Die Bedeutung kultureller Selbst- und Fremdbilder in der Wirtschaft: Zum Wandel des Deutschlandsbildes in Taiwan 1960–2000 [1 ed.] 9783896449474, 9783896732545

Deutschland und Taiwan sind seit Jahrhunderten in direkter bzw. indirekter Verbindung und entwickeln sich heutzutage geg

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Die Bedeutung kultureller Selbst- und Fremdbilder in der Wirtschaft: Zum Wandel des Deutschlandsbildes in Taiwan 1960–2000 [1 ed.]
 9783896449474, 9783896732545

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Schriftenreihe Interkulturelle Wirtschaftskommunikation

Daniel Tsann-ching Lo

Die Bedeutung kultureller Selbst- und Fremdbilder in der Wirtschaft

Verlag Wissenschaft & Praxis

Die Bedeutung kultureller Selbst- und Fremdbilder in der Wirtschaft

Schriftenreihe Interkulturelle Wirtschaftskommunikation herausgegeben von: Prof. Dr. Jürgen Bolten, Universität Jena Prof. Dr. Peter Oberender, Universität Bayreuth

Band 11

Daniel Tsann-ching Lo

Die Bedeutung kultureller Selbst- und Fremdbilder in der Wirtschaft Zum Wandel des Deutschlandbildes in Taiwan 1960 - 2000

Verlag Wissenschaft & Praxis

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

ISBN 3-89673-254-4 © Verlag Wissenschaft & Praxis

Dr. Brauner GmbH 2005 D-75447 Sternenfels, Nußbaumweg 6 Tel. 07045/930093 Fax 07045/930094

Alle Rechte vorbehalten Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany

V

Danksagung Es gibt viele Menschen, die bei der hier vorgelegten Arbeit eine wichtige Rolle gespielt haben und ohne die diese Untersuchung so nicht zustande gekommen wäre. Ihnen möchte ich hier danken. In chronologischer Reihenfolge wäre zunächst Dr. Matthias Jung, Leiter des Instituts für Internationale Kommunikation Düsseldorf zu nennen. Er ermutigte und beriet mich bei meinen Promotionsplänen und stellte den Kontakt mit Prof. Dr. Jürgen Bolten her, der das Fachgebiet „Interkulturelle Wirtschaftskommunikation“ an der Friedrich-Schiller-Universität Jena aufgebaut hat. Ihm gilt mein besonderer Dank für die Annahme und kompetente Betreuung meiner Dissertation. Typisch für seine unermüdliche Hilfe war, dass er mich selbst während seines Forschungssemesters in den USA mit wertvollen Anregungen aus der Ferne unterstützte. Viele interessante Anregungen verdanke ich auch Prof. Dr. Günther Ammon, der sich zudem bereit erklärt hat, meine Arbeit zu begutachten und als Co-Referent vor der Philosophischen Fakultät zu vertreten. Auch dafür gebührt ihm ein spezieller Dank. Herrn Dr. Manfred Niedermeyer, Frau Swetlana Philipp, Frau Dr. Marion Dathe, Herrn Francisco Javier Montiel, Frau Dr. Sonja Brüdl-Price, Herrn Carey Mickalites, Frau Julia Herzog und Jochen Strähle sowie anderen Teilnehmern des Doktoranden-Kolloquiums möchte ich für ihre lebhaften Diskussionen und Vorschläge zu meiner Dissertation meinen herzlichsten Dank aussprechen. Herrn Ulrich Siegrist, Herrn Anton Schürzinger und Herrn Ernst-August Borchert schulde ich aufrichtigen Dank für ihre Korrektur meines Manuskripts. Mein ganz persönlicher Dank richtet sich an Frau Angela Lee für die erfolgreiche Weiterführung meiner Firma während meines Promotionsstudiums in Deutschland und an Frau Anita Chang für ihre engagierte Vertretung meines Lehrauftrags an der Fu-Jen-Universität Taipei. Und nicht zuletzt: Ohne die Unterstützung meiner Frau Mei-Yun wäre es mir niemals möglich gewesen, mich auf mein Studium in Jena zu konzentrieren. Ihr sei für ihre familiäre Fürsorge und die Betreuung unserer beiden Söhne während meiner Abwesenheit in Taipei gedankt.

INHALTSVERZEICHNIS

VII

Inhaltsverzeichnis Danksagung......................................................................................................... V Inhaltsverzeichnis ..............................................................................................VII Abbildungsverzeichnis .......................................................................................XI Tabellenverzeichnis......................................................................................... XIV TEIL 1 EINFÜHRUNG 1 1.1 1.2

Einführung......................................................................................... 19 Fragestellungen.................................................................................. 20 Untersuchungsziel ............................................................................. 21

TEIL 2 THEORETISCHER TEIL 2 2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4 2.2 2.2.1 2.2.1.1 2.2.1.2 2.2.2 2.2.3 2.2.4 2.2.4.1 2.2.4.2 2.2.5 2.2.5.1 2.2.5.2 2.2.5.3 2.2.5.4 2.2.5.5

Theoretischer Teil.............................................................................. 25 Selbstbild und Fremdbild................................................................... 25 Selbstbild- und Fremdbildgenese....................................................... 25 Beziehung zwischen Selbst- und Fremdbildern ................................. 26 Genese der Urteile über Völker ......................................................... 31 Herkunft der Imagebildung über Völker............................................ 32 Stereotype und Vorurteile.................................................................. 33 Wahrnehmung und soziale Wahrnehmung ........................................ 35 Wahrnehmung ................................................................................... 35 Soziale Wahrnehmung....................................................................... 37 Einstellung......................................................................................... 39 Ethnozentrismus ................................................................................ 41 Stereotype .......................................................................................... 44 Definition des Begriffs „Stereotyp“................................................... 44 Funktionen von Stereotypen .............................................................. 48 Vorurteile........................................................................................... 52 Definition des Begriffs „Vorurteil“ ................................................... 52 Zusammenhang der Begriffe „Stereotyp“ und „Vorurteil“ ................ 53 Genese von Vorurteilen ..................................................................... 53 Funktionen von Vorurteilen............................................................... 55 Stereotype, Vorurteile und Identitäten ............................................... 57

INHALTSVERZEICHNIS

VIII 2.2.5.5.1 2.2.5.5.2 2.2.5.5.3 2.2.6 2.3 2.3.1 2.3.2

Ich-Identität und Wir-Identität........................................................... 58 Ethnische Identität und nationale Identität......................................... 58 Kulturelle Identität und nationale Identität ........................................ 59 Diskriminierung und Rassismus ........................................................ 61 Aufbau und Reduktion von Stereotypen und Vorurteilen.................. 66 Aufbau von Stereotypen und Vorurteilen .......................................... 66 Reduktion von Stereotypen und Vorurteilen...................................... 68

TEIL 3 FORSCHUNGSDESIGN 3 3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.2 3.3 3.4

Forschungsdesign .............................................................................. 79 Die Forschungen zum Deutschlandbild in Taiwan ............................ 79 Stereotype von Deutschland in Taiwan ............................................. 80 Entwicklung der taiwanesischen Printmedien ................................... 81 Das Untersuchungscorpus.................................................................. 82 Untersuchungsgegenstand ................................................................. 84 Untersuchungsaspekte ....................................................................... 86 Untersuchungsmethoden.................................................................... 94

TEIL 4 EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE 4 4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.2 4.3 4.3.1 4.3.2 4.3.3 4.3.4

Statistische Fakten als Grundlage der Untersuchung ....................... 111 Den Deutschen zugeschriebene Charaktereigenschaften 1962-2000........................................................................................ 111 Verteilung der Berichterstattungen .................................................. 112 Anteil der Darstellungsformen 1962-2000....................................... 113 Intensität der Berichterstattungen .................................................... 114 Überblick über die Werbung für deutsche Güter 1962-2000 ........... 115 Überblick über die deutschen wirtschaftlichen und unternehmerischen Tätigkeiten 1961-2000...................................... 117 Anzahl der deutschen Firmengründungen ....................................... 117 Internationalisierungsformen ........................................................... 118 Tätigkeitsbereiche............................................................................ 120 Exkurs: Entwicklung der Geschäftsbeziehungen zwischen Deutschland und Taiwan ................................................................. 121

INHALTSVERZEICHNIS 5

5.1 5.2 5.2.1 5.2.2 5.3 6

6.1 6.2 6.2.1 6.2.2 6.2.3 6.2.4 6.2.5 6.2.6 6.3 6.3.1 6.3.2 6.3.3 6.4 7

7.1 7.2 7.2.1 7.2.2 7.2.3 7.2.4 7.2.5

IX

Analyse der Deutschlandbilder vor dem Hintergrund deutscher wirtschaftlicher und unternehmerischer Tätigkeiten in den 60er/70er Jahren .............................................................................. 129 Den Deutschen zugeschriebene Charaktereigenschaften ................. 129 Deutsche wirtschaftliche und unternehmerische Tätigkeiten........... 132 Anzahl der Gründungen deutscher Unternehmen und deren Rechtsformen................................................................................... 134 Tätigkeitsbereiche deutscher Unternehmen ..................................... 135 Zusammenfassung der 60er/70er Jahre............................................ 136 Analyse der Deutschlandbilder vor dem Hintergrund deutscher wirtschaftlicher und unternehmerischer Tätigkeiten in den 80er Jahren in Taiwan...................................................................... 141 Den Deutschen zugeschriebene Charaktereigenschaften ................. 141 Ergebnisse der Werbeanalyse .......................................................... 145 Die Begriffe „Made in Germany“, „Made in West Germany“ und „Made in West Berlin“ .................................................................... 145 Analyse der verbalen Ebene ............................................................ 147 Analyse der nonverbalen Ebene....................................................... 156 Exkurs: Nationalsozialistische Symbole als Träger einer Werbebotschaft................................................................................ 157 Analyse der paraverbalen Ebene...................................................... 170 Exkurs: Vergleich des deutschen und des taiwanesischen Kommunikationsstils in der Werbung ............................................. 171 Deutsche wirtschaftliche und unternehmerische Tätigkeiten........... 177 Anzahl der Gründungen deutscher Unternehmen und deren Rechtsformen................................................................................... 178 Tätigkeitsbereiche deutscher Unternehmen ..................................... 180 Deutsche Schule in Taipei und deutsche Wirtschaftsaktivitäten...... 183 Zusammenfassung der 80er Jahre .................................................... 184 Analyse der Deutschlandbilder vor dem Hintergrund deutscher wirtschaftlicher und unternehmerischer Tätigkeiten in den 90er Jahren....................................................................................... 193 Den Deutschen zugeschriebene Charaktereigenschaften ................. 193 Ergebnisse der Werbeanalyse .......................................................... 197 Analyse der verbalen Ebene ............................................................ 198 Analyse der nonverbalen Ebene....................................................... 201 Analyse der paraverbalen Ebene...................................................... 207 Wandel der Wirtschaftsstruktur und deren Ausdruck in der Werbung .......................................................................................... 208 Von der Standardisierung zur Differenzierung ................................ 209

INHALTSVERZEICHNIS

X 7.3 7.3.1 7.3.2 7.3.3 7.3.4 7.4

Deutsche wirtschaftliche und unternehmerische Tätigkeiten........... 218 Exkurs: Bildungsproblematik: Deutschunterricht und deutsche Wirtschaftsaktivitäten in Taiwan ..................................................... 220 Anzahl der Gründungen deutscher Unternehmen und deren Rechtsformen................................................................................... 225 Tätigkeitsbereiche deutscher Unternehmen ..................................... 228 Fallbeispiele der Bayer AG und der Siemens AG............................ 233 Zusammenfassung der 90er Jahre .................................................... 241

TEIL 5 Resümee und Ausblick 8

Resümee und Ausblick .................................................................... 253

Bibliographie .................................................................................................... 265 Anhang ......................................................................................................... 283

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

XI

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Abbildung 2:

Abbildung 3:

Abbildung 4: Abbildung 5: Abbildung 6: Abbildung 7: Abbildung 8: Abbildung 9: Abbildung 10: Abbildung 11: Abbildung 12: Abbildung 13: Abbildung 14: Abbildung 15: Abbildung 16: Abbildung 17: Abbildung 18: Abbildung 19: Abbildung 20: Abbildung 21:

