69, 70 – Gf.en/Fst.en von 71, 73 – Bernhard I. 70 – Heinrich I. 38 A, 43 A, 69, 70 – Heinrich II. 69, 70 – Siegfried I. 70 A Aquileja, Patriarchen von 63 Arelat 40 A Arnold von Lübeck, Chronist 23 A, 27 A, 35 A, 39 A Askanier 14, 36–38, 66, 111, 118, 121, 123, 125 A, 126, 140 A, 142 A, 148 A Auctor vetus 33, 34

Babenberger 59, 61, 93 A, 102 Baden, Mkgf.en/Kfst.en von 108, 193 A Bamberg, Bf.e von 63 – Berthold 175, 176, 181 A Bartholomäus von Lucca, Theologe und Historiograph 97 A Bayern – Hzgtm./Kfstm. 38, 126, 127, 128 A, 129, 166 A, 198 – Hzg.e/Kfst.en von 19 A, 20 A, 55, 57, 64, 67, 73, 74, 91 A, 137, 143, 153, 158, 159, 193 – Albrecht I. 130 A – Heinrich XIII. 48, 49, 54, 62 A, 64, 66, 68, 79–81, 84, 97, 104, 107, 108, 113, 126, 127, 145 A, 155, 157, 166

220 – – – – – – –

Personen- und Ortsverzeichnis

Ludwig I. 37, 43, 148 A Ludwig II. (fi Pfalz) Ludwig IV. (fi Kaiser) Ludwig V. (fi Brandenburg) Ludwig VI. (fi Brandenburg) Maximilian I. 197, 198 Maximilian II. Emanuel 154 A, 155 A – Otto II. (fi Pfalz) – Stephan II. 129, 130, 132, 133 A, 134 A, 196 A – Stephan III. 191 A – Wilhelm I. 130 A – Räte und Gesandte 176 Benesˇ von Weitmühl, Chronist 182 A Bernhard von Pavia, Kanonist 77 A, 152 A Böhmen – Kgr. 73 A – Kg.e/Kfst.en von 14, 15, 19, 21 A, 33 A, 39 A, 42, 49–53, 55, 56, 58, 63, 69, 74 A, 75 A, 79, 84, 88 A, 90–92, 94 A, 95, 99, 100, 105, 143, 144, 153, 156, 159, 172, 173, 179 A, 187 A, 193 A – Heinrich von Kärnten 142 A, 147 A, 155 A, 180 – Johann 132 A, 133 A, 134 A, 142 A, 147 A, 179 A, 181 A – Karl (fi Ks. Karl IV.) – Maria Theresia 192 A – Otakar I. 35 A, 39, 42 A – Otakar II. 50, 52, 53 A, 54, 58, 61–63, 65, 67 A, 68 A, 69, 73 A, 81, 86, 93 A, 110, 127 A, 154, 164 A, 166, 173, 176, 177 – Vladislav II. 192 A – Wenzel (Václav) I. 13, 43–47, 62, 90 A, 92, 95, 100, 101, 157 – Wenzel (Václav) II. 107, 112, 114, 115, 119 A, 154, 161 A, 168 A – Wenzel IV. (fi Kaiser)

– Räte und Gesandte 52, 53 A, 69, 90, 95, 154 A, 157, 163, 175, 176 Brabant – Hzgtm. 62 – Hzg.e von 17 A, 20 A, 62, 66, 72–74, 89 A, 92 A, 159 – Heinrich II. 45, 62, 71 A, 87, 99 – Heinrich III. 62, 63, 67, 79, 84, 87 – Heinrich IV. 62 A – Johann I. 62 A Brandenburg – Mkgft./Kfstm. 19 A, 109, 110, 113, 136, 138 A, 139, 148, 190 – Mkgf.en/Kfst.en von 14, 15, 20, 21, 26 A, 33, 35, 38, 39 A, 41, 56–58, 74, 79, 92 A, 94, 98, 100, 106 A, 108, 114, 120, 122, 124, 137, 138, 141, 143, 146, 149, 153, 156, 159, 179 A, 180 A, 182, 193 A – Albrecht I. der Bär 35 A – Albrecht II. 34–39, 107 – Friedrich I. 163 – Friedrich II. der Große 155 A, 164, 192 A – Heinrich I. 113, 114, 117, 118, 150 – Hermann I. 113–116, 118, 168 A – Johann I. 34, 37, 43 A, 44, 46, 47, 48 A, 52, 58, 65, 67 A, 68 A, 69, 70, 81 A, 85, 86, 92, 95, 102 A, 108 A, 109, 110, 112, 113, 148, 154, 160 – Johann II. 106, 107, 108 A, 110, 112, 166 – Johann V. 116 A, 117 – Jost (fi Kaiser) – Konrad I. 112 A – Konrad II. 116 A – Ludwig V. 118, 125, 129, 132, 133, 134 A, 136, 138 A, 139 A, 140 A, 196 – Ludwig VI. 130 A, 136, 138, 139, 140 A, 141, 196 A

