Die Deregulierung der Mobilfunkmärkte Deutschlands: Geschichtliche Entwicklung und erste Wirkungsanalyse auf der Basis der Kollektivgütertheorie und des Koordinationsmängel-Diagnosekonzeptes [1 ed.] 9783428487295, 9783428087297

Die Postreformen in Deutschland haben zu Beginn der 90er Jahre einen bis dahin monopolistischen Markt sukzessive deregul

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Die Deregulierung der Mobilfunkmärkte Deutschlands: Geschichtliche Entwicklung und erste Wirkungsanalyse auf der Basis der Kollektivgütertheorie und des Koordinationsmängel-Diagnosekonzeptes [1 ed.]
 9783428487295, 9783428087297

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JÖRN KURTSIEFER

Die Deregulierung der Mobilfunkmärkte Deutschlands

Schriften zur wirtschaftswissenschaftlichen Analyse des Rechts herausgegeben von

Heinz Grossekettler, Münster· Bernhard Großfeld, Münster Klaus J. Hopt, Hamburg . Christian Kirchner, Berlin Dieter Rückle, Trier· Reinhard H. Schmidt, Frankfurt/Main

Band 31

Die Deregulierung der Mobilfunkmärkte Deutschlands Geschichtliche Entwicklung und erste Wirkungsanalyse auf der Basis der Kollektivgütertheorie und des Koordinationsmängel-Diagnosekonzeptes

Von Jörn Kurtsiefer

DUßcker & Humblot · Berliß

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Kurtsiefer, Jörn: Die Deregulierung der Mobilfunkmärkte Deutschlands : geschichtliche Entwicklung und erste Wirkungsanalyse auf der Basis der Kollektivgütertheorie und des KoordinationsmängelDiagnosekonzeptes / von ]örn Kurtsiefer. - Berlin : Duncker und Humblot, 1997 (Schriften zur wirtschaftswissenschaftlichen Analyse des Rechts ; Bd. 31) Zug!.: Münster (Westfalen), Univ., Diss., 1996 ISBN 3-428-08729-1

D6 Alle Rechte vorbehalten © 1997 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-5065 ISBN 3-428-08729-1 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

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Meinen lieben Eltern zum Gedenken

Inhaltsverzeichnis 1. Kapitel

Ziel und Gang der Untersuchung 2. Kapitel

Historische Entwicklung der Post und der neueren Postreformen A. Der geschichtliche Ursprung des staatlichen Monopols auf dem Gebiet der Telekommunikation in Deutschland ....................................................... I. Post des Hauses Taxis .......................................................................... 11. Aufstieg der Preußischen Post.............................................................. 111. Post des Bismarckreiches..................................................................... IV. Deutsche Reichspost und Deutsche Bundespost.................................. V. Der Weg der Post in der DDR bis zur Vereinigung............................. VI. Der rechtliche Rahmen für den Telekommunikationssektor ............... VII. Zusammenfassung ................................................................................ B. Beschreibung der Post vor der ersten Strukturreform ................................... I. Leitung und Gestalt der Post...... ................ ........ ............ ........ .............. 11. Verhalten der Post gegenüber der Umwelt .......................................... 1. Verhalten der Post gegenüber den Benutzern ...... ............ ............. 2. Verhalten der Post gegenüber anderen Telekommunikationsunternehmen ............ ....................................................... ............... 3. Verhalten der Post gegenüber dem Staat ...................................... III. Aufgaben der Post im Bereich der Telekommunikation...................... C. Der Weg der Deregulierung in Deutschland................................................. I. Konzeption der Bundesregierung zur Neuordnung der Telekommunikation................................................................................................. 11. Das Poststrukturgesetz oder Postreform I ............................................ 111. Postreform 11......................................................................................... IV. Bewertung der Postreform 11 und Vorschläge für eine Postreform III.

4 4 4 7 8 10 11 12 14 15 15 20 20 24 29 30 32 33 37 41 42

3. Kapitel

Postentwicklung und Postreformen in Großbritannien, den USA und Japan A. Die Entwicklung der Telekommunikationsmärkte in Großbritannien ........... I. Der Zustand der Telekommunikationsmärkte in ihrer traditionellen Struktur................................................................................................. 11. Entscheidende Deregulierungsmaßnahmen in den siebziger und achtziger Jahren .................................................................................... III. Marktstruktur und Regulierung heute ........ ....... ..... ............... ..... ..........

48 49 49 52 56

VIII

Inhaltsverzeichnis

IV. Fazit...................................................................................................... B. Die Entwicklung der Telekommunikationsmärkte in den USA ................... I. Der Zustand der Telekommunikationsmärkte in ihrer traditionellen Struktur................................................................................................. 11. Entscheidende Deregulierungsmaßnahmen in den siebziger und achtziger Jahren .................................................................................... III. Marktstruktur und Regulierung heute .................................................. IV. Fazit...................................................................................................... C. Die Entwicklung der Telekommunikationsmärkte in Japan ......................... I. Der Zustand der Telekommunikationsmärkte in ihrer traditionellen Struktur................................................................................................. 11. Entscheidende Deregulierungsmaßnahmen in den siebziger und achtziger Jahren .................................................................................... III. Marktstruktur und Regulierung heute .................................................. IV.Fazit.......................................................................................................... D. Erkenntnisse aus dem Ländervergleich für Deutschland ..............................

59 62 62 65 68 72 73 73 75 77 81 83

4. Kapitel

Die Bereitstellung von Mobilfunkleistungen im Lichte der KollektivgUtertheorie A. Grundlagen... ........ .... ..... .... ...... .......... ...... ......... .... ......... ........ ... ..... ... ..... ... .... ... B. Beschreibung der Struktur der Mobilfunkmärkte Deutschlands ................... I. Grobstruktur der Mobilfunkmärkte ........... ............ ..... ... ..... ... ..... .......... 11. Beschreibung der Märkte für Übertragungsleistungen von Mobilfunknetzen ...... ..... ... .... ..... ... ..... ....... ... ..... ..... ... ...... ...... ............. ....... ...... 1. Die Dienstleistung, ihre Nutzungsmögli:hkeiten sowie ihre Substitute. ... ........ ...... ........... ..... ............ ........... ..... ... ..... ... ... ........... 2. Marktabgrenzung und Marktsegmentierung ... ....... ................ ....... III. Nachfragerorientierte Marktbeschreibung............................................ I. Beschreibung der Nachfrager ........................................................ 2. Die Determinanten der Nachfrage................................................. 3. Kollektivgütertheoretische Konkretisierung des mobilen Telefonierens aus der Sicht der Nachfrager............................................. IV. Anbieterorientierte Marktbeschreibung................................................ 1. Beschreibung der Anbieter.. ........ ......................... ........ ... ......... ..... 2. Kollektivgütertheoretische Konkretisierung des mobilen Telefonierens aus der Sicht eines Versorgungsverbandes ...... .... ........ ..... 3. Das mobile Telefonieren aus der Sicht der Zulieferer .................. V. Institutionenorientierte Marktbeschreibung ... ... .... ..... ... ..... ... ... ......... ... C. Beschreibung der Art und Anzahl der Nutzer sowie der Ausstattungs- und Bereitstellungseinheiten ................................................................................ D. Messung des Rivalitätsgrades bei Mobilfunknetzen..................................... I. Definition des Rivalitätsgrades............................................................. 11. Die Nutzungselastizität bei digitalen Mobilfunknetzen ....................... III. Die Mengenelastizität bei digitalen Mobilfunknetzell.........................

86 86 87 87 90 90 95 98 98 99 101 102 102 105 108 109 112 115 115 116 119

Inhaltsverzeichnis IV. Abschätzung des Rivalitätsgrades bei Mobilfunknetzen...................... I. Betragsmäßige Entwicklung.......................................................... 2. Drei-Phasen-Schema..................................................................... E. Ermittlung der wohlfahrtsoptimalen Tarifierungsform in Abhängigkeit von der Entwicklungsphase des Auslastungsgrades...................................... F. Festlegung des erforderlichen Extensionsniveaus......................................... I. Diskussion zur Wahl stehender Extensionsniveaus.............................. 11. Optimale organisatorische Ausgestaltung des Versorgungsverbandes 111. Sonderaspekte....................................................................................... G. Soll-1st-Vergleich mit der aktuellen Situation der Mobilfunkmärkte in Deutschland ....................................................................................................

IX 124 124 128 130 132 132 134 135 138

5. Kapitel

Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte Ober den Zeitraum 1985 bis 1994 mittels des Koordinationsmä ngeldiagnose-Konzeptes A. Das Koordinationsmängeldiagnose-Konzept als Instrument zur Messung der Koordi-nationseffizienz des Wettbewerbs auf Märkten........................... B. Analyse des Markträumungsprozesses auf den Mobilfunkmärkten Deutschlands................................................................................................... I. Der idealtypische Ablauf des MRP ............ .......... ..... ......... ....... ....... .... I. Individualgütermärkte .... ..... ... ................. ..... ............ .............. .... ... 2. Kollektivgütermärkte... ... ... ..... ....... ........ .............. ...... ............. .... ... 11. Auswahl und Beurteilung denk- und verftlgbarer Ideal- und Hilfsindikatoren rur die Prozeßmusterprüfung des MRP 1...... ..... .... ..... .... ...... 1. Konzeption der Indikatordefinition unter besonderer Berücksichtigung der Besonderheiten auf Mobilfmkmärkten....... .... ... .... 2. Herleitung der Indikatoren rur die Regelgröße des MRP I ........... a) Definition relevanter Kapazitätsbegriffe................................. b) Idealindikator ... ........ ... ..... ....... .......... ... ......... ... ....... .... ...... ... ... c) Berechnung der Indikatorwerte rur die Regelgröße des MRP I...................................................................................... 3. Herleitung der Indikatoren rur die Stellgröße des MRP I .......... ... a) Definition der Indikatoren....................................................... b) Berechnung der Indikatorwerte rur die Stellgrö& des MRPI...................................................................................... III. Prozeßmusteranalyse des MRP 1.................................. ..... .... ......... ...... IV. Auswahl und Beurteilung denk- und verftlgbarer Ideal- und Hilfsindikatoren rur die Prozeßmusterprüfung des MRP 11.............. ....... ... .... 1. Herleitung der Indikatoren rur die Regelgröße des MRP 11.......... 2. Herleitung der Indikatoren rur die Stellgröße des MRP 11 ............ V. Prozeßmusteranalyse des MRP 11......................................................... VI. Prüfung der Prozeßmuster auf Plausibilität....... ............ ... .......... .... ... ... VII. Prüfung der Funktionsweise aufNiveaudefekte................................... VIII. Zusammenfassende Beurteilung der MRP I und 11 ..............................

141 141 143 143 143 145 149 149 151 152 154 158 161 161 163 168 170 170 171 172 173 178 179

x

Inhaltsverzeichnis

c. Analyse des Renditenorrnalisierungsprozesses auf den Mobilfunkmärkten

Deutschlands................................................................................................... I. Der idealtypische Ablauf des RNP ....................................................... I. Individualgütermärkte ...... ... ..... ....... ........ ... ......... ..... ... ............. ..... 2. Kollektvgütermärkte...................................................................... 11. Auswahl und Beurteilung denk- und verfügbarer Ideal- und Hilfsindikatoren rur die Prozeßmusterprüfung................................................ l. Herleitung der Indikatoren rur die Regelgröße des RNP .... ... ... .... a) Gesamtkapital............................................................................ b) Operativer Gewinn.................................................................... c) Überrendite .. ......... ... ... ...... ......... ...... ..... .......... ...... ... ..... ........ ..... 2. Herleitung des Indikators rur die Stellgröße des RNP .................. III. Prüfung des Prozeßmusters aufPlausibilität........................................ IV. Prüfung der Funktionsweise aufNiveaudefekte................................... V. Zusammenfassende Beurteilung des RNP............................................ D. Analyse des Überrnachterosionsprozesses auf den Mobilfunkmärkten Deutschlands................................................................................................... I. Der idealtypische Ablauf des ÜEP ....................................................... I. Individualgütermärkte .................................. ... ..................... ... ...... 2. Kollektvgüterrnärkte...................................................................... 11. Auswahl und Beurteilung denk- und verfügbarer Ideal- und Hilfsindikatoren rur die Prozeßmusterprüfung .......... ................ ........ ..... ... ...... I. Herleitung der Indikatoren rur die Regelgröße des ÜEP ... ... ........ a) Theoretische Herleitung ............................................................ b) Abschätzung der Indikatorwerte.. ... ......... ... ................ ..... ......... 2. Herleitung der Indikatoren rur die Stellgröße des ÜEP ........... ..... 111. Prozeßmusteranalyse ............................................................................ IV. Prüfung der Prozeßmusterentwicklung auf Plausibilität.... ... ..... ... .... ... V. Prüfung der Funktionsweise aufNiveaudefekte................................... VI. Zusammenfassende Beurteilung des ÜEP .................... ;....................... E. Analyse des Produktfortschrittsprozesses auf den Mobilfunkmärkten Deutschlands................................................................................................... I. Der idealtypische Ablauf des PFP ..... .... ........ ...... ... ......... .............. ....... 11. Auswahl und Beurteilung denk- und verrugbarer Idea1- und Hilfsindikatoren rur die Prozeßmusterprüfung ...... ..... ...... ..... ..... ... ... ..... ..... ..... 111. Prozeßmusteranalyse ............................................................................ I. Indikatorabschätzung filr den Untersuchungsmarkt...................... 2. Indikatorabschätzung filr den Vergleichsmarkt............................ IV. Prüfung der Prozeßmusterentwicklung aufPlausibilität...................... V. Prüfung der Funktionsweise aufNiveaudefekte................................... VI. Zusammenfassende Beurteilung des PFP............................................. F. Analyse des Verfahrensfortschrittsprozesses auf den Mobilfunkmärkten Deutschlands................................................................................................... I. Der idealtypische Ablauf des VFP ....................................................... 11. Auswahl und Beurteilung denk- und verfügbarer Ideal- und Hilfsindikatoren rur die Prozeßmusterprüfung ....... ............ ............ ........ ... ...... 111. Prozeßmusteranalyse .............. ..... ... ... ...... ... ......... ... ... ...... ... ..... ........ ..... IV. Prüfung der Prozeßmusterentwicklung aufPlausibilität...................... V. Prüfung der Funktionsweise aufNiveaudefekte................................... VI. Zusammenfassende Beurteilung des VFP ... ....... ..... ... .... ..... ... ..... ... ......

182 182 182 183 185 185 188 189 193 194 196 198 198 199 200 200 201 202 202 203 206 213 213 215 218 220 224 224 228 233 233 236 240 246 247 249 249 251 257 260 264 264

Inhaltsverzeichnis

XI

6. Kapitel Wirtschaftspolitische Schlußfolgerungen A. Mängeldiagnose aufgrund der Analyse der Mobilfunkmärkte Deutschlands

B. Vorschläge rur Verbesserungen......................................................................

266 266 271

7. Kapitel Zusammenfassung und Ausblick

277

Literaturverzeichnis

284

Sachwortregister

295

Tabellenverzeicbnis Tab 1: Tab 2: Tab 3: Tab 4: Tab 5: Tab 6: Tab 7: Tab 8: Tab 9: Tab 10: Tab 11: Tab 12: Tab 13: Tab 14: Tab 15: Tab 16: Tab 17: Tab 18: Tab 19: Tab 20: Tab21: Tab 22: Tab 23: Tab 24: Tab 25: Tab 26: Tab 27: Tab 28: Tab 29: Tab 30: Tab 31: Tab 32:

Beurteilung von Leitung und Gestalt der Post vor der Poststrukturreform 1........................................................................................... . Beurteilung des Verhaltens der Post vor der Poststrukturreform 1.. .. .. Zusammenhang zwischen der Penetration von Mobilfunk und den Gesamtkosten des ersten Jahres .......................................................... . Soll-1st-Vergleich zwischen der kollektivgütertheoretisch-idealen und der realen Lösung sowie die Bewertung der Wettbewerbswirkung ..................................................................................................... . Unterschiedliche Kapazitätsbegriffe bei Mobilfunknetzen................ .. Schema für die Herleitung des Regelgrößenindikators für den MRPI .................................................................................................. . Herleitung der Werte ftlr den Regelgrößenindikator des MRP 1 ftlr die Jahre 1986 bis 1994 ....................................................................... . Herleitung der Werte für den Stellgrößenindikator des MRP I .......... . Korrigierte Werte ftlr den Stellgrößenindikator des MRP 1.. .............. . Ergebnis der Prüfung aufProzeßdynamik des MRP 1.. ...................... . Ergebnis der Prüfung auf Prozeßdynamik des MRP II ...................... .. Ergebnis der Prüfung des Prozeßniveaus des MRP I und II .............. .. Koordinationsmängeldiagnose des MRP 1.. ........................................ . Koordinationsmängeldiagnose des MRP 11.. ...................................... . Ermittlungsschema für den operativen Jahresüberschuß .................... . Korrektur des Jahresergebnisses um nicht in der untersuchten Branche investierte Summen, dargestellt an der GuV von MMO 1992 .... .. Entwicklung der Stellgröße des RNP von 1987 bis 1994 ................... . Ergebnis der Prüfung auf Prozeßdynamik des RNP .......................... .. Ergebnis der Prüfung des Prozeßniveaus des RNP ............................ .. Koordinationsmängeldiagnose des RNP ............................................. . Entwicklung des Herfindahlindex der Nachfragerseite von 1986 1994.................................................................................................... .. Entwicklung des Herfindahlindex auf der Anbieterseite von 1986 1994..................................................................................................... . Entwicklung der potentiellen Übermacht von 1986 - 1994 ............... .. Entwicklung der latenten Konkurrenz von 1986 - 1994 ..................... . Entwicklung der vertikalen Bindungen von 1986 - 1994 .................. .. Entwicklung des Korrekturindikators von 1986 - 1994 ...................... . Entwicklung der effektiven Übermacht auf der Anbieterseite von 1986 -1994 .......................................................................................... . Ergebnis der Prüfung aufProzeßdynamik des ÜEP .......................... .. Ergebnis der Prüfung des Prozeßniveaus des ÜEP ............................ .. Koordinationsmängeldiagnose des ÜEP ............................................ .. Berechnung des Altersabschlagskoeffizienten................................... .. Ausprägung der Haupteinflußfaktoren bei 'den unterschiedlichen Mobilfunknetzen ................................................................................. .

32 32 113 139 153 160 161 165 167 177 177 179 181 181 191 193 195 197 198 200 209 209 210 211 212 212 213 218 220 223 231 234

Tabellenverzeichnis Tab 33: Ausprägung der Nebeneintlußfaktoren bei den unterschiedlichen Mobilfunknetzen.................................................................................. Tab 34: Absolute Nutzerzahl ftir die Mobilfunknetze von 1986 - 1994........... Tab 35: Herleitung der Indikatorwerte ftir den Zeitraum von 1986 - 1994...... Tab 36: Absolute Nutzerzahl ftir Mobilfunknetze Großbritanniens von 1986 - 1994 ................................................................................................... Tab 37: Herleitung der Indikatorwerte fiir Großbritannien fiir den Zeitraum 1986 - 1994 ......................................................................................... . Tab 38: Fortschrittsdifferenz ausweislich der Differenz der Indikatorwerte ... . Tab 39: Ergebnis der Prüfung auf Prozeßdynamik des PFP ............................ . Tab 40: Ergebnis der Prüfung des Prozeßniveaus des PFP .............................. . Tab 41: Koordinationsmängeldiagnose des PFP .............................................. . Tab 42: Bewertung möglicher Hilfsindikatoren ftir die Regelgröße des VFP .. Tab 43: Rangreihung der Fortschrittlidlkeit der verwendeten Verfahren und die Ableitung von ~~ ......................................................................... . Tab 44: Indikatorwerte des VFP ftir Deutschland.......................................... '" Tab 45: Indikatorwerte des VFP ftir Großbritannien ....................................... . Tab 46: Fortschrittsdifferenz ausweislich der Differenz der Indikatorwerte ... . Tab 47: Ergebnis der Prüfung aufProzeßdynamik des VFP ........................... . Tab 48: Ergebnis der Prüfung des Prozeßniveaus des VFP ............................. . Tab 49: Koordinationsmängeldiagnose des VFP ............................................. . Tab 50: Grobkategorisierung der festgestellten Mißstände ............................. .

XIII 235 236 237 239 239 240 246 247 249 256 257 258 259 260 263 264 265 270

Abbildungsverzeichnis Abb.l: Abb.2: Abb.3: Abb.4: Abb.5: Abb.6: Abb.7: Abb.8: Abb.9: Abb.lO: Abb.ll: Abb.12: Abb.l3: Abb.14: Abb.15: Abb.16: Abb.17: Abb.18: Abb.19: Abb.20: Abb.21: Abb.22: Abb.23: Abb.24: Abb.25: Abb. 26: Abb.27: Abb.28: Abb.29: Abb.30: Abb.31:

Organisation des Post Office bis 1969................................................. . Organisation des Post Office ab 1969 ................................................ .. Konzentrationsprozeß unter den Serviceprovidem ............................ .. Segmentierung des Mobilfunkdienstes nach dem Verwendungszweck ................................................................................................... . Bezugsrahmen für die Nachfrage nach Mobilfunkleistungen ............ .. Entwicklungstendenz relevanter Kostenarten für die Bemessung der Bereitstellungskostenelastizität ........................................................... . Annahme Ober eine mögliche Entwicklung der Mitgliederzahl in einem Versorgungsverband .................................................................... . Entwicklung der Nutzungsgrenzkosten ............................................... . Entwicklung der Bereitstellungselastizität .......................................... . Entwicklung des Rivalitätsgrades. ...................................................... .. Regelkreis des MRP für IndividualgOter ............................................ .. Regelkreis des MRP I für KollektivgOter ........................................... .. Regelkreis des MRP 11 für KollektivgUter........................................... . Zustand 1: Unterauslastung des Netzes zu Spitzenlastzeiten bei suboptimaler GebUhrenstruktur................................................................. . Zustand 2: Überfüllung des Netzes zu Spitzenlastzeiten, wegen positiver Kreuzpreiselastizitäten (KPE) Möglichkeit der Umlenkung von Nachfrage............................................................................................ .. Zustand 3: Optimale GebUhrenstruktur, daraus folgend KPE = 0 und kommerzielle Kapazität = ökonomische Kapazität.. ........................... . Prozeßmuster des MRP I aufgrund von Schätzdaten .......................... . Verteilung des Gesamtpreises für die Mobilfunknutzung auf BetreibergebOhren und Mobiltelefonkaufpreis ............................................ .. Regelkreis des RNP ............................................................................ .. Regelkreis des ÜEP ............................................................................ .. Marktanteilsentwicklung der drei Netzbetreiber zwischen 1986 1994 ...................................................................................................... . Entwicklung der Teilnehmerzahlen der Mobilfunknetze von 1986 1994 jeweils zum Jahresende, sowie des Anteils der Serviceprovider (SP) daran ........................................................................................... .. Marktanteile der Serviceprovider Mitte 1993 .................................... .. Marktanteile der Serviceprovider Ende 1994 ...................................... . Prozeßmuster des ÜEP ....................................................................... .. Evolutionssystem ................................................................................. . Regelkreis des PFP .............................................................................. . Prozeßmuster des PFP ......................................................................... . Regelkreis des VFP ............................................................................ .. Anteil der wichtigsten Kostenarten in der GuV 1992 von MMO ....... . Prozeßmuster des VFP ........................................................................ .

51 52 89 97 100 123 125 126 126 127 144 147 148 156 157 157 169 169 184 202 207 207 208 208 214 225 227 240 250 255 260

Abkürzungsverzeichnis AUSTEL BGBI BMPF BMPT BMWI BOC BPM BTA BTS BVerfGE CAP CCIR CCITT CEPT ETSI FAG FCC FO FTTC GSM ITU IVG LATAS LOC MoU MPF MSC MTA NMC NTS OCC OFTEL PLK PostG PostStruktG PostVwG PUC RGBI RPI

Australian Telecommunications Authority Bundesgesetzblatt Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen Bundesministerium für Post und Telekommunikation Bundesministerium für Wirtschaft Bell Operating Company Bundespostrninisterium Basic Trading Area Basisstation Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen Competitive Access Pro vi der Comite Consultatif International de Radiocommunication Comite Consultatif International Telegraphique et Telephonique Conference des AdministrationsEuropeennes des Postes et Telecommunications European Telecommunications Standards Institute Fernmeldeanlagengesetz Federal Communications Commission Fernme1deordnung Fiber To The Curb Groupe Speciale Mobile International Telecommunications Union Immaterielle Vermögens gegenstände Local Access and Transport Areas Local Exchange Carriers Memorandum ofUnderstandig Ministerium für Post und Fernmeldewesen Mobile Switching Center Major Trading Area National Mobil Center Non Trafiic Sensitiv Other Common Carrier Office ofTelecommunications Preis-Leistungs-Kombination Postgesetz Poststrukturgesetz Postverwaltungsgesetz Public Utility Commission Reichsgesetzblatt Retail Price Index

XVI RPTV TS VANS ZZF

Abkürzungsverzeichnis Reichspost. und - telegrafenverwaltung Trafiic Sensitiv Value Added Network Services Zentralamt für Zulassungen im Fernmeldewesen

1. Kapitel

Ziel und Gang der Untersuchung Die elektronische Telekommunikation hat sich rasant von ihren Ursprüngen fortentwickelt. Nur noch sehr wenig erinnert an die ersten Telefonapparate von Graham Bell. Während früher nur akustische Signale durch Umwandlung in elektrische Impulse zwischen zwei festen Standorten übertragen werden konnten, kann heute alles, was in digitale Daten transformiert werden kann, innerhalb von Sekundenbruchteilen an fast jeden Ort auf der Welt gesandt werden. Bei der Umgestaltung der Telekommunikation haben sich in der jüngeren Vergangenheit vor allem folgende Entwicklungsrichtungen abgezeichnet: • Der technische Fortschritt bewirkt die Konvergenz von Informations- und Kommunikationsindustrie. 1 • Unter dem Begriff Multimedia rubriziert die Entwicklung, daß die Telekommunikations- und Unterhaltungselektronikindustrie zusammenwachsen. 2 • Die Internationalisierung der Märkte schreitet voran. 3 • Das Argument, daß weite Bereiche der Telekommunikation den Charakter eines natürlichen Monopols haben, hat seine Gültigkeit verloren. 4 Diese Prozesse werden nach aller Voraussicht das Ausmaß an Dienstleistungen, die der Telekommunikation oder deren direkten Umfeld zuzurechnen sind, rasch steigen. Es wird erwartet, daß bis zum Jahr 2000 in Deutschland die Wertschöpfung in der Telekommunikation die in der Autoindustrie überholt haben wird. 5 Allein beim Mobilfunk, der Anfang der neunziger Jahre erst rund 4 Mio. Nutzer in Europa aufwies, wird erwartet, daß bis zum Jahr 2010 bis zu 80 Mio. Nutzer zu verzeichnen sein werden. 6

Vgl. B. Jäger (1994), S. 44, S. NoraiA. Minc (1979),R. Wißmann (1988). 2 Ebenda S. 54f. 3 Vgl. R Werle (1990b), S. 125. 4 Ob natürliche Monopole jemals vorgelegen haben, ist sowieso fraglich. Nur können mittlerweile die Opponenten gegen eine Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte dieses Argument nicht mehr benutzen, ohne auf das Unverständnis aller anderen zu treffen. 5 Vgl. B. FreißI (1991) undM. Ernst (1990). 6 Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaft (1994), S. 4. 2 Kumiefer

2

I. Kap.: Ziel und Gang der Untersuchung

Der Telekommunikation kommt also in Zukunft nicht nur als Standortfaktor eine herausragende Bedeutung zu.? Die Branche an sich wird so sehr an Bedeutung gewinnen, daß jede Volkswirtschaft gut beraten ist, rur diese junge Industrie beste Standortbedingungen zu schaffen. Ihrer steigenden Bedeutung entsprechend, fokussiert sich das politische Interesse auf die Gestaltung des regulatorischen Rahmens, der rur die Telekommunikationsmärkte gilt. In Deutschland galt bis 1989 das Fernmeldeanlagengesetz von 1924, worin das Netz-, das Dienste-, das Endgeräte- und das Zulassungsmonopol der Deutschen Bundespost festgeschrieben war. Mit den Postreformen I und 11 wurden vorsichtige erste Versuche unternommen, den Bezugsrahmen ftlr die Telekommunikationsindustrie so zu gestalten, daß ftlr Deutschland der Weg unter die ftlhrenden Telekommunikationsnationen frei werde.8 Als bedeutendste Neuerung der Postreform I wurde in Randbereichen des Netzbetriebes Wettbewerb zugelassen. Ein Randbereich im Sinne dieses Gesetzes ist der Mobilfunk. In den Jahren 1991 - D2-Netz - und 1994 - EI-Netz wurden zwei private Mobilfunknetze in Betrieb genommen. Diese Ereignisse sind der Anlaß ftlr die vorliegende Arbeit: In der Arbeit soll gezeigt werden, aufweIche Weise ein Kollektivgut wie der Mobilfunk gemäß volkswirtschaftlicher Theorie bereitgestellt werden sollte. Außerdem sollen die Auswirkungen der Regulierung vor und nach der Postreform I auf das Marktergebnis bewertet werden. Hieraus sollen Lösungsansätze ftlr die Frage abgeleitet werden, wie die noch bestehenden Mißstände behoben werden könnten. Die Untersuchung beginnt mit der Darstellung der historischen Entwicklung der Post in Deutschland bis zur heutigen Situation. Dieser Transformationsprozeß wird verglichen mit dem Weg der Deregulierung in den Ländern, die als besonders fortschrittlich hinsichtlich ihrer Bestrebungen um einen möglichst intensiven Wettbewerb in ihrem Land gelten, nämlich Großbritannien, die USA und Japan. Somit gewinnt man einen Überblick über die in praxi erprobten Marktstrukturen. Daran schließt sich die normative Entwicklung eines Marktkonzeptes ftlr den Mobilfunkmarkt an. Mithilfe der Kollektivgütertheorie, die sich mit Gütern beschäftigt, die rur mehr als ein Individuum nutzenstiftende Wirkung haben, soll dieser gesuchte Optimalzustand erarbeitet werden. Es gilt zu klären, wie die Bereitstellung (Beschaffung und Finanzierung) des Gutes durch den Ver7 Vgl. B. Busch (1992), S.55.

8 Die EU-Kommission stellt in ihrem Kapitel III.2: Hindernisse (filr die Entwicklung Europas zu der filhrenden Region filr Telekommunikationstechniken, Anmerk. des Verfassers) fest, daß "... bestimmte Mitgliedsstaaten in verschiedenen Marktsegmenten ausschließliche Rechte - wodurch die volle Marktentwicklung behindert wird - oder besondere Rechte aufrecht (erhalten), welche die Chancengleichheit der Marktteilnehmer beeinträchtigen.". Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaft (1994), S. 17. Im Laufe der Arbeit wird gezeigt werden, daß es auch in Deutschland Beispiele filr ausschließliche Rechte und filr besondere Rechte gibt.

1. Kap.: Ziel und Gang der Untersuchung

3

sorgungsverband organisiert werden soll und wie die Willensbildung und die Kontrolle in dem Verband durchgeftlhrt werden sollen. Die kollektivgütertheoretische Betrachtung der Mobilfunkmärkte mündet in einen Soll - Ist - Vergleich der optimalen Situation mit derjenigen, die sich real entwickelt hat. Die sich anschließende Koordinationsmängel-Diagnose (KMD)9 der Mobilfunkmärkte ermöglicht die Beurteilung der realen Funktionsqualität der Mobilfunkmärkte Deutschlands. Es wird geprüft, ob und wie sehr die Koordinationsfunktionen des Wettbewerbs erftlllt werden. Dabei werden die Marktprozesse Markträumung, Renditeausgleich, Übermachtabbau, Produkt- und Verfahrensfortschritt auf ihre Koordinationseffizienz analysiert und bewertet. Jeder Prozeß wird als kybernetischer Regelkreis betrachtet, bei dem ein Regelgröße - beim Markträumungsprozeß ist es die Übernachfrage - durch die Variation der Stellgröße - beim Markträumungsprozeß ist es der Preis - auf einen Sollwert eingestellt wird. Weicht die Regelgröße über einen längeren Zeitraum von diesem Sollwert ab, muß eine Prozeßstörung vermutet werden. Ist die Störung mittels im Rahmen des Plausibilitätstests angewandter ökonomischer Theorie erklärbar, liegt eine Funktionsstörung vor. In einem zusätzlichen Nivauverzerrungstest wird untersucht, ob es nicht legitimierbare staatliche Begünstigung oder Benachteiligung oder sonstige Einflüsse gibt, welche die Lenkungsqualität der Preissignale beeinträchtigen. Die durch die KMD-Analyse fundierte Liste von Mißständen bei der Ausgestaltung der Marktstrukturen auf den Mobilfunkmärkten werden zusammen mit den Ergebnissen aus dem Ländervergleich und aus der kollektivgütertheoretischen Betrachtung zu einer Beurteilung der Regulierungssituation zusammengefaßt. Daran anschließend sollen Möglichkeiten ft1r deren Verbesserung aufgezeigt werden. Den Abschluß der Arbeit bilden eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse sowie ein Ausblick auf zukünftige Entwicklungen.

9 Zu dieser Diagnosemethode vgl. H. Grossela!ttler (1985 - 1994). 2·

2. Kapitel

Historische Entwicklung der Post und der neueren Postreformen A. Der geschichtliche Ursprung des staatlichen Monopols auf dem Gebiet der Telekommunikation in Deutschland Staatliche Einflußnahme auf den Telekommunikationssektor in Deutschland hat eine lange Tradition. Ihr Ursprung reicht zurück bis in die 40er Jahre des vorigen Jahrhunderts, in die Pioniertage elektrischer Nachrichtenübertragung. Damals gelang es Generalpostmeister v. Stephan, den Telegrafieverkehr in das von ihm geleitete Briefpostwesen einzugliedern. Für v. Stephan stellte die elektrische Telegrafie nur eine weitere Form der Nachrichtenübertragung dar. Mithin gebe es keine Veranlassung, die Argumente, mit denen das bestehende Postmonopol in Deutschland begründet werde, neu zu überdenken. Der aufstrebende Telekommunikationssektor sollte deshalb ebenfalls monopolistisch organisiert werden. Um diesen Gedankengang verstehen zu können, ist eine Rekapitulation der geschichtlichen Entwicklung des deutschen Postwesens erforderlich. Das Postwesen in Deutschland blickt auf eine über 500jährige Entwicklungsgeschichte zurück. Die heutige Ausgestaltung der Post gründet sich vor allem auf zwei Wurzeln, nämlich die Thum- und Taxissche Reichspost und die Preußische Post. Die Thum- und Taxissche Reichspost zeichnet sich dadurch aus, daß sie ab dem 16. Jh. den Aufbau eines europaweiten Streckennetzes vorantrieb. Die Preußische Post entwickelte eine Organisationsstruktur, die sich noch heute in dem Aufbau des Postwesens widerspiegelt. Sie wurde vornehmlich von dem Kurfilrsten Friederich Wilhelm I. (1640 - 1688) aufgebaut. Mit seinen Bestrebungen, eine eigene Post aufzubauen, trat er in Opposition zu Kaiser Ferdinand III., der den Postdienst auf dem Gebiet Brandenburg-Preußens den Taxis versprochen hatte.

I. Post des Hauses Taxis

Die ersten Versuche zum Aufbau von Fernkommunikationsnetzen wurden im Mittelalter unternommen. Dem Stand der technischen Entwicklung entsprechend wurde Fernkommunikation damals dinglich, das heißt in Form von

A. Der geschichtliche Ursprung des staatlichen Monopols

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Briefaustausch betrieben. Erst zu Beginn des 19. Jh. sollten Versuche unternommen werden, Fernkommunikation von der dinglichen Ebene zu lösen und sich Methoden optischer, 1 elektrischer oder elektromagnetischer Datenübertragung zu bedienen. Im 15. Jh. waren es Institutionen wie Städte, der deutsche Ritterorden, die Kirche, die Universitäten oder Kaufleute die eigene Botendienste unterhieIten. 2 Diese übermittelten Nachrichten, aber auch Pakete und Geld. Zu dieser Zeit herrschte ein Pluralismus der Posteinrichtungen. Die Geschichte einer einheitlichen Post beginnt erst gegen Ende des 15. Jh. Sie ist eng verwoben mit dem Namen des Hauses Taxis. Dieses filhrte ab dem Ende des 15. Jh. filr die Habsburger den Transport von Briefen innerhalb des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation durch. 3 So verpflichtete sich Franz von Taxis, den Postverkehr zwischen dem burgundischen Hof in Brüssel und den kaiserlich/königlichen Höfen in Deutschland, Frankreich und Spanien zu unterhalten. Waren die Taxisschen Postkurse zuerst nur filr Staats-Briefschaften vorgesehen, öffuete man sich doch schon 1516 dem privatwirtschaftlichen Briefverkehr, als man die hohen Verdienstmöglichkeiten erkannte. Das Verdienst der Taxis ist darin zu sehen, daß sie, ausgehend von Knotenpunkten, entlang der wichtigsten Wirtschaftswege Posten (ital. posta, daher der Name der Post) einrichteten, an denen sich die Kuriere mit frischen Pferden versorgen konnten. 4 Mit der Zeit wurde das Postennetz immer weiter ausgebaut. Ausgehend von den Postwegen, die die Länder der Habsburger miteinander verbanden, entstand ein engmaschiges Netz von Posten in ganz Europa. Der Aufbau einer solchen Kette von Posten war mit hohen Fixkosten verbunden, und wies die Struktur eines natürlichen Monopols auf, das der Gefahr des Herauspickens lukrativer Einzelaufträge ausgesetzt war. Mitte des 16. Jh. geriet das Haus Taxis in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten. Nur mit der Hilfe der Augsburger Handelshäuser, den Fuggem, WeIsem und den Ilsungen, konnte der Fortbestand der Taxisschen Post gesichert werden. Um diese Erfahrung reicher, unterbreitete Leonhard von Taxis (1523-1612) Kaiser RudolfII. (1576-1612) einen Vorschlag zu einer Reform des Postwesens. 1 Frühere Formen optischer Informationsübertragung, z. B. germanische oder in der Marine gebräuchliche Lichtzeichen, werden dabei außer Acht gelassen. 2 Vgl. W. Münckler (1975), S. 138. 3 Vgl. F. Voig, (1965), S. 838ff. 4 Diese Methode wurde bereits in den präkolumbianischen Hochkulturen Mittel- und Südamerikas und ab 1444 in Neapel verwendet. Die Taxis haben aber als erste daraus ein großes und leistungsfähiges Privatunternehmen gemacht. Dadurch wurden Briefe nicht mehr mit einer Geschwindigkeit von maximal 100 kmffag befördert, sondern bis zu 200 kmffag. Vgl. P. Kaupp (1991), S. 332.

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2. Kap.: Historische Entwicklung der Post

Die Post sollte eine Gerechtsames des Kaisers werden und somit in die Lage versetzt werden, sich selbst zu unterhalten. Kaiser Rudolf 11. ging auf diesen Vorschlag ein, verbot zwischen 1595 und 1597 alle anderen Postdienste, proklamierte das Postregal6 und ernannte Leonhard von Taxis zum Generaloberpostmeister.1 Dieses Amt wurde 1615 von Kaiser Matthias der Familie Taxis in Erblehen übergeben. Zum Dank dafUr gewährte die Familie dem Kaiser sowie den hohen Offizieren Portofreiheit. Damit war der öffentliche, staatlich kontrollierte Postdienst im deutschen Reich ins Leben gerufen. Das Monopol der Post war geboren. Sie war ausgestaltet als privatwirtschaftliches Unternehmen, basierte aber auf einem kaiserlichen Lehen. Schutz gewährten die Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Als die Kaiserliche Reichspost 1698 ihren Einzug in die Verfassung hielt, war damit auch die gesetzliche Basis filr sie gelegt. Der Verwaltungssitz wurde 1702 Frankfurt am Main. Schon damals waren die wahren Beweggründe filr ein Monopol nicht nur darin zu sehen, daß der Aufbau der Relaisstationen hohe Summen verschlang (Hinweis filr das Vorliegen eines natürlichen Monopols). Die wirklichen Gründe dafUr, daß der deutsche Kaiser ein Interesse an einer von ihm abhängigen Post hatte, waren einerseits zwar fiskalischer Natur, andererseits aber auch innenpolitisch-taktischer Natur. Denn mit der Kontrolle über die Post konnte man auch die Kontrolle über die Kommunikations- und Informationsströme des Volkes ausüben. Dieser Effekt kam den absolutistischen Kaisern natürlich gelegen. 1806 erlosch mit dem Rücktritt des letzten Kaisers und der Auflösung des alten deutschen Reiches das Thurn und Taxissche Generalat. Es entstehen siebzehn selbständige Postanstalten (Österreich, Preußen, Bayern, Sachsen, Hannover, Württemberg, Baden, Braunschweig, Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg, Luxemburg, Lübeck, Bremen und Hamburg). Diese wurden von den LandesfUrsten kontrolliert und dienten ihnen zur Finanzierung ihrer defizitären Haushalte. Einmal mehr wird deutlich, daß das Argument eines natürlichen Monopols der Post nicht ausschlaggebend filr diese Struktur war. 5 "Gerechtsame" ist in der älteren deutschen Rechtssprache ein Synonym filr ein Privileg. 6 Der Begriff "Regalien" (Iat. regalis = dem König zukommend) ist aus der Diskussion um die Abgrenzung weltlicher und geistlicher Gewalt im ausgehenden 11. Jh. hervorgegangen. Er bezeichnet Einnahmen aus Verbrauchsteuern, die in Form finanzmonopolistischer Zuschläge erhoben werden. Eigentlich nicht zur Veräußerung gedacht, wurden die niederen Regalien (z. B. Post-, Brandwein-, SaIz- und Fährregal) auch zur Nutzung verliehen (z. B. zur Deckung des Kapitalbedarfs einer Anleihe). 7 Vgl. M. Dallmeier (1977), Nr. 84.

A. Der geschichtliche Ursprung des staatlichen Monopols

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Vielmehr diente sie partikularistischen und fiskalischen Interessen der LandesfUrsten. Zudem ist das Inforrnationsbedürfuis des Nachrichtendienstes, wie bereits erwähnt, nicht zu unterschätzen. Die "cabinet noir" des Kardinal Richelieu sind ein Beispiel filr die Willkür absoluter Regenten.8 Erst nach der französischen Revolution wurde das Briefgeheimnis als Menschenrecht garantiert. Daß damit keine wirkliche Sicherheit bestand, zeige sich wenige Jahre später, als die französischen Besatzungstruppen nach dem Frieden von Tilsit 1807 eigene Postbeamte nach Berlin kommen ließen, um täglich bis zu 2.000 Briefe öffnen zu lassen. 9

11. Aufstieg der Preußischen Post

Auch zu Zeiten ihrer Blüte gelang es der Taxisschen Post nicht, das Postmonopol auf dem Gebiet Deutschlands vollständig durchzusetzen. So bestanden die Posten der Metzger, Kaufleute und der Universitäten trotz Verbot fort. 10 Als 1648 im Westflilischen Frieden den einzelnen Landesherren mehr Macht zugesprochen wurde, verlor die Taxissche Post immer mehr an Einfluß. Besonders im Norden Deutschlands entwickelte sich eine selbständige Post, die sich der Angriffe (dies ist durchaus wörtlich zu verstehen) der Taxisschen Post zu erwehren hatte. In Preußen war die Durchsetzung des Generalats zu keiner Zeit gelungen. Vielmehr intensivierten die preußischen Kurfilrsten Mitte des 17. Jh. den Auf:. bau eines eigenen Postdienstes. Die Ära der preußischen Post brachte eine wesentlich straffere Organisation des Postapparates mit sich. So zentralisierte Kurfürst Friederich Wilhelm I. die Verwaltung. Er schuf eine obere Postverwaltungsstelle, die mit zentralen Fragen des Postwesens betraut wurde. 1664 trennte er die Kassenhaltungsdienste von den übrigen Postdiensten und rief die Generalpostkasse ins Leben. Er errichtete Poststationen und vereidigte Postmeister, -schreiber und Postillione, die Dienst auf Ortsebene versahen. I I König Friederich I. (1701 - 1713) schuf das Amt eines General-Erbpostrneisters ftlr die gesamten kurbrandenburgisch-preußischen Lande. König Friederich 11. (1740-1786) rief eine mittlere Verwaltungsinstanz ins Leben. Diese setzte sich aus Oberpostdirektoren und Postinspektoren zusammen und sollte die Lücke zwischen den örtlichen Organisationsstrukturen und der Zentralverwaltung schließen. In dieser Phase läßt sich die preußische Post als eine landes8 Vgl. H. v. StephaniK. Sautter (1928), S. 286. 9 Heute sichert Art. 10 GG: Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Femmeldegeheimnis sind garantiert. 10 Vgl. P. Kaupp (1988), S. 196. 11 Vgl. H. Hungerige (1988), S. 15.

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2. Kap.: Historische Entwicklung der Post

herrliche und staatliche Einrichtung beschreiben. Die Postverwaltung ist ein Teil der Staatsverwaltung. Sie hat kein selbständiges Ministerium. Oberster Leiter der Post ist der König von Preußen. 1867, nach dem Bundeskrieg, schlossen sich die nördlich des Mains gelegenen Länder auf Bismarcks Betreiben hin zum Norddeutschen Bund zusammen. Oberstes Organ wurde das Bundespräsidium unter der preußischen Krone. Die Leitung der Bundespost wurde am 18.12.1867 an den Kanzler des Norddeutschen Bundes abgegeben. 12 Als Zentrale einer neuen einheitlichen Post wurde das preußische Generalpostamt bestimmt. Es wurde mit der Eingliederung der vormals selbständigen Landesposten betraut. Im selben Jahr noch zwang Preußen die Taxis, den Postdienst sowie alle damit zusammenhängenden Rechte, Grundstücke und Gebäude auf preußischem Gebiet gegen eine Entschädigungszahlung von 3 Mio. Talern abzutreten. Damit endete die privatwirtschaftliche Organisation des Postdienstes. Am 18.01.1871 wurde in Versailles das neue Deutsche Reich ausgerufen. In der Reichsverfassung vom 16.04.1871 wird in den Art. 48 ff. die Post als einheitliche Staatsverkehrsanstalt unter der Leitung des Kaisers beschrieben. Es kommt zur Integration der Postorganisationen der süddeutschen Staaten Baden, Bayern, Württemberg und Elsaß-Lothringen mit dem Norddeutschen Bund rur Deutschen Kaiserlichen Reichspost.

111. Post des Bismarckreiches

In der ersten Hälfte des 19. Jh. wurden in Europa optische Telegrafenlinien aufgebaut, I3 die aber schon 1848 von der elektrischen Telegrafie technisch überholt wurden. 14 In diesem Jahr wurden von Berlin Leitungen nach Breslau, Köln, Hamburg und Frankfurt in Betrieb genommen.

Nur ein Jahr später, 1849, ordnete der König an, daß der bis dahin nur zu staatlichen und mehr noch militärischen Zwecken genutzte Telegrafiedienst auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollte. 15 Das Motiv filr diesen Schritt ist in der Hoffnung zu sehen, daß durch Gebühreneinnahmen die 12 Vgl. A. Eidenmüller (1985), S. 102.

13 Ihre Ursprünge hatte die optische Telegrafie zu Beginn des 17. Jhrd. mit der Erfindung des Fernrohrs. Auf preußischem Gebiet erteilte König Friedrich Wilhelm III 1832 die Genehmigung zum Bau einer Telegrafenverbindung von Berlin über Köln nach Koblenz. Die Kapazität betrug nicht mehr als 500 - 700 Telegramme pro Jahr. Deshalb wurde sie der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht. Vgl. M. Reuter (1990), S. 17. 14 Ebenda S. 53. 15 Vgl. H. A. WesseI (1979), S. 86.

A. Der geschichtliche Ursprung des staatlichen Monopols

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hohen Infrastrukturaufwendungen filr ein Telegrafienetz leichter aufzubringen sein wUrden. 16 In der Folgezeit wurden drei organisatorische Maßnahmen getroffen, die die Beziehung zwischen Post- und Telekommunikationswesen auf Dauer fixieren sollten. a)

Die Generaldirektionen des Postwesens und des Telegrafenwesens waren zwei voneinander unabhängige Institutionen, die organisatorisch dem Reichskanzleramt 17 zugeordnet waren. Als im Januar 1875 der Leiter des Telegrafenamtes verstarb, versah v. Stephan, der 1867 die Verhandlungen mit den Taxis über die Übernahme deren Post geftlhrt hatte, die Leitung beider Generaldirektorien in Personalunion. In der Folgezeit betrieb er die Vereinigung beider Direktionen. Diese wurde am 1.1.1876 auch vollzogen. 18 Waren beide Verwaltungen bisher dem Reichskanzleramt untergeordnet, betrieb v. Stephan in der Folgezeit die Abspaltung vom Reichskanzleramt und die Umwandlung in eine selbständige oberste Reichsbebörde. Als die Trennung vollzogen wurde, ernannte man Heinrich von Stephan zum Generalpostmeister.

b)

Am 14.2.1876 meldete Graham Bell das Telefon zum Patent an. Im Herbst 1877 erhielt v. Stephan die ersten Telefone, die er sofort testen ließ. Wenige Tage später unterbreitete er Reichskanzler v. Bismarck einen Vorschlag, daß der Telefonverkehr in die Hand des Staates gelegt und als vollwertiges Verkehrsmittel genutzt werden solle. 1889 bestätigt das Reichsgericht die Rechtsauffassung v. Stephans, daß der Telefonverkehr nur eine besondere Form der Telegraphie sei und somit unter das Monopol der Post zu fallen habe. Diese Auffassung wurde 1892 im Gesetz über das Telegrafenwesen festgeschrieben.

c)

Nachdem Heinrich von Stephan 1878 per kaiserlichem Dekret mit der Vertretung des Reichskanzlers in allen Fragen der Post und Telegrafie betraut worden war, konnte er ungehindert den Ausbau der Reichs-Postund Telegrafen-Verwaltung (RPTV) zu einem Reichsamt vorantreiben. Durch kaiserlichen Erlaß wurde die RPTV in das Reichspostamt umbenannt. Heinrich von Stephan wurde zum Staatssekretär des Reichspostamtes ernannt. Damit war die Gleichstellung des Reichspostamtes mit anderen Reichsämtern, wie z. B. dem des Äußeren, Inneren oder der Finanzen vollzogen.

16 Vgl. E. Herrmann (1986), S. 91 f. 17 Die Zuordnung zum Reichskanzleramt war darin begründet, daß nur dieses Amt Aufgaben sowohl im Inneren wie im Ausland wahrnahm. Vgl. A. Eidenmüller (1985), S. 103. 18 Vgl. H. GlaserlTh. Werner (1990), S 323.

2. Kap.: Historische Entwicklung der Post

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IV. Deutsche Reichspost und Deutsche Bundespost

Beim Übergang vom Kaiserreich zur Weimarer Republik wurden bezüglich der Post keine organisatorischen Änderungen vorgenommen. Allerdings wurde sie 1919 durch Reichsverfassung zum Ministerium. Die immensen Kriegsschäden durch den 1. Weltkrieg bescherten der Post erhebliche fmanzielle Verluste. Um zu verhindern, daß der Staat in Zukunft zu Nachschußleistungen verpflichtet werden konnte, wurde 1924 die Post durch das Reichspostfinanzgesetz zum Sondervermögen des Reiches erklärt. Dadurch erhielt sie die Haushaltshoheit. Es wurde festgelegt, daß die Post nach Bildung ausreichender Rücklagen ihre Überschüsse in Form einer Ablieferung an das Reich abzugeben habe. Da man sich in der Folgezeit nicht auf eine Form der Gewinnermittlung einigen konnte, koppelte man ab 1931 die Ablieferung an den Umsatz.I 9 Festgelegt wurde ein Prozentsatz von 6,67 %. An die Stelle der Kontrolle durch den Reichstag und -rat und das Reichsfinanzministerium trat die Aufsicht des Verwaltungsrates. Er wurde damit betraut, über fmanzielle Fragen wie Gebührenfestsetzungen, Kreditaufnahmen und Jahresabschlußrechnungen zu befmden. Er setzte sich aus bis zu 40 Mitgliedern zusammen, nämlich: 10

Mitgliedern des Reichstages,

10

Mitgliedern des Reichsrates,

12

Mitgliedern aus Wirtschaft und Verkehr,

7

Mitgliedern aus dem Bereich der Deutschen Reichspost sowie Mitglied gemäß Vorschlag des Reichsfmanzministers.

1928 wurde das Gesetz über Fernmeldeanlagen (FAG) verabschiedet. 20 Es regelte den Gebrauch von Fernsprech-, Telegrafen- und Funkanlagen. Trotz des rasanten Wandels der Telekommunikation sollte das FAG erst 1989 novelliert werden. Durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten änderte sich der rechtliche Rahmen der Post. Das Reichspostfmanzgesetz vom 18.03.1924 wurde durch das zweite Kapitel des Gesetzes zur Vereinfachung und Verbilligung der Verwaltung vom 27.02.1934 ersetzt. Dadurch wurde der Verwaltungsrat praktisch entmachtet. Das Reichspostgebiet vergrößerte sich nach dessen Anschluß an Deutschland um Österreich. Außerdem datieren einige Erweiterungen des Dienstleistungsangebots der Post, - z.B. die Aufnahme des Postsparkassendienstes - aus dieser Zeit.

19 Vgl. E. Herrmann (1986), S. 210. 20 Vgl. RGBI. I S. 8.

A. Der geschichtliche Ursprung des staatlichen Monopols

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Nach dem 23.05.1945, als die Alliierte Kontrollkommission die geschäftsfilhrende Reichsregierung filr aufgelöst erklärt hatte, war die Verwaltung der Post fonnell beendet. Die Post wurde in den vier Besatzungszonen getrennt aufgebaut. 1946 einigten sich die Gouverneure der amerikanischen und der britischen Besatzungszone, beide Zonen zum Vereinten Wirtschaftsgebiet zusammenzuschließen. Auf diesem Gebiet wuchsen die beiden Postbereiche :zur Deutschen Post zusammen. Sie war der Nucleus, aus dem die Deutsche Bundespost 1949 nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland entstand.

V. Der Weg der Post in der DDR bis zur Vereinigung

In der sowjetischen Besatzungszone wurde der Postbetrieb der "Deutschen Wirtschaftskommission für die sowjetische Besatzungszone" unterstellt. Daraus entwickelte sich 1949 mit der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik die "Deutsche Post". Sie wurde geleitet vom Ministerium filr Post und Fernmeldewesen (MPF). Lange Zeit war das Verhältnis der heiden deutschen Postorganisationen bestimmt von gelegentlichen Kontaktaufnahmen zu konkreten Problemen. Erst zum Ende der sechziger Jahre hin nötigten äußere Umstände zu regelmäßigeren Kontakten. Der DDR war daran gelegen, die westliche Anerkennung als unabhängiger Staat und ein Entgelt filr Mehrleistungen im Post- und Fernmeldebereich zu erhalten. Die Bundesrepublik hingegen war um eine Intensivierung der Beziehung der Bevölkerung beider Teile Deutschlands bemüht. Am 29.04.1970 kam es zu einem ersten Abkommen zwischen dem Bundespostministerium und dem MPF .21 Darin wurde gegenseitig garantiert, den Post- und Fernmeldeverkehr mindestens auf dem bisherigen Niveau beizubehalten. Dem MPF sollte für seine Mehrleistungen eine Pauschale in Höhe von DM 30 Mio. jährlich gezahlt werden. Im wesentlichen ging es bei den weiteren Zusammenkünften zwischen dem BPM und dem MPF von westdeutscher Seite um eine Vereinfachung des Postund Fernmeldeverkehrs. Von ostdeutscher Seite wurde die Erhöhung der Mehrleistungspauschale und die Anerkennung in internationalen Gremien wie dem Weltpostverein und der Internationalen Fernmeldeunion gefordert. 22 In der Folgezeit waren die Verhandlungen davon gekennzeichnet, daß Westdeutschland versuchte, die Kommunikationskapazität anzuheben, und Ostdeutschland danach strebte, dafür möglichst hohe Devisenbeträge zu erhalten.23

21 Vgl. W. Grosser (1978), S. 10. 22 Ebenda, S. 10. 23 Ebenda, S. 12.

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2. Kap.: Historische Entwicklung der Post

Als 1989 die beiden deutschen Teile wiedervereint wurden, glichen sich zwar die jeweiligen institutionellen Rahmen der Telekommunikation. Die Infrastruktur des Fernmeldewesens in der DDR jedoch war völlig überaltet und mußte fast vollständig neu aufgebaut werden. 24 So betrug z. B. das Verhältnis der Anzahl der Hauptanschlüsse zwischen West- und Ostdeutschland 24: 1.25

VI. Der rechtliche Rahmen für den Telekommunikationssektor

Im wesentlichen sind das Grundgesetz und das FAG dafilr verantwortlich, daß die deutsche Fernmeldeverwaltung zunächst mit folgenden Monopolen ausgestattet wurde: I. ein Monopol zur Errichtung und (Netzmonopol),

Wartung von

Fernmeldenetzen

2. ein Monopol zum Betrieb dieser Fernmeldenetze (Dienstemonopol), 3. ein Monopol zur Überlassung und Wartung aller Benutzereinrichtungen (Endgerätemonopol) und 4. ein Zulassungsmonopol. Das Grundgesetz regelte die Stellung der DBP im StaatsgefUge. Durch Art. 73,7 hatte die Post die alleinige Gesetzgebungskompetenz bei Post- und Fernmeldefragen. Art. 80,1 erklärte das BMPT zu der Institution, die für den Erlaß von Rechtsverordnungen zuständig war. Art. 87,1 legte fest, daß die Post ein Gebilde bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau war und Art. 123, 124 sicherten den Fortbestand von Rechten vor dem ersten Zusammentritt des Bundestages. Dadurch wurde das Postgesetz von 1871 und also auch das staatliche Alleinrecht auf dem Gebiet der Nachrichtenübermittlung sowie das Fernmeldeanlagengesetz von 1928 geltendes Recht. Das FAG legte in § 1 fest, daß das Fernmeldemonopol in Deutschland durch die DBP wahrgenommen wurde. In den § 2 und 3 wurden die Ausnahmen :ru § I FAG aufgeführt. Über das Verständnis des Begriffes Fernmeldeanlage verschaffte das Urteil des BFG vom 12.10.1977 Klarheit. Darin wurde festgelegt, daß unter dem Begriff Fernmeldeanlage alle Einrichtungen subsumrniert werden sollten, die Nachrichten körperlos übertragen und am Empfangsort wiedergeben. Als Einrichtungen galten nicht nur die unmittelbaren Netzbestandteile, sondern auch die Geräte, die eine Übertragung erst ermöglichen.

24 Vgl. J Jahnl8. Schulze (1990), S. 9, T. Robischon (1994), S. 36. 25 Vgl. K.-H. Neumann (1990), S. 163.

A. Der geschichtliche Ursprung des staatlichen Monopols

13

Die organisatorische Struktur der DBP wurde 1953 durch das Gesetz über die Verwaltung der Deutschen Bundespost festgelegt.26 Wesentliche Bestimmungen dieses Gesetzes sind: die Unterstellung der Post unter die Leitung des BMPT· als Teil der Bundesverwaltung, die Ausrichtung der Führung der Post an der Politik der Bundesregierung, die Restitution des Verwaltungsrates, der 1934 dem Vereinfachungsgesetz zum Opfer gefallen war, die bewußte Vermeidung des Begriffes "Unternehmen" im Zusammenhang mit der Post und die besondere Betonung des Wortes "Verwaltung" sowie die umfangreichere Regelung des Haushalts- und des Finanzwesens als bisher. Das Postverwaltungsgesetz reichte in der Folgezeit nicht aus, um die Post in ökonomisch tragfiihiger Weise agieren zu lassen. Betrug das Eigenkapital 1949 noch 73 %, so verminderte sich dieser Anteil in den Jahren bis 1963 auf 13,8 %.27 Dies lag vor allem daran, daß Gebührenerhöhungen unterblieben, um eine Beschleunigung der Inflation zu vermeiden. Um diesem Mißstand abzuhelfen, wurde eine Sachverständigen-Kommission mit einer Analyse beauftragt. Die Ergebnisse wurden am 6.11.1965 vorgestellt. 28 Zentrale Erkenntnis waren: 1. daß eine Postverwaltung im preußischen Stile nicht mehr zeitgemäß war,

2. daß statt dessen eine unternehmerische Organisationsstruktur zu wählen sei, 3. daß außerdem die Entscheidungen über die Gebührenpolitik in Zukunft frei von stabilitätspolitischen Erwägungen getroffen werden sollten, 4. daß die Eigenkapitalstruktur auf eine Quote von 50% zu erhöhen sei und 5. daß einige die Organisation betreffende Umgestaltungen durchgeftlhrt werden sollten. So sollte der Bundespostminister die hoheitlichen Aufgaben wahrnehmen, während ein Vorstand die Geschäfte filhren sollte. Fünf Jahre nach diesem Gutachten wurde der Entwurf eines Gesetzes über die Unternehmensverfassung der Deutschen Bundespost dem Bundestag vorgelegt. 29 Damit sollten die wesentlichen Reformvorschläge der Kommission um26 27 28 29

Vgl. BGBI. S. 676. Vgl., H. SteinmetzlD. Elias (1979), S. 596. Bundestagsdrucksache V/203. Bundestagsdrucksache VII1385.

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2. Kap.: Historische Entwicklung der Post

gesetzt werden. Nicht zuletzt an dem vehementen Widerstand der Postgewerkschaft scheiterte dieser Vorschlag aber. 30 Das Unvermögen dem Unausweichlichen Rechnung zu tragen, filhrte dazu, daß sich die Symptome der Inadäquanz der rechtlichen Rahmenstrukturen 1llr die Bedürfnisse eines einem starken Wandel unterliegenden Telekommunikationsmarktes bis 1989 verstärken konnten.

VII. Zusammenfassung

Die Post hat in ihrer langen Geschichte eine Wellenentwicklung zwischen unternehmerischer und staatlicher Lenkung erlebt. Waren die AnflInge noch davon gekennzeichnet, daß ein privates Unternehmen die Leitung der Post inne hatte, so änderte sich dies, als die politischen Machthaber die Profitträchtigkeit dieser Branche erkannten. Mittlerweile geht die Tendenz wieder hin zu einer verstärkten unternehmerischen Gestaltung der Post. Erste Anzeichen filr eine Loslösung der Post von einer reinen Verwaltungsinstitution zeichneten sich in Preußen ab. Dort war die Post in andere Bereiche der Staatsverwaltung eingebunden. Diese Organisationsform stieß Ende des 19. Jh. an die Grenzen ihrer Flexibilität. Ebenso wie die Substitution der Postkutsche durch die Eisenbahn stellte die Erweiterung der Fernkommunikation um Telegramm und Telefon die Post vor viele neue Aufgaben. Eine fortgesetzte Abhängigkeit von einem anderen Staatsressort war deshalb nicht länger zu vertreten. Unter v. Stephan wurde die Post ein eigenständiges Reichsamt. Damit war filr kurze Zeit ein Organisationsrahmen abgesteckt, der der Post einen größeren Freiraum filr ihre Entfaltung zugestand. Die Geschäfte der Post erreichten in der Zeit der Weimarer Republik ein Volumen, die eine größere wirtschaftliche Unabhängigkeit der Post ratsam erscheinen ließen. Um die Haftung des Reiches auszuschließen, wurde die Post zum Sondervermögen erklärt, d. h. sie erhielt die Haushaltshoheit. Die letzte Phase auf dem Weg zur Organisationsform eines Unternehmens wurde nach dem Zweiten Weltkrieg eingeleitet. Die rasante Fortentwicklung der Telekommunikationstechnologie filhrte zu einer Verdrängung der dinglichen Übertragung von Nachrichten und Daten. Die Anforderungen an die Organisation der Post, die zunehmend nicht nur vom Inland bestimmt wurden, filhrten schließlich auch den politischen Vertretern deutlich vor Augen, daß ein grundlegender struktureller Wandel in dem zur Zeit wohl innovativsten Wirtschaftszweig dringend geboten war. Diese Erkenntnis bereitete den Boden filr das Poststrukturreformgesetz sowie die Novellierung des FAG.

30 Deutsche Post, Organ der Deutschen Postgewerkschaft, 5.11.1970, S. 583.

B. Beschreibung der Post vor der ersten Strukturrefonn

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B. Beschreibung der Post vor der ersten Strukturreform I. Leitung und Gestalt der Post

Leitung - Bis zum Jahre 1989 hatte der Bundesminister fUr das Post - und Fernmeldewesen die Leitung der DBP inne. Er war mit einer Doppelaufgabe betraut. Einerseits war er Leiter der Geschäfte der Post, andererseits war er als Bundesminister Mitglied der Regierung. Dem Postminister zur Seite stand der Verwaltungsrat. Dieses Organ hatte seinen Ursprung im Reichspostfinanzgesetz von 1924. Sein Zweck bestand darin, den am Post- und Fernmeldewesen beteiligten Gruppen in einem kleinen Gremium Gehör zu verschaffen.

Darüber hinaus nahmen viele andere Institutionen Einfluß auf die Leitung der Post. Im folgenden sollen deren Kompetenzen und Einflußmöglichkeiten, wie sie sich vor der Reform darstellten, erläutert werden. a) Einwirkung von Interessengruppen innerhalb der Bundespost Bundesminister für das Post und Fernmeldewesen - Die Post war, zurilckgehend auf die Bemühungen des Staatssekretärs v. Stephan und bestätigt durch das Postverwaltungsgesetz, seit 1919 ein Ministerium. Durch Art. 65 GG war der Bundespostminister gehalten, innerhalb der politischen Grenzen, die der Bundeskanzler zu bestimmen hatte, dafUr Sorge zu tragen, daß sich das Postund Fernmeldewesen bedarfsgemäß weiterentwickelte. Darüber hinaus war er geschäftsfilhrender Leiter des größten Dienstleistungsunternehmens Europas mit rund 500.000 Mitarbeitern.

Dieser Zustand, daß einem Unternehmenschef gestattet wurde, als Minister zum Wohle seines Unternehmens Politik zu machen, war einzig in Deutschland. Andere Bereiche der Infrastruktur, wie die Energieversorgung und der Straßenbau hatten diesen Vorzug nicht. Zum Nachteil gereichte dieser Konstellation, daß dem Bundespostminister generell Parteilichkeit zugunsten seines Unternehmens unterstellt werden konnte. Bei Anhörungen kam den Vertretern des BMPF nicht die Rolle des neutralen Moderators zu, wie das der Fall sein sollte. Der Ineffizienz bezüglich politischer Entscheidungsbildung stand eine nicht minder große unternehmerische Ineffizienz gegenüber. Dadurch, daß die Leitung der Post als Ministerium strukturiert war, war sie organisatorisch ganz auf den Postminister zugeschnitten. Ihm zur Seite standen ein parlamentarischer Staatssekretär, der fUr die politischen Belange zuständig war, und ein weiterer Staatssekretär, der den Minister bei der Geschäftsfilhrung unterstützte. Vergleicht man diese Leitungskapazität mit der von den großen Aktiengesellschaften mit ihren zumeist funktional gegliederten Vorständen, offenbart sich die personelle Unterausstattung der Geschäftsfilhrung der Post.

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2. Kap.: Historische Entwicklung der Post

Als zusätzliche Nachteile der Verquickung von politischer und unternehmerischer Position sind zu nennen: •

die Ernennung zum Minister des Proporzes statt der Fachkompetenz wegen,



die Bindung der Verweildauer des Ministers im Amt an die Verweildauer der ParteiIKoalition in der Regierungsverantwortung und



die Ausrichtung der Unternehmenspolitik auf kurzfristige statt auf langfristige Erfolge, um Wahlen zu gewinnen.

Diesen Nachteilen stand als einziger Vorteil gegenüber, daß der geschäftsfilhrende Leiter der Post seine Interessen direkt im Bundestag und Bundesrat sowie der Bundesregierung vertreten konnte. Dieser Vorteil wiegt die geschilderten Nachteile aber nicht auf.

Der Verwaltungsrat - Auch die Institution des Verwaltungsrates wurde durch das Reichspostfmanzgesetz von 1924 ins Leben gerufen. Er stellte das Gegengewicht zu der gewachsenen Selbständigkeit der Post innerhalb des Staates dar, weil durch dasselbe Gesetz die Post zum Sondervermögen des Reiches erklärt worden war. Der Verwaltungsrat hatte die Aufgabe, die Mitspracherechte, die das Parlament an der Leitung der Verwaltung hatte, in einem kleinen Gremium zusammenfassen. Darüber hinaus sollte der Verwaltungsrat den an den Leistungen der Post beteiligten Parteien als Plattform dienen, auf der sie ihre Interessen vertreten konnten. 31 An diesen Aufgaben wurde die Zusammensetzung des Verwaltungsrates ausgerichtet. Er bestand aus 24 Mitgliedern, die sich folgendermaßen auf die Interessengruppen aufteilten: 32 5 Mitglieder des Deutschen Bundestages 5 Mitglieder des Bundesrates 5 Vertreter der Wirtschaft 7 Vertreter des Personals der Post (Gewerkschaft) 2 Sachverständige jeweils filr Nachrichtenwesen und Finanzen Die 10 Vertreter aus Bundesrat und Bundestag repräsentierten die Interessen des Bundes als Eigentümer der Post, dies besonders deshalb, weil die Budgetrechte des Parlaments durch das Postverwaltungsgesetz auf den Verwaltungsrat übergegangen waren. 33 Die Sachverständigen wurden vom Bundespostminister vorgeschlagen. Der Sachverständige rur Finanzen mußte mit dem Bundesfinanzminister abgestimmt 31 Vgl. E. Herrmann (1986), S. 127. 32 Vgl. PostVwG § 5. 33 Vgl. PostVwG § 12.

B. Beschreibung der Post vor der ersten Strukturreform

17

werden. Da sich die Sachverständigen im allgemeinen aus Banken- und Fernmeldeindustriekreisen rekrutierten, entstand im Verwaltungsrat ein Kräfteverhältnis zwischen Bund - Benutzer - Personal von 10 - 7 - 7. Der Bundesregierung kam die Aufgabe zu, die Mitglieder des Verwaltungsrates zu ernennen. Die Beschlüsse des Verwaltungsrates waren filr den wenn die Beschlüsse das Jahresergebnis verminderten, Vetorecht. Außerdem konnte der Bundespostminister Bundesregierung herbeifiihren, wenn er Beschlüsse des verantworten konnte. '

Minister bindend. Nur hatte der Minister ein eine Entscheidung der Verwaltungsrates nicht

Zusammenfassend ist festzustellen, daß der Verwaltungsrat folgende überaus umfassende Aufgabengebiete hatte: 34

1. die Förderung des öffentlichen Auftrages der Post, 2. die Kontrolle der Post im Auftrage des Bundes, 3 . die Vertretung der Kundeninteressen und

4. die Vertretung der Personalinteressen. An der Institution des Verwaltungsrates wurde zunehmend Kritik laut. Die Selbständigkeit wurde angezweifelt, so daß ihm nicht zugetraut wurde, neue Impulse fiir den notwendigen Umwandlungsprozeß zu geben. Außerdem wurde das Fehlen der Möglichkeit einer Einflußnahme der privaten Benutzer moniert, weil die Kundenvertretung hauptsächlich die Interessen großer Industriekonzerne vertrat. Nach der Bewertung Herrmanns war von dem Verwaltungsrat in seiner bisherigen Ausprägung nicht zu erwarten, daß von ihm "... der erhöhte Einfluß eines unabhängigen und sachverständigen Gremiums ... " ausging. 35

Einwirkung des Personals - Das Bundespersonalvertretungsgesetz regelt die Befugnisse und Aufgaben der gewählten Personalvertreter. Der Hauptpersonalrat, das höchste Personalvertretungsorgan der Post, war in Ausnutzung der ihm per Gesetz zugestandenen Rechte, eine Kraft geworden, die in erheblichem Maße Einfluß auf den Geschäftsablauf der Post nahm. Weil die internen Regelungen die Möglichkeiten der Einflußnahme durch die Personalvertretung noch über das gesetzliche Maß hinaus steigerten, wurden nur wenige Entscheidungen ohne die Zustimmung der Personalvertreter getroffen. 36 Der gewerkschaftliche Einfluß bei der Post war besonders hoch. Dies lag einerseits daran, daß die Deutsche Postgewerkschaft37 nur in einem Unternehmen vertreten war, so daß sie sich durch besondere Fachkenntnis auszeichnete. AnVgl. E. Herrmann (1986), S. 130. Ebenda, S. 131. 36 Ebenda S. 138. 37 Desweiteren sind Mitarbeiter der Post in der Deutsche Postverband und die Christlich-demokratischen Postgewerkschaft aktiv. 34 35

3 Kurtsiefer

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2. Kap.: Historische Entwicklung der Post

dererseits war sie besonders stark, weil ungefllhr 75 % der Mitarbeiter der Post in ihr organisiert waren. Die Personalvertreter im Verwaltungsrat und im Hauptpersonalrat waren fast ausschließlich von der DPG eingesetzt.

b) Einwirkung von Interessengruppen außerhalb der Bundespost Andere Bundesminister - Das Postverwaltungsgesetz sah vor, daß der Bundespostminister ft1r gewisse Maßnahmen, die die Ressorts anderer Bundesministerien berührten, der Zustimmung durch den jeweiligen Minister bedurfte. Dies waren: 1. Der Bundesminister filr Wirtschaft, der Rechtsverordnungen über Gebührenänderungen zustimmen mußte, 2. der Bundesminister ft1r Finanzen, der einer Reihe von finanzwirtschaftlichen Maßnahmen zustimmen mußte und 3. der Bundesminister des Inneren, der gemeinsam mit dem Bundesminister filr Finanzen bei wichtigen Tarifverträgen und Besoldungsrichtlinien zuzustimmen hatte.

Bundesregierung und Bundesrat - In erster Linie wirkten Bundestag und Bundesrat durch ihre Gesetzgebungskompetenz38 auf die Post ein. Dartlber hinaus war die Post im Rahmen der Haushaltskontrolle des Bundestages und Bundesrates zu bewerten. Ihr Status als Sondervermögen ließe vermuten, daß diese Kontrolle nicht möglich war. Da aber das Gehalt des Bundesministers sowie das des parlamentarischen Staatssekretärs Positionen im Bundeshaushalt darstellten, konnte das Handeln der Post im Parlament diskutiert werden. 39 Außerdem war politische Einflußnahme festzustellen, wenn der Bundespostminister Bereitschaft zeigte, Einfluß auf örtliche Regelungen der Post zu nehmen, weil der parlamentarische Repräsentant des Ortes darum bat. Bundesrechnungshof - Der Bundesrechnungshof erstellte jährlich einen Bericht über das Geschäftsgebaren der Post. Adressat dieses Berichtes wart der Verwaltungsrat. Auszüge dieses Berichtes fanden sich in dem großen Bericht über alle Geschäftsbereiche der Regierung wieder. Außerdem war der Leiter des Bundesrechnungshofes zusätzlich Bundesbeaufuagter filr Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung. In dieser Funktion waren suboptimale Geschäftsabläufe aufzuzeigen. Internationale Organisationen - Hier ist in erster Linie die Europäische Gemeinschaft zu nennen. Ihr Ziel, eine harmonische Entwicklung der Wirtschaftstätigkeit und einen wettbewerbsfllhigen gemeinsamen Markt zu schaffen, tangierte natürlich auch das deutsche Femmeldewesen. 40 Um innerhalb der EG 38 Vgl. GG Art. 73 Nr. 39 Vgl. E. Herrmann (1986), S. 133. 40 Vgl. N. v. Baggehufwudt (1993), S. 174ff.

B. Beschreibung der Post vor der ersten Strukturreform

19

auf das Ziel einer staatenübergreifenden Netzintegrität hinzuarbeiten, war eine intensive internationale Abstimmung nationaler Femrneldepolitik notwendig. 41 Grundlage der EG-Telekommunikationspolitk war das 1987 verabschiedete Grünbuch zur Telekommunikation.42 Dieses hatte eine Öffuung der Telekommunikationsmärkte zum Wettbewerb als Ziel. Darüber hinaus gab es eine Fülle internationaler Organisationen, die sich mit der Herausarbeitung internationaler Standards und Strategien befaßten, wie z. B. •

das CCITT:

Comite consultatif international telegraphique et tt5lephonique,



das CCIR:

Comite consultatif international des radiocornrnunications,



die CEPT:

Conference europeenne des Administrations des Postes et des Telecommunications und



das ETSI:

European Telecommunications Standards Institute.

Fazit - Die Leitungsstrukturen der Deutschen Bundespost waren fllr ein so großes Unternehmen ungeeignet. Die Position des Bundespostrninisters war mit Aufgaben überfrachtet. Die Einflußnahme von politischen Interessengruppen auf die GeschäftsfUhrung lag auf der Hand.

Der Verwaltungsrat war eine Institution mit zu geringer Eigeninitiative. Sein Einfluß auf die Deutsche Bundespost blieb gering. Das Personal hatte einen so großen Einfluß, daß überdurchschnittlich hohe Sozialleistungen gewährt werden mußten. Notwendige Refonnen konnten verhindert oder zumindest hinausgezögert werden. Gestalt - Die oberste Behörde der Deutschen Bundespost war das Bundespostministerium. Deren Leiter, der Bundespostminister, nahm die Ordnungsaufgaben sowie GeschäftsfUhrungsaufgaben wahr. Anders als bei der Bundesbahn war der DBP keine unabhängige GeschäftsfUhrung zugestanden worden. Als Mittelbehörden unterstanden dem Ministerium 18 Oberpostdirektionen und die Landespostdirektion Berlin. Außerdem gehörten 5 Ämter fllr Spezialthemen sowie 3 Fachhochschulen zu den Mittelbehörden. Der Mittelbau war zuständig fUr die Lenkung der Aufgaben in den Bezirken, die Aufsicht über die Bezirksämter und die Umsetzung der Politik des Ministeriums in den Bezirken. 43

41 Vgl. H. Ungerer (1990), S. 10 f.

0/ the European Community, 1987. 43 Vgl. Herrmann, E., (1986), S. 122. 42 Vgl. Commission

3'

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2. Kap.: Historische Entwicklung der Post

Aufder Ortsebene gab es 17.500 Post- und Fernmeldeämter, Postgiroämter und andere. 44 Das Postverwaltungsgesetz legte in § lAbs. 1 S. 1 fest: "Die Verwaltung des Post- und Fernmeldewesens der Bundesrepublik ist Bundesverwaltung."43 Weil nonnalerweise die Erfüllung staatlicher Aufgaben unter die Länderhoheit fiel,46 lag hier eine Ausnahmeregelung vor. Sie war zu erklären durch die Notwendigkeit einheitlicher Lösungen innerhalb des Bundesgebietes. Lediglich auf dem Gebiet der räumlichen Strukturentwicklung und der Medienverteilung hatten die Länder ein Mitspracherecht. Die DBP trug zwar einen eigenen Namen, unter dem sie klagen und verklagt werden konnte;l7 ihr Tun war aber juristisch immer das Tun der Bundesrepublik Deutschland. Das im Rahmen der Verwaltung erworbene Vennögen hatte den Status eines Sondervennögens des Bundes. Dieser Status bedingte, daß die DBP ihre Ausgaben aus den Einnahmen finanzieren mußte. Das Prinzip der Eigenwirtschaftlichkeit hatte zur Konsequenz, daß das Vennögen der DBP nicht filr die Deckung von Verbindlichkeiten des Bundes zur Verfilgung stand. 48

11. Verhalten der Post gegenüber der Umwelt

1. Verhalten der Post gegenüber den Benutzern a) Formen des Benutzungsverhältnisses - Zu unterscheiden war zwischen Einzelnutzungsverhältnissen, wie z. B. die Verbindung eines Telefonnutzers in einer Telefonzelle, und Dauernutzungsverhältnissen, wie z. B. der Bereitstellung eines Zugangs zu einem Mobilfunknetz. Wahrend Einzelnutzungsverhältnisse auf die tatsächliche Nutzung abzielten, dienten Dauernutzungsverhältnisse der Eröflhung eines Nutzungspotentials. Die Verweigerung eines Dauemutzungsverhältnisses stellte einen Verwaltungsakt dar, gegen den vor dem Verwaltungsgericht geklagt werden konnte. Die Benutzung der Leistungen der Post standjedennann offen. 49 In § 8 Abs. I Satz 2 war festgelegt, daß mangelnde Rechts- und Geschäftsfilhigkeit die Nutzungsrechte nicht beeinträchtigten. 44 Vgl. Deutsche Bundespost. (1989), S. 3. 45 Damit wird GG Art. 87 Abs. 1 entsprochen. 46 Vgl. GG Art. 30. 47 Vgl. PostVwG § 4 Abs. 1. 48 Vgl. PostVwG § 3 Abs. 2. 49 Vgl. PostG § 8.

B. Beschreibung der Post vor der ersten Strukturrefonn

21

Die rechtliche Grundlage filr das Verhältnis zwischen der Post und dem Benutzer waren: •

das Postgesetz in der Fassung von 1969,



das Fernmeldeanlagengesetz in der Fassung von 1928 und



die Benutzerverordnungen. 50

Während die beiden Gesetze die allgemeinen Verhältnisse zwischen der Post und ihren Nutzem festlegten, zielten die Benutzerverordnungen auf die jeweiligen spezifischen Dienstleistungen ab. In ihnen wurden Leistung und Gegenleistung festgelegt. Den Verordnungen waren Gebührenordnungen oder -vorschriften angegliedert. An die Stelle des Marktes als Regulativ fiIr das Verhältnis zwischen Leistungserbringer und Kunde trat eine obrigkeitliche Norm. Diese mußte entsprechend häufig geändert werden, wenn der betreffende Markt in einer Phase schneller Veränderung begriffen war. 51 Die Post trat dem Kunden in Formen öffentlichen Rechts gegenüber. Dies war nicht immer so. Da die Natur postalischer Dienstleistungen nicht notwendigerweise einen hoheitlichen Status des Leistungserbringers erforderte, ging man bis Mitte der 30er Jahre dieses Jahrhunderts von einem bürgerlich-rechtlichen Vertragsverhältnis aus. Jedoch bereits damals bestanden einige Regelungen, die die Ausnahmestellung der Post verdeutlichten. Es handelte sich um: •

den Zwang zur Benutzung ihrer Einrichtungen (PostG 1871 § 1, FAG 1928 § 1),



die Zwangsbeitreibung von Gebührenschulden (PostG 1871 § 25, FAG § 9) sowie



die Festlegung der Benutzungsbedingungen durch Rechtsverordnungen.

50 Dies sind im Bereich der Telekommunikation folgende Verordnungen: - die Postordnung vom 16.05.1963, - die Fernmeldeordnung in der Fassung vom 05.05.1971, - die Verordnung für den Femschreib- und den Datendienst in der Fassung vom 26.02.1974, - die Verordnung über das öffentliche Direktrufnetz für die Übertragung digitaler Nachrichten vom 24.06.1974 und - die Te1egrammordnung i. d. F. vom 26.02.1974, die mittlerweile alle zur Telekommunikationsordnung zusammengefaßt sind. 51 So wurde die Fernmeldeordnung seit ihrem Erlaß 1971 bis zum Jahr 1985 insgesamt 28 mal durch Änderungsverordnungen abgewandelt. Hinzu kam eine Vielzahl von Verwaltungsanweisungen. Vgl. E. Herrmann (1986), S. 153.

22

2. Kap.: Historische Entwicklung der Post

1937 änderte sich die Rechtsprechung des Reichsgerichts, die später vom Bundesgerichtshof übernommen wurde. Seit dieser Zeit galt die Tätigkeit der Post als öffentliche Aufgabe im Rahmen des obrigkeitlichen Staatshandelns. 52 Diese Statusänderung wirkte sich im Alltag in der Vereinfachung des Geschäftsbetriebes filr die Post aus. So konnte sie, wie bereits erwähnt, die Begleichung von Gebührenschulden ohne Gerichtstitel erwirken (PostG § 9). Des weiteren war sie nicht auf die Geschäftsfilhigkeit ihrer Kunden angewiesen (PostG § 8 Abs. I Satz 2), was den Geschäftsablauf wesentlich vereinfachte. Wichtigste Konsequenz ihres Status war, daß sie die Bedingungen, zu denen man ihre Leistungen nutzen konnte, von ihr per Verordnung rechtsgültig geändert werden konnten ohne Vertragsverhandlungen mit ihren Kunden geftlhrt III haben. Diesen Vorteilen stand ein großer Nachteil gegenüber. Die Post war wegen des öffentlich-rechtlichen Verhältnisses zu den Nutzern an die von ihr veröffentlichten Benutzerverordnungen gebunden. Das bedeutete, daß Sonderregelungen gleich welcher Art verboten waren. Dadurch, daß die Post dem Kunden übergeordnet war, mußte sie gleiche Verhältnisse filr alle schaffen. Sie begab sich der Vertragsfreiheit. 53

b) Pflichten der Post gegenüber den Nutzern - Die oberste Pflicht der Post bestand in der Aufrechterhaltung des flächendeckenden Betriebes. Dies galt vor allem in den ihr eingeräumten Monopolbereichen. Jedoch auch in den wettbewerblichen Bereichen bestand diese Pflicht, um eventuelle Unterversorgungen auszuschließen. Darüber hinaus war in der Postverfassung festgeschrieben, daß die Anlagen der Post nicht nur auf einem einmal erreichten Niveau betriebsbereit gehalten, sondern auch dem technischen Fortschritt entsprechend modernisiert werden mußten. 54 Die zweite zentrale Pflicht betraf die Zulassung von Kunden zur Benutzung ihrer Dienste. Wurden von einem Nachfrager alle Anforderungen, die in der entsprechenden Benutzerverordnung aufgefiihrt waren, erfilllt, mußte er von der Post als Kunde akzeptiert werden. 55 Für das Fernmeldewesen bezog sich die Zulassungspflicht gemäß §§ 7 und 8 FAG 1928 auf den Telegrammdienst, die Zulassung zum Ortsnetz und die Benutzung öffentlicher Telefone.

52 Entscheidung des Reichsgerichts in Zivilsachen, zitiert bei Hermann. E.. (1986), S. 154. 53 Vgl. J. Rohde (1986), S. 29. 54 Vgl. PostVwG § 2 Abs. 3. 55 Vgl. PostG § 8.

B. Beschreibung der Post vor der ersten Strukturreform

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Als drittes war die Post zur Geheimhaltung der von ihr berurderten Kommunikation verpflichtet. 56 Nur per Gesetz war der Bruch des Fernmeldegeheimnisses möglich. 57 Als letzte große Pflicht war die Haftung fiir Schäden, die durch ihre Dienste entstanden waren, zu nennen. Die Post hatte ihre Haftung gegenüber dem Kunden erheblich eingeschränkt. Mit dem Hinweis auf den Massenverkehr wurden Haftungsbestimmungen festgeschrieben. 58 Darin waren alle Haftungsflllle beschrieben. Für darin nicht beschriebene Schadensflllle wurde keine Haftung übernommen. Lag aber ein Haftungsschaden vor, trat die Post ein, ohne Ermittlung des Schadensverursachers.

c) Die Bemessung der Gebühren - Die Post war dazu verpflichtet, ihren Haushalt durch eigene Gebühreneinnahmen zu decken. Dieses Prinzip der Eigenwirtschaftlichkeit war festgeschrieben in § 15 Abs. 1 PostVwG. Die Gebühren wurden in Rechtsverordungen festgelegt. Dmen mußte der Verwaltungsrat sowie der Bundesminister fUr Wirtschaft zustimmen. 59 Bei der Bemessung der Gebührenhöhe war die Post nur wenig eingeschränkt. Sie hatte dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu folgen, der besagte, daß die Höhe der Gebühren dem empfundenen Wert fiir den Nutzer entsprechen sollte. Mithin konnte die Post die Gebühren an subjektiven Nutzenwerten ausrichten und war nicht verpflichtet, jeden Dienst fiir sich kostendeckend anzubieten. Der Post wurde unterstellt, den Preis, der sich auf einem unregulierten Markt als Folge der Kosten-Nutzen-Evaluationen aller Konsumenten eingependelt hätte, prognostizieren zu können. Diese Praxis wurde dann in einer Benutzerverordnung durch einen Verwaltungsakt festgeschrieben, der nur schwer wieder abzuändern war, wenn die Abschätzung des Gleichgewichtspreises einmal verfehlt worden war. Die Praxis, mit überhöhten Gebührenforderungen bei einigen Diensten, z. B. dem Ferntelefondienst, andere nicht kostendeckende Dienste zu subventionieren, war vom Bundesverfassungsgericht genehmigt,60 obwohl es offenkundig war, daß dadurch der Abbau von Kapazitätsengpässen (u. a. Fernmeldebereich) verzögert wurde.

56 57 58 59 60

Vgl. GG § 10. Vgl. GG § 10 Satz 2. Vgl. PostG §§ 11 - 21, FO §§ 52 - 55. Vgl. PostVwG § 14. Das Bundesverfassungsgericht hat den Gleichheitsgrundsatz dahin gehend ausgelegt, daß Gleiches gleich zu behandeln sei, daß es aber nicht verboten sei, "daß wesentlich Ungleiches entsprechend der bestehenden Ungleichheit ungleich behandelt wird". Vgl. BVerfGE, Bd. 1, S. 52. Gefunden in: Neumann, K.-H, (1983),

S.5.

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2. Kap.: Historische Entwicklung der Post

Die Post berücksichtigte folgende Faktoren bei der Bemessung der Gebühren: 61 (1) Kostendeckung - Dem Gebot der Eigenwirtschaftlichkeit folgend mußte die Kostendeckung über alle Dienst oberstes Gebot sein. Es war also durchaus legal (wenn auch - volkswirtschaftlich gesehen - nicht legitim), Dienste mit stark negativem Deckungsbeitrag aufrecht zu erhalten, wenn die Gesamtertragssituation dies zuließ.62

(2) Finanzierungsbeitrag - Über die Kostendeckung hinaus sollten die Dienste einen Gewinn erwirtschaften, der die Eigenkapitalausstattung der Post stärken sollte. (3) Nachfragelenkung - Durch geeignete Tarifierung war die Post bemüht, Nachfragespitzen abzubauen und die Kapazitätsauslastung zu optimieren. (4) Marktorientierung - Die Orientierung der Nachfrage an den Mitanbietern und den Interessen der Nutzer war eine Leistung, die die Post nicht immer intensiv genug betreiben hat. (5) Innovationsförderung - Der Förderung von Innovationen durch Einftlhrungspreise, die eine schnelle Marktpenetration begünstigten, waren enge Grenzen gesetzt, weil sich Kunden auf eine gewisse Gebührenkonstanz berufen konnten. (6) Politische Motive - Gebührenänderungen bei den Basisdiensten hatten Einfluß auf die Inflationsrate. Darüber hinaus wurde ihnen Signalwirkung fUr die gesamte Wirtschaft attestiert, so daß Regierungsinteressen zu berücksichtigen waren. Die Tarifeinheit im Raum als Folge der Genieinwohlverpflichtung der Post beeinflußte ebenfalls die Gebührenpolitik der Post.

2. Verhalten der Post gegenüber anderen Telekommunikationsunternehmen Die weitgehenden Alleinrechte der Post auf dem Gebiet der Telekommunikation beruhten im wesentlichen auf § 1 FAG 1928 Abs. 1: "Das Recht, Fernmeldeanlagen, nämlich Telegrafenanlagen fiir die Vermittlung von Nachrichten, Fernsprechanlagen und Funkanlagen zu errichten und zu betreiben, steht ausschließlich dem Bund zu." Das Bundesverfassungsgericht vertrat die Auffilssung, daß der Gesetzgeber durch das Wort "Fernmeldeanlage" bewußt eine unkonkrete Beschreibung gewählt hatte, und daß deshalb dieses Gesetz auch auf Techniken der Nachrichtenübermittlung anzuwenden sei, die zu dem Zeitpunkt

61 Vgl. E. Herrmann (1986), S. 164 ff. 62 Vgl. J. Rohde (1986), S. 35.

B. Beschreibung der Post vor der ersten Strukturreforrn

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der Erlassung des Gesetzes noch unbekannt waren. 63 Somit fiel jede neue Telekommunikationstechnik unter das Alleinrecht der Post.