Vergleich des Bildes vom typischen Unternehmer aus der Sicht der Hausfrau mit dem Selbstbild einer Hausfrau. .......... 28 Vergleich des Bildes vom typischen Unternehmer aus der Sicht der durchschnittlichen Arbeitnehmer mit dem Selbstbild der durchschnittlichen Arbeitnehmer. ............ 29 Vergleich des Bildes vom typischen Unternehmer aus der Sicht der leitenden Angestellten mit dem Selbstbild der leitenden Angestellten. ........................................................... 30 Linsenmodell nach BRUNSWICK (1956). ............................ 36 Modell der Wahrnehmung...................................................... 37 Wie lenken Einstellungen das Verhalten? Nach FAZIO 1986.................................................................. 39 Stereotyp der Körpergröße von Korbballspielern. .................. 46 Entstehung von Vorurteilen nach ALLPORT......................... 55 Identität................................................................................... 58 A Dynamic Structural Model of Racism. ............................... 64 Barrieren der Werbung. .......................................................... 89 Internationalisierungsformen von Unternehmen..................... 92 Werbeanzeige für Bordeaux-Wein. Eine volle Reisschüssel mit senkrecht darin steckenden Essstäbchen. ....................... 102 Abbildung einer vollen Schüssel Reis mit daneben liegenden Essstäbchen in Taiwan. ........................................ 103 Modellsituation zur interkulturellen Werbung...................... 105 Prozentuale Verteilung der Berichterstattungen in den neun Tageszeitungen. ........................................................... 112 Anteil der Darstellungsformen in Prozent. ........................... 113 Intensität der Berichterstattungen 1962-2000. ...................... 114 Einsatz von Werbemitteln im Rahmen des internationalen Investitionsgütermarketings.................................................. 116 Prozentuale Verteilung der Firmengründungen nach Jahrzehnten........................................................................... 117 Internationalisierungsformen deutscher Unternehmen in Taiwan in Prozent................................................................. 118

XII Abbildung 22: Abbildung 23: Abbildung 24: Abbildung 25: Abbildung 26: Abbildung 27: Abbildung 28: Abbildung 29: Abbildung 30: Abbildung 31: Abbildung 32: Abbildung 33: Abbildung 34: Abbildung 35: Abbildung 36: Abbildung 37: Abbildung 38: Abbildung 39: Abbildung 40: Abbildung 41: Abbildung 42: Abbildung 43: Abbildung 44: Abbildung 45: Abbildung 46: Abbildung 47: Abbildung 48:

ABBILDUNGSVERZEICHNIS Unternehmenstätigkeiten in Prozent..................................... 120 Verhandlungspartner von Produktionsfirmen....................... 121 Reichsmark-Anleihe und japanische Staatsanleihe............... 124 Prospekt über Farbstoffe der Firma Bayer............................ 126 Prospekt über „Aspirin“ von der Firma Bayer...................... 127 Werbung für BMW............................................................... 153 Werbung für Lexus............................................................... 155 Sportschuhe mit „Hakenkreuz“. ........................................... 158 „Hitlerbild“ als Automobilwerbung...................................... 159 „Hitlerbild“ in der Heizkörperwerbung. ............................... 160 Wahlkampagne (TV-Spot) mit Hitlerbild............................. 161 „Hitlerbild“ mit dem chinesischen Text „Diktatur bringt Unglück“. ................................................... 162 Links: die sanskritische Swastika. ........................................ 169 Rechts: das nationalsozialistische Hakenkreuz..................... 169 Links: die Geste des Präsidenten Chen................................. 170 Rechts: Hitlergruß. ............................................................... 170 Bill Gates als Sprecher für taiwanesische Informationsprodukte. .......................................................... 174 Superlative in der Werbung. ................................................. 176 Werbeanzeige für einen Bosch „Umweltschutz-Kühlschrank“. ............................................. 200 Rotring - Werbung in Deutschland. ...................................... 203 Rotring-Werbung in Taiwan................................................. 204 Sexuelle Anspielung in der Werbung für SiemensMobiltelefone. ...................................................................... 205 Reagenzglas als Stereotyp für deutsche „Technikbeflissenheit“. ........................................................ 206 Links: Werbetext und Anschriften der asiatischen Vertretungen in Englisch. ..................................................... 210 Rechts: Werbetext in Chinesisch. Anschriften der asiatischen Vertretungen in Englisch. ......... 210 Werbetext und taiwanesische Vertragshändler in Chinesisch. ....................................................................... 211 Werbetexte nur in Englisch. ................................................. 212

ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abbildung 49: Abbildung 50: Abbildung 51: Abbildung 52: Abbildung 53: Abbildung 54:

XIII

Werbetexte in Chinesisch. .................................................... 212 Links: westliche Fotomodelle............................................... 216 Rechts: taiwanesische Fotomodelle. ..................................... 216 Drei Generationen als Botschaft. .......................................... 217 Anzahl der Gründungen deutscher Unternehmen, der Berichterstattungen und der Werbeanzeigen .................. 258 Stressfaktoren verschiedener asiatisch-pazifischer Länder 1997 aus der Sicht deutscher entsandter Manager. ............... 261

XIV

TABELLENVERZEICHNIS

Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Tabelle 2: Tabelle 3: Tabelle 4: Tabelle 5: Tabelle 6: Tabelle 7: Tabelle 8: Tabelle 9: Tabelle 10: Tabelle 11: Tabelle 12: Tabelle 13: Tabelle 14: Tabelle 15: Tabelle 16: Tabelle 17: Tabelle 18:

Gegenseitige Einschätzungen deutscher und chinesischer Manager. ..................................................... 34 Typisierung ethnozentrischer Ideologie bei CAMPEL 1967. . 43 Varianzanalyse über Nationalität: kulturelle Gruppe und Lernstil. ........................................................................... 47 Die den Deutschen zugeschriebenen vier vorrangigen Eigenschaften 1942 und 1966................................................. 51 Verwendete Schlüsselwörter beim Versuch, Stereotype und Vorurteile zu reduzieren. ........................................................ 69 Zusammenfassung der Maßnahmen zur Reduktion von Stereotypen und Vorurteilen............................................ 70 Touristen aus Deutschland in Taiwan und aus Taiwan in Deutschland. ........................................................................... 80 Kurze Vorstellung der untersuchten Zeitungen. ..................... 83 Vergleich des Kommunikationsstils in Taiwan und Deutschland. ........................................................................... 88 Kommunikationsebenen und Untersuchungsobjekte. ........... 100 Anzahl der Funde anhand der 3 Suchbegriffe....................... 111 Verteilung der Werbung für deutsche Produkte nach dem Wirtschaftssektor.................................................................. 115 Den Deutschen zugeschriebene Charaktereigenschaften in den 60er/70er Jahren......................................................... 129 Berichterstattung u. a. über Deutschland auf der ersten Seite der taiwanesischen Zeitungen. ..................................... 131 Handelsvolumen zwischen Deutschland und Taiwan in den 60er/70er Jahren......................................................... 133 Endogene/exogene Faktoren für die Entstehung des Deutschlandbildes in Taiwan in den 60er/70er Jahren.......... 137 Den Deutschen zugeschriebene Charaktereigenschaften in den 80er Jahren................................................................. 142 Übersicht über die Verwendung nationalsozialistischer Symbole als Werbebotschaft und deren Konsequenzen ....... 163

TABELLENVERZEICHNIS Tabelle 19: Tabelle 20: Tabelle 21: Tabelle 22: Tabelle 23: Tabelle 24: Tabelle 25: Tabelle 26: Tabelle 27: Tabelle 28: Tabelle 29: Tabelle 30: Tabelle 31: Tabelle 32: Tabelle 33: Tabelle 34: Tabelle 35: Tabelle 36

XV

Handelsvolumen zwischen Deutschland und Taiwan in den 80er Jahren................................................................. 177 Endogene/exogene Faktoren für die Entstehung des Deutschlandbildes in Taiwan in den 80er Jahren.................. 186 Die Dynamik im Wandel des Deutschlandbildes in Taiwan in den 80er Jahren................................................................. 189 Den Deutschen zugeschriebene Charaktereigenschaften in den 90er Jahren................................................................. 194 Handelsvolumen zwischen Deutschland und Taiwan in den 90er Jahren................................................................. 219 Kooperationsfelder für deutsche- und taiwanesische Joint Ventures ............................................................................... 227 Taiwan auf dem Weltmarkt (1998)....................................... 231 Fallbeispiel der Bayer AG .................................................... 235 Vergleich der Aktion/Reaktion der Firmen Siemens und Shinkansen ........................................................................... 239 Anzahl der Rechtsanwälte/100.000 Einwohner. ................... 240 Die sich auf das taiwanesische Deutschlandbild auswirkenden endogenen und exogenen Faktoren................ 242 Die Dynamik im Wandel des Deutschlandbilds in Taiwan in den 90er Jahren................................................................. 247 Vergleich der Arbeitsmarktdaten/ Wachstumsraten BRD/ Taiwan 1992-2000................................................................ 249 Den Deutschen zugeschriebene Charaktereigenschaften in den 60er-90er Jahren in der taiwanesischen Presse. ......... 255 Dynamische Zunahme der Kontakte zwischen Deutschland und Taiwan. ..................................................... 258 Bruttosozialprodukt pro Kopf in asiatischen Ländern. ......... 259 Länderrisiko–Rating. ............................................................ 260 Liste deutscher Unternehmen in Taiwan (Anhang) .............. 290

TEIL 1 EINFÜHRUNG

TEIL 1 - EINFÜHRUNG

1

19

Einführung

Von Europa aus gesehen liegt Taiwan in Fernost. Die Entfernung beträgt ca. 11.500 Kilometer Luftlinie.1 Im Jahr 1590 wurde Taiwan zuerst von vorbeisegelnden portugiesischen Seeleuten entdeckt und erhielt von diesen den westlichen Namen Formosa (portugies.: Ilha Formosa), d.h. die schöne Insel (vgl. KOSCH et al. 1988: 171).2 In der Kolonialzeit war Nordtaiwan ab 1624 unter spanischer Besatzung und Südtaiwan unter niederländischer. 1642 besetzten die Niederländer ganz Taiwan, nachdem sie die spanische Armee in Nordtaiwan besiegt hatten. Im Jahr 1661 wurde die niederländische Kolonisierung Taiwans nach der Niederlage gegen Zheng Cheng-gong3, General der Ming-Dynastie (1368-1644 n. Chr.), beendet. Der General (auch Koxinga genannt) hatte noch nach dem Zusammenbruch der Ming-Dynastie an der Südostküste Chinas gegen die Qing-(Mandschu-) Dynastie (1644-1911 n. Chr.) gekämpft (vgl. YIN et al., Band 2, 2000: 513-517). Deutschland trat politisch in China erst Ende des neunzehnten Jahrhunderts in Erscheinung; verlor seine Kolonie (Qingdao)4 aber nach dem Ersten Weltkrieg. Nach Taiwan kamen Deutsche in größerer Anzahl erst, als sich die Chiang-Kaishek-Regierung nach ihrer Niederlage im Bürgerkrieg gegen Mao Zedong (1949) nach Taiwan zurückgezogen hatte und sich wirtschaftliche Kontakte mit der Bundesrepublik Deutschland bildeten. Obwohl es keine diplomatischen Beziehungen gab, konnten die Wirtschaftskontakte, beginnend mit den 60er Jahren, intensiviert werden. Deutschland ist heute der größte Handelspartner Taiwans in Europa, und Taiwan ist der drittgrößte Handelspartner Deutschlands in Asien. Seit den 90er Jahren benutzt die deutsche Wirtschaft Taiwan als Sprungbrett für den gesamten asiatischen Markt. Das Wachstum des Handelsvolumens führte später zu einer „Euphorie“ in den Beziehungen beider Länder. Allerdings gab es auch Rückschläge. So scheiterten Ende der 90er Jahre zwei größere Investitionsprojekte der Bayer AG bzw. der

1

2 3

4

Flugkilometer von Frankfurt nach Taipei. Vgl. „Lufthansa Timetable: China, Hong Kong, Taiwan. 25 Mar. –30 Jun. 01“, 2001: 21. Laut YIN et al. ereignet sich dies im Jahr 1545 (vgl. YIN et al., Band 1, 2000: 10). In der vorliegenden Arbeit werden chinesischsprachige Quellen nach dem Hanyu-Pinyin-System umgeschrieben, das von der International Organization for Standardization (ISO) geprüft und von der UNO anerkannt ist. Vgl. Lin I-hsien (2001): „A Brief History of Chinese Romanization Systems“. In: Sinorama, Vol 26, No 3, March 2001, Taipei: 102-103. Falls eine englische Umschrift bzw. Übersetzung vorhanden war, wurde diese übernommen. 1897-1914 war Qingdao in der Provinz Shandong deutsche Kolonie.

TEIL 1 - EINFÜHRUNG

20

Siemens AG in Taiwan. Als Folge des misslungenen Investitionsvorhabens (Bayer AG: 300 Mio. US-$/Siemens AG: 14 Milliarden US-$5) und der damit verpassten Marktchancen kam es zu einer erheblichen Verstimmung zwischen beiden Ländern. Der Misserfolg dieser zwei deutschen Investitionsprojekte ist vermutlich auf mangelnde interkulturelle Kompetenz der damaligen Akteure zurückzuführen. Vor diesem Hintergrund erscheint es notwendig, den Zusammenhang zwischen dem Deutschlandbild in Taiwan und dessen Auswirkungen auf das unternehmerische und wirtschaftliche Engagement deutscher Partner zu untersuchen.

