Die Chronik als Auslegung: Untersuchungen zur literarischen Gestaltung der historischen Überlieferung Israels 9783666532511, 3525532490, 3525533520, 3525532547, 3525532555, 3525532541, 3525532563, 9783525532515

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Die Chronik als Auslegung: Untersuchungen zur literarischen Gestaltung der historischen Überlieferung Israels
 9783666532511, 3525532490, 3525533520, 3525532547, 3525532555, 3525532541, 3525532563, 9783525532515

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Thomas Willi Die Chronik als Auslegung

Meinen Eltern

THOMAS W I L L I

Die Chronik als Auslegung Untersuchungen zur literarischen Gestaltung der historischen Überlieferung Israels

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Josef Delmedigo

G Ö T T I N G E N · V A N D E N H O E C K & R U P R E C H T . 1972

Forschungen zur Religion und Literatur dés Alten u n d Neuen Testaments Herausgegeben von Ernst Käsemann und Ernst Würthwein 106. H e f t der ganzen Reihe

Leinenausgabe ISBN 3-525-53 251-2 Broschurausgabe ISBN 3-525-53 250-4 Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft. — © Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1972. •— Printed in Germany. — Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, das Buch oder Teile daraus auf foto- oder akustomechanischem Wege zu vervielfältigen. Gesamtherstellung: Hubert & Co., Göttingen

Vorbemerkung Die vorliegende Untersuchung wurde 1967 in Göttingen begonnen und im Frühling 1969 in Basel abgeschlossen. Der Dank für ihr Zustandekommen richtet sich an mehrere Adressen. Die Herren Prof. D. E .Käsemann und Prof. D. E . Würthwein vermittelten die Aufnahme in die Reihe „Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments"; ein Zuschuß der Deutschen Forschungsgemeinschaft ermöglichte den Druck. Das Manuskript hätte sich ohne die Großzügigkeit von Herrn Prof. Dr. E. Jenni, der einst auch die Grundlagen für meine Beschäftigung mit dem Alten Testament gelegt hatte, nur unter Schwierigkeiten fertigstellen lassen. Dank schulde ich ferner Herrn Prof. Dr. I.L. Seeligmann für eine mir freundlichst gewährte Unterredung, durch die auch die endgültige Fassung der Arbeit bestimmt wurde. — Ohne die Hilfe von Herrn Dr. B. Prijs wäre ein entscheidendes Kapitel in der Wissenschaftsgeschichte der Chronik für mich im Dunkeln geblieben. Weite Teile dieser Arbeit wären ohne die Vorlesungen, Übungen und Gespräche bei Herrn Prof. Dr. Dr. R. Hanhart nicht oder nicht so, wie sie nun vorliegen, geschrieben worden. Ihnen verdanke ich die für die Materie grundlegenden Gesichtspunkte. — Herrn Prof. Dr. Dr. H. Donner möchte ich nicht nur danken für die Förderung in jeder denkbaren Hinsicht, für die historisch-philologische Schulung, die ich in seinen Vorlesungen und Übungen erfuhr, sondern auch für das in die Arbeit gesetzte Vertrauen, das einen nicht meßbaren, aber kaum hoch genug zu veranschlagenden Anteil an ihrer Entstehung bedeutete. Eichberg/St. Gallen, Ostern 1972

Inhalt Vorbemerkung I. „Das

Königtum

5 Jahwes

in

der

Hand

der Söhne

Davids"

(II 13,5) — Thematik und Wirkung der Chronik

9

1 . 7 . Chronik 10 — Saids Königtum als Prolegomenon zur staatlichen Geschichte Israels

9

2. Die Chronik im Spiegel ihrer Ausleger

12

a) „Ne bis in idem" oder Eigenständigkeit der Chronik? b) Die ältere Chronikexegese c) Die Chronikexegese seit der Aufklärung II. „Abram, das ist Abraham"

12 14 26

(11,27) — Die Chronik als Auslegung

1. Einführung a) Der Zweck der Chronik — Eine Übersieht b) Die Chronik ein Midrasch Î c) Die Chronik als Auslegung d) Die textkritisch zu erklärenden Differenzen (Kat. I und II) 2. Redaktion

48 48

...

48 52 53 69 78

a) Orthographische und grammatische Abänderungen (Kat. III) . . . 78 b) Kleinere Auslassungen und Kürzungen (Kat. IV) 91 c) Verdeutlichende Zusätze und Änderungen (Kat. V) 101 3. Interpretation a) b) c) d) e)

Adaptation (Kat. VI) Theologische Modifikationen (Kat. VII) Rezension (Kat. VIII) Typologie (Kat. I X ) Glossierende Interpretamente

4. Eigene Geschichtsschreibung

111 111 124 132 160 169 176

a) Kanon, chronistischer Musivstil und das Verhältnis von EsraNehemia zur Chronik 176 b) Aspekte der eigenen chronistischen Geschichtsschreibung 184

I I I . „Die Geschichte der Propheten" ( I 29,29) und ihr Ausleger Die Chronik als spätnachexilisches Geschichtswerk 1. Geistesgeschichtliche Einordnung Chronik

— 190

und literarischer Charakter der 190

a) Antisamaritanische Polemik in der Chronik?

190

b) Zusätze kultischer Prägung in der Chronik

194

2. Das spätnachexilische Geschichtswerk

204

3. Prophet, Epitomator und Exeget — Primäre, sekundäre und tertiäre Geschichtsschreibung nach der überlieferungsgeschichtlichen Konzeption der Chronik 215 a) Prophet und Geschichte. Das chronistische Prophetenbild

216

b) Prophet und Geschichtsschreibung. Die chronistischen Quellenverweise 229 c) Schluß

241

Abkürzungen

245

Bibelstellenregister

250

Namenregister

264

I. „Das Königtum Jahwes in der Hand der Söhne Davids" T h e m a t i k und W i r k u n g der Chronik 1. I.Chronik 10 — Sauls Königtum als Prolegomenon zur staatlichen Geschichte Israels „Zu der Zeit, da die Philister wider Israel im Krieg standen, da geschah es, daß die Mannschaft Israels vor den Philistern floh; und sie fielen, erschlagen auf dem Gebirge Gilboa. Und die Philister nahmen die Verfolgung auf, hinter Saul und seinen Söhnen her" (I 10,1-2 a). Es wird bestritten, daß der Anfang des erzählenden Teils der in der Chronik enthaltenen Geschichtsschreibung unversehrt auf uns gekommen sei; vielmehr findet sich die Meinung, daß es sich in I 10 um einen Torso handle 1 . Die Begründung dafür ist eine zwiefache: sie arbeitet mit äußeren und inneren Gründen. Dem großen Einschub I 9, l b - 4 4 sollen einige einleitende Sätze zum Opfer gefallen sein 2 — das widerspricht aber doch sehr der Mentalität solcher Interpolationen: hier ging es um ein Zusetzen, keineswegs um ein Wegnehmen. Wie sehr das gerade für die genannte Stelle zutrifft, zeigt die wohl als Abschluß der Interpolation gedachte Wiederholung von I 8,29-38 in 9,35-44. Die Verfechter der Nichtintegrität müßten daher schon Zuflucht nehmen zu mechanischen Verlusten, die freilich nie als unmöglich, aber auch nie als sicher zu erweisen sind. Der formale Anschluß an den vermutlich letzten echt chronistischen Vers, I 9,1 a, lasse zu wünschen übrig — gewiß, aber das ist aus der Sache nur zu begreiflich, geht es doch im Duktus der Chronik um nichts Geringeres als den Sprung von der Bestandsaufnahme der Personen der Handlung, genauer der Vorführung des einen Akteurs, Israels, in den Geschlechtsregistern, hin zum Drama selber. Gerade wer mit der Existenz eines chronistischen Geschichtswerkes (Chronik-Esra-Nehemia) oder doch jedenfalls mit einer gleichen Hand in der Chronik wie in Esra-Nehemia rechnet, hat hier, wo die literarische Form der Sache völlig entspricht, kein 1 A .Klostermann, Art. Chronik. P R E Bd. 4 Leipzig "(1898) S. 94; Rudolph S. 94. Dagegen Rothetein S. 200. 2 Rudolph a.a.O.

10

Thematik und Wirkung der Chronik

Recht, verwundert zu sein, wenn er doch ähnliche, durch den Inhalt weit weniger nahegelegte Sprünge in Esr. 7,1; Neh. 1,1 konstatieren kann 3 . Endlich ist es keine müßige Frage, ob die erste Szene nicht aus den diesem Drama eigenen Gesetzen als sinnvoller, ja notwendiger Eingang betrachtet werden kann oder muß, d.h. umgekehrt, ob die Erzählung I 10 im Rahmen der chronistischen Geschichtsschreibung unbegreiflich oder unverständlich erscheint, eben weil ihr, wie Α.. Klostermann meint, ein „Anfang, ohne den sie nicht bestehen kann" *, fehlt. „Es ist . . . ungenau und mißverständlich und ein untauglicher Versuch, die Entstellung des überlieferten Geschichtsbildes durch Chr zu .entschuldigen', wenn man ihm die Absicht bestreitet, Geschichte zu schreiben" — so stellt M. Noth5, hauptsächlich gegenüber G. von Rad*, mit Nachdruck fest. Freilich, die Geschichtsschreibung der Chronik trägt einen anderen Stempel als diejenige früherer Epochen. Man wird gut daran tun, in dieser Differenz eine in der Chronik nicht nur nicht vermiedene, sondern in ihr selbst angelegte Hilfe zum Verständnis zu sehen. Denn jede wahre Geschichtsschreibung, die zur Erfüllung ihrer Aufgabe aus der eigenen Zeit heraustritt, wird das gerade um ihrer Zeit willen tun. Das eine treibende, bedrängende Problem des nachexilischen Israel war aber weder, so seltsam es klingen mag, der Tempel, noch das Land — der Tempel stand, als Angeld für das kommende Ende, das Land wurde von Israel, soweit es jedenfalls dem Ruf, aus der Diaspora heimzukehren, gefolgt war, bewohnt: die offene Frage, wie sie gerade in den Zeiten des Zusammenbruchs des persischen und Aufbruchs des griechischen Weltreiches im Orient brennend aufgetreten sein mag, war die nach der verlorenen politischen Selbständigkeit, der Staatlichkeit. Doch was sollen die umschreibenden Worte — nichts vermag den Schmerz Israels besser auszudrücken als sein eigenes Gebet, wie es, doch wohl vom Chronisten formuliert oder wenigstens überarbeitet, in Esr. 9,7 erhalten ist: „Seit den Tagen unserer Väter bis auf diesen Tag sind wir in großer Schuld, und um unserer Missetaten willen sind wir, unsere Könige und unsere Priester den Königen der Länder preisgegeben worden, dem Schwert, der Verbannung, der Plünderung und der Entehrung, wie es heute am Tage liegt." Knechte im eigenen Land, wie es dann V. 9 und besonders Neh. 9,32-37 mit aller Deutlichkeit zum Ausdruck bringt, das ist Israels Situation in der Zeit, da die Chronik verfaßt wurde ; der Verlust der Staatlichkeit war die Wunde, die in Zeiten der Spannung mit dem Großkönig und Lan3

4 Vgl. auch II 32,1; 35,20. A.a.O. Überlieferungsgeschichtliche Studien I. Ausg. Darmstadt (1963) S. 172. « Das Geschichtsbild des chronistischen Werkes. B W A N T 54 (IV/3) (1930), v.a. S. 121. 133. Ähnlich Myers I S. XVIII. 5

Sauls Königtum als Prolegomenon zur staatlichen Geschichte Israels

11

desherrn immer wieder aufgerissen wurde. Die Staatlichkeit aber hing für die Völker des alten Orients und, trotz aller Bedenklichkeit, die aufzuzeigen gerade die Chronik nicht müde wird, auch für Israel engstens mit dem Königtum zusammen. Daß dabei freilich für die Chronik nur das davidische Königtum in Betracht kam, erklärt sich weniger aus einem exklusiv-judäischen Blickpunkt als vielmehr aus der Geschichte und besonders aus der Haltung der Chronik gegenüber der Überlieferung: nur das davididische Königtum war religiös eindeutig legitimiert, geschichtlich bewährt, nicht das des Nordreichs. Die Voraussetzungen, das Wesen, die Bedingungen und Grenzen der politischen Selbständigkeit Israels darstellen hieß darum für den Chronisten die Erwählung, das Jahwemandat, den Gehorsam und die Verschuldung der Davididendynastie aufzeigen 7 . Es überrascht daher nicht, einen Großteil der Chronik, ihrer Thematik entsprechend, dem Nachweis gewidmet zu sehen, daß die Abhängigkeit des Staates von Fremden, die Bedrohung durch äußere und innere Feinde ihren Grund in der Schuld Israels, repräsentiert durch den davididischen König 8 , gehabt habe 9 , daß umgekehrt allein sein Gehorsam gegenüber Gott Ruhe, Festigung und Blüte, kurz politische Selbständigkeit und Unabhängigkeit des Staates erhoffen ließ. Als deren Ausdruck läßt es sich der Chronist so angelegen sein, von der „Ruhe" 1 0 , den Wehrbauten, Siegen, Tributen, von der inneren Ordnung (Josafat) zu berichten, meist in eigener Geschichtsschreibung. Hier, nur in diesem Rahmen, hat auch das vielzitierte rigorose Vergeltungsdogma seinen Ort ; es sollte viel mehr als ein Mittel historischer Wahrheitsfindung 1 1 denn als durchzusetzende 7 Vollkommen klar hat Hugo Grotius die alleinige Thematik der Chronik erkannt und zusammengefaßt : „Propositum autem Esdrae [dem Grotius mit der Tradition die Verfasserschaft zusprach] fuit res narrare Dauidis, posterumque eius vsque ad vmbram quandam regni restitutam in Zorobabele, qui et ipse Dauidis fuit posterus." Annotationes in Vetus Testamentum. Ausg. Halle (1775-76), besorgt von G.J.L. Vogel, nach dessen Tod von J.Chr. Doederlein, Bd. 1 (1775) S. 301a. 8 Dieser Gedanke der Repräsentanz Israels durch den davididischen König, auf den J. Swart, De Theologie van Kronieken. Diss, theol. Groningen (1911) mit Recht solchen Nachdruck gelegt hat (a.a.O. S. 4. 36-40) zieht sich wie ein roter Faden durch die Chronik: I 5 , 2 a ; 11,2//; 14,2//; 17,7//. 16G(//). 18//; 21, 17; 28,4; II 6,5 (//). 6//; 12,1; 21,7; 2 1 , 1 0 b - l l ; 23,3b; 28,19; 30,18-20. 9 Vgl. II 12,Iff.; 16, 7ff. ; 21, l l f f . ; 22,4ff.; 24,17ff.; 24,24ff.; 25,14ff.; 25, 17ff.; 28, Iff.; 28,16ff. (v.a. V. 19); 29,9 (ev. auf das Nordreich bezogen, vgl. V. 24); 32,25f.; 3 3 , 2 f f ; 33,22ff.; 35,20ff.; 36,5ff.; 36,9f.; 36,12ff. 10 nüah: 1 2 2 , 9 . 1 8 ; (23,25); II 14,5.6; 15,15; 20,30 (sämtliche Stellen ohne Parallele in Samuel-Könige, die für den vergleichbaren Zeitraum das Verb im politischen Sinne nur einmal (l.Kön. 5,18] bieten). — m'nühä·. 1 2 2 , 9 (beim Deuteronomisten im gleichen Zeitraum ebenfalls einmal, nämlich l.Kön. 8,56). 11 Siehe unten S. 209 mit Anm. 19.

12

Thematik und Wirkung der Chronik

pädagogisch abgezweckte Lehre verstanden werden, für die die Geschichte bloß noch als Steinbruch ausgebeutet worden wäre. Freilich, die Chronik ist theologische Geschichtsschreibung, aber sie ist in weit höherem Maße Geschichtsschreibung, gerade auch Geschichtsschreibung aus einem politischen Interesse heraus, als man gemeinhin annimmt. Mutet es denn nun nicht geradezu frappant an, genau das Hauptthema solcher politischer Geschichtsschreibung in hervorstechender Weise in der ersten dargestellten Szene, ja im ersten Satz angeschlagen zu finden : die äußerste Bedrohung von Israels noch so junger, gefährdeter Staatlichkeit in den Philisterkriegen, die ihrerseits ja die eigentliche historische Veranlassung für die Staatenbildung Israels bildeten 12 ? Jeder im geschichtlichen Denken einigermaßen Geübte hält doch hier den Atem an : sollte das nationale Heerkönigtum Sauls eine bloße Episode bleiben? Man wird es dem Verfasser der Chronik nicht absprechen können, daß er dies als die Kardinalfrage erkannt und das Problem durch die Auswahl aus den Quellen, durch den Einsatz seiner so thematisierten Geschichtsschreibung klar ins Licht gestellt hat 1 3 . Mag der Anfang ihres erzählenden Teiles schroff sein — er lenkt gerade durch dieses Stilmittel den Blick des Lesers auf das zentrale Thema, das geschichtlich Belangvolle, und ist dadurch ein nicht bloß möglicher, sondern geradezu ein von der Sache geforderter Anfang eines Geschichtswerks, wie es die Chronik darstellt. 2. Die Chronik im Spiegel ihrer Ausleger a) „Ne bis in idem" oder Eigenständigkeit

der Chronik?

Es steht zu hoffen, daß bei der Betrachtung der langen Geschichte der Überlieferung und Interpretation der Chronik gewisse Züge dieses Buches deutlicher ans Licht treten, als sie es für den unvermittelt mit diesem Werk konfrontierten Leser tun. I n diesem Fall aber lohnt es sich, die Auslegung, die die Chronik im Laufe der Jahrhunderte erfahren hat, nach ihren wechselnden Gesichtspunkten und hauptsächlichen Zielen ins Auge zu fassen. 12

Vgl. A. Alt, Die Staatenbildung der Israeliten in Palästina. Kleine Schriften Bd. 2 3 (1964), besonders S. 10. 12. 24. 33. 13 Es kann keine Rede davon sein, daß nach der Chronik David „the first king of Israel" gewesen sei, wie A.C. Welch, The Work of the Chronicler, Its Purpose and Its Date. London (1939) S. 7 schreibt. — Der Sinn des Einsatzes des erzählenden Teils der Chronik ist fein erfaßt bei Ihn Jachja, wenn er in seiner Auslegung der 5 Megillot, Psalmen, Sprüche, Hiob, Daniel, Esra, Chronik. Bologna (1538) [dazu s. unten S. 22 mit Anm. 69] fol. 118b zu I 10,2a bemerkt : „Denn er (sc. Saul) war das Haupt, und wer das Haupt hat, hat und beherrscht auch den übrigen Körper."

Die Chronik im Spiegel ihrer Ausleger

13

Nach Talmud 1 und Midrasch 2 wurde die Chronik früh der öffentlichen Lektüre entzogen und dem gelehrten Studium allein zugestanden. Dem entspricht es, wenn auf christlicher Seite, besonders im syrischen Raum, die Chronik oft nur geringes, dann meist rein akademisches Interesse gefunden hat: so wurde sie von den Syrern erst spät in ihre Übersetzung der Schriften Alten Testaments aufgenommen 3 ; Theodor von Mopsuestia (gest. 428) 1 und Junilius A jricanus (gest. 552) 5 haben die Chronik mitsamt Esra-Nehemia aus dem Kanon gestrichen, und Gregoriiis Barhebraeus (gest. 1286)® sprach der Chronik im Gegensatz zu den Königsbüchern die Inspiriertheit ab. Spinoza hatte also in diesem Falle durchaus einen Zweig der Tradition hinter sich, wenn er sich fragte, warum die Chronik überhaupt im Kanon stehe 7 . 1

B. Pes. 62b: „Seit dem Tage, da das Buch der Geschlechtsregister der öffentlich gelehrten Tradition entzogen wurde \_gnz], erlahmte die K r a f t der Weisen, u n d das Licht ihrer Augen wurde t r ü b e . " — Vgl. L. Zum, Die gottesdienstlichen Vorträge der Juden. 2. Aufl. hrsg. von N. Brüll, F r a n k f u r t a.M. (1892) S. 144 mit Anm. b ; J . Fürst, Untersuchungen über den K a n o n des Alten Testamentes nach den Überlieferungen in Talmud u n d Midrasch. Leipzig (1868) S. 121 mit Anm. 2; H . L . Strack, Einleitung in Talmud u n d Midrasch. 5 (1921) S. 12; [H.L. Strack und] P. Billerbeck, K o m m e n t a r zum N T aus Talmud u n d Midrasch. Bd. 1 2 (1956) S. 6; J . Jeremias, Jerusalem zur Zeit Jesu. 3 (1962) S. 315 sowie S. 324, wo zur Datierung dieses Vorgangs auf b. Qid. 71a (par. j. Qid. IV/1 65c, 54; j. J e b . V I I I / 3 9d, 11) verwiesen wird, wonach diese E n t fernung aus der öffentlichen Lehrtradition vor dem 3. J h . n.Chr. erfolgt wäre. 2 Vajjikra R. Par. 1,3 [in der mir zur Verfügung stehenden Ausgabe Frankf u r t a . O . (1705) fol. 165a Sp. 2] = R u t h R. Par. 2,1 a m Anf. [genannte Ausg., Midrasch R. zu den 5 Megilloth fol. 42 Sp. 1 Mitte] (das Plus von Vajjikra R . in runden Klammern): „ R a b b i Simon, im Namen R.(abbi) Josuas b. Levi [um 250], u n d R . H a m a , der Vater von R . Hoscha(ja), im Namen R a b s [gest. 247], (sprachen): Die Chronik wurde nur zum Auslegen [drs·, gelehrte Exegese] gegeben." — Vgl. J . F ü r s t , a . a . O . S. 64 Anm. 1, wo noch Midr. Qoh. verglichen wird [die Angabe (Vajjikra R.) 3 ist in 1,3 zu verbessern]; E . G . Hirsch, Art. Chronicles. Jewish Encyclopaedia 4 (1903) S. 60a, wo noch auf Meg. 13a verwiesen wird; W.M.Christie, The J a m n i a Period in Jewish History. J T h S t 26 (1925) S. 355 mit Anm. 4. 3 E. Nestle, Art. Bibelübersetzungen, syrische. P R E Bd. 3 Leipzig (1897) S. 170: „ D a s syr. A T war wesentlich das der palästinischen J u d e n ; doch fehlte die Chronik im Kanon der Nestorianer, und, wie es scheint, auch in dem der Jakobiten . . ." Erst im 6. J h . scheint sie in einer „ganz targumartigen" Übersetzung aufgenommen worden zu sein, vgl. aber die dennoch nicht verstummenden negativen Urteile aus der syrischen Kirche, die gleich zu nennen sind. 4 M P G 86/1 Sp. 1367f.; vgl. Goettsberger S. 3. 5 M P L 68 Sp. 17; vgl. Goettsberger a . a . O . 8 A.Morgenstern, Die Scholien des Gregorius Abulfarag, Barhebräus genannt, zum Buche der Könige (2 Bde., 1895) S. 2; Goettsberger a . a . O . 7 Tractatus theologico-politicus. H a m b u r g [fingiert; richtig ist Amsterdam] (1670) [ = hrsg. von C. Gebhardt, in: Spinoza Opera. Bd. 3 (1925)] S. 127: „ I m o non satis mirari possum, cur inter sacros recepii fuerint [sc. duo libri Paralipo-

14

Thematik und Wirkung der Chronik

Das bekannte hohe Lob, das Hieronymus der Chronik zu verschiedenen Malen 8 spendet, widerspricht diesen Beobachtungen nicht, liefert vielmehr den ausdrücklichen Beweis, daß die Schätzung dieses Buches eine vornehmlich esoterisch-wissenschaftliche war. Sie bewegt sich auf der Ebene der „eruditio Scripturarum" 9 , der „scientia Script u r a r u m " 1 0 , wo die Chronik den Platz einer επιτομή 11 (was Hieronymus andernorts 1 2 durch „quaedam verborum compendia" wiedergibt) der alttestamentlichen Literatur einnimmt. Schon hier mag die Frage gestellt werden, ob etwa in der Chronik selber, in ihrer Eigenart der Keim und damit die Erklärung zu dieser durchaus einseitigen Wertung liege. Das etwa zur Erklärung der offenkundigen Vernachlässigung der Chronik in Anspruch genommene „ne bis in i d e m " 1 3 beschreibt mehr die Verlegenheit der alten und neuen Exegeten angesichts der Doppelheit in der Geschichtsschreibung der staatlichen Epoche Israels als es jene Vernachlässigung der späteren Relation in Synagoge und Kirche erklärt. Von einer prinzipiell kanongebundenen Wertung her h ä t t e die Chronik als gleichberechtigt mit Samuel-Könige gehört werden müssen — es sei denn, daß gerade ein rechtes Hören der Chronik deren Unterordnung unter die früheren Bücher nötig gemacht hätte. Das aber würde bedeuten, daß man es, dem Schein zum Trotz, bei der Chronik nicht mit einem „bis", nicht mit einem Analogon zum deuteronomistischen Geschichtswerk zu t u n hätte. b) Die ältere Chronikexegese 1. Die im Talmud bewahrte jüdische Tradition befaßt sich vornehmlich 14 mit der seit J . Wellhausen sogenannten „genealogischen Vorhalle", I 1-9. N u r f ü r diese Kapitel wird explizit die Verfasserschaft Esras b e h a u p t e t : „Esra schrieb sein Buch [d.h. das Buch, das seinen Namen trägt] u n d das Geschlechtsregister der Chronik bis zu sich [d.h. bis auf seine Zeit]." 1 5 Durchaus in der Linie altorientalischmenon] ab iis, qui librum sapientiae, Tobiao et reliquos, qui apoeryphi dicuntur, ex canone sacrorum deleverunt." 8 In seinem Prologus galeatus; sodann in der Praefatio in librum Paralipomenon . . . ad Domnionem et Rogatianum und schließlich besonders in seiner Epistula ad Paulinum. Zu vergleichen wäre die Epistula ad Chromatium. 9 Praefatio in librum Paralipomenon iuxta L X X interpretes ad Domnionem et Rogatianum (MPL 29 Sp. 403 ; F. Stummer, Einführung in die lateinische Bibel (1928) S. 242). 10 Epistula ad Paulinum (MPL 22 Sp. 548; CSEL 54 S. 461; F .Stummer a.a.O. S. 230). 11 Ebd. 12 Praefatio in librum Paralipomenon . . . ad Domnionem et Rogatianum a.a.O. 13 14 Ooettsberger S. 1. Vgl. S.Fürst a.a.O. S. 122. 15 B. B B 15a: lV IS? D'STl D m VISO 3ΓΟ ΝΊΤ».

Die Chronik im Spiegel ihrer Ausleger

15

genealogischen Denkens werden die Genealogien und Geschlechtsregister als Chiffren für historische Ereignisse ausgedeutet — freilich jetzt oft individualisiert verstanden. Die dadurch auftretenden Spannungen werden durch die spekulative Annahme gelöst, daß oft verschiedene Namen ein und dieselbe Person bezeichneten, deren mannigfaltige Funktionen oder wechselnde Lebensgeschichte dann in dieser vielfältigen Namengebung ihren Niederschlag gefunden hätte 16 . Welches Ausmaß diese Auslegungstätigkeit in bezug auf I 1-9 erreicht hatte, zeigt folgende Stelle: „Mär Zuträ (gest. 417) sagte: Zwischen 'Açël (I Chr. 8,37-38) und 'Açël (I Chr. 9,43-44) lud er (Rabh, gest. 247) ihm (Ramml bhar Jüdhä) die Last von 400 Kamelen an Schriftauslegungen auf." 17 Schon früh wurde allerdings, wie die der eben zitierten Stelle vorangehende Überlieferung berichtet, der Stoff der genealogischen Vorhalle der allgemeinen Lehrtradition entzogen 18 . Die Tatsache, daß damit den Weisen unmöglich gemacht wurde, über das „Buch der Geschlechtsregister" in der Öffentlichkeit zu disputieren, wird bitter beklagt: „ E s sprach Rammï

bhar Rabh

Jüdä

i m N a m e n Rabhs

(gest. 247 p.):

Seit das Buch der Geschlechtsregister verborgen wurde, erschlaffte die Kraft der Weisen und ihr Augenlicht stumpfte ab." 19 Der Grund für 18

Grundsätzlich zum Ausdruck gebracht in Meg. 13a: Ό 1TD 'ΠΙ 12ΓΠ ? p s n v 11X1 DD 1ΠΧ Τ Π 3 Τ Vs ΌΠ 18X tröVl n a i a WIE) Χ1Π. — E i n sehr schönes Beispiel ist die im Anschluß an die oben S. 13 Anm. 2 zitierte Stelle aus Vajjikra R. Par. 1,3 gebotene Auslegung von I 4,18, wo die meisten der Namen Mose bezeichnen sollen. Sie werden a m Ende zusammengefaßt aufgezählt: Järäd, Häbär, Jeqüti'el, 'abi-g'dör, 'abl-zänöah. — Zu dieser Methode vgl. J . Buxtorf d. J . in seiner Anti-Critica gegen Capellus. Basel (1653) Teil I I K a p . 2 S. 374 und K a p . 8 S. 586; Willem Surenhuys, ΠΙΡΏΠ Ί 3 0 sive Βίβλος καταλλαγης in quo secundum veterum Theologorum Hebraeorum Formulas allegandi, et Modos interpretandi conciliantur loca ex V. in N . T . allegata . . . Amsterdam (1713) Thesis I I S. 91 ; I V S. 93; V I S. 95; J . G . Carpzov, Introducilo ad Libros canonicos Bibliorum Veteris Testamenti omnes, praecognita critica et histórica ac auctoritatis vindicias exponens. Teil I Leipzig 3(1741) S. 293f. ; unter den Neueren bes. L. Zum a. a. O. S. 144 mit Anm. b ; J . Fürst a. a. O. S. 121 ; E . G . Hirsch a . a . O . 17 B. Pes. 62b: Π Ε Π Π ^ Q J DKD 573ΊΝ ΤΓΪΒ VsxV *73Χ p a . Vgl. J . Fürst a . a . O . S. 122 mit Anm. 2. •— Die oben gebotene Übersetzung nach J . Jeremias, Jerusalem zur Zeit Jesu. 3(1962) S. 312. 18 Dies ist der Hintergrund von b. Pes. 62b a m Anf., wonach R . Jochanan sich erst weigerte, den aus Lydda stammenden und in Nehardea wohnhaften R. Schimlaj den — esoterischen •— Inhalt des „Buchs der Geschlechtsregister" zu lehren und erst nach dessen Drängen nachgab (die Parallele j. Pes. V/3 32a, 64 in Einzelheiten anders). 19 b. Pes. 62b: 8NW1 ]·>0ΠΤ· "ISO Î1UB DVÖ a n 1Î3X ΧΤΓ Ί 3 ' m ΊΏΧ DìITS "I1XD ΠΠ31 Ο'ΜΠ VtP |ΓΟ. — Die Übersetzimg nach J . Jeremias a . a . O . S. 315; vgl. J.Fürst a . a . O . S. 120f. 1

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Thematik und Wirkung der Chronik

jene einschneidende Maßnahme ist nicht genannt ; J. Jeremias20 vermutet — ob mit Recht, bleibe hier dahingestellt —, daß durch das Überhandnehmen der Ahnenforschung berühmte Familien in den Verdacht einer makelhaften Abstammung hätten kommen können. Was für ein Werk mit dem „Buch der Geschlechtsregister" gemeint ist, läßt sich zudem nicht mit letzter Gewißheit ausmachen; immerhin scheint es sich dabei nicht um profane Genealogien21, sondern entweder um eine paraphrasierende Erweiterung von I 1-9 22 oder gar um die Chronikbücher als solche23 zu handeln, die dann nach ihrem ersten Teil bezeichnet worden wären. Die Geschichte der Chronik in rabbinischer Zeit läßt sich so als eine zunehmende Einschränkung ihrer öffentlichen und auch gottesdienstlichen Bedeutung beschreiben. Man beachte die Rolle, die dieses Buch in 3.Esra, 2.Makkabäer oder bei Josephus spielt, man erinnere sich daran, wie noch in der Zeit der Mischna24 dem Hohenpriester am großen Versöhnungstag aus der Chronik, nicht aus Samuel-Könige vorgelesen wird — und man vergleiche schließlich die lapidare Feststellung des Midrasch : „Die Chronik wurde nur für die gelehrte Exegese gegeben."26 Dazu stimmt, daß dem Altertum ein Targum zur Chronik völlig fremd war; erst in späterer Zeit wurde eines angefertigt2®. Auf christlicher Seite lassen sich ähnliche Feststellungen machen. Zwar hat Hieronymus größte Stücke auf die Chronik gehalten ; aber er tat es als Wissenschaftler, der sich in erster Linie den philologischen 20 A.a.O. S. 324. — Ähnlich schon K. Kohler-TA.Rosenberg, Das Targum zur Chronik. Jüdische Zeitschrift für Wissenschaft und Leben 8 (1870) S. 139. 21 L. Freund, Über Genealogien und Familienreinheit. FS A. Schwarz, Berlin und Wien (1917) S. 173. 187ff.; L. Ginzberg, MGWJ 66 (1912) S. 665 Anm. 4; L. Goldschmidt, Der babylonische Talmud. Bd. 2 Berlin (1930) S. 496 Anm. 72: „vielleicht . . . der letzte Abschnitt des Traktates Qiddusin." 22 H.L. Straclc, Einleitung in Talmud und Midrasch δ (1921) S. 12: enthielt Erläuterungen u. Erweiterungen zu den Genealogien des Buchs der Chronik." 23 L. Zunz a.a.O. S. 135 Anm. h; [H.L. Strack und] P.Billerbeck a.a.O. S.6: „Mit dem P e s 62 b zweimal erwähnten . . . sefär juhäsin sind die kanonischen Bücher der Chronica g e m e i n t . . . " 24 Joma I 6. Vgl. A. Spiro, Samaritans, Tobiads and Judahites in PseudoPhilo. in: Proceedings of the American Academy for Jewish Research X X (1951) S. 303-306; Rudolph S. V. 25 Vajjikra R. Par. 1,3 = Ruth R. Par. 2,1 (s. oben S. 13 Anm. 2): xV Βητ 1 ? X7X a l a l n n a l j m . Die Alternative wäre a n s ^ l π η ρ · ^ ΊΙΓΠ, d.h. der öffentlichen Lesung und privaten Abschrift freigegeben zu sein (K. Kohler M. Rosenberg a.a.O. S. 140). 2e L . Z u n z a.a.O. S. 20. Nach K. Kohler-M. Rosenberg a.a.O. S. 277 wäre die ältere der beiden erhaltenen Textformen in die „Mitte des 8ten Jahrhunderts" zu datieren.

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und historischen Fragen widmete 27 . Das erklärt denn auch, weshalb er sich gegen Vorwürfe zur Wehr setzen muß, denen seine gelehrte Arbeit am hebräischen Text als der kirchlich gültigen Autorität der Septuaginta abträglich erscheint 28 . Genau wie bei den Rabbinen zielen die Studien des Hieronymus hauptsächlich auf die „inextricablies moras, et silvam nominum" 2 β , zu deren Erforschung freilich der Rückgang auf das Hebräische geboten war angesichts der Überlieferung der Septuaginta, die nirgends so uneinheitlich war und ist wie bei der Wiedergabe der Namen 3 0 . Daß diese Arbeit, und in gewissem Sinne eben auch die sie erfordernde Chronik, nicht das Interesse der breiten Öffentlichkeit erweckt, weiß Hieronymus. Die Chronik wirkt begeisternd, aber nur auf ganz bestimmte, enge Kreise 31 . So fand denn die Chronik unter den Kirchenvätern nur noch in Theodoret von Cyrus einen Interpreten von Rang, obwohl auch er das Buch bloß im Zusammenhang mit Könige behandelte 3 2 und sich wie dort auf einzelne schwierige Stellen beschränkte. Waren die Erörterungen zu Könige noch in ein starres katechetisches Schema von Fragen und Antworten gezwängt, so ist die Untersuchung der Chronik ihrerseits eher eine zusammenhängende Darstellung ausgewählter exegetischer Probleme 33 . Die Scholien des Prokop von Gaza34 (gest. um 528) sind ihrem Inhalt nach fast ganz aus dem Werk Theodorets geschöpft. 2. In die Zeit des jungen Mittelalters fällt wohl die schriftliche Fixierung des Targums zur Chronik. Nach K . Kohler und M. Rosen27

Siehe die Praefatio in librum Paralipomenon iuxta L X X interpretes ad Domnionem et Rogatianum (MPL 29 Sp. 403; F. Stummer a.a.O. S. 242). 28 Praefatio in librum Paralipomenon ad Chromatium (MPL 28 Sp. 1326; F. Stummer a.a.O. S. 240). 29 Ebd. 30 Wenn Hieronymus von den „nomina, quae scriptorum confusa sunt vítio" spricht (ebd.), hat er wohl die Überlieferung von G im Auge. 31 „ . . . mihimetipsi et meis iuxta Ismeniam canens, si aures surdae sunt caeterorum . . ." (a.a.O. Sp. 1327f.; F. Stummer a.a.O. S. 240). 32 Quaestiones in libros Regnorum et Paralipomenon, hrsg. von J. L. Schulze, Bd. 1 Halle (1769), wieder abgedruckt in MPG 80 Sp. 527-858, der Komm, zur Chronik auf Sp. 801-858. — Zum Text Theodorets und seiner Beziehung zur lukianischen Rezension vgl. A. Rahlfs, Theodorets Zitate aus den Königsbüchern und dem 2. Buche der Chronik. Septuaginta-Studien Heft 1 (Studien zu den Königsbüchern), Göttingen (1904) S. 32-62, wieder abgedruckt in dem Sammelband: Septuaginta-Studien I - I I I (Í965) S. 16-46. 33 Die Erörterungen zu I.Chronik sind angeknüpft an die eine Frage: πώς ό Δαβίδ ούκ ών ιερεύς έφούδ ήμπίσχετο ; [I 15,27], jene über II. Chronik an die andere: πώς νοητόν τό „Ούκ ήκουσεν ó βασιλεύς του λαοϋ κτλ." [II 10,15], auf die eine homiletische Anwendung folgt. 34 MPG 87/1 Sp. 1201-20.

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berg35 dürfte die Festlegung der älteren Textform um 750, die der jüngeren um 800 erfolgt sein 36 . Freilich wird man in der Datierung des darin gebotenen exegetischen Materials etwas weiter zurückgehen dürfen. Für die Auslegungsgeschichte der Chronik bezeichnend bleibt aber doch die Tatsache der späten Niederschrift. Die Chronik war kein Buch des gottesdienstlichen Gebrauchs, mithin blieb ein Targum weitgehend entbehrlich, da jene, die sich mit diesem Buch befaßten, des Hebräischen wohl ex professo kundig waren. Für das Chronik-Targum jedenfalls trifft die Feststellung vollkommen zu: „Das Beth hamidrasch oder Lehrhaus, nicht das Beth hak'neseth, die Synagoge ist die Geburtsstätte der über die ganze Bibel sich erstreckenden Übersetzungsliteratur." 37 Kaum ein Buch der Bibel bedurfte, seinem innersten Wesen nach, weniger der targumischen Interpretation als die Chronik. So mag es nicht verwundern, daß das Chronik-Targum in den parallelen Texten wörtlich von dem jerusalemischen Pentateuchtargum, dem Propheten- und dem Psalmentargum abhängig ist 3 8 — eine Beobachtung, die den Schluß auf palästinischen Ursprung des Chronik Targums nahelegt —, und ebenso natürlich erklärt es sich aus der Chronik und ihrem Gebrauch, daß ihr Targum selbst Lehrern wie Nathan b. Jechiel, Raschi und David Kimchi39 unbekannt blieb 40 . Der erste erhaltene Chronik-Kommentar des Mittelalters widerspiegelt ebenfalls, wiewohl bei Migne abgedruckt, rein jüdische Auslegungspraxis. Er galt lange Zeit als ein Werk des Hieronymus. Doch ist dem gelehrten Jean Martianay41 der Nachweis mittelalterlicher Abfassung gelungen. Martianay vermutet, daß der Verfasser dieser 35 Jüdische Zeitschrift für Wissenschaft und Leben 8 (1870) S. 72-80. 135163. 263-278; die Datierung S. 277. 36 Vgl. etwa die identische Erklärung der I 3,3 genannten Egla als Michal sowohl im Targum z.St. wie in den sofort zu nennenden etwa gleichzeitigen „Quaestiones hebraicae . . . " (MPL 23 Sp. 1435) und von da in des Hrabanus Maurus'' Kommentar (MPL 109 Sp. 297). 37 K. Köhler - M. Rosenberg a.a.O. S. 274. 38 L. Zunz a.a.O. S. 84 Anm. a. 39 L.Zunz a.a.O. S. 65f.; A. Sperber, The Bible in Aramaic. Bd. 4A (1968) S. 70f. 40 Es existieren 3 Codices: ein auf das Jahr 1294 datierter Cod. Urban. 1 im Vatikan; der Cod. Erfurtensis vom Jahr 1343 [hrsg. von M.F.Beck, 2 Bde. Augsburg (1680-1683)]; schließlich ein Cambridger Codex vom Jahr 1347 [hrsg. von D. Wilkins, Amsterdam (1715), wieder abgedruckt in Wilna (1816)]. Die neuesten Ausgaben des Erfurter Textes finden sich bei P.A. de Lagarde, Hagiographa Chaldaice. Leipzig (1873) S. 270-362 und A.Sperber a.a.O. S. 3-69. 41 In seiner Ausgabe der Werke des Hieronymus, Hieronymi Opera Omnia. Bd. 2 Paris (1699) Appendix S. 10, wieder abgedruckt in MPL 23 Sp. 1389-1392. Vgl. [A. Geiger,] Recension von L. Diestel, Geschichte des AT's in der christlichen Kirche. In: Jüdische Zeitschrift für Wissenschaft und Leben 8 (1870) S. 220.

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„Quaestiones Hebraicae in libros Regum et Paralipomenon" 42 mit dem von Hrabanus Maurus (etwa 776-856) erwähnten 43 , im Gesetz bewanderten jüdischen Gewährsmann zu identifizieren sei, dessen Ansichten er des öfteren in seinen zwischen 825 und 838, wohl nur kurze Zeit nach Abfassung der „Quaestiones", entstandenen „Commentarla in libros duos Paralipomenon" 44 Raum gibt. Beide Auslegungen, die anonyme der „Quaestiones" wie die großteils auf ihr fußende des Hrabanus Maurus, behandeln die Chronik wieder im Anschluß an Könige. Der Lauf des bald dem Auge wahrnehmbar, bald verborgen durch die Jahrhunderte fließenden Stroms der exegetischen Tradition läßt sich sehr schön an der Auslegung von I 4, (17-) 18 verfolgen. Wenn in Vajjikra R. 1,3 die Namen dieses Verses auf Mose bezogen werden45, so gilt dies auch für die Auslegung des unbekannten, von der Haggada beeinflußten Kommentators 46 , und niemand wird sich wundern, bei Hrabanus Maurus zu der betreffenden Stelle zu lesen: „. . .omnia Moysi vocabula intelligi volunt propter diversos actus ejus." 47 Auch die Proportionen der Kommentierung haben sich nicht gewandelt: mehr als ein Drittel des Chronik-Kommentars der „Quaestiones" 48 sind den Geschlechtsregistern gewidmet, die doch innerhalb der Chronik selber nur etwa den fünften Teil darstellen, zumindest numerisch. Aus dem frühen Mittelalter dürfte auch ein Teil der Bemerkungen zur Chronik stammen, die sich in dem freilich erst anfangs des 12. Jh.s 42

M P L 23 Sp. 1391-1470 (Chronik Sp. 1431-1470). M P L 109 Sp. 10 (vgl. MPL 23 Sp. 1391-92) [Einleitung in den Komm, zu Kön.] u n d M P L 109 Sp. 281, wo Hrabanus Maurus in der Einleitung zu seinem Chronik-Komm, schreibt: „Hebraei cujusdam modernis temporibus in scientia Legis florentis opiniones plerisque in locis interposui." — L. Ginzberg, Die Haggada bei den Kirchenvätern. 1. Die Haggada in den pseudo-hieronymianischen „Quaestiones". Diss. phil. Heidelberg, Amsterdam (1899) S. Vf. und passim (z.B. S. 56. 70f. 99. 103. 105) h a t allerdings berechtigte Bedenken dagegen angemeldet, in dem Verf. der „Quaestiones" einen, wenn auch getauften, J u d e n zu sehen. Die Unkenntnis des talmudischen Rechts, des hebr. Alphabets, des Inhalts der Tefillin bei gleichzeitiger ausgedehnter Benutzung der Haggada läßt vielmehr an einen durch einen (oder mehrere ?) jüdische Lehrer unterwiesenen Christen als Verf. der „Quaestiones" denken. 44 15 MPL 109 Sp. 279-540. Siehe oben S. 15 Anm. 16. 46 M P L 23 Sp. 1437: „ N o m i n a vero quae sequuntur pene omnia Moysi nomina intelligi volunt . . . " 47 MPL 109 Sp. 305. Weitere Parallelen zwischen der Haggada und den „Quaestiones" (freilich nur dem I.Chronik behandelnden Teil) finden sich bei A. Rahmer, Ein lateinischer Commentar aus dem I X . J a h r h u n d e r t zu den Büchern der Chronik kritisch verglichen mit den jüdischen Quellen. Thorn (1866) u n d v . a . (zu Samuel, Könige u n d Chronik) bei L. Ginzberg a . a . O . (Chronik S. 90-115). 48 Nämlich MPL 23 Sp. 1431-1445. 43

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durch Anselm von Laon und seinen Bruder Radulph zusammengestellten exegetischen Standardwerk der „Glossa ordinaria"49 finden. Von eigenständiger Bedeutung ist die Erklärung nicht, da sie, ganz in der Linie des als Kompilation abgefaßten Werks, fast nur fremde Gedanken wiedergibt. Daß tiefere Beschäftigung mit der Chronik und vor allem neue Anstöße zu ihrem Verständnis der jüdischen Wissenschaft vorbehalten waren, ist nicht nur für die mittelalterliche Chronik-Exegese bezeichnend. Freilich mag es hier besonders augenfällig sein; sind doch nun bis zu der „Postilla" des Hugo a S.Caro (gest. 1264)60 keine christlichen Kommentare zur Chronik mehr geschrieben worden. Allerdings bleibt auch ein Großteil der jüdischen Chronik-Exegese der Zwischenzeit für uns im Dunkeln. Obwohl beispielsweise Raschi in seinem Kommentar zu b. Pes. 62b einen Midrasch zur Chronik51 nennt, wird dessen Identität nicht recht deutlich. Auch R. Tarn b. Jachja erwähnt, beinahe ein halbes Jahrtausend später, einen nicht näher bezeichneten Midrasch zur Chronik62. Immerhin dürfte vielleicht im Jalqüt Re'ûbënï fol. 75 b ein Fragment aus einem solchen ChronikMidrasch erhalten sein 53 . In welchem Verhältnis diese Ausführungen allerdings zu dem Kommentar des R. Samuel b. Nissim (um 1200) über die Chronik, Esra und Daniel stehen, ist eine offene Frage 54 . Allgemein dürfte es jedenfalls mit dem bei J.G. Carpzov55 mitgeteilten Satz Abravanels seine Richtigkeit haben: ,,. . . non esse istum librum Paralipomenon usitatum apud Judaeos in Medraschim . . . " 3. Immerhin steht fest, daß die Chronik von den Bibelkommentatoren nicht gänzlich außer acht gelassen wurde. Zwar hat Raschi 49

MPL 113 Sp. 67-1316. Die Erklärung der Chronik (a.a.O. Sp. 629-692) bringt überwiegend Zitate aus Hrabanus Maurus, so daß zumindest von hier aus der alte I r r t u m verzeihlieh ist, der die „Glossa ordinaria" dem Schüler des Hrabanus Maurus, Walahfrid Strabo, zusehrieb (so noch Goettsberger S. 22). 50 S. Goettsberger S. 22 u n d die dort genannte Literatur. 51 D ^ T I n m I T i n n » . J . Fürst a . a . O . S. 120 Anm. 2; E . G . Hirsche,.a.O. Sp. 60 a. 52 I n der Einleitung zu der von ihm veranstalteten Ausgabe des Josippon, Konstantinopel (1510), vgl. L. Zunz a . a . O . S. 283 Anm. a. 53 L. Zunz ebd. Zum Jalqüt Re'ûbêni H . L . Strock a . a . O . S. 223. 54 L. Zunz ebd., wo auch die Sammelwerke angegeben sind, in denen dieser K o m m , zu finden ist. 55 Introductio ad libros eanonicos Bibliorum Veteris Testamenti omnes. Teil 1 Leipzig 3( 1741) S. 299 (nach dem Vorwort Abravanels zu seinem Samuel K o m m . fol. 74 col. 4). — I n ähnliche Richtung weist die Bemerkimg David Kimchis, er habe nur eine einzige, zudem wertlose Auslegung der Chronik gefunden (zit. bei R . Simon, Histoire critique du Vieux Testament. Nach der Ausg. Paris (1680) S. 30).

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(1040-1105) sie in seiner Bibelauslegung übergangen 56 , doch hat dafür David Kimchi (ca. 1160-1235) aus Narbonne sein exegetisches Werk mit ihr eröffnet (wohl um 1200)57. Seinem Programm entsprechend legte er das Hauptgewicht auf den natürlichen Schriftsinn (P e §at) und machte die Grammatik, der er die ersten Jahre seines Schaffens gewidmet hatte, zur Grundlage der Exegese 58 . Seine Kommentare erfreuten sich großer Beliebtheit, ja derjenige zur Chronik war weithin der einzige überhaupt bekannte, wie Abravanel59 bezeugt. So wurde er denn auch recht früh, nämlich in der Rabbinerbibel Venedig 1548, gedruckt. In der Einleitung zu diesem Kommentar spricht sich Kimchi darüber aus, warum die Chronik zu den Hagiographen gerechnet werde. Er findet den Grund in dem spezifisch historiographischen Charakter der Chronik (unbeschadet auch darin vorkommender Prophetien): weil das Buch in erster Linie als Bericht historischer Ereignisse und als Sammlung genealogischen Materials geschrieben sei, gehöre es um dieses seines Zweckes willen zu den Hagiographen 60 . Auf jeden Fall ist diese hohe Einschätzung des geschichtlichen Wertes der chronistischen Nachrichten bemerkenswert: nach Kimchi sollen die Annalen des Nordreichs verlorengegangen, jene des Südreichs dagegen groß teils mit der Chronik identisch sein 61 . Wenn Kimchi in diesem Zusammenhang auf Ez. 37,22 verweist, so dürfte in der Tat etwas vom eigentlichen Anliegen der Chronik getroffen sein, nämlich die Geschichte Israels unter dem Gesichtspunkt der staatlichen Einheit, garantiert durch die von Gott erwählten Davididen, darzustellen. Neben dem erwähnten R. Samuel b. Nissim Masmuth (um 1200) hat auch R. Levi b. Gerson (Gersonides, 1288 bis etwa 1344) im Rahmen seiner stark religionsphilosophisch-systematisch geprägten Bibelexegese der Chronik seine Aufmerksamkeit zugewandt 62 . Auch dieser Kommentar findet sich öfter in den rabbinischen Bibeln gedruckt. 56

H. Fuchs, Art. Raschi. Jüdisches Lexikon IV/Í (1930) Sp. 1236. — Selbstverständlich ist Raschi an anderen Stellen auf Probleme der Chronik eingegangen; so z.B. in seinem Komm, zu Schalschelet fol. 66 col. 4, wo er die Genealogien von Esra geschrieben sein läßt, und zwar vermittels der Propheten Haggai, Sacharja und Maleachi (J.G. Carpzov a.a.O. S. 286). 57 B. Suler, Art. Kimchi, David. Encyclopaedia Judaica 9 (1932) Sp. 1236. 58 Kimchi bemängelt an dem einzigen, ihm in Narbonne zu Gesicht gekommenen Kommentar zur Chronik, daß er voll von unnützen Allegorien sei (vgl. R. Simon, Histoire critique du Vieux Testament. Nach der Ausg. Paris (1680) S. 30). 59 Vorwort zum Samuel-Komm. fol. 74 col. 4 (J.G. Carpzov a.a.O. S. 298). 60 Einleitung des Kommentars zu I. Chronik (übersetzt bei J. G. Carpzov a.a.O. S. 285). 61 Einleitung zum Chronik-Komm. (nach J.G. Carpzov a.a.O. S. 280). 62 Vgl. I. Husik, Art. Gersonides. Encyclopaedia Judaica 7 (1931) Sp. 336f. — Die Haltung Gersonides' gegenüber der Chronik-Überlieferung ist stark von

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Eine regere Auslegungstätigkeit nicht nur bezüglich der Chronik nimmt auf christlicher Seite ihren Anfang in den „Postillae perpetuae in Vetus et Novum Testamentum" 63 des Nikolaus von Lyra (gest. 1344), wegen seiner durchgängigen Kenntnis und Benützung der jüdischen Exegese und Literatur, insbesondere Raschie, etwas spöttisch als „Raschis Affe" bezeichnet. Die in der Folgezeit sich häufenden katholischen Kommentare zur Chronik, meist innerhalb von Paraphrasen der ganzen Bibel, sind bei Goettsberger6i erschöpfend genannt und charakterisiert, so daß nurmehr ergänzend aus dem Gebiet der jüdischen Chronikauslegung einiges kurz gestreift werden soll. Daß auch hier erst eine gewisse Stagnation überwunden werden mußte, zeigt die bereits 65 angeführte Bemerkung des Don Isaak b. Jehuda Äbravanel (1437-1508). Obwohl die Annahme, daß Abravanel auch einen Chronik-Kommentar verfaßt habe, irrig ist 66 , finden sich doch im Werk dieses vornehmen, in Wechselfällen des Lebens hart auf die Probe gestellten Weltmannes und Gelehrten einige feine Bemerkungen zur Chronik, wie etwa jene, in der er den Unterschied zwischen den früheren Büchern und der Chronik aus dem je verschiedenen Skopus beider Werke zu erklären sucht und die Chronik als eine durchaus theologische Geschichtsschreibung charakterisiert67. Vielleicht noch bedeutsamer für die heutige Chronik-Interpretation ist ein erstes Aufblitzen der Idee vom Zusammenhang der Chronik mit dem Buche Esra (d.h. Esra-Nehemia) bei Abravanel68. In dem 1527 begonnenen und 1529 vollendeten Kommentar zu den Hagiographen 69 des Josef b. David b. Josef Ihn Jachja (1494-1534) fand auch die Chronik ihren gebührenden Platz. Dagegen ist die Angabe J.G. Carpzovs10, daß auch der Hagiographenkommentar des seinem rationalen System geprägt und wird bei R. Simon a . a . O . S. 30 schön besehrieben: ,,[il] doute presque partout, et se sert ordinairement de ces termes, il semble, il se peut faire, peut estre . . ." 63 64 Gedruckt in R o m (1471-72). S. 22 f. 65 Oben S. 20 bei Anm. 55; S. 21 bei Anm. 59. Abravanel beklagt es a . a . O . (Samuel-Komm fol. 74) für seine Person sehr, daß er bis auf den Tag die Chronik weder gelesen noch studiert habe (s. J . G . Carpzov a . a . O . S. 299). ββ Das stellt S. A. Horodezky, Art. Abravanel. Encyclopaedia Judaica 1 (1928) Sp. 593 gegenüber J . Guttmann fest. " Wiedergegeben bei S.Meyer, Chronicon Hebraeorum m a j u s et minus. Amsterdam (1699) S. 202 f. (nach J . G .Carpzov a . a . O . S. 284). 68 Bei S.Meyer a . a . O . S. 201f. (nach J . G . Carpzov a . a . O . S. 289f.); vgl. X. Klostermann, Art. Chronik. P R E Bd. 4 Leipzig 3 (1898) S. 95. Abravanel begründet die Ansicht mit der Gleichheit des Schlusses der Chronik u n d des Anfangs von Esra. 69 Gedruckt in Bologna (1538; die Chronik hier fol. 117b-122a [fälschlich 121 paginiert]), d a n n auch der Amsterdamer Biblia Rabbinica (1624-27) beigegeben. 70 A . a . O . S. 299.

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Isaak b. Salomo Jabez (2. Hälfte des 16. Jh.s) die Chronik mitumfasse, falsch 71 . — Schon früher aber waren in Salomo Ihn Melechs Werk „Michlol Jofi" 7 2 Bemerkungen auch zur Chronik erschienen, freilich zumeist aus anderen Autoren gesammelt. Wenn Ihn Melech sich veranlaßt sieht, die vielen Unstimmigkeiten der Chronik auf die Vielfalt der Exemplare und ihrer Lesarten zurückzuführen 7 3 , so kündigt sich bereits die kommende Epoche der kritischen Chronik-Exegese an. Wenig später setzte mit Erasmus Sarcerius7i auch die lutherische, mit dem Melanchthonschüler Victorinus Strigel75 und Ludwig Lavater76 die reformierte Chronik-Exegese ein. Da sie kaum neue Gesichtspunkte erbrachte und sowohl bei J.G. Carpzov77 wie z.T. in den Einleitungen zu neueren Kommentaren beschrieben ist, sei für diese letzte Periode der älteren Chronik-Interpretation auf diese Werke verwiesen. Nur zweier Beiträge aus dieser Zeit, in der die Aufklärung empordämmerte, muß hier Erwähnung getan werden. 4. Wenn schon die Erforschung der Chronik im allgemeinen zu mehreren Malen entscheidende Förderung durch Außenseiter erfuhr, so darf im besonderen der Name Josef Salomo b. Elijahu Delmedigos nicht mit Stillschweigen übergangen werden. Die Clandestinität und das Versteckspiel der kritischen Wissenschaft in ihren Anfängen, wofür noch der Stil der biblischen Partien des theologisch-politischen Traktats deutliches Zeugnis ablegt, hat sich bei Delmedigo, nicht umsonst Schüler Galileis, geradezu biographisch niedergeschlagen. 1591 in Kandia auf Kreta, wo sein Vater das Rabbinat bekleidete, geboren, nahm er seinen Weg früh an die Hochschule von Padua, zurück nach Kreta, dann nach Kairo, Konstantinopel, Jassy, in ausgedehnten Reisen durch Rußland, Polen, Litauen (wo er sich u. a. in Lublin und Wilna aufhielt), weiter nach Hamburg, Glückstadt, Amsterdam; hierauf weilte er 10 Jahre als jüdischer Gemeindearzt in Frankfurt a.M., und die letzten Jahre seines unsteten Lebens, auch sie durch einen Aufenthalt in Worms unterbrochen, verbrachte er in Prag, wo 71 D. Fiattau, Art. Jabez, Isaak. Encyclopaedia Judaica 8 (1931) Sp. 721 f. — Die Angabe ist also auch bei Curtis-Madsen S. 49 zu streichen. 72 Konstantinopel (1548-49). 73 Nach R. Simon a.a.O. S. 30f. 74 Basel (1560). 75 Libri Samuelis, Regum et Paralipomenon ad ebraicam veritatem recogniti, et brevibus commentariis explicati . . . Leipzig (1569). 76 Commentarius in Paralipomena. Zürich (1573). In traditioneller Weise ist auch hier den Genealogien größte Sorgfalt zugewandt. 77 A. a. O. S. 299ff. — Vgl. auch die bei W. Werbeck, Anhang zum Art. Chronikbücher. RGG Bd. 1 3(1957) Sp. 1806 genannten Werke zur Chronik (bis zum 18. Jh.).

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er 1655 starb 7 8 . Es hätte dem Charakter seines Lebens und seines Werks, das von einer rastlosen Tätigkeit zeugt 79 , widersprochen, wenn mehr als Bruchteile seiner Schriften veröffentlicht worden wären. Auch der Masrëf la-hokmä, das erste Werk Delmedigos in der vermischten Sammlung fremder und eigener Schriften, die ein Schüler Delmedigos zum Druck brachte 8 0 , ist mit einem ironischen Hinweis eingeleitet, in dem Delmedigo den Leser von vornherein zu subtiler Lektüre mahnt: „Wähne nicht, den Sinn des Verfassers aus seinem Buche ergründen zu können, denn nur der Herr kann in die Verborgenheit des Herzens schauen." Entsprechend schwebend sind denn auch jene kurzen Andeutungen, die, im Zusammenhang einer naturphilosophischen Interpretation der Engel stehend, für sich genommen im Grunde die Ergebnisse des historisch-kritischen Chronik-Verständnisses in nuce enthalten. So werde, argumentiert Delmedigo in der genannten Schrift 81 , unter anderem auch die natürliche Erscheinung der Krankheit als Engel bezeichnet, wie es nämlich 2. Sam. 24,16f. bezüglich der Pest heiße: „Und der Engel streckte seine Hand aus . . . und er [Gott] sprach zum Vernichteengel . . . und der Engel des Herrn war, als er [David] den Engel sah — und zwar die Stärke oder den Beginn der Wirkung [sc. der Krankheit] —, er war auf der Tenne Omans des Jebusiters." Was David gesehen hat, wäre demnach der örtliche Beginn des Wütens der Pest, die in 2. Sam. 24 einfach mit dem Ausdruck „Engel" bezeichnet würde. Widerspricht aber dieser Entmythologisierung nicht der parallele Bericht der Chronik? „So aber heißt es in der Chronik: Und seine [sc. Omans] vier Söhne, die bei ihm 78

Vgl. A. Geiger, Josef Salomo del Medigo, in: Nachgelassene Schriften Bd. 3, Berlin (1876) S. 1-33; zur Biographie v.a. S. 5-18.32f. 79 Vgl. die Aufzählung seiner Schriften bei A. Geiger a.a.O. S. 23-27. 80 Josef Salomo b. Elijahu Delmedigo, [Auszüge aus] Ta'alümöt hokmä [Verborgene Schätze der Weisheit]. Im Sammelwerk gleichen Titels, hrsg. von Samuel b. Jehuda Lob Aschkenasi. Basel [fingiert; richtig ist: Hanau (vgl. J. und B. Prijs, Die Basler hebräischen Drucke (1964) S. 477)] (1629). — Das Werk enthält auch Schriften und Kollektaneen aus anderen Verfassern, so das Werk des berühmtesten Vorfahren Delmedigos, Elia Delmedigos (gest. 1493), mit dem Titel Behinat had-dät [Untersuchung zum Gesetz], gegen dessen dezidierte Ablehnung der kabbalistischen und Befürwortung der philosophischen Methode der Bibelerläuterung sich der erste Teil von Ta'alümöt hokmä mit dem Titel Masrëf la-hokmä [Schmelztiegel der Weisheit] vorgeblich richtet: eine Finte des Mannes, den die Vorsicht und die Sucht nach Erkenntnis nicht nur zum dauernden Wechsel des Wohnsitzes trieb, sondern der auch seinen geistigen Ort meisterhaft zu verhüllen verstand, so daß keine Bezeichnung seines Wesens berechtigter ist als jenes Attribut des Titelblatts der genannten Ausgabe: παντοπλανής. 81 Masrëf la-hokmä fol. 29 b (der im folgenden entwickelte Gedankengang, aus dem die übersetzten Zitate herausgegriffen sind, findet sich zur Gänze hier Z. 4-15).

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waren, verbargen sich [I 21,20] — im Sinne [der Mahnung]: Ist die Pest in der Stadt, so verhalte deine Füße." Was diesen Zusatz der Chronik betrifft, läßt sich also ohne weiteres wahrscheinlich machen, daß es die Pest war, nicht die numinose Erscheinung eines Engelwesens, wodurch die Söhne bewogen worden waren, sich zu verstecken. Aber jener weitere chronistische Zusatz in I 21,16, wo sehr realistisch vom Stehen des Engels zwischen Himmel und Erde die Rede ist? Gibt es eine Möglichkeit, diese eigenartige Ausdrucksweise der Chronik irgendwie verständlich zu machen? „Sie [sc. die Chronik] fügt damit eine Auslegung darüber hinzu, was in Könige [sc. 2. Sam. 24,17] ,bei seinem [sc. Davids] Sehen des Engels' lautet, und sie sagt: Und er sah den Engel des Herrn zwischen Erde und Himmel stehen, das gezückte, gegen Jerusalem ausgestreckte Schwert in der Hand. — Das aber ist nur ein verständlicherer Begriff für die Wirkung und den Zorn, der über die Stadt gekommen war. . . . Ist es nicht so, daß man diese Aufzählung im Sinne einer Auslegung, nicht einer Erzählung hinzugefügt hat?" 8 2 Delmedigo verweist schließlich, um diese formale Bestimmung der Chronik als Auslegung zu untermauern, auf die späte Abfassungszeit der Chronik. Er erschließt sie aus der Davididengenealogie in I 3, wo mit Eljoenais Söhnen in V. 24 die siebte Generation nach der Zerstörung Jerusalems erreicht sei 83 . Dieses Argument, über Spinoza dann Allgemeingut der Erörterung der Chronik-Datierung bis heute 8 4 geworden, wird nun von Delmedigo zutreffend gegen die historische Verlässlichkeit der Chronik ins Feld geführt: ,,. . . du weißt ja, wie die Berichte nach der Zerstörung eine Verfälschung erfuhren nach der Weise der meisten neueren Geschichtsschreiber, so daß du in 82 Delmedigo bemerkt zwischendurch: „Wenn es sich aber so [sc. wie es die Chronik erzählt] in einem alten Manuskript, im Buch der Könige [sc. Samuel] fände, so müßten wir es erklären wie [jene andere Stelle, Ri. 13,3]: Und der Engel des Herrn erschien der Frau . . . " — d.h. im Sinne der von Delmedigo vertretenen Meinung, Engel erschienen zumeist Frauen oder Einfältigen nach ihrer Phantasie. Wie recht aber Delmedigo mit seiner Absicherung gegen einen hypothetischen Fund in der Überlieferung der älteren Relation hatte, zeigt das neue Fragment 4 Q Sam a , das unten S. 174 Anm. 247 zur Sprache kommen soll. Dieser Fund konnte so wohl die Bemerkung eines Wellhausen zunichte machen, nicht aber die Delmedigos, der sich gegen diese Durchlöcherung seiner Argumentation von vornherein gewappnet hatte. 83 Die späte Entstehung der Chronik ist nach Delmedigo auch der Grund, weswegen sie „unter die Hagiographen gerechnet wurde." 84 Seit J. D.Michaelis, Orientalische und Exegetische Bibliothek 20 (1782) S. 28 ist es freilich üblich geworden, das Stück I 3,19-24 als spätere Ergänzung zu verstehen; aber noch Rudolph, Esr.-Neh. S. X X V argumentiert (nach Hänel S. LXVTIf.) auf der Basis dieses Abschnitts, freilich nun im Sinne einer Frühdatierung: die Chronik könne nicht allzulange nach diesem selbst bloß etwa bis 400 v.Chr. herunterreichenden Zusatz entstanden sein.

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einer Sache, die sich ereignet hat, keine zwei übereinstimmenden [Berichte] finden wirst. "Anderes haben auch Spinoza, de Wette, Wellhausen letztlich nicht zu sagen gewußt. Eine in ihrer Kürze und Klarheit unübertroffene Bestimmung des Themas und des geistesgeschichtlichen Ortes der Chronik liefert Hugo Grotius in seinen 1644 erschienenen „Annotationes in Vetus Testamentum" 8 5 : die Chronik ist ihm zufolge nichts anderes als die Geschichte Davids und seiner Nachkommen bis zur schattenhaften Wiederaufrichtung des Königtums in der Person Serubabels 8e . Die Belange des Zehnstämmereichs konnten deswegen nicht übergangen werden, weil sie zu sehr mit dem Davididenstaat zusammenhingen. Die größere Ausführlichkeit der chronistischen Berichte gegenüber der Vorlage wird von Grotius auf die Differenz des literarischen Charakters zurückgeführt: Samuel-Könige sind als Annalen anzusprechen, die Chronik dagegen als Exzerpt aus den königlichen Journalen. In dieser Bestimmung des Verhältnisses der beiden Relationen bleibt Grotius fraglos weit hinter Delmedigo zurück. Um so bedeutsamer dürfte dafür der Hinweis auf das Erlöschen der Prophetie um die Zeit der Abfassung der Chronik sein 87 , wenn man diese auch nicht mit Grotius und der Tradition von Esra herleiten wird. Die Identität des Chronik-Schlusses mit den ersten Versen von Esra wird von Grotius im Gegensatz zu Äbravanel nicht für ein Verständnis im Sinne eines Werkes geltend gemacht, sondern wohl mit Recht bloß als „mos libros continuandi" erkannt 8 8 . c) Die Chronikexegese seit der

Aufklärung

1. Ohne Zweifel ist durch Baruch de Spinoza's „Tractatus theologico-politicus", so kurz und, wie zu zeigen sein wird, reproduzierend der Abschnitt über die Chronik ist, eine neue Epoche in der Exegese auch der Chronik eingeleitet worden. Einige allgemeine Überlegungen zum damals erreichten Stand mögen Abhängigkeit und Freiheit des neuen Chronik-Verständnisses von der Tradition deutlich machen. Die Chronik nahm in der Bibelexegese genau den Platz ein, 85 Die Zitate nach der Ausg., die G.J.L. Vogel, nach dessen Tod J.Chr. Doederlein, Bd. 1-3 Halle (1775-76) besorgten. Die Chronik findet sich hier Bd. 1 S. 301-324 behandelt. 86 Siehe das Zitat oben S. 11 Anm. 7. 87 A.a.O. S. 301b: „Post id autem tempus desiit apud Hebraeos prophetia vsque ad Christi tempora." Vgl. zu dem dadurch nahegelegten Zusammenhang zwischen der literarischen Konzeption der Chronik und dem Dogma vom Erlöschen der Prophetie unten S. 243 f. 88 A.a.O. S. 324b (Grotius verweist auf die Verzahnung des Endes des Vandalenreichs und des Beginns der Gotenherrschaft in der Darstellung Prokops).

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den sie in der Bibel im Alten Testament nach dem palästinischen Kanon innehat: sie stand am Rand. Diese Tatsache ist, wie oben 89 gezeigt, nicht aus einem Desinteresse an Wiederholungen zu erklären. Vielmehr war es geradezu die Furcht vor einer zu großen Neugierde gegenüber diesen parallelen Stellen, die einem falsch verstandenen Begriff von Kanonizität, Heiliger Schrift hätte gefährlich werden können — und es dann eben in der kritischen Betrachtung der Chronik auch geworden ist. Kein Wunder daher, daß jene syrische Kirche, die in einem ihrer größten Vertreter, Tatian, die anstößige Vierheit der Evangelien durch das eine Diatessaron zu ersetzen suchte, sich auch nie voll und ganz zur Chronik bekennen konnte 9 0 . Die Vernachlässigung der Chronik war die eine Lösung. Die andere bestand in einer möglichst weitgehenden Harmonisierung der beiden Relationen 91 , (Genesis-)Samuel -Könige und Chronik, die natürlich zur Folge hatte, daß man weder das Anliegen der einen noch der andern Seite nach Form und Inhalt recht würdigen konnte. In dieser Hinsicht waren Abravanels Feststellung von der je verschiedenen Abzweckung und Delmedigos Bemerkung über die der Chronik eigene Form wirkliche Ansätze zu einem Verständnis, das der Chronik besser gerecht zu werden vermochte. Mag es kurz als „kritisches" Verständnis bezeichnet werden — jedenfalls war es das einzige, das einer neuen wissenschaftlichen Sicht den Zugang zu dem letzten Buch der alttestamentlichen Bibel ermöglichte. Mit den Worten J . Wellhausens : „ . . . in der Tat ist diese Kritik die einzige Weise, die biblischen Bücher zu begreifen und zu verteidigen." 92 „Kritisches" Verstehen der Chronik — mehr war es in den Anfängen, insbesondere bei Spinoza und Simon, nicht. Denn das zweite Prädikat der modernen Bibelinterpretation, „historisch", kann auf die Chronik-Exegese nicht wohl vor de Wette angewendet werden. Es waren die Fragen der integren Überlieferung des Bibeltextes, die zuerst nach einer Lösung verlangten. Bestand die zwingende Not89

90 S. 14. Siehe oben S. 13. Diese Harmonisierung reicht bis in die Überlieferung der Texte hinab, vgl. die vielen interdependenten KHib- und Qerê-Lesungen der Masora oder die ausgleichende Übersetzungsweise von G an manchen Stellen (dazu M. Rehm, Textkritische Untersuchungen zu den Parallelstellen der Samuel-Königsbücher und der Chronik. Alttestamentliche Abhandlungen XIII/3 (1937) S. 22f.). Es braucht hier nicht ausgeführt zu werden, daß hinter diesen Harmonisierungen ähnliche Beweggründe stehen wie jene, die unten S. 132-138 zur Erklärung von Kat. VIII der Wortersetzungen in Anspruch genommen werden. 92 In F. Bleek, Einleitung in das Alte Testament. Hrsg. von J. Wellhausen 6 (1893) S. 596-607; wieder abgedruckt in J. Wellhausen, Grundrisse zum Alten Testament. Hrsg. von R. Smend (1965) S. 110-119; das Zitat, das sich auf J.Astrucs Conjectures . . . und ihre apologetische Tendenz bezieht, hier S. 118 Anm. 10. 91

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wendigkeit, den überlieferten masoretischen Text als verderbt anzusehen? Wenn ja, gab es Kriterien, die es erlauben würden, einen ursprünglicheren als den masoretischen Text herzustellen? E s liegt auf der Hand, daß in der Beantwortung der ersteren Frage die Chronik eine Schlüsselrolle spielte, und zwar gerade in ihren Paralleltexten, v.a. der ersten 9 Kapitel. Denn es gab im AT kaum eine ergiebigere Fundgrube für textkritische Argumentationen; sodann hatten die Exegeten seit alters gerade in den Genealogien den Prüfstein ihrer Auslegungstätigkeit gesehen ; schließlich aber waren in diesem Teil des ATs die kompromißlosesten, v. a. jüdischen Philologen wie David Kimchi, Gersonides, Ihn Melech und der von R. Simon zitierte spanische Don Joseph zu einigen durchaus als kritisch anzusprechenden Folgerungen genötigt gewesen, wenn sie die haggadische Auslegung ablehnten. So war dies das Feld, naheliegend, Entscheidung versprechend und bereits erkundet, wo die Schlacht geschlagen werden mußte. Daß es so kam, zeigt die Behandlung der Chronik bei R. Simon. Nach alledem mag man sich fragen, ob nicht überhaupt diese ganze neuere Epoche der Chronik-Auslegung als (historisch-)kritische bezeichnet werden sollte. Sie hebt sich jedoch in zweierlei Beziehung weit weniger von der voraufgegangenen Exegese ab als dies bei andern biblischen Büchern, insbesondere beim Pentateuch, der Fall ist: einmal forderten die parallelen Partien, die mehr als die Hälfte des Bestandes der Chronik ausmachen 93 , kritisches Abwägen schon früh heraus, wie die genannten Ausleger zeigen; andererseits änderte sich das Bild von der Eigenart der Chronik auch nach der konsequenten Anwendung der kritischen Methode nicht dermaßen grundstürzend wie anderswo. Wurde Mose als Verfasser des Pentateuchs jäh entthront, so findet Esra als Verfasser der Chronik bis heute ernst zu nehmende Verteidiger 94 , und auch die gegenteilige Annahme trug keine einschneidenden Konsequenzen für die Beurteilung des Werks selber. Zu diesen mehr oberflächlichen Beobachtungen tritt aber eine wissenschaftsgeschichtliche Feststellung, die die allgemeine Bezeichnung dieser zweiten Periode der Chronik-Exegese als kritischer nicht rätlich erscheinen läßt. Ausgangspunkt ist ein strenger Begriff von Kritik selbst. Nur von wenigen Werken der in Frage stehenden Periode kann behauptet werden, sie hätten diese neugewonnene menschliche Möglichkeit zum Verstehen der Chronik voll und ganz ausgeschöpft. Andererseits wäre es ein verhängnisvoller Fehler, einzig in der Anwendung dieser Methode den Zugang zur Erklärung der 93

C.C. Torrey, Ezra Studies. Chicago (1910) [ = N e w York (1970)] S. 227; M. Noth, Überlieferungsgeschichtliche Studien I. Ausg. Darmstadt (1963) S. 156. 94 W . F .Albright, The Date and Personality of the Chronicler. J B L 40 (1921) S. 104^124, bes. S. 120: „. . . the Chronicler was Ezra."

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Chronik eröffnet zu sehen : eine im höchsten Grade unkritische Arbeit wie die von J. Swart95 hat Ergebnisse erbracht, die weiter führen als manche kritisch gewonnenen. 2. Die Grund- und Hauptschrift der kritischen Bibelwissenschaft, Baruch de Spinozas „Tractatus theologico-politicus" 9e , widmet der Chronik eine knappe halbe Seite und eine Anmerkung. In auffallender Ähnlichkeit mit Delmedigos Argumentation 97 weist Spinoza auf die den Wert des Buches mindernde späte Abfassung der Chronik hin, die nach ihm in die Makkabäerzeit fallen soll 98 . „Caeterum de vero . . . scriptore, deque eorum [sc. der Chronik-Bücher] authoritate, utilitate et doctrina nihil mihi constat." Immerhin war durch die späte Ansetzung der entscheidende Bruch mit der behaupteten Verfasserschaft Esras, an der noch Grotius festgehalten hatte, vollzogen. Spinoza wundert sich schließlich, daß die Chronik Eingang in den Kanon gefunden habe, von dem die Sapientia Salomonis, Tobit usw. ausgeschlossen worden seien 99 ; mit Achselzucken aber wendet er sich von 95

De Theologie van Kronieken. Diss, theol. Groningen (1911). H a m b u r g [fingiert; richtig ist: Amsterdam] (1670) [ = hrsg. von C. Gebhardt, in: Spinoza Opera. Bd. 3 (1925)] S. 127 mit Anm. X X I . 97 Was sich als Verdacht aus der vergleichenden Lektüre des oben S. 24-26 behandelten Abschnitts aus Masrëf la-hokmä von Delmedigo und der kurzen Bemerkungen zur Chronik im theologisch-politischen T r a k t a t aufdrängt (s. besonders die nächste Anm.), wird durch das von A. J . Servaas van Rooijen entdeckte Inventar des Nachlasses Spinozas schlagartig zur Gewißheit erhoben: vgl. A. J . Servaas van Rooijen (mit Beiträgen von D. Kaufmann), Inventaire des livres formant la bibliothèque de Bénédict Spinoza . . . Den Haag (1889); eine genauere Edition der Urkunde bei J . Freudenthal, Die Lebensgeschichte Spinoza's in Quellenschriften, Urkunden u n d nichtamtlichen Nachrichten. Leipzig (1899) S. 158-165, wo sich als Nr. 30 der Bücher in Quartformat (a.a.O. S. 161) findet: „Joseph del medico abscondita sapientiae" ! Man wird daher mit Fug vermuten dürfen, daß Spinoza seinen Gewährsmann nicht bloß als einen jener „Schwätzer, deren Unsinn er nicht genug anstaunen konnte", kannte, wie J. Freudenthal a . a . O . S. 279 (so auch C. Gebhardt (übers.), B. de Spinoza. Theologisch-politischer Traktat. Philosophische Bibliothek Bd. 93. Hamburg 5 (1955) S. 382) a n n i m m t (vgl. aber ders., Spinoza, sein Leben und seine Lehre. Bd. 1 (1904) S. 57). — Die Schrift von M. Joel, Spinoza's Theologisch-Politischer T r a k t a t auf seine Quellen untersucht. Breslau (1870) erwähnt Delmedigo nicht. 98 I m Grunde liegt der einzige neue Gedanke Spinozas gegenüber Delmedigo darin, daß er dessen auf 1 3 , 1 7 - 2 4 beruhende Argumentation dadurch überspannt, daß er (in Anm. X X I ) die Stelle nach G verstanden wissen will, die in V. 21 jeweils benö s t a t t benë liest u n d so nach Jojachin auf 13 Generationen kommt, was zu Spinozas Ansetzung der Chronik in die Makkabäerzeit führte. Spinozas Behandlung der Chronik ist derjenigen Delmedigos auch deswegen unterlegen, weil sie keinen Versuch macht, die Differenz der älteren u n d der jüngeren Relation begrifflich zu bestimmen und damit das Wesen der Chronik irgendwie zu erfassen. 99 Siehe das Zitat oben S. 13 Anm. 7. 96

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dieser Autoritätsfrage ab, indem er Brauch und Herkommen seinen Tribut nicht verweigern wolle. Bei Richard Simon100 dagegen wird der Chronik wieder nahezu dieselbe historische Verläßlichkeit zugebilligt wie Samuel-Könige, denn beiden Relationen sollen die Annalen der beiden Reiche zugrunde liegen. Die Differenz der Berichte beruht — Abravanel hatte sich ähnlich geäußert — auf dem verschiedenen Ziel der Kompilatoren. Insbesondere verwahrt sich Simon gegen die Auffassung, als seien die Stücke des chronistischen Sondergutes nichtquellenhafte Fabrikate des Verfassers. Daß die Einschätzung der Chronik als geschichtlicher Quelle bei Simon soviel günstiger ausfällt als bei Delmedigo und Spinoza und insofern das wahre Problem verschleiert wird, liegt freilich auch daran, daß Simon als Theologe hauptsächlich die aktuelle Frage nach der Zuverlässigkeit und Integrität des masoretischen Textes aufgreift und seine Hauptthese, daß „les plus sçavans Juifs demeurent. . . d'accord, que le Texte Hebreu de la Bible est maintenant défectueux" 101 , anhand der jüdischen Exegese von I 1-9 beweist. Gegenüber dem Raum, den diese Erörterungen einnehmen, fällt es kaum ins Gewicht, daß nach Simon Esr. 1-6 vom Verfasser der Chronik stammen sollen102. Das Chronik-Bild Johann Gottlob Carpzovs fügt sich in die übrige Linie seiner Einleitung 103 reibungslos ein. Die Aufarbeitung der Tradition durch den Schüler Willem Surenhuys' dürfte bis heute nicht ihresgleichen gefunden haben. Hierin liegt der Wert auch des ChronikKapitels, nicht in der Rückkehr zu der traditionellen, von Spinoza scharf negierten, von Grotius, Capellus, Simon u. a. offengelassenen Behauptung einer Verfasserschaft Esras. Wie Carpzov beschränkt sich auch die Gegenseite auf einzelne herausgegriffene Probleme, seien sie historischer Natur wie bei Campegius Vitringa104 oder geistesgeschichtlich-theologischen Inhalts wie die Be100 Histoire critique du Vieux Testament. Paris 1 (1678), auf das Betreiben Bossuets unterdrückt, darauf zu mehreren Malen im Ausland (z.B. Rotterdam) „suivant la copie imprimée a Paris 1680 [etc.]" gedruckt. Ein solcher der Ausg. von 1680 folgender Druck (ohne Ort und Jahr) ist im folgenden benützt. Probleme der Chronik werden hier S. 25-27. 30f. besprochen. 101 A.a.O. S. 31. 102 Nach der Bemerkung H. Ewalds, Geschichte des Volkes Israel. Göttingen 3 (1864) S. 246 Anm. 1. 103 Introductio ad Libros canonicos Bibliorum Veteris Testamenti omnes, praecognita critica et histórica ac auctoritatis vindicias exponens. Teil 1, Leipzig 1 (1721); zitiert wird hier nach der 3. Aufl. ebd. (1741), wo die Chronik auf S. 279-303 behandelt ist. 104 Commentarius in librum prophetiarum Jesaiae. Bd. 1, Basel 2 (1732) S. 83f. (zu Jes. 2,16).

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streitung der Kanonizität der Chronik bei Georg Ludwig Oeder105 — in beiden Fällen liegt also ein Gesichtspunkt vor, der demjenigen Spinozas ähnelt, ohne daß freilich die Konsequenz seines Systems, in das die Einzelbeobachtungen eingeordnet gewesen waren, wieder erreicht worden wäre. Dem Abschnitt über die Chronik in Johann Gottfried Eichhorns Einleitung in das Alte Testament 1 0 6 wird man ohne Zögern mitW.M.L. de Wette „sehr viel Witz und Scharfsinn" zuerkennen 107 ; nur wird man ebenso zweifelsfrei urteilen müssen, daß dieser Witz und Scharfsinn den Verfasser und z.T. dann die nachfolgende Forschung geradesogut in die Irre wie auf die rechte Spur führten. Im ganzen handelt es sich bei Eichhorn, v. a. im Vergleiche zu der positiven Einsicht Delmedigos und der negativen Spinozas, um einen Rückschritt. Die Tendenz der Eichhorwschen Auffassung läßt sich nicht verkennen: ,,. . . sind sie [sc. die Bücher der Chronik] auf die beschriebene Weise entstanden, so verdienen sie schon ihrer Entstehung halber Glauben, falls nur die Quellen, die dabey gebraucht sind, nicht apokryphisch waren." 1 0 8 Die Annahme solcher Quellen, an die etwa Spinoza keinen Gedanken verschwendet hatte, sollte eine schwere Hypothek für die kommende Diskussion um die Chronik bilden. Sie führte dazu, daß viel Zeit und Geist für Vermutungen geopfert wurde, wo der Vergleich zwischen Samuel-Könige und der Chronik Einsicht hätte ermöglichen können. So sind im Grunde genommen auch die Erwägungen Eichhorns nichts als ein hübsches Glasperlenspiel, sei es die Behauptung, daß der Samuel-Relation ebenso wie I 11-11 9 ,,ein altes kurzes Leben Davids [bzw. Salomos] zum Grunde liegen möge, das beyde Male blos durch eingeschaltete Erzählungen erweitert und bereichert worden ist" 1 0 9 , sei es die Mutmaßung über die doppelte Überlieferung der Geschichte der getrennten Reiche :, .Vielmehr scheinen im Reich J u d a zwey verschiedene, aus allerley daselbst vorhandenen Werken zusammengetragene Reichsgeschichten von beyden Staaten vorhanden gewesen zu seyn, die unsern Büchern der Könige und dem zweyten Buch der 105 Freye Untersuchungen über einige Bücher des Alten Testaments. Hrsg. von G . J . L . Vogel, Halle (1771). Darin: Über die Bücher der Chronicke S. 137246. — Zu Vitringa (s. vorige Anm.) und Oeder in ihrem Abstand von de Wettes Neuansatz vgl. R. Smend, Wilhelm Martin Leberecht de Wettes Arbeit am Alten und am Neuen Testament. Diss, theol. Basel (1958) S. 41. 106 Der folgenden Darstellung liegt nicht die 1. Aufl. (Göttingen 1780-83), sondern der 3. Bd. der 4. Aufl. (ebd. 1823) zugrunde, dessen Ausführungen sich also bereits in einer Art Apologie nicht nur der Chronik, sondern ebensosehr der Eichhornsohen Auffassung von ihr gegen de Wette richten. 107 W . M . L . de Wette, Beiträge zur Einleitung in das Alte Testament. Bd. 1, Halle (1806) S. 14. 108 109 A . a . O . S. 598. A . a . O . S. 481.

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Chronik zwar zur gemeinschaftlichen Grundlage gedient haben, doch aber mit dem Unterschied, daß der Verfasser der Könige sich blos an diese ausführliche Reichsgeschichten hielt, hingegen der Verfasser der Chronik oft selbst auf die Quellen zurückging, aus denen die ausführliche Geschichte des Reichs J u d a geschöpft war, vielleicht auch noch andere zu Rathe zog, und zuweilen diesen Quellen und nicht jener Geschichte folgte." 110 Jene Lösung zu I 11-11 9, eine reine Ergänzungshypothese, erinnert nur zu stark an die Urevangeliumshypothese Eichhorns111 ; sie ist reine Konstruktion, die ihr Urteil schon in der Beobachtung findet, daß zwar wohl das chronistische Sondergut, nicht aber das in Samuel als „Erweiterung und Bereicherung" jenes postulierten Kerns gelten kann ; auch die Frage W. M. L. de Wettes112, ob die gemeinsamen Stücke, zusammengesetzt, den Anspruch auf größere ursprüngliche Einheitlichkeit machen könnten als die SamuelRelation als ganze genommen, deckt die Haltlosigkeit der Eichhornschen Annahme auf. Eichhorn hat denn auch weniger hierin als in bezug auf die Quellen der nachsalomonischen Geschichte Nachfolger gefunden. Die Jagd nach solchen Quellen führte ihn übrigens zu jener völlig unzutreffenden minimalen Bestimmung der Arbeit des Chronisten 113 , die so lange dem Chronisten genau das zuschrieb, was eigentlich das Werk der nachchronistischen Redaktion war 114 , während die Schöpfungen des Chronisten als alte Quellen galten, welche sich genügend tief in die Nacht der Vergangenheit setzen ließen als daß darüber noch etwas hätte gesagt werden können. So soll nach Eichhorn selbst die berühmte Änderung in I 21,1 von Gottes Zorn in Satans Verklagen nicht etwa auf den Chronisten, sondern bereits auf den Herausgeber jenes „kurzen Leben Davids" zurückgehen 115 . Die literarische Konzeption der Bücher Chronik und Esra, beide auf Esra selbst zurückgeführt, bestimmt sich daher bei Eichhorn so, daß Esra im Falle des ersteren Werkes als „Ordner", beim letzteren als „Verfasser" erscheint 116 . Im weiteren belegt Eichhorn die, freilich von niemandem bestrittene, späte Abfassung der Chronik, unbeschadet der Abfassung durch Esra, durch neue Argumente, da er den von Spinoza nach Delmedigo aus der nachexilischen Davididenliste I 3, 19-24 geführten Beweis deswegen nicht ins Feld führen kann, weil ihm J . D.JÍichaelis 117 mit seiner Ausscheidung des Stücks recht zu haben scheint. 110

A.a.O. S. 553. So mit Recht C.F. Keil, Apologetischer Versuch über die Bücher der Chronik und über die Integrität des Buches Esra. Berlin (1833) S. 152. 112 113 114 A.a.O. S. 15f. 18. A.a.O. S. 587. Vgl. unten S. 194-204. 115 116 A.a.O. S. 586. A.a.O. S. 616. 117 Orientalische und Exegetische Bibliothek 20, Frankfurt a.M. (1782) S. 28 Anm. *. Michaelis'' Argumentation ist zwar alles andere als kritisch ; den Inter111

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3. E s ist klar, daß eine solche banale, „leere Hypothese auf leere Hypothese" 1 1 8 setzende, sich historisch gebärdende Apologetik, der am Ende kaum etwas gelang als ihren eigenen common sense in der Chronik wiederzuentdecken U9 , den Widerspruch des von Herder herkommenden Wilhelm Martin Leberecht de Wette herausfordern mußte. Die Stellungnahme des gerade 26jährigen Jenaer Privatdozenten zur Chronik ist zwar nur ein Nebenprodukt der Beschäftigung mit der pentateuchischen Frage — genau wie später das Chronik-Kapitel in J . Wellhausens Prolegomena —; nichtsdestoweniger bezeichnen die „Beiträge zur Einleitung in das Alte Testament. Bd. 1 : Kritischer Versuch über die Glaubwürdigkeit der Bücher der Chronik mit Hinsicht auf die Geschichte der Mosaischen Bücher und Gesetzgebung" 120 , die Wende von der allgemein-kritischen zur historisch-kritischen Erforschung der Chronik. Die ein J a h r nach der „Dissertatio critica" über das Deuteronomium erschienene Arbeit verrät in ihrem Untertitel „Ein Nachtrag zu den Vaterschen Untersuchungen über den Pentateuch" den Ersatzcharakter für das eigentliche, in seinen Resultaten von J.S. Vater knapp vorweggenommene tetrateuchkritische Werk 121 . Schon die Einleitung legt den einzig erfolgversprechenden Ausgangspunkt genetisch-kritischer Interpretation klar: „Die Relation der BB. Samuels und der Könige und die der Chronik stehen miteinander in Widerspruch ; und zwar nicht bloß in einzelnen Nachrichten . . ., sondern im Ganzen der Geschichte." 122 Man wird dem gleich darauf folgenden Satz angesichts des Charakters der Chronik als ganzer beipflichten, wenn freilich die nicht bloß historisch gemeinte, sondern gerade auch theologisch als relevant angesehene Prämisse J . G . Herders von der Religion als der ältesten, wirksamsten, menschlichsten Tradition dahinter mit Händen zu greifen ist: „Das wichtigste Augenmerk für den Forscher der Israelitischen Geschichte muß die Geschichte der Religion und des Gottesdienstes seyn." 1 2 3 Was als Zentralthema der de Wetteschen Arbeit 124 berechtigt war, ist später zu Unrecht als das Zentralthema der Chronik mißverstanden worden, übrigens durchpolationscharakter von I 3,19-24 erschließt er aus der Tatsache, daß das Stück bis in die Zeit Alexanders d. Gr. führe, dagegen „nach Josephi Lehre" die kanonische Chronik „wenigstens nicht später als unter Artaxerxes Longimanus geschrieben seyn" könne. 118 W.M.L. de Wette a.a.O. S. 21 (ff.). 119 Vgl. etwa Eichhorn a.a.O. S. 588. 597 u.a. 120 Halle (1806). 121 Ygj j> Smend a.a.O. S. 36-40 (die solcherart überholte Schrift war der Quellenscheidung in Exodus-Numeri gewidmet). 122 123 A.a.O. S. 4. A.a.O. S. 4. 124 Eine ausführliche Analyse der „Beiträge I" findet sich bei R. Smend a.a.O. S. 40-45; darauf sei hier verwiesen.

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aus im Gegensatz zu de Wettes eigener Ansicht, nach der der religiöskultische Gesichtspunkt gerade auch für Samuel-Könige der bestimmende ist 125 . Es bedeutet jedenfalls zweifellos einen Fortschritt, wenn de Wette sich durch das Blendwerk aller scharfsinnigen Quellenspekulationen nicht täuschen läßt, sondern auf seinem Weg 126 wieder zur Position Delmedigos und Spinozas findet :,,. . . für die Beurtheilung der Glaubwürdigkeit der Chronik ist durch die Eichhornsche Hypothese nichts g e w o n n e n . . . " 1 2 7 Zu diesem historischen Urteil tritt dasjenige über den literarischen Charakter, wenn de Wette auf „jene charakteristischen Verschiedenheiten der Chronik" zu sprechen kommt, „die . . . zeigen, daß die Chronik eine frühere Relation überarbeitet, verändert und verfälscht enthält" 128 . Und der Kreis der Argumentation schließt sich, wenn de Wette die so bestimmte Form der Chronik in die Entwicklung der Geistesgeschichte Israels einordnet, von der gilt: „Mythen nehmen nicht ab, sondern zu, bey einem Volke, wie die Juden waren, bey welchen Mythen ein größeres Gewicht als die wahre Geschichte selbst h a b e n . . . " 1 2 9 Denn die Unterordnung der Chronik unter den Begriff des Mythos 130 impliziert deren Wertlosigkeit für eine kritische Rekonstruktion der Geschichte Israels. Das richtige Empfinden für diese Tendenz der Chronik zu einer überzeitlichen, typischen („mythischen") Schau der Geschichte 131 führte de Weite dazu, von einem „unhistorischen Zweck" 132 des Chronisten 125

A . a . O . S. 6. 52. D . h . selber ganz in der Linie des, wie de Wette urteilt, „ersten, der die Exegese des A. T. von dem U n r a t h der Hypothesen, Vermuthungen u n d Pragmatisirungen zu reinigen, u n d das Geschäft des Exegeten in die gehörigen Schranken zu weisen angefangen", J . S . Vaters (Heidelbergische Jahrbücher der Litteratur 1 (1808) 1. Abt. S. 113; zit. bei R. Smend a . a . O . S. 37). 127 Beiträge I S. 24, vgl. S. 40. 128 129 A . a . O . S. 50. A . a . O . S. 50. 130 I h n h a t t e de Wette von der „mythischen Schule" (Chr. Gottlob Heyne, im Bereich des ATs J . G . Eichhorn u n d J o h a n n Philipp Gabler) übernommen, ihn freilich nie anders als sehr frei verwendet, so im Wechsel mit „ D i c h t u n g " u n d „Sage". V.a. aber hielt er sich, ganz im Gefolge Herders, frei von allen rationalistischen Implikationen, die in der „mythischen Schule" zu einer naiven „kritischen Entkleidungsmethode" (de Wette, Beiträge zur Einleitung in das Alte Testament. Bd. 2 Critik der Israelitischen Geschichte. Teil 1, Halle (1807) S. 98) geführt hatten. De Wette war viel zu sehr von der Einheit des geschichtlichen Inhalts und der mythischen F o r m im uns vorliegenden Werk der Literatur überzeugt, als daß er sich h ä t t e anheischig machen können, mehr als diesen mythischen Charakter der Quelle im Gegensatz zum geschichtlichen Interesse des modernen Historikers feststellen zu können. Vgl. R. Smend a . a . O . S. 18. 29. 53 mit Anm. 300 sowie S. 56f. 131 Vgl. dazu unten S. 166f. 132 Beiträge I S. 58, vgl. S. 77: „Bey allen folgenden Änderungen, die er [sc. der Chronist] mit der ursprünglichen Relation vorgenommen h a t , . . . lassen 126

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zu sprechen, was insofern eine gewisse Verzeichnung der Tatsachen — ihre Folgen sollten sich erst in unserem Jahrhundert zeigen — darstellt, als das unhistorische Element der Chronik nicht so sehr dem Zweck als vielmehr den Voraussetzungen und Mitteln des Chronisten entspringt, de Wette hat jedenfalls das Besondere in der Form der Chronik gespürt ; und er wurde als Historiker, in scharfem Widerspruch zu der durchschnittlichen Auffassung und Auswertung des Buches als historischer Quelle, zur kompromißlosen Verwerfung der Chronik in dieser Hinsicht gezwungen 133 . Um dieses Nachweises, um der „Wegräumung der Nachrichten der Chronik" 134 willen mußte freilich die genauere Erfassung jenes Besonderen der chronistischen Darstellung, des, mit de Wette zu sprechen, mythischen Elements darin, in den Hintergrund treten. Das ist de Wette nicht zum Vorwurf zu machen; aber es war nach ihm die eigentlich noch verbleibende Aufgabe. Nur wenige haben sie gesehen und in Angriff genommen. Zu diesen wenigen gehören freilich jene Reaktionen auf de Wette nicht, in denen die Differenzen der beiden Relationen im einzelnen untersucht und durch Vermutungen oder Quellenhypothesen aus der Welt geschafft werden, so daß am Ende nur die Frage bleibt, warum in aller Welt die Chronik (v. a. in ihren parallelen Teilen) überhaupt geschrieben worden sei. I n die Reihe dieser Arbeiten gehört nicht bloß die 4. Auflage des 3. Bandes von Eichhorns Einleitung (1823), sondern v.a. die Schrift von Johann Georg Dahler, De librorum Paralipomenon Auctoritate atque Fide Histórica 135 . Die erwähnte Methode erlaubt dem Verfasser die Feststellung: „Absolvendum eum [sc. den Chronisten] esse ab istis injustis criminationibus, et fidem ejus historicam, puram esse atque integram." 1 3 8 I n ähnliche Richtung, wenn auch weit differenzierter, weist das Erstlingswerk Carl Friedrich Keils mit dem charakteristischen Titel : Apologetischer Versuch über die Bücher der sich gewisse Absichten entdecken, welche durchaus nicht historisch sind, sondern aus irgendeiner Partheilichkeit und Vorliebe zu fließen scheinen." 133 D a s trug ihm von Seiten Eichhorns (a.a.O. S. 605) den N a m e n eines „Anklägers der Chronik" ein, der in J . G . Dahler (s. gleich) „seinen Widerleger gefunden" habe: die Szene wird zum Tribunal. J . Wellhausen ist in den Prolegomena zur Geschichte Israels die Antwort nicht schuldig geblieben, wenn er hier [ 6 (1927) S. 209] die Ausflüchte der „Advokaten der Chronik" geißelt. Dagegen gewinnt A. Klostermann, Art. Chronik. P R E Bd. 4 Leipzig (1898) S. 97, bei den kritischen Versuchen den Eindruck „ v o n einem klägerischen Anwalt, der in jeder zufälligen Minutie lediglich den Widerschein der einen vorausgesetzten großen Schuld sieht". Die Differenz beider Parteien scheint freilich so tief nicht zu gehen, da sich Ankläger und Advokaten, wenn nicht alles täuscht, an das gleiche Tribunal zu wenden scheinen — darin liegt übrigens zweifellos die Stärke der Ankläger, daß sie ihren Gegnern die Instanz vorschrieben. 134 Beiträge I S. 135. 135 136 Straßburg und Leipzig (1819). A . a . O . S. 147f.

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Chronik und über die Integrität des Buches Esra 1 3 7 . Der Schüler Hengstenbergs sieht seine über Dahler hinausführende Aufgabe darin, die einzelnen Widerlegungen de Wettes in einer „bestimmten Ansicht über das Alter und die Quellen der Chronik" 1 3 8 zu verankern, um so de Wette dort entgegenzutreten, wo seine hauptsächliche Wirkung lag, in der Gesamtanschauung. Keil kämpft mit offenem Visier 139 , und seine Betrachtungsweise ist öfters der Methodik des Chronisten so kongenial 140, daß man sein Werk, wie später seine Einleitung 141 und seinen Chronik-Kommentar 142 , nicht ohne Nutzen für die Aufhellung einzelner Probleme der Chronik liest. Freilich wird seine Argumentation, die von einer einheitlichen Abfassung des Esra-Buches durch Esra, und zwar unter Benützung der Chronik (vgl. Esr. 1,1-3), ausgeht, nicht jeden überzeugen. Die Abfassung der Chronik wird demgemäß in die Zeit zwischen 536 und 468v.Chr. verlegt; die historische Zuverlässigkeit wird durch mutmaßlich noch weiter zurückgehende Quellen verbürgt: „Der Verf. der Chron. hat die kanonischen Schriften des A.T. nicht als Quellen benutzt." 1 4 3 Einen wirklichen Fortschritt stellt freilich auch die Refutation Dahlers durch C.P.W. Gramberg, Die Chronik nach ihrem geschichtlichen Charakter und ihrer Glaubwürdigkeit neu geprüft 1 4 4 , mit seinem ultra-kritischen Standpunkt nicht dar. Es war ein jüdisch-katholischprotestantisches Dreigestirn, das die Forschung an der Chronik zu neuen Ufern führte. Besonders vom ersten, Leopold Zunz, dem Initiator und Meister einer kritisch-historischen Betrachtung der jüdischen Literatur, war Entscheidendes zu erwarten. Denn nicht nur befähigte ihn sein Wissen und sein Arbeitsgebiet in einzigartiger Weise zur Inangriffnahme der nach de Wette verbleibenden Frage nach dem 137

138 Berlin (1833). A.a.O. S. 3. Siehe den Titel und das Vorwort S. I X - X : „Zwar stand der Verf. . . . von vorn herein auf dem Standpunkte derer, welche die Chronik für eben so glaubwürdig wie die übrigen kanonischen Schriften des A.T. halten, und mußte darum gleich von Anfang an die neuern Ansichten über . . . die Bücher der Chronik für irrig halten, weil nach seinem Glauben in den unter göttlichem Einfluß entstandenen Kanon des A.T. keine Schrift eines „frechen und besonnenen Betrügers" aufgenommen werden konnte . . . " 140 J. Wéllhavàen a.a.O. S. 220: „Von gleicher Voraussetzung ausgehend könnte ein Mann wie C.F. Keil noch heute die Chronik schreiben, wenn sie nicht schon vorhanden wäre." 141 Lehrbuch der historisch-kritischen Einleitung in die kanonischen Schriften des Alten Testaments. Frankfurt a.M. und Erlangen 1 (1853); in der Ausg. Frankfurt a.M. 3 (1873) ist die Chronik in den §§ 138-144 behandelt. 142 Die Bücher der Chronik, Esra, Nehemia und Esther. Keil-Delitzschs Biblischer Commentar über das AT 5 (1870). 143 Apologetischer Versuch S. 260; vgl. S. 215. 144 Halle (1823). 139

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literarischen Charakter der Chronik, sondern er besaß zudem den Vorzug, Schüler de Wettes in Berlin gewesen zu sein 146 . Geht man mit solchen Erwartungen an das die Chronik betreffende Kapitel (nur von diesem soll hier zunächst die Rede sein) der „Gottesdienstlichen Vorträge der Juden" 1 4 8 heran, so wird man freilich enttäuscht. Der eigentliche Ausgangspunkt ist das Buch Esra-Nehemia, das nach Zunz nicht von Esra, sondern von unbekannten Verfassern stammt 1 4 7 . Wo aber sind diese zu suchen, was war ihr Ziel? „Diesen gordischen Knoten . . . löst der eine Ausspruch: daß wir die Chronik und das Buch Esra als zwei zusammengehörige Theile eines und desselben Werkes ansehen." 148 Damit war die These des chronistischen Geschichtswerks, ChronikE s r a - N e h e m i a umfassend, gegeben. Zwar hatte man seit talmudischen Zeiten Esra für den Verfasser seines Buchs und der Chronik (wenigstens der Geschlechtsregister) gehalten, doch hatte diese Ansicht keineswegs eine inhaltliche Zusammenschau beider Bücher impliziert, die allein durch die Person des Verfassers verbunden waren. Zunz sucht daher nun seine These, zu der sich Andeutungen, freilich nicht mehr, schon bei Abravanel und Simon finden, durch die Beobachtung einer Menge stilistischer, beiden Büchern gemeinsamer Erscheinungen von unterschiedlichem Gewicht zu untermauern. Allein, im Grunde ließ sich dadurch nicht mehr beweisen als die uralte Annahme einer gleichen Verfasserschaft, wie denn auch schon J . H . M i chaelis1*3 solche Gemeinsamkeiten festgestellt hatte, ohne den Schluß eines chronistischen Geschichtswerkes zu ziehen. Die Hauptfrage nach einer einheitlichen Interpretation oder nach einem Verständnis als zweier Werke blieb bestehen. Zunz versichert am Schluß seiner Darlegungen: „Nunmehr erhält die Oekonomie der Dibre hajamim — welche die Chronik, Esra, Nehemia und vermutlich noch mehreres Verlorene aus späterer Zeit umfaßten — neues Licht." 1 5 0 Neues Licht gewiß, ob aber wirklich erhellendes, scheint fraglich. Die negativen, eine ursprüngliche Ökonomie der Werke viel mehr verdeckenden als klärenden Auswirkungen der These vom chronistischen Geschichts145

G.Kisch bei R . Smend

E. Staehelin).

a.a.O. S. 189 Anm. 1 (durch Mitteilung von

146 Mit dem Untertitel: Ein Beitrag zur Alterthumskunde und biblischen Kritik, zur Literatur- und Religionsgeschichte. Berlin 1832). Im folgenden ist die „zweite, nach dem Handexemplar des Verfassers berichtigte . . . Auflage", hrsg. von Ή. Brüll, Frankfurt a.M. (1892) benützt. 147 148 A.a.O. S. 22, vgl. S. 29. A.a.O. S. 22. 149 In : Uberiores adnotationes philologico-exegeticae in hagiographos Veteris Testamenti libros. Bd. 3, Halle (1720) S. 252: „Adde quod libri Chronicorum facti sunt non dissimili oratione et stilo, sed qui proxime accedit ad Ezrae dictionem." 150 A.a.O. S. 31.