Errichten und Betreiben von Fernmeldeanlagen durch Dritte - Bei der Errichtung und dem Betrieb von Fernmeldeanlagen wurde der Wirtschaft ein Bereich offengehalten, filr den keine Monopolrechte galten. Es handelte sich um Anlagen innerhalb eines GrundstUckes und um Anlagen filr die interne Kommunikation von Behörden und filr Transportanstalten. Darüber hinaus fixierte § 2 FAG 1928 die Möglichkeit der Verleihung des Errichtungs- und Betriebsrechtes an Private. Durch die Genehmigung der Errichtung privater Nebenstellenanlagen wurde privaten Betreibern die Möglichkeit verschaffi, durch Verbindung mehrerer Nebenstellen mit Mietleitungen der Post, große, globale Kommunikationsnetze aufzubauen. 64 Bei dem Großprojekt der Versorgung der Haushalte mit Kabelanschlüssen geriet die Post an ihre kapazitative Grenzen, so daß sie sich bemüßigt sah, in Teilregionen Errichtung und Betrieb von Kabelnetzen durch Dritte zu gestatten.

Endgeräte - Endgeräte haben die Funktion, die zu transportierenden Infonnationen in Signale umzuwandeln, die vom Netz übertragen werden können. Außerdem sollen sie den Aufbau der Verbindung steuern, § 4 Abs. 2 S. 1 FO sah vor, daß die technische Gestaltung von Teilnehmereinrichtungen von der Post vorzunehmen sei. Dadurch sollten die Funktionsfähigkeit des Netzes sowie die Kompatibilität der Endgeräte sichergestellt werden. 65 Für Geräte, die die Typzulassung filr den Fernmeldeverkehr erhalten sollten, wurde ein Zulassungsverfahren eingeleitet. Es durfte nur dann negativ ausfallen, wenn sonst der Fernmeldeverkehr gefährdet worden wäre. 66

Begründung für das Alleinrecht - Es gab drei wesentliche GrUnde, welche die Post vorbrachte, wenn sie ihre Alleinrechte rechtfertigen sollte. Der erste Grund bezog sich auf die Planung der Telekommunikationsinfrastruktur in Deutschland. Die von der Post vertretene These besagte, daß nur eine zentrale Planung zu einer optimalen Ausgestaltung der gesamten Telekommunikation fUhren und daß Ressourcenverschwendung aufgrund von Doppelplanungen vermieden werden könnte.

63 VgI.BVerfGE, Bd. 40, S. 120, (S. 143 f.). 64 So z. B. das "SWIFT" - Netz der Banken, rür den internationalen, unbaren Zahlungsverkehr und das START - Netz der Reisebüros. 65 Allerdings gehen die Maßnahmen der Erhaltung der Funktionsfähigkeit teilweise so weit, daß Soltwedel, R., et al. von einem Gestaltungsmonopol sprechen. Vgl. R. Soltwedel et al., (1986), Kapitel E. 66 Vgl. FAG § 8.

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2. Kap.: Historische Entwicklung der Post

Dagegen ist einzuwenden, daß dieser Argumentation auch die Machthaber in den zentralistisch regierten Staaten im Osten Europas folgten und damit die bekannten Resultate realisierten. Der "Erfolg" der zentralen Planung konnte bei dem Aufbau des Festnetzes in den Neuen Bundesländern untersucht werden. Die Ineffizienz der Aufbauleistung fiihrte beinahe zu einer Abschaffung des Netzmonopols.67 Schließlich entschied sich die Telekom, Private bei der Auf. bauaufgabe mit Tum-Key-Projekten zu betrauen. 68 Private übernahmen die Planung und den Bau des Netzes. 69 Damit lieferte die Telekom ungewollt den Beweis, daß das Argument "Zentrale Planung" nicht mehr als Argument tUr eine Regulierung des Festnetzes verwendet werden kann. Das zweite Argument bezog sich auf Größen- und Verbundvorteile. Die Argumentation der Post stützte sich auf den Charakter des Fernmeldewesens als natürliches Monopol.70 Dieser Charakter war aber nicht fiir den gesamten Bereich der Fernmeldenetze gegeben. Vielmehr exisitierten große Bereiche, die sich schon lange dem Wettbewerb hätten öfihen können, ohne die Kosten der Bereitstellung zu erhöhen. Dies zeigte sich bei stark frequentierten Relationen im Nachrichtenfernverkehr zwischen Ortsnetzen und zum Teil bei der mobilen Kommunikation.1 1 Zusätzlich stellte sich die Frage, weshalb Ortsnetze, die beim damaligen Stand der technischen Entwicklung als unabhängige natürliche Regionalmonopole galten, bundesweit von einem einzigen Unternehmen betrieben werden sollten. Vorstellbar wäre die Vergabe von Betriebslizenzen tUr Ortsnetze an unterschiedliche Betreiber gewesen. Außerdem verlor das Argument ''Natürliches Monopol" an Bedeutung, weil man über eine Branche sprach, in der starkes Nachfragewachstum und schneller Produkt- und Verfahrensfortschritt festzustellen war. 72 Dann wird, weil der Monopolist die Kapazi67 Vgl. T. Robischon et al., (1994), S. 41. Ein anderes Bild zeichnen Schnöring und Srafran 1994 in einem Artiktel mit der Überschrift "Telecommunications in Eastem Gennany: A success story of East-West integration". Vgl. Th. Schnöring./U. Srafran (1994), 453 - 469. In diesem Zusammenhang ist vielleicht von Belang zu wissen, daß zumindest Herr Schnöring dem WIK eng verbunden ist. Das WIK wiederum war vor der Privatisierung eine 100% Tochter der Deutschen Bundespost. Mittlerweile hält sie nur noch einen Anteil von 50%. 68 Vgl. Monopolkommission (1991), S. l4ff. 69 Ebenda, S. 42. 70 Vgl. M. Krakowski (1988), S. 27ff. 71 Allerdings fand das AUSTEL (Australian Telecommunications Authority) über die Entwicklung der Bereitstellungskosten im Mobilfunkbereich beim Aufbau mehrerer Mobilfunknetze im Rahmen einer Studie über Mobilfunk in Australien heraus, daß die Bereitstellungskosten bei einer Vennehrung der Anzahl unabhängiger Netze steigen. Vgl. AUSTEL (1990), S. 24Off.. Dies läßt vennuten, daß die Bereitstellungskosten eben doch steigen. Jedoch exisitiert in Deutschland das Flächenproblem nicht, das die Australier haben, so daß diese Ergebnisse nur eingeschränkt übertragen werden können. 72 Vgl. G. Knieps (1990), S.74.

B. Beschreibung der Post vor der ersten Strukturrefonn

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täten zu langsam ausbaut und weil er Fortschritt verhindert, 73 nicht befriedigte Nachfrage einen größeren volkswirtschaftlichen Schaden hervorrufen, als die Fehlallokation von Volksvennögen durch höhere Bereitstellungskosten.74 Zuletzt sei darauf hingewiesen, daß durch technischen Fortschritt die Subadditivität der Kosten sogar im Ortsnetzbereich aufgehoben worden war. 75 Das dritte und stärkste Argument betraf den Daseinsvorsorgeauftrag der Post. Es besagte, daß "... allen Staatsbürgern die Teilnahme am Nachrichtenverkehr zu erträglichen Bedingungen zu ennöglichen" sei. 76 Dies sei erreicht worden, indem einige Dienste sehr hohe Deckungsbeiträge verdient hätten, durch die die Gesamtversorgung mit Basisdiensten fUr alle sichergestellt werden konnte. Im Wettbewerb hingegen wären nur die Relationen bedient worden, die die besten Ertragschancen gehabt hätten. Dazu ist zu sagen, daß man bei einer Öffuung zum Wettbewerb die Tarifeinheit im Raum sowie die flächendeckende Versorgung mit einem Dienst, soweit das sinnvoll gewesen wäre, hätte als Bedingung fUr Lizenznehmer in das Vertragswerk aufgenommen werden können. Außerdem wurde das Femmeldemonopol der Post fUr weitere Zwecke als die flächendeckende Versorgung mit Telefondiensten benutzt. Dies zeigte sich an der Ertragsstruktur der Post. 1992 hatte der Telekommunikationsbereich insgesamt einen Gewinn von 7,2 Mrd. DM erzielt. 77 Dieser Gewinn wurde zum Teil verwendet, um Defizite bei der gelben Post und der Postbank in Höhe von über 2 Mrd. DM auszugleichen. Das zeigt, daß das Monopol mißbraucht wurde, indem man die Entfaltung moderner Dienste, z. B. der Telekommunikationsdienste, mit hohen Gebühren behinderte und dadurch alte, überkommene Dienste und Strukturen mühevoll mit Quersubventionen am Leben erhielt. Wenn aber die Mehrheit der Bevölkerung die Unterstützung gewisser Dienste, aus welchem Grund auch immer, fllr sinnvoll erachtet hätte, wäre die volkswirtschaftlich korrekte Lösung nicht die Tolerierung einer Monopolrente zur Deckung der Unter-Kosten-Preise. Viel mehr hätte ein Fonds gegründet werden müssen, der von der Gruppe dotiert würde, die richtigerweise die Trägerin der Lasten sein sollte, u. U. die Gesamtbevölkerung. Eine ganz andere Sicht vertrat die Regulierungsbehörde FCC in den USA. Dort wurde in den 70er Jahren mit dem Gemeinwohlargument (public benefits) eine Liberalisierung des Weiterverkaufs von Telekommunikationsdienstleistun73 Vgl. H. Greiffenberg (1985), S. 22lf. 74 Die EU-Kommission kommt in ihrem Mobilfunk-GTÜnbuch zu dem Ergebnis, das die Konkurrenz zwischen den Mobilfunknetzen "wesentlich zum Aufschwung von GSM-Diensten beigetragen" hat. Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaft (1994), S. 14. 75 Vgl. A. Busch (1987), S. 12. 76 Vgl. A. Eidenmüller (1985), S. 15. 77 Vgl. o. V., Rheinische Post, Nr. 24,29.01.1993.

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2. Kap.: Historische Entwicklung der Post

gen beschlossen, um damit positive Effekte auf die Kapazitätsauslastung, die Vielfalt und steigende F & E Anstrengungen auszuüben. 18 Leistungen unter Wettbewerbsbedingungen - Die Bedingungen, unter denen die Post wettbewerblich tätig war, unterschieden sich in mehrfacher Hinsicht von denen ihrer Wettbewerber.

Die Post stand im Bereich der Femmeldeendeinrichtungen im Wettbewerb um die Errichtung von Endeinrichtungen beim Kunden. Sie stellte selber keine Endeinrichtungen her, sondern kaufte diese von den Produktionsunternehmen. Gleichzeitig war sie die zulassende Instanz filr Endgeräte. Begründet wurde dieses Recht mit der Verantwortung fiir den störungsfreien Betrieb der Netze und der Notwendigkeit der Kompatibilität zuzulassender Endgeräte mit den Netzen und den angeschlossenen Endgeräten. Diese Situation bot der Post die Möglichkeit, Zulassungspolitik zu ihren Gunsten zu betreiben. Dies konnte in Form eines Junktims zwischen Zulassung und Kaufpreis- bzw. Lieferverhandlungen filr die Post geschehen. Ob die Post ihre Macht wirklich in der beschriebenen Weise ausnutzte, ist nicht sehr wahrscheinlich. Doch allein die Möglichkeit so zu handeln, zeigte auf, daß die gesetzliche Regelung in diesem Fall nicht glücklich gewählt war. Die Post als Staatsverwaltung war in ihrer Form der Marktpräsenz politischen Einflüssen unterworfen, die ihren Aktionsspielraum beeinträchtigten. Auch in den Wettbewerbsbereichen war die Post verpflichtet, wenn auch in abgeschwächter Weise, Daseinsvorsorge zu betreiben. Der Umstand, daß die Post im wesentlichen nicht der Steuerpflicht unterlag,79 sondern zu einer Ablieferung an den Bund verpflichtet war,SO hatte einen schwerwiegenden Nachteil. Die Umsatzsteueranteile filr Produkte und Leistungen, die die Post in Anspruch nahm, konnten nicht als Vorsteuer abgesetzt werden. Ebensowenig konnten Unternehmen, die Leistungen der Post empfmgen, Teile des Kaufpreises als Vorsteuer geltend machen. Als Verwaltung war die Post gehalten, einen Haushaltsplan zu erstellen. Dieser wurde vom Finanzministerium und dem Bundesrechnungshof auf seine Konformität mit bundespolitischen Intentionen überprüft. Erfolgte die Zustimmung des Bundesministers filr Finanzen, konnte der Haushaltsplan vom Verwaltungsrat überarbeitet und bindend verabschiedet werden. Diese Praxis des Planens des folgenden Wirtschaftsjahres wird in jedem gut gefUhrten Unternehmen im Rahmen des Controlling gepflegt. Der Unterschied war aber, daß die Bindung an die verabschiedete Vorgabe bei der Post wesentlich höher war. Zwar gab es verschiedene Möglichkeiten, Abänderungen des verabschiedeten Haushaltes zu erwirken. Dies war aber immer mit einem erheblich größeren Aufwand verbunden als bei einem privatwirtschaftlichen Unternehmen. Dadurch 78 Vgl. A. Busch (1987), S. 32. 79 Vgl. PostVwG § 33. 80 Vgl. PostVwG § 21.

B. Beschreibung der Post vor der ersten Strukturreforrn

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wurde der Post Flexibilität und Schnelligkeit bei der Reaktion auf geänderte Umweltsituationen genommen Den Nachteilen der Post standen aus subjektiver Sicht - wenn auch nicht aus volkswirtschaftlicher - große Vorteile gegenüber. Die Post konnte Unternehmensbereiche, die defizitär arbeiten, mit Gewinnen anderer Bereiche subventionieren. Sicherlich war diese Praxis anderen Unternehmen nicht fremd. Der entscheidende Unterschied war, daß die Post die Gewinne in Bereichen erzielen konnte, in denen sie ein Monopol hatte. Dies war anderen Unternehmen in der Regel nicht möglich.

3. Verhalten der Post gegenüber dem Staat

Da die Post als Bundesverwaltung mit einem Minister an der Spitze gefilhrt wurde, war die Einflußnahme des Staates, vertreten durch seine Regierungsorgane, erheblich. Im Postverwaltungsgesetz wurde die Einbindung der Post in die Staatspolitik in den Leitungsgrundsätzen festgeschrieben: 81 "Der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen ist dafür verantwortlich, daß die Deutsche Bundespost nach den Grundsätzen der Politik der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere der Verkehrs-, Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik verwaltet wird."

Diese Form der Berücksichtigung der Interessen anderer Ressorts ging soweit, daß der Postminister bei einigen Entscheidungen, die ressortübergreifende Wirkung hatten, die Zustimmung des zuständigen Ministers einholen mußte. 82 Der Zwang der Post, wie andere Verwaltungen, einen Haushaltsplan aufzustellen, stellte nicht nur einen Wettbewerbsnachteil dar, sondern erlaubte darüber hinaus Außenstehenden, z. B. Beamten des Finanzministeriums, eine Einflußnahme auf die Gestaltung des kommenden Geschäftsjahres. Die Einflußnahme der Politik auf die Post zeigte sich auch in der Form, wie die Ablieferung an den Bund gehandhabt wurde. Sie wurde mit der Verleihung der Haushaltshoheit durch das Reichspostfmanzgesetz 1924 eingefilhrt und 1953 durch das Postverwaltungsgesetz übernommen. lr3 In der Folgezeit diente dieses Instrument dazu, Finanzmittel dorthin zu lenken, wo der größte Bedarf bestand. So wurde zwischen 1965 und 1977 die Ablieferung an den Bund von diesem zum großen Teil wieder ZUTÜckgewährt, um die schlechte Eigenkapitalstruktur der Post zu verbessern. Als der Bund in Finanzierungsschwierigkeiten geriet,

81 Vgl. PostVwG § 2 Abs. 1. 82 Dies ist z. B. bei größeren Tarifabschlüssen, Gebührenänderungen und der Festlegung des Haushaltes der Fall. 83 Vgl. PostVwG § 21.

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2. Kap.: Historische Entwicklung der Post

mußte die Post 197911980 Sonderzahlungen leisten.84 Ab 1981 wurde durch das Subventionsabbaugesetz die Ablieferung von 6,67 % des Umsatzes auf 10 % erhöht. 85 Ein Beispiel rur die Durchmischung staatspolitischer mit unternehmerischen Zielen war z. B. die Erteilung von Sozialanschlüssen. Diese wurden einkommensschwachen Haushalten gewährt. Sicherlich war die Fürsorge ft1r einkommensschwache Personen ein ehrenwertes Unterfangen. Dennoch war es abzulehnen, daß Unterstützungsleistungen von der Post erbracht wurden, statt von den Sozialämtern.

IU. Aufgaben der Post im Bereich der Telekommunikation

Ordnen des Fernmeldewesens durch Normen und Standards - Natürlich lag die gesetzgebende Gewalt in Deutschland beim Bundestag und -rat. Weil aber im Vorfeld der Verabschiedung eines Gesetzes das jeweilige Fachministerium die Vorarbeit leistet, konnte die Bundespost indirekt legislativen Einfluß nehmen. Um die gesetzgebenden Instanzen nicht mit Arbeit zu überlasten, war die Bundespost ermächtigt, bestimmte Geschäfte durch Rechtsverordnungen selber zu regeln. 86 Rechtsverordnungen dienten eigentlich der Interpretation und Konkretisierung bestehender Gesetze. Da das FAG völlig überaltert war, kam vor der Neufassung des FAG den Rechtsverordnungen die Aufgabe zu, eine relativ modeme Ordnungsstruktur aufzubauen. Die Bundespost nutzte das Regelungsvakuum aus, um mit den Rechtsverordnungen, von ihr Benutzerordnung genannt, ein Ordnungsgerüst aufzubauen, das ihren Intentionen entsprach. 87 So legte sie zum Beispiel in der Fernmeldeordnung fest, daß sie das Zulassungsmonopol filr Endgeräte habe. 88 Die zunehmend komplexer werdende Technik im Fernmeldewesen machte eine Standardisierung fast unumgänglich. Andernfalls wäre die Kompatibilität der Netzkomponenten nur unter sehr großen Schwierigkeiten aufrecht zu erhalten gewesen. 89 Darüber hinaus konnten

84 Vgl. A. Schulz (1995), S. I 46ff. 85 Vgl. E. Herrmann (1986), S. 210. 86 Vgl. GG Art. 80. 87 Vgl. Hennann, E., (1986), S. 38. 88 Vgl. FO § 4. 89 Alternative Fonnen der Verwirklichung von Kompatibilität ohne Standardisierung vgl. Burr, w., (1995), S. 129ff.

B. Beschreibung der Post vor der ersten Strukturreforrn

31

durch eine Standardisierung die Transaktionskosten und die Kosten der Leistungserstellung gesenkt werdenYO Dem stand gegenüber, daß eine zu weit gehende Standardisierung technischen Fortschritt behinderte. Die Anbieter produzierten annähernd homogene Produkte, so daß eine Differenzierung erschwert wurde und Innovationen nicht umgesetzt werden konnten, weil ft!r sie erst ein Standard zu ändern gewesen wäre. In diesem Umfeld war die Neigung der Anbieter, sich zu Kartellen zusammenzuschließen, besonders groß. Dies zeigte sich am Beispiel der Femmeldekabelgemeinschafl:. Dabei handelte es sich um ein 1965 vom Bundeskartellamt für die Dauer von 22 Jahren genehmigtes Rationalisierungskartell.91 Als letztes Instrument der Marktgestaltung standen der Bundespost Verwaltungsakte zur Verfügung. Verwaltungsakte sind Einzelverfügungen, die eine Auswirkung auf den Bürger haben. Typische Verwaltungsakte der DBP waren Entscheidungen über Funklizenzen und die Kontrolle des Funkbetriebs. Darüber hinaus oblag es ihr, den Betrieb privater Fernmeldeanlagen zu genehmigen, den Anschluß privater Teilnehmereinrichtungen an das Netz zu gestatten und Fernmeldegeräte für die Benutzung im öffentlichen Netz zuzulassen. Die Kritik entzündete sich nicht an den Ordnungsrnaßnahmen an sich, sondern daran, daß die Bundespost als Wettbewerber mit Rechten ausgestattet war, die - wenn sie denn erforderlich seien - eigentlich einer allen Wettbewerbern übergeordnete Institution hätten zugesprochen werden sollen.

Errichtung des Fernme/denetzes - Die Bundespost war mit dem Aufbau von Fernmeldenetzen betraut. Dazu mußte ein Liniennetz aufgebaut werden, in dem die Informationen übertragen wurden. Außerdem benötigte man Vermittlungseinrichtungen, die den Transport der Informationen lenkten und Endeinrichtungen, die die Schnittstellen zwischen Netz und Nutzer waren. Die Bundespost hatte mehrere solcher Netze aufgebaut: • Das Fernsprechnetz hatte Ende 1989 43 Mio. Telefonanschlüsse über die insgesamt 31,7 Mrd. Telefonate gefUhrt wurden. 92 Über dieses Netz wurden die Sprachdienste, Telefax- und Funkrufdienst, Zugang zum Bildschirmtext und Femwirkdienste abgewickelt. •

Das Integrierte Text- und Datennetz (IDN) hatte Ende 1989 über 470.000 Anschlüsse. Es dient der Abwicklung von Telex-, Teletex-, Datex-L- und P-Diensten.



Zur Zeit wird das IDN-Netz zu einem ISDN-Netz (ISDN = Integrated Digital Services Network) ausgebaut. Durch die Umstellung des Übertragungs-

90 Vgl. H. Diederich/W HammlW Zohlnhö/er (Hrsg.) (1987), S. 116.

91 Ebenda S. 339. 92 Vgl. Deutsche Bundespost (1989), S. 46 tf.

32

2. Kap.: Historische Entwicklung der Post

mediums von Kupfer- auf Glasfaserkabel wird es möglich, Informationen zur gleichen Zeit über verschiedene Adern des gleichen Kabels zu übertragen. Tabelle 1 Beurteilung von Leitung und Gestalt der Post vor der Poststrukturreform I Leitung und Gestalt der Post Bundespostminister

zu kleine personelle Basis, Interessenverquickung

Verwaltungsrat

Aufgabe könnte durch z. B. Aufsichtsrat einer AG geleistet werden

Interessengruppen

zu großer Einfluß durch Politiker

Personal

Ist = Beamte und öffentliche Angestellte, Soll stellte; fatal starke Interessenvertretung

Rechtsform der Post

Ist

= Ange-

= Verwaltung, Soll = privates Unternehmen

Tabelle 2 Beurteilung des Verhaltens der Post vor der Poststrukturreform I Verhalten gegenüber den Haushalten

= öffentlich-rechtlich, Soll = privatrechtlich

Benutzungs-verhältnis

Ist

Pflichten der Post

Flächendeckung, Diskriminierungsfreiheit und Geheimhaltung auch von Privaten realisierbar

Gebührenfestsetzung

Quersubventionierung ist volkswirtschaftlich falsch Verhalten gegenüber der Unternehmen

Betrieb von durch Dritte Endgeräte

Netzen Restriktive Vergabe von entsprechenden durch einen Monopolisten ist falsch Ist

Rechten

= abhängige, Soll = unabhängige Prüfinstanz

c. Der Weg der Deregulierung in Deutschland Seit langem bestand die Bereitschaft, die Verhältnisse im deutschen Telekommunikationswesen zu ändern. Schon 1965 legte eine auf Verlangen des Bundestages tätig gewordene "Sachverständigenkommission filr die DBP" ein Gutachten vor. 93 Der Kernpunkt der darin erhobenen Forderungen war die Um93 Vgl. Falkenheim et al. (1966), Nr. 138.

C. Der Weg der Deregulierung in Deutschland

33

wandlung der Deutschen Bundespost in eine Anstalt des öffentlichen Rechts mit dem Ziel der Entpolitisierung und Leitung nur nach betriebswirtschaftlichen Maximen.94 Allerdings folgten dem Gutachten keine Aktionen seitens der Regierungskoalition. Dies änderte sich nach dem Regierungswechsel 1969.95 Die SPDIFDP-Koalition brachte 1970 und 1973 den Entwurf eines Gesetzes über die Unternehmensverfassung der Deutschen Bundespost ein. In diesem Entwurf wurde vorgeschlagen, hoheitliche Aufgaben von der Geschäftsftihrung zu trennen. Der Minister sollte in groben Zügen die Entwicklung der Deutschen Bundespost bestimmen. Die Detailumsetzung sollte allein dem geschäftsfUhrenden Vorstand vorbehalten sein. Jedoch auch dieser Reformvorstoß fUhrte nicht zu einer Gesetzesänderung. Eine Bestandsaufuahme der Monopolkommission96 , die 1981 veröffentlicht wurde, machte zwar deutlich, daß Handlungsbedarf bestand; Hans Matthöfer, der damalige Bundespostminister widersprach dem jedoch. 97 In seiner Regierungserklärung am 04.05.1983 brachte Helmut Kohl den Reformwillen seiner Regierung zum Ausdruck. Er erklärte, daß alles getan werden sollte, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen.98 Dieses Bestreben führte 1985 zur Konstituierung der Regierungskommission Fernmeldewesen, die später nach ihrem Vorsitzenden auch Witte-Kommission genannt wurde.

I. Konzeption der Bundesregierung zur Neuordnung der Telekommunikation

Die Witte-Kommission bestand aus 12 Personen: vier Wirtschaftsvertretern, einem Vertreter der Postgewerkschaft, drei Wissenschaftlern und vier Vertretern der großen Volksparteien. 99 Ihr wurde der Auftrag erteilt, einen Rahmen m schaffen, der technische Innovation fOrdert, der Entwicklung und Wahrung in94 Ebenda. 95 Vgl. A. Schulz (1995), S. 120f. 96 Vgl. Monopolkommission (1981). 97 Vgl. o. V. (1982), S. 20. 98 Vgl. Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, Nr. 43, 05.05.1993, S. 398. 99 Die Mitglieder der Kommission waren: Prof. Eberhard Witte (Universität München, Vorsitzender), Dr. Jürgen Terrahe (Commerzbank, stellv. Vorsitzender), Dieter Fertsch-Röver (FDP), Dr. Peter Glotz, (SPD), Hansheinz Hauser (CDU), Prof. Wernhard Möschel (Universität Tübingen), Tyll Necker (Bundesverband der Deutschen Industrie), Prof. Ingo Ruge (Universität München), Horst Schwabe (Verband der Aufbaufirmen fiir Fernmeldeanlagen), Albert Stegmüller (Deutscher Gewerkschaftsbund), Dr. Edmund Stoiber (CSU) und Gerd Wigand (Zentralverband der Elektronischen Industrie). 4 Kurtsiefer

34

2. Kap.: Historische Entwicklung der Post

ternationaler Telekommunikationsstandards dient und den Wettbewerb sichert. lOO Wettbewerb sollte die Regel, das Monopol zu begründende Ausnahme sein. Die Kommission sollte folgendes aufzeigen: 101 •

die gegenwärtige und zukünftige AufgabensteIlung in diesem Bereich des Fernmeldewesens unter nationalen und internationalen Aspekten,



den Umfang, die Grenzen und die Struktur staatlicher Aufgaben im Bereich des Fernmeldewesens,



die organisatorischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Voraussetzungen fllr eine anforderungsgerechte und rationelle Erledigung der staatlichen Aufgaben durch die Deutsche Bundespost und



die staatlichen Rahmensetzungen fiIr die Erfüllung privatwirtschaftlicher Aufgaben.

Der Auswahl der Mitglieder haftete von vornherein ein Makel an. Statt, wie es in Großbritannien geschehen war, Mitglieder zu benennen, die nicht dem Kreis der Interessengruppen angehörten, wurden hier Vertreter von Interessengruppen einbezogen. Dadurch wurde den Profiteuren der Monopolsituation, vor allem den Zulieferern und den Beschäftigten, die Möglichkeit gegeben, weitreichende Reformvorschläge zu verhindern. 102 Des weiteren verhinderte die Vorgabe der Unantastbarkeit der Zuständigkeit des Bundes fiIr das Post- und Fernmeldewesen die Möglichkeit des Vorschlages einer Privatisierung. I 03 Ein weiterer Einflußfaktor des Ergebnisses der Witte-Kommission war das Herbstgutachten 1985 des Sachverständigenrates. Darin wurde nicht nur die Liberalisierung der Endgeräte- und Dienstemärkte gefordert, sondern auch die Zulassung privaten Netzbetriebes. 104 Diese Forderungen übertrafen bei weitem den Rahmen, der der Witte-Kommission vorgegeben worden war. Diese legte ihren Bericht am 16.09.1987 vor. Er wurde mit neun zu zwei Stimmen bei einer Enthaltung angenommen. lOS Die Herren Glotz und Stegmüller stimmten gegen den Bericht, weil sie meinten, daß die Vorschläge zu weit gingen. Sie gaben abweichende Stellungnahmen ab. Prof. Möschel enthielt sich der Stimme, weil er von der Unentschlossenheit der Vorschläge enttäuscht war und konsequentere Liberalisierungsvorschläge bevorzugt hätte. Zusammen mit den Herren Fertsch-Röver, Necker und Terrahe verfaßte er ein Sondervotum. 100 101 102 103 104 105

Vgl. Regierungskommission (1987), S. 9. Ebenda, S. 9. Vgl. A. Busch (1988a), S. 2 ff. Vgl. Regierungskommission (1987), S. 9 f. Vgl. Sachverständigenrat Jahresgutachten (1986), S. 160 ff. Vgl. Berger/Blankart/Picot (1990), S. 250.

c. Der Weg der Deregulierung in Deutschland

35

Der Bericht enthält insgesamt 47 Empfehlungen, deren wichtigsten kurz dargestellt werden sollen.

Empfehlungenfür den Netzbereich - Die Kommission kam zu dem Schluß, daß das Netzmonopol solange bestehen bleiben solle, wie die Deutsche Bundespost Mietleitungen zu angemessenen und wettbewerbsflihigen Bedingungen bereitstelle. 106 Dies sollte in einem dreijährigen Turnus von der Bundesregierung überprtlft werden. Stellte sich heraus, daß die Deutsche Bundespost dieser Forderung nicht genügt hatte, sollte Netzwettbewerb zugelassen werden. Um den gemeinwirtschaftlichen Zielen 107 weiterhin gerecht werden zu können, sollte die Bundesregierung der Deutschen Bundespost Auflagen machen können. Die Zusatzkosten durch die Auflagen sollten durch "geeignete Maßnahmen" verdient werden, solange es nicht zu unfairem Wettbewerb komme.

Empfehlungen für den Dienstebereich - Die Kommission kam zu dem. Schluß, daß eine Wettbewerbsöffhung bei einigen Diensten angeraten sei. Dazu wären drei Dienstekategorien zu bilden, nämlich Monopol-, Pflicht- und freie Leistungen. Als Monopolleistung gelte der Sprachdienst, mit dessen Einnahmen die Infrastrukturauflagen finanziert werden sollten. Dessen Tarifsystem sollte sich an den Kosten orientieren. Die Tarife müßten vom Bundespostminister genehmigt werden. Pflichtleistungen könnten von Privaten angeboten werden, müßten aber auch von der Deutschen Bundespost angeboten werden. Bei freien Leistungen könne die Deutsche Bundespost wählen, ob sie sie anbieten wolle oder nicht. Empfehlungen für den Endgerätebereich - Hier empfahl die Kommission freien Wettbewerb bei dem Angebot und der Wartung von Endgeräten. Der Deutschen Bundespost solle das Zulassungsmonopol genommen und auf eine unabhängige, dem Bundespostminister unterstellte Behörde übertragen werden. Empfehlungen für die Organisation der Deutschen Bundespost - Die Hauptforderung war die Trennung der hoheitlichen von den unternehmerischen Aufgaben. Die Hoheitsaufgaben solle das Bundesministerium filr Post und Telekommunikation wahrnehmen, das auch die die Unternehmensgeschäfte überwachen müsse. Die unternehmerischen Aufgaben sollten von drei unabhängigen, öffentlichen Unternehmen durchgefilhrt werden. Der Fluß von Quersubventionen aus dem Telekommunikations- in den Postbereich sei während der nächsten filnf Jahre abzubauen. Die neu zu grtlndende Deutsche Bundespost Telekom solle filr freie Leistungen und deren angrenzende Gebiete privatwirtschaftliche Tochtergesellschaften grtlnden dürfen.

106 Das hat die Post nie getan. Im internationalen Vergleich sind die Mietleitungstarife extrem hoch. 107 Die Konkretisierung dieses Begriffes findet sich bei: J. Plage mann (1988), S.383ff. 4'

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2. Kap.: Historische Entwicklung der Post

Außer den erwähnten Empfehlungen wurden Vorschläge zur Verbesserung der Leitungsstruktur der Deutschen Bundespost und zur Verbesserung der unternehmerischen Flexibilität sowie fiIr Leistungsanreize fiIr die Mitarbeiter gemacht.

Kritik an den Empfehlungen der Witte-Kommission aus den eigenen Reihen Die vier Verfasser des Sondervotums sahen weiterhin durch das Sprachübertragungsmonopol über 90 % des Fernmeldewesens dem Wettbewerb entzogen. 108 Nach ihrer Meinung könnten nur durch Wettbewerb auf allen Ebenen wohlfahrtsoptimale Marktergebnisse erzielt werden. Das bei der Telekom verbliebene Monopolrecht würde die privaten Anbieter stark benachteiligen. Andererseits würde bereits die potentielle Gefahr eines Markteintrittes neuer Anbieter im Bereich der Sprachübertragung dazu fllhren, daß die Telekom ihre Dienste kostengünstig anbieten müßte. Das Kommissionsmitglied Peter Glotz sah durch die Begrenzung des Netzmonopols eine industriepolitische Benachteiligung der deutschen femmeldetechnischen Industrie, die dem ausländischen Wettbewerb ausgesetzt würde, ohne daß deutschen Unternehmen der ungehinderte Marktzutritt im Ausland möglich wäre. 109 Außerdem dienten die Vorschläge einseitig dem Ziel, Mietleitungen und Femtarife zu verbilligen. Schließlich würden Synergieeffekte zwischen dem Post- und dem Telekommunikationsbereich aufgegeben. Das Kommissionsmitglied Stegmüller beklagte die Zerschlagung bewährter Strukturen im Post- und Fernmeldewesen. 110 Die Wichtigkeit des Telekommunikationsbereiches bedürfe dauemafter demokratisch-politischer Beeinflussung. Stegmüller monierte, daß durch die Vorschläge privaten Dienstleistungsunternehmen lukrative Märkte eröffuet würden. Außerdem würde der gesellschaftliche Konsens einer Mischfinanzierung von Orts- und Ferngesprächen unnötigerweise aufgehoben. Ungeachtet der letzten AusfUhrungen diente das Gutachten der Kommission als Grundlage fiIr die "Konzeption des Bundestages zur Förderung der Telekommunikation" .

Konzeption der Bundesregierung zur Neuordnung des Telekommunikationsmarktes - 1988 veröffentlichte die Bundesregierung ihre Auffassung von den zukünftigen Strukturen der Telekommunikation in Deutschland. Die "Konzeption der Bundesregierung zur Neuordnung des Telekommunikationsmarktes" beginnt mit der Erkenntnis, daß "... weltweit alle Industrieländer zur Sicherung und Förderung ihrer Leistungsfiihigkeit immer stärker auf ein nachfragegerechtes, innovatives und preiswertes Angebot von Kommunikationsdiensten

108 Vgl. Regierungskommission (1987), S. 134. 109 Ebenda, S. 140. 110 Ebenda, S. 142.

C. Der Weg der Deregulierung in Deutschland

37

angewiesen sind." .111 Für diese Ansprüche die geeigneten ordnungspolitischen Strukturen zu schaffen, sei das Anliegen der Regierung. Um dieses Anliegen Zll verwirklichen, solle das FAG von 1928 novelliert und irgendwann ein Gesetz zur Regelung des Wettbewerbs auf den Fernmeldemärkten erlassen werden. Mit diesen bei den Maßnahmen wollte sie: 112 •

durch neue ordnungspolitische Rahmenbedingungen erweiterte Wettbewerbschanchen eröffnen und



durch eine Umstrukturierung der Deutschen Bundespost die infrastrukturelle Aufgabenerfiillung sichern und die Wettbewerbsflihigkeit stärken.

In Zukunft solle das Monopol eine zu erklärende Ausnahme auf den Telekommunikationsmärkten sein, um durch den Regelzustand, nämlich die Wettbewerbssituation, Innovationschancen auszunutzen. I I3 Lediglich der Telefondienst solle davon ausgeschlossen sein. Dies sei darin begründet, •

daß der Telefondienst Teil der Daseinsvorsorge sei und somit vor regionalen Angebotsdifferenzierungen geschützt werden müsse und



daß die Erträge aus dem Sprachdienst der Finanzierung der flächendeckenden Versorgung, der Forschung und Entwicklung und der Infrastrukturmaßnahmen dienen sollten.

Diese Vorstellungen wurden am 08.06.1989 im Gesetz zur Neustrukturierung des Post- und Fernmeldewesens und der Deutschen Bundespost (Poststrukturgesetz = PostStruktG) umgesetzt.

11. Das Poststrukturgesetz oder Postreform I

Das PostStruktG setzte sich zusammen aus: •

dem Gesetz über die Unternehmensverfassung der Deutschen Bundespost (Postverfassungsgesetz = PostVerfG)



der Änderung des Gesetzes über das Postwesen und



der Änderung des Fernmeldeanlagengesetzes

Die Änderungen, die durch das PostStruktG bewirkt wurden, sollen nun kurz beschrieben werden.

Neue Organisationsstruktur der Deutschen Bundespost - Die Änderung des rechtlichen Rahmens filhrte zu folgenden Veränderungen: 111 Vgl. BMPF (1988), S. 1. 112 Ebenda, S.2. 113 Ebenda, S. 4.

2. Kap.: Historische Entwicklung der Post

38

(1) Aufteilung der Deutschen Bundespost in drei unabhllngige Unternehmen Postdienst, Postbank und Telekom,

(2) Trennung der hoheitlichen von den unternehmerischen Aufgaben, (3) Implementierung einer neuen Leitungsstruktur,

(4) höhere finanzielle und personalpolitische Flexibilität filr die drei Unternehmen und (5) die sukzessive Unterwerfimg der Umsätze der Telekom unter die Umsatzsteuer. Die drei Teilunternehmen, die zusammen die Deutsche Bundespost bildeten, 114 hatten weiterhin den Status eines Teilsondervermögens des Bundes. 115 Sie waren nach dem Grundsatz der Eigenwirtschaftlichkeit zu fllhren. 116 Ein Direktorium, dem die VorstlInde der drei Unternehmen angehörten, koordinierte die gemeinsamen Belange. Ein Finanzausgleich zwischen den Unternehmen fand statt, wenn ein Unternehmen seine Ausgaben nicht decken konnte. I 17 Das Rechtsverhältnis gegenüber den Kunden linderte sich dahingehend, daß es nun privater und nicht mehr öffentlich-rechtlicher Natur war. Der Bundesminister flIr Post und Telekommunikation nahm keine unternehmerischen Aufgaben mehr wahr. Dies fiel nun in das Ressort der jeweiligen GeschäftsfUhrer. Statt dessen wurde er Regulierungsinstanz. So mußte er z. B. die Tarife des Monopolbereiches genehmigen. 118 Er hatte ein Widerspruchsrecht bei den Pflichtleistungen und Freie Leistungen wurden von ihm nicht kontrolliert. Durch die größere Freiheit flIr die Unternehmensleitung bei der Führung der Geschäfte sollte die Reaktionsschnelligkeit der Telekom in den Wettbewerbsbereichen erhöht werden. Private Anbieter wurden nur von der Wettbewerbsbehörde beaufsichtigt. Im Rahmen der Wahrnehmung hoheitlicher Pflichten hatte der Bundesminister die Kompetenz Standards zu setzen, Frequenzen zu verwalten und Genehmigungen zum Errichten und Betreiben von Fernmeldeanlagen zu erteilen. I 19 Als neue Institution wurde der Infrastrukturrat ins Leben gerufen. Er setzte sich zusammen aus je 11 Vertretern des Bundestages und -rates. Er sollte den Minister bei Entscheidungen beraten, die die Infiastruktur oder die Belange der Llinder berühren. Die bisher völlig überlastete Leitungsriege der Deutschen Bundespost wurde erheblich personell verstärkt. Jedes Unternehmen erhielt einen Vorstand, der 114 115 116 117 118 119

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

PostVerfG, § lAbs. 2. PostVerfG ,§ 2 Abs. 2 Nr. I S.1. PosVerfG, § 37 Abs. I und 2. PostVerfG § 37 Abs. 37 S I. BMPT. S. 83. PostVerfG § 25 ff.

C. Der Weg der Deregulierung in Deutschland

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von einer Gereraldirektion unterstützt wurde. 120 Ein Aufsichtsrat überwachte die Geschäftsfilhrung. In ihm waren paritätisch Kunden, Vertreter des Bundes und Personalvertreter repräsentiert. 121 Der Verwaltungsrat wurde abgeschaffi. Von 1996 an werden die drei Unternehmen keine Abgabe mehr an den Bund abliefern. Ab diesem Zeitpunkt werden auch die Femmeldeumsätze der Telekom der Umsatzsteuer unterliegen. Dadurch soll finanzielle Flexibilität gewonnen werden. 122 Durch neue Managementstrukturen sollen Entscheidungswege verkürzt werden.

Neuer ordnungspolitischer Rahmen für die Telekom im Netzbereich - Das Monopol der Sprachübertragung wurde nicht aufgebrochen. Es wurde allerdings in seinem Umfang auf die reine Übertragung reduziert. Die Vermittlung fiel mithin nicht mehr unter das Monopol. Wettbewerb sollte dort gestattet werden, wo innovative Strukturen gefbrdert werden müßten. Allerdings war die Genehmigung von Randwetthewerb daran gebunden, daß die Einnahmen der Telekom weiterhin gesichert seien und ohne die Genehmigung von Wettbewerb die innovativen Märkte nicht entstünden. 123 Dabei handelte es sich zur Zeit vor allem um die Satellitenfunkanlagen niedriger Bitraten, mobile Funkdienste und zellulare Mobilfunknetze. Im Widerspruch zur Witte-Kommission wurde davon Abstand genommen, die Frage des Netzmonopols im Abstand von drei Jahren zu überprüfen. Der Vorschlag der Kommission, den Fortbestand des Netzmonopols von der Höhe der Mietleitungstarife abhängig zu machen, wurde ebenfalls nicht verwirklicht. Statt dessen unterlagen die Tarife nun dem Zustimmungsvorbehalt des Bundespostministers in Abstimmung mit dem Bundeswirtschaftsminister. Neuer ordnungspolitischer Rahmen für die Telekom im Dienstebereich - Die Bundesregierung hatte die Gliederung der Dienste in die Bereiche der Monopolund Pflichtleistungen sowie freie Leistungen von der Witte-Kommission übernommen. Während bei den freien Leistungen unregulierter Wettbewerb herrschen sollte, wurden die heiden anderen Bereiche vom Bundespostminister reguliert. Die Monopolleistung sollte den herkömmlichen Sprachdienst sowie alle zukünftigen direkten Substitute umfassen. 124 Der Umfang der Pflichtleistungen wurde nicht defmiert, sondern fallweise entschieden 125.

120 Vgl. PostVerfG § 12 Abs. 1. 121 Vgl. PostVerfG

§ 16 Abs. 1.

122 Während G. v. d. HeydeniR. Grudda (1989) S. 27 zu dem Ergebnis kommen,

daß sich die Verminderung der Ablieferung und die Erhebung der Ust die Waage halten, kommt das DIW (1989), S. 213 zu dem Ergebnis, daß die Bundespost durch die neue Regelung entlastet wird. 123 Vgl. BMPT (1988), S. 46. 124 Vgl. BMPT(1988), S. 68. 125 Vgl. P. M Rütter (1991), S. 74.

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2. Kap.: Historische Entwicklung der Post

Neuer ordnungspolitischer Rahmenfür die Telekom Endgerätebereich - Dieser Bereich wurde vollständig liberalisiert. Die Zulassungskompetenz wurde auf das dem Bundespostminister unterstehende Zentralamt filr Zulassungen im Fernmeldewesen (ZZF) übertragen. Finanzausgleich innerhalb der Telekom - Die Witte-Kommission hatte vorgeschlagen, den Monopolbereich vom Wettbewerbsbereich organisatorisch zu trennen. Damit sollte verhindert werden, daß Einnahmen aus dem Monopolbereich dazu eingesetzt werden könnten, der Telekom im Wettbewerbsbereich Vorteile gegenüber den Wettbewerbern zu verschaffen. Die Bundesregierung sah hingegen durch die Trennung die Nutzung von Verbundvorteilen gefllhrdet, so daß sie es bei einer Verhaltenskontrolle beließ. 126

Damit es durch internen Austausch von Dienstleistungen nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung kommen konnte, hatte die Regierung festgelegt, wie die interne Leistungsverrechnung zu erfolgen habe. Wurden Leistungen, die auch an Dritte veräußert wurden, in Anspruch genommen, mußte der von den Dritten ~eforderte Kaufpreis als Verrechnungspreis gewählt werden. 127 Interne Preise filr Ubertragungsleistungen, die den Leistungen ähnlich waren, die Dritten angeboten wurden, sollten wie Monopoltarife ermittelt werden. Es waren die anteiligen Selbstkosten um einen Gewinnaufschlag zu erhöhen, der sich in der Höhe der Aufschläge filr andere Übertragungsleistungen bewegen sollte. 128 Leistungen in Form der Benutzung der Ressourcen des Monopolbereichs, z. B. des Rechenzentrums oder der Forschungs- und Entwicklungsabteilung, waren filr die Regierung eine Form der Ausnutzung von Verbundvorteilen. Deshalb hatte sie als Verrechungsuntergrenze nur die unmittelbar zurechenbaren Selbstkostenpreise gefordert. Da von unmittelbar zurechenbaren Kosten die Rede war, wurden Gemeinkostenzuschlägen nicht gefordert. Damit die Telekom nicht durch falsche Kosteninformationen Preise festsetzen konnte, die wettbewerbsverzerrende Wirkung hatten, wurde eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit der Kontrolle der Kostenrechnungen beauftragt. Neben der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung konnte es über den Finanzausgleich zu Zahlungsströmen zwischen dem Monopol- und dem Wettbewerbsbereich kommen. Damit sollten Wettbewerbsdienste, die durch Infrastrukturaufgaben unprofitabel waren, und Anlaufverluste von Diensteinnovationen fmanziert werden. 129 Erste Bewertung der Postreform I - Die Veränderung des gesetzlichen Rahmens ftihrte zu Verbesserungen in der Leitungsstruktur der Telekom und der Rechtstellung zum Kunden sowie zur Trennung hoheitlicher von unternehmeri126 Vgl. BMPT (1988), S. 78, B. Zurhorst (1990), S. 11. 127 Vgl. BMPT(1988), S. 78. 128 Ebenda. 129 Ebenda, S. 82.

C. Der Weg der Deregulierung in Deutschland

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schen Aufgaben. 130 Letzteres zeigte sich besonders, als der Bundespostminister die Gebührenforderungen der Telekom filr von Mannesmann Mobilfunk angemietete Leitungen um über 40% senkte. l3l Andererseits wurden überkommene Ansichten bezüglich der Daseinsvorsorge, der Bepreisung des Sprachdienstes zum Zwecke der Quersubventionierung und ganz besonders bezüglich des Sprachdienstmonopols zum Zwecke der Ermöglichung überhöhter Tarife in dieser Reform fortgeschrieben. 132 Zusammenfassend kann der durch die Postreform I geschaffene neue gesetzliche Rahmen nicht als ausreichend qualifiziert werden, um dem zukünftfen Wandel der Telekommunikationsmärkte ein taugliches Gerüst zu geben. 13 Fast allen Beteiligten war dies bewußt. 134 Die politischen Gremien aber wollten die Bundespost als verteilungs-, regional- und einnahmenpolitisches Instrument erbalten. 135 Deshalb konnten die dringend benötigten ordnungspolitischen Reformen keine Mehrheit fmden. Bei der Industrie war die Resonanz auf die Reform von der individuellen Interessenlage abhängig. So drängte Nixdorf auf eine vollständige Liberalisierung des Netzbereiches, während IBM als Lieferant der Bundespost weniger eindeutig in seinem Urteil war. 136 Lediglich die Postgewerkschaft versuchte vorzutäuschen, die Postreform sei schon zu weit gegangen. 137 Dessen ungeachtet einigten sich die Regierungsparteien und die SPD im Juli 1994 kurz vor dem Ende der Legislaturperiode auf die Postreform 11. 138

111. Postreform 11

Die Postreform 11 enthielt ein Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes und ein Gesetz zur Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation. Die drei Postunternehmen Postdienst, Postbank und Telekom wurden im Januar 1995 in Aktiengesellschaften umgewandelt. Ein Vorschlag, der lange diskutiert wurde, war, die Unternehmen der Deutschen Bundespost in juristische Personen des öffentlichen Rechts umzuwandeln. 139 Weshalb diese Form gewählt 130 V gl. K. H. Neumann (1988), S. 22ff. 131 Vgl. J. Müller (1988), S. 309. 132 Vgl. R. Werle (1990), S. 136. 133 Vgl. B. Jäger (1994), S. 211. 134 Vgl. G. Knieps (1989), S. 97ff, L. GramIich (1990), S. 82ff., E. HustädtlK. Bach (1989), S. 294ff., W. Möschel (1989), S. 173ff. 135 Vgl. A. Schulz (1995), S. 183. 136 Vgl. H. BergerlE. Meinel (1986), S. 88. 137 V gl. K. v. Haaren (1988), S.178f., Deutsche Postgewerkschaft (1988). 138 Vgl. o. V. (1994), S. Iff. 139 Vgl. H. Cox (1993), S. 195ff.

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2. Kap.: Historische Entwicklung der Post

werden sollte, wird exemplifiziert an der Argumentation des Wissenschaftlichen Beirates der Gesellschaft ftIr öffentliche Wirtschaft, einer Gesellschaft, die gewerkschaftliche Verbindungen pflegt: 140 1. Man müßte sich über Leistungsentgelte ftIr die Erftlllung öffentlicher Aufgaben einigen. 2. Die Geschäftsleitung der AG's würde Gemeinwohlaufgaben nach Profitaspekten bewerten. 3. Eine AG dürfe nicht Dienstherr von Beamten sein, weshalb Hilfsregelungen geschaffen werden müßten. 4. (Diese Begründung ist wirklich außergewöhnlich.) Subventionen würden dann externalisiert und damit "... ungÜDstigstenfalls jährlich in Haushaltsgesetzen konkret verabschiedet werden... ". Andere Gründe waren, daß hoheitliche Aufgaben nicht dem Diktat von Rentabilität geopfert werden sollten und daß die Leitung der Post in Staatshand gehöre, um Krisenzeiten begegnen zu können. 141 Dieser Argumentation folgte man aber nicht, sondern wählte die Lösung der Gründung von Aktiengesellschaften. Eine Holding, deren offizieller Name "Bundesanstalt ftIr Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost" lautet und in der die Anteile des Staates an den Unternehmen zusammengefaßt sind, wurde in der Form einer Anstalt öffentlichen Rechts den drei Unternehmen übergeordnet. 142 Ihre Aufgabe ist die Verwendung der Dividenden, z. B. ftIr Quersubventionen, die Koordination der Unternehmen und der Abschluß von Manteltarifverträgen. Operative Aufgaben nimmt die Holding nicht wahr. Die Regulierung der Telekommunikation übt der Bundespostminster aus. Er hat das Genehmigungsrecht bei Leistungsentgelten im Monopolbereich. Außerdem wird ihm der Stellenplan der Aktiengesellschaften zur Genehmigung vorgelegt. Dem Bundespostminister steht ein Regulierungsrat zur Seite. Er besteht aus 16 Ländervertretern und 16 Bundestagsabgeordneten. Das Telefondienstmonopol bleibt unangetastet.

IV. Bewertung der Postreform 11 und Vorschläge mr eine Postreform 111

Es wird deutlich, daß die Postreform 11 nur eine nach innen gerichtete Reform der organisatorischen Struktur der Telekom war, aber keine Neugestaltung 140 Ebend~ S. 198f 141 Vgl. G. Püttner (1992) und SPD (1992). 142 Vgl. o. V. (1995), S. 4f.

C. Der Weg der Deregulierung in Deutschland

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der Marktstrukturen bewirkte. 143 Aus folgenden Gründen kann sie nicht als gelungen bezeichnet werden: 1. Die dringend nötige Überarbeitung der überkommenen Ordnungsprinzipien insbesondere die Öfthung des Monopolbereichs der Telekom - wurde nicht erreicht. 2. Die Holding wurde bezüglich ihrer Aufgaben und ihrer personellen Besetzung falsch konzipiert. I#" Sie soll unter anderem die Staatsanteile der drei Unternehmen bis zur endgültigen Plazierung verwalten. Dazu hätte es aber keiner Holding bedurft. Durch die aktuelle Regelung wird das Potential flIr politische Einflußnahme aufrecht erhalten. 145 In der Holding stellen die Mitarbeiter der Unternehmen die Mehrheit, was dazu filhrt, daß die Kontrollaufgabe von denen durchgefilhrt werden, die kontrolliert werden sollen. 3 . Die Möglichkeit, daß Beamte des Ministeriums, die mit Regulierungsaufgaben betraut sind, Aufsichtsratsmandate annehmen dürfen, zeigt, daß weiterhin mit politischer Einflußnahme in die Belange der einzelnen Gesellschaften zu rechnen ist. 146 4. Hinsichtlich der Personalpolitik ist die Telekom nicht frei geworden. Die Manteltarifvefträge werden von der Holding ausgehandelt und die Stellenpläne bedürfen der Genehmigung durch den Bundespostminister. Dadurch wird die Effizienzsteigerung behindert. 147 Einen ähnlichen Effekt hat die Übernahme der Postbeamten als Bundesbeamte mit der Überbürdung eines großen Teils der Pensionsverpflichtungen auf die neuen AG's. Vgl. J. Scherer (1994), S. 419. Die amtliche Begründung zum Neuordnungsgesetz macht deutlich, daß die Ursache dafür in altem Besitzstandsdenken zu finden ist. Dort wird als ihre Funktion aufgeftlhrt, daß sie die gewachsene Einheit des Post- und Fernmeldewesens wahren soll. 145 Vgl. BMWI (1995), S. 4. 146 Dies belegt deutlich das Verhalten von Minister Bötsch bei der Diskussion um den Staatssekretär G. Pfeffermann in bezug auf dessen Doppelnominierung. Er war in den Aufsichtsrat der Telekom und in den Verwaltungsrat der Holding gewählt worden. Damit wäre die Trennung zwischen der Vertretung der Staats- und der Unternehmensinteressen aufgehoben worden. Unter zunehmendem Druck der Öffentlichkeit entschloß sich Herr Pfeffennann dann, beide Ämter niederzulegen. Minister Bötsch kommentierte diesen Schritt dahin gehend, daß aus seiner keine Veranlassung hierftlr bestanden hätte. Vgl. o. V. (1995e), S. 5. Der Wissenschaftliche Beirat des BMWI weist in seinem Gutachten Nr. 85 darauf hin, daß solche Überschneidungen in den USA verboten sind, wodurch die Einfilhrung der TelekomAktien in die amerikanischen Börsen gefährdet werden könnte. Vgl. BMWI (1995), S.5. 147 Dieses Problem gewinnt Bedeutung, wenn man z. B. die Verhältnisse in Großbritannien berücksichtigt. Dort sind die Mitarbeiterzahlen von 239.000 im Jahr 1984 auf 150.000 im Jahr 1994 gesunken. Vgl. D. Nitsche (1994), S. 25. 143

144

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2. Kap.: Historische Entwicklung der Post

Lediglich die Erschließung von Finanzierungsmöglichkeiten über den Kapitalmarkt durch die Umwandlung in Aktiengesellschaften ist als Erfolg der Postreform 11 zu bewerten. 148 Einige Regelungen erscheinen vor dem Hintergrund des Endes der Legislaturperiode eher unter dem Primat, irgendeine Einigung zu erzielen, erwirkt worden zu sein, statt unter dem Bemühen um optimale Strukturen. Das ist wohl der Grund dafiir, daß man sofort nach dem Beginn der neuen Legislaturperiode angefangen hat, die Postreform III vorzubereiten. Diese soll spätestens Ende 1997 verabschiedet werden, denn zum 1.1.1998 fällt das Telefondienstmonopol innerhalb der Europäischen Union. Doch bis dahin wird die Telekom im internationalen Wettbewerb weiter an Boden verlieren, so daß sie dem dann einsetzenden Wettbewerb unter Umständen wenig innere Stärke entgegen setzen können wird. 149 In seinem Gutachten Nr. 85 zeichnet der Wissenschaftliche Beitrat des BMWI ein klares Bild von dem zukünftigen Ordnungsrahmen der Telekommunikationsmärkte. Danach ist eine Lizenzierung des Marktzugangs fiIr Telekommunikationsleistungen nicht mehr nötig, weil Gewerbefreiheit herrschen soll. Lediglich die Güter, über die der Staat verfUgt und die fiir den Betrieb von Telekommunikationsleistungen notwendig sind, wie Wegerechte, Frequenzen und Nummern, rechtfertigen weiterhin staatlichen Eingriff. Die Verfahren znr Vergabe von Wege- und Kabelverlegungsrechten müssen flexibilisiert werden. Um die marktbeherrschende Stellung der Telekom zu kontrollieren, ist eine Regulierung der Preise vorzunehmen. Dazu bietet sich die Preisniveauregulierung (Price-Cap-Regulierung) an. Als besonders wichtig fiIr den Erfolg einer umfassenden Regulierung sieht der Wissenschaftliche Beirat das Verfahren fiir die Sicherstellung des Universaldienstes an. Dieser Mindestdienst umfaßt unter anderem den einfachen Telefonanschluß, den Auskunftsdienst, die öffentlichen Telefonzellen, den Zugang Zll Notdiensten, die Versorgung Armer und Gebrechlicher und die Bereitstellung von Telefonbüchern. lso Die Gewährleistung des Universaldienstes sollte in Form offener Subventionen erfolgen, die aus einem Fonds gespeist würden, in den alle Betreiber Zahlungen leisten. Welcher Betreiber die Universaldienstauflagen erfUllt, sollte nicht regulatorisch festgelegt werden, sondern durch Marktkräfte entschieden werden. Wenn auch zur Zeit die Telekom wohl der kostengünstigste Anbieter sein wird, weil sie über die Kapazitäten verfUgt, wird durch die technologische Fortentwicklung diese Stellung abgebaut werden. Die Regulierungsaufgaben sollte das Bundeskartellamt übernehmen, weil es mit ähnlichen Aufgaben bereits betraut ist.

148 Vgl. BDI (1994), S.2. 149 Vgl. o. V (1995d), S. 83. ISO Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaft (1995), Teil 11, S. 133f.

c. Der Weg der Deregulierung in Deutschland

45

In dem Referentenentwurf filr ein Telekommunikationsgesetz vom 06.10.1995 finden sich viele dieser Vorschläge wieder. Mit dem Telekommunikationsgesetz soll die Grundlage filr funktionsfllhigen Wettbewerb - trotz der noch übermächtig erscheinenden Telekom - geschaffen werden. Außerdem soll es die flächendeckende Versorgung mit "angemessenen und ausreichenden" Dienstleistungen gewährleisten. 151 Dies will man dadurch erreichen, daß Machtmißbrauch der Telekom möglichst unterbunden und rechtliche Markteintrittsschranken aufgehoben werden. Die weiterhin geltenden Regulierungen sollen sich an der Leistungsfllhigkeit des jeweiligen Unternehmens orientieren, so daß einseitige Bevor- oder Benachteiligungen vermieden werden.

Netzebene - Weiterhin ist die Lizenzpflicht filr den Netzbetrieb und das Angebot von Telekommunikaitonsdiensten filr Dritte mittels eigener Netze vorgesehen. Die Anzahl der Lizenzen in einem Marktsegment soll aber nur beschränkt werden, wenn die VerfUgbarkeit der Frequenzen dies notwendig macht. 152 Solche Lizenzen, also Mobilfunk- oder Satellitenfunklizenzen, sind dann entweder nach dem Ausschreibungsverfahren oder dem Versteigerungsverfahren zu vergeben. Das Versteigerungsverfahren soll aber nicht zum Zuge kommen, wenn auf dem sachlich gleichen Markt bereits Lizenzen vergeben wurden, filr die das Versteigerungsverfahren nicht angewandt wurde. Damit soll die Chancengleichheit gewahrt bleiben. Im Hinblick auf den als sicher geltenden Eintritt der Energieversorgungsunternehmen in die Telekommunikationsmärkte sollen Unternehmen, die auf anderen als den Telekommunikationsmärkten eine marktbeherrschende Stellung haben, eine von diesen ursprünglichen Aktivitäten völlig getrennte Rechnungslegung durchfUhren. Der Bund will seine Wegerechte an die Netzbetreiber übertragen. Darüber hinaus ist vorgesehen, daß ein Anbieter, der an einem Standort über Leitungskapazität verfUgt, 153 veranlaßt werden kann, diese gegen ein angemessenes Entgelt auch anderen Anbietern zugängig zu machen, wenn diese sonst übermäßig hohen Aufwand betreiben müßten. Mit diesen beiden Maßnahmen sollen Doppelinvestitionen vermieden werden. Außerdem würde der Kreis potentieller Wettbewerber über die Gruppe hinaus erweitert, die traditionell bereits über Wegerechte verfUgen. Allerdings regt sich bei den Kommunen bereits Widerstand gegen die vorgesehene Freigabe der Wegerechte auf öffentlichem Grund, weil sie mit dem Verkauf von Wegerechten ihre Finanzsituation verbessern wollen. 154 151 Vgl. Referentenentwurf 06.10.1995, § 1. 152 Vgl. § 10 ERTKG.

filr

ein

Telekommunikationsgesetz,

Stand

153 Dabei kann es sich um: a) ungenutzte Bandbreite, b) ungenutzte Kabelstränge oder c) ungenutzte Leerrohre handeln. 154 Vgl. o. V. (l996a), S. 15., o. V. (l996b), S. 13.

46

2. Kap.: Historische Entwicklung der Post

Universaldienst - Als Universaldienst sollen alle Telekommunikationsdienstleistungen verstanden werden, die als Mindestangebot zu erschwinglichen Preisen und guter Qualität bereitgestellt werden sollen. Mittels Rechtsverordnungen sollen diese Begriffe in Zukunft defmiert werden. Findet in einer Region keine vollständige Versorgung mit Universaldiensten statt, soll der dort übermächtige Anbieter dazu verpflichtet werden, diese anzubieten. Gelingt es dem verpflichteten Unternehmen nicht, die Dienste gewinnbringend anzubieten, ist ihm ein Ausgleich zu gewähren, der nicht nur die Kostendeckung, sondern darüber hinaus einen angemessenen Gewinn sicherstellt. Dieser Ausgleich muß von den Marktteilnehmern getragen werden, die einen Mindestumsatzanteil von mindestens 5% am relevanten Markt haben. Regulierungsbehärde - Der Präsident und der Vizepräsident der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post wird von der Bundesregierung vorgeschlagen. Eine Amtsperiode umfaßt fUnf Jahre während derer die Träger dieser Funktionen Beamte auf Zeit sind.

Die Regulierungsbehörde soll auf zweierlei Weise in die Telekommunikationsmärkte eingreifen. Zum einen soll ihr bei allen AGB von Netzbetreibern ein Widerspruchsrecht eingeräumt werden. Zum anderen soll sie die Entgelte der Unternehmen prüfen, wobei noch nicht geklärt ist, ob sich diese Prüfpflicht nur auf marktbeherrschende Unternehmen, oder auf alle Unternehmen bezieht. 155 Die Entgelte werden danach untersucht, ob sie einzelne Unternehmen bevorzugen oder ob sie Auf- oder Abschläge enthalten, welche die Wettbewerbschancen anderer Unternehmen beeinträchtigen und nur möglich sind, weil eine marktbeherrschende Stellung ausgenutzt wird. Jeder marktbeherrschende Anbieter von lizenzpflichtigen Telekommunikationsdienstleistungen soll anderen Anbietern die Nutzung seiner internen und am Markt angebotenen Dienstleistungen 2ll Konditionen ermöglichen müssen, wie er sie bei der internen Verrechnung bemißt (Open Network Provision). Jeder Anbieter öffentlicher Telekommunikationsnetze soll sich auf Wunsch mit jedem anderen Anbieter zusammenschließenkönnen. In Ausübung ihrer Aufsichtspflicht soll die Regulierungsbehörde die Geschäftsräume von Telekommunikationsunternehmen betreten und die Vorlage relevanter Geschäftsunterlagen verlangen können. Darüber hinaus ist vorgesehen, daß sie einem marktbeherrschenden Anbieter ein Verhalten auferlegen oder untersagen kann, wenn er seine Stellung mißbraucht. Ihr soll auch die Verwaltung der Telefonnummern obliegen, die sie auf Antrag eines Anbieters gegen Gebühr zuteilt. Außerdem soll sie auch als Zulassungsbehörde fungieren. Fazit - Es hat den Anschein, daß bedeutende Wettbewerbshemmnisse, wie z. B. das Sprachdienstmonopol der Telekom und das bisherige Wegerecht, durch das Telekommunikationsgesetz ausgeschaltet würden. Da die Anzahl der Lizenzen in der Regel nicht begrenzt wird, könnte sich eine relativ breite Basis 155 Vgl. §22 ERTKG.

C. Der Weg der Deregulierung in Deutschland

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von Anbietern am Markt etablieren. Es gibt aber einige Unwägbarkeiten, die die Entwicklung zu mehr Wettbewerb behindern könnten. Erstens versuchen sich die Kommunen zur Zeit zu erreichen, daß die Aufhebung ihres Wegerechtmonopols durch den Bund nicht wirksam wird. Wenn ihnen das gelingt, müssen alle Wegenutzer an die Kommunen Nutzungsentgelte zahlen. 156 Für kleine Anbieter könnten diese Zusatzkosten den Markteintritt verhindern. Die Nutzungsgebühren sollen allerdings niedrig gehalten werden. Zweitens wollen sich die großen Energieversorgugnsunternehmen anscheinend zu zwei großen Blöcken zusammenschließen. Wenn sich dann auch noch die DBKom, die Telekommunikationstochter der Deutschen Bahn AG, einem dieser beiden Konsortien anschlösse, würde ein sehr enges Oligopol entstehen mit den bekannten Wettbewerbsproblemen. Einschränkend ist hierbei zu sagen, daß auf der anderen Seite die Kontrahenten der Telekom stark sein müssen, um ihr Marktanteile entziehen zu können, so daß diese Art von Konzentration nicht nur negativ zu beurteilen ist. Drittens ist die Marktverhaltenskontrolle eine potentielle Schwachstelle. Bei der Netzzusammenschaltung sollen Preise, die ähnlich hoch wie die internen Verrechnungspreise sind, gefordert werden. Diese internen Verrechnungspreise müssen sich innerhalb eines Korridors bewegen. Dennoch können negative Wettbewerbsimpulse ausgelöst werden, wenn einigen Unternehmen - z. B. einem Diensteanbieter - tendenziell Preise im Bereich des oberen Korridors und anderen Unternehmen tendenziell Preise im Bereich des unteren Korridors abverlangt werden. Wurde die zugrunde liegende Netzinfrastruktur mangels Wettbewerbsdruck mit zu großem Ressourceneinsatz aufgebaut, wären die internen Verrechnungspreise mit unnatürlich hohen Fixkosten belastet. Es ist also weiterhin nicht auszuschließen, daß es zu ineffizienten Doppelinvestitionen kommen kann. Betrachtet man die Gefuhr von Doppelinvestitionen als negative Wettbewerbswirkung, so steht dem aber der positive Effekt hinsichtlich der steigenden Innovationsrate und der qualitativ und quantitativ optimierten Versorgung gegenüber. Gesamtwirtschaftlich wird sich die Situation auf den Telekommunikationsmärkten wesentlich verbessern. 157

156 Die Entgeltpflicht hätte auch fiIr von den Kommunen gegründete Telekommunikationsuntemehmen Gültigkeit. 157 Dieses Ergebnis hat auch die Deregulierung in Großbritannien gehabt. Vgl. OECD (1993), S. 16.

3. Kapitel

Postentwicklung und Postreformen in GroBbritannien, den USA und Japan Die Erkenntnis, daß der Telekommunikationsbereich vor einem besonders wichtigen Entwicklungsabschnitt stehen würde, ftlhrte Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre zu verstärkten ordnungspolitischen Bemühungen um die Optimierung der Strukturen auf diesen Märkten. Da sich die technische Fortentwicklung bei der Telekommunikation besonders rasch vollzog, bewerteten auch viele Politiker die traditionell gewachsenen Organisationsformen als zu schwach, um dem kommenden Wandel gewachsen zu sein. I Darüber hinaus wandelte sich die Zielrichtung des Einflusses der Lobbyorganisationen der EG und der USA. Während bisher Lobbyorganisationen, die nicht selten einen gewerkschaftlichen Hintergrund hatten, strukturkonservierend gewirkt hatten, waren es nun industrieorientierte Lobbys, die die Politiker zum Abbau der Privatisierungshemmnisse drängten. 2 Neben dem bereits angesprochenen Grund filr die Erneuerung des ordnungspolitischen Rahmens können des weiteren angeftlhrt werden: 3 •

die Einsicht, daß ein privatwirtschaftlieh geftlhrtes Unternehmen tendenziell besser abschneidet als ein Staatsbetrieb, weil höhere Gewinne erzielt werden, bzw. Ausgaben gesenkt werden können,



die Erkenntnis, daß die Produktivität beLprivatwirtschaftlichen Unternehmen größer ist,4



das Bemühen um eine Modernisierung der ordnungspolitischen Verhältnisse in einem Staat durch Reduzierung des Staatsanteils und

I Vgl. E. Grande (1989), S. 103 f. 2 Vgl. H. Ungerer (1989), S. 120, R. Werle (1990a), S. 170. 3 Vgl. G. Ambrosius (1992), S. 344. 4 Wobei eine eindeutige Verifizierung dieser These schwer möglich ist, da in der Regel die untersuchten Unternehmen nur eingeschränkt vergleichbar sind. Vgl. MülleriVogelsang (1979) und D. Bös (1993), S. 133ff. Sicherlich haben die Eigentumsverhältnisse einen geringeren Einfluß auf die Effizienz eines Unternehmens als die Marktstruktur, also z. B. das Ausmaß und die Art der Regulierung. Sicherlich ist aber die Tendenz öffentlicher Unternehmen zu konstatieren, daß sie das kommerzielle Interesse dem politischen Interesse unterordnen, daß ihr Überleben nicht von ihrem wirtschaftlichen Erfolg abhängt und daß sie eher produzentenorientiert sind und nicht nachfragerorientiert. Vgl. L. Vogelsang (1992), S. 4.

A. Die Entwicklung der Telekommunikationsmärkte in Großbritannien



49

der politische Druck der filhrenden Telekommunikationsnationen - besonders der USA - auf eine Reduktion des Regulierungsrahmens, um neue Exportmärkte erschließen zu können. 5

Bei der Restrukturierung der Telekommunikationsmärkte waren in besonderem Maße Großbritannien, die USA und Japan erfolgreich. Dies zwingt zu einer genauen Betrachtung, da die Entwicklung in diesen Ländern reichlich Lemchancen filr Deutschland bietet. 6 Außerdem ist der Telekommunikationssektor gekennzeichnet von einem zunehmenden Verlust einzelstaatlicher Souveränität, weil Nachfrager international agieren wollen und EG-Schranken fallen. Die Europäische Gemeinschaft und die USA drängen auf nationale Deregulierung. Internationale Standardisierungsorganisationen, wie die Groupe Speciale Mobile auf dem Gebiet digitaler Mobilfunknetze gewinnen ebenfalls an Bedeutung. Ein weiterer Grund, der eine genauere Betrachtung dieser Märkte rechtfertigt, ist der Umstand, daß alle drei Nationen von unterschiedlichen Anfangszuständen ausgingen und deshalb insgesamt ein weites Spektrum möglicher Wege hin zu leistungsfiihigeren Marktstrukturen beschritten haben.

A. Die Entwicklung der Telekommunikationsmärkte in Großbritannien I. Der Zustand der Telekommunikationsmärkte in ihrer traditionellen Struktur In Großbritannien hatte das Post Office bis Ende der 60er Jahre eine ähnliche Stellung und Struktur wie die Deutsche Bundespost vor der ersten Poststrukturreform. Vor dem Wahlsieg Margareth Thatchers 1979 und der danach einsetzenden Deregulierungs- und Privatisierungswelle war das britische Post Office mit der Erstellung von Post-, Bank- und Fernmeldediensten betraut. Es war ausgestattet mit einem Monopol filr die Errichtung und den Betrieb von Fernmeldeeinrichtungen7,8 sowie mit dem Recht zur Vergabe von Lizenzen 5 Daß diese Rechnung aufgeht, zeigen die Exportzahlen ftlr Telekommunikationsequipement der USA. Vgl. World Telecoms Marketfile USA (1989), S.. 60 - 64. 6 Die natürlich kritisch dahingehend überprüft werden müssen, ob sie auf die deutschen Verhältnisse übertragen werden können. Vgl. Regierungskommission (1987), S. 46. 7 Eine Ausnahme bildet das Telefonnetz von Kingston-upon-Hull. Zurückgehend auf eine Lizenz, die im Jahre 1902 erteilt wurde, betreibt auf diesem genau festgelegten Gebiet ein öffentliches Unternehmen ein eigenes Netz. Die Kingston Communications (Hull) plc, deren Anteile vom Stadtrat gehalten werden, erhielt 1984 eine Lizenz, die ihren Betrieb bis zum Jahr 2010 sichert. Vgl. World Telecoms Marketfile United Kingdom (1989), S. 34. C. C. Weizsäcker (1987), S. 51. 8 Eine weitere Ausnahme bildeten Telexgeräte und Nebenstellenanlagen ftlr mehr als 100 Anschlüsse. Vgl. A. Heuermann (1985), S. 47. 5 Kurtsiefer

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3. Kap.: Postentwicklung und Postrefonnen in OB, USA und Japan

filr Mehrwertdienste (Value Added Services Networks = VANS). Bei den Lizenzen wurde darauf geachtet, daß unabhängige Kunden nicht untereinander privat vennitteln konnten und daß nur VANS lizenziert wurden, an denen das Post Office kein kommerzielles Interesse hatte. 9 Geräteverkauf und -wartung wurden nur vom Post Office angeboten. Nur auf der Netzebene wurden einige Lizenzen an Großnutzer ft1r private Telefonnetze zur Eigennutzung vergeben.

In Großbritannien wurde die Hinwendung zu mehr Wettbewerb im Bereich der Telekommunikation im Jahre 1969 durch die Post Office Act eingeleitet, 10 wodurch sich das Post Office zu einem öffentlichen Unternehmen entwickelte. Es wurde eine organisatorische Trennung von Aufsichts- und Geschäftsftlhrungsaufgaben vollzogen. Die rund 400.000 Beschäftigten verloren ihren Beamtenstatus. 11 Allerdings ist der britische Beamtenstatus mit dem deutschen nicht zu vergleichen. Dort gibt es nicht die Anstellung auf Lebenszeit oder den KOndigungsschutz. Zum Streitpunkt wurden die Pensionsverpflichtungen. Nachdem Überlegungen, die Beamten auf andere staatlichen Unternehmen zu verteilen, verworfen wurden, gewährte die britische Regierung den öffentlichen Angestellten die gleiche Pensionsrechte, wie den Beamten. 12 DarOber hinaus wurde die aus dem 19ten Jahrhundert stammende Organisationsstruktur in eine modeme, funktional gegliederte Organisationsstruktur überfUhrt (siehe Abb. 1,2).13 Einige Funktionen, die in den Händen von Beamten verbleiben sollten, nämlich die Frequenzverwaltung und die Rundfunkaufsicht wurden dem Innenministerium angegliedert. Es entstanden vier Geschäftsbereiche (vgl. Abb. 2), die zu getrennter Rechnungslegung verpflichtet waren. Der Minister of Posts and Telecommunications stand dem Post Office als oberstes Führungsorgan vor. Sein Ressort wurde 1974 aufgelöst. Bis auf die Frequenzregulierung, die das Radio Regulatory Department des Innenministeriums übernahm, wurden alle Aufgaben des Postministeriums auf die Abteilung filr Post und Telecommunication im Wirtschaftsministerium übertragen. Im Jahre 1981 wurde der entscheidende Schritt zu einer Deregulierung durch die Verabschiedung der Telecommunications Act vollzogen. Vorausgegangen waren zwei Studien, die die Trennung der Telekommunikationsaktivitäten von den klassischen Postaktivitäten und den freien Zugang zum öffentlichen Netz ft1r Diensteanbieter vorgeschlagen hatten. Durch die Telecommunications Act traten folgende Neuerungen in Kraft:

9 Ebenda, S. 100. 10 Vgl. A. Kuhlmann (1993), S. 13. 11 Vgl. K. H. Neumann (1990b), S. l. 12 Vgl. A. Kuhlmann (1993), S. 17f. 13 Vgl. A. Heuermann (1985), S. 43.

A. Die Entwicklung der Telekommunikationsmärkte in Großbritannien

51



die Gründung des British Standard Institute, das sich mit den Telekommunikationsstandards befaßt, und des British Approvals Board fOT Telecommunication, das ft1r die Zulassung von Telekommunikationseinrichtungen zuständig ist,



die Trennung der Telekommunikationsakitvitäten von den Postdienst- und Postbankaktivitäten und die Gründung von zwei getrennten Gesellschaften, der British Telecom und des Post Office. Dieser Schritt war, anders als in Deutschland, nur wenig diskutiert worden, weil bisher zwischen beiden Bereichen keine Quersubventionen geflossen waren, so daß beide Bereiche filr sich wirtschaftlich autark waren.T4



die Öffuung des Endgerätemarktes filr Geräte von privaten Anbietem und deren Wartung durch Private,



die Schaffung einer Möglichkeit zur Lizenzierung privater Netze und



die Lizenzierung von VANS.

Engineering Depart.

Administr. Depart. Regional Direc:tors

Telephone Managers

Head Postmasters

Operators Commercial Engineers

Operators

Telephones Engineers

Operators Telephones

Quelle: Heuermann, (1985), S. 43

Abb. 1: Organisation des Post Office bis 1969 14 Vgl. A. Heuermann (1985), S. 72. 5"

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3. Kap.: Postentwicklung und Postreformen in GB, USA und Japan Minister Ministry ofPost & Telecom

Giro

Central Department

Quelle: Heuermann, (1985), S. 45

Abb. 2: Organisation des Post Office ab 1969

11. Entscheidende Deregulierungsmaßnahmen in den siebziger und achtziger Jahren

1984 wurde in einem zweiten Gesetz die Privatisierung von British Telecom durch die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft und die öffentliche Plazierung von 50,2% der Aktien beschlossen. Durch das Gesetz wurde eine neue Regulierungsinstanz ins Leben gerufen: das Office of Telecommunications (OFTEL). Das OFTEL sollte fiIr fairen Wettbewerb sorgen, die Einhaltung der Auflagen der Lizenzen durch die Lizenmehmer überwachen und etwaige Lizenzänderungen genehmigen. 15 Besonders der hohe Marktanteil von British Telecom barg immanent die Gefahr eines wettbewerbswidrigen Verhaltens. 16 Außerdem hat das OFTEL die Aufgabe, Tariflinderungen von British Telecom zu genehmigen.

15 Ebenda, S. 60. 16 Vgl. C. C. Weizsäcker (1987), S. 52.

A. Die Entwicklung der Telekommunikationsmärkte in Großbritannien

53

Die Ursache filr die Bewegung, die plötzlich in die Deregulierungsanstrengungen kam, ist in dem Regierungswechsel von einer sozialistischen Partei zu einer konservativen zu sehen, durch den sich ein Stimmungsumschwung bei der Bewertung öffentlicher Unternehmen vollzog. Während der Regierungszeit der sozialistischen Regierung war ein Hauptzweck darin zu sehen, daß das "kapitalistische System" sozialer und demokratischer gemacht werden sollte. 17 Nach dem Regierungswechsel wurden wieder die Kräfte eines liberalisierten Marktes favorisiert. Außerdem sollten die Erlöse aus dem Verkauf von Staatseigentum die monetaristische Politik der konservativen Regierung finanzieren. Weiterhin wurde angeführt, daß durch besonders vorteilhafte Emissionsbedingungen in der Bevölkerung eine breitere Basis von Aktienbesitzern geschaffen werden sollte. 18,19 British Telecom sollte durch die Privatisierung billige Finanzierungsmöglichkeiten über den Kapitalmarkt erschließen können. Die restriktiven Anforderungen, die fiir sie als öffentliches Unternehmen galten, wurden als Handikap rur die Entwicklung von British Telecom angesehen. Öffentliche Unternehmen in Großbritannien müssen sehr strikten Verschuldungsregeln genügen. Für Investitionsvorhaben dürfen nur 10% Fremdmittel aufgenommen werden. 20 Um eine Gleichstellung der Wettbewerber auf der Netzebene zu erreichen, wurde die Lizenzpflicht filr den Netzbetrieb auf British Telecom ausgeweitet. Thre Lizenz wurde mit Zusatzpflichten belegt, um sozialen, regionalen und militärischen Erwägungen gerecht zu werden. Das Recht, Lizenzen filr V ANS zu erteilen, wurde zurückgenommen.

Die Marktstruktur nach der Privatisierung auf dem Gebiet der VANS - Mit der Telecommunications Act von 1981 hatte man eine Empfehlung der Beesley Studie21 nicht befolgt, nämlich der Ermöglichung des einfachen Wiederverkaufs von Basisdiensten~2 Dies, so befilrchtete die Regierung, würde dem "Rosinenpicken" (Cream Skimming) Tür und Tor öffuen. Allerdings trat da17 Diese Politik wurde bekannt unter dem Begriff Gas- und Wassersozialismus. Vgl. G. Ambrosius (1992), S.350f. 18 Vgl. A. Heuermann (1985), S. 160. 19 Mit dem Bemühen um eine breitere Akzeptanz der Anlageform Aktie in der Bevölkerung hat die konservative Regierung Erfolg gehabt. Die Anzahl britischer Aktionäre stieg von 1979 bis 1993 von drei auf neun Millionen. Vgl. o. V (1993b), S.21. 20 Vgl. A. Heuermann (1985), S. 49. Selbst dieser Spielraum wurde nicht ausgenutzt, so daß British Telecom nur 46% der bundesdeutschen Investitionen pro Kopf und Jahr leistet. (95 $ gegenüber 44 $). 21 Die Beesley-Studie ist eine der beiden Studien, die zur Deregulierung durchgefllhrt wurden. Sie wurde unter dem Namen des Vorsitzenden der Kommission bekannt. 22 Ebenda, S. 102.

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3. Kap.: Postentwicklung und Postrefonnen in GB, USA und Japan

durch das Abgrenzungsproblem zwischen Basis- und Mehrwertdiensten auf, das vorher auch in den USA schon zu Verwirrung geftlhrt hatte. Schließlich einigten sich British Telecom, die Industrie, die Gewerkschaften und die Regierung auf folgende Definition fUr V ANS23:

A value added network service is a telecommunication system consisting of apparatus which is connected to a public telecommunication system ... for the purpose of providing services to third parties, other than the conveyance oftelecommunications messages alone. A straight telecommunications message may be conveyed if it is to at least two people other than the VANS operator (or licensee) and the person originating the message. Die reine Sprachübertragung wurde nur gestattet, wenn die Information an mehrere Adressaten gerichtet war. Sonst mußte die Information durch Speicherung, also zeitliche Verzögerung der Übertragung, oder durch Veränderung des Inhalts bzw. Formats oder Codes bearbeitet werden, um von einem VANSAnbieter übertragen werden zu dürfen .

... auf der Netzebene.- Im Rahmen der Liberalisierung schwenkte die Regierung 1982 von der Auffassung, einen offenen Wettbewerb im Netz zu initiiren, über auf die Vorstellung, einen zweiten Netzbetreiber zuzulassen. Im Jahre 1982 erhielt das Mercury-Konsortium die Lizenz fUr den Betreib eines privaten Te1ekommunikationsnetzes. Sie erlaubt ihr, alle Dienste anzubieten."24 Die Lizenz zu diesem Netz wurde nicht offiziell ausgeschrieben, sondern in einem ClosedShop-Agreement an das Mercury Consortium vergeben. An diesem Konsortium waren Cable & Wireless und British Petroleum zu je 40% und Barclays Merchant Bank zu 20% beteiligt. Im Jahr 1983 wurde diese Lizenz auf internationale Verbindungen und auf Ortsnetzverbindungen ausgeweitet. 1984 verkauften British Petroleum und Barclays ihre Anteile an Cable & Wireless. Die Lizenz von Mercury gilt fUr die Dauer von 25 Jahren. Darüber hinaus wurden zwei Lizenzen fUr Funktelefongesellschaften vergeben, und zwar an Racal Vodafone und Cellnet. Bisher hat Mercury von der Möglichkeit, Telekommunikationsdienste an der Ortsnetzebene anzubieten, keinen Gebrauch gemacht, so daß British Telecom weiterhin ein Monopol auf der Ortsnetzebene hat. Die Lizenzen von British Telecom und Mercury gleichen sich weitgehend. 25 Der wichtigste Unterschied liegt in der Befreiung Mercurys von der Verpflichtung zur f1ächendekkenden Versorgung. Unterschiede ergeben sich auch in dem Bereich gemeinwirtschaftlicher Dienste,26 die Mercury nicht anbieten darf. Da diese Dienste 23 Department of Trade and Industry: Value Added Network Services, Suppliers Guide, zitiert bei A. Heuermann (1985), S. 109. 24 Vgl. Monopolkommission (1991), S. 37. 25 Vgl. A. Heuermann (1985), S. 137. 26 So z. B. Notrufdienste und öffentliche Sprechstellen.

A. Die Entwicklung der Telekommunikationsmärkte in Großbritannien

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nicht gewinnbringend angeboten werden können, ist das Verbot fUr Mercury als vorteilhaft einzustufen. Bei Konferenzen auf internationaler Ebene hat die Regierung British Telecom als offiziellen Vertreter benannt. Allerdings ist British Telecom gehalten, die Interessen Mercurys mit zu vertreten. Da man Mercury keine dominante Position im britischen Telefonwesen ZlJtraut, wird ihre Tarifierungspraxis nicht reguliert. Darüber hinaus hat das OFTEL die Gebührenstruktur beeinflußt, die British Telecom ftlr den Anschluß der Fernübertragungslinien von Mercury an die eigenen Ortsnetze erhebt (Access Charges). Dieser Anschluß ist ftlr Mercury notwendig, wenn ein Kunde des Ortsnetzes von British Telecom das Fernnetz von Mercury nutzen will. Die Investition in eigene Übertragungsleitungen vom Kunden zum Fernnetz wäre wegen eines zu geringen Gesprächaufkommens nicht sinnvoll, weil eine dauerhafte Auslastung nicht zu gewährleisten wäre. Deshalb wohnt der Höhe der Access Charges nicht nur ein betriebswirtschaftliches Moment inne, indem sie direkt die Kosten der Leistungserbringung von Mercury beeinflußt, sondern auch ein volkswirtschaftliches Moment, indem durch sie zu verhindern ist, daß wohlfahrtsschädliche Überkapazitäten im Leitungsbereich aufgebaut werden. Dies würde geschehen, wenn British Telecom trotz freier Kapazitäten - was bei Übertragungsleistungen niedrigste Grenzkosten impliziert - auf überhöhte ~ bührensätze beharren würde und ftlr Mercury dadurch der Aufbau eigener Kapazitäten rentierlich würde. Da 1984 besonders filr das Ortsnetz die Annahme bestand, daß ein natürliches Monopol vorliegen würde,27 versuchte das OFTEL durch Regulierung der Access Charges den Aufbau von Überkapazitäten zu verhindern. Außerdem sollte durch das administrative Eingreifen ein Beitrag zum Aufbau von Mercury geleistet werden. Mittlerweile hat British Telecom ein Access Charges System veröffentlicht, das filr alle neuen Wettbewerber, die mit einem Ortsnetz zusammengeschaltet werden wollen, gilt. Es besteht aus einer einmaligen Anschlußgebühr, volumenabhängigen Verbindungskosten und einem ebenfalls volumenabhängigen Beitrag zum Defizit im Hauptanschlußbereich. 28 In Summa sind die neuen Gebühren höher als die, die Mercury in Rechnung gestellt werden. Mercury wurden die niedrigen Gebühren ftlr das bestehende Gesprächsaufkommen garantiert. Für ein Volumen, das darüber hinausgeht, wurde ein Gebührensystem mit dem Ziel entwickelt, auf Dauer filr Mercury die gleichen durchschnittlichen Access Charges zu realisieren, wie ftlr neue Wettbewerber. 29 27 Diese Annahme muß unter dem Eindruck der GSM- und PCN-Mobilfunknetze sowie der noch zu beschreibenden Bemühungen japanischer Elektrizitätswerke um die Lizenzierung und den Aufbau öffentlicher Ortsnetze mittlerweile relativiert werden. 28 Vgl. M. Weinkopj(1991), S. 8. 29 Ebenda, S. 9.

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3. Kap.: Postentwicklung und Postrefonnen in GB, USA und Japan III. Marktstruktur und Regulierung heute

Die Regulierungsaufgaben im Bereich der Telekommunikation werden zentral von dem OFTEL wahrgenommen. Diese Institution wird vom Director General ofTelcommunications geleitet, der auffilnf Jahre vom Industrieminister berufen wird. 30 Ein Motiv fiI.r die Gründung dieser von der Regierung losgelösten Behörde war die Einsicht in die Abkopplung der Telekommunikationspolitik vom politischen Tagesgeschäft. Dennoch hat sich das Department of Industry in erheblichem Maße Einflußnahme gesichert. Abgesehen von der Nominierung des Director General müssen ihm alle wichtigen Entscheidungen, so z. B. die Erteilung einer Lizenz zur Genehmigung vorgelegt werden. 3! Völlige Abkehr von einer Regulierung der Telekommunikationsmärkte in Großbritannien wurde aber nicht beschlossen. Das lag vor allem an der Marktrnacht von British Telecom, die weiterhin das bestimmende Unternehmen blieb. Die Möglichkeit der Erzielung von Monopolrenten im wettbewerbsfreien Bereich kann von ihr zur internen Subventionierung von Wettbewerbsdiensten genutzt werden. Diese Preispolitik, auch Predatory Pricing genannt, galt es durch Regulierung zu verhindern. Die beiden Anbieter, British Telecom und Mercury, wären sonst übermächtige Geschäftspartner gegenüber den anderen VANS-Anbietern, die auf Übertragungseinrichtungen der beiden angewiesen sind. Zweiter wichtiger Grund filr eine nicht vollständige Liberalisierung ist die soziale Komponente. Um zu verhindern, daß durch die Anpassung des Ortsverkehrs an seine Kostenstruktur, den fmanzschwachen Haushalten die Teilnahme am Telefonverkehr unbezahlbar würde, hat man ein Low User Scheme mit niedriger Monatsgebühr, Freieinheiten und höheren Preisen fiIr die Einheiten, die die Freieinheiten überschreiten, eingefllhrt. 32 Es standen mehrere Verfahren zur Verfügung, mittels derer die Gewinne von British Telecom beschränkt werden sollten: a) die Vorgabe einer maximalen Verzinsung fiI.r das von British Telecom investierte Kapital (Renditeregulierung).33 Dieses Verfahren wurde abgelehnt, weil sonst kapitalintensive Problem lösungen weniger kapitalintensiven Lösungen vorgezogen würden. Die Innovationsgeschwindigkeit würde nicht gefördert und eine richtige Zuordnung von Kostenblöcken zu einzelnen Diensten wäre nur schwer möglich.

30 Vgl. A. Heuermann 1985), S. 192. 31 Ebenda, S. 195. 32 Vgl. M. Weinkopj(1991), S. 8. 33 Vgl. A. Heuermann (1985), S. 202.