1.1

Fragestellungen

Wegen des Fehlens diplomatischer Beziehungen und der großen räumlichen sowie kulturellen Distanz beider Länder ergibt sich eine Reihe von Fragen bezüglich der Kommunikationsqualität im Rahmen der wirtschaftlichen Kontakte. Die zentrale Ausgangsfrage lautet: Welches Fremdbild herrscht in Taiwan bezüglich Deutschlands und der Deutschen vor? Die Komplexität dieser Fragestellung legt nahe, mittels eines differenzierteren, diese Untersuchung leitenden Fragekanons an die Beantwortung dieser Grundsatzfrage heranzugehen. 1. Wie ist das Deutschlandbild in den verschiedenen Dezennien (von 1960 bis 2000) beschaffen? 2. Weiter interessiert auch der dynamische Aspekt eines evtl. Wandels dieses Deutschlandbildes: Hat sich das Deutschlandbild in Taiwan im Laufe der letzten Jahrzehnte gewandelt? Und wenn ja: wie und aufgrund welcher Umstände? 3. Darüber hinaus interessiert die Fragestellung, wie das existierende Deutschlandbild in der taiwanesischen Werbung instrumentalisiert wird. Dabei müssen die positiven und negativen Auswirkungen dieses Deutschlandbildes eingehend untersucht werden, um optimale Entscheidungsgrundlagen zu erstellen. Es muss auch der Frage nachgegangen werden, ob der Nationalsozialismus Einfluss auf das traditionelle Deutschlandbild Taiwans hat. 4. Welche Auswirkungen hat das existierende Deutschlandbild generell auf die deutschen Wirtschaftsaktivitäten in Taiwan? 5

Vgl. FELICIANO 2000: 10.

TEIL 1 - EINFÜHRUNG

21

5. Inwieweit lassen sich Erfahrungen beider Seiten aus deutsch-taiwanesischen Kooperationen für den Eintritt in andere Märkte nutzen? Während der erste Teil der Arbeit die theoretischen und methodischen Rahmenbedingungen der Argumentation bereitstellt, wird in den Kapiteln 4 bis 7 versucht, anhand empirischer Untersuchungen Antworten auf die oben gestellten Fragen zu finden.

1.2

Untersuchungsziel

Das Ziel der Arbeit besteht darin, auf der Basis empirischer Analysen von taiwanesischen Presseberichten und Werbeinhalten in Zeitschriften und durch eine Darstellung der taiwanesisch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen das Deutschlandbild in Taiwan zu fokussieren, um mit diesem Ergebnis bisherige Erfolge/Misserfolge deutscher wirtschaftlicher Aktivitäten zu beurteilen. Daraus sollen Vorschläge für eine zukünftige Zusammenarbeit beider Länder abgeleitet werden. Außerdem wird untersucht, inwieweit Erfahrungen einer bisherigen deutschtaiwanesischen Zusammenarbeit für ein zukünftiges Engagement in anderen asiatischen Ländern dienen können, wobei der weiteren Entwicklung der VR China besondere Beachtung zuteil wird. Vor diesem Hintergrund ist es ein besonderes Anliegen der Studie, Synergiepotenziale zu eruieren, die, auf einem verbesserten interkulturellen Verständnis basierend, ein effizientes Zusammenwirken beider Länder vor allem im wirtschaftlichen Bereich ermöglichen.

TEIL 2 THEORETISCHER TEIL

TEIL 2 - THEORETISCHER TEIL

2

25

Theoretischer Teil

Da diese Studie das Deutschlandbild behandelt, erscheint es notwendig, sich mit den für das Thema relevanten Begriffen, wie z.B. Wahrnehmung, Einstellung, Ethnozentrismus, Stereotype, Vorurteile, Diskriminierung und Rassismus, auseinander zu setzen. Berücksichtigt sind die Definitionen, Funktionen und Aspekte, die sich im Bild einer heterogenen Gruppe erkennen lassen.

2.1 2.1.1

Selbstbild und Fremdbild Selbstbild- und Fremdbildgenese

Sowohl das Selbstbild als auch das Fremdbild sind eine Art Mosaik aus einzelnen Stereotypen und Vorurteilen. Deshalb soll gezeigt werden, wie solche Bilder entstehen können. Vorstellungen, die sich Menschen von sich selbst machen, können als Selbstbild bezeichnet werden. Denkweisen, die Menschen über andere soziale Gemeinschaften haben, nennt man Fremdbild.1 Mit anderen Worten: Das Selbstbild ist auch als Selbsteinschätzung zu verstehen, das Fremdbild als Beurteilung anderer Personen und/oder Personengruppen (vgl. GÜNTHER 1975). Eindrücke, die man sowohl bei Entstehung des Selbstbildes als auch des Fremdbildes übernimmt, sind oft stereotyp und vorurteilsbehaftet. BERGLER (1976) hat die Entstehung des Selbstbildes folgendermaßen skizziert: „Die weitgehend unbewusste Übernahme angebotener Vorurteile ist gleichbedeutend dem Aufbau der eigenen Lebenswirklichkeit und damit auch des eigenen Selbstbildes.“ (BERGLER 1976: 110)

Als Synonyme für „Selbstbild“ und „Fremdbild“ werden oft die Begriffe „Autostereotyp“ und „Heterostereotyp“ verwendet2. Nach VON BASSEWITZ besteht jedoch ein subtiler Unterschied: „Gegenüber dem Stereotypenbegriff ist der Terminus ‚Bild’ (auch: Leitbild/Image) (vgl. BOULDING 1958) neutraler und offener. Bilder erlauben dem Menschen Orientierung im Raum, in der Zeit, in seinen Umweltbeziehungen, im Wertsystem, in den Gefühlen (vgl. BOULDING 1958, 46ff.). Ursprünglich sind solche Leitbilder Eigenschaften der einzelnen 1

2

Vgl. das Nachwort von Elisabeth Noelle-Neumann in: „Die Öffentliche Meinung“, LIPPMANN 1990: 287. Vgl. u. a. GÜNTHER (1975), BRÜTTING/TRAUTMAN (Hg.) (1997) und ROCLAWSKI (2000).

TEIL 2 - THEORETISCHER TEIL

26

Person. Im übertragenen Sinn und in Analogie kann man von Organisationen oder von der Gesellschaft als Ganzheit sprechen, die selbst ein Leitbild besitzen.“ (VON BASSEWITZ 1990: 21)

2.1.2

Beziehung zwischen Selbst- und Fremdbildern

Da der Einzelne zum Teil – und im Extremfall auch ganz – durch die Abgrenzung gegenüber anderen eine stabile Ich-Identität gewinnt, sind die Profile der Autound Heterostereotype meistens sehr ähnlich. Das Fremdbild ist oft nicht mehr als die identitätsverbürgende Kehrseite eines idealisierten Selbstbildes (TRAUTMANN 1997: 26). Selbst- und Fremdbild hängen folglich eng zusammen. Vergleicht man beispielsweise die Eigenschaften, die den Deutschen in der taiwanesischen Presse in den 90er Jahren zugeschrieben wurden (Fremdbild) (vgl. Abschnitt 7.1), mit jenen, die sich die Deutschen 1990 selbst zugeschrieben haben (Selbstbild)3, so wird offenkundig, dass viele gleich bzw. ähnlich sind: z.B. „arrogant“, „ehrlich“, „fleißig“, „fortschrittlich“, „gründlich“, „künstlerisch“, „ordentlich“, „praktisch“, „reich“, „reserviert“, „sauber“, „sparsam“, „sportlich“, „tierlieb“, „technikorientiert“, „umweltbewusst“ und „wissenschaftlich denkend“. Es handelt sich hier zwar um zwei unterschiedliche Stichproben, dennoch sind gleiche Charaktereigenschaften bzw. Parameter vorhanden. Es besteht eine Analogie zwischen Selbstbild und Fremdbild. Deutschen Produkten wird international ein hoher Qualitätsstandard zugeordnet. Dieses Fremdbild stimmt mit dem Selbstbild überein, das Deutsche mit der Qualität deutscher Produkte verbinden. Anhand zahlreicher Werbeaussagen deutscher Firmen ist diese Übereinstimmung von Selbst- und Fremdbild hinsichtlich der Bewertung der produzierten Qualität in Deutschland nachweisbar. Folgendes Zitat demonstriert eindrucksvoll, wie diese Interdependenz zwischen idealisiertem Selbst- und Fremdbild kommuniziert wird:

3

Folgende Eigenschaften haben Deutsche sich selbst zugeschrieben: „reiselustig“, „Materialisten“, „pflichtbewusst“, „ordnungsliebend“, „leben, um zu arbeiten“, „fleißig“, „gute Techniker“, „Geschäftsleute“, „reich“, „wirtschaftlich effizient“, „gehorsam“, „sauber“, „umweltbewusst“, „gute Wissenschaftler“, „gründlich“, „stehen für Qualität“, „fernsehbegeistert“, „legen Wert auf Privatleben“, „fortschrittlich“, „dick“, „zuverlässig“, „großspurig“, „sparsam“, „Dichter und Denker“, „Tennisspieler“, „gute Ärzte“, „stur“, „reserviert“, „sportlich“, „diszipliniert“, „pünktlich“, „arrogant“, „nicht besonders religiös“, „tierlieb“, „beherrscht“, „modern“, „Realisten“. In: „Kultur, Mentalität, Nationale Identität“, BENEKE (Hg.) 1990: 42.

TEIL 2 - THEORETISCHER TEIL

27

„NORDMENDE-Fernseher sind internationale Spitzenklasse, in aller Welt beliebt und begehrt. In ihnen vereint sich höchster technischer Fortschritt, solide deutsche Werkmannsarbeit, elegante Formgestaltung und größte Wertbeständigkeit.“ (Fernseher-Anzeige von NORDMENDE, Nr. 39/1962: 75)4

Stellt man einen Vergleich zwischen Selbst- und Fremdbildern an, so ist auch danach zu fragen, wie groß – ausgehend von der Übereinstimmung von Selbst- und Fremdbildern – der Grad der Identifikation zwischen den Beteiligten ist. Beurteilt werden kann dies, in dem man untersucht, wie symmetrisch bzw. asymmetrisch die Selbstwahrnehmung und die Wahrnehmung eines Gegenübers beschaffen ist. Egal ob im intra- oder im interkulturellen Bereich, die Symmetrieverläufe zwischen Selbst- und Fremdbild lassen Rückschlüsse auf die Qualität der Beziehungen zwischen den Beurteilenden zu. Daher wird in der vorliegenden Untersuchung der Betrachtung der Selbst- und Fremdbilder der Deutschen und der Taiwanesen ein großer Raum zugestanden. Eine exemplarische – wenn auch intrakulturelle – Untersuchung von Selbst- und Fremdbildern hat BERGLER 1976 vorgenommen. Anhand dieser Untersuchung entsteht ein erster Eindruck, wie die Beziehungssymmetrie im Selbst- und Fremdbildbereich eruiert werden kann. BERGLER vergleicht hier die Fremdbilder vom typischen Unternehmer aus der Sicht der Hausfrau, des durchschnittlichen Arbeitnehmers und des leitenden Angestellten mit den jeweiligen Selbstbildern der Befragten.

4

Zitiert nach JIA 2002: 125.

28

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Abbildung 1: Vergleich des Bildes vom typischen Unternehmer aus der Sicht der Hausfrau mit dem Selbstbild einer Hausfrau. Quelle: BERGLER 1976: 33.

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29

Abbildung 2: Vergleich des Bildes vom typischen Unternehmer aus der Sicht der durchschnittlichen Arbeitnehmer mit dem Selbstbild der durchschnittlichen Arbeitnehmer. Quelle: ebd.: 34.

30

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Abbildung 3: Vergleich des Bildes vom typischen Unternehmer aus der Sicht der leitenden Angestellten mit dem Selbstbild der leitenden Angestellten. Quelle: ebd.: 35.

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31

BERGLER belegt in dieser Untersuchung, dass sich die Hausfrauen in expliziter Distanz zum typischen Unternehmer erleben, während die leitenden Angestellten den höchsten Grad der Identifikation mit dem Unternehmer zeigen. Dadurch gelingt es ihm darzustellen, inwieweit eine Distanz der beurteilenden zur beurteilten Partei besteht – beziehungsweise eine Identifikation mit ihr. Wie schon angesprochen, lassen sich anhand der Symmetriequalität zwischen Selbst- und Fremdbild auch Aussagen über die Beziehungsqualität treffen. So weist GRIFFITH (1969) darauf hin, dass mit zunehmender Ähnlichkeit von Selbst- und Fremdbild die dem beurteilten Menschen entgegengebrachte Sympathie ansteigt (ebd.: 67). Als ein anderes Beispiel für die wechselseitige Abhängigkeit der Selbst- und Fremdbildgenese kann das taiwanesische Magazins „Common Wealth, Taiwan’s leading magazine“ (Im Weiteren: „Common Wealth“)5 angeführt werden. Anlässlich der Gründung dieses Magazins wurde der Titel mit den Untertiteln „wirtschaftlich, lebensnah“6 und „A business monthly“ ergänzt. Dank der großen Resonanz in Taiwan wurde dieses Wirtschaftsmagazin nach einiger Zeit zum Marktund Meinungsführer. In der Konsequenz passten die Herausgeber die beiden Untertitel dem neuen Image an. Nun lauten sie: „konzeptuell führend“7 und „Taiwan’s leading magazine“. Mit diesem Beispiel kann belegt werden, wie die Veränderung des Fremdbildes auch zu einer Änderung des Selbstbildes führt. Selbstund Fremdbild sind interdependent. 2.1.3

Genese der Urteile über Völker

Im Alltag bestimmen nach BRÜTTING8 erlernte bzw. tradierte Wahrnehmungsmuster unsere Sicht auf ein anderes Land. Mittel- oder unmittelbar haben wir heute immer mehr Kontakte mit anderen Völkern. Durch Presse, Rundfunk und Fernsehen werden wir über die Ereignisse in anderen Ländern informiert. Als Touristen kommen wir mit anderen Kulturkreisen auch zunehmend in direkten Kontakt. Im Rahmen der wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Globalisierung ist auch in vermehrtem Maße zu beobachten, dass multikulturelle Arbeitsteams kooperieren. Bei indirekten Kontakten, wie Berichterstattungen im Fernsehen und in der Presse, entsteht durch den Vergleich von Glaubensinhalten, Lebensanschauungen, Sitten und Wertvorstellungen in Bezug auf andere Völker nur ein fremdbestimmtes Image. Durch direkte Kontakte dagegen generiert sich auf der 5 6 7 8

Gegründet 1981 in Taipei, erscheint monatlich. Der chinesische Text hieß „jingji de, shenghuo de“. Der chinesische Text heißt „guannian lingxian de“. In: BRÜTTING/TRAUTMANN (Hg.) 1997: 19.