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werk sollten sich allerdings erst viel später, zu Anfang unseres Jahrhunderts, zeigen. Soweit eine einheitliche Interpretation zweier abgeschlossener, voneinander deutlich unterschiedener Literaturwerke das Ziel des Beweisganges war, ist ihm, nachdem die These nahezu anderthalb Jahrhunderte fast unangefochten 1 5 1 geblüht hatte, kürzlich zu Recht widersprochen worden 162 . Man wird daher die gültigen und weiterführenden Erkenntnisse der „Gottesdienstlichen Vorträge" hinsichtlich der Chronik nicht in dieser sensationellen, aber doch etwas fragwürdigen Entdeckung des ChronikKapitels suchen. Das Bemerkenswerte liegt vielmehr in der Tatsache, daß die Chronik überhaupt in diesem Buch erscheint, ja sogar einen hervorragenden Platz in dieser Geschichte der jüdischen, und das heißt auslegenden, Literatur einnimmt. Der Gesichtspunkt der Auslegung — de Wette hatte noch undeutlich von der Kombinationsgabe des Verfassers der Chronik gesprochen 153 — wurde seit Delmedigo zum erstenmal in großem Maß stabe für die Chronik geltend gemacht: „Die Chronik arbeitet zwar für bewußte Zwecke, doch aber in einem Geiste steter Unterordnung: die Art, in der sie Begebenheiten und Personen der Vorzeit auffaßt und darstellt, bezeugt sowohl die Herrschaft dieses Alterthums, als das Streben, die Begriffe und Interessen der Gegenwart, damit sie von ihnen geheiligt werden, aus Thatsachen und Worten der Vorfahren herauszudeuten. Schon damals wurden Schriften . . . gedeutet und also in gewissem Sinne geändert." 1 5 4 Dementsprechend kommt die Chronik in den Kapiteln über die geschichtliche Haggada und ihren Organismus nochmals zur Sprache, wieder unter dem Aspekt der Auslegung und des damit verbundenen musivi151

Immerhin bleibt es beachtlich, daß sich der Größte unter den Chronik Exegeten, de Wette, nie zur Ansicht eines einheitlichen Geschichtswerks ChronikEsra-Nehemia durchringen konnte, vgl. sein Lehrbuch der historisch-kritischen Einleitung in die kanonischen und apokryphischen Bücher des Alten Testamentes. Berlin 7 (1852) S. 261f. 265. De Wette gesteht aber zu, „daß die Meinung, der Verf. der Chron. sei zugleich der Sammler des B. Esra, durch die Verwandtschaft, welche zwischen beiden Büchern besteht, sehr begünstigt wird" (a.a.O. S. 261 f.). Dies ist denn auch die [in der vorliegenden Arbeit aufgenommene] Position F. Bleehs, Einleitung in das Alte Testament. 2 (1865) S. 404f. Weitere Opponenten gegen die These vom chronistischen Geschichtswerk (E.König, W. A. L. Elmslie, M. H. Segal) sind in dem gleich zu nennenden Aufsatz von S. Japhet (s. nächste Anm.) S. 331 Anm. 1 angeführt; zu ihnen wäre noch hinzuzufügen die Bemerkung von H. van den Bussche, Het Probleem van Kronieken. Analecta Lovaniensia Biblica et Orientalia. Ser. II Fase. 19 (1950) S. 26 = Collationes Gandavenses 33 (1950) S. 228. 152 S. Japhet, The Supposed Common Authorship of Chronicles and EzraNehemia Investigated anew. VT 18 (1968) S. 330-371. 153 W.M.L. de Wette, Beiträge I S. 91 zu I 13. 154 A.a.O. S. 37.

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sehen Elements der jüdischen Literatur 1 5 5 , ja sie wird gar übertreibenderweise in das Genus des Midrasch eingeordnet 156 . Eine Weiterführung dieser Ansätze unterblieb. Zu gleicher Zeit wie Zunz war von katholischer Seite Franz Carl Movers, damals Pfarrer zu Berkum bei Bonn, unabhängig auf die Verbindung zwischen der Chronik und dem Buch Esra 1 5 7 aufmerksam geworden. Auch hier lagen die Dinge so, daß der Verfasser der „Kritischen Untersuchungen" als wichtigstes Ergebnis seine Entdeckung „über das wahre Verhältnis der Chronik zum B. Esra" 1 5 8 ansieht. Aber wie bei Zunz wird man in guten Treuen anderer Auffassung sein dürfen als der Autor selbst. Das Moverssch.e Buch, mit Recht bis Wellhausen und im Grunde bis heute, freilich in anderem Sinn als die begrenzte Untersuchung de Wettes, als ein Standardwerk anzusehen, hat seine Qualitäten gewiß nicht auf dem Gebiet der These vom chronistischen Geschichtswerk 159 , sondern in der gründlichen und gescheiten Untersuchung der Überlieferungsbildung im Buch der Chronik. Movers ist denn auch der erste, der mit Nachdruck auf die Bedeutung der Parallelabschnitte für die alttestamentliche Textkritik, die jene der Versionen übertrifft, hingewiesen hat 1 6 0 , ohne aber deswegen in den Fehler zu verfallen, die parallelen Texte als für die Intention des Chronisten irrelevant zu erklären 181 . Die Untersuchung der parallelen Stücke wird allerdings in ihrem Wert dadurch gemindert, daß Movers, freilich nun von einem sicheren Ausgangspunkt aus, trotz de Wettes Warnung 162 , weiterschreitet zu der Behauptung der „Wahrscheinlichkeit, daß sämmtliche Nachrichten des Verf. ächt historischen Quellen entflossen sind" 163 . V.a. schwebt 155

158 A.a.O. S. 126. 329. A.a.O. S. 316. F. C. Movers, Kritische Untersuchungen über die biblische Chronik. Ein Beitrag zur Einleitung in das alte Testament. Bonn (1834). Hier auf S. 14: „Die Bücher Chronik und Esra bildeten ursprünglich ein einziges Werk, welches später in zwei Abtheilungen, erstere die Geschichte des jüdischen Staates bis zur Restauration, letztere die nach derselben umfassend, zerlegt wurde . . ." Allerdings ist bei Movers, wenn er von „Esr." spricht, im Gegensatz zur Konzeption von Zunz, der damit Esra-Nehemia bezeichnet, nur Esr. 1-10 gemeint. Das führte Movers zu der seitdem öfters vertretenen, freilich dann für den Schluß Neh. 13 in Anspruch genommenen These von der Unfertigkeit des chronistischen Geschichtswerks (a.a.O. S. 25), wie ja ähnlich auch Zunz dessen fragmentarischen Charakter und Unabgeschlossenheit behauptet hatte (vgl. das Zitat oben S. 37 bei Anm. 150). 158 A.a.O. S. Yf. 159 Hier erkannte übrigens Movers schärfer als Zunz die Grenzen des stilistischen Beweises (vgl. a.a.O. S. 17), und er tat gut daran, sich nicht auf eine vorgeblich klare Ökonomie des so entstandenen großen Geschichtswerks zu berufen. 180 A.a.O. S. 51. 161 Vgl. a.a.O. S. 52 und die Inhaltsangabe unten S. 67 Anm. 83. 162 163 Beiträge I S. 40. V.C.Movers a.a.O. S. 109. 157

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über der ganzen bestrickenden Darlegung betreffend „die unbekannten Quellen der Chronik und deren Verhältniß zu früheren historischen Schriften" 1 8 4 die unbewiesene Voraussetzung, daß jene rekonstruierten, hypothetischen Quellen für den Chronisten von gleicher Autorität gewesen und daher in ähnlicher Weise bearbeitet worden seien wie die aus Samuel-Könige stammenden Stücke 166 . So bildet nach Movers das Werk des Chronisten im Grunde nichts anderes als eine „Compilation und Zusammenstellung aus verschiedenen [d. h. nach Movers hauptsächlich zwei : den kanonischen Samuel-Königs-Büchern und dem zu didaktischen Zwecken aus ihnen hergeleiteten „Midrasch des Sefer Melachim"] Geschichtswerken, die er nach Weise orientalischer Annalisten wörtlich abschrieb" 1ββ . Viel Scharfsinn und, Ironie wendet Movers an die Widerlegung Grambergs167 ; allein der Effekt ist, wie es in solchen Fällen zu gehen pflegt, ein zwiespältiger : zwar tritt der eigene Standpunkt auf dem Hintergrund des bestrittenen Werks leuchtend hervor, dennoch tauchen Zweifel daran auf, da dieser Erweis deswegen nichts taugt, weil jene andere Ansicht entweder ohnehin kein Niveau besitzt oder offenbar doch ein sehr hohes, da sie so ernst genommen wird. Movers beklagt denn im Vorwort selbst das Unangemessene einer solchen Gewichtsverteilung; ein Satz wie jener über die Komplementarität der eschatologisch ausgerichteten nachexilischen Prophetie und einer Geschichtsschreibung wie der der Chronik 168 wiegt in der Tat manche Seiten detaillierter Polemik, freilich auch hypothetischer Quellenrekonstruktionen, auf. Heinrich Ewald hat schließlich die These vom chronistischen Geschichtswerk (Chronik-Esra-Nehemia) in seiner „Geschichte des Volkes Israel bis Christus" 169 noch einmal, unabhängig von Zum1™, entwickelt und befestigt. Wenn dem chronistischen Geschichtswerk ein einheitliches Thema aufoktroyiert werden soll, verdient gewiß seine Bestimmung als einer „Chronik Jerusalems" und seiner Religion 171 am 164

A.a.O. S. 162 (Titel). íes Ygj etwa a.a.O. S. 163. 172. — Auf die Fragwürdigkeit dieser für Movers grundlegenden Annahme hat schon K . H . Graf, Die geschichtlichen Bücher des Alten Testaments. Leipzig (1860) S. 115 hingewiesen. 166 A.a.O. S. 170. 167 F.C.Movers a.a.O. S. 224^270. 168 F.C.Movers a.a.O. S. 8. Vgl. J. Wellhausen, Prolegomena zur Geschichte Israels. «(1927) S. 418. 169 Bd. 1 Göttingen 1 (1843), zum chronistischen Geschichtswerk hier S. 215253; ebd. 2 (1851), zum chronistischen Geschichtswerk hier S. 225-264; ebd. 3 (1864), zum chronistischen Geschichtswerk hier S. 244—285. 170 H. Ewald a.a.O. (2. Aufl.) S. 227 Anm. 1. 171 H. Ewald a. a. O. (im folgenden wird nurmehr die 1. Aufl. zitiert) S. 223. — Ähnlich dann E. Reuss, Chronique ecclésiastique de Jérusalem. La Bible, traduction nouvelle, Bd. 4, Paris (1878); neuerdings F. Michaeli, Les livres des

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meisten Beachtung. Der unter den levitischen Musikern zu suchende 1 7 2 Verfasser verfolgt mit seinem Werk den Zweck, den bereits durch die davididischen und dann die persischen Könige mehr oder minder aufmerksam betreuten Tempel der Fürsorge der neuen griechischen Machthaber zu empfehlen 1 7 3 . Damit ist zum erstenmal der Gedanke einer apologetischen Abzweckung der Chronik ausgesprochen. Es war zweifellos ein Irrweg, der der Forschung hier durch Ewald gewiesen wurde; der (hebräisch abgefaßten!) Chronik fehlen jegliche Merkmale einer Apologie 174 . Auch in diesem Falle sollten allerdings die negativen Folgen dieser Ansicht erst im 20. J h . spürbar werden; keine nennenswerte Behandlung der Chronik des 19. Jh.s ist auf den Gedanken eingegangen. Weiterführend sind aber die Erörterungen, die Ewald dem Zusammenhang der „Geschichtskunst" mit dem allgemeinen Geistesstand der Nation widmet und die ihn urteilen lassen: ,,. . . i n einer Gemeinde, welche wie damals die israeläische in der äußern Enge sich auch ihren Geist immer mehr beengen und durch unklare Furcht beschränken läßt, gedeihet keine freier um sich sehende Geschichtsschreibung." 1 7 5 Wenn damit die Besonderheit der Chronik nicht auf einen postulierten besondern Zweck, sondern auf anders gelagerte Voraussetzungen der Geschichtsschreibung zurückgeführt werden soll, ist Ewald gewiß zuzustimmen. E s dürfte demgegenüber kaum einleuchten, wenn Ewald dennoch die Chronik im Gegensatz zu der „Propheten-Geschichte" von Samuel-Könige als eine dezidierte „Priester-Geschichte" bezeichnet 176 , gewiß aber ist der bis heute wieder und wieder vertretene Gedanke verfehlt, z.Z. der Abfassung der Chronik, die Ewald mit de Wette in die Epoche Alexanders d. Gr. legt, habe erst der Pentateuch (mit Josua) kanonische Geltung besessen, da der Chronist sonst nicht so mit der älteren Erzählung geschaltet hätte, wie er es tat 1 7 7 . H a t t e Ewald die Ansicht vom chronistischen Geschichtswerk von der thematischen Seite her zu stützen gesucht, so geschah dies in dem ersten historisch-kritischen Kommentar zur Chronik von Ernst Bertheauílñ von der stilistischen Seite her, und zwar zum letzten Male ausführlich 1 7 9 . Wie bei Ewald180 spielt im übrigen die Erörterung der Quellenfrage eine große Rolle; im ganzen denkt sich Bertheau das Chroniques, d'Esdras et de Néhémie. Commentaire de l'AT, Bd. 16, Neuchâtel (1967), vgl. den Aufriß S. 35 unter dem Stichwort „Jérusalem". 172 H. Ewald a.a.O. S. 225f. 173 174 A.a.O. S. 224. Siehe unten S. 193. 1,5 1,8 A.a.O. S. 217. A.a.O. S. 224. 1,7 A.a.O. S. 228. Gegen diese Ansicht s. unten S. 182. 178 Kurzgefaßtes exegetisches Handbuch, Bd. 15, Leipzig (1854). 179 180 A.a.O. S. X V I - X X . A.a.O. S. 233-241.

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Verhältnis so, daß eine gemeinschaftliche Quelle sowohl vom Deuteronomisten wie vom Verfasser eines von Bertheau (und anderen) erschlossenen „Buchs der Könige von J u d a u n d Israel" ausgewertet wurde ; dieses hypothetische Werk soll der Chronik zugrunde liegen — daß kein triftiger Grund gegen, freilich, und das ist wichtiger, kein zwingender Grund für diese postulierte Quelle des Chronisten spricht, liegt auf der Hand. Letzten Endes sind alle nach de Wette zur Chronik erschienenen Arbeiten Digressionen von der konsequenten weiteren Fragestellung nach dem Charakter eines Literaturwerks, wie es die Chronik darstellt. Eine Ausnahme macht die exakte u n d nüchterne Behandlung in K a r l Heinrich Grafs, „Die geschichtlichen Bücher des Alten Testaments" 1 8 1 . Programmatisch wird hier die Forderung nach energischer Konzentration der Untersuchung auf die uns vorliegenden Literaturwerke des ATs, die den Verzicht auf Mutmaßungen über eine nebelhafte, verlorengegangene Quellenliteratur bedingt, durch die die Schriftsteller der überlieferten Werke zu bloßen Kompilatoren degradiert werden 1 8 2 . Auf die Chronik angewendet, in der die nicht aus Samuel-Könige stammenden Stücke durchgehend gleichen Stil und gleiche H a n d verraten, stellt sich f ü r Graf die Frage : „ . . . warum soll denn . . . nicht der Chronist selbst der Verfasser dieser angeblichen zweiten Quelle sein . . . ?" 1 8 3 Als erster, und leider dann weithin übersehen, erörtert Graf das mit der chronistischen Benutzung von sicheren (Samuel-Könige) und hypothetischen Quellen gegebene Autoritätsproblem. E s scheint ihm, gegen Movers, durchaus nicht ausgemacht, daß die neben Samuel-Könige benutzten Quellen f ü r den Chronisten die gleiche Verbindlichkeit besessen hätten wie die kanonischen Bücher 1 8 4 . Leider unterläßt es Graf, zwischen dieser Bemerkung u n d der Beobachtung, wie sehr in der Chronik die „idealisierende, ausschmückende, umgestaltende, erklärende Lage" 1 8 8 am Werk sei, die Brücke zu schlagen, obgleich in dieser Richtung die Lösung des chronistischen Problems zu suchen sein mußte. Graf wäre um so mehr der Mann für die Untersuchung gewesen, als er die Absurdität der Erklärung der Chronik als einer Apologie klar erkannt h a t t e und mit Recht wieder und wieder den paränetischen Zweck des Buches betonte 1 8 6 . Mit dieser zutreffen181 Mit dem Untertitel: Zwei historisch-kritische Untersuchungen. Leipzig (1866). 182 183 A.a.O. S. VII. A.a.O. S. 116. 181 A.a.O. S. 115. 163. 185 A.a.O. S. 121 als Wiederholung aus dem Aufsatz: Die Gefangenschaft und Bekehrung Manasses, 2. Chr. 33. Theologische Studien und Kritiken (1859) S. 467-494 (bes. S. 482ff.). 186 A.a.O. S. 122. 139. 184.

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den Bestimmung des chronistischen Literaturwerkes als ganzen verband sich die Einsicht, der auch de Wette schon Ausdruck gegeben h a t t e : daß es nämlich „nicht möglich werde, den altern historischen Kern . . . von den s p ä t e m Ausschmückungen zu sondern . . ." 187 . „Die Chronik ist ein originelles Geschichtswerk und hat nur äußerlich Ähnlichkeit mit S a m u e l - K ö n i g e " — Originalität wird man auch Heinrich Graetz in seinem Erweis dieses Satzes zubilligen 188 . U n d man wird gut daran tun, diesen weiteren Außenseiter aufmerksam zu lesen, finden sich doch bei ihm Beobachtungen, die man anderswo vergeblich suchte, so jene über die merkwürdige Differenz der Erzählweise in den beiden Teilen des, wie auch Graetz annimmt, einen chronistischen Geschichtswerks : „Der Geschichtsverlauf der nachexilischen Zeit wird ganz natürlich durch Verkettung der Umstände ohne Dazwischenk u n f t von Propheten oder göttlicher Veranstaltung erzählt." 1 8 9 Auch der doppelte Lehrzweck, den Graetz der Chronik vindiziert, ist durchaus unkonventionell gesehen. E r bezieht sich je auf die beiden Teile der Chronik, die allerdings so einigermaßen unverbunden nebeneinander stehen. Die Ausführlichkeit der Genealogien ist durch das Bestreben des damaligen jüdischen Gemeinwesens veranlaßt, „die fleckenlose Abstammung zu dokumentieren" 1 β 0 . Eine besondere Form dieser Dokumentation sieht Graetz in dem „goldenen Buch des Adels" 1 9 1 aus der Zeit des nehemianischen Synoikismos, 1 9 = Neh. 11. Mehr Gewicht freilich als dieser durch die Masse der rein historisch gemeinten Namenslisten (etwa I 11,10-47; 12,1-23; 12,24-41; 27) doch etwas neutralisierten Erklärung wird man dem Urteil beimessen, daß der erzählende Teil der Chronik „eigentlich mehr die Geschichte des Hauses David, als die des judäischen Reiches gibt" 1 9 2 . Man wird zwar in der Chronik nicht gerade mit Graetz „das messianische Ideal für die Zuk u n f t " 1 9 3 abgebildet finden (dazu ist sie zu sehr Geschichtswerk), aber gewiß ist sie nicht gegen zeitgenössische messianische Erwartungen gerichtet, sondern deren historiographisches Korrelat. Graetz hat sich nicht die Mühe gemacht, der Chimäre außerkanonischer Quellen des erzählenden Teils der Chronik nachzujagen, und in dieser Nonchalance gegenüber der zünftigen Wissenschaft traf sich der Historiker des J u d e n t u m s mit dem Historiker des Alten Testa167

K . H . Graf a.a.O. S. 187. Geschichte der Juden. Bd. II/2 Leipzig 1 (1876); im folgenden ist die 3. Aufl., ebd. (o.J.) zitiert. Das Zitat hier S. 395. 189 A.a.O. S. 197. 190 191 A.a.O. S. 389f. A.a.O. S. 390. 192 A.a.O. S. 392. Wenn dieser für die Chronik durchaus zutreffende Satz freilich unter Voraussetzung des chronistischen Geschichtswerks auch auf EsraNehemia angewendet wird, hat er nurmehr den Charakter einer petitio principii. 193 A.a.O. S. 395. 188

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ments, Julius Wellhausen. Wellhausen war um so berechtigter, in den „Prolegomena zu Geschichte Israels" 1 9 4 apodiktisch zu erklären: „Von einer Tradition aus vorexilischer Zeit kann also in der Chronik nicht die Rede sein, weder in I. 1-9 noch in I. 10-11. 36" 196 , als er in seiner Dissertation 196 jene Nachrichten der Chronik untersucht hatte, die noch am meisten Gewähr für Authentizität boten, die Judagenealogie. Hier mochte in der Tat der erste der beiden Kalebstammbäume (I 2, 42if.) vorexilische Verhältnisse widerspiegeln, mehr aber konnte über die Zuverlässigkeit des historischen Materials der Chronik keinesfalls ausgesagt werden. Wie müßig jene Suche nach alten Quellen sei, erhelle im übrigen daraus, daß sich durch deren Nachweis der geschichtliche Charakter der Chronik „nicht um ein Haar [ändert], sie teilt ihn nun bloß mit ihren s.g. Quellen" 197 . Das war nun freilich an sich nichts Neues, aber es war neu gesagt. Die Bedeutung des Chronik-Kapitels der „Prolegomena" liegt denn auch eigentlich einfach darin, den kritischen Ergebnissen de Wettes ihre klassische Form gegeben und ihnen so allgemeine Wirkung verschafft zu haben. „Ein gescheiter Kerl! Was ich im alten Testament gemacht habe, steht ja alles schon bei ihm" 1 9 8 , urteilt Wellhausen über de Wette, und nirgends trifft die Bemerkung mehr zu als in der Behandlung der Chronik, die sich streckenweise wie ein Plagiat liest, so wenn etwa genau dieselben Bibelstellen synoptisch abgedruckt werden 199 . Dazu tritt die Übereinstimmung im Sachlichen : genau wie bei de Wette bildet die Chronik das Einfallstor zu einer historischen Kritik der Geschichte Israels, genau wie de Wette beschäftigt sich Wellhausen in diesem Zusammenhang bloß mit der Chronik, und die Bemerkung „mit den Büchern Esdrae und Nehemiae eigentlich zusammengehörig" 200 bleibt ein Lippenbekenntnis, v. a. aber ist auch Wellhausens Berücksichtigung der Chronik bloß eine Nebenfrucht der Pentateuchstudien, der Kritik des Gesetzes. Es bleibt bei treffenden, allgemeinen Charakteristiken der chronistischen Geschichtsschreibung, die etwas zu einseitig nur als Probe aufs Exempel 191 1878 in Berlin als „Geschichte Israels I" erschienen; im folgenden ist die 6. Aufl. ebd. (1927) benutzt. 195 A.a.O. S. 217. 196 J. Wellhausen, De gentibus et familiis Judaeis, quae IChr 2,4 enumeran tur. Diss. lie. theol. Göttingen (1870). 197 Prolegomena S. 219. 198 Zitiert bei R. Otto, Die Kantisch-Friessche Religionsphilosophie. 2 (1921) S. 130, angeführt von R. Smend a.a.O. S. 106. 199 J. Wellhausen a.a.O. S. 166: „Ich fuße durchgehens auf de Wettes kritischem Versuch über die Glaubwürdigkeit der Chronik . . ."; vgl. de Wette, Beiträge I S. 67-73 mit Wellhausen a.a.O. S. 195-198; de Wette a.a.O. S. 91-98 mit Wellhausen a.a.O. S. 191-193. 200 A.a.O. S. 165, vgl. S. 142.

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der nachexilischen Datierung des Priesterkodex herhalten muß und in diesem Sinn auch überstrapaziert wird 201 . Läßt Wellhausen so die Chronik in formaler Hinsicht allzu ausschließlich von Ρ abhängig sein, so wird nach der sachlichen Seite hin gewiß der hierokratische Gesichtspunkt der Chronik überbetont 2 0 2 . Der Kult ist nur Voraussetzung — was übrigens schon zur Genüge bewiesen hätte, was Wellhausen bewiesen haben wollte —, nicht Motiv der chronistischen Geschichtsschreibung. Wenn Wellhausen, wieder im Gefolge de Wettes, aus methodischen Gründen sein Augenmerk besonders auf die Geschichte der Religion und des Kults richtet, so ist das sein gutes Recht, kann aber nicht als adäquate Interpretation der Chronik gelten. Daß diese durch einige höchst knappe Hinweise, gerade auch zum theologischpolitischen Thema der Chronik, dessen sich Wellhausen voll bewußt war, entscheidend gefördert worden ist, würde aber nicht ohne Schaden übersehen. Das gilt im besondern auch von jenen Bemerkungen über die Art der „künstlichen Wiederbelebung der alten Tradition" 203, oszillierend zwischen „Gebundenheit und Kühnheit" 204, die die Chronik zu einem der hervorragendsten der Literaturwerke des Judentums macht. Das vernichtende Urteil Wellhausens über den historischen Wert der Chronik beruht gerade auf dieser seit Zunz einzigartigen Einfühlungsgabe. 4. Wellhausen bezeichnet so auch hier den Höhepunkt und den Abschluß einer Epoche. Das 20. Jh. 2 0 5 brachte teils neue Ansätze unterschiedlichen Wertes, teils kleinere Korrekturen am gewonnenen Bild, teils Verabsolutierungen einzelner Züge daraus. Charles Cutler Torreyi0i hat einen nicht geringen Teil seines langen Gelehrtenlebens an die Chronik verwendet, allerdings unter rigoroser Voraussetzung der Existenz des chronistischen Geschichtswerkes und mit dem erklärten 201

Vgl. etwa a.a.O. S. 41. 293. Siehe etwa a.a.O. S. 206. 219. A.a.O. S. 348, vgl. unten S. 103. 204 A.a.O. S. 178. Man beachte auch die Schlußcharakteristik der Chronik als einer Spielform des Midrasch, der wie Efeu den abgestorbenen Stamm israelitischer Geschichte neu umgrünt (a.a.O. S. 223). 205 Die neuere Chronik-Exegese war Gegenstand eines Aufsatzes von A .Bea, Neuere Arbeiten zum Problem der biblischen Chronikbücher. Biblica 22 (1941) S. 46-58 ; mit ihr befaßt sich auch die bereits erwähnte Arbeit von H. van den Bussehe, Het Probleem van Kronieken (s. oben S. 38 Anm. 151), die freilich einen so wichtigen Beitrag wie den von C. C. Torrey mit völligem Stillschweigen übergeht. Auf diese beiden Aufsätze sei hier verwiesen. Eine ausführliche Darstellung dieser neuesten Zeit kann daher an dieser Stelle unterbleiben ; die entsprechenden einschlägigen Werke kommen durchwegs in der Arbeit selbst zur Sprache. 206 Grundlegend bleibt der Aufsatz: The Chronicler as Editor and as Independent Narrator. AJSL 25 (1909) S. 157-173. 188-217, wieder abgedruckt in: Ezra Studies. Chicago (1910) [ = N e w York (1970)] S. 208-250. 202 203

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Thematik und Wirkung der Chronik

Zweck, Esras Memoiren als Nachbildung aus der Hand des Chronisten zu verstehen. So erscheint unser Buch im Lichte einer apologetisch gehaltenen Ätiologie oder Einleitung zur Geschichte der nachexilischen Kultgemeinde 207 , während jener zweite, bemerkenswerte Gesichtspunkt Torrey zu einer gerechteren und differenzierteren Würdigung des Chronisten als Herausgebers und als Erzählers führt. — Die Dissertation von Jelte Swart208 erbrachte den Beweis, wieviel eine völlig unkritische, unhistorische, recht eigentlich dogmatische Methode — die Arbeit ist nach einzelnen loci gegliedert — für das Verständnis der Chronik zu leisten vermag 209 . Geradezu epochemachend und der Chronik, wie zu zeigen sein wird, völlig angemessen ist die ununterschiedene Berücksichtigung der übernommenen und der eigenen Stücke in der Chronik für die Darstellung der chronistischen Theologie. Es ist gewiß im Sinne des jüdischen Verfassers der Chronik, wenn seinem Werk so höchstes Recht geschieht, indem seiner Originalität größtes Unrecht angetan wird. Gerhard von Rad210 ist der Nachweis zu danken, daß die Chronik durchaus nicht ausschließlich im Lichte des Priesterkodex gesehen werden darf, sondern daß der ganze Pentateuch, insbesondere das Deuteronomium, hinter der Chronik stehen. Neu ist bei von Rad die Anwendung der traditionsgeschichtlichen Methode auf die Chronik; in ähnliche Richtung weisen die Arbeiten Adam C. Weichs211. — Eine grundlegende Zusammenfassung gerade auch historischer Einzelergebnisse liegt schließlich im zweiten Hauptteil der „Überlieferungsgeschichtlichen Studien I " 2 1 2 von Martin Noth vor. Merkwürdigerweise kommt es auch erst hier bei Noth zu einer tragfähigen literarkritischen Sonderung innerhalb der Chronik, nachdem die Ergebnisse der „Urkundenhypothese" J . Wilhelm Rothsteins und Johannes Hä207

AJSL 25 S. 157-159 = Ezra Studies S. 208-210. De Theologie van Kronieken. Diss, theol. Groningen (1911). 209 Swart hat v. a., nach Orotius und Graetz zum erstenmal wieder, den Gesichtspunkt der Chronik als einer Davididengeschichte geltend gemacht (a.a.O. S. 31-43); ihm verdankt man auch den wichtigen, durch A. van Hoonacker, Le sacerdoce Lévitique dans la foi et dans l'histoire des Hébreux. (1899) S. 258 angeregten Hinweis auf die Bedeutung des Repräsentationsgedankens in der chronistischen Konzeption vom davididischen Königtum (gegen van Hoonacker wird Swart recht haben, wenn er im chronistischen König mehr den Repräsentanten des Volks als Gottes sieht, vgl. Swart a.a.O. S. 36. 39). 210 Das Geschichtsbild des chronistischen Werkes. Β WA NT 54 (IV/3) (1930). 2U The Post-exilic Judaism. Edinburgh (1935); ders., The Work of the Chronicler, Its Purpose and Its Date. London (1939). 212 Zuerst erschienen in den Schriften der Königsberger Gelehrten Gesellschaft. Geisteswissenschaftliche Klasse, 18. Halle a. d. S. (1943) S. 43-266; benutzt wurde im folgenden der Nachdruck Darmstadt (1957). 208

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neis213, die K u r t Galling214 für II.Chronik fruchtbar zu machen suchte, keinen ungeteilten Beifall fanden.— Daß die Chronik im übrigen hauptsächlich unter dem Aspekt der Textgeschichte und -kritik Berücksichtigung fand, ist nicht so sehr eine Überwindung der Position Wellhausens, gegen die mehrere dieser unten 2 1 5 zu nennenden Arbeiten gerichtet sind, als eine Bestätigung von Wellhausens Urteil, die Verwendung der Chronik für Fragen der Textgeschichte sei „die zulässigste Form, sie einzuführen" 2 1 6 . Im ganzen hat sich die einstige Zurückhaltung gegenüber einer Kommentierung der Chronik — David Kimchi bemerkt, er habe nur eine einzige, zudem wertlose Auslegung in Narbonne gefunden, und ähnlich äußert sich Abravanel — gegeben; heute darf die Chronik als eines der meistkommentierten Bücher des ATs gelten. Die Verhältnisse haben sich aber insofern kaum gewandelt, als die Chronik auch heute ein Buch der Wissenschaft und nicht des Gottesdienstes ist. Gepredigt wird darüber kaum, und ein neuerer an die Gemeinde gerichteter Vortrag 217 , worin der Chronik exemplarische Bedeutung für die Verkündigung beigemessen wird, bestätigt das auf seine Weise : kanonische Texte sind Grundlage, nicht Beispiel für das eigene Zeugnis — wo würde das deutlicher als in der Benutzung, die die Chronik den Samuel-Königs-Büchern angedeihen ließ? 213

Kommentar zum ersten Buch der Chronik. Κ Α Τ X V I I I / 2 (1927). Zur Quellenverteilung s. die Zusammenfassung Händs S. V. L I X - L X I X . 214 Die Bücher der Chronik, Esra, Nehemia. A T D 12 (1954). Zusammenfassend zur Quellen- und Autorenfrage S. 8-12. 215 216 S. 70 Anm. 87. A . a . O . S. 220. 217 Κ .Koch, Das Verhältnis v o n Exegese und Verkündigung anhand eines Chroniktextes. ThLZ 90 (1965) Sp. 659-670.

II. „ Abram, das ist Abraham" Die Chronik als Auslegung 1.

Einführung

a) Der Zweck der Chronik — Eine Ubersicht „In der Chronik wird die Vergangenheit auf grund des Gesetzes umgedichtet . . . " Trifft dieser Satz J . Wellhausens1 die bewußte oder unbewußte Tendenz der Chronik richtig ? Ist der Maßstab der unbestreitbaren Veränderungen der historischen Tradition das Gesetz, und zwar im materialen Sinn der Priesterkodex oder, wie G. von Bad2 mit guten Gründen namhaft machen konnte, der ganze Pentateuch nach seinen legislativen Partien, im besonderen jenen des Deuteronomiums? Könnte also die Chronik im Vollsinn als ,,no mistische Geschichtsbetrachtung" 3 bezeichnet werden? Ist ferner das Vorgehen des Chronisten mit dem Begriff,,Umdichtung" richtig umschrieben, d. h. kommt ihm tatsächlich in der einen oder anderen Weise eine poetische Originalität zu, wie sie besonders von C.C. Torrey4 empfunden wurde? Wäre an die Stelle der Wertung, die der Deuteronomist seinen Quellen zukommen ließ, eine Umgestaltung getreten, die die Geschichte nach dem Prinzip „Es kann nicht sein, was nicht sein d a r f " verfälschte, unbekümmert abänderte? Die Frage erhebt sich, ob nicht in beiden Begriffen, Wertung so gut wie Umgestaltung, eine kritische Distanz der alttestamentlichen Geschichtsschreiber gegenüber ihren Quellen vorausgesetzt wird, wie sie doch erst den modernen Historiker auszeichnet. Was bei J . Wellhausen5 noch zusammengesehen wurde, Gesetzesbindung und Dichtung, wurde im Lauf der Wissenschaftsgeschichte auseinandergerissen und dafür einzeln mit um so größerem Nachdruck 1

Prolegomena zur Geschichte Israels. 6 (1927) S. 292. Das Geschichtsbild des chronistischen Werkes. B W A N T 54 (IV, 3) (1930) S. 38-63, v.a. S. 63. 3 G .von Rad a.a.O. S. 1. 4 The Chronicler as Editor and as Independent Narrator. AJSL 25 (1909) S. 169 Anm. 13; S. 197, entspricht im Wiederabdruck des Aufsatzes in: Ezra Studies. (1910) [ = N e w York (1970)] S. 219 und 231. 5 A.a.O. [oben Anm. 1], 2

Einführung

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vertreten, ohne dadurch an Überzeugungskraft zu gewinnen. So heißt es bei G. von Rad, um nur die letzten Vertreter zu zitieren: „Der Chronist als Theoretiker g e h t . . . von dem primären Besitz des Dogmas aus und f o r m t . . . von da die Wirklichkeit seiner Theorie zuliebe um . . . " e Auf der anderen Seite hat C.C. Τ orrey7 unermüdlich auf die lebendige Imaginationskraft und Originalität des Chronisten hingewiesen, ja er nennt ihn gar einen Novellisten. M. Noth8 schließt sich in maßvoller Weise dieser Sicht an, wo er von der schriftstellerischen Eigenart des Chronisten spricht. I n einer gewissen Korrelation zu diesen Urteilen bewegen sich die Lösungen der oben 9 bereits erörterten Frage nach dem Verhältnis zwischen dem deuteronomistischen und dem chronistischen Geschichtswerk. So entspricht im großen und ganzen der Beurteilung der Chronik als einer nomistischen Geschichtsbetrachtung die Verdrängungstheorie, und der Betonung der lebendigen Darstellungskraft des Chronisten gesellt sich gern die Ergänzungstheorie zu. K. Kohler und M. Rosenberg vertraten die erstere Position in neuerer Zeit am deutlichsten, wenn sie der Chronik die Absicht zuschrieben, „die . . . Geschichte . . . scheinbar urkundenmäßig erzählen und die prophetischen Bücher verdrängen" 1 0 zu wollen. Ganz ähnlich urteilte C. Steuernagel11. G. von Rad spricht diese Ansicht zwar nicht offen aus, aber sie liegt seiner Arbeit zugrunde, wenn er seine Untersuchung des Geschichtsbildes des Chronisten mit der methodischen Vorbemerkung einleitet: „Die den Samuelis- und Königsbüchern wörtlich entnommenen Partien bleiben grundsätzlich außer dem Bereich unserer Erörterung. Das Augenmerk 6

A.a.O. S. 11. A J S L 2 5 S. 157; 166 Anm. 7; 167; 169; 190; 194; 196; 197; 198; 199 = Ezra Studies S. 208; 216 Anm. 7; 217; 219; 225; 229; 231 ; 232; 233; 234. Begriffe wie „embellishment", „enlivening", „imagination" häufen sich. S. 197 = S. 231 heißt es denn sogar: "Few, if any, of all the narrators of the Old Testament could surpass him [sc. den Chronisten] in vividness of imagination." — Auf derselben Linie liegt es, wenn J.M.Myers, The Kerygma of the Chronicler. History and Theology in the Service of Religion. Interpretation 20 (1966) S. 273 zusammenfassend schreibt: ". . . scarcely a source taken over from the Deuteronomist that has not been embellished . . . by the Chronicler's conceptions." 8 Überlieferungsgeschichtliche Studien I. (1957) S. 155-160. Auch hier ist es der Begriff der lebendigen Ausgestaltung, der die größte Rolle spielt (etwa 10mal), während der Begriff der Interpretation außer auf S. 169 kaum irgendwo eingeführt wird. 9 S. 31 f. 33. 39f. 42f. ; vgl. unten S. 230-233. 10 Das Targum zur Chronik. Jüdische Zeitschrift für Wissenschaft und Leben 8 (1870) S. 80. — Die Auffassimg war schon früher vertreten worden durch C. P.W. Gramberg, Die Chronik nach ihrem geschichtlichen Charakter und ihrer Glaubwürdigkeit neu geprüft (1823) §27. 11 Lehrbuch der Einleitung in das Alte Testament. (1912) S. 389. 7

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Die Chronik als Auslegung

ist besonders auf die . . . spezifisch chronistischen Partien gerichtet." 1 2 E s wäre also möglich, das eigentliche, in einer dogmatischen Geschichtsschau bestehende Anliegen der Chronik zu begreifen, ohne die mehr als die Hälfte des Werks umfassenden übernommenen Partien zu berücksichtigen? Dem expliziten Schluß, daß also die Chronik durch ihr „konstruiertes Geschichtsbild" 1 3 die deuteronomistische Geschichtsauffassung habe verdrängen oder ersetzen wollen, entgeht G. von Rad nur durch die Annahme, „daß der Chronist weder in unserem modernen Sinn, noch etwa nach der Auffassung des Deuteronomikers die Absicht hatte, Geschichte zu schreiben" 1 4 . Die Ergänzungstheorie kann demgegenüber eine größere geschichtliche Wahrscheinlichkeit und ein respektableres Alter aufweisen. Wie nicht erst W.Bacher16, sondern bereits Theodor et16 gelehrt hat, steht sie hinter dem Titel der alexandrinischen Chronik-Übersetzung, Παραλειπομένων των βασιλειών 'Ιούδα, wie er durch die Handschriften 56 u n d 119 17 am vollsten bezeugt wird. Dahinter steht die Vorstellung, daß der Chronist die vom Deuteronomisten übergangenen, aber bekanntlich in seinen Quellenverweisen genannten restlichen Stücke aus den Reichsannalen der Könige von J u d a gesammelt habe. Die parallelen Stücke dienten nach dieser Auffassung, die wieder Theodoret am deutlichsten zum Ausdruck bringt, bloß zur Bewahrung der gleichmäßig durchlaufenden Harmonie der Geschichtserzählung 18 . Demnach wäre es die Absicht des Chronisten gewesen, eine Ergänzung des in Samuel Könige gebotenen Stoifes zu liefern. I m Gegensatz zur Verdrängungstheorie wird bei dieser Erklärung eine Unterordnung und Anpassung des Chronisten gegenüber dem Geschichtswerk angenommen. Sein 12

13 A . a . O . S. 3. A . a . O . S. 121. A . a . O . S. 133. 15 Der N a m e der Bücher der Chronik in der Septuaginta. Z A W 15 (1895) S. 305-308. Zu der dort angegebenen Literatur (Kuenen, Cornili, Driver) ist im gleichen Sinne noch 'F.Q.Movers, Kritische Untersuchungen über die biblische Chronik. Ein Beitrag zur Einleitung in das alte Testament. Bonn (1834) S. 95 hinzuzufügen. 16 MPG 80 Sp. 801 : Της βίβλου των παραλειπομένων την ύπόθεσιν ή προσηγορία δηλοϊ. "Οσα γάρ παρέλιπεν ó τάς Βασιλείας συγγεγραφώς, ταΰτα συντέθεικεν ó τόνδε τόν πόνον άναδεξάμενος, έκ πολλών αύτά προφητικών βιβλίων συναγαγών. — Ahnlich Prokop ν . Gaza. Vgl. Α.Klostermann, Art. Chronik, in: P R E B d . 4 3 (1898) S. 85f. 17 Nach der Zählung bei A. Rohlfs, Verzeichnis der griechischen Handschriften des Alten Testaments. Berlin (1914). Die volle Form des Titels wird auch von den Cod. A, 119 in der Unterschrift zu I.Chronik sowie von A, N, 64, 119 in der Unterschrift zu Il.Chronik bezeugt. Die Überschrift in den Cod. 60, bzw. Α : παραλειπόμενων βασιλέων (ιουδα) α' ist in: παραλειπόμενων βασιλείων (ιουδα) α' zu emendieren, vgl. W.Bacher a . a . O . S. 306. 18 MPG 80 Sp. 801 : πολλά δέ καί των έκεϊ [sc. in Könige] συγγεγραμμένων τούτοις συνήρμοσεν, ίνα φυλάξή της ιστορίας την άρμονίαν. 14

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Werk hätte den Maßstab für die eigene Geschichtsdarstellung jedenfalls an jener älteren Relation gewonnen. So viel das für sich hat, so dürfte aber doch der Gedanke, das Hauptaugenmerk des Chronisten habe auf den zusätzlichen, eigenen Partien gelegen, einigen Bedenken unterliegen, wenn er auch durch den Titel der Septuagintaübersetzung nahegelegt wird. Es läßt sich ja feststellen, daß gerade jene eigenen Partien nach Sprache und Vorstellung oft stark in der älteren Erzählung verwurzelt sind, daß es zudem die normale Art der chronistischen Darstellung ist, die Stücke aus Samuel-Könige, versetzt mit kleinen Änderungen und deutenden Zusätzen, wiederzugeben. Drittens ist das rein zahlenmäßige Gewicht dieser Paralleltexte in Betracht zu ziehen, das die Erklärung, es handle sich dabei bloß um verknüpfende Zwischenglieder, unwahrscheinlich macht; somit spricht gegen die Ergänzungstheorie die ganze Anlage des Werkes, das gerade die durch Inhalt und Stellung ausgezeichneten Kapitel meist ziemlich wörtlich aus Samuel-Könige übernimmt (I 10; 17; I I 6; 10). Jedenfalls schießt C.C.Torrey übers Ziel hinaus, wenn er meint: "The whole work was planned and executed for the sake of these independent chapters and paragraphs." 1 9 Man wird daher auf den ersten Blick am ehesten der Auffassung W.M.L. de Wettes und M. Noths zuneigen. Nach de Wette20 war ,,der Verf. der Chronik . . . ein Compilator, wie sein ganzes Werk zeigt", und Noth bezeichnet die Methode des Chronisten als „das typische Verfahren der Verfasser von Traditions werken, die die Angaben ihrer Quellen nicht kritisch sichten, sondern addieren" 2 1 . Bedenken melden sich freilich, wenn es weiter heißt: „die Werke von Dtr und Chr . . . sind als geschichtliche Traditionswerke innerhalb der alttestamentlichen Literatur einander nächstverwandt." 2 2 Diese Zweifel verstärken sich, wenn man sich vor Augen führt, wie die Entwicklung des kompilatorischen Traditionswerkes in Israel gelaufen ist. Man wird sogleich auf des Josephus' Altertümer als das jüdische Traditionswerk par ex19 AJSL25 S. 192 = Ezra Studies S. 227. — Ähnlich W. F. Albright, The Date and Personality of the Chronicler. JBL 40 (1921) S. 120: "The Chronicler's method in redacting the Book of Kings was to supplement, not to rewrite." Und in dieselbe Richtung weist es, wenn W. E. Lemke, The Synoptic Problem in the Chronicler's History. Harvard Theological Review 58 (1965) S. 363 Aran. 44 eine Untersuchung der parallelen Partien im Blick auf die Theologie des Chronisten für unergiebig hält: "It would seem that a more promising approach to the Chronicler's thinking would be to concentrate on the many non-synoptic portions of his history, in which he seems to be composing independently of any canonical sources." Dagegen vgl. unten S. 175 Anm. 249. 20 Beiträge zur Einleitung in das Alte Testament. Bd. 1 : Kritischer Versuch über die Glaubwürdigkeit der Bücher der Chronik mit Hinsicht auf die Geschichte der Mosaischen Bücher und Gesetzgebung. Halle (1806) S. 47. 21 22 A.a.O. S. 171. A.a.O. S. 172.

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cellence stoßen. In die Linie deuteronomistisches Geschichtswerk Altertümer (so wenig sich diese beiden nach Charakter und Abzwekkung selbst gleichen) läßt sich aber die Chronik nur mit großer Mühe einfügen, gerade ihrer eigenartigen Arbeitsweise wegen. b) Die Chronik ein Midrasch? Diese Arbeitsweise hat nun zu verschiedensten Malen einen Vergleich mit der jüdischen exegetischen Literatur herausgefordert. So spricht A.M. Brunet ganz allgemein von „procédés rabbiniques" 2 3 in der Chronik. Wenn J . Wellhausen auf die mutmaßlichen Quellen der Chronik und diese selbst den Begriff „Midrasch" in seiner „wirklichen Bedeutung" 2 4 angewendet wissen will, so hat er dennoch nicht die ausgebildete Form des Midrasch im Auge, wie seine anschließenden Ausführungen zeigen. Mehr von dieser spezielleren Bestimmung ausgehend versucht W . E . Barnes25 ausgewählte Stellen der Chronik als midraschische Auslegung zu verstehen, nicht ohne Erfolg. Doch bedürfte seine Terminologie, nach der der Midrasch sich hauptsächlich durch seine Hochschätzung einzelner Begriffe und Details der Vorlage und deren Auswertung mittels des Parallelismus oder der Analogie auszeichnet, einer schärferen Eingrenzung. Verwirrend wirkt es auch, daß derselbe Verfasser zur gleichen Zeit 26 die Chronik als Targum bezeichnet. Es wird sich nicht bestreiten lassen, daß in den Targumim die Haggada reiche Ernte getragen hat, doch ist sie nicht deren konstitutives Element, das im Phänomen der Übersetzung liegt — und davon kann natürlich bei der Chronik nicht die Rede sein. — Es ist kein Zufall, daß die schönste Bestimmung des midraschischen Elements, nach den beiden Aspekten der haggadischen Amplifikation und der halachischen Akkommodation, von dem Altmeister der jüdischen Literaturgeschichte, L. Zunz stammt: „Die Chronik arbeitet zwar für bewußte Zwecke, doch aber in einem Geiste steter Unterordnung: die Art, in der sie Begebenheiten und Personen der Vorzeit auffaßt und darstellt, bezeugt sowohl die Herrschaft dieses Alterthums, als das Streben, die Begriffe und Interessen der Gegenwart, damit sie von ihnen geheiligt werden, aus Thatsachen und Worten der Vorfahren herauszudeuten. Schon damals wurden Schriften . . . gedeutet und also in gewissem Sinne geändert." 2 7 Die Entscheidung freilich, ob die 23 Le Chroniste et ses sources. R B 60 (1953) S. 491 [zu I 2,1-2]; 61 (1954) S. 371 [zu 118,1-2]; vgl. ebd. [zu II 8, Hb]. 21 A.a.O. S. 223. 25 The Midrashic Element in Chronicles. The Expositor, 5th Ser. 4 (1896) S. 426-439. 26 Chronicles a Targum. Expository Times 8 (1896/97) S. 316-319. 27 Die gottesdienstlichen Vortrage der Juden. 2 Hrsg. von N. Brüll, Frankfurt a.M. (1892) S. 37.

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Chronik als Midrasch anzusprechen sei oder nicht, ist eine Frage des Gefühls. Sie hängt davon ab, wie man das Verhältnis zwischen Amplifikation und Akkommodation bestimmt, anders ausgedrückt, ob man in der Chronik mehr das Geschichtswerk oder die „Programmschrift für das nachexilische Israel" 2 8 sieht. Eine literarkritische Sonderung des Grundbestandes der Chronik, wie sie M. Noth2i und Rudolph30 insbesondere für I.Chronik vorgenommen haben, und wie sie vielleicht auch in weitergehendem Maße für II. Chronik durchgeführt werden sollte, läßt die Waagschale zugunsten der historiographischen Grundtendenz sinken. Die vielen von den Leviten und ihrer Organisation und Funktion handelnden Stücke, die das Hauptargument für die Verfechter einer Priorität des Gegenwartsbezuges in der Chronik bildeten, erweisen sich als spätere Zusätze. So wird man doch gut daran tun, die Chronik nicht allgemein als Midrasch zu bezeichnen. Unbezweifelbar wird man aber die Arbeitsweise des Chronisten im Rahmen der biblischen Voraussetzungen der Midraschexegese sehen müssen, wiesie I.L. Seeligmann31 klar ins Licht gestellt hat. Und selbstverständlich hat die Chronik teil an jenem im biblischen Text überhaupt versteckten „Urmidrasch", von dem M. Buber32 spricht. Allerdings gälte es demnach weniger, in einer früheren Form exegetischer Literatur die Merkmale der Spätform zu entdecken, als vielmehr die Anfänge in ihrer eigenen Bedingtheit, den „Urmidrasch" nach seinen eigenen Strukturen zu erkennen. Die Linien dann weiter, über die Grenzen des Kanons hinaus, auszuziehen, verbietet der Rahmen dieser Arbeit. c) Die Chronik als Auslegung Ist einmal anerkannt, daß die Situation Israels im persischen Großreich, insbesondere während dessen Endphase, auf der einen Seite, sowie die geistige Lage der sogenannten „Jerusalemer Kultgemeinde" und ihr angefochtener Zusammenhang mit dem vorexilischen Israel auf der andern Seite nach einer historiographischen Behandlung nicht bloß der nachexilischen Epoche des geglaubten einen Israel — diese 28 G. von Bad a.a.O. S. 121. — Daß B . S .Childs, Isaiah and the Assyrian Crisis. Studies in Biblical Theology II/3. London (1967) S. 107 den chronistischen Bericht II 32 als Midrasch bezeichnen kann, liegt umgekehrt daran, daß seiner a.a.O. gebotenen Definition des Midrasch das Moment der Adaptation fehlt. 29 A.a.O. S. 110-122 [v.a. die Ausscheidung sekundären Gutes in 1 2 3 - 2 7 auf S. 114f., in I 12. 15. 16 auf S. 115f., und in I 1 - 9 auf S. 117-122], 30 Siehe zu den einzelnen Stellen (weitgehende Zustimmung zu M. Noths Analyse z.B. S. 93). 31 Voraussetzungen der Midraschexegese. VTS 1 (1953) S. 150-181. 32 Leitwortstil in der Erzählung des Pentateuchs, in: M. Buber und F. Rosenzweig, Die Schrift und ihre Verdeutschung (1936) S. 211-238. Der Begriff „Urmidrasch" hier auf S. 223.

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Die Chronik als Auslegung

liegt in E s r a - N e h e m i a vor — sondern gerade auch der vorexilischen Periode rief, so muß auch die Frage nach den Möglichkeiten und Methoden einer solchen Geschichtsschreibung gestellt werden. Dabei darf die besondere Stellung innerhalb der alttestamentlichen Überlieferungsgeschichte, die der einzunehmen gezwungen war, der sich in solcher Zeit vor die Aufgabe einer Behandlung der vorexilischen Zeit gestellt sah, nicht außer acht gelassen werden. Seit dem gewaltigen Werk des Deuteronomisten, das durch seine Verarbeitung und zusammenfassende Schau gewiß manche der etwa noch vorhandenen Geschichtsdokumente aus der vorexilischen Zeit, ausgenommen vielleicht Listenmaterial und Prophetenaufzeichnungen, in den Schatten des Vergessens gestellt hatte, war kaum neues Material aufgetaucht. Daß man in den Tagen des Chronisten keine die Lokalinteressen übersteigende Archäologie betrieb, versteht sich von selbst. Die Situation des Chronisten war also von der ersten, den Geschehnissen nahestehenden, und der zweiten, die Dokumente vor dem Untergang bewahrenden, Phase der israelitischen Geschichtsschreibung 33 sehr verschieden: die Ereignisse waren ferngerückt, und die geschichtlich zuverlässige Dokumentation über die vorexilische Zeit spärlich geworden. Wenn der Chronist der Nötigung, Geschichte der vorexilischen Zeit zu schreiben, nachgeben wollte, so blieb ihm schon aus diesem Grunde nur ein Weg : der der Interpretation des überlieferten Materials, mithin der Auslegung des deuteronomistischen Geschichtswerkes. Weder die Verdrängungs- noch die Ergänzungstheorie vermag diesem eigenartigen Verhältnis zwischen Deuteronomisten und Chronisten gerecht zu werden, das sich zwischen den beiden Polen der Abhängigkeit und Freiheit, Gebundenheit und Kühnheit bewegt, ja das man als die gehorsame Unbotmäßigkeit der Auslegung bezeichnen möchte. Neben diesen geschichtlichen und geistigen Voraussetzungen für die chronistische Geschichtsschreibung sind es noch eine ganze Anzahl von allgemeinen Erwägungen und speziellen Beobachtungen zur Überlieferungsgeschichte, die es nahelegen, die Chronik unter dem Aspekt einer Auslegung zu sehen: 1. Jede Geschichtsschreibung ist auf die Benutzung von Quellen angewiesen, die sie zu interpretieren hat. 2. Man wird, nach dem oben Gesagten, C.C.Torrey recht geben müssen, mit Einschränkung vielleicht bezüglich einiger weniger sehr spezifischer, J u d a betreffender Angaben, wenn er sagt: " I n the books of Samuel and Kings, which were given their present form some considerable time after the fall of Jerusalem, was embodied all t h a t was known of the history of the Hebrew kingdoms ; there is no likelihood 33

Siehe unten S. 204-206.

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whatever t h a t other records, not used by the editors of Kings, were in existence and survived until the Chronicler's day." 3 4 Wenn die Chronik aber ihr Material zu größten Teilen aus dem deuteronomistischen Geschichtswerk bezog, so verhielt sie sich zu diesem wie die Quelleninterpretation zum Quellenwerk. 3. Das deuteronomistische Geschichtswerk bildete aber nicht nur in stofflicher Hinsicht die Quelle für die Chronik; es übte auch auf deren Geist und Haltung einen Einfluß aus, wie er größer nicht gedacht werden kann 3 5 . Anders ausgedrückt: das deuteronomistische Werk bestimmte als auszulegende Vorlage Weg und Ziel der Interpretation; es blieb dieser prinzipiell immer vor- und übergeordnet. Diese Autorität war aber nicht nur die allgemein geistesgeschichtliche des Quellenwerks gegenüber der Bearbeitung, sondern hatte ihren Grund im Begriff des Kanons: das deuteronomistische Werk bildete in den Augen des Chronisten die Sammlung der prophetischen Berichte über die jeweilige Zeitgeschichte. Selbst wenn Geschichtsschreibung also noch diesseits der Grenze zur erloschenen Prophetie, noch aus eigener gottgewährter Vollmacht geschah, hatte sie ihre Aufgabe in der der nachexilischen Prophetie auferlegten Form des Bezugs auf bereits ergangene Prophetie zu erfüllen. Und zwar gewann hierbei der Begriff des Kanonischen im besonderen neben seiner inhaltlichen Bestimmung als Norm eine entsprechende formale Komponente. Nicht nur das Was, sondern auch das Wie der früheren Darstellung war richtungweisend, weil beides zusammen die eine große, autorisierte Erzählung von Gottes Geschichte mit Israel ausmachte. Von daher rührt die unselbständige, v. a. immer wieder an das deuteronomistische Geschichtswerk anklingende Darstellungsweise der Chronik, die freilich andrerseits auch bewußt mit andern Mitteln, insbesondere der Interpretation arbeitet, um das Original wirklich Original sein zu lassen. Die beschriebene Art kanonisch gewordener Darstellungsweise der Geschichte ist es auch ganz allein, die, freilich cum grano salis, dazu berechtigt, im deuteronomistischen Geschichtswerk das ,,Vorbild" für den Chronisten zu sehen, wie M. Noth36 das tut. — Gott gab Israel seine Geschichte, indem er ihm David und sein Haus aufrichtete : das ist der Inhalt der Chronik ; Gott gab Israel aber auch die Kunde von dieser Geschichte, indem er sie durch seine Propheten aufzeichnen ließ : hier liegt der Schlüssel zum formalen Verständnis der Chronik. Sollte demnach in der Zeit des Chronisten vorexilische 34

AJSL 25 S. 193 = Ezra Studies S. 228. Die von G. von Rad a.a.O. v.a. S. 42-63 festgestellten Deuteronomismen sind der Chronik zu einem guten Teil durch das deuteronomistische Geschichtswerk vermittelt worden. 36 A.a.O. S. 171. 35

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Geschichte geschrieben werden, so mußte das in einer wie auch immer gearteten engsten Anlehnung an das deuteronomistische Geschichtswerk geschehen. 4. Dazu stimmt völlig der Befund über die Chronik. Es wechseln Partien, die beinahe unverändert aus der Vorlage übernommen sind, mit stark bearbeiteten oder frei zusammengefaßten (epitomierten) Zusammenhängen, und in das Ganze werden endlich die eigenen Stücke verschiedensten Umfangs eingeschaltet. In keiner dieser drei Formen chronistischer Arbeitsweise fehlen die Bezüge auf mosaische oder sonstige „prophetische" Schriften; sie haben insbesondere immer das deuteronomistische Geschichtswerk, gerade auch nach dessen nicht parallelen Stellen, im Auge. 5. Das alles macht eine Auslegungstätigkeit in der Chronik höchst wahrscheinlich. Es bleibt aber noch die allerdings erhebliche Frage, ob die Chronik denn auch Auslegung sein will, oder ob sie diese ihre Stellung zu verschleiern sucht. Dies wäre sicher der Fall, wenn die Verdrängungstheorie im Recht wäre und sich die von C. Steuernagel formulierte Meinung vertreten ließe, ,,daß der Chronist mit seinem Werk einen Ersatz für sie [sc. die kanonischen Königs-Bücher] schaffen wollte, der ihre völlige Verdrängung zum Zweck hatte . . ." 3 7 . Abgesehen von der Aussichtslosigkeit eines solchen Unterfangens spricht gegen diese These die Tatsache, daß einem Leser ohne Kenntnis der Samuel-Königs-Bücher die Chronik oftmals völlig unverständlich wäre, daß diese vielmehr sehr häufig Voraussetzungen macht, die ihre Klärung nur in der älteren Geschichtsrelation finden. Als erstes von einigen Beispielen sei das Kapitel 110 genannt, wird doch hier die Kenntnis nicht nur allgemein über die Vorgeschichte, sondern im besonderen über die Philister als die erbitterten Feinde der israelitischen Staatenbildung, über den latenten und akuten Kriegszustand zwischen den beiden Völkern im ersten Satz, bezeichnenderweise einem Zustandssatz, schon vorausgesetzt. Diese Kenntnis aber hatten die Zeitgenossen des Chronisten so gut wie die Späteren, bis auf den heutigen Tag, zur Hauptsache dem deuteronomistischen Geschichtswerk zu danken. Sodann kann es ja nie und nimmer des Chronisten Absicht gewesen sein, in I 10 eine erschöpfende Geschichte des saulidischen Königtums zu bieten; mit deren Kenntnis rechnete er aber bei seinen Lesern, und zwar so sehr, daß er es sich leisten konnte, bloß den für sein Thema wichtigen Aspekt herauszuheben. Die in I 8,33-40 gebotene und in 9,39-44 ohne den Schluß wiederholte Genealogie Sauls erweist sich schon durch die Verkennung dieser ursprünglichen Absicht als sekundär. — Neben dem Bericht über die fromme Tat der Jabesiten, 37

A.a.O. S. 389. Vgl. dazu die oben S. 49 Anm. 10 genannte Literatur.

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von deren Vor- wie Nachgeschichte in der Chronik nichts verlautet, lassen sich jedenfalls die V . 13-14 ohne die Annahme eines beabsichtigten Bezuges auf l.Sam. 10,8 und 13,13, v.a. l.Sam. 15, sowie — mit Händen zu greifen — auf 1. Sam. 28 weder inhaltlich noch formal begreifen. — In I 12,30 wird offenkundig das Königtum Isbaals vorausgesetzt. — Die Geschichte der Ladeüberführung nimmt bei ihrer Erwähnung des Ausgangspunktes Kirjat-Jearim in I 13,5b auf das in l.Sam. 6,21-7,1 berichtete glückliche Ende der Irrfahrt Bezug 38 . — Das in I 14,3 zwiefach stehen gelassene 71V sagt als solches genug über Davids Königtum in Hebron, wenn auch das explizite yrnna IXD "ΠΠΧ von 2.Sam. 5,13 ausgelassen ist, weil es mit dem Thema des Chronisten nichts zu tun hat 39 . — Ähnlich wie mit der frommen Tat der Jabesiten in I 10,11-12 verhält es sich mit der Michal-Episode in I 15,29b40. Man wird in dem Halbvers über Michals Verachtung des tanzenden David doch mehr einen Erinnerungsanstoß für den mit der Folgegeschichte Vertrauten sehen müssen als ein Zeichen für die unsorgfältige Arbeitsweise des Chronisten41. Das in 2. Sam. 6,20-23 berichtete Nachspiel dieser Szene war ohne Belang in einem Werk, das zugunsten des politischen und religiösen Charakters des Königtums als der staatlichen Repräsentanz Israels konsequent auf die privaten und familiären Züge der Geschichte verzichtete. — Der Auszug Davids, den seine in I 20,3 berichtete Rückkehr erfordert, ist wohl nicht textkritisch in I 20,1 b einzufügen 42 , sondern als von der Rudolph S. 113. M. Noth a.a.O. S. 167 Anm. 2; Rudolph S. 113. 40 M. Noth a.a.O. S. 167; A.M. Brunet a.a.O. [RB 60] S. 503 Anm. 2. 41 Curtis S. 219: " I t is a mark of the unskilful art of the Chronicler that this single verse of the episode of Michal's judgment on David should be here introduced when the story as a whole with its reflection on David is omitted." 42 Gegen BHK 3 ; Rudolph z.St. Die beiden G-Minuskeln 56 und 121, die hier zur Rekonstruktion eines ursprünglichen Chronik-Textes verwendet werden, sind schon durch ihre an dieser Stelle mit Samuel harmonisierende Tendenz verdächtig. Außer Β und 127 bietet die gesamte G-Überlieferung und die arabische Übersetzung den Namen Joabs als des Zerstörers (nach MT). Zweitens findet sich das Plus dieser Minuskeln in der Minuskel 158 hinter der Übersetzung von n O i m (in BHK 3 wird das gar fälschlich auch für die beiden andern Minuskeln angenommen), so daß der sekundäre Charakter deutlich wird, da natürlich nach der Zerstörung nicht noch von einer Eroberung die Rede sein kann. In diesem 0~lΠ liegt aber sicher der ursprüngliche Chronik-Text vor, schon wegen der von Samuel abweichenden Angabe einer Zerstörung Rabbas. An diesem Verb und seiner Form läßt sich nun sogar zeigen, daß Rudolphs abschließende Feststellung : „Subjekt von ΠΟΊΓΡΙ ist also David" nicht zutrifft. Zwar weicht der Chronist mit dieser Zerstörung Rabbas durch Joab von der entsprechenden Stelle 2. Sam. 12,26-29 ab, aber dennoch nicht von der Vorlage als solcher. Denn er hält sich in seiner Darstellung ganz an den nach 2. Sam. 11,25 an Joab ergangenen Befehl: n c n m ( Τ Ϊ Π - 7 Χ - p a n 1 ? » ¡7ΤΠΠ) und läßt diesem hier den Vollzug wört38

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Chronik nach 2. Sam. 12,29 vorausgesetzt zu denken. — Die Stelle I 20,5, wo in der Chronik dem Goliath ein Bruder beigegeben ist, der s t a t t seiner von Elchanan erschlagen wird, soll weiter unten 4 3 zur Sprache kommen. Hier sei, gegen Rothstein u n d Goettsberger, nur erst betont, daß die Geschichte von Goliaths Tötung durch David, l . S a m . 17, die in der Chronik natürlich nicht erzählt wird, durchaus den Grund f ü r einen harmonisierenden Eingriff des Chronisten abgeben konnte 4 4 : nicht sein Werk, sondern das des Deuteronomisten bildete den Maßs t a b f ü r seine Tätigkeit. — Daß der Chronist den Palastbau Salomos I . K ö n . 7,1-12 ausließ, versteht sich von selbst, da es sich nach seiner Auffassung im Gegensatz zum Tempel um eine reine Privatangelegenheit Salomos handelte. Da aber der Chronist bei seinen Lesern die Bekanntschaft mit der Stelle voraussetzt, ist weder die allgemein zusammenfassende, Tempel und Palast erwähnende Ankündigung in I I , 1 , 1 8 noch die summarische Nennung in 118,1 4 5 inkonsequent. Ebenso kann er mit bestem Recht den Einzug der Tochter Pharaos in I I 8,11 stehenlassen und auf den Bericht über den Bau des f ü r sie bestimmten Hauses verweisen, obwohl dieser sich nur in l . K ö n . 7,8b findet. J a , auch die Tochter Pharaos selbst war in der Chronik noch nirgends erwähnt gewesen; die Stellen l . K ö n . 3,1; 7 , 8 b ; 9,16 4 6 galten aber für den Chronisten soviel, als hätten sie in seinem eigenen Werk gestanden. — K a p . I I 10 würde einem mit den Königs-Büchern nicht vertrauten Leser schweres Kopfzerbrechen bereiten: nicht nur erscheint Jerobeam als ein Mann ohne jede Vorgeschichte, die nur in l . K ö n . 11,29-39.40 zu lesen steht, sondern der Chronist zeigt auch durch die Bezugnahme auf die Prophetie Ahias von Silo, die er in V. 15 stehen läßt, deutlich, daß jener Bericht von ihm bewußt vorausgesetzt wird 4 7 . Rudolph48 macht zudem darauf aufmerksam, daß die Klage über den schweren Druck Salomos nur durch Stellen wie l . K ö n . lieh sich entsprechen (vgl. Vannutelli z.St.). — Da die Chronik 2.Sam. 11,25 nicht gebracht hat, ist auch diese Stelle als vorausgesetzt zu denken, um so mehr, als die Chronik sich deutlich auf sie bezieht. Die Übereinstimmung zwischen Befehl und Vollzug, wie sie vom Chronisten hergestellt wird, gehört zu der unten S. 132-160 zu behandelnden Kategorie VIII seiner Wortersetzungen. Joab ist nach all dem geradezu pointiert Subjekt zu 01Π ; das in der Chronik noch öfter festzustellende Interesse an ihm und seiner Familie (vgl. I 2,16; 11, 6-8; 18,12; 19,15; 21,6; 27,7.24.34) erklärt sich, wie schon J. Wellhausen a.a.O. S. 220 gesehen hat, aus Neh. 7,11 = Esr. 2,6. 43 S. 138f [Kategorie VIII der Wortersetzungen]. 44 Richtig Rudolph S. 141. 45 46 Vgl. F.C.Movers a.a.O. S. 101. S. Rudolph S. 220. 47 M. Noth a.a.O. S. 167. Das 1ΠΊΒ, das auf Jerobeams Flucht zurückweist, ist in II 10,2 dagegen offenbar aus erzähl technischen Gründen weggelassen (anders das in I 14,3 beibehaltene 1157). 48 S. 227.

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4 , 6 b . 7; 5,7f. 27f. eine hinreichende Motivation erfährt. — Aufgrund ihrer Thematik h a t die chronistische Geschichtsschreibung keinen Platz für das Nordreich als staatliche Größe. Daß die innere Geschichte des Reiches Israel trotzdem durchgängig vorausgesetzt wird, zeigen Stellen wie I I 13,8, wo auf Jerobeams Aufstellung der Kälber Bezug genommen wird, oder I I 18,1, wo der „König von Israel" von l . K ö n . 22 entsprechend der Stellung des Kapitels im deuteronomistischen Geschichtswerk mit Ahab identifiziert wird 4 9 , oder die Epitome von J e h u s Revolution, I I 22,7-9 5 0 . — Der chronistische Vers I I 32,18, wo ohne weiteres die Rede davon ist, daß die Abgesandten Sanheribs zum Volke, und zwar auf Hebräisch, gesprochen hätten, kann natürlich nur mit Kenntnis von 2.Kön. 18,26-28 recht verstanden und voll gewürdigt werden 5 1 . — Vermöchten nun freilich diese Beispiele, wenn auch sicher die Verdrängungstheorie, so doch nicht die Ergänzungstheorie zu entkräften, dann spricht doch der nächste P u n k t gegen diese letztere Erklärung. 6. Die oft festgestellte Inkonsequenz, Widersprüchlichkeit der Chronik läßt sich nämlich ungezwungen mit dem Bemühen des Chronisten erklären, der Vorlage auf Schritt und Tritt zu folgen, selbst wenn er aus eigener historischer (selten dogmatischer) Reflexion zu ihr widersprechenden Schlüssen kommt, die er dann natürlich nicht verhehlt. Man mag das, wie seine ganze historiographische Methode, ein Kleben am Buchstaben nennen, das oft um dieses Buchstabens willen die Logik des Sachzusammenhangs preisgibt und sich der Widersprüchlichkeit schuldig macht. I n diesen Rahmen gehören auch zwei von W . E . Barnes sogenannten „alternative statements" 5 2 , die nach ihm für das Targum bezeichnend sind: es werden verschiedene Meinungen über einen Tatbestand zur Wahl gestellt, ohne daß eine kritische Sichtung vorgenommen würde. Die drei anderen von Barnes angeführten Belege betreifen Stellen, in denen der Chronist in seinem Werk bloß die Alternativmeinung zu Könige bietet. Daß das nach den eigenen Maßstäben des Chronisten angeht, wurde in der Erörterung über die vorausgesetzte Vorlage gezeigt. Hier sollen aber nun jene Stellen angeführt werden, wo sich der Widerspruch zwischen Tradition und Interpretation in der Chronik selbst äußert. So ist es nicht ausgeschlossen, daß 49 Nach l . K ö n . 22,20 [wo die Einsetzung des Namens „Ahab", geschichtlich wohl unzutreffend — vgl. M. Noth, Geschichte Israels. 4 (1959) S. 222 Anm. 1 —, wahrscheinlich v o m Deuteronomisten stammt, der ja die Prophetenlegende auch entsprechend in sein Werk eingefügt hat] und dann 1. Kön. 22,39 (ohne Parallele in der Chronik). 50 51 Vgl. Ooettsberger S. 10. Goettsberger S. 10. 360. 52 Expository Times 8 S. 316: "alternative statements placed b y the side of the statements of the earlier books."

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bereits der Chronist das levitische S ä n g e r h a u p t H e m a n (I 16,41 u . ö . ) m i t d e m H e m a n identifizierte, d e n er in I 2 , 6 aufgrund v o n l . K ö n . 5 , 1 1 g l a u b t e in die Genealogie Judas einreihen z u müssen, u n d zwar m i t H i l f e einer Interpretation, die einer kritischen Philologie zwar w o h l nicht standhält, die aber keinen m i t der e x e g e t i s c h e n P r a x i s des Chronisten Vertrauten überraschen wird 5 3 . D i e s e widersprüchliche S t a m m e s z u o r d n u n g , die für den Chronisten selbst nicht z w i n g e n d z u beweisen ist, h a t sicher in den sekundären T e x t e n I 1 5 , 1 6 - 2 4 u n d 6 , 1 6 - 3 3 s t a t t g e f u n d e n . Jedenfalls ist diese v o n Rudolph64 vertretene Erklärung für die E r s e t z u n g des N a m e n s J e d u t h u n durch E t h a n die ansprechendste. — I n I 15,27 kollidieren die A n g a b e n über D a v i d s G e w a n d u n g ; er soll sowohl ein Obergewand aus B y s s u s wie das priesterliche L i n n e n e f o d getragen haben. Seit Kittel u n d C. Steuernagel5S bis z u Rudolph h a t m a n daher die m i t 2 . S a m . 6 , 1 4 k o n f o r m gehende E r w ä h n u n g des linnenen E f o d s als spätere A n g l e i c h u n g a n d e n T e x t v o n Samuel verstanden. D a g e g e n spricht, daß diese Ü b e r n a h m e , e n t g e g e n d e m sonstigen Charakter solcher Harmonisierungen 5 6 , n i c h t wörtlich, sondern recht frei e r f o l g t e 5 7 ; daß z u d e m der Sinn eines solchen Z u s a t z e s e i n e m normalen Leser h ö c h s t dunkel bleiben m u ß t e , 53

Freilich trifft sich E . M e y e r , Die Israeliten und ihre Nachbarstämme. (1906) S. 350 u.a. mit dem Chronisten, wenn er die Nisbe Τ Π Ϊ 8 von l . K ö n . 5,11 mit dem edomitischen Stammeshaupt ΠΊΤ (Gen. 36,13.17.33) in Verbindung bringt. Es läge dann einmal mehr eine ethnologische Interferenz zwischen Edom und J u d a vor, wenn man nun die Einordnung Ethans als Judäers in I 2,6 als richtig anerkennt. Jedenfalls ist aber die Zugehörigkeit Hemans zur judäischen SerahSippe vom Chronisten nur indirekt aus l . K ö n . 5,11 erschlossen (angenommene Bruderschaft Hemans mit E t h a n ) ; sie wäre vollends hinfällig, wenn W . F . A l bright, Archaeology and the Religion of Israel (1946) S. 127.210 recht hätte, daß τ η TX = ΓΠΤΝ = „Eingeborener", „zur autochthonen Bevölkerung gehörig" sei, wie ja ohnehin, wie Rudolph S. 15 unter Verweis auf Num. 26,13; Jos. 7,17 u.a. richtig bemerkt, das Gentilicium von Π "IT eigentlich ΤΠΤ lauten müßte. 54 S. 123. — Daß die doppelte Zuordnung Hemans zu Levi (als Sängerhaupt) und zu J u d a durchaus schon dem Chronisten zuzutrauen ist (gegen Rudolph S. 15), ergibt sich daraus, daß in I 2,6 offensichtlich l . K ö n . 5 , 1 1 zitiert ist, und zwar wohl unter dem nach W . V . Albright a . a . O . richtigen Verständnis von "'22 Vutö als „Spielleute" statt als Patronymikon (sonst stünde Machol als Vater ja in unerträglichem Widerspruch zu Serah). Durch die Beziehung des levitischen wie des judäischen Heman zur Musik legte sich eine Identifikation aber sehr nahe; wenn sie schon vom Chronisten ins Auge gefaßt worden ist, erklärt sich auch der Schritt der genannten sekundären Texte leichter. 55 A.a.O. S. 382. 396. — Dagegen urteilt W . E . Lemke a.a.O. S. 354 Anm. 16: "Perhaps both the Chronicler as well as the L X X [sc. zu Samuel] tried to make sense out of a text which neither understood." 56 Vgl. z.B. die Einfügung von I I 10,3a in l . K ö n . 12,3a (Rudolph S. 227); in der hier in Frage kommenden Richtung der Übernahme die Interpolation von l . K ö n . 8,62-63 in I I 7,4r-5 oder von l . K ö n . 10,27-28a in I I 9,27-28. 57 TIBK I l t - b S I s t a t t 1 3 TIBN TUfl ΤΙΥΙ.

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da ihm ja der Widerspruch beider Relationen nicht nur nicht entwirrt, sondern geradezu unter die Nase gerieben wurde. G hat das empfunden; wie eine wahrhaftige Harmonisierung aussieht, zeigt sie, die sowohl für das Byssusgewand wie für das linnene Efod στολή βυσσινή setzt 58 . Wenn man nun, übrigens mit Rudolph, sieht, daß die chronistische Einsetzung des Obergewandes unter teilweiser Benutzung des in 2. Sam. 6,14 am Anfang stehenden Konsonantenbestandes geschah, dann das rein chronistische Interpretament der ladetragenden Leviten folgt, bis endlich der Vers ganz wie in Samuel mit der Erwähnung des linnenen Efods schließt, so erkennt man unschwer die typisch chronistische Methode der am Faden der Vorlage orientierten bald buchstabenmäßig ersetzenden, bald frei interpretierenden, bald nahezu wörtlich wiedergebenden Geschichtsschreibung. Da die Freiheit der Wiedergabe und die anderen Gründe eher für den Chronisten als für einen harmonisierenden Glossator sprechen, wird man gerade in diesem Vers einen jener durch die Freiheit der Interpretation und die Bindung ans Original entstandenen Widersprüche feststellen dürfen. — Am deutlichsten kommt diese Erscheinung aber im Zusammenhang mit den Kultreformen Asas und Josafats zum Ausdruck. Da die Verse 1115,16-18 im Werk des Chronisten keineswegs sekundär sind 59 , stößt sich die dem Text von Könige parallel gehende Notiz, daß die Höhen nicht abgeschafft worden seien, mit der rein chronistischen von der Entfernung der Höhen II 14,2. Der Chronist wollte aber die V. 16-18, in denen auch die Erwähnung des ungeteilten Herzens Asas mit seiner eigenen Darstellung kontrastiert, unbedingt in seinen Aufriß von der Regentschaft Asas einbauen, und zwar an entscheidender Stelle, wie später 60 gezeigt werden soll. Darum nahm er die Widersprüche in Kauf; er hat sie durch die Einfügung von Vlotho und die Auslassung von IlW'DS nur ein wenig gemildert. — Der gleiche Fall liegt in dem Gegensatz zwischen II 17,6 und 20,33, einem direkt aus l.Kön. 22,44 abgeschriebenen Verse, vor. Wiederum ist Einspruch zu erheben gegen die von Rudolph61 vorgenommene Zuweisung von 11 20,31-33 an einen Ergänzer. Gerade V. 33b zeigt in der Abmilderung des Widerspruchs zwischen dem Opfern und Räuchern des Volkes (Könige) und seiner in II 20,1-30 beschriebenen Haltung den 58 A u ß e r zwei lukianischen Hss. u n d Theodoret, sowie der in der Hs. 5 5 4 bezeugten hexaplarischen Note, die alle hebraisierend das linnene E f o d m i t έφούδ μόνον wiedergeben; u n d A q u i l a , der nach einem der nur v i e r Zeugnisse f ü r seine A r b e i t a n der Chronik a n dieser Stelle "PSN m i t έπένδυμα übersetzt h a b e n soll, w ä h r e n d dieselbe Hs. 1 0 8 f ü r S y m m a c h u s έπωμίς bezeugt. 59 Gegen Rudolph S. 2 4 1 ; vgl. die nächste A n m . 6 0 Siehe unten S. 2 2 5 A n m . 32 die Skizze der chronistischen Komposition über die Regierungszeit Asas. 6 1 S. 263.

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für den Chronisten bezeichnenden Idiotismus vom „Richten des Sinnes (Herzens)" auf Gott 6 2 . Auch die Weglassung des Synchronismus in V. 31 spricht dafür, daß die Verse dem ursprünglichen chronistischen Werk angehörten; ein Ergänzer wäre vermutlich mit dem KönigsText nicht in solcher Freiheit umgegangen. Sollte man einem solchen Interpolator zudem den kühnen Widerspruch zwischen der E n t fernung der Höhen und deren Fortbestehen zutrauen, wie er sich doch umgekehrt für den Chronisten sozusagen natürlich aus dem Bruch zwischen Interpretation und Vorlage ergab? Sind solche Widersprüche in der Chronik einmal anerkannt, so wird man ohne weiteres auch einer durchgehenden Inkonsequenz im Gebrauch von Begriffen gewärtig sein. Daß es im Werk des Chronisten dazu kommen mußte, ergibt sich aus der Beobachtung, in welch hohem Maße die interpretierende Geschichtsschreibung der Chronik unterschiedslos an den kanonischen Schriften orientiert ist. So gilt für den Chronisten selbstverständlich die im Priesterkodex verankerte Unterordnung der Leviten unter die Aaroniden. Das hindert ihn trotzdem nicht im geringsten, im Gefolge seiner geschichtlichen Hauptquelle, des Deuteronomiums, ihnen speziell die Funktion zuzuschreiben, die dem nach dieser „Moseordnung" einheitlichen Kultuspersonal im ganzen zukam: das Tragen der Lade 6 3 . Ebenso wandte er, im Gegensatz zur Priesterschrift, auf diesen clerus minor den Begriff „dienen" im absoluten Gebrauch an 6 4 . Das die beiden Uberlieferungen verbindende Dritte war die Vokabel „Levi", „Leviten" — sie erlaubte dem Chronisten die Kontamination. Es ist schon von hier aus gesehen unsinnig, die Chronik in eine bestimmte Tradition einzuordnen, 62

1 29,18; I I 12,14; 19,3; 30,19; Esr. 7,10. I m AT sonst nur noch l . S a m . 7,3; Ps. 78,8 u n d Hi. 11,13. 63 I 15,2 nach D t n . 10,8 u n d 2. Sam. 15,24. Die Kombination geschah aufgrund des Leitbegriffs NffiJ, der in 2. Sam. 6,13 gegeben war u n d in die entsprechende chronistische Stelle I 15,26 auch übernommen wurde. Dieser Begriff, der an der Samuel-Stelle (6,13) ohne nähere Bestimmung gebraucht wird, f a n d sich n u n in D t n . 10,8 u n d 2. Sam. 15,24 (ohne Parallele in der Chronik) ausdrücklich auf „Leviten" bezogen: der Schluß war für den Chronisten zwingend: die Träger der zweiten Ladeüberführung waren „ L e v i t e n " ·— von ihm natürlich im Sinne des clerus minor verstanden. Wenn n u n in der zweiten Ladeüberführung die Leviten als Träger der Lade fungiert hatten, die erste Unternehmung dieser Art aber mißglückt war, so lag der Grund darin, daß beim ersten Mal die Leviten gefehlt h a t t e n — so folgerte der Chronist, u n d sein David mit ihm (I 15,13). 64 G. von Rad a . a . O . S. 56f.: [Dem ΓΠ© der Leviten ist — im Gegensatzzum Opferdienst der Aaroniden — in der Priesterschrift] „stets ein Objekt beigegeben : Levi dient den Aaroniden, der Zeltwohnung, der Gemeinde, jedenfalls nie direkt dem Gotte". Absoluter Gebrauch der Wurzel für die Leviten (und Priester) dagegen in der Chronik: I 15,2; I I [8,14]; 29,11; 31,2.

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ja, es wäre schon zuviel gesagt, wenn man sie eine mehr oder minder bewußte Vereinigung verschiedener Traditionsströme vornehmen ließe, wie etwa G. von Rad65 anzudeuten scheint. Was dem Chronisten vorlag, das war die Schrift ; aus ihr schöpfte er für seine historiographischen Zwecke, was er brauchte. Eine kritische Sichtung lag ihm fern, die Autorität seiner biblischen Quellen war eine und unteilbar. Ihnen gab er sich bei seiner Schriftstellerei von ganzer Seele und ohne Einschränkung hin. 7. Wie sehr er ihnen, d.h. v.a. Samuel-Könige als seiner unmittelbaren Vorlage, folgte, zeigt seine öfters angewandte Blocktechnik. Der Chronist schaltete nicht willkürlich Stücke der Vorlage in eine eigene Geschichtserzählung ein, sondern er folgte im großen und ganzen dem Duktus seiner Hauptquelle ββ . Und zum andern begnügte er sich oft nicht damit, nur die für seinen Gedankengang notwendigen Worte der Vorlage zu übernehmen, sondern er brachte dann auch gleich den engeren oder weiteren Kontext mit ein. So mögen z.T. auch die eben geschilderten beiden Beispiele in II 15,16-18 und II 20,31-33 zu begreifen sein. W. M. L. de Wette spricht in diesem Zusammenhang vom „bloßen Mechanismus" 67 , der „mechanischen Treue unseres Verf. gegen die Urschrift" 68 . So reproduziert der Chronist in II 9,25b denselben Halbvers, den er aus l.Kön. 10,26b bereits sinnvoll in seine Exposition der Herrschaft Salomos in II 1,14 übernommen hat. Der Grund dafür ist die vollständige Aufnahme von l.Kön. 10,26aßyb in die entsprechende Stelle des chronistischen Geschichtswerkes. Es mag auch eine gewisse Rolle gespielt haben, daß der für die Darstellung von Salomos Reichtum an Pferdeställen in II 9,25 verwendete Vers 65

A . a . O . S. 70: „Die Erwähnung des Berges Morija in I I . C h r . 3, i würde auf elohistische Tradition weisen . . .", oder S. 78 (zu I I 20,6-12): „Zweifellos auf E zurückgehende Erinnerungen (Umgehungsmarsch) verbindet er [sc. der Chronist] mit deuteronomischem Sondergut (Befehl zur Schonung, Erwähnung Ammons) und reproduziert so diese Geschichte auf allgemein pentateuchischer Grundlage." — I n ähnliche Richtung weist auch das Programm von O . H . Steck, Das Problem theologischer Strömungen in nachexilischer Zeit. E v T h 9 (1968) S. 445-458, v . a . S. 450. 66 Die wichtigsten Ausnahmen finden sich im Einsatz der Davidgeschichte: zwischen den Stoff von 2. Sam. 5,1-10 u n d 11-25 wird der von 2. Sam. 23,8-39a und 6,2-11 eingeschoben. Besonders deutlich wird die bewußte Einschiebung in der Gestaltung von 1 1 3 , 1 4 u n d den folgenden Partien; vgl. Rotlistein S. 268; Kittel S. 64; M. Behm, Textkritische Untersuchungen zu den Parallelsteilen der Samuel-Königsbücher u n d der Chronik. Alttestamentliche Abhandlungen X I I I / 3 (1937) S. 125 (zu I 13,14): „Der natürliche Fortgang der Erzählung ist von Par absichtlich unterbrochen." Zu diesen Ausnahmen gehören auch die Umstellungen in der Exposition und Konklusion des Berichts über Salomos Herrschaft, s. gleich. 67 68 A . a . O . S. 73 . A . a . O . S. 77.

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l . K ö n . 5,6 mit denselben Worten Schloß, die in l . K ö n . 10,26ay enthalten waren, so daß sie dem in seiner Vorlage versierten Chronisten sozusagen als Fangzeile dienen mochten und zur Anfügung des bereits gebotenen Verses l . K ö n . 10,26b reizten 6 9 . Ein schlagendes Beispiel dafür, wie sehr die chronistische Auslegung an ihrem Text entlanggeht, bildet I I 20,35-37, wo von der mißglückten Schiffahrtsexpedition Josafats die Rede ist. „Daß der Abschnitt hinter der Abschlußformel steht [sc. hinter V. 34], erklärt sich sehr einfach daraus, daß es in 1 Rg auch so ist." 7 0 Ähnlich wurde I I 21,2-4 vom Chronisten vor V. 5 gestellt, einzig und allein, um den Zusammenhang von 2.Kön. 8,17-22 nicht zu unterbrechen, der in 1 1 2 1 , 5 - l O a mit nur kleinen Änderungen dargeboten wird 71 . Ob in I I 25,25 mechanische Herübernahme durch den Chronisten oder sekundäre Auffüllung aus 2.Kön. 14,17 vorliegt, läßt sich wohl nicht mehr mit Sicherheit entscheiden 72 . F.C.Movers 1 3 hat darauf aufmerksam gemacht, daß dieses an die Vorlage gebundene Verfahren der Blocktechnik im Orient nicht vereinzelt dasteht. 8. Daß die hauptsächliche Norm des Chronisten das deuteronomistische Geschichtswerk (d.h. nach seiner Ansicht die darin verarbeiteten prophetischen Geschichtsaufzeichnungen) war, zeigt sich merkwürdigerweise gerade auf einem Gebiet seiner Arbeit, wo man es am wenigsten vermuten möchte und auch in der T a t nur selten vermutet h a t : in seinen Abänderungen des Textes der Vorlage. Die wenigsten dieser Änderungen, die sich zumeist in der Ersetzung eines oder mehrerer Wörter ausdrücken, lassen sich nämlich, wie das so häufig getan wurde, einfach als Adaptation der Vergangenheit an die Gegenwart 7 4 oder als dogmatisch bedingte Umformung der Ge69 Dagegen stammen 11 9,27-28 ( = l . K ö n . 10,27-28a), die eine Wiederholling von I I 1,15-16a bilden, wohl von einem Ergänzer (vgl. Rudolph S. 223). Zu dieser Ergänzung gehört aber nicht bereits, wie Rudolph ebd. will, V. 25 a β b, der dann bei der Übertragung vom R a n d in den Text durch den auch nach Rudolph ursprünglich chronistischen V. 26 von V. 27-28 abgespalten worden wäre. Nicht die Pferdeställe von V. 25 a α, sondern die Wagen u n d Gespanne von V. 2 5 a ß b garantieren doch die Herrschaft Salomos von V. 26, in dem Rudolph mit Recht den echten Abschluß der chronistischen Relation über Salomo sieht. 70 Rudolph S. 263. — Umgekehrt sind I I 12,13-14, als Abschlußformel verstanden (vgl. unten S. 93 Anm. 74), u n d I I 24,27 offensichtlich aus sachlichstilistischen Erwägungen heraus umgestellt gegenüber l . K ö n . 14,21-22a u n d 2.Kön. 12,20. 71 So mit Rudolph S. 265 Anm. 1 gegen M. Noth, Überlieferungsgeschichtliche Studien I (1957) S. 143 Anm. 1, der den Abschnitt I I 21,2-4 für sekundär hält. 72 73 Siehe Rudolph z.St. A . a . O . S. 97. 74 Das m ü ß t e als die Haupttendenz der Chronik erscheinen, wenn G. von Rad recht hätte, wenn er a . a . O . S. 33 sagt, des Chronisten „Interesse [sei] . . . offenkundig zeitgenössischen Verhältnissen zugewandt", oder S. 133: „Seine

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schichte 75 begreifen. Diese beiden Kategorien tragen zum Verständnis des größeren Teils solcher Wortersetzungen nichts bei. Es stimmt allerdings, daß diese Änderungen System haben — einer der Schwerpunkte dieser Arbeit ist, die Prinzipien dieses Systems einigermaßen adäquat zu erfassen und dann nach ihren geistesgeschichtlichen Voraussetzungen zu fragen. Da die verschiedenen Klassen der Wortersetzungen unten 7 6 genauer erörtert werden sollen, sei hier nur auf die durchgehende Bindung vieler dieser Änderungen an andere, oftmals außerhalb der vom Chronisten beschriebenen Zeit und der von ihm gewählten Thematik liegende Stellen des deuteronomistischen Geschichtswerkes hingewiesen. Diese Bindung erweist ihrerseits die Chronik als eine durch und durch an der Quelle orientierte Geschichtsinterpretation. 9. Der Chronist stützt sich überall, gerade auch in den ihm eigenen Stücken seiner Geschichtsschreibung, auf die kanonischen Schriften. Seine Darstellung ist eine höchst kunstvoll ausgebaute Auslegung, Entfaltung von in seiner Primärvorlage (Samuel-Könige) gegebenen Elementen, und zwar häufig unter Benützung bestimmter in der Quelle vorgefundener Leitworte. Diese Leitworte werden oft geradezu das Rückgrat der chronistischen Geschichtsschreibung, und die Änderungen oder die Wendungen der eigenen Partien bewegen sich in Analogie oder Kontrastparallele zu ihnen, entsprechen ihnen entweder im positiven oder im negativen Sinne 77 . Der Begriff des Leitworts wird auch zur Erfassung der wichtigsten Kategorien der Wortersetzungen unentbehrlich sein 78 . Was besagt er für die Würdigung der Chronik als einer Auslegung? Wenn „unter Leitwort . . . ein Wort oder ein Wortstamm zu verstehen . . . [ist], der sich innerhalb eines Textes, einer Textfolge, eines Textzusammenhangs sinnreich wiederholt" 79 , Interessen sind ausschließlich durch die nachexilische Situation bedingt, in der er lebte . . . " 75 Vgl. J .Wellhausen a.a. O. S. V I I : „In der Chronik wird die Geschichte nach Maßgabe des Priesterkodex umgedichtet . . ."; G. von Rad a . a . O . S. 11: „Der Chronist als Theoretiker geht . . . von dem primären Besitz des Dogmas aus und sieht v o n da . . . in die Wirklichkeit . . ., [um] . . . v o n seinem Glauben her die Geschichte [zu] gestalten." Oder, als ein Urteil für viele, A. Beutzen, Introduction to the Old Testament. Bd. 2 Kopenhagen 4 (1958) S. 213: "The Chronistic historiography is 'dogmatic historiography'." — Auch die Beschreibung durch M. Noth a.a. O. S. 166 vermag kaum das Entscheidende vieler dieser Ersetzungen zu treffen: „Er [sc. der Chronist] hat nur verschiedentlich in Kleinigkeiten die Formulierung im Sinne der Sprache und des Stils seiner Zeit oder sonst nach Gutdünken abgeändert . . . " 76 77 S. 78-169, v . a . S. 111 ff. Siehe unten S. 184-187. 78 V . a . Kat. VIII, s. unten S. 145ff.; vgl. schon oben S. 57f. Anm. 42; S. 62 Anm. 63; und unten S. 71 Anm. 95. 79 M .Buber a.a.O. S. 211.

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Die Chronik als Auslegung

so ergibt sieh für die Chronik, daß ihr eigener Beitrag, der mit der Vorlage durch die Benutzung des Leitworts oder Leitgedankens untrennbar verknüpft, in ihr verankert ist, nur in engster Zusammenschau mit dem Ursprung des Leitworts, eben dem im deuteronomistischen Geschichtswerk enthaltenen prophetischen Text, richtig verstanden werden kann. Absicht des Chronisten wäre dann, die in der Vorlage angeschlagene Saite voll zum Tönen zu bringen, den Sinn jener alten Texte „eindringlicher offenbar" 8 0 zu machen. 10. Aus alledem folgt: ohne die Samuel- und Königs-Bücher (in geringerem Maße, aber in gleichem Sinn, den Pentateuch und einige andere ältere biblische Schriften), und zwar gerade auch deren nicht aufgenommene Partien, läßt sich die Chronik nicht verstehen; ja mehr noch: sie will gar nicht ohne sie verstanden sein. Ihre Art der Geschichtsschreibung, Auslegung im besten Sinne des Wortes, hat das Ziel, zum Verständnis der Quelle anzuleiten, die Primärvorlage auf einen bestimmten historisch-theologischen, d.h. heilsgeschichtlichen Gegenstand hin durchsichtig zu machen, zu erhellen, den Text der Vorlage auf dieses Thema hin zu konzentrieren und Zusammenhänge aufzudecken 81 . *

*

*

Welches sind nun aber die Voraussetzungen, Methoden und Ziele einer solchen auslegenden Geschichtsschreibung ? Anders ausgedrückt : Wie ist das Verhältnis zwischen Überlieferung und Auslegung zu bestimmen? Wie verläuft das Gefalle zwischen deuteronomistischem und chronistischem Geschichtswerk? Eine sichere Basis für die Beantwortung dieser Frage bietet eine durchgehende Feststellung und kritische Sichtung der Unterschiede in parallel laufenden Texten. Es geht also in erster Linie um die wie auch immer geartete Veränderung, um die Ersetzung von Worten oder Wortgruppen der älteren Relation in der 80

M. Buber ebd. I m Gegensatz zu den genannten Punkten kann der in I I 13,22 und 24,27 begegnende Terminus „Midrasch" nicht für eine Auslegungstätigkeit in der Chronik oder eventuellen Vorstufen geltend gemacht werden. Mit G [II 13,22 : βιβλίον (nur 2 lukianische Hss. bieten έκζήτησις); 24,27: γραφή] und Vulg [„liber" an beiden Stellen], sowie mit J. G. Eichhorn, Einleitung in das Alte Testament. Bd. 3 Göttingen 4 (1823) S. 590 A n m . e [„nicht ein Commentar .. ."]; H .Ewald, Geschichte des Volks Israel bis Christus. B d . 1 Göttingen J( 1843) S. 235 Anm. 1 [„ein neues Wort für ISO"]; O . E i ß f e l d t , Einleitung in das Alte Testament 3 (1964) S . 7 2 4 f . ; A .Beutzen a . a . O . S. 212f. ist das Wort durch „Buch", „Untersuchung", genauer vielleicht (s. unten S. 236f.) durch „Zeitgeschichtsstudie, -aufzeichnung" wiederzugeben. — Anders L. Zunz a . a . O . S. 316f. 343 Anm. b und A.Kuenen, Historisch-Kritische Einleitung in die Bücher des alten Testaments . . ., dt. v o n Th. Weber, 1/2 (1890) S. 163 [„Erklärung . . . erbaulicher Art"]. 81

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Einführung

jüngeren. So sehr auch z.B. der Charakter der vom Chronisten ausgelassenen Stücke 82 für sein Werk bezeichnend sein mag, scheint doch die Untersuchung dieser positiven Veränderungen ein zuverlässigerer Ausgangspunkt für die Klärung der Intention des Chronisten zu sein. Von hier aus kann denn auch der Schritt hinüber zu den Stücken eigener Geschichtsschreibung in der Chronik mit gutem Gewissen gewagt werden. — Übersichtshalber seien im folgenden alle in Betracht kommenden Kategorien 8 3 dieser Unterschiede oder Veränderungen nach ihren möglichen Ursachen und hauptsächlichen Motiven angeführt : Kategorie

Kategorie

I : Der ursprüngliche Chronik-Text stimmte mit dem dem Chronisten vorliegenden Text von Samuel-Könige überein, erlitt aber im Laufe der Überlieferung eine Beschädigung. I I : Der dem nige eine

ursprüngliche Chronik-Text stimmte mit dem Chronisten vorliegenden Text von Samuel-Köüberein; der Text der Vorlage erlitt aber später Beschädigung.

Kategorie I I I : Orthographische und grammatische

Abänderungen.

Kategorie IV: Kleinere Auslassungen und Kürzungen. Weglassung von Textteilen der Vorlage, die dem Chronisten für sein Thema überflüssig zu sein schienen. 82 Zu ihnen noch immer am besten F . C . M o v e r s a . a . O . S. 215-221 ; vgl. auch M. Noth a.a. O. S. 135 Anm. 5 und S. 168. Einige Fälle gehören in die unten gleich zu nennende Kategorie I V der Wortersetzungen. 83 F . C . M o v e r s , der a . a . O . S. 199-215 bereits solche Änderungen behandelt hat, klassifiziert folgendermaßen:

1. Orthographische Änderungen a) Pleneschreibung b) Varianten nach jüngerer Aussprache c) Korrekturen der Schreibweise 2. Grammatische Änderungen a) Nominalbildung b) Flexion c) Konstruktion d) Grammatische Korrekturen 3. Exegetische Änderungen a) Ersetzung des älteren oder ungewöhnlicheren Ausdrucks b) Ersetzung des älteren oder ungewöhnlicheren geographischen N a m e n s c) Verdeutlichung d) Ersetzung mißdeutbarer Ausdrücke e) Abschreibefehler in der Überlieferung der Vorlage oder der Chronik.

68 Kategorie

Die Chronik als Auslegung

V : Verdeutlichende Zusätze und Änderungen. Kleinere und kleinste sich im Rahmen der rein redaktionellen (editorischen) Behandlung des Textes der Vorlage haltende Zusätze und Änderungen zur Verdeutlichung der Vorlage.

Kategorie VI: Adaptation. Unbekanntes wird weggelassen oder durch Bekanntes ersetzt. Anstelle von unverständlich gewordenen Wörtern, Begriffen, Sachverhalten braucht der Chronist moderne. Kategorie V I I : Theologische Modifikationen im Sinne einer Eintragung eigener Konzeptionen in das überlieferte Geschichtsbild. KategorieVIII: Rezension, d.h. Ausgleich nach anderen Stellen; Substitution solcher Schriftstellen an die Stelle der ursprünglichen deuteronomistischen Darstellung zur Aufdeckung von Bezügen innerhalb der Schrift und zur Herstellung einer Gleichmäßigkeit der Begriffe und Vorstellungen (Vereinheitlichung). Kategorie I X :

Typologie.