Personen- und Ortsverzeichnis – – – –

Mathilde (Regentin) 109 A Otto I. 35 A Otto II. 35 A Otto III. 34, 37, 43 A, 44, 46, 47, 48 A, 52, 54, 58, 65, 67 A, 68 A, 69, 70, 81 A, 84–86, 92, 95, 102 A, 108 A, 109, 110, 112, 113, 148, 154, 160 – Otto IV. 107, 108 A, 110, 112–116, 118, 124, 150 – Otto V. 107, 108 A, 110, 112, 113 A, 119 A – Otto VI. 19 A, 112 – Otto VIII. 136, 138 A, 139, 141 – Pseudo-Woldemar 196 – Sigismund (fi Kaiser) – Woldemar 116–118, 123, 124, 150 Braunschweig 39 A, 46, 47, 51 A, 60, 65, 66 A, 86, 87, 89, 91–97, 99–103, 109, 160, 167 A – Hzg.e/Kfst.en von 65, 67, 69, 94 A, 151, 193 – Albrecht I. 65–67, 83–85, 87 A – Heinrich I. (fi Sachsen) – Otto I. 37, 47, 65, 66 A, 87, 95, 102, 103 Bremen, Ebf.e von 35, 77, 78, 158, 159 – Gerhard II. 46 A, 76, 78 – Hildbold 156, 157 Burchard von Ursberg 23 A Burgund 166 A Cuyk, Gf.en von 71 A Dagsburg, Gf. Albert von 71 A Eike von Repgow 13–15, 19, 20, 26 A, 30 A, 33, 40–44, 49 A, 50, 57, 63, 96 A, 108 A, 148 Eltville 196 England – Kgr. 30 A, 36 A

221

– Kg.e von – Eduard III. 125 A, 135 – Heinrich III. 75 A Flandern, Gf.en von 70 A Franken, Hzgtm. 38 Frankfurt 38, 39 A, 49, 66, 67 A, 77, 78, 81 A, 83, 86, 87, 89 A, 90 A, 97 A, 99, 101 A, 103 A, 112 A, 130 A, 132, 133, 136 A, 163 A, 164, 165 A, 178, 187, 190, 191 A, 192 A, 196, 197 – St. Bartholomäus-Kirche 186, 191 Frankreich/Franzosen 21, 30 A, 36 A, 56, 198 – Napoleon I., Ks. 198 Freising, Bf.e von 78 Gallien 14 Geldern, Gf.en von 69, 71, 74 – Gerhard I. 71 – Otto I. 71 – Otto II. 45 A, 71, 78 A Gervasius von Tilbury, Kanonist und Historiograph 40 Giselbert von Mons, Chronist 23, 24 A Goldast von Heiminsfeld, Melchior, Jurist und Kompilator 39 A Goslar 37, 48 A Habsburger 18 A, 112, 117, 126, 142 A, 144 A, 178, 180, 187 A, 193 – Agnes, Tochter Kg. Rudolfs I., Gattin Hzg. Albrechts II. von Sachsen 120, 142 A – Hedwig, Tochter Kg. Rudolfs I., Gattin Mkgf. Ottos IV. 19 A Hadeln, Hft. 124 A Halberstadt 35, 38 Halle 109 A