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32

Basis eigener Wahrnehmungen und Erfahrungen ein eigenbestimmtes Image hinsichtlich anderer Länder. Eine bedeutende Rolle bei der Entstehung der Urteile spielt die Stimmung. Nach GÜNTHER wächst mit zunehmender Sympathie des Urteilenden für eine Person oder eine soziale Gemeinschaft seine Bereitschaft, dieser positive Eigenschaften zuzuschreiben. Negative Merkmale werden nur selten oder gar nicht festgestellt (GÜNTHER 1975: 5). Die Bestätigung dieser Aussage findet sich auch bei CHILD, DOOB (1943) und VINACKE. Erwünschte Eigenschaften werden häufiger sympathisch erlebten Gruppen als unsympathischen zugeschrieben. Dies ist relativ unabhängig davon, in welchem Ausmaß die urteilende Gruppe sich selbst diese Charaktereigenschaften zuschreibt (ebd.: 105). Da die Imagebildung große Auswirkungen auf die Entstehung eines Auslandsbildes hat, soll dieser Begriff im Abschnitt 2.2.5.2 näher erörtert werden. Bei der Entstehung von Urteilen über andere Völker wirken Stereotype und Vorurteile mit. Betrachtet man zum Beispiel die Medien, wird deutlich, dass man nicht mit einem getreuen Abbild der Welt rechnen kann (vgl. VON BASSEWITZ 1990). Seit Generationen begegnen sich Mitglieder verschiedener ethnischer Gruppen. Wenn den Menschen dabei aber das Bewusstsein über Stereotype und Vorurteile fehlt, fallen sie leicht der Gefahr zum Opfer, die die chinesische Weisheit „Xiazi mo xiang“9 beschreibt. Ins Deutsche könnte man diesen Spruch folgendermaßen übersetzen: „Der Blinde nimmt einen Elefanten wahr.“ Oder anders formuliert: „Man hat auch im Rahmen nationaler Vorurteile immer wieder die Frage nach der objektiven Richtigkeit von Urteilen über andere Völker oder Volksgruppen gestellt und kam höchstens zu der Bestätigung, dass ein ‚Körnchen’ Wahrheit vorhanden sei; das aber ist zu wenig für ein Urteil über alle Angehörigen eines Volkes.“ (BERGLER 1976: 123)

2.1.4

Herkunft der Imagebildung über Völker

Die Herkunft der Völkerbilder, die sich nicht nur in der Schulliteratur, sondern auch im populären Geschichtsbild, in der Belletristik und in den modernen Medien wiederfinden, ist vielfältig (Lemberg 1986: XII, vgl. auch TRAUTMANN 1997: 23). Vor allem sind die Eindrücke von fremden Völkern ein Produkt von Kommunikation. Daher sind – gerade heutzutage – die zahlreichen und immer zahlreicher werdenden Medien wesentlich mitverantwortlich für das Image frem9

“Xiazi mo xiang“ ist eine chinesische Fabel. Sinngemäße Übertragung: Der Blinde nimmt einen Elefanten wahr. Alle einzelnen Teile des Elefantenkörpers, die er berührt und beschreibt, sind wahrheitsnah, was jedoch keinesfalls das Gesamtbild eines Elefanten darstellt.

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der Völker. Dies bestätigt JONES: “(...) the influence of television and other broadcast and visual media has grown enormously in the past 25 years” (JONES 1997: 176). Nach VON BASSEWITZ sieht die Reihenfolge der fünf wichtigsten Kanäle, aus denen französische Erwachsene ihre Erkenntnisse über die Bundesrepublik Deutschland gewinnen, wie folgt aus: ¾

Radiosendungen 53%

¾

Fernsehen 47%

¾

Überregionale Zeitungen 37%

¾

Gespräche mit Leuten, die Westdeutschland besucht haben 35%

¾

„allgemeine Unterhaltung“ 36% (VON BASSEWITZ 1990: 32)

Die Reihenfolge der Wichtigkeit von Informationen über Deutschland und Deutsche für taiwanesische Germanistikstudenten kann so dargestellt werden: ¾

von ihren Lehrern

¾

aus dem Fernsehen

¾

aus chinesischen Zeitungen (MÜLLER 1999: 99-100)

Als wahrscheinliche Begründung für die von Frankreich abweichende Reihenfolge der Wahrnehmungsquellen in Taiwan ist die unterschiedlich große geographische Entfernung beider Länder zu Deutschland anzunehmen.

2.2

Stereotype und Vorurteile

Bevor wir uns mit den Begriffen „Stereotyp“ und „Vorurteil“ befassen, betrachten wir ein Beispiel aus dem Wirtschaftsalltag. Die folgende Tabelle listet die in einer Umfrage ermittelte gegenseitige Einschätzung deutscher und chinesischer Manager auf (Tabelle 1):

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34

Was Deutsche an Chinesen ...

Was Chinesen an Deutschen ...

... schätzen

... schätzen

Disziplin

Offenheit

Lernbereitschaft

Zuverlässigkeit

Anpassungsfähigkeit und Pragmatismus

Effizienz

Handwerkliche Fähigkeiten

Zielstrebigkeit

Bereitschaft, hart zu arbeiten

Sympathischer Charakter

... kritisieren

... kritisieren

Bürokratie

Überzogene Erwartungen

Ineffizienz

Ungenügende Kooperation

Kurzsichtige Denkweise

Ignoranz der Kultur

Geringe Kreativität

Übertriebene Genauigkeit

Fehlende Initiative

Arroganz

Fehlendes Verantwortungsgefühl Geringer Ausbildungsstand Tabelle 1:

Gegenseitige Einschätzungen deutscher und chinesischer Manager. Quelle: Deutsch-Indische Handelskammer. „German Direct Investments in China, India and Indonesia“, 1996)10

Wie sich Stereotype bilden und wie sie reduziert werden können, soll anhand empirischer Analysen von den Deutschen durch Taiwanesen zugeschriebenen Charaktereigenschaften gezeigt werden. Nach LEMBERG befasst sich der relativ neue interdisziplinäre Wissenschaftszweig der „Imagologie“ mit der Erforschung der Bilder, die sich Völker, Nationen und Großgruppen aller Art voneinander machen. Diese „Völkerbilder“ verbinden Großgruppen miteinander oder trennen sie. Geprägt und verstellt sind sie vielfach von Stereotypen und Vorurteilen (LEMBERG 1986: XI). Werden die beiden letztgenannten Begriffe als „Symptom“ oder „Konsequenz“ betrachtet, muss nach der „Ursache“ oder dem „Auslöser“ gesucht werden. Zuvor müssen jedoch noch weitere zentrale Kategorien er-

10

In: DRÄGER/ISSA/JANISCHEWSKI 1999: 133.

TEIL 2 - THEORETISCHER TEIL

35

läutert werden, die die Entstehung und Qualität von Stereotypen mitbestimmen. Im Folgenden soll deshalb auf den Bereich Wahrnehmung und soziale Wahrnehmung als eine Konstituente von Stereotypen eingegangen werden. 2.2.1

Wahrnehmung und soziale Wahrnehmung

Der Mensch befindet sich in einer Welt, in der er zu jeder Zeit mit Reizen konfrontiert wird. Entscheidend ist, welche Einflüsse für das Individuum von Bedeutung sind und welche ignoriert werden können. Dies wird gesteuert durch die Sinnesorgane und das zentrale Nervensystem, welche zur Auswahl und Verarbeitung der Informationen und Reize dienen. Daraus resultiert das menschliche Verhalten. 2.2.1.1

Wahrnehmung

Es ist allgemein akzeptiert, dass die Welt, die wir sehen und wahrnehmen, nicht „objektiv“ existiert. BIERBRAUER (1996: 69-72) hat aus psychologischer Sicht zwei Hypothesen aufgestellt, um zu erklären, weshalb unsere subjektive Wahrnehmung externe Gegebenheiten nicht so abbildet, wie sie (möglicherweise) sind: 1) Unsere Wahrnehmung ist probabilistisch Um die Hypothese zu erklären, bezieht sich BIERBRAUER auf das Linsenmodell von BRUNSWICK (1956) (vgl. Abb. 4):

36

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Abbildung 4: Linsenmodell nach BRUNSWICK (1956). Zitiert nach BIERBRAUER 1996: 71. Dieses Modell zeigt, dass die subjektiv wahrgenommene Welt nicht die passive Widerspiegelung der äußeren Objektwelt ist, sondern unsere Interpretation dieser Welt. 2) Unsere Wahrnehmung ist begrenzt BIERBRAUER geht bei diesem Modell davon aus, dass unser kognitives System wie moderne Rechner eine begrenzte Informationsverarbeitungskapazität hat. MILLER (1956) zeigt, dass Menschen in ihrem Kurzzeitgedächtnis nicht mehr als „7 plus 2 oder minus 2“ Informationsstücke oder Kognitionen gleichzeitig präsent halten können. Diese Form der kognitiven Begrenztheit hat er mit dem Slogan “The magic number seven, plus or minus two“ berühmt gemacht. Darüber hinausgehende Informationen werden ausgeblendet oder verzerrt wahrgenommen (BIERBRAUER 1996: 72). Abschließend soll noch das Modell von FLADE (1980) betrachtet werden, das Wahrnehmungsprozesse anschaulich darstellt (vgl. Abb. 5):

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37

Abbildung 5: Modell der Wahrnehmung. Quelle: FLADE 1999: 834. Es zeigt sich hier, dass das Langzeitgedächtnis eine entscheidende Rolle dabei spielt (FLADE 1999), Dinge, Personen, Orte usw. überhaupt als solche wahrnehmen bzw. erkennen zu können. Das Langzeitgedächtnis ist mit der CPU (Central Processing Unit) beim modernen Rechner zu vergleichen, die der ganzen Operation (hier: der Wahrnehmung) die notwendige Unterstützung bietet. 2.2.1.2

Soziale Wahrnehmung

Nach FLADE (1999) bedeutet „soziale Wahrnehmung“ zweierlei: „(...) das Wahrnehmen von Personen anstelle von Dingen und die soziale Bedingtheit der Wahrnehmung. Die Wahrnehmung von Personen (‚person percep tion’) wurde meist innerhalb der Sozialpsychologie untersucht. Mit der Bezeichnung ‚social perception’ war die Annahme verbunden, dass die Wahrnehmung sozialen Einflüssen unterworfen ist, die zum einen in Einstellungen, Wertvorstellungen, Bedürfnissen usw. und zum anderen durch den direkten Einfluss anderer Personen zustande kommt.“ (ebd.: 837) Einleuchtend erklären die zwei Modelle im Abschnitt 2.2.1.1, weshalb wir die Welt so wahrnehmen, wie sie angesichts unserer mentalen Begrenztheit erscheint. Die zugrunde liegenden mentalen Prozesse bleiben jedoch unerklärt. LEWIN hat uns eine Einsicht in die Dynamik mentaler Prozesse geliefert, und HILGRAD