A. Die Entwicklung der Telekommunikationsmärkte in Großbritannien

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b) die Festsetzung einer Gewinnabgabe, die sich auf die Outputmenge beziehen sollte. 34 Dieser Vorschlag wurde entwickelt, um den Output von British Telecom zu steigern. Durch Kopplung der Höhe des von der Regulierungsbehörde gestatteten Gewinns an Outputsteigerungen sollte British Telecom einen Anreiz bekommen, Mengenwachstum zu erzielen. Dieser Vorschlag wurde verworfen, weil nicht plausibel war, wodurch British Telecom zu kostensenkenden Maßnahmen veranlaßt werden sollte. Eine genaue Outputdefmition wäre notwendig geworden. Würden Steigerungsraten ftlr den Output eines Dienstes defmiert, würde u. U. die Markteinführung eines innovativen Substituts hinausgezögert, um die gegebene Zielvorgabe zu erreichen. c) die Durchfilhrung einer partiellen Preiskontrolle (Price Cap = RPI-X (gelesen: Retail Price Index minus X%». Diese dritte Möglichkeit wurde dann auch realisiert. Sie sollte auf die Bereiche beschränkt sein, in denen British Telecom weiterhin eine beherrschende Stellung haben würde. Bei der partiellen Preiskontrolle werden verschiedene Dienste in Körben zusammengefaßt. Das Preisniveau der Dienste eines Korbes darf eine vorher festgesetzte durchschnittliche Verteuerung nicht überschreiten. 35 Es liegt im Ermessen des Unternehmens, welche Dienste innerhalb eines Korbes verteuert und welche verbilligt werden, um die Obergrenze nicht zu überschreiten. Als Vorteile dieser Form der Regulierung wurde aufgefilhrt, dilß sie einfuch zu administrieren sei, dem Unternehmen genügend Flexibilität lasse, Anreize zu einem kostenorientierten Angebot bestünden und, weil die Höhe der Gewinne nicht festgelegt sei, effizienzsteigemde Maßnahmen geilirdert würden. 36 Ein Nachteil dieses Vorschlages ist die Motivation fl1r den Anbieter, durch Verringerung der Qualität und nicht durch Verbesserung der Produktivität die Kosten zu senken. Ein weiterer Nachteil ist, dilß die Dienste, die die höchsten Deckungsbeiträge erwirtschaften, erst mittelfristig an ihre Kostenstrukturen herangeführt werden, statt ihre Tarife in einem Akt deutlich zu senken. Der Vorschlag einer partiellen Preisregulierung wurde 1983 in die Lizenz fiir British Telecom übernommen. Die größte Bedeutung, gemessen am anteiligen Umsatzvolumen, kam dem Main Price Cap zu, in dem die Gebühren fl1r den Netzanschluß, fl1r Ortsgespräche und fl1r Ferngespräche gebündelt sind. Diese Gebühren sollten ab dem 1.8.1984 im Bündel pro Jahr eine prozentuale Veränderung erfahren, die ermittelt werden sollte aus dem Retail Price Index (RPI) minus drei Prozent. Das Preisgefilge innerhalb des Bündels kann von British Telecom frei verändert werden, solange der Preisanstieg des Bündels die RPI-

34 Ebenda.

35 Die Dienste, deren Preise reguliert werden sollten, wurden entsprechend ihres Anteils am Umsatz von British Telecom gewichtet. Vgl. A. Heuermann (1985), S. 211. 36 Vgl. M. Weinkopj(l991), S. 7.

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3. Kap.: Postentwicklung und Postrefonnen in GB, USA und Japan

3% Regel nicht verletzt. Ab dem 1.8.1989 galt ein Cap von RPI-4,5%.37 Internationale Gespräche, filr die in Großbritannien völlig überteuerte Tarife gelten, wurden ab dem 1.8.1991 in den Main Price Cap integriert. Dadurch wurde der Cap auf RPI-6,5% erhöht. Die letzte Änderung betriffi: den Zeitraum von 1993 bis 1997, während dem ein Price-Cap von RPI-7,5% gilt.38 Die asymetrische Regulierung von British Telecom - asymetrisch, weil Mercury nicht reguliert wird - soll solange beibehalten werden, wie ihre Marktmacht wettbewerbsschädigendes Verhalten zuläßt. Andererseits versucht man, ihr einige Fesseln abzunehmen. So soll ihr im Wettbewerb um Großkunden ermöglicht werden, Sondertarife filr Angebotsbündel zu vereinbaren. Ähnlich der Meistbegünstigungsklausel im Außenhandel muß dieser Sondertarif dann jedem angeboten werden, der gleiche Bedingungen bieten kann. 39

Deregulierung des Mobilfunks. - In Großbritannien wurden mit der Privatisierung von British Telecom auch zwei Lizenzen filr Mobilfunknetze ausgeschrieben.40 Das unter dem Namen Cellnet vermarktete Netz gehörte zu 60% British Telecom und zu 40% der Firma Securicor. Das zweite Netz firmiert unter dem Namen Vodafone. Zuerst eine 100% Tochter von Racal, wird das Netz nun von einer Aktiengesellschaft ohne nennenswerte Großbeteiligungen gehalten. 41 Das Geschäftsvolumen wurde 1985 auf bis zu 25.000 Nachfrager bis 1990 geschätzt. Tatsächlich wuchs die Nachfrage bis Anfang 1995 aber auf 3, 1 Mi~ Nachfrager. Dieses immense Wachstum machte es filr die Betreiber unnötig, einen intensiven Wettbewerb untereinander zu betreiben. An diesem Zustand änderte sich auch nichts als den beiden Betreibern zwei GSM Betriebslizenzen zugesprochen wurden. Vodafone nahm den Netzbetrieb im September 1992 und Cellnet im Januar 1994 auf. Erst als zwei weitere Mobilfunknetze lIlf dem 1,8 Ghz-Frequenzband ihren kommerziellen Betrieb eröffileten, entwickelte sich intensiver Wettbewerb. Als erster PCN-Betreiber bot Mercury One-2-One, eine Tochter von Cable & Wireless und US West, den PCN-Dienst an. Weil One-2-0ne im Nahbereich das Telefonieren während des Nebentarifs kostenlos anbot, konnte es schnell Mitglieder filr sich gewinnen. Dadurch kam das gesamte Tarifgefilge in Großbritannien in Bewegung. Seit dieser Zeit hat die Preisdifferenzierung durch Tarifgruppen filr unterschiedliche Interessengruppen wesentlich zugenommen. Mitte 1995 benutzen 3,7 Mio. Briten ein Mobilfunkgerät. 42

37 Ebenda. 38 Vgl. I. Voge/sang (1992), S. 26. 39 Vgl. M Weinkopj(1991), S. 7. 40 Die folgenden Ausftlhrungen basieren auf: I. Channing (1994), S. 20 - 30. 41 Vgl. F. Schwandt (1992), S. 227. 42 Vgl. o. V. (1995b), S. 5.

A. Die Entwicklung der Telekommunikationsmärkte in Großbritannien

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IV. Fazit Im Bereich der Endgeräte hat die Deregulierung eine erhebliche Ausweitung der Vielfalt des Angebots bewirkt. Bis heute sind über 11.000 Zulassungen tur Endgerätetypen erlassen worden. Japanische und amerikanische Hersteller haben deutliche Marktanteile erwerben können. Im Mehrwertdienstebereich hat der letzte Liberalisierungsschritt 1989 zur Legalisierung des Weiterverkaufs von Übertragungsmöglichkeiten gefilhrt. Seitdem können Unternehmen Dienste kaufen, um sie dann an Dritte weiterzuveräußern.

In kommenden Phasen der Marktgestaltung soll das Dyopol bei den terrestisehen Telekommunikationsnetzen aufgebrochen werden. 43 Zwar hat British Telecom auf den Markteintritt von Mercury reagiert, indem sie auf den 100 dichtesten Routen die Preise deutlich senkte, aber der Marktanteil von Mercury in Höhe von 5% am Telefondienst ist seit mehreren Jahren stabil. 44 Im Bereich der Fernübertragung ist Mitte 1993 ein drittes Netz lizenziert worden. 45 Durch neue Wettbewerber soll ein größeres Angebot bei besserer Qualität geschaffen werden. Gerade die Qualität der Dienstleistung von British Telecom war nämlich in der ersten Zeit ein Problem. 46 British Telecom hat sich entschieden, dem Netzwettbewerb auch dadurch Rechnung zu tragen, daß sie sich vollständig von der Herstellung von Hardware zurückgezogen haben. 47

Um die Kostendeckungsunterschiede zwischen Orts- und Fernnetz zurUckzufilhren, hat das OFTEL British Telecom zum Re-balancing, dem Hinfilhren der Tarife an die effektiven Kostenstrukturen, bewegen können. 48 Nur so wird es auf Dauer weiteren Anbietern möglich sein, einen kostendeckenden Ortsnetzverkehr anbieten zu können und damit Wettbewerb auch in diese Ebene zu bringen. Erste Schritte hin zu einem Wettbewerb auf der Ortsnetzebene hat das OFTEL bereits unternommen. Bis heute hat es etwa 150 Lizenzen fUr Kabelfernsehnetze vergeben, deren freie Kapazitäten fUr die Übertragung aller Telekommunikationsdienste benutzt werden dürfen. 49 Für den Sprachdienst bedarf 43 Vgl. M Weinkopj(1991), S. 6. 44 Vgl. Monopolkommission (1991), S. 38. 45 Vgl. D. Nitsche (1994), S. 24. 46 Vgl. E. Grande (1989), S. 179. 47 Vgl. M Fransman (1994), S. 288. 48 Vgl. K. H. Neumann (1990a), S. 3. 49 Neuere Erkenntnisse aus den USA zeigen, daß auch die Kabelbetreiber versuchen, Monopolpositionen aufzubauen. Es zeigte sich in den USA, daß die Kabelbetreiber, die Telefondienste anbieten durften versucht haben, Alleinstellungen aufzubauen. Wenn dies gelang wurde das Tarifniveau deutlich angehoben und die

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3. Kap.: Postentwicklung und Postrefonnen in GB, USA und Japan

es allerdings der Kooperation mit einem der beiden Festnetzbetreiber. Durch die Kabel-TV-Netze können über 70% der britischen Bevölkerung mit einem alternativen Übertragungsdienst auf der Ortsnetzebene ausgestattet werden. 50 Besser geeignet, Wettbewerbsimpulse zu liefern, sind British Rail 51 und British Waterways, weil sie kein Trassenproblem haben. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß der Vorteil von British Rail oder British Waterways auf eine falsche Ausstattung der Grundbesitzer mit Monopolrechten zurückzufilhren ist. Es wäre durchaus vorstellbar, daß bei entsprechenden Rahmenbedingungen des öffentlichen Rechtes Grundbesitzer gezwungen werden könnten, die Verlegung von Kabeln durch ihr Grundstück zu gestatten, wenn dieses nach den Arbeiten in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt würde. Dafilr würden die Grundbesitzer eine Entschädigung in geringer Höhe erhalten. Eine solche Regelung hätte zur Folge, daß bei der Verlegung neuer Trassen die betroffenen Grundbesitzer keine Monopolistenpreise verlangen könnten. Dadurch würde der Vorteil der Nutzungsmöglichkeit bestehender Trassen z. B. fiIr British Rail wesentlich geringer. Außerdem könnte man fiIr den Verwendungszweck optimierte Trassenfllhrungen verwenden, statt sich an fiIr andere Nutzungsformen vorgesehene Trassen halten zu müssen. Die Betreiber von Mobilfunknetzen sollen auch die Möglichkeit erhalten, teqestische Festnetze zu errichten. 52 Außerdem soll der bisherige Telepointdienst attraktiver gemacht werden. Mittels dieses Dienstes ist es dem Benutzer möglich, mit sogenannten Cordless Phones der zweiten Generation (CT 2) in der Nähe von Sende- und Empfangsanlagen zu telefonieren. Da der Dienst unter Akzeptanzproblemen leidet, soll er zum Neigbourhood Telepointdienst ausgeweitet werden. Sende- und Empfangsanlagen werden dann nicht nur im Stadtzentrum zu finden sein, sondern auch in Wohngebieten. Außerdem wird es möglich sein, nicht nur abgehende Telefonate zu filhren, sondern auch ankommende zu empfangen. 53 Als Fazit bleibt festzuhalten, daß durch die Deregulierung die Vielfalt des Telekommunikationsangebotes wesentlich zugenommen hat. Im Fernverkehr sind die Preise deutlich gesunken, während die Telefonkosten im Ortsnetz gestiegen sind. Allerdings stehen einem fairen Wettbewerb noch die zu niedrigen Ortstarife von British Telecom entgegen. Ist dieses Hindernis aus dem Qualität der Dienstleistung verschlechterte sich. Vgl. J. v. CullenburglP. Slaa (1994), S. 60ff. 50 Vgl. Monopolkommission (1991), S. 38 f. 51 British Waterways hat sich auf die Bereitstellung von Leitungen ftlr Netzbetreiber spezialisiert, die selber zu klein sind, um Überlandleitungen zu verlegen. Vgl. o. V. (1995a), S. 116. 52 Vgl. Monopolkommission (1991), S. 41. 53 Vgl. M Weinkopj(1991), S. 6.

A. Die Entwicklung der Telekommunikationsmärkte in Großbritannien

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Weg geräumt, wird die Strategie neuer Anbieter darauf abzielen, Großkunden auf den Hauptverkehrsrouten zu gewinnen. Es wird vermutlich keine flächendeckende Vollversorgung angestrebt werden, sondern ein System von bypassLeitungen. Durch den Wettbewerb auf der Ortsebene werden Unternehmen, wie oben geschildert, ihre Telekommunikationskosten senken können. Die privaten Haushalte hingegen müssen sich auf steigende Aufwendungen einstellen. Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, wer in Zukunft die Telekommunikationsbedürfnisse fmanziell schwächerer Haushalte finanzieren soll. Dies fiIhrt auch zu der grundsätzlichen Frage, wieviel Telekommunikation rur eine Person in einer freien Gesellschaft nötig ist. Nicht umsonst wurde der Ausbau des Telefonnetzes in der DDR vernachlässigt, weil individuelle Kommunikation als nicht llirderungswürdig galt. 54 Die Deregulierung in Großbritannien ist sehr weit fortgeschritten. Nur in Bereichen, in denen man British Telecom zutraut, Wettbewerb wirkungsvoll zu behindern, greift das OFTEL auch weiterhin ein. Noch sind die Strukturen an den verschiedenen Märkten zu jung, um eine abschließende Bewertung vornehmen zu können. Die Zukunft muß zeigen, ob wirklich nur nachfragegerechte Dienste auf den Märkten angeboten werden oder ob nicht manchmal der Glaube in das Wachsen der Telekommunikationsmärkte zu unbesonnenem Markteintritt verleitet. Das mühsame Feilen am Telepoint Dienst, der bisher keine breite Akzeptanz finden konnte, oder der Rückzug mehrerer Service-Provider zeigt, daß Wettbewerb, als Entdeckungsverfahren verstanden, eben durch die ihm immanente Ungewißheit Wohlfahrtsrisiken in sich birgt. Dennoch wird die heutige Situation auf den britischen Telekommunikationsmärkten allgemein als effizienter angesehen als vor der Liberalisierung. Zu diesem Schluß kommt auch eine unveröffentlichte Studie der Weltbank. 55 Darin werden die abdiskontierten Gewinne durch die Privatisierung von British Telecom auf 10 Mrd. f, geschätzt. Profiteure davon sind mit 4,2 Mrd. f, die Nutzer, mit 2,2 Mrd. f, der britische Staat und mit 3,7 Mrd. f, die Aktionäre.

54 Die Dichte der Telefonanschlüsse bezogen auf die Einwohner betrug nur ein Viertel im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland. Die jährlichen Investitionen in die Telekommunikation je Einwohner betrugen nur ein Zehntel. Vor der Maueröffnung warteten 1,2 Mio. Antragsteller auf einen Netzanschluß. Daneben existierten in der DDR 23 nicht öffentliche Sondemetze zur Versorgung von verschiedenen Institutionen. Vgl. Schweer/Weishaupt (1990), Monopolkommission (1991), S. 13. 55 Vgl. Galal et al. (1992), unveröffentlichtes Manuskript, zitiert bei L Vogelsang (1992), S. 21.

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3. Kap.: Postentwicklung und Postrefonnen in GB, USA und Japan

B. Die Entwicklung der Telekommunikationsmärkte in den USA In den USA gab es zwei Phasen, in denen das Fernmeldewesen von einem Monopol beherrscht wurde. 56 Das erste Monopol bestand zwischen 1876 und 1893. Es basierte auf dem Patentschutz, den AT&T auf das Telefonsystem hatte. Anders als in vielen anderen Staaten gab es in den USA kein Post and Telecom Office, sondern ein Spezialunternehmen, das nur im Fernmeldewesen tätig war. Als das Patent 1894 auslief, konnten unabhängige Unternehmen in den Telefonmarkt eindringen. Dadurch sank der Marktanteil von AT&T in der Folgezeit auf 50%.57 Weil AT&T alleiniger Betreiber des Fernnetzes war, konnte sie kleine Ortsnetze zum Verkauf zwingen, indem sie ihnen den Zutritt zum Fernnetz verweigerte. Diese Praktiken ließen den Marktanteil von AT&T in der Folgezeit wieder aufrund 80% steigen. 1914 verpflichtete sich AT&T dazu, auf diese Form der Wettbewerbsbehinderung zu verzichten, um einer Kartellklage durch das Justizministerium zu entgehen. 58 An diese Wettbewerbsphase bis 1921 schloß sich die zweite Monopolphase an, die bis Ende der 60er Jahre dauerte. 59 Das Monopolunternehmen AT&T war eine vollständig vertikal integrierte Aktiengesellschaft, deren Aktien sich in Streubesitz befanden. Das Ende der zweiten Monopolphase wurde durch mehrere Deregulierungsmaßnahmen bewirkt.

I. Der Zustand der Telekommunikationsmlrkte in ihrer traditionellen Struktur

a) Regulierende Institutionen. - Im Gegensatz zu Deutschland besteht das Prinzip amerikanischer Regulierung darin, Monopolunternehmen privatwirtschaftlich zu organisieren und durch von der Regierung unabhängige Regulierungskommissionen überwachen zu lassen. Auf der niedrigsten Regulierungsebene arbeiten die Public Utility Commissions (PUCs). Sie sind filr Regulierungsbelange aufOrtsebene und bundesstaatlicher Ebene zuständig. 60

56 Vgl. C. C. Weizsäcker (1987), S. 45. 57 Vgl. J. Müller (1988), S. 288. 58 Ebenda, S. 290. 59 Vernachlässigt ist bei dieser Aussage die Above-890-Entscheidung aus dem Jahr 1959, in der wenigen Organisationen wie Eisenbahnunternehmen und Elektrizitätsversorgern erlaubt wurde, Übertragungsmöglichkeiten fllr die Eigennutzung zu errichten. Vgl. B. Wieland (1985), S. 15. 60 Ebenda, S. 11.

B. Die Entwicklung der Telekommunikationsmärkte in den USA

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Regulierungsaufgaben, die das gesamte Land betreffen, werden von der Federal Communications Commission (FCC) wahrgenommen. 61 Die FCC wurde 1934 mit dem Ziel gegründet, die zum Teil einzelstaatlich regulierten Telefongesellschaften im Interstate-Verkehr bundeseinheitlich zu regulieren. 62 In der Geschichte des Fernmeldewesens spielt die FCC gegenüber den PUC's die gewichtigere Rolle. Zwar haben die PUC's auf bundesstaatlicher Ebene, z. B. bei Tariffierungsfragen, die Struktur regionaler Märkte gestaltet, aber die wichtigeren landesweiten Entscheidungen wurden von der FCC getroffen. Außerdem haben Entscheidungen der FCC immer Vorrang vor denen der PUC's (federa1 preemption).63 Bei dem Versuch, Ineffizienzen auf den Telekommunikationsmärkten der USA zu beseitigen, bedient sich die FCC im wesentlichen folgender Maßnahmen: Regulierung des Marktzutrittes. - Die FCC reguliert den Marktzutritt neuer Netzwettbewerber. Sie erteilt neuen Anbietern ein Certificate of Public Convenience and Necessity, wenn diese nachgeweisen können, daß Nachfrage nach dem Dienst besteht und daß sie fmanziell solide ausgestattet ist. Die Fernmeldegesellschaften, die vorher eine Betriebslizenz erworben hatten, wurden bis Ende der 60er Jahre vor weiteren Wettbewerbern geschützt. Die FCC hätte zwar potentiellen Betreibern den Marktzutritt aus öffentlichem Interesse gewähren können, bediente sich dieser Möglichkeit aber nur selten. 64 Rentabilitätsregulierung. - Die FCC schrieb den Betreibergesellschaften eine von AT&T im Jahre 1884 entwickelte Form der Buchftlhrung vor, um die Jahresergebnisse der Gesellschaften vergleichbar zu machen. Außerdem legte die FCC fest, welcher ROI filr welchen Dienst angemessen sei. Somit konnte die Universal Services Doktrin, die inhaltlich mit dem deutschen Gedanken der Daseinsvorsorge übereinstimmt, auf dem Rücken der Geschäftskunden verfolgt werden, indem große Gewinnraten bei den von Geschäftskunden präferierten Diensten und niedrige Gewinnraten bei den Privatkundendiensten festgeschrieben wurden. Kontrahierungszwang. - Wie oben gezeigt, waren die Gebühren filr Telekommunikationsdienste in den USA nicht kostenorientiert, so daß die Wettbewerber zum Angebot kostenunterdeckender Dienste gezwungen wurden, wollten sie auch die Dienste mit hohen Deckungsbeiträgen anbieten. Schließlich ist als letzte einflußnehmende Gruppe neben dem Kongreß als gesetzgebende Instanz das Department of Justice zu nennen. Es hat durch seine Antitrust-Klagen z. B. die Entflechtung von AT&T bewirkt. Durch das Einspruchsrecht gegen Entscheidungen der FCC kann es vor den zuständigen Ge61 62 63 64

Vgl. C. C. Weizsäcker (1987), S. 46. Vgl. J. Müller (1988), S. 290.

Ebenda, S. 297. Ebenda, S. 294 f.

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3. Kap.: Postentwicklung und Postrefonnen in GB, USA und Japan

richten Überprüfungen von Entscheidungen der FCC bewirken. Dadurch kommt es nicht selten zu einer Änderung der Entscheidung der FCC.6S b) Die Marktstruktur vor der Zerschlagung von AT&T. - Die Gebührenpolitik der Preisdiskriminierung hat eine schnellere Sättigung des Marktes für Hauptanschlüsse bewirkt als dies bei einer Orientierung an Durchschnittskosten der Fall gewesen wäre. Weil das existierende Netz auf die Bereitstellung eines billigen, einfachen Sprachdienstes ausgerichtet war, fanden sogenannte "Specialized Common Carriers" oder "Other Common Carriers" mit neuen Netzen Raum filr die Befriedigung höherer Qualitätsansprüche, wie z. B. die Datenübertragung. 66

Die Produktvielfalt war gering. AT&T setzte über ihre Tochter Western Electric den Gerätestandard. Dieser hatte einen preiswerten Sprachdienst zum Ziel. Der Markt fiir Geräte mit weiterfilhrenden Eigenschaften war unterentwikkelt. Hinsichtlich des technischen Know-hows besaß AT&T durch die Bell Laboratories die uneingeschränkte Markt-, wenn nicht Weltfilhrerschaft. Bedingt durch den Modus der Gebührenfestsetzung über von der FCC vorgegebene Rates ofReturn versuchte AT&T, bei alternativen Technologien filr neue Produkte die jeweils kapitalintensivere Lösung durchzusetzen. Dadurch wurden hohe Absolutgewinne ermöglicht. Gleichzeitig wurden lange Abschreibungszeiträume gewählt, um die Periodenrechnungen vorteilhafter erscheinen zu lassen. Deshalb wurden Neuentwicklungen behindert, wenn sie Substitutionsprodukte fiir noch nicht abgeschriebene Systeme waren. 67 In den 70er Jahren zeigten sich die Probleme dieser Manipulationen. Dadurch, daß die Telekommunikation immer mehr mit dem Computerbereich verwuchs, verkürzten sich die Produktlebenszyklen, was langen Abschreibungszeiträumen entgegenstand. Außerdem führte Netzwettbewerb bei Mietleitungen dazu, daß neue Wettbewerber mit moderneren Technologien in den Markt drangen und durch geringere Infrastrukturaufwendungen Übertragungsdienste preiswerter anbieten konnten. Diese Entwicklung führte bei der Entflechtung zu einem hohen Sonderabschreibungsbedarf aufgrund zu hoher Buchwerte im Anlagenbereich. Die Investitions- und Betriebskosten filr Ortsnetze und filr Femmeldenetze liefen immer stärker auseinander. Im Fernverkehr wurden technische Neuerun6S So z. B. bei der Änderung der EXECUNET -Entscheidung zugunsten MCl. Vgl. Kap.1.2.3. 66 Vgl. J. Müller (1988), S. 298. 67 Beispiele dafur sind: - die von AT &T vorgeschlagene, sehr kapitalintensive Satellitentechnik, - das im transatlantischen Telefonverkehr verwendete Koaxialkabel, das wesentlich teurer war, als die ebenfalls mögliche Übertragungsmöglichkeit mittels Richt- und Satellitenfunk. Vgl. J. Müller (1988), S. 300.

B. Die Entwicklung der Telekommunikationsmärkte in den USA

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gen dazu genutzt, Verbindungen immer preiswerter herzustellen. Im Ortsnetz war das nicht in gleichem Maße möglich, weil die Kostenersparnisse in der Regel in preiswerteren Massenübertragungsmedien lagen. Für diese gab es aber im Ortsnetz nicht die nötige Verkehrsdichte. Um den Wunsch nach "Universal Service" nicht aufgeben zu müssen, wurde von der kostenorientierten Gebührenfestsetzung abgewichen. Die variablen (TrafIic Sensitive = TS) Kosten wurden weiterhin nach Gesprächsaufkommen umverteilt. Zur Deckung der fixen (Non TrafIic Sensitive = NTS) Kosten im Ortsnetz wurde von den Erträgen aus dem Fernverkehr ein fester Prozentsatz an den Ortsnetzbetreiber abgeliefert. Dieser Satz wurde immer mehr erhöht, so daß 1981 ungefilhr 38% der Ferngesprächumsätze der Subventionierung der Ortsnetze dienten,68 womit 90% der NTS-Kosten getragen wurden. 69 Zusammenfassend ist zu bemerken, daß die FCC stark in die Fernmeldemärkte in den USA eingriff. Investitionsentscheidungen wurden von ihr beeinflußt. Sie legte die Gebühren und die Gewinnspannen fest. Dabei nahm sie in Kauf, daß Viel- und Weitnutzer die restlichen Telefonnutzer subventionierten. Dieser Zustand war solange stabil, wie neuen Anbietern der Zutritt zu den Märkten verweigert werden konnte.

11. Entscheidende Deregulierungsmaßnahmen in den siebziger und achtziger Jahren

Die erste Maßnahme auf dem Weg zu mehr Wettbewerb auf der Ne1zebene war 1959 die Zulassung von privaten Netzen ft1r den Eigenbedarf von Großkunden. Diese sogenannte Above-890 Entscheidung, durch die die kostengünstige Kurzwellenübertragungstechnik auf dem Frequenzband über 890 Mhz als Konkurrenz zur Kabelübertragun.rc zugelassen wurde, nötigte AT&T zu neuen Tarifsystemen fiIr Großkunden. 0 Im Jahr 1969 gestattete die FCC der Firma MCI (Microwave Communications Inc.) den Aufbau und Betrieb von Richtfunkstrecken. Ein weiterer wichtiger Schritt war 1978 die Aufhebung eines von der FCC ausgesprochenen Verbotes eines Wählvermittlungsdienstes, den MCI anbieten wollte. Die sogenannte EXECUNET-Entscheidung des Court of Appeals ermöglichte MCI, eigene Übertragungseinrichtungen fiIr den allgemeinen Bedarf zu errichten und damit zum ersten Mal in die Domäne von AT&T, den Wählvermittlungsdienst, einzubrechen. Die Entscheidung der FCC wurde

68 Ebenda, S. 304. 69 Ebenda, S. 326. 70 Vgl. Monopolkommission (1981), S. 83. 6 Kurtsiefer

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3. Kap.: Postentwicklung und Postrefonnen in GB, USA und Japan

korrigiert, weil nicht nachweisbar war, daß durch diesen neuen Dienst öffentlicher Schaden entstehen würde. 7} Mit der Computer Inquiry I aus dem Jahr 1971 versuchte die FCC Klarheit in die langsam aufkommenden Mehrwertdienste, in den USA Enhanced Services genannt, zu bringen.?2 Die Nutzung der Telekommunikationsübertragungseinrichtungen für den Datenverkehr hatte nicht nur reine Datendienste entstehen lassen, sondern auch sogenannte hybride Dienste, die sowohl Charakteristika eines Telekommunikationsdienstes als auch eines Datenübertragungsdienstes aufwiesen. Das FCC entschied sich dafür, reine Telekommunikationsdienste zu regulieren und reine Datenübertragungsdienste unreguliert zu lassen. Hybride Dienste sollten einer fallweisen Entscheidung unterworfen werden. 73 Neben dem Zuordnungsproblem befaßte man sich mit Möglichkeiten der Unterbindung von Quersubventionen aus dem regulierten in den unregulierten Bereich. Das FCC beschloß, daß Anbieter von Enhanced Services diese Dienste über von der Mutter deutlich getrennte Tochtergesellschaften, den Separate Subsidiaries, anzubieten hätten. 74 Die Maßnahme mit den weitreichendsten Konsequenzen war die Entflechtung von AT&T. Vorausgegangen war eine Antitrust-Klage des Justizministeriums, die auf der Theorie der drei Engpässe beruhte. 7S Danach soll AT & T ihre dominante Stellung im Bereich der Endgeräte, beim Zugang zu den Ortsnetzen und im Fernverkehr mißbraucht haben, indem sie einerseits fUr Wettbewerber den Zugang zu den Übertragungseinrichtungen behindert und andererseits für den Verkauf eigener Endgeräte Unterkostenpreise festgesetzt hatte. Nach achtjährigen Verhandlungen kam es 1982 zu dem MODIFIED FINAL JUDGEMENT als dessen Folge die Entflechtung von AT&T eingeleitet wurde. Vor der Zerschlagung (Divesture) zeichnete sich AT&T, die zu diesem Zeitpunkt über Eigenkapital in Höhe von 152 Mrd. $ verfllgte,16 durch eine vollständige vertikale Integration aus. In den Bell Laboratories wurden viele fUr die Telekommunikation wichtige Erfindungen gemacht.?7 Zu Spitzenzeiten standen jedes Jahr 2 Mrd. $ für Forschungszwecke zur Verftlgung. Damit hatten die Forschungsanstrengungen der Bell Laboratories eine volkswirtschaftliche Dimension.

71 Ebenda, S. 107 ff. 72 Vgl. H. Berger et al., (1990), S. 40.

73 Vgl. E. Grande (1989), S. 107. 74 Vgl. B. Wieland (1985), S. 25. 75 Ebenda, S. 17.

76 Vgl. B. Wie land (1985), S. 42. 77 Vgl. J. Müller (1988), S. 300.

B. Die Entwicklung der Telekommunikationsmärkte in den USA

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Western Electric, eine Tochter von AT&T, war der größte Telekommunikations-Hardware Hersteller in den USA.78 Er belieferte ausschließlich Unternehmen, die AT&T gehörten, sowie die Regierung. AT&T selber war filr die nationale und internationale Netzplanung zuständig. 79 Die Fernverbindungen wurden von ihr betrieben, und im Ortsnetzbereich versorgten 22 Bell Operating Companies (BOC's) die Bevölkerung mit Telefonanschlüssen. Die BOC's hatten einen Anteil von rund 85% der rund 95 Mio. Netzanschlüsse in den USA.80 Da sie sich auf die stark besiedelten Regionen konzentrierten, mußten sie dafllr nur 42% der geographischen Fläche der USA abdecken. Die restlichen Anschlüsse teilten sich 1.450 lokale Netzbetreiber, sogenannte Local Exchange Carriers (LEC's).8 1 American Bell wurde 1982 gegründet. In ihr wurden alle Mehrwertdienstaktivitäten konzentriert. Für AT&T war dies seit 1956 die erste Möglichkeit dieses Marktsegment zu bedienen, nachdem es damals in einem Vergleich mit dem Justizministerium auf das Angebot von Mehrwertdiensten verzichtet hatte. Andernfalls hätte die Zerschlagung der vertikalen Struktur von AT&T gedroht. 82 Durch die Konzentration der Mehrwertaktivitäten in American Bell entsprach AT&T der Separate Subsidiary Forderung der FCC, die in der Computer Inquiry I im Jahr 1971 erhoben worden war.83 1984 wurde American Bell die Fortfllhrung ihres Namens aus Wettbewerbsgründen untersagt. Seitdem firmiert sie unter AT&T Information Systems. 84 Die AT&T International versucht das Endgerätegeschäft von AT&T auf das Ausland auszudehnen. AT&T hatte 1925 die internationalen Aktivitäten von Western Electric verkauft. Daraus entwickelte sich die heutige IT&T. Bisher ist AT&T nicht in die Domäne von IT&T eingebrochen. Mit der steigenden Wettbewerbsintensität auf allen Märkten diversifiziert AT& T nun auch in diesen Bereich.

78 Ebenda, S. 292. 79 Bis 1957 war Bell Canada eine Tochter von AT&T, so daß auch in Kanada AT&T eine beherrschende Stellung einnahm. 80 Vgl. ITU (1990). 81 Vgl. B. Wieland, B., (1985), S. 9. 82 Vgl. J. Müller (1988), S. 315. 83 Bereits 1985 machte die FCC einen Rückzieher bezüglich der separate-subsidiaries Entscheidung. In der Computer Inquiry III erklärte sie, daß unter Umständen in Zukunft die Gründung von Tochtergesellschaften unnötig sein werde, um Verbundvorteile ausnutzen zu können. Ebenda, S. 317. 84 Vgl. B. Wieland (1985), S. 35. 6·

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3. Kap.: Postentwicklung und Postrefonnen in GB, USA und Japan

Die Entflechtung von AT&T wurde am 1.1.1984 wirksam. Sie wurde vom Department of Justice betrieben, weil AT&T offensichtlich ihre Marktmacht mißbrauchte. 85 Ziel der Divesture war die Trennung der wettbewerbsflihigen Bereiche von den nicht wettbewerbsflihigen. Dazu trennte man die Ortsnetzaktivitäten von AT& T ab und gründete 7 ungefähr gleich große, voneinander unabhängige Gesellschaften, die Bell Operating Companies. Jede BOC ist fUr eine festgeschriebene Region der USA zuständig. Diese Regionen sind in sogenannte LA TAS (Local Access and Transport Areas) unterteilt, von denen es in den USA insgesamt etwa 160 gibt. Die BOC's sollten weiterhin reguliert werden, da man das Ortsnetz als natürliches Monopol verstand, so daß verhindert werden mußte, daß zu hohe Monopolgewinne entstehen konnten. Der Fernverkehr wurde hingegen als wettbewerbsflihiger Bereich erkannt und weitgehend dereguliert. Die Mobilfunkaktivitäten, die bisher von der AT & T Tochter Advanced Mobile Phone Service (AMPS) koordiniert wurden, gingen auf die BOC's über. Jedem dieser Mobilfunknetze unter der Regie der BOC's wurde ein anderes, durch Ausschreibung ermitteltes Mobilfunknetz gegenübergestellt. 86

III. Marktstruktur und Regulierung heute Als Ortsverkehr, den die BOC's abwickeln sollen, gelten Gespräche, bei denen sich Anrufer und Angerufener innerhalb eines LA T AS befinden. Verkehr zwischen LATAS gilt als Fernverkehr und muß von AT&T oder anderen Wettbewerbern abgewickelt werden. 87 Das Angebot von Mehrwertdiensten und Endgeräten ist den BOC's untersagt wie alle Leistungen, die nicht im Rahmen eines natürlichen Monopols angeboten werden sollten. 88 Damit die BOC's Verbundvorteile bei Verwaltungs- und Planungsaufgaben realisieren können, wurde die Bell Communications Research Ine. gegründet. 89 Die ehemalige Mutter AT&T reorganisierte sich neu, um dem zu erwartenden Wettbewerbsdruck besser begegnen zu können. Vermutungen gehen dahin, daß sich AT&T nicht ungern von dem wenig profitablen Ortsnetzbereich getrennt hat. 90 Western Electric, immerhin der viertgrößte Elektrokonzem der Welt, wurde in Lines of Business umgegliedert, die als eigenständige Einheiten gefilhrt werden. Dadurch sollen Kundenwünsche schneller umgesetzt werden 85 Vgl. Regierungskommission (1987), S. 48.

86 Vgl. B. Wie land (1985), S. 56. 87 Vgl. Modified Final Judgement, (MFJ), §2 D 1. 88 Vgl. MFJ § 2 D 1-3. 89 Vgl. B. Wieland (1985), S. 35.

90 Ebenda, S. 59 f.

B. Die Entwicklung der Telekommunikationsmärkte in den USA

69

können. 91 Für die nicht regulierten Aktivitäten von AT&T wurde eine Dachorganisation, die AT&T Technologies gegründet. Sie fUhrt die Bell Labs, AT&T International und bis zur Aufteilung auch Western Electric. Als Dachorganisation fUr alle Bereiche, die wegen der Computer Inquiry I Entscheidung über eine Separate Subsidiary abzuwickeln sind, wurde die AT&T Information Systems ins Leben gerufen. Für die Aktivitäten auf dem regulierten Fernverbindungsbereich sind die AT&T Communications Systems zuständig. Durch die Aufspaltung von AT&T sollten die amerikanischen Telekommunikationsmärkte eine Struktur bekommen, die einen verstärkten Wettbewerb erlaubt. Seit der Divesture hat ein deutlicher Abbau der Tarifverzerrungen stattgefunden. Die Ferngesprächsgebühren wurden reduziert, was besonders den Geschäftskunden und den VANS-Anbietern zugute kam,92 Andererseits wurden die Ortsnetzgebühren angehoben, ohne jedoch eine kostendeckende Höhe zu erreichen. 93 Die Probleme, die die Angleichung der Ortstarife an die Kostenstruktur mit sich bringt, liegen nun bei den BOC's, w!ihrend AT&T, von der Aufgabe der Subventionierung des defizitären Ortsnetzverkehrs befreit, die Tarife im Fernverkehr senken kann. 94 Dennoch hat sich die Penetrationsrate des Telefondienstes von 1984 als sie geringer als in den europäischen Spitzenstaaten war95 , bis heute von 91% auf 94% verbessert. Bei dem Zugang der Fernverkehrsnetzbetreiber zu den Ortsnetzen wurden die BOC's dazu verpflichtet, niemanden zu diskriminieren. 96 Diese Verpflichtung hat den Wettbewerb auf den Fernverkehrsstrecken wesentlich intensiviert, so daß der Anteil von AT&T von zuerst über 90%97 bis 1988 auf unter 70%98 sank. Allerdings ist dafiir auch die asymetrische Regulierung verantwortlich, 91 Ebenda, S. 38. 92 Die Femverkehrsgebühren sanken im Durchschnitt um über 46% im Zeitraum von Januar 1984 bis Juli 1991. Vgl. o. V. (1991a), R. 12. 93 Obwohl der durchschnittliche US-amerikanische Telefonnutzer viermal soviel telefoniert wie der deutsche, ist die absolute Höhe der amerikanischen Telefonrechnung niedriger. Vgl. Regierungskomm iss ion, (1987), S. 211. Dies liegt besonders an der Tarifstruktur, die gegen Entrichtung eines monatlichen Betrages die unbegrenzte, kostenlose Nutzung des Telefons innerhalb des LATAS ermöglicht. Aus kollektivgütertheoretischer Sicht ist diese Tarifierungsform richtig, wenn man unterstellen kann, daß keine TS-Kosten (variablen Kosten) und keine Kapazitätsengpässe bestehen. Davon kann in einem Ortsnetz in der Regel ausgegangen werden. In diesem Fall müssen potentielle Nutzer des Netzes nur einen Beitrag als Optionspreis auf die beliebige Nutzung des Netzes bezahlen. 94 Vgl. M Noll (1994), S. 357.

95 96 97 98

Vgl. M Weinkop[(l993), S. 2ft'. Vgl. MFJ, § 2 B. Vgl. B. Wieland (1985), S. 73. Vgl. Hyman el.al. (1989), S.5.

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3. Kap.: Postentwicklung und Postrefonnen in GB, USA und Japan

die AT&T als einzigen dazu verpflichtet, ihre Tarife von der FCC genehmigen zu lassen. Die asymetrische Regulierung basiert auf der Vorstellung, daß die neuen Wettbewerber vor AT&T und deren noch immer immensen Marktmacht zu schützen seien. 99 Der Markt filr Fernverkehr befmdet sich in einer Phase der Suche nach einem Gleichgewicht. Viele der sogenannten Other Common Carriers (OCC's) haben sich nun auf Geschäftskunden spezialisiert. Dartlber hinaus haben viele davon Abstand genommen, eigene Übertragungseinrichtungen zu errichten, und haben den Weg der Anmietung bestehender Einrichtungen gewählt. IOO Durch Fusionen und Aufkäufe versuchen die Anbieter die notwendige Betriebsgröße :ru erreichen. Eine andere Gruppe von Anbietern nennt sich Competitive Access Providers (CAP's). Sie bieten Unternehmen mit hohem Telekommunikationsbedarf die Umgehung des Ortsnetzes an, indem sie ein Leitung direkt vom Kunden zum Fernnetz legen. Dadurch umgeht der Nutzer die hohen Ortsnetztarife. Für Nachfrager mit geringerem Telekommunikationsbedarf setzte die FCC Anfang 1993 das "Expanded Interconnection" durch. Danach kann sich jeder CAP direkt an die Anlagen der Ortsnetzbetreiber anschließen und eigenen Leitungen innerhalb des Ortsnetzes legen und diese durch die Vermittlungsstelle des Ortsnetzbetreibers zu leiten. 101 ,102 Mittlerweile drängen die BOC's in den Markt der Inter-LATA-Übertragung. Bisher per Modified Final Judgement auf den Intra-LATA-Verkehr limitiert dieser Bereich wurde ja als natürliches Monopol betrachtet und sollte vom Wettbewerbsbereich getrennt werden -, wurden ihre Bemühungen durch eine Studie des Department of Justice bestärkt. Diese Studie schlug vor, daß die BOC's:103 99 Vgl. K. H. Neumann (1986), S. 74.

100 Vgl. Hyman et. a/. (1989), S. 5. 101 Vgl. W. Neu (1993), S. 18. 102 An Brisanz gewinnt das Expanded Interconnection, wenn es in Zusammenhang mit dem FTTC (Fiber to the Curb) der Kabelgesellschaften verbunden wird. FITC ist die Bezeichnung fiIr die heutige Struktur von Kabelfernsehnetzen, bei denen ein Glasfaserkabel innerorts verlegt wird, ohne die Haushalte daran anzuschließen. Der letztendliehe Kontakt geschieht noch über Coaxialkabel. Im Bedarfsfall kann der Kundenanschluß schnell auf Glasfaserkabel umgestellt werden (Fiber to the Horne), womit das gesamte Spektrum der Multimediabranche, wie z. B. Video on Demand und Te1eshopping, zur Verfilgung steht. Um diesen Zukunftsmarkt fIlr sich zu gewinnen hatte Bell Atlantic 1993 versucht Tele-Communications Inc. (TCI), den größten Kabelfernsehanbieter der USA, fiIr rund 53 Mrd. DM zu übernehmen. Allerdings scheiterte die Übernahme Anfang 1994.Vgl. M Weinkopj (1994), S. 62. 103 Vgl. L. Hyman et a/. (1989), S. 5.

B. Die Entwicklung der Telekommunikationsmärkte in den USA

• • • • •

71

frei diversifizieren dürfen, die Produktion von Endeinrichtungen aufnehmen dürfen, Mehrwertdienste anbieten dürfen, außerhalb ihrer zugeordneten LATAS Fernverkehr anbieten dürfen und innerhalb ihrer LA T AS dann Fernverkehr anbieten dürfen, wenn sie von ihrer Ortsnetzmonopolen abrücken.

Bisher folgt das Department of Justice allerdings nicht diesen weitreichenden Vorschlägen. Thre Umsetzung wird dazu fllhren, daß die mühsam vollzogene Trennung von wettbewerb lichen und nicht wettbewerblichen Diensten wieder rückgärigig gemacht wird mit den sich daraus ergebenden bekannten Regulierungsproblemen. Die Restriktionen, denen sich die BOC's auf ihren Heimatmärkten ausgesetzt sehen, fiUnten dazu, daß sie ihre Fachkompetenz in die neu entstehenden Märkte Europas und des Ostblocks exportieren. Die Hauptstoßrichtung zielt an den Aufbau von Mobilfunk- und Kabel-TV-Netzen. 104 Letztere sind besonders interessant, weil über die Kabelleitungen Breitband-Telefondienste angeboten werden können. 105 Bei den Basisdienste ist seit 1976 die gemeinsame Nutzung und der Wiederverkauf von Mietleitungen erlaubt. 106 Zwar müssen Anbieter eine Lizenz erwerben, jedoch ist ein Bedarfsnachweis nicht nötig. Mithin vermutet die FCC, daß unbeschrärikter Markteintritt wohlfahrtsllirdemd ist. 107 Bei den Mehrwertdiensten besteht keine Regulierung mehr.

Deregulierung des Mobilfunks. - Der Wettbewerb im Bereich der Mobilfunkleistungen hat mit dazu gefiUnt, daß die USA der größte Markt fllr diesen Dienst geworden ist. Von 1,2 Mio Nutzern per Ende 1987 stieg die Anzahl bis Ende 1992 auf 11 Mio. 108 Die aktuelle Form der Lizenzierung von Mobilfunknetzen wurde im September 1993 vom Fec bekannt gegeben. I 09 Danach werden auf dem Frequenzband von 1.850 bis 2.200 MHz (Broadband Personal 104 Vgl. Simison (Wall Street Journal Report, 4.10.1991), R 5. lOS Vgl. H. SchooJlM. Haag (1994), S. 367ff. 106 Vgl. J. Müller (1988), S. 316. 107 Vgl. K. H Neumann (1990b), S. 10. Hier zeigt sich, daß der Auffassung der Contestable Markets von Baumol gefolgt wird. Der Abbau von Markteintrittsbarrieren wirkt danach wohlfahrtsfördernd. Vgl. W. J. Baumol et al. (1982), S. 7. Dies ist insofern interessant, als auf der Netzebene dieser Theorie nicht gefolgt wird. Dort würde der Theorie von Baumol folgend eine Autbebung jeglicher Markteintrittsregulierung eine Situaton schaffen, in der ein besonderer Schutz neuer Wettbewerber nicht nötig ist, da sich am Markt alle Anbieter behaupten wUrden, die Effizienzvorteile vor AT&T hätten. 108 Vgl. M Weinkopj(1994), S. 65ff. 109 Vgl. M-W. Stoetzer (1993), S. 29f.

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3. Kap.: Postentwicklung und Postrefonnen in GB, USA und Japan

Communications Service=Sprachanwendung) insgesamt 120 MHz verteilt auf 7 Frequenzblöcke (2 ä 30 MHz, 1 ä 20 MHz, 4 ä 10 MHz) filr Mobilfunknetze freigegeben. Die Fläche der USA wurde in 51 Major Trading Areas (MTA's) unterteilt. Die MTA's wurden wiederum in 492 Basic Trading Areas (BTA's) aufgeteilt. Jede BTA wird mit den filnfkleinen Frequenzblöcken, die von unterschiedlichen Betreiber verwendet werden, vergeben. Innerhalb der MTA 's werden zwei Lizenzen fUr die großen Frequenzblöcke vergeben. Die Lizenzen haben eine Laufzeit von 10 Jahren und werden in Auktionen versteigert, deren Termin noch nicht feststeht. I 10 Auf dem Frequenzband 900 - 950 MHz wurden im September 1994 Auktionen fUr nationale Lizenzen (Narrowband Personal Communications Service = Datenübertragung) abgehalten. lll Wegen der geringeren Einsetzbarkeit dieser Netze - sie können filr Pager- und eingeschränkt fUr Datenfunkdienste eingesetzt werden - wurde ein Auktionserlös von 50 Mio. $ filr die 11 nationalen Lizenzen erwartet. I 12 Der tatsächliche Erlös belief sich schließlich auf über 617 Mio $. Durch dieses äußerst positive Ergebnis ermutigt, wird als Verkaufserlös fUr die Sprachdienstlizenzen über 12 Mrd. $ erwartet. fl3

IV. Fazit

Die USA haben nicht nur bezüglich technischer Entwicklungen Trends setzen können. Durch ihre energischen Entmonopolisierungsmaßnahmen sind sie Vorreiter filr Bemühungen um effizientere Marktstrukturen. 114 Der Wettbewerb im eigenen Land hat den bisherigen Monopolisten AT&T gelehrt, seine Dienstleistungen stärker an den Bedürfuissen der Märkte auszurichten. Außerdem ist er bemüht, sich betriebswirtschaftlich besser zu organisieren. So stiegen die Umsatzzahlen je Beschäftigten von 180.000 $ im Jahr 1989 lllf 208.000 $ im Jahr 1992. 115 MCI erzielte 1992 einen Umsatz von 341.000 $ je Beschäftigten. Die Expansionsbestrebungen der abgespaltenen Ortsnetzbetriebsgesellschaften, der BOC's (ugs.: Baby BeIls), fanden im Inland keinen Raum, so daß Internationalisierungsstrategien auf der Hand lagen. Die Wettbewerber von

110 Vgl. A. C. Bonett/R. B. Chong (1994), S. 5ff. III Vgl. D. Tewes (1994), S. 25f. 112 Vgl. M L. Carnevale (1994), B. Goodstadt (1994), S. 25. 113 Vgl. M Weinkopj(1994), S. 67. Nach der elften Bietrunde (Ende Februar 1995) standen die Gebote bei 6,4 Mrd. $. Vgl. o. v.. (1995c), S. 35. 114 Vgl. E. Grande (1989), S. 112 ff. 115 Vgl. M Weinkopj(1994), S. 35f.

c.

Die Entwicklung der Telekommunikationsmärkte in Japan

73

AT&T und den BOC's lernten gegen übennächtige Exmonopolisten Marktanteile zu erkämpfen. Diese Entwicklungen haben die internationale Konkurrenzflihigkeit der amerikanischen Telekommunikationsunternehmen gestärkt. Es gibt kaum eine Ausschreibung des Auslandes, in denen sich amerikanische Telekommunikationsunternehmen nicht an zentraler Stelle beteiligen. 116 Innerhalb der Konsortien dienen sie als Garanten filr den reibungslosen technischen Ablauf des Projektes. Sie können viel mehr als andere Unternehmen ihre Kompetenz in vivo demonstrieren, da sie auf den Wettbewerb in ihrem Heimatland verweisen können. Es zeigt sich, daß die Deregulierungsmaßnahrnen in den USA nicht nur die Angebotssituation auf den Heimatmärkten verbessert haben, sondern auch die internationale Wettbewerbsfllhigkeit. Kritisch anzumerken ist, daß die Versuche einer defmitorischen Abgrenzung von Dienstekategorien weiterhin verfolgt werden. Dies offenbart nicht nur eine mangelnde Einsicht, daß sich die sich fortwährend ändernde Gestalt der Dienste einer Defmition verschließt, sondern auch eine fehlende Bereitschaft zu erlcennen, daß Dienste keiner Regulierung bedürfen.

c. Die Entwicklung der Telekommunikationsmärkte in Japan I. Der Zustand der Telekommunikationsmllrkte in ihrer traditionellen Struktur

Die Struktur des japanischen Post- und Telekommunikationswesens vor der Deregulierung ist mit der europäischen verwandt. l17 Ein öffentliches Unternehmen, die Nippon Telegraph and Telephone Public Corporation (NTT), war fiIr das inländische Fernmeldewesen zuständig. Es war ausgestattet mit einern gesetzlich im Jahre 1900 festgeschriebenen Staatsmonopol fiIr den Betrieb von Fernmeldeanlagen. 118 Bis zur Gründung von NTT im Jahre 1952 wurde das japanische Telefonwesen von einer Ministerialverwaltung gelenkt. 119 Der Zweifel an der Geeignetheit dieses Systems zur Bewältigung der künftigen Aufgaben bei der Gestaltung der Telekommunikation ftlhrten zu der Gründung von NTT. Während die hoheitlichen Aufgaben beim Ministerium verblieben, gingen die unternehmerischen Aufgaben auf NTT über. NTT wurde ein öffentliches Unternehmen, weil man vennutete, daß in der Nachkriegszeit nicht genügend privates Kapital vorhanden sei, um die immensen Investitionen zu

116 Vgl. Simison (1991), R5. 117 Vgl. C. C. Weizsäc/cer (1987), S. 55. 118 Vgl. K. H. Neumann (1987), S. 29. 119 Vgl. K. H. Neumann (1990c), S. 1.

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3. Kap.: Postentwicklung und Postreformen in OB, USA und Japan

tätigen. 120 Anders als in Europa gab es ein privatwirtschaftliches Unternehmen, die Kokusai Denshin Denwa Corporation (KDD), die den internationalen Fernmeldeverkehr abwickelte. Die Regierung regulierte KDD sehr stark und besaß datilber hinaus einen Kapitalanteil von 10%, so daß KDD materiell ein öffentliches Unternehmen war. Die regulatorische Koordination besorgten zwei Abteilungen im Ministerium ftlr Post und Fernmeldewesen. Das Communications Policy Bureau befaßt sich mit den globalen Aufgaben der Regulierung. Es vertritt Japan bei internationalen Veranstaltungen, formuliert die Ziele des Telekommunikationswesens und koordiniert Forschung und Entwicklung. Das Telecommunications Bureau überwacht die Wettbewerber und verwaltet die Funkfrequenzen. 121 1953 wurde ein erster Schritt zur Reduzierung des Übertragungsmonopols in Japan unternommen. Es wurde Privaten erlaubt, Übertragungseinrichtungen tUr den Eigenbedarf zu errichten und zu unterhalten. Diese Netze durften aber keine Verbindung zum öffentlichen Netz haben. Diese Regelung nutzten Elektrizitätsversorger, die Eisenbahn, das Militär und einige andere Unternehmen. Ende der 60er Jahre wurde das Monopol, das NTT und KDD ftlr sich beanspruchen konnten, zum Gegenstand öffentlicher Kritik. Weder der Wiederverkauf von Übertragungseinheiten noch die gemeinsame Nutzung von Mietleitungen waren erlaubt. Private Übertragungsmöglichkeiten waren nur ftlr den Eigenbedarf gestattet und durften nicht zusammengeschaltet werden. 122 Trotz Aufhebung der Ministerialverwaltung und der Gründung der Gesellschaften NTT und KDD bestand weiterhin eine staatliche Monopolverwaltung. 123 Die Kritik ft1hrte zu zwei Leitungsliberalisierungen wodurch das Monopol von NTT auf Telefon-, Telex- und Telegrammdienste beschränkt wurde. Die gemeinsame Nutzung von Mietleitungen und der Markteintritt ftlr VANS-Unternehmen wurde erleichtert. Das Verbot des Wiederverkaufs von Übertragungseinheiten blieb bestehen, um Arbitragegeschäfte zu verhindern. Diese Schritte gingen den Kritikern aber nicht weit genug. Sie argumentierten, daß der Zweck, dem die monopolistische Marktstruktur dienen sollte, erreicht sei. Dies waren vor allem der Wiederaufbau des Fernmeldewesens nach dem Zweiten Weltkrieg und die lückenlose Versorgung der Haushalte mit Anschlüssen. Deshalb solle man sich nun einer freieren Marktordnung zuwenden und Unternehmen die Möglichkeit verschaffen, an diesem Markt teilzuhaben.

120 Vgl. K. H. Neumann (1987), S. 31. 121 Ebenda, S. 24. 122 Ebenda, S. 33. 123 Vgl. Regierungskommission (1987), S. 55 ff.

C. Die Entwicklung der Telekommunikationsmärkte in Japan

75

Die Kritik regte sich zu einer Zeit, da sich die japanische Regierung anschickte, ein ordnungspolitisches Refonnprogramm durchzuftlhren. Ebenso wie in Großbritannien war der Glaube an die Vorteilhaftigkeit einer liberalen Wirtschaftsordnung groß. Deshalb wurden Anfang der 80er Jahre neben NTT auch Japan Tobacco and Salt Public Corporation, Japan National Railways, die Electric Power Development Company und einige kleinere Unternehmen privatisiert. 124 Außerdem versuchte die Regierung durch die Privatisierungen die Gewerkschaften und damit die linken Oppositionsparteien zu schwächen und die Machtposition leitender Staatsbeamter abzubauen. Besonders letzterer Punkt war Anfang der 80er Jahre in der Öffentlichkeit vieldiskutiert. 125 Zuletzt ist als Grund anzuftlhren, daß die allgemeine Versorgung mit Basistelekommunikationseinrichtungen zwar ein zufriedenstelIendes Niveau erreicht hatte, 126 daß NTT aufgrund geringer Produktivität im Vergleich zu anderen Ländern aber sehr hohe Tarife hatte. 127 Außerdem bestand eine sehr starke Subventionierung des Ortsverkehrs durch den Fernverkehr. 128 Darüber hinaus übten die USA Druck auf Jafan aus, seinen Markt fllr Telekommunikations- und Tabakwaren zu öffuen. 12

11. Entscheidende Deregulierungsmaßnahmen in den siebziger und achtziger Jahren

Schließlich traten am 01.04.1985 zwei Gesetze in Kraft, die den Femmeldemarkt in Japan liberalisieren sollten. Das Telecommunications Business Law beendete die Monopole von NTT und KDD. Das NTT Company Law leitete die Privatisierung von NTT ein. Es regelt die Zuständigkeiten von NTT sowie die Verpflichtungen bezüglich sozialer Aufgaben. 130 Vorausgegangen war eine lange Meinungsbildungsphase, die ihren Anfang mit der Vorlage des Berichtes einer Verwaltungsreformkommission im Frühjahr 1983 nahm. Darin wurde vorgeschlagen:

124 Ygl. G. Ambrosius (1992), S. 345 ff. 125 Ebenda, S. 345. 126 Ygl. Grab (1992), S. 44 ff., o. V. (199Ia), RIO, R12. 127 Ygl. K. H. Neumann (199Oc), S. 2. 128 Ein Drei-Minuten-Ortsgespräch kostet 10 Yen, während das teuerste Ferngespräch gleicher Dauer 400 Yen kostet. Ygl. K. H. Neumann (1987), S. l31. 129 Ygl. W. Möschel (1988), S. 177. 130 Ygl. Grab (1992), S. 44.

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3. Kap.: Postentwicklung und Postrefonnen in GB, USA und Japan

(1) eine Aufspaltung von NTT nach dem Muster der Aufspaltung von AT & T in regionale OrtsnetzbetreibergeseUschaften und eine Fernverkehrsgesellschaft, (2) die Privatisierung der so entstandenen Gesellschaften durch Aktienemission, (3) die Zulassung von Netzwettbewerb sowie die Möglichkeit fiIr die Netzbetreiber, alle Dienste anzubieten, die nicht dem öffentlichen Interesse entgegenstünden, (4) die Festlegung von Tarifierungsprinzipien, an die sich die Betreiberfirmen halten müßten.

Dieses Reformprogramm hatte die Rückendeckung der Wirtschaft. Dafilr hatte der Vorsitzende der Verwaltungsreformkommission Toshio Doko gesorgt, der früher Präsident des japanischen Wirtschaftsverbandes Keidanren war. 131 Die öffentliche Debatte zeigte, daß man die Produktivitätsgewinne einer Entflechtung gegenüber den hohen Transaktionskosten als gering einstufte. Damit die DurchfUhrung des Restes des Reformprogrammes nicht gefilhrdet wurde, rückte der Keidanren von der Forderung einer Entflechtung NTTs ab,132 so daß dieses Vorhaben in kein Gesetz einging. Für die anderen Vorschläge der Kommission fanden sich in der Regierung Mehrheiten. So wandelte das NTT Company Law NTT in eine Aktiengesellschaft um. 133 Die Anteile wurden zuerst von der Regierung gehalten und dann in mehreren Tranchen an der Börse plaziert. Von der Emission waren Ausländer ausgeschlossen, weil ausländischer Besitz an NTT aus Autonomie- und Autarkiegründen verboten war. Des weiteren ist im NTT Company Law festgelegt, daß NTT zwar alle Dienste anbieten darf wie bisher; daß aber fiIr alle neu anzubietenden Dienste die Zustimmung des Ministeriums eingeholt werden muß. Das Telecommunications Business Law versucht, das Telekommunikationswesen von einer öffentlichen auf eine Marktstruktur zu überfiIhren. Während Netzbetreiber weiterhin stark reguliert werden, wird jedem, der auf angemieteten Übertragungseinrichtungen Dienste anbieten möchte, ein großer Raum filr fieie Entscheidungen eingeräumt.

131 Vgl. K. H. Neumann (1987), S. 47. 132 Ebenda, S. 50.

133 Dadurch wurde NTI eine sogenannten "special company", fiir die nicht nur das Aktienrecht, sondern zusätzlich ein auf die Gesellschaft zugeschnittenes EinzeIgesetz anzuwenden ist. Diese Konstruktion, die z. B. auch rur Japan Airlines und die staatliche Eisenbahn gilt, zieht bei der Besteuerung, dem Handelsrecht und der Staatsaufsicht einige Unterschiede nach sich. Ebenda, S. 54.

C. Die Entwicklung der Telekommunikationsmärkte in Japan

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III. Marktstruktur und Regulierung heute

Zur Durchfilhrung der unterschiedlichen Regulierungsausmaßen bedurfte es einer defmitorischen Trennung zwischen den unterschiedlichen Anbietern. Im Rahmen des Gesetzes wird unterschieden zwischen: Anbietertypen Typ I Carrier

Eigenschaften Anbieter von Dienstleistungen auf eigenen Übertragungswegen

Special Typ 11 Carrier Anbieter, die ihre Dienste jedermann anbieten oder international tätig sind und darüber hinaus:

• •

• •

ihre Tarife öffentlich bekanntgeben, keine Tarifdifferenzierung zwischen Kunden betreiben, jeden Nachfrager bedienen, der Interesse bekundet, und Interessenten über das öffentliche Netz Zugang zu ihren Diensten verschaffen.

General Typ 11 Carrier alle Anbieter, die eine der unter Special Typ 11 Carrier beschriebenen Anforderungen nicht erfilllen. 134 Der Freiraum, den das Telecommunications Business Law geschaffen hatte, wurde sowohl auf Netz- wie auch auf Diensteebene genutzt.

Netzebene - Insgesamt filnf Konsortien bewarben sich bis Anfang 1985 um die Erteilung einer Lizenz filr den Netzbetrieb. Drei von ihnen bewarben sich mit Konzepten fiir terrestische Netze, die beiden anderen planten Satellitensysteme. Im einzelnen waren es folgende Konsortien: 135 Daini-Denden Inc.: Dieses Konsortium um Kyocera (Anteil 28%, Rest verteilt auf insgesamt über 220 Firmen) baut ein Mikrowellennetz zwischen den Städten Tokyo, Nagoya und Osaka auf. Auf diese Strecke entfallen immerhin

134 Bedenkt man, daß die Klassifizierung als Special Typ 11 Carrier eine stärkere Regulierung zur Folge hat, liegt es nahe, daß einige Anbieter den Anforderungen nicht genügen, um der Regulierung zu entgehen. Allerdings verzichten sie damit auf einen Status, der in der japanischen Öffentlichkeit ftlr Sicherheit und Zuverlässigkeit steht. Vgl. A. Heuermann (1987), S. 143. 135 Vgl. A. Heuermann (1987), S. 117 ff.

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3. Kap.: Postentwicklung und Postreformen in GB, USA und Japan

30% des Femmeldeautkommens Japans. 136 Zwar besitzt das Konsortium hohe technische Kompetenz, aber es fehlt ihm an Trassen.

Japan Comnunications Satellite: Dieses Konsortium besteht aus den japanischen Handelshäusern C. Itoh und Mitsui sowie dem amerikanischen Satellitenhersteller Hughes Communications Inc. Durch ein Satellitennetz sollen landesweit Mietleitungen angeboten werden. Japan Telecom Co.: Bereits 1984 gründete die damals noch staatliche Eisenbahngesellschaft Japan National Railways (JNR) die Tochtergesellschaft Japan Telecom (Beteiligt mit 36%, Rest bei 250 Finnen). In ihr sollen die Telekommunikationsaktivitäten von JNR konzentriert werden. Das Netz erstreckt sich ebenfalls von Tokyo über Nagoya nach Osaka. Es besteht aus einer Glasfilserleitung entlang der Trasse des Schnellzuges Shinkansen. Zu einem späteren Zeitpunkt sollen südliche und nördliche Erweiterungen folgen. Außerdem ist an einen flächendeckenden Ausbau gedacht, wobei man die in die Städte fUhrenden Eisenbahntrassen nutzen will. Neben dem großen Vorteil bereits bestehender Trassen, existiert bereits Telekommunikationsfachwissen, weil JNR eigene Zwecke über ein Glasfilsernetz verftlgt und über 10.000 Mitarbeiter in diesem Bereich beschäftigt.

rur

Space Commu-nications Corp.: Mitsubishi hält 75% der Anteile. Dieses Unternehmen will ebenfalls mittels amerikanischer Technologie Satellitenmietleitungen anbieten. Teleway Japan: Motiv fiIr das Interesse am Aufbau eines eigenen Netzes ist die Verftlgbarkeit eigener Trassen, da die staatliche Autobahngesellschaft Japan Highway Public Corp. Konsortialfilhrer ist. Sie will, gestützt auf das technische Know-How von Cable & Wireless, Glasfaserleitungen entlang der Autobahnen errichten. Der Markterfolg der neuen Anbieter wird in starkem Maße davon abhängen, wie lange Kostennachteile der NTT gegenüber den neuen Netzbetreibern Bestand haben. Diese sind vor allem in höheren Personalkosten und in der ineffizienteren Übertragungstechnologie begründet. Bis Ende 1991 konnten die drei terrestischen Netze auf der verkehrsreichsten Relation Tokyo - Nagoya - Osaka immerhin über 31 % Marktanteil erkämpfen. 137 Auf der Langstrecke Hokkaido nach Fukuoka überträgt NTT nur nach die Hälfte aller Gespräche. Bei Mobilfunkgeräten hält NTT einen Anteil von 63%. Der größte Wettbewerber von NTT, die Daini-Denden Inc., hat wie die anderen Festnetzanbieter eine Umsatzrendite vor Steuern von 10% und sämtliche Anlaufverluste per Ende des Geschäftsjahres 1990/91 (31. März) bereits verdient. 138

136 Vgl. C. C. Weizsäcker (1987), S. 59. 137 Vgl.

o.v. (1991b), S. 11.

138 Ebenda.

c. Die Entwicklung der Telekommunikationsmärkte in Japan

79

NTT hat, um wettbewerbsfllhig zu bleiben, die Inlandsgesprächsgebühren jährlich um bis zu 20% gesenkt. Dadurch hat sich der Umsatz von NTT nur noch geringfilgig auf 75 Mrd. DM erhöht. Der Gewinn vor Steuern betrug 5,2. Mrd. DM, was eine Verringerung von 3% gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Das geänderte Wettbewerbsklima zwingt NTT dazu, Kostennachteile gegenüber den anderen Netzbetreibern abzubauen. Die Personalkostenproblematik139 wird filr NTT dadurch entschärft, daß ihr das neue Gesetz die Möglichkeit der DiversifIkation in neue Märkte erschließt. So plant NTT, zwischen 1985 und 1995 500 Tochtergesellschaften zu gründen, um an den zukünftigen Entwicklungen teilzunehmen. 140 Dies wird den Abbau der personellen Überkapazitäten bei den Basisdiensten erleichtern, ohne die ohnehin bereits wankende japanische Philosophie von der Lebensanstellung in einem Unternehmen zu verletzen. Die zu erwartende Modernisierung des Femmeldenetzes von NTT durch Ersetzen der alten Koaxialkabelsysteme durch Glasfaserstränge wird bestehende Kostennachteile bei der Leistungserstellung mit der Zeit erodieren. Interessant wird es sein, die Entwicklung der Elektrizitätswerke zu verfolgen. Da sie durch die Elektrizitätsleitungen bereits über Trassen filr den Ortsverkehr verfUgen, können sie zu geringen Kosten ein Ortsnetz aufbauen. Im Mai 1986 hat Tokyo Electric Power Co. Inc. durch ihre Tochter Tokyo Telecommunications Network Co. Inc. (TTNet) eine Lizenz zum Netzbetrieb beantragt. Seit Ende 1987 bietet sie einen vennittelten Telefondienst an. Zuerst hat sich TTNet auf das Angebot von bypass-Leitungen filr Großkunden spezialisiert. Auf Dauer sollen auch die Haushalte bedient werden. 141 Durch Kooperation mit den neuen Fernnetzbetreibern werden Netze in anderen Regionen verbunden. Diensteebene - Die Regulierung der Diensteebene in Japan wurde unter Verzicht auf die Trennung von Basis- und Mehrwertdiensten organisiert. Das Unterscheidungsmerkmal, das zu einer unterschiedlichen Regulierung filhrt, ist nicht das Angebotsspektrum, sondern der Modus der Bereitstellung von Übertragungsmöglichkeiten. 142 Unternehmen, die eigene Übertragungseinrichtungen besitzen, also Type I - Carrier, unterliegen einer strikten Regulierung. Sie dürfen neben den Basisdiensten auch alle Mehrwertdienste anbieten. Type II Carrier, die Übertragungseinheiten kaufen, dürfen einerseits einfachen Weiterverkaufbetreiben wie auch Zusatzdienste anbieten. In der Regel beschränken sie sich aber auf Mehrwertdienste. 143

Diese Regelung trägt der Erkenntnis Rechnung, daß Mehrwertdienste definitorisch nicht greifbar sind, weil durch technologischen Wandel immer wieder 139 Vgl. A. Heuermann (1987), S. 74. 140 Ebenda, S. 105. 141 Vgl. Monopolkommission (1991), S. 22 f. 142 Vgl. Grab (1992), S. 44 ff. 143 Vgl. K. H Neumann (1987), S. 140.

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3. Kap.: Postentwicklung und Postrefonnen in GB, USA und Japan

der Charakter dieser Dienste verändert wird. Andererseits umfaßt die Definition von Mehrwertdiensten des Telecommunications Business Law auch Dienste, die noch nicht reguliert worden waren. Sie lautet: 'Telecommunications Service' means intennediating communications of others through the use of telecommunications facilities, or any other acts of providing telecommunications facilities for the use of others.

Auf dem Dienstemarkt hatten sich 1991 25 Unternehmen als Special-Type II - Carrier etabliert zumeist mit internationalen Übertragungsdiensten und Mailboxdiensten. 144 Das Wachstum des Segmentes der General-Type 11 - Carrier weist eine große Dynamik auf. Waren 1987 etwa 200 Unternehmen darin tätig, wuchs diese Zahl bis 1991 auf über 700. 145

Deregulierung des Mobilfunks. - Bis 1988 versorgte ausschließlich NTT Japan mit Mobilfunkleistungen. 146 Dann entschied das MPT, daß in jedem der 10 Regionalmärkte, in die Japan unterteilt ist, ein neuer Netzbetreiber zugelassen werden sollte. Die Japan Mobile Communications (JMC) erhielt die verkehrsintensiven Regionen Tokio und Chubu, während DDI Cellular die acht anderen Regionen zugesprochen wurden. In der Folge wurde versucht, das Machtungleichgewicht zwischen NTT, JMC und DDI Cellular zu beheben, indem Mitte 1992 die Mobilfunkaktivitäten der NTT in eine Tochtergesellschaft NTT DoMoCo auszugliedern wären. Doch auch nach der Ausgliederung verblieb dem NTT Angebot der Vorteil, der einzige Betreiber zu sein, dessen Netz alle zehn Regionen umspannt. Als Folge der bestehenden Übermacht der NTT entschied das MPT: 1. daß NTT DoMoCo in neun unabhängige Tochtergesellschaften aufgespalten werden sollte, zwischen denen Quersubventionen nicht gestattet sein sollten, 2. die Zusammenschaltung der privaten Netze von JMC und DDI Cellular zu gestatten, 3. daß die Zusammenschaltung zwischen den Mobilfunknetzen und dem Festnetz von NTT ftir beide, NTT DoMoCo und die privaten Betreiber, :ru gleichen Bedingungen erfolgen müsse 4. daß NTT DoMoCo ihrer Mutter einen Kaufpreis ftir die Überlassung der Mobilfunkinfrastruktur und 5. daß NTT DoMoCo keinen bevorzugten Zugang zu den F & E Ergebnissen von NTT erhalten sollten. 144 Vgl. Grab (1992), S. 47.

145 Vgl. Regierungskommission (1987), S. 57. Grab (1992), S. 47. 55.

146 Die folgenden Erläuterungen beziehen sich auf: M Komiya (1993), S. 52 -

c. Die Entwicklung der Telekommunikationsmärkte in Japan

81

Um die letzte Auflage zu umgehen, hat NTT von den 1.800 Angestellten, die sie auf die Tochter übertragen hat, 250 aus der F & E Abteilung ausgewählt. Dadurch wird natürlich die KostenkaIkulation der Tochter nicht unerheblich belastet. 1992 einigte sich Japan auf einen digitalen Mobilfunkstandard. Neben NTT DoMoCo haben zwei weitere Betreiber Lizenzen erhalten. Es wird erwartet, daß bis Ende 1995 auch die beiden bereits existierenden privaten Anbieter auf den neuen digitalen Standard umgeste.llt haben werden. Dann wird es in jeder der zehn Regionen neben NTT DoMoCo drei private Anbieter geben, die alle Dienste anbieten, die auf demselben Standard basieren.

IV. Fazit

Obwohl das Ziel der Deregulierung die Reduzierung des staatlichen Einflusses war, sind die japanischen Telekommunikationsmärkte auch weiterhin nicht völlig frei. Durch die verbliebene Regulierung wird zu erreichen versucht; 147 •

daß keine signifIkanten Überkapazitäten aufgebaut werden,



daß Fehlinvestitionen vennieden werden, indem Bedarfsanalysen durchgefiIhrt werden,



daß nur Anbieter mit starker Finanzkraft und großem Fachwissen in den



daß die Gebühren- und KostenkaIkulation filr die Dienste übersichtlich ist und faire Deckungsbeiträge erzielt werden und



daß niemand durch die Tarife diskriminiert wird.

Markt dringen,

Dieses Bestreben fiIhrt dazu, daß auf der Netzebene der Marktzutritt durch Lizenzierung reguliert ist. Allerdings wurde erst in einem Fall eine Lizenz verwehrt. Das Ministerium filr Post und Telekommunikation glaubte durch die Auswertung einer Umfrage bei Großnutzern herausgefunden zu haben, daß nur Bedarf filr zwei Satellitenfunkanbieter bestünde. Deshalb wurde einem dritten Bewerber, der Japan Satellite, einem Konsortium um Sony, die Betriebslizenz verwehrt. Auf der Ebene der terrestischen Netze hat man sich, anders als in Großbritannien, dafilr entschieden, eine Regulierung des Marktzutritts nicht vorzunehmen. Man vertraut also darauf, daß Marktmechanismen das Entstehen von Fehlkapazitäten verhindern werden.

147 Vgl. A. Heuermann (1987), S. 135. 7 Kurtsiefer

82

3. Kap.: Postentwicklung und Postrefonnen in GB, USA und Japan

NTI spürt auch nach dem Inkrafttreten des neuen Telecommunications Business Law, daß sie in ihren Freiheiten eingeschränkt ist. Entscheidungen über Personalfragen auf höchster Ebene, über die Gewinnverwendung, über die allgemeine Geschäftspolitik und über Satzungsänderungen werden von der Regierung beeinflußt. Das Ministerium ft1r Post und Telekommunikation hält es ft1r nötig, die Benutzungsgebühren (Access Charges), die NTI von den anderen Netzbetreibern filr die Nutzung der NTI-Ortsnetze verlangt, zu regulieren. Zwar ist es den neuen Betreibern möglich, durch eigene Leitungen zu den wichtigsten Kunden, dem sogenannten Bypassing, das Ortsnetz von NTI zu umgehen. Es war aber Intention des neuen Gesetzes, NTI möglichst wenig Quellen filr interne Subventionierung zu geben. Darüber hinaus hätten zu hohe Access Charges den Aufbau von Überkapazitäten gefbrdert, weil die neuen Betreiber ihre eigenen Leitungen aufgebaut hätten. Auf Dauer wird eine Regulierung dieses Bereiches wahrscheinlich nicht mehr nötig sein. Der bisher nur filr den Fernverkehr zu konstatierende Wettbewerb wird durch das Aktivwerden der Elektrizitätswerke auch in die Ortsnetze hereingetragen. Dadurch erwächst NTT auch auf der Ortsebene Konkurrenz. Für die Ebene der Zusatzdienste werden die Special-Type 11 - Carrier durch Auflagen beeinflußt. Sie müssen sich registrieren lassen und ihre Tarife veröffentlichen. In bezug auf die Wahl ihrer Kunden sind sie frei. Für sie, ebenso wie filr die General-Type 11 - Carrier besteht kein Kontrahierungszwang. Die General-Type 11 - Carrier sind überhaupt nicht reguliert. Sie können mit ihren Kunden individuelle Tarifverträge aushandeln. Das japanische Modell der Deregulierung hat zu einer erheblichen Intensivierung des Wettbewerbs gefllhrt. Dazu hat nicht zuletzt beigetragen, daß auf eine definitorische Trennung der Dienste in Basis- und Mehrwertdienste verzichtet wurde. Damit wird Japan dem Umstand gerecht, daß eine Regulierung gleich welcher Dienste nicht mehr nötig ist, weil durch technische Entwicklungen und durch das zu bedienende Marktvolumen die Vorstellung einer Trennung vom wettbewerbsfreien Basisdienst und wettbewerblichem Mehrwertdienst überaltert ist. Dies haben die japanischen Wettbewerbsgestalter erkannt und konsequent umgesetzt. Insgesamt wächst die Telekommunikationsnachfrage in Japan schneller als in anderen hochentwickelten Staaten. Dabei werden auch überdurchsschnittliche Erträge erwirtschaftet. 148 Die guten infonnellen Infonnationsstrukturen zwischen der Regulierungsinstanz und den Regulierten ist ein wichtiger Grund filr den Erfolg der japanischen Telekommunikationsmärkte und vielleicht auch filr die mangelnde Übertragbarkeit der japanischen Verhältnisse auf Europa. 149

148 Vgl. S. Glynn (1992), S. 6ff. 149 Ebenda, S. 12.

D. Erkenntnisse aus dem Ländervergleich für Deutschland

83

D. Erkenntnisse aus dem LAndervergleich mr Deutschland Allen drei Ländern ist gemein, daß die Privatisierung der Telekommunikationsbranche zu einer Beschleunigung des Wachstums dieser Branche gefilhrt hat. Der Reichtum an Netzen, Diensten und Geräten hat um ein Vielfilches zugenommen. Anders als es viele in Deutschland wahrhaben wollen, hat die Lizenzierung von privat betriebenen Festnetzen nicht zu einer Verschlechterung der Grundversorgung gefUhrt. Ebensowenig wurde die kommerzielle Basis des ehemaligen Monopolisten so empfindlich gestört, daß ernsthafte Schwierigkeiten entstanden wären. Festnetz. - Die Deregulierung des Festnetzes wird - im internationalen Vergleich sehr spät - zum 1.1.1998 vollzogen. Ungeachtet der Terminfrage ist zu klären, ob man dem Modell Großbritanniens folgen sollte, wo ein Wettbewerber durch regulatorischen Schutz stark gemacht wurde. Dieses Vorgehen kann verhindern, daß die Marktmacht des bisherigen Monopolisten den neuen Wettbewerber erdrückt. Doch besteht der Nachteil, daß sich in einem Dyopol die Wettbewerbskräfte nicht optimal entfalten können. Außerdem ist zu fordern, daß neue Wettbewerber effizienter sind als der bisherige Anbieter, wenn sie in den Markt eintreten. Den Beweis eines Effizienzvorsprunges konnte Mercury schuldig bleiben, weil sie vom OFTEL geschützt wurde. Diese Überlegungen fUhrt zu der Lösung, die in den USA und Japan realisiert wurden, und die in Deutschland im ERTKG vorgesehen ist. 150 Lizenzen filr den Fernübertragungseinrichtungen sollten bei vorliegender Kompetenz des Bewerbers frei vergeben werden. Dadurch besteht vielleicht die Gefahr des Aufbaus von Überkapazitäten, jedoch überwiegen die Chancen auf Effizienzgewinne durch den intensiveren Wettbewerb. Ruinöse Konkurrenz könnte durch transparente Kostenrechnungssysterne verhindert werden und durch das Verbot des Angebotes zu langfristigen Unterkostenpreisen. Ortsnetz. - Die Ortsnetze werden zur Zeit noch weitgehend monopolisitisch geftlhrt. In den USA wurden sie von dem Festnetzbetrleb abgetrennt und erhielten unabhängige Betriebsgesellschaften. In Japan und Großbritannien gehören die Ortsnetze dem ehemaligen Monopolisten. Es wurden bisher in. keinem Land Lizenzen filr parallele Ortsnetzbetreiber vergeben. Lediglich durch das Bypassing können Großkunden direkt aus dem Festnetz erreicht werden. Weil die Monopolisten fiilher den Ortstelefonverkehr mit Subventionen aus dem Fernverkehr verbilligten, ist das Unterbieten der Ortstarife filr neue Anbieter nur schwer zu erreichen, obwohl durch Unternehmen aus der Energieversorgung und durch Kabelnetzbetreiber bereits heute Wettbewerb auf der Ortsebene möglich wäre. Wenn sich die Tarife beim Mobilfunk weiter verbilligen, ist denkbar, daß von dieser Seite ein vollwertiges Substitut filr den Ortsnetzanschluß entsteht. ISO Vgl. ERTKG § 9 S. 2. 7"

84

3. Kap.: Postentwicklung und Postrefonnen in GB, USA und Japan

Behandlung des Monopolisten. - Dem amerikanischen Beispiel der Zerschlagung des Monopolisten durch die Trennung in einen wettbewerbsfreien Ortsverkehr und den dem Wettbewerb ausgesetzten Fernverkehr erscheint nicht sinnvoll. Erstens impliziert diese Lösung, daß Wettbewerb auf der Ortsnetzebene nicht möglich ist, was falsch ist. Zweitens sprechen die enonnen Transaktionskosten und der Verzicht auf Verbundeffekte zwischen dem Betrieb von Orts- und Fernnetzen dagegen. Drittens wohnt dem einzigen scheinbaren Vorteil, der sauberen Trennung der Wettbewerbsdienste von den eher wettbewerbsfreien Diensten, die Tendenz inne, daß die Trennung im Rahmen der Expansionsbestrebungen der Ortsnetzbetreiber aufgehoben wird. Dies zeigt das Beispiel USA ganz deutlich. In Deutschland ist dies im ERTKG auch nicht vorgesehen. Mobilfunk. - Die Zustände in den USA und in Japan können fUr Deutschland nur sehr eingeschränkt übertragen werden, weil die Mobilfunkversorgung in Flächenstaaten andere Probleme birgt und andere Lösungen erfordert. Die Versteigerung der Lizenzen fiIr die PCS-Netze in den USA stellt sicherlich die einzige Lösung dar, durch die der Marktwert der Lizenz verzerrungsfrei ennittelt werden kann. Jede andere Fonn der Zuteilung, bei der ein Preis verlangt wird, der geringer als der bei einer Versteigerung erzielbare wäre eine Subvention der Lizenznutzer durch den Staat, weil ihnen ein rares Gut zu verzent niedrigen Preisen zur Nutzung überlassen würde. In Deutschland wird das Versteigerungsverfahren nicht benutzt um Lizenzen zu erteilen, wenn auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt bereits Lizenzen ohne Versteigerungsverfahren erteilt wurden. 151 Eine Antwort auf die Frage, wieviele Netze in einem Land bereitgestellt werden sollten, findet man eher in Großbritannien. Dort wird den Lizenznehmern eine vollständige Flächendeckung vorgeschrieben, wie dies auch in Deutschland der Fall ist. Mittlerweile bieten vier Betreiber mit insgesamt sechs Netzen Mobilfunkleistungen an. Die frühe Entwicklungsphase der vier jüngsten Netze läßt eine abschließende Bewertung, ob damit das Sättigungsniveau erreicht oder sogar schon überschritten worden ist, nicht zu. Lediglich die einer Fusion recht nahe kommende Verbindung zwischen Microtel und Unitel filr den Netzaufbau, die beide eine eigene Lizenz fiIr ein PCN-Netz haben,152 verdeutlicht, daß der Druck unter den Anbietern wesentlich größer geworden ist.

Regulierungsinstanz. - Die Regulierung durch das Ministerium fUr Post und Telekommunikation wäre auf die Verwaltung der Lizenzen zu beschränken. Die Einhaltung der Regeln eines funktionsfllhigen Wettbewerbs könnte das Ministerium überwachen, genauso gut aber könnte das Bundeskartellamt die Kontrolle durchfilhren.

151 Vgl. ERTKG § 11 Abs. 2, 3. 152 Vgl. K. H. Neumann (1992), S. 5.

D. Erkenntnisse aus dem Ländervergleich rur Deutschland

85

Personal. - In Japan und den USA waren die Beschäftigten immer Arbeiter und Angestellte. In Großbritannien versahen bis 1969 Beamte die Telekommunikationsdienste. Diesen Status verloren sie im Rahmen der Post Office Act. Die Praxis zeigt, daß es keinen Grund gibt, in Deutschland das Beamtentum bei den Beschäftigten der Telekom zu erhalten. Das Argument, daß hoheitliche Aufgaben von Beamten zu versehen seien, ist gültig. Deshalb werden diese Aufgaben auch vom Ministerium wahrgenommen. Andere Gründe, wie z. B. das Briefgeheimnis und die besondere Vertrauensstellung der Postmitarbeiter sind bedeutungslos. Banken und Versicherungen beweisen, daß Beamtentum nicht notwendig ist, um mit persönlichen Informationen diskret umzugehen.

Zwei unveröffentlichte Studien 153 über die Auswirkung von Wettbewerb an der Netzebene, in die die Erfahrungen aus den drei o. a. Ländern einflossen, kommen zu dem Ergebnis, daß die Infrastruktur besser ist, wenn der marktbeherrschende Netzbetreiber vom Staat getrennt ist, weitgehend privatisiert ist und von einer unabhängigen Regulierungsbehörde kontrolliert wird. Wettbewerb auf der Netzebene ftIhrt zu Marktwachstum durch besseres und größeres Angebot. Eine flächendeckende Grundversorgung wird nicht nur nicht gefllhrdet, sondern unter Umständen sogar gefördert. Eins ist offensichtlich: Die frUhzeitige und konsequente Privatisierung der Telekommunikationsmärkte hat die großen Unternehmen NTT, BT, AT&T und die BOC's zu sogenannten Global Playern wachsen lassen. Dadurch haben sie gegenüber den deutschen Unternehmen große Vorsprünge herausgearbeitet, die diese nun mühsam aufholen müssen.l 54 Es zeigt sich, daß sich die Exportkompetenz der deutschen Telekommunikationsindustrie auf schrumpfende Märkte beschränkt. Wachstumsmärkte werden von ausländischen Unternehmen dominiert. Nokia und Ericsson verdeutlichen, daß nicht der Standort Europa eine bessere internationale Stellung verhindert. 155 Die zaghafte Öffuung zum Wettbewerb bremst völlig unnötig die Entwicklung auf einem - wenn nicht "dem" - Wachstumsmarkt in Deutschland.

153 Vgl. Analysys (1993) und OECD et al. (1993). 154 Vgl. M-W. Stoetzer (1994), S. 17f.

155 Ebenda, S. 18.

4. Kapitel

Die Bereitstellung von Mobilfunkleistungen im Lichte der Kollektivgütertheorie A. Grundlagen In der KollektivgUtertheorie befaßt man sich mit Gütern, die filr mehr als ein Individuum nutzenstiftende Wirkung haben. l Für solche Güter muß die Bereitstellung (d. h. Beschaffung und Finanzierung) in der Regel durch Versorgungsverbände organisiert werden. Die Kollektivgütertheorie versucht optimale Antworten auf folgende Bereitstellungsfragen zu finden: 1. Hinsichtlich der Beschaffimg eines Kollektivgutes ist zu klären, wer mit dem Recht ausgestattet werden soll, Qualität und Quantität des zur Vertl1gung zu stellenden Gutes festzulegen. 2. Hinsichtlich der Finanzierung des Gutes ist zu klären, wie die Beschaffimg des Gutes (Ankauf oder Herstellung) und die Transaktionskosten des BereitsteIlens (Kosten des Versorgers) finanziert, d. h. nach welchem Tarif die Kosten auf die Mitglieder des Versorgungsverbandes umgelegt werden sollen. 3. Hinsichtlich der Organisation des Verbandes ist festzulegen, wie die Willensbildung innerhalb des Verbandes stattfmden soll und wer die Kontrolle über die Geschäfte innehaben soll. Wenn die Bereitstellung eines Kollektivgutes - aus welchem Grund auch immer - nicht durch einen Versorgungsverband, sondern durch ein Erwerbsunternehmen erfolgen soll, wird dadurch die Kontrolle erschwert. Wenn der Wettbewerb auf der Angebotsseite funktioniert, tritt dieser Umstand allerdings in den Hintergrund. Es gibt mehrere Kategorien von Kollektivgütern. So z. B. SchutzgUter wie die Natur und ErrichtungsgUter wie ein Mobilfunknetz. Eine andere Form der Unterscheidung bezieht sich auf die Bedienungskapazität des Gutes. Es gibt einerseits Güter, bei denen die Anzahl der Nutzer nicht begrenzt ist, z. B. Deiche oder Rundfunksendungen. Andererseits gibt es Güter, bei denen Überftlllungserscheinungen auftreten können, wenn zu viele gleichzeitig die Nutzung des Gutes filr sich beanspruchen, z. B. Telefonnetze oder Straßen.

1 Als Grundlage dienen besonders das Buch von R. A. Musgrave/P. B. Musgrave/L. Kullmer (1994), H. Grossekettler (1985), S. 211-252, (1991), S.69 - 89 und (1995), S. 485 - 628.

B. Beschreibung der Struktur der Mobilfunkmärkte

87

Ohne eine Organisation durch Versorgungsverbände, welche die Exklusion Nichtzahlungswilliger durchftlhren, würden TrittbrettfahrerefIekte dazu ftlhren, daß bei Schutzgütern die Nachfrage zu hoch dimensioniert wäre und bei Errichtungsgütern zu niedrig. Diese Wirkung würde zumindest dann festzustellen sein, wenn auf der Basis privaten Rechts keine kostengünstige Exklusion derer möglich wäre, die nicht zur Errichtung bzw. Erhaltung des in Rede stehenden Gutes beitragen wollen. 2 Im folgenden soll versucht werden, ein Sollkonzept filr die Bereitstellung von Mobilfunknetzen aus kollektivgütertheoretischer Sicht zu fmden. Zur Verdeutlichung der Problematik werden die Dienstleistung und der Markt auf dem sie gehandelt wird untersucht. Danach gilt es, die Parameter zu konkretisieren, die benötigt werden, um das Sollkonzept in Abhängigkeit von der Auslastung der Kapazitäten zu erarbeiten. Für jede Kapazitätssituation wird dann der Tariftyp abgeleitet, der sowohl die Grenzkosten pro Nutzungsakt, als auch die Gesamtkosten der Nutzerversorgung abdeckt. Zuletzt wird die Verbandskompetenz in bezug auf Finanzierungs- und Exklusionsmöglichkeiten festgelegt.