222

Personen- und Ortsverzeichnis

Heinrich von Segusio, Kardinal von Ostia, Kanonist (fi Hostiensis) Hennegau, Gf.en von 70 A Hessen, Ldgf. Heinrich I. von 112 Hessen-Kassel, Kfst.en von 193 A Hildesheim, Bf. Heinrich I. von 76 A Holstein, Gf. Johann III. von 119 A, 124 A Hostiensis 47 A, 50, 51, 52 A, 53, 55, 88–92, 95, 96, 100–102, 103 A, 156, 158 A, 160, 161, 172, 173 A Hugo von S. Sabina, Kardinal (fi päpstliche Legaten) Italien 14, 60, 78 Jordan von Osnabrück, Kanoniker und Staatstheoretiker 21 Kärnten – Hzgtm. 61 – Hzg.e von 61, 69, 102 Kaiser/römische Kg.e 151–153, 173 – Adolf von Nassau 104 A, 106 A, 112–114, 119, 127, 128, 138, 179 A, 180, 195 – Albrecht I. 18, 86 A, 97 A, 103 A, 113–115, 116 A, 117, 120, 122, 128, 161 A, 163, 178 A, 179 A, 180, 195 – Albrecht II. 152 A – Alfons von Kastilien 19, 52, 53 A, 60 A, 62, 63, 67, 69, 70, 80 A, 85 A, 109, 136 A, 154 A, 161 A, 174, 175 A, 176, 194 – Ferdinand II. 143 A, 198 – Franz I. Stephan 164 – Friedrich I. Barbarossa 23, 27 A, 166 A – Friedrich II. 16, 23, 34, 36, 37, 42, 43, 57, 60, 94 A, 109 A, 148 A – Friedrich (III.) 117, 125, 129, 138, 161 A, 180, 181 A, 183 A – Friedrich III. 152 A, 163

– Günther von Schwarzburg 118, 125, 126, 135, 136 A, 147, 162, 182, 183, 195, 196 – Heinrich I. 142 – Heinrich IV. 91 – Heinrich VI. 40 A – Heinrich (VII.) 34, 37 A, 43, 70 A, 71 – Heinrich Raspe 60, 75, 76 – Jost von Mähren 142 A, 163, 187 A, 190–192 – Karl I. der Große 16, 21, 33 A, 82 – Karl IV. 125, 126, 135 A, 136–139, 141, 142, 143 A, 147 A, 154 A, 161 A, 165 A, 169, 170 A, 179 A, 182, 185, 186, 190, 195–197 – Karl V. 164 A – Karl VI. 154 A – Konrad II. 171 – Konrad III. 26 A, 166 A – Konrad IV. 43, 60, 61, 78, 93 A, 99–102, 194 – Lothar III. 22 A, 171 A, 172 – Ludwig IV. 113, 114, 116–118, 124, 125, 127–129, 132, 133, 134, 136, 137, 138 A, 147 A, 154, 161 A, 162, 168 A, 179 A, 180–184, 189 A – Matthias 164 – Maximilian I. 198 A – Otto III. 16, 39 A, 57 A, 82, 83 – Otto IV. 16, 24–26, 27 A, 28 A, 29, 31, 34, 36, 38–42, 57, 71, 83, 99, 148 A, 172 – Philipp von Schwaben 24, 25, 28, 34, 35 A, 36, 38, 39, 71, 99 – Richard von Cornwall 19, 52, 54 A, 60 A, 62, 64, 65 A, 66–69, 81, 82 A, 127, 154 A, 161 A, 174, 175 A, 194 – Rudolf I. 19 A, 40, 48 A, 51 A, 55, 58, 70 A, 91 A, 94 A, 105, 107, 108 A, 110, 112, 113, 118, 119 A, 142, 145 A, 146, 153, 157–159, 162, 165, 166, 169, 175–177, 178 A – Rudolf II. 143 A

Personen- und Ortsverzeichnis – Ruprecht von der Pfalz 187 – Sigismund 141 A, 142 A, 163, 190, 191, 192 A, 196 – Wenzel 114 A, 141 A, 165 A, 186, 187 A, 190, 192 – Wilhelm von Holland 16, 18, 45, 46, 58, 60, 65, 66 A, 67 A, 70, 71, 72 A, 75, 76, 78, 81 A, 84–87, 89, 92, 93, 99–103, 109 A, 154 A, 160 Koblenz 78 A, 103 A Köln 78 – Ebtm./Kfstm. 18 A, 198 – Ebf.e/Kfst.en von 13 A, 14, 15, 18, 20, 21, 25, 26, 31 A, 33 A, 39 A, 55, 56, 58, 75 A, 79, 97, 99, 106 A, 133, 143, 144, 153, 156, 159, 179 A, 181 A, 192 A, 198 – Adolf I. von Altena 13, 21 A, 24–30, 31 A, 32, 37, 38, 99 – Bruno IV. 38 – Engelbert I. 43 – Engelbert II. 156 – Friedrich III. 114 A, 190–192 – Heinrich I. 44, 45 A, 194 – Heinrich II. 122, 123, 145 A – Joseph Clemens 154 A, 155 A – Konrad 45, 46 A, 52, 68, 76, 81 A, 84 A, 86, 87 A, 103, 154, 161 A, 173, 174, 175 A – Siegfried 106, 107 – Walram 132 A, 134, 181, 182 A – Wikbold 113, 114, 120, 122, 124 A, 145 A, 147 A Konradin (fi Staufer) Krain, Mkgft. 61 Lahnstein 187 A Lauenburg 119 Limburg – Hzgtm. 72 – Hzg.e von 69, 72, 73 Looz, Gf. Arnold IV. von 45 A, 71 A Lothringen (Oberlothringen), Hzg.e von 15, 17 A, 62, 66, 69

