Die Durchsetzung der Organhaftung durch Aktionäre [1 ed.] 9783428541492, 9783428141494

Auch nach Einführung des Aktionärsklageverfahrens gemäß § 148 AktG steht die praktische Wirksamkeit von Aktionärsverfolg

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Die Durchsetzung der Organhaftung durch Aktionäre [1 ed.]
 9783428541492, 9783428141494

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Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 80

Die Durchsetzung der Organhaftung durch Aktionäre

Von

Anja Döring

Duncker & Humblot · Berlin

ANJA DÖRING

Die Durchsetzung der Organhaftung durch Aktionäre

Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Hamburg Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler, Göttingen

Band 80

Die Durchsetzung der Organhaftung durch Aktionäre

Von

Anja Döring

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München hat diese Arbeit im Jahre 2012 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2014 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 1614-7626 ISBN 978-3-428-14149-4 (Print) ISBN 978-3-428-54149-2 (E-Book) ISBN 978-3-428-84149-3 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2012/2013 an der Juristischen Fakultät der LMU München als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur sind weitgehend bis zum 31. Dezember 2012 berücksichtigt. Mein ganz besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Hans Christoph Grigoleit, der die Arbeit stets mit Wohlwollen begleitet und gefördert hat. Für die zügige Zweitbegutachtung bedanke ich mich bei Herrn Professor Dr. Michael Lehmann, Dipl.-Kfm. Mein herzlicher Dank gilt Steffi Ileona Birkholz und meiner Mutter, die trotz umfangreicher eigener Verpflichtungen die Mühen des Korrekturlesens auf sich genommen haben. Der weitaus größte Dank gebührt meinen Eltern, die mich auf meinem bisherigen Lebensweg stets unterstützt und mir ein sorgenfreies Studium ermöglicht haben. Ihnen widme ich diese Arbeit. Frankfurt am Main, im Juni 2013

Anja Döring

Inhaltsverzeichnis Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Kapitel 1 Innenhaftung und ihre Durchsetzung nach der aktienrechtlichen Kompetenzordnung; Erfordernis und Spannungsfeld einer Einbeziehung von Aktionären

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A. Regelungszwecke der Innenhaftung; Corporate Governance . . . . . . . . . . . . . I. Funktionen der Organhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Organhaftung als Teil der Corporate Governance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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B. Durchsetzung der Innenhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verfolgungspflicht durch die Verwaltungsorgane; die ARAG/GarmenbeckEntscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21. April 1997 . . . . . . . . . . . . . . II. Strukturelle Verfolgungsmängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Defizite einer anderweitigen Sanktionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zwischenergebnis und Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einbeziehung der Aktionäre vor dem Hintergrund der aktienrechtlichen Kompetenzordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schutzobjekte der Aktionärsverfolgungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Einbeziehung der Aktionäre vor dem Hintergrund widerstreitender Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Lähmung und Risikoaversion der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schutz vor Missbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Missbrauchsmotive/Missbrauchsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vergleichs- und sonstige Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Exit zum überhöhten Preis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Anwaltsgebühren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Ausforschung durch Konkurrenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Druckmittel für Einflussnahme auf die Unternehmenspolitik . . ff) Persönliche Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Evident aussichtslose Klagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Missbrauchspotential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Schutz vor aussichtslosen Klagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis 4. Divergierende Mehrheits- und Minderheitsinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Gefahr der Belastung der Gerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Verbandsrecht versus Anlegerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Rationale Apathie der „Rechtsdurchsetzer“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Historische Entwicklung der Aktionärsverfolgungsrechte bis zum UMAG VII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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C. Haftungsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ersatzansprüche i. S. v. § 147 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Haftungsadressaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Inhaberin des Ersatzanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ersatzansprüche der Gesellschaft aus der Gründung, aus der Geschäftsführung und wegen unzulässiger Einflussnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ersatzansprüche wegen Schädigung der Gesellschaft bei Gelegenheit oder völlig unabhängig von der Organtätigkeit . . . . . . . . . . . . . . b) Beschränkung des Begriffs „Ersatzansprüche“ auf Schadenersatzansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Übersicht über die materiellen Haftungsvoraussetzungen gemäß § 93 Abs. 2, 3 AktG, gegebenenfalls i.V. m. § 116 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Pflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Generalklausel des § 93 Abs. 1 S. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Unternehmerisches Ermessen; Haftungsfreiraum des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Schaden der Gesellschaft und Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Haftungstatbestände gemäß § 93 Abs. 3 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Verjährung, § 93 Abs. 6 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Beschränkungsmöglichkeiten der Innenhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zwingendes Haftungsregime . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Haftungsausschluss wegen Billigung durch andere Gesellschaftsorgane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verzicht, Vergleich und gleichgestellte Rechtshandlungen, § 93 Abs. 4 S. 3 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verzicht und Vergleich; vergleichbare Rechtshandlungen . . . . . bb) Grenzen der Anwendbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) „Indirekte“ Haftungserleichterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ersatzansprüche i. S. v. §§ 309 Abs. 4, 310 Abs. 4, 318 Abs. 4 AktG . . . . .

60 61 61 62 62 63 65 67 68 69 69 70 72 73 73 75 76 77 77 77 78 79 81 82 83 84 86

Inhaltsverzeichnis 1. Ersatzansprüche der abhängigen Gesellschaft gegen ihre Verwaltungsmitglieder im Vertragskonzern gemäß § 310 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ersatzansprüche der abhängigen Gesellschaft gegen ihre Verwaltungsmitglieder im faktischen Konzern gemäß § 318 Abs. 1 AktG . . . . . . . . 3. Haftungsmodalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Kapitel 2 Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegen Organmitglieder A. Nutzung des Aktionärsforums zur Erreichung der erforderlichen Schwellenwerte bzw. einer Stimmenmehrheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ausgestaltung des Aktionärsforums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Praktische Wirksamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kostenpflichtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschränkung auf elektronisches Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verhältnis zu kapitalmarktrechtlichen Vorschriften, acting in concert . . III. Missbrauchsgefahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Erzwingung der Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Organmitglieder gemäß § 147 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtsfolge: Pflicht zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschränkung auf (außer-)gerichtliche Geltendmachung . . . . . . . . . . . . II. Voraussetzung: Hauptversammlungsbeschluss über die Geltendmachung gemäß § 147 Abs. 1 S. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erste Hürde: Antrag auf Beschlussfassung über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zweite Hürde: zustimmender Hauptversammlungsbeschluss . . . . . . . . . a) Stimmverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Begrenzte Klagemöglichkeiten gegen den ablehnenden Hauptversammlungsbeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Antrag auf Beschlussfassung über bzw. auf gerichtliche Bestellung besonderer Vertreter gemäß § 147 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das Urteil des OLG München vom 28. November 2007 (HVB/UniCredito) 1. Prüfungskompetenz des besonderen Vertreters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die HVB/UniCredito-Entscheidung des OLG München . . . . . . . . . . b) Die Auswirkung der HVB/UniCredito-Entscheidung auf gerichtlich bestellte besondere Vertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechte und Rechtsstellung des besonderen Vertreters . . . . . . . . . . . . . . . a) Ansicht des OLG München, Entscheidung vom 28. November 2007 (HVB/UniCredito) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zusammenhang zwischen § 147 Abs. 2 AktG und § 147 Abs. 1 S. 1 AktG . . III. Weitere Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Pflicht zur Beschlussvorlage bei Interessenkonflikten . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vergütung und Auslagenersatz; Haftung des besonderen Vertreters . . . 3. Gerichtliches Verfahren zur Bestellung von besonderen Vertretern . . . . a) Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

D. Gerichtliche Geltendmachung der Ersatzansprüche durch Aktionäre gemäß § 148 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtsnatur des Klagerechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesetzliche Prozessstandschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Actio pro socio/actio pro societate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Beschränkung auf gerichtliche Geltendmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Klagezulassungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zuständigkeit, Verfahrensart und Antragstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ersatzansprüche i. S. v. § 147 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Antragsgegner, rechtliches Gehör . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Antragsteller: qualifizierte Aktionärsminderheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Erforderlicher Schwellenwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Beteiligung von unternehmerischem Gewicht . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bewertung des Schwellenwerts unter Einbeziehung des Aktionärsforums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Differenzierung zwischen börsennotierten und nicht börsennotierten Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zeitpunkt und Dauer des Quorums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Absinken des Quorums durch Verkauf oder Antrags-/Klagerücknahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Weiterbetreiben des Klagezulassungs- bzw. Klageverfahrens durch ehemalige Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenschluss mehrerer Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Nebenintervention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Nachweis des Aktienerwerbs, § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG . . . . . . . . . . a) Aktienerwerb vor Kenntnismöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis b) c) d) e) f)

Gesamtrechtsnachfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Veröffentlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kennenmüssen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stellungnahme und Vorschläge de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Sorgfaltsanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Erstreckung des Kenntniserfordernisses auf den behaupteten Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Voraussetzung einer Veröffentlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Kein Abstellen auf eine fixe Vorerwerbs-Schranke . . . . . . . . . . ee) Ausweitung des Abstellens auf den Rechtsvorgänger . . . . . . . . 7. Fristsetzung an die Gesellschaft, § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AktG . . . . . . . a) Angemessenheit der Frist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Entbehrlichkeit der Fristsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Aufforderung der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vergeblichkeit der Aufforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Nachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Vorliegen von Verdachtstatsachen i. S. v. § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG . a) Qualifikation des Pflichtverstoßes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Unredlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Grobe Gesetzes- oder Satzungsverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Erforderlichkeit der Beschränkung auf bestimmte Pflichtverstöße; kein Änderungsbedarf de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . (1) Keine Begründung mit der business judgment rule . . . . . . . (2) Rechtspolitische Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Generelle Kritik an dem Erfordernis des Vorliegens von Verdachtstatsachen für eine Pflichtverletzung . . . . . . . . . . . (4) Keine Wiedereinführung des 10%-Minderheitsrechts des § 147 Abs. 1 AktG 1998 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Entstandener Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vorliegen von Verdachtstatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Darlegungs- und Beweislast als Folge des Beibringungsgrundsatzes im ZPO-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Keine abweichende Betrachtung durch Qualifikation als summarisches Verfahren; keine Glaubhaftmachung . . . . . . . . . . . . . cc) Stellungnahme und Folgen für die antragstellenden Aktionäre . 9. Keine entgegenstehenden überwiegenden Gründe des Gesellschaftswohls, § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Denkbare Fälle „überwiegender Gründe des Gesellschaftswohls“ . . b) Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11 154 154 154 155 156 156 157 158 159 159 160 161 162 163 164 164 164 165 166 167 170 171 173 175 176 177 177 178 179 180 182 184 185 188

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Inhaltsverzeichnis c) Hinweispflicht der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Stellung der Gesellschaft im Klagezulassungsverfahren . . . . . . . . . . . . . 11. Beiladung der Aktionäre bzw. der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zwecke der Beiladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechte des Beigeladenen im Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Beiladung nach dem Vorbild der §§ 9 Abs. 3, 14 KapMuG . . . bb) Beiladung nach dem Vorbild der §§ 640e a. F., 69 ZPO . . . . . . . cc) Beiladung nach dem Vorbild der §§ 65, 66 Abs. 2 VwGO . . . . c) Einschränkung der prozessualen Rechte für beigeladene Aktionäre d) Stellung der Gesellschaft als Beigeladene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Kostenregelung: Einschränkung der praktischen Wirksamkeit des Beigeladenenstatus für die beigeladenen Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . aa) Beteiligung an den Prozesskosten im Falle des Unterliegens der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kein materiellrechtlicher Kostenerstattungsanspruch gegen die Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Beiladung der Aktionärsminderheit bei Klage der Gesellschaft zwischen Klagezulassungs- und Klageverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Beendigung des Klagezulassungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beendigung durch Beschluss des Prozessgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beendigung durch Vergleich der Aktionärsminderheit; Reichweite der Vergleichswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beendigung auf sonstige Weise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Praktische Auswirkungen auf die Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Haftungsklage gemäß § 148 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kläger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Obsiegende Aktionärsminderheit des Klagezulassungsverfahrens . . b) Keine Klagepflicht für zugelassene Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Mehrere Klagen; keine entgegenstehende Rechtshängigkeit . . . . . . . 2. Nebenintervention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zuständiges Gericht, Klagefrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Nochmalige vergebliche Klageaufforderung an die Gesellschaft . . . . . . 5. Begründetheit der Haftungsklage gemäß § 148 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Stellung der Gesellschaft im Klageverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Eintritt in das Klageverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zuständiges Gericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Wahlrecht der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

189 189 189 190 191 192 193 193 195 197 198 199 199 201 202 203 203 203 205 205 205 206 207 207 208 208 208 209 210 211 211 212 213 213 214 214

Inhaltsverzeichnis d) Auswirkung auf die ursprünglichen Kläger; prozessuale Folgen . . . e) Beendigung des Haftungsprozesses der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . aa) Klagerücknahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Beendigung durch Prozessvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Kritik am Zustimmungserfordernis nach § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Lösungsmöglichkeiten de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) (Ersatzlose) Streichung des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG . (b) Zustimmungspflicht der Aktionärsminderheit bzw. Vetorecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Zustimmung des Prozessgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Beendigung der Aktionärsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beendigung durch Urteil; Rechtskraftwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anderweitige Beendigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beendigung durch Prozessvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vergleichsbefugnis der Aktionärsminderheit . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vergleichsbefugnis und -wirkungen in nicht börsennotierten Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erfolgloses Klagezulassungsverfahren; keine Klageerhebung der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erfolgloses Klagezulassungsverfahren wegen Klage der Gesellschaft . . 3. Erfolgreiches Klagezulassungsverfahren; keine Klageerhebung/Übernahme durch die Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kostenregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Effektivität der Kostenregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ausreichender Schutz gegen Missbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Erfolgreiches Klagezulassungsverfahren; eigene Klageerhebung/ Übernahme durch die Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Kosten nur eines Bevollmächtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Mitteilungs- und Bekanntmachungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bekanntmachung nach Zulassung der Klage, § 149 AktG . . . . . . . . . . . 2. Bekanntmachung der Verfahrensbeendigung und Vereinbarungen, § 149 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Umfang der Bekanntmachungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Allgemeine Wertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kritik: Beschränkung auf börsennotierte Gesellschaften . . . . . . . . . .

13 216 217 218 218 220 221 221 221 222 223 223 223 223 224 227 228 229 232 232 234 234 234 234 236 238 239 240 241 242 242 243 244 245

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Inhaltsverzeichnis 3. Ad hoc-Publizitätspflicht börsennotierter Gesellschaften, § 15 WpHG 246 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246

E. Bewertung vor dem Hintergrund des Spannungsfelds und Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Lähmung und Risikoaversion der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Adäquater Schutz vor missbräuchlichen oder aussichtslosen Klagen . . . . . . III. Divergierende Mehrheits-und Minderheitsinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Verbandsschutz versus Anlegerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Effektivität der Aktionärsverfolgungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beseitigung prohibitiver Kostenvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anreizverstärkung durch Einführung einer Prämienzahlung oder einer Klagevergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Konzernrechtliche Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die konzernrechtliche Aktionärsklage gemäß § 309 Abs. 4 AktG . . . . . . . . 1. Rechtsnatur des Klagerechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Entsprechende Anwendbarkeit der Regelungen des § 148 f. AktG . . . . 3. Gründe für die geringe Annahme in der Praxis und Lösungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kein finanzieller Anreiz für die Kläger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Hohe Beweisanforderungen und Informationsdefizite . . . . . . . . . . . . c) Prozesskostenrisiko und Lösungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Übertragung des Kostenerstattungsanspruchs des § 148 Abs. 6 S. 5 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Streitwertspaltung analog § 247 Abs. 2 AktG? . . . . . . . . . . . . . . cc) Verbleibende Risiken; Reformvorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Einbeziehung konzernrechtlicher Schadenersatzansprüche in das Geltendmachungssystem der §§ 147 ff. AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erzwingung der Geltendmachung durch die Hauptversammlung gemäß § 147 Abs. 1 S. 1 AktG und Bestellung besonderer Vertreter gemäß § 147 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vorfrage: Stimmverbot für das herrschende Unternehmen gemäß § 136 Abs. 1 S. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anwendbarkeit des Geltendmachungserzwingungsrechts des § 147 Abs. 1 S. 1 AktG für konzernrechtliche Ersatzansprüche . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis und Wertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eröffnung des Aktionärsklageverfahrens gemäß § 148 AktG für konzernrechtliche Ersatzansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

247 248 248 250 251 251 251 252 254 256 258 258 259 261 262 262 262 264 265 266 267

268 268 271 273 274 275

G. Keine Einzelklagebefugnis in Sonderfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277

Inhaltsverzeichnis

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Kapitel 3 Informationsmöglichkeiten der Aktionäre über die tatsächlichen Grundlagen möglicher Schadenersatzansprüche A. Individuelle Auskunftsrechte, insbesondere das allgemeine Auskunftsrecht nach § 131 AktG und seine Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der allgemeine Auskunftsanspruch nach § 131 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Spezielle Auskunftsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung und Grenzen dieser Auskunftsansprüche . . . . . . . . . . . . B. Die aktienrechtlichen Sonderprüfungen, insbesondere die allgemeine Sonderprüfung gemäß §§ 142 ff. AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die allgemeine Sonderprüfung nach §§ 142 ff. AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Funktion der allgemeinen Sonderprüfung im Vorfeld der Ausübung der Aktionärsverfolgungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Möglicher Prüfungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Auswahl der Sonderprüfer, Rechte der Sonderprüfer und Berichtspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Bedeutung der allgemeinen Sonderprüfung in der bisherigen Rechtspraxis; Reformvorschläge und Spannungsfeld . . . . . . . . . . . . . . . 5. Bestellung von Sonderprüfern durch die Hauptversammlung gemäß §§ 119 Abs. 1 Nr. 7, 142 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beschlussinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag auf Beschlussfassung durch jeden Aktionär . . . . . . . . . . . . . . c) Stimmverbot gemäß § 142 Abs. 1 S. 2, 3 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Sonstige Stimmrechtsausübungsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . e) Kosten der Sonderprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern auf Antrag einer Aktionärsminderheit gemäß § 142 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zuständigkeit und Verfahrensart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag einer qualifizierten Aktionärsminderheit . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ablehnender Beschluss der Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Beschlussfassung trotz Bekanntmachungsfehler . . . . . . . . . . . . . bb) Entbehrlichkeit des ablehnenden Hauptversammlungsbeschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Analoge Anwendung des Schwellenwerts des § 142 Abs. 2 S. 1 AktG auf das Verlangen gemäß § 122 Abs. 1, 2 AktG . . . . dd) Zusammenfassung, Wertung und Reformvorschläge . . . . . . . . . d) Berechtigungsnachweis; geltende Rechtslage und Kritik . . . . . . . . . e) Materielle Antragsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verdachtstatsachen für eine Unredlichkeit oder grobe Verletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

280

281 282 284 285 285 286 286 287 291 294 297 297 297 298 299 300 300 300 301 303 305 305 306 307 308 309 309

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Inhaltsverzeichnis bb) Eigenständige Verhältnismäßigkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Publizitätspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Kostenregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Kein Rechtsmissbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Zusammenfassung und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gerichtliche Bestellung von anderen als durch die Hauptversammlung bestellten Sonderprüfern, § 142 Abs. 4 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Sonderprüfung nach § 315 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Keine „freiwillige“ Sonderprüfung durch Beschluss der Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

311 312 312 313 316 317 319 320 322 323

Kapitel 4 Zusammenfassung und Ausblick

325

A. Erstes Kapitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 B. Zweites Kapitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 C. Drittes Kapitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370

Einführung Obwohl die geltenden aktienrechtlichen Haftungsbestimmungen für Vorstandsund Aufsichtsratsmitglieder bei Pflichtverletzungen gegenüber ihrer Gesellschaft, also im Bereich der Innenhaftung1, sehr streng sind, wurden, ausweislich der Gesetzesbegründung zum Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts („UMAG“)2, offensichtlich berechtigte Ersatzansprüche auch in schwerwiegenden Fällen in der Vergangenheit häufig nicht geltend gemacht.3 Daher hat der Gesetzgeber nach jahrelanger kontroverser Diskussion das System der Minderheitsrechte bei der Verfolgung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegen ihre Verwaltungsmitglieder4 durch das UMAG vom 1. November 2005 grundlegend reformiert. Damit wollte er eine Erleichterung der Anspruchsdurchsetzung durch eine Aktionärsminderheit erreichen, die nach erfolgreichem Abschluss eines Klagezulassungsverfahrens erstmals außerhalb konzernrechtlicher Sonderfälle die Möglichkeit erhielt, in eigenem Namen eine Klage gegen das entsprechende Organmitglied zu erheben.5 Gleichzeitig hatte der Gesetzgeber das Spannungsfeld zwischen einer effektiven Rechtsdurchsetzung einerseits und der Aufrechterhaltung von unternehmerischer Entscheidungsfreude und der Funktionsfähigkeit der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft andererseits sowie die Verhinderung rechtsmissbräuchlicher oder aussichtloser Klagen im Blick.6 Um diesem Spannungsfeld gerecht zu werden, wird dieses neue Minderheitsklagerecht von zahlreichen Hürden und Voraussetzungen flankiert.7 Zweck dieser – als wohl wichtigste Aktienrechtsreform seit dem Aktiengesetz 1965 zu qualifizierenden – Reform8 war es, der Verfolgung von Schadenersatz1 Nachfolgend wird mit dem Begriff „Innenhaftung“ oder „Organhaftung“ die Haftung von ehemaligen und amtierenden Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern einschließlich fehlerhaft bestellter und faktischer Organmitglieder gegenüber ihrer Gesellschaft bezeichnet. 2 Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts, vom 27. September 2005, BGBl. 2005 I, S. 2802 ff.; nachfolgend als „UMAG“ bezeichnet. 3 Regierungsbegründung UMAG, S. 1. 4 Mit dem Begriff „Verwaltungsmitglied“ oder „Verwaltungsmitglieder“ werden nachfolgend Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat bezeichnet; vgl. auch die Verwendung dieses Begriffs in § 310 Abs. 3 AktG, § 120 Abs. 2 S. 1 AktG. Alternativ wird, ohne inhaltlichen Unterschied, der Begriff „Organmitglied“ bzw. „Organmitglieder“ verwendet. 5 Regierungsbegründung UMAG, S. 1, 10, 19 ff. 6 Seibt, WM 2004, 2137 f.; Regierungsbegründung UMAG, S. 1, 10, 20. 7 Regierungsbegründung UMAG, S. 1. 8 So Spindler, NZG 2005, 865.

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Einführung

ansprüchen der Gesellschaft gegenüber ihren Verwaltungsmitgliedern durch eine Stärkung der Minderheitsrechte zu mehr praktischer Bedeutung zu verhelfen.9 Trotzdem wurde seit dem 1. November 2005 nicht ein einziger Fall eines erfolgreich durchgeführten Klagezulassungsverfahrens, geschweige denn eines Klageverfahrens, veröffentlicht.10 Lediglich drei Fälle eines erfolglos durchgeführten Klagezulassungsverfahrens wurden bekannt.11 Die im Gesetzgebungsverfahren teilweise vorgebrachte Kritik, das UMAG führe zu „Horrorszenarien“ einer existenzvernichtenden Innenhaftung oder einem „Haftungstourismus“ 12 hat sich damit bislang nicht bewahrheitet.13 Im Aktionärsforum finden sich nur ganz vereinzelt Aufforderungen an Mitaktionäre, sich an einer Haftungsklage zu beteiligen.14 Auch die seit fast 50 Jahren im Aktienrecht verankerte Aktionärsklage15

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Seibt, WM 2004, 2137 f.; Schröer, ZIP 2005, 2081. Allerdings lässt sich daraus der Schluss, dass solche Verfahren nicht stattgefunden haben, nur bedingt ziehen. Gemäß § 149 AktG ist der Zulassungsantrag lediglich bei börsennotierten Aktiengesellschaften und nur im Falle seines Erfolgs, also der Zulassung der Aktionärsklage, im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Eine solche Bekanntmachung ist bislang (Stand: 30. April 2013) im Internet unter https://www.bundes anzeiger.de nicht erfolgt. Ein erfolgloses Betreiben eines Klagezulassungsverfahrens muss nicht bekannt gemacht werden, ebenso wenig wie das Betreiben eines Klagezulassungsverfahrens in nicht börsennotierten sogenannten „kleinen“ Aktiengesellschaften. Peltzer, in: FS Schneider, S. 953 ff. (Nachweise insbes. in Fn. 7–9) stellte anhand einer Befragung der Vorsitzenden der Kammern für Handelssachen an 7 Landgerichten, des Bundesjustizministeriums und zweier auf Anlegerschutz spezialisierter Anwaltskanzleien ebenfalls fest, dass fast keine Zulassungsverfahren betrieben wurden. 11 Dies ergab eine Befragung der Vorsitzenden der Kammern für Handelssachen an 7 Landgerichten, durchgeführt von Peltzer, vgl. Peltzer, in: FS Schneider, S. 953 ff. (Fn. 7); auf https://www.juris.de wurde nach Peltzer, in: FS Schneider, S. 953 ff. dagegen nur ein Fall eines erfolglos durchgeführten Klagezulassungsverfahrens veröffentlicht. Mit Beschluss vom 29. März 2007 wies das LG München I den Antrag auf Zulassung einer Schadenersatzklage gegen Aufsichtsratsmitglieder wegen Verstoßes gegen das Gebot der angemessenen Vorstandsvergütung gemäß § 87 Abs. 1 AktG mangels Vorliegens der Voraussetzungen der Verdachtstatsachen für eine Unredlichkeit oder eine grobe Gesetzes- oder Satzungsverletzung gemäß § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG zurück; LG München I, NZG 2007, 477 f. 12 Linnerz, NZG 2004, 307, 313. 13 So auch die Einschätzungen bei Seibert, NZG 2007, 841 f.; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 23, 29. Niemeier, NZG 2008, 1148 f. und Schmolke, ZGR 2011, 398, 400, 403, 441 sprechen im Gegenteil vielmehr von „bislang totem Recht“; zur seltenen Gebrauchmachung vgl. auch Tröger, ZHR 175 (2011), 746, 769, m.w. N. 14 Per November 2007 befanden sich nach Seibert, NZG 2007, 841 f. nur zwei solche Aufforderungen im Aktionärsforum. Nach Seibert, NZG 2007, 841 ff. wurde, soweit ersichtlich, keine der beiden angekündigten Klagen erhoben. Auch die Untersuchung von Peltzer, in: FS Schneider, S. 953 f. (siehe auch Fn. 5) ergab nur zwei Aufforderungen im Bundesanzeiger. 15 Wird nachfolgend der Begriff „Aktionärsklage“ im Zusammenhang mit der prozessualen Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen verwendet, ist hiermit stets die so genannte abgeleitete Aktionärsklage, d.h. eine Klage aus fremdem Recht gemeint; zur Rechtsnatur dieses Klagerechts siehe noch Kapitel 2 D. I. 10

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für die Verfolgung spezifischer konzernrechtlicher Sachverhalte16 sowie die Fälle einer Geltendmachungserzwingung17 durch die Hauptversammlung sind äußerst selten geblieben. Andererseits kommt es in letzter Zeit, auch vor dem Hintergrund des schwierigen Wirtschaftsumfelds, verstärkt zu einer Verfolgung von Ansprüchen gegen Organmitglieder durch die Gesellschaft selbst.18 Damit stellt sich – erneut19 – die Frage der praktischen Wirksamkeit der Rechte von Aktionären, um Innenhaftungsansprüche der Gesellschaft gegen Organmitglieder durchzusetzen.20 Die Voraussetzungen und Grenzen dieser Verfolgungsrechte, insbesondere das durch das UMAG eingeführte zweistufige Klageverfahren nach § 148 AktG, werden als Schwerpunkt dieser Arbeit im zweiten Kapitel dargestellt und bewertet. Hierbei verfolgt die Arbeit zwei Ziele: Zum einen sollen offene Fragen bei der Ausgestaltung der Verfolgungsrechte geklärt werden, da insbesondere beim Aktionärsklageverfahren des § 148 AktG trotz intensiver Diskussionen an vielen 16

Siehe hierzu, auch zu möglichen Ursachen, noch Kapitel 2 F. I. 3. Vielfach werden statt des Begriffs „Geltendmachungserzwingung“ auch etwas ungenau die Begriffe „Klageerzwingungsrecht“ bzw. „Klageinitiativrecht“ verwendet; siehe nur Bork, in: Handbuch Corporate Governance, S. 743 ff., Seibt, WM 2004, 2137, jeweils „Klageerzwingungsrecht“; Rollin, Aktionärsklage, S. 136, 146 ff., Planck, Aktionärsklagen, S. 199, Brondics, Aktionärsklage, S. 57, Banerjea, Gesellschafterklage, S. 152, jeweils „Klageinitiativrecht“. Da, wie Kapitel 2 B. I. 2. zeigen wird, von § 147 AktG grundsätzlich auch die außergerichtliche Geltendmachung von Ersatzansprüchen umfasst ist, ist es richtiger, von „Geltendmachungserzwingung“ zu sprechen. 18 Zur Verfolgung eventueller Schadenersatzansprüche aus Korruptionsvorwürfen der Siemens AG gegen Vorstandsmitglieder durch den Aufsichtsrat vgl. Paefgen, AG 2008, 761; vgl. auch Rieder/Holzmann, AG 2011, 265, 269 f. zu diesem und weiteren Fällen der Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft; eine Übersicht über Fälle einer Inanspruchnahme durch die Gesellschaft in jüngerer Zeit geben auch Helmrich/ Eidam, ZIP 2011, 257 f., m.w. N.; kritisch dagegen – insbesondere in Bezug auf die Verfolgung von Ersatzansprüchen gegenüber amtierenden Organmitgliedern – Peltzer, in: FS Schneider, S. 953 ff.; Lutter, in: FS Schneider, S. 763 ff.; Schmolke, ZGR 2011, 398 ff.; Semler, in: FS Goette, S. 499 ff. 19 Siehe zur Situation vor dem UMAG Kapitel 1 B. VI. 20 Die Verbesserung der Möglichkeit der Verfolgung von Innenhaftungsansprüchen durch Aktionäre stand auf dem 69. Deutschen Juristentag im September 2012 in München erneut auf der Agenda. So trat unter anderem Habersack, Gutachten E 91 ff. für eine umfangreiche Reformierung der Aktionärsklage ein; diese Vorschläge fanden mit Ausnahme der Überprüfung der Reform des § 148 AktG im Zusammenhang mit einer grundsätzlichen Überprüfung der materiellen Haftung jedoch keine Mehrheit auf dem 69. Deutschen Juristentag, vgl. Beschlüsse 69. DJT, Abteilung Wirtschaftsrecht, IV 22 a)–d). Vgl. zur generellen Kritik an der Regelung des § 148 AktG im Vorfeld des 69. Deutschen Juristentags nur Peltzer, in: FS Schneider, S. 953 ff.; Lutter, in: FS Schneider, S. 763 ff.; Schmolke, ZGR 2011, 398 ff.; Semler, in: FS Goette, S. 499 ff., der die Haftungsandrohungen als „Haifisch ohne Zähne“ bezeichnet; zu Reformvorschlägen dieser Autoren siehe Kap. 2, Fn. 908. 17

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Stellen noch Klärungsbedarf besteht, zum anderen soll untersucht werden, ob aus rechtspolitischer Sicht vor dem Hintergrund des oben aufgeführten Spannungsfelds und ausgehend von den mit der Organhaftung bezweckten Funktionen bei den Aktionärsverfolgungsrechten erneuter Änderungsbedarf besteht. Die Arbeit ist in vier Kapitel gegliedert. Als Ausgangsbasis für die im zweiten Kapitel vorzunehmende Untersuchung werden im ersten Kapitel die verschiedenen Funktionen der Organhaftung, das Durchsetzungssystem innerhalb der Aktiengesellschaft und bestehende Durchsetzungsmängel aufgezeigt sowie das eingangs aufgezeigte Spannungsfeld beleuchtet. Außerdem wird ein kurzer Überblick über die historische Entwicklung der Aktionärsverfolgungsrechte bis heute gegeben. Das erste Kapitel endet mit der Skizzierung der Ersatzansprüche der Gesellschaft gegen ihre Organmitglieder, deren Durchsetzung die Aktionäre durch einen Hauptversammlungsbeschluss nach § 147 AktG erzwingen oder die sie nach § 148 AktG bzw. § 309 Abs. 4 AktG selbst gerichtlich durchsetzen können. Das zweite Kapitel wird mit der Feststellung schließen, dass klagewillige Aktionäre im Aktionärsklageverfahren gemäß § 148 AktG und bei der konzernrechtlichen Aktionärsklage gemäß § 309 Abs. 4 AktG über umfangreiche Informationen über behauptetes Fehlverhalten verfügen müssen, wenn sie die Klagezulassung bzw. die Klage erfolgreich betreiben wollen. Deshalb gibt das dritte Kapitel einen Überblick über die den Aktionären zur Verfügung stehenden Informationsrechte im Zusammenhang mit vermutetem Fehlverhalten. Eine maßgebliche Stellung nimmt hierbei das Rechtsinstitut der Sonderprüfung gemäß § 142 AktG ein. Das vierte Kapitel fasst schließlich die Ergebnisse der Untersuchung zusammen. Ziel dieser Arbeit ist es, die Aktionärsverfolgungsrechte im Bereich der Innenhaftung, d.h. der Haftung von ehemaligen oder amtierenden Organmitgliedern einer deutschen Aktiengesellschaft gegenüber der werbenden Aktiengesellschaft zu beleuchten. Hieraus ergibt sich eine Beschränkung in vier Richtungen: (1) In sachlicher Hinsicht werden lediglich Aktionärsrechte untersucht, die eine Verfolgung von Schadenersatzansprüchen der Aktiengesellschaft zum Ziel haben bzw. auf Erlangung entsprechender Informationen gerichtet sind. Die Durchsetzungsmöglichkeiten eigener Ansprüche der Aktionäre oder Ansprüche Dritter, wie z. B. Gläubiger der Gesellschaft gegenüber Verwaltungsmitgliedern, bleiben deswegen ebenso außer Betracht wie die Verfolgung von sonstigen Ansprüchen, wie etwa Unterlassungs-, Beseitigungs- oder weitere Abwehr- oder Leistungsansprüche. (2) Eine personelle Einschränkung erfährt die Untersuchung dadurch, dass nur Aktionärsrechte zur Verfolgung von Schadenersatzansprüchen untersucht

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werden, die sich gegen amtierende oder ehemalige Organmitglieder richten, obwohl sich das Instrumentarium der Aktionärsverfolgungsrechte gemäß §§ 147 ff., 309 AktG auch gegen andere Personen, wie z. B. Gründer, richten kann. (3) Zeitlich wird nur die Phase des Gründungsstadiums und der werbenden Gesellschaft beleuchtet. Das Abwicklungsstadium21 der Gesellschaft bzw. deren Insolvenz bleiben für diese Arbeit außer Betracht.22 Auch auf die Frage nach Möglichkeiten für Aktionäre, nach einer Umwandlung Ersatzansprüche der (alten) Gesellschaft gegen ihre Verwaltungsmitglieder zu verfolgen23 bzw. Informationen über die Tatsachengrundlage solcher Ansprüche zu erlangen, wird nicht eingegangen. (4) Schließlich wird ausschließlich die Rechtslage in Deutschland dargestellt. Für einen Blick über die Grenzen wird auf die zahlreichen bereits vorgenommenen Untersuchungen verwiesen.24

21 Vgl. hierzu §§ 264 ff. AktG. Nach der Auflösung der Gesellschaft findet grundsätzlich die Abwicklung statt, sofern nicht das Insolvenzverfahren über das Gesellschaftsvermögen eröffnet worden ist. 22 Siehe hierzu Jänig, Sonderprüfung, S. 240 f. (speziell zur Sonderprüfung). Näher zu den Auswirkungen im Insolvenzfall auf die Rechte nach § 147 AktG auch Spindler/ Stilz-Mock, AktG, § 147 Rn. 19 f. Zur Frage der Auswirkungen der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Gesellschaftsvermögen und das Vermögen der antragstellenden Aktionäre bzw. des Antragsgegners auf das Klagezulassungs- und Klageverfahren siehe Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 110 f., 157 ff.; ders., ZinsO 2010, 2013 ff. 23 Siehe hierzu Jänig, Sonderprüfung S. 228 ff., insbes. S. 230 f.; zu dem Geltendmachungserzwingungsrecht § 147 AktG und zur Sonderprüfung gemäß § 142 AktG, m.w. N. 24 Einen Kurzüberblick mit zahlreichen Nachweisen bieten Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 16 ff.; Siems, ZVerglRWiss 104 (2005), 376 ff. Speziell zum US-amerikanischen Recht siehe nur Coffee, Organhaftung, S. 165 ff.; Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 302 ff.; Banerjea; Gesellschafterklage, S. 74 ff.; Weber, Aktionärsklage, S. 91 ff.; GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148, Rn. 59 ff. Zum englischen Recht siehe Rollin, Aktionärsklage, S. 31 ff.; zum französischen Recht siehe Kalweit, Fehlerhaftes Vorstands- und Aufsichtsratshandeln, S. 222 ff.; Planck, Aktionärsklagen, S. 1 ff.; zum japanischen Recht Behrendt, Corporate Governance, S. 68 ff.; Kirchwehm, Reformen, S. 200 ff., 210 ff.

Kapitel 1

Innenhaftung und ihre Durchsetzung nach der aktienrechtlichen Kompetenzordnung; Erfordernis und Spannungsfeld einer Einbeziehung von Aktionären In diesem Kapitel werden zunächst die Funktionen der Innenhaftung dargestellt und es wird aufgezeigt, dass diese nur durch ein effektives Durchsetzungssystem realisiert werden können. Trotz einer grundsätzlichen Verfolgungspflicht von Ersatzansprüchen durch Verwaltungsorgane bestehen strukturelle Verfolgungsmängel, die nur durch eine Einbeziehung von Aktionären in das Durchsetzungssystem behoben bzw. abgemildert werden können. Diese Aktionärsverfolgungsrechte bewegen sich jedoch in einem Spannungsfeld widerstreitender Interessen. Neben einem kurzen Überblick über die historische Entwicklung der Aktionärsverfolgungsrechte schließt das erste Kapitel mit einer Darstellung der Ersatzansprüche der Gesellschaft gegen Vorstands- und/oder Aufsichtsratsmitglieder, die mit Hilfe der in §§ 147 ff., 309 AktG kodifizierten Aktionärsverfolgungsrechte1 geltend gemacht werden können. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf der organschaftlichen Haftung von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern gemäß §§ 93, 116 AktG, der zentralen Haftungsnorm2 der aktienrechtlichen Innenhaftung.

A. Regelungszwecke der Innenhaftung; Corporate Governance I. Funktionen der Organhaftung Funktionell verfolgt die Innenhaftung der Organmitglieder gemäß §§ 93, 116 AktG verschiedene Regelungsziele.3 1 Der Begriff „Verfolgungsrecht“ oder „Aktionärsverfolgungsrecht“ wird nachfolgend als Oberbegriff für alle Aktionären oder Aktionärsminderheiten zustehenden Rechte im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegen ihre Verwaltungsmitglieder verwendet, unabhängig davon, ob es sich um eigenständige prozessuale Verfolgungsrechte oder um Geltendmachungserzwingungsrechte handelt. 2 So auch Ihlas, Organhaftung, S. 74; Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 1. 3 Vgl. zu den verschiedenen Funktionen der organschaftlichen Haftung ausführlich GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 11 ff.; Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 2; siehe auch

A. Regelungszwecke der Innenhaftung; Corporate Governance

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Zunächst dient sie der Wiedergutmachung. Nachteile, die der Gesellschaft durch das pflichtwidrige Handeln der Organmitglieder entstanden sind, sollen – ex post – ausgeglichen werden.4 Hierdurch werden (mittelbar) auch die wirtschaftlichen Interessen der Aktionäre geschützt.5 Noch bedeutsamer ist dagegen die präventive Funktion der aktienrechtlichen Organhaftung.6 Als „fleet in being“ 7 soll die drohende persönliche Inanspruchnahme die Verwaltungsmitglieder zu erhöhter Sorgfalt anhalten und so präventiv dazu beitragen, Schäden zu vermeiden.8 Die angestrebte Präventionswirkung erstreckt sich auf zwei Ebenen: auf der ersten Ebene dahingehend, dass Vorstand und Aufsichtsrat ihre Pflichten aus Sorge um eine persönliche Inanspruchnahme – vor Entstehung eines Schadens – erfüllen und damit eine Haftung gar nicht erst eintritt.9 Goette10 hat zutreffend angemerkt, dass die Innenhaftungstatbestände „jedenfalls auf das gewissenhafte Organmitglied präventiv“ wirken; gegen „kriminelle Energie“ von Verwaltungsmitgliedern sind sie dagegen weitgehend wirkungslos.11 Sind solche Ersatzansprüche dennoch entstanden, so sollen auf der zweiten Ebene die zuständigen Gesellschaftsorgane – wiederum aus Sorge um eine persönliche Haftung – dazu angehalten werden, etwaige Ersatzansprüche gegen Verwaltungsmitglieder zu untersuchen und durchzusetzen.12 Primärer Adres-

Kock/Dinkel, NZG 2004, 441. Speziell zu den Regelungszielen der konzernrechtlichen Haftung siehe Hüffer, AktG, § 310 Rn. 1, § 318 Rn. 1. 4 Jaeger/Trölitzsch, ZIP 1995, 1157 f., m.w. N. 5 GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 12; Paal, DStR 2005, 382 f.; Lieder, Aufsichtsrat, S. 903. 6 So auch K. Schmidt, NZG 2005, 796, 801; vgl. auch Kalweit, Fehlerhaftes Vorstands- und Aufsichtsratshandeln, S. 32, 335 f., der insoweit, in Anlehnung an den von Adam Smith geprägten Begriff der „unsichtbaren Hand des Marktes“, auch von einer „unsichtbaren Hand des Rechts“ spricht. Zur praktischen Bedeutung der Präventionswirkung siehe auch Lieder, Aufsichtsrat, S. 903 f.; Wiedemann, Organverantwortung, S. 48; MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 6; wohl auch Bayer, NJW 2000, 2609, 2618 f.; Zimmer, NJW 1998, 3521, 3527 (zu § 147 AktG 1998); Seibert, WM 1997, 1, 5 (zu § 147 AktG 1998); anders dagegen Grotheer, WM 2005, 2070, 2074, 2078, der das Präventionsanliegen als „Nebenzweck“ ansieht. 7 Goette, in: Handbuch Corporate Governance, S. 713, 715, ders., in: FS 50 Jahre BGH, S. 123 f., jeweils m.w. N.; K. Schmidt, NZG 2005, 796, 801. 8 Zur Präventivfunktion siehe nur Arnold, in: Hdb. börsennotierte Gesellschaft, § 22 Rn. 5, GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 11, Hüffer, AktG, § 93 Rn. 1, Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 2, Wiedemann, Organverantwortung, S. 10, jeweils m.w. N. 9 GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 11; kritisch dagegen im Hinblick auf den Abschluss einer D&O-Versicherung Paal, DStR 2005, 426, 429, 431, m.w. N. Siehe hierzu, auch zu entgegensteuernden versicherungstechnischen Instrumenten, wie z. B. der Vereinbarung eines angemessenen Selbstbehalts, Kapitel 1 C. I. 5. d). 10 Goette, in: FS 50 Jahre BGH, S. 123 f.; siehe auch Kling, DZWIR 2005, 45, 55. 11 GK-Hopt, § 93 Rn. 15; Kling, DZWIR 2005, 45, 55. 12 Vgl. zur doppelten Präventionswirkung nur Bayer, NJW 2000, 2609, 2619, m.w. N.

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Kap. 1: Innenhaftung und ihre Durchsetzung

sat hierfür ist der Aufsichtsrat, der als Kontrollorgan die Geschäftsführung des Vorstands zu überwachen und Ersatzansprüche gegebenenfalls zu verfolgen hat.13 Daneben ist die gläubigerschützende Funktion der organschaftlichen Haftung unbestritten.14 Darüber hinaus bezweckt das Bestehen einer persönlichen Haftung der Organmitglieder nach überwiegender Ansicht mittelbar auch den Schutz des Rechtsverkehrs.15 Bei börsennotierten Aktiengesellschaften kommt zudem noch der Schutz des Kapitalmarkts, der ein effektives Schutzsystem erfordert,16 und allgemeiner, der Schutz des Finanzplatzes Deutschlands hinzu.17 Dass diese Funktionen der Organhaftung nur erreicht werden können, wenn ihre effektive Durchsetzung gewährleistet ist, liegt auf der Hand.18

II. Organhaftung als Teil der Corporate Governance Handelndes Organ und haftende Aktiengesellschaft sind zwei verschiedene Rechtssubjekte. Die Differenz zwischen Handelndem und Haftendem könnte dazu führen, dass der Handelnde Risiken in einer Weise eingeht, wie er sie bei einer eigenen Haftung nicht eingegangen wäre.19 Hier soll die Organhaftung gegensteuern.20 Außerdem können bei einem Auseinanderfallen von Eigentum 13 Hierauf stellt Seibert, NZG 2007, 841 f. entscheidend ab: Absicht des UMAG sei es, durch drohende Haftungsklagen den Aufsichtsrat dazu zu veranlassen, seinen Pflichten nachzukommen und solche Klagen selbst ernsthaft in Betracht zu ziehen. Zur Bedeutung der verhaltenssteuernden Wirkung der Organhaftung für eine effiziente Unternehmensüberwachung durch den Aufsichtsrat siehe auch Lieder, Aufsichtsrat, S. 903 f., m.w. N. Eine Verstärkung der Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats in Folge der Erleichterung von Organhaftungsklagen durch das UMAG erwarteten auch eine Vielzahl von befragten Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern; siehe hierzu die Untersuchung von Köhler/Marten/Hülsberg/Bender, BB 2005, 501, 504. 14 Siehe nur Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 2; Bosch/Lange, JZ 2009, 225. Dies ergibt sich bereits aus § 93 Abs. 5 AktG. 15 GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 13, m.w. N., auch zur abweichenden Ansicht; a. A. auch Mertens, Organhaftung, S. 155, 160 (kein Schutz der Öffentlichkeit oder Dritter). 16 Siehe hierzu nur Marsch-Barner, 63. DJT, O 55; Hommelhoff, 63. DJT, O 160, 162 f.; Helms, 63. DJT, O 174 f.; Seibert, 63. DJT, O 196; Keitel, 63. DJT, O 179 f.; siehe auch die nachstehenden Ausführungen zur Corporate Governance. 17 So auch die Regierungsbegründung UMAG, S. 22, allerdings beschränkt auf schwere Verstöße: Verfolgt werden sollen besonders schwere Verstöße, deren „Nichtverfolgung unerträglich wäre und das Vertrauen in die gute Führung und Kontrolle der deutschen Unternehmen und damit den deutschen Finanzplatz erschüttern würde“. 18 Vgl. auch Krieger, in: RWS Forum 8, S. 149, 166: „Die schärfste Haftung nützt nichts, wenn das Gesetz nicht ihre Durchsetzung sicherstellt“; ähnlich die Einschätzung von Lutter, ZGR 1982, 244, 268 (zum Aktienkonzernrecht): „Das Recht genießt nur soviel Autorität, wie es seiner Kraft und der Chance seiner Durchsetzung entspricht“. 19 GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 14, mit näheren Ausführungen; Kock/Dinkel, NZG 2004, 441. 20 GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 14.

B. Durchsetzung der Innenhaftung

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(Aktionäre) und Kontrolle (Verwaltung), wie dies zumindest in den meisten Publikumsgesellschaften der Fall ist, so genannte managerial agency costs auftreten, da die Interessen der Verwaltungsmitglieder nicht immer mit denen der Eigentümer identisch sind.21 Das Finden geeigneter Überwachungs- und Kontrollmechanismen ist seit den neunziger Jahren unter dem Begriff „Corporate Governance“ Gegenstand intensiver Diskussionen auf nationaler, internationaler und interdisziplinärer Ebene.22 Aus ökonomischer Sicht steht hierbei die Überwachung der agents im Vordergrund, aus rechtswissenschaftlicher Sicht dominiert seine – oben bereits dargestellte – verhaltenssteuernde Wirkung auf die Organmitglieder.23 Eine effektive Organhaftung – einschließlich entsprechender Durchsetzungsmechanismen – ist nach allgemeiner Ansicht inzwischen ein unverzichtbarer Bestandteil im System aktienrechtlicher Systemsteuerung,24 mithin ein Element guter Corporate Governance.25 Entsprechendes gilt für das Recht der allgemeinen Sonderprüfung gemäß §§ 142 ff. AktG,26 welches als wesentliches Informationsinstrument der Aktionäre den Schwerpunkt des dritten Kapitels dieser Arbeit bilden wird.

B. Durchsetzung der Innenhaftung Ohne wirkungsvolle Durchsetzungsmechanismen ist die schärfste Haftung wirkungslos.27 Nur wenn bei einer Pflichtverlezung auch tatsächlich eine haftungsrechtliche Inanspruchnahme der Verwaltungsmitglieder droht, können die Regelungsziele der Organhaftung erreicht werden. Inwieweit dies ohne eine Einbeziehung der Aktionäre der Fall ist, wird nachfolgend untersucht.

21 Vgl. ausführlich zu dieser so genannten principal-agent-Theorie Kalweit, Fehlerhaftes Vorstands- und Aufsichtsratshandeln, S. 319 ff., jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen. Nach Bayer (FAZ, 8. März 2003, zitiert nach Kalweit, Fehlerhaftes Vorstands- und Aufsichtsratshandeln, S. 31 (Fn. 43)), muss „(d)as Management als Treuhänder der Aktieneigentümer (. . .) mit Zuckerbrot (Vergütung) und Peitsche (Haftung) dazu angehalten werden, im Interesse der Aktionäre und nicht vorrangig aus Eigeninteresse zu handeln“. 22 Siehe allgemein zur Corporate Governance Hüffer, AktG, § 76 Rn. 15a ff., GKHopt, AktG, § 93 Rn. 15 ff., jeweils m.w. N. Ausführlich hierzu auch Hopt, ZHR 175 (2011), 444 ff., Leyens, JZ 2007, 1061 ff., Knappke, Effizienz, S. 51 ff., jeweils m.w. N. 23 GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 15 mit umfangreichen Nachweisen zur nationalen und internationalen rechtswissenschaftlichen und ökonomischen Literatur. 24 GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 15; Kalweit, Fehlerhaftes Vorstands- und Aufsichtsratshandeln, S. 31, m.w. N. (in Fn. 40). 25 Allgemeine Ansicht; siehe nur Reichert/Weller, ZRP 2002, 49, 52; Seibt, WM 2004, 2137; ähnlich Hölters, in: FS Wiedemann, 2002, S. 975; Paal, DStR 2005, 382 f.; vgl. auch Regierungsbegründung UMAG, S. 22 und Baums, Regierungskommission, Rn. 72 (jeweils beschränkt auf die Verfolgung besonders schwerer Verstöße). 26 Seibt, WM 2004, 2137; Fleischer, RIW 2000, 809, 815. 27 Krieger, in: RWS Forum 8, S. 149, 166.

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Kap. 1: Innenhaftung und ihre Durchsetzung

I. Verfolgungspflicht durch die Verwaltungsorgane; die ARAG/Garmenbeck-Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21. April 1997 Die aktienrechtliche Kompetenzordnung überträgt die Aufklärung28 und Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen der Gesellschaft gegen ihre Verwaltungsmitglieder grundsätzlich den Gesellschaftsorganen Aufsichtsrat bzw. Vorstand.29 Zuständig für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen Vorstandsmitglieder ist – als Teil seiner Überwachungsaufgabe – der Aufsichtsrat (§§ 111, 112 AktG).30 Durch die generelle Zuständigkeitsverlagerung auf den Aufsichtsrat sollen Interessenkonflikte der Vorstandsmitglieder vermieden werden.31 Die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen Aufsichtsratsmitglieder fällt als Teil seiner Geschäftsführungs- und Vertretungsaufgaben in den Kompetenzbereich des Vorstands (§§ 77, 78 AktG).32 Der Bundesgerichtshof 33 hat die Verfolgungspflicht des Aufsichtsrats für Schadenersatzansprüche der Gesellschaft gegen Vorstandsmitglieder in seiner vor über 15 Jahren ergangenen ARAG/Garmenbeck-Entscheidung34 grundsätzlich bejaht. Danach ist der Aufsichtsrat grundsätzlich verpflichtet, Schadenersatzansprüche gegen Vorstandsmitglieder geltend zu machen, sofern ausreichende Erfolgsaussichten zur Anspruchsdurchsetzung bestehen.35 Dem Aufsichtsrat obliegt nach

28 Zu den verschiedenen Aufklärungsmöglichkeiten des Aufsichtsrats siehe Böbel, Besonderer Vertreter, S. 21 f. 29 Hieran ändert auch das gemäß § 147 Abs. 1 AktG bestehende Geltendmachungserzwingungsrecht der Hauptversammlung nichts; dies hat der Bundesgerichtshof in seiner ARAG/Garmenbeck-Entscheidung ausdrücklich klargestellt; BGH, BGHZ 135, 244, 249 f., 252 (ARAG/Garmenbeck). 30 BGH, BGHZ 135, 244, 249, 255 (ARAG/Garmenbeck). Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist der Aufsichtsrat auch für die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen ehemalige Vorstandsmitglieder zuständig; siehe nur BGH, NJW 1999, 3263 (zur GmbH); anders dagegen noch BGH, BGHZ 13, 188, 191. 31 Thümmel, Haftung, S. 142 f. 32 Lutter, JZ 2000, 837, 840; Großfeld, Aktiengesellschaft, S. 296. 33 Nachfolgend auch als BGH bezeichnet. 34 BGH, BGHZ 135, 244 ff. (ARAG/Garmenbeck). In dem ARAG/Garmenbeck-Fall hatte unter anderem der Vorstandsvorsitzende der Rechtsschutzversicherung ARAG Aktiengesellschaft der Gesellschaft durch die Vornahme versicherungsfremder Finanzgeschäfte einen Schaden von über 80 Millionen DM zugefügt. Trotzdem hatte der Aufsichtsrat mehrheitlich die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen den Vorstandsvorsitzenden abgelehnt, woraufhin zwei Aufsichtsratsmitglieder die gerichtliche Feststellung der Nichtigkeit dieser Aufsichtsratsbeschlüsse beantragt hatten. Auf die Besonderheit einer Mehrheits-/Minderheitsauseinandersetzung in einer Aktiengesellschaft mit familiärer Prägung weist Goette, ZHR 176 (2012), 588, 593; ders., in: liber amicorum Winter, S. 153, 154 f. hin. 35 Ausführlich zu den Pflichten des Aufsichtsrats bei der Prüfung (und Geltendmachung) von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegen Vorstandsmitglieder Redeke, ZIP

B. Durchsetzung der Innenhaftung

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den Grundsätzen der ARAG/Garmenbeck-Entscheidung zunächst die eigenverantwortliche Prüfung der Schadenersatzansprüche gegen die Vorstandsmitglieder in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht.36 Anschließend muss er aufgrund einer sorgfältigen und sachgerecht durchzuführenden Risikoanalyse das Prozessrisiko und die Möglichkeit der Realisierbarkeit der Forderung abschätzen.37 Fällt die Entscheidung hierüber ebenfalls positiv aus, muss der Aufsichtsrat diese Ansprüche grundsätzlich verfolgen.38 Bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten ist ihm lediglich ein begrenzter Beurteilungsspielraum eingeräumt.39 Der BGH führt weiter aus, dass der Aufsichtsrat jedoch „trotz Erfolgsaussicht einer Haftungsklage aus übergeordneten Gründen des Unternehmenswohles ausnahmsweise von der Durchsetzung des Schadenersatzanspruchs absehen“ kann.40 Insoweit billigt ihm der BGH einen eng begrenzten Ermessensspielraum zu.41 Dafür ist allerdings Voraussetzung, dass gewichtige Gründe des Gesellschaftswohls dagegen sprechen und diese Umstände die Gründe, die für eine Rechtsverfolgung sprechen, „überwiegen oder ihnen zumindest annähernd gleichwertig sind“.42 Als 2008, 1549 ff., Eichner/Höller, AG 2011, 885 ff.; für eine Ermessensentscheidung des Aufsichtsrats dagegen Paefgen, AG 2008, 761 ff.; Goette, ZHR 176 (2012), 588 ff.; ders., in: liber amicorum Winter, S. 153 ff.; sympathisierend auch Reichert, in: FS Hommelhoff, S. 907, 916, 917 ff.; hiergegen Koch, AG 2009, 93 ff.; Casper, ZHR 176 (2012), 651 ff.; differenzierend Rahlmeyer, Vorstandshaftung, S. 141 ff. Zur ARAG/Garmenbeck-Entscheidung siehe nur Heermann, AG 1998, 201, 207; vgl. auch die zahlreichen Nachweise bei GK-Hopt/Roth, AktG, § 111 Rn. 353 (Fn. 1312) zu den verschiedenen Ansichten, insbesondere zur Reichweite des Ermessens des Aufsichtsrats. 36 BGH, BGHZ 135, 244, 252 ff. (ARAG/Garmenbeck). 37 BGH, BGHZ 135, 244, 253 ff. (ARAG/Garmenbeck). 38 BGH, BGHZ 135, 244, 252 ff. (ARAG/Garmenbeck). 39 BGH, BGHZ 135, 244, 254. (ARAG/Garmenbeck); anders noch die Vorinstanz OLG Düsseldorf, ZIP 1995, 1183 ff. und Teile der Literatur, die von einem weiten, gerichtlich nur in Ausnahmefällen überprüfbaren Ermessen des Aufsichtsrats ausgingen; siehe nur Dreher, ZIP 1995, 628. 40 BGH, BGHZ 135, 244, 256 (ARAG/Garmenbeck). 41 BGH, BGHZ 135, 244, 256 (ARAG/Garmenbeck). Siehe hierzu ausführlich GKHopt/Roth, AktG, § 111 Rn. 352 ff., § 116 Rn. 158 auch zu abweichenden oder modifizierenden Literaturansichten; missverständlich dagegen MüKo-Semler, AktG, 2. Aufl., § 116 Rn. 332: kein Ermessen, aber Abwägungsmöglichkeit in besonderen Fällen. 42 BGH, BGHZ 135, 244, 245, 254 ff. (ARAG/Garmenbeck). Für die Verfolgung von Unredlichkeiten und groben Gesetzes- oder Satzungsverstößen i. S. v. § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG hat der Gesetzgeber durch die UMAG-Reform die Voraussetzungen wohl auch hinsichtlich der Verfolgungspflicht des Aufsichtsrats verschärft. Wenn der gerichtlichen Geltendmachung des Ersatzanspruchs durch eine Aktionärsminderheit nur überwiegende Gründe des Gesellschaftswohls entgegengehalten werden können, so wird dies auch für die Entscheidung des hierfür originär zuständigen Aufsichtsrats zu gelten haben. Dies folgt zum einen aus dem noch aufzuzeigenden subsidiären Charakter des Aktionärsverfolgungsrechts gemäß § 148 AktG, welches daher nicht über die Verfolgungspflicht des originär zuständigen Aufsichtsrats hinausgehen kann, siehe Koch, ZGR, 2006, 769, 776. Außerdem folgt diese Verschärfung aus Konsistenzgründen. Wie Koch zutreffend ausführt, wäre es widersinnig, wenn „dem Aufsichtsrat das Recht eingeräumt wäre, aus Gründen des Gesellschaftswohls (– zulässigerweise –) von einer An-

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Kap. 1: Innenhaftung und ihre Durchsetzung

solche Gründe, die einer Anspruchsverfolgung möglicherweise entgegenstehen können, führt der BGH beispielhaft „negative Auswirkungen auf Geschäftstätigkeit und Ansehen der Gesellschaft in der Öffentlichkeit, Behinderung der Vorstandsarbeit und Beeinträchtigung des Betriebsklimas“ auf.43 Liegen solche Gründe vor, wird regelmäßig sogar eine Pflicht des Aufsichtsrats bestehen, von einer Verfolgung des Schadenersatzanspruchs abzusehen, denn kein Gesellschaftsorgan darf (oder muss) der eigenen Gesellschaft einen Schaden zufügen.44 Der Aufsichtsrat darf andere, außerhalb des Unternehmenswohls liegende Gründe, wie etwa die Auswirkungen auf das betroffene Vorstandsmitglied, dagegen nur in Ausnahmefällen berücksichtigen.45 Diese Grundsätze sind für die Verpflichtung des Vorstands, Schadenersatzansprüche gegen Aufsichtsratsmitglieder geltend zu machen, entsprechend anzuwenden.46

spruchsverfolgung abzusehen, diese Entscheidung aber durch eine Aktionärsminderheit überspielt werden könnte“. Siehe zum Ganzen Koch, ZGR, 2006, 769, 776, enger dagegen ders., AG 2009, 93, 99 f., Redeke, ZIP 2008, 1549, 1551 ff., jeweils m.w. N. (auch zur anderen Ansicht); Winnen, Innenhaftung, S. 458 f.; a. A. dagegen Happ, in: FS Westermann, S. 971, 990 f., der mit umgekehrter Argumentation einen Gleichlauf zwischen den „gewichtigen Gründen“ der ARAG/Garmenbeck-Rechtsprechung und den „überwiegenden Gründen“ nach § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG annimmt; a. A. auch Casper, ZHR 176 (2012), 617, 629 f.; Goette, ZHR 176 (2012), 588, 599 f. Für Pflichtverletzungen unterhalb der Schwelle des § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG verbleibt es jedoch bei der Einschätzungskompetenz des Aufsichtsrats, von deren Verfolgung bereits wegen gewichtiger entgegenstehender Gründe des Gesellschaftswohls abzusehen. 43 BGH, BGHZ 135, 244, 254 (ARAG/Garmenbeck). 44 Semler, AG 2005, 321 f., 328 f., der in FS Goette, S. 499, 507 allerdings für eine enge Auslegung dieses Grundsatzes plädiert und die Berufung auf Reputationsschäden der Gesellschaft durch Bekanntwerden und Verfolgung von Pflichtverletzungen wohl nicht ausreichen lassen möchte; siehe auch Wilsing, in: FS Maier-Reimer, S. 889, 892 ff., m.w. N., der darauf hinweist, dass der Aufsichtsrat von der Geltendmachung von Ersatzansprüchen dann Abstand nehmen wird, wenn sich dadurch die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Inanspruchnahme der Gesellschaft durch Dritte erhöhen würde; siehe zur Bindung des Aufsichtsrats an das Unternehmenswohl auch Goette, ZHR 176 (2012), 588, 595, 615 f.; ders., in: liber amicorum Winter, S. 153, 161 ff. 45 BGH, BGHZ 135, 244, 245, 254 ff. (ARAG/Garmenbeck). Nach Ansicht des BGH sollen persönliche Gründe des Vorstandsmitglieds allerdings dann Berücksichtigung finden können, wenn sich ein geringes Verschulden und Schaden auf der einen Seite und einschneidende Folgen für das betroffene Vorstandsmitglied auf der anderen Seite gegenüberstehen. Kritisch zu Recht Kling, DZWIR 2005, 45, 53, m.w. N., der die Frage aufwirft, inwieweit die sozialen Umstände des entsprechenden Organmitglieds im Gesellschafts- bzw. Unternehmensinteresse liegen könnten. Zu den Ermittlungsbefugnissen des Aufsichtsrats siehe auch Verhoeven, ZIP 2008, 245, 247. 46 Doralt, in: Arbeitshandbuch Aufsichtsrat, S. 826; Thum/Klofat, NZG 2010, 1087, m.w. N.

B. Durchsetzung der Innenhaftung

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II. Strukturelle Verfolgungsmängel Trotz dieser seit der ARAG/Garmenbeck-Entscheidung höchstrichterlich anerkannten grundsätzlichen Verfolgungspflicht von Schadenersatzansprüchen gegen Verwaltungsmitglieder durch die dafür zuständigen Gesellschaftsorgane wurden, zumindest vor Einführung des UMAG, offensichtlich berechtigte Ansprüche auch in schwerwiegenden Fällen häufig nicht geltend gemacht.47 Ersatzansprüche wurden daher in der Vergangenheit zumeist erst im Insolvenzfall durch den Insolvenzverwalter verfolgt.48 Daneben kam eine Anspruchsverfolgung nach vollständiger Auswechslung der Mitglieder eines Gesellschaftsorgans49 oder nach der Veränderung der Mehrheitsverhältnisse im Aktionärskreis in Betracht.50 Für diese Zurückhaltung lassen sich zum einen psychologische Gründe anführen, denn oftmals besteht bereits eine mehrjährige kollegiale Zusammenarbeit zwischen Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern.51 Daneben kommen auch nachvollziehbare Erwägungen, die Reputation der Gesellschaft nicht durch medienwirksame Haftungsprozesse zu gefährden, in Betracht.52 In erster Linie ist allerdings die Organisationsstruktur der Aktiengesellschaft für die gegenseitige „Haftungsverschonung“ verantwortlich, da sie häufig zu Interessenkonflik-

47 So der Befund der Regierungsbegründung UMAG, S. 1. So auch die Einschätzung von Lutter, ZIP 2007, 841, 842. Eine Änderung in jüngster Zeit sieht dagegen Redeke, ZIP 2008, 1549, demzufolge sich in jüngerer Vergangenheit die Fälle häuften, in denen Schadenersatzansprüche gegenüber – überwiegend ehemaligen – Vorstandsmitgliedern geltend gemacht würden; ähnlich auch Hopt, ZHR 175 (2011), 444, 493; Schneider, WpG 2011, 70, 72, der von einem „Umdenken in den Gesellschaften“ spricht; ähnlich auch Hasselbach, NZG 2012, 41, 47 und von Falkenhausen, NZG 2012, 644, 646 (jeweils zur Inanspruchnahme von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern); Ek, Haftungsrisiken, S. 1, scheint dagegen davon auszugehen, dass das tatsächliche Haftungsrisiko des Vorstands bereits nach der ARAG/Garmenbeck-Entscheidung des BGH erheblich gestiegen sei; anders dagegen die Nachweise in Kap. 1, Fn. 20. 48 Vgl. hierzu die Übersicht bei Goette, ZGR 1995, 648, 650 ff. Zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen Aufsichtsratsmitglieder siehe LG Bielefeld, ZIP 2000, 20 ff.; LG Stuttgart, AG 2000, 237 ff. Vgl. auch Thümmel, DB 2004, 471, 473: Insolvenzverwalter als „(i)n der Praxis (. . .) gefährlichste(r) Anspruchssteller“. 49 Grotheer, WM 2005, 2070, 2074; Kalweit, Fehlerhaftes Vorstands- und Aufsichtsratshandeln, S. 96. 50 Lutter, ZIP 2007, 841, 842; Peltzer, in: FS Hadding, S. 593 f. 51 Siehe zu diesem Aspekt nur Regierungsbegründung UMAG, S. 19 f.; Thümmel, Haftung, 3. Aufl. S. 110. 52 Schröer, ZIP 2005, 2081; Kiethe, ZIP 2003, 707. Zur Praxis der „geräuschlosen“ Trennungsstrategie, d. h. des Ausscheidens aus dem Vorstand oder der Nicht-Verlängerung des Vorstandsvertrags auch Sünner, ZHR 163 (1999), 364, 367, der zutreffend darauf hinweist, dass entstandene Schäden so nicht wiedergutgemacht und begangene Pflichtverletzungen sanktionslos blieben und ein Abschreckungseffekt nicht eintrete.

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Kap. 1: Innenhaftung und ihre Durchsetzung

ten der für die Anspruchsverfolgung zuständigen Verwaltungsmitglieder führen kann.53 Der Aufsichtsrat ist das für die Bestellung und Anstellung der Vorstandsmitglieder zuständige Organ (§ 84 AktG). Haben Vorstandsmitglieder die Gesellschaft durch pflichtwidriges Handeln geschädigt, muss sich der Aufsichtsrat – zu Recht oder zu Unrecht – mit der Frage auseinandersetzen, ob er geeignete Personen zu Vorstandsmitgliedern bestellt hat.54 Außerdem wird sich in vielen Fällen die Frage aufdrängen, ob der Aufsichtsrat durch ordnungsgemäße Überwachung den entstandenen Schaden hätte verhindern oder zumindest verringern können.55 Das Risiko, selbst wegen mangelhafter Überwachung kritisiert zu werden und/ oder sich deswegen sogar Haftungsvorwürfen auszusetzen,56 wird damit oftmals einer ordnungsgemäßen Verfolgung von Ersatzansprüchen gegenüber Vorstandsmitgliedern durch den Aufsichtsrat entgegen stehen.57 Wechseln zudem der Vorstandsvorsitzende oder andere Vorstandsmitglieder nach dem Ablauf ihrer Amtszeit in den Aufsichtsrat, verstärken sich diese strukturellen Verfolgungsschwierigkeiten noch.58 Steht eine Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Aufsichtsratsmitglieder durch den Vorstand in Rede, bestehen ebenfalls strukturelle Verfolgungsdefizite.59 Die für die Anspruchsverfolgung zuständigen Vorstandsmitglieder wurden ihrerseits vom Aufsichtsrat bestellt und angestellt (§ 84 Abs. 1 AktG). Der Auf-

53 Knappke, Effizienz, S. 27 f.; Rollin, Aktionärsklage, S. 221, m.w. N.; vgl. auch Regierungsbegründung UMAG, S. 19 f. 54 So statt vieler Schaefer/Missling, NZG 1998, 441, 445. 55 Siehe statt vieler K. Schmidt, NZG 2005, 796, 798; GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 3, m.w. N. (in Fn. 11). 56 Vgl. zur Frage, inwieweit von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern eine (indirekte) Selbstbelastung erwartet werden kann, ausführlich und bejahend Jänig, Sonderprüfung, S. 361 ff. (zur Sonderprüfung), m.w. N. 57 Mertens, AG Sonderheft 1997, 70 f.: „grundmenschliches Kommunikationsproblem“; vgl. auch Regierungsbegründung UMAG, S. 19 f. 58 Knappke, Effizienz, S. 28, m.w. N. Der Gesetzgeber hat diese Praxis vor kurzem durch Einführung des § 100 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 AktG durch das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) vom 31. Juli 2009, BGBl. 2009 I, S. 2509 (nachfolgend auch als „VorstAG“ bezeichnet), für börsennotierte Gesellschaften dahingehend eingeschränkt, dass Personen, die in den letzten zwei Jahren Vorstandsmitglieder derselben Gesellschaft waren, nur noch dann Aufsichtsratsmitglieder werden können, wenn die Wahl auf Vorschlag von Aktionären erfolgt, die mehr als 25% der Stimmrechte an der Gesellschaft halten. Der Deutsche Corporate Governance Kodex, Ziffer 5.4.4, Stand 15. Mai 2012, abrufbar im Internet unter http://www.corporate-go vernance-code.de/ger/kodex/1.html (Stand: 30. April 2013), empfiehlt, dass dies eine der Hauptversammlung zu begründende Ausnahme sein soll. 59 Von „strukturellen Defiziten“ spricht auch Weber, Aktionärsklage, S. 125, von „struktureller Voreingenommenheit“ GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 34, m.w. N.

B. Durchsetzung der Innenhaftung

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sichtsrat ist auch für ihre Wiederbestellung bzw. die Verlängerung ihrer Amtszeit sowie für die Festsetzung ihrer Vergütung zuständig (§ 87 Abs. 1 AktG). Vorstandsmitglieder, die befürchten müssen, nicht wiederbestellt zu werden, werden naturgemäß nur zögerlich gegen ihr Bestellungsorgan vorgehen.60 Bei einem Vorgehen gegen Aufsichtsratsmitglieder wegen angeblicher unzureichender Überwachung des Vorstands stellt sich wiederum die Frage nach dessen eigener möglicherweise pflichtwidriger Geschäftsführung.61 Zumindest in den Fällen, in denen sämtliche oder viele Organmitglieder pflichtwidrig gehandelt haben, besteht daher die Gefahr, dass die Verwaltungsorgane das Gesellschaftsinteresse hinter den jeweiligen Eigeninteressen zurückstellen und die wechselseitige Verfolgung von Ersatzansprüchen nur zurückhaltend betreiben.62 Legt man die Geltendmachung dieser Ansprüche alleine in die Hände dieser Gesellschaftsorgane, geht eine effektive Anspruchsverfolgung, wie Lutter63 treffend bemerkt hat, „an der Realität des Lebens und seiner Hackordnung schlicht vorbei“. Peltzer64 spricht insoweit von einer „Bisssperre“ der Verwaltungsorgane, Bayer65 von einem „Schweigekartell“ und Kling66 von einem „bedauerlichen Konstruktionsfehler“. Trotz einer wiederholten Stärkung des Aufsichtsrats als Kontrollorgan der Gesellschaft, etwa durch das KonTraG und das TransPuG und die Feststellung der Verfolgungspflicht durch das ARAG/Garmenbeck-Urteil des BGH, ist eine effektive Geltendmachung von Ersatzansprüchen durch den Aufsichtsrat alleine ohne die Schaffung effektiver Verfolgungsmöglichkeiten durch Aktionäre daher nicht zu erwarten.

III. Defizite einer anderweitigen Sanktionierung Ist eine wirksame Verfolgung der Ersatzansprüche durch die Verwaltungsorgane allein nicht sichergestellt, stellt sich die Frage, ob eine effektive Kontrolle 60

Weber, Aktionärsklage, S. 123; Regierungsbegründung UMAG, S. 19 f. Lutter, NJW 1995, 1133, 1134 spricht daher von „Vatermord“. 62 So auch die überwiegende Einschätzung; siehe nur Regierungsbegründung UMAG, S. 19 f.; Hüffer, AktG, § 147 Rn. 1; Lutter, JZ 2000, 837, 840; K. Schmidt, Referat 63. DJT, O 29 f.; MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 6; Baums, Gutachten F 242 f.; Kiethe, ZIP 2003, 707; Bayer, NJW 2000, 2609, 2615; Rollin, Aktionärsklage, S. 220; Weber, Aktionärsklage, S. 124; a. A. dagegen vereinzelte Stimmen, die mit Blick auf die drohende Eigenhaftung von der Aufhebung der „Bisssperre“ ausgehen; vgl. Sünner, ZHR 163 (1999) 364, 368 f.; abgeschwächt auch Krieger, ZHR 163 (1999), 343, 345, der von einem nicht zu unterschätzenden Bewusstseinswandel spricht. 63 Lutter, JZ 2000, 837, 840. 64 Peltzer, WM 1981, 346, 348 f. 65 Bayer, NJW 2000, 2609, 2614. 66 Kling, DZWIR 2005, 45, 53, m.w. N. 61

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Kap. 1: Innenhaftung und ihre Durchsetzung

der Organmitglieder auf andere Weise als durch ein Geltendmachungserzwingungsrecht oder ein eigenes Aktionärsklagerecht erreicht werden kann. Dies wurde bereits verschiedentlich intensiv untersucht und im Ergebnis zu Recht abgelehnt.67 Eine Kontrolle durch marktgestützte Mechanismen68 alleine reicht nicht aus, da die Märkte nur in beschränktem Maße auf eine fehlerhafte Unternehmensführung reagieren.69 Eine Kontrolle börsennotierter Aktiengesellschaften durch den Kapitalmarkt allein scheint unzureichend.70 So sollen Aktienoptionsprogramme oder andere Formen erfolgsabhängiger Vergütung für Verwaltungsmitglieder71 zwar dem principal-agent-Problem entgegensteuern. Diese bringen jedoch das Risiko mit sich, dass die Organmitglieder sich lediglich an kurzfristigen Unternehmenserfolgen ausrichten.72 Auch sollen im Falle schlechter Verwaltung durch Kursverluste Übernahmerisiken drohen. Übernahmen können allerdings auch bei hohen Aktienkursen stattfinden, außerdem stehen Aktienkurse nur bedingt mit der Leistung der Verwaltungsorgane im Zusammenhang.73 Eine Kontrolle über den Kapitalmarkt durch eine Flucht der Aktionäre (exit) als einzige Sanktion ist ebenfalls rechtspolitisch nicht wünschenswert.74 Zudem stel-

67 Siehe hierzu allgemein Jänig, Sonderprüfung, S. 24 ff.; zu den anderweitigen Kontrollrechten der Aktionäre auch Rollin, Aktionärsklage, S. 162 ff., 169 f., 217 ff. Vgl. auch Teichmann, ZGR 2001, 645 ff. zu den Mechanismen externer (kapitalmarktorientierter) und interner (an der Unternehmensverfassung orientierter) Corporate Governance. 68 Einen Überblick hierzu geben Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 6, GKBezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 30 ff., jeweils m.w. N. Ausführlich zu den verschiedenen ökonomischen Theorien Kalweit, Fehlerhaftes Vorstands- und Aufsichtsratshandeln, S. 291 ff., 321 ff. 69 Lutter, ZHR 159 (1995), 287, 306 (in Bezug auf Aufsichtsratsfehler); Krieger, ZHR 163 (1999), 343, 345; Banerjea, Gesellschafterklage, S. 167, 191. 70 So wohl auch Banerjea, Gesellschafterklage, S. 167, 191: Beschränkung auf dauerhaft schlechte Unternehmensleitung, S. 196 f.; differenzierend nach Sorgfalts- und Treupflichtverletzungen dagegen Kalweit, Fehlerhaftes Vorstands- und Aufsichtsratshandeln, S. 321, 327 ff. 71 Vgl. aber zu den Einschränkungen bei Aufsichtsratsmitgliedern Hüffer, AktG, § 113 Rn. 10, m.w. N. 72 Jänig, Sonderprüfung, S. 25, 27 f., m.w. N. Der Gesetzgeber hat „falsche Verhaltensanreize in den Vergütungssystemen“ als eine der möglichen Ursachen der Finanzmarktkrise ausgemacht und durch das VorstAG unter anderem durch die Neufassung des § 87 Abs. 1 S. 2, 3 AktG den Aufsichtsrat einer börsennotierten Gesellschaft verpflichtet, die Vergütungsstruktur des Vorstands auf eine nachhaltige Unternehmensentwicklung auszurichten; siehe hierzu nur Kling, DZWIR 2010, 221 f., 227 ff.; Rieckhoff, AG 2010, 617 ff.; Wagner, AG 2010, 774 ff.; Ehren/Groß, Der Konzern, 2010, 412 ff. 73 Teichmann, ZGR 2001, 645, 659 f.; Jänig, Sonderprüfung, S. 25, 27. 74 Kalweit, Fehlerhaftes Vorstands- und Aufsichtsratshandeln, S. 350; Rollin, Aktionärsklage, S. 218 f.; K. Schmidt, 63. DJT, O 12 f.; kritisch auch bereits Raiser, ZHR 153 (1989), 1, 7 f., der zu Recht darauf hinweist, dass die Abstimmung „mit den Füßen“ dem Aktionär nicht helfe, der seine Aktien nicht veräußern, sondern in der Gesellschaft seine Rechte geltend machen und wirtschaftliche Chancen nutzen wolle.

B. Durchsetzung der Innenhaftung

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len sie aus rein ökonomischer Sicht keinen effektiven Schutzmechanismus dar, da sie lediglich in die Zukunft gerichtet sind und der exit regelmäßig mit finanziellen Verlusten einhergeht.75 Auch eine Kontrolle durch Wettbewerb auf dem Produktmarkt ist unzureichend, da dort nur langfristige Misserfolge sanktioniert werden.76 Weitere im Rahmen der Corporate-Governance-Diskussion entwickelte ökonomische Kontrollmechanismen sind der Arbeitsmarkt für Topmanager und der Einfluss der Finanzmärkte, die durch eine Verteuerung der Kapitalkosten eine Sanktion für pflichtvergessene Organmitglieder bieten.77 Auch diese Kontrollmechanismen vermögen alleine keinen ausreichenden Schutz zu gewährleisten. Eine Kontrolle durch eine externe Rechnungslegungsprüfung alleine ist ebenfalls unzureichend, da dort gemäß § 317 HGB primär nur überprüft wird, ob bei Aufstellung des Jahresabschlusses die gesetzlichen und satzungsgemäßen Voraussetzungen beachtet worden sind und der Lagebericht ein zutreffendes Bild von der Gesellschaft vermittelt.78 Schließlich erscheint auch eine Kontrolle durch die Unternehmensebenen unterhalb der Verwaltungsorgane nicht ausreichend.79 Nach Ansicht Sünners würden die dem Vorstand nachgelagerten Unternehmensebenen im Zusammenspiel mit der ARAG/Garmenbeck-Rechtsprechung einen hinreichenden Druck zur Anspruchsdurchsetzung erzeugen, so dass für eine Aktionärsklage kein Bedürfnis bestehe.80 Aus denselben Gründen, aus denen die Verwaltungsorgane oftmals von einer effektiven Anspruchsverfolgung absehen werden,81 ist auch bei untergeordneten Unternehmensebenen zu befürchten, dass diese nicht genug Druck auf Vorstand und Aufsichtsrat ausüben werden, um sich bei der obersten Unternehmensebene nicht unbeliebt zu machen.82 Aber auch andere Kontrollrechte der Aktionäre reichen nicht aus, um eine effektive Kontrolle der Gesellschaftsorgane und eine Ahndung von Pflichtverletzungen zu gewährleisten.83

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Rollin, Aktionärsklage, S. 218; Brondics, Aktionärsklage, S. 66. Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 6, m.w. N. 77 Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 6, m.w. N. 78 Siehe hierzu Jänig, Sonderprüfung, S. 26, 28; darauf, dass die Auswirkungen eines Fehlverhaltens von Organmitgliedern in den Jahresabschluss Eingang finden müssen, weist allerdings Semler, in: FS Goette, S. 499, 502 hin. 79 So auch Banerjea, Gesellschafterklage, S. 195. 80 Sünner, ZHR 163 (1999), 343, 372 f. 81 Siehe hierzu bereits Kapitel 1 B. II. 82 Banerjea, Gesellschafterklage, S. 195. 83 So auch Rollin, Aktionärsklage, S. 218, 221, der zu Recht von einer „Kontrolllücke“ spricht; vgl. zu den einzelnen Aktionärs-Kontrollrechten Rollin, Aktionärsklage, S. 162 ff. 76

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Kap. 1: Innenhaftung und ihre Durchsetzung

Eine Verweigerung der Entlastung der Verwaltungsmitglieder durch die Hauptversammlung hat keine unmittelbaren rechtlichen Folgen für die betroffenen Organmitglieder.84 Wenn die Hauptversammlung den Vorstandsmitgliedern das Vertrauen entzieht, mag dies zwar dem Aufsichtsrat einen Grund zur Abberufung des betroffenen Vorstandsmitglieds aus wichtigem Grund liefern, eine solche Abberufung wirkt jedoch nur in die Zukunft und bietet der Gesellschaft keine adäquate Sanktionsmöglichkeit.85 Entsprechendes gilt für eine Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern.86

IV. Zwischenergebnis und Konsequenzen Obwohl Aufsichtsrat bzw. Vorstand nach den ARAG/Garmenbeck-Grundsätzen verpflichtet sind, Ersatzansprüche gegen Verwaltungsmitglieder geltend zu machen, reicht dies alleine insbesondere wegen bestehender struktureller Verfolgungsmängel nicht aus, um eine effektive Verfolgung von Ersatzansprüchen gegen Verwaltungsorgane sicherzustellen. Auch anderweitige Mechanismen zur Sanktionierung von Pflichtwidrigkeiten von Verwaltungsmitgliedern werden den Funktionen der Organhaftung alleine nicht gerecht. Daher besteht ein rechtspolitisches Bedürfnis für eine Einbeziehung der Aktionäre als unmittelbar wirtschaftlich Betroffene87 in das Geltendmachungssystem. Mithin besteht ein Bedürfnis für adäquate Geltendmachungs-(erzwingungs-)möglichkeiten für Aktionäre.88 1. Einbeziehung der Aktionäre vor dem Hintergrund der aktienrechtlichen Kompetenzordnung Wie aufgezeigt, müssen effektive Verfolgungsmöglichkeiten für die Aktionäre geschaffen werden. Bei der Ausgestaltung dieser Aktionärsverfolgungsrechte ist die aktienrechtliche Kompetenzordnung zu beachten. Diese weist, wie aufgezeigt, primär dem Aufsichtsrat und dem Vorstand die Geltendmachung von Ersatzansprüchen zu. Je stärker bei den eigentlich zuständigen Gesellschaftsorganen Verfolgungsdefizite bestehen, umso mehr wird man solche Aktionärsverfolgungsrechte ins Auge fassen müssen, will man die Effektivität des Innenhaftungsregimes gewährleisten.89 84

Hüffer, AktG, § 120 Rn. 16; Rollin, Aktionärsklage, S. 163. Rollin, Aktionärsklage, S. 163, 166, 220; auch grobe Pflichtverletzungen von Vorstandsmitgliedern stellen einen solchen zur Abberufung berechtigenden wichtigen Grund dar, § 84 Abs. 3 S. 2 AktG. 86 Zur Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern siehe § 103 AktG. 87 Seibt, WM 2004, 2137, 2142; vgl. auch Lieder, Aufsichtsrat, S. 855. 88 So auch Rollin, Aktionärsklage, S. 223; Weber, Aktionärsklage, S. 125. 89 Vgl. auch Raiser, ZHR 153 (1989), 1, 15: „In dem Maße, in dem sich die alternativen Kontrollmechanismen (. . .) als (. . .) zu schwach erweisen, ist auf die Gesellschaf85

B. Durchsetzung der Innenhaftung

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Versagen die hierfür zuständigen Gesellschaftsorgane Aufsichtsrat bzw. Vorstand bei der Geltendmachung von Ersatzansprüchen, ist in erster Linie an die Einbeziehung der Hauptversammlung in das Geltendmachungssystem zu denken. Aktionäre üben ihre Rechte in Gesellschaftsangelegenheiten in der Hauptversammlung aus, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt (§ 118 Abs. 1 AktG).90 So sieht das Aktiengesetz seit rund 130 Jahren in Durchbrechung der aktienrechtlichen Kompetenzordnung ein Geltendmachungserzwingungsrecht der Hauptversammlung vor (§ 147 Abs. 1 AktG).91 Dieses Recht der Hauptversammlung, mit einfacher Stimmenmehrheit die Durchsetzung von Ersatzansprüchen gegen Organmitglieder zu erzwingen, wird in vielen Fällen nicht ausreichen, um eine effektive Durchsetzung der Organhaftung sicherzustellen.92 In Publikumsgesellschaften93 werden oftmals nur Aktionäre mit signifikanter Stimmenmacht auf der Hauptversammlung vertreten sein,94 während viele Aktionäre mit geringerem Aktienbesitz ihr Stimmrecht nicht ausüben (lassen).95 Außerdem gibt es in vielen Fällen einen Mehrheitsaktionär bzw. mehrere Großaktionäre, dessen/deren Vertreter oftmals im Aufsichtsrat der Gesellschaft repräsentiert sein und unter Umständen nur wenig Interesse an der Verfolgung von Fehlverhalten der Verwaltungsmitglieder haben dürften.96 terklage zurückzugreifen“. Ähnlich Seibt, WM 2004, 2137, 2139, m.w. N.: „Reaktionen auf ein Systemversagen im dualistischen, aktienrechtlichen System der checks and balances“. 90 Vgl. zur Konzentration der Aktionärsrechte auf die Hauptversammlung und der damit einhergehenden Bedeutung der Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage Bayer/Habersack-Raiser, Aktienrecht, Bd. 2, S. 630. 91 Seibt, WM 2004, 2137, m.w. N. Zur historischen Entwicklung siehe noch Kapitel 1 B. VI., zum systemdurchbrechenden Charakter des Geltendmachungserzwingungsrechts der Hauptversammlung siehe auch Rahlmeyer, Vorstandshaftung, S. 99. Laut Winnen, Innenhaftung, S. 317 scheint der Gesetzgeber § 147 AktG als „Regelfall“ für die Ausübung der Aktionärsrechte anzusehen. 92 So im Ergebnis auch Thümmel, DB 2004, 471, 473; ähnlich Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 1; „Interessenkonflikt kann auch in der Hauptversammlung bestehen“; wohl auch GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148, Rn. 36. Siehe im Einzelnen noch Kapitel 2 B. 93 Auf strukturelle Unterschiede zwischen Publikumsgesellschaften (oftmals großer Streubesitz; zahlreiche, untereinander kaum vernetzte Anteilseigner mit oftmals nur geringen Einflussmöglichkeiten) und geschlossenen Gesellschaften mit wenigen Aktionären weisen u. a. Marsch-Barner, in: Hdb. börsennotierte AG, § 2 Rn. 4; und Teichmann, ZGR 2001, 645, 651 ff., hin. 94 Zu dem unter dem Begriff „rationale Apathie“ bekannten Aktionärsverhalten siehe noch Kapitel 1 B. V. 7. sowie, speziell zur Ausübung des Stimmrechts, Baums, Gutachten F 24 f., Knappke, Effizienz, S. 67 ff., jeweils m.w. N. 95 Zur geringen Stimmpräsenz auf der Hauptversammlung siehe die in den 90er Jahren durchgeführte empirische Untersuchung von Baums/Fraune, AG 1995, 97 ff. (Anwesenheitsquote in großen AGs zwischen 35 und 60%). 96 Zur „Dominanz“ der Großaktionäre siehe auch Jänig, Sonderprüfung, S. 248, m.w. N.; vgl. auch die in Kap. 1, Fn. 97 enthaltenen Nachweise; siehe zu Konzernkonstellationen Weber, Aktionärsklage, S. 125.

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Kap. 1: Innenhaftung und ihre Durchsetzung

Daneben kann es Bankenvertreter mit Depotstimmrecht geben, die unter Umständen eher dazu tendieren werden, die Interessen der Verwaltungsorgane zu vertreten und daher eine Geltendmachungserzwingung nach § 147 Abs. 1 AktG ablehnen.97 Da somit nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Hauptversammlung aus sachfremden Motiven die Geltendmachung von Ersatzansprüchen mehrheitlich ablehnt,98 müssen (Minderheits-)Aktionäre in das Geltendmachungssystem einbezogen werden, um eine effektive Rechtsverfolgung zu gewährleisten.99 Dabei ist jedoch stets der Charakter des Verfolgungsrechts als „Ersatzbefugnis“ 100 bzw. als subsidiäres Recht101 bei der Bestimmung seiner Voraussetzungen und Grenzen zu beachten.102

97 Zu dieser Situation – in Bezug auf Bankenvertreter –, auch Bayer, NJW 2000, 2609, 2615; Seibert, WM 1997, 1, 4 f.; Thümmel, DB 1997, 261, 263; ders., DB 1999, 885, 887; Bork, in: RWS Forum 10, S. 53, 55; Baums, AG 1996, 11, 26; Kalweit, fehlerhaftes Vorstands- und Aufsichtsratshandeln, S. 174 f.; ähnlich auch Kling, DZWIR 2005, 45, 54; – allgemein in Bezug auf institutionelle Stimmrechtsvertreter – GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 36. Allgemein zum Vollmachtsstimmrecht der Banken nach dem ARUG, Simon/Zetzsche, ZGR 2010, 918 ff.; Schmidt, WM 2009, 2350 ff. 98 Seibt, WM 2004, 2137. Zur Schwierigkeit für Aktionäre mit nur geringem Anteilsbesitz, einen solchen Antrag auf Erzwingung der Geltendmachung wegen des Erfordernisses einer ordentlichen Bekanntmachung des Tagesordnungspunkts überhaupt stellen zu können, siehe noch Kapitel 2 B. II. 1. 99 So auch MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 6: „Durch die Minderheitenrechte sollen die Minderheitsaktionäre davor geschützt werden, dass die Verwaltung durch eine ihr nahestehende Aktionärsmehrheit ungerechtfertigterweise gedeckt wird“; Seibt, WM 2004, 2137; Bayer/Habersack-Raiser, Aktienrecht, Bd. 2, S. 650 f.; vgl. auch Ra˘dulet¸u, Schutz von Minderheitsaktionären, S. 236, 252: „Ausnahmsweise kann das Recht von einer Aktionärsminderheit ausgeübt werden, um das Gesellschaftsinteresse vor einer passiven Aktionärsmehrheit zu schützen“. Zur Unverzichtbarkeit von Minderheits-Verfolgungsrechten Baums, Gutachten F 243. 100 GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 2, 71. 101 Baums, Gutachten F 243 f., Kling, DZWIR 2005, 45, 52, 54 (zu § 147 Abs. 1–3 AktG 1998); Ra˘dulet¸u, Schutz von Minderheitsaktionären, S. 236 f., 252; Winnen, Innenhaftung, S. 316 f.; Lönner, actio pro socio, S. 49 f., 60, 65 ff.; vgl. auch zur Klagebefugnis des GmbH-Gesellschafters als „subsidiäres Notgeschäftsführungsrecht“ Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 58 f.; Grunewald, Gesellschafterklage, S. 70 f., jeweils m.w. N. 102 So auch Seibt, WM 2004, 2137, 2139, der betont, dass dieses Minderheitsrecht als Reaktion auf ein „Systemversagen“ eingeführt wurde und „nur ergänzend neben solche gesetzlichen und außergesetzlichen Maßnahmen treten (solle), die einem Systemversagen vorbeugen“. Seibt, WM 2004, 2137, 2139 nennt als Beispiele insbesondere solche Maßnahmen, die auf eine Verbesserung der Unabhängigkeit und Professionalität des Aufsichtsrats und dessen Überwachungstätigkeit abzielen. Ähnlich auch Planck, Aktionärsklagen, S. 3, 220 f.

B. Durchsetzung der Innenhaftung

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2. Schutzobjekte der Aktionärsverfolgungsrechte In der Literatur ist der Zweck dieser Verfolgungsrechte umstritten. Eine Ansicht scheint dabei von einem Ausschließlichkeitsverhältnis auszugehen.103 Nach dieser Ansicht können die Verfolgungsrechte, und insbesondere das Aktionärsklagerecht des § 148 AktG, entweder im Interesse der Gesellschaft104 oder im Interesse des Aktionärs105 bestehen. Hält man sich die Zwecke der Organhaftung vor Augen, die nur erreicht werden können, wenn effektive Durchsetzungsmöglichkeiten bestehen, so ist eine solche Beschränkung nicht angezeigt. Die Aktionärsverfolgungsrechte dienen somit sowohl dem Schutz der Gesellschaft als auch dem Schutz der Aktionäre sowie darüber hinaus dem Schutz der Öffentlichkeit.106

V. Einbeziehung der Aktionäre vor dem Hintergrund widerstreitender Interessen Wie aufgezeigt, ist eine Einbeziehung von Aktionären erforderlich, um eine effektive Durchsetzung von Ersatzansprüchen zu gewährleisten. Das Interesse an einer effektiven Rechtsverfolgung legt es nahe, die Zulassungsschwellen für eine 103 Vgl. allgemein für Gesellschafterklagen Raiser, ZHR 153 (1989), 1, 6: „Schutz der Gesellschaft oder der Gesellschafter“; anders dagegen wohl Bayer/Habersack-Raiser, Aktienrecht, Bd. 2, S. 626; zu den Aktionärsverfolgungsrechten Semler, in: RWS Forum 8, S. 179, 230 ff.: „Aktionärspolizei“ oder „Wahrung seiner eigenen Rechtsposition“; vgl. auch Grotheer, WM 2005, 2070, 2074 f. 104 So wohl Grotheer, WM 2005, 2070, 2074 f.; Kiethe, ZIP 2003, 707, 710, der die Aktionärskläger als Treuhänder der Gesellschaft ansieht; ähnlich auch Lönner, actio pro socio, S. 87 f., 90, m.w. N.: „uneigennütziges Mitgliedschaftsrecht“. 105 Siehe (zu § 147 Abs. 1 AktG) BGH, BGHZ 135, 244, 252 (ARAG/Garmenbeck); Semler, in: RWS Forum 8, S. 179, 230 f.; Marsch-Barner, 63. DJT, O 55; Weber, Aktionärsklage, S. 120 f. (zu § 309 Abs. 4 AktG); siehe zu den Geltendmachungserzwingungs- bzw. Klagerechten der §§ 147 ff., 309 AktG als wichtige Elemente des aktienrechtlichen Minderheitsschutzes auch Seibt, WM 2004, 2137; für das Geltendmachungserzwingungsrecht GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 9; Bork, in: Handbuch Corporate Governance, S. 743, 759; MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 6. Vgl. auch Flume, Personengesellschaft, S. 144 („Magna Charta des Minderheitsschutzes“). 106 Vgl. auch die Regierungsbegründung UMAG, S. 20: „Klagen (. . .), die im eigenen aber auch im Interesse der übrigen Aktionäre betrieben werden“. Siehe auch K. Schmidt, NZG 2005, 796, 798: „Kompromissaufgabe des Verfolgungsrechts (. . .) Dieses muss in seiner die individuellen Aktionäre aber auch die Gesellschaft und die Corporate Governance institutionell schützenden Funktion verstanden und ausgestaltet werden“; Baums, Gutachten F 18 ff.; siehe auch Bayer/Habersack-Raiser, Aktienrecht, Bd. 2, S. 626: „Aktionärsklagen dienen nicht nur dem Individualschutz der Aktionäre, sondern zugleich dem Institutionenschutz der Gesellschaft“; vgl. (zur Aktionärsklage) Rollin, Aktionärsklage, S. 217, m.w. N.; Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 297, 305 f. (zur US-amerikanischen shareholders derivative suit); Brondics, Aktionärsklage, S. 70; für eine abgestufte Doppelfunktion wohl GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148, Rn. 23 („in erster Linie“); dies., in: FS K. Schmidt, S. 105, 107 f.; unklar dagegen Krieger, ZHR 163 (1999), 343.

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Kap. 1: Innenhaftung und ihre Durchsetzung

Rechtsdurchsetzung durch (Minderheits-)Aktionäre möglichst niedrig anzusetzen, um so die Verfolgung von Innenhaftungsansprüchen in möglichst großem Maße zu erleichtern.107 Hierbei ist jedoch zunächst die aus der aktienrechtlichen Kompetenzordnung folgende Subsidiarität der Aktionärsverfolgungsrechte zu beachten. Außerdem dürfen die Klagemöglichkeiten für Aktionäre nicht so leicht eröffnet sein, dass die Verwaltungsmitglieder aus Furcht vor einer Welle (möglicherweise aussichtsloser oder erpresserischer) Aktionärsklagen von jeglicher unternehmerischen Initiative absehen.108 Ferner sind Beeinträchtigungen der Gesellschaft (und der betroffenen Organmitglieder) zu befürchten sowie die Gefahr, dass Klagen in erpresserischer oder sonst missbräuchlicher Weise erhoben werden, wenn die Voraussetzungen für Aktionärsklagen zu gering ausgestaltet sind.109 Diese und weitere Aspekte sind Teil eines Spannungsfelds, dessen Austarierung Aufgabe des Gesetzgebers ist.110 Ziel ist es dabei, sicherzustellen, dass Pflichtverletzungen von Organmitgliedern im Aktionärs- und Gesellschaftsinteresse verfolgt werden und der entstandene Schaden kompensiert wird, und die Betroffenen weitmöglichst vor unberechtigten Haftungsklagen geschützt werden.111 Hierbei muss der Gesetzgeber eine Abwägungsentscheidung treffen: zu geringe Voraussetzungen bergen das Risiko einer Lähmung und Belastung der Gesellschaft und ihrer Organe, zu hohe Anforderungen gefährden das gesetzgeberische Ziel, der Verfolgung von Innenhaftungsansprüchen zu mehr Durchsetzung zu verhelfen.112 Das Resultat dieses „schwierigen Balanceaktes“ 113 sind die Aktionärsverfolgungsrechte der §§ 147 ff. AktG, insbesondere der durch das UMAG neu geschaffene § 148 AktG. 107

Vgl. Regierungsbegründung UMAG, S. 1, 19 f. zu diesem gesetzgeberischen Ziel. Koch, ZGR 2006, 769, 772. 109 Vgl. hierzu Bayer/Habersack-Raiser, Aktienrecht, Bd. 2, S. 626 f.: „Auf der anderen Seite verschaffen Klagerechte jedem Aktionär nicht allein das Mittel, sich vor unberechtigtem Machtgebrauch zu schützen, sondern gewähren ihm selbst gleichfalls Macht und Einfluss.“ 110 Seibt, WM 2004, 2137 f. 111 Bayer/Habersack-Raiser, Aktienrecht, Bd. 2, S. 653. Dieses Spannungsfeld wird deutlich, wenn man die Ziele und Funktionen des gesamten aktienrechtlichen Schutzinstrumentariums betrachtet, von dem das Haftungsrecht einen wichtigen Teil darstellt. Dieses Schutzinstrumentarium soll nach Seibert/Schütz, ZIP 2004, 252 f., m.w. N., „Schaden von (Minderheits-)Aktionären abwenden, pflichtwidriges Verhalten, insbesondere Treupflichtverstöße des Managements wirkungsvoll ahnden und verhindern, dabei unternehmerische Entscheidungen nicht behindern, die Bewegungsfreiheit des Unternehmens nicht einengen und möglichst geringe Anreize zu erpresserischer Ausnutzung der Minderheitenrechte bieten“. 112 Vgl. auch Jänig, Sonderprüfung, S. 287. Ähnlich auch K. Schmidt, 63. DJT, O 35: „Die positiven und negativen Effekte von Aktionärsklagen sind nach Nutzen, Last und Risiko so zu verteilen, dass ohne Einbußen beim individuellen Rechtsschutz positive Anreize für objektiv ,nützliche‘ und negative Anreize für ,schädliche‘ Klagen geschaffen werden.“ 113 Koch, ZGR 2006, 769, 772. 108

B. Durchsetzung der Innenhaftung

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Wesentliche Elemente dieses Spannungsfelds werden nachfolgend dargestellt. Diese Elemente sind nicht separat voneinander zu betrachten, sondern überschneiden sich teilweise. Ausgehend von dem Schwerpunkt dieser Arbeit, der auf § 148 AktG liegt, bleiben dabei speziell konzernrechtliche Aspekte weitgehend außer Betracht. 1. Lähmung und Risikoaversion der Verwaltung Gegen eine Erleichterung der Aktionärsverfolgungsrechte wird vorgebracht, eine exzessive Rechtsverfolgungsmöglichkeit untergrabe jegliche – zwingend erforderliche – Risikobereitschaft der Verwaltungsmitglieder bei ihren unternehmerischen Entscheidungen.114 Die Gesetzesbegründung zur Reformierung des § 147 AktG durch das KonTraG wies darüber hinaus auf mögliche Absicherungsstrategien und einen steigenden Bürokratieaufwand als Konsequenz eines erhöhten Haftungsrisikos hin.115 Dieser befürchteten „Lähmung der Verwaltung“ durch die Sorge vor einer persönlichen Inanspruchnahme will der Gesetzgeber zu Recht in erster Linie auf der materiellen Ebene durch Einführung des Haftungsfreiraums für unternehmerische Entscheidungen in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG entgegenwirken.116 Außerdem kann durch den Abschluss einer D&O-Versicherung der Gefahr einer existenzvernichtenden Organhaftung entgegengewirkt werden.117 Dennoch hat der Gesetzgeber diesen Aspekt wie im zweiten Kapitel aufgezeigt wird, auch bei der prozessualen Ausgestaltung der Aktionärsverfolgungsrechte berücksichtigt. 2. Schutz vor Missbrauch Der Schutz der Gesellschaft vor rechtsmissbräuchlichen Klagen ist bereits seit über 130 Jahren fester Bestandteil der rechtswissenschaftlichen und gesetzgeberischen Diskussion.118 Eine effektive Ausgestaltung der Verfolgungsrechte von Ak114 In diese Richtung Mertens, Organhaftung, S. 155, 161, der Absicherungsstrategien und Defensivhaltungen befürchtet; kritisch auch Seibt, WM 2004, 2137, 2139; zu unternehmerischen Entscheidungen siehe Kapitel 1 C. I. 4. a) bb). 115 Regierungsbegründung KonTraG, ZIP 1997, 2059, 2065; siehe auch bereits Referentenentwurf KonTraG, ZIP 1996, 2129, 2136. 116 Vgl. Regierungsbegründung UMAG, S. 1, 10 f.: Einführung des Haftungsfreiraums in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG durch das UMAG in Hinblick auf die Verschärfung des Verfolgungsrechts von Schadenersatzansprüchen durch Minderheitsaktionäre, vgl. hierzu auch Lönner, actio pro socio, S. 214, MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 8 (zur ARAG/Garmenbeck-Entscheidung) sowie noch Kapitel 1 C. I. 4. a) bb). 117 Paal, DStR 2005, 426, 430 (für Aufsichtsratsmitglieder). Siehe hierzu noch Kapitel 1 C. I. 5. d). 118 Bereits der 15. Deutsche Juristentag 1880 wies auf die Gefahr eines Missbrauchs des Klagerechts hin, die Sachverständigenkonferenz von 1882, der Bundesratsbeschluss

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Kap. 1: Innenhaftung und ihre Durchsetzung

tionären darf nicht dazu führen, dass diese die ihnen eingeräumte Rechtsposition rechtsmissbräuchlich zu Lasten der Gesellschaft ausnutzen. Angesichts der im Bereich der Anfechtungsklagen bestehenden Missstände will der Gesetzgeber auf jeden Fall verhindern, die „räuberischen Anfechtungsklagen“ auch noch auf „räuberische Haftungsklagen“ auszudehnen.119 Unter diesem besonders aus dem Bereich der Anfechtungsklagen bekannten Phänomen120 der rechtsmissbräuchlichen Klage verstehen die neuere höchstrichterliche Rechtsprechung und ihr folgend die Instanzgerichte in erster Linie Klagen, die mit der Intention erhoben werden, die Gesellschaft grob eigennützig zu einer Leistung zu bewegen, auf die der Kläger keinen Anspruch habe und billigerweise auch nicht erheben könne, wobei der Kläger davon ausgehe, die Gesellschaft werde dennoch leisten, um die aus der Klageerhebung resultierenden Nachteile zu vermeiden bzw. gering zu halten.121 Ein Rechtsmissbrauch setzt daher eine „illoyale, grob eigennützige Rechtsausübung“ voraus.122 Klassisches Beispiel für einen Fall des Rechtsmissbrauchs im Bereich der Anfechtungsklagen ist der so genannte „räuberische Aktionär“, also derjenige Aktionär, der sich die Rücknahme seiner Anfechtungsklage (bzw. deren Nichterhebung) gegen Geldzahlung oder gegen Gewährung sonstiger Vorteile „abkaufen“ lässt.123 Neben diesem „räuberischen Aktionär“ sind weitere Fälle von Rechtsmissbrauch denkbar, von denen einige, ohne den Anspruch auf Vollständigkeit, nachfolgend kurz dargestellt werden.

zur Aktienrechtsreform 1884 und letztlich die Einführung des Art. 223 ADHGB 1884 als Vorläufer des heutigen Geltendmachungserzwingungsrechts war maßgeblich von dem Gedanken, einen Missbrauch der Aktionärsrechte zu verhindern, geprägt; vgl. hierzu nur Rollin, Aktionärsklage, S. 132 ff., 136 ff. 119 Lutter, ZHR 159 (1995), 287, 306; K. Schmidt, 63. DJT, O 13 f. führte auf dem 63. Deutschen Juristentag in Leipzig 2000 z. B. gegen eine Erleichterung der Aktionärsklagemöglichkeiten an, „es würden die Zeichen der Zeit verkannt, werde nach verbesserten Klagemöglichkeiten gerufen, nachdem sich die Praxis doch mehr als zehn Jahre lang damit abgemüht hat, Aktiengesellschaften gegen ein Übermaß an Klagen und gegen den damit verbundenen Mißbrauch zu schützen“. 120 Siehe hierzu nur Hüffer, AktG, § 245 Rn. 22 ff., Schmidt/Lutter-Schwab, AktG, § 245 Rn. 38 ff., GK-K. Schmidt, AktG, § 245 Rn. 47 ff., MüKo-Hüffer, AktG, § 245 Rn. 52 ff., jeweils m.w. N., auch zu den dogmatischen Grundlagen und zu den umfangreichen Nachweisen der neueren Rechtsprechung. 121 BGH, BGHZ 107, 296, 297, 311 (Kochs-Adler); siehe auch Schmidt/LutterSchwab, AktG, § 245 Rn. 41, mit umfangreichen weiteren Rechtsprechungsnachweisen. Siehe zum rechtsmissbräuchlichen Antrag auf gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern auch AG Düsseldorf, ZIP 1988, 970 f.; hierzu Hirte, ZIP 1988, 953 ff.; kritisch hierzu Emmerich, WuB II A § 142 AktG 1.89; vgl. auch Jänig, Sonderprüfung, S. 315 ff. 122 MüKo-Hüffer, AktG, § 245 Rn. 52, 58 ff., m.w. N. 123 Siehe hierzu nur Schmidt/Lutter-Schwab, § 245 Rn. 38 ff., 42 (zur Anfechtungsklage), m.w. N.

B. Durchsetzung der Innenhaftung

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Rechtsmissbrauch setzt einerseits eine gewisse Motivation des Aktionärs voraus,124 andererseits aber zumindest in Fällen, in denen eine Reaktion des Antrags-/Klagegegners oder Dritten erzielt werden soll, auch eine entsprechende Motivation des Gegenübers. Hat die missbräuchliche Ausnutzung der Rechtposition keine negativen Auswirkungen auf den Antrags-/Klagegegner oder Dritten, wird er mangels Erpressungspotential das erstrebte Verhalten nicht zeigen. Trotz zahlreicher Stimmen im Schrifttum, die bei Haftungsklagen Missbrauchsgefahren gänzlich verneinen oder allenfalls für gering erachten,125 sind auch bei Haftungsklagen grundsätzlich sowohl Missbrauchsmotive als auch Missbrauchspotentiale vorhanden. Ein rechtsmissbräuchlicher Zulassungsantrag oder eine rechtsmissbräuchliche Haftungsklage sind als unbegründet abzuweisen.126 Für den Einwand des Rechtsmissbrauchs ist allerdings der Antragsgegner bzw. der Beklagte darlegungs- und beweispflichtig.127 Dass ein Missbrauch, der zumeist aus der subjektiven Motivation des Klägers heraus begründet sein wird,128 schwer zu beweisen sein wird, liegt auf der Hand.129 124 Die Missbrauchsabsicht liegt noch nicht per se vor, wenn der Aktionär mit seinem Antrag bzw. seiner Klage auch eigene, möglicherweise eigennützige Interessen verfolgt; GK-K. Schmidt, AktG, § 245 Rn. 62 (zur Anfechtungsklage); Jänig, Sonderprüfung, S. 318, m.w. N. (zur Sonderprüfung); Hirte; ZIP 1988, 953, 955 (zur Sonderprüfung); GK-Decher, AktG, § 131 Rn. 278 (zum Auskunftsanspruch des § 131 AktG). Eine engere Auffassung vertritt wohl Grotheer, WM 2005, 2070, 2074, der jede Klage, die „nicht um des Vorteils der Gesellschaft willen“ erhoben wird, als rechtsmissbräuchlich einordnet, da in diesem Falle die Kläger nicht als „Ersatz-Geschäftsführer“ tätig würden; so wohl auch Duve/Basak, BB 2006, 1345, 1349. Zur Frage, ob auch „objektiver“ Rechtsmissbrauch möglich ist, siehe noch Kapitel 1 B. V. 2. a) gg). 125 Siehe hierzu noch zahlreiche Nachweise in Kap. 1, Fn. 154. 126 H.M., siehe nur Hüffer, AktG, § 245 Rn. 26, Spindler/Stilz-Dörr, AktG, § 245 Rn. 56, 65, jeweils m.w. N. und umfangreichen Rechtsprechungsnachweisen (jeweils zur Anfechtungsklage). A. A. dagegen GK-K. Schmidt, AktG, § 245 Rn. 74 ff.; Schmidt/ Lutter-Schwab, AktG, § 245 Rn. 50; AG Düsseldorf, ZIP 1988, 970 f. (Feldmühle) (zur Sonderprüfung). Der h. M. ist zuzustimmen, da der Antragsteller/Kläger nicht nur seine ihm eröffnete Rechtsschutzmöglichkeit, sondern seine materiell-rechtliche Rechtsgestaltungsbefugnis missbraucht. 127 Hüffer, AktG, § 245 Rn. 25 (zur Anfechtungsklage). Entsprechendes gilt für eventuelle Schadenersatzansprüche etwa aus §§ 826 BGB, 823 Abs. 2 i.V. m. § 253 StGB; vgl. zu allem Spindler/Stilz-Dörr, AktG, § 245 Rn. 67, GK-K. Schmidt, AktG, § 245 Rn. 69 ff.; 84 ff., jeweils zur Anfechtungsklage. In einer Entscheidung vom 2. Oktober 2007 hat das LG Frankfurt/Main einen sogenannten Berufskläger zur Zahlung von Schadenersatz gemäß § 826 BGB wegen rechtsmissbräuchlicher Anfechtungsklage verurteilt, vgl. LG Frankfurt/Main, BB 2007, 2362 ff. Das OLG Frankfurt/Main hat diese Entscheidung mit Urteil vom 13. Januar 2009 bestätigt; vgl. hierzu Martens/Martens, AG 2009, 93 ff.; vgl. auch Bayer/Hoffmann, AG 2012, R 107 mit einer Übersicht zu einigen weiteren einschlägigen Gerichtsentscheidungen. 128 Siehe hierzu noch Kapitel 1 B. V. 2. a) gg); vgl. hierzu auch Thaeter/Guski, AG 2007, 301, 303, sowie OLG Stuttgart, AG 2003, 456, 457, welches im Fall einer Anfechtungsklage auf die „Verwerflichkeit der subjektiven Motivation“ abstellt.

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Kap. 1: Innenhaftung und ihre Durchsetzung

Es besteht daher gerade auch im Bereich der Haftungsklagen ein Bedürfnis, die Gesellschaft von vornherein durch geeignete prozessuale Abwehrmechanismen vor missbräuchlichen Klagen zu schützen.130 Gleichzeitig müssen auch die betroffenen Organmitglieder, denen oftmals erhebliche Pflichtverletzungen vorgeworfen werden, vor missbräuchlichen Verfahren geschützt werden. Diese Filterfunktion soll nach dem Willen des Gesetzgebers bei der Aktionärsklage insbesondere das Klagezulassungsverfahren übernehmen.131 Inwieweit dieses diese Funktionen erfüllen kann, wird im zweiten Kapitel untersucht. a) Missbrauchsmotive/Missbrauchsfälle Missbrauchsmotive132 der klagenden Aktionäre bzw. Missbrauchsfälle können vielseitig sein. Zwar verbietet sich eine abschließende Aufzählung möglicher Missbrauchsmotive bzw. Missbrauchsfälle wegen des Erfordernisses einer einzelfallbezogenen Beurteilung, ob eine illoyale, grob eigennützige Rechtsausübung vorliegt. Dennoch lassen sich eine Reihe möglicher Missbrauchsfälle von Haftungsklagen ausmachen. aa) Vergleichs- und sonstige Leistungen Ein „klassisches“ Missbrauchsmotiv kann bei Haftungsklagen, ebenso wie bei rechtsmissbräuchlichen Anfechtungsklagen, in dem Erstreben persönlicher Vorteile durch den Abschluss von Vereinbarungen zur Vermeidung oder Beendigung eines Verfahrens liegen (sogenannte „Abkauf-Fälle“).133 Auch bei Haftungsklagen stellt sich diese Problematik, wenngleich ein Vergleich im Klageverfahren 129 Siehe zur Nachweisproblematik bei Missbrauchsfällen auch bereits Wilsing/Neumann, DB 2006, 31, 35 (zur Sonderprüfung). Vgl. zur Parallelproblematik der Beweislast missbräuchlichen Verhaltens bei Anfechtungsklagen MüKo-Hüffer, AktG, § 245 Rn. 62, m.w. N. Die Rechtsprechung behilft sich daher mit einer Gesamtwürdigung des gesamten prozessualen und außerprozessualen Klägerverhaltens, dem indizierende Bedeutung zukommt; vgl. hierzu im Einzelnen Schmidt/Lutter-Schwab, AktG, § 245 Rn. 43, GK-K. Schmidt, AktG, § 245 Rn. 69 ff., MüKo-Hüffer, AktG, § 245 Rn. 62, jeweils m.w. N. und zur Anfechtungsklage. 130 Siehe auch Lutter, ZHR 159 (1995), 287, 306, m.w. N.; Martens, ZHR 159 (1995), 567, 589, 592, m.w. N.; Claussen, DB 1998, 177, 182; Planck, Aktionärsklagen, S. 201; Großfeld/Brondics, JZ 1982, 589, 592 (generell zu Aktionärsklagen); i. Erg. auch DAV-Stellungnahme zum KonTraG, ZIP 1997, 163, 167. 131 Seibt, WM 2004, 2137 f.; Diekmann/Leuernig, NZG 2004, 249 f.; GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 2, m.w. N. 132 Aus dem Begriff „Missbrauchsmotive“ lässt sich bereits schließen, dass zumindest die Hauptanwendungsfälle des Rechtsmissbrauchs in der subjektiven Motivationslage begründet liegen; vgl. Hüffer, AktG, § 245 Rn. 23; OLG Stuttgart, AG 2003, 456, 457, jeweils zur Anfechtungsklage. Ob darüber hinaus auch rein objektive Missbrauchsfälle möglich sind, ist strittig; siehe hierzu Kapitel 1 B. V. 2. a) gg). 133 Schröer, ZIP 2005, 2081, 2083; siehe auch Schmidt/Lutter-Schwab, § 245 Rn. 38 ff., 42, MüKo-Hüffer, § 245 Rn. 59, jeweils m.w. N. und zur Anfechtungsklage.

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nur unter den strengen Voraussetzungen des § 93 Abs. 4 S. 3 AktG möglich ist.134 Missbräuche werden daher eher bei einem Vergleich im Klagezulassungsverfahren oder einer Vereinbarung im Vorfeld eines Prozesses zu befürchten sein.135 bb) Exit zum überhöhten Preis Einen ähnlichen Fall des Tätigwerdens „räuberischer Aktionäre“ nennt Hölters.136 Er äußert die Befürchtung, die (damals lediglich in § 147 AktG enthaltenen) Aktionärsverfolgungsrechte könnten von Minderheitsaktionären dazu benutzt werden, die Gesellschaft und ihren Mehrheitsaktionär unter Druck zu setzen, um letzteren zum Erwerb ihrer Aktien zu einem überhöhten Preis zu veranlassen. cc) Anwaltsgebühren Gerade bei Haftungsklagen wird die Spekulation auf die Anwaltsgebühren immer wieder als Missbrauchsanreiz genannt. Die Anwaltsgebühren werden wegen der oftmals hohen Streitwerte häufig erheblich sein. Mit der Praxis ist wohl davon auszugehen, dass solche Gebühren teilweise von den Anwälten an die Aktionäre abgeführt werden.137 Um ein Missbrauchsmotiv zu bilden, dürfte bei diesem Aspekt vorauszusetzen sein, dass durch entsprechende Kostenerstattungsregelungen den Klägern auch im Falle eines Unterliegens im Prozess oder im Vergleichsfall die Anwaltsgebühren ersetzt werden.138 dd) Ausforschung durch Konkurrenten Verschiedentlich wird als weiterer Missbrauchsfall die Antragstellung bzw. spätere Klageerhebung zu dem Zweck, das Informationsinteresse von Wettbewerbern zu befriedigen, genannt.139 Im Bereich der Haftungsklagen wird diese Fallgruppe allerdings wohl weniger Bedeutung erlangen als im Bereich der Sonder134

Siehe hierzu noch Kapitel 2 D. V. 7. c). Nicht differenzierend dagegen Spindler, NZG 2005, 865, 869; Schröer, ZIP 2005, 2081, 2083. 136 Hölters, in: FS Wiedemann, S. 975 f. 137 Siehe hierzu Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 12; Duve/Basak, BB 2006, 1345, 1349; Schmidt/Lutter-Schwab, AktG, § 245 Rn. 44, m.w. N. (in Fn. 187) auf ein unveröffentlichtes Urteil des LG Bonn v. 10. Juni 2003 – 11 O 35/03 (zur Anfechtungsklage). Zu der Rolle von Anwälten als Initiatoren solcher Klagen in den USA siehe Kapitel 1 B. V. 7. 138 Nach einer Untersuchung von Baums/Keinath/Gajek, ZIP 2007, 1629, 1645 zu Anfechtungsklagen enthalten abgeschlossene Vergleiche oftmals die Übernahme der Kosten der Kläger, so dass sich insoweit Überschneidungen mit den in Kapitel 1 B. V. 2. a) aa) genannten „Abkauffällen“ ergeben könnten. Zur Kostentragungsregelung im Rahmen von § 148 AktG siehe noch Kapitel 2 D. VI. 139 Jänig, Sonderprüfung, S. 318, m.w. N. (zur Sonderprüfung). 135

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prüfung (§§ 142 ff., 315 AktG) oder des Auskunftsrechts (§ 131 AktG), wenngleich auch bei Haftungsklagen mit der Offenlegung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen durch das betreffende Organmitglied zum Zweck der Verteidigung gegen behauptete Pflichtverletzungen gerechnet werden muss.140 Kiethe141 sieht darüber hinaus die Gefahr, dass Wettbewerber Aktionäre mit dem Ziel in die Gesellschaft einschleusen, ein Aktionärsklageverfahren mit den entsprechenden negativen Auswirkungen für die Gesellschaft durchzuführen. ee) Druckmittel für Einflussnahme auf die Unternehmenspolitik Duve/Basak142 weisen auf eine in letzter Zeit verstärkte Aktivität von engagierten Investoren hin, denen es vorrangig um Rendite und Kurssteigerungen geht. Unter Berufung auf Corporate-Governance-Grundsätze versuchen diese, auf die Verwaltungsorgane Einfluss zu nehmen.143 Während eine aktive Beteiligung von Investoren im zulässigen Rahmen im Regelfall für ein kapitalmarktorientiertes Unternehmen förderlich sein wird,144 besteht in Einzelfällen die Gefahr, dass einzelne Aktionäre versuchen, ihnen nicht genehme Vorstandsmitglieder durch die Androhung oder sogar die Durchführung des Aktionärsklageverfahrens „loszuwerden“ und persönliche Animositäten gerichtlich auszutragen.145 ff) Persönliche Gründe Außerdem kommen in engen Grenzen auch persönliche Gründe, wie Rache, etwa für Auseinandersetzungen in der Vergangenheit, für Entlassungen oder das Scheitern einer Geschäftsbeziehung sowie Querulantentum in Betracht.146 Wie 140 Siehe hierzu Kapitel 1 B. V. 2. b); zu möglichen prozessualen Geheimhaltungsmöglichkeiten siehe noch Kapitel 2 D. III. 9. a). 141 Kiethe, ZIP 2003, 707, 709, 713. Ob dieses Vorgehen, sich auf diese Weise Wettbewerbsvorteile zu verschaffen, in der Praxis wahrscheinlich ist, mag hier jedoch dahinstehen. 142 Duve/Basak, BB 2006, 1345. 143 Duve/Basak, BB 2006, 1345; vgl. auch Wilsing/Ogorek, GWR 2009, 75; vgl. auch Kirchwehm, Reformen, S. 22, 241; Heuser, Der Konzern 2012, 308 ff. 144 So wohl auch Duve/Basak, BB 2006, 1345, 1349, die darauf hinweisen, dass die größeren Einflussmöglichkeiten der Minderheitsaktionäre den Dialog zwischen der Gesellschaft und ihren Aktionären fördern würden; in diese Richtung wohl auch Kirschner, Sonderprüfung, S. 10 f., m.w. N. (zur Sonderprüfung). 145 Kiethe, ZIP 2003, 707, 709, 713; Duve/Basak, BB 2006, 1345, 1349; Linnerz, NZG 2004, 307, 310 f.; Heuser, Der Konzern 2012, 308, 316; vgl. auch Wilsing/Ogorek, GWR 2009, 75 f.; GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 81, in diese Richtung auch Thaeter/Guski, AG 2007, 301 f. Zum aktivistischen Verhalten von Hedge Fonds siehe Schmolke, ZGR 2007, 701, 717 ff. 146 Schröer, ZIP 2005, 2081, 2083 nennt darüber hinaus eine Klägergruppe, der es „um Prinzipien, um „das Recht“, um die Durchsetzung des eigenen Egos oder einfach auch nur darum geht, „denen da oben mal eins auszuwischen“; in diese Richtung auch

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Karsten Schmidt147 zutreffend aufgezeigt hat, ist das Erstreben eines (wirtschaftlichen) persönlichen Vorteils nicht unbedingt Voraussetzung für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs. Missbräuchlichkeit ist auch dann gegeben, wenn die Klage allein aus einer sachfremden, gesellschaftsschädlichen Motivation heraus erhoben wird.148 Andererseits kann ein Rechtsmissbrauch auch darin begründet sein, dass in grob eigennütziger, illoyaler Weise mit der Antragstellung oder Klageerhebung außergesellschaftliche Vorteile, wie z. B. Maßnahmen in anderen Prozessen, außergesellschaftliche Vermögenstransaktionen oder die Ermöglichung oder Erhaltung von Geschäftsbeziehungen erstrebt werden.149 gg) Evident aussichtslose Klagen Eine Ansicht in der Literatur möchte unabhängig von subjektiven Tatbestandsmerkmalen auch rein objektive Missbrauchstatbestände anerkennen150 und subsumiert unabhängig von der subjektiven Motivation des Klägers auch evident aussichtslose Klagen hierunter.151 Hierfür sollen allerdings strenge Maßstäbe anzusetzen sein. Ob diese Fälle per se, ohne Hinzutreten von querulatorischer, gesellschaftsfeindlicher oder egoistisch sachfremder Motivation, als rechtsmissbräuchlich einzuordnen sind, ist zweifelhaft,152 kann aber an dieser Stelle dahinstehen. Eine solche von vornherein aussichtslose Klage ist jedenfalls wegen ihrer negativen Auswirkungen auf die Gesellschaft und das in Anspruch genommene Organmitglied rechtspolitisch unerwünscht.153 Daher bedarf es gerade auch für

Weiss/Buchner, WM 2005, 162, 167: „Klagen, (. . .), die aus Gründen der Eitelkeit (. . .) erhoben werden“; ähnlich GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148, Rn. 41: „Grenze zwischen beleidigtem Gerechtigkeitsempfinden und Verhaltensstörung ist (. . .) flirrend“. 147 GK-K. Schmidt, AktG, § 245 Rn. 50, 60, m.w. N. (zur Anfechtungsklage). 148 GK-K. Schmidt, AktG, § 245 Rn. 50, 60, m.w. N. (zur Anfechtungsklage); Duve/ Basak, BB 2006, 1345, 1349 scheinen den Fall der gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen dem ehemaligen Medienunternehmer Leo Kirch mit dem ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden der Deutschen Bank AG, Rolf Breuer, der in der Presse auch als „Feldzug“ oder „Rachefeldzug“ bezeichnet wurde, dort anzusiedeln. Siehe zu diesem Fall auch die Sachverhaltsangaben bei Duve/Basak, BB 2006, 1345, 1349. 149 Siehe hierzu auch GK-K. Schmidt, AktG, § 245 Rn. 56 (zur Anfechtungsklage). 150 Vgl. hierzu K. Schmidt, AktG, § 245 Rn. 54, 64 ff., ablehnend dagegen MüKoHüffer, AktG, § 245 Rn. 61, jeweils m.w. N. und zur Anfechtungsklage. Die Unterschiede dieser Auffassungen dürften wegen der Indizwirkung objektiver Umstände in der Praxis allerdings gering sein; siehe hierzu Hüffer, AktG, § 245 Rn. 23, 25, m.w. N. (zur Anfechtungsklage). 151 Näher hierzu K. Schmidt, AktG, § 245 Rn. 54, 64 ff. (zur Anfechtungsklage); so auch Jänig, Sonderprüfung, S. 317 (zur Sonderprüfung). 152 Ablehnend MüKo-Hüffer, AktG, § 245 Rn. 61: „Allein die Ignoranz des Klägers oder seine Unfähigkeit, die Tatsachen des Falles zur Kenntnis zu nehmen, lassen ihn noch nicht unredlich handeln“. 153 Vgl. auch Regierungsbegründung UMAG, S. 20.

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solche Fälle eines gesetzlichen Sicherungsmechanismus, um solche Klagen auszuschließen. b) Missbrauchspotential Vielfach wird angenommen, das Missbrauchsrisiko von Haftungsklagen sei geringer als bei Anfechtungsklagen oder sogar völlig ausgeschlossen, da das Erpressungspotential dort geringer oder sogar völlig ausgeschlossen sei.154 Während bei Anfechtungsklagen ein erhebliches Erpressungspotential durch den Verzögerungsfaktor für den Vollzug wichtiger Hauptversammlungsbeschlüsse wegen einer tatsächlichen oder faktischen Registersperre bzw. ihrer Überwindung durch Durchlaufen eines Freigabeverfahrens erreicht wird,155 entfällt dieses Blockadeelement bei Haftungsklagen. Teilweise werden die Missbrauchsrisiken bei einer Haftungsklage gegen Organmitglieder auch deshalb als gering eingeschätzt, weil diese Klage – anders als eine Anfechtungsklage – gegen das Organmitglied selbst gerichtet ist und die Gesellschaft nur in den seltensten Fällen zum „Abkauf“ der Klage bereit sein dürfte.156 Diese Ansicht verkennt jedoch, dass auch die Gesellschaft wegen der ihr durch die Klage drohenden Reputationsverluste ein erhebliches Interesse an einer raschen Beendigung des Verfahrens haben kann, und dass darüber hinaus neben den sogenannten „Abkauffällen“ weitere Missbrauchsgruppen existieren. Auch bei Haftungsklagen ist grundsätzlich erhebliches Missbrauchs-/Erpressungspotential vorhanden. Zu nennen sind hierbei zunächst mögliche Reputationsschädigungen der entsprechenden Organmitglieder und damit letztlich der Gesellschaft selbst.157 Reputationsverluste der Gesellschaft können sich etwa in 154 Siehe hierzu nur Fischer, Der Konzern, 2005, 67, 73; Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 328 f.; Kübler, AG Sonderheft 1997, S. 48 f. (zu § 147 Abs. 3 AktG 1998); Götz, AG Sonderheft 1997, 40 f. (zu § 147 Abs. 3 AktG 1998); Adams, AG Sonderheft 1997, 9 f. (zu § 147 Abs. 3 AktG 1998); Planck, Aktionärsklagen, S. 216 ff.; Kämper, Aktionärsklage, S. 74, 257 f.; Banerjea, Gesellschafterklage, S. 209 f.; Rollin, Aktionärsklage, S. 252; Pansa, Aktionärsklageverfahren, S. 131 ff.; Knappke, Effizienz, S. 198 f.; Lieder, Aufsichtsrat, S. 919; Brondics, Aktionärsklage, S. 141 ff.; Großfeld, Aktiengesellschaft, S. 309; Becker, in: FS Mestmäcker, S. 26, 34; Wiedemann, Organverantwortung, S. 47 ff.; i. Erg. wohl auch Jahn, BB 2005, 5, 13. Meilicke/Heidel, DB 2004, 1479 f. halten missbräuchliche Klagen nach §§ 147 ff. AktG angesichts der Tatsache, dass ihr Erfolg nur der Gesellschaft zugute kommt, sogar für „nicht denkbar“. 155 Siehe hierzu nur Schmidt/Lutter-Schwab, AktG, § 245 Rn. 38, m.w. N. 156 Banerjea, Gesellschafterklage, S. 209 f.; ähnlich auch bereits Planck, Aktionärsklagen, S. 217. 157 Siehe hierzu nur Kiethe, ZIP 2003, 707 f., 710, der von fatalen Auswirkungen für die Gesellschaft spricht; Paal, DStR 2005, 426, 431, der von einem nicht zu unterschätzenden Missbrauchspotential spricht; so wohl auch Schmolke, ZGR 2011, 398, 419; zum Konzernrecht auch Kropff, in: FS Bezzenberger, S. 233, 240. Vgl. auch Jänig, Sonderprüfung, S. 252 (zur gerichtlichen Beantragung von Sonderprüfern), und Pansa, Aktionärsklageverfahren, S. 120 f., 131, die diesen Aspekt allerdings als gering einschät-

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einem Kursverfall im Zuge einer negativen Berichterstattung158 oder in einer Belastung von bestehenden Geschäftsbeziehungen zu Dritten, z. B. Fremdkapitalgebern, widerspiegeln.159 Entgegen Baums160 ist nicht davon auszugehen, dass mögliche Reputationsverluste der Gesellschaft in dem Maße abnehmen werden, „in dem Schadenersatzklagen gegen Organmitglieder nicht mehr zu den ganz exzeptionellen Fällen gehören“. Solche Ansehensverluste können bereits im Vorfeld der Klageerhebung, etwa im Zusammenhang mit dem Aufruf zur gemeinsamen Antragstellung oder vor allem auch im Klagezulassungsverfahren selbst auftreten, und werden oftmals auch nach einer Antrags- oder Klageabweisung nicht mehr voll reversibel sein.161 Darüber hinaus sind bei einer gerichtlichen Verfolgung von Ersatzansprüchen weitere Negativ-Effekte denkbar. Einige dieser möglichen negativen Auswirkungen auf die Gesellschaft nennt der BGH in seiner ARAG/Garmenbeck-Entscheidung. So können neben Reputationsverlusten der Gesellschaft Beeinträchtigungen des Betriebsklimas, negative Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit oder eine Behinderung der Vorstandstätigkeit auftreten.162 Für das betroffene Organmitglied stehen ebenfalls erhebliche Reputationseinbußen zu befürchten,163 sowie, je nach Versicherungssituation164 auch erhebliche, vielfach sogar existenzbedrohende finanzielle Folgen.165 Diese werden oftmals einen großen Verteidigungsaufwand zur Folge haben.166 Außerdem muss damit gerechnet werden, dass

zen. Vgl. auch Krieger, ZHR 163 (1999), 343, 347: Schutz der „Gesellschaftsorgane und damit letztlich auch (der) Gesellschaft und ihre(r) übrigen Aktionäre vor leichtfertigen Klagen und den mit jeder Schadenersatzklage verbundenen materiellen und immateriellen Schäden“. 158 Kiethe, ZIP 2003, 707, 710; anders wohl Ulmer, ZHR 163 (1999), S. 290, 305, m.w. N., demzufolge Untersuchungen aus den USA ergeben, dass Informationen über die Erhebung einer shareholder derivative suit die Aktienkurse nicht nennenswert beeinflussen; ihm folgend auch Rollin, Aktionärsklage, S. 222, m.w. N. Kritisch auch Götz, AG 1997, 219 f.; Kling, DZWIR 2005, 45, 52, mit Verweis auf eine möglicherweise eintretende positive Publizitätswirkung. 159 Kiethe, ZIP 2003, 707, 710; Linnerz, NZG 2004, 307, 310; vgl. hierzu auch bereits Regierungsbegründung KonTraG, ZIP 1997, 2059, 2066; Referentenentwurf KonTraG, ZIP 1996, 2129, 2136. 160 Baums, Regierungskommission, Rn. 72. 161 Kiethe, ZIP 2003, 707, 708 f., 713; Schröer, ZIP 2005, 2081, 2083; Linnerz, NZG 2004, 307, 310 f. 162 BGH, BGHZ 135, 244, 255 (ARAG/Garmenbeck); besonders zur Bindung von Managementkapazitäten auch Seibt, WM 2004, 2137; Schröer, ZIP 2005, 2081, 2083; Semler, in: RWS Forum 8, S. 179, 229. 163 Seibt, WM 2004, 2137; Linnerz, NZG 2004, 307, 310. Zu den Kräften des Marktes siehe bereits Kapitel 1 B. III. 164 Zur Möglichkeit des Abschlusses einer D&O-Versicherung siehe noch Kapitel 1 C. I. 5. d). 165 Schröer, ZIP 2005, 2081, 2083. 166 Schröer, ZIP 2005, 2081, 2083.

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die betroffenen Organmitglieder zu ihrer Verteidigung im Klagezulassungsverfahren wie auch im späteren Klageverfahren Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Gesellschaft offenlegen werden und der Gesellschaft hierdurch eine Schädigung drohen kann.167 Diese für Gesellschaft und betroffene Organmitglieder mit der Erhebung von Haftungsklagen verbundenen Folgen begründen zum einen das vorstehend beschriebene Missbrauchs- oder Erpressungspotential, stellen zum anderen aber auch ein eigenständiges Element des Spannungsfelds dar. c) Zusammenfassung Auch bei Haftungsklagen besteht grundsätzlich die Gefahr rechtsmissbräuchlicher Klagen. Zwar ist ein missbräuchlicher Klagezulassungsantrag bzw. eine Aktionärsklage als unbegründet zurückzuweisen; dieser Beweis dürfte durch das beweispflichtige betroffene Organmitglied jedoch oftmals schwer zu führen sein. Daher sind wirksame prozessuale Abwehrmechanismen gegen missbräuchliche Klagen erforderlich, die dazu führen, dass solche Klagen möglichst gar nicht erhoben werden, bzw. jedenfalls erfolglos bleiben werden. Wie der Gesetzgeber den Missbrauchsschutz konkret ausgestaltet hat, wird nachfolgend insbesondere bei der Untersuchung des Aktionärsklageverfahrens (§ 148 AktG) und der konzernrechtlichen Aktionärsklage (§ 309 Abs. 4 AktG) dargestellt. 3. Schutz vor aussichtslosen Klagen Soweit querulatorische oder von vornherein aussichtslose Zulassungsanträge und Klagen nicht bereits als rechtsmissbräuchlich anzusehen sind, sind sie jedenfalls rechtspolitisch unerwünscht, da sie die gleichen Belastungen der Gesellschaft und der betroffenen Organmitglieder, wie in Kapitel 1 B. V. 2. b) geschildert, erzeugen. Der Gesetzgeber hat durch geeignete Abwehrmechanismen folglich auch solchen Klagen vorzubeugen.168 4. Divergierende Mehrheits- und Minderheitsinteressen Divergierende Mehrheits- und Minderheitsinteressen von Aktionären sind ein weiteres Feld möglicher Interessenkonflikte.169 Es ist allgemein anerkannt, dass 167 Siehe Semler, in: RWS Forum 8, S. 179, 229 (zu § 147 AktG vor der Reformierung durch das KonTrAG), mit Ausführungen zur Duldungspflicht der Gesellschaft. Zu möglichen prozessualen Geheimhaltungsmöglichkeiten siehe noch Kapitel 2 D. III. 9. a). 168 Bork, in: RWS Forum 10, S. 53, 59. Vgl. zu dieser Aufgabe des Gesetzgebers die Regierungsbegründung UMAG, S. 20: „Zugleich sollen aussichtslose (. . .) Klagen von vornherein ausgeschaltet werden“. Für einen weiteren Missbrauchsbegriff dagegen wohl Kiethe, ZIP 2003, 707 f., der eine Missbrauchsgefahr durch „unnötige, aussichtslose oder erpresserische Klagen“ sieht.

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eine Beschränkung der Herrschaft von Mehrheitsgesellschaftern in Aktiengesellschaften erforderlich ist.170 Die Möglichkeit, gegen oder zumindest ohne Unterstützung der Aktionärsmehrheit eine gerichtliche Klagezulassung zu erreichen, erlaubt Minderheitsaktionären die Verfolgung von Ersatzansprüchen auch gegen den Willen von – zumindest im Aufsichtsrat repräsentierten – Großaktionären und ist somit ein wesentlicher Bestandteil des aktienrechtlichen Minderheitsschutzes.171 Andererseits besteht aber auch die Möglichkeit, dass die Aktionärsmehrheit ganz bewusst im Interesse der Gesellschaft die Geltendmachung von Ersatzansprüchen ablehnt, etwa um die Arbeitsfähigkeit der Gesellschaftsorgane nicht zu beeinträchtigen und einen Ansehensverlust und negative Auswirkungen auf Geschäftsbeziehungen der Gesellschaft zu Dritten zu vermeiden bzw. zu minimieren, soweit solche bereits eingetreten sind.172 Auch dies hat der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung von Verfolgungsrechten von Aktionärsminderheiten zu berücksichtigen.173 5. Gefahr der Belastung der Gerichte Auf dem 63. Deutschen Juristentag äußerten insbesondere Vertreter der Judikative die Befürchtung, eine Erleichterung der Aktionärsverfolgungsrechte könn169

Siehe nur Kalweit, Fehlerhaftes Vorstands- und Aufsichtsratshandeln, S. 288 f. Jänig, Sonderprüfung, S. 247; vgl. nur K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 466 ff. mit zahlreichen weiteren Nachweisen zu den verschiedenen Begründungsweisen. Siehe zum Ziel eines Klagesystems als gerechter Ausgleich zwischen Mehrheitsmacht und Minderheitsinteressen auch Banerjea, Gesellschafterklage, S. 4; Raiser, ZHR 153 (1989), 1, 7 f. 171 Siehe Jänig, Sonderprüfung, S. 247, m.w. N. (zur Sonderprüfung); Bayer/Habersack-Raiser, Aktienrecht, Bd. 2, S. 650 (zum Geltendmachungserzwingungsrecht nach § 147 AktG); Planck, Aktionärsklagen, S. 3. 172 Regierungsbegründung KonTraG, ZIP 1997, 2059, 2066; Referentenentwurf KonTraG, ZIP 1996, 2129, 2136; vgl. auch Schröer, ZIP 2005, 2081 (allgemein für Aktionäre ohne Beschränkung auf Mehrheitsaktionäre). 173 So führt die Regierungsbegründung, UMAG, S. 22 aus, dass die Minderheit auch bei offensichtlichen und zweifelsfrei feststehenden leichtesten und leichten Gesetzesoder Satzungsverletzungen mit Schadenseintritt der schweigenden oder anders denkenden Aktionärsmehrheit ihren Verfolgungswunsch nicht aufdrängen können solle; ähnlich auch Kiethe, ZIP 2003, 707 f. Siehe auch Zimmer, NJW 1998, 3521, 3527 (zu § 147 AktG 1998): „berechtigtes Interesse der (Mehrheits-)Aktionäre, nicht jede Pflichtverletzung verfolgen zu wollen und zu müssen“; ähnlich – mit Blick auf Missbrauchsgefahren – auch Sünner, ZHR 163 (1999), 364, 370 f., unter Berufung auf die Gesetzesbegründung zum KonTraG-Referentenentwurf zu § 147 AktG, demzufolge „nicht ohne weiteres angenommen werden (kann), dass eine die Klage anstrebende Aktionärsminderheit dies zur Wahrung der Interessen der überwältigenden Mehrheit der Miteigentümer tut, die eine solche Klage nicht betreiben wollen“. Gegen das Argument des entgegenstehenden Verfolgungswillens der Aktionärsmehrheit wendet Götz, AG Sonderheft 1997, 38, 40 ein, dass der Mehrheitswille in einer Publikumsgesellschaft außerhalb von Hauptversammlungen nicht feststellbar sei. 170

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te zu einer übergroßen Belastung der Gerichte führen.174 Die Gerichte sähen sich sachlich und personell außerstande, weitere Zuständigkeiten zu übernehmen.175 Diesen Gesichtspunkt als Grund für eine Einschränkung der Klagemöglichkeiten von Aktionären heranzuziehen, erscheint jedoch bedenklich. Sollte sich aus den übrigen Aspekten des Spannungsfelds ein Bedürfnis für erleichterte Klagemöglichkeiten von Aktionären ergeben, sollte es vielmehr Aufgabe des Staates sein, für eine adäquate sachliche und personelle Ausstattung seiner Gerichte zu sorgen. Daher ist dieser Gesichtspunkt bei der Austarierung des Spannungsfelds zu vernachlässigen. 6. Verbandsrecht versus Anlegerschutz Ein weiteres Spannungsfeld eröffnet sich bei kapitalmarktorientierten Gesellschaften. Hier hat sich die Aktionärsstruktur im Laufe der Jahre erheblich verändert. So führt die Gesetzesbegründung zum UMAG aus, dass langfristig unternehmerisch beteiligte Aktionäre zunehmend durch Anlegeraktionäre ergänzt oder ersetzt würden, die ihre Anteile rein aus Gründen der Kapitalanlage erwerben, unter Renditegesichtspunkten hielten und wegen ihrer geringen Beteiligungsquote keine unternehmerischen Ziele verfolgen wollten und könnten.176 Diesem (oftmals kurzfristig orientierten) Kapitalanleger stehen in erster Linie externe, meist kapitalmarktorientierte Corporate-Governance-Mechanismen zur Verfügung.177 Diese sind der bereits genannte exit, kapitalmarktrechtliche Transparenzpflichten oder eine effektive Ausgestaltung der Haftung für falsche Kapitalmarktinformationen.178 Das Verfolgungsrecht soll als verbandsrechtlicher Rechtsbehelf dagegen unternehmerisch orientierten Aktionären179 oder zumindest Aktionären mit Anteilen von wirtschaftlichem Gewicht zur Verfügung stehen. Der Gesetzgeber wollte diesem Wandel sowie der Tatsache, dass an großen bör174 Puszkajler, 63. DJT, O 108 f.; Henrich, 63. DJT, O 144 f.; so auch Pansa, Aktionärsklageverfahren, S. 134, der deshalb eine Individualklagebefugnis ablehnt. 175 Puszkajler, 63. DJT, O 108 f.; Henrich, 63. DJT, O 144 f. 176 Regierungsbegründung UMAG, S. 21. Ähnlich Seibt, WM 2004, 2137, 2139, m.w. N., der von einer Zunahme von institutionellen Investoren und des free float, mithin einem „Wandel vom Mitunternehmer zum Kapitalanleger“ ausgeht. Vgl. zur Unterscheidung zwischen Kapitalanlage und unternehmerischer Beteiligung auch BVerfG, BVerfGE 14, 263, 283; jüngst auch Bayer, 67. DJT, E 101 ff.; Bayer/Hoffmann/Sawada, ZIP 2012, 897, 911. 177 Seibt, WM 2004, 2137, 2139, 2143. 178 Seibt, WM 2004, 2137, 2139, 2143; Jahn, BB 2005, 5, 13. Vgl. auch §§ 37b, 37c WpHG. 179 So Seibt, WM 2004, 2137, 2139, 2143, der unter Berufung auf Semler, in: RWS Forum 8, S. 179, 230 f. ein unternehmerisches Interesse fordert, welches er in paralleler Wertung zum squeeze out gemäß § 327a AktG oder zum short form merger gemäß § 62 Abs. 1, 2 UmwG bei einem absoluten Quorum von 5% annimmt. Zu der Frage nach einem angemessenen Quorum siehe außerdem Kapitel 2 D. III. 4. Gerade nicht auf eine unternehmerische Beteiligung abstellend dagegen K. Schmidt, NZG 2005, 796, 798.

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sennotierten Publikumsgesellschaften oftmals mehrere hunderttausend bis zu über eine Million Aktionäre weltweit beteiligt sind, durch eine Anpassung der aktienrechtlichen Rahmenbedingungen durch das UMAG Rechnung tragen.180 Anknüpfungspunkt für die Austarierung dieses Aspekts des Spannungsfelds ist der für das Aktionärsklageverfahren gemäß § 148 AktG erforderliche Schwellenwert. Der Gesetzgeber nimmt hierfür, ausgehend von dem wirtschaftlichen Gewicht der Beteiligung, eine typisierende Betrachtung zur Unterscheidung von Aktionären mit unternehmerischem Interesse und solchen mit primärer Anlageorientierung vor.181 Dies wird in Kapitel 2 D. III. 4. a) und Kapitel 2 D. III. 4. b) näher ausgeführt werden. 7. Rationale Apathie der „Rechtsdurchsetzer“ Für ein effektives Geltendmachungssystem ist erforderlich, dass Aktionäre von ihren Aktionärsverfolgungsrechten auch Gebrauch machen. Bei einer Ausgestaltung der Aktionärsverfolgungsrechte ist daher auch auf die Interessenlage der Aktionäre als „Rechtsdurchsetzer“ zu achten. Entscheidende Faktoren für die Aktionäre sind dabei die mit der Rechtsverfolgung zusammenhängenden Kosten einerseits und der damit verbundene Nutzen andererseits.182 Baums hat dieses Phänomen treffend als „rationale Apathie“ bezeichnet; in der Ökonomie wird hierfür auch der Begriff der collective-action- Problematik verwendet.183 Minderheitsaktionäre mit nur geringem Aktienbesitz haben selbst nur geringe ökonomische Anreize, ein Aktionärsklageverfahren anzustrengen, weil ihre dabei entstehenden Kosten im Obsiegensfall nicht von den möglichen Gewinnen aufgewogen werden, denn im Falle einer erfolgreichen Haftungsklage kommt die Ersatzleistung der Gesellschaft zu.184 Die mittelbare Wertsteigerung durch den steigenden Aktienkurs, der im Regelfall mit einem Klageerfolg einhergehen sollte,185 ist zu ge180

Regierungsbegründung UMAG, S. 21. Regierungsbegründung UMAG, S. 21; siehe hierzu auch Fleischer, NJW 2005, 3525, 3530. 182 Vgl. Raiser, ZHR 153 (1989), 1, 10: „Doch kann ein solches Einspannen (. . .) für die Zwecke der Gesellschaft von vornherein nur unvollkommen wirken, denn kein Gesellschafter wird lediglich zugunsten der Gesellschaft Klage erheben und das Prozessrisiko auf sich nehmen, solange nicht seine eigenen Interessen berührt sind.“ 183 Siehe zu dem Phänomen der rationalen Apathie Baums, Gutachten F 24 f.; Baums/Keinath/Gajek, ZIP 2007, 1629 ff., 1637; Adams, AG 1990, 63, 74 f.; Spindler/ Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 11 ff., m.w. N. auch zum US-amerikanischen Recht; sowie ausführlich zur collective-action-Problematik Kalweit, Fehlerhaftes Vorstands- und Aufsichtsratshandeln, S. 149, 210 f., 308 ff., m.w. N. 184 Kalweit, Fehlerhaftes Vorstands- und Aufsichtsratshandeln, S. 149, 210 f., 309 ff., m.w. N.; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 11. 185 Vgl. aber die bei Kalweit, Fehlerhaftes Vorstands- und Aufsichtsratshandeln, S. 362 ff., aufgeführten Studien aus den USA, nach denen es keinen Beleg für diese These gebe. 181

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ring, um die erheblichen Kosten eines solchen Prozesses zu kompensieren.186 Die anderen Aktionäre agieren dagegen als free-rider, denn die Vorteile einer Haftungsklage, die Ersatzleistung, erhält die Gesellschaft und damit mittelbar alle Aktionäre, d.h. auch solche, die nicht geklagt und sich nicht an den Kosten beteiligt haben.187 In der Rechtsökonomie werden zwei Hebel diskutiert, um diesem Problem entgegenzuwirken.188 Einerseits kann der Aufwand für die Aktionärskläger gesenkt werden, also an der Kostenseite der Rechtsverfolgung angesetzt werden. Andererseits kann der Ertrag für die klagenden Aktionäre gesteigert werden, etwa durch eine Prämienzahlung im Erfolgsfall oder an die Gewährung anderweitiger Vorteile. Die Kostenverteilung ist ein entscheidender Aspekt bei der Beurteilung der Frage, ob genügend wirtschaftliche Anreize für die Einleitung und Durchführung von Aktionärsklageverfahren bestehen.189 Eine Kostenverteilung nach dem Muster der §§ 91, 92 ZPO birgt für klagende Aktionäre ein hohes Kostenrisiko, zumal im Falle eines Obsiegens die Ersatzleistung der Gesellschaft zufließt und die Aktionäre allenfalls mittelbar durch damit einhergehende Kurssteigerungen profitieren.190 Durch derartige prohibitive Kostenregelungen werden nicht nur von Anfang an aussichtslose Klagen verhindert, sondern auch Klagen mit Erfolgsaussichten.191 Ausgehend von dieser Erkenntnis hat der Gesetzgeber die als prohibitiv empfundene Kostenregelung des § 147 Abs. 4 AktG 1998 in der UMAG-Reform durch die neue Kostenregelung des § 148 Abs. 6 AktG ersetzt, deren Effektivität im zweiten Kapitel näher untersucht werden soll. Der Gesetzgeber hat allerdings bewusst davon abgesehen, Aktionärskläger an der Ersatzleistung partizipieren zu lassen. Ob ein solcher ökonomischer Anreiz wünschenswert wäre, wird ebenfalls im zweiten Kapitel aufgezeigt. In den USA wird ein weiterer ökonomischer Anreiz für die Erhebung von Aktionärsklagen in der Zulässigkeit von Erfolgshonoraren für auf solche Schadenersatzklagen spezialisierte Anwälte gesehen.192 Dadurch wird den klagenden Ak186 Kalweit, Fehlerhaftes Vorstands- und Aufsichtsratshandeln, S. 149, 210 f., 309 ff., m.w. N. 187 Schmolke, ZGR 2011, 398, 407, m.w. N.; Kalweit, Fehlerhaftes Vorstands- und Aufsichtsratshandeln, S. 310 f. 188 Kalweit, Fehlerhaftes Vorstands- und Aufsichtsratshandeln, S. 314 ff.; Spindler/ Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 11 ff. 189 Vgl. hierzu ausführlich aus ökonomischer Sicht, Kalweit, Fehlerhaftes Vorstandsund Aufsichtsratshandeln, S. 182 ff., 187 ff. 190 So wurde in der Kostenerstattungsregelung des § 147 Abs. 4 AktG 1998 auch einer der Hauptgründe für die praktische Erfolglosigkeit der Geltendmachungserzwingungsrechte einer Aktionärsminderheit gemäß § 147 Abs. 1, 3 AktG gesehen; siehe hierzu noch Kapitel 1 B. VI.; zur Situation im Konzernrecht siehe Kapitel 2 F. I. 3. c). 191 Kalweit, Fehlerhaftes Vorstands- und Aufsichtsratshandeln, S. 182 f.