B. Beschreibung der Struktur der Mobilfunkmärkte Deutschlands I. Grobstruktur der Mobilfunkmllrkte

An den Mobilfunkmärkten Deutschlands nehmen als eigenständige Gruppen die Netzbetreiber, die Serviceprovider, die als Zwischenhändler und Veredler Übertragungseinheiten tätig sind, die Endgerätehersteller und die Nachfrager teil.

rur

Netzbetreiber - Die privaten Netzbetreiber, Mannesmann Mobilfunk (D2Netz)und E-plus (EI-Netz), haben Lizenzen vom Bundesminister filr Post und Telekommunikation im Rahmen von Ausschreibungen erhalten. Die Telekom hat die Lizenz filr das C-Netz im Rahmen ihrer Monopolrechte erhalten (D1Netz). Bei der Vergabe der Lizenzen fUr die D-Netze wurde sie automatisch bedacht. Als Novum in der Telekommunikationsgeschichte der DBP wurde ihr im Fall der Freigabe des Frequenzbandes um 1,8 GHz der Betrieb eines Mobilfunkdienstes auf Basis dieser Frequenz untersagt. Erst nach einer Frist von 4 Jahren sollen die beiden D-Netz-Betreiber gleichberechtigt an einer eventuellen Neuvergabe zusätzlicher Frequenzen auf dem 1,8 GHz-Band teilnehmen dürfen. 3

2 Vgl. H. Grossekettler (1991), S. 70. 3 Diese Regelung gilt vorbehaltlich einer Prüfung durch das BMPT, ob der Mobilfunkmarkt auf Basis des Des 1800-Standards (E-plus) einem sachlich anderen Markt zuzurechnen ist als der auf dem GSM-Standard beruhende. Ist dies der Fall,

88

4. Kap.: Mobilfunk im Lichte der Kollektivgütertheorie

Allen Betreibern kommt die Aufgabe zu, entsprechend der Bedingungen der Lizenz filr eine flächendeckende Versorgung mit störungsfreien Übertragungswegen in Abhängigkeit vom Kapazitätsbedarf zu sorgen. Die durch das Netz transportierten Übertragungseinheiten können im Direktvertrieb dem Telefonkunden unmittelbar angeboten werden. Sie müssen aber auch den Serviceprovidern 2ll Konditionen, die Wettbewerb ermöglichen, zur Verftlgung gestellt werden. 4

Serviceprovider - Mit den Serviceprovidern ist eine neue Gruppe in die Mobilfunkmärkte ftIr die 01-/ 02-/ EI-Netze eingetreten. Sie erwerben Übertragungseinheiten von den Netzbetreibern, die sie dann im eigenen Namen und fiIr eigene Rechnung an die Nachfrager weiterverkaufen. Durch sie soll eine bessere Distribution, mehr Wettbewerb und ein vielfältigeres Angebot erreicht werden. Die Übertragungsleistungen des C-Netzes werden weiterhin ausschließlich über die Telekom vertrieben. Die Serviceprovider sowie ihr Angebot sind in Abb. 3 beschrieben. Endgerätehersteller - Die Endgerätehersteller von Mobilfunktelefonen treten in der Regel nicht selber an den Nachftager heran. Die Geräte werden entweder von Elektronikfachhändlern, den Vertriebsorganisationen der Netzbetreiber oder von den Service-Providern verkauft. Weil die beiden letztgenannten Gruppen daran interessiert sind, möglichst viele Geräte abzusetzen - in der Hoffuung, dadurch möglichst viele Gebühreneinheiten verkaufen zu können - wird der Verkauf der Geräte teilweise sogar von ihnen subventioniert. Als letzte Gruppe seien die Nachfrager genannt, die in einer ersten Grobgliederung in gewerbliche und private Nutzer unterteilt werden sollen. Es zeigt sich, daß hier kein Versorgungsverband ein Netz filr den Eigenbedarf seiner Mitglieder geschaffen hat. Vielmehr haben Erwerbsunternehmen Netze aufgebaut, um mit dem Verkauf von Übertragungseinheiten Gewinne zu erzielen. Die Nachfrager organisieren sich nicht, sondern fragen das Gut individuell nach. Einen gewissen Einfluß können sie vielleicht über die Serviceprovider nehmen. Diese Unternehmen sind zwar ebenfalls keine Interessenvertretungsinstitutionen, sondern erwerbswirtschaftliche Unternehmen. Deren Markterfolg korreliert aber sehr hoch mit der erfolgreichen Vertretung der Nachfragerinteressen gegenüber den Netzbetreibern. Über diesen Mechanismus wird den Nachfiagern eine gewisse Einflußnahme zuteil, die aber wesentlich geringer ist als das sich aus dem Vereinsrecht ableitende Mitspracherecht in einem Versorgungsverband. Der Aspekt, daß die Nachftage nach einem Kollektivgut organisiert werden muß, damit es erstellt wird, tritt hier in den Hintergrund, weil offensichtlich war, daß genügend Nachfrage filr diese Dienstleistung existierte.

kann der BMPT auch vor Ablauf von 4 Jahren Frequenzen des DeS 1800-Standards an MMO und die Telekom vergeben. Vgl. BMPT (1992), S. 15. 4 Vgl. z. B. Lizenzvertrag fUr MMO § 17.

89

B. Beschreibung der Struktur der Mobilfunkmärkte

Nach dieser Grobeinfilhrung der Marktstruktur sollen nun die in Rede stehende Dienstleistung und ihre Substitute beschrieben werden. Tarife Art Bosch Debitel

B

proficom Axicon

8.000

G

Martin Dawes Dekratel

I

18.000

I

~

Unicom

29.000

Talkline

40.000

~~ Com

TMG

Motorola DrilIisch

G

8 IB ID

I

DebiteV Bosch

384.000

Martin Dawes

206.000

[§J

I

I

DM

rn

148.000

172 228

phone

142.000 1103.000 1

EJ

B B B

rn rn 176 230

Wenig Nonnol

Viel

Abb. 3: Konzentrationsprozeß unter den Serviceprovidern

172 229

90

4. Kap.: Mobilfunk im Lichte der Kollektivgütertheorie

11. Beschreibung der Märkte rllr Übertragungsleistungen von Mobilfunknetzen

I. Die Dienstleistung, ihre Nutzungsmäglichkeiten sowie ihre Substitute Die Dienstleistung - Die Dienstleistung kann beschrieben werden als ein hochwertiger Informationsübertragungsdienst, der flächendeckend mit ausreichender Kapazität ausgebaut ist und mit Handgeräten kleiner Dimensionierung in Anspruch genommen werden kann. Außerdem ermöglicht die technische Ausstattung, daß das Netz gesprächswillige Mobilfunkkunden kontinuierlich lokalisieren kann, um eingehende Gespräche zielgerichtet zu leiten. Schließlich ist ein störungsfreier Hand-Over zwischen Basisstationen Bestandteil der Dienstleistung. Nutzungsmäglichkeiten - Die digitalen Mobilfunknetze sind in ihren Anwendungsmöglichkeiten besonders vielfältig. Auf einem hohen Abstraktionsniveau sind folgende Nutzungsmöglichkeiten zu nennen: (1) Informationsübertragung unabhängig von der eigenen geografischen Position innerhalb Deutschlands, (2) Informationsübertragung unabhängig von der eigenen geografischen Position außerhalb Deutschlands aber innerhalb der Grenzen der GSM-Unterzeichner. staaten, (3) Informationsübertragung unabhängig vom eigenen Bewegungszustand, (4) weitgehend abhörsichere Informationsübertragung, (5) Informationsübertragung zwischen Sender und Empfänger in Duplexkanaltechnik, also gleichzeitig in beide Richtungen, (6) Nutzung des gesamten Spektrums an Mehrwertdiensten, (7) Beschränkungsfreiheit hinsichtlich der Menge der Übertragungsinhalte, (8) Beschränkungsfreiheit hinsichtlich der Art der Übertragungsinhalte.

Substitutionsbeziehungen - Um Substitutionsprodukte zu erfassen, müssen die zentralen Wesensmerkmale von Diensten bestimmt werden, die vorhanden sein müssen, um als Substitut filr digitale Mobilfunkübertragungsleistungen vom Nutzer wahrgenommen zu werden. Als enges Substitut sollen in diesem Zusammenhang Dienstleistungen bezeichnet werden, die beim Nachfrager identische Nutzenempfindungen hervorrufen. Um weite Substitute handelt es sich, wenn die Dienstleistungen nur ähnliche Nutzenempfmdungen erzeugen. Es gilt also zuerst zu beschreiben, welche Nutzenstiftung das Telefonieren mit digitalen Mobilfunknetzen leistet. Der Verfasser geht davon aus, daß das zentrale Wesensmerkmal in der Telekommunikation die nicht dingliche Übertragung von Informationen ist. Alle

B. Beschreibung der Struktur der Mobilfunkmärkte

91

Dienste, die dies ennöglichen, stehen in einer Substitutionsbeziehung zu digitalen Mobilfunkdiensten. Die Einteilung in enge und weite Substitute ist schwieriger zu treffen. Der Unterschied zwischen diesen beiden Gruppen besteht in der schwächeren Verbundenheit der Märkte filr digitale Mobilfunkdienste mit den Märkten filr weite Substitute als mit Märkten fiIr enge Substitute. Enge Substitute müssen demnach ähnliche Nutzenmerkrnale aufweisen und über freie Kapazitäten verfi1gen, damit Nachfiage effektiv umgelenkt werden kann. Wenn nämlich eine enge Substitutionsdienstleistung aufgrund limitierter Ressourcen, z. B. einer begrenzten Anzahl an Frequenzen, die Grenze ihrer Kapazität erreicht hat, ist ihr Einfluß auf den digitalen Mobilfunk marginal. Zur Umsetzung dieser Überlegung sind zuerst die Nutzenmerkrnale zu bestimmen, die konstitutiven Charakter filr die Klassifizierung als enges Substitut haben. Nach Meinung des Verfassers stehen alle Dienste, die ein ähnlich großes Verwendungsspektrum wie das digitale Mobilfunknetz haben, in enger Substitutionsbeziehung. Dabei ist die Mobilität nicht als K.o.-Kriterium zu verstehen. Der festnetzgebundene Telefondienst zählt, dank seiner umfangreichen Verwendungsmöglichkeiten zu den engen Substituten. Im Gegensatz dazu ist bei weiten Substituten die Mobilität ein Ausschlußkriterium. Dienste, die nur filr den stationären Einsatz konzipiert sind und darüber hinaus nur limitierte Nutzungsmöglichkeiten bieten, stehen in keiner Beziehung zum digitalen Mobilfunk. Die weiten Substitute umfassen also die Dienste, die zum einen Mobilität bei der Infonnationsübertragung ennöglichen und zum anderen ein begrenztes Ausmaß der Übertragungmöglichkeiten aufweisen. Es handelt sich um Dienste, die entwickelt wurden, um bestimmte Spezialprobleme der mobilen Kommunikation zu lösen. Keiner dieser Dienste weist Leistungsmerkrnale auf, die der digitale Mobilfunk nicht hat. Dadurch werden Nutzer der Spezialdienste u. U. veranlaßt, zu digitalen Mobilfunkdiensten zu wechseln, um die zusätzlichen Leistungsmerkmale nutzen zu können. Umgekehrt werden Mobilfunknutzer, die nicht das gesamte Leistungsspektrum benötigen, zu einem Spezialdienst wechseln wollen, wenn sie sich davon Kostenvorteile versprechen können.

Beschreibung der Substitute: Enge Substitute C-Netz: Das C-Netz wurde am 01.05.1986 dem Publikumsverkehr geöffuet Per Ende 1994 entfielen rund 775.00 Mobiltelefonanschlüsse in Deutschland auf das C-Netz, das von der Telekom betrieben wird. Der Ende 1993 erreichte Höhepunkt von 803.000 Nutzem ist damit überwunden. Das C-Netz befindet sich innerhalb der Lebenszyklusbetrachtung in der Schrumpfungsphase, obwohl es, anders als die D-Netze, über eine vollständige Flächendeckung verfi1gt. DafiIr weist es in Ballungsgebieten noch deutliche ÜberfUllungserscheinungen auf. Solange die D-Netze nicht über eine vollständige Flächendeckung verfUgen, muß das C-Netz als ein enges Substitut angesehen werden.

92

4. Kap.: Mobilfunk im Lichte der Kollektivgütertheorie

Ei-Netz: Anfang 1993 erhielt die E-plus Mobilfunk GmbH um Thyssen, VEBA, Bell South und Vodaphone die Lizenz zur Errichtung eines dritten digitalen Mobilfunknetzes. Das BMPT ist der Auffassung, daß dieser Dienst in einer direkten Substitutionsbeziehung mit den beiden D-Netz-Diensten steht. Zur Zeit befindet es sich im Aufbau, so daß nur in den Regionen, in denen eine lückenlose Flächendeckung erreicht wurde, eine Konkurrenzbeziehung auf die D-Netze wirkt. Iridium-, Globalstar-, Inmarsat-P-Netz: Die drei Netze sind als weltweite Satellitenfunknetze konzipiert. Das Iridiumnetz, das Motorola als Konsortialfilhrer betreiben will, war ursprünglich mit 77 Satelliten geplant worden, 5 durch die eine vollständige Abdeckung der Landoberfläche der Erde erreicht werden sollte. Mittlerweile ist es möglich, die gleiche Abdeckung und Kapazität mit nur noch 66 Satelliten zu erzielen. VEBA hat Ende 1994 einen Anteil von 10% an dem Konsortium erworben. 6 Alcatel möchte das Global Star-Netz betreiben. Bei diesen Netzen werden die Satelliten in erdnahe Umlaufbahnen plaziert (LEO = Low Earth Orbit). Die LEO-Technologie erlaubt kleinere Endgeräte und weist wegen der geringeren Distanz zwischen Sender und Empfllnger eine bessere Übertragungsqualität auf. Iridium-, Globalstar-, Inmarsat-P-Netz: Es müssen keine landgestützten Sende- und Empfangsanlagen errichtet werden, so daß selbst in unwegsamem Gelände, in den erweiterten Küstenregionen und in den Wüsten der Welt telefoniert werden kann. Bei der größeren Anzahl von Satelliten und der verminderten Distanz zu den Satelliten wird es möglich sein, deutlich kleinere Endgeräte zu entwickeln. Zur Zeit ist noch kein Netz in Betrieb. Berücksichtigt man die bisherigen Flugintervalle der Raumfahrtzentren, wird es wohl noch lange dauern, bis das Satellitentelefon realisiert wird, dies umso mehr, als China anscheinend noch lange brauchen wird, um ein zuverlässiger Raumfahrtpartner zu werden. Cordless Telephone: Das CT ist eine Version des Festnetzanschlusses, die Mobilität in einem gewissen Umkreis von bis zu 300 Metern um die Sendeund Empfangsstation, die an das Festnetz angeschlossen ist, bietet. Festnetz: Das Festnetz, das bis auf die unten beschriebene Ausnahme noch ausschließlich von der Telekom betrieben wird, umfaßt rund 34 Mio. Anschlüsse in Deutschland. Es ermöglicht keine Mobilität wahrend des Telefonates. In Abhängigkeit vom jeweiligen Standort des Gesprächspartners müssen unterschiedliche Telefonnummern gewählt werden. Im Rahmen der Aufbauarbeiten in den neuen Bundesländern wurden 11 Lizenzen filr einen satellitengestützten Telefondienst an private Betreiber vergeben. Die Lizenzen, die die

5 Daher auch der Name des Netzes. Das chemische Element Iridium hat die Ordnungszahl 77. 6 Vgl. BMPT (1992), S. 3.

B. Beschreibung der Struktur der Mobilfunkmärkte

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einzige Ausnahme von dem Sprachmonopol der Telekom sind, gelten bis 1997. Weite Substitute Eurosignal-Netz: Das Eurosignal-Netz wies per Ende 1994 400.000 Anschlüsse auf. Mit diesem Dienst können akustische Signale sowie über ein Display bis zu vier Telefonnummern empfangen werden. Cityruj-Netz, EURO-MESSAGE: Der Cityruf ist die Fortentwicklung des Eurosignaldienstes. Durch erweiterte Displaymethoden können, je nach Empfangsgerät, bis zu 80 alphanumerische Zeichen empfangen werden. Durch den Zusammenschluß mit den dortigen Netzen, wird Cityruf in Großbritannien, Frankreich, der Schweiz und Italien unter dem Namen EUROMESSAGE angeboten. Österreich, die Schweiz, Dänemark, die Niederlande und Spanien sind an einem Anschluß an das EUROMESSAGE-Netz interessiert.

Erst seit 1989 in Betrieb, wuchs das Cityruf-Netz 1993 um 65% und hat zur Zeit über 400.000 Endgeräte im Umlauf. Als Inforuf können über spezielle Empfangsgeräte aktuelle Informationen über Weltpolitik, Börse, Sport etc. abgefragt werden. Mit der Bezeichnung ERMES wird zur Zeit ein paneuropäisches Funkrufsystem aufgebaut. Mit diesem Dienst können a) nur Tonsignale, b) 20 - 16.000 Ziffern oder c) 400 - 9.142 Zeichen innerhalb Europas übertragen werden. Dieses Netz wird einmal bis zu 16 Mio. Teilnehmer aufnehmen können. In den USA hat AT&T in Zusammenarbeit mit dem japanischen UhrenhersteIler Seiko ein Funkrufsystem namens RECEPTOR entwickelt. Dabei wird in eine Armbanduhr ein Funkrufempfllnger eingebaut, der neben Tonsignalen bis zu 13-stellige Informationen überträgt. Motorola und die Firma Timex haben bereits ein Konkurrenzprodukt zur Marktreife gebracht. Beide Systeme können kurzfristig aufgebaut werden und verfUgen über Endgeräte zu geringen Kosten. Darüber hinaus besteht der Zusatznutzen der funkgesteuerten Synchronisation der Armbanduhr mit einem sehr genauen Zeitnormal. In Europa hat seit kurzem die Firma Swatch ein solches System entwickelt. Birdie: Cordless Telephone-Geräten sind die Grundlage filr den Mobilfunkdienst Birdie, der es gestattet, im Umkreis von speziell ausgestatteten Telefonzellen in das Festnetz hineinzutelefonieren. Der umgekehrte Weg, die Annahme eines Telefonats in der Nähe einer geeigneten Telefonzelle, ist noch nicht möglich. Allerdings gibt es diese Technologie bereits in Großbritannien. Dort wird mit den CT 2, den Cordless Telephones der zweiten Generation, diese Dienstleistung erprobt. See-, RheinJunknetz: See- und Rheinfunk dienen etwa 58.000 Seeleuten als Kontakt zum Festland. Betriebsfunknetze: Der Betriebsfunk in Deutschland ermöglicht den Genehmigungsnehmem, ein eigenes Netz aufzubauen. Zur Zeit gibt es über 100.000

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4. Kap.: Mobilfunk im Lichte der Kollektivgütertheorie

selbständige Netze, durch die betriebsinterne Kommunikation transportiert wird. Die Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben, wie Polizei, Katastrophenschutz, Zoll, Feuerwehr und andere benutzen ebenfalls Netze dieser Technik. Bünde/funknetz: Dieser liberalisierte Dienst ist ebenfalls auf betriebsinterne Kommunikation ausgerichtet. Es besteht keine vollständige Flächendeckung, sondern eine Konzentration auf Ballungsgebiete. Es werden drei verschiedene Lizenztypen vergeben.

Die A Lizenz berechtigt zum Betrieb innerhalb eines von 14 fest definierten Ballungsgebieten. Für jedes dieser 14 Gebiete wurden zwei Betreiber mit Lizenzen ausgestattet, die ihren BÜDdelfunkdienst in Konkurrenz zur Telekom anbieten. Der Telekom, die den Bündelfunkdienst CHEKKER nennt, wurde freigestellt, welche Regionen sie versorgen wollte. Sie hat sich entschieden, alle 14 Regionen zu versorgen. Zur Zeit gibt es neben der Telekom 9 weitere Lizenznehmer, von denen Rheinelektra als größter Lizenznehmer 8 Gebiete versorgt. Jeder Lizenznehmer kann den technischen Standard frei wählen. Es muß eine Flächendeckung in dem zu versorgenden Gebiet von 75% erreicht werden. Die Lizenz hat eine Laufzeit von 10 Jahren. Die Telekom hat zur Zeit 11.000 Kunden. Die B Lizenz wird ft1r frei wählbare Gebiete außerhalb der 14 Ballungszentren vergeben. Bisher haben 20 Interessenten Anträge gestellt. Die C Lizenz ermöglicht den Betrieb auf dem eigenen Gelände. Bisher haben Mercedes-Benz, die Deutsche Lufthansa und der Flughafen Franz-Josef Strauss in München eine Lizenz dieses Typs erhalten. Unter dem Kürzel DSRR (Digital Short Range Radio) verbirgt sich eine Neuentwicklung im Bündelfunkbereich. Mit dem Endgerät, das über Hörer, Mikrophon und Tastenblock verfUgt, können digital Daten und Sprache innerhalb des Versorgungsbereichs von etwa 10 km Radius transportiert werden. INMARSAT: Die Organisation INMARSA T (International Maritime Satellite Organisation) wurde 1979 mit dem Ziel gegründet, die notwendigen Raumsegmente fUr einen maritimen Mobil- und Ortungsfunk zur VerfUgung zu stellen. Mittlerweile wird auch ein landmobiler Dienst über fUnf eigene und angemietete Satelliten angeboten. Insgesamt stehen etwa 200 Kanäle in Satelliten auf geostationärer Umlaufbahn (GEO = Geostationary Earth Orbit) zur Verfilgung. Die Endgeräte benötigen Parabolantennen von rund einem Meter Durchmesser und kosten bis zu 80.000 DM. Die Gesprächsminute kostet bis zu 29,00 DM. Die Telekom hält einen Anteil von 5% an der Trägergesellschafl:. Mobiler Datenfunk: Die Telekom hat seit kurzem unter dem Namen MODACOM (Mobile Data Communications) einen mobilen Datenfunkdienst im Angebot. Damit soll z. B. Vertretern während des Beratungsgespräches eine optimale Informationsunterstützung ermöglicht werden. Anwendungen, die bei anderen Diensten nicht denkbar sind, wie die Fernüberwachung von Betriebszuständen kann MODACOM ebenfalls leisten.

B. Beschreibung der Struktur der Mobilfunkmärkte

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2. Marktabgrenzung und Marktsegmentierung Räumliche Marktabgrenzung - Die räwnliche Abgrenzung des relevanten Marktes scheint insofern einfach, als die Übertragungsmöglichkeiten der Netzbetreiber auf die geografischen Grenzen Deutschlands beschränkt sind. Jedoch besteht die Möglichkeit, daß Nachfrage nach Übertragungsleistungen im Ausland eingeleitet wird. Dies ist der Fall, wenn aus dem Ausland Telefongespräche mit D-Netz Kunden in Deutschland geftfurt werden. Dadurch entsteht eine Absatzleistung des Mobilfunknetzbetreibers tllr die Bereitstellung der Übertragungswege von seiner Zentrale, zu der das Gespräch aus dem Ausland gelenkt wird, bis zum Adressaten des Gesprächs. In diesem Fall wird die Absatzleistung durch Nachfrage aus dem Ausland induziert. Die räumliche Abgrenzung besteht also aus dem Zugang zu den weltweiten Netzen aus Deutschland und dem Empfang aus weltweiten Netzen in Deutschland Sachliche Marktabgrenzung - Hinsichtlich der sachlichen Abgrenzung des relevanten Marktes können die Überlegungen bezüglich der Substitutionsprodukte übernommen werden. Die D-Netzbetreiber befmden sich mit allen Produzenten von Leistungen im Wettbewerb, die in den Augen der Nachfrager ähnliche Nutzenstiftung versprechen. Es ist vorstellbar, daß sogar dingliche Formen der Informationsübertragung Substitute von Mobilfunkleistungen sein können, z. B. dann, wenn Dokwnente entweder per Mobilfax oder per Post weitergegeben werden sollen. Da rein quantitativ diese Abwägungen in der absoluten Minderzahl sein werden, müssen sie bei der Marktabgrenzungsdiskussion nicht berücksichtigt werden. Segmentierung nach dem Verwendungszweck ./Ur die Nutzer - Im folgenden soll eine Segmentierung nach der Verwendung der Übertragungsleistung durchgeführt werden. Dies ist die für die Segmentierung richtige Sichtweise, weil der Nutzer nicht die Übertragung originär nachfragt, sondern mit ihr einen übergeordneten Zweck erfilllen will. Bei einer solchen Betrachtung erhält man drei große Hauptsegmente (vgl. Abb. 4). Übertragungsleistungen werden in Anspruch genommen, wn entweder Sprache, Dateien oder Bilder zu übertragen. Diese drei Segmente können auf der nächstniedrigeren Stufe weiter nach dem Grad der Gleichzeitigkeit der Sendung der Information und deren zielgerichtetem Empfang unterteilt werden. Die Unterscheidung zwischen Real-time-Übertragung und zeitversetzter Übertragung ist deshalb von Gewicht, weil sich je nach Ausprägung unterschiedliche Dienstekategorien ergeben. So wird die Real-time-Sprachübertragung im Festnetz so lange wie möglich reguliert werden, wn der Telekom möglichst lange die Abschöpfung von Monopolrenten zu ermöglichen. Als zielgerichteter Empfang soll der Empfang verstanden werden, durch den der Zweck der Übertragung erfüllt wird. So stellt das Aufsprechen auf einen Anrufbeantworter zwar

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4. Kap.: Mobilfunk im Lichte der Kollektivgütertheorie

ein gleichzeitiges Senden und Empfangen dar, der zielgerichtete Empfang findet aber erst statt, wenn der Anrufbeantworter abgehört wird. Als ein eigenständiges Segment können alle Übertragungen mit völliger Gleichzeitigkeit von Sendung und zielgerichtetem Empfang - was hier als Realtime-Übertragung bezeichnet werden kann - zusammengefaßt werden. Als zweites Segment ist die Übertragung mit der Zwischenschaltung eines Speichermediums zu dem Zwecke der zeitversetzten Realisation des zielgerichteten Empfangs abzugrenzen.

a) Sprache - Das Segment der Sprachübermittlung weist drei Untersegmente

auf

I. den ursprünglichen Sprachdienst, bei dem die Beteiligten zur gleichen Zeit miteinander kommunizieren und das Gespräch einen individuellen Verlauf nimmt (Individual), 2. die Sprachinformationsdienste, bei denen Informationen in standardisierter Form entweder vom Band abgespielt werden oder interaktiv eingeholt werden können wie z. B. Kinoansagen und Hotelreservierungen (Standard) oder 3. die Gruppe der Fernwirk- und Verarbeitungsdienste, bei denen Ereignisse bestimmte automatisierte Handlungsfolgen auslösen, wie z. B. Übersetzungen oder Anrufweiterleitung. Bei diesen Diensten werden auch Speichermedien benutzt, so z. B. bei Anrufbeantwortungsdiensten (Voice-Mail).

b) Bild - Ein zweites Segment umfaßt die Übertragung von Schriftstücken und Bildern. In diesem Segment haben sich Dienste etabliert, die die Verwaltung von Schriftstücken durch Abspeicherung im Rahmen von Sekretariatsdiensten übernehmen. Eine Mischanwendung zwischen Speicherung und gleichzeitiger Übertragung findet sich bei der Bearbeitung. Hier gibt es Diensteformen, die den Übertragungsinhalt als Computerdateien speichern oder auch sofort zielgerichtet umsetzen. Außerdem gibt es die Nutzungsform der reinen Informierung, mit der der Adressierte z. B. schnell Verträge zugesandt bekommen soll. e) Datei - In einem dritten Segment wird die Übertragung von Dateien zusammengefaßt. In dem Segment der gleichzeitigen Übertragung fmdet man: 1. Fernwirkdienste, mit denen Betriebszustände von Prozeßabläufen abgefragt und unter Umständen beeinflußt werden können, 2. Informationsdienste, die einen Zugriff auf Datenbanken ermöglichen, 3. Verarbeitungsdienste, die die zugesandten Dateien sofort auswerten oder erst zwischenspeichern bis hin zu 4. Verwaltungsdiensten.

B. Beschreibung der Struktur der Mobilfunkmärkte

Verwaltung

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Standard Indlvldual/ realtime

speichern

/

Bild speichern

real time

Verwaltung

Bearbeitung.

Abb. 4: Segmentierung des Mobilfunkdienstes nach dem Verwendungszweck

Segmentierung nach der Vertriebsmethode der Anbieter - Die Telekom und MMO stützen sich auf drei Vertriebskanäle. Es gibt einen eigenen Direktvertrieb. Die Telekom nutzt ihre ungefllhr 260 "Telefonladen" genannten Verkaufsstätten, um im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Kunden fUr ihr Netz zu gewinnen. In diesen Läden werden auch Endgeräte vertrieben. MMO kann fiir ihren Direktvertrieb nicht auf gewachsene Direktvertriebsstrukturen zurückgreifen. Dieses Unternehmen hat 12 "D2-Center" genannte Vertriebs stätten aufgebaut. Darüber hinaus gibt es einen direkten Vertrieb filr Großkunden.

Als zweiten Vertreibskanal gibt es filr heide D-Netze Serviceprovider. MMO und die Telekom hatten ursprünglich mit 11 Unternehmen ServiceproviderVerträge abgeschlossen. In den Verkaufsstätten der Serviceprovider werden Kundenkarten verkauft, die den Namen des Serviceproviders tragen und die Nutzung eines bestimmten Netzes eines der Betreiber ermöglichen. Welches Netz mit der Karte genutzt werden kann, ist durch einen Aufdruck auf der Karte ersichtlich. 8 Kurtsiefer

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4. Kap.: Mobilfunk im Lichte der Kollektivgütertheorie

Als dritte Vertriebsfonn gibt es den Fachhandelvertrieb. Diese Händler, hauptsächlich Elektronik- und Autohändler, verkaufen die Endgeräte und auch die Telefonkarten. Beide Betreiber haben mehrere tausend Händler unter Vertrag.

III. Nachfragerorientierte Marktbeschreibung

1. Beschreibung der Nachfrager

Die digitalen Mobilfunknetze befmden sich in einer sehr frUhen Marktphase. Detaillierte Analysen der Kunden sind von den Betreibern noch nicht veröffentlicht worden. Deshalb soll zuerst eine Beschreibung der potentiellen Nutzer erfolgen, die sich auf eine Studie der Infratest Industria Gesellschaft tllr Unternehmensforschung und -beratung filr das Bundesministerium filr Post und Telekommunikation stützt. In dieser Studie wurden die Marktchancen eines weiteren Mobilfunknetzes neben dem Dl-, D2- und C-Netz beleuchtet. Danach gehören im geschäftlichen Bereich alle Personen, die häufig geschäftlich bedingt nicht an ihrem Festnetzanschluß erreichbar sind, zu dem Kreis potentieller Nutzer. Im privaten Bereich gehören alle, die den Wunsch nach Erreichbarkeit aufgrund von Mobilität oder Verantwortung rur Dritte haben, 1ll dem Bereich potentieller Nutzer. Die Studie, die das Marktpotential von Personal Communications Networks im Jahr 1991 ennitteln sollte, kommt zu dem Ergebnis, daß 16.9 Mio Personen in den alten Bundesländern am Mobilfunkdienst interessiert sind. 6.5 Mio von ihnen erwägen ein Mobilfunktelefon zu kaufen. Ein wesentlicher Parameter bei der Nachfrageentscheidung ist die Höhe der Preise filr die Endgeräte und die Gesprächsminuten. Hier liegen die Preisschwellen der Endgeräte filr die Erschließung großer Käufergruppen bei 1.000 DM (68% Potential) und bei 500 DM (88% Potential). Die weiteren Bestimmungsfaktoren der Betriebskosten, die monatliche Grundgebühr und die Minutentarife, haben besondere Signalwirkung. Bei der monatlichen Grundgebühr gibt es Preisschwellen bei DM 50 und DM 30. Die Nachfrage reagiert sensibel bei Minutentarifen über DM 1,00. Diese Ergebnisse sind nicht genau auf die Verhältnisse in den D-Netzen zu übertragen. Diese beiden Netze gelten als qualitiativ hochwertiger und stoßen deshalb bei Nachfragern auf geringere Preissensibilität. Die Verfasser der Studie kommen zu dem Ergebnis, daß es Ende 1991 fiir ein PCN-Netz in den alten Bundesländern ein Käuferpotential von 2,5 Mio. Personen gibt. Hinzu kommen 4 Mio. Personen, die Anschaffungsabsichten haben, und weitere 10,4 Mio. Interessenten an diesem Dienst.

B. Beschreibung der Struktur der Mobilfunkmärkte

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Wie in dieser Studie zum Ausdruck kommt, stellen die Geschäftskunden das Gros des anfänglichen Käuferpotentials dar. Während einer späteren Marktphase bei deutlich gesunkenen Preisen werden vermehrt Privatnutzer hinzukommen. Die Struktur der Nachfrager wird sehr heterogen sein. Da es sich um einen Massenmarkt handelt, werden einzelne Nachfrager keine nennenswerte Machtposition aufbauen können. Lediglich große Konzerne können, wenn sie geballt ihren Bedarfbei einem Netzbetreiber decken, eine gewisse Nachfragermacht ausüben.

2. Die Determinanten der Nachfrage

Die Nachfrage nach Mobilfunkleistungen hat in den letzten fUnf Jahren einen starken Boom erlebt. Versucht man den Bezugsrahmen fi1r die Nachfrage zu erfassen, bietet sich eine Unterteilung in sogenannte direkte Determinanten und Metadeterminanten an. Während die direkten Determinanten unmittelbaren Einfluß auf die Absatzleistung der Netzbetreiber haben, stehen die Metadeterminanten nur mittelbar durch Beeinflussung der direkten Determinanten in Verbindung mit der Absatzleistung (vgl. Abb. 5) Die direkten Determinanten wurden in Anlehnung an den sogenannten Marketing-Mix gewählt. 7 Wie bereits erwähnt, ist der Preis eine direkte Determinante der Nachfrage. Das Diensteangebot, die Gestaltung der Vertriebsformen und die Kommunikationsrnaßnahmen, wie z. B. die Werbung sind die übrigen direkten Determinanten. Als Metadeterminanten der Nachfrage gelten solche, die die Netzbetreiber, wenn überhaupt, nur wenig beeinflussen können. Die erste Metadeterminante sind der gesetzliche Rahmen und die aktuelle Entwicklung der Entscheidungen der Legislative und der Judikative in bezug auf das Mobilfunkwesen. Außerdem müssen von internationalen Gremien, wie z. B. der Groupe Speciale Mobile als Untergruppe des ETSI ausgearbeitete Verhaltens- und Standardisierungsvorschriften befolgt werden. Als zweite Metadeterminante ist die Entwicklung gesellschaftlicher Normen und Werte zu nennen. Veränderungen der Arbeitsbedingungen, wie z.B. Telearbeit zuhause, Verlagerung der Unternehmenszentralen auf die "grüne Wiese" und das Abhalten von Videokonferenzen werden die Zeit, die eine Arbeitskraft mit Mobilität verbringt, schrumpfen lassen. Gleichzeitig sinkt die Dauer der Abwesenheit von dem eigenen Festnetzanschluß und wächst deshalb das Bedürfuis, mobil zu telefonieren. Diesen möglichen Erosionseffekten bei der Geschäftskundschaft sind Intensivierungseffekte bei den Privatkunden gegenüberzustellen. Der Wandel hin zur Freizeitgesellschaft läßt den Zeitraum, den man nicht zu Hause verbringt, wachsen. Dadurch steigt das Bedürfnis, telefonisch 7 Vgl. H. Meffirt (1985), S. 38. 8'

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4. Kap.: Mobilfunk im Lichte der Kollektivgütertheorie

auch dann erreichbar zu sein, wenn man nicht zu Hause ist. Andererseits ist durchaus vorstellbar, daß ein Bewußtseinswandel einsetzt. Das Bedürfnis nach dauernder Erreichbarkeit fllr Jedermann kann umschlagen in ein Gefllhl des Verlustes der Privatsphäre. Durch dauernde potentielle Erreichbarkeit wird Nichterreichbarkeit eine zu begrUndende Ausnahme, und der Besitz eines Mobiltelefons fllhrt unter Umständen zu einer Einschränkung der Freiheit.

Übertragungs-/Anwendungstechnologie G

E S E

L L

S C

H A F T

Preis

I

~ I

/

Kommunikation

I

Angebot

K

0 N

/ Nachfrage I

~

Distribution

J U N K T U

R

Gesetze/Internationale Gremien Abb. 5: Bezugsrahmen rur die Nachfrage nach Mobilfunkleistungen

Die dritte Metadeterminante ist die konjunkturelle Lage in Deutschland. Die Konjunktur wird die Bewertung des Preisniveaus fllr Mobilfunkleistungen beeinflussen. Befindet sich die deutsche Wirtschaft in einer Phase des Abschwungs, ist ceteris paribus ein Abwandern zu, beziehungsweise ein VerlJ.arren der Nachfrage bei dem engen Substitut Festnetzanschluß zu erwarten, weil die Preiselastizität steigt. Dieses Verhalten ist zumindest ftIr die gewerblichen Nut-

B. Beschreibung der Struktur der Mobilfunkmärkte

101

zer anzunehmen, die ja gemäß Infratest 51 % der Nachfrager ausmachen. Allerdings wird deren Umsatzanteil vermutlich nicht unerheblich größer sein. Dagegen ist bei Nutzern, die vor allem wegen des Prestige und der zusätzlichen Bequemlichkeit mobil telefonieren, eine Konjunktursensibilität eher gering ausgeprägt. Der Bequemlichkeits- und Prestigegewinn wird unabhängig von der Konjunkturentwicklung bewertet werden. Infratest ermittelte, daß fiIr 51 % der Kunden eine geschäftliche Nutzung das Motiv fitr den Gebrauch des Mobiltelefons ist. Diese Gruppe wird ihre Nutzungsgewohnheit prozyklisch mit der Konjunkturentwicklung verändern. Somit ist festzuhalten, daß die konjunkturelle Abhängigkeit dieser Dienstleistung nicht zu vernachlässigen ist, weil wahrscheinlich deutlich mehr als die Hälfte des Umsatzes als konjunktursensibel eingestuft werden muß. Als vierte Metadeterminante sei die Entwicklung neuer Übertragungs- und Anwendungstechnologien erwähnt. Die Entwicklung neuer Übertragungstechnologien hat aus dem Mobilfunk einen Massenmarkt gemacht. Die Wettbewerbsintensität wurde durch die Entwicklung substitutiver Technologien, wie die LEO-Technologie bei der satellitenbegundenen Mobilkommunikation erhöht. Entwicklungen im Bereich der Anwendungstechnologien, wie z. B. Mobilfunkanrutbeantworter und Mobilfax haben es möglich gemacht, daß Geschäftsleute auch in Phasen der Mobilität auf kein Kommunikationsmittel, auf das sie in ihrem Büro zurückgreifen können, verzichten müssen. Auch untereinander bestehen zwischen Übertragungs- und Anwendungstechnologien Korrelationen. Bestimmte Übertragungstechnologien haben erst die Nutzbarmachung bestimmter Anwendungstechnologien fUr den Nachfrager möglich gemacht. Durch die Weiterentwicklung der beiden Bereiche konnte die Sendeleistung der Endeinrichtungen und damit die Ausstrahlung elektromagnetischer Wellen wesentlich verringert werden. Dies gewinnt Gewicht bei der sich intensivierenden Diskussion um die Schädlichkeit der Benutzung von Mobiltelefonen.

3. Kollektivgütertheoretische Konkretisierung des mobilen Telefonierens aus der Sicht der Nachfrager Der Grundnutzen fUr den Kunden eines Mobilfunknetzes besteht in der Möglichkeit, unabhängig von seinem augenblicklichen Standort zu jeder Zeit fernmündlich kommunizieren zu können, ohne auf einen örtlich gebundenen Festnetzanschluß angewiesen zu sein. Wegen der nicht fIxierten Position des Nutzers muß das Netz in der Lage sein, Informationen über die Position des Mobilfunk-Nutzers zu verarbeiten, damit eingehende Gespräche ihren Weg zu ihm fInden können.

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4. Kap.: Mobilfunk im Lichte der Kollektivgütertheorie

Darüber hinaus ist der Nutzer daran interessiert, während des Gespräches mobil zu sein. Dies erfordert eine weitgehend lückenlose Flächendeckung des Netzes innerhalb seines Aktionsradius, um auszuschließen, daß die Verbindung zwischen dem Telefonierenden und dem Netz abreißt. Das bedingt aber auch, daß der Nachfrager beim Verlassen des Einzugsbereiches einer Basisstation automatisch an eine Basisstation weitergegeben wird, in deren Einzugbereich er gerade hineinfährt (Hand-Over). Ist das Gespräch aufgebaut, wird eine unterbrechungsfreie Übertragung in hoher Sprachqualität erwartet. In zunehmendem Maße wird verlangt, daß Daten übertragen werden können, so daß die Verwendung von z. B. Telefax und Datenübertragungsdiensten wie Datex-L und Datex-P auch dem Mobilfunk-Nutzer möglich wird. Da die Mobilität mit unhandlichen Telefonen unkomfortabel ist, legt der Nachfrager großen Wert auf eine handliche Dimensionierung der Telefone. Ein großer Teil des Platzbedarfs in einem Telefon hängt von dessen Sendeleistung ab. Je geringer die Distanz zwischen dem Telefon und der nächsten Basisstation ist, desto geringer ist die Anforderung an die Sendeleistung des Telefons. Der Nachfrager hat deshalb ein Interesse nicht nur an einem lückenlosen Netz, sondern auch an dessen engmaschiger Struktur. Im folgenden soll von Ausstattungseinheiten gesprochen werden, wenn die Dienstleistung aus der Sicht der Nachfrager beschrieben wird. Für den Mobilfunknetzkunden besteht die Basisleistung (d. h. das Gut, mit dem er ausgestattet wird) hinsichtlich der quantitativen Ausprägung aus:



der Versorgung mit einem freien Leitungskanal über das gesamte Einflußgebiet des Versorgers (= Ausstattungsfaktor). Hinsichtlich der qualitativen Ausprägung besteht die Basisleistung aus:



einem hochwertigen, preiswerten Sprach- und Datenübertragungsdienst,



der Zuteilung eines Leitungskanals ohne Wartezeit,



der Ortung des Nutzers für den Empfang von Gesprächen und Daten,



der handlichen Dimensionierung der Telefone sowie



dem störungsfreien Hand-Over während des Telefonierens.

IV. Anbieterorientierte Marktbeschreibung

1. Beschreibung der Anbieter Aktuelle Anbieter - Als Anbieter von Übertragungsleistungen im Bereich der Mobilfunknetze haben zur Zeit drei Unternehmen eine Betriebslizenz. Der

B. Beschreibung der Struktur der Mobilfunkmärkte

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größte Anbieter, dank des Erbes aus monopolistischer Zeit in Form des CNetzes, ist die Deutsche Bundespost Telekom, die ihre Mobilfunkaktivitäten in der 100% Tochter DeTeMobil konzentriert hat. Sie versorgt mit dem C-Netz etwa 775.000 Nutzer. Im D-Netz bedient sie zur Zeit ca. 1.000.000 Personen. An zweiter Stelle rangiert die Mannesmann Mobilfunk GmbH. Auf sie entfallen ungefilhr 1.000.000 Kunden. Der dritte Anbieter, E-plus GmbH, befindet sich zur Zeit im Aufbau und verftlgt über 60.000 Nutzer. Potentielle Anbieter - Da der Markt ft!r mobile Telefonkommunikation auch weiterhin reguliert ist, sind Veränderungen der Marktstruktur an politische Handlungen, genauer gesagt, an Gesetzesänderungen gebunden. Da der Bereich der Telekommunikation im Brennpunkt des allgemeinen Interesses steht, ist durchaus vorstellbar, daß sich politische Mehrheiten bilden, die einer vollständigen Liberalisierung der Mobilfunkmärkte den Weg ebnen. Fraglich ist hingegen, ob die Nachfrage zur Zeit den profitablen Betrieb von mehr als vier Mobilfunknetzen zuläßt. Diesbezüglich sind zumindest Zweifel angebracht. Bei der Ausschreibung der Lizenz ft!r das D2-Netz hatten 10 Bewerber ein Angebot abgegeben. Bei der Vergabe der Lizenz ft!r das E-plus-Netz schrumpfte die Bewerberzahl auf zwei zusammen.

Dies lag wohl daran, daß erstens dem zweiten privaten Mobilfunknetz schlechtere Startchancen als dem ersten unterstellt wurden und zweitens daß viele Bewerber, die bei der D2-Lizenzvergabe nicht bedacht worden waren, als Service-Provider in den D-Netzen tätig waren. Anscheinend wurde der Marktpräsenz als Serviceprovider in einem bestehenden Netz eine größere Profitabilität zuerkannt als dem Betrieb eines zusätzlichen Netzes; denn diese beiden Tätigkeiten schlossen sich laut den Ausschreibungsbedingungen ft!r das E-plus Netz aus.s Dadurch vor die Entscheidung gestellt, ft!r welche Form der Marktpräsenz sie sich entscheiden sollten, wählten viele den Weg, Serviceprovider zu bleiben. Das Ergebnis dieser Entscheidung zeigt, daß ft!r zusätzliche Netzbetreiber das Wettbewerbsumfeld schwieriger wird. Dies liegt wahrscheinlich zum großen Teil an den niedrigen variablen Kosten und den hohen Sunk Costs der etablierten Anbieter aufgrund der geringen Umstellungsflexibilität ihres Angebots. Das ftlhrt bei dem Eintritt eines zusätzlichen Anbieters vermutlich zu einem erbitterten Preiskampf. Doch dies sind nur Vermutungen und es gibt keinen Grund die Anzahl der Anbieter zu regulieren. Ein neuer Anbieter müßte in der Lage sein, dauerhafte Kostenvorteile aufzubauen. In erster Linie gelänge das durch eine günstigere Relation zwischen Kapazität und Kosten ft1r die Errichtung und den Betrieb des Netzes. Dauerhafte Kostenvorteile könnten auch durch eine optimale Anpassung

8 Vgl. BMPT (1992), S. 6 f.

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4. Kap.: Mobilfunk im Lichte der Kollektivgütertheorie

der bereitgestellten Kapazität an die tatsächliche Nachfrage bewirkt werden, so daß Leerkosten minimiert würden. 9 Wenn fiir zusätzliche Anbieter die Verpflichtung zur vollständigen Flächendeckung nicht bestehen würde, wären zusätzliche Markteintritte abzusehen. Dann fiele die Bürde hoher Anfangsinvestitionen weg. Da davon auszugehen ist, daß die Rentabilität der Investitionen in ein Mobilfunknetz regional stark schwankt, wäre denkbar, daß sich Nischenanbieter mit einem preiswerten Angebot in Regionen mit überdurchschnittlich hohen Deckungsbeiträgen am Markt etablieren werden. In dieser Entwicklung würden sich die Mobilfunkund die deregulierten Festnetze gleichen. Bei beiden würden sich neue Anbieter auf Flächen mit überdurchschnittlicher Telefonverkehrsdichte spezialisieren. So bliebe ihnen die kostenträchtige Flächendeckung erspart. Eine weitere Möglichkeit der Erlangung von Kostenvorteilen wäre gegeben, wenn durch technische Neuentwicklungen wesentlich preiswerter als bisher Übertragungskapazitäten zur Verfiigung gestellt werden könnten. Schließlich könnten Kostenvorteile auch herausgearbeitet werden, wenn die Zentral- und Vertriebsabteilungen weniger Kosten produzierten als die der Wettbewerber. Jedoch wird diese Option wahrscheinlich nicht den Marktzutritt neuer Anbieter ermöglichen, da die Kostenunterschiede zu gering sind. Außerdem wären die Vorteile durch Imitationsanstrengungen der etablierten Betreiber schnell zu erodieren. Als potentielle Anbieter kommen alle UnternehmenIKonsortien in Betracht, die über eine hohe Kapitalausstattung verfiigen und genügend Know-How und Ressourcen im technischen Bereich und im Projektmanagement besitzen. Für den Fall, daß das Sprachübertragungsmonopol der Telekom aufgehoben wird, scheinen besonders Unternehmen, die bereits über ein eigenes Festnetz verftlgen (Bahn, Elektroversorger), geeignet zu sein, als Konkurrenten gegen die Telekom anzutreten. Diese könnten Kostenvorteile gegenüber anderen Neuanbietern realisieren, indem sie ihr Festnetz für die Übertragung nutzen würden. Die Investitionen von z. B. MMO in das eigene Richtfunknetz bliebe ihnen erspart. Außerdem besteht die Möglichkeit der Selbsterstellung des Netzes durch Nachfrageorganisationen, die ja vor der Entscheidung stehen, Übertragungseinheiten zu kaufen, oder ein Netz herzustellen oder zu kaufen und damit ihren Eigenbedarf zu decken.

Potentielle Nachfrager: Angebotsumstellungsflexibilität der Anbieter - Die Thematik der Umstellungsflexibilität des Angebots ist schnell beantwortet. Schließlich wird es sich bei dem mobilen Telefonieren immer um die nichtdingliche Informationsübertragung in digitaler Form handeln. Angesichts der 9 Es wird zur Zeit an einer Netztechnologie gearbeitet, die ohne ein fixiertes Frequenzraster auskommt. Statt dessen wird den Basisstationen von zentraler SteHe soviel Frequenzkapazität zugewiesen, wie sie zur Bewältigung des aktuellen Gesprächsaufkommens benötigen.

B. Beschreibung der Struktur der Mobilfunkmärkte

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technischen Komplexität eines Mobilfunknetzes mit der Fülle der Nutzungsmöglichkeiten ist einsichtig, daß ein Wechsel der Basistechnologie zur Erschließung neuer Nachfrageformen dem Aufbau eines neuen Netzes gleichkommt.

2. Kol/ektivgütertheoretische Konkretisierung des mobilen Telefonierens aus der Sicht eines Versorgungsverbandes Wie heute auf nahezu allen Märkten muß sich ein Anbieter auf dem Markt filr mobile Telekommunikationsleistungen nach den Wünschen der Nachfrager richten. Der Versorger, der ein Mobilfunknetz errichtet, muß versuchen, die oben beschriebenen Leistungen (vgl. S. 89) wunschgemäß zu erbringen. Dies stellt hohe Anforderungen an die Netzkonzeption, die hier kurz angerissen werden soll, um Verständnis filr die Komplexität der Aufgabe zu wecken. Normalerweise dürfte es den Wünschen der Mitglieder entsprechen, wenn der Versorgungsverband die Kapazität des Netzes so plant, daß alle Kommunikationswilligen immer und sofort ihrem Wunsch zu telefonieren nachkommen können. Dabei ist zu berücksichtigen, daß ein Leitungskanal am Tag vielen Nutzern zur VerfUgung stehen kann, weil jeder Nutzer tatsächlich nur eine begrenzte Menge der täglichen Nutzungskapazität beansprucht. Gerade dieser Umstand macht aus dem Mobilfunknetz ein Kollektivgut. Die Entscheidung über die Kapazität ist sehr wichtig, hat sie doch großen Einfluß auf die zukünftigen Kosten je Nutzungsakt. Werden die Kapazitäten 2ll klein gewählt, entstehen nachträglich Kosten durch das Management der Übernachfrage. Werden die Kapazitäten zu groß gewählt, werden die Gesamtkosten durch zu hohe Fixkostenanteile belastet. Der Versorgungsverband muß folgende technische Restriktionen berücksichtigen, die den Möglichkeitenspielraum bei der Festlegung der Netzkapazität einschränken. (J) Anzahl der Trägerjrequenzen - Allgemein gilt in Deutschland, daß die Frequenzen knapp sind. Seitens der Fernseh- und Rundfunkanstalten, des Militärs, der Polizei, sozialer Organisationen und der Kommunikationsnetze mit mobilen Endstationen besteht vielfältiger Bedarf an Frequenzen. Bei den DNetzen wurde das Frequenzspektrum im Memorandum of Understanding lO defmiert. Dies sind die Frequenzen von:

890,2 - 914,8 MHz (Mobiltelefon

~

Basisstation, auch Hinstrecke) und

935,2 - 959,8 MHz (Basisstation

~

Mobiltelefon, auch Rückstrecke).

10 In dem sogenannten Memorandum of Understanding (MoU) einigten sich die 23 Unterzeichnerstaaten auf den technischen Standard, auf dem das europaweite Telefonieren ermöglicht werden sollte.

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4. Kap.: Mobilfunk im Lichte der Kollektivgütertheorie

Die Telefonleitung muß einerseits Signale vom Mobiltelefon hin zur Basisstation leiten, aber auch gleichzeitig von der Basisstation zum Mobiltelefon. Damit werden pro Gespräch zwei Kanäle belegt. Diese Übertragungsform wird Duplexübertragung genannt. Eine Simplexübertragung, wie sie z. B. beim CBFunk verwandt wird und bei der jedes Ende einer Gesprächsphase mit Worten wie Roger oder Over angekündigt wird, wäre in Deutschland nicht marktfähig.

(2) Abstand zwischen zwei Trägerjrequenzen - Als zweite Restriktion gilt der physikalisch begründete Mindestabstand von 200 kHz zwischen zwei Kanälen. Somit können auf der Hinstrecke nur die Frequenzen 890,2, 890,4 .... 914,6, 914,8 MHz verwandt werden. 11 Auf diese Weise stehen insgesamt 62 Trägerfrequenzen in jede Richtung zur Verfilgung. Jede einzelne Trägerfrequenz ist geeignet, acht Gespräche gleichzeitig zu transportieren, indem jedem Gespräch Zeitschlitze zugeordnet werden. 12 Somit ergibt sich theoretisch eine Kapazität von 496 Gesprächen zur gleichen Zeit. (3) Ausbreitung der Wellen - Die dritte Restriktion ist in der Ausbreitung von Wellen in diesem Frequenzbereich begründet. Als Faustregel gilt, daß sie sich in etwa wie das sichtbare Licht ausbreiten. 13 Dieser Umstand macht es unmöglich, daß zwei benachbarte Basisstationen identische Trägerfrequenzen nutzen, weil es sonst zu Interferenzen käme, die die Übertragungsqualität verschlechtern würden. Erst in einem Abstand von etwa 25 - 30 km, ermöglicht die. Erdkrümmung eine unschädliche Verwendung gleicher Trägerfrequenzen. Im Durchschnitt stehen einer einzelnen Basisstation nur 15 - 17 Frequenzen zur VerfUgung. Dies reicht - 16 Trägerfrequenzen unterstellt - um 128 Verkehrskanäle bereitzustellen. Davon sind zwei Kanäle abzuziehen, die dafilr notwendig sind, die aktivierten Telefone, mit denen gerade nicht gesprochen wird, zU koordinieren. Anders als bei Festnetztelefonen, die immer empfangsbereit sind, müssen Mobiltelefone vom Nutzer aktiviert werden. Nur dann senden sie in gewissen Zeitabständen Signalisierungsinformationen an die nächste Basisstation. Diese identifiziert und verarbeitet die Signale, so daß Gespräche, die ein aktiviertes Telefon erreichen sollen, immer zu der Basisstation geftlhrt werden, in deren Empfangsbereich sich das aktivierte Telefon befindet. Die zwei Kanäle können die Signali-

11 Nur bei einem Mindestabstand von 200 kHz ist es bei dem heutigen Stand der Technik möglich, den Datenfluß störungsfrei zu übermitteln. 12 Es wird zur Zeit an einer Technik gearbeitet, die es erlaubt, auf jeder Trägerfrequenz 16 Gespräche gleichzeitig zu transportieren. Dabei wird durch andere Codierungsverfahren die Menge an Zeichen, die notwendig sind, um das gesprochene Wort zu digitalisieren, um 50% verringert. Die Kapazität der D-Netze würde sich dann verdoppeln. Die neue Technik wird unter dem Begriff Half-Rate Coding geruhrt. 13 Deshalb ist auch dort die Telefonierqualität am höchsten, wo man ungefähr in Sichtkontakt mit den Antennen einer BS steht.

B. Beschreibung der Struktur der Mobilfunkmärkte

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sierungen von bis zu 4.000 aktivierten Mobiltelefonen verarbeiten, die in einer Basisstation gleichzeitig aktiv geschaltet sind. Zieht man die beiden Signalisierungskanäle ab, verbleibt eine Kapazität von 126 gleichzeitigen Gesprächen in einer Basisstation. Durch geeignete Verteilung der Basisstationen über das Einzugsgebiet des Mobilfunkbetreibers gilt es nun eine ausreichende Kapazitätsversorgung zu erreichen. Eine Vergrößerung der Netzkapazität zu einem Zeitpunkt, in dem die Gesamtplanung des Netzes bereits abgeschlossen ist, ist sehr kostenaufwendig. Erstens ist die Anpassung des Frequenzbildes in der betroffenen Basisstation sowie dem angrenzenden Gebiet sehr kompliziert. Zweitens sind die Kapazitätssprünge bei ModifIkationen einer Basisstation meist so groß, daß danach in der Regel unrentable Überkapazitäten entstehen, die u. U. nur langsam abgebaut werden können. Damit dem Wunsch der Nutzer nach flächendeckender Versorgung bei kleiner Dimensionierung der Endgeräte entsprochen werden kann, müssen in Gebieten mit geringem Gesprächsaufkommen bewußt Überkapazitäten vorgehalten werden, weil die BTS trotzdem eng positioniert werden müssen, damit die Anforderung an die Sendeleistung der Telefone nicht steigt. Neben den Kapazitätsparametern detenniniert die Software, mit der das Netz arbeitet, das Qualitätsempfinden der Nachfrager. Entsprechende Algorithmen leiten den Hand-Over zwischen zwei Basisstationen ein, korrigieren automatisch Fehlcodierungen, leiten Gespräche an die Adressaten, ermitteln die verursachten Gebühren und lenken Gespräche auf benachbarte Basisstationen um, wenn sich in einer Basisstation Übernachfrage abzeichnet. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, daß aus der Sicht der Versorger die Bereitstellungseinheit darin besteht:

• daß jedem Mitglied, das mobil telefonieren will, zu jeder Zeit und an jedem Ort des Einflußgebietes des Versorgers ein Leitungskanal zugeordnet werden kann, • daß die Netzkapazität so gewählt wird, daß für jeden der angenommenen Nutzer die Wahrscheinlichkeit, wegen Überfüllung keine Leitung zur Verfügung gestellt zu bekommen, eine bestimmte Wahrscheinlichkeit von x % nicht übersteigt, 14 • daß durch Defekte ausgefallene Basisstationen sofort durch ein Serviceteam reaktiviert werden,

14 Dabei wurde die Fonnel des Dänen A. K. Erlang verwandt, mittels der die Anzahl der notwendigen Verkehrskanäle ennittelt werden kann, wenn die Menge der potentiellen Nutzer feststeht.

108

4. Kap.: Mobilfunk im Lichte der KollektivgUtertheorie

• daß eine fehlerfreie Software der Optimierung der Qualität der Sprachund Datenübertragungsdienstleistungen sowie der Ermittlung der auf den einzelnen Nutzer entfallenden Gebühren dient und • daß das Netz so engmaschig aufgebaut wird, daß eine handliche Dimensionierung der Endgeräte gewährleistet werden kßnn.

3. Das mobile Telefonieren aus der Sicht der Zulieferer Das Verbandsmanagement steht bei der Errichtung des Mobilfunknetzes vor der Entscheidung, ob es das Netz selber herstellen soll oder ob es Übertragungseinheiten von einem Netzbetreiber kaufen soll. Wenn beim Kauf des Netzes hohe Transaktionskosten aufueten würden, könnte es vorteilhaft sein, das Netz selber herzustellen. Der Versorgungsverband muß dann die Basisstationen, die diese zentral verwaltenden MSC' sB und die Übertragungswege, die die Basisstationen und die MSC s vernetzen, selber zusammenfilgen. Unabhängig davon, ob der Versorgungsverband oder ein Netzbetreiber den Aufbau des Mobilfunknetzes durchfllhrt, müssen etwa 2.500 - 3.000 Basisstationen pro Betreiber beschaffi: werden. Dazu kommen etwa 20 MSC' s und ein NMClo je Betreiber. Dieser Bedarf löst vielfältige Beschaffungsvorgänge aus. Zuerst sind in entsprechender Anzahl Lokalitäten zu beschaffen, in denen die entsprechenden Netzkomponenten installiert werden können. Die Basisstationen müssen in Räumen untergebracht sein, die besonderen sicherheitstechnischen Anforderungen genügen. Befmdet sich die Basisstation in. freier Natur, muß ein Container gebaut werden. Wird die Basisstation in einem Raum eines bestehenden Gebäudes untergebracht, besteht ein oft erheblicher Umbauaufwand. Gegebenenfalls muß die Versorgung mit Elektrizität sichergestellt werden. Wegen der komplizierten Technik muß die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit im Raum konstant gehalten werden. Dafilr sind Klimaanlagen filr jede Basisstation zu beschaffen. Um die Zufuhr von Frischluft zu gewährleisten, müssen Ventilatoren eingebaut werden. Jeder Standort muß mit einem Antennensystem ausgestattet werden. Um die Reichweite der emittierten Signale einer Basisstation zu erhöhen, werden Antennentürme zu beschaffen sein, wenn keine hoch herausragenden Gebäude gefunden werden können, worin man die Basisstation unterbringen kann oder darf.

15 MSC = Mobile Switching Center, Ein Element eines D-Netzes, das den Gesprächsverkehr von bis zu 512 angeschlossenen Basisstationen koordiniert. 16 NMC = National Mobile Center. Die technologische Zentrale eines digitalen Mobilfunknetzes. Alle MSC's sind mit dem NMC verbunden.

B. Beschreibung der Struktur der Mobilfunkmärkte

109

Die o. a. Überlegungen über den Beschaffungsbedarf bei den Basisstationen gelten auch für die MSC's und das NMC.

V. Institutionenorientierte Marktbeschreibung

Bei der institutionenorientierten Marktbetrachtung sind zwei Gebiete voneinander zu trennen: 1. die Gesetze, die den rechtlichen Rahmen determinieren und 2. die Übereinkünfte, die dazu dienen, technische Normen und Standards festzulegen, um maximale Größendegressionseffekte zu realisieren. Beide haben einen direkten Einfluß auf das Marktgeschehen. Im Bereich der Gesetzgebung sind die beiden relevanten Einflußgrößen die Legislativen der Europäischen Gemeinschaft und Deutschlands. Im Bereich der technischen Normung sind die Internationale Fernmelde-Union (lTU), das ETSI (European Telecommunications Standards Institute) und das deutsche Zentralamt für Zulassungen im Fernmeldewesen (ZZF) maßgebend.

Gesetzlicher Rahmen - Die Europäische Gemeinschaft wurde zum Zwecke der Schaffung eines "Gemeinsamen Marktes" gegründet. Dies birgt unbestreitbare Vorteile, aber mit jeder Maßnahme zur Steigerung der Integriertheit der Gemeinschaftsstaaten geht ein Stück einzelstaatliche Souveränität verloren. Dies ist in bezug auf die Telekommunikation nicht anders. 17 Einfluß nimmt die EG durch Rechtsakte, die von der Kommission initiiert werden. 18 Das Europäische Parlament berät mit dem Wirtschafts- und Sozialausschuß über die Vorschläge und kommentiert sie. Wenn der Rat schließlich den Vorschlag der Kommission annimmt, entsteht ein Rechtsakt. Dieser kann: •

eine Verordnung:

die in den Mitgliedsstaaten, ohne vorherige Umsetzung in nationales Recht, befolgt werden muß,



eine Richtlinie:

mit der die Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet werden, durch nationale Gesetze ein bestimmtes Ziel zu realisieren,



eine Entscheidung:

die verbindlichen Charakter fiIr die Betroffenen hat, aber nicht Eingang in nationales Recht fmden muß und



eine Empfehlung:

die nicht verbindlich ist,

17 Vgl. Vgl. Th. Königshofen (1990), S. 372f. 18 Vgl. EG-Kommission (1988), S. iii, worauf sich auch die folgenden Anmerkungen stützen.

110

4. Kap.: Mobilfunk im Lichte der Kollektivgütertheorie

sein. Für den Bereich der beiden D-Netze sind von besonderer Bedeutung die "Richtlinie des Rates vom 25.06.1987 über die Frequenzbänder, die filr die koordinierte Einfilhrung eines europaweiten öffentlichen zellularen, digitalen, terrestischen Mobilfunkdienst in der Gemeinschaft bereitzustellen sind" und die "Empfehlung des Rates vom 25.06.1987 filr die koordinierte EinfUhrung eines europaweiten öffentlichen zellularen, digitalen, terrestischen Mobilfunkdienst in der Gemeinschaft". In Deutschland sind Bundestag und Bundesrat mit der gesetzgebenden Gewalt betraut. Sie haben den gesetzlichen Rahmen geschaffen, der bereits beschrieben worden ist.

Technische Standards und Normen - Im Bereich der Standardisierung sind nun das ZZF, das ETSI und die ITU zu untersuchen. ITU: 19 Die ITU wurde 1865 gegrUndet und umfaßt heute 166 Mitgliederstaaten. Die Hauptziele des ITU sind die Harmonisierung, die Verbesserung und der zweckmäßige Einsatz der Fernmeldeeinrichtungen. Außerdem sollen unterentwickelte Länder unterstützt werden. In Verfolgung dieser Ziele hat das ITU folgende Aufgaben: •

Zuteilung und Verwaltung der Frequenzen, um Störungen zwischen Sendestationen benachbarter Staaten zu vermeiden,20



Koordination der Maßnahmen zur Verbesserung der Ausnutzung der Frequenzen,



Koordination der Bemühungen um übereinstimmende Entwicklung von Fernmeldeanlagen und



Erstellen von Studien und Sammlung von Informationen bezüglich des Fernmeldewesens.

Zwei der insgesamt sechs ständigen Organe des ITU sind fiIr den digitalen Mobilfunk in Deutschland von besonderer Wichtigkeit, nämlich das CCITT (Comite Consultatif International Telegraphique et Telephonique) und das CCIR (Comite Consultatif International de Radiocommunication). Das CCnT hat die Aufgabe, Studien im Bereich des Fernmeldewesens hinsichtlich Technik, Betrieb und Gebühren zu erarbeiten und Empfehlungen daraus abzuleiten. 21 Da das ccnT mittlerweile weltweit anerkannt ist, haben ihre Empfehlungen normativen Charakter, weil ihre Befolgung in der Regel eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit ohne Kompatibilitätsprobleme möglich

19 Vgl. J Kedaj (1991), Kap. 2.4.1. S. 6. 20 Diese Aufgabe wird von einem ständigen Organ der ITU, dem Internationalen Ausschuß für Frequenzregistrierung (IFRB), wahrgenommen. 21 Vgl. G. Wallenstein (1990), S. 63.

B. Beschreibung der Struktur der Mobilfunkmärkte

111

macht. Einen ähnlichen Aufgabenbereich hat das CCIR. Es erstellt Studien, die sich auf Fragen der Technik und des Betriebes beziehen. Durch die Arbeit des CCITT und des CCIR werden dem ETSI Rahmenbedingungen vorgegeben, innerhalb deren Grenzen es frei ist, eigene Standards 2ll entwickeln. ETSI: Das ETSI wurde 1988 gegründet.22 Es ist mit Normungsfragen im Bereich der Telekommunikation betraut. Diese Aufgabe nahm frUher das CEPT (Conference des Administrations Europeennes des Postes et Telecommunications) wahr. Das CEPT wurde 1959 gegründet, um den Post- und Telekommunikationsverkehr auf europäischem Boden zu harmonisieren. 23 Um der Forderung des Grünbuches der EG nachzukommen, wurden die Standardisierungsaufgaben aus der CEPT ausgegliedert und dem neu gegründeten ETSI überantwortet.

Dem ETSI gehören mittlerweile rund 300 Mitglieder an, die entweder nationale oder europäische Fernmeldeorganisationen sind. Mit der Standardisierung befassen sich sogenannte Technische Komitees, unter ihnen auch die GSM (Groupe Special Mobile, die den Mobilfunkstandard, auf dem unter anderem die neuen deutschen Mobilfunknetze basieren, definiert hat). Die höchsten Organe des ETSI sind die Generalversammlung und die Technische Versammlung. In der Technischen Versammlung werden die Mitarbeiter und Leiter der Technischen Komitees benannt. Außerdem wird über Europäische Telekommunikationsstandards entschieden. Bis Ende 1992 waren bereits über 170 Normen verabschiedet worden.

Zentralamt für Zulassungen im Fernmeldewesen (ZZF) - In Deutschland wurde 1982 das ZZF gegründet. Im Rahmen der Veränderungen durch die erste Poststrukturreform wurde das ZZF zum 1.1.1990 aus dem Unternehmensbereich der Deutschen Bundespost herausgelöst und als dem BMPT unterstelltes Bundesamt gefUhrt. Das ZZF prüft Telefone, Telekommunikationsanlagen und Endeinrichtungen filr analoge und digitale Netze. Darüber hinaus beschäftigt es sich mit der Elektromagnetischen Verträglichkeit und bietet Beratungsdienstieistungen an. Nach dieser Marktbeschreibung, die auch als Grundlage fiIr die KMD-Analyse dienen wird, bleibt im folgenden aus kollektivgütertheoretischer Sicht noch zu konkretisieren: 1. Art und Zahl der zu versorgenden Nutzer, 2. die erforderlichen Ausstattungseinheiten pro Nutzer und die dafiIr notwendigen Bereitstellungseinheiten.

22 Vgl. J. Vorlaender (1992), BI. 23 Vgl. G. Wallenstein (1990), S. 202ff.

112

4. Kap.: Mobilfunk im Lichte der Kollektivgütertheorie

3. die wohlfahrtsoptimale Tarifierung der Dienstleistung und 4. die Organisationsfonn des Versorgungsverbandes.

C. Beschreibung der Art und Anzahl der Nutzer sowie der Ausstattungs- und Bereitstellungseinheiten Eine Analyse der Anzahl potentieHer Nutzer ist filr den Versorgungsverband von entscheidender Bedeutung; denn daraus ergibt sich, wieviele Bereitstellungseinheiten zur Verftlgung gestellt werden müssen. Grundsätzlich muß man untersteHen, daß bei Unterdimensionierung der Menge von Bereitstellungseinheiten ein wohlfahrtsoptimales Resultat wegen des Auftretens von ÜberftlHungskosten verfehlt wird. Eine Überdimensionierung würde eine Fehlallokation von Volksvennögen darstellen und hätte das gleiche Resultat. Deshalb sollen sich die nachgefragten Ausstattungseinheiten und die hergestellten Bereitstellungseinheiten möglichst quantitativ entsprechen.

Erwartete Anzahl der Nutzer - Zu den Nutzern von Mobilfunkdiensten zählen in erster Linie aHe Bevölkerungsgruppen, die in der Zeit ihrer Abwesenheit von ihrem Festnetzanschluß, hauptsächlich während der Autofahrt, durch Kommunikation produktiv sein können. Hier ist Kommunikation weit definiert zu verstehen, als Kommunikation mittels Sprache, Schrift (Fax) oder Datenübertragung (Modem). Diese Gruppe wird die Kosten der Mobilfunkdienste der gewonnenen Produktivität gegenüberstellen. Erst in zweiter Linie gehören solche Bevölkerungsgruppen zu den Nutzern, deren Motiv Imagegründen oder die Freude an der Technik ist. Für diese wird vor allem bei weiter sinkenden Anschaffungs- und Betriebskosten - das Mobiltelefon das häusliche Telefon auf lange Sicht ersetzen und zusätzlich die Nutzung außerhalb - z. B. beim Einkaufen oder auf der Reise - ennöglichen. Um die Mächtigkeit dieser beiden Gruppen abzuschätzen, ist eine Orientierung an der Historie mobilen Telefonierens in Deutschland nicht angeraten. Das mobile Telefonieren in Deutschland hat bis zur Einfilhrung der beiden D-Netze im internationalen Vergleich ein Schattendasein gefllhrt. Schuld daran waren nicht zuletzt die hohen Kosten (vgl. Tab. 3), die mit dem mobilen Telefonieren verbunden waren. Durch die Inbetriebnahme der beiden D-Netze Mitte 1992 wurden die deutschen Mobilfunkmärkte schneH erheblich preisgünstiger, wodurch neue Benutzergruppen erschlossen werden konnten. So betrugen Ende 1992 die Gesamtkosten des 1. Jahres nur noch 4.000 DM (filr Unternehmen unter Abzug der MWSt. sogar nur 3.440) oder 39% der Kosten des Jahres 1988. Per Ende 1994 sind die Kosten des ersten Jahres auf unter 2.500 DM gesunken.

c. Beschreibung der Nutzer, Bereitstellungs-IAusstattungseinheiten

113

Tabelle 3 Zusammenhang zwischen der Penetration von Mobilfunk und den Gesamtkosten des ersten Jahres

Penetration a

Gesamtkosten Jahr 1b

Gesamtkostenindexe

Schweden

64,08

5.233

51

Finnland

52,73

5.224

51

Norwegen

52,09

4.770

47

Dänemark

31,48

4.288

42

Hong Kong

24,94

nicht erhältlich

USA

24,73

nicht erhältlich

Schweiz

22,84

4.351

Kanada

22,18

nicht erhältlich

Großbritannien

20,87

3.789

Neuseeland

17,19

nicht erhältlich

Australien

16,48

nicht erhältlich

Österreich

12,16

4..455

Kuwait

10,71

nicht erhältlich

Niederlande

6,76

5.922

58

Frankreich

5,9

12.467

122

Deutschland

4,74

10.183

100

Spanien

2,0

7.184

71

Portugal

0,93

8.487

83

Land

43 37

44

Quelle: eigene Zusammenstellung dreier Tabellen aus Frank, B., (1992), S. 2 f., 5; a = gemessen je 1.000 Einwohner; b = Summe aus: Geräte- und Anschlußkosten und zwölf Monatsgebühren (Grundgebühr plus 2 min. Gespräch zu Spitzenlastzeiten je Werktag); c = Kostenniveau in Deutschland entspricht 100.

Bei beiden Bevölkerungsgruppen, den geschäftlichen viel mehr aber noch bei den privaten Nutzern, ist mit einer hohen Preiselatizität zu rechnen. Da bei der in Rede stehenden Technologie zu erwarten ist, daß durch Kostensenkungen auch die Gruppe der privaten Nutzer bis Mitte der 90er Jahre als bedeutende

9 Kurtsiefer

114

4. Kap.: Mobilfunk im Lichte der Kollektivgütertheorie

Nachfragergruppe gewonnen werden kann, ist nach Meinung von Fachleuten davon auszugehen, daß mit einer Zahl von bis zu 10 Mio. Nachfragem bis Ende des Jahrzehnts durchaus gerechnet werden kann. Erwartete Nachfrage nach Ausstattungseinheiten - Wie bereits bei der Definition der Größe Ausstattungseinheit erwähnt, bedarf es pro Nachfrager eines freien Leitungskanals. Bei Gültigkeit der oben genannten Schätzung bedeutet das, daß bis zum Ende des Jahrzehnts eine Bedienungskapazität geschaffen werden muß, die so groß ist, daß sich noch alle 10 Mio. Menschen mit je einem Leitungskanal ausgestattet filhlen können. Da in der Regel aber nicht alle Berechtigten gleichzeitig telefonieren wollen, ist mit Gruppenerspamissen m rechnen. Notwendiges Angebot an Bereitstellungseinheiten - Der Versorgungsverband steht vor der Aufgabe, bei möglichst geringen Leer- und Überfilllungskosten jedem Nachfrager, der dies wünscht, jederzeit eine freie Übertragungsleitung mr Verfllgung zu stellen. Es muß nun abgeschätzt werden, wieviel Nachfrage mittels einer bestimmten Anzahl von Leitungskanälen befriedigt werden kann. Dabei hilft die Erlang-Formel:

~ Ei,n (A)

=

n!

A2

1+A+2T+

+ -

An n!

Sie ermittelt eine absolute Zahl in Abhängigkeit von der Anzahl der Leitungskanäle einer Basisstation. Für 30 Leitungskanäle beträgt der Erlang-Wert z. B. 12,41.24 In einem zweiter Schritt wird eine Zahl festgelegt, die die Beanspruchung durch einen durchschnittlichen Nutzer - gemessen in Millierlang - abschätzt. Im Bereich des mobilen Telefonnetzes von Pacific Telesis in Kalifomien wurde ein durchschnittlicher Wert von 22 Millierlangje Nutzer gemessen. Teilt man den absoluten Wert der Erlang-Formel durch den Schätzwert filr die Beanspruchung, erhält man die Anzahl durchschnittlicher Nutzer, die mit der zur Verfilgung gestellten Kapazität der Basisstation ohne Wartezeit telefonieren können. Eine Basisstation mit 30 Leitungskanälen, respektive 12,41 Erlang (siehe oben), hat demnach eine Bedienungskapazität, die so groß ist, daß 5.640 Nutzer lIlf Wunsch ohne Wartezeit telefonieren können, wenn der Schätzwert von 22 Millierlang je Nutzer gültig ist.

24 Die Erlang-Werte können in Formelsammlungen nachgeschlagen werden. Dabei werden die Erlang-Werte als Funktion von E (Blockierwahrscheinlichkeit) und n (Anzahl der Sendekanäle) abgebildet.

D. Messung des RivaJitätsgrades bei Mobilfunknetzen

115

Um den Bedarf an Leitungskanälen zu reduzieren, wird man Abbruchraten25 Telefonierwilliger in Kauf nehmen. So fllhrt die Billigung einer Abbruchrate von 1% zu einem absoluten Erlang-Wert von 16,684, mithin zu einer Steigerung um 34%. Bei gleicher Anzahl von Leitungskanälen könnten dann 7.583 Nutzer versorgt werden. Vertraut man auf die Übertragbarkeit der Erkenntnisse aus den USA, muß der Versorgungsverband bis ~ Jahr 2000 - 10 Mio. Nutzer zu diesem Zeitpunkt unterstellt - 106 x 22 x 10- Erlang = 220.000 Erlang Kapazität bereitstellen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß ein gewisser Prozentsatz der Leitungskanäle wegen Defekten ausfällt. Geht man von 1% Defektrate im Jahresdurchschnitt aus, erhöht sich der Bedarf an Bereitstellungseinheiten auf 222.200 Erlang.

D. Messung des Rivalitätsgrades bei Mobilfunknetzen I. Definition des Rivalititsgrades

Der Rivalitätsgrad p zeigt auf, "... um wieviel Prozent die Versorgungskosten filr ein Nutzerkollektiv bei vorgegebener Versorgungsqualität steigen, wenn die Zahl der zu Versorgenden um ein Prozent steigt und die Bedienungskapazität (hier die Kapazität des in Rede stehenden D-Netzes, Anm. des Verf.) ... gegeben oder bereits festgelegt worden ist. Definitionsbereich des Rivalitätsgrades - Der Definitionsbereich des Rivalitätsgrades umfaßt in seinen Extrempunkten Situationen, in denen vollständige Rivalität vorliegt (p = 1) und Situationen in denen keine Rivalität vorliegt (p = 0). Ist in einem Lebensmittelversorgungsdepot z. B. nur noch eine Portion übrig, so werden sich zwei Nachfrager als direkte und unmittelbare Konkurrenten betrachten. Dann hat p den Wert 1, weil nur bei einer Verdopplung des Angebotes beide Nachfrager bedient werden könnten. Bei reinen Kollektivgütern hingegen verursachen zusätzliche Nutzer des Gutes keine zusätzlichen Kosten. Der Konsum ist nichtrivalisierend. Der Nutzen fiIr das einzelne Mitglied bleibt unabhängig von der Anzahl weiterer Nutzer konstant. Die Variable p hat den Wert O. Ein Beispiel ist eine Rundfunksendung, bei der zusätzliche Nutzer die Hörer nicht stören. Früher ilßte man z. B. die Luft oder das Wasser als reine Kollektivgüter auf. Mittlerweile mußte diese Sichtweise wegen der zunehmenden Verschmutzung der Luft und des Wassers leider korrigiert werden.

25 Unter Abbruchrate versteht man das Nichtzustandekommen einer Verbindung zwischen Mobiltelefon und Basisstation aufgrund von Überfüllung. 9'

116

4. Kap.: Mobilfunk im Lichte der Kollektivgütertheorie

Es ist auch möglich, daß p einen Wert zwischen 0 und 1 annimmt, nämlich dann, wenn der Nutzenbetrag fiir bisherige Mitglieder des Versorgungsverbandes beim Eintritt neuer Mitglieder nicht völlig verschwindet, sondern nur geringer wird. Dies tritt ein, wenn durch zusätzliche Mitglieder Überfilllungserscheinungen auftreten, die zu einer Rationierung der Ausstattungseinheiten fUhren. 2b Der Rivalitätsgrad, der selber ein Elastizitätsmaß ist, wird von zwei Teilelastizitäten gebildet.27 Die Elastizität der erforderlichen Versorgungsmenge auf die Anzahl der Nutzer (Nutzungselastizität = y) ist eine der beiden Komponenten, die den Rivalitätsgrad beeinflussen. Sie drückt aus, " ... um wieviel Prozent die erforderliche Versorgungsmenge des Kollektivs bei vorgegebener Qualität erhöht werden muß, wenn die Zahl der Kolletivrnitglieder um ein Prozent steigt. " .28 Die zweite Elastizität, die Einfluß auf den Rivalitätsgrad hat, ist die Elastizität der Versorgungskosten auf die Anzahl der Beschaffimgsmengeneinheiten (Mengenelastizität = ö). Sie mißt, " ... um wieviel Prozent die Herstellungsbzw. Beschaffimgskosten steigen, wenn die erforderliche Versorgungsmenge um ein Prozent erhöht wird.".29 Durch eine multiplikative Verknüpfung der beiden Elastizitäten gelangt man zu dem oben definierten Rivalitätsgrad. 30 Es gilt also:

p=ö*y Im folgenden werden die beiden Teilelastizitäten filr das Beispiel der Mobilfunkmärkte Deutschlands quantifIziert. Davon ausgehend, wird die Entwicklung des Rivalitätsgrades betrachtet und die wohlfahrtsoptimale TarifIerungsform flIr die Mobilfunkleistung abgeleitet. Es wird nicht versucht, exakte Zahlen m fInden, sondern eine Tendenzaussage zu treffen. Dies ist ausreichend, um dem Ziel des Kapitels zu genügen, die theoretisch richtige Bereitstellung und Finanzierung der Mobilfunkmärkte zu entwickeln.

11. Die Nutzungselastizität bei digitalen Mobilfunknetzen Grundlage - Um diese Elastizität herausarbeiten zu können, muß zuerst ein funktionaler Zusammenhang zwischen der Anzahl der Bereitstellungseinheiten und dem Ausstattungsfaktor hergestellt werden. Dieser ist:

26 Vgl. H. Grossekettler (199Ib), S. 130. 27 Die analytische Herleitung findet sich in H. Grossekettler (1985), S. 218 ff.

28 Vgl. H. Grossekettler (199Ib), S. 130. 29 Ebenda, S. 130 f. 30 Theoretische Herleitung siehe H. Grossekettler (1985), S. 214 ff.

D. Messung des Rivalitätsgrades bei Mobilfunknetzen

q

=

117

x nY

mit: q

Bereitstellungseinheiten,

x

Menge an Ausstattungseinheiten, die fUr einen Nutzer verfilgbar ist (= Ausstattungsfaktor),

n

Anzahl der Nutzer

Y

Nutzungselastizität der erforderlichen Bereitstellungsmenge

Der Exponent y stellt die Nutzungselastizität der erforderlichen Bereitstellungsmenge dar. Sein Wert drückt den Bedarfnach neuen Bereitstellungseinheiten bei Erhöhung der Nutzerzahl aus. Bei reinen Individualgütern ist y ~ I. Der Wert beträgt genau 1, wenn die Grenzkosten fUr Ausstattungseinheiten fix sind. Steigen die Grenzkosten, d. h. ist das Durchschnittskostenminimum überschritten, steigt y und kann gegen unendlich streben. Bei reinen Kollektivgütern hingegen wird y zu O. Für einen weiteren Nutzer z. B. einer Rundfunksendung muß keine neue Einheit bereitgestellt werden. Bei Gütern die von mehreren Nachfragern benutzt werden können und eine Kapazitätsgrenze aufweisen, nimmt y einen Wert zwischen 0 und 1 an, wenn die Auslastung unterhalb der Kapazitätsgrenze liegt. Wird die Kapazitätsgrenze erreicht, können keine neuen Ausstattungseinheiten mehr bereitgestellt werden. Die Grenzkosten der Nutzung steigen, so daß y ~ 1 wird und unter Umständen gegen unendlich strebt. Das Komplement von y (I-y) zeigt Gruppenvorteile des Konsums auf. Diese sind bei einem reinen Kollektivgut per defmitionem am höchsten.

Abschätzung der Nutzungselastizität bei digitalen MobilJunknetzen - Welchen Wert die Nutzungselastizität innerhalb eines Mobilfunknetzes annimmt, hängt von dem Auslastungsgrad der Kapazität ab. Sind freie Kapazitäten vorhanden, fUhrt ein Anwachsen der Nutzer zu einem höheren Auslastungsgrad. Neue Nutzer können ohne neue Bereitstellungseinheiten versorgt werden, indem auf bereits bestehende, bisher ungenutzte zurückgegriffen wird, d. h. indem Leer- in Nutzkosten umgewandelt werden. Die gestiegene Inanspruchnahme des Netzes filhrt bei den Mitgliedern des Versorgungsverbandes nicht zu Qualitätseinbußen, im Gegenteil entsteht der Vorteil, daß die Fixkosten auf mehr Mitglieder verteilt werden, so daß die Mobilfunkdienste preiswerter zur Verfilgung gestellt werden können. Die Nutzungselastizität wird sich allerdings im Zeitablauf in Anlehnung an den Auslastungsgrad verändern. Durch das Erreichen der Kapazitätsgrenze zu Spitzenlastzeiten treten Überfilllungskosten auf. Diesen begegnet der Versorgungsverband durch die Schaffimg zusätzlichen Bereitstellungseinheiten oder durch die Erhebung einer Rationierungsgebühr, um die tageszeitliche Nutzung gleichmäßiger zu verteilen. Die Zustände innerhalb des C-Netzes belegen dies deutlich. Bis Ende der 80er Jahre war das Ansteigen der Nachfrage nach mobilem Telefonieren un-

118

4. Kap.: Mobilfunk im Lichte der Kollektivgütertheorie

schädlich filr die bisherigen Nutzer, weil genügend freie Kapazitäten verfilgbar waren. Die Nutzungselastizität betrug O. Ab 1989 traten in den Ballungsgebieten Überfilllungserscheinungeri während der Spitzenzeiten auf. Eine regionale Preisdifferenzierung war bei der gegebenen Rechtslage nicht mit dem Versorgungsauftrag der Telekom in Einklang zu bringen. Durch eine Ausweitung der Bereitstellungseinheiten konnte die Situation nur geringftlgig verbessert werden, so daß die digitalen Netze schon kurz nach dem Beginn des kommerziellen Betriebes eine rege Nachfrage erfuhren. Dies erstaunt um so mehr, wenn man bedenkt, daß die Flächendeckung der digitalen Netze zu dieser Zeit noch deutlich unter 50% lag. Für ein digitales Mobilfunknetz ist zu erwarten, daß ähnliche Entwicklungsphasen festgestellt werden können. Diese sollen kurz skizziert werden.

Frühe Betriebsphase - In der Anfangsphase ist nicht damit zu rechnen, daß es zu einer Überschreitung der Kapazität in Basisstationen kommt. Zusätzliche Nutzer werden weder Bedarf filr zusätzliche Bereitstellungseinheiten auslösen noch das Qualitätsempfinden der Verbandsmitglieder beeinträchtigen. Die Nutzungselastizität beträgt in diesem Zeitraum O. Mittlere Betriebsphase - Für Basisstationen kommt eine Phase, in der während bestimmter Stunden des Tages die tatsächliche Nachfragemenge das Maß übersteigt, filr das ihre Kapazitäten ausgelegt waren. Es entsteht Bedarf nach zusätzlichen Bereitstellungseinheiten. Die Nutzungselastizität steigt langsam an, denn jedes neue Mitglied läßt den Zeitraum der Kapazitätsüberschreitung im Tagesablauf länger werden. Eine Basisstation hat gewisse Möglichkeiten filr Kapazitätsvariationen, so daß die oben beschriebenen Kapazitätsengpässe durch Erweiterungsmaßnahmen behoben werden können. Diese Maßnahmen ftlhren zu sprunghaften Erweiterungen der Kapazität. Eine nichtdiskrete, also stetige Variation der Kapazität scheitert an technologischen Restriktionen. Dadurch kommt es in der Folgezeit immer wieder dazu, daß die Nutzungselastizität langsam ansteigt, um dann in der Regel durch Variation der technischen Situation (z - Situation31 ) wieder auf den Wert Null zurückzuspringen.

Späte Betriebsphase - Zuletzt ist die Möglichkeit der Variation der Kapazität ausgeschöpft. Weitere kapazitätserweiternde Maßnahmen scheitern an dem festgelegten Frequenzplan und der ausgereizten Technologie. Die Nutzungselastizität steigt langsam gegen 1 und überschreitet diesen Wert, weil die Grenzkosten der Nutzung die Durchschnittskosten übersteigen.

31 Vgl. G. Wöhe (1986), S. 501.

D. Messung des Rivalitätsgrades bei Mobilfunknetzen

119

III. Die Mengenelastizitlt bei digitalen Mobilfunknetzen

Grundlage - Die Mengenelastizität der Bereitstellungskosten zielt auf Kostendegressionsvorteile bei der Produktion bzw. Beschaffung von Bereitstellungseinheiten ab. Zur Erinnerung: Aus der Sicht der Versorger besteht das Hauptproblem bei der Wahl der Bereitstellungseinheiten darin, die Netzkapazität so zu wählen, daß für jeden der angenommenen Nutzer die Wahrscheinlichkeit, wegen Überjüllungkeinen Gesprächskanal zur Verfügung gestellt zu bekommen, eine bestimmte Wahrscheinlichkeit von x% nicht übersteigt.

Für die Abschätzung der Mengenelastizität der Bereitstellungskosten von Bereitstellungseinheiten steht man vor der Aufgabe, eine Beschaffungskostenfunktion zu präzisieren. Analog zur q-Funktion bei der Nutzungselastizität läßt sie sich formulieren als:

mit: f

Kostenfaktor, der die Dimension "Werteinheit pro Mengeneinheit" hat,

q

Menge der Bereitstellungseinheiten und

Ö

Mengenelastizität der Bereitstellungskosten

Nimmt Ö einen Wert unter 1 an, drückt das aus, daß eine einzelne Bereitstellungseinheit q nicht in voller Höhe zur Verursachung von Kosten beiträgt, daß also Subadditivität der Kosten vorliegt. Je kleiner ö, desto geringer ist der Anteil der variablen Kosten an den Gesamtaufwendungen filr die Produktion der Bereitstellungseinheiten. Für den Fall, daß nur Fixkosten auftreten, nimmt Ö den Wert 0 an. Abschätzung der Mengenelastizität der Bereitstellungskosten bei Mobilfunknetzen - Die Alternative, das Netz von Sender- und Empfangsanlagen selber zu erstellen, bot sich den zwei Netzbetreibem Telekom und Mannesmann nicht.

Im Fall der Telekom sprachen von vornherein Paragraphen des PStrukRG gegen eine EigenersteIlung des Netzes. Mannesmann Mobilfunk wurde durch den Lizenzvertrag in ihrer Entscheidungsfreiheit eingeengt. Allerdings hätte man vermutlich wegen des fehlenden technischen Wissens auf jeden Fall filr eine FremdersteIlung des Netzes votiert, weil MMO auf einem filr sie völlig neuen Markt operierte, so daß dieses Unternehmen deutliche Know-How-Defizite gegenüber der Telekom hatte. Darüber hinaus sind die vorhandenen Anbieter auf dem Markt filr Mobilfunkhardware durch hohe Markteintrittsbarrieren

120

4. Kap.: Mobilfunk im Lichte der Kollektivgütertheorie

geschützt.32 Deshalb werden im folgenden nicht Herstellungskosten, sondern Kosten der Beschaffung Gegenstand der Betrachtung sind. Bei der Ermittlung der Bereitstellungselastizität sind Beschaffimgsvorgänge im Rahmen der Erlangung der Grundkapazität, auf die sich der Versorgungsverband geeinigt hatte,3J nicht von Interesse. Vielmehr werden Beschaffimgsvorgänge betrachtet, die der Erweiterung der Kapazität über das ursprünglich festgelegte Ausmaß hinaus dienen sollen. Die Möglichkeit des Aufbaus eines vollständig neuen Netzes soll nicht betrachtet werden, sondern nur die Entwicklung der Bereitstellungskosten innerhalb eines Netzes.34 Um die Mengenelastitizät der Bereitstellungskosten abzuschätzen, sind zuerst die Kostenkomponenten, die beim Bereitstellen von Leitungskanälen anfullen, zu erläutern.

a) Kosten der Netzkomponenten - Ein Mobilfunknetz besteht aus vielen gleichen Netzelementen. Es ist anzunehmen, daß die Unternehmen, die diese Elemente produzieren, Erfahrungskurveneffekte35 realisieren. Die Erfahrungskurveneffekte setzen sich zusammen aus Economies of Scale, hervorgerufen durch größere Produktionsstätten, und aus Lerneffekten, die als technischer Fortschritt zu klassifizieren sind. Je nach Größe des Kaufauftrages ist zu erwarten, daß der Versorgungsverband Kostendegressionen, hervorgerufen durch Erfahrungskurveneffekte, einfordern kann. Dies kann z. B. durch im voraus festgesetzte Preissenkungen in Abhängigkeit von der gelieferten Stückzahl erfolgen. 36 Diese Konstruktion zwingt die Produzenten dazu, mögliche Kostensenkungspotentiale konsequent zu nutzen. Die Erfahrungseffekte werden bei den Lieferanten der D-Netztechnologie ein großes Ausmaß annehmen. Beide Netze bestehen aus denselben Komponenten wie die Netze der anderen Unterzeichnerstaaten des MoU.37 Man kann davon 32 Zu dem Einfluß von Markteintrittsbarrieren auf die Chancen eines neuen Anbieters vgl. K. Backhaus (1990), S. 173ff. 33 Die Methode der Ermittlung der gewünschten Grundkapazität wird in Abschnitt 2.6.3 unter dem Stichwort Ermittlung der notwendigen Kapazität beschrieben. 34 Über die Bereitstellungskosten bei voneinander unabhängigen Mobilfunknetzen vgl. Fn.71, S. 23. 35 Zum Erfahrungskurvenkonzept vgl. K. Backhaus (1990), S. 155ff. und A. Heuermann (1988). 36 Die Gefahr solcher Vertragsformen im Systemgeschäft bestehen in der eingeschränkten Flexibilität des Nachfragers. Dieser Effekt wird auch "lock-in" genannt. Vgl. K. BackhauslD. AufderheidelG. M Späth (1994), S. 24. 37 Zur Zeit befinden sich 102 GSM-Netze in 29 europäischen, 10 arabischen, 17 asiatisch-pazifischen und 4 afrikanischen Staaten im Aufbau. Vgl. Th. Haug (1994), S. 1 und P. Chambers (1995), S. 52.