Die Kategorien I und II, die als Fragen reiner Textkritik nichts zum Verständnis der ursprünglichen Abzweckung der Chronik beitragen, mögen in dieser Untersuchung nur am Rande gestreift werden. Die Erörterung der übrigen sieben Klassen der Wortersetzungen, sodann der glossierenden chronistischen Interpretamente kleineren oder größeren Umfangs und endlich der eigenen chronistischen Geschichtsschreibung muß mit drei Ebenen rechnen: der der Redaktion, der der Interpretation im eigentlichen Sinne und schließlich der der freien Geschichtsschreibung. — Die Redaktion erstreckt sich v.a. auf die Auswahl der zur Durchführung des Themas für nötig erachteten Texte der früheren Geschichtsrelation, sowie deren Straffung oder v e r d e u t lichende Akzentuierung. Hierher gehören auch grammatikalische Änderungen. Zu der Stufe der Redaktion sind also neben Kategorie I I I hauptsächlich die Kategorien IV und V zu rechnen. Da auch sie die in der Chronik vorliegende Auslegungstätigkeit mehr voraussetzen als direkt bezeugen, ist auch ihnen nur ein verhältnismäßig bescheidener Platz in dieser Arbeit zugedacht. Größere Beachtung verdient in diesem Rahmen die Interpretation in der speziellen Bedeutung des Wortes. Auch hier gilt es in erster Linie, das Augenmerk auf die Ergebnisse der Wortersetzungsliste zu richten. E s ist auf den Charakter dieser Änderungen oder Ersetzungen zu achten : haben sie eine adaptierende, dogmatisch korrigierende, rezensierende oder typologisierende Ten-

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denz ? In Betracht kommen auf dieser Ebene endlich jene die Vorlage deutenden, vom Chronisten in die parallelen Partien interpolierten größeren Interpretamente, die in ihrer ausgeprägten Mittelstellung zwischen Redaktion und freier Geschichtsschreibung besonders geeignet sind, Licht auf Arbeitsweise und Intention des Chronisten zu werfen. Die zusammenfassende Sicht der Kategorien VI, VII, VIII, I X und dieser interpretierenden Zwischenstücke wäre demnach Aufgabe dieses Abschnitts. Die Resultate dieser Untersuchungen sollen zu guter Letzt die geeigneten Gesichtspunkte für das Verständnis des chronistischen Sondergutes abgeben. Die in der Haltung zur überkommenen Tradition gründende Verquickung solcher recht disparat erscheinender Arbeitsweisen und damit Aussageformen verrät das Spätwerk; man denke nur z.B. an die Entwicklung der Psalmengattungen. Daß die drei Aspekte der chronistischen Autorschaft so ganz ineinanderfließen, ist ein Charakteristikum des Werkes 84 . Eine Betrachtung bloß des Sondergutes, abgesehen von den übernommenen, redaktionell und interpretatorisch behandelten Partien wird niemals einen wahren Eindruck vom Werk und Ziel des Chronisten vermitteln können. Es wäre eine falsche Alternative, zu meinen, wer nicht in die Skylla der Verdrängungstheorie fallen wolle, müsse sich notwendig auf die Charybdis der Ergänzungstheorie gefaßt machen. Tertium datur: die Chronik als eine Auslegung jenes Stoffes der Samuel-Königs-Bücher zu betrachten, den der Chronist seinem Thema entsprechend ausgewählt und mit Hilfe von Wortersetzungen, kurzen Interpretationen und schließlich — aber nicht zuerst, wie die Ergänzungstheorie will — auch eigener Geschichtsschreibung bearbeitet hat. d) Die textkritisch zu erklärenden Differenzen (Kategorie I und, I I ) Wie der Chronist seine Aufgabe gelöst hat, wird nur in der genauen Vergleichung seines Werks mit dem des Deuteronomisten klar. Übereinstimmung und Differenz sind festzustellen und abzuwägen. Zur Klärung der Frage nach der Arbeitsweise des Chronisten tragen weder jene Stellen etwas bei, wo der ursprüngliche Chronik-Text im Laufe einer zuweilen recht unsorgfältigen Überlieferung Schaden erlitt, noch jene, wo umgekehrt in der Chronik heute noch die Lesarten stehen die der Chronist in seiner Vorlage fand, die aber in der späteren Geschichte des Textes von (Genesis-)Samuel-Könige korrumpiert wurden. Neben den beiden Synopsen von P. Vannutellii& und A. Ben 84

Andererseits mögen auch die modernen Begriffe und Vorstellungen der Tätigkeit des antiken Historikers allzuwenig gerecht werden, da sie trennen, was für ihn zusammengehört, und hinzudenken, was ihm fernliegt. 85 Libri synoptici Veteris Testamenti. Bd. 1 Rom (1931), 2 Rom (1934).

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Die Chronik als Auslegung

David86 haben sich schon eine ganze Reihe von Arbeiten eingehend mit diesen Fragen der Textkritik beschäftigt 87 . So beschränkt sich S.K.Mosiman praktisch auf die beiden ersten und den ersten Teil des dritten Punktes seines Programms, wonach er „erstens [eine] klare Darstellung der Paralleltexte . . ., zweitens . . . Varianten . . ., drittens . . . eine Zusammenstellung der sprachlichen und tendenziösen Varianten" 88 geben will. Seine dem Text folgenden Untersuchungen bilden so eine schätzbare Vorarbeit für Synopsen und Kommentare. Die „Textkritischen Untersuchungen zu den Parallelstellen der Samuel-Königsbücher und der Chronik" von M. Rehm lassen bewußt „alle . . . stilistischen, absichtlichen oder zufälligen Unterschiede zwischen den drei Büchern", sowie „literarkritische Fragen" 89 beiseite. Da M. Rehm die unter Kategorie I gehörenden Fälle systematisch besprochen hat 90 , sei hier ein für allemal auf seine Zusammenstellungen verwiesen. Auch Kategorie II, d.h. die Fälle, wo die Chronik den ursprünglichen Text ihrer Vorlage bewahrte, ist von M. Rehm91 ausführlich behandelt worden. Nur zu zwei Stellen seien daher hier einige Bemerkungen gestattet: Schon in 2. Sam. 6,2 mag ursprünglich die Lokativform 86

Maqbilot bamiqra: Samuel, Chronicles. Parallels in the Bible. Bd. 1 [die Parallelen zu Genesis, Josua, Samuel, Psalmen umfassend] Jerusalem (1969); Kings, Chronicles. Parallel Texts in the Scriptures. Bd. 2 [die Parallelen zu 1.Könige umfassend]; Bd. 3 [die Parallelen zu 2.Könige und Esr. 1,1-3,2 umfassend] Jerusalem (1965). 87 S.K.Mosiman, Eine Zusammenstellung und Vergleichung der Paralleltexte der Chronik und der älteren Bücher des Alten Testaments. Diss. phil. Teil 1 [behandelt I 1,1-9,44], Teil 2 [behandelt I 10,1-29,30] Halle (1907). — M. Rehm, Textkritische Untersuchungen zu den Parallelstellen der Samuel-Königsbücher und der Chronik. Alttestamentliche Abhandlungen X I I I / 3 (1937). — A.Sperber, Hebrew Based upon Biblical Passages in Parallel Transmission. HUCA 14 (1938) S. 153-249. — G. Gerleman, Synoptic Studies in the Old Testament. Lunds Universitets Arsskrift, N.F., Avd. 1, Bd. 44, Nr. 5. Lund (1948). — H . van den Bussche, De parallelverhalen in Samuel en Kronieken. Diss, theol. Leuven (1947), wovon das Kapitel über I 17 gedruckt erschien als: Le texte de la prophétie de Nathan sur la dynastie davidique. Analecta Lovaniensia Biblica et Orientalia, Ser. I I Fase. 7. Leuven (1948) = Ephemerides Theologicae Lovanienses (1948) S. 354-394. — Neuerdings W . E . Lemke, Synoptic Studies in the Chronicler's History. Diss, theol. Harvard/Mass. (1964); ders., The Synoptic Problem in the Chronicler's History. Harvard Theological Review 58 (1965) S. 349-363. 88 A.a.O. S. 7. 89 A.a.O. S. I I I . 90 A.a.O. S. 117-119, sowie S. 119-123 [Fälle, in denen Rehm die Entscheidung offenläßt, ob im MT von Samuel-Könige oder in dem der Chronik der ursprüngliche Text erhalten sei] und S. 68-72 [Fälle, in denen G c h r · gegen MT C h r - mit MT S a m - _ K ö n · geht], 91 A.a.O. S. 112-116, sowie S. 119-123 [s. letzte Anm.] und S. 63-68 [Fälle, in denen G S a m -- K ö n · gegen MTSam--Ki>n· mit MT c h r - geht].

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(ΠΎΙΓΓ1?) nriVsa 92 dagestanden haben, da so der Satz klarer war und zudem die Näherbestimmung ,,in J u d a " eine befriedigende Motivation erhält durch die Nötigung, von im Stammesgebiet von Dan 9 3 , das mit dem lokalen Deuteelement genau gleich lautete, zu unterscheiden. Dieses ΠΎ1ΓΓ1? WiVsa wurde durch aberratio oculi (Haplographie) zu ΠΤΙΓΡ verballhornt und durch ein (])Ώ locale dem Zusammenhang eingepaßt. Dieser Text wird von G vorausgesetzt (άπο των άρχόντων 'Ιούδα 94 , wobei das folgende έν άναβάσει. Dublette ist, entstanden aus iinbïD, das als „beim Heraufsteigen" verstanden wurde — auch das könnte für die Lokativform sprechen). Die Chronik (I 13,6) bietet also den ursprünglichen Text von Samuel, wobei sie die Unterscheidung des judäischen vom danitischen Baala(t) noch zusätzlich durch die richtige Glosse „nach K i r j a t h - J e a r i m " 9 5 sichert und deswegen „in J u d a " durch das Relativpronomen a n k n ü p f t 9 6 . — I 14,8// 2. Sam. 5,17 gehört nicht zu den Stellen, „die ausschließlich unter stilistischen Gesichtspunkten erklärt werden müssen", wie M. Rehm97 annimmt. Nach ihm läge demnach in der passivischen Konstruktion der Chronik, Τ Π der die passivische Übersetzung von G S a m · zur Seite geht, bloße stilistische Freiheit der Wiedergabe des intPQ TTT~rs von Samuel durch die Chronik und G S a m · vor. Dagegen spricht aber die unten 9 8 zu erörtende Beobachtung, daß Passivkonstruktionen gerade nicht dem Stil des Chronisten entsprechen, sondern daß dieser im Gegenteil intransitive Verben und Passivstämme durch transitive 92 Nicht einfach ( m i í r 1 ? ) Π Vi? 3, wie M. Rehm a . a . O . S. 72 annimmt; für die Lokativform (freilich auch schon wie in der Chronik mit folgendem Relativpronomen) als in Samuel ursprünglich tritt auch Benzinger ein. 93 Jos. 19,44; l . K ö n . 9,18; I I 8,6. 94 Für Aquila bezeugt Hs. 554 άγιων, Hs. 243 dagegen εχόντων (zusammen mit Symmachus) als Übersetzung von D a s erstere ist sicher falsch überliefert. (Zur Wiedergabe von durch 'έχειν s. J. Reider - Ν. Turner, An Index to Aquila. VTS 12 (1966) S. 102f.) Der Aquila vorliegende Text entsprach also MT. 95 Leitwort war für den Chronisten Baala, das er in Samuel vorfand ; er deutete es mit Hilfe einer andern Schriftstelle, wo Baala m i t Kirjath-Jearim in Verbindung gebracht und erklärt wird, Jos. 15,9. Dieses Verfahren wird unten bei der Kategorie V I I I der Wortersetzungen zu besprechen sein. — G c h r · lautete wohl ursprünglich [EIC] Π Ο Λ Ι Ν Ι Α Ρ Ε Ι Μ (das Element „Qirjat" also übersetzt), das wegen des in der N ä h e stehenden „ D a v i d " zu Π Ο Λ Ι Ν Δ Α Υ Ε Ι Δ (graphisch sehr ähnlich) verlesen wurde. 96 N a c h dem Vorbild etwa v o n l . S a m . 17,1 (Socho) u.a. 97 A . a . O . S. 29. — N o c h weniger kann die Stelle nach dem gleich zu Bemerkenden mit M. Noth a.a.O. S. 168 unter die theologisch bedingten „kleineren sachlichen Korrekturen" gerechnet werden. 98 S. 88 f. — In gewissem Sinne wird diese Erklärung auch durch die zu beobachtende Beibehaltung des aktivischen Salbens in I 11,3 widerraten.

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Die Chronik als Auslegung

Stammformen ersetzt. So ist mit A. Kropat99 anzunehmen, daß die Vorlage von Chronik und G S a m · noch die Passivkonstruktion enthielt. Wurde diese im Laufe der Überlieferung des hebräischen Textes durch die aktivische ersetzt, so zeigt sich hierin, wie gewiß in noch vielen uns verborgenbleibenden Fällen, ein dem Verfahren des Chronisten ganz analoges redaktionelles Vorgehen, das in diesem Fall sicher unter dem Gesichtspunkt der angleichenden Vereinheitlichung des Textes an eine andere Stelle (2.Sam. 5,3b) gesehen, d.h. nach K a t . V I I I verstanden werden muß 1 0 0 . — Daß die Lesart der Chronik in I 19,9 die bessere ist als jene in 2.Sam. 10,8, ist seit F.C.Movers 1 0 1 , K . H . Graf102, S.K. Mosiman103 allgemein anerkannt. Zusätzlich zu M.Rehms104 Vermutung einer dittographischen Verlesung V'Ui aus TS?Π zu "ΙΒΦΠ ist auf die Häufigkeit der Wendung ΠΓΐΒ105 hinzuweisen, die wohl nicht ohne Einfluß auf die Textverderbnis war. *

*

*

I m Anhang zu K a t . I I muß noch ein Wort über die Vorlage des Chronisten gesagt werden. Es gibt Fälle, wo die Chronik durchaus auf ihrer Quelle f u ß t , wo aber dennoch die masoretische Textform der Vorlage der vom Chronisten übernommenen Lesart vorzuziehen ist. M . a . W . : der Chronist h a t t e öfter eine schlechtere Ausgabe des SamuelKönige-Textes vor sich als dieMasoreten. In vielen dieser Fälle war er daher zu einer Rekonstruktion des verderbten Textes genötigt, die er oft nach anderen Schriftstellen, d.h. im Sinne von K a t . V I I I , vorn a h m und die dort behandelt werden sollen. Hier nur wenige Beispiele: I 10,10-11 scheint im Samuel-Text des Chronisten verderbt gewesen zu sein ; jedenfalls erklärt sich so nicht bloß der graphisch naheliegende Ausfall von sondern auch die aufgrund des erwähnten Prinzips hergestellte Form des Verses in der Chronik. So setzte sie s t a t t 99

Die Syntax des Autors der Chronik. BZAW 16 (1909) S. 15. Die Erklärung M. Rehms a.a.O., der für MT8"11· mit „Verdeutlichung" rechnet, trifft also kaum zu. 101 A.a.O. S. 75f. 102 Die geschichtlichen Bücher des Alten Testaments. Zwei historischkritische Untersuchungen. Leipzig (1866) S. 209. 103 A.a.O. S. 103. 104 A.a.O. S. 112. 105 Ί5?Ρ(Π) WIS: Num. 4,26; Jos. 8,29; 20,4; Ri. 9,35.40.44; 18,16.17; 2.Sam. 10,8; l.Kön. 22,10; 2.Kön. 7,3; 10,8; 23,8; Jer. 1,15; 19,2; 36,10; Ez. 8,3.14; 10,19; 11,1; 40,11.40; 46,3; II 18,9. Dagegen Τ57Π ΠΠ0 außer an der vorliegenden Stelle I 19,9 bloß l.Kön. 17,10. ios Vgl. M. Rehrn a.a.O. S. 68. Der Text der Chronik wäre freilich nach dem Gesagten nicht nach MT Sam · zu verbessern, wie Rehm erwägt. 100

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eines wohl undeutlichen vVn ihr *7D I o 10 ', und zwar wohl nach V. 12 ("vn tf'K-Vs). Zu dem Geschick, das Sauls Leichnam und seiner Rüstung widerfuhr, soll unten 1 0 8 in der Besprechung von K a t . V I I I das Nötige gesagt werden. Nur die Ersetzung von Jtf ΓΡ3 durch ]ΊΠ ΓΡ3 fällt noch auf. Eine willkürliche Umänderung ist dem Chronisten nicht zuzutrauen. Daß dagegen der nur in dem vorliegenden Kapitel l.Sam. 31 und 2.Sam. 21,12 defektiv geschriebene Name ftf ΓΡ2 im Samuel-Text irgendwie korrupt gewesen sein muß, darauf weist vielleicht auch G, wo die richtige Form bloß in den hexaplarischen und lukianischen Hss. vorkommt, wiewohl freilich die Lesart des Cod. Β nur als innergriechische Verschreibung angesehen werden muß. Verderbnis in der Vorlage des Chronisten legt sich auch durch das Fehlen von ΠΒ1Π3 nahe, das ja beim Dagontempel so gut am Platze gewesen wäre wie bei der Stadt Bethsan. — An manchen Stellen verderbt war gewiß auch die Liste 2.Sam. 23,8-39a, die dem Chronisten als Vorlage für 111, 10-4 l a gedient hat.W.M.L. de Wette schon hat in seiner Einleitung zu I 11, 11 bemerkt: ,,. . . Vs. 11. vgl. 2 S.Vs. 8 ist eine offenbare Conjectur aus Vs. 20 (2 S. 18.) geschöpft." 1 0 9 Daß der Chronist damit etwa das Richtige traf, zeigt die gute Konjektur É. Dhormes110 zu 2. Sam. 23,8 U'Sn TIS? ΝΊΠ, die sich dem Sinnzusammenhang nach kaum von der chronistischen Besserung 1ΓΡ3Π"ΓιΧ "ini? XIΠ unterscheidet. Da diese sich an 2.Sam. 23,18 ( = I 11,20) orientiert, gehört sie in die K a t . V I I I der Wortersetzungen. — Daß die Vorlage des Chronisten verderbt war, zeigt sich auch deutlich in I 11,27 und 36. 2. Sam. 23,26 "Έ^ΒΠ f ^ n entspricht I 11,27 -nVsn ρ^Π; 2. Sam. 23,34 ^Vun V s r r n x - p

OSrVx e n t s p r i c h t 1 1 1 , 3 6 mVtbh ΓΓΠΧ. D a s

Nahe-

liegendste scheint, daß der Chronist unter teilweiser Benutzung des Konsonantenbestandes statt des hoffnungslos verderbten Wortes der Vorlage sein „der Irgendwer" setzte und damit gleichsam seinem Non liquet beredten Ausdruck verlieh 111 . Da hier Unbekanntes, Unver107

Vgl. M. Rehm a.a.O. S. 112 zu der Anstößigkeit des ν 1 ?«. Das vom Chronisten rekonstruierte ist also vielleicht eine richtige Konjektur zum Samuel-Text. 108 S. 149-151. 109 Lehrbuch der historisch-kritischen Einleitung in die Bibel Alten und Neuen Testamentes. Erster Theil. Die Einleitung in das A.T. enthaltend: Lehrbuch der historisch-kritischen Einleitung in die kanonischen und apokryphischen Bücher des Alten Testamentes. Berlin 7(1852) S. 246. 110 Les livres de Samuel. Études Bibliques. Paris (1910) ζ. St. 111 Das der Chronik ist also nicht nach Samuel zu verbessern, wie Rudolph an beiden Stellen will. In V. 36 wäre das allenfalls mit paläographischen Gründen zu rechtfertigen, aber die Versionen sprechen zuungunsten der Emendation (G ΦΕΔΩΝΕΙ ist natürlich Verschreibung aus ΦΕΛΩΝΕΙ). Völlig unvertretbar ist sie aber in V. 27, da zu dem Zeugnis von G (Syr und Arab harmoni-

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ständliches durch einen wenn auch nur die Ratlosigkeit kundtuenden verständlichen Ausdruck ersetzt wird, ist der Fall unter die K a t . V I zu rechnen. — Auch die Vorlage für I 17,19 scheint sehr schlecht erhalten gewesen zu sein. Doch schimmert in unserem Chronik-Text die richtige Lesung, wie sie uns durch MT in 2.Sam. 7 , 2 1 - 2 2 a a π h a i p-Vs? - p a s - n « »Hin 1 ? ΠΧΤΠ n V n i i r b a erhalten ist, noch durch, wenn der entsprechende Passus hier lautet: STin1? ΠΧΤΠ n V n w V D nx. I n der Vorlage des Chronisten (allenfalls durch ihn -1 selbst) muß also p ?5? "pas? zu zusammengelesen worden sein, was natürlich zum Verständnis der nächsten Buchstabenfolge als Substantivs führte. I n paläographischer Hinsicht und im Sinne von K a t . V I I I lag die Identifizierung dieses Substantivs mit den „Großtaten" des Exodus von V. 21 sozusagen auf der Hand. So ergab sich am E n d e ein vorzüglich zum Skopus der Chronik passender Sinn für V. 19: ,,Jahwe, wegen deines Knechtes und nach deinem Herzen 1 1 2 hast du diese ganze Großtat getan, um [durch sie] alle Großtaten [des Exodus] zur Anerkennung zu bringen." Die Erwählung Davids ist das Siegel auf die Gnadenerweise der vorstaatlichen Geschichte Israels ; sie überhöht und bestätigt jene, und durch sie erscheinen die alten Wunder in einem ganz neuen, bedeutenden Licht. G c h r - ist ein klarer Fall eines Homoioteleutons von „ G r o ß t a t " auf „Großtaten" (vgl. Rudolph), wie wohl schon in der lückenhaften Übersetzung von V. 18b-19aoc das zweimalige „dein K n e c h t " eine Rolle gespielt haben mag. — I n 1 1 8 , 1 2 wird vermutlich auch das von MT in 2. Sam. 8,13 richtig überlieferte ΊΓΠΟΠΏ 13Φ3 in der Vorlage des Chronisten stark gestört gewesen sein. F ü r ein 1 copulativum vor dem Ausdruck spricht schon Qsam.. di e folgenden fünf Buchstaben müssen in den paläographisch nicht allzu entfernten Namen Ab(i)sais verlesen worden sein 113 , der sieren) noch das von I 27,10 tritt, wo die Lesart nicht nur durch den Buchstaben, sondern auch durch den Sinn gefordert wird : denn wäre nach Samuel in 111,27 in „der Beth-Peleter" zu emendieren, so könnte ein solcher aus Beth-Pelet Gebürtiger doch nicht den Stamm E p h r a i m vertreten. Daß übrigens der Chronist solche Gentiiicia von geographischen Namen mit dem Element bët nicht immer verstand, zeigt I 20,5, wo er 10Γ!Ι?Π Π "Ή durch " O H ^ T N ersetzt. 112 Dieses Verständnis des kelibbekä scheint zumindest für die Chronik den Vorzug zu verdienen (gegen Rudolph). Die Übersetzung als demütigende Selbsterniedrigung („dein H u n d " ) , v . a . nach Stellen der Lachisch-Briefe vorgeschlagen von H . Torczyner, F S K . Marti. BZAW 41 (1925) S. 275; ders., The Lachish Letters. London - New York - Toronto (1938) S. 39f., mag allenfalls f ü r den Samuel-Text ihre Geltung haben, aber nicht für die Chronik, die schon rein zeitlich nicht allzusehr von G S a m · weggerückt werden darf, wo das Wort mit „nach deinem Herzen" wiedergegeben wird. Vgl. die Bedenken W. Zimmeriis, Art. παις θεοΰ. Α. Der 'abaci Jahwä im AT. T h W B N T Bd. 5 (1954) S. 658 Anm. 25. 113 So auch M. Rehm a . a . O . S. 117: „Verschreibung des bsbw zu (')bs bn."

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in der Chronik immer ohne den Vokal des es. geschrieben ist. So gehen einzig die Worte „der Sohn der Zeruja" als Interpretament auf das Konto des Chronisten, da wohl auch die finite Verbalform „er schlug" durch G S a m · als einmal gängige, wohl sogar ursprüngliche 114 Lesart bezeugt wird 115 . Auf dieser Stufe der Entwicklung war es natürlich dann nicht mehr möglich, das „Und David machte [sich] einen Namen" beizubehalten. Tat und Ruhm gehen also von David auf Abisai über — schon das spricht gegen das Argument, daß in jener anderen Stelle I 20,1 zufälliger Textausfall anzunehmen sei, da sonst nicht einzusehen wäre, warum der Chronist es David zugunsten Joabs benommen haben sollte, „seinen königlichen Namen mit dem Endsieg zu verbinden" (Rothstein): die Ehre bleibt übrigens in der Familie, nur wird sie wie hier in I 18,12, so auch in I 20,1 vom Onkel (David) auf den Neffen übertragen 116 . — M. Noth, der mit Recht urteilt, in der Chronik sei „eine sogenannte Tendenz in keiner Weise erkennbar" 117 , sieht sich doch genötigt, im Zusammenhang der Stelle II 8,1 f. von einer „sehr bedenklichen Freiheit" zu sprechen, die sich der Chronist gegenüber seiner Quelle erlaubt habe 118 , da er aus den von Salomo an Hiram von Tyrus abgetretenen Städten das gerade Gegenteil gemacht habe. In der Chronik gehen in der Tat jene Städte von Hiram an 114

Vgl. M. Rehm a . a . O . 8. 74. Anders z.B. Rothstein, B H K 3 , Rudolph, Galling, die alle den Text der Chronik nach Samuel herstellen wollen (Subjekt wäre dann David). Rothstein und Rudolph sehen zudem in dem „Zeruja" ein ursprüngliches „Zoba" — eine willkürliche Annahme, die voraussetzt, daß die Notiz 2. Sam. 8,13 mit dem Vorhergehenden (Aramäerfeldzug) in direktem Zusammenhang stehe, wofür bestenfalls die gewiß sekundäre Lesart „ A r a m " in 2.Sam. 8,13 MT (G8»®·, Chronik richtig „ E d o m " ) herangezogen werden kann, da auch sie eine Verbindung der Nachrichten zu bezwecken scheint. Die geographischen D a t a sind dem k a u m günstig, da das „Salztal" (nördlicher Teil des Wädi el-'Araba) k a u m am Wege dessen liegt, der aus Aram-Zoba zurückkehrt. Auch Ps. 60,2, der von den genannten beiden Autoren als Stütze für ihre Ansicht herbeigezogen wird, spricht vielmehr gegen diese; denn auch dieser Vers trennt eindeutig den Sieger über die Aramäer (David) von dem Sieger über E d o m (Joab) [ob nun wajjäsob modal oder im Vollsinn verstanden werde, ist insoweit ohne Belang]. Zu dieser Übereinstimmung mit der Chronik tritt jene, daß der Sieger über Edom ein Zeruja-Sohn war; Differenz besteht nur hinsichtlich des Namens. In I I 19, ΙΟΙ 5 handeln die beiden Brüder dann übrigens im Verein. — W a r u m nur David, nicht auch einer seiner Generäle die Vögte von I 18,13 habe bestellen können (Rudolph), ist nicht einzusehen. Schließlich fehlt dieser Ansicht jede Begründung für die Auslassung des „ u n d David machte [sich] einen N a m e n " von 2. Sam. 8,13 ; und das Hypothetische der Änderung wird zu guter Letzt auch durch G C h r erwiesen, die wörtlich genau MT wiedergibt. 116 Zum Interesse des Chronisten an den Zeruja-Söhnen vgl. oben S. 57 Anm. 42, an der Verwandtschaft Davids überhaupt im ten S. 216 Anm. 8. 117 A . a . O . S. 160. "β A . a . O . S. 169. 115

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Salomo über. Nach Rudolph119 wäre die Verkehrung des Sachverhalts deswegen erfolgt, „weil man sich nicht denken konnte, daß dem reichen Salomo das Geld ausging"; aber diese Umgestaltung wird von ihm nicht dem Chronisten selbst, sondern einer Tradition zugeschrieben, „die schon länger umlief und die er als die .richtigere' bevorzugte (Oettli u.a.)". Eine genaue Überprüfung der Textlage f ü h r t zu anderen Schlüssen. Der Passus I I 8,1-6 handelt in jedem Falle von den verschiedensten Bauunternehmungen Salomos; alles andere läßt der Chronist, sei's zur Straffung, sei's aus anderen Gründen, weg. N u n fällt auf, daß der in l._Kön. 9,18K 1 2 0 richtig überlieferte, mit der heutigen Ruinenstätte 'En Husb 32 km südwestlich des Südendes des Toten Meeres am Westrand des Wädi el-'Araba identische 1 2 1 Ort Tamar in der Chronik V. 4 zu Tadmor geworden ist. G K ö n · liest ΊεΟ-ερμα-9·, was allenfalls eine etwas entstellte Wiedergabe von Tadmor, niemals aber von Tamar sein kann 1 2 2 . Schon diese Beobachtung läßt gewisse Zweifel an der Unversehrtheit der Vorlage von G wie der Chronik wach werden, u n d weitere Indizien weisen in dieselbe Richtung. Ist es nämlich unwahrscheinlich geworden, daß der Chronist eine Substitution Tadmors f ü r Tamar „zur Erhöhung des Glanzes Salomos" (Rudolph) vorgenommen hat, die dann die Anführung von H a m a t h Zoba nach sich gezogen hätte, so erhebt sich die Frage, woher dem Chronisten dieses Hamath-Zoba zugekommen sei. Gewiß wird der territorialgeschichtliche Zusammenhang mit Tadmor eine Rolle gespielt haben 1 2 3 . Allein, es fällt auf (vgl. Rudolph), daß der Chronist nichts von dem in l . K ö n . 9,15 erwähnten Mauerbau in Jerusalem 1 2 4 sagt — einem Thema, dem sonst seine besondere Aufmerksamkeit gilt (vgl. etwa I I 26,9 und v . a . I I 33,14). Man möchte vermuten, daß der Chronist sein ΠΪ3Π von V. 3 und 4, das in Könige kein Gegenstück hat, 119

S. 219. Die folgenden Zitate aus Rudolph finden sich alle auf S. 219f. Das Q e rë ist natürlich ein Ausgleich mit der Chronik, wie häufig (vgl. z.B. Q zu Gen. 36,5.14 nach I 1,35;'2.Sam. 23,20 nach I 11,22; 2.Sam. 8,3 nach I 18,3; 2.Sam. 21,21 nach I 20,7 und die bei M. Rehm a.a.O. S. 110 aufgestellte Tabelle des Ausgleichs der Punktation). 121 Y. Aharoni, Tamar and the Roads to Elath. Eretz-Israel 5 (1958) S. 129134 [hebr.] = IEJ 13 (1963) S. 30-42, hier v.a. S. 31. 122 Die lukianische Rezension spricht denn auch eindeutig von Tadmor, vielleicht freilich nach der Chronik. 123 M. Noth, Das Reich von Hamath als Grenznachbar des Reiches Israel. P J B 33 (1937) S. 36-51, v.a. S. 41f.; ders., Überlieferungsgeschichtliche Studien I (1957) S. 159, wonach Palmyra im assyrischen Provinzialsystem, das bis in die persische Zeit beibehalten wurde, zur Provinz [Hamath] — Zoba — Subite gehört habe. 124 Freilich läßt der Chronist auch den hier wie 1. Kön. 9,24 genannten Ausbau des Millo aus; allein, an letzterer Stelle ist die Erwähnung höchst unmotiviert nachholend und zudem nach V. 15 überflüssig. 120

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aus dem inmitten eines korrupten Textzusammenhangs der Vorlage stehenden, natürlich defektiv geschriebenen ΠΰΠ erschlossen habe. Diese K o n j e k t u r ließ sich ja in der T a t in eine vernünftige Verbindung mit Tadmor bringen; und ,,— Zoba" von V. 3 wäre dann chronistisches Interpretament. Rudolph stellt weiter fest, daß beim Chronisten der Ausbau von Geser fehle, „weil er nicht Wort haben wollte, daß es Salomo von des P h a r a o Gnaden erhielt". Möglich — aber es macht stutzig, daß die Notiz l . K ö n . 9,16 über Pharaos Feldzug und Schenkung, die übrigens recht auffällig in die Liste der Bauobjekte Salomos interkaliert ist (vgl. die Wiederaufnahme von V. 15 Ende in V. 17 Anfang) 1 2 5 , in G K ö n · völlig fehlt und nur asterisiert in drei hexaplarischen Zeugen erscheint. E s hat also als höchst wahrscheinlich zu gelten, daß auch hier die Vorlage des Chronisten, wie G K ö n · vermuten läßt, einen bei weitem schlechteren Text geboten hat, als MT K ö n · ihn bietet. So findet denn schließlich auch Rudolph „die Weglassung von Chazor und Megiddo . . . unerklärlich". Seine Vermutung, daß ein Ausfall im Text des chronistischen V. 5 stattgefunden habe, wird aber durch nichts gestützt ; und die Erklärung h a t viel für sich, daß die vermeintliche Weglassung des Chronisten vielmehr ein Textschaden in seiner Vorlage war, den der Chronist mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln zu beheben suchte, indem er z.B. die Angaben von l . K ö n . 9,19 über die Anlegung von Vorratsstädten schon zur Auffüllung der Lücke bezüglich jener aramäischen Gebiete verwendete, auch die Anordnung der wenigen ihm erhaltenen Angaben so gestaltete, daß sich im groben je eine Nord- und eine Südgruppe ergab (Hamath-Zoba, Tadmor; Beth-Horon, Baala). Soviel zur Vorlage von V. 3-6. Liegt es nicht schon von hier aus nahe, anzunehmen, daß auch die Vorlage von V. 2 nicht den Erhaltungszustand aufgewiesen habe wie unser MT? Einige kleine Beobachtungen scheinen diese Vermutung, wenn nicht zur Gewißheit, so doch zur Wahrscheinlichkeit zu erheben. In G K ö n · fehlt die Wiedergabe des Namens Salomos von l . K ö n . 9,11b, so daß eine Verlesung zu ΟΊ,Π[1?] "¡Van ]ΓΡ TX leicht möglich wurde. Durch den Wegfall des war aber die Verkehrung des Tatbestandes bereits geschehen. Das konnte um so leichter passieren, als die ätiologische Notiz l . K ö n . 9,11 b—13 mitten in einem Passus stand, wo von Leistungen Hirams an David die Rede war. Nun brauchte bloß die Umgebung dieser Worte korrupt zu sein (der Chronist erwähnt weder die Lage der Städte noch irgendeine Inspektion noch die Ätiologie), etwa auch das Bruchstück naVtf ib 1Π3 "itfK Β η ϊ Π zu nüV®^]1? jnj ΊΡΧ n n s n v e r 125 Vgl. M. Noth, Könige. B K I X (o.J. [1967]) S. 214, der den Vers, ohne von seinem Fehlen in G zu sprechen, als „eine nachholende . . . Bemerkung zu Geser" bezeichnet, die nur redaktionell mit der Fronarbeitsliste verbunden sei.

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lesen worden zu sein, so war die chronistische Version fertig. Denn die Erwähnung des Ausbaus ergab sich im Sinne von Kat. VIII aus dem Kontext (V. 4-6); die Bemerkung über die Ansiedlung von Israeliten ließ sich erschließen126. 2. Redaktion a) Orthographische und grammatische Abänderungen (Kategorie

III)

Jede Bearbeitung, jede Redaktion ist als solche schon Auslegung, setzt sie doch ein bestimmtes Verständnis der herauszugebenden Texte voraus. Am ehesten mag eine nahezu objektive Arbeit bei den Fragen der Orthographie und der Grammatik möglich sein — das subjektive Element liegt dann bei dem Stellenwert, den ihnen der Interpret zu geben gewillt ist. Im Bereich der editorischen Tätigkeit des Chronisten, der Redaktion, ist es nach Lage der Dinge oft unmöglich, zu bestimmen, was auf das Konto einer von der masoretischen abweichenden Textform der Primärvorlage, was auf das Konto des Chronisten geht und was schließlich im Laufe der Überlieferung des Chronik-Textes noch an Änderungen hinzukam. Da aus diesen Gründen eine Untersuchung der orthographischen und grammatikalischen Erscheinungen in der Chronik für eine geistesgeschichtliche Bestimmung dieses Werks von sehr geringem Interesse ist 1 , da zudem F.C.Movers 2 · und z.T.auch 126 Oder sollten hierin die Spuren des von der Chronik nicht bezeugten Verses l . K ö n . 9,16, wo von der Tötung der „in der Stadt wohnenden" K a n a a n ä e r die Rede ist, zu finden sein? 1 Dies gsgen G. Gerleman, Synoptic Studies in t h e Old Testament. Lunds Universitets Ârsskrift, Ν . F . , Avd. 1, Bd. 44, Nr. 5. Lund (1948) und H . van den Bussche, De parallelverhalen in Samuel en Kronieken. Diss, theol. Leuven (1947), wovon das Kapitel über I 17 gedruckt erschien als: Le texte de la prophétie de N a t h a n sur la dynastie davidique. Analecta Lovaniensia Biblica et Orientalia, Ser. I I Fase. 7. Leuven (1948) = Ephemerides Theologicae Lovanienses (1948) S. 354-394, die beide eine über das orthographisch-grammatische Gebiet hinausgehende Bearbeitung der Samuel-Königs-Bücher in nachchronistischer Zeit annehmen [van den Bussche, Ephemerides Theol., S. 380: „la rédaction . . . de Sam. . . . a continué son évolution" — wofür z.B. die deuteronomistische Formel, der Tempel solle „meinem N a m e n " (2. Sam. 7,13), gegenüber dem chronistischen „ m i r " (I 17,12), gebaut werden, herangezogen wird!]. Nach dieser Sicht würde die Chronik mehr oder weniger den ursprünglichen Text der Vorlage widerspiegeln, u n d der Anteil des Chronisten in den parallelen Partien reduzierte sich auf ein Minimum. Doch warum dem eigenständigen Werk (der Chronik) das verweigern, was m a n hinsichtlich einer späteren Überarbeitung des Textes der Vorlage u m so bereitwilliger anzunehmen geneigt ist? 2 F . C .Movers, Kritische Untersuchungen über die biblische Chronik. E i n Beitrag zur Einleitung in das Alte Testament. Bonn (1834) S. 200-207.

Redaktion

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A. Kropat3 und M. Rehm4 diesem Gebiet eine ausführliche Behandlung haben zuteil werden lassen, mag es hier bei einigen ergänzenden Bemerkungen, die keineswegs den Anspruch auf Lückenlosigkeit machen, sein Bewenden haben. I. Elementarlehre·. Hinsichtlich der Orthographie weist der Text der Chronik eine viel stärkere Pleneschreibung auf als der Text von Samuel-Könige. Neue Funde und Untersuchungen machen es aber höchst unwahrscheinlich, daß sich darin die Hand des Autors der Chronik verrät 6 . Allgemein anerkannt wird die Tatsache, daß zu der Zeit der G-Übertragung z.B. des Pentateuchs 6 oder der KönigsBücher ' die als Vorlage dienenden hebräischen Texte in sehr geringem Maße mit Lesemüttern versehen waren. Die Pleneschreibung wird sich zu jenem Zeitpunkt kaum wesentlich von dem Stand etwa der Lachisch-Briefe unterschieden haben 8 . Die Chronik, wohl um 300 v.Chr. entstanden, mag sich bezüglich der Setzung der Lesemütter den Vorlagen der G, die den ihrigen entsprachen, angeschlossen, u . U . , ihrem Charakter als Auslegung entsprechend, etwas stärker piene geschrieben haben. Allein, die starke Durchsetzung des Textes mit Lesemüttern ist doch erst einer späteren Epoche zuzuschreiben, und zwar wahr3

A. Kropat, Die S y n t a x des A u t o r s der Chronik verglichen m i t der seiner Quellen. BZAW 16 (1909). 4 M. Rehm, T e x t k r i t i s c h e U n t e r s u c h u n g e n zu den Parallelstellen der SamuelK ö n i g s b ü c h e r u n d d e r Chronik. A l t t e s t a m e n t l . A b h . X I I I / 3 (1937), v . a . S. 102108. — I n einen weiteren R a h m e n w i r d d a s P r o b l e m gestellt d u r c h A. Sperber, H e b r e w b a s e d u p o n biblical passages in parallel t r a n s m i s s i o n . H U C A 14 (1939) S. 153-249. 5 So n o c h F . C . M o v e r s a . a . O . S. 43. — A u c h Α..Klostermann, A r t . Chronik, i n : P R E B d . 4 3 (1898) S. 94 m e i n t , „ d a ß der U r t e x t der Chronik in einer n a c h lässigen, v o n der der a u t o r i t a t i v e n Gemeindelesebücher a b w e i c h e n d e n Orthog r a p h i e geschrieben w a r . . . " — D a g e g e n schon M. Rehm a . a . O . S. 103: „ G [läßt] noch erkennen, d a ß n i c h t jede m a t e r lectionis auf den Verfasser der Chronik zurückgeht." 6 Vgl. die besonders eindrücklichen Fälle, wo G läken m i t ούχ oü-τως wiederg i b t : Gen. 4 , 1 5 ; 30,15 u . ö . 7 J o h n W m . Wevers, A S t u d y in t h e H e b r e w V a r i a n t s in t h e Books of K i n g s . Z A W 61 (1945/48) S. 4 3 - 7 5 schreibt S. 70: " A t t h e t i m e of t h e t r a n s l i t e r a t i o n of t h e O . T . i n t o Greek, t h e H e b r e w t e x t p r e f e r r e d t h e scriptio defectiva ..." — P . A . de Lagarde h a t t e in seinen A n m e r k u n g e n z u r griechischen Ü b e r s e t z u n g der P r o v e r b i e n . Leipzig (1863) S. 4 g a r die B e h a u p t u n g aufgestellt, d a ß d a s Bibelexemplar, a u s d e m G ü b e r s e t z t e , ü b e r h a u p t keine m a t r e s lectionis a u f gewiesen h a b e . 8 A. Rahlfs, Zur S e t z u n g der L e s e m ü t t e r i m A T , i n : N G W G , Phil.-hist. K l . (1916) S. 315-347 vergleicht die O r t h o g r a p h i e der literarischen T e x t e m i t der d e r I n s c h r i f t e n (natürlich noch n i c h t m i t den erst 1935 u n d 1938 a u f g e f u n d e n e n O s t r a k a a u s Lachisch). — Zur O r t h o g r a p h i e dieser O s t r a k a v o m Tell ed-Duwêr vgl. F . M. Cross - D . Ν . Freedman, E a r l y H e b r e w O r t h o g r a p h y . A m e r i c a n Oriental Series. B d . 36. N e w H a v e n / C o n n . (1952) S. 51-57.

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scheinlich der Makkabäerzeit. Das lehren die neuen Funde aus Qumran, insonderheit I Q Is a , die nach S.A. Birnbaum9 um 175-150 v.Chr. anzusetzen ist. I Q Is a stellt eine Art „vormasoretischen Vulgärtext" dar 10 . Man mag den Grund für diese starke lineare Vokalisation mit Ρ .Kahle in der nationalen Besinnung z.Z. der Makkabäer sehen, „da viele Juden Hebräisch zu treiben begannen, die es zuvor nicht getan hatten" 11 . Die Chronik nahm teil an jener Überarbeitung. So kann mit ziemlicher Sicherheit eine Zeit angenommen werden, da sich der Text von Samuel-Könige und der der Chronik hinsichtlich des Maßes der Pleneschreibung kaum unterschieden. Neue Fragmente zum Text der älteren Relation bestätigen das 12 . Es braucht nicht zu verwundern, daß demnach die Chronik zu einer bestimmten Epoche eines beinahe ebenso großen Interesses gewürdigt wurde wie ihre Vorlage; innere und äußere Indizien weisen zusätzlich auf eine solche Schätzung in der makkabäisch-hasmonäischen Zeit, die der Chronik ein ähnliches Maß der Vulgarisierung zuteil werden ließ wie den Samuel-KönigsBüchern. Was den Inhalt anlangt, wird M. Noth zuzustimmen sein, der eine gewisse, vielleicht allerdings bloß äußerliche, Affinität der Anliegen des Chronisten zu den geistigen und politischen Grundlagen der makkabäischen und hasmonäischen Periode konstatiert und schließt: „Man kann sich denken, daß in dieser Zeit das Werk von Chr mit besonderem Interesse und mit besonderem Verständnis gelesen wurde." 13 Und auch aufgrund des äußeren Bestandes der Chronik 9

How Old are the Cave Manuscripts? VT 1 (1951) S. 91-109. Birnbaum gelangt für I Q Is a zu folgender Datierung: "Isaiah Scroll A . . . [was] written . . . approximately in its [sc. 2. J h . v.Chr.] second quarter" (a.a.O. S. 105), d . h . 175-150 v.Chr. 10 J . Lindblom, Die Ebed Jahwe-Orakel in der neuentdeckten Jesajahandschrift. ZAW 63 (1951) S. 247 nach P. Kahle. 11 Ρ .Kahle, Die hebräischen Handschriften aus der Höhle. (1951) S. 76. 12 So schreiben z.B. Fragmente zu 2.Samuel stets (wie die Chronik) dwjd s t a t t (wie MT) dwd ( J . Hempel, Weitere Mitteilungen über Text u n d Auslegung der am Nordwestende des Toten Meeres gefundenen hebräischen Handschriften. NAWG Phil.-hist. Kl. (1961) S. 292f. ; D. Barthélémy and J . T. Milik, Discoveries in t h e J u d a e a n Desert I. Oxford (1955) S. 65, wo sich je ein piene geschriebenes Fragment zu 2. Sam. 21,16-18 und 23,9-12 findet. Defektivschreibung dagegen in den älteren Fragmenten 4 Q Sam b u n d 5 Q 1.). — Pleneschreibung des Eigennamens „ D a v i d " findet sich auch in den Büchern Amos, Hosea [vgl. F.C. Movers a . a . O . S. 43], Sacharja, Hoheslied, Esra-Nehemia [vgl. B.Mandelkern, Concor dantiae Hebraicae Chaldaicae. Bd. 2 Berlin 2(1937) = Graz 2(1955) S. 1390c.]. Reste dieser weitgehenden Pleneschreibung in der Vorlage des Chronisten haben sich z.T. erhalten, vgl. 2.Sam. 11,1 hml'kjm/¡ 1 2 0 , 1 hmlkjm. Zu diesem Gebrauch des ' als mater lectionis für -ä- vgl. F. Delitzsch, Die Lese- u n d Schreibfehler im AT. (1920) S. 36 § 31a. Der Gebrauch findet sich auch später, imMittelhebr., häufig; vgl. dasselbe Wort in gleicher Pleneschreibung in Vajjikra R. P a r . 1 [Ausg. F r a n k f u r t a.O. (1705) fol. 165b Sp. 1 Z. 11 v.o.] u.ö. 13 M. Noth, Überlieferungsgeschichtliche Studien I (1957) S. 180.

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wird man die Blüte ihrer Wirkung in die genannte Zeit verlegen müssen, scheint doch der Hauptteil der meist levitisch-kultisch orientierten Zusätze durchaus dem Geist gewisser Partien in Sirach und gleichzeitiger Literatur verwandt zu sein 14 . — Die Textgeschichte spiegelt die Überlieferungs- und Auslegungsgeschichte getreulich wider: in dem Maße, wie die Chronik in der makkabäischen und hasmonäischen Epoche mit Aufmerksamkeit gelesen worden zu sein scheint, geriet sie von der mischnischen Zeit an in Vergessenheit 15 . Ihr wurde daher jene „durchgehende Revision der Schreibweise" nicht zuteil, die die frühe rabbinische Zeit den wichtigen Büchern des ATs angedeihen ließ 16 . Diese prämasoretische Bereinigung des Textes stützte sich wohl auf ältere Handschriften und geschah in dem Wissen um den sekundären Charakter der linearen Vokalisation. Das allmähliche erneute Vordringen der Pleneschreibung, das durch die zahlreichen, im Gegensatz zu unseren Bibelhandschriften defektiven Varianten im Talmud nahegelegt wird 17 , mag den Unterschied zwischen re vidierten und unre vidierten Büchern wieder einigermaßen verringert haben. Ein Stillstand in dieser fluktuierenden Entwicklung der linearen Vokalisation trat erst im 12. J h . ein, wo in Maimonides' Mischne Thora zum erstenmal ausdrücklich aus Men. 29 b das rabbinische Verbot, die Defectiva piene zu schreiben, deduziert wird 18 . In der Lautlehre finden sich, außer einigen, nicht immer mit Sicherheit zu erklärenden Differenzen allgemeiner Natur 1 9 , unter anderem dem bekannten Wechsel zwischen 1 und ,2 °, Diskrepanzen besonders 14

15 Siehe unten S. 203f. Siehe oben S. 16. F.M. Cross - D. N. Freedman a.a.O. S. 69. 17 Schon R. Chajim Benveniste aus Smyrna (gest. 1673) stellte in seinem Werk Kenäsät haggedölä. Orah hajjlm. Livorno (1658) S. 160b (Nr. 147) fest: „Wir finden in der G e märä [öfters], daß sie von irgendeinem Wort sagt, es sei defektiv geschrieben, während es doch in der Thora piene geschrieben ist." [hebr. Zitat bei L. Bardowicz, Das allmähliche Überhandnehmen der matres lectionis im Bibeltexte und das rabbinische Verbot, die Defectiva piene zu schreiben. MGWJ 38 (1894) S. 117-121; 157-166; das Zitat S. 118]. 18 Vgl. L.Bardowicz a.a.O. S. 162-165. 19 So etwa der Wegfall des prosthetischen ' in ['ä]tmöl von I 11,2; oder die aramaisierende (vgl. Dan. 10,17) Form hëk I 13,12 anstelle des 'êk der Vorlage 2. Sam. 6,9 (doch vgl. II 10,6, wo 'êk beibehalten wird). 20 So ergeben sich allein in den Listen der 'Allüfim Esaus und der horitischen Seiriten (Gen. 36,15-28 / / 1 1,35-42) sechs Fälle, wo der MT der Genesis und der der Chronik differieren. Man wird wohl vieles auf das Konto der Ähnlichkeit beider Buchstaben in der Quadratschrift setzen müssen; allein, hinsichtlich I Q Is a haben die Herausgeber festgestellt: ,,. . . the Isaiah manuscript has two quite distinct forms" (The Dead Sea Scrolls of St. Mark's Monastery. Vol. I. The Isaiah Manuscript and the Habakkuk Commentary, ed. . . . by M. Burrows with the assistance of J.C. Trever and W. H. Brownlee. New Haven (1950) S. 12). Ihr Schluß aber, daß diese beiden vorhandenen Formen promiscue für 16

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im Bereich der Eigennamen. So schreibt die Chronik etwa in I 19, 16.18 statt "pTO21. Der Name des Königs von Tyrus wird von der Mehrzahl der Handschriften in 112,2.10; 4,11a; 8,2.18; 9,21 0ΊΊΠ geschrieben, gegen das als Kurzform von 'Ählräm erklärliche 0ΤΠ (oder ΒΊΤΠ) der Vorlage und G Chr ·. Nach diesen Stellen wird vom Q e rë auch in I 14,1; 1 1 4 , I I b ; 9,10 m m hergestellt, wie dann auch der Name des Künstlers in der Chronik diese Form als erstes Element (? ) aufweist (II 2,12; 4,16). Es wird freilich auch hier wieder jener oft schwierig zu erklärende Wechsel zwischen 1 und , vorliegen, wie etwa auch im Namen des Pharao Schoschenk, der in der Chronik (II 12,2.5.7.9) nach l.Kön. 11,40 konsequent ¡7UT© geschrieben wird, während das K e t ï b von l.Kön. 14,25, der einzigen direkt parallelen Stelle zwischen Könige und Chronik, pttW bietet. Dem erwähnten Wechsel "px — "pn entspricht die Differenz zwischen den Namensformen D i l * (2.Sam. 20,24; l.Kön. 12,18) und 0Ί7Π (1110,18 vgl. I 18,10), und man zögert daher, M. Noths22 Vorschlag zu folgen und in beiden Fällen die in l.Kön. 4,6; 5,28 bezeugte Vollform DTi*T8 zu lesen. — Der Name der Stadt Damaskus wird in der Chronik, den späteren mittelhebr. und jüd.-aram. Formen entsprechend 23 , durchgehend als p t o n geschrieben, d.h. geminiertes -m- dissimilierte in - m - 2 4 . Der Name Hadadesers wird von einem Teil der handschriftlichen Überlieferung der Chronik in sämtlichen neun Fällen 2 5 als "ITSmil wiedergegeben; da G, Vulg, Syr, Arab auch im Text der Vorlage diese Form bieten, ist hier mit der Adaptation der alten Form 2 6 beide Buchstaben gebraucht worden seien, wird von D. Barthélémy, Le grand rouleau d'Isai'e trouvé près de la mer morte. R B 57 (1950) S. 530-549, und zwar auf S. 538-543, zu Recht bestritten. Man wird also in manchen Fällen mit einer verschiedenen grammatischen Auffassung oder geändertem Lautstand rechnen müssen, einem Wechsel, der sich ja bei den Gleitlauten ohnedies erwarten ließ. 21 Έ.C.Movers a. a. O. S. 201 erwägt ,,syr. Ausspr. . . . wie barzal syr. parzäl" — allein, in unserem Fall liegt kein Anlaut vor. Beispiele für den Lautwechsel b/p, die besser sind als der wegen nichtsemitischer Herkunft und unsicheren Lautstandes des Wortes wertlose Hinweis von Movers, finden sich nunmehr bei M. Weippert, Die Landnahme der israelitischen Stämme in der neueren wissenschaftlichen Diskussion. F R L A N T Bd. 92 (1967) S. 78-81. 22 Die israelitischen Personennamen im Rahmen der gemeinsemitischen Namengebung. BWANT III/10 (1928) = Hildesheim (1966) S. 235. 241. 23 Vgl. HAL S. 218a. 24 R. Ruzizka, Konsonantische Dissimilation in den semitischen Sprachen. (1909) S. 78. — Zum Namen von Damaskus und seiner lautlichen Entwicklung im besondern vgl. J. Halevy, Dammäiäq (l.Chron. 18,5.6). Revue sémitique (1894) S. 280-283. 25 I 18,3.5.7.8.9.10 bis; 19,16.19. 26 Die sicher die richtige ist, wie nicht nur aus inschriftlichen Bezeugungen in verschiedenen Sprachen, sondern auch aus der Überlegung erhellt, daß das

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an späteren Gebrauch zu rechnen 27 , ein Fall, der in der Chronik außer bei Personen- und geographischen Namen eine Seltenheit darstellt. Ähnlich dürfte es sich mit dem Namen des Besitzers des späteren Tempelplatzes verhalten, wo G Όρνα, die dem chronistischen MT (piX) entsprechende Form, auch in der Vorlage 2. Sam. 24 bietet. Sicher ist die chronistische Form die spätere und sekundäre 28 ; das gleiche gilt für den Namen des Königs Abiam (so l.Kön. 14,31; 15, 1.7.8), der in der Chronik (I 3,10 sowie in II 11,20-13,23 14mal) zu (lJíPaN wird, was gewiß eine „sekundäre Erleichterung" darstellt 29 . Diese letztere Form birgt nun freilich in sich selbst ein lautliches Problem, das für die Bestimmung der chronistischen Konzeption und Methode nicht ohne Interesse ist. So gewiß nämlich Eigennamen auf -jähü in Esra-Nehemia völlig fehlen 30 , so sicher die dafür eintretende verkürzte Endung -jä(h) auch noch in Qumran an Boden gewinnt, und zwar auch in biblischen Texten 31 , so unbestreitbar ist der breite Raum, den die nach H. Torczyner32 hauptsächlich im vorexilischen erste Element des Namens theophor und nicht von dem Namen des altsemitischen Wetter- und Sturmgottes Adad zu trennen ist. 27 Vgl. S . K . M o s i m a n , Eine Zusammenstellung und Vergleichung der Paralleltexte der Chronik und der älteren Bücher des Alten Testaments. Diss. phil. Halle (1907) S. 96. 28 Die Schreibung in Samuel (außer in V. 16 u n d 18) steht näher bei der wohl hurritischen Urform des Namens (vgl. Rudolph z.St. und die dort angegebene Lit.). 29 M. Noth a . a . O . S. 234. — M. Rehm a . a . O . S. 121 Anm. 6 weist darauf hin, daß auch G K ö n · in ihrer Vorlage überall 'abijähü voraussetzt. Ob diese Vorlage freilich bereits den Einfluß der chronistischen Lesart verrate oder von dieser unabhängig sei, wagt er nicht zu entscheiden. 30 Rudolph, Esr.-Neh. zu Esr. 10,35: „ N a m e n auf -jähü [begegnen] . . . in Esr/Neh nicht." (In Esr. 10,41 ist anders abzutrennen, als MT es tut.) 31 M. Burrows, Orthography, Morphology, and Syntax of t h e St. Mark's Isaiah Manuscript. J B L 68 (1949) S. 195-211, zur Frage der Namen auf -jähü S. 204f. 32 The Lachish Letters. London-New York-Toronto (1938) S. 25. Dagegen wäre in der mittelpalästinischen Aussprache (Samaria) das -h- nur undeutlich oder nicht mehr ausgesprochen worden. — Unterschiede zwischen Vorlage und Chronik zeigen sich auch in der F o r m des theophoren Elements a m Namensanfang: Vorlage = Jehö- gegenüber Chronik = Jö- : I 10,2; 11,34; I I 24,1.2; 25,17.18.21.23bis; 36,2.4; umgekehrt freilich 1121,9; 22,5.11. Ob es aber angeht, mit M. Rehm a. a. O. S. 104 zu sagen : „jehö a m Anfang des Namens wurde zu jö" erscheint fraglich, denn die Vermutung von A .Rohlfs a . a . O . S. 330 Anm. 1, daß letztere F o r m die ursprünglichere und die längere nur eine falsche Zerdehnung aufgrund historischer Schreibung sei, h a t viel für sich. Die Chronik würde also hier in der Mehrzahl der Fälle die ursprüngliche Form erhalten haben, und es wäre konsequent, daß sie in ihrer Archaisierung hier der kurzen, beim finalen Gebrauch aber der langen F o r m des theophoren Elements den Vorzug gibt.

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Juda gebräuchliche Langform des theophoren Elements in der Chronik einnimmt 33 . S. Japhet kommt nach gründlicher Prüfung der Data zu dem überzeugenden Schluß: "In spite of the existence of names with the ΓΡ ending it is impossible to deny the general tendency to use the long ending 1ΓΡ." 34 Man wird diese Erscheinung bei den theophoren Namen nicht mit der Entwicklung auf orthographischem Gebiet (Pleneschreibung) zusammenbringen dürfen, sondern in der Tat annehmen müssen, daß sich hierin die Hand des Autors verrät. Eine offene Frage ist freilich, ob die bevorzugte Langform -jähü, wie die ganze Methodik des Buches der Chronik, hinreichend aus seinem von Esra-Nehemia so sehr verschiedenen Inhalt und seinen ganz anders gelagerten überlieferungsgeschichtlichen Voraussetzungen erklärt werden kann, wie das E.Y. Kutscher35 tut, oder ob vielmehr mit S. Japhet der Stoffzwang geringer eingeschätzt werden darf und dafür die Charakteristika der Werke auf das Konto verschiedener Autorenpersönlichkeiten zurückgeführt werden dürfen. In unserem speziellen Fall bleibt es eine Frage des Ermessens, ob man es psychologisch für verantwortbar hält, die in der Chronik stattfindende und in EsraNehemia fehlende Archaisierung (denn das, und nichts anderes, stellt die Verwendung der Langform dar) 36 einem einzigen Autor zuzutrauen. 2. Formenlehre·. Hinsichtlich des Personalpronomens der l.comm.sg. hält sich die Chronik an den seit Ezechiel angebahnten, wohl durch ara33

Vgl. A. Sperber a . a . O . S. 249 § 131a; sowie M. Rehrn a . a . O . S. 104. S. Japhet, The Supposed Common Authorship of Chronicles a n d EzraNehemia Investigated anew. VT 18 (1968) S. 330-371; das Zitat S. 340. — Man wird u. U. die F o r m der theophoren Namen als subsidiäres Echtheits- oder Unechtheitskriterium heranziehen dürfen, so z.B. im Falle von I 9,2-17 (-24), der Liste der Bewohner Jerusalems, die in stark verstümmelter u n d wohl auch überarbeiteter F o r m aus Neh. 11,3-19 (-24) herübergenommen wurde u n d in der kein einziges Mal die Langform auf -jähü begegnet, obwohl sich das theophore Element in 16 auf 14 Namen (bzw. 19 auf 17 Namen) verteilten Fällen findet. Freilich stimmen die meisten Zusätze in der Chronik mit der Tendenz zur Archaisierung überein. I n s t r u k t i v ist jedenfalls der Vergleich zwischen I I 36,2223 u n d Esr. 1,1-3 a α, wo der Name Jeremias dem allgemeinen Gebrauch folgend in der Chronik lang oder, weit ungebräuchlicher, in Esra kurz auslautet. Das nötigt dazu, die von E.Y.Kutscher (s. nächste Anm.) formulierte Regel nur generell, nicht individuell anzuwenden. 35 The Language and Linguistic Background of t h e Isaiah Scroll. Jerusalem (1959) S. 93: "The Chr. prefers t h e long form when he deals with a personality of t h e first Temple Period a n d he prefers the short form when it is not so." (Zit. nach S. Japhet a . a . O . S. 340 Anm. 7, die richtig bemerkt, d a ß im zweiten Fall freilich nicht von Vorliebe gesprochen werden könne.) 36 Vgl. S. Japhet a . a . O . S. 341: " . . . t h e actual linguistic reality . . . is reflected in Ezr.-Neh. while Chr. stands alone as an exception and even as opposition to this same reality." 34

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maischen Einfluß begünstigten Gebrauch und ersetzt außer in I 17,1 37 überall OJX durch 'JX (z.B. 117,16; 21,10.17; II 34,27) 38 . Im Falle des Pronomens der 3.m.pl. stehen Stellen wie II 9,24; 12,15, wo ΠΏΠ durch ΟΠ ersetzt wird, gegen solche wie II 8,9, wo die Ersetzung umgekehrt verläuft. — Hier sei auch die Stelle II 2,3 erwähnt, wo das "ΉΠΊ von l.Kön. 5,19 durch nx Π1Π ersetzt wird, offenbar um der stärkeren Betonung willen. — Was die Pronomina suffixa anlangt, gewinnt man den Eindruck, daß die Chronik die längere, deutlichere Form bevorzugt, vgl. a m statt D3 (II 16,6), ΟΓΓΠΠη statt ηηππ (II 12,10), irra statt va (116,12), arrnnx1? statt ama«1? (II 6,25), irrnsui statt rnsoi (117,9), irrnxito statt vnxito (II 18,7) 39 . Die Apokope des impf. cons. der Verba III 1 die in der Chronik außer in der l.comm.sg. und II 21,13; 26,6 im Gegensatz zu anderen späten Schriften des ATs strikte durchgeführt wird und so Zeugnis für den Willen des Verfassers ablegt, ein klassisches Hebräisch zu schreiben, ist von S. Japheti0 erschöpfend behandelt worden. Dasselbe gilt für die Bildung des Impf. cons. der 1. comm. sg. unter Verlängerung durch die Kohortativendung -ä, die in der Chronik völlig fehlt 41 . Hierbei handelt es sich freilich um eine gerade in der Denkschrift Nehemias bevorzugte Form 42 . Sollte das den Grund dafür abVgl. F.C.Movers a.a.O. S. 203. Zu dieser Erscheinung vgl. A. Kropat a.a.O. S. 75; M. Wagner, Die lexikalischen und grammatikalischen Aramaismen im alttestamentlichen Hebräisch. BZAW 96 (1966) S. 130 § 15. 39 Vgl. M. Rehm a.a.O. S. 105 (ohne I 16,12). Es wäre interessant, zu untersuchen, ob ein Zusammenhang mit der Vorliebe der Chronik f ü r die Namensform auf -jähü (statt -jä(h)) besteht und ob auch die sprachgeschichtlich junge Unterlassung der Synkope des Artikels in I I 10,7; 25,10; 29,27 [vgl. Neh. 9,19; 12,38 (gegen 12,31bis.37)] ähnliche Gründe hat (vgl. G.-K. § 35n). Ein Gesichtspunkt scheint jedenfalls der des leichteren Verständnisses zu sein. 40 A.a.O. S. 334-336; vgl. schon F.C.Movers a.a.O. S. 205-207; M. Rehm a.a.O. S. 106. Gehört hierher auch die Erscheinung, daß in der Chronik bei den Nomina „die Formen qäwä und qäsä nicht vor"-kommen (Rehm a.a.O. S. 105), sondern durch qäw und qls ersetzt werden (114,2; 8,1)? 41 S. Japhet a.a.O. S. 337f. ·— Ob ein Zusammenhang mit dem „Bestreben [des Chronisten], die Endung -ä zu vermeiden", besteht? (vgl. M. Rehm a.a.O. S. 106) oder überhaupt mit der Vermeidung des Kohortativs (vgl. unten S. 86) ? Nach A. Kropat a.a.O. S. 75 läge in der Form ein Archaismus vor, vgl. B.-M. § 63 d nach C.H. Gordon, Ugaritie Handbook. Rom (1947) §9,9 [ ^ Ugaritic Textbook. ebd. (1965) § 9. 12], wonach auch im Ugaritischen der Energicus eine Stilvariante zum Impf, (cons.) darstellte. 42 Natürlich bietet eine Denkschrift im Gegensatz zu einem Geschichtswerk eine Fundgrube für Formen der l . c o m m . s g . ; nicht selbstverständlich ist freilich das Vorkommen dieser längeren Form auf -ä, die nicht nur bei Nehemia, sondern auch (von daher?) in den Esramemoiren (v.a. Esr. 7,27-9,6) gehäuft auftritt (E. König, Historisch-kritisches Lehrgebäude der hebräischen Sprache... Bd. I I / l (1895) § 200b). Die Bewertung der Form in der Esradenkschrift wird 38

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gegeben haben, daß sie vom Chronisten in Anlehnung an diese Quelle in Esra-Nehemia auch außerhalb dieser aus der Hand Nehemias stammenden Partien angewendet wurde? — Der absolute Infinitiv wird hie und da anstelle des finiten Verbs gesetzt ; tritt er aber in der Vorlage in anderen Funktionen auf, so wird er ersetzt oder weggelassen 43 . — Der Energicus wird lieber vermieden als gesetzt 44 , und zwar in seinen beiden wohl ursprünglich zusammengehörigen Ausdrucksformen 4 5 : der Kohortativendung -ä am Imp. und Impf. (Imp.: 1116,3; 18,8; 25,17; Impf.: 121,13) und der im Hebr. verselbständigten Partikel -nä (117,1; 116,17; 18,12 I o [Ausnahme: I I 6,40; im Sondergut vgl. I 22,5; 29,20]). — A.Kropat hat mit Recht gegen die oft vertretene Meinung, der Gebrauch der Partikel TIN mit Pronominalsuffix nehme im späteren Hebräisch zu, festgestellt, daß vielmehr eine „Bevorzugung des Verbal-Suffixes nicht [nur] speziell der Chronik, sondern der jüngeren Sprache überhaupt eigen ist" 4 6 . Dafür zieht er, nach anderen, das Buch Joel heran. Zu den von ihm aufgeführten Beispielen, wo eindeutig die ri Ν-Verbindung der Vorlage durch eine suffigierte Verbalform ersetzt wird (1122,11; 23,14; 24, 25; 25,28; 36,1) ist noch die Stelle 1122,9 hinzuzufügen. Bei den Nomina fallen einige von der Vorlage verschiedene Bildungen auf, so beim Eigennamen des Königs Hiskia, wo in der Chronik die schon in (Hos. 1,1; Mi. 1,1) 2.Kön. 20,10; Jes. 1,1; Jer. 15,4 belegte Form (Ι)ΓΡρίΓΡ zur Regel geworden ist (Ausnahmen: 1 3 , 1 3 ; 11 29,18.27; 30,24; 32,15) 47 . Der Name ΪΠΙΓΙΓΓ wird vom Chronisten sich nach dem Standpunkt des Auslegers zu dieser überhaupt richten : entweder eigenhändige Aufzeichnungen Esras (Rudolph, Esr.-Neh. S. 100-102) oder Abfassung durch den „Chronisten", als Entwicklung aus Esr. 7,12-26 und in Anlehnung an die Nehemiadenkschrift (C.C.Torrey, Ezra Studies. Chicago (1910) S. 238-241; S.Mowinckel, Ezra den Skriftlaerde. Kristiania (1916) S. 621T.; M. Noth, Überlieferungsgeschichtliche Studien I (1957) S. 146-148; neuerdings U. Kellermann, Erwägungen zum Problem der Esradatierung. ZAW 80 (1968) S. 56). 43 Zur Setzung vgl. A.Kropat a.a.O. S. 23 §7 [wo „2.R. 4,13" in „2.R. 4,43" zu ändern ist, ebenso im Register]; zur Ersetzung außer den bei Kropat genannten Stellen (121,10; 1123,14: dafür Imp. oder Jussiv) noch 1 1 6 , 2 (Verstärkung des flniten Verbs durch Personalpronomen) und 1125,19 (Verstärkung des Verbs durch hinnê)·, zur Weglassung z.B. I I 7,19. 44 Ausnahmen, bei denen er im Gegenteil hergestellt wird, bilden I 19,13; II 25,19. 45 Vgl. B.-M. § 63b.d. 46 A.a.O. S. 36 § 12, wo auch die gleich zu nennenden und zu ergänzenden Beispiele aufgeführt sind. 47 S .Mandelkern a.a.O. Bd. 2 S. 1403d-1404a. — Es ist auffällig, daß alle Ausnahmen außer der aus 2.Kön. 18,29 stammenden Stelle II 32,15 und den Versen des Sonderguts II 29,18; 30,24 an Stellen stehen, die ohnehin als sekundär verdächtig sind. Vgl. unten S. 195. 200. — M. Rehm a.a.O. S. 105 bringt

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1122,11 durch Anhängung der Femininendung -{a)t als Frauenname kenntlich gemacht, sofern nicht Dittographie zu folgendem na vorliegt, wofür die Form von G spräche, wenn hier nicht Angleichung an Könige vorliegt. Bei den Appellativen verändert der Chronist unter anderem das Hapaxlegomenon Π30 in Π302 (II 10,15) 48 ; statt der qatülat-ΥοττΆ

d e r I I/ 1 s e t z t e r i n I I 4 , 3 HpSD, sowie in I 1 9 , 1 2 ΠΪΙΒΠ

nach der im Mittelhebräischen so beliebten taqtül-Bildung49, die auch in I I 6,21, wo an die Stelle von Π1ΠΠ sein trrunn (vgl. aber I I 6,19) tritt, bevorzugt wird. Aramaisierender, aber deswegen nicht unbedingt später Gebrauch ist "ΤΧΏ50, das in I 11,7 m i s o ersetzt (beibehalten I 11,5.16) und auch mehr dem chronistischen Gebrauch zu entsprechen scheint, da er sie in seinem Sondergut I 12,9.17 anwendet. Daß rvoVa erst in nachexilischer Zeit seine Blüte erlebte, ist schon längst beobacht e t 5 1 und kann in den Ersetzungen der Chronik zu Dutzenden festgestellt werden (v. a. in Datierungen, so in I I 35,19 statt "jVö, statt des Infinitivs von "jVd in I I 3,2; vgl. in eigener chronistischer Formulierung I I 15,19; 16,1; sonst natürlich meist als Ersatz für roböö, so z . B . in I 14,2; 17,11.14; I I 7,18). — Metathese t r i t t ein in d e m

Baum- und Holznamen nnnV«, der in I I 9,10 zu Q'auVx wird 52 . Die Femininform nitri® statt t r i t t ein in I I 4,5 ; ΠΪΒ und "p7 werden gegen die Vorlage feminin gebraucht in I 11,11 und I I 20,32. Bei den Partikeln sind es besonders die Präpositionen, die zu kurzen Bemerkungen Anlaß geben. Die höchst seltene Form wird vom Chronisten durch das gewöhnliche ""öS? ersetzt (I 19,2). Auch sonst die Vermutung zum Ausdruck, daß die Form der Chronik mit der Aussprache zusammenhänge und verweist auf Transkriptionen von G. M. Noth, Die israelitischen Personennamen . . . Β WA NT III/10 (1928) S. 246 findet die Erklärung freilich in der Angleichung an den Namen Jehäzqel. 48 M. Rehm a.a.O. S. 105 bringt das in Zusammenhang mit den gelegentlichen Änderungen der Stammesmodifikationen der Verben in der Chronik gegenüber ihrer Vorlage. 49 Zu dieser mutmaßlichen Einordnung vgl. B.-M. § 40e. 50 Vgl. M.Wagner a.a.O. S. 122 § 2. 51 Vgl. S.K.Mosiman a.a.O. S. 73f.; L. Gulkowitscli, Die Bildung von Abstraktbegriffen in der hebräischen Sprachgeschichte. (1931) S. 26f. ; M. Wagner a.a.O. S. 131 § 16. melükä scheint beim Chronisten nur im Sinne von „Königswürde" gebraucht zu werden (I 10,14), daher wird es in II 11,1 durch mamläkä ersetzt. 52 Zu dem Namen und seiner Herkunft von akk. elammaku(m) vgl. neuerdings A.Malamat, in: Studies in Honor of Benno Landsberger. Assyriological Studies 16. Chicago (1965) S. 367-369; J.C. Greenfield-M.Mayrhofer, The 'algummîm/'almuggïm-Problem Reexamined, in: FS W. Baumgartner. VTS 16 (1967) S. 83-89. Beide Arbeiten gehen freilich nicht auf die Metathese in der Chronik ein. Zu ihr sei noch hingewiesen auf die nach Ausweis des Akkadischen gewiß sekundäre Herstellung der Lautfolge -lg- im Namen Tiglatpilesers an sämtlichen Stellen der Chronik (und nur hier): 15,6.26; 11 28,20.

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läßt sich in diesem Gebiet eine Tendenz zur Normalisierung und Klärung beobachten: so tritt die Präposition Vx (1123,15) oder "pria (II 23,20) an die Stelle eines adverbial gebrauchten Akkusativs (der freilich stehenblieb in I I 6,34.38) 53 . Die Wendung p 1 ? . . . 1S?(1) wird vereinfacht zu 15J(1) . . . p (116,3; 17,5), obwohl sonst Präpositionenkombinationen in der Chronik nicht selten sind, v.a. in Verbindung mit den Präpositionen und "TV: mit z.B. I I 13,4 [vgl. Neh. 12,31]; 24,20 (wo sich geradezu ein Palindrom ergibt: Di?1? Vsa); 26,19; 33,8; mit 15? z.B. I I 16,14; 17,12; 28,9u.ö. Die Auflösung der Assimilation von p ist häufiger als ihre Einführung 5 4 ; sofern sie auf den Chronisten selbst zurückgeht, wird man auch hier von einer gewissen Tendenz zur Verdeutlichung reden dürfen. I n "US1? wurde das Substantiv nicht mehr gespürt, vielmehr der ganze Ausdruck als eine Präposition aufgefaßt und dementsprechend hergestellt z.B. in [I 16,30.33;] 19,18; I I 34,27 (ΠΒ1?» statt ^ s a ) ; I I 10,6 (^B1? statt ^B-ns), oder das Substantiv weggelassen (II 7,20 *7VD statt MB *?5?»). Eine Ausnahme bildet z.B. 121,12, wo ΠΒ» an die Stelle von ΠΒ1? tritt. — Statt konjunktional gebrauchter Pronomina und Präpositionen oder ähnlicher erstarrter Ausdrücke setzt der Chronist oft deutlichere (vgl. Kat. V) konjunktionale Wendungen, so 113,11 Ό statt "itfK I 14,16 lEXD statt ItfiO p ; I 17,5 "ltfK a m ρ statt QVa1? (obwohl sonst der asyndetische Relativsatz in der Chronik häufig ist); 116,22 DN statt ΊΙΓΧ-ΓΐΚ; 116,24 ηϋΤ-ΠΧΙ statt ηΜΓΠ und Ό statt 119,5 statt eines bloßen 15?. Die Fälle, an denen Ό in der Chronik die Funktion eines adversativen DX Ό der Vorlage übernimmt, sind bei A.Kropat55 aufgezählt; als Beispiele aus dem Sondergut seien hier noch genannt I I 26,18; 32,25; 33,23; 35,21. 3. Syntax : Das Mißverständnis des in sechs Samuel-Stellen belegten ursprünglich appellativischen 5?aVl56 als Eigenname, das sich in der Weglassung des Artikels äußert (I 10,1.8), wird wohl auf den Chronisten zurückzuführen sein. — Zum Ausdruck des unpersönlichen Subjekts „ m a n " wird in der Chronik, meist anstelle von passiven Umschreibungen, auch beim Verb NTp, die 3.m.pl. verwendet 5 7 . Diese Eigenart, wie auch die gleich anzuführende Vorliebe des Chronisten für die aktiven und (bei intransitiven Verben) transitiven Stammformen, trägt natürlich sehr zu einer dem episch-historischen Charakter 53

Vgl. M. Rehm a . a . O . S. 107. Stellen bei M. Rehm a . a . O . S. 106. 55 A . a . O . S. 31 §11 (116,9; 18,7; 25,4). 56 Vgl. R. Ruzizka a . a . O . S. 124. 57 Stellen bei A. Kropat a . a . O . S. 7, wo vielleicht auch die als Ausnahme gebuchte Stelle 11 30,27 im Sinne eines passivum divinum verstanden werden darf. 64

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eines Geschichtswerkes gemäßen Lebendigkeit bei. — Das Prädikatsnomen nach ΓΓΠ kann in der Chronik ein in der Vorlage gesetztes verlieren (111,2; 18,2.6; 1121,6), aber auch der umgekehrte Fall erst einer Setzung in der Chronik ist zu belegen (II 18,21). Die Überlieferung ist begreiflicherweise in diesem P u n k t nicht ganz einheitlich, vgl. I I 21,6. — Die erwähnte Beobachtung einer chronistischen Bevorzugung aktiver und (bei intransitiven Verben) transitiver Stammesmodifikationen, die A. Kropat58 zu verdanken ist, stellt im Grunde bereits eine bewußte stilistische Ausdrucksform dar (s. unten) und ist von nicht geringem Interesse für die Beurteilung und Bewertung der redaktionellen Tätigkeit des Chronisten, wie bereits angedeutet wurde. Zusätzlich zu den bei A. Kropatangeführten Stellen I 10,12; 13,12; I I 34,16; 36,4; I 17,13; I I 1,17; 34,32 sowie I 14,3; 17,14; 1122,11; 23,14.15 seien genannt 1122,9.11; 23,14.15.20; 25,4; v . a . aber läßt sich die beschriebene Tendenz ganz klar feststellen in den chronistischen Abänderungen der Begräbnisnotizen von Könige : so wird in 119,31; 16,14; 21,20; 28,27; 33,20 lap··! durch i m n p n ersetzt, in 11 25,28; 27,9 dieselbe passive Form in 1ΠΧ "ΠΠρ'Ί abgeändert. Einzige Ausnahme bildet hier I I 35,24, wo der umgekehrte Fall vorliegt. In das gleiche Kapitel des wohl mit historiographischem Bewußtsein gewählten dramatischen Ausdrucks gehören die Verbalisierungen in I I 34,10, wo an die Stelle von ΓΡ^Π p i 2 ptnV (2.Kön. 22,5) das chronistische ΓΡ3Π ptnVl pnn 1 ? tritt, oder noch deutlicher in I I 36,3, wo (Vi?) tris?" ] m (2.Kön. 23,33) durch das ungleich kräftigere, schlagendere (ΓιΝ) ΜΓΙ ersetzt wird. — Sehr ausgedehnt ist der Gebrauch des inf. es. in der Rektion durch V ; so bei der Ersetzung des finiten 1 ö i n durch n a i ò (I 13,12; 21,18; I I 34,16), aber auch sonst als Ersetzung mannigfacher finiter Wendungen, vgl. etwa I 13,9; 14,1; 15,25; 17,11.25.27; 19,3.6; 21,1; 113,3. S. R. Driver hat diese Erscheinung im Sondergut des Chronisten untersucht und findet, daß sie vom Chronisten „viel freier und häufiger gebraucht [wird] als von älteren Schriftstellern" 6 0 . A . K r o p a t 6 1 h a t dem Gebrauch dieser Konstruktion als eines Prädikats im Nominalsatz seine Aufmerksamkeit zugewandt. — Zu den Stellen, die A .Kropat62 für die Änderung eines zu einem Volksnamen gehörigen Prädikats aus dem Fem. in ein 58

59 A.a.O. S. 14f. § 4. A.a.O. S . R . Driver, Einleitung in die Litteratur des alten Testaments. Nach der 5. Ausg. übers, und hrsg. von J. W. Rothstein. Berlin (1896) S. 575, wo auch die Stellen genannt sind (II 7,17 gehört aber nicht zu den freien chronistischen Texten, sondern entspricht ziemlich genau der Konstruktion von l.Kön. 9,4). Als weitere Stellen im chronistischen Sondergut wären etwa zu nennen: II 1,18; 25,9. Vgl. auch G.-K. § 114f-p. 61 62 A.a.O. S. 24. A.a.O. S. 29. 60

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Mase, anführt (118,2: m.pl.; 18,5.6: m.sg.), ist noch I 21,5 hinzuzufügen, wo „Israel" ein Prädikat m.sg. bei sich hat. I m einfachen bekleideten Satz fällt die Gründlichkeit ins Auge, mit der die Chronik die Richtung angibt. So stellt schon W.M.L. de Wette im Gefolge von F.G.Movers fest: „He locale oder bx st. des Accus, bei Verbis der Bewegung . . ," 6 3 Von den vielen Stellen, an denen die Richtung, die in der Vorlage oft nur durch adverbialen Akk. bezeichnet ist, verdeutlichend zum Ausdruck kommt, seien etwa genannt: 1 1 1 , 8 ; 19,2.15; 21,15; 116,13; 9,16; 10,1; 18,28; 34,7; 36,4.10 (zum letzteren Vers vgl. die gleiche Verdeutlichung in Jer. 52,11 = Jer. 39,7). Man vergleiche auch die (außer V. 27) konstante Setzung von - p vor „Himmel" oder „Stätte" in 11 6,21.23.25.30. 33.35.39, wo l . K ö n . 8 entweder oder gar keine Präposition bietet.— Die Streitfrage zwischen C. Brockelmann64 und A. Kropat ®6, ob der Ausdruck ΓΡ3 für „im H a u s " (Frage wo?) als haplologische Verschreibung oder als adverbieller Akkusativ aufzufassen sei, wird sich kaum befriedigend lösen lassen. Man wird A.Kropat jedenfalls recht geben müssen, daß in der Chronik ivaa häufiger sei als bloßes ΓΡ3 (vgl. zu den von A .Kropat angeführten Stellen, wo sogar Ersetzung vorliegt, I 11,16; I I 22,12; 25,24 noch I I 4,11, sowie I I 9,16 als Antwort auf die Frage wohin?), was ja durchaus in der Linie der beobachteten Tendenz liegt. (Als Haplologie zu erklärende Ausnahmen lägen dann in I I 23,9; 26, 21; 34,30 vor.) — I n der Setzung des masculinen Suffixes für TS? in I 10,7 und ähnlichen Stellen liegt wohl eine späte Auflösung der Geschlechtsdifferenzierung des Pronominalsuffixes der 3. pl. vor 6 6 . Die Ersetzung des nominalen Zustandssatzes (Partizip) von l.Sam. 31,1 durch einen verbalen (I 10,1), und zwar ohne daß die Voranstellung des Subjekts geändert würde, stammt vermutlich vom Verfasser der Chronik und war wohl erleichtert durch die Gewöhnung seiner Zeit an aramäische Voranstellung des Subjekts im Verbalsatz 67 . An und 63 Lehrbuch der historisch-kritischen Einleitung in die kanonischen und apokryphischen Bücher des Alten Testamentes. Berlin '(1852) S. 244. 64 Grundriß der vergleichenden Grammatik der semitischen Sprachen. Bd. 1 (1908) S. 265. 65 A.a.O. S. 44. 66 Vgl. K. Albrecht, Das Geschlecht der hebräischen Hauptwörter. ZAW 15 (1895) S. 316f. und 16 (1896) S.49f.; sowie v.a. A .Kropat a.a.O. S. 61 §22, der mit Recht annimmt, daß an den beiden Stellen der Chronik, in denen die Differenzierung noch vorliegt (I 21,10; II 18,16), der ursprüngliche Text der Vorlage erhalten geblieben sei, während die Vorlage selbst im Lauf der Überlieferung der Differenzierung verlustig gegangen sei; d.h. die beiden Fälle gehören unter Kat. II. 67 H . B a u e r - P . L e a n d e r , Grammatik des Biblisch-Aramäischen. (1927) § 99c: „Häufiger ist . . . zweifellos die Foranstellung des Subjekts [sc. im Verbalsatz]." § 101 a : ,,. . . für das Aramäische charakteristische Freiheit der Wortfolge..." —

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für sich ist freilich eine Vorliebe des Chronisten für das Partizip festzustellen 68. 4. Stil: Eine Stilistik der Chronik ist noch nicht geschrieben, wäre aber gewiß eine lohnende Aufgabe. Vorarbeiten dazu finden sich v.a. bei S. R. Driver89 und beiMadsen™; auch C.C. Torrey71 hat der schriftstellerischen Tätigkeit des Chronisten seine Aufmerksamkeit geschenkt. — Stil im eigentlichen Sinne ist ein Verhältnisbegriif ; er bestimmt sich durch die Entsprechung zwischen der auszusagenden Sache und ihrem spezifischen Ausdruck. In praxi läßt sich daher eine reinliche Scheidung zwischen Inhalt und Diktion nicht durchführen. Die Exegese wird darauf achten müssen, den Zusammenhang zwischen der formalen und der inhaltlichen Komponente des Werks zur Geltung zu bringen. Im besondern gilt das von den Änderungen, die der Chronist am überlieferten Text der Samuel-Königs-Bücher vornimmt, und von der Eigenart seines Sondergutes. Der Gesichtspunkt, der den Chronisten hierbei leitete, die Geschichte des davididischen Israel unter Interpretation prophetisch verfaßter Urkunden neu zu schreiben, involvierte weitgehend das Was und das Wie des Werks. So werden denn Bemerkungen zum Stil mit Fug in den folgenden Kategorien (v. a. Kat. V I I I - I X ) der Wortersetzungen und in den Hinweisen zur eigenen Geschichtsschreibung der Chronik anzubringen sein. Hier sei nur auf die Bevorzugung des affirmativen Π3Π gegenüber der rhetorischen Fragepartikel Χ*7Π aufmerksam gemacht, die sich besonders in den Schlußnotizen I I 16, I I a . I I b ; 20,34; 32,32; 33,18; 35,27; 36,8 findet; vgl. den eigenen Text I 29,29. Stehengelassen wurde die letztere Partikel in den Schlußnotizen nur I I 9,29; 12,15. Aufgrund dieser zu beobachtenden Tendenz ist in der Mischform I I 25,26 MT Din xVn das erste Element zu streichen. b) Kleinere Auslassungen

und Kürzungen

(Kategorie

IV)

Ließ sich in dem Abschnitt über orthographische und grammatikalische Veränderungen in einigen Fällen wahrscheinlich machen, daß dem Chronisten die Wahl und die Bewahrung des Wortes und seiner Form durchaus nichts Nebensächliches war, so erhebt sich von selbst die Frage, wie die verschiedentlich vorkommenden Auslassungen zu begründen sind. Es soll hier nicht die Rede sein von jenen stofflichen F. Rosenthal, A Grammar of Biblical Aramaic. (1963) § 183: "In sentences containing no direct object, the preferred sequence is subject-verb." 68 Vgl. A.Kropat a.a.O. S. 74 nach der Dissertation E.Sellins, Die verbalnominale Doppelnatur der hebräischen Participien und Infinitive. Diss. phil. Leipzig (1889). 69 70 A.a.O. S. 572-576. § 7 S. 27-36. 71 AJSL 25 (1909) S. 197-202 = Ezra Studies. Chicago (1910) S. 231-237.

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Zusammenhängen, die durch die Themastellung des Chronisten, die Geschichte der Davididen als der einen und einzigen Repräsentanz des staatlichen Israel, a limine ausschieden, wie etwa die das Nordreich als solches betreifenden Stücke, oder die Privatgeschichte der judäischen Könige 72 u.a.m. Vielmehr soll an einigen Beispielen untersucht werden, was den Chronisten veranlaßte, in Stücken, die er zur Durchführung seiner Arbeit als nötig erachtete, gewisse Worte, Versteile oder Verse wegzulassen. Es bedarf keiner Begründung, daß daher nicht jene Lücken Gegenstand der Untersuchung sind, die entweder im Laufe der Überlieferung der Chronik entstanden (Kat. I) oder die ihrer Vorlage zuzuschreiben sind (Kat. II). 1. Bei der Untersuchung der übrigbleibenden Fälle zeigt es sich» daß die Entscheidungen des Chronisten in hohem Maße von stilistischen Gesichtspunkten abhängen. Der Chronist bemüht sich in vielen Fällen, seine Vorlage gerafft, konzis und von wirklichen oder scheinbaren Weitschweifigkeiten befreit wiederzugeben. Daß er eine ganze Reihe von Wörtern und Satzteilen als überflüssig empfand, zeigen besonders deutlich die Beispiele, wo sich in der Vorlage der betreffende Ausdruck oder Satzteil entweder wörtlich, der Wurzel nach oder jedenfalls sinngemäß wiederholt. So bei Präpositionen oder Adverbien, die häufig nur einmal gesetzt werden 7 3 : so fehlt die Präposition b das zweite Mal i n i 17,9; I I 1,17; 9,22; Din I 17,21; Vs7 i n i 17,7; das Adverb TU wird das zweite Mal weggelassen i n i 14,15; "Tita in I I 4,18; das Relativpronomen das dritte Mal in I I 10,8. Aber auch Pronomina, Verba und Nomina werden, wenn sie sich wiederholen, weggelassen: so 0Ì1D 2° in I 21,3; Dpi 2° und 3° in I I 3,17; nfe» 2° I I 27,2 erschien dem Chronisten neben überflüssig. Der Ortsname „Refaim" wird nach MT Chr - nur in I 14,9 gebracht, in V. 13 dann übergangen. Davids Name wird I 13,13 bei der dritten Wiederholung fallengelassen, in 18,1.14 schon bei der zweiten. Das gleiche gilt für den Gottesnamen in I I 7,12.22. Ähnlich entfällt lïmiKTiKI in I I 16,2, da von „Schätzen" schon im Zusammenhang mit dem Tempel die Rede gewesen war, und auch das in I I 27,9 ausgelassene TTQN QS? ist Repetition. Besonders drastisch erscheint der Dublettencharakter von 2. Sam. 6,4 gegenüber 6,3 (man möchte beinahe Dittographie vermuten) — wen wundert's, daß der Vers in 113,7 ausgelassen ist? Die Einsetzung von Vögten in Edom wird in 2. Sam. 8,14a in ähnlicher Verdoppelung erzählt; i n i 18,13 selbstverständlich nur einmal. Auch in I I 12,16 72 Vgl. schon C.C.Torrey, AJSL 25 S. 164 A n m . 5 = Ezra Studies S. 214 Anm. 5; M. Noth, Überlieferungsgeschichtliche Studien I (1957) S. 168 Anm. 5. 73 A.Kropat a.a.O. S. 43: „Die Chronik hat die Neigung, Präpositionen nur einmal zu setzen, sowohl bei Appositionen wie bei verbundenen Ausdrücken und Aufzählungen."

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kann die Erwähnung des Namens der Königinmutter füglich unterbleiben, da er schon V. 13// genannt war74. — Wiederholung der Wurzel liegt vor in I 10,4, wo der Chronist ^TpH neben dem Imp. "fllpTI als überflüssig wegläßt, damit freilich die Feinheit des Erzählers von l.Sam. 31,4 einigermaßen verkennend. ΠΝΤΠ nVann nx von 2.Sam. 7,27 kann in I 17,25 selbstverständlich fehlen, da es neben bbsnn1? überflüssig ist. — Sinngemäße Wiederholung liegt z.B. vor in I 10,3, wo D'tflX (neben Oman überflüssig) fehlt, in I 10,6, wo NWn ora (neben ΠΠ1 entbehrlich) wie in I 11,6 ausgelassen ist; das Ί32Π von 2.Sam. 5,1 wird in I 11,1 mit Rücksicht auf das genügend deutliche umx zu nan ; i x a ^ ist überflüssig neben I T H I 11,15; das gleiche gilt für ΊΠΧΒΠ neben Ί3ΌΤ1 I 13,7. — Hierher gehören auch jene Stellen, wo der Chronist sonst Angaben, die auch anderswo gemacht werden, übergeht, so die Dreizahl der Söhne Sauls I 10,8 (schon in V. 6 erwähnt); „der letzte Satz von 2Sam. 8,12 [wird] in [I 18,] 11 weggelassen, wohl weil schon V. 7.8 von dem hier Erwähnten [sc. der Verwendung der Beute Hadaresers] die Rede war"75. Daß K^ain neben (ΤΠ) nrn I 21,9 fehlt, zeigt einmal mehr, wie vollkommen sich die Begriffe z.Z. des Chronisten decken 76 . In I 21,14 wird die Formel „von Dan bis Beerseba" (beim Chronisten würde sie freilich umgekehrt lauten) nicht wiederholt, da 74 Gegen Rudolph S. 235 ist a n der U r s p r ü n g l i c h k e i t v o n I I 12,13f. in der Chronik f e s t z u h a l t e n : a) D a s scharfe U r t e i l ü b e r R e h a b e a m wird zwar d u r c h n i c h t s b e g r ü n d e t — a u ß e r d u r c h d a s U r t e i l der Vorlage, u n d d a s g e n ü g t , b) W a r u m s t e h t „die E i n l e i t u n g s f o r m e l 1 R g 14,21 hier auf e i n m a l a m Schluß d e r R e h a b e a m g e s c h i c h t e " , s t a t t h i n t e r I I 11,4? Zuzugeben ist der Formelc h a r a k t e r d e r beiden z . T . ü b e r n o m m e n e n Verse; allein gerade deswegen schien d e m Chronisten d a s S t ü c k n i c h t h i n t e r I I 11,4 zu passen, d a v o r h e r j a bereits v o m R e i c h s t a g zu Sichern u n d d e m fallengelassenen R ü c k e r o b e r u n g s p l a n die R e d e gewesen w a r : es blieb f ü r das F o r m e l h a f t e der A n f a n g (vor I I 10) oder der Schluß der R e h a b e a m g e s c h i c h t e — der Chronist w ä h l t e letzteres, u n d m a n w i r d i h m diese E n t s c h e i d u n g a b n e h m e n müssen, c) W e s h a l b der H i n w e i s auf die n a c h wie v o r gültige E r w ä h l u n g J e r u s a l e m s hier s t e h t ? Weil er zu d e m Block der F o r mel g e h ö r t (vgl. oben S. 64 A n m . 70) — übrigens w ü r d e er h i n t e r I I 11,4 k a u m besser passen, d) D e r Chronist schilderte R e h a b e a m n i c h t willkürlich entschuldigungshalber als j u n g e n M a n n ( I I 13,7 typologisierend n a c h Salomo I 22, 5; 29,1), sondern er Schloß das a u s I I 10,8.10//, wo R e h a b e a m zur Gener a t i o n der jelädlm gezählt w i r d — m o c h t e d e n n i m m e r h i n in der Vorlage ein Gegensatz v o r h a n d e n sein zur A n g a b e , R e h a b e a m sei m i t 41 J a h r e n K ö n i g geworden, auf d a s K o n t o des Chronisten ging er n i c h t , e) E i n r e c h t überzeugendes positives I n d i z f ü r chronistische U r s p r ü n g l i c h k e i t ist der Stil der kleinen Ä n d e r u n g e n : hzq h i t p . i m gleichen Sinn I I 1,1 ; 13,21; 17,1; 2 1 , 4 ; (23,1); 25, 11; 27,6. kün hif. m i t leb: 1 2 9 , 1 8 ; 1 1 1 9 , 3 ; 2 0 , 3 3 ; 30,19; (Esr. 7,10); ä u ß e r chronistisch n u r l . S a m . 7,3 (ev. die V e r a n k e r u n g f ü r die chronistische Wend u n g ) ; P s . 78,8; H i . 11,13. 75 Κ . Η . Graf, Die geschichtlichen B ü c h e r des A l t e n T e s t a m e n t e s . Leipzig (1866) S. 206. 76 Siehe u n t e n S. 223 A n m . 25.

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sie in V. 2 schon gebraucht worden war. Der Bezug auf das Exodusgeschehen fehlt in I I 6,11.39.40, da es bereits in V. 5 erwähnt worden ist. Nach der Anwendung des vollen Ausdrucks D'öVtrn "^bn in I I 7,7a setzt der Chronist in V. 7b gegen die Vorlage l.Kön. 8,64 nur noch D^Vn. 2. Auch auf Selbstverständlichkeiten, die oft aus schon Genanntem hervorgehen oder ohnehin evident sind, verzichtet der Chronist oft. So werden bei ihm die Τ¡7 p S •'Bin in I 14,1 zu τ ρ ^ Ι Π ; das feindliche Heraufsteigen, mit dem ,,die Philister fortgefahren" hätten, ist nach I 14,8 und auch sonst leicht zu ergänzen und konnte daher in V. 13 wegbleiben. Der Glaube an Gottes unverbrüchliche Erwählung Israels, trotz aller widersprechenden Anzeichen in seiner Gegenwart vom Chronisten festgehalten, äußert sich in der Weglassung von „Israel" neben dem Begriff „mein Volk" in den Gottesreden I 17,6 und I I 6,5. Die umständlich erzählende Feststellung von Gottes Wohlgefallen an Salomos Gebet l.Kön. 3,10 fehlt in der Chronik (II 1,10), so daß auf das Gebet gleich die direkte göttliche Antwort folgt — die Abbreviatur f ü h r t zu einer gewissen Dramatisierung der Vorlage, die, in stilistischer Hinsicht bemerkenswert, zu einer weitgehenden Eliminierung der Rolle des Erzählers führt. Man wird jedenfalls in I I 6,14 der knappen Formulierung des Chronisten „in Himmel und Erde" den Vorzug größerer Schlichtheit und Klarheit vor dem etwas gewundenen deuteronomistischen Ausdruck „im Himmel von oben und auf der Erde von unten" zuerkennen. Systematische Kürze ist nicht bloß allgemein das Kennzeichen des chronistischen Tempelbauberichts, sondern drückt sich z.B. auch in I I 4,7 aus, wo statt des in l.Kön. 7,49b gebotenen „mit den goldenen Blüten, Lampen und Lichtscheren" bloß DöDtSöD steht, wohl nicht nur „offenbar auf Ex. 25,31ff.37,17ff." Bezug nehmend 7 7 , sondern auch einfach, die Beschreibung in Könige voraussetzend, eine Abkürzung „normgemäß" — und jeder Leser wußte, was darunter zu verstehen war 78 . Ebenso scheint dem Chro77

Rudolph S. 209. Freilich gab sich nicht jeder mit solcher Kürze zufrieden. So ist es wohl zu erklären, daß der Abschnitt II 4,10—22 sekundär in voller Ausführlichkeit aus Könige in die Chronik eingetragen wurde, so daß in V. 21 dann doch noch die detaillierte Schilderung der Leuchter in der Chronik zu lesen steht. — Indizien für den sekundären Charakter von 114,10-22 (vgl. Rudolph S. 205): a) Nach der vorangehenden knappen Zusammenfassung plötzlich enger Anschluß an Könige, b) Subj. ist HuramY. H a b . 16, statt Salomo, c) 114,12f. steht im Gegensatz zu 113,16. d) Das Wort debïr V. 20 ist nicht genuin chronistisch [(bët) qödäS haqqodäsim], vgl. die Ersetzung in II 3,8 und 4,7. In II 3,16 ist mit Benzinger, Curtis, Goettsberger, Noordtzij, Rudolph u.a. zu lesen keräbid; in II 5,9// mochte das Wort stehenbleiben, da es in V. 7// glossierend erklärt war. e) In II 4,6 fehlen (absichtlich) die Gestelle, die in 4,14 dagegen stehen, f) Der 78

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nisten „das übrige Volk" von l.Kön. 12,23 bereits in „ J u d a und Benjamin" desselben Verses impliziert (II 11,3). Ähnlich steht in I I 36,8 die Abbreviatur „und wer immer sich wider ihn einfand" (generalisierender Gebrauch des Artikels) für die ganze Aufzählung der „Streifscharen" in der Vorlage 2.Kön. 24,2. 3. Wie sehr der Chronist seine Kürzungen oft unter rein stilistischen Gesichtspunkten vornimmt, zeigen die Fälle, wo Nomina um der Kürze willen durch Pronominalsuffixe ersetzt werden. So, um nur einige Stellen zu nennen, in I 14,10; 21,2; I I l , 8 b i s ; 4,3 (txt em); 4,15; 8,1; 10,13.14; 25,4 („der Mörder" überflüssig, da schon in V. 3 genannt); 26,21 ; 33,24 bis 79 . — Fälle, in denen die Chronik statt der Determination durch ein Pronomen oder ein Substantiv bloß den Artikel („der bekannte . . .") setzt, zählt M. Rehm80 auf. — Daß der Chronist das absolute Personalpronomen 3.m./f.sg. wegläßt, wo es nur zur Verstärkung des Subjekts im Nominalsatz mit ΓΓΠ oder im Verbalsatz dient, versteht sich von selbst (II 21,9; 34,21. — Umgekehrt freilich I 19,15; I I 33,6, nach Kat. V). — Der Chronist vermeidet, wenn es irgend angeht, die Verbindung zweier Verbformen zum Ausdruck eines Gedankens, ob nun das eine Verb bloß modal gebraucht werde oder ob es sich um ein echtes Hendiadyoin handle oder einfach plerophorische Ausdrucksweise vorliege. So läßt er in I 10,12 das Ιπρ'Ί von l.Sam. 31,13 als überflüssig neben Ί Ή ρ Ί weg; in I 19,12 kürzt er η1? srtíin1? •'mVm zu fnvsrim, in 119,18 wird bei ihm ηηη nan zu rrnn; in I 21,11 scheint ihm Ι1? Τ Π neben dem umfassenderen und allgemeineren "iV ΙΏίΠ entbehrlich; statt Π Ν "Π 5Π zieht er das einfache n>n vor (I 21,12); in I I 1,10 wird ÜB®1? VdV zu üStf··; den Ausdruck MV DD ,n,1, in l.Kön. 8,54 und 9,1 gebraucht, ändert er das erste Mal in die bei ihm beliebte Inf.-Konstruktion rCÒDDI (II 7,1), im anderen Fall wählt er die finite Form VD1! (II 7,11). Natürlich setzt er auch I I 10,7 bei der Wiedergabe von m a n (D)rr3J71 (l.Kön. 12,7) bloß das zweite Verb. Das modal gebrauchte Dip und die figura etymologica 12?ρ~'Π#ρ,1 . . . entfallen in I I 24,25 zugunsten des einfach erzählenden vVv n t f p n n . Zu vergleichen wäre auch I 19,15. Zweimal (II 25,1; 29,1) wird auch in der Regierungsantrittsformel 1D*?a3 ΓΓΠ Chronist hat die 10 Leuchter von l.Kön. 7,49 schon in 114,7 gebracht, g) Die (10) Tische [aus l.Kön. 7,48 — dort freilich nur einer] stehen schon in 114,8. h) Die (100) Sprengschalen finden sich schon in 114,8b. 79 Als Ausnahmen führt M. Rehm a.a.O. S. 108 folgende 4 Stellen an: II 1,11; 9,1; 15,16; 33,9 gegen l.Kön. 3,11; 10,2; 15,13; 2.Kön. 21,9. Sie gehören daher eigentlich zu Kat. V. 80 A.a.O. S. 108: 119,18; 1123,17; 1 1 0 , 5 ; 14,13; 13,9.13; 11,18; 21,12; II 5,5.10; 6,11; 7,7; 8,17; 18,33; 34,19. Umgekehrt (und daher nach der hier befolgten Einteilung unter Kat. V zu rechnen): I 10,7; 21,3; 118,12; 23,13; 33,7; 34,17.31.