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tionären das Kostenrisiko abgenommen. Dieser Weg ist durch das deutsche Gebührenrecht versperrt.193 Ob ein solcher Berufsstand „unternehmerischer Anwälte“,194 die sich bei entsprechenden Anhaltspunkten für ein schwerwiegendes Fehlverhalten der Verwaltungsmitglieder einen Aktionär als Kläger auswählen und den Haftungsprozess dann auf eigenes Risiko führen,195 aus rechtspolitischer Sicht wünschenswert wäre, kann damit dahinstehen. Allerdings besteht für Anwälte auch in Deutschland wegen der oftmals hohen Streitwerte ein erhebliches Interesse an der Führung solcher Schadenersatzprozesse;196 auch vor dem Hintergrund, sich als entsprechender „Klägeranwalt“ in den Medien zu profilieren.197 8. Zwischenergebnis Das Spannungsfeld, in dem sich die Aktionärsverfolgungsrechte befinden, besteht aus zahlreichen Elementen, die sich teilweise überschneiden,198 teilweise aber auch ausschließen. Vor diesem Spannungsfeld wird deutlich, dass die Ausgestaltung der Verfolgungsrechte von Aktionären, insbesondere derjenigen einer Aktionärsminderheit, stets ein Kompromiss bleiben wird.199 Wie Lutter200 bereits vor In-Kraft-Treten 192 Siehe hierzu nur Kalweit, Fehlerhaftes Vorstands- und Aufsichtsratshandeln, S. 149 ff., 312, 314 f., Bühring-Uhle/Nelle, AG 1989, 41, 47, GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148, Rn. 60, jeweils m.w. N. 193 Auch das Gesetz zur Neuregelung des Verbots der Vereinbarung von Erfolgshonoraren vom 12. Juni 2008, BGBl. 2008 I, S. 1000, wird hieran nichts Grundsätzliches ändern; ähnlich auch Schmolke, ZGR 2011, 398, 409, der die Zulässigkeit eines Erfolgshonorars mit Kostenübernahmeerklärung als „äußerst zweifelhaft“ ansieht. 194 Vgl. zu diesem Begriff Kalweit, Fehlerhaftes Vorstands- und Aufsichtsratshandeln, S. 152. 195 Kalweit, Fehlerhaftes Vorstands- und Aufsichtsratshandeln, S. 149 ff., 312, 314 f. 196 Siehe hierzu auch Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 12 ff.; wegen der grundsätzlichen Beschränkung des Streitwerts auf EUR 500.000 gem. § 53 Abs. 1 S. 2 GKG; einschränkend dagegen Schmolke, ZGR 2011, 398, 410; diese Beschränkung des Streitwerts nach § 53 Abs. 1 Nr. 4 GKG gilt jedoch nur für Verfahren nach § 148 Abs. 1 und 2 AktG, und damit nur im Klagezulassungs- und nicht im anschließenden Klageverfahren. 197 Siehe hierzu auch Kiethe, ZIP 2003, 707, 709; Peltzer, in: FS Schneider, 953, 959. Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 12 f., geht sogar davon aus, dass die Geltendmachung von Ersatzansprüchen auch in Deutschland häufig von Anwälten initiiert werde; hieraus würden sich wiederum principal-agent-Probleme im Verhältnis zwischen Anwälten und Aktionären ergeben. 198 So wird z. B. gegen eine Individualklagebefugnis vorgebracht, diese sei häufig nicht über das wirtschaftliche Interesse des einzelnen Aktionärs an der Ersatzleistung an die Gesellschaft zu rechtfertigen, sondern nur darüber, in missbräuchlicher Absicht Sondervorteile zu erstreben; so z. B. Baums, Gutachten F 258; MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 9. 199 Ähnlich Fleischer, NJW 2005, 3525: „kunstvolle Verschränkung von Klageanreizen und Klagefiltern (. . .) als legislatorische(s) Leitmotiv des UMAG“; vgl. zur Kompromissaufgabe der Verfolgungsrechte nur K. Schmidt, NZG 2005, 796, 798, sowie

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Kap. 1: Innenhaftung und ihre Durchsetzung

des KonTraG ausgeführt hat, geht es dabei darum, den „Weg zwischen der Skylla heutiger Scheinlösung und der Charybdis einer radikalen Aktionärsklage (zu) finden“. Ob dem Gesetzgeber dieser Kompromiss gelungen ist oder inwieweit noch Nachbesserungsbedarf besteht, wird im zweiten Kapitel untersucht. Dort werden auch die Auswirkungen der UMAG-Reform auf die konzernrechtliche Aktionärsklage des § 309 AktG aufgezeigt.

VI. Historische Entwicklung der Aktionärsverfolgungsrechte bis zum UMAG Die Austarierung des aufgezeigten Spannungsfelds zwischen einer effektiven Rechtsverfolgung einerseits und dem Schutz vor etwaigen Missbräuchen sowie der Sicherstellung der Handlungsfähigkeit der Verwaltungssorgane andererseits ist seit langem gesetzgeberisches Leitmotiv bei der Ausgestaltung der Aktionärsverfolgungsrechte.201 Die Gewichtung der einzelnen Elemente des Spannungsfelds und damit das Ausmaß von Verfolgungsrechten einzelner Aktionäre oder Aktionärsminderheiten unterliegt starken historischen Schwankungen.202 Diese reagierten in der Vergangenheit häufig auf Erfahrungen des Zeitgeschehens und sind auch bis in die heutige Zeit ständigen Anpassungen ausgesetzt.203 Bereits der 11. Deutsche Juristentag von 1873 diskutierte über die Einführung einer allgemeinen Aktionärsklage.204 Diese Diskussion führte allerdings nicht zur Kodifikation eines allgemeinen Individualklagerechts für Aktionäre.205 Bereits damals Kap. 1, Fn. 106; ähnlich auch Bachmann, AG 2012, 565, 578; Winnen, Innenhaftung, S. 314 f.; siehe hierzu noch Kapitel 2 E. V. 3. 200 Lutter, ZHR 159 (1995), 287, 306, vor der Neufassung durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich, vom 30. April 1998, BGBl. I 1998, S. 786 ff. (nachfolgend auch als „KonTraG“ bezeichnet). 201 Seibt, WM 2004, 2137 f. Vgl. auch die Allgemeine Begründung zum Entwurf eines Gesetzes betreffend die KGaA und die AG (1884), abgedruckt bei: Schubert/ Hommelhoff, Hundert Jahre modernes Aktienrecht, S. 469: im Falle eines Individualklagerechts drohe eine völlige Anarchie, der Halt der Organisation und die Tätigkeit der Gesellschaftsorgane seien gefährdet, Erpressungen aller Art werde Vorschub geleistet; siehe hierzu auch Bork, in: RWS Forum 10, S. 53, 55 f. 202 Siehe auch Bayer/Habersack-Raiser, Aktienrecht, Bd. 2, S. 628 (allgemein zu den Klagerechten für Aktionäre). 203 Bayer/Habersack-Raiser, Aktienrecht, Bd. 2, S. 628 (allgemein zu den Klagerechten für Aktionäre). 204 Vgl. hierzu Rollin, Aktionärsklage, S. 129 ff.; Kalweit, Fehlerhaftes Vorstandsund Aufsichtsratshandeln, S. 22. 205 Zur Begründung der Ablehnung der Einführung eines Individualklagerechts siehe Allgemeine Begründung zum Entwurf eines Gesetzes betreffend die KGaA und die AG (1884), abgedruckt bei: Schubert/Hommelhoff, Hundert Jahre modernes Aktienrecht, S. 469 f. Allgemein zur Entstehungsgeschichte des Aktiengesetzes von 1884 siehe Schubert, in: Schubert/Hommelhoff, Hundert Jahre modernes Aktienrecht, S. 1 ff.

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gewann die Ansicht die Oberhand, ein solches Klagerecht sei rechtspolitisch unerwünscht, da es die Verwaltungsmitglieder der Gefahr aussetzen würde, mit Haftungsklagen überzogen oder zumindest bedroht zu werden, was eine Lähmung ihrer Entschlusskraft und ihres unternehmerischen Wagemuts zur Folge hätte.206 Die Aktienrechtsreform 1884 setzte diese Vorschläge daher nur eingeschränkt in Art. 223 ADHGB207 um, dem Vorläufer des heutigen Geltendmachungserzwingungsrechts des § 147 AktG.208 Danach konnte die Gesellschaft unter anderem zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Organmitglieder verpflichtet werden, wenn dies von der Generalversammlung mit einfacher Stimmenmehrheit oder von einer mindestens zwanzigprozentigen Aktionärsminderheit verlangt wurde.209 Die Aktionärsminderheit konnte außerdem die gerichtliche Bestellung eines Bevollmächtigten für die Prozessführung beantragen.210 Bis zur Aktienrechtsreform 1937 wurde das Minderheitsquorum graduell bis auf fünf Prozent gesenkt.211 Durch die Aktienrechtsreform 1965 wurden diese Minderheitsrechte wieder eingeschränkt. So wurde unter anderem der Schwellenwert auf zehn Prozent erhöht und die Möglichkeit, einen besonderen Vertreter zu bestimmen, abgeschafft.212 Die Voraussetzungen einer Hauptversammlungsmehrheit oder einer Zehn-Prozent-Minderheit für die Erzwingung der Geltendmachung waren schwer zu erreichen; außerdem wirkte vor allem die drohende Kostenerstattungspflicht einer Aktionärsminderheit auf diese prohibitiv.213 Diese Regelung blieb daher weitgehend bedeutungslos.214 Gleichzeitig führte die Aktienrechtsreform 1965 für spezielle konzernrechtliche Sachverhalte für jeden einzelnen Aktionär die – schwellenwertunabhängige – Möglichkeit ein, Schadenersatzansprüche der Gesellschaft gegen ihre Organmitglieder gerichtlich geltend zu machen. Diese Schwächen des § 147 AktG 1965 sollten durch das KonTraG kompensiert werden, welches die Verfolgungsrechte von Aktionärsminderheiten stärker ausweitete. 206 Renaud, S. 610 ff.; zitiert nach Bayer/Habersack-Raiser, Aktienrecht, Bd. 2, S. 650 (Fn. 75). 207 Art. 223 Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch („ADHGB“) anschließend § 268 HGB 1897 und § 122 AktG 1937. 208 Ausführlich zur historischen Entwicklung Rollin, Aktionärsklage, S. 119 ff., insbesondere 135 ff.; GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 1 ff.; GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 14 ff.; speziell zur Situation im Konzernrecht, Weber, Aktionärsklage, S. 39 ff.; einen guten Überblick bieten auch Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 4 ff., Seibt, WM 2004, 2137 f., jeweils m.w. N. 209 K. Schmidt, NZG 2005, 796 f. 210 Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 4, m.w. N. 211 K. Schmidt, NZG 2005, 796 f.; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 4. 212 Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 4; GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 2, m.w. N. 213 Schröer, ZIP 2004, 2081; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 4, m.w. N. 214 Vgl. nur Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 4, sowie Seibert, WM 1997, 1, 4 (mit Nennung der wenigen praktischen Beispiele in Fn. 50).

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Kap. 1: Innenhaftung und ihre Durchsetzung

§ 147 Abs. 1 S. 1 AktG 1998 sah vor, dass Ersatzansprüche der Gesellschaft aus der Gründung oder aus der Geschäftsführung gegen Verwaltungsmitglieder oder aus § 117 AktG geltend gemacht werden mussten, wenn die Hauptversammlung dies mit einfacher Stimmenmehrheit beschloss oder eine Minderheit es verlangte, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals erreichten. Daneben bestand gemäß § 147 Abs. 3 AktG 1998 (erstmals) die Möglichkeit für Aktionäre, deren Anteile zusammen den zwanzigsten Teil des Grundkapitals oder den anteiligen Betrag von 500.000 EUR erreichten, für den Fall, dass der Anspruch nicht nach § 147 Abs. 1 AktG 1998 geltend gemacht wurde, vom Gericht die Bestellung eines oder mehrerer besonderer Vertreter215 zu verlangen. Dies setzte voraus, dass Tatsachen vorlagen, die den dringenden Verdacht rechtfertigten, dass der Gesellschaft durch Unredlichkeiten oder grobe Gesetzes- oder Satzungsverletzungen ein Schaden zugefügt wurde. Dieser nach § 147 Abs. 3 AktG 1998 bestellte besondere Vertreter musste den Anspruch nur dann geltend machen, wenn nach seiner pflichtgemäßen Beurteilung die Rechtsverfolgung hinreichende Erfolgsaussichten bot (§ 147 Abs. 3 S. 3 AktG 1998). Andererseits mussten die Aktionäre die der Gesellschaft gemäß §§ 91, 92 ZPO auferlegten Kosten sowie die Auslagen und die Vergütung für den besonderen Vertreter erstatten, auf dessen Identität und Prozessverhalten sie keinen Einfluss nehmen konnten (§ 147 Abs. 4 AktG 1998).216 § 147 Abs. 2 AktG 1998 sah zudem die Bestellung eines besonderen Vertreters durch die Hauptversammlung oder das Gericht auf Antrag einer Aktionärsminderheit zur Durchsetzung der Ersatzansprüche vor. Letzterenfalls griff wieder die prohibitive Kostenverteilung des § 147 Abs. 4 AktG 1998. Diese geringfügigen Erleichterungen der Aktionärsverfolgungsrechte waren wiederum geprägt von der Furcht vor Missbräuchen217 und wurden zu Recht als völlig unzureichend kritisiert.218 Einige Kritiker bezeichneten sie als „zaghaftes 215 Vgl. zum besonderen Vertreter GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 41 ff.; MüKoSchröer, AktG, § 147 Rn. 43, 66. 216 § 147 Abs. 4 AktG 1998 lautete wie folgt: „Hat eine Minderheit die Geltendmachung des Ersatzanspruchs verlangt und hat die Gesellschaft, weil sie im Rechtsstreit ganz oder teilweise unterlegen ist, Kosten des Rechtsstreits zu tragen, so ist die Minderheit der Gesellschaft zur Erstattung dieser Kosten verpflichtet, soweit sie das aufgrund der Klage Erlangte übersteigen. Ist die Gesellschaft ganz unterlegen, so ist die Minderheit der Gesellschaft auch zur Erstattung der Gerichtskosten, die der Gesellschaft durch die Bestellung besonderer Vertreter nach Absatz 2 Satz 3 oder Absatz 3 Satz 1 entstanden sind, sowie der baren Auslagen und der Vergütung der besonderen Vertreter verpflichtet“. 217 Vgl. Regierungsbegründung KonTraG, ZIP 1997, 2066; Referentenentwurf KonTraG, ZIP 1996, 2059, 2066. 218 Siehe zur Kritik nur K. Schmidt, NZG 2005, 796 f.; Marsch-Barner, 63. DJT, O 55, 66 f.; Reichert/Weller, ZRP 2002, 49, 51; Ulmer, ZHR 163 (1999) 290, 292 ff.; Brandner, in: FS Lutter, S. 319, 321 f.; Bork, in: RWS Forum 10, S. 53, 59 ff.; kritisch auch bereits vor Einführung Götz, AG 1997, 219, 221 f.; ders., AG Sonderheft 1997, 38 ff.; Lutter, AG Sonderheft 1997, 52, 55; Adams, AG Sonderheft 1997, 9 f.; Baums,

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Tasten“,219 „zu halbherzig“,220 „Kosmetik“,221 „misslungene Neufassung“,222 „stumpfes Schwert“,223 „totes Recht“,224 „legislatorische Totgeburt“,225 „Täterschutz“,226 oder „Groteske“ 227. Kritisiert wurden dabei insbesondere folgende Punkte:228 – Fehlende Quorenabstimmung mit dem Minderheitsrecht zur Bestellung von Sonderprüfern gemäß § 142 Abs. 2 AktG 1998; – zu hohe und in der Praxis besonders bei Publikumsgesellschaften kaum erreichbare Schwellenwerte (10% für die Geltendmachungserzwingung gemäß § 147 Abs. 1 AktG 1998 bzw. 5% oder 500.000 EUR für die Bestellung eines besonderen Vertreters gemäß § 147 Abs. 3 AktG 1998); – speziell zu § 147 Abs. 3 AktG 1998 das Erfordernis eines groben Verschuldens und eines dringenden, durch Tatsachen gestützten Verdachts; – die zweifache „Mediatisierung“ über die gerichtliche Bestellung eines besonderen Vertreters mit eigenem Beurteilungsspielraum hinsichtlich des „ob“ der Geltendmachung, auf dessen Prozessverhalten die Aktionärsminderheit keinen Einfluss nehmen konnte; – die unausgewogene Kostenverteilung zu Lasten der Aktionärsminderheit. Dies mag dazu beigetragen haben, dass das Minderheitsrecht des § 147 Abs. 3 AktG 1998 ohne praktische Bedeutung blieb.229 Erschienen die zaghaften und in der Praxis wenig erfolgversprechenden Ausweitungen durch das KonTraG dem damaligen Gesetzgeber noch als das „maximal Erreichbare“,230 wurde die Diskussion um eine Ausweitung der AktionärsAG Sonderheft 1997, 26 f.; Hopt, AG Sonderheft 1997, 42 f.; Kübler, AG Sonderheft 1997, 48 f.; Wenger, AG Sonderheft 1997, 57 ff.; Thümmel, DB 1997, 261, 263 f. 219 K. Schmidt, NZG 2005, 796. 220 Mertens, AG Sonderheft 1997, 70 f. 221 Lutter, AG Sonderheft 1997, 52, 55; ähnlich Thümmel, DB 1997, 261, 264. 222 Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 292. 223 Baums, Gutachten F 22. 224 Schröer, ZIP 2005, 2081, m.w. N.; etwas zurückhaltender ders., in: MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 9: „kaum praktische Bedeutung“. 225 Bork, in: RWS Forum 10, S. 53, 68, m.w. N. 226 Götz, Referat 63. DJT, O 43. 227 Wenger, AG Sonderheft 1997, 57, 59. 228 Zur Kritik an § 147 Abs. 3 AktG 1998 Regierungsbegründung UMAG, S. 20; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 6; Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 292 ff.; im Einzelnen ausführlich Koch, ZGR 2006, 769, 771 f.; Kalweit, Fehlerhaftes Vorstands- und Aufsichtsratshandeln, S. 172 ff. Siehe außerdem die Nachweise in Kap. 1, Fn. 218. 229 So auch Regierungsbegründung UMAG, S. 20; zu den wenigen Verfahren siehe die Nachweise bei GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 18 (Fn. 54). 230 Vgl. Regierungsbegründung UMAG, S. 20; vgl. auch die Einschätzung von Seibert, AG Sonderheft 1997, 65, 67 zum KonTraG-Entwurf, m.w. N.

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Kap. 1: Innenhaftung und ihre Durchsetzung

verfolgungsrechte angesichts der Aktienmarktskandale insbesondere in den Jahren 1999 und 2000 neu entfacht.231 So wurden auf dem 63. Deutschen Juristentag in Leipzig im Jahr 2000 unter dem Motto: „Empfiehlt sich eine Neuregelung des aktienrechtlichen Anfechtungs- und Organhaftungsrechts, insbesondere der Klagemöglichkeiten von Aktionären?“ unter anderem Erleichterungen hinsichtlich der Durchsetzungsmöglichkeiten von Innenhaftungsansprüchen durch Aktionäre diskutiert. Die Teilnehmer sprachen sich außerdem für eine Reform des § 147 AktG 1998 aus.232 Unter anderem wurde für die Einführung eines Klagezulassungsverfahrens plädiert, um unnötige, aussichtslose oder rechtsmissbräuchliche Klagen zu verhindern.233 Auch die Regierungskommission „Corporate Governance – Unternehmensführung – Unternehmenskontrolle – Modernisierung des Aktienrechts“ votierte in ihrem im Juli 2001 vorgelegten Bericht234 für eine grundlegende Reformierung der Aktionärsverfolgungsrechte im Bereich des Organhaftungsrechts. Mit dem Maßnahmenkatalog der Bundesregierung zur Stärkung der Unternehmensintegrität und des Anlegerschutzes (10-Punkte-Programm) vom 25. Februar 2003235 wurde ein weiterer Schritt zur Stärkung von Minderheitsrechten bei der Verfolgung von Innenhaftungsansprüchen getan.236 Die gesetzliche Neuregelung des Systems der Verfolgungsrechte durch eine Aktionärsminderheit erfolgte schließlich durch das UMAG,237 welches den vorläufigen Schlusspunkt unter die „Aktienrechtsreform in Permanenz“ 238 setzte. In weitgehendem Einklang mit den Empfehlungen der Regierungskommission Corporate Governance,239 dem Maßnahmenkatalog der Bundesregierung zur Stärkung der Unternehmensintegrität und des Anlegerschutzes (10-Punkte-Pro-

231 Regierungsbegründung UMAG, S. 20; Jänig, Sonderprüfung, S. 27 spricht zu Recht von „scandal driven legislation“. 232 Der 63. Juristentag votierte diesbezüglich in weitgehender Übereinstimmung mit dem von Baums erstellten Gutachten; Baums, Gutachten F 256 ff.; vgl. 63. DJT, O 80 ff. 233 Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 7. 234 Baums, Regierungskommission, Rn. 72 ff. 235 Maßnahmenkatalog der Bundesregierung zur Stärkung der Unternehmensintegrität und des Anlegerschutzes vom 25. Februar 2003, abrufbar im Internet unter: http:// www.gesmat.bundesgerichtshof.de/gesetzesmaterialien/15_wp/allg_dateien/massnahmen katalog.pdf (Stand: 30. April 2013). 236 Kolb, DZWIR 2006, 50 f., Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 8, Schröer, ZIP 2005, 2081 f., jeweils zum UMAG. 237 Regierungsbegründung UMAG, S. 20; ausführlich zum Gesetzgebungsverfahren siehe Harzer, Aktionärsklagerechte, S. 128 ff. 238 Zur „Aktienrechtsreform in Permanenz“ siehe u. a. Seibert, AG 2002, 417; zuvor bereits Zöllner, AG 1994, 336. Das „nächste Stück der Aktienrechtsreform in Permanenz“ sieht Noack, NZG 2008, 441, 446 in dem Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie vom 30. Juli 2009, BGBl. 2009 I, S. 2479 (nachfolgend auch als „ARUG“ bezeichnet). 239 Baums, Bericht Regierungskommission, Rn. 72 ff.

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gramm) vom 25. Februar 2003240 und den bereits zuvor erfolgten Vorschlägen u. a. von Baums241, Lutter242, Ulmer243, und Bayer244 führte das UMAG mit § 148 AktG erstmals auch im Bereich der nicht konzernverundenen Aktiengesellschaft ein eigenes Klagerecht für eine Aktionärsminderheit ein. Dieses ist allerdings an den erfolgreichen Abschluss eines Klagezulassungsverfahrens (unter deutlich abgesenkten Quoren) gekoppelt.245 Dieses Klagezulassungsverfahren soll nach dem Willen des Gesetzgebers einerseits missbräuchliche und offensichtlich aussichtslose Klagen von vornherein ausschalten, andererseits aber einer Aktionärsminderheit ermöglichen, einen ex-ante erfolgversprechenden Prozess einzuleiten, ohne dabei das Kostenrisiko eines späteren Prozesses tragen zu müssen.246 Gleichzeitig wurde das Minderheitsrecht des § 147 Abs. 1 S. 1 AktG 1998 abgeschafft, um eine einheitliche Normierung der Minderheitsrechte in § 148 AktG zu erreichen. Zusätzlich wurden mit § 149 AktG neue Bekanntmachungspflichten eingeführt. Neben der Neugestaltung der Aktionärsverfolgungsrechte auf prozessualer Seite wurde auf materiellrechtlicher Ebene die seit der ARAG/ Garmenbeck-Rechtsprechung des BGH höchstrichterlich anerkannte, auch als Business Judgment Rule bezeichnete Haftungsfreistellung in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG kodifiziert.247 Durch die gesetzlichen Neuregelungen sollte bei den Aktionärsrechten außerdem eine Gewichtsverlagerung von der Anfechtungsklage248 auf die Haftungsklage bewirkt werden.249 Die Möglichkeit der Hauptversammlung, die Geltendmachung von Ersatzansprüchen zu erzwingen bzw. hierzu besondere Vertreter zu bestellen, ist durch die UMAG-Reform dagegen weitgehend unverändert geblieben.

240 Maßnahmenkatalog der Bundesregierung zur Stärkung der Unternehmensintegrität und des Anlegerschutzes vom 25. Februar 2003, abrufbar im Internet unter: http:// www.gesmat.bundesgerichtshof.de/gesetzesmaterialien/15_wp/allg_dateien/massnahmen katalog.pdf (Stand: 30. April 2013). 241 Baums, Gutachten F 258 ff. 242 Lutter, ZHR 159 (1995), 287, 306. 243 Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 334 ff.; ders., AcP 202 (2002), 143, 165 f. 244 Bayer, NJW 2000, 2609, 2618 f. 245 Zur Rechtsnatur dieses Klagerechts siehe noch Kapitel 2 D. I. 246 Regierungsbegründung UMAG, S. 20. 247 Siehe hierzu bereits Kapitel 1 C. I. 4. a) bb). 248 Missbräuchliche Anfechtungsklagen zu vermeiden, war ein weiteres Hauptanliegen des UMAG. Vgl. hierzu sowie zu den Defiziten dieser Neuregelung und den weiteren Reformbestrebungen im Recht der Anfechtungsklagen nur Niemeier, ZIP 2008, 1148 ff., Waclawik, ZIP 2008, 1141 ff., jeweils m.w. N. 249 Diekmann/Leuernig, NZG 2004, 249; Seibert/Schütz, ZIP 2004, 252 f.: „Die aktienrechtlichen Schutzmechanismen sind (. . .) ,kommunizierende Röhren‘ – das UMAG fährt den Pegelstand der Anfechtungsröhre herab, wobei der Stand in der Haftungsröhre erhöht wird“; kritisch hierzu Seibt, WM 2004, 2137 f.

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Kap. 1: Innenhaftung und ihre Durchsetzung

VII. Zusammenfassung Aufsichtsrat bzw. Vorstand sind grundsätzlich nach der ARAG/GarmenbeckRechtsprechung des BGH verpflichtet, Ersatzansprüche gegen Vorstandsmitglieder bzw. Aufsichtsratsmitglieder zu verfolgen. Insbesondere wegen struktureller Verfolgungsmängel wurden solche Ansprüche, zumindest vor Einführung des UMAG, auch in schwerwiegenden Fällen häufig nicht geltend gemacht. Da anderweitige Sanktionsmöglichkeiten für pflichtwidriges Verhalten der Verwaltungsmitglieder nicht ausreichen, müssen (Minderheits-)Aktionäre die Möglichkeit erhalten, diese Ersatzansprüche selbst geltend zu machen bzw. die Geltendmachung zu erzwingen. Bei der Ausgestaltung der Aktionärsverfolgungsrechte ist zum einen die Subsidiarität dieser Aktionärsrechte und zum anderen das Spannungsfeld zu beachten, in dem sich diese Aktionärsrechte befinden. So bedarf es einerseits einer wirksamen Ausgestaltung dieser Rechte, andererseits darf die Erleichterung der Verfolgungsmöglichkeiten nicht zu einer „Lähmung und Risikoaversion“ der Verwaltungsmitglieder führen. Die Gesellschaft und die betroffenen Organmitglieder müssen vor aussichtslosen und vor allem auch rechtsmissbräuchlichen Anträgen auf Klagezulassung bzw. Klagen geschützt werden, denn auch im Bereich der Haftungsklagen bestehen grundsätzlich Missbrauchsgefahren. Divergierenden Mehrheits- und Minderheitsinteressen muss ausreichend Rechnung getragen werden, ebenso der Tatsache, dass neben unternehmerisch orientierten Aktionären in börsennotierten Aktiengesellschaften verstärkt auch anlageorientierte (Klein-)Aktionäre vorhanden sind. Auch die rationale Apathie der Aktionäre muss einkalkuliert werden, will man nicht die Aktionärsverfolgungsrechte von vornherein leer laufen lassen. Dieser rationalen Apathie kann grundsätzlich auf der Kostenseite, aber auch auf der Ertragsseite, etwa durch eine Prämienzahlung im Erfolgsfall, entgegengewirkt werden. Aktionärsverfolgungsrechte bestehen seit fast 130 Jahren. Sie wurden fortlaufend reformiert, zuletzt durch das am 1. November 2005 in Kraft getretenen UMAG.

C. Haftungsgrundlagen Den Aktionären stehen zwei Instrumente zur Verfolgung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegen ihre Verwaltungsmitglieder zur Verfügung: das in § 147 Abs. 1 S. 1 AktG geregelte Geltendmachungserzwingungsrecht der Hauptversammlung einschließlich der in § 147 Abs. 1, 2 AktG normierten Möglichkeit der Bestellung besonderer Vertreter sowie das zweistufig ausgestaltete Aktionärsklageverfahren gemäß § 148 AktG. Letzteres verweist bezüglich des Antrags- und späteren Klagegegenstands in § 148 Abs. 1 S. 1 AktG wiederum auf die Vorschrift des § 147 Abs. 1 S. 1 AktG. Daneben sieht § 309 Abs. 4 AktG für besondere konzernrechtliche Ansprüche noch eine konzernrechtliche Aktionärsklage als speziellen Rechtsbehelf vor.

C. Haftungsgrundlagen

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I. Ersatzansprüche i. S. v. § 147 Abs. 1 AktG § 147 Abs. 1 S. 1 AktG nennt als Gegenstand der Erzwingung der Geltendmachung durch die Hauptversammlung die Ersatzansprüche der Gesellschaft aus der Gründung gegen die nach den §§ 46–48, 53 AktG verpflichteten Personen, die Ersatzansprüche der Gesellschaft aus der Geschäftsführung gegen die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats und die Ersatzansprüche der Gesellschaft aus § 117 AktG. 1. Haftungsadressaten Die Verfolgungsrechte im Bereich der Gründungshaftung und der unzulässigen Einflussnahme (§ 117 AktG) beschränken sich nicht auf Ansprüche gegen Verwaltungsmitglieder.250 Im Rahmen dieser Arbeit, die einen Beitrag zu den Aktionärsrechten zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegenüber ihren Organmitgliedern leisten soll, bleiben Ersatzansprüche und ihre Verfolgungsmöglichkeiten durch Aktionäre insoweit außer Betracht, als sie sich gegen andere Personen als Vorstands- und/oder Aufsichtsratsmitglieder der Gesellschaft richten. Haftungsadressaten der Ersatzansprüche, deren Durchsetzungsmöglichkeiten durch Aktionäre nachfolgend untersucht werden, sind damit amtierende und ehemalige251 Vorstands- und/oder Aufsichtsratsmitglieder der Gesellschaft.252

250 § 46 AktG regelt die Verantwortlichkeit der Gründer, § 47 AktG die Verantwortlichkeit anderer Personen neben den Gründern, wie z. B. der Gründergenossen (§ 47 Abs. 1 Nr. 1, 2 AktG) und der Emittenten (§ 47 Abs. 1 Nr. 3 AktG), und § 48 AktG die Verantwortlichkeit der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder. § 53 AktG bestimmt die Verantwortlichkeit bei der in § 52 AktG geregelten Nachgründung. Verantwortlich wegen Benutzung des Einflusses auf die Gesellschaft nach § 117 AktG kann jeder sein, der seinen Einfluss unzulässigerweise auf die Gesellschaft ausübt. 251 Reichsgericht, RGZ 74, 301, 302, BGH, WM 1983, 498, jeweils zur GmbH. Für das Aktionärsverfolgungsrecht nach § 147 AktG explizit Hüffer, AktG, § 147 Rn. 2. 252 Auch fehlerhaft bestellte Verwaltungsmitglieder unterliegen nach h. M. der organschaftlichen Haftung, wenn sie tatsächlich für die Gesellschaft tätig geworden sind; vgl. nur Reichsgericht, RGZ 144, 384, 387 (zur Genossenschaft); BGH, WM 1995, 799, 800 (zur fehlerhaften Bestellung eines Geschäftsführers gemäß § 16 TreuhG (DDR)); OLG München, AG 1997, 575, 576; Hüffer, AktG, § 84 Rn. 10, § 93 Rn. 12, m.w. N. Darüber hinaus unterliegen auch rein faktische Organmitglieder, bei denen ein Bestellungsakt zwar unterblieben ist, die aber „organspezifische Funktionen gerade in organtypischer Weise“ wahrgenommen haben, der organschaftlichen Haftung, da es anderenfalls zu unerwünschten Haftungslücken käme; ausführlich hierzu Fleischer, AG 2004, 517 ff.; wie hier auch BGH, BGHZ 75, 97, 106 (zur KGaA); BGH, BGHZ 150, 61 (zur GmbH); GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 45, 49 ff.; GK-Hopt/Roth, AktG, § 116 Rn. 12; a. A. dagegen, zumindest im Grundsatz, KK-Mertens/Cahn, AktG, § 93 Rn. 43; Hüffer, AktG, § 93 Rn. 12.

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Kap. 1: Innenhaftung und ihre Durchsetzung

2. Inhaberin des Ersatzanspruchs Aus der in § 147 Abs. 1 S. 1 AktG gewählten Formulierung „Ersatzansprüche der Gesellschaft“ folgt, dass Ersatzansprüche i. S. v. § 147 Abs. 1 S. 1 AktG solche der Aktiengesellschaft sind, nicht dagegen eigene Ansprüche von Aktionären oder Dritten wegen pflichtwidrigen Verhaltens der Verwaltungsmitglieder.253 3. Ersatzansprüche der Gesellschaft aus der Gründung, aus der Geschäftsführung und wegen unzulässiger Einflussnahme Neben den in § 147 Abs. 1 S. 1 AktG genannten Schadenersatzansprüchen gegen Verwaltungsmitglieder aus der Gründung bzw. Nachgründung gemäß §§ 48, 53 AktG254 und der Verantwortlichkeit der Organmitglieder wegen unzulässiger Einflussnahme auf die Gesellschaft oder Mitwirkung hierbei durch Vorstandsund Aufsichtsratsmitglieder gemäß § 117 AktG255 werden vor allem Schadenersatzansprüche der Gesellschaft gegen Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats aus der Geschäftsführung256 Gegenstand der Verfolgung durch Aktionäre sein. Zentrale Haftungsnorm im Bereich der Innenhaftung257 sind die organschaftlichen Schadenersatzansprüche gemäß § 93 Abs. 2, 3 AktG (gegebenenfalls in Verbindung mit der für Aufsichtsratsmitglieder geltenden Verweisungsnorm des § 116 AktG). Daneben bestehen für Pflichtverletzungen bei der Geschäftsführung bzw. Überwachung eine Reihe weiterer möglicher Anspruchsgrundlagen der Gesellschaft, wie z. B. deliktsrechtliche Ansprüche (§ 823 Abs. 2 BGB i.V. m. einem Schutzgesetz, z. B. § 266 StGB, § 826 BGB).258 Ob neben §§ 93, 116 AktG noch Schadenersatzansprüche wegen Verletzung von Pflichten aus dem Anstellungsvertrag möglich sind, ist umstritten.259 Der Streit dürfte aber 253

Hüffer, AktG, § 147 Rn. 2. Siehe zu diesem Haftungstatbestand und zu den Haftungsmodalitäten nur die Kommentierung bei Spindler/Stilz-Gerber, AktG, § 48 Rn. 1 ff., § 50 Rn. 1 ff., § 51 Rn. 1 ff. § 53 AktG betrifft die Verantwortlichkeit bei der Nachgründung; siehe hierzu nur die Kommentierung bei Schmidt/Lutter-Bayer, AktG, §§ 52 Rn. 1 ff.; 53 Rn. 1 ff. 255 Nach § 117 Abs. 1 S. 1 AktG ist der Gesellschaft zum Schadenersatz verpflichtet, wer vorsätzlich unter Benutzung seines Einflusses auf die Gesellschaft ein Verwaltungsmitglied, einen Prokuristen oder einen Handlungsbevollmächtigten dazu bestimmt, zum Schaden der Gesellschaft oder ihrer Aktionäre zu handeln. Ging die Einflussnahme nicht von den Verwaltungsmitgliedern selbst aus, ist eine gesamtschuldnerische Mithaftung gemäß § 117 Abs. 2 AktG denkbar. 256 Bei Aufsichtsratsmitgliedern ist insoweit auf die Überwachung abzustellen; Hüffer, AktG, § 116 Rn. 2. 257 Siehe hierzu bereits Kap. 1, Fn. 2. 258 Dass deliktische Ansprüche neben Ansprüchen aus §§ 93, 116 S. 1 AktG möglich sind, ist heute allgemein anerkannt; siehe nur BGH, BGHZ 100, 190, 199 ff.; GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 467; a. A. dagegen noch die ältere Rechtsprechung, Reichsgericht, RGZ 87, 306, 309 ff. (zur Genossenschaft). 259 Siehe für die Haftung von Vorstandsmitgliedern MüKo-Spindler, AktG, § 93 Rn. 10, m.w. N. Bei Aufsichtsratsmitgliedern wird man mit der h. M. bereits ein vertrag254

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ohne praktische Bedeutung bleiben, da ein solcher Anspruch jedenfalls den Haftungsmodalitäten des § 93 Abs. 4–6 AktG unterfallen würde.260 Während die genannten Schadenersatzansprüche unstreitig „Ersatzansprüche“ i. S. v. § 147 Abs. 1 S. 1 AktG darstellen, ist in der Literatur umstritten, ob neben Schadenersatzansprüchen aus der Geschäftsführung gegen die Vorstands- bzw. Aufsichtsratsmitglieder noch weitere Ansprüche der Gesellschaft gegen ihre Organmitglieder unter den Begriff „Ersatzansprüche“ i. S. v. § 147 Abs. 1 S. 1 AktG fallen. Klärungsbedarf bezüglich der Reichweite der von § 147 Abs. 1 S. 1 AktG umfassten Ersatzansprüche besteht in dreierlei Hinsicht: erstens für die Frage, ob § 147 Abs. 1 S. 1 AktG lediglich Ansprüche der Gesellschaft umfasst, die in Ausübung der Organtätigkeit entstehen, oder darüber hinaus auch Ansprüche wegen einer Gesellschaftsschädigung nur bei Gelegenheit oder völlig unabhängig von einer Organhandlung, zweitens für die in der aktienrechtlichen Literatur bislang nur spärlich diskutierte Frage,261 ob außer Schadenersatzansprüchen noch andere Ansprüche, wie etwa Herausgabe- oder Erstattungsansprüche, erfasst sind, sowie drittens für die Frage, ob auch die speziellen konzernrechtlichen Ansprüche der abhängigen Gesellschaft gegen ihre Verwaltungsmitglieder aus §§ 310, 318 AktG, für die § 309 Abs. 4 S. 1, 2 AktG ein eigenes schwellenwertunabhängiges Aktionärsklagerecht vorsieht, Ersatzansprüche i. S. v. § 147 Abs. 1 S. 1 AktG darstellen. Die dritte Frage wird zum besseren Verständnis erst in Kapitel 2 F. II. bei der Darstellung der Aktionärsrechte zur Geltendmachung spezieller konzernrechtlicher Ersatzansprüche behandelt. a) Ersatzansprüche wegen Schädigung der Gesellschaft bei Gelegenheit oder völlig unabhängig von der Organtätigkeit Ersatzansprüche aus der Geschäftsführung erfordern nach allgemeiner Definition einen Sachverhalt, der von dem Verwaltungsmitglied in Ausübung der Organtätigkeit haftungsbegründend herbeigeführt, gestattet oder beeinflusst wird, also in irgendeinem Zusammenhang mit der Organtätigkeit steht.262 Ansprüche aus Schädigungen der Gesellschaft, die nur anlässlich einer Geschäftsführungs- oder Überwachungshandlung (so z. B. ein von einem Vorstandsmitglied verursachter Unfall auf dem Werksgelände auf dem Weg nach Hause), liches Anstellungsverhältnis ablehnen müssen; zum Meinungsstand MüKo-Habersack, AktG, § 101 Rn. 67, § 116 Rn. 75, Hüffer, AktG, § 101 Rn. 2, jeweils m.w. N. 260 MüKo-Spindler, AktG, § 93 Rn. 10 (zur Haftung von Vorstandsmitgliedern wegen Pflichtverletzung aus dem Anstellungsvertrag). 261 Siehe hierzu die äußerst knappen Kommentierungen bei GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 12 ff., MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 16 ff., Hüffer, AktG, § 147 Rn. 2, jeweils m.w. N. zum GmbH-Recht. 262 Siehe nur Sünner, ZHR 163 (1999), 364, 374; MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 16.

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oder völlig unabhängig davon (so z. B. ein Anspruch, der sich aus einem mit dem Vorstandsmitglied abgeschlossenen Drittgeschäft ergibt), begangen werden, werden vom Wortlaut des § 147 Abs. 1 S. 1 AktG daher nicht erfasst.263 Sünner264 und ihm folgend Banerjea265 wollen das Geltendmachungserzwingungsrecht des § 147 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 AktG auf diese Ansprüche entsprechend anwenden.266 Diese vor Einführung des Aktionärsklageverfahrens gemäß § 148 AktG durch das UMAG begründete Meinung argumentiert, dass es nicht sinnvoll sei, für diese eher unbedeutende Fallgruppe den Weg für die allgemeine Aktionärsklage267 frei zu machen, obwohl der Gesetzgeber diesen Weg aus gutem Grund für den in der Praxis weitaus relevanteren Regelfall der Ansprüche wegen Pflichtverletzungen bei der Geschäftsführung bzw. Überwachung gerade ausgeschlossen habe.268 Dieser Ansicht ist insoweit zuzustimmen, als ein schwellenwertunabhängiges Individualklagerecht jedes Aktionärs für derartige Ansprüche der Gesellschaft nicht bestehen kann. Dies folgt aus der restriktiven und abschließenden Ausgestaltung der Aktionärsklagerechte im Aktienrecht, die eine Einzelklagebefugnis jedes Aktionärs über die gesetzlich geregelten Fälle hinaus grundsätzlich ausschließt.269 Aus dieser Tatsache allerdings eine entsprechende Anwendung des § 147 Abs. 1 S. 1 AktG auf derartige Ansprüche zu folgern, überzeugt nicht. Die restriktive Ausgestaltung der Aktionärsverfolgungsrechte hinsichtlich der Ersatzansprüche der Gesellschaft spricht vielmehr auch gegen eine entsprechende Anwendung des § 147 Abs. 1 S. 1 AktG auf Ersatzansprüche wegen einer Schädigung nur anlässlich oder völlig unabhängig von der Geschäftsführung bzw. Überwachung. Eine Ausdehnung ist vom Sinn und Zweck der Aktionärsverfolgungsrechte, eine effektive Anspruchsdurchsetzung zu ermöglichen, nicht zwingend geboten, da in diesen Fällen die strukturellen Schwierigkeiten der Anspruchsdurchsetzung durch die Verwaltungsorgane nur zum Teil existieren. Zwar dürfte auch in diesen Fällen eine persönliche und kollegiale Verbundenheit zwischen den Organmitgliedern bestehen, allerdings wird es regelmäßig an dem zweiten, weit gewichtigeren Hindernis fehlen, der Furcht um die persönliche Inanspruchnahme der zur Geltendmachung der Ansprüche berufenen Gesellschaftsorgane. Eine Verantwortlichkeit der übrigen Verwaltungsmitglieder bei einem Ersatzanspruch gegen ein Verwaltungsmitglied, etwa wegen eines durch ein Vorstands263

Die oben genannten Beispiele sind Sünner, ZHR 163 (1999), 364, 374 entnom-

men. 264

Sünner, ZHR 163 (1999), 364, 374 f. Banerjea, Gesellschafterklage, S. 159 f., 193. 266 Für eine entsprechende Anwendung des § 147 Abs. 1 S. 1 AktG nach der UMAGReform jetzt auch Pansa, Aktionärsklageverfahren, S. 122 f., 125. 267 Gemeint war insoweit mangels Existenz des § 148 AktG eine schwellenwertunabhängige Aktionärsklage analog § 309 Abs. 4 S. 1, 2 AktG. 268 Sünner, ZHR 163 (1999), 364, 374 f.; Banerjea, Gesellschafterklage, S. 159 f., 193. 269 Siehe hierzu noch ausführlich Kapitel 2 G. 265

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oder Aufsichtsratsmitglied auf dem Werksgelände verursachten Unfalls, ist nur schwer denkbar. Daher ist anzunehmen, dass in diesen Fällen eine Geltendmachung durch die hierzu nach den ARAG/Garmenbeck-Grundsätzen grundsätzlich verpflichteten Verwaltungsorgane auch erfolgen wird, schon um ihre eigene Haftung gemäß §§ 93, 116 AktG wegen der Nichtgeltendmachung dieser Ansprüche zu vermeiden. Geschieht dies nicht, sind die Aktionäre ebenso wie bei der Unterlassung der Geltendmachung von Gesellschaftsansprüchen gegenüber Dritten auf das Vorgehen gegen die Verwaltungsmitglieder, die sich durch die Unterlassung der Anspruchsverfolgung selbst gemäß §§ 93, 116 AktG schadenersatzpflichtig machen, beschränkt.270 b) Beschränkung des Begriffs „Ersatzansprüche“ auf Schadenersatzansprüche Die Frage, ob § 147 Abs. 1 S. 1 AktG neben Schadenersatzansprüchen auch weitere Ersatzansprüche aus der Geschäftsführung erfasst, ist in der aktienrechtlichen Literatur umstritten.271 Die herrschende Meinung272 schließt von der bei der Parallelvorschrift des § 46 Nr. 8 GmbHG273 von Literatur und Rechtsprechung überwiegend vertretenen erweiternden Auslegung des Begriffes „Ersatzansprüche“ 274 auf eine ebenfalls erweiterte Auslegung auch im Rahmen des § 147 Abs. 1 S. 1 AktG. Außer Schadenersatzansprüchen wären danach insbesondere auch sämtliche aus der Geschäftsführung resultierende Ersatz- und Aus270 Ein Aktionär kann in diesen Fällen nicht gegen Dritte klagen; vgl. Banerjea, Gesellschafterklage, S. 201 ff.; a. A. LG Hamburg, WM 1998, 497. 271 Der Ausschluss von Erfüllungsansprüchen ist dagegen einhellig anerkannt; siehe nur MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 16; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 147 Rn. 10. 272 Hüffer, AktG, § 147 Rn. 2, AK-Lochner, AktG, § 147 Rn. 3 f., Schmidt/LutterSpindler, AktG, § 147 Rn. 3, Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 147 Rn. 10, Hölters-Hirschmann, AktG, § 147 Rn. 2, jeweils m.w. N. zur Rechtsprechung und Literatur zu § 46 Nr. 8 GmbHG; für eine erweiterte Auslegung wohl auch Sünner, ZHR 163 (1999), 364, 374 f.; a. A. dagegen MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 17; für eine erweiternde Auslegung auch GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 92. 273 § 46 GmbHG lautet wie folgt: „Der Bestimmung der Gesellschafter unterliegen: (. . .) Nr. 8: die Geltendmachung von Ersatzansprüchen, welche der Gesellschaft aus der Gründung oder aus der Geschäftsführung gegen Geschäftsführer oder Gesellschafter zustehen, sowie die Vertretung der Gesellschaft in Prozessen, welche sie gegen die Geschäftsführer zu führen hat“. 274 Zur Auslegung des Begriffs „Ersatzansprüche“ im GmbH-Recht siehe nur Michalski-Römermann, GmbHG, § 46 Rn. 389 ff., insbes. Rn. 415 ff., Ulmer/Habersack/ Winter-Hüffer, GmbHG, § 46 Rn. 90 ff., Rowedder/Schmidt-Leithoff-Koppensteiner, GmbHG, § 46 Rn. 39 ff., Lutter/Hommelhoff-Bayer, GmbHG, § 46 Rn. 35 ff., jeweils m.w. N. aus Rechtsprechung und Literatur; siehe aus der Rechtsprechung BGH, BGHZ 80, 70, 75 f. (zum Eintrittsrecht der Gesellschaft bei Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot eines GmbH-Geschäftsführers entsprechend § 113 HGB); BGH, NJW 1975, 977 f. (Ansprüche aus §§ 687 Abs. 2, 681 S. 2, 667 BGB); BGH, BGHZ 97, 382, 390 f. (Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung).

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gleichsansprüche (wie z. B. Herausgabeansprüche aus § 88 Abs. 2 AktG bei Wettbewerbsverstößen, Ansprüche aus §§ 687 Abs. 2, 681 S. 2, 667 BGB und Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 ff. BGB) umfasst. Im GmbH-Recht wird diese weite Auslegung des Begriffes „Ersatzansprüche“ aus dem Normzweck der Vorschrift des § 46 Nr. 8 GmbHG gefolgert. Über die Ersatzansprüche gegen einen Geschäftsführer sollen sämtliche Gesellschafter entscheiden, weil die Geltendmachung zum einen Interna der Gesellschaft aufdecken könnte, die für deren Reputation und Kredit von Bedeutung sind, und zum anderen die – in der GmbH oftmals elementaren – persönlichen Beziehungen zwischen Gesellschaftern und Geschäftsführern belasten könnte.275 Diese Abwägung soll daher die Gesellschafterversammlung als höchstes Gesellschaftsorgan treffen,276 was eine weite Auslegung rechtfertigt. Diese für das GmbH-Recht überzeugende Argumentation lässt sich allerdings nicht auf die Aktiengesellschaft übertragen.277 Während in der häufig personalistisch ausgestalteten GmbH die Diskussion über die Geltendmachung von Ansprüchen und der damit verbundenen Gesellschaftsinterna in einem überschaubaren Gesellschafterkreis erfolgt, werden derartige Interna durch die Erörterung von Sachverhalten, aus denen sich Herausgabe-, Ausgleichs- und sonstige Ansprüche gegen Organmitglieder ergeben können, zumindest in Publikumsaktiengesellschaften gerade erst öffentlich gemacht.278 Außerdem erhält eine Aktionärsminderheit über § 148 Abs. 1 AktG i.V. m. § 147 Abs. 1 S. 1 AktG die Möglichkeit, nach Zulassung der Klage diese Ersatzansprüche der Gesellschaft in eigenem Namen geltend zu machen. Eine Entscheidung sämtlicher Aktionäre findet dann gerade nicht statt.279 Auch die Organisationsstruktur der GmbH ist nicht mit der einer Aktiengesellschaft vergleichbar. Anders als die GmbH, in der weitgehend Satzungsautonomie herrscht,280 bei der die Gesellschafterversammlung zu Recht als oberstes Organ angesehen wird,281 und bei der außer in mitbestimmungsrechtlich relevanten Sachverhalten282 kein zwingender Aufsichtsrat vorge-

275

Lutter/Hommelhoff-Bayer, GmbHG, § 46 Rn. 35, m.w. N. Michalski-Römermann, GmbHG, § 46 Rn. 390 f. 277 So im Ergebnis auch MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 17. 278 MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 17. 279 So auch MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 17 zum damals noch existierenden Geltendmachungserzwingungsrecht einer Aktionärsminderheit gemäß § 147 Abs. 1 S. 1 2. Alt AktG 1998. 280 Zu Inhalt und Grenzen der Satzungsautonomie siehe nur Ulmer/Habersack/Winter-Hüffer, GmbHG, § 46 Rn. 2 ff. 281 Zur Stellung der Gesellschaftergesamtheit als oberstes Organ innerhalb der GmbH siehe nur Lutter/Hommelhoff-Bayer, AktG, § 46 Rn. 1, m.w. N. 282 Vgl. Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, GmbHG, § 52 Rn. 144 ff., 270 ff., 309 ff., 319 ff. zu obligatorisch zu bildenden Aufsichtsräten nach DrittelBG, MitBestG, MontanMitbestG, MitbestErgG und InvestmentG. 276

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sehen ist, existiert in der Aktiengesellschaft eine zwingende Zuständigkeitsordnung (§ 23 Abs. 5 S. 1 AktG) und mit dem obligatorischen Aufsichtsrat steht ein eigenständiges Kontroll- und Überwachungsorgan zur Verfügung, dem die Überwachung der Geschäftsführung des Vorstands und die Vertretung der Gesellschaft gegenüber ihren Vorstandsmitgliedern zwingend obliegt (§§ 111, 112 AktG).283 Auch dies spricht für eine restriktive Auslegung der Vorschrift. Die durch das UMAG eingeführte Klagezulassungsvoraussetzung des § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG, die voraussetzt, dass Tatsachen vorliegen, die den Verdacht rechtfertigen, dass der Gesellschaft durch qualifizierte Pflichtverstöße ein Schaden entstanden ist, ist ebenfalls ein starkes Indiz dafür, dass der Gesetzgeber im Rahmen von § 147 Abs. 1 S. 1 AktG, auf den § 148 Abs. 1 S. 1 AktG Bezug nimmt, nur Schadenersatzansprüche im eigentlichen Sinne erfassen wollte.284 Teilweise wird die Ausdehnung des Begriffs der Ersatzansprüche auf Ersatzund Ausgleichsansprüche mit der Schutzbedürftigkeit begründet.285 Zwar ist dieser Ansicht insoweit zuzustimmen, dass die praktische Durchsetzung dieser Ansprüche nicht weniger gefährdet ist,286 allerdings muss es aus den vorgenannten Gründen bei der Begrenzung der Ersatzansprüche i. S. v. § 147 Abs. 1 S. 1 AktG auf Schadenersatzansprüche im engeren Sinne bleiben. c) Zwischenergebnis Ersatzansprüche i. S. v. § 147 Abs. 1 S. 1 AktG sind neben den dort genannten Schadenersatzansprüchen gegen Verwaltungsmitglieder aus der Gründung bzw. Nachgründung gemäß §§ 48, 53 AktG und wegen unzulässiger Einflussnahme auf die Gesellschaft gemäß § 117 AktG vor allem auch Schadenersatzansprüche der Gesellschaft gegen Verwaltungsmitglieder aus der Geschäftsführung bzw. der Überwachung. Nicht erfasst werden dagegen andere Ansprüche als Schadenersatzansprüche sowie Ansprüche aufgrund von Schädigungen der Gesellschaft, die nur anlässlich einer Geschäftsführungs- oder Überwachungshandlung oder völlig unabhängig davon begangen werden. 283 Nach bestrittener Ansicht soll daher für die paritätisch mitbestimmte GmbH die Vorschrift des § 46 Nr. 8 GmbHG ebenfalls nicht gelten; zum Meinungsstand siehe Michalski-Römermann, GmbHG, § 46 Rn. 395, Lutter/Hommelhoff-Bayer, GmbHG, § 46 Rn. 35, jeweils m.w. N. 284 Auch die durch das KonTraG eingeführte „Vorgängervorschrift“ des § 147 Abs. 3 AktG 1998 verlangte für die Bestellung eines besonderen Vertreters Verdachtstatsachen für einen durch einen qualifizierten Pflichtverstoß kausal verursachten Schaden. Dass der Gesetzgeber offensichtlich zumindest bei dem damaligen Minderheitsrecht gemäß § 147 Abs. 3 AktG 1998 von einer Beschränkung auf Schadenersatzansprüche ausging, zeigt auch der Aufsatz von Seibert zum Referentenentwurf des KonTraG, WM 1997, 1, 5: „Schadenersatzansprüche (. . .) der Gesellschaft“. 285 So z.B. Hüffer, AktG, § 147 Rn. 2; Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 147 Rn. 10. 286 Hüffer, AktG, § 147 Rn. 2.

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4. Übersicht über die materiellen Haftungsvoraussetzungen gemäß § 93 Abs. 2, 3 AktG, gegebenenfalls i.V. m. § 116 AktG Der Vorstand ist das Leitungsorgan der Gesellschaft: er leitet, führt die Geschäfte und vertritt die Gesellschaft in eigener Verantwortung (§§ 76, 77, 78 AktG). Anders als ein GmbH-Geschäftsführer287 handelt er – außer bei Vorliegen eines Beherrschungsvertrags gem. § 291 Abs. 1 S. 1 1. Alt. AktG – weisungsfrei. Das Gegenstück dieser Eigenverantwortlichkeit ist das strenge Haftungsregime der Vorstandsmitglieder gegenüber der Gesellschaft, ihren Aktionären und Gläubigern.288 Diese haften ihrer Gesellschaft gegenüber nach Maßgabe des § 93 AktG für schuldhafte Pflichtverletzungen bei ihrer Geschäftsführung. Der Aufsichtsrat ist in erster Linie Überwachungsorgan. Er ist – aus haftungsrechtlicher Sicht – insbesondere für die Bestellung des Vorstands (§ 84 AktG) und für die Überwachung der Geschäftsführung des Vorstands (§ 111 Abs. 1 AktG) zuständig.289 Für Aufsichtsratsmitglieder gilt die Haftungsnorm des § 93 AktG über die Verweisung in § 116 S. 1 AktG entsprechend.290 Sind mehrere Vorstands- und/oder Aufsichtsratsmitglieder gemäß §§ 93 Abs. 2 S. 1, 116 AktG oder §§ 93 Abs. 3, 116 AktG ersatzpflichtig, haften sie als Gesamtschuldner, § 93 Abs. 2 S. 1 AktG.291 Die Haftung der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder beginnt mit dem Wirksamwerden ihrer Bestellung und endet mit der rechtlichen Beendigung ihrer Organstellung, bzw. dann, wenn die Funktion auch faktisch nicht mehr ausgeübt wird.292 Nach der tatsächlichen Beendigung ihrer Tätigkeit kann es noch zu einer Inanspruchnahme wegen Verletzung nachwirkender Pflichten, wie z. B. der Verschwiegenheitspflicht, kommen.293 287 Zur Weisungsmöglichkeit vgl. Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, GmbHG, § 37 Rn. 20 ff. 288 Schaefer/Missling, NZG 1998, 441; im Rahmen dieser Arbeit wird ausschließlich auf die Haftung gegenüber der Gesellschaft und die Durchsetzungsmöglichkeiten durch Aktionäre eingegangen. Einen Überblick über die Haftung von Organmitgliedern gegenüber Gläubigern und Aktionären gibt z. B. Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 307 ff. 289 Schaefer/Missling, NZG 1998, 441, 445. 290 Sofern sich die Darstellung nicht explizit auf Vorstandsmitglieder beschränkt, werden nachfolgend die §§ 93, 116 AktG zusammen zitiert; das Zitat des § 116 AktG bezieht sich hierbei nur auf Aufsichtsratsmitglieder. 291 Zu den Grundsätzen gesamtschuldnerischer Haftung i. R. d. § 93 AktG, auch zu möglichen Regressansprüchen der Verwaltungsmitglieder untereinander, ausführlich GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 298 ff., m.w. N. 292 Für den Vorstand Hüffer, AktG, § 93 Rn. 12; für den Aufsichtsrat MüKo-Habersack, AktG, § 116 Rn. 14 f.; hinsichtlich des Abstellens auf die faktische Beendigung BGH, BGHZ 47, 341, 343; Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 179; KK-Mertens/ Cahn, AktG, § 93 Rn. 40 f. (jeweils für den Vorstand). 293 Für den Vorstand Arnold, in: Hdb. börsennotierte AG, § 22 Rn. 8; für den Aufsichtsrat MüKo-Habersack, AktG, § 116 Rn. 15.

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a) Pflichtverletzung Ein Schadenersatzanspruch gemäß §§ 93 Abs. 2 S. 1, 116 AktG setzt die Verletzung einer im Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit stehenden gesellschaftsbezogenen Pflicht voraus.294 Die einzelnen den Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern obliegenden Pflichten sind vielfältig und können hier nicht im Einzelnen dargestellt werden.295 Diese Pflichten können sich insbesondere aus dem Gesetz, der Satzung, oder bei Vorstandsmitgliedern aus dem Anstellungsvertrag ergeben;296 anderenfalls leiten Rechtsprechung und Literatur sie aus der Generalklausel des § 93 Abs. 1 S. 1 AktG ab. aa) Generalklausel des § 93 Abs. 1 S. 1 AktG § 93 Abs. 1 S. 1 AktG umschreibt generalklauselartig die allgemeine Sorgfaltspflicht der Vorstandsmitglieder.297 Diese haben danach bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Maßgeblich hierfür ist nach allgemeiner Ansicht in Rechtsprechung und Literatur „wie sich ein pflichtbewusster selbständig tätiger Leiter eines Unternehmens der konkreten Art, der nicht mit eigenen Mitteln wirtschaftet, sondern ähnlich wie ein Treuhänder fremden Vermögensinteressen verpflichtet ist, zu verhalten hat“.298 Für Aufsichtsratsmitglieder gilt der Verhaltens- und Verschuldensmaßstab des § 93 Abs. 1 S. 1 AktG über § 116 S. 1 AktG sinngemäß. Da diese 294 Zur Abgrenzung zwischen dienstlicher und nichtdienstlicher Tätigkeit im Einzelnen GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 74 ff. (für den Vorstand). Verwaltungsmitglieder können ihre Pflichten sowohl durch positives Tun als auch durch Unterlassen verletzen; OLG Koblenz, ZIP 1991, 870, 871; MüKo-Spindler, AktG, § 93 Rn. 130. 295 Siehe hierzu nur die umfangreichen Darstellungen bei MüKo-Spindler, AktG, § 93 Rn. 1 ff., GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 1 ff., jeweils m.w. N. und für die Haftung von Vorstandsmitgliedern; MüKo-Habersack, AktG, § 116 Rn. 1 ff., GK-Hopt/Roth, AktG, § 116 Rn. 1 ff., Hüffer, AktG, § 116 Rn. 1 ff., jeweils m.w. N. und für die Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern. Einen Überblick über obergerichtliche Gerichtsentscheidungen zur Organhaftung aus jüngerer Zeit geben Rieder/Holzmann, AG 2011, 265 ff. 296 Dass sich Pflichten der Vorstandsmitglieder auch aus ihrem Anstellungsvertrag ergeben können, ist allgemein anerkannt; siehe nur Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 201, Hüffer, AktG, § 93 Rn. 13, jeweils m.w. N.; a. A. wohl Winnen, Innenhaftung, S. 142 f. 297 Nach allgemeiner Ansicht kommt der Vorschrift des § 93 Abs. 1 S. 1 AktG eine Doppelfunktion zu: einerseits umschreibt sie den Verschuldensmaßstab und andererseits stellt sie objektive Verhaltenspflichten in Form einer Generalklausel auf, aus der diverse Einzelpflichten abgeleitet werden, soweit diese nicht schon anderweitig geregelt sind; siehe nur MüKo-Spindler, AktG, § 93 Rn. 20, MüKo-Semler, AktG, 2. Aufl., § 116 Rn. 502, jeweils m.w. N.; zweifelnd dagegen Hüffer, AktG, § 93 Rn. 3a. 298 So explizit OLG Düsseldorf, AG 1997, 231, 235, bedeutungsgleich BGH, BGHZ 129, 30, 34, sowie Hüffer, AktG, § 93 Rn. 4, AK-Landwehrmann, AktG, § 93 Rn. 51, jeweils m.w. N. zu Rechtsprechung und Literatur. Speziell für den Aufsichtsrat Grotheer, WM 2005, 2070, 2072.

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Kap. 1: Innenhaftung und ihre Durchsetzung

keine Geschäftsleitungs-, sondern in erster Linie Überwachungsaufgaben wahrnehmen, ist für sie der Maßstab eines ordentlichen und gewissenhaften Aufsichtsratsmitglieds bzw. Überwachers maßgeblich.299 Die Organmitglieder müssen stets „den Vorteil der Gesellschaft wahren und Schaden von ihr abwenden“ 300 und sich bei ihrem Handeln am Unternehmenswohl ausrichten.301 Die Pflichten der Verwaltungsmitglieder gegenüber der Gesellschaft lassen sich in Sorgfalts- und Treupflichten unterteilen,302 wobei die Verschwiegenheitspflicht nach herrschender Meinung eine Untergruppe der Treupflicht darstellt.303 bb) Unternehmerisches Ermessen; Haftungsfreiraum des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG Bereits seit langem ist anerkannt, dass eine Erfolgshaftung von Verwaltungsmitgliedern für unternehmerische Entscheidungen mit unerwünschtem Ausgang ausscheiden muss.304 Der BGH hat in seiner bekannten ARAG/Garmenbeck-Entscheidung305 aus dem Jahre 1997 ausdrücklich bestätigt, dass dem Vorstand bei der Leitung der Geschäfte „(. . .) ein weiter Handlungsspielraum zugebilligt werden muss, ohne den eine unternehmerische Tätigkeit schlechterdings nicht denkbar ist. Dazu gehört neben dem bewussten Eingehen geschäftlicher Risiken 299

Hüffer, AktG, § 116 Rn. 2; Kling, DZWIR 2005, 45 f. BGH, BGHZ 21, 514 (Harpener/Omni); vgl. auch Wiesner, in: MünchHdb. AG, § 26 Rn. 5; GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 72. 301 Vgl. zum Begriff des Unternehmenswohls bzw. des Unternehmensinteresses nur Hüffer, AktG, § 76 Rn. 12 ff.; ausführlich mit vielen weiteren Nachweisen auch Mülbert, ZGR 1997, 129, 147 ff. Zahlreiche weitere Nachweise auch bei Kling, DZWIR 2005, 45, 51 f. (Fn. 110 ff.). Der in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG verwendete Begriff des „Wohls der Gesellschaft“, d.h. die Förderung der „langfristigen Ertragsstärkung und Wettbewerbsfähigkeit (. . .) (einschließlich) des Gesamtkonzerns“, (Regierungsbegründung UMAG, S. 11), stellt dabei den „Minimalkonsens“ dar, der sich zur Auslegung des Begriffs des „Unternehmensinteresses“ herauskristallisiert hat; siehe hierzu Spindler, NZG 2005, 865, 872, m.w. N. (in Fn. 123). Vgl. zu den Begriffen Gesellschaftswohl und Unternehmensinteresse auch ausführlich Winnen, Innenhaftung, S. 225 ff. 302 Hüffer, AktG, § 93 Rn. 3 ff., Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 9, Baums, Gutachten F 224, 240, jeweils m.w. N. 303 GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 72, 187, Hüffer, AktG, § 93 Rn. 3, 6, § 116 Rn. 6, jeweils m.w. N.; a. A. Godin-Wilhelmi, AktG, § 93 Rn. 5 (Ausfluss der Sorgfaltspflicht); BGH, BGHZ 64, 325, 327, KK-Mertens/Cahn, AktG, § 93 Rn. 113, m.w. N. (jeweils Sorgfalts- und Treupflicht). 304 Vgl. bereits RG NJW 1911, 223; BGH, BGHZ 69, 207, 213 („Risiken sind nicht ungewöhnlich“); BGH, BGHZ 71, 40, 49 f.; 75, 96, 113; 125, 239, 248 ff. Bestrebungen, angesichts der Missstände in der Weimarer Republik eine Erfolgshaftung einzuführen, konnten sich aus Praktikabilitätsgründen nicht durchsetzen, da den Verwaltungsorganen nicht „jeder Mut zur Tat genommen“ werden sollte; siehe hierzu mit historischen Nachweisen Goette, ZGR 1995, 648, 668 f. 305 BGH, BGHZ 135, 244 ff. (ARAG/Garmenbeck). 300

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grundsätzlich auch die Gefahr von (. . .) Fehleinschätzungen.“ 306 Eine Erfolgshaftung für Fehler im Rahmen des unternehmerischen Entscheidungsspielraums darf es nicht geben,307 will man nicht eine übersteigerte Risikoaversion der Vorstandsmitglieder provozieren.308 Die Auslotung der Grenzen des unternehmerischen Ermessens ist daher von zentraler Bedeutung für die Organhaftung.309 Seit In-Kraft-Treten des UMAG ist der Haftungsfreiraum310 für unternehmerische Entscheidungen in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG kodifiziert. Eine Pflichtverletzung liegt nach dieser Vorschrift dann nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.311 Der Haftungsfreiraum nach § 93 Abs. 1 S. 2 AktG kommt danach nur für unternehmerische Entscheidungen312 in 306 BGH, BGHZ 135, 244, 253 (ARAG/Garmenbeck); deutlich Semler, in: FS Ulmer, S. 627 f.: „Eine Entscheidung, die kein Risiko beinhaltet, ist keine unternehmerische Entscheidung“. In der Literatur wird der den Leitungsorganen eingeräumte Handlungsbzw. Entscheidungsspielraum oft auch als „unternehmerisches Ermessen“ bezeichnet; vgl. hierzu nur GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 81 ff., GK-Hopt/Roth, AktG, § 116 Rn. 72 ff., jeweils m.w. N. auf die zahlreichen Monographien und weitere Literatur. Speziell zur ARAG/Garmenbeck-Entscheidung Herrmann, AG 1998, 201 ff., Schaefer/Missling, NZG 1998, 441, 444, jeweils m.w. N. 307 Regierungsbegründung UMAG, S. 11; so auch bereits der Beschluss des 63. Deutschen Juristentages, Beschluss der Abteilung Wirtschaftsrecht III.1, O 79 und der Vorschlag der Regierungskommission Corporate Governance; Baums, Bericht Regierungskommission Rn. 70. 308 Nach der ARAG/Garmenbeck-Entscheidung des BGH kam daher eine Vorstandshaftung in Anlehnung an die Business Judgment Rule des US-amerikanischen Rechts erst dann in Betracht, wenn „die Grenzen, in denen sich ein vom Verantwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss, deutlich überschritten sind, die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt worden ist oder das Verhalten des Vorstands aus anderen Gründen als pflichtwidrig gelten muss“; BGH, BGHZ 135, 244, 253 f. Zur Business Judgment Rule siehe Paefgen, AG 2004, 245 ff., Fleischer, ZIP 2004, 685 ff., jeweils m.w. N.; gegen die Rezeption der Business Judgment Rule ins deutsche Recht dagegen unter anderem Hüffer, in: FS Raiser, S. 162, 179 f.; Kinzl, AG 2004, R 3. 309 So auch BGH, BGHZ 69, 207, 213; Schäfer, ZIP 2005, 1253; Thümmel, DB 2004, 471. 310 Zur Klassifizierung als Haftungsfreiraum bzw. als „sicherer Hafen“ ausführlich Schäfer, ZIP 2005, 1253, 1254 f. 311 Näher zu Voraussetzungen und Grenzen dieser, in der Gesetzesbegründung und in der Literatur auch als „business judgment rule“ bezeichneten Vorschrift und ihren einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen, jeweils m.w. N., u. a. MüKo-Spindler, AktG, § 93 Rn. 35 ff.; Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 59 ff.; Hoor, DStR 2004, 2104 ff.; Fleischer, ZIP 2004, 685 ff.; Brömmelmeyer, WM 2005, 2065 ff.; Ihrig, WM 2004, 2098 ff.; Lutter, ZIP 2007, 841 ff.; Schneider, DB 2005, 707 ff.; Kinzl, DB 2004, 1653 ff.; Grundei/v. Werder, AG 2005, 825 ff.; Horn, in: FS Westermann, S. 1053 ff. 312 Die genaue Definition der unternehmerischen Entscheidung ist umstritten; zum Meinungsstand vgl. u. a. Semler, in: FS Ulmer, S. 627 ff.; Schäfer, ZIP 2005, 1253, 1255 ff.; Fleischer, ZIP 2004, 685, 690; Schneider, DB 2005, 707, 708 ff.

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Kap. 1: Innenhaftung und ihre Durchsetzung

Frage. Diese sind zukunftsbezogen und daher durch Prognosen und nicht-justiziable Einschätzungen gekennzeichnet.313 Es besteht ein Schutzbedürfnis der Vorstandsmitglieder, bei unsicheren zukünftigen Geschehensabläufen, bei denen die „Richtigkeit“ der Entscheidung allenfalls ex post beurteilt werden kann, für spätere Fehlentwicklungen nicht in Anspruch genommen zu werden.314 Bei aus Gesetz, Satzung oder Anstellungsvertrag resultierenden Pflichten ohne tatbestandlichen Beurteilungsspielraum scheidet eine unternehmerische Entscheidung daher ebenso aus wie, nach vorzugswürdiger herrschender Ansicht, bei Treupflichtverletzungen.315 Soweit der Aufsichtsrat unternehmerische Entscheidungen trifft,316 gilt der Haftungsfreiraum des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG über die Verweisungsnorm des § 116 S. 1 AktG entsprechend für Aufsichtsratsmitglieder. b) Verschulden Die Haftung aus §§ 93 Abs. 2 S. 1, 116 AktG ist eine Verschuldenshaftung und setzt Vorsatz oder Fahrlässigkeit des pflichtwidrig handelnden Vorstandsoder Aufsichtsratsmitglieds im Hinblick auf die Pflichtverletzung voraus.317 Der Verschuldensmaßstab ergibt sich nach allgemeiner Ansicht ebenfalls aus § 93 Abs. 1 S. 1 AktG.318 Ein Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglied haftet grundsätzlich nur für eigenes Verschulden,319 einschließlich Delegationsverschulden.320

313 Regierungsbegründung UMAG, S. 11; Göz/Holzborn, WM 2006, 157; a. A. Thümmel, DB 2004, 471, 472, der i. Erg. zustimmt, dass Verstöße gegen Gesetz oder Satzung vom unternehmerischen Ermessen nicht gedeckt sind. 314 Schneider, DB 2005, 707, 708 ff., Brömmelmeyer, WM 2005, 2065, 2066, jeweils m.w. N. 315 Siehe nur Regierungsbegründung UMAG, S. 11; Fleischer, in: FS Wiedemann, S. 826, 843 f.; OLG Düsseldorf, AG 2010, 126 f. (zu Gesetzes- und Satzungsverstößen); Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 67. Ob bei Treupflichten unternehmerische Entscheidungen stets ausgeschlossen sind, ist zwar umstritten, dürfte im Ergebnis jedoch ohne Bedeutung sein, da nach der Gegenansicht Treuverstöße jedenfalls kein Handeln zum Wohle der Gesellschaft darstellen dürften; siehe hierzu nur Schäfer, ZIP 2005, 1253, 1256. Vgl. zum Meinungsstand ausführlich Winnen, Innenhaftung, S. 106 ff., insbes. 108, 109 ff., 182 ff. 316 Zum unternehmerischen Ermessen des Aufsichtsrats vgl. u. a. Semler, in: FS Ulmer, S. 627, 628 ff.; GK-Hopt/Roth, AktG, § 116 Rn. 69 ff.; Lutter, ZIP 2007, 841, 846 f.; Kling, DZWIR 2005, 45 f.; zum Ermessen des Aufsichtsrats bei der Aufstellung des Zustimmungskatalogs nach § 111 Abs. 4 S. 2 AktG siehe Habersack, in: FS Hüffer, S. 260, 265 ff. 317 Wiesner, in: MünchHdb. AG, § 26 Rn. 9. Ausreichend ist hierfür bereits leichte Fahrlässigkeit. 318 Zur Doppelfunktion dieser Vorschrift siehe bereits Kap. 1, Fn. 297. 319 Siehe hierzu u. a. ausführlich GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 55 ff., 257 (für den Vorstand); MüKo-Habersack, AktG, § 116 Rn. 70 (für den Aufsichtsrat). 320 Ausführlich hierzu Fleischer, AG 2003, 291, 292 ff.

C. Haftungsgrundlagen

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c) Schaden der Gesellschaft und Kausalität Die Ersatzpflicht des Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieds gemäß §§ 93 Abs. 2 S. 1, 116 AktG setzt außerdem voraus, dass der Gesellschaft durch die schuldhafte Pflichtverletzung adäquat kausal ein Schaden entstanden ist.321 d) Darlegungs- und Beweislast Die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast ist von entscheidender Bedeutung für die Realisierbarkeit von Organhaftungsansprüchen durch die Gesellschaft, aber auch durch Aktionäre oder Gläubiger.322 Abweichend von der allgemeinen zivilprozessualen Beweislastverteilung, nach der jede Partei die Voraussetzungen der ihr günstigen Norm beweisen muss,323 trifft die Regelung des § 93 Abs. 2 S. 2 AktG eine für die Gesellschaft günstigere Beweislastregelung. Ist streitig, ob das Vorstands- bzw. Aufsichtsratsmitglied die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters bzw. Überwachers angewandt hat, trifft es die Beweislast (§§ 93 Abs. 2 S. 2, 116 AktG). Diese Darlegungsund Beweislastverteilung ist zwar für das beklagte Organmitglied im Prozess ungünstig, beruht aber auf dem Gedanken der Sachnähe.324 Das beklagte Verwaltungsmitglied kann nach der Rechtsprechung des BGH die Umstände seines Verhaltens und die Kriterien, die für die Beurteilung der Pflichtmäßigkeit seines Handelns maßgeblich sind, besser übersehen als die Gesellschaft, die diesbezüglich in aller Regel in Beweisnot geriete.325 Auch bei der Überprüfung von Ermessensentscheidungen sind die von den Verwaltungsmitgliedern ihrer Entscheidung zugrundegelegten – und von diesen darzulegenden – Überlegungen von zentraler Bedeutung.326 321 GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 266 (für den Vorstand); GK-Hopt/Roth, AktG, § 116 Rn. 281 ff. (für den Aufsichtsrat); zu Möglichkeit und Grenzen der Berufung auf ein rechtmäßiges Alternativverhalten siehe MüKo-Spindler, AktG, § 93 Rn. 156, KK-Mertens/Cahn, AktG, § 93 Rn. 54 f., jeweils m.w. N. Zum Schadensbegriff i. R.v. § 93 AktG siehe GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 263 (für den Vorstand), GK-Hopt/Roth, AktG, § 116 Rn. 282 (für den Aufsichtsrat), jeweils m.w. N.; abweichend KK-Mertens, AktG, 2. Aufl., § 93 Rn. 23 ff.; zur mangelnden „juristisch belangvollen Substanz“ dieses Meinungsstreits siehe KK-Mertens/Cahn, AktG, § 93 Rn. 59, m.w. N. 322 Auf die Möglichkeit für Gesellschaftsgläubiger, Ersatz für ihnen durch eine pflichtwidrige und schuldhafte Handlung eines Organmitglieds entstandene Schäden zu fordern (§ 93 Abs. 5 AktG), wird hier nicht eingegangen. 323 BGH, BGHZ 152, 280, 283 (zur GmbH); Hüffer, AktG, § 93 Rn. 16, m.w. N.; vgl. auch Zöller-Greger, ZPO, Vor § 284 Rn. 17a. 324 MüKo-Spindler, AktG, § 93 Rn. 162; Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 220. 325 BGH, BGHZ 152, 280, 283 (zur GmbH); Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 220; Goette, in: Handbuch Corporate Governance, S. 713, 737, der sich explizit auch auf die Verfolgung von Ansprüchen der Gesellschaft durch Aktionäre oder Gläubiger bezieht. 326 Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 220.

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Kap. 1: Innenhaftung und ihre Durchsetzung

Hieraus ergibt sich folgende Darlegungs- und Beweislastverteilung im Haftungsprozess:327 Die Gesellschaft muss Folgendes darlegen und gegebenenfalls beweisen:328 erstens das Verhalten des Organmitglieds, welches sich möglicherweise als pflichtwidrig darstellt,329 zweitens die Schadenshöhe und dessen Eintritt330 und drittens die Kausalität zwischen dem Handeln des betreffenden Organmitglieds und dem Schaden.331 In Bezug auf den Schaden kommen der Gesellschaft oder den in Prozessstandschaft klagenden Aktionären weitere Beweiserleichterungen zugute. So genügt nach Auffassung des BGH332 und der herrschenden Literatur,333 dass die Tatsachen vorgetragen und bewiesen werden, die für eine Schadenseinschätzung nach § 287 ZPO genügend Anhaltspunkte enthalten.334 Entsprechende Beweiserleichterungen gelten für die Kausalität zwischen dem Handeln des Verwaltungsmitglieds und dem Schaden.335 Die Verwaltungsmitglieder sind ihrerseits darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass sie objektiv pflichtgemäß bzw. verschuldensfrei gehandelt haben, bzw. dass der Schaden auch bei pflichtmäßigem Verhalten eingetreten wäre.336 Wegen der als Einschränkung formulierten Regelung des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG liegt die Darlegungs- und Beweislast für das Eingreifen des Haftungsfreiraums des § 93 327 Ausführlich zu den Regeln der Darlegungs- und Beweislast auch Spindler/StilzFleischer, AktG, § 93 Rn. 220 ff.; GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 276 ff., Hüffer, AktG, § 93 Rn. 16 ff., Schmidt/Lutter-Krieger/Sailer-Coceani, AktG, § 93 Rn. 31 ff., MüKoSpindler, AktG, § 93 Rn. 162 ff., jeweils m.w. N. 328 Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 221. 329 Die Gesellschaft muss hierzu Anhaltspunkte vortragen, dass das dem Verwaltungsmitglied vorgeworfene Verhalten möglicherweise pflichtwidrig sein kann; Schmidt/ Lutter-Krieger/Sailer-Coceani, AktG, § 93 Rn. 31; Lutter, ZIP 2007, 841, 846, jeweils m.w. N. Siehe hierzu ausführlich Goette, ZGR 1995, 648, 673 f., der zu Recht auf die Einzelfallabhängigkeit des Darlegungsgrads hinweist. 330 Zur Beweiserleichterung bei den Sondertatbeständen des § 93 Abs. 3 AktG siehe Kapitel 1 C. I. 4. e). 331 BGH, BGHZ 152, 280, 287 (zur GmbH); BGH, ZIP 2007, 322 (zur Genossenschaft); OLG Stuttgart, AG 2010, 133 f.; Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 221. 332 BGH, BGHZ 152, 280, 287 (zur GmbH). 333 Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 221, GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 281 f., jeweils m.w. N. 334 Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 221. Vgl. hierzu auch GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 278, der fordert, die Beweislastregelungen der § 93 Abs. 2 S. 2 AktG und § 287 ZPO nicht nebeneinander anzuwenden, da sonst ein „Vermutungszirkelschluss“ drohe. 335 Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 221, Schmidt/Lutter-Krieger-/Sailer-Coceani, AktG, § 93 Rn. 32, jeweils m.w. N. 336 Statt aller BGH, BGHZ 152, 280, 284 (zur GmbH); BGH NZG 2011, 549 ff.; OLG Stuttgart, AG 2010, 133 f.; GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 285 f.; Hüffer, AktG, § 93 Rn. 16; a. A. Fleck, GmbHR 1997, 237, 239 (zur GmbH), Kindler, in: FS Goette, S. 231, 234 f. (Beweislastumkehr nur für Verschulden).

C. Haftungsgrundlagen

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Abs. 1 S. 2 AktG ebenfalls bei dem betreffenden Organmitglied.337 Dies führt de facto zu einem Dokumentationszwang aller unternehmerischen Entscheidungen.338 Diese gesetzliche Beweislastverteilung gilt auch für ausgeschiedene Organmitglieder.339 Soweit diese keinen Zugang zu den für ihre Entlastung notwendigen Gesellschaftsunterlagen mehr haben, muss ihnen die Gesellschaft entsprechend dem Rechtsgedanken des § 810 BGB bzw. als Ausprägung ihrer Treupflicht Einsicht in die relevanten Unterlagen gewähren.340 Diese Beweislastregelungen gelten sowohl für einen Haftungsprozess der Gesellschaft gegen ihre Organmitglieder, als auch für einen von Aktionären geführten Haftungsprozess gegen Organmitglieder gemäß § 148 Abs. 4 AktG. Allerdings trifft § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG insoweit eine von der Beweislastverteilung des § 93 Abs. 2 S. 2 AktG abweichende Regelung, als die Antragsteller im vorgeschalteten Klagezulassungsverfahren darlegen und beweisen müssen, dass Verdachtstatsachen dafür vorliegen, dass der Gesellschaft durch Unredlichkeit oder grobe Gesetzes- oder Satzungsverletzung ein Schaden entstanden ist.341 e) Haftungstatbestände gemäß § 93 Abs. 3 AktG § 93 Abs. 3 AktG enthält neun Spezial-Tatbestände,342 die die Eigenkapitalausstattung der Gesellschaft sichern sollen.343 § 93 Abs. 3 AktG ist eine eigene Anspruchsgrundlage der Gesellschaft, deren Bedeutung vor allem in der Modifi337 Regierungsbegründung UMAG, S. 12; Lutter, ZIP 2007, 841, 846; Göz/Holzborn, WM 2006, 157 f.; so auch bereits BGH, BGHZ 152, 280, 284 (zur GmbH); anders Wilsing, ZIP 2004, 1082, 1089; Paefgen, NZG 2009, 891 ff. 338 Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 221; BGH, BGHZ 152, 280, 284 (zur GmbH). 339 BGH, BGHZ 152, 280, 284 (zur GmbH); BGH NZG 2011, 549 ff.; so auch die wohl herrschende Literaturansicht, GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 297; Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 224; KK-Mertens/Cahn, AktG, § 93 Rn. 147; für eine teleologische Reduktion der Beweislastumkehr bei ausgeschiedenen Organmitgliedern hinsichtlich der fehlenden Pflichtwidrigkeit dagegen Bürgers/Körber-Bürgers/Israel, AktG, § 93 Rn. 29; Foerster, ZHR 176 (2012), 221, 225 ff., m.w. N. zum Meinungsstand (insbes. in Fn. 18); so wohl auch Hüffer, AktG, § 93 Rn. 17a. 340 Siehe hierzu auch BGH, BGHZ 152, 280, 285 (zur GmbH); Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 224, Schmidt/Lutter-Krieger/Sailer-Coceani, AktG, § 93 Rn. 34, jeweils m.w. N.; vgl. zur Beweislastumkehr und zum Informationsanspruch des (ausgeschiedenen) Vorstandsmitglieds auch Krieger, in: FS Schneider, S. 717 ff.; Foerster, ZHR 176 (2012), 221 ff.; zum Einsichtnahmerecht des ausgeschiedenen Vorstandsmitglieds auch Grooterhorst, AG 2011, 389 ff.; Deilmann/Otte, BB 2011, 1291 ff. 341 Siehe hierzu noch Kapitel 2 D. III. 8. d). 342 Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, 1. Aufl., § 93 Rn. 216 spricht in diesem Zusammenhang von den „neun Todsünden“; so auch ders., NZG 2010, 121 f. Ausführlich zu § 93 Abs. 3 AktG MüKo-Spindler, AktG, § 93 Rn. 192 ff., m.w. N. 343 Fleischer, AG 2005, 321, 326; AK-Landwehrmann, AktG, § 93 Rn. 126.

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Kap. 1: Innenhaftung und ihre Durchsetzung

zierung des allgemeinen Schadensbegriffes der §§ 249 ff. BGB liegt.344 Anders als bei der Haftungsnorm des § 93 Abs. 2 S. 1 AktG, bei der die Gesellschaft den Eintritt des Schadens beweisen muss, obliegt es dem Vorstands- bzw. Aufsichtsratsmitglied, die Vermutung des Schadenseintritts zu widerlegen.345 f) Verjährung, § 93 Abs. 6 AktG In der Vergangenheit verjährten die Ersatzansprüche der Gesellschaft gegen ihre Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder aus §§ 93 Abs. 2, 3, 116 AktG in fünf Jahren (§ 93 Abs. 6 AktG 1965). Seit In-Kraft-Treten des Restrukturierungsgesetzes346 verjähren Ersatzansprüche der Gesellschaft gegen ihre Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder aus §§ 93 Abs. 2, 3, 116 AktG bei Gesellschaften, die zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung börsennotiert i. S. v. § 3 Abs. 2 AktG (oder Kreditinstitute i. S. v. §§ 1, 52a KWG) sind, in zehn Jahren,347 bei anderen Gesellschaften bleibt es bei der fünfjährigen Verjährungsfrist.348 Diese Verjährungsfrist

344 Im Rahmen des § 93 Abs. 3 AktG wird vermutet, dass der Schaden der Gesellschaft bereits im bloßen Mittelabfluss, wie z. B. der verbotenen Einlagenrückgewähr gemäß §§ 93 Abs. 3 Nr. 1, 57 Abs. 1 AktG liegt; Reichsgericht, RGZ 159, 211, 230; vgl. Hüffer, AktG, § 93 Rn. 22. 345 OLG Stuttgart, AG 2010, 133 f.; GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 235, 291, AK-Landwehrmann, AktG, § 93 Rn. 127 f., jeweils m.w. N. 346 Gesetz zur Restrukturierung und geordneten Abwicklung von Kreditinstituten, zur Errichtung eines Restrukturierungsfonds für Kreditinstitute und zur Verlängerung der Verjährungsfrist der aktienrechtlichen Organhaftung (Restrukturierungsgesetz) vom 9. Dezember 2010, BGBl. 2010 I, S. 1900 („Restrukturierungsgesetz“); die Änderungen des Aktiengesetzes und des Einführungsgesetzes zum Aktiengesetz sind am 15. Dezember 2010 in Kraft getreten. Die neue Verjährungsvorschrift gilt gemäß § 24 EGAktG auch für vor In-Kraft-Treten des Restrukturierungsgesetzes entstandene und noch nicht verjährte Ansprüche. 347 Ausweislich der Regierungsbegründung Restrukturierungsgesetz, S. 64 soll die Verlängerung der Verjährungsfrist unter anderem dazu dienen, dass Ansprüche auch noch dann verfolgt werden können, wenn sie erst spät bekannt geworden sind oder wenn die Sachverhaltsermittlung (ggf. durch eine Sonderprüfung) zeitaufwendig war; außerdem soll dadurch eine Geltendmachung nach personellen Veränderungen in den Verwaltungsorganen ermöglicht werden. Zur vielfachen Kritik sowie zu Alternativvorschlägen zu dieser Regelung siehe nur DAV-Stellungnahme zum Restrukturierungsgesetz, NZG 2010, 897 ff.; Rubner/Leuernig, NJW-Spezial 2010, 527 f.; Baums, ZHR 174 (2010), 593 ff.; Keiluweit, GWR 2010, 445 ff.; Redeke, BB 2010, 910 ff. 348 Der Fristbeginn richtet sich nach inzwischen einhelliger Meinung nach § 200 BGB; vgl. hierzu nur AK-Landwehrmann, AktG, § 93 Rn. 193 f. (anders noch die Vorauflage, AK-Landwehrmann, AktG, 2. Aufl., § 93 Rn. 193 f., Anwendbarkeit von § 199 BGB), Hüffer, AktG, § 93 Rn. 37; § 117 Rn. 12; MüKo-Spindler, AktG, § 93 Rn. 255; GK-Kort, AktG, § 117 Rn. 234, 258; Harbarth/Jaspers, NZG 2011, 368, 374; BGH, NZG 2008, 908, 910 (zur Verjährungsvorschrift des § 43 Abs. 2 S. 4 GmbHG); auch OLG Stuttgart, AG 2010, 133 f. (zu § 93 AktG). Zur Anwendbarkeit der Verjährungsvorschrift auf andere Schadenersatzansprüche gegen Verwaltungsmitglieder siehe MüKo-Spindler, AktG, § 93 Rn. 253, m.w. N. (für den Vorstand).

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kann wegen des abschließenden Charakters des § 93 Abs. 6 AktG nicht modifiziert werden.349 g) Zwischenergebnis Wie aufgezeigt, hält das Aktienrecht grundsätzlich strenge Haftungsregeln für Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder bereit: so müssen diese einen vielfältigen Pflichtenkreis beachten, für eine Haftung genügt bereits leichte(ste) Fahrlässigkeit, und die Beweislast für ein objektiv pflichtgemäßes und verschuldenfreies Verhalten ist in Abweichung der allgemeinen Beweislastverteilungsregeln den Verwaltungsmitgliedern zugewiesen. Eine Erfolgshaftung für unternehmerische Fehlentscheidungen scheidet dagegen aus, wie § 93 Abs. 1 S. 2 AktG klarstellt. 5. Beschränkungsmöglichkeiten der Innenhaftung Angesichts dieses strengen Haftungsregimes kommt der Frage besondere Bedeutung zu, ob, und wenn ja, inwieweit die Innenhaftung von Verwaltungsmitgliedern beschränkt oder ausgeschlossen werden kann, und unter welchen Voraussetzungen ein Verzicht oder Vergleich der Gesellschaft auf/über die Ersatzansprüche möglich ist. a) Zwingendes Haftungsregime Anders als bei der GmbH, bei der haftungsbeschränkende Vereinbarungen grundsätzlich für zulässig gehalten werden,350 ist die Regelung des § 93 AktG für die Aktiengesellschaft vollumfänglich zwingend.351 Dies ergibt sich aus der eigenverantwortlichen Stellung des Verwaltungsmitglieds, sowie daraus, dass die Vorschrift des § 93 AktG, wie aus § 93 Abs. 5 AktG ersichtlich, auch dem Gläubigerschutz dient.352 Vertragliche Haftungsbeschränkungen, etwa durch die Satzung oder bei Vorstandsmitgliedern durch den Anstellungsvertrag, wie etwa ein Haftungsausschluss für leichte Fahrlässigkeit, die Verkürzung der Verjährungs349 § 23 Abs. 5 AktG. Siehe auch MüKo-Spindler, AktG, § 93 Rn. 254, m.w. N.; anders aber zur GmbH, BGH, WM 2002, 2332, 2333; für eine Verlängerungsmöglichkeit der Verjährung durch Individualabrede dagegen Wahlers/Wolff, AG 2011, 605 ff. mit einem Überblick über den Meinungsstand (S. 606, Fn. 9). 350 Zum Meinungsstand siehe Lutter/Hommelhoff-Kleindiek, GmbHG, § 43 Rn. 60 ff., m.w. N. 351 Für die Haftung aus § 93 Abs. 2 S. 1 AktG MüKo-Spindler, AktG, § 93 Rn. 10, 26; Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 5 (zum Verbot der Haftungsverschärfung). Speziell für den Aufsichtsrat siehe BGH, BGHZ 64, 325 ff. (Bayer); Hüffer, AktG, § 116 Rn. 8. Für die Zulässigkeit einer Haftungsverschärfung ist dies umstritten; zweifelnd Arnold, in: Hdb. börsennotierte AG, § 22 Rn. 3; differenzierend AK-Landwehrmann, AktG, § 93 Rn. 5. 352 Siehe auch MüKo-Spindler, AktG, § 93 Rn. 26.

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frist oder die Einführung einer summenmäßigen Haftungsbegrenzung scheiden daher aus.353 Aber auch ein Haftungsausschluss oder eine Haftungserleichterung nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen wie der Verwirkung354 oder der betrieblich veranlassten Tätigkeit355 ist nicht möglich. b) Haftungsausschluss wegen Billigung durch andere Gesellschaftsorgane Dass in der jährlichen Entlastung der Verwaltungsorgane kein Verzicht auf etwaige Ersatzansprüche liegt, stellt bereits § 120 Abs. 2 S. 2 AktG klar. Auch ein billigender Beschluss des Aufsichtsrats kann die Vorstandsmitglieder nicht von ihrer Verantwortlichkeit befreien (§ 93 Abs. 4 S. 2 AktG). Dies gilt auch im Falle einer Mitwirkungs- oder Zustimmungspflicht und ist konsequent, denn eine Haftungsbefreiung durch einen Beschluss des Aufsichtsrats liefe dem Grundsatz des § 76 Abs. 1 AktG zuwider, wonach der Vorstand zur eigenverantwortlichen Leitung der Gesellschaft verpflichtet ist.356 Auch ein Haftungsausschluss der Aufsichtsratsmitglieder bei vorheriger Billigung des Vorstands ist nicht möglich.357 Nach §§ 93 Abs. 4 S. 1, 116 AktG ist die Ersatzpflicht der Verwaltungsmitglieder358 gegenüber der Gesellschaft359 jedoch dann ausgeschlossen, wenn die schadensverursachende Handlung auf einem gesetzmäßigen Beschluss der Hauptversammlung beruht.360 Das Tatbestandsmerkmal des „Beruhens“ verdeutlicht, dass der Hauptversammlungsbeschluss vor der entsprechenden Handlung des Verwaltungsmitglieds gefasst sein muss.361 Eine nachträgliche „Billigung“ des haftungsverursachenden Verwaltungshandelns durch die Hauptversammlung 353 Allgemeine Meinung; vgl. nur GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 23 ff. (für den Vorstand), MüKo-Semler, AktG, 2. Aufl., § 116 Rn. 4 (für den Aufsichtsrat), jeweils m.w. N. 354 Siehe hierzu GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 337 f., m.w. N. 355 Siehe hierzu BGH, WM 1975, 467, 469 (zur Genossenschaft); OLG Düsseldorf, ZIP 1995, 1183, 1192; Hüffer, AktG, § 93 Rn. 14, m.w. N. 356 MüKo-Spindler, AktG, § 93 Rn. 217; Hüffer, AktG, § 93 Rn. 27. 357 Dies ergibt sich aus der Überwachungsfunktion des Aufsichtsrats; GK-Hopt/Roth, AktG, § 116 Rn. 297, und resultiert zudem aus einer sinngemäßen Anwendung der §§ 93 Abs. 4 S. 2, 116 S. 1 AktG. 358 Eine Haftungsbefreiung für Aufsichtsratsmitglieder kommt kaum in Betracht, da diese grundsätzlich keiner Ausführungspflicht von Hauptversammlungsbeschlüssen unterliegen; Thümmel, Haftung, S. 158, m.w. N.; etwas anderes gilt jedoch für den Hauptversammlungsbeschluss gemäß § 147 Abs. 1 AktG. 359 Den Gläubigern gegenüber wird die Ersatzpflicht dadurch nicht ausgeschlossen, § 93 Abs. 5 S. 3 AktG. 360 Siehe hierzu nur Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 264 ff. 361 Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 267, m.w. N.

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unterliegt den Einschränkungen des Verzichts und Vergleichs gemäß § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG. Der Beschluss der Hauptversammlung ist im Grundsatz dann „gesetzmäßig“, wenn er weder nichtig (§ 241 AktG) noch anfechtbar (§§ 243 ff. AktG) ist.362 Der Vorstand kann daher risikobehaftete Maßnahmen zur eigenen „Enthaftung“ gemäß § 119 Abs. 2 AktG der Hauptversammlung zur Beschlussfassung vorlegen.363 c) Verzicht, Vergleich und gleichgestellte Rechtshandlungen, § 93 Abs. 4 S. 3 AktG Dass ein Verzicht oder Vergleich der Gesellschaft über bereits entstandene Ersatzansprüche nur unter engen Voraussetzungen möglich sein kann, ergibt sich bereits aus dem Schutzzweck des § 93 AktG. Diese Norm bezweckt zum einen den Schutz der Gesellschaft durch Nachteilsausgleich und durch Erzeugung einer Präventionswirkung, zum anderen bezweckt sie auch einen Schutz der Aktionäre.364 § 93 Abs. 4 S. 3 AktG bestimmt daher, dass die Gesellschaft erst drei Jahre nach der Entstehung des Anspruchs365 und nur dann auf Ersatzansprüche verzichten oder sich über sie vergleichen kann, wenn die Hauptversammlung zustimmt366 und nicht eine Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals erreichen, Widerspruch zur Niederschrift erhebt.367 Diese Vorschrift bezweckt ebenso wie die Parallelnorm des § 50 Abs. 1 AktG368 sowohl 362 Zu den teilweise umstrittenen Voraussetzungen und Folgen sowie zu dem Zusammenhang dieser Norm mit § 83 Abs. 2 AktG siehe nur GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 316 ff.; Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 268 ff. 363 Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 264 f., m.w. N. 364 Näher zu diesen und weiteren Normzwecken des § 93 AktG siehe bereits Kapitel 1 A. I. 365 Diese Einschränkung gilt nach § 93 Abs. 4 S. 4 AktG dann nicht, wenn das ersatzpflichtige Organmitglied zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung des Insolvenzverfahrens mit seinen Gläubigern vergleicht, oder wenn die Ersatzpflicht in einem Insolvenzplan geregelt wird; vgl. hierzu Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 283. Zur Nichtgeltung der dreijährigen Sperrfrist im Rahmen des § 148 AktG siehe noch Kapitel 2 D. V. 6. e) bb) und Kapitel 2 D. V. 7. c). 366 Betroffene Verwaltungsmitglieder, die gleichzeitig Aktionäre sind, unterliegen nach § 136 Abs. 1 AktG einem Stimmverbot; dies gilt auch dann, wenn Ersatzansprüche anderer Verwaltungsmitglieder in Rede stehen, und eine gesamtschuldnerische Haftung möglich ist; siehe Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 279, m.w. N. 367 Ein solcher Verzicht oder Vergleich hat den Gesellschaftsgläubigern gegenüber keine Wirkung (§ 93 Abs. 5 S. 3 AktG). Ein unter Verstoß gegen die in § 93 Abs. 4 S. 3 AktG enthaltene Sperrfrist geschlossener Vergleich, Verzicht oder eine vergleichbare Handlung ist unheilbar nichtig; ein ohne Zustimmung der Hauptversammlung nach Ablauf der Sperrfrist geschlossener Verzicht, Vergleich oder ein vergleichbares Rechtsgeschäft ist bis zur Genehmigung der Hauptversammlung schwebend unwirksam, siehe hierzu Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 288, m.w. N. 368 Zum Normzweck des § 50 AktG bei Verletzung gründungsspezifischer Pflichten siehe nur Hüffer, AktG, § 50 Rn. 1.

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den Schutz des Gesellschaftsvermögens als auch den Minderheitsschutz.369 Die Dreijahresfrist soll der Gefahr vorbeugen, dass über einen Verzicht oder Vergleich entschieden wird, obwohl sich das Ausmaß der schädlichen Handlung noch nicht klar absehen läßt.370 Außerdem sollen die Verwaltungsmitglieder, deren gesellschaftsschädliches Verhalten aktionärsseitig gedeckt wird, damit rechnen müssen, nach einem möglichen Aktionärswechsel innerhalb der Dreijahresfrist noch zur Verantwortung gezogen zu werden.371 Die Einbeziehung der Hauptversammlung soll verhindern, dass sich Vorstand und Aufsichtsrat gegenseitig aus „kollegialer Verschonung“ von den Ersatzansprüchen befreien.372 Diese 10%-Grenze korrespondierte bis zur UMAG-Reform mit dem bis dahin in § 147 Abs. 1 AktG 1998 enthaltenen Geltendmachungserzwingungsrecht einer 10%-igen Aktionärsminderheit. Sie sollte verhindern, dass die Hauptversammlung dieses Minderheitsverlangen durch Verzicht auf oder Vergleich über die Ersatzansprüche ins Leere laufen lassen konnte.373 Eine Anpassung an die durch das KonTraG374 und durch das UMAG abgesenkten Minderheitsquoren ist dagegen unterblieben.375 So kann nach aktueller Rechtslage gemäß § 148 AktG bereits eine Aktionärsminderheit von insgesamt 1% des Grundkapitals oder dem anteiligen Betrag von 100.000 EUR unter den in § 148 AktG bestimmten Voraussetzungen die Zulassung beantragen, in eigenem Namen die Ersatzansprüche der 369

Fleischer, WM 2005, 909, 918. MüKo-Spindler, AktG, § 93 Rn. 221. 371 KK-Mertens/Cahn, AktG, § 93 Rn. 164. Mit guten Gründen kritisch zur Sperrfrist GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 353; KK-Mertens/Cahn, AktG, § 93 Rn. 164; kritisch auch Dietz-Vellmer, NZG 2011, 248 f.; für die Beibehaltung der Sperrfrist dagegen MüKo-Semler, AktG, 2. Aufl., § 116 Rn. 568. Vgl. zu Vorschlägen zu einem generellen Ausschluss des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG für Prozessvergleiche noch Kapitel 2 D. V. 6. e) bb) (2). 372 Hüffer, AktG, § 93 Rn. 29; Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 278; kritisch zu dieser Begründung im Falle des Ausscheidens von Vorstandsmitgliedern Zimmermann, in: FS Duden S. 773 f. 373 GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 362; MüKo-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 276, 280. 374 Gemäß § 147 Abs. 3 AktG 1998 konnte eine Minderheit, deren Anteile zusammen 5% des Grundkapitals oder den anteiligen Betrag von 500.000 EUR erreichten, unter bestimmten Voraussetzungen die gerichtliche Bestellung besonderer Vertreter verlangen. 375 Vgl. auch Schmidt/Lutter-Krieger/Sailer-Coceani, AktG, § 93 Rn. 54, die nach Aufhebung des Geltendmachungserzwingungsrechts einer 10%-Minderheit des § 147 Abs. 1 AktG 1998 aus rechtspolitischer Sicht für die Aufhebung des Widerspruchsrechts der Aktionärsminderheit plädieren; so auch DAV-Stellungnahme zum Restrukturierungsgesetz, NZG 2010, 897, 899. Diese Auffassung erscheint jedoch ohne die gleichzeitige Einführung anderer Schutzmechanismen rechtspolitisch verfehlt. Anderenfalls könnte die Hauptversammlung mit den Stimmen eines der Verwaltung gewogenen Großaktionärs ohne die Widerspruchsmöglichkeit einer Aktionärsminderheit über solche Ersatzansprüche disponieren. Behält man die Einbeziehung der Hauptversammlung in den Vergleichs- oder Verzichtsmechanismus bei (zur Kritik i. R. des Verfahrens des § 148 AktG siehe noch Kapitel 2 D. V. 6. e) bb) (1)), erscheint ein solches Vetorecht unabdingbar. 370

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Gesellschaft gegen ihre Verwaltungsmitglieder geltend zu machen.376 Für den Widerspruch gegen einen einem Verzicht oder Vergleich zustimmenden Hauptversammlungsbeschluss ist weiterhin eine 10%-ige Anteilsminderheit erforderlich.377 Somit könnte sich die Gesellschaft, zumindest in der Theorie,378 mit Zustimmung einer „verwaltungsfreundlichen“ Hauptversammlungsmehrheit, unmittelbar vor einem geplanten Klagezulassungsverfahren über die Ersatzansprüche vergleichen oder auf sie verzichten und damit dem Minderheitsrecht des § 148 AktG den Boden entziehen. Aber auch innerhalb der durch § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG gesetzten Grenzen ist ein Verzicht oder Vergleich nicht nach „freier Willkür“ der Verwaltungsmitglieder zulässig, sondern nur nach Abwägung der widerstreitenden Interessen, insbesondere auch unter Berücksichtigung der ARAG/Garmenbeck-Grundsätze, nach denen Schadenersatzansprüche grundsätzlich verfolgt werden müssen.379 aa) Verzicht und Vergleich; vergleichbare Rechtshandlungen § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG umfasst einen (vollständigen oder teilweisen) Verzicht380 und einen Vergleich381 durch die Gesellschaft. Ausgehend von dem Schutzzweck der Vergleichsregelung sind die Begriffe „Verzicht“ und „Ver376 Ein unter Verstoß gegen die in § 93 Abs. 4 S. 3 AktG enthaltene Sperrfrist geschlossener Vergleich, Verzicht oder eine vergleichbare Handlung ist nichtig und kann auch nach Ablauf der Drei-Jahresfrist nicht geheilt werden; ein ohne Zustimmung der Hauptversammlung nach Ablauf der Sperrfrist geschlossener Verzicht, Vergleich oder ein vergleichbares Rechtsgeschäft ist bis zur Zustimmung der Hauptversammlung schwebend unwirksam, vgl. hierzu Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 288, m.w. N. 377 Zu dem insoweit vergleichbaren Widerspruch zwischen dem 10%-Widerspruchsrecht der außenstehenden Aktionäre und der Einzelklagebefugnis nach § 309 Abs. 3, 4 AktG im Konzernrecht siehe Mertens, in: FS Fleck, S. 209, 210. 378 Ob die Verwaltungsorgane tatsächlich einem geplanten Klagezulassungsverfahren durch einen Verzicht oder Vergleich im Vorfeld den Boden entziehen werden, ist wegen der Langwierigkeit und Aufwendigkeit des Verfahrens, der den Beschluss einer ordnungs- und fristgemäß einberufenen Hauptversammlung erfordert, und wegen der Gefahr einer eigenen Ersatzpflicht der Verwaltungsorgane fraglich. 379 BGH, BGHZ 135, 244, 252 ff. (ARAG/Garmenbeck). Siehe hierzu bereits Kapitel 1 B. I. Siehe auch Hasselbach, DB 2010, 2037, 2040 f. (zum Verzicht); anders dagegen wohl Dietz-Vellmer, NZG 2011, 248, 250 f., der die business judgment rule sinngemäß anwendet. 380 Hierunter ist ein Erlassvertrag oder ein negatives Schuldanerkenntnis gemäß § 397 Abs. 1, 2 BGB zu verstehen, MüKo-Spindler, AktG, § 93, Rn. 220; Hüffer, AktG, § 93 Rn. 28. 381 Hierunter fällt zum einen der Vergleichsvertrag, Fleischer, WM 2005, 909, 918; einschränkend für den Prozessvergleich dagegen Mertens, in: FS Fleck, S. 209, 214; Zimmermann, in: FS Duden, S. 773, 784 f. Bei offensichtlich unbegründeten Ansprüchen sollen diese Einschränkungen dagegen nicht gelten, da die Gesellschaft nicht gezwungen sein soll, vollkommen aussichtslose Prozesse zu führen; siehe hierzu MüKoSpindler, AktG, § 93 Rn. 230; KK-Mertens/Cahn, AktG, § 93 Rn. 173; unklar dagegen

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gleich“ weit zu verstehen.382 Daher werden auch alle weiteren auf Ausschluss oder Verminderung des Ersatzanspruchs gerichteten Rechtshandlungen der Gesellschaft erfasst.383 Die Verzichts- und Vergleichsregeln des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG schließen auch Prozesshandlungen ein, wenn diese den Ausschluss der Geltendmachung eines Ersatzanspruchs gegen Verwaltungsmitglieder zur Folge haben.384 Neben dem bereits unter den Vergleichsbegriff fallenden Prozessvergleich sind dies unter anderem der Verzicht (§ 306 ZPO) oder das Anerkenntnis (§ 307 ZPO) der Gesellschaft im Prozess über eine negative Feststellungsklage des Verwaltungsmitglieds.385 Auf die Frage der Anwendbarkeit des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG für Prozessvergleiche im Verfahren des § 148 AktG wird in Kapitel 2 D. V. 6. e) bb) und Kapitel 2 D. V. 7. c) noch ausführlich eingegangen. Den im Laufe des UMAGGesetzgebungsverfahrens geäußerten Bestrebungen, den Prozessvergleich generell von den Einschränkungen des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG auszunehmen,386 ist der Gesetzgeber leider nicht nachgekommen.387 bb) Grenzen der Anwendbarkeit Sonstige Verfügungen über Ersatzansprüche, wie z. B. die Abtretung an Dritte (§ 398 BGB), etwa an eine andere konzernangehörige Gesellschaft, oder die Aufrechnung (§§ 387 ff. BGB) sind von dem Verzichts- und Vergleichsverbot des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG grundsätzlich nicht betroffen.388 Die Kritiker der Vergleichsregelung weisen daher zu Recht darauf hin, dass in der Praxis nicht selten der Weg über die Abtretung der Innenhaftungsansprüche an einen Dritten gewählt werden wird, für den die Vergleichsbeschränkungen nicht gelten.389 GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 376; kritisch Schmidt/Lutter-Krieger/Sailer-Coceani, AktG, § 93 Rn. 51. 382 Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 286 f. 383 GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 375 ff.; Fleischer, WM 2005, 909, 918. 384 GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 376. 385 KK-Mertens/Cahn, AktG, § 93 Rn. 173, m.w. N. und Beispielen. 386 Der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme vom 18. Februar 2005 zu dem Gesetzesentwurf des UMAG gebeten, im weiteren Fortgang des Gesetzgebungsverfahrens des UMAG zu prüfen, ob Prozessvergleiche vom Anwendungsbereich des § 93 Abs. 4 S. 3 AktG ausgenommen werden könnten, Stellungnahme Bundesrat zum UMAG, S. 38; siehe hierzu auch Thümmel, DB 2004, 471, 474; Gegenäußerung Bundesregierung zum UMAG, S. 43. 387 Zur Kritik an dieser Regelung im Verfahren nach § 148 AktG siehe noch Kapitel 2 D. V. 6. e) bb) und Kapitel 2 D. V. 7. c). 388 GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 377, m.w. N. 389 Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 277; Thümmel, Haftung, S. 161; Ihlas, Organhaftung, S. 181; kritisch dagegen MüKo-Spindler, AktG, § 93 Rn. 233 mit dem zutreffenden Hinweis, dass der Gesellschaft dann (wohl) ein vollwertiger Ersatz zufließen müsse.

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Unwirksam sind solche Verfügungen allerdings dann, wenn sie eine Umgehung des Verzichts- oder Vergleichsverbots darstellen.390 Eine Umgehung ist insbesondere anzunehmen, wenn die Abtretung unentgeltlich an einen Dritten erfolgt, zu dem Zweck, dass dieser dann auf den Ersatzanspruch verzichtet.391 Eine Umgehung ist nach überzeugender Ansicht auch dann gegeben, wenn der Gesellschaft im Gegenzug kein vollwertiger Ersatz für den abgetretenen Ersatzanspruch zufließt.392 In diesem Fall ähnelt das Rechtsgeschäft wirtschaftlich einem (Teil-) Verzicht, welcher den Einschränkungen des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG unterliegt.393 Zu Lasten der Gesellschaft ergehende Versäumnisurteile gemäß §§ 330, 331 ZPO oder Urteile, die auf sonstiger pflichtwidriger Prozessführung der Gesellschaft beruhen, sind aus Gründen der Rechtssicherheit ebenfalls nicht von den Verzichts- und Vergleichsregelungen des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG erfasst.394 Im Aktionärsklageverfahren nach § 148 AktG sollen die das Verfahren betreibenden Aktionäre nach einer Übernahme der Klage oder einer eigenen Klageerhebung durch die Gesellschaft durch ihre Stellung als Beigeladene gerade vor einer solchen pflichtwidrigen Prozessführung durch die Gesellschaft geschützt werden.395 cc) Zwischenergebnis Ein Verzicht oder Vergleich über Ersatzansprüche durch die Gesellschaft ist vielfältigen Einschränkungen unterworfen und nicht selten über das Erfordernis der Einbeziehung der Hauptversammlung mit erheblichem Aufwand verbunden. An den einschränkenden Verzichts- und Vergleichsregelungen des § 93 Abs. 4 S. 3 AktG ist daher wiederholt Kritik geübt worden. Die Kritik richtet sich zum

390 MüKo-Spindler, AktG, § 93 Rn. 233; MüKo-Semler, AktG, 2. Aufl., § 116 Rn. 580; ausführlich Zimmermann, in: FS Duden, S. 773, 783 f. (zur Abtretung). 391 GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 377, MüKo-Spindler, AktG, § 93 Rn. 233, jeweils m.w. N. 392 So auch BGH, ZIP 1981, 178, 180, GK-Barz, AktG 3. Aufl., § 50 Rn. 4, MüKoSchröer, AktG, § 147 Rn. 25 (unabhängig von der Höhe der Ersatzleistung), Schmidt/ Lutter-Spindler, AktG, § 147 Rn. 11, jeweils zur Geltendmachung der Gesellschaft nach einem Beschluss der Hauptversammlung gemäß § 147 AktG; vgl. auch Hasselbach, DB 2010, 2037, 2040; a. A. dagegen GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 377; MüKo-Spindler, AktG, § 93 Rn. 233; MüKo-Semler, AktG, 2. Aufl., § 116 Rn. 582; Schmidt/Lutter-Krieger/ Sailer-Coceani, AktG, § 93 Rn. 51; Zimmermann, in: FS Duden, S. 773, 784 (nur Ersatzpflicht gemäß § 93 Abs. 2 AktG). 393 BGH, ZIP 1981, 178, 180, Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 147 Rn. 11, jeweils zu § 147 AktG. 394 GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 376, vgl. auch Mertens, in: FS Fleck, S. 209, 213, jeweils m.w. N. 395 Siehe hierzu noch Kapitel 2 D. III. 11.

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Kap. 1: Innenhaftung und ihre Durchsetzung

einen gegen die Regelung insgesamt,396 die mit dem Erfordernis eines zustimmenden Hauptversammlungsbeschlusses und der Abwesenheit des Widerspruchs einer 10%igen Aktionärsminderheit ein umständliches, langwieriges und kostenintensives Verfahren, welches im internationalen Vergleich unüblich ist,397 eröffnet, und zum anderen gegen ihre Anwendbarkeit auf Prozessvergleiche398 und speziell gegen die Drei-Jahres-Regelung399. Die Praxis wird daher nicht selten auf Alternativen, wie z. B. eine Abtretung an eine andere Gesellschaft, ausweichen.400 Hat die Gesellschaft dagegen unter Beachtung des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG wirksam auf einen Ersatzanspruch verzichtet, sich über ihn verglichen oder anderweitig darüber verfügt, sind Aktionäre, die ein Klagezulassungsverfahren anstrengen wollten, auf die Verfolgung der Organmitglieder beschränkt, falls diese über diesen Ersatzanspruch pflichtwidrig verfügt haben. d) „Indirekte“ Haftungserleichterungen De facto sind trotz der strengen Innenhaftung und der eingeschränkten Verzichts- und Vergleichsmöglichkeiten einige indirekte Haftungserleichterungen für die Verwaltungsmitglieder möglich.401 Hierunter fallen zum einen Haftungsfreistellungen durch Dritte.402 In Frage kommen wird dies insbesondere bei Aufsichtsratsmitgliedern, die von ihrem Mutterunternehmen entsandt oder sonst auf „Veranlassung“ des Mutterunternehmens in den Aufsichtsrat gewählt wurden.403 Als zulässig wird nach überwiegender Ansicht auch eine Garantie eines Dritten dahingehend, dass die Gesellschaft ihre Ersatzansprüche nicht geltend macht, erachtet.404 Zum anderen fallen hierunter die sogenannten D&O-Versicherun396 Thümmel, Haftung, S. 161; ders., DB 2004, 471, 474; Ihlas, Organhaftung, S. 180 f.; gegen eine Modifikation dagegen Länderarbeitsgruppe „Managerverantwortlichkeit“, Begleitbericht S. 4 f. 397 GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 353, m.w. N. 398 Stellungnahme Bundesrat zum UMAG, S. 38; für den Ausschluss des gesamten § 93 Abs. 4 S. 3 AktG für Prozessvergleiche; weitergehend Thümmel, DB 2004, 471, 474 (für die generelle Streichung). 399 DAV-Stellungnahme zum Restrukturierungsgesetz, NZG 2010, 897 ff.; GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 353; Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 277, m.w. N. 400 Siehe hierzu nur Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 277, m.w. N.; Ihlas, Organhaftung, S. 181; kritisch dagegen Hasselbach/Seibel, AG 2008, 770, 772. 401 Da diese Möglichkeiten die Haftung gegenüber der Gesellschaft unberührt lassen, werden sie hier als „indirekte“ Haftungserleichterungen bezeichnet. 402 Ek, Haftungsrisiken, S. 214, m.w. N. 403 Zur Zulässigkeit solcher Vereinbarungen Bauer/Krets, DB 2003, 811 f.; Hasselbach, DB 2010, 2037, 2040; Ek, Haftungsrisiken, S. 214, m.w. N. 404 GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 378; Bauer/Krets, DB 2003, 811, 812; Mertens, in: FS Fleck, S. 209, 212. Übt der Dritte seinen Einfluss auf die Gesellschaft tatsächlich dahingehend aus, kommt seine Verantwortlichkeit gemäß § 117 AktG bzw. im faktischen Konzern die Pflicht zum Nachteilsausgleich gemäß § 311 AktG bzw. § 317 AktG in Betracht.

C. Haftungsgrundlagen

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gen,405 deren grundsätzliche aktienrechtliche Zulässigkeit auch bei Abschluss und Prämienzahlung durch die Gesellschaft inzwischen ganz überwiegend anerkannt ist.406 Zwar wird – in der Sache zutreffend – gegen die D&O Versicherung vorgebracht, dass sie den Präventionseffekt der Haftung verringere.407 Dem kann und sollte unter anderem durch Haftungsausschlüsse, Obergrenzen und Selbstbehalte begegnet werden.408 Schließt die Gesellschaft eine D&O-Versicherung für das Vorstandsmitglied ab, ist seit der Einführung des § 93 Abs. 2 S. 3 AktG durch das VorstAG jetzt zwingend ein Selbstbehalt in Höhe von mindestens 10 Prozent der Schadenssumme bis mindestens zur Höhe des eineinhalbfachen der festen Jahresvergütung des entsprechenden Vorstandsmitglieds zu vereinbaren.409 Auf der anderen Seite erhöht sie den vermögensrechtlichen Schutz der Gesellschaft und damit letztlich auch den ihrer Aktionäre und Gläubiger, indem sie ihr einen zahlungskräftigen Schuldner verschafft.410 Die Ausgleichsfunktion der Organhaftung wird hierdurch noch verstärkt.411 Eine D&O-Versicherung schützt Verwaltungsmitglieder allerdings nur vor einer Inanspruchnahme wegen fahrlässiger Pflichtverletzungen.412 405 Unter diesem Begriff versteht man eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Organmitglieder juristischer Personen (Directors’ and Officers’ Liability). Ausführlich zur D&O-Versicherung Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 225 ff., MüKo-Spindler, AktG, § 93 Rn. 173 ff., Dreher, AG 2008, 429 ff. (zur selbstbeteiligungslosen D&O-Versicherung), Peltzer, NZG 2009, 970 ff. (zu Konstruktionsschwierigkeiten der D&O-Versicherung), jeweils m.w. N. 406 Fleischer, WM 2005, 909, 919, Hüffer, AktG, § 84 Rn. 16, Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 226 ff., Harzenetter, DStR 2010, 653, 654 (Fn. 15), jeweils m.w. N. zum Meinungsstand. 407 MüKo-Spindler, AktG, § 93 Rn. 175 f., m.w. N. 408 Siehe hierzu nur Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 239 ff., m.w. N. Von der grundsätzlichen aktienrechtlichen Zulässigkeit gehen auch der Gesetzgeber und die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex aus; vgl. die durch das VorstAG eingefügte Neuregelung des § 93 Abs. 2 S. 3 AktG, sowie Ziffer 3.8 des Deutschen Corporate Covernance Kodex i. d. F. vom 15. Mai 2012; abrufbar im Internet unter http://www.corporate-governance-code.de/ger/kodex/1.html (Stand: 30. April 2013); vgl. zur verhaltenssteuernden Wirkung auch Beschlussempfehlung Rechtsausschuss zum VorstAG, S. 11. 409 Vgl. auch Ziffer 3.8 des Deutschen Corporate Covernance Kodex i. d. F. vom 15. Mai 2012; abrufbar im Internet unter http://www.corporate-governance-code.de/ ger/kodex/1.html (Stand: 30. April 2013), die diese für Vorstandsmitglieder zwingende Regelung wiederholt und eine entsprechende Empfehlung für Aufsichtsratsmitglieder vorsieht. Zur gesetzlichen Neuregelung des Selbstbehalts durch das VorstAG vgl. nur Harzenstetter, DStR 2010, 653 ff.; Kerst, WM 2010, 594 ff.; Thüsing/Traut, NZA 2010, 140 ff. 410 Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 229; Buchta, DB 2006, 1939, 1943; Schillinger, VersR 2005, 1484, 1486; Fleischer, WM 2005, 909, 919. 411 Vgl. hierzu auch Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 229, m.w. N.; zur Ausgleichsfunktion siehe bereits Kapitel 1 A. I. 412 Mutter, in: Hdb. börsennotierte AG, § 22 Rn. 107, m.w. N.; vgl. auch die Ausschlusstatbestände der „Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Aufsichtsräten, Vorständen und Geschäftsführern“

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Kap. 1: Innenhaftung und ihre Durchsetzung

II. Ersatzansprüche i. S. v. §§ 309 Abs. 4, 310 Abs. 4, 318 Abs. 4 AktG Die Haftungsnormen der §§ 93, 116 AktG gelten grundsätzlich auch im Konzern, soweit nicht die Sonderregelungen der §§ 309 ff. AktG eingreifen.413 Seit der Aktienrechtsreform 1965 hält das Konzernrecht zudem einige spezielle Anspruchsgrundlagen für Ersatzansprüche der Gesellschaft gegen ihre Organmitglieder414 bereit, deren Durchsetzung jeder einzelne Aktionär mit der konzernrechtlichen Aktionärsklage gemäß § 309 Abs. 4 S. 1 AktG betreiben kann. 1. Ersatzansprüche der abhängigen Gesellschaft gegen ihre Verwaltungsmitglieder im Vertragskonzern gemäß § 310 AktG Nach § 310 Abs. 1 S. 1 AktG haften die Verwaltungsmitglieder der abhängigen Gesellschaft bei Vorliegen eines wirksamen Beherrschungsvertrages i. S. v. § 291 Abs. 1 AktG neben den nach § 309 AktG ersatzpflichtigen Personen als Gesamtschuldner, wenn sie unter Verletzung ihrer Pflichten gehandelt haben.415 Aus der systematischen Stellung ergibt sich, dass § 310 AktG lediglich die pflichtwidrige und schuldhafte Schädigung der abhängigen Gesellschaft durch die Verletzung der Vorstandspflichten bei der Entgegennahme und Ausführung von rechtswidrigen Weisungen sanktioniert,416 insbesondere die Verletzung der Prüfungspflicht (AVB-AVG), abgedruckt und kommentiert bei Thümmel, Haftung, S. 227 f. Eine D&O Versicherung bietet allerdings keinen unbegrenzten Schutz; selbst im Großkundengeschäft überschreitet die Deckungssumme im Regelfall nicht 50 Millionen EUR; Paal, DStR 2005, 382, 385, m.w. N. 413 Zu den Verhaltenspflichten der Verwaltungsmitglieder in der herrschenden und abhängigen Gesellschaft siehe ausführlich GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 29, 114 ff. (für den Vorstand); GK-Hopt/Roth, AktG, § 116 Rn. 172 (für den Aufsichtsrat). 414 Soweit §§ 309, 310, 317, 318 AktG auch eine Haftung der Verwaltungsmitglieder bzw. eine Haftung des herrschenden Unternehmens enthält, wird hierauf im Rahmen dieser Arbeit nicht eingegangen. Auch die Durchsetzungsmöglichkeiten durch Gläubiger und die Durchsetzungsmöglichkeiten eigener Ansprüche durch Aktionäre bleiben außer Betracht. Auch die in § 323 Abs. 1 S. 2 i.V. m. § 310 AktG angeordnete Haftung der Verwaltungsmitglieder der eingegliederten Aktiengesellschaft wegen Pflichtverletzungen bei der Ausführung von unverbindlichen Weisungen werden nicht behandelt. Bei der eingegliederten Gesellschaft befinden sich alle Aktien in einer Hand und es sind keine außenstehenden Aktionäre mehr vorhanden, die diese Ersatzansprüche geltend machen könnten. 415 Zum Haftungstatbestand des § 310 AktG im Einzelnen vgl. nur KK-Koppensteiner, AktG, § 310 Rn. 1 ff., GK-Hirte, AktG, § 310 Rn. 7 ff., jeweils m.w. N. 416 Emmerich/Habersack-Emmerich, Konzernrecht, § 310 Rn. 7. Zum Begriff der Weisung und zur Frage ihrer Rechtmäßigkeit Emmerich/Habersack-Emmerich, Konzernrecht, § 308 Rn. 21 ff., Hüffer, AktG, § 308 Rn. 10 f., jeweils m.w. N. Zu der Streitfrage, ob neben der Schädigung der abhängigen Gesellschaft durch die sorgfaltswidrige Befolgung unzulässiger schädigender Weisungen auch die schuldhafte Schädigung der

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der Vorstandsmitglieder hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Weisung.417 Aufsichtsratsmitglieder haften für pflichtwidrige und schuldhafte Schädigungen der Gesellschaft bei der Überwachung der Geschäftsführung des Vorstands, wobei die Überwachung auch die Verhinderung der Befolgung unstatthafter Weisungen umfasst, und für die Zustimmung gemäß § 111 Abs. 4 S. 2 AktG zu einem Geschäft, zu dem das herrschende Unternehmen unzulässigerweise angewiesen hat.418 Nicht durchgesetzt hat sich dagegen die Ansicht Emmerichs,419 den Anwendungsbereich des § 310 AktG einschließlich der Verweisung auf § 309 Abs. 3–5 AktG auf alle Fälle der Verletzung von aus dem Beherrschungsvertrag resultierenden Pflichten durch Organmitglieder der abhängigen Gesellschaft zu erweitern.420 § 310 Abs. 1 S. 2 AktG weist die Darlegungs- und Beweislast für pflichtmäßiges und verschuldensfreies Handeln den Verwaltungsmitgliedern zu.421 Für die übrigen Haftungsvoraussetzungen verbleibt es grundsätzlich bei den allgemeinen Beweislastregeln, so dass die abhängige Gesellschaft bzw. die nach § 309 Abs. 4 AktG klagenden Aktionäre darlegen und gegebenenfalls beweisen müssen, dass eine Weisung erteilt wurde, die der Vorstand nicht hätte befolgen dürfen, und dass durch diese rechtswidrige Weisung der Gesellschaft ein Schaden entstanden ist.422 Da ein solcher Beweis oft nur schwer zu erbringen sein wird, stellt diese Beweislastverteilung die außenstehenden Aktionäre, denen in § 309 Abs. 4 AktG ein eigenes Klagerecht eingeräumt ist, mangels entsprechender Informationen regelmäßig vor hohe Hürden.423 Um die Durchsetzung der Haftung der Verwaltungsmitglieder nicht faktisch leer laufen zu lassen, wird man mit Emmerich424, abhängigen Gesellschaft bei der Durchführung zulässiger Weisungen von § 310 AktG umfasst ist, siehe GK-Hirte, AktG, § 310 Rn. 10, m.w. N.; Fischbach, Haftung, S. 271 f. 417 Spindler/Stilz-Veil, AktG, § 310 Rn. 3 ff., m.w. N. 418 Emmerich/Habersack-Emmerich, Konzernrecht, § 310 Rn. 21; Hüffer, AktG, § 310 Rn. 2 f.; Kantzas, Weisungsrecht, S. 209 ff.; enger dagegen MüKo-Altmeppen, AktG, § 310 Rn. 36. 419 Emmerich/Habersack-Emmerich, Konzernrecht, § 310 Rn. 7 f. 420 Siehe hierzu nur GK-Hirte, AktG, § 310 Rn. 11; implizit auch Hüffer, AktG, § 310 Rn. 1; MüKo-Altmeppen, AktG, § 310 Rn. 31 f.; a. A. dagegen Wiedemann, Organverantwortung, S. 50; Rollin, Aktionärsklage, S. 194 f., die das Klagerecht des § 309 Abs. 4 AktG generell auf alle konzerninternen Ersatzansprüche anwenden wollen. 421 Die Beweislastverteilung für die übrigen Haftungsvoraussetzungen ist umstritten. Vgl. zum Meinungsstand KK-Koppensteiner, AktG, § 310 Rn. 7, GK-Hirte, AktG, § 310 Rn. 20 f., Spindler/Stilz-Veil, AktG, § 310 Rn. 8 ff., jeweils m.w. N. Ausführlich auch Weber, Aktionärsklage, S. 249 ff. 422 Siehe nur Spindler/Stilz-Veil, AktG, § 310 Rn. 8; GK-Hirte, AktG, § 310 Rn. 21; KK-Koppensteiner, AktG, § 310 Rn. 7. 423 Siehe hierzu auch Spindler/Stilz-Veil, AktG, § 310 Rn. 9. 424 Emmerich/Habersack-Emmerich, Konzernrecht, § 310 Rn. 16 f., m.w. N.

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Kap. 1: Innenhaftung und ihre Durchsetzung

Hirte425, Kantzas426 und wohl auch Veil427 zumindest eine Beweiserleichterung im Falle einer Gesellschaftsschädigung in einem Gesamtkontext, der auf die Erteilung einer nachteiligen Weisung schließen läßt, erwägen müssen.428 Es bleibt allerdings abzuwarten, ob die Rechtsprechung vor dem Hintergrund der gesetzlichen Beweislastverteilung in § 309 Abs. 1 S. 2 AktG dieser Ansicht folgen wird. Eine weitere Möglichkeit, den Beweisschwierigkeiten der außenstehenden Aktionäre zu begegnen, wäre die entsprechende Anwendung der Grundsätze des „TBBUrteils“,429 nach denen gewisse Erleichterungen430 hinsichtlich der Substantiierungslast des Klägers aufgestellt werden. Nach diesen in der Literatur fast ausschließlich431 im Bereich der Geltendmachung von Ersatzansprüchen durch Aktionäre im faktischen Konzern diskutierten Grundsätzen genügt es, dass der Kläger zunächst Anhaltspunkte darlegt, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass die Tatsachen, für die er Beweis erbringen muss, vorliegen.432 Die beklagten Verwaltungsmitglieder müssen dann, sofern sie die relevanten Tatsachen kennen und ihnen die Darstellung des Sachverhalts zumutbar ist, nähere Angaben machen.433 2. Ersatzansprüche der abhängigen Gesellschaft gegen ihre Verwaltungsmitglieder im faktischen Konzern gemäß § 318 Abs. 1 AktG § 318 Abs. 1, 2 S. 1 AktG normiert Ersatzansprüche der abhängigen Gesellschaft im sogenannten faktischen Konzern434 gegen ihre Verwaltungsmitglieder wegen der Verletzung ihrer Berichts- bzw. Prüfungspflichten nach §§ 312, 314 AktG.435 Die Verantwortlichkeit wegen der Verletzung sonstiger sich aus

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GK-Hirte, AktG, § 310 Rn. 21, m.w. N. Kantzas, Weisungsrecht, S. 201 f., 205 f., m.w. N. 427 Spindler/Stilz-Veil, AktG, § 310 Rn. 9, m.w. N. 428 A. A. dagegen Fischbach, Haftung, S. 274. 429 BGH, BGHZ, 122, 123 ff. (TBB) (zur GmbH). 430 Zu den im TBB-Urteil entwickelten Erleichterungen in Bezug auf die Substantiierungslast für qualifizierte Nachteilszufügungen im Recht der abhängigen GmbH und zur Geltung dieser Grundsätze für die Aktiengesellschaft siehe Emmerich/HabersackEmmerich, Konzernrecht, Anh. § 317 Rn. 21 f., m.w. N. zu Rechtsprechung und Literatur. 431 Lediglich Weber, Aktionärsklage, S. 252 ff. sowie Eschenbruch, Konzernhaftung, Rn. 3044 scheinen eine Anwendbarkeit dieser Substantiierungserleichterungen auch im Bereich des Vertragskonzerns zu befürworten. 432 MüKo-Kropff, AktG, 2. Aufl., § 317 Rn. 75. 433 Schmidt/Lutter-Vetter, § 317 Rn. 16, m.w. N., für die Ersatzansprüche nach §§ 317, 318 AktG. 434 Faktischer Konzern ist ein Sammelbegriff, der Zusammenfassungen von Unternehmen unter einheitlicher Leitung erfasst, die nicht auf Beherrschungsvertrag oder auf Eingliederung basieren; siehe Hüffer, AktG, § 18 Rn. 3. 426

C. Haftungsgrundlagen

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dem Abhängigkeitsverhältnis ergebenden Pflichten richtet sich nach §§ 93, 116 AktG.436 Um den speziellen aus der Abhängigkeit i. S. v. § 17 AktG resultierenden Gefahren Rechnung zu tragen, plädiert die herrschende Meinung im aktienrechtlichen Schrifttum437 allerdings zu Recht für eine entsprechende Anwendung der konzernrechtlichen Sonderregelungen (einschließlich des Aktionärsklagerechts des § 309 Abs. 4 AktG) auf die Haftung der Verwaltungsmitglieder der abhängigen Gesellschaft im faktischen Konzern nach §§ 93, 116 AktG wegen der Verletzung von aufgrund der Abhängigkeit der Gesellschaft bestehender Pflichten.438 Ist streitig, ob die Verwaltungsmitglieder die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters bzw. Überwachers angewandt haben, weist § 318 Abs. 1, 2 S. 2 AktG diesen die Beweislast zu. Der Kläger muss nach den allgemeinen Grundsätzen der Beweislastverteilung die objektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 318 Abs. 1 S. 1 Abs. 2 AktG darlegen und beweisen.439 Da außenstehende Aktionäre in die Konzernbeziehungen keinen Einblick haben, sollen nach den Grundsätzen des „TBB-Urteils“ 440 in diesen Fällen Erleichterungen in Bezug auf die Substantiierungslast der Kläger eingreifen.441 Zur Beurteilung der Frage, ob der Kläger Einsicht in Gesellschaftsinterna hat, soll insbesondere berücksichtigt werden, ob er eine Sonderprüfung nach § 315 AktG anstrengen konnte.442 435 Näher zu den Haftungsvoraussetzungen und -modalitäten siehe Emmerich/Habersack-Habersack, Konzernrecht, § 318 Rn. 3 ff., KK-Koppensteiner, AktG, § 318 Rn. 4 ff., jeweils m.w. N. 436 Ganz h. M.; siehe nur BGH, NJW 2009, 850, 852; OLG Hamm, AG 1995, 512, 516; MüKo-Altmeppen, AktG, § 318 Rn. 9 f., 23; Spindler/Stilz-Müller, AktG, § 318 Rn. 13; zum Verhältnis der §§ 312, 314, 318 AktG zu den allgemeinen Sorgfaltspflichten aus §§ 93, 116 AktG ausführlich Ulmer, in: FS Hüffer, S. 999, 1012 ff. 437 Siehe nur Hüffer, AktG, § 318 Rn. 10, Spindler/Stilz-Müller, AktG, § 318 Rn. 14, Kuhlmann/Ahnis, Konzernrecht, S. 82 f., Wiedemann, Organverantwortung, S. 50, Fischbach, Haftung, S. 312 f., jeweils m.w. N.; a. A. dagegen noch Baumbach/Hueck, AktG, § 318 Rn. 7. 438 Vgl. hierzu näher Weber, Aktionärsklage, S. 77 ff., m.w. N. 439 Näher zur Beweislastverteilung und den verschiedenen Beweiserleichterungen Spindler/Stilz-Müller, AktG, § 317 Rn. 14; MüKo-Altmeppen, AktG, § 318 Rn. 12, § 317 Rn. 77 ff. Zur Beweislast der abhängigen Gesellschaft bzw. der gemäß §§ 317 Abs. 4, 318 Abs. 4, 309 Abs. 4 AktG klagenden Aktionäre im faktischen Konzern vgl. auch BGH, AG 2008, 779 f. 440 Siehe bereits Kap. 1, Fn. 429, 430. 441 Siehe hierzu nur Emmerich/Habersack-Emmerich, Konzernrecht, Anh. § 317 Rn. 21 f., Weber, Aktionärsklage, S. 82, 132 f., 250 ff., jeweils m.w. N.; so auch BVerfG, WM 2011, 1946, 1948 (Ed. Züblin) (zu §§ 317 Abs. 1 S. 2, 309 Abs. 4 AktG). 442 Schmidt/Lutter-Vetter, AktG, § 317 Rn. 16; Kropff, in: FS Bezzenberger, S. 233, 239; tendenziell auch OLG Stuttgart, AG 2007, 633, 638; a. A. dagegen LG Köln, AG 2008, 327, 333. Zur Verknüpfung der Sonderprüfung mit den Aktionärsverfolgungsrechten siehe insbesondere noch Kapitel 2 D. III. 8. d) cc).

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Kap. 1: Innenhaftung und ihre Durchsetzung

3. Haftungsmodalitäten §§ 310 Abs. 2, 318 Abs. 3, 309 Abs. 3, 5 AktG enthalten im Wesentlichen den Vorschriften des § 93 Abs. 4 und 6 AktG nachgebildete Regelungen. Bezüglich der Verjährungsfrist besteht jedoch seit In-Kraft-Treten des Restrukturierungsgesetzes eine Diskrepanz: während wie aufgezeigt, für Aktiengesellschaften, die börsennotiert oder Kreditinstitute i. S. v. § 1 Abs. 1 KWG sind, die Verjährungsfrist gemäß § 93 Abs. 6 AktG jetzt zehn Jahre beträgt, liegt die Verjährungsfrist des § 309 Abs. 5 AktG unverändert bei fünf Jahren.443 Um Diskrepanzen bei der Verjährung zu vermeiden, sollten die Verjährungsfristen de lege ferenda aufeinander abgestimmt werden.444 Ein Verzicht oder Vergleich der abhängigen Gesellschaft ist gemäß §§ 310 Abs. 2, 318 Abs. 3, 309 Abs. 3 AktG erst drei Jahre445 nach der Entstehung des Ersatzanspruchs möglich, und nur dann, wenn die außenstehenden Aktionäre durch Sonderbeschluss zustimmen und nicht eine 10%ige Minderheit dieser Aktionäre Widerspruch zur Niederschrift erhebt. Dadurch soll verhindert werden, dass das herrschende Unternehmen mittels seiner Stimmenmacht auf der Hauptversammlung die Nichtverfolgung dieser Ersatzansprüche durchsetzen kann.446

III. Zusammenfassung Ersatzansprüche i. S. v. § 147 Abs. 1 S. 1 AktG, und damit Gegenstand der Geltendmachungserzwingung und des Aktionärsklageverfahrens, sind die Ersatzansprüche der Gesellschaft aus der Gründung gegen die nach den §§ 46–48, 53 AktG verpflichteten Personen, die Ersatzansprüche der Gesellschaft aus der Geschäftsführung gegen die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats und die Ersatzansprüche der Gesellschaft aus § 117 AktG. Nach vorzugswürdiger Ansicht sind von § 147 Abs. 1 S. 1 AktG nur Schadenersatzansprüche umfasst, und zwar nur solche, die aufgrund von Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Geschäftsführung bzw. der Überwachung bestehen. Zentrale Haftungsnorm im Bereich der Innenhaftung ist § 93 Abs. 2, 3 AktG, bei Aufsichtsratsmitgliedern i.V. m. § 116 AktG. Vorstands- und Aufsichtsratsmit443 Siehe zur Verjährungsvorschrift des § 93 Abs. 6 AktG bereits Kapitel 1 C. I. 4. f); zur Kritik an der Verlängerungsfrist durch das Restrukturierungsgesetz siehe bereits Kap. 1, Fn. 347. 444 Vgl. zu den systematischen Diskrepanzen des § 93 Abs. 6 AktG und § 309 Abs. 5 AktG nur Rubner/Leuernig, NJW-Spezial 2010, 527 f.; Keiluweit, GWR 2010, 445, 447. 445 Die zeitliche Beschränkung gilt gemäß § 309 Abs. 3 S. 2 AktG dann nicht, wenn der Ersatzpflichtige zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung des Insolvenzverfahrens mit seinen Gläubigern vergleicht oder wenn die Ersatzpflicht in einem Insolvenzplan geregelt wird. 446 MüKo-Altmepppen, AktG, § 309 Rn. 7.

C. Haftungsgrundlagen

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glieder, die pflichtwidrig und schuldhaft ihrer Gesellschaft einen Schaden zufügen, sind dieser zum Schadenersatz verpflichtet. Für unternehmerische Entscheidungen sieht § 93 Abs. 1 S. 2 AktG unter den dort genannten Voraussetzungen einen Haftungsfreiraum vor. Aus Gründen der Sachnähe liegt die Darlegungsund Beweislast für die fehlende Pflichtwidrigkeit und das fehlende Verschulden bei dem jeweiligen Organmitglied. Die Innenhaftung ist grundsätzlich streng. So haften Verwaltungsmitglieder bereits für leichte(ste) Fahrlässigkeit, Haftungserleichterungen oder -freistellungen sind nicht zulässig, und ein Verzicht oder Vergleich über Ersatzansprüche der Gesellschaft unterliegt strengen Voraussetzungen. Zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen der abhängigen Gesellschaft gegen ihre Verwaltungsmitglieder aus §§ 310, 318 AktG sieht § 309 Abs. 4 AktG einen eigenständigen und schwellenwertunabhängigen Rechtsbehelf, die sogenannte konzernrechtliche Aktionärsklage vor.

Kapitel 2

Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegen Organmitglieder Mit dem Geltendmachungserzwingungsrecht der Hauptversammlung (§ 147 Abs. 1 AktG), dem damit im Zusammenhang stehenden Recht auf Bestellung besonderer Vertreter zur Anspruchsdurchsetzung (§ 147 Abs. 2 AktG), dem Antragsrecht einer qualifizierten Aktionärsminderheit zur gerichtlichen Bestellung besonderer Vertreter und dem durch das UMAG eingeführten zweistufigen Aktionärsklageverfahren (§ 148 AktG) sowie der konzernrechtlichen Aktionärsklage (§ 309 Abs. 4 AktG) stehen den Aktionären verschiedene Instrumentarien zur Verfügung, deren Voraussetzungen, Grenzen und praktische Wirksamkeit nachfolgend aufgezeigt werden. Die Untersuchung des Aktionärsklageverfahrens gemäß § 148 AktG bildet den Schwerpunkt dieses Kapitels, denn hier bestehen trotz intensiver Diskussionen im Gesetzgebungsverfahren und in der juristischen Literatur noch zahlreiche Zweifelsfragen. Zum anderen soll untersucht werden, ob durch dieses zweistufige Klagerecht dem im ersten Kapitel aufgezeigten Spannungsfeld genügend Rechnung getragen wurde oder ob noch Anpassungsbedarf besteht.

A. Nutzung des Aktionärsforums zur Erreichung der erforderlichen Schwellenwerte bzw. einer Stimmenmehrheit Mit Ausnahme des als Individualklagebefugnis1 ausgestalteten konzernrechtlichen Aktionärsklagerechts gemäß § 309 AktG setzen die zu untersuchenden Aktionärsrechte entweder bestimmte Schwellen voraus (§ 147 Abs. 2 S. 2 AktG, § 148 Abs. 1 S. 1 AktG, § 142 Abs. 2 S. 1 AktG, sowie § 122 Abs. 1 und 2 AktG) oder erfordern die Mehrheit der abgegebenen Stimmen auf der Hauptversammlung (§ 147 Abs. 1 AktG, § 147 Abs. 2 S. 1 AktG, § 142 Abs. 1 S. 1 AktG). Deshalb sind effektive Kommunikationsmöglichkeiten der Aktionäre untereinander zum Erreichen der erforderlichen Schwellenwerte oder zur Ausübung des Stimm1 Siehe zum Unterschied zwischen einem Minderheits- bzw. Minderheiten- und Individualrecht Brondics, Aktionärsklage, S. 48, m.w. N.

A. Nutzung des Aktionärsforums zur Erreichung einer Stimmenmehrheit

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rechts auf der Hauptversammlung von entscheidender Bedeutung für die Effektivität der Aktionärsverfolgungs- bzw. ihrer oftmals vorgelagerten Sonderprüfungsrechte.2 Besonders in börsennotierten Gesellschaften bestehen oftmals Kommunikationsdefizite. Die nicht wesentlich i. S. v. § 21 WpHG, d.h. mit mindestens drei Prozent der Stimmrechte beteiligten Aktionäre kennen sich untereinander in der Regel nicht, und selbst bei Namensaktien besteht kein Anspruch auf Einsicht in das gesamte Aktienregister.3 Der Gesetzgeber stellt Aktionären seit der UMAG-Reform mit dem Aktionärsforum gemäß § 127a AktG eine neue Kommunikationsplattform zur Verfügung. Diese soll ihnen ermöglichen, eine breite Basis für Aktionärsanträge zu finden, gegebenenfalls erforderliche Schwellenwerte zu erfüllen und damit ihre Verwaltungsrechte effektiv wahrzunehmen.4

I. Ausgestaltung des Aktionärsforums Aktionäre5 können gemäß § 127a Abs. 1 AktG im Aktionärsforum des Bundesanzeigers unter dort näher geregelten formellen Voraussetzungen Mitaktionäre auffordern, zusammen oder in Vertretung einen Antrag oder ein Verlangen nach dem Aktiengesetz zu stellen oder in einer Hauptversammlung das Stimmrecht auszuüben.6 2 Vgl. auch Regierungsbegründung UMAG, S. 15; Schmidt/Lutter-Ziemons, AktG, § 127a Rn. 1. Zum Zusammenhang der Sonderprüfung mit den Aktionärsverfolgungsrechten siehe noch Kapitel 2 D. III. 8. d) cc). 3 Zu den Kommunikationsdefiziten in börsennotierten Gesellschaften auch Seibert/ Schütz, ZIP 2004, 252, 255; Seibert, WM 2005, 157 f. Siehe zur Unzulänglichkeit des Teilnehmerverzeichnisses der vorangegangenen Hauptversammlungen auch Gantenberg, DB 2005, 207, 210. Ausweislich der Regierungsbegründung UMAG, S. 15 ist das Aktionärsforum „ein sinnvolles Korrelat zum zunehmend breiten Streubesitz und einer fortschreitenden Internationalisierung der Aktionärsstruktur“. 4 Regierungsbegründung UMAG, S. 15, 21; Hüffer, AktG, § 127a Rn. 1; Weiss/Buchner, WM 2005, 162, 167 f. 5 Auf Kommunikationsmöglichkeiten von Aktionärsvereinigungen im Aktionärsforum wird im Rahmen dieser Arbeit nicht eingegangen. 6 Näher zur Ausgestaltung des Aktionärsforums siehe die Verordnung über das Aktionärsforum nach § 127a des Aktiengesetzes („AktFoV“), die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für das „Aktionärsforum“ im Bundesanzeiger vom 1. Januar 2013, abrufbar unter: https://www.bundesanzeiger.de/download/D048_agb-klagreg_eBanz.pdf (Stand: 30. April 2013), sowie ausführlich Seibert, AG 2006, 16 ff., noch zum Aktionärsforum im „elektronischen Bundesanzeiger“. Durch das Gesetz zur Änderung von Vorschriften über Verkündung und Bekanntmachungen sowie der Zivilprozessordnung, des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung und der Abgabenordnung vom 22. Dezember 2011, BGBl. 2011 I, S. 3044, wurde der elektronische Bundesanzeiger mit Wirkung ab dem 1. April 2012 in „Bundesanzeiger“ umbenannt. Für eine Ansiedlung des Aktionärsforums auf der jeweiligen Internetseite der Gesellschaft Habersack, Gutachten E 89 f., 105; Bachmann, AG 2012, 565, 576, m.w. N. (kumulativ zur Verankerung im Bundesanzeiger).