D. Messung des Rivalitätsgrades bei Mobilfunknetzen

121

ausgehen, daß die Lieferanten der beiden deutschen Netze auch bei Ausschreibungen von Netzen anderer Unterzeichnerstaaten den Zuschlag erhalten werden. Dies filhrt dazu, daß im Zeitablauf erhebliche Lemeffekte realisiert werden können. Zusätzlich werden Betriebs- und Losgrößendegressionseffekte auftreten. Die Zulieferindustrie wird ihre Vorprodukte preiswerter herstellen können. Nicht zuletzt ist zu berücksichtigen, daß der Aufbau der deutschen Netze innerhalb des MoU am fiilhesten begonnen wurde. Weil es sich um eine völlig neue Technologie handelt, sind die Lieferanten unerfahren und gemessen an späteren Zeitpunkten relativ unproduktiv. Dies wirkte sich auf die deutschen Netzersteller negativ aus, weil sie Aufträge zu einem Zeitpunkt erteilten, als noch keine Erfahrungskurveneffekte seitens der Produzenten realisiert werden konnten. Mit dem Einstieg weiterer Nationen in den Netzbau, werden die Kosten fUr das Netzequipement schnell sinken. Es ist deshalb zu erwarten, daß die Bereitstellungskosten fiir zusätzliche Netzkomponenten schnell und deutlich sinken werden.

b) Baukostenjür die Unterbringung der Netzkomponenten - Die Sender- und Empfangsstationen werden von der Telekom in der Regel auf Betonmasten montiert. Durch das Netzdesign, das von der Telekom bevorzugt wird, werden größere Zellen gebildet als bei dem Netz von MMO, so daß diese Bauweise wahrscheinlich preisgünstiger ist als die von MMO. MMO hingegen versuchte von Anbeginn ein kleinmaschiges Netz aufzubauen. DafUr wurden Antennen auf den Dächern geeigneter Häuser installiert. In einem Raum des Hauses oder in einem Container am Haus wurden die technischen Geräte untergebracht. Diese baulichen Maßnahmen wurden von großen Bauunternehmen durchgefilhrt. Wenn auch gewisse Kostengrößen einer Baumaßnahme nicht variiert werden können, ist bei der Durchftlhrung seitens der Baufinna ebenfalls mit Lerneffekten zurechnen. MMO und Telekom werden mit Sicherheit darauf drängen, daß diese an sie weitergegeben werden, so daß auch die Baukosten mit der Zeit sinken werden.

c) Kosten der kaufmännischen Koordination - Der Aufbau des Netzes bedarf eines umfangreichen Koordinations- und Kontrollaufwandes. Dieser kann mittels Durchschnittsermittlung auf einzelne Netzkomponenten bezogen werden. Die Telekom, bereits erfahren im Aufbau von Mobilfunknetzen, könnte hier Vorteile gegenüber MMO haben, fiIr die dies Neuland ist. 38 Das bedeutet aber andererseits, daß MMO hier höhere Einsparungspotentiale aufweist als die Telekom. Quellen fUr Kosteneinsparungen sind:

38 Dabei darf natürlich nicht übersehen werden, daß innerhalb eines Konzernes wie Mannesmann sicherlich großes Know-how in Bezug auf die Durchführung von Großprojekten angesammelt worden ist.

122

4. Kap.: Mobilfunk im Lichte der Kollektivgütertheorie



Lemeffekte bei Kaufverhandlungen



Lemeffekte bei Angebotskontrollen



Lemeffekte bei Lieferungs- und Leistungskontrollen

Ein weiterer Aspekt ist, daß, gemessen an dem Gesamtumfang, zusätzliche Netzelemente einen Koordinationsaufwand verursachen, der weitgehend von den bestehenden Personalkapazitäten bewältigt werden kann. Eine Vergrößerung des Personalbestandes wird deshalb nicht nötig. Generell läßt sich feststellen, daß die durchschnittlichen Kosten fllr die kaufmännische Koordination der Bereitstellung eines weiteren Leitungskanals tendenziell sinken werden.

d) Kosten der Implementierung zusätzlicher Bereitstellungseinheiten in das Netzdesign - Ein Mobilfunknetz ist ein komplexes System. Eine Veränderung in einem Teil des Systems hat umfangreiche Auswirkungen auf die anderen Teile. Deshalb ist anzunehmen, daß jede Veränderung des Netzdesigns, nachdem die endgültige Planung abgeschlossen ist, hohe Kosten verursacht. Dies wird sich noch verstärken, wenn die Anzahl der nachträglichen Eingriffe mnimmt und ein ehemals optimiertes Design durch immer neue Veränderungen komplizierter und inflexibler wird. , Die Implementierungskosten bestehen zunächst aus Personalkosten fllr die gedankliche Konzeptionierung des neuen Netzdesigns und aus den Hardwarekosten fllr Geräte, die die zusätzliche Kapazität ermöglichen. Sie bestehen aber auch aus den Kosten fllr die notwendigen Hardwareanpassungen der umgebenden Basisstationen, um sie an das geänderte Frequenzdesign anzupassen. Im Zeitablaufwerden die Implementierungskosten stark steigen.

e) Consulting-Kosten - In einigen Bereichen wird der Versorgungsverband nicht umhin kommen, fremdes Wissen von Consulting-Untemehmen einzukaufen. Mit Fortschreiten des Aufbaus und des Betriebes des Netzes wird das Fachwissen an eigene Mitarbeiter weitergegeben werden, welches zu Beginn noch teuer eingekauft werden mußte. Es ist davon auszugehen, daß dadurch die Beratungskosten von einer hohen Basis ausgehend kontinuierlich bis auf den Wert Null sinken werden.

j) Leerkosten - Gutenberg versteht Leerkosten als den Teil der Fixkosten, die nicht der Produktion dienen. 39 Die Leerkosten werden bei einem Mobilfunknetz zuerst sehr hoch sein. Ein mobiles Telefonnetz braucht eine Mindestflächendeckung, um bei den potentiellen Nutzem auf Akzeptanz zu stoßen. Die Mindestabdeckung kann als Mindestlosgröße oder Mindestkapazität verstanden werden. Sie wird die Nachftage zu Beginn des Netzbetriebes bei weitem übersteigen. In dieser Phase sind nahezu die gesamten Fixkosten Leerkosten. In der 39 Vgl. E. Gutenberg (1979), S. 348.

D. Messung des Rivalitätsgrades bei Mobilfunknetzen

123

folgenden Zeit steigt die Auslastung nur langsam an, weil der Versorgungsverband, dem Ziel der vollständigen Flächendeckung folgend, ständig neue Kapazitäten bereitstellt. Ist eine kritische Größe in der Flächendeckung erreicht, beschleunigt sich das Wachstum des Auslastungsgrades. Die Leerkosten sinken schneller. Werden innerhalb bestehender Basisstationen Kapazitätserweiterungen notwendig, steigen dort die Leerkosten sprunghaft an. Für die Höhe der Bereitstellungskosten ist die Veränderung der Leerkosten durch die Bereitstellung eines weiteren Leitungskanals relevant. Durch die Restriktionen, die die Technologie auferlegt, sind nur sprungfIXe Kapazitätsvariationen realisierbar. In aller Regel wird die gewonnene Kapazität den Nachfrageüberhang überkompensieren, so daß sich ungenutzte Kapazitäten ergeben. Diese fUhren zu einer Erhöhung der Leerkosten.

Zusammenfassung - Die sechs oben genannten Kostenkomponenten bestimmen die Kostenelastizität der Bereitstellungsmenge (vgl. Abb. 6). Die Entwicklung der Kosten filr die Netzbestandteile, filr die Bauleistungen, filr Consulting und ftlr die kaufmännische Koordination wird zu einer Verringerung der Bereitstellungskosten fUhren. Diese kostenreduzierende Wirkung wird vermindert werden durch das Auftreten von Leerkostensprüngen und die im Zeitablauf stark steigenden Implementierungskosten. Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß das Niveau filr die Bereitstellungskosten zunächst gehalten wird. Dann filhren Kostensenkungen bei den Netzkomponenten, bei den Bauleistungen und der Beratung zu verringerten Bereitstellungskosten. Schließlich steigen die Kosten filr die Implementierung so schnell, daß sie nicht mehr durch die Senkung anderer Kostenarten kompensiert werden können. Phase

------- ---- ---- --- ---

Start

Kosten für Netzkomponenten Baukosten Kosten für kaufm. Koordination Implementierungskosten Leerkosten Consulti~kosten

Bereitstellungskosten

Wachstum

---~

Abb.6: Entwicklungstendenzen relevanter Kostenarten rur die Bemessung der Bereitstellungskostenelastizität

Reife.

---... t

0

124

4. Kap.: Mobilfunk im Lichte der Kollektivgütertheorie

Nachdem nun die Komponenten des Rivalitätsgrades, der Nutzungs- und der Bereitstellungselastizität erläutert worden sind, soll mit ihrer Hilfe die Höhe des Rivalitätsgrades im Zeitablauf abgeleitet werden.

IV. AbschAtzung des RivalitAtsgrades bei Mobilfunknetzen

Der Rivalitätsgrad, der ein Maß fllr die Elastizität der Bereitstellungskosten auf Variationen der Zahl der Nutzer ist,40 ist durch die Aufteilung in seine beiden Teilelastizitäten absch!1tzbar geworden. Ziel der Abschätzung des Rivalitätsgrades ist die Ableitung einer wohlfahrtsoptimalen Finanzierungsregel für Mobilfunkleistungen.

1. Betragsmäßige Entwicklung Der Rivalitätsgrad ist als Elastizitätsmaß eine Größe, die sich im Produktionsablauf ständig verändert. Eine plausible Entwicklung dieser Größe bei einem Mobilfunknetz soll nun skizziert werden. Zur Verdeutlichung der Aussagen wird vorweg graphisch dargestellt, wie sich die relevanten Größen entwickeln könnten (Vgl. Abb. 7 - 10). Die Mitgliederentwicklung wurde hergeleitet unter Zugrundelegung eines Sättigungsniveaus von 10 Millionen Nutzem im Jahr 2010 und einer logistischen Trendfunktion. Letztere ist ein gutes Modell zur Schätzung und Prognose von Diffusionsraten neuer Technologien. 41 40 Vgl. H Grossekettler (1991), S. 74. 41 Vgl. B. Frank (1992), S. 274 und C. F. Altobelli (1991), S. 37 - 55, besonders S. 40. In Anpassung an die besondere Situation des digitalen Mobilfunkes wird von einer Eigenschaft der logistischen Funktion abgewichen. Statt bis zum Wendepunkt zunehmende, dann abnehmende Zuwachsraten darzustellen, geht der Autor davon aus, daß die aufgestaute Nachfrage aus dem C-Netz zuerst starke Zuwachsraten ergeben wird. Dann reduziert sich das Wachstum, um wieder an Geschwindigkeit zu gewinnen, wenn sich die Technologie entgültig etabliert haben wird, nllmlich dann, wenn sogenannte Kinderkrankheiten, die Hoffnung auf baldige Preissenkungen und mangelnder Flächenausbau die Nachfrage nicht mehr hemmen. Späth (1995) diskutiert verschiedene Methoden zur Darstellung des Diffusionsverlaufs. Vgl. G. M. Späth (1995), S. 86 - 105. Als Nachteil der logistischen Funktion aus betriebswirtschaftlicher Sicht stellt Späth heraus, daß implizit von der Homogenität der Nachfragerschar ausgegangen würde, während in der Realität segmentspeziftsches Adoptionsverhalten festzustellen sei. Vgl. S, 104f. Dieser Einwand, mag er aus betriebswirtschaftlicher Sicht von Bedeutung sein, flUIt bei der folgenden volkswirtschaftlichen Analyse nicht ins Gewicht.

D. Messung des Rivalitätsgrades bei Mobilfunknetzen

125

Die Entwicklung wird davon bestimmt, daß zu Beginn des Netzbetriebes erhebliche Kapazitäten nicht genutzt werden. Es treten keine ÜberfUllungserscheinungen auf. Mit wachsenden Mitgliederzahlen erfahren die Nutzer partielle ÜberfUllungserscheinungen. Die Grenzkosten eines Nutzungsaktes beginnen zu steigen. Wegen des wachsenden Bedarfs an Ausstattungseinheiten bauen die Netzbetreiber die Netze aus. Die Anzahl an Bereitstellungseinheiten steigt. Dieses Verhalten der Netzbetreiber ftlhrt dazu, daß das Wachstum der Grenzkosten zu Beginn langsam ist. ÜberfUllungserscheinungen kann mit einem ausgeweiteten Angebot von Übertragungsstrecken begegnet werden. Nutzer

Nutzer 10.000

10.000 8.000

8.000

6.000

6.000

4.000

4.000

2.000

2.000

1992

1995

1998

2001

2004

2007

2010

Abb. 7: Annahme über eine mögliche Entwicklung der Mitgliederzahl in einem Versorgungsverband

Mitte der Neunziger Jahre ist der Netzbetreiber technisch in der Lage, die Informationsübertragung auf das sogenannte Half-Rate-Coding umzustellen. Dabei werden zur Übermittlung derselben Menge an Information nur noch die Hälfte an digitalen Zeichen benötigt. Diese Technik ermöglicht es, die Kapazität preisgünstig auszuweiten, so daß die Grenzkosten noch einmal stark abfhllen. Vorausgesetzt, daß keine technische Innovation eine weitere Verbesserung der Ausnutzung der zur VerfUgung stehenden Frequenzen ermöglicht, wird schließlich die Kapazitätsgrenze erreicht. 42 Dies impliziert auch, daß keine zusätzlichen Frequenzen ftlr die Mobilfunknetze bereitgestellt werden. Ein mul42 Weshalb das Sättigungsniveau kleiner als eins ist, wird in Abschnittt 3.4.4.2 bei der Beschreibung der Phase 3 gezeigt.

126

4. Kap.: Mobilfunk im Lichte der Kollektivgütertheorie

tiplikatives Wachstum wird ausgeschlossen. Nähert sich die Auslastung der Kapazitätsgrenze, steigen die Grenzkosten zusätzlicher Nutzungsakte stark an und übersteigen schließlich sogar den Wert 1. Grenzkosten 2,00

I

1,50 1,00

./

0,50 .-' 0,00 1992

/'...--

,/

,/

/

I

~

2004

1998

2010

Abb. 8: Entwicklung der Nutzungsgrenzkosten

2,00 1,50 1,00 0,50

"" -

0,00 1992

\

1998

/ --"

-'

~

--

2004

2010

Abb. 9: Entwicklung der Bereitstellungselastizität

Die Kosten fiIr die erste zusätzlich zugefllhrte Bereitstellungseinheit ist die Referenz fiIr alle weiteren. Sie hat per defmitionem den Wert 1. Von diesem Wert ausgehend sinkt die Bereitstellungselastizität langsam ab, was in realisierten Größendegressionseffekten begründet ist. Man befindet sich im Bereich subadditiver Kosten. Das EinfUhren des Half-Rate-Coding senkt die Kosten fUr

D. Messung des Rivalitätsgrades bei Mobilfunknetzen

127

neue Bereitstellungseinheiten erheblich und ist in seiner kostensenkenden Wirkung wesentlich stärker als die Lemeffekte. Das Bereitstellungskostenminimum wird wenig später erreicht werden, wenn Erfahrungskurveneffekte bei der Umstellung auf Half-Rate-Coding die Kosten zusätzlich senken. Danach steigt das Kostenniveau kontinuierlich an, da der Aufwand ftlr die Gewinnung zusätzlicher Kapazität immer größer wird.

p 2,00 1,50 1,00 0,50 0,00

./

1992

~-1998

---

/'

/

2004

/

I

2010

Abb. 10: Entwicklung des Rivalitätsgrades

Die Entwicklung der oben gezeigten Größen erlaubt es, fUr Mobilfunlmetze ein Drei-Phasen-Schema in Abhängigkeit von der Anzahl der Mitglieder festzulegen. 43 Die Phasen unterscheiden sich signiftkant hinsichtlich der Ausprägung der relevanten Größen.

43 Späth (1995) kommt bei seiner betriebswirtschaftlichen Betrachtung ebenfalls

auf ein Drei-Phasen-Schema. Vgl. S. 27Of.. In der Phase I sollen möglichst viele

Nutzer gewonnen werden, indem nur die Nutzungsakte bepreist werden. Dann soll durch zusätzliche Preiselemente der Netzzugang gesteuert werden. Wenn sich das Netz seiner Kapazitätsgrenze nähert, wird durch eine geeignete Preispolitik die Qualität des Netzbestandes verbessert. Es zeigt sich, daß von unterschiedlichen Startpunkten ausgehend, gleiche Ergebnisse erzielt werden.

128

4. Kap.: Mobilfunk im Lichte der Kollektivgütertheorie

2. Drei-Phasen-Schema Phase 1: Grenzkosten der Nutzung: dK/dn "" 0; Bereitstellungselastizität: ö = I; Rivalitätsgrad: p "" 0

Phase I nimmt ihren Beginn mit der Aufuahme des operativen, kommerziellen Netzbetriebes. Die ersten Nutzer können über die Kapazität frei verfügen. Mit ihren Nutzungsakten werden sie zu Beginn nur einen kleinen Teil der kommerziellen Kapazität ausnutzen. Durch den stetigen Ausbau des Nutzerstammes werden keine kapazitätserweiternden Maßnahmen notwendig, lediglich die ungenutzte Kapazität schrumpft langsam. Die Grenzkosten der Nutzung betragen in dieser Phase O. Die erste Phase findet ihr Ende zu dem Zeitpunkt, da einige Basisstationen ihre Kapazitätsgrenze erreichen und es deshalb zu - geografisch genau umrissenen - Nutzeneinbußen bei Altmitgliedem des Versorgungsverbandes kommt. Betrachtet man die einzelne Basisstation, in der Überftlllungserscheinungen auftreten, so werden dort die Grenzkosten im Fall der Überfüllung rapide steigen. Das drückt sich bei mangelnder Tarifdifferenzierung darin aus, daß Wartezeiten bei der Zuteilung eines Leitungskanals auftreten und Nutzungseinheiten gleichsam verlost werden, nämlich dadurch, daß die Verteilungsregel gilt: first come, first serve. Abstrahiert man aber von dieser auf die einzelne Basisstation gerichtete Betrachtung und versucht filr das Mobilfunknetz in seiner Gesamtheit ein Urteil zu fällen, kann festgestellt werden, daß die Grenzkosten der Nutzung über das gesamte Netz nur langsam ansteigen. Im Verlauf der Phase I entsteht kein Bedarf nach einer Erweiterung des Bestandes an Bereitstellungseinheiten. Wenn unterstellt werden kann, daß der theoretische Kapazitätsbedarf, der bei der Netzplanung zu Grunde gelegt wurde, den wirklichen Kapazitätsbedarf richtig antizipiert hat, wird dies sogar bis :zur Sättigungsgrenze der Fall sein. Da dies aber in aller Regel nicht möglich ist, muß folgerichtig erwartet werden, daß bereits kurze Zeit nach dem kommerziellen Start des Netzbetriebes erste kapazitätserweiternde Maßnahmen nötig werden.

Die Bereitstellungselastizität hat zu Beginn der Phase I definitorisch den Wert 1. Die Kosten, die durch die Bereitstellung der ersten zusätzlichen Leitungskanäle verursacht werden, sind die Bewertungsbasis filr die Betrachtung der Bereitstellungskosten aller weiteren Leitungskanäle. An diesen ersten Ausbaukosten wird die Höhe der Kapazitätserweiterungsgrenzkosten gemessen. Da der Rivalitätsgrad erhoben wird, indem Nutzungs- und Bereitstellungskostenelastizität durch mutiplikative Verknüpfung miteinander verbunden werden, hat er den Wert O.

D. Messung des Rivalitätsgrades bei Mobilfunknetzen

129

Phase 2: Grenzkosten der Nutzung: 0 < dK/dn < 1; Bereitstellungselastizität: l>ö > 0; Rivalitätsgrad: p "'0

Phase 2 beginnt mit dem Auftreten von Überftlllungserscheinungen in Teilbereichen des Netzes. In einigen Basisstationen treten während der Spitzennutzungszeiten Wartezeiten bei der Zuteilung eines Sprechkanals auf. Die Wartezeiten sind zu Beginn noch so gering, daß Erweiterungsbedarl nach Bereitstellungseinheiten nicht entsteht. Zu. differenzieren ist zwischen zwei Kategorien von Nutzern. Typ 1 nutzt den Mobilfunkdienst nicht während der Überlastzeiten, so daß durch ihn keine Überftlllungskosten entstehen und somit die Grenzkosten konstant bleiben. Typ 2 telefoniert auch während der Überlastzeiten, womit er die Überftlllungserscheinungen verstärkt. Mit dem weiteren Anstieg der Nutzer, die sich wie Typ 2 verhalten, nehmen die Überftlllungserscheinungen zu, die Grenzkosten der Nutzung, verstanden als Summe von Nutzungsund ÜberfUllungskosten, steigen. Die bisherigen Nutzer erfahren zum ersten Mal deutliche Qualitätseinbußen. Der Bedarf nach zusätzlichen Bereitstellungseinheiten steigt dadurch rapide an. Der wohlfahrtsoptimale Zeitpunkt fiIr eine kapazitätserweiternde Maßnahme in einer Basisstation ist gekommen, wenn die Kosten der Erweiterungsmaßnahme den dadurch verdrängten Überftlllungskosten gleichen. Die Grenzkosten innerhalb der Basisstation fallen jedesmal auf einen niedrigeren Wert zurück, wenn die kapazitätserweiternde Maßnahme getroffen wird. Aggregiert über das gesamte Netz, steigen die Grenzkosten langsam an. Grund dafiIr ist, daß immer mehr Basisstationen in ein Stadium gelangen, bei dem ihre Kapazität nicht mehr ausreicht, aber noch nicht genügend Überftlllungskosten anfallen, die eine Erweiterung der Kapazität rechtfertigen. Die Bereitstellungskostenelastizität wird zu Beginn von Phase 2 schnell geringer. Die Erstellung neuer Bereitstellungseinheiten - also neuer Leitungskanäle - innerhalb einer Basisstation ist ein sich häufig wiederholender Vorgang. Lem- und Skaleneffekte können leicht realisiert werden. Hinzu kommt, daß anfangs Kapazitätserweiterungen technisch leichter durchfllhrbar sind. Der Sondereffekt Half-Rate-Coding fiIhrt zu einer weiteren Eindämmung der Kosten. Im weiteren Verlauf von Phase 2 kommt es schließlich zu einer Umkehr der Kostenentwicklung. Neue Leitungskanäle können nur durch technisch aufwendige Verfahren gewonnen werden. Die Bereitstellungselastizität steigt gegen 1. In der zweiten Phase steigt der Rivalitätsgrad nur langsam an. Bezogen auf das gesamte Netz hat der Rivalitätsgrad einen Wert, der sehr nahe bei 0 liegt. Einerseits werden Kapazitätsengpässe schnell behoben. Andererseits sinken die Kosten rur Bereitstellungseinheiten. Erst zum Ende der Phase 2 steigt der Rivalitätsgrad schneller. Das liegt ebenso an den steigenden Kosten fiIr neue Leitungskanäle, wie daran, daß man technologische Grenzen erreicht.

10 Kurtsiefer

130

4. Kap.: Mobilfunk im Lichte der Kollektivgütertheorie

Phase 3: Grenzkosten der Nutzung: dK/dn ~ 1; Bereitstellungselastizität: 8 ~ 1; Rivalitätsgrad: p ~ 1

In der letzten Phase erreichen immer mehr Basisstationen ihre absolute Kapazitätsgrenze. Kapazitätserweiternde Maßnahmen scheitern an der Knappheit der Frequenzen oder den technologiebedingten Beschränkungen. Die Kosten der Überfiillung steigen. Die Grenzkosten der Nutzung über das gesamte Netz steigen immer schneller. Dadurch wird für potentielle Mitglieder, die dem Verband beitreten wollen, die angebotene Dienstleistung unattraktiv. Schließlich kann der Versorgungsverband keine zusätzlichen Nutzer mehr für sein Netz gewinnen. Der Verband erreicht sein personelles Sättigungsniveau. Die Bereitstellungselastizität steigt in der letzten Phase kontinuierlich an. Zum einen wird die Implementierung neuer Leitungskanäle immer aufwendiger, zum anderen sinken die effektiven Stückzahlen, weil Kapazitätsengpässe nur noch selten behoben werden können. Man wechselt von der Mehrfachfertigung zur Einzelfertigung,44 weil die Lösung der Kapazitätsprobleme immer häufiger an die jeweilige Situation angepaßt werden muß. Dadurch büßt man Skaleneffekte ein. Die Bereitstellungselastizität steigt gegen I. Teilweise wird dieser Wert sogar überschritten, wenn die Kosten fiir die Implementierung neuer Kapazität über den Durchschnittskosten liegt. Betrachtet man das Gesamtnetz, ist allerdings nicht zu erwarten, daß die Bereitstellungselastizität den Wert 1 übersteigt. Der Rivalitätsgrad nähert sich wegen des nur noch selten zu befriedigenden Bedarfs nach neuen Übertragungskanälen einerseits und den wachsenden Kosten für zusätzliche Übertragungskanäle andererseits schnell dem Wert 1 und wird ihn auch übersteigen. Der oben geschilderte Verlauf des Rivalitätsgrades legt offen. daß sich die Entwicklung der Nutzung des Kollektivgutes in drei Phasen unterteilen läßt, deren jeweiligen Spezifika bei der Suche nach der optimalen Tarifierungsfonn berücksichtigt werden müssen.

E. Ermittlung der wohlfahrtsoptimalen Tarifierungsform in Abhängigkeit von der Entwicklungsphase des Auslastungsgrades Zwei grundlegende Leitlinien sind bei der Wahl der optimalen Tarifierungsfonn zu berücksichtigen45 : (1) Die Preise sollen Grenzkostenpreise sein, und (2) alle Nutzer des Gutes sollen gemeinsam die verursachten Kosten tragen. 44 Zu den bei den Fertigungstypen vgl. G. Wöhe (1986), S. 413 f. 45 Vgl. H. Grossekettler (1991), S. 73.

E. Ermittlung der wohlfahrtsoptimalen Tarifierungsform

13 I

Phase 1 - Wegen des Fehlens jeglichen Engpasses haben die Grenzkosten (ungefähr) den Wert Null. Es bedarf keiner Rationierungsgebühr. Jede Tarifierung, die die Anzahl der Nutzungsakte einschränken würde, wäre wohlfahrtsabträglich. Das legt nahe, daß Preiszahlungen den Wert Null haben müssen und daß die Kostendeckung über eine reine Beitragstariffierung erreicht werden muß, der bei der Gleichverteilung einen Kopfbeitrag in der Höhe der Kosten pro Nutzer verlangt. Geht man von der Defmitionsgleichung des Rivalitätsgrades dK dn dK n p=-+-=-xK n dn K

aus, folgt aus der ersten Forderung (Preis = Grenzkosten): dK p=_. dn

Setzt man dies in die Gleichung für p ein, erhält man: dK n n p=-x-=pxdn K K

oder p x n

=p

x K.

Werden Grenzkostenpreise erhoben und zahlt jeder der n Versorgungsberechtigten nur diese Grenzkostenpreise, wird also eine Kostendeckung im Umfang p x n = p x K erreicht. Bei p < I bedeutet dies, daß die Grenzkostenpreisbildung eine Kostenunterdeckung zur Folge hat. Deshalb wird ein ergänzender Beitrag B erforderlich, der bei Gleichverteilung zu einem Kopfbeitrag b = Bin in Höhe von:

K 1 1 b = -(K - P x K) = -(K - P x n) = - - p n n n filhrt. Jeder, der diesen Beitrag entrichtet, darf ohne Einschränkung den Telefondienst des Netzes zu Grenznutzungskostenpreisen benutzen. Dieser Beitrag wäre ein Optionspreis auf das Recht der Nutzung des Mobilfunknetzes zu Grenzkostenpreisen. 46 Seine Höhe wäre zu ermitteln aus der Höhe des anfallenden Kapitaldienstes, geteilt durch die Anzahl der Verbandsmitglieder. Damit Mitglieder, die frühzeitig dem Verband beitreten, keinen höheren Kapitaldienst leisten müssen, als es ihrem Nutzungsanteil an der Totalkapazität des Mobilfunknetzes entspricht, muß der Tilgunfsplan dem antizipierten Verlauf der Mitgliederentwicklung angepaßt werden. 7

Vgl. H. Grossekettler (1991), S. 131. 47 Unternehmen mit sinkenden Durchschnittskosten, wie z. B. die Mobilfunkunternehmen, sind normalerweise sehr konjunkturabhängig, weil in Abschwungpha46

132

4. Kap.: Mobilfunk im Lichte der Kollektivgütertheorie

Phase 2 - In dieser Phase sinken die Gruppenvorteile des Konsums, während die Kostenvorteile der Produktion stark steigen. Nur selten treten Engpässe auf. Allerdings beginnt in einigen Regionen zu bestimmten Zeiten der Bedarf an Ausstattungseinheiten das Angebot an Ausstattungseinheiten zu übersteigen. Als Folge davon wird eine Rationierung der Engpaßzeiten notwendig. Dies fiihrt zu einer regionalen und tageszeitlichen Aufspaltung des Tarifes. Zum Beitrag zur Deckung der nutzungsunabhängigen Kosten tritt nun ein Grenzkostenpreis hinzu, der in der Form einer Rationierungsgebühr erhoben wird. Diese entspricht einem Verdrängungspreis ftlr Engpaßzeiten und damit dem Nutzenverzicht eines gerade noch verdrängten potentiellen Nutzers. Phase 3 - In der dritten Phase erreichen die Nutzungsvorteile des Konsums ihren minimalen Grenzwert. Die Kostenvorteile der Produktion durch Skaleneffekte entwickeln sich zu Kostennachteilen, weil die Kosten ftlr zusätzliche Leitungskanäle die Durchschnittskosten übersteigen. In dieser Phase gleicht die wohlfahrtsoptimale Lösung der Finanzierung des Mobilfunknetzes dem Modell in Phase 2, wobei die Grenzkostenpreise allerdings fast zur Grenzkostendeckung (und damit zu Kopfbeiträgen in Höhe von 0) filhren, weil p fast den Wert 1 erreicht.

F. Festlegung des erforderlichen Extensionsniveaus I. Diskussion zur Wahl stehender Extensionsniveaus

Die Wahl eines Bereitstellungsverbandes sollte sich nach dem Kongruenzprinzip richten. 48 Dieses fordert: •

die Übereinstimmung des Kreises der Zahler mit dem Kreis der Nutzer eines Kollektivgutes (Äquivalenzprinzip),



die Übereinstimmung des Kreises der Kontrollierenden mit dem Kreis der Entscheidungsunterworfenen (Demokratieprinzip) sowie



eine möglichst geringe Mediatisierung der Kontrolle (Prinzip der Direktkontrolle).4'1

sen die Fixkostendeckung gefährdet ist. Die Konjunkturabhängigkeit sinkt dann mit der Erhebung eines Beitrages, weil dadurch den konstanten Kostenelementen fixe Erlöselemente gegenüberstehen. Vgl. Droege/Backhaus/Weiber (1993), S. 50f. 48 Vgl. H. Grossekettler (1991), S. 117. 49 Ebenda, S. 131.

F. Festlegung des erforderlichen Extensionsniveaus

133

Neben der Wahrung des Kongruenzprinzips erfordert die Wahl des optimalen Verbandstyp (d. h. ein Verband und eine optimale Extension von Finanzierungs- und Kontrollkompetenzen), •

die Durchsetzbarkeit des optimalen Tarifs und



die Möglichkeit der Internalisierung externer Effekte.

Im folgenden sollen die möglichen Extensionsniveaus, mit der niedrigsten Ordnungszahl beginnend, diskutiert werden. Extensionsniveau 0: Individualniveau - Es ist offensichtlich, daß ein Mobilfunknetz nicht von einer Einzelperson filr sich selbst bereitgestellt werden sollte. In diesem Fall wäre ein Mobilfunknetz ein Individual- und kein Kollektivgut. Extensionsniveau 1: Vereinsniveau - Auf dem Vereinsniveau ist es möglich, den optimalen Tarif zu realisieren. Jedes Vereinsmitglied muß einen monatlichen oder jährlichen Beitrag entrichten. DarUber hinaus erhält es eine Rechnung über die verursachten Rationierungsgebühren. Mittels einer Chipkarte, die zum Betrieb des Mobiltelefons notwendig ist und nur an Mitglieder ausgehändigt wird, ist eine eindeutige Zuordnung der laufenden Nutzungsgrenzkosten unproblematisch. Der Vereinsvorstand könnte durch Wahlen ermittelt werden, so daß eine demokratische Entscheidungsstruktur verwirklicht würde. Eine Direktkontrolle wäre möglich, aber wahrscheinlich zu kostspielig. Das Vereinsrecht gestattet aber auch eine indirekte Kontrolle. Eine aktive Informationspolitik seitens des Vorstandes würde einer unnötigen Mediatisierung der Kontrolle entgegenwirken.

Es zeigt sich somit, daß eine Organisation des Versorgungsverbandes als Verein zweckmäßig wäre. Extensionsniveau 2: Zwangsgenossenschajten - Dieses Niveau unterscheidet sich von dem Vereinsniveau insofern, als Zwangsbeiträge erhoben werden dürfen. Außerdem ist die Anwendung hoheitlichen Zwangs sowie öffentlich-rechtliche Kontrolle möglich. Die Eigenschaft, daß eine Genossenschaft Zwangsbeiträge erheben kann, gewinnt dann Bedeutung, wenn Zahlungsunwillige privatrechtlich nicht von der Nutzung abgehalten werden können aber (wie es z. B. bei einem Deich der Fall ist). Im Mobilfunkbereich spielt das keine Rolle

Eine Zwangsgenossenschaft bietet somit keinen Vorteil gegenüber einem Verein. Man könnte die Anwendung hoheitlichen Zwangs bei der Rekrutierung von Antennenstandorten als einen Vorteil dieses Extensionsniveaus ansehen. Dem ist aber entgegenzuhalten, daß die Bereitschaft zur Ausübung von Zwang äußerst fragwürdig ist. Es ist zu bezweifeln, ob das sicherlich existierende Gemeinwohlinteresse an einer möglichst rationellen Netzstruktur Zwangsenteignungen rechtfertigt. Als Fazit bleibt festzuhalten, daß Zwangsgenossenschaften kein notwendiges Extensionsniveau darstellen.

134

4. Kap.: Mobilfunk im Lichte der Kollektivgütertheorie

Ersatz der Vereinkonstruktion durch Herstellerwettbewerb - Funktionsfähiger Wettbewerb auf einem Markt verlangt normalerweise, daß die beteiligten Anbieter über den Preis sowohl ihre Grenz- als auch die totalen Durchschnittskosten decken können. Das langfristige Gleichgewicht ist dann durch die Gleichheit des Preises mit den Grenz- und Durchschnittskosten gekennzeichnet und das ist gleichbedeutend damit, daß p den Wert 1 hat. Aber auch wenn diese Bedingung nicht realisiert ist (p < 1), kann funktionsfähiger Wettbewerb entstehen und zwar in Form eines Wettbewerbs zwischen Quasigenossenschaften. Dies sei am Beispiel eines Rundfunksenders erläutert: Ein Rundfunkprogramm (insbesondere ein Spartenprogramm) ist ein klassisches Klubkollektivgut (keine Rivalität zwischen den Mitgliedern, Möglichkeit der privatrechtlichen Exklusion Nichtzahlungswilliger, z. B. mittels Dekoder). Die von der Kollektivgütertheorie nahe gelegte Organisationsform bestünde deshalb in einer Hörervereinigung, die eine Programmgesellschaft, z. B. zur Produktion eines Programms aus Nachrichten und klassischer Musik, mit den einschlägigen Herstellungsaufgaben beaufuagen und deren Vorstand von den Mitgliedern demokratisch kontrolliert wUrde. Wenn und solange es Alternativen auf dem Markt gibt, zu denen unzufriedene Mitglieder eines Vereins im Wege des Programmwahlaktes abwandern können, ist eine vereinsrechtliche Kontrolle weitgehend überflüssig. Programme mit einem schlechten Preis-Leistungs-Verhältnis verlieren Hörer (Mitglieder) und damit Mitgliederbeiträge (p = 0 legt ja reine Beitragsfmanzierung nahe). Die Möglichkeit der Abstimmung über einen Programmwechsel (Rückgabe des Dekoders) macht eine vereinsmäßige Kontrolle überflüssig, und deshalb kann Herstellerwettbewerb unter den Programmanbietern um Beitrittswillige zu einem Quasiverein (der Hörerschaft) an die Stelle der Vereinskonstruktion treten. Der Mobilfunkbereich weist im Prinzip Ähnlichkeiten mit dem eben geschilderten Rundfunkmodell auf. Ein wichtiger Unterschied besteht heute noch darin, daß die Wechselkosten zwischen verschiedenen Netzen nicht unerheblich und die Nutzer dadurch in einem gewissen Umfang "gebunden" sind. Solange dies der Fall ist, wäre die Vereinskonstruktion eigentlich sinnvoller.

11. Optimale organisatorische Ausgestaltung des Versorgungsverbandes

Wie oben gezeigt, ist der Verein aus theoretischer Sicht fiIr die Realisation des Kongruenzprinzips die beste Organisationsfonn. Auf internationaler Ebene würde ein "Verein von Vereinen" vermutlich die kostengünstigste Alternative darstellen, d. h. die Zusammenfassung nationaler Vereine in einen internationalen Verein. Der internationale Verein würde ähnliche Ziele verfolgen wie der Weltpostverein, nämlich die Förderung mobiler Telekommunikation über die Schranken

F. Festlegung des erforderlichen Extensionsniveaus

135

von Nationen hinweg. Politische Grenzen, die heute noch die Betriebsgröße von Netzbetreibern festlegen, würden dann keinen Einfluß haben. Die Mitgliedsvereine würden, ebenso wie beim Weltpostverein, als einheitliches Mobilfunkgebiet mit einer einheitlichen Gebührenstruktur gelten. Die Mitglieder aus einem Verein könnten einen Vorstand wählen, der folgende Aufgaben hätte: •

den internationalen Vorstand zu wählen,



die Interessen der eigenen Mitglieder international zu vertreten und



die auf internationaler Ebene beschlossenen Maßnahmen der strukturellen Situation im Heimatland anzupassen.

Der internationale Vorstand würde mit dem Aufbau eines nationenübergreifenden Mobilfunknetzes betraut. Durch geeignete Erhebungsmaßnahmen könnten die Investitionen zuerst in die Regionen fließen, wo die höchsten Produktivitätsgewinnezu erwarten sind. Dies wäre ein Beitrag zur Allokationsoptimierung auf internationaler Ebene. So vorteilhaft dieses Konzept auf der Seite des internationalen Vereins wäre, so problematisch wäre es auf der Seite der Zulieferer. Durch die BÜDdelung der Nachfrage auf einen einzigen Verband geriete jeder Zulieferer in fast völlige Abhängigkeit. Ein Lösungsvorschlag könnte sein, daß der internationale Verein verpflichtet wird, Aufträge nach einer Verdingungsordnung zu Vollkosten ohne Monopsonrente zu vergeben. Würde dies nicht reichen, um die Nachfragemacht einzudämmen, müßte der Verein in nationale Vereine zerschlagen werden, die keinen gemeinsamen Einkauf tätigen dürften, sich aber hinsichtlich der technischen Entwicklung und der GebührensteIlung absprechen könnten.

III. Sonderaspekte

Vertikale Integration des Versorgungsverbandes oder die Make-or-buy-Entscheidung - Bisher wurde eine Fragestellung noch nicht beleuchtet: Für einen Versorgungsverband gibt es zwei Möglichkeiten, die Ausstattung seiner Mitgliedern sicherzustellen. Entweder stellt er das Kollektivgut selber her und stellt es fllr seine Mitglieder bereit, oder er kauft die notwendigen Bereitstellungseinheiten von einem Produzenten.

Ob das Selbermachen oder das Kaufen besser ist, ist eine Frage der Produktions- und der Transaktionskosten. In dem vorliegenden Fall ist anzunehmen, daß Industriekonzerne wie Mannesmann, VEBA oder Thyssen besser in der Lage sind, ein Großprojekt, wie den Aufbau eines Mobilfunknetzes durchzufUhren. Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von X-Ineffizienzen ist geringer als bei einem Verband von Mobilfunknutzern.

136

4. Kap.: Mobilfunk im Lichte der Kollektivgütertheorie

Als Nachteil des Netzbetriebes durch unabhängige Konzerne muß angesehen werden, daß diese aufgrund von Marktmacht höhere Gewinnaufschläge filr die Ausstattungseinheit fordern können und werden, als es bei einer Bereitstellung durch einen Versorgungsverband der Fall wäre.

Kontrolle über das Geschäftsgebaren des Versorgungsverbandes - Ein Problem stellt die Kontrolle der Geschäftsfilhrung des Vorstandes durch die Vereinsmitglieder dar. Ein Verein mit vielen Mitgliedern schließt in der Regel eine direkte Kontrolle aus. Auskunftsrechte müssen beschnitten werden, um InsiderWissen nicht zu weit zu streuen. Dies ermöglicht es dem Vorstand, das Amt zu mißbrauchen. Dem könnte durch die Institutionalisierung eines Kontrollorgans abgeholfen werden, welches von der Mitgliederversammlung zu wählen wäre. Alternativ könnte eine Unternehmensberatungsgesellschaft beauftragt werden, die Geschäfte zu kontrollieren. Wie bei der Wirtschaftsprüfungspflicht würde zum Jahresende eine Gesamtprüfung vorgenommen. Darin würde geprüft, ob das Vereinsziel verfolgt wurde und ob ein Mißbrauch der Ämter stattgefunden hat. Exkludierbarbeit - Eine Exklusion von Nichtmitgliedern des Verbandes erfolgt unabhängig von dem gewählten Extensionsniveau. Jedem Nachfrager wird gegen Entrichtung eines monatlichen Beitrages eine Chipkarte ausgegeben, mit der der Nachfrager Mitglied in einem Verband wird, der von einem Netzbetreiber oder einem Serviceprovider organisiert wird. Diese Mitgliedschaft ist aber eine "hinkende", weil damit keine Mitspracherechte verbunden sind. Nur mit dieser Karte sendet das Mobiltelefon Steuerungssignale an die nächste Basisstation, so daß die Position des Mitglieds geortet werden kann. Der Besitz einer Chipkarte ist nur ein notwendiges Kriterium, aber noch kein hinreichendes. Kommt das Mitglied mit der Zahlung seiner Verbindlichkeiten gegenüber dem Verband in Verzug, kann die Karte gesperrt werden, so daß das Mitglied weder aktiv noch passiv telefonieren kann.

Externe Effekte - Neuerdings werden in der Öffentlichkeit Vermutungen über negative externe Effekte bei Mobilfunknetzen geäußert. 50 Die ästhetische Beeinträchtigung durch die Sender- und Empfangsstationen ist dabei nicht der wichtigste Aspekt. Schlagworte wie "Elektrosmog" umschreiben die Befilrchtung der Bevölkerung, die Strahlungen der Mobilfunknetze könnten ihre Gesundheit gefährden. Dies liegt nicht zuletzt an dem Fehlen verläßlicher Forschungsergebnisse über die Gesundheitsgefährdung durch Strahlung von Mobilfunknetzen. 51 Wenn sie gesundheitsgefährdend wären, wäre ihre Internalisierung - unabhängig von dem Extensionsniveau - erforderlich. Internalisiert werden könnten sie durch die Erhebung einer Umweltabgabe als Zuschlag auf den Vereinsbeitrag. Eine weitere Möglichkeit, die dem Verursachungsprinzp eher gerecht wird, ist die ZertifIkatlösung. Da eine lineare Relation zwischen der Dauer des Gesprächs 50 Vgl. z. B. J. Berke (1992), S. 10 1ff und W Osel (1992), S. 14. 51 Vgl. H. P. Pardey (1992), S. Tl.

F. Festlegung des erforderlichen Extensionsniveaus

137

und der Menge der emittierten Strahlen besteht, könnte der Verein eine limitierte Anzahl von Zertifikaten fllr Gesprächsminuten verkaufen. Diese könnten dann auf einem Sekundärmarkt gehandelt werden. In jedem Fall müßten die Einnahmen des Vereins aus Zuschlägen oder ZertifIkaten an den Staat als Gläubiger der Internalisierungsabgabe abgeführt werden.

Gästelösung - Wenn der Verein auf internationaler Ebene gegründet wird, besteht kein Gästeproblem. Alle, die die Technik nutzen wollen, werden bei einem einzigen Verein Mitglied. Wird aber pro Nation ein Verein gegründet, tritt das Gästeproblem immer dann auf, wenn ein Mitglied die Landesgrenzen verläßt. Unter diesen Umständen sind die Gästegebühren so zu wählen, daß es nicht zur Mitgliederarbitrage zwischen Vereinen kommt, indem z. B. Mobilfunker aus Deutschland ihr Gerät in Frankreich anmelden, weil die Gästegebühr in Deutschland niedriger als die Mitgliedsgebühren sind. Ermittlung der notwendigen Kapazität - Nachdem sich der Versorgungsverband konstituiert hat, muß die Frage geklärt werden, welche Mindestkapazität bereitgestellt werden soll. Dabei sollte auf demokratische Weise die KostenNutzen-Relation ftlr jedes Mitglied optimiert werden. Dies gelingt bei Kollektivgütern aber nicht. Hier müssen die Kosten-Nutzen-Relationen der Mitglieder geeignet zu einer einzigen Gesamtrelation aggregiert werden. Denkbar wäre folgendes Modell zur Generierung der aggregierten Relation: J. Schritt - Das Verbandsmanagement informiert die Mitglieder, welche Kosten mit der Nutzung des Telefondienstes verbunden sind. Bei der Ermittlung des Kostenniveaus kommt dem Verbandsmanagement zu gute, daß die Relation Fixkosten (Investitionen in die Netzinfrastruktur) zu Nutzerzahl bei unterschiedlichen Netzgrößen relativ konstant ist. Die variablen Kosten können in DM pro Minute angegeben werden, so daß jedes Mitglied ermitteln kann, welche Kosten mit der von ihm erwarteten Netzbenutzung verbunden sind. Soweit erforderlich, wird auf eine regionale und tageszeitliehe Differenzierung der Kostenstruktur hingewiesen. 2. Schritt - Jedes Mitglied gibt prospektiv sein Nutzungsprofil an. Es sollte grob nach der zeitlichen Verteilung sowie geografischer Position während der Nutzung differenziert sein. Das einzelne Mitglied kann die Kosten, die bei seinem Nutzungsprofil entstehen, abschätzen und ermitteln, bei welcher Kostenund auch Tarifhöhe der individuelle Nutzen kleiner als die individuellen Finanzlasten sind. 3. Schritt - Die Auswertung der Nutzungsprofile erfolgt durch Addition der Nutzungsminuten. Die geografische Kapazitätsverteilung erfolgt nach den Angaben der Mitglieder. Die zukünftige Expansion der Mitgliederzahl wird durch einen Aufschlag auf die ermittelte Kapazität von x % berücksichtigt. Die Kosten dieser Erhebung können mit geringem Informationsverlust deutlich gesenkt werden, indem eine repräsentative Stichprobe erhoben wird, mittels der Schätzwerte ftlr die relevanten Daten erhoben werden können. Als zweites kann man den Mitgliedern die Festlegung ihres geografischen Nutzungspro-

138

4. Kap.: Mobilfunk im Lichte der Kollektivgütertheorie

fils erleichtern, indem man das Einzugsgebiet des Verbandes in relativ große Regionen aufteilt. Das einzelne Mitglied gibt die prozentuale Verteilung der Nutzung auf die Großregionen an. Der Verband verteilt die Kapazität gemäß folgender Prämissen: •

Nutzungsminuten in der Region, in der der Nutzer ansässig ist, werden konzentrisch um seinen Wohnsitz verteilt. Dabei wird eine Normalverteilung unterstellt.



Für Nutzungsminuten außerhalb dieser Region wird unterstellt, daß sie nur entlang der Hauptverkehrswege und in den Metropolen anfallen. Dabei wird eine Gleichverteilung unterstellt.

4. Schritt - Zuletzt wird das Netz hinsichtlich Kapazität und geografischer Verteilung optimiert. Ziel ist es, die Gesamtkosten bei gegebener oder zu erwartender Mitgliederzahl gerade zu decken. Treten Mitglieder aus, zeigt dies, daß das Pareto-Optimum überschritten wurde. 52

G. Soll-1st-Vergleich mit der aktuellen Situation der Mobilfunkmärkte in Deutschland

Die Diskussion der Extensionsebenen hat gezeigt, daß die Organisation des Verbandes als Verein einer unnötigen Mediatisierung der Kontrolle entgegenwirkt. Demokratische Führungsprinzipien lassen sich implementieren. Die Zweckgerichtetheit des Vereins sichert die Erftlllung des Affektationsprinzips. Durch Beiträge einerseits und durch Nutzungspreise zu Grenzkosten andererseits kann die optimale Tarifform verwirklicht werden. Als Form filr die Umwälzung der Kosten wurde herausgestellt, daß ein zweigeteilter Tarif optimal ist. Neben einem Beitrag filr die Fixkosten des Netzes soll eine Gebühr in Höhe der Nutzungsgrenzkosten erhoben werden. Gegen die Organisation des Verbandes in der Rechtsform eines Vereins spricht, daß es ökonomisch sinnvoller ist, die Herstellung und den Betrieb der Mobilfunknetze durch Großunternehmen durchfiIhren zu lassen, weil diese mehr Erfahrung in der Durchfilhrung von Großprojekten haben und geringere X-Ineffizienzen auftreten. Deshalb wird die Wettbewerbswirkung der Herstellerwettbewerblösung anstelle der Verbandslösung zumindest langfristig als weitgehend neutral eingestuft (vgl. Tab. 4). Neben nationale Vereine sollte ein internationaler Verein treten, der sich auf alle Regionen der Welt erstreckt, in denen Mobilfunknetze der gleichen Technologie existieren oder im Aufbau befindlich sind. Die Kontrolle über die Geschäfte des Weltvereins sollte, wie oben beschrieben, eine Unternehmensberatung übernehmen. 52 Diese Überlegungen werden auch im Rahmen der Analyse des Markträumungsprozesses bei der KMD-Analyse aufgenommen. Vgl. S. 156.

G. Soll-Ist-Vergleich

139

Tabelle 4 Soll-Ist-Vergleich zwischen der kollektivgütertheoretisch-idealen und der realen Lösung sowie die Bewertung der Wettbewerbswirkung Soll- Ist-Vergleich: kolltektivgütertheoretisch-ideale vs. reale Lösung Soll Herstellung Verein oder Dritte

Ist

Wettbewerbswirkung

Dritte

neutral

Bereitstellung

Verein

Betreiber

Schwachstelle wg. Anbietennacht

Kapazitätsumfang

Befragung der Nutzer

Fachanalyse

mögliche Schwachstelle wg. Fehlallokation

Tariffonn

Beitrag + Grenzkostengebühr

Beitrag + Grenzkosten + Gewinnanteil

Schwachstelle wg. Verdrängung von Nachfrage

Kapazitätserweiterung

abhängig von Nutzen-Kosten Schätzungen der Mitglieder

rein von Wettbewerbssitu ation abhängig

Schwachstelle, wg. Anreiz zu einer verzögerten Erweiterung

Dieser theoretisch begründeten Lösung soll nun die in Deutschland praktizierte Lösung gegenübergestellt werden. Die Gründung eines Vereins, der die internationale Koordination durchfUhrt, ist filr Teilbereiche realisiert worden. Das European Telecommunications Standards Institute mit seiner GSM-lJnterabteilung ist mit der Defmition und Weiterentwicklung der Technologie und der Dienste betraut. Als Hersteller und Träger der Mobilfunknetze treten dagegen national operierende private Unternehmen auf. Sie veräußern die Nutzungsrechte entweder an Serviceprovider, die die Nachfrage der ihnen angeschlossenen Nutzer bündeln, oder an unorganisierte Nutzer. Eine Kontrolle der Netzbetreiber durch die Nutzer aufgrund von Mitgliedsrechten ist nicht gegeben, weshalb die Gefahr einer Fehlallokation unnötig groß ist (vgl. Tab. 4). Eine Internalisierung externer Effekte, soweit sie erkennbar sind, findet nicht statt. Die Kapazität wurde nicht im Rahmen einer Art Hearing, wie es oben beschrieben wurde, festgelegt. Vielmehr haben die privaten Betreiber anband demografischer Daten selbständig die Kapazität festgelegt. Will man ein Fazit ziehen zwischen dem Soll-Konzept, das aus der Kollektivgütertheorie abgeleitet wurde, und dem Ist-Zustand, so fällt ganz besonders auf, daß die Integration der Nachfrager in die Entscheidungsfmdung bei Fragen

140

4. Kap.: Mobilfunk im Lichte der Kollektivgütertheorie

die das Netz betreffen nicht stattgefunden hat. An die Stelle des Verbandes, der im Interesse seiner Mitglieder die Herstellung eines Kollektivgutes initiiert, sind private Unternehmen getreten, die die Bereitstellung aus Gewinninteresse betreiben. Daraus kann abgeleitet werden, daß bei mangelndem potentiellen Wettbewerb die Nachfrager tendenziell den Profitinteressen der Netzbetreiber ausgesetzt sind. So wäre z. B. denkbar, daß die Kapazität nicht schnell genug ausgebaut wird, um in Überlastzeiten höhere Gebühren zu verlangen. Wäre die Trägerschaft nach der Inbetriebnahme auf Nachfragerorganisationen übergegangen, stünde man dieser Gefahr nicht gegenüber. Aber die Chancen und Risiken dieses Verhaltens liegen eng beieinander. Einerseits sind hohe Gewinne möglich, weil die Knappheit der Kapazität Prohibitivpreise zuläßt, denen keine Kostenblöcke beim Betreiber gegenüberstehen. Andererseits stellen Störungen beim Telefonieren innerhalb eines Netzes einen Wettbewerbsnachteil gegenüber einem anderen Netz dar, was zu Abwanderungen zu besseren Netzen zur Folge haben könnte. Wenn aber, wie hier, die Reaktionsverbundenheit zwischen den Anbietern sehr groß ist, sind Absprachen zwischen den Betreibern nicht unwahrscheinlich, so daß unzufriedene Kunden keine bessere Alternative fmden. In der Regel wird die Abschätzung des Kapazitätsbedarfs mittels der Nutzerbefragung exaktere Ergebnisse erzielen als die Schätzung durch die Betreiber. Andererseits werden die Betreiber, angesichts der hohen Kosten filr die Netzerstellung, besondere Sorgfalt bei der Kapazitätsplanung walten lassen. Deshalb muß das andere Planungsverfahren nicht unbedingt ein Nachteil sein. Die mangelnde Berücksichtigung der Gebote, die sich aus der kollektivgütertheoretischen Betrachtung ergeben, zeigen erste Potentiale filr eine Gefilhrdung des Marktergebnisses auf. In dem folgenden Kapitel wird mittels der KMD-Analyse untersucht, ob durch die Interpretation der realen Marktergebnisse tatsächlich Hinweise ft1r Störungen aufgedeckt werden können.

5. Kapitel

Analyse der KoordinationsetTlZienz der Mobilfunkmärkte über den Zeitraum 1985 bis 1994 mittels des Koordinationsmängeldiagnose-Konzeptes A. Das Koordinationsmängeldiagnose-Konzept als Instrument zur Messung der KoordinationseffIZienz des Wettbewerbs auf Märkten Die Diskussion um die Schaffung von Marktstrukturen auf Telekommunikationsmärkten, die die Rahmenbedingungen ft1r Marktprozesse verbessern, weist einen schwerwiegenden Mangel auf. Die Aussagen über die optimale Verteilung der Entscheidungskompetenz auf Märkten ganz allgemein, fußen häufig auf empirisch nicht validierbare Hypothesen. Ursache ft1r die mangelnde Validierbarkeit dieser Hypothesen ist, daß sie einen güterwirtschaftlichen Effizienzbegriff verwenden. Die Bewertung von Preisen, Gewinnen und Qualitäten ist aber nicht zu leisten, weil, wie v. Hayek es ausdrückt, der Markt selbst erst das Entdeckungsverfahren ft1r das ist, was optimal ist. 1 Um für diesen Mißstand Abhilfe zu schaffen, ist das Koordinationsmängeldiagnose-Konzept (KMD) entwickelt worden. 2 Darin werden nicht das Marktergebnis, sondern die Prozesse, die schließlich zu dem Marktergebnis führen, einer empirischen Analyse unterzogen. Zugrunde gelegt wird dabei die Hypothese, daß optimale Ergebnisse erzielt werden, wenn die Marktstrukturen so beschaffen sind, daß die Marktprozesse in ihrer Funktionsweise nicht behindert werden. So umgeht man das Problem mangelnder empirischer Überprüfbarkeit. Im Rahmen des KMD werden ftlnf Prozesse fest~elegt, die, wie Grossekettler schreibt, zur "Idee" der Marktwirtschaft gehören: Markträumungsprozeß: kurzfristiger Ausgleich von Nachfrage und Angebot durch Variation des Preises, so daß dauerhafte Überangebots- oder Übernachfragemengen vermieden werden, Renditenormalisierungsprozeß: durch Variation der Kapazitäten sollen Überoder Unterrenditen vermieden werden,

1 Vgl. v. Hayek (1969), S. 249 - 265. 2 Das Koordinationsmänge1diagnosekonzept wurde 1985 unter dem Namen Koordinationsmängelkonzept in H. Grossekettler (1985) vorgestellt. Die Weiterentwicklung dieses Analysekonzeptes sind aufgeführt in derselbe: (1989, 1991 und 1994). 3 Vgl. derselbe (1991), S. 4.

142

5. Kap.: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte

Übermachterosionsprozeß: durch strukturverändernde Maßnahmen soll die Übermacht einer Marktseite vermindert werden, Produktfortschrittsprozeß: durch intensivere, nicht durch staatliche Maßnahmen motivierte Forschungsanstrengungen sollen Fortschrittsrückstände bei den Produkten gegenüber als vorbildlich anzusehenden Staaten ausgeglichen werden, Verfahrensfortschrittsprozeß: wie filr die Produkte, soll auch fUr die Produktionsverfahren ein Rückstand durch Eigeninitiative aufgeholt werden.

Diese fUnf Prozesse kann man als kybernetische Regelkreise darstellen. Eine Regelgröße - z. B. beim Markträumungsprozeß (MRP) ist es die Übernachfrage - wird durch funktionale Variation einer Stellgröße, dem Preis, auf ein tolerables Niveau ausreguliert. Die Koordinationseffizienz eines Marktes kann man dann daran erkennen, daß eine Störung des Regelkreises hinreichend schnell ausreguliert wird. Die Untersuchung eines Marktes mit Hilfe des KMD erfolgt in drei Schritten. In einem ersten Schritt wird eine sogenannte Prozeßmusterprüfung durchgefUhrt. Dabei werden Datenreihen über die Regel- und die Stellgröße gesammelt. Diese werden dann grafisch dargestellt und optisch geprüft. Außerdem werden Abweichungs-, Trend- und Reaktionstests durchgefUhrt. 4 Schließlich kommt man durch Aggregierung der gesammelten Fakten zu dem Ergebnis, ob der untersuchte Prozeß in der Vergangenheit ausweislich des Prozeßmusters funktionierte oder nicht. Danach tritt man in die zweite Phase der Untersuchung, den Plausibilitätstest. Darin wird versucht, mit Hilfe der ökonomischen Theorie die aufgedeckten Koordinationssituation zu erklären. Ist ein Prozeß im Prozeßmustertest unauffällig gewesen, soll nun geklärt werden, ob es Indizien gibt, die vermuten lassen, daß in Zukunft Koordinationsineffizienzen auftreten können. Schließlich wird auch hier ein prozeßbezogenes Urteil geflillt. Im dritten und letzten Schritt, dem Niveauverzerrungstest, werden die Prozesse aufNiveaudefekte hin überprüft. Es wird der Frage nachgegangen, ob das Niveau von Absatzmengen, Kapazitäten, Machtpositionen, Produkt- oder Verfahrenstechnik durch falsche Eingriffe des Staates verzerrt ist. Ursachen der Verzerrung können externe Effekte, Präferenzverzerrungen und nicht legitimierbare Vergünstigungen oder Benachteiligungen sein. 5

4 Vgl. derselbe (1994), S. 20f. 5 Ebenda S. 19f.

B. Analyse des Markträumungsprozesses

143

Nachdem jeder Prozeß diese drei Schritte durchlaufen hat, kommt man zu einem abschließenden Urteil über die Funktionsfllhigkeit des untersuchten Marktes. Wurden Koordinationsmängel festgestellt, ist darzustellen, welche Interventionsformen zur Heilung dieses Problems vorgesehen sind.

B. Analyse des Markträumungsprozesses auf den Mobilfunkmärkten Deutschlands Wie die Beschreibung der Mobilfunkmärkte im vierten Teil der Arbeit zeigte, gibt es vielfältige Hinweise, daß die Marktprozesse nicht störungsfrei ablaufen. Es ist zu vermuten, daß nachhaltig persistierende Differenzmengen in Form von Warte schlangen oder ungenutzen Kapazitäten auftreten. Dennoch soll, solange der empirische Beweis nicht erbracht worden ist, davon ausgegangen werden, daß die Koordinationsaufgabe auf den Mobilfunkmärkten erftlllt werden. Die Arbeitshypothese der KMD-Analyse lautet demnach: Die Mobilfunkmärkte in Deutschland erfilllen ihre Koordinationsaufgaben. Formal ausgedrückt: Ho: E(xP>=O HA: E(xP>:l-O Vor der empirischen Untersuchung gilt es jedoch, ein Verständnis vom idealtypischen Prozeßablauf des M-Prozesses auf Kollektivgütermärkten zu gewinnen. In diesem Zusammenhang wird zuerst der idealtypische Prozeßablauf auf Individualgütermärkten dargestellt. Daraus wird dann ein Ablauf entwickelt, der an die Spezifika auf Kollektivgütenilärkte im allgemeinen und Mobilfunkmärkte im besonderen angepaßt ist. Daran schließt sich die Diskussion der Indikatoren an, die die Entwicklung der Stell- und Regelgröße möglichst genau abbilden. Diese werden im Zeitablauf grafisch dargestellt. Der resultierende Graph, innerhalb des KMD-Konzeptes Prozeßmuster genannt, wird interpretiert. Schließlich folgen die Tests aufPlausibilität und aufNiveauverzerrung.

I. Der idealtypische Ablauf des MRP 1. Individualgütermärkte

Dem MRP liegt das Markträumungstheorem6 zugrunde, nach dem auf Märkten in der Regel ein Gleichgewichtspreis existiert und der Verlauf der 6 Vgl. derselbe (1985), S. 185f.

144

5. Kap.: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte

Übernachfragekurve dem Nachfragegesetz entspricht. Demnach gleichen sich Angebot und Nachfrage mengenmäßig aus, indem durch kurzfristige, kleinschrittige Variationen des Preises Über- oder Unternachfragemengen ausreguliert werden. Zwischen beiden besteht ein negativ rückgekoppelter Zusammenhang. In Abb. 11 ist dieser Mechanismus als kybernetischer Regelkreis dargestellt.

Markträumung

Regelstrecke: Anbieter und Nachfrager Regler: preissetzende Stellen

+--1

yM= aM. xD t t

~I

xp=b M• Il+ SM

aM>O

I+J

bM 0 einen Nachfrageüberschuß dar

aM

= Preisanpassungskoeffizient

bM

= Mengenanpassungskoeffizient

t

Quelle: Grossekettler (1994), S. 8.)

Abb. 11: Regelkreis des MRP für Individualgüter

B. Analyse des Markträumungsprozesses

145

Differenzmengen, die vom Sollwert 0 abweichen, können aufgrund von zwei Einflüssen entstehen. Einerseits werden sie durch falsche Preissignale gebildet. Andererseits sind Differenzmengen Ergebnis von Variationen bei all den Bestimmungsgründen ftlr Angebot und Nachfrage, die es neben dem Preis auch noch gibt, wie z. B. Kostenvariationen, Modeströmungen, konjunkturelle Lage etc .. Alle Einflüsse außer dem Preis werden bei der Analyse des MRP in der Störgröße St'1zusarnmengefaßt. Der funktionale Zusammenhang zwischen der Differenzmenge und der daraus resultierenden Preisvariation wird durch zwei Funktionen erläutert. Funktion 1 erklärt die Differenzmenge in der Periode t durch den ÜbemachfrageReaktionskoeffizienten ])M und durch autonome Übernachfrage. Funktion 2 erklärt mittels eines Preis-Reaktionskoeffizienten aM die Preisvariation in der Periode t + 1 aufgrund von Differenzmengen der Periode t. Die Information über die Höhe der Differenzmenge (Regelgröße ) wirkt auf die preissetzenden Stellen (Regler) und veranlaßt sie zu einer funktionalen, d. h. die Differenzmenge reduzierenden Preisvariation (Preis = Stellgröße) in der Folgeperiode. Durch den lag zwischen Reiz - Information über die Differenzmenge - und Reaktion - Variation des Preises - wird deutlich, daß der MRP ein dynamischer Prozeß ist. In einem funktionierenden Prozeß würde die Regelgröße zwar durch Störungen daran gehindert, dauerhaft am Sollwert 0 zu verharren, doch bereits in der folgenden Periode würde die Stellgröße verändert, um die Regelgröße wieder an ihren Sollwert heranzuftlhren. 2. Kollektivgütermärkte

Für Kollektivgüter gilt, daß sich die Nachfrager freiwillig oder aufgrund staatlichen Zwangs in einem Versorgungsverband zusammenschließen, der die Bereitstellung des Gutes organisiert. Die Mitglieder dürfen das Gut in der Regel exklusiv und zu Grenzkosten nutzen. Die Anzahl an Bereitstellungseinheiten des Kollektivgutes, also dessen Kapazität stellt in doppelter Hinsicht Angebot dar. Das erste Angebot ist die abstrakte Ausstattung der Mitglieder des Verbandes mit einer bestimmten Anzahl an Ausstattungseinheiten, die dem durchschnittlichen Bedarf eines Mitglieds entspricht. Es liegt der Gedanke zugrunde, daß jedes Mitglied beim Eintritt in den Verband erwartet, einen bestimmten Ausstattungsstandard nutzen zu können. Dieser Standard könnte folgendermaßen defmiert werden: Nach spätestens zweimaligem Versuch wird dem NachfrageT ein freier Leitungskanal zugeteilt. D. h. jedes Mitglied ist praktisch zu jeder Zeit mit der gesamten Kapazität des Netzes ausgestattet. Dieses Angebot ist natürlich limitiert. Die Kapazität eines Kollektivgutes läßt nicht zu, daß beliebig viele Mitglieder aufgenommen werden, wenn eine 11 Kurtsiefcr

146

5. Kap.: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte

Ausstattungsgarantie gegeben wird. Ausgehend von der angestrebten Mitgliederzahl und deren per caput Bedarf an Übertragungsleistungen wird die Größe des zu errichtenden Kollektivgutes ennittelt werden. Nachdem das Gut errichtet worden ist, gilt es die den Markt ftlr die Nutzungspotentiale - also die Mitgliedschaft in dem Versorgungsverband - zur Räumung zu bringen. In der KMDAnalyse wird also untersucht, ob der Versorgungsverband rur die gegebene Kapazität q - unter Berücksichtigung der Ausstattungseinheit a - eine optimale Anzahl von Mitgliedschaften n erzielt hat. Bei Kollektivgütern gilt also: q = an'Y mit 'Y =Elastizität von q in bezug auf n bei vorgegebenen p (Nutzerelastiztität vonq)

Hieraus folgt: n = (q/a)1/'Y Betrachtet man den garantierten Ausstattungsstandard a ebenso als vorgegeben wie die Bereitstellungskapazität (= maximale Bereitstellungsmenge) q und liegt ftlr die Elastitzität von q in bezug auf n ein Erfahrungswert vor, kann die maximale (optimale) Mitgliederzahl berechnet werden. Die Steuerung der Mitgliederzahl hin zu der optimalen wird durch einen Markträumungsprozeß geleistet, der im folgenden MRP I heißen soll. Das zweite Angebot ist die konkrete Menge an Ausstattungseinheiten, die ein Verband in einem bestimmten Augenblick zur VerfUgung stellt. Sie müssen so bepreist werden, daß die Mitglieder möglichst genau diese Menge nachfragen. Für diese Markträumung muß auch ein Prozeß defmiert werden. Er wird im folgenden MRP 11 genannt.

Beschreibung des MRP I - In dem Regelkreis des MRP I besteht der Preis einer Kommunikationsminute (Stell~öße) aus der Sicht eines Mitglieds aus der Summe der Beiträge eines Jahres Pt' geteilt durch die erwartete Anzahl m an Gesprächsminuten eines Jahres und der Gebühr ftlr eine Gesprächsminute PtG (vgl. Abb. 12). Jeder Nachfrager ennittelt aus dem Erwartungswert seiner Nutzungsintensität und den daraus abgeleiteten Zahlungen einen Durchschnittspreis pro Minute pI als Preis des MRP I: p{= pp/rn + mpp. Die Höhe des Durchschnittspreises bestimmt die Bereitschaft des Interessenten dem Verband beizutreten. Die Regelgröße ist die Differenz zwischen Als Regler tritt der der tatsächlichen Mitgliederzahl ~NI und der optimalen Versorgungsverband auf.

xp

xf

Es gilt die gleiche Stabilitätsbedingung wie beim MRP bei Individualgütern, nämlich, daß das Intervall -2 < aMI * bMI < 0 nicht verlassen wird. Andernfalls

B. Analyse des Markträumungsprozesses

147

könnte es zu einer erheblichen Störung der Rückkopplungszusammenhänge kommen (bei n > nopt könnte z. B. der Ausstattungsstandard a nicht eingehalten werden).

Markträumung I

Regelstrecke: Betreiber und Versorgungsverband, Nichtmitglieder und Mitglieder Regler: preissetzende Stellen des Betreibers und des Versorgungsverbandes

+-1

L.-.

DI vMI t = aMI * x t

aMI > 0

xtDI = bMI * IPI + SMI t t bMI 0 = Nachfrageüberschuß aMI = Preisanpassungskoeffizient b M1 = Mengenanpassungskoeffizient Abb. 12: Regelkreis des MRP I rur Kollektivgüter

148

5. Kap.: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte

Konkretisierung des Markträumungsprozesses I auf Mobilfunkmärkte - Die Aufgabe des MRP I ist die Optimierung der Mitgliederzahl innerhalb eines Mobilfunknetzes. Als Regelgröße gilt die Differenz zwischen dem optimalen Mitgliederbestand und dem effektiven. Als Regelstrecke dienen die Netzbetreiber und alle potentiellen und aktuellen Mitglieder. Als Regler treten die Netzbetreiber auf. Der Prozeß funktioniert, wenn das Auftreten von Differenzen zwischen der optimalen und der effektiven Mitgliederzahl dazu führt, daß es zu funktionalen, die Differenzmenge abbauenden Preisvariationen kommt.

Markträumung 11 Regelstrecke: Betreiber und Versorgungsverband, Mitglieder Regler: preissetzende Stellen des Betreibers und des Versorgungsverbandes

'--1~1_____v_~__ll_=_a_M_ll_.__X_P_ll_______a_M_ll_>__o__~I~

1-+ v tMll

= Preisindexveränderung im Zeitpunkt t = Stellgröße, = Gebühr je in Anspruch genommene Ausstattungseinheit,

SMll

= Störgröße, beinhaltet z. B. auch die Preisentwicklung der Mobiltelefone

x tDll

= Differenzmenge des MRP 11 im Zeitpunkt t = Regelgröße, xp Il < 0 stellt einen Angebots-, "tDII > 0 einen Nachfrageüberschuß dar

t

= Preisanpassungskoeffizient = Mengenanpassungskoeffizient Abb. 13: Regelkreis des MRP 11 tUr Kollektivgüter

B. Analyse des Markträumungsprozesses

149

Beschreibung des MRP II - Es gibt aber noch einen zweiten Aspekt der Markträumung bei Kollektivgütern. Es gilt die Nutzungsbedarfe der Mitglieder so über den Tag (und eventuell auch längere Zeiträume) zu verteilen, daß Überund Unterlastzeiten vennieden werden, d. h. daß das Netz möglichst gleichmäßig ausgelastet wird, und zwar bei gegebener Mitgliederzahl.

.Da Dienstleistungen ohne den Nachfrager nicht erbracht werden können und weil eine Lagerhaltung fertig erstellter Leistungen nicht möglich ist, bedeuten Zeiträume, wahrend denen die Nachfrage die Kapazität unterschreitet, daß Leerzeiten und -kosten entstehen. Andererseits fUhrt ein Überschreiten der Kapazität während Spitzenlastzeiten zu der Nichtbefriedigung von Nachfrage und gegebenenfalls zum Bruch der Ausstattungsgarantie. Der Versorgungsverband muß also daran interessiert sein, das Nachfragevolumen pro Zeiteinheit zu verstetigen. Aus diesem Grund schließt sich an den Markträumungsprozeß I ein weiterer Markträumungsprozeß an. Darin wird versucht, die Nachfrage über den Zeitraum, während dem die Herstellungskapazität zur Verftlgung steht, zu verteilen. Mutatis mutandis gilt die gleiche Stabilitätsbedingung wie beim MRP I. Konkretisierung des Markträumungsprozesses II auf Mobilfunkmärkte - Ziel dieses Prozesses ist die Steuerung des Nachfragezeitpunktes der Mitglieder zur Venneidung von ungenutzten Leitungskanälen einerseits und Wartezeiten bis zur Zuteilung eines freien Leitungskanals andererseits.

Die Regelgröße ist in diesem Fall die Differenz zwischen der aktuellen Kapazität und der aktuellen Nachfrage (vgl. Abb. 11). Da das Nutzen des Mobilfunknetzes die Mitgliedschaft im Versorgungsverband bedingt, gelten als Regeistrecke nur die Netzbetreiber und ihre aktuellen Mitglieder. Als Regler treten wiederum die Netzbetreiber auf. Nachdem der ideale Ablauf des Prozeßmusters beschrieben ist, sollen nun Indikatoren ftlr die Regel- (Übernachfrage) und die Stellgröße (Preis) diskutiert werden.

11. Auswahl und Beurteilung denk- und verrogbarer Ideal- und Hilfsindikatoren ror die ProzeßmusterprOfung des MRP I

1. Konzeption der Indikatordefinition unter besonderer Berücksichtigung der Besonderheiten auf Mobilfunkmärkten a) Konzeption der Indikatordefinition - Als ideale Indikatoren gelten nach Grossekettler solche, "... die den theoretischen Begriffen der ökonomischen Modelle nach herrschender Meinung per Nominaldefmition zugeordnet werden sollten, weil sie genau das messen, was gemessen werden soll."7 Die zu gewin-

150

5. Kap.: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte

nenden Indikatoren sollen Mißstände, die in einem direkten, eindeutigen Bezug zum MRP stehen, vollständig aufzeigen. Außerdem muß eine Unterscheidung von Über- und Unternachfragezuständen gewährleistet sein. Das im folgenden durchgefilhrte Verfahren zur Gewinnung geeigneter Indikatoren wurde von Munsberg (1992 u. 1993) vorgestellt. Es ist in vier Stufen gegliedert. Stufe 1 ist der Klärung der materiellen Fragestellung gewidmet. Darunter ist zu verstehen, daß die idealtypischen Begriffe "Differenzmenge" und "Preis" in den Kontext ihrer theoretischen und normativen Grundlage eingebunden werden müssen.8 Für den MRP von Individualgütern hat das bereits Munsberg 1993 geleistet. Die dort getroffenen Erkenntnisse können auf Kollektivgütermärkte übertragen werden, so daß Stufe 1 in dieser Arbeit übergangen wird. Auf Stufe 2 werden Meßgrößen konstruiert. Unabhängig von dem zur VerfUgung stehenden Datenmaterial wird ein Idealindikator defmiert, dessen Ausprägung genau den idealtypischen Begriff wiedergibt. Wenn auch fUr den Idealindikator nicht immer das entsprechende Datenmaterial verfUgbar ist, ist er als Referenzgröße trotzdem von großer Wichtigkeit. Er dient der Konkretisierung des Abbildungsfehlers (systematischer Fehler) von Hilfsindikatoren, der akzeptiert werden muß, weil man über unzureichende Daten verfUgt. Das Ergebnis dieser Abschätzung ist eine Rangfolge der Hilfsindikatoren in Abstufung nach ihrer Korrelation mit dem Idealindikator. Auf Stufe 3 werden die Ergebnisse der zweiten Stufe auf ihre Gültigkeit hin überprüft. Zu diesem Zweck können Experten befragt, Literatur ausgewertet werden oder quantitative Verfahren, wie die Korrelations- oder die Faktorenanalyse verwandt werden. Zuletzt, auf Stufe 4, gilt es, die Ergebnisse und den Weg, der zu ihnen filhrte, genau zu dokumentieren.

b) Besondere Probleme für die Indikatordejinition bei Mobilfunkmärkten Dienstleistungsaspekt - Bei dinglichen Gütern wählt man in der Regel fUr die Darstellung von Nachfragedifferenzmengen einen Idealindikator, der die Variation des Lagerbestandes, die Entwicklung der Lieferfristen und die Kapazitätsauslastung berücksichtigt.9 Dieser Indikator erfaßt nämlich nicht nur die Ungleichgewichte der untersuchten Periode, sondern auch die kumulierten Ungleichgewichte früherer Perioden. Nun zeichnen sich Dienstleistungen nicht zuletzt durch ihre Immaterialität und die Gleichzeitigkeit von Herstellung der Leistung und deren Konsum

7 Vgl. derselbe (1991), S. 12. 8 Vgl. H. Munsberg(1993), S. 59. 9 Ebenda, S. 124.

B. Analyse des Markträumungsprozesses

151

aus. 10 DarUber hinaus muß sich der Konsument der Leistung selber in den Herstellungsprozeß einbringen, was als der externe Faktor der Leistungserstellung bezeichnet wird. I I Diese Eigenschaften verhindern, daß eine Lagerhaltung des Output von betrieblichen Leistungen möglich ist. Dadurch kommt im vorliegenden Fall die Analyse der Lagerhaltung nicht in Betracht. In der Arbeit von Munsberg wurde der Aspekt der Indikatordefinition auf Märkten fUr nicht lagerfähige Güter beschrieben. Er kommt dabei zu dem Ergebnis, daß Übernachfragezustände am besten durch einen kombinierten Indikator abgebildet werden. Es sollten die Kapazitätsauslastung und die Lieferfristen in dem Indikator berücksichtigt werden. 12 Der Vorteil dieses Indikators besteht darin, daß alle denkbaren Reaktionen von Anbietern auf eine Ausweitung der Nachfrage verfolgt werden können. Sie können auf gestiegene Nachfrage sowohl mit einer Produktionsausweitung als auch mit dem In-Kauf-Nehmen längerer Wartezeiten bei der Befriedigung von NachfragewÜDschen oder einer Kombination von beidem reagieren. Um Überangebotszustände darstellen zu können, empfiehlt Munsberg entweder allein die Kapazitätsauslastung oder auch hier eine Kombination aus Kapazitätsauslastung und Lieferfristen zu wählen.

Kollektivgüteraspekt - In Abschnitt B. I. 2 konnte gezeigt werden, daß bei Kollektivgütern zwei voneinander unabhängige Markträumungsprozesse auszumachen sind, die unterschiedlichen Koordinationszwecken dienen. Obwohl beide Märkte unmittelbar ineinander verzahnt sind, werden wahrscheinlich fUr jeden unterschiedliche Indikatoren generiert werden müssen. Das Kollektivgüterspezifische ist hierbei also nicht eine besondere Kategorie von Indikatoren, sondern das Vorhandensein zweier Markträumungsprozesse, durch die beide Formen des Angebotes der Netzbetreiber mit der Nachfrage zum Ausgleich gebracht werden sollen.

2. Herleitung der Indikatoren fUr die Regelgröße des MRP I Im Rahmen des MRP I wird der Markt fUr die Mitgliedschaft am Versorgungsverband, also eigentlich der Markt fUr die Option auf Nutzung des Mobilfunknetzes, zur Räumung gebracht. Es ist demnach nach Indikatoren zu suchen, die darstellen, wie nahe die effektive Zahl an Mitgliedern des Netzbetreibers der optimalen Mitgliederzahl kommt. 10 Dieses Problem von Dienstleistungen wird unter anderem dargestellt in: H. Corsten (1988), B. Staffelbach (1988),8.277 - 284, V. A. Zeithaml u. a., (1985),8.33 - 46. 11 Vgl. F. Scheuch (1982),8.79. 12 Vgl. H. Munsberg(1993), 8. 113f.

152

5. Kap.: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte

Die Angebotsmenge des MRP I, nämlich die Anzahl der Mitgliedschaften ist grundsätzlich aus der maximalen Kapazität aller Netze, geteilt durch die durchschnittliche Nutzung eines Mitglieds, zu ennitteln. Würde ein durchschnittliches Mitglied 5 Minuten am Tag telefonieren und gäbe es nur einen Sprechkanal, betrüge die maximale Kapazität des Verbandes 288 Mitglieder (24.60min/5minlMtg.). Diese maximale Kapazität bestünde aber nur, wenn die Mitglieder von sich aus zu unterschiedlichen Zeitpunkten telefonieren wollten. Von diesem Wert würde die effektive Mitgliederzahl abgezogen. Durch Division dieses Differenzwertes durch die maximale Kapazität erhielte man einen nonnierten Wert, der als Idealindikator fUr den MRP I anzusehen wäre. Der Zustand der Markträumung wäre erreicht, wenn die effektive Mitgliederzahl der maximalen entspräche, weil die maximale Mitgliederzahl bei von Natur aus verteilten Nutzungszeiten der optimalen Zahl deshalb gliche, weil dann alle Leerkosten des Netzes in Nutzkosten umgewandelt wären und die Beiträge pro Mitglied minimal würden. Es ist aber intuitiv einleuchtend, daß die Kapazität, die kommerziell genutzt werden kann, kleiner ist. In der Realität verteilen sich die NachfragewOnsche der Mitglieder nicht homogen über den Tag und die Nacht. Wegen der Überschneidung der Gesprächswünsche ist die faktisch nutzbare Kapazität kleiner. Die Spitzenlastproblematik bedingt, daß die Kapazität eines Dienstleistungsunternehmens an dem Bedarf zur Hauptnachfragezeit ausgerichtet ist. Demzufolge sind Teile der Kapazität in Schwachlastzeiten nicht auszulasten (wobei der MRP 11 dafUr sorgen soll, daß die Leerkosten möglichst gering werden). Diesem Sachverhalt gilt es nun durch entsprechend zu defmierende Kapazitätsbegriffe gerecht zu werden.

a) Definition relevanter Kapazitätsbegriffe Ausgangspunkt ist ein fertiggestelltes Netz. Dann ist die maximale Kapazität (gemessen in Erlang) die Kapazität, die Mitgliedern zur VerfUgung steht, wenn alle Gesprächsleitungen intakt sind. Subtrahiert man davon die wegen Defekt oder fUr Testverfahren blockierten Kanäle, erhält man die effektive Kapazität (V gl. Tab. 5). Die Leistungsbereitschaft des Netzes wird während 24 Stunden aufrechterhalten. Die Nachfrage während der Nachtstunden ist aber gering und darüber hinaus auch relativ preisunelastisch. Es werden während der Nachtstunden immer freie Kapazitäten auftreten, die nicht oder nur schwer einer kommerziellen Nutzung zugefUbrt werden können. Ohne Anpassung des Indikators an diese Situation würde er dauerhafte Überangebotszustände anzeigen. Es gilt also, den Anteil der Kapazität auszumachen, dem mittels Preisvariation keine Nachfrage gegenübergestellt werden kann. Wenn man von der effektiven Kapazität diesen Anteil abzieht, ist der verbleibende Rest die ökonomische Kapazität. Mithin ist

B. Analyse des Markträumungsprozesses

153

sie die Kapazität, die bei optimaler Gebührenstruktur nachgefragt würde. Der Kapazitätsanteil, der bei aktueller, nicht optimaler Gebührenstruktur nachgefragt wird, ist die kommerzielle Kapazität. Tabelle 5 Unterschiedliche KapazitAtsbegriffe bei Mobilfunknetzen

Kapazitätsbegriffe maximale Kapazität

Summe der Leitungskanäle eines Netzes

effektive Kapazität

zur kommerziellen Nutzung zur Verftlgung stehende Kapazität = maximale Kapazität abzüglich defekter, abgeschalteter Leitungskanäle

kommerder Teil der effektiven Kapazität, der mit der gegenwärtizielle Kapa- gen Gebührenstruktur einer Nachfrage zugefllhrt wird zität der Teil der effektiven Kapazität, der bei optimaler Gebühökonomische Kapa- renstruktur (Forderung: Kreuzpreiselastizitäten = 0) einer zität Nachfrage zuge fUhrt werden könnte. Ist die Gebührenstruktur des Netzbetreibers optimal, gleichen sich die kommerzielle und die ökonomische Kapazität.

Ermittlung der ökonomischen Kapazität - Die ökonomische Kapazität kann nach den eben gemachten AusfUhrungen auch als der Teil der Kapazität"definiert werden, der bei einer wohlfahrtsoptimalen Bepreisung nachgefragt wird. Als optimale Bepreisung ist ein Gebührenmodell zu verstehen, das möglichst viel Nachfrage von der Hauptzone auf die Nebenzone abdrängt, unter der Nebenbedingung, daß die Hauptzone überlastet ist. Es soll im Optimalzustand nicht mehr möglich sein, durch Preisvariationen Nachfrage von Spitzenlastzeiten auf Nebenlastzeiten umzulenken. Die obere Grenze des Preisspielraums zur Hauptzeit ist dort, wo durch weitere Preiserhöhungen Nachfrage unterdrückt wird, statt sie umzulenken. Die untere Grenze innerhalb der Nebenzone ist der Grenzkostenpreis. Versteht man die Zusammenhänge in dieser Form, liegt es nahe, in Kreuzpreiselastizitäten zu denken. Diese beschreiben die Nachfrageveränderung, die ein Gut x durch eine Preisvariation des Gutes y erftUut. Um diese Relation auf den Mobilfunkmarkt zu übertragen, teilt man die Tageskapazität entsprechend ihrer Attraktivität fUr die Nachfrager in Zeitzonen ein. Alle Übertra-

154

5. Kap.: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte

gungseinheiten innerhalb einer Zeitzone werden als homogene Güter betrachtet. Übertragungs einheiten unterschiedlicher Zeitzonen werden als heterogene, aber substitutive Güter betrachtet. Beobachtet wird nun, wie sich die Preis erhöhung in der Spitzenlastzeitzone (Hauptzone) bzw. Preis senkung in den benachbarten Zeitzonen (Nebenzonen) auf die Nachfrage der Nebenzonen bzw. der Hauptzone auswirkt (vgl. Beispiel in Abb. 14 - 16). Solange die Kreuzpreiselastizität positive Werte aufweist, ist Nachfrage von Spitzenlastzeiten umlenkbar. Demnach können trotz aktueller Überfiillungserscheinungen zusätzliche Mitglieder in den Verband aufgenommen werden, wenn das Gebührenmodell optimiert würde. Es gibt zwei Indizien fiir das Erreichen der optimalen Verbandsgröße: 1. Es wird ein Gebührensystem gefunden, das durchgängig zu Kreuzpreiselastizitäten von null fiihrt, d. h. daß Preisvariationen innerhalb einer Zone keinen Einfluß auf die Nachfrage einer anderen Zone haben.

2. Es gibt weiterhin positive Kreuzpreiselastizitäten. Preisvariationen sind aber nicht mehr möglich, weil in den Nebenzonen der Mindestpreis, also der Grenzkostenpreis erreicht wird. Gleichzeitig hat der Preis zur Hauptzeit seine obere Grenze erreicht. Nachfrage könnte nur dann umgelenkt werden, wenn der Preis der Nebenzone weiter sinken würde, was aber nicht mehr , .möglich ist. Wenn solch eine Situation eintritt, ist dies ein Indiz fiir eine zu niedrige Dimensionierung d~s Netzes. Eine Erweiterung der Kapazität ist dann geboten, wenn die durch die Erhöhung abgebauten Verdrängungskosten höher als die Kosten filr die zusätzliche Kapazität sind. Es ist also ein Zustand positiver KPE wohlfahrtsoptimal nämlich immer dann, wenn sich die Grenzkosten der Kapazität und der Nutzung gleichen. Bei der folgenden Betrachtung wird dieser Aspekt aus VereinfachungsgrOnden nicht berücksich tigt. Die Aufnahme zusätzlicher Mitglieder über die optimale Verbandsgröße hinaus würde unweigerlich zu Wartezeiten fiihren, da durch Preisanreize eine Umlenkung der Nachfrage aufNebenzonen nicht zu erreichen wäre.