223

– Friedrich III. 63, 66, 67, 79, 80, 84, 87, 136 A Ludowinger 59 Lübeck 46, 58 Lüneburg, Hzg. Wilhelm von 37, 38 Lüttich, Bf.e von 71 A – Heinrich III. 76 A, 87 A Lupold von Bebenburg, Bf., Staatstheoretiker 169 Mähren, Mkgf.en von 75 A Magdeburg, Ebf.e von 35, 42 A, 77 – Albrecht I. 37 A, 43 A Mainz 35 A, 39 A, 78 A, 98, 103 A – Ebtm./Kfstm. 18 A, 198 – Ebf.e/Kfst.en von, Reichserzkanzler 13 A, 14, 15, 18, 20, 21, 25–27, 31 A, 33 A, 39 A, 55, 56, 58, 73, 75 A, 79, 97, 99, 100, 106 A, 133, 143, 144, 153, 156, 159, 164 A, 179 A, 180 A, 186 – Dietrich 163 A – Gerhard I. 52, 65, 76, 81 A, 82 A, 84 A, 87 A, 95, 154, 173 A, 174, 175 A, 194 – Gerhard II. 113–115, 120, 122, 154, 195 – Gerlach 181, 182 – Heinrich III. 132, 134, 153 A, 182, 195, 196 – Johann II. 114 A, 190–192 – Konrad I. 25, 27, 32 – Ludwig 186 – Siegfried II. 37, 38, 43 – Siegfried III. 44, 45, 46 A, 76, 86, 100, 101, 194 – Werner 54, 70 A, 106, 107, 156, 195 Martin von Troppau, Historiograph 13 A, 16 A, 54, 57 A, 82, 83, 158 A Matthäus von Paris, Chronist 19, 20, 43 A, 68–71, 72 A, 73–75, 88, 92, 93, 102 Meißen – Mkgft. 60

224

Personen- und Ortsverzeichnis

– Mkgf.en von 17 A, 69, 75 A, 94 A, 159 – Heinrich I. 60–62, 63 A, 69 A Meranien, Hzg.e von 59, 75 A Metz 140, 186 – Bf. Jakob von 75 – Bf. Konrad I. von (Reichskanzler) 43 Münster, Bf. Ludolf von 76 A Niederbayern (fi Bayern) Niederlothringen, Hzgtm. 72 Nürnberg 105, 120, 137, 140 – Burggft. 106, 166 – Burggf. Friedrich III. von 106, 166 – Burggf. Friedrich VI. von 191 A Oberbayern (fi Bayern) Oberlothringen (fi Lothringen) Oberpfalz 129, 198 Österreich – Hzgtm. 94 A, 198 – Hzg.e/Erzhzg.e/Ks. von 19 A, 20 A, 57, 59, 61, 62, 64, 73, 75 A, 92, 93 A, 108, 143 A, 145 A, 148 A, 186, 199 – Albrecht I. (fi Kaiser) – Rudolf I. 94 A, 119 A Orlamünde, Gf.en von 70 A Osnabrück, Bf. Engelbert I. von 76 A, 78 A Ostelbien 166 A Ottonen 18, 59 Paderborn, Bf. Simon I. von 76 A, 78 A Päpste 16, 50 A, 53, 94–97, 99, 106 A, 150, 152, 163, 170, 186 (auch fi Kurie) – Alexander IV. 60 A, 76, 84 A, 85 A, 156, 194 A – Benedikt X. 57 A – Bonifaz VIII. 97 A, 115, 195