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

Im Aktionärsforum selbst darf nur eine neutrale Aufforderung ohne Begründung erfolgen.7 Aktionäre können aber einen Hinweis auf ihre Begründung auf ihrer Internetseite veröffentlichen.8 Auch die Gesellschaft hat gemäß § 127a AktG das Recht, auf ihre Stellungnahme im Internet hinzuweisen.

II. Praktische Wirksamkeit Aktionäre nutzten das Aktionärsforum bislang nur vereinzelt zur Aufforderung zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen oder zur Beantragung der Durchführung einer Sonderprüfung.9 Dies dürfte allerdings nicht an einer unzureichenden Ausgestaltung dieses Kommunikationsmediums liegen, sondern vielmehr andere Ursachen haben, wie etwa eine generelle Zurückhaltung bei der Ausübung der Aktionärsverfolgungsrechte oder die Nutzung anderweitiger Kommunikationsforen. Die praktische Wirksamkeit des Aktionärsforums ist allerdings in dreierlei Hinsicht eingeschränkt. 1. Kostenpflichtigkeit Eine Veröffentlichung im Aktionärsforum ist kostenpflichtig (§ 127a Abs. 2 AktG).10 Das je Eintragung anfallende Entgelt von 25 EUR zzgl. MwSt.11 dürfte aber jedem veröffentlichungswilligen Aktionär zumutbar sein. Niemand, der eine Verfolgung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegen ihre Verwaltungsmitglieder erreichen möchte, dürfte sich dadurch ernsthaft von der Nutzung dieser Kommunikationsplattform abhalten lassen.

7 Anders noch der Vorschlag im Referentenentwurf UMAG, S. 3, 25, der von einer Begründung des Aufrufs durch die Gesellschaft ausging. 8 Seibert, AG 2006, 16, 18 spricht treffend von einer „Pinnwand mit Kontaktadresse“. 9 Generell zur vereinzelten Nutzung auch Seibert, NZG 2007, 841 f.; Habersack, Gutachten E 89; Schmidt/Lutter-Ziemons, AktG, § 127a Rn. 2, wonach bis zum 1. Juni 2010 nur 18 Aufforderungen darauf abzielten, die erforderlichen Quoren für Verlangen nach § 122 Abs. 1 oder 2 AktG, für Sonderprüfungsanträge oder die Geltendmachung von Ersatzansprüchen bzw. die Anfechtung des Gewinnverwendungsbeschlusses zu erreichen. 10 Referentenentwurf UMAG, S. 3, 25 sah dagegen noch einen Erstattungsanspruch der Aktionärsminderheit durch die Gesellschaft für den Fall eines erfolgreichen Minderheitsbegehrens vor. Für eine Kostenfreiheit der Einträge plädiert wohl auch Seibert, NZG 2007, 841 f., der damit eine verstärkte Inanspruchnahme des Aktionärsforums erreichen möchte. 11 Quelle: Allgemeine Geschäftsbedingungen für das „Aktionärsforum“ im Bundesanzeiger vom 1. Januar 2013, abrufbar unter: https://www.bundesanzeiger.de/down load/D048_agb-klagreg_eBanz.pdf (Stand: 30. April 2013). Für eine Bestätigung über eine Eintragung werden zusätzlich pauschal 10 EUR zzgl. MwSt. berechnet.

A. Nutzung des Aktionärsforums zur Erreichung einer Stimmenmehrheit

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2. Beschränkung auf elektronisches Verfahren Für im Umgang mit neuen elektronischen Medien nicht versierte Aktionäre wird die durch das UMAG neu geschaffene Kommunikationsmöglichkeit des Aktionärsforums unzugänglich bleiben. Aufforderungen nach § 127a AktG können nur nach vorheriger elektronischer Registrierung, Angabe einer E-Mail-Adresse und über eine im Bundesanzeiger bereitgestellte Formularmaske elektronisch erfolgen (§§ 1 Abs. 2, 3 Abs. 1, 3, 4 der AktFoV). Das Aktionärsforum ist außerdem nur über das Internet einsehbar (§ 7 Abs. 1 AktFoV). Im Zeitalter der „Computerisierung“ und der Verlagerung auch anderer Bereiche auf das Internet12 ist dies jedoch hinzunehmen.13 3. Verhältnis zu kapitalmarktrechtlichen Vorschriften, acting in concert Nutzen Aktionäre das Aktionärsforum und nehmen Kontakt zu anderen Aktionären auf, um gemeinsam ihre Rechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen auszuüben, sind sie in börsennotierten Gesellschaften an die kapitalmarktrechtlichen Vorschriften gebunden.14 § 22 Abs. 2 WpHG, § 30 Abs. 2 WpÜG sehen eine gegenseitige Stimmrechtszurechnung für Fälle abgestimmter Verhaltensweisen (acting in concert) vor mit der Folge, dass bei Überschreiten bestimmter in § 21 Abs. 1 WpHG bzw. § 29 Abs. 2 WpÜG normierter Schwellenwerte Mitteilungspflichten bzw. im – wohl unwahrscheinlichen – Fall der Zurechnung von insgesamt über 30% der Stimmrechte die Verpflichtung zur Abgabe eines Pflichtangebots gemäß § 35 WpÜG ausgelöst werden. Bei Nichtbeachtung drohen erhebliche Sanktionen, wie der Verlust des Stimm- bzw. Dividendenrechts (§ 28 WpHG, § 59 WpÜG) sowie Bußgelder (§ 39 WpHG, § 60 WpÜG). Seit In-Kraft-Treten des Risikobegrenzungsgesetzes15 am 19. August 2008 ist für eine

12 Zu denken ist hier etwa an die (ausschließliche) Führung elektronischer Handelsregister, die generelle Umstellung auf den Bundesanzeiger als Pflichtblatt für Bekanntmachungen der Gesellschaft (§ 25 S. 1 AktG) sowie die Schaffung eines einheitlichen „Unternehmensregisters“. 13 So auch Schütz, NZG 2005, 5, 11, der den faktischen Zwang eines „auffordernden Aktionärs“ zur Einrichtung einer eigenen Homepage im „Zeitalter fortschreitender Computerisierung“ für einen nur geringfügigen Nachteil hält. 14 Siehe nur Spindler/Stilz-Rieckers, AktG, § 127a Rn. 16, m.w. N.; Schmidt/LutterZiemons, AktG, § 127a Rn. 3, m.w. N., betrachtet dieses Verhältnis dagegen als „ungeklärt“; die Regierungsbegründung UMAG, S. 16 wies lediglich darauf hin, dass die Vorschriften des WpHG bzw. WpÜG in eigener Verantwortung zu beachten seien. Kritisch zur Einschlägigkeit der Regelungen des acting in concert dagegen Seibert, WM 2005, 157, 159; ders., AG 2006, 16, 18 mit dem Argument, dass der Gesetzgeber nicht als Fallensteller für die Rechtsanwender handeln würde. 15 Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken („Risikobegrenzungsgesetz“) vom 12. August 2008, BGBl. 2008 I, S. 1666.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

Stimmrechtszurechnung nach § 22 Abs. 2 WpHG, § 30 Abs. 2 WpÜG eine Verhaltensabstimmung des Meldepflichtigen oder seines Tochterunternehmens mit einem Dritten in Bezug auf die börsennotierte Gesellschaft aufgrund einer Vereinbarung oder in sonstiger Weise erforderlich. Vereinbarungen in Einzelfällen sind hiervon ausgenommen. Außerdem ist nach § 22 Abs. 2 S. 2 WpHG eine Verständigung über die Ausübung von Stimmrechten oder ein Zusammenwirken mit dem Ziel einer dauerhaften und erheblichen Änderung der unternehmerischen Ausrichtung der Zielgesellschaft erforderlich.16 Bei einer Abstimmung über die Ausübung nicht hauptversammlungsbezogener Aktionärsrechte, insbesondere über einen Zusammenschluss zum gemeinsamen Betreiben eines Klagezulassungs- und Klageverfahrens gemäß § 148 AktG, dürfte es im Regelfall an dem Erfordernis der dauerhaften oder erheblichen Beeinflussung der unternehmerischen Ausrichtung der Gesellschaft fehlen und damit ein acting in concert ausscheiden.17 Bei einer Abstimmung über die Ausübung des Stimmrechts, etwa im Rahmen von § 147 Abs. 1 oder Abs. 2 S. 1 AktG müssen Aktionäre jedoch darauf achten, dass es bei einer lediglich „punktuellen Einflussnahme“ verbleibt,18 wenn sie nicht eine gegenseitige Stimmrechtszurechnung mit den entsprechenden kapitalmarktrechtlichen Folgepflichten auslösen wollen. Die bloße Aufforderung im Aktionärsforum für sich stellt jedoch mangels Abstimmung der Aktionäre kein acting in concert dar.19 Erforderlich ist vielmehr in jedem Fall eine weitergehende Kommunikation in Form einer „Abstimmung“. Die Beachtung dieser kapitalmarktrechtlichen Vorschriften ist daher kein spezieller Aspekt des Aktionärsforums. Vielmehr sind diese Vorschriften allgemein bei jeglicher Form von Aktionärskommunikation zu beachten.

III. Missbrauchsgefahren Im Vorfeld der UMAG-Reform wurde vielfach eine Häufung missbräuchlicher Aktionärsverlangen durch die Kommunikationserleichterung befürchtet. Es gab Bedenken, dass die Schwellenwerte durch einen problemlosen Zusammenschluss

16 Siehe hierzu im Einzelnen König, BB 2008, 1910 ff.; Schwark/Zimmer-Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar, WpHG § 22 Rn. 18 ff.; Assmann/Schneider-Schneider, WpHG, § 22 Rn. 161 ff. 17 A. A. wohl Schmidt/Lutter-Ziemons, AktG, § 127a Rn. 3, m.w. N., ohne Bezug auf das durch das Risikobegrenzungsgesetz neu geschaffene Erfordernis der dauerhaften oder erheblichen Beeinflussung der unternehmerischen Ausrichtung der Gesellschaft. 18 Siehe zur Auslegung der Einzelfallausnahme nach dem Risikobegrenzungsgesetz nur König, BB 2008, 1910 f., m.w. N.; pauschal auf das Kriterium mehrerer Beschlüsse bzw. Tagesordnungspunkte abstellend Schmidt/Lutter-Ziemons, AktG, § 127a Rn. 3, m.w. N. 19 Spindler/Stilz-Rieckers, AktG, § 127a Rn. 16, m.w. N.

A. Nutzung des Aktionärsforums zur Erreichung einer Stimmenmehrheit

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über das Aktionärsforum (zu) leicht umgangen werden könnten20 und außerdem keine ausreichende Filterung missbräuchlicher Aufrufe stattfände.21 Die Bedenken stützten sich in erster Linie auf die nur eingeschränkte Prüfungspflicht des Bundesanzeigers. Dieser nimmt grundsätzlich nur eine formale Prüfung der Anforderungen auf Vollständigkeit der notwendigen Angaben vor.22 So reicht im Regelfall die Versicherung gegenüber dem Aktionärsregister aus, Aktionär der Gesellschaft zu sein (§ 3 Abs. 2 AktFoV). Nur bei begründeten Zweifeln, etwa nach entsprechenden Einwänden der Gesellschaft, kann der Betreiber des Bundesanzeigers weitere Nachweise verlangen. Den im UMAG-Gesetzgebungsverfahren geäußerten Forderungen nach einer vollumfänglichen Prüfungspflicht23 des Bundesanzeigerverlags ist der Gesetzgeber zu Recht nicht nachgekommen. Das Aktionärsforum bietet lediglich eine Plattform für eine private Kommunikation zwischen Aktionären.24 Das Erfordernis einer inhaltlichen Prüfungspflicht für die Betreiber des Bundesanzeigers würde die Anforderungen überspannen. Die Überprüfung der Aktionärseigenschaft, etwa durch Prüfung eingereichter Unterlagen, würde die Funktionalität des Aktionärsforums in Frage stellen und zu einem ökonomisch nicht sinnvollen Mehraufwand führen.25 Durch verschiedene elektronische Vorkehrungen soll die Identität des Auffordernden festgestellt und so „Spaßregistrierungen“ und Missbräuche weitgehend ausgeschlossen werden.26 20 Siehe nur BDI u. a., Gemeinsame Stellungnahme zum UMAG-RefE, S. 12. Siehe zur Frage eines angemessenen Schwellenwerts für das Klagezulassungsverfahren noch Kapitel 2 D. III. 4. 21 Siehe nur BDI u. a., Gemeinsame Stellungnahme zum UMAG-RefE, S. 12. 22 Vgl. auch Allgemeine Geschäftsbedingungen für das „Aktionärsforum“ im Bundesanzeiger vom 1. Januar 2013, abrufbar unter: https://www.bundesanzeiger.de/down load/D048_agb-klagreg_eBanz.pdf (Stand: 30. April 2013). 23 Siehe nur BDI u. a., Gemeinsame Stellungnahme zum UMAG-RefE, S. 12 f. 24 Siehe hierzu Bekanntmachung der Begründung zur Verordnung über das Aktionärsforum (AktFoV) nach § 127a Abs. 5 des Aktiengesetzes vom 22. November 2005, BGBl. 2005 I, S. 3193. 25 Vgl. auch die Begründung zu § 3 der AktFoV, abgedruckt bei Seibert, AG 2006, 16, 20 f. Bedenklich erscheint allerdings die Begründung von Seibert, AG 2006, 16, 18, wonach im Aktionärsforum keine strenge Prüfung der Aktionärseigenschaft erfolgen müsse, da diese ohnehin später bei Ausübung der Aktionärsrechte nachzuweisen sei. Bereits die Aufforderung im Aktionärsforum kann, wie BDI u. a., Gemeinsame Stellungnahme zum UMAG-RefE, S. 12 zu Recht einwenden, unter Umständen zu einem Imageverlust der Gesellschaft führen, so dass ein Verweis auf eine Prüfung zu einem späteren Zeitpunkt nicht ausreicht, um dem Rechtsschutzbedürfnis der Gesellschaft Rechnung zu tragen. Das Absehen von einer umfassenden Prüfung ist daher das Ergebnis einer Abwägungsentscheidung zwischen der Funktionalität des Aktionärsforums einerseits und dem Rechtsschutzinteresse der Gesellschaft andererseits; so auch die Begründung zu § 3 der AktFoV, abgedruckt bei Seibert, AG 2006, 16, 20 f. 26 Siehe hierzu im Einzelnen die Vorschriften der AktFoV, sowie bei Seibert, AG 2006, 16 ff.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

Zwar mag die Begründung des Verlangens, auf die im Aktionärsforum nur verwiesen werden darf, in Einzelfällen bloße Behauptungen, Sachverhaltsentstellungen, Schmähkritik und ähnliches enthalten.27 Diese abstrakte Gefahr allein kann jedoch noch nicht genügen, um dem Aktionärsforum generell seine Existenzberechtigung abzusprechen, insbesondere da diese Missbrauchsmöglichkeiten auch außerhalb eines Aktionärsforums bestehen (können).28 Aktionäre haben auch ohne die Zuhilfenahme des Aktionärsforums die Möglichkeit, auf ihrer Homepage oder über andere öffentliche Medien ihre Meinung zu verbreiten.29 Aktionäre, denen es um eine Schädigung der Gesellschaft geht, werden hierfür kostenlose und anonym zugängliche Internetforen einer kosten- und registrierungspflichtigen Veröffentlichung im Aktionärsforum vorziehen.30 Wie bei sonstigen gesellschaftskritischen Äußerungen von Aktionären ist die Gesellschaft in diesen Fällen auf die allgemeinen zivilrechtlichen Abwehransprüche und prozessualen Rechtsbehelfe verwiesen, insbesondere auf den einstweiligen Rechtsschutz.31 Außerdem kann sie, insbesondere wenn einer der in §§ 3 Abs. 5, 5 Abs. 1 AktFoV genannten Missbrauchsfälle vorliegt, von dem Betreiber des Bundesanzeigers die Löschung des Aufrufs verlangen.32 Die im Vorfeld der UMAG-Reform vielfach geäußerten Bedenken hinsichtlich der Gefahr einer Häufung von Missbräuchen haben sich bislang wegen der spärlichen Nutzung des Aktionärsforums ohnehin nicht bewahrheitet.

27 So z. B. die Befürchtung von DAV-Stellungnahme zum RefE UMAG, NZG 2004, 555, 558. 28 Regierungsbegründung UMAG, S. 16. I. Erg. auch Hüffer, AktG, § 127a Rn. 4; Bayer/Habersack-Noack, Aktienrecht, Bd. 2, S. 671; Jahn, BB 2005, 5, 12 f. mit Verweis auf die „üblichen Internet-Suchmaschinen“. 29 Regierungsbegründung UMAG, S. 16. Hierauf weisen auch Thaeter/Guski, AG 2007, 301, 302, 305 hin. So warb im Mai 2006 ein der Kirch-Gruppe zugerechneter Aktionär medienwirksam für eine Beteiligung an einem Klagezulassungsverfahren gemäß § 148 AktG; siehe hierzu auch bereits Einf., Fn. 14 (siehe hierzu auch Bayer/ Habersack-Noack, Aktienrecht, Bd. 2, S. 669, m.w. N.); den meisten Kleinaktionären werden für solche Medien-Kampagnen wohl die entsprechenden finanziellen Mittel fehlen. Ein Beispiel für die Werbung für die Beteiligung an einem Klagezulassungsverfahren gemäß § 148 Abs. 1 S. 1 AktG bietet auch der Aufruf von Franz Enderle an die Aktionäre der IKB Deutsche Industriebank AG, vgl. Süddeutsche Zeitung vom 3. April 2009. 30 Bayer/Habersack-Noack, Aktienrecht, Bd. 2, S. 671, m.w. N., der mit Seibert, AG 2006, 16, 18 f. davon ausgeht, dass zwar „(e)ine gewisse Quote von Missbräuchen, Spaßregistrierungen und unsinnigen Aufforderungen“ vorkommen könne, die „Wahrscheinlichkeit für solche Ausreißer (. . .) aber nicht zu hoch zu veranschlagen“ sei. 31 Regierungsbegründung UMAG, S. 16. Kritisch dagegen zu dem ausreichenden Schutz der Gesellschaft Schmidt/Lutter-Ziemons, AktG, § 127a Rn. 12 ff. 32 Schmidt/Lutter-Ziemons, AktG, § 127a Rn. 13.

B. Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Organmitglieder

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IV. Zusammenfassung Auch wenn es bislang nur vereinzelt genutzt wurde, ist das Aktionärsforum ein wichtiges Medium bei der Verfolgung von Ersatzansprüchen gegen Organmitglieder.33 Hierdurch können besonders in börsennotierten Gesellschaften bestehende Kommunikationsdefizite überwunden werden,34 und Minderheitsaktionäre können Kontakt zueinander aufnehmen. Das Aktionärsforum in seiner jetzigen Form ist, trotz seiner geringfügigen Kostenpflichtigkeit und seiner Beschränkung auf die elektronische Form, hinreichend „aktionärsfreundlich“ ausgestaltet. Aktionäre, die über das Aktionärsforum miteinander Kontakt aufnehmen, müssen in börsennotierten Gesellschaften allerdings ihre kapitalmarktrechtlichen Pflichten, insbesondere die Regelungen des acting in concert, beachten. Das Aktionärsforum bietet zwar keinen umfassenden Schutz der Gesellschaft gegen missbräuchliche Einträge, missbräuchliche Aktionärsäußerungen sind allerdings auch außerhalb des Aktionärsforums bzw. der Begründung der Aufforderung auf der Internetseite des Aktionärs möglich. Unter Abwägung mit der Funktionalität des Aktionärsforums ist dieser eingeschränkte Missbrauchsschutz daher hinzunehmen.35

B. Erzwingung der Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Organmitglieder gemäß § 147 Abs. 1 AktG Das deutsche Aktienrecht sieht bereits seit 1884 das Recht der Hauptversammlung vor, die Geltendmachung von Ersatzansprüchen durch die Gesellschaft zu erzwingen.36 Die in § 147 Abs. 1 S. 1 AktG aufgeführten Ersatzansprüche37 müssen demnach geltend gemacht werden, wenn es die Hauptversammlung mit einfacher Stimmenmehrheit beschließt.38 Die Ansprüche sollen grundsätzlich innerhalb von sechs Monaten nach dem Tag der Hauptversammlung geltend gemacht 33 Kritisch zur Zweckerreichung des Aktionärsforums dagegen Hüffer, AktG, 9. Aufl., § 127a Rn. 1: „Ob (die) Neuerung i. S. ihrer Zielsetzung Nutzen stiftet oder eher Selbstdarstellungen erleichtert, bleibt abzuwarten“; kritisch auch Schmidt/LutterZiemons, AktG, § 127a Rn. 2. 34 Vgl. auch die Regierungsbegründung UMAG, S. 16, die wegen der „Sinnlosigkeit“ der Nutzung des Aktionärsforums in nicht börsennotierten Gesellschaften auf einen möglichen Rechtsmissbrauch hinweist. 35 Vgl. auch die Begründung zu § 3 der AktFoV, abgedruckt bei Seibert, AG 2006, 16, 20 f. 36 Zur historischen Entwicklung siehe bereits Kapitel 1 B. VI. 37 Siehe hierzu bereits Kapitel 1 C. I. sowie Kapitel 2 F. II. 38 § 147 Abs. 1 S. 1 AktG. Das in § 147 Abs. 1 S. 1 2. Alt. AktG 1998 ebenfalls vorgesehene Geltendmachungserzwingungsrecht einer Aktionärsminderheit, deren Anteile zusammen 10 % des Grundkapitals erreichten, wurde dagegen durch das UMAG abgeschafft und durch das neue Klagezulassungs- und Klageverfahren des § 148 AktG ersetzt; siehe hierzu auch Kapitel 1 B. VI.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

werden (§ 147 Abs. 1 S. 2 AktG). Eine verspätete Geltendmachung kann Schadenersatzansprüche, etwa wegen eines eingetretenen Zinsschadens, nach sich ziehen.39

I. Rechtsfolge: Pflicht zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen 1. Allgemeines Die Gesellschaft ist verpflichtet, Ersatzansprüche geltend zu machen, wenn die Hauptversammlung dies beschlossen hat. Zuständig für die Geltendmachung sind nach den allgemeinen Kompetenzregelungen der Vorstand (§§ 78, 83 Abs. 2 AktG) bzw. der Aufsichtsrat (§§ 112, 111 Abs. 1 AktG).40 Die Pflicht zur Geltendmachung besteht selbst dann, wenn der Vorstand bzw. Aufsichtsrat nach den ARAG/Garmenbeck-Grundsätzen zu einer Geltendmachung nicht verpflichtet gewesen wäre.41 Das Recht der Hauptversammlung, die Geltendmachung der Ersatzansprüche zu erzwingen, ist ein reines (Geltendmachungs-)Erzwingungsrecht. Aktionäre können eine eigene Beteiligung an dem Haftungsprozess der Gesellschaft nur durch eine einfache Nebenintervention gemäß § 66 ZPO erreichen.42 In diesem Fall tragen sie allerdings ein zusätzliches Kostenrisiko.43 2. Beschränkung auf (außer-)gerichtliche Geltendmachung Es stellt sich die Frage, was unter dem Begriff der Geltendmachung zu verstehen ist. Klärungsbedürftig ist zunächst, ob der Hauptversammlungsbeschluss gemäß § 147 Abs. 1 AktG die Gesellschaftsorgane zu einer gerichtlichen Geltendmachung zwingt, oder ob auch eine außergerichtliche Geltendmachung zulässig 39

Hüffer, AktG, § 147 Rn. 5. Siehe zur aktienrechtlichen Kompetenzordnung bereits Kapitel 1 B. I. 41 AK-Lochner, AktG, § 147 Rn. 10; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 147 Rn. 21; Konzen, in: FS Hommelhoff, S. 565, 567; ausführlich zu der Pflicht zur Geltendmachung auch Hölters, in: FS Wiedemann 2002, S. 975, 979 ff. Zur umstrittenen Frage, ob eine Geltendmachungspflicht für einen besonderen Vertreter besteht, siehe Kapitel 2 C. I. 1.; für eine Überprüfung de lege ferenda des Vorbehalts des überwiegenden Gesellschaftsinteresses bei der Verpflichtung zur Geltendmachung auch im Rahmen des § 147 AktG vgl. Nietsch, ZGR 2011, 589, 622. 42 MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 21; Trescher, DB 1995, 661, 663. Voraussetzung hierfür ist insbesondere das Vorliegen eines entsprechenden rechtlichen Interesses (§ 66 ZPO). 43 MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 21; siehe auch § 101 Abs. 1 ZPO. Erfolgt die (gerichtliche) Geltendmachung der Ersatzansprüche nach einem Geltendmachungserzwingungsbeschluss gemäß § 147 AktG durch die Gesellschaft, trägt diese hierfür die Kosten. 40

B. Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Organmitglieder

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ist.44 Aus einem historischen Vergleich des Wortlauts des § 147 Abs. 1 S. 1 AktG „Zur Geltendmachung des Ersatzanspruchs“ zu der in § 122 Abs. 2 S. 1 AktG 1937 verwendeten Bezeichnung „zur Führung des Rechtsstreits“ ergibt sich nach richtiger Ansicht, dass die Gesellschaftsorgane hinsichtlich der Art und Weise der Geltendmachung nicht auf den Klageweg beschränkt sind.45 Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck der Regelung – die Gesellschaft kann daher grundsätzlich den ihr am geeignetsten erscheinenden Weg der Durchsetzung der Ersatzansprüche einschlagen; dies gilt zumindest dann, wenn die Hauptversammlung hierfür keine konkreten Vorgaben gemacht hat.46 Beschränkt der Hauptversammlungsbeschluss die Geltendmachung jedoch auf eine bestimmte Art der Durchsetzung, etwa auf eine außergerichtliche Geltendmachung, so ist die Bindung der Verwaltungsorgane hieran umstritten. Die wohl herrschende Ansicht geht von einer Bindungswirkung des Hauptversammlungsbeschlusses auf die Gesellschaftsorgane Vorstand und Aufsichtsrat aus.47 Dem kann jedoch nur insoweit gefolgt werden, als die Verpflichtung der Gesellschaftsorgane, die Ersatzansprüche unabhängig von den ARAG/Garmenbeck-Grundsätzen geltend zu machen, betroffen ist. Kommen die Verwaltungsorgane jedoch nach den ARAG/Garmenbeck-Grundsätzen zum Ergebnis, dass der Gesellschaft ein Ersatzanspruch zusteht und keine gewichtigen Gesellschaftsinteressen der Anspruchsdurchsetzung entgegenstehen, so müssen sie die Ersatzansprüche auch über die von der Hauptversammlung beschlossenen und letztlich erfolglos gebliebenen Maßnahmen hinaus weiterverfolgen.48 Würde man dem einschränkenden Hauptversammlungsbeschluss auch in diesem Fall Bindungswirkung zubilligen, 44 In der Praxis dürfte dieser Streit allerdings von untergeordneter Bedeutung sein. Eine außergerichtliche Geltendmachung wird vielfach erfolglos bleiben, und die Verwaltungsorgane müssen in diesem Fall, zumindest soweit die Hauptversammlung keine anderweitigen Vorgaben gemacht hat, die Ersatzansprüche anschließend unverzüglich gerichtlich geltend machen; so auch AK-Lochner, AktG, § 147 Rn. 11; ähnlich auch MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 39; Rahlmeyer, Vorstandshaftung, S. 100; Winnen, Innenhaftung, S. 297; so wohl auch Hüffer, AktG, § 147 Rn. 5, der diese Frage als noch „ungeklärt“ betrachtet. Auch eine Abtretung des Ersatzanspruchs zum vollen Gegenwert wird wohl eher die Ausnahme bleiben. 45 BGH, ZIP 1981, 178, 180; OLG München, ZIP 2008, 1916, 1920 (HVB/UniCredito, Anfechtungsverfahren); GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 38, m.w. N. 46 Allgemeine Ansicht, siehe nur MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 25; GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 39; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 147 Rn. 18, m.w. N.; Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 147 Rn. 9 ff.; Rahlmeyer, Vorstandshaftung, S. 100; Winnen, Innenhaftung, S. 297. 47 MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 25, 39, m.w. N.; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 147 Rn. 18; Winnen, Innenhaftung, S. 297; OLG München, ZIP 2008, 1916, 1920 (HVB/ UniCredito, Anfechtungsverfahren); einschränkend auch Rahlmeyer, Vorstandshaftung, S. 100; a. A. dagegen Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 147 Rn. 10 f.; GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 19, unklar dagegen in Rn. 39; Ziemons, in: Handbuch der AG, Rz. I 11.199. 48 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 147 Rn. 10 f.; vgl. auch GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 19, unklar dagegen in Rn. 39.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

hätte das die Wirkung eines (zumindest Teil-)Verzichts, was der Wertung des § 93 Abs. 4 S. 3 AktG zuwiderlaufen würde.49 Nach überwiegender Ansicht fällt die Abtretung des Ersatzanspruchs an Dritte dagegen nicht unter den Begriff der Geltendmachung, selbst wenn der Gesellschaft dafür im Gegenzug Geldmittel zufließen.50 Dies überzeugt dann, wenn der Gesellschaft keine oder zumindest, wie in einem vom BGH im Jahr 1980 entschiedenen Fall51, keine vollwertige Gegenleistung zufließt.52 In diesem Fall gleicht die Abtretung für die Gesellschaft wirtschaftlich einem Teilverzicht, für den die einschränkenden Regelungen des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG gelten.53 Nach Schröer soll eine Abtretung jedoch selbst dann keine Geltendmachung i. S. v. § 147 Abs. 1 S. 1 AktG darstellen, wenn die Gesellschaft als Gegenleistung eine volle Kompensationszahlung erhält.54 Schröer begründet dies mit dem Schutzzweck des § 147 AktG: dieser bestehe nicht nur aus der Schadloshaltung der Gesellschaft, sondern umfasse auch Präventionswirkungen der Haftungsandrohung. Diese seien gefährdet, wenn die Verwaltungsmitglieder ihre persönliche Haftung dadurch abwenden könnten, dass sie der Gesellschaft den Ersatzanspruch abkaufen ließen.55 Mit dem Schutzzweck des § 147 AktG allein lässt sich ein generelles Abtretungsverbot dagegen nicht rechtfertigen. Der Präventionsgedanke besteht auch im Rahmen der allgemeinen Regelungen des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG über einen Verzicht oder Vergleich der Gesellschaft über Schadenersatzansprüche gegen Organmitglieder.56 Im Rahmen dieser Regelungen ist je49 Ziemons, in: Handbuch der AG, Rz. I 11.199; Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 147 Rn. 10: „Der Beschluss nach § 147 Abs. 1 (AktG) verpflichtet die Vertretungsorgane demgemäß nur hinsichtlich des „Ob“ der Geltendmachung, hinsichtlich des „Wie“ nur als Mindestmaß“; ähnlich auch GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 19: „Eine Entscheidung der Verwaltungsorgane, die Rechtsverfolgung weitergehend zu betreiben, wird dadurch nicht eingeschränkt“; unklar dagegen in Rn. 39. 50 BGH, ZIP 1981, 178, 180; MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 25; Schmidt/LutterSpindler, AktG, § 147 Rn. 11. 51 BGH, ZIP 1981, 178, 180: „Veräußerung des Anspruchs an einen Dritten kann selbst bei weitester Auslegung jedenfalls nicht mehr als „Geltendmachung“ i. S. d. § 147 AktG verstanden werden, wenn sie (. . .) mit einem Abstrich vom Entgelt i. H. v. 50 % des beizutreibenden Betrags zuzüglich Kosten und Zinsen verbunden ist“. 52 Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 147 Rn. 18. 53 BGH, ZIP 1981, 178, 180; vgl. auch Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 147 Rn. 18. Siehe hierzu bereits Kapitel 1 C. I. 5. c) bb). 54 MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 25: „Dies gilt unabhängig von der Höhe der Kompensationszahlung.“ 55 MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 25. 56 Siehe nur GK-Bezzenberger, AktG, § 93 Rn. 354, demzufolge das Zustimmungserfordernis der Hauptversammlung dazu dient, zu verhindern, dass sich die Verwaltungsorgane wechselseitig von der Haftung befreien, und, Rn. 366, durch die Dreijahresfrist bezweckt ist, dass Organmitglieder, deren pflichtwidriges Verhalten durch einen Großaktionär gebilligt wird, nach einem Aktionärswechsel mit Inanspruchnahme rechnen müssen; ähnlich Mertens, in: FS Fleck, S. 209, 210.

B. Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Organmitglieder

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doch allgemein anerkannt, dass die einschränkenden Regelungen für einen Verzicht oder Vergleich grundsätzlich nicht für sonstige Verfügungen wie z. B. Abtretungen gelten, es sei denn, es liegt ein Umgehungstatbestand vor.57 Erhält die Gesellschaft einen vollwertigen Ersatz für den abgetretenen Ersatzanspruch, so ist darin grundsätzlich kein Umgehungstatbestand zu sehen.58 Eine unterschiedliche Behandlung der Abtretungsbefugnis im Rahmen der pflichtgemäßen Geltendmachung von Ersatzansprüchen durch die Verwaltungsorgane und im Rahmen der nach § 147 AktG erzwungenen Geltendmachung ist jedoch weder durch den Schutzzweck, noch aus sonstigen Gründen geboten. Als „Geltendmachung“ kommt damit im Ergebnis auch eine Abtretung des Ersatzanspruchs gegen vollwertigen Ersatz in Betracht.

II. Voraussetzung: Hauptversammlungsbeschluss über die Geltendmachung gemäß § 147 Abs. 1 S. 1 AktG Die Pflicht der Gesellschaft, die Ersatzansprüche geltend zu machen, setzt einen entsprechenden Hauptversammlungsbeschluss voraus. Aus dem Hauptversammlungsbeschluss muss sich hinreichend genau ergeben, welche Ansprüche geltend zu machen sind.59 Außerdem müssen die ersatzpflichtigen Personen benannt und der jeweilige Lebenssachverhalt als Grundlage der Ersatzansprüche hinreichend konkret angegeben werden.60 Ausreichend ist hierbei, wenn die geltend zu machenden Ersatzansprüche einschließlich der Anspruchsgegner nach allgemeinen Grundsätzen bestimmbar sind.61 57 Schmidt/Lutter-Krieger/Sailer-Coceani, AktG, § 93 Rn. 51; wohl weitergehend Spindler/Stilz-Fleischer, AktG, § 93 Rn. 277; siehe auch bereits Kapitel 1 C. I. 5. c) bb). 58 Schmidt/Lutter-Krieger/Sailer-Coceani, AktG, § 93 Rn. 51; einschränkend zur Abtretungsmöglichkeit dagegen Cahn, Vergleichsverbote, S. 132 ff., 126 ff. Siehe auch bereits Kapitel 1 C. I. 5. c) bb). 59 OLG München, ZIP 2008, 73 f. (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren). Die Höhe der Ansprüche muss dagegen nicht beziffert werden; GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 19; Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 147 Rn. 9. 60 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 147 Rn. 9; OLG Stuttgart, AG 2009, 169 f. (Ed Züblin); OLG Frankfurt/Main, AG 2004, 104; LG München I, ZIP 2007, 2420, 2424 (HVB/UniCredito, Vorinstanz Anfechtungsverfahren). 61 AK-Lochner, AktG, § 147 Rn. 9; OLG München, ZIP 2008, 73 f. (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren); LG München I, 2007, 1807, 1812 (HVB/UniCredito, Vorinstanz Verfügungsverfahren); vgl. auch LG München I, ZIP 2007, 2420, 2422 (HVB/ UniCredito, Anfechtungsverfahren, Vorinstanz); KG, AG 2012, 256, 258 f.; enger OLG München, ZIP 2008, 1916, 1921 (HVB/UniCredito, Anfechtungsverfahren); siehe auch LG Stuttgart, ZIP 2010, 329 f. (Ed Züblin, Auskunfts- und Informationsrechte des besonderen Vertreters), zu dem Fall, dass ein nicht hinreichend bestimmter bzw. bestimmbarer bestandskräftiger Hauptversammlungsbeschluss gemäß § 147 Abs. 1 AktG vorliegt; das LG Stuttgart gewährt dem besonderen Vertreter gemäß § 147 AktG Informations- und Auskunftsrechte nur dann, wenn ein Anfangsverdacht für das Bestehen möglicher Ersatzansprüche gegen bestimmte Anspruchsgegner besteht; ablehnend Lochner, EwiR 2010, 3 f. Siehe auch bereits OLG Frankfurt/Main, AG 2004, 104 f. Ausführ-

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

Eine einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen auf der Hauptversammlung (§§ 147 Abs. 1 S. 1, 133 Abs. 1 AktG) wird oft nur schwer zu erreichen sein. Oftmals werden einzelne Aktionäre bereits Schwierigkeiten haben, eine entsprechende Beschlussfassung über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen überhaupt zu erreichen. Ein Beschluss darf nämlich nur dann gefasst werden, wenn die Geltendmachung von Ersatzansprüchen ordnungsgemäß zur Tagesordnung angekündigt wurde (§ 124 Abs. 1 AktG)62 oder ein entsprechender Beschlussantrag nach § 124 Abs. 4 S. 2 2. Alt. AktG bekanntmachungsfrei ist. Ausgehend von dem Schutzzweck, den Aktionären eine sinnvolle Vorbereitung auf die Hauptversammlung zu ermöglichen,63 ist eine vorherige Bekanntmachung ausnahmsweise dann entbehrlich, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zu einem anderen Tagesordnungspunkt besteht.64 1. Erste Hürde: Antrag auf Beschlussfassung über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen Ist der Antrag zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gemäß § 147 Abs. 1 AktG nicht ordnungsgemäß angekündigt worden und nicht ausnahmsweise bekanntmachungsfrei, kann ihn der Versammlungsleiter zurückweisen, da der daraufhin gefasste Beschluss offensichtlich anfechtbar wäre.65 Wegen der Pflicht zur eigenen Verfolgung von Ersatzansprüchen nach den ARAG/Garmenbeck-Grundsätzen66 dürfte es in der Praxis nur selten vorkommen,

lich hierzu auch Mock, DB 2008, 393, 394, m.w. N. (zur Bestellung eines besonderen Vertreters durch die Hauptversammlung gemäß § 147 Abs. 2 S. 1 AktG). 62 Speziell zur Bekanntmachungspflicht bezüglich der Geltendmachung von Ersatzansprüchen gemäß § 147 AktG Semler, AG 2005, 321, 329; MüKo-Schröer, § 147 Rn. 29. 63 Zum Schutzzweck OLG München, NJW-RR 1997, 544, 545; GK-Werner, AktG, § 124 Rn. 2. 64 Dieser wird z. B. bei einem der Hauptversammlung gemäß § 145 Abs. 6 S. 5 AktG vorgelegten Sonderprüfungsbericht, aus dem sich Ersatzansprüche ergeben, angenommen, nicht aber bei dem jährlichen Standard-Tagesordnungspunkt „Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat“, siehe hierzu nur Hüffer, AktG, § 147 Rn. 3, Schlitt/Becker, in: Arbeitshandbuch Hauptversammlung, § 4 Rn. 165, Werner, in: FS Fleck, S. 401, 414, jeweils m.w. N. 65 MüKo/Schröer, AktG, § 147 Rn. 29. 66 Der BGH hat in seiner ARAG/Garmenbeck-Entscheidung ausdrücklich klargestellt, dass die Prüfungs- und Geltendmachungspflicht des Aufsichtsrats gerade nicht durch das Recht der Hauptversammlung gemäß § 147 Abs. 1 AktG, die Gesellschaft zur Geltendmachung zu zwingen, beeinträchtigt wird, BGH, BGHZ 135, 244, 249 f. (ARAG/ Garmenbeck), siehe hierzu auch bereits Kapitel 1 B. I. Denkbar wäre ein solcher Beschlussvorschlag allerdings in Verbindung mit dem Antrag auf Bestellung besonderer Vertreter für die Durchsetzung von Ersatzansprüchen in den Fällen, in denen alle Organmitglieder als mögliche Ersatzpflichtige in Betracht kommen. Siehe hierzu noch Kapitel 2 C. III. 1.

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dass der Vorstand oder gegebenenfalls der Aufsichtsrat67 den Punkt „Beschlussfassung über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen“ von sich aus auf die Tagesordnung setzt. Aktionäre sind daher grundsätzlich auf ihre Minderheitsrechte nach § 122 AktG beschränkt,68 um eine Einberufung der Hauptversammlung oder eine Ergänzung der Tagesordnung um den oben genannten Beschlusspunkt zu erreichen und damit eine ordnungsgemäße Beschlussfassung zu ermöglichen. § 122 Abs. 1 AktG gewährt einer qualifizierten Aktionärsminderheit das Recht, beim Vorstand der Gesellschaft die Einberufung einer Hauptversammlung zu verlangen. Hierfür ist neben einer besonderen Eilbedürftigkeit grundsätzlich69 ein Quorum von 5% des Grundkapitals erforderlich, welches an bestimmte Mindestbesitzzeiten und Haltefristen gekoppelt ist.70 Dieses Quorum dürfte oftmals nur schwer zu erreichen sein, zumal bei der Berechnung des 5%-Quorums auf den zum Zeitpunkt des Verlangens im Handelsregister eingetragenen Nennwert des Grundkapitals abzustellen ist und eventuell bestehende Stimmverbote für die Berechnung des Quorums nicht zu berücksichtigen sind.71 Ein Einberufungsbegehren nach § 122 Abs. 1 AktG ist in aller Regel rechtsmissbräuchlich, wenn es an einer besonderen Eilbedürftigkeit fehlt, etwa weil keine Verjährung droht, und die nächste bereits vorgesehene Hauptversammlung abgewartet werden kann.72 In diesen Fällen sind die Aktionäre auf das Verlangen auf Ergänzung der Tagesordnung gemäß § 122 Abs. 2 AktG beschränkt. Hiernach können Aktionäre, deren Anteile zusammen 5% des Grundkapitals oder den anteiligen Betrag von 500.000 EUR erreichen,73 verlangen, dass Gegenstände auf die Tagesordnung gesetzt werden (§ 122 Abs. 2 S. 1 AktG). § 122

67 Dieser ist gemäß § 111 Abs. 3 AktG zur Einberufung einer Hauptversammlung befugt, wenn das Gesellschaftswohl dies erfordert. 68 Zum Charakter des § 122 AktG als Minderheitsrecht siehe nur Schmidt/Lutter-Ziemons, AktG, § 122 Rn. 2, m.w. N. 69 Die Satzung kann das Recht, die Einberufung einer Hauptversammlung zu verlangen, an eine andere Form und an den Besitz eines geringeren Anteilsbesitzes knüpfen; § 122 Abs. 1 S. 2 AktG. 70 Spindler/Stilz-Rieckers, AktG, § 122 Rn. 211; zu den Voraussetzungen des § 122 Abs. 1 AktG sowie zur Möglichkeit einer gerichtlichen Ermächtigung zur Einberufung nach § 122 Abs. 3 AktG und zur Kostentragungsregelung zu Lasten der Gesellschaft siehe nur Hüffer, AktG, § 122 Rn. 1 ff. 71 MüKo-Kubis, AktG, § 122 Rn. 6, 3, m.w. N. 72 LG Stuttgart, AG 2008, 757 f. (Ed Züblin, Vorinstanz); OLG Stuttgart, AG 2009, 169 ff. (Ed Züblin); Halberkamp/Gierke, NZG 2004, 494, 498. 73 Zur Problematik dieses Minderheitsquorums im Zusammenhang mit dem Antrag auf gerichtliche Bestellung der Sonderprüfer gemäß § 142 Abs. 2 AktG auf Antrag einer Aktionärsminderheit mit Anteilen von insgesamt 1 % des Grundkapitals oder 100.000 EUR siehe noch Kapitel 3 B. I. 6. c).

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Abs. 2 S. 2, 3 i. d. F. des ARUG74 verlangt zudem, dass dem Ergänzungsverlangen eine Begründung oder eine Beschlussvorlage beigefügt wird, und dass das Verlangen der Gesellschaft mindestens 24 Tage, bei börsennotierten Gesellschaften mindestens 30 Tage vor der Hauptversammlung zugeht. Aktionäre, die alleine das erforderliche Quorum nicht aufbringen, können zur Kontaktaufnahme mit anderen Aktionären das durch das UMAG neu geschaffene Aktionärsforum nutzen.75 2. Zweite Hürde: zustimmender Hauptversammlungsbeschluss Ist die erste Hürde der Bekanntmachung des Beschlussgegenstands auf der Tagesordnung genommen oder ist eine solche Bekanntmachung ausnahmsweise nicht erforderlich, ist in einem zweiten Schritt eine einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen auf der Hauptversammlung erforderlich (§§ 147 Abs. 1 S. 1, 133 Abs. 1 AktG). Dass eine solche, soweit nicht Stimmverbote für erhebliche Beteiligungen bestehen, wegen entgegenstehender Interessen von Großaktionären, Bankenvertretern oder einer schweigenden Hauptversammlungsmehrheit oftmals schwer zu erreichen sein dürfte, wurde bereits aufgezeigt.76 a) Stimmverbot Amtierende und ehemalige Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder, gegen die sich die Ersatzansprüche richten und die zugleich Aktionäre der Gesellschaft sind, unterliegen einem Stimmverbot (§ 136 Abs. 1 S. 1 3. Fall AktG).77 Anders als bei der Bestellung von Sonderprüfern (§ 142 Abs. 1 S. 2 AktG) besteht im Rahmen des § 147 AktG jedoch kein Stimmverbot wegen gemeinsamer Mitgliedschaft in Vorstand oder Aufsichtsrat der Gesellschaft.78 In Anbetracht der typischerweise bestehenden Befangenheit auch der anderen Organmitglieder79 soll74 Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie, vgl. Regierungsbegründung ARUG, S. 5, 42 f. 75 Siehe hierzu bereits Kapitel 2 A. 76 So auch die Einschätzung bei GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 3; siehe hierzu auch bereits Kapitel 1 B. IV. 1. 77 Siehe hierzu auch BGH, BGHZ 97, 28, 34 (zur GmbH); OLG Düsseldorf, AG 1996, 373, 374; MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 28. Ist nicht das Organmitglied, gegen welches ein Ersatzanspruch geltend gemacht werden soll, selbst Aktionär, sondern eine (Personen- oder Kapital-)Gesellschaft, so erstreckt sich das Stimmverbot des § 136 Abs. 1 S. 1 3. Fall AktG auf diese Drittgesellschaft, wenn das vom Stimmverbot betroffene Organmitglied der Aktiengesellschaft, gegen welches Ersatzansprüche geltend gemacht werden sollen, auf diese Drittgesellschaft maßgeblichen Einfluss ausüben kann; vgl. MüKo-Schröer, AktG, § 136 Rn. 39 ff., Hüffer, AktG, § 136 Rn. 14, jeweils m.w. N. 78 Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 147 Rn. 26; GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 21. 79 Siehe hierzu bereits Kapitel 1 B. II.

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ten diese ebenfalls einem Stimmverbot unterliegen.80 Es empfiehlt sich daher wegen der insoweit identischen Interessenlage, de lege ferenda ein an § 142 Abs. 1 S. 2, 3 AktG angelehntes Stimmverbot auch für die übrigen Verwaltungsmitglieder einzuführen.81 Darüber hinaus können auch Großaktionäre bei einer Abstimmung über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Verwaltungsmitglieder einem Stimmverbot gemäß § 136 Abs. 1 S. 1 3. Fall AktG unterliegen, wenn auch gegen sie Ansprüche, etwa aus § 117 AktG oder aus § 317 AktG, geltend gemacht werden sollen.82 Wegen der besonderen Bedeutung der Frage eines Stimmverbots des Mehrheitsaktionärs bei konzernrechtlichen Ansprüchen nach §§ 310, 318 AktG wird hierauf in Kapitel 2 F. II. 1. a) noch vertieft eingegangen. b) Begrenzte Klagemöglichkeiten gegen den ablehnenden Hauptversammlungsbeschluss Der Hauptversammlungsbeschluss unterliegt den allgemeinen Regelungen der §§ 241 ff. AktG über die Nichtigkeit und Anfechtbarkeit. Die Anfechtungsmöglichkeiten von Aktionären, die gegen einen ablehnenden Hauptversammlungsbeschluss vorgehen wollen, sind begrenzt. Der Hauptversammlungsbeschluss über die Erzwingung der Geltendmachung von Ersatzansprüchen und/oder der Bestellung besonderer Vertreter bedarf keiner sachlichen Rechtfertigung und unterliegt somit keiner Inhaltskontrolle,83 so dass eine hierauf gestützte Anfechtungsklage keinen Erfolg haben wird. Grund hierfür ist, dass der Gesetzgeber bereits eine umfassende Abwägung zwischen den Aktionärs- und Gesellschaftsinteressen vorgenommen hat.84 Der Hauptversammlungsbeschluss über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen unterliegt zwar der Treupflichtkontrolle,85 eine Treupflichtverletzung wegen der bloßen Ablehnung eines Geltendmachungsbeschlusses nach 80

Bork, in: RWS Forum 10, S. 53, 67. Siehe insoweit bereits den Regelungsvorschlag bei Bork, in: RWS Forum 10, S. 53, 67, dem bedauerlicherweise weder bei der KonTraG-Reform noch bei der UMAG-Reform entsprochen wurde. 82 AK-Lochner, AktG, § 147 Rn. 17; Nietsch, ZGR 2011, 589, 603 ff.; BGH, BGHZ 97, 28, 34 (zur GmbH); vgl. auch LG München I, ZIP 2007, 2420, 2423 (HVB/UniCredito, Anfechtungsverfahren, Vorinstanz); OLG München, ZIP 2008, 1916 ff. (HVB/ UniCredito, Anfechtungsverfahren). So gelang es im unter Kapitel 2 C. besprochenen HVB/UniCredito-Fall einer Aktionärsminderheit von nur 1,9% des Grundkapitals, die Geltendmachung von Ersatzansprüchen und die Bestellung besonderer Vertreter gemäß § 147 Abs. 1, 2 AktG zu erreichen, da der Hauptaktionär UniCredito insoweit einem Stimmverbot gemäß § 136 Abs. 1 AktG unterlag; vgl. zum Sachverhalt Wirth, in: FS Hüffer, S. 1129 ff. 83 Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 147 Rn. 24, 27; GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 20; GK-K. Schmidt, AktG, § 243 Rn. 46 f. 84 Krieger, in: RWS Forum 8, S. 171, m.w. N.; GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 20; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 147 Rn. 24. 85 Näher hierzu GK-K. Schmidt, AktG, § 243 Rn. 46 ff., m.w. N.; siehe auch Krieger, in: RWS Forum 8, S. 149, 171. 81

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

§ 147 Abs. 1 AktG anzunehmen, wird jedoch in aller Regel ausscheiden.86 Außerdem führt ein für nichtig erklärter ablehnender Hauptversammlungsbeschluss nicht automatisch zu einem zustimmenden Hauptversammlungsbeschluss, so dass das Ziel, die Geltendmachung von Ersatzansprüchen zu erzwingen, hierdurch allein nicht erreicht werden kann.87

III. Zusammenfassung Die Hauptversammlung kann nach § 147 Abs. 1 AktG die Geltendmachung der Ersatzansprüche durch die Gesellschaft erzwingen. Macht die Hauptversammlung nicht besondere Vorgaben zur Geltendmachung, können die zuständigen Gesellschaftsorgane Aufsichtsrat, bzw. Vorstand, grundsätzlich wählen, ob sie die Ersatzansprüche gerichtlich oder außergerichtlich geltend machen wollen. Ein Hauptversammlungsbeschluss über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen wird allerdings nur schwer zu erreichen sein. Ist die Hürde der Bekanntmachung zur Tagesordnung erst genommen, muss noch eine einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen in der Hauptversammlung erzielt werden. Diese wird, außer bei Stimmverboten, die erhebliche Beteiligungen betreffen, oft nur schwer zu erreichen sein. Um möglichen Interessenkonflikten bei der Beschlussfassung besser entgegenwirken zu können, empfiehlt es sich de lege ferenda ein an § 142 Abs. 1 S. 2, 3 AktG angelehntes Stimmverbot auch für die Verwaltungsmitglieder einzuführen, gegen die keine Ersatzansprüche geltend gemacht werden sollen.

C. Antrag auf Beschlussfassung über bzw. auf gerichtliche Bestellung besonderer Vertreter gemäß § 147 Abs. 2 AktG § 147 Abs. 2 S. 1 AktG räumt der Hauptversammlung das Recht ein, zur Geltendmachung des Ersatzanspruchs besondere Vertreter88 zu bestellen.89 Erzwingt die Hauptversammlung die gerichtliche Geltendmachung von Ersatzansprüchen nach § 147 Abs. 1 AktG, wird sie in aller Regel zugleich besondere Vertreter zur 86 So auch Krieger, in: RWS Forum 8, S. 149, 171, der von einem weiten Ermessensspielraum der Hauptversammlung ausgeht. Zu den Voraussetzungen der Treupflichtverletzung siehe GK-K. Schmidt, AktG, § 243 Rn. 46 ff., m.w. N. 87 So auch Baums, Gutachten F 243. 88 Bestellt werden können ein oder, falls erforderlich, auch mehrere besondere Vertreter. Nachfolgend wird sowohl die Singular- als auch die Pluralform verwendet, ohne dass damit ein inhaltlicher Unterschied bezweckt ist. 89 Erforderlich ist hierfür die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen, § 133 AktG. Zur Bestimmtheit des Hauptversammlungsbeschlusses, zu Stimmverboten oder zu Fragen seiner Anfechtbarkeit wird auf obige Ausführungen in Kapitel 2 B. verwiesen. Vgl. zur Bestellung und Beendigung der Bestellung nur Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 147 Rn. 14 ff., 31 ff.

C. Antrag auf Beschlussfassung gemäß § 147 Abs. 2 AktG

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Geltendmachung dieser Ansprüche für die Gesellschaft bestellen. In Fällen des § 147 Abs. 1 AktG, bei denen die Hauptversammlung die Gesellschaft zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen „zwingt“, sind die dazu eigentlich gemäß §§ 78, 112 AktG berufenen Verwaltungsorgane90 im Vorfeld untätig geblieben, so dass diese in aller Regel gerade nicht (mehr) das Vertrauen der Hauptversammlung für eine ordnungsgemäße Geltendmachung genießen dürften.91 § 147 Abs. 2 S. 2 AktG gewährt einer qualifizierten Aktionärsminderheit, deren Anteile entweder 10% des Grundkapitals oder einen anteiligen Betrag von einer Million EUR erreichen, das Recht, bei Gericht die Bestellung besonderer Vertreter zu beantragen.92 Diese Rechte sind, anders als das abgeschaffte Minderheitsrecht des § 147 Abs. 3 AktG 1998, zur Beantragung der gerichtlichen Bestellung besonderer Vertreter, durch die UMAG-Reform weitgehend unverändert geblieben.93 Die Rechtsfigur des besonderen Vertreters ist im Aktiengesetz nur ansatzweise geregelt. Insbesondere über seine Rechtsstellung und Rechte schweigt das Gesetz. Das Rechtsinstitut des besonderen Vertreters ist bislang, ebenso wie das Geltendmachungserzwingungsrecht gemäß § 147 Abs. 1 AktG, in der Praxis weitgehend ohne Bedeutung geblieben.94 In den letzten Jahren hatten die Gerichte Gelegenheit, über einige Bereiche dieses Rechtsinstituts eine gerichtliche Klärung herbeizuführen, und haben damit eine Welle von Reaktionen in der Literatur ausgelöst.95

90 Zur Geltendmachungspflicht nach den ARAG/Garmenbeck-Grundsätzen siehe bereits Kapitel 1 B. I. 91 I. Erg. wohl auch Nietsch, ZGR 2011, 589, 602; anders wohl OLG München, ZIP 2008, 1916, 1920 (HVB/UniCredito, Anfechtungsverfahren): „nicht zwangsläufig sinnwidrig“; siehe auch die Nachweise in Kap. 2, Fn. 167; vgl. auch MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 40. 92 Zur Erreichung dieses Quorums können die Aktionäre die Kommunikationsplattform des Aktionärsforums nutzen. Zur Berechnung des Quorums und zu den Nachweispflichten siehe Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 147 Rn. 46, m.w. N. Zum Erfordernis des schlüssigen Vortrags des Ersatzanspruchs vgl. nur LG Stuttgart, AG 2008, 757 ff. (Ed Züblin, Vorinstanz). 93 Die in § 147 Abs. 2 AktG 1998 enthaltene Bezugnahme auf einen Geltendmachungsbeschluss der Hauptversammlung oder ein entsprechendes Minderheitsverlangen wurde im Zuge der UMAG-Reform allerdings gestrichen. Zu der dadurch entstandenen Folgefrage, ob der Antrag nach § 147 Abs. 2 S. 2 AktG stets einen vorhergehenden Beschluss der Hauptversammlung über die Geltendmachung voraussetzt, siehe noch Kapitel 2 C. II. 94 Siehe zur geringen praktischen Bedeutung des besonderen Vertreters nur Mock, DB 2008, 393, m.w. N. (in Fn. 1). Nachweise über die – vereinzelten – Gerichtsentscheidungen in der Vergangenheit bei Verhoeven, ZIP 2008, 245; Wirth/Pospiech, DB 2008, 2471 (Fn. 1); siehe zur Bestellung besonderer Vertreter in den letzten Jahren auch Fabritius, in: GS Gruson, S. 133, 134; Nietsch, ZGR 2011, 589, 592 ff. 95 Siehe nur Hüffer, ZHR 174 (2010), 642 ff.; Fabritius, in: GS Gruson, S. 133; Kling, ZGR 2009, 190 ff.; Mock, DB 2008, 393 ff.; Verhoeven, ZIP 2008, 245 ff.;

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

I. Das Urteil des OLG München vom 28. November 2007 (HVB/UniCredito) Das Rechtsinstitut des besonderen Vertreters hat durch einige Gerichtsentscheidungen in den letzten Jahren eine Belebung erfahren.96 Die Hauptversammlung der HypoVereinsbank hatte im Juni 2007 die Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft aus der Geschäftsführung in Bezug auf die Veräußerung der Bank Austria Creditanstalt AG durch die HypoVereinsbank an die UniCredito S.p.A. und den Abschluss eines business combination agreement mit UniCredito S.p.A. sowie die Bestellung eines besonderen Vertreters beschlossen.97 Das OLG München98 hatte im Verfahren der einstweiligen Verfügung GeWestermann, AG 2009, 237 ff.; Wirth, in: FS Hüffer, S. 1129 ff.; Nietsch, ZGR 2011, 589 ff. 96 In der Literatur wurden die gerichtlichen Entscheidungen entsprechend kommentiert, siehe nur Mock, DB 2008, 393 ff.: „Die Entdeckung des besonderen Vertreters“ oder Verhoeven, ZIP 2008, 245 ff.: „Erwacht ein schlafender Riese?“; zu den zahlreichen HVB/UniCredito-Entscheidungen siehe nur LG München I, ZIP 2007, 1809 ff. (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren, Vorinstanz); OLG München, ZIP 2008, 73 ff. (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren); LG München I, ZIP 2007, 2420 ff. (HVB/ UniCredito, Anfechtungsverfahren, Vorinstanz); OLG München, ZIP 2008, 1916 ff. (HVB/UniCredito, Anfechtungsverfahren); BGH, AG 2011, 875 f. (HVB/UniCredito, Anfechtungsverfahren, Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch BGH mit Beschluss vom 27. September 2011); LG München I, AG 2008, 794 ff. (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren, kein Teilnahmerecht an der Hauptversammlung in der Eigenschaft als besonderer Vertreter, zur Beantwortung von Fragen von Aktionären und einen Bericht über seine Tätigkeit, wenn diese Tätigkeit kein eigenständiger Gegenstand der Tagesordnung ist); LG München I, NZG 2009, 1311 ff. (HVB/UniCredito, Abberufung des besonderen Vertreters, Vorinstanz); OLG München, NZG 2010, 503 ff. (HVB/UniCredito, Abberufung des besonderen Vertreters); BGH, AG 2011, 702 f. (HVB/UniCredito, Abberufung des besonderen Vertreters, Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch BGH mit Beschluss vom 12. Juli 2011); LG München I, BeckRS 2009, 09412 (HVB/UniCredito, zum squeeze out-Beschluss); OLG München, AG 2009, 119 f. (HVB/UniCredito, keine Nebeninterventionsmöglichkeit des besonderen Vertreters zu Anfechtungsklagen über für das Bestehen der Ersatzansprüche möglicherweise relevante Hauptversammlungsbeschlüsse); LG München I, NJOZ 2010, 1114 f. (HVB/UniCredito, zur Verfahrensaussetzung); OLG München, NZG 2010, 1392 ff. (HVB/UniCredito, zur Anwendbarkeit der Lehre von der fehlerhaften Organstellung auf den besonderen Vertreter); zum Sachverhalt der HVB/Unicredito-Entscheidungen siehe auch Wirth, in: FS Hüffer, S. 1129 ff.; zu den einzelnen HVB/UniCredito-Entscheidungen vgl. auch Nietsch, ZGR 2011, 589, 592 ff.; siehe außerdem nur LG Stuttgart, AG 2008, 757 ff. (Ed Züblin, Vorinstanz); OLG Stuttgart, AG 2009, 169 ff. (Ed Züblin); LG Stuttgart, ZIP 2010, 329 ff. (Ed Züblin, Auskunfts- und Informationsrechte des besonderen Vertreters nur bei Anfangsverdacht bezüglich eventueller Ersatzansprüche); KG, AG 2012, 256 ff.; KG, AG 2011, 328 f. 97 Eine solche Bestellung hatte Erfolg, weil die Hauptaktionärin UniCredito S. p. A. gemäß § 136 Abs. 1 S. 1 3. Fall AktG einem Stimmverbot unterlag. Ein ebenfalls in Bezug auf diese Vorgänge gestellter Sonderprüfungsantrag wurde dagegen mit den Stimmen der UniCredito S. p. A., die insoweit keinem Stimmverbot unterlag, abgelehnt; vgl. zum Sachverhalt LG München I, ZIP 2007, 1809 ff. (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren, Vorinstanz); Wirth, in: FS Hüffer, S. 1129 ff.

C. Antrag auf Beschlussfassung gemäß § 147 Abs. 2 AktG

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legenheit, insbesondere die Rechte und Rechtsstellung sowie die Prüfungskompetenzen des von der Hauptversammlung bestellten besonderen Vertreters zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen zu präzisieren.99 Die in der Hauptsache von der Mehrheitsaktionärin UniCredito S. p. A. erhobene Anfechtungsklage gegen den Bestellungsbeschluss wurde inzwischen rechtskräftig abgewiesen.100 1. Prüfungskompetenz des besonderen Vertreters In der Literatur war bislang umstritten, ob ein besonderer Vertreter ein eigenes Prüfungsermessen hinsichtlich der Geltendmachung der Ersatzansprüche hat. Hinsichtlich des „Wie“ der Geltendmachung ist allgemein anerkannt, dass der besondere Vertreter grundsätzlich sowohl zur gerichtlichen als auch zur außergerichtlichen Verfolgung des Ersatzanspruchs befugt ist, ebenso wie zur Abwehr gerichtlicher oder außergerichtlicher Maßnahmen des Ersatzpflichtigen.101 Hinsichtlich der Frage des „Ob“ der Geltendmachung wurde diese Frage bislang überwiegend verneint. Als Argument hierfür wurde ein Umkehrschluss zu § 147 Abs. 3 AktG 1998, in welchem ein eigenes Prüfungsermessen des besonderen Vertreters gesetzlich vorgesehen war, angeführt.102 Nach dieser Ansicht muss der besondere Vertreter mangels eines eigenen Prüfungsermessens hinsichtlich des „Ob“ daher grundsätzlich die behaupteten Ersatzansprüche durchsetzen. Hält er die erfolgreiche Durchsetzung für aussichtslos, muss sich der besondere Vertreter nach dieser Ansicht entweder um die Aufhebung seines Mandats bemühen, dieses zurückgeben oder die Verfolgung der Ersatzansprüche entgegen seiner Überzeugung weiterbetreiben.103 Außerdem 98 OLG München, ZIP 2008, 73 ff. (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren); Vorinstanz LG München I, ZIP 2007, 1809 ff. (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren, Vorinstanz). 99 Näher zum Sachverhalt LG München I, ZIP 2007, 1809 ff. (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren, Vorinstanz); OLG München, ZIP 2008, 73 ff. (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren). Der besondere Vertreter beantragte den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die HypoVereinsbank AG unter anderem, weil er sich in seiner Tätigkeit als besonderer Vertreter behindert fühlte. Siehe hierzu noch Kapitel 2 C. I. 2. a). 100 LG München I, ZIP 2008, 92 ff. (HVB/UniCredito, Anfechtungsverfahren, Vorinstanz); OLG München, ZIP 2008, 1916 ff. (HVB/UniCredito, Anfechtungsverfahren); BGH, AG 2011, 875 f. (HVB/UniCredito, Anfechtungsverfahren, Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch BGH mit Beschluss vom 27. September 2011). 101 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 147 Rn. 24, Bungert, in: Handbuch Managerhaftung, S. 363, 386, Kling, ZGR 2009, 190, 199 f., jeweils m.w. N.; vgl. auch KG, AG 2011, 328 f. 102 MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 45; GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 56; Happ, in: FS Westermann, S. 971, 974, will dagegen nach Entfallen des § 147 Abs. 3 AktG 1998 dieses argumentum e contrario nicht mehr gelten lassen. 103 MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 45; GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 56; Winnen, Innenhaftung, S. 311; Hölters, in: FS Wiedemann, S. 975, 988; siehe auch LG Stuttgart, ZIP 2010, 329 f. (Ed Züblin, Auskunfts- und Informationsrechte des besonderen Vertreters).

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

muss der von der Hauptversammlung bestellte besondere Vertreter sich um eine neue Beschlussfassung durch die Hauptversammlung bemühen.104 Das OLG Hamburg scheint in seiner Entscheidung zur intertemporalen Geltung des § 148 AktG in einem obiter dictum dagegen von einem Prüfungsermessen des gerichtlich bestellten besonderen Vertreters auch hinsichtlich des „Ob“ der Geltendmachung auszugehen.105 Ein solches Prüfungsermessen des besonderen Vertreters ist jedoch grundsätzlich abzulehnen. Zum einen ist das argumentum e contrario zu dem in § 147 Abs. 3 AktG 1998 explizit genannten Prüfungsermessen nicht, wie Happ106 anzunehmen scheint, durch die Reformierung des § 147 Abs. 3 AktG entfallen, sondern lässt sich jetzt aus einer historischen Betrachtung ableiten. Zum anderen kann gegen ein eigenes Prüfungsrecht des besonderen Vertreters dasselbe Argument (wenngleich in abgeschwächter Form, wegen der unterschiedlichen Kostenregelung) angeführt werden wie bei der Regelung des § 147 Abs. 3 AktG, nämlich dass hierdurch das Minderheitsrecht ausgehöhlt würde.107 a) Die HVB/UniCredito-Entscheidung des OLG München Das OLG München hat die Geltendmachungspflicht des besonderen Vertreters in der HVB/UniCredito-Entscheidung grundsätzlich bestätigt.108 Allerdings räumt es dem besonderen Vertreter dann eine rechtliche und/oder tatsächliche Prüfungskompetenz hinsichtlich der Ersatzansprüche ein, wenn die Hauptversammlung ihn ausdrücklich oder sinngemäß damit beauftragt hat.109 Im HVB/UniCredito-Fall bejahte das Gericht die Möglichkeit der Hauptversammlung, den besondern Vertreter mit der Prüfung zu beauftragen, gegen welche von mehreren möglichen Anspruchsgegnern eine Inanspruchnahme erfolgversprechend ist.110 104 LG München I, ZIP 2007, 2420, 2422 (HVB/UniCredito, Anfechtungsverfahren, Vorinstanz); LG Stuttgart, ZIP 2010, 329 f. (Ed Züblin, Auskunfts- und Informationsrechte des besonderen Vertreters); KG, AG 2012, 256, 259; KG, AG 2011, 328 f.; GKBezzenberger, AktG, § 147 Rn. 56. 105 OLG Hamburg, AG 2007, 331: „mindestens bis zu dem Zeitpunkt, zu dem (der besondere Vertreter) eine Entscheidung über die Geltendmachung des streitigen Ersatzanspruchs getroffen hat“, sowie S. 332: „die Minderheit benötigt nicht mehr den besonderen Vertreter, dessen Einschaltung gegebenenfalls nicht den (. . .) erwünschten Erfolg hatte, wenn der besondere Vertreter z. B. die Erhebung der Klage nach eigener Einschätzung für unzulässig oder unbegründet hielt“. 106 Happ, in: FS Westermann, S. 971, 974. 107 Vgl. bereits hierzu Kapitel 1 B. VI. 108 OLG München, ZIP 2008, 73, 76 (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren). 109 OLG München, ZIP 2008, 73, 76 (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren); so auch OLG München, ZIP 2008, 1916, 1919 (HVB/UniCredito, Anfechtungsverfahren). 110 OLG München, ZIP 2008, 73, 76 (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren); so auch OLG München, ZIP 2008, 1916, 1919 f. (HVB/UniCredito, Anfechtungsverfahren). Siehe hierzu auch bereits LG München I, ZIP 2007, 1809, 1813 (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren, Vorinstanz); ähnlich auch KG, AG 2012, 256, 258 f.

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Dem ist zuzustimmen. Wie das OLG München im HVB/UniCredito-Fall zutreffend ausführte, käme ohne eine solche Prüfungskompetenz „die Einsetzung eines besonderen Vertreters letztlich nur bei (nahezu) vollständig geklärten Sachverhalten in Betracht“.111 Dies würde aber die praktische Bedeutung des Geltendmachungserzwingungsrechts der Hauptversammlung gemäß § 147 Abs. 1, 2 AktG zu sehr beschränken. Die Hauptversammlung muss es daher – in den Grenzen der Bestimmtheit des Beschlusses – in der Hand haben, dem besonderen Vertreter eine solche Prüfungskompetenz zu übertragen.112 Mit dem OLG München ist daher von der Zulässigkeit auszugehen, „dass die Hauptversammlung nur grundsätzlich über das „Ob“ der Geltendmachung entscheidet, (. . .) die Bestimmung des richtigen unter mehreren potenziellen Anspruchsgegnern dem zur Geltendmachung Verpflichteten überlässt“.113 b) Die Auswirkung der HVB/UniCredito-Entscheidung auf gerichtlich bestellte besondere Vertreter Eine andere Frage ist, ob auch einem nach § 147 Abs. 2 S. 2 AktG gerichtlich bestellten besonderen Vertreter eine solche beschränkte Prüfungskompetenz zukommen kann. Es erscheint bedenklich, dem Gericht, das die besonderen Vertreter anstelle der Hauptversammlung bestellt, die gleiche Kompetenz zukommen zu lassen wie der Hauptversammlung. Letztlich würde hierdurch der Aktionärsminderheit, die den Antrag bei Gericht stellt, die gleiche Kompetenz zukommen, dem besonderen Vertreter eine rechtliche und/oder tatsächliche Prüfungskompetenz hinsichtlich der Ersatzansprüche einzuräumen, wie der Hauptversammlung. c) Zwischenergebnis Anders als für die Frage des „Wie“ der Geltendmachung hat der besondere Vertreter grundsätzlich kein Ermessen hinsichtlich des „Ob“ der Geltendmachung. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Hauptversammlung ihm eine 111 OLG München, ZIP 2008, 73, 76 (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren); siehe auch OLG München, ZIP 2008, 1916, 1919 f. (HVB/UniCredito, Anfechtungsverfahren). Das LG München I, ZIP 2007, 1809, 1813 (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren, Vorinstanz), sowie LG München I, ZIP 2007, 2420, 2422 (HVB/UniCredito, Anfechtungsverfahren, Vorinstanz) hat zutreffend darauf hingewiesen, dass ein Hauptversammlungsbeschluss, der den besonderen Vertreter zu einer Vielzahl offensichtlich unbegründeter Klagen zwinge, sich dem Einwand des Rechtsmissbrauchs aussetzen könne. 112 So wohl auch Verhoeven, ZIP 2008, 245, 248, Westermann, AG 2009, 237, 240 f., jeweils m.w. N. 113 OLG München, ZIP 2008, 1916, 1921 (HVB/UniCredito, Anfechtungsverfahren); siehe auch Kling, ZGR 2009, 190, 200, 215; Westermann, AG 2009, 237, 240; DaunerLieb/Winnen, in: FS Kanzleiter, S. 119, 132; so wohl auch KG, AG 2012, 256, 258; a. A. dagegen Wirth, in: FS Hüffer, S. 1129, 1150.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

solche Prüfungskompetenz eingeräumt hat, insbesondere wenn sie ihn beauftragt hat, zu prüfen, gegen welche von mehreren möglichen Anspruchsgegnern eine Inanspruchnahme erfolgversprechend ist. 2. Rechte und Rechtsstellung des besonderen Vertreters Die Rechte und die Rechtstellung des besonderen Vertreters, insbesondere die ihm zustehenden Auskunfts- und Einsichtsrechte, sind nach wie vor umstritten.114 a) Ansicht des OLG München, Entscheidung vom 28. November 2007 (HVB/UniCredito) Das OLG München115 hat in seiner vorgenannten HVB/UniCredito-Entscheidung vom 28. November 2007 die dem besonderen Vertreter zustehenden Auskunfts- und Einsichtsrechte präzisiert und die Auffassung des Reichsgerichts in dessen Entscheidung von 1913 bestätigt, wonach dem besonderen Vertreter diejenigen Auskunfts- und Einsichtsrechte zukommen, die er zur zweckentsprechenden Durchführung eines Schadensersatzprozesses benötigt.116 Der Auffassung der Vorinstanz, LG München I, die dem besonderen Vertreter umfassende Auskunftsrechte gegenüber Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern, aber auch Angestellten, Abschlussprüfern und sonstigen Vertragspartnern der Gesellschaft zugebilligt hat, sofern diese Informationen zur Substanziierung des Ersatzanspruchs benötigt werden,117 ist das OLG München dagegen nicht gefolgt. In Abgrenzung zu dem Rechtsinstitut des Sonderprüfers, dessen Aufgabe es ist, noch unklare Sachverhalte aufzuklären, geht das OLG München von der Prämisse aus, dass dem besonderen Vertreter Prüfungsbefugnisse nur als „Annexkompetenz“ zu seiner Funktion, Ersatzansprüche geltend zu machen, zukommen und billigt ihm daher Auskunfts- und Einsichtsrechte gegenüber der Gesellschaft zu.118 Diese knüpfen unmittelbar an die Geltendmachung von Ersatzansprüchen an und sind somit enger als die Prüfungsbefugnisse eines Sonderprüfers.119 Bereits die unterschiedlichen Gesetzesformulierungen „Prüfung von Vorgängen bei der Gründung oder der Geschäftsführung“ in § 142 Abs. 1 S. 1 AktG und „Geltendmachung von Ersatzansprüchen“ in § 147 Abs. 2 S. 1 AktG deuten nach An114

Balthasar/Hamelmann, WM 2010, 589, 593; Ek, Haftungsrisiken, S. 137, m.w. N. OLG München, ZIP 2008, 73, 76 f., 78 f. (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren), mit näheren Ausführungen. 116 Reichsgericht, RGZ 83, 248, 252. 117 LG München I, ZIP 2007, 1809 f., 1815 f. (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren, Vorinstanz). 118 OLG München, ZIP 2008, 73, 76 f. (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren). 119 OLG München, ZIP 2008, 73, 76 f. (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren); ähnlich auch bereits Reichsgericht, RGZ 83, 248, 252. 115

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sicht des OLG München darauf hin, „dass der besondere Vertreter nicht wie der Sonderprüfer Vorgänge (. . .) umfassend und in alle Richtungen hin zu überprüfen, sondern er aus einem wenigstens im Kern bereits bekannten Sachverhalt Ansprüche durchzusetzen hat“.120 Hierfür spreche auch die in § 147 Abs. 1 S. 2 AktG geregelte Sechs-Monats-Frist, innerhalb derer der besondere Vertreter die Ersatzansprüche geltend machen soll. Nach Ansicht des OLG München kommt dem besonderen Vertreter außerdem lediglich eine Vertretungsbefugnis zur prozessualen oder außergerichtlichen Geltendmachung der Ersatzansprüche zu.121 Der in der Rechtsprechung und Literatur überwiegend vertretenen Auffassung, der besondere Vertreter sei zugleich außerordentliches Organ der Gesellschaft,122 scheint das OLG München dagegen nicht gefolgt zu sein.123 Nach Ansicht des OLG München folgen aus der dem besonderen Vertreter verliehenen Vertretungsbefugnis nicht zugleich interne Geschäftsführungsbefugnisse, wie Leitungs-, Direktions- und Hausrechte.124 Die 120

OLG München, ZIP 2008, 73, 76 f. (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren). OLG München, ZIP 2008, 73, 78 f. (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren). 122 AK-Lochner, AktG, § 147 Rn. 24; Hüffer, AktG, § 147 Rn. 7; ders., ZHR 174 (2010), 642, 673, 677 f.; GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 52; Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 147 Rn. 23; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 147 Rn. 60, 66; MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 44; Ziemons, in: Handbuch der AG, Rz. I 11.214; Verhoeven, ZIP 2007, 245 f.; Böbel, Besonderer Vertreter, S. 133 f.; Winnen, Innenhaftung, S. 305; Dauner-Lieb/Winnen, in: FS Kanzleiter, S. 119, 130 f.; Hirte/Mock, BB 2010, 775; Kling, ZGR 2009, 190, 212; LG München I, ZIP 2007, 2420, 2423 (HVB/UniCredito, Anfechtungsverfahren, Vorinstanz); LG München I, NZG 2009, 1311 f. (HVB/UniCredito zur Anfechtungsbefugnis des besonderen Vertreters über seine Abberufung, Vorinstanz); OLG München, NZG 2010, 503 ff. (HVB/UniCredito zur Anfechtungsbefugnis des besonderen Vertreters über seine Abberufung). Von der Organstellung der besonderen Vertreter geht auch bereits BGH, ZIP 1981, 178 f. aus; so auch inzwischen BGH, AG 2011, 875 f. (HVB/UniCredito, Anfechtungsverfahren, Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch BGH mit Beschluss vom 27. September 2011); a. A. dagegen Teichmann, in: FS Mühl, S. 663, 679 f. („Prozessstandschafter“); a. A. wohl auch Balthasar/Hamelmann, WM 2010, 589, 593; Wirth/Pospiech, DB 2008, 2471, 2474; zweifelnd auch Wirth, in: FS Hüffer, S. 1129, 1144 ff.; Sympathie für die zurückhaltende Ansicht des OLG München auch von Westermann, AG 2009, 237, 247; Bungert, in: Handbuch Managerhaftung, S. 363, 386. 123 Das OLG München, ZIP 2008, 73, 79 (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren) führt hierzu aus: „Dem besonderen Vertreter innerhalb der Gesellschaft eine dem Vorstand ähnliche Organstellung zuzubilligen, würde (. . .) zu schwerwiegenden Eingriffen in die Struktur und Organisation der Gesellschaft mit der Gefahr erheblicher praktischer Schwierigkeiten führen“. Hieraus wird in der Literatur oftmals der Schluss gezogen, das OLG München habe eine Organstellung des besonderen Vertreters generell abgelehnt; so ausdrücklich Mock, DB 2008, 393, 395; Wirth/Pospiech, DB 2008, 2471 ff.; Rahlmeyer, Vorstandshaftung, S. 103. Im Anfechtungsverfahren gegen den Bestellungsbeschluss des besonderen Vertreters nimmt das OLG München dagegen zumindest eine „organähnliche Stellung“ des besonderen Vertreters an, OLG München, ZIP 2008, 1916, 1920 (HVB/UniCredito, Anfechtungsverfahren). 124 OLG München, ZIP 2008, 73, 78 f. (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren); ablehnend dagegen Mock, DB 2008, 393, 395 ff.; Verhoeven, ZIP 2007, 245 f. 121

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

Zubilligung einer dem Vorstand ähnlichen Organstellung würde nach Auffassung des OLG München „zu schwerwiegenden Eingriffen in die Struktur und Organisation der Gesellschaft (. . .) führen“, weswegen hierfür eine besondere gesetzliche Regelung erforderlich sei.125 Außerdem würde eine dem Vorstand ähnliche Organstellung des besonderen Vertreters über die in § 145 Abs. 1, 2 AktG geregelten Befugnisse eines Sonderprüfers hinausgehen, der zwar entsprechende Informationen vom Vorstand verlangen, sich diese aber nicht selbst verschaffen könne.126 Der besondere Vertreter hat nach Auffassung des OLG München folglich „weder einen Anspruch auf ungehinderten Zugang zu Räumlichkeiten der Gesellschaft noch Direktionsbefugnisse gegenüber der Belegschaft (. . .), mit deren Hilfe er sich die benötigten Informationen unmittelbar beschaffen könnte“.127 Die ihm zustehenden Einsichts- und Auskunftsrechte bestehen gegenüber der Gesellschaft und sind durch deren Vorstand zu erfüllen.128 b) Stellungnahme Der besondere Vertreter wird im Rahmen seiner Aufgaben, der Geltendmachung von Ersatzansprüchen, für die Gesellschaft tätig und verdrängt insoweit die eigentlich zuständigen Gesellschaftsorgane Vorstand und Aufsichtsrat.129 Insoweit kommt dem besonderen Vertreter daher nach vorzugswürdiger überwiegender Ansicht selbst Organqualität zu.130 Aus dem offenen Begriff des (Sonder-)Organs können jedoch keine Einzelbefugnisse abgeleitet werden; diese ergeben sich vielmehr aus der jeweiligen Funktion und den weiterbestehenden Leitungsrechten des Vorstands und Aufsichtsrats.131 Soweit das OLG München in seiner HVB/UniCredito-Entscheidung vom 125 OLG München, ZIP 2008, 73 (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren), mit näheren Ausführungen auf S. 78 f. 126 OLG München, ZIP 2008, 73, 79 (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren). Zu den Rechten des Sonderprüfers siehe noch Kapitel 3 B. I. 3. 127 OLG München, ZIP 2008, 73, 78 f. (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren); a. A. dagegen MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 45; GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 57; Böbel, Besonderer Vertreter, S. 92 f., 94; anders auch noch LG München I, ZIP 2007, 1809 f., 1815 f. (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren, Vorinstanz). 128 OLG München, ZIP 2008, 73, 78 f. (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren); Konzen, in: FS Hommelhoff, S. 565, 573, 576; Bungert, in: Handbuch Managerhaftung, S. 363, 388; Fabritius, in: GS Gruson, S. 133, 147; a. A. dagegen Dauner-Lieb/Winnen, in: FS Kanzleiter, S. 119, 139; Winnen, Innenhaftung, S. 312; wohl auch Hüffer, ZHR 174 (2010), 642, 680, die in Anlehnung an § 145 Abs. 2 AktG einen Auskunftsanspruch gegen Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats annehmen. 129 Hüffer, AktG, § 147 Rn. 7. 130 Nachweise bereits unter Kap. 2, Fn. 122. 131 Hüffer, AktG, § 147 Rn. 7, ders., ZHR 174 (2010), 642, 673 f., 678 f., jeweils m.w. N. und im letzteren Fall mit ausführlicher Begründung; Kling, ZGR 2009, 190,

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28. November 2007 die Frage der Rechtsstellung mit der Frage nach den Kompetenzen des besonderen Vertreters gleichsetzt132, überzeugt diese Ansicht daher nicht. Der Ansicht des OLG München ist jedoch insoweit zuzustimmen, als es die dem besonderen Vertreter zukommenden Auskunfts- und Einsichtsrechte eng begrenzt und dem besonderen Vertreter solche Ansprüche nur gegen die Gesellschaft, vertreten durch ihren Vorstand, zubilligt, einen Anspruch auf freien Zugang zu Geschäftsräumen und Direktionsbefugnisse gegenüber den Mitarbeitern der Gesellschaft jedoch ablehnt. Diese Ansicht des OLG München stößt in der Literatur mehrfach auf Kritik.133 So wurde unter anderem ein Vergleich zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen durch die Verwaltungsorgane Vorstand bzw. Aufsichtsrat gezogen, denen umfassende Einsichts-, Auskunfts- und Ermittlungsrechte bereits aus deren Organstellung (§§ 76 f., 111 Abs. 2 AktG) zustünden.134 Hält die Hauptversammlung die Gesellschaftsorgane aber für ungeeignet, die Ersatzansprüche durchzusetzen, etwa weil Ansprüche sowohl gegen Vorstands- als auch gegen Aufsichtsratsmitglieder geltend gemacht werden sollen, müsse sie einen besonderen Vertreter wählen können, der mit seinen Kompetenzen an die Stelle der Gesellschaftsorgane trete.135 Diese Ansicht verkennt jedoch, dass die Funktionen von Vorstand, Aufsichtsrat und besonderem Vertreter verschieden sind.136 Während Vorstand bzw. Aufsichtsrat im Rahmen der ARAG/Garmenbeck-Grundsätze137 214; Westermann, AG 2009, 237, 247; Nietsch, ZGR 2011, 589, 614; siehe auch OLG München, AG 2009, 119 f. (HVB/UniCredito, keine Nebeninterventionsmöglichkeit des besonderen Vertreters zu Anfechtungsklagen über für das Bestehen der Ersatzansprüche möglicherweise relevanter Hauptversammlungsbeschlüsse): „Ob man den besonderen Vertreter als Organ bezeichnet oder nicht, besagt weder etwas über seine Parteifähigkeit noch etwas über den Umfang seiner Kompetenzen“. 132 Vgl. nur OLG München, ZIP 2008, 73, 79 (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren): „(. . .) Dem besonderen Vertreter innerhalb der Gesellschaft eine dem Vorstand ähnliche Organstellung zuzubilligen, würde zudem zu schwerwiegenden Eingriffen in die Struktur und Organisation der Gesellschaft führen“. 133 Siehe nur Mock, DB 2008, 393, 395; Verhoeven, ZIP 2008, 245, 246 f.; für ein umfassendes Auskunftsrecht gegenüber Vorstand, Aufsichtsrat, Abschlussprüfer und Mitarbeitern auch GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 57; MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 45; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 147 Rn. 77 ff.; Ziemons, in: Handbuch der AG, Rz. I 11.215; wohl auch Winnen, Innenhaftung, S. 312, jeweils m.w. N. 134 Näher hierzu Mock, DB 2008, 393, 395. 135 Siehe nur Mock, DB 2008, 393, 395, 397: „Weniger Schutz bei einer höheren Beeinträchtigungsintensität der Gesellschaft bzw. einem umfassenderen Versagen der (regulären) Organisationsverfassung kann (. . .) nicht gewollt sein“; Verhoeven, ZIP 2008, 245, 247, der dem besonderen Vertreter hinsichtlich der Ermittlung und Durchsetzung von Ersatzansprüchen mindestens Rechte wie die eines Aufsichtsrats einräumen will; in diese Richtung auch Rahlmeyer, Vorstandshaftung, S. 104. 136 So auch Wirth, in: FS Hüffer, S. 1129, 1141 f. zum Verhältnis zwischen Aufsichtsrat und besonderem Vertreter. 137 Siehe hierzu bereits Kapitel 1 B. I.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

eine eigene Entscheidung treffen, ob, aus welchem Grund und gegen wen Ersatzansprüche geltend gemacht werden, ist der besondere Vertreter grundsätzlich an den Beschluss der Hauptversammlung gebunden und verpflichet, diesen Beschluss auszuführen.138 Gegen die vom OLG München gezogene Parallele zum Sonderprüfer, dessen Einsichts-, Auskunfts- und Ermittlungsrechte in § 145 Abs. 1–3 AktG139 normiert sind, und den daraus gezogenen Schluss, dass der besondere Vertreter in seiner Position hinter diesen Rechten zurückbleiben müsse,140 wird außerdem vorgebracht, dass beide Rechtsinstitute unabhängig voneinander bestünden und zwischen ihnen kein Abhängigkeits- bzw. Subsidiaritätsverhältnis vorliege.141 Dies trifft zwar insoweit zu, als eine Sonderprüfung nicht zwingend Voraussetzung für ein Vorgehen nach § 147 Abs. 1, 2 AktG ist und in evidenten Fällen, in denen der den Ersatzanspruch begründende Sachverhalt klar auf der Hand liegt, ohne vorherige Durchführung einer Sonderprüfung unmittelbar die Geltendmachung des Ersatzanspruchs beschlossen werden kann.142 Allerdings führt ein solches „verkürztes Vorgehen“ nicht zu einer Erweiterung der Rechte des besonderen Vertreters.143 Vielmehr besteht zwischen den beiden Rechtsinstituten ein Funktionszusammenhang.144 Kernaufgabe des Sonderprüfers ist es, die tatsächlichen Grundlagen für mögliche Ersatzansprüche herauszuarbeiten.145 Für die Verfolgung eventuell bejahter Ansprüche ist der Sonderprüfer dagegen unzuständig; diese fällt, falls die Hauptversammlung dies beschließt, in die Kompetenz des besonderen Vertreters.146 Spiegelbildlich fehlt diesem die Kompetenz zur Sachverhaltsermittlung und ihm steht nur ein Recht auf Erteilung der Informationen und Einsichtnahme in Unterlagen zu, die er zur Geltendmachung des Ersatzanspruchs unmittelbar benötigt.147 Aus einer Gesamtbetrachtung der § 145 Abs. 1–3 AktG 138 Wirth, in: FS Hüffer, S. 1129, 1141 f.; anders wohl Nietsch, ZGR 2011, 589, 616: „zur eigenverantwortlichen Willensbildung befugt und verpflichtet“; siehe zu dieser Frage bereits Kapitel 2 C. I. 1.; zum begrenzten Prüfungsermessen hinsichtlich der in Anspruch zu nehmenden Ersatzpflichtigen siehe auch Kapitel 2 C. I. 1. a). 139 Siehe hierzu noch Kapitel 3 B. I. 3. 140 OLG München, ZIP 2008, 73, 76 f., 78 f. (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren). 141 Ausführlich auch Mock, DB 2008, 393, 396, m.w. N.; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 147 Rn. 8, 77; gegen ein Rangverhältnis auch Nietsch, ZGR 2011, 589, 617 ff. (ohne Folgerung daraus auf den Umfang der Ermittlungs- und Aufklärungsbefugnisse); vgl. auch Böbel, Besonderer Vertreter, S. 92 ff., der die Rechte des § 145 Abs. 1–3 AktG analog anwenden möchte. 142 Wirth/Pospiech, DB 2008, 2471, 2475. 143 Wirth/Pospiech, DB 2008, 2471, 2475. 144 Hüffer, ZHR 174 (2010), 642, 645; so auch Nitsch, ZGR 2011, 589, 617; Binder, ZHR 176 (2012), 380, 395. 145 Hüffer, ZHR 174 (2010), 642, 663, m.w. N. 146 Hüffer, ZHR 174 (2010), 642, 664; Winnen, Innenhaftung, S. 313. 147 Hüffer, ZHR 174 (2010), 642, 645; ders., AktG, § 147 Rn. 7; Wirth, in: FS Hüffer, S. 1129, 1143; Kling, ZGR 2009, 190, 218; Fabritius, in: GS Gruson, S. 133, 147 f.;

C. Antrag auf Beschlussfassung gemäß § 147 Abs. 2 AktG

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und § 147 Abs. 2 AktG ergibt sich somit, dass dem besonderen Vertreter zwar begrenzte, unmittelbar auf die Rechtsverfolgung bezogene Auskunfts- und Einsichtsrechte zukommen,148 er aber nicht, wie Verhoeven149 anzunehmen scheint, als „Sonderermittler mit umfassenden Investigativrechten“ 150 anzusehen ist.151 Einzelbefugnisse des besonderen Vertreters, die mit den umfassenden Investigativbefugnissen von Sonderprüfern vergleichbar wären, oder sogar darüber hinausgehen,152 sieht § 147 Abs. 2 AktG nicht vor.153 Eine Analogie zu § 145 Abs. 1–3 AktG scheidet wegen der unterschiedlichen Zielsetzungen der beiden Rechtsinstitute und damit mangels vergleichbarer Sachverhalte154 ebenfalls aus.155 Die Auskunfts- und Einsichtsrechte bestehen gegenüber der Gesellschaft, vertreten durch den Vorstand;156 mit dem OLG München ist davon auszugehen, dass dem besonderen Vertreter keine unmittelbaren Zutrittsrechte zu den Geschäftsräumen oder arbeitsrechtliche Direktionsbefugnisse gegen Mitarbeiter zustehen, denn dieser ist gerade kein mit Investigativbefugnissen ausgestatteter Sonderermittler.157

vgl. auch OLG Stuttgart, AG 2009, 169 f. (Ed Züblin): „Es handelt sich nur um mögliche Schadensersatzansprüche, deren Voraussetzungen ein besonderer Vertreter erst feststellen müsste. Dies entspricht allerdings nicht seiner Aufgabe i. S. d. § 147 Abs. 2 AktG“; vgl. auch LG Stuttgart, ZIP 2010, 329 f. (Ed Züblin, Auskunfts- und Informationsrechte des besonderen Vertreters). 148 Hüffer, ZHR 174 (2010), 642, 645 f.; OLG München, ZIP 2008, 73, 76 f., 78 f. (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren). 149 Verhoeven, ZIP 2008, 245 ff., 255; ähnlich auch bereits Böbel, Besonderer Vertreter, S. 92 ff. 150 Hüffer, ZHR 174 (2010), 642, 645 f. 151 Hüffer, ZHR 174 (2010), 642, 645 f., 674 f.; i. Erg. auch Balthasar/Hamelmann, WM 2010, 589, 593; Fabritius, in: GS Gruson, S. 133, 147 f.; Bungert, in: Handbuch Managerhaftung, S. 363, 387 f.; Binder, ZHR 176 (2012), 380, 396. 152 Vgl. Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 147 Rn. 61: „Bestellung des besonderen Vertreters ist gegenüber der Sonderprüfung ein Mehr“. 153 Hüffer, ZHR 174 (2010), 642, 674. 154 Vgl. allgemein zu den Voraussetzungen der Analogie Palandt-Sprau, BGB, Einl. Rn. 48. 155 Hüffer, ZHR 174 (2010), 642, 671, 674 ff.; Kling, ZGR 2009, 190, 216; vgl. auch Otte, GWR 2010, 114; i. Erg. auch Wirth/Pospiech, DB 2008, 2471, 2475; i. Erg. auch Nietsch, ZGR 2011, 589, 620; zu den unterschiedlichen Aufgaben siehe bereits Kapitel 2 C. I. 2. a) zur Ansicht des OLG München. Gegen eine Angleichung der Rechte des besonderen Vertreters an die Rechte des Sonderprüfers de lege ferenda auch Länderarbeitsgruppe „Managerverantwortlichkeit“, Begleitbericht S. 7 f. 156 OLG München, ZIP 2008, 73, 78 f. (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren); siehe hierzu bereits Kap. 2, Fn. 128. 157 Kling, ZGR 2009, 190, 218; Fabritius, in: GS Gruson, S. 133, 147 f.; Konzen, in: FS Hommelhoff, S. 565, 573; i. Erg. auch gegen ein Vernehmungsrecht von Mitarbeitern und gegen ein Direktionsrecht Nietsch, ZGR 2011, 589, 620; ähnlich auch DaunerLieb/Winnen, in: FS Kanzleiter, S. 119, 139 f., die es allerdings für erwägenswert halten, in absoluten Ausnahmefällen dem besonderen Vertreter ein Auskunftsrecht gegen

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

Ist der Hauptversammlung der die Ersatzansprüche begründende Sachverhalt im Wesentlichen noch unbekannt, kann kein besonderer Vertreter bestellt werden.158 In diesem Fall muss die Hauptversammlung zunächst den Sachverhalt durch einen Sonderprüfer aufklären lassen.159 Zwar wird Minderheitsaktionären dann, wenn wie im HVB/UniCredito-Fall auch Ansprüche gegen Großaktionäre im Raume stehen, der Weg über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen und Bestellung besonderer Vertreter gemäß § 147 Abs. 1, 2 AktG oftmals attraktiver erscheinen als die Bestellung von Sonderprüfern durch die Hauptversammlung, da ersterenfalls der Großaktionär einem Stimmverbot gemäß § 136 Abs. 1 S. 1 3. Fall unterliegen wird, während der Antrag auf Bestellung von Sonderprüfern meist mit den Stimmen der Großaktionäre abgelehnt werden wird.160 Dies ist jedoch Ausdruck der gesetzgeberischen Konzeption und kann de lege lata nicht durch eine Ausweitung der Befugnisse des besonderen Vertreters umgangen werden.161 Minderheitsaktionäre, deren Sonderprüfungsantrag mit den Stimmen der Mehrheit abgelehnt wurde, sind außerdem nicht rechtlos gestellt, sondern können unter Einhaltung der in § 142 Abs. 2 AktG geregelten Voraussetzungen die gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern beantragen.162 Dieses Vorgehen ist zwar beschwerlicher, weil die Minderheitsaktionäre Tatsachen behaupten müssen, die den Verdacht rechtfertigen, dass es zu Unredlichkeiten oder groben Gesetzesoder Satzungsverstößen gekommen ist,163 entspricht jedoch der Gesetzessystematik.164

Mitarbeiter zuzubilligen; ähnlich wohl auch Konzen, in: FS Hommelhoff, S. 565, 573 f., m.w. N. 158 Wirth, in: FS Hüffer, S. 1129, 1143. 159 Wirth, in: FS Hüffer, S. 1129, 1143, 1146 f.; Fabritius, in: GS Gruson, S. 133, 148; Binder, ZHR 176 (2012), 380, 395, 398, 410; Hüffer, ZHR 174 (2010), 642, 649, 666 f.; i. Erg. auch Drinhausen, BB 2008, 242; Otte, GWR 2010, 114 (zu LG Stuttgart, ZIP 2010, 329 f., Ed Züblin, Auskunfts- und Informationsrechte des besonderen Vertreters); Dauner-Lieb/Winnen, in: FS Kanzleiter, S. 119, 135. 160 Siehe auch Wirth, in: FS Hüffer, S. 1129, 1146 f.; Fabritius, in: GS Gruson, S. 133, 136 f., 148; vgl. auch Wilsing/Ogorek, EwiR 2007, 611 f. Siehe hierzu noch Kapitel 2 F. II. 1. a); zum fehlenden Eingreifen eines Stimmverbots hinsichtlich des Antrags auf Bestellung von Sonderprüfern siehe Kapitel 3 B. I. 5. d). 161 Vgl. auch Wirth/Pospiech, DB 2008, 2471, 2475, die die Frage der unterschiedlichen Regelungen der Stimmverbote, soweit sich Ersatzansprüche auch gegen Aktionäre richten, als „eine im Hinblick auf § 142 Abs. 1, und 2 AktG de lege ferenda zu erörternde Frage“ auffassen; vgl. auch Binder, ZHR 176 (2012), 380, 410. 162 Siehe zu den Voraussetzungen der gerichtlichen Bestellung von Sonderprüfern noch Kapitel 3 B. I. 6. 163 Siehe hierzu noch Kapitel 3 B. I. 6. e) aa). 164 Fabritius, in: GS Gruson, S. 133, 148; i. Erg. auch Hüffer, ZHR 174 (2010), 642, 649, 666 f.; Wirth, in: FS Hüffer, S. 1129, 1142 f., 1146 f.

C. Antrag auf Beschlussfassung gemäß § 147 Abs. 2 AktG

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II. Zusammenhang zwischen § 147 Abs. 2 AktG und § 147 Abs. 1 S. 1 AktG Nach allgemeiner Ansicht kann der Beschluss der Hauptversammlung über die Bestellung von besonderen Vertretern gemäß § 147 Abs. 2 S. 1 AktG entweder zusammen mit dem Beschluss über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gemäß § 147 Abs. 1 AktG oder getrennt erfolgen.165 Aus dem Wortlaut des § 147 Abs. 2 S. 2 AktG geht allerdings nicht hervor, ob eine gerichtliche Bestellung besonderer Vertreter auf Antrag einer Aktionärsminderheit nur dann möglich ist, wenn die Hauptversammlung zuvor eine Geltendmachung von Ersatzansprüchen nach § 147 Abs. 1 AktG (oder die Geltendmachung durch besondere Vertreter gemäß § 147 Abs. 2 S. 1 AktG) beschlossen hat.166 Verlangte man einen solchen Hauptversammlungsbeschluss, dürfte sich der praktische Anwendungsbereich dieses Minderheitsrechtes nach der Abschaffung des Minderheitsverlangens zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen gemäß § 147 Abs. 1 S. 1 AktG 1998 erheblich verringert haben, denn es sind kaum Fälle denkbar, in denen eine Hauptversammlungsmehrheit gemäß § 147 Abs. 1 AktG die Geltendmachung von Ersatzansprüchen – bei bislang untätig gebliebenen hierfür zuständigen Gesellschaftsorganen – erzwingt, aber nicht zugleich zu einer wirksamen Rechtsverfolgung geeignete besondere Vertreter gemäß § 147 Abs. 2 S. 1 AktG bestellt.167 Die überwiegende Ansicht in der Literatur, die inzwischen auch Bestätigung in der obergerichtlichen Rechtsprechung gefunden hat,168 fordert für die gerichtliche Bestellung von besonderen Vertretern auf Antrag einer Aktionärsminderheit in Anlehnung an die vor dem UMAG bestehende Rechtslage zu Recht einen vor165 Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 147 Rn. 40; Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 147 Rn. 14; MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 47; AK-Lochner, AktG, § 147 Rn. 18. 166 § 147 Abs. 2 S. 2 AktG lautet wie folgt: „Das Gericht (. . .) hat auf Antrag von Aktionären, (. . .) als Vertreter der Gesellschaft zur Geltendmachung des Ersatzanspruchs andere als die nach den §§ 78, 112 oder nach (§ 147 Abs. 2) Satz 1 zur Vertretung der Gesellschaft berufenen Personen zu bestellen, wenn ihm dies für eine gehörige Geltendmachung zweckmäßig erscheint“. 167 So i. Erg. auch Rahlmeyer, Vorstandshaftung, S. 102; ähnlich Böbel, Besonderer Vertreter, S. 41, der diesen Fall als „Normalfall“ bezeichnet. Relevanz kann dieser Vorschrift allerdings dann zukommen, wenn ein von der Aktionärsmehrheit in der Hauptversammlung bestellter besonderer Vertreter nicht das Vertrauen der Minderheit für eine ordnungsgemäße Geltendmachung der Ersatzansprüche genießt; vgl. auch Kling, ZGR 2009, 190, 194. 168 OLG Hamburg, AG 2007, 331: „Abgesehen von dem fortbestehenden Recht der Minderheit, nach Beschluss der Mehrheit zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen einen Antrag auf Austausch des besonderen Vertreters zu stellen (§ 147 Abs. 2 S. 2 AktG), ist an die Stelle der Klage durch einen besonderen Vertreter das selbständige Klagerecht der Minderheit nach § 148 AktG n. F. getreten. Die Einsetzung eines besonderen Vertreters kommt jetzt nur noch in Betracht, wenn die Hauptversammlung zuvor mit einfacher Mehrheit die Geltendmachung der Ersatzansprüche beschlossen hat (§ 147 Abs. 2 S. 2 AktG).“

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

herigen Hauptversammlungsbeschluss über die Geltendmachung des Ersatzanspruchs gemäß § 147 Abs. 1 AktG.169 Für das Erfordernis eines vorherigen Hauptversammlungsbeschlusses spricht die systematische Stellung des § 147 Abs. 2 S. 2 AktG im Gesetz. Aus der Stellung als Absatz nach § 147 Abs. 1 AktG, der das Recht der Hauptversammlung, die Geltendmachung von Ersatzansprüchen durch die Gesellschaft zu beschließen, regelt, und nach § 147 Abs. 2 S. 1 AktG, der das Recht der Hauptversammlung zur Bestellung besonderer Vertreter normiert, kann man schließen, dass das Recht zur Bestellung von besonderen Vertretern nur im Zusammenhang mit den Rechten der Hauptversammlung nach § 147 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 AktG besteht.170 Auch die historische Betrachtung spricht für das Erfordernis eines vorherigen Geltendmachungsbeschlusses durch die Hauptversammlung. § 147 Abs. 2 S. 1, 2 AktG 1998 lautete wie folgt: „Zur Geltendmachung des Ersatzanspruchs kann die Hauptversammlung besondere Vertreter bestellen. Hat die Hauptversammlung die Geltendmachung des Ersatzanspruchs beschlossen oder hat eine Minderheit sie verlangt, so hat das Gericht (. . .) auf Antrag von Aktionären, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals oder den anteiligen Betrag von einer Million EUR erreichen, als Vertreter der Gesellschaft zur Geltendmachung des Ersatzanspruchs andere als die nach §§ 78, 112 oder nach Satz 1 zur Vertretung der Gesellschaft berufenen Personen zu bestellen, wenn ihm dies für eine gehörige Geltendmachung zweckmäßig erscheint“. Hieraus ergibt sich eindeutig ein Zusammenhang mit der Geltendmachungserzwingung bzw. der Bestellung besonderer Vertreter durch die Hauptversammlung. Die Änderungen des § 147 Abs. 2 S. 2 AktG durch die UMAG-Reform standen im Zusammenhang mit der Streichung des Minderheitsverlangens auf Geltendmachung der Ersatzansprüche gemäß § 147 Abs. 1 S. 1 2. Alt AktG 1998. Weder aus der Gesetzesbegründung noch aus anderen Materialien zum Gesetzgebungsverfahren ergeben sich Anhaltspunkte, dass neben der Streichung des Minderheitsrechts gemäß

169 Hüffer, AktG, § 147 Rn. 8; ders., ZHR 174 (2010), 642, 652 f.; Spindler/StilzMock, AktG, § 147 Rn. 45, § 148 Rn. 130; Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 147 Rn. 15 f.; Happ, in: FS Westermann, S. 971, 974; Wendler, Justiziabilität, S. 279; Winnen, Innenhaftung, S. 300 f.; Binder, ZHR 176 (2012), 380, 385; Dauner-Lieb/Winnen, in: FS Kanzleiter, S. 119, 125; so wohl auch Thümmel, DB 2004, 471, 474; Verhoeven, ZIP 2008, 245; unklar dagegen Jahn, BB 2005, 5, 10; AK-Lochner, AktG, § 147 Rn. 19; a. A. dagegen noch die Vorauflage, AK-Lochner, AktG, 2. Aufl., § 147 Rn. 19, der dafür eintrat, dass das Minderheitsrecht des § 147 Abs. 2 S. 2 AktG seit der UMAG-Reform unabhängig davon gelte, ob zuvor ein Hauptversammlungsbeschluss nach § 147 Abs. 1 AktG gefasst worden sei; ihm folgend Rahlmeyer, Vorstandshaftung, S. 102 f. 170 Auf den systematischen Zusammenhang abstellend Binder, ZHR (2012), 380, 385, m.w. N.; ähnlich auch Winnen, Innenhaftung, S. 301; Dauner-Lieb/Winnen, in: FS Kanzleiter, S. 119, 125 (jeweils abstellend auf den „Gesamtwortlaut von § 147 Abs. 2 AktG“ n. F.).

C. Antrag auf Beschlussfassung gemäß § 147 Abs. 2 AktG

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§ 147 Abs. 1 S. 1 2. Alt. AktG 1998171 und der Streichung des Minderheitsrechts gemäß § 147 Abs. 3 AktG 1998 weitere Änderungen im Recht der Bestellung besonderer Vertreter beabsichtigt waren.172 Die gleichzeitige Streichung des Satzanfangs „Hat die Hauptversammlung die Geltendmachung des Ersatzanspruchs beschlossen“ ist daher als Redaktionsversehen anzusehen. Vielmehr spricht der Sinn und Zweck der UMAG-Reform, zugunsten der Einführung des Klagezulassungsverfahrens in § 148 AktG das Minderheitsverlangen gemäß § 147 Abs. 1 S. 1 2. Alt AktG 1998 und das Recht nach § 147 Abs. 3 AktG 1998 zu beseitigen,173 gerade für eine weitere Beibehaltung des Erfordernisses eines vorherigen Geltendmachungsbeschlusses der Hauptversammlung. Andernfalls könnte der Wille des Gesetzgebers, die Minderheitsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen einheitlich in § 148 AktG zusammenzufassen, „durch die Hintertür“ des § 147 Abs. 2 S. 2 AktG wieder umgangen werden.174

III. Weitere Aspekte 1. Pflicht zur Beschlussvorlage bei Interessenkonflikten Die überwiegende Meinung in der Literatur vertritt die Ansicht, dass die Verwaltungsorgane verpflichtet sind, eine Beschlussfassung über die Bestellung besonderer Vertreter durch die Hauptversammlung herbeizuführen, wenn bei dem zuständigen Organ Interessenkonflikte in Bezug auf die Geltendmachung von Ersatzansprüchen bestehen.175 Solche kommen insbesondere dann in Betracht, wenn Ersatzansprüche sowohl gegen amtierende Vorstands- als auch gegen amtierende Aufsichtsratsmitglieder geltend zu machen sind.176 Dieser Ansicht ist zuzustimmen, da sich in diesen Fällen die eingangs geschilderte abstrakt bestehende Gefahr von Interessenkonflikten zur konkreten Gefahr verdichtet hat

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Siehe hierzu Regierungsbegründung UMAG, S. 20. Die – inzwischen aufgegebene – Auffassung Lochners, in: AK-Lochner, AktG, 2. Aufl., § 147 Rn. 19, der von einer bewussten Streichung des Bezugs auf § 147 AktG als Tatbestandsvoraussetzung für die Durchführung der gerichtlichen Bestellung eines besonderen Vertreters auszugehen schien, überzeugt daher nicht; so auch Winnen, Innenhaftung, S. 301; Dauner-Lieb/Winnen, in: FS Kanzleiter, S. 119, 125 f.; i. Erg. jetzt auch AK-Lochner, AktG, § 147 Rn. 19. 173 Vgl. hierzu Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 147 Rn. 2 sowie Regierungsbegründung UMAG, S. 20. 174 Ähnlich auch Winnen, Innenhaftung, S. 301 Dauner-Lieb/Winnen, in: FS Kanzleiter, S. 119, 125 f. 175 AK-Lochner, AktG, § 147 Rn. 16; ähnlich Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 147 Rn. 39; Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 147 Rn. 14; MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 40; GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 41; Dauner-Lieb/Winnen, in: FS Kanzleiter, S. 119, 122; vgl. auch bereits Reichsgericht, RGZ 114, 396, 399. 176 AK-Lochner, AktG, § 147 Rn. 16, m.w. N.; Linnerz, ZIP 2004, 307 f. 172

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

und deshalb wohl keine ordnungsgemäße Anspruchsdurchsetzung der Gesellschaftsorgane „gegen sich selbst“ erwartet werden kann.177 2. Vergütung und Auslagenersatz; Haftung des besonderen Vertreters Die besonderen Vertreter haben Anspruch auf Auslagenersatz und auf eine Vergütung. Dies wird bei von der Hauptversammlung bestellten besonderen Vertretern vertraglich geregelt,178 vom Gericht bestellte besondere Vertreter haben einen Anspruch gegenüber der Gesellschaft auf Ersatz von durch das Gericht festzusetzenden angemessenen baren Auslagen und auf eine Vergütung (§ 147 Abs. 2 S. 5, 6 AktG).179 Der besondere Vertreter haftet in Gesamtanalogie zu den Organhaftungstatbeständen der §§ 93, 116 AktG, § 43 GmbHG für schuldhafte Pflichtverletzungen gegenüber der Gesellschaft.180 Daneben kommt eine schuldrechtliche Haftung wegen Verletzung des Geschäftsbesorgungsvertrags gemäß §§ 675, 611 BGB in Betracht.181 3. Gerichtliches Verfahren zur Bestellung von besonderen Vertretern a) Zuständigkeit Die Bestellung besonderer Vertreter durch das Gericht erfolgt im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§ 23a Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 4 GVG i.V. m. § 375 Nr. 3 FamFG). Zuständig ist das Amtsgericht am Sitz der Gesellschaft (§§ 14, 5 Abs. 1 AktG, § 23a Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 4 GVG i.V. m. §§ 375 Nr. 3, 376, 377 FamFG). b) Entscheidung Das Gericht gibt dem Antrag statt, wenn es für den zu entscheidenden Einzelfall davon überzeugt ist, dass die Geltendmachung von Ersatzansprüchen bei 177 Vgl. hierzu auch AK-Lochner, AktG, § 147 Rn. 16, der von der „Erhaltung der Handlungsfähigkeit der Aktiengesellschaft (. . .) in besonderen Haftungssituationen“ spricht. 178 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 147 Rn. 30, m.w. N. 179 Die bislang als prohibitiv empfundene Kostenerstattungsregelung des § 147 Abs. 4 AktG 1998 wurde dagegen durch das UMAG zu Recht auch insoweit aufgehoben, als sie die gerichtliche Bestellung von besonderen Vertretern auf Antrag einer Aktionärsminderheit betraf. 180 Kling, ZGR 2009, 180, 225 f.; Böbel, Besonderer Vertreter, S. 114; ähnlich Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 147 Rn. 69; a. A. Verhoeven, ZIP 2008, 245, 251; Semler, in: MünchHdB AG § 42 Rn. 22. 181 Näher hierzu, sowie zum Konkurrenzverhältnis der schuldrechtlichen Haftung zur Organhaftung, Kling, ZGR 2009, 180, 225 ff.

C. Antrag auf Beschlussfassung gemäß § 147 Abs. 2 AktG

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(anderen) besonderen Vertretern in besseren Händen liegt, als bei den eigentlich hierfür Zuständigen.182 Die Bestellung von besonderen Vertretern ist nach übereinstimmender Meinung in der Literatur und Rechtsprechung immer dann zweckmäßig, wenn Zweifel bestehen, ob die gesetzlichen Vertreter pflichtgemäß handeln; dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Ansprüche gegen Aufsichtsrat und Vorstand geltend gemacht werden.183 Die allgemeine Sorge, die Verwaltungsmitglieder würden aus Loyalität zu den Anspruchsgegnern die Gesellschaftsinteressen eventuell nicht ordnungsgemäß wahren, reicht jedoch nicht aus.184 Andererseits sind die Erfolgsaussichten der Klage für die gerichtliche Entscheidung nicht maßgeblich.185 Die Gesellschaft trägt die Gerichtskosten, wenn das Gericht besondere Vertreter bestellt (§ 147 Abs. 2 S. 3 AktG). Im Übrigen gilt § 81 FamFG, wonach jede Partei ihre Kosten selbst trägt, sofern das Gericht sie nicht der anderen Seite auferlegt. c) Rechtsmittel Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Gerichts ist die Beschwerde (§ 147 Abs. 2 S. 4 AktG). Entsprechendes gilt für die Festsetzung der Auslagen und der Vergütung für die gesetzlichen Vertreter; die Rechtsbeschwerde ist hierfür ausgeschlossen (§ 147 Abs. 2 S. 7 AktG).

IV. Zusammenfassung Auch das Recht zur Bestellung besonderer Vertreter durch die Hauptversammlung erfordert eine einfache Stimmenmehrheit der abgegebenen Stimmen. Ein solcher Beschluss dürfte, soweit nicht erhebliche Beteiligungen von Stimmverboten betroffen sind, zumindest in börsennotierten Gesellschaften oftmals nur schwer zu erreichen sein. Entsprechendes gilt für das Quorum für die Beantra182 Hüffer, AktG, § 147 Rn. 9; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 147 Rn. 53, m.w. N.; siehe auch OLG Frankfurt/Main, AG 2004, 104. Für die Antragsvoraussetzungen gilt der Amtsermittlungsgrundsatz, § 26 FamFG. 183 GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 46; AK-Lochner, AktG, § 147 Rn. 16; Winnen, Innenhaftung, S. 303; Dauner-Lieb/Winnen, in: FS Kanzleiter, S. 119, 128; wohl auch Hüffer, ZHR 174 (2010), 642, 656. Nach einer älteren Entscheidung des BayObLG, JW 1931, 2998, wurde dem Antrag auf gerichtliche Bestellung besonderer Vertreter entsprochen, weil konkrete Anhaltspunkte für die Gefahr bestanden, dass die gesetzlichen Vertreter bei der Geltendmachung der Ersatzansprüche die berechtigten Interessen der Aktonärsminderheit nicht ordnungsgemäß wahren würden; auf offenkundige Interessenkonflikte auch abstellend Hölters, in: FS Wiedemann, S. 975, 986. 184 GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 46; Winnen, Innenhaftung, S. 303; DaunerLieb/Winnen, in: FS Kanzleiter, S. 119, 127. 185 KG, AG 2005, 246; OLG Frankfurt/Main, AG 2004, 104 f.; AK-Lochner, AktG, § 147 Rn. 21; Winnen, Innenhaftung, S. 303.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

gung der gerichtlichen Bestellung besonderer Vertreter.186 Dieses Recht dürfte allerdings seit der Abschaffung des Minderheitsverlangens auf Geltendmachung von Ersatzansprüchen nach § 147 Abs. 1 AktG 1998 ohnehin weitgehend bedeutungslos geworden sein, da es einen vorherigen Geltendmachungsbeschluss der Hauptversammlung voraussetzt und kaum Fälle denkbar sind, in denen die Hauptversammlung nicht zugleich besondere Vertreter bestellen wird. Von einer „schlagartigen Beendigung des Dornröschenschlafs“ 187 zu sprechen, scheint daher nicht angebracht. Die Gerichte hatten in den letzten Jahren Gelegenheit zur Klärung einiger Bereiche des bis dahin weitgehend unerforscht gebliebenen Rechtsinstituts des besonderen Vertreters. Das OLG München hat zu Recht die Möglichkeit der Hauptversammlung bejaht, den besondern Vertreter mit der Prüfung zu beauftragen, gegen welche von mehreren in Frage kommenden Anspruchsgegnern eine Inanspruchnahme erfolgversprechend ist. Wohl entgegen der Auffassung des OLG München ist der besondere Vertreter Organ der Gesellschaft. Die Rechtssprechung des OLG München ist jedoch insoweit zu begrüßen, als sie, in Abgrenzung zum Rechtsinstitut der Sonderprüfung, dem besonderen Vertreter nur in engen Grenzen diejenigen Informations- und Einsichtsrechte gegenüber der Gesellschaft, vertreten durch den Vorstand, zugesteht, die er zur Geltendmachung des Ersatzanspruchs unmittelbar benötigt.

D. Gerichtliche Geltendmachung der Ersatzansprüche durch Aktionäre gemäß § 148 AktG Die Erleichterung der Durchsetzungsmöglichkeiten von Haftungsansprüchen der Gesellschaft gegen ihre Organmitglieder für eine Aktionärsminderheit bildete einen Schwerpunkt der UMAG-Reform. Aktionäre können seit der gesetzlichen Neuregelung gemäß § 148 AktG nach erfolgreichem Abschluss eines Klagezulassungsverfahrens in eigenem Namen eine Haftungsklage für die Gesellschaft erheben.188 Der hierfür erforderliche Schwellenwert wurde im Vergleich zu den bis-

186 So auch bereits MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 9; GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 3; Thümmel, DB 1999, 885, 887; Marsch-Barner, 63. DJT, O 55, 66 f. (mit detaillierter Begründung gegen eine Herabsetzung des Quorums); Götz, AG 1995, 337, 351 f. zu dem vor der UMAG-Reform existierenden Recht einer 10%-igen Minderheit, die Geltendmachung von Ersatzansprüchen zu erzwingen. 187 So Mock, DB 2008, 393 (zu OLG München, ZIP 2008, 73 ff. (HVB/UniCredito Verfügungsverfahren)). 188 Zur historischen Entwicklung der Aktionärsverfolgungsrechte siehe bereits Kapitel 1 B. VI. Das OLG Hamburg hat in seiner Entscheidung vom 19. Januar 2007 (AG 2007, 331 f.) klargestellt, dass die Regelungen des § 148 AktG als Prozessrecht mangels Übergangsvorschrift bereits vom Zeitpunkt ihres In-Kraft-Tretens am 1. November 2005 an gelten und den bisherigen § 147 AktG 1998 verdrängen.

D. Gerichtliche Geltendmachung gemäß § 148 AktG

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herigen Minderheitsrechten gemäß § 147 Abs. 1 S. 1 Abs. 3 AktG 1998 stark abgesenkt.189 Mit dem in § 148 AktG geregelten Klagezulassungsverfahren wollte der Gesetzgeber zweierlei erreichen. Einerseits soll das Klagezulassungsverfahren als „Filter“ von vornherein aussichtslose oder rechtsmissbräuchliche Klagen ausschließen.190 Andererseits soll einer Aktionärsminderheit ermöglicht werden, einen aus der ex-ante-Perspektive erfolgsversprechenden Prozess einzuleiten, ohne das Kostenrisiko des späteren Organhaftungsprozesses tragen zu müssen.191 Nachfolgend wird vor dem Hintergrund des eingangs aufgezeigten Spannungsfeldes untersucht, inwieweit das Aktionärsklageverfahren und insbesondere das Klagezulassungsverfahren diesen Anforderungen gerecht werden kann. Wie eingangs aufgezeigt, haben Aktionäre von ihrem in § 148 AktG eingeräumten Recht auf Beantragung der Klagezulassung, soweit ersichtlich, bislang fast keinen Gebrauch gemacht.192 Daher ist auch zu hinterfragen, ob dieses neue Rechtsinstitut seine ihm zugedachten Funktionen erfüllen kann oder ob insoweit weiterer Reformbedarf gegeben ist. Außerdem sollen trotz intensiver Erörterung des Aktionärsklageverfahrens verbliebene Zweifelsfragen geklärt werden.

I. Rechtsnatur des Klagerechts Anders als im Konzernrecht193 hat der Gesetzgeber das Aktionärsklagerecht nicht als Einzel-, bzw. Individualklagerecht, sondern als Minderheitsrecht ausgestaltet.194 Aktionäre, die zuvor das Klagezulassungsverfahren nach § 148 AktG erfolgreich durchlaufen haben, können nun Ersatzansprüche der Gesellschaft gegen ihre amtierenden oder bereits ausgeschiedenen Organmitglieder in eigenem Namen geltend machen und Leistung an die Gesellschaft als materiell Berechtigte195 verlangen (§ 148 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 2 AktG). Vielfach wird für diese Klagemöglichkeit auch der Terminus „abgeleitete Gesellschafterklage“ oder, speziell auf die Aktiengesellschaft bezogen, „abgeleitete Aktionärsklage“ verwen-

189

Siehe hierzu bereits Kapitel 1 B. VI. Siehe hierzu bereits die Nachweise in Kap. 1, Fn. 131. 191 Regierungsbegründung UMAG, S. 20. 192 Siehe hierzu bereits der Befund in der Einleitung. 193 Jeder Aktionär kann bestimmte in §§ 309, 310, 317, 318 AktG näher bezeichnete Ersatzansprüche der Gesellschaft durch die konzernrechtliche Aktionärsklage gemäß § 309 Abs. 4 S. 1, 2 AktG geltend machen und Leistung an die Gesellschaft verlangen; siehe hierzu noch Kapitel 2 F. I. 194 Die Qualifizierung des § 148 Abs. 1 S. 1 AktG als Minderheitsrecht bringt zum Ausdruck, dass das Recht an ein gewisses Anteilsquorum gekoppelt ist. Zur Unterscheidung zwischen Minderheits- und Individualrecht siehe bereits Kapitel 2 A. sowie Kap. 2, Fn. 1. 195 Hüffer, AktG, § 148 Rn. 15. 190

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

det.196 Diese in Anlehnung an die angloamerikanischen Rechtsinstitute derivative action im englischen Recht197 und derivative suit im US-amerikanischen Recht198 übernommene Bezeichnung macht deutlich, dass es sich nicht um Ansprüche des Aktionärs, sondern um Ansprüche der Gesellschaft gegen ein Organmitglied handelt, die der Aktionär zugunsten der Gesellschaft verfolgen kann.199 1. Gesetzliche Prozessstandschaft Der Frage der Einordnung des Aktionärsklagerechts gemäß § 148 AktG als Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft kommt erhebliche prozessuale Bedeutung zu. So hat sie insbesondere Auswirkungen auf Fragen der Rechtshängigkeit, der Rechtskraft und der Verfügungs-/Vergleichsbefugnis des Prozessstandschafters.200 Die Aktionärsminderheit klagt ein fremdes Recht in eigenem Namen ein; daher liegt ein gesetzlich geregelter Fall der Prozessstandschaft vor.201 Abzulehnen

196 Wiedemann, Organverantwortung, S. 43; Jänig, Sonderprüfung, S. 26, 28; Weber, Aktionärsklage, S. 26 f. 197 Die derivative action des englischen Rechts bezweckt die Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegen pflichtvergessene Unternehmensleiter durch einen Einzelaktionär; Wiedemann, Organverantwortung, S. 44 f. Zu der abgeleiteten Gesellschafterklage nach englischem Recht ausführlich Rollin, Aktionärsklage, S. 31 ff. 198 Die derivative suit des US-amerikanischen Rechts dient der Geltendmachung von Ansprüchen, die der Gesellschaft gegenüber Dritten zustehen; siehe hierzu Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 457 f. Zu der abgeleiteten Gesellschafterklage im US-amerikanischen Recht ausführlich Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 302 ff.; Banerjea, Gesellschafterklage, S. 74 ff. 199 Wiedemann, Organverantwortung, S. 43, definiert den Begriff „abgeleitete Gesellschafterklage“ als „die Sachwalterbefugnis, mit der ein Aktionär Ansprüche der Aktiengesellschaft selbst gegen ein Organ oder ein Organmitglied zugunsten des Verbandes durchsetzen kann“. Diese Definition kann für den Fall der Innenhaftungsklagen mit der Einschränkung übernommen werden, dass nicht Klagen gegen das Organ selbst, sondern nur solche gegen seine Mitglieder umfasst sind. 200 Siehe hierzu insbesondere noch Kapitel 2 D. V. 1. c), Kapitel 2 D. V. 7. a)–c). 201 Herrschende Ansicht, siehe nur Regierungsbegründung UMAG, S. 22 f.; Seibt, WM 2004, 2137, 2142; Diekmann/Leuernig, NZG 2004, 249, 250; Thümmel, DB 2004, 471; Paschos/Neumann, DB 2005, 1779; 1781; Weiss/Buchner, WM 2005, 162, 167; Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 334; Zieglmeier, ZGR, 2007, 144, 149; Winnen, Innenhaftung, S. 320; Behr, actio pro socio, S. 93 f.; Lönner, actio pro socio, S. 57; Spindler/ Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 3; Hüffer, AktG, § 148 Rn. 15; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann-Hartmann, ZPO, Grdz. § 50 Rn. 27; vgl. auch Mencke, Beiladung, S. 2, mit näheren Ausführungen und Nachweisen zur Terminologie. Siehe außerdem zur konzernrechtlichen Aktionärsklage des § 309 Abs. 4 S. 1, 2 AktG, Becker, Verwaltungskontrolle, S. 664 ff.; Habersack, DStR 1998, 533; Hüffer, AktG, §§ 309 Rn. 21a, 317 Rn. 16; Emmerich/Habersack-Emmerich, Konzernrecht, § 309 Rn. 49. A. A. dagegen Mertens, in: FS Fleck, S. 209, 218; MüKo-Altmeppen, § 309 Rn. 121 ff., die von einer Klage aus eigenem Recht des Aktionärs ausgehen.

D. Gerichtliche Geltendmachung gemäß § 148 AktG

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ist dagegen die insbesondere von Altmeppen202 für die konzernrechtliche Aktionärsklage (§ 309 Abs. 4 S. 1, 2 AktG) vertretene Ansicht, nach der die Aktionärsminderheit ein eigenes Recht in eigenem Namen einklagt.203 Altmeppen geht von einem Ausschließlichkeitsverhältnis zwischen Prozessstandschaft (Geltendmachung eines fremden Rechts) auf der einen Seite, und der actio pro socio auf der anderen Seite aus, mittels derer der Aktionär nur ein eigenes Recht geltend machen könne204 und ordnet die abgeleitete Aktionärsklage somit nicht als einen Fall der Prozessstandschaft ein, sondern – als Gegensatz hierzu – als actio pro socio. Hiergegen spricht zum einen bereits der eindeutige Wortlaut des § 148 Abs. 1 S. 1 AktG („Ersatzansprüche der Gesellschaft“),205 zum anderen überzeugt diese Ansicht auch vor dem Hintergrund des neu geschaffenen Aktionärsklageverfahrens des § 148 AktG nicht. Es ist nicht einleuchtend, dass ein Ersatzanspruch der Gesellschaft im Falle der Durchführung des Klagezulassungs- und Klageverfahrens (gleichzeitig) ein eigener Anspruch des Aktionärs, gerichtet auf Leistung an die Gesellschaft, sein soll und trotzdem das Klagezulassungs- oder Klageverfahren durch den Eintritt der Gesellschaft gemäß § 148 Abs. 3 S. 1 AktG wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses unzulässig werden soll, und die Gesellschaft anschließend unter den eingeschränkten Voraussetzungen der §§ 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG, 148 Abs. 6 S. 4 AktG auf diesen Anspruch der Aktionärsminderheit verzichten können soll.206 Von der Frage der Inhaberschaft des geltend zu machenden Anspruchs – hier der Gesellschaft – ist allerdings die Frage der Inhaberschaft des prozessualen Durchsetzungsrechts zu unterscheiden. Das Recht, die Klagezulassung zu beantragen und anschließend die Ersatzansprüche der Gesellschaft gerichtlich durchzusetzen, ist ein aus der Mitgliedschaft folgendes eigenes Recht der qualifizierten Aktionärsminderheit.207

202

MüKo-Altmeppen, AktG, § 309 Rn. 121 ff.; ders., in: FS Musielak, S. 3, 17 f. MüKo-Altmeppen, AktG, § 309 Rn. 121 ff.; ders., in: FS Musielak, S. 3, 17 f.; für die Geltendmachung eines eigenen Rechts des Aktionärs auch bereits Mertens, in: FS Fleck, S. 209, 218. 204 MüKo-Altmeppen, AktG, § 309 Rn. 121 ff.; ders., in: FS Musielak, S. 3, 17 f.; für die Geltendmachung eines eigenen Rechts des Aktionärs auch bereits Mertens, in: FS Fleck, S. 209, 218; für ein Ausschließlichkeitsverhältnis auch Spindler/Stilz-Veil, AktG, § 309 Rn. 34 (Fn. 61) (zu § 309 AktG). 205 Vgl. auch den weitgehend identischen Wortlaut bei § 309 Abs. 4 S. 1 AktG: „Ersatzanspruch der Gesellschaft“; hierzu Weber, Aktionärsklage, S. 190 zur konzernrechtlichen Aktionärsklage nach § 309 Abs. 4 AktG. 206 Vgl. Weber, Aktionärsklage, S. 190, zur konzernrechtlichen Aktionärsklage nach § 309 Abs. 4 AktG. 207 Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 631 f., Kort, DStR 2001, 2162 f., jeweils zur actio pro socio als Einzelklagerecht im GmbH-Recht; ähnlich Schmidt/LutterSpindler, AktG, § 148 Rn. 1; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, S. 64; wohl auch Habersack, DStR 1998, 533. 203

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

2. Actio pro socio/actio pro societate Nach Ansicht des Gesetzgebers und eines erheblichen Teils der Literatur liegt neben der gesetzlich angeordneten Prozessstandschaft zudem ein Fall der actio pro socio208 bzw. der actio pro societate209 vor.210 Als actio pro socio im eigentlichen Sinne wird nach dieser Ansicht eine Mitgliedschaftsklage bezeichnet, mit der das einzelne Mitglied Sozialansprüche des Verbandes in eigenem Namen geltend machen kann.211 Dieses aus dem römischen Recht der societas entlehnte Rechtsinstitut212 wurde ursprünglich kraft Richterrechts für Personengesellschaften entwickelt.213 Darüber hinaus ist es auch im GmbH-Recht allgemein anerkannt.214 Die dogmatische Einordnung und die inhaltliche Ausgestaltung dieses Rechtsinstituts sind allerdings in höchstem Maße umstritten.215 208

Regierungsbegründung UMAG, S. 23; Seibert/Schütz, ZIP 2004, 252 f.; Wilsing, ZIP 2004, 1082, 1087; Linnerz, NZG 2004, 306, 310; Kuthe, BB 2004, 449; Raiser/ Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, S. 70; Hüffer, AktG, § 148 Rn. 15; Spindler/StilzMock, AktG, § 148 Rn. 3; Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 40; GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 2, 22; Rahlmeyer, Vorstandshaftung, S. 107; Mencke, Beiladung, S. 50; zweifelnd dagegen Winnen, Innenhaftung, S. 318 ff. So auch MüKoAltmeppen, AktG, § 309 Rn. 121 ff., ders., in: FS Musielak, S. 10 ff., 16 ff., jeweils zu § 309 Abs. 4 S. 1, 2 AktG, vor dem Hintergrund, dass nach Ansicht Altmeppens ein eigenes Recht des Aktionärs eingeklagt wird und sich actio pro socio und Prozessstandschaft gegenseitig ausschließen. 209 OLG München, NZG 2010, 1392 f.; Diekmann/Leuernig, NZG 2004, 249, 250; Duve/Basak, BB 2006, 1345, 1347; Kling, ZGR 2009, 190, 192; Seibt, WM 2004, 2137, 2142; Paal, DStR 2005, 426; Westermann, AG 2009, 237, 239; Emmerich/Habersack-Emmerich, Konzernrecht, § 309 Rn. 49 (zu § 309 Abs. 4 S. 1, 2 AktG); Wiedemann, Organverantwortung, S. 48; unentschieden dagegen Jahn, BB 2005, 5, 10; Brondics, Aktionärsklage, S. 108 (jeweils actio pro socio/societate). 210 Sieht man das Aktionärsklagerecht des § 148 AktG als einen gesetzlich kodifizierten Fall der actio pro socio/societate an, ist an dem Begriff der actio pro socio festzuhalten. Der Meinung, die diesen Begriff als sprachlich unzutreffend moniert, da nur Leistung an die Gesellschaft verlangt werden könne, und stattdessen den Terminus „actio pro societate“ verwendet, ist mit Flume entgegenzuhalten, dass der Begriff „pro socio“ nicht als Klage „zugunsten des Gesellschafters“ sondern im Sinne von „Klage als Gesellschafter“ zu verstehen ist. Ausführlich hierzu Flume, Juristische Person, S. 301 f., m.w. N.; siehe auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 629; Planck, Aktionärsklagen, S. 2; Rollin, Aktionärsklagen, S. 191. 211 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 629; vgl. auch Lönner, actio pro socio, m.w. N.; zur abweichenden Ansicht Altmeppens, der die actio pro socio als ein Rechtsinstitut ansieht, mittels dessen der Aktionär nur ein eigenes Recht geltend machen kann, siehe bereits Kapitel 2 D. I. 1. 212 Siehe hierzu K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 630. 213 Siehe hierzu die zahlreichen Rechtsprechungsnachweise bei K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 630. 214 Siehe hierzu nur die Nachweise aus Rechtsprechung und Literatur bei K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 641. 215 Zum Meinungsstand im Personengesellschaftsrecht siehe nur Staudinger-Habermeier, BGB, § 705 Rn. 105, 197 ff. (zur OHG), GK-Schäfer, HGB, § 105 Rn. 256 ff., jeweils m.w. N. Zum Meinungsstand bei der GmbH siehe Michalski-Ebbing, GmbHG,

D. Gerichtliche Geltendmachung gemäß § 148 AktG

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Sieht man mit der wohl herrschenden Meinung die actio pro socio als ein Rechtsinstitut an, welches zwar in der Mitgliedschaft begründet ist, mittels dessen erstens nicht – wie nach der Auffassung Altmeppens216 – ein eigener Anspruch des Gesellschafters, sondern ein Anspruch der Gesellschaft in Prozessstandschaft geltend gemacht werden kann,217 und der zweitens darüber hinaus nicht nur gegen Mitgesellschafter, sondern auch gegen gesellschaftsfremde Organmitglieder geltend gemacht werden kann,218 so kann die in § 148 AktG kodifizierte Aktionärsklage als gesetzlich geregelter Fall der actio pro socio angesehen werden.219 Hier besteht allerdings die Besonderheit, dass sie nicht, wie der klassische Fall der actio pro socio, als Einzelklagerecht jedes Aktionärs ausgestaltet wurde, sondern wegen ihrer Bindung an das in § 148 Abs. 1 S. 1 AktG festgelegte Quorum formal als Minderheitsrecht konzipiert wurde.220 Anders als die Einordnung des Aktionärsklagerechts gemäß § 148 AktG als Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft, spielt die Qualifizierung der in § 148 § 14 Rn. 95 ff.; Lutter/Hommelhoff-Lutter/Bayer, GmbHG, § 13 Rn. 51 ff.; Baumbach/ Hueck-Hueck/Fastrich, GmbHG, § 13 Rn. 36 ff. Zum Meinungsstand bei der konzernrechtlichen Aktionärsklage gemäß § 309 Abs. 4 S. 1, 2 AktG siehe unter Kapitel 2 F. I. 1. sowie die Nachweise bei MüKo-Altmeppen, AktG, § 309 Rn. 121 ff. Allgemein zum Meinungsstand der dogmatischen Grundlagen und zum Anwendungsbereich der actio pro socio auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 629 ff., Schanbacher, AG 1999, 21 ff.; Verse, in: FS Schneider, S. 1325, 1328 ff.; Behr, actio pro socio, S. 46 ff., Lönner, actio pro socio, S. 22 ff., Mencke, Beiladung, S. 35 ff., jeweils m.w. N. 216 Siehe hierzu bereits Kapitel 2 D. I. 1. 217 Habersack, DStR, 1998, 533; Bayer, NJW 2000, 2609, 2613 (Fn. 60); StaudingerHabermeier, BGB, § 705 Rn. 46 (zur GbR); MüKo-Ulmer, BGB, § 705 Rn. 207 f. (zur GbR); MüKo-K. Schmidt, HGB, § 105 Rn. 197 ff. (zur OHG); GK-Schäfer, HGB, § 105 Rn. 256 (zur OHG); Michalski-Ebbing, GmbHG, § 14 Rn. 95 f. (zur GmbH); Lutter/ Hommelhoff-Lutter/Bayer, GmbHG, § 13 Rn. 52 (zur GmbH); OLG Düsseldorf, ZIP 1994, 619, 621 (zur GmbH); Grunewald, Gesellschafterklage, S. 14 (zur GmbH); Emmerich/Habersack-Emmerich, Konzernrecht, § 309 Rn. 49 (zur konzernrechtlichen Aktionärsklage); siehe auch Mencke, Beiladung, S. 40 ff., m.w. N.; a. A. dagegen Rowedder/Schmidt-Leithoff-Pentz, GmbHG, § 13 Rn. 114 ff. (zur GmbH); MüKo-Altmeppen, AktG, § 309 Rn. 121 ff.; ders., in: FS Musielak, S. 3, 17 f. (für die konzernrechtliche Aktionärsklage). 218 Strittig, dafür – jeweils für die GmbH – Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 462; v. Gerkan, ZGR 1988, 441, 449; Raiser, ZHR 153 (1989), 1, 12 f.; Ulmer/Habersack/ Winter-Raiser, GmbHG, § 14 Rn. 47; siehe auch Mencke, Beiladung, S. 46 ff., m.w. N.; dagegen mit Verweis auf fehlende unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen Verwaltungsmitgliedern und Gesellschaftern, zumindest bei Fremdgeschäftsführern und anderen Organen, BGH, WM 1982, 928; Zöllner, ZGR 1988, 392, 408 f.; Rowedder/ Schmidt-Leithoff-Pentz, GmbHG, § 13 Rn. 115; Baumbach/Hueck-Hueck/Fastrich, GmbHG, § 13 Rn. 38; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 13 Rn. 51. 219 Siehe hierzu bereits Kap. 2, Fn. 208, 209. 220 So auch Hüffer, AktG, § 148 Rn. 15. Anders dagegen Baums, Gutachten F 258; K. Schmidt, NZG 2005, 796, 799, ders. in seinem Referat auf dem 63. Deutschen Juristentag, 63. DJT, O 31 f., die die actio pro socio als schwellenwertunabhängiges Klagerecht jedes einzelnen Aktionärs dem Klagerecht einer Aktionärsminderheit ausdrücklich gegenüberstellen.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

AktG kodifizierten Aktionärsklage als actio pro socio für die Rechtspraxis keine große Rolle. Anders als im Personengesellschaftsrecht und im GmbH-Recht, in welchen die Diskussion um die Rechtsnatur und Ausgestaltung der actio pro socio am intensivsten geführt wird221 und in denen die actio pro socio nicht gesetzlich verankert ist, sondern gewohnheitsrechtlich entwickelt wurde, ist das Aktionärsklagerecht in § 148 f. AktG umfassend kodifiziert. Sofern trotzdem Zweifelsfragen verbleiben, kann die Diskussion um die actio pro socio bei den anderen Rechtsformen zwar als Erkenntnisquelle herangezogen werden.222 Allerdings sind bei der Prüfung einer interessengerechten Ausgestaltung des Aktionärsklagerechts stets die Besonderheiten der Aktiengesellschaft im Vergleich zu den anderen Gesellschaftsformen zu berücksichtigen.223

II. Beschränkung auf gerichtliche Geltendmachung § 148 Abs. 1 S. 1 AktG räumt unter den in § 148 AktG näher bestimmten Voraussetzungen einer qualifizierten Aktionärsminderheit das Recht ein, in eigenem Namen die in § 147 Abs. 1 S. 1 AktG bezeichneten Ersatzansprüche der Gesellschaft geltend zu machen. Wegen des mit § 147 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 AktG identischen Wortlauts des Begriffs der „Geltendmachung“ könnte man zunächst versucht sein, diesen Begriff in beiden Vorschriften identisch auszulegen. Dies hätte zur Folge, dass auch den Aktionären ein Recht zur außergerichtlichen Geltendmachung der Ersatzansprüche zuzubilligen wäre.224 Aus dem eindeutigen Wortlaut des § 148 Abs. 1 S. 2 („Das Gericht lässt die Klage zu (. . .)“), und Abs. 4 AktG („(. . .) kann die Klage nur (. . .) erhoben werden“)225 ergibt sich allerdings, dass im Rahmen des § 148 AktG unter dem Begriff „Geltendmachung“ nur die gerichtliche Geltendmachung verstanden werden kann. Außerdem spricht der in § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, Abs. 3 und Abs. 4 S. 1 AktG zum Ausdruck kommende Subsidiaritätsgedanke226 der Aktionärsklage ebenfalls für eine Eingrenzung auf

221

Weber, Aktionärsklage, S. 193. So auch Weber, Aktionärsklage, S. 193 (zur konzernrechtlichen Aktionärsklage). 223 So auch Weber, Aktionärsklage, S. 193, für den Fall der konzernrechtlichen Aktionärsklage. 224 So im Ergebnis GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 3 und diesen folgend Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 5; Behr, actio pro socio, S. 97, sowie Weber, Aktionärsklage, S. 74 f., für die Geltendmachung konzernrechtlicher Ersatzansprüche i. R.v. § 309 Abs. 4 AktG, sowie S. 175, für das Aktionärsklageverfahren des § 148 AktG; zur Befugnis des Vorstands und des Aufsichtsrats sowie des besonderen Vertreters, Ersatzansprüche außergerichtlich geltend zu machen, siehe bereits Kapitel 2 B. I. 2., Kapitel 2 C. 225 Hervorhebungen durch die Verfasserin. 226 Zur Subsidiarität der Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft durch Aktionäre siehe bereits Kapitel 1 B. IV. 1., zu den zitierten Vorschriften im Einzelnen siehe Kapitel 2 D. III. 7. und Kapitel 2 D. V. 4. 222

D. Gerichtliche Geltendmachung gemäß § 148 AktG

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die gerichtliche Geltendmachung.227 Auch ein Vergleich mit § 147 AktG 1965, der auch eine außergerichtliche Geltendmachung ermöglichte,228 führt zu keinem anderen Ergebnis. § 147 AktG ermöglicht zwar einer Aktionärsminderheit, die Geltendmachung von Ersatzansprüchen zu erzwingen, diese erfolgt dann durch die ohnehin als Anspruchsinhaberin zur gerichtlichen und außergerichtlichen Geltendmachung berechtigte Gesellschaft selbst, und zwar entweder durch Vorstand bzw. Aufsichtsrat (§§ 78, 112 AktG) oder durch hierfür nach § 147 Abs. 2 AktG bestellte besondere Vertreter. § 148 AktG räumt den Aktionären dagegen ein eigenes Verfolgungsrecht von Ansprüchen der Gesellschaft ein. Während die Gesellschaftsorgane, die für die Gesellschaft als Anspruchsinhaberin handeln, in den Grenzen pflichtgemäßen Ermessens wählen können, in welcher Form sie die Ersatzansprüche geltend machen möchten,229 haben die Aktionäre, die diesen Anspruch der Gesellschaft nicht als deren Stellvertreter,230 sondern in eigenem Namen geltend machen möchten, diese Wahlmöglichkeit nicht.

III. Klagezulassungsverfahren Aktionäre, deren Anteile im Zeitpunkt der Antragstellung zusammen den einhundertsten Teil des Grundkapitals oder einen anteiligen Betrag von 100.000 EUR erreichen, können die Zulassung beantragen, im eigenen Namen die in § 147 AktG genannten Ersatzansprüche der Gesellschaft gegen ihre Organmitglieder231 geltend zu machen (§ 148 Abs. 1 S. 1 AktG). Das Gericht lässt diese Aktionärsklage unter den in § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1–4 AktG näher bezeichneten Voraussetzungen zu. Diese müssen kumulativ vorliegen und lassen sich in formelle (§ 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1–2 AktG) und materielle (§ 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3–4 AktG) Voraussetzungen unterteilen.232 1. Zuständigkeit, Verfahrensart und Antragstellung Zuständig für die Entscheidung über die Zulassung der Klage ist das Landgericht am Sitz der Gesellschaft, gegebenenfalls die Kammer für Handelssachen, falls eine solche vorhanden ist (§§ 5, 148 Abs. 2 S. 1, 2 AktG).233 Die Aus227

So auch Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 159 zur actio pro socio im GmbHRecht, der das Klagerecht des GmbH-Gesellschafters als Notgeschäftsführungsrecht ansieht, welches sich auf die gerichtliche Geltendmachung des jeweiligen Anspruchs beschränken müsse; a. A. dagegen Weber, Aktionärsklage, S. 74 f., 175. 228 Siehe hierzu bereits Kapitel 2 B. I. 2. 229 Siehe hierzu bereits Kapitel 2 B. I. 2. 230 Siehe zur Ablehnung des Stellvertretermodells Weber, Aktionärsklage, S. 178 ff. 231 Zur Möglichkeit von Aktionären, i. R.v. §§ 147, 148 AktG auch Ansprüche gegen andere Personen als Organmitglieder geltend zu machen, siehe bereits Kapitel 1 C. I. 1. 232 Schröer, ZIP 2005, 2081, 2085; Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 150. 233 Die Landesregierungen bzw. die Landesjustizverwaltungen können die Zuständigkeit für mehrere Bezirke durch Rechtsverordnungen bei einem Landgericht konzentrie-

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

schließlichkeit der Zuständigkeit ist nicht ausdrücklich gesetzlich normiert.234 Sie ergibt sich jedoch aus dem Zweck der Regelung,235 die aus Gründen der Prozessökonomie nur ein Gericht für zuständig erklärt.236 Das Klagezulassungsverfahren ist ein Vorschaltverfahren237 vor dem eigentlichen Klageverfahren und wird verschiedentlich als „summarisches Verfahren eigener Art“ bezeichnet.238 Anders als das vor der UMAG-Reform in § 147 Abs. 3 AktG 1998 vorgesehene Antragsverfahren auf Bestellung besonderer Vertreter239 und anders als das Antragsverfahren auf Bestellung besonderer Vertreter nach § 147 Abs. 2 S. 2 AktG und Sonderprüfern nach § 142 Abs. 2 AktG ist das Klagezulassungsverfahren als Verfahren nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung ausgestaltet.240 Für dieses gelten die allgemeinen zivilprozessualen Grundsätze, soweit nicht § 148 AktG selbst besondere Vorschriften enthält.241 Für das Klagezulassungsverfahren gilt daher der im Zivilprozessverfahren übliche Beibringungsgrundsatz.242 Trotzdem besteht wegen der unterschiedlichen Formulierung der Voraussetzungen einer Klagezulassung gemäß § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1–4 AktG im Einzelnen Streit über den Grad der Darlegungs- und Beweisanforderungen der Antragsteller. Insbesondere werden für die Klagezulassungsvoraussetzung des § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG von der vollen Darlegungs- und Beweislast über die

ren, wenn dies der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dient (§ 148 Abs. 2 S. 3, 4 AktG); näher hierzu auch Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 14, m.w. N. 234 Ausschließliche Gerichtsstände sind nach allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen nur solche, die im Gesetz ausdrücklich als solche bezeichnet werden; MusielakHeinrich, ZPO, § 12 Rn. 8; siehe auch Lönner, actio pro socio, S. 185 (Fn. 685 m.w. N.). 235 Duve/Basak, BB 2006, 1345, 1347; Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 14; Hüffer, AktG, § 148 Rn. 12; Winnen, Innenhaftung, S. 386 f.; Lönner, actio pro socio, S. 185. 236 Vgl. auch Baums, Gutachten F 261, allerdings mit Hinblick auf die Verlagerung der Zuständigkeit von dem Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit zum Prozessgericht. 237 Holzborn/Bunnemann, BKR 2005, 51, 56, m.w. N.; Duve/Basak, BB 2006, 1345, 1348; ähnlich Hüffer, AktG, § 148 Rn. 10. 238 Hüffer, AktG, § 148 Rn. 10, m.w. N. 239 Zuständig hierfür war gem. § 145 Abs. 1 FGG a. F. das Amtsgericht am Sitz der Gesellschaft, das im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu entscheiden hatte. Zur Kritik hierzu siehe Bork, in: RWS Forum 10, S. 53, 66; Lutter, ZHR 159 (1995), 287, 306. 240 Regierungsbegründung UMAG, S. 20, 22 f. Siehe zur Herleitung der Ausgestaltung als Zivilprozessverfahren auch Hüffer, AktG, § 148 Rn. 10. 241 Bürgers/Körber-Holzborn/Jänig, AktG, § 148 Rn. 10, Spindler, NZG 2005, 865, 868, GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn.162 ff., jeweils m.w. N. 242 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 14; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 40. Vgl. auch Regierungsbegründung UMAG, S. 20. Siehe zum Beibringungs- bzw. Verhandlungsgrundsatz im Zivilprozessualrecht allgemein Zöller-Greger, ZPO, Vor 128 Rn. 10; ausführlich auch Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Grdz. § 128 Rn. 20 ff. Siehe außerdem die Nachweise in Kap. 2, Fn. 516.