Zu fordern ist demnach eine Kreuzpreiselastizität von null über alle Zeitzonen. Die Kapazitätsmenge, bei der diese Forderung erfüllt ist, stellt die ökonomische Kapazität dar. Hat man diese ermittelt, läßt sich davon die optimale Mitgliederzahl ableiten, indem man die ökonomische Kapazität durch die durchschnittliche Nutzungje Mitglied teilt.

b) Idealindikator Bevor man sich Differenzmengenindikatoren zuwendet, ist zuerst ein Weg aufzuzeigen, der zu verläßlichen Daten über die Entwicklung der Kreuzpreise-

B. Analyse des Markträumungsprozesses

155

lastizität, die Höhe der ökonomischen Kapazität und die Durchschnittsnutzung eines Mitglieds ftlhrt. Vorzuschlagen ist eine ähnliche Befragung, wie sie im Kapitel IV. F. III zur Festlegung der Kapazität vorgeschlagen wurde. In einem ersten Schritt könnte man so die durchschnittliche Nutzung des Mobilfunknetzes sowie die tageszeitliche Verteilung der Nutzung bei gegebener Gebührenstruktur ermitteln. Dann müßte mit Hilfe von Befragungen und Experimenten untersucht werden, wie sich Preisvariationen bei bestimmten Zeitzonen auf das Nutzungsverhalten bei den anderen Zonen auswirken. Daraus würde die Entwicklung der Kreuzpreiselastizität im Tagesablauf abgeleitet. Schließlich könnte das Nachfragevolumen bei einer Kreuzpreiselastizität von durchgängig null ermittelt werden, was ja als ökonomische Kapazität zu verstehen ist. Außerdem müßte noch die durchschnittliche Nutzung bei optimaler Gebührenstruktur ermittelt werden. Diese wird sich von der Durchschnittsnutzung bei suboptimaler Gebührenstruktur unterscheiden. Bei einer Preiserhöhung in der Hauptzone ist z. B. denkbar, daß Nachfrage in die Nebenzonen umgeleitet wird oder daß Nachfrage unterbleibt, weil einerseits der Nutzen des Telefonats geringer als dessen Kosten ist und andererseits der Aktualitätsbezug der zu transportierenden Information eine zeitliche Verlagerung ausschließt. Letztere Reaktion auf eine Preiserhöhung würde die Durchschnittsnutzung verringern, was berücksichtigt werden müßte. Aus dem Wert für die ökonomische Kapazität und die Durchschnittsnutzung bei optimaler Gebührenstruktur läßt sich der optimale Mitgliederbestand filr den Versorgungsverband durch Division ermitteln. Insgesamt sind drei Zustände der Markträumung innerhalb eines Mobilfunknetzes festzustellen (vgl. Abb. 14 - 16). Zustand 1 ist bei gegebenem Gebührenmodell durch freie Kapazitäten innerhalb der Hauptzone gekennzeichnet. Beim Zustand 2 treten ÜberfilIlungen in der Hauptzone auf, es bestehen aber positive Kreuzpreiselastizitäten. Zustände I und 2 sind gekennzeichnet von einer suboptimalen Gebührenstruktur und zeichnen sich durch ein Überangebot an Mitgliedschaftsoptionen aus. Die hellgraue Fläche stellt das Angebot dar, das trotz optimaler Gebührenstruktur keiner Nachfrage zugeftlhrt werden kann. Die dunkelgraue Fläche zeigt das Ausmaß der Verfehlung der Markträumung, weil volkswirtschaftlich falsche Preise gefordert werden. In diesem Fall wäre es volkswirtschaftlich sinnvoller, statt eines Aufnahmestops Mitgliedsrechte zu versteigern. Weicht man von der Vorstellung einer Mindestausstattung ab und nimmt weiterhin Mitglieder auf, so fUhrt dies zu zunehmender Überfilllung. Ist aber der MRP 11 intakt, wird er durch Variation der Stellgröße, also durch Erhebung eines Prohibitivpreises der Überfilllung begegnen. 13

156

5. Kap.: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte

Als Idealindikator für alle drei Marktzustände gilt die "relative Abweichung der Mitgliederzahl vom Optimum". Sie ergibt sich als Differenz zwischen der optimalen und der effektiven Mitgliederzahl, normiert auf die optimale Mitgliederzahl. effektive Kapazität

KPE

I

I

0,8

0,8

0.6

0,6

0,4

0,4

0,2

0,2

° c=J

c:J

C:=J

4

8

12

16

20

24

nicht kommerziell nutzbare Kapazitat zusatzlich nutzbare Kapazitat bei optimaler GebUhrenstruktur kommerzielle Kapazitat mit gegenwartiger Gebührenstruktur Kreuzpreiselastizitat

Abb. 14: Zustand 1: Unterauslastung des Netzes zu Spitzenlastzeiten bei suboptimaler Gebührenstruktur (Betrachtung im Tagesablauf)

13 Hier zeigt sich eine interessante Vermaschung mit dem Renditenormalisierungsprozeß. Im Falle lang anhaltender Überftlllungen wird der Netzbetreiber extrem hohe Gewinne erzielen können, wenn die Nachfrage zu Spitzenlastzeiten relativ preisunelastisch ist. Denn dem Prohibitivpreis steht kein betriebswirtschaftlicher Kostenblock gegenüber. Diese Gewinne werden entweder den Betreiber zu einer Ausweitung der Kapazität bewegen oder potentielle Konkurrenten zu einem Markteintritt ermutigen.

B. Analyse des Markträumungsprozesses

157

effektive Kapazität KPE 1 r---------------~----~~--------, 1

\-----+

0.8 + - - - - - - - - - - f

0.8

0,6 + - - - - - - - - - 1 1

\ - - - - - j - 0,6

0.4 + - - - - - - - - - 1 1

~---_+

0.2 t = = - - - -

o

4

0,4 0,2

8

12

16

20

24

Abb. 15: Zustand 2: Überftlllung des Netzes zu Spitzenlastzeiten, wegen positiver Kreuzpreiselastizitäten (KPE) Möglichkeit der Umlenkung von Nachfrage effektive Kapazität 1

KPE

1

0,8

0.8

0,6

0,6

0,4

0,4

0,2

0.2

o

4

8

12

16

20

24

Abb. 16: Zustand 3: Optimale Gebührenstruktur, daraus folgend KPE = 0 und kommerzielle Kapazität = ökonomische Kapazität

Um den Idealindikator zu erhalten, müßte zuerst die optimale Mitgliederzahl bestimmt werden. Dazu müßte eine Nachfragerbefragung durchgeft1hrt werden,

158

5. Kap.: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte

um das Gebührenmodell zu entwickeln, bei dem die Kreuzpreiselastizitäten durchgängig null sind. Die Summe der bei diesem Gebtlhrenmodell nachgefragten Übertragungseinheiten würde durch die Durchschnittsnutzung je Nutzer geteilt, so daß man die optimale Mitgliederzahl erhielte. Von dieser Zahl wäre die Anzahl der zu einem Stichtag ermittelten effektiven Mitglieder abzuziehen. Dieser Differenzwert müßte zuletzt noch auf den optimalen Mitgliederstamm normiert werden. Bei Zustand 3 ist durch Preisvariationen das optimale Gebührenmodell erreicht worden. Von einer Aufnahme weiterer Mitglieder ist abzusehen, weil sonst Überfilllungserscheinungen in der Hauptzone auftreten würden. Diese Forderung hat aber nur dann Gültigkeit, wenn den Mitgliedern des Versorgungsverbandes eine gewisse Mindestausstattung garantiert wird.

c) Berechnung der Indikatorwerte filr die Regelgröße des MRP I Um die effektive Kapazität der Mobilfunknetze Deutschlands ermitteln zu können, soll zuerst eine Modellrechnung dargestellt werden, die verdeutlicht, wie man mit den heute erhältlichen Informationen aussagekräftige Indikatorwerte gewinnen kann. Dabei werden Schätzwerte fUr zukünftige Entwicklungen verwendet. Es soll damit aber das KMD nicht in die Nähe eines Prognoseinstrumentes gebracht werden. Vielmehr dient das Folgende zur Illustration und Detaillierung. Daran anschließend wird die Entwicklung des C-Netzes von 1986 bis 1994 untersucht.

D-Netze - Wie bereits beschrieben, steht die Übertragungskapazität der Mobilfunknetze und deren Mitgliederkapazität in einem direkten proportionalen Zusammenhang. Deshalb ist zuerst die Übertragungskapazität zu untersuchen. Danach können Aussagen über die Mitgliederkapazität getroffen werden. Jedes D-Netz rechnet mit etwa 3.300 bis 3.600 Basisstationen (BTS) (vgl. Tab. 6: Zeile 1). Eine günstige Kapazitätsausbeute ist bei einer BTS mit drei sogenannten Radio Transceivern fUr insgesamt 22 Leitungskanäle gegeben. Eine solche BTS verfUgt über eine Kapazität von 13,7 Erlang bei einer Blockierwahrscheinlichkeit von 1% (vgl. Zeile 6).14 Die Netzbetreiber werden auf Dauer das Gros der BTS mit drei Radio Transceivern ausstatten. In der Startphase allerdings ist damit zu rechnen, daß, angepaßt an den geringeren Kapazitätsbedarf, überwiegend geringer ausgestattete Basisstationen gebaut

14 In dem Lizenzvertrag von Mannesmann Mobilfunk wird sogar eine Blockierungswahrscheinlichkeit von 5% als Obergrenze gestattet. Es ist aber zu vermuten, daß die Netzbetreiber einen niedrigeren Wert anstreben.

B. Analyse des Markträumungsprozesses

159

werden. Über diese Entwicklung ist eine Schätzung vorzunehmen (vgl. Zeile 3, 4). Ab 1996 wird es den Betreibern möglich sein, durch das Half-Rate-Coding mit bestehender Hardware-Kapazität doppelt so viele Übertragungsleitungen bereitzustellen wie bisher. Der Anteil der Netzstruktur, der auf das Half-RateCoding umgestellt worden sein wird, ist in Zeile 5 geschätzt. In Zeile 8 ist die Zahlenreihe über die Entwicklung der maximalen Kapazität der D-Netze zu fmden. Sie ist in der Einheit Erlang angegeben (vgl. Zeile 8). Die effektive Kapazität wird errechnet, indem einerseits die im Durchschnitt wegen eines Defekts abgeschalteten Stationen und andererseits die von Technikern des Netzbetreibers zu Netztestzwecken blockierten Leitungen in Abzug gebracht werden. Geht man von einem Korrekturbedarf von 1% aus, erhält man als effektive Kapazität ftlr das Jahr 1994 44.000 Erlang in Deutschland (vgl. Zeile 11). Bei einer Beanspruchung des Engpasses von durchschnittlich 0,025 Erlang pro Mitglied, ergibt sich 1994 bei gegebener Gebührenstruktur ein effektives Potential von 1.770.000 Mitgliedern ftlr beide D-Netze. Die Herleitung der ökonomischen Kapazität ist ein gewichtiges Problem, da die Meßanforderungen hoch sind. Für detaillierte Analysen wäre z. B. die Durchführung einer Conjoint-Analyse vorstellbar. 15 Um eine groben Schätzwert zu gewinnen, mag man folgendermaßen vorgehen: Für jeden Nutzer wird seitens der Betreiber bei der Planung der D-Netze ungefähr eine Nutzungsintensität von 25 Millierlang bezogen auf den Engpaß unterstellt. Der Wert wurde aus den Erfahrungen in den USA gewonnen. Dort ist die Preisdifferenzierung zwischen der Hauptzone und den Nebenzonen vermutlich nicht optimal, weil man - aus welchen Gründen auch immer - im Tagesablauf nur gering abgestufte Gebühren verlangt, statt die Kapazität zu versteigern. Also kann durchaus die Behauptung aufgestellt werden, daß die Belastung des Engpasses bei optimaler Tarifierung eindeutig geringer wäre. Im Rahmen dieser Arbeit kann die Nutzung des Engpasses bei optimaler Gebührenstruktur nur geschätzt werden. Die Beispielrechnung soll mit einem Wert von 20 Millierlang, also einem Abschlag von 20 % fortgefUhrt werden (vgl. Zeile 13). In der Praxis ließe sich dieser Wert durch eine Befragung der Nutzer fmden. Die effektive Erlangkapazität kann nun durch die optimale Erlangzahl je Mitglied geteilt werden. Dadurch erhält man die optimale Mitgliederzahl der Mobilfunknetze. Für das Jahr 1994 sind das 2.210.000 Mitglieder. Wenn man davon den realen Mitgliederbestand abzieht und diesen Wert durch die optimale Mitgliederzahl teilt, erhält man als Indikatorwert die Auslastung der Netze in Prozent der optimalen Mitgliederzahl (vgl. Zeile 17).

15 Vgl. Backhaus et al. (1994), S. 498 ff.

160

5. Kap.: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte

Tabelle 6 Schema rur die Herleitung des Regelgrllßenindikators rur den MRP I ökonomische Kapazität der D-Netze 1.

1994

1995

1999

2000

BTS

2.750 4.250 5.000 5.750 6.500 6.750 6.900

7.000

3.

BTS:3RT

20%

4.

BTS:2RT

80%

2.

1993

40010

55%

60%

45%

1996

1997

1998

65%

70%

70%

70%

70%

35%

30010

30%

30%

30%

5.

Half-Rate-Coding

0%

0%

0%

25%

50%

75%

85%

90%

6.

E:3RT

13,7

13,7

13,7

17,3

20,6

24,0

25,4

26,0

7.

E:2RT

7,4

7,4

7,4

9,3

11,1

12,95

13,7

14,1

8.

Kap. max. (Tsd. E)

24

45

54

83

115

140

151

157

9.

Defektrate

1%

1%

1%

1%

1%

1%

1%

1%

24

44

54

82

114

138

149

155

10. Kap. eff. (Tsd. E) 11. mEje Mtg. ist

0,025

0,025

943

1.770 2.151

3.272 4.560 5.524 5.970

6.220

13. Eje M. opt.

0,02

0,02

0,02

0,02

0,02

14. M. opt. (Tsd.)

1.179 2.210 2.689 4.090 5.700 6.906 7.463

7.775

15. M. real (Tsd.)

800

1.700

?

?

?

?

?

?

16. Untemachfrage (Z14 - Z15)

379

510

?

?

?

?

?

?

17. Auslastung (ZI4/Z15)

68%

77%

12. M. eff. (Tsd.)

0,025 0,025 0,025 0,025 0,025 0,025 0,02

0,02

0,02

C-Netz - Die Untersuchung der bisherigen Entwicklung der Mobilfunkmärkte in Deutschland wird erschwert durch die restriktive Informationspolitik der DB Telekom. Indirekt läßt sich aber ein grober Indikator gewinnen. Die maximale Kapazität ergibt sich aus der Summe aller Leitungskanäle aller Basisstationen. Für das C-Netz sind das 1993 etwa 27.000 Kanäle (vgl. Tab. 7).16 DafUr mußten rund 750 BTS errichtet werden. 17 Es ist damit zu rechnen, daß die Kapazität des C-Netzes nicht weiter ausgebaut wird. Vielmehr ist wahrscheinlich, daß Ersatzinvestitionen nur noch in geringem Umfang erfolgen werden, so daß die Kapazität langsam geringer wer16 Vgl. Kedaj,J., etal. (1991),3.4.2 S. 4. 17 Vgl. H. Gabler (1991), S. 57.

B. Analyse des Markträumungsprozesses

161

den wird. Die Telekom selber legt die Kapazitätsgrenze des C-Netzes mit 803.000 Mitgliedern fest. Dabei stellt sie 27.000 Sprechkanäle zur Verfilgung. Das bedeutet, daß jeder Sprechkanal bei gegebener Gebührenstruktur die Nachfrage von rund 30 Mitgliedern befriedigt. In Tab. 7 wird der Verlauf der effektiven Mitgliederzahl, die sich aus der Kapazität des Netzes ableiten läßt, aufgeführt. Dem wird die reale und die optimale Mitgliederkapazität gegenübergestellt. Erstere stellt die wirksam gewordene Nachfrage dar. Letztere wurde ermittelt, indem die effektive Mitgliederzahl mit dem Faktor 1,2 multipliziert wurde. Es wird also unterstellt, daß durch eine optimierte Tarifierung bei gegebener Kapazität 20% mehr Mitglieder versorgt werden könnten. Zuletzt werden zwei Auslastungsgrade als Differenzmengenindikatoren ermittelt. Auslastungsgrad 1 bezieht sich auf das Verhältnis von realer Mitglieder- zu effektiver Mitgliederkapazität und Auslastungsgrad 2 ist das Verhältnis zwischen realer Mitgliederzahl und optimaler Mitgliederkapazität. Letzterer ist als nicht so gesichert anzusehen, wie der Auslastungsgrad 1. Deshalb soll die Prozeßmusteranalyse hauptsächlich auf dem Auslastungsgrad 1 fußen. Tabelle 7 Herleitung der Werte ffir den Regelgrößeindikator des MRP I ffir die Jahre 1986 bis 1994 Regelgrößenindikator des MRP I 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993

in Tsd. Kap. max. (C-Net2 Kanäle)

1994

1

2

5

8

12

16

20

27

27

29,7

29,7

29,7

29,7

29,7

29,7

29,7

29,7

29,7

effektive Mitglieder kapazit.

30

60

149

238

357

476

595

803

803

optimale Mtg.-kap (120%)

36

71

178

286

428

571

714

964

964

Mitgliederentwicklung

20

52

98

163

274

532

720

803

795

Mtgje Kanal

Auslastung 1

67% 87% 66%

69% 77% 112% 121% 100%

99%

Auslastung 2

56% 73% 55%

57% 64%

83%

93% 101% 83%

3. Herleitung der Indikatorenfür die Stellgröße des MRP I a) Definition der Indikatoren Die Frage nach dem Preis für eine Dienstleistung ist nicht einfach zu beantworten. Unter dem Oberbegriff Konditionenpolitik werden die Gewährung von 12 Kurtsiefer

162

5. Kap.: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte

Rabatten und Skonti sowie die Gestaltung der Leistungs- und Zahlungsbedingungen zusammengefaßt. Dadurch ist der wirkliche Zahlungsstrom unter Umständen ein ganz anderer, als der veröffentlichte und vereinbarte "Preis". Für den MRP I ist als Preis die Summe der Vermögensbarwerte zu verstehen, die ein Mitglied für die Nutzung des Mobilfunkdienstes hergibt. Dabei müssen auch alle Aufwendungen berücksichtigt werden, die im Vorfeld der Nachfrage einer Übertragungsleistung anfallen, also neben der Gebühr für die Übertragungsleistung selber: (1) der Kauf des Mobiltelefons, (2) die einmalige Beitrittsgebühr sowie (3) die monatliche Grundgebühr. Alle drei Faktoren gehen zusammen ein in die Kosten-Nutzen-Abwägung eines potentiellen Nachfragers im Rahmen der Entscheidung für oder gegen den Erwerb eines MobiItelefons und einer Telefonkarte, mit anderen Worten für oder gegen die Mitgliedschaft im Versorgungsverband. Die Höhe der Verbindungsgebühr sowie deren tageszeitliche Variation allein steuern das Ausmaß und den Zeitpunkt des Telefonierens. Das Problem, den wahren Preis nach ökonomischer Theorie zu ermitteln, stellte sich solange nicht, wie die Telekom Monopolanbieter war. Für diesen Zeitraum war das öffentlich-rechtliche Vertragsverhältnis zwischen der Deutschen Bundespost als Betreiber des einzigen Mobilfunknetzes und ihren Kunden bestimmend. Danach war sie dazu verpflichtet, einheitliche Gebührensätze für identische Leistungen zu fordern. Die Gebührensätze mußten in Gebührenverordnungen veröffentlicht werden. Jegliche Form der Sonderleistung oder Sonderkondition war widerrechtlich. Das heißt, daß für die folgende Analyse die Gebührenverordnungen für den Mobilfunkdienst des C-Netzes erschöpfend Auskunft über den nominellen Zahlungs strom der Nutzer für die Inanspruchnahme der Übertragungseinrichtungen geben. Schwieriger wird die Analyse der Preisentwicklung flir die Zeit nach der Überführung des öffentlich-rechtlichen in ein privatrechtliches Verhältnis. Seitdem befmden sich als zusätzlicher Anbieter Mannesmann Mobilfunk und E-plus sowie als Nachfragerinstitutionen die Serviceprovider im Markt. Dadurch hat sich das Spektrum konditionenpolitischer Maßnahmen erheblich erweitert. Infolgedessen ist der Preis nicht mehr allein von den veröffentlichten Gebührensätzen abhängig. Die Elemente des Nutzungspreises, die in die Kosten-Nutzen-Abwägung eines Nachfragers eingehen, führen zu dem Nutzungsprofil eines durchschnittlichen Nachfragers. Die bei diesem Nutzungsprofil anfallenden Gebühren eines Jahres sollten der Indikator für die Stellgröße des MRP sein. Die Datenreihe, die man durch die Aufzählung der jeweiligen durchschnittlichen Jahreswerte gewinnt, ist dann um die bereits oben aufgeführten Parameter konditionenpolitischer Entscheidung 18 und um etwaige Qualitätsveränderungen

B. Analyse des Markträumungsprozesses

163

der Leistungserbringung zu korrigieren. Zuletzt gilt es, den realen Zahlungsstrom durch Korrektur des nominellen Zahlungs stromes mittels eines geeigneten Inflationsindikators zu ermitteln.

b) Berechnung der Indikatorwerte filr die Stellgröße des MRP I (1) Preisentwicklung - Bei der Betrachtung der Preisentwicklung auf den Mobilfunkmärkten stellt sich das Problem, daß es fixe und variable Kostenbestandteile gibt, die die Markträumung beeinflussen. Um sie im richtigen Verhältnis zueinander abzubilden, soll im folgenden beispielhaft ein als plausibel anzunehmendes Nutzungsprofil entwickelt werden. Die dabei entstehenden Kosten werden über ein Jahr aufsummiert. Diese Summe ist dann der Preisindikator filr den Markträumungsprozeß.19 Wie oben aufgezählt, bestehen die Kosten der Netzbenutzung aus vier Elementen. Zwei davon sind nutzungsunabhängige Einmalzahlungen zum Zeitpunkt 10, nämlich die Ausgabe filr das Mobiltelefon S und die Beitrittsgebühr b. Diese Kosten können im Rahmen der Modellrechung in Form einer Zahlungsreihe ermittelt werden, die 60 einmonatige Perioden umfaßt und bei einem Zinsfuß von 6% einen Barwert in Höhe der Einmalzahlungen S und b in 10 ergibt. In die Indikatorermittlung gehen dann 12 Raten dieser Zahlungsreihe ein (vgl. Tab. 8). Der dritte, nicht verkehrsabhängige Kostenbestandteil, die monatliche Grundgebühr g, geht in unveränderter Höhe in die Ermittlung des unkorrlgierten Preisindikators pu ein. Weil die Entscheidung, Mitglied eines Mobilfunknetzes zu werden, filr einen längeren Zeitraum getroffen wird, soll die Größe pu die Kosten eines Jahres darstellen.

unkorrigierter Indikator rur die Stellgröße monatliche Grundgebühr auf 60 Monatsraten diskontierte Beitrittsgebühr, Minutentarif zur Hauptverkehrszeit,

18 Zum Begriff der Konditionenpolitik vgl. H. Meffert (1986), S. 346ff. 19 In der Arbeit von Späth (1995) werden verschiedenen Methoden zur Verknüpfung

von Teilpreisen beprochen, wovon die oben Verwendung findende als praktischte herausgestellt wird. Die Kritik, daß der die Konsumentscheidung treffenden Nutzer nicht a priori die Häufigkeit der Nutzungsakte wissen kann, weil die Dienstleistung neu ist, ist nur bei einer betriebswirtschaftlichen Analyse von Gewicht. 12'

164

5. Kap.: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte

en = Minutentarif zur Nebenverkehrszeit, S = auf 60 Monatsraten diskontierter Mobiltelefonpreis (Element der Störgröße). Für die effektive Inanspruchnahme der Übertragungseinrichtungen wird unterstellt, daß jeder Nachfrager jeden Werktag 5 Minuten während der Haupttarifzeit zwischen 7 und 19 Uhr telefoniert und 3 Minuten während der Nebentarifszeit. Am Wochenende und feiertags telefoniert der Durchschnittsnutzer jeden Tag 5 Minuten. Man impliziert also, daß die geschäftlichen Nutzer die Freizeitnutzer überwiegen. Auf Dauer wird sich dies umkehren, so daß der Anteil der Telefonate während der Nebenverkehrszeit steigen wird. Für den Zeitraum der Analyse innerhalb dieser Arbeit ist die Annahme jedoch durchaus gültig. Des weiteren wird festgelegt, daß jedes Jahr 250 Werktage hat, um kalendarische Schwankungen auszuschalten. Das filhrt zu der oben beschriebenen Gleichung und der in Tab. 8 dargestellten Übersicht der Jahreskostenentwicklung zwischen 1986 und 1994. Der Preisverfall für Mobiltelefone hat in hohem Maße zu einer Steigerung der Umsatzzahlen der Netzbetreiber gefilhrt. Hier liegt eine typische Entwicklung von verbundenen Märkten vor: Von dem Höchststand zu Beginn der Betrlebsaufnahme durch das C-Netz mit Endgerätepreisen um DM 10.000 fielen die Preise bis Anfang 1995 aufbis zu DM 400. Hierft1r sind im besonderen die Economies of Scale verantwortlich, die darauf basieren, daß ein entwickeltes D-Netz-Telefon in jedem Staat, der ein GSM-Netz aufgebaut hat, ohne technische Modifikation verkauft werden kann. Dadurch können Serienstückzahlen realisiert werden, die die Kosten ftlr das Einzelstück erheblich senken. Für die Belange der Analyse des MRP I ist primär zu fragen, ob auf Unterauslastung mit Preissenkungen reagiert wurde, wie es hier der Fall ist. Es haben also funktional richtige Preisreaktionen stattgefunden. Es ist aber qualitativ interessant, ob diese Reaktion eine Folge der Parameter der Netzbetreiber war, oder Folge der Variation der Störgröße. Daraufmuß in der Plausibilitätsanalyse eingegangen werden. (2) Konditionenpolitische Einflüße - Mit der Durchftlhrung der Poststrukturreform wurde der Status der Telekom dem der Wettbewerber angepaßt. Seitdem schließt die Telekom ebenso wie ihre Wettbewerber privatrechtliche Verträge mit den Nutzern ihrer Netze ab. Das bedeutet auch, daß nicht mehr die Regel "Gleiches Recht für Alle" gilt, sondern Sondervereinbarungen getroffen werden können.

Was nun auch für die Telekom gilt, war für die privaten Netzbetreiber und die Serviceprovider schon immer die Regel. Die privaten Anbieter von Übertragungsleistungen sind in der Regel seit langer Zeit als Anbieter auf Märkten mit Individualvertragsrechten vertreten. Seit jeher handeln sie Verträge direkt mit ihren Kunden aus und bedienen sich dabei der konditionenpolitischen Möglichkeiten.

B. Analyse des Markträumungsprozesses

165

Tabelle 8 Herleitung der Werte ffir den Stellgrllßenindikator des MRP I Entwicklung der Kosten rur Mobilfunk 1986 - 1994 Fixkosten 1992

1993

1994

Mobiltelefon (8) 9.400 8.800 7.200 6.000 4.500 3.500 2.500

700

400

1986 1987 1988

1989

1990

1991

Preise in DM diskontiert

182

170

139

116

87

68

48

14

8

Beitrittsgebühr (b)

120

120

120

120

120

75

65

65

55

blMonat disko

2,32

2,32

2,32

2,32

2,32

1,45

1,26

1,26

1,06

mon. Grundg (g)

120

120

120

120

120

65

65

65

55

957

766

l:jährl. Fixkosten 3.649 3.509 3.138 2.860 2.512 1.609 1.375 variable Kosten Haupttarif (eh)

1,73

1,73

1,73

1,73

1,73

1,73

1,69

1,49

1,39

Nebentarif (e n)

0,69

0,69

0,69

0,69

0,69

0,69

0,68

0,59

0,45

l:jährl. var. K

3.071 3.071 3.071 3.071

3.071 3.071 3.014

2.644 2.334

l: jährl. Kosten

6.720 6.580 6.209 5.931

5.583 4.680 4.389

3.601 3.100

Index K Gesamt

100

98

92

88

Index K Telefon

100

94

77

64

Index K Netzbetr.

100

100

100

100

K Telefon

32% 31%

27%

23%

K Netzbetreiber

68% 69%

73%

77%

83

54

70

65

48

37

27

7

4

100

85

84

76

66

19%

17%

13%

5%

3%

81%

83%

87%

95%

97%

46

Das Spektrum der Vergünstigungen kommt wahrscheinlich in erster Linie den Großkunden zugute. Ihnen werden, neben den in den Gebührenlisten genannten Degressionseffekten bei der Anmeldung mehrerer Telefone, weitere Vergünstigungen gewährt werden. So könnte zum Beispiel ein fester Prozentsatz von den angefallenen Gebühreneinheiten in Abzug gebracht oder Monatsgebühren nicht berechnet werden. Denkbar ist, daß Zusatzleistungen, wie Einzelauffiihrung der Gespräche in der Monatsabrechnung oder Ersatzkarten nicht oder mit niedrigeren als den durchschnittlichen Gebührensätzen berechnet werden. Solche Beeinflussungen der nominellen Zahlungsströme sind rur einen außenstehenden Betrachter nicht zu erkennen und müssen deshalb in dieser Analyse unberücksichtigt bleiben. Gemessen an der Eindeutigkeit der Gebührenin-

166

5. Kap.: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte

formationen vor der Postreform zeigt sich, daß Wettbewerb zu einem wesentlich vielseitigerer Nutzung des konditionenpolitischen Instrumentariums fUhrt und damit auch ein Preisgefilge entwickelt, das weniger transparent ist. Es gibt aber noch einen jedem Nachfrager zugute kommenden Einflußfaktor. Der Kampf um Kunden ist von der Vorstellung bestimmt, daß die variablen Produktionskosten filr eine Nutzungseinheit marginal sind. Dadurch ist der Deckungsbeitrag je verkaufter Nutzungseinheit sehr hoch. Diese Erkenntnis filhrt zu dem Bemühen, möglichst schnell viele Kunden an das eigene Netz zu binden. Dies geschieht in der Regel durch Subventionierung der Endgeräte mit denen eine serviceprovidergebundene Kundenkarte verkauft wird. Diese Form der Konditionenpolitik, die in Großbritannien dazu filhrt, daß die Netzbetreiber und Diensteanbieter bis zu DM 1.250,- des Endgerätepreises selber tragen,20 ist schwer zu ermitteln, da die Preise, zu denen sie die Geräte von den Herstellern beziehen, nicht bekannt sind. Die Subvention ist filr die KMD-Analyse sehr bedeutungsvoll, weil sie eine Form der funktionalen, wenn auch nicht wohlfahrtsoptimalen Preisreaktion der Netzbetreiber auf eine Unterauslastung ihrer Kapazitäten zeigt. Man kann dieser Reaktion Rechnung tragen, indem man den Kaufpreis filr das Mobiltelefon um den Betrag erhöht, der von den Netzbetreibern rur die Subventionierung der Endgeräte verwandt wird. Dieser Betrag wird dann auf filnf Jahre diskontiert, und von der monatlichen Grundgebühr abgezogen (vgl. Tab. 9). Dadurch findet auch eine Variation des Subventionsbetrages infolge einer Verschärfung oder Entspannung des Wettbewerbs Berücksichtigung. Für die Beispielrechnung soll mangels besserer Information ein Betrag von DM 200 in 1992, DM 400 in 1993 und von DM 600 filr 1994 angesetzt werden (vgl. Tab. 9). Diese Schätzung ist vorsichtig, spiegelt aber die im Vergleich mit Großbritannien noch geringere Wettbewerbsintensität in Deutschland wider. Bei einer empirischen Analyse könnte eine Erhebung unter den Serviceprovidern durchgefUhrt werden, um die notwendigen Informationen zu erhalten.

(3) Einfluß durch Qualitätsveränderungen - Die so ermittelten nominellen Zahlungsströme gilt es in einem zweiten Schritt um die Einflüsse zu bereinigen, die auf qualitative Veränderungen des Dienstleistungsumfangs zurückzufilhren sind. Wenn der Nutzenumfang erweitert wird, geht damit in der Regel auch ein höherer nomineller Preis einher. Für das Nachfrageverhalten entscheidend ist aber nicht der nominelle Preis, sondern die Kosten-Nutzen-Relation eines Kunden. Bei den neuen Netzen D 1 / D2 / EI finden in der Aufbauphase laufend Qualiätsverbesserungen durch die Erweiterung der Flächendeckung statt. Da das Datenmaterial filr die KMD-Analyse in der Aufbauphase sowieso wenig aussagekräftig ist, kann auf eine Berücksichtigung dieser Entwicklung verzichtet 20 Vgl. o. V. Mobile Communications (13.02.1992), Nr. 96, S.7.

167

B. Analyse des Markträumungsprozesses

werden. Hingegen ist der Aufnahme neuer Zusatzdienste Aufmerksamkeit zu schenken, weil durch sie die Vielfalt der Nutzenstiftung zunimmt, die der Nachfrager durch den Gebrauch des Netzes erflihrt. Tabelle 9: Korrigierte Werte mr den SteIlgrößenindikator des MRP I Korrektur der Mobilfunkpreise Korrektur des konditionenpolitischen Einflusses Preise in DM

1986 1987 1988 1989

Mobiltelefon (S) 9.400 8.800 7.200 6.000

1991 1992

1993

1994

4.500 3.5002.500

1990

700

400

200

400

600

52

22

20

1,26

1,06

65

65

55

4

8

12

61

57

43

957

766

- Subvention (s) MT - s diskontiert

182

170

139

116

87

Beitrittsgeb. disko

2,32

2,32

2,32

2,32

2,32

mon. Grundg (g)

120

120

120

120

120

68

1,45 1,26 65

+ Subvention (s)

g + s korr.

120

120

120

120

1: jähr\. Fixkosten 3.649 3.509 3.138 2.860

120

65

2.512 1.609 1.375

1: jähr\. var. K.

3.071 3.071 3.071 3.071

3.071 3.071 3.014 2.644

2.334

1:jähr\. Kosten

6.720 6.580 6.209 5.931

5.583 4.6804.389 3.601

3.100

Deflationierung Inflationsrate (%)

2,0

-0.1

0,2

1,3

2,8

2,7

3,5

Kreal Gesamt

6.719 6.586 6.203 5.848

5.355 4.369 3.961

Kreal Telefon

2.181 2.044 1.669 1.373

1.002

Kreal Netzbetr.

4.538 4.543 4.534 4.476

4.354 3.611 3.395

758

565

4,0

2,9

3.126

2.614

221

196

2.904

2.418 39

Ind. Kreal Summe 100 Ind. Kreal Telefon 100

98

92

87

80

65

59

47

94

77

63

46

35

26

10

9

Ind. Kreal Netzbe. 100

100

100

99

96

80

75

64

53

K Telefon relativ

32% 31%

27% 23%

1')0/0

17% 14%

7%

7%

K Netzbe. relativ

68% 69%

73% 77%

81%

83% 86%

93%

93%

(4) Korrektur der Zahlungsreihe um einen Injlationsindikator - Schließlich müssen die nominellen Preise deflationiert werden, um zu realen Vermögenswerten zu gelangen. Dazu verwendet man bei konsumnahen Märkten in der Regel den Preisindex fUr die Lebenshaltungskosten (vgl. Tab. 9). Er ist leicht verfUgbar und ein recht taugliches Instrument zur Darstellung der Veränderungen des realen PreisgefUges.

168

5. Kap.: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte 111. Prozeßmusteranalyse des MRP I

Im vorherigen Kapitel wurden Beispielswerte filr die Regelgröße des MRP I, den Auslastungsgrad, hergeleitet. Diese Beispielswerte sind nicht "gegriffen" worden, sondern beruhen auf tatsächlichen Daten, die über Schätzungen modifiziert wurden.

Obwohl die Werte fUr die Stellgröße zufriedenstellend aus Marktdaten gewonnen wurden, muß auf eine detaillierte Prozeßmusteranalyse verzichtet werden. Eine Prozeßmusterlnterpretation scheitert nämlich daran, daß die Reaktionen der Regelgröße auf Variationen der Stellgröße von den Modifikationen erheblich beeinflußt werden. Um die Qualität der Modifikationen zu bestimmen, müßten aber empirische Analysen vorgenommen werden, die im Rahmen dieser Arbeit nicht geleistet werden können. Dennoch können aus der Entwicklung der Regel- und der Stellgröße interessante Informationen über die Mechanismen auf den Märkten fUr Mitgliedschaften an Mobilfunkversorgungsverbänden gewonnen werden. Betrachtet man das Prozeßmuster des MRP I (vgl. Abb. 17), so fällt auf, daß die Gesamtkosten während des Betrachtungszeitraumes permanent gesunken sind, so daß man 1994 gegenüber dem Jahr 1986 um den Faktor 2,6 niedrigere Kosten hatte. Der Preisverfall lag in hohem Maße bei den Mobiltelefonen, die 1994 nur noch 1/11 der Preise von 1986 kosteten. Im gleichen Zeitraum sanken die an die Betreiber gezahlten Gebühren nur um etwas weniger als die Hälfte. Diese Entwicklung verdeutlichen auch Abb. 17 und 18. Sie zeigen, daß sich die Relation zwischen den monatlichen Kosten filr ein Mobiltelefon und denen filr den Netzbetreiber erheblich verschoben hat. Ausgehend von einem Kostenverhältnis zwischen Betreiber und Mobiltelefon von ungefähr 2 zu 1 im Jahre 1986, gilt nun ein Verhältnis von 13 zu 1. Der Auslastungsgrad des C-Netzes hat sich in dem Betrachtungszeitraum wesentlich verbessert. Gegenüber einem Auslastungsgrad von 67% im Jahr 1986 wurden durch starken Anstieg der Mitgliederzahl in den Jahren 1991/ 1992 - bezogen auf die ökonomische Kapazität - ÜberfUllungszustände erreicht. Diese wurden durch die letzten Kapazitätserweiterungsmaßnahmen und die EinfUhrung der beiden digitalen Mobilfunknetze im Jahr 1993 zurückgefUhrt. Legt man filr die Analyse statt der Schätzwerte fUr die effektiv vorhandenen Mitglieder den Schätzwert fUr die Mitgliederzahl bei einer optimalen Gebührenstruktur zugrunde, so wird deutlich, daß vermutlich zu keiner Zeit ÜberfUIlung hätte bestehen müssen. Die Inspektion dieses nur auf Schätzwerten beruhenden Prozeßmusters läßt kein eindeutiges Urteil darüber zu, ob der MRP I störungsfrei abläuft, oder nicht. Die Unterauslastung der Mobilfunknetze Ende der 80er Jahre wurde

B. Analyse des Markträumungsprozesses

169

durch Preissenkungen überwunden, was auf die Funktionsflihigkeit des MRP I schließen ließe. Aber die Preissenkungstendenz setzte sich fort, als 1991 und 1992 Übemachfrage festzustellen war. Nur läßt dieser kurze Zeitraum der Dysfunktionalität allenfalls zu, von einer Schwachstelle zu sprechen. 100

4u.I•• tuDPlIrad 200

75

175

50

ISO

l5

125 - - BetreibergebUbreD

Preisindn

-Gesamtpreil Mobilf.Dk - - Prell Telefon

- - AUII.stuDleff. 0

100 - - Ausl.stung opt.

·25 .50

75 .L-_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _..L

1986

1987

1988

1989

1990

1991

1992

1993

50

1994

Abb. 17: Prozeßmuster des MRP I aufgrund von Schätzdaten (Verlauf des Index des Gesamtpreises, des Mobiltelefonpreises und der Betreibergebühren; Grad der Unterauslastung aufgrund effektiver und optimaler Kapazität) Gesamtprei.santeU Gesamtprei....teil 100"/. r-----------------~ lOO"~

!O"/.

. . . ... - . ,-

"

~

"

..

. .. ~ .. -

..

"

50%

- - \fobUteJefon - - • - Betreiber

10%

40"~

lO%

lO"~

11% 1986

1987

1988

1989

1990

1991

1m

1993

1994

Abb. 18: Verteilung des Gesamtpreises für die Mobilfunknutzung auf Betreibergebühren und Mobiltelefonkaufpreis

170

5. Kap.: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte

IV. Auswahl und Beurteilung denk- und verfügbarer Ideal- und Hilfsindikatoren für die Prozeßmusterprüfung des MRP 11

1. Herleitung der Indikatoren für die Regelgröße des MRP I/

Der Markträumungsprozeß 11 verfolgt zwei Aufgaben: Erstens soll eine Vollauslastung der ökonomischen Kapazität erreicht werden und zweitens sollen Wartezeiten während der Hauptzone vermieden werden. Dieser Anspruch impliziert, daß die Ausstattungseinheit bei einer Unterauslastung der Kapazität zu ihren Grenzkosten angeboten wird, bei denen es sich in der Regel um Produktionsgrenzkosten handelt. Nur wenn ÜberfUllungserscheinungen auftreten, wird die Ausstattungseinheit zusätzlich mit einer Rationierungsgebühr versehen. Deren Höhe soll so bemessen sein, daß gerade so viele Nutzungswillige von der Hauptzone auf Nebenzonen abgedrängt werden, daß die Kapazität nicht mehr überlastet, sondern voll ausgelastet ist. Als Idealindikator filr die Unterauslastung kommt die Kapazitätsauslastung in Betracht. Die Kapazitätsauslastung soll in diesem Zusammenhang als der Quotient aus der effektiven Kapazitätsnachfrage und der ökonomischen Kapajzität verstanden werden. Durch eine Variation der Stellgröße soll folgender Mißstand behoben werden: Aufgrund einer Bepreisung, welche die Produktionsgrenzka;ten übersteigt, werden nicht alle zur Verfügung stehenden Übertragungsressourcen nachgefragt.

Für die Übernachjrage gilt es einen anderen Indikator zu gewinnen. Sie äußert sich durch Wartezeiten bei der Zuteilung einer Verbindung. Der durch geeignete Variation der Stellgröße zu behebende Mißstand ist folgender: Ein Konsumakt wird abgewiesen, weil alle Leitungskanäle belegt sind und mindestens ein Leitungskanal filr einen Konsumakt mit geringerer Nutzenstiftung als der abgewiesene blockiert ist.

In einer fiktiven Welt könnte man fordern, daß sich der Idealindikator an Nutzengrößen orientieren sollte. Als Differenzmenge in diesem idealen Sinne hätte die Differenz zwischen dem potentiell möglichen und dem effektiv gestifteten Nutzen zu gelten. In der Realität ist dieser Ansatz verbaut, und es muß nach einer Alternative gesucht werden. Der Mißstand bei einem ÜberfUllungszustand ist, daß das Gebührensystem seine Lenkungsfunktion nicht erfUllt und die Kapazitätsnutzung zuflillig verteilt wird. Somit ist jeder ÜberfUllungssituation immanent, daß ein geringerer Nutzen als der potentiell mögliche gestiftet wird. Bei einem Anwachsen der unbefriedigten Nachfragewünsche wird auch die Differenz zwischen potentieller und effektiver Nutzenstiftung immer größer. Demnach korreliert das Ausmaß der unbefriedigten Nachfrage in hohem Maße mit der Differenz zwischen po-

B. Analyse des Markträumungsprozesses

171

tentieller und effektiver Nutzenstiftung. Deshalb kann die Entwicklung der unbefriedigten Nachfrage als idealer Indikator zur Darstellung der suboptimalen Nutzenstiftung betrachtet werden. Als Überauslastungsindikator soll somit die Summe abgewiesener Gespräche innerhalb einer bestimmten Zeitspanne gelten, normiert auf die Summe der vermittelten Gespräche. Beide Größen, sowohl die Anzahl der Telefonate als auch die Anzahl vergeblicher Versuche, einen Leitungskanal zugewiesen zu bekommen, können an den BTS registriert werden. Ziel ist, durch eine funktionale Preisreaktion diese Überftlllungserscheinung abzubauen. Hi/fsindikator - Alternativ zum idealen Unterauslastungsindikator könnte auf die Ermittlung der ökonomischen Kapazität verzichtet werden und statt dessen die maximale Kapazität gewählt werden. Dann wUrde allerdings der Indikator zu große Unternachfragezustände aufzeigen. Die Richtungsfunktionalität der Preisvariationen könnte überprüft werden, nicht aber die Effektivitätsbedingung. Außerdem wäre nicht zu erkennen, wann ein Gleichgewichtszustand erreicht wird.

Für die Prozeßmusteranalyse wird ein geschätzter Indikator verwendet, der sich aus der effektiven Auslastung ableiten läßt. Es wird unterstellt, daß durch eine Optimierung der Gebührenstruktur die Belastung des Engpaßfaktors, also des Zeitraums, während dem der Gesprächsverkehr am intensivsten ist, gesenkt werden kann. Die optimalen Tarife führen - so wird unterstellt - dazu, daß der Verband 20 % mehr Mitglieder aufnehmen kann als bei der bisherigen Tarifierungspraxis. Diese Schätzung erscheint dem Verfasser vernünftig. Sie könnte von Insidern überprüft werden.

2. Her/eitung der Indikatoren für die Stellgröße des MRP II

Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß eine stärkere Differenzierung der Gebührenstruktur notwendig ist, um den Zustand der Markträumung erreichen zu können. Auf der Suche nach funktionalen Stellgrößenveränderungen soll deshalb nicht die absolute Höhe der Gebühren betrachtet werden, sondern deren Veränderung als Reaktion auf Differenzmengen. Dabei können die Stunden eines Tages in Gruppen zusammengefaßt werden, die eine gleiche Nutzungscharakteristik aufweisen, weil sie fUr die Nachfrager homogene PLKs darstellen. Die Zusammenfassung der Tageszeiträume ist inhaltlich unbedenklich, weil sich die Nutzungsentwicklung innerhalb der Arbeitstage einerseits und innerhalb der arbeitsfreien Tage andererseits sehr stark gleicht. Technisch ist diese Erhebung durchführbar, indem entsprechende Registrieralgorithmen beim Zentralcomputer rur die Gebührenfestsetzung eingebracht werden. Ergebnis dieser Segmentierung sind mehrere Gruppen, in denen Stunden des Tages zusammengefaßt sind. Für diese n Segmente können n Differenzmengen und n Gebührensätze festgestellt werden. Jedes Segment muß im Rahmen der

172

5. Kap.: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte

KMD-Analyse auf Koordinationseffizienz untersucht werden. Schließlich kann man das PrUfungsergebnis zusammenfassen und zu einem Gesamturteil über den MRP 11 gelangen. Dieser Indikator setzt die Kooperation der Netzbetreiber voraus. Sie müssen die relevanten Daten zur VerfUgung stellen, die sie im Rahmen der Gebührenabrechnungen erheben. Dieses aufwendige Vorgehen ist natürlich entbehrlich, wenn eine tageszeitliche Differenzierung der Gebühren nicht festzustellen ist.

Hi/fsindikator - Als Hilfsindikator kann die Spanne zwischen dem Höchstpreis und dem niedrigsten Preis innerhalb eines Tages ftlr eine Übertragungseinheit in einer Zone festgestellt werden. Steigt diese Spanne an, so ist das ein Zeichen daftlr, daß der Preis vermehrt als Lenkungsinstrument eingesetzt wird. Ein anderer Hilfsindikator wäre die Anzahl der Tarifwechsel, die man während eines Tages unterscheiden kann.

V. ProzeDmusteranalyse des MRP 11

Ebenso wie beim MRP I, ist beim MPR 11 die Prozeßmusteranalyse nur in rudimentärer Form durchzuftlhren. Es gilt, das Tarifierungsverhalten der Telekom in zwei Situationen zu betrachten. Die Forderung von Grenzkostenpreisen ftlhrt dazu, daß bei Unterauslastung ein Preis in Höhe der Produktionsgrenzkosten erhoben werden müßte. Obwohl Unterlagen über die Produktionsgrenzkosten ftlr eine Übertragungsleistung fehlen, herrscht allgemein Konsens darüber, daß sie nur sehr gering sein können. Offensichtlich erheben die Netzbetreiber auch im Nebentarif einen deutlich höheren Preis. Dies gilt ftlr ungenutzte Kapazitäten während der Haupttarifzeit ganz besonders. Bei der Überauslastung eines Kollektivgutes sollten neben den Produktionsgrenzkosten auch noch Rationierungsgebühren erhoben werden. Sie können kurzfristig sehr hoch sein. Beim C-Netz gibt es statt dessen einen Haupttarif, der zwischen 7 Uhr und 19 Uhr gilt und einen Nebentarif ftlr den Rest des Tages. Diese Praxis der Tarifierung der variablen Gesprächsgebühr wurde seit der Einftlhrung des C-Netzes betrieben und setzt sich bei den D-Netzen und dem ENetz fort. Eine variable Festsetzung der Gebühren in Abhängigkeit vom Ausla~tungsgrad war nie festzustellen. Deshalb kann ganz allgemein festgestellt werden, daß die Gebührenstruktur der Netzbetreiber offensichtlich nicht von dem Bemühen um eine wohlfahrtsoptimale Lösung geprägt ist, weil funktionale Reaktionen der Betreiber auf Über- und Unternachfragezustände nicht festzustellen sind. Zu Überlastungszeiten erfolgt die Zuteilung eines Gesprächskanals nicht nach Nutzenprioritäten, sondern nach dem Zufallsprinzip. Auf eine Unterauslastung wird eine höhere Gebühr als die. Produktionsgrenzkosten verlangt, so daß Nachfrage teilweise latent bleibt, die bei wohlfahrtsoptimaler Ta-

B. Analyse des Markträumungsprozesses

173

rifierung realisiert würde. Hier zeigt sich ein Nachteil des Herstellerwettbewerbs gegenüber dem Versorgungsverband.

VI. Prüfung der Prozeßmuster aufPlausibilitlit

Mit der Plausibilitätsanalyse wird der Frage nachgegangen, ob Volkswirte in Kenntnis der Marktsituation auf der Basis ökonomischer Theorie einen störungsfreien Prozeß vermuten würden oder ob mit Funktionsdefiziten zu rechnen ist. Da normalerweise Informationen gewonnen werden können, welche die DurchfUhrung einer Prozeßmusteranalyse gestatten, dient die Plausibilitätsanalyse auch zur theoretischen Fundierung ihrer Ergebnissen. Im vorliegenden Fall allerdings muß sie eventuelle Störungen erst aufdecken. Die im folgenden zu besprechenden Faktoren nehmen Einfluß aufbeide Markträumungsprozesse. Deshalb wird der Plausibilitätstest für beide Prozesse zusammen abgehandelt.

Öffentlich-rechtliche Stellung der Post: MRP I - Bei einem ungestörten Marktprozeß wirkt der Preis als Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage. Er bewegt sich frei und reguliert so die jeweiligen Mengen aus. Ein anderer als der Gleichgewichtspreis würde zu Nachfragefehlmengen ftlhren. Wird ein fester Preis für ein Gut oder eine Dienstleistung auferlegt, kann nur in dem Fall, daß sich Gleichgewichts- und Festpreis zuflUlig entsprechen, Markträumung stattfmden. Für die Mobilfunkmärkte existierte solch ein Festpreis. Die Telekom hatte durch ihre öffentlich-rechtliche Stellung die Verpflichtung, ihre Leistungen bundesweit zu einheitlichen Tarifen anzubieten. Eine regionale Differenzierung der Tarife fand deshalb nicht statt. Die Tarife wurden in Benutzerverordnungen veröffentlicht. Sie waren im internationalen Vergleich sehr hoch und waren tageszeitlich nur gering differenziert. Der Aspekt, daß die Gebühren im internationalen Vergleich sehr hoch waren, ist mit der einseitigen Interessenlage des Monopolisten zu erklären. Die Deutsche Bundespost hatte kein Interesse an der Senkung der Gebühren und damit an der Verminderung der Differenzmenge des MRP I. Seit es auf den Mobilfunkmärkten private Anbieter gibt, ist der Preis deutlich gesunken. Es zeigt sich, daß der Monopolist Gebührensenkungspotentiale zugunsten seiner Monopolrente bewußt nicht genutzt hatte.

MRP II - Mit dem Monopolstatus kann aber nicht erklärt werden, warum die Differenzmenge des MRP 11 nicht abgebaut wurde. Schließlich hätte dies auch Vorteile rur den Monopolisten gehabt. Auch die öffentlich-rechtliche Stellung der Post vermag nicht als Erklärung rur die geringe Gebührendifferenzierung zu dienen. Zwar ist dadurch der Prozeß der Gebührenänderung erschwert, aber er ist nicht unmöglich. Es ist auch nicht einzusehen, weshalb ein im Tagesab-

174

5. Kap.: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte

lauf so wenig differenziertes Gebührenmodell gewählt wurde. Wenn eine Versteigerung der Leitungskanäle technisch nicht möglich war, so hätte doch zumindest versucht werden können, den Tarif mehr an die tageszeitliche Entwicklung des Gesprächsaufkommens anzupassen. Ein möglicher Ansatz zur Erklärung könnte die Betrachtung der Differenzierungskosten zwischen den einzelnen Gebührenstrukturen sein. Das Vorliegen zweier Zeitzonen verdeutlicht aber, daß eine Gebührendifferenzierung zumindest technisch möglich ist. Über die Höhe der durch die Differenzierung verursachten Kosten könnte hier nur spekuliert werden. Es ist aber fraglich, ob die EinfUhrung von Zeitzonen sehr kostenintensiv ist. Seit der Inbetriebnahme der D-Netze hat sich diese starre Praxis nur geringfügig geändert. 21 Zumindest die tageszeitliche Differenzierung wird stärker betrieben. Der rechtliche Rahmen ist so geändert worden, daß auch eine regionale Differenzierung der Tarife möglich ist. Diesen Schritt haben die Netzbetreiber aber bisher noch nicht vollzogen, so daß sich ein Marktgleichgewicht im Raum nur durch Zufall einstellen kann. Angebots- und Nachfragemengen können sich nicht nachhaltig auf einem Gleichgewichtsniveau bewegen, weil die Angebots- und Nachfragesituation einer Basisstation unabhängig von der Situation anderer Basisstationen ist. Folglich ist auch der Gleichgewichtspreis einer Basisstation unabhängig von den Gleichgewichtspreisen aller anderen Basisstationen. Bei einem ungehinderten Markträumungsprozeß würde also jede Basisstation den aktuellen Preis für die Übertragungsleistung in Abhängigkeit von dem herrschenden Überftlllungszustand wählen. Der Mobilfunkteilnehmer könnte die Information über die Höhe der aktuellen Gebühr z. B. auf dem Display seines Mobiltelefons erfahren. Danach würde er entscheiden, ob die angebotenen PLK rur ihn vorteilhaft ist und er Übertragungseinheiten kauft oder nicht.

Preisverjall der Mobi/te/ejone und Betreibergebühren - Ein zweiter Betrachtungsgegenstand ist der Preisverfall bei den Mobiltelefonen. Wie bei der Indikatorgewinnung festgestellt wurde, haben die Mobiltelefonhersteller den überragenden Anteil an der Verbilligung der Mobilfunkleistung getragen. Es muß untersucht werden, ob die Netzbetreiber die Mittel haben oder hatten, den Preisverfall bei den Mobiltelefonen zu beeinflussen. Geht man rur einen Moment einmal davon aus, daß die Marktrnacht der Netzbetreiber ausgereicht hat, um die funktionalen Preisreaktionen von sich auf die Mobiltelefonhersteller abzuwälzen, wäre der Preisverfall bei den Mobiltele-

21 Es ist interessant zu untersuchen, ob derÜEP Hinweise auf eine Übermacht der Anbieter liefert. Dann könnte man den Verzicht auf den Einsatz des Preises zur Erlangung von Wettbewerbsvorteilen damit erklären, daß sich die Anbieter darauf geeinigt haben, sich zueinander wettbewerbsfriedlich- also kartellähnlich - zu verhalten. Diese Vermutung wird dadurch gestützt, daß E-plus mit ungeflihr gleichen Gebührensätzen wie die Wettbewerber den Netzbetrieb aufgenommen hat.

B. Analyse des Markträumungsprozesses

175

fonen erklärbar.22 Anstatt ihre Gebührensätze zu überarbeiten, hätten die Netzbetreiber die Mobiltelefonhersteller zu einer Verminderung der Preise verflichtet. Um diese Politik gegenüber den Mobiltelefonherstellern durchsetzen zu können, hätten allerdings Machtmechanismen bestanden haben müssen, die stark genug waren, die Hersteller entsprechend zu beeinflussen. Weil dies unwahrscheinlich ist, ist eher davon auszugehen, daß, wenn auch ein gewisser Einfluß seitens der Netzbetreiber auf die Hersteller bestanden haben mag, andere Gründe filr die disproportionale Preisentwicklung verantwortlich waren. Ein Grund für die Konstanz der Gebührensätze ist, daß die Kosten, die bei der Bereitstellung einer Übertragungseinheit entstehen, zum Teil schon im Zeitpunkt des Netzaufbaus in ihrer Höhe begründet werden, weil dann die Netzhard- und -software gekauft wird. Dadurch wird die aktuelle Wertkette eines Netzbetreibers relativ kurz. Kostenvorteile können nur noch im administrativen Bereich, beim Vertrieb und bei der Wartung der Netze erarbeitet werden. Das System ist dann schwerflillig gegenüber kostensenkenden Neuentwicklungen im Bereich der Produktion. Bei der Mobiltelefonproduktion ist die Wertkette wesentlich tiefer, weshalb angenommen werden kann, daß der Preisverfall auf den Mobiltelefonmärkten Ausfluß eines unter der Wirkung normaler Wettbewerbsbeziehungen zustandegekommenen Kostensenkungstrends ist, der an die Nachfrager weitergegeben wurde. Überraschend ist in diesem Zusammenhang, daß die Betreiber der neuen Netze ungeflihr gleich hohe Gebührensätze festgelegt haben, wie sie beim CNetz galten. Damit liegen sie mit ihren Minutenhaupttarifen im Vergleich zu den übrigen europäischen GSM-Netzbetreibern hinter den beiden französischen Anbietern France Telecom und SFR an dritt- und vierthöchster StelleP Es sieht so aus, als wUrden hier Kostenvorteile gegenüber dem C-Netz nicht an die Nachfrager weitergegeben, zumal nicht von topographisch bedingten höheren Anfangsinvestitionen gegenüber anderen GSM-Staaten auszugehen ist. Das ENetz hat mittlerweile mit ähnlichen Tarifen den Netzbetrieb aufgenommen. Wenn drei Betreiber bei drei verschiedenen Netztechnologien gleiche Tarifniveaus aufweisen, die dazu noch zu den höchsten in Europa gehören,24 ist der Verdacht kartellhafter Preisabsprachen nur schwer von der Hand zu weisen. Unabhängig davon wäre ein weiterer Erklärungsansatz für den geringen Preisverfall bei den Gebühren, daß beim Netzbetrieb während der untersuchten Jahre nur geringe Leermengen aufgetreten sind, so daß in nur geringem Maße freie Kapazitäten aufgetreten sind. In diesem Fall hätten funktionale Preisreak22 Backbaus nennt dieses Verhalten des marktbeherrschenden Unternehmens gegenüber den schwächeren, vertikal angeordneten Marktpartnern "Strategie der Machtausübung". Die schwächeren, z. B. Zulieferer, können entweder aus dem Markt austreten, oder sie passen sich an die Vorstellungen des Mächtigen an, ohne daß dieser ihnen dafilr Anreize bieten muß. Vgl. K. Backhaus. K./G.-M. Späth (1995), S. 5f. 23 Vgl. Mobile europe (05.1993), S. 21ff. 24 Vgl. o. V. (1995), S. 82.

176

5. Kap.: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte

tionen unterbleiben können. Dieser Version stehen aber die Schätzwerte entgegen, die deutlich machen, daß es teilweise erhebliche Differenzmengen gegeben hat. Insgesamt ist aus dem Umstand, daß die Mobiltelefonpreise schneller als die Übertragungsgebühren gesunken sind, nicht der Schluß zu ziehen, daß die Netzbetreiber gegenüber den Mobiltelefonherstellem über eine Marktmacht verfUgt hätten, die die Markträumungsprozesse nachhaltig hätten beeinflussen können.

Marktstruktur - Als besonders gewichtiges Argument innerhalb der Plausibilitätsanalyse ist das Monopol der Post anzufUhren. Die Märkte ft1r Mobilfunkübertragungsleistungen zeichneten sich zwischen 1985 und 1991 durch eine monopolistische Anbieterstruktur aus. Seit 1992 wurde die Struktur ausgeweitet zu einer dyopolistischen Struktur und ab 1994 mit dem Eintritt von Eplus liegt in Deutschland ein enges Oligopol vor. Optimal wäre vor wie nach dem Strukturbruch eine Kapazitätshöhe, die die Grenzkosten bei zu ermittelnder Mitgliederzahl gerade decken würde. Dem stand vor dem Strukturbruch die optimale Lösung ftlr einen Monopolisten gegenüber. Als Optimallösung rur einen Monopolisten wird die Preisdifferenzierung nach der Menge angesehen. Dabei erhält der Monopolist eine besonders hohe Monopolrente. Indem er Produktdifferenzierung betreibt, koppelt er in einem gewissen Ausmaß die Preis- von der Mengenentwicklung ab. Diese Strategie ist aber ftlr die untersuchte Dienstleistung nicht anzunehmen, weil die Homogenität der Dienstleistung offensichtlich ist. Es entspricht ökonomischer Theorie, daß, wenn die Preisdifferenzierung nach der Menge nicht möglich ist, ein Monopolanbieter durch Setzung der Angebotsmenge oder des Preises eine Situation zu schaffen sucht, in der sein Grenzgewinn gleich null ist. Dies erreicht er dann, wenn sich Grenzkosten und -erträge gleichen, also im Cournotschen Punkt. Die daraus resultierende Cournotsche Angebotsmenge ist kleiner als die Gleichgewichtsangebotsmenge bei vollständiger Konkurrenz, bei der der Grenzerlös gleich dem Preis ist. Deshalb müssen die Nachfrager in einem Angebotsmonopol generell einen höheren Preis, den Coumot-Preis, und eine kleinere Angebotsmenge akzeptieren. Eine Folge davon ist auch das Auftreten freier Kapazitäten. Auf die Mobilfunkmärkte übertragen, bedeutet das, daß die Nachfrager zur Zeit des Postmonopols mit einer geringeren Angebotsmenge versorgt wurden, als das bei Wettbewerb der Fall gewesen wäre. Durch den Strukturbruch - die Zulassung neuer Anbieter - ist die Möglichkeit der Erzielung von Monopolrenten eingeschränkt worden. Im Dyopol oder im engen Oligopol ist entweder eine stillschweigende Kollusion oder eine kartellähnliche Einigung zur gemeinsamen Realisierung der Monopolrente erforderlich. Bei einer so geringen Zahl von Anbietem wie im Mobilfunkbereich ist so etwas aber relativ leicht realisierbar. Marktstruktur und Preisverhalten sprechen auch ftlr eine abgestimmte Preissetzung.

B. Analyse des Markträumungsprozesses

177

Fazit - Obwohl die Prozeßmusteranalyse nur einen ersten Ansatz darstellen kann, ist offensichtlich geworden, daß eine Störung beider Markträumungsprozesse vorliegt. Im Rahmen der Plausibilitätsanalyse wurde dieser Verdacht erhärtet.

MRP I zeigte funktionale Reaktionen der Stellgröße. Dennoch gab es Indizien ftlr das Vorliegen einer Störung. Denn erstens waren die Reaktionen in der Regel nicht ausreichend und zweitens waren in den Jahren 1991 und 1992 dysfunktionale Stellgrößenvariationen festzustellen, als sich trotz ÜberfUIlungszuständen die Preissenkungstendenz fortsetzte. MRP 11 zeigt ein ähnliches Ergebnis. Die Entwicklung der Stellgröße zeigt keinen Zusammenhang mit der Regelgröße. Man könnte zwar die Preissenkungstendenz bei den Gebühren, die über den Untersuchungszeitraum festzUstellen war, als funktionale Reaktion verstehen. Diese wären aber dysfunktional, weil trotz der ÜberfUllung des Engpasses in den Jahren 1991 und 1992 die Gebühren gesenkt wurden. Betrachtet man die Variation der Gebührenhöhe im Tagesablauf, so zeigt sich, daß die Ausrichtung der Gebührenhöhe an der spezifischen tageszeitlichen Situation nicht zugenommen hat, so daß Nachfragefehlmengen im Tagesablauf die Regel sind. Deshalb muß auch bei dem MRP 11 eine Störung unterstellt werden. Als Ergebnis ist festzuhalten, daß sich beide Markträumungsprozesse noch nicht eingespielt haben und aufgrund der Marktstruktur vielleicht dauerhaft gestört sind. Tabelle 10

Ergebnis der Prüfung der Prozeßdynamik des MRP I Prüfung des MRP I auf Stabilitätsdefekte vor dem Strukturbruch

nach dem Strukturbruch

Prozeßmuster

Koordinationsmangel

Koordinationsmangel

Plausibilitätstest

Koordinationsmangel

Koordinationsmangel

Ergebnis

Prozeß gestört

Prozeß gestört

13 Kurtsiefer

178

5. Kap.: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte Tabelle 11 Ergebnis der PrOfung der Prozeßdynamik des MRP 11

Prüfung des MRP 11 auf Stabilitätsdefekte vor dem Strukturbruch

nach dem Strukturbruch

Prozeßmuster

Koordinationsmangel

Koordinationsmangel

Plausibilitätstest

Koordinationsmangel

Koordinationsmangel

Ergebnis

Prozeß gestört

Prozeß gestört

VII. PrOfung der Funktionsweise auf Niveaudefekte

Externe Effekte und demeritorisches Gut - Die umfangreichen Diskussionen um die Verträglichkeit elektromagnetischer Strahlen, die unter dem Schlagwort Elektrosmog gefUhrt wurde, hat das Interesse auf die Gesundheitsverträglichkeit des mobilen Telefonierens gelenkt. Selbst Aussagen wie die, daß die Sendeleistung aller Basisstationen beider D-Netze zusammen weniger Sendeleistung produzieren als ein durchschnittlicher Fernsehsendeturm, haben die Spekulationen über die Gesundheitsfolgen des mobilen Telefonierens nicht eindämmen können. Die Festlegung von Belastungshöchstgrenzen durch das Bundesamt ftlr Strahlenschutz kann einerseits als Indiz ftlr ein Gefährdungspotential, andererseits als reine Vorsichtsmaßnahme gewertet werden. 25 An dieser Stelle soll die Diskussion nicht weiter vertieft werden, denn es fehlen wissenschaftliche Erkenntnisse.

Hätte das mobile Telefonieren negative Folgen ftlr die Gesundheit, würde die Emission von elektromagnetischen Strahlen in die Umwelt einen negativen externen Effekt darstellen. Solche Effekte könnten dann durch Abschirmmaßnahmen und eine damit verbundene Erhöhung der Gebühren ftlr eine Übertragungseinheit internalisiert werden. Neben solchen Effekten können auch Entscheidungsverzerrungen in Form von meritorischen und demeritorischen Effekten eine Rolle spielen. Solche sind jedoch nicht zu erkennen. Fazit - Im Rahmen der Niveauverzerrungsprüfung wurden keine Hinweise auf nicht internalisierte externe Effekte, die das Marktgleichgewicht verzerren, gefunden. Darüber hinaus sind keine Anzeichen ftlr das Vorliegen meritorischer oder demeritorischer Effekte zu erkennen. Deshalb können die MRP I

29.

25 Vgl. J. BernhardtlR. Mathes (1994), S. 10 - 16 undK. Meyer. et al. (1994), S. 25-

B. Analyse des Markträumungsprozesses

179

und 11 als unverzerrt gelten. Weil die Prüfung auf politische Relevanz nur durchzufUhren ist, wenn Niveaustörungen festgestellt wurden, entfällt sie an dieser Stelle. Tabelle 12

Ergebnis der Prüfung des Prozeßniveaus des MRP I und 11 Prüfung des MRP aufNiveaudefekte vor dem Strukturbruch

nach dem Strukturbruch

Indizienprüfung

keine Verzerrung

keine Verzerrung

Relevanzprüfung

entfll1lt

entflUit

Verzerrungsfreiheit

Verzerrungsfreiheit

Ergebnis

VIII. Zusammenfassende Beurteilung der MRP I und 11

Art und Grad der Störung vor dem Strukturbruch - Es zeigte sich, daß beide Prozesse unter einer sich der Marktentwicklung nicht genügend anpassenden Stellgröße litten. Dies war zum einen darin begründet, daß de lege lata ein Festpreis durch das Gebot der Tarifeinheit im Raum dekretiert worden war. Damit wurde der Deutschen Bundespost die Möglichkeit genommen, ihre Tarifpolitik hinsichtlich der Mitgliederzahl und des tageszeitlichen Gesprächsaufkommens an die regional schwankende Nachfrage anzupassen. Sie hatte durch den Aufbau des C-Netzes die Angebotsmenge nicht nur über das gesamte Netz, sondern auch innerhalb einzelner Regionen festgelegt. Die der Angebotsmenge entsprechenden Gleichgewichtspreise wurden nicht regional differenziert festgelegt. Es mußte eine Mischtarifierung gewählt werden, die dazu fUhrte, daß in Ballungsgebieten Überftlllungen auftraten, während in ländlichen Regionen freie Kapazitäten nicht genutzt wurden. Zum anderen nutzte sie den Spielraum einer stärkeren tageszeitlichen Differenzierung der Gebühren nicht aus. Einfluß des Strukturbruches auf die Störquel/en - Der Strukturbruch beeinflußte das Geftlge auf den Mobilfunkmärkten. Es ist zu fragen, ob dadurch Anreize geschaffen worden sind, die Differenzmengen bei den MRP's I und 11 zu vermindern. MRP I - Das Monopol der Telekom bei der Bereitstellung der Mobilfunkleistung wurde aufgehoben. Es ist davon auszugehen, daß sich nun die Stellgröße variabler an die Marktsituation anpassen wird. Allerdings birgt die Existenz ei13'

180

5. Kap.: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunlanärkte

nes engen Oligopols die Tendenz von wettbewerbsfeindlichem Verhalten der Anbieter. Die Erfahrungen in den Vereinigten Staaten und Großbritannien, die mit ihren Deregulierungsbestrebungen im Bereich der Telekommunikation weiter fortgeschritten sind als Deutschland, zeigen allerdings, daß diese Gefahr nicht so groß ist. Allerdings ist in diesen Ländern das Angebotsoligopol auf weiter als in Deutschland. MRP Il - Durch das Poststrukturreformgesetz wurde das Postulat der Tarifeinheit im Raum aufgehoben. In den Lizenzen für die beiden privaten Mobilfunknetze fmden sich keine Hinweise darauf, daß die Übertragungsleistung innerhalb Deutschlands einheitlich tarifiert werden muß. Somit sind die Gesetzesschranken zum großen Teil aufgehoben worden. Das läßt hoffen, daß in Zukunft seitens der Netzbetreiber eine stärker differenzierte Tarifierung angewandtwird. Erste Erfahrungen nach dem Strukturbruch: MRP I - Hinsichtlich der Differenzmengen des MRP I eröffnete der Strukturbruch Möglichkeiten, die Ungleichgewichte zu beheben. Durch die Ausweitung der Anbieterseite von einer Monopolsituation auf die eines engen Oligopols wurde der direkte Zusammenhang zwischen der eigenen Preissetzung und der Menge der abgesetzten Leistungseinheiten aufgebrochen. Die Anbieter sind aber immer keine Mengenanpasser, für den der Preis ein Datum darstellt. Die Entscheidung über die Koordinationseffizienz auf den Mobilfunkmärkten wird von den Netzbetreibern getroffen. Sie können entweder einen wohlfahrtsllirdernden Wettbewerb betreiben oder versuchen, durch Absprachen ftlr sie vorteilhafte Strukturen aufzubauen. Die ersten Erfahrungen sprechen jedenfalls gegen Preiswettbewerb. MRP 11 - Die Erfahrungen mit der Tarifierungspraxis, seitdem der kommerzielle Betrieb der D-Netze begonnen hat, deuten daraufhin, daß die Netzbetreiber auch weiterhin auf eine geographische Differenzierung der Gebührensätze verzichten. Ob sich daran auf Dauer etwas ändern wird, ist zur Zeit nicht zu erkennen. Obwohl es technisch möglich ist, eine sich in Abhängigkeit von dem Auslastungsgrad ändernde Tarifierung zu realisieren, wird diese Option nicht wahrgenommen. Ob die Erklärungsbedürftigkeit gegenüber dem Nutzer dafür der Grund ist, ob in der Einftlhrungsphase noch nicht alle Differenzierungspotentiale ausgeschöpft werden sollen oder welche anderen Gründe daftlr verantwortlich sind, ist nicht ersichtlich. Zusammenfassend ist festzustellen, daß der Strukturbruch einen Spielraum geschaffen hat, der die Störungen der Markträumungsprozesse weitgehend beheben kann. Dieser wird im Fall der Tarifierung allerdings noch nicht in Anspruch genommen. Solange die Netzbetreiber diesen neu gewonnenen Spielraum nicht nutzen, sind die Stabilitätsdefekte nicht behoben. Deshalb gilt weiterhin das Urteil, daß die MRP I und Il gestört sind.

B. Analyse des Markträumungsprozesses

181

Tabelle 13 Koordinationsmllngeldiagnose des MRP I Gesamturteil Markträumungsprozeß I vor Strukturbruch

nach Strukturbruch

Stabilitäts-

Prozeßmuster

Koordinationsmangel

Koordinationsmangel

defekte

Plausibilität

Koordinationsmangel

Koordinationsmangel

Beurteilung

Prozeß gestört

Prozeß gestört

Niveau-

IndizienprUfung

Verzerrungsfreiheit

Verzerrungsfreiheit

defekte

ReIevanzprUfung

entfällt

entfällt

Beurteilung

kein Defekt

kein Defekt

Prozeß gestört

Prozeß gestört

Gesamturteil

Tabelle 14 Koordinationsmllngeldiagnose des MRP 11 Gesamturteil Markträumungsprozeß 11 vor Strukturbruch

nach Strukturbruch

Stabilitäts-

Prozeßmuster

Koordinationsmangel

Koordinationsmangel

defekte

Plausibilität

Koordinationsmangel

Koordinationsmangel

Beurteilung

Prozeß gestört

Prozeß gestört

Niveau-

IndizienprUfung

Verzerrungsfreiheit

Verzerrungsfreiheit

defekte

RelevanzprUfung

entflHlt

entfällt

Beurteilung

kein Defekt

kein Defekt

Prozeß gestört

Prozeß gestört

Gesamturteil

182

Kap. 5: Analyse der Koordinationseffizienz aufMobilfunkmärkten C. Analyse des Renditenormalisierungsprozesses auf den

Mobilfunkmärkten Deutschlands

Der Renditenormalisierungsprozeß hat zur Aufgabe, Über- oder Unterrenditen auf dem Untersuchungsmarkt durch funktionale Variationen des Kapazitätswachstums auf ein Gleichgewichtsniveau zurückzufUhren. Das Gleichgewichtsniveau bestimmt sich aus der Rendite einer risiko losen Anlageform zuzüglich eines Risikoaufschlages filr das in Abhängigkeit von der Branche zu bestimmende Untemehmerrisiko. Der Mechanismus, der diesem Prozeß zugrunde liegt, baut darauf auf, daß das Kapital der Investoren in die Anlagen mit den vorteilhaftesten Risiko/Gewinn-Verhältnissen fließt. Demnach lenken Überrenditen verstärkt Investitionen in eine Branche, während bei Unterrenditen Ersatzinvestitionen ausbleiben oder sogar desinvestiert wird. Gegenüber der kurzfristigen Ausregulierungswirkung des Markträumungsprozesses zielt der RNP auf ein langfristig zu erzielendes Gleichgewichtsniveau von Angebot und Nachfrage ab. Eine Prozeßstörung liegt vor, wenn Differenzrenditen langfristig Bestand haben. Für die Mobilfunkmärkte in Deutschland wird die Arbeitshypothese überprüft, daß der RNP funktioniert, oder formal ausgedrückt: Ho: E(rp>=O HA: E(rp> ~ O. Im Rahmen dieser Untersuchung soll zuerst die Anpassung des fUr Individualgüter formulierten idealtypischen Prozeßablaufs an Klubkollektivgütermärkte im allgemeinen und die Mobilfunkmärkte im besonderen aufgezeigt werden.

I. Der idealtypische Ablauf des RNP

1. Individualgütermärkte

Ebenso wie der MRP, ist auch der RNP als Regelkreis darstellbar (vgl. Abb. 19). Die Regelgröße rf ist in diesem Fall die Differenz der Renditen des Kapitalstock in dem untersuchten Markt rU und in eine risikofreie Anlage rv. Die Differenzrendite ist abhängig von der Höhe der Kapazität IK und einer Störgröße S~ Letztere faßt die exogen bedingten Veränderungen der Rendite zusammen, wie die Veränderung der Faktorproduktivitäten, -preise, Wechselkurse etc .. Im Rahmen der RNP-Analyse stellen diese Variationen Gleichgewichtsstörungen dar, die ausreguliert werden müssen. Die funktionale Reaktion des RNP auf die Differenzrendite rf fUhrt zu einer Kapazitätsindexveränderung v~ Als Regler betätigen sich die Investoren, da sie

C. Analyse des Renditenormalisierungsprozesses

183

die Empfänger der Rendite sind. Als Regelstrecke wirken die Betriebe, in denen die Kapazität variiert wird. Wenn der Prozeß funktioniert, wird eine dauerhafte Über-lUnterrendite durch eine BeschleunigungNerlangsamung des Kapazitätswachstums ausreguliert. Um den Unterschied des RNP auf Individualgütermärkten zu dem RNP auf Kollektivgütermärkten zu verdeutlichen, seien die beteiligten Gruppierungen noch einmal beschrieben. Es wird auf Individualgütermärkten Kapazität für anonyme, dem Umfang nach ex ante nur schätzbare Nachfrage aufgebaut. Die Investoren sind in der Regel nicht mit den Nachfragern identisch. Sie lassen sich von pekuniären Gewinnerwartungen lenken. Dieser Wirkzusammenhang findet sich auf Klubkollektivgütermärkten zum Teil in anderer Form. Deshalb wird nun der RNP für diese Märkte entwickelt.

2. Kollektivgütermärkte Beschreibung des RNP - Auf Kollektivgütermärkten sind mehrere verschiedene Verhältnisse zwischen Anbietern und Nachfragern denkbar. Gemein ist allen Verhältnissen, daß die Nachfrage organisiert ist. Unterschiede ergeben sich aber hinsichtlich der Finanzierung und der Bereitstellung des Kollektivgutes.

Mgl. 1:

Die Bereitstellung und die Herstellung werden von einem Versorgungsverband vorgenommen. In diesem Fall handelt es sich um die vertikale Integration des nachfragenden Versorgungsverbandes mit einem das Netz betreibenden Unternehmen zu einer Genossenschaft. Die Kapazität wird demokratisch festgelegt, nachdem die Mitglieder darüber aufgeklärt wurden, wie die einzelne Ausstattungseinheit bepreist werden wird. Somit wird Kapazität fUr eine konkrete, bekannte Schar von Nachfragem aufgebaut. Volkswirtschaftlich ist eine solche Lösung nur sinnvoll, wenn Transaktionskostenüberlegungen zu diesem Schritt filhren.

Mgl. 2:

Die Bereitstellung wird über Nachfrageklubs organisiert. Die Klubs treten mit dem Besitzer und Betreiber des Kollektivgutes "Netz" in Verhandlung über die optimale Preisstruktur. Die Kapazität wird von dem Betreiber festgelegt und orientiert sich an dessen Erwartung der zukünftigen Marktentwicklung.

Mgl. 3:

Die Eigentümer des Kollektivgutes (des Netzes) organisieren die Nachfrage nach ihrem Kollektivgut und statten die Nachfrager unter Umständen mit gewissen Mitspracherechten aus. In diesem Fall entsteht eine vom Betreiber dominierte Struktur, die man als Paragenossenschaft bezeichnen kann, weil - nach Mitspracherechten - eine Genossenschaftsstruktur besteht.

184

Kap. 5: Analyse der Koordinationseffizienz auf Mobilfunkmärkten

Im ersten Fall besteht für die Investoren kein Interesse an einer Kapitalverzinsung, sondern unmittelbar an der Versorgungsleistung. Sie tätigen die Investitionen rur das Kollektivgut, um es selber zu nutzen, und legen die Kapitalkosten ebenso um wie andere Kosten. Zwischen dem Betreiber und dem Versorgungsverband existiert kein Markt, sondern eine Mitgliedschaftsbeziehung. In den beiden anderen Fällen stellt ein Betreiber ein Kollektivgut für eine Gruppe von Nachfragern her, die ihn entlohnen. In diesem Fall ist bei den Investitionsanreizen kein Unterschied zwischen Individual- und Kollektivgütern auszumachen.

Renditenormalisierung

Regelstrecke: Betriebe Regler: Investoren

~I

R D vR t =a *r

41

rD = b R* IK+ SR

aR>O

bR Übernahme des Anteils an Pos. 11.

+/-

13. Zinsen und ahnt. Aufwend., davon verbund. Unternehmen.

keine Korrektur

+

a) Ergebnis der gewöhn. Geschlftstiitig.

Summe 1-13

korrigierte Summe aus 1-13

Das operative Ergebnis, das man auf die oben beschriebene Weise gewinnt, ist geeignet, als Grundlage ftlr die Analyse des RNP zu dienen. Inwieweit die angesprochenen Korrekturen möglich sind, ist vom Einzelfall abhängig. Fest steht allerdings, daß zumindest die unternehmens internen Entscheider über Kapazitätsvariationen diese Korrekturen vornehmen werden, wollen sie ihre Entschlüsse sorgfältig fundieren. Unternehmens externe Entscheider, - z. B. neue Anbieter - werden dieselben Schwierigkeiten haben wie der KMD-Analyst. Somit ist ersichtlich, daß die RNP-Analyse zwar auf nicht immer vollständigen Daten basieren kann, daß diese unvollständigen Daten aber die einzig verftlgbaren sind. . Wendet man das Schema, das in Tabelle 16 gezeigt wurde, auf die GuV von MMO aus dem Jahr 1992 an, erhält man den in Tab V.12 dargestellten Jahresüberschuß. Daten, die in der Entstehungsphase eines Marktes gewonnen werden, haben nur eine eingeschränkte Aussagekraft. Für potentielle Investoren ist diese Phase besonders risikobehaftet, weil es an allgemein gültigen Maßstäben fehlt, die ersten Marktdaten zu bewerten. Deshalb ist der oben beschriebene Weg zur Gewinnung der relevanten Indikatoren als Methode rur kommende Jahre zu verstehen. Als erste Information nach dem Strukturbruch, die Einfluß auf die Lenkung des Kapitals haben wird, ist die Nachricht über das Erreichen der Gewinnschwelle anzusehen. Der Zeitraum, der verstreicht, bis der Break-evenPunkt erreicht wird, kann als Indikatorersatz herangezogen werden. 29 Ist in ei29 Anders als bei der regulären Indikatorgewinnung entsteht keine Zahlenreihe, sondern ein zeitpunktbezogener Wert.

c. Analyse des Renditenonnalisierungsprozesses

193

nem Markt dieser Zeitraum besonders kurz, zeugt das davon, daß Überrenditen erwirtschaftet werden können. Dann können die Indikatorzahlen folgender Jahre bereits auf Überrenditen besonders kritisch untersucht werden. Tabelle 16 Korrektur des Jahresergebnisses um nicht in der untersuchten Branche investierte Summen, dargestellt an der GuV von MMO 1992

Position

GuV

Korrektur

KMD-Wert

137.486

0

137.486

50

0

50

4.887

0

4.887

Materialaufwand

159.538

0

159.538

Personalaufwand

144.873

0

144.873

Abschreib. auf immat. VG und Sachaniag.

95.305

0

95.305

Sonstige betriebliche Aufwendungen

105.756

0

105.756

Zinsergebnis

+25.659

-25.659

0

Jahresfehlbetrag

-337.390

-25.659

-363.049

Umsatzerlöse andere aktivierte Eigenleistungen sonstige betriebliche Erträge

Der Weg der Ermittlung der Indikatorwerte filr zukünftige KMD-Analysen soll nun beschrieben werden.

c) Überrendite Die Unternehmensrenditen ri sind zur Marktrendite rm zu aggregieren. Dazu gewichtet man die Rendite aller Unternehmen i (i = 1 - n) mit deren jeweiligen relativen Marktanteil mi. Dem Verständnis des KMD folgend, besteht diese Marktrendite aus drei Elementen, nämlich (1) der marktüblichen Verzinsung rur eine weitgehend von Unsicherheit befreiten Anlage, (2) einer Risikoverzinsung, deren Höhe in Abhängigkeit von dem Ausmaß der Ungewißheit schwankt und

14 Kurtsiefer

194

Kap. 5: Analyse der Koordinationseffizienz aufMobilfunkmärkten

(3) einer Über- oder Unterrendite als Differenz von der Marktrendite zu den beiden ersten Elementen, die sich daraus entwickelt, daß die Kapazitäten auf dem untersuchten Markt noch nicht richtig angepaßt sind, wodurch funktionale Kapazitätsvariationen ausgelöst werden sollten.

Als risikofreie Vergleichsrendite soll die Verzinsung einer Investition in Anleihen der Bundesrepublik Deutschland gewertet werden, und zwar die durchschnittlichen Emmissionsrendite rur das untersuchte Jahr. Es werden lOjährige Anleihen zugrundegelegt, weil auch die Anlage in ein Unternehmen langfristigen Charakter hat. Außerdem ist die Marktrendite um einen geeigneten Risikoabschlag zu korrigieren. Daftlr muß das Risikopotential des untersuchten Marktes geschätzt werden. Im vorliegenden Fall ist das Risikopotential als gering einzustufen. Alle Fachleute prophezeiten den neuen Netzen einen großen wirtschaftlichen Erfolg. Die Regulierungsinstanz beschränkt den Zugang zum Markt auf der Anbieterseite. Die Bereitschaft der Bevölkerung, immer erreichbar zu sein, und der Wunsch, immer und überall kommunizieren zu können, sichert den wirtschaftlichen Erfolg. Der Risikoabschlag schwankt in der Regel um 3%. Aufgrund des geringeren Risikos im Mobilfunkbereich soll es hier nach Schätzung des Verfassers 2,75% betragen. Durch eine Expertenbefragung ließe sich ein genaueres Schätzergebnis erzielen. Nachdem der Indikator ftlr die Regelgröße definiert worden ist, gilt es nun, mögliche Indikatoren ftlr die Stellgröße zu fmden.

2. Herleitung des Indikators for die Stellgröße des RNP Idealindikator - Als Idealindikator rur die Veränderung der Kapazität hat sich die Entwicklung der potentiellen Bruttowertschöpfung bewährt.30 Die Bruttowertschöpfung wird dabei in DM gemessen und auf ein geeignetes Basisjahr indexiert. Die noch im Aufbau befindliche statistische Dokumentation der Mobilfunkmärkte bietet diese Informationen zur Zeit nicht. Es ist aber davon auszugehen, daß mit zunehmendem Anteil des Mobilfunks am BSP Deutschlands ein Berichtswesen aufgebaut wird. Das dürfte z. B. durch Befragung der Netzbetreiber gewonnen werden können. Hilfsindikator - Innerhalb dieser Arbeit wurde der Kapazitätsbegriff bereits beim MRP behandelt Während dort die kurzfristig variierbare Auslastung der Kapazität thematisiert wurde, ist nun die langfristig orientierte Veränderung der Kapazität Gegenstand der Untersuchung.

30

Vgl. H. Grossekettler (1994), S. 29f.

c. Analyse des Renditenormalisierungsprozesses

195

Für den MRP war ein funktionaler Zusammenhang zwischen der HardwareAusstattung der Mobilfunknetze und der Mitgliederkapazität hergestellt worden. Dieser Zusammenhang fußte auf einer Prämisse über das Nutzungsverhalten der Nachfrager und auf der Kenntnis vom Aufbau der verschiedenen Mobilfunknetze. Beim C-Netz wurde die Kapazität aus der Kenntnis der Anzahl der vorhandenen Leitungskanäle abgeleitet. Bei den neuen Netzen diente die Anzahl der BTS als Grundlage.

Der Kapazitätsindex fllr den RNP ließe sich aus der potentiellen Mitgliederkapazität ableiten. Legt man filr die Ermittlung der Kapazitätsveränderung die Werte aus dem MRP zugrunde (vgl. Tab. 9), so ergibt sich die in Tab. 17 aufgezeigte Stellgrößenentwicklung. Ausweislich dieser Datenreihe hat vor dem Strukturbruch ein gleichbleibendes Wachstum stattgefunden, das gemessen an dem Wachstum der Nachfrage als relativ langsam zu bewerten ist. Nach dem Strukturbruch hat sich das Wachstum erheblich beschleunigt. Diese Datenreihe ist allerdings nur bedingt aussagekräftig, was vor allem an dem Entwicklungsstadium des Marktes liegt. Das starke Wachstum der letzten Jahre ist nicht nur als Reaktion auf Überrenditen zu bewerten, sondern auch als ein Zeichen filr das Bemühen um eine Grundversorgung der stark wachsenden Nachfrage. Die funktionale Kapazitätsvariation wird also stark von der Störgröße überlagert. Tabelle 17 Entwicklung der Stellgröße des RNP von 1987 bis 1994

1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 60

149

238

357

476

595 1.746 2.603

Kapazitätsindex ~ 100

248

397

595

793

992 2.910 4.338

148

148

198

198

198 1.918 1.263

potentielle Kapazität (Tsd. Mtg.) Veränderungsindex

Indexformel : If= Kßl987 • 100 Kapazitätsveränderungsindex : vF= ~K= (~+l - ~)1K1987. 100 Fazit - Mehr als bei den anderen Prozessen stellt die frühe Marktphase bei der Gewinnung der Indikatordaten ein Problem dar. Ein Indikator filr die Branchenrendite konnte nicht gewonnen werden, weil die Informationspolitik der Telekom restriktiv war. Deshalb ist eine Interpretation des Kapazitätsindikators

14"

196

Kap. 5: Analyse der Koordinationseffizienz aufMobilfunkmärkten

nicht möglich. Lediglich der beschleuni~te Kapazitätsausbau nach dem Strukturbruch läßt vermuten, daß erhebliche Uberrenditen bestanden hatten. Wegen der schmalen Basis interpretierbarer Indikatordaten, ist wiederum der umgekehrte Weg zu beschreiten, nämlich etwaige Stabilitätsdefekte durch Plausibilitätsüberlegungen offenzulegen.

III. Prüfung des Prozeßmusters aufPlausibilitit

Aus der Stabilitätsbedingung des RNP kann abgeleitet werden, daß der Prozeß immer dann gefährdet ist, wenn die Reaktionskoeffizienten aR (Kapazitätsanpassungskoeffizient) und bR (Renditeanpassungskoeffizient) entweder sehr groß bzw. klein werden oder ein Koeffizient ein falsches Vorzeichen aufweist. Betrachtet man Einflußfaktoren, die möglicherweise die Größe von aR beeinflussen, so ist zuerst der Einfluß des Staates auf die Investoren zu nennen. Einfluß des Staates - Durch die Bindung des Rechtes auf den Betrieb eines Mobilfunknetzes an den Besitz einer Lizenz wird freier Marktzutritt unterbunden. Die Kapazität kann also kurz- bis mittelfristig nur von den bereits im Markt investierten Gruppen variiert werden. Vermutlich werden Kapazitätserweiterungen bei Überrenditen deshalb langsamer in Angriff genommen, um von den hohen Knappheitspreisen zu profitieren.

Gegen diese Vermutung spricht allerdings, daß auch die bereits etablierten Betreiber solange ein Interesse an der Ausweitung ihres Engagements haben, wie der Gewinn steigt und sich die langfristige Gewinnaussicht nicht verschlechtert. Darüber hinaus ist die jetzige Situation von einer großen Reaktionsverbundenheit der drei Anbieter gekennzeichnet. Das Versäumen von Kapazitätsvariationen wird also immer mit Marktanteilsverlust und mit einer Schwächung der Wettbewerbsposition verbunden sein. Den Betreibem wird in den Lizenzbedingungen vorgeschrieben, daß sie innerhalb einer Frist eine vollständige Flächendeckung in Deutschland erreichen und dann auch unterhalten müssen. Dadurch wird eine gewisse Mindestgröße der Netze vorgeschrieben, so daß bei einer dauerhaften Unterrendite eine Kapazitätsverringerung nur begrenzt möglich ist. Der Einfluß dieser Auflage auf aR ist aber nur theoretisch gegeben. Sie wurde gemacht, weil die Versorgung im Raum sichergestellt werden sollte und an der Profitabilität der Netze kein Zweifel bestand. Erwiese sich dies als falsch, würde die Auflage unter Umständen aufgehoben werden. Neben der politischen Korrigierbarkeit ist als zweiter Einwand gegen die Relevanz der Mindestgröße anzufUhren, daß allem Anschein nach die Versorgung entsprechend der Mindestausstattung gemäß des Lizenzvertrages von der Nachfrage bei weitem übertroffen wird.

C. Analyse des Renditenonnalisierungsprozesses

197

Technische Abbaubarkeit der Kapazitäten - Ein zweiter Einflußfaktor auf aR ist die technische Abbaubarkeit von Kapazität. Im Fall der Mobilfunknetze ist festzustellen, daß ungenutzte Kapazität nur geringe Leerkosten verursacht, weshalb der Kostenvorteil eines Abbaus von Übertragungsanlagen nur gering ist. Allerdings ist vorstellbar, daß abgebaute Übertragungsanlagen an andere GSM-Netzbetreiber verkauft werden (kein vollständiger Verlust der Ausgaben filr Hardware). Da die Technologie und die Netzbausteine europaweit gleich sind, ist diese Möglichkeit des sinnvollen Abbaus von Kapazität gegeben. Darüber hinaus ist ein schleichender, passiver Abbau durch das Unterlassen von Ersatzinvestitionen möglich. Dieser Option sind allerdings enge Grenzen gesetzt, weil die Netzinfrastruktur erhalten bleiben muß. Dennoch ist, ein funktionierender Zweitmarkt filr Netzbestandteile vorausgesetzt, davon auszugehen, daß der Abbau von Kapazität bei Unterrendite in einem gewissen Umfang vorteilhaft ist. Die Grenze des Kapazitätsabbaus ist erreicht, wenn die Grundstruktur des Netzes durch einen weiteren Abbau gefährdet würde. Dadurch wird die Kapitalbindung reduziert und somit Zinsaufwand vermindert. Es bestehen also keine Anreizmängel hinsichtlich einer Reduzierung der Kapazität. Für den Parameter b R sind keine Informationen erhältlich, die die Vermutung zulassen, daß die Rendite nicht auf Kapazitätsvariationen reagiert.