– – – –

Clemens IV. 54, 78 A, 97, 155–157 Clemens VI. 182 A Gregor V. 16, 39 A, 97 A Gregor X. 16 A, 54, 64, 66, 80, 97, 176 – Innozenz III. 20, 24 A, 28 A, 35 A, 53 A, 71 A, 99 – Innozenz IV. 45 A, 60, 71, 75, 76, 94, 96 A, 108 A, 156 – Johannes XXII. 119 A, 124 A, 125 A – Nikolaus II. 57 A – Nikolaus III. 106, 107, 112 A, 166 A, 167 – Sixtus V. 149 A – Urban IV. 53, 54 A – päpstliche Legaten 47, 49 A, 65 A, 94 A, 96–98, 103, 194 Passau, Bf.e von 78 Pfalz(grafschaft bei Rhein) 27, 126, 148 – Pfgf.en/Kfst.en von 15, 19 A, 20, 21, 25–27, 31 A, 32 A, 39 A, 40 A, 56, 58, 63, 74, 79, 89 A, 99, 106 A, 108, 135, 136, 139–141, 143, 146, 149, 153, 156, 159, 181 A, 182, 193 – Friedrich I. 143 A, 152 A – Friedrich V. 143 A, 197, 198 – Heinrich I. (fi Sachsen) – Heinrich II. 36, 148 A – Karl IV. Theodor 155 A, 164, 192 A – Ludwig I. (fi Bayern) – Ludwig II. 48 A, 52, 54, 60, 62 A, 63, 64, 67, 70 A, 81 A, 104 A, 106, 107, 110, 113, 126, 127, 129, 145 A, 161 A, 166, 173–175, 178, 195 – Ludwig IV. (fi Kaiser) – Otto II. 44, 46, 47 A, 48 A, 64, 87, 89, 92, 103, 126, 127, 145 A, 148 A, 154 A – Philipp 152 A – Rudolf I. 104 A, 115, 123, 127–129, 168 A

Personen- und Ortsverzeichnis – Rudolf II. 129, 130, 132, 134 A, 135, 136 A, 137 – Ruprecht I. 129, 130, 135, 136 A, 137, 138 A, 140 A, 141, 196, 197 – Ruprecht II. 129, 130, 135, 137, 141 – Ruprecht III. (fi Kaiser) – Räte und Gesandte 187 A, 190 A Pfalz-Neuburg, Pfgf. Philipp Ludwig von 143 A Pfalz-Zweibrücken, Pfgf. Johann II. von 143 A Polen, Hzg.e von 75 A Preußen, Kg. Friedrich II. von (fi Brandenburg) Regensburg 193 A, 198 – Bf.e von 78 A Reinmar von Zweter, Dichter 45 A Rhense 132, 134 A, 165 A, 187 Roger von Hoveden, Historiograph 25–28, 29 A, 30 A, 31, 32 A, 33, 38 Rom 23 A, 40 A Sachsen – Hzgtm./Kfstm. 138, 148 – Hzg.e/Kfst.en von 14, 15, 20, 21, 25, 26, 28, 32 A, 39 A, 47, 56, 58, 69, 73, 74, 79, 98, 100, 106 A, 108, 141, 143, 144 A, 146, 149, 153, 156, 157, 159, 179 A, 193 A – Albrecht I. 36, 37 A, 38 A, 44, 46, 47, 49 A, 52, 58, 65, 66 A, 67 A, 69, 70 A, 81 A, 85 A, 86, 92, 94, 95, 102 A, 109, 118, 122, 148 A, 154, 160, 175 A – Albrecht II. (fi SachsenWittenberg) – Bernhard III. 28, 36, 38, 69, 70 A, 148 A – Heinrich I. 27–29, 36–38, 148 A – Heinrich der Löwe 28, 29 – Johann I. 106, 107, 110, 118, 119, 122, 166