D. Gerichtliche Geltendmachung gemäß § 148 AktG

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Glaubhaftmachung bis hin zur Amtsermittlung alle Ansichten vertreten. Hierauf wird noch im Einzelnen in Kapitel 2 D. III. 8. d) eingegangen. Für den Antrag auf Klagezulassung besteht Anwaltszwang (§ 78 Abs. 1 ZPO). Weitere besondere Formerfordernisse sind nicht zu beachten. Insbesondere ist bei der Stellung des Antrags keine Frist zu wahren.243 Der Antrag muss den Ersatzanspruch der Gesellschaft nach dem zugrunde liegenden Lebenssachverhalt, der Höhe und der Person des Ersatzpflichtigen hinreichend bestimmt bezeichnen.244 Es liegt im Ermessen des Gerichts, ob es eine mündliche Verhandlung anordnet (§ 128 Abs. 4 ZPO).245 Die Stellung des Klagezulassungsantrags hemmt die Verjährung der streitgegenständlichen Ersatzansprüche bis zur rechtskräftigen Antragsabweisung oder bis zum Ablauf der Drei-Monats-Frist für die anschließende Klageerhebung (§ 148 Abs. 2 S. 5, Abs. 4 S. 1 AktG). Dass die behaupteten Ersatzansprüche im Zeitpunkt der Antragstellung nicht verjährt sein dürfen, ergibt sich bereits aus den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechts gemäß § 214 Abs. 1 BGB.246 2. Ersatzansprüche i. S. v. § 147 AktG Die Klagezulassung kann nur zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft begehrt werden. Wegen der Verweisung in § 148 Abs. 1 S. 1 AktG ist der Begriff des Ersatzanspruchs der Gesellschaft identisch mit dem des § 147 Abs. 1 S. 1 AktG. Insoweit wird auf die Ausführungen in Kapitel 1 C. I. und Kapitel 2 F. II. verwiesen. 3. Antragsgegner, rechtliches Gehör § 148 AktG nennt die Antragsgegner des Klagezulassungsverfahrens nicht explizit. Die Gesellschaft kommt hierfür nicht in Betracht, da diese gemäß § 148 Abs. 2 S. 9 AktG beizuladen ist. Das Rechtsinstitut der Beiladung dient gerade 243 Für die Einführung einer Antragsfrist für Zweitanträge de lege ferenda, Happ, in: FS Westermann, S. 971, 977 f. 244 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 9. Ausführlich, insbesondere zur Angabe der Höhe des einzuklagenden Betrags, Happ, in: FS Westermann, S. 971, 993 f. 245 So auch Schmitt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 14; GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 181; anders Hüffer, AktG, § 148 Rn. 5; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 91, die generell von einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ausgehen. AK-Lochner, AktG, § 148 Rn. 22 hält dagegen zur Gewährung rechtlichen Gehörs und zur Aufklärung des Sachverhalts regelmäßig eine mündliche Verhandlung für geboten; auch Winnen, Innenhaftung, S. 387 f., hält eine mündliche Verhandlung vor Entscheidung über die Klagezulassung in der Regel ebenfalls für notwendig. 246 Die bloße Aufforderung an die Gesellschaft nach § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AktG bewirkt mangels entsprechender gesetzlicher Hemmungsvorschrift noch keine Verjährungshemmung.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

dazu, Dritte, die nicht als Partei an einem Rechtsstreit beteiligt sind, in das Verfahren einzubeziehen.247 Ein Beigeladener kann daher nicht gleichzeitig Partei des Rechtsstreits sein. Auch die für die Anspruchsverfolgung eigentlich zuständigen Verwaltungsorgane Vorstand bzw. Aufsichtsrat scheiden als Antragsgegner aus, da diese durch das Klagezulassungsverfahren nicht zur Geltendmachung gezwungen werden, sondern das Klagezulassungsverfahren gerade als Vorstufe für eine eigene Klage der Aktionäre dient.248 Antragsgegner des Klagezulassungsverfahrens sind daher die Anspruchsgegner des Ersatzanspruchs.249 Relevante Antragsgegner im Rahmen dieser Arbeit sind damit sowohl amtierende als auch ausgeschiedene Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder einschließlich so genannter fehlerhaft bestellter bzw. faktischer Organmitglieder, gegen die ein von § 147 Abs. 1 S. 1 AktG umfasster Ersatzanspruch geltend gemacht werden soll.250 Das Gericht muss vor seiner Entscheidung den Antragsgegnern Gelegenheit zur Stellungnahme geben. Diese besondere Ausprägung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs ist in § 148 Abs. 2 S. 6 AktG explizit geregelt.251 Auch der beizuladenden Gesellschaft (§ 148 Abs. 2 S. 9 AktG) ist vorher Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.252 4. Antragsteller: qualifizierte Aktionärsminderheit Nur Aktionäre der Gesellschaft können den Antrag auf Klagezulassung stellen.253 Dies ergibt sich bereits aus der Qualifizierung des Rechts, die Klagezulassung zu beantragen und anschließend die Ersatzansprüche gerichtlich durchzusetzen, als ein aus der Mitgliedschaft folgendes eigenes prozessuales Recht der Aktionäre.254 Um Missbräuche zu vermeiden, wurde das Recht nicht wie im Konzernrecht als Individualklagerecht, sondern als Minderheitsrecht ausgestaltet. 247

Spindler, NZG 2005, 865, 868; Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 153 ff. So auch Hüffer, AktG, § 148 Rn. 11; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 43; missverständlich dagegen die Regierungsbegründung UMAG, S. 23, die von einem Verfahren zwischen Minderheit und Organ spricht. 249 Hüffer, AktG, § 148 Rn. 11, m.w. N. 250 Siehe hierzu bereits Kapitel 1 C. I. 1. 251 Kritisch zum Anspruch des Antragsgegners auf rechtliches Gehör bereits im Klagezulassungsverfahren dagegen Becker, in: FS Mestmäcker, S. 26, 36. 252 AK-Lochner, AktG, § 148 Rn. 21. 253 Aktionär ist der Inhaber des Rechts, Spindler/Stilz-Dörr, AktG, § 245 Rn. 12. Zur Behandlung von Mitberechtigungs- und Aufspaltungsfällen, wie z. B. Treuhand, Verpfändung und Nießbrauch, siehe Schmidt/Lutter-Schwab, AktG, § 245 Rn. 4 f., MüKoHüffer, AktG, § 245 Rn. 30 ff., jeweils zur Anfechtungsbefugnis und m.w. N. Der Erwerb in Form der Aktienleihe verleiht grundsätzlich ebenfalls ein entsprechendes Antragsrecht; siehe nur Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 48, m.w. N. 254 Siehe hierzu bereits Kapitel 2 D. I. 248

D. Gerichtliche Geltendmachung gemäß § 148 AktG

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a) Erforderlicher Schwellenwert Das für die Beantragung der Klagezulassung erforderliche Quorum war einer der im Zuge der UMAG-Reform am kontroversesten diskutierten Punkte. Das Quorum kann durch einen oder mehrere Aktionäre erreicht werden. Außerdem können sich auch mehrere Aktionäre, die, jeder für sich, den erforderlichen Schwellenwert aufbringen, zusammenschließen und den Antrag auf Klagezulassung stellen.255 Die vor der UMAG-Reform geltenden Quoren von 10% des Grundkapitals zur Erzwingung der Geltendmachung von Ersatzansprüchen und zur Bestellung besonderer Vertreter (§ 147 Abs. 1 S. 1 2. Hs. 2 AktG 1998, § 147 Abs. 2 S. 2 AktG 1998) sowie von 5% des Grundkapitals bzw. eines anteiligen Betrags von 500.000 EUR zur Beantragung der gerichtlichen Bestellung besonderer Vertreter (§ 147 Abs. 3 AktG 1998), wurden zu Recht als zu restriktiv und als einer der Hauptgründe für die fehlende praktische Wirksamkeit der Aktionärsverfolgungsrechte angesehen.256 Andererseits wurde der Einführung einer zweistufigen Individualklagebefugnis257 in der UMAG-Reform-Diskussion, insbesondere unter Hinweis auf Missbrauchsgefahren, überwiegend eine Absage erteilt.

255 Ausweislich der Regierungsbegründung UMAG, S. 21, kann so z. B. das Kostenrisiko des Einzelnen verringert oder dem Antrag mehr Gewicht gegeben werden. 256 Siehe hierzu Kapitel 1 B. VI. Anders dagegen noch die Regierungsbegründung KonTraG, ZIP 1997, 2059, 2065, die, abstellend auf die Sicht der Verwaltung, in dem Quorum des § 147 Abs. 3 AktG 1998 einen Beitrag zu geringerem Bürokratieaufwand, zur Förderung der unternehmerischen Entscheidungsfreude und zum Verzicht auf Absicherungsstrategien sah. 257 Hierfür plädierten unter anderem Rollin, Aktionärsklage, S. 232; Banerjea, Gesellschafterklage, S. 215; Bayer, NJW 2000, 2609, 2618; Lutter, ZHR 159 (1995), 287, 306; ders., AG Sonderheft 1997, 52, 55 (Klagemöglichkeit für den Einzelaktionär nach Glaubhaftmachung der Pflichtverletzung und des Schadens in einem Vorverfahren); ähnlich Hopt, AG Sonderheft 1997, 42 f. (einschränkend auf Fälle der Glaubhaftmachung einer groben Pflichtverletzung des Organmitglieds); unklar dagegen Lutter, JZ 2000, 837, 841; siehe auch die Diskussionsbeiträge auf dem 63. Deutschen Juristentag von Fuchs, 63. DJT, O 173; Keitel, 63. DJT, O 179; Lutter, 63. DJT, O 187. Gegen die Einführung einer Mindestbeteiligung auch Hieke, 63. DJT, O 190; Hopt, 63. DJT, O 165 ff. Für eine Einzelklagebefugnis de lege ferenda auch nach dem UMAG, Harzer, Aktionärsklagerechte, S. 125, 150 f.; Kämper, Aktionärsklage, S. 32 f., 255 ff.; Hofmann, Minderheitsschutz, S. 289 f.; wohl auch Schmolke, ZGR 2011, 398, 425 ff., 442, der für die Ersetzung des Quorums durch ein gerichtliches Auswahlverfahren zur Bestimmung eines „Leitklägers“ plädiert. Auch der 61. DJT 1996 sprach sich mit knapper Mehrheit für die Einführung einer Individualklagebefugnis nach dem Vorbild des § 309 Abs. 4 AktG aus; vgl. 61. DJT, Beschlüsse N 218. Habersack, Gutachten E 94 f., 106 tritt für eine Abschaffung des Quorums und des gesamten Klagezulassungsverfahrens und die Einführung einer allgemeinen schwellenwertunabhängigen actio pro socio nach Art der §§ 309 Abs. 4, 310 Abs. 4, 317 Abs. 4, 318 Abs. 4 AktG ein; in diese Richtung auch Bachmann, AG 2012, 565, 578; diese Vorschläge wurden auf dem 69. Deutschen Juristentag im September 2012 dagegen mit breiter Mehrheit abgelehnt (vgl. Beschlüsse 69. DJT, Abteilung Wirtschaftsrecht, IV. 22 a) und c)).

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

Für die Einleitung des Klagezulassungsverfahrens hat sich schließlich ein Minderheitsquorum in Höhe von 1% des Grundkapitals oder eines anteiligen Betrages von 100.000 EUR durchgesetzt.258 Dies entspricht jetzt auch dem Minderheitsquorum zur gerichtlichen Bestellung von Sonderprüfern gemäß § 142 Abs. 2 S. 1 AktG.259 Da dieses Recht kein Stimmrecht voraussetzt, gewährt grundsätzlich jede Aktie die Berechtigung, die Klagezulassung zu beantragen. Dies gilt auch für stimmrechtlose Vorzugsaktien oder Aktien, die einem Stimmverbot unterliegen.260 Vor dem Hintergrund des Spannungsverhältnisses zwischen einem effektiven Minderheitsschutz einerseits und der Verhinderung von Rechtsmissbrauch andererseits war die Höhe eines adäquaten Quorums seit jeher umstritten.261 Anders als noch in dem am 17. November 2004 vorgelegten Regierungsentwurf zum UMAG vorgesehen, der noch auf einen Schwellenwert von 1% des Grundkapitals oder 100.000 EUR Börsenwert abstellte,262 hat der Gesetzgeber schließlich das Minderheitsquorum auf 1% des Grundkapitals oder einen anteiligen Betrag von 100.000 EUR am Grundkapital festgesetzt. Damit hat er das Quorum de facto deutlich weniger abgesenkt als zunächst vorgesehen. Bei Gesellschaften mit normalem Kursverlauf wird das gemäß § 148 Abs. 1 S. 1 AktG maßgebliche Quorum eines anteiligen Betrages von 100.000 EUR am Grundkapital in der Regel um das ca. 15- bis 20- fache höher liegen als der Börsenwert des entsprechenden Unternehmens.263 Der Gesetzgeber hat dadurch auf die während der Beratungen über das UMAG häufig vorgebrachte Kritik am Abstellen auf den Börsenwert reagiert. Unabhängig von der Frage, ob ein Schwellenwert 258 K. Schmidt, NZG 2005, 796, 799, spricht auch (in Abgrenzung zur Individualklagebefugnis) von einem „rechtspolitischen Kompromiss“; so auch Baums, 63. DJT, O 204; K. Schmidt, 63 DJT, O 205. 259 Zur Kritik hinsichtlich mangelhafter Übereinstimmung der Quoren zur Erzwingung der Geltendmachung und zur Bestellung von Sonderprüfern nach altem Recht siehe bereits Kapitel 1 B. VI.; Hüffer, AktG, § 142 Rn. 22; Regierungsbegründung UMAG, S. 20. 260 Zur Berechnung des Minderheitsquorums siehe nur Hüffer, AktG, § 148 Rn. 4, § 142 Rn. 22. 261 Siehe zur graduellen Absenkung des Quorums für das Geltendmachungserzwingungsrecht im Zuge mehrerer Reformen bereits Kapitel 1 B. VI. Ausführlich zu den Diskussionen über ein sachgerechtes relatives und absolutes Quorum anlässlich der Modifizierungen des Verfolgungsrechts durch Minderheitsaktionäre durch das KonTraG Rollin, Aktionärsklage, S. 149 ff., m.w. N.; vgl. zu den verschiedenen Schwellenwertvorschlägen auch Bork, in: RWS Forum 10, S. 53, 63 (Fn. 38). 262 So auch mehrheitlich der Beschluss des 63. DJT, Abteilung Wirtschaftsrecht III. 1, O 80 (dagegen allerdings u. a. Marsch-Barner, 63. Deutscher Juristentag 2000, O 67); ebenso bereits Baums, Gutachten F, S. 256; ebenso der Referentenentwurf UMAG, S. 6, 33 f. 263 Seibert/Schütz, ZIP 2004, 252 f.; Wilsing, ZIP 2004, 1082, 1087. Ob diese aus 2004 datierenden Verhältnisangaben auch angesichts der Kursschwankungen in den letzten Jahren an den Börsen noch zutreffen, sei dahingestellt; in jedem Fall liegt das Quorum eines anteiligen Betrages von 100.000 EUR am Grundkapital eines Unternehmens in der Regel deutlich höher als dessen Börsenwert.

D. Gerichtliche Geltendmachung gemäß § 148 AktG

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von 100.000 EUR Börsenwert eine zu geringe Hürde darstellen und, wie vielfach befürchtet,264 zur missbräuchlichen Erhebung und einer Welle von Haftungsklagen führen würde,265 ist der im Laufe des parlamentarischen Verfahrens266 vorgenommenen Aufgabe des Abstellens auf einen Börsenwert zuzustimmen.267 Ein Abstellen auf den Börsenwert hätte ein Variieren des Minderheitsschutzes je nach der aktuellen Kursentwicklung268 zur Folge gehabt.269 Die das Zulassungsverfahren einleitende Aktionärsminderheit hätte daher die Erfüllung dieser Zulassungsvoraussetzung – bei Tragung des Kostenrisikos gemäß § 148 Abs. 6 S. 1 AktG – nicht im Voraus kalkulieren können.270 Eine Anknüpfung an den Börsenkurs wäre auch unter dem Aspekt bedenklich gewesen, dass für das Rechte- und 264 Siehe nur Stellungnahme Bundesrat zum UMAG, S. 37; kritisch insbesondere auch BDI u. a., Gemeinsame Stellungnahme zum UMAG-RefE, S. 17 f.; DAV-Stellungnahme zum RegE UMAG, NZG 2005, 388, 391; DAI, Stellungnahme UMAG, S. 11; ablehnend zum Börsenkurs als maßgeblichem Bezugspunkt auch Linnerz, NZG 2004, 307, 309; Seibt, WM 2004, 2137, 2143 und Jahn, BB 2005, 5, 10 f. („Einführung einer aktienrechtlichen Popularklage“); Weiss/Buchner, WM 2005, 162, 167. f. Positiv wurde der im Referenten- und Regierungsentwurf vorgesehene Schwellenwert dagegen von Aktionärsvereinigungen aufgenommen, vgl. DSW, Stellungnahme UMAG, S. 11; SdK, Stellungnahme UMAG, S. 6, sowie AK-Lochner, AktG, § 148 Rn. 5; kritisch zu der Abkehr von dem Börsenwert auch Wendler, Justiziabilität, S. 283 ff. („Rückschritt“). Eine signifikante Zunahme von Klagezulassungsverfahren wurde dagegen nicht erwartet von Ulmer, DB 2004, 859, 863 (mit Blick auf den Filter des Klagezulassungsverfahrens); weitergehend Meilicke/Heidel, DB 2004, 1479, 1480, die missbräuchliche Klagen vor dem Hintergrund, dass der Klageerfolg alleine der Gesellschaft zufließt, sogar für „nicht denkbar“ halten. 265 Zu den Missbrauchsgefahren siehe bereits Kapitel 1 B. V. 2. 266 Siehe Stellungnahme Bundesrat zum UMAG, S. 37; Beschlussempfehlung Rechtsausschuss zum UMAG, S. 31 f. 267 Ein Abstellen auf den Börsenwert wäre ohnehin nur für börsennotierte Gesellschaften in Frage gekommen. Für nicht börsennotierte Gesellschaften wäre es bei der 1%-Grenze des Grundkapitals geblieben, so dass es für nicht börsennotierte Gesellschaften mit einem Grundkapital von über 10 Millionen EUR durch die Abänderung des Quorums im Vergleich zum Referenten- und Regierungsentwurf des UMAG de facto sogar zu einer Absenkung des Schwellenwertes gekommen ist; vgl. auch § 8 Abs. 2–4 AktG. 268 Kursschwankungen sind einerseits denkbar im Hinblick auf allgemeine Marktentwicklungen, andererseits auch gerade im Fall einer beabsichtigten Durchführung des Klagezulassungsverfahrens und dem damit einhergehenden Vorwurf schwerwiegender Pflichtverletzungen durch Verwaltungsmitglieder; Kirschner, BB 2005, 1865 f.; siehe zu letzterem Fall auch Beschlussempfehlung Rechtsausschuss zum UMAG, S. 31 f. 269 Paschos/Neumann, DB 2005, 1779; ursprünglich war gemäß §§ 148 Abs. 1 S. 1, 142 Abs. 2 S. 2 AktG des Regierungsentwurfs zum UMAG, RegE UMAG, Regierungsbegründung UMAG, S. 6 f. vorgesehen, den Börsenwert i. S. v. § 31 Abs. 7 WpÜG zu bestimmen. Maßgeblich wäre damit der gewichtete Drei-Monats-Durchschnittskurs während der letzten drei Monate vor der Antragstellung gewesen; dauerhafte und massive Kursverluste, etwa im Zusammenhang mit bekannt gewordenen schweren Pflichtverletzungen durch Verwaltungsmitglieder hätten hierdurch jedoch nicht ausgeglichen werden können; vgl. Kirschner, BB 2005, 1865 f. 270 BDI u. a., Gemeinsame Stellungnahme zum UMAG-RefE, S. 18; Paschos/Neumann, DB 2005, 1779; Linnerz, NZG 2004, 307, 309.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

Pflichtenverhältnis zwischen Aktionären und ihrer Gesellschaft nur das Innenverhältnis entscheidend sein kann; es dürfen daher keine gesellschaftsexterne Faktoren wie der Börsenkurs darüber entscheiden, ob dem Aktionär ein Recht zusteht oder nicht.271 Vorschläge für höhere relative oder absolute Quoren272 bzw. die Einführung eines Schwellenwertes mit einer Öffnungsklausel, die den Satzungsgeber ermächtigt, niedrigere Quoren einzuführen,273 haben sich dagegen im UMAG-Gesetzgebungsverfahren nicht durchgesetzt. b) Stellungnahme Der Gesetzgeber bezweckt ausweislich der Gesetzesbegründung zum UMAG mit dem eingeführten Schwellenwert einerseits, Klagen zu verhindern, die nicht ernsthaft durch die wirtschaftliche Beteiligung an der entsprechenden Gesellschaft begründet und motiviert sein können, andererseits will er nicht wie bei § 147 Abs. 3 AktG 1998 allzu abscheckend wirkende Voraussetzungen schaffen, wonach die Verfolgung eines Ersatzanspruchs bei börsennotierten Gesellschaften im Regelfall eine Beteiligung in mindestens zweistelliger Millionenhöhe erforderte.274 Bei der Festsetzung eines geeigneten Schwellenwerts muss der Gesetzgeber wiederum das eingangs aufgezeigte Spannungsfeld beachten. Neben anderen Klageerleichterungen führen niedrige Schwellenwerte zwar zu einer effektiven Ausgestaltung der Durchsetzungsmöglichkeiten von Ersatzansprüchen und damit des Minderheitsschutzes, andererseits sah sich der Gesetzgeber aber mit Befürchtungen einer Welle von Zulassungsverfahren und späteren Organhaftungsklagen konfrontiert.275 Schließlich kommt auch hier die Unterscheidung der zwischen unternehmerisch orientierten Aktionären und anlageorientierten Aktionären zum Tragen.276 Auch ist zu untersuchen, ob eine Differenzierung zwischen börsennotierten und nicht börsennotierten Gesellschaften angezeigt ist.

271

Jänig, BB 2005, 949; ders., Sonderprüfung, S. 263; Kirschner, BB 2005, 1865 f. So z. B. Seibt, WM 2004, 2137, 2143, der für ein Quorum von 5% am anteiligen Betrag des Grundkapitals für börsennotierte Gesellschaften eintrat; Stellungnahme Bundesrat zum UMAG, S. 33 (Quorum von 5% bzw. einen anteiligen Betrag von 1 Million EUR); für höhere Quoren auch bereits Semler, in: RWS Forum 8, S. 179, 230 f., für einen Nominalbetrag von 10 Millionen DM. 273 So z. B. Baums, Gutachten F 258; Seibt, WM 2004, 2137, 2143, für nicht börsennotierte Gesellschaften. 274 Regierungsbegründung UMAG, S. 20. 275 Siehe hierzu Kapitel 2 D. III. 4. b) bb); zu den Mißbrauchsgefahren bereits Kapitel 1 B. V. 2. 276 Siehe hierzu bereits Kapitel 1 B. V. 6. 272

D. Gerichtliche Geltendmachung gemäß § 148 AktG

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aa) Beteiligung von unternehmerischem Gewicht Vor dem Hintergrund der eingangs aufgezeigten Schnittstelle von gesellschaftsrechtlichen und kapitalmarktrechtlichen Rechtsbehelfen forderte unter anderem Seibt277 im Zuge der UMAG-Reform einen Anteilsbesitz, der ein unternehmerisches Interesse repräsentiert. Nur für solche unternehmerisch orientierte Aktionäre solle der verbandsrechtliche Rechtsbehelf des Verfolgungsrechts zur Verfügung stehen. Renditeorientierte Kleinanleger sollten dagegen auf die kapitalmarktrechtlichen Corporate-Governance-Mechanismen wie exit oder kapitalmarktrechtliche Informationen verwiesen sein.278 Seibt schlägt in Anlehnung an die squeeze out-Regelung des § 327a AktG und den short form merger des § 62 Abs. 1, 2 AktG ein relatives Quorum von 5% am anteiligen Betrag des Grundkapitals vor. Der Forderung nach einer Beteiligung von einem gewissen unternehmerischen Gewicht ist zuzustimmen. Betrachtet man das aktienrechtliche System der Minderheitsrechte, so lässt sich außerhalb des durch das UMAG reformierten Sonderprüfungs- und Verfolgungsrechts279 keine einheitliche und abschließende Entscheidung des Gesetzgebers für ein ausschließliches relatives Quorum von 5 % des Grundkapitals (oder höher) feststellen, wenngleich diese Schwelle häufig gewählt wurde.280 So sieht z. B. das Tagesordnungsergänzungsverlangen gemäß § 122 Abs. 2 AktG neben einem relativen Quorum alternativ ein absolutes Quorum eines anteiligen Betrags von 500.000 EUR am Grundkapital vor, um einen erweiterten Minderheitsschutz zu gewährleisten.281 Auch bei den kapitalmarktrechtlichen Mitteilungspflichten stellt der Gesetzgeber nicht, wie von der Transparenzrichtlinie 282 als obligatorisches Mindestmaß gefordert, auf 5 %, sondern auf eine 3 %-Beteiligungsschwelle ab. Zwar lag dieser Eingangsmeldeschwelle eine andere gesetzgeberische Zielsetzung zugrunde, nämlich die Erhöhung der Beteiligungstransparenz und die Erschwerung eines „unbemerkten Anschleichens an den Emittenten“.283 Es zeigt sich aber auch hier, dass der Gesetzgeber eine 5 %-Beteiligung nicht als strikte Untergrenze für eine unternehmerische Beteiligung bzw. eine Beteiligung von wirtschaftlichem Gewicht ansieht. Vielmehr ist der jeweilige Schwellenwert für das entsprechende Minderheitsrecht unter Ab277

Seibt, WM 2004, 2137, 2143, m.w. N. Seibt, WM 2004, 2137, 2143, m.w. N.; siehe hierzu bereits Kapitel 1 B. V. 6. 279 Vgl. die durch das UMAG herabgesetzten Quoren bei §§ 142 Abs. 2, 4, 148 Abs. 1, 258 Abs. 2, 315 S. 2 AktG. 280 Vgl. zu den verschiedenen Schwellenwerten für aktienrechtliche Minderheitsrechte die Übersicht bei Semler, in: MünchHdb. AG, § 42 Rn. 32 ff. 281 Vgl. MüKo-Kubis, AktG, § 122 Rn. 28; Spindler/Stilz-Rieckers, AktG, § 122 Rn. 37. 282 Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.12. 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen im Bezug auf Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG, ABlEU Nr. L 390, S. 38 ff. 283 Regierungsbegründung TUG, S. 26. 278

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

wägung aller Interessen festzulegen. Ausgehend von der Erkenntnis, dass ein Quorum von 5% gerade in börsennotierten Gesellschaften oftmals schwer zu erreichen sein wird, ist ein starres Festhalten an der 5%-Grenze daher abzulehnen. bb) Bewertung des Schwellenwerts unter Einbeziehung des Aktionärsforums Für einen durchschnittlichen Kleinaktionär stellt das zu erreichende Minderheitsquorum von 1% des Grundkapitals oder einem anteiligen Betrag am Grundkapital von 100.000 EUR eine erhebliche Hürde dar. In der Regel dürfte er, zumindest bei größeren Publikumsgesellschaften, dieses Quorum alleine nicht erreichen können.284 Aktionäre können sich allerdings unter anderem über das Aktionärsforum des Bundesanzeigers austauschen und Kontakt miteinander aufnehmen. Ausweislich der Gesetzesbegründung zum UMAG285 soll das Aktionärsforum gerade dazu dienen, andere Aktionäre für einen solchen Antrag zu gewinnen und eine Aktionärsminderheit von wirtschaftlichem Gewicht zustande zu bringen.286 In der Praxis wurde allerdings das Aktionärsforum, soweit ersichtlich, hierfür kaum genutzt.287 Auch die insbesondere für Publikumsgesellschaften befürchtete Überziehung der Organmitglieder mit „räuberischen Haftungsklagen“ 288 ist ausgeblieben. Die anlässlich der UMAG-Reform geäußerten Befürchtungen, der gewählte Schwellenwert sei zu gering und werde fortan, insbesondere bei sogenannten „kleinen 284 Anderes dürfte dagegen für strategisch orientierte Aktionäre mit größeren Aktienpaketen sowie für institutionelle Investoren gelten, wie z. B. ausländische Hedge Fonds (sofern diese wegen der meist kurzfristigen Anlagestrategie von diesen Rechten Gebrauch machen möchten) oder (zumindest längerfristig orientierte) „traditionelle“ institutionelle Investoren, wie z. B. Banken, Versicherungen oder Pensionsfonds; siehe hierzu Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 12; Duve/Basak, BB 2006, 1345 f. (zur Sonderprüfung); so auch Seibt, WM 2004, 2137, 2143 (für das von ihm geforderte 5%-Quorum); zu den möglichen Investitionszielen institutioneller Investoren siehe auch Thaeter/Guski, AG 2007, 301; anders wird sich ausweislich der Regierungsbegründung UMAG, S. 21, die Lage auch bei kleinen, nichtbörsennotierten Aktiengesellschaften darstellen, in denen die Aktionärsstruktur meist nicht so zersplittert sein dürfte wie in einer Publikums-AG, so dass die 1%-Schwelle regelmäßig ohne Schwierigkeiten von allen erreicht werden kann. 285 Regierungsbegründung UMAG, S. 21; siehe hierzu auch Koch, ZGR 2006, 769, 772. 286 Spindler, NZG 2005, 865, 866 sieht in dem Klagezulassungsverfahren wohl einen der Hauptanwendungsbereiche des Aktionärsforums. Kritisch zur Einbeziehung des Klagezulassungsverfahrens in den Anwendungsbereich des § 127a AktG dagegen BDI u. a., Gemeinsame Stellungnahme zum UMAG-RefE, S. 12, da mit dem Aktionärsforum eine „Verwässerung“ der ohnehin niedrigen Schwellenwerte verbunden sei, ähnlich auch Linnerz, NZG 2004, 307, 309, der befürchtete, durch Reduzierung des Quorums und Einführung des Aktionärsforums würden sich missbräuchliche Klagen häufen. 287 Siehe hierzu bereits Kapitel 2 A. 288 Kiethe, ZIP 2003, 707, 709, 713.

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AGs“, d.h. nicht börsennotierten Aktiengesellschaften, zu einer Welle von Zulassungsverfahren führen,289 scheinen sich damit in der Praxis nicht bewahrheitet zu haben.290 Derzeit besteht daher de lege ferenda kein Anlass zu einer Heraufsetzung des Schwellenwerts, zumal § 148 AktG insbesondere mit den strengen Anforderungen des § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1–4 AktG, durch die Kostenregelung des § 148 Abs. 6 AktG und durch die Vorschriften der Bekanntmachung der Verfahrensbeendigung weitere Schutzmechanismen zur Verhinderung von Rechtsmissbrauch bereitstellt.291 Zwar kann bei einem Schwellenwert von 1% des Grundkapitals oder einem anteiligen Betrag von 100.000 EUR wohl kaum von einer „unternehmerischen Beteiligung“ i. e. S. gesprochen werden.292 Eine Beteiligung von unternehmerischem bzw. wirtschaftlichem Gewicht stellt dieses Quorum jedoch dar.293 Der Gesetzgeber hat damit auch hier bei der Bestimmung des Schwellenwerts einen Mittelweg gewählt.294 Streubesitzaktionäre in Publikumsgesellschaften sind damit nicht von vornherein faktisch „chancenlos“, ein Aktionärsklageverfahren anzustrengen. Andererseits wird eine gewisse „Seriositätsschwelle“ geschaffen.295 Auf der anderen Seite erscheint eine weitere Herabsetzung des Beteiligungsquorums de lege ferenda ebenfalls nicht wünschenswert. Zieht man die empirische Studie von Baums/Keinath/Gajek296 zu den nicht an einen bestimmten Anteilsbesitz gebundenen Anfechtungsklagen heran, so fällt auf, dass diese vor 289 Vgl. hierzu nur Hüffer, AktG, § 148 Rn. 3, insbesondere zu der Situation bei nicht börsennotierten Gesellschaften; siehe generell zur Aktiengesellschaft auch Linnerz, NZG 2004, 307, 309, alle noch vor dem Hintergrund des Abstellens auf den Börsenwert. 290 Die Bundesregierung hatte noch vor dem Hintergrund des Abstellens auf den Börsenwert seinerzeit angekündigt, zwei Jahre nach In-Kraft-Treten des UMAG eine Bewertung vorzunehmen, ob es wider Erwarten zu Missbräuchen (auch bei der Sonderprüfung) gekommen sei, und gegebenenfalls eine Neuregelung vorzuschlagen; vgl. Regierungsentwurf UMAG, S. 20. Ein solcher Vorschlag ist, soweit ersichtlich, bislang nicht erfolgt. 291 Ähnlich auch Winnen, Innenhaftung, S. 334 f., m.w. N. 292 Eine solche wird gemeinhin bei einer Beteiligung von 5% am Grundkapital angenommen; vgl. bereits Kapitel 1 B. V. 6.; sowie Seibt, WM 2004, 2137, 2139, 2143; vgl. auch K. Schmidt, NZG 2005, 796, 798. 293 Regierungsbegründung UMAG, S. 21; Fleischer, NJW 2005, 3525, 3530, m.w. N., sieht in der Festsetzung dieses Schwellenwerts „einen wichtigen Fingerzeig, wo nach Auffassung des Gesetzgebers die Grenze zwischen Aktionären mit unternehmerischem Interesse und solchen mit vorrangiger Anlageorientierung verläuft“. 294 Baums, 63. DJT, O 204; K. Schmidt, 63 DJT, O 205, ders., NZG 2005, 796, 799 spricht von einem „rechtspolitischen Kompromiss“. Auch hier kommt die von K. Schmidt, NZG 2005, 796, 798 beschriebene „Kompromissaufgabe des Verfolgungsrechts“ zum Tragen; siehe hierzu bereits in Kap. 1, Fn. 106. 295 Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 331; ders., AcP 202 (2002), 143, 166; Koch, ZGR 2006, 769, 772; K. Schmidt, 63. DJT, O 205. 296 Baums/Keinath/Gajek, ZIP 2007, 1629 ff., 1647.

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allem von Klägern erhoben wurden, die nur eine oder wenige Aktien besitzen. Die Baums-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die untersuchten Anfechtungsklagen von zumeist sogenannten Berufsklägern297 erhoben wurden, die zwischen einer Aktie und 20.000 Aktien hielten, bzw. einen repräsentierten Aktienwert von minimal 3,96 EUR bis zu maximal 143.460 EUR, wobei der letztere Aktienwert von einem nicht zu den sogenannten Berufsklägern zu rechnenden Kläger gehalten wurde.298 Berufskläger sollten jedenfalls von der gerichtlichen Geltendmachung von Ersatzansprüchen, die der Gesellschaft gegen ihre Organmitglieder zustehen, also einer Geltendmachung fremder Ansprüche in Prozessstandschaft, weitgehend ausgeschlossen bleiben. Nach den bisherigen Erfahrungen mit Berufsklägern bei den Anfechtungsklagen sollte es jedenfalls bei einem Schwellenwert verbleiben, der diese möglichst weitgehend ausschließt und zudem ein gewisses unternehmerisches Gewicht repräsentiert.299 Nach einer weiteren Absenkung des Schwellenwerts wäre zu befürchten, dass dieser Zweck nicht mehr erreicht werden könnte. cc) Differenzierung zwischen börsennotierten und nicht börsennotierten Gesellschaften Teilweise wurde im Zuge der UMAG-Reform eine Differenzierung zwischen börsennotierten und nicht börsennotierten Gesellschaften vorgeschlagen. Einerseits wurde angeregt, eine satzungsmäßige Öffnungsklausel einzuführen, die den Satzungsgeber ermächtigt, insbesondere für nicht börsennotierte Gesellschaften niedrigere Quoren für das Betreiben des Klagezulassungsverfahrens einzuführen.300 Ob von einer solchen Ermächtigung Gebrauch gemacht worden wäre, kann dahinstehen, denn der Gesetzgeber hat diesen Vorschlag nicht umgesetzt. De lege ferenda ist auch kein rechtspolitisches Bedürfnis hierfür ersichtlich. Andererseits wird teilweise für nicht börsennotierte Gesellschaften ein höheres Quorum gefordert, etwa von 5% des anteiligen Grundkapitals ohne Möglichkeit eines absoluten Quorums.301 Argumentiert wird unter anderem damit, dass insbesondere bei nicht börsennotierten Aktiengesellschaften der Schwellenwert von einer Vielzahl von Aktionären erreicht werden könne. Daher wurde eine Welle 297 Siehe zur Definition und Qualifizierung als „Berufskläger“ bei Anfechtungsklagen auch Baums/Keinath/Gajek, ZIP 2007, 1629 ff., 1636 ff.; vgl. auch Hess/Leser, in: FS Schneider, S. 519 ff. (siehe auch Fn. 5 m.w. N.). 298 Baums/Keinath/Gajek, ZIP 2007, 1629 ff., 1647. 299 So auch Roth, NZG 2012, 881, 887, der sich gegen die von Habersack, Gutachten E 94 f. vorgeschlagene Individualklagebefugnis mit dem Argument wendet, dass sich diese Einzelklagemöglichkeit als neues Betätigungsfeld für Berufskläger erweisen könnte. 300 Seibt, WM 2004, 2137, 2143. 301 Vgl. nur zur Kritik bei nicht börsennotierten Gesellschaften Hüffer, AktG, § 148 Rn. 3, m.w. N.

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von Zulassungsverfahren befürchtet.302 Zwar hatte der Gesetzgeber bei Bestimmung des Schwellenwerts wohl in erster Linie börsennotierte Gesellschaften im Blick, deren Aktionärsstruktur (zumindest hinsichtlich des free floats) zersplittert ist und die von fehlenden Kommunikationsmöglichkeiten geprägt sind.303 Dennoch erscheint eine Differenzierung zumindest zum jetzigen Zeitpunkt nicht gerechtfertigt. Auch wenn in nicht börsennotierten Gesellschaften oftmals ein niedrigeres Grundkapital vorhanden ist und die Aktionäre über eine höhere durchschnittliche Beteiligungsquote verfügen als in börsennotierten Gesellschaften, kann auch in nicht börsennotierten Gesellschaften, etwa nach einem Delisting, eine Situation entstehen, die mit der einer börsennotierten Gesellschaft vergleichbar ist. Im Interesse effektiver Durchsetzungsmöglichkeiten sollte daher an dem derzeitigen Quorum zunächst festgehalten werden. Sollten sich Hinweise auf Missbräuche oder auf eine verstärkte Einleitung von Zulassungsverfahren ergeben, könnte man de lege ferenda an eine Verschärfung der Schwellenwerte für nicht börsennotierte Gesellschaften denken. Der Gesetzgeber sollte bei der anstehenden Überprüfung, ob es zu Missbräuchen gekommen ist,304 diesen Aspekt besonders im Auge behalten. c) Zeitpunkt und Dauer des Quorums Aktionäre, deren Anteile im Zeitpunkt der Antragstellung zusammen den eingangs genannten Schwellenwert erreichen, können unter den in § 148 AktG näher bestimmten Voraussetzungen die Klagezulassung beantragen (§ 148 Abs. 1 S. 1 AktG). Nach dem Wortlaut des § 148 Abs. 1 S. 1 AktG muss das Quorum im Zeitpunkt der Antragstellung erreicht werden.305 Die herrschende Meinung in der Literatur schließt daraus, dass das Quorum nicht über diesen Zeitpunkt hinaus während des Klagezulassungsverfahrens oder des anschließenden Klageverfahrens fortdauern müsse.306 302 Vgl. hierzu nur Hüffer, AktG, § 148 Rn. 3, insbesondere zu der Situation bei nicht börsennotierten Gesellschaften; siehe generell zur Aktiengesellschaft auch Linnerz, NZG 2004, 307, 309, alle noch vor dem Hintergrund des Abstellens auf den Börsenwert. 303 Regierungsbegründung UMAG, S. 15; siehe hierzu bereits Kapitel 2 A. 304 Vgl. Regierungsbegründung UMAG, S. 20. 305 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 11. 306 Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 50; Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 11; Bürgers/Körber-Holzborn/Jänig, AktG, § 148 Rn. 3; Hüffer, AktG, § 148 Rn. 4, 16; Schröer, ZIP 2005, 2081, 2083, 2087; Seibt, WM 2004, 2137, 2142; Winnen, Innenhaftung, S. 322; Lönner, actio pro socio, S. 181; vgl. auch LG München I, BeckRS 2009, 09412 (HVB/UniCredito zum squeeze out); AK-Lochner, AktG, § 148 Rn. 8, m.w. N., der das Rechtsschutzbedürfnis allerdings dann verneint, wenn sämtliche der Aktionärsminderheit angehörende Aktionäre ihren gesamten Aktienbestand veräußern; ähnlich auch Rahlmeyer, Vorstandshaftung, S. 109; a. A. dagegen noch die Vorauflage, AK-Lochner, AktG, 2. Aufl., § 148 Rn. 8, der (unter Berufung auf MüKo-Schröer,

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Die Zulässigkeit des Klagezulassungsantrags wird damit nach dieser überzeugenden Ansicht weder durch ein Unterschreiten des Quorums nach einer Veräußerung von Aktien, noch durch die Antragsrücknahme einzelner Streitgenossen tangiert.307 Nach anderer Ansicht muss das Quorum dagegen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Klagezulassungsverfahrens vorliegen,308 und teilweise wird sogar vertreten, dass das Quorum auch noch während des anschließenden Klageverfahrens309 gegeben sein müsse. Diese Frage dürfte in der Praxis nicht unerhebliche Auswirkungen haben. Ist die Antragsbefugnis an die Aktieninhaberschaft während des gesamten Klagezulassungsverfahrens gekoppelt und hat ein Absinken des Quorums die Abweisung des Antrags mit der Kostenfolge des § 148 Abs. 6 S. 1 AktG zur Folge, so dürfte dies zu einer Abnahme der Bereitschaft, ein Klagezulassungsverfahren einzuleiten,310 führen. Es ist nicht auszuschließen, dass die Durchführung eines Klagezulassungsverfahrens zu einem erheblichen Echo in den Medien und der Öffentlichkeit führt und der Börsenkurs bei börsennotierten Gesellschaften erheblichen Schwankungen unterliegt.311 Minderheitsaktionäre werden es sich vor dem Hintergrund, an ihrem Aktienbesitz auf unbestimmte Zeit festgehalten zu werden,312 oder die Antragsabweisung mit der Kostenfolge des § 148 Abs. 6 S. 1 AktG zu riskieren, gut überlegen, ob sie die Klagezulassung beantragen. Folgte man dieser Ansicht, wäre die Intention des AktG, § 147 Rn. 61; GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 68 (zu § 147 Abs. 3 AktG 1998)) einen Erhalt des notwendigen Quorums bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klagezulassung verlangte; a. A. auch DAV-Stellungnahme zum RefE UMAG, NZG 2004, 555, 560; GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 103, 173 ff., 228, 238 ff.; dies., in: FS K. Schmidt, S. 105, 112 f.; einschränkend auch Ziemons, in: Handbuch der AG, Rz. I 11.234, die verlangt, dass jeder quorumsrelevante Aktionär während des gesamten Verfahrens zumindest eine Aktie behält. 307 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 11, 41, Winnen, Innenhaftung, S. 322 ff., jeweils m.w. N.; einschränkend dagegen für eine spätere Klageerhebung der sich zu einer Innengesellschaft zusammengeschlossenen Aktionäre wohl Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 131. 308 GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 173 ff., 228; dies., in: FS K. Schmidt, S. 105, 112 f.; DAV-Stellungnahme zum RefE UMAG, NZG 2004, 555, 560. 309 So Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 336; Krieger, ZHR 163 (1999), 343, 349; für den Zeitpunkt der Klageerhebung und differenzierend für den Fall der Veräußerung im Klageverfahren GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 228, 238 ff.; dies., in: FS K. Schmidt, S. 105, 112 f. 310 So wohl auch Banerjea, Gesellschafterklage, S. 216, für das spätere Klageverfahren; So auch Kakies, Schutz der Minderheitsaktionäre, S. 120, für die Beantragung der gerichtlichen Bestellung von Sonderprüfern gemäß § 315 AktG. 311 Linnerz, NZG 2004, 307, 310; so auch Kakies, Schutz der Minderheitsaktionäre, S. 120, für die Beantragung der gerichtlichen Bestellung von Sonderprüfern gemäß § 315 AktG. 312 Vgl. Banerjea, Gesellschafterklage, S. 216; Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 336 (Fn. 177) plädiert für einen Erstattungsanspruch der übrigen Kläger gegen den „Aussteiger“ hinsichtlich der diese nach § 100 Abs. 1 und 2 ZPO anteilig treffenden Kostenlast, wenn dieser sich nicht auf Unzumutbarkeit der Weiterführung der Klage berufen könne.

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Gesetzgebers, die Durchsetzungsmöglichkeiten von Ersatzansprüchen zu erleichtern, wesentlich beeinträchtigt. Eine andere Frage ist, ob und inwieweit ehemalige Aktionäre, die ihre sämtlichen Aktien veräußert haben, weiter am Klagezulassungsverfahren bzw. am späteren Klageverfahren teilnehmen dürfen.313 aa) Absinken des Quorums durch Verkauf oder Antrags-/Klagerücknahme Bereits der Wortlaut des § 148 Abs. 1 S. 1 AktG („Aktionäre, deren Anteile im Zeitpunkt der Antragstellung (. . .)“)314 spricht dafür, dass das Quorum nur zum Zeitpunkt der Antragstellung vorliegen muss.315 Auch der systematische Vergleich mit der Regelung des § 142 Abs. 2 S. 2 AktG, der für den Antrag einer Aktionärsminderheit auf gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern unter anderem vorsieht, dass die Antragsteller nachweisen müssen, dass sie die Aktien bis zur Entscheidung über den Antrag halten, spricht für dieses Verständnis. Aus dem Fehlen einer solchen Regelung für das Klagezulassungsverfahren nach § 148 AktG lässt sich der Umkehrschluss ziehen, dass für das Klagezulassungsverfahren ein Halten der quorumsrelevanten Aktien über den Zeitpunkt der Antragstellung hinaus nicht erforderlich ist.316 Aus historischer Sicht bietet sich dagegen ein gemischtes Bild. Für die Regelung des § 147 Abs. 3 AktG 1998, dem Minderheitsverlangen auf gerichtliche Bestellung eines besonderen Vertreters zur Geltendmachung der Ersatzansprüche, wurde überwiegend vertreten, dass das Quorum über die Antragstellung hinaus bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag fortbestehen müsse; anderenfalls würde die Antragsberechtigung der Aktionärsminderheit entfallen.317 Begründet wurde dies damit, dass rechtsmissbräuchliche Anträge von Aktionären, die kurzfristig und ausschließlich zur Antragstellung Aktien erworben haben, erschwert werden sollten.318 Im Zuge der UMAG-Reform wurde die Frage des entsprechenden Zeitraums des Vorhandenseins des Quorums zwar diskutiert. Eine Klarstellung durch den Gesetzgeber ist jedoch, anders als bei § 142 Abs. 2 S. 1 AktG, unterblieben. Außerdem wurde diskutiert, ein Hinterlegungserfordernis bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Ersatzansprüche im 313 Anders – und kritisch – dagegen Seibt, WM 2004, 2137, 2142, der generell davon ausgeht, dass die Prozessführungsbefugnis der Antragsteller durch eine Veräußerung des Anteilsbesitzes nicht berührt werde, und eine diesbezügliche Beschränkung dem legislatorischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers überlassen will. 314 Hervorhebungen durch die Verfasserin. 315 Siehe auch die Nachweise in Kap. 2, Fn. 306. 316 So auch Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 11; Winnen, Innenhaftung, S. 323. 317 GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 68; ihm folgend MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 61. 318 GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 68; MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 61.

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Klageverfahren einzuführen.319 Dieser Vorschlag wurde jedoch nicht umgesetzt, woraus sich ebenfalls der Schluss ziehen lässt, dass der Gesetzgeber außer dem „Stichtag“ der Antragstellung keine weiteren Erfordernisse in Bezug auf die quorumsrelevanten Aktien mehr vorsehen wollte.320 Letztlich gebietet auch der Sinn und Zweck der Vorschrift keine Ausdehnung des Erfordernisses des Vorliegens des Quorums über den Zeitpunkt der Antragstellung hinaus. Dem von Bezzenberger321 angeführten Argument, dass rechtsmissbräuchliche Anträge von Aktionären, die ausschließlich zur Antragstellung Aktien erwerben, erschwert werden müssten, wird bereits durch das Vorerwerbserfordernis des § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG322 Rechnung getragen.323 Zweck des in § 148 Abs. 1 S. 1 AktG enthaltenen Quorums ist dagegen vorrangig, eine gewisse „Seriositätsschwelle“ einzuführen.324 Auch die vom Handelsrechtsausschuss des DAV325 vertretene Ansicht, den Schwellenwert in Analogie zu § 122 AktG durchgängig bis zum Ende des Klagezulassungsverfahrens zu fordern, überzeugt mangels Vergleichbarkeit der Fälle nicht. Während eine extra einberufene Hauptversammlung unter Umständen wenig Sinn machen mag, wenn der Initiator nach seinem Verlangen seine Aktien veräußert und infolgedessen an der Hauptversammlung nicht mehr teilnimmt326, liegt der Fall bei dem Klagezulassungsverfahren des § 148 AktG anders. Gegenstand des Klagezulassungs- und späteren Klageverfahrens sind nicht eigene Ansprüche der Aktionäre, sondern Ersatzansprüche der Gesellschaft gegen ihre Organmitglieder. Die Verfolgung dieser Ersatzansprüche verliert ihren Sinn jedoch nicht dadurch, dass die Initiatoren des Klagezulassungsverfahrens am Grundkapital der Gesellschaft nicht mehr beteiligt sind.327 Außerdem rechtfertigt das Rechtsschutzinteresse der verbleibenden antragstellenden Aktionäre den Fortbestand der Antrags- bzw. Klagebefugnis.328 319 Vgl. unter anderem den Regelungsvorschlag von Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 341, sowie die Kritik bei Baums, Gutachten F 260 f. 320 So auch Winnen, Innenhaftung, S. 324. 321 GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 68. 322 Siehe hierzu noch Kapitel 2 D. III. 6. 323 Schröer, ZIP 2005, 2081, 2083; Winnen, Innenhaftung, S. 324; vgl. auch Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 50. 324 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 11; Schröer, ZIP 2005, 2081, 2084; zum Zweck des Quorums siehe Regierungsbegründung UMAG, S. 15, 21. Siehe auch bereits die Nachweise in Kap. 2, Fn. 295. 325 DAV-Stellungnahme zum RefE UMAG, NZG 2004, 555, 560. 326 Beispiel bei MüKo-Kubis, AktG, § 122 Rn. 7. 327 So bereits Schröer, ZIP 2005, 2081, 2084, der jedoch zu Recht auf die Gefahr hinweist, die Antragsteller, die nicht mehr Aktionäre seien, könnten daraufhin bei ihrer Prozessführung weniger Rücksicht auf die Belange der Gesellschaft nehmen; a. A. wohl Seibt, WM 2004, 2137, 2142. 328 Ähnlich Winnen, Innenhaftung, S. 324.

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Aus alledem folgt, dass die Zulässigkeit des Antrags weder durch ein Herabsinken des Aktienbesitzes nach Antragstellung aufgrund einer Veräußerung von Aktien noch durch die Antragsrücknahme einzelner Streitgenossen berührt wird. Die verbleibenden Aktionäre können daher das Klagezulassungs- und spätere Klageverfahren auch dann weiter betreiben, wenn das Quorum nach der Antragstellung unterschritten wird. bb) Weiterbetreiben des Klagezulassungs- bzw. Klageverfahrens durch ehemalige Aktionäre Eine andere Frage ist, ob einzelne Aktionäre nach der Antragstellung ihren gesamten Anteilsbesitz veräußern und das Klagezulassungs- bzw. spätere Klageverfahren trotzdem weiter betreiben können.329 Dies scheint zunächst im Widerspruch zu dem Grundsatz zu stehen, dass mit der Veräußerung der Aktie die in ihr verkörperten Mitgliedschaftsrechte auf den Erwerber übergehen, da diese Rechte nicht von der Mitgliedschaft abspaltbar sind.330 Hierzu zählt auch das Minderheitsrecht auf Beantragung der Klagezulassung gemäß § 148 Abs. 1 AktG.331 Hieraus könnte zu schließen sein, dass der Veräußerer bei einer Veräußerung neben der Mitgliedschaft auch die Antragsbefugnis (bzw. spätere Klagebefugnis) verliert.332 Dies wäre jedoch dann nicht der Fall, wenn § 265 Abs. 2 ZPO im Klagezulassungsverfahren gemäß § 148 Abs. 1 AktG zumindest entsprechend anwendbar wäre.333 Danach hat die Veräußerung (der im Streit befangenen Sache) auf den Prozess keinen Einfluss (§ 265 Abs. 2 S. 1 ZPO). Der Veräußerer behält trotz des Wegfalls der Sachlegitimation die Prozessführungsbefugnis und macht das Recht im eigenen Namen als gesetzlicher Prozessstandschafter geltend.334 Da die „im Streit befangene Sache“ i. S. v. § 265 Abs. 2 ZPO die Zulassung der gerichtlichen Geltendmachung von Ersatzansprüchen bzw. im späteren Kla329 Hiervon scheint die herrschende Meinung auszugehen; vgl. hierzu nur Spindler/ Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 47 (Aktionärseigenschaft zum Zeitpunkt der Antragstellung), Rn. 50; anders dagegen Lönner, actio pro socio, S. 180 f. 330 Wiesner, in: MünchHdb. AG, § 17 Rn. 3, 9; Mimberg, in: Hdb. börsennotierte AG, § 36 Rn. 17; Kakies, Schutz der Minderheitsaktionäre, S. 120, für die Beantragung der gerichtlichen Bestellung von Sonderprüfern gemäß § 315 AktG. 331 Wiesner, in: MünchHdb. AG, § 18 Rn. 4, § 42 Rn. 32. 332 Diese Frage stellt bereits Kakies, Schutz der Minderheitsaktionäre, S. 119 ff., im Rahmen der Beantragung der gerichtlichen Bestellung von Sonderprüfern gemäß § 315 AktG. 333 Vgl. zur entsprechenden Anwendbarkeit des § 265 ZPO im Rahmen der Beantragung der gerichtlichen Bestellung von Sonderprüfern gemäß § 315 AktG ausführlich Kakies, Schutz der Minderheitsaktionäre, S. 119 ff. 334 Thomas/Putzo-Reichold, ZPO, § 265 Rn. 12; Kakies, Schutz der Minderheitsaktionäre, S. 121.

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geverfahren die Ersatzansprüche der Gesellschaft ist, kommt eine direkte Anwendung der Vorschrift nicht in Betracht. Für die aktienrechtliche Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage wird ganz überwiegend eine entsprechende Anwendbarkeit des § 265 Abs. 2 ZPO vertreten. Nach der herrschenden Ansicht ist die Anwendung des § 265 Abs. 2 ZPO gerechtfertigt, weil das Anfechtungsrecht Ausfluss der Mitgliedschaft ist und damit der Gesellschaftsanteil als streitbefangen i. S. v. § 265 Abs. 2 ZPO angesehen werden kann.335 Diese Argumentation kann auch für die Beantragung der Klagezulassung und die spätere Aktionärsklage herangezogen werden, da diese Rechte ebenfalls Ausfluss der Mitgliedschaft sind.336 Bei einer prozessstandschaftlichen Geltendmachung eines Anspruchs der Gesellschaft spricht wegen der vergleichbaren Interessenlage viel für eine analoge Anwendung des 265 ZPO.337 Allerdings dürfte eine analoge Anwendung des § 265 Abs. 2 AktG ebenso wie bei der Anfechtungsklage voraussetzen, dass der bisherige Antragsteller bzw. Kläger ein rechtliches Interesse an der Fortsetzung des Klagezulassungs- bzw. Klageverfahrens hat,338 da das rechtliche Interesse in diesem Fall nicht mehr an der Gesellschafterstellung festgemacht werden kann.339 Einige Autoren lehnen das rechtliche Interesse ehemaliger Aktionäre an der Fortführung des Klagezulassungs- bzw. Klageverfahrens generell ab.340 Richtigerweise sind jedoch Fälle denkbar, in denen ein solches Interesse fortbestehen kann, etwa dann, wenn Veräußerer und Erwerber die Fortsetzung der Klage vereinbaren,341 oder bei einer 335 Spindler/Stilz-Dörr, AktG, § 245 Rn. 20, Schmidt/Lutter-Schwab, AktG, § 245 Rn. 26, jeweils m.w. N., auch zur abweichenden Ansicht; MüKo-Becker-Eberhard, ZPO, § 265 Rn. 28; BGH, BGHZ 169, 221, 225 ff. (zum squeeze out); BGH, BGHZ 43, 261, 266 ff. (zur GmbH); siehe auch Kakies, Schutz der Minderheitsaktionäre, S. 122 ff., m.w. N. 336 Für eine entsprechende Anwendung des § 265 Abs. 2 ZPO auch LG München I, BeckRS 2009, 09412 (HVB/UniCredito zum squeeze out); im Ergebnis auch Banerjea, Gesellschafterklage, S. 216; Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 336; ablehnend dagegen Rollin, Aktionärsklage, S. 233 f. (unter Berufung auf die mangelnde Verfügungsbefugnis des Prozessstandschafters); ablehnend auch Seibt, WM 2004, 2137, 2142 (ohne Aussage über eine entsprechende Anwendbarkeit); ablehnend auch Lönner, actio pro socio, S. 180 f. 337 Banerjea, Gesellschafterklage, S. 216, m.w. N. 338 Für die Anfechtungsklage Hüffer, AktG, § 245 Rn. 8; MüKo-Hüffer, AktG, § 245 Rn. 27; BGH, BGHZ 169, 221, 225 ff. (zum squeeze out); BGH, BGHZ 43, 261, 268 (zur GmbH); gegen das Erfordernis eines solchen rechtlichen Interesses dagegen Schmidt/Lutter-Schwab, AktG, § 245 Rn. 26, m.w. N. 339 So auch Kakies, Schutz der Minderheitsaktionäre, S. 124 f. (zur gerichtlichen Beantragung der Bestellung von Sonderprüfern gemäß § 315 AktG), m.w. N. Für das Erfordernis eines rechtlichen Interesses auch Baums, Gutachten F 261. 340 Siehe nur AK-Lochner, AktG, § 148 Rn. 8; Lönner, actio pro socio, S. 181; wohl weitergehender Rahlmeyer, Vorstandshaftung, S. 108 f., der das Rechtsschutzbedürfnis dann verneinen will, wenn sämtliche Aktionäre nach erfolgreichem Klagezulassungsverfahren jeweils ihren gesamten Aktienbestand veräußern. 341 Baums, Gutachten F 261; GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 238; BGH, BGHZ 43, 261, 266 ff. (zur GmbH).

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Veräußerung innerhalb eines Konzerns. Zu berücksichtigen ist hierbei außerdem, dass ein Erwerber, der zwar nach allgemeinen Grundsätzen mit der durch die Aktie verkörperten Mitgliedschaft an der Gesellschaft grundsätzlich auch das Recht auf Beantragung der Klagezulassung erwirbt, die Klagezulassung wegen § 148 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AktG regelmäßig nicht mehr beantragen kann, da er die Aktien üblicherweise erst nach Veröffentlichung der behaupteten Pflichtverletzung oder des behaupteten Schadens erwirbt. d) Zusammenschluss mehrerer Aktionäre Schließen sich mehrere Aktionäre zur gemeinsamen Antragstellung zusammen, handelt es sich dabei in aller Regel um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts i. S. v. § 705 BGB342, denn die Aktionäre schließen sich zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks, der Beantragung der Klagezulassung und anschließenden Geltendmachung der Ersatzansprüche der Gesellschaft in gesetzlicher Prozessstandschaft, zusammen.343 Prozessuale Bedeutung kommt hierbei der Frage zu, ob diese GbR eine reine Innengesellschaft oder eine rechts- und parteifähige Außengesellschaft344 ist. Entscheidend für die Abgrenzung ist, ob die GbR als solche am Rechtsverkehr teilnimmt.345 In aller Regel wird es sich um eine reine Innengesellschaft handeln, die nur der Koordination der Stellung des gemeinsamen Antrags auf Klagezulassung dient.346 Die Aktionäre machen im späteren Klageverfahren die Ersatzansprüche in eigenem Namen und nicht im Namen der GbR geltend, so dass die GbR nicht nach außen in Erscheinung tritt.347 342

Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts wird nachfolgend auch als „GbR“ bezeich-

net. 343 Regierungsbegründung UMAG, S. 21; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 53; zur Führung eines Prozesses als möglicher Gesellschaftszweck siehe auch MüKo-Ulmer, BGB, § 705 Rn. 144. 344 Der BGH, BGHZ 146, 341 ff., hat in einer Grundsatzentscheidung vom 29. Januar 2001 die bis dahin in der Literatur heftig umstrittene Frage zur Rechts- und Parteifähigkeit der (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts zugunsten der Bejahung der Rechts- und Parteifähigkeit der (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts entschieden; siehe hierzu Staudinger-Habermeier, BGB, Vorbem. 705–740, Rn. 6 ff., mit zahlreichen weiteren Nachweisen. Zur Stellung der Außengesellschaft im Zivilprozess siehe Staudinger-Habermeier, BGB, Vorbem. zu §§ 705–740 Rn. 48 ff. 345 Zur Abgrenzung zwischen Innen- und Außengesellschaft auch MüKo-Ulmer, BGB, § 705 Rn. 253 ff.; 275 ff. 346 So auch Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 53; Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 12; Winnen, Innenhaftung, S. 329 ff., 381 f. 347 Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 53. Zur prozessualen Stellung mehrerer Antragsteller siehe nur GK- Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 166 ff.; Winnen, Innenhaftung, S. 380 ff.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

Eine Außengesellschaft kommt nur dann in Betracht, wenn die GbR als solche am Rechtsverkehr teilnimmt. Da Voraussetzung für die Antragstellung die Aktionärseigenschaft ist, kann dies nur dann der Fall sein, wenn die Aktionäre zur Geltendmachung der Ersatzansprüche ihre Aktien in ein Gesamthandsvermögen einbringen.348 Dies wird in aller Regel nicht der Fall sein, zumal einer Übertragung der Aktien an die GbR oftmals das Erfordernis des Erwerbs vor Veröffentlichung der relevanten Pflichtverletzung bzw. des Schadens gemäß § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG entgegenstehen dürfte.349 5. Nebenintervention Bis zur Zulassung der Klage ist in engen Grenzen auch eine Nebenintervention weiterer Aktionäre möglich.350 Aktionäre, die eine Nebenintervention anstreben, müssen ihrerseits die Vorerwerbsvoraussetzung des § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG nachweisen.351 Nach Zulassung der Klage ist keine Nebenintervention mehr möglich (§ 148 Abs. 4 S. 3 AktG). Andernfalls könnte dadurch das Klagezulassungsverfahren mit seinen Voraussetzungen umgangen werden.352 Der rechtzei-

348 Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 54, m.w. N.; Winnen, Innenhaftung, S. 328 f.; weitergehend GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 169, die auch eine Legitimationsübertragung genügen lassen wollen; a. A. auch Lönner, actio pro socio, S. 170 f., 181. 349 Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 54; Winnen, Innenhaftung, S. 329; anders GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 115, 169, dies., in: FS K. Schmidt, S. 105, 117, die in diesen Fällen nicht auf den Zeitpunkt der Einbringung in die GbR, sondern auf den Zeitpunkt abstellen, in dem die Aktionäre die Aktien erworben haben; für eine teleologische Reduktion des § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG auch Lönner, actio pro socio, S. 170 f. 350 Regierungsbegründung UMAG, S. 21. Dies ergibt sich aus einem Umkehrschluss zu § 148 Abs. 4 S. 3 AktG, wonach eine Nebenintervention durch Aktionäre nach Zulassung der Klage nicht mehr möglich ist; siehe hierzu auch Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 8; GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 187 f.; AK-Lochner, AktG, § 148 Rn. 31; Lönner, actio pro socio, S. 176 ff.; a. A. dagegen Winnen, Innenhaftung, S. 409 ff., Backhaus, Beteiligung Dritter, S. 142 ff., die jeweils ein rechtliches Interesse i. S. v. § 66 ZPO verneinen. Kritisch zum Ausschluss der Nebenintervention im anschließenden Klageverfahren unter anderem Weber, Aktionärsklage, S. 244 f.; zustimmend dagegen AK-Lochner, AktG, § 148 Rn. 31. 351 Regierungsbegründung UMAG, S. 23; Hüffer, AktG, § 148 Rn. 18; a. A. dagegen GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 188. Zu den weiteren Voraussetzungen der Nebenintervention siehe Zöller-Vollkommer, ZPO, § 66 Rn. 1 ff. 352 § 148 Abs. 4 S. 3 AktG; vgl. auch Regierungsbegründung UMAG, S. 23; Aus dieser Zielrichtung folgt zugleich, dass es nicht auf die Rechtskraft der Zulassungsentscheidung, sondern auf den Zeitpunkt der Verkündung bzw. Zustellung ankommt; Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 8. Mit anderer Begründung im Ergebnis auch AK-Lochner, AktG, § 148 Rn. 31, der den Ausschluss der Nebenintervention für Aktionäre, die sich nicht schon im Klagezulassungsverfahren für die Gesellschaft engagiert hätten, mit mangelndem schutzwürdigem Interesse an einer späteren Nebenintervention begründet.

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tige Beitritt als Nebenintervenient zum Klagezulassungsverfahren berechtigt zur Nebenintervention im anschließenden Klageverfahren.353 6. Nachweis des Aktienerwerbs, § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG Als erste Klagezulassungsvoraussetzung müssen die antragstellenden Aktionäre nachweisen, dass sie die Aktien vor dem Zeitpunkt erworben haben, in dem sie, oder im Falle der Gesamtrechtsnachfolge, ihre Rechtsvorgänger auf Grund einer Veröffentlichung von den behaupteten Pflichtverstößen oder dem behaupteten Schaden Kenntnis erlangen mussten (§ 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG). a) Aktienerwerb vor Kenntnismöglichkeit Jeder einzelne quorumsrelevante Aktionär354 muss die Aktien vor dem Zeitpunkt erworben haben, in dem die behaupteten Pflichtverstöße oder der behauptete Schaden355 veröffentlicht worden sind und ihm deshalb bekannt sein mussten. Durch dieses Vorbesitzerfordernis soll verhindert werden, dass Aktien nur kurzfristig missbräuchlich dazu erworben werden, eine bereits bekannte Pflichtverletzung gerichtlich geltend zu machen.356

353 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 8; GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 235; a. A. Backhaus, Beteiligung Dritter, S. 142 ff. 354 Um dem Zweck des § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG, Missbräuche zu unterbinden, gerecht zu werden, ist dabei auf diejenigen Aktien, die zur Erreichung des Quorums erforderlich sind, abzustellen; siehe nur Schröer, ZIP 2005, 2081, 2084; Bürgers/ Körber-Holzborn/Jänig, AktG, § 148 Rn. 4; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 60; Winnen, Innenhaftung, S. 336. A. A. wohl Harzer, Aktionärsklagerechte, S. 136 f. Unentschieden dagegen Weiss/Buchner, WM 2005, 162, 168. Ist das Quorum der Aktionärsminderheit auch ohne den entsprechenden Aktionär erreicht, bleibt der Klagezulassungsantrag zulässig; mit Spindler, NZG 2005, 865, 866, wird dann allerdings zu fordern sein, dass der betroffene Aktionär in diesem Fall aus der antragstellenden Aktionärsminderheit ausscheiden muss, denn das Gesetz will unter anderem mit dem Erfordernis des Erwerbs vor Kenntnismöglichkeit einen Einfluss des entsprechenden Aktionärs auf die antragstellende Aktionärsminderheit ausschließen. 355 § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG, in der Fassung des Regierungsentwurfs zum UMAG, Regierungsbegründung UMAG, S. 7, stellte dagegen ausschließlich auf den Aktienerwerb vor Kenntnis (-möglichkeit) des behaupteten Pflichtverstoßes ab; erst durch die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (Beschlussempfehlung Rechtsausschuss zum UMAG, S. 14, 33) wurde die weitere Erstreckung auf Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis des behaupteten Schadens in das Gesetz aufgenommen: „Mit dieser Einschränkung soll(te) verhindert werden, dass Kläger Aktien erst nach Bekanntwerden eines Schadens aufkaufen in der Erwartung, dass man da, wo ein Schaden ist, auch ein Fehlverhalten finden werde“. 356 Regierungsbegründung UMAG, S. 21; Koch, ZGR 2006, 269, 773; Fleischer, NJW 2005, 3525 f.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

b) Gesamtrechtsnachfolge Für den Fall der Gesamtrechtsnachfolge, d.h. eines Vermögensübergangs des gesamten Vermögens „als Ganzes“,357 ist auf den jeweiligen Rechtsvorgänger abzustellen.358 Die Aktionäre müssen dann nachweisen, dass sie die Aktien durch Gesamtrechtsnachfolge erworben haben und dass ihr jeweiliger Rechtsvorgänger die Aktien vor dem Zeitpunkt erworben hatte, in dem er auf Grund einer Veröffentlichung von den behaupteten Pflichtverstößen oder dem behaupteten Schaden Kenntnis erlangen musste (§ 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG). c) Veröffentlichung Eine Veröffentlichung i. S. v. § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG ist laut der Gesetzesbegründung zum UMAG z. B. eine Veröffentlichung in den Breitenmedien Rundfunk und Fernsehen, der Wirtschaftspresse oder weit verbreiteten Online-Diensten.359 Die bloße Veröffentlichung auf der Internetseite der Gesellschaft dürfte dagegen für das Kennenmüssen nicht ausreichend sein. Von einem durchschnittlichen Aktionär kann nämlich regelmäßig nicht erwartet werden, vor jedem Aktienerwerb die Homepage der betreffenden Gesellschaft aufzurufen.360 d) Kennenmüssen Ist eine solche Veröffentlichung erfolgt, müssen die das Klagezulassungsverfahren anstrengenden Aktionäre nachweisen, dass sie die Aktien schon vor dem 357 Fälle der Gesamtrechtsnachfolge sind die Erbfolge nach § 1922 BGB, die Verschmelzung gemäß § 20 UWG, die Spaltung gemäß § 131 UmwG und die Anwachsung gemäß § 140 HGB. 358 GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 114 wollen darüber hinaus die Vorschrift des § 70 AktG, die die Zurechnung bestimmter Vorbesitzzeiten regelt, auf das Klagezulassungsverfahren anwenden; so auch Schmidt/Lutter-Bezzenberger, AktG, § 70 Rn. 2. Ob Übereignungsansprüche i. S. v. § 70 S. 1 AktG dem Eigentum auch bei § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG gleichstehen, ist fraglich; vgl. auch Spindler/Stilz-Cahn, AktG, § 70 Rn. 2, 5. Keinesfalls können jedoch die Fallgruppen des § 70 S. 2 AktG, die neben der Gesamtrechtsnachfolge auch den unentgeltlichen Erwerb, die Treuhand, Auseinandersetzung und Bestandsübertragung als Zurechnungsfälle bestimmen, auf das Klagezulassungsverfahren angewendet werden. § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG knüpft nämlich nicht, wie von § 70 AktG vorausgesetzt, an eine Mindestbesitzzeit an, sondern regelt einen klaren Zeitpunkt, vor dem die Aktionäre die Aktien erworben haben müssen, und läßt nur für die Gesamtrechtsnachfolge ein Abstellen auf die Rechtsvorgänger zu; vgl. hierzu auch Spindler/Stilz-Cahn, AktG, § 70 Rn. 2. Gegen eine Anwendbarkeit auf § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG auch Hüffer, AktG, § 70 Rn. 5; gegen eine analoge Anwendung auch Bürgers/Körber-Wieneke, AktG, § 70 Rn. 1. 359 Regierungsbegründung UMAG, S. 21. Zur Frage des „Kennenmüssens“, ausländischer Investoren von inländischen Veröffentlichungen siehe Spindler, NZG 2005, 865 f. Einschränkend auf Veröffentlichungen der Gesellschaft dagegen Hüffer, AktG, § 148 Rn. 5. 360 Schröer, ZIP 2005, 2081, 2084.

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frühesten Veröffentlichungszeitpunkt hielten, oder vortragen und beweisen, dass sie trotz Veröffentlichung keine Kenntnis erlangen konnten.361 „Kennen müssen“ in diesem Sinne liegt bereits vor, wenn die Aktionäre fahrlässigerweise trotz einer entsprechenden Veröffentlichung von dem behaupteten Pflichtverstoß oder dem behaupteten Schaden nicht Kenntnis genommen haben.362 Hierbei ist nach allgemeinen Fahrlässigkeitskriterien die objektive im Verkehr erforderliche Sorgfalt i. S. v. § 276 Abs. 2 BGB maßgeblich.363 Entscheidend ist daher der Standard eines durchschnittlichen, verständigen Aktionärs.364 Maßgeblich ist daher nicht, ob die von den antragstellenden Aktionären bezogenen Zeitungen oder aufgerufenen Internetseiten über die Pflichtverletzung oder den Schaden berichtet haben oder die Aktionäre abwesenheitsbedingt hiervon keine Kenntnis nehmen konnten, sondern ob überhaupt in einem Breitenmedium – für einen durchschnittlichen und verständigen Aktionär hinreichend erkennbar – berichtet wurde.365 e) Nachweis Anders als noch im Referentenentwurf des UMAG vorgesehen, der eine Glaubhaftmachung durch Urkunden ausreichen ließ, fordert § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG den Nachweis des Aktienerwerbs vor Veröffentlichung. Unstreitig obliegt damit bereits nach dem Gesetzeswortlaut die diesbezügliche Darlegungsund Beweislast den antragstellenden Aktionären.366 Um langwierige Beweisaufnahmen zu vermeiden, kann der Nachweis z. B. durch Depotauszüge oder durch Kaufunterlagen erbracht werden.367 Zumindest bei einer längeren Zeitspanne zwischen dem Erwerb der Aktien und der Veröffentlichung der behaupteten Pflichtverstöße oder des Schadens ist zudem eine Reihe von Depotauszügen zu

361 Regierungsbegründung UMAG, S. 21; Weiss/Buchner, WM 2005, 162, 168; Spindler, NZG 2005, 865 f. 362 Vgl. § 122 Abs. 2 BGB: „(. . .) oder infolge von Fahrlässigkeit nicht kannte (kennen musste)“. Diese Legaldefinition des „kennen müssens“ ist auf das gesamte deutsche Privatrecht anwendbar; vgl. hierzu Palandt-Ellenberger, BGB, § 122 Rn. 5. Ausreichend ist dabei jede Art von Fahrlässigkeit. 363 Zu Begriff, Arten und Maßstab der Fahrlässigkeit siehe Palandt-Grüneberg, BGB, § 276 Rn. 12 ff. 364 Schröer, ZIP 2005, 2081, 2084; Spindler, NZG 2005, 865 f.; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 58; Winnen, Innenhaftung, S. 338; a. A. GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 111, die zwischen „gewöhnliche(n) Depotaktionäre(n)“ und „mitunternehmerisch engagierte(n) Großaktionäre(n) und professionelle(n) Finanzinvestoren“ differenzieren; a. A. auch Bürgers/Körber-Holzborn/Jänig, AktG, § 148 Rn. 4. 365 Schröer, ZIP 2005, 2081, 2084; AK-Lochner, AktG, § 148 Rn. 6; a. A. wohl Weiss/Buchner, WM 2005, 162, 168. Kritisch wohl Happ, in: FS Westermann, S. 971, 982. 366 Hüffer, AktG, § 148 Rn. 5; Bürgers/Körber-Holzborn/Jänig, AktG, § 148 Rn. 4. 367 Regierungsbegründung UMAG, S. 21; Schütz, NZG 2005, 5, 7; Schröer, ZIP 2005, 2081, 2084.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

verlangen, aus denen sich auch das Halten der quorumsrelevanten Aktien ergibt.368 Die Gesetzesbegründung zum UMAG nimmt hinsichtlich des Kennenmüssens der Veröffentlichung offensichtlich eine Pflicht der Antragsgegner an, den frühesten Veröffentlichungszeitpunkt in den Prozess einzuführen369 und gegebenenfalls zu beweisen, dass sie diese Information trotz Veröffentlichung nicht kennen mussten.370 f) Stellungnahme und Vorschläge de lege ferenda An dem Vorbesitzerfordernis ist grundsätzlich festzuhalten, um zu verhindern, dass Aktionäre nach einer Veröffentlichung börslich oder außerbörslich (weitere) Aktien erwerben, um – in Mißbrauchsabsicht – ein Klagezulassungsverfahren durchzuführen.371 In diesem Zusammenhang besteht jedoch in den nachfolgenden Punkten noch Klärungsbedarf. aa) Sorgfaltsanforderungen Der Gesetzgeber stellt mit dem Vorbesitzerfordernis, in dem ein bloßes „Kennenmüssen“ der behaupteten Pflichtverstöße oder des behaupteten Schadens die Möglichkeit ausschließt, später ein Klagezulassungsverfahren in Gang zu setzen, hohe Anforderungen an die von Aktionären in eigenen Angelegenheiten anzuwendende Sorgfalt.372 So kann z. B. ein Aktionär, der im Urlaub nicht die Berichterstattung in den Medien verfolgt, sondern im allgemein positiven Börsenumfeld eine bestimmte Aktie erwirbt, später kein Klagezulassungsverfahren mehr anstrengen, wenn der behauptete Pflichtverstoß oder Schaden zum Kaufzeitpunkt bereits veröffentlicht war.373 Wenn der Gesetzgeber nur den „sorgfältigen und stets informierten Aktionär“ 374 im Fokus hat, kommt darin wieder die in der Gesetzesbegründung zum UMAG375 aufgezeigte Unterscheidung zwischen „langfristig unternehmerisch beteiligten Aktionären“ und „Anlegeraktionären“ zum Ausdruck.376 Von (langfristig) unternehmerisch orientierten Aktionären, die der 368 Schröer, ZIP 2005, 2081, 2084; i. Erg. auch Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 19. 369 Regierungsbegründung UMAG, S. 21. 370 Kritisch zur Möglichkeit der Führung eines Gegenbeweises Koch, ZGR 2006, 269, 773 f., m.w. N. 371 Kritisch zum Vorerwerbserfordernis dagegen Schmolke, ZGR 2011, 398, 428, 442. 372 Kritisch insoweit wohl Happ, in: FS Westermann, S. 971, 982. 373 Beispiel bei Happ, in: FS Westermann, S. 971, 982. 374 Happ, in: FS Westermann, S. 971, 982. 375 Regierungsbegründung UMAG, S. 21. 376 Vgl. Happ, in: FS Westermann, S. 982; zur Unterscheidung siehe bereits Kapitel 1 B. V. 6.

D. Gerichtliche Geltendmachung gemäß § 148 AktG

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Gesetzgeber für die Ausübung der Aktionärsrechte zur Durchsetzung von Ersatzansprüchen primär im Blick hat,377 kann ein solcher Sorgfaltsmaßstab jedenfalls erwartet werden. De lege ferenda besteht daher kein Änderungsbedarf. bb) Erstreckung des Kenntniserfordernisses auf den behaupteten Schaden Nach Intervention des Rechtsausschusses im UMAG-Gesetzgebungsverfahren ist die Voraussetzung des Aktienerwerbs vor Kenntnis bzw. Kennenmüssen dahingehend ausgedehnt worden, dass auch die Kenntnis bzw. das Kennenmüssen des behaupteten Schadens das Betreiben eines Klagezulassungsverfahrens verhindert.378 Happ379 sieht hierin eine erhebliche Beschneidung der Aktionärsrechte im Einzelfall: wer in der Zeitung lese, dass die Gesellschaft einen empfindlichen Schaden erlitten habe und nach gefallenem Kurs in der Hoffnung auf steigende Kurse wieder „einsteige“, könne später kein Klagezulassungsverfahren mehr anstrengen. Dies trifft zwar in der Sache zu, ist aber nach Abwägung mit dem eingangs aufgezeigten Erfordernis, einen wirksamen Schutz gegen missbräuchliche Klagen zu gewähren, hinzunehmen. Wie der Rechtsausschuss zutreffend ausgeführt hat, soll mit dieser Einschränkung verhindert werden, dass Kläger Aktien erst nach Bekanntwerden eines Schadens in der Erwartung erwerben, dass man da, wo ein Schaden entstanden ist, auch ein Fehlverhalten finden werde.380 Gerade bei einer signifikanten Schädigung der Gesellschaft wird meist nicht von vornherein auszuschließen sein, dass nicht nur „mangelnde Fortune“ 381 oder eine reine Drittschädigung der Gesellschaft vorliegt, sondern dass der Schaden zumindest auch durch eine Pflichtwidrigkeit von Verwaltungsmitgliedern verursacht wurde.382 Aktionäre, die nach Veröffentlichung eines Schadens der Gesellschaft Aktien in der Erwartung steigender Kurse erwerben, müssen daher das Risiko in Kauf nehmen, kein Klagezulassungsverfahren mehr durchführen zu können, sollten nachträglich noch Pflichtverletzungen durch Organmitglieder bekanntwerden.383 De lege ferenda besteht damit kein Änderungsbedarf.

377

Siehe bereits Kapitel 1 B. V. 6. und Kapitel 2 D. III. 4. b) aa). Vgl. hierzu bereits Kap. 2, Fn. 355. 379 Happ, in: FS Westermann, S. 971, 982. 380 Siehe hierzu bereits Kap. 2, Fn. 355. 381 So Seibert, BB 2005, 1457; zum Haftungsausschluss bei unternehmerischen Entscheidungen und zum Ausschluss der Erfolgshaftung siehe Kapitel 1 C. I. 4. a) bb). 382 Weitergehend wohl Winnen, Innenhaftung, S. 337, der eine „ursachelose Schädigung der Gesellschaft“ ausschließt. 383 So auch Winnen, Innenhaftung, S. 337 mit Hinweis auf die fehlende Schutzwürdigkeit solcher Aktionäre. Kritisch dagegen Happ, in: FS Westermann, S. 971, 982, mit dem Hinweis, dass diese redlichen Aktionäre meistens die Mehrheit darstellen werden. 378

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

cc) Voraussetzung einer Veröffentlichung Das Vorbesitzerfordernis des § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG geht allerdings dann ins Leere, wenn die klagewilligen Aktionäre von den behaupteten Pflichtverstößen oder dem behaupteten Schaden auf andere Weise als durch eine Veröffentlichung, etwa durch eine eigene (frühere) Tätigkeit in der Gesellschaft oder durch eine Information von Mitarbeitern der Gesellschaft, Kenntnis erlangt haben und daraufhin die Aktien zum Zwecke der Klageerhebung erwerben, ohne dass zuvor eine Veröffentlichung erfolgt ist.384 In diesen Fällen greift die Zulassungsschranke des § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG wegen des eindeutigen Wortlauts nicht ein.385 Allerdings ist in diesen Fällen zu prüfen, ob das Klagezulassungsverfahren nicht nach allgemeinen Erwägungen als rechtsmissbräuchlich abzuweisen ist.386 Hierfür obliegt nach allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen allerdings den Antragsgegnern die Darlegungs- und Beweislast für den Rechtsmissbrauch. Dieser dürfte im Einzelfall oftmals schwer zu beweisen sein. Andererseits muss es in dem Fall, in dem noch keine Veröffentlichung erfolgt ist, nach Sinn und Zweck des Vorbesitzerfordernisses, (nur) missbräuchliche Klagen auszuschließen, entgegen dem Wortlaut des § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG auch ohne eine Veröffentlichung möglich sein, die Zulassung der Klage zu beantragen. § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG ist daher in Fällen, in denen (noch) keine entsprechende Veröffentlichung erfolgt ist, teleologisch zu reduzieren.387 Hier sollte de lege ferenda für eine Klarstellung gesorgt werden.388

384 So auch Spindler, NZG 2005, 865 f.; Happ-Tielmann, AktR, S. 2186 f.; Winnen, Innenhaftung, S. 342, der bei konkreten Mißbrauchsfällen in der Praxis für eine Änderung de lege ferenda plädiert. Anders als die letztlich in das Aktiengesetz aufgenommene Fassung des § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG sah der Referentenentwurf UMAG, S. 6, noch vor, dass „die Aktionäre (. . .) glaubhaft machen (müssen), dass sie die Aktien vor dem Zeitpunkt erworben haben, in dem sie von den beanstandeten Pflichtverstößen Kenntnis erlangt haben“. Von dieser Fassung wäre auch eine Kenntniserlangung auf andere Weise als durch Veröffentlichung erfasst gewesen. 385 Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 59; Winnen, Innenhaftung, S. 341 f.; vgl. auch Happ-Tielmann, AktR S. 2186 f.; wohl auch Spindler, NZG 2005, 865 f.; a. A. wohl GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 111. 386 Unentschieden Winnen, Innenhaftung, S. 341 f. 387 Zur teleologischen Reduktion siehe Palandt-Sprau, BGB, Einl. 49. 388 Zu denken wäre etwa an folgende Formulierung des § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG: „die Aktionäre nachweisen, dass sie die Aktien vor dem Zeitpunkt erworben haben, in dem sie (. . .) von den behaupteten Pflichtverstößen oder dem behaupteten Schaden auf Grund einer Veröffentlichung Kenntnis erlangen mussten oder in sonstiger Weise Kenntnis erlangt haben“. Das Abstellen auf das bloße „Kennenmüssen“ würde in Fällen, in denen keine Veröffentlichung erfolgt ist, zu große Unsicherheiten beinhalten.

D. Gerichtliche Geltendmachung gemäß § 148 AktG

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dd) Kein Abstellen auf eine fixe Vorerwerbs-Schranke Vorschläge, das Vorerwerbserfordernis neben oder anstelle dem/des subjektiven Element(s) der Kenntniserlangung an ein objektives Element, wie z. B. ein Drei-Monats-Vorerwerbserfordernis, zu koppeln, um einen zusätzlichen Missbrauchsschutz zu gewährleisten,389 sind dagegen abzulehnen. Haben die Antragsteller nachgewiesen, dass sie die Aktien vor dem Zeitpunkt erworben haben, in dem sie von den behaupteten Pflichtverstößen oder dem behaupteten Schaden auf Grund einer Veröffentlichung Kenntnis erlangen mussten oder auf andere Weise hiervon Kenntnis erlangt haben,390 ist ein hinreichender Missbrauchsschutz gewährleistet. Ein zusätzliches Drei-Monats-Vorerwerbserfordernis würde nicht sachgemäße zusätzliche Hürden aufstellen.391 Außerdem könnte es problemlos unterlaufen werden, da die Antragstellung nicht fristgebunden ist. ee) Ausweitung des Abstellens auf den Rechtsvorgänger Vor dem Hintergrund des mit der UMAG-Reform verfolgten Ziels, die Verfolgung von Haftungsansprüchen gegen Organmitglieder unter gleichzeitiger Verhinderung von Missbräuchen zu erleichtern, erscheint es zu eng, für das Vorerwerbserfordernis des § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG nur im Falle der Gesamtrechtsnachfolge auf den Rechtsvorgänger abzustellen. Der Deutsche Notarverein hatte bereits in seiner Stellungnahme zum UMAG392 für besondere Fälle der Einzelrechtsnachfolge das Abstellen auf den Rechtsvorgänger angeregt. So schlug er vor, etwa für Aktienerwerbe durch vorweggenommene Erbfolge, der Erfüllung eines Vermächtnisses, der Nachlassteilung, der güterrechtlichen Auseinandersetzung oder durch einen in Einzelrechtsfolge erfolgenden „merger“ nach ausländischem Recht, für das Vorerwerbserfordernis auf den Rechtsnachfolger abzustellen.393 Der Gesetzgeber hat diese Anregungen bedauerlicherweise nicht umgesetzt. Eine Analogie zu der Regelung des § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG und damit eine Ausweitung des Abstellens auf den Rechtsvorgänger auf die oben genannten Fälle dürfte an der hierfür erforder389 So der Vorschlag von Seibt, WM 2004, 2137, 2144, allerdings noch zu dem Referentenentwurf des UMAG, der keine Anknüpfung an ein objektives Element wie die Veröffentlichung vorsah. 390 Zu dem entsprechenden Regelungsvorschlag de lege ferenda siehe Kap. 2, Fn. 388. 391 Allerdings besteht insoweit eine Inkonsistenz zum Recht der Sonderprüfung, welches gemäß § 142 Abs. 2 S. 2 AktG den Nachweis fordert, dass die Antragsteller seit mindestens drei Monaten vor dem Tag der Hauptversammlung Inhaber der Aktien sind und diese bis zur Entscheidung über den Antrag halten. Siehe hierzu noch Kapitel 3 B. I. 6. d). 392 DNotV, Stellungnahme UMAG, S. 11. 393 DNotV, Stellungnahme UMAG, S. 11.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

lichen „planwidrigen Regelungslücke“ scheitern. Diese kann wegen der Diskussionen im Rahmen des UMAG-Gesetzgebungsverfahrens nur schwerlich angenommen werden. De lege ferenda ist jedoch unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Intention, missbräuchliche Klagen zu verhindern, eine Ausweitung der Regelung des § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG zumindest auf einzelne der oben genannten Fälle einer Einzelrechtsnachfolge überlegenswert. So wird dies z. B. bei der vorweggenommenen Erbfolge nicht angebracht sein, da durch dieses nicht typisierte und flexibel gestaltbare Rechtsgeschäft unter Lebenden394 die vom Gesetzgeber unerwünschte Übertragung von Aktien auf klagebereite Personen nach Bekanntwerden etwaiger Pflichtverstöße oder eines Gesellschaftsschadens ziemlich leicht möglich wäre.395 Andererseits steht z. B. einer Ausweitung der Regelung des § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG de lege ferenda z. B. auf Vermächtnisse gemäß §§ 1939, 2147 ff. BGB396 nichts entgegen. Bei einer Einzelzuwendung von Aktien von Todes wegen wird wohl kaum eine Missbrauchsgefahr vorliegen. Der Gesetzgeber sollte anlässlich der nächsten anstehenden Aktienrechtsreform genau prüfen, inwieweit auch bei bestimmten Fällen der Einzelrechtsnachfolge ein Abstellen auf den Rechtsvorgänger möglich ist. Um Umstrukturierungsmaßnahmen gerade von unternehmerisch orientierten Aktionären in Form von juristischen Personen, die ein Interesse an einer Geltendmachung der Ersatzansprüche haben, nicht zu erschweren, ist auch in Fällen rein konzerninterner Umstrukturierungen an eine Anknüpfung an die Kenntniserlangung oder das Kennenmüssen des Rechtsvorgängers zu denken. 7. Fristsetzung an die Gesellschaft, § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AktG Die Aktionäre müssen nachweisen, dass sie die Gesellschaft unter Setzung einer angemessenen Frist vergeblich aufgefordert haben, selbst Klage zu erheben (§ 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AktG).397 Diese Regelung bringt einmal mehr den subsidiären Charakter des Aktionärsklagerechts zum Ausdruck.398 Nur wenn die zur 394 Zur vorweggenommenen Erbfolge siehe Palandt-Weidlich, BGB, Einl. vor § 1922 Rn. 6 ff. 395 Schröer, ZIP 2005, 2081, 2084. 396 Zum Vermächtnis gemäß § 1939 BGB siehe u. a. Palandt-Weidlich, BGB, § 1939 Rn. 1 ff., §§ 2147 ff. Rn. 1 ff. 397 Referentenentwurf UMAG, S. 6 sah dagegen nur die Glaubhaftmachung der vergeblichen Aufforderung an die Gesellschaft vor; durch die Normierung einer Nachweispflicht wurde auf Betreiben des Rechtsausschusses der Wertungswiderspruch zu § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG beseitigt, in dem auch ein Nachweis erforderlich ist; Beschlussempfehlung Rechtsausschuss zum UMAG, S. 33. 398 Regierungsbegründung UMAG, S. 21 f.; Rollin, Aktionärsklage, S. 238, der darauf verweist, dass sich bereits der Juristentag 1873 für die Vorschaltung eines gesellschaftsinternen Vorverfahrens aussprach; Nachweis bei Rollin, Aktionärsklage, S. 238.

D. Gerichtliche Geltendmachung gemäß § 148 AktG

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Geltendmachung von Ersatzansprüchen eigentlich zuständigen Gesellschaftsorgane Aufsichtsrat bzw. Vorstand (§§ 112, 77, 78 AktG) nach Aufforderung untätig bleiben, soll die Aktionärsminderheit die Möglichkeit zur Klageerhebung erhalten.399 Weiss/Buchner400 sprechen damit zu Recht von einem eigentlich dreistufigen Verfahren bei der Geltendmachung von Ersatzansprüchen durch die Minderheitsaktionäre. Anders als für den Antrag auf gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern gemäß § 142 Abs. 2 AktG, bei dem zuvor ein Antrag auf Bestellung von Sonderprüfern in der Hauptversammlung erfolglos gestellt worden sein muss, ist für die Beantragung der Klagezulassung nach § 148 AktG kein erfolgloser Antrag auf Beschlussfassung nach § 147 AktG erforderlich. a) Angemessenheit der Frist Das Aktiengesetz selbst enthält keine Aussage darüber, welche Frist „angemessen“ i. S. v. § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AktG ist. Baums401 und Ulmer402 schlugen im Vorfeld der UMAG-Reform eine Frist von drei Monaten als angemessen vor. Die Gesetzesbegründung zum UMAG sieht dagegen zu Recht eine Frist von lediglich zwei Monaten grundsätzlich als angemessen an.403 Zutreffenderweise weist sie darauf hin, dass es sich um Sachverhalte handeln wird, die im Regelfall bereits seit längerem öffentlich bekannt sind.404 In Einzelfällen, etwa bei drohenWeber, Aktionärsklage, S. 218, spricht von einem „Hierarchieverhältnis von Gesellschafts- und Gesellschafterklage“. Auf den subsidiären Charakter des Verfahrens nach § 148 AktG weisen auch Weiss/Buchner, WM 2005, 162, 169 und Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 150 f. besonders hin. Zur Gesellschafterklage im GmbH-Recht als subsidiäres Notgeschäftsführungsrecht siehe die Nachweise bei Banerjea, Gesellschafterklage, S. 59 ff. (insbes. Fn. 285). Allgemein zur Subsidiarität der Aktionärsrechte hinsichtlich der Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft siehe bereits Kapitel 1 B. IV. 1. 399 Regierungsbegründung UMAG, S. 21 f.; Spindler/Stilz-Mock, § 148 Rn. 65. 400 Weiss/Buchner, WM 2005, 162, 169. 401 Baums, Gutachten F 261. 402 Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 341. 403 Regierungsbegründung UMAG, S. 22; so auch Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 151; ähnlich GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 124: „Leitbild“; kritisch dagegen Ziemons, in: Handbuch der AG, Rz. I 11.240, die für die in § 147 Abs. 1 S. 2 AktG genannte Sechs-Monatsfrist als Richtschnur eintritt. 404 Regierungsbegründung UMAG, S. 22; in manchen Fällen wird vorher eine Sonderprüfung gemäß § 142 AktG durchgeführt worden sein und/oder die das Klagezulassungsverfahren initiierenden Aktionäre haben zuvor das Aktionärsforum gemäß § 127a AktG zu Hilfe genommen, um weitere Aktionäre zur Erreichung des für das Klagezulassungsverfahren erforderlichen Quorums zu gewinnen, was i. d. R. auch die Gesellschaft über ein Push-System erfahren wird. Die Zwei-Monats-Frist erscheint trotz der gemäß § 110 Abs. 1 S. 2 AktG bestimmten zweiwöchigen Einberufungsfrist der Aufsichtsratssitzung – im Falle der Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegenüber Vorstandsmitgliedern – als ausreichend; so auch Spindler, NZG 2005, 865, 867; a. A. dagegen Hüffer, AktG, § 148 Rn. 7, der die Zwei-Monats-Frist wegen „systembedingter Schwerfälligkeiten der Willensbildung“ des Aufsichtsrats für zu knapp hält.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

der Verjährung405 der behaupteten Ersatzansprüche, wird unter Umständen sogar eine kürzere Frist als angemessen angesehen werden können. Andererseits wird man auch in Einzelfällen eine längere Frist verlangen müssen, insbesondere dann, wenn die Gesellschaft ohne vorherige Diskussion der behaupteten Ersatzansprüche zur Klageerhebung aufgefordert wird.406 Aktionäre, die ein Klagezulassungsverfahren einleiten möchten, sollten sich daher nicht pauschal auf die in der Gesetzesbegründung zum UMAG407 genannte Zwei-Monats Frist stützen.408 b) Entbehrlichkeit der Fristsetzung Für die Fristsetzung gelten die allgemeinen Regeln des BGB. Eine Fristsetzung ist daher entsprechend des Rechtsgedankens des § 281 Abs. 2 BGB bzw. § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB, § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB entbehrlich bei einer ernsthaften und endgültigen Erklärung der Gesellschaft, nicht Klage erheben zu wollen.409 Manche Stimmen in der Literatur410 halten darüber hinaus eine vorausgehende Klageaufforderung an die Gesellschaft für entbehrlich, wenn zwischen den Mitgliedern des angerufenen Organs und den Anspruchsgegnern (weitgehend) Personenidentität besteht. Diese Konstellation ist zwar dann denkbar, wenn sich die behaupteten Ersatzansprüche sowohl gegen (weitgehend) alle amtierenden Vorstands- als auch gegen (weitgehend) alle amtierenden Aufsichtsratsmitglieder richten und somit beide Gesellschaftsorgane darüber bestimmen müssen. Allerdings darf auch in diesen Fällen die vorhergehende Befassung der Gesellschaft nicht entbehrlich sein.411 Zum einen ist nicht von vornherein völlig ausgeschlossen, dass die Gesellschaftsorgane trotzdem ihren gesetzlichen Pflichten zur Anspruchsprüfung und -verfolgung nachkommen. Zum anderen besteht gerade in diesen Fällen die Möglichkeit, dass die eigentlich zur Anspruchsverfolgung bestimmten Gesell-

405 Lönner, actio pro socio, S. 92 hält in diesen Fällen wohl die vorherige Aufforderung der Gesellschaft für generell entbehrlich. Wie aufgezeigt, tritt die Hemmung der Verjährung erst mit Beantragung der Klagezulassung und nicht bereits mit Aufforderung der Gesellschaft zur Klageerhebung ein; siehe hierzu bereits Kapitel 2 D. III. 1. 406 Happ, in: FS Westermann, S. 971, 983, der zutreffend darauf hinweist, dass es einen Unterschied mache, ob mit den Antragstellern im Vorfeld der Aufforderung zur Klageerhebung bereits kontrovers verhandelt worden, bzw. eine Sonderprüfung vorangegangen sei. 407 Regierungsbegründung UMAG, S. 22. 408 So auch Happ, in: FS Westermann, S. 971, 983, der von einer Bestimmung der Angemessenheit der Frist jeweils im Einzelfall ausgeht; Winnen, Innenhaftung, S. 352 ff. 409 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 22; GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 125. 410 Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 68; Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 22; Winnen, Innenhaftung, S. 355; Lönner, actio pro socio, S. 91. 411 So auch Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 151, AK-Lochner, AktG, § 148 Rn. 10, jeweils unter Berufung auf den Gesetzeswortlaut; i. Erg. auch GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 125; a. A. dagegen Pansa, Aktionärsklageverfahren, S. 141.

D. Gerichtliche Geltendmachung gemäß § 148 AktG

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schaftsorgane gemäß § 147 Abs. 2 S. 1 AktG der Hauptversammlung die Bestellung besonderer Vertreter zur Anspruchsverfolgung vorschlagen.412 c) Aufforderung der Gesellschaft Erforderlich ist eine unmissverständliche Aufforderung an die Gesellschaft, die Ersatzansprüche geltend zu machen. § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AktG bestimmt nicht, an welches Gesellschaftsorgan die Aufforderung zu richten ist. Paschos/ Neumann413 gehen davon aus, dass sich die Aufforderung zur Klagerhebung an das Organ richten muss, welches gemäß §§ 77, 78, 112 AktG für die Geltendmachung des Ersatzanspruchs zuständig wäre. Dies würde allerdings den Durchschnittsaktionär überfordern, von dem eine Kenntnis der aktienrechtlichen Zuständigkeitsordnung wohl nicht erwartet werden kann.414 Auch wäre eine solche Anforderung nicht mit dem Gesetzeswortlaut vereinbar, der lediglich eine Aufforderung „der Gesellschaft“ verlangt.415 Dieses Ergebnis lässt sich auch durch einen Vergleich mit dem Fall stützen, dass die Gesellschaft für Gegenanträge gemäß § 126 Abs. 1 S. 1 AktG keine Adresse in den Einberufungsunterlagen angegeben hat.416 Auch in diesem Fall reicht der Nachweis, dass die Aufforderung überhaupt bei der Gesellschaft eingegangen ist.417 412 Ähnlich auch Lönner, actio pro socio, S. 91 f., der allerdings in diesem Fall von einer Entbehrlichkeit der vorherigen Aufforderung der Gesellschaft ausgeht; vgl. bereits Kap. 2, Fn. 410. In der Regel wird hierzu auch bereits eine Verpflichtung der Verwaltungsmitglieder bestehen; siehe auch Kapitel 2 C. III. 1. 413 Paschos/Neumann, DB 2005, 1779 f.; so auch Bürgers/Körber-Holzborn/Jänig, AktG, § 148 Rn. 5; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 68; Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 151; Winnen, Innenhaftung, S. 346 ff. 414 Schröer, ZIP 2005, 2081, 2084; a. A. dagegen Winnen, Innenhaftung, S. 346. Es kann auch nicht per se davon ausgegangen werden, dass die Aktionäre sich bereits bei der Aufforderung der Gesellschaft zur Klageerhebung anwaltlich vertreten lassen; im späteren Klagezulassungs- und Klageverfahren sind sie allerdings gem. § 148 Abs. 2 S. 1, Abs. 4 S. 1 AktG, § 78 Abs. 1 S. 1 ZPO hierzu verpflichtet. 415 AK-Lochner, AktG, § 148 Rn. 10; Schröer, ZIP 2005, 2081, 2084; Rahlmeyer, Vorstandshaftung, S. 109; wohl auch Holzborn/Bunnemann, BKR 2005, 51, 56; i. Erg. auch GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 121; Bork, in: Handbuch Corporate Governance, S. 743, 763 (Fn. 170). 416 Schröer, ZIP 2005, 2081, 2084; zu den Anforderungen für Gegenanträge in dem Fall, dass die Gesellschaft hierfür keine Adresse mitgeteilt hat, siehe MüKo-Kubis, AktG, § 126 Rn. 17 f., m.w. N. 417 MüKo-Kubis, AktG, § 126 Rn. 18, zur Frage des Zugangs eines Gegenantrags in dem Fall, dass die Gesellschaft hierfür keine Adresse angegeben hatte; Schröer, ZIP 2005, 2081, 2084; i. Erg. auch GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 121; ähnlich Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 21, Hüffer, AktG, § 148 Rn. 6, Winnen, Innenhaftung, S. 349, die zwar davon ausgehen, dass der Adressat der Klageaufforderung das jeweils zuständige Organ ist, allerdings dafür eintreten, dass sich die Gesellschaft, wenn die Aufforderung beim unzuständigen Organ eingeht und keine Weiterleitung erfolgt, gegebenenfalls so behandeln lassen müsse, als wäre sie gegenüber dem zuständigen Organ erfolgt.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

d) Vergeblichkeit der Aufforderung Die Zulassungsvoraussetzung des § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AktG ist auch dann erfüllt, wenn die Gesellschaft innerhalb dieser Frist lediglich die Absicht erklärt, Klage erheben zu wollen, dies aber innerhalb der Frist nicht tut.418 Nur wenn die zuständigen Gesellschaftsorgane auch tatsächlich Klage eingereicht haben, war die Klageaufforderung nicht „vergeblich“ i. S. v. § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AktG.419 Dies ist auch sachgerecht, da die Gesellschaft anderenfalls die Geltendmachung der Ersatzansprüche durch die bloße Ankündigung der gerichtlichen Geltendmachung beliebig „verschleppen“ könnte.420 Hat die Gesellschaft ihre Prüfung und Prozessvorbereitung noch nicht abgeschlossen und kündigt daher nur die gerichtliche Geltendmachung an, steht es ihr auch während des anhängigen Klagezulassungsverfahrens offen, selbst Klage zu erheben und damit dem Klagezulassungsverfahren der Aktionäre den Boden zu entziehen.421 e) Nachweis Auch für das Erfordernis der vorherigen Klageaufforderung hat der Gesetzgeber, anders als zunächst vorgesehen, die Nachweispflicht in § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AktG explizit angeordnet.422 Die Antragsteller tragen somit die Darlegungs- und Beweislast für die erfolglose Aufforderung zur Klageerhebung und die Fristsetzung.423 8. Vorliegen von Verdachtstatsachen i. S. v. § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG Die größte Hürde für die antragstellenden Aktionäre stellt § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG auf. Danach müssen Tatsachen vorliegen, die den Verdacht rechtfertigen, dass der Gesellschaft durch Unredlichkeit oder grobe Verletzung des Gesetzes oder der Satzung ein Schaden entstanden ist. Diese Zulassungsvoraussetzung 418

Schröer, ZIP 2005, 2081, 2085. Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 70; Langenbucher, DStR 2005, 2083, 2089. 420 Siehe hierzu Regierungsbegründung UMAG, S. 22, die darauf hinweist, dass andernfalls eine Verschleppung bis hin zur Verjährung der Ersatzansprüche möglich wäre. 421 Vgl. Schröer, ZIP 2005, 2081, 2085. Mit Klageerhebung der Gesellschaft wird ein anhängiges Zulassungsverfahren unzulässig, § 148 Abs. 3 S. 1 AktG; siehe hierzu noch Kapitel 2 D. III. 10. Allerdings muss die Gesellschaft in diesem Fall den Antragstellern die ihnen entstandenen Kosten ersetzen (§ 148 Abs. 6 S. 4 AktG). 422 Vgl. Beschlussempfehlung Rechtsausschuss zum UMAG, S. 14. Durch die Aufnahme der Nachweispflicht in den Wortlaut des § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AktG sollten ausweislich der Beschlussempfehlung Rechtsausschuss zum UMAG, S. 33, Wertungswidersprüche zu § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG vermieden werden. 423 K. Schmidt, NZG 2005, 796, 800; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 73. 419

D. Gerichtliche Geltendmachung gemäß § 148 AktG

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ist im Wesentlichen den Regelungen von § 147 Abs. 3 AktG 1998424 und § 142 Abs. 2 S. 1 AktG425 nachgebildet. Eine Aktionärsminderheit kann das Klagezulassungsverfahren nur bei qualifizierten Pflichtverstößen erfolgreich initiieren. Nach Abschaffung des Minderheitsverlangens auf Geltendmachung von Ersatzansprüchen durch eine Aktionärsminderheit, deren Anteile zusammen 10% des Grundkapitals erreichten,426 haben Minderheitsaktionäre, die keinen Geltendmachungsbeschluss der Hauptversammlung gemäß § 147 AktG erzwingen können, seit der UMAG-Reform keine Möglichkeit mehr, unterhalb der Schwelle von qualifizierten Pflichtverstößen die Geltendmachung von Ersatzansprüchen durchzusetzen. Die hierzu eigentlich berufenen Verwaltungsorgane Vorstand bzw. Aufsichtsrat können (und müssen) dagegen nach den ARAG/Garmenbeck-Grundsätzen jede noch so geringe schuldhafte Pflichtverletzung eines Organmitglieds, die zu einem Schaden der Gesellschaft geführt hat, verfolgen. Auch die Hauptversammlung kann die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Organmitglieder, die auf leichten und leichtesten Pflichtverletzungen der Organmitglieder beruhen, erzwingen (§ 147 Abs. 1 AktG). Dass diese Zulassungsvoraussetzung einer der vor und nach der UMAG-Reform am kontroversesten diskutierten Punkte war, liegt auf der Hand. Bevor zu dieser Einschränkung Stellung genommen wird, sollen zunächst die sich nicht von vornherein aus dem Wortlaut erschließenden Begriffe der „Unredlichkeit“ sowie der „groben Gesetzes- oder Satzungsverletzung“ als Voraussetzungen für einen qualifizierten Pflichtverstoß erläutert werden.427 Außerdem werden die Darlegungs- und Beweisanforderungen der Antragsteller und die Auswirkungen auf klagewillige Aktionäre beleuchtet. a) Qualifikation des Pflichtverstoßes Das Gesetz regelt nicht, was unter den Begriffen „Unredlichkeit“ und „grobe Verletzung des Gesetzes oder der Satzung“ zu verstehen ist. Auch die fast 130 424 § 147 Abs. 3 AktG 1998 setzte für einen erfolgreichen Antrag einer Aktionärsminderheit auf gerichtliche Bestellung von besonderen Vertretern unter anderem voraus, dass Tatsachen vorliegen, die den dringenden Verdacht rechtfertigen, dass der Gesellschaft durch Unredlichkeiten oder grobe Verletzungen des Gesetzes oder der Satzung Schaden zugefügt wurde. 425 § 142 Abs. 2 S. 1 AktG setzt für einen erfolgreichen Antrag einer Aktionärsminderheit auf Bestellung von Sonderprüfern durch das Gericht in materieller Hinsicht voraus, dass Tatsachen vorliegen, die den Verdacht rechtfertigen, dass bei dem Vorgang Unredlichkeiten oder grobe Verletzungen des Gesetzes oder der Satzung vorgekommen sind. Siehe hierzu noch Kapitel 3 B. I. 6. e) aa). 426 Siehe hierzu bereits Kapitel 1 B. VI. 427 Kritisch bezüglich der Trennung und Abgrenzung zwischen Unredlichkeit und groben Gesetzes- und Satzungsverletzungen sowie ausführlich zu den Begrifflichkeiten Jänig, Sonderprüfung, S. 274 ff. (für die Beantragung der gerichtlichen Bestellung von Sonderprüfern gemäß § 142 Abs. 2 S. 1 AktG).

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

Jahre alte Gesetzesgeschichte – einschließlich der jeweiligen Gesetzesbegründungen – gibt nur wenig Anhaltspunkte für die Auslegung dieser Rechtsbegriffe.428 In der Gesetzesbegründung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend die KGaA und die AG aus dem Jahre 1884 räumte der Gesetzgeber ein, dass er sich zu einer näheren Definition der Begriffe außerstande sähe und folglich den Gerichten eine weitere Präzisierung überlasse.429 Diese haben eine solche, soweit ersichtlich, bislang allerdings nicht vorgenommen.430 Ausgehend von den spärlichen bisherigen Kommentierungen zu § 142 AktG 1998 und § 147 Abs. 3 AktG 1998 und den Diskussionen während und nach der UMAG-Reform werden beide Begriffe nachfolgend näher beleuchtet. aa) Unredlichkeit Unter dem Begriff der „Unredlichkeit“ wird gemeinhin ein vorwerfbares, sittlich anstößiges Verhalten verstanden.431 Der Unredlichkeit haftet nach allgemeiner Ansicht demnach ein „sittlicher Makel“ an.432 Die Gesetzesbegründung zum UMAG nennt als Beispiel hierfür ins Kriminelle reichende Treupflichtverstöße,433 worunter insbesondere auch das weite Feld der Untreue gemäß 428 Zur Gesetzesgeschichte dieser Begriffe siehe u. a. Happ, in: FS Westermann, S. 971, 984 f.; Seibert, in: FS Priester, S. 763, 764 f.; Jänig, Sonderprüfung, S. 275. Darüber, dass die Begriffe der Unredlichkeit und der groben Gesetzes- oder Satzungsverletzung im Rahmen des Antrags auf gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern gemäß § 142 Abs. 2 S. 1 AktG und des Antrags auf Klagezulassung gemäß § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG gleich auszulegen sind, besteht allerdings Einigkeit; siehe Regierungsbegründung UMAG, S. 18; AK-Wilsing/von der Linden, AktG, § 142 Rn. 31; AK-Lochner, AktG, § 148 Rn. 12. Entsprechendes gilt für die in § 147 Abs. 3 AktG 1998 verwendeten Begriffe. 429 Siehe die Gesetzesbegründung (zur Sonderprüfung), abgedruckt bei Schubert/ Hommelhoff, Hundert Jahre modernes Aktienrecht, S. 471: „Eine nähere Spezialisierung der Fälle kann das Gesetz nicht geben; es ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass die Wahrscheinlichkeit, wenn nicht einer Unredlichkeit, so doch einer groben Gesetz- oder Statutwidrigkeit vorliegt, und es bleibt hiernach dem freien Ermessen des Handelsgerichts überlassen, den zu prüfenden Hergang zu bestimmen und den Umfang der Prüfung zu begrenzen“. Siehe zum Ganzen auch Happ, in: FS Westermann, S. 971, 985 f. 430 Siehe hierzu Happ, in: FS Westermann, S. 971, 985 f. 431 OLG Köln, ZIP 2010, 1799 f.; Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 25, GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 73, § 142 Rn. 60; AK-Wilsing/von der Linden, AktG, § 142 Rn. 31; AK-Lochner, AktG, § 148 Rn. 13; MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 63 (Fn. 113), § 142 Rn. 67; näher Höland, AcP 198 (1998), 539, 554 ff. (zum Vermögensgesetz); Jansen, Sonderprüfung, S. 45 (zur Sonderprüfung); ausführlich zu dem Begriff der Unredlichkeit auch Jänig, Sonderprüfung, S. 274 ff., m.w. N. (zur Sonderprüfung). 432 Seibert, in: FS Priester, S. 763, 767, m.w. N. 433 Regierungsbegründung UMAG, S. 22; auf kriminelle Handlung beschränkend wohl auch Happ, in: FS Westermann, S. 971, 987; kritisch dagegen LG München I, NZG 2007, 477 f.

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§ 266 StGB zu verstehen ist.434 Sittlich anstößig und damit unredlich i. S. v. § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG können darüber hinaus auch Verletzungen der organschaftlichen Treupflicht sein, die nicht die Schwelle zur Strafbarkeit überschreiten, wie beispielsweise Treupflichtverletzungen im Vorfeld der Untreue, z. B. illoyales Verhalten und das Erstreben persönlicher Vorteile auf Kosten der Gesellschaft.435 Unredlichkeiten berechtigen – im Einklang mit der Rechtslage vor der UMAGReform – stets zur Durchführung des Klagezulassungsverfahrens, ohne dass hierfür eine besondere Qualität festgestellt werden müsste.436 Allerdings dürfte bei Treupflichtverletzungen ohnehin eine besondere Schwere der Pflichtverletzung vorliegen.437 Zum Teil wird darauf hingewiesen, dass Unredlichkeiten in der Praxis selten vorkommen,438 während andere Stimmen unter Berufung auf das Fallmaterial der US-amerikanischen Gerichte zur Verletzung der duty of loyalty hierin gerade einen Hauptanwendungsfall für Haftungsklagen durch Aktionäre sehen.439 bb) Grobe Gesetzes- oder Satzungsverletzung Größere Schwierigkeiten als der Begriff der Unredlichkeit bereitet die Bestimmung des Begriffs der groben Gesetzes- oder Satzungsverletzung i. S. v. § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG. Pflichtverletzungen, die nicht sittlich anstößig sind, berechtigen nur dann zur Durchführung des Klagezulassungsverfahrens, wenn sie „grob“ sind. In erster Linie kommen hierfür schuldhafte Verstöße gegen Sorgfaltspflichten bei der Geschäftsführung bzw. Überwachung in Betracht.440 Leich434 Vgl. zur Untreuestrafbarkeit bei Pflichtverletzungen durch Geschäftsleiter nur Seibt/Schwarz, AG 2010, 301 ff., Rieder/Holzmann, AG 2011, 265, 267, 269, jeweils m.w. N. zu Rechtsprechung und Literatur; vgl. auch Bosch/Lange, JZ 2009, 225 ff., m.w. N.; vgl. zur Frage der Untreuehaftung des Aufsichtsrats Brand/Petermann, WM 2012, 62 ff., Helmrich/Eidam, ZIP 2011, 257 ff., jeweils m.w. N. zu Rechtsprechung und Literatur. 435 MüKo-Schröer, AktG, § 142 Rn. 67; Spindler, NZG 2005, 865, 867; Seibt, WM 2004, 2137, 2140, jeweils zur Sonderprüfung; siehe auch GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 79, 127, 132 ff.; enger wohl Winnen, Innenhaftung, S. 358 f., der eine Treupflichtverletzung von gewisser Erheblichkeit fordert. 436 MüKo-Schröer, AktG, § 142 Rn. 67 (zur Sonderprüfung); Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 25, spricht insoweit von „,leichte(n)‘ Unredlichkeiten“. 437 Ausnahmsweise können jedoch überwiegende Gründe des Gesellschaftswohls einer Geltendmachung des Ersatzanspruchs auch bei Unredlichkeiten entgegenstehen; siehe hierzu noch Kapitel 2 D. III. 9. 438 Wilsing, ZIP 2004, 1082, 1088; Thümmel, DB 2004, 471, 473 f. 439 Seibt, WM 2004, 2137, 2140, m.w. N. (zur Sonderprüfung); vgl. auch GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 79. 440 Seibt, WM 2004, 2137, 2140 (zur Sonderprüfung); Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 26; zweifelnd dagegen Winnen, Innenhaftung, S. 360.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

te oder leichteste Verstöße des Gesetzes oder der Satzung sollen dagegen nach der Intention des Gesetzgebers von einer Aktionärsminderheit nicht gerichtlich geltend gemacht werden können.441 Erforderlich ist vielmehr nach der Gesetzesbegründung zum UMAG eine besondere Schwere der Verstöße.442 Die überwiegende Ansicht scheint „grob“ dabei im Sinne von grober Fahrlässigkeit zu verstehen oder diese zumindest vorauszusetzen.443 Diese Ansicht entspricht dem allgemeinen juristischen Sprachgebrauch, der „grob“ in der Regel im Zusammenhang mit dem Fahrlässigkeitsgrad verwendet, und lässt sich auch mit einem Vergleich zu § 93 Abs. 5 AktG begründen.444 Nach dieser Vorschrift können die Gesellschaftsgläubiger, soweit sie von der Gesellschaft keine Befriedigung erlangen, den Ersatzanspruch der Gesellschaft geltend machen, wenn die Organmitglieder die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters bzw. Überwachers gröblich verletzt haben.445 „Gröblich“ wird im Rahmen des § 93 Abs. 5 AktG im Sinne von grober Fahrlässigkeit verstanden.446 Da Unredlichkeiten und grob fahrlässige Pflichtverletzungen (hoffentlich) Ausnahmen darstellen und die meisten Pflichtverletzungen im Bereich der einfachen Fahrlässigkeit angesiedelt sein dürften,447 wäre der Anwendungsbereich des neuen Klagezulassungsverfahrens bei dieser Auslegung eher gering.

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Regierungsbegründung UMAG, S. 22. Regierungsbegründung UMAG, S. 22. 443 Regierungsbegründung UMAG, S. 22, die, anders als noch der Referentenentwurf des UMAG, explizit darauf hinweist, dass eine Klage nach Zulassung nicht deshalb das Rechtsschutzbedürfnis verliere, weil sich im Hauptverfahren herausstelle, dass die behaupteten Pflichtverstöße vorlagen, dem betreffenden Organ aber nur leichte oder mittlere Fahrlässigkeit vorgeworfen werden könne. Hieraus ließe sich der Umkehrschluss ziehen, dass für einen groben Pflichtenverstoß grobe Fahrlässigkeit erforderlich ist. Anders wohl Seibert, in: FS Priester, S. 763, 769: „,Grob‘ heißt eben nicht ,grob fahrlässig‘“. Für das Erfordernis grob fahrlässigen Handelns Schröer, ZIP 2005, 2081, 2085; Paschos/Neumann, DB 2005, 1779 f.; so wohl auch Thümmel, DB 2004, 471, 473 f.; Weiss/Buchner, WM 2005, 162, 169. Ähnlich auch Hüffer, AktG, § 148 Rn. 8: „evidente (. . .) und auch ihrer Art nach für verantwortlich handelnde Unternehmensleiter nicht hinnehmbare (. . .) Verstöße“. Ähnlich auch AK-Lochner, AktG, § 148 Rn. 14, der im Regelfall sogar vorsätzliches Handeln zu fordern scheint, und Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 152, der auch für Sorgfaltspflichten einen ins Kriminelle gehenden Einschlag zu fordern scheint. Näher zu den verschiedenen Auslegungsarten Jänig, Sonderprüfung, S. 280 f. (zur Sonderprüfung). 444 Jänig, Sonderprüfung, S. 280 f. (zur Sonderprüfung). 445 §§ 93 Abs. 5 S. 1, 2, 116 AktG; für Verstöße nach § 93 Abs. 3 AktG gilt diese Einschränkung dagegen nicht. 446 Jänig, Sonderprüfung, S. 280 f. (zur Sonderprüfung); Hüffer, AktG, § 93 Rn. 33; GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 409. 447 Thümmel, DB 2004, 471, 473 f.; ders., DB 1997, 261, 263; Wilsing, ZIP 2004, 1082, 1088; Hüffer, AktG, § 148 Rn. 8; Kling, DZWIR 2005, 45, 54; Spindler/StilzMock, AktG, § 148 Rn. 74; Winnen, Innenhaftung, S. 362; a. A. die in Kap. 2, Fn. 439 genannten Autoren. 442

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Nach anderer Ansicht sollen daher neben dem Maß des Verschuldens auch andere Faktoren für die Qualifizierung der Pflichtverletzung als „grob“ herangezogen werden können, wie etwa die Bedeutung der verletzten Pflicht oder die Folgen des Pflichtverstoßes für die Gesellschaft.448 Für eine solche Auslegung spricht auch der Vergleich mit § 84 Abs. 3 S. 2 AktG, in dem eine grobe Pflichtverletzung als Widerrufsgrund für die Vorstandsbestellung genannt ist.449 „Grobe Pflichtverletzung“ wird hierbei als Summe verschiedener Einzelumstände angesehen.450 Auch in Fällen, in denen „normales“ Verschulden der Verwaltungsmitglieder vorliegt, aber ein exorbitant ausfallender Schaden451 oder sonstige schwerwiegende Folgen für die Gesellschaft, wie z. B. ein hoher Ansehensverlust der Gesellschaft in der Öffentlichkeit entstanden sind,452 liegt es nahe, von einer „groben Gesetzes- oder Satzungsverletzung“ auszugehen. Folglich spricht viel dafür, diesen Begriff nicht rein im Sinne des Verschuldensmaßstabs zu verstehen. Vielmehr sollte ein grober Verstoß alternativ auch nach einer Einzelfallbetrachtung vorliegen können.453 Eine Ausweitung dieses Begriffes über die grobe Fahrlässigkeit hinaus darf allerdings nur sehr vorsichtig und nur in Ausnahmefäl-

448 Bürgers/Körber-Holzborn/Jänig, AktG, § 142 Rn. 15; Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 26; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 142 Rn. 127, § 148 Rn. 74; zu den einzelnen Beurteilungsmaßstäben siehe GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 133 ff. 449 Jänig, Sonderprüfung, S. 281 (zur Sonderprüfung). 450 Jänig, Sonderprüfung, S. 281 (zur Sonderprüfung), m.w. N. Für die Heranziehung der Auslegung bei § 84 Abs. 3 S. 2 AktG als Orientierungshilfe auch Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 151 f.; Fleischer, NJW 2005, 3525 f. 451 Hierauf besonders abstellend GK-Bezzenberger, AktG, § 142 Rn. 62, MüKoSchröer, AktG, § 142 Rn. 68, jeweils zur Sonderprüfung; anders dagegen MüKoSchröer, AktG, § 147 Rn. 63 (zu § 147 Abs. 3 AktG 1998); Kolb, DZWIR 2006, 50 f. (zu § 148 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AktG); ähnlich Happ, in: FS Westermann, S. 971, 989 der anregt, eine Relation zwischen der „Schwere des Schadens“ einerseits und der „Schwere der Verfehlung“ andererseits herzustellen; ähnlich auch Hölters-Hirschmann, AktG, § 142 Rn. 36, der eine grobe Verletzung dann annimmt, wenn entweder der Verschuldensgrad oder die Schadenshöhe außergewöhnlich seien (zur Sonderprüfung). 452 Hierauf besonders hinweisend Jänig, Sonderprüfung, S. 282 (zur Sonderprüfung). 453 So ausdrücklich GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 133: „wertende Zusammenschau“; AK-Wilsing/von der Linden, AktG, § 142 Rn. 31 (zur Sonderprüfung); OLG Düsseldorf, AG 2010, 126 f.; OLG Köln, ZIP 2010, 1799 f. (jeweils zur Sonderprüfung); i. Erg. wohl auch Winnen, Innenhaftung, S. 364. Durch ein solches Verständnis des Begriffs der groben Pflichtverletzung kann die von Schwark, ZHR Sonderheft 71, 2002, 75, 100 beschriebene paradoxe Situation vermieden werden, dass zwar ein kleiner – grob pflichtwidrig verursachter – Schaden mittels § 147 AktG geltend gemacht werden könne, nicht dagegen ein Schaden in Millionenhöhe, der auf einer nur leichten Pflichtverletzung beruhe. Gegen eine Gleichsetzung von „grob“ und „grob fahrlässig“ auch Happ, in: FS Westermann, S. 971, 989, m.w. N., allerdings zu dem umgekehrten Fall, dass in seltenen Fällen sogar trotz vorsätzlich pflichtwidrigen Verhaltens kein grober Verstoß vorliegen könne, wenn der Schaden entsprechend gering ausfalle.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

len454 erfolgen. Andernfalls würde dies der gesetzgeberischen Intention zuwiderlaufen, das Klagezulassungsverfahren auf die Fälle zu beschränken, in denen eine Nichtverfolgung unerträglich wäre,455 und die Austarierung des eingangs beschriebenen Spannungsverhältnisses gefährden.456 Rechtsprechung ist hierzu, soweit ersichtlich, nur vereinzelt ergangen.457 Es bleibt weiterhin abzuwarten, wie die zuständigen Gerichte im Klagezulassungsverfahren den Begriff der „groben Gesetzes- oder Satzungsverletzung“ auslegen werden. cc) Erforderlichkeit der Beschränkung auf bestimmte Pflichtverstöße; kein Änderungsbedarf de lege ferenda Die Beschränkung auf qualifizierte Pflichtverstöße war einer der umstrittensten Punkte im UMAG Gesetzgebungsverfahren. Während eine Ansicht diese Einschränkung generell ablehnt,458 stützen andere sie auf die business judgment rule.459 Nach Ansicht der Gesetzesbegründung zum UMAG diene sie dazu, bei leichtesten und leichten Gesetzes- oder Satzungsverletzungen zu verhindern, dass eine kleine Aktionärsminderheit einer schweigenden und anders denkenden Mehrheit ihren Verfolgungswunsch aufdrängen könne.460 Mithin solle die Verfolgung auf die Verstöße beschränkt werden, deren Nichtverfolgung unerträglich

454 I. Erg. auch Hüffer, AktG, § 148 Rn. 8; anders Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 77, der den Ausschluss für leichteste oder leichte Gesetzes- oder Satzungsverstöße restriktiv auslegen will. 455 Regierungsbegründung UMAG, S. 22; wohl auch Thümmel, DB 2004, 471, 473 f.; zur rechtspolitischen Würdigung siehe Kapitel 2 D. III. 8. a) cc) (2). 456 Anders wohl Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 74, der betont, dass ein strenger Maßstab angesichts der weiteren Klagezulassungsvoraussetzung, dass keine entgegenstehenden Gründe des Gesellschaftswohls vorliegen, nicht angebracht sei, und die Anforderungen mit Rücksicht auf die begrenzten Möglichkeiten für Aktionäre, die relevanten Informationen zu erhalten, entsprechend niedrig anzusetzen seien. 457 Siehe OLG Düsseldorf, AG 2010, 126 f.; OLG Köln, ZIP 2010, 1799 f. (jeweils zur Sonderprüfung), m.w. N.: grober Gesetzes- oder Satzungsverstoß liegt danach vor, „wenn dies die Umstände des Einzelfalls nahe legen und eine Nichtverfolgung unerträglich erscheinen würde“. 458 DSW, Stellungnahme UMAG, S. 14 f.; Weiss/Buchner, WM 2005, 162, 169; Meilicke/Heidel, DB 2004, 1479, 1481 f.; SdK, Stellungnahme UMAG, S. 8, „völlig absurd“; Seibt, WM 2004, 2137, 2140, 2142, 2144; Pansa, Aktionärsklageverfahren, S. 142 ff.; Knappke, Effizienz, S. 178; Baums, AG Sonderheft 1997, 26 f. (zu § 147 AktG 1998); allerdings ohne Begründung – Thümmel, DB 2004, 471, 474; wohl auch Kling, DZWIR 2005, 45, 54, m.w. N.; wohl auch Schmolke, ZGR 2011, 398, 430, 442, m.w. N., der bereits de lege lata für eine Auslegung als Bagatellschwelle plädiert; kritisch auch Rahlmeyer, Vorstandshaftung, S. 110 f. 459 Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 331 f.; Hopt, AG Sonderheft 1997, 42 f. (zu § 147 AktG 1998). Zur business judgment rule siehe bereits Kapitel 1 C. I. 4. a) bb). 460 Regierungsbegründung UMAG, S. 22.

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wäre und das Vertrauen in die gute Corporate Governance der deutschen Unternehmen erschüttern würde.461 (1) Keine Begründung mit der business judgment rule Sowohl Kritiker als auch Befürworter der Beschränkung des Zulassungsverfahrens auf qualifizierte Pflichtverstöße versuchen, ihre Ansicht mit dem auch als business judgment rule bekannten Haftungsprivileg des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG462 zu begründen. Diese Begründungsversuche sind allerdings nicht überzeugend. Einige Befürworter der Beschränkung des Klagezulassungsverfahrens auf qualifizierte Pflichtverstöße stützen diese auf die business judgment rule.463 Wie Baums464 im Vorfeld der KonTraG-Reform klargestellt hat, ist dem Anliegen, der business judgment rule unter bestimmten Voraussetzungen einen Haftungsfreiraum für unternehmerische Entscheidungen zu schaffen, dagegen nicht mit einer Beschneidung der Klagerechte (nur) von Aktionärsminderheiten Rechnung zu tragen. Vielmehr wirkt sich die business judgment rule durch den in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG gewährten Haftungsfreiraum gleichsam auf alle Haftungsklagen gegen Organmitglieder aus, unabhängig davon, ob sie von Gesellschaftsorganen oder Aktionären erhoben werden.465 Konsequenterweise setzt die in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG kodifizierte business judgment rule auf materiellrechtlicher Seite am Merkmal der objektiven Pflichtverletzung an und nicht auf prozessualer Ebene der Verfolgungsrechte.466 Wenn die in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG genannten Voraussetzungen vorliegen und demnach das Organmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln, liegt bereits keine objektive Pflichtverletzung i. S. v. § 93 Abs. 1 S. 1 AktG vor, die einen Schaden461 Regierungsbegründung UMAG, S. 22. Zustimmend zu der sachlichen Beschränkung auch Hüffer, AktG, § 148 Rn. 8; Diekmann/Leuernig, NZG 2004, 249, 250; Paschos/Neumann, DB 2005, 1779 f.; Fleischer, NJW 2005, 3525 f.; Zieglmeier, ZGR 2007, 145, 152; für die Beibehaltung der Beschränkung der Klagemöglichkeit auf gravierende Pflichtverstöße wohl auch Kämper, Aktionärsklage, S. 33. 462 Siehe hierzu bereits Kapitel 1 C. I. 4. a) bb). 463 So z. B. Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 331 f.; Hopt, AG Sonderheft 1997, 42 f. (zu § 147 AktG 1998); so wohl auch Götz, AG Sonderheft 1997, 38 f. (zu § 147 AktG 1998); anders Weiss/Buchner, WM 2005, 162, 169 (für die Ausweitung auf jegliche Gesetzes- und Satzungsverletzungen). 464 Baums, AG Sonderheft 1997, 26 f. (zu § 147 AktG 1998). 465 Seibt, WM 2004, 2137, 2140 (zur Beantragung der gerichtlichen Bestellung von Sonderprüfern); Baums, AG Sonderheft 1997, 26, 27 (zu § 147 AktG 1998): „Missverständnis der „business judgment rule” (ders. trat dagegen in Gutachten F 260, für eine Beschränkung auf grobe Gesetzes- und Satzungsverletzungen ein); so auch bereits Bork in RWS Forum 10, S. 53, 62 (zur Einführung des § 147 Abs. 3 AktG 1998 durch das KonTraG); vgl. auch Spindler, NZG 2005, 865, 867, m.w. N. 466 Vgl. auch Spindler, NZG 2005, 865, 867, 871, m.w. N.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

ersatzanspruch der Gesellschaft nach §§ 93, 116 AktG begründen könnte.467 Die Frage nach der Verfolgbarkeit von Schadenersatzansprüchen stellt sich daher mangels eines verfolgbaren Anspruchs gar nicht mehr. In der Praxis wird eine Abgrenzung zwischen einer unternehmerischen Entscheidung, die den Haftungsfreiraum des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG für sich in Anspruch nehmen kann, und einer einfach fahrlässigen Pflichtverletzung in diesem Bereich zwar oftmals nur schwer zu treffen sein. Ob aus rechtspolitischer Sicht diese Auseinandersetzungen vor dem Hintergrund des Spannungsfelds im Klagezulassungsverfahren geführt werden sollen, oder die Anspruchsverfolgung in diesem Bereich der Gesellschaft oder einem durch die Hauptversammlung eingesetzten besonderen Vertreter vorbehalten werden soll, ist eine rechtspolitische Entscheidung. Rechtsdogmatisch lässt sie sich nicht mit der business judgment rule begründen. Andere Stimmen in der Literatur dagegen begründen ihre Ablehnung der sachlichen Beschränkung des Klagezulassungsverfahrens auf Unredlichkeiten und grobe Gesetzes- oder Satzungsverstöße mit einem angeblichen Wertungswiderspruch zu § 93 Abs. 1 S. 2 AktG.468 Diese Ansicht beruft sich unter anderem auf die Gesetzesbegründung zum UMAG. Diese stelle ausdrücklich klar, dass es bei einem Verstoß gegen Gesetz oder Satzung keinen sicheren Hafen gebe.469 Daher solle das Verwaltungsmitglied bei solchen Verstößen stets haften, und bei dem Verdacht einer Pflichtverletzung solle unabhängig von dem Verschuldensgrad eine Klagezulassungsmöglichkeit für die Aktionäre bestehen.470 Die Aussage in der Gesetzesbegründung zum UMAG, dass es bei „sonstigen allgemeinen Gesetzes- und Satzungsverstößen“ keinen sicheren Hafen geben solle, lässt sich als Argument für eine Ausweitung des Klagezulassungsverfahrens de lege lata auf sämtliche Pflichtverletzungen allerdings nicht heranziehen. Die Aussage bezieht sich nicht auf das Verfolgungsrecht von Aktionären, sondern setzt auf der materiellrechtlichen Ebene an. Sie stellt klar, dass bei „sonstigen allgemeinen Gesetzes- und Satzungsverstößen“ als Teil von „gebundenen Entscheidungen“ im Ge467 Ähnlich Winnen, Innenhaftung, S. 367 zum umgekehrten Fall, dem Vorliegen eines Rechts- oder Treuplichtverstoßes i. S. v. § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG, der das Vorliegen einer unternehmerischen Entscheidung gemäß § 93 Abs. 1 S. 2 AktG ausschließt. 468 Weiss/Buchner, WM 2005, 162, 169; Meilicke/Heidel, DB 2004, 1479, 1481 f.; DSW, Stellungnahme UMAG, S. 14; Harzer, Aktionärsklagerechte, S. 139, 149, 151; Wendler, Justiziabilität, S. 294. 469 Regierungsbegründung UMAG, S. 11. 470 DSW, Stellungnahme UMAG, S. 14 f.; Weiss/Buchner, WM 2005, 162, 169; Meilicke/Heidel, DB 2004, 1479, 1481 f.; kritisch zur Beschränkung auf Unredlichkeiten und grobe Gesetzes- oder Satzungsverstöße auch SdK, Stellungnahme UMAG, S. 8 „völlig absurd“; für eine Ausweitung auf sämtliche Pflichtverletzungen auch Seibt, WM 2004, 2137, 2140, 2142, 2144; Baums, AG Sonderheft 1997, 26 f. (zu § 147 AktG 1998); ders. trat dagegen in Gutachten F 260, für eine Beschränkung auf grobe Gesetzes- und Satzungsverletzungen ein; Thümmel, DB 2004, 471, 474; wohl auch Kling, DZWIR 2005, 45, 54, m.w. N., der darauf abstellt, dass der Verschuldensgrad aus Sicht der geschädigten Gesellschaft wirtschaftlich bedeutungslos sei.

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gensatz zu „unternehmerischen Entscheidungen“, bei denen zusätzlich noch die übrigen Voraussetzungen des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG zu prüfen sind, der sichere Hafen des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG von vornherein nicht eröffnet ist.471 Außerdem gibt es auch für die von § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG nicht erfassten „leichteren“ Gesetzes- und Satzungsverletzungen keinen sicheren Hafen.472 Schadenersatzansprüche, die nicht auf Unredlichkeiten oder groben Gesetzesoder Satzungsverletzungen beruhen, können bzw. müssen i. d. R. auch von den hierzu berufenen Gesellschaftsorganen gemäß §§ 112, 77, 78 AktG verfolgt werden. Auch die Hauptversammlung kann gemäß § 147 Abs. 1 AktG die Gesellschaft zur Geltendmachung zwingen. Lediglich das prozessuale Verfolgungsrecht einer Aktionärsminderheit ist für solche Ersatzansprüche ausgeschlossen, die auf einem Pflichtverstoß von Organmitgliedern beruhen, der nicht als „grob“ einzuordnen ist.473 (2) Rechtspolitische Würdigung Durch die Beschränkung der Zulässigkeit des Klagezulassungsverfahrens auf Fälle des Vorliegens von Verdachtstatsachen für Unredlichkeiten oder grobe Gesetzes- oder Satzungsverletzungen werden hohe Hürden aufgestellt. Die sachliche Beschränkung auf qualifizierte Pflichtverstöße, die dem Vorschlag von Ulmer474, Baums475 und der Regierungskommission Corporate Governance476 entspricht, ist jedoch unter Berücksichtigung der Gesamtkonzeption des neuen Minderheitsklagerechts und im Hinblick auf das eingangs aufgezeigte Spannungsfeld gerechtfertigt. Mit Einführung des neuen Aktionärsklagerechts hat der Gesetzgeber das Quorum für den Minderheitsantrag deutlich herabgesetzt. Andererseits hat er zum Schutz der Gesellschaft vor missbräuchlichen Aktionärsklagen die materielle Schwelle der Antragsvoraussetzungen erhöht.477 § 148 AktG sieht zudem nicht mehr wie bislang in § 147 Abs. 3 AktG 1998, der die gleichen materiellen Vo471 Vgl. auch Regierungsbegründung UMAG, S. 11: „Die Regelung geht von der Differenzierung zwischen fehlgeschlagenen unternehmerischen Entscheidungen einerseits und der Verletzung sonstiger Pflichten andererseits (Treuepflichten, Informationspflichten, sonstige allgemeine Gesetzes- und Satzungsverstöße) aus. Ein Verstoß gegen diese letzte Pflichtengruppe ist von der Bestimmung nicht erfasst. Die unternehmerische Entscheidung steht im Gegensatz zur rechtlich gebundenen Entscheidung. Für illegales Verhalten gibt es keinen „sicheren Hafen“ im Sinne einer haftungstatbestandlichen Freistellung (. . .).“ 472 Schröer, ZIP 2005, 2081, 2085; Göz/Holzborn, WM 2006, 157, 159. 473 Zur rechtspolitischen Würdigung siehe noch Kapitel 2 D. III. 8. a) cc) (2). 474 Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 331 f. 475 Baums, Gutachten F 260. 476 Baums, Bericht Regierungskommission, Rn. 73. 477 Happ, in: FS Westermann, S. 971, 984.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

raussetzungen aufstellte, ein bloßes Initiativrecht vor, welches eine Haftungsklage von der Ermessensentscheidung eines besonderen Vertreters abhängig machte.478 Nach erfolgreichem Abschluss des Klagezulassungsverfahrens räumt § 148 AktG der Aktionärsminderheit jetzt ein eigenes Klagerecht ein und ermöglicht ihr so, einen anschließenden Haftungsprozess grundsätzlich ohne eigenes Kostenrisiko zu führen.479 Außerdem müssen die qualifizierten Pflichtverletzungen im Zulassungsverfahren nicht nachgewiesen werden, sondern lediglich einen Verdacht begründende Tatsachen vorgetragen und bewiesen werden.480 Schließlich ist die Beschränkung des Aktionärsklagerechts auf qualifizierte Pflichtverstöße auch Ergebnis der Austarierung des eingangs geschilderten Spannungsfelds. Insbesondere bei unternehmerischen Ermessensentscheidungen wird eine Abgrenzung zwischen dem Haftungsfreiraum des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG einerseits und einer leicht fahrlässigen Pflichtverletzung andererseits oftmals schwierig sein. Vor dem Hintergrund des Spannungsfeldes, insbesondere des Aspekts der Lähmung und Risikoaversion der Verwaltung und einer erheblichen Belastung für die Gesellschaft und die betroffenen Organmitglieder sollte die Verfolgung von Ansprüchen in diesem Bereich der Gesellschaft und den besonderen Vertretern vorbehalten bleiben. Das Klagezulassungsverfahren soll, wie die Gesetzesbegründung zum UMAG zutreffend ausführt, nur in den Fällen zur Verfügung stehen, in denen wegen der besonderen Schwere der Verstöße eine Nichtverfolgung unerträglich wäre und das Vertrauen in die gute Corporate Governance erschüttern würde.481 Das Erfordernis des Verdachts einer qualifizierten Pflichtverletzung betont einmal mehr den eingangs geschilderten Ausnahmecharakter der Aktionärsklage.482 Wenn ein gravierender Pflichtenverstoß nicht verfolgt wird, drängt sich die Vermutung auf, dass die Verfolgung nicht aus nachvollziehbaren Erwägungen des Gesellschaftswohls unterbleibt, sondern aus Gründen der eingangs beschriebenen „Bisssperre“ zwischen den Verwaltungsorganen.483 Diese Einschränkung auf qualifizierte Pflichtverstöße ist außerdem ein weiterer Schutz vor einer die Gesellschaft lähmenden Welle einzelner Klagezulassungsverfahren.484 Eine Er478

Happ, in: FS Westermann, S. 971, 984. Happ, in: FS Westermann, S. 971, 984; zum „Kostenprivileg“ auch Seibert, in: FS Priester, S. 763, 770, m.w. N. 480 Happ, in: FS Westermann, S. 971, 984. Zu diesem Erfordernis und zur Darlegungs- und Beweislast siehe noch Kapitel 2 D. III. 8. d). 481 Regierungsbegründung UMAG, S. 22. Zu diesem volkswirtschaftlichen Aspekt auch bereits Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 305 f., zum US-amerikanischen Recht; siehe auch bereits Kapitel 2 D. III. 8. a) cc). 482 Koch, ZGR 2006, 269, 775; GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 128. 483 Koch, ZGR 2006, 269, 775; zur „Bisssperre“ bereits Peltzer, WM 1981, 346, 348 f. 484 Jänig, Sonderprüfung, S. 278, m.w. N. (zur Sonderprüfung). 479

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streckung de lege ferenda auch auf leichte und leichteste Pflichtverletzungen ist daher abzulehnen. Allerdings sollte der Begriff der groben Gesetzes- oder Satzungsverletzung nicht als rein verschuldensbezogen aufgefasst werden, sondern es sollten auch besondere Umstände des Einzelfalles, wie etwa ein erheblicher Schaden oder ein großer Reputationsverlust der Gesellschaft, in die Qualifikation der Gesetzes- oder Satzungsverletzung als „grob“ einbezogen werden. So kann bereits de lege lata verhindert werden, dass leichte Pflichtverletzungen, die zu erheblichen Schäden geführt haben, mangels Durchsetzungsmöglichkeit für eine Aktionärsminderheit de facto sanktionslos bleiben. Auf im Schrifttum vereinzelt als Regelungsalternativen vorgeschlagene Konstruktionen wie eine Mindestschadenhöhe als Schwellenwert für die Klageberechtigung485 oder eine Haftungshöchstgrenze bei einfacher Fahrlässigkeit486 muss daher nicht zurückgegriffen werden. (3) Generelle Kritik an dem Erfordernis des Vorliegens von Verdachtstatsachen für eine Pflichtverletzung Anlässlich der Einführung des Minderheitsrechts des § 147 Abs. 3 AktG 1998 zur gerichtlichen Bestellung eines besonderen Vertreters auf Antrag einer Aktionärsminderheit durch das KonTraG wurde vereinzelt generelle Kritik an dem Erfordernis des Vorliegens von Tatsachen, die einen – damals noch dringenden – Verdacht einer Pflichtverletzung begründen, geäußert. Bork487 wies zutreffend darauf hin, dass die Gesellschaft selbst als Anspruchsinhaberin in einem Haftungsprozess einen solchen Verdacht nicht darlegen muss, wenn sie selbst den Ersatzanspruch gegen das Organmitglied gerichtlich geltend macht.488 Die Gesellschaft muss im Prozess gegen das beklagte Organmitglied grundsätzlich nur ihren Schaden sowie ein hierfür ursächliches, möglicherweise pflichtwidriges Verhalten des Organmitglieds darlegen und beweisen.489 Das beklagte Organmitglied trägt dann seinerseits gemäß § 93 Abs. 2 S. 2 AktG die Beweislast für das Nichtvorliegen einer Pflichtverletzung oder seines Verschuldens.490 Bork plädiert daher dafür, der Aktionärsminderheit nur insoweit die Beweislast aufzuerlegen, wie diese im Haftungsprozess der Gesellschaft gegen das Verwaltungsmitglied

485

Kling, DZWIR 2005, 45, 54 f. Kling, DZWIR 2005, 45, 55; Baums, Gutachten F, 250; Peltzer, in: FS Hadding, S. 592, 598 f., 605; BDI u. a., Gemeinsame Stellungnahme zum UMAG-RefE, S. 4. 487 Bork, in: RWS Forum 10, S. 53, 62. 488 Entsprechendes gilt für die Aktionäre in dem Klageverfahren nach Zulassung der Klage. 489 Für die Ursächlichkeit kommen der Gesellschaft wiederum Beweiserleichterungen bei typischen Geschehensabläufen zugute; siehe hierzu bereits Kapitel 1 C. I. 4. d). 490 Siehe hierzu im Einzelnen Kapitel 1 C. I. 4. d). 486

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bei der Gesellschaft liege.491 Dies erscheint auf den ersten Blick – insbesondere im Hinblick auf mögliche Beweisprobleme der Aktionärsminderheit492 – plausibel, vermag aber letztendlich aus den bereits in Kapitel 2 D. III. 8. a) cc) (2) genannten Gründen nicht zu überzeugen. Ein Verzicht auf die Beweislast hinsichtlich einer Pflichtverletzung des Organmitglieds würde zudem die Gefahr missbräuchlicher Verfahren erhöhen. Wie der Rechtsausschuss im UMAG-Gesetzgebungsverfahren treffend ausgeführt hat, wird oftmals die Erwartung bestehen, „dass man da, wo ein Schaden ist, auch ein Fehlverhalten finden werde“.493 Würde man die für den Haftungsprozess geltende Beweislastverteilung übernehmen, wäre kein ausreichender Schutz gegen Missbräuche von klagebereiten Aktionären gegeben. Diese könnten bei einem Schaden der Gesellschaft (und Vorliegen von Verdachtstatsachen, die auf ein – möglicherweise – hierfür ursächliches Organverhalten schließen lassen) sowie dem Vorliegen der übrigen Klagezulassungsvoraussetzungen praktisch stets „auf gut Glück“ ein Klagezulassungsverfahren einleiten in der Hoffnung, dass das betroffene Verwaltungsmitglied sich nicht hinreichend exkulpieren kann.494 De lege ferenda ist dieser Forderung somit nicht nachzukommen. Die klagewillige Aktionärsminderheit ist im Rahmen des § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG allerdings „nur“ hinsichtlich des Vorliegens von Verdachtstatsachen, die für einen solchen Pflichtverstoß sprechen, darlegungs- und beweisbelastet, also nicht für das Vorliegen eines solchen Pflichtverstoßes selbst.495 (4) Keine Wiedereinführung des 10%-Minderheitsrechts des § 147 Abs. 1 AktG 1998 Vereinzelt wird in der Literatur angesichts der Beschränkung des Klagezulassungsverfahrens auf qualifizierte Pflichtverletzungen vorgeschlagen, das 10%ige Minderheitsrecht des § 147 Abs. 1 S. 1 AktG 1998 wieder einzuführen.496 So soll die praktische Durchsetzbarkeit der Ersatzansprüche durch eine Aktionärsminderheit weiter gestärkt werden, indem auch leichte Pflichtverletzungen wieder durch eine Aktionärsminderheit verfolgt werden könnten. Die Wiedereinführung 491

Bork, in: RWS Forum 10, S. 53, 62. Siehe hierzu auch Krieger, in: RWS Forum 8, S. 149, 157 ff., insbes. S. 158; sowie Goette, ZGR 1995, 648, 673 f. 493 Vgl. hierzu bereits Kap. 2, Fn. 355. 494 Auf diese partielle Beweislastverschiebung i. R.v. § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG als besonderer Schutzmechanismus gegen Missbräuche weist auch Seibert, in: FS Priester, S. 763, 773 hin. 495 Siehe hierzu noch Kapitel 2 D. III. 8. d). 496 AK-Lochner, AktG, § 147 Rn. 14. Gegen die Abschaffung des Minderheitsrechts nach § 147 Abs. 1 S. 1 AktG 1998 sprachen sich bereits Meilicke/Heidel, DB 2004, 1479, 1480, sowie Seibt, WM 2004, 2137, 2142 aus. Auch GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 20 merken an, dass die Abschaffung des Minderheitenrechts nach § 147 Abs. 1 S. 1 AktG 1998 zugunsten des Aktionärsklageverfahrens gemäß § 148 AktG „nicht nur Vorteile“ habe. 492

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dieses Minderheitsrechts ist jedoch abzulehnen. Mangels Eingreifens des gerichtlichen Vorprüfungsverfahrens, welches der Gesetzgeber gerade als Filter für missbräuchliche oder aussichtslose Klagen geschaffen hat,497 müsste dann wohl ebenfalls wieder die restriktive Kostenregelung des § 147 Abs. 4 AktG 1998 eingeführt werden. Die praktische Wirkung des Minderheitsrechts bliebe damit wohl, wie schon nach altem Recht, gering. Letztlich spricht auch entscheidend gegen die Wiedereinführung, dass ohne das Klagezulassungsverfahren für die Gesellschaft keine Möglichkeit besteht, auf überwiegende Gründe des Gesellschaftswohls hinzuweisen, die einer Geltendmachung der Ersatzansprüche entgegenstehen.498 b) Entstandener Schaden § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG fordert neben einem besonders qualifizierten Pflichtenverstoß auch ausdrücklich einen dadurch kausal entstandenen Schaden. Dies ist vor dem Hintergrund der Funktion des Klagezulassungsverfahrens, rechtsmissbräuchliche oder aussichtslose Klagen von vornherein auszuschalten, auch konsequent. Gegenstand des Klagezulassungsverfahrens und späteren Klageverfahrens sind stets Schadenersatzansprüche der Gesellschaft gemäß § 147 Abs. 1 S. 1 AktG.499 Das Klagezulassungsverfahren kann seine Filterfunktion daher nur erfüllen, wenn es neben einem Pflichtverstoß auch einen kausal verursachten Schaden erfordert.500 Anderenfalls wäre eine anschließend angestrengte Klage von vornherein aussichtslos. c) Vorliegen von Verdachtstatsachen Das Klagezulassungsverfahren wird nur dann Erfolg haben, wenn Tatsachen vorliegen, die den Verdacht eines vorstehend genannten qualifizierten Pflichtverstoßes und eines hierdurch kausal entstandenen Schadens rechtfertigen. Der Verdacht muss sich dabei auf alle Elemente, also sowohl auf die Unredlichkeit oder die grobe Pflichtverletzung als auch auf den Schaden beziehen.501 Letzterer muss aber nicht bereits feststehen. Es genügt, dass begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass ein Schaden eingetreten ist.502 Anders als § 147 Abs. 3 AktG 497

Siehe hierzu bereits Kap. 1, Fn. 131. Vgl. auch Regierungsbegründung UMAG, S. 20, 22; K. Schmidt, NZG 2005, 796, 798 f. Zu den entgegenstehenden überwiegenden Gründen des Gesellschaftswohls siehe noch Kapitel 2 D. III. 9. 499 Zu den von § 147 Abs. 1 S. 1 AktG umfassten Ansprüchen und der Beschränkung auf Schadenersatzansprüche siehe bereits Kapitel 1 C. I. 3. b). 500 Beides muss im Klagezulassungsverfahren nicht nachgewiesen werden, vielmehr müssen lediglich Tatsachen vorliegen, die einen solchen Verdacht rechtfertigen. 501 Spindler, NZG 2005, 865, 867. 502 Spindler, NZG 2005, 865, 867. 498

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1998, der noch einen dringenden Verdacht503 erforderte, reicht für § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG ein einfacher Verdacht aus.504 Der „einfache Verdacht“ ist ebenso wie im Falle der gerichtlichen Bestellung von Sonderprüfern gemäß § 142 Abs. 2 AktG als hinreichender Tatverdacht zu verstehen.505 Aus den vorliegenden (und zu beweisenden) Tatsachen muss sich demnach mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ergeben, dass ein qualifizierter Pflichtverstoß i. S. v. § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG und ein hierdurch kausal verursachter Schaden vorliegen.506 Für die Zulassung der Aktionärsklage genügt der bloße Verdacht. Daher entfällt das Rechtsschutzbedürfnis und damit die Zulässigkeit der Klage nach ihrer Zulassung nicht dadurch, dass sich im Klageverfahren herausstellt, dass nur ein leichter oder mittlerer Pflichtverstoß vorlag.507 Entsprechende Verdachtstatsachen können z. B. Äußerungen von Verwaltungsmitgliedern, Widersprüche im Geschäftsbericht oder in der Bilanz, ein ungewöhnlich hoher Verlust der Gesellschaft sowie Presseenthüllungen sein.508 Die nötigen Informationen können sich auch aus Praxishinweisen, staatsanwaltlichen Ermittlungen oder aus Strafprozessen ergeben.509 Vielfach wird bereits eine Sonderprüfung durchgeführt worden sein.510 d) Darlegungs- und Beweislast Für die formellen Klagezulassungsvoraussetzungen des § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2 AktG hat der Gesetzgeber ausdrücklich die Nachweispflicht durch die An503 Ein dringender Verdacht lag dann vor, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit einer Pflichtverletzung und eines hierdurch verursachten Schadens bestand; MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 63. Siehe allgemein zu den verschiedenen „Verdachtsstufen“ Jänig, Sonderprüfung, S. 282 ff. (zur Sonderprüfung). 504 So ausdrücklich Regierungsbegründung UMAG, S. 22; a. A. dagegen Happ-Tielmann, AktR, S. 2188. 505 Zum Begriff des hinreichenden Tatverdachts bei der Sonderprüfung siehe Jänig, Sonderprüfung, S. 282 ff. (zur Sonderprüfung); A/D/S, Rechnungslegung, §§ 142–146 AktG Rn. 17; MüKo-Schröer, AktG, § 142 Rn. 69; Hüffer, ZHR 174 (2010), 642, 655; i. Erg. auch Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 146 ff.; anders Happ, in: FS Westermann, S. 971, 995 f. 506 MüKo-Schröer, AktG, § 142 Rn. 69, A/D/S, Rechnungslegung, §§ 142–146 AktG Rn. 17; jeweils zur Sonderprüfung; enger: GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 146 ff.: „überwiegende Wahrscheinlichkeit“. 507 Regierungsbegründung UMAG, S. 22; Spindler, NZG 2005, 865, 867. 508 Siehe hierzu die Beispiele bei KK-Kronstein/Zöllner, AktG, 1. Aufl., § 142 Rn. 32; Jänig, Sonderprüfung, S. 286, Clemm-Lienau, SchwAG 1984, 94, 96, jeweils zur Sonderprüfung. 509 Kalweit, Fehlerhaftes Vorstands- und Aufsichtsratshandeln, S. 180; siehe auch Hommelhoff, 63. DJT, O 160 ff. zum Strafprozess als Erkenntnisquelle für Haftungsklagen. 510 Zum Zusammenhang zwischen Sonderprüfung und Klagezulassungsverfahren siehe Kapitel 2 D. III. 8. d) cc).