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durch bloßes "(Va ersetzt, allerdings u. U. deshalb, um verdeutlichend den Namen des Königs zum Ausdruck bringen zu können (vgl. auch I I 9,30 gegen l.Kön. 11,42). Wo Ausnahmen von dieser Regel vorzuliegen scheinen, sind sie sachlich begründet, so I 19,5 (vgl. K a t . V. 2); 20, i (vgl. Kat. V. 3), oder wenn der Chronist in I I 3,1-3 im Interesse einer genaueren chronologischen Fixierung des Beginns des Tempelbaus gleich dreimal die sonst vermiedene modale Konstruktion anwendet: m i a 1 ? . . . -roiπ . . . mnV Vm . . . mnV . . . b m statt einfachen ingressiven ρ Ί 8 1 . — Sein Streben nach Kürze führte den Chronisten sogar hie und da zu elliptischen Formulierungen, so wenn er in der Wendung von 2. Sam. 7,27 Wann 1 ? Ί21? ΠΧ X2J» das direkte Objekt wegläßt (I 17,25) 82 . Aus dem "ρ1?« 13101 von l.Kön. 8,33 wird in I I 6,24 ein absolutes eine Wiedergabe, die das Schwanken zwischen der konkreten („Umkehr") und der abstrakten Vorstellung („Buße") augenfällig macht. I n I I 10,16 ist irrari elliptisch für i m . . . 132h gesetzt. Daß in I I 25,17 (freilich in etwas geändertem Kontext) und I I 28,16 bloßes nVtf die Stelle von Q^sV» . . . nVtf einnimmt, entspricht einer im Hebräischen ohnehin häufigen Ellipse. Es fällt allerdings auf, daß an beiden Stellen in der Chronik ein zusätzliches "]Va auftritt — sollte die so häufige Verwechslung beider Wörter (vgl. 2. Sam. 11, I K ; I 21,20 MT) eine zusätzliche Rolle gespielt haben? Diese Vermutung wird durch die Beobachtung erhärtet, daß der Chronist in diesem Fall die Ellipse sonst gerade auflöst, vgl. Kat. V. 1. 4. Sind es schon die kleinen stilistischen Nuancen, die die zielbewußte Straffung und Beschränkung der Chronik auf ihre wesentliche Aussage verraten, so gilt das in gleichem Maße für Kürzungen, die thematisch bedingt sind. So fehlt der ganze Abschnitt 1. Kön. 7,1-12, der über den Palastbau handelt ; nur der Bau des Tempels hat im Zuge der Chronik Bedeutung 8 3 . Allerdings ist auch der Bericht darüber im Vergleich zu Könige stark gekürzt: Nachdem Haus („Heiliges") und Vorhalle gebaut sind (II 3,3-7), bringt der Chronist in knapper Systematisierung einzeln 12 Werke der Innenausstattung, sowie dann zusammenfassend, sozusagen als 13. Einrichtung, den Bau der Außen81

Zu hüsad . . . (libnöt) vgl. II 8,16; Esr. 3,(6.10.) 11. Es erscheint höchst unwahrscheinlich, daß umgekehrt „sein Herz" von einem Redaktor der Samuel-Bücher nachträglich zugefügt worden sei, wie H. van den Bussche, Le texte de la prophétie de Nathan sur la dynastie davidique. Ephemerides Theologicae Lovanienses 24 (1948) S. 371 im Interesse eines in der Chronik unversehrt bewahrten Proto-Samuel-Textes will. Danach soll mäsä ursprünglich heißen „a trouvé de quoi" = „s'est décidé". Wenn das „Herz" ein Gegenstück zu dem „Ohr" des vorhergehenden Satzes bilden soll, so war das gewiß im ursprünglichen Text der Fall, und nicht Motiv für eine Redaktion. 83 Vgl. oben S. 58. 82

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werke. Jedes dieser Werke ist gleichförmig eingeleitet durch tPSH (subj. Salomo): 1. Allerheiligstes (3,8-9) 84 ; 2. Die beiden Cheruben (3,1013); 3. Vorhang (3,14); 4. Die beiden Säulen (3,15); 5. Zierketten (3,16a); 6. Die 100 Granatäpfel (3,16b); 7. Eherner Altar (4, laa) 8 5 ; 8. Gegossenes (ehernes) Meer (4,2a. 3aa. 5) 8e ; 9. Die 10 Kessel (4,6); 10. Die 10 goldenen Leuchter (4,7); 11. Die 10 Tische (4,8); 12. Die 100 goldenen Sprengschalen (4,8b); und endlich 13. Priestervorhof und Versammlungsplatz mit Toren (4,9). Den Abschluß der frVI-Reihe bildet, stilistisch ansprechend formuliert, II 5,1 87 . Diese Beschränkung auf die wesentlichen Punkte, und zwar gerade hier beim Tempel, ist 84 Zum Allerheiligsten als Bestandteil der Innenausstattung des salomonischen Tempels vgl. H . Schult, Der Debir im salomonischen Tempel. Z D P V 80 (1964) S. 46-54; M. Noth, Könige. B K I X / 1 (1968) S. 96 [„Schrein"]. 99f. Anm.y. 119. 120f. [„ein besonderes Element der Innenausstattung"]. 85 Die bloße knappe Erwähnung des ehernen Altars in 114, l a a dürfte, gegen Rudolph S. 207, in der Chronik ursprünglich sein, denn das allgemeine Räsonnement bezüglich der „Absicht des Chronisten, dem David möglichst viel von dem, was mit dem Tempelbau zusammenhängt [in diesem Fall den Altar des Tempels], zuzuschreiben" und die Deduktion von der Erwähnung der Tenne O m a n s in I I 3,1 auf ein Weiterbestehen des dortigen Altars verfangen kaum. Dieser Schluß (nach J . Hänel, Der Altar Salomos. T h S t K r 107 (1936) S. 207ff.) läßt sich vielmehr durch die herangezogenen Stellen selbst widerlegen: II 3,1 spricht überhaupt nicht vom Altar, sondern nur von der Stätte. — I 22,1 drückt womöglich noch deutlicher als 2. Sam. 24,25 den „nur provisorischen Charakter" (Rudolph a . a . O . f ü r Könige) des Davidaltars aus, da der Chronist keinen Zweifel daran läßt, der Altar par excellence sei der bei der Stiftsh ü t t e in Gibeon gewesen (I 21,29), während „dies (nur auch) ein [1 MT, gegen Rothstein u n d Rudolph] Brandopferaltar f ü r Israel ist", zugestanden von Gott, weil David nicht nach Gibeon gehen konnte. — II 7,1 ist nur verständlich, wenn ein Altarneubau vorlag [Rudolph S. 215 Anm. 2 verhüllt nicht nur nicht, sondern verrät geradezu die Schwäche seiner Konstruktion : wie sollte ein Altar es nötig haben, „erneut . . . legitimiert" zu werden?]. — II 7,9 spricht ebenfalls deutlich f ü r den Altarneubau. — II 1,6 bekommt erst unter dieser Voraussetzung das rechte Profil, indem dort auch von einem „ehernen Altar" die Rede ist, aber ausdrücklich zugefügt wird: „welcher zur Stiftshütte (gehörte)", und zwar zur Unterscheidung von dem ehernen Altar im Tempel. — II 1,5 stellt diesen von Bezaleel „gemachten" Altar dem vom Salomo „gemachten" jedenfalls implizit gegenüber. — Stichhaltig sind aber andererseits die stilistischen Bemerkungen Rudolphs S. 207: man wird also anzunehmen haben, daß V. l a ß b sekundär aus l . K ö n . 7 aufgefüllt worden ist, u n d zwar zu einer Zeit, da die Erwähnimg des ehernen Altars dort noch nicht verlorengegangen war, wie das in MT K ° n · der Fall ist (vgl. Rudolph ebd.). 88 Zum sekundären Charakter von I I 4 , 2 b . 3 a ß b . 4 vgl. die Begründung bei Rudolph S. 205-207. Gegen Rudolph ist aber wohl V. 5 (außer der Glosse jälcil, vor die mit Rudolph ein nach l . K ö n . 7,26 korrigierendes 'alpajim zu setzen ist) als ursprünglich chronistisch anzusehen, da eine Korrektur nach Könige ja eben voraussetzt, daß ein von Könige abweichender Text vorlag. Es liegt aber dann a m nächsten, diesen dem Chronisten selbst zuzuschreiben. 87 Zum Zusatzcharakter von I I 4,10-22 s. oben S. 94 Anm. 78.

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gewiß eine formale Meisterleistung nachexilischer Literatur ; sie drückt in ihrer Prägnanz gleichzeitig kundige Anteilnahme wie bewußte Begrenzung des Abschnitts zugunsten der Proportion des ganzen Werks aus. Sollte es noch nötig sein, ein Wort gegen die behauptete chronistische Vorliebe für alles, was mit dem K u l t zusammenhänge, zu sagen? Auch in der Opferterminologie beschränkt sich der Chronist, gegen seine Vorlage, öfters auf allgemeine Feststellungen, so z.B. I I 8,12, wo er allein von Brandopfern spricht, während l . K ö n . 9,25 zusätzlich die Heilsopfer erwähnt hatte. Der folgende V. 13 bringt dann freilich die Feststellung des von Salomo geregelten kultischen Kalenders; er ist aber nur eine präzisierende Auslegung von l . K ö n . 9,25. — Daß Synchronismen bei der Themastellung des Chronisten entbehrlich sind, liegt auf der H a n d ; so verzichtet er denn, mit der Ausnahme von I I 13,1, darauf in I I 13,23; 20,31; 21,1; 22,1; 24,1; 25,1 ; 26,3; 27,1 ; 28,1 ; 29,1. Was rein privaten Charakter trägt, wird ebenso vermieden, selbst wenn es Könige betrifft: so die Filiation in I 18,3 (Hadadeser); I I 11,1 (Rehabeam); 12,13 (ders.) 88 ; 13,1 (Jerobeam) ; 16,2 (Benhadad) ; 20,31 (Josafat) ; 34,8 (Safan : nur die Filiation der 2. Generation weggelassen). Merkwürdig ist das Verhalten des Chronisten hinsichtlich des Namens der Königinmutter, den er in I I 12,13; 13,2 (in der ursprünglichen Lesart von Könige: K a t . I I ) 8 9 ; 20,31; 22,2; 24,1; 25,1; 26,3; 27,1; 29,1 beibehält, und zwar in Übereinstimmung mit der Tatsache, daß es sich hierbei keineswegs um eine private, sondern um eine höchst offizielle Angabe staatspolitischer N a t u r handelt 9 0 . Von Manasse ab läßt er aber dann die Angabe ebenso konsequent weg (II 33,1; 33,21; 34,1; 36,2; 36,5; 36,9; 36,11). Leichter verständlich ist dagegen die Weglassung des privaten Namens „ M a t t h a n j a " in I I 36,10, wo lediglich der Thronname „Zedekia" gebraucht wird. 5. An geographischen Angaben läßt der Chronist den Ortsnamen „ H e l a m " von 2.Sam. 10,16f. weg (I 19,16f.); und auch „Zair" von 2.Kön. 8,21 bleibt bei ihm unerwähnt (II 21,9). Allerdings ist zu beachten, daß sich, außer in I 19,16, in der Chronik an der entsprechenden Stelle eine dem Namen mehr oder weniger ähnliche Buchstabenfolge findet: s t a t t ΠΏΝ^Π ein DTI^N, und s t a t t ΠΤΒ* ein mto-DS. Möglich bleibt also, daß entweder die Vorlage des Chronisten verderbt war (vgl. K - Q im Falle „Helam") oder daß er, da ihm die angeführten 88

Zur Ursprünglichkeit der Verse II 12,13-14 vgl. oben S. 93 Anm. 74. Vgl. M. Noth a.a.O. S. 143 Anm. 1; Rudolph S. 231-233. 90 Vgl. H. Donner, Art und Herkunft des Amtes der Königinmutter im Alten Testament. FS J. Friedrich (1959) S. 105-145. 89

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Lokalitäten kein Begriff mehr waren 91 , unter Beachtung der Orthographie der Vorlage die neuen Worte substituierte. Im letzteren Fall müßte man allerdings W. M. L. de Weltes Urteil zustimmen (freilich immer unter Berücksichtung der Tatsache, daß der Text der Vorlage als Rekursmöglichkeit für Autor und Leser in voller Geltung blieb): „solche Weglassungen aber wird sich ein Geschichtserzähler, der mit Präcision arbeitet, nicht erlauben" 9 2 . — In I I 16,6 setzt der Chronist statt „Geba-Benjamin" bloß ,,Geba" — nur ein Ort dieses freilich recht allgemeinen Namens kam in Frage, das heutige Geba' nämlich, das der Chronist durch das gleich folgende Mizpa eindeutig genug lokalisiert fand. — Als ohne Betracht läßt er jedenfalls Route und Dauer der Musterungsreise Joabs von 2.Sam. 24,5-7.8b weg (I 21,4). 6. Denn auch mit chronologischen Daten geht der Chronist manchmal nachlässig um. Zwar macht es wenig aus, daß in I 21,9 Davids Aufstehen „am Morgen" weggelassen wird; ein feiner, vielleicht mit dem eben genannten zusammenhängender Zug der Vorlage geht aber durch die Streichung der Dauer des Wütens der Pest in I 21,14 „vom Morgen bis zum festgesetzten Zeitpunkt" verloren. Allgemein gehalten, etwa in der Weise des beim Chronisten so beliebten TN, ist 0"1!© f p b I I 18,2 (der Ausdruck begegnet noch Dan. 11,6) für das konkrete „dritte J a h r " von l . K ö n . 22,2; ähnlich ist es dem Chronisten in I I 32,1 offensichtlich mehr um eine inhaltliche Zusammenfassung der ersten Periode von Hiskias Regierungszeit zu tun („nach diesen Begebnissen und Treueerweisen" [vgl. I I 31,20]) als um die Datierung des Sanherib-Feldzuges ins 14. J a h r Hiskias. Die Stellen 113,2 und 5,3 sollen unten 9 3 bei Kat. VI behandelt werden. 7. An Maßangaben übergeht der Chronist in I I 3,3.8.10 die jeweilige Höhe des Tempelgebäudes, des Allerheiligsten und der darin aufgestellten Cheruben, die in l.Kön. 6,2.20.23.26 genannt ist 94 . 91 So M. Noth a.a.O. S. 168 Anm. 2. In diesem Fall wäre die Stelle nach Kat. VI einzuordnen. 92 Beiträge zur Einleitung in das Alte Testament I. Halle (1806) S. 62f. — Die Kritik ist aber im Falle der Auslassung des Ortsnamens Refaim (2. Sam. 5,22) in I 14,13 deswegen nicht stichhaltig, weil er bereits in I 14,9 geboten wurde (vgl. oben S. 92). 93 S. 116. 94 Bei der Vorhalle II 3,4 a ist freilich merkwürdigerweise die Höhe erwähnt (1 nach G [bezüglich der Höhenangabe nach der Hs. 158, Arab und Editionen]:

rünfrv max nrurn ontov max rpan a m ns-Vv -pxn rran n s - b y ί ε κ a^xm. Ob das Fehlen der Breite als Korruption anzusehen ist (vgl. die cj in BHK 3 ), ist sehr fraglich, vgl. G, die auch nichts von der Breite erwähnt. Vgl. noch F. C. Movers a.a.O. S. 77f.; M.Rehrn a.a.O. S. 102; Rudolph S. 202f. —-Die Höhenangaben in II 4, lb. 2b; 6,13 sind wohl (außer 6,13 sekundäre) Nachträge aus

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8. E i n wichtiger Zug im Werk des Chronisten ist seine Neigung zur Verallgemeinerung, die, in ganz bestimmter Anwendung, das komplementäre Gegengewicht zu der auch anzutreffenden Tendenz einer auslegenden Spezifizierung bildet. Eine derartige Herstellung allgemeingültiger Aussagen läßt sich in manchen Fällen leicht durch die Weglassung gewisser Angaben der Vorlage erreichen. Hierher gehört auch die Vereinfachung (mit ihren verschiedenen Varianten), die der Chronist a m Titel der in den Quellenverweisen von Könige aufgeführten Annalen vornimmt, die mit einer gewissen Verschiebung der Vorstellung H a n d in H a n d geht 9 S . Aber auch im Geschichtsbericht selber finden sich solche Verallgemeinerungen. Zwar ist es eine Quisquilie, d a ß in I 16,3 bei den jeweiligen Nahrungsmitteln das Zahlwort „eins" übergangen wird; insbesondere ließ sich dieses ja auch nach hebräischem Sprachgebrauch im Sinne eines Indefinitpronomens verwenden 9 6 u n d war d a n n überflüssig. Ebenso wird m a n es dem Chronisten gern verzeihen, daß er in I 20,6 darauf verzichtete, in Wiederholung des Wortes nS22JS Finger u n d Zehen gesondert zu erwähnen, u n d den Begriff stattdessen allgemein im Sinne von „ E x t r e m i t ä t e n " n u r einmal verwendete. I n I 19,4 läßt der Ammoniterkönig H a n u n die israelitischen Gesandten nicht bloß ihres halben Bartes berauben, sondern gleich zur Gänze scheren — müßig, dem Chronisten zu unterstellen, er h ä t t e mit der Ersetzung der Substantive durch das Pronominalsuffix der Erzählung einen grotesken Zug („alle K ö r p e r h a a r e " ) 9 7 verliehen, den sie vorher nicht besaß. — I n I I 24,2 wird aus „alle seine Tage, da ihn der Priester J o j a d a unterwies" (2.Kön. 12,3) die ganze Lebenszeit J o j a d a s , offenbar einfach der K ü r z e halber. — Auch auf die N a m e n der in der Suite Hilkias von Josia zu H u l d a gesandten Vertrauenspersonen verzichtet die Chronik; sie bietet in I I 34,22 s t a t t dessen ein einfaches „und die, die der König genannt h a t t e " (so nach G). — I n I I 36,3 erscheint dem Chronisten das D r a m a in Ribla entbehrlich; worauf es ihm im sich überstürzenden, geradezu atemr a u b e n d Schlag auf Schlag berichtenden Schlußkapitel seines W e r k s a n k o m m t , ist allein die tolle Labilität des Davididenthrons, den jeder H a u c h von außen zum W a n k e n bringt 9 8 ; daher setzt er s t a t t aller Details das einzig entscheidende „ u n d er entsetzte ihn (Joahas)" (even(z.T. im Lauf der Überlieferung von Könige verlorengegangenen) Stellen von Könige. 95 An Stellen wären etwa zu nennen 1120,34; 24,27; 35,27; 36,8 u.a. Zu den Varianten im vereinfachten Titel s. unten S. 237 Anm. 82; zu der dahinter liegenden Vorstellung unten S. 237f. 97 »6 G.-K. § 125b. Rudolph z.St. 98 Vgl. 1136,2.5.10, wo um der Kürze willen sogar das negative Urteil über das Verhalten des Königs oder zumindest der Vergleich mit den Vätern weggelaßsen wird.

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tuell cj : „von der Regierung") 99 . — Deutlicher in die Linie einer exakter Historiographie unangemessenen Generalisierung gehören Stellen wie I I 9,28, wo Kue durch „alle Länder" ersetzt wird; in I 18, 11 stiftet David nicht bloß den Tribut „aller Völker, die er unterworfen hatte", sondern einfach „aller Völker"; und bereits ganz in die Richtung des allgemeinen Völkerkampfmotivs später Prophetie und Psalmendichtung weist die Ersetzung „Hasaels, des Königs von Aram" durch „das Aramäerheer" (II 24,23), der detaillierten Angabe über die Truppen des Königs von Maacha durch „und sein Volk" (I 19,7) und der Aufzählung der aramäischen Duodezfürstentümer durch „die Könige, die gekommen waren" (I 19,9). 9. An Weglassungen, deren Grund nicht ersichtlich ist, sei I 10,12 „und sie gingen die ganze Nacht hindurch" (l.Sam. 31,12) genannt. Daß das Sätzlein übergangen worden sei, um dem Gesetz Dtn. 21,22f. Genüge zu tun 1 0 0 , erscheint wenig glaubhaft: erstens ist dort von der Leiche eines aufgrund eines Todesurteils Hingerichteten die Rede, nicht von im Kampf Gefallenen; zweitens träfe die Schuld an einer solchen Verunreinigung des Landes ja die heidnischen Philister, und gegen den Einwand, daß diese Verunreinigung dennoch objektiv eintreten könne, ist zu sagen, daß ja der betreffende Landstrich gerade nach I 10,7 von den Heiden in Besitz genommen wurde, was gewiß in den Augen des Chronisten schlimmere Verunreinigungen zeitigte als das Liegenbleiben eines Leichnams. Die Weglassung wird noch rätselhafter, sobald man bemerkt, daß es sich bei der Notiz im deuteronomistischen Geschichtswerk selbst um eine epischem Stil gemäße ausgleichende Gerechtigkeit handelt, die der Chronist zerstörte, obwohl er sonst gerade solche Bezüge selber herstellte (vgl. unten Kat. VIII. 3) : wie einst Saul im Nachtmarsch die Jabesiten befreite (l.Sam. 11,9.11), so lassen sie ihm nun die Ehre einer solchen außergewöhnlichen Unternehmung zuteil werden. — Unklar bleibt auch die Weglassung des Prädikates „Knecht" für David (z.B. I I 1,8a; 7,10; 21,7) und für Salomo (als demütige Selbstbezeichnung weggelassen in I I 1,8b) 101 . c) Verdeutlichende Zusätze und Änderungen

(Kategorie V)

Es sollen auch hier nur Beispiele zur Sprache kommen, die sich im Rahmen der redaktionellen, editorischen Tätigkeit des Chronisten halten. 99

Zur Konjektur vgl. Rudolph z.St. So nach Rothstein auch G. von Rad, Das Geschichtsbild des chronistischen Werkes. B W A N T IV/3 (1930) S. 59f., van Selms, Rudolph. ιοί Vgl. unten S. 228 Anm. 42, wo die Stellen aufgezählt sind, an denen der Chronist den Begriff „Knecht" als Prädikat des Davididen beibehielt oder (II 32,16) gar herstellte. 100

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1. Man wird sogleich feststellen, daß ein Großteil der Zusätze aus stilistischen Erwägungen heraus gemacht wurde, und zwar unter dem Gesichtspunkt der größtmöglichen Präzision. Einige Fälle sind bereits als Gegenbeispiele zu gewissen Gruppen von Auslassungen erwähnt worden. — Noch rein im Gebiet der Grammatik bewegt sich I 19,19b, wo der Chronist sein Π2Χ Ν1?! dem ΊΧΤΊ (so die Orthographie in MT) von 2.Sam. 10,19b vorzieht, wohl um nicht denVerdacht aufkommen zu lassen, daß die Form von „sehen" abzuleiten sei wie in der ersten Hälfte des Verses, wo sie in dieser Bedeutung bereits einmal stand. — In I I 6,34 empfand der Chronist das absolute Τ57Π für Jerusalem, in 117,20 das absolute ΓΓ3Π für den Tempel als zu undeutlich 1 0 2 ; beide Male setzte er das Demonstrativpronomen hinzu (in I I 7,20 auch nach l.Kön. 9,8//, d.h. im Sinne von K a t . VIII). — Zur Verdeutlichung, daß in I 19,5 das Subjekt von ,,kamen und meldeten" ein unpersönliches und nicht etwa, wie man bei erstem Lesen meinen könnte, die beschimpften Abgesandten waren, fügt der Chronist zu dem „meldeten" hinzu: „über die Männer", einen Zusatz, den freilich G S a m · auch bietet, so daß allenfalls Kat. I I vorliegen könnte. — In einem gewissen Gegensatz zu den unter K a t . IV. 3 genannten Fällen stehen die Stellen, wo der Chronist aus einer elliptischen Formulierung einen vollen Ausdruck macht, so in I 19,17 „er rüstete zum Krieg" statt „sie rüsteten"; insbesondere gilt das für die Ergänzungen zum Verb nbti, vgl. I 13,9, wo „seine H a n d " in der Tat fast unentbehrlich scheint und denn auch vom Chronisten hinzugesetzt wird; ähnlich 119,2.16, wo der Chronist „Boten" ergänzt. Daß ihm absolutes „senden" unangenehm ist, zeigt auch I 19,6, wo als Objekt „1000 Talente Silbers" angegeben werden — woher dem Chronisten diese Kenntnis zuteil wurde, bleibt wie in ähnlichen Fällen dunkel 103 . — I n I I 18,34 setzt die Chronik statt des bloßen „der König" von l . K ö n . 22,35 „der König von Israel", und zwar nach dem in dem Kapitel üblichen Gebrauch (vgl. l.Kön. 22,2.3.4.5.6.8.9.10.18.20 [txt em, vgl. G], 26.29.30bis. 31.32.33.34), d.h. im Sinne von Kat. VIII. — Der Chronist vermeidet auch, aus Gründen der Klarheit, die Umschreibung des redenden Ich durch eine Demutsformel (II 1,8) 104 oder durch das 102 Ygi e t w a auch II 33,7, wo statt dessen der volle Ausdruck „Haus Gottes", oder 34,17, wo „Haus Jahwes" gesetzt wird, genau wie in II 26,21 „das Haus des Königs" statt des einfachen „das Haus". 103 Die Summe wird noch einmal im AT (2.Kön. 15,19) genannt, jedoch in recht verschiedener Funktion : hier geht es um den Tribut Menahems an Tiglatpileser III., der freilich wie in I 19,6// mit politisch-militärischen Sicherungserwägungen motiviert wird. 104 Ob freilich im Falle von II 1,8 noch andere Gründe mitspielten? Vgl. oben S. 101 bei Anm. 101 und umgekehrt dazu die Stellen unten S. 228 Anm. 42.

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deuteronomistische Gottesattribut des „Namens" (I 17,12). — Rein stilistisch bedingt und in die gleiche Richtung wie das unter K a t . IV. 2 angeführte Beispiel I I 1,10 weisend sind die Fälle, wo, wie in 121,22; 116,40 die deutliche, dramatisch-lebendige direkte Rede hergestellt oder der Jussiv durch den Imperativ ersetzt wird (I 21,23 der erste Jussiv). Auch hier (I 21,23bß) wieder vermeidet der Chronist die unförmige höfliche Umschreibung durch „der Knecht meines Herrn Königs" 1 0 5 und setzt bloß „ich gebe", eine Verbform, die er auch in V. 23b α einsetzt. — Zu gewunden und bildlich erschien dem Chronisten wohl der Ausdruck „meine Pferde sollen deine Pferde sein" (l.Kön. 22,4); er setzte in 1118,3 das allgemeinere „mit dir im Kriege", das sich an das freilich stehengelassene „mein Volk soll wie dein Volk sein" anschloß. 2. Ähnlich den stilistischen Auflösungen der Ellipsen lassen sich in der Chronik Beispiele einer geradezu pedantischen Neigung zur Vervollständigung und Abrundung eines Bildes oder einer Episode feststellen. Das gilt etwa für I 19,5, wo ein „und man ging" eingeführt wird, das durchaus nicht nur modal zu „man teilte David mit" steht (vgl. Kat. IV.3) — der Gedanke ist: die Informanten müssen, etwa von der ammonitischen Grenze aus, erst zu David gelangen, bevor sie ihn benachrichtigen können. — In vergleichbarer Weise ist es in I 21, 18a die letzte Aufgabe des Engels Gottes, Gad zuhanden Davids den Befehl zum Altarbau auf der Tenne Omans zu übermitteln, da in 2. Sam. 24,18 offenblieb, aus welcher Vollmacht Gad handle. — Eine Kleinigkeit ist die Zufügung der „Verklammerungen" I I 34,11, die im AT sonst nur noch I 22,3 vorkommen, als Interpretament zu der Nennung der Bauhölzer in 2.Kön. 22,6. 3. Einen hervorragenden Platz unter den chronistischen Verdeutlichungen nehmen jene Fälle ein, wo eine Spezifizierung, Individualisierung, Konkretisierung oder Historisierung vorliegt. Schon diese Beobachtung führt auf den Gedanken, daß wir uns hier nicht allzufern vom Kern der chronistischen Geschichtsgestaltung befinden. Zwar scheint diese Tendenz jener in Kat. IV. 8 beobachteten Neigung zur Verallgemeinerung zuwiderzulaufen — allein, jene ist vielmehr die unabdingliche Voraussetzung für diese ; und nur der Blick für das Allgemeine erlaubt es dem Chronisten, das Besondere sekundär daraus zu deduzieren und so „wie E f e u " den „abgestorbenen Stamm" der alten Geschichte „mit fremdartigem Leben" neu zu umgrünen 106 . Es 105 Denn so ist nach J. Wellhausen in 2.Sam. 24,23 zu lesen: Der T e x t der Bücher Samuelis. Göttingen (1871) S. 221: „es ist nur eine Anerbietung . . ., angenommen wurde sie nicht." 106 J. Wellhausen, Prolegomena zur Geschichte Israels. 6 (1927) S. 223. — Dieser Aspekt verbindet in der Tat die Chronik und den Midrasch (vgl. aber

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wird unten 1 0 7 zu erörtern sein, inwiefern mit dieser Historiographie der Chronik nichts qualitativ von früherer und frühester israelitischer Geschichtsbetrachtung Unterschiedenes auf den Plan t r i t t ; daß vielmehr das gleiche Prinzip der Verdichtung geschichtlicher Einzelfälle zu einem allgemeingültigen Bild, das dann mit eigenem, individuellem Leben erfüllt wird, in der Sage wirksam war. — E s stellt sich in der Chronik also jenes merkwürdige Problem der ,,Historisierung historischer Texte", das N . N . Glatzer auch in tannaitischen Texten, freilich im Gegensatz zur Chronik bloß als Randerscheinung, festgestellt und treffend so charakterisiert h a t : „Den Ausgangspunkt bildet hier nicht ein allgemeiner Text, der mit Geschichte erfüllt wird, sondern ein bereits geschichtlicher Text, dessen Inhalt aber vor einem neuen geschichtlichen Inhalt zurücktritt." 1 0 8 Die notwendige Mittelstufe zwischen den beiden Inhalten ist aber die abstrahierende Verallgemeinerung. Wenn wir es oben wegen des historiographischen Gesichtspunktes der Chronik ablehnten, sie als Midrasch anzusprechen, so muß nun umgekehrt gesagt werden, daß sie ihrem ganzen tertiären, exegetischen Charakter 1 0 9 entsprechend durchaus auf den für den Midrasch konstitutiven Gegebenheiten fußt. E s ist ihr Grenzcharakter, der die Chronik zu einer einzigartigen Erkenntnisquelle für die Gestaltung der historischen Überlieferung Israels macht: sie ist Geschichtswerk, aber von den Voraussetzungen des Midraschs her. Die Elemente, die durch ihre Gewichtsverteilung entweder die kanonische oder dann die außerkanonische Darstellung der Geschichte Israels bestimmen, halten sich in ihr die Waage. Nun aber zu einigen Beispielen für dieses Phänomen, das nach seiner inhaltlichen Seite von J . Wellhausen als Besserwisserei — das Prädikat fällt gleichermaßen im Zusammenhang der Chronik wie des Talmuds 110 —, nach der formalen, stilistischen von C.C. Torrey111 als Verschönerung, Verlebendigung, Einbildungskraft beschrieben wird und das wohl letzten Endes auch die Triebfeder für die Einschaltung vieler Stücke eigener schriftstellerischer Tätigkeit des Chronisten gewesen sein mag. — In I I 23,10 wird aus der allgemeinen Bewaffnung des (nach der Chronik) Volkes ein „Spieß", den jeder am Aufstand Beteiligte in der Hand trägt. Ein wichtiger Zug der Historisierung ist oben S. 52f.), gegen B. S. Childs, Isaiah and the Assyrian Crisis. Studies in Biblical Theology II/3. London (1967) S. 107 Anm. 4. 107 S. 166f. ios u . N . Olatzer, Untersuchungen zur Geschichtslehre der Tannaiten. (1933) S. 49. 109 Siehe oben S. 53f. 66, unten S. 240-242, hier besonders S. 241. 110 Chronik: a.a.O. S. 194; Talmud: a.a.O. S. 161. 111 Siehe oben S. 49 mit Anm. 7.

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natürlich, da einmal die Geschichte im Zusammenspiel individuell charakterisierter K r ä f t e besteht, die Bezeichnung dieser geschichtsträchtigen Einheiten, es seien Einzelpersonen, Familien, Nationen, Räume oder Zeiten. Mit andern Worten, es geht um die Nennung des Namens — ,,in der damaligen Zeit wußte man auch die Namen der Weiber Kains und der Urväter anzugeben" 1 1 2 . Die Anführung des Gesprächspartners Davids, Omans, in 121,22, bewegt sich freilich noch völlig im Rahmen der Realität, ebenso die Zufügung von „ H a n u n (und die Ammoniter)" in I 19,6 statt des bloßen „die Ammoniter". Daß, über 2.Kön. 11,12 hinaus, in I I 23,11 das Subjekt der Salbung des Joas auf „Jojada und seine Söhne" eingeschränkt und konkretisiert wird, wird moderner Historiographie kaum als dem wirklichen Hergang gemäß erscheinen; dem Chronisten war es selbstverständlich. I m nächsten Vers, I I 23,12, wird das schwierige Π57Π (Vif) von 2.Kön. 11,13 als „(der Lärm) des laufenden Volkes" begriffen und mit dem Zusatz „und der an der Akklamation Beteiligten" 1 1 3 versehen, was nicht bloß eine gute Umschreibung von 2.Kön. 11,12b// ist, sondern auch den „Lärm", von dem Athalja überrascht wird, erst völlig verständlich macht. — Wenn der Chronist in I I 18,2.3, geschichtlich nicht unbedenklich, den König jenes gemeinsam mit Josaphat unternommenen Aramäerfeldzuges mit „Ahab(, dem König Israels)" identifiziert, so hatte er darin bereits Vorgänger, vermutlich sogar den Deuteronomisten selber, vgl. l . K ö n . 22,20 114 . Dieses Beispiel würde, wäre es denn überhaupt nötig, zur Genüge zeigen, daß sich der Chronist nicht in der Art, höchstens in dem Maß der Anwendung gewisser Prozeduren, in diesem Fall der Historisierung, von seinen Vorgängern unterscheidet. — Nicht der Name Sanheribs oder Nebukadnezars als solcher, sondern seine zusätzliche Einsetzung in I I 32,10; 36,13 [vgl. V. 10] (anstelle von „Großkönig" und im letzteren Falle statt des vom Chronisten sonst freilich auch bevorzugten typischen Ausdrucks „der König von Babel") wird daher dem aufmerksamen Exegeten von Bedeutung sein. — Historisierende Einschränkung auf eine individuelle Einzelperson liegt in der bekannten Stelle I 17,11 vor. Was in 2. Sam. 7,12 der Nachkommenschaft Davids im allgemeinen verheißen wird, bezieht der Chronist auf den, „der unter deinen Söhnen sein wird", d.h. auf Salomo. Rudolph116 weist d a r a u f h i n , daß 112 J. Wellhansen a.a.O. S. 222, vgl. S. 216. — In der Chronik zeigt es sich freilich, daß der Löwenanteil an solchen Namenslisten und -Identifikationen zu Lasten der sekundären kultischen Zusätze geht. Zu ihnen vgl. unten S. 194-204. 113 So ist, mit MT, gegen G zu lesen, die in ihrer vielleicht von jener sporadischen kultischen Überarbeitung beeinflußten Vorlage noch „und der Danklieder Singenden" vorfand. 114 115 Siehe oben S. 59 Aran. 49. S. 133.

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auch hier der Historisierung des Chronisten bereits jene der Überlieferung des Samuel-Textes vorangegangen war, wo in V. 13 ebenfalls Salomo allein gemeint ist. D a ß der Chronist nach Ausweis von I 22,9f. ; 28,5f. ; I I 6,9 auch in der Frage der N a c h k o m m e n s c h a f t Davids durchaus im R a h m e n der Geschichtsschreibung bleibt und I 17,11 daher nicht messianisch verstanden werden darf, h a t Rudolph116 ebenfalls einleuchtend nachgewiesen. Man wird von hier aus auch die Weglassung der Aussage über die Ewigkeit der Königsherrschaft ( l . K ö n . 9,5) verstehen d ü r f e n : der Thron Salomos war als solcher selbstverständlich nicht ewig (117,18; vgl. 9,8). I n das Gebiet der Historisierung gehört auch die Vermeidung des Begriffs „sein V a t e r " im Sinne des „Vorfahren", so z . B . I I 27,9 (anders I I 28,1 u.ö.). Vgl. auch die Eintragung von Salomo in I I 7,10. — Dem Chronisten als Geschichtsschreiber liegt natürlich nicht n u r an der geschichtlichen Einzelperson, sondern auch an der Familienindividualität. Das zeigt sich in seinem Interesse an der Verwandtschaft Davids u n d ü b e r h a u p t in der K l ä r u n g familiärer Relationen, wie sie sich etwa im Zusatz „sein [sc. J o a b s ] B r u d e r " zu Ab(i)sai I 19,15 117 findet, oder auch in der Ersetzung von „der Sohn Josias" durch den gleichen, n u n auf J o a h a s bezogenen Ausdruck in I I 36,4 f ü r Jojakim 1 1 8 . — F ü r die Berücksichtigung auch größerer geschichtlicher Einheiten (Stämme, Nationen usw.) sprechen etwa die Stellen, wo der Chronist, unter genauer Beachtung des historischen Dualismus u n d seines sprachlichen Niederschlages im Parallelismus, s t a t t eines allgemeinen Pronominal116

Ebd. Zur Verwandtschaft Davids und ihrer Bedeutung in der Chronik vgl. oben S. 57 Anm. 42; S. 75 mit Anm. 116; unten S. 216 Anm. 8. 118 Eine ähnlich genaue Verwandtschaftsbestimmung Zedekias liegt in II 36,10 vor, wo mit G (vgl. Lev. 18,14) „den Bruder seines Vaters" zu lesen ist (Ausfall in MT wegen Homoiarkton). Demnach hätte der Chronist das „Onkel" seiner Vorlage im Sinne von „Onkel väterlicherseits", d.h. aus der Davididenfamilie, präzisiert, was ganz seiner Art entspricht und natürlich auch historisch zutrifft. Zwar ist das chronistische Schlußkapitel der staatlichen Zeit Israels im Vergleich zur Vorlage in Könige = Jeremía bereits stark verdichtet, aber schon hier jene typologisierende Zusammenschau von Jojakim und Jojachin anzunehmen, wie sie in Dan. 1,1 f. vorliegt, legt sich kaum nahe und erübrigt sich durch die befürwortete Konjektur. Die Indizien, die K . H . Graf, Die geschichtlichen Bücher des Alten Testamentes. Leipzig (1866) S. 182 f. im Sinne einer solchen Identifikation anführt, lassen sich auch anders plausibel machen: die Beschreibung einer Deportation Jojakims II 36,6 ist wie jene Manasses deutlich nach Zedekias Schicksal 2.Kön. 25,7 = Jer. 39,7 = Jer. 52,11 typologisiert und hat jedenfalls im Gegensatz zu Dan. 1, l f . nicht zu einer Identifikation von Vater und Sohn geführt ; dasselbe gilt von der an verschiedenen Passagen von G (nicht in G c h r ·) bezeugten Gleichheit der Namensform; und daß Joahas in 3.Esr. 1,32 „Jechonias" genannt wird, impliziert ja gar eine dritte sekundäre Identifizierung. 117

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suffixes sein „Juda und die Bewohner Jerusalems" setzt (1133,9) oder wo er den Ausdruck „ J u d a und Jerusalem" gar von sich aus setzt (1124,6; 36,4.10 u.ö.). Auch die genaue Differenzierung von AramMaacha und Aram-Zoba in I 19,6, wo die Vorlage 2.Sam. 10,6boc bloß von dem letzteren redet, in V. 6bβ aber den König von Maacha erwähnt, entspricht der historisierenden Manier des Chronisten. Genau gleich ist die weiter von der Vorlage wegführende Spezifizierung des „Volkes" von 2.Kön. 22,4 in „Manasse, Ephraim, der ganze Rest Israels und ganz J u d a und Benjamin und die Bewohner Jerusalems" in I I 34,9 zu bewerten. — Auf der Grenze zwischen personaler und lokaler geschichtlicher Individualisierung stehen Stellen wie I I 34,6, wo aus den „Städten Samarías" die „Städte Manasses und Ephraims und Simeons und bis Naphtali" geworden sind. Lokalisierung findet sich auch in jenem merkwürdigen chronistischen Zusatz von I 19,7, wo genau, wiewohl wegen der weiten Entfernung nicht recht glaubhaft, gesagt wird, daß die verbündete Aramäerkoalition eine Bereitschaftsstellung bei Madeba bezogen habe, während in den Städten der primär betroffenen Ammoniter mobilgemacht worden sei. Ins gleiche Kapitel gehört die genaue Bestimmung „des Flusses" von 2. Sam. 8,3 als des Euphrats (I 18,3). — In die zeitliche Dimension führt I I 21,7, wo sich der Chronist das vielleicht aus visV 119 verderbte IM ab seiner Vorlage als genealogische Differenzierung der „Leuchte" als bildlichen Ausdrucks der „corporate personality" zurechtlegt: „ihm [sc. David] immerdar eine Leuchte zu geben, nämlich seine Söhne." 120 Ähnlich vervollständigte der Chronist in I I 6,25 das „den Vätern" der Vorlage durch „ihnen und (den Vätern)", denn die Gabe des Landes gilt jeder einzelnen Generation. Zu der konkretisierenden Ersetzung der die vorstaatliche Periode Israels in Kanaan charakterisierenden „Richter" durch deren letzten Vertreter „Samuel" in I I 35,18 und zu der für das Geschichtswerk konstitutiven differenzierenden Epocheneinteilung sollen unten 1 2 1 die wichtigsten Gesichtspunkte angeführt werden. Durch welche einfachen Mittel der Chronist u. U. eine solche Unter119 So B H K 3 zu 2.Kön. 8,19, unter Verweis auf l.Kön. 11,36. Allerdings muß deutlich gesagt werden, daß es sich um eine freie Konjektur handelt, da G in 2.Kön. 8,19 teils mit MT „seinen Söhnen", teils mit 50 hebr. Hss. und mit Editionen, Vulg und Targ „und seinen Söhnen" liest. Eine Ausnahme bilden Β und Syh, die ein Äquivalent überhaupt nicht oder nur unter Asterisk bieten (falls das die in Könige ursprüngliche Lesung wäre, müßte man Rücktragung der chronistischen Spezifizierung nach MT K ö n · annehmen. 120 Zum Verständnis der Form mit Ie als Apposition (hier zum Akk.) vgl. E.König, Historisch-kritisches Lehrgebäude der hebräischen Sprache . . . Bd. II/2 Syntax (1897) § 333; A.Kropat a.a.O. § 18 S. 49. 121 S. 211-214. — Ein schönes Beispiel für die chronistische Historisierimg nach ihrem zeitlichen Aspekt auch bei B.S. Childs a.a.O. S. 108 (II 32,9).

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Die Chronik als Auslegung

Scheidung zum Ausdruck bringt, zeigt I 20,1, wo durch die bloße Einfügung des „und er kam", das schon nach K a t . IV. 3 nicht modal zu „er belagerte" verstanden werden darf, deutlich die beiden Phasen der Verwüstung des Landes und der Belagerung der Stadt Rabba voneinander abgehoben werden. — Paradestücke der Historisierung sind die Ersetzungen in den Quellenverweisenm. Im großen und ganzen wird das stereotype „und alles, was er getan h a t " der deuteronomistischen Verweise nach zwei Weisen spezifiziert: entweder wird, als Apposition zu den ebenfalls beim Deuteronomisten vorgegebenen „Sachen" ein „die früheren und die späteren" hinzugesetzt 123 , das offenbar keine andere Bedeutung hat als den dürren deuteronomistischen Ausdruck im Sinne einer biographisch-zeitlichen Perspektive aufzulockern 124 , oder die deuteronomistischen „Sachen" werden inhaltlich differenziert, indem ihnen etwa ein Begriff wie „seine Treueerweise" 125 oder negativ „seine Freveltaten" 1 2 6 zugefügt wird, oder indem er in die Komponenten „seine Kriege und Wege" 127 oder „seine Wege und Sachen" 1 2 8 zerlegt wird. I n diesem zweiten Fall ist deutlich eine Scheidung der Aspekte Geschichte und Ethos, Ergehen und Tun, biblischer gesprochen von actio Dei und reactio hominis, beabsichtigt, deren Korrelation ja in hervorragendem Maße das Interesse des Chronisten gilt 129 . Diese zweite Form der Ersetzung kann sich dann bei Joas und Manasse noch weiter bis zu detaillierten Einzelrekapitulationen oder -beschreibungen entwickeln 130 . Beide Typen der Konkretisierung des Quellenverweises, der chronologische und der inhalt122 Zu ihnen als ganzen und ihrer Funktion im Werk des Chronisten vgl. unten S. 229-241. 123 (I 29,29: David); I I 9,29: Salomo; 12,15: Rehabeam; 16,11 : Asa; 20,34: Josaphat; 25,26: Amazja; 26,22: Usia; 28,26: Ahas; 35,27: Josia. 124 K . H . Graf a.a.O. S. 189 verweist für die Bedeutung auf die Stellen Dtn. 2 4 , 3 . 4 ; 29,21; Hag. 2,9; Pred. 1,11. 125 11 32,32: Hiskia; 35,26-27: Josia, wodurch Hiskia und Josia auch in den Quellenverweisen stilistisch vor den andern Königen herausgehoben werden; ein Befund, der der sachlichen und strukturellen Analyse der Chronik durchaus entspricht, vgl. unten S. 213 mit Anm. 30. 126 127 11 36,8: Jojakim. 11 27,7: Jotham. 128 II 13,22: Abia; in umgekehrter Aufzählung 1 1 2 8 , 2 6 : Ahas. 129 Das drückt sich auch im Stil aus; so in den Antithesen „suchen — finden", „(Gott) verlassen — (Gott die Menschen) verlassen" u.a. Vgl. zu dieser in Stellen wie D t n 4 , 2 9 ; Jes. 55,6; Jer. 29,13 (s. auch Hos. 4,6) verankerten Form theologischer Aussage I 28,9; I I 12,5; 14,6 (1 c G „wie wir nach ihm gefragt haben, . . . h a t er nach uns gefragt"); 15,2.4.15; 24,20; 30,6 und überhaupt den Ausdruck des „unendlichen qualitativen Unterschieds" zwischen Gott und Mensch (nach Stellen wie Jes. 31,3) in I 29,1 ; I I 19,6 (vgl. eventuell Dtn. 1,17); 20,15 (vgl. l . S a m . 17,47); 32,8 (vgl. Jer. 17,5). 130 11 24,27: Joas; 33,18-19: Manasse. — Die Einzelexegese des Quellenverweises zu Manasse unten S. 239f.

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liehe, treten bei Ahas und Josia vereinigt auf 131 . — All die kleineren Spezifikationen, die sich in der Chronik finden, aufzuzählen, wäre eine müßige Angelegenheit; jeder Leser spürt sie oft selbst ohne Vergleichung des Textes der Vorlage, so etwa II 3,8f. die Angabe der 600 Talente Blattgoldes und der 50 Schekel Goldes für die Nägel (vgl. I 29,1-5 im Sondergut), oder II 4,8a die Zehnzahl der Tische, gegen l.Kön. 7,48, wo nur ein Tisch, und zwar für die Schaubrote, genannt ist. Die Zehnzahl wird der Chronist wohl aus der Anzahl der Leuchter (l.Kön. 7,49//II 4,7), für die er die Tische bestimmt fand, erschlossen haben. Woher ihm die Hundertzahl der Sprengschalen II 4,8b bekannt war, muß offenbleiben ; in l.Kön. 7,50 ist sie jedenfalls nicht erwähnt. — In numerischer Hinsicht erträgt der Chronist die globale Nennung der kriegführenden Aramäerstaaten nicht und setzt daher vor jeden der drei Koalitionspartner ein partitives |Q. Es bedarf keines Wortes, daß von hier zu den bis zum Überdruß erörterten chronistischen Zahlenangaben ein kleiner Schritt ist 132 . 131

11 28,26: Ahas; 35,26f.: Josia. Folgende Gesichtspunkte sind hier zu beachten: a) Die Angaben über Zahlen gehören wie jene von Eigennamen zu den unzuverlässigsten P u n k t e n der Überlieferung des hebr. Textes und besonders der Versionen, und zwar im ganzen AT (vgl. Goettsberger S. 13 u n d die dort genannte Literatur). F.C. Movers a . a . O . S. 55-64 rechnet mit der Fixierung der Zahlen durch Zahlzeichen, Wörter, Buchstaben u n d Ziffern — daß das Problem der ursprünglichen Notierung bis heute noch nicht geklärt ist, zeigt M. Noths Forderung nach einer zusammenhängenden Untersuchung, a . a . O . S. 137 Anm. 3. — b) F.C.Movers schon h a t a . a . O . S. 55f. daraufhingewiesen, daß die Abweichungen der Chronik von ihrer Vorlage keineswegs durchgehend im Sinn einer Erhöhung laufen; Stellen, wo die Chronik geringere Zahlen hat, sind : I 11,11 (wohl K a t . V I I I : verderbter Text nach V. 20 ersetzt); 21,5 (in der sekundären separaten Angabe zu Juda). 12 (wohl K a t . I I , Veränderung in der Uberlieferung von 2. Sam. 24,13 etwa nach Gen. 41,27. 30.36, vgl. G S a m ·) ; I I 3,16; 9,25; 36,9. — c) D a ß öfters seriös gerechnet wurde, zeigen Stellen wie I 19,6-7, wo die Anzahl der Wagen der Koalition (32000) aus den Angaben der Vorlage 2.Sam. 10,6 für die Infanterie, 12000 und 20000, addiert ist, vgl. Rothstein u . a . ; 1 2 1 , 5 ist nur die Gesamtsumme Γ100000 in der Chronik ursprünglich: sie setzt sich aus den Angaben der Vorlage 2.Sam. 24,9 für Israel (800000) u n d für J u d a (500000) abzüglich der pauschal zu je 100000 (vgl. I I 11,1) gerechneten Anzahl für die nach 1 2 1 , 6 nicht erfaßten Stämme Levi u n d Benjamin zusammen, vgl. Curtis u . a . ; I I 2,16, wo die Summe aus l . K ö n . 5,29 gezogen wird; 113,15, wo die in der Chronik ursprüngliche Länge der beiden Säulen (30 Ellen) aus dem schon z.Z. des Chronisten verderbten Text von l . K ö n . 7,15 errechnet ist, unter Auffassung des Umfangs der zweiten Säule als Länge: 18 und 12 Ellen, vgl. Curtis, Noordtzij, van Selms, Rudolph. — d) Daß gewisse zahlenmäßige Übersteigerungen nicht zu Lasten des Chronisten, sondern späterer Überarbeitung gehen, zeigen die Verse I 22, 14-16, deren phantastisch hohe Zahlen im Widerspruch zu den Angaben des Chronisten in I 29,4 stehen und daher wohl als sekundär zu gelten haben, vgl. Rudolph u . a . 132

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Die Chronik als Auslegung

Daß alle diese an parallelen Abschnitten gewonnenen Beobachtungen zum Phänomen der Historisierung in noch weit ausgedehnterem Maße am Sondergut gemacht werden könnten, ja daß letztlich dieser Wesenszug der Chronik, die historisierende E n t f a l t u n g der überkommenen historischen Tradition, Ursache und Motiv f ü r den Einbau des Sondergutes war, sei hier nur zum Schluß erwähnt. Aus dem vorgeführten Material und der vorgeschlagenen Beurteilung ergibt sich jedenfalls, daß der Historiker bei der Anwendung des Arguments der „unerfindlichen Nachrichten" äußerste Vorsicht walten lassen muß 1 3 3 . 4. Daß aber im Grunde genommen wirklich alle Zusätze nur im Sinn einer Auslegung der Vorlage verstanden werden dürfen, zeigt sich an den Beispielen, bei denen deutlich zu erkennen ist, daß ihr Ersetzungs- oder Zusatzcharakter nur der Explizierung eines impliziten Gedankens dient. So etwa, wenn in I 20,4 zu der Notiz vom siegreichen Zweikampf des Husathiters Sibbechai mit Sippai als dem Vertreter der Refaiter der chronistische Lieblingsausdruck ,,und sie muß ten sich demütigen lassen" hinzugefügt wird 1 3 4 . Die Einfügung von Ί0Ν1? in I 21,9 dient zur Abgrenzung des innerhalb der Gottesrede an Gad dem Propheten aufgetragenen Botenspruchs, obwohl dazu an und f ü r sich die Botenspruchformel bereits genügt hätte. Ähnlich dient das ,,du sagtest ( = du dachtest)" von I I 25,19 deutlich zur Abhebung der Sach- von der Bildhälfte des Gleichnisses, das J o a s dem vermessenen Amazja zur Antwort werden läßt. Das am Schluß von I I 4,5 hinzugefügte ¡7,ΤΠΏ ist, ob chronistisch oder nicht, glossierende Verdeutlichung von das daneben, wie in I I 7,7//, beibehalten wurde. I n I I 9,6 wird „die H ä l f t e " deutlicher mit „die Hälfte deiner Fülle an Weisheit" wiedergegeben, wodurch sich zugleich das schwerverständliche „Weisheit u n d Gutes" der Vorlage l . K ö n . 10,7 erübrigte. — 133 y g i . etwa Rudolph S. 289, wo zu I I 28,5-8 außer einer gegenläufigen Tendenz zu einer hypothetischen negativen „Einschätzung des Nordreichs durch den Chr." u n d außer dem Fehlen eines ebenso hypothetischen, offenbar als durchgängig anzunehmenden „Glaubensinteresses" als einziges Argument, das „auf jeden Fall gegen Erfindung" spreche, „die präzisen Angaben von V. 7 mit den singulären H o f b e a m t e n t i t e l n " angeführt wird. U n d die gleich folgenden Verse 9-15 gelten als geschichtlich glaubhaft, weil „es angesichts der sonstigen Einstellung des Chr. zum Nordreich . . . auf der H a n d [liegt], daß er diese Begebenheit nicht erdichtet haben kann, sondern etwas Entsprechendes in seiner Quelle vorfand. D a f ü r sprechen . . . die Namen von V. 12 . . ." — Ähnlich heißt es S. 265 zu Elieser b. Dodawahu aus Maresa (II 20, 37): „ D e r Prophet selbst, nach Namen u n d H e r k u n f t nicht alltäglich u n d sonst unbekannt, e n t s t a m m t gewiß der Quelle des Chr." 134 Mit Rudolph in der Übersetzung, während Note f dazu lautet : „Man wird min-Kena'an . . . zu lesen haben, eine Glosse, die darauf hinweisen wollte, daß hier unter den Refä'im, die sonst meist im Ostjordanland auftauchen . . ., die westjordanischen . . . zu verstehen sind."

Interpretation.

Ill

Daß in I I 32,21 V5J» n c ^ » (1 Q) „welche von seinen leiblichen Abkömmlingen" 1 3 5 als die Mörder Sanheribs angegeben werden, ist ein Zusatz zu 2.Kön. 19,37, aber auch eine Ersetzung des einfachen „seine Söhne" von Jes. 37,38. — Die bereits erwähnte Ersetzung der Bezeichnung Jojakims als „Sohn Josias" durch „sein [sc. Joahas'] Bruder" ist nicht mehr als eine verdeutlichende Variantaussage, die der leichteren Verständlichkeit der Vorlage dient, auch sie selbstverständlich nur Explizierung eines in der Vorlage implizierten Gedankens. Erschien dieser Gesichtspunkt, neben stilistischen, oft mit dem Thema des Chronisten und seiner Durchführung zusammenhängenden Rücksichten, in der editorischen und redaktionellen Arbeit — man ist versucht zu sagen : für den Chronisten selbstverständlich — als der maßgebliche, so gilt das natürlich mindestens ebensosehr für die im folgenden zu behandelnde zweite Ebene chronistischer Aufnahme und Wiedergabe der historischen Überlieferung.

3. a) Adaptation

(Kategorie

Interpretation

VI)

„Unter dem Einfluß des Zeitgeistes ist der gleiche, ursprünglich aus Einer Quelle geflossene Überlieferungsstoff sehr verschieden aufgefaßt und geformt worden, anders im neunten und achten Jahrhundert, anders im siebenten und sechsten, anders im fünften und vierten. . . . Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Tradition sagenhaft oder historisch ist, ob sie vorgeschichtliche oder geschichtliche Zeiten betrifft: der Wechsel der herrschenden Ideen prägt sich gleichmäßig hier wie dort aus." 1 Daß sich die Chronik in ihrer Thematik, der Untersuchung des Problems der Staatlichkeit anhand der Geschichte der Israel repräsentierenden Davididen, ihrer Zeit verpflichtet weiß, ist auch der Ausgangspunkt dieser Arbeit 2 . Diese Erkenntnis führt aber noch keineswegs aus sich selbst zu dem Schluß, weil dem so sei, manifestiere sich in der Chronik die herrschende Meinung, sei es nun der Zeit, sei es irgendeines Traditionskreises. Vieles spricht dafür, daß die Chronik als Mahnruf wider einen erlahmenden, resignierenden Geist der Zeit 135

Mit Rudolph ist „Abkömmlinge" als ein PI. von der freilich nicht belegten qatil-Bildung zu verstehen. — Zum zusammengesetzten Ausdruck (jäsä und me'lrn) vgl. Jes. 48,19; Gen. 15,4; 2. Sam. 7,12 (in der Chronik ersetzt, vgl. oben S. 105f.); 16,11. 1 J . Wellhausen, Prolegomena zur Geschichte Israels. 6(1927) S. 165. 2 Siehe oben S. lOf. ; unten S. 204f., 207.

112

Die Chronik als Auslegung

oder der Strömungen geschrieben ist, und zwar als eine bewußt unzeitgemäße Betrachtung der Vergangenheit, die ob der so völlig davon verschiedenen Gegenwart, der der Zeitgeist zu erliegen drohte, mehr und mehr in Vergessenheit geriet. Soweit wir wissen, steht die Chronik zwischen dem Exil und der Makkabäerzeit einzigartig da, und nichts berechtigt uns, sie als profilierten Ausdruck eines wie auch immer gearteten Zeitgeistes zu verstehen. Die Frage spitzt sich darauf zu, ob die Chronik nur euphemistischerweise, wie J . Wellkausen3 sich ausdrückt, oder ernsthaft Geschichtsschreibung genannt werden könne. Natürlich sind ausschließlich die Maßstäbe des Altertums, im vorliegenden Falle des nachexilischen Israel, anzulegen, und insofern spielt freilich der Zeitgeist eine Rolle. Eine gerechte Betrachtung lehrt, daß die Chronik durchaus von einem historiographischen Bewußtsein getragen ist 4 . Geschichtsschreibung aber bedeutet Vermittlung der Vergangenheit an die Gegenwart, in möglichst vollkommener Gefolgschaft der Quellen. Eintragung gegenwärtiger Ideen, Ereignisse und Institutionen, soweit sie nicht zum Zwecke der erläuternden Analogie eingeführt werden, würde Verrat an der Aufgabe und Ehrfurchtslosigkeit vor der — im Falle der Chronik — gottgewirkten Vergangenheit bedeuten. Statt von einer Rückbeziehung der Gegenwart in die heilvolle Vergangenheit wäre von einer Nivellierung der Quellen nach Maßgabe der Gegenwart zu sprechen. J . Wellhausen hat, wie oben 6 gezeigt, auf das Phänomen der Historisierung hingewiesen. Es war ihm, bei aller Gültigkeit der eingangs dieses Kapitels zitierten Worte, selbstverständlich, daß die aktualisierende Adaptation zumindest nicht das einzige Anliegen des Chronisten war. Unserem Jahrhundert blieb es vorbehalten, die Chronik wider ihre eigene Meinung hauptsächlich als „Korrektur des Bildes der älteren Quellen . . ., die durch spezifisch jüdische Dogmen und Interessen veranlaßt i s t " 6 zu verstehen. Mit C.C. Torrey7, G. von Rad*, 3

4 5 A.a.O. S. 202. Siehe unten S. 207-215. S. 103f. C. Steuernagel, Lehrbuch der Einleitung in das Alte Testament. (1912) S. 385. 7 The Chronicler as Editor and as Independent Narrator. AJSL 25 (1909) S. 157-173. 188-217, wonach es die Absicht des Chronisten gewesen sei, "to establish the supreme authority of the Jerusalem cid tus . . . what he planned . . . was not merely a 'history of the Levites' ; it was a history which was designed to set the whole Jerusalem church on its feet, once for all", m.a.W., die Chronik ist als Ätiologie der nachexilischen Kultgemeinde geschrieben (die Zitate a.a.O. S. 157. 159 = Ezra Studies. Chicago (1910) [ = New York (1970)] S. 208. 210). 8 Das Geschichtsbild des chronistischen Werkes. B W A N T 54 (IV/3) (1930) S. 11. 33. 133 u.ö., vgl. oben S. 10. 49f. — Bei von Rad wird immerhin noch die Unvereinbarkeit zwischen dieser inhaltlichen Bestimmung als einer in die Vergangenheit projizierten Gegenwart (S. 121) und der Form als eines Geschichte6

Interpretation

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O.Plöger 9 , Ο.H. Steck10 u.a. gewinnt diese Ansicht zusehends an Boden. Nun ist es über jeden Zweifel erhaben, daß die Chronik ein aktualisierendes Moment enthält — sie war ja an die Zeitgenossen gerichtet. Aber gibt es neben dieser selbstverständlichen, durch die Verhältnisse und den Verstehenshorizont der Adressaten bedingten Adaptation der Vergangenheit an die Gegenwart noch eine gewollte, bezweckte Hereinholung der Geschichte in die Gegenwart zu deren Rechtfertigung und Glorifizierung ? Sollte durch die Adaptation in der Chronik so noch abschließend statuiert werden, daß „das Ziel der früheren eschatologischen Erwartung . . . in der ausschließlich auf Kult und Gesetz gegründeten Gemeinde im Prinzip bereits erreicht" war 11 ? Sollte es wirklich exegetisch vertretbar sein, die Chronik als Hauptexponenten einer exklusiv theokratischen Position 12 zu werten? 1. Niemand wird einer redaktionellen Bearbeitung die Korrumpierung des zu redigierenden Originals als treibendes Motiv unterstellen. Wie fließend aber die Grenzen zwischen Redaktion und Interpretation sind, zeigen gerade die Ersetzungen im lexikalischen Bereich, die natürlich eine Adaptation der Vorlage an die Gegenwart darstellen, werkes spürbar — und sei's auch nur, daß der Chronik dieser Charakter und diese Intention schlichtweg abgesprochen wird (S. 133). 9 Theokratie und Eschatologie. WMA NT 2 2 (1962). Plöger gewinnt hier S. 54 den „Eindruck . . ., daß das chronistische Geschichtswerk nicht nur durch eine nach außen hin gerichtete, antisamaritanische Spitze, sondern auch durch eine nach innen gekehrte, antieschatologische Blickrichtung bestimmt ist." Träfe dieser Eindruck zu, dann wäre der Chronik der Charakter einer aus den Quellen erwachsenen u n d nach Maßgabe des Möglichen von der eigenen Zeit abstrahierenden Geschichtsschreibung allerdings abzusprechen. Die Aussagek r a f t der Chronik läge dann in den aktuell-polemischen Bezügen, nicht im Gewicht der verwendeten Quellen. Nur unter einem solchen Gesichtspunkt k a n n dann der Chronik auch ernsthaft eine „antieschatologische Blickrichtung" attestiert werden — denn ein Geschichtswerk k a n n von Sache u n d Form her selbstverständlich nicht eschatologisch geprägt sein, u n d es widerspricht jeder gesunden Vernunft, historiographische und prophetisch-apokalyptische Texte mit der gleichen Elle zu messen. 10 Das Problem theologischer Strömungen in nachexiiischer Zeit. E v T h 9 (1968) S. 445-458, wo das „theologische Anliegen" der Chronik ganz im Sinne C.C.Torreys „in der Begründung der nachexilischen Kultgemeinde" gesehen wird (S. 450). 11 O. Plöger a . a . O . S. 57. 12 U n d zwar einer theokratischen Position, die in scharfer Antithese zu andern, oft als „apokalyptisch" bezeichneten Strömungen des nachexilischen J u d e n t u m s stünde? Sollte eine vorsichtige moderne Geschichtsschreibung nicht bei der Sicht des elften Kapitels von J . Wellhaiisens Prolegomena (a.a.O. S. 409424) stehenbleiben, wo die Theokratie als die Grundlage des ganzen nachexilischen J u d e n t u m s beschrieben wird (vgl. v . a . S. 418, wo von der gegenseitigen Bedingtheit der „excentrischen Hoffnungen" u n d dem Bemühen, „den heiligen Rest . . . fest zu organisieren" die Rede ist)?

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doch mehr eine Adaptation aus der Not der Zeit denn aus einem zufriedenen Gegenwartsbewußtsein heraus. Für die Redaktion, deren Ziel die Bewahrung und Überlieferung des Textes ist, wie für die daraus hervorgehende Interpretation, gerade in der Chronik, gilt daher das Wort J . Wellhausens, das gegen A. Geigers Urschrift und Übersetzungen der Bibel 13 fiel: „Daß eine schließliche Ausartung der Naivetät, mit der die Überlieferung des Textes behandelt wurde, auch zu Änderungen führte, welche nicht auf einer wenigstens möglichen Deutung beruhen, sondern der wahren Meinung des Ursprünglichen vielmehr Gewalt anthun, ist nicht zu leugnen. Ich halte es aber für eine Umkehrung des wirklichen Sachverhalts, wenn man die tendenziose' Änderung nicht als einen letzten Auswuchs der herrschenden Willkür, sondern als das treibende Motiv derselben betrachtet, wie es Geiger t h u t . . Charakteristisch für die Art der chronistischen Arbeitsweise sind jene Stellen, an denen es ganz einfach um die Substituierung eines bekannteren, meist auch allgemeineren (vgl. Kat. IV. 8) Wortes an die Stelle eines ungebräuchlich gewordenen geht. So kommt VtfX (I 10,12) im AT nur noch in Gen. 21,33 und l.Sam. 22,6 vor; und die Chronik befindet sich mit der Setzung des allgemeineren nVx ganz auf der gleichen Linie wie die Deutungsversuche von G (αρουρα), des Aquila (δενδρών), Symmachus (φυτόν) oder des Theodotion (δρΰς) zu l.Sam. 31,13 15 . — Nicht ganz so klar liegt der Fall bei der Ersetzung von m i durch Π DU in I 10,12. Der Chronist scheint aber auch hier das jedenfalls mittelhebräisch etwas allgemeinere HDU vorgezogen zu haben, obwohl er damit einen neuen Begriff in die alttestamentliche Hebraität einführte, wo ΓΡΙ! in breiter Streuung von Gen. bis Dan. 13mal belegt ist. Auf eine Bedeutungsnuance, etwa „ R u m p f " im Gegensatz zu „Körper" 1 6 , zu rekurrieren, dürfte sich erübrigen, da die Begriffe synonym gebraucht zu werden scheinen 17 . Für die Beurteilung der Ersetzung ist die Beobachtung nicht ohne Belang, daß das Targum Jonathan ΓΓΊϊ in l.Sam. 31,10.12 in allen drei Fällen mit φ ΐ wieder13 A. Geiger, Urschrift und Übersetzungen der Bibel in ihrer Abhängigkeit von der innern Entwicklung des Judentums. Breslau 1 (1857); Frankfurt a.M. 2 (1928). 14 J. Wellhausen, Der Text der Bücher Samuelis. Göttingen (1871) S. 28f. 15 Vgl. S.K.Mosiman, Eine Zusammenstellung und Vergleichung der Paralleltexte der Chronik und der älteren Bücher des Alten Testaments. Diss. phil. Halle (1907) S. 51. 16 Vgl. S .Mandelkern, Concordantiae hebraicae chaldaicae. Bd. 1 2(1937) S. 258c. 17 Vgl. HAL S. 177 a. — Spricht die Stelle im Targüm schënl zu Esth. 1,12, wo von güfik ügewljätik (sc. Esthers) die Rede ist, für oder gegen diese Synonymität? (Levy, CWT Bd. 1 S. 130a).

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gibt 18 . Auch in mindestens zwei weiteren Fällen lexikalischer Ersetzungen geht die Chronik mit dem genannten Targum: I 15,29, wo das außer in der Vorlage 2. Sam. 6,16 nur Gen. 49,24 gebrauchte US I I durch T p l im Part. pi. (Chronik) oder pa. (Targum) wiedergegeben wird 19 , und I I 2,15, wo die Chronik "JSSn von l . K ö n . 5,22 genau wie das Targum Jonathan durch "[31(1)2 ersetzt, obwohl dieses Hapaxlegomenon im A T ist. Es läßt sich natürlich schwer entscheiden, ob das Targum jeweils unter dem Einfluß der Chronik-Stellen steht 20 , oder ob wir hier in der Chronik wirklich einen handgreiflichen Beleg dafür haben, was des öfteren ohne spezielle Begründung als der Rabbinismus der Chronik bezeichnet wird 21 . In den meisten anderen lexikalisch-adaptierenden Fällen ist natürlich die Anpassung an den Sprachgebrauch der Zeit des Chronisten mehr zu vermuten als zu belegen. So, wenn in I 14,9.13 ΊΡΒΓΊ zweimal durch IDtPEH ersetzt ist, wobei die erstere Wurzel nirgends in eindeutig nachexilischem Schrifttum bezeugt ist 22 , oder wenn I 16,3 "13D das nVn der Vorlage ersetzt, da letzteres sonst überwiegend für Opfergaben gebraucht wird (P) 2 3 . I n I 19,4 sieht die communis opinio seit F.C. Movers24 in ΠϊΒΟύΠ (statt nrrnintf von 2. Sam. 10,4) einen Euphemismus („Gesäß"), was sich aber schwer beweisen läßt, da das Wort der Chronik Hapaxlegomenon ist und das der Vorlage nur noch in Jes. 20,4 im Sg. vorkommt. — Die Wurzel hjps hatte in der Chronik ein merkwürdiges Schicksal: in I 21,3 (tfprrj, I I 2,15 ( I o , - p i s wie Targ. Jonathan) und 117,11 (a^-bs? Ν3Π) wird sie ersetzt, in 112,15 (// l . K ö n . 5,23.24; d.h. 2° und 3°) und 8,1 (// l . K ö n . 9,11) ist sieausA. Sperber (hrsg.), The Bible in Aramaic. Bd. 2 Leiden (1959) S. 157. Die Stelle I 15,27, wo die ebenfalls ungebräuchliche oder unverständliche Wurzel krr von 2. Sam. 6,16 ersetzt wird, soll unten S. 140 bei Kat. V I I I . 1 zur Sprache kommen. 20 Ein durchgehender Vergleich des Targums mit der Chronik liegt nicht im Rahmen dieser Arbeit, wäre aber u. U. lohnend. 21 Siehe A.M.Brunet, Le Chroniste et ses sources. RB 60 (1953) S. 481508; 61 (1954) S. 349-386 an den oben S. 52 Anm. 23 genannten Stellen. — W. E. Barnes, Chronicles a Targum. Expository Times 8 (1896/97) S. 316-319 möchte sogar im besonderen die Chronik als Targum charakterisieren, ohne aber einen einzigen Beleg der obengenannten Art beizubringen, wiewohl er (a.a.O. S. 316) z.B. die Ersetzung in I 10,12 erwähnt. 22 Eine Ausnahme bildet Neh. 10,32, wo ein gekürztes Zitat aus Ex. 23,11 vorliegt. — Im Sinne von Kat. V I I I wäre etwa l.Sam. 31,8 als eine Stelle anzusprechen, nach der die Ersetzung vorgenommen wurde. 23 Nach Kat. V I I I wäre es v. a. die Stelle Ex. 29,23, wo beide Begriffe nebeneinander vorkommen, durch die sich der Chronist zu der Ersetzung ermächtigt sah. 24 Kritische Untersuchungen über die biblische Chronik. Ein Beitrag zur Einleitung in das Alte Testament. Bonn (1834) S. 213. 18

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gelassen, während sie in I I 9,8.12 stehenblieb und I 28,9 sogar vom Chronisten selbst gesetzt wurde. Die Tendenz scheint im Sinne der Beschränkung auf den religiösen Gebrauch zu laufen; I I 9,12 muß dann einfach aus Unachtsamkeit stehengeblieben sein. — Die alten hebräischen Monatsnamen, bekanntlich bereits beim Deuteronomisten glossiert, wurden vom Chronisten in I I 3,2; 5,3 ganz weggelassen. — Dem zusammengesetzten Ausdruck 73S7~DD wurde in I I 8,8 der einfache Begriff für „Fronarbeit" vorgezogen, allerdings gewiß auch, um im Sinne von K a t . V I I I die Beziehung der Vorlage l.Kön. 9,21 zu l . K ö n . 5,27 sicherzustellen. Das Hapaxlegomenon "75?OH von l.Kön. 10,12 deutete der Chronist I I 9,11 im Sinne von niVoa ; ähnlich I I 9,17 das Hapaxlegomenon TD1Ö (3ΠΤ) im Sinne von "IIHD (3ΠΤ). I n anderen Fällen suchte der Chronist einem falschen Verständnis vorzubeugen, indem er z.B. das im AT vorwiegend negativ als „Bestechungsgeschenk" verwendete Wort "ΤΠ® von l.Kön. 15,19, wo es primär in der Bedeutung „Geschenk" gebraucht wird, in I I 16,3 lieber wegläßt. Statt der im AT einmaligen Wendung "'pJ p s . . . SPötfn für die Aufbietung aller verfügbaren judäischen Kräfte setzt der Chronist I I 16,6 das allgemeine „er nahm". Den schwerverständlichen, nur l.Kön. 6,9; 2.Kön. 11,8.15 zuverlässig bezeugten baulichen Fachausdruck t i m é ersetzte der Chronist in I I 23,7 durch „das Haus" 2 5 , was durchaus im Sinne von Kat. V I I I ist, da das Wort an den beiden anderen, nicht parallelen Stellen im deuteronomistischen Geschichtswerk in engem Zusammenhang mit „Haus" auftritt. I n den gleichen Bereich baulicher Fachterminologie gehört die Weglassung des Substantivs j?13 in I I 24,5a.5b.6.12; 34,10 26 . Daß der Chronist in I I 34,15 das ,,er las es" der Vorlage wegließ und den gleichen Ausdruck in 34,18 durch „er las darin" ersetzte, mag man ihm ankreiden — wenn er davon überzeugt war, daß das aufgefundene Gesetz mit dem ganzen Deuteronomium oder gar — eher — mit dem gesamten Pentateuch 25 II 23,14 MT ist das Wort allerdings stehengelassen, wird aber von G nicht bezeugt und ist daher möglicherweise eine Harmonisierung mit Könige. Vgl. auch die in B H K 3 und bei Galling z. St. vorgeschlagene, freilich völlig freie Konjektur: „außerhalb der Vorhöfe", die ebenfalls eine Tilgung des fraglichen Ausdrucks aus der Chronik zur Folge hätte. Daß er in der Zeit des Chronisten nicht mehr verstanden wurde, zeigt G, die ihn in l.Kön. 6,9 wegläßt, in 2.Kön. 11,8.15 bloß transkribiert. 26 An dieser Stelle wird der Ausdruck freilich vom Chronisten nur verbalisiert — ob er so zu seiner Zeit noch angängig war ? Interessant ist, daß auch hier G in 2.Kön. 12,6.7.8.9.13; 22,5 das Wort bloß transkribiert („Greuel" von G B in 2.Kön. 12,8 [MT 9] ist gewiß nur Schreibfehler), in Ez. 27,9.27 sich dagegen nach dem Kontext „frei eine Tätigkeit der .Weisen' . . . errät" (W. Zirtvmerli, Ezechiel. B K X I I I (1969) S. 629).

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(wohl dann nach der Sicht der Chronisten in einer bestimmten Ausgabe) identisch sei, war er zu dieser Konjektur genötigt 27 . 2. Mit dem letzten Beispiel ist bereits die Grenze zu jenen Fällen von Ersetzung oder Weglassung erreicht, die ihren Grund in der Unverständlichkeit gewisser Sachverhalte der Vorlage haben. Gewiß liegt hierin eine Anpassung der Vergangenheit an die Gegenwart — aber wer wollte diese Ausnahmen zur Regel der Chronik erheben, besonders da die moderne Historiographie den betreffenden Stellen oft genauso verständnislos gegenübersteht wie die Chronik. Das gilt z.B. für die Bemerkung über die Blinden und die Lahmen in 2. Sam. 5,6b β. 8 a ß b , die auch uns „etwas dunkel" sind 28 . In der Chronik fehlen sie daher ; ein sinnvoller Zusammenhang wird durch die Einführung Joabs erreicht. — Die chronistische Form V T l - t f ^ ' p (I 11,22) statt des merkwürdigen T T B ' N ' p der Vorlage 2. Sam. 23,20 (Κ) wird als Konjektur des Chronisten zu bewerten sein, ähnlich wie die bereits oben 29 behandelten Stellen I 11,27 und 11,36. Auch das ,,und er [sc. David] ging hinab zur Zufluchtsburg" (d.h. in eine Bergfestung in Juda?) von 2. Sam. 5,17bβ wird der Chronist in I 14,8 nicht verstanden haben. Mit W.M.L. de Wette mag man es dahingestellt sein lassen, ob seine Emendation ,,er zog aus, ihnen entgegen" „kritisch und historisch genau sey" 3 0 . — In I 15,29 wird der Chronist die Notiz, daß David „vor J a h w e " tanzte, wohl aus Unverständnis weggelassen haben. — An der Stelle I 17,21b erscheint es, gegen B H K 3 und Rudolph, nicht ratsam, in der Chronik das D/vrÒN von 2. Sam. 7,23 einzufügen. Man mag eher daran denken, daß die Vorlage des Chronisten verderbt (Kat. II) oder daß ihm die Vertreibung von Göttern unverständlich gewesen sei (Kat. VI). Für die erstere Alternative spricht G Sam - mit ihren „Zelten" sowie das singularische Pronominalsuffix nach den „Völkern" 31 . — Daß der Chronist die Dezimierung der Moabiter von 2.Sam. 8,2 wegläßt (I 18,2) soll nach den meisten neueren Erklärern 3 2 27 Für die Setzung und Ersetzung der Termini der Vergoldungsarbeiten am Tempel in II 3,4-10 scheint kein anderes Prinzip maßgebend gewesen zu sein als das der variatio delectans: V. 4: HD2Î pi. mit HHÜ 3ΠΤ; V. 5: ΠΒΠ pi. mit 310 3ΠΤ; V. 6: ΠΒΧ pi. mit (u.a.) DT1D 3ΠΤ; V. 7: Π0Π pi. mit 3ΠΤ; V. 8: Π3Π pi. (statt nSS pi.) mit 31Ü 3ΠΤ (statt ΠΙΟ 3ΠΤ); V. 9: Π0Π pi. (statt HOS pi.) mit 3ΠΤ; V. 10: HSX pi. mit 3ΠΤ. 28 M. Noth, Überlieferungsgeschichtliche Studien I. (1957) S. 135. 29 S. 73. 30 W.M.L. de Wette, Beiträge zur Einleitung in das Alte Testament. Bd. 1: Kritischer Versuch über die Glaubwürdigkeit der Bücher der Chronik . . . Halle (1806) S. 67. 31 Denn das Homoioteleuton, das Rudolph als Grund für den Ausfall annimmt, muß erst durch Konjektur des Samuel textes hergestellt werden! 32 Vgl. S.K.Mosiman a.a.O. S. 95; Rothstein·, Rudolph z.St.; ähnlich Kittel zu I 20,3.

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zur Entlastung Davids geschehen sein, ebenso die Auslassung des verschieden gedeuteten „er ließ sie [sc. die Ammoniter] an den Ziegelofen hinüberführen" von 2. Sam. 12,31 in 120,3. Aber eben dieser letztere Vers läßt Zweifel daran aufkommen, ob wirklich humanitäre Gesinnung hinter diesen Äußerungen stehe 33 . Denn es geht nicht an, eine solche allgemeine Tendenz e silentio zu postulieren und nach ihr dann den tatsächlichen Wortlaut der dritten in Frage kommenden Aussage, die in I 20,3 überliefert ist, gegen die einhellige Überlieferung von MT und G 3 4 nach der milderen Lesart von 2. Sam. 12,31 zu ändern. Man hat also zu lesen „er zersägte sie" (allenfalls ließe sich die Form gegen G als Hif. auffassen: „er ließ sie sägen"). Wenn schon der ganze Abschnitt I 18-20 nicht zuletzt um der ethisch-negativen Motivierung des göttlichen Tempelbauverbots I 22,8; 28,3 willen ziemlich wörtlich übernommen ist, wenn zudem in 1125,12 von Amazja, und zwar aus dessen gottgefälliger Periode (vgl. I I 25,2.10 mit 25,14), berichtet wird, er habe die Edomiter „von der Spitze des Felsens werfen lassen, daß sie alle zerschellten", so wird man zwangsläufig zu der Annahme kommen, daß der Chronist jene beiden Stellen weggelassen habe, weil er sie nicht mehr verstand. — Es leuchtet ein, daß nichts so sehr in Vergessenheit gerät wie zeitgebundene Institutionen, ihre Bezeichnungen und Funktionen. Sie werden darum in der Chronik häufig durch allgemeine oder moderne Begriffe ersetzt oder weggelassen. So, wenn in I I 2,17 die präzise Angabe über die „obersten Beamten der Vögte" von l.Kön. 5,30 übergangen und statt des Attributs „der Aufsichtführenden über das werktätige Volk" ein „die Leitenden, um das Volk zur Arbeit anzuhalten" gesetzt wird. Unverständlich blieben dem Chronisten auch die „Karer" von 2.Kön. 11,4.19 und die „Trabanten" von 2.Kön. 11,4.6.11.13.19 bis: erstere ließ er in I I 23,1 aus, und in 11 23,20 ersetzte er sie durch „die Magnaten" 3 5 ; letztere ließ er in I I 23,1.5 ebenfalls weg, in V. 12 verwandelte er sie geschickt in ein Attribut zu „das Volk", während er sie schließlich in V. 10 durch „das ganze Volk", in V. 20 das erstemal durch „die über das Volk Herrschenden" und im gleichen Vers das zweitemal, in einer Lokalangabe, durch einen anderen Tornamen ersetzte. Stehengeblieben sind sie allerdings in I I 12, lOf. ; und in I I 30,6.10 erscheinen sie, mit einer rein 33 Dagegen schon K . H . Graf, Die geschichtlichen Bücher des Alten Testamentes. Zwei historisch-kritische Untersuchungen. Leipzig (1866) S. 206. 34 Die Formulierung Rudolphs S. 140 läßt zu Unrecht den Eindruck aufkommen, als spräche bloß MT für das Zersägen. 35 Zu dem Begriff des Chronisten vgl. (Ex. 15,10; Ri. 5,13.25;) Jer. 25,3436; v.a. auch Sach. 11,2 und Neh. 3,5; 10,30. Siehe auch E.Meyer, Die Entstehung des Judentums. Halle (1896) = Hildesheim (1965) S. 132f. ; sowie E. Jenni, Art. 'addir. THAT Bd. 1 (1971) Sp. 39f.

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aus der Wurzel erschlossenen Bedeutung, in einem Text des Chronisten selbst, freilich nun nicht mehr als Palastgarde o.a., sondern als Sendboten Hiskias an die Restbevölkerung des Nordreichs (vgl. 1135,13). Daß die Unverständlichkeit der Ämter und Titulaturen längst untergegangener fremder Reiche noch größer war als die der genannten israelitischen, versteht sich von selbst, und man wird es dem Chronisten nicht verdenken, wenn er in I I 32,9 die assyrischen Funktionäre „Tartan und Rab-Saris und Rab-Sake" von 2.Kön. 18,17 36 einfach als „seine [sc. Sanheribs] Minister" einführt. Was schließlich hinter der Weglassung der Determination des „Bundes" von 2.Kön. 11,17a in I I 23,16 steht, ob es die auch in neuerer Zeit vertretene Ansicht ist, daß „ein Bundesschluß zwischen Jahwe, dem König und dem Volk . . . keine alltägliche Sache" sei 37 , läßt sich wohl nicht mehr mit Gewißheit ermitteln. Das konstitutionelle Element des zweiten Bundesschlusses in 2.Kön. 11,17b wird dem Chronisten, gerade von seiner Konzeption der davididischen Repräsentanz Israels her, entgangen sein; er wird diesen Halbvers als durch V. 17a bereits impliziert und daher dublettenhaft überflüssig empfunden haben; jedenfalls fehlt er in I I 23,16b. 3. Wie die Institutionen und ihre Bezeichnungen, so unterliegen auch Lokalitäten und ihre Namen im Laufe der Geschichte gewissen Verschiebungen und Veränderungen. Jede Geschichtsschreibung wird sich nach Möglichkeit um Identifikation bemühen — mit dem Risiko des Irrtums. Es kann dem Chronisten, gerade weil er seine Vorlage in den Händen seiner Leser als bekannt voraussetzt, nicht übelgenommen werden, daß er in seinen Text in manchen Fällen nur seine Identifikation, sie sei nun nach heutigen Ansichten richtig oder falsch, einsetzte. Der Schein der Adaptation wird aber niemanden täuschen. Daß auch bei solchen Identifikationen keine reine Willkür herrscht, zeigt I 10,7, wo der auch uns unverständliche Ausdruck „jenseits der Ebene und . . . jenseits des Jordans" im Sinne von Kat. V I I I nach I 11,15; 14,9.13 verstanden und zu „in der Ebene" gekürzt wurde. 36 Der chronistische PI. „seine [sc. Sanheribs] Minister" zeigt, daß die in B H K 3 u. ö. zu 2. Kön. 18,17 vorgeschlagene Weglassung der beiden ersten Titel kaum das Richtige trifft. Auch in G K ö n · stehen sie; die Weglassung in Jes. 36,2 scheint jedenfalls abkürzend zu sein. Übrigens wäre eine solche Glosse ja wohl höchst schwierig zu erklären; viel leichter ist die Annahme einer Weglassung solcher unverständlicher Titel. Daß im folgenden nur v o m Rab-Sake die Rede ist, erklärt sich völlig natürlich: oder sollten die drei Würdenträger vor den Mauern Jerusalems einen Sprechchor gebildet haben, wie es freilich der PI. „sie riefen" von II 32,18 gegen den Sg. von 2.Kön. 18,28 = Jes. 36,13 nahelegen könnte? 37 G. von Rad, Herkunft und Absicht des Deuteronomiums. ThLZ 72 (1947) Sp. 153 ( = Deuteronomiums-Studien. F R L A N T Bd. 58 2 (1948) S. 44).

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Unter weitgehender Anlehnung an den Konsonantenbestand wird der „dunkle Ausdruck" 38 von 2.Sam. 8,1, ,,den Zügel der Hauptstadt" 3 9 , beim Chronisten in I 18,1 zu „Gat und seine Tochterstädte". Wenn in I 18,3 (vgl. II 8,3) das bloße „Zoba" der Vorlage vom Chronisten durch „nach Hamath hin" glossiert wird, so entspricht das zwar nicht den territorialen Gegebenheiten der Davidszeit, wohl aber denen der ersten Hälfte des 8. Jh.s, die in diesem Fall durch den Feldzug Tiglatpilesers III. von 738 und die darauf folgende assyrische Provinzialgliederung nur übernommen und für Jahrhunderte perenniert wurden 40 . Berothai (2. Sam. 8,8) wird in I 18,8 mit Kun identifiziert, das dem römischen Conna ( = Räs Baalbekk) entspricht 41 . Der Ersetzung von Aram-Beth-Rehob von 2. Sam. 10,6 durch Aram-Naharaim in I 19,6 liegt wohl kaum ein „Schreibfehler" 42 zugrunde, sondern chronistisches Unverständnis 4 3 und darüber hinaus die Tatsache, daß nach Dtn. 23,5 ; Ri. 3,8 Aram-Naharaim das klassische Land der Feinde Israels war, so daß eine typologisierende Ersetzung (Kat. I X ) vorläge. Die Weglassung von Helam in I 19,16.17, sowie von Zair in II 21,9 wurde bereits oben 4 4 behandelt. Das in I 20,5 ganz weggelassene, dem Chronisten offenbar unbekannte Gob von 2. Sam. 21,19 wird in I 20,4(//2.Sam. 21,18) durch das bekannte Geser ersetzt 45 . — 38 39

Rudolph z.St., dort auch Lit. zu dem Problem. Die Übersetzung nach J . Wellhausen a . a . O . u n d neueren Kommentaren

z.St. 40

Die Zugehörigkeit Zobas zum Reiche H a m a t h schon vor dem assyrischen Eingreifen wird durch die Tafel Κ 4384 Kol. I I Ζ. 17 (E.Forrer, Die Provinzeinteilung des assyrischen Reiches. (1921) S. 52) bezeugt. Gegen Forrer ist mit K . Elliger, Die Nordgrenze des Reiches Davids. P J B 32 (1936) S. 52 Anm. 2 festzuhalten, daß in dem dortigen u r u S u b a t u r u H a m a t u „ H a m a t h n u r eine Näherbezeichnung zu S u b a t " ist. Vgl. auch M. Noth, Das Reich von H a m a t h als Grenznachbar des Reiches Israel. P J B 33 (1937) S. 46. Vgl. oben S. 76 A n m . 123. 41 Vgl. M. Rehm, Textkritische Untersuchungen zu den Parallelstellen der Samuel-Königsbücher und der Chronik. Alttestamentliche Abhandlungen X I I I / 3 (1937) S. 123 (dort auch Literatur); M. Noth, Überlieferungsgeschichtliche Studien I. (1957) S. 169. 42 So S . K . M o s i m a n a . a . O . S. 102. 43 M. Noth a . a . O . S. 169. F ü r diese Ansicht spricht schon die Beobachtung, d a ß (Bêt-) R'hôb auch in 1 1 8 , 3 . 1 1 (bän-R e höb 2. Sam. 8,3.12) u n d 19,9 (Rehöb 2. Sam. 10,8) vermieden wird. Zur Diskussion der Lage des Staates Aram-Beth-Rehob (südl. der Beqä' oder östl. des 'Aglün vgl. F.-M. Abel, Géographie de la Palestine. Bd. 1 Paris 3 (1967) S. 249. 44 S. 98f. (das in dem dortigen Abschnitt Behandelte ist auch im allgemeinen u n t e r den Gesichtspunkt der K a t . V I zu stellen). 45 Die schöne, wohl zu scharfsinnige Lösimg F.C.Movers' a . a . O . S. 209 sei hier nicht verschwiegen: „Ersterer Name [sc. Gob], wohl der früher gangbare . . . ist von letzterem [sc. Geser] nur dem Worte nicht der Bedeutung nach ver-

Interpretation

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Der judäische Blickpunkt verrät sich in der Umkehrung der Formel „von Dan bis Beerseba" zu „von Beerseba bis D a n " in I 21,2 (vgl. I I 30,5). — Sache des identifizierenden Historikers ist die Ersetzung des umständlichen und undeutlichen „zu dem Ort, da du zu mir schicken wirst" (l.Kön. 5,23) durch Japho in 112,15, das natürlich den einzigen praktisch in Frage kommenden Hafen darstellte (vgl. Esr. 3,7). — Auffällig ist die Wiedergabe des „Schilfmeers" von l.Kön. 9,26 durch das bloße determinierte „das Meer" (II 8,17). Ob der Chronist einer Verwechslung des hier gemeinten Golfs von Elath mit dem „Schilfmeer" der Heilsgeschichte vorbeugen wollte 46 ? — Eine topographische Identifikation mit einem zeitgenössischen Ort liegt in I I 16,4 vor, wo die Chronik statt des Abel-Beth-Maacha von l.Kön. 15,20 ein Abel-Maim bietet 4 7 — übrigens ein Beweis dafür, daß sich der Chronist durchaus um die Geographie des ehemaligen Nordreichs bemühte. Die spezifizierende Ersetzung der Todesstätte Josias „in Megiddo" von 2.Kön. 23,29 durch das „in der Senke Megiddos" von I I 35,22 ist weniger aus Gründen der Topographie der Chronik als wegen ihrer Datierung von Belang. Gibt das wörtliche Zusammentreffen der chronistischen Ersetzung mit dem Ausdruck von Sach. 12,11, gerade weil es eine Nebensächlichkeit betrifft, nicht einen Fingerzeig für die Bestimmung des Verhältnisses zwischen Deuterosacharja und der Chronik ab? — Es versteht sich von selbst, daß es v. a. die Topographie Jerusalems ist, die dem Chronisten Anlaß zu gewissen Abänderungen seiner Vorlage gab. So ist z.B. die Terminologie von 114,9, wo statt vom „inneren Vorhof" von l.Kön. 6,36; 7,12 vom „Vorhof der Priester" die Rede ist, „ganz die des zweiten Tempels" 48 . Im gleichen Vers setzt der Chronist, wohl um der Differenzierung willen, statt des nbHJH "IIS Π Π von l.Kön. 7,9 u.ö. sein ΓΠΤ57Π ìlVnìn 49 . Unbekannt und unverständlich war dem Chronisten wohl die „Säule" des Königs im Tempel, die offenbar bei Staatsakten eine schieden, denn göb von güb (vgl. [arab.] gäba) ist wie gäzär Theilung, Spaltung." Immerhin muß die Möglichkeit offengelassen werden, daß der Chronist zur Identifikation des ihm unbekannten Gob denselben wortspielerischen Scharfsinn anwandte. 46 Auffällig ist jedenfalls, daß auch G nur an dieser Stelle l.Kön. 9,26 sowie in Jon. 2,6 süf durch έσχατος ( = söf) wiedergibt (Hatch-Redpath Bd. 1 S. 558a-c). Hatte sie in l.Kön. 9,26 die gleichen Beweggründe wie die Chronik ? 47 Zur Bedeutung des Namens s. Rudolph z.St. und HAL S. 7b. 48 Rudolph z.St. 49 Der erstere Ausdruck (Käser) ist auch für die im jetzigen MT von l.Kön* 8,22 fehlende, aber wohl zu postulierende (vgl. Rudolph S. 213 nach Thenius und Bertheau) Vorlage von II 6,13 anzunehmen, wobei der Chronist dann seinen eigenen Begriff ( Vgl. etwa Num. 23,1.29; Ez. 45,23; Hi. 42,8; 1129,21. — Es ist allerdings sehr möglich, daß die Zahl der Opfer nicht auf den Chronisten zurückgeht; vgl. G Sam -, die in 2. Sam. 6,13 die Zahl „7", freilich im Zusammenhang mit χοροί (ohne Äquivalent in MT) hat — sollte also einmal mehr der Chronist aus Bruchstücken einer verderbten Vorlage seinen Erzählgang hergestellt haben ? 71 Siehe unten S. 157. 72 A.a.O. S. 46 Anm. 36. 73 A.a.O. S. 47. — Es dürfte kaum angemessen sein, die Chronik irgendwelchen bestimmten, von anderen alttestamentlichen Überlieferungen unterschiedenen, Traditionsströmen zuzuordnen (s. oben S. 63 mit Anm. 65). Der Chronist nahm das Material, wo er es — aufgeschrieben •— fand.

Interpretation

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dazu führen, daß in I 16,1b nicht mehr David, wie 2.Sam.6,17b, sondern „man" Opfer darbringt 7 4 . Dagegen spricht allerdings die Stelle I 21,26 (II 7,4f. dürfte sekundär sein). Auch für I 18,17b, wo aus den als Priester fungierenden Königssöhnen von 2. Sam. 8,18b die „Ersten zur Hand des Königs" wurden, muß eine andere Erklärung als die der kultischen Voreingenommenheit des Chronisten gefunden werden 78 — sie wird in der Tatsache zu suchen sein, daß in der Kabinettsliste ja die priesterlichen Funktionäre bereits genannt waren (2. Sam. 8,17). Genau wie die Chronik sucht auch G S a m · mit ihren αύλάρχοα einen Ausweg aus dem Dilemma (Symmachus σχολάζοντες; bloß Aquila hat Ιερείς). Die Chronik findet ihre Lösung, ganz ihrem bei Kat. V I I I beschriebenen Prinzip gemäß, in der Berücksichtigung von l.Kön. 4,5 für die Erklärung unserer Stelle 76 . Auch die Ersetzung bzw. Auslassung der Segnung durch Laien in l.Kön. 8,54-61.66, wie sie sich in 117,1.10 findet, läßt sich, wie I 16,2b//.43; 116,3 klar zeigen, nicht aus einer systematischen Durchsetzung des überlieferten Geschichtsbildes mit neuen kultischen Prinzipien und theologischen Dogmen erklären 77 . Das gleiche gilt für die Salbung, die in II 36,1 weggelassen ist, in I I 23,11 „Jojada und seine Söhne" zum Subjekt hat. Daß in der Chronik v.a. der Hohepriester auffällig im Hintergrund bleibt, kann nur den in Verwunderung setzen, der der Chronik wider allen Augenschein einen extrem unhistorischen, hierokratischen Standpunkt vindiziert 78 . In I I 23,3 wird bezeichnenderweise aus der religiös sanktionierten Verpflichtung, in die Jojada seine Getreuen aufnimmt, ein Vertrag der ganzen Versammlung mit dem König (vgl. 2.Kön. 11, 17 b), der gewiß auch als an Gott gebunden gedacht ist, in dem aber 74

So z . B . M. Noth a . a . O . S. 168. Gegen S.K.Mosiman a.a.O. S. 99; M .Noth a . a . O . S. 168. — Der Gedankengang M. Bubers, Moses. 3 (1952) S. 125, der nach I 18,17 (//) „Priester" in profanem Gebrauch als „jene unter den Dienern des Königs, die ihm unmittelbar aufwarten" verstehen will, ist wohl nicht für die Wortbedeutung, vielleicht aber für das chronistische Verständnis von 2. Sam. 8,18 hilfreich. 76 Vgl. schon W . M . L . de Wette a . a . O . S. 81; F.C.Movers a . a . O . S . 302ff.; a m klarsten K . H . G r a f a . a . O . S. 206. 77 D i e Weglassung des segnenden Abschieds des Volkes mag auch erfolgt sein, u m die übliche Wendung von der Entlassung (des Heerbanns) herzustellen (vgl. Ri. 7 , 8 ; 1.Sam. 13,2. — Dazu Α. Alt, Zelte und Hütten. Kleine Schriften Bd. 3 (1959) S. 240 Anm. 6). 78 Daher braucht man diese Zurückhaltung nicht als solche, speziell mit den historischen Ereignissen u m 400 v. Chr. [Brudermord Jochanans im Tempel, vgl. Jos. antt. X I , 7, 1 (§ 297-299 Niese)] in Verbindung zu bringen, wie van Selms S. 16 f. das tut. Allerdings mag die nicht bloß in der Chronik, sondern auch im zeitgenössischen alttestamentlichen Schrifttum (Mi. 4 , 9 - 1 4 ; 5 , 2 . 4 b - 8 ; Sach. 9-14) zutage tretende Besinnung und Hoffnung auf D a v i d und sein Haus als Antwort auf übertriebene Erwartungen hinsichtlich der Hierokratie gewertet werden. 75

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Die Chronik als Auslegung

nicht der Priester, sondern der König die zentrale Rolle auf der menschlichen Ebene spielt. Auch in 1123,16, wo das ΠΙΠ1 von 2.Kön. 11,17a durch das "1Γ3 (auf Jojada bezogen) ersetzt erscheint, ist gewiß keine Bedeutungssteigerung der priesterlichen Funktion als solcher intendiert; J o jadas Stellung ist gerade in der Chronik völlig auf den Davididen bezogen 79 ; sein Hervortreten liegt einzig und allein in der Lücke der Israel repräsentierenden Davididenreihe, deren Amt er vorübergehend sozusagen kommissarisch zu verwalten hat. Daß sich der Bund 1123,16 auf Jahwe bezog, schien dem Chronisten schon genügend mit der finalen Infinitivkonstruktion, „ein Volk für Jahwe zu sein", ausgedrückt. — Wenn der Chronist (II 7,9) die Angabe des Entlassungstages von l.Kön. 8,66 (am achten Tag der zweiten Festwoche) dahingehend abändert, daß der achte Tag vielmehr der Festversammlung gewidmet gewesen sei, so t u t er das unter der unten 8 0 zu erörternden Voraussetzung, daß es sich bei dem Fest um das Laubhüttenfest gehandelt habe, zu dessen historisch exakter Schilderung der Chronist natürlich auf Lev. 23,34-36 (vgl. Num. 29,12.35) zurückgriff. So fand vom 15. VII.-21.VII. das Laubhüttenfest statt, am 22. VII. wurde die 'asärät gefeiert, und erst am 9. Tag, d.h. am 23.VII., wurde das Volk entlassen. — Zum Kult gehört auch die Abrenuntiation. Spielt die Ablehnung alles Heidnischen eine Rolle bei den Abänderungen, die der Chronist an seiner Vorlage vornahm? In Betracht käme hier I 10,10, wo es um die Verdeckung des Eigennamens n n n t f s durch das Appellativum ΠΓΓΠ1?« zu gehen scheint — vermutlich jedenfalls. Denn noch fehlt eine überzeugende Begründung der Korrektur, es sei denn man wollte mit Rudolph die Erklärung darin finden, daß „dem Juden, dessen Gott von allem Kreatürlichen und deshalb auch von allem Sexuellen aufs schärfste getrennt war, eine Göttin besonders anstößig und widerwärtig sein mußte" 8 1 — ob das die Wahrscheinlichkeit für sich hat, mag dahingestellt bleiben, besonders da es sich ja um Philister, also Heiden, 79

Vgl. die wenig geänderte Aussage II 24,2, der im chronistischen Bericht die Funktion eines abschließenden Urteils über das Interim Jojadas zukommt. Sobald Joas die Regierung ganz innehat, spielt Jojada überhaupt keine Rolle mehr, so wird er z.B. bei der Erfindung jener Geldlade II 24,8 im Gegensatz zu 2.Kön. 12,10 gar nicht mehr erwähnt. — Sollte übrigens dieses vollkommen auf den Davididen bezogene Bild des Hohenpriesters Jojada den Grund für die Notiz seiner Verschwägerung mit Joram (II 22,11) abgegeben haben; sollte so seine interimistische Herrscherfunktion auch nach der verwandtschaftlichen Seite abgesichert werden? Man wird doch nicht im Ernst annehmen können, der Chronist habe die Prinzessin Joseba von 2.Kön. 11,2f. deshalb „zur Frau des Hohenpriesters Jojada gemacht, um ihren Aufenthalt im Tempel zu rechtfertigen" (M.Noth a.a.O. S. 168) — Frau bleibt Frau, und darauf kam es in kultischer Hinsicht an. 80 81 S. 172 Anm. 238. Rudolph S. 95.