225

Sachsen-Lauenburg, Hzg.e/Kfst.en von 120, 123, 124, 136, 143, 145 A, 146, 147, 152, 182, 192 A – Albrecht III. 116, 119, 120, 122, 123 – Albrecht IV. 124 A, 125 A – Erich I. 119, 123–125 – Erich II. 125 – Johann II. 117 A, 119, 120, 122–124, 125 A, 147 A Sachsen-Wittenberg – Hzgtm./Kfstm. 120, 192 A – Hzg.e/Kfst.en von 123, 146, 147, 152 A – Albrecht II. 107, 112–114, 118–120, 128 A, 142 A, 154 – Albrecht (III.) 138, 140, 142 A – Johann 155 A – Johann Friedrich I. 197 – Moritz 197 – Rudolf I. 117 A, 120, 123, 125, 132, 133, 138, 161 A, 181, 182 – Rudolf II. 138, 140 – Rudolf III. 187 A, 190, 192 – Wenzel 138, 140, 142 A Salier 18, 22, 59 Salzburg – Ebf.e von 20 A, 32, 35, 43 A, 73, 77, 78, 93 A, 159 – Eberhard II. 32, 78, 93 A – Philipp 61 – Hzgtm./Kfstm. 198, 199 – Kfst. Ferdinand von 193 A, 199 Schwaben – Hzgtm. 38, 171 – Hzg.e von 57, 60, 69 – Friedrich II. 171 A Schwerin, Gf. Heinrich II. von 119 A, 124 A Spanheimer 61 Speyer 35 A, 44 A, 78 A – Bf. Heinrich II. von 67 A, 75, 76 A, 87 A, 95

226

Personen- und Ortsverzeichnis

Staufer 24, 28, 38, 40 A, 46, 57, 60, 61, 87, 89, 99, 156 A, 171 – Agnes, Erbin der Pfalz 27, 28 A – Beatrix, Tochter Kg. Philipps von Schwaben, Gattin Ks. Ottos IV. 39 – Konradin, Sohn Kg. Konrads IV. 54, 60, 76, 78 A, 84 A, 97, 156, 194 A, 195 Straßburg, Bf. Heinrich III. von 75, 76 A, 87 A Teck, Hzg. Konrad II. von 178 Thüringen – Landgft. 60, 94 A – Landgf.en von 35, 59, 69, 75 A, 145 A – Heinrich Raspe (fi Kaiser) – Hermann I. 35 Tirol, Gft. 198 A Toul, Bf. Rutger von 76 A Trier 78 A – Ebtm./Kfstm. 18 A, 62, 198 – Ebf.e/Kfst.en von 13 A, 14, 15, 18, 20, 21, 25, 26 A, 31 A, 33, 35, 39 A, 41, 55–58, 75 A, 79, 93 A, 97, 99, 100, 101, 106 A, 133, 143, 144, 153, 156, 159, 179 A, 180 A, 192 A, 198 – Arnold II. 45, 46 A, 52, 65, 66, 76, 81 A, 84 A, 86, 93 A, 100, 103, 109, 154, 161 A, 175 A, 194 – Balduin 123, 132 A, 134, 153 A, 179 A, 181 A – Boemund 113, 115, 120, 168 A – Clemens Wenzeslaus 198

– Dietrich II. 34, 43, 44, 90 A, 100, 194 – Heinrich II. 106, 107, 156, 195 – Johann I. 25–27, 29, 32, 34, 38, 39 – Werner 114 A, 190 Venedig 95 Verdun, Bf. Johann II. von 76 A Welfen 24, 29, 37, 38, 57, 94 A, 145 A, 148 A, 166 A – Elisabeth, Gattin Kg. Wilhelms 65 Westfalen, Hzgtm. 29, 62 Wetterau 87, 98 Wettiner 145 A, 152 A, 192 A, 197 Widukind von Corvey, Historiograph 15 A Wien 44, 61, 62, 78 Wittelsbacher 36, 37, 126, 127, 134, 161 A, 193, 198 Wittenberg 119, 179 A, 197 Worms 78 A – Bf. Richard von 67 A Worringen 48 A Württemberg, Gf.en/Kfst.en von 186, 193 A Würzburg 39, 57, 78 A – Bf.e von – Gerhard 186 – Hermann I. 76, 87 A – Großhzgtm./Kfstm. 199 Zähringer 94 A, 166 A

Sachverzeichnis Adlektion 33 A, 37 A, 41, 43 A, 173 Akklamation 22 A, 41, 43, 46 A, 47 A, 65 A, 70 A, 76, 102, 171 Allod 94 A, 108, 150 A Approbation, päpstliche 96, 97 A Asseburger Fehde (1255–1258) 65 A Bann (fi Kirchenbann) Boppard, Vertrag von (1273) 21 A Bullen/Dekretalen – „Decet Romanum pontificem“ (1622) 84 A, 158 A – „Licet de vitanda“ (1179) 77 A – „Postquam verus“ (1586) 149 A – „Qui celum“ (1263) 50, 53, 54 A, 67 A, 68 A, 78 A, 80 A, 81, 82 A, 91 A, 158 A – „Venerabilem“ (1202) 50, 53 A