38

TEIL 2 - THEORETISCHER TEIL

(1980) konnte beweisen, dass die Diskussion über die Bedeutung der mentalen Kräfte oder psychischen Erscheinungen des Bewusstseins bereits um etwa 1700 existierte. Verändert hat sich dabei lediglich der Wortlaut (vgl. BIERBRAUER 1996: 73). Nach BIERBRAUER können die psychischen Prozesse und Funktionen in folgende drei Bereiche eingeordnet werden: 1) „Kognitionen: sie beziehen sich u. a. auf Aspekte des Wissens, Verstehens, Denkens, Urteilens und Schlussfolgerns. 2) Motivationen: sie umfassen u. a. Absichten, Ziele, Wünsche und gelegentlich Handlungen. 3) Affekte: sie beziehen sich u. a. auf Gefühle wie Freude, Schmerz, Vorlieben und Abneigungen.“ (ebd.: 73) Vor diesem Hintergrund ist es selbstverständlich, wenn Katz und Braly (1933) bei ihrer Stereotypenforschung zu der Auffassung gelangen, dass Stereotype den kognitiven und Vorurteile den affektiven Teil einer Attitüde gegenüber fremden Gruppen beschreiben. Später wurde dies durch eine Vielzahl von Autoren übernommen (vgl. LILLI 1982: 4). Es ist offenkundig, dass die Stereotypenforschung immer auf soziale Wahrnehmung zurückzuführen ist. „Die Theorie der Stereotypisierung ist im Rahmen der Hypothesentheorie der sozialen Wahrnehmung zu sehen, die eines der zentralen Konzepte in der Sozialpsychologie umschreibt.“ (ebd.: 128) Festzuhalten ist, dass eine Reziprozität z.B. zwischen sozialer Wahrnehmung und Diskrimination oder Rassismus besteht. Es wird fraglos akzeptiert, dass die soziale Wahrnehmung Einfluss auf die Einstellung und dadurch auf Stereotype ausübt. Aber auch umgekehrt existiert ein Einfluss. Nach BIERBRAUER werden die meisten Menschen der Behauptung zustimmen, dass bestimmte Vorerfahrungen, Einstellungen und Vorurteile unsere soziale Wahrnehmung beeinflussen (BIERBRAUER 1996: 64). Darüber hinaus ist anzunehmen, dass z.B. ein Rassist eine andere Vorstellung und Wahrnehmung von Heterogruppen hat als z.B. der normale Querschnitt der Bevölkerung. Eine ähnliche Bestätigung ist auch bei BIERHOFF (1988) festzustellen: „Stereotype, die durch eine überlagernde Klassifikation hervorgerufen werden, beeinflussen nicht nur die Wahrnehmung, sondern auch die Diskrimination der Außengruppe gegenüber der Binnengruppe. In einer Reihe von Untersuchungen (s. zusammenfassend Brewer 1979; Tajfel 1982; Wilder 1981) wurde gezeigt,

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39

dass Beurteiler Mitglieder der Binnengruppe positiver beurteilen und höher belohnen als Mitglieder der Außengruppe.“ (BIERHOFF 1988: 201) Dass Wahrnehmung und Einstellung in wechselseitiger Abhängigkeit stehen, hat BIERHOFF (2000: 269) so erklärt: Um eine Einstellung bei der Bewertung eines Einstellungsobjekts zu benutzen, muss sie aus dem Gedächtnis abgerufen werden. Mit dem Wahrnehmungsmodell von FLADE (vgl. Abb. 5) wird diese Annahme bestätigt. Weiterhin hat BIERHOFF (ebd.: 269-270) in einem Modell, das die Lenkung des Verhaltens durch die Einstellung zeigt, die Korrelation zwischen Einstellung und Wahrnehmung erläutert (vgl. Abb. 6):

Abbildung 6: Wie lenken Einstellungen das Verhalten? Nach FAZIO 1986. zitiert nach BIERHOFF 2000: 270. BIERHOFF argumentiert: Durch Selektivität der Wahrnehmung färbt eine aktivierte Einstellung die Bewertung des Einstellungsobjekts. Die Einstellung fungiert als Filter der Wahrnehmung und legt damit die Definition und Bewertung des Ereignisses fest. Weiterhin weist PETERMANN (1988: 148) darauf hin, dass die Grundlage für die Beschreibung des Prozesses der Vorurteilsbildung oder der Entstehung von Einstellungen in der Wahrnehmungspsychologie besteht. Es ist nun notwendig, dass wir uns im nächsten Abschnitt mit der „Einstellung“ beschäftigen. 2.2.2

Einstellung

Der Begriff „Einstellung“ wurde zum ersten Mal in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von Darwin und Spencer verwendet (vgl. MEINENFELD 1999: 120). THOMAS und ZNANIECKI prägten ihn 1918 in ihrer Arbeit „The Polish peasant in Europe and America“ (vgl. MEINENFELD 1999, MERCKELBACH 1998), in der sie Orientierungsprobleme polnischer Bauern in einer sich wandelnden bzw. in einer ihnen völlig fremden Umwelt untersuchten.

40

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ALLPORT hat eine sehr bekannte Definition von Einstellung gegeben: „Einstellung ist ein seelischer und nervlicher Bereitschaftszustand, der durch die Erfahrung organisiert, einen richtenden oder dynamischen Einfluss auf die Reaktion des Individuums auf alle Objektive und Situationen ausübt, mit denen es verbunden ist.“ (zitiert nach BIERHOFF 1988: 195)

Einstellungen sind nach ALLPORT durch Erfahrungen bedingt. Sie führen zur Bewertung der betreffenden Personen oder Objekte, die sowohl positiv als auch negativ sein können. Außerdem sind Einstellungen relativ überdauernd und verhaltenswirksam. Diese Eigenschaften zählen zu den Merkmalen der Einstellung (vgl. BIERBRAUER 1996: 115). Um diese Charakteristika näher betrachten zu können, nehmen wir als Beispiel einen Ureinwohner11 Taiwans: In einer Fabrik bei Taipei wird unter anderen ein Ureinwohner Taiwans als Arbeiter beschäftigt. Falls nach einem Fest ein solcher Arbeiter nicht am Fließband erscheint, wird automatisch angenommen, dass er wegen Trunkenheit nicht anwesend ist. Die Abwesenheit eines anderen Taiwanesen würde dagegen sicherlich mit Krankheit begründet werden. Ob diese Vermutungen der Wahrheit entsprechen oder nicht, ändert nichts an den Vorverurteilungen in einer späteren ähnlichen Situation. Solche Annahmen lassen sich nur schwer ausräumen. Als Konsequenz wird das Gehalt des Ureinwohners nicht weiter angehoben, und es werden ihm auch weniger Aufstiegschancen geboten. Entscheidend für dieses Verhalten ist die subjektive Einstellung, welche die taiwanesischen Arbeitgeber von den Ureinwohnern im eigenen Land haben. Es gilt daher auch zu klären, wie diese beziehungsprägenden Einstellungen entstehen. Auf die Frage, weshalb man Einstellungen hat, die man für richtig hält, gibt BIERHOFF folgende Erklärung ab: 1) Wissensfunktion: Erkenntnisse erwerben, um in einer komplexen Welt leben und überleben zu können, z.B. Erkenntnisse im Umgang mit Mitmenschen; Fähigkeiten üben und erwerben; Berufschancen verbessern usw. 2) Soziale Anpassungsfunktion: sich im Freundeskreis und bei den Familienmitgliedern gegebenenfalls anpassen; ein gutes Image bei anderen Personen erwerben, Konformitätstendenz etc. 11

Archäologische Funde belegen, dass es auf Taiwan bereits vor 12-15.000 Jahren menschliche Siedlungen gab. Zur Zeit leben noch neun größere Ureinwohnerstämme auf Taiwan: Ami, Atayal, Paiwan, Bunun, Rukai, Puyuma, Tsou, Saisiyat und Yami. Die Zahl der Ureinwohner lag 1995 bei knapp 360.000. Vgl.: „Die Republik China. Eine kurze Einführung“, CHEN (Hg.), Government Information Office, 2. Auflage, 1998: 13-14.

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41

3) Wert-Ausdrucksfunktion: Wertvorstellungen zum Ausdruck bringen, z.B. humanitäre Einstellungen; soziale Verantwortung. 4) Funktion der Ich-Abwehr: Selbstschutz; Aggression als Feindseligkeit auf andere Personen projizieren. (vgl. BIERHOFF 2000: 272) Zum besseren Verständnis des sehr weit gefassten Begriffs „Einstellung“ trägt folgende Untergliederung von KATZ & STOTLAND (1959) bei (vgl. ebd.: 268): 1) Affektive Assoziationen: Erlebte positive oder negative Erfahrungen spielen eine überwiegende Rolle in Einstellungen. 2) Intellektualisierte Einstellungen: Die Meinungskomponenten sind entscheidend bei der Entstehung der Einstellung. 3) Handlungsorientierte Einstellungen: Positive bzw. negative Einstellungen sind bedingt durch das Verhalten. 4) Balancierte Einstellungen: Bewertung, Meinung und Verhaltensintention kennzeichnen die Einstellung. Dass die Beurteiler das Einstellungsobjekt in der Vergangenheit aus eigener Anschauung kennen gelernt haben, ist eine wichtige Voraussetzung. 5) Ein Spezialfall balancierter Einstellungen sind defensive Einstellungen: Das Buch „Über den autoritären Charakter“ von ADORNO, FRENKELBRUNSWICK, LEVINSON & SANFORD 1950) vertritt die Theorie, dass eine Persönlichkeitsstruktur besteht, die durch die Dominanz defensiver Einstellungen geprägt ist, die die eigene Person schützen. Die Einstellungsthematik ist eng mit ethnozentrischen Fragestellungen verbunden (vgl. BIERBRAUER 1996: 149, BIERHOFF 2000: 268). BIERBRAUER bringt deutlich zum Ausdruck, dass die Forschungen über die Ursachen des Ethnozentrismus in entscheidender Weise durch die klassische Studie über die Dynamik der so genannten autoritären Persönlichkeit durch Adorno et al. (1950) angeregt wurden. Der nächste Abschnitt beschäftigt sich deshalb mit dem Thema Ethnozentrismus. 2.2.3

Ethnozentrismus

Eingeführt wurde der Begriff „Ethnozentrismus“ von dem amerikanischen Soziologen SUMNER in seinem Buch „Folkways“ (vgl. BIERBRAUER 1996; ZICK 1997). Als Ethnozentrismus beschreibt SUMMER die Neigung, dass ethnische

42

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Gesellschaften (Nationen, Völker etc.) ihre Gruppe als „Zentrum von allem“12 wahrnehmen, von wo aus alle anderen Personen und Gruppen beurteilt werden. “Each group thinks its own folkways are the only right ones, and if it observes that other groups have other folkways, these excite it’s scorn.” (SUMNER, 1906, zitiert nach LEVINE & CAMPELL, 1972, p.8)13

TRIANDIS (1990) definiert Ethnozentrismus als eine Tendenz, die In-group zum Standard natürlicher Einstellungen und Verhaltensweisen zu erheben. So hat er z.B. dargestellt: “When people come into contact with individuals from other cultures, they observe differences in dress, behavior patterns, language, and more. Most people react to such differences ‘ethnocentrically’, that is, they use their own ethnic group (an in-group) as the standard and judge others favorably if they are like in-group members and unfavorably if they are not. This human tendency is so widespread that we must do something about it if we are to get along with people from other cultures.” (Triandis 1990: 34)14

Aufgrund der oben angeführten Definitionen wird der Begriff „Ethnozentrismus“ in der Regel als Intergruppenkonflikt interpretiert, worüber wir in Abschnitt 2.2.6 („Diskriminierung und Rassismus“) noch eingehender diskutieren werden. Ethnozentrismus kann aber auch für Innengruppenkonflikte gelten. BIERBRAUER (1996: 147) hat diesen Aspekt ebenfalls berücksichtigt. Obwohl der Begriff „Ethnozentrismus“ normalerweise im Zusammenhang mit ethnischen oder nationalen Gruppen verwendet wird, ist es wichtig zu betonen, dass es eine Analogie zwischen verschiedenen sozialen Kategorien wie z.B. Alter, Religion, soziale Schicht, Beruf und sexuelle Orientierung gibt. Jede soziale Kategorie hat ihre Subkultur wie z.B. Sprache, Normen und Werte. Letztere können Stolpersteine

12

13 14

Der chinesische Name für China, „Zhongguo“, ist ein Beispiel dafür. „Zhongguo“ bedeutet „Reich der Mitte“. HARNISCH (1996) hat in seinem Aufsatz „ Konstanz und Wandel von Wertvorstellungen in der Interaktion mit Ausländern am Beispiel Chinas“ den Begriff erörtert: „Zuletzt muss noch eine Schwierigkeit erwähnt werden, die häufig Ursache von Missverständnissen in den berichteten Interaktionen war; das war das chinesische Ausländerbild, dem natürlich auch traditionelle Vorstellungen zugrunde liegen, wie die von der Rolle Chinas in der Welt, die sich in dem Begriff des ‚Reiches der Mitte’ selbst expliziert, oder auch die von den Qualitäten der Ausländer, von denen als ‚Barbaren’ im Hinblick auf kulturelle und geistige Werte aus chinesischer Sicht wenig erwartet wurde. Diese traditionellen Vorstellungen sind natürlich auch Modifikationen unterworfen (...).“ In: THOMAS (Hg.) 1996: 145. APFELTHALER führt als zweites Beispiel neben den Chinesen die alten Skandinavier an, die ihr Reich ebenfalls „Reich der Mitte“ („Midgaard“) nannten, und stellt dar, dass interkultureller Vergleich niemals in einer Wertung münden darf (APFELTHALER 1999: 45). Vgl. ZICK 1997: 39. Ebd.: 40.

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für Missverständnisse oder Anlass für Vorurteile, Stereotypenbildung oder Konflikte zwischen Gruppen sein. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch die Typisierung ethnozentrischer Ideologie, wie sie CAMPBELL (1967: 823)15 darstellt (vgl. Tabelle 2):

Selbstbeschreibung

Stereo der Out-group

1.