Interpretation

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handelt, die mit solcher Widerwärtigkeit zu schaffen hatten. Zudem ist es einigermaßen auffällig, daß das Wort ΟΤΙ1?** an der einzigen Stelle, wo es sonst noch eine Göttin bezeichnet 82 , für Astarte steht, nämlich in l.Kön. 11,5.33. Sollte der Chronist von daher zu seiner Ersetzung inspiriert sein, dann wäre diese Änderung unter der nächsten Kategorie zu behandeln. — In l.Kön. 10,19 ist es seit A. Geiger83 üblich geworden, die Lesung von MT „rundes Oberteil [sc. des Throns]" als Beseitigung der von G bezeugten „Stierköpfe", die als heidnisch empfunden worden seien, anzusehen. Nach allgemeinem Urteil verfiel der Chronist in I I 9,18 auf die andere Lösung, den „Stieren" sein „Lamm" zu substituieren 84 . Allerdings ist dadurch weder das chronistische Plus „aus Gold" noch die Änderung von 1ΉΠΝ» in Ο'ΐΠΧδ, die deutlich für eine rein textkritische Lösung des Problems zu sprechen scheint, erklärt. Der Kürze halber bleibe die ausführliche Diskussion jener Stellen erspart, die im Grunde zu Kat. IV oder V gehören würden, indem sie entweder ausführlichere Wendungen der Vorlage zu prägnanten theologischen Aussagen zusammenfassen (so 1132,24; 33,8; 33,10) 85 oder implizite theologische Gedanken der älteren Relation explizit machen (I 14,2; 21,13; I I 34,4) oder für die „Epigonen . . . stark herausstreichen" 86 (hierher gehören allenfalls die erhöhten Zahlen- oder Wertangaben, wie in I 18,4; 21,25 bis) 87 . 2. Es ist selbstverständlich zu erwarten, daß der Chronist einige Änderungen theologischer Natur an seiner Vorlage anbrachte, die seinem speziellen heilsgeschichtlichen Thema entsprangen. Man wird freilich die Tendenz zur Bevorzugung des Eigennamens vor dem Berufsnamen, die hauptsächlich bei den davididischen Herrschern zum Ausdruck kommt 8 8 , nur entfernt dazu rechnen dürfen, obwohl der 82 Vgl. E. König, Historisch-kritisches Lehrgebäude der hebräischen Sprache... II/2 § 246c. — Die Chronik-Stelle ist bei G.-K. § 122f. nachzutragen. — Zu einer ähnlichen Erscheinung im polytheistischen Bereich vgl. G. Garbini, Note di epigrafia punica. RSO 40 (1965) S. 205-223, wo Fälle besprochen sind, an denen eine Göttin mit b'l (masc.) bezeichnet wird. 83 A.a.O. S. 343. 84 So Bombergiana. Hs. L bietet freilich käbäs, für das auch G 19 · 108 · 93 sprechen. ·— Die oben referierte Erklärung der Ersetzung bei Curtió, Rudolph u. a. 85 Zu den genannten Stellen vgl. unten S. 227. 228 Anm. 43. 86 J. Wellhausen a.a.O. S. 174. 87 Vgl. aber (zu den Zahlenangaben) oben S. 109 mit Anm. 132. Andere Stellen sind zu Kat. VIII zu rechnen. — Die zwölffache Erhöhung der 50 Schekel von 2.Sam. 24,24 in I 21,25 wird von Curtis in Anlehnung an die alte (Raschi) Harmonisierung, jeder Stamm habe 50 Schekel bezahlt, mit der Zwölfzahl der Stämme in Verbindung gebracht, vielleicht zu Recht. 88 Vgl. M. Rehm a.a.O. S. 107. — Der Eigenname steht nach Rehm 12mal für den Berufsnamen (allein bei David und Salomo wird 10 mal der Name

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Die Chronik als Auslegung

Chronist natürlich keinen Zweifel daran läßt, daß die eigentliche Königsherrschaft Gott zukomme (v.a. I 17,14; 28,5; 29,23; I I 9,8; 13,8). Ganz in der Linie der chronistischen Davididengeschichte liegt die Bezeichnung Jahwes als „mein/dein/sein Gott", auf den König bezogen, so I 11,2.19; 17,25; I I 6,40; 9,8; 14,1; 34,8; 36,5.12 (vgl. im Sondergut I 12,19; 22,7.11.12; 29,2.3.17; I I 1,1; 14,10; 15,9; 16,7; 20,30; 26,16; 27,6; 28,5; 31,20.21; 33,12.18). In I 21,3 ist die Apposition zu Jahwe, „dein Gott", weggelassen — will der Chronist die Aussage in diesem Moment, da David im Begriff ist, sich im Ungehorsam von Gott zu wenden, vermeiden? Dafür spräche jedenfalls, daß er sie dann in I 21,17, im Gebet des demütigen Schuldbekenntnisses, hinzufügt. Ob die Ersetzungen in I 17,18 „zu ehren" (lcG) statt „zu sprechen" und in I 17,22 „du gabst" statt „du setztest fest" 8 9 im Zusammenhang mit der chronistischen Königskonzeption stehen, bleibe dahingestellt; sicher trifft das zu für I 19,19, wo David anstelle Israels die Kapitulation der aramäischen Bündnispartner Ammons entgegennimmt, oder für I I 12,14, wo nicht mehr wie in dem freilich nicht direkt parallelen Vers l.Kön. 14,22 Juda das Subjekt des Übeltuns vor Jahwe ist, sondern sein Repräsentant Rehabeam (vgl. I I 12,1). Aus den gleichen Gründen kann in der Chronik das „sie hörten nicht" von 2.Kön. 21,9 in 1133,9 weggelassen werden — der Blick des Chronisten konzentriert sich auf Manasse, dessen Schuld in sich schon den Ungehorsam des Landes trägt, wie denn V. 10 in bedeutsamer Reihenfolge hinzusetzt, Gott habe „zu Manasse und seinem [Gottes? Manasses?] Volk" gesprochen. Umgekehrt hängt dann die ganze blühende Periode Israels von der Umkehr des einen Mannes Manasse ab (II 33,12-14.16). s t a t t „der König" gesetzt: I 11,4; 1 7 , l b i s . 2 ; 21,2.5.21; I I 1,3; 7,7; 9,2; dasselbe beim „Priester" I I 23,18) ; 7 mal für den Berufsnamen mit Eigennamen nur der Eigenname (I 11,3; 18,8; 1 1 5 , 1 ; 8,17; 22,2; 35,20; dazu 1134,22), nach MT 4 mal nur der Berufsname [Rehrn erwähnt, freilich mit Recht, bloß I I 5,3] (II 5,3; 9,12 [1 aber c G = Könige); 22,11 [1 aber c G = Könige]; 24,6 [1 aber c G = Könige]). 3mal wird in der Chronik dem bloßen Berufsnamen der Vorlage der Eigenname beigegeben (119,1; 21,24; 1123,9); 6[7]mal stellt der Chronist umgekehrt dem Eigennamen den Berufsnamen an die Seite (I 18,9; 1 1 2 , 2 . 1 1 ; [7,5]; 18,3; 22,5; 32,20) [Rehrn erwähnt, wohl infolge einer allzu starren Unterscheidung zwischen Parallelstellen u n d Parallelberichten, nur I 18,9; 1 1 2 , 2 ; 7,5; 18,3; 22,5]. — V.a. die erste Gruppe dieser Ersetzungen zeigt, daß die Bemerkung Rudolphs S. 286 Anm. 3 (zu I I 26,18, wo Usia mit bloßem Eigennamen angeredet wird): ,,. . . i n diesem Augenblick ist der König, der doch sonst auch als geweihte Person gilt, nur Laie" eine Überinterpretation ist. 89 Die Ersetzung erfolgte vielleicht um des sehr spezifischen und überlegten Gebrauchs von kün in der Chronik willen, vgl. zu diesem unten S. 186f.

Interpretation

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I n der Richtung dieser durch den davididischen König mediierten Theokratie über Israel bewegen sich auch die zahlreichen, in musivischer Weise (vgl. K a t . V I I I ) oft an älteren Stellen orientierten Ersetzungen, die sich direkt auf Israel beziehen; so die Suffigierung „mein/sein (Volk)", „meine (Erde)" in I 11,2; 21,3; I I 7,20 u.ö. I n 1 2 1 , 3 h a t der Chronist damit auf feine Weise die Pointe der Erzählung 2.Sam. 24 verschärft: wie kommt David dazu, Gottes Volk, als wäre es sein eigenes, zu zählen? Hierher gehören auch die zentralen Stellen über Gottes Königreich, soweit sie Ersetzungen sind: I 17,14; 29,23; I I 9,8. Umgekehrt setzt der Chronist in I I 22,10 zu dem Begriff „das Königreich" von 2.Kön. 11,1 die Einschränkung „des Hauses J u d a " hinzu, gewiß nicht aus partikularistischen Bestrebungen, sondern u m festzuhalten, daß Athalja wohl die irdische, judäische Manifestation, aber nicht das eigentliche Königreich Gottes auszurotten vermochte. Natürlich vollzieht sich die Konzentration der Größe Israel nicht immer bis hin zu der einen Person des davididischen Herrschers, sondern der Repräsentationsgedanke liegt auch im etwas umfassenderen Restbegriff, wie er z.B. in 1134,21 in der Ersetzung von „Befragt Jahwe für mich und für das Volk und für ganz J u d a " (2.Kön. 22,13) durch „Befragt J a h w e f ü r mich und jeden, der übriggeblieben ist in Israel und J u d a " deutlich zum Ausdruck kommt. Gott herrscht über sein Volk, er t u t es durch den Davididen, in abgeleiteter Weise durch den „ R e s t in Israel und J u d a " . Nicht daß der Chronist das Nordreich nicht zu Gottes Volk gerechnet h ä t t e — aber es war als der dritte konzentrische Kreis nicht unmittelbar, sondern wegen seiner Ferne von der davididischen Mediation nur höchst mittelbar zu Gott. Ist es die Intention der Chronik, das überlieferte Geschichtsbild durch von außen an die alten Quellen herangetragene einzelne dogmatische Korrekturen zu einer theologischen „Programmschrift f ü r das nachexilische Israel" 9 0 , oder gar zu der „first apology of J u daism" 9 1 umzugestalten? Von der Untersuchung der Ersetzungen in den parallelen Zusammenhängen her kann nur geurteilt werden, daß das jedenfalls nicht die Gesichtspunkte waren, die den Chronisten leiteten. Wenn die moderne Wissenschaft von ihren eigenen Voraussetzungen her die Art des Chronisten, das, was im Laufe der Geschichte Israels im Gehorsam oder Ungehorsam gegenüber dem Willen Gottes geschah, mit den Begriffen der Offenbarung eben dieses Willens in der Thora und in den Propheten darzustellen, als eine sachfremde Geschichtsdarstellung empfindet, so ist das ihr Recht und ihre um der 90

G. von Rad a.a.O. S. 121. So R . H . P f e i f f e r , Introduction to the Old Testament. New York (1941) S. 806. 91

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Die Chronik als Auslegung

Klarheit der Begriffe willen notwendige Pflicht, aber zu einer Exegese der Chronik selbst, die sich ihre Maßstäbe vom Werk allein geben lassen muß, trägt es nichts bei. c) Rezension (Kategorie

VIII)

Immer wieder waren die voraufgehenden Darlegungen gezwungen, auf Kat. V I I I zu verweisen, jene Gruppe von Wortersetzungen, deren Tendenz zunächst als eine rezensierende beschrieben werden soll. Die Erscheinung, die in diesem Abschnitt zur Sprache kommt, liegt nicht ganz auf derselben logischen Ebene wie die anderen Prinzipien, nach denen die Wortersetzungen eingeteilt werden müssen. Sie bildet vielmehr den Hintergrund und die Voraussetzung für die übrigen Substitutionen; sie ist mehr formaler Natur als jene und darum in dieser Untersuchung von zentraler Bedeutung. An ihr erst wird deutlich, was es heißt, wenn wir die Methode der chronistischen Geschichtsschreibung als Auslegung kanonischer Quellen bestimmen; von ihr ist auszugehen, wenn das Verhältnis zwischen Auslegung und Überlieferung, die Haltung des Chronisten zu seinen Quellen richtig erfaßt werden soll. Es ist die Frage der Autorität, die an diesem Punkt erörtert werden muß. Rezension, Bearbeitung vorgegebener Überlieferung ist ein v. a. aus dem Bereich der Geschichte von G bekanntes Phänomen 9 2 . Im allgemeinen gründet jene Rezensionstätigkeit auf drei Prinzipien: a) dem der Angleichung an den hebräischen Text (das Hauptmotiv bei der Arbeit des Orígenes und schon seiner Vorgänger 93 ), b) dem der sprachlichen Revision (die Attisierung durch die lukianische Rezension), c) dem des inneren Ausgleichs. Daß hinsichtlich der Chronik der erste Gesichtspunkt gar nicht, der zweite nur auf der Ebene der Redaktion in Betracht kommt, ist klar. Dagegen beherrscht der dritte Aspekt die rezensierende Tätigkeit des Chronisten: ihm ist es um die Substituierung oder Setzung gewisser Worte, Wortgruppen, die ganz anderen Zusammenhängen der geschichtlich-prophetischen (und gesetzlichen) Literatur entstammen, an bestimmten Stellen seines Geschichtswerkes zu tun. Das entspricht ganz seinem auslegerischen Ziel, verborgene Bezüge in seiner Vorlage aufzudecken. Anders gesagt : 92 J.Wellhausen a.a.O. S. 220 spricht in bezug auf die Chronik von „verwandten Erscheinungen in der Septuaginta". 93 So z.B. in den AT-Zitaten des Hebr.-Briefes oder in der von D. Barthélémy, Les devanciers d'Aquila. Texte des fragments du Dodékaprophéton. VTS 10 (1963) herausgegebenen Zwölfprophetenrolle von Nahal Hëbar aus der Mitte des 1. Jh.s n.Chr., die, in der zu Aquila führenden Tradition stehend, eine Rezension der überlieferten ursprünglichen G-Übersetzung nach Maßgabe des hebräischen Originals (eines vormasoretischen Textes) darstellt.

Interpretation

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es geht letzten Endes um die prinzipielle Vertauschbarkeit der Einzelzüge und -worte innerhalb des Rahmens der Primärvorlage, die in unserem Falle Thora und frühere und spätere Propheten (miteingeschlossen Hiob 94 ) umfaßt. Theologisch steht hinter dieser Konzeption der Gehorsam gegenüber der mosaischen und der nach Dtn. 18 von ihr abgeleiteten prophetischen Autorität. Gottes Wort im Munde seiner Sendboten setzt sich in der Geschichte durch, ja es bestimmt die Geschichte, jedenfalls die heilige Geschichte. Die Kraft, die hinter dem überlieferten biblischen Wort steht, ist also überall die eine und gleiche — wie sollte sich das nicht auch in ihrer sprachlichen Ausprägung auswirken? Daher ist es die erste und vornehmste Aufgabe des chronistischen Auslegers, Gemeinsamkeiten im Lauf der Geschichte und in ihrem literarischen Niederschlag in den prophetischen Schriften 9 5 ausfindig zu machen und durch die Art seiner Darstellung auf sie hinzuweisen. In manchen Fällen kommt es so zu einer Vergleichmäßigung im Geschichtsbericht, indem die Formulierung einer anderen Stelle zum Ausdruck einer mit ihr in Beziehung gesetzten Aussage verwendet wird, um dem bibelkundigen Leser die Korrelation augenfällig zu machen. Im allgemeinen handelt es sich bei diesem Verfahren nicht um die willkürliche Anwendung einer von vornherein feststehenden Theorie der Widerspruchslosigkeit der prophetischen Schriften auf Kosten des individuellen, charakteristischen Wortlauts der älteren Berichte, sondern gerade solche kleinen, oft nebensächlichen Züge sind es, die dem Chronisten Anlaß werden, den Bezug zu einem anderen Bericht mit gewisser Ähnlichkeit herzustellen oder bestimmte Änderungen an der Vorlage anzubringen. Allerdings läßt sich nicht bestreiten, daß sich so in der Chronik aufs Ganze gesehen eine für heutige historiographische Begriffe höchst fremde Durchführung des Grundsatzes der scriptum sui ipsius interpres findet, aus der natürlich oft die Beseitigung von Widersprüchen in der Überlieferung folgt. Geistesgeschichtlich liegt dieser Denkweise das Prinzip des Kanons zugrunde 96 . Hier, und nirgends sonst, nicht in einer Idealisierung, Heroisierung, Beweihräucherung, Klerikalisierung oder Entpolitisierung der alten Geschichte durch das nachexilische Israel, liegt der Kern für das, was der Chronik, wiewohl sie bewußte Geschichtsschrei94

Vgl. Sir. 49,9 und Josephus, Contra Apionem I, 8 (§ 40 Niese); dazu unten S. 242 m i t Anm. 97. 95 U m diesem Begriff genügendes Gewicht zu verschaffen, sei betont, daß nach der Auffassung der Chronik, die sich am deutlichsten in ihren Quellenzitaten äußert, z . B . auch die Samuel- und Königs-Bücher von Prophetenhand geschrieben sind, vgl. unten S. 234-237. 96 Vgl. J. Wellhausen a . a . O . S. 155 und 198.

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Die Chronik als Auslegung

bung ist, ihren seltsam unhistorischen Charakter gibt, so daß man ihr die historiographische Intention überhaupt glaubte absprechen zu müssen 97 — ganz zu Unrecht. Aus dem Gesagten ergibt sich allerdings, daß auch auf die Haltung der Chronik gegenüber ihren Quellen das über die Schriften des NT gefällte, konsequent historisch-kritisch gedachte Urteil F. Overbecks anzuwenden ist: „Es liegt im Wesen aller Kanonisation ihre Objecte unkenntlich zu machen, und so kann man denn auch von allen Schriften unseres neuen Testamentes sagen, daß sie im Augenblick ihrer Kanonisierung aufgehört haben verstanden zu werden. Sie sind in die höhere Sphäre einer ewigen Norm für die Kirche versetzt worden . . ." 98 . Hinsichtlich der Literaturform schließlich führt dieses Prinzip der gleichmäßigen Autorität der prophetischen Schriften und ihres Ausdrucks zu jener eigenartigen Historiographie der Chronik", die dieses Spätwerk in eine gewisse sekundäre Affinität zur Sage bringt 100 . Sekundär muß diese Affinität deswegen genannt werden, weil sich das sagenhafte Element der Chronik nicht auf dem der ursprünglichen Sage genuinen Boden der poetischen Gattung bewegt, sondern sich eine neue Heimat im Bereich der literarischen Form erwirbt, die der Midrasch in der Folge zu behaupten wissen sollte 101 . Um der typischen Grundlage, um der „Urgeschichte" 1 0 2 willen werden historische Einzelzüge geopfert, nun aber nicht etwa durch allgemeine geschichtsphilosophische oder geschichtstheologische Sätze ersetzt; sondern die heilige Geschichte wird durch die Einführung charakteristischer Einzelzüge aus anderen Zusammenhängen derselben Heilsgeschichte auf 97

G. von Rad a.a.O. S. 133: „ D a ß der Chronist weder in unserem modernen Sinn, noch etwa nach der Auffassung des Deuteronomikers die Absicht hatte, Geschichte zu schreiben, ist deutlich geworden. Seine Interessen sind ausschließlich durch die nachexilische Situation bedingt, in der er lebte . . ." — A . C . Welch, The Work of the Chronicler, its Purpose and its Date. London (1939) S. 54: "He [sc. der Chronist] was attempting to extract from the past the lessons which it could supply in order to guide the future. . . . The Chronicler was not writing history . . ." S. 123: ". . . the Chronicler did not so much teach history as teach religion through history . . ." — M y e r s I S. X V I I I : "The intent of the Chronicler was neither to rewrite the history of Judah nor specifically to gather together w h a t had not been covered b y his predecessors. His work is a lesson for the people of his time and situation drawn from the history of his people." 98 Zur Geschichte des Kanons. Chemnitz (1880) [ = Darmstadt (1965)] S. 1. 99 Diese ist m i t dem Begriff des „geschichtlichen Traditionswerkes", das „die Angaben seiner Quellen nicht kritisch sichtet, sondern addiert" (M. Noth a . a . O . S. 171) noch nicht scharf genug umrissen, s. oben S. 51f. 100 Siehe unten S. 166-168 bei Kat. I X . 101 Zur Differenzierung v o n Form und Gattung vgl. unten S. 188 Anm. 47. 102 Die Anwendung des Begriffs, der in dieser Fassung hauptsächlich auf F. Overbeck zurückgeht, ist nur ein Versuch, da bislang noch keine Klarheit über den Gebrauch bei Overbeck herrscht.

Interpretation

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ihre Einheitlichkeit hin durchsichtig gemacht. Die Wortersetzungen der Kat. VIII, die auf einer Äquivalenz der Schriftstellen basieren, sind das deutlichste Anzeichen für eine kanonische Geltung der Vorlage für den Chronisten 103 ; schon für ihn gilt jenes rabbinische n"n dtiVX - " m iVxi V?«104. Sucht man nach Analogien für dieses chronistische Verfahren, so wird man sie in der Tat am ehesten in der rabbinischen (wie auch in der von ihr abhängigen patristischen) Exegese finden. Da es sich bei der Chronik um ein Geschichtswerk handelt, wird man nicht in erster Linie auf die in der Halacha beheimatete 1 0 5 Norm der Gezêrd säwä106, sondern auf die ihr freilich verwandte Regel des 'al tigrâ/ë verweisen müssen 107 . Beide beruhen weitgehend, wenn auch nicht ausschließlich, auf dem Gewicht, das die Exegese dem Wort als einzigem und adäquatem Weg zur Sache, in unserem Falle zur Geschichte, die ,,an sich" nicht erkennbar ist, beimißt. Es wäre ein Vorurteil, diese Sehensweise um eines angeblich beweiskräftigeren inneren Verhältnisses, eines logischen Zusammenhanges der Dinge willen als primitiv abzutun 1 0 8 . 103 Die vorliegende U n t e r s u c h u n g k o m m t d a h e r zu einem Ergebnis, das der F e s t s t e l l u n g K . Kochs, D a s V e r h ä l t n i s v o n Exegese u n d V e r k ü n d i g u n g a n h a n d eines C h r o n i k t e x t e s . T h L Z 90 (1965) Sp. 662 (zu I 10) d i a m e t r a l e n t g e g e n s t e h t : „ D e r Chronist, f ü r den die S a m u e l b ü c h e r noch keineswegs Heilige Schrift sind, h ä l t diese N a c h r i c h t e n [sc. v o m teilweisen F o r t b e s t a n d der F a m i l i e Sauls] f ü r bloße P h a n t a s i e . . . " 104 Z i t i e r t bei K . Kohler -A.Rosenberg, D a s T a r g u m zur Chronik. J ü d i s c h e Z e i t s c h r i f t f ü r W i s s e n s c h a f t u n d L e b e n 8 (1870) S. 150. Freilich b e t r i f f t dieser S p r u c h der H i m m e l s s t i m m e in der t a l m u d i s c h e n E r z ä h l u n g gegensätzliche M e i n u n g e n d e r m i l d e n Schule Hillels u n d der strengen S c h a m m a i s . ios Ygi_ allerdings F . Weber, D a s S y s t e m der a l t s y n a g o g a l e n p a l ä s t i n i s c h e n Theologie a u s T a r g u m , Midrasch u n d T a l m u d . (1880) S. 108: „ D u r c h Analogieschluß w e r d e n . . . n i c h t bloß h a l a c h i s c h e B e s t i m m u n g e n , s o n d e r n a u c h geschichtliche F a c t a der H a g g a d a erwiesen." A h n l i c h W.Bacher, Die exegetische Terminologie der j ü d i s c h e n T r a d i t i o n s l i t e r a t u r . B d . 1 : Die bibelexegetische Terminologie d e r T a n n a i t e n . Leipzig (1899) = D a r m s t a d t (1965) S. 16. 106 Die zweite der 7 Regeln Hillels (Tos. S a n h . V I I ; Ab. d. R , N a t h a n 37) u n d der 13 Regeln R . Ismaels (vgl. Mech. zu E x . , 2 2 a . 77b) sowie die siebte der 32 Regeln R . Eliesers b. J o s e des Galiläers (vgl. J a l k u t Schimeoni, B e r e s c h i t h 92). — Vgl. zu ihr i m allgemeinen a u ß e r F . Weber a . a . O . S. 108f. v . a . W . B a c h e r a . a . O . S. 13-16; H . L . Strack, E i n l e i t u n g in T a l m u d u n d Midras. (1921) S. 97 (hier a u c h L i t e r a t u r ) . 107 Siehe I . L . S e e l i g m a n n , V o r a u s s e t z u n g e n der Midraschexegese. V T S 1 (1953) S. 159 A n m . 2 (mit L i t e r a t u r ) , d a z u S. 160. 108 Zu diesem Satz vgl. die Gegenüberstellung v o n Synkrisis u n d ä u ß e r e r Analogie hinsichtlich der „ W e i s h e i t S a l o m o s " in d e m e n t s p r e c h e n d e n A u f s a t z v o n I . Heinemann in T h Z 4 (1948) S. 241-251. — Die F u n k t i o n des Wortes, wie sie oben umrissen ist, w a r i m m e r e m p f u n d e n worden ; sie gegen einen oberflächlichen R a t i o n a l i s m u s wieder geltend g e m a c h t zu h a b e n ist d a s Verdienst J . G . Hamanns u n d J . G . H e r d e r s .

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Die Chronik als Auslegung

Aufgrund irgendeines nach unseren Begriffen oft äußerlichen, zwei Stellen gemeinsamen Merkmals wird deren gleichmäßige Geltung (Äquivalenz, „säwä") gefolgert und auf einen Zusammenhang des in ihnen Ausgesagten geschlossen. Ausgangspunkt ist also nicht so sehr der Inhalt als vielmehr dessen Verräterin, die sprachliche Form. Es leuchtet ein, daß ein solches analogisches 109 Denken, mag es auch irgendwelche höchstens spekulativ zu ergründende uralte Wurzeln haben, im Grunde nur im Bereich einer vollkommen auf die Schrift, und zwar eben die heilige, kanonische Schrift gegründeten Gedankenwelt blühen konnte. Das Herstellen des Zusammenhangs der beiden betreifenden Stellen, das in der Chronik durch die beiden stilistischen Mittel der Wortersetzung nach Maßgabe einer anderen Stelle der Vorlage, bzw. der Schrift, oder des musivischen Ausdrucks in selbständigen chronistischen Partien erreicht wird, wurde in der Halacha der Schule R. Ismaels geradezu mit dem terminus technicus 2?,pn (nqs hif.) bezeichnet, der sowohl den Zusammenhang nach der Regel der Derêsat semûkïm110 wie nach der der Gezërâ säwä im Auge hat 1 1 1 . Doch ist die Auslegungsregel des 'al tigrajë zur Erklärung der Kat. V I I I der chronistischen Wortersetzung deswegen dienlicher, weil hier, wieW. Bacher hinsichtlich der beigebrachten tannaitischen Stellen ausdrücklich feststellt, nahezu „alle . . . Beispiele . . . agadisch" sind 112 . Mögen auch im Bereich dieser Regel Fälle vorkommen, wo die Willkür der Adaptation der Schrift an die Gegenwart die geänderte Lesung veranlaßte 113 , so handelt es sich doch häufig, wie im Falle der Chronik, um die Ersetzung des überlieferten biblischen Textes einer Stelle nach dem Wortlaut einer anderen Schriftstelle „zum Zwecke der Deutung" 1 1 4 . Diese strikte Anlehnung des Chronisten an die Schrift, sei es an den näheren oder ferneren Kontext der in Rede stehenden Stelle der Vor109 Es hat sich eingebürgert, hauptsächlich dieses auf der sprachlichen Form basierende Denken als analogisch zu bezeichnen, obwohl natürlich auch die griechisch-rhetorische Synkrisis und ihre Berücksichtigung des inneren Verhältnisses zweier Objekte auf Analogie beruht (vgl. I. Heinemann a.a.O. S. 247) 110 Vgl. dazu unten S. 219 mit Anm. 14. 111 W.Bacher a.a.O. S. 15. 44f.; ders. Bd. 2: Die bibel- und traditionsexegetische Terminologie der Amoräer. Leipzig (1905) = Darmstadt (1965) S. 57. 112 W.Bacher a.a.O. Bd. 1 S. 175f. 113 Das klassische Beispiel dafür ist R. Akibas Anwendung von Num. 24,17 auf Bar-Közebä, tradiert in Echa R. zu Klgl. 2,2: 2ΓΟ xVx 3 3 Ό "Π ¡7 Π Vs (s. W.Bacher a.a.O. Bd. 1 S. 176 mit Anm. 5). 114 W.Bacher a.a.O. Bd. 1 S. 175. Jene 3 Fälle von den hier genannten Beispielen aus Mechilta zu Ex., bei denen Bacher die Schriftstellen, in denen die neue Lesung verankert ist, in Klammern angibt (49b 8 zu Ex. 16,15 ändert nach Ps. 78,25; 53a unten zu Ex. 17,8 ändert nach II 24,24; 31a 23 zu Ex. 14,22 ändert nach Ps. 68,28), lassen sich durchaus mit den gleich zu erörternden chronistischen Wortersetzungen vergleichen.

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läge, leuchtet natürlich bei Konjekturen zu einem verderbten Passus der Vorlage unmittelbar ein 115 . Die Praxis ist denn auch in der späteren Überlieferung des hebräischen Textes 116 wie auch etwa in der Übersetzung von G 117 befolgt worden. Sie ließ uns das vielfältige Erscheinungsbild der Kat. VIII unter dem Begriff der Rezension zusammenfassen. Freilich übersteigt der Anwendungsbereich dieser geschilderten Methode die Rekonstruktion schlecht überlieferter Textstellen bei weitem. Das gerade auch in eigener chronistischer Geschichtsschreibung angewendete Prinzip der Analogie des Wortes und damit der Sachen kommt so in die Nähe der v.a. von M. Buber beschriebenen biblischen Leitworttechnik zu stehen: „Zwischen Stelle und Stelle, also zwischen Stadium und Stadium der Geschichte ist eine Beziehung gestiftet, die unmittelbarer als ein angehefteter Spruch es vermöchte den Urgrund der erzählten Begebenheit aussagt." 1 1 8 Es ist denn auch in der Chronik nicht in erster Linie ein lehrhaft-dogmatischer, geschichtstheologischer „angehefteter Spruch" 1 1 9 , in dem die Geschichte gegenüber der Vorlage neu zur Darstellung gelangte, sondern es sind im besondern jene kleinen und kleinsten Ersetzungen in parallelen Abschnitten, die dem durch das entdeckte Leitwort (allenfalls Leitmotiv) bezeichneten Zusammenhang deutlichen Ausdruck verleihen sollen. Der heutige Durchschnittsleser der Chronik möge sich nicht wundern, wenn ihm die meisten dieser Feinheiten, die sich in der oft winzigen Differenz zwischen Vorlage und chronistischem Bericht kundgeben, verborgen bleiben und ihm so die leise Spannung, von der die chronistische Darstellung lebt, entgeht : nicht für ihn ist die Chronik 115

Siehe oben S. 72-78. ne Vgl, ρ V o i z > Studien zum Text des Jeremía. BWAT 25 (1920) S. X I I ; danach von Rudolph, Esr.-Neh. auch für Esr. 10,25 angenommen. — Zu der ähnlichen Praxis bei der Überlieferung im samaritanischen Pentateuch vgl. J. D. Purvia, The Samaritan Pentateuch and the Origin of the Samaritan Sect. Harvard Semitic Monographs 2. Cambridge/Mass. (1968) S. 71 f. il' Vgl. M.. Rehm a.a.O. S. 22f.: „Bestimmend für die Wiedergabe eines hebräischen Ausdrucks ist oft die Umgebung, in der er steht . . . Ein Eindringen ähnlicher Wendungen aus andern Abschnitten oder gar andern Büchern ist in G Sm-Rg Par mehrmals festzustellen." Vgl. z.B. die oben S. 125 erwähnte Wiedergabe bestimmter Ausdrücke in G, die in der Gottesbezeichnung von der hebräischen Vorlage abweichen, und zwar in Anlehnung an einen anderen gängigen Gebrauch. — In diesem Zusammenhang sei auch auf die Untersuchung von A .Kaminka hingewiesen : Studien zur Septuaginta an der Hand der zwölf kleinen Prophetenbücher. Schriften der Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft des Judentums 33 (1928), v.a. Kap. VI (Erklärimg der Abweichungen von MT durch die agadische Methode der Schriftdeutung) S. 30-38, VIII (Exegetische Bemühungen der Übersetzer . . .) S. 42-48. 118 M. Buber, Leitwortstil in der Erzählung des Pentateuchs, in: M. Buber F.Rosenzweig, Die Schrift und ihre Verdeutschung. (1936) S. 213. 119 Zu den chronistischen Interpretamenten s. unten S. 169-175.

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Die Chronik als Auslegung

geschrieben, sondern für Leser, die mit der Vorlage, mit der Bibel überhaupt bis ins kleinste Detail, ja bis auf den Buchstaben vertraut waren. Die meisten Kommentare zählen zwar zu vielen bemerkenswerten Versen der Chronik reihenweise Stellen auf; dennoch dürfte gerade diese gelehrte Häufung von quasi erklärenden Analogien dem Verständnis des chronistischen Textes oft eher hinderlich als förderlich sein. Denn es käme darauf an, nur die eine, vom Chronisten intendierte Verankerung seiner Ersetzung in einer Stelle der Vorlage oder der übrigen Bibel für die Erklärung der chronistischen Aussage geltend zu machen. Alle anderen Stellen sind überflüssiges Beiwerk, das der Chronik nach der unmaßgeblichen Empfindung des modernen Kommentators aufoktroyiert wird. Dagegen ist jene eine Verankerung mit ihrem ganzen Kontext und ihrem den chronistischen Ausdruck prägenden Gewicht ernstzunehmen. Selbstverständlich geht der moderne Exeget dabei das Risiko ein, die falsche Stelle heranzuziehen und so die Chronik falsch zu verstehen — das ist aber das Risiko jeder Auslegung. In der folgenden Zusammenstellung handelt es sich, angesichts des Umfangs der Erscheinung, mehr als bei den anderen Kategorien nur um eine Auswahl von Stellen. 1. Daß der Maßstab für die Vereinheitlichung des Textes in erster Linie der nähere Kontext war, versteht sich von selbst, besonders in Fällen, wo der Chronist durch eine verderbte Vorlage zu einer Konjektur genötigt war. Dieses Konjekturalprinzip ist selbstverständlich nicht auf die Chronik beschränkt ; es fand seine Anwendung auch in der synagogalen Überlieferung des hebräischen Textes und etwa in G 120 . Auf einige Beispiele von solchen Konjekturen in der Chronik wurde schon oben 121 im Anhang zu Kat. I I hingewiesen. — I n ähnlicher Weise möchte man in den „Sägen" von I 20,3, die für die „Äxte" von 2. Sam. 12,31 stehen, eine Konjektur nach dem Vorhergehenden vermuten 122 . Auch für 1 2 0 , 5 mag dem Chronisten ein undeutlicher Text von 2.Sam. 21,19 vorgelegen haben 1 2 3 ; zudem zeigt I 11,27,daß er Gentiiicia von geographischen Namen mit dem Element bët nicht immer verstand. Da sich auch in I 10,9 die Ersetzung eines ΓΡ3 der Vorlage durch die nota accusativi findet124, waren alle Voraussetzungen gegeben, "On1? als Personennamen zu verstehen und ihn durch die weitere Ersetzung der nota accusativi der Vorlage 2. Sam. 21,19 durch 120 121 122 123 124

D a z u vgl. die oben S. 137 A n m . 116 u n d 117 a n g e f ü h r t e L i t e r a t u r . S. 72-78. Allenfalls ist m i t G c h r · n a c h MT K ° n - zu lesen. Diese V e r m u t u n g u n d die folgenden E n t w i e k l u n g e n n a c h Bertheau S. 190. Vgl. u n t e n S. 146 m i t A n m . 155.

Interpretation

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„den Bruder" mit dem in der Vorlage erwähnten Goliath in Verbindung zu bringen. So wurde gleichzeitig der Widerspruch zu der konkurrierenden Tradition einer Tötung Goliaths durch David beseitigt, deren Bericht zwar außerhalb der chronistischen Thematik lag, dem Chronisten aber dennoch sehr wohl bekannt war 125 . — In II 4,3 ersetzt der Ausdruck „etwas wie Rinder'' 1 2 6 die auch moderner Exegese nicht eindeutig verständlichen D'SpB (Koloquinten?) von l.Kön. 7,24. So mag der Chronist den ihm unverständlichen 127 Ausdruck nach dieser klaren Stelle als „eine Art Rinder (eine besondere Sorte o.ä.)" gedeutet haben. Das „eine Art von" erklärt sich so ungezwungen als Kennzeichnung des Hypothetischen in der Ersetzung, und es ist unnötig, dafür theologische Bedenken des Chronisten verantwortlich zu machen, dem „die heidnischen Stierbilder . . . unheimlich" gewesen seien 128 . — Auch in I I 16,5, wo statt des „er saß in (oder cj : kehrte zurück nach) Thirza" von l.Kön. 15,21 zu lesen ist: „er ließ von seinem Werk ab", möchte man eine Konjektur des Chronisten unter Zuhilfenahme des Konsonantenbestandes der Vorlage (einschließlich des folgenden „und der König" 129 ) vermuten; ähnlich in I I 21,9, wo das „Zair" der Vorlage 2.Kön. 8,21 unter Berücksichtigung des Konsonantenbestandes und der folgenden „Streitwagenoberen" zu einem „mit seinen Oberen" wurde. Aber es sind nicht bloß Konjekturen zu einer verderbten Vorlage, die zu einer Vergleichmäßigung des Textes in der Chronik führten, sondern oft ist es ein rein stilistisches Ermessen des Chronisten, den Wortlaut einer Stelle ihrer Umgebung besser anzupassen. So scheint ihm in I 11,11 der Begriff TSDö besser zur folgenden Liste zu passen als die Überschrift von 2. Sam. 23,8: „die Namen" (vgl. zum chronistischen Ausdruck I 21,2.5; sowie Esr. 1,9). Unter raffinierter Verwendung des vorhandenen Konsonantenbestandes wird in 111,14 aus „er t a t " ein „er h a l f " : da die Wurzel auch in der „Hilfe" von 2.Sam. 125 Die Spuren von l.Sam. 17 finden sich allenthalben in der Chronik, vgl. unten S. 151f. (das „Höhnen"), S. 152 (der „Weberbaum"). 126 Mit Rudolph ist sg. coli, zu lesen und das • als assimiliertes min- zu dem folgenden tahat zu ziehen. 127 Dagegen freilich F.C.Movers a.a.O. S. 215 Anm. u: „Daß dem Chronisten . . . peqâ'ïm unbekannt gewesen sei . . . läßt sich nicht wohl denken, da es noch im Targumischen und Rabbinischen vorkommt, vgl. Buxtorf s.v. p. 1791 . . ." Doch bleibt es eine Tatsache, daß es sich in der Chronik trotz des Vorkommens in l.Kön. 6,18; 7,24bis; 2.Kön. 4,39 (fem.) nicht findet, sondern fehlt oder ersetzt ist. 128 Rudolph S. 205. 129 Zur Interferenz von mlk und ml'k vgl. 2. Sam. 11,1 gegenüber 120,1 (dagegen ist 121,20 nicht die Entsprechung zu 2. Sam. 24,20, gegen Vannutelli Bd. 1 S. 142f.).

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Die Chronik als Auslegung

23.12 vorkommt, liegt die Anlehnung offen zutage, und die entstandene figura etymologica ist die Probe aufs Exempel. Die ,,Schar" von 2. Sam. 23.13 wird in I 11,15 nach V. 18// durch „das Lager" ersetzt; der Chronist braucht das Wort nur einmal i.S. von „Getier" (II 25,18//), dagegen liebt er die Lagervorstellung 130 . Wenn in I 13,6 — wieder einmal statt einer modalen Konstruktion ("iVl Dp"1! 2. Sam. 6,2), vgl. Kat. IV. 3 — Vsn steht, so geschieht das nach dem in der zweiten Vershälfte vorkommenden m^ynV. Ähnlich ersetzt der Chronist in I 14,15 das „schwierige, in dieser Bedeutung nur hier vorkommende Τ-ΙΠ"131 nicht etwa „nach eigenem Ermessen" 132 , sondern nach dem direkt folgenden Versteil, wo auch in der Vorlage 2. Sam. 5,24 das Verb „ausgehen", auf Gott bezogen, die Hauptrolle spielt : der Chronist setzt durch seine Änderung einmal mehr die Entsprechung zwischen actio Dei und reactio hominis ins Licht 133 , eliminiert zugleich auslegend das schwierige Verb der Vorlage, aber dies alles unter strikter Rücksichtnahme auf den authentischen Wortlaut der Vorlage. Ähnlich umgeht der Chronist durch seine Umschreibung in I 15,29 134 und 15,27das nur 2.Sam. 6,14.16; Jes. 66,20 bezeugte Verb krr pilp., und zwar im ersteren Falle einigermaßen adäquat, im letzteren freilich auf den ersten Blick merkwürdig. Man wird sich aber bald überzeugen, daß in dem „mit einem Byssusobergewand bekleidet" einfach eine modifizierte chronistische Vorwegnahme der am Versschluß auch in der Vorlage 2. Sam. 6,14 erwähnten Bekleidung Davids vorliegt 135 . Fälle wie 1118,2.3 (Ahab) 136 , 118,9 („der König von Zoba"), 19,1 (Nahas), 19,2b („zu Hanun, um ihn zu trösten"), wo die betreffende Identifikation überall nach dem Kontext der Vorlage an Stellen eingesetzt wurde, wo sie in der Vorlage fehlte, gehören auch hierher. Verdeutlichender Ausgleich findet sich auch in I 19,3, wo statt von der Sendung der Boten durch David vielmehr von ihrem „Kommen" die Rede ist, und zwar natürlich nach V. 2//, wo dieses Verb angewendet war. Interessant ist auch die Angleichung in I 21,2, wo aus TTpSl... ü® von 2. Sam. 24,2 ΠΒΟ (ID1?) wird, wobei die Pluralität der Beauftragten vom Chronisten aus der zweiten Imp.-Form der Vorlage erschlossen wurde; sie führte zu der Änderung des Attributes für Joab, „Heeresoberst", in „die Obersten des Volkes" (vgl. den PI. 2.Sam. 24,4bis); die Wurzel „zählen" dagegen stellt eine Angleichung an das in V. 2//. 5// gebrauchte Wort „Zahl" dar. — Häufig sind die Fälle, wo einfach die 130

131 Siehe unten S. 225 Anm. 31. F.C. Movers a.a.O. S. 208. So M.Noth a.a.O. S. 135 Anm. 5. 133 134 Siehe oben S. 108 mit Anm. 129. Siehe oben S. 115. 135 Ygi z u dieser Stelle noch oben S. 60f. 136 Siehe oben S. 59 Anm. 59 und v.a. S. 105. 132

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Person oder der Numerus des Verbs an eine Form in der näheren Umgebung angeglichen wird (I 21,13 u.ö.). — Wenn die Chronik in I 21, 15 nicht wie die Vorlage den Inf. pi., sondern den Inf. hif. von „verderben" wählt, so „verwischt" sie gewiß „sekundär den Unterschied der Stammformen" 1 3 7 ; es geschieht aber ganz deutlich im Sinne der hier besprochenen Kategorie nach dem Ausdruck ivncan "jx^an, der sich im gleichen V. 15//2. Sam. 24,16 findet und den der Chronist schon in V. 12 vorbereitet hat. — Die Verse I I 1,1-13 scheinen mit ihrer Vorlage l.Kön. 3,4-15 wenig gemeinsam zu haben. Aber der Augenschein trügt ; in Wahrheit handelt es sich bei dem chronistischen Bericht um eine kunstvoll nach dem Primärtext ausgerichtete Komposition. So V. 10, in dem die kurze Feststellung Salomos l.Kön. 3,7 (freilich nicht direkt parallel): Niai Γ SS 5ΠΝ sb unter Verwendung der entscheidenden Wurzeln ausgesponnen wird zu: VI Ol ΠΠ3Π ΠΠ17 ΠΝ13Ν1 ΠΤΠ Ds?n "US1? HKSXl ^ - [ Π . Wenn V. 11 dann nicht bloß wie V. 11 der Vorlage vom „Reichtum" Salomos spricht, sondern von „Reichtum, Besitztümern und Ehre" (dieselbe Reihung in V. 12), so ist bloß der mittlere Ausdruck eine chronistische Zutat, während das Begriffspaar „Reichtum und Ehre" in l.Kön. 3,13 verankert ist und von da nicht bloß zur Charakterisierung Salomos in I I 1,11.12 eingedrungen ist, sondern auch in typischem Gebrauch auf die noch durch andere Züge der chronistischen Darstellung miteinander verbundenen 138 Könige David (1 29,12.28), Josafat (II 17,5; 18,1), Hiskia (II 32,27) übertragen wird. Ähnliche Vereinheitlichung nach bestimmten Schlüsselwörtern der Vorlage findet sich in II 1,1 l b . 12 (nach l.Kön. 3,10). Es trifft zu, daß 211? „to a more elevated linguistic stratum than the usual prose account of Ezr.-Neh." gehört, wie S. Japhet139 bemerkt. Mit ihr wird man in dem Ausdruck „a peculiar stylistic quality of the Chr." erblicken müssen. Allein, zu dieser stilistischen Eigenart gehört die Verankerung der Diktion im Wortlaut der Quelle, und es ist daher von entscheidender Wichtigkeit, jene Stelle namhaft zu ma137 E. Jenni, Das hebräische Pi'el. Zürich (1968) S. 260 zum Samaritanus an den Stellen Gen. 6,17; 9,11.15, vgl. S. 261 die Gegenüberstellung der Stammformen in der fraglichen Stelle der Vorlage 2. Sam. 24,16. 138 Sie sind die Sterne selbst unter den anderen hell geschilderten gesegneten Davididen (s. unten S. 186. 21 lf.). — Die Wendung „Reichtum und Ehre" findet sich außer an der Schlüsselstelle l.Kön. 3,13 noch Spr. 3,16; 8,18; 22,4; Esth. 1,4; (5,11); in Pred. 6,2 erscheint sogar die gleiche dreigliedrige Abfolge wie in II 1,11.12 — ist das ein zufälliges Zusammentreffen? Hängt es mit der Person Salomos und seiner Bedeutung für die literarische Konzeption von Pred. zusammen? 139 The Supposed Common Authorship of Chronicles and Ezra-Nehemia Investigated anew. YT 18 (1968) S. 358.

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chen, an die der Chronist anknüpft. Im vorliegenden Fall handelt es sich um l.Kön. 10,10b, wo der Ausdruck ai 1 ? vorkommt, freilich, wie S.R. Driver formuliert, „chiefly to stating the tertium comparationis"li0. Man wird aber mit S. R. Driver weiter der Tatsache Rechnung tragen müssen, daß es ,,a characteristic of the later Hebrew" sei, „that it uses constantly words, or constructions, which are rare and exceptional in classical Hebrew" 1 4 1 , m . a . W . : die Sprache der Chronik bevorzugt Wendungen, denen der Geruch der Altehrwürdigkeit anhaftet, die daher keineswegs die eigene Sprachstufe des Chronisten repräsentieren, wohl aber aus den alten Quellen geschöpft sein müssen. So wird denn gleich in der zu l.Kön. 10,10a parallelen Stelle 119,9a Π21Π durch ersetzt, ebenso in 119,1 das von l.Kön. 10,2. Die Verankerung der adverbialen Wendung in der alten Quelle wird noch durch die Stelle 1. Kön. 10,27// I I 1,15 ; 9,27 gestützt. Von diesem Kapitel aus mochte sie dann ihren Siegeszug durch die Sprache der Chronik angetreten haben, wie schon ein flüchtiger Blick auf die Aufzählung der Stellen bei S. Japhetli2 lehrt. — Ganz ähnlich der Komposition in I I 1,1-13 wird in I I 14,2 der Begriff D , 1 ? 1 7 J , der in der Chronik nirgends vorkommt, unter feiner Anlehnung an den Wortlaut der Vorlage und gewisser Deuteronomium-Stellen entfaltet und präzisiert: „er entfernte" steht auch in l.Kön. 15,12b, „die fremden Altäre" als Objekt dazu sind erschlossen (vgl. aber Ez. 6,6 sowie I I 30, 14), nicht aber „die Höhen", die aus I I 15,17// auch hierher eingetragen worden sind, genau wie die „Äscheren", die aus I I 15,16// stammen, während das „Zerbrechen der Malsteine" natürlich auf dem Mosewort Dtn. 12,3 beruht. — Wenn die „Greuel" in 11 33,22 ersetzt werden, so auch dort unter Berücksichtigung des weiteren Kontextes, nämlich des Schnitzbildes von I I 33,7//, das wie die „Äschere" von 1115,16// in der entsprechenden Ersetzungsstelle der Chronik in den PI. gesetzt wird. — Unsicher ist, woher der Chronist in I I 24,14 seine der Vorlage 2.Kön. 12,14 geradewegs zuwiderlaufende Feststellung hat, daß aus dem restlichen Kollekten-, bzw. nach chronistischer Version Tempelsteuergeld Geräte hergestellt worden seien. Handelt es sich um eine Deduktion aus 2.Kön. 12,19 (vgl. 14,14)? 2. Die Vergleichmäßigung, wie sie sich aus dem Prinzip des Kanons ergibt, äußert sich selbstverständlich in einer Normalisierung der überlieferten Geschichtsberichte, die auch die Beseitigung von möglichen 140 S . R . Driver, The Speeches in Chronicles. The Expositor 5.Ser. 1 (1895) S. 248. 141 S.U. Driver a . a . O . S. 248 Anm. 1. 142 A . a . O . S. 358 mit Anm. 4. — Daneben findet sich in der Chronik freilich auch harbë (m^'ód): 1 2 0 , 2 ; 1111,12; 14,12; 16,8 (neben läröb)·, 25,9; 32,27 (vgl. denselben Ausdruck mit läröb in I I 18,1).

Interpretation

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Widersprüchen innerhalb der Chronik in sich schließt 143 , und in einer Angleichung des Wortlauts gewisser Stellen an einen anderen belegten Sprachgebrauch. Das prophetische Wort widerspricht sich nicht, und das soll auch in der sprachlichen Form zum Ausdruck gebracht werden. I n diesem Sinn geht die Chronik durchaus „kritisch" vor, so z.B., wenn sie die auch moderner Exegese suspekte Leichenverbrennung zugunsten des einfachen Begräbnisses, von dem in der Vorlage ja auch die Rede ist, in I 10,12 stillschweigend wegläßt. In I 14,1 wird die Reihenfolge Zimmerleute-Maurer nach dem realen Bauvorgang (vgl. die Abfolge der Materialien nach ihrem Wert in I 18,10//; 112,6.13) geändert. — Daß die „ R u h e " in I 17,1.10 entweder weggelassen oder ersetzt wird, liegt an der — historisch gewiß zutreffenden — Ansicht des Chronisten, daß David, im Gegensatz zur deuteronomistischen Ideologie, zumindest zu diesem Zeitpunkt (vgl. erst I 22,18) keineswegs der König des Friedens war 1 4 4 . Der Chronist vermeidet also den latenten Widerspruch zwischen 2.Sam. 7,1.11 und l . K ö n . 5,18, und zwar unter der Berücksichtigung der Tatsache, daß David ein „Mann der Kriege" (I 28,3, deduziert aus l . K ö n . 5,17) war und erst Salomo als „Friedewskönig" den Tempelbau vollenden konnte (I 22,9; I I 5,1; 8,16). — Die Weglassung der Aussage über Versündigung und Züchtigung des Davididen (2. Sam. 7,14 b) in 1 1 7 , 1 3 ist eine Folge der Historisierung 145 , aber ebenso wichtig wie das Übergehen der Schatten auf dem hellen Bilde Salomos 146 dürfte der Rückschluß sein : da dem Chronisten kein geschichtliches Ereignis bekannt war, das er als eine solche Züchtigung Salomos h ä t t e verstehen können (auch nicht l . K ö n . 11,14-40), ließ er den Halbvers der Nathanweissagung harmonisierend weg. — Die Stelle I 18,17, die nach l . K ö n . 4,5 zu verstehen ist, wurde schon unter K a t . VII 1 4 7 behandelt. — In I 19,18 kann man sich fragen, ob die (7) „ H u n d e r t e " der Streitwagenabteilung aufgrund der (40) „Tausende" der Infanterie von 2. Sam. 10,18 ebenfalls in „Tausende" geändert worden seien, obwohl das erstere Verhältnis gewiß historisch zutreffender ist. — Die Einfügung des „Landes" in I 20,1 steht im Dienste der bereits oben 1 4 8 erwähnten Teilung des in 2. Sam. 11,1 Berichteten in zwei Phasen. — Daß in I I 2,16 nur die „Fremdlinge im L a n d e " zur Fronarbeit herangezogen werden, ist ein mögliches, wenn auch nicht wahrscheinliches Verständnis des 143 Die oben S. 59-63 angeführten Beispiele von Widersprüchen in der Chronik zeigen freilich, daß der Chronist darauf kein allzu großes Gewicht legte. 144 Vgl. die Bemerkung J.Wellhausens a.a.O. S. 20 Anm. 1 über die Menucha. 145 Kat. V. 3, s. oben S. 103-110, vgl. v.a. S. 105f. 146 So die Erklärung Rudolphs S. 135 für die Auslassung. 147 148 Oben S. 127. S. 108 unter Kat. V. 3.

144

Die Chronik als Auslegung

Da von l . K ö n . 5,27, beruht aber letztlich gewiß auf einer Kombination von l.Kön. 9,20-21 mit l.Kön. 5,27. Fronarbeit erforderte zudem Zählung, Israels Zählung war aber unerlaubt (I 21), so kamen nurmehr die Fremdlinge in Frage. Die Zahl (153600), die dann noch auf eine Erfassung Davids, wohl jene von I 22,2, zurückgeführt wird, ist natürlich aus l.Kön. 5,29-30 errechnet (1 auch 1. Kön. 5,30 vor den Hunderten ; die Verderbnis rührt von der Anzahl der Tausende her). — Die Herstellung des ,,und er machte" in I I 3,8.(14.) 15.16a. 16b; 4,(1).7.8a.8b.9 beruht auf der Systematisierung zu jener einheitlichen fcWI-Reihe, von der oben 149 schon die Rede war; zu Kat. V I I I ist sie deshalb zu rechnen, weil der Chronist als Grundlage für diese Systematisierung das ÍPSP1 von l.Kön. 6,23//; 7,23//.38//.48[//] wählte. — Da wohl in I I 7,20 „und ich werde euch verjagen" (nach Kontext und den Versionen außer Lat, Targ) und „euch" (nach Kontext und G 19 · 93 · 108 · 119 , Arab, Syr, Vulg) zu lesen ist, läßt sich auch die Weglassung von „und eure Söhne (weg von mir)" in 117,19 als historisierende Einschränkung des „Israel" von l.Kön. 9,7 auf die Generation des angesprochenen Salomo begreifen. — Die Weglassung des Millo von l.Kön. 9,24 in 118,11 (vgl. dasselbe in I I 8,2¡I l.Kön. 9,15) erstaunt, erscheint diese Anlage doch in I 11,8// und I I 32,5. Aber die genannten Stellen geben vielleicht den Schlüssel : beide Male ist unmißverständlich vom Millo als einem Teil der „Stadt Davids" die Rede: wenn dem so war, was sollte da die Erwähnung eines Baus z.Z. Salomos? — Eine Änderung zum Zweck einer Korrelation bloß innerhalb der chronistischen Darstellung findet sich in I I 18,2, wo der Chronist sein „und er [Ahab] verführte ihn (hinaufzuziehen)" offenbar in Kontrastparallele zu dem „und Gott führte sie von ihm [Josaphat] weg" des rein chronistischen V. 31 steht: Josaphats Vertrauen auf Ahab hatte seine Irreführung in den lebensgefährlichen Kampf zur Folge, sein Gebetsschrei zu Gott aber die Irreführung der Feinde 150 . — Ganz ähnlich liegt der Fall in I I 25,17, wo die Änderung des „dann sandte [Amazja]" von 2. Kön. 14,8 in „[Amazja] beriet sich" auf dem zweimaligen Vorkommen der Wurzel j's im voraufgehenden rein chronistischen Abschnitt beruht, wie die unten 1 5 1 gebotene Übersetzung zum Ausdruck bringt. Häufig finden sich Angleichungen des Wortlauts der Quelle an einen bestimmten anderen Sprachgebrauch, und zwar nicht in erster Linie an einen zeitgenössischen, sondern einen in den kanonischen Ge149

S. 97f. Die Wurzel sut hif. dürfte nicht ohne Zusammenhang mit 2. Sam. 24,1// I 21,1 gewählt worden sein (vgl. unten S. 156). So erscheint Ahab in der Rolle Satans, des Anstifters par excellence. 151 S. 220f. 150

Interpretation

145

schichtsquellen belegten. Eine merkwürdige Stelle ist I 13,5, wo statt des η CI von 2. Sam. 6,1 brip"1! zu lesen steht. Das chronistische Objekt zum Verb, Israel, und G S a m · lehren, daß die Form der Vorlage, wohl infolge Laryngalschwundes, etwa nach Stellen wie 2. Sam. 10,17//1 19, 17 als gleichbedeutend mit r]DS,1 verstanden und aufgrund des Objekts durch das angemessenere Verb ersetzt wurde. — In I I 6,20 wird um der häufigeren 162 Wendung „deinen Namen dahin zu setzen" die stilistische Rückbeziehung von l.Kön. 8,29 („daß mein Name dort sei") auf l.Kön. 8,16//II 6,5.6 zerstört. Die Haltung der Chronik ist freilich gerade bei dieser Wendung ohne erkennbare Konsequenz: l.Kön. 8,16 (zweimal! t x t em)//II 6,5.6 wird „sein" beibehalten, in 1.Kön. 8,29//II 6,20 in „setzen" geändert, in l.Kön. 9,3//II 7,16 umgekehrt „setzen" durch „sein" ersetzt, ebenso in 2.Kön. 21,4//II 33,4. — In I I 10,16 wird der Entlassungsruf für den Heerbann, „zu deinen Zelten, Israel" (l.Kön. 12,16) der andern belegten Form, allerdings ohne Änderung der Person, angeglichen: „ein jeder zu deinen Zelten, Israel", etwa nach 2. Sam. 20,1 153 . Ebenso wahrscheinlich ist aber Dittographie zu voraufgehendem „Isai", vgl. G c h r · und die Orthographie des Namens in 12,13. — Das Wort „Weg" im Sinne von „Wandel" braucht der Chronist mit Vorliebe im Pl., und er ersetzt so in I I 20,32 (1 pl c G); 21,6 ( l p l c Arab); 22,3; 28,2; 34,2 den Sg. der Vorlage, vgl. die freien Texte I I 11,17 (1 pl c G); 17,3.6; 21,12bis. 13 (1 pl c G). Den Anlaß dürfte, neben der historisierenden Aufteilung des Lebens in Einzelabschnitte, der Ausdruck der „Wege Jahwes" gegeben haben (2.Sam. 22,22; Hos. 14,10; Ps. 18,22; 138,5; s. I I 17,6; der Sg. dieser Wendung ist belegt in Gen. 18,19; 2.Kön. 21,22; Jes. 40,3; Jer. 5,4.5; Spr. 10,29). — Ein schönes Beispiel für die Angleichung an den üblichen Sprachgebrauch stellt die Änderung von „(Josia) ging . . . ihm entgegen" (2.Kön. 23,29) in „(Josia) zog aus, ihm entgegen" in 11 35,20: vgl. Gen. 14,17; 30,16; Ex. 4,14; 18,7; (19,17); Num. 20,18.20; 21,23.33; 22,36; 31,13; Dtn. 1,44; 2,32; 3,1; 29,6; Jos. 8,5.14.22; Ri. 4,18.22; 11,31.34; 20,25.31; l.Sam. 4,1; 9,14; 13,10; 18,6; 30,21; 2.Sam. 6,20; 18,6; 2.Kön. 9,21; Jes. 7,3; Jer. 41,6; Hi. 39,21; Spr. 7,15. 3. Von größtem Interesse für die Chronik-Exegese werden die Änderungen der Vorlage, wenn das Substitut die Funktion eines Leitworts ü b e r n i m m t u n d Entsprechungen

im Geschichtsbericht

anzuzeigen

hat. Schon bei den im letzten Abschnitt behandelten Stellen I I 18,2; 152 Vgl. D t n . 12,5.21; 14,24; 2.Sam. 7,23//I 17,21; l . K ö n . 9 , 3 ; 11,36; 14,21; 2.Kön. 2 1 , 4 . 7 ; I I 12,13; 33,7. 153 Vgl. noch Ri. 7,8; l . S a m . 4 , 1 0 ; 13,2; 2.Sam. 18,17; 19,9; 2 0 , 2 2 ; 2.Kön. 14,12; I I 25,22; dazu A.Alt, Zelte und Hütten. Kleine Schriften Bd. 3 (1959) S. 240 Anm. 6.

146

Die Chronik als Auslegung

25,17 zeigten sich Ansätze in dieser Richtung. In I 10,5 ändert die Chronik TD"ΙΠ in 3ΊΠΠ. Das αύτοϋ von G — außer einigen hebraisierenden Hss. — macht auf den ersten Blick stutzig, ist aber doch wohl nur ein Uberrest des in der griechischen Übersetzung fehlenden JW1. Sollte der Chronist durch diesen kleinen Eingriff den Gedanken zum Ausdruck bringen wollen, daß es dasselbe Schwert sei, das Herrn und Knecht treife ? Das wäre ein weiterer Beleg dafür, daß der Chronist Züge, die in seiner Vorlage nur angedeutet sind, stärker, deutlicher hervorhebt, indem er die beim Tode des Herrn gebrauchte Form „das Schwert" (l.Sam. 31,4//I 10,4) ganz unverändert in die Schilderung des Selbstmords des Waffenträgers herübernimmt und durch diese Analogie des Wortes einen verborgenen Zusammenhang offenbar machen will 164 . — In I 10 spielt der vVd NfM ohnehin eine Schlüsselrolle. Ist es in V. 9 als eine feine stilistische Kontrastierung zu verstehen, wenn der Chronist, immer unter dem Gesichtspunkt der Äquivalenz der Begriffe seiner Vorlage, dieses XtPJ des Waffenträgers auch an die Stelle des m 3 von l.Sam. 31,9 setzt? Die Feinde des Königs übernehmen die Rolle des treuen Gefolgsmannes, eine bittere Ironie. Die Ersetzung ist zudem ein Beweis für die im nächsten Abschnitt auszuführende These, der Chronist habe seine Vorlage so durchsystematisiert, daß der Rumpf auf dem Schlachtfeld blieb, Rüstung und Kopf aber „weggenommen" wurden. Von V. 9 aus mag dann dieses KÍM an die Stelle des npV von V. 12 gesetzt worden sein. — I n I 10,9 wird ΠΧ statt ΓΡ3 gesetzt: wenn es sich nicht einfach um ein textgeschichtliches Malheur handelt 155 , so ist die Änderung mit dem Bestreben zu erklären, die Götzen und ihre Verehrer in genaue Entsprechung zu bringen. — Die letzte große Versammlung Israels in der vorköniglichen Zeit war, nach den „prophetischen" Quellenberichten, die Zusammenkunft zur Totenklage für Samuel gewesen: l.Sam. 25,1 [ = 28,3], Wenn ausgerechnet die dort verwendete Form i s a p l nun in I 11,1 das blasse „und sie kamen" ersetzt, so wird dadurch bestätigt, was die Exegese von I 10156 ergab: der Intermezzo-Charakter von Sauls Königtum 1 5 7 . Seit Samuels Tod hat sich das Gottesvolk nicht wieder in Vollzähligkeit versammelt — seit dem letzten Repräsentanten der Richterzeit (II 35,18 als Ersetzung von 2.Kön. 23,22) bis zum ersten Inhaber des dauernden königlichen Jahwemandats. — Die einfachste Art der E n t 154 Dazu vgl. den bereits zitierten Aufsatz von I. Heinemann über Synkiisis und äußere Analogie, a.a.O. 155 156 Vgl. z.B. II 25,5 G. Siehe oben S. 9-12, v.a. S. 12. 157 Der Hinweis Rudolphs S. 97 Anm. 2 auf l.Sam. 8,4, wo die Wurzel der Vorlage 2. Sam. 5,1 („kommen") und die der chronistischen Ersetzung („sich versammeln") nebeneinanderstehen, zerstört diesen gewollten Bezug inhaltlich und formal (in l.Sam. 8,4 findet sich das Hitp., nicht das Nif.).

Interpretation

147

sprechung ist die Angleichung von Tatbestand und Meldung. So wird in 113,14b vor Obed-Edom 2° von 2.Sam. 6,11 „Haus" (Familie) eingeschoben, ,,sein Haus" durch „was ihm gehörte" ersetzt: es springt in die Augen, daß das nach V. 14a// und besonders nach der Nachricht an David in 2. Sam. 6,12 geschah, die freilich in der Chronik wegen der Einschaltung von I 14,1-15,24 dann gar nicht mehr berichtet wird. — In ähnlicher Weise setzt der Chronist das göttliche Orakel und seine Befolgung (I 1 4 , 1 0 b - l l a ) in genaue Korrespondenz zu Davids Anfrage (2.Sam. 5,19//I 14,10a). Von daher erklärt sich das bloße „und ich gebe sie (die Philister) in deine H a n d " , die Ersetzung des „und David ging (hinein)" durch „er [so 2 Hss., G, Syr] ging hinauf" und des „vor" durch „in meine Hand" 1 6 8 . Selbstverständlich werden nicht nur Tatbestand und Meldung, Frage und Antwort, Befehl und Ausführung in Korrelation gesetzt — der Chronist müßte kein Theologe sein, wenn das nicht auch bei Verheißung und Erfüllung geschähe. Daher wird das in dem göttlichen Bescheid von 2. Sam. 5,24//I 14,15 erwähnte „Lager" der Philister auch in V. 16 über die Vorlage hinaus eingesetzt. — Weiterreichende Beziehungen finden sich erwartungsgemäß in dem Kapitel der Nathan Weissagung. Wenn in Davids Gebet (I 17,23) der Imp. Dpn durch den Juss. ρ « 1 ersetzt wird, so wird das nicht ohne Bezug auf l.Kön. 8,26a//II 6,17a geschehen sein, wo die Wurzel sich nicht nur gleichfalls auf „das Wort" (nur in der Chronik, vielleicht wegen I 17,23, sg.) bezieht, sondern auch „dein Knecht (David)" als dessen Adressat genannt ist. Die Wiederholung der Wurzel in I 17,24 (ohne Entsprechung in 2. Sam. 7,26) bestärkt die Vermutung, daß es dem Chronisten auf sie ankommt. Wenn weiter in I 17,25 gegen 2. Sam. 7,27 VVb hitp. mit „vor dir" verbunden wird, so ist das zwar nach Ausweis von l.Sam. 1,12; l.Kön. 8,28; 2.Kön. 19,15; Neh. 1,4.6; II6,19(.24) eine durchaus mögliche Ausdrucksweise, doch ist die Wendung mit oder "1573 viel häufiger, gerade auch in der Chronik. Daher wird man die Änderung am ehesten als eine weitere Parallelisierung von Davids Beten zu demjenigen Salomos in l.Kön. 8,28//II 6,19 verstehen, wo sich ebenfalls „vor dir" findet (zusätzlich mag das Vorkommen dieses Ausdrucks im näheren Kontext I 17,24.27 eine Rolle gespielt haben). — Die bereits oben 168 beobachtete Angleichung des Vollzugsberichtes über die Zerstörung Rabbas an den in der Chronik selbst nicht vorhandenen Befehl Davids 158

S.K. Mosimans a.a.O. S. 76 zu I 14,10b (chronistische Abkürzung) und zu 14,11 („meine Hand" stehe, um Davids Anteil am Sieg größer erscheinen zu lassen) geäußerte Vermutungen erweisen sich daher als falsch. — Zutreffend B. O. Long, The Problem of Etiological Narrative in the Old Testament. BZAW 108 (1968) S. 14: "Action on the basis of answer — v. 11." 159 S. 57. Anm. 42.

148

Die Chronik als Auslegung

macht eine Reihe von Spekulationen zu der fraglichen Stelle I 20,1 b überflüssig 160 . — Einfachere Entsprechungen, wie jene in I 21,14 hergestellte, wo s t a t t ,,es starb(en)" in Korrelation zu der Bitte Davids als Repräsentanten Israels in 2. Sam. 24,14//I 21,13 „es fiel(en)" steht (vgl. noch V. 16), finden sich häufig. Die Entsprechung kann als Parallele oder, wie in I 21,25 (,,er gab usw." s t a t t „er kaufte usw."), als K o n t r a s t formuliert sein: Ornan gibt nach 2.Sam. 24,23//I 21,23 alles, was David will ; David gibt ihm nun das volle Geld dafür (daher auch in 1 2 1 , 2 3 die pointierte Zufügung von „ich gebe" I o neben der Umsetzung von „[Ornan] g a b " in „ich gebe" 2°). — Mit welch feinen Mitteln der Chronist seine Beziehungen herzustellen weiß, wurde schon im Falle von I 10,5 klar. So genügt ihm auch bei der zweiten Gotteserscheinung vor Salomo in I I 7,12 die Form „in der N a c h t " , die I I 1,7 entspricht, während seine Vorlage l . K ö n . 9,2 umständlich und im Vergleich zur Chronik so grob, daß es jeder sieht, statuiert: „zum zweitenmale, wie er ihm in Gibeon erschienen w a r . " — F ü r eine stilistische Analyse, die mehr sein will als eine bloße Rubrizierung sprachlicher Beobachtungen nach einem vorgegebenen anthropologischen Schema, wird es von Bedeutung sein, daß die beschriebene exegetische Methode des Ausgleichs auch sprachlicher Ausdruck der ausgleichenden Gerechtigkeit wird, so in der K e t t e 11 2 4 , 2 2 - 2 4 , 2 5 - 2 5 , 3 , wo Joas' „ T ö t e n " Sacharjas in dem ersten genannten Vers (chronistisches Sondergut) seine eigene „ T ö t u n g " (Ersetzung von „sie erschlugen") durch die Verschwörer (II 24,25) zur Folge hat, die selbst wieder durch Amazja „getötet" werden (Ersetzung f ü r „er erschlug", I I 25,3) 1β1 . 4. Es dürfte klar geworden sein, in welchem Maß u n d in welcher Art der Chronist die Wortersetzungen als exegetisches Mittel zur Aufdeckung der verborgenen, in den ihm vorliegenden kanonischen Quellen aber doch bereits angelegten geschichtlichen Zusammenhänge benützt. Die vom Chronisten geschriebene Geschichte will aber nicht bloß die von ihr selbst behandelten Epochen und Erscheinungen auf ihre Grundlage hin transparent machen. Schon bei I 11,1, auch bei 160

Zu den schon oben S. 57f. Anm. 42 angeführten noch S . K . M o s i m a n a.a.O. S. 107: „Die Offenheit, mit der [in Samuel] gesagt ist, daß Joab die Arbeit thut, aber David den Ruhm haben will, hat Chr wie es scheint, nicht gefallen." 161 Es liegt also ein klarer Fall einer Verzahnung von chronistischem Sondergut und parallelen, nur mittels Ersetzungen bearbeiteten Texten vor — ein Beweis für die Einheitlichkeit und Zusammengehörigkeit beider chronistischer Formen geschichtlicher Darstellung schon im Grundstock der Chronik. Diese Einheit wird durch eine literarkritische Analyse, wie sie Galling S. 138-141 vornimmt, zerstört: danach gehörte 1124,22 dem zweiten, 24,25 und 25,3 dem ersten Chronisten an. (Vorsichtiger dann freilich im Art. Chronikbücher. RGG· Bd. 1 3 (1957) Sp. 1803f.)

Interpretation

149

I 20,1 b waren wir genötigt, für das Verständnis der chronistischen Änderungen auf Vorfälle bzw. Berichte davon zurückzugreifen, die außerhalb des in der Chronik behandelten Stoffs liegen. Der Chronist ist sich sehr wohl bewußt, daß er nur einen kleinen Ausschnitt, gewiß den für seine Zeit wichtigsten Teil, aus der in den mosaischen und prophetischen Geschichtsurkunden bezeugten heiligen Geschichte schreibt. Wer könnte es ihm verargen, daß er von seinen Voraussetzungen her in seiner Geschichtsinterpretation auch Bahnen betrat, die er in Geschichtsdokumenten aufgezeichnet fand, die eigentlich nicht die vom Chronisten behandelte Epoche oder Person betrafen. Da es der eine und gleiche Gott Israels war, der die heilige Geschichte seines Volkes nicht nur geschaffen, sondern auch durch seine Propheten adäquat hatte aufzeichnen lassen, war es selbstverständliche Pflicht des Interpreten, die Identität dieser heiligen Geschichte auch durch sprachliche Gleichförmigkeit zum wenigsten anzudeuten. Grundlage waren und blieben die heiligen Schriften und ihr Wortlaut — die interpretierte Geschichte an sie, auch wenn sie außerhalb des chronistischen Vorhabens lagen, anklingen zu lassen und dem kundigen Leser so in feiner Weise die geheimen Bezüge vor Augen zu führen, das war die Intention des Chronisten. Ein erstes Beispiel für diese auslegende, verborgene Bezüge in der prophetischen Geschichtsschreibung aufdeckende Methode dürfte vielleicht schon in der zweimaligen Ersetzung von rix (p31) durch ••ΊΠΧ (pDT) in I 10,2 liegen. Es ist nämlich nicht so, daß die letztere Verbindung die gebräuchlichere wäre. Von den 12 Hif.-Formen des Verbs p21 sind 5 mit dem Akk. verbunden, nur 3 aber mit der Präposition ΉΠΝ, sowie je 2 mit und 3. Außer Ri. 20,45 kommt unsere Form nur noch in l.Sam. 14,22, einem Vers, der mit dem unsrigen einige wichtige Begriffe gemein hat, vor: dort ist die Rede von Israeliten, die sich auf dem Gebirge Ephraim vor den Philistern verborgen gehalten hatten ; auf die Kunde von Sauls Sieg über die Philister hin aber „hefteten sie sich an sie (sc. die Philister)". So hatte sich das Geschick gewendet : damals Israel mit seinem König an der Spitze auf der Verfolgung der fliehenden Feinde, jetzt die Feinde Israels auf der Verfolgung des Repräsentanten Israels mitsamt seinem ganzen Hause. — Schwieriger verhält es sich mit dem Geschick, das Sauls Leichnam und seiner Rüstung widerfuhr. Um die Data zu referieren : nach der Relation in l.Sam. 31 wird Sauls Kopf abgehauen, seine Waffen geplündert und an den Astartetempel gehängt, während seine Leiche an die Mauer von Bethsan, der in der Chronik nicht erwähnten Stadt, geschlagen und durch die Jabesiten von dort geraubt wird. Über das Schicksal des Kopfes verlautet nichts. Nach I 10 werden dem Toten Kopf und Waffen weggenommen, die Waffen in den Tempel

150

Die Chronik als Auslegung

der Göttin gebracht, der Kopf an dem Tempel Dagons aufgehängt. Der Rumpf dagegen wird von den Jabesiten vom Schlachtfeld abgeholt. Wie erklärt sich die Diskrepanz? Abzulehnen ist die von Bertheau, Oettli, Benzinger und ähnlich von Rudolph vertretene Erklärung, die aus der Verschiedenheit beider Relationen schließt, daß im Original beide Lesarten vertreten gewesen seien. Was sollte das für ein „Original" sein, von dem beide Texte in ähnlicher Weise abhingen! Es geistert hier noch immer die Eichhorn sehe Urfassungshypothese durch die Kommentare. Welch ein Zufall zudem, der uns dieses merkwürdige Puzzle bescherte, so daß wir bloß die Kopfaufhängung in den Samuel-Text, die Leichenausstellung in den Chronik-Text zu interkalieren brauchen, um die jeweilige ursprüngliche Form zu erhalten. Gegen diese Lösung spricht außerdem dreierlei: einmal ist der Ausfall der respektiven Partien reine Konjektur, da alle Versionen unseren Text bieten; sodann wäre in V. 10 statt des merkwürdigen inVlVï zu erwarten, das weit besser aus dem Anliegen des Chronisten heraus zu begreifen ist denn als ursprüngliche Lesart des Samuel-Textes; und warum sollte schließlich der Chronist den an der Mauer von Bethsan aufgehängten Leichnam in V. 12 weggelassen und ihn dafür durch die Jabesiten direkt vom „Platze Bethsan" (so nach 2.Sam. 21,12) haben abgeholt werden lassen? Dies letztere ist aber eine Beobachtung, die uns auf die Spur helfen kann, und zwar gerade, nachdem die rezensierende, auslegende Arbeitsweise als konstitutiv für den Chronisten erkannt wurde. Methodisch ist es jedenfalls vorzuziehen, den Samuel-Text und den Chronik-Text als ursprünglich und unversehrt überliefert anzusehen, wie es auch Kittel und Curtis tun. Wie aber kam es zu der Fassung des Chronisten? In l.Sam. 31,12 war berichtet, die Jabesiten hätten die gewijöt Sauls und seiner Söhne von der Mauer Bethsans geholt. Nirgends aber fand sich in der Vorlage ein Wort darüber, daß die gewijöt der Söhne an die Mauer geschlagen worden seien. Der Chronist stand vor dem Dilemma: entweder war V. 12 richtig oder V. 10162. Es entspricht ganz seiner Arbeitsweise, wenn er den Ausgleich mittels einer Auslegung sucht, und zwar aufgrund des vorliegenden Textes. Diesem Postulat hätte die naheliegende Erklärung, daß der Transfer der Leichname der Söhne eben stillschweigend dazuzudenken sei, nicht genügt. So blieb nur der Schluß: sowohl die Leichname der Söhne wie derjenige Sauls blieben auf dem Feld. Dann aber mußte die Erwähnung Bethsans in V. 12 fallen. Aber war denn dieser Ortsname nicht durch die andere Erwäh162 Zu diesem Widerspruch kam der andere, daß die sterblichen Überreste Sauls nach l.Sam. 31,10 zwar an „die Mauer Bethsans geschlagen" worden seien, nach 2. Sam. 21,12 aber „auf dem Platze Bethsans gehangen" hätten.

Interpretation

151

nung in l.Sam. 31,10 geschützt? Schon oben 1 6 3 wurde dazu ausgeführt, daß die Änderung des dortigen „Bethsan" in „das Haus Dagons" kaum chronistischer Willkür entsprang, sondern auf einer Textverderbnis der Vorlage beruhte, die den Chronisten zu einer Rekonstruktion nötigte. Wenn nun von der Darbringung der Rüstung Sauls im Astartetempel die Rede war, der Rumpf aber auf dem (Schlacht-) Feld geblieben war, so war eine Aussage über den Kopf zu erwarten. Ihm widerfuhr, so Schloß der Chronist, wohl ähnliches wie der Rüstung: er wurde angeheftet (das Wort wurde offenbar auch vom Chronisten gelesen), nämlich an den Tempel (das legte sich wegen der Analogie zu den Waffen nahe), und daß es der Dagons war, war bei den Philistern das Wahrscheinlichste. Also war in ΓΓ11 V. 10b (wenn wir recht haben, in den Spuren davon in der Vorlage des Chronisten) der Kopf zu suchen — es bot sich nVlVl an, möglicherweise deswegen, weil beide Worte, «VU und ilVlb), etwa gleichen Umfang und gleichen Anfang haben, obwohl andere Motive entscheidend mit im Spiel sind. Betrachtet man nämlich das Vorkommen des Wortes nVlVl im AT, so wird man es außer bei hauptsächlich priesterschriftlichen ProKopf-Zählungen (8mal) neben unserer Stelle nur noch in 2.Kön. 9,35 und Ri. 9,53 finden. Nun macht man die merkwürdige Beobachtung, daß nahezu alle für unser Kapitel entscheidenden Begriffe auch in Ri. 9,50-56 vorkommen: der Waffenträger V. 54, die Bitte um Tötung V. 54, das Auseinanderlaufen von Israels Mannschaft sofort nach dem Tod des Anführers V. 55. Die Vermutung eines gewollten Bezugs auf den Tod Abimelechs gewinnt an Wahrscheinlichkeit, wenn wir an Inhalt und Funktion unseres Kapitels I 10 denken: das Ende des sündigen Königs ist auch s e i n Thema. So scheint es fast völlig sicher, daß der Chronist den Begriff nVïVl zum Zweck des Hinweises auf diese Zusammenhänge gewählt hat. — E s trifft zu, daß ,,2Sm 23,9... schwer verstümmelt" ist, wie Rudolph164 bemerkt, aber die entscheidende Frage der Chronik-Exegese bleibt doch, wie es zu der genauen Lokalisierung ,,Pas-Dammim" von 1 1 1 , 1 3 kommen konnte. Denn daß in der Chronik etwa, wie man denken könnte, eine besser erhaltene Überlieferung des Samuel-Textes vorliege (Kat. II), erscheint unwahrscheinlich, schon nach den anderen Beobachtungen, die zu I 11 gemacht wurden, wie auch wegen der etwa gleichzeitigen Qsam.; di e j n (J er Wiedergabe des fraglichen DBina von 2. Sam. 23,9 genau dem MT entspricht. Sollte also der Chronist, wie in V. 11 desselben Kapitels, eine Konjektur gewagt haben, diesmal freilich nicht unter Bezugnahme auf den näheren Kontext, sondern in bewußter Anlehnung an eine Stelle aus Davids Jugendgeschichte, die bei ihm wegen 163

S. 73.

164

S. 96 zu I 11,13.

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Die Chronik als Auslegung

seiner Thematik natürlich fehlte, aber dennoch vorausgesetzt war? Alles spricht dafür: das Sätzchen „und die Philister versammelten sich (dort) zum Krieg", wie auch die gleich folgende, mit anderem in der Chronik nur wegen Homoioteleuton ausgefallene 165 Erwähnung der „Mannschaft Israels" weist deutlich auf l.Sam. 17,1 f. Die Vermutung, daß der Chronist in seiner historisierenden Konjektur auf die Goliathgeschichte anspiele, wird zur Gewißheit, sobald man erkennt, daß es sich in l.Sam. 17,1 um die einzige Stelle des AT's handelt, in der „Pas-Dammim" außer in I 11,13 vorkommt (als „Ephes-Dammim"). Weshalb aber gerade dieser Ortsname zur Ersetzung der Worte „bei ihrem [wessen? der Philister?] Höhnen"? Der Chronist verstand seine Texte zu lesen. So fiel ihm selbstverständlich auch das Leitwort der Goliathgeschichte sogleich ins Auge: es ist das fragliche Verb ' p n , das in l.Sam. 17,10.25.26.36.45 die zentrale Rolle spielt! Auch I 11, 23, wo der Chronist über 2. Sam. 23,21 hinaus den Vergleich „wie ein Weberbaum" anbringt, dürfte eine Anspielung auf die Goliathgeschichte enthalten, und zwar auf l.Sam. 17,7. Vergleichspunkt ist dort (vgl. l.Sam. 17,40) wie hier (I 11,23a) die unterlegene Bewaffnung des kämpfenden Israeliten, die beidemale bloß in einem Stecken besteht. Eine Rolle mag freilich auch 2. Sam. 21,19//I 20,5 gespielt haben, wo sich der Vergleich explizit auf einen „Speer" angewendet findet. G. von Rad hat in seiner Studie über das chronistische Geschichtsbild überzeugend den bis dahin völlig verkannten Einfluß des Deuteronomiums auf die Chronik namhaft gemacht 1ββ . Diese Erkenntnis bleibt grundlegend; zu fragen ist nur, wie dieser Einfluß einzuordnen und zu bewerten sei. Schon G. von Rad wies darauf hin, daß es ein „verhängnisvoller Fehlschluß" wäre, wegen dieses Einflusses nur das Deuteronomium als das für den Chronisten maßgebende Gesetz zu betrachten 1 6 7 . Mit G. von Rad wird man überhaupt „an den Pentateuch denken müssen" 168 . Aber auch hier wäre weiter zu fragen, ob es denn wirklich in erster Linie der Gesetzescharakter sei, der die mannigfachen pentateuchischen, insbesondere deuteronomischen Bezüge in der Chronik veranlaßt habe. Es hängt hier alles an der Grundvoraussetzung G. von Rads und anderer, daß die Chronik „nomistische Geschichtsbetrachtung" sei, die nicht in erster Linie das Geschichtswerk, sondern die „Programmschrift für das nachexilische Israel" zum Zwecke habe 169 . Da aber nun immer klarer geworden ist, daß die Chronik ein Geschichtswerk ist, wenn auch ein Geschichtswerk eigener Art, wird man auch die Deuteronomiums-Bezüge der Chronik nicht 165 187 169

166 So schon Bertheau S. 126f. G. von Bad a.a.O. S. 42-63. 168 A.a.O. S. 43. A.a.O. S. 63. G. von Rad a.a.O. S. 1 und 121.

Interpretation

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mehr primär als Gesetzeszitate, sondern, so merkwürdig uns das heute anmutet, als Interpretation geschichtlicher Nachrichten zu verstehen haben 170 . Einige Überlegungen machen das sofort wahrscheinlich : das Deuteronomium ist in der Form, wie es dem Chronisten vorlag und auch uns vorliegt, ein Geschichtsbuch. Zweitens steht sein geschichtlicher und gesetzlicher Inhalt unter dem Vorzeichen der prophetischen Autorität Moses171. Mithin kommt ihm in seiner Bedeutung für die Geschichtsinterpretation des Chronisten prinzipiell keine andere Geltung zu als den andern Geschichtsberichten aus prophetischer Hand, d.h. Josua-2.Könige. Was Veranlassung zu seiner Heranziehung gibt, ist allgemein die geschichtsprägende Kraft des prophetischen Wortes, nicht die normative Funktion des Gesetzes, so sehr diese letztlich hinter der kanonischen Autorität der Prophetie stehen mag 172 . Daß das Deuteronomium in so hervorragendem Maß in der Chronik benützt wird, liegt daran, daß die ursprüngliche Chronik in weit geringerem Maß als gemeinhin angenommen wird, kultisch orientiert ist, daß sie vielmehr die Geschichte der Davididen als der Repräsentanten des Volkes Israel sein will und daß schließlich ihre Primärquelle die deuteronomische Geschichtsschreibung war. — In 114,12 ist es daher weniger eine dogmatische Korrektur, daß David den Befehl zum Verbrennen der „Götter" der Philister gibt, als vielmehr eine historisierende Spezifikation des „sie nahmen sie (sc. die Götzen) weg" (2. Sam. 5,21) nach der auch für David selbstverständlichen Praxis Dtn. 7,25a (vgl. Dtn. 12,3). Die Richtigkeit der hier vertretenen Ansicht bestätigt I 15,26, wo Dtn. 10,8; 31,9 nach der Ersetzungsmethode von K a t . V I I I deutlich als Mittel zur Geschichtsfindung, als Anlaß zu historischer Reflexion dient, wie oben 173 bereits dargelegt wurde. Anhand des gleichen Leitwortes NIM, das sich in der Vorlage l.Kön. 8,3 fand, eruiert der Chronist in I I 5,4 nach den genannten DeuteronomiumStellen die Leviten statt der Priester als Träger der Lade. Da es in V. 7 dann freilich um die „Hineinbringung" der Lade ins Allerheiligste ging, waren dort die Priester zu belassen. In diesem Sinn sind auch die übrigen zahlreichen Anspielungen und Zitate in den Wortersetzungen wie in den selbständigen Texten des Chronisten zu verstehen. Die Änderungen sollen hier, da ihnen schon in der Literatur und in den Kommentaren die nötige Aufmerksamkeit geschenkt wurde, nicht 170 Dies führte auch dazu, diese Anspielungen an das Deuteronomium hier unter Kat. VIII, nicht etwa bei den theologischen Modifikationen (Kat. VII), zu behandeln. 171 Vgl. unten S. 228f. 172 Vgl. J. Wellhausen a.a.O. S. 408: „Der Begriff des Kanons geht durchaus von dem der schriftlichen Thora aus . . ." 173 S. 62 Anm. 63.

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Die Chronik als Auslegung

weiter zur Sprache kommen ; es handelt sich v. a. um Stellen in I I . Chr. : I I 1,10.11; 7,20; 14,1 (hier wieder besonders deutlich der nach Dtn. 12,28 typologisierende Musivstil, der der Vorlage l . K ö n . 15,11 zu rein historiographischen Zwecken, ohne Alteration des Gehalts, substituiert wird). 2; 24,26 (vgl. Dtn. 23,4); 27,2; 31,1; 32,12; 33,3; 34,21.24.31. Die hier besprochene Kategorie der Wortersetzungen liefert auch den Schlüssel zu einer der, wenn nicht der schwierigsten crux interpretum der Chronik, I 17,17 b 1 7 4 . Unter Berücksichtigung der handschriftlichen Überlieferung, die mit 10 Vertretern "pm s t a t t n r o liest, und von G, die s t a t t des unerklärlichen nbsion vielmehr ein klares "UVvni voraussetzt, ergibt sich unter der Voraussetzung der chronistischen Methodik (Kat. V I I I ) eine voll befriedigende Lösung. Denn nun lautet der Chronik-Text: ΠΪΓΓ nbvm ΒΤΝΠ " p m n r r m i DTibN (allenfalls ist s t a t t des ersten Wortes aus syntaktischen Gründen 'JHim zu lesen): ,,du ausersahst 1 7 8 mich inmitten des Menschengeschlechts u n d erhöhtest mich, o Jahwe, Gott" 1 7 6 . Das f ü h r t auf den zentralen Vorstellungskreis der Erwählung Davids. Rudolph177 bemerkt zu dem folgenden V. 18 richtig, daß hier „ V T . . . Parallelwort von "ina" sei; G bietet sogar in V. 16 neben „ausersehen" u n d „erkennen" noch einen dritten Terminus f ü r die Erwählung: άγαπαν 178 , der vierte, npV, findet sich in 2. Sam. 7,8//117,7. Aber woher diese pointierte Verwendung des „Ausersehens" in I 17,17? Nach dem Gewicht, das der Vers nach dem vorgeschlagenen Verständnis erhält, dürfte es geraten sein, die Verankerung der chronistischen Ausdrucksweise an einer entscheidenden Stelle des alten Berichts zu suchen — was böte sich da mehr an als die Auserwählung des unbekannten David, die dem Propheten als bereits geschehen („von ferne" I 17,17a) mitgeteilt wird u n d die Designation zum König begründet, wie sie sich in l.Sam. 16,1 zum erstenmal beschrieben findet, und zwar mit ebendemselben Begriff „ausersehen" 1 7 9 ! Diese Erklärung von I 17,17 1,4 Siehe die Aufzählung der Lösungsvorschläge bei Curtis, Rothstein, Rudolph. Aufs Ganze gesehen (vgl. das hier vorgeschlagene Verständnis) wird bei Curtis den hebr. Hss., bei Rudolph den Versionen (G) zu wenig Gewicht beigemessen. 175 Zu rä'ä = erwählen vgl. etwa Gen. 22,8; 41,33; Dtn. 12,13 (vgl. V. 14 bähar); 33,21; v.a. aber die entscheidende Stelle l.Sam. 16,1, vgl. 17. 1,6 Was in 2.Sam. 7,19b ursprünglich stand, ist damit noch völlig offengelassen; I 17,17 b mag eine Konjektur des Chronisten sein. 177 S. 131 nach Oettli, Goettsberger. Er verweist auch auf Am. 3,2; Jer. 1,5 u.a. 178 Der Übersetzung liegt natürlich die Metathese "ΊΠΧ^Π— 'ΜΠΠΠΝ zugrunde. 179 Auch hier, wie in I 17,17b txt em mit 3 sphaerae konstruiert.

Interpretation

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wird der hebräischen Überlieferung gerecht, kann sich auf G stützen, wo sie einen dem MT überlegenen Text bietet ; so paßt der Vers bestens vor den folgenden V. 18 und gliedert sich überzeugend in das Kapitel der Erwählung der davididischen Dynastie (117) sowie in den ganzen a n der Davididenerwählung orientierten Aufriß des Geschichtswerks der Chronik ein (vgl. den roten Faden 1 2 , 1 5 ; 5,2; 11,2//; 14,2//; 17,7//.16G(//).18//; 28,4; I I 6,5(//); 21,7; 23,3bß). — 1 2 1 , 1 h a t wieder und wieder Anlaß zu Äußerungen über die Gottes-, bzw. Satans Vorstellung des Chronisten gegeben. So soll dieser wohl berühmtesten Wortersetzung in der Chronik einerseits ein radikales Verständnis von Gottes Heiligkeit, andererseits ein Einfluß des persischen Dualismus zugrunde liegen 180 . Jedenfalls wird I 21,1 im allgemeinen als eine Kardinalstelle für die Entwicklungsgeschichte der alttestamentlichen Satansvorstellung angesehen, die nach Hi. 1-2 und Sach. 3 als letzte Stufe die eigenständige Meinung der spätnachexilischen Chronik wiedergebe. Wie aber, wenn man auch hier, wie im ganzen, die Chronik falsch verstünde, indem man sie als originale Schöpfung ansieht? Wenn ihr Wert auch in diesem Falle allein in den verwerteten Quellen zu suchen wäre? Wenn sie gerade hier ihre interpretatorische, auf einer typischen Geschichtsschau beruhende Methodik zur Anwendung brächte ? Einige auf den ersten Blick nebensächlich erscheinende Beobachtungen sprechen deutlich f ü r diese Ansicht. Wenn in V. 1 das (3) r m n b . . . ηΟΊ (sc. des Zornes Gottes) durch das einfache (Vi?) I D S H ersetzt wird, so erweckt das in dem mit dem prophetischen Schrifttum vertrauten Leser unweigerlich die Assoziation zu Sach. 3,1 181 . Die Ersetzung des Chronisten scheint aber genau das bezweckt zu haben. In Sach. 3,1 „ s t e h t " der Satan „ a u f " wider den (allerdings priesterlichen) Repräsentanten Israels bzw. Jerusalems. An der Schuld dieses Repräsentanten wird kein Zweifel gelassen (Sach. 3 , 4 b : die Beziehung zu 2.Sam. 24,10//I 21,8 leo Ygj u a A.iods, Les origines de la figure de Satan, ses fonctions à la cour céleste, in: Mélanges Syriens offerts à R.Dussaud, Bibliothèque Archéologique et Historique, Bd. 30 Paris (1939) S. 649-660; G. von Rad, Art. διάβολος Β. ThWBNT Bd. 2 (1935) S. 73: „Die Stelle lCh 21,1 ist aber insofern nicht ohne weiteres ausdeutbar, als der Zusammenhang gar nicht ursprünglich vom Satan gehandelt hat, sondern erst sekundär dieser Begriff aus religiösen Bedenken als Korrektur in den Text gekommen ist." von Rad spricht denn gar von „einer Art Teufelsglauben" (a.a.O.), der nicht unwahrscheinlich „von neueingedrungenen iranischen Gedanken abhängig ist" (a.a.O. S. 74); weiter H. Ringgren, Word and Wisdom. Studies in the Hypostatization on Divine Qualities and Functions in the Ancient Near East. Lund (1947) S. 170f. ; R. R. Schärf, Die Gestalt des Satans im Alten Testament. Diss. phil. Zürich [ = Glarus] (1948) S. 168ff. ; L. Randellini, Satana nell' Antico Testamento. Bibbia e Oriente 5 (1963) S. 127-132. 181 Zur Artikellosigkeit bei „Satan" vgl. G.-Κ. § 125f. Vgl. auch Ps. 109,6b.

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ist offenkundig, vgl. "13S? hif. mit fis?). Schon diese unübersehbaren, besser wohl unüberhörbaren Bezüge zu einer „Satansgeschichte" könnten zu denken geben. Wie kommt der Chronist aber auf die Idee, nicht Gottes Zorn, sondern der Satan hätte David zu seiner schuldhaften Tat angestiftet? Ist es seine eigene entwickeltere theologische oder dämonologische Konzeption, die ihn die Vorlage souverän ändern läßt? Man wird mit der Zustimmung zu dieser Sicht zögern, wenn man bemerkt, daß wohl der „Zorn Jahwes" der Vorlage, nicht aber der Satan der Chronik in direkter Rede spricht. Wie übt zudem die fremde Macht ihre AiFektion auf David aus? Das Verb Π10 hif., das, wie gezeigt, auch in I I 18,2.31 als Leitwort begegnet 182 , spielt die Schlüsselrolle. Nun gibt es aber nur eine einzige klassische Stelle, wo sich über die Ursache von Gottes Zürnen (zu 2. Sam. 24,1 vgl. Hi. 19,11) eine Aussage findet: Hi. 2,3. Dort aber erscheint niemand anders als der Satan als der „Anstifter" von Gottes Vernichtungswillen. Hält man sich nun vor Augen, daß die Chronik ihre Vorlage nicht verdrängen, sondern erläutern wollte, so wird man in der Ersetzung von V. 1 unschwer eine Verdeutlichung erblicken, die den Zorn Gottes unter Bezugnahme auf Hi. 2,3 nur in seiner Tragweite und Bedeutung verständlich machen, nicht aber theologisch außer Geltung setzen sollte 183 . Das alles bliebe noch etwas hypothetisch, wenn nicht weitere Indizien vollkommen deutlich machten, daß dem Chronisten bei seiner Wiedergabe von 2. Sam. 24 die Hiobgeschichte vor Augen stand: so ersetzt das Hitp. von „gehen" in I 21,4 das Verb ülttf von 2. Sam. 24,8. Die chronistische Ausdrucksweise erinnert aber ganz deutlich an das „Umhergehen" von Hi. 1,7; 2,2, so daß man auch hier im chronistischen Bericht einen bewußten Hinweis auf das „Satanische" am Treiben der Zähler vermuten möchte. Ein letzter möglicher Einwand gegen die vermutete maßgebende Bedeutung des Buches Hiob für den Chronisten, das so in eine Linie mit den prophetischen Geschichtsaufzeichnungen zu stehen käme, soll unten 1 8 4 erörtert werden. — Eines der Hauptanlehnungskapitel der chronistischen Geschichtsdarstellung ist Lev. 26 185 ; wie sollte es auch anders sein, als sich doch hier geradezu eine konditional formulierte Typologie der Geschichte Israels in nuce findet: die Bahnen der Geschichte waren 182 Siehe oben S. 144. Das Verb konnte in II 18 sowohl für Ahabs (vgl. 121,1) wie für Gottes Verführung (vgl. 2.Sam. 24,1) gebraucht werden! 183 So spricht denn auch Rudolph S. 142, vielleicht noch zu zurückhaltend, von „Anknüpfung" des Chronisten an Hi. 184 S. 242 mit Anm. 97. 185 So kommen Lev. 26,30 in II 14,4 (vgl. II 34,4.7); 26,33 und 39 in II 36, 20; 26,34 in II 36,21 zur Geltung; Begriffe aus Lev. 26,40 (jdwjj hitp., m'l qal) begegnen verstreut im chronistischen Schrifttum; an Lev. 26 orientieren sich auch die gleich zu behandelnden Ersetzungen.

Interpretation

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hier durch Moses Worte vorgezeichnet und hatten daher für die chronistische Geschichtsrekonstruktion mindestens gleiches Gewicht wie die zeitgenössischen prophetischen Geschichtsberichte einer jeden Epoche. So ist gewiß die Änderung von "[STT Nim (2. Sam. 24,13) in mto»1? (txt?) - p m x m m (I 21,12) durch Lev. 26,25 bedingt. Denn dieser Vers ist gleich auch für den folgenden Zusatz zur Vorlage und seine Formulierung maßgebend: „das Schwert Jahwes [nämlich eine Pest im Lande (so nach Vorlage)], und zwar den Vernichtungsengel Jahwes im ganzen Gebiet Israels" (121,12). Der Chronist identifizierte das Racheschwert von Lev. 26,25 a mit der Pest von Lev. 26, 25 b; und da dieses Racheschwert eigentümlich hypostasiert dasteht, konnte es ihm sehr wohl als das Schwert Jahwes gelten. — Der Passus I 21,20 (ohne Parallele in der Vorlage). 21 (mit Parallele) ist in seiner ganzen Verworrenheit bestenfalls ein Anlaß zum Kopfschütteln. Er bekommt aber schlagartig Sinn, wenn man ihn weniger als für sich durchkonstruierte Einheit denn als Typologisierung nach der Begegnung Gideons mit dem Engel Jahwes erkennt (Ri. 6,11-24) 18β . Alle Knoten der chronistischen Darstellung (und, nach der Meinung des Chronisten, auch von 2. Sam. 24) lösen sich von hier aus völlig überraschend. Der Leitgedanke, der beide Berichte verbindet, ist die Begegnung des Engels mit dem Bauern in der Kelter bzw. auf der Tenne (Ri. 6,11 = I 21,20b.21b), daher erklärt sich das „und er sah" von 2. Sam. 24,20//I 21,20, das in Analogie zu Ri. 6,22 zu verstehen ist; daher das 3EH (I 21,20a nach Ri. 6,18); daher das seltsame "JH1?öΠ in I 21,20 (vgl. Ri. 6,11.12.20.21bis. 22bis), das nicht wie in 2.Sam. 11,1 eine eigenartige Orthographie für „der König" darstellt 1 8 7 ; daher das Verstecken der vier Söhne Omans (vgl. Ri. 6, l i b ) ; daher v. a. der merkwürdige, nur in der Chronik, nämlich 121,20b, bezeugte Zug, daß Ornan Getreide drischt; von daher versteht der Chronist (V. 26) den in 2. Sam. 24,25 überlieferten Altarbau und fügt nach Ri. 6,21 das verzehrende Feuer hinzu ; von daher erklärt sich selbst ein so nebensächlicher Zug wie die chronistische Betonung der Bereitwilligkeit Omans (V. 23 188 nach Ri. 6,19). — Es kann nicht verwundern, daß dem Chronisten eine Transaktion von solcher Tragweite wie jene des zukünftigen Tempelgrundstücks gar im Lichte einer Abrahamtypologie erscheint: 1 21,22.24 sind in ihren Ersetzungen und Zusätzen 186 Es liegt hier einer der Fälle vor, wo die Aufzählung der Stellen bei Rudolph S. 147 den entscheidenden Bezug zwar enthält, aber seine Bedeutung gleich durch eine Anhäufung „ähnlicher" Stellen entkräftet und verschleiert. 187 Der Text der Chronik ist also nicht mit 1 Hs., G, BHK 3 , Galling u.a. nach 2. Sam. 24,20 zu verbessern. Richtig ist Rudolphs plusquamperfektische Übersetzung. 188 Vgl. oben S. 103 mit Anm. 105.

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Die Chronik als Auslegung

(„Geben" des Ortes, „um volles Geld geben", „um volles Geld") nur nach Gen. 23,9 zu begreifen. — Wenn in I I 1,9 gegen den langen Ausdruck der Vorlage l . K ö n . 3,8 die Verheißung für Israel einfach „wie der Staub der E r d e " lautet, so darf man hierin gewiß eine Anspielung auf Gen. 13,16 erblicken, wo sich sowohl das „Zählen" der Vorlage wie der chronistische Ausdruck finden (ohne dieses „Zählen" auch Gen. 28,14; vgl. noch Num. 23,10). — Die Typologisierung der Tempeleinweihung I I 5,13b, wo „das Haus voll von einer Wolke" wird 1 8 9 , nach dem Bericht von der Weihe der Stiftshütte Ex. 40,34f. ist in der von der Vorlage l . K ö n . 8,10b ganz leicht abweichenden chronistischen Formulierung mit Händen zu greifen, besonders da auch der Bericht vom Herniederfahren des Feuers und der Einwohnung der Herrlichkeit Gottes in I I 7,1-3a (ohne Vorlage) so überdeutlich dieser Exodus-Stelle nachgebildet ist (vgl. zudem Lev. 9,24). — Wenn in 116,41 „deine R u h e " von Ps. 132,8 durch „dein R u h e n " wiedergegeben wird, so liegt gewiß eine bewußte Reminiszenz an die für die Ladesprüche grundlegende Stelle Num. 10,36 vor 190 . Daher wird man sich auch bei der Ersetzung des „sie [sc. deine Frommen] mögen jubeln" (Ps. 132,9) durch „sie mögen sich am Guten freuen" (II 6,41) in erster Linie an dasselbe Ladekapitel Num. 10,29.32 erinnern. — Schon Bertheau191 dachte bei der Änderung von l . K ö n . 9,5 „kein Mann wird dir von Israels Thron beseitigt werden" in „kein Herrscher in Israel wird dir beseitigt werden" (117,18) an Mi. 5,1, eine Stelle, die gerade in der Zeit des Chronisten ganz neue Aufmerksamkeit auf sich gezogen zu haben scheint 192 . — Die Zufügung von „und er zermalmte" in I I 15,16 scheint durch eine Josiatypologie veranlaßt zu sein, vgl. 2.Kön. 23,6.15. Wo von Reform die Rede war, mußte ein Schriftsteller wie der Chronist auf die klassische Darstellung in 2.Kön. 22-23 zurückgreifen. — I n I I 24 wird jene glückliche Erfindung des Joas, die Kollektenabgabe, in ein merkwürdiges neues 189

Das nachklappernde „Haus Jahwes" ist eine sekundäre Angleichung an die Vorlage l.Kön. 8,10. 190 Vgl. Rudolph S. 245. 191 S. 289. Ob man allerdings von einer „absichtslosen Veränderung" (Bertheau) reden dürfe, erscheint nach den Beobachtungen zur Thematik der Chronik wie der redaktionellen Einheit Mi. 4,8-5,8, in der älteres Gut (neben 4,8 ; 5,3 vor allem 5,1) eine grundlegende Rolle spielt, höchst fraglich. Eine zeitliche Koinzidenz von Mi. 4,8-5,8 und der Chronik legt sich nahe. Vgl. I. Willi-Plein, Vorformen der Schriftexegese innerhalb des Alten Testaments. Untersuchungen zum literarischen Werden der auf Amos, Hosea und Micha zurückgehenden Bücher im hebräischen Zwölfprophetenbuch. BZAW 123 (1971) S. 86-95, hier besonders S. 87.93-95, und S. 112-114. 192 Siehe die vorige Anm. — Sollte etwa gar noch eine nichtmasoretische Lesart von Gen. 49,10 mitgespielt haben?

Interpretation

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Licht gestellt. Statt vom Eingang des Geldes, wie in 2.Kön. 12,5, wird in I I 24,5 von seiner Sammlung gesprochen, d.h. die Maßnahme tritt unter den Gesichtspunkt einer Tempelsteuer. Es mag hier wirklich ein Problem der Zeit des Chronisten dahinterstehen, die Finanzierung des Heiligtums, das in dem Moment akut war, da das jerusalemische Königtum erlosch 193 . Wer war nun Träger des Tempels? Diese Frage steht gewiß auch im Hintergrund des breiten Berichts I 29, wo ganz deutlich die Stiftshüttenspenden den Vorwurf abgeben. Daher rekurriert der Chronist auch hier in I I 24 auf die Mosezeit: Ex. 30,12-16; 38,25f. stehen der typologisierenden Umbiegung der originellen Idee des Joas in eine althergebrachte, bereits anderswo vollgültig bezeugte Institution Pate. — Aus jener bekannten Stelle I I 35,20 geht schließlich deutlich hervor, daß die Typologie vom Chronisten wirklich als Mittel zur Geschichtsfindung angewendet wird. Hier wird bekanntlich das „(Pharao Necho zog herauf) gegen 194 den König von Assur am Euphratfluß" (2.Kön. 23,29) durch „(Necho zog herauf), um in Karchemis am Euphrat zu kämpfen" ersetzt. Die beiden im Grunde konkurrierenden Tendenzen der Historisierung („Karchemis") und der typologisierenden Schriftbenutzung führten für einmal den Chronisten zwar nicht auf die richtige, aber doch auf eine nicht falsche Spur, wie die „Chronik Gadd" 1 9 5 lehrt. Eine besondere Quelle des Chronisten anzunehmen erübrigt sich, sobald man nun gesehen hat, daß der Chronist in seiner Darstellung auf Jer. 46,2 fußt, wo freilich nicht sicher von den Ereignissen des Jahres 609 v. Chr. die Rede ist 19e . Die Methodik ist jedenfalls keine andere als jene der Schilderung des Todes Josias in I I 35,24, wo die Ersetzung des Partizips „den Gestorbenen" (2.Kön. 23,30) durch die finite Form „und er starb" wie auch die konkreten, über die Vorlage hinausgehenden Züge von I I 35, 193 Ygj d a z l l Haggai sowie die Erlasse der persischen Krone, wie sie uns in breiter Ausführlichkeit in Esra-Nehemia überliefert werden. 194 Das 'al dürfte in einer späteren Zeit, der die Differenzierung zwischen y äl und 'al eine Quisquilie war, in den Text von Könige eingedrungen sein [Josephus, antt. X, 5, i (§74 Niese) mag in seiner Vorlage noch das Richtige gelesen haben]; zu der Verwischung trug das voraufgehende 'älä (vgl. das folgende 'al nehar-Perät) gewiß das Seine bei. Vgl. M. Nolh, Geschichte Israels. '(1959) S. 251 Anm. 1. 195 D.h. die Tafel BM 21901 [erstmalig veröffentlicht durch C.J.Gadd, The Fall of Niniveh. London (1923)]; die fragliche Aussage steht hier (Vs.) Ζ. lOf. [bei D.J.Wiseman, Chronicles of Chaldaean Kings. London (1956) S. 54f.]. — Auch die Tafeln BM 22047 (Rs.) Z. 24-25 und BM 21946 (Vs.) Ζ. 3-5 [beide bei D. J. Wiseman a.a.O. S. 66f. ediert und übersetzt; von R.Borger bei K. Galling, Textbuch zur Geschichte Israels. 2 (1968) S. 75 übersetzt] bestätigen die Koalition Ägypten-Assur. 198 M. Noth a.a.O.