Erzämter 13–15, 24, 33 A, 35 A, 36 A, 39, 40, 42, 63, 64, 136, 140 – Kämmerer 35, 110 A, 112, 132 A, 139 A, 141 A, 148 A – Marschall 14 A, 28, 36 A, 40 A, 119, 120, 122, 125 A, 140 – Schenk 14, 15, 40 A, 42, 45, 50, 58, 63, 105 – Seneschall 63 – Truchsess 27, 63 Erzkanzler 13 A, 14, 42, 78, 103, 186, 193 A, 198 Exkommunikation (fi Kirchenbann) Folge(pflicht) 160, 162–164, 171, 173, 174 A, 175 A, 176, 177, 178 A, 183, 184, 185 A, 193 A

Concordia 88, 171–174, 176, 179, 180, 182–185 Consilium 169, 170 Consortium 170 Corpus iuris civilis 170 A

Genossenschaft 170 Goldene Bulle (1356) 28 A, 43 A, 47 A, 126, 128 A, 135, 137–142, 143 A, 145, 147, 149, 152, 154 A, 155 A, 162–164, 165 A, 169, 170, 185–193, 197

Dalimilchronik 56, 91, 102 „Deliberatio de tribus electis“ 20, 24 A, 28 A Discordia 47 A, 50, 51 A, 88, 171, 173, 174, 178, 183, 184, 185 A

Hamburger Annalen 109 Hauptwähler (fi Prinzipalwähler) Heimbach, Bund von (1300) 40 A Huldigung 35, 38, 47, 65 A, 100, 161 A, 171, 184, 197

Electio per compromissum 22, 23, 30, 52 A, 84, 95, 158 Electio per unum 112, 113 A, 161, 162, 169, 175 Erfurter Annalen 46, 47, 65 A, 87, 89, 92 Erstkieser (fi Prinzipalwähler)

Interregnum (1256–1273) 16, 40, 49, 50, 51 A, 54, 58, 63, 84, 97, 101 A, 103, 104, 157, 178, 179, 188 Inthronisator 35, 42, 78 Kanonisches Recht 12, 16, 32 A, 52, 53, 55 A, 57 A, 58, 77 A, 95, 149,

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Sachverzeichnis

154, 155, 161, 170, 173, 174, 178 A, 184 A, 188, 195 A Kardinäle, Kardinalskollegium 23 A, 57 A, 77, 97, 149, 150, 152, 162, 168 A, 170, 195 A Kirchenbann 38 A, 44, 45 A, 46, 60, 76 A, 87, 89, 103, 114 A, 154 A, 181, 194, 195 Kölner Königschronik 25 Königsrichter 27 Kompromissare (fi electio per compr.) Konklave 115, 164 A Kooptation 152, 191 A Koronator (Kröner) 27, 42, 78 Krönung 14, 15, 27 A, 29, 35, 40, 96, 97 A, 101, 118, 166, 194 Kürruf 30 A, 41, 45, 161 Kurfürstenfabel 16, 21, 39 A, 57 A, 82, 83, 91, 97 A, 102 Kurfürstentag von Rhense (1338) 125, 130, 132 A, 134, 147, 153 Kurie 35, 50, 51 A, 53, 54, 67, 68, 78 A, 84 A, 88 A, 93 A, 95–97, 99, 101 A, 107, 112, 119, 127 A, 155, 156, 158, 178, 188, 189 A, 194 A Kurkreis, sächsischer 197 Kurpräzipuum, pfälzisches 141 A, 198 Kurverein 152 A – von Bingen (1424) 152 A – von Rhense (1338) 130, 146, 167 Laterankonzil, viertes (1215) 77 Lehnsrecht 108, 119, 150 A „Licet iuris“ (1338) 183 A, 184, 185 Luckau, Vertrag von (1351) 138 A, 139 A Magdeburger Schöffenchronik 21 A, 56 Magnaten 47, 48 A, 65 A, 71 A, 114, 171 Majoritätsprinzip (fi Mehrheitsprinzip) Marbacher Annalen 35, 43, 44, 94 Mediator 32, 41