Fazit - Die Plausibilitätsanalyse zeigte auf, daß vor dem Strukturbruch Anreize fehlten, auf Überrenditesituationen mit dem Ausbau der Kapazitäten zu reagieren. Zwar ist der augenblickliche Zeitpunkt zu früh, um eine endgültige Wertung der neuen Marktstrukturen zu leisten. Es zeichnet sich aber ein zunehmender Wettbewerb unter den Netzanbietem ab, der mittlerweile auch das Festnetz ergreift. Innerhalb des E-Netzes sind Telefonate während des Nebentarifes billiger als im Festnetz, wenn sie über weite Distanzen gefilhrt werden. Es ist festzuhalten, daß der Renditenormalisierungsprozeß vor dem Strukturbruch gest6rt war. Mittlerweile ist er auf dem Weg zu einer ungest6rten Prozeßdynamik. Tabelle 18 Ergebnis der Prüfung aufProzeßdynamik des RNP Prüfung des RNP auf Stabilitätsdefekte vor dem Strukturbruch

nach dem Strukturbruch

Prozeßmuster

?

?

Plausibilitätstest

Koordinationsmangel

Schwachstelle

Ergebnis

Prozeß gestört

Schwachstelle

198

Kap. 5: Analyse der Koordinationseffizienz auf Mobilfunkmärkten

IV. Prüfung der Funktionsweise auf Niveaudefekte

Im Rahmen der Niveauverzerrungsanalyse wird der Frage nachgegangen, ob die dynamische Ausregulierung zu einem Gleichgewicht auf unverzerrtem Niveau ftlhrt. Als klassischer Grund ftlr eine Verzerrung sind externe Effekte anzufUhren. Nicht internalisierte positive externe Effekte fUhren dazu, daß die Kapazitäten von den Investoren zu klein gewählt werden et vice versa. Die eventuellen negativen externen Effekte der elektro-magnetischen Strahlung wurden bereits angeftlhrt, deren angeblich gesundheitsschädliche Wirkung allerdings noch nicht endgültig geklärt werden konnte. Schließlich sind als mögliche Einflußfaktoren auf das Kapazitätsniveau jede Form von staatlichen Eingriffen denkbar, z. B. die Gewährung von Subventionen ftlr den Aufbau der Mobilfunkmärkte. Diese werden aber nicht gezahlt. Insgesamt können keine Hinweise ftlr das Vorliegen einer Verzerrung festgestellt werden, so daß der RNP als unverzerrt anzusehen ist. Tabelle 19

Ergebnis der Prüfung des Prozeßniveaus des RNP Prüfung des RNP aufNiveaudefekte vor dem Strukturbruch

nach dem Strukturbruch

Indizienprüfung

keine Verzerrung

keine Verzerrung

Relevanzprüfung

entfällt

entflUlt

Ergebnis

Verzerrungsfreiheit

Verzerrungsfreiheit

V. Zusammenfassende Beurteilung des RNP

Die Informationen über die Ertragssituation vor der Marktöffnung sind nicht aussagekräftig. Es ist anzunehmen, daß die Bundespost mit dem C-Netz eine hohe Rendite erwirtschaftet hat. Kapazitätsvariationen lagen ausschließlich in ihrem Entscheidungsbereich. Wie bei der Plausibilitätsanalyse erwähnt, bedeutet das, daß die Reaktion auf Überrenditen nicht völlig gestört war. Schließlich hatte auch die Bundespost ein Interesse daran, ihre Investition auszuweiten, wenn damit eine rentierliche Anlageform gefunden wurde. Zu vermuten ist aber ein deutlich langsamerer Ausbau der Kapazität. Denn die Entscheidungs-

D. Analyse des Übennachterosionsprozesses

199

träger bei der Bundespost hatten wahrscheinlich nicht das Empfinden eines Mißstandes, als sie die hohe Rendite innerhalb des C-Netzes feststellten. Die Situation vor dem Strukturbruch mUßte, das übliche Verhalten des Monopolisten vorausgesetzt, durch permanent zu kleine Kapazitäten gekennzeichnet gewesen sein.31 Der Bundespost muß nicht unterstellt werden, bewußt das Verhalten eines Monopolisten gezeigt zu haben. Die Trägheit der Stellgröße ist wohl eher in der mangelnden Informiertheit und dem mangelnden Einsatz des Anbieters begründet. Diese Ineffizienz wurde von dem Markt auch nicht erkennbar sanktioniert, weil die produzierte Dienstleistung leicht abgesetzt werden konnte und effektiveren Anbietern der Marktzutritt untersagt war. Zusammenfassend ist zu bemerken, daß vor dem Strukturbruch von einer nachhaltigen Störung des RNP ausgegangen werden mußte. Durch die Lizenzierung zweier privater Mobilfunknetze ist der Druck auf die Investoren größer geworden, auf Differenzrenditen zu reagieren. Da nun drei Investorenkreise miteinander im Wettbewerb stehen, fUhren verspätete Reaktionen einer Partei immer zu Vorteilen rur die Parteien, die schneller reagieren. Allem Anschein nach sind die Mobilfunkmärkte trotzdem noch sehr profitabel. So konnte Mannesmann Mobilfunk bereits zweieinhalb Jahre nach der Aufnahme des kommerziellen Betriebs das Erreichen der Gewinnschwelle vermelden. Die vermutlich recht hohen Differenzrenditen werden vielleicht durch das Eintreten von E-plus in den Markt verringert. Allerdings orientiert sich die Gebührenstruktur von E-plus bisher an denen der beiden anderen Anbieter, so daß noch keine deutliche Senkung der Gebühren festzustellen ist (Vgl. Tab 20, S. 200).

D. Analyse des Übermachterosionsprozesses auf den Mobilfunkmärkten Deutschlands Die dritte Prozeßanalyse des KMD widmet sich der Entwicklung der Marktmacht. Dabei wird Marktmacht verstanden als die Fähigkeit des Mächtigen, Marktprozesse im eigenen Interesse beeinflussen zu können. Er erreicht das, indem die Marktteilnehmer beider Seiten von ihm dazu gezwungen werden können, zu ihrem Nachteil zu handeln. Der Mechanismus des ÜEP bewirkt, daß sich die Marktstruktur durch negative Rückkopplung mit der Übermachtbildung einer Marktseite funktional ändert. Es bildet sich entweder Gegenmacht (countervailing power), wie Galbraith es beschrieben hat,32 oder es kommt zu Markteintritten auf der stärkeren Seite. Letztere Alternative ist die volkswirtschaftlich zu präferierende, weil es sonst zu einem gegenseitigen Aufschaukeln und zunehmender Vermachtung kommen kann. Im Gegensatz zu 31 Unter der Annahme, daß eine Preisdifferenzierung nach der Menge nicht möglich war. Vgl. auch Kap. V.2.6 Marktstruktur. 32 Vgl. J. K. Ga/braith (1952).

200

Kap. 5: Analyse der Koordinationseffizienz aufMobilfunkmärkten

Galbraiths These, daß Macht durch Gegenmachtbildung geheilt werden kann, liegt dem KMD die Auffassung zugrunde, daß sich bei ungestörten Marktprozessen die Machtniveaus auf einer möglichst niedrigen Ebene ausgleichen. Tabelle 20 Koordinationsmllngeldiagnose des RNP

Gesamturteil Renditenonnalisierungsprozeß vor Strukturbruch

nach Strukturbruch

Stabilitäts-

Prozeßmuster

?

?

defekte

Plausibilität

Koordinationsmangel

Schwachstelle

Beurteilung

Prozeß gestört

Schwachstelle

Niveau-

Indizienprfg.

keine Venerrung

keine Verzerrung

defekte

Relevanzprfg.

entfällt

entfll.llt

Beurteilung

Venerrungsfreiheit

Verzerrungsfreiheit

Prozeß gestört

Schwachstelle

Gesamturteil

I. Der idealtypische Ablauf des ÜEP

1. Individualgütermärkte

P

Der Regelkreis des ÜEP weist als Stellgröße v die induzierten Macht- und Marktstrukturänderungen der Periode t auf. Dieser Wert wird ermittelt durch Subtraktion der induzierten Machtveränderungen auf der Nachfrageseite von den induzierten Machtänderungen auf der Anbieterseite (vgl. Abb. 20). Als induzierte Machtänderungen sollen die Veränderungen verstanden werden, die als Reaktion auf die übermächtige Stellung einer Marktseite (Regelgröße) zu bewerten sind. Daneben gibt es auch exogen bedingte Marktstrukturänderungen S~ die z. B. darauf zurückzufUhren sind, daß unabhängig von den bestehenden Machtverhältnissen Markteintritte oder -austritte auf einer Marktseite erfolgen. Da Veränderungen der Marktstruktur Zeit benötigen, muß Übermacht bereits länger bestehen, ehe funktionale Gegenmaßnahmen getroffen werden.

D. Analyse des Übennachterosionsprozesses

201

mp,

Die Regelgröße, also die Übennacht wird ennittelt aus der Differenz der korrigierten Herfindahlindizes der Anbieter und der Nachfrager. Sie erklärt sich aus der Machtdifferenz des Vorjahres, der darauf erfolgten Strukturänderung und aus dem Einfluß der Störgröße. Dabei bedeutet eine negative Ausprägungen der Regelgröße, daß Nachfragennacht besteht. Ein ungestörter Prozeßablauf liegt vor, wenn z. B. die Übennacht der Anbieter zur Bildung von Nachfragevereinigungen oder zum Markteintritt zusätzlicher Anbieter führt und damit aufgehoben wird. Ist beides nicht möglich, z. B. weil gesetzliche Bestimmungen dies verhindern, ist der Prozeß gestört.

2. Kolleklivgütermärkle

Die Problematisierung von Macht im Zusammenhang mit der Untersuchung der Koordinationseffizienz auf Märkten ist nötig, weil dort Parteien mit unterschiedlichen, oft sogar diametral entgegengesetzten Interessen interagieren. Es liegt nahe, daß unter diesen Umständen Einzelne versuchen, durch die Behinderung der anderen ihre Interessen durchzusetzen. Bei Klubkollektivgütern wie Mobilfunknetzen ist zu unterscheiden, ob die Finanzierung vom Versorgungsverband oder von verbandsexternen Gruppen durchgeführt wird. Wird das Gut durch einen Interessenverband finanziert, handelt es sich um eine genossenschaftliche Lösung, bei der aufbeiden Marktseiten die Mitglieder des Verbandes anzutreffen sind. In diesem Fall fehlt das typische Motiv für vertikalen Machtmißbrauch, die Maximierung der Gewinne. Dieses Motov fällt bei einer personellen Identität von Anbieter und Nachfrager weg, so daß kein Interesse an der Vorteilsnahme durch Machtmißbrauch gegeben ist. Bei einem Kollektivgut müssen im allgemeinen die Finanzierung und die Herstellung des Gutes nicht notwendigerweise in einer Hand vereint sein .. Dies ist z. B. bei den Mobilfunkmärkten der Fall. Es gibt mehrere Anbieter, deren Interessen untereinander entgegengesetzt sind. Darüber hinaus gibt es Nachfragerorganisationen, die Serviceprovider, die ebenfalls nach Marktanteilen streben. Für sie hat der Marktanteil eine wichtige strategische Bedeutung, wenn nicht die herausragende Bedeutung schlechthin .. Außerdem gibt es keine Identität zwischen Anbietern und Nachfragern. Auf den Mobilfunkmärkten können demnach grundsätzlich alle vertikalen zwischen Anbietern und Nachfragern bestehende und horizontalen auf jeweils eine Marktseite beschränkte Anreize existieren, Machtpositionen aufzubauen, die dann auch dazu verleiten können Mißbrauch zu betreiben. Ein Unterschied zu Individualgütennärkten ist nicht festzustellen. Deshalb besteht keine Notwendigkeit, daß der ÜEP für das Kollektivgut Mobilfunk gegenüber Individualgütern wie auch immer modifiziert wird.

202

Kap. 5: Analyse der Koordinationseffizienz auf Mobilfunkmärkten

Übermachterosion Regelstrecke: Marktanteilsverteilung Regler: Investoren

~I

Ü• mD vÜ=a t t

aÜ>O

mp= mq_l + vq_l + SÜ

vf SÜ

=

induzierte Strukturvariation = Stellgröße

=

Störgröße des Ü-Prozesses

mtD = aÜ

I..

.~

Machtdifferenz im Zeitpunkt t = Regelgröße

± Reaktionsparameter Ü-Prozeß

Quelle: Grossekettler (1994), S. 8. Abb. 20: Regelkreis des ÜEP

11. Auswahl und Beurteilung denk- und vermgbarer Ideal- und Hilfsindikatoren rur die Prozeßmusterprüfung

1. Her/eitung der Indikatoren für die Rege/größe des ÜEP

Grossekettler schlägt als Idealindikator filr die Regelgröße Übermacht die Differenz zwischen den korrigierten Herfindahlindizes filr die Anbieter und die Nachfrager vor. 33 Der Herfmdahlindex wird ermittelt durch Aufsummierung 33 Vgl. H Grossekettler (1994), S, 10a.

D. Analyse des Übennachterosionsprozesses

203

der quadrierten Marktanteile einer Marktseite. Dieser Index muß korrigiert werden, indem einerseits latente Konkurrenz34 berücksichtigt wird und andererseits vertikale Bindungen zwischen Anbietern und Nachfragern in die Beurteilung einbezogen werden. Dieser Vorschlag trägt dem Umstand Rechnung, daß das Marktergebnis, das durch den Einfluß von Macht verzerrt wurde, nicht von dem unter Ausschluß von Macht erreichten Ergebnis getrennt werden kann, obwohl sich die Macht in Quantitäten und Qualitäten äußert. Aus diesem Grund ist eine direkte Messung der Auswirkungen von Macht nicht möglich. Statt dessen wird von der Prämisse ausgegangen, daß hohe Marktanteile Macht begründen und deren Mißbrauch hervorrufen. Ein möglicher Einwand gegen diesen Indikator richtet sich gegen die Ungenauigkeit des Indikators bei polypolistischen Märkten. In diesem Fall würde es nicht möglich sein, den exakten Index zu ermitteln, weil nicht von allen Teilnehmern die dazugehörigen Anteile erfaßt werden könnten. Doch dieser Anspruch wird auch gar nicht gestellt. Vielmehr muß sogar vermieden werden, den Anschein von mathematischer Exaktheit vermitteln zu wollen, die dazu fUhren könnte, die Indizes z. B. dahingehend zu interpretieren, daß die Anbieter doppelt so mächtig seien wie die Nachfrager, nur weil erstere einen doppelt so großen Herfindahlindex aufweisen. Der Herfmdahlindex genügt statt dessen nur den Ansprüchen an Ordinalskalen, er läßt jedoch keine Aussagen auf Verhältnisskalen-Niveau zu und vermag nicht das Ausmaß der Machtunterschiede darzustellen. Deshalb ist es auch nicht schädlich, wenn der Index nicht exakt ermittelt werden kann, indem kleine Marktteilnehmer nicht exakt berücksichtigt werden. Deren Einfluß stellt sich wegen der Quadrierung auf jeden Fall nur als gering dar.

a) Theoretische Herleitung Die Übermacht einer Marktseite drUckt sich aus in dem Wert m, der definiert ist als die Differenz der korrigierten Herfmdahlindizes der Anbieter HA und der Nachfrager HN.

34 Der Einfluß latenter Konkurrenz auf den Netzbereich der Telekommunikation wurde beschrieben in: W. Burr(199S), S. 98 - 109. Darin werden als rur diesen Markt typische Zutrittshemmnisse hervorgehoben: (l) die gesetzlichen Markteintrittsbarrieren, (2) Investitionsbedarf in sunk-costs Anlagen, (3) Economies of Scale, hervorgerufen durch die in der Anlaufphase geringe Auslastung und der hohe Kapitalbedarf rur die Errichtung des Netzes.

204

Kap. 5: Analyse der Koordinationseffizienz auf Mobilfunkmärkten

Ausgangspunkt der Herleitung von m ist die Ermittlung der jeweiligen unkorrigierten Herfmdahlindizes für beide Marktseiten (HAu;HNu). Dabei werden die Marktanteile der Teilnehmer quadriert und aufsummiert. Der Wertebereich für den unkorrigierten Herfindahlindex liegt zwischen 0 und 1. Während sich der Wert I beim Vorliegen eines Monopols auf einer Marktseite ergibt, kann sich HU dem Wert 0 nur asymptotisch nähern, nämlich dann, wenn eine Marktseite atomistisch strukturiert ist. Also gilt: W(HU) =

{1 !!OHu 0 vP t = a * qDP

qDP=q DP+vPt-I +SP t t-I

1--.

vtP

=

induzierter Produktfortschritt= Stellgröße,

sP

=

Störgröße des P-Prozesses

qpP

=

Produktfortschrittsdifferenz des P-Prozesses im Zeitpunkt t = Regelgröße

aP

=

Reaktionsparameter P-Prozeß

Abb. 27: Regelkreis des PFP

Die vorliegende Untersuchung bezieht sich demnach auf die aktuellen Dienstleistungen der DeTeMobil, von MMO und E-plus. Dabei ist zu untersuchen, wie die unterschiedlichen Dienstleistungen im Wahrnehmungsraum der 45 Vgl. H. Grossekettler (1991), S. 11. 16·

228

Kap. 5: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte

Konsumenten positioniert sind und ob sie als eigenständige PLKs angesehen werden. Dann wird die Marktsituation auf dem idealen Vergleichsmarkt untersucht und mit den Zuständen in Deutschland verglichen. Für eine umfassende Untersuchung könnte gefordert werden, den Bereich der Mehrwertdienste und der Endgeräte in die Untersuchung einzubeziehen. Veredlungsdienstleistungen, wie sie die Serviceprovider und die Netzbetreiber anbieten, und Endgeräte werden aber eindeutig auf nachgelagerten Märkte gehandelt und können deshalb in dieser Untersuchung ausgeklammert werden.

11. Auswahl und Beurteilung denk- und verffigbarer Ideal- und HilCsindikatoren ffir die ProzeDmusterprOCung

Es gibt mehrere Wege, sich dem Konstrukt "Idealindikator fUr den Produktfortschrittsprozeß" zu nähern. In erster Linie gilt es, sich darüber inhaltliche Klarheit zu verschaffen, was man als Produktfortschritt verstehen soll. Hier kommt das Primat der Konsumentensouveränität zum tragen. Als neu im Sinne des PFP gilt also nur das, was subjektiv aus der Erfahrungswelt der Konsumenten deren Bedürfnisse besser befriedigen kann als das bisher im Markt befmdliche Angebot.

Da Fortschrittlichkeit kein Merkmal mit dychotomer Ausprägung ist, sollte der Idealindikator in der Lage sein, das Ausmaß der Fortschrittlichkeit des neuen Produktes gegenüber den im Markt befindlichen darzustellen. Der Fortschrittlichkeitsgrad wird dabei nicht nur von der technischen Ausgestaltung des neuen Produktes her quantifiziert, sondern auch an der Kompatibilität mit dem Wertesystem der Konsumenten gemessen. Letzteres sei an einem Beispiel aus der Automobilbranche verdeutlicht. Die Entwicklung der neuen S-Klasse von Mercedes-Benz konnte sicherlich als ein Glanzpunkt der Leistung der Automobilingenieure betrachtet werden. Gleichzeitig vollzieht sich in der Gesellschaft ein Paradigmawechsel hinsichtlich des Verhältnisses zu dem Automobil an sich. Dadurch darf in einer Untersuchung des PFP in der Automobilbranche das neue Produkt S-Klasse nicht mit einer ebenso hohen Fortschrittlichkeitszahl bewertet werden wie die Neuentwicklung eines hybridbetriebenen Stadtautos. Selbst wenn letzteres weniger geniale Ingenieurleistung repräsentierte, müßte es doch als wichtiger eingestuft werden, weil es die richtige Antwort auf gewandeltes Konsumverhalten ist. Das bremste den Absatz der S-Klasse. 46

46 Dies entspricht der Maxime: "Don't do the things right but do the right things".

E. Analyse des Produktfortschrittsprozesses

229

Darüber hinaus sollte der Indikator die Erosion der Neuartigkeit im Zeitablauf berücksichtigen. Schließlich verliert ein neues Produkt seinen Neuigkeitswert mit zunehmendem zeitlichen Abstand von der Markteinftlhrung. Dagegen könnte man den Einwand erheben, daß der Neuigkeitswert nicht durch den Zeitablauf, sondern nur durch neuere, bessere Produkte abgebaut wird. Dann wäre die Verweildauer im Markt nicht relevant. Die Neuartigkeit eines Produktes würde nur dann sinken, wenn neuere Produkte in den Markt eintreten würden, die eine bessere Bedürfnisbefriedigung böten. Ein sogearteter Indikator würde aber nicht die Aussetzung des Innovationsprozesses widerspiegeln und deshalb seine Aufgabe nicht erftlllen, das Ausbleiben von Innovationen, das bereits als Koordinationsmangel aufgefaßt werden muß, darzustellen. Besser wäre es, ein neues Produkt mit seinem innovationsbezogenen Neuigkeitsgrad zu bewerten und solange bei der Marktbeurteilung zu berücksichtigen, bis auf einem idealen Markt ein neues Produkt entwickelt werden könnte, welches das bisherige Produkt verdrängen würde. Man würde die Entwicklung in der Realität mit der idealen Entwicklung vergleichen. Dieses Vorgehen scheitert aber daran, daß der Innovationsprozeß Ergebnis des Entdeckungsverfahrens "Wettbewerb" ist und daß man den Idealzustand nicht kennt. Deshalb ist der Altersabschlag als Schätzwert ftlr die Wahrscheinlichkeit der Ablösung eines Produktes durch ein besseres, moderneres Produkt in einem optimalen Wettbewerbsmarkt zu verstehen. Daraus leitet sich die Forderung ab, daß sich der Altersabschlag individuell am typischen Lebenszyklus der Produkte des untersuchten Marktes orientieren sollte. Schließlich wird normalerweise die Schrumpfungsphase einer Dienstleistung durch eine neue, bessere Dienstleistung eingeleitet. DarUber hinaus ist zumindest zu prüfen, ob statt eines linearen Verlaufs der Zeitabschlagswerte nicht ein exponentieller Abschlagsverlauf zu wählen ist. Schließlich steigt die Wahrscheinlichkeit, daß auf ein neues Produkt ein neueres folgt, mit zunehmender Verweildauer im Markt. Als Fazit dieser Überlegungen ist festzuhalten, daß der Indikator sowohl den Innovationsgrad neuer Produkte als auch den Altersabschlag rur die Verweildauer im Markt berücksichtigen muß. Idealindikator - Fortschrittsrückstände könnte man zu messen versuchen, indem man ein Fachgremium nach dessen pauschaler Einschätzung des Ausmaßes des Fortschrittsrückstandes auf dem Untersuchungsmarkt befragt. 47 Damit verzichtet man auf einen Objektivierungsversuch des Neuheitsbegriffes und stellt an dessen Stelle die subjektive Einschätzung der Fachleute. Sie hätten den Fortschrittsrückstand nach dem Zeitraum zu bewerten, den das Unter-

47 Vgl. H. Grossekettler (1994), S. 11.

230

Kap. 5: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte

suchungsland benötigen würde, um das höhere Niveau des Vergleichslandes zu erreichen. Diese Erhebung könnte jährlich durchgeftlhrt werden. Durch Aufholanstrengungen würde die Experteneinschätzung im Folgejahr positiver ausfallen, während sich bei deren Unterbleiben der Rückstand vergrößern würde. Bei einer hinreichend großen Zahl von Fachleuten ist davon auszugehen, daß die ermittelten Werte ein richtiges Abbild der Wirklichkeit schaffen. Hilfsindikatoren - Dieser Weg ist im Rahmen der Arbeit aber nicht gangbar (unter anderem aus GeldgrUnden). Wenn man keine Expertenbefragung zur Gewinnung des Fortschrittsindikators durchfUhren kann, bleibt als Alternative die Gewinnung einer quantitativen Größe, durch die der Erfolg neuer Produkte auf einem Markt dargestellt wird. 48 Man geht dann davon aus, daß nur das als Produktfortschritt verstanden werden soll, was auch einen breiten Zuspruch in der Öffentlichkeit fmdet. Ein Vergleich des Wertes dieser Größe ftlr den Untersuchungsmarkt mit dem idealen Vergleichsmarkt würde die Fortschrittsdifferenz aufzeigen.

Bei der Verwendung von Marktanteilen wird die Anzahl der Nutzer neuer Produkte auf das Gesamtvolumen der Branche normiert, wodurch die Information über die Verbreitung in der Bevölkerung verloren geht. Zur Darstellung dieses Sachverhaltes wäre die Verwendung von Penetrationsraten neuer Dienstleistungen geeignet. Indem die Verhältniszahl von Nutzern zur Gesamtbevölkerung dargestellt würde, könnte festgestellt werden, wieviele Nachfrager sich rur eine Neuheit entscheiden. Diese Penetrationsraten würden dann mit den Koeffizienten rur den Altersabschlag nt und den Neuigkeitsgrad nq multipliziert. Dadurch erhielte man die korrigierte Penetrationsrate q~ der neuen Mobilfunknetze am Gesamtmarkt. Für diesen zweiten Weg gilt es, reale bzw. Schätzwerte ftlr folgende Größen zufmden: 1. den Fortschrittlichkeitsgrad der neuen Produkte, 2. die Altersstruktur und die Penetration der neuen Produkte, 3. die Lebenszyklusdauer und daraus abgeleitet 4. den Altersabschlag. Ein schwieriges Problem stellt die Bewertung des Ausmaßes der Neuigkeit einer PLK dar. Bei einer Dienstleistung, mit der ganz neue Grundnutzenwirkungen bei Nachfragern erzielt werden, ist der Imitationsbedarf tendenziell 48 Eine ausführliche Studie befaßt sich mit den F & E-Ausgaben in verschiedenen Ländern. Vgl. H. Grupp/Th. Schnöring (1991) und dieselben (1992). Dieser Wert könnte ebenfalls als Hilfsindikator gewählt werden, stellt aber im Vergleich mit dem oben entwickelten Hilfsindikator die schlechtere Alternative dar, weil nicht untersucht wird, welche Produkte auf den Märkten angeboten werden.

E. Analyse des Produktfortschrittsprozesses

231

größer, als bei der Variation einer Dienstleistung, die eine etablierte Leistung mit neuen Zusatznutzen ausstattet. Für den Untersuchungsmarkt bedeutet das, daß das Unterlassen der Imitation einer PLK, die nur mit einem neuen Zusatznutzen ausgestattet wurde, einen niedrigeren Wert bei dem Rückstandsindikator bewirken muß als ein Produkt mit völlig neuem Grundnutzen. Als zweites Schätzproblem ergibt sich die Bewertung des Altersabschlages. Wie oben erwähnt, soll der Abschlag von der Dauer des Lebenszyklus abgeleitet werden. Hier kann man sich die Erfahrungen aus der Vergangenheit bei ähnlichen PLKs zu Nutze machen. Der Altersabschlag, dargestellt durch die Variable n t" hat einen Wertebereich von I bis 0 und steht im reziproken Verhältnis zu der Wahrscheinlichkeit der Einfilhrung einer verbesserten PLK. D. h. kurz nach der Einfilhrung eines neuen Produktes, wenn die Wahrscheinlichkeit, daß ein neueres Produkt in den Markt eintritt, sehr gering ist, ist eine Korrektur des Marktanteils um den Alterabschlag nicht nötig. In diesem Fall hat der Korrekturfaktor den Wert 1. Der Wert flHlt dann, bis die Dienstleistung nicht mehr als neuwertig eingestuft werden kann. Dann wird fit zu O. Bei Computern, die einen kurzen Lebenszyklus aufweisen, ist der Zeitraum, innerhalb dessen n t den Wert 0 annimmt, nicht länger als ein Jahr. Bei Mobilfunknetzen kann man von einem wesentlich längeren Lebenszyklus ausgehen. Im Rahmen der Arbeit soll ein Zeitraum von 8 Jahren angenommen werden. Bei einem Mobilfunknetz, das älter als 8 Jahre ist, wird n t zu O. Im Jahr der Erstellung (to) bleibt fit auf dem Wert 1, d. h. es wird kein Altersabschlag vorgenommen. Die Werte dazwischen sollen durch eine Rechenanweisung gefunden werden, die auch bei der digitalen Abschreibung Verwendung fmdet. Allerdings beginnt man dort mit der Subtraktion des höchsten Wertes im Jahr t o, während hier die höchste Subtraktion im Jahr 1n vollzogen wird (vgl. Tab. 31). Tabelle 31 Berechnung des Altersabschlagskoeffizienten

Beispiel filr einen Zeitraum von 6 Jahren: 1+2+3+4+5+6+7+8=36

Basiswert

1/36 = 0,028

t

1

2

3

4

5

6

7

8

nt

0,972

0,916

0,833

0,722

0,583

0,416

0,222

0,0

Auf die gleiche Weise wird bei der Bewertung der Neuartigkeit der Bedürfnisbefriedigung vorgegangen. Völlig neue Leistungen sollen mit einem Qualitätsänderungswert n q von 1 bewertet werden, während nur modifizierte Dienste eine geringere Gewichtung bekommen.

232

Kap. 5: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte

Zur Operationalisierung des vorgeschlagenen Weges sollen Dienstleistungsvariationen mit einem Wert n q kleiner I gewichtet werden. Als Variationen eines Dienstes sollen verstanden werden: •

funktionale Eigenschaftsänderungen, die die Qualität der Leistung verbessern,



symbolische Eigenschaftsänderungen, die sich auf die Art des Auftretens auf dem Markt, also z. B. auf den Namen oder auf das assoziative Umfeld beziehen und



Änderungen der Zusatzleistungen, die mit der Grunddienstleistung verbunden sind, wie Kundendienst und Beratung.

Es mag scheinen, daß symbolische Eigenschaftsänderungen nicht Gegenstand einer volkswirtschaftlichen Betrachtung sein sollten, weil sie nicht genügend Einfluß auf die Nutzenstiftung haben, da es nicht wirklich zu einem Abbau des Fortschrittsrückstandes komme, wenn Rückstände durch die symbolische Ausgestaltung einer Dienstleistung ausgeglichen werden sollen. Dem ist entgegenzuhalten, daß man, wenn man die Konsumentensouveränität als Regulativ akzeptiert, alles als funktionale Änderung im Sinne des PFP verstehen muß, was von den Konsumenten als neu empfunden wird. Mit welcher Gewichtung die Variationen bewertet werden sollen, ist im einzelnen zu klären. Wichtig wäre, daß die Gewichtung filr das Referenzland und das Untersuchungsland von demselben Gremium vorgenommen wird, um zu verhindern, daß subjektive Unterschiede bei der Perzeption von Qualitätsänderungen die Untersuchung beeinträchtigen. Im Rahmen der Ermittlung des Umsatzanteils neuer Produkte am Gesamtumsatz eines Marktes multipliziert man den Umsatzanteil des entsprechenden Produktes an dem Untersuchungsmarkt mit den beiden Koeffizienten n t und n~r Handelt es sich um eine Innovation (n Q = 1), geht der Umsatzanteil zu 100 % in die Berechnung ein. Bei Variationen (nq < 1) und/oder älteren Innovationen (nt < 1) ist der Anteil geringer. Schließlich gelangt man durch die Summation der korrigierten Umsatzanteile zu dem gesuchten Anteil neuer Produkte eines Marktes. Dieser Quotient wird von dem korrespondierenden Wert des Vergleichsmarktes abgezogen. Die Entwicklung dieser Differenzzahl im Zeitablauf zeigt, ob funktionale Reaktionen zur Beseitigung des Fortschrittsrückstandes stattgefunden haben oder nicht.

E. Analyse des Produktfortschrittsprozesses

233

III. Prozeßmusteranalyse

J. Indikatorabschätzungfür den Untersuchungsmarkt

a) Vorüberlegungen - Zuerst gilt es, eine Anamnese des Untersuchungsmarktes hinsichtlich des Innovationszustandes der dort gehandelten Dienstleistungen vorzunehmen. Es sind die Dienstleistungen des B-, C-, der D- und des E-Netzes zu berücksichtigen. Obwohl sie demselben Grundnutzen dienen, nämlich dem mobilen Telefonieren, sind bei einer Gesamtbetrachtung der Nutzenbündel unterschiedliche Positionierungen im Preis-Leistungs-Raum festzustellen. Im Rahmen der Analyse des PFP muß eine Regel gefunden werden, mittels der entschieden werden kann, ob eine neue Dienstleistung wirklich ein Fortschritt ist oder nicht. Zu diesem Zweck sollen die Nutzenbündel, die die Dienstleistungen aufweisen, graphisch in einem zweidimensionalen Koordinatensystem dargestellt werden. Die Ordinate dient der Abbildung hinsichtlich der Ausprägung sogenannter Hauptleistungselemente, während die Abszisse die Nebenleistungselemente darstellt. Wird ein neuer Dienst in diesem Koordinatensystem anders als die bereits existierenden Dienste positioniert und trifft er auf rege Nachfrage, ist unter der Maßgabe der Konsumentensouveränität davon auszugehen, daß Produktfortschritt stattgefunden hat. Durch die Zusammenfassung der Merkmalselemente der Dienstleistungen in zwei Metadimensionen wurde der Vorteil der Übersichtlichkeit einer zweidimensionalen Abbildung ausgenutzt, ohne die PLK auf zwei Nutzenfaktoren zu reduzieren. Statt dessen wurden zwei FaktorenbÜDdel generiert, die die PLKs detaillierter erfassen.49 Als Hauptmerkmalselemente sollen solche gelten, die vom Nachfrager objektiverfaßbar sind und eine wichtige Rolle bei der Nachfrageentscheidung spielen. Die Nebenmerkmalselemente hingegen sind entweder nur subjektiv zu erfassen oder bei der Kaufentscheidung von geringerer Bedeutung.

b) Indikatorwerte - Das B-Netz war völlig überaltert und eine nicht mehr sinnvoll kommerzialisierbare Dienstleistung in Deutschland. Zuletzt war es mit weniger als 5.000 Nutzem auch hinsichtlich seines Volumens bedeutungslos geworden und zum 31.12.1994 eingestellt worden. Das C-Netz verftlgt aufgrund seiner veralteten Technik über eine unterdurchschnittliche Übertragungsqualität. Die Preise im C-Netz verfallen langsam, so daß es auf Dauer ein Billiganbieter sein wird. Immer noch treten Überftlllungen auf, deren Häufigkeit aber in Zukunft aufgrund der Abwanderungen zu den neueren Netzen sinken wird. Die Endgeräte sind relativ unhandlich, und Zusatzdienste existieren in geringerem Umfang als bei den neuen Netzen. 49 Im Rahmen einer ausführlicheren Analyse könnten diese Metadimensionen mittels Faktorenanalyse ermittelt werden.

234

Kap. 5: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte

Die D-Netze werden die Qualitätsanbieter des Mobilfunks werden. Die Endgeräte sind besonders klein, und es gibt eine Fülle von Zusatzdiensten. Deren Vielfalt erreicht das E-Netz nicht. Außerdem besteht die Problematik, daß der Hand-Over zwischen einzelnen Funkzellen ftir sich schnell bewegende Nutzer nur eingeschränkt möglich ist. Sonst hat das E-Netz alle Leistungsmerkmale der D-Netze, weshalb die Unterscheidung durch den Nutzer zum großen Teil davon abhängen wird, wie es gelingt, durch Marketingmaßnahmen Unterschiede zu kommunizieren. 50 Tabelle 32 Ausprägung der Haupteinflußfaktoren bei den unterschiedlichen Mobilfunknetzen (gut = +, neutral = 0, schlecht =-) Haupteinflußfaktoren Übertragungs- Preis Überftillungs- End- Zusatz- Bewerqualität zustände geräte dienste tung B-Netz

-

-

0

-

C-Netz

0

0

0

Dl-Netz

+

0

D2-Netz

+ 0

4x-

0

-

+

+

+

4x+

0

+

+

+

4x+

+

+

+

0

3x+

lx-

(

E-Netz

Bei den Nebeneinflußfaktoren ist zu vermuten, daß die DeTeMobil auf Dauer ihre Nachteile abbauen kann. Hinsichtlich der Verwendbarkeit des Mobiltelefons im Ausland sind das C-Netz und das E-Netz den D-Netzen unterlegen. Die Imagenachteile der Telekom aufgrund ihres Behördencharakters werden aufgewogen durch den Bekanntheitsgrad in der Bevölkerung. Die beiden privaten Netze haben geringftigige Nachteile hinsichtlich der Präsenz ihrer Direktvertriebsstellen. Darin ist ihnen die Telekom überlegen. Es zeigt sich, daß deutliche Unterschiede hinsichtlich der Nutzenempfindung bei den Konsumenten zwischen dem C-Netz und den drei neuen Netzen zu erkennen sind. Alle drei neuen Netze stellen eine deutliche Verbesserung gegenüber dem C-Netz, sowohl hinsichtlich der Haupt- als auch hinsichtlich der Nebenfaktoren dar. 50 Vgl. M Hohensee (1994), S. 61.

E. Analyse des Produktfortschrittsprozesses

235

Bei einer Gewichtung der einzelnen Faktoren im Rahmen der Gewinnung der bei den Metafaktoren hätte man eine noch stärker differenzierte Analyse vornehmen können. Darauf wurde aber wegen fehlender Daten, die die Gewichtung hätten fundieren können, verzichtet. Die Ausprägungen des Koeffizienten n q wurden vom Autor geschätzt. Es wäre manchmal besser, an die Stelle der Schätzung eines einzelnen die Schätzung einer Gruppe von Fachleuten zu setzen. Dies kann im Rahmen der Arbeit aber nicht geleistet werden. Tabelle 33

Ausprägung der NebeneinfluOfaktoren bei den unterschiedlichen Mobilfunknetzen (gut = +, neutral = 0, schlecht =-) Nebeneinflußfaktoren Service

Distribution

Image

Internationalität

Ergebnis

B-Netz

-

+

-

C-Netz

0

+

0

-

neutral

Dl-Netz

0

+

0

+

2x+

D2-Netz

+

0

+

+

3x+

E-Netz

+

0

+

-

lx+

2x-

Bei der Abschätzung von n q wurden folgende Überlegungen für den Untersuchungsmarkt angestellt: •

Gegenüber dem B-Netz war das C-Netz eine vollkommen neue Dienstleistung. In Großbritannien wurde aber zur selben Zeit ein besseres Mobilfunknetz aufgebaut. Deshalb hat n q den Wert 0,5.



Für die D-Netze ist anzumerken, daß sie gegenüber dem Analog-Netz aus Großbritannien eine erhebliche Weiterentwicklung darstellen, daß aber einige Merkmale bereits bei diesem Analog-Netz realisiert waren. Für die DNetze gilt deshalb ein nq von 0,75.



Das E-Netz hat gegenüber den D-Netzen nicht viele unterschiedliche Leistungsmerkmale. Wesentlich für die qualitative Einschätzung des E-Netzes wird sein, ob in ihm der Hand-Over ebenso gut gelingt, wie in den D-Netzen. Wegen der physikalischen Eigenschaften der 1,8 GHz-Frequenz sind die Abdeckungsflächen je BTS etwa um die Hälfte kleiner, weshalb bei sich

236

Kap. 5: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte schnell bewegenden Nutzem das Gespräch abbrechen kann, weil die Software des Netzes den Hand-Over nicht schnell genug zustande bringt. Lediglich im wahrscheinlich langfristig niedrigeren Preis liegt eine qualitative Verbesserung. Deshalb hat nq die Ausprägung 0,25.

Insgesamt gilt es, besondere Sorgfalt bei der Abschätzung der Ausprägung der Korrekturkoeffizienten walten zu lassen. So hätte man z. B. von einem längeren oder kürzeren Lebenszyklus und damit langsamerer bzw. schnellerer Erodierung der Neuigkeit der Dienstleistungen aufgrund der Verweildauer am Markt ausgehen können. Der Untersuchende muß sich immer vor Augen fUhren, daß das Ergebnis der Prozeßmusteruntersuchung des PFP besonders sensibel auf die im Rahmen der Findung der Indikatorwerte getroffenen Prämissen reagiert. Das mahnt zu besonderer Vorsicht. Tabelle 34 Absolute Nutzerzahl mr die Mobilfunknetze von 1986 bis 1994

in '000

1986

B-Netz

27

26

24

22

C-Netz

20

52

98

163

D-Netze

1987 1988

1989 1990

1991

199 2

199 3

1994

19

15

11

5

1

274

532

772

803

785

180

750

1.500 30

E-Netz

Die Entwicklung des Indikators zeigt auf, daß neue Dienstleistungen in Deutschland von Jahr zu Jahr eine zunehmende Verbreitung in der Bevölkerung gefunden haben. Selbst der Basissprung wegen der Wiedervereinigung zwischen den Jahren 1989 und 1990 von 60 Mio. auf 81 Mio. BundesbUrger hat nicht zu einer Verminderung der Penetrationsrate geftlhrt. Während des Betrachtungszeitraums hat sich die Penetration des C-Netzes zuerst kontinuierlich vergrößert, bevor durch die Konkurrenz neuer Netze und aufgrund störender Überfilllungserscheinungen der Zuwachs gestoppt wurde. Durch den Einfluß des Altersabschlages geht das C-Netz seit 1994 nicht mehr in die Berechnung des Indikators ein. Der Zuwachs beim D- und E-Netz überkompensiert dies aber.

2. Indikatorabschltzung mr den Vergleichsmarkt

Als Vergleichsmarkt bietet sich besonders Großbritannien an. Dort ist die Deregulierung der Telekommunikationsmärkte bereits sehr weit fortgeschritten, so daß angenommen werden kann, daß sich dort der PFP beispielhaft ent-

E. Analyse des Produktfortschrittsprozesses

237

wickeln kann. Darüber hinaus hat ein Vergleich mit GB gegenüber einem Vergleich mit z. B. den USA oder Japan den Vorteil, daß GB hinsichtlich Geographie und Demographie mit Deutschland sehr gut vergleichbar ist. Dadurch kann von einem FortschrittsrUckstand direkt auf den Zustand des Wettbewerbs geschlossen werden, statt abwägen zu müssen, ob andere Gründe die Imitation der Dienstleistungen des Vergleichsmarktes verhindert haben. Außerdem ist Großbritannien ein GSM-Unterzeichnerstaat. Die GSM-Technologie gilt zur Zeit als besonders erfolgreich 51 und wurde in Großbritannien besonders schnell umgesetzt. 52 Tabelle 35 Herleitung der Indikatorwerte für den Zeitraum 1986 bis 1994 in Promille

1986

1987

1988

1989

1990

1991

1992

1993

1994

B-Netz

0,44

0,42

0,39

0,35

0,23

0,19

0,14

0,06

0,01

C-Netz

0,32

0,84

1,58

2,63

3,38

6,57

9,53

9,91

9,69

C-Netz n t

I

0,97

0,92

0,83

0,72

0,58

0,42

0,22

0

C-Netzn q

0,5

0,5

0,5

0,5

0,5

0,5

0,5

0,5

0,5

q~C-Netz

0,16

0,41

0,73

1,10

1,22

1,95

2,99

1,10

0

D-Netze

2,22

9,26

18,52

D-Netze nt

I

0,97

0,92

D-Netzenq

0,75

0,75

0,75

q~D-Netze

1,67

6,75

12,72

E-plus

0

0,37

E-Netz nt

I

0,97

E-Netz n q

0,25

0,25

q~E-Netz

0

0,09

7,85

12,81

Dl:q~

0,16

0,41

0,73

1,10

1,22

1,95

4,66

In Großbritannien konnte sich das mobile Telefonieren vor 1985 nicht zu einem Massenmarkt entwickeln. Etwas über 40.000 Nutzer telefonierten über ein handvermitteltes Mobiltelefonnetz, als 1985 Lizenzen für zwei analog operie51 Vgl. Th. Haug (1994), S. I. 52 Vgl. L. Hooper(l991), Wall StreetJoumal RB.

238

Kap. 5: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte

rende Mobilfunknetze vergeben wurden. Eine Lizenz erhielt British Telecom im Konsortium mit der Firma Securicor, einem Unternehmen aus der Sicherheitstechnikbranche. Die zweite Lizenz wurde an Racal Electronics vergeben. Das BT-Mobilfunknetz wird unter dem Namen Cellnet, das von Racal unter dem Namen Vodaphone geführt. Im Jahr 1989 wurde drei Konsortien eine Lizenz für den Betrieb eines Mobilfunknetzes auf dem 1.800 Mhz Frequenzband gegeben. Es handelt sich um Microtel Ud., Mercury PCN Ud. und United Ud.. Die letzten beiden entschlossen sich, ein Mobilfunknetz gemeinsam zu nutzen, um die hohen Anfangsinvestitionen zu verringern, den Geschäftsbetrieb aber getrennt abzuwickeln. Im Jahre 1991 wurde die Lizenz für Cellnet und Vodaphone ausgeweitet auf den Betrieb der europaweit neu einzuführenden digitalen GSM-Mobilfunknetze. Zusätzlich erhielt Mercury eine Lizenz für ein GSM-Netz. Es stellt sich die Frage, wie die Entscheidung, auf der Hardware-Ebene zu kooperieren, für die Belange des PFP zu bewerten ist. Hinsichtlich der Forschungsaufwendungen ist denkbar, daß bei einem getrennten Aufbau mit höheren Innovationsraten zu rechnen wäre. Andererseits ist einem Großunternehmen vielleicht der Aufbau einer erfindungsreichen F & E-Abteilung eher möglich. Hinsichtlich der Positionierung der Dienstleistungen im Preis-LeistungsRaum ist davon auszugehen, daß die Konsumenten die Dienstleistungen der beiden Betreiber unterscheiden und als eigenständig wahrnehmen werden. Wie bereits oben erklärt, kann die Differenzierung zwischen den Netzdienstleistungen hauptsächlich auf der Ebene des Preises und der Nebeneinflußfaktoren erfolgen. Diesbezüglich besteht aber eine strikte Trennung zwischen den beiden Netzbetreibern. Bei einem Vergleich mit Deutschland ergibt sich folgende Situation: In Großbritannien herrschte 1984 ein mit Deutschland vergleichbarer "Urzustand". Ein Jahr später wurden zwei privatwirtschaftlich geführte Mobilfunknetze eingeführt, die auf einer Technologie beruhen, die zu dieser Zeit im direkten Wettbewerb zu der C-Netztechnologie stand. Vier Jahre später wurden drei Lizenzen für den Betrieb eines Mobilfunknetzes vergeben, dessen Vorteil in den erheblich niedrigeren Infrastrukturaufwendungen pro Nutzer und kleineren Mobiltelefonen bestand. Für diese Technologie wurde in Deutschland erst 1993 eine Lizenz an E-plus vergeben. Schließlich wurden 1993 drei Betriebslizenzen für auf digitaler GSM-Technologie beruhende Mobilfunknetze vergeben. Dieser Schritt wurde in Deutschland ebenfalls vollzogen, was nicht zuletzt darauf zurückzuführen ist, daß eS sich um eine innerhalb der EG einheitlich umzusetzende Maßnahme handelte. Die Schätzung der n -Werte basiert auf folgenden Überlegungen. Gegenüber dem handvermitte~en Netz stellte das auf 900 MHz operierende Analognetz bei seiner Einführung eine völlig neue Dienstleistung dar. Deshalb hat n den Wert 1. Für das GSM-Netz gilt, daß das analoge Netz bereits einige Merkmale aufwies, wie z. B. gute Bedienungs- und Übertragungsqualität, an-

E. Analyse des Produktfortschrittsprozesses

239

dere Merkmale, wie die internationale Einsetzbarkeit aber noch nicht. Deshalb ist der nq-Wert 0,75. Ähnlich war die Situation bei der Einführung der PCNNetze, wobei die GSM-Netze bereits alle wesentliche Leistungsmerkmale aufwiesen, besonders was die Gerätegröße und das Preisniveau anging. Deshalb hat n q den Wert 0,25. Tabelle 36 Absolute Nutzerzahl für die Mobilfunknetze Großbritanniens von 1986 bis 1994

in '000

1986

1987

1988

1989

1990

handvennittelt

45

38

24

15

7

analog/900

100

200

325

500

700

1991

1992

1.000

1.300 1.958 2.800

1993

1994

GSM900

25

130

PCN 1800

32

255

Tabelle 37 Herleitung der Indikatorwerte für Großbritannien für den Zeitraum 1986 - 1994 (handvermittelt = Entsprechung des B-Netzes, analog/900 = analoges Netz auf Frequenzband um 900 Mhz)

in Promille

1986

1987

1988

1989

1990

handvennittelt 0,79

0,67

0,42

analog/900

1,75

3,51

5,70

900 nt

1

900nq

1

1

1

1

1

q~900

1,75

3,41

5,22

7,31

8,87

1992

1993

1994

0,26

0,12

8,77

12,28 17,54 22,81

34,35

49,12

0,416

0,222

0

1

1

1

1

10,23

9,49

7,63

0

GSM900

0

0,44

2,28

GSMnt

1

0,972

0,916

GSMnq

0,75

0,75

0,75

q~GSM

0

0,32

1,56

PCN 1800

0,56

4,47

PCNnt

1

0,972

PCN~q

0,25

0,25

qknpCN

0,14

1,09

8,09

2,65

GB :Eq~

1,75

1991

0,972 0,916 0,833 0,722 0,583

3,41

5,22

7,31

8,87

10,23

9,49

240

Kap. 5: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte Tabelle 38 Fortschrittsdifferenz ausweislieh der Differenz der Indikatorwerte

GB l:q~

1,75

3,41

5,22

7,31

8,87

10,23

9,49

8,09

2,65

D l:q~

0,16

0,41

0,73

1,10

1,22

1,95

4,66

7,85

12,81

~l:q~

1,59

3,00

4,49

6,21

7,65

8,28

4,83

0,24

-10,16

ProduktvorsllrunR

ProduktvorsllrunR

15

15

10

10

5

5

0

0

5

5

10

10

15 1986

1988

1990

1992

.••... SummeGB - - SummeD - - Produktvorsprung

15 1994

Abb. 28: Prozeßmuster des PFP

Das Prozeßmuster weist ftlr das Jahr 1986 einen geringfllgigen Fortschrittsrückstand des Untersuchungsmarktes gegenüber dem Vergleichsmarkt auf. Der Rückstand vergrößerte sich aber in den Folgejahren immer mehr bis zum Höchststand im Jahr der Aufnahme des kommerziellen Betriebs der D-Netze. Seitdem verringert sich der Rückstand. 1994 wurde aus dem Rückstand sogar ein Vorsprung. Ausweislich des Prozeßmusters ist der PFP auf den Mobilfunkmärkten in Deutschland nicht gestört. IV. Prüfung der Prozeßmusterentwicklung aufPlausibilitit

Die Mobilfunkmärkte zeichnen sich durch einige Spezifika aus, die Einfluß auf den Ablauf des PFP nehmen und das Prozeßmuster beeinflussen. Beson-

E. Analyse des Produktfortschrittsprozesses

241

ders wichtig ist in diesem Zusammenhang das Phänomen der Sunk Costs der Nachfrager und die Standardisierung der Mobilfunknetztechnologie. Sunk Costs der Nachfrager - Die Sunk Costs der Nutzer stellen eine Marktschranke dar. Die Mobiltelefone sind nicht zwischen Netzen unterschiedlicher Technologie austauschbar. Ein Netzwechsel ist ftlr den Nutzer also nur angeraten, wenn die Totalkapazität seines Telefons verbraucht ist oder wenn der zusätzliche Nutzen der neuen Dienstleistung erheblich ist. Angesichts dieser Situation kann sich ein neuer Anbieter nur dann erfolgreich am Markt behaupten, wenn er ein wesentlich verbessertes Produkt anbieten kann. Produktfortschritt, der über die reine Modifikation der bestehenden Dienstleistung hinausgeht, fmdet nicht kontinuierlich, sondern in diskreten Sprüngen als Schock statt. Diese Eigenschaft ist system immanent und gilt deshalb filr die Zeit vor wie nach dem Strukturbruch. Dienstleistungsstandard der GSM-Netze - Die Basisdienstleistung der neuen Digitalnetze beruht auf einer Konvention, auf die sich die Unterzeichnerstaaten in langjährigen Verhandlungen haben einigen können. Dadurch wurde faktisch ein paneuropäisches Mobilfunknetz geschaffen. Die unternehmerische Leitung des Aufbaus und des Betriebs wurde nationalen Unternehmen überantwortet. Dem Vorteil internationaler Kompatibilität steht gegenüber, daß durch die Definition eines verbindlichen Standards die Fortentwicklung der Dienstleistungsmerkmale im schlimmsten Fall vollständig unterbunden wird. 53 Zwar arbeitet der GSM-Arbeitskreis des ETSI an der Weiterentwicklung des Standards, eine Verminderung der Dynamik des Fortschritts wird aber allein wegen der Mitspracherechte der vielen Beteiligten unausweichlich sein. Die Mobilfunktechnologie ist im Grunde als Massenmarkt aber nur denkbar, wenn ein Standard existiert. Nur dann können Stückzahlen erreicht werden, die die preisgünstige Bereitstellung ermöglichen. 54 Deshalb werden z. B. die PCNNetze mit einer Technologie genutzt, die als reduzierte GSM-Technologie bezeichnet werden kann. Auch hier wurde innerhalb des ETSI ein Standard festgelegt, durch den die Stückkostendegressionen aus den GSM-Netzen über53 Eine Alternative zu der ex ante Definition eines Standards ist das Vertrauen auf die Marktkräfte. Bei Telekommunikationsnetzen tritt in der Regel die Problematik Kritischer Massen auf, d. h., daß die Dienstleistung erst von einem breiten Markt angenommen wird, wenn eine bestimmte Anzahl von über das Netz erreichbaren Gesprächspartnern garantiert werden kann. Weil ein einzelnes Unternehmen die Erreichung der Kritischen Masse nicht erreichen kann, ist die Bereitschaft innerhalb der Industrie groß, sich auf einen Standard zu einigen. In diesem Fall bedarf es nicht des Einsatzes der Regulierung. Eine weitere Alternative wäre der Einsatz von Gateway-Technologien, oder anders ausgedrückt, Kompatibilität erzeugenden Schnittstellenadaptern. Dieser Weg stößt aber bei einer wachsenden Anzahl ursprünglich inkompatibler Netze schnell an sein Grenzen. Vgl. Burr, w., (1995), S. 129 - 133. Die Standardisierung ist also keine conditio sine qua non, sondern sollte nur eingesetzt werden, wenn sonst keine Kompatibilität erzeugt werden kann. 54 Vgl. SI. BeseniM Farrell(1994), S. 119. 17 Kurtsiefer

242

Kap. 5: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte

nommen werden konnten und darUber hinaus eine gewisse internationale Kompatibilität erreicht wurde. Es scheint also vernünftiger kaufmännischer Praxis zu entsprechen, internationale Standardisierung anzustreben. Deshalb ist sie als ein systemimmanentes Element zu verstehen, ein Zeichen dafllr, daß die nationalen Grenzen eines Landes nicht die volkswirtschaftlich sinnvolle Größe eines Einzugsgebietes ist, auf dem ein einheitlicher Standard gelten sollte. Wenn ein Land allein nicht mehr in der Lage ist, profitable Stückzahlen bei den Netzelementen zu erreichen, ist dies ein weiter Hinweis dafllr, daß die Größe eines Netzbetreibers nicht von Staatsgrenzen bestimmt werden sollte. Der Betrieb von Mobilfunknetzen ist als ein ebenso internationaler Markt zu verstehen, wie z. B. die Unterhaltungselektronik. Das potentielle Hemmnis eines internationalen Standards bezieht sich allerdings nur auf die Netze, denen die GSM-Technologie zugrundeliegt. Mobilfunkbetrieb auf einem anderen Frequenzband, wie z. B. dem der PCN-Netze, könnte sich frei von internationalen Standards entwickeln. Dann wäre die Fortschrittsfunktion des Wettbewerbs nur punktuell eingeschränkt. Angeregt durch Innovationen von Netzen auf anderen Frequenzbändern, würde der GSM-Ausschuß um eine innovative Fortentwicklung der digitalen Mobilfunkdienstleistung bemüht sein müssen. Der Kostenvorteil der PCN-Technologie wurde aber in Europa nicht zuletzt dadurch erreicht, daß man sich weitgehend an den Standard der GSM-Technologie hielt, um dessen Skaleneffekte zu übernehmen. Dadurch ist der Produktfortschritt von den GSM-Diensten zu den PCN-Diensten nur gering. 55 Diese Strategie mag zur Zeit noch nicht problematisch sein. Sie birgt aber die Gefahr, daß man in einigen Jahren in Deutschland und Europa relativ veraltete Netze und damit Dienste nutzt. Der Marktaustritt alter Anbieter wird durch dann irreversible Kosten hinausgezögert, so daß die Überalterung längerfristig bestehen bleibt. Ein anderes Problem der Standardisierung ist, daß sich die die Standards bestimmende Institution nicht damit begnügt, Mindestfunktionen zu defmieren, um internationale Kompatibilität zu erreichen, sondern bis in die Mehrwertdienste Einfluß nehmen will. 56 Die Hoffnung, daß nach dem Strukturbruch ein Gleichgewicht bei dem PFP angestrebt wird, ist also verfrüht. Das ursprüngliche Hindernis, der Eingriff des Staates in die Entscheidungsfindung, ist noch nicht ganz aus dem Weg geräumt. Weiterhin behält er sich die Vergabe von Frequenzen und die Lizenzierung von Mobilfunknetzen vor. Dies bedeutet aber, daß es potentiellen Anbietern nicht erlaubt ist, neue Technologien und damit neue Dienstleistungen selbständig auf dem Markt umzusetzen. Statt dessen muß erst eine staatliche Institution von der Marktfilhigkeit der neuen Dienstleistung überzeugt werden,

55 Vgl. Monopolkommission (1992), S. 359f. 56 Vgl. eh. B. B1ankart•./G. Knieps (1994), S. 10.

E. Analyse des Produktfortschrittsprozesses

243

damit sie die Errichtung des daftlr notwendigen Netzes ausschreibt. Dies wird auch in Zukunft den Fortschrittsprozeß hemmen.

Unterschiedliche Qualitätsstufen zwischen dem Untersuchungs- und dem Vergleichsland - Die Untersuchung des Prozeßmusters wies aus, daß Deutschland zwischen 1986 und 1990 einen deutlichen Rückstand gegenüber Großbritannien hatte. Dieser wurde ausweislich der Indikatorwerte bis 1993 abgebaut. Seitdem zeigt das Prozeßmuster, daß Deutschland fortschrittlicher ist als Großbritannien. Die folgende Argumentation zur Erklärung der Entwicklung des PFP kann einige Vorgriffe auf den VFP nicht vermeiden, weil die zugrundeliegende Herstellungstechnologie die Ausprägung der Dienstleistung festlegt. In Deutschland hatte die Post durch den nationalen Alleingang bei der Auswahl des technischen Systems ein Gleichgewicht auf einem niedrigen Niveau bewirkt. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß staatlicher Einfluß auf die Entscheidung ftlr die C-Netztechnologie ausgeübt wurde. Dadurch wurde die einheimische Industrie, allen voran Siemens unterstützt. 57 Die Alternative wäre ein amerikanisches System gewesen, ftlr das in Deutschland das Know-How fehlte. Mit dieser Entscheidung wurde der Weg ftlr eine Dienstleistung geebnet, die zwar in den folgenden Jahren eine große Beliebtheit erlange, die aber bedingte, daß der Fortschrittsrückstand zu Großbritannien immer mehr anwuchs. In Großbritannien hatte die konservative Regierung um Frau Thatcher in ihrer Regierungserklärung die Liberalisierung des Telekommunikationssektors besonders hervorgehoben. Daraus resultierte die Privatisierung von British Telecom 1984 und die Vergabe zweier Lizenzen ftlr den Betrieb von Mobilfunknetzen an private Anbieter. Beide Anbieter entschlossen sich, das amerikanische Mobilfunksystem AMPS (Automatic Mobile Phone System) als Grundlage ftlr ihr Netz zu verwenden. 58 In Amerika existierten AMPS Netze seit 1983. Sie zeichneten sich durch hohe Kapazität, gute Sprach übertragung und Mehrwertdienstetauglichkeit aus. • Das AMPS mußte den Erfordernissen des britischen Heimatmarktes angepaßt werden. Diese Version wurde unter dem Kürzel TASC vermarktet (Total Access Communications). Zur Wahl hatten auch ein skandinavisches, ein französisches und das deutsche System gestanden. Letzteres wurde in Deutschland als C-Netz realisiert. Zu dieser Zeit war in Deutschland eine Entstaatlichung der Telekommunikation noch nicht in Sicht. Betrachtet man die Verbreitung der beiden Netzsysteme, TASC und C-Netz, in Europa, so fällt auf, daß das TASC-System auch in Irland, Malta, Spanien, 57 Noch bevor die Ausschreibung für die Lizenz des zweiten D-Netzes veröffentlicht worden war, hatte die Deutsche Bundespost ihre Absicht bekundet, Siemens als Systemlieferant zu wählen. Vgl. W. Kopp (1990), S. 243. 58 Vgl. o. V. (1992), S. 51. 17'

244

Kap. 5: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte

Italien und Österreich verwendet wurde. Per Ende 1992 telefonierten in Europa 2,3 Mio. Nutzer in TASC Systemen.59 Die Anwendung des C-Netzes blieb auf Deutschland und Portugal beschränkt, so daß mit der C-Netztechnologie nur 0,8 Mio. Nutzer telefonierten. Für die Interpretation des Prozeßmusters ist wichtig festzuhalten, daß die britischen Mobilfunknetze dem deutschen C-Netz qualitativ überlegen waren. Daraus kann man die These ableiten, daß der mangelnde Wettbewerb in Deutschland dazu ftlhrte, daß man eine nationale und nicht die beste Lösung bei der Wahl des Mobilfunksystems gesucht hat. Diese Vermutung wird erhärtet, wenn man sieht, daß Spanien, Österreich, Italien und Malta erst 1990 ihre Mobilfunknetze in Betrieb nahmen, so daß sie reichlich Zeit hatten, den Netzbetrieb in vivo zu erleben. Darüber hinaus gab es in Großbritannien seit 1989 Service Provider, die eine Vielzahl von Mehrwertdiensten anboten. Diese Institution gibt es in Deutschland erst seit die GSM-Netze in Betrieb gegangen sind. Für den PFP hat dies weitreichende Konsequenzen. Das Niveau der Bedürfnisbefriedigung in Großbritannien ist während der gesamten Zeit von 1985 bis 1992 wesentlich höher gewesen als in Deutschland. Zwar wurden auf der Basis des C-Netzes neuen Dienstleistungen angeboten, diese waren aber den Dienstleistungen auf der Basis des TASC Systems immer deutlich unterlegen. Durch den Strukturbruch wurde die Situation verändert. Die Errichter von Mobilfunknetzen waren in der Auswahl ihrer Zulieferfirmen völlig frei. Bei den D-Netzen waren sie an eine bestimmte Technologie auf einem gegebenen Frequenzband gebunden, beim E-Netz nur an ein bestimmtes Frequenzband. 60 Als 1992 die neuen GSM Netze eingefilhrt wurden, unterschied sich die Marktsituation in Großbritannien wesentlich von der in Deutschland. Während sich die Bedürfnisbefriedigung in Großbritannien auf einem hohen Niveau bewegte, waren in Deutschland hinsichtlich eines verbesserten Mobilfunknetzes noch manche Wünsche offen. Dies weisen auch die Nutzerzahlen aus. Während in Deutschland nu! 800.000 Mobilfunknutzer zu verzeichnen waren, betrug die Zahl in Großbritannien 1.500.000. Das ftlhrte natürlich dazu, daß den GSM59 Außerhalb Europas wurde das AMPS oder das TASC in 22 von 34 weiteren Staaten verwendet, während nur Süd Afrika die C-Netztechnologie anwendete. 60 Bei den D-Netzen ist ein Vergleich des Wettlaufs um die schnellste Aufnahme des Sendebetriebs interessant. Die DeTeMobil und MMO lieferten sich ein Prestigeduell. Aus eingeweihten Kreisen war zu hören, daß die Telekom Schwierigkeiten hatte, weil ihrem als Hoflieferanten bezeichneten Zulieferer Siemens nicht schnell genug die technische Harmonisierung gelang. So erarbeitete sich MMO geringe Vorteile, weil ihr Hauptzulieferer Ericsson diese Schwierigkeiten nicht hatte. Bisher hatte eben die Telekom alle Aufträge unter dem Gesichtspunkt der Förderung der heimischen Industrie vergeben. Dadurch hatten die deutschen Zulieferer nie ihre Leistungsfllhigkeit im internationalen Vergleich unter Beweis stellen müssen. Nun wurden sie von der Situation nach der Marktöffnung überrascht, als international tätige Konzerne, wie z. B. Ericsson auf den deutschen Markt drängten.

E. Analyse des Produktfortschrittsprozesses

245

Netzen in Deutschland bald ein großer Markterfolg beschieden war. Erstens konnte viel latente Nachfrage geweckt werden und zweitens war der Wechsel vom C-Netz zu den D-Netzen aufgrund der besseren Dienstleistung lohnenswert. In Großbritannien hingegen mußten sich die PCN/GSM-Netze gegen die gut entwickelten, etablierten Mobilfunknetze durchsetzen. Mehrwertdienste wurden bereits angeboten, ÜberfUllungen waren in weit geringerem Ausmaß als in Deutschland zu verzeichnen. Deshalb war ein Wechsel zu den PCN/GSM-Netzen nicht unbedingt lohnenswert und darüber hinaus mit - wenn auch geringen - Kosten verbunden. 61 Außerdem war das Potential latenter Nachfrage wesentlich geringer, weil die Wettbewerbssituation dazu gefUhrt hatte, daß die Netzbetreiber wesentlich mehr Kapazität aufgebaut und intensiver akquiriert hatten. Daß in diesem Umfeld die Diffusion der neuen Netze langsamer fortgeschritten ist als in Deutschland, ist nur verständlich. Diese Überlegungen hat bestimmt auch Cellnet angestellt, die von ihrer Betriebslizenz fUr ein GSM-Netz bisher noch keinen Gebrauch gemacht hat. Es ist also festzuhalten, daß der PFP in Deutschland bis 1992 noch nicht funktionierte. Es wurde zwar ein Mobilfunknetz installiert, die dem Netz zugrunde liegende Systemtechnologie wurde aber gewählt, weil der Staatsmonopolist Deutsche Bundespost wahrscheinlich die Auftragsvergabe fUr das CNetz mehr aus politischem Kalkül vornahm, als rein ökonomische Fakten entscheiden zu lassen. Situation nach dem Strukturbruch - Seit der Entmonopolisierung des Mobilfunkwesens hat sich die Situation in Deutschland verbessert. E-plus bietet eine neue Dienstleistung auf der Basis der PCN-Technologie an. Die D-Netze nutzen die zur Zeit jüngste Netztechnologie der Welt. Beim Aufbau der D-Netze nahm Deutschland eine Vorreiterrolle ein, indem MMO und die Telekom schneller als andere die flächendeckende Versorgung erreichten. Deshalb ist dem PFP in Deutschland mittlerweile Funktionsfähigkeit zu attestieren.

Zu klären ist noch, ob die Setzung des GSM-Standards zu einer Schwächung des PFP führt. Betrachtet man einmal die D-Netze, so wird offensichtlich, daß die Fortentwicklung der Dienstleistung nur in dem Rahmen der in den Verträgen spezifizierten Technologie vorangetrieben werden kann. Alle weiterführenden Veränderungen bedürfen der Genehmigung durch den GSM-Arbeitskreis. Nationale Einzellösungen, die die Kompatibilität mit den anderen Netzen gefährden, sind nicht erlaubt. Man könnte den GSM-Standard hinsichtlich der D-Netze somit als Schwachstelle bewerten. Gleichzeitig muß aber beachtet werden, daß ein Standard, wie oben aufgefllhrt wurde, unumgänglich ist.

61 Daß trotz dieser geringen Kosten kein Wechsel zu verzeichnen war, beweist die hohe Zufriedenheit mit der Analogtechnologie.

246

Kap. 5: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte

Vor diesem Hintergrund ist der PFP in Deutschland mittlerweile als funktionierend zu bewerten. Tabelle 39 Ergebnis der Prüfung aufProzeßdynamik des PFP Prüfung des PFP auf Stabilitätsdefekte vor dem Strukturbruch

nach dem Strukturbruch

Prozeßmuster

Koordinationsmangel

Funktionsfllhigkeit

Plausibilitätstest

Koordinationsmangel

Funktionsfllhigkeit

Ergebnis

Prozeß gestört

Funktionsfllhigkeit

v. Prüfung der Funktionsweise auf Niveaudefekte Im Rahmen des Niveauverzerrungstests wird untersucht, ob der realisierte Gleichgewichtszustand des Marktes auf eine Verzerrung schließen läßt. Einige mögliche Gründe für eine Verzerrung können gleich ausgeschlossen werden. So ist z. B. nicht zu erwarten, daß die Nachfrager von Mobilfunkleistungen unter Informationsmängeln leiden. Schließlich wird die Qualität der Leistung von Fachzeitschriften kontrolliert und kommuniziert. Ein Niveaudefekt aufgrund eines staatlichen Eingriffs läge vor, wenn der Staat - wie in Frankreich bei BTX - die Einführung bestimmter PLK's subventioniert und dadurch z. B. einen künstlicher Vorsprung herbeigeführt hätte. Das liegt in Deutschland aber nicht vor. Externe Effekte treten nur im Zusammenhang mit dem Phänomen kritischer Massen als Netzexternalität auf.

Kritische Masse - Mit der Problematik der kritischen Masse wird umschrieben, daß es bei Netzwerken beim Eintritt neuer Nutzer in das Netz u. U. positive externe Effekte für die bestehenden Nutzer des Netzes gibt.62 Im Bereich der Telekommunikation ist das z. B. für das Telefax zu konstatieren. Je mehr Menschen über ein Telefax verfügen, desto sinnvoller ist es, selber eines anzuschaffen und sich am Faxverkehr zu beteiligen. Liegt in einer Branche das Problem kritischer Massen vor, vollzieht sich die Penetration neuer Produkte zuerst nur langsam. Weil die Nutzung des Produktes davon abhängt, wieviele

62 Vgl. M L. Katz/C. Shapiro (1994), S 95ff, 3, M. Graumann (1993), S. 1334.

eh.

B. Blankart,G. Knieps (1994), S.

E. Analyse des Produktfortschrittsprozesses

247

andere das Produkt besitzen, warten potentielle Nachfrager mit ihrer Kaufentscheidung. Für Mobilfunkmärkte kann dieses Argument nur in eingeschränktem Umfang angefllhrt werden. Mobilfunknutzer können nicht nur innerhalb ihres Netzes, sondern auch in das Festnetz hinein telefonieren. Von dort können sie weltweit jeden telefonisch anwählbaren Anschluß erreichen. In dieser Hinsicht besteht also kein Motiv, ihre Kaufentscheidung von der Anzahl der in einern Netz befindlichen Mitglieder abhängig zu machen. Deshalb sind in diesem Zusammenhang Erwägungen über kritische Massen nicht relevant. 63 Es konnten demnach keine Hinweise dafUr gefunden werden, daß sich der PFP auf ein verzerrtes Gleichgewicht hinbewegt. Tabelle 40

Ergebnis der Prüfung des Prozeßniveaus des PFP Prüfung des PFP aufNiveaudefekte vor dem Strukturbruch

nach dem Strukturbruch

IndizienprUfung

Funktionsfllhigkeit

Funktionsfllhigkeit

Re\evanzprUfung

entflHlt

entflHlt

Ergebnis

Funktionsfllhigkeit

Funktionsfllhigkeit

VI. Zusammenfassende Beurteilung des PFP

Art und Grad der Störung vor dem Strukturbruch - Zur Zeit des Monopols der Deutschen Bundespost war das Niveau der Bedürfnisbefriedigung wesentlich niedriger als im idealen Vergleichsland. Es wird deutlich, daß durch die Einflußnahme des Staates - wenn überhaupt - falsche oder zumindest nicht 63 Im Zusammenhang mit der Herstellung eines Kollektivgutes gibt es immer die Problematik der kritischen Masse. Ein Versorgungsverband muß eine gewisse Mindestmitgliederzahl aufweisen, damit er das Gut bereitstellt. Bis zur Realisationsentscheidung bewirkt jedes neue Mitglied positive externe Effekte, weil es die Realisation des Gutes näher bringt. Beim Mobilfunk trat dieser Aspekt nicht hervor, weil durch den offensichtlichen Nachfragestau Gewißheit über die hinreichende Mächtigkeit der Gruppe der Nachfrager bestand. Ist das Kollektivgut einmal erstellt, hängt es von dessen Charakter ab, ob weiterhin positive externe Effekte durch den Beitritt neuer Mitglieder festgestellt werden können. Beim Mobilfunk ist das nicht der Fall.

248

Kap. 5: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte

ausreichende Maßnahmen zur Korrektur dieser Situation unternommen wurden. Die Patronage der DBP, die einseitig der deutschen Industrie zugute kam, ftlhrte dazu, daß ein im internationalen Vergleich unterentwickeltes Mobilfunknetz in Deutschland errichtet wurde. Dieses konnte beträchtliche Marktanteile erringen, weil es an einer leistungsfllhigen Alternative fehlte. Gegen das amerikanische AMPS bzw. das auf Staaten mit kleinerer Flächenausdehnung angepaßte TACS wäre es aber chancenlos gewesen. Dies belegt die internationale Verbreitung der jeweiligen Technologie überdeutlich. Einfluß des Strukturbruches auf die Störquellen - Durch die Entmonopolisierung der Errichtung und des Betriebs von Mobilfunknetzen wurde die Ursache des Koordinationsmangels des PFP behoben. Der Einfluß struktur- und konjunkturpolitischer Kalküle auf die Vergabe von Großaufträgen wurde erheblich eingedämmt. Damit waren die Mobilfunkbetreiber, die im Rahmen öffentlicher Ausschreibungen eine Betriebslizenz erhielten, völlig frei in der Auswahl ihrer Systemlieferanten.

Eine Schwachstelle wurde aber nicht ausgeräumt. Sie betrim die Möglichkeit der Einftlhrung neuer Dienstleistungen. Wie bisher können nur Dienstleistungen eingeftlhrt werden, die mit bereits bestehender Technologie produzierbar sind, weil auf neuen Technologien basierende Dienstleistungen neuer Lizenzen bedürfen. Erste Erfahrungen nach der Ä·nderung der Marktstruktur - Durch die neuen Netze hat sich das Niveau der Bedürfnisbefriedigung stark erhöht. Die gestiegene Attraktivität des Angebots spiegelt sich in den hohen Wachstumsraten der Mitgliederzahlen wider. Dadurch wird der Fortschrittsrückstand gegenüber Großbritannien systematisch abgebaut. Dort scheint eine Verlangsamung des Nachfragewachstums einzusetzen, weshalb Cellnet auf die Ausübung seiner Lizenz zum Betrieb eines GSM-Netzes verzichtet.

In Deutschland ist dieses Stadium noch nicht erreicht. Mit der Betriebsaufnahme des Netzes von E-plus findet mittlerweile eine Abrundung des Angebotes im Niedrigpreissegment statt. Die D-Netze haben noch lange nicht ihre Kapazitätsgrenze erreicht, während die Nachfrage nach Dienstleistungen des C-Netzes langsam auslaufen wird. Es zeigt sich also, daß der neu gewonnene Freiraum zur Ausweitung des Angebotes im allgemeinen ausgiebig genutzt wurde und wird. Es wird sich aber erst in Zukunft zeigen, welchen Einfluß der Schwachpunkt bei der Vergabepraxis neuer Lizenzen haben wird, der oben beschrieben wurde. Es ist nicht völlig unwahrscheinlich, daß, solange diese Vergabepraxis Bestand hat, das Angebot in Deutschland sich nicht mit derselben Geschwindigkeit weiterentwickeln wird und damit auch nicht dieselbe Attraktivität erreichen wird, wie das in Großbritannien. Es wird also abzuwarten sein, ob bei erkennbaren Defiziten in der Entwicklung, ein Gegensteuern durch eine den Marktkräften mehr Spielraum verleiende Vergabepraxis zu beobachten sein wird.

249

F. Analyse des Verfahrensfortschrittsprozesses

Tabelle 41

Koordinationsmllngeldiagnose des PFP Gesamturteil Produktfortschrittsprozeß vor Strukturbruch

nach Strukturbruch

Stabilitäts-

Prozeßmuster

Koordinationsmangel

Funktionsftihigkeit

defekte

Plausibilität

Koordinationsmangel

Funktionsftihigkeit

Beurteilung

Koordinationsmangel

Funktionsftihigkeit

Niveau-

IndizienprUfung

Funktionsftihigkeit

Funktionsftihigkeit

defekte

RelevanzprUfung

entflUlt

entfällt

Beurteilung

Funktionsftihigkeit

Funktionsftihigkeit

Koordinationsmangel

Funktionsftihigkeit

Gesamturteil

F. Analyse des Verfahrensfortschrittsprozesses auf den MobilfunkmArkten Deutschlands I. Der idealtypische Ablauf des VFP

Mit der Prüfung des Verfahrensfortschrittsprozesses wird die zweite Innovationsfunktion des Wettbewerbs analysiert. Verfahrensfortschritt wird dabei verstanden als die Entwicklung neuer Produktionsverfahren, mit denen entweder bei gegebenem Faktoreinsatz mehr Output erzielt werden kann oder bei gegebenem Output weniger Faktoreinsatz notwendig ist. Die Forderung an einen funktionierenden VFP ist, daß "durch exogene Schocks bedingte FortschrittsrUckstände im Vergleich zu weltweit anerkannten Kostenftlhrem Aufholanstrengungen im Verfahrensbereich auslösen".64

64 Vgl. H. Grossekettler (1994), S. 11.

250

Kap. 5: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte

Die AusfUhrungen zum idealtypischen Prozeßablauf des VFP (vgl. Abb. 27, 29) gleichen denen zum PFP. Dies liegt daran, daß der Verfahrensfortschritt als Produktfortschritt einer vorgelagerten Industrie angesehen werden kann. 65

Ver fa h ren s f

0

r t sc h r i t t

Regelstrecke: Alters-, Qualitätsverteilung der Verfahren Regler: Entscheider über Verfahrensund Qualitätsänderungen

~I

~L

yV = aV * qDV aV>O t t

I~

qtDV = qt-lDV + yt-l V + SV

1-.

vtV = induzierter Verfahrensfortschritt = Stellgröße (

SV = Störgröße des V-Prozesses

qpV = Fortschrittsdifferenz des V-Prozesses im Zeitpunkt t = Regelgröße aV

= Reaktionsparameter V-Prozeß Abb. 29: Regelkreis des VFP

Aus diesem Grund wirken auch hier die gleichen Mutations-, Selektionsund Imitationsprozesse. Im Rahmen des VFP wird demnach untersucht: 1. ob auf einem Markt genügend effiziente Anstrengungen unternommen werden, bestehende Herstellungsverfahren zu verbessern (Mutation), 2. ob die effizientesten Produktionsverfahren von den Herstellern ausgewählt werden (Selektion) und 65 Vgl. derselbe (1991), S. 11.

F. Analyse des Verfahrensfortschrittsprozesses

251

3. somit verstärkt zum Einsatz kommen (Imitation (vgl. Abb. 26». Für die Mobilfunkmärkte gilt es zu untersuchen, ob in Deutschland bei der Bereitstellung der Mobilfunknetze Verfahren benutzt wurden und werden, die hinter dem Weltstandard in bezug auf die Kostenintensität zurückliegen. Es wird hinterfragt, ob die Verfahren des KostenfUhrers imitiert wurden oder nicht. Mögliche Ansatzpunkte fUr einen Vergleich sind Effizienzkennziffern, deren Variablen einen nicht nur marginalen Einfluß auf die Kosten des Systems haben, z. B. das Alter der Produktionsanlagen, die Kostenträchtigkeit der Gebührenabrechnungssysteme, die Kosten fUr die Infrastruktur oder die Belegschaftszahlen.

11. Auswahl und Beurteilung denk- und vermgbarer Idealund Hilfsindikatoren mr die ProzeßmusterprOfung

Neue Produktionsverfahren zeichnen sich dadurch aus, daß durch sie entweder ein ökonomischerer Einsatz der Produktions faktoren ermöglicht wird oder daß qualitative Verbesserungen bei der Beschaffung, der Produktion, dem Absatz oder am Output realisiert werden. Als ideal müßte ein Indikator gelten, der alle wichtigen Verfahrensänderungen66 erfaßt und so als Gesamtindikator dienen könnte. Die Einbeziehung der qualitativen Komponente des Verfahrensfortschritts bedingt, daß auch solche Änderungen als fortschrittsbegründend anzusehen sind, deren Einfluß auf den Produktionsablaufnicht oder nur schwer durch quantitative Größen beschrieben werden kann. Ohne auf die Problematik näher eingehen zu können, müßten fUr die Erhebung des Idealindikators alle Produktionsunternehmen daraufhin untersucht werden, ob sie ihren Prozeßablauf umgestellt haben. Die geänderten Teilprozesse müßten mit dem auf sie entfallenden Wertschöpfungsanteil bewertet werden. Diese Wertschöpfungsanteile müßten aufsummiert und wiederum mit dem Umsatzanteil des untersuchten Unternehmens am Gesamtmarkt gewichtet werden. Dadurch würde man nach Summation über alle Unternehmen, den Wertschöpfungsanteil neuer Herstellungsverfahren eines Marktes erhalten. Solche Informationen sind in der Regel nicht erhältlich. Es ist schwer vorstellbar, daß solch ein Indikator jemals exakt gemessen werden kann, weil Verfahrensfortschritt ja auch z. B. durch Lemeffekte der beschäftigten Mitarbeiter begründet werden. Mithin ist Fortschritt nicht nur durch besondere Neuerungen

66 Ob eine Verfahrensänderung wichtig ist, oder nicht, könnte durch Befragungen unter den die Prozesse betreuenden Betriebsleitern ennittelt werden.

252

Kap. 5: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte

zu erwirken, die weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen, sondern auch durch kontinuierliche, kleinschrittige Fortentwicklungen. 67 Bei den Mobilfunkmärkten ist wie bei den vier anderen Prozessen die Informationsbeschaffung die wesentliche Restriktion filr die Indikatorwahl. Die interessantesten Informationen haben eine wettbewerbsrelevante Dimension, weshalb sie geheim sind. Es sind nur solche Zahlen verfilgbar, die in einem Ausmaß aggregiert sind, daß Einzelaspekte nicht herauszulösen sind. Weil man nicht in der Lage ist, den Fortschritt durch Verfahrensänderungen direkt zu messen, bedient man sich hilfsweise indirekter Methoden. Dabei untersucht man die Auswirkung dessen, was man als originäre Realisationsform nicht darzustellen vermag. Als Informationsquellen kommen die Jahresabschlüsse sowie Presseinformationen der Betreiber in Betracht, also Quellen, in denen man in der Regel keine Mengenangaben erhält. Hilftindikatoren - Die zu entwickelnden Hilfsindikatoren zielen auf die Forderung ab, daß neue Produktionsverfahren einen kostensenkenden Ressourceneinsatz ermöglichen sollen. Verfahrensfortschritt soll sich in einem zunehmend effizienten Einsatz der Produktionsfaktoren auswirken. Die Effizienz kann man abbilden, indem man Input- und Outputmengen zueinander in Beziehung setzt. Bei den Inputfaktoren sollte es sich um solche handeln, die einen wesentlichen Anteil an den Kosten eines Netzes haben. Dann wird ein großer Teil der Kostensituation der Netzbetreiber abgebildet. Bei einigen Inputgrößen wird es sinnvoll sein, Mengen statt Preise anzugeben, weil der Marktpreis verzerrt ist. Dies gilt z. B. filr den Potentialfaktor Frequenzen. Es besteht eine Knappheit an diesem Gut, die aufgrund regulatorischer Einflüsse nicht durch den Preis reflektiert wird.

Bei den meisten Faktoren wird deren Einsatz zuerst in Geldeinheiten ausgedrückt, um sie auf ihren effizienten Einsatz zu untersuchten. Der Vorteil dieser Vorgehensweise liegt darin, daß qualitativ inhomogene Faktoren durch die Bewertung mit ihrem Knappheitspreis homogenisiert werden und damit ihr Einsatz vergleichbar wird. Hierftlr ist z. B. der Personalaufwand ein Beispiel. Erstens ist der Arbeitsmarkt relativ funktionstüchtig bei der Preisfindung filr unterschiedliche Qualitäten von Humankapital. Zweitens ist ein Effizienzfortschritt gegeben, wenn filr die Bereitstellung des Mobilfunks weniger Rumankapital benötigt wird. Wenn letzteres durch mehr Mitarbeiter, die aber geringer ausgebildet sein müssen, zu erreichen wäre, würde eine Effizienzkennziffer, die eine Per-caput-Betrachtung vornähme, falsche Ergebnisse abbilden. Eine Möglichkeit der Abbildung der Qualität der verwendeten Produktionsanlagen besteht in der Untersuchung von deren Altersstruktur. Dabei wird un67 Diese Fortschrittselemente werden bei der oben angeftlhrten Definition des Idealindikators zwar ausgeschlossen, stellen aber auf Dauer einen wesentlichen Bestandteil der Fortentwicklung dar, der auch imitiert werden kann.

F. Analyse des Verfahrensfortschrittsprozesses

253

terstellt, daß neue Anlagen effizienter sind als alte, womit man sicherlich die wirklichen Verhältnisse richtig wiedergibt. Die Lemeffekte, die mit fortschreitender Herstellungsdauer erzielt werden, sind auch ein wesentlicher Bestandteil des Verfahrensfortschritts. Sie beeinflussen die Produktivität der Beschäftigten, weshalb sie in Einheiten wie Bruttowertschöpfung je Beschäftigter oder Umsatz je Beschäftigter dargestellt werden können. Für den vorliegenden Fall wird ein solcher Indikator keine zuverlässigen Werte liefern. Die neuen Netze sind in einer Entwicklungsphase, in der der Personalbestand weniger mit der Entwicklung des aktuellen Umsatzes befaßt ist, als mit der Vorbereitung des zukünftigen Umsatzes. Während die Frage nach der richtigen Wahl der Inputgrößen unterschiedliche Möglichkeiten läßt, ist die Wahl der Outputgröße leicht zu beantworten. Das Ergebnis des Einsatzes der Faktoren ist ein Produktionsverfahren, mittels dessen viele Nutzer gleichzeitig mobil telefonieren können. Also ist die gewonnene Netzkapazität als die gesuchte Outputgröße zu verstehen. Sie kann einerseits als Anzahl der Leitungskanäle, andererseits als Nutzerkapazität des Netzes dargestellt werden.

Inputgrößen: 1. Anzahl der Frequenzen - Die Anzahl der Frequenzen, die in einem Mobilfunk-Netz als Trägermedium verwendet werden, können in zweifacher Hinsicht als Produktivitätsmaß verwendet werden. Man kann (1) die potentielle Nutzerzahl, die sich aus der optimalen Auslastung der benutzten FrequenzbÜDdel ergibt, oder

(2) die effektive Nutzerzahl auf das benutzte Frequenzbündel beziehen. Die erste Relation bezieht sich auf die Effizienz der Netztechnologie. Ihre Entwicklung ist davon abhängig, wieviele Mobilfunkgespräche auf einer Frequenz transportiert werden können und wie häufig eine Frequenz im Netzdesign wiederholt werden kann. Es ist anzunehmen, daß sich diese Größe nur bei einer grundlegenden Änderung der Basistechnologie ändern wird, also bei einer Neueinftlhrung eines Netzes oder bei Innovationen wie z. B. dem HalfRate-Coding oder der Verminderung des Störabstandes zwischen zwei Frequenzkanälen. Ihr Vorteil ist, daß sie leicht zu gewinnen ist. Allerdings ist ihr Aussagewert gering, weil nur ein Inputfaktor untersucht wird. Deshalb ist dieser Indikator als einer von mehreren Indikatoren zu verwenden, nicht aber allein fUr sich. Die zweite Größe bezieht sich auf die Effizienz des Managements des Netzes. Sie wird eher einen kontinuierlichen Verlauf nehmen. Ihre Entwicklung ist als die Abbildung eines wesentlichen Teils der Lemeffekte beim Netzbetrieb zu verstehen. Bei der Optimierung des Netzdesigns werden Frequenzkapazitäten aus Gebieten, in denen das Gesprächsaufkommen überschätzt wurde, in Gebiete umgelenkt, in denen Kapazitätsengpässe auftreten. Die Größe zeigt, ob

254

Kap. 5: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte

es dem Betreiber der Technologie gelungen ist, sie nicht nur zu kopieren, sondern auch zu beherrschen.68 Dem Vorteil der Berücksichtigung selbst kleiner Kapazitätsvariationen steht gegenüber, daß nur ein Ausschnitt der Effizienzentwicklung des gesamten Faktorinputs beleuchtet wird. Darüber hinaus wird die Untersuchung der Nutzerzahl erst in der Reifephase der Mobilfunkmärkte sinnvolle Datenreihen produzieren, so daß hier derselbe Vorbehalt wie ftlr die Kennziffer Produktivität je Beschäftigter gemacht werden kann.

2. Infrastrukturkosten - Aus Presseberichten geht hervor, daß der Aufbau des C-Netzes insgesamt ungefähr 3 Mrd. DM gekostet hat. Die beiden DNetze69 und das E-Netz70 werden mit einem Kapitalaufwand von rund 4 Mrd. DM errichtet werden. Zwar benötigt das E-Netz etwa doppelt so viele Basisstationen wie die D-Netze, die einzelnen Basisstationen sind aber wesentlich billiger.?1 Wenn man den Quotienten aus Aufbau- und Unterhaltskosten je Mitglied ftlr die einzelnen Netze ermittelt, so verursachte ein Nutzer des CNetzes Kosten in Höhe von 3.750 DM, einer der GSM-Netze 1.000 DM und einer des E-Netzes 500 - 600 DM. Als Vorzug dieser Größe ist festzuhalten, daß sie leicht gewonnen werden kann und als ein erster Anhaltspunkt dienen kann. Eine Betrachtung auf dieser Basis ist nicht besonders genau, weil die Betreiber bei Kostenangaben sicherlich die Tendenz haben zu übertreiben. Außerdem beruht diese Information nur auf einer groben Schätzung der entstehenden Kosten. Einsparungen während des Betriebes, die aufVerfahrensänderungen basieren, können nur quantifiziert werden, wenn regelmäßig Befragungen der Betreiber durchgeftlhrt werden. Dieser Indikator ist besonders im Zusammenhang mit der KMD-Analyse problematisch, weil er einen statischen Charakter hat, der Vorzug des KMD-Konzeptes aber dessen dynamischer Ansatz ist. Außerdem kann es sein, daß gerade ein Netz, das höhere Anfangsaufwendungen erfordert, niedrigere Betriebskosten aufweist und umgekehrt.

3. Betrachtung der GuV - Um verläßliche Kostengrößen zu erhalten, liegt es nahe, als Informationsquelle auch die GuV zu nutzen. Die in ihr enthaltenen Informationen sind von einem Wirtschaftsprüfer und den Finanzbehörden auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Abb.33 zeigt, welche Kostenarten beispielsweise bei Mannesmann Mobilfunk 1992 von Bedeutung waren. Als Indikator könnten die Betriebskosten, die in der GuV ausgewiesen werden und um den Inflationseinfluß bereinigt wurden, in Beziehung zu der be-

68 Diese Information erhielte man normalerweise aus einer Zeitreihe der Arbeitsproduktivität. Dieser Indikator wird aber nicht erhoben. 69 Vgl. R. Mahler (1992), S. 84 und H. Stöber (1992), S. 96. 70 Vgl. R. Kunze (1994), S. 222, 71 Die BTS des E-Netzes sind technisch eine weniger aufwendige Version der GSM-BTS. Dadurch wirken erhebliche Erfahrungskurveneffekte.

F. Analyse des Verfahrensfortschrittsprozesses

255

reitgestellten Kapazität gesetzt werden. Ein intertemporaler Vergleich der Werte wäre leicht durchfUhrbar.