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22-24 (iPDnnn, Bogenschützen, ΤΡ^ΠΠ Ό) einer reinen Typologisierung nach Ahabs Tod (II 18,29.33//l.Kön. 22,30.34) entspringen 197 . d) Typologie (Kategorie I X ) Wie bei der Untersuchung der Kat. V I I I deutlich wurde, beruht die Geschichtsdarstellung des Chronisten auf der Voraussetzung bestimmter Typen der Geschichte, die im Wortlaut der Primärquelle einen Ausdruck von überzeitlicher Gültigkeit gefunden haben. Das Prinzip des Kanons wirkt sich also zugunsten der Erhebung der zufälligen Geschichtswahrheit in den Rang einer notwendigen Vernunftwahrheit aus. Am augenfälligsten äußert sich das in der zwischen Stelle und Stelle gestifteten Beziehung, wo der Typus und der zugehörige Ausdruck der prophetischen Geschichtsaufzeichnung ihre zufällige Vereinzelung abstreifen und zur Norm für die chronistische Darstellung eines anderen geschichtlichen Tatbestandes werden. Es liegt natürlich im Wesen des Kanonischen, daß jede beliebige Stelle eine solche normative Funktion übernehmen kann. In gewissen Fällen lassen sich nun einzelne Bezugsstellen gar nicht mehr namhaft machen, sondern das Typische einer Vielzahl von Berichten, ja der ganzen Schrift erscheint im Konzentrat eines einzigen Begriffs. 1. Die Tendenz zur Verallgemeinerung bildet dazu nur erst die Vorstufe. Die Worte „sein [sc. Sauls] ganzes Haus", die in I 10,6 anstelle von „alle seine Männer" (l.Sam. 31,6) stehen, deuten die Tragweite des Geschehens an: nicht bloß eine Einzelperson starb mit Saul, sondern sein ganzes Haus. Der Chronist wußte selbstverständlich, daß z.Z. Davids noch Nachkommen Sauls vorhanden waren 198 . Gerade darum besteht seine Leistung im Durchsichtigmachen der Geschichte auf das Typische hin. Die Geschichte coram Deo hat bestimmte, durch das kanonische Wort geprägte Züge. Wenn das Königtum auf David und sein Haus (vgl. I 17,23f.// 2.Sam. 7,25f.) übergeht, so bietet die Erwähnung des Mitsterbens der drei Söhne Sauls Anlaß zur Zeichnung des Gegentyps, des Untergangs des Hauses Sauls. — Entfernt läßt sich auch die Ausdrucksweise „die Lade" (I 13,9.10.13; I I 5,5) statt „die Lade Gottes bzw. Jahwes" (2.Sam. 6,6.7.10; l.Kön. 8,4) 199 oder 197 Vgl. C.C. Torrey, The Chronicler as Editor and as Independent Narrator. A J S L 2 5 (1909) S. 171 = Ezra Studies. Chicago (1910) [ = New York (1970)] S. 221: ". . . the story of Ahab was in the Chronicler's mind . . ." 198 Es widerspricht der ganzen Psychologie der Überlieferung, daß er diese Nachrichten „für bloße Phantasie" gehalten habe, wie TL·.Koch a.a.O. [oben S. 135 Anm. 103] meint. 199 Freilich mag an der letztgenannten Stelle II 5,5 im Sinne von Kat. VIII. 1 auch „die Lade" von V. 4//. 6a// mitgespielt haben. — Ohne Äquivalent in einer

Interpretation

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„die Tafeln" (II 5,10) statt „die steinernen Tafeln" (l.Kön. 8,9) damit vergleichen. Auch in I I 28,24 genügt dem Chronisten der Ausdruck „die Geräte des Gotteshauses" (vgl. 11 25,24//; 36,10.18) statt der detaillierten Aufzählung von 2.Kön. 16,17-18, ähnlich I I 24,14 gegen 2.Kön. 12,14. — In der Richtung solcher typischer Verallgemeinerung, die das Gegenstück und die Voraussetzung für die historisierende Spezifizierung bildet 200 , liegt auch die in der Chronik trotz ihres ganz auf die davididische Repräsentanz abgestimmten Themas zu beobachtende demokratische Tendenz. Sie ist nirgends deutlicher zu fassen als in dem Bericht über die Revolution gegen Athalja, wo aus der Palastintrige von 2.Kön. 11 die Massenerhebung von I I 23 wurde [vgl. v. a. die natürlich auf dem in seiner sozialen und politischen Funktion nicht mehr verstandenen, in 2.Kön. 11,14.18.19.20 genannten 'am hä'äräs beruhende Einführung des „ganzen Volkes" gegen die Vorlage in 1123,6.10.16.17, dazu vgl. V. 2.8.11], Es erübrigt sich, die Stellen aufzuzählen, wo der Chronist seine beliebten Ausdrücke wie „das ganze Volk", „ganz J u d a (und Jerusalem)" o.ä. einführt, wie z.B. I I 32,9, wonach dann in dem Resümee der Propagandarede des Rabsake (v.a. V. 10) auch der PI. hergestellt wird (freilich nach 2.Kön. 18,27) 201 . 2. Einen Schritt weiter in der angegebenen Richtung führt im besondern die der Chronik eigene Konzentration auf die Größe „Israel" bzw. „Ganz-Israel", der natürlich der Sache nach die priesterschriftliche 'ëdâ und dem Begriff nach das deuteronomische „Israel" Pate standen 202 . G. von Rad hat mit Recht darauf aufmerksam gemacht, daß dieses „Israel" der Chronik durchaus keine Selbstverständlichkeit darstellt 203 . Wir sind daher um so berechtigter, gerade in dieser chronistischen Konzeption eine bewußte typologisierende Anlehnung an die als authentisch aufgefaßten älteren Quellen zu sehen. Nicht mehr den „Stämmen Israels" gilt das Interesse, sondern bloß „Israel" Vorlage steht „die Lade" noch [ 1 6 , 1 6 ] ; [15,23.24]; 15,27; [16,37]; 1 1 5 , 9 ; nach Vorlage noch II 5,4.6.8bis. 10; 6,11. Vgl. zu den Ladebezeichnungen überhaupt G. von Rad a.a.O. S. 46 Anm. 36. 200 Vgl. oben S. 103. 201 Ein bezeichnendes Symptom für diesen demokratischen Tenor sind die Einleitungen der chronistischen Königs- und Prophetenreden durch „höret (mich)" (pl.): 1 2 8 , 2 ; 1 1 1 3 , 4 ; 15,2; 18,18 ( / / l . K ö n . 22,19 sg.!); [18,27//]; 20,20 ; 28,11 ; 29,5 [nach einem freundlichen Hinweis von Herrn Prof. Dr. I. L. Seeligmann]. 202 Vgl. J.Wellhausen a.a.O. S. 35 (zu P): „woher diese Koncentration des ganzen Israels zu einer einzigen großen Gemeinde (eda) . . .?" (s. auch S. 233 zu Ri. 19-21). 203 G. von Rad a.a.O. S. 20: „Man bedenke, daß sich Jiérâ'ël bei Haggai, Sacharja und Maleachi überhaupt nicht, bei Joel nur zweimal findet; ebenso vermißt man diesen Namen in dem erzählenden Estherbuch völlig, wo dafür etwa 40mal Jehüdim gebraucht ist."

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Die Chronik als Auslegung

(I 11,1 ; 21,2) ; nicht mehr den „Söhnen Israels", sondern allein „Israel" (I 17,5.6; II 8,7); nicht mehr so sehr dem „Haus Israels", sondern nur „Israel" (I 13,8; 15,28; II 11,1), und selbst die sonst auch vom Chronisten so genannte „Versammlung Israels" 204 wird in II 10,3 zu „Israel" 205. Charakteristisch für diesen nun natürlich historisch völlig unspezifisch gewordenen Gebrauch des Begriffs „Israel" ist seine Anwendung auf Juda als das Refugium des „Israel" repräsentierenden Restes des davidischen Reiches 206 . Daß gerade hier auch die generalisierende Ausweitung zu einem „Ganz-Israel" zu beobachten ist 207 , 204

So I 13,2 ; I I 6,3bis//. 12//. 13 (//), bezeichnenderweise immer mit generalisierendem hol. Daneben qehal Jehüdä·. 1120,5; 30,25; a m häufigsten qähäl allein: I 13,4; 29,1.10.20bis; I I 1,3.5; 7,8//; 20,14; 23,3; 24,6; 28,14 (Nordreich!); 29,23. [28.31.32]; 30,2.4.13.17. [23], 24.25; [31,18], seltener q^haljhwh: I 28,8. Es handelt sich also u m eine genuin chronistische Bezeichnung, zu der selbstverständlich ihre Verankerung in den älteren Schriften gehört. — Vgl. zu dem Begriff auch G. von Rad a . a . O . S. 44f. 205 Ähnlich wird aus dem pluralischen „die Männer Israels" einfach „Israel" (I 10,7 1 c G) bzw. das kollektive „die (ganze) Mannschaft Israels" (I 10,1.7); derselbe Ausdruck ersetzt in I 16,3 den Doppelbegriff „dem ganzen Volk, der ganzen Menge Israels" von 2. Sam. 6,19. Verankert ist er in I I 5,3//. Daneben findet sich, ebenfalls l m a l (II 34,30) verankert, auch „die Mannschaft J u d a s " : I I 13,15bis; 20,27. 206 Am deutlichsten k o m m t der Repräsentationsgedanke wohl in I I 11,3 zum Ausdruck, wo s t a t t „das ganze H a u s J u d a u n d B e n j a m i n " ( l . K ö n . 12,23) „Ganz-Israel in J u d a u n d B e n j a m i n " s t e h t ; vgl. weiter I I 12,1.6; 19,8; 20,29; 21,2.4; 23,2; 24,5(?).16; 28,19.23.27; in I I 20,34; 33,18, d . h . im Titel der vom Chronisten postulierten umfassenden Chronik der Geschichte Israels, sowie in I I 35,18, ist J u d a zumindest im Begriff „Israel" mitgedacht, wenn es sich nicht einfach, wie in 1121,2; 28,19.27, u m den Ausdruck des Alleinvertretungsanspruchs der Davididen für Israel handelt. Daß damit aber nicht eine Frontbildung gegen die zehn Stämme des Nordens beabsichtigt war, sondern wirklich der Gedanke des umfassenden Gottesvolkes u n d der bloß interimistischen Stellvertretung J u d a s zugrunde lag, zeigen Stellen wie I I 15,17 (auch J u d a ist nicht rein, solange noch im Norden illegitime Altäre stehen) ; 20,29 (die Feinde J u d a s sind eo ipso jene von Israel überhaupt); 24,16 (was der Davidide Gutes t u t , t u t er f ü r das ganze Volk); 28,23 (umgekehrt); 29,24 (Stellvertretung auch im Kult). 207 Über die aus der Vorlage stammenden Stellen I 11,1; 13,5.6.8; 15,28; 17,6; 18,14; 19,17; 21,4; 1 1 7 , 8 ; 9,30; 10,1.3(//). 16a; 18,16 hinaus in den Ersetzungen von I 10,7 („die ganze Mannschaft Israels"); 14,8; 21,5; I I 10, 16b; 31,1, wo „Israel" der Vorlage durch „Ganz-Israel" ersetzt wird. [Ausnahmen scheinen I I 1,13 u n d I I 10,18 zu bilden, aber im ersteren Fall zeigt G zu l . K ö n . 4,1 (Vorlage zu I I 1,13b), daß das „ganz" in MT K ° n · eine spätere Zutat, ihrerseits mit typologisierender Tendenz, darstellt; u n d auch in l . K ö n . 12,18 (Vorlage zu I I 10,18) liegt gewiß Verderbnis eines ursprünglichen Textes vor.] D a ß sich in der Einführung dieses Begriffs der Ganzheit nicht einfach eine allgemeine chronistische Tendenz spiegelt, zeigen die nach K a t . IV. 2 - 3 zu verstehenden Auslassungen von kol bei anderen Ausdrücken in I I 6,30; 9,3; 11,1 ; 12,9; 20,32. Dazu stimmt, daß der Chronist auch in eigenen Texten den Begriff

Interpretation

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wird niemanden überraschen, der mit den Gesetzen der alttestamentlichen, insbesondere der chronistischen, Überlieferungsbildung vertraut ist. 3. Typologisierung im eigentlichen Sinne findet im Individuum, im einzelnen Begebnis die Gesamtheit, die Geschichte als ganze abgespiegelt; die wechselnden, personal, räumlich oder zeitlich begrenzten historischen Einheiten kommen für die typologisierende Schau nur als Ausdruck eines gleichbleibenden geschichtlichen Grundverhältnisses in Betracht. Insofern unterwirft sich die Chronik mit ihrer Konzeption der abgestuften Repräsentanz (vgl. I 28,4), im besonderen mit ihrer Auffassung und Auswahl des die Davididen betreffenden Stoffes völlig den Gesetzen der Typologisierung. Nirgends äußert sich das deutlicher als in der Bezeichnung des ersten und dritten Erzvaters: zu dem „Abram" der Vorlage Gen. 11,26 fügt der Chronist glossatorisch, im Sinne von Kat. V I I I nach Gen. 17,5, sein „Abraham" hinzu, das dem Leser den Sohn des Therah vor dem Vater der vielen Völker verschwinden läßt. Was hier im globalen Bereich gilt, wie sollte es nicht auch den nationalen bestimmen? „Chr nennt den dritten Erzvater nie J a k o b " 208, sondern nur beim Namen der Größe, die er repräsentiert: Israel (11,34; 2,1; 5, Ibis. 3; [6,23; 7,29]; 29,10.75; I I 30,6) 209 . Natürlich geschah auch dies streng nach der Schrift, vgl. Gen. 32,29; 35,10 u.ö. 210 . Ganz entsprechend, und zwar nach Stellen wie Gen. (25,30;) 36,1.8. (9.) 19(.43), wird schon vorher in I l , 5 1 n i c h t wie in der Vorlage Gen. 36,40 von „Esau", sondern von „Edom" gesprochen. — Man wird denn auch jene Fälle hier einreihen dürfen, wo nicht mehr von einer charakteristischen Gruppe des Volkes wie etwa „dem König und seinen Männern" (2. Sam. 5,6) oder einfach dem Volke die Rede ist, sondern vielmehr von „David und Ganz-Israel" „Ganz-Israel" auffällig bevorzugt: I [9,1]; 11,4.10; 12,39; 15,3; 28,4.8;29,21. 23.25.26; II l,2bis; [7,6]; 11,13; 12,1; 13,4.15; 24,5; 28,23; 29,24bis; 30,1.5. (6); [35,3], 208 Rudolph S. 8 zu I 1,34 gegen die (freilich nicht ganz einheitliche — gegen Rudolph) G-Überlieferung und Rothsteins Konjektur „Jakob, das ist Israel", vgl. schon G. von Rad a.a.O. S. 72. 209 I 16,13 b. 17, wo dennoch von „Jakob" die Rede ist, befinden sich in der, wie andere Gründe nahelegen, erst sekundär (mit V. 4-7.37-38) in die Chronik eingebauten Psalmkomposition 116,8-36. Übrigens liest I 16,13a gegen „Abraham" von Ps. 105,6 „Israel" — wohl ursprünglich (vgl. Parallelismus), dann im Psalm im Sinne von Kat. VIII nach Jer. 33,26; Jes. 41,8 (vgl. den letzterer Stelle nachgebildeten musivischen, echt chronistischen Ausdruck II 20,7) geändert. 210 H. Gunkel, Genesis. H K I / 1 '(1966) S. LXXXVII: „Dazu k o m m t . . . , daß der Erzvater seit seiner Rückwanderung nach Kanaan bei J .Israel', bei E ,Jaqob' heißt . . ."

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Die Chronik als Auslegung

(111,4): man vergleiche 113,5.6; 21,14; 116,11; 11,3; 15,17, auch 111,3 mit der jeweiligen Vorlage 2.Sam. 6,1.2; 24,15; l.Kön.8,21; 12,23 ; 15,14 und 3,4 211 . Genau gleich ist die chronistische Bezeichnung jenes vom Chronisten erschlossenen Grundkodex' der Geschichte Israels zu beurteilen, v.a. dort, wo sein leicht variierender Titel 212 ein bloßes „Israel" anstelle des „Juda" der Vorlage setzt, wie in II 20, 34; 33,18 — man vergleiche damit im erzählenden Teil II 35,18, wo „die Könige Israels und die Könige Judas" von 2.Kön. 23,22 ebenfalls abweichend wiedergegeben werden, und zwar natürlich bloß durch das typische „die Könige Israels". — Eine Typologisierung der beiden fremden Mächte, zwischen denen sich Israels Schicksal abspielte, lag schließlich geradezu in der Natur der Sache 213 : so gebraucht II 28,16 statt des Ausdrucks „Tiglatpileser, der König von Assur" (2.Kön. 16,7) vielmehr den merkwürdigen PI. „die Könige von Assur" 214 ; und 1136,3.4 setzt, nach 11 35,20//, statt „Pharao-Necho" das typische „der König von Ägypten" 215 .

Wichtiger freilich als diese vereinzelten Beispiele begrifflich gefaßter Typologisierung ist jene dem kanongebundenen Denken entspringende, der Schaffensweise des Chronisten überhaupt (vgl. besonders Kat. VIII) zugrunde liegende Typologie. Die explizite Typologisierung von Kat. IX ist nur Symptom jener impliziten, hinter Kat. VIII stehenden. 211 I I 7,4.5 bilden deswegen keine Ausnahmen, d a diese Verse zusammen mit V. 6 schon durch den Abschlußcharakter von V. 3 u n d die dublettenhafte Erwähnung des Gesanges (vgl. V. 3) als sekundär erwiesen werden. 212 y g L die Zusammenstellung u n t e n S. 237 Anm. 82. 213 y g i . etwa A. Alt, Der R h y t h m u s der Geschichte Syriens u n d Palästinas m Altertum. Kleine Schriften Bd. 3 (1959), der hier S. 4 (vgl. S. 6) von „Stoß u n d Gegenstoß" der dem syrisch-palästinensischen R a u m benachbarten Großmächte als einem von den individuellen geschichtlichen Größen unabhängigen (typischen) R h y t h m u s spricht. 214 Der PI. versteht sich hier nicht so leicht wie in den summierenden geschichtlichen Rückblicken 2.Kön. 19,11.17 = Jes. 37, I i . 18; Neh. 9,32, sondern rückt schon mehr in die Nähe des Ausblickes I I 30,6; die Stelle I I 32,4 ist in dieser Hinsicht nicht deutlich (nach Rudolph z. St. sollen auch künftige Belagerungen ins Auge gefaßt sein) — m a n wird jedenfalls an allen genannten chronistischen Stellen, wo dieser PI. vorkommt, das typologisierende Element nicht verkennen, das die Chronik mit anderer, wohl auch aus der Optik der letzten Perser- oder anfänglichen Griechenzeit verfaßter, Literatur (auch gerade prophetischer) teilt. 215 I m Gegensatz zu den oben S. 105 genannten Fällen von Historisierung (1132,10; 36,13 vgl. 10); aber ganz in der Linie der oben S. 101 erwähnten Beispiele (119,28; I 18,11; 1124,23; I 19,7.9).

Interpretation

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Man hat typologische Schriftverwendung bislang fast nur in der Eschatologie finden wollen 216 , ausgenommen vielleicht einige freilich recht unbestimmte Urteile über den geschichtlichen Bericht in Dan. 1,1-2 217 . Zwischen 2.Kön. 23,36-24,17 und Dan. 1,1-2 steht aber die Darstellung 1136,5-10. Man wird noch weiter gehen müssen: die Typologisierung, wie sie im Geschichtswerk der Chronik auf die vorexilische Vergangenheit bezogen vorliegt, ist das Korrelat, ja die Voraussetzung für die Typisierung 218 der Zukunft in den etwa gleichzeitigen prophetischen, völlig auf den Endpunkt der Geschichte gerichteten Texten wie Mi. 4 , 8 - 5 , 8 ; Sach. 9-14. Nur durch die Betrachtung der gottgewirkten Heilsgeschichte konnten ja die typischen Kategorien für die Aussagen über Gottes endzeitliches Handeln gefunden werden219. Gerade wenn nach den letzten irdischen Ereignissen, die Offenbarungsqualität beanspruchen konnten, der Heimkehr aus dem Exil, dem Tempelbau und der Konstituierung der Kult216

So nach O. Procksch, Wiederkehr und Wiedergeburt, in: Das Erbe Martin Luthers. F S L. Ihmels (1928) S. 1-18; H.Greßmann, Der Messias. F R L A N T Bd. 43 (1929) v . a . S. 149-188. 232-269. 334-337; W.Staerk, Die Erlösererwartungen in den östlichen Religionen ( = Soter II) (1938); W E i c h r o d t , Theologie des Alten Testaments. 1 6 (1959) S. 342-349 und anderen besonders L. Goppelt, Typos. BFChrTh 11/43 (1939) = (1966) S. 34. 42 mit Anm. 1, der aber von einem zu engen Begriff der Typologie ausgeht (vgl. S. 18f.), der zudem durch die den alten Schriftstellern gar nicht gerecht werdende Trennung von Wort u n d Sache belastet ist [vgl. S. 18: „Gegenstand typologischer Deutung können nur geschichtliche F a k t a . . . sein, Worte u n d Darstellungen nur insofern, als sie von solchen handeln." Daher S. 33 die merkwürdige Differenzierung zwischen „vorsorgender" u n d „weissagender" Handlung Gottes" (s. dagegen nur etwa Ps. 33,9), wobei lediglich erstere Anlaß zu einer Typologie werden könne ; vgl. a. a. O. (1966) S. 285, wo aufgrund dieser Differenzierung den Essenern typologisches Denken abgesprochen wird.]. — D a ß sich bei Josephus k a u m Typologie findet, hängt jedenfalls nicht mit dem Fehlen eschatologischer Ausführungen als solcher zusammen (sie fehlen nämlich auch in der Chronik, wie in jedem Geschichtswerk), wie L. Goppelt a . a . O. S. 47 Anm. 2 will, sondern ergibt sich aus dem apologetischen, auf Außenstehende berechneten Charakter seines Werks, demgegenüber die Chronik, u m einen Begriff F. Overbecks aufzunehmen, zur „ U r l i t e r a t u r " gehört u n d ihr ganzes formales Interesse dem Stoff, bzw. der Vorlage, und nicht dem Publikum widmet. 217 J . A.Montgomery, Daniel. Edinburgh 2(1950) S. 114 spricht von „gradual midrashic expansion" ( „ K o n t r a k t i o n " würde den Gegebenheiten besser entsprechen) ; ähnlich unscharf A.Beutzen, Daniel. H A T 1/19 2(1952) S. 17: „Solche Datierungen gehören n u n einmal zum Stil der Legende und dürfen nicht mit strengem historischem Maße gemessen werden", oder O. Plöger, Daniel. Κ Α Τ 18 (1965) S. 37: „Die geschichtliche Einführung ist sehr summarisch g e h a l t e n . . . " 218 Die begriffliche Trennung von Typologisierung, die mehr der Historiographie, u n d Typisierung, die mehr der Prophetie zuzuweisen ist, ergibt sich aus den Darlegungen bei I.Willi-Plein a . a . O . S. 11 f. 219 D a m i t bestätigt sich das oben S. 113 Anm. 12 Gesagte; vgl. auch S. 40 bei Anm. 168.

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Die Chronik als Auslegung

gemeinde, die Gegenwart in den Schatten der Irrelevanz für Gottes Plan trat und die Prophetie erlosch 220 , rückten ferne Vergangenheit und letzte Zukunft einander näher und konnten beide unter völliger Bindung an das geoffenbarte Gotteswort typisch gefaßt werden. Im Rahmen dieser Untersuchung ist nun freilich in erster Linie nach der spezifischen Valenz der Typologisierung im Bereiche der Geschichtsschreibung zu fragen. Welches ist der Ort der typologisierenden chronistischen Geschichtsschau innerhalb der Entwicklung der historischen Literatur des ATs? Wie ist die Typologie als historiographische Methode zu beurteilen? Der Nachdruck, den die Geschichtsschreibung der Chronik auf die rezensierende Wortersetzung und die damit verbundene Typologie legt, erheischt jedenfalls eine überlieferungsgeschichtliche Erklärung. Welche Voraussetzungen liegen dieser nachexilischen Darstellung der vorexilischen Geschichte zugrunde? Womit lassen sich die angewendeten Methoden vergleichen? Hinter der Chronik steht der feste Glaube an die unvergängliche geschichtliche Wirkkraft des da und dort, durch Mose und die Propheten, ergangenen göttlichen Wortes. Wie es allein diese Überzeugung war, die der Jerusalemer Kultgemeinde — so muß eine profane Geschichtsschreibung dieses merkwürdige nachexilische Gebilde in und um Jerusalem bezeichnen — den Mut gab, sich als legitime Nachfolgerin des vorexilischen staatlichen Israel zu verstehen, so bestimmt dieser Glaubenssatz auch seine Literatur. Das mosaische oder prophetische Wort hatte in jedem Falle nur einen Ursprung, nur einen Autor, Gott selber. Daraus folgte selbstverständlich, daß ihm, wo immer es geschah, wo es auch aufgeschrieben war, die gleiche Autorität zukam. Wies nun die von Gott durch sein Wort gewirkte Geschichte auch überall eine und dieselbe Marke auf? Gab es gewisse prinzipiell gleichbleibende Strukturen dieser Geschichte? Das war die Frage, die sich dem Chronisten stellte und die er positiv beantworten zu können glaubte. Er t a t es durch die Form seiner Geschichtsschreibung, die rezensierende und typologisierende Methode der Wortersetzungen und den Stil seiner freien literarischen Tätigkeit. Hier liegt der Grund dafür, daß der Ausläufer der im palästinensischen Kanon des ATs aufbewahrten Geschichtsschreibung so manches mit deren Vorläufer gemein hat : der Sage. Ist es doch der Wesenszug der Sage, das Hauptaugenmerk auf die gleichbleibenden Voraussetzungen, die in der Geschichte wirkenden Tendenzen zu richten. Diese Triebkräfte werden zu einem anschaulichen Bild verdichtet, 220

Siehe unten S. 242-244.

Interpretation

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das sein Material u. U. einem geschichtlichen Ereignis entnimmt. Dieses Ereignis interessiert aber gerade nicht als solches, sondern ihm „kommt . . . allenfalls exemplarische Bedeutung zu . . ." 221 . Vielmehr soll gerade das Typische ausgesagt werden, das sich in unendlich vielen einzelnen Geschehnissen als bestimmende K r a f t erwies und damit auch für die Gegenwart bedeutsam ist. Die Sage ist am Immer-noch-Gültigen interessiert, an der Erklärung der Gegenwart, nicht etwa aus einem Tatbestand der Vergangenheit (denn Tatbestände sind ja zeitlich festgelegt), sondern aus der typischen Struktur dieses und vieler anderer Tatbestände, die auch für die Gestaltung der Gegenwart Bedeutung hat. Wie unendlich oft haben die in der Nähe Palästinas weilenden aramäischen Kleinviehnomaden den Weg zu ihren „Verwandten" angetreten — für die Sage ist es der eine Jakob, der dies ein- für allemal getan hat. Diese Erklärung der Gegenwart aus den Strukturen, aus den Tendenzen der Geschichte vollzieht sich natürlich immer so, „daß Erzähler und Zuhörer sich selbst in die Tradition mit einbeziehen" 222 . Sobald die Sage aufhört, in diesem Sinn aktuell zu sein, geht sie verloren oder wird, dann meist als Geschichte mißverstanden, Literatur. Wie in der Sage ist auch bei der Chronik die Tendenz zur Über-, bzw. Unterzeitlichkeit unverkennbar. Aus den vielen geschichtlichen Vorgängen wird das Typische erhoben — es allein interessiert bei der Weitergabe der Sage, ihm gilt das Augenmerk der Chronik, erst in zweiter Linie dann auch dem geschichtlich Vereinzelten. Geschichtsschreibung dagegen bleibt, so gesehen, an der durch die Ereignisse bezeichneten Oberfläche der Geschichte. Sie „macht es sich . . . zur Aufgabe, die zeitgeschichtlichen Ursachen des Geschehens zu erhellen und so gerade dessen innere Bedingtheit zu erfassen" 223. Das Individuelle, zeitlich Fixierte, Nationale, Lokale hat hier, in der Geschichtsschreibung, Vorrang vor dem Allgemeinen, zeitlos Gültigen, Menschlichen, überall Möglichen, kurz dem Typischen, das doch die Voraussetzung für die Geschichte bildet. Daher muß letztlich jede übergreifende Deutung, d.h. jedes Nahebringen, Verständlichmachen der Geschichte notwendig auf jene Ebene hinabsteigen, auf der einst die Sage blühte. Die Sage ist der Nährboden für die Geschichtsschreibung; und es kann deren höchste Vollendung sein, zu jener zurückzukehren 224. 221

I.Plein, Erwägungen zur Überlieferung von I Reg 11,26-14,20. ZAW 78 (1966) S. 14. 222 223 I.Plein a.a.O. S. 15 . I.Plein a.a.O. S. 14. 224 „Ob nun der Sinn der Lehre Glück oder Resignation oder Tugend oder Buße ist, darin sind die überhistorischen Menschen miteinander nie einig gewesen; aber, allen historischen Betrachtungsarten des Vergangenen entgegen,

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Die Chronik als Auslegung

Das spezifische Anliegen der Chronik, das Kommentarhafte, das auslegerische, letzte Bezüge aufdeckende Moment in ihr wird von hier aus deutlich. Die individuelle Geschichte soll auf das Typische hin durchsichtig gemacht werden. Das war auch das Ziel der Sage gewesen und von ihr mit Hilfe der Verdichtung, der Konzentration zu einem klaren Bild 225 erreicht worden. Das Ziel blieb, die Mittel der Darstellung und der Maß stab für das Typische waren in der Chronik andere. An die Stelle der plastischen Erzählweise (von der freilich auch in der Chronik noch ein gut Stück zu finden ist 226 ) traten die Wortersetzungen und Anspielungen, aus denen der Kundige sogleich den Bezug heraushörte und die ihn zwei oder mehr geschichtliche Ereignisse als strukturell zusammengehörig sehen lehrten. Gewandelt hatten sich auch der Maßstab, die Kriterien, die bestimmten, was als typisch aus den geschichtlichen Ereignissen zu erheben sei. Waren diese Kriterien zu der Zeit der Sage noch sozusagen freischwebend aus der verschiedenen Intensität des Eindrucks gewonnen worden, so hatte sich der Eindruck, das Erleben selbst durch das inzwischen oft und oft ergangene und schließlich literarisch fixierte Gotteswort geändert: „Wie wir's hörten, sahen wir's." (Ps. 48,9) — ein Vorgang, der sich am deutlichsten ablesen läßt in der Wirkung des Deuteronomiums auf die Prophetie und Literatur der Folgezeit. Wohlverstanden, es geht hier nicht um irgendwelche allgemeine geistesgeschichtliche Präformationen, wie ihnen jede Zeit unterworfen ist, sondern um die vom exilisch-nachexilischen Israel selbst bewußt, man möchte sagen: unter Verzicht auf eigene schöpferische Originalität vollzogene Verankerung im ergangenen Gotteswort. Israel gründete kommen sie zur vollen Einmütigkeit des Satzes : das Vergange u n d das Gegenwärtige ist ein u n d dasselbe, nämlich in aller Mannigfaltigkeit typisch gleich u n d als Allgegenwart unvergänglicher Typen ein stillstehendes Gebilde von unverändertem Werte und ewig gleicher Bedeutung." F .Nietzsche, Vom Nutzen und Nachteil der Historie f ü r das Leben. Unzeitgemäße Betrachtungen, 2. Stück. Ausg. Stuttgart (1964) S. 109. Vgl. auch die Einleitung J. Burckhardt^ zu seiner Griechischen Kulturgeschichte, Bd. 1, in der von J . J . Oeri besorgten Ausg. 5 (o. J . [1908]) S. 3 f. 225 I m Sinne des genetischen, u n d d . h . geschichtlichen, Denkens meist als anfängliches Geschehnis, als Urbild ausgegeben, von dem die geschichtliche Wirkung ausging : daher enthält jede Sage, solange sie Sage ist, ein ätiologisches Moment. 22β Ygj ¿¿e Würdigung bei C.C. Torrey, The Chronicler as Editor and as Independent Narrator. A J S L 25 (1909) S. 167. 196; v . a . S. 197-202. 217 = Ezra Studies. Chicago (1910) [ = New York (1970)] S. 217. 231; v . a . S. 231-237. 250. So etwa A J S L 25 S. 169 = Ezra Studies S. 219 Anm. 13: "The Chronicler is not long-winded, he is usually concise ; and in a good m a n y places he shows t h a t he has t h e power of suggesting a scene with sufficient clearness by t h e use of half a dozen words, where most authors would need as m a n y as sentences."

Interpretation

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sich nun vorsätzlich auf geschehene Offenbarung und verstand das als conditio sine qua non seiner Existenz. Wenn Paulus von der Christusförmigkeit der Glaubenden spricht (Phil. 3,10, vgl. 2. Kor. 4,10; 13,4; Gal. 6,17 u.a.), so könnte man analog von der Schriftförmigkeit des nachexilischen Israel reden — weder das eine noch das andere ist als Vergesetzlichung zu bezeichnen. Bestimmte also das geschriebene Offenbarungswort das eigene Erleben, so gab es, getreu der unten 2 2 7 festgestellten Interdependenz von eigener Geschichte und Geschichtsschreibung, auch die Kriterien zur Bestimmung des Typischen in der Geschichte an die Hand. e) Glossierende

Interpretamente

„Ich will meine Gnade nicht von ihm weichen lassen, wie ich sie von dem weichen ließ, der vor dir w a r " — so lautet Gottes Verheißung über den Davididen nach I 17, 13 228 . In dem Satz liegt der ganze Beweggrund für die Aufnahme von I 10 in das Werk des Chronisten. „ U t ad Davidis regnum perveniat, Saulis extrema commémorât [sc. Chronista], plane ut Augusti Tacitus, res Tiberii narraturus", wie H. Grotius229 sagt, obwohl freilich der Vergleich insofern hinkt, als bei Tacitus das augusteische Licht die tiberianische Finsternis erst recht zum Ausdruck kommen lassen soll, während hier „aus dem Dunkel, in dem Saul versinkt, strahlend der Stern Davids aufgeht" 230. Die Funktion des saulidischen Königtums in der Geschichte Israels und damit des Kapitels 110 im Ganzen der Chronik aufzuzeigen ist im besonderen die Aufgabe der vom Chronisten stammenden Verse 110,1314. Sie kennzeichnen den Übergang von der rückblickenden bangen Frage nach dem Weiterbestand des staatlichen Israel zu der theologischgeschichtlichen Qualifikation des davidischen Königtums, programmatisch für das Werk des Chronisten. Bei dieser Stelle handelt es sich also um eines jener chronistischen Interpretamente, die in ihrer ausgeprägten Mittelstellung zwischen Redaktion und freier Geschichtsschreibung besonders deutlich das Moment der Auslegung in der Chronik zur Geltung bringen. Denn es könnte kein schlagenderer 227

S. 204f. ; vgl. oben S. lOff. Diese chronistische Wiedergabe von 2. Sam. 7,15 bewahrt wohl den ursprünglichen Samuel-Text (Kat. II). 229 Annotationes in Yetus Testamentum (1644). In der Ausg. Halle (1775-76), besorgt von G. J.L. Vogel, nach dessen Tod von J.Chr.Doederlein, Bd. 1 (1775) S. 301a. 230 Rudolph S. 96. — Vgl. auch Ihn Jachja, Auslegung der 5 Megillot, Psalmen, Sprüche, Hiob, Daniel, Esra, Chronik. Bologna (1538) fol. 118b zu I 10,1: Vor dem Bericht über die Größe Davids und seiner Dynastie steht der über den Fall Sauls. 228

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Die Chronik als Auslegung

Beweis dafür gefunden werden, daß es dem Chronisten um Auslegung, nicht um die Unterbringung eigener „Gedanken, Wünsche und Abneigungen in ein konstruiertes Geschichtsbild" 231 geht, als diese kurzen Einsprengsel aus der Feder des Chronisten. So wird der erste, eigentliche Bezug auf die Ursache von Sauls Untergang in I 10,13 mit dem freilich recht allgemeinen Begriff formuliert. Da dieser aber die entscheidende Rolle in der ersten Ankündigung von Sauls und seines Königtums Verwerfung in l.Sam. 13,13.14 spielt, hat eine Übernahme von dort als höchst wahrscheinlich zu gelten. Auf der Hand liegt dieses vollkommen mit Kat. V I I I der Wortersetzungen übereinstimmende Verfahren in dem zweiten, die letzte Tiefe von Sauls Sünde darstellenden Bezug auf l.Sam. 28. Die dortigen Schlüsselwörter Π1ΓΡ3 V. 6; Φ π V. 7; Vx© V. 16 erscheinen sämtlich in unserem Interpretament, und sein Leitthema entnimmt es V. 17 desselben Kapitels. Warum aber die Betonung jenes letzten Falles Sauls ? E s steht zu vermuten, daß der Grund nicht ausschließlich ein inhaltlicher sei, sondern auch seine formale Komponente habe. Sie liegt in dem assoziativen Element, wie es I. L. Seeligmann als für die Midraschexegese konstitutiv beschrieben hat: „Name und Wesen der Sache fließen . . . ineinander über und Gleichklang von Namen gilt als eine innere Wesensübereinkunft." 2 3 2 Demnach braucht man sich nicht mehr zu wundern, daß die Begründung für das Scheitern des ersten Königs Israels so pointiert — der Aufbau von I 10,13-14a ist streng symmetrisch; an der Achsstelle steht das Fragen nach dem Totengeist — auf das schuldig-schicksalhafte Vxtf des Königs VlXtf hinweist. *

*

*

Die chronistischen Interpretamente kommen so in eine Linie mit den Wortersetzungen zu stehen ; die dort aufgezeigten Prinzipien sind auch hier wirksam, besonders natürlich jene unter Kat. V und V I I I beschriebenen. Das gilt für alle Gruppen der chronistischen Interpretamente, die nach ihrem graduell abgestuften Verhältnis zur Vorlage als Explikationen, Reflexionen und Glossen bezeichnet werden mögen. 1. Die Explikationen sind naturgemäß eine Weiterentwicklung der unter Kat. V. 3 behandelten Spezifizierung der Vorlage. Da bei ihnen die Übereinstimmung mit dem Kontext eine entscheidende Rolle spielt, gilt aber gerade auch für sie das zu Kat. V I I I . 1 Gesagte. In G. von Rad a.a.O. S. 121. I.L.Seeligmann a.a.O. [oben S. 135 Anm. 107] S. 152. 157-167. Das Zitat findet sich auf S. 157. — Zum Prinzip der Wortanalogie, das der rabbinischen Auslegungsregel der Gezêrâ säwä zugrunde liegt, s. oben S. 135f. 231 232

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I 21 (//2.Sam. 24) finden sich solche Explikationen öfters, so in V. 3bß, wo der Charakter des Interpretaments, das sich auf V. 3 b a (entspricht 2. Sam.24,3b ß) bezieht, schon durch das neueinsetzende und wiederholende naV deutlich wird. Joabs Explikation führt David und dem Leser der Chronik die theologische Tragweite des königlichen Verlangens vor Augen. — Die Verse l l b ß . l 7 a ß („habe nicht ich die Volkszählung befohlen"). 17bß. 18aa (das vom Chronisten erschlossene Reden des Engels Jahwes zu Gad) stellen weiter nichts dar als eine schärfere Konturierung des in der Vorlage bereits Erzählten. — Ein gutes Beispiel einer Explikation bildet I l 7 , l l b ß , wo die vier Worte „beim Haus Jahwes und bei seinem Haus hatte er [sc. Salomo] Gelingen" nur eine Ausführung des „Salomo vollendete das Haus Jahwes und den Palast" von l.Kön. 9, l a / / I I 7,11a sind. Auch der chronistische Zusatz der göttlichen Erhörung in I I 7,12b-15 ist nur eine Entfaltung von l.Kön. 9,3 a α, die sich selbstverständlich, nach Kat. VIII. 3, in den Worten der Bitte bewegt (vgl. I I 7,13 mit 6,26. 28; I I 7,14 mit 6,33.21.25; I I 7,15 mit 6,40 — man darf also in I I 7, 12 b-15 die chronistische Zusammenfassung des Tempelweihgebetes sehen). — Daß die chronistische Explikation vielleicht nicht immer das Richtige trifft, zeigt I I 9,21a, wo die „Tarsisschiffe" von l.Kön. 10,22 als „Schiffe, die nach Tarsis fuhren" verstanden sind 233 , während der Begriff, da er nun einmal erklärt war, in I I 9,21 b stehenbleiben konnte. — Explikationen sind auch die Spezifizierungen in I I 15,19 (gegenüber l.Kön. 15,16); I I 21,7aß (Davidsbund statt David wie 2.Kön. 8,19); I I 26,21 aß (zu bêt hahofsi/ut von 2.Kön. 15,5aß//II 26,21aa); I I 28,24aßb (wo 2.Kön. 16,18 im Sinne einer Schließung des Tempels gedeutet wird 234 ); 11 29,3-36 seinerseits ist nichts anderes als „eine gewaltige Ausweitung von 2 R g 18,4" 235, und I I 34,16b schließlich beruht völlig auf dem Kontext (2.Kön. 22,7.9). 2. Die Reflexionen geben Gedanken des Chronisten wieder, welche bei einer neuen geschichtlich-theologischen Auswertung der alten Berichte unabdingbar erscheinen mußten, besonders wenn der Chronist seine erste Aufgabe als Exeget darin sah, Gründe für das Geschehene 233

Das chronistische Verständnis wäre dann falsch, wenn W. F. Albrights Auffassung zuträfe, wonach es sich bei dem tarsia von Könige um ein Appellativum handelt und die Tarsisschiffe für die „Gießerei" von Ezjon-Geber bestimmt waren [The Role of the Canaanites in the History of Civilization, in: Studies in the History of Culture. (1942) S. 41 f.]. Freilich ist diese Ansicht keineswegs unbestritten, vgl. KBL S. 1042a (mit weiterer Literatur), wo Tarsis als Ort in der Nähe von Tunis verstanden ist. Es mag übrigens sein, daß die chronistische Spezifizierung nicht die allgemein jüdische Auffassung des Begriffs „Tarsisschiffe" darstellt; nach F.C.Movers a.a.O. S. 254 konnte jedenfalls „Tarsis" bei den Rabbinen sogar einfach die Bedeutung „Weltmeer" gewinnen. 234 235 Vgl. Bertheau S. 387f., Rudolph S. 292. Rudolph S. 293.

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Die Chronik als Auslegung

ausfindig zu machen, Hintergründe aufzudecken oder längere Passagen auf das Wesentliche gekürzt wiederzugeben. Daß hier vor allem die Kat. VIII. 3-4 ; I X zum Zuge kommen, dürfte einleuchten, Der Chronist stellt seine Reflexionen gern den Abschnitten der Vorlage voran oder hintennach. So werfen sie als Eingangs- oder Schlußnotizen, wie z.B. das eingangs erwähnte Interpretament I 10,13-14, Licht auf den entsprechenden Abschnitt der Vorlage. Oftmals werden diese Reflexionen nach antiker (auch deuteronomistischer) Manier irgendwelchen geschichtlichen Persönlichkeiten in den Mund gelegt, so I 13,1-4 David, I I 1,18 Salomo, I I 22,9aß dem Volk. Oft freilich erscheinen sie auch einfach als vom Erzähler formuliert, so in I 11,10 (Deutung der ganzen folgenden Liste 2. Sam. 23,8-39 nach der Beschreibung Jonathans in 1. Sam. 23,16-17), 113,1 (typologisierende Identifikation der Stätte des Tempels Salomos mit der Opferstätte Abrahams, Moria, und mit der Opferstätte Davids, der Tenne Omans) oder I I 24,4 (allgemeine Exposition von Joas' Tempelrestaurationsvorhaben). Unter den Schlußnotizen, außer den bereits genannten in I 10,13-14; I I 22,9aßb, finden sich die so bezeichnende Geschichtsdeutung 111,3bß 2 3 6 , die Zusammenfassungen 1 29,26-28; 11 32,22; 36,13aßb (vgl. V. 14ff.), wovon die erste den Schlußformeln in II. Chronik und damit den deuteronomistischen Quellenverweisformeln nachstilisiert ist, die dritte dagegen in musivischer Manier 237 die „Rebellion gegen Nebukadnezar" (//2.Kön. 24,20b = Jer. 52,3b) theologisch ausdeutet. Der Chronist formuliert seine interpretierenden Reflexionen aber nicht bloß als Eingangs- oder Schlußnotizen, sondern fügt sie öfters einfach in die Vorlage ein. Bezeichnend für den Charakter der begründenden Reflexion ist das kausale hl, durch welches das geschichtliche Faktum mit der Deutung verknüpft wird. Es findet sich vor den Interpretamenten in I 11,19 („denn um ihr Leben hatten sie's gebracht" als Deutung des „um ihr Leben" von 2.Sam. 23,17); I I 7 , 9 b a („denn sie begingen die Einweihung des Altars") 238, I I 8 , I I b („denn 236 Siehe unten S. 224 mit Anm. 29. Aus dem Vergleich mit der Reflexion V. 10b am Ende der Eingangsnotiz I 11,10 geht einmal mehr die Identität von Gotteswort und Prophetenwort in der Chronik hervor, vgl. unten S. 227f. 237 Zu qéw/j mit 'oräf vgl. Ex. 32,9; 33,3.5; 34,9; Dtn. 9,6.13; 10,16; 31,27; 2.Kön. 17,14(bis); Jer. 7,26; 17,23; 19,15; Spr. 29,1 ; Neh. 9,16.17.29; II 30,8. 238 Die Deduktion aus der Vorlage, die zur chronistischen Darstellung führte, ist recht kompliziert. Nach der Kombination des Chronisten konnte das Fest im 7. Monat (l.Kön. 8,2//II 5,3) nach Lev. 23,34 nur das Laubhüttenfest sein. Durch diese Stelle war auch das Schlußdatum des Festes (23. VII.) gegeben, s. oben S. 128. Das Laubhüttenfest dauerte 7 (und 1) Tage (Lev. 23,36). Nach l.Kön. 8,65 erstreckten sich die ganzen Feierlichkeiten bei der Einweihung des Tempels aber über zweimal 7 Tage, und erst am 8. Tag, nach der zweiten Fest-

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er [sc. Salomo] dachte : Keine meiner Frauen soll im Haus Davids, des Königs von Israel, wohnen, denn heilig sind die, zu denen die Lade Jahwes gekommen ist" 239); I l 2 1 , 1 0 b - l l (theologische Begründung des Abfalls Edoms); II 22,3b.4b (Erklärung des verderbten Wandels Ahasjas aus seiner in 2.Kön. 8,26f. erwähnten Verwandtschaft mit dem Haus Ahabs, und zwar in gewisser Nachbildung von 2.Kön. 8,18// 1121,6); II 25,20aßb (theologische Begründung des hybriden Beharrens Amazjas auf dem Kräftemessen mit Joas von Israel). Zu den erläuternden Reflexionen des Chronisten sind auch jene Vorformen der rabbinischen Auslegungspraxis der derësat semükim zu rechnen, wie sie sich etwa in II 12,2; 18,31b; 20,35-37 feststellen lassen240. Daneben stehen Zusammenfassungen, die natürlich gerade durch die Art der gewählten Schwerpunkte für die Denkweise und Interpretationsmethode des Chronisten aufschlußreich sind, so II 22,7-8 (faßt 2.Kön. 9,1-10,28 zusammen); II 32,19 (faßt die Verse 2.Kön. 18,17-35; 19, 10-13, die teilweise auch in der Chronik wiedergegeben sind, nach 2. Kön. 19,18 zusammen); auch die Verse II 32,25-26 „sind eine eigenwoche, entließ Salomo das Volk (i.Kön. 8,66). Schon der Text von Könige machte einen deutlichen Unterschied zwischen den ersten und den zweiten 7 Tagen. Für den Chronisten stellte sich daher die Frage: Wenn die zweite Woche das reguläre Laubhüttenfest betraf, wodurch erklärte sich dann die erste Festwoche? Die Antwort fand er in dem Ausdruck " D i m von l . K ö n . 8,63 : die ersten 7 Tage wurde also eine Einweihung begangen. [II 7,5 kommt für das Folgende deswegen nicht in Betracht, weil die Verse I I 7,4-6 schon durch den Abschlußcharakter von V. 3 und den dublettenhaften Gesang (vgl. V. 3) als sekundär erwiesen werden.] Aber nun welche Einweihung? Die des Hauses (l.Kön. 8,63) im eigentlichen Sinne konnte es nicht sein; hier versperrte ja die göttliche Herrlichkeit jeden Zugang (II 7,2). So blieb also nur noch die Feier um den (ehernen) Altar in der '"zärä (Hof), der freilich schon durch Jahwe selbst geweiht war (II 7,1 ), so daß der kultischen Begehung nurmehr deklarativer Charakter zukam. — Durch diese Kombination nun erklären sich alle Änderungen in I I 7,8-10 von selbst. 239 hëmmâ ist [gegen Bertheau S. 295, Curtis S. 353 (mit Verweis auf Ez. 44,9). .356, Galling S. 95 vgl. S. 98, Rudolph S. 220 (mit Verweis auf die häufigere kultische Unreinheit der Frau, Lev. 15,19ff. ; 12, Iff.)] persönlich zu fassen, ebenso qodäs. Denn es kann unmöglich die Meinung vorliegen, der ganze Palast Davids sei zum Heiligtum geworden. Vielmehr ist die Lade und jene, die sich ihr nähern, heilig — diese sind damit in erhöhtem Maße gefährdet (Priester, Leviten). Die chronistische Reflexion zieht also nur die Summe aus den Erfahrungen Israels mit der Lade: l.Sam. 5,3-5.6-7.9.10.11 ; 6,19-20; 7,1; 2.Sam. 6,6f.//I 13,9f., vgl. 2.Sam. 6, l l f . / / I 13,14. Die Gefahr für seine (v.a. ausländischen! vgl. l.Sam. 5) Frauen erschien Salomo nach der Chronik zu groß, wenn sie in der Nähe der Lade wohnten. Eine Begegnung mit der Lade war nur nach vorausgegangener Heiligung (I 15,12) zu riskieren. Zu dieser Auffassung von I I 8,11 b stimmt, daß 'äl sich eher auf persönliche als sachliche Objekte bezieht, vgl. I 13,3; v.a. 2.Sam. 6,9(f.)HI 13,12(f.) ; vgl. I 13,2 (etwas anders nur I 15, 3.12). 240 Vgl. dazu unten S. 219 mit Anm. 14.

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tümliche Ausdeutung von 2Rg 20,12-19" 241 . Öfters besteht die Reflexion, wie es dem Geschichtswerk gebührt, bloß in einem Hinweis auf chronologisches Zusammentreffen, das dann freilich auch den inhaltlichen Zusammenhang präjudiziert, wie in I I 25,27aa; 34,8aß („bei der Reinigung des Landes und des Tempels" wird das Gesetz aufgefunden). Die Stellen I 18,8b (vgl. I I 4,2a//; 3,15//; 4,6//.9bß); I I 23,3bβ (vgl. I 17,14//) und I I 36,12b (vgl. Jer. 37 , 2) 242 schließlich sind völlig im Sinne von Kat. V I I I zu verstehen. 3. In den Glossen liegen Gedanken des Chronisten vor, die zwar ihren Anlaß in der Vorlage haben, aber doch mehr zugesetzte Lichter sind und auch für das zeitgenössische Verständnis der Vorlage nicht unbedingt notwendig erscheinen 243 . Auch hier sind es z.T. Eingangsnotizen (I 13,5aß, eine Typologisierung nach Jos. 13,3) oder Schlußnotizen wie I 14,17 (David) [vgl. I I 14,13 (Asa); 17,10; 19,7; 20,29 (Josafat), wobei besonders I I 17,10 die Typologisierung nach Dtn. 11, (19-)25 verrät], I 21,26b-22,l (Schluß aus 2.Sam. 24, daß Gott sich bereits zur Zeit Davids für die Stätte seines Hauses entschieden habe 244 , mit Typologisierung nach Ri. 6,21), 117,1-3 (Typologisierung nach Ex. 40,34f., vgl. Lev. 9,24) und I I 9,26 (pointierte Verwendung von l.Kön. 5,1 als abschließender Glosse). Weitere interpretierende Glossen sind in die Vorlage eingestreut, so I 1,27 („das ist Abraham") 245, 111,4 („das ist Jebus") 246, I I l,2ff. (Deutung von l.Kön. 3,4-15 unter Einführung der Stiftshütte — etwa aus dem „Opfern" von l.Kön. 3,4 erschlossen? —, um Salomo nicht am illegitimen Ort einer Bama seinen Kult ausüben zu lassen), 113,3 (archäologische Notiz des Historiographen, es handle sich bei den Maßangaben zum Tempel um „Ellen nach dem früheren Maß"), I I 4,6ay. 6b (Mutmaßungen des Chronisten über die Verwendung der 10 Kessel von l.Kön. 7,38 als Waschkübel für die Brandopfergeräte, daran assoziativ angeschlossen eine Notiz über den Zweck des ehernen Meeres von l.Kön. 7,23 als einer Waschgelegenheit für die Priester) 247. Wie fließend der Übergang 241

242 Rudolph S. 3 1 3 . Dazu s. Rudolph S. 337. Charakteristisch für diese Glossen ist der Gebrauch des Personalpronomens der 3. sg. hü bzw. Μ in der Bedeutung „das heißt": I 1,27; 11,4. 244 Vgl. die treffende und einfühlende Analyse bei G. von Rad a.a.O. S. 101 : „Gab es denn zwei heilige Orte? Die Stiftshütte stand in Gibeon. Hat David sich nicht außerhalb der göttlichen Ordnung gestellt, als er die Lade nach dem gänzlich traditionslosen Jerusalem brachte? Für welchen der beiden Orte wird sich Jahwe entscheiden? Daraufhin lese man I.Chr. 21 und vor allem die Verse 243

21,26-22,1 . . ." 245

246 Vgl. dazu oben S. 163 . Vgl. dazu unten S. 214 mit Anm. 36. Nicht hierher gehört, wie man bis vor kurzem hätte denken können (vgl. aber die merkwürdig ahnungsvolle Redeweise Josef Delmedigos, oben S. 25 Anm. 82), I 21,15f. (das Stehenbleiben des Pestengels), da es sich hierbei, wie 247

Interpretation

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von solchen interpretierenden Glossen zur eigenen Geschichtsschreibung des Chronisten ist, zeigt sich besonders deutlich in II 12,2-8, der detaillierten Ausweitung der Notiz l.Kön. 14,25 über den Einfall Schoschenks248, in II 13,3-20, der Spezifizierung der Bemerkung vom lebenslänglichen Kriegszustand zwischen Abia und Jerobeam (l.Kön. 15,7b) und in II 26,16-20a, der historisch-genetischen Zurückführung des Aussatzes Usias auf ein bestimmtes Ereignis. Dieser „freien" Geschichtsschreibung des Chronisten gilt das folgende Kapitel. Für ihr Verständnis ist das meiste gewonnen, sobald man auf das organische Herauswachsen jener eigenen chronistischen Partien aus den kleinsten und feinsten Spuren chronistischer Auslegung in den Wortersetzungen und bei den Interpretamenten aufmerksam geworden ist 249 . ein neues Qumranfragment zu 2. Sam. aus dem 3. J h . v.Chr. (4 Q Sam a ) zeigt, u m einen Passus handelt, der schon der Vorlage zugehörte u n d in der zu MT führenden Tradition verlorenging. Zu diesem Fragment vgl. F.M.Cross, The Ancient Library of Qumran and Modern Biblical Studies. Garden City, New York 2( 1961) S. 188-191 ; W.E.Lemke, The Synoptic Problem in the Chronicler's History. H a r v a r d Theological Review 58 (1965) S. 356f. Demnach wäre das Urteil J . Wellhausens zu dieser Stelle, a . a . O . S. 174, der Chronist habe „die Pointe dadurch halb verdorben, daß er den Engel nicht bei der Tenne Arauna [was allerdings, sehr für Wellhausens Einfühlungsgabe sprechend, in der T a t in dem Fragment ausgesagt ist, wo [wml'k j]hwh 'wmd '[TO gm 'rw]n' hjbsj zu lesen steht] auf dem heiligen Boden stehen, sondern ihn in der L u f t schweben läßt [was freilich in dem Fragment auch steht, wo die Buchstabenfolge ...]h'rs wbjñ [hSmj]m zu finden ist]", entsprechend zu revidieren. 248 Der glossatorische Charakter der interpretierenden Geschichtsschreibung bedingt auch die dublettenhafte Wiederaufnahme des Fadens: so entspricht in I I 12 V. 9 a a dem V. 2 a ß ; ähnlich in I I 21 V. 20a dem V. 5 oder in I I 27 V. 8 dem V. 1 a. Nichts könnte die These von der Chronik als einer schrittweisen Auslegung der älteren Geschichtsberichte mehr stützen als die Beobachtung dieser Erscheinung, die sich sogar in eigenen chronistischen Berichten findet, vgl. I I 15,15b, wo I I 14,5b wiederaufgenommen wird, offenbar zur Überleitung in den übernommenen Abschnitt I I 15,16-19//l.Kön. 15,13-16; vgl. ebenso I I 18, l a , wo die Wendung von I I 17,5b zur Überleitung in die überlieferte Geschichte vom Feldzug Josafats u n d Ahabs gegen R a m o t h in Gilead ( l . K ö n . 22,2-35//II 18,2-34) wiederholt wird, vielleicht, u m Gottes gnädige Segnung Josafats mit dessen Haltung in scharfen Kontrast zu bringen. — Diese Wiederaufnahmen, die im Wesen der Chronik begründet sind, berechtigen daher keinesfalls zur literarkritischen Scheidung, wie Galling S. 8 will (wie wenig durchführbar das Kriterium ist, zeigt sich daran, daß Galling S. 148 in I I 27 dennoch sowohl V. l a wie V. 8 dem ersten Chronisten zuschreibt). 249 Keinesfalls kann dem Urteil von W . E .Lemke, a . a . O . S. 363 Anm. 44, zugestimmt werden, daß, „from t h e viewpoint of getting a t the Chronicler's thought, a critical examination of the synoptic problem ist not very rewarding". Schon allein die Menge der vom Chronisten f ü r seine Darstellung verwendeten parallelen Partien, die mehr als die H ä l f t e des Werks ausmachen, widerrät einer solchen Annahme. Zudem wird sich eine Interpretation der Chronik nicht

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Die Chronik als Auslegung

4. Eigene Geschichtsschreibung a) Kanon, chronistischer Musivstil und das Verhältnis von Esra-Nehemia zur Chronik Die Kanonizität verlieh dem Wort der Schrift eine Autorität, die es unantastbar machte. Da durch den Begriff des Kanons eine Trennung von Wort und Sache von vornherein gegenstandlos wird, war der Schluß aufgrund der äußeren Analogie des Wortes eine Selbstverständlichkeit. Damit war die formale Voraussetzung für die chronistische Geschichtsschreibung geschaffen. Derselbe Kanonsbegriff statuierte gleichzeitig die Äquivalenz der göttlichen Worte und ihren normativen Charakter, d.h. er ermöglichte material die chronistische Geschichtstypologisierung. Es ist daher mit größter Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, daß die Chronik am Ende des Prozesses der Kanonisierung der prophetischen (Gesetzes- und) Geschichtsliteratur steht, zu deren endgültiger Fixierung das Erscheinen der Chronik gewiß nicht unwesentlich beigetragen haben wird, war doch von nun ab definitiv nur noch Interpretation, nicht mehr Überarbeitung oder Ergänzung der prophetischen Berichte möglich. So markiert die Chronik den Abschluß der ersten beiden Drittel des hebräischen Kanons, wie Sirach seinerseits den des letzten Drittels nach seiner Hauptsache. Die dem Kanon als solchem innewohnende Tendenz zur Vereinheitlichung der in ihm enthaltenen Literatur 1 war neben der Typologiso leichthin der Untersuchung der Syntax und vor allem des Stils entschlagen dürfen, gerade bei der Eruierung der Theologie des Chronisten, indem sie erklärt: „Such minor differences [sc. wie jene zwischen I 15,25 und der Parallele 2.Sam. 6,12 u.a.] are questions of syntax and style, not the theology of the writer" (a.a.O. S. 351 Anm. 6). Wenn irgendwo, so ist Theologie in der Chronik eine Frage des Stils, vgl. das folgende Kapitel. 1 Vgl. die in nachtannaitischen Texten stehenden, aber gewiß schon älteren (s. W. Bacher, Die bibelexegetische Terminologie der Tannaiten. Leipzig (1899) S. 138 Anm. 3) Sätze über Widersprüche (str) in der Schrift und den intendierten oder gefundenen Ausgleich in b. Sabb. 1 3 b : „Wäre Hananja b. Hiskia nicht gewesen, so wäre das Buch Ezechiel aus dem öffentlich gelehrten Vortrag entfernt worden, da seine Worte den Worten der Thora widersprachen (Till m i n n a * I n i n o v m vntf VxpUT Ί 3 0 ) " , oder b. Sabb. 3 0 b : „(Die) Weisen suchten das Buch Qohelet aus dem öffentlich gelehrten Vortrag zu entfernen, da seine Worte den Worten der Thora widersprachen ("ISO rnw n r p n o V - m t f MB» nVnj?)"; und kurz darauf heißt es von Widersprüchen innerhalb eines kanonischen Buches: „Und auch das Buch der Sprüche suchten sie aus dem öffentlich gelehrten Vortrag zu entfernen, da seine Worte einander widersprachen." Daß das doch nicht geschah, wird mit dem Hinweis auf den auch bei Qohelet gefundenen Ausgleich (nVnp n a o η η κ N!357Ü jrnBWXI IN1?) begründet (vgl. dazu unten S. 175 Anm. 8). Freilich

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sierung die stärkste Triebfeder für jene innere Rezension (Kat. VIII). Typologie und Analogie des Wortes, die so für die Behandlung der überlieferten prophetischen Geschichtsberichte maßgebend sind, bestimmen aber nun auch die Darstellung der vom Chronisten erschlossenen oder konstruierten Geschichtsabschnitte, bzw. allenfalls seine Verwertung zusätzlicher Quellen. Die Schilderung in diesen Abschnitten des Sonderguts hatte sich der Autorität des überlieferten Wortes zu unterwerfen; nur dieses war im Grunde gültiges Ausdrucksmittel. Anlehnung, Anspielung, Zitat 2 war hier die einzig mögliche Form der Geschichtsschreibung. Die schriftstellerische Originalität, wie sie dem Chronisten nicht abzusprechen ist, unterwarf sich dem prophetischen Wort: schöpferische Kraft kam allein Gott zu, wie er in der Schrift gesprochen hatte, nicht dem Geschichtsschreiber, dem unter diesen Umständen in ganz anderem Maß als jedem Historiographen zur Erfüllung seiner Aufgabe allein die Möglichkeit der Auslegung offenblieb. Das sind die Bedingungen, unter denen die Partien der Chronik ohne Vorlage in (Genesis-)Samuel-Könige jene sprachliche Gestalt gewannen, die sie mit einem Gutteil der nachbiblischen jüdischen Literatur teilen 3 und für die wir die Bezeichnung als Musivstil in Vorschlag bringen möchten 4 . „Alle jüdische Dichtung im Exil verschmäht es, i st zu beachten, daß hier in den genannten Diskussionen nicht mehr die Kanonizität in Frage s t a n d ; die für den Kanonisationsprozeß geltenden Gesetze wirkten aber in den Debatten u m das TU weiter. 2 Zitate aus prophetischer Literatur (inkl. Deuteronomium) sind etwa 1 1 5 , 2 = D t n . 10,8; I I 15,2b. 15 = D t n . 4,29 ( = Jer. 29,13 = Zeph. 1,6 = Jes. 55,6 u.ö.); 1115,5 = Am. 3,9; I I 15,7b = J e r . 31,16; I I 16,9 = Sach. 4,10; I I 19,7b = D t n . 10,17b; 1119,10 = D t n . 17,8; 1120,7 = Jes. 41,8; 11 20,20 = Jes. 7,9; I I 25,4 = Dtn. 24,16; I I 29,11 = Dtn. 18,5. D a z u k o m men natürlich alle jene Verankerungsstellen der Ersetzungen der K a t . V I I I und die zahlreichen Anklänge an älteres Gut in der Chronik. 3 Vgl. die klassische Beschreibung des „Organismus der H a g g a d a " bei L. Zunz, Die gottesdienstlichen Vorträge der Juden. F r a n k f u r t a.M. 2 (1892) S. 329: „Man dachte, schrieb u n d lehrte im Geiste des altern Heros und für das untheilbare, ewige Israel: daher verschwindet der Schreiber vor der göttlichen Autorität, das Einzelne versinkt in der Gesammtheit, und darum erscheinen die meisten Werke namenlos oder pseudonym u n d s t a t t einzelner Bücher treten uns Massen entgegen, die — wie Psalter, Kethubim, Talmud, Hagada — das Eigenthum der Nation und das Resultat der J a h r h u n d e r t e sind." 4 F. Rosenzweig h a t diesen Begriff, nach anderen, in seinem Nachwort zu den 92 Hymnen u n d Gedichten des J e h u d a Halevi. Berlin o . J . [1927] S. 161 f. [ = Kleinere Schriften. Berlin (1937) S. 209ff.] auf die mittelalterliche jüdische Dichtung angewendet, ihn aber dabei völlig neu und in Abgrenzung gegen den üblichen Gebrauch z.B. im Bereich der karolingischen [etwa auch kirchenslawischen] Literatur bestimmt. Sofern auch das vormakkabäische u n d das nachherodianische J u d e n t u m ein Exilsdasein, und sei's in Palästina, führte, trifft auch für es die im folgenden zitierte Bosenzweigsche Definition des Musivstils

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dieses ihr Im-Exil-Sein zu ignorieren. Das würde geschehen, wenn sie jemals wie andre Dichtung die Welt [bzw. im Falle der Chronik die Geschichte] unmittelbar aufnähme. . . . Diese Exilierung der Umwelt aber wird geleistet durch die ständige Gegenwärtigkeit des Schriftworts. . . . Also nicht etwa das Schriftwort wird gleichnisweise zur Illustration des . . . Lebens herangezogen, sondern gerade umgekehrt dienen die Ereignisse zur Erläuterung des Schriftworts, werden zum Gleichnis für dieses. Das Verhältnis ist also genau das entgegengesetzte, wie wir es uns beim Wort Musivstil vorstellen. . . . Nicht literarische Unreife, sondern viel eher literarische Überreife liegt hier zugrunde. Man ist nicht in Verlegenheit um einen eigenen Stil, sondern man hat seinen Stil so eigen, daß man gar nicht auf die Möglichkeit kommt, aus ihm in die Stillosigkeit herauszutreten. Ein solches Verhältnis zum geschriebenen Wort setzt natürlich voraus, daß dieses Wort nicht bloß formell, sondern auch inhaltlich klassisch ist, ja daß die Klassizität des Inhalts und der Form für untrennbar miteinander verflochten gelten." 5 In gewisser Beziehung ist der Musivstil nichts anderes als der sprachliche Ausdruck dessen, was Thomas Mann „zitathaftes Leben" genannt hat®. Allerdings kulminieren im Falle der chronistizu u n d ist daher auch A. Roberts Bezeichnung „style anthologique" [z.B. i n : Dictionnaire de la Bible. Supplement Bd. 5. Paris (1957) s.v. Littéraires (Genres), Sp. 412] vorzuziehen. Durch „Musivstil" zeichnet sich im besonderen die chronistische Geschichtsdarstellung aus, die, wie oben S. 10 f. gezeigt, nichts anderes ist als eine Anerkennung des Status „als uns das Reich genommen", eine Rechenschaft über die Distanz zwischen der gegenwärtigen Exilierung von der staatlichen Daseinsform u n d der vorexilischen Vergangenheit. Bestimmungen des chronistischen Stils als „Manierismus" [J. Wellhausen, Prolegomena zur Geschichte Israels. "(1927) S. 206; S . R . Driver, The Speeches in Chronicles. The Expositor 5.Serie 1 (1895) S. 244] oder als „voll von Tiraden" (W.M.L. de Wette, Beiträge zur Einleitung in das AT. Bd. 1 Halle (1806) S. 122, vgl. S. 121) treffen nicht ganz die Intention der chronistischen Sprachform u n d verkennen z.T. (außer J . Wellhausen a . a . O . : „Darstellungsweise, die ganz vonReminiscenzen lebt") deren Motive. Auch der Schluß vom chronistischen Stil auf eine späte Abfassungszeit, „als das Hebräische schon nicht mehr eine lebendig gesprochene Volkssprache war", verfängt aus diesem Grunde nicht [Zitat bei M. Noth, Überlieferungsgeschichtliche Studien I. (1957) S. 156, s. auch S. 111; vgl. aber in diesem Sinne schon W . M . L . de Wette a . a . O . S. 67 Anm. *; A.Kuenen,Historisch-kritische Einleitung in die Bücher des alten Testaments . . ., dt. von Th.Weber. 1/2 (1890) S. 115 Anm. 8; J.Wellhausen a.a.O.]. 5 F. Rosenzweig a . a . O . S. 161. — K . H . Graf, Die geschichtlichen Bücher des Alten Testaments. Leipzig (1866) S. 118 spricht, freilich in einer gewissen apologetischen Abwehr, von „zusammengestoppelter Musivarbeit", als die m a n die orientalische Geschichtsschreibung doch nicht im allgemeinen bezeichnen könne. 6 I n seinem Aufsatz „ F r e u d u n d die Z u k u n f t " [Gesammelte Werke, Frankfurter Ausgabe. Bd. 9 (1960) S. 497], R. Smend, Elemente alttestamentlichen Geschichtsdenkens. ThSt 95 (1968), der den Begriff S. 33 auf das „mythische"

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sehen Geschichtsschreibung die inneren und äußeren Kräfte, die zu dieser Form des Musivstils drängten. Vorab beruhte das ganze Gewicht und die Autorität der Chronik, wie freilich die Autorität jeder Interpretation, auf dem Maß der Vermittlung des Originals. Dieses bestand aber im Falle der Chronik in den prophetischen Schriften mit göttlicher Dignität 7 . Und vom Gewicht dieser übernommenen Worte lebt die Chronik in ihren, wie es zu Unrecht scheint, völlig selbständigen Änderungen in parallelen Abschnitten und, wie es ebenfalls nur den Anschein hat, völlig freien Texten — weder sind die Wortersetzungen willkürliche Emendationen, noch die Texte ohne Vorlage originelle Schöpfungen. Der hohe Anteil des verwobenen kanonischen Gutes brachte es mit sich, daß der Chronik ihre Bedeutung niemals streitig gemacht wurde. Ihre abgeleitete Kanonizität ist dort, wo sie recht verstanden wurde, niemals angefochten gewesen 8 , und im Gegensatz zu der üblichen Ansicht 9 wird man es als höchst wahrscheinlich, ja als sicher annehmen dürfen, daß sie mindestens zugleich mit dem anderen Werk wohl desselben Verfassers, Esra-Nehemia, kanonisiert wurde. Es mag merkwürdig erscheinen, daß im Zusammenhang einer Stilanalyse nun die Rede von der ursprünglichen Zweiheit der Werke Chronik und Esra-Nehemia sein soll; sind doch die Hauptgründe für die Einheit eines chronistischen Geschichtswerkes (Chronik-EsraNehemia) seit L. Zum, F.C .Movers und H .Ewald gerade stilistischer Natur. Aber Stil, sprachliche Form ist mehr als nur die Summe charakteristischer Wendungen; Stil wird durch die Korrelation zwischen der auszusagenden Sache und ihrem spezifischen Ausdruck Denken anwendet, macht hier in Anm. 63 auch auf seine Aufnahme bei Κ . K e r é n y i , Die antike Religion. (1952) S. 28 u.ö. aufmerksam. 7 Vgl. unten S. 230. 239. 240. 241f. 8 Als erläuternder Vergleich sei die Diskussion über die Aufnahme von Esther in den Kanon in j. Meg. 7 a herangezogen, wo gesagt ist, die Weisen hätten hin und her beraten, „bis der Heilige, gelobt sei er, ihre Augen erleuchtete und sie sie [sc. Megillat Esther] in der Thora und in den Propheten und in den Schriften geschrieben fanden", d.h. den Text von Esth. zu großen Teilen in der bereits kanonischen Schrift verankert fanden. — Zur Erläuterung mag auch die Lösung der Frage, ob Qohelet aus der öffentlich gelehrten Tradition zu entfernen sei, herangezogen werden: b. Sabb. 30b [in direktem Anschluß an die oben S. 176 Anm. 1 zitierten Worte]: „Und weshalb entfernten sie [sc. die Weisen] es [sc. das Buch Qohelet] nicht aus der öffentlichen Lehrtradition? Weil Worte der Thora seinen Anfang und Worte der Thora seinen Schluß bilden." 9 Für viele K. Galling, Art. Chronikbücher. RGG Bd. 1 3 (1957) Sp. 1803: „Die für den jüdischen Kanon . . . Verantwortlichen werden zunächst die Neues bietenden und für die orthodoxe Gemeinde wichtigen Bücher Esr und Neh kanonisiert und erst später nach einer offenen Zwischenzeit auch die Chr. als kanonisch erklärt haben."

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definiert. Die Sache aber lag dem Chronisten in Berichten von kanonischer Autorität (aus denen er freilich auswählte) vor, die gewählte Form ist die des interpretierenden Geschichtswerks. Daraus folgt die Bestimmung des chronistischen Musivstils. Läßt sich nun wahrscheinlich machen, daß die Prämissen bei Esra-Nehemia andere waren (wie es zumindest in bezug auf die auszusagende Sache bzw. die verwendeten Quellen der Fall zu sein scheint), während sich dennoch in gewissen charakteristischen Wendungen die gleiche Hand verrät, so wird man mit Fug auf zwei Werke desselben Autors schließen dürfen. Doch soll zuvor noch ein zusätzliches äußeres Indiz für die ursprüngliche Trennung in zwei Werke zur Sprache kommen 1 0 . Eine vernünftige Betrachtung der Kanonsgeschichte führt zu dem Schluß, daß die sowohl durch den palästinensischen 11 wie den alexandrinischen Kanon bezeugte getrennte Überlieferung von Esra-Nehemia und Chronik ihren Grund allein in der getrennten Abfassung der Werke haben kann. Denn die fast durchgängig vertretene Meinung von einer Teilung des einen Werks zum Zweck der Kanonisierung seiner nachexilischen, noch nicht von anderen kanonischen Büchern behandelten Partie beruht auf der falschen Voraussetzung, daß das Kriterium der Kanonisierung ein inhaltliches gewesen sei. Da aber die Kanonfrage, worauf die obigen, freilich die älteren Bücher betreifenden Erörterungen wieder und wieder hinwiesen, ausschließlich die Frage nach der Autorität ist, die eine Schrift beanspruchen kann, spielt der Inhalt hier keine Rolle. Wenn eine Schrift aufgrund der Qualität des Verfassers (Prophet o.ä.) oder zumindest aufgrund einer, wie oben vermutet wurde, mediierten Dignität (in Prophetenworten abgefaßt) göttliche Autorität beanspruchen kann — wer sollte es da wagen, arbiträr nur Teile als normativ, als kanonisch anzuerkennen? Denn die Kanonisierung war bloß ein deklarativer Akt und konnte nichts anderes sein. Wieso sollten zudem spätere Erwägungen der gleichen Kanonisatoren oder die aufgrund des gleichen Inhalts getroffenen Er10 Das Folgende ist nicht mehr als ein Versuch, einige der Gedanken, die Herr Prof. Dr. Dr. R.Hanhart einst mündlich zu der Frage äußerte, möglichst getreu wiederzugeben. 11 Bezeugt v.a. in der alten Baraitha b. B B 14b. — Der aus Mt. 23,35 geführte Beweis für die Stellung der Chronik am Schluß des Kanons, der für die Vorlage von Matthäus einen Bezug auf II 24,20-22 postulieren muß (so schon J. G. Eichhorn, Einleitung in das Alte Testament. Bd. 3 Göttingen "(1823) S. 606 ; neuerdings wieder Ο. H. Steck, Israel und das gewaltsame Geschick der Propheten. WMANT 23 (1967) S. 33ff.), hat auszuscheiden, da die lectio difficilior des bei Matthäus bezeugten Patronymikons Barachja Anspruch auf Ursprünglichkeit hat, während die Lesart des Hebräerevangeliums deutlich eine schriftgelehrte Angleichung an die Chronik-Stelle ist, nicht aber eine ursprüngliche Tradition reflektiert.

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wägungen späterer Kanonisatoren dann doch zu dem Entschluß geführt haben, den verbliebenen Teil aufzunehmen? War aber die Schrift einmal im Kanon drin, so ergab sich erst recht keine Veranlassung, sie in zwei Bücher aufzuteilen. Vielmehr sprechen alle Anzeichen dafür, daß nun nach Möglichkeit eine logische und, da es sich ja um Maßnahmen innerhalb des Kanons oder mindestens dessen dritten Teiles handelte, dem Inhalt angepaßte Anordnung angestrebt wurde 12 . Daß dennoch außer bei Hieronymus nirgends die von der modernen Forschung als ursprünglich betrachtete Folge Chronik-Esra-Nehemia hergestellt wird, zeigt, daß offenbar starke Hemmungen gegen eine solche Reihung bestanden, die sich aber am leichtesten aus der ursprünglichen Eigenständigkeit beider Werke erklären13. Mit großen Vorbehalten kann man die ursprüngliche Reihenfolge des palästinensischen Kanons (Esra-NehemiaChronik) sogar als subsidiären Beleg für die spätere Abfassung der Chronik geltend machen. Denn es erscheint auch sonst nicht unwahrscheinlich, daß der Chronist erst Esra-Nehemia als eigenständigen, letzten Abschnitt der Heilsgeschichte 14 unter Benützung zumindest 12 So nämlich, als sekundäre Zurechtrückung, ist die vielfältige Stellung der Chronik zu erklären: im Prologus galeatus (Chronik-Esra-Nehemia); in den alten Übersetzungen (G, danach in Vulg, A e t h : Könige-Chronik-1. E s r a 2.Esra); in der Masora (Cod. L : Chronik als Kompendium der Hl. Schrift sogar vor Genesis gestellt; in dem Werk Adat Deborim des Joseph v. Konstantinopel wird die Stellung der Chronik als ersten Buches der Hagiographen als die des Landes Israel, zu der sich alle Schreiber bekehren werden, hingestellt; sie wird in den spanischen Handschriften befolgt; die Stellung der Chronik am Schluß des Kanons wird in A d a t Deborim als babylonische Praxis bezeichnet.) — Daß dagegen, wie K. Galling a . a . O . Sp. 1803 will, bei Josephus „noch" die ursprüngliche Verbindung bezeugt sei, ist höchst unwahrscheinlich, denn die räsonnierende Umstellung bei Josephus läßt sich leichter erklären als die unsinnige Reihung der anderen Zeugen: die positio difficilior ist auch probabilior. 13 D a ß Zusätze kultischer Prägung, die offenbar zur gleichen Schicht gehören, in beiden Werken vertreten sind, besagt wenig — gewiß waren die gleichen H ä n d e auch im Psalter (Überschriften) tätig. 14 Siehe oben S. 179f. — Vgl. auch die Vermutung von F.Bleek, Einleitung in das Alte Testament. 2(1865) S. 394: E s r a - N e h e m i a „sollte die Fortsetzung eines anderen geschichtlichen Werkes bilden, welches die Geschichte des Volkes Jehova's bis auf das Exil herabgeführt hatte, und zwar wohl nicht unwahrschein1 ich unserer Bücher der Könige, an deren Schluß wenigstens der Anfang unseres Werkes sich ganz passend anschließen würde". Einer Priorität der Abfassung von Esra-Nehemia u n d einer Anknüpfung an 2.Kön. 25 redet auch A.Kuenen a . a . O . S. 185 Anm. 3 das Wort, u n d er zieht ausdrücklich den Schluß: „Man muß dann aber . . . annehmen, daß die Sammler des Canons diese Sachlage gek a n n t und sie durch ihre Reihenfolge zum Ausdruck gebracht haben." — Etwas anders, unter der Voraussetzung verschiedener Autorschaft und späterer Abfassung der Chronik als Esra-Nehemia auch schon W . M . L . de Welte a . a . O . S. 47: Der Verfasser der Chronik „wollte die Geschichte bis dahin führen, wo sie das Buch Esras aufgenommen h a t t e . . . "

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einer authentischen Quelle, der Denkschrift Nehemias, verfaßt habe und erst danach an das andere Werk, die nachexilische Darstellung der vorexilischen Geschichte, ging, an eine völlig anders liegende Aufgabe also15. Die von Esra-Nehemia so verschiedenen Voraussetzungen der Chronik erklären nämlich auch die auf den ersten Blick widersprüchlich scheinende Tatsache, daß die in ihr verwerteten Quellen (v.a. Samuel-Könige), die für den Chronisten in ganz anderem Maße kanonische Autorität besaßen als jene des deuteronomistischen Geschichtswerks für den Deuteronomisten, viel stärker überarbeitet vorliegen als die Quellen im deuteronomistischen Geschichtswerk. Es wäre verfehlt, daraus zu schließen, daß der Chronist ,,in diesem Punkt nicht ganz so peinlich und mit Ehrfurcht vor dem Überlieferten verfahren ist, wie es bei Dtr wohl der Fall war"16. Vielmehr kann sich eine typologisierende, im musivischen Stil auf Schritt und Tritt die prophetischen Berichte als unverlierbares κτήμα εις άεί voraussetzende Auslegung viel mehr Freiheit in dieser Hinsicht gestatten als eine Geschichtsschreibung, deren erstes Ziel die Bewahrung des überlieferten Gutes vor dem Untergang ist. Die Gegenprobe bestätigt die Richtigkeit dieses Schlusses vollkommen : in Esra-Nehemia finden wir die Quelle(n), die Denkschrift Nehemias (und jene Esras?), nahezu unversehrt aufbewahrt 17 . — Die völlig verschiedenen Voraussetzungen 15 Nicht für die vermutete Folge der Abfassung, wohl aber hinsichtlich der deutlichen Unterschiedenheit zweier Werke, die dennoch eine kontinuierliche geschichtliche Diskontinuität behandeln, sei hier auf das Evangelium u n d die Apostelgeschichte des Lukas verwiesen. Diese Analogie ließe es sogar möglich erscheinen, daß es der Verfasser selbst war, der die Verse Π 36,22 f. ( = Esr. l , l - 3 a a ) seinem Werk anfügte (vgl. Lk. 24,50-53 mit Apg. 1,4-9), ohne daß dadurch eine Interpretation im Sinne bloß eines Werkes gerechtfertigt wäre. Das 1 copulativum in Esr. 1,1 erklärt sich nach dem in der vorhergehenden Anm. vorgeschlagenen Verständnis von selbst, so daß m a n nicht mit W . M . L . de Wette, Lehrbuch der historisch-kritischen Einleitung in die kanonischen u n d apokryphischen Bücher des Alten Testamentes. Berlin '(1852) S. 262 auf die nicht adäquaten Stellen Jos. 1,1; Ri. 1,1; Esth. 1,1; Ez. 1,1; Jes. 7,1 (lauter 1 consecutiva in der F o r m wajjehï) zu verweisen braucht. Soviel dürfte jedenfalls feststehen, daß die Komposition des E d i k t s (ob echt, ob unecht) in Esra gegenüber der (bewußt?) fragmentarisch gehaltenen Anführung in I I 36,22 f. die Priorität beanspruchen k a n n (gegen F. C.Movers, Kritische Untersuchungen über die biblische Chronik. Ein Beitrag zur Einleitung in das alte Testament. Bonn (1834) S. 12f., dem die Verbindung von I I 36,22 mit 21 ausschlaggebend erscheint). — Allenfalls wäre selbstverständlich auch an sekundäre Anfügung der beiden Verse I I 36,22 f an die Chronik zu denken (etwa wegen der Analogie zum Schluß des deuteronomistischen Geschichtswerkes?). 16 M.Noth a . a . O . S. 166. 17 Eine ungeklärte u n d wegen der Quellenlage wohl auch nie aufzuhellende Frage ist, welche Autorität die Quellen von Esra-Nehemia für den Chronisten gehabt haben : ob er ihre Diktion einfach als Historiograph, dem die Farbe der

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der beiden Werke Esra-Nehemia und Chronik, denen auch inhaltliche, in der verschiedenen Zielsetzung begründete Differenzen an die Seite treten 18 , bedingen schließlich auch den so verschiedenen Stil, so daß S. Japhet nicht ohne Recht konstatiert, "that on the background of late biblical Hebrew each book exhibits strong and distinct traits of its own, some of which reveal a true linguistic opposition... " 19 . In jedem Fall, ob nun auch in Esra-Nehemia musivischer Anschluß an die verwerteten Quellen erfolgt oder nicht, muß der Musivstil in der Chronik ein wesentlich stärker archaisierender sein als in dem die nachexilische Periode behandelnden Werk 20 . Daß dabei oft weniger die alte Zeit als vielmehr ein sekundär entwickeltes Bild des Vorexils zur Darstellung kam, ist leicht zu zeigen, so im Falle der Bezeitgenössischen Berichte auch für die eigene Darstellung maßgebend war, musivisch in seinen selbstverfaßten Partien anwandte, oder ob die Quellen auch hier schon eine gewisse kanonische Dignität genossen. 18 Die wichtigsten sind das völlige Fehlen des Vergeltungsdogmas und das nahezu gänzliche Zurücktreten des Prophetentums in Esra-Nehemia im Vergleich mit der Chronik. Beides findet seine hinreichende Erklärung in der Sache selbst: das Vergeltungsdogma war, entgegen der üblichen Auffassung (vgl. aber neuerdings M. Weiss, Some Problems of the Biblical "Doctrine of Retribution". Tarbiz 31 (1962) S. 236-263; 32 (1962) S. 1-18, mit methodischen Bemerkungen, besonders im ersten Teil), kein individuell gefaßtes, sondern es bezog sich ausschließlich auf den Davididen als den Repräsentanten des Volkes. Das Fehlen eines politisch bedeutsamen Prophetentums nach Haggai u n d Sacharja (Esr. 5,1 ; 6,14) andererseits scheint in der qualitativen Verschiedenheit dieser nachexilischen Zeit gegenüber der staatlichen Epoche Israels begründet zu sein; den Ausschlag gab auch hier die verschiedene Beschaffenheit der Quellen (vgl. unten S. 216). 19 S .Japhet, The Supposed Common Authorship of Chronicles and EzraNehemia Investigated anew. VT 18 (1968) S. 332. — So sehr diesem Urteil beizupflichten ist, so wenig kann der direkt an das Zitierte anschließenden Folgerung zugestimmt werden, daß die beiden Bücher „could not have been written by one a u t h o r " (S. 332f.). Die schon vor der Inauguration der These des chronistischen Geschichtswerkes (Chronik-Esra-Nehemia) durch L. Zunz festgestellte Gleichheit der Sprache im ganzen [z.B. J . H . Michaelis, Annotationes in Paralipomena . . . [in den Uberiores Annotationes in libros Hagiographos Veteris Testamenti. Bd. 3 Halle (1720) S. 252] und in vielen Einzelzügen [vgl. die Zusammenstellung von S.R.Driver, Einleitung in die Litteratur des alten Testaments. Übers, u n d hrsg. von J.W.Rothstein. Berlin (1896) S. 572-576 und von A.A. Madsen bei Curtis S. (27) 28-36] behalten doch ihr Gewicht und ihr Recht ; hier sei nur zusätzlich etwa auf die frappante Ähnlichkeit des jeweiligen chronistischen Kerns der Passaberichte 11 30,15-26; 35, l b - 1 8 ; Esr. 6,20 b 22 b hingewiesen, wobei das Grundschema am reinsten in der genannten EsraStelle zutage tritt. 20 Nach dem oben S. 83f. mit Aura. 30-36 zu den theophoren Namen und nach dem oben S. 85 mit Anm. 40 zum Impf, apocop. Gesagten wird man es für sicher halten dürfen, daß sich dieser archaisierende Musivstil bis in die phonetisch-orthographischen Details hinein erstreckte. — Zum allfälligen Musivstil in Esra-Nehemia vgl. ebenfalls oben S. 85f. mit Anm. 42.

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Zeichnung des Hohepriesters. Auszugehen ist von der Tatsache, daß der in der Chronik ([127,5]; 1119,11; 24,6.11 [ersetzt V m n ]Π3Π von 2.Kön. 12,11]; 26,20; 31,10) bevorzugte Titel ©ΚΊΠ ]Π321 zur Zeit des Chronisten nicht gebräuchlich war 22 . Gerade deswegen haftete ihm aber der Geruch der Altertümlichkeit an, was bei dem auch in Könige meistens (2.Kön. 12,11 ; 22,4.8; 23,4) verwendeten ]ΠΠΠ VnJn nicht der Fall war. Nun wäre es aber gegen jede Wahrscheinlichkeit, daß der Chronist von sich aus den altertümlichen Titel geschaffen hätte; nein, selbstverständlich hatte er ihn in den Quellen gefunden, und zwar in 2.Kön. 25,18 = Jer. 52,24 23 . Auf andere historisierende Archaismen stößt man in der Chronik auf Schritt und Tritt; dazu gehört die chronistische „Lager"-Vorstellung 24 ; weiter soll hier schon auf den einzig in Ri. 19,10 verankerten, völlig unhistorischen Namen des vordavidischen Jerusalem, „Jebus", hingewiesen werden 25 . b) Aspekte der eigenen chronistischen

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Für das Verständnis des chronistischen Sondergutes käme es also in erster Linie darauf an, die Verbindungen zum übernommenen Gut aufzuzeigen, d.h. die Chronik als Auslegung der älteren Bücher ernstzunehmen. Welche Bedeutung nur schon Stellung und Abfolge der Vorlage für die chronistische Geschichtsdarstellung hatten, soll unten 2 6 an einigen Beispielen gezeigt werden. Man wird hier durchaus eine Art Früh- oder Vorform des später in der Regel der Derësat semükím27 Festgehaltenen sehen dürfen. — Es ist nicht Sache dieser Untersuchung, die tiefe Bedeutung des Wortspiels für die alttestamentliche Überlieferungsbildung darzulegen. Daß der Musivstil im Grunde nichts anderes ist als Paronomasie, dürfte ohnehin klar geworden sein 28 . In solchen Zusammenhängen gewinnen verständ21

Nur in II 34,9//2.Kön. 22,4 wird das hakköhen haggädöl stehengelassen. S.Japhet a.a.O. S. 343 (hier auch Literatur) mit Hinweis auf den in Haggai (5mal), Sacharja (3mal), Esra-Nehemia (3mal) üblichen Gebrauch von hakköhen haggädöl. 23 Vgl. hierzu den Satz S. R. Drivers, The Speeches in Chronicles. The Expositor 5. Serie 1 (1895) S. 248 Anm. 1 : "It is a characteristic of the later Hebrew that it uses constantly words, or constructions, which are rare and exceptional in classical Hebrew." 24 Vgl. unten S. 225 mit Anm. 31. 25 Vgl. unten S. 214 mit Anm. 36. 26 27 S. 219-221. Zu ihr unten S. 219 Anm. 14 28 Niemand hat die Rolle der Paronomasie, des Musivstils in der Geschichte der hebräischen Literatur einfühlender skizziert als J.G.Herder: „So brauchen die Propheten alte Bilder . . . : so brauchen neuere Ebräer die Worte Alter in einem neuen Sinn, aber im schönen Nebel desselben Ausdrucks. Ihre poetische 22

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licherweise die Eigennamen besonderes Gewicht 29 . Von der Anspielung auf Sauls Namen in I 10,13-14 war bereits die Rede 30 . Besonders hervorragend eignete sich natürlich Salomos Name zu spielender Entfaltung ; in der Chronik wurde er nicht bloß zum Anlaß der Darstellung von Salomos gesegneter Regierungszeit 31 , sondern über den Rückschluß auch Ausgangspunkt für die Bestimmung der politischen Lage z.Z. Davids 32 . Aber damit nicht genug: im Sinne der Interdependenz der politischen und religiösen Verfassung Israels ist es gewiß auch kein Zufall, daß der Chronist das ΓΓ3Π~ηχ nVsh von l.Kön. 9,25 (das gewiß mit A.B. Ehrlich33 als Ausbesserung der jeweiligen Schäden am Tempel zu verstehen ist) am Ende der Unternehmungen Salomos in II 8,16 so pointiert in ein mrP ΓΡ3 oVb? ändert. Aber selbst diese Maßnahme, so sehr sie doch in Salomos Namen hinreichend begründet gewesen wäre, entbehrt nicht der Verankerung in der Vorlage, vgl. l.Kön. 7,51//II 5,1. Weitere Namensinterpretationen des Chronisten sind möglich, aber freilich nicht gesichert: so wird von Rudolph34 zu II 16,12 vorgeschlagen, die rein chronistische Notiz zu der in l.Kön. 15,23 bezeugten Fußkrankheit Asas, er habe „nicht Jahwe, sondern bei den Ärzten gesucht", aus dem Namen des Königs abzuleiten — freilich ein wenig im Sinne des lucus a non lucendo. Schließlich könnte man allenfalls, neben der öfters versuchten Ableitung der Reformen Josafats aus einer chronistischen Sprache, die mit Ausdrücken der Bibel redet, ist, wenn man will, nichts als Wortspiel; aber oft wie fein!" (Vom Geist der Ebräischen Poesie. Sämtliche Werke, hrsg. von B. Suphan, Bd. 12 Berlin (1880) S. 197). 29 Zu der chronistischen Interpretation des haäzrähi von l . K ö n . 5,11 als „Serahssohn" (I 2,6) s. oben S. 60 Anm. 53. 30 S. 170. 31 Nach J.S.Stamm, Der Name des Königs Salomo. ThZ 16 (1960) S. 285297 wäre der Name entweder als „Sein (Davids) Friede" (Benennung des Kindes durch Bathseba) oder als Ersatzname „Seine Unversehrtheit" zu verstehen, in welch letzterem Falle „ausgesagt wäre, daß der Tote [sc. das verstorbene erste Kind Davids und Bathsebas] im Neugeborenen wieder ganz da ist" (a.a.O. S. 294f.). Vgl. ders., Hebräische Ersatznamen, in: Studies in Honor of Benno Landsberger. Assyriological Studies 16 Chicago (1965) S. 421: „Eine Abstraktbildung [zu Namen mit slm (pi.) = ersetzen] ist vielleicht . . . selömöh, wenn es als „Seine (des Verstorbenen) Unversehrtheit' erklärt werden darf." 32 Siehe oben S. 143. 33 Randglossen zur hebräischen Bibel. Bd. 7 (1914) S. 236. Dagegen dürfte Ehrlich kaum zuzustimmen sein, wenn er a.a.O. S. 359 die gleiche Pi'el-Form mit gleicher Bedeutung auch in 118,16 herstellen will. Nach dem oben Bemerkten dürfte vielmehr (auch gegen G und Targ) MT beizubehalten sein. 34 S. 249 Anm. 1 : „ D a im Syrischen NON .heilen' (im Aramäischen iODX ,der Arzt') heißt, kann man fragen, ob der Chr. nicht den Namen des Königs als XON ,Gott heilt' gedeutet und als eine Verpflichtung für ihn aufgefaßt hat."

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Namensdeutung, auch in der auffälligen Vertauschung des nominalen (theophoren) und des verbalen Elements im Namen Ahasjas in I I 21,17 (zu Joahas) einen Hinweis auf die rettende Bewahrung des kleinen Davididen (II 22,1) sehen. Aber nicht nur die Eigennamen sind dem Chronisten Anlaß zu interpretierender Geschichtsfindung. In welchem Sinne er die Wurzel qsr von 2.Kön. 12,21 für seine Darstellung fruchtbar zu machen weiß, soll unten 3 5 gezeigt werden. Eine ungleich größere Rolle spielt freilich im Werk des Chronisten die Wurzel kün. Das ist nicht anders zu erwarten, wenn man sowohl Inhalt wie Form der Chronik recht in Erwägung zieht. Daß die Davididengeschichte diesen engstens mit Davids Erwählung verknüpften Begriff 36 übergehen würde, wäre ein Rätsel; daß der chronistische Interpret der alten Berichte nicht sein kunstvolles Gebäude darauf errichtet hätte, eine Undenkbarkeit. Denn es läßt sich leicht zeigen, daß der Chronist das Verb wirklich mit Überlegung angewendet hat. Nur verhältnismäßig wenige Stellen der Chronik zeigen noch einen unspezifischen Allerweltsgebrauch der Vokabel 37 . Abgesehen von der festen, in 1. Sam. 7,3 verankerten Wendung „sein Herz richten auf" 3 8 und der einen Stelle 1112,1 (Rehabeam), die l.Kön. 2,12.46 nachgebildet sein dürfte, wird das Verb bezeichnenderweise ausschließlich für die ohnehin Ausgezeichneten unter den Davididen 39 , David, Salomo, Josafat, Hiskia und Josia, gebraucht 40 . Selbstverständlich übernimmt der Chronist die entscheidenden Stellen 2. Sam. 5,12 (in I 14,2); 2. Sam. 7,12 (in I 17, 11, auf Salomo historisiert). 13 (in I 17,12). 16 (in I 17,14).26 (in I 17,24) 41 . Dazu kommen die musivischen Übernahmen solcher Aussagen in I 22,10; 28,7; I I 17,5. An allen diesen Stellen ist von Jahwes Festigung der Herrschaft des Davididen die Rede : Gottes Tat ist der 35

S. 220 mit Anm. 20. 2.Sam. 5,12 (hif.); 7,12 (hif.). 13 (pol.). 16 (nif.). 26 (nif.); l.Kön. 2,24 (hif.). 45 (nif.); Jes. 16,5 (Endfassung, hof.); Ps. 89,5 (hif.). — In l.Kön. 2,12 (nif.). 46 (nif.) ist das Verb speziell für Salomos Regierungsantritt gebraucht. Vgl. auch Ps. 89,22 (nif.). 38 (nif.), und v.a. die korrespondierenden Aussagen bezüglich des saulidischen Königtums in l.Sam. 13,13 (hif.); 20,31 (nif.). 37 [19,32]; 12,40; [16,30]; 112,8; 26,14; 29,19; 35,[4.]6.14bis. 38 1 29,18; 1112,14; 19,3; 20,33; 30,19; Esr. 7,10, dazu in leicht abgewandelter Form II 27,6. 39 Siehe oben S. 141 mit Anm. 138 und unten S. 21 lf. 40 II 33,16 (Manasse) ist der Text unsicher: K, G, Lat, Vulg bieten die 3.m. sg. impf. cons. von „herrichten"; Q, Syr, Arab, Targ die entsprechende Form von „bauen". 41 Dagegen ist das Verb in I 17,22(//2.Sam. 7,24) bezeichnenderweise durch „geben" ersetzt, da hier Israel Objekt dazu ist, was der chronistischen Konzeption der davididischen Mediation und der daherrührenden primären Reservation von kün für die Könige widersprochen hätte. 36

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Ausgangspunkt. Nun wendet aber der Chronist — und nur in dieser Deduktion geht er über die älteren Berichte hinaus — sein heilsgeschichtliches Schema der Korrelation von actio Dei und reactio hominis 42 auch auf dieses sein Zentralthema an. Zwar läßt sich fragen, ob die im Nif. ausgedrückte Feststellung der vollendeten Einrichtung des Kults in I I 8,16 (Salomo), 29,35b (Hiskia), 35,16 43 (Josia) noch auf die Seite von Gottes gnädiger Zuwendung oder bereits auf die der Antwort Israels im Kult gehöre 44 . Als Ausdruck dieser Antwort wird man aber gewiß die Stellen verstehen dürfen, wo kün im Hif. vorkommt, und zwar mit dem davididischen König als Subjekt und meist unter Bezug auf den K u l t : 115,1.3.12; 111,4; 31,11; 35,20. Hierzu gehört schließlich in erster Linie der berühmte chronistische Rückschluß auf eine Tempelbauvorbereitung durch David. Eine solche Vorausplanung des zentralen, königlichen Heiligtums durch den Gründer der Dynastie liegt nun freilich durchaus im Bereich des historisch Möglichen, ja Wahrscheinlichen 46 . Allerdings scheint nach dem Gesagten nicht ausschließlich das Operieren mit der historischen Wahrscheinlichkeit für die chronistische Darstellung ausschlaggebend gewesen zu sein, sondern ebensosehr der Schluß von Gottes „Herrichtung" des Hauses Davids auf Davids „Herrichtung" des Hauses Gottes: I 22,3.5bis. [14]; 28,2; 29,2.3.16.19; 112,6; 3,1. Erhellt also aus der chronistischen Auslegungsmethodik im ganzen und ihrer musivischen Leitworttechnik im besonderen, wie sehr die Chronik literarisch konzipiert ist, so ergeben sich einige Folgerungen negativer und positiver Richtung. Es soll und kann nicht bestritten werden, daß hier und dort in der Chronik mündliche Traditionen verwertet werden 46 . Allein, es handelt sich um Traditionen, deren 42

Siehe oben S. 108 m i t Anm. 129. I I 3 5 , 1 0 a dürfte, gerade wegen der Dublettenhaftigkeit zu V. 16, sekundär sein ; wenn irgendwo, so hat das Verb kün am Schluß der kultischen Maßnahmen Josias seinen ursprünglichen Platz. 44 Auch I I 29,36 dürfte diesen Stellen zuzurechnen sein, freilich sicher auf die Seite der actio D e i gehörig. 45 S. R. Driver, Einleitung in die Litteratur des alten Testaments. Nach der 5. Ausg. übers, und hrsg. v o n J.W.Rothstein. Berlin (1896) S. 570: „An sich ist . . . die Mitteilung nicht unwahrscheinlich, daß D a v i d für einen zu erbauenden Tempel Materialien angesammelt habe . . . " — Vgl. noch unten S. 208. 46 Statt vieler mag die Ansicht S.Mowinckels, Israelite Historiography, in: Annual of the Swedish Theological Institute 2 (1963) S. 23 hier zitiert sein: "What he [sc. der Chronist] gives in addition to his sources, with its mixture of legends and historical .kernels', which are not attested in the older saga, can best be explained as the result of the development of oral tradition alongside the written book(s). It is to this extent analogous to the development of the prehistoric traditions, resulting in the . . . partial expansion of J with younger variants of the same tradition." 43

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Niederschlag in der Chronik nicht nach Analogie ursprünglicher Gattungen verstanden werden darf. Denn die meisten der im chronistischen Sondergut auftauchenden sog. „Gattungen" sind gar keine Gattungen, sondern Erzähl- oder Literaturformen47. Das gilt für die Theophanieberichte (121,26; 117,1-3), Kriegsberichte (z.B. 1 4 , 3 4 43; 5,7-10; 5,18-22; 1113,3-20; 14,8-14; 20,1-30; 26,6-8a; 27,5; 28,18), Gottesdienstschilderungen (passim). Es gilt aber auch für die chronistische Aufnahme ursprünglich echter Gattungen, die hier in der Chronik durch ein fremdartiges Medium gebrochen erscheinen : die Schrift. Daher müssen gerade auch die Prophetensprüche (z.B. II 12,5-8; 15,1-7; 16,7-10; 19,2f.; 20,15-17.37; 28,9-11) und die Gebete (I 29,10-19 ; II 20,5-12 u. ö.), wenn sie recht verstanden werden sollen, nicht einer gattungsgeschichtlichen, sondern einer literaturgeschichtlichen Analyse unterworfen werden, die die Form dieser Stücke auf ihren Inhalt bezieht, nicht aber auf irgendwelche „Sitze im Leben". Daß eine solche Betrachtung bei unspezifischen Formen wie den Reden (z.B. I 22,7-13(16); 28,2-10; 29,1-5; II 13,4-12; 29, 5-11) und ihren literarischen Zwillingen, den Briefen (z.B. II 2,2-9. 11-15; 21,12-15; 30,6-9) oder den Listen (I 1-9*; 11,10-12,40; II 11, 5b-10aa; 17,14-19; 21,2f.; 25,5f.; 26,9-15a; 27,3b-5; 33,14a) ohnehin die einzig mögliche ist, dürfte gewiß einleuchten. Die vorliegende Arbeit hat sich zum Ziel gesetzt, die Methodik und damit die Form der Chronik in ihrer Wechselbeziehung zu den erhaltenen Vorstufen, den hier als „Vorlage" bezeichneten Büchern (Genesis-)Samuel-Könige, zu erklären; es liegt daher nicht in ihrem Rahmen, die Frage nach möglichen Quellen des chronistischen Sondergutes zu stellen 48 . Wohl aber sollte von den in den letzten Kapiteln 47

Erzähl- oder Literaturform (Formular, Auslegung, Bericht, Annalen, Listen usw.) u n d Gattung sind zweierlei. Eine Gattung bestimmt sich nicht durch den Inhalt, sondern durch die wachgerufene Empfindung. Sie ist nicht Verräterin des Inhalts, sondern der Gefühle des Menschen, der irgendeinen Inhalt wiedergibt. Dagegen ist die Form, ein objektiver Begriff, der durch das jeweilige Thema, die zu sagende Sache definiert wird. Eine Königsnovelle, ein Heilsorakel, ein vaticinium ex eventu, ein Theophaniebericht, ein Griindungsprotokoll sind keine Gattungen, sondern Erzähl- oder Literatur- (Stil-)Formen. Eine Literaturform aber ist keine Gattung. Die Gattung herrscht nicht umsonst im Reich der Empfindung, der Lyrik — dort h a t sie ihren Ursprung, während die F o r m im Bereich des Stils zu suchen ist. Gattung ist Ausdruck der Impression, F o r m Niederschlag der Expression. Der Übergang von der Sage zur Geschichtserzählung beispielsweise ist zugleich ein Wechsel von der Gattung zur Erzähloder Literaturform. 48 Mit dieser Beschränkung ist auch die Zurückhaltung erklärt, die hier gegenüber der Auswertung der Chronik für die Rekonstruktion der Geschichte Israels geübt wurde. Es ist nicht undenkbar, daß eine vorsichtige P r ü f u n g u n d Erwägung selbst aus der Chronik Mosaiksteinchen f ü r jenes historisch-kritische Bild der vorexilischen Geschichte Israels gewinnen kann.