Mehrheitsprinzip, Mehrheit der Wähler 24, 28 A, 31, 32 A, 41, 48, 49, 53, 56, 58, 67, 77 A, 96, 99, 100, 102, 105, 106, 125, 129, 137, 158 A, 159, 160, 162–165, 169, 171–193 Metropolit 76, 77, 79 Ministerialen 24 A, 85 A, 87, 99 Nominatio 112, 161, 162, 178 „Oberer“ 150–152 Obermann 49 A, 50–54, 56, 58, 63, 69, 88 A, 91, 95, 110 A, 160 A, 193 Pairskolleg 33 A, 35 Parität 22, 23 A, 24, 29–34, 38, 41–46, 49, 51, 57, 172 Patronatsrecht 100 A, 101 Pavia, Hausvertrag von (1329) 129, 132, 133, 134 A, 137, 144 Preßburg, Friede von (1805) 198 Primogenitur, Primogenitus 116 A, 117 A, 122, 123, 137–140, 142, 146, 147, 185, 186 Prinzipalwähler 13–15, 17, 21, 25, 27–29, 31–50, 55, 56, 58, 59, 65, 69, 73 A, 76, 79, 83, 84, 88–90, 93, 94, 96 A, 99, 100, 102, 103, 109, 144, 145, 147, 148, 157, 172, 175, 194 Reichsacht 89 A, 154, 155 A, 197, 198 Reichsdeputationshauptschluss (1803) 193, 198 Reichsepiskopat (auch fi Reichsfürsten) 77, 78, 94, 95 Reichsfürsten 15–18, 22, 24, 29–31, 41, 43, 48, 50, 51 A, 54, 57–59, 69, 71, 73–76, 79, 80, 81 A, 82, 84, 85 A, 86, 87, 90, 92–94, 96–98, 101 A, 102–106, 112, 114, 128, 145 A, 151, 154 A, 157–159, 169, 171, 175, 180, 193 A, 195 (Reichs-)Städte 46, 47, 58, 65, 69, 83, 85, 87, 90, 94, 98–100, 102 Reichsvikariat 28, 62, 143 A

Sachverzeichnis Sachsenhäuser Appellation (1324) 181 A, 183, 189 A Sachsenspiegel 12–15, 17, 19, 20, 26 A, 29, 33, 34, 39 A, 40, 44, 46, 48 A, 50, 53 A, 57, 58, 63, 71 A, 80, 92, 96, 101, 108 A, 110 A, 148, 158, 194 Salbung (fi Weihe) Sanior pars 77 A, 171, 187 Schiedsgerichtsbarkeit, Schiedsgremien 23 A, 30–32, 34, 41, 45, 49, 50 A, 51, 52 A, 53, 55 A, 57, 58, 97, 147, 157, 160 A, 172 Schwabenspiegel 55, 80, 82, 159, 170, 177 Schwertträgerdienst 14 A, 36 A Senior, Seniorat 110, 112, 116, 117 A, 122, 124, 125, 128, 129, 133, 135, 140 A, 142, 146 Simonie 163 A Sizilische Goldbulle (1212) 42 A Stämme 14 A, 20–24, 31, 57 Steierische Reimchronik 112 Thronstreit, staufisch-welfischer (1198–1208) 13, 20, 21 A, 26 A, 28, 31, 33–35, 38, 40 A, 43, 56, 70, 71 A, 77, 145, 148 A, 172, 175, 179 Tochterstämme 18, 19 A, 59, 116 A, 120, 126, 142 Translatio imperii 21 „Ungerader“ 32 A, 49 A, 172

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Unitas actus 161–163, 165 A, 169, 174, 178, 186, 192 A, 197 Vakanz 60, 81 A, 151, 152, 155, 157, 179, 180, 182, 189, 191, 192 A, 198 Vorwähler, Vorwahlrecht (fi Prinzipalwähler) Votum decisivum 193 Wahl – der Bischöfe 18 A, 77, 97 – der Dogen von Venedig 95 – der Päpste 23, 57, 77, 84, 158 A, 162 A Wahlkapitulation 167 Weihe 15 A, 96, 97 A, 101 Weingartner Chronik 25 Weistum 16, 46 A, 81, 87 A, 88–93, 96, 97 A, 98, 101, 102, 138 A, 139, 140 A, 173 A – von Rhense (1338) 130, 132, 167, 183, 185 Westfälischer Friede (1648) 151 Willebrief 97 A, 105–108, 110, 112, 118, 119, 132–134, 138 A, 139 A, 146, 162, 165–167, 177, 178 A Wittenberger Kapitulation (1547) 197 A Zunftwesen 170 Zusammenwurf, Wittelsbacher (1313) 128, 130, 144, 146