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tragsteller angeordnet. § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG enthält dagegen keine Aussage über Darlegungs- und/oder Beweisanforderungen an die Antragsteller. Aus dem Vergleich mit dem Wortlaut des § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2 AktG sowie aus der Tatsache, dass der Gesetzgeber die Vorgängerregelung des § 147 Abs. 3 AktG 1998 nahezu identisch übernommen hat, könnte man schließen, dass dem Antragsteller entsprechend der alten Rechtslage zu § 147 Abs. 3 AktG 1998 lediglich eine Behauptungs- bzw. Darlegungslast hinsichtlich der verdachtsbegründenden Tatsachen auferlegt werden sollte.511 Dies hätte zur Folge, dass das Gericht das Vorliegen dieser Verdachtstatsachen – unter Mitwirkung der einer Förderungspflicht unterliegenden Beteiligten – von Amts wegen zu prüfen hätte.512 Diese Ansicht ist jedoch nicht überzeugend. aa) Darlegungs- und Beweislast als Folge des Beibringungsgrundsatzes im ZPO-Verfahren Bei der Bestellung von Sonderprüfern durch das Gericht gemäß § 142 Abs. 2 AktG und bei der vor Reformierung der Aktionärsverfolgungsrechte in § 147 Abs. 3 AktG 1998 normierten gerichtlichen Bestellung von besonderen Vertretern ist bzw. war eine Behauptung der Verdachtstatsachen ausreichend; ein Beweis oder eine Glaubhaftmachung ist bzw. war nicht erforderlich.513 Dies hat bzw. hatte allerdings seinen Ursprung in der hierfür geltenden abweichenden Verfahrensart der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in der diese Verfahren betrieben werden bzw. wurden.514 Im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gibt es keine Beweisführungslast der Parteien; dort gilt vielmehr grundsätzlich der Amtsermittlungsgrundsatz.515 Für das in § 148 AktG geregelte Klagezulassungsverfahren gilt dagegen nicht wie für § 142 Abs. 2 AktG und § 147 Abs. 3 AktG 511 So z. B. Hüffer, AktG, § 148 Rn. 8; K. Schmidt, NZG 2005, 796, 800; Pansa, Aktionärsklageverfahren, S. 146; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 79; AK-Lochner, AktG, § 148 Rn. 15; Weber, Aktionärsklage, S. 225 f. 512 So ausdrücklich K. Schmidt, NZG 2005, 796, 800, mit Verweisen auf MüKoSchröer, AktG, § 147 Rn. 64 (sic!) und GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 75, jeweils zum alten § 147 Abs. 3 AktG 1998; AK-Lochner, AktG, § 148 Rn. 15; siehe auch bereits in Kap. 2, Fn. 511. 513 Siehe hierzu Hüffer, AktG, 6. Aufl., § 142 Rn. 20, § 147 Rn. 9 (zu § 147 Abs. 3 AktG 1998). 514 So verweist K. Schmidt, NZG 2005, 800 (Fn. 71, 64), als ein prominenter Vertreter dieser Ansicht, die eine Beweisführung durch die Antragsteller ablehnen, ausschließlich auf Literaturstellen zu dem im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach FGG durchgeführten Antragsverfahren gemäß § 147 Abs. 3 AktG 1998; hierzu auch Happ, in: FS Westermann, S. 971, 995. 515 Siehe hierzu noch Kapitel 3 B. I. 6. a); zur Sonderprüfung auch zu den Modifikationen des Amtsermittlungsgrundsatzes, Jänig, Sonderprüfung, S. 285 f. (mit Fn. 1624); zum Amtsermittlungsgrundsatz im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit siehe allgemein Bumiller/Harders, FamFG, § 26 Rn. 1 ff.; Keidel/Kuntze/Winkler-Schmidt, FGG, § 12 Rn. 9 ff. (zum Verfahren nach FGG).

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1998 das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, sondern das Gericht entscheidet über den Antrag auf Klagezulassung in einem Verfahren der ZPO. In diesem zivilprozessualen Verfahren gilt nicht der Amtsermittlungsgrundsatz, sondern grundsätzlich der Beibringungs- bzw. Verhandlungsgrundsatz.516 Die Antragsteller tragen folglich zunächst die volle Darlegungslast. Ins Blaue hinein aufgestellte Behauptungen oder bloße Verdächtigungen genügen hierfür allerdings nicht.517 Eine weitere Folge des Beibringungsgrundsatzes ist die Beweislast, d.h. das Risiko, im Falle der Nichtbeweisbarkeit im Rechtsstreit zu unterliegen.518 Die das Klagezulassungsverfahren betreibenden Aktionäre müssen daher nach allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen die Tatsachen beweisen,519 aus denen sich diese Verdachtsgründe ergeben. bb) Keine abweichende Betrachtung durch Qualifikation als summarisches Verfahren; keine Glaubhaftmachung Ein abweichendes Ergebnis ergibt sich auch nicht aus dem Charakter des Zulassungsverfahrens als summarisches Verfahren520 oder daraus, dass ausweislich der Gesetzesbegründung zum UMAG, durch die Voraussetzung des § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG zum Ausdruck gebracht werden solle, dass das Gericht dem Antrag nur stattgeben dürfe, wenn die Aktionärsklage hinreichende Erfolgsaussichten habe.521 Durch die Einordnung des Klagezulassungsverfahrens als summarisches Verfahren eigener Art wird lediglich dessen Charakter als quasi vorläufiges Verfah-

516 Allgemein zum Beibringungs-/Verhandlungsgrundsatz siehe Zöller-Greger, ZPO, Vor § 128 Rn. 10 ff.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Grz. § 128 Rn. 20 ff.; zu § 148 AktG siehe auch GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 149; Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 14; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 40; Koch, ZGR 2006, 769, 775 f.; Paschos/Neumann, DB 2005, 1779 f.; Winnen, Innenhaftung, S. 404. 517 Schröer, ZIP 2005, 2081, 2085; GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 142. 518 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Anh. § 286 Rn. 1. 519 So auch GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 149; Schröer, ZIP 2005, 2081, 2085; Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 151 (Fn. 28); Elster/Hackenberg, Phi 2005, 42, 44; Meilicke/Heidel, DB 2004, 1479, 1481 (Fn. 22) (mit entsprechender Kritik); Ulmer, DB 2004, 859, 863 (zweifelnd, ob der Beweis der Verdachtstatsachen die Zulassungsschwelle nicht zu hoch ansetze); Schmidt-Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 24; Happ, in: FS Westermann, S. 971, 995; Winnen, Innenhaftung, S. 402 ff.; Bürgers/Körber-Holzborn/Jänig, AktG, § 148 Rn. 8; wohl auch Spindler, NZG 2005, 865, 868; anders auch Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 79; AK-Lochner, AktG, § 148 Rn. 15; Hüffer, AktG, § 148 Rn. 8. 520 Hüffer, AktG, § 148 Rn. 10; Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 329 f.; a. A. dagegen GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 163. 521 Regierungsbegründung UMAG, S. 22.

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ren betont, in welchem keine abschließende Rechtsprüfung erfolgt.522 Der Richter muss vielmehr im Wege einer Schlüssigkeitsprüfung der vorgebrachten Verdachtstatsachen entscheiden.523 Wenn er daraufhin die Klage zulässt, bedeutet das noch nicht automatisch, dass die anschließend erhobene Haftungsklage auch Erfolg haben wird,524 sondern nur, dass die Klage hinreichende Erfolgsaussichten hat.525 Daraus ergibt sich eine gedankliche Trennung zwischen dem Vorliegen der Verdachtstatsachen einerseits und den hinreichenden Erfolgsaussichten der Haftungsklage andererseits. Die Antragsteller müssen die Tatsachen, welche den Verdacht begründen, nach allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen darlegen und beweisen.526 Das Gericht muss nach allgemeinen Beweisgrundsätzen von der Wahrheit der Tatsachen ausgehen.527 Aus diesen muss sich nach Überzeugung des Gerichts dann lediglich ein Verdacht für eine Unredlichkeit bzw. eine grobe Pflichtwidrigkeit und eine Schädigung der Gesellschaft ergeben. Es genügt also eine gewisse Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen dieser Voraussetzungen.528 Die Antragsteller müssen daher „nur“ die den Verdacht rechtfertigenden Tatsachen nachweisen, nicht zwingend auch die den Schadenersatzanspruch begründenden.529 Anders als teilweise gefordert, reicht eine Glaubhaftmachung der Verdachtstatsachen nicht aus.530 Eine Glaubhaftmachung nach § 294 ZPO, die einen geringe522 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 24; ähnlich Duve/Basak, BB 2006, 1345, 1348. Kritisch wegen der im Klagezulasssungsverfahren getroffenen endgültigen Kostenverteilung dagegen Koch, ZGR 2006, 769, 775; gegen die Einordnung als summarisches Verfahren dagegen GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 163. 523 Happ, in: FS Westermann, S. 971, 995. 524 So auch DAV-Stellungnahme zum RefE UMAG, NZG 2004, 555, 561; GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 77 (zu § 147 Abs. 3 AktG 1998). 525 Vgl. Regierungsbegründung UMAG, S. 22; näher zu dem Merkmal der hinreichenden Erfolgsaussicht Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 151. Kritisch zu dieser Plausibilitätsprüfung als wirksame Hürde für das Klagezulassungsverfahren Linnerz, NZG 2004, 307, 309. 526 Nachweise in Kap. 2 bei Fn. 519. 527 Vgl. allgemein hierzu Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 286 Rn. 16. 528 Schmidt-Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 24; Schröer, ZIP 2005, 2081, 2085; vgl. auch DAV-Stellungnahme zum RefE UMAG, NZG 2004, 555, 561; enger dagegen GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 147: „überwiegende Wahrscheinlichkeit“. 529 Schröer, ZIP 2005, 2081, 2085; DAV-Stellungnahme zum RefE UMAG, NZG 2004, 555, 561. 530 Diese wurde z. B. gefordert von Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 341; AK-Lochner, AktG, § 148 Rn. 15; widersprüchlich dagegen Baums, Bericht Regierungskommission, Rn. 73, S. 110 gegen S. 111; Seibt, WM 2004, 2137, 2144; Wilsing, ZIP 2004, 1082, 1088; Seibert/Schütz, ZIP 2004, 252 f.; wohl auch v. Rosen, BB 2004, Heft 48 VI, VII, letztere vier jeweils vor dem Hintergrund des Referentenentwurfs UMAG, S. 36; für die Einführung des Begriffs „hinreichende Erfolgsaussichten“ i. S. v. § 114 ZPO als Prüfung der Plausibilität der Anspruchsverfolgung Baums, Gutachten F 248, 261.

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ren Grad der Beweisführung darstellt,531 reicht zwar bei den summarischen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, dem Arrest und der einstweiligen Verfügung, aus.532 Sie ist aber nur in den Fällen zulässig, in denen das Gesetz diese ausdrücklich fordert bzw. ausreichen lässt.533 Eine analoge Anwendung des § 294 ZPO auf andere als die gesetzlich geregelten Fälle ist wegen des Ausnahmecharakters dieser Vorschrift grundsätzlich nicht möglich.534 cc) Stellungnahme und Folgen für die antragstellenden Aktionäre Durch die Belastung der Antragsteller mit der vollen Darlegungs- und Beweislast für die den Verdacht rechtfertigenden Tatsachen hat der Gesetzgeber eine weitere hohe Hürde für das Verfolgungsrecht von Minderheitsaktionären aufgestellt.535 Die Antragsteller müssen die auf eine qualifizierte Pflichtverletzung und einen Schaden hindeutenden Verdachtstatsachen darlegen und gegebenenfalls nachweisen.536 Dies ist als Folge des ZPO-Verfahrens konsequent. Es ist auch im Hinblick auf die „Filterfunktion“ des Klagezulassungsverfahrens sachgerecht.537 Andererseits bestehen erhebliche Informationsdefizite der klagewilligen Aktionäre. Die Aktionärsminderheit hat weder im Klagezulassungsverfahren noch im späteren Klageverfahren eine besondere Stellung in der Gesellschaft.538 Anders als ein besonderer Vertreter hat sie keine Auskunfts- oder Prüfungsansprüche gegenüber der Gesellschaft.539 Ein Recht zur Einsicht in deren Unterlagen steht ihr 531

Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 294 Rn. 1 ff. Siehe §§ 920 Abs. 2, 936 ZPO; allgemein zur Glaubhaftmachung Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 294 Rn. 1 ff. 533 Musielak-Huber, ZPO, § 294 Rn. 2; weiter dagegen Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 294 Rn. 2. 534 Thomas/Putzo-Reichold, ZPO, § 294 Rn. 3; Zöller-Greger, ZPO, § 294 Rn. 1; weiter dagegen Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 294 Rn. 2 (enge Ausnahmen denkbar); i. Erg. auch GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 149, die dies mit der abschließenden Entscheidung über die Prozessführungsbefugnis der Minderheitsaktionäre begründen; a. A. dagegen AK-Lochner, AktG, § 148 Rn. 15, der aus dem Erfordernis einer summarischen Schlüssigkeitsprüfung schließt, dass eine Glaubhaftmachung ausreiche. 535 Happ, in: FS Westermann, S. 971, 995; kritisch hierzu Ulmer, DB 2004, 859, 863. A. A. dagegen Linnerz, NZG 2004, 307, 309, der unter Vergleich zur Begründung bei den Anfechtungsklagen davon ausgeht, dass in der Plausibilitätsprüfung keine nennenswerte Hürde liegen würde. 536 Happ, in: FS Westermann, S. 971, 995. 537 Diekmann/Leuernig, NZG 2004, 249, 250; wohl auch Paschos/Neumann, DB 2005, 1779 f. 538 Kritisch DAV-Stellungnahme zum RefE UMAG, NZG 2004, 555, 561; Meilicke/ Heidel, DB 2004, 1479, 1481; wohl auch Semler, AG 2005, 321, 331. 539 Kritisch zur Abschaffung des besonderen Vertreters, insbesondere wegen der erweiterten Informationsinstrumente des an die Stelle von Vorstand bzw. Aufsichtsrat tre532

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ebenfalls nicht zu.540 Gleichzeitig wird die Verknüpfung zu und die Bedeutung von Informationsrechten der Aktionäre außerhalb des Aktionärsklageverfahrens deutlich.541 Die Aktionärsminderheit hat insbesondere die Möglichkeit, vorab eine Sonderprüfung nach § 142 AktG durchführen zu lassen, um die zur Durchführung des Klagezulassungs- und des späteren Klageverfahrens erforderlichen Informationen zu erlangen.542 Vielfach wird dies mangels anderweitiger effektiver Informationsrechte ihre einzige Möglichkeit sein, den relevanten Sachverhalt im Vorfeld des Aktionärsklageverfahrens ausreichend aufzuklären.543 Durch diese faktische Verknüpfung mit der Sonderprüfung zeigt sich einmal mehr der subsidiäre Charakter der Aktionärsverfolgungsrechte. Stellt sich im Zuge einer Sonderprüfung eine Pflichtverletzung von Vorstandsmitgliedern heraus, ist zu erwarten, dass der Aufsichtsrat schon zur Vermeidung eigener Haftungsrisiken nach den ARAG/Garmenbeck-Grundsätzen gegen diese vorgehen wird.544 Die im Vergleich zum Klagezulassungsverfahren geringeren Antragsvoraussetzungen des § 142 Abs. 2 AktG werden im dritten Kapitel beleuchtet. Eine abschließende Stellungnahme ist daher erst nach der Untersuchung der Informationsmöglichkeiten der Aktionäre möglich.

tenden besonderen Vertreters innerhalb der Gesellschaft, Seibt, WM 2004, 2137, 2142; DAV-Stellungnahme zum RefE UMAG, NZG 2004, 555, 561; Meilicke/Heidel, DB 2004, 1479, 1481; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 26; Marsch-Barner, 63. DJT, O 55, 68; aus anderen Gründen ablehnend Linnerz, NZG 2004, 307, 313; Krieger, ZHR 163 (1999), 343, 347 ff.; MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 11; Jahn, BB 2005, 5, 10. Zu den (Informations-)Rechten des besonderen Vertreters i. R.v. § 147 Abs. 2 AktG siehe Kapitel 2 C. I. 2. 540 Semler, AG 2005, 321, 331; Happ, in: FS Westermann, S. 971, 995; so wohl auch Langenbucher, DStR 2005, 2083, 2090; Wilsing, ZIP 2004, 1082, 1089. 541 Siehe hierzu noch Kapitel 3. 542 Auf diese Verknüpfung weisen u. a. Regierungsbegründung UMAG, S. 22; Koch, ZGR 2006, 769, 775 f.; Kiethe, ZIP 2003, 707, 710; Kolb, DZWIR 2006, 50, 52; Paal, DStR 2005, 426 f.; Drinhausen, BB 2008, 242; Happ, in: FS Westermann, S. 971, 995; Kirschner, Sonderprüfung, S. 9, 15, 293 f., 341 ff.; sowie GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 150; Hommelhoff, 63. DJT, O 160 Baums, Gutachten F 256; hin. Siehe auch Jänig, Sonderprüfung, S. 28: „Der Aktionär kann seine entsprechenden Rechte nur ausüben, wenn ihm die für die Beurteilung der Situation notwendigen Informationen zur Verfügung stehen. Ohne Wissen über ein Fehlverhalten von Verwaltungsmitgliedern gibt es keine (. . .) Aktionärsklage“; ähnlich auch Jahn, BB 2005, 5, 12: „unverzichtbare Vorstufe für eine Haftungsklage“. 543 Wilsing, ZIP 2004, 1082, 1089; Langenbucher, DStR 2005, 2083, 2090; Bungert/ Rothfuchs, DB 2011, 1677; Bork, in: Handbuch Corporate Governance, S. 743, 745; Kirschner, Sonderprüfung, S. 9, 15. Eine andere Einschätzung haben wohl Duve/Basak, BB 2006, 1345, 1349, die davon ausgehen, dass ein Verdacht einer qualifizierten Pflichtverletzung bei guter Sachverhaltsdarstellung dem Gericht durchaus zu vermitteln sei. 544 Semler, in: RWS Forum 8, S. 179, 230; zur ARAG/Garmenbeck-Entscheidung des BGH siehe bereits Kapitel 1 B. I.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

9. Keine entgegenstehenden überwiegenden Gründe des Gesellschaftswohls, § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 AktG § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 AktG verlangt als weitere materielle Voraussetzung für die Zulassung der Klage, dass der Geltendmachung des Ersatzanspruchs keine überwiegenden Gründe des Gesellschaftswohls entgegenstehen dürfen.545 Diese Voraussetzung wurde in Anlehnung an die ARAG/Garmenbeck-Entscheidung des BGH546 geschaffen und soll als weiteres Korrektiv gegen Klagemissbrauch dienen.547 Nach dieser höchstrichterlichen Entscheidung besteht zwar grundsätzlich eine Verfolgungspflicht durchsetzbarer Schadenersatzansprüche durch die Verwaltungsorgane. Diese dürfen aber nach dieser Entscheidung ausnahmsweise von der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen absehen, wenn gewichtige Gründe des Gesellschaftswohls dagegensprechen und diese Umstände die Gründe, die für eine Rechtsverfolgung sprechen, „überwiegen oder ihnen zumindest annähernd gleichwertig sind“.548 Anders als der BGH, der zumindest annähernd gleichwertige Gründe für ein Abstandnehmen von der Geltendmachung genügen ließ, fordert § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 AktG jetzt entgegenstehende überwiegende Gründe des Gesellschaftswohls.549 Damit soll verdeutlicht werden, dass im Regelfall bei Vorliegen der übrigen Klagezulassungsvoraussetzungen des § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1–3 AktG, die Klage zuzulassen ist.550 Um die Zulassung der Haftungsklage zu verweigern, müssen die Gesellschaftsinteressen nach Abwägung der für und wider eine Klage der Aktionärsminderheit sprechenden Kriterien erheblich schwerer wiegen.551 Hierbei sind nur Interessen der Gesellschaft, nicht auch solche der betroffenen Verwaltungsmitglieder zu berücksichtigen.552 545 Diese Einschränkung wird bei dem Geltendmachungsinitiativrecht des § 147 Abs. 1 AktG nicht gemacht. Auf Beschluss der Hauptversammlung ist die Gesellschaft verpflichtet, die Ersatzansprüche geltend zu machen, ohne dass sie der Anspruchsverfolgung entgegenstehende Gründe des Gesellschaftswohls entgegenhalten könnte. 546 BGH, BGHZ 135, 244 ff. (ARAG/Garmenbeck). 547 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 29; Regierungsbegründung UMAG, S. 22. Der BGH verwendet dabei im Leitsatz der ARAG/Garmenbeck-Entscheidung, BGH, BGHZ 135, 244 f., die Begriffe „Gesellschaftswohl“ und „Unternehmenswohl“ synonym; zu den Begriffen vgl. bereits Kap. 1, Fn. 301. 548 BGH, BGHZ 135, 244, 245, 254 ff. (ARAG/Garmenbeck). Siehe hierzu bereits Kapitel 1 B. I. 549 Kritisch zu dieser Verschärfung Seibt, WM 2004, 2137, 2144. A. A. dagegen Happ, in: FS Westermann, S. 971, 990 f., demzufolge das Tatbestandsmerkmal exakt dem vom BGH aufgestellten Grundsatz entspricht. 550 Regierungsbegründung UMAG, S. 22; Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 29; Göz/Holzborn, WM 2005, 157, 159; Weiss/Buchner, WM 2005, 162, 169; Hüffer, AktG, § 148 Rn. 9; GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 152. 551 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 29; für hohe Anforderungen an die Ablehnung eines Klagezulassungsantrags wegen entgegenstehender Gründe des Gesellschaftswohls auch Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 80, 25; Siems, ZVerglRWiss 104 (2005), 376, 386; allgemein zur Struktur der Interessenabwägung vgl. auch GKBezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 154 f.; weitergehend dagegen AK-Loch-

D. Gerichtliche Geltendmachung gemäß § 148 AktG

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a) Denkbare Fälle „überwiegender Gründe des Gesellschaftswohls“ Das Gesetz enthält keine Beispiele für solche „überwiegenden Gründe“ des Gesellschaftswohls. Die Gesetzesbegründung zum UMAG nennt als denkbare Fälle, in denen ein überwiegendes Interesse der Gesellschaft der Klageerhebung durch die Minderheitsaktionäre entgegenstehen könnte, Klagen, die auf sehr geringe Schadenssummen gerichtet sind,553 oder Fälle mehrfacher Klageerhebung.554 Die Annahme, dass im Fall einer mehrfachen Klageerhebung überwiegende Gründe des Gesellschaftswohls vorliegen, lässt sich auch darauf stützen, dass die klagenden Aktionäre nicht individuelle Ansprüche einklagen, sondern im Wege der gesetzlichen Prozessstandschaft einen Gesellschaftsanspruch einfordern.555 Es gibt also nur einen zugrunde liegenden Anspruch, dessen mehrfache Geltendmachung zwar nicht generell unzulässig sein soll,556 aber dennoch ein Ausnahmefall bleiben soll.557 Wegen der für die Gesellschaft im Falle des Unterliegens unter Umständen erheblichen Kostenfolgen558 ist ausweislich der Gesetzesbegründung zum UMAG in den Fällen, in denen die nachfolgenden Kläger weder substanziell neue Tatsachen vorbringen können, noch erkennbar neue Informationen besitzen und sich die Geltendmachung der Ersatzansprüche auch hinsichtlich der anwaltlichen Vertretung „in guten Händen“ befindet, ein Entgegenstehen überwiegender Gründe des Gesellschaftswohls denkbar.559 Die Regelung richtet sich gegen „Trittbrettner, AktG, § 148 Rn. 17, und Meilicke/Heidel, DB 2004, 1479, 1482, die einen Ausschluss aus diesen Gründen für nahezu unmöglich halten; kritisch zu § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 AktG Lutter, in: FS Schneider, S. 763, 765 („fast schon – der Todesstoß“); Peltzer, in: FS Schneider, S. 953, 957 f., 961 f.; Semler, in: FS Goette, S. 499, 508 („Blankoscheck, der jede Inanspruchnahme verhindern kann“). 552 Heermann, AG 1998, 201, 207 f.; weitergehend dagegen GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 155, die auch das „Allgemeininteresse an der Lauterbarkeit der Aktienwirtschaft und des Aktienwesens als gesamtgesellschaftliche Einrichtung“ in die Interessenabwägung einbeziehen wollen. 553 Regierungsbegründung UMAG, S. 22; GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 156. Anders wegen des Abschreckungseffekts dagegen AK-Lochner, AktG, § 148 Rn. 17. 554 Regierungsbegründung UMAG, S. 22; Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 30; a. A. dagegen AK-Lochner, AktG, § 148 Rn. 17. 555 Regierungsbegründung UMAG, S. 22. 556 Dies zeigt bereits die Vorschrift des § 148 Abs. 4 S. 4 AktG, wonach mehrere Klagen zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden sind. 557 Regierungsbegründung UMAG, S. 22. 558 Gemäß § 148 Abs. 6 S. 5 AktG muss die Gesellschaft den Klägern nach erfolgreicher Klagezulassung die von diesen zu tragenden Kosten bei einem ganzen oder teilweisen Unterliegen grundsätzlich erstatten; siehe hierzu noch Kapitel 2 D. VI. 3. 559 So Regierungsbegründung UMAG, S. 23; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 81; Seibert/Schütz, ZIP 2004, 252 f.; Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1781.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

fahrer“, die sich nach erfolgreich durchlaufenem Klagezulassungsverfahren einer Aktionärsminderheit selbst – gegebenenfalls nur wegen der Anwaltsgebühren – eine Prozessführungsbefugnis verschaffen wollen.560 Schröer561 und Linnerz562 weisen allerdings zu Recht darauf hin, dass die Eliminierung der von dem Gesetzgeber vorrangig im Blick stehenden sogenannten „Me-too-Klagen“ oftmals schwierig sein dürfte, da „professionelle“ Kläger regelmäßig in der Lage sein werden, substanziell neue Tatsachen vorzutragen oder neue Informationsquellen darzulegen. Der Nachweis des „Trittbrettfahrens“ dürfte damit häufig schwer zu führen sein. Wurde innerhalb der Klagefrist keine Haftungsklage durch die zugelassene Aktionärsminderheit erhoben, können die Gesichtspunkte von mehrfachen, nichts Neues beitragenden Klagen nicht mehr angeführt werden. Dies ergibt sich daraus, dass in diesem Fall die durch § 148 AktG verliehene AktionärsKontrollfunktion nicht mehr durch die im ersten Klagezulassungsverfahren erfolgreichen Aktionäre ausgeübt werden kann.563 Der BGH nennt in seiner ARAG/Garmenbeck-Entscheidung564 als weitere Gründe, die es ausnahmsweise rechtfertigen können, den Schaden ersatzlos hinzunehmen, negative Auswirkungen einer Klage auf die Geschäftstätigkeit und die Reputation der Gesellschaft, eine Behinderung der Vorstandstätigkeit565 und die Beeinträchtigung des Betriebsklimas. Diese Gründe können in aller Regel nicht die Klagezulassung verhindern. Anders als in dem der ARAG/Garmenbeck-Entscheidung des BGH zugrunde liegenden Fall, in dem der Aufsichtsrat die Verfolgung von Ersatzansprüchen zu prüfen hatte, findet das Klagezulassungsverfahren – zumindest bei börsennotierten Gesellschaften – regelmäßig öffentlichkeitswirksam statt und ein eventueller Ansehensverlust der Gesellschaft dürfte ohnehin schon eingetreten sein.566 Entgegen Baums567 ist nämlich nicht zu erwarten, dass Kritisch zur Feststellbarkeit durch das Gericht dagegen Happ, in: FS Westermann, S. 971, 977 f., 991, der stattdessen für die Einführung einer Antragsfrist plädiert. 560 Regierungsbegründung UMAG, S. 23; vgl. auch Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 30. 561 Schröer, ZIP 2005, 2081, 2086. 562 Linnerz, NZG 2004, 307, 310. 563 Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1781 f.; Schröer, ZIP 2005, 2081, 2087 (Fn. 59). Entsprechendes dürfte für den Fall der Beantragung der Zweit-Klagezulassung vor Ablauf der Klagefrist für die Aktionärsminderheit des ersten Zulassungsverfahrens gelten, da in diesem Fall noch unklar ist, ob die zugelassenen Aktionäre noch Klage erheben werden. 564 BGH, BGHZ 135, 244, 255 (ARAG/Garmenbeck); zu den Gründen, die einer Anspruchsverfolgung entgegen stehen können, siehe auch Heermann, AG 1998, 201, 207 ff. (zur ARAG/Garmenbeck-Entscheidung); Jaeger/Trölitzsch, ZIP 1995, 1157, 1162 f. (zur ARAG/Garmenbeck-Vorinstanz OLG Düsseldorf, ZIP 2005, 1183 ff.). 565 Entsprechendes gilt für die Aufsichtsratsarbeit, falls Aufsichtsratsmitglieder Haftungsadressaten sind. 566 Vgl. hierzu auch – differenzierend – GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 159, sowie Koch, in: FS Hüffer, S. 447, 452 (nach Zulassung der Aktionärsklage).

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die Zahl der entsprechenden Klagezulassungsverfahren derart ansteigen wird, dass ihnen dadurch ihr Ausnahmecharakter mit den entsprechenden rufschädigenden Folgen genommen wird.568 Entsprechendes gilt für die anderen vom BGH aufgeführten Gründe. Auch die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft, die Arbeit der Verwaltungsorgane und der Betriebsfrieden sind in aller Regel bereits beeinträchtigt.569 Es ist nämlich anzunehmen, dass das Klagezulassungsverfahren wegen seiner (negativen) Publizitätswirkung mit derselben „Breite und Härte“ geführt werden wird wie das spätere Klageverfahren.570 Auch die Offenlegung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen wird nur dann als entgegenstehender Grund des Gesellschaftswohls vorgebracht werden können, soweit keine prozessualen Geheimhaltungsmöglichkeiten bestehen.571 Überwiegende entgegenstehende Gründe des Allgemeinwohls kommen auch dann in Betracht, wenn die erfolgreiche Durchsetzung gegenüber dem Organmitglied von vornherein ausgeschlossen ist.572 Spindler573 sieht als weiteren denkbaren Fall den der „leichten“ Unredlichkeit an. Allein die Tatsache, dass eine Unredlichkeit nur als „leicht“ zu qualifizieren ist, darf jedoch nicht zum Vorliegen überwiegender Gründe des Gesellschaftsinteresses führen.574 Anderenfalls würde die gesetzliche Differenzierung zwischen „Unredlichkeiten“, für die keine besondere Qualifikation erforderlich ist, und groben Gesetzes- oder Satzungsverletzungen, verwischt.575 Lediglich beim 567 Baums, Bericht Regierungskommission Rn. 72; siehe hierzu bereits Kapitel 1 B. V. 2. b) sowie Kap. 1, Fn. 160. 568 Schröer, ZIP 2005, 2081, 2085. 569 Anders wohl GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 159. 570 DAV-Stellungnahme zum RefE UMAG, NZG 2004, 555, 561; Schröer, ZIP 2005, 2081, 2085; Wilsing, ZIP 2004, 1082, 1088; wohl auch Happ, in: FS Westermann, S. 971, 992. 571 So auch Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 31; AK-Lochner, AktG, § 148 Rn. 17; Winnen, Innenhaftung, S. 379; Spindler, NZG 2005, 865, 867 schlägt vor, die hinsichtlich des Sonderprüfungsberichts gemäß § 145 Abs. 4 AktG bestehenden prozessualen Möglichkeiten entsprechend anzuwenden; vgl. hierzu auch Happ, in: FS Westermann, S. 971, 992. Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 83 will durch eine Hinzuziehung externer Prüfer und Verschwiegenheitsverpflichtungen eine Offenlegung der Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse verhindern. 572 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 31; Happ, in: FS Westermann, S. 971, 992; Spindler, NZG 2005, 865, 867; Weber, Aktionärsklage S. 232 f., 234; Winnen, Innenhaftung, S. 378; siehe auch BGH, BGHZ 135, 244, 253 ff. (ARAG/Garmenbeck), zur Analyse des Prozessrisikos und zur Realisierbarkeit der Forderung durch den Aufsichtsrat. Kritisch zur Einordnung des Aspekts der Beitreibbarkeit der Klageforderung beim Gesellschaftswohl dagegen Hüffer, AktG, § 148 Rn. 3 a. E. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass die Klagezulassung auf eine bestimmte Höhe beschränkt werden kann; siehe nur Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 31. 573 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 31. 574 So auch Winnen, Innenhaftung, S. 379 f. 575 So auch Winnen, Innenhaftung, S. 379 f.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

Hinzutreten weiterer Umstände, wie beispielsweise eines nur ganz geringen Schadens, können überwiegende entgegenstehende Gründe des Gesellschaftswohls angenommen werden. b) Darlegungs- und Beweislast Wer für das Fehlen überwiegender Gründe des Gesellschaftswohls die Darlegungs- und Beweislast trägt, ist in der Literatur umstritten. Dass das Gericht nicht von Amts wegen die Tatsachen für die Berechtigung dieses Einwands ermitteln muss, wurde bereits im Kapitel 2 D. III. 8. d) dargestellt.576 Nach einer Ansicht tragen die antragstellenden Aktionäre nach den allgemeinen Grundsätzen des Zivilverfahrensrechts die Darlegungs- und Beweislast, wobei die Grundsätze zum Beweis negativer Tatsachen gelten sollen.577 Nach anderer Ansicht obliegt es der Gesellschaft ihrerseits, nach Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen des § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1–3 AktG durch die Antragsteller nachzuweisen, dass einer Geltendmachung des Ersatzanspruchs dennoch überwiegende Gründe des Gesellschaftswohls entgegenstehen.578 Dies ergibt sich nach dieser Ansicht bereits aus der Formulierung als „einen die Klagezulassung verhindernden Einwand der Gesellschaft“.579 Dem ist jedoch nicht zu folgen. Die Gesellschaft ist zwar notwendig beigeladen und vor der Entscheidung im Klagezulassungsverfahren anzuhören und in der Regel wird auch sie es sein, die auf entgegenstehende überwiegende Gründe des Gesellschaftswohls hinweist. Allerdings ist sie nicht Partei des Verfahrens.580 Bereits aus diesem Grund kann sie nicht darlegungs- und beweisbelastet sein.581 Vielmehr ist die Darlegungs- und Beweislast dem Antragsgegner aufzuerlegen. Dies ergibt sich aus dem Ausnahmecharakter des § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 AktG. Im Falle eines Verdachts i. S. v. § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG besteht eine tatsächliche Vermutung, dass solche Umstände nicht vorliegen; diese zu widerlegen, obliegt dem Antragsgegner.582 576 So aber Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 86, Hüffer, AktG, § 148 Rn. 9, K. Schmidt, NZG 2005, 796, 800, Ziemons, in: Handbuch der AG, Rz. I 11.246, die von einer Prüfung von Amts wegen ausgehen. 577 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 32. Siehe hierzu Zöller-Greger, ZPO, Vor § 284 Rn. 24. 578 Happ, in: FS Westermann, S. 971, 997. 579 Happ, in: FS Westermann, S. 971, 997. Vgl. hierzu die Regierungsbegründung UMAG, S. 22, die davon ausgeht, dass die Gesellschaft im Klagezulassungsverfahren entgegenstehende Gründe des Gesellschaftswohls einwenden kann. 580 Siehe hierzu bereits Kapitel 2 D. III. 3. 581 So auch Winnen, Innenhaftung, S. 405. 582 AK-Lochner, AktG, § 148 Rn. 16; ähnlich Pansa, Aktionärsklageverfahren, S. 150; Winnen, Innenhaftung, S. 406; Lönner, actio pro socio, S. 112; Mencke, Beiladung, S. 24 (Fn. 88); vgl. im Ergebnis auch GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 161: Vortrag durch die beigeladene Gesellschaft; Beweislast streitiger Tatsachenbehauptungen beim Antragsgegner.

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c) Hinweispflicht der Gesellschaft Die Gesellschaft soll die Aktionäre vor Antragstellung auf entgegenstehende Gründe des Gesellschaftswohls hinweisen. Tut sie dies nicht, muss sie den Antragstellern deren Kosten erstatten, wenn die Zulassung der Klage wegen entgegenstehender Gründe des Allgemeinwohls abgewiesen wird (§ 148 Abs. 6 S. 2 AktG). d) Stellungnahme Vor der UMAG-Reform wurde die fehlende Möglichkeit, das Gesellschaftswohl bei den Minderheitsrechten des § 147 Abs. 1, 3 AktG 1998 zu berücksichtigen, wiederholt bemängelt. Durch das Zulassungskriterium des § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 AktG können der Aktionärsklage nun überwiegende entgegenstehende Gründe des Gesellschaftswohls entgegengehalten werden. Zwar werden durch das Verlangen von entgegenstehenden überwiegenden Gründen des Gesellschaftswohls hohe Hürden aufgestellt. Vor dem Hintergrund der gesetzgeberischen Intention, das Abstandnehmen von der Rechtsverfolgung auf Ausnahmefälle zu begrenzen, erscheint dies jedoch sachgerecht. Auf der anderen Seite ist die – wenn auch begrenzte – Möglichkeit, missbräuchlichen „Trittbrettfahrern“ Einhalt gebieten zu können, zu begrüßen. 10. Stellung der Gesellschaft im Klagezulassungsverfahren Die Gesellschaft ist im Klagezulassungsverfahren (und im späteren Klageverfahren) beizuladen (§ 148 Abs. 2 S. 9 AktG). Hierdurch soll ihr Gelegenheit gegeben werden, auf Gründe des Gesellschaftswohls hinzuweisen, die einer Geltendmachung entgegenstehen.583 Außerdem soll sie prüfen können, ob sie selbst Klage erheben möchte.584 Als Inhaberin des behaupteten Ersatzanspruchs soll sie nach der Intention des Gesetzgebers jederzeit berechtigt sein, selbst Klage zu erheben.585 Hierdurch wird einmal mehr die Subsidiarität der Aktionärsklage deutlich.586

583

Regierungsbegründung UMAG, S. 23. Siehe zur Funktion der Beiladung und zu den Rechten des Beigeladenen noch Kapitel 2 D. III. 11. 585 Regierungsbegründung UMAG, S. 22 f.; vgl. § 148 Abs. 3 S. 1 AktG. Zuständig ist entsprechend § 148 Abs. 4 S. 1 AktG das Landgericht am Gesellschaftssitz, da es ansonsten zu einem Zuständigkeitswechsel kommen könnte, Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 38., m.w. N. 586 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 36; GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 206; kritisch zu dieser Möglichkeit dagegen Weiss/Buchner, WM 2005, 162, 169. 584

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

Erhebt die Gesellschaft Klage, entfällt für die antragstellenden Minderheitsaktionäre das Rechtsschutzbedürfnis587 und das anhängige Klagezulassungsverfahren wird unzulässig (§ 148 Abs. 3 S. 1 AktG).588 Da die Gesellschaft als Anspruchsinhaberin kein Klagezulassungsverfahren durchführen muss, findet eine sofortige Überleitung in das Klageverfahren statt. Die ehemaligen Antragsteller sind in diesem Klageverfahren beizuladen (§ 148 Abs. 3 S. 3 AktG).589 Um zu verhindern, dass die Gesellschaft nach § 148 Abs. 3 AktG rechtsmissbräuchlich Klage erhebt, um ein ihr lästiges Klagezulassungsverfahren zu beenden, sieht § 148 Abs. 6 S. 4 AktG vor, dass die Gesellschaft die Klage nur noch unter den Voraussetzungen des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG (mit Ausnahme der Sperrfrist) zurücknehmen kann.590 Sie kann sich auch nur nach den allgemeinen Regelungen des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG vergleichen.591 11. Beiladung der Aktionäre bzw. der Gesellschaft Das UMAG hat mit § 148 Abs. 2 S. 9 AktG (Beiladung der Gesellschaft im Zulassungs- und im Klageverfahren) und § 148 Abs. 3 S. 3 AktG (Beiladung der Minderheitsaktionäre nach Eintritt der Gesellschaft in das Klageverfahren bzw. nach deren eigenständiger Klageerhebung) das bis dato im Zivilrecht weitgehend unbekannte Rechtsinstitut der Beiladung592 in das Aktiengesetz eingeführt. Bedauerlicherweise regelt das Aktiengesetz weder die nähere Ausgestaltung dieses Rechtsinstituts noch die Frage der Kostentragung bei der Beiladung. Es fehlt 587

Regierungsbegründung UMAG, S. 23. Entsprechendes gilt für eine vom besonderen Vertreter gemäß § 147 Abs. 2 AktG erhobene Klage; auch diese Klage ist eine Klage „der Gesellschaft“ i. S. v. § 148 Abs. 3 S. 1 AktG; siehe nur Kling, ZGR 2009, 190, 228 f.; so wohl auch Fabritius, in: GS Gruson, S. 133, 145; vgl. auch OLG München, NZG 2010, 1392 f. (HVB/UniCredito, zur entsprechenden Anwendbarkeit des § 148 Abs. 3 AktG auf die konzernrechtliche Aktionärsklage gemäß §§ 309 Abs. 4, 310 Abs. 4, 317 Abs. 4, 318 Abs. 4 AktG). 589 Siehe hierzu Kapitel 2 D. III. 11. 590 Koch, ZGR 2006, 769, 777. 591 Die Sperrfrist des § 93 Abs. 4 S. 3 AktG greift in analoger Anwendung des § 148 Abs. 6 S. 4 AktG jedoch nicht ein. Siehe hierzu noch Kapitel 2 D. V. 6. e). Macht die Gesellschaft Ersatzansprüche nach § 117 AktG oder §§ 48, 52 AktG geltend, gilt Entsprechendes über § 117 Abs. 4, § 50 AktG. 592 Siehe § 640e ZPO a. F. (Beiladung in Kindschaftssachen) und § 856 ZPO (Beiladung bei einer Klage wegen mehrfacher Pfändung), die Formen der Beiladung vorsehen. Bei Kapitalanleger-Musterverfahren sieht § 9 Abs. 3 des Gesetzes über Musterverfahren in kapitalmarktrechtlichen Streitigkeiten (Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz – KapMuG) vom 19. Oktober 2012 (BGBl. 2012 I, S. 2182) im Folgenden „KapMuG“, ebenfalls eine Beiladung der Kläger ausgesetzter Parallelverfahren im Musterverfahren vor; eine entsprechende Vorschrift enthielt das inzwischen außer Kraft getretene Gesetz über Musterverfahren in kapitalmarktrechtlichen Streitigkeiten (Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz – KapMuG) vom 16. August 2005, BGBl. 2005 I, S. 2437, im Folgenden „KapMuG 2005“ in § 8 Abs. 3 KapMuG 2005; zu diesen und weiteren Fällen siehe Mencke, Beiladung, S. 86 ff. 588

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auch ein klarstellender Verweis auf bestimmte Verfahrensvorschriften, so dass hier viele Fragen noch offen sind.593 Eine gesetzgeberische Klärung wäre daher wünschenswert. Rechtsprechnung zu diesen – in erster Linie prozessualen Fragen – ist, soweit ersichtlich, ebenfalls noch nicht ergangen. Ausgehend vom Zweck der Beiladung werden im Folgenden mögliche Lösungsansätze aufgezeigt. a) Zwecke der Beiladung Durch eine Beiladung sollen Dritte, die nicht Kläger oder Beklagte sind, in einen Prozess anderer Beteiligter einbezogen werden.594 Die Beiladung der Gesellschaft dient primär dazu, sie am Aktionärsklageverfahren zu beteiligen und über den jeweiligen Verfahrensstand zu informieren.595 So soll ihr eine Entscheidung darüber ermöglicht werden, ob sie in den Prozeß eintreten bzw. selbst Klage erheben möchte596 oder nicht.597 Auch kann die Gesellschaft als Beigeladene einer Klagezulassung entgegenstehende Gründe des Gesellschaftswohls anführen.598 Daher sollte im Klagezulassungsverfahren eine Entscheidung erst nach Stellungnahme der Gesellschaft ergehen.599 Weber hält eine Beiladung der Gesellschaft darüber hinaus durch den verfassungsrechtlich geschützten Anspruch auf rechtliches Gehör des materiell Berechtigten gemäß Art. 103 Abs. 1 GG für geboten.600 Dieser Anspruch ist nicht auf 593 Von „Unklarheiten“ bzw. „Irritationen“ sprechen daher auch DAV-Stellungnahme zum RegE UMAG, NZG 2005, 388, 391, und Happ, in: FS Westermann, S. 971, 979. 594 Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1783. 595 Schmidt/Lutter-Mock, AktG, § 148 Rn. 42; vgl. auch Lönner, actio pro socio, S. 192. 596 Regierungsbegründung UMAG, S. 22 f. 597 Wie bereits aufgezeigt, werden die zuständigen Verwaltungsorgane zur Vermeidung eigener Haftungsrisiken nach den ARAG/Garmenbeck-Grundsätzen des BGH in aller Regel im laufenden Klagezulassungs- oder Klageverfahren selbst Klage erheben, wenn sie von den Erfolgsaussichten und der Durchsetzbarkeit der Organhaftungsansprüche im Haftungsprozess überzeugt sind. In Einzelfällen werden sie jedoch, wenn die Aktionärsklage weit fortgeschritten ist und die ordnungsgemäße Prozessführung der klagenden Aktionärsminderheit außer Frage steht, aus Kostengründen im Gesellschaftsinteresse zumindest von einer eigenen Klageerhebung absehen dürfen; enger dagegen wohl Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 124a; zum Meinungsstand siehe noch Kap. 2, Fn. 693; 694; zur ARAG/Garmenbeck-Entscheidung des BGH siehe Kapitel 1 B. I. 598 Winnen, Innenhaftung, S. 390. 599 Regierungsbegründung UMAG, S. 22; zur Klagezulassungsvoraussetzung der fehlenden entgegenstehenden Gründe des Gesellschaftswohls (§ 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 AktG) siehe bereits Kapitel 2 D. III. 9. 600 Weber, Aktionärsklage, S. 240 mit Verweis auf Fn. 918, so wohl auch GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 183 f.; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 42, Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 155, Lönner, actio pro socio, S. 164, die eine Beiladung der Gesellschaft als notwendig ansehen, da sich die Rechtskraft des Urteils auch auf die

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

Personen beschränkt, die bereits „vor Gericht“, also am Rechtsstreit beteiligt sind (sogenannte formelle Beteiligte), sondern soll darüber hinaus die Verteidigung materieller Rechte durch Beteiligung am gerichtlichen Verfahren erst ermöglichen (sogenannte materiell Beteiligte).601 Da eine Entscheidung im Klagezulassungsverfahren keine Rechtskraft für die Gesellschaft entfaltet,602 wird man dieses Argument wegen der in § 148 Abs. 5 AktG angeordneten Rechtskrafterstreckung richtigerweise erst im Klageverfahren heranziehen können. Ausweislich der Gesetzesbegründung zum UMAG soll durch die Beiladung der Aktionäre, die das Klagezulassungs- bzw. das spätere Klageverfahren initiiert haben und dadurch unter Umständen den Anstoß dazu gegeben haben, dass die Gesellschaft sich zur Geltendmachung der Ersatzansprüche entschlossen hat, diesen eine Möglichkeit zur weiteren Teilnahme am Haftungsprozess und zur Kontrolle der Anspruchsverfolgung durch die Gesellschaft gegeben werden.603 Nach Klageerhebung der Gesellschaft oder deren Eintritt in ein anhängiges Klageverfahren ist die Beiladung für diese Aktionäre die einzige Möglichkeit, an dem Prozeß weiter teilzunehmen und gegebenenfalls einer schlechten Prozessführung der Gesellschaft entgegenzusteuern.604 Über die Beiladung will der Gesetzgeber daher dem Problem entgegenwirken, dass wegen der oftmals faktischen Klagepflicht der Gesellschaft spätestens nach Zulassung der Klage die Rechtsverfolgung in der Hand der ursprünglich „klageunwilligen“ Gesellschaftsorgane liegt.605 Diese Funktion können die Aktionäre einerseits nur erfüllen, wenn ihnen entsprechende prozessuale Rechte zustehen, andererseits dürfen ihnen keine signifikanten Kostenrisiken aufgebürdet werden. b) Rechte des Beigeladenen im Prozess § 148 AktG enthält keine Regelungen über die Rechtsposition des Beigeladenen. Lediglich in der Gesetzesbegründung zum UMAG606 findet sich – ohne näGesellschaft erstrecke; a. A. Mencke, Beiladung, S. 172 ff., der die Beiladung der Gesellschaft gem. § 148 Abs. 2 S. 9 2. Alt. AktG nicht als einfachgesetzliche Konkretisierung der aus Art. 103 Abs. 1 GG folgenden gerichtlichen Informationspflicht ansieht. 601 Sodan/Ziekow-Czybulka, VwGO, § 65 Rn. 29 ff., m.w. N. Vgl. allgemein zum Schutzbereich des § 103 Abs. 1 GG im Zivilprozess, Mencke, Beiladung, S. 150 ff., mit einem Überblick zum Meinungsstand. 602 Siehe hierzu noch Kapitel 2 D. IV. 4. 603 Regierungsbegründung UMAG, S. 23; Backhaus, Beteiligung Dritter, S. 219 f.; kritisch zu einem ausreichenden Schutz der antragstellenden Aktionärsminderheit dagegen Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 156 f. 604 Vgl. auch Regierungsbegründung UMAG, S. 23; Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1783; Lönner, actio pro socio, S. 194 f., 200. 605 Linnerz, NZG 2004, 307, 311; Krieger, ZHR 163 (1999), 343, 351, der daher für die Geltendmachung durch besondere Vertreter plädierte. 606 Regierungsbegründung UMAG, S. 24.

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here Begründung – der Hinweis auf das Vorbild der §§ 65, 66 Abs. 2 VwGO für die Beiladung der Aktionärsminderheit. Im Referentenentwurf des UMAG war dagegen noch eine bloße Anhörungspflicht der Gesellschaft im Klagezulassungsverfahren vorgesehen.607 Alternativ könnte die Beiladung entsprechend den Regelungen des KapMuG oder entsprechend der in § 640e ZPO a. F.608 vorgesehenen Beiladung in Kindschaftssachen in Betracht kommen. aa) Beiladung nach dem Vorbild der §§ 9 Abs. 3, 14 KapMuG Die Rechtsstellung der nach § 9 Abs. 3 KapMuG beigeladenen Kläger und Beklagten der ausgesetzten Parallelverfahren ist in § 14 KapMuG geregelt. Sie ist an die Konzeption der Rechtsfigur der einfachen Nebenintervention gemäß § 67 ZPO angelehnt.609 Die Befugnisse des Beigeladenen nach KapMuG sind gemäß § 14 KapMuG insbesondere insoweit beschränkt, als die Erklärungen und Handlungen des Beigeladenen mit den Erklärungen und Handlungen der Hauptpartei nicht im Widerspruch stehen dürfen.610 Diese Regelung mag zwar der Konzeption des Musterverfahrens als potentielles Massenverfahren611 Rechnung tragen, der Funktion der Beiladung der das Klageverfahren initiiert habenden Aktionäre im Rahmen des § 148 AktG wird sie dagegen nicht gerecht.612 bb) Beiladung nach dem Vorbild der §§ 640e a. F., 69 ZPO Nach Zieglmeier613 und einigen weiteren Stimmen in der Literatur614 soll sich die Beiladung nach § 148 Abs. 2 S. 9 AktG615 dagegen an dem Modell der Bei607 Vgl. § 147a Abs. 2 S. 2 Referentenentwurf UMAG, S. 7; für das Klageverfahren war dagegen keine Beteiligung und sogar das Verbot der Nebenintervention in § 147a Abs. 3 S. 3 AktG vorgesehen. 608 Diese Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz – FGG-RG), Gesetz vom 17. Dezember 2008, BGBl. I S. 2586 (Nr. 61) aufgehoben. 609 So die Regierungsbegründung KapMuG 2005, S. 28. Zur Rechtsposition des Beigeladenen nach KapMuG (noch zu KapMuG 2005) siehe auch Vorwerk/Wolf-Lange, KapMuG, § 12 Rn. 3 ff., m.w. N. (zu KapMuG 2005), Mencke, Beiladung, S. 116 ff. 610 Vgl. auch die Parallelvorschrift des § 67 ZPO zur einfachen Nebenintervention. 611 Vgl. insoweit die Einschätzung bei Vorwerk/Wolf-Lange, KapMuG, § 12 Rn. 2 (zu KapMuG 2005), der mit mehreren hundert oder tausenden von Verfahren rechnet. 612 Ablehnend auch Winnen, Innenhaftung, S. 391 f. (zu KapMuG 2005); Mencke, Beiladung, S. 144 f. (zu KapMuG 2005); Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1783: „völlig unterschiedliche Bedeutung“ (zu KapMuG 2005); für eine Übereinstimmung der Begriffe der Beiladung im UMAG und KapMuG dagegen Knappke, Effizienz, S. 192 f. (zu KapMuG 2005). 613 Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 153 ff. 614 GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 184 ff., 215, 234; für eine Übertragung der Grundsätze der Beiladung des § 640e Abs. 1 ZPO a. F. auch Backhaus, Be-

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ladung des § 640e ZPO a. F. orientieren. Danach erhielte der Beigeladene die Stellung eines streitgenössischen Nebenintervenienten gemäß § 69 ZPO und könnte selbst trotz Widerspruchs der unterstützten Partei Angriffs- und Verteidigungsmittel vorbringen sowie Prozesshandlungen vornehmen.616 Zieglmeier weist zutreffend darauf hin, dass die typischen Formen einer Beteiligung Dritter im Zivilprozess die Streitverkündung (§§ 72 ff. ZPO), die Nebenintervention (§§ 66 ff. ZPO) und die streigenössische Nebenintervention (§ 69 ZPO) sind, bei denen die Initiative für die Beteiligung Dritter stets von den Verfahrensparteien oder von dem Dritten ausgeht.617 Dies folgt aus dem Grundsatz der im Zivilprozess geltenden Verhandlungsmaxime, die eine prozessuale Beteiligung Dritter ohne deren Willen grundsätzlich ausschließt.618 Anderes gilt wegen des Untersuchungsgrundsatzes für den Verwaltungsprozess: dort fällt es in die Zuständigkeit des Gerichts, durch die einfache (§ 65 VwGO) oder die notwendige (§ 66 VwGO) Beiladung Dritte am Prozess zu beteiligen.619 § 640e ZPO a. F. bezweckte, einem Dritten, dessen Rechtsstellung durch die gerichtliche Entscheidung betroffen war, zu ermöglichen, dem Verfahren als streitgenössischer Nebenintervenient i. S. v. § 69 ZPO beizutreten.620 Zieglmeier plädiert daher unter Vergleich mit den Zwecken des § 640e ZPO a. F. für eine Orientierung der Beiladung der Gesellschaft an der Systematik der Beiladung nach § 640e ZPO a. F. Diese Ansicht ist jedoch nicht überzeugend.621 Das Argument Zieglmeiers,622 die Gesellschaft stünde als Inhaberin des Ersatzanspruchs den Aktionären näher als dem Beklagten und werde daher im Prozess grundsätzteiligung Dritter, S. 218 ff.; für einen Beitritt der Gesellschaft als streitgenössische Nebenintervenientin auch Bürgers/Körber-Holzborn/Jänig, AktG, § 148 Rn. 11 (anders noch die Vorauflage, Bürgers/Körber-Holzborn, AktG, 1. Aufl., § 148 Rn. 11); für die Beiladung nach § 148 Abs. 2 S. 9 und Abs. 3 S. 3 AktG als streitgenössische Nebenintervention kraft „autonomer“ Auslegung dagegen Mencke, Beiladung, S. 147 ff.; 179 ff., 200 ff. 615 Entsprechendes wird für die Beiladung der Aktionärsminderheit nach Klageerhebung der Gesellschaft oder Übernahme des Klageverfahrens gemäß § 148 Abs. 3 S. 3 AktG gelten. 616 Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 156 f.; BGH, BGHZ 89, 121, 124; BGH, NJW-RR 99, 285 f.; vgl. auch Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 69 Rn. 9. 617 Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 153, m.w. N. 618 Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 153, m.w. N.; gegen dieses Argument dagegen Backhaus, Beteiligung Dritter, S. 219, der die Ablehnung der verwaltungsprozessualen Beiladungslösungen mit dem Grundsatz des Zweiparteienprozesses im Zivilprozess begründet. 619 Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 153, m.w. N.; Happ, in: FS Westermann, S. 971, 981. 620 Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 154, m.w. N.; Happ, in: FS Westermann, S. 971, 980; Mencke, Beiladung, S. 95 f. GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 184, 215; Backhaus, Beteiligung Dritter, S. 216, 218 ff. 621 So auch Winnen, Innenhaftung, S. 393 f.; Lönner, actio pro socio, S. 200 f. 622 Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 155.

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lich die klagenden Aktionäre unterstützen, was typisch für die streitgenössische Nebenintervention nach § 69 ZPO sei, überzeugt nicht.623 In Fällen, in denen die Gesellschaft trotz ihrer grundsätzlichen eigenständigen Verfolgungspflicht das Klageverfahren nicht übernimmt oder selbständig Klage erhebt, ist von dieser näheren Beziehung zu den Aktionären gerade nicht auszugehen.624 Auch der Vergleich mit § 640e ZPO a. F. als Fall rechtlichen Gehörs für in eigenen Rechten betroffene Dritte625 vermag allenfalls in Bezug auf die Gesellschaft als Inhaberin der Ersatzansprüche zu überzeugen, nicht dagegen in Bezug auf die beizuladenden Aktionäre.626 Letztlich lässt sich, wie Happ treffend ausführt, hinsichtlich des eindeutigen Gesetzeswortlauts eine „Beiladung“ auch nicht in eine „streitgenössische Nebenintervention“ umdeuten.627 cc) Beiladung nach dem Vorbild der §§ 65, 66 Abs. 2 VwGO Mangels Alternativen und ausweislich der Gesetzesbegründung zum UMAG orientiert sich die Beiladung der Gesellschaft bzw. der Minderheitsaktionäre im Rahmen des Aktionärsklageverfahrens gemäß § 148 AktG an dem im öffentlichen Recht verankerten Vorbild der notwendigen Beiladung nach §§ 65 Abs. 2, 66 VwGO.628 Im Unterschied zum Rechtsinstitut der streitgenössischen Neben623

So auch Winnen, Innenhaftung, S. 394. So auch Winnen, Innenhaftung, S. 394. 625 Siehe hierzu Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 154. 626 So i. Erg. auch Backhaus, Beteiligung Dritter, S. 220; i. Erg. hinsichtlich der beizuladenden Aktionäre auch Mencke, Beiladung, S. 157 ff., mit ausführlicher Begründung zur fehlenden materiellen Betroffenheit der das Klageverfahren betreibenden Aktionäre; der jedoch auch die Beiladung der Gesellschaft gem. § 148 Abs. 2 S. 9 2. Alt. AktG nicht als einfachgesetzliche Konkretisierung der aus Art. 103 Abs. 1 GG folgenden gerichtlichen Informationspflicht ansieht, siehe Mencke, Beiladung, S. 172 ff. Den Fall der Beiladung der Aktionärsminderheit behandelt Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 153 ff., allerdings nicht. 627 Happ, in: FS Westermann, S. 971, 981; so auch Winnen, Innenhaftung, S. 393; a. A. Backhaus, Beteiligung Dritter, S. 218 (§ 640e ZPO a. F. spreche ebenfalls von Beiladung). 628 Regierungsbegründung UMAG, S. 23, 24 („Beiladung von Gesetzes wegen“), S. 24 („Beigeladener nach dem Vorbild der §§ 65 Abs. 2, 66 VwGO“); so auch Hüffer, AktG, § 148 Rn. 12; Ziemons, in: Handbuch der AG, Rz. I 11.248; Spindler, NZG 2005, 865, 868 (Fn. 45); Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1783; vgl. auch Winnen, Innenhaftung, S. 394 ff. (ausführlich zur Begründung einer Analogie zu §§ 65, 66 VwGO); wohl auch Schröer, ZIP 2005, 2081, 2086; kritisch, im Ergebnis zustimmend und an manchen Stellen für eine teleologische Reduktion plädierend, auch Happ, in: FS Westermann, S. 971, 979 ff. A. A. dagegen Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 155; Bürgers/Körber-Holzborn/Jänig, AktG, § 148 Rn. 11 (anders noch die Vorauflage, Bürgers/KörberHolzborn, AktG, 1. Aufl., § 148 Rn. 11); ablehnend auch Mencke, Beiladung, S. 126 ff.; kritisch auch Weiss/Buchner, WM 2005, 162, 169 (Fn. 84). Zur Beiladung im öffentlichen Recht siehe nur die Kommentierungen bei Eyermann/Fröhler-Schmidt, §§ 65, 66 VwGO; Kopp/Schenke, §§ 65, 66 VwGO. 624

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intervention müssen die Beteiligten nach öffentlichem Recht dem Rechtsstreit nicht gesondert beitreten. Die Beiladung wird vielmehr von Amts wegen angeordnet.629 Dies hat zur Folge, dass Beteiligte selbst ohne bzw. gegen ihren Willen als Verfahrensbeteiligte in den Rechtsstreit einbezogen werden können.630 Ob diese Zwangseinbindung auch auf das zivilprozessuale Klagezulassungs- und Klageverfahren übertragbar ist, ist fraglich.631 Zu denken wäre daher etwa an eine Beitrittserklärung analog § 70 ZPO632 oder an eine entsprechende Austrittsmöglichkeit. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Vorschriften der §§ 65, 66 VwGO nur als „Vorbild“ dienen und nur insoweit übernommen werden können, als es dem Wesen des ZPO-Verfahrens entspricht.633 Dem Beigeladenen kommen als selbständig Verfahrensbeteiligtem 634 weitgehende Rechte zu. Anders als ein Nebenintervenient gemäß § 66 ZPO oder ein streitgenössischer Nebenintervenient gemäß § 69 ZPO ist ein notwendig Beigeladener nicht nur auf Seiten entweder des Klägers oder des Beklagten am Verfahren beteiligt.635 Er ist in der Lage, seine Interessen eigenständig, notfalls auch gegen beide Parteien zu vertreten.636 Im Verfahren verfügt ein Beigeladener grundsätzlich über alle Rechte eines Beteiligten. 637 Er muss zu allen Terminen geladen werden, alle Schriftsätze und Entscheidungen müssen ihm zugestellt werden, und er kann die Teilnahme an sämtlichen Verhandlungen und Beweisterminen sowie Akteneinsicht verlangen.638 Einem einfachen Nebenintervenienten 629

Happ, in: FS Westermann, S. 971, 980. Happ, in: FS Westermann, S. 971, 981 zur Beiladung der Gesellschaft; hiervon scheint auch AK-Lochner, AktG, § 148 Rn. 25 (Beiladung kraft Gesetzes), auszugehen. 631 Ablehnend jeweils GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 184 f.; Mencke, Beiladung, S. 147 ff. (die allerdings von einer streitgenössischen Nebenintervention ausgehen); Lönner, actio pro socio, S. 202; unentschieden Weber, Aktionärsklage, S. 243 (zur konzernrechtlichen Aktionärsklage nach § 309 Abs. 4 AktG). Happ, in: FS Westermann, S. 971, 981, und Winnen, Innenhaftung, S. 393 (zur Beiladung der Gesellschaft), S. 442 (zur Beiladung der Aktionäre) scheinen hiervon auszugehen. 632 Hierfür Lönner, actio pro socio, S. 202. 633 Ähnlich auch Happ, in: FS Westermann, S. 971, 981, der gegebenenfalls für eine teleologische Reduktion der Beiladungsvorschriften der §§ 65, 66 VwGO für das ZPOVerfahren plädiert; ähnlich auch Lönner, actio pro socio, S. 203 ff. 634 Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1784; zur prozessualen Stellung des Beigeladenen als Beteiligter im öffentlichen Recht siehe Kopp/Schenke, VwGO, § 66 Rn. 1. 635 Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1784; Redeker/v.Oertzen, VwGO, § 66 Rn. 1; vgl. auch Lönner, actio pro socio, S. 113, m.w. N.: „Wahrung ihrer eigenen Interessen“, „neutraler Dritter“, „unabhängige prozessuale Stellung“, ders., S. 114, 200. 636 Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1784; Redeker/v.Oertzen, VwGO, § 66 Rn. 1; zur notwendigen Beiladung i. R.v. § 148 AktG auch Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 8. 637 Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1784; Kopp/Schenke, VwGO, § 66 Rn. 3 (zum öffentlichen Recht). 638 Kopp/Schenke, VwGO, § 66 Rn. 3; hierzu und zu weiteren Rechten des Beigeladenen im öffentlichen Recht siehe auch Rn.1 ff.; Sodan/Ziekow-Czybulka, VwGO, § 66 Rn. 9 ff. 630

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sind Handlungen und Erklärungen untersagt, soweit diese mit den Handlungen und Erklärungen der Hauptpartei im Widerspruch stehen (§ 67 ZPO).639 Der Beigeladene dagegen kann insbesondere auch von den Parteien abweichende Verfahrensanträge640 stellen. Infolge der Ausgestaltung der Beiladung der Gesellschaft gemäß § 148 Abs. 2 S. 9 AktG bzw. der Beiladung der Aktionärsminderheit gemäß § 148 Abs. 3 S. 3 AktG als notwendige Beiladung, kann ein Beigeladener darüber hinaus auch abweichende Sachanträge stellen.641 Diese eigenständige Position trägt der den Beigeladenen im Innenhaftungsprozess zugedachten Kontrollstellung Rechnung.642 c) Einschränkung der prozessualen Rechte für beigeladene Aktionäre Die prozessuale Stellung der Minderheitsaktionäre ist jedoch dadurch eingeschränkt, dass die Beigeladenen keine Verfügungen über den Streitgegenstand und den Prozess vornehmen dürfen und an entsprechende Verfügungen der Parteien gebunden sind.643 Daher darf ein Beigeladener die Klage weder zurücknehmen noch ändern; auch darf er keinen Prozessvergleich mit einem der Hauptbeteiligten abschließen oder den Rechtsstreit für erledigt erklären.644 Im Wesentlichen stehen den beigeladenen Minderheitsaktionären daher die Mittel eines ergänzenden Sachvortrags und die Stellung von Beweisanträgen zur Verfügung.645 Umgekehrt können die beigeladenen Minderheitsaktionäre eine Verfahrensbeendigung, etwa durch eine Klagerücknahme oder durch einen Vergleich zwischen der in den Rechtsstreit eingetretenen Gesellschaft und dem beklagten Organmitglied, nicht verhindern.646 Ein solcher Vergleich bedarf auch nicht der Zustim639 Diese Einschränkung gilt dagegen nicht für den streitgenössischen Nebenintervenienten gemäß § 69 ZPO; vgl. hierzu BGH, NJW-RR 99, 285; Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, ZPO, § 69 Rn. 9, m.w. N. 640 Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1784; siehe hierzu für das öffentliche Recht, Redeker/v.Oertzen, VwGO, § 66 Rn. 7. 641 Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1784; Winnen, Innenhaftung, S. 400; siehe auch für das öffentliche Recht, Eyermann/Fröhler-Schmidt, VwGO, § 66 Rn. 9 ff.; a. A. dagegen Lönner, actio pro socio, S. 203. 642 Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1784; Weber, Aktionärsklage, S. 241 (zur konzernrechtlichen Aktionärsklage gemäß § 309 AktG); a. A. dagegen Mencke, Beiladung, S. 126 ff., 128 ff., der vielmehr ein Kontrolldefizit in der mangelnden Abwehrmöglichkeit von Versäumnisurteilen gegen die Gesellschaft durch den Beigeladenen sieht. 643 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 8; Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1784; siehe auch Mencke, Beiladung, S. 82 ff., m.w. N. Mencke, Beiladung, S. 126 ff., 203 f. weist darüber hinaus auf eine fehlende Befugnis des Beigeladenen, Versäumnisurteile gegen die Gesellschaft abzuwehren, hin. 644 Sodan/Ziekow-Czybulka, VwGO, § 66 Rn. 12 (für das öffentliche Recht); vgl. auch speziell zum Vergleich Schröer, ZIP 2005, 2081, 2086. 645 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 8; Spindler, NZG 2005, 865, 868. 646 Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1784; Koch, ZGR 2006, 769, 777; Spindler, NZG 2005, 865, 868; vgl. auch Gegenäußerung Bundesregierung zum UMAG, S. 43.

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mung der das Klagezulassungs- oder Klageverfahren initiiert habenden Minderheitsaktionäre, denn Klagegegenstand ist ein Anspruch der Gesellschaft und die Minderheitsaktionäre sind nicht in eigenen materiellen Rechten unmittelbar betroffen.647 Einem daraus resultierenden potentiellen Missbrauchsrisiko soll dadurch entgegengesteuert werden, dass eine Klagerücknahme der Gesellschaft nach § 148 Abs. 6 S. 4 AktG nur unter Beachtung des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG (mit Ausnahme der Sperrfrist) zulässig ist.648 Sie setzt daher die Zustimmung der Hauptversammlung voraus und ist nur dann möglich, wenn nicht eine Aktionärsminderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals erreichen, Widerspruch erhebt.649 Entsprechendes soll auch für einen Vergleich oder Verzicht durch die Gesellschaft gelten.650 Diese Einschränkung der prozessualen Rechte der Minderheitsaktionäre ist teilweise auf Kritik gestoßen.651 Zieglmeier652 plädiert bei offensichtlich rechtsmissbräuchlichem Verhalten der Verwaltungsorgane für ein Vetorecht der beigeladenen Aktionäre hinsichtlich einer Klagerücknahme bzw. einer (übereinstimmenden) Erledigterklärung mit der Folge, dass diese als unwirksam anzusehen seien. Dieser Vorschlag ist aus Gründen der Rechtssicherheit allerdings abzulehnen, denn bei Prozesshandlungen muss die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit eindeutig erkennbar sein; Streit über das Bestehen oder Nicht-Bestehen eines Vetorechts ist daher zu vermeiden.653 d) Stellung der Gesellschaft als Beigeladene Für die Gesellschaft als Inhaberin des Ersatzanspruchs stellt sich die Situation anders dar, die Gesellschaft ist nicht auf ihre Rechte als Beigeladene beschränkt, Für das öffentliche Recht Sodan/Ziekow-Czybulka, VwGO, § 66 Rn. 13; enger dagegen Redeker/von Oertzen, VwGO, § 66 Rn. 10. Siehe zur Wirksamkeit einer solchen Klagerücknahme oder eines solchen Vergleichs allerdings §§ 148 Abs. 6 S. 4, 93 Abs. 6 S. 3, 4 AktG. 647 Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1784; Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 37, 52; Hüffer, AktG, § 148 Rn. 21; Rahlmeyer, Vorstandshaftung, S. 119 f.; siehe auch Regierungsbegründung UMAG, S. 24; so Gegenäußerung Bundesregierung zum UMAG, S. 43 (für Vergleichsabschlüsse durch die Gesellschaft); zur Mitwirkungspflicht des Beigeladenen bei eigener Rechtsbetroffenheit siehe auch (für das öffentlichen Recht) Eyermann/Fröhler-Schmidt, VwGO, § 66 Rn. 4. 648 Koch, ZGR 2006, 769, 777. 649 Es besteht daher eine Quorendiskrepanz zwischen der Möglichkeit, einen Haftungsprozesses einzuleiten (1% des Grundkapitals oder ein anteiliger Betrag von 100.000 EUR) und dem Widerspruchsrecht für Vergleiche (10% des Grundkapitals); siehe auch Spindler, NZG 2005, 865, 868. Erreicht die Aktionärsminderheit diese Schwelle nicht, kann sie einen solchen Vergleich daher nicht verhindern. 650 Siehe hierzu noch Kapitel 2 D. V. 6. e) bb). 651 Siehe nur Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 156 f., m.w. N. 652 Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 156 f., m.w. N. 653 I. Erg. auch Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 119.

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sondern kann den Ersatzanspruch jederzeit selbst gerichtlich geltend machen mit der Folge, dass ein anhängiges Klagezulassungsverfahren hierdurch unzulässig wird (§ 148 Abs. 3 AktG).654 e) Kostenregelung: Einschränkung der praktischen Wirksamkeit des Beigeladenenstatus für die beigeladenen Aktionäre Trotz der Einschränkung der Verfügungsmöglichkeiten über den Streitgegenstand und den Prozess haben die beigeladenen Aktionäre grundsätzlich wirksame Einflussnahme- und Kontrollmöglichkeiten. Dennoch stellt sich die Frage, ob sie in der Praxis von diesen Rechten Gebrauch machen werden. Ein entscheidendes Kriterium hierfür dürfte wiederum die Kostenregelung sein. Ebenso wie für die Frage, ob eine Aktionärsminderheit überhaupt das Klagezulassungs- und später das Klageverfahren betreiben wird, dürfte es auch für die aktive Weiterverfolgung ihrer Rechte als Beigeladene maßgeblich auf das für sie damit verbundene Kostenrisiko ankommen. Hierbei ist einerseits zu unterscheiden zwischen dem Risiko, die Prozesskosten (mit-)tragen zu müssen, und andererseits der Frage, ob ein eigener materieller Kostenerstattungsanspruch des Beigeladenen für seine Kosten, einschließlich derer seines Verfahrensbevollmächtigten, besteht. Das öffentliche Recht hält mit den Vorschriften der §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO spezielle Kostenvorschriften für den Fall der Beiladung bereit. § 148 AktG enthält dagegen keine Kostenvorschriften für die Beiladung. Statt einer analogen Anwendung der §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO wäre auch eine entsprechende Anwendung der Kostenregelungen bei der streitgenössische Nebenintervention gemäß §§ 101 Abs. 2, 100 ZPO denkbar. aa) Beteiligung an den Prozesskosten im Falle des Unterliegens der Gesellschaft Zunächst stellt sich die Frage, ob den beigeladenen Aktionären im Falle des Unterliegens der Gesellschaft ein Teil der Prozesskosten auferlegt werden kann. Dies hätte erhebliche (negative) Auswirkungen auf die Bereitschaft der Aktionärsminderheit, sich am Klageverfahren der Gesellschaft weiter zu beteiligen, wenn insoweit kein Kostenerstattungsanspruch gegenüber der Gesellschaft bestünde. In Betracht käme zunächst eine entsprechende Anwendung der zivilprozessualen Vorschriften der streitgenössischen Nebenintervention gemäß §§ 101 Abs. 2,

654 Siehe hierzu noch Kapitel 2 D. IV. 3.; zum Wahlrecht der Gesellschaft in einem späteren Klageverfahren, das Klageverfahren in der Lage zu übernehmen, in der sich das Verfahren im Zeitpunkt der Übernahme befindet, oder eine neue Klage zu erheben, siehe Kapitel 2 D. V. 6. c).

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100 ZPO.655 Obsiegt die Gesellschaft, wären demnach auch die Kosten des Beigeladenen von dem beklagten Organmitglied zu tragen. Wird die Klage dagegen abgewiesen, tragen die Beigeladenen grundsätzlich die Kosten des Verfahrens zusammen mit der Gesellschaft nach Kopfteilen (§ 100 Abs. 1 ZPO).656 Diese Regelung würde für die beigeladenen Aktionäre ein nicht unerhebliches Kostenrisiko bedeuten, da sie ab Ausscheiden aus dem Prozess mit dem anteiligen Kostenrisiko belastet wären.657 Sieht man die Beiladung im Rahmen des § 148 AktG gerade nicht als vom Typus mit der streitgenössischen Nebenintervention vergleichbar an, spricht dies auch gegen eine entsprechende Anwendung der Kostenvorschriften der §§ 101 Abs. 2, 100 ZPO. Insbesondere dann, wenn man entgegen der hier vertretenen Auffassung eine Beitrittserklärung für nicht erforderlich oder ein „Austrittsrecht“ für nicht gegeben hält, erscheint eine anteilige Kostenbelastung für zwangsweise an einem Rechtsstreit festgehaltene Aktionäre nicht vertretbar. Eine entsprechende Anwendung von § 154 Abs. 3 VwGO liegt deswegen näher. Nach § 154 Abs. 3 VwGO können dem Beigeladenen Kosten nur auferlegt werden, wenn er Sachanträge gestellt658 oder Rechtsmittel eingelegt hat. Eine Ausnahme gilt allerdings dann, wenn die Kosten durch Verschulden des Beigeladenen entstanden sind (§ 154 Abs. 3 Hs. 2 VwGO i.V. m. § 155 Abs. 4 VwGO). § 154 Abs. 3 VwGO ist keine eigene Haftungsnorm, sondern gilt in Verbindung mit den übrigen Kostenvorschriften, die für den Beigeladenen über die Vorschrift des § 154 Abs. 3 VwGO für anwendbar erklärt werden.659 Der Beigeladene trägt hiernach nicht nur eventuelle Mehrkosten, die durch seinen Antrag entstanden sind.660 Vielmehr trägt er die Kosten des Verfahrens als unterliegender Teil antei655

So wohl Backhaus, Beteiligung Dritter, S. 247, 226 ff. (für die Frage der Kostenanspruchs), m.w. N., der für eine Beiladung nach dem Vorbild des § 640e Abs. 1 ZPO a. F. plädiert. Unentschieden dagegen Weber, Aktionärsklage, S. 243 (zur konzernrechtlichen Aktionärsklage); wohl auch Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1784. 656 Tritt die Gesellschaft gemäß § 148 Abs. 3 AktG in ein anhängiges Klageverfahren der Aktionäre ein, findet ein gesetzlicher Parteiwechsel entsprechend der Regelung des § 265 Abs. 2 ZPO statt. Dieser ist ausnahmsweise zustimmungsfrei möglich. Für die bis dahin entstandenen Kosten haben die Aktionäre einen Kostenerstattungsanspruch (§ 148 Abs. 6 S. 4 AktG). 657 Man könnte allerdings an eine Anwendung des § 100 Abs. 2 ZPO denken, wonach das Gericht bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit nach seinem Ermessen die Beteiligung zum Maßstab für die Kostenentscheidung nehmen kann. Zu den Voraussetzungen des § 100 Abs. 2 ZPO siehe Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 100 Rn. 31 ff. 658 Hierunter fallen nur Sachanträge, die Stellung von reinen Verfahrensanträgen begründet dagegen keine Kostentragungspflicht; vgl. hierzu nur Eyermann/FröhlerRennert, VwGO, § 154 Rn. 9 (für das öffentliche Recht); zum Begriff des Sach- und Prozessantrags siehe Thomas/Putzo-Reichold, ZPO, § 297 Rn. 1 f. 659 Sodan/Ziekow-Neumann, VwGO, § 154 Rn. 61, 66 ff. (für das öffentliche Recht). 660 Sodan/Ziekow-Neumann, VwGO, § 154 Rn. 73 (für das öffentliche Recht).

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lig mit einem der Hauptbeteiligten (§ 159 Abs. 1 VwGO, § 100 ZPO), falls er diesen durch einen gleichgerichteten Antrag unterstützt, dieser Antrag jedoch erfolglos bleibt.661 Diese Vorschrift kommt dem Zweck der Beiladung näher, eine effektive Kontrolle der Prozessführung durch die Verwaltungsorgane zu ermöglichen. So können beigeladene Aktionäre zumindest Verfahrensanträge, insbesondere Beweisanträge, stellen, ohne mit dem Risiko der teilweisen Auferlegung der Prozesskosten belastet zu werden. Die außergerichtlichen662 Kosten des Beigeladenen sind nur dann erstattungsfähig, wenn das Gericht diese aus Billigkeit der unterliegenden Partei (dem beklagten Organmitglied) oder der Staatskasse663 auferlegt (§ 162 Abs. 3 VwGO). Eine solche Billigkeitsentscheidung erfolgt in der Regel dann, wenn der Beigeladene erfolgreich einen Sachantrag gestellt oder Rechtsmittel eingelegt und sich dadurch dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt oder den Prozeß sonst wesentlich gefördert hat.664 bb) Kein materiellrechtlicher Kostenerstattungsanspruch gegen die Gesellschaft § 148 Abs. 6 S. 4 AktG enthält nur eine Regelung, wonach die Gesellschaft nach Klageerhebung oder Übernahme eines anhängigen Klageverfahrens etwaige bis zu diesem Zeitpunkt entstandene Kosten der Antragsteller trägt. Die Beigeladenen haben daher nach allgemeiner Ansicht keinen Kostenerstattungsanspruch gegenüber der Gesellschaft und müssen ihre Rechtsanwaltskosten und sonstige Aufwendungen selbst tragen.665 Selbst wenn man eine teilweise Auferlegung von Prozesskosten entsprechend § 154 Abs. 3 VwGO annimmt, sind diese Kosten, soweit sie nach Klageerhebung der Gesellschaft oder Eintritt in das Klageverfahren entstehen, nicht erstattungsfähig.

661 Sodan/Ziekow-Neumann, VwGO, § 154 Rn. 74 (für das öffentliche Recht). Bei der Beiladung gemäß § 148 AktG kommt nur die Unterstützung der Gesellschaft durch die beigeladenen Aktionäre in Betracht. 662 Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nach öffentlichem Recht schließen auch die Kosten eines Bevollmächtigten ein, wenn der Beigeladene diesen für seine Rechtsverfolgung für erforderlich halten durfte, Kopp/Schenke, VwGO, § 162 Rn. 23, m.w. N. 663 Anders als im Verwaltungsverfahren kommt in dem nach zivilprozessualen Grundsätzen geführten Haftungsklageverfahren nur in Betracht, die Kosten der unterliegenden Partei aufzuerlegen. 664 Eyermann/Fröhler-Schmidt, VwGO, § 162 Rn. 17 (für das öffentliche Recht). 665 So ausdrücklich Gegenäußerung Bundesregierung zum UMAG, S. 43; so auch im Ergebnis Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 152; Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1784; unentschieden Bürgers/Körber-Holzborn/Jänig, AktG, § 148 Rn. 22; a. A. dagegen Backhaus, Beteiligung Dritter, S. 247 (zur Beiladung nach dem Vorbild des § 640e Abs. 1 FGG a. F.).

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Angesichts der gesetzgeberischen Intention, den Aktionären, die die Geltendmachung der Ersatzansprüche durch ihren Antrag auf Klagezulassung oder ihre Klage erst initiiert haben, eine Kontrolle der Prozessführung durch die Verwaltungsorgane möglich zu machen, stößt dies auf erhebliche Bedenken.666 In einem Klageverfahren, in dem es oft um erhebliche Streitwerte geht, ist daher zu befürchten, dass sich die Aktionäre nach Eintritt bzw. selbständiger Klageerhebung der Gesellschaft aus Furcht vor einer Kostenbelastung aus dem Verfahren zurückziehen bzw. sich passiv verhalten werden. Hierdurch ist die Kontrollfunktion der beigeladenen Aktionäre gefährdet.667 Die Übernahme der Kosten der beigeladenen Aktionäre durch die Gesellschaft erscheint in engen Grenzen668 auch zumutbar, da die Aktionäre die Klage durch die Gesellschaft gerade erst initiiert haben. Die Gesetzesbegründung zum UMAG führt an, dass die Zulassung der Klage ein starkes Indiz dafür sei, dass die Klageerhebung im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft liege.669 Diese Indizwirkung geht in aller Regel auch von einem Eintritt der Gesellschaft in das Klageverfahren bzw. die selbständige Klageerhebung aus. Das von Paschos/Neumann670 angeführte Argument, auf einen Kostenerstattungsanspruch habe man bewusst verzichtet, um den Anreiz zu missbräuchlichen Klagen zu verringern, überzeugt damit nicht. Um die praktische Wirksamkeit des Rechtsinstituts der Beiladung noch zu verstärken, ist de lege ferenda eine Einführung einer entsprechenden Regelung wünschenswert.671 f) Beiladung der Aktionärsminderheit bei Klage der Gesellschaft zwischen Klagezulassungs- und Klageverfahren Der Wortlaut des § 148 Abs. 3 S. 3, i.V. m. S. 1, 2 AktG umfasst nicht den Fall, dass die Gesellschaft nach Zulassung der Klage, aber vor Klageerhebung durch die Aktionärsminderheit, Klage erhebt. Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift, Aktionären eine effektive Kontrolle der Gesellschaft zu ermöglichen, muss die Aktionärsminderheit auch in diesem Fall beigeladen werden, da es an-

666 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 53; AK-Lochner, AktG, § 148 Rn. 35, Rn. 25; Hölters-Hirschmann, AktG, § 148 Rn. 38; i. Erg. auch Winnen, Innenhaftung, S. 442, der eine zwingende Beteiligung der Aktionäre annimmt; i. Erg. auch Backhaus, Beteiligung Dritter, S. 247. 667 Vgl. auch AK-Lochner, AktG, § 148 Rn. 25. 668 Insbesondere sollte eine mit § 148 Abs. 6 S. 6 AktG vergleichbare Regelung geschaffen werden, wonach grundsätzlich nur die Kosten eines Bevollmächtigten ersatzfähig sind, und entsprechend § 148 Abs. 6 S. 5 AktG der Erstattungsanspruch bei vorsätzlichem oder grob fahrlässigem falschem Vortrag, der zur Klagezulassung geführt hat, ausgeschlossen wird; vgl. auch Hölters-Hirschmann, AktG, § 148 Rn. 38. 669 Regierungsbegründung UMAG, S. 24. 670 Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1784. 671 So auch AK-Lochner, AktG, § 148 Rn. 25; Pansa, Aktionärsklageverfahren, S. 157; Winnen, Innenhaftung, S. 442.

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dernfalls zu „Kontrolllücken“ kommen würde. De lege ferenda wäre eine Klarstellung durch den Gesetzgeber wünschenswert.

IV. Beendigung des Klagezulassungsverfahrens 1. Beendigung durch Beschluss des Prozessgerichts Das Gericht entscheidet durch Beschluss (§ 148 Abs. 2 S. 1 AktG). Liegen die in § 148 Abs. 1 AktG genannten Voraussetzungen vor, lässt es die Aktionärsklage zu, anderenfalls weist es den Antrag auf Klagezulassung ab. Ein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum des Gerichts besteht nicht.672 Die Zulassung ergeht im Namen der Antragsteller, und ist auf die im Klagezulassungsantrag bezeichneten Ersatzansprüche beschränkt.673 Gegen die Entscheidung des Gerichts ist die sofortige Beschwerde gemäß §§ 148 Abs. 2 S. 7 AktG, 567 ff. ZPO statthaft. Die Rechtsbeschwerde ist ausgeschlossen, §§ 148 Abs. 2 S. 8 AktG, 574 ff. ZPO. Beschwerdeberechtigt sind neben den Antragstellern und dem Antragsgegner auch die beigeladene Gesellschaft (§ 66 VwGO analog)674 sowie eventuelle Nebenintervenienten (§ 66 Abs. 2 ZPO). 2. Beendigung durch Vergleich der Aktionärsminderheit; Reichweite der Vergleichswirkung Das Klagezulassungsverfahren kann auch durch Vergleich zwischen der antragstellenden Aktionärsminderheit und dem betroffenen Organmitglied beendet werden.675 Bei börsennotierten Gesellschaften ist ein solcher im Klagezulassungsverfahren geschlossener Vergleich nach § 149 Abs. 3 AktG publizitätspflichtig.676 Vor rechtskräftiger Zulassung der Klage – und damit vor Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen des § 148 Abs. 1 AktG – ist die antragstellende Aktionärs672

Spindler, NZG 2005, 865, 868. Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 33, m.w. N. 674 Siehe hierzu auch Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 34; Winnen, Innenhaftung, S. 419 f., m.w. N. 675 Schröer, ZIP 2005, 2081, 2086; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 107, m.w. N. So auch GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 197, die mit näherer Begründung zutreffend darauf hinweisen, dass ein solcher Vergleich zwar weder den prozessualen Anspruch der Antragsteller, sie zur gerichtlichen Geltendmachung der Ersatzansprüche zuzulassen, betreffen kann, noch ein für die Gesellschaft bindender Vergleich über den Ersatzanspruch möglich ist, aber ein Vergleich, mit dem sich die Antragsteller zur Prozessvermeidung ihren Klagezulassungsantrag und damit auch ihr gegebenenfalls künftiges Klagerecht „wegverhandeln“ lassen, grundsätzlich zulässig ist. 676 Siehe zur Bekanntmachungspflicht gemäß § 149 AktG ausführlich Kapitel 2 D. VII. 673

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minderheit noch nicht befugt, im Wege gesetzlicher Prozessstandschaft in eigenem Namen die Ersatzansprüche der Gesellschaft mit Wirkung für diese geltend zu machen.677 Ein Vergleich im Klagezulassungsverfahren zwischen den antragstellenden Aktionären und dem betroffenen Organmitglied kann daher nicht für und gegen die Gesellschaft wirken, wie § 148 Abs. 5 S. 2 2. HS AktG klarstellt.678 Mangels Verfügung über den Ersatzanspruch der Gesellschaft und mangels Bindungswirkung für die Gesellschaft besteht auch keine Bindung der Minderheitsaktionäre an die für Vergleiche der Gesellschaft geltende Vorschrift des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG.679 Die Gesellschaft ist an einen solchen Vergleich im Klagezulassungsverfahren nicht gebunden und ist somit nicht daran gehindert, trotzdem noch später selbst Klage zu erheben.680 Der Wortlaut des § 148 Abs. 5 S. 2 2. HS AktG nimmt nur die Wirkung eines im Klagezulassungsverfahren geschlossenen Vergleichs für und gegen die Gesellschaft von der Verweisung auf die Bindungswirkung des § 148 Abs. 5 S. 1 AktG aus. Dennoch kann ein solcher Vergleich ebenso wenig für und gegen die übrigen Aktionäre wirken.681 Bei einem Vergleich im Klagezulassungsverfahren liegt noch kein Handeln der Aktionärsminderheit als Prozessstandschafter vor. Daher erschöpft sich die Wirkung eines solchen Vergleichs nach allgemeinen zivilprozessualen Regelungen in der Wirkung zwischen den Parteien.682 Ebenso wenig wie weitere Aktionäre durch die Zulassung oder Ablehnung eines Antrags auf Klagezulassung an der Einleitung eines weiteren Klagezulassungsverfahrens gehindert werden, werden sie dies durch den Abschluss eines Vergleichs zwischen der Aktionärsminderheit und dem beklagten Organmitglied im (oder vor dem) Klagezulassungsverfahren. Nähme man eine Bindungswirkung gegenüber den übrigen Aktionären an, wäre zudem die Missbrauchsgefahr erheblich erhöht. Die 677

Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 50; Hüffer, AktG, § 148 Rn. 20. GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 197; vgl. auch Schröer, ZIP 2005, 2081, 2086. Unklar dagegen die Regierungsbegründung zu § 148 Abs. 4 AktG, Regierungsbegründung UMAG, S. 23, die feststellt, dass § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG im Zulassungsverfahren nicht gelte, weil es sich hierbei um ein Verfahren zwischen Minderheit und Organ handle; so auch Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 50; dies trifft jedoch auch auf das Hauptverfahren zu, in dem nach der Regierungsbegründung ein Vergleich möglich sein, aber an die Voraussetzungen des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG gebunden sein soll. 679 Vgl. Spindler, NZG 2005, 865, 869; so im Ergebnis auch Schröer, ZIP 2005, 2081, 2086; Winnen, Innenhaftung, S. 415 f. Zu § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG siehe bereits Kapitel 1 C. I. 5. c). 680 Regierungsbegründung UMAG, S. 23; Schröer, ZIP 2005, 2081, 2086. Entsprechendes gilt auch für einen im Vorfeld eines Klagezulassungsverfahrens geschlossenen Vergleich. 681 So auch Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 107; AK-Lochner, AktG, § 148 Rn. 32; Winnen, Innenhaftung, S. 416; i. Erg. wohl auch GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 197; a. A. dagegen Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 50; Hüffer, AktG, § 148 Rn. 20; Hölters-Hirschmann, AktG, § 148 Rn. 31. 682 AK-Lochner, AktG, § 148 Rn. 32. 678

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Aktionärsminderheit könnte in diesem Fall – mit stillschweigendem Einverständnis der klageunwilligen Gesellschaft – einen Vergleich mit dem ersatzpflichtigen Organmitglied abschließen, der noch nicht einmal den Beschränkungen des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG unterläge, und so die übrigen Aktionäre von der Geltendmachung der Ersatzansprüche ausschließen. Bei der Regelung des § 148 Abs. 5 S. 2, 2. Hs. 2 AktG handelt es sich demnach insoweit um ein Redaktionsversehen. De lege ferenda sollte daher klargestellt werden, dass ein im Klagezulassungsverfahren geschlossener Vergleich in jedem Fall nur inter partes wirkt. 3. Beendigung auf sonstige Weise Entschließt sich die Gesellschaft im Laufe des Klagezulassungsverfahrens, selbst Klage zu erheben, so wird dadurch das Klagezulassungsverfahren der Aktionäre unzulässig, § 148 Abs. 3 AktG.683 Die Antragsteller können den Antrag jederzeit nach allgemeinen Regeln zurücknehmen,684 tragen aber grundsätzlich entsprechend § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO dann die bisher entstandenen Kosten.685 Auch eine Erledigterklärung ist bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen möglich.686 Entsprechendes gilt für einen Verzicht der Antragsteller auf ihr prozessuales Begehren zur Klagezulassung.687 4. Folgen a) Rechtsfolgen Der Ausgang des Klagezulassungsverfahrens hat grundsätzlich keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Gesellschaft688 und die übrigen Aktionäre.689 Die 683 Siehe hierzu bereits Kapitel 2 D. III. 10. Macht ein besonderer Vertreter nach § 147 Abs. 2 AktG Ansprüche gerichtlich geltend, ist dies auch eine Klageerhebung i. S. v. § 148 Abs. 3 S. 1 AktG, die zur Unzulässigkeit eines Klagezulassungs- oder Klageverfahrens führt, siehe nur Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 33, m.w. N. 684 Eine Vereinbarung zwischen der Aktionärsminderheit und den Anspruchsgegnern, den Antrag auf Klagezulassung zurückzunehmen (oder gar nicht erst zu stellen), ist bei börsennotierten Gesellschaften gemäß § 149 Abs. 3 AktG publizitätspflichtig. 685 Allgemein zu Voraussetzungen der Rücknahme des Antrags siehe Zöller-Greger, ZPO, § 269 Rn. 1 ff. 686 Allgemein zu den Voraussetzungen der Erledigterklärung Zöller-Vollkommer, ZPO, § 91a Rn. 1 ff.; speziell zur Anwendbarkeit in kontradiktorischen ZPO-Verfahren siehe Rn. 7. 687 GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 194. 688 Zu den Auswirkungen bzgl. einer entsprechenden Kostenerstattungspflicht siehe Kapitel 2 D. VI. 3. 689 GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 200; speziell zur Klageabweisung Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 33, m.w. N.; Spindler/Stilz-Mock, AktG,

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

Ablehnung oder Zulassung des Antrags auf Klagezulassung trifft keine endgültige Aussage über das (Nicht-)Bestehen des Ersatzanspruchs. Erst das Urteil im Klageverfahren wirkt daher auch für und gegen die Gesellschaft und die übrigen Aktionäre (§ 148 Abs. 5 S. 1 AktG). Die Ablehnung des Antrags auf Klagezulassung entfaltet keine Rechtskraftwirkung gegenüber der Gesellschaft oder anderen Aktionären,690 so dass die Gesellschaft nicht daran gehindert ist, selbst Klage zu erheben und die übrigen Aktionäre selbst das Klagezulassungsverfahren anstrengen können.691 Auch die Zulassung der Klage hindert die Gesellschaft nicht daran, als Inhaberin des Ersatzanspruchs selbst Klage zu erheben, § 148 Abs. 3 AktG, und auch die übrigen Aktionäre können grundsätzlich noch ein Klagezulassungsverfahren in Gang setzen.692 b) Praktische Auswirkungen auf die Gesellschaft Wie aufgezeigt, suspendiert das Betreiben eines Klagezulassungsverfahrens gemäß § 148 AktG nicht die Pflichten der originär zur Anspruchsverfolgung verpflichteten Gesellschaftsorgane Vorstand bzw. Aufsichtsrat. Hat das Gericht die Klage zugelassen, wird die Gesellschaft regelmäßig nach den ARAG/Garmenbeck-Grundsätzen verpflichtet sein, selbst Klage zu erheben.693 Wenn im Zulassungsverfahren gerichtlich festgestellt wurde, dass der Verdacht einer qualifizierten Pflichtverletzung besteht und der Geltendmachung der Ersatzansprüche keine überwiegenden Gründe des Gesellschaftswohls entgegenstehen, wird ein weiteres § 148 Rn. 104; Rahlmeyer, Vorstandshaftung, S. 113. § 148 Abs. 5 S. 1 AktG betrifft nur das Urteil im Klageverfahren. Weiss/Buchner, WM 2005, 162, 169, scheinen dagegen die materielle Rechtskraft (im Falle der Antragsabweisung) auch für die Antragsteller zu verneinen; hierzu differenzierend je nach Abweisungsgrund GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 108, 117, 126, 131, 160, 201; siehe allgemein zur Rechtskraftfähigkeit von Beschlüssen Zöller-Vollkommer, ZPO, § 329 Rn. 42. Siehe bereits Kapitel 2 D. IV. 2. zu den Folgen eines Vergleichs. 690 Spindler, NZG 2005, 865, 869; Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1782; GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 191, 200; Lönner, actio pro socio, S. 165 f., 169. 691 Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 104. 692 Allerdings ist dann zu prüfen, inwieweit nach § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 AktG überwiegende Gesellschaftsinteressen entgegenstehen; vgl. Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 81. Auch eine Nebenintervention der übrigen Aktionäre ist dann nicht mehr möglich, § 148 Abs. 4 S. 3 AktG. 693 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 35; Linnerz, NZG 2004, 307, 311; Schröer, ZIP 2005, 2081, 2086; Winnen, Innenhaftung, S. 317, 433, 450 f., 459 f. (jeweils zur Pflicht des Aufsichtsrats); Behr, actio pro socio, S. 100; einschränkend unter Hinweis auf den Charakter des Klagezulassungsverfahrens als summarisches Verfahren Rahlmeyer, Vorstandshaftung, S. 114 f.; a. A. dagegen Koch, in: FS Hüffer, S. 447, 450 ff.; Hüffer, AktG, § 148 Rn. 14; einschränkend auch Lönner, actio pro socio, S. 206 f.; anders wohl auch Mencke, Beiladung, S. 199, der von einem „Modell einer kooperativen Anspruchsdurchsetzung durch AG und Aktionär gemeinsam“ ausgeht; von einer „vertieften eigenen Prüfungspflicht“ sprechen Eichner/Höller, AG 2011, 885, 891. Zur ARAG/Garmenbeck-Rechtprechung des BGH siehe Kapitel 1 B. I.

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Absehen von der Geltendmachung durch die zuständigen Gesellschaftsorgane in der Regel pflichtwidrig sein.694 Angesichts der eingangs aufgezeigten Subsidiarität der Aktionärsverfolgungsrechte und insbesondere des Aktionärsklagerechts ist diese Folge konsequent.695 Spindler696 stellt allerdings zutreffend die Frage, ob das eigentliche Klageverfahren praktische Relevanz erlangen oder ob § 148 AktG letztlich ein modifiziertes Klageerzwingungsverfahren bleiben werde. 5. Zusammenfassung Das Klagezulassungsverfahren endet grundsätzlich durch Beschluss (§ 148 Abs. 2 S. 1 AktG), kann aber auch durch eigene Klageerhebung der Gesellschaft, Klagerücknahme, Erledigterklärung oder durch Vergleich zwischen der antragstellenden Aktionärsminderheit und dem betroffenen Organmitglied beendet werden. Letzterer unterliegt nicht den Beschränkungen des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG und wirkt weder für und gegen die Gesellschaft noch für und wider die übrigen Aktionäre. Bei der Regelung des § 148 Abs. 5 S. 2 2. Hs. 2 AktG, der nur die Bindungswirkung gegenüber der Gesellschaft ausschließt, handelt es sich demnach insoweit um ein Redaktionsversehen. De lege ferenda sollte klargestellt werden, dass ein im Klagezulassungsverfahren geschlossener Vergleich in jedem Fall nur inter partes wirkt. Auch ein Urteil im Klagezulassungsverfahren entfaltet keine Rechtskraftwirkungen gegenüber der Gesellschaft und den übrigen Aktionären. Hat das Gericht die Klage zugelassen, wird die Gesellschaft regelmäßig nach den ARAG/Garmenbeck-Grundsätzen verpflichtet sein, selbst Klage zu erheben. Dies ist angesichts der Subsidiarität der Aktionärsverfolgungsrechte zwar konsequent, es bleibt daher aber abzuwarten, ob das eigentliche Klageverfahren praktische Relevanz erlangen wird.

V. Haftungsklage gemäß § 148 AktG Die Zulassung der Klage berechtigt die ehemaligen Antragsteller des Zulassungsverfahrens unter bestimmten Voraussetzungen, in eigenem Namen Klage zu 694 So auch Gegenäußerung Bundesregierung zum UMAG, S. 43; Spindler/StilzMock, AktG, § 148 Rn. 124, 124a; Linnerz, NZG 2004, 307, 311; Schröer, ZIP 2005, 2081, 2086; a. A. dagegen Koch, in: FS Hüffer, S. 447, 450 ff.; Hüffer, AktG, § 148 Rn. 14; einschränkend auch Lönner, actio pro socio, S. 206 f. 695 Rahlmeyer, Vorstandshaftung, S. 120, sieht die Subsidiarität der Aktionärsklage „als Bekenntnis des Gesetzgebers zur verbandsinternen Kontrolle durch den Aufsichtsrat als Herzstück des deutschen Corporate Governance Modells“ an. 696 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 35; vgl. auch Franz/Jüntgen, BB 2007, 1681, 1683, m.w. N.; Lönner, actio pro socio, S. 121, m.w. N. spricht von einem „Klageerzwingungsrecht mit ,Reserveklagerecht‘ “. Ähnlich auch bereits Krieger, ZHR 163 (1999), 343, 351, der von einer „Initialzündung“ der Aktionärsklage für die Klageerhebung durch die Gesellschaft spricht.

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erheben. Die Klage ist gegen die ehemaligen Antragsgegner im Klagezulassungsverfahren und auf Leistung an die Gesellschaft zu richten (§ 148 Abs. 4 S. 2 AktG). Im Rahmen dieser Arbeit kann nicht auf alle Einzelheiten des Haftungsprozesses eingegangen werden. Die nachfolgenden Ausführungen befassen sich deswegen mit einigen prozessualen Besonderheiten.697 1. Kläger a) Obsiegende Aktionärsminderheit des Klagezulassungsverfahrens Durch den rechtskräftigen Zulassungsbeschluss im Klagezulassungsverfahren erhalten die Antragsteller die Prozessführungsbefugnis über den Anspruch der Gesellschaft kraft gesetzlicher Prozessstandschaft.698 Die Prozessführungsbefugnis beschränkt sich auf den im Zulassungsbeschluss bezeichneten Ersatzanspruch.699 Dadurch ist die Haftungsklage auch in der Höhe auf den zugelassenen Betrag beschränkt. Dies ist konsequent, da sich die Prüfung der entgegenstehenden Gründe des Gesellschaftswohls gemäß § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 AktG auch auf die Höhe des geltenden Ersatzanspruchs bezieht.700 Prozessführungsbefugt sind nur Aktionäre, die das Zulassungsverfahren erfolgreich abgeschlossen haben.701 Beteiligen sich einzelne Aktionäre nach Klagezulassung nicht mehr an der Klageerhebung, ist dies unschädlich, da das Quorum nach dem eindeutigen Wortlaut des § 148 Abs. 1 S. 1 AktG nur bei Antragstellung vorhanden sein muss.702 b) Keine Klagepflicht für zugelassene Aktionäre Anders als teilweise vor Einführung des Aktionärsklageverfahrens in der Literatur erwogen,703 besteht nach Zulassung der Aktionärsklage für die zugelassenen Aktionäre keine Pflicht zur Klageerhebung.704 Krieger705 hatte die Frage aufgeworfen, ob die Klageerhebung für den Aktionär optional oder verpflichtend sei. Nach seiner Auffassung besteht grundsätzlich eine solche Klagepflicht, da die antragstellende Aktionärsminderheit mit Zulassung der Klage zum „Treu697 Zu den allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Klage siehe nur Thomas/ Putzo-Reichold, ZPO, Vor § 253 Rn. 15 ff., m.w. N. 698 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 40. 699 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 33, 40. 700 Regierungsbegründung UMAG, S. 22. 701 Zum relevanten Zeitpunkt des Quorums und der Aktionärsstellung siehe bereits Kapitel 2 D. III. 4. c). 702 Bürgers/Körber-Holzborn/Jänig, AktG, § 148 Rn. 22; Schröer, ZIP 2005, 2081, 2087; Winnen, Innenhaftung, S. 423. Siehe nur Kapitel 2 D. III. 4. c). 703 Krieger , ZHR 163 (1999), 343, 348 f. 704 So auch Rollin, Aktionärsklage, S. 236 f. 705 Krieger, ZHR 163 (1999), 343, 348 f.

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händer“ der im Ersatzanspruch verkörperten Vermögensinteressen der Gesellschaft und der übrigen Aktionäre werde. Eine solche Klagepflicht hat jedoch keinen Eingang in die Kodifizierung des § 148 AktG gefunden. Sie ist auch nicht erforderlich, da eine Klagezulassung anderen Aktionären nicht oder allenfalls zeitlich beschränkt706 den Klageweg versperrt. c) Mehrere Klagen; keine entgegenstehende Rechtshängigkeit Aktionäre, die am ursprünglichen Klagezulassungsverfahren nicht beteiligt waren, können nach Zulassung der Klage nicht mehr als Nebenintervenienten beitreten (§ 148 Abs. 4 S. 3 AktG). Falls sie die Ersatzansprüche der Gesellschaft ebenfalls in Prozessstandschaft geltend machen wollen, müssen sie ein eigenes Klagezulassungsverfahren anstrengen.707 Mehrere Aktionärsklagen werden nach ihrer Zulassung zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung zwingend miteinander verbunden (§ 148 Abs. 4 S. 4 AktG).708 Dies trägt der Tatsache Rechnung, dass ein einziger Anspruch der Gesellschaft in Rede steht, der durch mehrere Kläger im Wege gesetzlicher Prozessstandschaft eingeklagt wird.709 Im Falle mehrerer Kläger handelt es sich wegen der in § 148 Abs. 5 AktG angeordneten Rechtskrafterstreckung um einen Fall der prozessual notwendigen Streitgenossenschaft nach § 62 Abs. 1 1. Alt ZPO.710 Einer weiteren Klage durch eine zur Klage zugelassene Aktionärsminderheit kann der Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO nicht entgegengehalten werden, obwohl dies nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen wegen der in § 148 Abs. 5 S. 1 AktG angeordneten Rechtskrafterstreckung eigentlich der Fall wäre.711 Der Gesetzgeber hat es zwar versäumt, 706 Rollin, Aktionärsklage, S. 236 f. Zur Frage des Eingreifens des § 148 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 AktG während und nach (erfolglosem) Ablauf der Klagefrist siehe bereits Kapitel 2 D. III. 9. a). 707 Zur Problematik der entgegenstehenden Gründe des Gesellschaftswohls bei mehrfachen Klagen siehe Kapitel 2 D. III. 9. a). 708 Sollten sich die Aktionärsklagen in unterschiedlichen Instanzen befinden, dürfte eine Verbindung unterbleiben; siehe hierzu Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 45; Schröer, ZIP 2005, 2081 2087; Thomas/Putzo-Reichold, ZPO, § 147 Rn. 1; Winnen, Innenhaftung, S. 422; Lönner, actio pro socio, S. 173. 709 Regierungsbegründung UMAG, S. 23; Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 45. 710 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 43; Seibt, WM 2004, 2137, 2144 f.; Schröer, ZIP 2005, 2081, 2087. 711 Der Einwand anderweitiger Rechtshängigkeit erfordert grundsätzlich identische Streitgegenstände und damit Parteienidentität. Nach allgemeiner Ansicht ist hierbei nicht nur auf Kläger und Beklagten abzustellen, sondern auch auf Dritte, sofern sich die Rechtskraft der in dem streitgegenständlichen Verfahren ergehenden Entscheidung auf diese erstrecken wird; OLG Hamm, NJW-RR 1995, 510; MüKo-Lüke, ZPO, § 261

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entsprechend § 148 Abs. 3 AktG eine ausdrückliche Regelung zur Zulässigkeit weiterer Aktionärsklagen einzuführen; dass solche Klagen nach Durchlaufen eines weiteren Klagezulassungsverfahrens grundsätzlich zulässig sein müssen, zeigt aber § 148 Abs. 4 S. 4 AktG. Hiernach sind mehrere Aktionärsklagen nach ihrer Zulassung zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden. Eine solche Verbindung setzt die prozessuale Zulässigkeit der späteren Klage voraus.712 Aus § 148 Abs. 4 S. 4 AktG folgt daher mittelbar der Ausschluss des Einwands der anderweitigen Rechtshängigkeit nach § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO.713 De lege ferenda wäre auch hier eine gesetzliche Klarstellung wünschenswert. 2. Nebenintervention Eine Nebenintervention durch Aktionäre ist nach Klagezulassung nicht mehr möglich (§ 148 Abs. 4 S. 3 AktG).714 Das Verbot der Nebenintervention ist allerdings auf Aktionäre beschränkt. Damit kann z. B. der Beklagte dem Wirtschaftsprüfer den Streit verkünden, und nicht verklagte Organmitglieder können zur Unterstützung des verklagten Organmitglieds beitreten, jeweils vorausgesetzt, die beitrittswilligen Personen halten keine Aktien der Gesellschaft.715 Auch eine Nebenintervention der Gesellschaft zu Gunsten des beklagten Verwaltungsmitglieds ist nach der endgültigen Fassung des § 148 Abs. 4 S. 3 AktG grundsätzlich möglich.716 Dies würde jedoch de facto bedeuten, dass die Gesellschaft gegen ihren eigenen Ersatzanspruch streiten würde mit der Folge, dass dieser im Falle der angestrebten Klageabweisung rechtskräftig abgewiesen würde und die Gesellschaft die Kosten des Verfahrens tragen müsste.717 Ein solches Vorgehen erRn. 52; Zöller-Greger, ZPO, § 261 Rn. 8a; Bork, ZIP 2005, 66, m.w. N.; a. A. dagegen wohl Seibt, WM 2004, 2137, 2144 f. Zur Frage der Rechtskrafterstreckung siehe noch Kapitel 2 D. V. 7. 712 DAV-Stellungnahme zum RefE UMAG, NZG 2004, 555, 561; Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1781; Spindler, NZG 2005, 865, 868. Gegen den Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit und die damit begründete Unzulässigkeit weiterer Klagen auch die Regierungsbegründung UMAG, S. 23: „(. . .) gibt es nur einen zugrunde liegenden Anspruch, dessen mehrfache Geltendmachung zwar nicht ausgeschlossen sein soll, was aber nur bei Vorliegen besonderer Umstände sinnvoll erscheint“. 713 DAV-Stellungnahme zum RefE UMAG, NZG 2004, 555, 561. 714 Aktionäre, die schon im Klagezulassungsverfahren als Nebenintervenienten beigetreten waren, können auch im Klageverfahren den Aktionärsklägern als Nebenintervenienten beitreten; siehe hierzu bereits Kapitel 2 D. III. 5. sowie GK-Bezzenberger/ Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 235, m.w. N. auch zur abweichenden Ansicht; a. A. Backhaus, Beteiligung Dritter, S. 142 ff. 715 Schröer, ZIP 2005, 2081, 2087. Für eine Beitrittsmöglichkeit unabhängig von der Frage der Aktionärsstellung aber Backhaus, Beteiligung Dritter, S. 144, m.w. N.; i. Erg. für den Fall der Streitverkündung auch Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 139. 716 Schröer, ZIP 2005, 2081, 2087; vgl. auch die entsprechende Forderung im Gesetzgebungsverfahren, DAV-Stellungnahme zum RefE UMAG, NZG 2004, 555, 561. 717 Schröer, ZIP 2005, 2081, 2087.

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scheint gerade im Hinblick auf die grundsätzliche Verfolgungspflicht von Ersatzansprüchen sehr konstruiert und dürfte nur dann ausnahmsweise im Interesse der Gesellschaft liegen, etwa wenn der geltend gemachte Ersatzanspruch jeglicher Grundlage entbehrt, aber für die Gesellschaft und ihre Verwaltungsmitglieder extrem belastend ist.718 3. Zuständiges Gericht, Klagefrist Die Klage ist vor demselben Gericht zu erheben, welches auch für das Klagezulassungsverfahren zuständig war, also dem Landgericht am Sitz der Gesellschaft (§ 148 Abs. 4 S. 1, Abs. 2 S. 1 AktG). § 148 Abs. 4 S. 1 AktG sieht für die Aktionärsklage eine besondere Klagefrist von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft des Zulassungsbeschlusses vor.719 Durch die Klagefrist wird die gesetzliche Prozessstandschaft zeitlich begrenzt.720 Es handelt sich somit um eine prozessuale Frist, nach deren Ablauf die Klage als unzulässig abzuweisen ist.721 4. Nochmalige vergebliche Klageaufforderung an die Gesellschaft Die im Klagezulassungsverfahren obsiegende Aktionärsminderheit muss die Gesellschaft vor Klageerhebung nochmals unter Setzung einer angemessenen Frist vergeblich aufgefordert haben, selbst Klage zu erheben (§ 148 Abs. 4 S. 1 AktG).722 Durch diese erst am Ende des UMAG-Gesetzgebungsverfahrens aufgenommene Voraussetzung werden nochmals der subsidiäre Charakter der Aktionärsklage und die Intention des Gesetzgebers deutlich, die Prozessführung durch die Gesellschaft anstelle der in Prozessstandschaft handelnden Aktionärsminder718 Schröer, ZIP 2005, 2081, 2087, der darauf hinweist, dass nach den gesetzgeberischen Vorstellungen das Klagezulassungsverfahren solche unberechtigten Ansprüche bereits ausgesiebt haben dürfte; vgl. auch Winnen, Innenhaftung, S. 427 f. 719 Der Regierungsentwurf zum UMAG sah dagegen noch den Beginn der Frist mit der Zustellung der Zulassungsentscheidung vor. Um unnötige Doppelverfahren oder einen „Wettlauf“ zwischen der Aktionärsminderheit und der Gesellschaft hinsichtlich der Klageerhebung zu vermeiden, ist die Bundesregierung schließlich dem Vorschlag des Bundesrates in seiner Stellungnahme, Stellungnahme Bundesrat zum UMAG, S. 38, gefolgt und stellt nun auf den Eintritt der Rechtskraft ab. Ausführlich zur Klagefrist Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 47, m.w. N. 720 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 47; vgl. auch Regierungsbegründung UMAG, S. 23. 721 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 47, m.w. N.; Winnen, Innenhaftung, S. 426. 722 Entgegen Spindler, NZG 2005, 865, 868, wird man hier wohl eine kürzere Frist als eine Frist von zwei Monaten wie zuvor im Klagezulassungsverfahren als angemessen ansehen können. Dies ergibt sich zum einen aus der dreimonatigen Klagefrist, zum anderen aber auch daraus, dass sich die Gesellschaft als notwendig Beigeladene bereits im Klagezulassungsverfahren die für ihre Klageentscheidung erforderlichen Informationen beschaffen konnte; siehe auch GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 231 (drei bis vier Wochen); AK-Lochner, AktG, § 148 Rn. 26; Winnen, Innenhaftung, S. 424 f.

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heit zu fördern.723 Die Gesellschaft soll ausweislich der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zum UMAG nach erfolgreicher Zulassung der Klage erneut Gelegenheit erhalten, eine Klageerhebung unter Berücksichtigung der Gründe des Prozessgerichts für die Zulassung der Aktionärsklage zu prüfen.724 Daraus ergibt sich auch, dass die Frist für die Gesellschaft erst ab Rechtskraft des Zulassungsbeschlusses läuft, auch wenn die Aufforderung zur Klageerhebung unter Setzung einer angemessenen Frist bereits vor Rechtskraft des Beschlusses erfolgt ist.725 In aller Regel wird die Gesellschaft, die als Beigeladene Kenntnis vom Verfahrensstand und von der Klagezulassung hat, nach den Grundsätzen der ARAG/Garmenbeck-Entscheidung des BGH726 unmittelbar nach Klagezulassung, spätestens jedoch nach nochmaliger Klageaufforderung, selbst Klage erheben. Hat das Prozessgericht das Vorliegen von Verdachtstatsachen für eine qualifizierte Pflichtverletzung festgestellt und überwiegende entgegenstehende Gründe des Gesellschaftswohls verneint, werden die zuständigen Verwaltungsorgane in aller Regel eine solche Klage erheben (müssen), um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, pflichtwidrig die behaupteten Ersatzansprüche der Gesellschaft nicht zu verfolgen.727 Wie ausgeführt, bleibt daher abzuwarten, ob in der Praxis tatsächlich Aktionärsklagen im Sinne des § 148 Abs. 4 AktG erhoben werden.728 5. Begründetheit der Haftungsklage gemäß § 148 AktG Die Aktionärsklage ist begründet, wenn der geltend gemachte Ersatzanspruch besteht. Verzichtet die Gesellschaft als materiell Berechtigte außerprozessual während des anhängigen Klagezulassungs- oder Klageverfahrens wirksam729 auf den Ersatzanspruch oder vergleicht sich über ihn, ist die klagende Aktionärsminderheit hieran gebunden.730 Ein solcher Verzicht oder Vergleich führt deshalb zur 723

Schröer, ZIP 2005, 2081, 2086; Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 153. Beschlussempfehlung Rechtsausschuss zum UMAG, S. 34. 725 Schmitt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 46; a. A. dagegen GK-Bezzenberger/ Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 231, die davon ausgehen, dass die erneute Klageaufforderung an die Gesellschaft erst nach Vorliegen der rechtskräftigen Klagezulassungsentscheidung erfolgen dürfe. 726 Siehe hierzu bereits Kapitel 1 B. I. 727 So auch Schröer, ZIP 2005, 2081, 2086; Hüffer, AktG, § 148 Rn. 16; Linnerz, NZG 2004, 307, 311; Gegenäußerung Bundesregierung zum UMAG, S. 43. Vgl. auch bereits Kapitel 2 D. IV. 4. b). 728 So auch Hüffer, AktG, § 148 Rn. 16; Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 35. Siehe auch bereits Kapitel 2 D. IV. 4. b). 729 Vgl. § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG, § 117 Abs. 4 AktG, § 50 AktG. Hierbei ist insbesondere auch die dreijährige Sperrfrist zu beachten. 730 Siehe nur Schmidt/Lutter-Landenbucher, AktG, § 309 Rn. 35 (zur konzernrechtlichen Aktionärsklage gemäß § 309 Abs. 4 AktG). Baums, Gutachten F 263; Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 332 f. 724

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Unbegründetheit der Aktionärsklage.731 Wird der Ersatzanspruch während des rechtshängigen Aktionärsklageverfahrens an einen Dritten wirksam abgetreten, führt dies dagegen nicht zur Unbegründetheit der Klage (§ 265 ZPO).732 Nach erfolgreichem Durchlaufen des Klagezulassungsverfahrens sind im Klageverfahren noch der Nachweis, dass die den Verdacht rechtfertigenden Tatsachen auch tatsächlich den Tatbestand einer Pflichtverletzung begründen, und der Nachweis der Kausalität zwischen Pflichtverletzung und dem Gesellschaftsschaden zu erbringen.733 Für die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast gelten für die klagenden Aktionäre im Klageverfahren die in Kapitel 1 C. I. 4. d) dargestellten Grundsätze. Sollte sich im Klageverfahren ergeben, dass zwar eine Pflichtverletzung vorliegt, diese aber keine qualifizierte Pflichtverletzung i. S. v. § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG darstellt, ist der Klage bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen trotzdem stattzugeben.734 6. Stellung der Gesellschaft im Klageverfahren Die Gesellschaft ist im Klageverfahren ebenfalls beizuladen (§ 148 Abs. 2 S. 9 AktG).735 Als Inhaberin des behaupteten Ersatzanspruchs ist sie nach dem Willen des Gesetzgebers auch während des Klageverfahrens der Aktionärsminderheit jederzeit berechtigt, selbst in das Klageverfahren der Aktionärsminderheit einzutreten. Stattdessen kann sie auch, nach ihrer Wahl, eine selbständige Klage erheben.736 Tut sie dies, wird das anhängige Klageverfahren unzulässig (§ 148 Abs. 3 S. 1 AktG). Auch eine Nebenintervention der Gesellschaft zu Gunsten des beklagten Organmitglieds ist denkbar.737 a) Eintritt in das Klageverfahren Die Gesellschaft ist auch während des Aktionärsklageverfahrens jederzeit berechtigt, ihren Ersatzanspruch selbst einzuklagen. Tut sie dies, kann ihr der Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) nicht entgegengehalten werden.738 Wegen der in § 148 Abs. 5 S. 1 AktG angeordneten Rechtskrafterstreckung handelt es sich bei der Vorschrift des § 148 Abs. 3 AktG

731 Schmidt/Lutter-Landenbucher, AktG, § 309 Rn. 35 zur konzernrechtlichen Aktionärsklage gemäß § 309 Abs. 4 AktG, m.w. N. 732 Stein/Jonas-Schumann, ZPO, § 265 Rn. 20, m.w. N. 733 Schröer, ZIP 2005, 2081, 2087. 734 Schröer, ZIP 2005, 2081, 2087; Winnen, Innenhaftung, S. 429. 735 Zur Beiladung siehe bereits Kapitel 2 D. III. 11. 736 Regierungsbegründung UMAG, S. 22 f. 737 Siehe hierzu bereits Kapitel 2 D. V. 2. 738 Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 114; Schröer, ZIP 2005, 2081, 2086.

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um eine Ausnahmevorschrift zu dem Verbot anderweitiger Rechtshängigkeit gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO.739 b) Zuständiges Gericht Das Landgericht des Gesellschaftssitzes ist sachlich und örtlich zuständig. Übernimmt die Gesellschaft durch Parteiwechsel ein anhängiges Klageverfahren der Aktionäre, ändert dies die Zuständigkeit nicht.740 Erhebt die Gesellschaft im Klagezulassungsverfahren oder im Klageverfahren der Aktionäre eine eigene Klage, so kann nichts anderes gelten; § 148 Abs. 4 S. 1, Abs. 2 S. 1 AktG gilt demnach auch entsprechend für eine Klage der Gesellschaft nach Antrag auf Klagezulassung bzw. im Aktionärsklageverfahren.741 c) Wahlrecht der Gesellschaft Die Gesellschaft kann bei Eintritt in das Klageverfahren wählen, ob sie es in der Lage, in der es sich zum Übernahmezeitpunkt befindet, übernehmen will oder ob sie das Verfahren durch eigene Klageerhebung neu beginnen will. Übernimmt sie es in der Lage zum Übernahmezeitpunkt, findet ein bloßer Parteiwechsel statt.742 Dies hat zur Folge, dass die Gesellschaft an alle Prozesshandlungen der ehemaligen Prozessstandschafter gebunden ist und sich die Ergebnisse einer durchgeführten Beweisaufnahme zu eigen macht.743 Das Wahlrecht besteht unabhängig vom Stand des Verfahrens der Aktionärsklage und besteht selbst dann noch, wenn sich das Verfahren der Aktionärsminderheit bereits in einer Rechtsmittelinstanz befindet.744 Die Möglichkeit der Gesellschaft, ein bereits anhängiges Aktionärsklageverfahren zu übernehmen und sich bereits durchgeführte Beweisaufnahmen zu eigen zu machen, ist aus Gründen der Prozessökonomie zu begrüßen.745 Die Möglich739

Siehe hierzu noch Kapitel 2 D. V. 6. d). Hüffer, AktG, § 148 Rn. 17. 741 Siehe auch Hüffer, AktG, § 148 Rn. 17 (generell kritisch zur Möglichkeit der Erhebung einer selbständigen Klage durch die Gesellschaft). 742 Dieser orientiert sich an den Regelungen des § 265 Abs. 2 ZPO, ohne dass hierfür die Zustimmung des Klagegegners oder der klagenden Aktionäre erforderlich wäre; Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1782; GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 213. 743 Hüffer, AktG, § 148 Rn. 14, Spindler, NZG 2005, 865, 868, Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1782, jeweils m.w. N. 744 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 38; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 122. 745 So auch Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1783; vgl. auch Beschlussempfehlung Rechtsausschuss zum UMAG, S. 14, 33, auf dessen Betreiben die Übernahmemöglichkeit in das Aktiengesetz aufgenommen wurde. 740

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keit der Gesellschaft, stattdessen eine selbständige Klage erheben zu können, wird in der Literatur zunehmend kritisiert,746 ist nach überzeugender Ansicht jedoch beizubehalten. Kritikpunkt hierbei ist in erster Linie, dass bei Erhebung einer selbständigen Klage durch die Gesellschaft die bisherigen Prozessergebnisse wertlos werden und daher eine neue Beweisaufnahme erforderlich wird.747 Insbesondere sei dem verklagten Organmitglied bei einer für dieses günstigen Beweisaufnahme oder einem Obsiegen in der ersten Instanz nicht zuzumuten, das gesamte Verfahren zu wiederholen.748 Dieses Risiko dürfte in der Praxis allerdings in den meisten Fällen gering sein, da nicht anzunehmen ist, dass die Gesellschaft in den Fällen, in denen alles für eine Klageabweisung spricht, noch selbst Klage erheben und sich somit mit dem Kostenrisiko der eigenen verlorenen Klage gemäß § 91 ZPO und der Aktionärsklage gemäß § 148 Abs. 6 S. 4 AktG aussetzen wird.749 Die Gesellschaft wird lediglich in den Fällen, in denen ihr neue Beweismittel zur Verfügung stehen, oder in den Fällen, in denen die klagenden Aktionäre gewollt oder ungewollt den Prozess zu Lasten der Gesellschaft nicht ordnungsgemäß führen, selbst Klage erheben.750 Die Gesellschaft als Gläubigerin des geltend gemachten Ersatzanspruchs in diesen Fällen, wie Paschos/Neumann751 vorschlagen, auf ihre Rechte als notwendig Beigeladene im Klageverfahren der Aktionäre zu verweisen, erscheint wenig überzeugend. Als Rechtsinhaberin des behaupteten Ersatzanspruchs muss sie vielmehr jederzeit die Möglichkeit erhalten, diesen Ersatzanspruch selbst gerichtlich geltend zu machen.752 Die Gefahr, dass die Gesellschaft in kollusivem Zusammenwirken mit dem beklagten Organmitglied selbst Klage erheben wird, um ein erfolgversprechendes Klageverfahren der Aktionäre zu stoppen und die Klage der Gesellschaft dann 746 Siehe nur Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1783; Kämper, Aktionärsklage, S. 37; Winnen, Innenhaftung, S. 437, 439 ff.; Lönner, actio pro socio, S. 189 ff.; kritisch wohl auch Rahlmeyer, Vorstandshaftung, S. 114; kritisch auch Peltzer, in: FS Schneider, S. 953, 959, der dies mit der „entmutigenden Wirkung“ für jüngere Anlegerschutzanwälte begründet, denen „der erstrebte Ruhm, sich gegen einen indolenten Aufsichtsrat durchgesetzt zu haben, (. . .) einfach genommen werden kann“; ähnlich auch Bachmann, AG 2012, 565, 578; Semler, in: FS Goette, S. 499, 508. 747 Siehe nur Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 38; Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1783; Hüffer, AktG, § 148 Rn. 13 f.; Lönner, actio pro socio, S. 190. 748 Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1783. 749 Dies räumen auch Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1783 ein. 750 Zu denken ist etwa an den Fall verspäteten Vorbringens durch die klagenden Aktionäre; hiergegen wohl Winnen, Innenhaftung, S. 440 f.; Lönner, actio pro socio, S. 190 mit Verweis auf die „prozessuale Waffengleichheit“. 751 Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1783; so auch Winnen, Innenhaftung, S. 440; Lönner, actio pro socio, S. 190 f. 752 Vgl. auch Regierungsbegründung UMAG, S. 22 f.; a. A. dagegen Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1782.

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durch schlechte Prozessführung im Sande verlaufen zu lassen,753 ist als relativ gering einzuschätzen. Die Aufsichtsrats- bzw. Vorstandsmitglieder würden sich damit – vor den Augen der Minderheitsaktionäre bzw. im Falle von börsennotierten Gesellschaften auch vor den Augen der Öffentlichkeit – einer eigenen zivilrechtlichen und möglicherweise strafrechtlichen Verantwortlichkeit aussetzen.754 Um die Initiatoren des Klageverfahrens nicht rechtlos zu stellen, wurde außerdem in § 148 Abs. 4 S. 3 AktG das Erfordernis der Beiladung mit den damit korrespondierenden Rechten geschaffen.755 d) Auswirkung auf die ursprünglichen Kläger; prozessuale Folgen Tritt die Gesellschaft selbst in das Klageverfahren ein, soll nach der Gesetzesbegründung zum UMAG für die antragstellenden Aktionäre das Rechtsschutzbedürfnis entfallen mit der Folge, dass das anhängige Klageverfahren unzulässig wird (§ 148 Abs. 3 S. 1 AktG).756 Die ehemaligen Kläger sind dann diesem neuen Klageverfahren gemäß § 148 Abs. 3 S. 3 AktG beizuladen. Hierdurch soll verhindert werden, dass die Gesellschaft die Aktionärsminderheit, welche die Initiative ergriffen hat, vollständig aus dem Verfahren drängen kann.757 In prozessualer Hinsicht stößt die Anordnung des § 148 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 AktG, wonach ein Zulassungsantrag bzw. eine Aktionärsklage unzulässig wird, sobald die Gesellschaft selbst Klage gegen den Ersatzpflichtigen erhebt, zunächst auf Bedenken. Erhebt die Gesellschaft während der Rechtshängigkeit einer Aktionärsklage eine eigene Klage, steht dieser Klage wegen der in § 148 Abs. 5 S. 1 AktG angeordneten Rechtskrafterstreckung eigentlich der Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit nach § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO entgegen.758 Dieser Einwand reicht so weit wie die Rechtskrafterstreckung greift.759 Auch die unzulässige Klage bleibt rechtshängig,760 so dass die Anordnung der Unzulässig753 Auf diese Gefahr weisen Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1783 und Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 156, hin. 754 Kritisch hierzu wohl Winnen, Innenhaftung, S. 445, der insoweit von einem Zirkelschluss spricht, da auch die neuen Ersatzansprüche gegen die verantwortlichen Verwaltungsmitglieder genauso wieder beseitigt werden könnten. 755 Siehe hierzu, auch zu den Grenzen der Rechte des Beigeladenen, bereits Kapitel 2 D. III. 11. b). 756 Regierungsbegründung UMAG, S. 23 f.; kritisch hierzu Hüffer, AktG, § 148 Rn. 13. 757 Zu den Rechten der Beigeladenen siehe bereits Kapitel 2 D. III. 11. b). 758 Siehe auch Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 38; Stellungnahme Bundesrat zum UMAG, S. 38; Bork, ZIP 2005, 66; allgemein zur entgegenstehenden Rechtshängigkeit während des Prozesses des Prozessstandschafters bei Anordnung der Rechtskrafterstreckung auf den Rechtsinhaber Zöller-Vollkommer, ZPO, Vor § 50 Rn. 41. 759 Siehe bereits Kap. 2, Fn. 711, sowie Zöller-Vollkommer, ZPO, Vor § 50, Rn. 41; MüKo-Lindacher, ZPO, Vor § 50 Rn. 54. 760 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 38; MüKo-Lüke, ZPO, § 261 Rn. 17 ff.

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keit der Klage der Aktionärsminderheit mit Erhebung der Klage durch die Gesellschaft per se nichts an diesem prozessualen Widerspruch ändert.761 In der Literatur werden insbesondere zwei Lösungsansätze diskutiert, um diesen aufzulösen. Eine Ansicht geht, ausgehend von dem Wortlaut des § 148 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 AktG von der „Unzulässigkeit“ der Aktionärsklage im technischen Sinn aus und versteht die Norm als Ausnahmevorschrift zu § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO,762 um auf diesem Wege eine selbständige Klage der Gesellschaft zu ermöglichen. Die andere Ansicht versteht das Wort „unzulässig“ als Entfallen der Rechtshängigkeit der Aktionärsklage kraft Gesetzes.763 Überzeugender erscheint wegen des klaren Wortlauts des § 148 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 AktG die erste Ansicht. Beide Lösungsansätze können die prozessualen Bedenken der entgegenstehenden Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) überwinden. Sie unterscheiden sich allerdings in den prozessualen Folgen für die Aktionärsminderheit.764 Im ersten Fall ist das Verfahren noch rechtshängig und daher zur Vermeidung einer kostenpflichtigen Klageabweisung für erledigt zu erklären.765 Interpretiert man dagegen das Wort „unzulässig“ als Entfallen der Rechtshängigkeit, so trifft das Gericht nur noch eine Kostenentscheidung.766 e) Beendigung des Haftungsprozesses der Gesellschaft Die übernommene oder selbständig erhobene Klage der Gesellschaft endet grundsätzlich durch Urteil (§ 300 ZPO). Die Rechtskraft eines solchen Urteils

761

Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 38. Gegenäußerung Bundesregierung zum UMAG, S. 43, zur auf den Einwand anderweitiger Rechtshängigkeit einer späteren eigenen Klage der Gesellschaft verweisenden Stellungnahme Bundesrat zum UMAG, S. 38; wohl auch DAV-Stellungnahme zum RegE UMAG, NZG 2005, 388, 391; Koch, ZGR 2006, 769, 777; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 114; Spindler, NZG 2005, 865, 868; GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 210; Lönner, actio pro socio, S. 188. 763 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 38; Bürgers/Körber-Holzborn/Jänig, AktG, § 148 Rn. 12; Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1782; Pansa, Aktionärsklageverfahren, S. 152; Winnen, Innenhaftung, S. 434 ff.; i. Erg. auch Hüffer, AktG, § 148 Rn. 13, der jedoch davon ausgeht, dies habe im Gesetz keinen genügenden Ausdruck gefunden. 764 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 38. 765 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 38; Lönner, actio pro socio, S. 189; unklar K. Schmidt, NZG 2005, 796, 800. Nach Hüffer, AktG, § 148 Rn. 13 sollen die Aktionäre dagegen eine grundsätzlich nach § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO kostenpflichtige Klagerücknahme erklären; diese allgemeine zivilprozessuale Kostenregelung soll in diesem Fall von den aktienrechtlichen Kostenvorschriften des § 148 Abs. 6 S. 4 AktG überlagert werden. 766 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 38. A. A. Hüffer, AktG, § 148 Rn. 13: Abweisung der Klage als unzulässig. 762

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

wirkt auch gegen die ursprünglichen Kläger und alle übrigen Aktionäre.767 Um der gesetzlichen Intention, der Durchsetzung von Innenhaftungsansprüchen zu mehr praktischer Bedeutung zu verhelfen, gerecht zu werden, muss sichergestellt werden, dass ein solcher Titel auch vollstreckt wird. Daher wird man einen Anspruch der Aktionärsminderheit, die das Klagezulassungsverfahren angestrengt hatte, gegen die Gesellschaft auf Titelübertragung bejahen müssen, wenn die Gesellschaft diesen Titel nicht vollstreckt.768 Die Gesellschaft kann als materiell Berechtigte des Ersatzanspruchs ihre selbst erhobene oder von der Aktionärsminderheit gemäß § 148 Abs. 3 S. 1, 2 AktG übernommene Klage zurücknehmen, sich mit den beklagten Verwaltungsmitgliedern vergleichen oder auf den geltend gemachten Ersatzanspruch verzichten.769 Um zu verhindern, dass die Gesellschaft missbräuchlich sofort nach Eintritt in das Klageverfahren die Klage zurücknimmt oder auf den/sich über den Ersatzanspruch verzichtet/vergleicht, ist eine Klagerücknahme oder ein Verzicht/Vergleich auf den Ersatzanspruch nur unter Einschränkungen möglich.770 aa) Klagerücknahme Die Gesellschaft kann die Klage gemäß § 148 Abs. 6 S. 4 AktG nur unter den Voraussetzungen der für Vergleiche der Gesellschaft mit den Organmitgliedern geltenden Vorschriften des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG zurücknehmen, also nur dann, wenn die Hauptversammlung zustimmt und nicht eine Aktionärsminderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals erreichen, zur Niederschrift Widerspruch erhebt. Die grundsätzlich für Vergleiche der Gesellschaft gemäß § 93 Abs. 4 S. 3 AktG geltende Sperrfrist von drei Jahren ab Entstehung des Ersatzanspruchs gilt dagegen für die Klagerücknahme der Gesellschaft nicht.771 bb) Beendigung durch Prozessvergleich Vergleicht sich die Gesellschaft als materiell Berechtigte nach Eintritt in das Klageverfahren oder nach selbständiger Klageerhebung wirksam mit dem beklagten Organmitglied, so ist die klagende Aktionärsminderheit ebenso wie die 767 Siehe nur MüKo-Altmeppen, AktG, § 309 Rn. 125, m.w. N. und zur konzernrechtlichen Aktionärsklage nach § 309 AktG; siehe auch Lönner, actio pro socio, S. 192 f.; dies folgt auch aus der in § 148 Abs. 5 S. 1 AktG angeordneten Rechtskrafterstreckung. 768 Hüffer, AktG, § 148 Rn. 19. 769 Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1784. 770 Gegenäußerung Bundesregierung zum UMAG, S. 43 (zum Vergleich); GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 219, 209, m.w. N. 771 Siehe allgemein zu den Voraussetzungen eines Vergleichsschlusses durch die Gesellschaft Kapitel 1 C. I. 5. c).

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übrigen Aktionäre an einen solchen Vergleich gebunden.772 Dieser ist allerdings nur dann wirksam, wenn die einschränkenden Voraussetzungen des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG beachtet werden.773 Entsprechendes gilt für einen Verzicht oder vergleichbare Rechtshandlungen.774 § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG stellt eine signifikante Hürde für eine sachgerechte Erledigung von Ersatzansprüchen durch Vergleiche dar.775 Seine Voraussetzungen können in der Praxis, insbesondere bei börsennotierten Gesellschaften, oft nicht oder nur unter unverhältnismäßig großem Aufwand776 erreicht werden. Daher wurde im Zuge der UMAG-Reform teilweise gefordert, § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG im Rahmen von § 148 AktG generell für nicht anwendbar zu erklären.777 Der Gesetzgeber ist dieser Forderung jedoch bewusst aus Sorge vor einem Missbrauch durch die Gesellschaft nicht nachgekommen.778 Wie in den Fällen, in denen die Gesellschaft von vornherein eine „normale“ Haftungsklage erhebt, soll ihr auch bei einer Übernahme der Aktionärsklage keine Möglichkeit gegeben werden, an der Hauptversammlung vorbei kollusiv mit den beklagten Organmitgliedern einen für die Gesellschaft ungünstigen Vergleich zu schließen.779 Da die beigeladene Aktionärsminderheit, die den Prozess erst initiiert hatte, nicht in eigenen materiellen Rechten betroffen ist, ist ihre Zustimmung zu einem solchen Vergleichsschluss nicht erforderlich und sie hat daher keine Möglichkeit, diesen zu verhindern.780 Deshalb sollte nach dem Willen des 772 Siehe nur GK-Hirte, AktG, § 309 Rn. 43, Emmerich/Habersack-Emmerich, Konzernrecht, § 309 Rn. 50, jeweils m.w. N. und zur konzernrechtlichen Aktionärsklage gemäß § 309 AktG. Dies ergibt sich auch aus einem Umkehrschluss zu § 93 Abs. 5 S. 3 AktG. Entsprechendes gilt für einen Verzicht oder für vergleichbare Rechtshandlungen. 773 Diese sind zwar nicht in § 148 AktG genannt; die Bindung an § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG ergibt sich jedoch bereits aus der allgemeinen Regelung des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG, die, wie in Kapitel 1 C. I. 5. c) aufgezeigt, auch für Prozessvergleiche gilt; vgl. auch Spindler, NZG 2005, 865, 869, unklar dagegen Spindler, NZG 2005, 865, 868 (Fn. 44), der dort davon auszugehen scheint, dass ohne die analoge Anwendung von § 148 Abs. 4 S. 4 AktG die Einschränkungen des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG für die Klage der Gesellschaft nach Eintritt in das Verfahren überhaupt nicht gelten würden. Für Ansprüche aus der Gründung oder Nachgründung oder aus § 117 AktG gelten die einschränkenden Voraussetzungen des § 50 AktG, bzw. § 117 Abs. 4 AktG. 774 Siehe hierzu bereits Kapitel 1 C. I. 5. c). 775 Thümmel, DB 2004, 471, 474. 776 So dürfte z. B. die Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung erhebliche Kosten verursachen. Zur Kritik siehe bereits Kapitel 1 C. I. 5. c). 777 Für die Unanwendbarkeit z. B. Thümmel, DB 2004, 471, 474; Stellungnahme des Bundesrats zum UMAG, S. 38; kritisch gegenüber der Anwendbarkeit des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG auch Weiss/Buchner, WM 2005, 162, 171; ablehnend im Hinblick auf die Unanwendbarkeit des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG jedoch die Gegenäußerung Bundesregierung zum UMAG, S. 43; Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1784; Spindler, NZG 2005, 865, 869. 778 Gegenäußerung Bundesregierung zum UMAG, S. 43; Spindler, NZG 2005, 865, 869. 779 Vgl. Gegenäußerung Bundesregierung zum UMAG, S. 43; Spindler, NZG 2005, 865, 869; Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 156 f.; Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1784. 780 Siehe hierzu bereits Kapitel 2 D. III. 11. c).

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

Gesetzgebers wenigstens die Hauptversammlung nach den allgemeinen Regelungen des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG beteiligt werden, um ein kollusives Zusammenwirken zu verhindern und eine Aktionärsbeteiligung zu gewährleisten.781 Die Sperrfrist des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG steht jedoch einer zeitnahen Beendigung des Verfahrens entgegen. Bedauerlicherweise hat es der Gesetzgeber versäumt, die in § 148 Abs. 6 S. 4 AktG geregelte Ausnahme von der Geltung der Sperrfrist auch für einen durch die Gesellschaft geschlossenen Vergleich anzuordnen. Da auch der Gesetzgeber im UMAG-Gesetzgebungsverfahren von der Anwendbarkeit des § 148 Abs. 6 S. 4 AktG auf einen Prozessvergleich der Gesellschaft ausging,782 handelt es sich offensichtlich um ein Redaktionsversehen. § 148 Abs. 6 S. 4 AktG ist daher auf einen durch die Gesellschaft geschlossenen Vergleich insoweit analog anzuwenden, als er die Ausnahme von der Sperrfrist regelt.783 De lege ferenda sollte dies klargestellt werden. Zwar ergibt sich insoweit ein Wertungswiderspruch zu dem Fall, in dem die Gesellschaft selbst von vornherein ihren Verpflichtungen zur Geltendmachung des Ersatzanspruchs nachkommt und diesen gerichtlich verfolgt, denn in diesem Fall ist sie an die Regelung des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG784 einschließlich der Sperrfrist gebunden. Im Interesse einer Möglichkeit zur raschen Erledigung des Verfahrens ist dies jedoch hinzunehmen – und zeigt einmal mehr den Reformbedarf der Verzichts-/ und Vergleichsregelungen. (1) Kritik am Zustimmungserfordernis nach § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG An der Einbeziehung der Hauptversammlung in einen wirksamen Vergleichsabschluss gemäß § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG ist wiederholt Kritik geübt worden, sowohl allgemein785 als auch speziell im Rahmen des Aktionärsklageverfahrens nach § 148 AktG für einen Vergleichsschluss durch die Aktionärsminderheit selbst oder durch die Gesellschaft nach Übernahme des Verfahrens oder eigenständiger Klageerhebung gemäß § 148 Abs. 3 AktG. Nachfolgend werden ver-

781 Gegenäußerung Bundesregierung zum UMAG, S. 43; so auch Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1784, denen zufolge es sachgerecht sei, dass die Hauptversammlung über den Vergleich entscheide und nicht die zunächst klageunwillige Gesellschaft. 782 Gegenäußerung Bundesregierung zum UMAG, S. 43; im Ergebnis auch Spindler, NZG 2005, 865, 868; Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1785, die zutreffend feststellen, dass eine ausdrückliche Klarstellung im Gesetz wünschenswert gewesen wäre. 783 Für eine analoge Anwendung auch Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 52; GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 222; Schröer, ZIP 2005, 2081, 2083; Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1784 f.; Winnen, Innenhaftung, S. 443; siehe auch Gegenäußerung Bundesregierung zum UMAG, S. 43; a. A. wohl Knappke, Effizienz, S. 194; a. A. auch Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 125. 784 Bei Ansprüchen aus der Gründung oder Nachgründung bzw. aus § 117 AktG gelten insoweit §§ 50 AktG, bzw. § 117 Abs. 4 AktG. 785 Siehe hierzu bereits Kapitel 1 C. I. 5. c).

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schiedene Lösungsmöglichkeiten im Rahmen des Aktionärsklageverfahrens gemäß § 148 AktG aufgezeigt. (2) Lösungsmöglichkeiten de lege ferenda (a) (Ersatzlose) Streichung des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG Zunächst wäre an eine generelle Streichung des Erfordernisses der Zustimmung der Hauptversammlung zu denken. Ohne die Schaffung anderweitiger Schutzmechanismen ist dies jedoch nicht empfehlenswert, da andernfalls die gesetzgeberische Intention, ein kollusives Zusammenwirken der Verwaltungsorgane und eine gegenseitige Enthaftung zu verhindern,786 gefährdet wäre. Wenn die Gesellschaft dem Aktionärsklageverfahren durch Übernahme des Klageverfahrens oder eine eigene Klageerhebung die Zulässigkeit entzieht, ist eine Aktionärsbeteiligung über die Hauptversammlung zudem der einzige Weg, über den eine Mitsprachemöglichkeit der Aktionäre besteht, denn die ursprünglichen Kläger können nicht verhindern, dass zwischen der Gesellschaft und den beklagten Verwaltungsmitgliedern ein Vergleich geschlossenen wird.787 (b) Zustimmungspflicht der Aktionärsminderheit bzw. Vetorecht Statt der Einbeziehung der Hauptversammlung wäre daran zu denken, eine Zustimmungspflicht der Aktionärsminderheit, die die Aktionärsklage erhoben hatte, einzuführen. So könnte sichergestellt werden, dass die Initiatoren des Haftungsprozesses weiterhin an dem Verfahren beteiligt sind und eventuellen Missbräuchen der Gesellschaft entgegengewirkt werden kann. Andererseits könnten dadurch auch neue Möglichkeiten zum Missbrauch durch eine Aktionärsminderheit geschaffen werden, die es dann in der Hand hätte, auch im Gesellschaftsinteresse geschlossene Vergleiche zu blockieren.788 Die Einführung einer Zustimmungspflicht durch die Aktionärsminderheit de lege ferenda ist folglich abzulehnen. Die Einführung eines Vetorechts für Fälle „evidenten Missbrauchs“ durch die Gesellschaft, wie von Zieglmeier789 erwogen, empfiehlt sich aus Gründen der Rechtssicherheit ebenfalls nicht.790

786 Siehe bereits Kapitel 1 C. I. 5. c) sowie Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 156 f.; Schröer, ZIP 2005, 2081, 2083; ähnlich Winnen, Innenhaftung, S. 443. 787 So auch die Gegenäußerung Bundesregierung zum UMAG, S. 43; Spindler, NZG 2005, 865, 869; Winnen, Innenhaftung, S. 443. 788 Aus demselben Grund ist auch eine Anpassung der Widerspruchsquoren in § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG und § 148 Abs. 1 S. 1 AktG abzulehnen. 789 Zieglmeier, ZGR 2007, 144, 156 f. Siehe hierzu bereits Kapitel 2 D. III. 11. c). 790 Siehe hierzu bereits Kapitel 2 D. III. 11. c).