Wir haben stolz, Selbstachtung und ehren die Traditionen unserer Kultur.

Sie sind selbstgefällig und ichbezogen. Sie lieben sich selbst mehr als uns.

2.

Wir sind loyal.

Sie halten zusammen und schließen andere aus.

3.

Wir sind untereinander ehrlich und vertrauenswürdig, aber wir fallen auch nicht auf die Tricks von Fremden herein.

Sie betrügen uns, wo sie nur können. Sie kennen weder Ehre noch Moral, wenn sie mit uns zu tun haben.

4.

Wir sind mutig und fortschrittlich. Wir setzen uns für unsere Rechte ein, verteidigen, was unser ist, und lassen uns nicht herumstoßen oder schikanieren.

Sie sind aggressiv und expansiv. Sie wollen auf unsere Kosten vorwärts kommen.

5.

Wir sind friedlich, menschenfreundlich und hassen nur unsere gemeinen Feinde.

Sie sind feindselige Leute, die uns hassen.

6.

Wir sind moralisch und sauber.

Sie sind unmoralisch und unsauber.

Tabelle 2:

15

Typisierung ethnozentrischer Ideologie bei CAMPEL 1967. zitiert nach SCHÄFFER 1988: 28.

Vgl. SCHÄFER 1988: 28.

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44

Diese Zuschreibungen von Eigenschaften der eigenen beziehungsweise der fremden Gruppe finden sich sowohl bei heterogenen Gruppen, das heißt zwei ethnischen, nationalen Gruppen, als auch bei homogenen Gruppen, z.B. zwei Schichten, politischen Parteien. Es ist offenkundig, dass solche Vorurteile zu verschiedenen Konflikten führen können. Alle diese in defensiven Einstellungen entstehenden Intergruppenkonflikte können nach ADORNO als autoritäre Symptome beschrieben werden: “In the psychodynamics of the ‘authoritarian character,’ part of the preceding aggressiveness is absorbed and turned into masochism, while another part is left over as sadism, which seeks an outlet in those with whom the subject does not identify himself: ultimately the outgroup. (…) Stereotypy, in this syndrome, is not only a means of social identification, but has a truly ‘economic’ function in the subject’s own psychology: it helps to canalize his libidinous energy according to the demands of his overstrict superego.” (ADORNO 1950: 759)

Vor diesem Hintergrund ist es von großer Bedeutung, den Begriff „Stereotyp“ etwas ausführlicher zu erörtern, was im nächsten Abschnitt geschehen soll. 2.2.4

Stereotype

2.2.4.1

Definition des Begriffs „Stereotyp“

Ursprünglich stammt der Begriff aus dem Bereich des Druckwesens. Als soziologischen Begriff eingeführt hat ihn der Journalist LIPPMANN in seinem Buch „The Public Opinion“ (1922, 1990) (vgl. BIERBRAUER 1996: 151, NOELLE– NEUMANN 1990: 288). Nach LEYENS (u. a. 1994) erschien der Begriff „Stereotyp“ zuerst im Jahr 1798. Er setzt sich zusammen aus den beiden griechischen Wörtern stereos und typos. Übersetzt bedeutet er steife, starre Spur (ROCLAWSKI 2000: 31). Heute wird der Begriff allgemein als Vorurteil, als vorgefasste Meinung über eine bestimmte Gruppe oder Schicht verstanden (WAHRIG: Deutsches Wörterbuch). Meist schauen wir nicht zuerst und definieren dann, sondern definieren erst und schauen dann (LIPPMANN, 1990: 63). Mit dieser kurzen Beschreibung wird das Wesen der Stereotype anschaulich dargestellt. In der Regel sind Stereotype negativen Inhalts. Es existieren aber auch solche mit positiver Wertung. Beispielsweise überwiegen in der Bevölkerung stereotype Charakterisierungen positiver Art gegenüber Ärzten (BIERBRAUER 1996: 151). Ein anderes Beispiel dafür ist,

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45

dass der Meister (Lehrer, Professor ...) im chinesischen Kulturraum unter dem konfuzianischen Einfluss hoch geschätzt wird.16 Nach SCHÄFER (1988) werden Stereotype allgemein als Generalisierungen oder als der Gebrauch von Kategorien und Begriffen bezeichnet und häufig als Übergeneralisierungen, sachlich unkorrekte oder starre Generalisierungen oder Ergebnisse eines fehlerhaften Denkprozesses näher bestimmt (SCHÄFER 1988: 51, vgl. LILLI, 1982: 5). Noch klarer wird der Begriff, wenn man auch die Definition von JONES (1997) berücksichtigt: „...In short, stereotypes are fuzzy and unreliable. Most likely they are not an efficient or accurate way to make judgements about our social world…” (JONES 1997: 168)

Zwar enthält der Begriff „Stereotyp“ nach JONES im Allgemeinen die Vorstellung des Unkorrekten, sogar Unzuverlässigen, aber: “On the other hand, stereotypes are not based on thin air; there is usually a ‘kernel of truth’ (KLINEBERG, 1935) to them” (ebd.: 168, vgl. auch SCHÄFER 1988: 51). Um diese Aussage zu veranschaulichen, führt JONES eine Abbildung (vgl. Abb. 7) als Beispiel an:

16

Konfuzius war verehrt als der heiligste Lehrer.

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Giants come in different sizes! Mugsy Bogues at 5´3´´ and Kareem Abduhl Jabbar at 7´3´´ define the polarities of the Jim Thorpe Pro Sports Awards ceremony on July 8. 1995, in Los Angeles. Mugsy was awarded for inspiration and Kareem for lifetime achievement (AP/Wide World Photos)

Abbildung 7: Stereotyp der Körpergröße von Korbballspielern. Quelle: AP / Wide World Photos. Zitiert nach JONES 1997: 168. JONES argumentiert, es sei ein Stereotyp zu behaupten, Korbballspieler seien groß. Im Prinzip trifft es zwar zu, dass sie größer sind als die durchschnittliche Bevölkerung. Doch auf diesem Bild handelt es sich bei beiden Personen um ausgezeichnete Spieler: Kareem Abdul Jabbar, der 7 Fuß 3 Zoll groß ist und dem Stereotyp entspricht, und Mugsy Bogues, der 5 Fuß 3 Zoll misst und nur deshalb kein gutes Vorbild als Spieler ist, weil er dem Stereotyp nicht entspricht. Die Schlussfolgerung von JONES lautet: “The point is that even when a stereotype is largely true, it reflects no more than a probability that a member of the group will possess the trait on which the group is being stereo-

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47

typed. (…) A stereotype is not a basis for judging any specific individual member of a group.” (ebd.: 169)

Ergänzend sei hier noch ein weiteres Beispiel für ein Stereotyp genannt, das einen „wahren Kern“ enthält: Eine der Eigenschaften, die den Deutschen zugeschrieben wird, ist die Denkfähigkeit. BARMEYER (2000) untersuchte den Lernstil von Studenten der ESC Lyon, der Universität des Saarlandes und des HEC Montreal und konnte zeigen (vgl. Tabelle 3), dass die Thinking-Dimension unter den vier genannten Faktoren (Feeling, Watching, Thinking und Doing) bei den deutschen Studenten im Vergleich zu anderen kulturellen Gruppen am stärksten ausgeprägt ist. Französische Deutsche Dimension Studierende CE:

Quebecer

Studierende Studierende Signifikanz Durchschnitt

N=132

N=98

N=123

N=353

28,1667

22,4898

27,2114

0,000***

26,2578

28,6667

29,5918

29,7724

0,3496

29,3088

Feeling RO: Watching AC:

n.s. 32,2424

35,0918

32,3984

0,0103*

33,0878

30,9242

32,8265

30,6179

0,0392*

31,3456

Thinking AE: Doing

Tabelle 3:

Varianzanalyse über Nationalität: kulturelle Gruppe und Lernstil. Quelle: BARMEYER 2000: 186.

Diese Forschungsergebnisse entsprechen dem Stereotyp, dass die Denkfähigkeit eine der Eigenschaften der Deutschen ist (vgl. auch GALTUNG 1985, MÜNCH 1990, vgl. auch Abschnitt 2.1.2). Eine andere den Deutschen zugeschriebene Eigenschaft ist der Fleiß. Sowohl aus amerikanischer17 als auch sowjetischer18 Sicht 17

In der Umfrage von KATZ und BRALY(1933) wurden die den Deutschen zugeschriebenen Eigenschaften in folgender Reihenfolge genannt: 1. „scientifically minded“, 2. „industrious”, 3.

TEIL 2 - THEORETISCHER TEIL

48

sind die Deutschen ein fleißiges Volk. Im Widerspruch dazu kommentierte ein Siemensarbeiter zur Verteidigung der 35-Stunden-Woche, dass Deutsche arbeiten, um zu leben, und nicht umgekehrt, wie irrtümlich im Ausland angenommen wird (TENBERG 1999: 140). Darüber hinaus ist auch oft zu hören, dass Chinesen höflich seien. Alle diese Beispiele zeigen, dass bei Stereotypen übergeneralisiert wird. 2.2.4.2

Funktionen von Stereotypen

LIPPMANN weist in seinem Buch „The Public Opinion“ darauf hin, dass uns Stereotype nicht nur Zeit im geschäftigen Leben sparen und ein Verteidigungsmittel unserer Stellung in der Gesellschaft sind, sondern uns vor all den bestürzenden Wirkungen bewahren sollen, die entstehen, wenn wir die Welt als unveränderlich und in ihrer Ganzheit sehen wollen (vgl. LIPPMANN 1990: 85). Zusammenfassend hat LILLI (1982) Orientierung, Anpassung und Identitätswahrung als Funktionen der Stereotype dargestellt, die folgendermaßen formuliert werden können: 1) Stereotype als Orientierungssystem: „Stereotype sind Schemata, die die interkulturelle Wahrnehmung leiten.“ (TOMMAS 1997: 133) In einer außerordentlich komplexen Welt sucht sich der Mensch durch Vereinfachung eine Orientierung bzw. einen erleichterten Zugang zu ihr. „In dem großen blühenden, summenden Durcheinander der äußeren Welt wählen wir aus, was unsere Kultur bereits für uns definiert hat, und wir neigen dazu, nur das wahrzunehmen, was wir in der Gestalt ausgewählt haben, die unsere Kultur für uns stereotypisiert hat“ (LIPPMANN 1990: 63). 2) Stereotype als Anpassungssystem: Zum Verringern von Konflikten und Spannungen mit der In- und der Outgroup kann eine Veränderung in der Einstellung eines Individuums dienen. Manche Personen haben nur deshalb bestimmte Stereotype, weil diese ihnen das Leben in ihrer Gruppe erleichtern (Anpassungsfunktion von Stereotypen). Das Individuum hält bei dem Versuch, die Belohnung (Anerkennung)

18

„stolid”, 4. „intelligent”. Vgl. VON BASSEWITZ 1990: 28. In einer zweiten Umfrage, durchgeführt vom American Institute of Public Opinion, 1966, war „arbeitsam“ die Nummer eins der den Deutschen positiv zugeschriebenen Eigenschaften. Eine Umfrage in der UdSSR (1989) ergab folgende Reihenfolge: 1. „diszipliniert und beherrscht“, 2. „fleißig“, 3. „höflich“, 4. „tatkräftig“, 5. „fortschrittlich“. In: BRÜTTING/TRAUTMANN (Hg.) 1997: 62.

TEIL 2 - THEORETISCHER TEIL

49

der Umwelt zu maximieren und die Bestrafung (Ablehnung) zu minimieren, an Stereotypen fest (vgl. ROCLAWSKI 2000: 35). 3) Stereotype als Systeme zur Aufrechterhaltung des Selbst: Die „Bilder in unserem Kopf“ dienen u. a. der Selbstverankerung: Stereotype geben bestimmte Perspektiven vor, deren Beibehaltung für das Selbst wichtig sein kann, was im Falle erwartungsdiskrepanter Ereignisse durch Dissonanzreduktion garantiert wird (FESTINGER 1957; BREHM & COHEN 1962; IRLE 1973; 1975). Stereotype sind somit Mittel zur Identitätswahrung (vgl. LILLI 1982: 7-8, SCHÄFER 1994: 463). Stereotype spielen sowohl bei Personen als auch bei Personengruppen eine bedeutende Rolle. NOELLE-NEUMANN (1990: 289) zitiert JHERING, um zu beschreiben, dass Stereotype die Tendenz haben, sich zu verbreiten „wie die Luft überall hin, in das Innerste des Hauses wie an die Stufen des Thrones.“ Nach BOLTEN (2001b) sind Kulturbeschreibungen und Kulturanalysen ohne Stereotype schwer realisierbar. Diese sind, methodisch gesehen, sowohl in einzelfallorientierter Mikro- als auch in generalisierender Makroanalyse ein Balanceakt, der bis heute noch nicht erfolgreich zu realisieren ist. Bei allen Kulturdarstellungen tauchen Stereotype explizit oder implizit auf: „Um es am Beispiel einer bei Kulturbeschreibungen sehr häufig verwendeten Kategorie zu verdeutlichen: Wie „kollektivistisch“ eine Kultur eingeschätzt wird, hängt erstens vom Betrachterstandpunkt ab und stellt zweitens immer eine Generalisierung dar, die keineswegs auf alle Mitglieder dieser Kultur zutreffen wird.“ (BOLTEN 2001b: 3)

Entsprechend der bedeutsamen Rolle, die Stereotype in unserem alltäglichen Leben spielen, ist auch die Forschung auf dem Gebiet der Stereotypenforschung sehr umfangreich. Nach LILLI (1982: 9) geht die Zahl der Arbeiten in die Tausende. Deshalb ist ein kurzer Forschungsüberblick an dieser Stelle sinnvoll. In Anlehnung an BERGLER/SIX (1972) unterscheidet LILLI (ebd.: 9-10) folgende sechs Gegenstandsbereiche: 1)

Nationale und rassische Stereotype: Dieser Bereich wurde seit der berühmten Studie von KATZ & BRALY (1933) am häufigsten untersucht. Nationale Stereotypenforschung ist auch der Ansatzpunkt der vorliegenden Arbeit. Zur Erforschung eines Auslandsbildes und der ihm zugehörigen Stereotypen stehen folgende Methoden zur Verfügung: die Eigenschaftslistenverfahren, Untersuchung von Literatur, Beschreibung von

TEIL 2 - THEORETISCHER TEIL

50

Presseinhalten, Untersuchung des Inhalts von Schulbüchern und die Methode der historischen Quellen- und Dokumentforschung. 2)

Personen-Stereotype: Damit sind Rollenbeschreibungen gemeint, z.B. der Hausfrau oder des Unternehmers.