Materialaufwand 32%

Sonstige betriebl. Aufwand 21 % Personalaufwand 29% Abb. 30: Anteil der wichtigsten Kostenarten in der GuV 1992 von MMO

Bei diesem Indikator besteht eine starke Abhängigkeit von der Marktphase, so daß starke Wertschwankungen möglich sind. 72 Die besten Ergebnisse wird dieser Indikator in aller Wahrscheinlichkeit in der Reifephase des Marktes erzielen. Dann ist die Kapazität der tatsächlichen Nutzung am besten angepaßt. Leerkosten, die die Betreiber bewußt in Kauf nehmen, 'um erstens in der Wachstumsphase Kapazität vorzuhalten, und um zweitens die vollständige Flächendeckung zu erreichen, sind dann minimiert und verzerren den Indikator nicht mehr. Ein Problem des Indikators sind die Immateriellen Vermögensgegenstände (lVG). Ein Mobilfunknetz ist nicht die Summe der Netzelemente allein. Erst durch die Planungsarbeiten filr das Netzdesign und die Suche nach Stellflächen rur die BTS entsteht ein Mobilfunknetz. Die Kosten filr IVG können nur aktiviert werden, wenn sie von Dritten erworben werden. Andernfalls sind sie als "Selbsterstellte IVG" zu qualifizieren. Die mit der Selbsterstellung verbundenen Kosten finden sich in den Positionen Personal-, Material- und Sonstiger betrieblicher Aufwand. Wenn ein Netzbetreiber einen Dritten mit diesen Aufgaben beauftragt hat, können diese Kosten periodisiert und über 3 - 5 Jahre abgeschrieben werden, weshalb der Indikator bei gleicher Sachlage unter72 Mit anderen Worten, die Störgröße überlagert unter Umständen die funktionale Reaktion erheblich.

256

Kap. 5: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte

abgeschrieben werden, weshalb der Indikator bei gleicher Sachlage unterschiedliche Zustände darstellt. Allerdings flUlt dieser Einwand nicht so sehr ins Gewicht, weil er die Anfangsphase der Mobilfunknetze betrifft, während der sowieso keine validen Werte gewonnen werden können. 4. Alter der Produktionsanlagen - Die zunehmende Veralterung der Produktionsanlagen ist als ein Zeichen rur eine Verlangsamung des Verfahrens fortschritts zu werten. Dieser Indikator wird ebenfalls erst im Zeitablauf an Gewicht gewinnen. Es zeigt sich wieder einmal, daß Indikatoren, die in anderen Branchen etabliert sind, in dieser neuen Branche nur eingeschränkte Aussagekraft haben. Tabelle 42

Bewertung möglicher Hilrsindikatoren fOr die Regelgröße des VFP Name

Kapazitätspotential

Kapazitätsauslastung

Formel

nplF

nelF

rKln p

Variablen

n p= potentielle Nutzer

n e= effektive Nutzer

rK= Kosten rur die Netzerstellung

F = genutzte Frequenzen

Netzkosten Kapazitätsko Anlagenalter sten rKfUt

r pi*llj/r Pi

rKt=Be- Pi = Preis der Anlage i triebskosten im Jahrt; llj = Alter der U=Umsatz Anlage i im Jahrt

Vorteile

leicht zu dynamischer aussagekräfleicht zu gewin- leicht zu geIndikator, nen, auch in winnen, auch gewinnen, tiger Indikator Wachstumspha- kleinschritti- bereits vorab leicht zu gewinnen se Ergebnis ger Fortschritt sinnvoller wird erfaßt, Indikator

Nachteile

erfaßt nur weitreichende Änderungen, betrifft nur einen Faktor

Überlagerung nur nicht verurdurch andere Schätzwert, sachungsgeEinflüsse, erst kein recht periin Reifephase dynamischer odis. Kosten sinnvoll Indikator verzerren Verlauf

schwer zu ermitteln

Es stehen also die in Tab. 42 aufgefllhrten Indikatoren zur Verfllgung. Sinnvollerweise würde man aus diesen Indikatoren einen Metahilfsindikator bilden. Ein solcher Indikator würde die wesentlichen Resultate von Verfahrensverbesserungen darzustellen vermögen. Entsprechend der Wichtigkeit der einzelnen Teilaspekte könnte man Gewichtungen vornehmen, um ein möglichst umfassendes Bild des Fortschrittsunterschiedes darzustellen.

F. Analyse des Verfahrensfortschrittsprozesses

257

III. Prozeßmusteranalyse

Innerhalb des Betrachtungszeitraumes dieser Arbeit konnten als neue Produktionsverfahren die C-Netz-, D-Netz- und E-Netztechnologie festgestellt werden. Die Marktphase, in der sich die Branche befindet, macht es unmöglich, informative Indikatordaten zu gewinnen. Mehr als eine grobe Einteilung der Netze hinsichtlich ihrer Vorteilhaftigkeit kann nicht geleistet werden. Die durchschnittlichen Netzkosten pro potentiellem Nutzer machen fUr das C-Netz DM 3.750, fUr die D-Netze DM 1.000 und filr das E-Netz DM 500 - 600 aus. Eine ähnliche Rangfolge ergibt sich beim Durchschnittsalter der Anlagen, wenn man fUr das C-Netz ein Durchschnittsalter von ungefähr 6 Jahren, fUr die D-Netze von 2 Jahren und fUr das E-Netz von einem halben Jahr annimmt. Größen, mit denen versucht wird, Lerneffekte darzustellen, können zur Zeit noch keine verwertbaren Daten liefern. Man kann aber Vermutungen über die Höhe der Kapazitätskosten machen. Die Kosten fUr die kaufmännische Administration eines Netzbetriebes werden sich unterproportional zum Umsatz entwickeln. Dies dürfte bei den D-Netzen und dem E-Netz zu günstigeren Kostenstrukturen als beim C-Netz filhren. Andererseits hat das C-Netz nur etwa 750 BTS verglichen mit 3.000 bei den D-Netzen und 5 - 6.000 beim E-Netz. Dadurch ergeben sich beim E-Netz höhere Kosten fUr die Erlangung von Stellflächen und die Instandhaltung. Doch spätestens mit der Einfilhrung des HalfRate-Coding werden die Kostenstrukturen der digitalen Netze dem analogen Netz überlegen sein. Die vorstehenden Informationen können in einer Rating-Skala verdichtet werden. Wenn man diese analog zum Vorgehen beim PFP verdichtet, gewinnt man einen statischen Wert filr die Fortschrittlichkeit der jeweiligen Technologie (vgl. Tab. 43). Tabelle 43 Rangreihung der Fortschrittlichkeit der verwendeten Verfahren und die Ableitung von n q Anlagenalter

Netzkosten

Kapazitätskosten

Rang

nq

C-Netz

3

3

3

3

0,75

D-Netze

2

2

2

2

1

E-Netz

1

1

1

1

0,5

Bei der Bestimmung von n!l. ist davon auszugehen, daß das C-Netz gegenüber dem B-Netz eine wesenthche Verbesserung darstellte. Andererseits existierte in Großbritannien schon eine bessere Technologie, weshalb I1q nur den Wert 0,75 erhält. Bei den D-Netzen konnte man in Deutschland einen internationalen Vorsprung herausarbeiten, weil schneller als im Ausland filr die Eta18 Kurtsiefer

258

Kap. 5: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte

blierung dieser Technologie gesorgt wurde. Deshalb ist hier, besonders unter Berücksichtigung des großen technologischen Sprungs, ß g auf 1 zu setzen. Für das E-Netz, bei dem es sich um eine in ihrer Komplexität reduzierte Variante der D-Netz Technologie handelt, ist der Fortschrittssprung geringer zu bewerten. Deshalb hat hier nq nur den Wert 0,5. Bei der Marktanteilsbestimmung der jeweiligen Technologie ist man nicht auf Schätzdaten angewiesen. Ein Spezifikum von Mobilfunkdienstleistungen kommt in diesem Fall zur Hilfe, weil man immer genau weiß, mit welcher Technologie sie hergestellt wurde. Also gleichen sich die Anteile der Dienstleistung und die Anteile der Produktionsverfahren. Tabelle 44 Indikatorwerte des VFP rur Deutschland (Herleitung vergleiche 5. Kap.E.III.l)

in Prozent

1986

1987

1988

1989

1990

1991

1992

1993

1994

B-Netz

57

33

20

12

7

3

I

0

0

Telekom C

43

67

80

88

93

97

78

52

33 0

C-Netz n t

I

0,97

0,92

0,83

0,72

0,58

0,42

0,22

C-Netz nq

0,75

0,75

0,75

0,75

0,75

0,75

0,75

0,75

q~C-Netz

32

49

55

55

50

42

25

9

0

D-Netze

21

48

65

D-Netze Dt

I

0,97

0,92

D-Netze nQ

I

I

I

21

47

60

q~D-Netze

0

0

0

0

0

0

Eplus EI

I

E-Netz Dt

I

E-Netz nQ

0,5

q~E-Netz

0

0

0

0

0

0

0

0

I

D l:qkD

32

49

55

55

50

42

46

56

61

Die Schritte bei der Untersuchung des Verfahrensfortschritts sind deshalb relativ einfach. Zuerst bildet man sich eine Meinung vom Fortschrittlichkeitsgrad der unterschiedlichen Netztechnologien, was oben überschlägig durchgefUhrt wurde. Dann untersucht man die Umsatzentwicklung der mit ihr produ-

F. Analyse des Verfahrensfortschrittsprozesses

259

zierten Dienstleistung und schließt zurück auf die Marktanteilsentwicklung des jeweiligen Herstellungsverfahrens. Berechnung der Indikatorwerte - Die Indikatorwerte werden auf die gleiche Weise wie beim PFP ennittelt. Die Marktanteile neuer Produktionsverfahren müssen also um einen Altersabschlag nt und den Grad der Neuigkeit ng korrigiert werden. Dadurch wird die Größe des Technologiesprungs in Folge des neuen Verfahrens und der Verweildauer im Markt berücksichtigt. Dabei können die Korrekturwerte der Produktfortschrittsuntersuchung zum Teil übernommen werden. Die Überlegungen über die Alterskorrektur der Dienstleistung betreffen die Verfahren hier wie dort in gleicher Weise. Schließlich werden die Produkte durch die Verfahren bedingt, so daß der Lebenszyklus, der die Basis ftlr die Alterskorrektur bildet, ftlr beide der Gleiche ist. Die Korrektur aufgrund der Neuartigkeit wurde oben bereits durchgefUhrt, so daß sich die folgende Entwicklung des Indikators ergibt. Tabelle 45

Indikatorwerte des VFP mr Großbritannien (Herleitung gemäß Kap. 5. E. III. 2, gelndertes nq ) in Prozent

1986

1987

1988

1989

1990

1991

1992

1993

1994

handvermittelt

27

9

2

1

0

0

0

0

0

analog/900

73

91

98

99

100

100

100

97

88

900 nt

1

0,97

0,92

0,83

0,72

0,58

0,42

0,22

0

900 nq

1

1

1

1

1

1

1

1

q~900

73

88

90

82

72

58

42

21

0

GSM-Netze

0

2

8

GSMnt

1

0,97

0,92

GSMnq

1

1

1

0

2

8

PCN

0

1

4

PCN~

1

0,97

0,92

PCNn q

0,5

0,5

0,5

q~GSM

IS·

0

0

0

0

0

0

q~PCN

0

0

0

0

0

0

0

1

2

GB l:q~

73

88

90

82

72

58

42

24

10

260

Kap. 5: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte Tabelle46 Fortschrittsdifferenz ausweislieh der Differenz der Indikatorwerte

1986

1987

1988 1989

1992

1993

1994

D l:qtf

32

49

55

55

50

42

46

56

61

OB l:qkn

73

88

90

82

72

58

42

24

10

L\l:qtf

-41

-39

-35

-27

-22

-16

4

32

51

1990 1991

Indikatorauspragung Verfahrensfortschritt 90 ,~. ""-.-,- - - - - - - - - , 60 75

. .'

40

60+-----------------·------~~~20

45+-+-----.........;~,........9.--_+

0

30 -I--------------:::::o~'--------:.....,_--_I -20 15~--~--------------------~

., ..... SummeGB - - SummeD - - Verfahrensvorsprung

-40

O~~--_+--~--+_--r_-+--~--~~O

1986

1988

1990

1992

1994

Abb. 31: Prozeßmuster des VFP

Es zeigt sich, daß die Ergebnisse des Prozeßmustertests rur den VFP weitgehend mit denen des PFP identisch sind. Der FortschrittsrUckstand, der 1986 gegenüber Großbritannien bestand, konnte bis 1991 vermindert werden. Seit 1992 ist es sogar zu einer Umkehrung gekommen. Seitdem weist der Indikator Deutschland als fortschrittlicher aus, was sich in den positiven Indikatorwerten ausdrückt.

IV. Prüfung der Prozeßmusterentwicklung aufPlausibilitlit

Es stellt sich nun die Frage nach der Plausibilität des Prozeßmusters. Ist es wahrscheinlich, daß das Herstellungsverfahren in Deutschland vor dem Strukturbruch schlechter war und nun besser ist als in Großbritannien?

F. Analyse des Verfahrensfortschrittsprozesses

261

Die Antwort darauf wurde zum Teil bereits bei der Plausibilitätsanalyse des PFP gegeben. Weil es sich um Herstellererfmdungen handelt, konnte dort der Aspekt der Verfahrenstechnologie nicht völlig ausgeklammert werden. Zum Teil wurden Einflußfaktoren beschrieben, die ebenso sehr dem VFP zuzurechnen sind. Dort wurde auch aufgezeigt, weshalb die neuen Netze in Großbritannien langsamer wachsen als in Deutschland. Zwar zeigt sich, daß das analoge Netz in Großbritannien eine Dienstleistung herzustellen vermag, die die Nutzer zufriedenstellt, die Verfahrenstechnologie in Großbritannien ist aber als veraltet anzusehen. Der Fortschrittsvorsprung, der fUr Deutschland im Prozeßmuster ausgewiesen wird, existiert real. Das DNetz ist zur Zeit ein hinsichtlich der Qualität der produzierten Dienstleistung und Effizienz des Faktoreinsatzes besonders fortschrittliches und leistungsfllhiges Netz. Das belegt auch der weltweite Verkaufserfolg dieser Netztechnologie. Der Ausbau dieser Netzes in Deutschland ist besonders zügig vorangeschritten, was eindeutig als funktionale Reaktion auf den Fortschrittsrückstand zu verstehen ist. 73 Nachdem viele Jahre lang Fortschritt behindert worden war,74 wurde der Korrekturbedarf sehr groß, um zu vermeiden, daß der Standort Deutschland aufgrund einer schwachen Mobilfunk-Infrastruktur an Attraktivität verliert. Die Infrastrukturaufwendungen konnten im relativ reichen Deutschland gut bestritten werden. Dadurch erwarb sich Deutschland in den letzten drei Jahren einen technologischen Vorsprung im Mobilfunk. Darüber hinaus bestimmen folgende Einflußfaktoren den Prozeßablauf.

Regulierung der Frequenzen - Weil die Frequenzen unter hoheitlicher Verwaltung stehen, bedarf es hoheitlicher Akte, um als potentieller Netzbetreiber die notwendigen Frequenzen zu erhalten. Dadurch wird ein freier Marktzugang erschwert. Wenn z. B. das Frequenzband um 1.800 Mhz nicht freigegeben wird, kann auch kein PCN-Netz aufgebaut werden. Ein zweites Problem stellt die bisherige Form der Regulierung dar. Der Modus der Vergabe der Lizenzen fUr das D2- und das E-Netz und die Bepreisung der Nutzungsrechte an den Frequenzen ist nämlich ein Hindernis fUr den Verfahrensfortschritt. Wenn schon die Knappheit der Frequenzen deren Regulierung notwendig macht, müssen wenigstens Anreize filr einen maßvollen Umgang mit ihnen geschaffen werden. Der wird aber nicht erreicht, wenn man die Nutzungsgebühr filr die Frequenzen so niedrig bemißt, wie es zur Zeit durch das BMPT geschieht. 75 Es muß also angenommen werden, daß der Verfahrensfortschritt in bezug auf den rationellen Umgang mit den Trägerfrequenzen solange hinausgezögert wird, wie die Kapazitätsgrenze der zugeteilten Frequenzen noch nicht erreicht ist. Dann wird allerdings die effizientere Nutzung der 73 Vgl. R Harrison (1994), S. 57. 74 Vgl. A. Busch (1983). 75 Der Wert der Lizenz rur MMO wurde in Großbritannien mit fast 5 Mrd. DM bewertet. Vgl. M Newman (1989), S. 1.

262

Kap. 5: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte

Frequenzen für die Betreiber zur einzigen Möglichkeit kapazitativen Wachstums innerhalb dieses Frequenzsegmentes. Sunk Costs der Anbieter und der Nachfrager - Bei der Analyse des Prozeßmusters sind als zusätzlicher Faktor die Sunk Costs der Anbieter zu berücksichtigen. Sie bedingen, daß das u. U. ein neues Produktionsverfahren nicht eingesetzt wird und dadurch eine Produktinnovation unterbleibt. Man geht bei den GSM-Netzen von Anfangsinvestitionen in Höhe von DM 1.000 je Nutzer aus. Beim E-Netz erreichen die Aufwendungen etwa 50% dieses Wertes. Zusätzlich in den Markt dringende Anbieter neuer Technologien stehen deshalb sehr hohen Markteintrittsschranken gegenüber. Sie müssen außerdem mit vehementen Reaktionen der etablierten Anbieter rechnen, denen sie nur gewachsen sind, wenn der Verfahrensfortschritt erheblich ist. In dieser Situation ist zur Zeit Großbritannien gefangen. Dort zeichnet sich das Problem ab, daß aufgrund der gut etablierten analogen Netze für neue Technologien kein hinreichend großes Marktpotential gesehen wird. Der Preiskampf führt dazu, daß Mobiltelefone nahezu verschenkt werden, um Kunden zu gewinnen. Ein neuer Lizenznehmer für den Aufbau eines Mobilfunknetzes nutzt diese Lizenz nicht, weil er gegenüber den existierenden Anbietern chancenlos zu sein glaubt. Die Sunk Costs der Nachfrager sind ebenfalls zu berücksichtigen. Die Investitionen in das Mobilfunkgerät für das alte Netz und die Anmeldegebühr wären bei einem Wechsel der Netztechnologie verloren. Das Gerät ist in der Regel technisch inkompatibel mit dem neuen Netz. Deshalb unterbleibt der Wechsel zu einem neuen Anbieter, wenn der Vorteil nur gering ist. Mindestbetriebsgröße der Mobilfunktechnologie - Innovationen in der Verfahrenstechnologie können nicht beliebig umgesetzt werden. Zum Problem der Sunk Costs kommt noch hinzu, daß eine Mobilfunktechnologie eine gewisse Mindestkapazität erfordert. Hinsichtlich der Mindestkapazität der Technologie wurde beim PFP dargestellt, daß sie sehr groß ist, woraus das weltweite Bemühen um die Definition von Standards resultiert. Eine rationelle Umsetzung neuer Technologien ist also an eine Mindestgröße gebunden, die verhindert, daß jede kleine Innovation auch umgesetzt werden kann. Unklar ist auch, ob die Kostensenkungen oder die Qualitätssprünge, die aus einer neuen Netztechnologie resultieren, ausreichen, um den Preiskampf mit den bestehenden Netzen, die dann Nachteile aus der gestiegenen Wettbewerbsintensität erführen, gewonnen werden könnte. Das wird sehr schwer sein, weil die Betreiber der bestehenden Netze ihre Infrastrukturaufwendungen als Sunk Costs verstehen werden. Verfahrensstandard der GSM-Netze - Wie beim PFP ergeben sich auch auf der Verfahrensebene Probleme aus der Bindung an einen paneuropäischen Standard für die Netztechnologie. Zwar arbeitet der GSM-Arbeitskreis des

F. Analyse des Verfahrensfortschrittsprozesses

263

ETSI intensiv an der Weiterentwicklung der zugrundeliegenden Technologie76 - ein Ausfluß dieser Bemühungen wird das bereits mehrfach angesprochene Half-Rate Coding sein -, jedoch wird die Dynamik des Verfahrensfortschritts gedämpft. Fazit - Zusammenfassend ist festzustellen, daß durchaus ein Anreiz zur Einfilhrung neuer Technologien besteht. Die Einfilhrung wird allerdings dadurch behindert, daß Innovationen in der Regel nicht in bestehende Netzstrukturen implementiert werden können. Neue Technologien bedingen auch neue Mobilfunknetze. Wegen der erforderlichen Mindestgröße eines Mobilfunknetzes würden so schnell Überkapazitäten aufgebaut. Außerdem ist die langfristige Preisuntergrenze filr die bestehenden Anbieter relativ niedrig. Deshalb kann angenommen werden, daß nur bei bedeutenden Innovationen neue Anbieter angeregt werden, damit in den Markt zu gehen oder daß bestehende Anbieter auf die neue Verfahrenstechnik überwechseln.

Dieser Anreiz wird dadurch aufgehoben, daß die Erlaubnis zum Betrieb eines Mobilfunknetzes durch hoheitlichen Akt in der Form eines Lizenzverfahrens vergeben wird. So wird den Marktteilnehmem die Möglichkeit genommen, ihre Verfahrenstechniken frei zu bestimmen. Statt dessen wird ihnen das Frequenzband vorgeschrieben, auf dem sie ihre Dienstleistung anbieten dürfen. Einer Regulierung der Frequenzen erscheint zwar notwendig. Zu fragen ist aber, ob die regulierende Instanz nicht als Schwachstelle des VFP anzusehen ist, solange die Institution, die die Frequenzen verwaltet, das BMPT, nicht völlig unabhängig von den unterschiedlichen Interessengruppen ist. Dies stimmt einerseits mißtrauisch; andererseits sind keine konkreten Mißbräuche feststel/bar. Deshalb kann der Prozeß als gerade noch befriedigend eingestuft werden. Tabelle 47 Ergebnis der Prüfung aufProzeßdynamik des VFP

Prüfung des VFP auf Stabilitätsdefekte vor dem Strukturbruch

nach dem Strukturbruch

Prozeßmuster

Koordinationsmangel

noch befriedigend

Plausibilitätstest

Koordinationsmangel

noch befriedigend

Ergebnis

Prozeß gestört

Funktionsfllhigkeit

76 Vgl. P. Chambers (1995), S. 52 ff.

264

Kap. 5: Analyse der Koordinationseffizienz der Mobilfunkmärkte

V. Prüfung der Funktionsweise auf Niveaudefekte

Hinsichtlich möglicher Defekte des Gleichgewichtsniveaus, zu dem der VFP hintendiert, ist als mögliche Ursache für Verzerrungen zu prUfen, ob nicht internalisierte externe Effekte bestanden haben. In der Arbeit wurde erwähnt, daß die Gesundheitsschädlichkeit der elektromagnetischen Wellen zwar noch nicht bewiesen werden konnte, daß aber ein gewisses Mißtrauen in der Bevölkerung festzustellen ist. Diese Bedenken haben dazu gefilhrt, daß die Netzbetreiber die Antennenstandorte so gewählt haben, daß sie mit geringer Sendeleistung sowohl der BTS als auch der Endgeräte operierten können. Es ist also unwahrscheinlich, daß negative externe Effekte bewirken, daß der Verfahrensfortschritt zu einem falschen Gleichgewichts-niveau hinsteuert. Für die Zukunft ist diese Situation auch nicht als Schwachstelle anzusehen, da unsicher ist, ob eine Strahlengefährdung vorliegt. Tabelle 48

Ergebnis der Prüfung des Prozeßniveaus des VFP Prüfung des VFP aufNiveaudefekte vor dem Strukturbruch

nach dem Strukturbruch

IndizienprUfung

unverzerrt

unverzerrt

RelevanzprUfung

entfllllt

entfällt

Ergebnis

Verzerrungsfreiheit

Verzerrungsfreiheit

VI. Zusammenfassende Beurteilung des VFP

Vor dem Strukturbruch konnten als wesentliche Hindernisse des Verfahrensfortschritts die Regulierung der Frequenzen und die hohen Marktschranken festgestellt werden. Die Regulierung der Mobilfunkmärkte filhrte dazu, daß Innovationen nur umgesetzt wurden, wenn das Ministerium dies filr notwendig hielt. Statt sich an Marktchancen zu orientieren, begnügte man sich mit der Garantie einer gewissen Mindestversorgung. Weil in einem Monopol der Anreiz filr die Durchsetzung von Innovationen geringer ist und weil die Zuwendung der Nachfrager zu substitutiven Gütern nicht möglich war, wurden vor dem Strukturbruch nur im Bereich der Kapazitätserweiterung neue Techniken eingefilhrt,

F. Analyse des Verfahrensfortschrittsprozesses

265

wenn die Überfüllungserscheinungen zu groß wurden. Durch die Öffnung der Märkte rur den Wettbewerb ist der Anreizmangel, innovative Techniken umzusetzen, weitgehend behoben worden. Dies gilt aber noch nicht filr den Bereich der Verwendung der Frequenzen. Hier bepreist die Regulierungsinstanz die Ressource Frequenz zu niedrig, so daß weiterhin davon ausgegangen werden muß, daß Anreizmängel die Verwendung effizienter Verfahren be- bzw. verhindern. Unter den Begriff Marktschranken können die Sunk Costs der Anbieter und die Mindestgröße der Mobilfunknetze zusammengefaßt werden. Auf sie hat der Strukturbruch keinen Einfluß nehmen können. Vielmehr müssen sie weitgehend als system immanent angesehen werden. Es ist allerdings in Zukunft vorstellbar, daß neben den großen, das gesamte Bundesgebiet abdeckenden Mobilfunknetzen auch kleinere Lokalnetze aufgebaut werden. Die Betreiber dieser Lokalnetze können dann Technologievariationen verwirklichen. Wegen der geringeren Anfangsinvestitionen vermögen auch kleinere Verfahrensfortschritte den Aufbau eines neuen Netzes attraktiv erscheinen zu lassen. Solange, wie zur Zeit, ein Mißbrauch der systemimmanenten Schwächen nicht festzustellen ist, kann der Prozeß als befriedigend stabil bewertet werden. Tabelle 49 Koordinationsmlngeldiagnose des VFP Gesamturteil Verfahrensfortschrittsprozeß vor Strukturbruch

nach Strukturbruch

Stabilitäts-

Prozeßmuster

Koordinationsmangel

noch befriedigend

defekte

Plausibilität

Koordinationsmangel

noch befriedigend

Beurteilung

Koordinationsmangel

Funktionsflihigkeit

Niveau-

Indizienprüfung

verzerrungsfrei

verzerrungsfrei

defekte

ReIevanzprüfung

entflUIt

entflUlt

Beurteilung

Verzerrungsfreiheit

Verzerrungsfreiheit

Koordinationsmangel

Funktionsflihigkeit

Gesamturteil

6. Kapitel

Wirtschaftspolitische Schlußfolgerungen A. Mängeldiagnose aufgrund der Analyse der Mobilfunkmärkte Deutschlands Im bisherigen Verlauf der Arbeit wurden an mehreren Stellen Hinweise gefunden, daß in Deutschland beseitigbare Mißstände das Funktionieren der Mobilfunkmärkte beeinträchtigen. Es wurden eine geschichtlich-institutionsorientierte, eine internationale Vergleichs- und eine kollektivgütertheoretische Betrachtung sowie zuletzt eine Analyse der Koordinationseffizienz durchgeftlhrt. Nach einer komprimierten Rekapitulation der dabei ermittelten Mißstände (MI - MI6) auf den Mobilfunkmärkten und den sie beeinflussenden Institutionen werden Möglichkeiten zur Behebung oder wenigstens Linderung dieser Fehlzustände erarbeitet.

a) Institutionelle Gestaltung der Telekommunikation - In den Postreformen I und 11 wurde einige Schritte unternommen, die Monopolbereiche der Deutschen Telekom aufzubrechen und das Unternehmen effizienter zu machen. Dennoch gilt die Telekom als ein Unternehmen, das nicht kostengünstig arbeitet, weil es einen zu großen Personalbestand hat und qualifizierte Kräfte nicht halten kann'. 1 Weil auf der Ebene des Festnetzes kein Wettbewerb gegeben ist, kann die Ineffizienz über Gebühren im Monopolbereich an die privaten Anbieter und die Nachfrager weitergegeben werden. Nachdem die Telekom privatisiert wurde, ist zumindest eine Verbesserung der Lage zu erwarten, weil ein wesentlicher Grund rur die Schwäche der Telekom darin bestand, daß sie ein öffentliches und damit wahltaktischen Überlegungen ausgesetztes Unternehmen war. MI:

Die mangelnde Effizienz der Telekom und die zu hohen Gebührenfür Monopolleistungen verschlechtern das Angebot der privaten Diensteanbieter.

Es wurde gezeigt, daß die Entscheidungsfmdung innerhalb des Staatsunternehmens von politischen Erwägungen geprägt war. Anders als die permanente Möglichkeit des Staates, in den Geschäftsbetrieb eines öffentlichen Unternehmens einzugreifen, stellt die Regulierung privater Unternehmen ein spezifisches, an in der Regel genau definierte Situationen gebundenes Eingriffsrecht 1 Vgl. I.

Vogelsang(1992), S. 27.

A. Mängeldiagnose aufgrund der Analyse der Mobilfunkmärkte

267

dar. 2 Natürlich ist der Staat bis auf weiteres durch seinen Aktienanteil in der Lage, Einfluß auszuüben. Der Fall Pfeffennann (vgl. Kap. 11.3.4 FN 147) zeigt auf, daß die Bereitschaft zur Trennung der Politik von der operativen Leitung noch gering entwickelt ist.

M2:

Die politische Einflußnahme in das operative Geschäft der Telekom ist noch immer gegeben, woraus suboptimale Ergebnisse resultieren können.

Bei dem internationalen Vergleich konnte gezeigt werden, daß andere Regulierungskonzepte angewendet werden können als in Deutschland. Das OFTEL in Großbritannien und die FCC in den USA haben sich als unabhängige Regulierungsbehörden bewährt. In Deutschland ist die Regulierungsinstanz ein Ministerium, das nicht nach Fachkompetenz, sondern in erster Linie nach Parteizugehörigkeit besetzt wird. 3 Die Entscheidungen sind abhängig von Legislaturperioden und Mehrheitsverhältnissen des Bundestages und -rates.4

M3:

Die Regulierungsbehörde ist nicht frei von politischer Einflußnahme.

Bei der Deutschen Bundespost arbeiten über 325.000 Beamte. Aufgrund eines Beamtenverhältnisses existieren 177.000 Versorgungsempfltnger.S Diese Form des Vertragsverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer macht die Personalpolitik inflexibel und durch hohe Sozialkosten auch teuer.

M4:

Die Beamtenstellung vieler Bediensteter belastet die Telekom durch hohe Personalkosten.

b) Internationaler Vergleich des Mobilfunks - Bei dem Vergleich der Telekommunikationsmärkte in den USA, in Japan und in Großbritannien mit denen in Deutschland konnten wesentliche Unterschiede festgestellt werden. Der wichtigste Unterschied betrifft die Regulierung des Festnetzes. Die drei Vergleichsstaaten haben die Festnetze ftlr den Wettbewerb geöffnet. Dadurch ·steht den Mobilfunkbetreibern die Möglichkeit offen, unter mehreren Anbietern auszuwählen, wer die Übertragung zwischen den BTS und den MSC's bzw. dem NMC durchftlhrt. In Deutschland ist kein Netzwettbewerb gegeben, so daß z. B. MMO die Entscheidung getroffen hat, die Übertragungswege selber mit2 Ebenda, S. 5. 3 Minister Bötsch ist daftlr ein gutes Beispiel, womit nicht seine Arbeit per se abqualifiziert werden soll. Vgl. o. V. (1993a), S. 12. Der Untertitel dieses Artikels, der in der FAZ erschienen ist, lautet: "Nach 100 Tagen im Amt herrscht nicht mehr ganz so viel Skepsis gegenüber Wolfgang Bötsch". 4 Die hektische Verabschiedung der Postreform 11 vor der Bundestagswahl im Oktober 1994 ist ein Beispiel ftlr dieses Verhalten.

S Vgl. Deutsche Bundespost (1989), S. 60 f.

268

6. Kap.: Wirtschaftspolitische Schlußfolgerungen

tels Richtfunkstrecken bereitzustellen, um die hohen Gebühren filr die Mietleitungen zu umgehen. Offensichtlich werden dadurch Überkapazitäten aufgebaut.

M5:

Ein regulierter Festnetzbetrieb führt tendenziell zu überhöhten Nutzungsgebühren und als Folge dessen zu Überkapazitäten bei Leitungsstrecken

Ein anderer Ansatzpunkt fllr Kritik ist die Zuteilung der Lizenzen in Deutschland. Die Erfahrungen in den USA mit der Versteigerung der PCSNetze und in Spanien mit der Versteigerung einer GSM-Lizenz zeigen, daß die Bewertung der Lizenz durch Marktmechanismen zu deutlich höheren Staatseinnahmen fllhrt als die Bewertung durch ein Fachgremium. Dies läßt den Verdacht aufkommen, daß sich solch ein Gremium vielleicht auch bei der Zuteilung der Lizenz an den (angeblich) besten Bewerber irren könnte. In Großbritannien und den USA wurden beim Mobilfunk mehrere Anbieter gegenübergestellt. In den USA sieht sich ein Nachfrager von Mobilfunkdiensten bis zu sieben Anbietern allein auf Basis des neuen PCS-Technik gegenüber. In dem hinsichtlich Demographie und Topographie mit Deutschland besser vergleichbaren Großbritannien gibt es vier Anbieter, die insgesamt sechs Netze aufgebaut haben oder aufbauen. Es zeigt sich, daß in den stärker deregulierten Staaten mehrere Anbieter nebeneinander existieren können.

M6:

Die Verteilung von Lizenzen durch Fachgremienführt die Frequenznutzungsrechte nicht notwendigerweise den leistungsfähigsten Betreibernzu.

M7:

Die Begrenzung der Zahl der Netzanbieter in Deutschland bewirkt eine zu große Anbieterübermacht.

c) Anwendung der Kollektivgütertheorie auf den Mobilfunk - Die Kollektivgütertheorie hat Regeln dafllr entwickelt, wie ein bestimmtes Kollektivgut wohlfahrtsoptimal bereitgestellt werden kann. Danach sollte der Mobilfunk von einem Verein exklusiv rur seine Mitglieder bereitgestellt werden. Der Verein sollte das Mobilfunknetz wahrscheinlich besser kaufen, statt es selber herzustellen, weil zu erwarten ist, daß auf den Aufbau spezialisierte Unternehmen bessere Ergebnisse mit gleichem Ressourceneinsatz erzielen können. Der Verein sollte internationale Kooperationen eingehen, da die wohlfahrtsoptimalen Grenzen eines Bereitstellungsverbandes wahrscheinlich nicht mit den nationalen Grenzen übereinstimmen, sondern wesentlich größer sind. Es wurde gezeigt, daß in Deutschland eine andere Form der Bereitstellung gewählt wurde. Erwerbswirtschaftliche Großunternehmen erhielten Betriebslizenzen rur Mobilfunknetze. Sie fmanzierten die Netze und stellten sie zum Teil auch selber her. M8:

Der gewählten Marktstruktur ist die Anbieterübermacht immanent. Eine Kartellierung der wenigen Anbieter ist nicht auszuschließen.

A. Mängeldiagnose aufgrund der Analyse der Mobilfunkmärkte

269

Die Netzbetreiber organisieren die Nachfrage nach ihrem Kollektivgut selber. Die Nachfrager werden nicht mit Mitspracherechten ausgestattet. Deshalb ist die Anbieterseite der Mobilfunkmärkte unnötig vermachtet. M9:

Der Verzicht auf die Mitsprache der Nachfrager erhöht das Risiko der Fehlallokation von Ressourcen.

Die optimale Tarifgestaltung bei einem Kollektivgut, das freie Kapazitäten aufweist, sieht vor, daß ein fixer Beitrag als Optionspreis rur das Recht auf die Nutzung verlangt wird und ein Grenzkostenpreis ftlr die effektiven Nutzungsakte. In Deutschland wird dies nicht beherzigt. Zwar ist das grundsätzliche Tarifmodell mit einem monatlichen Beitrag und einer auf die Nutzung bezogenen Gebühr richtig gewählt, allerdings wird die Ausstattungseinheit nicht zu Grenzkostenpreisen angeboten. Dadurch ergeben sich unnötig hohe ungenutzte Kapazitäten. MlO:

Es werden keine Grenzkostenpreise erhoben, so daß Nachfrage verdrängt wird, die eigentlich bedient werden könnte, weil die Kapazitäten nicht ausgelastet sind.

d) Betrachtung der Koordinationseffizienz auf den Mobilfonkmärkten - Die KMD der Mobilfunkmärkte machte deutlich, daß auch nach der Ausschreibung von Lizenzen rur zwei private Betreiber noch Störungen vorliegen. Es wurde gezeigt, daß zwei Formen der Markträumung bei Mobilfunkmärkten zu unterscheiden sind. Während des Zeitraumes der Arbeit war weder die Markträumung hinsichtlich der Nutzungsrechte an den Netzen (MRP I) noch die Markträumung hinsichtlich der effektiven Nutzungsakte (MRP 11) erreicht, weil die Netzbetreiber die Preise nicht genügend variiert haben. MII:

Durch mangelnde Variation der Preiskomponenten unterbleibt die Räumung des Marktes für Nutzungspotentiale.

M12:

Durch mangelnde tageszeitliche Preisdifferenzierung bleiben Teile der ökonomischen Kapazität des Netzes ungenutzt.

Bei dem Prozeß der Normalisierung der Renditen konnten keine eindeutigen Daten gewonnen werden. Es gibt aber Hinweise daftlr, daß positive Differenzrenditen erwirtschaftet werden. Dies mag in der frühen Marktphase begründet sein, die es den Pionieren erlaubt, Monopolpreise zu fordern. Es ist aber auch vorstellbar, daß dieser Zustand von Dauer ist, weil die Anzahl der Anbietern so klein ist. MI3:

Auf den Mobilfunkmärkten werden wahrscheinlich permanent positive Differenzrenditen erwirtschaftet.

270

6. Kap.: Wirtschaftspolitische Schlußfolgerungen

M14:

Die Nachfrager reagieren auf die Obermacht der Anbieter mit Gegenmachtbildung, so daß es zu schleichender Vermachtung kommen kann.

Bezüglich der Machtverhältnisse zwischen den Anbietern und den Nachfragern wurde dargestellt, daß die Anbieter auch nach der Strukturrefonn gegenüber den Nachfragern übennächtig sind. Als Gegenreaktion schließen sich die Nachfrager zu Organisationen zusammen. Dadurch wird ein Machtausgleich auf einem zu hohen Niveau angestrebt.

Tabelle 50 Grobkategorisierung der festgestellten MißstAnde Gründe ft1r Mißstand Mißstand

Regulatorisches Umfeld

Übermacht des Netzbetreiber

MI

mangelnde Effizienz der Telekom

X

M2

politischer Einfluß auf Telekom

X

M3

politischer Einfluß auf Regulierung

X

M4

Beamtenstatus

X

M5

regulierter Festnetzbetrieb

X

M6

Art der Verteilung der Lizenzen

X

M7

quantitative Limitierung der Anbieter

X

M8

Anbieterübermacht

X

M9

keine Nachfragermitsprache

X

MIO

keine Grenzkostenpreise

X

Mll

Tarifstruktur ft1r fixe Kostengrößen

X

MI2

... ft1r variable Kostengrößen

X

M13

Überrendite

X

MI4

Gegenmacht

X

MI5

Standardisierung

MI6

Lizenzvergabe durch hoheitli. Akte

Systemimmanenter Mißstand X

Zuletzt wurde die Innovationsfunktion des Wettbewerbs hinsichtlich neuer Produktionsprozesse und neuer Produkte untersucht. Es stellte sich heraus, daß

B. Vorschläge rur Verbesserungen

271

die Störung der beiden Prozesse zwar nicht behoben, aber doch gelindert werden konnte. Es besteht ein systemimmanentes Problem in der Gebundenheit der Anbieter an Standards, die von dem ETSI definiert worden sind. DarUber hinaus besteht weiterhin eine Niveaustörung, weil die Einftlhrung neuer Dienstleistungen durch hoheitliche Maßnahmen genehmigt werden muß.

MI5:

Die Anbieter der D-Netze und des E-Netzes haben sich, um hohe Economies of Scale ausnutzen zu können, auf einen Standard geeinigt, der den Mobilfunk in Deutschland aufJahre festlegen wird

MI 6:

Das Angebot neuer Netze ist an die Zuteilung einer Lizenz durch die Regulierungsbehörde gebunden.

Diese Mißstände lassen sich nach zwei Hauptursachen systematisieren. Zum einen resultieren sie aus der Ineffizienz des regulatorischen Umfeldes und der Telekom (MI - M7, MI6), und zum anderen resultieren sie aus Eingriffen in die Marktprozesse, die dazu ftlhren, daß die Netzbetreiber übermächtig sind (M8 - MI4). Mißstand 15, der sich auf die Standards im Mobilfunk bezieht, ist als systemimmanent zu bewerten und kann keiner der beiden Gruppen zugerechnet werden. Im folgenden sollen Forderungen (FI - FIO) aufgestellt werden, mittels derer die 16 Mißstände in ihrer schädlichen Wirkung eingedämmt oder sogar behoben werden können.

B. VorschlAge mr Verbesserungen

a) Ineffizienz des regulatorischen Umfeldes und der Telekom: F I: Abschaffung des Bundesministeriums fiir Post und Telekommunikation Die Wichtigkeit einer effizienten politischen Unterstützung der Entwicklung der Telekommunikation in Deutschland ist kein Grund, damit ein Ministerium zu betrauen. Die hoheitlichen Aufgaben wären durchaus von einem nicht politischen Regulierungsinstitut zu leisten. Die Zustände in Großbritannien sind dafür ein Beispiel. Dort wurde das Postministerium abgeschafft. Bei der allgemeinen Diskussion um den schlanker zu machenden Staat fände sich hier ein Ansatzpunkt. Außerdem würde die Möglichkeit einer schädlichen Einflußnahme durch die Politik (z. B. vor Wahlkämpfen) verringert. F2: Keine Zerschlagung des Netzbereiches der Telekom in Fernnetz- und OrtsnetzbetreibergesellschaJten - Die Erfahrungen der USA mit der Divesture haben gezeigt, daß die künstliche Trennung des Orts- von dem Fernnetzbereich keinen dauerhaften, stabilen Charakter hat. Seit einiger Zeit drängen die Baby Beils in den Fernübertragungsbereich, und AT&T hat die Aufteilung des Konzerns in drei unabhängige Unternehmen beschlossen, was nicht zuletzt mit Expansionsplänen in den Ortsnetzbereich begründet wird. Die hohen Transaktionskosten haben auch Japan abgeschreckt, den Weg der Trennung zu gehen.

272

6. Kap.: Wirtschaftspolitische Schlußfolgerungen

Mittlerweile ist das ursächliche Motiv, die Trennung des Bereichs natürlicher Monopole (Ortsnetzbereich) von dem zumindest oligopolistisch zu gestaltenden Fernverkehrsbereich hinfällig geworden, weil Ortsnetze keine natürlichen Monopole mehr sind. F3: Abschaffung des Beamtentums im Bereich der Telekommunikation - Da der in Rede stehende Wirtschaftszweig nicht mit brisanten staatssicherheitlichen Vorgängen betraut ist, besteht kein Grund, die Inflexibilität bei der Personalpolitik und die hohen Sozialkosten aufgrund des Beamtenstatus weiter zu dulden. Die hohen Personalkosten verteuern die Dienstleistungen der Telekom unnötig. Die nach der zweiten Poststrukturreform getroffene Regelung, daß der Bund als Dienstherr auftritt, ist deshalb unbefriedigend, weil die Personalkosten weiterhin von der Telekom getragen werden müssen. Die momentane Regelung kann auch nur als ein Zwischenschritt auf dem Weg zur Abschaffung des Beamtentums aufgefaßt werden. F4: Stärkere Ausrichtung der Tarife an die durch die Dienstleistungen verursachten Kosten - Bezogen auf Telekommunikationsnetze ist festzustellen, daß es zum einen in Abhängigkeit von der Tageszeit und zum anderen in Abhängigkeit von der geografischen Position Phasen von Überlastbetrieb gibt, aber auch Zeiten in denen erhebliche ungenutzte Kapazitäten auftreten. Eine fUr die Räumung des Übertragungsangebotes optimale Tarifierung sähe vor, daß die laufenden Gesprächsgebühren in Höhe der sehr niedrigen Grenzkosten erhoben würden.6 Träten Überfüllungserscheinungen auf, würde die Gesprächsgebühr stufenlos erhöht, bis die Überfüllung unter einem tolerabelen Grenzwert fällt. Die effektive Höhe der aktuellen Gesprächsgebühren könnte über ein Display angezeigt werden. b) Reduzierung der Anbietermacht auf den Mobilfunkmärkten: F5: Erweiterung der Anzahl der Netzbetreiber - Es wäre denkbar, die Anzahl der Netzbetreiber zu erhöhen. Statt wie bisher von Staats wegen vier Netzen von drei Anbietern zuzulassen, sollte es den Marktkräften überlassen werden, die optimale Angebotsmenge festzustellen. Dieser Möglichkeit zur Verminderung der Anbietermacht sind allerdings enge Grenzen gesetzt, weil sonst zu befUrchten ist, daß Überkapazitäten aufgebaut werden, die ruinösen Wettbewerb nach sich ziehen könnten. Eine Begrenzung der räumlichen Ausdehnung der Netzbetreiber, bei der viele Netzbetreiber überschneidungsfrei neben6 Um Transaktionskosten zu sparen, könnte man einen Pauschalbetrag erheben, der zum unbegrenzten, kostenfreien Telefonieren während der Nebenverkehrszeiten berechtigt, wie es in vielen Ortsnetzen der USA praktiziert wird. Ein erster Ansatz dazu findet sich in dem zur Zeit diskutierten Vorschlag rur einen Privatkundenrabatt. Dabei sollen rur eine bestimmte Anzahl von im voraus festzulegenden Anschlüssen die Telefongebühren mit einer Monatspauschale abgegolten werden. Dieser Vorschlag greift aber nicht weit genug, weil die Anzahl der begünstigten Zielanschlüsse begrenzt ist und die Gebührenerhebung auf die bisher verwendete Weise fortgesetzt wird, wenn eine bestimmte Zeitspanne überschritten wird.

B. Vorschläge für Verbesserungen

273

einander anbieten, heilt nicht das Strukturproblem, daß an einem Ort ein enges Angebotsoligopol existiert Vielleicht wUrde dadurch aber die Möglichkeit zu Preisabsprachen unter den Anbietern begrenzt, so daß letztendlich doch positive Wettbewerbswirkungen erzielt wUrden. Außerdem könnten interregionale Vergleiche helfen, kartellarische Absprachen in einigen Regionen aufzudecken.

F6: Versteigerung der Lizenzen ohne subjektive Verzerrungen - Die Lizenzen fUr den Betrieb der privaten Mobilfunknetze wurden von einer Kommission in einem "Closed Shop"-Verfahren vergeben. FUr die Nutzung der Frequenzen müssen die Netzbetreiber eine relativ geringe Nutzungsgebühr bezahlen. Viel sinnvoller wäre eine Versteigerung der Lizenzen, wie sie z. B. in Spanien fUr das GSM Netz durchgeführt wurde. Bei einem solchen Verfahren werden die geografische Ausdehnung des Geltungsbereichs der Lizenz sowie die Rechte und Pflichten aus der Lizenz im voraus genau bestimmt. Dadurch kann jeder Aspirant fUr sich eine Wirtschaftlichkeitsanalyse durchftlhren und sein Höchstgebot festlegen? Dieses Verfahren ist im Referentenentwurf explizit aufgenommen worden. 8 Problematisch ist eine Situation, in der die Regulierungskommission neben den rein fmanziellen auch qualitative Aspekte einbindet. Das bereits angeführte Beispiel Spanien zeigt, daß nicht zum Höchstgebot zugeschlagen wurde, weil in dem Konsortium, das diesen Preis bot, der Anteil ausländischer Unternehmen "zu hoch" war. Dies ist unbedingt abzulehnen, weil dadurch wiederum das subjektive Element zum Tragen kommt, das durch das Versteigerungsverfahren vermieden werden sollte. Ein weiterer Vorteil der Versteigerung ist, daß die Kosten der Nutzung des Gutes verursachungsgerecht verteilt werden. Bei der bisherigen Verteilungsweise werden die Frequenzen den Netzbetreibern zu einem geringeren als dem Marktpreis zur Verftlgung gestellt. Dadurch können die Gesprächseinheiten billiger angeboten werden. Dies bedeutet, daß die Mobilfunker subventioniert werden. Anders ist die Situation bei einer Versteigerung. Die Lizenzgebühr, die sich bei einer Versteigerung ergeben würde, stellt fUr den Betreiber eine bedeutende Kostenkomponente dar. In Spanien wurde 1 Mrd. DM bezahlt. 9 Diese Kosten werden natürlich an die Nachfrager in Form höherer Gebühren weitergegeben, so daß die Kosten der Frequenznutzung von denen getragen werden, die sie verursachen.

F7: Schaffung von Regionalnetzen - Durch die Erhebung einer Lizenzgebühr ist es möglich, mehrere Anbieter auf dem gleichen geografischen Gebiet zuzulassen. Das Problem der Schaffung von Überkapazitäten betrim nicht alle Ge7 Vgl. P. J. J. Welfens (1994), S. 43f. 8 Vgl. ERTKG § 11 Abs. 3. 9 Ebenda. J9 Kurtsiefer

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6. Kap.: Wirtschaftspolitische Schlußfolgerungen

biete in Deutschland. So können in Ballungszentren durchaus mehrere Anbieter nebeneinander agieren. Problematisch wird es erst, wenn von allen Netzbetreibem die Versorgung in der Fläche verlangt wird. Diese Forderung muß also aufgegeben werden. Dann wären aber unter Umständen die Betreiber benachteiligt, die die flächendeckende Versorgung leisten müssen. Die einzige Möglichkeit dazu, die unterschiedliche Ausgestaltung der Lizenzen hinsichtlich der darin enthaltenen Pflichtleistungen vergleichbar zu machen, besteht darin, den jeweiligen Marktpreis ftlr sie zu fordern. Auf Dauer würde man damit den Ausgleich der Renditen und die Erosion der Übennacht der Anbieterseite bewirken. Die Wettbewerbsbeziehungen würden intensiver, so daß die etablierten Netzbetreiber eine stärkere Preisdifferenzierung durchftlhren müßten, was die Probleme bei der Markträumung beheben helfen würde. F8: Zweitmarkt für Lizenzen - Es wäre sinnvoll, einen Zweitmarkt ftlr Frequenzrechte zu institutionalisieren. In den Lizenzen ft1r die D- und das E-Netz ist festgelegt, daß Frequenzen, die nicht innerhalb einer bestimmten Frist verwendet werden, wieder an die Regulierungsinstanz zurückfallen. Die Untersuchung der Innovationsfunktionen zeigte aber, daß dieser Regelung die Gefahr immanent ist, Neuerungen nicht auf den Markt kommen zu lassen, weil die Regulierungsinstanz kein Vertrauen in die Marktflihigkeit neuer Dienstleistungen hat und deshalb die Genehmigung verwährt. Wenn man eine Zweitmarkt rur Lizenzrechte aufbaute, wäre es jedem Unternehmen möglich, Frequenzen zu erwerben und seine Innovation dem Markt zuzufilhren. Hätte ein augenblicklicher Anbieter Überkapazitäten, so daß der Preis tUr Frequenzen relativ gering wäre, könnte bereits eine geringftlgige Verbesserung der Dienstleistung die Marktreife erlangen. Würden die Frequenzen von dem aktuellen Lizenznehmer vollständig ausgenutzt, müßte ein neuer Anbieter, um Frequenzen zu erwerben, auch noch den entgangenen Gewinn des Verkäufers der Frequenzen bezahlen, um diesen zum Verkauf der Lizenzrechte zu bewegen. Das "Hamstern" von Frequenzrechten zur Wettbewerbsbehinderung würde verhindert, wenn jeder Eigentümer nachweisen müßte, daß er die Frequenzen effektiv nutzt. Wenn ihm das nicht gelänge, würde das Nutzungsrecht verfallen. Diese Maßnahme würde die Markteintrittsschranken ft1r neue Dienstleistungen wesentlich vennindern. Die Regulierungsaufgabe wäre auf die Überwachung der Kompatibilität neuer Technologien mit den bestehenden Technologien beschränkt. Die Lizenzen hätten sinnvollerweise eine feste Laufzeit, nach der das Frequenznutzungsrecht wieder an den Staat zurückfließen würde. Dadurch könnten neue Erkenntnisse in der Frequenzverwaltung angemessen umgesetzt werden. Den nun folgenden Gedanken als Forderung zu fonnulieren, ginge (noch) zu weit. Zu viele in ihrer Auswirkung nicht vorab bewertbare Einflüsse bestimmen, ob die dahinter stehende Idee sinnvoll umgesetzt werden kann oder nicht.

B. Vorschläge fllr Verbesserungen

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Nähere Analysen würden den Rahmen der Arbeit sprengen. Gleichwohl könnte der Ansatz eine Möglichkeit bieten, einige scheinbar system immanente Ineffizienzen der Koordinationsprozesse zu minimieren.

Vorschlag: Verringerung der Fertigungstiefe und Veränderung der Netzstruktur - Die Netzbetreiber haben in eigener Rechnung die Mobilfunknetze

aufgebaut. Daftlr haben sie sich in unterschiedlichem Umfang der Hilfe und vor allem des Know-hows anderer Unternehmen bedient. Ein Netzbetreiber in statu nascendi ist nur mit einer Lizenz ausgestattet. Die Planung des Netzes hinsichtlich der Standorte der Basisstationen und deren jeweiligen Kapazität nehmen in der Regel Spezialisten vor. Die Netzhardware wird von Elektrokonzernen erworben. In der Zwischenzeit baut der Netzbetreiber eine Vertriebsstruktur auf, die größtenteils aus Serviceprovidern und dem Fachhandel besteht. Ist das Netz aufgebaut, beginnt er, die Gesprächsminuten zu handeln und abzurechnen. Außerdem überwacht er die Funktionsfllhigkeit des Netzes und veranlaßt Reparaturen oder fUhrt sie selber durch. Es zeigt sich, daß all diese Aufgaben nicht notwendigerweise in einer Hand liegen müssen. Es stellt sich die Frage, ob die augenblicklich praktizierte Fertigungstiefe aus volkswirtschaftlicher Sicht optimal ist. Sind die gesparten Transaktionskosten aus der Zusammenlegung von Wertschöpfungsanteilen wirklich größer, als die Effizienzvorteile, die Spezialunternehmen hätten? Unterstellt man ftlr einen Moment einmal, daß die Spezialisierungsvorteile überwögen, wäre folgendes Arrangement vorstellbar: Es gibt einen Lizenznehmer, der ein Mobilfunknetz bauen läßt und dessen Nutzung vermietet. Er betreibt selber keinen Handel mit Endverbrauchern, sondern nur mit den Serviceprovidern, wie das zeitweise in Großbritannien der Fall war. Die Basisstationen werden von Unternehmen aus der Baubranche im Namen und auf Rechnung des Lizenznehmers errichtet. Die Liegenschaften, die erworben werden müssen, um sie als Standorte fUr die BTS nutzen zu können, kauft ein Immobilienfonds. Durch die Nutzungsentgelte, die der Netzbetreiber entrichten muß, kann jede Liegenschaft als Profit Center verstanden werden. Die Anteile des Immobilienfonds könnten breit gestreut werden. Der Vertrieb der Gesprächsminuten wird ausschließlich von Serviceprovidem durchgefUhrt. Sie haben als einzige das Vermarktungsrecht, so daß der Netzbetreiber nur an sie und nicht direkt an den Endverbraucher verkaufen kann. Die Abrechnung der Gebühren wird von Unternehmen durchgeftlhrt, die sich auf Abrechnungsdienstleistungen spezialisiert haben, wie z. B. Privatärztliche Verrechnungsstellen oder Inkassounternehmen. 10

10 Es scheint gesichert zu sein, daß aus dieser Spezialisierung Effizienzvorteile erwachsen. Anfang 1995 hat VIAG, kurz nachdem die Verbindung mit BT bekannt wurde, erklärt, daß es die Abrechnungsaktivitäten aus dem Strom- und dem Telekommunikationsgeschäft in eine Tochtergesellschaft ausgliedern will. 19'

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6. Kap.: Wirtschaftspolitische Schlußfolgerungen

Neuen Netzbetreibern würde der Markteintritt bei einer solchen Marktstruktur wesentlich erleichtert. Der organisatorische Aufwand, der Personalbedarf, das notwendige Know-How und vor allem die Kapitalbindung fielen wesentlich geringer aus. So wäre z. B. ein Immobilienfonds nicht abgeneigt, einem weiteren Anbieter Zugang zu einem Antennenstandort zu gewähren. Ein neuer Anbieter einer Mobilfunkdienstleistung würde Frequenmutzungsrechte ersteigern oder auf dem Sekundärmarkt kaufen. Dann würde er die ftlr ihn notwendigen Antennenstandorte von dem Immobilienfonds anmieten. Die Serviceprovider müßten davon überzeugt werden, daß es fllr sie lohnenswert ist, Vertriebsanstrengungen fllr die neue Dienstleistung zu leisten. Zuletzt müßte noch daftlr Sorge getragen werden, daß die Gebühren richtig erfaßt und abgerechnet werden. Durch die bedeutende Verringerung der Marktschranken würde die Marktrnacht der Anbieter und darüber auch die Überrenditen vermindert. Andererseits würde die Innovationsgeschwindigkeit zunehmen, so daß einige der nur scheinbar branchenimmanenten Probleme der Koordinationseffizienz behoben würden. Nimmt man an, alle diese Vorteile einer Marktkoordination von Spezialisten existierten wirklich, fragte es sich, warum sie sich doch bisher in der Realität nicht herausgebildet hat. Eine denkbare Antwort könnte lauten: Weil durch Integrationsmaßnahmen mögliche Wettbewerbsbeschränkungen den integrierten Unternehmen höhere Gewinne verschaffen als die Disintegration. Ob dies tatsächlich der Fall ist, kann in dieser Arbeit nicht geprüft werden. Vorstellbar ist es jedenfalls. Es müßte folglich untersucht werden, ob Integrationsmaßnahmen betriebswirtschaftliehe Gewinne ermöglichen, die volkswirtschaftlich als Machtrenten qualifiziert werden könnten, und es wäre zu fragen, wie solche Renten verhindert und damit Hemmnisse beseitigt werden könnten, die das Entstehen wettbewerblicher Strukturen verhindern.

7. Kapitel

Zusammenfassung und Ausblick Die geschichtliche Betrachtung der Telekommunikation in Deutschland eröffnet das Bild eines seit seinem Ursprung monopolistisch strukturierten Bereichs. Seit den 40er Jahren des 19ten Jahrhundert - in diese Zeit datieren die ersten Versuche der nicht-dinglichen Fernübertragung von Nachrichten - wurde die Telekommunikation von staatlichen Organisationen durchgeführt und überwacht. Die Ursprünge der Übertragung von Nachrichten über weite Distanzen durch ein Monopolunternehmen finden sich im Übergang des 16ten in das 17te Jahrhundert. Damals erhielt die Familie Taxis das Postregal als Erblehen, welches sie bis 1806 behielt. Die Struktur der Post heutiger Prägung sowie ihre Ausgestaltung als Bundesverwaltung wurde in Preußen entwickelt. Dort wurde seit Mitte des 17ten Jahrhunderts ein Postwesen aufgebaut, das 1867 die Zentrale für die Post des Norddeutschen Bundes wurde. Dann folgten schnell mehrere Schritte, die das Telekommunikationswesen bis zur ersten Poststrukturreform defmieren sollten. 1875 wurde der Post das Telegrafenwesen angegliedert. 1876 wurde das Telefon erfunden. 1878 wurde die Reichspostverwaltung zum Reichspostamt. Das Telefon wurde als Sonderform der Telegrafie kategorisiert und der Telefonverkehr somit ebenfalls dem Reichspostamt unterstellt. 1928 wurde das Fernmeldeanlagengesetz erlassen, das den rechtlichen Rahmen des Telekommunikationswesens für die nächsten 60 Jahre verkörpern sollte. Darin wurde das Netz-, Dienste-, Endgeräte und Zulassungsmonopol der DBP festgeschrieben. Als letzter Schritt wurde 1953 das Postverwaltungsgesetz erlassen, in dem die wesentlichen Organisationsdeterminanten der Deutschen Bundespost festgeschrieben wurden. Der Zustand der DBP bis 1989, dem Jahr der Poststrukturreform I, läßt sich folgendermaßen beschreiben: Der Bundespostminister war einerseits fUr hoheitliche Aufgaben zuständig, in deren Rahmen er fUr die "bedarfsgerechte Weiterentwicklung des Fernmeldewesens" Sorge tragen mußte, und er war gleichzeitig Geschäftsführer des Postunternehmens mit rund 500.000 Mitarbeitern. Ein Verwaltungsrat versah die Kontrolle der Post im Auftrag des Bundes. Außerdem sollte er die Kundenund Personalinteressen vertreten. Andere Minister, Bundesrat, Bundestag, und Bundesrechnungshof sowie internationale Institiutionen machten ihren Einfluß auf die Post geltend. Seit 1937 trat die Post ihren Nutzern in der Form öffentlichen Rechts gegenüber. Das Verhältnis zwischen diesen beiden Gruppen wurde durch obrigkeitliche Normen geregelt. Diese Regelung bewirkte geringfügige

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7. Kap.: Zusammenfassung und Ausblick

Vorteile bei z. B. der Haftungsbeschränkung, aber ganz wesentlich war der Nachteil, daß Sonderregelungen gleich welcher Art gegenüber einzelnen Kunden oder Kundengruppen nicht möglich waren. Der Zustand der Post verschlechterte sich in den 80er Jahren. Der Postminister war zunehmend von der immer komplexer werdenden Aufgabe der Gestaltung einer Rahmenordnung rur einen sehr wichtigen Wachstumsmarkt und der Führung des größten deutschen Unternehmens überlastet. Der Verwaltungsrat vertrat hauptsächlich die Interessen der Großunternehmen nicht aber der Privatnutzer, denen es nicht gelang, rur sich eine starke Lobby aufzubauen. Die Personalvertretung durch die Postgewerkschaft war außerordentlich mächtig und in der Lage, Erneuerungen zu verhindern oder zumindest erheblich zu verzögern. Außerdem war festzustellen, daß die Post immer wieder dazu benutzt wurde, parteipolitische Ziele zu verfolgen. So unterblieben GebUhrenerhöhungen etwa vor Wahlen. Der Modus der GebUhrenfestlegung war weit davon entfernt, ein wohlfahrtsoptimales Marktgleichgewicht zu gewährleisten. Die GebUhren konnten an geschätzten Nutzenwerten orientiert werden. Quersubventionierung war ein legitimes Mittel der Nachfragelenkung, und politische Ziele sollten - wie bereits geschildert - ebenfalls verwirklicht werden. Es gab vor allem runf Argumente, mit denen die umfassenden Alleinrechte legitimiert wurden, nämlich (1) daß die Planung der Telekommunikation in Deutschland von zentraler Stelle aus zu erfolgen habe,

(2) daß hohe Verbund- und Größenvorteile realisiert werden könnten, (3) daß ein Daseinsvorsorgeauftrag bestehe, (4) daß Normen und Standards gesetzt werden müßten, um die Kompatibilität der Netzbestandteile zu sichern, und (5) daß technischer Fortschritt permanent in das bestehende Netzsystem implementiert werden müsse. Diese Argumente waren aber entweder nie oder aufgrund der zwischenzeitlichen technischen Entwicklung nicht mehr überzeugend. Vor diesem Hintergrund passierten die Poststrukturreformen I und II die legislativen Entscheidungsgremien. In der Postreform I wurde die Trennung der DBP in drei voneinander unabhängige Unternehmen - Postdienst, Postbank und Telekom -, die Trennung hoheitlicher von unternehmerischen Aufgaben, die Implementierung einer neuen Leitungsstruktur, größere personalpolitische und finanzielle Freiräume und die sukzessive Unterwerfung der Umsätze der Telekom unter die Umsatzsteuer beschlossen. Die Postreform 11 erwirkte die Umwandlung der drei Unternehmen in Aktiengesellschaften. Die in Staatshand verbleibenden Anteile wurden in einer "Bundesanstalt rur Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost" zusammengefaßt. Sie ist rur den Abschluß von Manteltarif-

Kap. 7: Zusammenfassung und Ausblick

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verträgen und die Verwendung der Dividenden rur z. B. Quersubventionierungen verantwortlich. Regulierungsaufgaben werden weiterhin vom Bundespostminister wahrgenommen, der nun von der Unternehmensleitung befreit ist. Er hat das Genehmigungsrecht rur Leistungsentgelte im Monopolbereich. Diese Reformen ruhrten zu einer spürbaren Machtbegrenzung innerhalb der Postunternehmen, was sich an der Verweigerung der Genehmigung der Tarife rur Mietleitungen durch den Bundespostminister zeigte, die Mannesmann Mobilfunk rur angemietete Standleitungen an die Telekom bezahlen sollte. Die RechtsteIlung zwischen Kunde und Unternehmen ist nun privatrechtlich geregelt, und die Trennung von hoheitlichen und unternehmerischen Aufgaben ist weitgehend vollzogen. Die dringend benötigte Wettbewerbsöffnung rur die Monopoldienste wurde allerdings bei beiden Reformen versäumt. Die Kompetenzen der Bundesanstalt rur Post und Telekommunikation wurden viel zu weit gefaßt. Es wurde nicht verhindert, daß Regulierungsbeamte Mitglied in den Aufsichtsräten werden können, so daß die Regulierer doch wieder gleichzeitig Unternehmensaufgaben wahrnehmen können. Der Beamtenstatus vieler Mitarbeiter wurde nicht konsequent eingeschränkt. Zur Zeit befindet sich die Postreform III in Vorbereitung. Darin soll endlich die Aufhebung des Sprachdienstmonopols zum 1.1.1998 festgeschrieben werden. Es wäre zu wünschen, daß die Lizenzierungshemmnisse rur den Marktzugang aufgehoben würden. Damit die Nachfrage nach Übertragungs lizenzen angeregt wird, sollten Wege- und Kabelverlegungsrechte freizügig zugewiesen werden. Die Telekom sollte, dem Beispiel aus Großbritannien folgend, durch eine Price-Cap-Regulierung daran gehindert werden, weiterhin ihre Marktmacht zur Realisierung von Monopolrenten mißbrauchen zu können. Der Wissenschaftliche Beirat des BMWI schlägt vor, die Universaldienstversorgung durch Subventionen aus einem Fonds zu sichern, der von allen Netzbetreibern gespeist wird. Um die in praxi erprobten Regulierungsmethoden zu untersuchen, wurde eine internationale Vergleichsbetrachtung mit den innovativsten Telekotnmunikationsnationen Großbritannien, USA und Japan durchgefUhrt. In allen drei Staaten wurden in den 80er Jahren weitreichende Umstrukturierungsmaßnahmen im Telekommunikationsbereich vorgenommen. In Großbritannien und Japan wurden klassische staatliche Postanstalten in Aktiengesellschaften umgewandelt, deren Anteile dem Publikum zum Kauf angeboten wurden. In den USA wurde eine private Telekommunikationsgesellschaft zerschlagen (Divesture). Alle drei Staaten hoben das Sprachdienstmonopol auf. Es zeigt sich, daß die freie Vergabe von Netzbetriebslizenzen, wie sie in Japan und den USA praktiziert wurde, die größten Wohlfahrtsgewinne nach sich zieht. Breit gestreuter Wettbewerb auf der Orts ebene ist zur Zeit nicht zu realisieren, obwohl eindeutige Tendenzen zu erkennen sind, daß sich dies bald ändern wird. Die Lizenznehmer im Mobilfunk sollten durch öffentliche Auktionen in mehreren Bietrunden ermittelt werden. Das amerikanische Beispiel zeigt, daß dieses Segment als so chancenreich angesehen wird, daß Unternehmen gewillt sind, beträchtliche Summen in Frequenznutzungsrechte zu investieren. Die Erfah-

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7. Kap.: Zusammenfassung und Ausblick

rungen von z. B. Großbritannien mit dem "Office of Telecommunications" machen deutlich, daß eine unabhängige Regulierungsbehörde erforderlich ist, um mehr Wettbewerb zu ermöglichen. Dabei sollte sich ihr Einfluß auf die Verwaltung der Lizenzen beschränken. Das Ziel der Untersuchung der Mobilfunkmärkte Deutschlands aus kollektivgütertheoretischer Sicht war die Entwicklung eines Sollkonzeptes fUr die Bereitstellung von Mobilfunknetzen. Ein typisches Mitglied eines Mobilfunkvereins fordert von seinem Versorgungsverband die Ausstattung mit einem hochwertigen, preiswerten Sprach- und Datenübertragungsdienst. Es sollte jederzeit ein freier Leitungskanal zur VerfUgung stehen, die Ortung des Nutzers müßte immer gewährleistet sein, das Endgerät dürfte nicht unhandlich sein und die Gespräche sollten nicht ungewollt abbrechen. Als Anbieter versucht man die Bereitstellungskapazität so zu wählen, daß die Wahrscheinlichkeit, wegen Überfüllung keinen Leitungskanal zugewiesen zu bekommen, eine Wahrscheinlichkeit von x% nicht übersteigt. Die Behebung von Defekten im Netz muß durch einen Wartungsdienst schnellstmöglich behoben werden. Die Software hat die fehlerfreie Ortung, Informationsübertragung und Gebührenabrechnung zu leisten. Die geografische Abdeckung mit dem Dienst muß möglichst lückenlos sein. Weil die Tarifierung eines Kollektivgutes von dessen Auslastungsgrad abhängt, ist es hilfreich, den Lebenszyklus eines Mobilfunknetzes mit einem Drei-Phasen-Schema wiederzugeben. Phase 1 beginnt mit der Aufnahme des Netzbetriebes und zeichnet sich durch hohe Überkapazitäten aus. Sie ist mit dem ersten Auftreten von ÜberfUllungen in einigen Basisstationen beendet. Während dieses Zeitraums sollte eine nutzungsunabhängiger Kopfbeitrag erhoben werden, mit dem die anfallenden Fixkosten gedeckt werden. Dabei wird unterstellt, daß die variablen Kosten vernachlässigbar klein sind. In der Phase 2 werden Kapazitätsausweitungen vorgenommen, um der regional auftretende Übernachfrage während Spitzenlastzeiten Herr zu werden. Die Gruppenvorteile des Konsums sinken zwar, doch dafUr steigen die Kostenvorteile der Produktion. Neben den reinen Beitrag tritt eine nutzungsabhängige Gebühr in Höhe des gerade noch verdrängten potentiellen Nutzers. In der letzten Phase erreicht das Netz sein personelles Sättigungsniveau. Eine Ausweitung der Kapazität wird immer schwieriger. Die grundsätzliche Tarifierungsform ändert sich gegenüber Phase 2 nicht. Die Verdrängungsgebühr steigt stark an. Das Extensionsniveau des Versorgungsverbandes sollte eigentlich die Vereinsebene sein. Allerdings kann diese Konstruktion ohne Wohlfahrtsnachteile durch funktionsfähigen Wettbewerb unter den Netzbetreibern ersetzt werden. Die vereinsrechtliche Kontrolle wird in diesem Fall durch die Lenkung der Nachfrage zu dem besten Angebot ersetzt. Ein Anbieter der nicht die Belange der Nachfrager berücksichtigt, wird Umsatzeinbußen erleiden, wenn die Kosten des Netzwechsels nicht zu groß sind. Innerhalb des Versorgungsverbandes muß die notwendige Kapazität in einem mehrstufigen Verfahren ermittelt werden: Zuerst werden die Mitglieder

Kap. 7: Zusammenfassung und Ausblick

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über die zu erwartenden Kosten der Netznutzung informiert. Dann gibt jedes Mitglied sein prospektives Nutzungsprofil an. Daraus wird die Kapazität des Netzes ermittelt, indem die Gesamtkosten bei der unterstellten Mitgliederzahl gerade gedeckt werden. Vergleicht man dieses Ergebnis mit der realen Situation, so ist festzustellen, daß mehrere Schwachstellen bestehen. Da statt der Vereinslösung die Wettbewerbslösung gewählt wurde, ist Anbietermacht entstanden, die mißbraucht werden könnte. Weil bei der Festlegung der Kapazität auf eine Befragung verzichtet wurde, kann es zu Fehlallokation kommen. Durch die aktuelle Tarifform wird Nachfrage verdrängt, weil die Gebühren erheblich über den Grenzkosten liegen. Im Rahmen der KMD-Analyse zeigte sich, daß der Markträumungsprozeß auf Mobilfunkmärkten aus zwei Teilprozessen besteht. MRP I dient der Optimierung der Mitgliederzahl in einem Netz durch die Variation der fixen und variablen Gebühren, während im MRP 11 die tageszeitliche Verteilung der Nachfrage durch die Veränderung von allein den variablen Gebühren gesteuert wird. Die Analysen ergaben, daß beide Prozesse sowohl vor als auch nach dem Strukturbruch gestört waren. Für beide Prozesse gab es während des Betrachtungszeitraumes Festpreise. Markträumung konnte nur zufllllig auftreten. Die Marktstruktur wurde von einem Monopolisten beherrscht. Entsprechend der ökonomischen Theorie war seine Angebotsmenge geringer als die bei Wettbewerb. Mittlerweile scheint das Problem der Angebotsmenge durch den Eintritt neuer Anbieter gelöst. Die kleine Zahl von Anbietem macht aber eine stillschweigende Kollusion oder kartellähnliche Einigungen relativ leicht. Die bisherigen "Preisrunden" im Mobilfunk lassen die Vermutung aufkommen, daß diese BefUrchtung nicht realitätsfern ist. Mit dem Argument "Monopolrente" läßt sich nicht erklären, weshalb die Post auf eine stärkere tageszeitliehe Preisdifferenzierung verzichtet und damit einerseits ÜberfUllungen zu Spitzenlastzeiten und andererseits erhebliche ungenutzte Kapazitäten während der Nebenzeiten hingenommen hat. Vermutlich haben der Politik der Post (ökonomisch falsche) Forderungen nach Gleichbehandlung zugrunde gelegen. Aufgrund der erheblichen Stabilitätsdefekte, sind beide Prozesse als gestört anzusehen. In der Plausibilitätsbetrachtung des Renditenormalisierungsprozesses zeigte sich, daß staatlicher Einfluß durch das Recht der Lizenzvergabe und die Auswahl der Lizenzbedingungen zur Wirkung kommt. Dadurch wurde vor dem Strukturbruch der Ausbau der Kapazität massiv verzögert. Mittlerweile wächst die Kapazität durch die Lizenzierung mehrerer neuer Netze rasant. Es ist nicht zu erkennen, daß die vom Bundespostministerium vorgeschriebene Mindestgröße der Netze einen negativen Einfluß auf den RNP hätte. Überkapazitäten sind zur Zeit nicht festzustellen. Ein Abbau der Kapazität ist zu geringen Sunk

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7. Kap.: Zusammenfassung und Ausblick

Costs möglich, weil technische Bausteine des Netzes an andere GSM-Netzbetreiber weiterverkauft werden können. Vor dem Strukturbruch war der RNP gestört, weil der Anreiz zum Kapazitätsausbau gering entwickelt war. In der Zwischenzeit sind die Anreizmängel weitgehend abgebaut worden. Die Sunk Costs sind niedriger als zur Zeit vor dem Strukturbruch. Dennoch liegt eine Schwachstelle vor, weil weiterhin Zugangshemmnisse bestehen. Der Übermachterosionsprozeß war vor dem Strukturbruch durch das gesetzlich garantierte Monopol der Post gekennzeichnet. Ein Abbau der Übermacht mußte über die Bildung von Gegenrnacht erfolgen. Das war aber wegen des Zusammenschaltverbots und der Drittverkehrsbegrenzung nicht möglich. Durch den Strukturbruch wurde die Anbietermacht verringert, indem zwei neue Betreiber mit Lizenzen ausgestattet wurden, und die Nachfragermacht wuchs, weil die Serviceprovider als Zwischenhändler eine wesentlich stärkere Stellung bei Verhandlungen haben als der einzelne Kunde. Da sich innerhalb der Serviceprovider ein Konzentrationsprozeß und eine Ausweitung ihres Wirkungsgebietes auf den paneuropäischen Raum abzeichnet, wird deren Macht in Zukunft noch steigen. Die Bindung zwischen einem Anbieter und seinem Kunden wird sinken, weil im Gefolge des stärkeren Wettbewerbs die Kosten rur einen Netzwechsel sinken werden. Damit zeichnet sich ab, daß sich der Prozeß des Abbaus der Anbieterübermacht fortsetzen wird. Vor dem Strukturbruch war nicht auszumachen, ob ein Niveaudefekt vorlag. Schließlich war überhaupt keine Bewegung der Regelgröße festzustellen, mithin auch nicht, ob sie auf ein verzerrtes Gleichgewicht zusteuerte oder nicht. Mittlerweile ist zu erkennen, daß sich das Marktgleichgewicht auf einem verzerrt hohen Niveau einpegeln wird. Ziel des ÜEP ist der Ausgleich von Anbieter- und Nachfragermacht auf einem möglichst niedrigen Niveau. Statt dessen wird hier aber eine Annäherung an ein Gleichgewicht dadurch erreicht, daß die schwächere Marktseite zunehmend vermachtet wird. Somit werden sich in Zukunft zwei starke Machtblöcke gegenüberstehen, was eigentlich nicht gewünscht ist. Der Produktionsfortschrittsprozeß war vor dem Strukturbruch gestört. Bedingt durch die einseitige Bevorzugung inländischer Technologien, nämlich der C-Netztechnologie, lag Deutschland im internationalen Vergleich zurück, weil das C-Netz weniger Möglichkeiten rur Mehrwertdienste bot als z. B. die amerikanische AMPS-Netztechnologie. Der Strukturbruch vermochte diesen Mißstand zu beheben. In Deutschland werden zur Zeit Netztechnologien verwendet, die das Angebot aller neuen Dienstleistungen ermöglichen. Ein Aspekt, der in der Regel dem Produktfortschritt abträglich ist, nämlich das Definieren eines Standards, kann nicht abschließend qualifiziert werden. Einerseits bremst dies den Fortschritt, weil alle Technologien ausgegrenzt werden, die nicht kompatibel sind. Andererseits eröffnet das Setzen eines Standards einen so großen

Kap. 7: Zusammenfassung und Ausblick

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Markt, daß Unternehmen vermehrt ihre Forschungsaktivitäten dorthin lenken, um an dem Marktwachstum teilzuhaben. Ungeachtet dessen, ob man der einen Argumentation oder der anderen zustimmt: Der Standard ist eine notwendige Bedingung für das Entstehen eines Mobilfunknetzes und ist deshalb als systemimmanent zu bezeichnen. Deshalb kann der PFP seit dem Strukturbruch als funktionierend klassifiziert werden. Niveaudefekte konnten weder vor noch nach dem Strukturbruch festgestellt werden. Der Verfahrensfortschrittsprozeß war vor dem Strukturbruch gestört. Der Markteintritt war unmöglich, Frequenzen waren nicht zu erhalten. Deshalb wurden Innovationen nur dann umgesetzt, wenn das Ministerium dies wollte und beschloß. Außerdem gab es offensichtlich Anreizmängel, da der geringere Qualitätsstandard die Wettbewerbsposition nicht schwächte. Seit der Marktöffnung ist die Verwendung neuester Technologien zum Elixir vitae der Netzbetreiber geworden. Deshalb ist der Prozeß inzwischen als funktionsfähig zu bezeichnen. Lediglich die zu niedrige Bepreisung der knappen Ressource Frequenz läßt erwarten, daß Verfahrensfortschritt, der zu einer rationelleren Verwendung der Frequenzen ruhrt, nicht genügend vehement vorangetrieben wird. Im Verlauf der Arbeit konnten einige interessante Untersuchungen nicht weiter verfolgt werden, weil damit deren Rahmen gesprengt worden wäre. So wäre es sicherlich interessant, die Kreuzpreiselastizitäten zwischen dem Telefonieren zu unterschiedlichen Tageszeiten zu verfolgen, um den Markträumungsprozeß II noch besser zu verstehen. Generell wäre es wünschenswert, wenn die Datenbasis rur Analysen der Mobilfunkmärkte verbessert würde. Gerade weil sich im Verlauf der Arbeit doch recht häufig zeigte, daß die Marktergebnisse wegen der großen Anbietermacht gefährdet sind, sollte ein Datengewinnungssystem entwickelt werden, das eine permanente Kontrolle der Akteure zuläßt. Wünschenswert wäre es außerdem, die Markteintrittsbarrieren so weit wie möglich zu senken. Dazu müßte vor allem ein Rahmen rur einen Zweitmarkt rur Frequenzen geschaffen werden. Bei einer Beurteilung der Vor- und Nachteile einer stärker arbeitsteiligen Marktstruktur stellt sich die Frage, ob durch die Spezialisierung die Verbesserung der plastischen Produktionsfaktoren und die Verhinderung von wettbewerbsbeschränkenden Maßnahmen die zweifellos höheren Transaktionskosten überkompensiert werden können. Wie auch immer dies erreicht werden kann, muß festgestellt werden, daß erst, wenn es gelingt, die potentiell erdrückende Anbieterübermacht beim Mobilfunk zu vermindern, funktionsfähiger Wettbewerb gewährleistet werden kann. Daran könnten staatliche Organe einen großen Anteil haben, wenn sie die notwendigen regulatorischen Maßnahmen ergreifen würden. Es wird sich bald zeigen, ob es zu solchen Schritten kommen wird.

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Sachwortregister Abweichungtest 142 Access Charges System 55 Advanced Mobile Phone Service 68 Anreizmängel 215 Äquivalenzprinzip 132 AT&T62 Ausstattungseinheit, Tarifierung der 269 Beesley Studie 53 Bell Operating Companies 67 Bell, Graham 9 Benutzerverordnungen 21 Benutzungsverhältnis 20 Bereitstellungskosten 119f. minimum 127 Bereitstellungsverband 132 Betriebsgröße, optimale Bindungen, vertikale 203 BMPT, Abschaffung des 270 British Standards Institute 51 British Telecom 51ff. Budesrechnungshof 18 Bundesanstalt rur Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost 42 Bundesminister rur das Post- und Fernmeldewesen 15 Bundesminister fllr Post und Telekommunikation 38 hoheitliche Aufgaben des 38 Cable & Wireless 54ff. CCIR 19 CCITT 19 CEPT19 Certificate of public necessity and convenience 63 Competitive access providers 70 Computer Inquiry I 66 concerted action 215 conscious parallelism 215 countervailing power 199

Daseinsvorsorge 37 Demokratieprinzip 132 Deutsche Bundespost 10 Deutsche Bundespost, Organisationsstrukur der 37 Deutsche Post Deutsche Postgewerkschaft 17 Deutsche Reichspost 10 ff. Dienstemonopol 12 Differenzmengen 143 Director General of Telecommunications 56 Divesture 66, 272 Dyopol215 Economies ofScale 271 Effizienzfortschritt 252 Eigenkapitalrendite 186 Eigenschaftsänderungen, funktionale 232 symbolische 232 Eingriffsrecht, politisches 266f. Empfehlung des Rates vom 25.06.1987 über die Frequenzbänder, die fllr die koordinierte Einführung eines europaweiten öffentlichen zellularen, digitalen, terrestischen Mobilfunkdienst in der Gemeinschaft bereitzustellen sind HO Endgerätehersteller 88 Endgerätemonopol12 Entwurf über die Unternehmensverfassung der Deutschen Bundespost 33f. Erlang Formel 114 ETSI 19, 110 Europäisches Parlament 109 Evolutionssystem 224 EXECUNET-Entscheidung 64ff. Exkludierbarkeit 136 Experimentierprozeß 224 Extensionsniveau 132 Extensionsniveaus, Abwägung der 133 Externe Effekte 136

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Sachwortregister

FAG20 Fahigkeitsmangel216 Federal Communications Commission 63 Fernmeldeanlagengesetz 12,37 Fernsprechnetz 31 Fertigungstiefe, Verringerung der 275 Finanzausgleich 38 Fortschrittlichkeitsgrad 228 Fortschritttsrilckstände 229 Funktionsfllhigkeit des Marktes 143 Gästelösung 137 Gebührenbemessung 23 Gebührenbemessung, Aufgaben der 23 Verhältnismäßigkeit der 23 General Typ 11 Carrier 77 Gesamtkapital186, 188 Gesetz über das Postwesen 37 Gesetz über die Unternehmensverfassung der Deutschen Bundespost 37 Gesetz zur Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation 41 Gesundheitsschädigung 264 Grenzkostenpreise, Tarifierung zu 269 Groupe Special Mobile 99 Grundgesetz 12 Gut, demeritorisches 178 Gutachten Nr. 85 des Wissenschaftlichen Beirates des BMWl 44 Half-Rate-Coding 126,257 Hauptpersonalrat 17 Hauptzone 154 Herfindahlindex 201 Herstellerwettbewerb 134 Herstellungserfindung 227 Hilfsindikatoren 149ff. Humankapital 252 Idealindikatoren 149ff. IDN31 Imitationsprozeß 224 Immaterielle Vermögensgegenstände 255 selbsterstellte 255 Indikatordefinition, KollektivgUteraspekt bei der 149f. Konzeption der 149f.

Probleme der 150f. Infrastrukturkosten 254 Infrastrukturrat 38 Innovationsentscheidungen 226 Innovationsfunktion von Wettbewerb, zweite 249 Internationale Fernmeldeunion 109 ISDN 31 Jahresabschluß, Transparenz des 187 Kapazität, effektive 153 kommerzielle 153 maximale 153 ökonomische 153 technische Ausbaubarkeit 197 Kapazitätsanpassungskoeffizient 196 Kapazitätsbegriffe, Definition der 152 index 195 Keidanren 76 Kokusai Denshin Denwa Corporation 74 KollektivgUtertheorie 86 Kongruenzprinzip 133 Konkurrenz, latente 203,221 Konsumentensouveränitiät 233 Konzeption der Bundesrgierung zur Neuordnung der Telekommunikation 33, 36 Koordinationseffizienz 141 Koordinationsmängel-Diagnosekonzept 141 Koordinationsmängel-Diagnosekonzept 3 Korrekturfaktor I 21Off. Kostenfilhrer 249 Kreuzpreiselastizität 154 Kritische Masse 246 Lebenszyklusdauer 230 Lizenzen, Zweitmarkt filr 274 Lizenzversteigerung 273 zuteilung 268 Local Areas and Transportation Areas 68 Low User Scheme 56 Machtätlderung, induzierte 200 Machtmißßbrauch, vertikaler 201

Sachwortregister Major trading areas 72 Make-or-buy Entscheidung 135 Marktabgrenzung, räumliche 95 sachliche 95 Marktaustritte 200 Markteintritte 200 Markteintrittsschranke 216 Marktgleichgewicht219 Marktphase 255 Marktprozesse 141 Markträumungsprozeß 141 I 146ff. 11 147f. Markträumungstheorem 144 Marktrendite 194 Marktschranken 265 Mediatisierung der Kontrolle 132 Memorandum ofUnderstanding 120f. Mengenelastizität 119ff. Mercury, 54ff. Mindestbetriebsgröße der Mobilfunktechnologie 262 Mindestgröße, technische Minister of Post and Telecommunications 50 Ministerium rur Post und Fernmeldewesen 11 Ministerium rur Post und Telecommunications, japanisches 82 Ministerium, Abschaffung des 271 Mitspracherecht der Nachfrager 269 Mobile Switching Centers 108 Modified Final Judgement 66 Monopolkommission 33 Monopolpreise 269 Mutationsanstrengungen 224

Nachfrage, Bezugsrahmen rur 100 Determinanten der 99 Nachfragerbeschreibung 98 National Mobile Center 108 Nebenmerkmalselemente 233 Nebenzone 154 Netzkomponenten, Kosten der 120 Netzmonopol 12 Netzstruktur, Veränderung der 275 Netzwettbewerb 267 Neuigkeitswert eines Produktes 229

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Nippon Telephone and Telegraph Company 73ff. Niveauverzerrungstest 142 Norddeutscher Bund 8 Normen 30 NTT DoMoCo 80f. Nutzungselastizität 115ff. Nutzungsvorteile des Konsums 131 Office ofTelecommunications 52 Oligopol, enges 215 Operativer Gewinn 189 Other common carriers 64ff. ParaIlelverhalten, bewußtes 215 Personal Communications Networks 98 Personalpolitik 267 Pflichtleistungen 39 Plausibilitätstest 142 Post Office 49 Post Office Act 50 Post Preußische 7ff. Post, Ablieferung der 29 Alleinrecht der 24ff. bank 38 Benutzungszwang 21 dienst 38 gesetz 20 Gestalt der 19ff. Leitung der 15 ff. Mittelbau der 19 monopol 6 netz 5 Ortsebene der 20 Pflichten der 22 reform I 2,37ff. reform I, Bewertung der 40 reform 11 2, 41 ff. reform 11, Bewertung der 42ff. strukturgesetz 37ff. verfassungsgesetz 37 Verhalten der 2Off. Wettbewerbsleistungen 28 Zulassungspflicht der 22 Zwangsbeitreibung sparkassendienst 10 Präferenzverzerrungen 142 Preis-Leistungs-Kombination 224

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Sachwortregister

Preis-Reaktionskoeffizienten 145 Price-Cap Regulierung, britische 57 Prinzp der Direktkontrolle 132 Produktfortschritt 228 Produktfortschrittsfunktion 224 prozeß 142 Produktionsanlagen, Alter der 256 ProzeßmusterprUfung 142 Prozeßmustertest 142 Public Utility Commissions 62

Standards30 Stellgröße 142 Stellgrößenindikator MRP I 162f. MRP 11 171f. Stephan, v. 4 Stille Reserven 188 Strahlengefllhrdung 264 Subtitutionsbeziehungen 9Off. Sunk costs der Anbieter 262 der Nachfrager 241

Radio Regulatory Departrnent 50 Reaktionskoeffizient 196 Reaktionstest 142 Rechtsakte der Europäischen Kommission 109 Referentenentwurf ftlr das Telekommunikationsgesetz 45 Regalien 6 Regelgröße 142 Regelgrößenindikator, MRP I 159f., 169f. Regelkreis, kybernetischer 142 Regionalnetze, Schaffung von 274 Regulierungskonzepte 267 Reichspostamt 9 Renditeanpassungskoeffizient 196 normalisierungsprozeß 141, 182ff. Richtlinie des Rates vom 25.06.1987 über die Frequenzbänder, die ftlr die koordinierte Einftlhrung eines europaweiten öffentlichen zellularen, digitalen, terrestischen Mobilfunkdienst in der Gemeinschaft bereitzustellen sind 110 Risikoverzinsung 193 Rivalitlltsgrad 115ff. Rivalitlltsgrad bei Mobilfunknetzen 124

Tarifgestaltung 269 Tarifierungsform, wohlfahrtsoptimale 130 Taxissche Post 4 ff. Technologiestandard 242 Teilsondervermögen des Bundes 38 Telecommunications Act 50 Telecommunications Business Law 75 Telegrafie 8 Telekom 38 ordnungspolitischer Rahmen 39 Telekommunikation, Institutionelle Gestaltung der 266 Thurn und Taxissches Generalat 6 Total Access Communications 243 Trendtest 142 Typ I Carrier 77

Sachverstllndigenkommission ftlr die Deutsche Bundespost 32f. Sachverstllndigenrat, Herbstgutachten des 34 Selektionsprozeß 224 Serviceprovider 88 Konzentration der 222 Sozialkosten 267 Special Typ 11 Carrier 77 Specialized common carriers 64ff. Staats-Briefschaften 5

Übermacht, effektive potentielle 209 Übermachtbildung 199 erosionsprozeß 142 Übernachfrage 142 Reaktionskoeffizient 145 Überrendite 182ff., 193ff. Universal dienst 46ff. Unterrendite 182ff. Value Added Network Services 54 Verfahrensänderungen 251 fortschritt 250 fortschrittsprozeß 142 standard der GSM-Netze 262 Vergleichsmarkt, vorbildlicher 226 Verhalten, abgestimmtes 215 Vermachtung 199 Versorgungsempfllnger 267

Sachwortregister verband 86, 146 Vertragsverhältnis, bürgerlich-rechtliches 21 öffentlich-rechtliches 21 Verursachungsprinzip 136 Verwaltungsrat 10, 16f. Verwaltungsrefonnkommission Gapanische) 76 Wegerecht des Bundes 45 Wellen, elektro-magnetische 264 Weltpostverein 134 Wissenschaftlicher Beirat der Gesellschaft fUr öffentliche Wirtschaft 42

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Witte-Kommission 33 Witte-Kommission, Empfehlungen der 35ff. Witte-Kommission, Kritik an den Empfehlungen der 36f

X-Ineffizienzen 135

Zentralamt fUr Zulassungen im Fernmeldewesen 109 Zulassungsmonopol Zusatzleistungen 232