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

(c) Zustimmung des Prozessgerichts Zwar bietet die Einbeziehung der Hauptversammlung einen gewissen Schutz vor Missbräuchen durch ein kollusives Verhalten der Gesellschaftsorgane, stellt mit dem Erfordernis eines Mehrheitsbeschlusses der Hauptversammlung und der Abwesenheit eines Widerspruchs von 10% des Grundkapitals aber hohe Hürden auf. Sie wird daher oftmals einer im Interesse der Gesellschaft liegenden raschen und sachgerechten Erledigung von Innenhaftungsansprüchen gegen Organmitglieder entgegenstehen. Solche – behaupteten – Ersatzansprüche bergen häufig tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten, so dass der tatsächliche Prozessausgang oft nicht vorhersehbar ist.791 Oftmals wird sich erst im Laufe des Prozesses herausstellen, dass der Ausgang des Prozesses unsicherer ist als anfangs angenommen oder sich die Vermögenssituation des Beklagten, etwa im Falle mangelnden Versicherungsschutzes,792 verschlechtert hat, so dass mit der Beitreibbarkeit der vollen Schadenssumme nicht (mehr) gerechnet werden kann.793 In diesem Fall und in weiteren Fällen spricht viel für eine rasche Vergleichsmöglichkeit der Gesellschaft. § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG sollte für Prozessvergleiche, zumindest im Rahmen des § 148 AktG, für nicht anwendbar erklärt werden.794 Stattdessen sollte der von der Gesellschaft (oder von der Aktionärsminderheit im Klageverfahren) geschlossene795 Vergleich an die Zustimmung des Prozessgerichts gebunden werden.796 So könnte einerseits der umständliche und kostenintensive Weg über die Hauptversammlung, den § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG vorsieht, vermieden werden, andererseits durch die gerichtliche Kontrolle ein kollusives Zusammenwirken zwischen den Gesellschaftsorganen verhindert werden.

791

Thümmel, Haftung, S. 161. Zur D&O-Versicherung siehe bereits Kapitel 1 C. I. 5. d). 793 Thümmel, Haftung, S. 161. 794 Thümmel, DB 2004, 471, 474, m.w. N., Stellungnahme des Bundesrats zum UMAG, S. 38; Weiss/Buchner, WM 2005, 162, 171. Zur generellen Kritik an § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG siehe Kapitel 1 C. I. 5. c). 795 Siehe hierzu noch Kapitel 2 D. V. 7. c). 796 Siehe zum Vergleich durch die Aktionärsminderheit nur die Forderungen von Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 332 f.; Bayer, NJW 2000, 2609, 2616; Baums, 63. DJT, Gutachten F 262 f.; ders., Bericht Regierungskommission, Rn. 73; 63. DJT, Beschluss der Abteilung Wirtschaftsrecht III.6 e), O 229; Weber, Aktionärsklage, S. 243 f., zur konzernrechtlichen Aktionärsklage; Habersack, Gutachten E 95, 106; für eine Inhaltsprüfung – wohl unter Beibehaltung der Regelung des § 93 Abs. 4 S. 3 AktG – bei Vergleichen und vergleichsähnlichen Vereinbarungen auch Schmolke, ZGR 2011, 398, 439, 442. 792

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7. Beendigung der Aktionärsklage a) Beendigung durch Urteil; Rechtskraftwirkung Die Aktionärsklage endet grundsätzlich durch Urteil (§ 300 ZPO). Während die Frage der Rechtskrafterstreckung eines solchen Urteils im Fall der Klageabweisung bei der gesetzlichen Prozessstandschaft allgemein höchst umstritten ist,797 hat der Gesetzgeber für die Aktionärsklage nach § 148 AktG die Rechtskrafterstreckung in § 148 Abs. 5 AktG ausdrücklich angeordnet. Hiernach wirkt ein Urteil, auch wenn es auf Klageabweisung lautet, für und gegen die Gesellschaft und die übrigen Aktionäre. b) Anderweitige Beendigung Die Aktionärsminderheit kann das Verfahren auch nach allgemeinen prozessualen Regeln anderweitig beenden, wie etwa durch Klagerücknahme. Die Einschränkung des § 148 Abs. 6 S. 4 AktG für die Klagerücknahme durch die Gesellschaft gilt hierfür jedoch nicht. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift ist nicht erforderlich, da die Klagerücknahme keine Rechtskraftwirkung zur Folge hat und auch keine mit der von § 148 Abs. 6 S. 4 AktG geregelten Situation vergleichbare Interessenlage besteht.798 c) Beendigung durch Prozessvergleich Die klagende Aktionärsminderheit kann mit dem beklagten Organmitglied im Klageverfahren einen Prozessvergleich schließen. Ein solcher Vergleich wirkt für und gegen die Gesellschaft und die übrigen Aktionäre. Dies gilt gemäß § 148 Abs. 5 S. 1, 2 AktG allerdings nur dann, wenn er nach § 149 AktG bekannt zu machen ist. Diese in § 148 Abs. 5 S. 1, 2 AktG getroffene Regelung wirft in verschiedener Hinsicht Fragen auf. Zunächst scheint sie im Widerspruch zu der bislang herrschenden Meinung zu stehen, dass es einem Prozessstandschafter verwehrt sei, über den Streitgegenstand zu verfügen, und ihm daher nach dieser Ansicht keine Vergleichsbefugnis zustehe. Auch lässt sich aus dieser Regelung nicht entnehmen, ob und inwieweit die Gesellschaft als materiell Berechtigte an einem sol797 Vgl. zur Rechtskrafterstreckung bei gesetzlicher Prozessstandschaft u. a. ZöllerVollkommer, ZPO, Vor § 50 Rn. 33 ff.; vgl. auch Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 336 f., m.w. N. (in Fn. 178); Krieger, ZHR 163 (1999), 343, 350; ein allgemeiner Überblick zum Meinungsstand auch bei Lönner, actio pro socio, S. 156 ff., Mencke, Beiladung, S. 29 ff. Siehe zum Meinungsstand bei den Aktionärsklagen nach § 309 Abs. 4 AktG noch Kapitel 2 F. I. 2. 798 Weber, Aktionärsklage, S. 242, zur konzernrechtlichen Aktionärsklage. A. A. wohl Spindler, NZG 2005, 865, 869.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

chen Vergleich mitwirken muss. Zum anderen umfasst diese Regelung über die Verweisung auf die Bekanntmachungsvorschrift des § 149 AktG von ihrem Wortlaut her nur Vergleiche, die in börsennotierten Gesellschaften geschlossen werden. aa) Vergleichsbefugnis der Aktionärsminderheit Schließt die Gesellschaft als materiell Berechtigte wirksam einen Vergleich über den ihr zustehenden Ersatzanspruch, bindet dieser nach allgemeiner Ansicht auch die als Prozessstandschafter auftretende Aktionärsminderheit sowie die übrigen Aktionäre.799 Ob auch ein Prozessstandschafter einen solchen Vergleich über den Anspruch der Gesellschaft wirksam schließen kann mit der Folge, dass er auch die Gesellschaft und die übrigen Aktionäre bindet, ist umstritten.800 Geht man mit der herrschenden Meinung von der Doppelnatur des Prozessvergleichs als Prozesshandlung und zugleich als Rechtsgeschäft bürgerlichen Rechts aus,801 so sind für den wirksamen Abschluss eines Prozessvergleichs die prozessuale Dispositionsbefugnis des Prozessstandschafters einerseits802 und die materielle Verfügungsbefugnis über den Streitgegenstand andererseits erforderlich.803 Aus dem Grundsatz der Parteiherrschaft im streitigen Verfahren und der selbständi-

799 Siehe zur konzernrechtlichen Aktionärsklage Emmerich/Habersack-Emmerich, Konzernrecht, § 309 Rn. 50; MüKo-Altmeppen, AktG, § 309 Rn. 125; Spindler/StilzVeil, AktG, § 309 Rn. 34; GK-Hirte, AktG, § 309 Rn. 43; dies ergibt sich auch aus einem Umkehrschluss zu § 309 Abs. 4 S. 4 AktG. A. A. dagegen Mertens, in: FS Fleck, S. 209, 217 f. 800 Vgl. z. B. Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 160 f. (zum GmbH-Recht), der eine Verfügungsbefugnis über den Ersatzanspruch ablehnt und daher eine Zustimmung der Gesellschafterversammlung für erforderlich hält; Banerjea, Gesellschafterklagen, S. 224 (zum GmbH-Recht): mangels Verfügungsbefugnis sei die Zustimmung der Gesellschafterversammlung erforderlich; Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 332, demzufolge ein Vergleich durch einen Prozessstandschafter eine besondere Ermächtigung voraussetze; a. A. für den Prozessvergleich Grunewald, Gesellschafterklage, S. 58 ff., 92 (zum GmbHRecht): andernfalls sei eine flexible Reaktion auf das Prozessgeschehen und eine sachgerechte Erledigung der Streitsache häufig nicht möglich; a. A. wohl auch Zöller-Vorkommer, ZPO, Vor § 50 Rn. 33, m.w. N., der die Bindung des Rechtsinhabers an einen Prozessvergleich davon abhängig machen will, wie weit die Rechtskraftwirkung reicht. Differenzierend auch Klinck, WM 2006, 417, 418 ff.: ein wirksamer Abschluss des Prozessvergleichs sei aufgrund zustehender prozessualer Dispositionsbefugnis möglich, bei Fehlen der materiellrechtlichen Verfügungsbefugnis nur als Verpflichtungsgeschäft; aus Gesichtspunkten des Vertrags zu Lasten Dritter bestehe allerdings keine Bindungswirkung des Rechtsinhabers. 801 Vgl. nur BGH, NJW 88, 65; BGH, MDR 2006, 284; Zöller-Stöber, ZPO, § 794 Rn. 3, m.w. N. 802 Näher hierzu Klinck, WM 2006, 417, 418 ff., mit zahlreichen weiteren Nachweisen. 803 Musielak-Lackmann, ZPO, § 794 Rn. 9, m.w. N.; Lönner, actio pro socio, S. 182; a. A. Klinck, WM 2006, 417, 419 ff.: Verfügungsbefugnis sei nur dann erforderlich, wenn der Prozessvergleich verfügende Wirkung habe.

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gen Parteistellung des Prozessstandschafters folgt, dass diesem vollumfänglich das Recht zustehen muss, über seine prozessuale Position zu disponieren.804 Ob einem gesetzlichen Prozessstandschafter mit der Prozessführungsbefugnis gleichzeitig auch die materielle Verfügungsbefugnis übertragen wurde, ist durch Auslegung der jeweiligen gesetzlichen Regelung zu ermitteln.805 Nach der vor Einführung des § 148 Abs. 5 AktG wohl herrschenden Meinung fehlte dem Prozessstandschafter die materielle Verfügungsbefugnis806 und damit die Befugnis, einen Vergleich über den Ersatzanspruch der Gesellschaft mit Wirkung für und gegen die Gesellschaft und die übrigen Gesellschafter abzuschließen. Nach anderer, aus dogmatischen Gründen nicht überzeugender Ansicht sollten die Prozessstandschafter aus Praktikabilitätsgründen im Prozess einen Vergleich schließen können, da andernfalls eine flexible Reaktion auf die Verfahrensentwicklung und eine sachgerechte Erledigung oftmals nicht möglich sei.807 Folgte man der herrschenden Ansicht, so war ein Vergleichsschluss durch den in Prozessstandschaft handelnden Gesellschafter allerdings nicht völlig ausgeschlossen, setzte aber die Zustimmung der Gesellschafterversammlung voraus, um die inter omnes-Wirkung erzielen zu können.808 Überträgt man diesen zur GmbH entwickelten Rechtsgedanken auf die Aktiengesellschaft, so bietet sich hierfür die Hauptversammlung als Zustimmungsorgan an. Diese ist bereits für die Zustimmung zu einem Vergleich der Gesellschaft gemäß § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG zuständig. Es liegt nahe, diese Vorschrift entsprechend auf einen Vergleich durch die als Prozessstandschafter handelnde Aktionärsminderheit anzuwenden. Durch eine Einbeziehung der Hauptversammlung kann auch einem kollusiven Zusammenwirken der Aktionärsminderheit mit den klageunwilligen Verwaltungsorganen entgegengesteuert werden. Der Gesetzgeber hat mit der Regelung des § 148 Abs. 5 S. 2 AktG nun allerdings klargestellt, dass Vergleiche, die nach § 149 AktG bekannt zu machen sind, auch für und gegen die Gesellschaft und die übrigen Aktionäre wirken sollen (für und gegen die Gesellschaft allerdings nur nach Klagezulassung). Die Erstreckung der Vergleichswirkungen auf die Gesellschaft und die übrigen Aktionäre setzt voraus, dass der Prozessstandschafter überhaupt wirksam einen solchen Prozess804 Näher hierzu Klinck, WM 2006, 417, 418 ff., m.w. N., auch zur Gegenmeinung; a. A. Berger, Rechtskraft, S. 118 ff. I. Erg. auch AK-Lochner, AktG, § 148 Rn. 38. 805 Klinck, WM 2006, 417, 419; i. Erg. wohl auch Backhaus, Beteiligung Dritter, S. 261. 806 Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 160 (zum GmbH-Recht), Banerjea, Gesellschafterklagen, S. 224 (zum GmbH-Recht), Lönner, actio pro socio, S. 159, 182 (zum GmbH- und Personengesellschaftsrecht), jeweils m.w. N.; so auch (ohne Erörterung des § 148 Abs. 5 AktG) Mencke, Beiladung, S. 172. 807 Grunewald, Gesellschafterklage, S. 92 (zum GmbH-Recht); kritisch hiergegen auch Banerjea, Gesellschafterklagen, S. 224 (zum GmbH-Recht). 808 Banerjea, Gesellschafterklagen, S. 224, Eickhoff, Gesellschafterklage, S. 160 f., jeweils zum GmbH-Recht.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

vergleich schließen kann.809 Somit ergibt sich durch diese Regelung – in Verbindung mit den Vorschriften über die Klagezulassung gemäß § 148 Abs. 1 AktG – auch eine entsprechende Vergleichsbefugnis der Aktionärsminderheit im Klageverfahren über den eingeklagten Ersatzanspruch. Ist die Aktionärsminderheit zur Klage zugelassen und liegen die Voraussetzungen des § 148 Abs. 5 AktG vor, so sind sie grundsätzlich berechtigt, einen Prozessvergleich mit Wirkung für und gegen die Gesellschaft und die übrigen Aktionäre abzuschließen.810 Auch in diesem Fall müssen die klagenden Aktionäre an die Regelung des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG gebunden sein, denn einem Prozessstandschafter kann keine weitergehende Rechtsmacht zustehen als der Gesellschaft als Rechtsinhaberin selbst.811 Um eine zügige Beendigung des Verfahrens zu ermöglichen, wird man § 148 Abs. 6 S. 4 AktG, der den Verzicht auf die Sperrfrist beinhaltet, entsprechend auch auf den Prozessvergleich der Aktionärsminderheit anwenden müssen.812 Eine Ungleichbehandlung zwischen der Gesellschaft, die das Aktionärsklageverfahren übernommen oder selbstständig Klage erhoben hat und für die die Regelung des § 148 Abs. 6 S. 4 AktG analog angewendet wird, und den als Prozessstandschafter klagenden Aktionären ist insoweit nicht gerechtfertigt.813 Eine Ansicht in der Literatur fordert unter Heranziehung der aus dem öffentlich-rechtlichen Verfahren bekannten Grundsätze neben der Zustimmung der Hauptversammlung nach § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG analog zusätzlich noch die Zustimmung der Gesellschaft als unmittelbar in ihren materiellen Rechten Betroffene.814 Diese Ansicht verkennt jedoch, dass mit der Hauptversammlung bereits ein Gesellschaftsorgan dem Vergleichsschluss zustimmen muss. Zusätzlich noch die Zustimmung der „Gesellschaft“ zu verlangen, überzeugt nicht, denn zustimmungspflichtig wären dann nach der aktienrechtlichen Kompetenzordnung 809

Backhaus, Beteiligung Dritter, S. 261; Lönner, actio pro socio, S. 182. GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 244; AK-Lochner, AktG, § 148 Rn. 38. 811 So auch Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 51; Hüffer, AktG, § 148 Rn. 20; Backhaus, Beteiligung Dritter, S. 261; Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1785; i. Erg. auch Regierungsbegründung UMAG, S. 23 f. Unklar dagegen Seibt, WM 2004, 2137, 2145; a. A. Pansa, Aktionärsklageverfahren, S. 162 f. 812 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 51. 813 Für die Nicht-Geltung der Sperrfrist auch Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1785; Hüffer, AktG, § 148 Rn. 20; Spindler, NZG 2005, 865, 869; GK-Bezzenberger/ Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 244; Winnen, Innenhaftung, S. 430; Lönner, actio pro socio, S. 183; a. A. wohl Weiss/Buchner, WM 2005, 162, 171; Kämper, Aktionärsklage, S. 39. 814 Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1785; Bürgers/Körber-Holzborn/Jänig, AktG, § 148 Rn. 20; Koch, ZGR 2006, 769, 778 f.; Weber, Aktionärsklage, S. 242 (zur konzernrechtlichen Aktionärsklage nach § 309 Abs. 4 AktG), Lönner, actio pro socio, S. 183, 210; unklar dagegen Winnen, Innenhaftung, S. 430 f., der auf einen Vergleich zwischen Gesellschaft und Aktionären abzustellen scheint. 810

D. Gerichtliche Geltendmachung gemäß § 148 AktG

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der Aufsichtsrat gemäß § 112 AktG bzw. der Vorstand gemäß § 78 AktG in Vertretung für die Gesellschaft, also genau die Gesellschaftsorgane, die sich im Verfahren klageunwillig gezeigt haben.815 bb) Vergleichsbefugnis und -wirkungen in nicht börsennotierten Gesellschaften Die Anordnung der Vergleichswirkung in § 148 Abs. 5 S. 1, 2 AktG für und gegen die Gesellschaft und die übrigen Aktionäre setzt voraus, dass es sich um einen nach § 149 AktG bekannt zu machenden Vergleich handelt. Soweit mit dieser Vorschrift eine Beschränkung auf Vergleiche, die verfahrensbeendende Wirkung haben, getroffen werden sollte,816 ist dies unproblematisch, da Prozessvergleiche stets auf Verfahrensbeendigung gerichtet sind.817 Allerdings sind von der Bekanntmachungspflicht nach § 149 AktG nur börsennotierte Gesellschaften betroffen, so dass sich die Frage stellt, ob auch in nicht börsennotierten Gesellschaften Aktionäre einen wirksamen Prozessvergleich mit Wirkung für und gegen die Gesellschaft und die übrigen Aktionäre schließen können. Der Referentenentwurf des UMAG enthielt in § 147a Abs. 4, 5 RefE UMAG weder für die Bekanntmachungspflicht noch für die Reichweite der Vergleichswirkung eine Einschränkung auf börsennotierte Gesellschaften. Wie noch im Einzelnen aufgezeigt werden wird, besteht der Sinn und Zweck dieser Bekanntmachungsvorschrift darin, durch Transparenz missbräuchlichen Vergleichsschlüssen vorzubeugen.818 In einer nicht börsennotierten Gesellschaft wurde die Bekanntmachungsvorschrift des § 149 AktG für nicht erforderlich gehalten, da Aktionäre dort anderweitige Möglichkeiten haben, von dem Vergleichsschluss Kenntnis zu nehmen.819 Daher wurde im Laufe des UMAG-Gesetzgebungsverfahrens die Beschränkung des § 149 AktG auf börsennotierte Gesellschaften eingefügt. Dass der Gesetzgeber auch hinsichtlich der Vergleichsbefugnis bzw. der Vergleichswirkungen eine Differenzierung zwischen börsennotierten und nicht börsennotierten Gesellschaften vornehmen wollte, wird aus den Materialien zum UMAG nicht ersichtlich. 815 So auch i. Erg. AK-Lochner, AktG, § 148 Rn. 38; Rahlmeyer, Vorstandshaftung, S. 117 (unter Hinweis auf das jederzeitige Klage- und Klageübernahmerecht der Gesellschaft). 816 Hierauf wohl abstellend Hüffer, AktG, § 148 Rn. 20; Bürgers/Körber-Holzborn/ Jänig, AktG, § 148 Rn. 20a. 817 Vgl. nur Zöller-Stöber, ZPO, § 794 Rn. 3, m.w. N. 818 Siehe hierzu noch Kapitel 2 D. VII. 819 Vgl. Regierungsbegründung UMAG, S. 24; Schütz, NZG 2005, 5, 7: „Diese Beschränkung (auf börsennotierte Gesellschaften) ist vor dem Hintergrund zweckmäßig, dass die mit der Bekanntmachungspflicht bezweckte disziplinierende Wirkung auf die Aktionäre nur bei börsennotierten Gesellschaften erforderlich scheint“. Ähnlich auch bereits Meilicke/Heidel, DB 2004, 1479, 1485, vor dem Hintergrund des Referentenentwurfs des UMAG, der diese Differenzierung noch nicht vorsah.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

Eine solche Differenzierung ist auch sachlich nicht gerechtfertigt. In beiden Fällen wurde die Aktionärsminderheit zunächst zur Klage zugelassen, d.h. das Prozessgericht hat der Haftungsklage im Klagezulassungsverfahren hinreichende Erfolgsaussichten eingeräumt. Sowohl in börsennotierten als auch in nicht börsennotierten Gesellschaften besteht außerdem das Bedürfnis, den Rechtsstreit flexibel vergleichsweise beenden zu können. In beiden Fällen besteht das Interesse des beklagten Organmitglieds, sich mit Wirkung für und gegen alle übrigen Aktionäre und die Gesellschaft über diesen Ersatzanspruch vergleichen zu können. Die Interessen der Gesellschaft werden dabei über ihre Stellung als Beigeladene sowie vor allem auch über ihr jederzeitiges Übernahme- bzw. Klagerecht nach § 148 Abs. 3 AktG berücksichtigt. Auch die übrigen Aktionäre werden durch die Beteiligung der Hauptversammlung in entsprechender Anwendung des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG hinreichend geschützt. Es besteht daher kein Grund, hinsichtlich der Vergleichsbefugnis und der Vergleichswirkung zwischen einer börsennotierten und einer nicht börsennotierten Gesellschaft zu differenzieren.820 Allerdings muss in diesen Fällen auch bei nichtbörsennotierten Gesellschaften eine Bekanntmachung nach § 149 AktG erfolgen, um durch diese Transparenzregelungen Missbräuchen vorzubeugen. Von der Verweisung in § 148 Abs. 5 S. 2 AktG auf § 149 AktG sind daher nur die Beschränkung auf verfahrensbeendende Vergleiche und die Bekanntmachungsvorschriften als solche umfasst, nicht dagegen die Beschränkung auf börsennotierte Gesellschaften. De lege ferenda wäre dennoch eine entsprechende Klarstellung im Gesetz wünschenswert. cc) Stellungnahme Die Regelung für einen durch die Aktionärsminderheit geschlossenen Vergleich ist in ihrer jetzigen Form wenig überzeugend. Aus der Anordnung der Vergleichswirkungen in § 148 Abs. 5 S. 1, 2 AktG folgt zwar indirekt eine entsprechende Vergleichsbefugnis. Aus dem Wortlaut dieser Regelung, die sich auf einen „nach § 149 AktG bekannt zu machenden Vergleich“ bezieht, wird jedoch nicht deutlich, ob dieser Verweis auf § 149 AktG auch die Beschränkung auf börsennotierte Gesellschaften oder nur die „Rechtsfolgen“ dieser Regelung, d.h. die Bekanntmachungsvorschriften und die Beschränkung auf verfahrensbeendende Vergleiche, umfasst. Hier sollte de lege ferenda eine entsprechende Klarstellung erfolgen. De lege ferenda sollte auch klargestellt werden, dass § 93 Abs. 4, S. 3, 4 AktG auch auf einen Vergleich durch die Aktionärsminderheit, der die Gesellschaft und die übrigen Aktionäre bindet, Anwendung findet und dass insoweit die 820 I. Erg. auch Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 49; GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 245, Rahlmeyer, Vorstandshaftung, S. 117, die insoweit von einem Redaktionsversehen des Gesetzgebers ausgehen; a. A. dagegen Hölters-Hirschmann, AktG, § 149 Rn. 2, § 148 Rn. 30, der die Möglichkeit des Vergleichsschlusses zur Verfahrensbeendigung mit Drittwirkung bei nicht börsennotierten Gesellschaften verneint.

D. Gerichtliche Geltendmachung gemäß § 148 AktG

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Sperrfrist des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG nicht gilt. So könnte in Zukunft auf die methodisch komplizierte wenig überzeugende „doppelte Analogie“ 821 zu § 148 Abs. 6 S. 4 AktG verzichtet werden. Aus rechtspolitischer Sicht wäre allerdings, wie bereits in Kapitel 2 D. V. 6. e) bb) (2) für die Beendigung des Klageverfahrens durch Vergleich der Gesellschaft aufgezeigt, eine komplette Abkehr von dem Vergleichs- und Verzichtsregime des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG vorzugswürdig. Ist die Einhaltung dieser Vorschrift, auch wenn man mit der hier vertretenen Ansicht die Sperrfrist gemäß § 148 Abs. 6 S. 4 AktG analog für nicht anwendbar hält, bereits für die Gesellschaft mühsam und aufwendig, so ist sie für die klagende Aktionärsminderheit kaum zumutbar, zumal die Gesellschaftsorgane der Aktionärsklage ablehnend gegenüberstehen und daher zu befürchten ist, dass sie unter Umständen die Einberufung der Hauptversammlung bzw. die Ergänzung der Tagesordnung blockieren werden.822 Statt an der Vorschrift des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG festzuhalten, wäre die Einführung einer gerichtlichen Zustimmungspflicht zu dem Prozessvergleich wünschenswert.823 So kann einerseits der schwerfällige „Umweg“ über die Hauptversammlung vermieden, andererseits aber über die gerichtliche Kontrolle des Vergleichsinhalts für eine ausgewogene Regelung gesorgt und so indirekt Missbräuchen durch Aktionäre entgegengewirkt werden.824 8. Zusammenfassung Die Zulassung der Klage berechtigt die ehemaligen Antragsteller des Zulassungsverfahrens zur Klageerhebung in eigenem Namen. Die Klage ist gegen die ehemaligen Antragsgegner im Klagezulassungsverfahren und auf Leistung an die Gesellschaft zu richten (§ 148 Abs. 4 S. 2 AktG). Eine Nebenintervention von Aktionären ist nach Zulassung der Klage nicht mehr möglich. Am ursprünglichen Verfahren nicht beteiligte Aktionäre müssen daher ein eigenes Klagezulassungsverfahren initiieren und anschließend eine eigene Aktionärsklage erheben. Dass mehrere Aktionärsklagen zulässig sind, zeigt § 148 Abs. 4 S. 4 AktG. Diese Vorschrift ist somit als Ausnahme des Grundsatzes entgegenstehender anderweitiger Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) anzusehen. De lege ferenda wäre eine gesetzliche Klarstellung wünschenswert. 821 Eine doppelte Analogie ist deshalb erforderlich, da § 148 Abs. 6 S. 4 AktG direkt erstens nur für die Klagerücknahme und zweitens nur für die Gesellschaft gilt. 822 Ablehnend auch Banerjea, Gesellschafterklagen, S. 225 (zum GmbH-Recht). Siehe auch Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1785; auch zu der Folgeproblematik, dass der Vorstand die dann gemäß § 93 Abs. 4 S. 3 AktG erforderliche Hauptversammlung nicht einberuft bzw. den Punkt „Zustimmung zum Vergleichsabschluss“ nicht auf die Tagesordnung setzt. 823 Siehe hierzu bereits Kapitel 2 D. V. 6. e) bb) (2) (c). 824 Ulmer, ZHR (163) 1999, 290, 332 f.; vgl. auch Baums, Gutachten F 262 f.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

Die im Klagezulassungsverfahren obsiegende Aktionärsminderheit muss die Gesellschaft vor Klageerhebung nochmals unter Setzung einer angemessenen Frist vergeblich aufgefordert haben, selbst Klage zu erheben (§ 148 Abs. 4 S. 1 AktG). Hierdurch werden der subsidiäre Charakter der Aktionärsklage und die Intention des Gesetzgebers, die Prozessführung durch die Gesellschaft selbst zu fördern, nochmals deutlich. In aller Regel wird die Gesellschaft, die als Beigeladene Kenntnis vom Verfahrensstand und von der Klagezulassung hat, nach den Grundsätzen der ARAG/Garmenbeck-Entscheidung des BGH unmittelbar nach Klagezulassung, spätestens jedoch nach nochmaliger Klageaufforderung, selbst Klage erheben. Hat das Prozessgericht das Vorliegen von Verdachtstatsachen für eine qualifizierte Pflichtverletzung festgestellt und überwiegende entgegenstehende Gründe des Gesellschaftswohls verneint, werden die zuständigen Verwaltungsorgane in aller Regel eine solche Klage erheben (müssen), um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, pflichtwidrig die behaupteten Ersatzansprüche der Gesellschaft nicht zu verfolgen. Als Inhaberin des behaupteten Ersatzanspruchs ist die Gesellschaft auch im Klageverfahren jederzeit berechtigt, selbst Klage zu erheben. Tut sie dies, wird das anhängige Klageverfahren der Aktionäre unzulässig (§ 148 Abs. 3 S. 1 AktG). Alternativ ist die Gesellschaft nach ihrer Wahl auch berechtigt, in das Klageverfahren der Aktionärsminderheit einzutreten. Die Möglichkeit der Gesellschaft, statt der Übernahme der Aktionärsklage eine eigene Klage erheben zu können, wird teilweise kritisiert. Kritikpunkt hierbei ist in erster Linie, dass die bisherigen Prozessergebnisse wertlos werden und daher eine neue Beweisaufnahme erforderlich wird, was unter Umständen für das verklagte Organmitglied unzumutbar sei. Um der Stellung der Gesellschaft als Rechtsinhaberin des Ersatzanspruchs umfassend gerecht zu werden, ist an dem Wahlrecht jedoch festzuhalten. Im Falle einer Übernahme des Verfahrens oder einer eigenständigen Klageerhebung durch die Gesellschaft kann diese das Verfahren auch durch eine Klagerücknahme oder einen Prozessvergleich beenden. Da die Aktionärsminderheit, die das Klageverfahren initiiert hat, kein Vetorecht bei der Klagerücknahme hat, sieht § 148 Abs. 6 S. 4 AktG die entsprechende Anwendung des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG mit Ausnahme der dreijährigen Sperrfrist auf die Klagerücknahme der Gesellschaft vor. Um eine rasche Erledigung des Verfahrens zu ermöglichen, sollte die in § 148 Abs. 6 S. 4 AktG geregelte Ausnahme von der Sperrfrist auch für einen durch die Gesellschaft nach Eintritt in das oder Übernahme des Klageverfahren(s) geschlossenen Vergleich gelten. De lege ferenda sollte dies klargestellt werden. Die Geltung der übrigen Voraussetzungen, die Zustimmung der Hauptversammlung und die Abwesenheit eines Widerspruchs einer 10%igen Minderheit, ergibt sich direkt aus § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG.

D. Gerichtliche Geltendmachung gemäß § 148 AktG

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Statt des umständlichen und kostenintensiven Weges über die Zustimmung der Hauptversammlung bietet es sich de lege ferenda an, für Prozessvergleiche zumindest im Rahmen des § 148 AktG die Vorschrift des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG für unanwendbar zu erklären und stattdessen den von der Gesellschaft im Klageverfahren nach § 148 AktG geschlossenen Vergleich an die Zustimmung des Prozessgerichts zu binden. Tritt die Gesellschaft nicht in das Aktionärsklageverfahren ein und erhebt auch nicht selbst Klage, endet die Aktionärsklage grundsätzlich durch Urteil (§ 300 ZPO), falls sie nicht anderweitig beendet wird. Die klagende Aktionärsminderheit kann mit dem beklagten Organmitglied im Klageverfahren einen Prozessvergleich schließen. Auch in diesem Fall müssen die klagenden Aktionäre an die Regelung des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG gebunden sein, denn einem Prozessstandschafter kann keine weitergehende Rechtsmacht zukommen als der Gesellschaft als Rechtsinhaberin selbst. Um eine zügige Verfahrensbeendigung zu ermöglichen, wird man die in § 148 Abs. 6 S. 4 AktG geregelte Ausnahme von der Sperrfrist entsprechend auch auf den Prozessvergleich der Aktionärsminderheit anwenden müssen. Eine zusätzliche Zustimmung der Gesellschaft, wie in der Literatur vereinzelt gefordert, ist dagegen abzulehnen. Diese Ansicht verkennt, dass mit der Hauptversammlung bereits ein Gesellschaftsorgan dem Vergleichsschluss zustimmen muss. Die Anordnung der Vergleichswirkung in § 148 Abs. 5 S. 1, 2 AktG für und gegen die Gesellschaft und die übrigen Aktionäre setzt voraus, dass es sich um einen nach § 149 AktG bekannt zu machenden Vergleich handelt. § 149 AktG erfasst jedoch nur börsennotierte Gesellschaften. Es besteht allerdings kein Grund, hinsichtlich der Vergleichsbefugnis und der Vergleichswirkung zwischen einer börsennotierten und einer nicht börsennotierten Gesellschaft zu differenzieren. Von der Verweisung in § 148 Abs. 5 S. 2 AktG auf § 149 AktG sind daher nur die Beschränkung auf verfahrensbeendende Vergleiche und die Bekanntmachungsvorschriften als solche umfasst. De lege ferenda wäre dennoch eine entsprechende Klarstellung im Gesetz wünschenswert. Allerdings muss in diesen Fällen auch bei nichtbörsennotierten Gesellschaften eine Bekanntmachung nach § 149 AktG erfolgen, um durch diese Transparenzregelungen Missbräuchen vorzubeugen. Die Regelung für einen Vergleich der Aktionärsminderheit ist in ihrer jetzigen Form wenig überzeugend. Hier sollten zumindest die im Wege der Auslegung bzw. der Analogie gefundenen Ergebnisse de lege ferenda klargestellt werden. Aus rechtspolitischer Sicht wäre allerdings eine komplette Abkehr von der Regelung des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG vorzugswürdig. Statt an der Vorschrift des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG festzuhalten, wäre die Einführung einer gerichtlichen Zustimmungspflicht zu dem Prozessvergleich wünschenswert.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

VI. Kosten Der Kostenregelung kommt in zweierlei Hinsicht eine essentielle Bedeutung zu. Zunächst spielt sie eine entscheidende Rolle bei der Beurteilung der Frage, inwieweit sich das geltende Haftungs- und Durchsetzungssystem in der Praxis bewähren wird.825 Relevant ist die Ausgestaltung der Kostenverteilung außerdem für die Beurteilung der reellen Missbrauchsgefahren und Missbrauchsanreize. Gerade bei Haftungsklagen stellen Aktionäre, die eine missbräuchliche Klage mit dem Ziel erheben, zumeist hohe Anwaltsgebühren zu erhalten, eine Hauptgruppe potentiell missbräuchlicher Kläger dar.826 Es liegt daher auf der Hand, dass dieser Missbrauchsgruppe durch eine effektive Kostenregelung begegnet werden muss. Andererseits sollen Minderheitsaktionäre nicht durch eine prohibitive Kostenregelung von der Geltendmachung ihrer Durchsetzungsrechte abgehalten werden. Aufgabe des Gesetzgebers ist es daher, positive wirtschaftliche Anreize für aussichtsreiche Aktionärsklagen einerseits und negative Anreize für missbräuchliche Aktionärsklagen andererseits zu setzen.827 Während die alte Kostenregelung des § 147 Abs. 4 AktG 1998 als eine der Hauptursachen für die geringe praktische Bedeutung der in § 147 Abs. 1–3 AktG 1998 geregelten Aktionärsrechte angesehen wurde, strebt § 148 Abs. 6 AktG nun eine möglichst verursachergerechte Kostenverteilung an.828 1. Erfolgloses Klagezulassungsverfahren; keine Klageerhebung der Gesellschaft § 148 Abs. 6 S. 1, 2 AktG sieht vor, dass der oder die Antragsteller829 die Kosten des Zulassungsverfahrens tragen, soweit sein/ihr Antrag abgewiesen wird. Dies entspricht auch dem allgemeinen zivilprozessualen Grundsatz, dass die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat (§§ 91 ff. ZPO). Mit dieser Regelung soll einem „kostenlosen Austesten“ der Klagemöglichkeiten durch missbrauchswillige Aktionäre entgegengewirkt werden.830 Ein materiellrechtlicher Kostenerstattungsanspruch gegenüber der Gesellschaft besteht ledig-

825

Zur rationalen Apathie siehe bereits Kapitel 1 B. V. 7. Siehe hierzu bereits Kapitel 1 B. V. 2. a) cc). 827 Kalweit, Fehlerhaftes Vorstands- und Aufsichtsratshandeln, S. 183, 187, 203, m.w. N. 828 Schröer, ZIP 2005, 2081, 2087. Eingegangen wird hierbei nur auf das Kostenregime bei einer Beendigung des Verfahrens durch Beschluss bzw. Urteil. Die Kostenerstattungsregelungen zugunsten der Aktionärsminderheit greifen dagegen insbesondere nicht bei einer Klagerücknahme (Kostenpflicht der Aktionäre gemäß § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO) oder einem Vergleich (Kostenregelung des § 98 ZPO). 829 Im Nachfolgenden wird einheitlich der Begriff „Antragsteller“ im Singular verwendet. 830 Regierungsbegründung UMAG, S. 23; vgl. auch Spindler, NZG 2005, 865, 869. 826

D. Gerichtliche Geltendmachung gemäß § 148 AktG

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lich im Ausnahmefall des § 148 Abs. 6 S. 2 AktG. Dieser ist gegeben, wenn alle Voraussetzungen für die Zulassung der Klage vorliegen, aber diese dennoch wegen überwiegender entgegenstehender Gründe des Gesellschaftswohls gemäß § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 AktG, die die Gesellschaft dem Antragsteller vor Beantragung der Klagezulassung hätte mitteilen können, scheitert. Dies ist sachgerecht, da die Antragsteller die Gesellschaft vor Stellung des Antrags auf Klagezulassung zur Klage auffordern müssen und diese so Gelegenheit erhält, auf überwiegende entgegenstehende Gründe des Gesellschaftsinteresses hinzuweisen.831 Um andererseits aber redliche Aktionäre nicht bereits durch extrem hohe Kosten im Falle eines Unterliegens im Zulassungsverfahren von der Einleitung des Verfahrens abzuschrecken, hat der Gesetzgeber eine Sonderregelung für die Festsetzung des Streitwerts bestimmt. Das Gericht setzt im Klagezulassungsverfahren gemäß § 3 ZPO den Streitwert nach freiem Ermessen fest.832 Hierbei ist es grundsätzlich auf ein Zehntel des Grundkapitals, in der Regel jedoch höchstens auf einen Wert von 500.000 EUR beschränkt (§ 53 Abs. 1 Nr. 4 GKG).833 Das Kostenrisiko für den Antragsteller bleibt damit kalkulierbar.834 Gegen dieses überschaubare Kostenrisiko kann zwar eingewandt werden, dass hierdurch letztlich doch wieder ein relativ gefahrloses „Austesten“ möglich wird. Ein Klagezulassungsverfahren unterliegt jedoch strengen Voraussetzungen und

831 So auch Hüffer, AktG, § 148 Rn. 22, mit Blick auf die Vermeidbarkeit der Kosten durch die Gesellschaft. 832 Hierzu wird vereinzelt vorgeschlagen, auf einen Bruchteil an der geltend gemachten Schadenssumme abzustellen, der dem Anteil des Antragstellers am Grundkapital der Gesellschaft (bzw. einem Bruchteil hiervon) entspricht; Meilicke/Heidel, DB 2004, 1479, 1482; ihnen folgend Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 97, Schmolke, ZGR 2011, 398, 408, 410; so wohl auch Seibt, WM 2004, 2137 f. (Fn. 21); ähnlich Backhaus, Beteiligung Dritter, S. 248, der auf das wirtschaftliche Interesse der jeweiligen Aktionärsminderheit an der Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs abstellt. Diese Ansicht verkennt jedoch, dass der gesamte Ersatzanspruch geltend gemacht wird, weshalb es auf einzelne Beteiligungen grundsätzlich nicht ankommen kann, näher hierzu Schröer, ZIP 2005, 2081, 2088; i. Erg. auch GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 264; Winnen, Innenhaftung, S. 412. Vorbehaltlich § 53 Abs. 1 Nr. 4 GKG entspricht der Streitwert im Klagezulassungsverfahren damit dem geltend gemachten Ersatzanspruch; Schröer, ZIP 2005, 2081, 2088; siehe allgemein zur Streitwertfestsetzung bei Schadenersatzansprüchen Thomas/Putzo-Hüßtege, ZPO, § 3 Rn. 72, 132. 833 Die Festsetzung eines höheren Betrages ist gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 4 GKG (nur) dann möglich, wenn die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist. Wegen der Formulierung des § 53 Abs. 1 Nr. 4 GKG „darf (. . .) nur insoweit übersteigen“, wird man hierfür einen restriktiven Maßstab anwenden müssen. Der Wortlaut des § 53 Abs. 1 Nr. 4 GKG setzt einen übertragenden oder formwechselnden Rechtsträger voraus; dies ist jedoch als Redaktionsversehen des Gesetzgebers anzusehen, Winnen, Innenhaftung, S. 412 f., m.w. N. 834 So auch Spindler, NZG 2005, 865, 869; Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1786; a. A. dagegen Peltzer, FS Schneider, S. 953, 956 f., 960 f.; ihm folgend Semler, in: FS Goette, S. 499, 508.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

wird daher, zumindest in Fällen, in denen nicht zuvor eine Sonderprüfung mit entsprechendem Ergebnis stattgefunden hat, oftmals vom Ausgang her ungewiss sein, da wie in Kapitel 2 D. III. 8. aufgezeigt, insbesondere durch das Erfordernis des Vorliegens von Verdachtstatsachen für eine qualifizierte Pflichtverletzung i. S. v. § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG, für die die antragstellenden Aktionäre darlegungs- und beweisbelastet sind, hohe Hürden bestehen. Um die Durchsetzung von Haftungsansprüchen durch Aktionäre nicht von vornherein an hohen Kostenrisiken scheitern zu lassen, ist diese geringe Kostenbelastung im Klagezulassungsverfahren jedoch hinzunehmen. 2. Erfolgloses Klagezulassungsverfahren wegen Klage der Gesellschaft Die Gesellschaft ist nach § 148 Abs. 3 S. 1 AktG auch nach Beantragung der Klagezulassung befugt, selbst Klage zu erheben. Dies hat die Unzulässigkeit des Klagezulassungsantrags der Aktionärsminderheit zur Folge. Für diesen Fall sieht § 148 Abs. 6 S. 4 AktG einen Kostenerstattungsanspruch der Aktionärsminderheit gegenüber der Gesellschaft vor. 3. Erfolgreiches Klagezulassungsverfahren; keine Klageerhebung/Übernahme durch die Gesellschaft a) Kostenregelung Wird die Klage zugelassen, behält § 148 Abs. 6 S. 3 AktG die Kostenentscheidung einschließlich der Kosten des Zulassungsverfahrens dem Endurteil vor.835 Wird die Aktionärsklage später ganz oder teilweise abgewiesen,836 tragen die Aktionäre nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen die Kosten des Klageverfahrens, aber auch des (zunächst erfolgreichen) Zulassungsverfahrens. Die unterlegenen Aktionäre haben in diesem Fall grundsätzlich einen materiell-rechtlichen Erstattungsanspruch gegen die Gesellschaft. Diese muss ihnen die von ihnen zu tragenden Kosten erstatten, es sei denn, die Kläger haben die Zulassung der Klage durch vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtigen Vortrag erwirkt (§ 148 Abs. 6 S. 5 AktG). b) Effektivität der Kostenregelung Die durch das UMAG eingeführte Kostenregelung wird dem Ziel der Stärkung der praktischen Durchsetzungsmöglichkeiten durch Schaffung einer „aktionärs835 Die Kostenverteilung im Endurteil richtet sich im Verhältnis zwischen den Prozessparteien nach §§ 91, 92 ZPO. 836 Hat die Klage ganz oder teilweise Erfolg, so ist ohnehin das beklagte Organmitglied gemäß §§ 91, 92 ZPO zur Kostentragung (mit-)verpflichtet.

D. Gerichtliche Geltendmachung gemäß § 148 AktG

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freundlicheren Kostenregelung“ weitgehend gerecht. Das Kostenrisiko der Aktionärsminderheit ist grundsätzlich auf die überschaubaren Kosten des Zulassungsverfahrens beschränkt, wenn ein Gericht die Aktionärsklage zugelassen und ihr damit hinreichende Erfolgsaussichten eingeräumt hat. Die Kostenregelung des § 148 Abs. 6 S. 5 AktG wurde im Rahmen des UMAG-Gesetzgebungsverfahrens teilweise zu Unrecht unter Berufung auf das zivilprozessuale Prinzip, dass der Verlierer des Prozesses auch die Kosten des Rechtsstreits tragen müsse, kritisiert.837 Diese Kritik lässt unberücksichtigt, dass die Aktionäre keinen eigenen Anspruch, sondern einen Anspruch der Gesellschaft einklagen, was der Gesellschaft und mittelbar allen Aktionären zugute kommt. Wenn nach erfolgreich durchgeführtem Klagezulassungsverfahren eine gewisse Wahrscheinlichkeit für das Bestehen durchsetzbarer Ersatzansprüche der Gesellschaft besteht,838 ist es sachgerecht, der Gesellschaft nicht nur die Chancen des anschließenden Haftungsprozesses, sondern auch dessen Risiken aufzuerlegen.839 Die Effektivität der Kostenregelung des § 148 Abs. 6 S. 5 AktG ist jedoch zweifach eingeschränkt: erstens dadurch, dass die Aktionäre zur Leistung eines Gerichtskostenvorschusses verpflichtet sind, und zweitens dadurch, dass sie das Insolvenzrisiko der Gesellschaft tragen.840 Als Kostenschuldner ist die klagebereite Aktionärsminderheit zur Entrichtung des Gerichtskostenvorschusses verpflichtet (§§ 12 Abs. 1, 22 Abs. 1 GKG).841 Dies kann insbesondere bei hohen Streitwerten zu einer empfindlichen Belastung führen und unter Umständen das gesetzgeberische Ziel, durch attraktive Kostenregelungen der Durchsetzung von Haftungsansprüchen zu mehr praktischer Bedeutung zu verhelfen, konterkarieren. De lege ferenda könnte daher erwogen werden, die Vorschusspflicht nach Zulassung der Klage der Gesellschaft aufzuerlegen.842 Ob den Klägern bereits de lege lata mit der Prozesskostenhilfe nach § 114 ff. ZPO und der damit verbundenen vorübergehenden Kostenbefreiung geholfen werden kann, erscheint zweifelhaft.843 So ist im Falle der Prozessstandschaft höchst umstritten, ob es zur Beurteilung der Bedürftigkeit (nur) auf den Kläger ankommt844 oder zusätzlich auch auf den Dritten, der in eigenen Rechten 837 BDI u. a., Gemeinsame Stellungnahme zum UMAG-RefE, S. 19 f.; Linnerz, NZG 2004, 307, 312 f. 838 Vgl. auch Regierungsbegründung UMAG, S. 23 f.: „Da die Zulassung der Klage (. . .) ein sehr starkes Indiz dafür ist, dass die Klageerhebung im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft liegt (. . .)“. 839 So auch Seibt, WM 2004, 2137, 2145; Regierungsbegründung UMAG, S. 24. 840 Vgl. Banerjea, Gesellschafterklage, S. 233. 841 Regierungsbegründung UMAG, S. 23. 842 Im Ergebnis ablehnend Banerjea, Gesellschafterklage, S. 233 f. 843 Siehe hierzu ausführlich Planck, Aktionärsklagen, S. 211 f. 844 Stein/Jonas-Bork, ZPO, § 114 Rn. 7.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

betroffen ist, hier also die Gesellschaft.845 Zudem greifen die Regelungen über die Prozesskostenhilfe jedenfalls nicht bei solventen Klägern, die in der Lage sind, den Prozesskostenvorschuss zu erbringen. Im Außenverhältnis ist die unterlegene Aktionärsminderheit zur Kostentragung verpflichtet. § 148 Abs. 6 S. 5 AktG gewährt ihr lediglich einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch gegen die Gesellschaft, was zur Folge hat, dass die Aktionärsminderheit letztlich deren Insolvenzrisiko trägt.846 De lege ferenda könnte erwogen werden, dieses Insolvenzrisiko etwa durch die Verpflichtung der Gesellschaft zur Sicherheitsleistung oder zur Gewährung von Vorschüssen zu vermindern.847 c) Ausreichender Schutz gegen Missbrauch Andererseits bietet die Kostenregelung im Zusammenspiel mit den übrigen Bestimmungen des § 148 Abs. 6 AktG einen hinreichenden – wenn auch nicht vollumfänglichen – Schutz gegen missbräuchliche Klagen, auch wenn Haftungsprozesse, in denen hohe Ersatzforderungen geltend gemacht werden, missbrauchsbereite Aktionäre, die es auf die Anwaltsgebühren abgesehen haben, prinzipiell anziehen dürften,848 zumal diese im Klagezulassungsverfahren nur ein überschaubares Kostenrisiko tragen. Allerdings setzt der Kostenerstattungsanspruch des § 148 Abs. 6 S. 5 AktG voraus, dass das Klagezulassungsverfahren dieser Kläger zunächst Erfolg hatte. Hat das Prozessgericht unter anderem das Vorliegen von Verdachtstatsachen für eine qualifizierte Pflichtverletzung festgestellt und überwiegende entgegenstehende Gründe des Gesellschaftswohls verneint, ist außer im Täuschungsfall kaum vorstellbar, dass die Anspruchsgeltendmachung, auch wenn sie letztlich erfolglos geblieben ist, missbräuchlich war.849 Außerdem wird in diesen Fällen die Gesellschaft in aller Regel spätestens nach Klagezulassung bzw. nochmaliger Klageaufforderung selbst Klage erheben, so dass die für missbräuchlich handelnde Aktionäre „lukrative“ Fallkonstellation der Durchführung des eigentlichen Klageverfahrens mit den dabei anfallenden, am

845 So die wohl h. M. Vgl. zum Meinungsstand bei der Prozessstandschaft Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 114 Rn. 55, m.w. N. Speziell zur Aktionärsklage siehe auch Großfeld, Aktiengesellschaft, S. 306; Rollin, Aktionärsklage, S. 260; Planck, Aktionärsklagen, S. 211 f. 846 So auch Banerjea, Gesellschafterklage, S. 233. 847 Ähnlich, aber im Ergebnis ablehnend Banerjea, Gesellschafterklage, S. 233 f. 848 Vgl. auch Schröer, ZIP 2005, 2081, 2088; Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1786. 849 So auch Regierungsbegründung UMAG, S. 24; Winnen, Innenhaftung, S. 442. Kritisch dagegen Linnerz, NZG 2004, 307, 312, der allerdings weder das – nach dem Referentenentwurf noch auf einen Börsenwert von 100.000 EUR abstellende – Minderheitsquorum noch das gerichtliche Zulassungsverfahren für geeignet hält, um missbräuchliche Klagen auszuschließen.

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Streitwert des Ersatzanspruchs orientierten Anwaltsgebühren, eher selten sein wird.850 Denkbar ist jedoch, dass eine Aktionärsminderheit in Missbrauchsabsicht die Zulassung durch vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtigen Vortrag erwirkt hat. Für solche Fälle sieht § 148 Abs. 6 S. 5 AktG a. E. eine Ausnahme von dem Kostenerstattungsanspruch vor.851 Dies ist sachgerecht, denn in diesem Fall soll den Aktionären kein Anreiz gegeben werden, die Klagezulassung durch falschen Sachvortrag zu erreichen und anschließend von der Kostenerstattung im Klageverfahren zu profitieren, in dem sich die Unrichtigkeit der Vorwürfe erst herausstellt.852 Die Gesellschaft ist allerdings hierfür beweispflichtig, was in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten mit sich bringen kann.853 Darüber hinaus wird man die in § 148 Abs. 6 S. 5 AktG genannten Einschränkungen entsprechend auf Fälle anwenden müssen, in denen die klagenden Aktionäre die Klageabweisung durch vorsätzliches oder grob fahrlässiges Handeln im Prozess, wie z. B. das Herbeiführen einer Säumnis, erreicht haben.854 Auch in diesen Fällen besteht zum einen kein Bedürfnis für einen Erstattungsanspruch, andererseits aber das Risiko, dass Aktionäre die Klageabweisung missbräuchlich herbeigeführt haben, etwa wegen Absprachen mit dem betroffenen Organmitglied. Neben der Versagung des Kostenerstattungsanspruchs müssen missbräuchlich handelnde Aktionäre ihrerseits mit Erstattungsansprüchen der Gesellschaft bzw. der betroffenen Organmitglieder nach „allgemeinen Vorschriften“ rechnen, wie z. B. wegen Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Treupflicht, aus unerlaubter Handlung gemäß § 826 BGB oder aus § 823 Abs. 2 AktG in Verbindung mit einem etwa straf- oder wettbewerbsrechtlichen Schutzgesetz.855

850 Schröer, ZIP 2005, 2081, 2088. Zur Klageerhebung der Gesellschaft nach Klagezulassung siehe bereits Kapitel 2 D. IV. 4. b) und Kapitel 2 D. V. 4. 851 Vgl. Regierungsbegründung UMAG, S. 24; Hüffer, AktG, § 148 Rn. 23. 852 Regierungsbegründung UMAG, S. 24; Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 148 Rn. 55. Kritisch zum Ausschluss des Ersatzanspruchs bei vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtigem Vortrag dagegen Kalweit, Fehlerhaftes Vorstands- und Aufsichtsratshandeln, S. 317. 853 Siehe zur Nachweisproblematik bei Missbrauchsfällen auch bereits Wilsing/Neumann, DB 2006, 31, 35 (zur Sonderprüfung). Vgl. zur Parallelproblematik der Beweislast missbräuchlichen Verhaltens bei Anfechtungsklagen MüKo-Hüffer, AktG, § 245 Rn. 62, m.w. N. 854 Vgl. hierzu Spindler, NZG 2005, 865, 869 (Fn. 58). 855 So ausdrücklich Regierungsbegründung UMAG, S. 19, siehe auch DAV-Stellungnahme zum RefE UMAG, NZG 2004, 555, 560, Hüffer, AktG, § 146 Rn. 3, jeweils zur allgemeinen Sonderprüfung nach § 142 ff. AktG.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

4. Erfolgreiches Klagezulassungsverfahren; eigene Klageerhebung/Übernahme durch die Gesellschaft Ist die Gesellschaft nach erfolgter Zulassung der Klage selbst in den Haftungsprozess der Aktionärsminderheit eingetreten oder hat selbst Klage erhoben, trägt sie im Falle ihres vollständigen oder teilweisen Unterliegens als Partei nach den allgemeinen zivilprozessualen Regeln die Kosten des Rechtsstreits (§§ 91 ff. ZPO). Die der klagenden Aktionärsminderheit bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen Kosten trägt ebenfalls die Gesellschaft (§ 148 Abs. 6 S. 4 AktG). Dieser Erstattungsanspruch sieht anders als § 148 Abs. 6 S. 5 AktG keine Ausnahme für den Fall vor, dass die Kläger die Zulassung durch vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtigen Vortrag erwirkt haben. Der Gesetzgeber hat das Risiko, dass die Gesellschaft aufgrund dieser Falschangaben selbst Klage erhebt, zu Unrecht als unwahrscheinlich eingestuft.856 Bei näherer Betrachtung ist diese Aussage zumindest bei Klageerhebung der Gesellschaft nach Zulassung der Klage nicht stichhaltig. Hat das Prozessgericht die Klage zugelassen, ist, wie aufgezeigt,857 nur schwer vorstellbar, dass die primär zur Verfolgung der Ersatzansprüche verpflichteten Gesellschaftsorgane Vorstand bzw. Aufsichtsrat nach den ARAG/Garmenbeck-Grundsätzen nicht selbst Klage erheben, um die Gefahr einer eigenen Ersatzpflicht zu vermeiden.858 Haben die Kläger das Gericht durch ihre vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Falschangaben getäuscht und hatte die beigeladene Gesellschaft im Klagezulassungsverfahren diese Täuschung – mangels Kenntnis – nicht aufgeklärt, so ist wahrscheinlich, dass diese Täuschung des Gerichts im Klagezulassungsverfahren auch zur späteren Klageerhebung durch die Gesellschaft führt.859 In beiden Fällen besteht ein gleichermaßen schutzwürdiges Interesse der Gesellschaft, der Minderheit ihre Kosten nicht zu erstatten, denn die Aktionärsminderheit ist in beiden Fällen nicht schutzwürdig. Eine Differenzierung zwischen den Fällen des § 148 Abs. 6 S. 4 und S. 5 AktG ist insoweit nicht angebracht.860 Da der Gesetzgeber an diesen faktischen Automatismus offensichtlich nicht gedacht hat, kann der Einwand des § 148 Abs. 6 S. 5 AktG a. E. auch in entsprechender Anwen-

856 Schröer, ZIP 2005, 2081, 2088; vgl. Regierungsbegründung UMAG, S. 24: bei der Klageerhebung durch die Gesellschaft spreche natürlich alles dafür, „dass die Minderheit nicht fälschlich den Anstoß zu dem Verfahren gegeben hat und ihre bis dahin entstandenen Kosten unabhängig vom erreichten Verfahrensstadium zu erstatten (seien)“. 857 Siehe hierzu bereits Kapitel 2 D. IV. 4. b), Kapitel 2 D. V. 4. 858 So auch Linnerz, NZG 2004, 307, 311; vgl. auch Gegenäußerung Bundesregierung zum UMAG, S. 43. Siehe hierzu bereits Kapitel 2 D. IV. 4. b) und Kapitel 2 D. V. 4.; zur ARAG/Garmenbeck-Rechtsprechung des BGH siehe Kapitel 1 B. I. 859 Schröer, ZIP 2005, 2081, 2088. 860 So auch Schröer, ZIP 2005, 2081, 2088.

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dung dem Erstattungsanspruch der Aktionäre bei eigener Klageerhebung oder Übernahme des Klageverfahrens gemäß § 148 Abs. 6 S. 4 AktG entgegengesetzt werden.861 5. Kosten nur eines Bevollmächtigten § 148 Abs. 6 S. 6 AktG sieht vor, dass gemeinsam als Antragsteller oder als Streitgenossen handelnde Aktionäre insgesamt nur die Kosten eines Bevollmächtigten erstattet bekommen, soweit nicht ein weiterer Bevollmächtigter zur Rechtsverfolgung unerlässlich war.862 Dadurch soll verhindert werden, dass die Aktionärsklage zur Erstattungsfähigkeit mehrerer Bevollmächtigter führt, etwa wenn die antragstellende GbR aus mehreren Personen besteht oder nach erfolgreicher Klagezulassung mehrere Klagen miteinander verbunden werden.863 Der Gesetzgeber will hierdurch erreichen, dass weder die verklagten Organmitglieder noch die im Falle des Unterliegens dem Ersatzanspruch des § 148 Abs. 6 S. 5 AktG ausgesetzte Gesellschaft hohen, ungerechtfertigten Kosten ausgesetzt sind. Daher sind an den in § 148 Abs. 6 S. 6 AktG genannten Ausnahmetatbestand zu Recht strenge Anforderungen zu stellen.864 Ein weiterer Bevollmächtigter wird ausweislich der Gesetzesbegründung zum UMAG in der Regel nur dann zur Rechtsverfolgung unerlässlich sein, wenn zwischen den Antragstellern und Streitgenossen erhebliche Interessengegensätze bestehen und das Verfahren daher durch einen einzelnen Bevollmächtigten nicht betrieben werden kann.865 Die Regelung des § 148 Abs. 6 S. 6 AktG ist aus rechtspolitischer Sicht zu begrüßen, da mehrere Antragsteller bzw. spätere Kläger hinsichtlich der Anwaltsgebühren „kein Geschäft machen sollen“.866 Dogmatisch lässt sie sich damit begründen, dass die Aktionäre keine eigenen Rechte, sondern vielmehr einen Anspruch der Gesellschaft in Prozessstandschaft geltend machen.867

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So auch Schröer, ZIP 2005, 2081, 2088. § 148 Abs. 6 S. 6 AktG weicht damit für den Fall der Streitgenossenschaft von der (nicht unumstrittenen) Grundregel ab, dass jeder Streitgenosse einen eigenen Prozessbevollmächtigten bestellen und Kostenersatz verlangen kann; Regierungsbegründung UMAG, S. 24; Spindler, NZG 2005, 865, 869; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 153; vgl. auch BVerfGE 81, 387, 390; BGH, NJW-RR 2004, 536 (für eine Einzelfallbetrachtung). Näher zum Bestimmungsrecht des Bevollmächtigten Spindler/StilzMock, AktG, § 148 Rn. 155. 863 Regierungsbegründung UMAG, S. 24. 864 A. A. dagegen Pansa, Aktionärsklageverfahren, S. 175. 865 Regierungsbegründung UMAG, S. 24. 866 So auch Hüffer, AktG, § 148 Rn. 23; AK-Lochner, AktG, § 148 Rn. 36; kritisch dagegen Meilicke/Heidel, DB 2004, 1479, 1482, sowie Wendler, Justiziabilität, S. 305, mit der Begründung, dass für die Beklagten eine derartige Beschränkung nicht bestehe und dadurch der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit verletzt sei. 867 Regierungsbegründung UMAG, S. 24; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 153. 862

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6. Zusammenfassung Die Kostenregelung spielt sowohl bei der Frage der praktischen Wirksamkeit des geltenden Haftungs- und Durchsetzungssystems (Stichwort „rationale Apathie“) als auch für die Beurteilung der reellen Missbrauchsgefahren und Missbrauchsanreize (Stichwort: „Anwaltsgebühren“) eine entscheidende Rolle. Vor dem Hintergrund des Spannungsfelds zwischen einer effektiven Durchsetzungsmöglichkeit der Ersatzansprüche einerseits und einem wirksamen Schutz gegen rechtsmissbräuchliche oder aussichtslose Klagen andererseits ist die in § 148 Abs. 6 AktG enthaltene Kostenregelung im Großen und Ganzen ausgewogen. § 148 Abs. 6 S. 1, 2 AktG legt dem Antragsteller grundsätzlich868 die Kosten des Klagezulassungsverfahrens auf, wenn der Antrag abgewiesen wird. Mit dieser Regelung soll einem „kostenlosen Austesten“ der Klagemöglichkeiten durch missbrauchswillige Aktionäre entgegengewirkt werden. Um andererseits aber redliche Aktionäre nicht bereits durch extrem hohe Kosten im Falle eines Unterliegens im Zulassungsverfahren von der Einleitung des Verfahrens abzuschrecken, ist das Gericht bei der Festlegung des Streitwerts grundsätzlich auf ein Zehntel des Grundkapitals, in der Regel jedoch höchstens auf einen Wert von 500.000 EUR beschränkt. Das Kostenrisiko für den Antragsteller bleibt damit kalkulierbar. Wird die Klage zugelassen, erfolgt die Kostenentscheidung im Endurteil. Wird die Aktionärsklage später ganz oder teilweise abgewiesen, tragen die Aktionäre nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen dann die Kosten des Klageverfahrens, aber auch des (zunächst erfolgreichen) Zulassungsverfahrens. Die unterlegenen Aktionäre haben in diesem Fall grundsätzlich einen materiell-rechtlichen Erstattungsanspruch gegen die Gesellschaft (§ 148 Abs. 6 S. 5AktG). Die durch das UMAG eingeführte Kostenregelung wird dem Ziel der Stärkung der praktischen Durchsetzungsmöglichkeiten durch Schaffung einer „aktionärsfreundlicheren Kostenregelung“ weitgehend gerecht. Die Aktionärsminderheit ist grundsätzlich auf die überschaubaren Kosten des Zulassungsverfahrens beschränkt, wenn ein Gericht die Klage zugelassen und ihr damit hinreichende Erfolgsaussichten eingeräumt hat. Die Effektivität der Kostenregelung des § 148 Abs. 6 S. 5 AktG ist jedoch zweifach eingeschränkt: erstens dadurch, dass die Aktionäre zur Leistung eines Gerichtskostenvorschusses verpflichtet sind, und zweitens dadurch, dass sie das Insolvenzrisiko der Gesellschaft tragen. Hier sollte de lege ferenda für Abhilfe gesorgt werden. Andererseits bietet die Kostenregelung im Zusammenspiel mit den übrigen Bestimmungen des § 148 Abs. 6 AktG einen hinreichenden – wenn auch nicht 868 Ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch gegenüber der Gesellschaft besteht lediglich im Ausnahmefall des § 148 Abs. 6 S. 2 AktG.

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vollumfänglichen – Schutz gegen missbräuchliche Klagen. Hat das Prozessgericht unter anderem das Vorliegen von Tatsachen, die den Verdacht rechtfertigen, dass die Gesellschaft durch Unredlichkeiten oder grobe Gesetzes- oder Satzungsverletzung geschädigt wurde, bejaht, ist außer im Täuschungsfall kaum vorstellbar, dass die Anspruchsgeltendmachung, auch wenn sie letztlich erfolglos geblieben ist, missbräuchlich war. Außerdem wird in diesen Fällen die Gesellschaft in aller Regel spätestens nach Klagezulassung selbst Klage erheben, so dass die für missbräuchlich handelnde Aktionäre „lukrative“ Fallkonstellation der Durchführung des eigentlichen Klageverfahrens mit den dabei anfallenden, am Streitwert des Ersatzanspruchs orientierten Anwaltsgebühren, eher selten sein wird. Denkbar ist jedoch, dass eine Aktionärsminderheit in Missbrauchsabsicht die Zulassung durch vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtigen Vortrag erwirkt hat. Für solche Fälle sieht § 148 Abs. 6 S. 5 AktG a. E. eine Ausnahme von dem Kostenerstattungsanspruch vor. Darüber hinaus wird man die in § 148 Abs. 6 S. 6 AktG genannten Einschränkungen entsprechend auf Fälle, in denen die klagenden Aktionäre die Klageabweisung durch vorsätzliches oder grob fahrlässiges Handeln im Prozess erreicht haben, anwenden müssen. § 148 Abs. 6 S. 4 AktG sieht einen Kostenerstattungsanspruch der klagenden Aktionärsminderheit für die ihr bis zum Eintritt der Gesellschaft oder deren selbstständiger Klage entstandenen Kosten vor. Die in § 148 Abs. 6 S. 5 AktG a. E. enthaltene Ausnahme von dem Kostenerstattungsanspruch gegen die Gesellschaft wird man auch entsprechend auf diesen Kostenersatzanspruch anwenden müssen. § 148 Abs. 6 S. 6 AktG sieht vor, dass gemeinsam als Antragsteller oder als Streitgenossen handelnde Aktionäre insgesamt nur die Kosten eines Bevollmächtigten erstattet bekommen, soweit nicht ein weiterer Bevollmächtigter zur Rechtsverfolgung unerlässlich war. Diese Regelung ist aus rechtspolitischer Sicht zu begrüßen, da mehrere Antragsteller oder Kläger hinsichtlich der Anwaltsgebühren „kein Geschäft machen sollen“. Dogmatisch lässt sie sich mit der Geltendmachung eines fremden Anspruchs in Prozessstandschaft begründen.

VII. Mitteilungs- und Bekanntmachungspflichten Bei der Verfolgung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegen Organmitglieder durch Aktionäre sind bei börsennotierten Gesellschaften869 primär zwei Bekanntmachungspflichten zu beachten. Neben der allgemeinen ad hoc-Veröffentlichungspflicht gemäß § 15 WpHG ist vor allem die speziell für Haftungsklagen konzipierte Bekanntmachungspflicht des § 149 AktG relevant.

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Zum Begriff der börsennotierten Gesellschaft siehe § 3 Abs. 2 AktG.

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1. Bekanntmachung nach Zulassung der Klage, § 149 AktG Der Zulassungsantrag und der rechtskräftige Zulassungsbeschluss sind bei börsennotierten Gesellschaften unverzüglich nach rechtskräftiger Zulassung der Klage in den Gesellschaftsblättern bekannt zu machen (§ 149 Abs. 1 AktG).870 Anders als noch im Regierungsentwurf des UMAG vorgesehen, muss der Klagezulassungsantrag selbst nicht bereits nach Antragstellung, sondern erst nach rechtskräftiger Zulassung der Klage bekannt gemacht werden.871 Dem ist zwar grundsätzlich vor dem Hintergrund, das mit der Bekanntmachung verknüpfte Druckpotential gegenüber der Gesellschaft bei aussichtslosen Klagezulassungsanträgen zu vermeiden, zuzustimmen.872 Aktionäre, die nicht bereits aus der Presse oder dem Aktionärsforum von dem Klagezulassungsverfahren erfahren haben, haben so allerdings keine Möglichkeit, durch die Veröffentlichung von dem laufenden Klagezulassungsverfahren Kenntnis zu nehmen und sich diesem noch anzuschließen.873 Nach rechtskräftiger Zulassung der Klage bleibt ihnen nur der Weg, unter den engen Voraussetzungen des § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 AktG ein neues Klagezulassungsverfahren anzustrengen.874 Hiergegen wurde zwar vereinzelt Kritik vorgebracht.875 In der Praxis ist jedoch zu erwarten, dass Aktionäre oftmals auf rechtshängige Klagezulassungsverfahren hinweisen werden, um eine entsprechende Publizitätswirkung zu erzeugen. Außerdem wird in schwerwiegenden Fällen oftmals auch eine Veröffentlichungspflicht nach § 15 WpHG bestehen,876 so dass eine Kenntnismöglichkeit durch die übrigen Aktionäre oftmals bereits anderweitig gegeben sein wird. 2. Bekanntmachung der Verfahrensbeendigung und Vereinbarungen, § 149 AktG Einer der Hauptanreize für missbräuchliche Klagen liegt in dem Erstreben persönlicher Vorteile im Zusammenhang mit Vereinbarungen zur Prozessbeendigung oder -vermeidung.877 Durch die weitgehenden Bekanntmachungspflichten nach 870

Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 149 Rn. 11. Der Regierungsentwurf zum UMAG sah dagegen in § 149 Abs. 1 in der Fassung des Regierungsentwurfs UMAG, S. 7, noch vor, dass der Zulassungsantrag und die Verfahrensbeendigung von der börsennotierten Gesellschaft unverzüglich in den Gesellschaftsblättern bekannt gemacht werden müssen. 872 Schröer, ZIP 2005, 2081, 2089; vgl. Stellungnahme Bundesrat zum UMAG, S. 38; Gegenäußerung Bundesregierung zum UMAG, S. 43. 873 So dagegen die ursprüngliche Intention des Regierungsentwurfs, Regierungsbegründung UMAG, S. 24. 874 Zum Ausschluss der Nebenintervention durch Aktionäre nach Zulassung der Klage gemäß § 148 Abs. 4 S. 3 AktG siehe bereits Kapitel 2 D. V. 2. 875 AK-Lochner, AktG, § 149 Rn. 3. 876 Siehe hierzu noch Kapitel 2 D. VII. 3. 877 Siehe hierzu bereits Kapitel 1 B. V. 2. a) aa). 871

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§ 149 AktG soll umfasssende Transparenz geschaffen und so der Gefahr „räuberischer Klagen“ entgegengewirkt werden.878 a) Umfang der Bekanntmachungspflicht Bekanntmachungspflichtig sind zunächst die Tatsache und die Art der Beendigung der zugelassenen Haftungsklage, z. B. durch Klagerücknahme, Erledigungserklärung, Endurteil, Versäumnisurteil oder Prozessvergleich.879 Die Hauptbedeutung der Bekanntmachungsvorschrift des § 149 AktG liegt in der Veröffentlichung der Verfahrensbeendigung einschließlich aller in diesem Zusammenhang getroffenen Vereinbarungen.880 Diese sind in vollem Wortlaut unter Angabe der Namen der Beteiligten und einschließlich aller Nebenabreden anzugeben. Neben den Vergleichsvereinbarungen im eigentlichen Sinne fallen darunter z. B. auch die Vereinbarung eines bestimmten Prozessverhaltens wie Säumnis, Klagerücknahme, Erledigungserklärung oder Klageänderung.881 § 149 Abs. 2 S. 2 AktG erstreckt die Bekanntgabepflicht auf alle vermögenswerten Leistungen der Gesellschaft und ihr zurechenbare Leistungen Dritter.882 Entsprechendes gilt gemäß § 149 Abs. 3 AktG für Vereinbarungen, die zur Vermeidung eines Prozesses geschlossen werden. Hierunter fallen auch Vereinbarungen, die zur Beendigung des Klagezulassungsverfahrens führen, etwa durch Vergleich oder Rücknahme des Zulassungsantrags.883 Zwar greift § 149 Abs. 2 878 Siehe Regierungsbegründung UMAG, S. 24: „abschreckende Wirkung auf missbräuchliche Klagen und auf Vergleichsleistungen, die eine verbotene Einlagenrückgewähr darstellen“; ähnlich auch bereits Baums, Bericht Regierungskommission, Rn. 158: „heilsamen Präventivfunktion“. Kritisch dagegen Wilsing, ZIP 2004, 1082, 1090: „zu weit gehend und zu unflexibel“; zurückhaltend auch GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 149 Rn. 3. 879 Näher hierzu Hüffer, AktG, § 149 Rn. 3, m.w. N. A. A. im Bezug auf Urteile dagegen Holzborn/Bunnemann, BKR 2005, 51, 56; Bürgers/Körber-Holzborn/Jänig, AktG, § 149 Rn. 3. Der Referentenentwurf UMAG, S. 7, § 147a Abs. 4 S. 1 RefE-UMAG, beschränkte die Bekanntmachungspflicht noch auf eine Prozessbeendigung in anderer Weise als durch ein rechtskräftiges Urteil. Hieran wurde jedoch im Hinblick auf mögliche „Umgehungsstrategien“ (z. B. „erkaufte Säumnis“ des Klägers) zu Recht Kritik geübt; siehe hierzu auch Diekmann/Leuernig, NZG 2004, 249, 251. 880 Hüffer, AktG, § 149 Rn. 1. 881 Schröer, ZIP 2005, 2081, 2089. 882 Näher zu den verschiedenen Arten der Leistung und der Zurechnung Hüffer, AktG, § 149 Rn. 3, § 57 Rn. 13 ff.; Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 149 Rn. 7 ff.; GKBezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 149 Rn. 25 ff.; Diekmann/Leuernig, NZG 2004, 249, 251; Regierungsbegründung UMAG, S. 24. Mit Schröer, ZIP 2005, 2081, 2089 f., wird man allerdings von einer teleologischen Reduktion der Bekanntmachungspflicht in Bagatellfällen, in denen völlig unbedeutende Leistungen nur anlässlich der Verfahrensbeendigung, aber nicht im Hinblick hierauf gewährt werden, ausgehen dürfen. 883 So auch Spindler, NZG 2005, 865, 870; Bürgers/Körber-Holzborn/Jänig, AktG, § 149 Rn. 7; GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 149 Rn. 37; Winnen, Innenhaftung, S. 416 f. Hüffer, AktG, § 149 Rn. 5, sieht in Fällen, in denen Aktionäre ihre An-

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AktG, der die Bekanntmachung der Verfahrensbeendigung einschließlich sämtlicher Vereinbarungen regelt, mangels rechtskräftiger Zulassung der Klage i. S. v. § 149 Abs. 1 AktG nicht ein. Auch einer Bekanntmachungspflicht nach § 149 Abs. 3 AktG i.V. m. § 149 Abs. 1, 2 AktG als Vereinbarung „zur Vermeidung eines Prozesses“ scheint der Wortlaut dieser Vorschrift entgegenzustehen, da das Klagezulassungsverfahren bereits die erste Stufe des Haftungsprozesses darstellt. Allerdings kann der gesetzgeberischen Intention einer abschreckenden Wirkung auf „räuberische Aktionäre“ nur durch eine entsprechend weite Auslegung des Begriffs „Prozess“ Rechnung getragen werden. Die Missbrauchsgefahr besteht auch bei einem im Klagezulassungsverfahren geschlossenen Vergleich oder einer sonstigen zur Beendigung des Klagezulassungsverfahrens führenden Vereinbarung, zumal dort geschlossene Vergleiche nicht den restriktiven Vorschriften des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG unterliegen. Schließlich spricht auch die Vorschrift des § 148 Abs. 5 S. 2 AktG884 für eine Bekanntmachungspflicht solcher Vergleiche: wenn ein im Klagezulassungsverfahren geschlossener Vergleich nie gemäß § 149 AktG bekannt zu machen wäre, wäre der 2. Halbsatz überflüssig. Die Bekanntmachungsvorschrift ist als Wirksamkeitsbedingung für alle Leistungspflichten ausgestaltet (§ 149 Abs. 2 S. 3 AktG).885 § 149 Abs. 2 S. 5 AktG normiert zudem einen Rückgewähranspruch für trotz Unwirksamkeit bewirkte Leistungen.886 b) Allgemeine Wertung Die in § 149 AktG normierte Publizität ist zwar nur ein Mittel von vielen887 zur Verhinderung von Missbräuchen, dennoch ist sie wegen ihrer abschreckenden Wirkung begrüßenswert. Missbräuche können dadurch zwar nicht verhindert, träge auf Klagezulassung zurücknehmen oder diese nicht weiterverfolgen, sogar einen Hauptanwendungsfall des § 149 Abs. 3 AktG. Gegen die Bekanntmachungspflicht von Abreden, aufgrund derer die Aktionärsminderheit das Klagezulassungsverfahren nicht weiter betreibt, wohl Schröer, ZIP 2005, 2081, 2089. 884 § 148 Abs. 5 S. 2 AktG lautet wie folgt: „Entsprechendes (d.h. die Anordnung der Rechtskrafterstreckung) gilt für einen nach § 149 AktG bekannt zu machenden Vergleich; für und gegen die Gesellschaft wirkt dieser aber nur nach Klagezulassung“. 885 Aus Gründen der Verfahrenssicherheit bleibt die Wirksamkeit von verfahrensbeendenden Prozesshandlungen gemäß § 149 Abs. 2 S. 4 AktG bei fehlerhafter oder unterbliebener Bekanntmachung dagegen unberührt; siehe auch Schröer, ZIP 2005, 2081, 2089, mit dem Hinweis auf das anderenfalls entstehende „Henne-Ei-Problem“, da die Bekanntmachungspflicht erst mit wirksamer Verfahrensbeendigung ausgelöst wird. 886 Näher hierzu und zum Verhältnis zum Rückerstattungsanspruch wegen des Empfangs verbotener Leistungen gemäß §§ 57, 62 AktG durch die Gesellschaft Hüffer, AktG, § 149 Rn. 4, m.w. N. 887 In der Praxis wird sich wohl die (entsprechende) Anwendung des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG auf Vereinbarungen im Klageverfahren als die „bedeutsamere Hürde“ erweisen; Koch, ZGR 2006, 769, 778; K. Schmidt, NZG 2005, 796, 800; im Ergebnis auch Thümmel, DB 2004, 471, 474; in diese Richtung auch Regierungsbegründung UMAG, S. 24.

D. Gerichtliche Geltendmachung gemäß § 148 AktG

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aber zumindest reduziert werden.888 So ist zu erwarten, dass die Verwaltungsmitglieder ebenso wie die Gesellschaft oder ihr zurechenbare Dritte mit Rücksicht auf die Publizitätswirkung überhöhte oder ungerechtfertigte Leistungen kaum mehr vereinbaren werden.889 Solche Leistungen wären, soweit sie von der Gesellschaft erbracht werden, außerdem im Regelfall eine verbotene Einlagenrückgewähr sowie Untreuehandlungen der Organmitglieder,890 so dass sich auch insoweit Rückforderungsansprüche ergeben können. c) Kritik: Beschränkung auf börsennotierte Gesellschaften Die Beschränkung auf börsennotierte Gesellschaften ist dagegen abzulehnen. Diese Einschränkung wurde erst durch den Regierungsentwurf des UMAG eingeführt.891 Begründet892 wurde dies damit, dass es bei kleinen Aktiengesellschaften mit überschaubarer Aktionärsstruktur andere Kommunikationsmöglichkeiten gebe. Die Informationen könnten daher im geschlossenen Aktionärskreis bleiben und für eine Veröffentlichung in den Gesellschaftsblättern bestehe daher kein Bedürfnis. Diese Differenzierung zwischen börsennotierten und nicht börsennotierten Gesellschaften überzeugt jedoch nicht. Auch in nicht börsennotierten Gesellschaften kann eine Vielzahl einzelner (Klein-)Aktionäre vorhanden sein,893 so dass das von der Gesetzesbegründung zum UMAG ins Feld geführte Argument nicht überzeugt. Außerdem ist vom Schutzzweck der Regelung her eine Differenzierung nicht gerechtfertigt. Anders als die kapitalmarktrechtliche Veröffentlichungspflicht des § 15 WpHG, die als wichtiger Teil des kapitalmarktrechtlichen Transparenzsystems für die „informationelle Chancengleichheit“ der Kapitalmarktteilnehmer sorgen soll,894 zielt die Bekanntmachungspflicht hinsichtlich der Verfahrensbeendigung und entsprechender Vereinbarungen auf den aktienrechtlichen Schutz vor missbräuchlichen Klagen. Dieses Schutzbedürfnis besteht unabhängig davon, ob die Gesellschaft börsennotiert ist oder nicht.895 Schließlich spricht auch die oben aufgezeigte Folgeproblematik der Verknüpfung der Ver888 So auch Spindler, NZG 2005, 865, 870; Jahn, BB 2005, 5, 10; Baums/Keinath/ Gajek, ZIP 2007, 1629 ff., 1638, sehen dagegen mit Blick auf die gestiegene Zahl von Vergleichsvereinbarungen bei Anfechtungsklagen die beabsichtigte Wirkung des UMAG hinsichtlich des „Unterdrückens eines Klagegewerbes“ als nicht erreicht an. 889 Spindler, NZG 2005, 865, 870; Weiss/Buchner, WM 2005, 162, 170, spricht insoweit von einer Art „Prangerwirkung“. 890 Spindler, NZG 2005, 865, 870. 891 § 147a Abs. 4 AktG des Referentenentwurfs UMAG, S. 7, sah diese Einschränkung dagegen noch nicht vor. 892 Regierungsbegründung UMAG, S. 24. 893 Siehe hierzu bereits Kapitel 2 D. III. 4. b) cc). Dies kann z. B. bei einer Aktie, die in den Handel im Freiverkehr einbezogen ist, der Fall sein. 894 Assmann/Schneider-Assmann, WpHG, § 15 Rn. 2, m.w. N. 895 Kritisch zur Beschränkung auf börsennotierte Gesellschaften auch Paschos/Neumann, DB 2005, 1779, 1786; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 149 Rn. 3.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

gleichswirkung mit der Bekanntmachungspflicht nach § 149 AktG dafür, auch nicht börsennotierte Gesellschaften hiervon zu umfassen. De lege ferenda sollte sich die Bekanntmachungspflicht daher auch auf nicht börsennotierte Unternehmen erstrecken. 3. Ad hoc-Publizitätspflicht börsennotierter Gesellschaften, § 15 WpHG Börsennotierte Gesellschaften müssen die kapitalmarktrechtliche ad hoc-Mitteilungspflicht nach § 15 WpHG beachten.896 Bereits die Einleitung eines Klagezulassungsverfahrens kann danach die Pflicht zu einer ad hoc-Mitteilung auslösen, wenn der Klagezulassungsantrag zur Beeinflussung der Kursentwicklung der Gesellschaft geeignet ist.897 Entsprechendes gilt für die Entscheidung über den Zulassungsantrag. Durch diese kapitalmarktrechtliche Veröffentlichungspflicht könnte die Intention des Gesetzgebers, zu verhindern, dass Aktionäre durch Klagezulassungsanträge gegenüber der Gesellschaft ein Druckpotential aufbauen können,898 in vielen Fällen konterkariert werden. Daher wird für das Eingreifen der ad hoc-Publizitätspflicht ein hinreichend substantiierter Zulassungsantrag zu fordern sein.899 4. Zusammenfassung Der Zulassungsantrag und der rechtskräftige Zulassungsbeschluss sind bei börsennotierten Gesellschaften unverzüglich nach rechtskräftiger Zulassung der Klage in den Gesellschaftsblättern bekannt zu machen (§ 149 Abs. 1 AktG). Bekanntmachungspflichtig sind außerdem die Tatsache und die Art der Beendigung der zugelassenen Haftungsklage. Die Hauptbedeutung der Bekanntmachungsvorschrift des § 149 AktG liegt in der Veröffentlichung der Verfahrensbeendigung einschließlich aller in diesem Zusammenhang getroffenen Vereinbarungen. Entsprechendes gilt gemäß § 149 Abs. 3 AktG für Vereinbarungen, die zur Vermeidung eines Prozesses getroffen werden. Hierunter fallen auch Vereinbarungen, 896 Zum Anwendungsbereich des § 15 WpHG siehe §§ 2 Abs. 2 b, und 7, 12, 13 WpHG. Zu den Voraussetzungen einer ad hoc-Veröffentlichungspflicht siehe im Einzelnen Assmann/Schneider-Assmann, WpHG, § 15 Rn. 1 ff. (speziell zu Rechtsstreitigkeiten Rn. 90 f.), § 13 Rn. 4 ff. 897 Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 148 Rn. 109; AK-Lochner, AktG, § 149 Rn. 3; Kiethe, ZIP 2003, 707, 709; Wilsing, ZIP 2004, 1082, 1088; allgemein zur Geeignetheit von Rechtsstreitigkeiten zur Kursbeeinflussung auch Assmann/Schneider-Assmann, WpHG, § 15 Rn. 90 f.; grundsätzlich kritisch in Bezug auf ein erhebliches Kursbeeinflussungspotential dagegen GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 149 Rn. 17. 898 Stellungnahme Bundesrat zum UMAG, S. 38, bezogen auf vorsätzlich falsche Anträge. 899 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 149 Rn. 16; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 149 Rn. 8; AK-Lochner, AktG, § 149 Rn. 3; kritisch dagegen GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 149 Rn. 17.

E. Bewertung vor dem Hintergrund des Spannungsfelds

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die zur Beendigung des Klagezulassungsverfahrens führen, etwa durch Vergleich oder Rücknahme des Zulassungsantrags. Durch umfassende Transparenz soll „räuberischen Aktionären“ entgegengewirkt werden. Die in § 149 AktG normierte Publizität ist zwar nur ein Mittel von vielen, welches zur Verhinderung von Missbräuchen implementiert wurde. Dennoch sollte an ihr wegen ihrer abschreckenden Wirkung festgehalten werden. Die Beschränkung auf börsennotierte Gesellschaften ist dagegen abzulehnen und sollte de lege ferenda gestrichen werden. Daneben müssen börsennotierte Gesellschaften die kapitalmarktrechtliche ad hoc-Mitteilungspflicht nach § 15 WpHG beachten. Bereits die Einleitung eines Klagezulassungsverfahrens kann danach die Pflicht zu einer ad hoc-Mitteilung auslösen, wenn der Klagezulassungsantrag zur erheblichen Beeinflussung der Kursentwicklung der Gesellschaft geeignet ist.

E. Bewertung vor dem Hintergrund des Spannungsfelds und Zwischenergebnis Mit der Änderung des § 147 AktG und der Einführung des zweistufigen Aktionärsklageverfahrens in § 148 AktG hat der Gesetzgeber nach jahrelanger Diskussion in Politik und Rechtswissenschaft das bisherige Regime der Minderheitsrechte bei der Anspruchsverfolgung völlig neu geordnet. Dieses gibt nunmehr erstmalig den Aktionären die Möglichkeit, einen behaupteten Anspruch der Gesellschaft gegen Organmitglieder auch außerhalb des Konzernrechts in eigenem Namen in gesetzlicher Prozessstandschaft geltend zu machen. Hierdurch hat der Gesetzgeber einen wichtigen Schritt getan, um der Geltendmachung von Organhaftungsansprüchen der Gesellschaft zu mehr praktischer Wirksamkeit zu verhelfen.900 Neben dem unverändert bestehenden Geltendmachungserzwingungsrecht der Hauptversammlung und dem korrespondierenden Recht auf Bestellung besonderer Vertreter kommt dem neu eingeführten Aktionärsklageverfahren gemäß § 148 AktG hierbei maßgebliche Bedeutung zu. Dennoch bestehen hohe Hürden für die erfolgreiche Durchführung des Aktionärsklageverfahrens. Aktionäre stehen vor einem erheblichen Informationsbedarf, denn sie müssen im Klagezulassungsverfahren Tatsachen darlegen und beweisen, die den Verdacht rechtfertigen, dass der Gesellschaft durch Unredlichkeit oder grobe Verletzung des Gesetzes oder der Satzung ein Schaden entstanden ist (§ 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG). Auch im späteren Klageverfahren trifft die klagenden Aktionäre die im „normalen“ Haftungsprozess der Gesellschaft obliegende Darlegungs- und Beweislast. Vor einer abschließenden Beurteilung der Ef900

19 f.

Siehe zu diesem gesetzgeberischen Ziel Regierungsbegründung UMAG, S. 10,

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

fektivität der Aktionärsverfolgungsrechte sind zunächst die im dritten Kapitel dargestellten Informationsrechte zu betrachten. Die nachfolgenden Darstellungen erfolgen daher unter der Prämisse, dass Aktionärsminderheiten in ausreichendem Maße über entsprechende Informationsrechte verfügen. Gleichzeitig beschränkt die Voraussetzung des § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG den Anwendungsbereich auf qualifizierte Pflichtverletzungen und schränkt ihn damit erheblich ein. Wie eingangs aufgezeigt, sah sich der Gesetzgeber bei der praktischen Ausgestaltung der Aktionärsverfolgungsrechte einem Spannungsfeld widerstreitender Interessen gegenüber, dessen Austarierung zusammenfassend gewürdigt werden soll.

I. Lähmung und Risikoaversion der Verwaltung Neben den Vorkehrungen auf materiellrechtlicher Seite, wie dem Haftungsfreiraum für unternehmerische Entscheidungen gemäß § 93 Abs. 1 S. 2 AktG und dem Abschluss einer D&O-Versicherung, wird einer Lähmung und Risikoaversion der Verwaltung auch durch die Schranken des Klagezulassungsverfahrens vorgebeugt. So wird nicht zuletzt durch die hohen Hürden des Klagezulassungsverfahrens, insbesondere durch die Beschränkung auf qualifizierte Pflichtverletzungen, verhindert, dass Organmitglieder mit einer Welle von Klagezulassungsverfahren, ob berechtigt oder nicht, überzogen werden. Das Aktionärsklageverfahren wird damit auf wirklich schwerwiegende Sachverhalte behaupteten Fehlverhaltens beschränkt.

II. Adäquater Schutz vor missbräuchlichen oder aussichtslosen Klagen Grundsätzlich bestehen auch bei Haftungsklagen Missbrauchsanreize und Missbrauchspotential, denen durch prozessuale Vorkehrungen entgegengewirkt werden muss. Das Klagezulassungsverfahren ist grundsätzlich ein tauglicher Filter für missbräuchliche oder von vornherein aussichtslose Klagen. Der in § 148 Abs. 1 S. 1 AktG vorgesehene Schwellenwert stellt dabei eine gewisse „Seriositätsschwelle“ dar. Durch das Vorerwerbserfordernis des § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG soll verhindert werden, dass Aktionäre Aktien nur vorübergehend zur Initiierung eines missbräuchlichen Klagezulassungsverfahrens erwerben. De lege ferenda sollten die in Kapitel 2 D. III. 6. f) vorgeschlagenen Ergänzungen vorgenommen werden, um einerseits einen wirksameren Missbrauchsschutz zu gewährleisten, andererseits aber auch zu verhindern, dass das Klagerecht in nicht sachgemäßer Weise eingeschränkt wird. So sollte z. B. die strikte Anknüpfung an die Veröffentlichung aufgegeben und darüber hinaus er-

E. Bewertung vor dem Hintergrund des Spannungsfelds

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wogen werden, das Abstellen auf den Rechtsnachfolger auf manche Fälle der Einzelrechtsnachfolge auszudehnen. Auch die Möglichkeit, in Missbrauchsabsicht handelnden „Trittbrettfahrern“ entgegenstehende überwiegende Gründe des Gesellschaftswohls entgegenhalten zu können, ist zu begrüßen. Mit der in § 149 AktG geschaffenen Publizitätsvorschrift wurde für börsennotierte Gesellschaften ein weiteres Mittel zur Verhinderung von Missbräuchen implementiert. Räuberische Aktionäre (und die entsprechenden Organmitglieder) sollen so vom Abschluss überhöhter Vergleichszahlungen abgeschreckt werden. Während im Klageverfahren Aktionäre an die Einschränkungen des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG (mit Ausnahme der Sperrfrist) gebunden sind, besteht diese Einschränkung für Vergleiche im Klagezulassungsverfahren oder im Vorfeld zur Vermeidung eines Prozesses nicht. Gerade hier wird § 149 AktG als Missbrauchsfilter Bedeutung zukommen. Hierdurch sollen insbesondere solche Aktionäre, die auf Vergleichs- oder sonstige Leistungen oder auf einen exit zu einem überhöhten Preis aus sind, abgeschreckt werden. Aktionäre müssen außerdem Verdachtstatsachen für qualifizierte Pflichtverletzungen darlegen und gegebenenfalls beweisen. Querulanten, Aktionäre, die es auf eine Ausforschung von Wettbewerbern abgesehen haben und sonstige von vornherein aussichtslose Zulassungsanträge werden hierdurch herausgefiltert. Entsprechendes gilt für Aktionäre, die durch eine Drohung mit der Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Organmitglieder Einfluss auf die Unternehmenspolitik nehmen wollen. Auch die in § 148 Abs. 6 AktG getroffene Kostenregelung bietet einen gewissen – wenn auch nicht vollumfänglichen – Schutz gegen missbräuchliche Klagen und Anträge. § 148 Abs. 6 S. 1, 2 AktG legt dem Antragsteller grundsätzlich die Kosten des Klagezulassungsverfahrens auf, wenn der Antrag abgewiesen wird und wirkt so einem „kostenlosen Austesten“ der Klagemöglichkeiten durch missbrauchswillige Aktionäre entgegen. Um keine prohibitive Kostenregelungen zu schaffen, ist das Kostenrisiko des Klagezulassungsverfahrens begrenzt.901 Querulatorische Aktionäre oder solche, denen es aus persönlichen Gründen auf eine Schädigung der Gesellschaft bzw. deren Organmitglieder ankommt, werden ihr Ziel, Aufsehen zu erregen und negative Publizitätswirkung zu entfalten, oftmals bereits im Klagezulassungsverfahren mit einer überschaubaren Kostenbelastung erreichen. Dies ist jedoch hinzunehmen, um keine prohibitorischen Voraussetzungen für 901 Bei der Festlegung des Streitwerts ist das Gericht grundsätzlich auf ein Zehntel des Grundkapitals, in der Regel jedoch höchstens auf einen Wert von 500.000 EUR beschränkt. Das Kostenrisiko für den Antragsteller bleibt damit kalkulierbar. Siehe hierzu bereits Kapitel 2 D. VI. 1.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

redliche Aktionäre zu schaffen, zumal ein gesellschaftsschädliches Verhalten auch außerhalb des Klagezulassungsverfahrens möglich ist.902 Sind solche Missbräuche nachweisbar, kann die Gesellschaft bzw. können die Organmitglieder nach allgemeinen Grundsätzen Schadenersatzansprüche geltend machen. Hat das Prozessgericht unter anderem das Vorliegen von Verdachtstatsachen gemäß § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG bejaht, ist außer im Täuschungsfall kaum vorstellbar, dass die Anspruchsverfolgung, auch wenn sie letztlich ohne Erfolg geblieben ist, missbräuchlich war. Außerdem wird in diesen Fällen die Gesellschaft in aller Regel spätestens nach Klagezulassung bzw. nochmaliger Klageaufforderung selbst Klage erheben, so dass die für missbräuchlich handelnde Aktionäre „lukrative“ Fallkonstellation der Durchführung des eigentlichen Klageverfahrens mit den dabei anfallenden, am Streitwert des Ersatzanspruchs orientierten Anwaltsgebühren, eher selten sein wird. Denkbar ist jedoch, dass eine Aktionärsminderheit in Missbrauchsabsicht die Zulassung durch vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtigen Vortrag erwirkt hat. Für solche Fälle sieht § 148 Abs. 6 S. 5 AktG a. E. eine Ausnahme von dem Kostenerstattungsanspruch vor. Darüber hinaus wird man die in § 148 Abs. 6 S. 5 AktG genannten Einschränkungen entsprechend auf die Fälle anwenden müssen, in denen die klagenden Aktionäre die Klageabweisung durch vorsätzliches oder grob fahrlässiges Handeln im Prozess erreicht haben. § 148 Abs. 6 S. 4 AktG sieht einen Kostenerstattungsanspruch der klagenden Aktionärsminderheit für die ihnen bis zum Eintritt der Gesellschaft oder deren selbstständiger Klageerhebung entstandenen Kosten vor. Die in § 148 Abs. 6 S. 5 AktG a. E. enthaltene Ausnahme vom Kostenerstattungsanspruch gegen die Gesellschaft wird man auch auf diesen Kostenersatzanspruch entsprechend anwenden müssen.

III. Divergierende Mehrheits- und Minderheitsinteressen Die wohl höchste Hürde im Klagezulassungsverfahren stellt die Voraussetzung des Vorliegens einer qualifizierten Pflichtverletzung auf. Dieses Kriterium ist trotz der damit verbundenen erheblichen Beschränkung des Anwendungsbereichs des Aktionärsklageverfahrens aus rechtspolitischer Sicht begrüßenswert. Der Beschränkung auf qualifizierte Pflichtverstöße stehen zum einen zahlreiche prozessuale Erleichterungen gegenüber, zum anderen ist sie auch Ergebnis der Austarierung des eingangs geschilderten Spannungsfelds. Als subsidiäres Recht soll die Aktionärsklage nur dort Anwendung finden, wo gravierende Pflichtverstöße sanktionslos bleiben. So soll die Gesellschaft vor einer Welle von Klagezulassungsverfahren geschützt werden. Die Beschränkung auf qualifizierte Pflichtver902 Zum Schutz der Gesellschaft vor gesellschaftsschädlichen Äußerungen siehe bereits Kapitel 2 A. III.

E. Bewertung vor dem Hintergrund des Spannungsfelds

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letzungen trägt dem Element des Spannungsfeldes der divergierenden Mehrheitsund Minderheitsinteressen Rechnung, denn wie die Gesetzesbegründung zum UMAG treffend ausgeführt hat, soll „auch bei offensichtlichen und ohne Zweifel feststehenden leichtesten und leichten Verletzungen des Gesetzes oder der Satzung mit Schadensfolge (. . .) eine kleine Minderheit der schweigenden oder andersdenkenden Mehrheit ihren Verfolgungswunsch nicht aufdrängen können“.903

IV. Verbandsschutz versus Anlegerschutz Ansatzpunkt für die Austarierung dieses Elements des Spannungsfeldes ist das Quorum des § 148 Abs. 1 S. 1 AktG.904 Zwar kann bei einem Schwellenwert von 1% des Grundkapitals oder einem anteiligen Betrag von 100.000 EUR wohl kaum von einer „unternehmerischen Beteiligung“ i. e. S. gesprochen werden. Eine Beteiligung von unternehmerischem bzw. wirtschaftlichem Gewicht stellt dieses Quorum jedoch dar. Der Gesetzgeber hat damit auch bei der Bestimmung des Schwellenwerts einen Mittelweg gewählt. Einerseits stellt das Quorum als „Seriositätsschwelle“ sicher, dass eine Minderheit von unternehmerischem Gewicht hinter dem Klagezulassungsantrag steht. Andererseits sollen Streubesitzaktionäre in Publikumsgesellschaften nicht von vornherein faktisch „chancenlos“ sein, ein Aktionärsklageverfahren anzustrengen. Durch das Aktionärsforum wurden außerdem die Kommunikationsmöglichkeiten zwischen den Aktionären erleichtert; diese können sich auch zur Erreichung dieses Schwellenwerts zusammenschließen.

V. Effektivität der Aktionärsverfolgungsrechte Neben den bereits aufgezeigten Informationsanforderungen ist für die Beurteilung der praktischen Wirksamkeit auch auf die finanziellen Beweggründe der Aktionäre abzustellen. Mithin gilt es, der rationalen Apathie „Herr“ zu werden. 1. Beseitigung prohibitiver Kostenvorschriften Mit der Abschaffung der prohibitiven Kostenregelung des § 147 Abs. 4 AktG 1998 und der Einführung einer weitgehend ausdifferenzierten Kostenregelung in § 148 Abs. 6 AktG hat der Gesetzgeber einen großen Schritt in die richtige Richtung getan, um Hemmnisse für eine effektive Rechtsverfolgung abzubauen. So sind die Aktionäre grundsätzlich nur mit einem überschaubaren Kostenrisiko des Klagezulassungsverfahrens belastet. Hat das Prozessgericht die Klage zugelas903

Regierungsbegründung UMAG, S. 22. Siehe zu diesem Element des Spannungsfelds bereits Kapitel 1 B. V. 6. und Kapitel 2 D. III. 4. 904

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

sen, besteht grundsätzlich ein Kostenerstattungsanspruch gegen die Gesellschaft. Dennoch sollte an einigen Stellen der Kostenregelung noch nachgebessert werden. So sollte de lege ferenda geprüft werden, inwieweit die Kostenvorschusspflicht der Aktionäre auf die Gesellschaft verlagert werden kann und den Klägern außerdem das mit dem Mechanismus der Kostenerstattung einhergehende Insolvenzrisiko der Gesellschaft abgenommen werden kann. Außerdem sollte ein Kostenerstattungsanspruch auch hinsichtlich der Kosten der Beiladung eingeführt werden, um sicherzustellen, dass die Aktionäre nach einem Eintritt der Gesellschaft in das Klageverfahren ihrer Kontrollfunktion wirksam nachkommen werden. 2. Anreizverstärkung durch Einführung einer Prämienzahlung oder einer Klagevergütung Neben den mit der Rechtsverfolgung zusammenhängenden Kosten ist auch der damit verbundene Nutzen für die Aktionäre entscheidend für ihre Bereitschaft, Innenhaftungsansprüche gerichtlich durchzusetzen. Aktionäre profitieren jedoch lediglich mittelbar von einem Klageerfolg, da dieser direkt nur der Gesellschaft zugute kommt. Gerade Aktionäre mit geringem Anteilsbesitz haben daher meist nur wenig ökonomische Anreize, ein Aktionärsklageverfahren anzustrengen. Der mittelbare Wertzuwachs durch den steigenden Aktienkurs, der im Regelfall mit einem Klageerfolg einhergehen sollte,905 ist zu gering, um die Kosten eines solchen Verfahrens zu kompensieren. Um die positiven Anreize der Klageerhebung zu erhöhen, wird teilweise vorgeschlagen, für den Erfolgsfall Prämienzahlungen an die klagenden Aktionäre einzuführen906 oder Klägern im Erfolgsfall in Anlehnung an die Regelung zur Vergütung des besonderen Vertreters gemäß § 147 Abs. 2 AktG eine angemessene Vergütung zukommen zu lassen.907 Die überwiegende Ansicht lehnt dies allerdings zu Recht ab.908 Zwar mag eine solche Prämienzahlung einen zusätz905 Vgl. aber die bei Kalweit, Fehlerhaftes Vorstands- und Aufsichtsratshandeln, S. 362 ff., aufgeführten Studien aus den USA, nach denen es keine Unterstützung für die These gäbe, die Vermögenssituation der Aktionäre würde sich durch Klagen verbessern. 906 Siehe die diesbezüglichen Vorschläge von Wenger, AG Sonderheft 1997, 57, 59; Adams, AG Sonderheft 1997, 9 f.; ders., 63. DJT, O 143 f.; Fischer, Der Konzern 2005, 67, 73; Pansa, Aktionärsklageverfahren, S. 186 ff.; Schmolke, ZGR 2011, 398 f., 434 ff., 442 („Fangprämie“); in diese Richtung wohl auch Fleischer, ZGR 2011, 155, 179, 181. 907 Vgl. hierzu den Vorschlag von Kalweit, Fehlerhaftes Vorstands- und Aufsichtsratshandeln, S. 187. 908 So hat sich auch der 63. Deutsche Juristentag mit großer Mehrheit gegen die Möglichkeit einer solchen Prämienzahlung ausgesprochen; 63. DJT, Beschlüsse III 6 b), O 228. Zur Ablehnung auch Baums, Gutachten F 32, 255 f.; ablehnend auch Kiethe, ZIP 2003, 707, 710 (zum Maßnahmenkatalog der Bundesregierung vom 25. Februar

E. Bewertung vor dem Hintergrund des Spannungsfelds

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lichen ökonomischen Anreiz bieten, aus rechtspolitischer Sicht sind derartige Leistungen aber nicht wünschenswert. Wie Baums909 zutreffend einwandte, könnten solche Belohnungen im Erfolgsfall „zur Herausbildung eines entsprechenden Gewerbes (führen), das erfolglose Klagen mit den Gewinnen aus erfolgreichen Klagen quersubventionieren“ könnte. Die damit einhergehende Zunahme auch unbegründeter Klagen ist rechtspolitisch unerwünscht.910 Im Bereich der Anfechtungsklagen hat sich trotz entsprechender entgegengesetzter Bestrebungen des Gesetzgebers bereits ein sogenanntes „Klagegewerbe“ gebildet.911 Dass sich dieser Zustand im Bereich der Haftungsklagen fortsetzt, ist nicht wünschenswert. Zwar dürfen Aktionäre nicht unbilligerweise von der Einleitung des Klagezulassungs- und Klageverfahrens abgehalten werden,912 dafür sorgen jedoch schon die getroffenen Kostenregelungen. Auf der anderen Seite sollen sie nicht durch eigenes Gewinnstreben dazu inzentiviert werden, nach möglichen Klagegründen zu suchen.913 Zwar werden Aktionäre mit nur minimalem Aktienbesitz mangels hinreichender Klageanreize wohl auch in Zukunft in der Regel von einer Geltendmachung von Innenhaftungsansprüchen absehen. Vor dem Hintergrund der gesetzgeberischen Wertung, nur Aktionäre mit einem unternehmerischen bzw. wirtschaftlichen Interesse zur Klageerhebung zuzulassen, ist jedoch hinzunehmen, dass vor allem strategisch orientierte (institutionelle) Investoren, Familiengesell2003); Kling, DZWIR 2005, 45, 55; Paal, DStR 2005, 426, 431 f.; Winnen, Innenhaftung, S. 451; Habersack, Gutachten E 96, 106; Peltzer, in: FS Schneider, S. 953, 964 ff., der als anderen Lösungsansatz außer § 148 AktG die Einbeziehung der Prüfstelle für Rechnungslegung in das Klagezulassungsverfahren vorschlägt; ähnlich auch Bachmann, AG 2012, 565, 578, ähnlich auch Lutter, in: FS Schneider, S. 763, 769 ff., der für ein Klagerecht der Einbeziehung der Prüfstelle für Rechnungslegung oder eines/r Ombudsmanns/-frau plädiert; für ein Aufforderungs-, Prüfungs- und Klagerecht der BaFin zumindest bei börsennotierten Aktiengesellschaften dagegen Hellwig, in: FS Maier-Reimer, S. 215; gegen eine Einbeziehung der BaFin dagegen Semler, in: FS Goette, S. 499, 506, 510 ff., der stattdessen unter anderem für ein gerichtlich begleitetes Verfahren zur Duchsetzung der Organhaftung durch einen besonderen Vertreter und für eine Berichterstattung über Beschlüsse der Verwaltungsorgane in Zusammenhang mit Pflichtverletzungen in den Jahresberichten plädiert; vgl. hierzu differenzierend auch Wilsing, in: FS Maier-Reimer, S. 889, 898 ff., 918, der de lega lata von einem Absehen der Berichtspflicht aus Gründen des Unternehmensinteresses ausgeht und sich de lege ferenda gegen eine unbeschränkbare Berichtspflicht ausspricht; für die Einführung einer grundsätzlich unbeschränkten Berichtspflicht de lege ferenda dagegen auch Länderarbeitsgruppe „Managerverantwortlichkeit“, Diskussionsbericht, S. 6, 29 f., wonach jedoch eine Beschränkung der Berichtspflicht aus zwingendem Interesse der Gesellschaft möglich sein soll. 909 Baums, Gutachten F 32, 255 f. 910 Baums, Gutachten F 32, 255 f.; kritisch zu diesem Argument dagegen Kalweit, Fehlerhaftes Vorstands- und Aufsichtsratshandeln, S. 188. 911 Siehe hierzu die empirischen Untersuchungen zu Anfechtungsklagen von Baums/ Keinath/Gajek, ZIP 2007, 1629, 1634 ff., insbes. 1636 ff. zu den sogenannten „Berufsklägern“. 912 Rollin, Aktionärsklage, S. 261. 913 Rollin, Aktionärsklage, S. 261.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

schafter mit einem persönlichen Bezug zur Gesellschaft oder Belegschaftsaktionäre von dem Aktionärsklagerecht Gebrauch machen werden.914 Überdies stellt sich die Frage, ob eine solche Prämienregelung tatsächlich zu einer verstärkten Geltendmachung der Ersatzansprüche durch Minderheitsaktionäre führen würde. Fischer915 will diese nämlich mit einer Streichung der grundsätzlichen Kostentragungspflicht der Gesellschaft916 verbinden, da der klagende Aktionär in diesem Fall nicht altruistisch handeln würde. Ob Aktionäre angesichts des damit einhergehenden erheblichen Prozesskostenrisikos tatsächlich verstärkt von diesem Recht Gebrauch machen würden, ist mehr als zweifelhaft. 3. Bewertung Auch nach Reformierung des UMAG wurde von den Aktionärsverfolgungsrechten bislang kaum Gebrauch gemacht. Lediglich drei Fälle eines – letztlich erfolglosen – Klagezulassungsverfahrens wurden bekannt.917 Hieraus allerdings per se auf die Wirkungslosigkeit der Aktionärsverfolgungsrechte schließen zu wollen, greift jedoch zu kurz.918 Wie eingangs aufgezeigt, besteht ein Hauptzweck der Organhaftung und ihres Durchsetzungsmechanismus in der doppelten Präventionswirkung.919 So soll insbesondere der Aufsichtsrat als zuständiges Gesellschaftsorgan durch eine drohende Verfolgung von Ersatzansprüchen durch Aktionäre dazu bewogen werden, Haftungsklagen gegen Vorstandsmitglieder selbst ernsthafter in Betracht zu ziehen.920 Der Aufsichtsrat kann sich spätestens seit den verfahrensmäßigen Erleichterungen durch die UMAG-Reform und die „aktionärsfreundlichere“ Kostenregelung nicht mehr darauf verlassen, dass gravierende Pflichtverletzungen von Aktionären nicht aufgegriffen und notfalls auch mittels Aktionärsklageverfahren geltend gemacht werden.921 Auch ohne positive 914 Ähnlich die Einschätzung von Fischer, Der Konzern, 2005, 67, 73, freilich mit anderer Tendenz. Insbesondere bei Inhabern größerer Aktienpakete dürfte sich das Phänomen der rationalen Apathie weniger auswirken; Kalweit, Fehlerhaftes Vorstands- und Aufsichtsratshandeln, S. 312. 915 Fischer, Der Konzern, 2005, 67, 74. 916 Fischer, Der Konzern, 2005, 67, 74, zitiert fälschlicherweise § 147 Abs. 6 S. 2 AktG. Richtigerweise kann damit nur die Kostenerstattungspflicht der Gesellschaft nach § 148 Abs. 6 S. 5 AktG gemeint sein. 917 Siehe bereits Einf., Fn. 11. 918 Ähnlich auch K. Schmidt, NZG 2005, 796, 801: „die Effektivität der Verfolgungsrechte lässt sich nicht an der Zahl oder an Ergebnissen aktienrechtlicher Prozesse messen“; hiergegen jedoch Peltzer, in: FS Schneider, S. 953, 955 (Fn. 7). 919 Siehe hierzu bereits Kapitel 1 A. I. 920 Seibert, NZG 2007, 841 f. 921 Wie aufgezeigt, wird der Fokus bei berechtigten Klagen i. d. R. auf einer modifizierten Geltendmachungserzwingung liegen, da das Betreiben eines Klagezulassungsverfahrens gemäß § 148 AktG die Pflichten der originär zur Anspruchsverfolgung verpflichteten Gesellschaftsorgane Vorstand bzw. Aufsichtsrat nicht suspendiert; siehe hierzu bereits Kapitel 2 D. IV. 4. b), Kapitel 2 D. V. 4.

E. Bewertung vor dem Hintergrund des Spannungsfelds

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Klageanreize ist zu erwarten, dass langfristig bzw. strategisch orientierte Aktionäre in gravierenden Fällen, in denen die Gesellschaft untätig bleibt, von ihren Aktionärsklagerechten Gebrauch machen werden. Die „fleet in being“ hat damit durch das UMAG an „Schlagkraft“ gewonnen.922 Die Beschränkung auf qualifizierte Pflichtverletzungen ist aus rechtspolitischen Gründen hinzunehmen. Letztlich ist die Beschränkung der Klagezulassung auf das Vorliegen von Verdachtstatsachen, die für eine qualifizierte Pflichtverletzung sprechen, auch Ausdruck der systemimmanenten Subsidiarität und des Ausnahmecharakters der Aktionärsverfolgungsrechte.923 Anders als die Hauptversammlungsmehrheit soll eine qualifizierte Aktionärsminderheit nur in eng begrenzten Ausnahmefällen zur Geltendmachung von Organhaftungsansprüchen berechtigt sein. Allerdings sollte de lege ferenda an den in diesem Kapitel im Einzelnen aufgezeigten Stellen noch nachjustiert werden, um den Aktionärsverfolgungsrechten zu mehr praktischer Wirksamkeit zu verhelfen. Schließlich darf nicht übersehen werden, dass ein wirksames System der Aktionärsverfolgungsrechte zwar ein wichtiger, aber dennoch nur ein Baustein einer guten Corporate Governance ist.924 Weitere Bausteine müssen hinzutreten.925 Insbesondere ist eine weitere Stärkung des Aufsichtsrats als das primär für die Verfolgung von Ansprüchen gegen Vorstandsmitglieder zuständige Organ unverzichtbar.926 922 K. Schmidt, NZG 2005, 796, 801; ähnlich Winnen, Innenhaftung, S. 451: „gewisser Disziplinierungseffekt“. Dies wird auch durch einen rechtstatsächlichen Befund gestützt: Nach Köhler/Marten/Hülsberg/Bender, BB 2005, 501, 504 ff., ergab eine Befragung von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern, dass die Unternehmenspraxis infolge der UMAG-Reform mit einer Zunahme von Haftungsklagen rechnete und als Konsequenz die innergesellschaftlichen Risikoüberwachungs- und Informationssysteme sowie die Überwachung durch den Aufsichtsrat verbessern wollte. Zur Verfolgung etwaiger Schadenersatzansprüche aus Korruptionsvorwürfen der Siemens AG gegen Vorstandsmitglieder durch den Aufsichtsrat vgl. den Nachweis in Einf., Fn. 18. 923 Zur Subsidiarität siehe bereits Kapitel 1 B. IV. 924 Seibt, WM 2004, 2137; Jänig, BB 2005, 949 (zur Sonderprüfung). 925 Vgl. hierzu bereits Kapitel 1 A. II.; GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 15; Paal, DStR 2005, 426, 433. 926 Hierunter fallen u. a. Regelungen zur Besetzung des Aufsichtsrats und zur Verbesserung seiner Überwachungstätigkeit; siehe hierzu nur Seibt, WM 2004, 2137, 2139, sowie bereits Kap. 1, Fn. 102; sowie v. Werder/Wieczorek, DB 2007, 297 ff., Bihr/Blättchen, BB 2007, 1285 ff., Ehren/Gros, Der Konzern, 2011, 277 ff., jeweils m.w. N. Durch das Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG) vom 25. Mai 2009, BGBl. 2009 I, S. 1102 hat der Gesetzgeber mit dem Erfordernis eines unabhängigen und auf dem Gebiet der Rechnungslegung oder Abschlussprüfung sachverständigen Aufsichtsratsmitglieds bzw. Mitglieds des Prüfungsausschusses für kapitalmarktorientierte Aktiengesellschaften (§§ 100 Abs. 5, 107 Abs. 4 AktG) vor kurzem einen weiteren Schritt zur Stärkung des Aufsichtsrats als Kontrollorgan getan. Zu weiteren Reformvorschlägen siehe auch Länderarbeitsgruppe „Managerverantwortlichkeit“, Diskussionsentwurf, S. 1 ff.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

Vor dem Hintergrund des aufgezeigten Spannungsfelds erscheint die Ausgestaltung der Aktionärsverfolgungsrechte in §§ 147 ff. AktG damit weitgehend austariert. Letztlich muss jede Ausgestaltung ein Kompromiss der widerstreitenden Interessen bleiben.927 Gewisse Unzulänglichkeiten des Minderheitsschutzes im Bereich der Aktionärsverfolgungsrechte sind damit systemimmanent. Außer in den aufgezeigten Fällen erscheint eine weitere Verstärkung des Minderheitsschutzes, insbesondere durch die Einführung einer Individualklagebefugnis, die Verfolgungsmöglichkeit auch im Bereich einfacher Pflichtverletzungen oder die Einführung positiver Klageanreize zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erforderlich.

F. Konzernrechtliche Besonderheiten Für spezielle konzernrechtliche Sachverhalte hat der Gesetzgeber bereits durch die Aktienrechtsreform 1965 ein eigenes Aktionärsklagerecht vorgesehen.928 Hierbei war die Überlegung maßgeblich, dass wegen des Einflusses des herrschenden Unternehmens und personeller Abhängigkeiten im Vertragskonzern, aber auch im faktischen Konzern, oftmals – trotz einer nach den ARAG/Garmenbeck-Grundsätzen grundsätzlichen Verfolgungspflicht929 – nicht mit einer Geltendmachung etwaiger Ersatzansprüche der abhängigen Gesellschaft gegen ihre Verwaltungsmitglieder gerechnet werden könne.930 Aktionäre können nach § 309 Abs. 4 AktG die Ersatzansprüche der abhängigen Gesellschaft gegen ihre Verwaltungsmitglieder gemäß §§ 310, 309 Abs. 4 AktG bzw. §§ 318, 309 Abs. 4 AktG selbst gerichtlich geltend machen, ohne ein Klagezulassungsverfahren durchlaufen zu müssen oder an ein mit § 148 Abs. 1 S. 1 AktG vergleichbares Minderheitsquorum gebunden zu sein.931 927 Siehe zur Kompromissaufgabe der Verfolgungsrechte nur K. Schmidt, NZG 2005, 796, 798, sowie Kap. 1, Fn. 106; ähnlich auch Bachmann, AG 2012, 565, 578: „Am Ende kommt man nicht darum herum, dass die „Quadratur des Zirkels“ (K. Schmidt) durch keinen Lösungsvorschlag bewerkstelligt werden kann (. . .)“. Auf die widerstreitenden Interessen (wenngleich kritisch zum Erfolg der Neuregelungen) weist auch Rahlmeyer, Vorstandshaftung, hin; von einem „Mittelweg zwischen der Ermöglichung einer Anspruchsdurchsetzung durch Aktionäre einerseits und der Abschreckung vor missbräuchlichen Klagen andererseits“ spricht auch Winnen, Innenhaftung, S. 314 f. Zu alternativen Reformvorschlägen in jüngster Zeit siehe die Nachweise in Fn. Kap. 2, 908 a. E. 928 Zu dem im Rahmen dieser Darstellung nicht behandelten Recht der Gläubiger, den Ersatzanspruch der Gesellschaft geltend zu machen, siehe § 309 Abs. 4 S. 3, 4 AktG; zur Situation nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens siehe § 309 Abs. 4 S. 5 AktG. 929 Siehe hierzu bereits Kapitel 1 B. I. 930 MüKo-Altmeppen, AktG, § 317 Rn. 52; darauf, dass diese Gefahr nicht nur bei konzernrechtlichen Sachverhalten besteht, weist Lönner, actio pro socio, S. 94 f. hin. 931 Entsprechendes gilt für Ansprüche aus abhängigkeitsbezogenem Handeln im faktischen Konzern gemäß §§ 93, 116 AktG, auf die die Regelungen des § 318 AktG entsprechend anzuwenden sind; siehe hierzu Kapitel 1 C. II. 2.

F. Konzernrechtliche Besonderheiten

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Die Bedeutung der Ansprüche nach §§ 309, 310 AktG gegen das herrschende Unternehmen,932 die gesetzlichen Vertreter und die Verwaltungsmitglieder der abhängigen Gesellschaft ist bei Bestehen eines Beherrschungsvertrags eher gering, da die außenstehenden Aktionäre in aller Regel durch ihr Recht auf Ausgleichszahlung und Abfindung gemäß §§ 304, 305 AktG geschützt sind und daher in vielen Fällen kein Interesse an der Durchsetzung von Ersatzansprüchen haben werden.933 Die Bedeutung der Ansprüche nach §§ 317, 318 AktG gegen das herrschende Unternehmen, die gesetzlichen Vertreter und die Verwaltungsmitglieder der abhängigen Gesellschaft im faktischen Konzern ist jedoch umso größer.934 Dort besteht gemäß § 311 AktG zum Schutz der außenstehenden Aktionäre und Gläubiger das Verbot der Veranlassung zu nachteiligen Maßnahmen oder Rechtsgeschäften, soweit diese nicht ausgeglichen werden. Zur praktischen Wirksamkeit dieses Verbots kommt es entscheidend darauf an, dass die für Verstöße normierten Schadenersatzansprüche nach §§ 317, 318 AktG auch tatsächlich geltend gemacht werden.935 Während das von Vorstand und Aufsichtsrat aus nahe liegenden Gründen in der Regel nicht erwartet werden kann, kommt es dazu entscheidend auf die Durchsetzung durch die Aktionäre oder Gesellschaftsgläubiger936 an.937 Diese seit fast 50 Jahren bestehenden konzernrechtlichen Aktionärsklagerechte sind bisher allerdings ohne nennenswert praktische Bedeutung geblieben.938 Neben den Gründen hierfür wird die konzernrechtliche Aktionärsklage nach § 309 Abs. 4 AktG nachfolgend kurz skizziert. Außerdem wird untersucht, ob und in-

932 Der Ersatzanspruch gegen das herrschende Unternehmen ergibt sich nicht direkt aus § 309 AktG, sondern stützt sich nach einer Ansicht auf die Schadenersatzpflicht wegen Verletzung des Beherrschungsvertrages gemäß § 280 Abs. 1 BGB, nach anderer Ansicht auf die analoge Anwendung von § 309 AktG; vgl. MüKo-Altmeppen, AktG, § 309 Rn. 136 ff., m.w. N. 933 Vgl. ausführlich zu den Gründen Kropff, in: FS Bezzenberger, S. 233 f. 934 KK-Koppensteiner, AktG, § 309 Rn. 47. 935 Kropff, in: FS Bezzenberger, S. 233 f.; KK-Koppensteiner, AktG, § 309 Rn. 47. 936 Auf die Durchsetzung durch Gesellschaftsgläubiger wird im Rahmen dieser Darstellung nicht eingegangen. 937 Ausführlich zu allem Kropff, in: FS Bezzenberger, S. 233 f.; vgl. außerdem bereits Regierungsbegründung 1965, Kropff, Aktiengesetz, S. 405. 938 Siehe nur KK-Koppensteiner, AktG, § 309 Rn. 46; Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 300. Zu den wenigen Beispielen aus der Praxis vgl. Weber, Konzernrechtliche Aktionärsklage, S. 24, m.w. N.; Fischbach, Haftung, S. 143 (Fn. 551, m.w. N.), 186 (Fn. 740, m.w. N.). Siehe auch zum Rechtsstreit um die Versteigerung der UMTS-Lizenzen aus jüngster Zeit BGH, NZG 2008, 389 ff., OLG Schleswig, BeckRS 2010, 29118 (jeweils zur Verantwortlichkeit des faktisch herrschenden Unternehmens); zur (konzernrechtlichen Aktionärs-)Klage von einigen HVB-Aktionären (sogenannte Hedge-Fonds-Klage) siehe Wirth, in: FS Hüffer, S. 1129, 1132 f., 1138 sowie OLG München, NZG 2010, 1392 f. (HVB/UniCredito, zur entsprechenden Anwendbarkeit des § 148 Abs. 3 AktG auf die konzernrechtliche Aktionärsklage gemäß §§ 309 Abs. 4, 310 Abs. 4, 317 Abs. 4, 318 Abs. 4 AktG).

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

wieweit die allgemeinen Aktionärsrechte nach §§ 147 ff. AktG auf diese speziellen konzernrechtlichen Sachverhalte anwendbar sind.

I. Die konzernrechtliche Aktionärsklage gemäß § 309 Abs. 4 AktG 1. Rechtsnatur des Klagerechts Wie § 148 AktG verleiht auch § 309 AktG nur ein Recht zur gerichtlichen Geltendmachung der Ersatzansprüche.939 Jeder einzelne Aktionär kann die Ersatzansprüche der Gesellschaft gegen ihre Verwaltungsmitglieder aus §§ 310 Abs. 1, 4, 309 Abs. 4 AktG bzw. aus §§ 318 Abs. 1, 4, 309 Abs. 4 AktG selbst geltend machen, ohne dass hierfür ein Anteilsquorum erforderlich ist. § 309 Abs. 4 AktG verleiht damit eine Einzelklagebefugnis.940 Gemäß § 309 Abs. 4 S. 2 AktG kann nur Leistung an die Gesellschaft verlangt werden. Die Geltendmachung der Ersatzansprüche der Gesellschaft durch die Aktionäre erfolgt dabei in eigenem Namen.941 Die dogmatische Einordnung des Aktionärsklagerechts nach § 309 Abs. 4 AktG ist umstritten. Nach herrschender Ansicht942 handelt es sich um einen Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft, nach anderer Ansicht943 liegt eine actio pro socio im Sinne eines eigenen mitgliedschaftlichen Rechts vor, nach einer dritten Ansicht944 handelt es sich um beides zugleich. Wie bereits zur 939

Siehe hierzu bereits Kapitel 2 D. II. Die Gesetzesbegründung zu AktG 1965 begründet die Einzelklagebefugnis damit, dass in den von § 309 AktG umfassten Fällen oftmals nicht mit dem Zustandekommen der 10%-Minderheit gerechnet werden könne; Regierungsbegründung 1965, Kropff, Aktiengesetz, S. 405; KK-Koppensteiner, AktG, § 309 Rn. 3, 45. 941 Einhellige Meinung; siehe nur OLG Frankfurt/Main, WM 2002, 1048; LG Bonn, NGZ 2005, 856; Hüffer, AktG, § 309 Rn. 21a; MüKo-Altmeppen, AktG, § 309 Rn. 121 ff.; ders., in: FS Musielak, S. 3, 17 f. ausführlich Weber, Aktionärsklagen, S.178 ff. 942 Emmerich/Habersack-Emmerich, Konzernrecht, § 309 Rn. 49, § 317 Rn. 27; KK-Koppensteiner, AktG, § 309 Rn. 44; Hüffer, AktG, § 309 Rn. 21a, § 317 Rn. 16; GK-Hirte, AktG, § 309 Rn. 43; AK-Peres, AktG, § 309 Rn. 31; Kantzas, Weisungsrecht, S. 173; Bachelin, Minderheitenschutz, S. 66; Rollin, Aktionärsklage, S. 190; Bühring-Uhle/Nelle, AG 1989, 41, 49 f.; Trescher, DB 1995, 661, 663; Bayer, NJW 2000, 2609, 2613 (Fn. 60); Wiedemann, Organverantwortung, S. 48; Lönner, actio pro socio, S. 56 f.; KG, AG 2012, 256, 260 (zu Ersatzansprüchen nach §§ 309 Abs. 4, 317 Abs. 4 AktG). 943 MüKo-Altmeppen, AktG, § 309 Rn. 121 ff.; Mertens, in: FS Fleck, S. 209, 218, die von einer Klage aus eigenem, aus der Mitgliedschaft abgeleitetem Recht ausgehen; offengelassen dagegen von OLG Schleswig, WM 2005, 2269, 2270, 2271; OLG Frankfurt/Main, WM 2002, 1048, 1055. 944 Siehe Emmerich/Habersack-Emmerich, Konzernrecht, § 309 Rn. 49, der zu Unrecht den Begriff actio pro societate verwendet, siehe zu dieser Terminologiefrage bereits Kapitel 2 D. I.; Habersack, DStR, 1998, 533; Planck, Aktionärsklagen, S. 126; Schwab, Prozessrecht, S. 111 ff.; Hölters-Leuering/Goertz, AktG, § 309 Rn. 47; Mencke, Beila940

F. Konzernrechtliche Besonderheiten

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Rechtsnatur des Klagerechts nach § 148 AktG ausgeführt, ist der Meinung zu folgen, die zum einen ein Handeln in gesetzlicher Prozessstandschaft annimmt, und zum anderen einen gesetzlich normierten Fall der actio pro socio.945 2. Entsprechende Anwendbarkeit der Regelungen des § 148 f. AktG Vereinzelt wird für eine zumindest weitgehende Übernahme der Voraussetzungen des § 148 f. AktG und insbesondere für eine Übernahme des Klagezulassungsverfahrens plädiert.946 Hierbei ist jedoch zu differenzieren. Der Übernahme der Vorschriften des Klagezulassungsverfahrens im Rahmen des § 309 Abs. 4 AktG steht entgegen, dass es sich bei der allgemeinen zweistufig ausgestalteten Aktionärsklage nach § 148 AktG und der konzernrechtlichen Aktionärsklage nach § 309 Abs. 4 AktG um zwei selbständige Rechtsbehelfe handelt.947 Hätte der Gesetzgeber auch für die konzernrechtliche Aktionärsklage ein Klagezulassungsverfahren mit entsprechenden Klagezulassungsvoraussetzungen einführen und damit das existierende und bislang an keine besonderen Voraussetzungen geknüpfte Aktionärsklagerecht einschränken wollen, hätte er dies zumindest in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck bringen, wenn nicht sogar explizit in § 309 Abs. 4 AktG einen Verweis auf die Vorschriften des § 148 f. AktG einfügen müssen. Anders verhält es sich dagegen mit den Regelungen über die Rechtshängigkeit, die Rechtskraft und die Vergleichsbefugnis. Hier war bereits vor der UMAG-Reform vieles umstritten, so dass die durch das UMAG eingeführten Regelungen des § 148 Abs. 3 S. 1, Abs. 5 AktG klarstellend bzw. entsprechend herangezogen werden können. Vor der UMAG-Reform war die Rechtskraftwirkung eines in gesetzlicher Prozessstandschaft erstrittenen Urteils umstritten. Dies galt sowohl für stattgebende als auch insbesondere für abweisende Urteile. Die wohl herrschende Meinung vertrat – und vertritt im Rahmen der konzernrechtlichen Aktionärsklage nach § 309 Abs. 4 AktG teilweise auch nach In-Kraft-Treten des UMAG weiterhin – die Ansicht, dass zwar ein durch die Gesellschaft erstrittenes Urteil Rechtskraft dung, S. 52; a. A. Rehbinder, ZGR 1976, 386, 394; ders., ZGR 1977, 581, 589: spezielle konzernrechtliche Rechtsbehelfe; a. A. auch KG, AG 2012, 256, 260 (zu Ersatzansprüchen nach §§ 309 Abs. 4, 317 Abs. 4 AktG): gesetzliche Prozessstandschaft, nicht actio pro socio. 945 Näher Kapitel 2 D. I. zur Frage der dogmatischen Einordnung des Klagerechts nach § 148 Abs. 1 S. 1 AktG. 946 Vgl. Weber, Aktionärsklage, S. 173 ff., 208 ff., 230 f.; in diese Richtung auch – teilweise de lege ferenda – Lönner, actio pro socio, S. 50, 62 f., 93 ff., 122 f., 150, 271; unklar dagegen Emmerich/Habersack-Emmerich, Konzernrecht, AktG, § 309 Rn. 48. 947 Siehe zum Charakter als selbständige Rechtsbehelfe Müller, Der Konzern 2006, 725, 730.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

für den einzelnen Aktionär entfalte, ein durch den Aktionär erstrittenes (klageabweisendes) Urteil jedoch nicht für und gegen die Gesellschaft wirke.948 Diese Auffassung überzeugte allerdings bereits vor In-Kraft-Treten des UMAG nicht. Wie Berger,949 Schwab,950 und ihnen folgend Weber951 ausführen, darf im Interesse des Beklagten über einen Streitgegenstand nur ein Verfahren geführt werden.952 Anderenfalls müssten die beklagten Organmitglieder bis zur Verjährung der Ansprüche mit einer erneuten Klage rechnen, was für sie erhebliche Belastungen mit sich bringen könne. Außerdem käme es nicht zur friedensstiftenden Wirkung einer endgültigen gerichtlichen Entscheidung.953 Dogmatisch lässt sich diese Ansicht damit begründen, dass der Prozessstandschafter eine Prozessführungsbefugnis wahrnehme, die grundsätzlich dem materiell Berechtigten zukomme und kraft (hier gesetzlicher) Ermächtigung einem anderen zugewiesen werden könne.954 Da es hinsichtlich eines Streitgegenstandes nur eine ausgeübte Prozessführungsbefugnis geben könne, konkretisiere sich die Prozessführungsbefugnis auf den rechtshängigen Prozess mit der Folge der Rechtskraftwirkung für alle Prozessführungsbefugten.955 Spätestens nach In-Kraft-Treten des UMAG ergibt sich die Rechtskrafterstreckung für die allgemeine abgeleitete Aktionärsklage aus § 148 Abs. 5 S. 1 AktG, der für die konzernrechtliche Aktionärsklage entsprechend herangezogen werden kann.956 Nach herrschender Meinung ist die Gesellschaft als Rechtsinhaberin des Ersatzanspruchs nicht daran gehindert, trotz einer rechtshängigen Aktionärsklage selbst Klage zu erheben.957 Dem stünde zwar wegen der Rechtskrafterstreckung 948 Emmerich/Habersack-Emmerich, Konzernrecht, § 309 Rn. 50; GK-Hirte, AktG, § 309 Rn. 43; siehe auch Seibt, WM 2004, 2137, 2144; Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 336 f.; Krieger, ZHR 163 (1999), 343, 350; vgl. auch MüKo-Ulmer, BGB, § 705 Rn. 214 (allgemein zur actio pro socio); ausführlich zum Meinungsstreit im Konzernrecht Weber, Aktionärsklage, S. 184 ff., sowie allgemein zur gesetzlichen Prozessstandschaft Lönner, actio pro socio, S. 156 ff., jeweils m.w. N. 949 Berger, Rechtskraft, S. 92, 105, 142 ff., m.w. N. auch zu den verschiedenen Begründungen der Gegenansicht. 950 Schwab, Prozessrecht, S. 124 ff., m.w. N. auch zu den Begründungen der Gegenansicht. 951 Weber, Aktionärsklage, S. 184 ff. 952 Vgl. auch Hüffer, AktG, § 148 Rn. 19, m.w. N. Auf die Unzumutbarkeit fehlender Rechtskrafterstreckung für den Prozessgegner weist auch Krieger, ZHR 163 (1999), 343, 350 hin, der dies allerdings als „status quo“ ansieht. 953 Schwab, Prozessrecht, S. 124 ff.; Weber, Aktionärsklage, S. 185, m.w. N. 954 Weber, Aktionärsklage, S. 185; Berger, Rechtskraft, S. 92, 105, 142 ff.; Schwab, Prozessrecht, S. 126 ff. 955 Weber, Aktionärsklage, S. 185; Berger, Rechtskraft, S. 92, 105, 142 ff.; Schwab, Prozessrecht, S. 126 ff.; i. Erg. tritt auch Behr, actio pro socio, S. 104 ff. für eine Rechtskrafterstreckung ein; fordert hierzu jedoch eine vorherige erfolglose Aufforderung der Gesellschaft zur Klageerhebung unter Setzung einer angemessenen Frist. 956 Vgl. auch – allgemein zur actio pro socio – Verse, in: FS Schneider, S. 1325, 1332 f.; a. A. dagegen Behr, actio pro socio, S. 105.

F. Konzernrechtliche Besonderheiten

261

eigentlich der Einwand anderweitiger Rechtshängigkeit gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO entgegen,958 allerdings ist auch insoweit § 148 Abs. 3 S. 1 AktG entsprechend anzuwenden. Erhebt die Gesellschaft Klage, wird die Aktionärsklage unzulässig.959 Ist ein Verzicht oder Vergleich der Gesellschaft über den Ersatzanspruch nach § 309 Abs. 3 AktG wirksam, ist der in Prozessstandschaft klagende Aktionär hieran gebunden.960 Aber auch den in Prozessstandschaft klagenden Aktionären muss es möglich sein, unter Beachtung des § 309 Abs. 3 AktG die Aktionärsklage durch einen gerichtlichen Vergleich zu beenden. Vieles spricht außerdem dafür, die Vorschrift der Beiladung gemäß § 148 Abs. 3 S. 3 AktG entsprechend anzuwenden, um den Aktionären die Möglichkeit zu geben, nach Klageerhebung der Gesellschaft weiterhin Einfluss auf den Prozess nehmen zu können.961 3. Gründe für die geringe Annahme in der Praxis und Lösungsmöglichkeiten Für das bis dato nur geringe Gebrauchmachen von diesen konzernrechtlichen Aktionärsklagerechten962 werden insbesondere folgende Gründe genannt: die Aktionäre können nur Leistung an die Gesellschaft verlangen und ein entsprechender Vorteil kommt ihnen allenfalls mittelbar zugute,963 den hohen Beweisanfor957 Emmerich/Habersack-Emmerich, Konzernrecht, § 309 Rn. 50, m.w. N.; MüKoAltmeppen, AktG, § 309 Rn. 125, m.w. N.; GK-Hirte, AktG, § 309, Rn. 43; Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 336 f. (allgemein zur abgeleiteten Aktionärsklage); vgl. auch – allgemein zur actio pro socio – Verse, in: FS Schneider, S. 1325, 1332 f.; a. A. Bork, ZIP 2005, 65 (zur Aktionärsklage gemäß § 148 AktG). 958 Siehe nur Bork, ZIP 2005, 65 (zur Aktionärsklage gemäß § 148 AktG); anders dagegen Kantzas, Weisungsrecht, S. 179, Emmerich/Habersack-Emmerich, Konzernrecht, § 309 Rn. 50, MüKo-Altmeppen, AktG, § 309 Rn. 125, jeweils m.w. N. 959 GK-Hirte, AktG, § 309, Rn. 43. Insoweit entfällt das Rechtsschutzinteresse für die Aktionärsklage; Regierungsbegründung UMAG, S. 23 (zur Aktionärsklage gemäß § 148 AktG); vgl. auch die Regelung des § 148 Abs. 3 S. 1 AktG für die allgemeine abgeleitete Aktionärsklage; vgl. auch OLG München, NZG 2010, 1392 f. (HVB/UniCredito, zur entsprechenden Anwendbarkeit des § 148 Abs. 3 AktG auf die konzernrechtliche Aktionärsklage gemäß §§ 309 Abs. 4, 310 Abs. 4, 317 Abs. 4, 318 Abs. 4 AktG); zur Qualifikation als konzernrechtliche Aktionärsklage siehe Wirth, in: FS Hüffer, S. 1129, 1132 f., 1138. 960 Emmerich/Habersack-Emmerich, Konzernrecht, § 309 Rn. 50; vgl. auch MüKoAltmeppen, AktG, § 309 Rn. 125 (der allerdings von einer Klage aus eigenem Recht ausgeht), m.w. N.; vgl. auch Hüffer, AktG, § 309 Rn. 21a, zu den Kostenfolgen. Dies ergibt sich auch indirekt aus § 309 Abs. 4 S. 4 AktG, wonach die Bindungswirkung „nur“ gegenüber den Gläubigern ausgeschlossen wird. 961 Siehe zur Beiladung bereits Kapitel 2 D. III. 11. 962 Siehe hierzu bereits die Nachweise in Kap. 2, Fn. 938. 963 Siehe hierzu bereits Kapitel 1 B. V. 7. sowie speziell zum Konzernrecht Emmerich/Habersack-Emmerich, Konzernrecht, § 309 Rn. 2, 49; Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 300; Kropff, in: FS Bezzenberger, S. 233, 240.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

derungen im Prozess stehen Informationsdefizite gegenüber964 und die klagenden Aktionäre sind mit einem erheblichen Kostenrisiko belastet.965 a) Kein finanzieller Anreiz für die Kläger Wie bereits bei der allgemeinen Aktionärsklage nach § 148 AktG ausgeführt, ist das Fehlen positiver Anreize ein Aspekt der rationalen Apathie. Aus rechtspolitischen Gründen ist die Einführung finanzieller Anreize allerdings nicht wünschenswert.966 b) Hohe Beweisanforderungen und Informationsdefizite Ebenso wie bei der allgemeinen Aktionärsklage nach § 148 AktG sehen sich die Minderheitsaktionäre auch bei der konzernrechtlichen Aktionärsklage einerseits hohen Beweisanforderungen, andererseits aber auch Informationsdefiziten gegenüber. Da es für die konzernrechtliche Aktionärsklage nach § 309 Abs. 4 AktG kein gerichtliches Vorverfahren gibt, tragen die Aktionäre gleich die volle Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Voraussetzungen.967 Entscheidende Bedeutung kommt damit auch im Bereich der konzernrechtlichen Aktionärsklage nach § 309 AktG den im dritten Kapitel näher beleuchteten Informationsmöglichkeiten zu. c) Prozesskostenrisiko und Lösungsmöglichkeiten Das Prozesskostenrisiko wird als einer der Hauptgründe für die praktische Bedeutungslosigkeit der Aktionärsklage gemäß § 309 AktG gesehen. Der klagende Aktionär macht als Prozessstandschafter ein fremdes Recht in eigenem Namen geltend und trägt damit als Prozesspartei968 mangels einer aktienrechtlichen oder zivilprozessualen Sonderregelung das gesamte Prozesskostenrisiko gemäß §§ 91 ff. ZPO.969 Die Kosten sind grundsätzlich nach den allgemei964 Zu den Beweisanforderungen und Beweiserleichterungen siehe bereits Kapitel 1 C. I. 4. d), Kapitel 1 C. II. 1., Kapitel 1 C. II. 2.; siehe hierzu auch Kropff, in: FS Bezzenberger, S. 233, 237 ff. Auf die Informationsmöglichkeiten der Aktionäre wird in Kapitel 3 eingegangen. 965 Siehe nur Kropff, in: FS Bezzenberger, S. 233, 240 f.; Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 300; Trescher, DB 1995, 661, 664; Emmerich/Habersack-Emmerich, Konzernrecht, § 309 Rn. 2, 48, 49a; Fischbach, Haftung, S. 144, 187. 966 Siehe hierzu bereits Kapitel 2 E. V. 2. 967 Zu möglichen Darlegungs- und Beweiserleichterungen siehe bereits Kapitel 1 C. II. 968 Allgemein zur Rechtsstellung des Prozessstandschafters siehe Zöller-Vorkommer, ZPO, Vor § 50 Rn. 33. 969 Planck, Aktionärsklagen, S. 135.

F. Konzernrechtliche Besonderheiten

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nen Streitwert- und Kostenvorschriften der §§ 3 ff. ZPO und § 48 GKG zu berechnen. Im Falle hoher Schadenersatzansprüche ist mit erheblichen Kosten zu rechnen. Der klagende Aktionär ist, soweit ihm keine Prozesskostenhilfe gewährt wurde,970 zur Entrichtung der gemäß § 12 Abs. 1 GKG zu leistenden Kostenvorschüsse verpflichtet.971 Im Falle des Unterliegens trägt er alle Kosten, ohne hierfür von der Gesellschaft Ersatz verlangen zu können.972 Dass dieses unkalkulierbare Kostenrisiko wohl die allermeisten „rational denkenden“ Aktionäre973 von der Geltendmachung eines Ersatzanspruchs der Gesellschaft gemäß §§ 310, 318, 309 Abs. 4 AktG abhält, liegt auf der Hand. Sie können einerseits nur Leistung an die Gesellschaft verlangen und profitieren daher bei einer erfolgreichen Haftungsklage allenfalls mittelbar, tragen aber andererseits im Unterliegensfall ersatzlos alle Kosten. Zwar führt der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung für das Aktiengesetz 1965 aus, ein Missbrauch des Klagerechts sei gerade deshalb nicht zu befürchten, weil der klagende Aktionär das Kostenrisiko trage.974 Die von ihm letztlich getroffene Kostenverteilung bzw. das Fehlen einer solchen speziellen Kostenverteilungsregelung hat aber letztlich dazu geführt, dass nicht nur Missbräuche, sondern de facto sämtliche Klagen verhindert wurden und die Aktionäre von ihrem Klagerecht bislang fast keinen Gebrauch gemacht haben.975 Außerhalb des Konzernrechts hat der Gesetzgeber angesichts der zahlreichen Kritik inzwischen reagiert und die ganz überwiegend als prohibitiv empfundene Kostenregelung des § 147 Abs. 4 AktG 1998 abgeschafft und durch eine angemessenere Kostenregelung in § 148 Abs. 6 AktG ersetzt.976 Eine Reformierung der Kostenverteilung für die konzernrechtliche Aktionärsklage gemäß § 309 Abs. 4 AktG ist dagegen bedauerlicherweise bislang unterblieben. 970 Siehe hierzu bereits Kapitel 2 D. VI. 3. b) sowie Planck, Aktionärsklagen, S. 211 f. 971 Planck, Aktionärsklagen, S. 135. 972 Allgemeine Ansicht; siehe nur MüKo-Altmeppen, AktG, § 309, Rn. 126, Großfeld, Aktiengesellschaft, S. 221, Planck, Aktionärsklagen, S. 135, jeweils m.w. N. MüKo-Altmeppen, AktG, § 317 Rn. 62, will dem klagenden Aktionär dagegen im Obsiegensfall, in dem die Erlangung der Kosten von dem Prozessgegner nicht möglich ist, einen Aufwendungsersatzanspruch gegen die Gesellschaft nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß § 683 BGB gewähren; im Falle des Unterliegens muss ein solcher Anspruch jedoch ausscheiden. Andernfalls würde die gesetzgeberische Intention verkannt, die in dem Kostenrisiko einen Schutz gegen missbräuchliche Klagen sieht; siehe hierzu MüKo-Altmeppen, AktG, § 317 Rn. 62; Regierungsbegründung 1965, Kropff, Aktiengesetz, S. 405; i. E. auch Mertens, AcP 168 (1968), 225, 227 (mit Verweis auf § 147 Abs. 4 AktG 1965). 973 Zur rationalen Apathie siehe bereits Kapitel 1 B. V. 7. 974 Regierungsbegründung 1965, Kropff, Aktiengesetz, S. 405. 975 KK-Koppensteiner, AktG, § 309 Rn. 47; Trescher, DB 1995, 661, 664; ähnlich auch Kropff, in: FS Bezzenberger, S. 233, 240. 976 Siehe hierzu bereits Kapitel 1 B. VI.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

aa) Übertragung des Kostenerstattungsanspruchs des § 148 Abs. 6 S. 5 AktG Um diesen Missstand zu beheben, käme eine entsprechende Anwendung der für das Aktionärsklageverfahren gemäß § 148 AktG in § 148 Abs. 6 S. 5 AktG getroffenen Regelung in Betracht. Diese sieht für den Fall des Unterliegens grundsätzlich, von Missbrauchsfällen abgesehen, einen Kostenerstattungsanspruch gegen die Gesellschaft vor. Im Hinblick auf Missbrauchsgefahren verbietet sich jedoch eine entsprechende Anwendung dieses Kostenersatzanspruchs auf die konzernrechtliche Aktionärsklage nach § 309 AktG.977 Anders als bei der allgemeinen Aktionärsklage gemäß § 148 AktG existiert für die Aktionärsklage gemäß §§ 310, 318, 309 Abs. 4 AktG kein vorgeschaltetes Klagezulassungsverfahren. Diesem kommt die Funktion zu, aussichtslose oder missbräuchliche Klagen von vornherein auszusieben.978 Gemäß § 309 Abs. 4 AktG können Aktionäre ohne ein entsprechendes Vorverfahren und ohne an eine Beteiligungsschwelle gebunden zu sein, sofort Klage erheben. Diese kann auch entweder in missbräuchlicher, erpresserischer Absicht erhoben werden oder zwar bona fide, aber, da unzulässig oder unbegründet, von vornherein aussichtslos sein. Die Gesellschaft in diesen Fällen mit einem Erstattungsanspruch in entsprechender Anwendung des § 148 Abs. 6 S. 5 AktG analog belasten zu wollen, ohne gleichzeitig einen „Missbrauchs- und Plausibilitätsfilter“ vorzuschalten, ist nicht im Sinne der gesetzgeberischen Intention.979 Eine entsprechende Anwendung des Kostenerstattungsanspruchs gemäß § 148 Abs. 6 S. 5 AktG muss daher unterbleiben.980

977 Vgl. hierzu Regierungsbegründung 1965, Kropff, Aktiengesetz, S. 405. So hatte der Gesetzgeber bei Einführung der konzernrechtlichen Aktionärsklage gemäß § 309 Abs. 4 AktG explizit ausgeführt, dass ein Missbrauch des Klagerechts nicht befürchtet werden müsse, wenn der klagende Aktionär das Kostenrisiko trage. 978 Regierungsbegründung UMAG, S. 20. 979 Auch der Ausschluss des Erstattungsanspruchs i. S. v. § 148 Abs. 6 S. 5 AktG bei vorsätzlich oder grob fahrlässig falschem Vortrag reicht nicht aus. Zum einen ist ein solches Verhalten schwer nachweisbar, und zum anderen greift dieser Ausschluss nicht bei Klagen, die nicht auf unrichtigem Vortrag beruhen, aber trotzdem von vornherein aussichtslos sind. 980 So auch Lönner, actio pro socio, S. 122 f., der allerdings de lege ferenda für eine Ersetzung der konzernrechtlichen Einzelklagebefugnisse durch einen Verweis auf § 148 AktG plädiert. A. A. dagegen Weber, Aktionärsklage, S. 262 ff., der allerdings von einer weitgehenden Anwendbarkeit der Regelungen des § 148 AktG auf die konzernrechtliche Aktionärsklage gemäß § 309 AktG ausgeht. Für eine modifizierende Erstreckung des § 148 Abs. 6 S. 5 AktG auf § 309 AktG in Einzelfällen wohl auch Hüffer, AktG, § 309 Rn. 21; für eine analoge Anwendung des § 148 Abs. 5 S. 5, 6 AktG wohl auch Schmidt/Lutter-Langenbucher, AktG, § 309 Rn. 33.