3)

Berufs-Stereotype: Es gibt Menschen, denen man ansehen kann, welchen Beruf sie ausüben. BERGLER (1976) hat beispielsweise durch Bilder und Auflistung der Berufe herausfinden lassen, welcher Beruf welchem Typ Mensch entspricht.

4)

Regionale Stereotype: Dafür stehen Untersuchungen über lokale Volksgruppen.

5)

Ideologische Stereotype: Dieses Untersuchungsthema befasst sich u. a. mit dem „Image“ von politischen Gruppierungen und Religionsgemeinschaften.

6)

Stereotype im ökonomischen Bereich: Der Schwerpunkt dieser Forschungen beruht auf Vorstellungen von bestimmten Unternehmen, Dienstleistungen oder Produkten.

Weiterhin weist LILLI darauf hin, dass in der Forschungsliteratur den aktuellen gesellschaftlichen Themen, wie Geschlechter-Stereotypen und Stereotypen über Minoritäten und Nationen, zunehmend Bedeutung geschenkt wird. Zweifellos ist Rigidität als ein Charakteristikum von Stereotypen und Vorurteilen zu betrachten. Wie eingangs angeführt, dienen Stereotype zur Orientierung, die dann möglich ist, wenn die Stereotype änderungsresistent sind. Würden sich die „Bilder im Kopf“ immer ändern, wäre das für eine Person nur verwirrend. Als Beispiel für die Änderungsresistenz der Stereotype gegenüber einem Auslandsbild sollen zwei Umfragen über die Fremdbilder der Deutschen in Amerika genannt werden, die 1942 und 1966 erhoben wurden. Beim Vergleich der den Deutschen zugeschriebenen vier vorrangigen Eigenschaften sind im Laufe der 24 Jahre kaum Änderungen festzustellen (vgl. Tabelle 4):

TEIL 2 - THEORETISCHER TEIL

51

1966 (%)

1942 (%)

arbeitsam

63

62

intelligent

47

41

fortschrittlich

33

32

praktisch

23

21

Eigenschaften

Tabelle 4:

Die den Deutschen zugeschriebenen vier vorrangigen Eigenschaften 1942 und 1966. Quelle: Office of Public Opinion Research, Juli 1942; American Institute of Public Opinion, Juni 1966. Zitiert nach EHRLICH 1979: 42.

In ihrem Aufsatz „Vorurteile und Illusionen: Europäische Chinabilder und Fremdbilder in China“ schildert BALLIN, dass in China einige den Deutschen zugeschriebene Stereotype wie z.B. „Gehorsam“, „Patriotismus“ und „Tapferkeit“ bis in die preußische Zeit zurückzuführen sind (BALLIN 1998: 190). Auf diese wird bis heute noch Bezug genommen. Die Änderungsresistenz, Rigidität und Starrheit der Stereotype (vgl. auch BERGLER 1976, SCHÄFER 1988) erklärte TIITTULA (1999a: 175-176) folgendermaßen: „Das Wissen wird nicht nur über eigene Erfahrung, sondern zum großen Teil über Texte (im weiten Sinne) erworben, d.h. es wird von Generation zu Generation weitergegeben. (...) Stereotype gehören also zum geteilten Wissen einer Gruppe bzw. einer Gemeinschaft, und sie sind daher auch sehr haltbar. (...) Man kann beispielsweise das Stereotyp über sparsame Deutsche haben, auch wenn alle eigenen Bekannten es nicht sind. Diese werden dann als Ausnahmen erklärt.“

Mit dieser Argumentation werden viele alltägliche stereotype und vorurteilsbehaftete Verhaltensweisen erklärt. Eigene Erfahrungen spielen bei der Stereotypenbildung zwar eine wesentliche Rolle, dennoch sind Stereotype hauptsächlich mündlich und schriftlich (Massenmedien, Bücher usw.) tradiert. Dadurch wird das „soziale Gedächtnis“ gebildet. Die Verankerung der Stereotype im „sozialen Gedächtnis“ dient gleichzeitig zur Erklärung der Änderungsresistenz, Rigidität und Starrheit der Stereotype. Gerade diese schriftliche Überlieferung der Stereotype bietet den theoretischen Ansatz zur Stereotypenerforschung in Massenmedien.

TEIL 2 - THEORETISCHER TEIL

52 2.2.5

Vorurteile

2.2.5.1

Definition des Begriffs „Vorurteil“

Im Jahr 1750 werden bereits die wesentlichen Charakteristika von Vorurteilen im „Grossen vollständigen Universal-Lexikon“ von Zedler genannt: „Ein Vorurtheil ist nichts anderes, als ein unrichtiges und nicht sattsam überlegtes Principum, welches man vor wahr annimmt, und nach demselbigen seine besonderen Urtheile.“ (Zitiert nach ZICK 1997: 37)

Deshalb ist anzunehmen, dass Vorurteile ein altes, verbreitetes sozialpsychologisches Phänomen sind. PETERS (1955) hat Vorurteile weiter definiert. Er bezeichnet sie als immer negative Urteile über Gruppen von Menschen, insbesondere Rassen und Nationen (vgl. BERGLER 1976: 101). In Analogie zu PETERS werden Vorurteile von JONES folgendermaßen formuliert: „The prior negative judgement of the members of a race, or religion or the occupants of any other significant social role, held in disregard of facts that contradict it.” (JONES 1997: 138)

Mit dieser Definition liefert JONES ein weiteres Beispiel einer vorurteilsbehafteten Einstellung aus den USA: Blacks are violence-prone; whites are racism-prone (ebd.: 136). In seinem Buch „Vorurteile – erkennen, verstehen, korrigieren“ bleibt BERGLER (1976) bei der ursprünglichen Fassung des Begriffs, die er unter anderem von ALLPORT übernommen hat. Er greift nicht auf die Definitionen von PETERS und JONES zurück. Nach ALLPORT können Vorurteile sowohl eine negative als auch eine positive Bewertungsdimension beinhalten. Darüber hinaus zählen Vorurteile zu Verallgemeinerungen gegenüber Personen, Gruppen und Objekten (ebd.: 102), die von großer zeitlicher Stabilität sind. ALLPORT unterscheidet zwischen Vorurteilen und „Voraus-Urteilen“ als „vorläufigen Urteilen“. Von Vorurteilen ist erst dann die Rede, wenn sich „Voraus-Urteile“ nicht mehr korrigieren lassen (ebd.: 102).

TEIL 2 - THEORETISCHER TEIL

53

Bei der Bewertung einer fremden Person bzw. Gruppe können Vorurteile, wie oben angeführt, sowohl positiv als auch negativ sein. Doch warum hört man hauptsächlich von negativen Vorurteilen? Nach ALLPORT können positive Vorurteile außer Acht gelassen werden, da sie keine Probleme schaffen (vgl. SCHÄFER 1988: 50). 2.2.5.2

Zusammenhang der Begriffe „Stereotyp“ und „Vorurteil“

Die Begriffe „Stereotyp“ und „Vorurteil“ haben zwei Gemeinsamkeiten: Sie bezeichnen beide real existierende soziale Phänomene, und sie weisen beide eine hohe Änderungsresistenz auf. Ein Unterschied zwischen Stereotyp und Vorurteil besteht darin, dass Stereotype überwiegend ein Resultat kognitiver Prozesse sind. Vorurteile werden dagegen vorrangig als affektive Prozesse der Abwertung des sozialen Gegenübers aufgefasst (vgl. SCHÄFER 1988: 51, 1994). Nach der These von JONES (1997: 166) und THOMAS (2000: 15) basieren Stereotype auf Vorurteilen. SCHÄFER (1994: 468), BIERBRAUER (1996: 152) und ROCLAWSKI (2000: 35) dagegen argumentieren, dass Vorurteile sich von Stereotypen ableiten. BIERBRAUER (1996:152) hat das Dilemma zusammengefasst: „Es ist offensichtlich, dass zwischen negativen Stereotypen und Vorurteilen eine begriffliche Unschärfe liegt, die in der Literatur häufig unerwähnt bleibt und so zu erheblicher Verwirrung beiträgt. So argumentieren einige Autoren (z.B. STROEBE & INSKO 1989), dass Stereotype die Grundlage für Vorurteile sind, weil Stereotype sozusagen die sozialkognitiven Kategorien für die Bildung von Vorurteilen bereitstellen.“

Letztlich können beide Theorien, für sich genommen, nicht als vollgültig anerkannt werden. Ist es nicht vielmehr so, dass Vorurteile Stereotype generieren und diese wiederum neue Vorurteile bedingen? 2.2.5.3

Genese von Vorurteilen

Die Frage, weshalb eine Person einer anderen oder einer Personengruppe gegenüber eine negative oder feindselige Einstellung bzw. kein positives Verhalten zeigt, wirft die Frage nach der Genese von Vorurteilen auf. Nach ALLPORT sind hierzu sechs Phasen zu nennen: 1) “Historical approach: When the total background of social conflict is understood can its current expression be understood.

54

TEIL 2 - THEORETISCHER TEIL 2) Sociocultural approach: Prejudice is a result of ethnocentric preferences for standards of progress and materialism. 3) Situational approach: Contemporary situational sources of conflict are believed to sow the seeds of prejudice. 4) Psychodynamic approach: It has three premises: a. It assumes humans to be fundamentally prone to hostility and, therefore, seeks to explain prejudice as an inevitable result of this quarrelsome nature. b. It assumes that humans, at birth, merely seek comfort, love, and nurturance. When failing to get these in sufficient degree, they become frustrated, and this frustration activates the hostility assumed to lie latent in human nature. c. This views also assumes that only some people, by virtue of their characters, become prejudiced. The Authoritarian Personality (ADORNO et. al., 1950) describes this character type. 5) Phenomenological approach: It explains prejudice as arising from the immediate experience in a situation – that is, how the target person is perceived or what expectations are aroused. 6) Stimulus – object approach: In the stimulus – object view, the final and most proximal cause of the prejudice is sought in the target of prejudice himself or herself” (JONES 1997: 143-144, vgl. auch SIX 1999: 830).