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gewonnenen Ergebnissen her ein Ausblick auf diese eigenen chronistischen Partien gegeben werden. Jene Ergebnisse erlauben es auch, gewisse Grundsätze zu formulieren, die für die Interpretation dieser Stücke von Bedeutung sein dürften. Wenn der Chronist außerkanonische Quellen benützt hat, so scheint es ihm doch weniger um ihre Vermittlung als vielmehr um ihre Angleichung an die einzig gültigen, weil prophetischen, Quellen gegangen zu sein. Er hat sie wohl nur zur Erläuterung des in den Samuel- und Königs-Büchern gebotenen Stoffes in sein Geschichtswerk aufgenommen.

III. „Die Geschichte der P r o p h e t e n " und ihr Ausleger Die Chronik als spätnachexilisches Geschichtswerk 1. Geistesgeschichtliche Einordnung und literarischer Charakter der Chronik a) Antisamaritanische Polemik in der Chronik ? Oben 1 wurde versucht, die Chronik aufgrund ihrer Thematik in die ausgehende Perser- oder beginnende griechische Periode zu datieren. Weiter wird man in einer vom Inhalt ausgehenden Einordnung der Chronik in die allgemeine Geschichte und Geistesgeschichte nicht gehen dürfen. Insbesondere ist die seit C.C.Torrey 2 , weiter vor allem von M. Noth3, W. Rudolph4, K. Galling11 und anderen vertretene Ansicht eines „controversial purpose" 8 des Chronisten gegenüber den Samaritanern ein untaugliches Mittel für die geistesgeschichtliche Bestimmung der Chronik. Das ergibt sich nicht nur daraus, daß sich sowohl W. Rudolph, der die Chronik um 400 v.Chr. entstanden sein 1

S. 10. The Chronicler as Editor and as Independent Narrator. A J S L 25 (1909) S. 200 = Ezra Studies. Chicago (1910) [ = New York (1970)] S. 235. — Freilich h a t t e es schon früher nicht an Vermutungen in dieser Richtung gefehlt; vgl. W . M . L . de Wette, Beiträge zur Einleitung in das Alte Testament. Bd. 1 Halle (1806), wo K a p . I I / 7 (S. 126ff.) überschrieben ist: „Vorliebe für J u d a u n d H a ß gegen Israel", oder auch S. 202, wo m. W. zum erstenmal der Tempelbau auf dem Garizim als Indiz f ü r die Datierung der Chronik in die Zeit nach Alexander herangezogen wird. Vgl. auch F.C. Movers, Kritische Untersuchungen über die biblische Chronik. Ein Beitrag zur Einleitung in das alte Testament. Bonn (1834) S. 44f. : „ E s wird schon hinreichen auf den Anachronismus in Verwechselung der s p ä t e m Samaritaner mit den alten israelitischen Bewohnern des Zehnstämmereichs aufmerksam zu m a c h e n ! " I n der Linie de Wettes bewegt sich auch J . Wellhausen, Prolegomena zur Geschichte Israels. 6 (1927) S. 185, wo er von einer „Idealisierung J u d a s " spricht, oder S. 277, wonach die Nordisraeliten „in der Chronik von der Gemeinschaft des Volkes Gottes ausgeschlossen" sein sollen. 3 Überlieferungsgeschichtliche Studien I. Ausg. D a r m s t a d t (1963) S. 164166. 177-179. 4 Esr.-Neh. S. X X I X ; Chr. S. I X f . u.ö. 5 6 Chr. S. 14f. C.C.Torrey a . a . O . 2

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läßt 7 , wie andererseits M. Noth, der für das 3. J h . eintritt 8 , darauf berufen, sondern auch aus einer unvoreingenommenen Prüfung der exegetischen und historischen Voraussetzungen dieser These. Für den Chronisten sind die Israeliten des Nordreichs „Brüder" (1111,4//; vgl. I I 28,8. II) 9 . Daher sind auch die Genealogien aller zwölf Stämme durchaus nicht als Ausdruck einer „Einengung der Erwählung", die „nicht in Jahwes Willen lag, sondern durch die menschliche Sünde verschuldet wurde" 1 0 , angeführt: erwählt ist letztlich allein das Davididengeschlecht (128,4), und in diesem Sinne steht das Südreich nicht anders da als das Nordreich. Vielmehr bildet jene genealogische Vorhalle eine Bestandsaufnahme der Größe Israel, der in den Davididen durch Gottes Gnade ihre repräsentative Spitze geschenkt werden soll. Bezeichnenderweise ist daher die Episode des judäischen Königtums Davids in Hebron übergangen. Dem allem entspricht, daß Jahwe der Gott der Väter auch der Nordisraeliten (II 13,12 u.ö.), ja ihr eigener Gott ist (II 28,10; 30,8), der durchaus auch in der Geschichte des Nordreichs wirkt (II 22,7). Gottes geschichtliches Handeln aber ist untrennbar mit der Sendung seiner Propheten verknüpft; dem vorexilischen Nordreich ist die Prophetie so gut wie dem Südreich verliehen 11 . In kultischer Hinsicht sind die Bewohner des Zehnstämmegebietes selbstverständlich mit Jerusalem verbunden (z.B. I I 30,18; 35,18; vgl. noch I 6,34; I I 29,24 und Esr. 6,17; Neh. 10,34); Ausnahmezustände (II 13,8f.) laufen der natürlichen nordisraelitischen Teilhabe am Kult Ganzisraels zuwider uud sind kaum anders zu beurteilen als die Perioden des Abfalls Judas. — Der Tempel als solcher spielt in der Chronik nicht die Hauptrolle, jedenfalls keine größere als in der Vorlage 12 . Das wäre aber zu erwarten, wenn eine antisamaritanische Polemik bezweckt wäre. Überhaupt ist der hauptsächliche Gesichtspunkt der ursprünglichen Chronik kein kultischer, sondern ein geschichtlich-politischer. Es ist verzweifelt maliziös, in der Chronik „half-concealed polemic against the Samaritans" finden zu wollen, indem man sie zu einem „party document" macht, das sich nur „the appearance of history" gebe 13 . — Ebenso unzulässig ist es, der Chronik zugunsten angenommener Gegenwartsinteressen eine ernsthafte Bemühung um Geschichte abzusprechen: 7

Rudolph, Esr.-Neh. S. X X V ; Chr. S. Χ. M .Noth a.a.O. S. 155. 9 Vgl. J. Swart, De Theologie van Kronieken. Diss, theol. Groningen (1911) S. 28f., wo überhaupt eine der zutreffendsten und unvoreingenommensten, weil rein beschreibenden, Darstellungen des Problems zu finden ist. 10 11 Rudolph S. IX. Siehe unten S. 221f. 12 Siehe oben S. 97f. 13 C.C.Torrey a.a.O. mit Anm. 35. 8

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wenn der Chronist von Israel (dem Nordreich) spricht, meint er Israel, nicht „Israel, d.h. die Samarier" 1 4 . Da die ursprüngliche Chronik nichts anderes ist als eine Davididengeschichte und das Königtum über Israel zum Thema hat, ergibt sich natürlich eine in den Quellen (Hosea, deuteronomistisches Geschichtswerk) begründete Frontstellung gegenüber dem nordisraelitischen Königtum. Hier liegt die vom Chronisten klar erkannte historische Grunddifferenz zwischen dem Nord- und dem Südreich. Gerade weil der Chronist sein Thema vom staatlichen und nicht so sehr vom religiösen Gesichtspunkt her aufgriff, mußte er für eine oberflächliche Betrachtung zwangsläufig in den Geruch eines dezidierten Feindes des Nordreichs kommen. Aber wer könnte verkennen, daß dem Nein zu dem Königtum des Nordens ein uneingeschränktes J a zu dem Volk entspricht (vgl. 1128,9-15 u.ö.)! Die Dinge ändern sich schlagartig nach dem Untergang des Nordreichs als Staates, und nicht zufällig kommt Hiskia in der Chronik eine das geschichtliche Maß übersteigende Bedeutung zu. Nach dem Fall Samarías lag der Weg zur Verwirklichung Ganzisraels wieder offen. Die Thematik des legitimen und des illegitimen Königtums hat aber natürlich in dem Streit zwischen der jerusalemischen und samaritanischen Kultgemeinde nie eine Rolle gespielt 15 . Das chronistische Sondergut betrifft fast ausschließlich die Geschichte des Davididenstaates ; zudem, was wäre das für eine Polemik, die eine Erzählung wie I I 28,9-15 in ihre Vorlage einführte, die sich (in 1132,13) eine Stelle wie 2.Kön. 18,34 ( = Jes. 36,19) entgehen ließe 16 ! — So ist aus der Chronik bestenfalls das Bild des Nordreichs als eines verunreinigten Israel (vgl. I I 13,4-12 ; 30,18) zu gewinnen, nicht das einer halbjahwisierten Heidenbevölkerung (2.Kön. 17,24-41 und die rabbinische Polemik gegen die Samaritaner) oder gar einer geschlossenen schismatischen Gegenorthodoxie, wie sie die samaritanische Gemeinde tatsächlich darstellte. Wäre der Streit gegen eine solche gegangen, so wäre er in der Chronik mit untauglichen Mitteln geführt worden, da er dann auf der Ebene der strittigen Pentateuchinterpretation hätte aufgenommen werden müssen, nicht auf der der staatlichen Geschichte Israels, die der 14

Rudolph S. 230. Wäre es so gewesen, wie C.C. Torrey a . a . O . schreibt, daß „rival Hebrew organizations, a n d especially the Church on Mount Gerizim, were using t h e existence of this Northern Kingdom as a weapon against t h e pretensions of t h e Jews", so h ä t t e sich diese „ W a f f e " nur zu bald als ein Bumerang erwiesen, der kein Ziel gefunden h a t . 16 J . Wellhausens Urteil, a . a . O . S. 185, für die Chronik kämen die Zehn Stämme nur „wie andere Heiden . . . in Betracht", erweist sich schon daraus als hinfällig. 15

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Zeit der Väter und des Mose an kultischer Legitimität hoffnungslos unterlegen war. Neuere Untersuchungen datieren zudem den endgültigen Bruch (den eine Apologie voraussetzt) mit beachtlichen Gründen in die hasmonäische Zeit 17 . Ohnehin ist es mit der immer wieder behaupteten Interdependenz zwischen politischer und religiöser Entfremdung eine fragliche Sache, besonders wenn es sich bei den politischen Verhältnissen um eine von fremden Großmächten diktierte Provinzordnung handelt. Die unter Nehemia erreichte Bereinigung und klare Trennung der Kompetenzen Samarías und Jerusalems im persischen Provinzialsystem 18 implizierte keineswegs die Konstituierung einer „Religionsgemeinschaft, unabhängig von Jerusalem" 1 9 , wie ja denn auch der Tempelbau auf dem Garizim, der seinerseits noch nicht den endgültigen Bruch zu bedeuten schien, noch an die anderthalb Jahrhunderte auf sich warten ließ, wenn er mit Josephus in die Zeit Alexanders d. Gr. zu setzen ist 20 . Entscheidend ist schließlich die Erkenntnis, daß es, vom literaturgeschichtlichen Gesichtspunkt aus, keine falschere Bestimmung der Chronik als die einer „first apology of Judaism" 2 1 gibt. Voraussetzungen und Methodik des Buches zeigen, daß es sich an die jüdische, mit den prophetisch-geschichtlichen Schriften vertraute Gemeinde wendet, nicht an Außenstehende, die entweder bloß den Pentateuch anerkennen, wie die spätere samaritanische Sekte, oder überhaupt kein Verhältnis zur biblischen Überlieferung besitzen 22 . Der einzige Anlaß für die Abfassung der Chronik ist im Anspruch der alten Quellen auf Auslegung zu sehen. 17 J. D. Purvis, The Samaritan Pentateuch and the Origins of the Samaritan Sect. Cambridge/Mass. (1968) S. 14. 118. 18 Vgl. A.Alt, Die Rolle Samarías bei der Entstehung des Judentums. Kleine Schriften Bd. 3 (1964) S. 333. 19 A .Alt a . a . O . S. 337; vgl. aber Alta wenig spätere, weit vorsichtigere Äußerung in dem Aufsatz: Zur Geschichte der Grenze zwischen Judäa und Samaria. Kleine Schriften Bd. 3 (1964) S. 355f. 20 Jos. antt. XI, 8,2ff. (§ 306ff. Niese). Zur Diskussion über Zeit und Identität des Sanballat, der bei Josephus als der Initiator des Tempelbaus auftritt, vgl. H . H . Rowley, Sanballat and the Samaritan Temple. B J R L 38 (1955) S. 179 f. 21 R . H . P f e i f f e r , Introduction to the Old Testament. New York (1941) S. 806. Schon C.C.Torrey hatte AJSL 25 S. 203 = Ezra Studies S. 238 das chronistische Geschichtswerk (Chronik-Esra-Nehemia) als „historical apology for the Jewish institutions of his time" bezeichnet. 22 C.C. Torrey, AJSL 25 S. 159 = Ezra Studies S. 209: "The Jews had need to justify themselves and their cult in the eyes of the greater world round about them." Zu diesem Zweck mag 3. Esra (griechisch) abgefaßt worden sein, sind gewiß die Altertümer des Josephus geschrieben worden (s. oben S. 165 Anm.

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b) Zusätze kultischer Prägung in der Chronik Von vornherein ist mit sekundärer Anreicherung der wegen ihres Charakters als Auslegung für Zusätze verhältnismäßig offenen Chronik zu rechnen23. M. Noth ist die Einsicht zu danken, daß vieles von dem, was lange Zeit für ein Spezifikum der Chronik gehalten worden war, erst später hinzugekommen sei. Im besonderen trifft dies für den Block I 23, (2b.) 3-27,34 zu 24 , der schon länger entweder als chronistische Einschaltung, dann aus einer imaginären Quelle des Chronisten, beurteilt worden war2S, oder umgekehrt als genuin chronistische Interpolation in eine ebenso imaginäre Quelle über Davids Tempelbauvorbereitung gegolten hatte 28 . „Wichtig ist. . . die allgemeine Feststellung, daß wir in l.Chr. 23-27 ein sicheres Beispiel dafür haben, daß das erzählende Werk von Chr durch listenmäßige Darstellung von Einrichtungen und Ordnungen der spätnachexilischen Gemeinde sekundär erweitert worden ist." 27 — Hier soll nur die Rede von 216), nicht aber die Chronik, von der schon K.H.G?ra/, Die geschichtlichen Bücher des Alten Testaments. Leipzig (1866) S. 184 zutreffend sagt: „Der Zweck des Chronisten war wie der des Verfassers des älteren Werkes [sc. des Deuteronomisten] wesentlich ein paränetischer . . . " 23 Den H a u p t g r u n d f ü r diese Anreicherung, v . a . in I 23-27, macht M.Noth a . a . O . S. 114 n a m h a f t : „ D a ß das [sc. das sekundäre Zusetzen u n d Aufgliedern von kultischen Funktionen] in Chr u n d nicht in der im 2. Samuelbuch überlieferten Davidsgeschichte geschah, wird damit zusammenhängen, daß in der Zeit, aus der diese Listen stammen, nicht nur der Pentateuch, sondern auch die Bücher Jos.-Kön. bereits so feste u n d angesehene Größen der literarischen Überlieferung geworden waren, daß größere Einschaltungen in ihnen nicht mehr gewagt wurden." — Zur E r h ä r t u n g dieser Ansicht s. oben S. 176. 182. 24 Vgl. M. Noth a. a. O. S. 112-114. — Was I 27 anlangt, wird m a n freilich die Akten noch nicht als geschlossen ansehen dürfen; dazu liegt die Entwicklung von I 27,1-15 aus I 11, l l - 3 1 / / 2 . S a m . 23,8-30 zu sehr auf der H a n d , auch betrifft diese Liste nicht etwa den Kult, sondern liegt ganz in der Linie der historisierenden Geschichtsschreibung des Chronisten. 25 So Bertheau S. X L I I I . 26 So Benzinger S. 61f.; Kittel S. 79f.; J .W .Rothstein bei (E.Kautzsch-) A.Bertholet, H S A T Bd. 2 4 (1923) S. 606f. (anders dann im K o m m . S. 395ff.); vgl. auch Goettsberger S. 165. 191, der von einem „ E i n s c h u b " spricht, aber dennoch alles dem Chronisten zuschreibt. 27 M. Noth a . a . O . S. 114f. — Viel mehr als eine solche „allgemeine Feststellung" ist in Anbetracht des Charakters der Überlieferung auch nicht möglich. Die Chronik ist mit den Zusätzen in den Kanon aufgenommen worden; damit h a t sich ein Schleier der Verhüllung über das Werden dieses Literaturwerks gesenkt, der k a u m mehr zu lüften sein wird. Wer sich über die Bedeutung der Kanonisierung für Geschichte u n d geschichtliches Verständnis der Chronik wie aller biblischen Bücher im klaren ist, wird alle Mutmaßungen hinsichtlich einer Urform günstigstenfalls im Bereich der Hypothesen ansiedeln können. Nur unter diesem Vorbehalt sind auch die folgenden Ausführungen zu verstehen, die, ohne jedesmal bis ins einzelne begründet werden zu können, als letzte Nebenfrucht dieser Arbeit hier stehen mögen. Einer Exegese, die von der Chronik

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sekundären Stücken ganz bestimmten, nach 123,3if. vornehmlich kultischen Zuschnitts sein. In 11-9 wird man im großen und ganzen der Analyse M. Noths28, dem Rudolph folgt, zustimmen 29 . Ist so I 6, 39-66 mit ziemlicher Gewißheit als sekundär auszuscheiden, so gilt das gleich auch für die sachlich dazugehörigen Stücke I 13,2aß (vgl. auch die stilistisch ungelenke Stellung des Umstandssatzes) und II 11,14 a 30 . Es ist von vornherein auffällig, daß in den chronistischen Wortersetzungen der kultische Gesichtspunkt eine recht geringe Rolle spielt. Sollten da im Sondergut plötzlich völlig andere Proportionen herrschen? Nicht zu bestreiten ist, daß die chronistische Historisierung hie und da auch Hinweise auf den Kult einfügte, so etwa den verdeutlichenden Zusatz in I 15,28b: „indem sie Harfen und Zithern erklingen ließen" (vgl. ähnlich 11 20,28). Dagegen dürfte die konkurrierende Zufügung der Trompeten und Zymbeln bereits zu den genannten sekundären Interpolationen gehören. — Auch wird man es für ausgemacht halten dürfen, daß die Leviten schon vom Chronisten selbst erwähnt wurden, v. a. natürlich im Bericht vom zweiten Verals einer Einheit ausgeht (Goettsberger, S.Japhet, The Supposed Common Authorship of Chronicles and Ezra-Nehemia Investigated anew. VT 18 (1968) S. 330-371), ist in Zweifelsfällen immer der Vorzug einzuräumen, gerade aus überlieferungsgeschichtlichen Erwägungen heraus. I h r allein eignet jene Freiheit von subjektiver Willkür, die echte Wissenschaft auszeichnet. 28 A.a.O. S. 117-122. 29 I n den Genealogien finden sich Zusätze der genannten Art ohnehin bloß in I 5-6, wo sich im ganzen 3 sekundäre Zusammenhänge herausschälen : I 5, 30-41 (die vollständige Hohepriesterliste), 6,16-33 (Zurückführung der drei Sängergeschlechter Heman, Asaf u n d E t a n auf die drei Levisöhne K a h a t h , Gersom und Merari), 6,39-66 (Levitenstädte, nach Jos. 21,10-39). Zur Echtheit von I 6, (34.) 35-38 s. unten S. 214 Anm. 35. — Den folgenden Hinweisen liegen im allgemeinen ebenfalls die Ergebnisse M. Noths und W. Rudolphs zugrunde. V.a. aber kommt der Aufsatz von A. Büchler, Zur Geschichte der Tempelmusik und der Tempelpsalmen. ZAW 19 (1899) S. 96-133. 329-344; 20 (1900) S. 97-135 in Betracht. Seine richtigen Beobachtungen erfahren freilich aufgrund des Axioms einer starken adaptierenden Tätigkeit des Chronisten und einer weitgehenden Benützung außerkanonischer Quellen durch den Chronisten insofern eine unzutreffende Bewertung, als alles, was eigentlich die chronistische Grundlage ausmacht, diesen hypothetischen Quellen, alles sekundär Zugesetzte aber dem Chronisten zugeschrieben wird, obwohl sich so eine bedenkliche Spätdatierung des Chronisten ergibt, da A .Büchler in ZAW 19 zu Recht auf die Ähnlichkeit der den Kult betreffenden Partien mit Sir. 50,11-19 hinweist. 30 Siehe noch unten S. 211 Anm. 26. — Da sich auch aus andern Gründen alle Abschnitte, in denen der Begriff „Weideplätze" (migrâsïm) vorkommt, als sekundär erweisen (I 5,11-17; 6,39-66; 13,2aß; I I 11,14a; 31,12b-19), erklärt sich die Tatsache, daß das Wort in Esra-Nehemia nicht gebraucht wird, von selbst und braucht nicht mit S.Japhet a.a.O. S. 348-350 als Indiz für einen anderen Verfasser gewertet zu werden, so sehr S.Japhet in der Forderung nach einer gesonderten Interpretation beider Werke recht zu geben ist.

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such der Ladeüberführung in I 15,2-16,43. Aber es geschah in der bezeichnenden chronistischen Weise der Auslegung der Vorlage unter Berücksichtigung des Leitbegriffs „Ladeträger" 3 1 . Und die chronistische Erwähnung der Leviten erfolgt ganz nüchtern, ohne weitere Details, wie etwa 115,14 zeigt ; es handelt sich wie an manchen nicht überarbeiteten Stellen inEsra-Nehemiaum die klare Vorstellung der Gliederung Ganzisraels (115,3) in Priester, Leviten und das Volk ( = Laien) 32 . Die Leviten (115,15.26) sind dabei ganz selbstverständlich den Priesterfürsten, die der Chronist aus seinen Quellen kannte, Zadok und Ebjathar, untergeordnet; nur diesen richtet David seinen königlichen Willen aus (I 15,11), nachdem er in I 15,2 durch eine jener (hier David in den Mund gelegten) chronistischen Reflexionen begründet worden war. Dagegen dürften I 15,4-10. I I b , weiter I 15,16-24.27aß.28aß; 16, 4-38.41-42 3 3 spätere Zutaten verschiedener Hände sein. Der Rest, I 15,l-3.11a.l2-15.25-27aocb.28aab-29; 16,1-3.39-40.43 ergibt einen klaren Zusammenhang, dem zudem alle Merkmale chronistischer Darstellungsweise eignen, wie sie in den Wortersetzungen und in manchen unversehrt erhaltenen Stücken des Sonderguts zutage treten. — In Davids Abschiedsrede ist gewiß mit Budolph3i I 28,12b-13a. 14-18 auszuscheiden. Drängt sich so in I.Chronik eine Ausscheidung kultisch-orientierter Zusätze gewissermaßen auf, so erscheint es merkwürdig, daß in I I . Chronik der Anteil solcher interpolierter Überarbeitungen bislang für viel geringer gehalten wurde. I n der Tat scheinen hier die verschiedenen Bearbeitungen stärker in den Text eingegriffen zu haben. Zwar dürfte Übereinstimmung darin zu erzielen sein, daß I I 5,11 b 13a 36 , etwa auch I I 7,4-6 3 6 sekundär sind. Da der Chronist in I I 8,13 31

Siehe oben S. 62 Anm. 63. Vgl. die echt chronistischen Stellen II 30,25; 34,30 (die Leviten anstelle der Propheten von 2.Kön. 23,2, eine Wortersetzung, die nicht mit tendenziösen Gründen zu erklären ist: hier kam es dem Chronisten einfach auf die sozialen Klassen an, und das waren die Propheten, die er nach dem Bild der großen Schriftpropheten verstand, natürlich nicht); 35,18. — Es erscheint durchaus als möglich, daß der Chronist in musivischer Manier nach dem Deuteronomium von den „levitischen Priestern" gesprochen hat (II 5,5 sogar gegen die Vorlage l.Kön. 8,4; weiter II 23,18; 30,27; vielleicht ist dieser Ausdruck auch in II 30, 15 zu konjizieren, da V. 15ba ohnehin verderbt zu sein scheint, s. unten S. 200 Anm. 48 [zur Konjektur vgl. Rudolph z.St.]). Von daher wird man es auch nicht für ausgeschlossen halten, daß sich der Chronist mit dem Ausdruck „Leviten" oft einfach auf den Stamm Levi bezogen und sowohl Priester wie Leviten darin eingeschlossen habe, so etwa I 15,2.12; II 29,5. 33 Vgl. A. Büchler, ZAW 19 S. 104-107; Rudolph S. 117. 34 35 S. 186. 189. Rudolph S. 209 und 211. 36 Die oben S. 164 Anm. 211 angeführten Gründe, die für eine Ausscheidung sprechen, scheinen bloß für die Verse II 7,4-6 stichhaltig zu sein, so daß nicht auch II 7,7 für unecht gehalten werden kann, wie Rudolph S. 217 will. 32

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deutlich die mosaischen Opferverordnungen im Sinn hat, nach denen aber nur die Priester fungieren, wird I I 8,14-15, soweit von einer davidischen Verordnung und von Leviten die Rede ist, Zusatz sein, so daß dem Chronisten allein der lapidare, seiner Diktion angemessene, Satz zuzuschreiben ist: „und er [sc. Salomo] stellte die Abteilungen der Priester für ihren Dienst auf, so daß das ganze Werk Salomos feststand usw." In Analogie dazu wird man die Maßnahmen Hiskias und Josias verstehen dürfen: in I I 31,2 ist alles die Leviten Betreffende zu streichen, so daß der chronistische Kern lautet: „Und Hiskia stellte die Abteilungen der Priester auf, einen jeden nach seiner Funktion beim Brand- und Heilsopfer, damit sie dienten innerhalb der Tore der Lager Jahwes" (zu V. 2b vgl. G). Und auch bei Josias Einrichtung des Kults in I I 35 dürften ursprünglich allein die Priester speziell als „aufgestellt" gegolten haben (II 35,2) 37 . Nichts vermöchte den Charakter vieler dieser Zusätze, die z.T. längere und daher undurchsichtigere Spezifikationen sind, deutlicher zu erhellen als die wenigen zu I I 13,9 und 13,10 zugesetzten Wörtchen „die Aaroniden und die Leviten", „die Aaroniden und die Leviten im Werke" (II 13, 9aß. 10b*). Sie bedeuten jedesmal eine Eingrenzung der vom Chronisten allein genannten Funktion „der Priester" auf die Aaroniden, die Platz schafft für die Erwähnung des Dienstes der Leviten. Dabei tritt deutlich zutage, daß in den Zusätzen die Vorrechte der Aaroniden selbstverständlich anerkannt bleiben, nur daß nun der Kultusapparat wesentlich stärker differenziert wird als das beim Chronisten geschah, der an kultischen Dingen nur das Grundlegende erwähnte. Es wurde daher hier vermieden, von levitischer Überarbeitung zu reden: die Zusätze verraten viel weniger eine Polemik gegen die Aaroniden als einen bemerkenswerten Bedeutungszuwachs des Kultes überhaupt, was ein wichtiges Indiz für ihre Datierung bildet. Daß die Spezifizierung der kultischen Funktion vorab ein stärkeres Hervortreten der Leviten (und der ursprünglich von diesen unterschiedenen Sänger und Torhüter) zur Folge hatte, liegt in der Natur der Sache, nicht an den bearbeitenden „Kreisen" 3 8 , von denen wir schlechterdings nichts wissen. — I I 13, l l a a * (nur von „Räucherwerk" an) dürfte zu der sekundären Schicht von I 28,14-18 (vgl. den in der ebenfalls sekundären Übernahme aus l.Kön. 7,40-50, I I 4,10-22, stehenden V. 19) gehören. — Es wäre voreilig, aus der im jetzigen Text der Chronik bezeugten maßgebenden Mitwirkung von Leviten an den Reformen Josafats auf eine z.Z. des Chronisten geübte le vitische Verwaltungs37

Zur Begründung s. gleich. So etwa G. von Bad, Das Geschichtsbild des chronistischen Werkes. BWANT 54 (IV/3) (1930) S. 61 u.ö. 38

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und Lehrtätigkeit zu schließen 39 oder eine solche gar in die Zeit Josafats selbst zu datieren. Denn man wird zögern, „die Nennung der Leviten . . . vor den Priestern, denen in alter Zeit die religiöse Unterweisung des Volkes oblag (Hos. 4,6f. ; Jer. 5,31; 18,18), und ihre Betrauung mit dem L e h r a m t . . . gut chronistisch" zu finden, sobald man auf die ungelenke, durchaus nicht chronistische 40 Erwähnung der Leviten vor den Priestern in I I 17,8a; 19,8 (die Worte „die Leviten und") aufmerksam geworden ist: es handelt sich in I I 17,8a um eine deutliche Dublette zu V. 8 b (vgl. das zweimalige „und mit ihnen"), in 19,8 um eine an ungehöriger Stelle eingeschobene Komplettierung (vgl. G). Von daher erscheint es geraten, auch die Ursprünglichkeit der „Leviten" in 1119,11 zu bezweifeln (sie fehlen in G 106 · 107 · 120 · 134.554y g 0 erscheinen die Reformen Josafats durchaus als staatspolitische Maßnahmen, die vom Chronisten in Übereinstimmung mit dem nach den alten Quellen geschichtlich Möglichen beschrieben werden. Die Rechtsbelehrung erfolgt durch königliche Beamte; ihrer Instruktion liegt das bürgerliche Gesetzbuch zugrunde, das für den Chronisten (und nicht bloß für ihn) mit der Thora Jahwes identisch ist, weshalb den königlichen Kommissaren zwei Priester beigegeben werden. — In I I 20 wird man die außergewöhnlich lange Genealogie des Propheten Jehasiel (wohl vom Großvater an) und seine Zugehörigkeit zu den Sängerleviten (V. 14a) sowie die Verse 19.21 (inkl. die ersten vier Worte von V. 22, die an die Stelle eines ursprünglichen chronistischen Versanfangs getreten zu sein scheinen) auf das Konto einer Bearbeitung setzen dürfen 4 1 . Noch stärker griff diese freilich in II 23-24 ein. Es ist hier beinahe unmöglich, den ursprünglichen chronistischen Text, der irgendwo in der Mitte zwischen 2.Kön. 11-12 und I I 23-24 MT gelegen haben muß, zu identifizieren. So werden I I 23,4b (vgl. G).6aa (vgl. die teilweise Doppelübersetzung in G) 42 . 13 a β (vgl. die teilweise Doppelübersetzung in G).18 (ursprünglich chronistisch ist nur der Rückbezug auf die Einsetzung der Priester für das Brandopfer durch Salomo in 118,14*; zugesetzt sind die letzten fünf Worte, die zugleich eine Änderung des ursprünglichen „Salomo" der ersten Vershälfte in „David" verursachten 43 ) überarbeitet sein, und in 1124,11 wird „durch die Hand der Leviten" auch kaum Anspruch auf Ursprünglichkeit erheben können. — I n 39

So G. von Bad a.a.O. S. 95f.; auch Rudolph S. 251. An echt chronistischen Stellen, die alle die Reihenfolge Priester-Leviten aufweisen (wie übrigens auch meistens die Zusätze), vgl. I 15,14; II 24,5; 29,4; 30,15.25; 31,4.9; 34,30; 35,18. 41 Vgl. A. Büchler ZAW 19 S. lOOf. 42 Siehe auch A. Büchler, ZAW 19 S. 112. 43 Vgl. Rudolph S. 272 z.St. 40

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11 25,24 ist die Erwähnung Obed-Edoms gewiß sekundär44. — Ein klassisches Beispiel für die genannte spätere hierarchische Differenzierung liefert II 29. Die Ansprache Hiskias in V. 4 ist, in dieser normalen Reihenfolge, an Priester und Leviten gerichtet — in der Ausführung (V. 12ff.) dagegen ist zuerst von den Leviten die Rede. Die Anrede in V. 5 faßt beide Gruppen zusammen, ganz nach dem deuteronomischen Gebrauch des Begriffs „Leviten", was in V. 12-15 durchaus nicht der Fall ist. V. 16 seinerseits entspricht genau der Rangfolge Priester-Leviten und verteilt in klarer Weise die Aufgaben : die Priester reinigen das Innere des Tempels von dem götzendienerischen Unrat, die Leviten bringen ihn weg ins Kidrontal. Zudem schließt V. 16 ausgezeichnet an V. 11 an. Nicht bloß die Priester, sondern auch die Leviten „treten . . . erst am 8. Tag in Aktion" 45 ; beide Gruppen mußten sich erst 7 Tage heiligen; etwas anderes sagt V. 17 nicht. Schließlich macht Rudolph, der den Abschnitt V. 12 ff. für „gut chronistisch" hält 48 , selbst darauf aufmerksam, daß die Gleichstellung des Geschlechts Elizafan mit den großen Levitenfamilien dem auch von ihm für sekundär gehaltenen Text I 15,4—10 entspricht. Hinzutritt, daß sich das Onomastikon z.T. mit demjenigen der sekundären Abschnitte in I 6 deckt. So dürften denn die Verse II 29,12-15 mit ziemlicher Sicherheit als sekundär erwiesen sein. — Die letzten, aber nun auch größten und am schwierigsten, ja kaum mehr sicher auszuscheidenden Eingriffe finden sich in den Berichten über die Opferfeiern Hiskias und Josias47. In dem Bericht über das 44

Rudolph S. 280 z.St.: „späterer Einsohub ( > Lat) auf Grund von I 26,15." So Rudolph S. 296 in bezug auf die Priester. 48 S. 295. 47 J . Hänel, Das Recht des Opferschlachtens in der chronistischen Literatur. ZAW 55 (1937) S. 46-67 hat auf die Spannungen im überlieferten Text aufmerksam gemacht. Seine Lösung, daß ein in der ersten Hälfte des 5. J h . s v.Chr. entstandener Midrasch, der die ältere Priester- und Laienschlachtung in Durchführung des Programms von Ez. 44,11 zu überwinden strebte, durch chronistische Überarbeitung der älteren, d a n n auch im Priesterkodex maßgeblichen, Auffassung angenähert worden sei, erscheint aber höchst unwahrscheinlich. Abgesehen von der fragwürdigen Annahme einer solchen „Quelle" des Chronisten ist es der grundlegende Unterschied des Tones zwischen dem ezechielischen Verfassungsentwurf und den Berichten in der Chronik, der gegen J . Hänels Konzeption spricht. I n Ez. 44,9-14 liegt das ganze Gewicht auf der Degradierung der „götzendienerischen" (Land-)Leviten : sie sollen sogar den Laien noch die niedrigsten Verrichtungen, zu denen hier offenbar auch das Schlachten der Opfert iere gerechnet wird, abnehmen — in der Chronik erscheint das Opferschlachten, obwohl terminologisch unverkennbar an Ez. orientiert, als ein Privilegrecht ; m a n vgl. nur etwa Ez. 44,11 mit I I 30,17b, so wird der unendliche Abstand sichtbar. Soll die Stimmung der Zusätze in der Chronik datiert werden, so ist es jedenfalls nicht die Zeit, da die Leviten zu Hierodulen erniedrigt wurden, sondern die des sekundären Relativsatzes von Esr. 8,20, wo den Le45

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Weihefest Hiskias (II 29,20-36), das sich in eine offizielle (II 29,20-24) u n d eine private (11 29,31-33) Darbringung gliedert, d ü r f t e n die Verse I I 29,25-30.34-35a zugesetzt sein, während sich die Überarbeitung der ebenfalls doppelten Passahfeier (Mazzenfest u n d Freudenfest) über die Verse I I 30,16bß. 1 7 b . 2 1 b - 2 2 48 zu erstrecken scheint 4 9 . Wichtig ist vor allem, d a ß die Unheiligkeit vieler Anwesender, die im direkten Anschluß von V. 18 an V. 17 a mit der Teilnahme von Leuten aus E p h r a i m usw. begründet wird, nach dem Chronisten auf die Interzession des davididischen Königs (V. 18b) hin „geheilt" (V. 20), nicht durch den kultischen Ersatzdienst der Leviten umgangen wird (V. 17b). — Von den Zusätzen in 1 1 3 1 , 2 war bereits die R e d e ; in I I 31 d ü r f t e n auch die Verse 12b-19 auszuscheiden sein 5 0 . I n 1 1 3 4 , 1 2 - 1 3 s t a m m e n wohl n u r die ersten vier W o r t e vom Chronisten. I h m ist weiter gewiß die 2. Kön. 22,7 u n d 22,8 verbindende Reflexion I I 34,14 zuzuschreiben. Die Zusätze entsprechen in ihrer Gliederung der Leviten dem sekundären Abschnitt I 23,3-5. I n der Erzählung von der Passahfeier Josias (auch sie wieder geteilt in Opferung u n d Passahmahl, vgl. V. 16) sind folgende Verse u n e c h t : 1 1 3 5 , 3 (außer ,,und er sprach"). 4.8 (außer ,,und seine B e a m t e n spendeten dem Volk aus freiem Willen"). 9-10 (außer „und die Priester standen an ihrem Standort"), l l b ß . 13b-15. Das ergibt sich aus verschiedenen Beobachtungen 5 1 : das Leitwort der chronistischen E r zählung ist ohne Zweifel das 'md der Priester (V. 2.5.10). Die E r wähnung der Leviten in V. 3 f. erfolgt völlig unmotiviert u n d ist nicht Fortsetzung von V. 2, der die Priester im Auge hat. Dagegen sprechen viten selber Hierodulen zur Bedienung zur Verfügung gestellt werden. Dazwischen liegt die Konzeption der Priesterschrift, wo nach Num. 3,9; 8,19 die Leviten nicht mehr den Laien zu Diensten zu sein brauchen, wie Ez. 44,9-14, sondern nurmehr den Aaroniden. Den Abschluß dieses Aufstiegs aus tiefster Erniedrigung aber bildet die Forderung der Sänger-(!) Leviten, das priesterliche Gewand zu tragen: antt. X X , 9, 6 (§ 216f. Niese). — Wenn sieh in den Opfererzählungen der Chronik Spannungen finden, so wird man gut daran tun, in erster Linie das über die Leviten Berichtete als zugesetzt zu vermuten, besonders da sich so vieles sie Betreffende anderswo als sekundär erwies. Da bei der vollkommenen Verschiedenheit der Stimmung gegenüber Ez. 44,9-14 dennoch eine unbestreitbare Anlehnung an dieses Programm vorliegt, wird man die von J.Hänel auch erwogene, aber verworfene Herleitung der fraglichen Aussagen aus „einer Art Hesekielrenaissance" (a.a.O. S.59) zur Erklärung herbeiziehen, nicht ohne zu konstatieren, daß dieses neue Verständnis dann freilich den locus probans genau in sein Gegenteil verkehrte. 48 II 30,15bα dürfte verderbt sein (vgl. Syr, Vulg), 1 „und die levitischen Priester heiligten sich" (vgl. B H K 3 z.St.). — Zum Zusatzcharakter von II 30, 21-22 vgl. schon Benzinger z.St., s. auch A.Büchler, ZAW 19 S. 114f. 49 Vgl. A. Büchler, ZAW 19 S. 117-119. 50 Vgl. A. Büchler, ZAW 19 S. 118. 51 Vgl. auch A. Büchler, ZAW 19 S. 120.

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die V. 5-6 wieder von den Priestern (vgl. V. 5b), denn sie sollen sowohl für die peluggöt des Volkes wie für die hHuqqä der Leviten, also der beiden anderen Klassen Israels, ihren Dienst versehen 52 . Dieses Versehen wird hier ausgedrückt durch die Begriffe 'md, sht, kün hif. Nach allen Regeln der Erzählkunst erwartet man diese Begriffe im Bericht über die Ausführung des Befehls wieder, und die Erwartung bestätigt sich: 'md erscheint in V. lOba, sht in V. I I a (unbestimmtes Subjekt wie in V. 1 : sowohl Priester- wie Laienschlachten erscheint dem Chronisten legitim), kün hif. in V. 12 (lcG). Damit schält sich der ursprüngliche Kern heraus. Zu ihm gehört aber auch die Mitteilung über die Opfergaben, die vom König und seinen hohen Beamten dem Volk gestiftet werden. Dieser Zug hat seine Entsprechung in I I 30, 2 4 63, aus welchem Vers auch hervorgeht, daß allein ,,die Versammlung", hier in I I 35,8 ,,das Volk" als ganzes, von dieser Stiftung begünstigt ist, so daß die nachhinkende Erwähnung der Priester und Leviten in V. 8a deutlich den Zusatz V. 8b-10a vorbereitet, in dem die im ursprünglichen Text scheinbar vergessenen Klassen von Spendern und Empfängern nachgeholt und differenziert aufgeführt werden. Die abschließende Formel „und der Kult war eingerichtet" ist, verglichen mit ihrem Gebrauch durch den Chronisten 54 , an recht verkehrtem Ort piaziert. Sind in V. 3-4 die Leviten als zugesetzt erwiesen, so gilt das auch für ihre Erwähnung in V. 10b und l l b ß , wo das „aus ihrer Hand", dessen Pronominalsuffix sich auf die Priester bezieht, deutlich die ursprüngliche Konzeption verrät, die ja auch in I I 30,16 durch die Einführung der Leviten gestört ist. Der Subjektswechsel von V. 10 zu V. 11, der sich freilich nun ergibt, braucht nicht zu überraschen; er findet sich auch in V. 1-2. V. 12, der nunmehr die Priester zum Subjekt hat, enthüllt sich deutlich als Vollzugsmeldung zu V. 5, nur daß hier eine etwas andere Nominalform der Wurzel plg Verwendung findet. Das „Kochen" in V. 13a, dessen Subjekt entweder die Priester oder das Volk sind, ist eine so ganz in der Linie der 52

Im Sinne der Konzeption des einen und unteilbaren Israel, wo alle „Brüder" sind (s. I 13,2; 28,2; II 11,4//; 19,10; 28,11; vgl. 30,9), legt der Chronist solchen Wert darauf, daß die Laien „Brüder" der beim Kult Fungierenden sind (II 35,5f.): es ist eine uneigentliche Anwendung dieses Gedankens, wenn in II 35,15 in deutlicher Anlehnung an die echt chronistischen Stellen I 12,40; II 35,6 nurmehr die anderen Klassen des Kultpersonals als „Brüder" bezeichnet werden, für die die Leviten „zurichten" (vgl. dazu, außer den echt chronistischen Stellen I 15,12; 16,39, die das Nebeneinander der Priesterhäupter Zadok und Ebjathar und der übrigen Priester und allenfalls Leviten im Auge haben, die sekundären Stellen 1 6,24.29.33; 15,5-10.16-18; 16,7.37f.; 23,22.32; 24, 31; 2 5 , 7 . 9 - 3 1 ; 26, 7-9.11 f . 2 5 - 3 2 ; 1 1 5 , 1 2 ; 29,15-34; 31,12.13.15; 35,9). 53 Er gehört natürlich zusammen mit der Stiftung des Königs D a v i d und der Vornehmen des Volkes in I 29,2-9. 54 II 8,16; 2 9 , 3 5 b ; 35,16; vgl. oben S. 187 mit Anm. 43.

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chronistischen Erzählweise liegende Aufnahme von Dtn. 16,7, die durch die Bemerkung „am Feuer" noch Ex. 12,9 berücksichtigt, daß der Halbvers gewiß ursprünglich chronistisch ist, im Gegensatz zu der Ausweitung V. 13b-15. Auf Dtn. 16,2 bezieht sich übrigens auch die gesonderte Aufzählung von Kleinvieh und Rindern in V. 7 55, wie überhaupt die ganze Konzeption eines am Zentralheiligtum gefeierten Passahfestes den Vorstellungen des Deuteronomiums, nicht denen der Priesterschrift und der allgemein geübten Praxis, entspricht und zusammen mit dem Datum V. l b offenbar die bildhafte chronistische Explizierung von 2.Kön. 23,22//II 35,18 darstellt: Josia feierte, und das drückt die an der Schrift orientierte Darstellungsform des Chronisten auf ihre Weise aus, sein Passah wirklich ,,wie geschrieben steht", im Gegensatz selbst zu Hiskia (II 30,5.18). So lautet der mutmaßliche chronistische Bericht über dieses einmalige Passahfest: ,,1) Und Josia feierte dem Herrn zu Jerusalem ein Passah; man schlachtete das Passah am vierzehnten Tage des ersten Monats. 2) Und er ließ die Priester auf ihren Posten stehen und ermutigte sie zum Kult am Hause des Herrn, 3) indem er (zu ihnen) sprach : 5) Steht im Heiligtum entsprechend den Gruppen der Familien eurer Brüder, der Laien, und der Familieneinteilung der Leviten, 6) und schlachtet das Passah [und heiligt euch] und bereitet für eure Brüder zu, indem ihr nach dem Wort des Herrn durch Mose tut. — 7) Und Josia stiftete Kleinvieh, Lämmer und Ziegenböcklein für die Laien, alles zu Passahopfern für einen jeden, der sich eingefunden hatte, 30000 an der Zahl sowie 3000 Rinder, und zwar aus königlichem Privateigentum. 8) Auch seine Beamten stifteten dem Volk aus freiem Willen. 10) Und die Priester standen an ihrem Standort, 11) und man schlachtete das Passahopfer, indem die Priester aus ihrer Hand sprengten 12) und das Brandopfer zubereiteten, damit sie es dem Herrn zur Darbringung gäben entsprechend den Gruppierungen der Laienfamilien, wie geschrieben steht im Buche Moses [Lev. 1,13], und ebenso bezüglich der Rinder. 13) Dann kochte man das Passah satzungsgemäß auf dem Feuer, 16) so daß der ganze Kult des Herrn an jenem Tage eingerichtet war, als man das Passah feierte und Brandopfer auf dem Altar des Herrn opferte nach dem Gebot des Königs Josia." Das Urteil M. Noths: „Die große Masse dessen, was jetzt in IChr 2-9 steht, ist ein Gewirr von sekundären wilden Textwucherungen" 5 6 , wird auch für die genannten Abschnitte des erzählenden Teils der 55

J. Härtel a.a.O. S. 57.

56

M. Noth a.a.O. S. 122.

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Chronik gelten. Und man wird W. Rudolph zustimmen, wenn er, davon ausgehend, feststellt: „Es gelingt nicht, alle die Anschübe und Einschübe chronologisch oder sachlich auf einen Nenner zu bringen. Vor allem dem Tatbestand, daß es sich immer wieder um sukzessive Nachträge, also um Schichten innerhalb der Zusätze handelt, ist [in der These von einer Grundschrift und einer darauffolgenden durchgehenden Redaktion, d. h. von zwei Chronisten] nicht Rechnung getragen." 5 7 Allerdings läßt sich nicht bestreiten, daß sich der Hauptteil der genannten Zusätze deutlich von der allgemeinen Thematik der Chronik als einer Davididengeschichte abhebt und so trotz seiner Uneinheitlichkeit unter einen ganz bestimmten Gesichtspunkt tritt 5 8 , nämlich den der kultischen Organisation. Man wird sich selbst bei diesen Zusätzen vor einem allzu direkten Rückschluß auf dahinterstehende reale Verhältnisse hüten müssen. Auch die Zusätze wollen sich noch großteils als Geschichtsschreibung verstanden wissen und geben nur Auskunft über das Bild, das die Abfassungszeit von der Vergangenheit hatte, nicht über diese Zeit selbst. Die sekundären Partien stehen zu der ursprünglichen Chronik in ähnlichem Verhältnis wie diese zu ihren Quellen: der Wille zur Auslegung kennzeichnet auch sie. Was sind Abschnitte wie I 23,25-32 ; I I 35,3-4 anderes als spezifizierende Deduktionen aus der einmaligen geschichtlich begründeten Verordnung Davids I 15,2? Manchmal halten sich auch die Zusätze an Quellen, natürlich solche, die über ihr Thema etwas aussagen (z.B. Num. 3,7f. 21ff.; 4,Iff. in 1 23,25-32; Ez. 44,11 in I I 30,17 b), was einen Schluß auf die Abfassungszeit sehr erschwert. Dennoch ist öfters mit Recht auf die Verwandtschaft vieler dieser Stücke mit der in Sirach gegenüber dem Kult herrschenden Hochstimmung hingewiesen worden 59 . Da hierbei nicht an eine literarische " Rudolph S. 93. 58 Daß eine solche klare thematische Eingrenzung beider Schichten, wie sie Galling zum erstenmal explizit für die ganze Chronik zu sondern suchte, nicht gelingt, ist der Haupteinwand gegen seine Verteilung von Grundbestand und Überarbeitung. Sie trägt der Kontinuität von Redaktion und eigener Geschichtsschreibung im Werk des Chronisten zu wenig Rechnung, indem sie die Arbeit des Chr* praktisch darauf beschränkt, daß er „seine eine Quelle für die Zeit bis zum Exil [sc. das deuteronomistische Geschichtswerk] mehr oder minder wörtlich wiederholt" (S. 8). Entsprechend gewinnt dann die Thematik von Chr** eine recht disparate Buntheit : Listen mit Namen und Szenen des Kultpersonals, Kultmusik, Predigtansprachen, Feste sollen mit „historischem Material erster Ordnung" (S. i l ) wechseln, das natürlich wieder ganz andere Schwerpunkte aufweist: „Wehrverfassung, . . . Festungen und Wehrbauten, Siedlungen, Verwaltung und Krongut des Königs, Rechtspflege und Levitenstädte" (S. 11). 59 A .Büchler, ZAW 19 S. 96; Goettsberger S. 5. — Vgl. nur etwa II 8,14· mit Sir. 47,9 oder gewisse Zusätze aus den Berichten über Hiskias und Josias Opferfeste mit dem Hymnus auf das Opfer Simons, v.a. Sir. 50,11-19.

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Die Chronik als spätnachexilisches Geschichtswerk

Abhängigkeit Sirachs von der Chronik zu denken ist 60 , wird man mit der gebotenen Vorsicht die Hauptmasse der Zusätze der Chronik in jene Zeit um die Wende vom 3. zum 2. Jh. v.Chr. datieren dürfen 61 .

2. Das spätnachexilische

Geschichtswerk

Unter den Merkmalen, die Israel von andern Völkern des Altertums unterscheidet, steht an hervorragender Stelle der Zug zur Geschichte. Werke wie die Thronfolgegeschichte 1 , jenes über den Aufstieg Davids 2 oder l.Kön. 12,1-19 3 , ja vielleicht schon der Bericht über Abimelechs Staatenbildungsversuch, stehen in der altorientalischen Umwelt einsam da. Die ersten drei Dokumente dürfen als die reifsten Früchte der unter David und Salomo zur vollen Blüte gelangten Geistesentfaltung gelten. Die Historiographie ist in Israel niemals gänzlich versiegt; Reste davon, die gewürdigt wurden, in Israels Zeugnis aufgenommen zu werden, wie z.B. das Juwel des Berichts über die Revolution des Jehu 4 , machen die Vermutung zur Gewißheit. Der Verlust der Staatlichkeit, die Deportation der Oberschicht und weiter Bevölkerungsteile auch des Südreichs führt eine andere Epoche in Israels Geschichte und damit auch Geschichtsschreibung herauf. Denn jede Geschichtsschreibung ist sich, gerade wenn sie echte, wahrhaftige Besinnung über Geschichte sein will, der Solidarität mit der "> So mit Recht M. Noth a . a . O . S. 155 Anm. 1. 61 In die gleiche Zeit dürften viele der Zusätze in E s r a - N e h e m i a gehören, die oft als das eigentliche Werk des Chronisten verstanden wurden, sehr zu U n r e c h t . Vgl. dazu neuerdings das K a p . „Die nachchron Redaktion des Nehemiabuches" bei U.Kellermann, Nehemia. Quellen, Überlieferung u n d Geschichte. B Z A W 102 (1967) S. 97-112, wonach die meisten dieser Zusätze von einem „Leviten des ausgehenden 2. J a h r h u n d e r t s v. Chr." herrühren sollen (a.a.O. S. 110). — Den gleichen Geist widerspiegeln natürlich auch die Psalmenüberschriften. Diese freudige, den K u l t bejahende Stimmung schlägt sich auch in dem wohl in der zweiten H ä l f t e des 2. J h . s v.Chr. (so nach Rudolph, Esr.-Neh. S. X V I I ) verf a ß t e n 3. Esra nieder, dessen Inhalt mit Rudolph, Esr.-Neh. S. X I V als „die drei Herstellungen des jüdischen Gottesdienstes u n d der religiösen Organisation u n t e r Josia, Serubbabel und E s r a " umschrieben werden kann. 1 Vgl. L. Rost, Die Überlieferung von der Thronnachfolge Davids. B W A N T I I I / 6 (1926). 2 Vgl. H.-U. Ν übel, Davids Aufstieg in der Frühe israelitischer Geschichtsschreibung. Diss, theol. Bonn (1959). 3 Vgl. I. Plein, Erwägungen zur Überlieferung von I Reg 11,26-14,20. ZAW 78 (1966) S. 8-24, v . a . S. 15 („Miniaturgeschichtswerk"). 4 Vgl. A.Alt, Der S t a d t s t a a t Samaria. Kleine Schriften Bd. 3 (1959) S. 258302; zur literarischen Gestalt v . a . S. 283-291, z.B. S. 283: der Bericht sei „dadurch . . . eine Geschichtsquelle ersten Ranges, daß ihr Verfasser alle f ü r den Hergang wesentlichen politischen Faktoren in Betracht zieht . . .". Vgl. auch I . Plein a . a . O . S. 15f.

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eigenen Zeit bewußt. Diese Zeit hat das Geschichtswerk des Deuteronomisten geprägt, und die deuteronomistische Geschichtsschreibung hat den Späteren das Bild der Geschichte Israels unter dem Einfluß des Deuteronomiums als Gottes Gesetzes und dem Eindruck der als Gottes Gericht verstandenen Katastrophe in unübertroffener Eindringlichkeit vor Augen geführt. Der Deuteronomist, schon von B. de Sjpinoza als schriftstellerische Persönlichkeit mit einheitlichem Thema, geradliniger Darstellungsweise und zusammenhängendem Plane erkannt 5 , „stand . . . am Abschluß einer Geschichtsperiode, um rückblickend das Fazit des Geschehenen zu ziehen . . ," e . Seine Darstellung wurde zu einer Rechenschaft und Buße, einem vom Herrn der Geschichte Israels geforderten J a zu seinem Gericht. In diesem Rahmen wurden ältere Dokumente, verarbeitet in das große Werk, vor dem Untergang bewahrt. War so der materielle Besitz eines Teiles der Urkunden der vorexilischen Geschichte Israels gesichert, so drohte nun in der nachexilischen Zeit, besonders auf ihrer Spätstufe, das geistige Vergessenwerden. Die geschichtlichen Gegebenheiten hatten sich so sehr gewandelt, daß mit einem solchen Verlust der Geschichte durchaus zu rechnen war. So waren denn die Fragen, die der dritten Epoche israelitischer Geschichtsschreibung zu lösen aufgegeben waren, ganz andere als jene, die den Deuteronomisten und die Verfasser der frühen Geschichtswerke bewegt hatten. Freilich liegt in allen drei Epochen der Geschichtsschreibung eine theologische Motivation zugrunde, aber je unter verschiedenem Aspekt: sei es dem der Lehre, der Buße oder der Hoffnung. Zu der Zeit des Chronisten erwartete Israel nichts mehr von und in seiner Geschichte; sollte noch Offenbarung geschehen, so nicht mehr offen im Verlauf der Geschichte 7 , wie noch in der beschrie5 Tractatus theologico-politicus (1670) p. i l l (ed. C. Gebhardt, in: Spinoza Opera. Bd. 3 Heidelberg (1925) S. 125): Alle diese Bücher (freilich Genesis bis 2.Könige: hierin liegt der große Unterschied zu der Erkenntnis von J. Astruc; doch darf Spinozas Literaturgeschichtstheorie dennoch für eine erste Bestimmung des „Deuteronomisten" in Anspruch genommen werden, da sie mehr die Tatbestände der vorderen Propheten auf den Pentateuch überträgt als umgekehrt) „ab uno solo Historico scriptos fuisse", dessen Thema es gewesen sei, „dicta et edicta Mosis docere, eaque per rerum eventus demonstrare". Und zwar hingen die Bücher zusammen durch „simplicitate argumenti . . ., connexione", sowie durch die Tatsache, daß seine Werke „multis post saeculis a rebus gestis scripta" seien. 6 M. Noth, Überlieferungsgeschichtliche Studien I. (1957) S. 173. 7 R.Hanhart, Drei Studien zum Judentum. T h E x h 140 (1967) S. 25: „Geschichte war von diesem Zeitpunkt des Verlustes göttlicher Offenbarung an für Israel wohl noch vom Gott Israels gewollte und verwirklichte Geschichte, aber nicht mehr Geschichte, in der er sich seinem Volk offenbarte. Offenbarung erwartete Israel noch in der endgültigen Erfüllung dessen, was es in der propheti-

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benen ersten und zweiten Epoche — der Blick war auf das Ende gerichtet, wo die nun vergangene Heilsgeschichte besiegelt und damit beglaubigt werden sollte. So erklärt sich, warum jenes andere Geschichtswerk, Esra-Nehemia, einen so merkwürdigen Abschluß nahm und nichts weniger als bis zur Gegenwart des Verfassers (wie in der ersten und zweiten Periode die Regel) herab geführt wurde. Von daher aber auch der Rückgang auf das alte Wahre in den letzten als kanonisch anerkannten Prophetien, in geringerem Maße in der Weisheit, vor allem aber in der Geschichtsschreibung8. Daß der Chronist sich seines Abstands von den ersten beiden Perioden israelitischer Geschichtsschreibung klar bewußt war, soll im nächsten Abschnitt gezeigt werden, soweit es sich nicht schon aus der Betrachtung seiner Arbeitsweise ergab. Die Erfordernisse der Zeit, die Möglichkeiten zur Durchführung und endlich der Respekt vor der Originalität der alten Schriftsteller verboten eine jenen früheren Werken analoge Behandlung des Stoffes. Nichts aber sprach dagegen, daß die entscheidende Linie der heiligen Geschichte den Zeitgenossen deutlich vor Augen geführt wurde 9 — jene Linie nämlich, die das Rückgrat der ganzen Geschichte Israels gebildet hatte, da auf ihr Gottes ewige Verheißung lag, jene Linie, die dann so jählings unterbrochen worden war 10 : die der Davididen als Repräsentanten Israels. Die sehen Verheißung angekündigt glaubte; diese Erfüllung aber erwartete es nicht m e h r von dem, was sich in der Kontinuität seiner irdischen Geschichte noch ereignen konnte." 8 Bedenkt man, daß keine der drei von F . Nietzsche, Vom Nutzen u n d Nachteil der Historie für das Leben. Unzeitgemäße Betrachtungen, 2. Stück. Ausg. S t u t t g a r t (1964) S. l l l f . beschriebenen Arten der Geschichtsbetrachtung je rein vorkommen wird, so mag man, cum grano salis, durch sie die drei Epochen israelitischer Geschichtsschreibung mitbestimmt sehen: in der ersten Epoche überwöge demnach das monumentale, auf die T a t gerichtete Sehen, in der zweiten das antiquarische, aus dem dringenden Gebot der Bewahrung erwachsene Geschichtsverständnis, u n d in der letzten die kritische, aus der N o t der Zeit geborene, auswählende u n d beurteilende Geschichtsschreibung, wie sie sich u . a . in der konsequenten Rückführung aller geschichtlichen Aktivität auf Gott ä u ß e r t : gewiß die herbste Kritik an der menschlichen Geschichtsmächtigkeit. I n keiner der drei Epochen wird die Historie aus dem Durst nach reiner Erkenntnis, d . h . aus wissenschaftlichen Motiven, getrieben (vgl.Nietzsche a . a . O . S. 127.). 9 A.Kuenen, Historisch-kritische Einleitung in die Bücher des alten Testaments. Dt. von Th. Weber. 1/2 (1890) S. 189: „ I n der T h a t ist nichts natürlicher als eine solche Neuschöpfung einer f ü r heilig geachteten Vergangenheit; sie m a c h t sich im Verlauf jeder Offenbarungsreligion geltend, wenn auch nicht immer in der Literatur u n d noch weniger immer in Schriften, die später selbst unter die heiligen Bücher aufgenommen wurden." Unnötig zu betonen, d a ß natürlich der Chronist selbst sein Werk keineswegs für eine „Neuschöpfung" hielt. 10 Neben andern Gründen (Namensformen wie ΠΉΤ57 widersprechen dem Gebrauch im Geschichtsteil: »lötf 114,4//, 1ΓΓΤ27 11 26-27; die richtige

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Leser sollten wissen, der Gott Davids sei auch ihr König, von dem sie alles zu erwarten hätten. Es galt, den Glauben in einer schweren, geknechteten Zeit in der Schrift zu verankern, damit die Hoffnung auf die Vollendung der unterbrochenen Geschichte, der abgerissenen Linie nicht erlösche. Ist es also die „offenkundige Intention" des Chronisten, „wirklich Geschehenes mitzuteilen", dann „glaubte er gewiß mit Recht, nur so den Anliegen seiner Zeit dienen zu können" 11 . Selbstverständlich hat für die moderne positive Geschichtsrekonstruktion „nur die Tradition der älteren Quellen historischen Wert" 12 , von den oben 1 3 als möglich bezeichneten Ausnahmen abgesehen. Es wäre aber verfehlt, den modernen Maßstab — übrigens selbst wieder vollkommen ungeschichtlich — absolut setzend den in der Chronik wirksamen leidenschaftlichen Zug zur Geschichte zu verkennen 14 . Nur freilich war der Abstand des Chronisten von dem vorexilischen, staatlichen Israel, das er beschrieb, kaum geringer als der des Jahwisten von der Exodus- und Mosezeit. Stellt man diese Tatsache gebührend in Rechnung, und berücksichtigt man die Kardinalfrage des Verhältnisses des Chronisten zu seinen Quellen, nämlich das Fehlen einer kritischen Distanz, so wird man ruhig sagen dürfen, daß die Chronik durchaus als Frucht und nicht als Auswuchs am Stamme israelitischer Geschichtsschreibung 1 5 gelten kann, eignen ihr doch alle entscheidenden Merkmale historischen Verstehens. Bezeichnung Zedekias in I 3,15 als Sohns von Josia, d . h . Onkels Jojachins, s t e h t gegen 1 1 3 6 , 1 0 ; die n u r hier Y. 19 belegte Aussage, d a ß Serubabel ein Sohn P e d a j a s sei, h a t Stellen wie Esr. 3 , 2 . 8 ; 5 , 2 ; Neh. 12,1 gegen sich) spricht besonders die Tatsache, d a ß in der Liste I 3,10-24 die Davididen u m ihrer selbst willen, ohne zu Israel in Bezug zu stehen, erscheinen, gegen eine ursprüngliche Zugehörigkeit z u m chronistischen W e r k . 11 M . N o t h a . a . O . S. 172. 12 J . W e l l h a u s e n , Prolegomena zur Geschichte Israels. 6 (1927) S. 177. 13 S. 44. 45. 14 Gegen G. von Rad, D a s Geschichtsbild des chronistischen Werkes. B W A N T 54 (IV, 3) (1930) S. 133 [vgl. oben S. 50 bei A n m . 14.). Zur Sache s. oben S. 103f. 15 Mit d e m Ausdruck soll nichts p r ä j u d i z i e r t sein. W . Vatkes Satz i n : Die Biblische Theologie wissenschaftlich dargestellt. I . Die Religion des Alten T e s t a m e n t s nach den kanonischen Büchern. Berlin (1835) S. 716: „ K e i n B u c h des A . T . . . . verdient den N a m e n wahrer Geschichtsschreibung" wird seine Gültigkeit behalten. Sicher k a n n m a n m i t Vatke a . a . O . sagen: „ . . . a u f den S t a n d p u n k t der eigentlich-historischen B e t r a c h t u n g h a b e n sich die H e b r ä e r ü b e r h a u p t nicht e r h o b e n " (vgl. das oben S. 208 A n m . 8 bezüglich der Motive alttestamentlicher Geschichtsbetrachtung Gesagte). R . Smend, E l e m e n t e alttestamentlichen Geschichtsdenkens. T h St 95 (1968) zieht es daher vor, „begrenzter u n d zugleich umfassender n a c h den E l e m e n t e n des Geschichtsdenkens" (S. 33) im A T zu fragen. Ohnehin ist es wohl der a n den Griechen gewonnene wissenschaftliche Begriff „Geschichtsschreibung", der, auf Israel angewendet,

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Es sind deren vier, nämlich die genetische Betrachtungsweise, das Prinzip der Analogie, die intuitive Erfassung der geschichtswirkenden Kräfte und ihrer Zentren und die Quellenbenutzung. Was den ersten P u n k t anlangt 1 6 , bringt der mittels quellenhafter Schilderung und Interpretament in gedrängter Kürze beschriebene Einsatz der Davididengeschichte in I 10 die geschichtlichen Vorbedingungen des davididischen Königtums trefflich zum Ausdruck 1 7 : das mit dem Erfolg oder Mißerfolg in den Philisterkriegen stehende oder, wie nun, fallende nationale Heerkönigtum Sauls bildet mit seiner Blüte, und dann mehr noch mit seinem Untergang, die notwendige Vorstufe zu Davids expansivem dynastischen Herrschaftssystem. — Die Tatsache, daß David den Tempel nicht gebaut hat, wäre für einen Nichthistoriker durch die göttliche Absage in I 17,4 genügend begründet gewesen. Dennoch legt der Chronist im Gefolge von l.Kön. 5,17 größten Nachdruck auf die Feststellung, daß jene Absage wegen der von David geführten Kriege erfolgt sei, d. h. der Gottesspruch und damit die Unterlassung des Tempelbaus wird historisch untermauert (122,8; 28,3). Umgekehrt wird der Bau unter Salomo, dem „Mann der Ruhe" historisch zutreffend mit der geschichtlich verbürgten und durch den Namen selbst angezeigten Friedenszeit begründet (122,9-10). Auch die vom Chronisten stark herausgestrichene Vorbereitung des Tempelbaus durch David (I 22,1-5; [22,14-16]; 28,2; 29,2-5) ist eine ziemlich sicher zutreffende historische Hypothese. Schließlich stellt auch die Anwendung des Vergeltungsdogmas nichts anderes als eine Form der genetischen Erklärung des Überlieferten dar, nur freilich im zeugnishaften biblischen Bereich, und daher legitimer und jedenfalls ursprünglicher als in der abstrakten modernen Fassung 1 8 . Ist von der zu solch negativen Urteilen wie dem Volkes führt und auch führen soll. (Vgl. H. Donner, Israelitische und griechische Geschichtsschreibung. Manuskript der Sendung des Deutschlandfunks vom 12. Juni 1968. S. 7). 16 Über die Grundform genetischen Denkens, die Ätiologie, vgl. R. Smend a.a.O. S. lOf. und H. Donner a.a.O. S. 8. 17 Siehe oben S. 9-12. 18 Der Chronist läßt seine Leser keinen Moment im Zweifel, daß Jahwe persönlich die Sünde ahndet und die Glaubenstat belohnt; jeder Gedanke an eine „schicksal wirkende Tatsphäre" (K. Koch, Gibt es ein Vergeltungsdogma im Alten Testament? ZThK 52 (1955) S. 26 u.ö.) würde die Aussage des Textes in ein ihr fremdes Licht stellen. Das liegt nicht daran, daß die Chronik einer Spätzeit angehört, in der jene „synthetische Lebensauffassung" (K. H. Fahlgren, § e däqä nahestehende und entgegengesetzte Begriffe im Alten Testament. Uppsala (1932) S. 50 ff.) aufgeweicht gewesen wäre, vielmehr erheben sich methodische Fragen an den Aufsatz von Κ .Koch·. Soll darin die Aussage des ATs erfaßt werden oder ihr anthropologisches Substrat? die Bedeutung gewisser Verben (DVtP, 3IIP u.a.) im Textzusammenhang oder eine wurzelhafte, erst zu abstrahierende Etymologie ? Denn daß die beschriebene Auffassung dem „alten

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Chronik als Geschichtswerk die R e d e , so m u ß auch dieses Vergeltungsd o g m a als Mittel zur historischen Wahrheitsfindung b e t r a c h t e t werden, u n d C. Steuernagel19 stellt es insofern m i t R e c h t a n die Seite des m o d e r n e n E n t w i c k l u n g s d o g m a s . W i e sehr es nämlich ganz einfach zur E r g ä n z u n g v o n L ü c k e n im überlieferten B i l d der vorexilischen Geschichte dient, zeigt die Tatsache, daß v o n diesem D o g m a im Geschichtswerk über die nachexilische Zeit, E s r a - N e h e m i a , kein nennenswerter Gebrauch g e m a c h t wird. — A u c h die A n w e n d u n g des Prinzips der Analogie h a t die Herstellung eines möglichst lückenlosen Geschichtsbildes z u m Zweck. D i e s e Analogie ist freilich, wie oben gezeigt 20 , eine Analogie der Schrift, u n d daher erst in abgeleiteter Weise eine A n a l o g i e geschichtlicher Prozesse, wie sie moderne Geschichtsschreibung kennt. N a c h diesem Prinzip f ü g t der Chronist gewisse Israel" als Spezifikum eigen gewesen sei (inkl. anderer alter Völker), kann mit Fug bezweifelt werden : nicht israelitisch oder orientalisch, sondern menschlich ist das Wissen um solche Zusammenhänge, vielleicht mit größerer oder geringerer Intensität jeweils empfunden und ausgesprochen. Man braucht nicht erst zu S. Freud, Zur Psychopathologie des Alltagslebens. Gesammelte Schriften IV (1924) etwa S. 96. 187. 188f. 191. 199. v.a. 204f. 236f. 247 zu greifen, um etwas über solche „Zusammenhänge zwischen Tun und Ergehen" zu erfahren; diese „schicksalwirkende Tatsphäre" wäre gewiß für neuere Sprichwörter, Redensarten („wie man's treibt, so geht's") und v.a. für viele moderne dichterische Aussagen (Schiller) ebensoleicht als Hintergrund zu postulieren wie für das AT. Schließlich bildet diese Sehensweise durchaus nicht die Alternative zum „abendländischen Rechtsdenken" (S. 4), sondern die hypothetische, sentenzenh a f t aus den konkreten Vorgängen jeden menschlich-rechtlichen Lebens gezogene Abstraktion (daher ist es kein Zufall, daß Κ .Koch seinen Ausgang bei Weisheitssprüchen nimmt. Auch der große Bedeutungsumfang vieler semitischer Begriffe für „Sünde" u.a., der die Folge der Tat miteinbezieht, ist als eine solche prägnante Verdichtung zu begreifen). Κ .Koch trägt diesem Tatbestand zu wenig Rechnung, wenn bei ihm auf S. 32 Rechtsdenken als nahezu identisch mit Kasuistik erscheint. Zudem wird es ein unlösbares Rätsel bleiben, wie es zu jenem „Sündenfall" ins juridische Denken gekommen sei, der sich irgendwo im Niemandsland zwischen hebräischem Grundtext und G ereignet haben und der mit beispielloser Macht in die jüdische Überlieferung eingezogen sein müßte: man vgl. außer den übersetzten Büchern in G z.B. Sapientia Salomonis, für die I.Heinemann, Synkrisis oder äußere Analogie in der „Weisheit Salomos". ThZ 4 (1948) S. 241-251 eine von der griechisch-hellenistischen Synkrisis des „inneren Verhältnisses zweier Objekte" unterschiedene „äußere Analogie" beispielsweise zwischen Schuld und Strafe [genau umgekehrt Κ .Koch S. 4 für das AT] festgestellt h a t ; und endlich sei an die beherrschende Rolle des Rechtsdenkens in der rabbinischen Literatur erinnert. 19 Lehrbuch der Einleitung in das Alte Testament. (1912) S. 380: „ . . . man . . . ergänzt oder korrigiert [in der Chronik] nach dem [Vergeltungs-]Dogma. Man t u t das mit dem gleichen Recht, wie wir nach dem geschichtsphilosophischen Entwicklungsdogma die in der Überlieferung fehlenden Entwicklungsstufen postulierend ergänzen . . ." 20 S. 134-138.

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Einzelzüge in sonst ziemlich getreu übernommene Zusammenhänge ein, entwirft er schließlich weite Teile der eigenen Geschichtsschreibung. — Man wird dem Chronisten drittens nicht bestreiten können, daß es ihm oft gelingt, die wesentlichen Faktoren, die geschichtstreibenden Kräfte herauszuheben. Die katalytische Rolle der Philisterkriege für die Staatenbildung Israels nach I 10 ist nur ein Beispiel. Das Interesse an der Lade und ihrer Überführung ist nicht nur im Rahmen der Chronik keineswegs „wunderlich" 2 1 zu nennen, sondern entspricht durchaus der hervorragenden geschichtlichen Bedeutung dieses Heiligtums 22 . Daß der Chronist hin und wieder durchaus den springenden P u n k t der alten Berichte zu treffen weiß, bestätigt ihm selbst J . Wellhausen für die Ätiologie I 21,16.26: „Wer die Geschichte von den Altarbauten der Erzväter, Josuas (5,15), Gideons und Manoahs begriffen hat, wird zugeben, daß der Verfasser der Chronik die Meinung von 2. Sam. 24, derzufolge hier die göttliche Inauguration der jerusalemischen Kultusstätte berichtet werden soll, ganz richtig verstanden h a t . . ," 2 3 Auch in der geschichtlich entscheidenden Frage der Legitimität der davidischen Dynastie und der damit zusammenhängenden negativen Beurteilung des Königtums im Nordreich, das er daher gar nicht in den Plan seines Werkes einbezog, bewegt sich der Chronist ganz und gar im Gefolge urkundenmäßiger Beurteilung. Neben Stellen wie Hos. 7,3.7; 8,4.10; 10,3.7.15; 13,10-11; 2.Kön. 17,21 24 ist es v.a. der Gesichtspunkt des vom Chronisten in I I 10,19 übernommenen Verses l.Kön. 12,19, der für die Konzeption des chronistischen Werks so einschneidende Konsequenzen gezeitigt hat, wird doch hier Israels Aufkündigung der Personalunion als Sünde bezeichnet 25 . Der Bericht von dem Anschluß der Jahwetreuen des Nordreichs an das judäische Königtum in I I 11,13-17 ist nicht mehr als eine historische Schlußfolgerung. Sie dürfte aber eine im Nordreich nach dessen erneuter politischer Verselbständigung latente Tendenz richtig erfassen. Dieser scheint Jerobeam durch den Bau der Reichsheiligtümer in 21

So G. von Rad a.a.O. S. 100. Vgl. J. Maier, Das altisraelitische Ladeheiligtum. BZAW 93 (1965) S. 64: „Tatsächlich dürfte erst der vereinigte Heerbann unter David der Boden gewesen sein, auf dem zum erstenmal ein gemeinsames Geschichtsbewußtsein der zwölf Stämme gewachsen ist . . . Daß sich dieser Vorgang v.a. in Jerusalem vollzog, ist in der Tat der Ladeüberführung zuzuschreiben." 23 A.a.O. S. 174. Vgl. noch den chronistischen Vers II 3,1, der ein gleiches feines Gefühl für Ätiologie verrät. 24 Nach l.Kön. 11,31 ist MT zu lesen; gegen den Vorschlag von A.Kamphausen in HSAT, hrsg. von K.Kautzsch, Bd. 1 3 (1909) S. 533 z.St., sowie BHK 3 z.St. 25 Vgl. zu dieser auch für den Bericht l.Kön. 12,1-19 zentralen Aussage I . P l e i n a.a.O. S. 10. 22

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Bethel und Dan das Wasser abgraben gewollt zu haben (l.Kön. 12, 27-28). Daß eine solche kultische Anhänglichkeit an den Jerusalemer Tempel eine politische Stärkung des judäischen Königtums bedeutete, liegt auf der Hand — das, und nicht mehr 26 , sagt auch der Chronist in I I 11,17a. Man wird gegenüber der ähnlichen Feststellung des Chronisten in I I 15,9 skeptischer sein; doch dürfte er immerhin in 1130,11.18 eine geschichtlich wahrscheinliche stärkere Zuwendung der restlichen Bevölkerung des ehemaligen Nordreichs zu J u d a richtig erschlossen haben 2 7 . Im Zusammenhang mit der Bestimmung und Konkretisierung der geschichtlichen Hauptkräfte steht die auch in der Chronik zu beobachtende Periodisierung28, ein Merkmal jeden historischen Bewußtseins. Bereits die Zäsuren des Werks deuten das an: nach dem Gerippe der vorstaatlichen Epoche Israels (I 1-9) beginnt der Körper Fleisch, Konturen zu bekommen: erst in den Anfängen unter Saul (I 10), dann mit Macht unter David (I 11-29), und steht dann in strahlender Fülle unter dem Friedenskönig Salomo (II 1-9) da. In der folgenden, fünften Epoche, die bis zum Exil dauert (II 10-36), zeigt der Organismus gewisse Zeichen der Krankheit; das Grundübel ist der in I I 10 programmatisch, fast kommentarlos wiedergegebene Abfall der zehn Stämme vom Hause Davids. Daran vermag auch der unter gesegneten Davididen (Rehabeam, Asa, Josafat, Hiskia, Josia) teilweise wiedergewonnene Einfluß auf Gruppen oder Gebiete des Zehnstämmegebietes nichts zu ändern. Nach der Sicht des Chronisten konnte der Fall des Nordreichs nicht ohne Konsequenzen für Gesamt26 Von einer Niederlassung der Jahwetreuen in Juda ist nicht die Rede, gegen Rudolph S. 231, der als Beweis dafür II 11,17a anführt. Eher noch könnte man sich auf V. 14a berufen, wo vom Verlassen der „Weideplätze" die Rede ist. Allein, der Halbvers ist ein späterer Zusatz: die Nachholung der in V. 13 mitgenannten Leviten ist überflüssig; im Gegensatz zu V. 14b sieht V. 14a wie ein freiwilliger Übertritt ins Südreich aus; V. 14b führt direkt V. 13 fort, denn der Kausalsatz ( Ό 2°) bezieht sich vorzüglich auf die dort genannten Priester (ìTirrV ]ΓΟΏ) ; und schließlich gehört der Halbvers nach Sprache und Vorstellung zu der sekundären Schicht I 6,39-66 (auch nach Rudolph sekundär) ( = Num. 35, Iff. und Jos. 21) und I 13,2aβ (nach Rudolph ist die Ursprünglichkeit nicht sicher — in II 11,14a soll nach Rudolph nun dennoch gerade die Erwähnung der Weideplätze für chronistische Abfassung sprechen). Zur Ausscheidung s. oben S. 195 — Galling läßt die Frage, ob bloßer Kultanschluß (so schon Bertheau u.a.) oder dauernde Übersiedlung (so neben Rudolph auch Goettsberger u.a.) gemeint sei, offen. 27 Vgl. R. Kittel, Geschichte des Volkes Israel. Bd. 2 2 (1909) S. 492 Anm. 2: „was im Gebiete des alten Nordstaates Ernst damit machen wollte, bei Israel zu bleiben, mag nach Süden gewandert sein, um sich in den Verband von Juda einreihen zu lassen".—Wie hat man sich übrigens die Übernahme und Aufnahme nordisraelitischen Überlieferangsgutes (Hosea, Deuteronomium u.a.m.) in Juda vorzustellen? 28 Vgl. dazu auch R.Smend a.a.O. S. 25.

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Die Chronik als spätnachexilisches Geschichtswerk

israel bleiben; aus dieser Überlegung heraus ist die hervorragende Rolle, die Hiskia trotz einem Josia in seinem Werk spielt, gestaltet. Hiskia bildet so die Zäsur zwischen der unseligen Periode des geteilten Israel und der Epoche der zunehmenden Bedrohung des Restes Israels von außen durch die Weltreiche, die bei Sanherib noch glücklich abgewendet wurde, in Manasses Schicksal aber bereits massiv Israels Existenz gefährdete, durch Josias selbstverschuldetes Ende den kleinen Staat der davidischen Stütze beraubte, und die schließlich vollends die letzten regierenden Nachkommen Davids, Joahas, Jojakim, Jojachin zu willenlosen Marionetten der Feinde Israels degradierte29. Es ist daher kein Zufall, daß die Regierungszeiten der 29

Diese Steigerung, die durchaus bewußt angelegt ist (vgl. die von der deuteronomistischen abweichende Darstellung der Epoche Manasses u n d Jojakims, in der beidemale eine Zedekia-Typologisierung vorliegt : I I 33, I I b nach 2.Kön. 25,7 [ = J e r . 39,7 = J e r . 52,11]; I I 36,6 nach 2.Kön. 25,7; ähnlich ist das Schicksal des Joahas u n d des Jojachin nach dem Zedekias retouchiert: 1136,4 ΊΠ1Γ3',Ί s t a t t 8 3 η (2. Kön. 23,34) nach 2.Kön. 25,7; 1136,10 1ΠΙΓ3·Ί s t a t t np 1 ! (2.Kön. 24,12) nach 2.Kön. 25,7), spricht, wie noch deutlicher die Stelle 11 32,26 u n d ein Vergleich des „Verderbens" von I I 12,12 mit 36,19, gegen die behauptete Beschränkung des Chronisten auf die je einzelne Schuld einer Generation (G. von Rad a . a . O . S. 12f.; O.H.Steck, Israel u n d das gewaltsame Geschick der Propheten. Untersuchungen zur Überlieferung des deuteronomistischen Geschichtsbildes im Alten Testament, S p ä t j u d e n t u m u n d Urchristentum. W M A N T Bd. 23 (1967) S. 76 Anm. 3: „die einheitliche Sicht . . . bei D t r löst sich [in der Chronik] in einzelne Tat-Ergehen-Akte a u f . . ." Mit aufgrund dieses modernen Dogmas wird das Summarium II 36,14-16 ( f f . ) , in dem nichts von einer solchen Beschränkung steht, als „ d t r Traditionsstück" (Steck a . a . O. S. 74) bezeichnet, unter Verkennung des typologisierenden, musivischen, sich literarisch an Jeremía, der ja vom Chronisten im Schlußteil seines Werks als der zeitgenössische Prophet ausgiebig benutzt wird, anschließenden Stils. Die übrigen Argumente Stecks a . a . O . S. 74 Anm. 3 bilden nicht gerade einen so auffälligen Zirkelschluß, lassen sich aber auch nicht halten : die Bezeichnung der Propheten als Boten schließt an J e r . 26,5; 29,19; 35,15 u.ö. a n ; sie k o m m t zwar in der Tat in der Chronik nicht mehr vor, doch ist das Schicksal der Propheten so sehr in Parallele mit dem der „ L ä u f e r " des chronistischen Verses I I 30,10 gesetzt, daß die Bezeichnung „Boten", die nicht einmal direkt, sozusagen als Berufsbezeichnung wie in den deuteronomistischen Belegen, auf die Propheten angewendet wird, keineswegs aus dem chronistischen Rahmen fällt. Das Argument, die Hapaxlegomena 3S71? u n d 5757Π (dieses noch pilp. Gen. 27,12) sprächen gegen chronistische Autorschaft, fällt sich sein eigenes Urteil; die engen Berührungen mit der deuteronomistischen Prophetenaussage beweisen gar nichts : das chronistische Werk lebt vom u n d im deuteronomistischen ; daß nach Neh. 9,26 nur noch die generelle Prophetenaussage vorkommen dürfe, ist eine petitio principii, die umso seltsamer berührt, als vorher dem Chronisten der Vorwurf der Individuierung, der „Beschränkung auf die Katastrophengeneration" gemacht wurde; der für die Sendung der Propheten gebrauchte Präpositionalausdruck Τ 3 wird zumindest f ü r das A m t Moses gebraucht : I I 33, 8; 34,14; 35,6; f ü r Ahia in der aus l . K ö n . 12,15 übernommenen Stelle I I 10,15 — wie üblich er war, zeigt seine Verwendung f ü r die Propheten im wohl sekun-

Das spätnachexilische Gesehichtswerk

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beiden Könige Hiskia und Josia, die aus solchen innen- und außenpolitischen Gründen Wendepunkte im chronistischen Werk bilden, auch in kultischer Hinsicht herausgehoben sind: die Feier des jeweiligen Passah steht auf weite Strecken der Geschichte einzig da: „Und die Freude war groß in Jerusalem", heißt es bei Hiskia, „hatte doch seit den Tagen Salomos b. David, des Königs von Israel, nichts dergleichen mehr in Jerusalem stattgefunden" ( I I 30,26). Das mag nun wohl eine, in der Hiskia-Erzählung des Chronisten noch öfter zu beobachtende, Josia-Typologisierung sein30; das Urteil über Josias Passah ist durchaus quellenhaft, denn schon in 2.Kön. 23,22 ist betont, daß seit der Richterzeit kein solches Passah gefeiert worden sei. Wie genau nun der Chronist in der Abgrenzung geschichtlicher Perioden sein kann, zeigt sich in seiner Ersetzung der deuteronomistischen „Richterzeit" durch „seit den Tagen des Propheten Samuel" 31 , den er, wohl mit historischem Recht, als den letzten Richter ansieht32, als den letzten Vertreter des vorköniglichen, vorstaatlichen Israel. Ein starkes geschichtliches Empfinden für Epochen und ihre Eigenart beweist auch die später33 zu behandelnde Prophetie Asarjas b. Oded in I I 15,1-7. Läßt sich so in der Chronik das Bewußtsein für abgegrenzte, unterschiedene Zeiten in bezug auf die Geschichte und das Gesetz namhaft machen, so hat auch die Prophetie in ganz eigenartiger Weise an solcher Periodisierung teil34. Daß der Chronist schließlich, ganz wie der Deuteronomist es im Gefolge der Annalen tut, die geschichtlich unmittelbar gegebene Gliederung nach den Regierungszeiten der Könige beobachtet, ist klar. Die Abfolge der Hohepriester spielt dagegen außer in dem Tradären T e x t I I 29,25; die im chronistischen Werk „sonst . . . nicht mehr" bezeugte (vgl. aber I I 24,19) Unermüdlichkeit der Sendung ist in einem Abschlußsummarium stilistisch durchaus am Platz und zu erwarten; daß der Ausdruck D^in ΓΙ135?Γ) die beiden andern Male, da er in der Chronik vorkommt ( I I 28,3; 33,2), direkt aus dem deuteronomistischen Werk übernommen ist, spricht nicht für die Annahme eines deuteronomistischen Traditionsstückes, sondern für die so oft zu belegende Tatsache, daß der Chronist sich auch und gerade in seiner eigenen Geschichtsschreibung am Deuteronomisten orientiert. 30 Nachbildung von I I 35,18//. Auch die übrigen Züge des Passahs Hiskias, wie die Tatsache einer solchen Feier selbst, sind an dem Bericht I I 35,1-19 orientiert, wobei die quellenhafte Feststellung von der Einmaligkeit des josianischen Passahs I I 35,18 deswegen nicht illusorisch wird, weil das Passah Hiskias wegen der kultischen Unreinheit mancher Teilnehmer ( I I 30,18) nicht die vollkommene Qualität besaß und zudem wegen der Lässigkeit der Priester ( I I [29, 34]; 30,3.15) erst im zweiten Monat durchgeführt werden konnte, d.h. doch nicht ganz „ w i e geschrieben steht" ( I I 30,5.18) war. Vgl. dazu K . H . G r a f , Die geschichtlichen Bücher des Alten Testaments. Leipzig (1866) S. 170. 31 1135,18; vgl. Neh. 8,17. 32 Natürlich nach l.Sam. 7,6.(13.)15 u.ä. 33 Siehe unten S. 225f. 34 Siehe unten S. 228f. 234.

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ditionsstück, das der Chronist35 in I 6, (34.)35-38 seiner Levi-Genealogie einfügt und das bezeichnenderweise bloß bis auf die Zeit Davids führt, in der Geschichtsdarstellung nicht die geringste Rolle. Auf die kleine Einfügung von p" 1 ?» in I 11,7 sei nur am Rande hingewiesen. Zusammen mit dem vom Chronisten in historisch-antiquarischer Gelehrsamkeit nach Ri. 19,10 erschlossenen Namen „Jebus" (I 11,4.5) 36 und dem aus dem deuteronomistischen Geschichtswerk übernommenen, z. Z. des Chronisten vielleicht einen besonderen Stadtteil bezeichnenden, hier nun aber als neuer Name der Stadt überhaupt verstandenen Namen „Stadt Davids" unterstreicht es die Bedeutung der Eroberung durch 35 Rudolph S. 61 hält I 6,(34.)35-38 für unecht. Dagegen spricht: 1. Die stilistische Unausgeglichenheit zwischen I 5,27-29 u n d 5,30ff., an deren Stelle hier eine sekundäre Einheitlichkeit getreten sei, ist bedingt durch den Einbau der vollständigen Hohepriesterliste — die also sekundär ist, m i t Rudolph S. 51 — in die Levi-Genealogie des Chronisten. — 2. Wenn diese vollständige sekundäre Hohepriesterliste also schon da war, warum h ä t t e dann ein Ergänzer noch einmal ihre Hälfte (also bloß einen Teil des schon Dastehenden) nachtragen sollen? Denn m a n wird doch nicht annehmen, daß der Einschub der älteren Liste I 5,27 ff. später erfolgte als der der angeblich durch ihre Einheitlichkeit als jünger erwiesenen Liste 1 6 , 3 5 f f . — 3. Jedenfalls ist nicht einzusehen, warum bloß die halbe Liste zitiert wurde, obwohl m a n die ganze ältere „geläufig u n d jederzeit zur Verfügung" h a t t e (der Hinweis auf V. 16 verfängt n i c h t ; V. 16ff. redet nur von Sängern, während V. 34ff. es mit eigentlichem Kultuspersonal zu t u n h a t ; die Fiktion der davidischen Einrichtung brauchte in der genealogischen Vorhalle von einem Ergänzer doch nicht durchgehalten zu werden), u n d obwohl m a n das in V. 34 Gesagte doch auf die Hohepriester als solche, nicht bloß jene der vorstaatlichen Zeit, einschränken wollte. — 4. Einen echten Grund, die Liste bloß bis auf David zu führen, h a t t e a m ehesten der Chronist selbst. Wenn V. (34.) 35-38 ursprünglich zu seinem Werk gehörten, so ist es auch begreiflich, daß m a n mit bloß der halben Liste nicht zufrieden war u n d daher I 5,27 ff. einfügte, anknüpfend an vom Chronisten bereits Gebotenes. — 5. Nach Rudolph fehlte ja dann in den echt chronistischen Genealogien Levis in I 6,1-9. 14 (Rudolph S. 2) die Linie des Kahath-Erstgeborenen Amram, d . h . die Priester u n d Hohepriesterlinie, völlig. (Freilich darf m a n auch nicht mit Rothstein einfach die V. 35-38 anstelle des nach ihm sekundären V. 7, der so wie er dasteht die Zweitgeborenenlinie K a h a t h s aufzählt, substituieren. Der Chronist konnte sich vielmehr erlauben, in V. 7 die Geschlechtsfolge des Zweitgeborenen Jizhar (so mit G A - N eo · 158 [vgl. G 108 - 554?93 ] Arab zu lesen s t a t t Amminadab) darzustellen, da er das Geschlecht Amrams in V. 35ff. zu bringen gedachte, — 6. Die Ursprünglichkeit der V. 34-38 n i m m t denn auch M. Noth a. a. O. S. 121. 122. 133 an. Daß v. a. V. 34 aus der Feder des Chronisten s t a m m t , macht der Ausdruck Vint»·'- 1 ?» nsa 1 ? höchst wahrscheinlich: vgl. [Num. 8,19]; 11 29,24; Neh. 10,34. 36 Sonst nur noch Ri. 19,11. Der Rückschluß von der kanaanäischen Bevölkerung auf den Namen der Stadt ist natürlich falsch, da schon in den Amarnabriefen Jerusalem ( u r u )Urusalim ( ki ) heißt (nach J . A.Kwudtzon, Die El-AmarnaTafeln. VAB Bd. 1 (1915) [ = Aalen I (1964)] folgendermaßen geschrieben: Nr. 287, 25: ^«ú-ru-sa-lim ; Nr. 287,46.63; 289,14.29: aiuú-ru-sa-lim* 1 ; Nr. 287,61; 290,15: ú-ru-sa-lim k i ).

Prophet, Epitomator u n d Exeget

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David als der entscheidenden Wendung in der Geschichte Jerusalems. — Zu zeigen, daß viertens und letztens die Geschichtsschreibung des Chronisten ganz zunftgemäß auf der Interpretation von Quellen beruht, das war der Zweck des in Teil I I dieser Untersuchung geführten Nachweises. Hier sei nur darauf aufmerksam gemacht, daß sich auch in der Listenfreudigkeit des Chronisten (11-9*; 11,10-12,40; 27 [chronistisch?]; I I l l , 5 b - 1 0 a a ; 17,14-19; 21,2f.; 25,5f.; 26,9-15a; 27,3b-5; 33,14a) ein durchaus beachtliches historisches Interesse bemerkbar macht; ist doch auch in der modernen Geschichtsschreibung der hohe geschichtliche Wert solchen Listenmaterials anerkannt 3 7 . Zu richtiger Quellenbenutzung gehört aber auch die Beurteilung des Quellenmaterials, die Aufdeckung seiner inhaltlichen und formalen Herkunft; es gilt, die Tradenten und Urheber der geschichtlichen Nachrichten und ihres Niederschlags in den historischen Dokumenten namhaft zu machen. Daß sich der Chronist auch dieser grundlegenden Aufgabe des Historikers, freilich im Rahmen seines Horizontes, gestellt hat, soll das folgende Kapitel zeigen.

3. Prophet, Epitomator und Exeget — Primäre, sekundäre und tertiäre Geschichtsschreibung nach der überlieferungsgeschichtlichen Konzeption der Chronik Daß der Chronist die Samuel-Königs-Bücher in ihrem heute vorliegenden Bestand benützt hat, wird hier und dort, zu Unrecht übrigens, bestritten 1 . Daß er sie gar nicht gekannt habe, wagt äugen37

Freilich bestehen Unterschiede zwischen Listen und Listen. J. Wellhausen nennt a. a. O. S. 175 die (von M. Noth a. a. O. S. 112f. zum größten Teil als Zusätze zum ursprünglichen Werk des Chronisten erkannten, nachdem schon längst zumindest der Einschaltungscharakter zugegeben war) Kap. I 2 2 - 2 9 „ein abschreckendes Beispiel der statistischen Phantasie der Juden" — Wellhausen selbst aber war es auch, der in seiner Dissertation D e gentibus et familiis Judaeis quae I C h r 2 . 4 enumerantur. Göttingen (1870) den historischen Wert solchen Listenmaterials aufgezeigt hatte. Die Schätzung der Liste hatte freilich einen altorientalischen Hintergrund, vgl. W . von Soden, Leistung und Grenze sumerischer und babylonischer Wissenschaft, in: D i e Welt als Geschichte 2 (1936) S. 411-464. 509-557 = Darmstadt (1965), hier v. a. S. 61, auch S. 113. 116 u. ö. Ähnliches gilt v o n Ägypten. So ist denn nach Josephus, Contra Apionem 1 7 (§ 36f. Niese) die sorgfältige Führung der Geschlechtslisten K e i m und Wesen der geschichtlichen Aufzeichnungen: τεκμήριον 8έ μέγιστον της ακριβείας' οί γάρ αρχιερείς οί παρ' ήμϊν άπό δισχιλίων έτών ονομαστοί παίδες έκ πατρός είσιν έν ταις άναργαφαϊς. Hierauf kommt Jos. sogleich auf die kanonische Geschichtsüberlieferung zu sprechen. 1 Siehe oben S. 54-56.

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scheinlich niemand zu behaupten. So stellt sich auf jeden Fall die Frage: Welche Vorstellung hatte der Chronist vom deuteronomistischen Geschichtswerk? a) Prophet und Geschichte. Das chronistische

Prophetenbild

Es scheint der Frage ausgewichen, wenn nun die Rolle der Propheten in der Chronik untersucht wird. Der Grund für ein solches methodisches Vorgehen liegt aber in der Eigenart der Chronik und ihres Geschichtsbildes, das strikt von der historischen Konzeption wohl desselben Autors in Esra-Nehemia getrennt werden sollte. Die Unterschiede der beiden Werke — nicht : Teile des einen Werkes — wurden oben 2 erörtert; der wichtigsten einer ist das nahezu völlige Fehlen von Propheten in Esra-Nehemia 3 . Quellenhaft erscheinen Haggai und Sacharja in Esr. 5,1; 6,14; soweit in Nehemias Denkschrift Propheten auftreten, handelt es sich entweder um Verleumdung (6,7) oder um Afterpropheten (6,14), die mit dem Gang der Geschichte Gottes nur in negativem Zusammenhang stehen 4 . Dagegen in der Chronik: welche Fülle des Prophetentums! Kein Wort braucht darüber verloren zu werden, daß die Chronik auch hier wieder keine andere Position als die des Deuteronomisten einnimmt ; die wichtigsten Propheten aus dem früherenWerk erscheinen selbstverständlich in der Chronik: Nathan (117,1.2.3.15) 6 , Gad (121,9.11.13.18.19) 6 , Ahia von Silo (II 10,15), Semaja (II 11,2-4; 12,5-8), Micha b. Jimia (II 18,7.25) 7 , Jehu b. Hanani (1119,2), Elia (1121,12-15), Jesaja (11 32,20; anonym in 11 32,24), die anonymen Propheten der Zeit Manasses (II 33,10) und endlich die Prophetin Hulda (II 34,22-28). Ganz der Zusammensetzung der Chronik aus übernommenen Stücken, frei wiedergegebenen oder erschlossenen Partien und selbständiger Geschichtsschreibung entsprechend treten zu diesen aus dem deuteronomistischen Geschichtswerk bekannten Gestalten Propheten, die nur indirekt aus ihm erschlossen sind, wie Amasaj (I 1 2 , 1 9 ) H a n a n i 2

S. 182-184 (vgl. besonders S. 183 A n m . 18). D e r einzige, d e r m . W . deutlich d a r a u f hingewiesen h a t , ist H . Graetz in seiner Geschichte der J u d e n . B d . I I / 2 Leipzig 3 ( o . J . ) S. 197. 4 I n E s r . 1,1 (Jeremía) h a n d e l t es sich u m vorexilische P r o p h e t i e ; E s r . 10, 2 - 4 ä h n e l t zwar der V e r k ü n d i g u n g der P r o p h e t e n in d e r Chronik sehr — a b e r d a s E n t s c h e i d e n d e ist eben, d a ß S e c h a n j a n i c h t als P r o p h e t bezeichnet wird. 5 I I 29,25 ist wohl i m W e r k des Chronisten n i c h t u r s p r ü n g l i c h , vgl. oben S. 200. — Die Stellen der Schlußnotizen, in d e n e n P r o p h e t e n v o r k o m m e n , werden weiter u n t e n S. 234 A n m . 69 a u f g e z ä h l t u n d e r ö r t e r t . 6 Z u I I 29,25 s. die vorige A n m . 7 E b e n s o erscheinen n a t ü r l i c h a u c h die falschen P r o p h e t e n , u n t e r i h n e n v . a . Zedekia b . K e n a a n a , in der Chronik wieder. 8 N a c h der Meinung des Chronisten wohl identisch m i t d e m j u d ä i s c h e n F e l d h a u p t m a n n A m a s a ( 2 . S a m . 17,25; 19,14; 2 0 , 4 - 1 2 ; 1. K ö n . 2 , 5 . 3 2 ; 1 2 , 1 7 ; 3

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(II 16,7-10) 9 oder der dem Chronisten hauptsächlich aus seinem fleißig benützten Buche vertraute Jeremía (11 35,25; 36,12.21) und endlich Propheten, von denen nur die Chronik weiß: neben Asarja b. Oded (II 15,1-8 10 ), dem Gottesmann von II 25,7, Sacharja (II 26,5), Oded (1128,9) sowie den nur in den Quellen verweisen genannten Propheten Jedo und Iddo sind es v.a. [der Levit] Jehasiel in II 20,14, Elieser b. Dodawahu von Maresa in II 20,37, Sacharja, der Sohn des Oberpriesters Jojada, in II 24,20-22 und der Anonymus von II 25, 15. Die Reden der letzteren erweisen sich deutlich als Medien der chronistischen Geschichtskonzeption; sie nehmen daher eine hervorzum Wechsel der Gleitlaute X- 1 vgl. G.-K. § 24e; B.-L. § 74h'; in der Chronik etwa I 2,13 (vgl. 12) im Namen Isai, freilich hier im Anlaut, vgl. G.-K. § 47b Anm. 1 ; H. Bauer, Die hebräischen Eigennamen als sprachliche Erkenntnisquelle. Z A W 4 8 (1930) S. 73-80, zum Problem N- 1 S. 77). Amasa war, wie die Söhne der Zeruja, an denen der Chronist so auffälligen Anteil nimmt (s. oben S. 57 Anm. 42), ein Neffe Davids. 9 In l.Kön. 16,1.7.12 wird ein Prophet Jehu b. Hanani erwähnt. Aufgrund der Vorstellung der prophetischen Sukzession (s. unten S. 228f.) erschloß der Chronist, daß auch der Vater Hanani Prophet gewesen sei. Vgl. die rabbinischen Stellen bei L. Ginzberg, The Legends of the Jews. Bd. 6 Philadelphia 4( 1959) S. 357 Anm. 25: Seder 0 1 a m 2 0 ; Megilla 10b; Sotah 10b. Dazu noch Megilla 15a am Anf., sowie vor allem Vajjikra R. 6,6 (in der mir zur Verfügung stehenden Ausg. F r a n k f u r t a.O. (1705) steht das Zitat auf fol. 172b Sp. a unten): :iC3J ]31 N O l :Τ·3Χ DB? ΕΠΒίΊΪΓΊ»® βΠΒΠΙΡ ÍT3I ρ η Τ Ί " Κ : „ R . Jochanan sprach: Jeder Prophet, bei dem sein N a m e deutlich ausgedrückt ist, und (bei dem auch) der Vatersname deutlich ausgedrückt ist, ist ein Prophet und Sohn eines Propheten" — eine Regel, die nur die abstrakte exegetische Formulierung dessen ist, was hier in der Chronik konkrete erzählerische Gestalt gewann. — J e h u b. Hanani selbst m u ß übrigens in der Chronik, zusätzlich zu seiner in 1. Kön. 16 belegten Tätigkeit unter Baesa von Israel, nach I I 19,2 (vgl. auch 20,34) „noch für Josaphat herhalten" u n d auch in J u d a wirken (J.Wellhausen, Prolegomena zur Geschichte Israels. 6 (1927) S. 222). 10 Die Schwierigkeiten, die I I 15,8 dem Verständnis und der Übersetzung bietet, werden sich k a u m befriedigend lösen lassen [Fehlen des Namens Asarja, stat. det. hann'bü'ä]. Weder die von Curtis, Goettsberger, vgl. BHK 3 , nach G A - a l , Syr, Vulg vertretene Einfügung des Namens, noch die Ausscheidimg von „Oded der P r o p h e t " als Glosse (Bertheau, Kittel, vgl. B H K 3 , Galling) oder als falsch eingefügte Stichwortanmerkung zu V. l a (Rudolph) läßt sich hinreichend begründen. Am besten, weil textgetreusten, erscheint noch immer die Erklärung von A.B.Ehrlich, Randglossen zur hebräischen Bibel. Bd. 7 (1914) z.St. als asyndetischer Relativsatz. Asyndetische Relativsätze, ohne und mit Artikel, sind dem Chronisten ohnehin eigen : vgl. als artikellose Beispiele I 12,24 ; 15,12 ; 29,13 ; I I 15,11 (also im fraglichen Zusammenhang) ; 16,9 ; 18,23 ; 20,22 ; 24,11; 28,9; [29,27]; 30,18-19; Esr. 1,5.6; Neh. 8,10; 13,23, u n d dazu A.Kropat, Die Syntax des Autors der Chronik. BZAW 16 (1909) § 28-29 (S. 66f.). — Ob freilich mit Ehrlich f ü r die Übersetzung („die Prophetenrede, mit der (ihn) der Prophet aufgerichtet h a t t e " ) Ps. 146,9; 147,6, d . h . die Wurzel 'üd, herbeigezogen werden darf, erscheint fraglich, vgl. das unten S. 221 f. Anm. 23 zur Wurzel 'dd Gesagte.