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bb) Streitwertspaltung analog § 247 Abs. 2 AktG? Ist eine entsprechende Anwendung des Kostenerstattungsanspruchs gemäß § 148 Abs. 6 S. 5 AktG nicht möglich, stellt sich die Frage, wie das Kostenrisiko der klagenden Aktionäre auf andere Weise zumindest reduziert werden kann. Die überwiegende Meinung981 in der Literatur fordert hierzu zu Recht die analoge Anwendung des § 247 AktG und insbesondere der in § 247 Abs. 2 AktG für die Anfechtungsklage angeordneten Regelung über die Streitwertspaltung.982 Diese Regelung ermöglicht es dem Prozessgericht, den Gebührenstreitwert zugunsten derjenigen Partei herabzusetzen,983 deren wirtschaftliche Lage durch Belastung mit den sich bei Zugrundelegung des Regelstreitwerts ergebenden „normalen“ Prozesskosten erheblich gefährdet würde.984 Hiergegen könnte sprechen, dass der Gesetzgeber nur deswegen ein Einzelklagerecht geschaffen hat, weil ein Missbrauch wegen des Kostenrisikos nicht befürchtet werden müsse.985 Hieraus zu folgern, dass den Aktionär stets das Kostenrisiko in voller Höhe treffen muss, vermag jedoch nicht zu überzeugen.986 Durch die analoge Anwendung des § 247 Abs. 2 AktG lässt sich das Prozesskostenrisiko in vielen Fällen zumindest vermindern und dadurch die Funktionsfähigkeit der konzernrechtlichen Aktionärsklage steigern.987 Andererseits bleibt der klagende Aktionär auch bei analoger Anwendung des § 247 Abs. 2 AktG mit 981 Siehe nur Emmerich/Habersack-Emmerich, Konzernrecht, § 309 Rn. 2, 49a; Emmerich/Habersack-Habersack, Konzernrecht, § 317 Rn. 3, 27; KK-Koppensteiner AktG, § 309 Rn. 47 ff., § 317 Rn. 37, § 318 Rn. 11; Spindler/Stilz-Veil, AktG, § 309 Rn. 35; MüKo-Altmeppen, AktG, § 309 Rn. 126 ff.; § 317 Rn. 59 ff., § 318 Rn. 18; Kropff, in: FS Bezzenberger, S. 233, 241 ff.; Kantzas, Weisungsrecht, S. 176; umfassend zum Meinungsstreit auch MüKo-Altmeppen, AktG, § 317 Rn. 58 ff., m.w. N. (in Fn. 54–56); Fischbach, Haftung, S. 144 f., 187. 982 Kropff, in: FS Bezzenberger, S. 233, 241, hält die Regelung des § 247 Abs. 1 AktG, die die Bestimmung des Streitwerts nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung aller Umstände, einschließlich der Bedeutung der Sache für die Parteien ermöglicht, für nicht sehr bedeutungsvoll, da man über die Anwendung der Generalklausel des § 3 ZPO, der die Wertfestsetzung nach freiem gerichtlichen Ermessen ermöglicht, ebenfalls zu entsprechenden Ergebnissen gelangen könne; so wohl auch Hüffer, AktG, §§ 309 Rn. 22, 317 Rn. 16; AK-Peres, AktG, § 309 Rn. 31; kritisch zum Rückgriff auf die Generalklausel des § 3 ZPO dagegen Planck, Aktionärsklagen, S. 213; Kritik auch bei Mertens, AcP 168 (1968), 225, 227: „nicht unbedenklich (. . .)“; sowie bei Banerjea, Gesellschafterklage, S. 232: „nicht analogiefähige Ausnahmeregelung“ für die Anfechtungsklage. 983 Zu Inhalt, Voraussetzung und Folgen der Streitwertspaltung siehe nur Hüffer, AktG, § 247 Rn. 11 ff., m.w. N. 984 Zur erheblichen Gefährdung i. S. d. § 247 Abs. 2 AktG siehe Hüffer, AktG, § 247 Rn. 13, m.w. N. 985 Spindler/Stilz-Veil, AktG, § 309 Rn. 35; Regierungsbegründung 1965, Kropff, Aktiengesetz, S. 405. 986 Spindler/Stilz-Veil, AktG, § 309 Rn. 35. 987 MüKo-Altmeppen, AktG, § 317 Rn. 61.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

dem vollen Kostenrisiko belastet, lediglich das Ausmaß der potentiellen Kostenlast wird entsprechend seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit reduziert.988 Dies bietet ausreichenden Schutz gegen die vom Gesetzgeber angeführten Missbrauchsgefahren,989 zumal der Antrag auf Streitwertspaltung bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit oder mutwilliger Klage abgelehnt werden kann.990 Die entsprechende Anwendung des § 247 AktG reicht alleine jedoch nicht aus, um der konzernrechtlichen Aktionärsklage zu der ihr zugedachten Bedeutung zu verhelfen.991 Oftmals wird es, insbesondere bei vermögenden privaten Klägern oder bei institutionellen Investoren bzw. klagenden juristischen Personen, an dem Merkmal der erheblichen Gefährdung der wirtschaftlichen Lage fehlen992 und daher bei einem hohen Streitwert bleiben. Ein bis an dieses Limit gehendes Prozesskostenrisiko ist aber für eine in Prozessstandschaft geführte Klage, in der ein Ersatzanspruch der Gesellschaft geltend gemacht wird und nur Leistung an diese gefordert werden kann, zu hoch.993 Auch für „durchschnittlich vermögende“ Aktionäre mit geringem Anteilsbesitz wird eine Herabsetzung des Streitwerts nichts daran ändern, dass das Prozesskostenrisiko in keinem Verhältnis zu dem Wert ihres Aktienbesitzes oder einem gegebenenfalls eintretenden Wertzuwachs steht994 und diese oftmals von der Geltendmachung der Ersatzansprüche abhalten, zumal es nur schwer vorhersehbar sein wird, ob überhaupt und wenn ja, auf welchen Wert das Gericht den Streitwert herabsetzen wird.995 cc) Verbleibende Risiken; Reformvorschläge Wie aufgezeigt, kann die analoge Anwendung der Regelung über die Streitwertspaltung gemäß § 247 Abs. 2 AktG das Kostenrisiko zwar in vielen Fällen reduzieren, dies alleine reicht wegen der verbleibenden Kostenrisiken für eine Durchbrechung der rationalen Apathie der Aktionäre aber nicht aus. De lege ferenda wäre eine gesetzgeberische Regelung wünschenswert, die außenstehende Aktionäre motiviert, die Ersatzansprüche gemäß §§ 310, 318, 309 Abs. 4 988

Spindler/Stilz-Veil, AktG, §§ 309 Rn. 35. Regierungsbegründung 1965, Kropff, Aktiengesetz, S. 405. 990 Spindler/Stilz-Veil, AktG, §§ 309 Rn. 35, 247 Rn. 19. 991 Müller, Der Konzern 2006, 725, 727. 992 Ähnlich Bachmann, AG 2012, 565, 576; zum Begriff der erheblichen Gefährdung der wirtschaftlichen Lage siehe bereits Kap. 2, Fn. 984. 993 Kropff, in: FS Bezzenberger, S. 233, 243; MüKo-Altmeppen, AktG, § 317 Rn. 61; KK-Koppensteiner, AktG, § 317 Rn. 37 (Fn. 104); ähnlich auch Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 337 f.; Müller, Der Konzern 2006, 725, 727; Trescher, DB 1995, 661, 664; wohl auch Banerjea, Gesellschafterklage, S. 232. 994 Planck, Aktionärsklagen, S. 215. 995 Zur Frage der Unsicherheit über die Höhe der Streitwertfest- und -herabsetzung auch Planck, Aktionärsklagen, S. 215, m.w. N.; Kropff, in: FS Bezzenberger, S. 233, 242 f.; ähnlich auch Fischbach, Haftung, S. 145. 989

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AktG996 auch tatsächlich geltend zu machen. Überlegenswert wäre beispielsweise, den Vorschlag von Großfeld997 aufzugreifen und ein gerichtliches Vorverfahren über die Kostentragung einzuführen oder ein, freilich nicht an einen bestimmten Mindestbesitz gekoppeltes, Klagezulassungsverfahren einzuführen, das ansonsten in Anlehnung an § 148 Abs. 1 AktG ausgestaltet werden könnte998 und ein überschaubares Kostenrisiko für die Aktionäre im Falle der Abweisung des Zulassungsantrags enthalten muss. Dadurch würde sichergestellt, dass einerseits die Gesellschaft nicht mit Kosten für missbräuchliche oder von vornherein aussichtslose Klagen belastet würde, andererseits aber nach Klagezulassung grundsätzlich ein Erstattungsanspruch der klagenden Aktionäre gegen die Gesellschaft besteht. Hierdurch würde der Tatsache Rechnung getragen, dass die Aktionäre einen Anspruch der Gesellschaft einklagen und die Ersatzleistung an die Gesellschaft zu entrichten ist, also dieser zugute kommt.999 In diesem Fall wäre es konsequent, der Gesellschaft nicht nur den Klageerfolg zuzusprechen, sondern sie auch mit dem Kostenrisiko der Klageabweisung zu belegen.1000

II. Einbeziehung konzernrechtlicher Schadenersatzansprüche in das Geltendmachungssystem der §§ 147 ff. AktG Sieht man die speziellen konzernrechtlichen Ansprüche der abhängigen Gesellschaft gegen ihre Verwaltungsmitglieder aus §§ 310, 318 AktG als Ersatzansprüche i. S. v. § 147 Abs. 1 S. 1 AktG an, wäre das Geltendmachungserzwingungsverfahren gemäß § 147 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 AktG und gegebenenfalls auch

996 Entsprechendes gilt selbstverständlich auch für die hier nicht behandelten Klagen gemäß §§ 309, 317 AktG gegen die gesetzlichen Vertreter des herrschenden Unternehmens bzw. (bei § 317 AktG) auch gegen das herrschende Unternehmen selbst. 997 Großfeld, Aktiengesellschaft, S. 306 ff. 998 Durch eine § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG entsprechende Regelung könnten missbräuchliche Klagen von vornherein ausgeschlossen werden; anders dagegen die derzeitige Regelung, die eine Klage auch dann ermöglicht, wenn der Aktionär den Anspruch bei Erwerb der Aktien kannte; MüKo-Altmeppen, AktG, § 317 Rn. 54, m.w. N. Auch die Regelungen des § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und Nr. 4 AktG sollten übernommen werden. Wünschenswert wäre allerdings eine Abweichung von § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG, der eine qualifizierte Pflichtverletzung fordert, um einen Gleichklang mit der jetzigen Durchsetzungsmöglichkeit auch nur einfacher Pflichtverletzungen zu erreichen und um der besonderen Gefährdungslage der Schädigung der Gesellschaft, insbesondere im faktischen Konzern, Rechnung zu tragen. 999 Ähnlich auch Kakies, Schutz der Minderheitsaktionäre, S. 91 f. (ohne Vorschlag eines Klagezulassungsverfahrens), die den klagenden Aktionär von dem gesamten Kostenrisiko befreien will, es sei denn, die Klageerhebung wäre rechtsmißbräuchlich oder von Anfang an aussichtslos gewesen. 1000 Ulmer, ZHR 163 (1999), 290, 338, für die Einführung des Klagezulassungsverfahrens bei der allgemeinen Aktionärsklage mit weiteren Literaturangaben in Fn. 184; vgl. auch Emmerich/Habersack-Emmerich, Konzernrecht, § 317 Rn. 3; so auch bereits Kakies, Schutz der Minderheitsaktionäre, S. 92.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

das Aktionärsklageverfahren gemäß § 148 AktG für diese Ansprüche eröffnet. Sieht man dagegen die konzernrechtlichen Einzelklagebefugnisse der §§ 310, 318 AktG, i.V. m. § 309 Abs. 4 S. 1, 2 AktG als leges speciales an, wäre Aktionären dieser Weg versperrt. Praktische Relevanz hat diese Frage insbesondere wegen der unterschiedlichen Kostenfolgen gemäß § 309 Abs. 4 AktG einerseits und §§ 147, 148 AktG andererseits.1001 1. Erzwingung der Geltendmachung durch die Hauptversammlung gemäß § 147 Abs. 1 S. 1 AktG und Bestellung besonderer Vertreter gemäß § 147 Abs. 2 AktG § 147 Abs. 1 AktG setzt einen mit einfacher Stimmenmehrheit zu fassenden Beschluss der Hauptversammlung voraus.1002 Sowohl im Vertragskonzern als auch im faktischen Konzern könnte das herrschende Unternehmen praktisch stets mit seiner Stimmenmehrheit einen entsprechenden Hauptversammlungsbeschluss verhindern und damit das Geltendmachungserzwingungsrecht des § 147 Abs. 1 S. 1 AktG von vornherein zur Bedeutungslosigkeit verurteilen.1003 Daher ist zunächst zu klären, ob das herrschende Unternehmen mit seiner Stimmenmehrheit einen entsprechenden Hauptversammlungsbeschluss verhindern kann oder ob es insoweit einem Stimmverbot nach § 136 Abs. 1 S. 1 AktG unterliegt. a) Vorfrage: Stimmverbot für das herrschende Unternehmen gemäß § 136 Abs. 1 S. 1 AktG § 136 Abs. 1 S. 1 3. Fall AktG unterwirft einen Aktionär dann einem Stimmverbot, wenn darüber Beschluss gefasst wird, ob die Gesellschaft gegen ihn einen Anspruch geltend machen soll.1004 Soweit über die Geltendmachung eines Anspruchs gegen das herrschende Unternehmen selbst, etwa wegen pflichtwidriger Verletzung des Beherrschungsvertrags1005 oder im faktischen Konzern gemäß § 317 Abs. 1 AktG, Beschluss gefasst werden soll, greift das Stimmverbot des § 136 Abs. 1 S. 1 3. Fall AktG direkt ein. Es stellt sich jedoch die Frage, ob das herrschende Unternehmen auch bei einer Beschlussfassung über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen der 1001

Siehe hierzu bereits Kapitel 2 D. VI. und Kapitel 2 C. III. 2. Siehe hierzu bereits Kapitel 2 B. Entsprechendes gilt für die Bestellung besonderer Vertreter durch die Hauptversammlung gemäß § 147 Abs. 2 S. 1 AktG. 1003 Kropff, in: FS Bezzenberger, S. 233, 248. 1004 Um Umgehungen dieser Vorschrift zu vermeiden, darf nach § 136 Abs. 1 S. 2 AktG das Stimmrecht für Aktien, an denen der Aktionär nach § 136 Abs. 1 S. 1 AktG einem Stimmverbot unterliegt, auch nicht durch einen anderen ausgeübt werden. 1005 Siehe hierzu, auch zur Frage der Anspruchsgrundlage, nur MüKo-Altmeppen, AktG, § 309 Rn. 136 ff., Emmerich/Habersack-Emmerich, Konzernrecht, § 309 Rn. 21, jeweils m.w. N. 1002

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abhängigen Gesellschaft gegen ihre eigenen Verwaltungsmitglieder gemäß §§ 310, 318 AktG diesem Stimmverbot unterliegt. Nur in diesem Fall kann dem Geltendmachungserzwingungsrecht des § 147 Abs. 1 S. 1 AktG überhaupt praktische Relevanz zukommen. Der Wortlaut des § 136 Abs. 1 S. 1 AktG erfasst diesen Fall nicht. In Ausnahmefällen ist die analoge Ausweitung der in § 136 Abs. 1 S. 1 AktG genannten Stimmverbote allerdings zulässig.1006 Kropff1007 tritt hinsichtlich der Ersatzansprüche der Gesellschaft gegen ihre Verwaltungsmitglieder im faktischen Konzern gemäß § 318 AktG1008 überzeugend für ein Stimmverbot des herrschenden Unternehmens entsprechend § 136 Abs. 1 S. 1 AktG ein. Das herrschende Unternehmen unterliegt nach Kropff 1009 jedenfalls dann einem Stimmverbot, wenn von einem Ausgleichsanspruch des verklagten Organmitglieds gegen das herrschende Unternehmen gemäß § 426 BGB auszugehen sei. In diesem Fall betreffe der Beschluss de facto doch die Geltendmachung eines Ersatzanspruchs gegen das herrschende Unternehmen. Dem ist unter Berücksichtigung des Sinn und Zwecks des in § 136 Abs. 1 S. 1 AktG niedergelegten Stimmverbots, ein Durchschlagen gesellschaftsfremder Sonderinteressen einzelner Aktionäre auf die Willensbildung der Gesellschaft zu vermeiden,1010 zuzustimmen. Die Gefahr des Durchschlagens gesellschaftsfremder Sonderinteressen besteht sowohl bei einer Beschlussfassung einer direkten Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen das herrschende Unternehmen gemäß § 317 AktG,1011 als auch bei einer Beschlussfassung über die Geltendmachung eines Ersatzanspruchs gemäß § 318 AktG gegen die Verwaltungsmitglieder der abhängigen Gesellschaft, welcher wiederum das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des § 317 AktG und damit die Ersatzpflicht des herrschenden Unternehmens voraussetzt.1012 In diesem Fall muss mit der Geltendmachung von Ausgleichsansprüchen gemäß § 426 BGB seitens des in Anspruch genommenen Organmitglieds gerechnet werden. Daher unterliegt das herrschende Unternehmen in diesem Fall einem Stimmverbot.1013 1006 1007

MüKo-Schröer, AktG, § 136 Rn. 19, Hüffer, AktG, § 136 Rn. 18, jeweils m.w. N. MüKo-Kropff, AktG, 2. Aufl., § 318 Rn. 18; ders., in: FS Bezzenberger, S. 233,

251. 1008 Gleiches gilt für die Ansprüche gemäß §§ 93, 116 AktG wegen abhängigkeitsrelevanten Handelns im faktischen Konzern. Siehe hierzu bereits Kapitel 1 C. II. 2. 1009 MüKo-Kropff, AktG, 2. Aufl., § 318 Rn. 18; ders., in: FS Bezzenberger, S. 233, 251; so auch MüKo-Altmeppen, AktG, § 318 Rn. 17. 1010 so bereits RGZ 60, 172 f.; Hüffer, AktG, § 136 Rn. 1, 8; m.w. N. 1011 In diesem Fall greift das Stimmverbot des § 136 Abs. 1 S. 1 3. Fall AktG direkt ein. 1012 KK-Koppensteiner, AktG, § 318 Rn. 4; Emmerich/Habersack-Emmerich, Konzernrecht, § 318 Rn. 4; zur Ersatzpflicht des § 318 AktG siehe bereits Kapitel 1 C. II. 2. 1013 MüKo-Kropff, AktG, 2. Aufl., § 318 Rn. 18; ders., in: FS Bezzenberger, S. 233, 251. So im Ergebnis auch BGH, BGHZ 97, 28, 33 f. (zur GmbH) zur Abstimmung über die Geltendmachung eines Ersatzanspruchs bei gemeinsam begangener Pflichtverlet-

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

Gleiches muss für die Ersatzansprüche der Gesellschaft im Vertragskonzern gemäß § 310 AktG gelten. Zwar ist für diese Ansprüche ein Gesamtschuldverhältnis nur mit den nach § 309 AktG ersatzpflichtigen gesetzlichen Vertretern des herrschenden Unternehmens gesetzlich angeordnet, allerdings ist allgemein anerkannt, dass auch das herrschende Unternehmen selbst der Gesellschaft gegenüber zum Schadenersatz verpflichtet ist, wenn die Voraussetzungen des § 309 AktG vorliegen.1014 In diesen Fällen besteht auch ein Gesamtschuldverhältnis zwischen dem herrschenden Unternehmen und seinen gesetzlichen Vertretern.1015 Vieles spricht dafür, auch zwischen dem herrschenden Unternehmen und den Vertretern der abhängigen Gesellschaft ein solches Gesamtschuldverhältnis anzunehmen,1016 aus dem dann ein entsprechendes Stimmverbot resultiert. Aber auch wenn man ein Gesamtschuldverhältnis verneint, kann aus dem Normzeck des § 136 Abs. 1 S. 1 AktG ein Stimmverbot abgeleitet werden. Nach ständiger Rechtsprechung bezweckt das Stimmverbot die „Neutralisierung von Sonderinteressen der Aktionäre, die ihrer Art nach typischerweise dazu führen würden, dass sich die Stimmabgabe (. . .) nicht am Gesellschaftsinteresse, sondern an den Eigeninteressen des Abstimmenden orientier(t)“.1017 Dieser Normzweck ist, wie das OLG München ausführt, auch dann einschlägig, wenn „wegen desselben Sachverhalts Ansprüche nicht nur gegen den Aktionär, sondern auch gegen Vorstand und Aufsichtsrat im Raum stehen.“ 1018 Auch in diesem Fall liegt es, unabhängig vom Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses nahe, „dass der Aktionär im Eigeninteresse die Inanspruchnahme des Vorstands und/oder Aufsichtsrats blockiert, weil sich mit der Durchsetzung solcher Ansprüche, etwa aufgrund der im Rahmen eines Rechtsstreits gewonnenen Erkenntnisse, mittelbar auch seine Rechtsposition verschlechter(t)“.1019 zung; ferner auch Mertens, in: FS Fleck, S. 209, 215, für den Fall des Stimmverbots bei der Entscheidung über einen Verzicht oder Vergleich gemäß § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG; Weber, Aktionärsklage, S. 119, 141; enger dagegen Nietsch, ZGR 2011, 589, 604. A. A. dagegen GK-Hopt, AktG, § 93 Rn. 355 f.; unklar MüKo-Spindler, AktG, § 93 Rn. 222. 1014 Allg. Meinung; siehe hierzu bereits Kap. 2, Fn. 932. 1015 MüKo-Altmeppen, AktG, § 309 Rn. 152. 1016 Zu den Voraussetzungen der gesamtschuldnerischen Haftung siehe allgemein Palandt-Grüneberg, BGB, § 421 Rn. 1 ff. 1017 OLG München, ZIP 2008, 73 f. (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren); siehe auch Hüffer, AktG, § 136 Rn. 1, m.w. N. 1018 OLG München, ZIP 2008, 73 f. (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren). 1019 So explizit OLG München, ZIP 2008, 73 f. (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren); ihm folgend Winnen, Innenhaftung, S. 299; OLG München, ZIP 2008, 1916, 1918 f. (HVB/UniCredito, Anfechtungsverfahren) jeweils zu Ersatzansprüchen nach §§ 317, 318 AktG, allerdings zu dem Fall, dass die Abstimmung über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen den Vorstand und Aufsichtsrat der abhängigen Gesellschaft und gegen die Mehrheitsaktionärin in einem Abstimmungsvorgang erfolgte; a. A. für den Fall getrennter Abstimmung dagegen Bungert, in: Handbuch Managerhaftung, S. 363, 383; Hüffer, ZHR 174 (2010), 642, 650; enger dagegen auch Nietsch, ZGR 2011, 589, 604.

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Auch der Gedanke des Missbrauchsschutzes gibt keinen Anlass zu einer anderweitigen Beurteilung. Zwar können nach § 147 Abs. 1 S. 1 AktG wegen des Stimmverbots des herrschenden Unternehmens nach § 136 Abs. 1 S. 1 AktG unter Umständen Aktionäre, deren Anteile nur einen ganz geringen Teil des Grundkapitals repräsentieren, mit ihren Stimmen über die Geltendmachung des Ersatzanspruchs bestimmen.1020 Hält jedoch der Vorstand der abhängigen Gesellschaft einen solchen Beschluss für rechtsmissbräuchlich, kann – und muss – er ihn gemäß § 245 Nr. 4 AktG anfechten.1021 Außenstehenden Aktionären, die einen Hauptversammlungsbeschluss nach § 147 Abs. 1 S. 1 AktG rechtsmissbräuchlich herbeigeführt haben, droht zudem eine Schadenersatzpflicht gemäß § 826 BGB.1022 Ein Stimmverbot des herrschenden Unternehmens gemäß § 136 Abs. 1 S. 1 AktG ist damit sowohl im faktischen Konzern als auch im Vertragskonzern zu bejahen. Das OLG München hat in seiner HVB/UniCredio-Entscheidung1023 ein Stimmverbot jedenfalls dann angenommen, wenn über die Ansprüche gegen das herrschende Unternehmen und gegen Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats in einem gemeinsamen Abstimmungsvorgang entschieden wird. Minderheitsaktionäre, die ein Stimmverbot des Mehrheitsaktionärs herbeiführen wollen, werden daher in der Praxis eine Abstimmung in einem Abstimmungsvorgang beantragen.1024 b) Anwendbarkeit des Geltendmachungserzwingungsrechts des § 147 Abs. 1 S. 1 AktG für konzernrechtliche Ersatzansprüche Die Frage, ob die mit der konzernrechtlichen Aktionärsklage gemäß § 309 AktG geltend zu machenden konzernrechtlichen Ersatzansprüche gleichzeitig Ersatzansprüche i. S. v. § 147 AktG sind und damit das Geltendmachungserzwingungsrecht gemäß § 147 Abs. 1 S. 1 AktG auf konzernrechtliche Ersatzansprüche anwendbar ist, ist für die Ansprüche der abhängigen Gesellschaft gegen das herrschende Unternehmen und dessen Organmitglieder seit jeher umstritten.1025 Für 1020 1021

Kropff, in: FS Bezzenberger, S. 233, 249. MüKo-Altmeppen, AktG, § 317 Rn. 71; Kropff, in: FS Bezzenberger, S. 233,

249. 1022

MüKo-Altmeppen, AktG, § 317 Rn. 71; Kropff, in: FS Bezzenberger, S. 233,

249. 1023

OLG München, ZIP 2008, 73 f. (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren). Siehe auch Hüffer, ZHR 174 (2010), 642, 649 f.; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 147 Rn. 42, 26 (näher zur Problematik der missbräuchlichen Behauptung von Ansprüchen gegen den Mehrheitsgesellschafter, um diesen einem Stimmverbot zu unterwerfen); kritisch zum „Ausweg Einzelabstimmung“ Nitsch, ZGR 2011, 589, 605 f. Vgl. zur Mißbrauchsgefahr auch Länderarbeitsgruppe „Managerverantwortlichkeit“, Begleitbericht S. 7 f. 1025 Für die Anwendung des § 147 AktG auf konzernrechtliche Ersatzansprüche (auch) gemäß §§ 309, 317 AktG: MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 18; MüKo-Altmeppen, 1024

272

Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

die im Rahmen dieser Arbeit alleine gegenständlichen konzernrechtlichen Ansprüche der abhängigen Gesellschaft gegen ihre „eigenen“ Organmitglieder aus §§ 310, 318 AktG ist die Anwendbarkeit des Geltendmachungserzwingungsrechts des § 147 Abs. 1 S. 1 AktG jedoch allgemein anerkannt.1026 Zwar werden diese Ersatzansprüche gemäß §§ 310, 318 AktG in § 147 Abs. 1 S. 1 AktG nicht explizit genannt, bei der Haftung der Verwaltungsmitglieder gegenüber ihrer abhängigen Gesellschaft gemäß §§ 310, 318 AktG handelt es sich jedoch um einen Teilbereich ihrer allgemeinen Haftung für die Geschäftsführung bzw. Überwachung.1027 Daher werden diese Ersatzansprüche vom Wortlaut „(. . .) Ersatzansprüche (. . .) aus der Geschäftsführung gegen die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats“ in § 147 Abs. 1 S. 1 AktG umfasst.1028 Außerdem ergibt sich AktG, § 309 Rn. 121, § 317 Rn. 70 ff.; GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 13; GKHirte, AktG, § 309 Rn. 41; Emmerich/Habersack-Habersack, Konzernrecht, § 317 Rn. 27; Kropff, in: FS Bezzenberger, S. 233, 244 ff. mit ausführlicher und häufig zitierter Begründung; Weber, Aktionärsklage, S. 139 f.; Fischbach, Haftung, S. 146 ff., 187, 285; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 147 Rn. 11; Spindler/Stilz-Veil, AktG, § 309 Rn. 34; Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 147 Rn. 4, § 148 Rn. 7; Müller, Der Konzern 2006, 725, 729 f.; Nietsch, ZGR 2011, 589, 598 f.; OLG München, ZIP 2008, 73, 75 (HVB/ UniCredito, Verfügungsverfahren mit ausführlicher Begründung); LG München I, ZIP 2007, 2420, 2424 ff. (HVB UniCredito, Anfechtungsverfahren, Vorinstanz); OLG München, ZIP 2008, 1916, 1918 f. (HVB/UniCredito, Anfechtungsverfahren, mit ausführlicher Begründung), jeweils zu den Ersatzansprüchen im faktischen Konzern gemäß §§ 317, 318 AktG; befürwortend auch Bernau, AG 2011, 894 ff. mit zahlreichen Nachweisen zum Meinungsstand (in Fn. 9 zur ablehnenden Ansicht und in Fn. 11 zu der Ansicht, die eine Einbeziehung konzernrechtlicher Ersatzansprüche in das Geltendmachungssystem des § 147 AktG befürwortet). Gegen die Anwendung des § 147 AktG auf konzernrechtliche Ersatzansprüche (auch) gemäß §§ 309, 317 AktG: Hüffer, AktG, § 309 Rn. 21, § 317 Rn. 16; KK-Koppensteiner, AktG, § 309 Rn. 45; Neuhaus, Organhaftung, S. 106 (für den Vertragskonzern zur Haftung der Verwaltungsmitglieder nach § 310 Abs. 4 AktG); ablehnend auch Kling, ZGR 2009, 190, 203, 206 (für die Geltendmachung durch einen besonderen Vertreter). 1026 Allgemeine Ansicht, siehe nur MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 18; MüKo-Altmeppen, AktG, § 318 Rn. 16, GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 13; Kropff, in: FS Bezzenberger, S. 233, 244 ff.; Weber, Aktionärsklage, S. 139 f.; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 147 Rn. 11; Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 147 Rn. 4, § 148 Rn. 7; Hüffer, AktG, § 309 Rn. 21; Kling, ZGR 2009, 190, 203 (für die Geltendmachung durch einen besonderen Vertreter); Bernau, AG 2011, 894, 900; OLG München, ZIP 2008, 73, 75 (HVB/ UniCredito, Verfügungsverfahren mit ausführlicher Begründung); LG München I, ZIP 2007, 2420, 2424 ff. (HVB UniCredito, Anfechtungsverfahren, Vorinstanz); OLG München, ZIP 2008, 1916, 1918 f. (HVB/UniCredito, Anfechtungsverfahren, mit ausführlicher Begründung), jeweils zu den Ersatzansprüchen im faktischen Konzern gemäß §§ 317, 318 AktG; a. A. dagegen Neuhaus, Organhaftung, S. 106 (für den Vertragskonzern zur Haftung der Verwaltungsmitglieder nach § 310 Abs. 4 AktG). 1027 MüKo-Kropff, AktG, 2. Aufl., § 317 Rn. 60; MüKo-Kropff, AktG, 2. Aufl., § 318 Rn. 16; ders., in: FS Bezzenberger, S. 233, 244 f.; Weber, Aktionärsklage, S. 139; Bernau, AG 2011, 894, 897; siehe auch OLG München, ZIP 2008, 1916, 1918 f. (HVB/ UniCredito, Anfechtungsverfahren). Zum Verhältnis von §§ 310, 318 AktG zu §§ 93, 116 AktG siehe Spindler/Stilz-Veil, AktG, § 310 Rn. 2; Schmidt/Lutter-Vetter, AktG, § 318 Rn. 14 ff. 1028 Zu Nachweisen siehe Kap. 2, Fn. 1027.

F. Konzernrechtliche Besonderheiten

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aus der Rechtsnatur der Verfolgungsrechte kein Spezialitätsverhältnis. Das einzige nach der UMAG-Reform verbliebene Geltendmachungserzwingungsrecht der Hauptversammlung gemäß § 147 Abs. 1 S. 1 AktG stellt gegenüber dem Einzelklagerecht gemäß § 309 Abs. 4 S. 1, 2 AktG ein aliud dar.1029 c) Zwischenergebnis und Wertung Auch für konzernrechtliche Ersatzansprüche i. S. v. § 309 AktG steht das Geltendmachungserzwingungsverfahren des § 147 AktG offen. Das herrschende Unternehmen unterliegt bei der Beschlussfassung einem Stimmverbot. Die Möglichkeit, die Geltendmachung von konzernrechtlichen Ersatzansprüchen durch die Hauptversammlung nach § 147 Abs. 1 S. 1 AktG zu verlangen, stellt wegen des bei einer anschließenden Klage durch die Gesellschaft von dieser zu tragenden Kostenrisikos grundsätzlich, je nach den Mehrheitsverhältnissen in der Hauptversammlung, eine Alternative zu der konzernrechtlichen Aktionärsklage gemäß § 309 Abs. 4 S. 1, 2 AktG dar.1030 Die Aktionäre haben dabei, anders als bei einer eigenen Klage nach § 309 Abs. 4 S. 1, 2 AktG, keinen Einfluss auf die Prozessführung der Gesellschaft. Für Zwergminoritäten besteht allerdings die in Kapitel 2 B. II. 1. näher dargestellte Problematik, dass ein entsprechender Geltendmachungserzwingungsbeschluss ordnungsgemäß bekannt gemacht sein muss.1031 In Fällen, in denen nicht bereits die Vorlage eines Sonderprüfungsberichts auf der Tagesordnung steht, der Antrag auf Beschlussfassung gemäß § 147 Abs. 1 S. 1 AktG aus anderen Gründen bekanntmachungsfrei ist oder die Verwaltungsorgane von sich aus den Beschlusspunkt auf die Tagesordnung setzen, müssen die Aktionäre zunächst einen Antrag auf Einberufung der Hauptversammlung oder auf Ergänzung der Tagesordnung stellen, wofür ein Quorum von 5% des Grundkapitals1032, bzw. für die Ergänzung der Tagesordnung, alternativ der anteilige Betrag von 500.000 EUR erreicht werden muss. In der Praxis werden diesem Vorgehen durch Minderheitsaktionäre daher nicht selten Grenzen gesetzt sein. 1029 Wiedemann, Organverantwortung, S. 49; Müller, Der Konzern 2006, 725, 729; Weber, Aktionärsklage, S. 142. 1030 Hierauf weisen auch OLG München, ZIP 2008, 73, 75 (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren) und OLG München, ZIP 2008, 1916, 1919 (HVB/UniCredito, Anfechtungsverfahren) hin. 1031 § 124 Abs. 1, 4 AktG. Siehe hierzu bereits Kapitel 2 B. II. 1.; sowie Kropff, in: FS Bezzenberger, S. 233, 249 (Fn. 79). 1032 Berechnungsgrundlage für das Quorum ist der zum Zeitpunkt des Minderheitsverlangens im Handelsregister eingetragene Nennbetrag des Grundkapitals; Stimmverbote spielen zur Berechnung der 5%-Schwelle keine Rolle; MüKo-Kubis, AktG, § 122, Rn. 3, 6, 29, m.w. N. Da bei der Berechnung dieses relativen Quorums die Aktien des herrschenden Unternehmens nicht von dem Grundkapital abzuziehen sind, dürfte diese Schwelle von außenstehenden Aktionären oft nur schwer erreichbar sein.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

2. Eröffnung des Aktionärsklageverfahrens gemäß § 148 AktG für konzernrechtliche Ersatzansprüche Es stellt sich die Frage, ob den Aktionären für die Durchsetzung der konzernrechtlichen Ersatzansprüche i. S. v. § 309 AktG auch das Aktionärsklageverfahren gemäß § 148 AktG offen steht. Auf den ersten Blick erscheint diese Möglichkeit neben der in § 309 AktG eingeräumten Einzelklagemöglichkeit bedeutungslos, stellt doch das Klagezulassungsverfahren des § 148 Abs. 1 AktG hohe Hürden auf. Andererseits bietet dieses Verfahren den Vorteil eines stark reduzierten Kostenrisikos.1033 Die Antragteller tragen, von Missbrauchsfällen abgesehen, gemäß § 148 Abs. 6 S. 1, 3, 5 AktG lediglich das Risiko der überschaubaren Prozesskosten des Klagezulassungsverfahrens und haben nach Zulassung der Klage grundsätzlich einen Kostenerstattungsanspruch gegenüber der Gesellschaft.1034 § 148 Abs. 1 S. 1 AktG verweist auf die in § 147 Abs. 1 S. 1 AktG bezeichneten Ersatzansprüche und damit scheinbar auch auf die Ersatzansprüche der abhängigen Gesellschaft gegen ihre Verwaltungsorgane gemäß §§ 310, 318 AktG. Es ist jedoch zu untersuchen, ob das zweistufig ausgestaltete Klagerecht des § 148 AktG nicht durch die konzernrechtliche Einzelklagebefugnis der §§ 310, 318, i.V. m. § 309 Abs. 4 AktG als leges speciales verdrängt wird. Während das Geltendmachungserzwingungsrecht der Hauptversammlung gemäß § 147 Abs. 1 AktG ein aliud zu dem Klagerecht des Aktionärs nach § 309 Abs. 4 darstellt,1035 ist diese Frage für das Verhältnis zwischen der in Prozessstandschaft zu führenden Klage nach § 148 AktG und der ebenfalls in Prozessstandschaft erfolgenden Klage nach § 309 Abs. 4 S. 1, 2 AktG schwieriger zu beantworten. Zwar sind beide Rechtsinstitute Aktionärsklagen, allerdings ist die Klage nach § 309 Abs. 4 S. 1, 2 AktG als Einzelklage ausgestaltet und die Aktionärsklage gemäß § 148 AktG als Minderheitsklagerecht mit einem vorgeschalteten Klagezulassungsverfahren ausgestattet. Letztlich kann nach Sinn und Zweck der konzernrechtlichen Sonderregelung des § 309 Abs. 4 S. 1, 2 AktG der Rückgriff auf die Aktionärsklage des § 148 AktG nicht versperrt sein. Der Gesetzgeber wollte anlässlich der Aktienrechtsreform 1965 einen über die damaligen Rechte des § 147 AktG hinausgehenden Schutz für die Aktionäre gewähren, nicht aber deren Verfolgungsrechte beschränken.1036 Auch das UMAG bezweckte die Erleichterung der Aktionärsverfol1033 Auf Kostenaspekte (im Rahmen des § 147 AktG) weisen auch OLG München, ZIP 2008, 73, 75 (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren) und OLG München, ZIP 2008, 1916, 1919 (HVB/UniCredito, Anfechtungsverfahren) hin. 1034 Siehe hierzu bereits Kapitel 2 D. VI. 3. 1035 Siehe bereits Kapitel 2 F. II. 1. b). 1036 Kropff, in: FS Bezzenberger, S. 233, 244, m.w. N. Ausgangspunkt war die Überlegung des Gesetzgebers, dass wegen des Einflusses des herrschenden Unternehmens der in § 147 Abs. 1 AktG 1998 verlangte Schwellenwert von 10% oft nicht erreicht wer-

F. Konzernrechtliche Besonderheiten

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gungsrechte.1037 Wenn die potentiellen Kläger das auch nach analoger Anwendung des § 247 Abs. 2 AktG verbleibende unkalkulierbare Kostenrisiko der Aktionärsklage gemäß § 309 Abs. 4 AktG scheuen und im Einzelfall den Weg über die Aktionärsklage des § 148 AktG mit dem vorgeschalteten, an ein Quorum gebundenes Klagezulassungsverfahren wählen möchten, so darf ihnen dieser Weg im Interesse eines effektiven Schutzes der abhängigen Gesellschaft und der außenstehenden Aktionäre nicht versperrt sein.1038 Hinzu kommt, dass sich die Ansprüche aus §§ 310, 318 AktG ohne diese speziellen konzernrechtlichen Sonderregelungen als Ansprüche wegen Verstoßes gegen die Sorgfaltspflichten bei der Geschäftsführung bzw. Überwachung bereits aus den allgemeinen Haftungsnormen der §§ 93, 116 AktG ergeben würden.1039 Diese Ansprüche können mit der Aktionärsklage gemäß § 148 AktG geltend gemacht werden. Nach alldem spricht viel dafür, den klagewilligen Aktionären ein Wahlrecht einzuräumen. Haben sie sich grundsätzlich für eine Klageerhebung entschieden, können sie die Ansprüche der Gesellschaft aus §§ 310, 318 AktG entweder im Wege der konzernrechtlichen Klage gemäß § 309 Abs. 4 AktG oder mittels der allgemeinen Aktionärsklage gemäß § 148 AktG geltend machen.

III. Zusammenfassung Aktionäre können gemäß § 309 Abs. 4 AktG die Ersatzansprüche der abhängigen Gesellschaft gegen ihre Verwaltungsmitglieder gemäß §§ 310, 309 Abs. 4 den könne, siehe hierzu Regierungsbegründung 1965, Kropff, Aktiengesetz, S. 405. § 147 AktG sah damals lediglich die Geltendmachungserzwingungsrechte der Hauptversammlung und der 10%-Minderheit vor, jedoch keine eigenständige Klagemöglichkeit für Aktionäre. 1037 Regierungsbegründung UMAG, S. 1, 19; Bernau, AG 2011, 894, 900; OLG München, ZIP 2008, 1916, 1918 f. (HVB/UniCredito, Anfechtungsverfahren). 1038 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 147 Rn. 4; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 147 Rn. 11, § 148 Rn. 34; Spindler/Stilz-Veil, AktG, § 309 Rn. 34; GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 96 f.; Müller, Der Konzern, 2006, 725, 729 f.; Emmerich/ Habersack-Habersack, Konzernrecht, § 317 Rn. 27; MüKo-Altmeppen, AktG, § 309 Rn. 121, § 317 Rn. 63 ff.; GK-Hirte, AktG, § 309 Rn. 41; Fischbach, Haftung, S. 146 ff., 187, 285; vgl. auch OLG München, ZIP 2008, 1916, 1918 (HVB/UniCredito, Anfechtungsverfahren) (zu § 147 AktG); OLG München, ZIP 2008, 73, 75 (HVB/UniCredito, Verfügungsverfahren) (zu § 147 AktG); LG München I, ZIP 2007, 2420, 2425 (HVB/UniCredito, Anfechtungsverfahren, Vorinstanz) (zu § 147 AktG); für eine Ersetzung der aktienkonzernrechtlichen Einzelklagebefugnisse durch einen Verweis auf das Klagezulassungsverfahren nach § 148 AktG de lege ferenda Lönner, actio pro socio, S. 122 f., 271; ablehnend dagegen Weber, Aktionärsklage, S. 142 f.; der die konzernrechtliche Aktionärsklage nach § 309 AktG als lex specialis ansieht, auf diese aber zahlreiche Regelungen des § 148 f. AktG anwenden möchte. 1039 Siehe hierzu bereits Kapitel 2 F. II. 1. b) sowie die Nachweise in Kap. 2, Fn. 1027.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

AktG bzw. §§ 318, 309 Abs. 4 AktG bereits seit fast 50 Jahren in gesetzlicher Prozessstandschaft selbst einklagen, ohne hierfür an ein mit § 148 Abs. 1 S. 1 AktG vergleichbares Minderheitsquorum gebunden zu sein oder zuvor ein Klagezulassungsverfahren erfolgreich abschließen zu müssen. Eine zumindest weitgehende Übernahme der Voraussetzungen des § 148 f. AktG, insbesondere des Klagezulassungsverfahrens, in das Verfahren nach § 309 Abs. 4 AktG scheidet grundsätzlich aus, da es sich bei der Aktionärsklage nach § 148 f. AktG und der konzernrechtlichen Aktionärsklage nach § 309 Abs. 4 AktG um zwei selbständige Rechtsbehelfe handelt. Anders verhält es sich dagegen mit den Regelungen über die Rechtshängigkeit, die Rechtskraft und die Vergleichsbefugnis. Vieles spricht außerdem dafür, die Vorschrift der Beiladung gemäß § 148 Abs. 3 S. 3 AktG entsprechend anzuwenden, um den Aktionären die Möglichkeit zu geben, nach Klageerhebung seitens der Gesellschaft Einfluss auf den Prozess nehmen zu können. Diese seit nunmehr fast 50 Jahren bestehenden konzernrechtlichen Aktionärsklagerechte sind bislang allerdings ohne nennenswerte praktische Bedeutung geblieben. Hierfür werden insbesondere folgende Gründe genannt: die Aktionäre können nur Leistung an die Gesellschaft verlangen und ein entsprechender Vorteil kommt ihnen allenfalls mittelbar zugute, den hohen Beweisanforderungen im Prozess stehen Informationsdefizite gegenüber, und die klagenden Aktionäre sind mit einem erheblichen Kostenrisiko belastet. Die ersten beiden Hindernisse bestehen auch bei der allgemeinen Aktionärsklage. Entscheidende Bedeutung kommt auch im Bereich der konzernrechtlichen Aktionärsklage nach § 309 AktG den im dritten Kapitel näher beleuchteten Informationsmöglichkeiten der Aktionäre zu; die Einführung finanzieller Anreize ist aus rechtspolitischen Gründen nicht wünschenswert. Das Prozesskostenrisiko wird als einer der Hauptgründe für die praktische Bedeutungslosigkeit der Aktionärsklage gemäß § 309 AktG gesehen. Eine entsprechende Anwendung des Kostenerstattungsanspruchs gemäß § 148 Abs. 6 S. 5 AktG muss unterbleiben, da mangels eines Klagezulassungsverfahrens kein „Missbrauchs- und Plausibilitätsfilter“ vorgeschaltet ist. Die überwiegende Meinung in der Literatur fordert zu Recht die analoge Anwendung des § 247 AktG und insbesondere die in § 247 Abs. 2 AktG enthaltene Regelung über die Streitwertspaltung. Die analoge Anwendung der Regelung über die Streitwertspaltung gemäß § 247 Abs. 2 AktG kann das Kostenrisiko zwar in vielen Fällen reduzieren, reicht alleine aber wegen der verbleibenden Kostenrisiken für eine Durchbrechung der rationalen Aktionärs-Apathie nicht aus. De lege ferenda wäre etwa an die Einführung eines gerichtlichen Vorverfahrens über die Kostentragung oder an die Schaffung eines nicht an einen bestimmten Mindestbesitz gekoppelten Klagezulassungsverfahrens zu denken, welches ansonsten in Anlehnung an § 148 Abs. 1 AktG ausgestaltet werden könnte und

G. Keine Einzelklagebefugnis in Sonderfällen

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ein überschaubares Kostenrisiko für die Aktionäre im Falle der Abweisung des Zulassungsantrags enthalten müsste. Auch für konzernrechtliche Ersatzansprüche i. S. v. § 309 AktG steht das Geltendmachungserzwingungsverfahren des § 147 AktG offen. Das herrschende Unternehmen unterliegt bei der Beschlussfassung einem Stimmverbot. Wenn die potentiellen Kläger das auch nach analoger Anwendung des § 247 Abs. 2 AktG verbleibende unkalkulierbare Kostenrisiko der Aktionärsklage gemäß § 309 Abs. 4 AktG scheuen und im Einzelfall den Weg über die Aktionärsklage des § 148 AktG mit dem vorgeschalteten quorumgebundenen Klagezulassungsverfahren wählen möchten, so darf ihnen dieser Weg im Interesse eines effektiven Schutzes der abhängigen Gesellschaft und der außenstehenden Aktionäre ebenfalls nicht versperrt sein.

G. Keine Einzelklagebefugnis in Sonderfällen Vereinzelt wurde vor der grundlegenden Neugestaltung der Aktionärsverfolgungsrechte durch das UMAG und zumeist auch vor Einführung einer erleichterten Geltendmachungserzwingungsmöglichkeit gemäß § 147 Abs. 3 AktG 1998 durch das KonTraG auch außerhalb von bestimmten Konzernsachverhalten1040 die analoge Anwendung der kodifizierten Aktionärsklage gemäß §§ 309 Abs. 4, 310 Abs. 4, 317 Abs. 4, 318 Abs. 4 AktG vertreten. Unter anderem Wiedemann1041, Wellkamp1042 und Becker1043 traten für ein über die kodifizierten Fälle hinausgehendes Aktionärsklagerecht ein. Nach ihrer Auffassung sei das Minderheitsverlangen des § 147 Abs. 1 AktG 19651044 ein aliud gegenüber der allgemeinen Aktionärsklage, da es wie ein entsprechender Hauptversammlungsbeschluss wirke,1045 und könne diese daher nicht ausschließen. Die Befürworter einer Einzelklagebefugnis stützten diese auf eine Analogie zu der in § 309 Abs. 4 AktG für die konzernrechtlichen Ersatzansprüche aus §§ 309, 310, 317, 318 AktG ko1040 Zur analogen Anwendung der in § 309 Abs. 4 AktG normierten Einzelklagebefugnis auf bestimmte, von den §§ 309 Abs. 4, 310 Abs. 4, 317 Abs. 4, 318 Abs. 4 AktG nicht direkt erfasste konzernrechtliche Sonderfälle siehe Kapitel 1 C. II. 1. und Kapitel 1 C. II. 2., soweit sich diese Einzelklagebefugnis auf die Geltendmachung von Ersatzansprüchen der (abhängigen) Gesellschaft gegen ihre eigenen Verwaltungsmitglieder bezieht. 1041 Wiedemann, Organverantwortung, S. 49. 1042 Wellkamp, DZWIR 1994, 221, 223 f. 1043 Becker, Verwaltungskontrolle, S. 604 ff., 611 f. 1044 Das ursprünglich in § 147 Abs. 1 S. 1 AktG 1965 und § 147 Abs. 1 S. 1 AktG 1998 enthaltene Recht einer 10%-igen Aktionärsminderheit, die Geltendmachung von Ersatzansprüchen durch die Gesellschaft zu erzwingen, wurde durch die UMAG-Reform abgeschafft. 1045 Wiedemann, Organverantwortung, S. 49; Wellkamp, DZWIR 1994, 221, 223; Becker, Verwaltungskontrolle, S. 606 ff.

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Kap. 2: Aktionärsrechte zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen

difizierte Aktionärsklage. Die Einzelklage jedes Aktionärs soll nach dieser Ansicht dann zulässig sein, wenn Sachverhaltskonstellationen vorliegen, die der Situation des § 309 Abs. 4 AktG vergleichbar seien,1046 also entweder keine denkbare Möglichkeit bestehe, das für das Geltendmachungserzwingungsrecht des § 147 AktG erforderliche Quorum zu erreichen, oder zwar theoretisch ein solcher Schwellenwert zustandekommen könne, die Durchführung des Minderheitsverlangens aber, wie bei einer typischen börsennotierten Gesellschaft, auf praktisch nicht zu überwindende Hürden treffe, da sich in solchen Fällen der Einzelaktionär der nicht konzernverbundenen Aktiengesellschaft in derselben rechtlosen Situation befinde wie ein außenstehender Aktionär im Konzern.1047 Die herrschende Meinung lehnte dagegen zu Recht bereits vor der Neugestaltung der Aktionärsverfolgungsrechte durch das UMAG die Einzelklagebefugnis von Aktionären zur Geltendmachung von Organhaftungsansprüchen außerhalb von Konzernverhältnissen unter Berufung auf den abschließenden Charakter von § 147 AktG 1965 bzw. § 147 AktG 1998 bzw. die kasuistische Regelung der Individualklagerechte der Aktionäre ab.1048 Mit diesem Regelungskonzept hatte der Gesetzgeber bereits vor der UMAG-Reform eine abschließende Wertungsentscheidung gegen eine Einzelklagebefugnis außerhalb von Konzernsachverhalten getroffen. Die Ansicht, nach der einem Minderheitsaktionär, der das für § 147 Abs. 1 AktG 1965 bzw. § 147 Abs. 1, Abs. 3 AktG 1998 erforderliche Quorum nicht erfüllt, die Geltendmachungserzwingungsrechte gemäß § 147 AktG 1965 bzw. § 147 AktG 1998 zwar zu versagen sind, ihm aber andererseits eine weitergehende eigene Klagebefugnis einzuräumen ist, entsprach nicht der gesetzgeberischen Intention.1049 Im Übrigen konnte auch eine planwidrige Regelungslücke, die neben der Vergleichbarkeit der Sachverhalte die zweite Voraussetzung für die analoge Anwendung einer Norm darstellt,1050 nur schwerlich begründet werden, da der Gesetzgeber sich bereits anlässlich der Kodifizierung des Geltendmachungserzwingungsrechts im Jahre 1884 durch Art. 223 ADHGB intensiv mit der Frage, ob eine Einzelklage oder lediglich ein Minderheitsinitiativrecht ge-

1046

Wiedemann, Organverantwortung, S. 50. Wiedemann, Organverantwortung, S. 50 f.; Wellkamp, DZWIR 1994, 221, 223 f.; Rollin, Aktionärsklage, S. 198 f.; so auch Behrendt, Corporate Governance, S. 37. 1048 OLG Düsseldorf, DB 1967, 2155; GK-Bezzenberger, AktG, § 147 Rn. 15; GKHopt, AktG, § 93 Rn. 469; MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 24; Zöllner, ZGR 1988, 392, 407 f.; Banerjea, Gesellschafterklage, S. 187, 193 ff.; Bayer, NJW 2000, 2609, 2613; Brondics, Aktionärsklage, S. 106, 108; v. Gerkan, ZGR 1988, 441, 450; Großfeld, Aktiengesellschaft, S. 221 ff.; Habersack, DStR 1998, 533; Krieger, ZHR 163 (1999), 343, 344 f.; Lutter, AcP 180 (1980), 84, 138; Raiser, ZHR 153 (1989), 1, 27; Reichert/ Weller, ZRP 2002, 49, 52; Schwab, Prozessrecht, S. 112; vgl. auch Baums, Gutachten F 248 f., mit umfassenden Nachweisen in Fn. 32 a. E. 1049 Vgl. auch Weber, Aktionärsklage, S. 197 f. 1050 Allgemein zu den Voraussetzungen für eine Analogie Palandt-Sprau, BGB, Einl. Rn. 48. 1047

G. Keine Einzelklagebefugnis in Sonderfällen

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schaffen werden sollte, auseinandergesetzt hatte.1051 Spätestens seit der Reform der Aktionärsverfolgungsrechte durch das KonTraG, in der sich der Gesetzgeber nach eingehender Auseinandersetzung mit der Problematik aus rechtspolitischen Gründen bewusst gegen ein Individualklagerecht jedes Einzelaktionärs ausgesprochen und sich auf eine Erleichterung des bestehenden Geltendmachungserzwingungsrechts durch Einführung des § 147 Abs. 3 AktG 1998 beschränkt hatte,1052 konnte das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke kaum mehr vertreten werden.1053 Die UMAG-Reform hat durch die Einführung des Aktionärsklageverfahrens in § 148 AktG die Frage des Bestehens einer Einzelklagebefugnis in der autonomen Aktiengesellschaft endgültig zugunsten der herrschenden Meinung entschieden.1054 Nunmehr steht den Aktionären ein an einen Schwellenwert und ein Vorverfahren gebundenes eigenes Klagerecht zur Verfügung. Der Gesetzgeber hat dieses Recht aus rechtspolitischen Gründen bewusst an einen Mindestbesitz gebunden,1055 um Klagen zu verhindern, die nicht aus der wirtschaftlichen Beteiligung an der Gesellschaft heraus motiviert und begründbar sind.1056 Von einer planwidrigen Regelungslücke kann nach dieser Reform ebenso wenig ausgegangen werden, wie davon, dass das für die Einleitung des Klagezulassungsverfahrens erforderliche Minderheitsquorum von 1% des Grundkapitals oder Anteilen im Nennbetrag von 100.000 EUR aus theoretischen oder praktischen Gründen nicht erreicht werden könne. Mit der herrschenden Meinung ist damit eine quorenunabhängige allgemeine Klagemöglichkeit jedes Einzelaktionärs außerhalb von gewissen Konzernsachverhalten über das Verfahren des § 148 AktG hinaus abzulehnen.

1051

Weber, Aktionärsklage, S. 197, m.w. N. Regierungsbegründung UMAG, S. 20, „die gefundene Lösung erschien unter den damaligen Umständen das maximal Erreichbare“. 1053 So auch Bayer, NJW 2000, 2609, 2613 (m.w. N. in Fn. 64, 65); Habersack, DStR 1998, 533; Weber, Aktionärsklage, S. 197 f. 1054 Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 147 Rn. 29a; GK-Bezzenberger/Bezzenberger, AktG, § 148 Rn. 8; Hölters-Hirschmann, AktG, § 148 Rn. 3; Weber, Aktionärsklage, S. 198; Schwab, Prozessrecht, S. 113; Behr, actio pro socio, S. 50, 111; Mencke, Beiladung, S. 56; für den Bereich der Verfolgung von Ersatzansprüchen gegen Verwaltungsmitglieder jetzt wohl auch Becker, in: FS Mestmäcker, S. 26, 40 f., 47. 1055 Sowohl im Vorfeld als auch während des Gesetzgebungsverfahrens zum UMAG wurde wiederholt – aber letztlich erfolglos – die Einführung einer schwellenwertunabhängigen Individualklagebefugnis gefordert, vgl. hierzu bereits die Nachweise in Kap. 2, Fn. 257. 1056 Regierungsbegründung UMAG, S. 20. 1052

Kapitel 3

Informationsmöglichkeiten der Aktionäre über die tatsächlichen Grundlagen möglicher Schadenersatzansprüche Das zweite Kapitel hat gezeigt, dass Aktionäre, die das Klagezulassungsverfahren erfolgreich durchführen möchten, hohe Hürden überwinden müssen. Sie müssen unter anderem Tatsachen nachweisen, die den Verdacht rechtfertigen, dass der Gesellschaft durch Unredlichkeit oder grobe Verletzung des Gesetzes oder der Satzung ein Schaden entstanden ist (§ 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG). Hierbei stehen ihnen keine besonderen prozessualen Auskunfts-, Einsichts- oder Prüfungsrechte gegenüber der Gesellschaft zu. Im späteren Klageverfahren müssen sie dann das möglicherweise pflichtwidrige Verhalten des Organmitglieds, den Eintritt und die Höhe des Schadens und die Kausalität zwischen dem Handeln des betreffenden Organmitglieds und dem Schaden darlegen und gegebenenfalls beweisen.1 Aktionäre werden daher, sofern sie nicht über detaillierte „interne Informationen“ aus der Sphäre der Gesellschaft oder, falls Regressansprüche geltend gemacht werden sollen, aus der Sphäre der geschädigten Dritten verfügen, vor Einleitung des Klagezulassungs- oder Klageverfahrens in vielen Fällen weitere Informationen benötigen.2 Entsprechendes gilt für die Geltendmachung konzernrechtlicher Ersatzansprüche, für die zwar kein Klagezulassungsverfahren erforderlich ist, Aktionäre aber grundsätzlich den für die Gesellschaft geltenden „normalen“ Beweisanforderungen unterliegen.3 Die praktische Wirksamkeit dieser prozessualen Klagerechte hängt damit entscheidend von den Informations- und Aufklärungsmöglichkeiten der Aktionäre ab. Zunächst stehen den Aktionären die sich aus den allgemeinen handelsrechtlichen,4 aktienrechtlichen 5 und, bei börsennotierten Gesellschaften, kapitalmarkt1

Siehe hierzu und zu möglichen Beweiserleichterungen bereits Kapitel 1 C. I. 4. d). Zu den Schwierigkeiten für Aktionäre, entsprechende Informationen zu erlangen, siehe bereits Kapitel 2 D. III. 8. d) cc). 3 Siehe hierzu, auch zu möglichen Beweiserleichterungen bereits Kapitel 1 C. II. 1. und Kapitel 1 C. II. 2. 4 Zu nennen sind hierbei insbesondere die Rechnungslegungsvorschriften der §§ 325 ff. HGB sowie die registerrechtlichen Anmelde- und Anzeigepflichten, insbesondere gemäß § 39 AktG. 5 Hierunter fallen z. B. die Bekanntmachungen in den Gesellschaftsblättern, die Auslegung von Dokumenten zur Einsichtnahme und/oder der Anforderung von Abschriften 2

A. Individuelle Auskunftsrechte

281

rechtlichen6 Publizitätspflichten ergebenden Informationen zur Verfügung.7 Aktionäre können diese seit dem 1. Januar 2007 über das Unternehmensregisterportal zentral abrufen. Diese allgemeinen Publizitätspflichten sind fast immer gegenständlich und zeitlich beschränkt und werden in aller Regel lediglich erste Anhaltspunkte für ein vermutetes Fehlverhalten von Verwaltungsmitgliedern liefern können. Nur in seltenen Fällen wird sich hieraus ein Sachverhalt ergeben, der den Darlegungs- und Beweisanforderungen in einem späteren Klagezulassungsbzw. Klageverfahren gemäß § 148 AktG bzw. § 309 AktG genügen wird. Oftmals werden diese Anhaltspunkte gerade den Anstoß zu weiteren Nachforschungen seitens der Aktionäre geben und zu weiterem Informationsbedarf führen.8 Eine größere Rolle für die Aufklärung möglicherweise haftungsrelevanter Sachverhalte spielen daher die aktiven Informationsrechte von Aktionären bzw. Aktionärsminderheiten.9 Zum einen sind dies individuelle Auskunftsansprüche, zum anderen die aktienrechtlichen Sonderprüfungen. Ein Kernanliegen des Gesetzgebers bei der UMAG-Reform war es, das Recht der Sonderprüfung aktionärsfreundlicher auszugestalten, um die Informationsmöglichkeiten der Aktionäre zu verbessern und dadurch die praktische Durchsetzung von Ersatzansprüchen zu erleichtern.10

A. Individuelle Auskunftsrechte, insbesondere das allgemeine Auskunftsrecht nach § 131 AktG und seine Grenzen Für die Sachverhaltsaufklärung im Vorfeld der Ausübung der Aktionärsverfolgungsrechte ist insbesondere das allgemeine Auskunftsrecht gemäß § 131 AktG und die mündliche Information der Aktionäre durch den Vorstand. Zu den aktienrechtlichen Informationspflichten MüKo-Kubis, AktG, § 131 Rn. 7 sowie ausführlich Pütz, Aktionärsinformation, S. 30 ff. Zu besonderen Informationsmöglichkeiten im faktischen Konzern siehe Kropff, in: FS Bezzenberger, S. 233, 237. 6 Hierunter fallen zunächst die Vorschriften über die sogenannte „Regelpublizität“, durch die kapitalmarktrelevante Informationen in einem bestimmten Berichtszeitraum veröffentlicht werden sollen. Vgl. hierzu Beiersdorf/Rahe, BB 2007, 99 f., Nießen, NZG 2007, 41 ff., jeweils m.w. N. Außerdem fallen hierunter z. B. die Veröffentlichungspflichten von Director’s Dealings gemäß § 15a WpHG und von Ad-hoc-Meldungen, gemäß § 15 WpHG. 7 Vgl. auch MüKo-Kubis, AktG, § 131 Rn. 6 ff. 8 Ähnlich MüKo-Kubis, AktG, § 131 Rn. 7 für das Verhältnis der aktienrechtlichen Publizitätsvorschriften zu dem individuellen Auskunftsanspruch nach § 131 AktG; so auch bereits Regierungsbegründung 1965, Kropff, Aktiengesetz, S. 184. Zur Unzulänglichkeit der Pflichtveröffentlichungen und der kollektiven Informationsrechte bei Grundlagen- und Strukturmaßnahmen auch Jänig, Sonderprüfung, S. 29. 9 Zur Unterscheidung zwischen aktiven und passiven Informationsrechten siehe bereits Jänig, Sonderprüfung, S. 28. 10 Regierungsbegründung UMAG, S. 1, 10, 18.

282

Kap. 3: Informationsmöglichkeiten über mögliche Schadenersatzansprüche

von Bedeutung. Daneben sehen das Aktien- und das Umwandlungsgesetz noch einige speziellere Auskunftsansprüche vor.

I. Der allgemeine Auskunftsanspruch nach § 131 AktG Der Vorstand muss grundsätzlich11 jedem Aktionär auf Verlangen in der Hauptversammlung Auskunft über Angelegenheiten der Gesellschaft, einschließlich verbundener Unternehmen, geben, soweit dies zur sachgemäßen Beurteilung eines Gegenstands der Tagesordnung erforderlich ist (§ 131 Abs. 1 S. 1 AktG).12 Der Begriff der Gesellschaftsangelegenheiten ist hierbei sehr weit zu verstehen und umfasst alles mit Bezug auf die Gesellschaft und deren Tätigkeit.13 Damit wird auch ein Sachverhalt, bei dem ein Fehlverhalten von Verwaltungsmitgliedern im Zusammenhang mit ihrer Organtätigkeit vermutet wird, erfasst. Dennoch enthält das Auskunftsrecht zahlreiche Schwächen. Stehen vermutete Pflichtverletzungen von Verwaltungsmitgliedern im Raum, die schon länger zurückliegen und die mit keinem Tagesordnungspunkt im Zusammenhang stehen,14 hilft das Auskunftsrecht des § 131 AktG den Aktionären nicht, da nur Auskunft zu Gegenständen der Tagesordnung verlangt werden darf. Die Auskunftserteilung erfolgt grundsätzlich15 mündlich auf der Hauptversammlung und kann wegen des eindeutigen Wortlauts des § 131 Abs. 1 S. 1 AktG nur vom Vorstand verlangt werden. Dies gilt nach h. M. selbst dann, wenn die verlangte Auskunft den Zuständigkeitsbereich des Aufsichtsrats betrifft.16 Dies 11 Zu den Auskunftsverweigerungsrechten siehe § 131 Abs. 3 AktG sowie zu dem Fall der missbräuchlichen Ausübung des Auskunftsrechts auch MüKo-Kubis, § 131 Rn. 124; Volhard, in: Arbeitshandbuch Hauptversammlung, § 11 Rn. 14 ff. Zur seit der UMAG-Reform bestehenden Möglichkeit des Versammlungsleiters, aufgrund einer Ermächtigung in der Satzung oder Geschäftsordnung neben dem Rederecht nun auch das Fragerecht zeitlich angemessen zu beschränken, siehe § 131 Abs. 2 S. 2 AktG sowie Gantenberg, DB 2005, 207, 211 f. 12 Siehe zu den Voraussetzungen und Grenzen des Auskunftsanspruchs des § 131 AktG im Einzelnen GK-Decher, AktG, § 131 Rn. 1 ff. (mit umfangreichen Rechtsprechungsnachweisen in Rn. 173 ff.); Semler, in: MünchHdb. AG, § 37 Rn. 6 ff. 13 Hüffer, AktG, § 131 Rn. 11; MüKo-Kubis, AktG, § 131 Rn. 33 ff. 14 Möglichkeiten, Auskünfte über vermutete Pflichtverletzungen von Verwaltungsmitgliedern zu erlangen, werden insbesondere im Zusammenhang mit den Tagesordnungspunkten zur Rechnungslegung sowie der Entlastung der Verwaltungsmitglieder gegeben sein. Über ältere Vorfälle, die sich nicht auf das abgelaufene Geschäftsjahr ausgewirkt haben, kann allerdings keine Auskunft verlangt werden; siehe hierzu MüKoKubis, AktG, § 131 Rn. 48, 51 ff., Volhard, in: Arbeitshdb. Hauptversammlung, § 13 Rn. 23, jeweils m.w. N. 15 Zu den Ausnahmen BGH, BGHZ 101, 1, 16; 122, 211, 236; MüKo-Kubis, AktG, § 131 Rn. 77 ff., m.w. N. § 131 Abs. 3 Nr. 7 enthält ebenfalls eine Ausnahme vom sog. Mündlichkeitsgrundsatz. 16 Allgemeine Ansicht; siehe nur BVerfG, NJW 2000, 349, 351; MüKo-Kubis, AktG, § 131 Rn. 20; GK-Decher, AktG, § 131 Rn. 91; kritisch dagegen Obermüller/Werner/ Winden/Butzke, Hauptversammlung, S. 239, jeweils m.w. N. Auskünfte i. S. v. § 131

A. Individuelle Auskunftsrechte

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ist zum einen deswegen problematisch, weil eine umfassende Auskunft über Zuständigkeitsbereiche des Aufsichtsrats oft nur von diesem gegeben werden kann, zum anderen aber auch deshalb, weil bei Sachverhaltskonstellationen, in denen ein Fehlverhalten des Vorstands in Rede steht, genau dieser zur Auskunftserteilung verpflichtet wird. Im Vergleich zur Sonderprüfung, bei der unabhängige Sonderprüfer von Mitgliedern des Vorstands und des Aufsichtsrats Auskünfte verlangen und Einsicht in Geschäftsunterlagen nehmen können, ist das Auskunftsrecht des § 131 AktG daher schwächer ausgestaltet. Insbesondere die Sichtung von Geschäftsunterlagen wird oftmals eine zuverlässigere Prüfung ermöglichen als die Auskünfte einer Person, insbesondere wenn diese im Fokus des vermuteten Fehlverhaltens steht.17 Außerdem bestehen zahlreiche Auskunftsverweigerungsgründe. § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1–7 AktG zählen abschließend18 Gründe auf, bei denen der Vorstand trotz Erforderlichkeit der Information zur sachgemäßen Beurteilung eines Tagesordnungspunkts die Auskunft verweigern darf oder muss. Den praktisch bedeutsamsten Auskunftsverweigerungsgrund nennt § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AktG. Danach darf die Auskunft grundsätzlich19 verweigert werden, wenn die Erteilung der Auskunft nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung geeignet ist, der Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen einen nicht unerheblichen Nachteil zuzufügen.20 Hierbei ist eine Abwägung aller Vor- und Nachteile der Auskunftserteilung für die Gesellschaft vorzunehmen.21 Wird Auskunft über ein potentielles Fehlverhalten von Verwaltungsmitgliedern begehrt, kann das Aufhellen von Pflichtverletzungen im Rahmen der Abwägung ein überwiegender Vorteil sein.22 Andererseits kann die Aufdeckung von relativ unbedeutenden Unregel-

AktG durch dritte Personen, etwa den Versammlungsleiter oder Aufsichtsratsmitglieder, sind jedoch dann möglich (aber nicht erzwingbar), wenn sich der Vorstand solche Auskünfte erkennbar zu eigen macht, Hüffer, AktG, § 131 Rn. 6, m.w. N. 17 Für die Sonderprüfung nach § 142 AktG siehe etwa Jansen, Sonderprüfung, S. 71 f.; Casutt, Sonderprüfung, S. 158 (zum Schweizer Recht); Schneider, AG 2008, 305; Jänig, Sonderprüfung, S. 357, 427. 18 § 131 Abs. 3 S. 2 AktG stellt klar, dass aus anderen Gründen die Auskunft nicht verweigert werden darf. Dies gilt nach zuzustimmender h. M. allerdings nicht für eine Auskunftsverweigerung wegen Missbrauchs des Fragerechts, siehe hierzu KK-Kersting; § 131 Rn. 379 ff., m.w. N.; einschränkend im Bezug auf die Bedeutung des Rechtsmissbrauchs dagegen MüKo-Kubis, AktG, § 131 Rn. 124, m.w. N. auch zu abweichenden Ansichten. 19 Hierauf kann sich der Vorstand grundsätzlich dann nicht berufen, wenn er einem anderen Aktionär wegen dessen Eigenschaft als Aktionär die Auskunft außerhalb der Hauptversammlung bereits erteilt hat, § 131 Abs. 4 AktG. 20 Hierzu und zu anderen Auskunftsverweigerungsgründen Spindler/Stilz-Siems, AktG, § 131 Rn. 34 ff., m.w. N. 21 BayObLG, AG 1996, 322 f.; GK-Decher, AktG, § 131 Rn. 300; MüKo-Kubis, AktG, § 131 Rn. 100. 22 BGH, BGHZ 86, 1, 19 f.; Hüffer, AktG, § 131 Rn. 27.

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Kap. 3: Informationsmöglichkeiten über mögliche Schadenersatzansprüche

mäßigkeiten zu einem erheblichen Image-Schaden für die Gesellschaft führen, der außer Verhältnis zu den Aufdeckungsvorteilen für die Gesellschaft steht.23 Verweigert der Vorstand einem Aktionär zu Unrecht die Auskunft oder erteilt er diese nur unvollständig,24 kann dieser binnen zwei Wochen nach der Hauptversammlung einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung über das Auskunftsrecht gemäß § 132 AktG stellen. Das Auskunftserzwingungsverfahren findet gemäß §§ 132 Abs. 3, 99 AktG im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit statt, für das die in §§ 132 Abs. 3, 99 Abs. 1, 3 S. 1, 2, 4–9, Abs. 5 S. 1, 3 AktG getroffenen Sonderregelungen gelten. Die unter Verstoß gegen den Auskunftsanspruch nach § 13 AktG gefassten Beschlüsse sind außerdem unter den Voraussetzungen der §§ 243 ff. AktG anfechtbar. Im Ergebnis kommt dem allgemeinen Auskunftsanspruch gemäß § 131 AktG als Aufklärungsinstrument im Vorfeld der Ausübung der Aktionärsverfolgungsrechte daher nur eine schwache Funktion zu.

II. Spezielle Auskunftsansprüche Neben dem allgemeinen Auskunftsanspruch des § 131 AktG stellen das Aktiengesetz und das Umwandlungsgesetz den Aktionären mit § 64 Abs. 2 UmwG, § 293g Abs. 3 AktG, § 319 Abs. 3 S. 4 AktG und § 326 AktG für bestimmte Strukturmaßnahmen noch weitere individuelle und ebenfalls hauptversammlungsbezogene Auskunftsrechte zur Verfügung.25 Für die Ausübung dieser Informationsrechte, den Umfang der Auskunftserteilung und die Auskunftsverweigerungsgründe gelten grundsätzlich die Regelungen des § 131 AktG.26 § 327b AktG gewährt dem Hauptaktionär im Vorfeld eines squeeze out zudem hauptversammlungsunabhängig ein spezielles Recht gegenüber dem Vorstand auf Auskunftserteilung und Herausgabe von Unterlagen, soweit dies zur Festlegung der angemessenen Barabfindung erforderlich ist. Diese besonderen Auskunftsrechte sollen den spezifischen Informationsbedürfnissen der Aktionäre vor tiefgreifenden Strukturmaßnahmen Rechnung tragen.27 Sie sind aus den oben genannten Gründen, sowie darüber hinaus wegen ihres begrenzten Anwendungsbereichs und der anderen Schutzrichtung der in die Zukunft gerichteten Vorbereitung von Strukturentscheidungen allerdings nur be23

Volhard, in: Arbeitshandbuch Hauptversammlung, § 11 Rn. 44. Bei unrichtiger Auskunftserteilung ist dagegen strittig, ob das Verfahren des § 132 AktG durchgeführt werden kann; dafür LG München I, WM 2010, 1699, 1701; dagegen KG, WM 2010, 324; zum Meinungsstand Hüffer, AktG, § 132 Rn. 4a, m.w. N. 25 MüKo-Kubis, AktG, § 131 Rn. 8. 26 Pütz, Aktionärsinformation, S. 48 f., m.w. N. 27 Ausführlich zum Zweck dieser speziellen Auskunftsrechte Pütz, Aktionärsinformation, S. 48 ff. 24

B. Die aktienrechtlichen Sonderprüfungen

285

dingt als Informationsinstrument zur umfassenden Sachverhaltsaufklärung bei vergangenheitsbezogenem vermutetem Fehlverhalten von Verwaltungsmitgliedern und im Vorfeld der Ausübung der Aktionärsverfolgungsrechte geeignet.28

III. Zusammenfassung und Grenzen dieser Auskunftsansprüche Die gesetzlich vorgesehenen individuellen Auskunftsrechte eignen sich nur bedingt zur umfassenden Aufklärung von Sachverhalten, bei denen ein Fehlverhalten von Verwaltungsmitgliedern vermutet wird. Für eine effektive Vorbereitung der Ausübung der Aktionärsverfolgungsrechte sind sie daher allein nicht ausreichend.

B. Die aktienrechtlichen Sonderprüfungen, insbesondere die allgemeine Sonderprüfung gemäß §§ 142 ff. AktG Zur wirksamen Aufklärung der tatsächlichen Grundlagen für Ersatzansprüche gegen Verwaltungsmitglieder bedarf es neben den dargestellten Informationsrechten noch eines weiteren Informationsinstruments. Dieses muss zum einen eine umfassende und aperiodische, zum anderen aber auch eine von der Verwaltung unabhängige Aufklärung von Sachverhalten, in denen ein entsprechendes Fehlverhalten von Verwaltungsmitgliedern vermutet wird, ermöglichen.29 Ein solches Informationsinstrument stellt der Gesetzgeber mit dem Rechtsinstitut der Sonderprüfung zur Verfügung.30 Das Aktiengesetz normiert in §§ 142 ff., 258 ff. und 315 AktG drei Arten von aktienrechtlichen Sonderprüfungen.31 Auf den funktionalen Zusammenhang der Sonderprüfung, insbesondere der allgemeinen aktienrechtlichen Sonderprüfung nach § 142 AktG mit der späteren Geltendmachung von Ersatzansprüchen wurde 28

Jänig, Sonderprüfung, S. 29. Jänig, Sonderprüfung, S. 29. 30 Auf die zentrale Bedeutung des Rechtsinstituts der Sonderprüfung als Informationsrecht und im aktienrechtlichen Überwachungs- und Kontrollsystem wird im Schrifttum immer wieder hingewiesen; siehe nur Jänig, Sonderprüfung, S. 29; ders., BB 2005, 949; Kirschner, BB 2005, 1865; Semler, AG 2005, 331, 334; Bork, in: Handbuch Corporate Governance, S. 743 ff.; ähnlich bereits Fleischer, RIW 2000, 809: „Schlüsselrolle beim Aufspüren von Unregelmäßigkeiten anlässlich der Unternehmensführung“. 31 Auf die in § 258 AktG geregelte spezielle Form der Sonderprüfung wegen unzulässiger Unterbewertung bzw. mangelnder oder unvollständiger Berichterstattung im Anhang wird wegen ihrer primär anderen Schutzrichtung im Rahmen dieser Arbeit nicht näher eingegangen. Die Sonderprüfung nach § 258 AktG bezweckt nicht primär die Aufklärung potentiell haftungsrelevanter Sachverhalte, sondern zielt auf die Einhaltung der Bewertungsvorschriften und vollständige Berichterstattung im Anhang. Siehe näher zu diesem Rechtsinstitut Bork, in: Handbuch Corporate Governance, S. 743, 747; Wilsing/Neumann, DB 2006, 31 ff.; Claussen, in: FS Barz, S. 317 ff. 29

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Kap. 3: Informationsmöglichkeiten über mögliche Schadenersatzansprüche

bereits mehrfach hingewiesen.32 Dieser wird außerdem bereits durch die Gesetzessystematik deutlich.33

I. Die allgemeine Sonderprüfung nach §§ 142 ff. AktG Das Sonderprüfungsrecht der Aktionäre hat ebenso wie das Geltendmachungserzwingungsrecht seinen Ursprung im ADHGB 1884. Es wurde, besonders in Hinblick auf den Minderheitsschutz durch zahlreiche Reformen, zuletzt durch das UMAG, kontinuierlich erweitert.34 Die allgemeine Sonderprüfung ist heute in den §§ 142–146 AktG kodifiziert. Durch sie können Aktionäre abweichend von der normalen aktienrechtlichen Kompetenzverteilung35 und über ihr allgemeines Auskunftsrecht nach § 131 AktG hinaus die Prüfung von Vorgängen bei der Gründung oder der Geschäftsführung durch unabhängige Sonderprüfer36 erzwingen. Zuständig für die Bestellung von Sonderprüfern ist grundsätzlich die Hauptversammlung. Lehnt diese die Bestellung ab, kann eine qualifizierte Aktionärsminderheit unter bestimmten Voraussetzungen die gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern beantragen. 1. Funktion der allgemeinen Sonderprüfung im Vorfeld der Ausübung der Aktionärsverfolgungsrechte Die allgemeine Sonderprüfung gemäß §§ 142 ff. AktG dient nach allgemeiner Ansicht insbesondere dazu, die tatsächlichen Grundlagen für Ersatzansprüche der Gesellschaft gegen ihre Gründer, andere an der Gründung beteiligte Personen, die Gründungsprüfer37 und Verwaltungsmitglieder aufzuklären.38 Damit dient dieses 32

Siehe Kapitel 2 D. III. 8. d) cc). So fasst das Aktiengesetz das Recht auf Sonderprüfung und die in §§ 147 ff. AktG geregelte Geltendmachung von Ersatzansprüchen durch die Gesellschaft aufgrund der Erzwingung durch die Hauptversammlung oder durch die Aktionäre selbst unter dem 7. Unterabschnitt „Sonderprüfung. Geltendmachung von Ersatzansprüchen“ zusammen; siehe hierzu auch Habersack, in: FS Wiedemann, S. 889, 893. 34 Siehe zur historischen Entwicklung des Sonderprüfungsrechts grundlegend Schedlbauer, Sonderprüfungen, S. 14 f.; GK-Bezzenberger, AktG, § 142 Rn. 1 f., jeweils zur Rechtslage vor der UMAG-Reform, sowie speziell zu den Änderungen durch die UMAG-Reform Jänig, BB 2005, 949 ff.; Kirschner, BB 2005, 1865 ff.; Wilsing/Neumann, DB 2006, 31 ff. 35 MüKo-Schröer, AktG, § 142 Rn. 1. 36 Sowohl die Hauptversammlung als auch das Gericht können einen oder mehrere Sonderprüfer bestellen. Die Verwendung der Singular- oder Pluralform in den nachfolgenden Ausführungen ist daher ohne Bedeutung. 37 Die Aufklärung der tatsächlichen Grundlagen für Ersatzansprüche aus §§ 46, 47, 49 AktG gegen Gründer, gegen andere Personen neben den Gründern oder gegen Gründungsprüfer ist ebenso wenig wie die gerichtliche Durchsetzung dieser Ersatzansprüche Gegenstand dieser Untersuchung. Bedeutung erlangt die Alternative „Vorgänge bei der Gründung“ im Rahmen dieser Arbeit daher nur, soweit Ersatzansprüche gegen Verwaltungsmitglieder gemäß § 48 AktG im Raum stehen. 33

B. Die aktienrechtlichen Sonderprüfungen

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Rechtsinstitut letztlich auch der Sicherstellung einer wirksamen Verfolgungsmöglichkeit dieser Ersatzansprüche gemäß §§ 147 ff. AktG. § 142 Abs. 2 AktG normiert die Antragsbefugnis einer qualifizierten Aktionärsminderheit und dient damit auch dem Minderheitsschutz.39 Für eine Aktionärsminderheit, die unter den Voraussetzungen des § 148 AktG in eigenem Namen zur gerichtlichen Durchsetzung dieser Ersatzansprüche befugt ist, wird eine nach § 142 Abs. 2 AktG gerichtlich angeordnete Sonderprüfung oftmals die einzige Möglichkeit darstellen, den im Klageverfahren und bereits zuvor im Klagezulassungsverfahren darzulegenden Sachverhalt umfassend zu ermitteln.40 Oft kann nur durch eine Sonderprüfung geklärt werden, ob sich der „Anfangsverdacht“ einer Schadenszufügung der Gesellschaft durch Unredlichkeit oder grobe Gesetzes- oder Satzungsverletzungen bestätigt und so die gerichtliche Geltendmachung von Innenhaftungsansprüchen erfolgversprechend ist.41 Die Sonderprüfung ist damit, ebenso wie die Geltendmachungsrechte der Aktionäre, ein zentrales Element guter Corporate Governance in Deutschland.42 Um diese Funktion erfüllen zu können, muss die Sonderprüfung die Untersuchung umfassender Prüfungsgegenstände ermöglichen und den Sonderprüfern möglichst weitreichende Prüfungsrechte einräumen. Da eine Bestellung von Sonderprüfern durch die Hauptversammlung wegen schweigender oder die Verwaltungsorgane stützender Hauptversammlungsmehrheiten oftmals nicht erreicht werden kann,43 müssen zudem adäquate Voraussetzungen für die Beantragung der gerichtlichen Bestellung von Sonderprüfern durch eine Aktionärsminderheit gegeben sein. 2. Möglicher Prüfungsgegenstand Der mögliche Prüfungsgegenstand der allgemeinen Sonderprüfung ist weit gefasst. Mit der allgemeinen Sonderprüfung gemäß § 142 ff. AktG können be38 Siehe nur Hüffer, AktG, § 142 Rn. 1; MüKo-Schröer, AktG, § 142 Rn. 4, 7, 12; AK-Wilsing/von der Linden, AktG, § 142 Rn. 3; Fleischer, RIW, 2000, 809; Bork, in: Handbuch Corporate Governance, S. 743, 745; Bungert, in: Handbuch Managerhaftung, S. 363 f. Zur – hier nicht relevanten – Möglichkeit, eine schadenersatzunabhängige Sonderprüfung durchzuführen, siehe nur Habersack, in: FS Wiedemann, S. 889, 895 ff., Kirschner, Sonderprüfung, S. 10 ff., jeweils m.w. N. 39 Hüffer, AktG, § 142 Rn. 1; Bürgers/Körber-Holzborn/Jänig, AktG, § 142 Rn. 1; A/D/S, Rechnungslegung, §§ 142–146 Rn. 1; Hirte, ZIP 1988, 953 f.; Schneider, AG 2008, 305; Kirschner, Sonderprüfung, S. 8. 40 Siehe bereits Kapitel 2 D. III. 8. d) cc) sowie Wilsing/Neumann, DB 2006, 31; Regierungsbegründung UMAG, S. 18; MüKo-Schröer, AktG, § 142 Rn. 12. 41 So auch Baums, Gutachten, F 247. 42 Siehe bereits Kapitel 1 A. II. sowie Jänig, Sonderprüfung, S. 259; Schneider, AG 2008, 305; Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 142 Rn. 1: „eines der zentralen Minderheitenrechte zur Überprüfung der Geschäftsführung“; vgl. auch Kirschner, Sonderprüfung, S. 2: „Eckpfeiler des modernen aktienrechtlichen Überwachungs- und Kontrollsystems“. 43 Zu dieser Problematik i. R.v. § 147 AktG siehe bereits Kapitel 2 B. III.

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Kap. 3: Informationsmöglichkeiten über mögliche Schadenersatzansprüche

stimmte Vorgänge bei der Gründung oder der Geschäftsführung überprüft werden, wobei § 142 Abs. 1 S. 1 AktG Maßnahmen der Kapitalbeschaffung und Kapitalherabsetzung exemplarisch als Prüfungsgegenstände nennt. Sonderprüfungsfähig sind daher bestimmte (Einzel-)Vorgänge, die kraft ihrer näheren Bezeichnung einen gegenständlich und zeitlich beschränkten und abgrenzbaren Prüfungsauftrag ermöglichen.44 Ganze Zeitabschnitte, wie z. B. die gesamte Geschäftsführung im abgelaufenen Geschäftsjahr, können dagegen nicht überprüft werden.45 Verlangt eine qualifizierte Aktionärsminderheit die gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern, so wird sie sich schon im Hinblick auf die nach § 142 Abs. 2 S. 1 AktG zu behauptenden Verdachtstatsachen46 auf bestimmte hinreichend abgrenzbare Vorgänge beschränken.47 Sind bestimmte Vorgänge bei der Geschäftsführung Gegenstand der allgemeinen Sonderprüfung, kann neben den in § 142 Abs. 1 S. 1 AktG exemplarisch genannten Kapitalmaßnahmen der komplette Verantwortungsbereich des Vorstands im Sinne des § 77 Abs. 1 AktG, d. h. jedes tatsächliche oder rechtliche Tätigwerden für die Gesellschaft, überprüft werden.48 Auch Vorgänge im Konzern, wie z. B. geschäftliche Beziehungen zu einem Konzernunternehmen, sind sonderprüfungsfähig, soweit es sich dabei um Vorgänge bei der Gesellschaft handelt.49 „Geschäftsführung“ i. S. v. § 142 Abs. 1 S. 1 AktG umfasst außerdem auch die Tätigkeit des Aufsichtsrats. Nach allgemeiner Ansicht gilt dies zumindest insoweit, als sie durch Überwachung gemäß § 111 Abs. 1 AktG oder die Erteilung 44 AK-Wilsing/von der Linden, AktG, § 142 Rn. 9; Hüffer, AktG, § 142 Rn. 2, m.w. N. 45 Reichsgericht, RGZ 146, 385, 393 f.; LG München I, AG 2008, 720; OLG Hamburg, AG 2011, 677, 679 ff. Zu diesem Bestimmtheitserfordernis auch Hüffer, AktG, § 142 Rn. 2; ausführlich Jänig, Sonderprüfung, S. 205 ff.; Kirschner, Sonderprüfung, S. 32 ff. Zur (Un-)Tauglichkeit des Prüfungsgegenstands im Zusammenhang mit der Ermittlung der Ursachen für mögliche Verluste im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise vgl. Balthasar/Hamelmann, WM 2010, 598, 592. Eine Überprüfung der gesamten Geschäftsführung während eines bestimmten Zeitabschnitts soll dagegen nach wohl überwiegender, aber abzulehnender Literaturansicht mit Hilfe einer nicht kodifizierten „freiwilligen Sonderprüfung“ begehrt werden können, für die die Regelungen der §§ 142 ff. AktG nicht gelten sollen; siehe hierzu Kapitel 3 B. IV. 46 Siehe hierzu Kapitel 3 B. I. 6. e) aa). 47 A. A. wohl Jänig, Sonderprüfung, S. 210, wonach es für das Minderheitsverlangen nach § 142 Abs. 2 S. 1 AktG ausreichen soll, dass zumindest hinsichtlich eines konkreten Vorfalls entsprechende Tatsachen vorliegen. Formulierungsbeispiele für einen Sonderprüfungsbeschluss u. a. bei Schedlbauer, Sonderprüfungen, S. 147, sowie Semler, AG 2005, 321, 334. 48 Allgemeine Ansicht, siehe nur Hüffer, AktG, § 142 Rn. 4, § 77 Rn. 3; AK-Wilsing/ von der Linden, AktG, § 142 Rn. 11; Jänig, Sonderprüfung, S. 214 f.; OLG Düsseldorf, AG 2010, 126 f. 49 MüKo-Schröer, AktG, § 142 Rn. 19; zum Gegenstand der Sonderprüfung im Konzern ausführlich Schneider, AG 2008, 305, 307 ff.; vgl. auch OLG Düsseldorf, ZIP 2010, 990, 992.

B. Die aktienrechtlichen Sonderprüfungen

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der Zustimmung gemäß § 111 Abs. 4 S. 2 AktG an die Geschäftsführung des Vorstands anknüpft.50 Darüber hinaus ist jedenfalls auch die sonstige Amtsführung des Aufsichtsrats sonderprüfungsfähig, sofern sie sich auf Vorstandsangelegenheiten bezieht.51 Wie ausgeführt, besteht der Sinn und Zweck der allgemeinen Sonderprüfung insbesondere darin, die tatsächlichen Voraussetzungen für Ersatzansprüche aufzuklären, um auf diese Weise die Durchsetzung von Ersatzansprüchen sicherzustellen. Diese Ersatzansprüche können sich sowohl gegen Vorstands- als auch gegen Aufsichtsratsmitglieder richten. Vor diesem Hintergrund müssen möglichst weitgehende Aufklärungsmöglichkeiten bestehen, was eine weite Auslegung rechtfertigt. Auch der in jüngerer Zeit die Zivil- und Strafgerichte intensiv beschäftigende Fall „Mannesmann“ hat gezeigt, dass auch im Bereich jenseits der reinen Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats im engeren Sinne Pflichtwidrigkeiten des Aufsichtsrats denkbar sind, aus denen sich Ersatzansprüche der Gesellschaft ergeben können.52 Darüber hinaus muss aber auch der gesamte Tätigkeitsbereich des Aufsichtsrats, also alle tatsächlichen und rechtsgeschäftlichen Handlungen des Aufsichtsrats, sonderprüfungsfähig sein, unabhängig davon, ob sie in einem Bezug zu Angelegenheiten des Vorstands stehen.53 Dies ergibt sich bereits aus dem Zweck der Sonderprüfung, eine möglichst weitgehende Aufklärung von Sachverhalten zu ermöglichen, aus denen sich Ersatzansprüche gegen Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder ergeben können.54 Ein solches Verständnis des Begriffes „Geschäftsführung“ ergibt sich auch aus einem Vergleich mit dem Wortlaut des

50 Allg. Ansicht, siehe Hüffer, AktG, § 142 Rn. 5, Jänig, Sonderprüfung, S. 217, jeweils m.w. N.; OLG Düsseldorf, AG 2010, 126 f. 51 So auch die h. M., siehe nur Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 142 Rn. 47; Hüffer, AktG, § 142 Rn. 5; Jänig, Sonderprüfung, S. 218; MüKo-Schröer, AktG, § 142 Rn. 20; Habersack, in: FS Wiedemann, S. 889, 899, vgl. auch LG Dortmund, AG 2009, 881, 883. 52 Vgl. nur BGH, NZG 2006, 141 ff. Im Fall „Mannesmann“ ging es unter anderem um die Bewilligung einer zuvor im Dienstvertrag nicht vereinbarten Sonderzahlung für eine bereits erbrachte geschuldete Leistung an ein Vorstandsmitglied durch den Aufsichtsrat; einen Überblick über das hierzu ergangene Schrifttum bietet MüKo-Kalss/ Spindler, AktG, § 87. 53 So auch Jänig, Sonderprüfung, S. 217 ff., insbes. S. 221 f., mit ausführlicher Argumentation; ders., BB 2005, 949, 950; ders., WpG 2005, 761, 766; AK-Wilsing/von der Linden, AktG, § 142 Rn. 12, der rein korporationsrechtliche Handlungen ausnimmt; Bürgers/Körber-Holzborn/Jänig, AktG, § 142 Rn. 6a; wohl auch Trölitzsch/Gunßer, AG 2008, 833 f.; a. A. LG Dortmund, AG 2009, 881, 883; a. A. auch Hölters-Hirschmann, AktG, § 142 Rn. 14. 54 Jänig, Sonderprüfung, S. 222, ders., WpG 2005, 761, 766, weist zu Recht darauf hin, dass es nur schwer begründbar sei, den Verdacht einer Sorgfaltspflichtverletzung von Aufsichtsratsmitgliedern bei ihrer Überwachungsaufgabe mit einer Sonderprüfung untersuchen zu können, bei Anzeichen einer Treupflichtverletzung (einschließlich einer Verletzung der Verschwiegenheitspflicht) das Rechtsinstitut der Sonderprüfung nach § 142 ff. AktG dagegen zu versagen.

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Kap. 3: Informationsmöglichkeiten über mögliche Schadenersatzansprüche

§ 147 Abs. 1 S. 1 AktG.55 Diese Vorschrift nennt unter anderem „Ersatzansprüche (. . .) aus der Geschäftsführung gegen die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats“. Im Rahmen des § 147 AktG ist allgemein anerkannt, dass hierunter sämtliche Sachverhalte fallen, die vom Verwaltungsmitglied in Ausübung seiner Organtätigkeit haftungsbegründend herbeigeführt, gestattet oder beeinflusst werden.56 Bei Aufsichtsratsmitgliedern sind hiervon gemäß §§ 116, 93 AktG insbesondere Ansprüche wegen der schuldhaften Verletzung von Sorgfalts- und Treupflichten umfasst,57 unabhängig davon, ob sich diese auf ein Handeln des Vorstands beziehen. Bestellt die Hauptversammlung Sonderprüfer, ist bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs ein Prüfungsauftrag auch weit zurückliegender Vorgänge möglich.58 Eine Aktionärsminderheit kann gemäß § 142 Abs. 2 S. 1 AktG die gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern für die Prüfung von Geschäftsführungsvorgängen59 dagegen nur verlangen, wenn diese im Zeitpunkt des ablehnenden Hauptversammlungsbeschlusses nicht länger als fünf Jahre, bzw. bei Gesellschaften, die zur Zeit des Vorgangs börsennotiert60 waren, nicht länger als zehn Jahre zurückliegen.61 In der Praxis werden Ersatzansprüche, die sich aus Sachverhalten ergeben, die im Zeitpunkt des Hauptversammlungsbeschlusses länger als fünf (bei nicht börsennotierten Gesellschaften) bzw. zehn Jahre (bei börsennotierten Gesellschaften) zurückliegen, ohnehin in der Regel verjährt sein.62

55 Auf den funktionalen Zusammenhang zwischen der Sonderprüfung und § 147 Abs. 1 AktG weist bereits Jänig, Sonderprüfung, S. 219 hin. 56 Sünner, ZHR 163 (1999), 364, 374; MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 16; siehe hierzu auch Kapitel 1 C. I. 3. a). 57 Siehe hierzu bereits Kapitel 1 C. I. 4. a). 58 Hüffer, AktG, § 142 Rn. 8, m.w. N. 59 Für Gründungsvorgänge besteht dagegen bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs keine zeitliche Beschränkung. 60 Zur Börsennotierung siehe § 3 Abs. 2 AktG. 61 Vor In-Kraft-Treten des Restrukturierungsgesetzes betrug die Frist für börsennotierte und nicht börsennotierte Gesellschaften einheitlich fünf Jahre; mit der Fristverlängerung für börsennotierte Gesellschaften wollte der Gesetzgeber einen Gleichklang zu den neugeregelten Verjährungsvorschriften für Ansprüche nach §§ 93, 116 AktG schaffen. Zur Kritik an dieser Regelung siehe DAV-Stellungnahme zum Restrukturierungsgesetz, NZG 2010, 897 f. 62 Relevanz kann der Fünf-Jahres-Schranke für nicht börsennotierte Gesellschaften allerdings dann zukommen, wenn deliktische Schadenersatzansprüche in Frage stehen, für die zwar gemäß § 195 BGB die dreijährige Regelverjährungsfrist gilt, diese aber mangels Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis der Gesellschaft unter Umständen erst wesentlich später zu laufen beginnt, und eine Verjährung ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis erst nach 10 Jahren eintritt, § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB.

B. Die aktienrechtlichen Sonderprüfungen

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3. Auswahl der Sonderprüfer, Rechte der Sonderprüfer und Berichtspflichten Die Sonderprüfung ermöglicht eine aperiodische Überprüfung des Sonderprüfungsgegenstandes durch sachverständige63 und unparteiische64 externe Prüfer, die über weitreichende Prüfungskompetenzen und Berichtspflichten verfügen.65 Für die Verantwortlichkeit der Sonderprüfer verweist § 144 AktG auf die für Abschlussprüfer geltende Vorschrift des § 323 HGB und verpflichtet diese damit gegenüber der Gesellschaft zur unparteiischen und gewissenhaften Prüfung, zur Verschwiegenheit, zur Beachtung des Verbots der unbefugten Verwertung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen und zur Schadenersatzpflicht bei schuldhafter Pflichtverletzung.66 § 145 Abs. 1–3 AktG verleiht den Sonderprüfern weitreichende Einsichts-, Prüfungs- und Auskunftsrechte. Sie können die Bücher und Schriften der Gesellschaft und die Vermögensgegenstände prüfen (§ 145 Abs. 1 AktG) und von den Mitgliedern des Vorstands und des Aufsichtsrats alle Aufklärungen und Nachweise verlangen, welche zur sorgfältigen Prüfung der Vorgänge notwendig sind (§ 145 Abs. 2 AktG). Dieselben Rechte stehen ihnen gegen die Verwaltungsmitglieder eines herrschenden oder abhängigen Unternehmens i. S. v. § 17 AktG zu (§ 145 Abs. 3 AktG).67 Bemerkenswert hierbei ist, dass keinerlei „Geheimnisschutz“ gegenüber den Sonderprüfern existiert68 und dass das Prüfungsrecht 63 Als Sonderprüfer sollen gemäß § 143 AktG nur solche Personen bzw. Prüfungsgesellschaften bestellt werden, die ausreichende Vorbildung und Erfahrung in der Buchführung besitzen, soweit der Prüfungsgegenstand keine anderweitige Spezialkenntnis erfordert. Siehe zu den fachlichen und persönlichen Eignungsanforderungen an die Person des Sonderprüfers nur Hüffer, AktG, § 143 Rn. 1 ff. 64 § 143 Abs. 2 AktG stellt über die Verweisung auf die für Abschlussprüfer geltenden Ausschlussgründe der §§ 319 Abs. 2, 3, 4, 319a Abs. 1 HGB darüber hinaus Bestellungsverbote für solche Personen und Prüfungsgesellschaften auf, von denen die erforderliche Unbefangenheit der Gesellschaft gegenüber üblicherweise nicht zu erwarten ist, Hüffer, AktG, § 143 Rn. 1. Siehe zu den einzelnen Ausschlussgründen und weiteren Befangenheitsgründen nur GemK-Marsch-Barner, HGB, § 319 Rn. 3 ff., § 319a Rn. 3 ff. 65 Jänig, Sonderprüfung, S. 29. 66 Siehe hierzu im Einzelnen auch GK-Habersack/Schürnbrand, HGB, § 323 Rn. 9 ff.; sowie Jänig, Sonderprüfung, S. 378 ff.; Kirschner, Sonderprüfung, S. 149 ff. 67 Zu den Prüfungs- und Auskunftsrechten der Sonderprüfer und den korrespondierenden Pflichten der Verwaltungsmitglieder im Einzelnen Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 145 Rn. 10 ff.; Jänig, Sonderprüfung, S. 357 ff.; Kirschner, Sonderprüfung, S. 227 ff.; Hüffer, ZHR 174 (2010), 642, 668 ff.; zur Lage im Konzern Schneider, AG 2008, 305, 309 ff. 68 Hüffer, AktG, § 145 Rn. 2. Das Prüfungsrecht der Sonderprüfer umfasst daher auch Tatsachen, die der Geheimhaltung des Vorstands unterliegen, AK-Wilsing/von der Linden, AktG, § 145 Rn. 4; Clemm/Lienau SchwAG 1984, 94, 97. Die auf einen Vorschlag von Baums, Gutachten F 257, ders., Bericht Regierungskommission, Rn. 144, zurückgehende, noch im Referentenentwurf UMAG, S. 5, 30, in § 145 Abs. 4 AktG

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Kap. 3: Informationsmöglichkeiten über mögliche Schadenersatzansprüche

nicht durch die zu prüfenden Vorgänge begrenzt ist.69 Auskunftspflichtig sind allerdings nur die aktuellen Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder, nicht dagegen ehemalige Verwaltungsmitglieder oder (leitende) Angestellte der Gesellschaft.70 Um die Prüfungsrechte der Sonderprüfer weiter zu verstärken, sollte de lege ferenda eine Ausdehnung der Auskunftsrechte über amtierende Verwaltungsmitglieder hinaus erwogen werden.71 Dies erscheint insbesondere dann sinnvoll, wenn Sachverhalte aufgearbeitet werden sollen, bei denen mögliche Pflichtwidrigkeiten ehemaliger Verwaltungsmitglieder im Raum stehen.72 Die Ergebnisse der Sonderprüfung sind in einem abschließenden Sonderprüfungsbericht nach § 145 Abs. 6 AktG festzuhalten. Dieser wird nach seiner Unterzeichnung dem Vorstand übergeben und zum Handelsregister des Gesellschaftssitzes eingereicht, wo er grundsätzlich gemäß § 9 HGB von jedermann eingesehen werden kann.73 Der Sonderprüfungsbericht ist außerdem als Tagesordnungspunkt bei Einberufung der nächsten Hauptversammlung bekanntzumachen. Auf Verlangen erhält außerdem jeder Aktionär eine Kopie des Prüfungsberichts.74 Durch dieses Publizitätserfordernis soll der Hauptversammlung ermöglicht werden, auf informierter Grundlage über geeignete Maßnahmen zu beschließen,75 etwa die Geltendmachung der Ersatzansprüche gegen das betrefRefE vorgesehene Möglichkeit, durch gerichtliche Ermächtigung auf Antrag des Vorstands die umfassenden Prüfungs- und Auskunftsrechte der Sonderprüfer zu beschränken, soweit überwiegende Gesellschaftsinteressen dies gebieten, wurde zu Recht nicht in das Aktienrecht übernommen. Hierdurch wäre den Sonderprüfern die Möglichkeit genommen worden, sich selbst ein objektives und umfassendes Bild zu machen; kritisch auch statt vieler Seibt, WM 2004, 2137, 2141; Diekmann/Leuernig, NZG 2004, 249, 252; Semler, AG 2005, 321, 334. Das Auskunfts- und Nachweisrecht endet jedoch dann, wenn sich die Verwaltungsmitglieder durch seine Befolgung strafbar machen würden; siehe hierzu MüKo-Schröer, AktG, § 145 Rn. 18; GK-Bezzenberger, AktG, § 145 Rn. 20; Bungert/Rothfuchs, DB 2011, 1677, 1681. 69 H.M., siehe nur Hüffer, AktG, § 145 Rn. 2; A/D/S, Rechnungslegung, §§ 142–146 Rn. 31; teilweise a. A. noch Baumbach/Hueck, AktG, § 145 Rn. 2. Die Ausübung des Einsichts- und Prüfungsrechts kann jedoch dann rechtsmissbräuchlich sein, wenn ein Zusammenhang mit dem Prüfungsgegenstand ausgeschlossen ist, siehe hierzu etwa GKBezzenberger, AktG, § 145 Rn. 16; Bungert/Rothfuchs, DB 2011, 1677 f. 70 MüKo-Schröer, AktG, § 145 Rn. 14 f.; Bungert/Rothfuchs, DB 2011, 1677 f., m.w. N. Ehemalige Organmitglieder können allerdings der Gesellschaft gegenüber aus nachwirkender organschaftlicher Treupflicht zur Auskunftserteilung verpflichtet sein, und (leitende) Angestellte können durch dienstliche Weisung durch den Vorstand hierzu verpflichtet werden; A/D/S, Rechnungslegung, §§ 142–146 Rn. 34; Hüffer, AktG, § 145 Rn. 3. 71 So Jänig, Sonderprüfung, S. 364 ff., m.w. N., mit überzeugenden Argumenten. 72 Jänig, Sonderprüfung, S. 366 f. 73 Kritisch im Bezug auf die durch die Registerpublizität ermöglichte Kenntniserlangung von Gesellschaftsinterna für Wettbewerber bereits v. Gleichenstein, BB 1956, 761, 764. 74 Zu Einführungsmöglichkeiten des Sonderprüfungsberichts in einen späteren Haftungsprozess siehe Jänig, Sonderprüfung, S. 409, m.w. N. 75 Hüffer, AktG, § 145 Rn. 1, 9.

B. Die aktienrechtlichen Sonderprüfungen

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fende Organmitglied gemäß § 147 AktG zu beschließen und gegebenenfalls hierzu einen besonderen Vertreter zu bestellen. In den Sonderprüfungsbericht sind grundsätzlich auch Tatsachen aufzunehmen, deren Bekanntwerden der Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen i. S. v. § 15 AktG nicht unerhebliche Nachteile zufügen könnte, wenn ihre Kenntnis zur Beurteilung des Vorgangs durch die Hauptversammlung erforderlich ist (§145 Abs. 6 S. 2 AktG).76 Auf Antrag des Vorstands kann das Gericht seit der UMAG-Reform allerdings (wieder)77 gestatten, dass bestimmte Tatsachen nicht in den Sonderprüfungsbericht aufgenommen werden müssen, wenn überwiegende Belange der Gesellschaft dies gebieten und sie zur Darlegung der Unredlichkeiten oder groben Gesetzes- oder Satzungsverletzungen nicht unerlässlich sind (§ 145 Abs. 4 AktG).78 Hierdurch sollen das berechtigte Interesse der Aktionäre an einer umfassenden Berichterstattung und das gleichfalls berechtigte Geheimhaltungsinteresse der Gesellschaft in Einklang gebracht werden.79 Diese Neuregelung ist zu begrüßen, ermöglicht sie doch in vielen Fällen der Gesellschaft einen Schutz vor Preisgabe ihrer Geschäftsgeheimnisse. Allerdings greift dieser Schutz nach dem Wortlaut des § 145 Abs. 4 AktG nur bei der Beantragung der gerichtlichen Bestellung von Sonderprüfern.80 De lege ferenda sollte diese Möglichkeit auch bei einer Bestellung von Sonderprüfern durch die Hauptversammlung eingeführt werden.81 Dem Interesse der Aktionäre an einer umfassenden Berichterstattung wird allerdings stets dann der Vorrang eingeräumt, wenn die für die Gesellschaft nachteiligen Tatsachen zur Beurteilung der Frage, ob Unredlichkeiten oder grobe Pflichtverletzungen vorgekommen sind, unverzichtbar sind. Missbräuchlichen Anträgen,82 die nur dazu dienen sollen, Ge-

76 Hüffer, AktG, § 145 Rn. 7. Zu den Anforderungen an den Sonderprüfungsbericht und zu den Modalitäten der gerichtlichen Gestattung der Nicht-Aufnahme bestimmter für die Gesellschaft nachteiliger Tatsachen in den Prüfungsbericht siehe § 145 Abs. 4–6 AktG sowie Hüffer, AktG, § 145 Rn. 6 ff.; König, Berichterstattung, S. 76 ff., 158 ff. 77 Zur historischen Entwicklung der Schutzklausel im deutschen Aktienrecht siehe Jänig, Sonderprüfung, S. 391 ff., insbes. S. 398, ders., BB 2005, 949, 953, jeweils m.w. N. 78 Über diesen Antrag entscheidet das Gericht, welches auch für den Antrag auf Bestellung von (anderen) Sonderprüfern auf Antrag einer Aktionärsminderheit nach § 142 Abs. 2, 4 AktG zuständig ist, im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§ 145 Abs. 5 AktG). Zum Grad der Darlegungslast siehe Holzborn/Bunnemann, BKR 2005, 51, 55; näher zum Kriterium der Unerlässlichkeit Kirschner, Sonderprüfung, S. 322 f.; LG Hamburg, BeckRS 2009, 13900. 79 So auch Jänig, BB 2005, 949, 953; ders., Sonderprüfung, S. 391, 396 ff. (zur Rechtslage vor der UMAG-Reform). 80 Spindler, NZG 2005, 865, 871; Bürgers/Körber-Holzborn/Jänig, AktG, § 145 Rn. 12. 81 Ähnlich auch Kirschner, Sonderprüfung, S. 335 f. 82 Zur Frage des Rechtsmissbrauchs siehe noch Kapitel 3 B. I. 6. i).

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Kap. 3: Informationsmöglichkeiten über mögliche Schadenersatzansprüche

schäftsgeheimnisse der Gesellschaft auszuforschen,83 wird durch diese Schutzklausel jedoch regelmäßig entgegengewirkt werden können. 4. Die Bedeutung der allgemeinen Sonderprüfung in der bisherigen Rechtspraxis; Reformvorschläge und Spannungsfeld Obwohl die Sonderprüfung die wohl umfassendste und objektivste Sachverhaltsaufklärung für die Vorbereitung von Haftungsklagen ermöglicht,84 hat sie, zumindest vor der UMAG-Reform, in der Rechtspraxis nur wenig Bedeutung erlangt.85 In den letzten Jahren vor der UMAG-Reform erfolgte vor dem Hintergrund verschiedener Aktienmarktskandale und der Corporate-Governance-Diskussion allerdings bereits eine gewissen Zunahme von Sonderprüfungen.86 Die Gründe für die in der Vergangenheit relativ seltene Durchführung von Sonderprüfungen sind vielfältig. In erster Linie wurde hierfür die Schwierigkeit genannt, eine Hauptversammlungsmehrheit zu erlangen bzw. den gemäß § 142 Abs. 2 AktG 1998 erforderlichen Schwellenwert für eine Beantragung der gerichtlichen Bestellung von Sonderprüfung zu erreichen.87 Im letzteren Fall müssen, wie noch ausgeführt werden wird, zusätzlich Tatsachen, die den Verdacht einer qualifizierten Pflichtverletzung rechtfertigen, dargelegt werden.88 Als weiterer Grund wird teilweise angeführt, dass der Gesellschaft aus der Publizität des Sonderprüfungsberichts Nachteile erwachsen könnten, was zum einen die Verwaltungsorgane zögern lasse, der Hauptversammlung eine Bestellung von Sonderprüfern vorzuschlagen, zum anderen aber auch Aktionäre davon abhalte, eine solche Sonderprüfung zu beantragen.89 83 Regierungsbegründung UMAG, S. 19; Göz/Holzborn, WM 2006, 157, 158; Kolb, DZWIR 2006, 50, 52; Spindler, NZG 2005, 865, 871. 84 So auch Semler, AG 2005, 331, 334; vgl. auch Spindler, NZG 2010, 281; Kirschner, Sonderprüfung, S. 6, 8 ff.; Bork, Handbuch Corporate Governance, S. 743, 745. 85 Spindler, NZG 2010, 281 spricht insoweit von einem „Mauerblümchendasein“. Zur praktischen Bedeutungslosigkeit der Sonderprüfung siehe auch ausführlich Habersack, in: FS Wiedemann, S. 889 f.; vgl. auch die Einschätzung bei GK-Bezzenberger, AktG, § 142 Rn. 9; Forum Europaeum Konzernrecht, ZGR 1998, 672, 717. Zu den in der Vergangenheit durchgeführten Sonderprüfungen siehe Jänig, Sonderprüfung, S. 436 ff., zu den zwischen 1893 und 2004 beantragten bzw. durchgeführten Sonderprüfungen nach §§ 142 ff. AktG sowie § 315 AktG. 86 Jänig, BB 2005, 949; Nachweise zu Hauptversammlungen mit Sonderprüfungsanträgen u. a. bei AK-Wilsing/von der Linden, AktG, § 142 Rn. 8; Duve/Basak, BB 2006, 1345; Wilsing/Neumann, DB 2006, 31, 32; zur historischen Entwicklung siehe bereits Kapitel 1 B. VI. 87 Hierauf vor allem abstellend MüKo-Schröer, AktG, § 142 Rn. 10; Fleischer, RIW 2000, 809 f.; Habersack, in: FS Wiedemann, S. 889 f. 88 MüKo-Schröer, AktG, § 142 Rn. 10. 89 Forster, AG 1962, 233, 235 f.; Habersack, in: FS Wiedemann, S. 889 f. (abstellend auf das Verhalten der Verwaltungsmitglieder und der Aktionäre); Fleischer, RIW 2000, 809 f. (abstellend auf das Handeln der Verwaltungsmitglieder).

B. Die aktienrechtlichen Sonderprüfungen

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Nach allgemeiner Meinung lag damit, zumindest bis zum Zeitpunkt der UMAG-Reform, der Schwerpunkt dieses Rechtsinstituts nicht auf der Durchführungsmöglichkeit im Einzelfall und damit auf der tatsächlichen Aufklärung begangener Pflichtwidrigkeiten, sondern auf seiner präventiven Wirkung als „fleet in being“.90 Den Verwaltungsmitgliedern soll insbesondere durch das Minderheitsrecht gemäß § 142 Abs. 2 AktG deutlich gemacht werden, dass selbst eine Aktionärsmehrheit die Bestellung von Sonderprüfern und damit die Aufklärung der tatsächlichen Grundlagen von Ersatzansprüchen ebenso wenig verhindern kann, wie deren anschließende Geltendmachung.91 Die Effektivität dieser Präventivwirkung hängt allerdings entscheidend davon ab, wie diese Aktionärsrechte in der Praxis ausgestaltet sind.92 Zum anderen war Aktionären, die dieses Rechtsinstitut „repressiv“ zur Aufklärung der tatsächlichen Grundlagen für vermutete Pflichtverletzungen und damit zur Vorbereitung eines bis zur UMAG-Reform einzig möglichen Geltendmachungserzwingungsverfahrens gemäß § 147 Abs. 1, 3 AktG 1998 nutzen wollten, mit dieser Präventivwirkung alleine nicht geholfen. Andererseits ist das Rechtsinstitut der Sonderprüfung für die Gesellschaft meistens mit erheblichem Aufwand, Kosten,93 und wegen der in § 145 Abs. 6 AktG geregelten Publizitätspflichten und des grundsätzlichen Erfordernisses der Offenlegung von Gesellschaftsinterna nicht selten auch mit Reputationsverlust und Wettbewerbsnachteilen verbunden.94 Daher hat eine durchzuführende Sonderprüfung oftmals einen erheblichen Lästigkeitswert für die Gesellschaft,95 so dass Missbräuche des Sonderprüfungsrechts nicht ausgeschlossen werden können.96 90 Allg. Ansicht, vgl. nur Seibt, WM 2004, 2137; Hüffer, AktG, § 142 Rn. 1; HöltersHirschmann, AktG, § 142 Rn. 5; A/D/S, Rechnungslegung, §§ 142–146 Rn. 3; MüKoSchröer, AktG, § 142 Rn. 4; Ziemons, in: Handbuch der AG, Rz. I 11.13; Fleischer, RIW 2000, 809 f. 91 Habersack, in: FS Wiedemann, S. 889, 893, Fleischer, RIW 2000, 809 f., Seibt, WM 2004, 2137, jeweils m.w. N. 92 Kritisch zur Präventivwirkung auch Jänig, Sonderprüfung, S. 200 f., m.w. N. 93 Siehe hierzu noch Kapitel 3 B. I. 6. h). 94 Insoweit können der Gesellschaft ähnliche Beeinträchtigungen entstehen wie im Falle eines durchgeführten Klagezulassungs- oder Klageverfahrens. Siehe hierzu bereits Kapitel 1 B. V. 2. b). Siehe hierzu noch Kapitel 3 B. I. 6. e) aa) und insbesondere die Nachweise in Kap. 3, Fn. 181. 95 Hüffer, AktG, § 142 Rn. 25; Trölitzsch/Gunßer, AG 2008, 833. 96 Siehe auch die Einschätzung von Wilsing/Ogorek, GWR 2009, 75: „scharfe(s) Schwert in den Händen professioneller Minderheitsaktionäre“. Als Missbrauchsanreize sind bei der Sonderprüfung neben den sogenannten „Abkauf-Fällen“ insbesondere auch das Ausforschen von Geschäftsgeheimnissen denkbar sowie das Aufbauen von Druckpotential, um Einfluss auf die Unternehmenspolitik zu nehmen. Siehe zu den Missbrauchsanreizen bei der Sonderprüfung auch Marsch-Barner, 63. DJT, O 68; speziell zum Druckpotential Duve/Basak, 2006, 1345 f.; zu einem Missbrauchsfall aus der Rechtspraxis auch AG Düsseldorf, ZIP 1988, 970 ff. (Feldmühle), sowie die Besprechungen hierzu bei Hirte, ZIP 1988, 953 ff.; Emmerich, WuB II A, § 142 AktG 1.89; sowie zum Rechtsmissbrauch bei der Sonderprüfung Kapitel 3 B. I. 6. i).

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Kap. 3: Informationsmöglichkeiten über mögliche Schadenersatzansprüche

Der Gesetzgeber hatte bei der Reformierung des Rechts der Sonderprüfung damit das gleiche Spannungsfeld wie bei Reformierung der Aktionärsverfolgungsrechte gemäß § 147 ff. AktG zu beachten.97 Einerseits wollte er eine möglichst effektive Informationsmöglichkeit schaffen und damit einen wirksamen Minderheitsschutz gewährleisten, andererseits sollten jedoch wirksame Vorkehrungen gegen Missbräuche geschaffen und die Handlungsfähigkeit der Verwaltungsorgane sichergestellt werden.98 Nachdem sich der 63. Deutsche Juristentag99 und die Regierungskommission Corporate Governance100 für eine grundlegende Reform des Sonderprüfungsrechts ausgesprochen hatten, hat der Gesetzgeber das Recht der Sonderprüfung im Zuge der UMAG-Reform reformiert und insbesondere das für den Antrag auf gerichtliche Bestellung von Sonderprüfung erforderliche Quorum erheblich herabgesetzt. Hierdurch sollte diesem Rechtsinstitut zu mehr praktischer Wirksamkeit verholfen und gleichzeitig Missbräuchen vorgebeugt werden. Im Zuge der Absenkung des Quorums wurde teilweise mit einer signifikanten Zunahme von Sonderprüfungsanträgen gerechnet.101 Erste Untersuchungen ergeben in der Tat eine gestiegene Anzahl von Sonderprüfungsanträgen auf Hauptversammlungen und korrespondierend hierzu eine erhöhte Zahl von Anträgen auf gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern gemäß § 142 Abs. 2 AktG.102 Nachfolgend werden die Voraussetzungen und Grenzen für die Bestellung von Sonderprüfern durch die Hauptversammlung und durch das Gericht dargestellt und die praktische Wirksamkeit dieses Rechtsinstituts als Informationsinstrument im Vorfeld der Ausübung von Aktionärsverfolgungsrechten untersucht. Der 97

Siehe hierzu bereits Kapitel 1 B. V. Seibt, WM 2004, 2137, 2138. Siehe zu diesem Spannungsfeld bereits Kapitel 1 B. V. 99 Baums, Gutachten F 256 f. 100 Baums, Bericht Regierungskommission, Rn. 144. 101 Vgl. nur AK-Wilsing/Neumann, AktG, 2. Aufl., § 142 Rn. 4; jeweils kritisch auch Hüffer, AktG, § 142 Rn. 22; ders., ZHR 174 (2010), 642, 651; DAV-Stellungnahme zum RefE UMAG, NZG 2004, 555, 559. 102 Trölitzsch/Gunßer, AG 2008, 833; Hüffer, ZHR 174 (2010), 642, 645, 657; siehe auch die entsprechenden Einschätzungen von von der Linden, GWR 2010, 297; Spindler, NZG 2010, 281; Müller-Michaels/Wingerter, AG 2010, 903 ff.; Bungert, in: Handbuch Managerhaftung, S. 363, 365; Bungert/Rothfuchs, DB 2011, 1677; AK-Wilsing/ von der Linden, AktG, § 142 Rn. 8; in diese Richtung auch Lutter, in: FS Schneider, S. 763 f.; anders dagegen Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 142 Rn. 8, m.w. N., der von einer „kaum (. . .) tatsächlichen Erhöhung“ spricht; einschränkend auch Hölters-Hirschmann, AktG, § 142 Rn. 8; anders wohl auch Hellwig, in: FS Maier-Reimer, S. 214; Bayer/Hoffmann, AG 2012, R 272 ff. weisen daraufhin, dass es kein aktuelles Zahlenmaterial gebe, um die praktische Relevanz von Sonderprüfungen bewerten zu können; zu der in jüngster Zeit ergangenen Rechtsprechung zu Anträgen auf gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern siehe nur OLG Stuttgart, NZG 2010, 864 ff.; OLG München, NZG 2010, 866 f.; OLG München, WM 2010, 1035 ff.; OLG München, AG 2010, 840 f.; OLG Düsseldorf, AG 2010 126 ff.; OLG Köln, ZIP 2010, 1799 f.; LG Hamburg, BeckRS 2009, 13900; OLG Frankfurt/Main, NJW-RR 2009, 1411. 98

B. Die aktienrechtlichen Sonderprüfungen

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Schwerpunkt wird hierbei, seiner Bedeutung entsprechend, auf das Minderheitsrecht gemäß § 142 Abs. 2 AktG gelegt. 5. Bestellung von Sonderprüfern durch die Hauptversammlung gemäß §§ 119 Abs. 1 Nr. 7, 142 Abs. 1 AktG Nach der gesetzlichen Konzeption des § 142 AktG ist die Hauptversammlung vorrangig103 für die Bestellung von Sonderprüfern zuständig. Erst wenn diese die Bestellung von Sonderprüfern abgelehnt hat, kann eine qualifizierte Aktionärsminderheit unter den Voraussetzungen des § 142 Abs. 2 AktG die gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern verlangen. Die Bestellung der Sonderprüfer erfolgt durch einen Beschluss der Hauptversammlung, für den die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen zwingend ausreicht (§§ 23 Abs. 5, 133 Abs. 1, 142 Abs. 1 S. 1 AktG).104 a) Beschlussinhalt Der Hauptversammlungsbeschluss muss den Prüfungsgegenstand eingrenzen und bestimmen und die Sonderprüfer namentlich benennen.105 b) Antrag auf Beschlussfassung durch jeden Aktionär Die Beschlussfassung über die Bestellung von Sonderprüfern setzt zunächst einen entsprechenden Beschlussantrag voraus. Dieser kann entweder von der Verwaltung der Gesellschaft selbst gestellt werden106 oder, wie es bei Anträgen auf Bestellung von Sonderprüfern nicht selten der Fall sein wird, durch einen oder mehrere teilnahmeberechtigte Aktionäre auf der Hauptversammlung. Wie bereits aufgezeigt, setzt eine ordnungsgemäße Beschlussfassung grundsätzlich voraus, dass der Tagesordnungsgegenstand ordnungsgemäß bekannt gemacht 103 Die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und Aktiengesellschaften vom 7. März 1884, abgedruckt bei Schubert/Hommelhoff, Hundert Jahre modernes Aktienrecht, S. 471 ging von einer „naturgemäßen“ vorrangigen Hauptversammlungszuständigkeit aus. Kritisch hierzu mit Vorschlägen de lege ferenda dagegen Jänig, Sonderprüfung, S. 248 ff., 321. Siehe hierzu auch noch Kapitel 3 B. I. 6. c) dd). 104 Zu den Einzelheiten der Bestellung von Sonderprüfern durch die Hauptversammlung und einer etwaigen Aufhebung dieser Bestellung sowie zur Abschlusskompetenz und Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses mit den Sonderprüfern siehe ausführlich MüKo-Schröer, AktG, § 142 Rn. 33 ff., 43 ff., 82 ff., 89 ff., jeweils m.w. N. 105 Eine Delegation der Bestellung der Sonderprüfer auf den Vorstand ist nach vorzugswürdiger ganz h. M. nicht möglich, da andernfalls die Gefahr von Interessenkonflikten bestünde, vgl. nur Hüffer, AktG, § 142 Rn. 10, m.w. N.; a. A. dagegen noch Baumbach/Hueck, AktG, § 142 Rn. 6. 106 Siehe hierzu auch Hüffer, AktG, § 124 Rn. 12.

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Kap. 3: Informationsmöglichkeiten über mögliche Schadenersatzansprüche

worden ist (§§ 124 Abs. 4 S. 1, 124 Abs. 1 S. 1, 2 AktG).107 Die Bestellung von Sonderprüfern ist daher grundsätzlich als besonderer Beschlussgegenstand der Tagesordnung im Rahmen der Einladung zur Hauptversammlung oder als Aktionärsbegehren anzukündigen. Setzt nicht die Verwaltung selbst die Bestellung von Sonderprüfung auf die Tagesordnung, etwa um entsprechende Vorwürfe pflichtwidrigen Verhaltens glaubhaft zu entkräften, sind die Aktionäre auf ihre Rechte auf Einberufung der Hauptversammlung bzw. auf Ergänzung der Tagesordnung gemäß § 122 AktG angewiesen.108 Eine besondere Ankündigung zur Tagesordnung ist allerdings dann entbehrlich, wenn der Antrag auf Bestellung von Sonderprüfern als sachlich ergänzender Antrag zu einem anderen, ordnungsgemäß bekannt gemachten Tagesordnungspunkt anzusehen ist (§ 124 Abs. 4 S. 2 2. Alt AktG). In Betracht hierfür kommt insbesondere der Tagesordnungspunkt „Entlastung der Mitglieder des Vorstands bzw. des Aufsichtsrats“,109 sofern die zu prüfenden Vorgänge in den jeweiligen Entlastungszeitraum fallen oder sich auf diesen auswirken.110 c) Stimmverbot gemäß § 142 Abs. 1 S. 2, 3 AktG Um zu vermeiden, dass Sonderinteressen einzelner Aktionäre auf die Willensbildung der Hauptversammlung durchschlagen,111 stellt das Aktiengesetz in § 142 Abs. 1 S. 2, 3 AktG zwei gegenüber dem allgemeinen Stimmverbot des § 136 Abs. 1 S. 1, 2 AktG112 erweiterte Stimmverbote auf. Ein Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglied darf weder für sich noch für andere das Stimmrecht ausüben oder durch Dritte ausüben lassen, wenn sich die Sonderprüfung auf Vorgänge erstrecken soll, die mit der Entlastung (irgend-)eines Verwaltungsmitglieds oder der Einleitung eines Rechtsstreits zwischen der Gesellschaft und einem Verwaltungsmitglied in Zusammenhang stehen (§ 142 Abs. 1 S. 2, 3 AktG). Dieses Stimmverbot greift damit bereits dann ein, wenn nur ein Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglied an dem entsprechenden Vorgang beteiligt war, und erstreckt sich in diesem Fall auf alle Verwaltungsmitglieder beider Organe.113 Aus dem Sinn 107

Siehe hierzu bereits Kapitel 2 B. II. 1. MüKo-Schröer, AktG, § 142 Rn. 31. Siehe hierzu bereits Kapitel 2 B. II. 1. Zur Problematik unterschiedlicher Quoren siehe Kapitel 3 B. I. 6. c). 109 Hüffer, AktG, § 124 Rn. 19; OLG Brandenburg, AG 2003, 328, 329. 110 MüKo-Schröer, AktG, § 142 Rn. 33. 111 OLG Hamm, BeckRS 2010, 24529; Hüffer, AktG, § 142 Rn. 13; MüKo-Schröer, AktG, § 142 Rn. 37. 112 Zur Reichweite des in § 136 Abs. 1 AktG enthaltenen Stimmverbots siehe nur Hüffer, AktG, § 136 Rn. 1 ff.; MüKo-Schröer, AktG, § 136 Rn. 1 ff. 113 MüKo-Schröer, AktG, § 142 Rn. 37; GK-Bezzenberger, AktG, § 142 Rn. 31, spricht insoweit von einem „gremienbezogenen Stimmverbot“; einschränkend mit gu108

B. Die aktienrechtlichen Sonderprüfungen

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und Zweck des Stimmverbots, mögliche Interessenkonflikte zu vermeiden, ergibt sich, dass nicht nur alle amtierenden, sondern auch alle ehemaligen Verwaltungsmitglieder betroffen sind, wenn der zu untersuchende Vorgang in ihrer Amtszeit stattfand.114 d) Sonstige Stimmrechtsausübungsbeschränkungen Aktionäre, die nicht zugleich Organmitglieder sind oder waren, werden auch dann nicht von dem Stimmverbot des § 142 Abs. 1 S. 2, 3 AktG umfasst, wenn sie beherrschenden Einfluss auf die Gesellschaft ausüben können.115 In diesem Fall dürften auch regelmäßig die allgemeinen Stimmverbote des § 136 Abs. 1 AktG ausscheiden.116 Soweit nicht ein bereits gefasster Hauptversammlungsbeschuss unter dem Gesichtspunkt des Verbots treuwidriger Stimmrechtsausübung (ausnahmsweise) wirksam angefochten werden könnte,117 ist die Aktionärsmin-

ten Gründen dagegen für den Fall, dass ein Aktionär und ehemaliges Vorstandsmitglied die Sonderprüfung beantragt LG Dortmund, AG 2009, 881, 883, wonach ein Stimmverbot in teleologischer Reduktion des § 142 Abs. 1 S. 2 AktG für Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder nur insoweit bestehen soll, als sie gegen die Bestellung von Sonderprüfern stimmen wollen; kritisch hierzu Petrovicki, GWR 2009, 319, unter anderem mit dem Hinweis auf die Unpraktikabilität, da man erst nach der tatsächlichen Stimmabgabe des Betroffenen beurteilen könne, ob ein Stimmverbot vorlag; gegen eine teleologische Reduktion auch OLG Hamm, BB 2010, 2851 f.; Soudry, GWR 2010, 526. 114 KK-Kronstein/Zöllner, 1. Aufl., § 142 Rn. 22; Hölters-Hirschmann, AktG, § 142 Rn. 23. Zu der Frage des „Durchschlagens“ eines Stimmverbots bei Aktien im Gemeinschaftsbesitz oder bei Aktien, die von Personen- oder Kapitalgesellschaften gehalten werden, an denen die Verwaltungsmitglieder ihrerseits beteiligt sind oder bei denen sie Mitglieder in den Geschäftsführungs- oder gegebenenfalls Aufsichtsorganen sind, siehe Reichsgericht, RGZ 146, 385, 391 f.; OLG Düsseldorf, AG 2006, 202, 205; Hüffer, AktG, § 142 Rn. 14, m.w. N. Nicht unter das Stimmverbot des § 142 Abs. 1 S. 2 AktG fallen dagegen nach LG München I, NZG 2010, 621, designierte Aufsichtsratsmitglieder vor Beginn ihrer Amtszeit. 115 LG München I, ZIP 2008, 2124 (HVB/UniCredito, Vorinstanz Hauptsacheverfahren Anfechtung squeeze out-Beschluss); MüKo-Schröer, AktG, § 142 Rn. 39; Bürgers/ Körber-Holzborn/Jänig, AktG, § 142 Rn. 10; Hüffer, § 142 Rn. 15; a. A. dagegen Bork, in: Handbuch Corporate Governance, S. 743, 751. 116 Näher hierzu Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 142 Rn. 30, m.w. N. zum Meinungsstand in der Rechtsprechung (Fn. 149); Ziemons, in: Handbuch der AG, Rz. I 11.33; Spindler/Stilz-Rieckers, AktG, § 136 Rn. 2, 12, 21, Kirschner, Sonderprüfung, S. 62 ff., die jeweils § 142 Abs. 1 S. 2, 3 AktG als lex specialis zu § 136 AktG ansehen; vgl. auch LG München I, ZIP 2008, 2124 (HVB/UniCredito, Vorinstanz Hauptsacheverfahren Anfechtung squeeze out-Beschluss); weiter dagegen Hüffer, AktG, § 142 Rn. 15, m.w. N. Ein solches Stimmverbot wird allenfalls in extremen Ausnahmefällen in Betracht kommen können; vgl. auch Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 142 Rn. 85; OLG Frankfurt/Main BeckRS 2006, 01987. 117 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 142 Rn. 30; die Anfechtung erfolgt in diesem Fall gemäß § 243 Abs. 1 AktG; siehe hierzu Hüffer, AktG, § 142 Rn. 15; kritisch dagegen MüKo-Schröer, AktG, § 142 Rn. 39.

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Kap. 3: Informationsmöglichkeiten über mögliche Schadenersatzansprüche

derheit in diesem Fall auf die Möglichkeit der gerichtlichen Bestellung von Sonderprüfern nach Maßgabe des § 142 Abs. 2 AktG verwiesen.118 e) Kosten der Sonderprüfung Das Aktiengesetz regelt, anders als für die gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern,119 nicht, wer bei einer Bestellung von Sonderprüfern durch die Hauptversammlung die Kosten der Sonderprüfung trägt. In diesem Fall ergibt sich die Verpflichtung der Gesellschaft zum Tragen der Prüfungskosten bereits aus allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen, d.h. aus dem mit den Sonderprüfern geschlossenen Vertrag.120 6. Gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern auf Antrag einer Aktionärsminderheit gemäß § 142 Abs. 2 AktG Nicht selten wird es wegen der bestehenden Mehrheitsverhältnisse oder des bereits beschriebenen passiven Verhaltens der Aktionäre auf der Hauptversammlung für Aktionärsminderheiten unmöglich sein, einen entsprechenden positiven Hauptversammlungsbeschluss über die Bestellung von Sonderprüfern herbeizuführen.121 Das Minderheitsrecht des § 142 Abs. 2 AktG ist daher für die praktische Wirksamkeit der allgemeinen Sonderprüfung von entscheidender Bedeutung. Dieses Minderheitsrecht ist allerdings, anders als das Recht der Hauptversammlung, an formelle und materielle Voraussetzungen gebunden.122 Liegen sie vor, bestellt das Gericht gemäß § 142 Abs. 2 S. 1 AktG einen oder mehrere Sonderprüfer und legt den entsprechenden Prüfungsauftrag fest.123 Anderenfalls weist es den Antrag ganz oder teilweise als unzulässig oder als unbegründet zurück. a) Zuständigkeit und Verfahrensart Das Landgericht des Gesellschaftssitzes,124 das gegebenenfalls durch die Kammer für Handelssachen entscheidet (§§ 14 AktG, 71 Abs. 2 Nr. 4b, 95 118 OLG Hamburg, AG 2003, 46, 48; OLG Hamburg, AG 1981, 193 f.; Hüffer, AktG, § 142 Rn. 15; MüKo-Schröer, AktG, § 142 Rn. 39. 119 Siehe hierzu die in § 146 AktG getroffene Kostenregelung sowie Kapitel 3 B. I. 6. h). 120 MüKo-Schröer, AktG, § 142 Rn. 88. 121 Nach Habersack, in: FS Wiedemann, S. 889, soll dem Antragsrecht nach § 142 Abs. 2 AktG vor allem in den Fällen Bedeutung zukommen, in denen die Aktionärsmehrheit hinter dem Verhalten der Organmitglieder steht; ähnlich auch bereits Woeste, AG 1957, 271. Eine weitere Schwierigkeit besteht aufgrund der rationalen Apathie. Siehe hierzu Kapitel 1 B. V. 7. 122 Jänig, Sonderprüfung, S. 252. 123 Hüffer, AktG, § 142 Rn. 32. 124 Im Falle eines Doppelsitzes entscheidet gemäß § 2 Abs. 1 FamFG dasjenige Gericht, welches zuerst tätig geworden ist.

B. Die aktienrechtlichen Sonderprüfungen

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Abs. 2 Nr. 2 GVG)125 ist für die gerichtliche Bestellung der Sonderprüfer sachlich und örtlich zuständig. Das Gericht wird im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit tätig (§ 142 Abs. 8 AktG). b) Antrag einer qualifizierten Aktionärsminderheit Der Antrag muss hinreichend bestimmt sein und von Aktionären gestellt werden, deren Anteile bei der Antragstellung zusammen mindestens 1% des Grundkapitals oder einen anteiligen Betrag von 100.000 EUR erreichen (§ 142 Abs. 2 S. 1 AktG).126 Im Zuge der UMAG-Reform wurde die bisher als zu hoch empfundene127 Beteiligungsschwelle von zuletzt 10% des Grundkapitals oder eines anteiligen Betrags von einer Million EUR128 erheblich gesenkt und an das neue Minderheitsquorum des § 148 Abs. 1 S. 1 AktG angepasst. Während die Anpassung an den Schwellenwert des § 148 Abs. 1 S. 1 AktG prinzipiell begrüßt wurde,129 wurde das Ausmaß der vorgenommenen Absen125 Vor der UMAG-Reform lag die Zuständigkeit für die Bestellung von Sonderprüfern gemäß § 145 Abs. 1 FGG a.F noch beim Amtsgericht des Gesellschaftssitzes; entsprechendes war noch im Referentenentwurf des UMAG vorgesehen. Auf vielfachen Wunsch seitens der Fachverbände und der Literatur wurde die Entscheidungszuständigkeit für Sonderprüfungsanträge nach § 142 Abs. 2 AktG durch das UMAG auf das Landgericht verlagert, was insbesondere angesichts der oftmals vielschichtigen Sachund Rechtsfragen im Zusammenhang mit Sonderprüfungsverlangen zu begrüßen ist; siehe hierzu nur Stellungnahme zum RefE UMAG, NZG 2004, 555, 559; Diekmann/ Leuernig, NZG 2004, 249, 252; Seibt, WM 2004, 2137, 2141; zur Möglichkeit der Verfahrenskonzentration auf ein Landgericht siehe § 71 Abs. 4 GVG. 126 Ebenso wie bei dem in § 148 Abs. 1 S. 1 AktG genannten Schwellenwert kann dieses Quorum von einem Aktionär alleine erreicht werden, oder mehrere Aktionäre können sich zur Erreichung dieses Schwellenwerts (gegebenenfalls über das Aktionärsforum) zusammenschließen. Die antragstellenden Aktionäre müssen außerdem nicht mit denen identisch sein, die auf der Hauptversammlung die Einsetzung von Sonderprüfern beantragt hatten; Ball/Haager, Sonderprüfungen, S. 52, m.w. N. 127 Baums, Bericht Regierungskommission, Rn. 144; ders., Gutachten F 247, 256, jeweils für die Absenkung auf ein Quorum von 1% des Grundkapitals oder Aktien zum Börsen- oder Marktwert von 100.000 EUR; Ulmer, ZHR 163 (1999) 290, 330 (Fn. 161), für ein solch niedriges Quorum nur bei gleichzeitiger Verschärfung der Antragsvoraussetzungen; Forum Europaeum Konzernrecht, ZGR 1998, 672, 719 (für ein Quorum von 5% des Grundkapitals oder Anteile im anteiligen Betrag von 500.000 ECU); Lutter, AG Sonderheft 1997, 52, 55 (für eine zweistufige Individualklagebefugnis); Götz, AG Sonderheft 1997, 38 f., 41 (für einen anteiligen Betrag von 500.000 DM); Jänig, Sonderprüfung, S. 260 f., 263 ff. (anteiliger Betrag von 250.000 EUR oder 100.000 EUR); kritisch gegenüber dem hohen Minderheitsquorum auch MüKo-Schröer, AktG, § 142 Rn. 10; Fleischer, RIW 2000, 809 f.; Habersack, in: FS Wiedemann, S. 889 f.; Kübler, AG Sonderheft 1997, 48 f.; Adams, AG Sonderheft 1997, 9 f.; Baums, AG Sonderheft 1997, 26 f. Kritisch gegenüber einer Absenkung des Schwellenwertes dagegen MarschBarner, 63. DJT, O 68 f. 128 Vgl. § 142 Abs. 2 S. 1 AktG 1998. 129 Siehe nur Diekmann/Leuernig, NZG 2004, 249, 252; Wilsing, ZIP 2004, 1082, 1089; Seibt, WM 2004, 2137, 2139; Jänig, BB 2005, 949. Zur Kritik an der bisherigen Quorendiskrepanz siehe bereits Kapitel 1 B. VI.

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Kap. 3: Informationsmöglichkeiten über mögliche Schadenersatzansprüche

kung teilweise erheblich kritisiert.130 In erster Linie erfolgte diese Kritik vor dem Hintergrund der ursprünglich im Referenten- und Regierungsentwurf vorgesehenen Anknüpfung an einen Börsenwert von 100.000 EUR.131 So wurde erwartet, dass sich die Sonderprüfung künftig zu einem „Standardinstrument der Informations- und Beweismittelbeschaffung“ entwickeln würde132 und es zu einer wahren Flut von Sonderprüfungsanträgen kommen würde. Durch die zu begrüßende Abkehr der Anknüpfung an den Börsenwert und durch die Anknüpfung an einen anteiligen Betrag von 100.000 EUR ist das absolute Minderheitsquorum de facto wesentlich erhöht worden.133 Das vorgebrachte Argument, die Sonderprüfung würde „(quasi) zu einem Recht des Einzelaktionärs“ 134 umgestaltet, dürfte daher nicht mehr gelten. Erste Untersuchungen zeigen zwar tatsächlich eine Zunahme von Anträgen auf gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern,135 von einer „Flut“ kann jedoch keine Rede sein. Unter Berücksichtigung der bereits beim Schwellenwert des § 148 Abs. 1 S. 1 AktG vorgenommenen Wertung136 erscheint dieser Schwellenwert auch beim Recht einer Aktionärsminderheit, die Bestellung von Sonderprüfern zu beantragen, sachgerecht. Zum einen steigt das wirtschaftliche Interesse an der Überprüfung von sonderprüfungsfähigen Vorgängen mit der Höhe der Beteiligung, zum anderem sollte eine Sonderprüfung wegen der erheblichen Belastung für die betroffene Gesellschaft ihren außerordentlichen Charakter bewahren.137 Ebenso wie das Quorum des § 148 Abs. 1 S. 1 AktG soll der identische Schwellenwert des 130 Siehe nur DAV-Stellungnahme zum RefE UMAG, NZG 2004, 555, 559; DAV-Stellungnahme zum RegE UMAG, NZG 2005, 388, 390; DAI, Stellungnahme UMAG, S. 13; BDI u. a., Gemeinsame Stellungnahme zum UMAG-RefE, S. 19; v. Rosen, BB 2004, Heft 48, VI; Seibt, WM 2004, 2137, 2139 (mit Verweis auf die höheren Quoren in anderen europäischen Staaten); Jahn, BB 2005, 5, 12; Diekmann/Leuernig, NZG 2004, 249 ff.; sowie bereits Marsch-Barner, 63. DJT, O 68 f. Kritisch auch nach Aufgabe der Anknüpfung an den Börsenwert, Hüffer, AktG, § 142 Rn. 22; Wilsing,/Neumann, DB 2006, 31 f.; abwartend dagegen noch Wilsing, ZIP 2004, 1082, 1090. 131 Die ursprünglich im Referenten- und im Regierungsentwurf vorgesehene Anknüpfung an einen Börsenwert von 100.000 EUR wurde auf Initiative des Rechtsausschusses, Beschlussempfehlung Rechtsausschuss zum UMAG, S. 13, zugunsten eines anteiligen Betrags wieder aufgegeben. Zur Kritik an dieser Anknüpfung an den Börsenwert siehe bereits Kapitel 2 D. III. 4. a). 132 Jahn, BB 2005, 5, 12, m.w. N.; Jänig, BB 2005, 949, m.w. N., unter Verweis auf einen Zeitungsbeitrag von Wilsing in FAZ v. 24.11.2004. 133 Seibert/Schütz, ZIP 2004, 252 f.; Wilsing, ZIP 2004, 1082, 1087; siehe hierzu auch Kapitel 2 D. III. 4. a). 134 Jänig, BB 2005, 949, 955; vgl. auch Kirschner, BB 2005, 1865 f. Nach Angaben des DAV haben bei großen Dax-30-Publikumsgesellschaften mehrere tausend Einzelaktionäre einen Anteilsbesitz im Börsenwert von mehr als 100.000 EUR; siehe hierzu DAV-Stellungnahme zum RefE UMAG, NZG 2004, 555, 560 mit Beispielen. 135 Siehe hierzu bereits Kapitel 3 B. I. 4. 136 Siehe hierzu Kapitel 2 D. III. 4. b). 137 So auch Jänig, Sonderprüfung, S. 262.

B. Die aktienrechtlichen Sonderprüfungen

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§ 142 Abs. 2 S. 1 AktG eine „Seriositätsschwelle“ darstellen. Ein wirksamer Missbrauchsschutz soll im Zusammenspiel mit weiteren Elementen, wie z. B. der materiellen Antragsvoraussetzung des Vorliegens von Verdachtstatsachen für Unredlichkeiten oder qualifizierte Pflichtverletzungen, gewährleistet werden. c) Ablehnender Beschluss der Hauptversammlung Das Gericht bestellt die Sonderprüfer gemäß § 142 Abs. 1 S. 1 AktG jedoch nur dann, wenn die Hauptversammlung zuvor einen Antrag auf Bestellung von Sonderprüfern abgelehnt hat. Diese zwingende „Vorbefassung“ der Hauptversammlung ist jedoch in mehrfacher Hinsicht problematisch und sollte de lege ferenda überdacht werden.138 Auch das Klagezulassungsverfahren gemäß § 148 AktG erfordert keine Vorbefassung, d.h. einen ablehnenden Beschluss der Hauptversammlung gemäß § 147 Abs. 1 AktG. In Fällen, in denen von vornherein feststeht, dass die Hauptversammlung einen Antrag ablehnen wird, stellt die zwingende Vorbefassung der Hauptversammlung oftmals lediglich eine lästige Formsache dar.139 In den Fällen, in denen der Antrag auf Beschlussfassung über die Bestellung von Sonderprüfern bekanntmachungspflichtig ist (§ 124 Abs. 1, 4 AktG), könnte das Festhalten an der Vorbefassung der Hauptversammlung unter Umständen zu einem Unterlaufen der Intention des Gesetzgebers führen, durch das Senken des Minderheitsquorums des § 142 Abs. 2 S. 1 AktG der Sonderprüfung zu mehr praktischer Wirksamkeit zu verhelfen. In diesen Fällen ist die Aktionärsminderheit in der Regel auf ihr Einberufungs- oder Tagesordnungsergänzungsrecht gemäß § 122 Abs. 1, 2 AktG beschränkt. Hierzu müssen sie wesentlich höhere Quoren erreichen (5% des Grundkapitals bzw. im Falle der Ergänzung der Tagesordnung einen anteiligen Betrag von 500.000 EUR), soweit nicht die Satzung jeweils ein geringeres Quorum vorsieht oder der Vorstand nicht „freiwillig“ dem Minderheitsverlangen gemäß § 122 Abs. 1 oder Abs. 2 AktG nachkommt, obwohl dieses das erforderliche Quorum nicht erreicht, etwa wenn er dies im Gesellschaftsinteresse für geboten hält.140 Erreichen Aktionärsminderheiten diese Quoren nicht und stellen dennoch einen entsprechenden Antrag auf der Hauptversammlung, wäre ein entsprechender Beschluss, soweit die Beschlussfassung vom Versammlungsleiter überhaupt zugelassen würde,141 anfechtbar.142

138 Vgl. ausführlich hierzu (mit Änderungsvorschlägen de lege ferenda) Jänig, Sonderprüfung, S. 248 ff., 294 ff.; siehe hierzu auch Kapitel 3 B. I. 6. c) dd). 139 Ausführlich zur generellen Kritik Jänig, Sonderprüfung, S. 248 ff. 140 Siehe hierzu GK-Werner, AktG, § 122 Rn. 3; MüKo-Schröer, AktG, § 142 Rn. 31. 141 Siehe hierzu noch Kapitel 3 B. I. 6. c) aa). 142 GK-Werner, AktG, § 124 Rn. 97.

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Kap. 3: Informationsmöglichkeiten über mögliche Schadenersatzansprüche

Vor der Senkung des Schwellenwertes für das Antragsrecht nach § 142 Abs. 2 AktG durch das UMAG stellte sich diese Problematik nicht, da der damalige Schwellenwert deutlich über dem für das Minderheitsverlangen gemäß § 122 Abs. 2 AktG erforderlichen Quorum lag. Vielmehr wurden die Minderheitsrechte des § 122 Abs. 1, 2 AktG gerade für den Antrag auf gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern gemäß § 142 Abs. 2 AktG als elementar angesehen. So hat z. B. Kubis143 zutreffend festgestellt, dass im Hinblick auf die Voraussetzung eines ablehnenden Hauptversammlungsbeschlusses für den Antrag auf gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern, die Herbeiführung eines solchen Hauptversammlungsbeschlusses gegen den Willen der Verwaltungsorgane erst über § 122 AktG möglich wird. Diese Problematik der Quorendiskrepanz hat der UMAG-Gesetzgeber offensichtlich nicht bedacht. Sie wird auch in der Literatur nur ganz vereinzelt diskutiert.144 Semler145 sieht darin eine durch den Gesetzgeber getroffene Unterscheidung zwischen einer „kleinen“ Aktionärsminderheit von insgesamt 1% des Grundkapitals oder eines anteiligen Betrags von 100.000 EUR und einer „großen“ Aktionärsminderheit von 5% des Grundkapitals oder eines anteiligen Betrags von 500.000 EUR. Die „kleine“ Minderheit sei danach auf die Fälle beschränkt, in denen der Antrag auf die Bestellung von Sonderprüfern nicht als besonderer Gegenstand der Tagesordnung bekannt gemacht werden muss, etwa weil er sich auf Vorgänge im Entlastungszeitraum bezieht, oder mit einem anderen Tagesordnungspunkt in Zusammenhang steht.146 Andernfalls bedürfe es nach Semler „eines besonderen unternehmerischen Interesses, das ein Kleinaktionär nicht allein verfolgen kann und wozu er auch nicht in die Lage versetzt werden muss“.147 Eine solche Unterscheidung lässt sich aus den Gesetzesmaterialien jedoch nicht entnehmen. Die Frage, ab welcher Beteiligungshöhe ein Aktionär zur Ausübung des Sonderprüfungsrechts berechtigt sein soll, ist vielmehr eine grundsätzliche, die an der Frage der Höhe des Quorums ansetzt.148 Der Gesetzgeber 143 MüKo-Kubis, AktG, § 122 Rn. 1 (vor der Absenkung des erforderlichen Schwellenwerts durch das UMAG). Ähnlich auch GK-Werner, AktG, § 122 Rn. 43, mit Verweis auf die Regierungsbegründung des AktG 1965, abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz, S. 170. 144 Generell (de lege ferenda) kritisch zum Erfordernis eines vorherigen Hauptversammlungsbeschlusses für das Minderheitsbegehren nach § 142 Abs. 2 AktG Jänig, Sonderprüfung, S. 249 ff., insbes. S. 258 f.; Schmidt/Lutter-Ziemons, AktG, § 122 Rn. 2 f., sieht zwar die Problematik, nimmt diese jedoch offensichtlich als gegeben hin. AK-Pluta, AktG, § 122 Rn. 22, will die Diskrepanz offenbar über eine freiwillige satzungsmäßige Erleichterung lösen. 145 Semler, AG 2005, 321, 335. 146 Semler, AG 2005, 321, 335. 147 Semler, AG 2005, 321, 335 mit Verweis auf die Ausführungen bei Seibt, WM 2004, 2137, 2139. 148 So trat vor der Gesetzesänderung u. a. Seibt, WM 2004, 2137, 2139, unter Berufung auf ein angeblich mangelndes unternehmerisches Interesse einer Aktionärsminderheit mit Anteilen, die einen Wert von lediglich 1% des Grundkapitals oder einen Börsenwert von 100.000 EUR haben, vehement für ein generell höheres Quorum (von 5%

B. Die aktienrechtlichen Sonderprüfungen

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hat diese Frage durch das UMAG jetzt im Sinne eines Schwellenwertes in Höhe von einer Beteiligungsquote von 1% des Grundkapitals oder einem anteiligen Betrag von 100.000 EUR entschieden, ohne dass sich hieraus eine Differenzierung nach bekanntmachungspflichtigen und bekanntmachungsfreien Sonderprüfungsanträgen entnehmen lässt.149 De lege lata ist daher nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen, um diesen Wertungswiderspruch aufzulösen. aa) Beschlussfassung trotz Bekanntmachungsfehler Zu denken wäre zunächst an eine Pflicht des Versammlungsleiters, auch einen nicht ordnungsgemäß bekannt gemachten Antrag zur Abstimmung zuzulassen. Ein derartig gefasster Beschluss wäre allerdings anfechtbar.150 Der Versammlungsleiter kann die Beschlussfassung dennoch zulassen, wenn er das Anfechtungsrisiko und die Nachteile, die der Gesellschaft durch ein Absehen von der Beschlussfassung drohen, gegeneinander abwägt und letztere überwiegen.151 Einen Anspruch auf Zulassung einer Beschlussfassung, die die Anfechtbarkeit des gefassten Beschlusses nach sich zieht, haben die Minderheitsaktionäre allerdings auch im Falle des in § 142 Abs. 2 S. 1 AktG vorgesehenen Minderheitsrechts nicht. Ebenso wenig, wie sie im Falle des Minderheitsverlangens nach § 122 Abs. 1, 2 AktG verlangen können, dass einem Einberufungs- oder Ergänzungsverlangen, das auf eine rechtlich unstatthafte Beschlussfassung gerichtet ist, entsprochen wird,152 können sie vom Versammlungsleiter die Fassung eines anfechtbaren Beschlusses verlangen und die Gesellschaft dadurch dem Kostenrisiko einer Anfechtungsklage aussetzen.153 bb) Entbehrlichkeit des ablehnenden Hauptversammlungsbeschlusses In der Rechtsprechung und vor allem in der aktienrechtlichen Literatur sind einige Fälle anerkannt, in denen das Erfordernis eines ablehnenden Hauptversammlungsbeschlusses für verzichtbar gehalten wird. So stellt z. B. das Reichsgericht154 dem ablehnenden Beschluss der Hauptversammlung den Fall gleich, dass die Bestellung von Sonderprüfern zwar zunächst beschlossen, dieser Beschluss in Anlehnung an § 327a Abs. 1 AktG und § 62 Abs. 1, 2 UmwG) bei börsennotierten Gesellschaften ein. 149 A. A. Semler, AG 2005, 321, 335. 150 GK-Werner, AktG, § 124 Rn. 97. 151 GK-Werner, AktG, § 124 Rn. 101; ders., in: FS Fleck, S. 401, 421. 152 GK-Werner, AktG, § 122 Rn. 25. 153 GK-Werner, AktG, § 122 Rn. 25 zu dem Fall der Unzulässigkeit eines Minderheitsverlangens, das auf eine rechtlich unstatthafte Beschlussfassung gerichtet ist; MüKo-Schröer, AktG, § 147 Rn. 29, für den Fall eines Antrags nach § 147 Abs. 1 AktG 1998. 154 Reichsgericht, RGZ 143, 401, 410; vgl. auch OLG Düsseldorf, AG 2010, 126.

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Kap. 3: Informationsmöglichkeiten über mögliche Schadenersatzansprüche

aber später aufgehoben wird. Weitere Fälle, in denen ein ablehnender Beschluss der Hauptversammlung als entbehrlich angesehen wird, sind solche, in denen die Hauptversammlung trotz ordnungsgemäßen Beschlussantrags ohne zwingenden Grund nicht über diesen beschließt, sondern diesen vertagt oder den Beschlussgegenstand von der Tagesordnung absetzt,155 oder der Hauptversammlungsbeschluss über die Bestellung von Sonderprüfern nichtig ist oder für nichtig erklärt wurde.156 In diesen Fällen soll es nicht auf einen wirksamen ablehnenden Hauptversammlungsbeschluss ankommen, sondern nur darauf, dass die Hauptversammlung die Gelegenheit, die Bestellung von Sonderprüfern wirksam zu beschließen, hat verstreichen lassen.157 Diese Fälle sind jedoch mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Im ersten und im dritten der oben genannten Fälle, lag zumindest zunächst ein Beschluss der Hauptversammlung vor, und der zweite Fall betrifft de facto die Vereitelung der Beschlussfassung durch Vertagung oder Absetzung von der Tagesordnung.158 In all diesen Fällen wurde das Minderheitsrecht des § 122 Abs. 1, 2 AktG (gegebenenfalls) bereits ordnungsgemäß ausgeübt, so dass es an einer vergleichbaren Fallgestaltung fehlt.159 cc) Analoge Anwendung des Schwellenwerts des § 142 Abs. 2 S. 1 AktG auf das Verlangen gemäß § 122 Abs. 1, 2 AktG Die besseren Gründe sprechen dafür, das Quorum des § 142 Abs. 2 S. 1 AktG analog auf das Tagesordnungsergänzungsverlangen bzw. das Verlangen auf Einberufung der Hauptversammlung gemäß § 122 Abs. 1, 2 AktG anzuwenden.160 Der Gesetzgeber hat bereits in der Gesetzesbegründung zum AktG 1965 zum Ausdruck gebracht, dass er die Minderheitsrechte gemäß § 122 AktG als zentral für die Möglichkeit der Herbeiführung eines ablehnenden Hauptversammlungsbeschlusses ansieht.161 Dafür, dass er seine Meinung im Zuge der UMAG-Reform geändert hat, bestehen keine Anhaltspunkte. Der Gesetzgeber wollte durch 155 Hüffer, AktG, § 142 Rn. 18, m.w. N.; ähnlich Clemm-Lienau, SchwAG 1984 S. 94, 96 (Fn. 19). 156 AK-Wilsing/von der Linden, AktG, § 142 Rn. 26. 157 MüKo-Schröer, AktG, § 142 Rn. 64; ähnlich auch Müller-Michaels/Wingerter, AG 2010, 903, 905. 158 MüKo-Schröer, AktG, § 142 Rn. 56, nimmt generell eine Vereitelung der Beschlussfassung auch dann an, wenn einem Tagesordnungsergänzungsverlangen zu Recht oder zu Unrecht nicht nachgekommen wurde. 159 Ähnlich auch Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 142 Rn. 117: „gerichtliche Anordnung (. . .) ist (. . .) dann möglich, wenn es im Rahmen der Hauptversammlung trotz ordnungsgemäßer Beschlussantragstellung nicht zu einer verbindlichen Anordnung der Sonderprüfung und Bestellung eines Sonderprüfers kommt“. 160 Anders wohl Kirschner, Sonderprüfung, S. 54, 78 f., 341 f., 361, der für eine Angleichung der Quoren des § 122 Abs. 1 und 2 an § 142 Abs. 2 AktG de lege ferenda plädiert. 161 Regierungsbegründung 1965, Kropff, Aktiengesetz, S. 170.

B. Die aktienrechtlichen Sonderprüfungen

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die Senkung der Schwellenwerte eine signifikante Erleichterung der Durchführung einer Sonderprüfung gerade durch Aktionärsminderheiten erreichen. Dass er dies durch die „Hintertür“ des § 122 Abs. 1, 2 AktG wieder einschränken wollte, scheint fernliegend. Der Gesetzgeber hat diese Auswirkungen im Rahmen der UMAG-Reform vielmehr nicht bedacht, was auf eine planmäßige Regelungslücke als Voraussetzung der Analogie schließen lässt.162 dd) Zusammenfassung, Wertung und Reformvorschläge Es erscheint generell bedenklich, am Erfordernis eines ablehnenden Beschlusses der Hauptversammlung für die Beantragung der Bestellung von Sonderprüfern durch das Gericht festzuhalten. In vielen Fällen wird es sich hierbei um einen reinen zeit- und kostenintensiven Formalismus handeln. De lege ferenda sollte daher die Streichung der zwingenden Vorbefassung der Hauptversammlung überdacht werden.163 Bis dahin sollte der Schwellenwert des § 142 Abs. 2 AktG in Fällen, in denen die Aktionärsminderheit, die die Bestellung von Sonderprüfern erreichen möchte, zwar das hierfür erforderliche Quorum gemäß § 142 Abs. 2 AktG erreicht, nicht jedoch die für das Verlangen auf Ergänzung der Tagesordnung oder für die Einberufung einer Hauptversammlung erforderlichen Schwellenwerte nach § 122 Abs. 1, 2 AktG, analog auf diese Rechte angewendet werden, um der Intention des Gesetzgebers, die Einleitung von Sonderprüfungen zu erleichtern, gerecht zu werden. Statt der zwingenden Vorbefassung der Hauptversammlung könnte de lege ferenda die Einführung eines sogenannten „demand“-Erfordernisses erwogen werden, d.h. die Verpflichtung, vor einem Antrag auf gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern zunächst die Gesellschaft zu einer Prüfung des beanstandeten Sachverhalts aufzufordern.164 Ein solches demand-Erfordernis ist nicht nur teilweise in anderen Rechtsordnungen für das Sonderprüfungsrecht vorgesehen,165 sondern seit der UMAG-Reform auch Voraussetzung für die Durchführung des Klagezulassungsverfahrens und gegebenenfalls für die anschließende Klageerhebung (§ 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, Abs. 4 S. 1 AktG). Durch eine solche vorhergehende Aufforderungspflicht könnte gegebenenfalls Ansehensverlusten der Gesell162 Allgemein zu den Voraussetzungen für eine Analogie Palandt-Sprau, BGB, Einl. Rn. 48. 163 De lege ferenda kritisch zum Erfordernis eines vorherigen Hauptversammlungsbeschlusses für das Minderheitsbegehren nach § 142 Abs. 2 AktG auch Jänig, Sonderprüfung, S. 249 ff., insbes. S. 258 f. 164 Für ein solches „demand“-Erfordernis treten unter anderem Seibt, WM 2004, 2137, 2140 f., Jänig, BB 2005, 949 f., und ders., Sonderprüfung S. 297 ff. ein; gegen die Einführung eines solchen Vorverfahrens dagegen Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 142 Rn. 18, der von unnötigem Formalismus spricht. 165 In Frankreich durch Art. 225–231 al. CC und in den Niederlanden in Art. 2: 349 (1) NBW; Nachweise bei Seibt, WM 2004, 2139, 2140.

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Kap. 3: Informationsmöglichkeiten über mögliche Schadenersatzansprüche

schaft vorgebeugt und gleichzeitig deutlich gemacht werden, dass die Sonderprüfung wie auch das Aktionärsverfolgungsrecht Folgen des „Systemversagens“ im aktienrechtlichen Kontrollsystem sind.166 d) Berechtigungsnachweis; geltende Rechtslage und Kritik Nach § 142 Abs. 2 S. 2 AktG müssen die Antragsteller nachweisen,167 dass sie seit mindestens drei Monaten vor dem Tag der Hauptversammlung, die die Bestellung von Sonderprüfern abgelehnt hat, Inhaber der Aktien sind168 und die Aktien bis zur Entscheidung über den Antrag halten.169 Hierbei reicht es aus, dass insgesamt ein Aktienbesitz nachgewiesen wird, der den in § 142 Abs. 1 S. 1 AktG geforderten Schwellenwert erreicht.170 Durch die Mindestbesitzzeit soll verhindert werden, dass Aktien nur zu dem Zweck erworben werden, um eine Sonderprüfung zu veranlassen.171 So soll Missbräuchen vorgebeugt werden.172 Diese starre Drei-Monats-Frist ist jedoch spätestens seit der Abschaffung der für die damaligen Geltendmachungserzwingungsrechte des § 147 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1, 2 AktG 1998 vorgesehenen dreimonatigen Mindestbesitzzeit nicht mehr überzeugend.173 Es leuchtet nicht ein, wieso ein Aktionär, der die Aktien zwar drei Monate vor dem Tag der Hauptversammlung, die den Antrag auf Bestellung von Sonderprüfern abgelehnt hat, aber erst nach einer Veröffentlichung i. S. v. 166 Seibt, WM 2004, 2137 f., 2140 f.; vgl. auch Jänig, BB 2005, 949 f.; ders., Sonderprüfung S. 297 ff. 167 Anders als für die bis zur UMAG-Reform erforderliche Glaubhaftmachung der Mindestbesitzzeit fordert § 142 Abs. 2 S. 2 AktG jetzt einen Nachweis dieser Antragsvoraussetzung; Hüffer, AktG, § 142 Rn. 23 f., m.w. N.; anders wohl Wilsing/Neumann, DB 2006, 31, 33, die eine eidesstattliche Versicherung anscheinend weiterhin zulassen wollen; vgl. auch OLG München, ZIP 2007, 1728, wonach die Versicherung der Antragsteller, die quorumsrelevanten Aktien bis zur Beendigung des gerichtlichen Verfahrens nicht zu veräußern, als Nachweis grundsätzlich nicht genügt. 168 Zur Zurechnung bestimmter Vorbesitzzeiten nach § 70 AktG siehe nur Hüffer, AktG, § 70 Rn. 1 ff., insbesondere Rn. 5. Näher zum Erfordernis der Mindestbesitzzeit u. a. MüKo-Schröer, AktG, § 142 Rn. 61 f. 169 Vor der UMAG-Reform war eine, vielfach kritisierte, Hinterlegung der Aktien bis zur Entscheidung über den Antrag erforderlich, § 142 Abs. 2 S. 2, 3 AktG 1998; zur Kritik am Hinterlegungserfordernis nach altem Recht siehe nur Jänig, Sonderprüfung, S. 290 f.; für die Beibehaltung dagegen Seibt, WM 2004, 2137, 2141. Bei Wegfall der Aktionärsstellung, etwa durch Verschmelzung oder nach Durchführung eines squeeze out entfällt die Antragsbefugnis; vgl. hierzu nur OLG Frankfurt/Main, NJW-RR 2009, 1411; OLG Stuttgart, NZG 2010, 866 f. 170 Hüffer, AktG, § 142 Rn. 23. 171 Hüffer, AktG, § 142 Rn. 23. 172 Allgemeine Ansicht, siehe nur GK-Bezzenberger, AktG, § 142 Rn. 49, Schmidt/ Lutter-Spindler, AktG, § 142 Rn. 42; Müller-Michaels/Wingerter, AG 2010, 903, 905, jeweils m.w. N. 173 So auch Jänig, Sonderprüfung, S. 292 f.; ders., BB 2005, 949, 951; a. A. Seibt, WM 2004, 2137, 2140.

B. Die aktienrechtlichen Sonderprüfungen

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§ 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG erworben hat, die gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern nach § 142 Abs. 2 AktG beantragen können soll, obwohl ihm ein (anschließendes) Klagezulassungsverfahren wegen der Schranke des § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG verwehrt ist. Andererseits ist, wie Jänig174 treffend ausführt, nicht überzeugend, wieso ein Aktionär, der kurz vor einer Veröffentlichung Aktien erwirbt, drei Monate bis zur Einleitung einer Sonderprüfung warten müsste. Die starre Mindestbesitzzeit sollte daher de lege ferenda abgeschafft und durch ein an die Kenntnis oder das Kennenmüssen der behaupteten Pflichtverstöße175 anknüpfendes Erfordernis ersetzt werden.176 e) Materielle Antragsvoraussetzungen aa) Verdachtstatsachen für eine Unredlichkeit oder grobe Verletzungen Das Gericht bestellt gemäß § 142 Abs. 2 S. 1 AktG nur dann Sonderprüfer, wenn Tatsachen vorliegen, die den Verdacht rechtfertigen, dass bei dem zu überprüfenden Vorgang Unredlichkeiten oder grobe Gesetzes- bzw. Satzungsverletzungen vorgekommen sind. Die Begriffe der Unredlichkeit und der groben Gesetzes- oder Satzungsverletzung sind bereits seit der Aktienrechtsreform 1884 im Sonderprüfungsrecht enthalten und entsprechen im Grundsatz denen, die in § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG als materielle Antragsvoraussetzung für das Klagezulassungsverfahren vorgesehen sind.177 Nach ständiger Rechtsprechung muss sich aus den vorgebrachten Tatsachen ein hinreichender Tatverdacht für eine Unredlichkeit oder eine grobe Gesetzes- oder Satzungsverletzung ergeben, d.h. diese müssen „denklogisch wahrscheinlich und nicht bloß nur möglich“ sein.178 Hierbei hat das Gericht nicht nur die vorgetragenen Tatsachen der Antragsteller zu berücksichtigen, sondern auch den Vortrag der Gesellschaft und des Aufsichtsrats.179 Wie aufgezeigt, sind diese Voraussetzungen grundsätzlich hoch. Ebenso wie für das (spätere) Klagezulassungsverfahren ist hierfür der Verdacht einer qualifi174

Jänig, Sonderprüfung, S. 293. Auf das Vorliegen eines Schadens kann dagegen im Rahmen des § 142 AktG nicht abgestellt werden, wie sich aus § 142 Abs. 2 AktG ergibt. 176 So auch Jänig, Sonderprüfung, S. 292 f. (abstellend auf die Veröffentlichung bzw. die individuelle Kenntnis). Siehe zu § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG, auch zu den Reformvorschlägen de lege ferenda bereits Kapitel 2 D. III. 6. f) dd). 177 Siehe hierzu bereits Kapitel 2 D. III. 8. a). 178 OLG München, AG 2011, 720; OLG München, WM 2010, 1035, 1037; OLG München, AG 2010, 840 f.; jeweils im Anschluss an MüKo-Schröer, AktG, § 142 Rn. 69; ähnlich OLG Köln, ZIP 2010, 1799 f.; OLG Stuttgart, NZG 2010, 864 f.; Bungert/Rothfuchs, DB 2011, 1677; enger dagegen Trölitzsch/Gunßer, AG 2008, 833, 836. 179 Vgl. nur OLG München, WM 2010, 1035, 1037; OLG München, AG 2010, 840 f.; OLG Stuttgart, NZG 2010, 864 f.; OLG Düsseldorf, AG 2010, 126 f.; Rothley, GWR 2010, 346. Zur Anhörungspflicht von Gesellschaft und Aufsichtsrat siehe Kapitel 3 B. I. 6. g). 175

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Kap. 3: Informationsmöglichkeiten über mögliche Schadenersatzansprüche

zierten Pflichtverletzung erforderlich. Die Beschränkung des Antrags auf Verdachtsfälle von Unredlichkeiten oder groben Gesetzes- oder Satzungsverletzungen ist vor dem Hintergrund des Hauptzwecks der Sonderprüfung, die Aufklärung der tatsächlichen Grundlagen von Ersatzansprüchen zu bewirken und so letztlich Aktionären die Durchsetzung von Ersatzansprüchen zu ermöglichen, konsequent.180 Das Aktionärsklageverfahren nach § 148 AktG ist ebenfalls auf Fälle qualifizierter Pflichtverletzungen beschränkt. Andererseits ist diese Beschränkung auch aus rechtspolitischer Sicht angebracht. Die Durchführung einer Sonderprüfung ist für die Gesellschaft oftmals kosten- und ressourcenintensiv und wird vielmals mit Ansehensverlusten einhergehen.181 Daher sollte sie, ähnlich wie das Aktionärsklageverfahren nach § 148 AktG, auf besonders gravierende (Ausnahme-)Fälle beschränkt bleiben. Eine Erleichterung im Vergleich zum Klagezulassungsverfahren besteht jedoch darin, dass – anders als im Klagezulassungsverfahren, in dem die Verdachtstatsachen dargelegt und bewiesen werden müssen – die Antragsteller im Rahmen des § 142 AktG diese Tatsachen lediglich behaupten, nicht jedoch beweisen oder glaubhaft machen müssen.182 Die vorgebrachten Tatsachen müssen die Unredlichkeit oder grobe Pflichtverletzung allerdings nach ständiger Rechtsprechung so weit indizieren, dass entweder nach Überzeugung des Gerichts hinreichende Verdachtsmomente gegeben sind, oder es sich zur Amtsermittlung nach § 26 FamFG veranlasst sieht.183 Die bloße Äußerung eines Verdachts oder einer Vermutung sowie unsubstantiierte Behauptungen genügen dafür allerdings nicht.184

180 So auch Spindler, NZG 2005, 865, 870; gegen die Beschränkung auf qualifizierte Pflichtverstöße dagegen (ebenso wie i. R.v. § 148 AktG) Seibt, WM 2004, 2137, 2140. 181 Vgl. hierzu nur Regierungsbegründung UMAG, S. 18; Trölitzsch/Gunßer, AG 2008, 883; Seibt, WM 2004, 2137; OLG Frankfurt/Main, AG 2011, 755 f., sowie bereits Kapitel 1 B. V. 2. b). 182 OLG Frankfurt/Main, AG 2011, 755 f. (Commerzbank/Dresdner Bank); OLG Düsseldorf, AG 2010, 126 f.; OLG München, AG 2008, 33, 35; Hüffer, AktG, § 142 Rn. 20; Müller-Michaels/Wingerter, AG 2010, 903, 906; Rothley, GWR, 2010, 346; a. A. wohl Seibt, WM 2004, 2137, 2140; zur Zulässigkeit der eidesstattlichen Versicherung als Mittel der Glaubhaftmachung OLG München, AG 2010, 840 f. 183 H.M., siehe nur (teilweise noch zur Vorgängervorschrift des § 12 FGG) OLG Frankfurt/Main, AG 2011, 755 f. (Commerzbank/Dresdner Bank), LG Stuttgart, AG 2008, 757, 759 (Ed Züblin, Vorinstanz), ähnlich OLG München, AG 2008, 33, 35; OLG Köln, ZIP 2010, 1799 f.; OLG München, WM 2010, 1035 f.; OLG Düsseldorf, AG 2010, 126 f.; Hüffer, AktG, § 142 Rn. 20; enger dagegen Horn, AG 1969, 369, 373 (zur Vorgängervorschrift des § 12 FGG). Vgl. zu den unterschiedlichen Verfahrensarten und den damit einhergehenden unterschiedlichen Darlegungs- und Beweiserfordernissen bereits Kapitel 2 D. III. 1. 184 Siehe nur OLG Frankfurt/Main, AG 2011, 755 f. (Commerzbank/Dresdner Bank); OLG Düsseldorf, AG 2010, 126 f.; LG Stuttgart, AG 2008, 757, 759 (Ed Züblin, Vorinstanz); vgl. zum Bestimmtheitserfordernis auch OLG Stuttgart, AG 2009, 169 ff. (Ed Züblin). Die jüngere Rechtsprechung betont unter Berufung auf die Regierungsbegründung UMAG, S. 18, dass an die Überzeugung des Gerichts zum Vorliegen der Ver-

B. Die aktienrechtlichen Sonderprüfungen

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Andererseits dürfen nach Sinn und Zweck der Sonderprüfung auch keine überhöhten Anforderungen an die Darlegung bzw. den Grad der Substantiierung des Vortrags der Antragsteller gestellt werden, da diesen typischerweise der erst durch die Sonderprüfung aufzuklärende Vorgang zum Zeitpunkt der Antragstellung in den Einzelheiten noch nicht bekannt sein wird.185 Ein Tatsachenvortrag, der lediglich mittelbar auf das Fehlverhalten schließen läßt, reicht daher aus.186 bb) Eigenständige Verhältnismäßigkeitsprüfung Die Gesetzesbegründung zum UMAG und ihr folgend zahlreiche Stimmen aus Rechtsprechung und Literatur, verlangen außerdem eine eigenständige Verhältnismäßigkeitsprüfung, in der ein eventuell entgegenstehendes Gesellschaftswohl Berücksichtigung finden kann.187 Anders als das Klagezulassungsverfahren nach § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 AktG sieht das Verfahren zur gerichtlichen Bestellung von Sonderprüfern eine solche Verhältnismäßigkeitsprüfung gesetzlich nicht vor. Die Gesetzesbegründung zum UMAG muss somit richtigerweise dahingehend verstanden werden, dass das Gericht im Rahmen seiner Prüfung, ob ein Verdacht einer groben Gesetzes- oder Satzungsverletzung vorliegt, eine Abwägung zwischen der Schwere der Pflichtverletzung und den Schadensfolgen einerseits und den Kosten und sonstigen negativen Konsequenzen andererseits vornehmen muss.188 Insoweit erfolgt dann eine „immanente Verhältnismäßigkeitsprüfung“.189 dachtstatsachen hohe Anforderungen zu stellen seien, siehe hierzu nur OLG Frankfurt/ Main, AG 2011, 755 f. (Commerzbank/Dresdner Bank); OLG Stuttgart, NZG 2010, 864. 185 AK-Wilsing/von der Linden, AktG, § 142 Rn. 30, m.w. N.; Clemm-Lienau, SchwAG 1984, 94, 96; darauf, dass eine Abstufung der Antragsvoraussetzung der Sonderprüfung gegenüber dem Aktionärsklageverfahren sachgerecht sei, weisen auch Koch, ZGR, 2006, 769, 776 (Fn. 35) mit Verweis auf Krieger, ZHR 163 (1999), 343, 353, hin. Siehe zum Verhältnis der Sonderprüfung zum Klagezulassungsverfahren auch bereits Kapitel 2 D. III. 8. d) cc). 186 Siehe auch OLG München, WM 2010, 1035 f.; Hirte, ZIP 1988, 953, 957; KKKronstein/Zöllner, AktG, 1. Aufl., § 142 Rn. 32; Clemm-Lienau, SchwAG 1984, 94, 96. Zu Beispielen siehe bereits Kapitel 2 D. III. 8. c) sowie die Nachweise in Kap. 2, Fn. 508. Sind bei der Gesellschaft bereits Unredlichkeiten oder Gesetzesverstöße festgestellt worden, sind in Bezug auf weitere Pflichtverstöße geringere Anforderungen an den Vortrag nach § 142 Abs. 2 AktG zu stellen, da in diesen Fällen der Verdacht weiterer Unregelmäßigkeiten nahe liegt; LG Hamburg, BeckRS 2009, 13900. 187 Regierungsbegründung UMAG, S. 18; ihr folgend Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 142 Rn. 129, 135; LG Hamburg, BeckRS 2009, 13900; OLG Düsseldorf, AG 2010, 126 f.; Mutter/Quinke, EwiR 2010, 171 f.; Müller-Michaels/Wingerter, AG 2010, 903, 909 f.; so wohl auch Gottschalk, GWR 2010, 88 f.; ähnlich Spindler, NZG 2010, 281 f., der für eine Verhältnismäßigkeitsprüfung zumindest bei Geringfügigkeitsfällen eintritt; differenzierend dagegen Kirschner, Sonderprüfung, S. 18, 89 f., der die Verhältnismäßigkeitsprüfung bei der Sonderprüfung weitgehend als „deklaratorisch“ ansieht. 188 Göz/Holzborn, WM 2006, 157, 158. 189 Göz/Holzborn, WM 2006, 157, 158; ähnlich Fleischer, NJW 2005, 3425, 3527; so wohl auch Trölitzsch/Gunßer, AG 2008, 833, 837; ähnlich wohl Schmidt/Lutter-

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Kap. 3: Informationsmöglichkeiten über mögliche Schadenersatzansprüche

f) Publizitätspflichten Die für Haftungsklagen in § 149 AktG aufgestellten Publizitätspflichten gelten entsprechend für Vereinbarungen zur Vermeidung von Sonderprüfungen (§ 142 Abs. 2 S. 3 AktG). Sowohl Vereinbarungen, die bereits vor Einleitung des Verfahrens zur gerichtlichen Bestellung von Sonderprüfern getroffen werden, als auch Vereinbarungen zur vergleichsweisen Beendigung eines solchen gerichtlichen Verfahrens müssen danach in den Gesellschaftsblättern bekannt gemacht werden, wenn die Gesellschaft börsennotiert ist.190 Ebenso wie beim Aktionärsklageverfahren des § 148 AktG ist diese Vorschrift auch im Rahmen der Sonderprüfung als eine Vorkehrung gegen Rechtsmissbrauch zu begrüßen. g) Verfahren Der Antrag ist gemäß § 25 FamFG schriftlich zu stellen oder muss zur Niederschrift der Geschäftsstelle des zuständigen Landgerichts erfolgen.191 Verfahrensbeteiligte sind die Antragsteller und die Gesellschaft als Antragsgegnerin, die durch den Vorstand gemäß § 78 AktG vertreten wird.192 § 142 Abs. 5 S. 1 AktG erweitert die Anhörungspflicht über die Verfahrensbeteiligten hinaus auf den Aufsichtsrat. Für das Verfahren gilt gemäß § 142 Abs. 8 AktG, § 26 FamFG der Amtsermittlungsgrundsatz, wobei die Antragsteller, wie oben dargelegt, die entsprechenden Verdachtstatsachen vorbringen müssen.193 Entschieden wird durch Beschluss.194 Als Rechtsmittel gegen die gerichtliche Entscheidung nach § 142 Abs. 2 AktG über die Bestellung von Sonderprüfern bestimmt § 142 Abs. 5 S. 2 AktG die Beschwerde. Anders als im zivilprozessualen Verfahren, für das in § 78 Abs. 1 ZPO für die Landgerichte und die höheren Gerichte grundsätzlich ein Anwaltszwang vorgesehen ist, besteht ein solcher im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit grundsätzlich nicht.195 Spindler, § 142 Rn. 52; unklar OLG München, WM 2010, 1035, 1037. Diese Abwägungsmöglichkeit besteht nur im Rahmen der Tatbestandsvariante „grobe Gesetzesoder Satzungsverletzung“; bei der Variante „Unredlichkeit“ dürfte hierfür folglich kein Raum bestehen. Weiter dagegen Wilsing/Ogorek, GWR 2009, 75 ff. 190 Schütz, NZG 2005, 5 f.; Wilsing/Neumann, DB 2006, 31, 33. Zur Publizitätspflicht des § 149 AktG siehe bereits Kapitel 2 D. VII. 191 Zur Anwendbarkeit der Übergangsvorschrift des § 111 Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz-FGG-RG), Gesetz v. 17. Dezember 2008, BGBl. 2008 I, S. 2586 auf ein Verfahren auf gerichtliche Bestellung eines Sonderprüfers nach § 142 Abs. 8 AktG vor In-Kraft-Treten des FamFG, siehe nur BGH, DStR 2010, 610 ff. 192 GK-Bezzenberger, AktG, § 142 Rn. 65; Hüffer, AktG, § 142 Rn. 29. 193 MüKo-Schröer, AktG, § 142 Rn. 70, AK-Wilsing/von der Linden, AktG, § 142 Rn. 52, 29. 194 MüKo-Schröer, AktG, § 142 Rn. 71. 195 Bumiller/Harders, FamFG, § 10 Rn. 14; sowie Brehm, FGG, Rn. 235 f., Keidel/ Kuntze/Winkler-Zimmermann, FGG, § 13 Rn. 10 (jeweils zum FGG).

B. Die aktienrechtlichen Sonderprüfungen

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h) Kostenregelung Der praktische Wert eines Rechtsinstituts hängt (mit-)entscheidend von dem damit verbundenen Kostenrisiko ab.196 Besteht ein großes Risiko, die Prozesskosten tragen zu müssen, und sind diese außerdem noch sehr hoch, werden Minderheitsaktionäre mit einer nur geringen Beteiligungshöhe dieses Risiko nur selten auf sich nehmen.197 Andererseits kann ein nur geringes Kostenrisiko auch falsche Anreize entfalten und zum Führen rechtspolitisch unerwünschter Prozesse führen.198 Der Gesetzgeber hat dieses Spannungsverhältnis in § 146 AktG ähnlich wie in § 148 AktG grundsätzlich zugunsten der Minderheitsaktionäre entschieden.199 Bestellt das Gericht Sonderprüfer, weist § 146 S. 1 AktG sowohl die Gerichtskosten als auch die Prüfungskosten200 im Außenverhältnis allein der Gesellschaft zu. § 146 S. 2 AktG gewährt der Gesellschaft eine begrenzte Regressmöglichkeit.201 Diese Kostentragungslast der Gesellschaft gilt unabhängig davon, ob die Sonderprüfung letztlich ein Fehlverhalten der Verwaltungsmitglieder aufdecken konnte oder nicht.202 Dies ist gerechtfertigt, da die Kostentragungspflicht der Gesellschaft voraussetzt, dass das Gericht gemäß § 142 Abs. 2 AktG Sonderprüfer bestellt hat und damit von dem Vorliegen hinreichender Verdachtstatsachen ausgegangen ist. Den Antragstellern, die letztlich die tatsächlichen Grundlagen für Ersatzansprüche der Gesellschaft aufklären wollten, in diesem Fall die Kosten zuzuweisen, wäre unangemessen.203

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Jänig, Sonderprüfung, S. 413. Zu dieser rationalen Apathie siehe bereits Kapitel 1 B. V. 7. 198 Siehe nur Baums, Gutachten F 77. Jänig, Sonderprüfung, S. 413 (Fn. 2464), m.w. N., weist allerdings darauf hin, dass sich für eine Bekämpfung des Rechtsmissbrauchs die materiellen Schranken dieses Sonderprüfungsrechts weitaus wirksamer erwiesen, da sie früher eingriffen und damit rechtsökonomisch überzeugender seien. 199 Durch diese erstmals im AktG 1965 getroffene Regelung sollte nach dem Willen des Gesetzgebers der Minderheitsschutz verstärkt werden, indem verhindert werden sollte, dass Minderheitsaktionäre aufgrund des hohen Kostenrisikos von der Initiierung einer Sonderprüfung abgeschreckt werden; siehe hierzu nur Jänig, Sonderprüfung, S. 413; Regierungsbegründung 1965, Kropff, Aktiengesetz, S. 212 f. 200 Die gerichtlich bestellten Sonderprüfer haben gemäß § 142 Abs. 6 AktG einen Anspruch auf Auslagenersatz und Vergütung; näher hierzu Hüffer, AktG, § 142 Rn. 33, § 146 Rn. 2. 201 Hüffer, AktG, § 146 Rn. 1. 202 Vgl. hierzu bereits Regierungsbegründung 1965, Kropff, Aktiengesetz, S. 213. Anders dagegen noch die Regelung des § 121 Abs. 4 S. 2 AktG 1937, die einen Schadenersatzanspruch der Gesellschaft vorsah, falls der Antrag letztlich unbegründet war; Jänig, Sonderprüfung, S. 413. 203 So auch AK-Wilsing/Neumann, AktG, 2. Aufl. § 146 Rn. 1; GK-Bezzenberger, AktG, § 142 Rn. 3. 197

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Kap. 3: Informationsmöglichkeiten über mögliche Schadenersatzansprüche

Auf der anderen Seite wollte der Gesetzgeber Missbräuchen des Antragsrechts durch ein spürbares Kostenrisiko begegnen.204 Daher hat er im Zuge der UMAGReform in § 146 S. 2 AktG einen speziellen Kostenerstattungsanspruch der Gesellschaft für den Fall eingeführt, dass die Antragsteller die Bestellung durch vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtigen Vortrag erwirkt haben.205 Das Aktiengesetz sah in § 146 AktG 1998 bereits vor der UMAG-Reform eine Rückgriffsmöglichkeit der Gesellschaft gegenüber den Antragstellern nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts vor.206 Diese Ansprüche der Gesellschaft auf Erstattung der Gerichts- und Prüfungskosten nach den Vorschriften bürgerlichen Rechts bleiben nach allgemeiner Ansicht durch die Neuregelung des § 146 S. 2 AktG unberührt.207 Der Neuregelung des § 146 S. 2 AktG kommt daher in erster Linie klarstellende Bedeutung zu.208 In Betracht kommen danach neben dem in § 146 S. 2 AktG normierten Erstattungsanspruch Schadenersatzansprüche der Gesellschaft aus unerlaubter Handlung.209 Denkbar sind darüber hinaus Ansprüche aus schuldhafter Verletzung der mitgliedschaftlichen Treupflicht gegenüber der Gesellschaft.210 Eine eigenständige Bedeutung werden diese Ansprüche neben dem 204 Regierungsbegründung UMAG, S. 19; siehe auch Baums, Bericht Regierungskommission, Rn. 144; Diekmann/Leuernig, NZG 2004, 249, 252; Wilsing, ZIP 2004, 1082, 1090; gegen den Erstattungsanspruch dagegen Meilicke/Heidel, DB 2004, 1479, 1481, die ein Missbrauchsrisiko bei Sonderprüfungen verneinen. 205 Duve/Basak, BB 2006, 1345, 1346; zu der Nachweisproblematik siehe bereits Kapitel 1 B. V. 2. sowie Kapitel 2 D. VI. 3. c). Vgl. auch die ähnliche Regelung bei § 148 Abs. 6 S. 5 AktG, die den Kostenerstattungsanspruch der klagenden Aktionärsminderheit bei durch vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtigen Vortrag erwirkter Klagezulassung ausschließt; kritisch zur Beschränkung auf vorsätzliches oder grob fahrlässiges Handeln dagegen BDI u. a., Gemeinsame Stellungnahme zum UMAG-RefE, S. 16; wohl auch DAV-Stellungnahme zum RefE UMAG, NZG 2004, 555, 560. Die Kostenerstattungspflicht auch bei einfacher Fahrlässigkeit zuzulassen, wäre in Hinblick auf die systembedingten Informationsschwierigkeiten der Antragsteller nicht gerechtfertigt; Seibt, WM 2004, 2137, 2141. 206 § 146 AktG 1998 lautete wie folgt: „Bestellt das Gericht Sonderprüfer, so trägt die Gesellschaft unbeschadet eines ihr nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zustehenden Ersatzanspruchs die Gerichtskosten und die Kosten der Prüfung“. 207 Vgl. nur Regierungsbegründung UMAG, S. 19; siehe auch Hüffer, AktG, § 146 Rn. 3. 208 Wilsing/Neumann, DB 2006, 31, 35; Jänig, BB 2005, 945, 954. 209 An deliktischen Ansprüchen werden insbesondere solche aus § 826 BGB wegen eines vorsätzlichen und sittenwidrigen Missbrauchs des Sonderprüfungsrechts in Betracht kommen; primär hierauf abstellend auch Hüffer, AktG, § 146 Rn. 3. Daneben kommen auch andere deliktische Ansprüche, etwa aus §§ 824 oder 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit straf- oder wettbewerbsrechtlichen Vorschriften, in Betracht; vgl. hierzu GK-Bezzenberger, AktG, § 146 Rn. 10 f., m.w. N. 210 Seit der „Girmes-Entscheidung“ des BGH, BGHZ 129, 136 ff., ist höchstrichterlich anerkannt, dass auch Minderheitsaktionäre bei der Ausübung ihrer Mitverwaltungsund Kontrollrechte Treupflichten unterliegen. Vgl. allgemein zur gesellschaftsrechtlichen Treupflicht K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 587, 143 ff., 799; zur allgemeinen Sonderprüfung nach §§ 142 ff. AktG Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 146 Rn. 16, GKBezzenberger, AktG, § 146 Rn. 9, Jänig, Sonderprüfung, S. 416 f., jeweils m.w. N.

B. Die aktienrechtlichen Sonderprüfungen

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in § 146 S. 2 AktG nun ausdrücklich vorgesehenen Kostenerstattungsanspruch wohl nur erlangen, soweit ihre Tatbestandsvoraussetzungen, wie z. B. der Verschuldensmaßstab, geringer sind.211 Lehnt das Gericht den Antrag auf Bestellung von Sonderprüfern ab, gilt das allgemeine Kostenrecht. Dabei wird das Gericht nur ausnahmsweise aufgrund von Billigkeitserwägungen nach § 142 Abs. 8 AktG, § 81 FamFG von dem allgemeinen Grundsatz der Kostentragungspflicht des Veranlassers (§ 2 Nr. 1 KostO) abweichen, sondern im Regelfall die Kosten den Antragstellern auferlegen.212 Die Antragsteller tragen daher zwar ein Kostenrisiko; dieses dürfte allerdings angesichts des zugrunde zu legenden Geschäftswerts als relativ gering einzustufen sein.213 Die Kostenregelung des § 146 AktG gilt jedoch nicht für die notwendigen Aufwendungen214 gemäß § 80 FamFG wie z. B. Rechtsberatungskosten; hierfür ist gemäß § 142 Abs. 8 AktG § 81 FamFG maßgeblich; das Gericht entscheidet damit nach billigem Ermessen.215 211 Anders dagegen Spindler/Stilz-Mock, AktG, § 146 Rn. 15, m.w. N., der für diese Ansprüche in analoger Anwendung von § 146 S. 2 AktG ebenfalls zumindest grobe Fahrlässigkeit verlangt; ähnlich bereits Jänig, Sonderprüfung, S. 417 ff.; hiergegen Hüffer, AktG, § 146 Rn. 3 (zur Treupflichtverletzung). 212 AK-Wilsing/von der Linden, AktG, § 146 Rn. 1; ähnlich zur alten Regelung des § 13a FGG, Jänig, Sonderprüfung, S. 415, ders:, BB 2005, 949, 955, der im Umkehrschluss zu § 146 AktG die Kosten generell den Antragstellern auferlegen will; vgl. auch Regierungsbegründung UMAG, S. 19, die ebenfalls von einer Kostentragungspflicht der erfolglosen Antragsteller ausgeht; so wohl auch Obermüller/Werner/Winden/Butzke, Hauptversammlung, S. 447. 213 Jänig, Sonderprüfung, S. 415, m.w. N.; ders., BB 2005, 949, 955. Für die Höhe der Gerichtskosten sind §§ 121, 30 KostO maßgeblich; gemäß § 121 KostO ist das Doppelte der vollen Gebühr zu erheben; diese richtet sich wiederum nach dem Geschäftswert. Da das Gesetz für die Sonderprüfung keinen besonderen Geschäftswert vorgibt, entscheidet das Gericht grundsätzlich nach freiem Ermessen (§ 30 Abs. 1 KostO). Nach GK-Bezzenberger, AktG, § 146 Rn. 5, AK-Wilsing/Neumann, AktG, 2. Aufl., § 146 Rn. 3 (Fn. 3), Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 146 Rn. 6, ist dabei wegen regelmäßig fehlender anderweitiger Anhaltspunkte der Regelgeschäftswert von 3.000 EUR anzusetzen; nach überzeugender Ansicht von Jänig, Sonderprüfung, S. 415, ders., BB 2005, 949, 955, ist dagegen der für das Auskunftserzwingungsverfahren gemäß § 132 Abs. 5 S. 5 AktG relevante Regelgeschäftswert von 5.000 EUR maßgeblich. Bürgers/KörberHolzborn/Jänig, AktG, § 146 Rn. 4, m.w. N. weisen jedoch auf eine Tendenz der Gerichte hin, seit einiger Zeit teilweise erheblich höhere Geschäftswerte zugrunde zu legen. So wurde in der bereits anderweitig zitierten Entscheidung des OLG Düsseldorf (AG 2010, 126 f.) ein Beschwerdewert von EUR 500.000 angenommen (OLG Düsseldorf, BeckRS 2010, 00532); siehe hierzu und zu weiteren Fällen Bürgers/Körber-Holzborn/Jänig, AktG, § 148 Rn. 4. 214 Vor In-Kraft-Treten des FamFG wurden diese Kosten als außergerichtliche Kosten bezeichnet; vgl. hierzu Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 147 Rn. 19. 215 Siehe hierzu allgemein Borth/Grandel/Musielak, FamFG, München 2009; § 81 Rn. 1 ff.; vgl. auch (zur Altregelung des § 13a FGG, BayObLG, GmbHR 1988, 263, 265 (zur gerichtlichen Entscheidung über das Auskunfts- und Einsichtsrecht des GmbHGeschäftsführers gemäß § 51a, b GmbHG). Eine solche abweichende Billigkeitsregelung wird regelmäßig dann geboten sein, wenn entweder das Gericht dem Antrag auf

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Kap. 3: Informationsmöglichkeiten über mögliche Schadenersatzansprüche

i) Kein Rechtsmissbrauch Ähnlich wie bei den Aktionärsverfolgungsrechten gemäß §§ 147 ff. AktG bestehen auch beim Rechtsinstitut der Sonderprüfung vielfältige Missbrauchsanreize und entsprechendes Missbrauchspotential.216 Diesen wird primär durch zahlreiche formelle und materielle Voraussetzungen bei der Beantragung der gerichtlichen Bestellung von Sonderprüfern entgegengewirkt.217 Hierunter fallen unter anderem das Antragsquorum, die Mindestbesitzzeit und das Erfordernis einer qualifizierten Pflichtverletzung. Auch durch die Publizitätsvorschrift des § 149 AktG und die Kostenregelung des § 146 AktG soll Missbräuchen entgegengewirkt werden. Kommt es dennoch zu missbräuchlichen Anträgen auf Bestellung von Sonderprüfern, sind diese wegen des Verlusts des materiellen Rechts als unbegründet zurückzuweisen.218 Rechtsmissbrauch nach § 242 BGB kommt neben dem Fall, dass die Sonderprüfung (wegen Zeitablaufs) folgenlos bleibt219 oder Antragsvoraussetzungen ofBestellung von Sonderprüfern nachkommt (in diesem Fall wird die Auferlegung der notwendigen Aufwendungen der Gesellschaft regelmäßig billig erscheinen), vgl. hierzu auch GK-Bezzenberger, AktG, § 146 Rn. 6, AK-Wilsing/Neumann, AktG, 2. Aufl., § 146 Rn. 3 (jeweils zur Altregelung des § 13a FGG); enger dagegen Bumiller/Harders, FamFG, § 81 Rn. 12, oder andererseits die Antragsteller den Antrag rechtsmissbräuchlich gestellt haben (in diesem Fall wird das Gericht unter Berücksichtigung der in § 81 Abs. 2 FamFG genannten Fallgruppen, sowie der in § 146 S. 2 AktG getroffenen Wertung auch die notwendigen Aufwendungen der Gesellschaft den Antragstellern auferlegen); ähnlich (zur Altregelung des § 13a FGG) Jänig, Sonderprüfung, S. 415; ders., BB 2005, 949, 955; i. Erg. auch ähnlich, m.w. N., Kirschner, Sonderprüfung, S. 144 f., der für einen Gleichlauf der Gerichtskosten und notwendigen Aufwendungen plädiert (zur Altregelung des § 13a FGG). 216 Siehe hierzu bereits Kapitel 1 B. V. 2. 217 Forum Europaeum Konzernrecht, ZGR 1998, 715, 721; vgl. auch Hölters-Hirschmann, AktG, § 142 Rn. 42 f., dem zufolge rechtsmissbräuchliche Sonderprüfungsanträge in der Praxis nur selten vorkommen. 218 H.M., siehe nur Hüffer, AktG, § 142 Rn. 21; Hirte, ZIP 1988, 953, 956; a. A. dagegen AG Düsseldorf, ZIP 1988, 970 f. (Feldmühle), das die Unzulässigkeit des Antrags annimmt. 219 Teilweise wird der Aspekt der Folgenlosigkeit der Sonderprüfung wegen Zeitablaufs auch als Fall des fehlenden allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses angesehen, vgl. MüKo-Schröer, AktG, § 142 Rn. 63, mit der Folge, dass der Antrag nach dieser Ansicht bereits als unzulässig zurückzuweisen wäre; in diese Richtung auch OLG Frankfurt/ Main, NJW-RR 2009, 1411, das von einem fehlenden Rechtschutzinteresse ausgeht, wenn die Sonderprüfung keine rechtlichen Konsequenzen mehr nach sich ziehen kann. Wegen der Fünf- bzw. Zehn-Jahres-Schranke des Minderheitsrechts nach § 142 Abs. 2 AktG für Vorgänge bei der Geschäftsführung, dürfte dieser Aspekt eher für das Bestellungsrecht der Hauptversammlung nach § 142 Abs. 1 AktG eine Rolle spielen. Von einem Fall des Rechtsmissbrauchs bei Zweck- und Folgenlosigkeit des Antrags dagegen geht wohl OLG München, WM 2010, 1035, 1037 aus; so auch KG, AG 2012, 412 f.; so wohl auch Hüffer, ZHR 174 (2010), 642, 658; Bork, in: Handbuch Corporate Governance, S. 743, 748.

B. Die aktienrechtlichen Sonderprüfungen

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fensichtlich fehlen,220 in erster Linie dann in Betracht, wenn ein Fall illoyaler, grob eigennütziger Rechtsausübung vorliegt.221 Neben den Fällen, in denen aus persönlichen Motiven eine Schädigung der Gesellschaft bezweckt wird, Geschäftsgeheimnisse ausgeforscht werden sollen222 oder zu dem Zweck, Einfluss auf die Verwaltungsorgane der Gesellschaft nehmen zu können, Druck ausgeübt werden soll,223 wird dies, ähnlich wie bei den Anfechtungs- und Haftungsklagen, in erster Linie dann der Fall sein, wenn die Antragsteller mit dem Antrag auf gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern einen Lästigkeitswert schaffen wollen mit dem Ziel, Zahlungen an sich selbst durchzusetzen, auf die sie keinen Anspruch haben.224 Letzerer Fall lag der „Feldmühle-Entscheidung“ 225 des AG Düsseldorf zugrunde, in dem das Gericht den Antrag wegen „Eigennützigkeit“ als rechtsmissbräuchlich zurückgewiesen hat. 7. Zusammenfassung und Bewertung Bei der Aufklärung von Sachverhalten, in denen Pflichtverletzungen von Organmitgliedern vermutet werden, kommt insbesondere der allgemeinen aktienrechtlichen Sonderprüfung gemäß §§ 142 ff. AktG entscheidende Bedeutung zu. Sie ermöglicht grundsätzlich eine sachverständige, unparteiische und aperiodische Überprüfung bestimmter Vorgänge bei der Gründung oder Geschäftsführung der Gesellschaft. Hierunter fällt nach vorzugswürdiger Ansicht nicht nur der gesamte Tätigkeitsbereich des Vorstands, sondern auch der des Aufsichtsrats. Die Sonderprüfer sind mit umfangreichen Prüfungs- und Auskunftsrechten ausgestattet. Im Einzelnen sollte de lege ferenda aber noch nachjustiert werden. So sollte dem Sonderprüfer zumindest auch ein Auskunftsrecht gegenüber ehemaligen Verwaltungsmitgliedern eingeräumt werden. Bei Ausgestaltung der Sonderprüfungsrechte hat der Gesetzgeber ein ähnliches Spannungsfeld zu beachten wie bei der Ausgestaltung der Aktionärsverfolgungsrechte. Das Austarieren des Spannungsfelds zwischen einer effektiven Informationserlangung für die Aktionäre im Vorfeld der Ausübung der Aktionärsverfol220

Bürgers/Körber-Holzborn/Jänig, AktG, § 142 Rn. 21. OLG München, AG 2008, 33 ff.; AG Düsseldorf, ZIP 1988, 970 f. (Feldmühle); speziell zum Rechtsmissbrauch des Sonderprüfungsrechts siehe auch Hüffer, AktG, § 142 Rn. 21; Hirte, ZIP 1988, 953, 954 ff.; Trölitzsch/Gunßer, AG 2008, 833, 837 (m.w. N. zur Rechtsprechung und Literatur bei den Anfechtungsklagen). 222 Hierauf abstellend Kirschner, BB 2005, 1865, 1867; so auch Trölitzsch/Gunßer, AG 2008, 833, 837. 223 Siehe hierzu Duve/Basak, BB 2006, 1345 ff. Siehe hierzu auch bereits Kapitel 1 B. V. 2. a) ee). 224 OLG München, AG 2008, 33 ff.; Hüffer, AktG, § 142 Rn. 21; Trölitzsch/Gunßer, AG 2008, 833, 837; Müller-Michaels/Wingerter, AG 2010, 903, 906. 225 AG Düsseldorf, ZIP 1988, 970 f. (Feldmühle); siehe hierzu auch die Anmerkungen von Hirte, ZIP 1988, 953 ff. 221

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Kap. 3: Informationsmöglichkeiten über mögliche Schadenersatzansprüche

gungsrechte einerseits und der Vermeidung von Missbräuchen oder anderweitigen Nachteilen für die Gesellschaft andererseits ist im Großen und Ganzen gelungen.226 Die im zweiten Kapitel227 aufgestellte Prämisse, dass den Aktionären zur Aufklärung potentiell haftungsrelevanter Sachverhalte effektive Informationsrechte zur Verfügung stehen müssen, kann damit hinreichend bestätigt werden. Ist ein Beschluss auf Bestellung von Sonderprüfern in der Hauptversammlung rechtsmissbräuchlich gefasst worden, haben die Verwaltungsorgane die Pflicht, den Beschluss nach Maßgabe der §§ 241 ff. AktG anzufechten.228 Für den wohl wahrscheinlicheren Fall einer Initiierung der Sonderprüfung durch Minderheitsaktionäre bestehen zahlreiche formelle und materielle Voraussetzungen, um Missbräuche einzudämmen und andere Nachteile für die Gesellschaft möglichst gering zu halten. Hierunter fallen unter anderem das Antragsquorum, die Mindestbesitzzeit und das Erfordernis einer qualifizierten Pflichtverletzung. § 142 Abs. 2 AktG stellt mit der Voraussetzung des Vorliegens von Verdachtstatsachen für eine qualifizierte Pflichtverletzung hohe Voraussetzungen auf. Vor dem Hintergrund, dass die Sonderprüfung in erster Linie dazu dienen soll, Informationen für einen späteren Haftungsprozess zu sammeln, und ein Aktionärsklageverfahren ebenfalls – berechtigterweise – das Vorliegen von Verdachtstatsachen einer qualifizierten Pflichtverletzung erfordert, ist dies jedoch sachgerecht. Außerdem soll die Sonderprüfung wegen ihrer aufgezeigten nachteiligen Folgen für die Gesellschaft auf besonders gravierende (Ausnahme-)Fälle beschränkt bleiben. Anders als im Klagezulassungsverfahren des § 148 AktG, in dem für das Vorliegen der Verdachtstatsachen die volle Darlegungs- und Beweislast gilt, müssen bei der gerichtlichen Beantragung der Bestellung von Sonderprüfern die vorgebrachten Tatsachen die Unredlichkeit oder grobe Pflichtverletzung so weit indizieren, dass entweder nach Überzeugung des Gerichts hinreichende Verdachtsmomente gegeben sind, oder es sich zur Amtsermittlung nach § 26 FamFG veranlasst sieht; ein Beweis oder eine Glaubhaftmachung ist nicht erforderlich. Durch diese im Vergleich zum Klagezulassungsverfahren abgeschwächten Voraussetzungen wird dem gesteigerten Informationsbedürfnis der Aktionäre im Sonderprüfungsverfahren Rechnung getragen. Auch durch die in § 149 AktG normierten Publizitätspflichten und die Kostenregelung des § 146 AktG soll Missbräuchen entgegengewirkt werden. Die Kostenregelung erscheint prinzipiell angemessen, um einerseits keine abschreckende Wirkung zu erzielen, andererseits aber auch keine falschen Anreize für rechtsmissbräuchliche oder rechtspolitisch unerwünschte Sonderprüfungsanträge zu schaffen. 226 Zu Reformbestrebungen auf europäischer Ebene zum Recht der Sonderprüfung siehe Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 142 Rn. 6, m.w. N. 227 Kapitel 2 E. 228 Siehe hierzu bereits Kapitel 2 F. II. 1. a).

B. Die aktienrechtlichen Sonderprüfungen

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Das für den Antrag auf gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern erforderliche Quorum dient, ebenso wie der für das Aktionärsklageverfahren erforderliche Schwellenwert des § 148 AktG, als eine Art „Seriositätsschwelle“. De lege ferenda sollte klargestellt werden, dass das Quorum des § 142 Abs. 2 AktG entsprechend auf das für die Einberufung einer Hauptversammlung oder die Ergänzung der Tagesordnung erforderliche Quorum gemäß § 122 AktG anzuwenden ist, soweit die Initiierung der Beschlussfassung über die Bestellung von Sonderprüfern erfolgt. De lege ferenda sollte ebenfalls erwogen werden, die zwingende Vorbefassung der Hauptversammlung abzuschaffen und stattdessen, ähnlich wie im Aktionärsklageverfahren mit § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, Abs. 4 S. 1 AktG, ein gesellschaftsinternes Vorverfahren einzuführen. Die durch das UMAG eingeführte Schutzklausel des § 145 Abs. 4 AktG ist ebenfalls zu begrüßen. Sie wird in vielen Fällen rein zu Ausforschungszwecken gestellten Sonderprüfungsanträgen entgegenwirken können. De lege ferenda sollte diese Schutzklausel auch bei einer Bestellung von Sonderprüfern durch die Hauptversammlung Anwendung finden.

II. Gerichtliche Bestellung von anderen als durch die Hauptversammlung bestellten Sonderprüfern, § 142 Abs. 4 AktG Bestellt die Hauptversammlung einen ungeeigneten Sonderprüfer, muss das Gericht auf Antrag einer qualifizierten Aktionärsminderheit229 einen anderen Sonderprüfer bestellen.230 Hierdurch soll die Aktionärsminderheit davor geschützt werden, dass etwa ein Mehrheitsaktionär an einer umfassenden Sachaufklärung nicht interessiert ist und einen ihm „genehmen“ Sonderprüfer eingesetzt hat.231 Der Antrag hat dann Erfolg, wenn er innerhalb zwei Wochen seit der Hauptversammlung gestellt wird und die Bestellung anderer Sonderprüfer aus einem in der Person des bestellten Sonderprüfers resultierenden Grund geboten erscheint (§ 142 Abs. 4 S. 1, 2). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn diesem die für den Prüfungsgegenstand erforderlichen Kenntnisse fehlen, die Besorgnis der Befangenheit besteht oder Bedenken hinsichtlich seiner Zuverlässigkeit bestehen (§ 142 Abs. 4 S. 1, 2 AktG).232 Durch diese Vorschrift soll der Schutz von 229

Das hierfür erforderliche Quorum entspricht dem des § 142 Abs. 2 S. 1 AktG. Siehe allgemein zu den Voraussetzungen und Modalitäten der Bestellung anderer Sonderprüfer durch das Gericht nur GK-Bezzenberger, AktG, § 142 Rn. 71 ff.; Hüffer, AktG, § 142 Rn. 27 ff. 231 MüKo-Schröer, AktG, § 142 Rn. 1. 232 Für das Verfahren auf gerichtliche Bestellung anderer Sonderprüfer nach § 142 Abs. 4 AktG gelten die obigen Ausführungen mit der Abweichung, dass nach § 142 Abs. 5 S. 1 AktG neben den Beteiligten und dem Aufsichtsrat auch der oder die von der Hauptversammlung bestellte(n) Sonderprüfer anzuhören sind. 230

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Kap. 3: Informationsmöglichkeiten über mögliche Schadenersatzansprüche

Aktionärsminderheiten weiter verstärkt werden.233 In der Praxis hat sie jedoch kaum Bedeutung erlangt.

III. Die Sonderprüfung nach § 315 AktG Das Aktiengesetz sieht mit der konzernrechtlichen Sonderprüfung in § 315 AktG eine spezielle Form der Sonderprüfung vor.234 Diese spezielle Sonderprüfung für den faktischen Konzern stellt nach allgemeiner Ansicht eine besondere Ausprägung der Sonderprüfung gemäß § 142 AktG dar.235 Soweit § 315 AktG keine spezielleren Regelungen trifft, gelten daher auch für die konzernrechtliche Sonderprüfung nach § 315 AktG die für die allgemeine Sonderprüfung geltenden Regelungen der §§ 142–146 AktG.236 Durch die Sonderprüfung nach § 315 AktG soll außenstehenden Aktionären ermöglicht werden, die Prüfung der geschäftlichen Beziehungen der Gesellschaft zum herrschenden Unternehmen oder zu einem mit ihr verbundenen Unternehmen zu veranlassen (§ 315 S. 1 AktG). Das Institut der Sonderprüfung nach § 315 AktG dient damit insbesondere der Information der außenstehenden Aktionäre.237 Hierdurch soll den im zweiten Kapitel238 geschilderten Informationsdefiziten abgeholfen werden und außenstehenden Aktionären die Verfolgung von Schadenersatzansprüchen gegen das herrschende Unternehmen, dessen gesetzliche Vertreter sowie gegen Verwaltungsmitglieder der abhängigen Gesellschaft gemäß §§ 317, 318 AktG erleichtert werden.239 233 Schmidt/Lutter-Spindler, AktG, § 142 Rn. 63; a. A. AK-Wilsing/von der Linden, AktG, § 142 Rn. 42. 234 Vgl. zu diesem Rechtsinstitut unter anderem die Kommentierungen bei MüKoAltmeppen, AktG, § 315 Rn. 1 ff.; Hüffer, AktG, § 315 Rn. 1 ff.; KK-Koppensteiner, AktG, § 315 Rn. 1 ff.; ausführlich auch Kakies, Schutz der Minderheitsaktionäre, S. 106 ff. 235 Vgl. nur OLG München, AG 2011, 720; OLG Frankfurt/Main, NJW-RR 2009, 1411; OLG Hamm, ZIP 2000 S. 1299 f.; Emmerich/Habersack-Habersack, Konzernrecht, § 315 Rn. 1, 3; Forum Europaeum Konzernrecht, ZGR 1998, 672, 719. 236 Siehe nur Hüffer, AktG, § 315 Rn. 1, 3b; KK-Koppensteiner, AktG § 315 Rn. 2; Emmerich/Habersack-Habersack, Konzernrecht, § 315 Rn. 1, 3. Die Initiierung einer allgemeinen Sonderprüfung gemäß §§ 142 ff. AktG ist zwar daneben theoretisch möglich, dürfte aber, zumindest soweit sie das Minderheitsverlangen gemäß § 142 Abs. 2 AktG betrifft, in der Praxis kaum vorkommen, da der Gesetzgeber die Durchsetzung der Sonderprüfung nach § 315 AktG gegenüber der allgemeinen Sonderprüfung nach § 142 AktG erleichtert hat; MüKo-Altmeppen, AktG, § 315 Rn. 8; Bork, in: Handbuch Corporate Governance, S. 743, 748. 237 Hüffer, AktG, § 315 Rn. 1. Diese ist erforderlich, da der gemäß § 312 AktG vom Vorstand aufzustellende, so genannte Abhängigkeitsbericht über Beziehungen der abhängigen Gesellschaft zu verbundenen Gesellschaften vertraulich bleibt, siehe nur Hüffer, § 312 Rn. 38. 238 Kapitel 2 F. I. 3. b). 239 So auch Jänig, Sonderprüfung, S. 423; KK-Koppensteiner, AktG, § 315 Rn. 1; Noack, WpG 1994, 225; BGH, BGHZ 135, 107, 109 f.; OLG Hamm, ZIP 2000 S. 1299.

B. Die aktienrechtlichen Sonderprüfungen

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§ 315 AktG sieht die gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern auf zweierlei Weise vor, zum einen auf Antrag jedes Aktionärs gemäß § 315 S. 1 AktG, unabhängig von dessen Beteiligungshöhe, und zum anderen auf Antrag einer qualifizierten Aktionärsminderheit unter den Voraussetzungen des § 315 S. 2 AktG. Ein ablehnender vorausgegangener Hauptversammlungsbeschluss ist für keinen der beiden Fälle Voraussetzung. Nach § 315 S. 1 AktG kann jeder Aktionär die Bestellung von Sonderprüfern beantragen, wenn einer der folgenden Prüfungsanlässe gegeben ist: der Abschlussprüfer hat nach § 313 Abs. 4 AktG den Bestätigungsvermerk zum Abhängigkeitsbericht eingeschränkt oder versagt (§ 315 S. 1 Nr. 1 AktG), der Aufsichtsrat hat gemäß § 314 Abs. 3 AktG Einwendungen gegen die Schlusserklärung zum Abhängigkeitsbericht erhoben (§ 315 S. 1 Nr. 2 AktG), oder der Vorstand hat selbst nach § 312 Abs. 3 AktG erklärt, dass die Gesellschaft benachteiligt wurde, ohne dass diese Nachteile ausgeglichen worden sind (§ 315 S. 1 Nr. 3 AktG).240 Diese Form der Initiierung einer Sonderprüfung ist in der Praxis wegen ihrer engen Voraussetzungen bedeutungslos geblieben.241 Etwas mehr Bedeutung kommt in der Rechtspraxis der Möglichkeit der Bestellung von Sonderprüfern auf Antrag einer qualifizierten Aktionärsminderheit gemäß § 315 S. 2 AktG zu.242 Gemäß § 315 S. 2 AktG kann eine Aktionärsminderheit, die zusammen das Quorum des § 142 Abs. 2 AktG erreicht, die Sonderprüfung beantragen, wenn sonstige, nicht bereits unter den Tatbestand des § 315 S. 1 AktG fallende Tatsachen vorliegen, die den Verdacht einer pflichtwidrigen Nachteilszufügung rechtfertigen.243 Die Aktionäre müssen außerdem glaubhaft machen, seit mindestens drei Monaten Aktionäre zu sein (§ 315 S. 2 AktG),244 Zur Bedeutung der Schadenersatzansprüche gemäß §§ 317, 318 AktG im faktischen Konzern siehe bereits Kapitel 2 F. II. 240 Näher zu den Voraussetzungen des § 315 S. 1 Nr. 1–3 AktG MüKo-Altmeppen, AktG, § 315 Rn. 11 ff., m.w. N. 241 Hüffer, AktG, § 315 Rn. 3; Jänig, Sonderprüfung, S. 423. 242 Jänig, Sonderprüfung, S. 423, m.w. N. auf OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 6. August 2001, Az. 20 W 135/01, abrufbar unter http://www.juris.de. Kritisch hinsichtlich der Effizienz dieser Regelung dagegen Zöllner, in: GS Knobbe-Keuck, S. 369, 371 (Fn. 7). Zu Verfahrensfragen siehe nur Wilsing/Neumann, DB 2006, 31 ff. 243 Siehe zum Inhalt und erforderlichen Substantiierungsgrad der Tatsachenbehauptung nur KK-Koppensteiner, AktG, § 315 Rn. 6, MüKo-Altmeppen, AktG, § 315 Rn. 17 f., jeweils m.w. N. Der Begriff der pflichtwidrigen Nachteilszufügung bestimmt sich nach § 311 AktG und setzt damit ein/e ausgleichspflichtige/s, aber nicht ausgeglichene/s Rechtsgeschäft oder Maßnahme voraus; siehe hierzu nur Hüffer, AktG, § 315 Rn. 3c, § 311 Rn. 24 ff. 244 Insoweit besteht eine Diskrepanz zu § 142 Abs. 2 S. 2 AktG, wonach die Antragsteller bei der allgemeinen Sonderprüfung die Mindestbesitzzeit nachweisen müssen. Vgl. hierzu und zu weiteren durch die UMAG-Reform neu entstandenen Diskrepanzen zwischen den verschiedenen aktienrechtlichen Sonderprüfungen Wilsing/Neumann, DB 2006, 31, 32 ff.

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Kap. 3: Informationsmöglichkeiten über mögliche Schadenersatzansprüche

und unterliegen der Haltefrist des § 142 Abs. 1 S. 2 AktG. Durch das Erfordernis eines Quorums für die Antragstellung auf Bestellung von Sonderprüfern wird die als Individiualklagerecht ausgestaltete konzernrechtliche Aktionärsklage gemäß § 309 Abs. 4 AktG de facto in vielen Fällen allerdings zu einem Minderheitsrecht „herabgestuft“.245 Hat die Hauptversammlung gemäß § 142 Abs. 1 AktG bereits Sonderprüfer bestellt, kann jeder einzelne Aktionär unabhängig von seiner Beteiligungshöhe gemäß § 315 S. 7 AktG den Antrag gemäß § 142 Abs. 4 AktG auf gerichtliche Bestellung von anderen Sonderprüfern stellen. Entsprechendes wird für die Erweiterung des Prüfungsauftrags von einzelnen, gemäß § 142 Abs. 1 AktG zu überprüfenden Vorgängen auf die Überprüfung der geschäftlichen Beziehungen zum herrschenden oder zu einem mit ihm verbundenen Unternehmen gelten müssen.246

IV. Keine „freiwillige“ Sonderprüfung durch Beschluss der Hauptversammlung Nach einer in der Literatur verbreiteten Auffassung247 kann die Hauptversammlung durch einfachen Mehrheitsbeschluss auch über die Durchführung einer „freiwilligen“ Sonderprüfung beschließen, die einen anderen Prüfungsgegenstand beinhaltet hat als die in § 142 Abs. 1 AktG vorgesehenen „Vorgänge bei der Gründung oder der Geschäftsführung“, wie z. B. die Überprüfung der Geschäftsführung des Vorstands in ihrer Gesamtheit oder in einem ganzen Zeitabschnitt. Für diese „freiwilligen“ Sonderprüfungen sollen dann die in §§ 142 ff. AktG getroffenen Regelungen nicht gelten.248 Diese Literaturansicht ist jedoch mit der Kompetenznorm des § 119 Abs. 1 AktG nicht zu vereinbaren und daher abzulehnen.249 Gemäß § 119 Abs. 1 AktG beschließt die Hauptversammlung in den im Gesetz und in der Satzung ausdrücklich bestimmten Fällen.250 Mangels gesetz245

Kämper, Aktionärsklage, S. 68. Hüffer, AktG, § 315 Rn. 5; MüKo-Altmeppen, AktG, § 315 Rn. 38; einschränkend dagegen Emmerich/Habersack-Habersack, Konzernrecht, § 315 Rn. 22, m.w. N. 247 Siehe nur Baumbach/Hueck, AktG, § 142 Rn. 3; A/D/S, Rechnungslegung, §§ 142–146 Rn 7; Schedlbauer, Sonderprüfungen, S. 141, so wohl auch Hüffer, AktG, § 142 Rn. 2; (mit Einschränkungen) auch MüKo-Schröer, AktG, § 142 Rn. 3, 14, 51. 248 MüKo-Schröer, AktG, § 142 Rn. 3, 14, 51; A/D/S, Rechnungslegung, §§ 142–146 Rn 7. 249 So auch GK-Bezzenberger, AktG, § 142 Rn. 24; Hölters-Hirschmann, AktG, § 142 Rn. 11, 46; ähnlich i. Erg. KK-Kronstein/Zöllner, AktG, 1. Aufl., § 142 Rn. 5; ablehnend auch Jänig, Sonderprüfung, S. 242 f., Kirschner, Sonderprüfung, S. 48 f., jeweils m.w. N. 250 Zu den geschriebenen und – hier nicht einschlägigen – anerkannten ungeschriebenen Zuständigkeiten der Hauptversammlung siehe nur Hüffer, AktG, § 119 Rn. 5 ff., MüKo-Kubis, AktG, § 119 Rn. 9 ff., jeweils mit umfangreichen Nachweisen. 246

B. Die aktienrechtlichen Sonderprüfungen

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licher Regelung der Hauptversammlungskompetenz für eine „freiwillige Sonderprüfung“ über die Grenzen der §§ 142–146 AktG bzw. §§ 258 ff., 315 AktG hinaus käme nur eine Erweiterung der Beschlusskompetenzen der Hauptversammlung durch die Satzung in Frage, die jedoch an § 23 Abs. 5 S. 1 AktG scheitert.251 Diese Vorschrift lässt nach einhelliger Ansicht gerade bei der gesetzlichen Kompetenzverteilung zwischen den Gesellschaftsorganen Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung keine Dispositionsmöglichkeiten durch den Satzungsgeber zu.252

V. Zusammenfassung Im Bereich der Sonderprüfung ist dem Gesetzgeber das Austarieren des Spannungsfelds zwischen einer effektiven Informationserlangung für die Aktionäre imVorfeld der Ausübung der Aktionärsverfolgungsrechte einerseits, und das Vermeiden von Missbräuchen oder anderweitigen Nachteilen für die Gesellschaft andererseits im Großen und Ganzen gelungen. Die im zweiten Kapitel aufgestellte Prämisse, dass den Aktionären zur Aufklärung potentiell haftungsrelevanter Sachverhalte, effektive Informationsrechte zur Verfügung stehen müssen, kann damit hinreichend bestätigt werden. Zwar stellt § 142 Abs. 2 AktG mit der Voraussetzung des Vorliegens von Verdachtstatsachen für eine qualifizierte Pflichtverletzung hohe Voraussetzungen auf. Vor dem Hintergrund, dass die Sonderprüfung in erster Linie dazu dienen soll, Informationen für einen späteren Haftungsprozess zu sammeln und ein Aktionärsklageverfahren ebenfalls – berechtigterweise – das Vorliegen von Verdachtstatsachen einer qualifizierten Pflichtverletzung erfordert, ist dies jedoch sachgerecht. Außerdem soll die Sonderprüfung wegen ihrer aufgezeigten nachteiligen Folgen für die Gesellschaft auf besonders gravierende (Ausnahme-)Fälle beschränkt bleiben. Anders als im Klagezulassungsverfahren des § 148 AktG, in dem für das Vorliegen der Verdachtstatsachen die volle Darlegungs- und Beweislast gilt, müssen bei der gerichtlichen Beantragung der Bestellung von Sonderprüfern die vorgebrachten Tatsachen die Unredlichkeit oder grobe Verletzung so weit indizieren, dass entweder nach Überzeugung des Gerichts hinreichende Verdachtsmomente gegeben sind, oder es sich zur Amtsermittlung nach § 26 FamFG veranlasst sieht; ein Beweis oder eine Glaubhaftmachung ist nicht erforderlich. Durch diese im Vergleich zum Klagezulassungsverfahren abgeschwächten Voraussetzungen wird dem gesteigerten Informationsbedürfnis der Aktionäre im Sonderprüfungsverfahren Rechnung getragen. Auch sieht das Verfahren auf gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern 251 GK-Bezzenberger, AktG, § 142 Rn. 24; Jänig, Sonderprüfung, S. 242 f.; Kirschner, Sonderprüfung, S. 48 f. 252 Siehe nur MüKo-Kubis, AktG, § 119 Rn. 17; Hüffer, AktG, § 119 Rn. 10; Wiesner, in: MünchHdb. AG, § 6 Rn. 9 f.; vgl. auch bereits Regierungsbegründung 1965, Kropff, Aktiengesetz, S. 165.

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Kap. 3: Informationsmöglichkeiten über mögliche Schadenersatzansprüche

grundsätzlich ausreichende Schutzmechanismen gegen einen Rechtsmissbrauch vor. Flankiert wird die allgemeine Sonderprüfung gemäß § 142 AktG durch die konzernrechtliche Sonderprüfung gemäß § 315 AktG. Auskunftsrechte der Aktionäre, wie etwa der Auskunftsanspruch gemäß § 131 AktG, eignen sich dagegen nur bedingt zur Aufklärung von potentiell haftungsrelevanten Sachverhalten.

Kapitel 4

Zusammenfassung und Ausblick A. Erstes Kapitel Die Innenhaftung der Verwaltungsmitglieder gemäß §§ 93, 116 AktG verfolgt verschiedene Regelungsziele. Neben der Schadens-Wiedergutmachung und dem Schutz der Gläubiger, des Rechtsverkehrs und (bei börsennotierten Gesellschaften) des Kapitalmarkts liegt ein Schwerpunkt auf ihrer Präventivfunktion. Eine effektive Organhaftung – einschließlich entsprechender Durchsetzungsmechanismen – ist inzwischen ein unverzichtbarer Bestandteil guter Corporate Governance. Aufgrund struktureller Verfolgungsmängel durch den primär zuständigen Aufsichtsrat bzw. den Vorstand und der Unzulänglichkeit anderer Mechanismen zur Sanktionierung eines Fehlverhaltens von Organmitgliedern, besteht ein rechtspolitisches Bedürfnis für eine Einbeziehung der (Minderheits-)Aktionäre in das Geltendmachungssystem. Bei der Ausgestaltung der Aktionärsverfolgungsrechte ist zum einen die Subsidiarität dieser Aktionärsrechte und zum anderen das Spannungsfeld zu beachten, in dem sich diese Aktionärsrechte befinden. So bedarf es einerseits einer wirksamen Ausgestaltung dieser Rechte, andererseits darf die Erleichterung der Verfolgungsmöglichkeiten nicht zu einer „Lähmung und Risikoaversion“ der Verwaltungsmitglieder führen. Die Gesellschaft und die betroffenen Organmitglieder müssen vor aussichtslosen und vor allem auch rechtsmissbräuchlichen Anträgen auf Klagezulassung bzw. Klagen geschützt werden, denn auch im Bereich der Haftungsklagen bestehen grundsätzlich Missbrauchsgefahren. Divergierenden Mehrheits- und Minderheitsinteressen muss ausreichend Rechnung getragen werden, ebenso der Tatsache, dass neben unternehmerisch orientierten Aktionären in börsennotierten Aktiengesellschaften verstärkt auch anlageorientierte (Klein-) Aktionäre vorhanden sind. Auch die rationale Apathie der Aktionäre muss einkalkuliert werden, will man nicht die Aktionärsverfolgungsrechte von vornherein leer laufen lassen. Dieser rationalen Apathie kann grundsätzlich auf der Kostenseite, aber auch auf der Ertragsseite, etwa durch eine Prämienzahlung im Erfolgsfall, entgegengewirkt werden. Vor diesem Spannungsfeld wird deutlich, dass die Ausgestaltung der Aktionärsverfolgungsrechte stets ein Kompromiss bleiben wird. Wie gut dem Gesetz-

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Kap. 4: Zusammenfassung und Ausblick

geber dieser Kompromiss gelungen ist oder inwieweit noch Nachbesserungsbedarf besteht, wurde im zweiten Kapitel untersucht. Den Aktionären stehen zur Verfolgung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegen ihre Verwaltungsmitglieder zwei Instrumente zur Verfügung: das Geltendmachungserzwingungsrecht der Hauptversammlung (§ 147 Abs. 1 S. 1 AktG) einschließlich der Möglichkeit der Bestellung besonderer Vertreter (§ 147 Abs. 1, 2 AktG) und das zweistufig ausgestaltete Aktionärsklageverfahren gemäß § 148 AktG. Daneben sieht § 309 Abs. 4 AktG zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen der abhängigen Gesellschaft gegen ihre Verwaltungsmitglieder aus §§ 310, 318 AktG die sogenannte konzernrechtliche Aktionärsklage vor. Mittels dieser Instrumentarien können nur Schadenersatzansprüche der Gesellschaft gegen ihre Organmitglieder, die im Zusammenhang mit der Geschäftsführung oder bei Aufsichtsratsmitgliedern mit der Überwachung stehen, durchgesetzt werden. Zentrale Haftungsnorm im Bereich der Innenhaftung ist § 93 Abs. 2, 3 AktG, bei Aufsichtsratsmitgliedern i.V. m. § 116 AktG. Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder, die pflichtwidrig und schuldhaft ihrer Gesellschaft einen Schaden zufügen, sind dieser zum Schadenersatz verpflichtet. Für unternehmerische Entscheidungen sieht § 93 Abs. 1. S. 2 AktG unter den dort genannten Voraussetzungen einen Haftungsfreiraum vor. Diese Innenhaftung ist grundsätzlich streng. So tragen Verwaltungsmitglieder die Beweislast für die fehlende Pflichtwidrigkeit und das fehlende Verschulden, haften bereits für leichte(ste) Fahrlässigkeit; Haftungserleichterungen oder -freistellungen sind nicht zulässig und ein Verzicht oder Vergleich über Ersatzansprüche der Gesellschaft unterliegt strengen Voraussetzungen.

B. Zweites Kapitel Das Aktionärsforum (§ 127a AktG) ist ein wichtiges Aktionärsrecht im Zusammenhang mit der Verfolgung von Ersatzansprüchen gegen Organmitglieder. Hierdurch können besonders in börsennotierten Gesellschaften bestehende Kommunikationsdefizite überwunden werden. Aktionären wird so der Zusammenschluss zur Überschreitung bestimmter Schwellenwerte bzw. zur Abstimmung auf der Hauptversammlung erleichtert. Trotz seiner spärlichen Nutzung ist das Aktionärsforum hinreichend „aktionärsfreundlich“ ausgestaltet. Es bietet auch ausreichenden Schutz der Gesellschaft gegen missbräuchliche Einträge bzw. gegen Verweise auf eine missbräuchliche Internetseite des Aktionärs. Die Hauptversammlung kann nach § 147 Abs. 1 AktG die Geltendmachung der Ersatzansprüche durch die Gesellschaft erzwingen. Diese – gerichtliche oder außergerichtliche – Geltendmachung erfolgt durch die zuständigen Gesellschaftsorgane, Aufsichtsrat bzw. Vorstand, oder durch besondere Vertreter, falls die Hauptversammlung oder ein Gericht diese bestellt hat (§ 147 Abs. 2 AktG). Ein Beschluss der Hauptversammlung zur Geltendmachung der Ersatzansprüche oder

B. Zweites Kapitel

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zur Bestellung besonderer Vertreter ist allerdings schwer zu erreichen. Zunächst muss die Hürde der Bekanntmachung zur Tagesordnung genommen werden. Danach muss noch eine Mehrheit der abgegebenen Stimmen in der Hauptversammlung erreicht werden. Diese wird, außer wenn erhebliche Beteiligungen von Stimmverboten betroffen sind, in der Regel nur schwer zu erreichen sein. Zur Vermeidung möglicher Interessenkonflikte empfiehlt es sich de lege ferenda, ein an § 142 Abs. 1 S. 2, 3 AktG angelehntes Stimmverbot auch für die Verwaltungsmitglieder einzuführen, gegen die keine Ersatzansprüche geltend gemacht werden sollen. Anders als für die Frage des „Wie“ der Geltendmachung ist dem besonderen Vertreter grundsätzlich kein Ermessen hinsichtlich des „Ob“ der Geltendmachung einzuräumen. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Hauptversammlung ihm eine solche Prüfungskompetenz übertragen hat, insbesondere dann, wenn sie ihn mit der Prüfung beauftragt hat, gegen welche von mehreren möglichen Anspruchsgegnern eine Inanspruchnahme erfolgversprechend ist. Das Minderheitsrecht, die gerichtliche Bestellung von besonderen Vertretern zu verlangen, setzt einen vorherigen Beschluss der Hauptversammlung über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen und/oder die Bestellung von besonderen Vertretern voraus. Da kaum Fälle denkbar sind, in denen die Hauptversammlung nicht zugleich mit dem Beschluss über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen besondere Vertreter bestellen wird, ist dieses Recht seit der Abschaffung des Minderheitsverlangens auf Geltendmachung von Ersatzansprüchen (§ 147 Abs. 1 AktG 1998) weitgehend bedeutungslos geworden. Die Gerichte hatten in den letzten Jahren Gelegenheit zur Klärung einiger Bereiche des bis dahin weitgehend unerforscht gebliebenen Rechtsinstituts des besonderen Vertreters. Wohl entgegen der Ansicht des OLG München (Urteil vom 28. November 2007 (HVB/UniCredito)) ist der besondere Vertreter Organ der Gesellschaft. Die Rechtssprechung des OLG München ist jedoch insoweit zu begrüßen, als sie, in Abgrenzung zum Rechtsinstitut der Sonderprüfung, dem besonderen Vertreter nur in engen Grenzen diejenigen Informations- und Einsichtsrechte gegenüber der Gesellschaft, vertreten durch den Vorstand, zubilligt, die er zur Geltendmachung des Ersatzanspruchs unmittelbar benötigt. Eine qualifizierte Aktionärsminderheit kann seit der gesetzlichen Neuregelung gemäß § 148 AktG nach erfolgreichem Abschluss eines Klagezulassungsverfahrens in eigenem Namen eine Haftungsklage für die Gesellschaft erheben. Da die Aktionärsminderheit ein fremdes Recht in eigenem Namen einklagt, ist ein gesetzlich geregelter Fall der Prozessstandschaft gegeben. Nach überzeugender Ansicht liegt zudem ein gesetzlich geregelter Fall der actio pro socio vor. Für die Einleitung des Klagezulassungsverfahrens ist ein Quorum i. H. v. 1% des Grundkapitals oder eines anteiligen Betrags am Grundkapital i. H. v. 100.000 EUR erforderlich. Aktionäre können unter anderem über das Aktionärsforum

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Kap. 4: Zusammenfassung und Ausblick

miteinander Kontakt aufnehmen und sich zur Erreichung dieses Quorums zusammenschließen. Dieser Schwellenwert ist vor dem Hintergrund des aufgezeigten Spannungsfeldes angemessen. Dieses Quorum stellt als eine Art „Seriositätsschwelle“ sicher, dass eine Aktionärsminderheit von wirtschaftlichem Gewicht hinter dem Klagezulassungsantrag steht. Auch eine Differenzierung zwischen börsennotierten und nicht börsennotierten Gesellschaften erscheint derzeit de lege ferenda nicht notwendig. Das Quorum muss nur zum Zeitpunkt der Antragstellung vorliegen. Die Zulässigkeit des Antrags wird deshalb weder durch ein späteres Herabsinken des Aktienbesitzes aufgrund einer Veräußerung von Aktien noch durch die Antragsrücknahme einzelner Streitgenossen berührt. Hiervon ist jedoch der Fall zu unterscheiden, dass (einzelne oder alle die Aktionärsminderheit bildende) Aktionäre nach Antragstellung ihren gesamten Anteilsbesitz veräußern und das Klagezulassungs- bzw. spätere Klageverfahren weiter betreiben möchten. In diesem Fall kommt eine analoge Anwendung des § 265 Abs. 2 ZPO in Betracht. Dies setzt jedoch voraus, dass der bisherige Antragsteller bzw. Kläger ein rechtliches Interesse an der Fortsetzung des Klagezulassungs- oder Klageverfahrens hat. Die antragstellenden Aktionäre müssen gemäß § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG nachweisen, dass sie die Aktien vor dem Zeitpunkt erworben haben, in dem sie oder im Falle der Gesamtrechtsnachfolge ihre Rechtsvorgänger von den behaupteten Pflichtverstößen oder dem behaupteten Schaden auf Grund einer Veröffentlichung Kenntnis erlangen mussten. Um zu verhindern, dass Aktionäre Aktien nur vorübergehend zur Initiierung eines missbräuchlichen Klagezulassungsverfahrens erwerben, ist an dem Vorbesitzerfordernis grundsätzlich festzuhalten. De lege ferenda sollte allerdings das strikte Anknüpfen an das Element der „Veröffentlichung“ überdacht werden. Auch in dem Fall, in dem noch keine Veröffentlichung erfolgt ist, muss die Beantragung der Klagezulassung entgegen dem Wortlaut des § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AktG möglich sein. Andererseits sollten klagewillige Aktionäre auch dann von der Einleitung eines Klagezulassungsverfahrens ausgeschlossen sein, wenn sie von den behaupteten Pflichtverstößen oder dem behaupteten Schaden auf andere Weise als durch eine Veröffentlichung Kenntnis erlangt und anschließend die Aktien zum Zwecke der Klageerhebung erworben haben. Außerdem sollte de lege ferenda auch bei besonderen Fällen der Einzelrechtsnachfolge, etwa bei Vermächtnissen gemäß §§ 1939, 2147 ff. BGB, oder bei konzerninternen Umstrukturierungen an die Kenntniserlangung oder das Kennenmüssen des Rechtsvorgängers angeknüpft werden können. Die Aktionäre müssen außerdem gemäß § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AktG nachweisen, dass sie die Gesellschaft unter Setzung einer angemessenen Frist vergeblich aufgefordert haben, selbst Klage zu erheben. Im Regelfall wird eine Frist von zwei Monaten als angemessen anzusehen sein. Die Aufforderung muss sich nicht an das zuständige Gesellschaftsorgan richten. Es reicht aus, wenn die Ak-

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tionäre nachweisen, dass die Aufforderung überhaupt bei der Gesellschaft eingegangen ist. Diese Regelung bringt einmal mehr den subsidiären Charakter des Aktionärsklagerechts zum Ausdruck. Die größte Hürde für die antragstellenden Aktionäre stellt § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG auf. Danach müssen Tatsachen vorliegen, die den Verdacht rechtfertigen, dass der Gesellschaft durch Unredlichkeit oder grobe Verletzung des Gesetzes oder der Satzung ein Schaden entstanden ist. Unter dem Begriff der „Unredlichkeit“ wird allgemein ein vorwerfbares, sittlich anstößiges Handeln verstanden. In erster Linie fallen Treupflichtverletzungen hierunter. Mehr Schwierigkeiten bereitet die Bestimmung des Begriffs der groben Gesetzes- oder Satzungsverletzung. Die überwiegende Ansicht scheint „grob“ dabei im Sinne von grober Fahrlässigkeit zu verstehen oder diese zumindest vorauszusetzen. Nach überzeugender anderer Ansicht können neben dem Maß des Verschuldens auch andere Faktoren für die Qualifizierung der Pflichtverletzung als „grob“ herangezogen werden. Zu berücksichtigen sind danach auch die Bedeutung der verletzten Pflicht oder die Folgen des Pflichtverstoßes für die Gesellschaft. Eine Ausweitung dieses Begriffes über die grobe Fahrlässigkeit hinaus darf allerdings nur sehr vorsichtig und nur in Ausnahmefällen erfolgen. Andernfalls würde dies die gesetzgeberische Intention, das Klagezulassungsverfahren auf die Fälle zu beschränken, in denen eine Nichtverfolgung unerträglich wäre, und die Austarierung des eingangs beschriebenen Spannungsfelds gefährden. Trotz der damit einhergehenden erheblichen Beschränkung des Anwendungsbereichs des Aktionärsklageverfahrens ist an der Beschränkung auf das Vorliegen von Verdachtstatsachen für Unredlichkeiten oder grobe Gesetzes- oder Satzungsverletzungen aus rechtspolitischer Sicht festzuhalten. Der Beschränkung auf qualifizierte Pflichtverstöße stehen zum einen zahlreiche prozessuale Erleichterungen gegenüber, zum anderen ist die Beschränkung des Aktionärsklagerechts auf qualifizierte Pflichtverstöße auch Ergebnis der Austarierung des Spannungsfelds. Als subsidiäres Recht soll die Aktionärsklage nur dort zur Verfügung stehen, wo gravierende Pflichtverstöße nicht verfolgt werden. Die Antragsteller tragen die volle Darlegungs- und Beweislast für die den Verdacht rechtfertigenden Tatsachen. Dies ist als Folge des ZPO-Verfahrens konsequent, stellt die Aktionäre allerdings vor hohe Informationsanforderungen. Vielfach werden sie damit mangels anderweitiger effektiver Informationsrechte vorab eine Sonderprüfung durchführen lassen müssen. Durch die Zulassungsvoraussetzung des § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 AktG können der Aktionärsklage überwiegende entgegenstehende Gründe des Gesellschaftswohls entgegengehalten werden. Als solche Gründe kommen insbesondere Klagen, die auf sehr geringe Ersatzleistungen gerichtet sind, oder mehrfache, nichts Neues beitragende Klagezulassungsanträge in Betracht. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür trägt der Antragsgegner.

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Kap. 4: Zusammenfassung und Ausblick

Das UMAG hat mit § 148 Abs. 2 S. 9 AktG (Beiladung der Gesellschaft im Klagezulassungs- und im Klageverfahren) und mit § 148 Abs. 3 S. 3 AktG (Beiladung der Minderheitsaktionäre nach Eintritt der Gesellschaft in das Klageverfahren bzw. nach eigenständiger Klageerhebung durch die Gesellschaft) das Rechtsinstitut der Beiladung in das Aktiengesetz eingeführt. Dieses orientiert sich an dem im öffentlichen Recht bekannten Vorbild der notwendigen Beiladung nach §§ 65 Abs. 2, 66 VwGO. Ob diese Zwangseinbindung Dritter in den Prozess auch auf das zivilprozessuale Klagezulassungs- und Klageverfahren übertragbar ist oder ob eine Beitrittserklärung analog § 70 ZPO oder eine entsprechende Austrittsmöglichkeit geschaffen werden muss, ist bis dato ungeklärt. Dem Beigeladenen kommen weitgehende prozessuale Rechte zu. Er muss zu allen Terminen geladen werden und kann insbesondere auch von den Anträgen der Parteien abweichende Verfahrens- und Sachanträge stellen. Während für die Gesellschaft die Beiladung in erster Linie dazu dient, der Klagezulassung entgegenstehende überwiegende Gründe des Gesellschaftswohls vorzubringen und eine eigene Klageerhebung bzw. Übernahme der Klage zu prüfen, ist die Aktionärsminderheit nach einem Eintritt der Gesellschaft auf ihre Rechte als Beigeladene beschränkt, denn durch diesen Eintritt wird das Klagezulassungsverfahren der Aktionäre unzulässig, § 148 Abs. 3 AktG. Durch die Beiladung der Aktionärsminderheit soll dieser eine Kontrolle der Anspruchsverfolgung durch die Gesellschaft ermöglicht werden. Diese ist jedoch in zweierlei Hinsicht eingeschränkt: so dürfen die Beigeladenen keine Verfügungen über den Streitgegenstand und den Prozess treffen und sind an diesbezügliche Verfügungen der Parteien gebunden. So hat die beigeladene Aktionärsminderheit keine Möglichkeit, eine Klagerücknahme oder einen Vergleich der Gesellschaft zu verhindern. Die Gesellschaft ist dabei jedoch an die Voraussetzungen des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG (mit Ausnahme der Sperrfrist) gebunden. Eine weitere erhebliche Einschränkung erfährt die Effektivität der Beiladung außerdem durch die Kostenregelung. Zwar dürfen dem Beigeladenen in entsprechender Anwendung des § 154 Abs. 3 VwGO Prozesskosten nur dann auferlegt werden, wenn er Sachanträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat, so dass zumindest Verfahrensanträge, insbesondere Beweisanträge, gestellt werden können, ohne dass die beigeladenen Aktionäre hierdurch mit dem teilweisen Prozesskostenrisiko belastet sind. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nach entsprechender Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO allerdings nur erstattungsfähig, wenn das Gericht diese aus Billigkeit der unterliegenden Partei (d.h. dem beklagten Organmitglied) auferlegt. Die Beigeladenen haben nach allgemeiner Ansicht zudem keinen materiellen Kostenerstattungsanspruch gegenüber der Gesellschaft und müssen damit ihre Rechtsanwaltskosten und sonstige Aufwendungen selbst tragen. In einem Klageverfahren, in dem es oft um erhebliche Streitwerte geht, ist daher zu befürchten, dass sich die Aktionäre nach Eintritt der

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Gesellschaft bzw. deren selbständiger Klageerhebung aus Furcht vor einer Kostenbelastung aus dem Verfahren zurückziehen bzw. sich passiv verhalten werden. Hierdurch ist die Kontrollfunktion der beigeladenen Aktionäre gefährdet. De lege ferenda ist daher die Einführung einer entsprechenden Kostenregelung wünschenswert, um die praktische Wirksamkeit des Rechtsinstituts der Beiladung noch zu verstärken. Falls die Gesellschaft nach Zulassung der Klage, aber vor Klageerhebung durch die Aktionärsminderheit Klage erhebt, ist letztere in entsprechender Anwendung des § 148 Abs. 3 S. 3, i.V. m. S. 1, 2 AktG beizuladen. Anderenfalls käme es zu „Kontrolllücken“, was dem Sinn und Zweck der Beiladung zuwider liefe. Das Klagezulassungsverfahren endet grundsätzlich durch Beschluss (§ 148 Abs. 2 S. 1 AktG). Das Klagezulassungsverfahren kann unter anderem auch durch einen Vergleich zwischen der antragstellenden Aktionärsminderheit und dem Organmitglied, gegen das sich die behaupteten Ersatzansprüche der Gesellschaft richten, beendet werden. Die antragstellende Aktionärsminderheit ist hierbei nicht an § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG gebunden. Ein solcher Vergleich im Klagezulassungsverfahren wirkt weder für und gegen die Gesellschaft noch für und gegen die übrigen Aktionäre. Bei der Regelung des § 148 Abs. 5 S. 2, Hs. 2 AktG, der nur die Bindungswirkung gegenüber der Gesellschaft ausschließt, handelt es sich insoweit um ein Redaktionsversehen. De lege ferenda sollte dies klargestellt werden. Die Gesellschaft wird nach Klagezulassung regelmäßig nach den ARAG/Garmenbeck-Grundsätzen verpflichtet sein, selbst Klage zu erheben. Hat das Prozessgericht das Vorliegen von Verdachtstatsachen für eine qualifizierte Pflichtverletzung festgestellt und überwiegende entgegenstehende Gründe des Gesellschaftswohls verneint, werden die zuständigen Verwaltungsorgane in aller Regel eine solche Klage erheben (müssen), um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, pflichtwidrig die behaupteten Ersatzansprüche der Gesellschaft nicht zu verfolgen. Angesichts der eingangs aufgezeigten Subsidiarität der Aktionärsverfolgungsrechte und insbesondere des Aktionärsklagerechts ist diese Folge konsequent. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob das eigentliche Klageverfahren überhaupt Bedeutung erlangen wird, oder ob § 148 AktG ein modifiziertes Klageerzwingungsverfahren bleiben wird. Die Zulassung der Klage berechtigt die ehemaligen Antragsteller des Zulassungsverfahrens zur Klageerhebung in eigenem Namen. Die Klage ist gegen die ehemaligen Antragsgegner und auf Leistung an die Gesellschaft zu richten (§ 148 Abs. 4 S. 2 AktG). Dass mehrere Aktionärsklagen grundsätzlich zulässig sind, zeigt § 148 Abs. 4 S. 4 AktG. Diese Vorschrift ist somit als Ausnahme des Grundsatzes entgegenstehender anderweitiger Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 3

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Kap. 4: Zusammenfassung und Ausblick

Nr. 1 ZPO) anzusehen. De lege ferenda wäre eine gesetzliche Klarstellung wünschenswert. Die im Klagezulassungsverfahren obsiegende Aktionärsminderheit muss die Gesellschaft vor Klageerhebung nochmals unter Setzung einer angemessenen Frist vergeblich aufgefordert haben, selbst Klage zu erheben (§ 148 Abs. 4 S. 1 AktG). Hierdurch wird der subsidiäre Charakter der Aktionärsklage und die Intention des Gesetzgebers, die Prozessführung durch die Gesellschaft selbst zu fördern, erneut deutlich. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wird die Gesellschaft nach den Grundsätzen der ARAG/Garmenbeck-Entscheidung des BGH in aller Regel selbst Klage erheben. Es bleibt daher abzuwarten, ob in der Praxis tatsächlich Aktionärsklagen im Sinne des § 148 Abs. 4 AktG erhoben werden. Als Inhaberin des behaupteten Ersatzanspruchs ist die Gesellschaft auch im Klageverfahren jederzeit berechtigt, selbst Klage zu erheben. Stattdessen ist die Gesellschaft nach ihrer Wahl auch berechtigt, in das Klageverfahren der Aktionärsminderheit einzutreten. Die Möglichkeit der Gesellschaft, statt der Übernahme der Aktionärsklage eine eigene Klage erheben zu können, wird teilweise kritisiert. Kritikpunkt hierbei ist in erster Linie, dass die bisherigen Prozessergebnisse wertlos werden und somit eine neue Beweisaufnahme erforderlich wird, was unter Umständen für das verklagte Organmitglied unzumutbar sei. Um der Stellung der Gesellschaft als Rechtsinhaberin des Ersatzanspruchs umfassend gerecht zu werden, ist an dem Wahlrecht jedoch festzuhalten. Hat die Gesellschaft das Aktionärsklageverfahren übernommen oder selbst Klage erhoben, kann sie die Klage grundsätzlich zurücknehmen. Da die Aktionärsminderheit, die die Klage initiiert hat, hierbei kein Vetorecht hat, ist die Gesellschaft bei der Klagerücknahme an die für Vergleiche geltenden Vorschriften des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG mit Ausnahme der dreijährigen Sperrfrist gebunden (§ 148 Abs. 6 S. 4 AktG). Um eine rasche Erledigung des Verfahrens zu ermöglichen, sollte § 148 Abs. 6 S. 4 AktG, soweit darin die Ausnahme von der Sperrfrist geregelt ist, auch für einen durch die Gesellschaft nach Eintritt in das oder Übernahme des Klageverfahren(s) geschlossenen Vergleich gelten. Die Geltung der übrigen Vergleichsvoraussetzungen ergibt sich bereits direkt aus § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG. De lege ferenda sollte dies klargestellt werden. Statt des umständlichen und kostenintensiven Weges über die Hauptversammlung bietet es sich de lege ferenda an, für Prozessvergleiche zumindest im Rahmen des § 148, die Vorschrift des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG für unanwendbar zu erklären und stattdessen den von der Gesellschaft im Klageverfahren nach § 148 AktG geschlossenen Vergleich an die Zustimmung des Prozessgerichts zu binden. Die klagende Aktionärsminderheit kann mit dem beklagten Organmitglied im Klageverfahren einen Prozessvergleich schließen. Auch in diesem Fall gelten die Regelungen des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG. Um eine zügige Verfahrensbeendigung zu ermöglichen, wird man § 148 Abs. 6 S. 4 AktG, der den Verzicht auf die

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Sperrfrist beinhaltet, auch entsprechend auf den Prozessvergleich der Aktionärsminderheit anwenden müssen. Mit der Hauptversammlung muss bereits ein Gesellschaftsorgan dem Vergleichsschluss zustimmen. Eine zusätzliche Zustimmung der „Gesellschaft“, d.h. des klageunwilligen Gesellschaftsorgans Aufsichtsrat gemäß § 112 AktG bzw. Vorstand gemäß § 78 AktG, ist dagegen nicht erforderlich. Die Anordnung der Vergleichswirkung in § 148 Abs. 5 S. 1, 2 AktG für und gegen die Gesellschaft und die übrigen Aktionäre setzt voraus, dass es sich um einen nach § 149 AktG bekannt zu machenden Vergleich handelt. § 149 AktG erfasst nur börsennotierte Gesellschaften. Es besteht aber kein Grund, hinsichtlich der Vergleichsbefugnis und der Vergleichswirkung zwischen einer börsennotierten und einer nicht börsennotierten Gesellschaft zu differenzieren. Von der Verweisung in § 148 Abs. 5 S. 2 AktG auf § 149 AktG ist daher nur die Beschränkung auf verfahrensbeendende Vergleiche und die Bekanntmachungsvorschriften als solche umfasst, nicht dagegen die Beschränkung auf börsennotierte Gesellschaften. De lege ferenda wäre eine entsprechende Klarstellung im Gesetz wünschenswert. Allerdings muss in diesen Fällen auch bei nichtbörsennotierten Gesellschaften eine Bekanntmachung nach § 149 AktG erfolgen, um durch diese Transparenzregelungen Missbräuchen vorzubeugen. Die gesetzlichen Regelungen für einen Vergleich der Aktionärsminderheit sind in ihrer jetzigen Form wenig überzeugend. Hier sollten zumindest die im Wege der Auslegung bzw. der Analogie gefundenen Ergebnisse de lege ferenda klargestellt werden. Aus rechtspolitischer Sicht wäre allerdings ein völliges Aufgeben der Vorschrift des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG vorzugswürdig. Statt an der Vorschrift des § 93 Abs. 4 S. 3, 4 AktG festzuhalten, wäre die Einführung einer gerichtlichen Zustimmungspflicht zu dem Prozessvergleich wünschenswert. Die durch das UMAG eingeführte Kostenregelung wird dem Ziel der Stärkung der praktischen Durchsetzungsmöglichkeiten durch Schaffung einer „aktionärsfreundlicheren“ Kostenregelung und der gleichzeitigen Verhinderung von Missbräuchen weitgehend gerecht. Die Aktionärsminderheit ist grundsätzlich auf ein überschaubares Kostenrisiko im Klagezulassungsverfahren beschränkt. So soll einerseits ein gefahrloses „Austesten“ verhindert, redliche Aktionäre aber andererseits nicht von der Einleitung eines Klagezulassungsverfahres abgeschreckt werden. Hat ein Gericht die Klage zugelassen und ihr damit hinreichende Erfolgsaussichten eingeräumt, haben die Aktionäre im Unterliegensfall grundsätzlich einen materiell-rechtlichen Erstattungsanspruch gegen die Gesellschaft (§ 148 Abs. 6 S. 5 AktG). Die Effektivität der Kostenregelung des § 148 Abs. 6 S. 5 AktG ist jedoch zweifach eingeschränkt: dadurch, dass die Aktionäre zur Leistung eines Gerichtskostenvorschusses verpflichtet sind, und dadurch, dass sie das Insolvenzrisiko der

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Kap. 4: Zusammenfassung und Ausblick

Gesellschaft tragen. Hier sollte de lege ferenda weitestmöglich für Abhilfe gesorgt werden. Andererseits bietet die Kostenregelung, im Zusammenspiel mit den übrigen Bestimmungen des § 148 Abs. 6 AktG auch hinreichenden – wenn auch nicht vollumfänglichen – Schutz gegen missbräuchliche Klagen. Hat das Prozessgericht unter anderem das Vorliegen von Verdachtstatsachen gemäß § 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG bejaht, ist außer im Täuschungsfall kaum vorstellbar, dass die Anspruchsverfolgung, auch wenn sie letztlich ohne Erfolg geblieben ist, missbräuchlich war. Außerdem wird in diesen Fällen die Gesellschaft in aller Regel spätestens nach Klagezulassung bzw. nochmaliger Klageaufforderung selbst Klage erheben, so dass die für missbräuchlich handelnde Aktionäre „lukrative“ Fallkonstellation der Durchführung des eigentlichen Klageverfahrens mit den dabei anfallenden, am Streitwert des Ersatzanspruchs orientierten Anwaltsgebühren, eher selten sein wird. Denkbar ist jedoch, dass eine Aktionärsminderheit in Missbrauchsabsicht die Zulassung durch vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtigen Vortrag erwirkt hat. Für solche Fälle sieht § 148 Abs. 6 S. 5 AktG a. E. eine Ausnahme von dem Kostenerstattungsanspruch vor. Darüber hinaus wird man die in § 148 Abs. 6 S. 5 AktG genannten Einschränkungen entsprechend auf Fälle anwenden müssen, in denen die klagenden Aktionäre die Klageabweisung durch vorsätzliches oder grob fahrlässiges Handeln im Prozess erreicht haben. § 148 Abs. 6 S. 4 AktG sieht einen Kostenerstattungsanspruch der klagenden Aktionärsminderheit für die ihnen bis zum Eintritt der Gesellschaft oder deren selbstständiger Klageerhebung entstandenen Kosten vor. Die in § 148 Abs. 6 S. 5 AktG a. E. enthaltene Ausnahme von dem Kostenerstattungsanspruch gegen die Gesellschaft wird man auch auf diesen Kostenersatzanspruch entsprechend anwenden müssen. § 148 Abs. 6 S. 6 AktG sieht vor, dass gemeinsam als Antragsteller oder als Streitgenossen handelnde Aktionäre insgesamt nur die Kosten eines Bevollmächtigten erstattet bekommen, soweit nicht ein weiterer Bevollmächtigter zur Rechtsverfolgung unerlässlich war. Diese Regelung ist aus rechtspolitischer Sicht zu begrüßen, da mehrere Antragsteller oder Kläger aus dem Verfahren hinsichtlich der Anwaltsgebühren „kein Geschäft machen sollen“. Dogmatisch lässt sie sich mit der Geltendmachung eines fremden Rechts in Prozessstandschaft begründen. Die Hauptbedeutung der Bekanntmachungsvorschrift des § 149 AktG liegt in der Veröffentlichung der Verfahrensbeendigung einschließlich aller in diesem Zusammenhang getroffenen Vereinbarungen bzw. für Vereinbarungen, die zur Prozeßvermeidung getroffen werden. Die in § 149 AktG normierte Publizitätspflicht ist zwar nur ein Mittel von vielen, welches zur Verhinderung von Missbräuchen implementiert wurde. Dennoch sollte sie wegen ihrer abschreckenden Wirkung

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bestehen bleiben. Die Beschränkung auf börsennotierte Gesellschaften sollte dagegen de lege ferenda gestrichen werden. Bereits die Einleitung eines Klagezulassungsverfahrens kann für börsennotierte Gesellschaften zudem die Pflicht zu einer ad hoc-Mitteilung auslösen, wenn der Klagezulassungsantrag zur erheblichen Beeinflussung der Kursentwicklung der Gesellschaft geeignet ist. Mit der Änderung des § 147 AktG und der Einführung des zweistufigen Aktionärsklageverfahrens in § 148 AktG hat der Gesetzgeber einen wichtigen Schritt getan, um der Geltendmachung von Organhaftungsansprüchen der Gesellschaft zu mehr praktischer Wirksamkeit zu verhelfen. Neben dem unverändert bestehenden Geltendmachungserzwingungsrecht der Hauptversammlung und dem korrespondierenden Recht auf Bestellung besonderer Vertreter kommt dem neu eingeführten Aktionärsklageverfahren gemäß § 148 AktG hierbei maßgebliche Bedeutung zu. Aktionäre haben einen erheblichen Informationsbedarf, denn sie müssen im Klagezulassungsverfahren Tatsachen darlegen und beweisen, die den Verdacht rechtfertigen, dass der Gesellschaft durch Unredlichkeit oder grobe Verletzung des Gesetzes oder der Satzung ein Schaden entstanden ist (§ 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG). Auch im späteren Klageverfahren trifft die klagenden Aktionäre die der Gesellschaft im „normalen“ Haftungsprozess obliegende Darlegungs- und Beweislast. Die nachfolgenden Darstellungen erfolgen daher unter der Prämisse, dass Aktionärsminderheiten über ausreichende entsprechende Informationsrechte verfügen. Auch nach Reformierung des UMAG wurde von den Aktionärsverfolgungsrechten bislang kaum Gebrauch gemacht. Hieraus jedoch per se auf die Wirkungslosigkeit der Aktionärsverfolgungsrechte schließen zu wollen, greift jedoch zu kurz. Wie eingangs aufgezeigt, besteht ein Hauptzweck der Organhaftung und ihres Durchsetzungsmechanismus in der doppelten Präventionswirkung. Die „fleet in being“ hat durch das UMAG an „Schlagkraft“ gewonnen. Der Aufsichtsrat kann sich spätestens seit den verfahrensmäßigen Erleichterungen durch die UMAG-Reform und die „aktionärsfreundlichere“ Kostenregelung nicht mehr darauf verlassen, dass gravierende Pflichtverletzungen von Aktionären nicht aufgegriffen und notfalls mittels des Aktionärsklageverfahrens geltend gemacht werden. Die Beschränkung auf qualifizierte Pflichtverletzungen ist aus rechtspolitischen Gründen geboten. Letztlich ist die Beschränkung der Klagezulassung auf das Vorliegen von Verdachtstatsachen, die für eine qualifizierte Pflichtverletzung sprechen, auch Ausdruck der systemimmanenten Subsidiarität und des Ausnahmecharakters der Aktionärsverfolgungsrechte. Anders als die Hauptversammlungsmehrheit soll eine qualifizierte Aktionärsminderheit nur in eng begrenzten Ausnahmefällen zur Geltendmachung von Organhaftungsansprüchen berechtigt

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Kap. 4: Zusammenfassung und Ausblick

sein. Allerdings sollte de lege ferenda an den im zweiten Kapitel aufgezeigten Stellen noch nachjustiert werden, um den Aktionärsverfolgungsrechten zu mehr praktischer Wirksamkeit zu verhelfen. Schließlich darf nicht übersehen werden, dass ein wirksames System der Aktionärsverfolgungsrechte zwar ein wichtiger, aber dennoch nur ein Baustein einer guten Corporate Governance ist. Weitere Bausteine müssen hinzutreten. Insbesondere ist eine weitere Stärkung des Aufsichtsrats, als das primär für die Verfolgung von Ansprüchen gegen Vorstandsmitglieder zuständige Organ, unverzichtbar. Vor dem Hintergrund des aufgezeigten Spannungsfelds erscheint die Ausgestaltung der Aktionärsverfolgungsrechte in §§ 147 ff. AktG damit als weitgehend austariert. Letztlich muss jede Ausgestaltung ein Kompromiss zwischen widerstreitenden Interessen bleiben. Gewisse Unzulänglichkeiten des Minderheitsschutzes im Bereich der Aktionärsverfolgungsrechte sind damit systemimmanent. Eine weitere Verstärkung des Minderheitsschutzes außer in den aufgezeigten Fällen, insbesondere durch die Einführung einer Individualklagebefugnis, die Verfolgungsmöglichkeit auch im Bereich einfacher Pflichtverletzungen, oder die Einführung positiver Klageanreize erscheint zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erforderlich. Insbesondere ist eine Einführung von Prämienzahlungen oder einer Klagevergütung aus rechtspolitischer Sicht nicht wünschenswert, denn die Formierung eines entsprechenden „Klagegewerbes“ muss verhindert werden. Zwar werden Aktionäre mit nur minimalem Aktienbesitz mangels Klageanreizen wohl auch in Zukunft in der Regel von der Geltendmachung von Innenhaftungsansprüchen absehen. Vor dem Hintergrund der gesetzgeberischen Wertung, nur Aktionäre mit einem unternehmerischen bzw. wirtschaftlichen Interesse zur Klageerhebung zuzulassen, ist jedoch hinzunehmen, dass vor allem strategisch orientiere (institutionelle) Investoren, Familiengesellschafter mit besonderem Bezug zur Gesellschaft oder Belegschaftsaktionäre davon Gebrauch machen werden. Aktionäre können nach § 309 Abs. 4 AktG die Ersatzansprüche der abhängigen Gesellschaft gegen ihre Verwaltungsmitglieder gemäß §§ 310, 309 Abs. 4 AktG bzw. §§ 318, 309 Abs. 4 AktG bereits seit fast 50 Jahren in gesetzlicher Prozessstandschaft selbst einklagen, ohne hierfür an ein mit § 148 Abs. 1 S. 1 AktG vergleichbares Minderheitsquorum gebunden zu sein oder zuvor ein Klagezulassungsverfahren efolgreich abschließen zu müssen. Eine zumindest weitgehende Übernahme der Voraussetzungen des § 148 f. AktG, insbesondere des Klagezulassungsverfahrens, in das Verfahren nach § 309 Abs. 4 AktG scheidet grundsätzlich aus, da es sich bei der Aktionärsklage nach § 148 f. AktG und der konzernrechtlichen Aktionärsklage nach § 309 Abs. 4 AktG um zwei selbständige Rechtsbehelfe handelt. Anders verhält es sich mit den Regelungen über die Rechtshängigkeit, die Rechtskraft und die Vergleichsbefugnis. Vieles spricht außerdem dafür, die Vorschrift der Beiladung gemäß

C. Drittes Kapitel

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§ 148 Abs. 3 S. 3 AktG entsprechend anzuwenden, um den ursprünglichen Aktionärsklägern die Möglichkeit zu geben, nach Klageerhebung der Gesellschaft weiterhin Einfluss auf den Prozess nehmen zu können. Diese konzernrechtlichen Aktionärsklagerechte sind bisher allerdings ohne nennenswerte praktische Bedeutung geblieben. Neben auch bei der allgemeinen Aktionärsklage bestehenden Gründen wird hierfür insbesondere das Prozesskostenrisiko als einer der Hauptgründe gesehen. Eine entsprechende Anwendung des Kostenerstattungsanspruchs gemäß § 148 Abs. 6 S. 5 AktG ist abzulehnen, da mangels eines Klagezulassungsverfahrens kein „Missbrauchs- und Plausibilitätsfilter“ vorgeschaltet ist. Die überwiegende Meinung in der Literatur fordert zu Recht die analoge Anwendung des § 247 AktG, und insbesondere der in § 247 Abs. 2 AktG normierten Regelung über die Streitwertspaltung. Die analoge Anwendung dieser Regelung kann das Kostenrisiko zwar in vielen Fällen reduzieren, reicht aber alleine wegen der verbleibenden Kostenrisiken für eine Durchbrechung der rationalen Aktionärs-Apathie nicht aus. De lege ferenda ist an die Einführung eines gerichtlichen Vorverfahrens über die Kostentragung oder an die Schaffung eines nicht an einen bestimmten Mindestbesitz gekoppeltes Klagezulassungsverfahrens zu denken, welches ansonsten in Anlehnung an § 148 Abs. 1 AktG ausgestaltet werden könnte und ein überschaubares Kostenrisiko für die Aktionäre im Falle der Abweisung des Zulassungsantrags enthalten müsste. Auch für konzernrechtliche Ersatzansprüche i. S. v. § 309 AktG steht das Geltendmachungserzwingungsverfahren des § 147 AktG offen. Das herrschende Unternehmen wird bei der Beschlussfassung regelmäßig einem Stimmverbot unterliegen. Wenn die potentiellen Kläger das auch nach analoger Anwendung des § 247 Abs. 2 AktG verbleibende unkalkulierbare Kostenrisiko der Aktionärsklage gemäß § 309 Abs. 4 AktG scheuen und im Einzelfall den Weg über die Aktionärsklage des § 148 AktG mit dem vorgeschalteten quorengebundenen Klagezulassungsverfahren wählen möchten, darf ihnen dieser Weg im Interesse eines effizienten Schutzes der abhängigen Gesellschaft und der außenstehenden Aktionäre nicht versperrt sein. Mit der herrschenden Meinung ist eine Quorums-unabhängige allgemeine Klagemöglichkeit jedes Einzelaktionärs außerhalb von gewissen Konzernsachverhalten über das Verfahren des § 148 AktG hinaus abzulehnen. Das Regelungssystem der §§ 147 ff., 309 AktG ist hinsichtlich der Aktionärsverfolgungsrechte von Organhaftungsansprüchen ihrer Gesellschaft abschließend.

C. Drittes Kapitel Im zweiten Kapitel wurde aufgezeigt, dass Aktionäre einen hohen Informationsbedarf haben, wenn sie ihre Aktionärsklagerechte gemäß §§ 148, 309 Abs. 4

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Kap. 4: Zusammenfassung und Ausblick

AktG wirksam ausüben wollen. Für die praktische Wirksamkeit dieser prozessualen Klagerechte kommt es daher entscheidend auf die Informationsmöglichkeiten der Aktionäre an. Die allgemeinen handelsrechtlichen, aktienrechtlichen und bei börsennotierten Gesellschaften kapitalmarktrechtlichen Publizitätspflichten reichen nicht aus. Auch die gesetzlich vorgesehenen individuellen Auskunftsrechte, insbesondere nach § 131 AktG, eignen sich nur bedingt zur umfassenden Aufklärung von Sachverhalten, bei denen ein Fehlverhalten von Verwaltungsmitgliedern vermutet wird. Der Gesetzgeber stellt mit dem Rechtsinstitut der Sonderprüfung ein weiteres Informationsinstrument zur Verfügung. Dieses ermöglicht eine von den Organmitgliedern unabhängige und sachverständige Aufklärung von Sachverhalten, in denen ein entsprechendes Fehlverhalten von Verwaltungsmitgliedern vermutet wird. Maßgebliche Bedeutung kommt hierbei der allgemeinen aktienrechtlichen Sonderprüfung gemäß § 142 AktG zu. Der mögliche Prüfungsgegenstand der allgemeinen Sonderprüfung ist weit gefasst. Mit der allgemeinen Sonderprüfung gemäß § 142 ff. AktG können bestimmte Vorgänge bei der Gründung oder der Geschäftsführung einer Überprüfung unterzogen werden. Hierunter fallen der gesamte Verantwortungsbereich des Vorstands, aber auch der des Aufsichtsrats. § 145 Abs. 1–3 AktG verleiht den Sonderprüfern weitreichende Einsichts-, Prüfungs- und Auskunftsrechte. Um die Prüfungsrechte der Sonderprüfer weiter zu verstärken, sollte de lege ferenda eine Ausdehnung der Auskunftsrechte über amtierende Verwaltungsmitglieder hinaus, insbesondere auch auf ehemalige Verwaltungsmitglieder, erwogen werden. Die Ergebnisse der Sonderprüfung sind in einem abschließenden Sonderprüfungsbericht nach § 145 Abs. 6 AktG festzuhalten. In den Prüfungsbericht sind grundsätzlich auch für die Gesellschaft oder ein verbundenes Unternehmen möglicherweise nachteilige Tatsachen aufzunehmen, wenn die Hauptversammlung diese Informationen zur Beurteilung des Vorgangs benötigt. Auf Antrag des Vorstands kann das Gericht seit der UMAG-Reform gestatten, dass bestimmte Tatsachen nicht in den Sonderprüfungsbericht aufgenommen werden müssen, wenn dies überwiegende Belange der Gesellschaft erfordern und sie zur Darlegung der Unredlichkeiten oder groben Pflichtverletzungen nicht unerlässlich sind. Diese Neuregelung ist zu begrüßen, eröffnet sie doch in vielen Fällen der Gesellschaft einen Schutz vor Preisgabe von Geschäftsgeheimnissen. Allerdings greift dieser Schutz nach dem Wortlaut des § 145 Abs. 4 AktG nur bei der Beantragung der gerichtlichen Bestellung von Sonderprüfung. De lege ferenda sollte diese Möglichkeit auch bei einer Bestellung von Sonderprüfern durch die Hauptversammlung ermöglicht werden. Obwohl die Sonderprüfung die wohl umfassendste und objektivste Sachverhaltsaufklärung für die Vorbereitung von Haftungsklagen ermöglicht, hat sie, zu-

C. Drittes Kapitel

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mindest vor der UMAG-Reform, in der Rechtspraxis nur wenig Bedeutung erlangt. Als Gründe hierfür wurden unter anderem die Schwierigkeit genannt, eine Hauptversammlungsmehrheit zu erlangen bzw. den gemäß § 142 Abs. 2 AktG 1998 erforderlichen Schwellenwert für eine Beantragung der gerichtlichen Bestellung von Sonderprüfern zu erreichen. Der Gesetzgeber hatte bei der Reformierung des Rechts der Sonderprüfung damit das gleiche Spannungsfeld wie bei Reformierung der Aktionärsverfolgungsrechte gemäß § 147 ff. AktG zu beachten. Einerseits möchte er eine möglichst effektive Informationsmöglichkeiten schaffen, und damit einen wirksamen Minderheitsschutz gewährleisten, und andererseits müssen jedoch wirksame Vorkehrungen gegen Rechtsmißbrauch getroffen und die Handlungsfähigkeit der Verwaltungssorgane sichergestellt werden. In erster Linie hat er das zur gerichtlichen Beantragung der Sonderprüfung erforderliche Minderheitsquorum erheblich herabgesetzt. Erste Untersuchungen ergeben in der Tat eine gestiegene Anzahl von Sonderprüfungsanträgen auf Hauptversammlungen und korrenpondierend hierzu eine erhöhte Zahl von Anträgen auf gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern gemäß § 142 Abs. 2 AktG. Erst wenn die Hauptversammlung die Bestellung von Sonderprüfern abgelehnt hat, kann eine qualifizierte Aktionärsminderheit unter bestimmten materiellen und formellen Voraussetzungen die gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern beantragen. Nicht selten wird es wegen bestehender Mehrheitsverhältnisse oder dem bereits beschriebenen passiven Verhalten der Aktionäre auf der Hauptversammlung für Aktionärsminderheiten unmöglich sein, einen entsprechenden positiven Hauptversammlungsbeschluss über die Bestellung von Sonderprüfern herbeizuführen. Dem Minderheitsrecht des § 142 Abs. 2 AktG kommt daher für die praktische Wirksamkeit der allgemeinen Sonderprüfung entscheidende Bedeutung zu. Statt der zwingenden Vorbefassung der Hauptversammlung sollte de lege ferenda die Einführung eines sogenannten „demand“-Erfordernisses erwogen werden, d.h. die Verpflichtung, vor einem Antrag auf gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern zunächst die Gesellschaft zu einer Prüfung des beanstandeten Sachverhalts aufzufordern. Sollte der Gesetzgeber dieser Forderung nicht nachkommen, sollte jedenfalls der Schwellenwert des § 142 Abs. 2 AktG analog auf die Aktionärsrechte des § 122 Abs. 1, 2 AktG angewandt werden. Anderenfalls würde die Intention des Gesetzgebers, die Einleitung von Sonderprüfungen signifikant zu erleichtern, in den Fällen, in denen ein Antrag auf Bestellung von Sonderprüfern bekanntmachungspflichtig ist, konterkariert werden. Das nach § 142 Abs. 2 AktG erforderliche Quorum entspricht dem für das Aktionärsklageverfahren nach § 148 AktG erforderlichen Schwellenwert von 1% des Grundkapitals oder einem anteiligen Betrag von 100.000 EUR. Vielfach

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Kap. 4: Zusammenfassung und Ausblick

wurde und wird dieser als zu gering erachtet. Aus den bereits im zweiten Kapitel bei der Untersuchung des für das Aktionärsklageverfahren erforderlichen Schwellenwertes dargelegten Gründen, erscheint dieser jedoch sachgerecht. Die starre Mindestbesitzzeit von drei Monaten vor dem Tag der Hauptversammlung, die die Bestellung von Sonderprüfern abgelehnt hat, sollte de lege ferenda durch ein an die Kenntnis oder das Kennenmüssen der behaupteten Pflichtverstöße anknüpfendes Erfordernis ersetzt werden. Das Gericht bestellt gemäß § 142 Abs. 2 S. 1 AktG nur dann Sonderprüfer, wenn Tatsachen vorliegen, die den Verdacht rechtfertigen, dass bei dem zu überprüfenden Vorgang Unredlichkeiten vorgekommen oder Gesetz bzw. Satzung grob verletzt worden sind. Wie bereits im Rahmen des Aktionärsklageverfahrens aufgezeigt, sind diese Voraussetzungen hoch. Dies ist insbesondere aus den bereits aufgezeigten Gründen gerechtfertigt. Die Durchführung einer Sonderprüfung ist für die Gesellschaft oftmals kosten- und ressourcenintensiv und wird vielmals mit Ansehensverlusten einhergehen. Ähnlich wie das Aktionärsklageverfahren nach § 148 AktG sollte sie daher auf (Ausnahme-)Fälle beschränkt bleiben. Anders als im Klagezulassungsverfahren, in dem diese Verdachtstatsachen dargelegt und bewiesen werden müssen, müssen die Antragsteller im Rahmen des § 142 AktG diese Tatsachen lediglich behaupten. Die vorgebrachten Tatsachen müssen die Unredlichkeit oder grobe Verletzung soweit indizieren, dass nach Überzeugung des Gerichts entweder hinreichende Verdachtsmomente gegeben sind, oder es sich zur Amtsermittlung nach § 26 FamFG veranlasst sieht. Durch diese im Vergleich zum Klagezulassungsverfahren abgeschwächten Voraussetzungen wird dem gesteigerten Informationsbedürfnis der Aktionäre im Sonderprüfungsverfahren Rechnung getragen. Eine eigenständige Verhältnismäßigkeitsprüfung findet im Verfahren der gerichtlichen Bestellung von Sonderprüfern dagegen nicht statt. Vielmehr muss das Gericht im Rahmen seiner Prüfung, ob ein Verdacht einer groben Gesetzes- oder Satzungsverletzungen vorliegt, diese Abwägung vornehmen. Ähnlich wie bei den Aktionärsverfolgungsrechten gemäß §§ 147 ff. AktG bestehen auch beim Rechtsinstitut der Sonderprüfung zahlreiche Missbrauchsanreize und entsprechendes Missbrauchspotential. Diesen wird primär durch zahlreiche formelle und materielle Voraussetzungen bei der gerichtlichen Beantragung von Sonderprüfern entgegengewirkt. Hierunter fallen unter anderem das Antragsquorum, die Mindestbesitzzeit und das Erfordernis einer qualifizierten Pflichtverletzung. Auch durch die Publizitätspflichten des § 149 AktG und die Kostenregelung des § 146 AktG soll Missbräuchen entgegengewirkt werden. Ebenso wie die Kostenregelung des § 148 AktG erscheint die Kostenregelung des § 146 AktG grundsätzlich angemessen, um einerseits keine abschreckende Wirkung zu erzielen, andererseits aber auch keine falschen Anreize für rechtsmissbräuchliche oder rechtspolitisch unerwünschte Sonderprüfungsanträge zu schaffen.

C. Drittes Kapitel

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Bestellt die Hauptversammlung einen ungeeigneten Sonderprüfer, kann eine qualifizierte Aktionärsminderheit die Bestellung eines anderen Sonderprüfers beantragen. Im Bereich der allgemeinen aktienrechtlichen Sonderprüfung ist dem Gesetzgeber das Austarieren des Spannungsfelds zwischen einer effektiven Informationserlangung für die Aktionäre zur Vorbereitung der Durchsetzung der Aktionärsverfolgungsrechte einerseits, und das Vermeiden von Missbräuchen oder anderweitigen Nachteilen für die Gesellschaft andererseits im Großen und Ganzen gelungen. Die im zweiten Kapitel aufgestellte Prämisse, dass den Aktionären zur Aufklärung potentiell haftungsrelevanter Sachverhalte effektive Informationsrechte zur Verfügung stehen müssen, kann damit weitgehend bestätigt werden. § 142 Abs. 2 AktG stellt mit der Voraussetzung des Vorliegens von Verdachtstatsachen für eine qualifizierte Pflichtverletzung strenge Voraussetzungen auf. Vor dem Hintergrund, dass die Sonderprüfung in erster Linie dazu dienen soll, Informationen für einen späteren Haftungsprozess zu sammeln, und ein Aktionärsklageverfahren ebenfalls – berechtigterweise – das Vorliegen von Verdachtstatsachen einer qualifizierten Pflichtverletzung erfordert, ist dies jedoch sachgerecht. Außerdem soll die Sonderprüfung wegen ihrer aufgezeigten nachteiligen Folgen für die Gesellschaft auf gravierende (Ausnahme-)Fälle beschränkt bleiben. Statt der im Klagezulassungsverfahren des § 148 AktG geltenden Darlegungs- und Beweislast der Verdachtstatsachen, erfordert das Verfahren nach § 142 Abs. 2 AktG lediglich die Behauptung der Verdachtstatsachen. Hierdurch wird dem gesteigerten Informationsbedürfnis der Aktionäre im Sonderprüfungsverfahren Rechnung getragen. Auch sieht das Verfahren auf gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern grundsätzlich ausreichende Schutzmechanismen gegen einen Rechtsmissbrauch vor. Flankiert wird die allgemeine Sonderprüfung gemäß § 142 AktG durch die konzernrechtliche Sonderprüfung gemäß § 315 AktG für den faktischen Konzern. Nach § 315 S. 1 AktG kann jeder Aktionär die Bestellung von Sonderprüfern bei Vorliegen bestimmter Prüfungsanlässe verlangen. Etwas mehr Bedeutung in der Rechtspraxis kommt der Möglichkeit der Bestellung von Sonderprüfern auf Antrag einer qualifizierten Aktionärsminderheit gemäß § 315 S. 2 AktG zu. Durch das Erfordernis eines – § 142 Abs. 2 AktG entsprechenden – Quorums wird die als Individiualklagerecht ausgestaltete konzernrechtliche Aktionärsklage gemäß § 309 Abs. 4 AktG de facto in vielen Fällen zu einem Minderheitsrecht „herabgestuft“ werden. Hat die Hauptversammlung gemäß § 142 Abs. 1 AktG bereits Sonderprüfer bestellt, kann jeder einzelne Aktionär gemäß § 315 S. 7 AktG den Antrag gemäß § 142 Abs. 4 AktG auf gerichtliche Bestellung von anderen Sonderprüfern stel-

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Kap. 4: Zusammenfassung und Ausblick

len. Entsprechendes wird für die Erweiterung des Prüfungsauftrags von einzelnen, gemäß § 142 Abs. 1 AktG zu überprüfenden Vorgängen auf die Überprüfung der geschäftlichen Beziehungen zum herrschenden oder einem mit ihm verbundenen Unternehmen gelten müssen. Eine darüber hinausgehende „freiwillige“ Sonderprüfung durch Beschluss der Hauptversammlung ist mit der Kompetenznorm des § 119 Abs. 1 AktG unvereinbar und daher abzulehnen.

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Sachverzeichnis acting in concert 95 f. actio pro societate 130 ff. actio pro socio 129, 130 ff., 258 f. ad hoc-Publizität 246 ff. Aktienerwerb 43, 50, 148 f., 153 ff., 157 ff. aktienrechtliche Kompetenzordnung 26, 34 f., 38, 226 Aktionärsforum 18, 92 ff., 106, 142, 251 Aktionärsklage – Beendigung 223 ff. – Begriff 18 – Beiladung 135 f., 190 ff., 216, 252 – Bekanntmachungspflichten 143, 224, 227 f., 241 ff., 246 ff. – Beklagter 208 – Darlegungs- und Beweislast 213 – Fristsetzung (Klageerhebung) 160 ff., 211 f., 236 f., 250 – Klagefrist 211 – Klagepflicht (Aktionäre) 208 f. – Kläger 208 f. – Klagerücknahme 147 ff., 197 f., 223 – Kosten 234 ff., 238 ff., 249 f., 251 ff. – Missbrauchsschutz 17, 39 ff., 54, 198, 202, 227 ff., 232, 236 f., 242 ff., 248 ff. – Nebenintervention 213 – Parteiwechsel 200, 214 – Prozessführungsbefugnis 149, 208 – Prozessstandschaft 74, 128 f., 149 ff., 208 f., 211 f., 223 ff., 235 f., 247 – (Prozess-)Vergleich 42 f., 79 ff., 197 f., 212 f., 218 ff., 223 ff., 243 f., 249 – Rechtshängigkeit 209 f., 213 f., 216 f.

– Rechtskraft 146 ff., 210 ff., 223 – Rechtskrafterstreckung 209, 213 f., 216 f., 223 – Rechtsnatur des Klagerechts 127 ff. – Stellung der Gesellschaft 213 ff. – Streitgenossen 209, 239 – Subsidiarität 207, 211 f., 250 – Vergleichsbefugnis 224 ff., 227 ff. – Vergleichswirkung 223 ff., 227 ff. – Verzicht 78, 79 ff., 198, 212 f. – Wahlrecht der Gesellschaft 214 ff. – Zuständigkeit (Gericht) 211 – Zustimmung (zum Vergleich) – Gesellschaft 225 ff. – Hauptversammlung 220 ff., 229 – Prozessgericht 222, 229 Aktionärsverfolgungsrechte – Begriff 22 – Effektivität 251 ff., 318 – historische Entwicklung 54 ff. – Schutzobjekte 37 – Überblick 60, 92 Amtsermittlungsgrundsatz 179 f., 310, 312, 318 Anlegerschutz 50 f., 251 Anreizverstärkung 52, 252 ff., 256, 262, 276 ARAG/Garmenbeck-Entscheidung 26 ff., 33 f., 47, 59 f., 70 f., 81, 100 f., 104, 117, 165, 183 f., 186, 191, 206, 212, 238, 256 Auskunftsanspruch (Aktionäre) 81 ff. aussichtslose Klagen 38, 45, 48, 58 f., 127, 177, 242, 248 ff., 264, 266 f. Beibringungsgrundsatz 134, 179 f. Beiladung 135 f., 190 ff., 216, 252, 261

Sachverzeichnis Belastung der Gerichte 38, 49 f. Besonderer Vertreter – Antragsteller (gerichtliche Bestellung) 109 – Auskunftsrecht 114 f., 116 f., 119 – Beschlussvorlagepflicht 123 f., 162 f. – Bestellung (gerichtlich) 109, 124 f. – Bestellung (Hauptversammlung) 108 ff., 121 ff., 268 ff. – HVB/UniCredito-Entscheidungen 101, 103, 107, 109, 110 ff., 145, 150, 190, 257, 261, 271, 273 ff., 299 – Kosten 125 f. – Prüfungskompetenz 111 ff. – Quorum (gerichtliche Bestellung) 109, 121 ff. – Rechtsmittel (gerichtliche Bestellung) 125 – Rechtsstellung 114 ff. – Stimmverbot 105 ff., 120, 138, 268 ff. – Vergütung 124 f. – Zuständigkeit (Gericht) 124 Bevollmächtigter 239 Börsenkurs 138 ff., 146, 302 Börsennotierung 24, 32, 76, 90, 93, 95 f., 106, 144 f., 227 ff., 242, 245 f., 249, 290, 312 Börsenwert 138 ff., 146, 302 business combination agreement 110 business judgment rule 39, 59, 70 ff., 74 f., 170 ff., 248 Corporate Governance 24 f., 33, 44, 50, 141, 171, 174, 255, 287, 294 D&O Versicherung 39, 84 ff., 248 Einberufungs-/Tagesordnungsergänzungsverlangen – Missbrauchsschutz 105 – Quorum 105 f., 273, 303 ff. Einzelklagebefugnis 64, 131, 137, 258, 277 ff.

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Ersatzanspruch – i. S. v. § 147 Abs. 1 AktG 61 ff. – i. S. v. § 309 Abs. 4, 310 Abs. 4, 318 Abs. 4 AktG 86 ff. faktischer Konzern 88 ff., 256 f., 267 ff., 320 Geltendmachungserzwingungsrecht 19, 35 f., 55, 64, 80, 99 ff., 109, 113, 121 ff., 137, 207, 247, 267 ff. Gesamtrechtsnachfolge 154 Gesellschaft bürgerlichen Rechts 151 f., 239 Glaubhaftmachung 155, 179 ff. Haftungsadressaten 61 Haftungsausschluss 77 ff. Haftungsbeschränkung 77 f., 84 f. Haftungsfreiraum 39, 59, 70 ff., 74 f., 170 ff., 248 Haftungsklage siehe Aktionärsklage Haftungsklage der Gesellschaft – Beendigung 217 ff. – Klagerücknahme 197 f., 218 – Missbrauchsschutz 218 f., 221 f. – Parteiwechsel 200, 214 – (Prozess-)Vergleich 79 ff., 102 f., 190, 197 f., 212 f., 218 ff. – Rechtshängigkeit 213 f., 216 f. – Stellung der Gesellschaft 189 f., 198 f., 213 ff. – Wahlrecht der Gesellschaft 214 ff. – Verzicht 78, 79 ff., 102 f., 129, 198, 212 f., 218 ff. – Zuständigkeit (Gericht) bei Eintritt der Gesellschaft 214 – Zustimmung (zum Vergleich) – Beigeladene/Aktionärsminderheit 197 f., 219, 221 – Hauptversammlung 79 ff., 220 ff. – Prozessgericht 222, 229

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Sachverzeichnis

Haftungsvoraussetzungen – business judgment rule 39, 59, 70 ff., 74 f. – Darlegungs- und Beweislast 73 ff., 87 f. – Haftungsfreiraum 39, 59, 70 ff., 74 f. – Kausalität 73, 177 f., 213, 280 – Pflichtverletzung 69 ff., 167 ff., 213, 309 ff. – Schaden 73 f., 75 f., 177 f. – sicherer Hafen 39, 59, 70 ff., 74 f. – unternehmerisches Ermessen 39, 59, 70 ff., 74 f., 170 ff., 248 – Verjährung 76 f., 90, 105, 135, 162, 290 – Verschulden 72, 168 ff. HVB/UniCredito-Entscheidungen 101, 103, 107, 109, 110 ff., 145, 150, 190, 257, 261, 271, 273 ff., 299 Individualklagebefugnis 64, 131, 137, 258, 277 ff. Innenhaftung (Begriff) 17 Klageerzwingungsrecht siehe Geltendmachungserzwingungsrecht Klagerecht (Rechtsnatur) 127 ff., 258 f. Klagerücknahme 147 ff., 197 f., 218, 223 Klageverfahren siehe Aktionärsklage Klagezulassungsverfahren – Antragsfrist 135 – Antragsgegner 135 f., 208 – Antragsteller 136 ff., 207 f. – Beendigung 203 ff. – Beibringungsgrundsatz 134, 179 f. – Beiladung 135 f., 190 ff., 216, 252 – Bekanntmachungspflichten 143, 224, 227 f., 241 ff., 246 ff. – Darlegungs- und Beweislast 41, 155, 158, 164, 178 ff., 188, 247 – Fristsetzung (Klageerhebung) 160 ff. – Gesamtrechtsnachfolge 154

– Gesellschaft bürgerlichen Rechts 151 f., 239 – grobe Gesetzes- oder Satzungsverletzung 164 ff., 167 ff., 287 – Kenntnis(möglichkeit) 153 ff. – Klageaufforderung 160 ff. – Kosten 189, 205, 232 ff., 249 f., 251 ff. – Kostenerstattungsanspruch 101 f., 189, 232 f., 234 ff., 238 f. – Me-too-Klagen 185 f., 209 f. – Mehrfachklagen 185 f., 209 f. – Missbrauchsschutz 17, 39 ff., 54, 59, 127, 136 ff., 143, 145, 147 f., 153, 157 ff., 173, 176 f., 184, 189 f., 198, 202, 204 f., 232, 236 f., 242 ff., 248 ff. – Nachweis (Aktienerwerb) 153 ff. – Nebenintervention 152 f., 193 ff., 199 f., 201 f. – Prozessführungsbefugnis 149, 208 – Prozessstandschaft 128 f., 149 ff. – (Prozess-)Vergleich 42 f., 79 ff., 197 f., 203 ff., 243 f., 249 – Quorum 137 ff., 145 ff., 208, 248, 251 – rechtliches Gehör 135 f., 191 f. – Rechtskraft 135, 146 ff., 192, 203 ff., 208, 242 ff. – Rechtskrafterstreckung 192 – Rechtsmittel 203 – Rechtsvorgänger 154, 159 f. – Schwellenwert 137 ff., 145 ff., 208, 248, 251 – Stellung der Gesellschaft 189 f., 198 f. – Streitgenossen 146, 149, 239 – Subsidiarität 132 f., 160 f., 183, 189, 250, 255 – summarisches Verfahren 134, 180 ff. – überwiegende Gründe des Gesellschaftswohls 177, 184 ff., 188 f., 232 f., 249 – Unredlichkeit 164 ff., 168, 187 – unternehmerisches Gewicht 50 f., 141 ff., 251 – Veräußerung von Aktien 146 ff., 149 ff.

Sachverzeichnis – Verdachtstatsachen 75, 164 ff., 177 ff., 247, 249, 255 – Vergleichswirkung 203 ff. – Verhandlungsgrundsatz 134, 179 f. – Veröffentlichung (behaupteter Pflichtverstoß bzw. Schaden) 153 ff., 158, 248, 308 f. – Verzicht 78, 79 ff., 198, 205, 218 ff. – wirtschaftliches Gewicht 50 f., 141 ff., 251 – ZPO-Verfahren 134, 179 f., 182, 196 – Zusammenschluss mehrerer Aktionäre 96 f., 151 f. – Zuständigkeit (Gericht) 133 f. konzernrechtliche Aktionärsklage – Begriff 18 f., 256 f. – Beiladung 261 – Darlegungs- und Beweislast 262 – Kosten 262 ff., 268 ff., 274 f. – Missbrauchsschutz 263 ff., 271 – Prozessführungsbefugnis 260 – Prozessstandschaft 258 ff., 266 – (Prozess-)Vergleich 90, 259, 261 – Quorum 256, 258 – Rechtshängigkeit 259 ff. – Rechtskraft 259 f., 276 – Rechtskrafterstreckung 260 – Rechtsnatur des Klagerechts 258 f. – Streitwertspaltung 265 f. – Vergleichsbefugnis 259 – Verzicht 90, 261 Kosten – Aktionärsforum 94 – Bestellung besonderer Vertreter 125 f. – Klagezulassungs-/Klageverfahren 189, 199 ff., 205, 232 ff., 249 f., 251 ff. – konzernrechtliche Sachverhalte 262 ff., 268 ff., 274 f. – Sonderprüfung 300, 313 ff., 318 Kostenerstattungsanspruch – Klagezulassungsverfahren 101 f., 189, 232 f., 234 ff., 238 f. – Sonderprüfung (Gesellschaft) 314 f.

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Lähmung 38 f., 55, 174, 248 Me-too-Klagen 185 f., 209 f. Mehrfachklagen 185 f., 209 f. Mehrheits-/Minderheitsinteressen 48 f., 250 f. Missbrauchsmotive/-fälle 42 ff., 232, 236 f., 242, 316 f. Missbrauchspotential 38, 46 ff. Missbrauchsschutz – Aktionärsforum 96 ff. – Einberufungsverlangen, § 122 Abs. 1 AktG 105 – Klagezulassungsverfahren/Klageverfahren 17, 39 ff., 54, 56, 59, 127, 136 ff., 143, 145, 147 f., 153, 157 ff., 173, 176 f., 184, 189 f., 198, 202, 204 f., 218 f., 221 f., 227 ff., 232, 236 f., 242 ff., 248 ff. – konzernrechtliche Aktionärsklage 263 ff., 271 – Sonderprüfung 290, 293 ff., 303, 308, 312, 314, 316 ff. Nebenintervention 100, 152 f., 193 ff., 199 f., 201 f., 213 Organhaftung (Begriff) 17 Parteiwechsel 200, 214 Prämienzahlung 52, 252 ff principal-agent 32 Prozessführungsbefugnis 149, 208, 260 Prozessstandschaft 74, 128 f., 149 ff., 204, 208 f., 211 f., 223 ff., 235 f., 247, 258 ff., 266 (Prozess)vergleich 42 f., 79 ff., 90, 102 f., 190, 197 f., 203 ff., 212 f., 218 ff., 223 ff., 243 f., 249, 259, 261 qualifizierte Pflichtverletzung siehe Klagezulassungsverfahren, grobe Gesetzes- oder Satzungsverletzung, Unredlichkeit

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Sachverzeichnis

qualifizierter Pflichtverstoß siehe Klagezulassungsverfahren, grobe Gesetzesoder Satzungsverletzung, Unredlichkeit Quorum – Einberufungs-/Tagesordnungsergänzungsverlangen 105 f., 273, 303 ff. – gerichtliche Bestellung besonderer Vertreter 109, 121 ff. – gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern 301 f., 303 ff. – Klagezulassungsverfahren 137 ff., 145 ff., 208, 248, 251 – konzernrechtliche Aktionärsklage 256, 258 rationale Apathie 51 ff., 240, 251, 262, 266 rechtliches Gehör 135 f., 191 f., 195 rechtliches Interesse 150 f. Rechtshängigkeit 209 f., 213 f., 216 f., 259 ff. Rechtskraft 135, 146 ff., 192, 203 ff., 208, 210 ff., 223, 242 ff., 259 f., 276 Rechtskrafterstreckung 192, 209, 213 f., 216 f., 223, 260 Rechtsmissbrauch siehe Missbrauchsmotive/-fälle; Missbrauchspotential, Missbrauchsschutz Rechtsnatur des Klagerechts 127 ff., 258 f. Rechtsschutzbedürfnis 178, 190, 216 f. Rechtsvorgänger 154, 159 f. Risikoaversion 60, 71, 174, 248, 325 Schadenersatzanspruch siehe Ersatzanspruch sicherer Hafen 39, 59, 70 ff., 74 f., 170 ff., 248 Sonderprüfung – Amtsermittlungsgrundsatz 179 f., 310, 312, 318 – Antragsgegner (gerichtliche Bestellung) 312 – Antragsteller (gerichtliche Bestellung) 301 ff., 312, 319

– – – –

Auskunftsrecht 291 f. Bekanntmachungspflichten 312 Berechtigungsnachweis 308 f. Bestellung Sonderprüfer, gerichtlich 268, 300 ff., 317 ff., 321 f. – Bestellung Sonderprüfer, Hauptversammlung 268, 297 ff. – Darlegungs- und Beweislast Sonderprüfung 310, 318 – „freiwillige“ Sonderprüfung 322 f. – Funktion 286 f. – grobe Gesetzes- oder Satzungsverletzung 164 ff., 167 ff., 287, 309 ff. – Kosten 300, 313 ff., 318 – Kostenerstattungsanspruch (Gesellschaft) 314 f. – Missbrauchsschutz 290, 293 ff., 303, 308, 312, 314, 316 ff. – Prüfungsgegenstand 287 ff., 297, 319, 322, 338 – Quorum (gerichtliche Bestellung) 301 f., 303 ff. – Rechtsmittel (gerichtliche Bestellung) 312 – Rechtsstellung Sonderprüfer 114 ff., 118 f., 283, 291 ff. – Stimmverbot 105 ff., 120, 138, 268 ff., 298 f. – überwiegende Gesellschaftsbelange 293 – Unredlichkeit 164 ff., 287, 309 f. – Verdachtstatsachen 120, 288, 294, 303, 309 ff., 312, 318 – Vergütung 313 – Verhältnismäßigkeitsprüfung 311 – Zuständigkeit Bestellung (Gericht) 300 f. Spannungsfeld 17, 20, 22, 38 ff., 48, 50 f., 53 f., 127, 140, 172 ff., 240, 247 ff., 296 Stimmverbot 105 ff., 120, 138, 268 ff., 298 f. Streitgenossen 146, 149, 209, 239 Streitwertspaltung 265 f.

Sachverzeichnis Subsidiarität 36, 38, 118, 132 f., 160 f., 183, 189, 207, 211 f., 250, 255 summarisches Verfahren 134, 180 ff.

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Vergleich 42 f., 79 ff., 90, 102 f., 190, 197 f., 203 ff., 212 f., 218 ff., 223 ff., 243 f., 249, 259, 261 Vergleichsbefugnis 224 ff., 227 ff., 259

Tagesordnung (Bekanntmachungspflichten) 104 ff., 273, 303 ff. Treupflicht 70, 72, 75, 107 f., 166 f., 237, 290, 314

Vergleichswirkung 203 ff., 223 ff., 227 ff. Verhandlungsgrundsatz 134, 179 f. Vertragskonzern 86 ff., 256, 268, 270 f.

unternehmerisches Ermessen 39, 59, 70 ff., 74 f., 170 ff., 248 unternehmerisches Gewicht 50 f., 141 ff., 251 Verbandsschutz 50 f., 251 Verfolgungsmängel 29 ff. Verfolgungspflicht 26 ff., 31, 184, 195, 210 f., 256 Verfolgungsrechte siehe Aktionärsverfolgungsrechte

Verzicht 78, 79 ff., 90, 102 f., 129, 198, 205, 212 f., 218 ff., 261 Wahlrecht der Gesellschaft 214 ff. wirtschaftliches Gewicht 50 f., 141 ff., 251 ZPO-Verfahren 134, 179 f., 182, 196 Zusammenschluss mehrerer Aktionäre 96 f., 151 f.