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ragende Stellung in der formalen Gestaltung des Werkes ein 11 . In dieser Hinsicht mögen sie hier kurz gestreift werden; führen sie doch dem Leser einmal mehr die Gestaltungskunst unseres Autors vor Augen. So spielt die Rede Jehasiels (1120,17) fein auf den dem Chronisten möglicherweise aus einer Notiz über den Vorfall oder anderswoher12 bekannten Ortsnamen Jeruel an: „und sehet (1ΧΠ) die Hilfe Gottes", wie ja auch der Schluß der Erzählung anerkanntermaßen eine Ätiologie auf einen an „Lobetal" anklingenden geographischen Namen bildet 13 . — Sind im Falle Jehasiels die Data, Namen 11 Nach G. von Rad n i m m t sich das Bild freilich völlig anders aus. Nach ihm spielt in der Chronik die levitische Ladetradition die zentrale Rolle, u n d eine historiographische Intention ist dem Chronisten abzusprechen. Die Aufgabe des Exegeten ist daher, diesen unhistorischen Levitismus an den Texten zu verifizieren — u n d es gelingt: Die Reden der Propheten sind nicht geschichtswirkende u n d -deutende, nach authentischen Quellen gebildete Prophetie, sondern als Prophetie getarnte levitische Predigten [Die levitische Predigt in den Büchern der Chronik. F S O. Procksch. (1934) S. 113-124]. Der Chronist mit seinen nun doch ziemlich deutlichen prophetischen Stilformen „darf uns also nicht tauschen" (S. 121 Anm. 5), denn a) gegen Prophetie spricht die prosaische Stilisierung (S. 114) — aber „die poetische Stilisierung der Rede [II 15,2-7] ist nicht zu verkennen" (S. 116); b) mangelnder Situationsbezug — aber „diese Rede [11 20,20] ist auf die spezifische historische Situation zugeschnitten" (S. 118); c) der Chronist schaffe keine neue Formen, sondern lehne sich an Vorbilder an — die d a n n einzig u n d allein aus den chronistischen Reden erschlossen werden (der paränetische Stil des Deuteronomiums ist auch nach von Rad S. 114 nichts Vergleichbares): wie, wenn diese Vorbilder eben nichts anderes als Prophetensprüche gewesen wären?; d) „ Ü b e r den Sitz im Leben [dieser F o r m der predigtartigen Unterweisung] ist begreiflicherweise k a u m etwas zu ermitteln" (S. 123) — sicher ist also wohl nur, daß der Chronist uns durch die historische Verumständung u n d prophetische Stilisierung „ t ä u s c h t " (S. 121 Anm. 5); e) von Rad n i m m t also aktualisierende Eintragungen (Predigten) in das überlieferte Geschichtsbild an — u n d doch liegt die Anlehnung der Chronik an diese Überlieferung gerade in den Prophetengeschichten (aus dem deuteronomistischen Geschichtswerk) klar zutage; f) m a n fragt sich, warum nur in der Chronik, nicht in Esra-Nehemia, der levitischen Predigttätigkeit ein solches Denkmal errichtet wird? g) ebenso, was denn die Propheten in den Schlußnotizen, wo sie expressis verbis mit der Geschichte in Zusammenhang gebracht werden, bedeuten ? 12 Nach M. Noth, Eine palästinische Lokalüberlieferung in 2.Chr. 20. Z D P V 67 (1944/45) S. 45-71, v. a. S. 55f. h a t „eine schriftlich fixierte Vorlage dem .Chronisten' . . . nicht vorgelegen", vielmehr verwertete er, in historisierender Manier, „Elemente einer Lokalüberlieferung" über einen nabatäischen Raubüberfall in die Gegend von Thekoa. — Rudolph S. 259 u . a . plädieren andererseits dafür, daß „eine ortsgebundene Lokalüberlieferung . . . schon in der vom Chr. benützten Quellen ihren schriftlichen Niederschlag gefunden habe". 13 M. Noth a. a. O. S. 56 m a c h t die 7 k m W N W von Thekoa gelegene Hirbet Berêkût n a m h a f t . — I n keinem Falle darf unsere Stelle zur Erklärung von Joel 4,2.12 herangezogen werden, wie F. C. Moveì e, Kritische Untersuchungen über

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und Verlauf, nach denen der Chronist seine Erzählung und v.a. das Auftreten des Propheten schuf, unbekannter Herkunft, so läßt sich die Funktion Eliesers b. Dodawahu (11 20,35-37) zwanglos aus dem chronistischen Bemühen um Interpretation des Ablaufs der Geschichte verstehen, wie er beim Deuter onomisten überliefert war. Gegeben waren dort in l . K ö n . 22,49: der Schifila« Josafats, dessen Scheitern, das Kooperationsangebot Ahasjas bezüglich der Schiff/aftri und die Ablehnung durch Josafat. Nach dieser Abfolge — daß Abfolge in der Vorlage als solche für den Chronisten keine quantité négligeable war, zeigt gerade der in Rede stehende Abschnitt, der auch in der Chronik der Schlußnotiz nachfolgt 1 4 — war es eigentlich Unsinn, daß Josafat das Mitarbeitsangebot noch ausdrücklich ablehnte, als die Schiffe ohnehin schon gescheitert waren. Zudem: warum war es überhaupt zu dieser Havarie gekommen? Alles löste sich für den Chronisten, sobald er das (unter Berufung auf TS in der Bedeutung „zu jener Zeit", s t a t t „danach") plusquamperfektisch verstand und das Angebot Ahasjas damit nicht mehr bloß auf die Schiff/a/wi, sondern auch auf den Schiffbaw bezog. Schlagartig wurde so klar, warum der Schiffbau scheitern m u ß t e : wegen der unheiligen Allianz. Diesen Schluß zu ziehen überläßt der Chronist dem Elieser b. Dodawahu 1 5 . Damit entfällt die „andere Quelle als R g " , wie sie z.B. Rudolph16 annimmt. — Auch die Episode mit Sacharja b. J o j a d a in I I 24,20-22 ist ähnlich klar in den Duktus der chronistischen Auslegung von Könige eingepaßt. Nach dem Tode des Mentors J o j a d a erliegt J o a s dem schlechdie biblische Chronik. Bonn (1834) S. 118 nach dem Vorgang älterer Geographen will. Allenfalls ließe sich ein umgekehrtes Gefalle zwischen den Stellen denken. 14 Vgl. zu dieser Blocktechnik des Chronisten oben S. 63f. Die in dieser Perikope verwendete Auslegungsmethodik des Chronisten hat ihre Entsprechung in der „Neigung der rabbinischen Auslegung . . ., aus dem Aufeinanderfolgen bestimmter Perikopen auf das inhaltliche Aufeinanderbezogensein derselben zu folgern" (I. L. Seeligmann, Voraussetzungen der Midraschexegese. VTS 1 (1953) S. 150-181, das Zitat S. 159). Es handelt sich um die Regel der derësat semükim (zu ihr W. Bacher, Die exegetische Terminologie der jüdischen Traditionsliteratur. Bd. 1 Leipzig (1899) S. 133; Bd. 2 ebd. (1905) S. 142f.). Sie steht auch hinter dem chronistischen Interpretament „denn sie hatten wider Jahwe gefrevelt" in I I 12,2, das den durch die Abfolge l . K ö n . 14,24 und 25 nahegelegten Schluß explizit zieht; und ähnlich folgert II 18,31b aus dem Hintereinander des Aufschreis Josafats und der Erkenntnis der Feinde über ihren Irrtum ( l . K ö n . 22,32b und 33), daß Gott die Rettung so gefügt und den Bericht davon entsprechend habe zusammenfügen lassen. 15 Das „er wollte nicht" von Könige mochte dann bestehen bleiben; es bezog sich auf die Schifffahrt, die ja nach dem Zusammenbruch illusorisch war: so konnte es vom Chronisten ebensogut auch weggelassen werden. 16 S. 265.

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Die Chronik als spätnachexilisches Geschichtswerk

ten Einfluß seiner Ratgeber, der Beamten Judas 1 7 . Wegen ihres Götzendienstes kommt ein Zorn über J u d a und Jerusalem. Aus der Anonymität von vergeblich wirkenden Propheten löst sich Sacharja b. Jojada, in dem der Geist Gottes Gestalt annimmt 1 8 . Sein Gottesspruch deckt die Ursache des über dem Lande lagernden Zornes auf: „Weil ihr Jahwe verlassen habt, verließ er euch." 1 9 Das gewaltsame Geschick Sacharjas erklärt sich aus dem Folgenden: in 2.Kön. 12,21 war von einer Verschwörung gegen den Davididen die Rede; die Folge ließ den Chronisten auf die Ursache schließen, nämlich die „Verschwörung", die auf das Geheiß des Königs gegen den Propheten inszeniert worden war 2 0 . So stellt sich die in Könige völlig kontingent erscheinende Verschwörung als eine genetisch verständliche Ahndung der Freveltat des Joas dar, die der Prophet in seinem Sterben Gott anheimgestellt hatte. Aber auch der Prophetenmord und die voraufgegangene Rede sind stilistisch voneinander abhängig: dem bescholtenen Übertreten des Befehls Gottes entspricht die Befolgung des frevelhaften Befehls des Königs, der uneingedenk der Wohltaten des Vaters den Sohn umbringen läßt. Diese ganze kunstvolle Komposition macht es im höchsten Grade unwahrscheinlich, daß der Chronist neben dem deuteronomistischen Geschichtswerk hier noch eine zweite Quelle benutzt haben sollte, die dann etwa nach I I 24,27 als „Midrasch zum Buch der Könige" bezeichnet werden müßte 2 1 . Ähnlich liegen die Dinge bei dem anonymen Propheten von I I 25,15, wo der ver17 Man mag an eine Typisierung nach II 10// denken : den Beamten Judas entsprächen dort die „Jungen" V. 8, die es dazu brachten, daß der König, wie hier das Haus Jahwes, so dort V. 13 den Rat der Alten „verließ" und nicht auf des Volkes Stimme, wie sie nach V. 15 in direkten Zusammenhang mit Gottes Ratschluß gebracht wird, „hörte". Das Juda des Joas hier ist also nicht besser als damals das Israel Jerobeams: wurde dort der Abgesandte des davididischen Königs ,,gesteinigt" V. 18, so hier gar der Abgesandte Gottes. 18 Die altertümliche Wendung, daß Gottes Geist sich den Propheten wie ein Gewand anzieht, auch I 12,19 — beidemale nach Ri. 6,34 gebildet. Ein anderer repristinierender Ausdruck für die prophetische Inspiration ist „der Geist Gottes/Jahwes kam (wörtlich: geschah) über ihn": II 15,1; 20,14; nach Stellen wie Num. 24,2; Ri. 3,10; 11,29; l.Sam. 19,20.23. 19 Das Prinzip der adäquaten Vergeltung nach Stellen wie Hos. 4,6.9. Gleiche Formulierung in den Reden Semajas II 12,5 (vgl. V. 1) und Asarjas b. Oded II 15,2b ß. 20 Leitbegriff ist "l©p, wozu K . H . Graf, Die geschichtlichen Bücher des Alten Testaments. Leipzig (1866) S. 156 richtig bemerkt: „der Ausdruck "ItVp V. 21, der hier wenig paßt, scheint durch 2.Kön. 12,21 . . . veranlaßt." Die Änderung von A.B. Ehrlich a. a. O. S. 372 in 1Ö1p,1 ist daher abzulehnen. — Auch mit dem n m von V. 22 und ΙΠΠΓΡΙ (statt "Drl wie Könige) von Y. 25 ist eine genaue Entsprechung beabsichtigt, vgl. oben S. 148. 21 So C. Steuernagel, Lehrbuch der Einleitung in das Alte Testament. (1912) S. 404; ähnlich Rudolph S. 279f.

Prophet, Epitomator und Exeget

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messenen Reaktion des Königs auf die Botschaft in V. 16: „Haben wir dich zum Ratgeber des Königs bestellt?" die Erkenntnis des Propheten folgt: „(Jetzt) weiß ich, daß es Gottes i?a oder noch besser nach der wohl 85

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Die Chronik als spätnaohexilisohes Geschichtswerk

gleichen anonymen Propheten wie in V. 18 und 2.Kön. 21,10 — sie waren die Chronisten der Zeitgeschichte Manasses. Dieser zweite Durchgang in V. 19 macht auf den ersten Blick den Eindruck einer Dublette zu Y. 18; doch ist er dazu zu deutlich in chronistischer Terminologie abgefaßt 8 7 . Die Doppelheit erfährt eine vollkommen befriedigende Erklärung, sobald man erkannt hat, daß damit zuerst die sekundäre und dann die primäre Geschichtsschreibung in Rede steht. I n seinen Quellenverweisen geht es also dem Chronisten um die Frage der primären Geschichtsschreibung, der Geschichtsschreibung der ersten Epoche. Gottes Tat und Wort sind eins; was er spricht, geschieht: und wie es die Propheten mit seinem Wort zu tun haben, das Geschichte wirkt, so sind sie als erste mit der beglaubigten Niederschrift der heiligen Geschichte als Glaubensfundament für die Späteren betraut 8 8 . C.F. Keil, dem J . Wellhausen89 bescheinigt, er könnte, von gleicher Voraussetzung ausgehend, noch heute die Chronik schreiben, hatte in der Tat die richtige Empfindung für diese Zusammenhänge, wenn er in seiner Erstlingsschrift feststellte: ,,. . . die Darstellung der Geschichte, in welcher zugleich eine indirekte Weissagung der Zukunft lag, [bildete] einen wesentlichen Theil des prophetischen Berufs . . ." 9 0 Diese Konzeption, die für uns nun zuerst in der Chronik deutlich faßbar wird, hatte weitreichende Folgen. Sie steht hinter der Bezeichnung „frühere Propheten" für die erste Hälfte des zweiten Teils des hebräischen Kanons ; sie führte zum Titel der Samuelbücher; sie war der Grund für Übertragungen wie der von 2.Kön. 18,13-20,19 in das Jesajabuch. I n dieser Hinsicht sind die von K. Budde a. a. O. [ZAW 1892] S. 38 Anm. 1 als erstem vollzogenen Konjektur VTlfl (Haplographie wegen des folgenden 1 consecutivum), der sich Goettsberger, Rudolph u.a. anschließen, zu lesen. 87 i V - m s m : vgl. I 5,20 ; II 33,13 ; sowie Esr. 8,23 ; bVÜ ist nach S. R. Driver a.a.O. [Litteratur des AT] S. 572 „ein Lieblingsausdruck des Chronisten" und wird von K. Koch, Das Verhältnis von Exegese und Verkündigung anhand eines Chroniktextes. ThLZ 90 (1965) Sp. 663 geradezu als „ein chronistisches Schlüsselwort" bezeichnet; 15733Π: vgl. 1 2 0 , 4 ; 117,14; 12,6.7.12; 13,18; 28,19; 30,11; 32,26; 33,12.19.23; 34,27//; 36,12. Bei all dieser chronistischen Diktion ist aber die feste Verankerung in Könige deutlich: die Sündhaftigkeit war dem Chronisten in 2.Kön. 21,3-7 belegt; die Höhen stammen aus 2.Kön. 21, 3, die Äscheren und Schnitzbilder aus 2.Kön. 21,7. 88 So gilt für das chronistische Verständnis von den Propheten und ihrer literarischen, historiographischen Tätigkeit der Satz Rom. 15,4: δσα γάρ προέγράφη είς τήν ήμετέραν διδασκαλίαν έγράφη, 'ίνα δια της υπομονής καί διά της παρακλήσεως των γραφών τήν έλπίδα εχωμεν. 89 A.a.O. S. 220. 90 C. F .Keil, Apologetischer Versuch über die Bücher der Chronik und über die Integrität des Buches Esra. Berlin (1833) S. 80.

Prophet, Epitomator und E x e g e t

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chronistischen Quellenverweise höchst schätzbare Zeugnisse. Zwar tragen sie nun nichts mehr bei zu der Frage über die Quellen des Chronisten ; insbesondere haben sie gar keinen direkten Bezug auf das chronistische Sondergut, aber dafür entwerfen sie ein farbiges Bild der überlieferungsgeschichtlichen Vorstellungen des Chronisten, von der Niederschrift der Zeitgeschichte durch die Propheten 9 1 über die redaktionelle Zusammenfassung und Aufnahme dieser Berichte im „Königs-Buch" bis hin zu der daraus gezogenen Epitome der kanonischen Samuel-Königs-Bücher. c) Schluß Wenn die Samuel-Königs-Bücher, als letztes Produkt der sekundären Geschichtsschreibung, die Quelle für den Chronisten bildeten, so ergibt sich zwangsläufig, daß sein Werk von seinen eigenen Voraussetzungen aus — und ja auch nach modernen Begriffen — als tertiäre Bildung anzusprechen ist. Nach der Stufe der Abfassung und der Bewahrung folgte die der Auswertung; dem Propheten und Epitomator trat der Exeget an die Seite. Die Autorität der Chronik beruht einzig und allein auf den in ihr ausgelegten prophetischen Berichten. Das erklärt auch jene der Chronik eigene typologische Methode, das erklärt den musivischen, allein von älterem, nämlich prophetischem, Gut lebenden Stil und oft auch den Inhalt der chronistischen Eigenpartien 92 . Das direkt, material aus den chronistischen Quellenverweisen gewonnene Quellenverständnis trifft sich mit den oben 93 erzielten Resultaten der formalen Chronik-Analyse. Die Wortersetzungen, die Interpretamente und die musivischen Eigenpartien sind nicht zu verstehen ohne den Grundsatz der gleichmäßigen Autorität aller als 91 Man wird diese chronistische Anschauung kaum eine „Tradition" nennen dürfen, die dann gar noch in dem Sinne historisch auszuwerten wäre, daß irgendwelchen überlieferten geschichtlichen Stoffen prophetische (nebiistische) Kreise als Verfasser vindiziert werden, wie das A.Jepsen, Nabi. (1934) S. 239. 249 („die alttestamentliche Geschichtsdarstellung ist ohne die Mitwirkung der Nabis kaum zu denken") tut, freilich von anderen Voraussetzungen her. 92 Κ .Koch a.a.O. 8p. 665 sagt zwar: „ D e r Chronist sieht weder den Wortlaut noch die Lehrmeinung seiner Vorlage für verpflichtend an. Wohl aber weiß er m i t seinem Vorgänger sich der zugrundeliegenden Geschichte verbunden . . . " — woher aber wüßte der Chronist — und wir — v o n dieser Geschichte, wenn nicht durch „den Wortlaut [und] die Lehrmeinung seiner Vorlage"? 83 S. 134f. 160. 176-179 u.ö. — In der Begrifflichkeit C.C.Torreys (vgl. das Zitat oben S. 232) hieße das: sowohl die „internal evidence" der chronistischen Arbeitsweise wie die „external evidence" der v o m Chronisten selbst vertretenen überlieferungsgeschichtlichen Konzeption kommen zur Deckung und erweisen Κ .Kochs a.a.O. Sp. 662 vertretene Ansicht, daß die Vorlagen des Chronisten für ihn „noch keineswegs Heilige Schrift" seien, als unhaltbar.

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Die Chronik als spätnachexilisches Geschichtswerk

prophetisch geltenden Schriften 9 4 . Es ist richtig, wenn J . Wellhausen96 den Begriff des Kanons vom Gesetz, von der schriftlichen Thora, im besonderen der Erhebung des Deuteronomiums zum Staatsgesetz, herleitet 9 6 . Allein, es will weiter bedacht sein, daß nach Dtn. 18,15.18 Mose als Prophet spricht, daß mithin das Deuteronomium seine Autorit ä t aus der prophetischen Quelle schöpft. I n diesem Sinne h a t denn auch der Chronist das Deuteronomium f ü r seine Geschichtsdarstellung, die er ja, wie gezeigt, als aus prophetischen Ursprüngen abgeleitet versteht, ausgiebig benutzt. Die ganze Art seiner Schaffensweise setzt die prophetische Autorität der von ihm benützten Quellen voraus. Wenn er in I 21,1.4 auf Hiob rekurriert, so ist das kein Verstoß gegen diese Regel, gilt doch Hiob auch Sir. 49,9 u n d bei Josephus97 als Prophet. Man wird demgemäß mit aller gebotenen Vorsicht sagen dürfen, daß der Chronist sein Werk nicht als Prophet verfaßte, daß er sich vielmehr als Ausleger der Propheten verstand. Es geschah daher zu Recht, daß die Chronik im hebräischen K a n o n unter die Schriften eingereiht wurde. Vielleicht weisen die chronistischen Quellenzitate auch einen Weg zum rechten Verständnis spätnachexilischen Schrifttums ü b e r h a u p t ; des Schrifttums, das insgesamt unter dem Glaubenssatz der erlöschenden oder erloschenen Prophetie steht. Diese Literatur ist als ganze ihrem Wesen nach geprägt von jener Haltung gegenüber kanonischer Literatur, die in der Chronik explizit zum Ausdruck kommt. Man wird selbstverständlich nicht in Abrede stellen dürfen, daß es im J u d e n t u m auch in der hellenistisch-römischen Zeit Ekstatikertum, inspiriertes Auftreten, mit einem W o r t : prophetische Phänomene, gab. 'R.Meyer98 h a t ihre Spuren in der Literatur sorgfältig 94 Nach dem konsequent aus dem Kanonsprinzip hervorgegangenen Grundsatz der Äquivalenz der biblischen Schriftstellen: Π^Π DTÒX ' t i V?X1 I1?« (zit. bei K. Kohler -M. Rosenberg, DasTargum zur Chronik. Jüdische Zeitschrift für Wissenschaft und Leben 8 (1870) S. 150; vgl. oben S. 135 Anm. 104). 95 A.a.O. S. 408. 96 So wird der Grundsatz, von dem oben Anm. 94 die Rede war, in Midr. T(eh)ill. 78 folgendermaßen formuliert: O^tTmn ηXI ΟΠ ΓΠ1Π ... ΠΙΠηΤΏΠ :|Π m i n . . . n i V w a m ΓΠΤΠΠ η χ ... m i n (zit. bei J.Fürst, Untersuchungen über den Kanon des Alten Testamentes nach den Überlieferungen in Talmud und Midrasch. Leipzig (1868) S. 69 Anm. 2). 97 Contra Apionem I, 8 (§ 40 Niese), wo das Buch Hiob in der Zahl der 13 nachmosaischen Prophctenschriften enthalten sein muß (vgl. H. St. J. Thackeray, Josephus with an English Translation. Bd. 1 London und Cambridge/ Mass. (1926 = 1956 = 1961) S. 179 Anm. b). 98 Art. προφήτης. C. Prophetentum und Propheten im Judentum der hell.röm. Zeit. ThWBNT Bd. 6 (1959) S. 813-828; zu den Phänomenen der Inspiration S. 820-827.

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eruiert — aber mehr als Spuren in der Literatur sind es nicht. Gilt für die Chronik, daß sie von ihren eigenen Voraussetzungen her keineswegs als Analogie zum deuteronomistischen Geschichtswerk betrachtet werden darf, ja daß m a n diese ältere Relation nur als Vorlage, nicht als Vorbild f ü r die Chronik bezeichnen kann, dann war dem Chronisten auch sein Abstand von den prophetischen Originalschriften durchaus bewußt. D.h. er sah die Motive zu seiner Arbeit in anderen Gegebenheiten als in einem prophetischen Auftrag, und das bedeutet nichts anderes, als daß es jedenfalls kein prophetisches Bewußtsein war, das sich literarisch niederschlug. Mag es denn prophetische Phänomene im hellenistisch-römischen J u d e n t u m gegeben haben — literaturbildend waren diese Erscheinungen nicht. Die Literatur der fraglichen Epoche gibt durch ihre Form und ihre eigenen Kriterien deutlich zu erkennen, daß sie nicht mit der von ihr als Dokumentation der Prophétie angesehenen Literatur in Wettstreit treten wolle. Es gibt nichts, was in dieser Spätzeit der hebräischen Literatur hinsichtlich der Form — und Literaturgeschichte ist Geschichte der literarischen F o r m e n " — dem Niederschlag der „Prophetie" (im Sinne der spätjüdischen Anschauung selbst) im Gesetz (Thora), in der Geschichtsschreibung ( J o s u a - 2 . Könige), in der Verkündigung (Jesaja-Maleachi) entspräche: die Mischna ist nun einmal keine Thora; weder die Chronik noch Esra-Nehemia oder Makkabäer entsprechen dem deuteronomistischen Geschichtswerk; Daniel weiß sich z.B. von Jeremia wesenhaft unterschieden 1 0 0 . E r s t wenn man das gesehen hat, t r i t t das Besondere, die Einmaligkeit der Form der Evangelien u n d der Apostelgeschichte, der einzigen spezifischen Literaturformen des NTs, ins rechte Licht. Sie wären dann etwa der „prophetischen" Literatur gleichzustellen, sowohl was die neue Thora (z.B. Mt. 5-7), die Geschichtsschreibung (Apostelgeschichte) oder die Verkündigung (Evangelien) anlangt. Soviel ist sicher: das Dogma der erloschenen Prophetie, wiewohl explizit-lehrhaft erst bei Josephus nachzuweisen, ist nicht ohne Einfiuß auf die spät jüdische Literaturbildung gewesen; und es sind die Wirkungen, die auf die Ursache schließen lassen. Was bei 99 Vgl. F. Overbeck, Über die Anfänge der patristisehen Literatur. Ausg. Darmstadt (1954) S. 12. 100 Begriffe wie „Neoprophetie", „neoprophetische Literatur" (R.Meyer, Art. κανών. Kanonisch und apokryph im Judentum. ThWBNT Bd. 3 (1938) S. 981) verraten das Ungenügen einer solchen religionsgeschichtlichen (ThWBNT Bd. 6 S. 820), religionspsychologischen (ThWBNT Bd. 6 S. 823), religionsphänomenologischen Betrachtungsweise für die Erklärung der spätjüdischen Literaturformen. — Zum Buch Daniel, das nach R . M e y e r , ThWBNT Bd. 3 S. 982 „die neoprophetische Literatur eröffnet", und dem Phänomen der Apokalyptik überhaupt vgl. R. Hanhart a.a.O. S. 28f.

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Die Chronik als spätnachexilisches Geschichtswerk

Josephus u n d den Rabbinen101 scharf umrissene Konturen zeigt, schwebte längst bildend u n d formend über der spätjüdischen Geistigkeit, und jene späte Aussage ist weniger neue dogmatische Norm als Feststellung von Tatbeständen. Das schriftstellerische Selbstbewußtsein der jüdischen Literatur nach Alexander d. Gr. 1 0 2 stand in demütiger Beugung unter dieses „Dogma". Sollten aufgrund dieser Beobachtungen nicht auch jene wenigen andeutenden Stellen, die das Problem der Prophetie berühren, mehr unter diesem literar- und geistesgeschichtlichen Aspekt gesehen werden s t a t t aus religionspsychologischer Perspektive? I n Betracht kämen Sach. 13,2f. 4ff.; Ps. 74,9; Dan. 3,38G; l.Makk. 4,46; 9,27; 14,41 103 . Es mag „pneumatische Erlebnisse" 1 0 4 durch die ganze Zeit hindurch gegeben haben — selbst wenn sie literarische Wirkungen zeitigten, ist nicht deren Tatsächlichkeit, sondern ihre Bewertung maßgebend für die Rekonstruktion der spätjüdischen Geistesgeschichte. U n d über diese vom Autor wie vom Leser vollzogene Bewertung der Literatur unterhalb der durch die Chronik bezeichneten zeitlichen Grenzlinie k a n n es keinen Zweifel geben: es war niemals Prophetie, wie man sich Prophetie der kanonischen Heilsperiode vorstellte. 101 Die Stellen sind bei R . M e y e r , ThWBNT Bd. 6 S. 817f. und E . S j ö b e r g , Art. πνεύμα. C.III. ΠΠ im palästinischen Judentum. ThWBNT Bd. 6 (1959) S. 382-384 ausführlich genannt und untersucht. 102 In diese Zeit dürfte etwa die Chronik fallen (vgl. oben S. 10). Zu dieser zeitlichen Grenzziehung vgl. v.a. die wichtige Stelle Seder Olam R. 30: ]ND "TS ΒΠ "I^M flSP» Empn ΠΠ3 Q ^ a i n » Β·»ΙΓ31Π ν π ( = Zeit Alexanders d. Gr.) CTÖDn η m »»ETI IHN (vgl. Spr. 22,17). Sie ist zitiert bei R. Meyer, ThWBNT Bd. 3, S. 982 nach der Ausg. Hamburg 1757. — Die von Josephus, Contra Apionem I, 8 (§ 40 Niese) bei Artaxerxes (I.) gezogene Grenze beruht wohl auf einer Verwechslung des Prinzips der direkten Offenbarung Gottes in der Geschichte Israels (daher in der Tat der Abschluß der kanonischen Historiographie mit Neh. 13) mit demjenigen der Prophetie, die, ganz von der Erwartung des Endes getragen, noch verhüllte Aussagen über die zeitgeschichtlichen Ereignisse zu machen wußte (Mal. — Sach. II). [Nach einer von Herrn Prof. Dr. Dr. R. Hanhart während des Wintersemesters 1967/68 in Göttingen gehaltenen Vorlesung über Deuterosacharja.] 103 Bei n. Meyer, ThWBNT Bd. 6 S. 813-816 werden diese Stellen ausschließlich unter dem religionsphänomenologischen Aspekt behandelt. 104 R. Meyer, ThWBNT Bd. 6 S. 820.

Abkürzungen Gen.; E x . ; Lev.; N u m . ; D t n . ; Jos.; Ri.; l . S a m . ; 2.Sam.; l . K ö n . ; 2.Kön.; Jes.; J e r . ; Ez.; Hos.; Joel; Am.; Ob.; J o n a ; Mi.; N a h . ; H a b . ; Zeph.; H a g . ; Saeh. ; Mal.; Ps. ; H i . ; Spr.; R u t h ; Hhld.; Pred. ; Klgl.; Esth. ; D a n . ; Esr.; Neh.; I bzw. l . C h r . ; I I bzw. 2.Chr.; l . M a k k . ; Sir.; Mt.; Mk. ; Lk.; J o h . ; Apg. ; R o m . I m Folgenden wird die alphabetische Reihenfolge beachtet ( Inbegriffen die einschlägigen Kommentare zur Chronik, die nach bloßem Familiennamen der Verfasser zitiert werden, und zwar, wenn der Bezug auf die in Rede stehende Stelle eindeutig ist, ohne Nennung der Seitenzahl).

[II 7,4] Ab. Ab. d. R . N a t h a n Aeth AJSL Antt., bzw. a n t t . Arab ATD Β [G B ] b. [vor T a l m u d t r a k t a t ] b. Benzinger

Ber. Bertheau BFChrTh BHK3 BK B.-L. B.-M. BWA(N)T

nur die hauptsächlichen Teile des zitierten Abschnitts sind gemeint. nach Chronik-Stellen: mit Parallele in der Vorlage des Chronisten (v. a. Samuel-Könige) ; nach SamuelKönige-Stellen : mit Parallele in der Chronik, sekundäres Gut in der Chronik. Aboth. Aboth de Rabbi N a t h a n . Äthiopische Übersetzung. American Journal of Semitic Languages and Literatures. Chicago. Antiquitates Judaicae [des Josephus]. Arabische Ubersetzimg. Das Alte Testament Deutsch. Göttingen. Codex Vaticanus. babylonischer Talmud. ben. I. Benzinger, Die Bücher der Chronik. Kurzer Handcommentar zum AT Abt. 20. Tübingen u. Leipzig (1901). Berachoth. E. Bertheau, Die Bücher der Chronik. Leipzig (1854). Beiträge zur Förderung christlicher Theologie. Gütersloh. R. Kittel, A.Alt, O.Eissfeldt (hrsg.), Biblia Hebraica. Stuttgart 3(1937) = '(1951). Biblischer Kommentar. Neukirchen-Vluyn. H . Bauer - P. Leander, Historische Grammatik der hebräischen Sprache I. Halle (1922). G. Beer - R . Meyer, Hebräische Grammatik. Bd. 1 Berlin 2 (1952); Bd. 2 ebd. 2 (1955). Beiträge zur Wissenschaft vom Alten (und Neuen) Testament. (Leipzig) Stuttgart.

246 BZAW c c. ; bzw. comm. Chr; ehr cj cons. CSEL Curtis Curtis-Madsen D D t r ; dtr Dtr. D u . ; du. EvTh f. ; bzw. fem. Fase. FRLANT FS G G Q.56 USW.

GaUing G.-K. Goettsberger

HAL

Hänel HAT Hatch-Redpath

Hif.; hif. H i t p . ; hitp. HK Hof.; hof. HSAT3

Abkürzungen Beihefte zur Zeitschrift f ü r die Alttestamentliche Wissenschaft. (Gießen) Berlin. cum. : communis (generis). Chronist, chronistisch, conjicit; conjiciendum; conjectura, konsekutiv. Corpus scriptorum ecclesiasticorum latinorum. Wien (1866ff.). die von E . L . Curtis stammenden Teile in CurtisMadsen (s. dort). E . L . Curtis-A.A.Madsen, A Critical a n d Exegetical Commentary on t h e Books of Chronicles. ICC, Edinburgh (1910 = 1955). Doppelungsstamm. Deuteronomist ; deuteronomistisch. deuteronomistisches Geschichtswerk. Dual. Evangelische Theologie. München. feminini (generis). Faszikel. Forschungen zur Religion u n d Literatur des Alten u n d Neuen Testaments. Göttingen. Festschrift. Grundstamm. Septuaginta. Numerierung der G-Hss. nach A. Eahlfs, Verzeichnis der griechischen Handschriften des Alten Testaments. Berlin (1914). K . Galling, Die Bücher der Chronik, Esra, Nehemia. A T D 12. Göttingen (1954). W. Gesenius, Hebräische Grammatik, völlig umgearbeitet von E . Kautzsch. Leipzig 28 (1909). J . Goettsberger, Die Bücher der Chronik oder Paralipomenon. Die Heilige Schrift des Alten Testaments IV, 1. Bonn (1939). [L. Köhler -]W. Baumgartner, Hebräisches u n d aramäisches Lexikon zum Alten Testament. Leiden 3 (1967). die von J . Hänel stammenden Teile in RothsteinHänel (s. dort). H a n d b u c h zum Alten Testament. Tübingen. E. Hatch-H.A. Redpath, A Concordance to t h e Septuagint a n d the Other Greek Versions of t h e Old Testament. 3 Bde. Oxford (1897-1906). Hif'il. Hitpa'el. Göttinger H a n d k o m m e n t a r zum Alten Testament. Göttingen. Hof'al. E . Kautzsch (hrsg.), Die Heilige Schrift des Alten Testaments. 2 Bde. Tübingen 3 (1909-1910).

Abkürzungen HSAT 4

HUCA Hummelauer j. [vor T a l m u d t r a k t a t ] JBL ICC Jeb. IEJ Imp. ; imp. I m p f . ; impf. Inf. ; inf. Jos. JThSt Κ ΚΑΤ Kat. KBL Keil Kittel

Kl. L L 1 Lat. Levy, CWT

m . ; bzw. mase. Madsen Meg. Men. MGWJ Michaeli MPG MPL MSU

247

[E. Kautzsch-]Α.. Bertholet (hrsg.), Die Heilige Schrift des Alten Testaments. 2 Bde. Tübingen (1922-1923). Hebrew Union College Annual. Cincinnati. F. von Hummelauer, Commentarius in librum prim u m Paralipomenon. Cursus Scripturae sacrae Teil 1 Bd. V I I , 1. Paris (1905). jerusalemischer Talmud. Journal of Biblical Literature. (New York, New Haven) Philadelphia. International Critical Commentary. Edinburgh. Jebamoth. Israel Exploration Journal. Jerusalem. Imperativ. Imperfekt. Infinitiv. Josephus. Journal of Theological Studies. Oxford. Ketïb K o m m e n t a r zum Alten Testament. Leipzig. Kategorie. L. Köhler - W. Baumgartner, Lexicon in Veteris Testamenti libros. Leiden 2 (1958). C.F.Keil, Die Bücher der Chronik, Esra, Nehemia u n d Esther. Keil-Delitzschs Biblischer Commentar über das AT 5. Leipzig (1870). 'R.Kittel, Die Bücher der Chronik übers, u n d erklärt. H a n d k o m m e n t a r zum AT Abt. 1 Bd. 6 Teil 1. Göttingen (1902). Klasse. Längungsstamm. Cod. Leningradensis. lies; bzw. lege. Vetus Latina. J . Levy, Chaldäisches Wörterbuch über die Targumim und einen großen Theil des rabbinischen Schrifttums. 2 Bde. Leipzig u n d London (1867-1868). masculini (generis). die von A.A. Madsen stammenden Teile in Curtis Madsen (s. dort). Megilla. Menachoth. Monatsschrift für Geschichte u n d Wissenschaft des J u d e n t u m s . Breslau. F. Michaeli, Les livres des Chroniques, d'Esdras et de Néhémie. Commentaire de l'AT 16. Neuchâtel (1967). J.-V.Migne (hrsg.), Patrologiae cursus completus... [series graeca] Petit-Montrouge (1857-66). J.F.Migne (hrsg.), Patrologiae cursus completus... [series latina] Paris (1844-1864). Mitteilungen des Septuaginta-Unternehmens. (Berlin) Göttingen.

Abkürzungen

248 MT MVAeG I, I I NAWG NGWG Niese Nif.; nif. Noordtzij Oettli

Ρ P a . ; pa. Par. P a r t . ; part. Pes. Pi.; pi. PJB Pilp. ; pilp. Pol.; pol. PRE Q Q Qid. R. R. RB RGG Rothstein Rothstein-Hänel

Rs. RSO Rudolph Rudolph,

Esr.-Neh.

S; bzw. Syr Sabb.

masoretischer Text (nach B H K 3 ) . Mitteilungen der Vorderasiatisch-Ägyptischen Gesellschaft. (Berlin) Leipzig. J.M.Myers, I Chronicles. Garden City, New York (1965); I I Chronicles, ebd. (1965) [The Anchor Bible 12-13], Nachrichten von der Akademie der Wissenschaften in Göttingen. Göttingen. Nachrichten von der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. Göttingen. B. Niese (hrsg.), Flavii Josephi Opera. Bd. 1-7 Berlin (1885-1895). Nif'al. A. Noordtzij, De Boeken der Kronieken. K ö r t e Verklaring der Heilige Schrift. 2 Bde. (1937-38). S. Oettli (und S .Meinhold), Die geschichtlichen Hagiographen... u n d das Buch Daniel ausgelegt. Kurzgefaßter Commentar zu den heiligen Schriften. A Abt. 8 Nördlingen (1889). Priesterkodex. Pa'el. Parasche. Partizip. Pesachim. Pi'el. Palästinajahrbuch. Berlin. Pilpel. Polel. A. Hauch (hrsg.), Protestantische Realenzyklopädie. Bd. 1-24 Leipzig (1896-1913). e Q rë. Qumran (höhle ). Qidduschin. Rabbä. Rabbi. Revue Biblique. Paris. K . Galling u . a . (hrsg.), Die Religion in Geschichte u n d Gegenwart. Bd. 1 - 6 u n d Register. Tübingen '(1957-1962 u n d 1965). die von J . W . Rothstein stammenden Teile in Rothstein-Hänel (s. dort). J . W . Rothstein- J . Hänel, K o m m e n t a r zum ersten Buch der Chronik. K o m m e n t a r zum Alten Testament X V I I I / 2 Leipzig (1927). Rückseite. Rivista degli Studi Orientali. R o m . W. Rudolph, Chronikbücher. H a n d b u c h zum Alten Testament I, 21. Tübingen (1955). W . Rudolph, Esra und Nehemia samt 3. Esra. H a n d buch zum Alten Testament I, 20. Tübingen (1949). Syrische Übersetzung. Sabbat.

Abkürzungen Sanh. van Selms Sg. ; sg. Subj.; subj. Subst. ; subst. Syh Ta'an. Targ t x t em THAT ThExh ThLZ ThSt ThWBNT ThZ Tos. Y ; bzw. Vulg VAB VannuteUi

Vs. VT VTS WMANT ZAW ZDPV ZThK

249

Sanhédrin. A. van Selms, I Kronieken. Den Haag, Groningen (1939); I I Kronieken. ebd. (1947) [Tekst en Uitleg], Singular; singularisch. Subjekt. Substantiv; substantivisch. Syrohexaplaris. Ta'anith. Targum. textus emendatus. Theologisches Handwörterbuch zum Alten Testament. Bd. 1 München (1971). Theologische Existenz heute. München. Theologische Literaturzeitung. Leipzig, Berlin. Theologische Studien. Zürich. G. Kittel u n d G. Friedrich (hrsg.), Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament. Bd. Iff. Stuttgart (1932ff.). Theologische Zeitschrift. Basel. Tosefta. Vulgata. Vorderasiatische Bibliothek. Leipzig. P. VannuteUi (hrsg.), Libri synoptici Veteris Testamenti seu librorum Regum et Chronicorum loci paralleli. 2 Bde. R o m (1931-1934). Vorderseite. Vetus Testamentum. Leiden. Supplements to Vetus Testamentum. Leiden. Wissenschaftliche Monographien zum Alten u n d Neuen Testament. Neukirchen·Vluyn. Zeitschrift f ü r die Alttestamentliche Wissenschaft. (Gießen) Berlin. Zeitschrift des Deutschen Palästina-Vereins. (Leipzig, Stuttgart) Wiesbaden. Zeitschrift f ü r Theologie u n d Kirche. (Freiburg i. Br., Leipzig) Tübingen.

Bibelstellenregister Aufgenommen sind nur solche Stellen, die im Text mit Buch, Kapitel und Vers angeführt sind, nicht dagegen solche, auf die nur indirekt verwiesen ist. So sind alle Chronik-Stellen registriert, aber nicht sämtliche dazu parallelen Stellen der Vorlage (Genesis - ) Samuel - Könige (im Text durch // markiert), die mit Hilfe der synoptischen Textausgaben (vgl. S. 69 Anm. 85; S. 70 Anm. 86) ohne weiteres zu finden sind.

Genesis - Deuteronomium 243 Genesis 4,15 6,17 9,11 9,15 11,26 13,16 14,17 15,4 17,5 18,19 21,33 22,8 23,9 25,30 27,12 28,14 30,15 30,16 32,29 35,10 36,1 36,5 36,8 36,9 36,13 36,14 36,15-28 36,17 36,19 36,33 36,40 36,43 41,27 41,30 41,33

70 79 141 141 141 163 158 145 111 163 145 114 154 158 163 212 158 79 145 163 163 163 76 163 163 60 76 81 60 163 60 163 163 109 109 154

41,36 49,10 49,24

109 158 115

Exodus 4,14 12,9 14,22 15,10 16,15 17,8 18,7 19,17 23,11 25,3 Iff. 29,23 30,12-16 32,9 33,3 33,5 34,9 37,17 ff. 38,25 f. 40,34f.

145 202 136 118 136 136 145 145 115 94 115 159 172 172 172 172 94 159 158. 174

Leviticus 1,13 9,24 12, Iff. 15,19ff. 18,14 23,34-36 23,34 23,36 26 26,25 26,30 26,33 26,34

202 158. 174 173 173 106 128 172 172 156 157 156 156 156. 227

26,39 26,40

156 156

Numeri 2,17 3,7-8 3,9 3,21ff. 4, Iff. 4,26 8,19 10,29 10,32 10,36 15, Iff. 20,18 20,20 21,23 21,33 22,36 23,1 23,10 23,29 24,2 24,17 26,13 29,12 29,35 31,13 35, Iff.

225 203 199 203 203 72 199. 214 158 158 158 126 145 145 145 145 145 126 158 126 220 136 60 128 128 145 211

Deuteronomium 1,17 108 1,44-46 225 1,44 145 2,32 145 145 3,1 4,29 108. 177. 225. 226

Bibelstellenregister 7,25 9,6 9,13 10,8 10,16 10,17 11,19-25 12,3 12,5 12,13 12,14 12,21 12,28 14,24 16,2 16,7 17,8 18 18,5 18,9-22 18,15 18,18 21,22-23 23,4 23,5 23,10-15 24,3 24,4 24,16 28 29,6 29,21 31,9 31,27 33,12

153 172 172 62. 153. 177 172 177 174 142. 153 145 154 154 145 154 145 202 202 177 133 177 228 228. 242 228. 242 101 154 120 225 108 108 177 230 145 108 153. 230 172 154

Josua - 2. Könige 153. 243 Josua 1,1 5,15 7.17 8,5 8,14 8,22 8,29 13.3 15,9 19,44 20.4 21 21,10-39

70 182 210 60 145 145 145 72 174 71 71 72 211 195

Richter 1,1 3,8 3,10 4.18

182 120 220 145

4,22 5,13 5,25 6,11-24 6,11 6,12 6,18 6,19 6,20 6,21 6,22 6,34 7,8 9,35 9,40 9,44 9,50-56 9,53 9,54 9,55 11,29 11,31 11,34 13,3 18,16 18,17 19-21 19,10 19,11 20,25 20,31 20,45

145 118 118 157 126. 157 157 157 157 157 157. 174 157 220 127. 145 72 72 72 151 151 151 151 220 145 145 25 72 72 161 184. 214 214 145 145 149

Samuelbücher Ì.Samuel 1-24 1,12 4,1 4,10 5 5,3-5 5,6-7 5,9 5,10 5,11 6,19-20 6,21-7,1 7,1 7,3 7,6 7,13 7,15 8,4 9,14 10,8 10,12 11,9 11,11

70

235 147 145 145 173 173 173 173 173 173 173 57 173 62. 93. 186 213 213 213 146 145 57 146 101 101

251 13,2 13,10 13,13 13,14 14,22 15 16, lfF. 16,1 16,17 17 17,1-2 17,1 17,7 17,10 17,25 17,26 17,36 17,40 17,45 17,47 18,6 19,20 19,23 20,31 22,6 23,16-17 25,1 28 28,1 28,3 28,6 28,7 28,16 28,17 30,21 31 31,1 31,4 31,6 31,8 31,9 31,10 31,12 31,13

127. 145 145 57. 170. 186 170 149 57 224 154 154 58. 139 152 71. 152. 225 152 152 152 152 152 152 152 108 145 220 220 186 114 172 146 57. 170 225 146 170 170 170 170 145 73. 149 90 93. 146 160 115 146 114. 150. 151 101. 114. 150 95. 114

2. Samuel 5,1-10 5,1 5,3 5,6 5,8 5,11-25 5,12 5,13 5,17 5,19 5,21 5,22 5,24

63 93. 146 72 117. 163 117 63 186 57 71. 117 147 153 99 140. 147

252 6,1 6,2-11 6,2 6,3 6,4 6,6-7 6,6 6,7 6,9(-10) 6,9 6,10 6,11-12 6,11 6,12 6,13 6,14 6,16 6,17 6,19 6,20-23 6,20 7,1 7,8 7,11 7,12 7,13 7,14 7,15 7,16 7,19 7,21-22 7,23 7,24 7,25-26 7,26 7,27 8,1 8,2 8,3 8,8 8,12 8,13 8,14 8,17 8,18 10,4 10,6 10,8 10,16-17 10,17 10,18 10,19 11,1 11,25 12,26-29 12,29 12,31 15,24

Bibelstellenregister 145. 164 63 70. 140. 164 92 92 173 160 160 173 81 160 173 147 147. 175 62. 125. 126 60. 61. 140 115. 140 127 162 57 145 143 154 143 105. 111. 186 78. 106. 186 143 169 186 154 74 117. 145 186 160 147. 186 93. 96. 147 120 117 76. 107. 120 120 93. 120 74. 75 92 127 127 115 107. 109. 120 72. 120 98 145 143 102 80. 96. 139. 143. 157 57 57 58 118. 138 62

16,11 17,25 18,6 18,17 19,9 19,14 20,1 20,4-12 20,22 20,24 21,12 21,16-18 21,18 21,19 21,21 22,15 22,22 23,8-39 23,8-30 23,8 23,9-12 23,9 23,12 23,13 23,17 23,18 23,20 23,21 23,26 23,34 24 24,1 24,2 24,3 24,4 24,5-7.8 24,8 24,9 24,10 24,13 24,14 24,15 24,16-17 24,16 24,17 24,18 24,20 24,23 24,24 24,25

111 216 145 145 145 216 145 216 145 82 73. 150 80 120 120. 138. 152 76 225 145 63. 73. 172 194 73. 139 80 151 140 140 172 73 76. 117 152 73 73 83. 131. 156. 157. 171. 174. 210 144. 156 140 171 140 99 156 109 155 109. 157 148 164 24 83. 126. 141 25 83. 103 139. 157 103. 148 129 97. 157

1. Könige 1 2,5 2,12 2,24 2,32

70 236 216 186 186 216

2,45 2,46 3,1 3,4-15 3,4 3,7 3,8 3,10 3,11 3,13 4,1 4,5 4,6 4,7 4,14 5,1 5,6 5,7-8 5,11 5,17 5,18 5,19 5,22 5,23 5,24 5,27-28 5,27 5,28 5,29-30 5,29 5,30 6,2 6,9 6,18 6,20 6,23 6,26 6,36 7 7,1-12 7,8 7,9 7,12 7,15 7,23 7,24 7,26 7,38 7,40-50 7,48 7,49 7,50 7,51 8 8,2 8,3 8,4 8,9 8,10

186 186 58 141. 174 164. 174 141 158 94. 141 95 141 162 127.?143 59. 82 59 221 174 64 59 60. 185 143. 208 11Λ143 85 115 115. 121 115 59 116. 144 82 144 109 118. 144 99 116 139 99 99. 144 99 121 97 58. 96 58 121 121 109 144. 174 139 97 144. 174 197 ' "S 94. 109. 144 94. 109 109 185 90 172 153 160. 196 161 158

253

Bibelstellenregister 145 8,16 164 8,21 8,22 121 125 8,25 147 8,26 147 8,28 8,29 145 8,33 96 127 8,54-61 8,54 95 11 8,56 60 8,62-63 172 8,63 94 8,64 172 8,65 127. 128. 172 8,66 9,1 95. 171 9,2 148 145. 171 9,3 9,4 89 9,5 106. 158 144 9,7 9,8 102 77 9,11-13 77. 115 9,11 9,15 76. 77. 144 9,16 58. 77. 78 9,17 77 71. 76 9,18 77 9,19 144 9,20-21 9,21 116 9,24 76. 144 9,25 98. 185 121 9,26 95. 142 10,2 110 10,7 142 10,10 116 10,12 129 10,19 10,22 171 10,26 63. 64 60. 64 10,27-28 10,27 142 11 236 11,5 129 143 11,14-40 11,26-14,20 167.204 11,29-40 58 210 11,31 11,33 129 11,36 107. 145 82 11,40 11,42 96 12,1-19 204. 210 12,3 60 12,7 95 12,15 212. 224

12,16 12,18 12,19 12,22 12,23 12,27-28 13 13,1-10 13,4 13,11-32 14,21-22 14,21 14,22 14,24-25 14,25 14,31 15,1 15,7 15,8 15,11 15,12 15,13-16 15,13 15,14 15,16 15,19 15,20 15,21 15,23 16,1 16,7 16,12 17,10 19,10 19,14 22 22,2-35 22,2 22,3 22,4 22,5 22,6 22,8 22,9 22,10 22,15 22,18 22,19 22,20 22,26 22,29 22,30 22,31 22,32-33 22,32 22,33 22,34 22,35

145 82. 162 210 124 95. 162. 164 211 236 236 236 236 64 93. 145 130 219 82. 175 83 83 83. 175 83 154 142 175 95 164 171 116 121 139 185 217. 229 217 217 72 234 234 59 175 99. 102 102 102. 103 102 102 102 102 72. 102 125 102 161 59. 102. 105 102 102 102. 160 102 219 102 102 102. 160 102

22,39 22,44

59 61

2. Könige 2, I f f . 4,39 4,43 7,3 8,17-22 8,18 8,19 8,21 8,26-27 9,1-10,28 9,21 9,35 10,8 11-12 11 11,1 11,2-3 11,4 11,6 11,8 11,11 11,12 11,13 11,14 11,15 11,17 11,18 11,19 11,20 12,3 12,5 12,6 12,7 12,8 12,9 12,10 12,11 12,12-14 12,13 12,14 12,17 12,19 12,20 12,21 14,8 14,12 14,14 14,17 14,20 14,26 15,5 15,19 15,35 15,36 16,7

70 230 139 86 72 64 173 107. 171 98. 139 173 173 145 151 72 198 161 131 128 118 118 116 118 105 105. 118 122. 161 116 119. 127. 161 118. 161 161 100 159 116 116 116 116 128 184. 237 237 116 142. 161 237 142. 237 64 122. 186. 144 145 142 64 123 224 171 102 122 238 164

254

Bibelstellenregister

25 16,17-18 161 181 16,18 171 25,7 106. 212 17.14 172 25,18 184 17.21 210 17,24-41 192 Jesaja - Maleachi 243 18,4 171 18,13-20, 19 240 18,17-35 173 1-16 123 18,17 1,1 86 119 18,26-28 59 7,1 182 145 18.27 7.3 161 7,9 177. 227 18.28 119 18,29 186 86 16.5 20,4 115 18.34 192 29,1 19,10-13 173 225 108 19.11 164 31.1 119 36.2 19.15 147 119 36,13 19.17 164 192 36,19 19.18 173 164 37,11 19.35 126 164 19,37 37.18 111 126 20,10 37,36 86 111 20,12-19 37,38 174 145 21,3-7 40.3 240 177 41,8 21.3 240 42.1 226 21.4 145 111 48.19 21,7 145. 240 55.6 108. 177. 225 95. 130 21.9 66.20 140 21.10 (ff. ) 239 21,10 240 J eremia 243 21,17 239 1,5 154 145 21.22 1,15 72 158 22-23 145 5.4 22.4 107. 184 145 5.5 22.5 89. 116 198 5,31 22.6 103 172 7,26 22,7-8 200 86 15.4 22.7 171 108 17.4 22.8 184 172 17,23 22,9 171 198 18,18 22,11 125 72 19.2 22,13 126. 131 172 19.15 23.2 196 122 20,2 23.3 122 227 25,1-11 23.4 184 227 25,11 23,6 158 118 25,34-36 23,8 72 212 26.5 23,15 158 29,13 108. 177. 225 23,22 146. 164. 202. 29,19 212 213 31.16 177. 223. 225. 23.29 121. 145. 159 226 159 23.30 212 35,15 89 23.33 72 36,10 212 23.34 174 37,2 23,36-24, 17 165 39.7 90. 106. 212 95 24,2 41.6 145 212 24.12 46.2 159 24,20 172 52.3 172

52,11 52,24 Ezechiel 1,1 6,6 8.3 8,14 9.2 10,19 11,1

27,9 27,27 37.22 40,11 40,40 44.9-14 44.9 44,11 45.23 46,3

90. 106. 212 184 182 142 72 72 122 72 72 116

116 21 72 72 199 173 199. 203 126

72

Hosea 1,1 3.4 3.5 4,6-7 4.6 4.9 7.3 7.7 8.4 8.10 10,3 10,7 10,15 13.10-11 14,1 14.10

86 225 225 198 108. 220. 225 220 210 210 210 210 210 210 210 210 221 145

Joel 4,2 4,12

161 218 218

A mos 3,2 3,9 8,14

154 177. 223. 225 221

Jona 2,6

121

Micha 1,1 4.8-5,8 4,8 4.9-14 5.1 5.2 5.3 5,4r-8

86 158. 165 158 127 158 127 158 127

255

Bibelstellenregister Zephanja 1,6 3,16

177. 225 225. 226

Haggai 2,9

161 108

Sacharja 1,1 1,7 1,12 3 3,1 3,4 4,10 7,5 8,10 9-14 9,8 11,2 11,6 12,11 13,2-3 13,4ff. 14,13

161 221. 236 221 227 155 155 155 177. 223 227 225 127. 165 225 118 225 121 244 244 225

Maleachi 2,6

161 225

Psalmen 18,22 22 33,9 48,9 60,2 68,28 74,9 78,8 78,25 89,5 89,22 89,38 105,6 109,6 132,8 132,9 138,5 146,9 147,6

70 145 226 165 168 75 136 244 62. 93 136 186 186 186 163 155 158 158 145 217 217

Hiob 1-2 1,7 2,2 2,3 11,13 19,11 39,21 42,8

242 155 156 156 156 62. 93 156 145 126

Nehemia

Sprüche 3,16 7,15 8,18 10,29 22,4 29,1

141 145 141 145 141 172

Prediger 1,11 6,2

108 141

Klagelieder 2,2

136

Esther 1,1 1,4 1,12 5,11

161 182 141 114 141

Daniel 1,1-2 3,38 10,17 11,6

243 106. 165 244 81 99

Esra - Nehemia Esra 1-10 1-6 1,1-3,2 1,1 1,1-3 1,5 1,6 1,9 2,6 3,2 3,6 3,7 3,8 3,10 3,11 5,1 5,2 6,14 6,17 6,20-22 7,1 7,10 7,27-9,6 8,20 8,23 9,7 9,9 9,11 10,2-4 10,25 10,35 10,41

243

39 30 70 182. 216 36. 84. 182 217 217 139 57 206. 228 96 121 206 96 96 182.216.221 206 182. 216. 221 191 183 10 62. 93. 186 85 199 240 10 10 228 216 137 83 83

10 1,1 147 1,4 147 1,6 1,7 228 1,8 228 3,5 118 6,7 216 6,14 216 57 7,11 217 8,10 8,17 213 9,14 228 9,16 172 9,17 172 9,19 85 212 9,26 9,29 172 9,32-37 10 9,32 164 10,30 118. 228 10,32 115 10,34 191. 214 11 43 11,3-19(-24) 84 11,30 225 206 12,1 12,4 221 12,16 221 12,24 228 12,31 88 12,36 228 12,38 85 13 39 13,23 217 Chronikbücher 1. Chronik 1-9

243

14. 15. 1( 30. 44. 53 195. 211. 1,1-9,44 70 1,27 174 1,34 163 1,35-42 81 1,35 76 1,51 163 2-9 202 2 215 2,1-2 52 163 2,1 2,4 44 2,6 60. 185 2,13 145. 216 2,15 155 2,16 57 2,17 216 2,42 ff. 44

256 25 3 3,3 18 3,10-24 206 3,10 83 86 3,13 3,15 206 3,17-24 29 3,19-24 25. 32 3,21 29 4 215 15. 19 4,18 4,34-43 188 5-6 195 163 5,1 11. 155 5,2 5,3 163 87 5,6 5,7-10 188 5,11-17 195 5,18-22 188 5,20 240 5,26 87 5,27-29 214 5,30ff. 214 5,30-41 195 6 199 6,1-9 214 6,6 221 6,7 214 6,14 214 6,16-33 60. 195 6,16 (ff.) 214 6,16 160 6,23 163 6,24 201 6,29 201 6,33 201 6,34-38 195.214 6,34 191. 214. 6,35-38 214 6,39-66 195. 211 7,29 163 8,29-38 9 8,33-40 56 8,37-38 15 9 43 9,1-44 9 9,1 9. 162 9,2-17(-24) 84 9,18-26 225 9,18 225 9,19 225 9,22 224 9,32 186 9,35-44 9 9,39-44 56 9,43-44 15

Bibelstellenregister 10-11 36 44 10,1-29,30 70 10 9-12. 51. 56. 135. 146. 149. 151. 169. 208. 210. 211 10,1-2 9 10,1 88. 90. 162. 169 10,2 83. 149 10,3 93 10,4 93. 146 10,5 95. 146. 148 10,6 93. 160 10,7 90. 95. 101. 119. 162 10,8 88. 93 10,9 138. 146 10,10-11 72 10,10 128. 150 10,11-12 56 f. 10,12 73.89.95.101. 114. 115. 143. 150 10,13-14 57. 169. 170. 172. 185 10,13 170 10,14 87 11-119 31. 32 11-29 211 11 151 11,1 87. 93. 146. 148. 162 11,2 11.81.89.130. 131. 155 11,3 71. 129. 172. 224 11,4 129. 162. 164. 174. 214 11,5 87. 214 11,6-8 57 11,6 93 11,7 87. 214 11,8 90. 144 11,10-12,40 188.215 11,10-47 43. 224 11,10-41 73 11,10 162. 172. 224 11,11-31 194 11,11 73. 87. 109. 139. 151 11,13-14 224 11,13 151. 152 11,14 139 11,15ff. 224 11,15 93. 119. 140. 225 11,16 87. 90 11,18 95. 140. 225

11,19 11,20 11,22 11,23 11,27 11,34 11,36 12 12,1-23 12,1 12,9 12,17 12,19

130. 172 73. 109 76. 117 152 73. 117. 138 83 73. 117 53 43. 224. 225 224. 225 87. 224 87 130. 216. 220. 224 12,23 224. 225 12,24-41 43. 224 12,24 217. 224 12,25-27 235 12,30-38 235 12,30 57 12,34 224 12,39 162. 224 12,40 186. 201 13 38 124 13,1-14 13,1-4 172 13,1-2 224 13,2 162. 173. 195. 201. 211 13,3 173 13,4 162 13,5 57. 145. 162. 164. 174. 224 13,6-14 124 13,6 71. 140. 162. 164 13,7 92. 93 13,8 162 13,9-10 173 13,9 89. 95. 102. 160 13,10 160 13,11 88 13,12 (f.) 173 13,12 81. 89 13,13 92. 95. 160 13,14 63. 147. 173 14,1-15,24 147 82. 94. 143 14,1 14,2 11. 87. 129. 155. 186 14,3 57. 58. 89 14,4 206 14,8 71. 94. 117. 162 14,9 89. 92,99.115. 119 14,10-11 147 14,10 95. 147

Bibelstellenregister 14,11 14,12 14,13

147 153 92. 94. 95. 99. 115. 119 14,15 92. 140. 147. 225 14,16 88. 147. 225 14,17 174 15 53 15,1-3 196 15,1 187 15,2-16,43 196 15,2 62. 177. 196. 203 15,3 162. 173. 187. 196 15,4-11 196 15,4-10 199 201 15,5-10 15,11-15 196 15,11 196 15,12 173. 187. 196. 201. 217 15,13 62 15,14 196. 198 15,15 196 15,16-24 60. 196 15,16-18 201 15,23 160 15,24 160 15,25-28 196 15,25 89. 175 15,26 62. 125. 126. 153. 196 15,27-28 196 15,27 17. 60. 115. 140. 160 15,28 162. 195 15,29 57. 115. 117. 140 16 53 16,1-3 196 16,1 127 16,2 127 16,3 88. 100. 115. 162 196 16,4-38 16,4-7 163 16,7 201 16,8-36 163 16,12 85 16,13 163 16,17 163 16,30 88. 186 16,33 88 16,37-38 163. 201 16,37 160 16,39-40 196 16,39 201

16,41-42 16,41 16,43 17 17,1 17,2 17,3 17,4 17,5 17,6 17,7 17,9 17,10 17,11 17,12 17,13 17,14 17,15 17,16 17,17 17,18-19 17,18 17,19 17,21 17,22 17,23-24 17,23 17,24 17,25 17,26 17,27 18,1 18,2 18,3 18,4 18,5 18,6 18,7 18,8 18,9 18,10 18,11 18,12 18,13 18,14 18,17 18,20 19,1

196 60 127. 196 51. 70. 78. 155 85. 86. 124. 129. 143. 216 129. 216 216 208. 228 88. 162 94. 162 11. 92. 154. 155. 228 85. 92 143 87. 89. 105. 106. 186 78. 103. 186 89. 143. 169 87. 89. 130. 131. 174. 186 216 11. 85. 154. 155 154. 228 74 11. 130. 154. 155. 228 74. 228 74. 92. 117. 145 130. 186 160 147. 228 147. 186. 228 89. 93.96.130. 147. 228 228 89. 147. 228 92. 120 89. 90. 117 76. 82.98.107. 120 129 82. 90 82. 89. 90 82. 93 82. 93. 120. 129. 174 82. 129. 140 82. 143 93. 101. 120. 164 57. 74. 75 75. 92 92. 162 127. 143 118 129. 140

257 19,2 19,3 19,4 19,5 19,6-7 19,6 19,7 19,9 19,12 19,15 19,16-17 19,16 19,17 19,18 19,19 20,1 20,2 20,3 20,4 20,5 20,6 20,7 21 21,1 21,2 21,3 21,4 21,5 21,6 21,8 21,9 21,10 21,11 21,12 21,13 21,14 21,15-16 21,15

87. 90. 102. 140 89. 140 100. 115 88. 96. 102. 103 109 89. 102. 105. 107. 120 101. 107. 164. 225 72. 101. 120. 164 87. 95 57. 90. 95. 106 98 82. 98. 102. 120 102. 120. 145. 162 82. 88. 95. 143 82. 102. 130 57. 75. 80. 96. 108. 139. 143. 148. 149 142 57. 117. 118. 138 110. 120. 240 58. 73. 120. 138. 152 100 76 144. 171 32. 89. 144. 155. 156. 242 94. 95. 121. 129. 139. 140. 162 92. 95. 115. 130. 131. 171 99. 156. 162. 242 90. 109. 129. 139. 140. 162 57. 109 155. 228 93. 99. 110. 216 85. 86. 90 95. 171. 216 88. 95. 109. 141. 157 86. 129. 141. 148. 216 93. 99. 148. 164 174 90. 126. 141

258 21,16 21,17

25. 148. 210 11. 85. 130. 171 21,18 89. 103. 171. 216 21,19 216 21,20 25. 96. 126. 139. 157 21,21 129. 157 21,22 103. 105. 157 21,23 103. 126. 148. 157 21,24 129. 157 21,25 129. 148 2 1 , 2 6 - 2 2 , 1 174 21,26 127. 157. 188. 210 21,29 97 22-29 215 22,1-5 208 22,1 97 22,2 144 22,3 103. 187 22,5 86. 93. 187 22,7-13 188 22,7 130 22,8 118. 208 22,9-10 106. 208 22,9 11. 143 22,10 186 22,11 130 22,12 130 22,14-16 109. 208 22,14 187 22,16 188 22,18 11. 143 23-27 53 2 3 , 2 - 2 7 , 3 4 194 23,3ff. 195 23,3-5 200 23,14 228 23,22 201 23,25-32 203 23,25 11 23,32 201 24,31 201 25,7 201 25,9-31 201 26,7-9 201 26,11-12 201 26,15 199 26,25-32 201 27 43. 194. 215 194 27,1-15 184 27,5 27,7 57 27,10 73 27,24 57. 237 27,34 57

Bibelstellenregister 28,2-10 28,2 28,3 28,4 28,5-6 28,5 28,7 28,8 28,9 28,12-18 28,14-18 29 29,1-5 29,1 29,2-9 29,2-5 29,2 29,3 29,4 29,10-19 29,10 29,12 29,13 29,14 29,16 29,17 29,18 29,19 29,20 29,21 29,23 29,25 29,26-28 29,26 29,28 29,29-30 29,29 29,30 2. Chronik 1-9 1,1-13 1,1 l,2ff. 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7 1,8 1,9 1,10

188 161. 187. 201. 208 118. 143. 208 11. 155. 162. 163. 191 106 130 186 162 108. 116 196 197 159 109. 188 93. 108. 162 201 208 130. 187 130. 187 109 188 162. 163 141 217 234 187 130 62. 93. 163. 186 187 86. 162 162 130. 131. 162 162 172 162 141 234 91. 108. 223. 233. 234 235 211 141. 142 93. 130 174 162 129. 162. 164. 228 187 97. 162 97 148 95. 101. 102 158 94. 95. 103. 141. 154

1,11 1,12 1,13 1,14 1,15-16 1,15 1,17 1,18 2,2-9 2,2 2,3 2,6 2,8 2,10 2,11-15 2,11 2,12 2,13 2,15 2,16 2,17 3,1-3 3,1 3,2 3,3-7 3,3 3,4-10 3,4 3,5 3,6 3,7 3,8-9 3,8 3,9 3,10-13 3,10 3,14 3,15 3,16 3,17 4,1 4,2 4,3 4,4 4,5 4,6 4,7 4,8 4,9 4,10-22 4,11 4,12-13

95. 141. 154 141 162 63 64 142 89. 92 58. 89. 172 188 82. 129 85 143. 187 186 82 188 129 82 143 115. 121 109. 143 118 96 63. 97. 172. 187. 210 87. 99. 116 96 89. 99. 174 117 99. 117 117 117 117 97. 109 94. 99. 117. 144 117 97 99. 117 97. 144 97. 109. 144. 174 94. 97. 109. 144 92 97. 99. 144 85. 97. 99. 174 87. 95. 97. 139 97 87. 97. 110 94. 97. 174 94. 97. 109. 144 94. 97. 109. 144 97. 121. 144. 174 94. 97. 197 82. 90. 94 94

Bibelstellenregister 4,14 4,15 4,16 4,18 4,19 4,20 4,21 5,1 5,3 5,4 5,5 5,6 5,7 5,8 5,9 5,10 5,11-13 5,12 5,13 6 6,2 6,3 6,5 6,6 6,9 6,11 6,12 6,13 6,14 6,15 6,16 6,17 6,19 6,20 6,21 6,22 6,23 6,24 6,25 6,26 6,27 6,28 6,30 6,33 6,34 6,35 6,38 6,39 6,40 6,41 6,42

94 95 82. 94 92 197 94 94 97. 129. 143. 185 99. 116. 129. 162. 172 153. 160 95. 160. 196 160 94. 153 160 94. 160 95. 160. 161 196 201 158 51 86 127. 162 11. 94. 145. 155 11. 145 88. 106 94. 95. 160. 164 162 90. 99. 121. 162 94 228 125. 228 86. 147. 228 87. 147. 228 145. 228 87. 90. 171. 228 88 90 88. 96. 147 85. 90. 107. 171 171 90 171 90. 162 90. 171 88. 102 90 88 90. 94 86. 94. 103. 130. 171 158 228

7,1-3 7,1 7,2 7,3 7,4-6 7,4-5 7,4 7,5 7,6 7,7 7,8-10 7,8 7,9 7,10 7,11 7,12-15 7,12 7,13 7,14 7,15 7,16 7,17 7,18 7,19 7,20 7,22 8,1-6 8,1-2 8,1 8,2 8,3-6 8,3 8,4-6 8,4 8,5 8,6 8,7 8,8 8,9 8,11 8,12 8,13 8,14-15 8,14 8,16 8,17 8,18 9,1 9,2 9,3 9,6 9,8

158. 174. 188 95. 97. 127. 172 172 164. 172 172. 196 60. 127 164 129. 164. 172 162. 164 94. 95. 110. 129. 186 172 162 97. 128. 172 101. 106. 127 95. 115. 171 171 92. 148 171 171. 240 171 145 89 87. 106. 158 86. 144 88. 102. 131. 144. 154 92 76 52. 75 58. 85. 95. 115 77. 82. 144 77 77. 120 78 76 77 71 162 116 85 52. 58. 144. 172. 173 95. 98 98. 196 197 62. 198. 203. 228 96. 143. 185. 187. 201 95. 121. 129 82 95. 142 129 162 110 106. 116. 130. 131

259 9,9 9,10 9,11 9,12 9,16 9,17 9,18 9,21 9,22 9,24 9,25 9,26 9,27-28 9,27 9,28 9,29

142 82. 87 116 116. 129 90 116 129 82. 171 92 85 63. 64. 109 64. 174 60. 64 142 101. 164 91. 108. 221. 234. 235. 236 9,30 96. 162 89 9,31 211 10-36 51.58.93.211. 10 220 90. 162 10,1 10,2 58 60. 162 10,3 10,6 81. 88 10,7 85. 95 92. 93. 220 10,8 93 10,10 95. 220 10,13 10,14 95. 17 58. 87. 212. 10,15 216. 220. 224. 225. 228 96. 145. 162 10,16 82. 162. 220 10,18 10,19 210 98. 109. 162 11,1 11,2-4 216 124. 228 11,2 95. 162. 164. 11,3 239 11,4 93. 191. 201 188. 215 11,5-10 142 11,12 11,13-17 210 11,13 162. 211 11,14 195. 211 11,17 145. 211 11,20-13,23 83 12, Iff. 11 11. 130. 162. 12,1 186. 220. 239 12,2-8 175 12,2 82. 173. 175. 219 12,5-8 188. 216 12,5 82. 108. 220 162. 240 12,6

260 12,7 12,9 12,10-11 12,10 12,12 12,13-14 12,13-14 12,13 12,14 12,15 12,16 12,31 12,37 13,1 13,2 13,3-20 13,4-12 13,4 13,5 13,7 13,8-9 13,8 13,9-10 13,11 13,12 13,15 13,18 13,21 13,22 13,23 14,1 14,2 14,4 14,5 14,6 14,7 14,8-14 14,10 14,12 14,13 15,1-8 15,1-7 15,1 15,2-7 15,2 15,3 15,4 15,5 15,6 15,7 15,8-15 15,8 15,9 15,11

Bibelstellenregister 82. 240 82. 162. 175 118 85 212. 240 64 93. 98 93. 98. 145 62. 130. 186 85. 91. 108. 221. 234. 236 92 85 85 98 98 175. 188 188. 192 88. 161. 162 9 93 191 59. 130 197 197 191 162 240 93 66. 108. 221. 234. 236 98 130. 154 61. 142. 154 156 11. 175 11. 108 224 188. 225 125. 130 142. 225 174 217 188. 213 217. 220. 221. 229 218. 223. 225 108. 161. 220 223. 225 108. 225 177. 223. 225 225 177. 223. 225. 226 225 217 211. 130 217

15,15 15,16-19 15,16-18 15,16 15,17 15,19 16,1 16,2 16,3 16,4 16,5 16,6 16,7ff. 16,7-10 16,7-9 16,7 16,8 16,9 16,11 16,12-13 16,12 16,14 17,1 17,3 17,5 17,6 17,8 17,10 17,12 17,14-19 18 18,1 18,2-34 18,2 18,3 18,7 18,8 18,9 18,12 18,14 18,16 18,18 18,21 18,23 18,25 18,27 18,28 18,29 18,31 18,33 18,34 19,2-3

11. 108. 175. 177. 225 175 61. 63 95. 142. 158 142. 162. 164 87. 171 87 92. 98 86. 116 121 139 85. 99. 116 11 188. 217. 226 225 130. 229 142 177. 217. 223 91. 108. 233. 234. 237 225 185 88. 89. 122. 123 93 145 141. 175. 186 61. 145 198 125. 174 88 188. 215 156 59. 141. 142. 175 175 99. 105. 140. 144. 145. 156 103. 105. 129. 140 85. 88. 216 86 72 86 125 90. 162 161 89 217 216 161 90 160 144. 156. 173. 219 95. 160. 225 102 188

19.2 19.3 19.6 19.7 19.8 19,10-15 19.10 19.11 20 20.1-30 20.5-12 20,5 20.6-12 20,7 20.14 20,15-17 20.15 20,17 20.19 20.20 20,21-22 20,22 20.27 20.28 20.29 20.30 20,31-33 20.31 20.32 20.33 20.34

20,35-37 20,37 21.1 21.2-4 21,2-3 21.2 21.4 21,5-10 21.5 21.6 21.7 21.9 21,10-11 21,Uff. 21,12-15 21.12 21.13 21,17 21,20

216.217 62.93.186 108 174.177 162. 198 75 177.201 184.198 198. 218 61.188 188 162 63 177 162.198.217. 220 188 108 218 198 161. 177. 218. 227. 228 198 217 162 195 125. 162. 174. 239 11.130 61.63 62.98 87. 145. 162 61. 93. 186 91. 100. 108. 162. 164. 217. 233. 234. 237. 239 64.173.219 110.188.217 98 64 188.215 162.239 93. 162. 239 64 64. 175 89.145.173 11.101.107. 155. 171 83.95.98.120. 139 11.173 11 188.216.226 145 85.145 186 89. 123. 175. 234

Bibelstellenregister 22,1 22,2 22,3 22,4ff. 22,4 22,5 22,7-9 22,7-8 22,7 22,9 22,10 22,11 22,12 23-24 23 23,1 23,2 23,3 23,4 23,5 23,6 23,7 23,8 23,9 23,10 23,11 23,12 23,13 23,14 23,15 23,16 23,17 23,18 23,20 24 24,1 24,2 24,4 24,5 24,6 24,8 24,9 24,11 24,12 24,14 24,16 24,17 ff. 24,19 24,20-22 24,20 24,21

98. 186. 225 98. 129 145. 173 11 173 83. 129 59 173 191 86. 89. 172 131 83. 86. 87. 89. 128. 129 90 198 161 93. 118 161. 162. 239 11. 127. 155. 162. 174 198 118 161. 198 116 161 90. 129 104. 118. 161 105. 127. 161 105. 118 95. 122. 198 86. 89. 116 88. 89 119. 128. 161 95. 161 129. 196. 198 88. 89. 118. 122 158. 159 83. 98 83. 100. 128. 224 172 116. 159. 162. 198. 239 107. 116. 129. 162. 184. 228. 239 128 228 184. 198. 217 116 142. 161 162. 239 11 212 180. 217. 219. 229 88. 108. 224 220

24,22 24,23 24,24ff. 24,24 24,25 24,26 24,27 25,1 25,2 25,3 25,4 25,5-6 25,5 25,7-8 25,7 25,8 25,9 25,10 25,11 25,12 25,14ff. 25,14 25,15 25,16 25,17 ff. 25,17 25,18 25,19 25,20 25,21 25,22 25,23 25,24 25,25 25,26 25,27 25,28 26-27 26,3 26,5 26,6-8 26,6 26,9-15 26,9 26,14 26,15 26,16-20 26,16 26,18 26,19 26,20 26,21 26,22

148. 220 101. 164 11 136 86. 95. 122. 123. 148. 220 154 64. 66. 100. 108. 220. 231. 234. 237 95. 98 118 95. 148 88. 89. 95. 177 188. 215 146 223 217. 228 125 89. 142. 228 85. 118 93 118 11 118 217. 220 221 11 83. 86.96.144. 146. 221 83. 140 86. 110 173 83 145 83 90. 161. 199 64 91. 108. 233. 234. 237 174 86. 89 206 98 217. 224 188 85 188. 215 76 186 125 175 130 88. 129 88 184 90. 95. 102. 171 108. 234. 237

261 26,23 27,1 27,2 27,3-5 27,3 27,5 27,6 27,7 27,8 27,9 28, Iff. 28,1 28,2 28,3 28,5-8 28,5 28,7 28,8 28,9-15 28,9-11 28,9 28,10-13 28,10 28,11 28,12 28,14 28,15 28,16ff. 28,16 28,18 28,19 28,20 28,23 28,24 28,26 28,27 29 29,1 29,3-36 29,4 29,5-11 29,5 29,9 29,11 29,12ff. 29,12-15 29,15-34 29,16 29,17 29,18 29,19 29,20-36 29,20-24 29,21 29,23

122. 123 98. 175 92. 154 188. 215 122 188 93. 130. 186 108. 234. 237. 238 175 89. 92. 106 11 98. 106 145 212 110 125. 130 110 191. 221 110. 192. 221 188 88. 217. 221 221 191 161. 191. 201 110 162 221 11 96. 164 188 11. 162. 239. 240 87 162. 239 161. 171 108. 109. 234. 237 89. 122. 123. 162. 239 199 95. 98 171 198. 199 188 161. 196. 199 11 62. 177. 199 199 199 201 199 199 86 186 200 200 126 162

262 29,24 29,25-30 29,25 29,27 29,28 29,31--33 29,31 29,32 29,34-35 29,34 29,35 29,36 30,1 30,2 30,3 30,4 30,5 30,6-9 30,6 30,8 30,9 30,10 30,11 30,13 30,14 30,15-26 30,15 30,16-18 30,16 30,17 30,18-19 30,18-20 30,18 30,19 30,20 30,21- 22 30,23 30,24 30,25 30,26 30,27 31,1 31,2 31,4 31,5 31,9 31,10 31,11 31,12- 19 31,12- 13 31,15 31,18 31,20 31,21

Bibelstellenregister 162. 191. 214 200 64. 212. 216. 228 85. 86. 217 162 200 162 162 200 213 187. 201 187 162 162 213 162 121. 162. 213 188 108. 118. 162. 163. 164 172. 191 201 118. 212 211. 240 162 142 183 196. 198. 200. 213 200 201. 228 162. 199. 203 217 11 191. 192. 211. 213 62. 93. 186 200 200 162 86. 162. 201 162. 196. 198 213 88. 125. 196 154. 162 62. 197. 200. 224. 225 198 239 198 184 187 195. 200 201 201 162 99. 130 130

32 32,1 32,4 32,5 32,8 32,9 32,10 32,12 32,13 32,15 32,16 32,18 32,19 32,20 32,21 32,22 32,24 32,25-26 32,25 32,26 32,27 32,32 32,33 33 33,1 33,2 ff. 33,2 33,3 33,4 33,6 33,7 33,8 33,9 33,10 33,11 33,12-14 33,12 33,13 33,14 33,16 33,18-19 33,18 33,19 33,20 33,21 33,22 ff. 33,22 33,23 33,24 33,25 34,1 34,2 34,4

53 10. 99 164 144 108. 125 107. 119. 161 105. 161. 164 154 192 86 101. 228 59. 119 173 129. 216 111. 126. 225 172 129. 216. 228 11. 173 88 212. 240 141. 142 91. 108. 234. 237 123 42 98 11 212 154 145 95 95. 102. 142. 145 88. 129. 212. 228 95. 107. 130 129. 130. 216. 228 212 130 130. 240 240 76. 188. 215 130. 186 108. 228. 234. 239 91. 130. 162. 164. 237. 240 234. 239. 240 89. 123 98 11 142 88. 240 95 123. 234 98 145 129. 156

34,6 34,7 34,8 34,9 34,10 34,11 34,12-13 34,14 34,15 34,16 34,17 34,18 34,19 34,21 34,22-28 34,22 34,24 34,27 34,28 34,30 34,31 34,32 35 35,1-19 35,1-18 35,1-16 35,1-2 35,1 35,2 35,3-4 35,3 35,4 35,5-6 35,5 35,6 35,7 35,8-11 35,8-10 35,9 35,10 35,11 35,12 35,13-15 35,13 35,14 35,15 35,16 35,18 35,19 35,20 ff. 35,20 35,21 35,22-24 35,22

107 90. 156 98. 130. 174 107. 184 89. 116 103 200 200. 212. 228 116 89. 171 95. 102 116 95. 125 95. 126. 131. 154 216 100. 129 154 85. 88. 240 122 90. 162. 196. 198 95. 122. 154 89 197 213 183 202 201 201. 202 197. 200 200. 201. 203 162 186 201 200. 201 201. 212. 228 202 200 201 201 187. 200. 201 201 201 200. 202 119. 201 186 201 187. 200. 201 107. 146. 162 164. 191. 196 198. 202. 213 87 11 10. 129. 145. 159. 164. 187 88 160 121

Bibelstellenregister 35,24 35,25 35,26-27 35,27 36,1 36,2 36,3 36,4 36,5ff. 36,5-10 36,5 36,6 36,8 36,9-10 36,9 36,10

36,11 36,12 ff. 36,12 36,13 36,14ff. 36,14-16 36,15-16

89. 122. 159 217 108. 109. 233. 234 91. 100. 108. 237 86. 127 83. 98. 100 89. 100. 164 83. 89.90.106. 107. 164. 212 11 165 98. 100. 130 106. 212 91. 95. 100. 108. 123. 234. 237 11 98. 109 90. 98. 100. 105. 106. 107. 161. 164. 206. 212 98 11 130. 174. 217. 228. 240 105. 164. 172 172 212 222

263

36,16 36.18 36.19 36.20 36.21

228 10,40 227 23,35 161 180 206.212 156.227 Markus 156. 217. 227. 1,11 226 228 15,34 226 36,22-23 84. 182 Lukas 36.22 227 3,22 226 3.Esra 16 10,16 227 24,50-53 182 Tobit 29 Johannes Makkabäerbücher 243 20,21 227 1.Makkabäer 4,46 244 Apostelgeschichte 243 9,27 244 1,4-9 182 14,41 244 Römerbrief 2.Makkabäer 16 11,2 234 240 Weisheit Salomes 13. 29 15,4 Sirach 47,9 49,9 50,11-19

81. 203. 204 203 133.242 195.203

Matthäus - Johannes 243 Matthäus 3,17 5-7

226 243

2. Korintherbrief 4,10 169 13,4 169 Oalaterbriej 6,17 169 Philipperbrief 3,10 169

Namenregister Kursiv erscheinen jene Seiten, auf denen sieh ein Werk des betreffenden Autors ausführlieh zitiert findet. Abel, F.-M. 120 Abravanel, Don Isaak b. J e h u d a 20. 21. 22. 26. 27. 30. 37. 47 Aharoni, Y. 76 Aistleitner, J . 221. 222 Albrecht, K . 90 Albright, W. F . 28. 60. 171 Alt, A. 12. 127. 145. 164. 193. 204. 245 Anselm von Laon 20 Aquila 61. 71. 114. 123. 132 Aschkenazi, Samuel b. J e h u d a Löb (R.) 24 Astruc, J . 27. 204

Büchler, A. 195. 196. 198. 200. 203 Budde, K. 236. 240 Burckhardt, J . 168 Burrows, M. 81. 83 v a n den Bussche, H . 38. 45. 70. 78. 96 Buxtorf, J . (der Jüngere) 15. 139

Capellus, L. 15. 30 Carpzov, J . G. 15. 20. 21. 22. 23. 30 Childs, B. S. 53. 104. 107 Christie, W. M. 13 Cornili, Κ. 50 Cross, F . M. jr. 79. 81. 175 Curtis, E. L. 23. 57. 94. 109. 129. 154. Bacher, W. 50. 135. 136. 137. 176. 219 173. 183. 217. 239. 246. 247 Bardowicz, L. 81 Barhebraeus (Gregorius Abulfarag) 13 Dahler, J . G. 35. 36 Barnes, W. E. 52. 59. 115 Delitzsch, F. 80 Barth, K. 227 Delmedigo, Elia 24 Barthélémy, D. 80. 82. 132 Delmedigo, Josef Salomo b. Elijahu Baudissin, W. W . 125 3. 23. 24. 25. 26. 27. 29. 30. 31. 32. Bauer, H. 90. 217. 245 34. 38. 174 Baumgartner, W . 87. 246. 247 Dhorme, É. 73 Beck, M. F . 18 Diestel, L. 18 Beer, G. 245 Doederlein, J . Chr. 11. 26. 169 Begrich, J . 238 Donner, H. 5. 98. 208. 221 Ben David, A. 69 f. Driver, G. R . 222 Bentzen, A. 65. 66. 165 Driver, S. R. 50. 89. 91. 142. 178. 183. Benveniste, Chajim (R.) 81 184. 187. 231. 232. 240 Benzinger, I. 71. 94. 150. 194. 200. 234. Dussaud, R. 155 239 245 Bertheau, E . 41. 121. 138. 150. 152. Ehrlich, A. B. 185. 217. 220 158. 171. 173. 194. 211. 217. 239. 245 Eichhorn, J . G. 31. 32. 33. 34. 35. 66. Bertholet, A. 194. 247 150. 180 Billerbeck, P. 13. 16. 227. 234 Eichrodt, W. 165 Birnbaum, S. A. 80 Eissfeldt, O. 66. 245 Bleek, F. 27. 38. 181 Elieser b. Jose ha-G e lïlï (R.) 135 Bloch, R. 236 Elliger, K. 120 Borger, R. 159 Elmslie, W. A. L. 38 Bossuet, J.-B. 30 Ewald, H. 30. 40. 41. 66. 179 Brockelmann, C. 90 Brownlee, W. H. 81 Fahlgren, K . H . 208 Brüll, N. 13. 37. 52 F i a t t a u , D. 23 Brunet, A. M. 52. 115 Forrer, E. 120 Buber, M. 53. 65. 66. 127. 137 Freedman, D. N. 79. 81

265

Namenregister Freud, S. 209 Freudenthal, J . 29 Freund, L. 16 Friedrich, G. 249 Fuchs, H. 21 Fürst, J . 13. 14. 15. 20. 231. 242 Gabler, J . Ph. 34 Gadd, C. J . 159 Galling, K . 47, 75. 116. 122. 148. 157. 159. 173. 175. 179. 181. 190. 203. 211 217. 239. 246. 248 Garbini, G. 129 Gebhardt, C. 13. 29. 205 Geiger, A. 18. 24. 114. 129 Gerleman, G. 70. 78 Gersonides (Levi b. Gerson, R.) 21. 28 Gesenius, W. 89. 100. 129. 155. 246 Ginsberg, H. L. 221. 222 Ginzberg, L. 16. 19. 217. 228. 229 Glatzer, Ν. Ν. 104 Goettsberger, J . 13. 14. 20. 22. 58. 59. 94. 109. 154. 194. 195. 203. 211. 217. 224. 240. 246 Goldschmidt, L. 16 Goppelt, L. 165 Gordon, C. H. 85. 221. 222 Graetz, H. H . 43. 46. 216 Graf, Κ. H. 40. 42. 43. 72. 93. 106. 108. 118. 127. 178. 194. 213. 220 Gramberg, C. P. W . 36. 40. 49. 232 Greenfield, J . C. 87 Gressmann, H . 165 Gröndahl, F . 222 Grotius, H . 11. 26. 29. 30. 46. 169 Gulkowitsch, L. 87 Gunkel, H . 163 G u t t m a n n , J . 22

van Hoonacker, A. 46 Horodezky, S. A. 22 Hoscha(ja) (R.) 13 H r a b a n u s Maurus 18. 19. 20 Hugo a S. Caro 20 von Hummelauer, F. 224. 247 Husik, I. 21 I b n J a c h j a , Josef b. David b. Josef (R.) 12. 22. 169 I b n Melech, Salomo (R.) 23. 28 Ihmels, L. 165 Ismael (R.) 136 Jabez, Isaak b. Salomo (R.) 23 J a p h e t , S. 38. 84. 85. 141. 142. 183. 184. 195 Jenni, E. 5. 118. 141 Jepsen, A. 223. 238. 241 Jeremias, J . 13. 15. 16 J o c h a n a n (R.) 15 J o c h a n a n (R.) 217 Joel, M. 29 Joseph (Don Joseph) 28 Joseph von Konstantinopel 181 Josephus 16. 51. 127. 133. 181. 193. 200. 215. 229. 234. 235. 236. 242. 243 244. 245. 247. 248 Josua b. Levi (R.) 13 Junilius Africanus 13 Kahle, P. 80. 229 K a m i n k a , A. 137 Kamphausen, A. 210 Käsemann, E. 5 K a u f m a n n , D. 29 Kautzsch, E. 89. 100. 124. 129. 155. 194. 210. 246.

Halévy, J . 82. 221 H a m a (R.) 13 H a m a n n , J . G. 135 H a n a n j a b. Hiskia (R.) 176 Hänel, J . 46 f . 97. 199. 200. 202. 246. 248

H a n h a r t , R. 5. 180. 205. 230. 243. 244 von Harnack, A. 235 H a t c h , E. 121. 246 Hauck, A. 248 Headlam, A. C. 234 Heinemann, I. 135. 136. 146. 209 Hempel, J . 80 Hengstenberg, E. W. 36 Herder, J . G. 33. 34. 135. 184f. Herodot 236 Heyne, Chr. G. 34 Hieronymus 14. 16. 17. 18. 236 Hirsch, E. G. 13. 15. 20 Hölscher, G. 124. 238

247

Keil, C. F. 32. 35f. 240. 247 Kellermann, U. 86. 204 Kerényi, Κ . 179 Kimchi, David (R.) 18. 20. 21. 28. 47 Kisch, G. 37 Kittel, G. 249 Kittel, R. 60. 63. 117. 124. 194. 211. 217. 245. 247 Klostermann, A. 9. 10. 22. 35. 50. 79. 231

Knudtzon, J . A. 214 Koch, K . 47. 135. 160. 208. 209. 240. 241 Köhler, L. 246. 247 Kohler, K. 16. 17 f. 49. 135. 242 König, E. 38. 85. 107. 129. 237 Kropat, A. 72. 79. 85. 86. 88. 89. 90. 91. 92. 107. 125. 217 Kuenen, A. 50. 66. 178. 206. 230. 231. 233

266

Namenregister

Kuschke, Α. 225 Kutscher, Ε. Y. 84 de Lagarde, P. Α. 18. 79 Lagrange, M.-J. 234 Landsberger, Β. 87. 185 Lavater, L. 23 Leander, P. 90. 243 Lemke, W. E . 51. 60. 70. 175 Levy, J . 114.247 Lewy, J . 238 Lidzbarski, M. 221. 222 Lietzmann, H . 234 Lindblom, J . 80 Lods, A. 155 Long, B. O. 147 L ü t k e m a n n , L. 123 Madsen. Α. A. 23. 91. 183.239. 246. 247 Maier, J . 210 Maimonides (Mose b. Maimón, R.) 81 Malamat, A. 87 Mandelkern, S. 80. 86. 114 Mann, T. 178 Marti, K. 74 Martianay, J . 18 Mär Zutra (R.) 15 Mayrhofer, M. 87 Meinhold, J . 248 Meyer, E. 60. 118 Meyer, J . 22 Meyer, R. 242. 243. 244. 245 Michaeli, F . 40f. 247 Michaelis, J . D. 25. 32 Michaelis, J . H. 37. 183 Migne, J.-P. 247 Milik, J . T. 80 Montgomery, J . A. 165 Morgenstern, A. 13 Mosiman, S. K. 70. 72. 83. 87. 114.117. 120. 127. 147 Movers, F . C. 39. 40. 42. 58. 67. 72. 78. 79. 80. 82. 85. 90. 99. 109. 115. 120. 127. 139. 140. 171. 179. 182. 190. 218f. 226. 231. 234. 239 Mowinckel, S. 86. 187. 237. 238 Myers, J . M. 10. 49. 134. 248 N a t h a n (R.) 135. 245 N a t h a n b. Jechiel Min ha-Anavim (R.) 18 Nestle, E. 13 Niese, B. 127. 133. 193. 200. 215. 229. 235. 236. 242. 244. 248 Nietzsche, F . 168. 206 Nikolaus von L y r a 22 Noordtzij, A. 94. 109. 248 Noth, M. 10. 28. 46. 49.51. 53. 55. 57. 58. 59. 64. 65. 67. 71. 75. 76. 77. 80.

82. 83. 86. 87. 92. 97. 98. 99. 117. 120. 122. 123. 127. 128. 140. 159. 178. 182. 190. 191. 195. 202. 204. 205. 207. 214. 222. 224. 232. 233. 239 Nübel, H.-U. 204

109. 134. 194. 218.

Oeder, G. L. 31 Oeri, J . J . 168 Oettli, S. 76. 150. 154. 248 Otto, R. 44 Overbeck, F. 134. 235. 243 Perlitt, L. 228 Pfeiffer, R. H . 131. 193 Plein, I. (s. auch Willi-Plein, I.) 167. 204. 210 Plöger, O. 113. 165 Prijs, Β 5. 24 Prijs, J . 24 Procksch, O. 165. 218. 227 Prokop von Cäsarea 26 Prokop von Gaza 17. 50 Purvis, J . D. 137. 193 R a b (R.) 13. 15 von Rad, G. 10. 46. 48. 49. 50. 53. 55. 62. 63. 64. 65. 101. 112. 119. 123. 124. 126. 131. 134. 152. 155. 161. 162. 163. 170. 174. 197. 198. 207. 210. 212. 218. 227 R a d u l p h 20 Rahlfs, A. 17. 50. 79. 83. 123. 246 Rahmer, A. 19 R a m m i bar J u d a (R.) 15 Randellini, L. 155 Raschi (Schelomo Iizchaki, R.) 18. 20. 21. 22. 129 Redpath, Η . A. 121. 246 Rehm, M. 27. 63. 70. 71. 72. 73. 74. 75. 76. 79. 83. 84. 85. 86. 87. 88. 95. 99. 120. 124. 125. 129. 130. 137 Reider, J . 71 Reuss, E. 40 Rinaldi, G. 236 Ringgren, H. 155 Robert, Α. 178 Röllig, W. 221 Rosenberg, M. 16. 17 f. 49. 135. 242 Rosenthal, F. 91 Rosenzweig, F. 53. 137. 177. 178 Rost, L. 204 Rothstein, J . W . 9. 46f. 58. 63. 75. 89. 97. 101. 109. 117. 124. 154. 183. 187. 194. 214. 232. 248 Rowley, Η . Η. 193 Rudolph, W. 9. 16. 25. 53. 57. 58. 60. 61. 64. 73. 74. 75. 76. 77. 83. 86. 93. 94. 97. 98. 99. 100. 101. 105. 106.

Namenregister 109. 110. 124. 128. 146. 150. 163. 164. 190. 191. 203. 204. 220. 224. 235. 237. Ruzizka, R.

111. 117. 129. 130. 151. 154. 169. 171. 192. 195. 211. 214. 226. 227. 240. 2 4 8 82. 88

118. 137. 156. 173. 196. 217. 228.

120. 139. 157. 174. 198. 218. 231.

121. 143. 158. 185. 199. 219. 234.

S a m u e l b. Nissim M a s m u t h (R.) 20. 21 S a n d a y , W . 234 Sarcerius, E . 23 Schärf, R . R . 155 S c h i m l a j (R.) 15 Schräder, E . 231 Schult, H . 97 Schulze, J . L. 17 Schwarz, A. 16 Seeligmann, I . L. 5. 53. 135. 161. 170. 219

Segal, M. H . 38 Sellin, E . 91 v a n Selms, Α. 101. 109. 127. 249 S e r v a a s v a n R o o j e n , A. J . 29 Simeon b. P a z a i (R.) 15 Simon (R.) 13 Simon, R . 20. 21. 27. 28. 30. 37 Sjöberg, E . 244 S m e n d , R . 27. 31. 33. 34. 37. 44. 178. 2 0 7 . 208. 211 v o n Soden, W . 215. 221 Sperber, A. 18. 70. 79. 84. 115 d e Spinoza, B . 13. 25. 27. 29. 30. 31. 32. 34. 205 Spiro, A. 16 Staehelin, E . 37 Staerk, W . 165 Stähelin, J . J . 231 S t a m m , J . J . 185 Stauffer, E . 226 Steck, Ο. H . 63. 113. 180. 212 Steuernagel, C. 49, 56. 60. 112. 124. 2 0 9 . 2 2 0 . 231 S t r a c k , H . L. 13. 16. 135. 227. 234 Strigel, V. 23 S t u m m e r , F . 14. 17 Sukenik, L. E . 122 Suler, B . 21 S u p h a n , B. 185 S u r e n h u y s , W . 15. 30 S w a r t , J . 11. 29. 46. 124. 191. 229 S y m m a c h u s 61. 114

267

Tarn b. J a c h j a (R.) 20 T a t i a n 27 T h a c k e r a y , H . St. J . 242 Thenius, O. 121 T h e o d o r v o n Mopsuestia 13 T h e o d o r e t v o n Cyrus 17. 50. 61 T h e o d o t i o n 114 Torczyner (Tur-Sinai), H . 74. 83 Torrey, C. C. 28. 45. 46. 48. 49. 51. 54. 86. 91. 92. 104. 1 1 2 . 113. 1 6 0 . 1 6 8 . 1 9 0 . 191. 192. 193. 231. 2 3 2 . 241 Trever, J . C. 81 T u r n e r , N . 71 Vannutelli, P . 69. 139. 249 V a t e r , J . S. 33. 34 V a t k e , W . 207 Vitringa, C. 30. 31 Vogel, Gr. J . L. 11. 26. 31. 169 Volz, P . 137 W a g n e r , M. 85. 87 W a l a h f r i d S t r a b o 20 W e b e r , F . 135 W e b e r , T h . 66. 178. 206. 230 W e i p p e r t , M. 82 Weiss, M. 183 Welch, A. C. 12. 46. 134 W e l l h a u s e n , J . 14. 25. 26. 27. 33. 35. 36. 39. 4 0 . 4 4 . 45. 47. 4 8 . 52. 65. 1 0 3 . 104. 105. 1 1 1 . 112. 113. 1 1 4 . 120. 1 2 3 f . 129. 132. 133. 143. 153. 161. 175. 1 7 8 . 1 9 1 . 192. 2 0 7 . 210. 2 1 5 . 2 1 7 . 227. 231. 234. 240 W e r b e c k , W . 23 de W e t t e , W . M. L. 26. 27. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 41. 44. 45. 5 1 . 63. 73. 9 0 . 9 9 . 1 1 7 . 127. 1 7 8 . 181. 1 8 2 .

1 9 0 .

2 3 1

W e v e r s , J . W . 79 Wildberger, H . 227 Wilkins, D . 18 Willi-Plein, I . (s. a u c h Plein, I.) 165 W i s e m a n , D . J . 159 Wiirthwein, E. 5

158.

Zimmerli, W . 74. 116. 122 Zunz, L. 13. 15. 16. 18. 20. 36. 37. 39. 40. 5 2 . 66. 1 7 7 . 179

Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments 105:

Peter Tachau

„Einst" und „Jetzt" im Neuen Testament Beobachtungen zu einem urchristlichen Predigtschema in der neutesta mentlichen Briefliteratur und zu seiner Vorgeschichte I S B N 3-525-53249-0. 166 Seiten, Leinen

107: Klaus Seybold

Das davidische Königstum im Zeugnis der Propheten I S B N 3-525-53352-0. 183 Seiten, Leinen

108: Walter Dietrich

Prophetie und Geschichte Eine redaktionsgeschichtliche Untersuchung zum deuteronomistischen Geschichtswerk. I S B N 3-525-53254-7. 158 Seiten, Leinen

109: James E. Crouch

The Origin and Intention of the Colossian Haustafel I S B N 3-525-53255-5. E t w a 185 Seiten, Leinen 110 : Wolfgang Harnisch

Eschatologische Existenz Ein exegetischer Beitrag zum Sachanliegen von 1. Thess. 4, 13-5, 11 I S B N 3-525-53254-1. E t w a 200 Seiten, Leinen

111 : Karl Martin Fischer

Tendenz und Absicht des Epheserbriefes I S B N 3-525-53256-3. E t w a 200 Seiten, Leinen

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