Um die Komplexität des Entstehungsprozesses zu veranschaulichen, hat ALLPORT eine Abbildung angefügt (Abb. 8):

TEIL 2 - THEORETISCHER TEIL

55

Abbildung 8: Entstehung von Vorurteilen nach ALLPORT. Zitiert nach JONES 1997: 145. Wie die Abbildung zeigt, kann man von einer Makro- zu einer Mikroanalyse der Vorurteile gelangen. Bei der Auslandsbilderforschung müssen oft historische, sozialkulturelle und situative Dimensionen mit einbezogen werden. Diese sind Gegenstand soziologischer Untersuchungen, während persönliche, dynamische und phänomenologische Zugänge auf sozialpsychologischem Gebiet zu suchen sind. Die Formulierung ALLPORTS ist für unsere Erforschung des Deutschlandbildes relevant, denn ohne Berücksichtigung des historischen und soziokulturellen Kontextes kann man die Anwendung nationalsozialistischer Attribute als Werbungsobjekte in Taiwan nicht erklären. In Abschnitt 6.2.4 soll darauf zurückgegriffen werden. 2.2.5.4

Funktionen von Vorurteilen

Ähnlich wie Stereotype haben Vorurteile für die Vorurteilsträger auch eine Reihe von psychischen Funktionen. KATZ unterscheidet vier Funktionen von Vorurteilen (BERGLER 1976: 104):

TEIL 2 - THEORETISCHER TEIL

56 1) Wissen 2) Anpassung

3) Selbstdarstellung 4) Selbstbehauptung Diesen vier Funktionen schließt sich THOMAS (2000) an und baut sie weiter aus (vgl. BIERBRAUER 1996: 153): a)

Orientierungsfunktion: Durch Vereinfachung und Kategorisierung erleichtern sie eine Orientierung in der komplexen Lebenswelt. Es geht um Informationsverarbeitung.

b)

Anpassungsfunktion: Es wird vermieden, Konflikten mit der In-group bzw. der Out-group zu begegnen. Darüber hinaus kann man optimale „Belohnungen“ erzielen.

c)

Abwehrfunktion: Sie verdecken eigene Schuldgefühle (MITSCHERLICH und MITSCHERLICH 1990).19 In diesem Sinne kann man sich auch auf eine Argumentation von BERGLER beziehen: „Die Selbstbehauptungsfunktion von Vorurteilen bewahrt uns vor deren Entmythologisierung und bekräftigt auch dort unser liebgewonnenes naives Verhalten, wo es eigentlich nicht unterstützt werden dürfte, z.B. im Interesse der Lösung zwischen Gruppen.“ (BERGLER 1976: 114)

19

d)

Selbstdarstellungsfunktion: Vorurteile leisten einen Beitrag bei der Suche nach dem Selbstbild und einem positiven Fremdbild. „Man hat ja schließlich sein ‚Vorstellungsbild’, sein ‚Vorurteil’ darüber, wie man sein, wie man sich selbst darstellen und selbst verwirklichen möchte (...) und wie man von anderen gesehen werden will.“ (ebd.: 111)

e)

Abgrenzungs- und Identitätsfunktion: Ähnlich wie Stereotype dienen Vorurteile hauptsächlich der Identitätswahrung.

f)

Steuerungs- und Rechtfertigungsfunktion: Vorurteile bestimmen das individuelle Verhalten gegenüber der Außenwelt und bieten eine Rechtfertigung für das eigene vorurteilsbedingte Verhalten.

Vgl. MERKELBACH 1998: 55.

TEIL 2 - THEORETISCHER TEIL 2.2.5.5

57

Stereotype, Vorurteile und Identitäten

Neben ihrer Orientierungs- und Anpassungsfunktion haben Stereotype und Vorurteile auch die Funktion der Identitätswahrung. Identität ist ein moderner Begriff und wird häufig auch in anderen Kontexten gebraucht. Ein Mitarbeiter, ein Unternehmer oder ein internationaler Merger sucht nach seiner „Corporate Identity“.20 Ein Bürger strebt nach kultureller, nationaler oder ethnischer Identität, wobei letztere oft eine große Gefahr birgt, wenn man die heute existierenden weltweiten Konflikte betrachtet. Der Begriff „Identität“ soll deshalb unter verschiedenen Aspekten untersucht werden. Nach ASSMANN, A. und FRIESE (1999: 12) ist Identität ein neues Wort für ein altes, seit Epochen existierendes Problem. Es wurde lediglich mit anderen Wörtern, wie z.B. Wesen, Person, Charakter, Bildung und Volk, bezeichnet. Wie der Begriff „Multikulturalismus“ sei auch der Begriff „Identität“ aus Amerika importiert worden, meint SOLLORS (1991: 537). Tatsächlich gibt es den Begriff in der deutschen Sprache aber bereits seit dem 18. Jahrhundert.21 Identität wird sehr vielfältig interpretiert und verwendet. Die folgende Abbildung gibt einen anschaulichen Überblick:

20

21

Ausführliche Darstellung bei BOLTEN (2000b), „Können internationale Mergers eigene Identität ausbilden“. In: WIERLACHER (Hg.) 2000: 113-119. „Identität: ‚völlige Übereinstimmung, Gleichheit, Weseneinheit’ wird im 18. Jh. aus spätlat. identitas (Gen. identitatis) ‚Wesenheit’ entlehnt.“ (...). In: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. Deutscher Taschenbuch Verlag, München, 5. Auflage, 2000: 570.

58

TEIL 2 - THEORETISCHER TEIL

Abbildung 9: Identität. Zusammengefasst von ASSMANN, J.,1999: 131, ASSMANN, A., 1999a: 11, WAGNER 1999: 45.

2.2.5.5.1 Ich-Identität und Wir-Identität Individuelle Identität bezieht sich, mit ihren „Eckdaten“ Geburt und Tod, auf die Kontingenz des Lebens, die Leibhaftigkeit des Daseins und die Grundbedürfnisse. Personale Identität bezieht sich dagegen auf die soziale Anerkennung und Zurechnungsfähigkeit des Individuums (vgl. ASSMANN, J. 1999:132). Identität, so auch Ich-Identität, ist nach ASSMANN immer ein gesellschaftliches Konstrukt und als solches in jedem Fall kulturelle Identität. Wir–Identität ist so aufzufassen, dass sie nach innen einem Mitglied die Identifikation mit seiner Gruppe bietet und nach außen die Abgrenzung einer Gruppe von anderen konstruiert. 2.2.5.5.2 Ethnische Identität und nationale Identität Als anschauliches Beispiel für die Unterscheidung der Begriffe „ethnische Identität“ und „nationale Identität“ nennt SIEVERT (1992) China, das mit seinen 1,24 Milliarden (Stand 1998)22 Einwohnern ein Vielvölkerstaat ist. Dabei sind die Han-Chinesen mit 95 % Anteil das größte unter allen Völkern. Auch 22,2 Millionen Taiwanesen (Stand 2000)23 sowie 20 Millionen in Südostasien lebende Aus-

22 23

Vgl. http://www.cpric.org.cn/totope.htm Vgl. http://www.ris.gov.tw/ch4/static/stl-1-8909.html

TEIL 2 - THEORETISCHER TEIL

59

landschinesen sind ethnisch den Han-Chinesen zuzuordnen. Die ethnische Identität der Chinesen gibt es auch in Indonesien, Malaysia und Singapur. Trotz der verschiedenen Pässe fühlt sich die Mehrzahl der Auslandschinesen, aufgrund der familiären Beziehungen nach China und gemeinsamer Wertvorstellungen, immer noch dem chinesischen Volk zugehörig (vgl. SIEVERT 1992: 24). Im Gegensatz dazu liefert Japan ein Beispiel der „völkischen Reinheit“ und der Nationalbildung: Das „japanische Volk“ zeigt keine Heterogenität, sondern ethnische und nationale Identität (vgl. SHIMADA 1999: 160, vgl. auch NASSMACHER 2000: 89). 2.2.5.5.3 Kulturelle Identität und nationale Identität Nach GIESEN wird nationale Identität über Sprache, Bildung und Moral konstruiert (GIESEN 1991: 15, vgl. auch WODAK et al. 1998: 72), wobei nach WAGNER (1999: 49) auch der Wille eine wichtige Rolle spielt. Kulturelle Identität stellt ASSMANN, J. (1999: 34) so dar: „ Eine kollektive Identität ist nach unserem Verständnis reflexiv gewordene gesellschaftliche Zugehörigkeit. Kulturelle Identität ist entsprechend die reflexiv gewordene Teilhabe an bzw. das Bekenntnis zu einer Kultur.“ Wenn man die Elemente der kulturellen und nationalen Identität, wie etwa Sprache, Bildung, Moral und Zugehörigkeit, näher betrachtet, ist festzustellen, dass sie des Öfteren zum Diskursthema und im Extremfall auch zum „Zankapfel“ werden. So wird beispielsweise diskutiert, ob verpflichtende Deutschkurse für Ausländer (Zuwanderer)24 angeboten werden sollen. Bei den Auseinandersetzungen zwischen Großbritannien und Nordirland25, China und Taiwan geht es um die nationale Identität. Chinas und Taiwans kulturelle/ethnische Identität ist beispielsweise nach der These von SIEVERT (1992) wenig umstritten (vgl. Abschnitt 2.2.5.5.2). Es besteht jedoch noch kein Konsens über ihre nationale Identität, auf die bis jetzt alle Schwierigkeiten zwischen diesen Ländern zurückzuführen sind. Die Auseinandersetzung um die nationale Identität Taiwans ist nicht nur ein außenpolitisches Problem mit China, sondern wird auch in Taiwan kontrovers diskutiert. Ein Teil der Bevölkerung spricht sich dafür aus, die nationale Identität Taiwans mit der chinesischen gleichzusetzen. 24

25

Bei einer Internet-Umfrage des „Stern“ am 25.04.2001 („Sind Sie für verpflichtende Deutschkurse für Ausländer?“) haben von 1353 Besuchern der Seite wie folgt entschieden: Ja, nur so ist Integration möglich (54,7 %); Nein, als Zwangsmaßnahmen finde ich das unangemessen (11,4 %); Solche Kurse würden vielen Deutschen auch gut tun (17,4 %); Für im Ausland lebende Deutsche gibt es so etwas ja auch nicht (5,1 %;); Eine multikulturelle Gesellschaft ist nun mal vielsprachig (11,4 %). Vgl. http://www.stern.de/servlet/...0vielsprachig&name6=&name7=&name8=&name9 Vgl. http://www.derriere.de/Nordirland/Nordirlandkonflikt_1.htm

60

TEIL 2 - THEORETISCHER TEIL

Der andere Teil plädiert dafür, sich zu einer genuin-taiwanesischen Identität zu bekennen (vgl. HALBEISEN 1995: 199). Ferner haben SCHNEIDER und SCHUBERT in ihrem Aufsatz „‚Sind wir Chinesen oder Taiwanesen?’ Taiwan im Konflikt konkurrierender nationaler und kultureller Identitäten“ vier Grundpositionen der kulturellen und politischen Identität in Taiwan dargestellt: 1. „Wir sind Taiwanesen und keine Chinesen“, 2. „Kulturell sind wir Chinesen, aber politisch Taiwanesen“, 3. „Wir sind sowohl Chinesen als auch Taiwanesen“ und 4. „Wir sind alle Chinesen“ (SCHNEIDER/SCHUBERT 1997: 52-59) Diese vier Gruppen vertreten vier unterschiedliche Identitäten in Taiwan.26 Gerade wegen der oben genannten Identitätskonflikte zwischen Taiwan und China ist die friedliche Vereinigung Deutschlands für Taiwan ein interessantes Beispiel. Die Vereinigung Deutschlands hängt daher mit den Besonderheiten des Deutschlandbildes in Taiwan eng zusammen. Dies wird in Abschnitt 6.1 noch eingehender erörtert. Zweifellos wird es bei der Beurteilung eines Auslandsbildes eine bedeutende Rolle spielen, wie sich ein Land mit dieser kulturellen und nationalen Identität auseinandersetzt. Die ideale Lösung heißt: Konsens statt Konfrontation. Wie kulturelle und nationale Identität interaktiv wirken, kann man mit Beispielen aus dem alten China belegen. Nachdem die Song-Dynastie (960-1279 n. Chr.) durch die Yuan-Dynastie (1271-1368 n. Chr.), deren Gründer Dschingis Khan war, verdrängt worden war, wurde die nationale Identität der Song-Dynastie abgelöst. Die kulturelle Identität der Yuan-Dynastie bildete sich durch die Assimilation der Song-Kultur, so dass das eigentlich „fremde“ Volk „chinesisch“ wurde. Darüber hinaus bereicherte es die chinesische Kultur auch. Der gleiche Prozess wiederholte sich bei der Ablösung der Ming-Dynastie (1368-1644 n. Chr.) durch die Qing-Dynastie (1644-1911 n. Chr.). Solche kulturellen Assimilationen bezeichnet ASSMANN (1999: 151) als „integrativ gesteigerte kulturelle Formation, deren Integrationskraft nach innen ein Reich zusammenhält“ und die „auch nach außen eine ungewöhnliche Assimilationskraft zu entwickeln“ pflegt. HUNTINGTON (1996) weist in seinem Buch „The Clash of Civilizations“ darauf hin, dass die Wurzel des Konflikts nach dem Kalten Krieg nicht mehr in ideologi-

26

Position 1 vertreten radikale Befürworter einer taiwanesischen Unabhängigkeit. Position 2 ist die Behauptung radikaler und gemäßigter Befürworter einer taiwanesischen Unabhängigkeit sowie der Befürworter einer chinesischen Wiedervereinigung. Position 3 spiegelt die Meinung von Befürwortern einer chinesischen Wiedervereinigung wider. Position 4 ist die Argumentation von Befürwortern einer chinesischen Wiedervereinigung. Näheres hierzu bei SCHNEIDER/ SCHUBERT 1997: 46-67.

TEIL 2 - THEORETISCHER TEIL

61

schen oder ökonomischen Faktoren liegt, sondern in kulturellen. Vor diesem Hintergrund wird die kulturelle Assimilation von Einwanderern immer wichtiger. Bei der Frage der Einstellung zur kulturellen Assimilation zeigen Deutschland und Frankreich zwei unterschiedliche Haltungen. Beispielsweise argumentiert VON THADDEN, „dass Franzosen in der Regel weniger Hemmungen als Deutsche haben, Einwanderer aus anderen Ländern in die eigene nationale Gemeinschaft aufzunehmen und einzubürgern. Im Vertrauen auf die Integrationskraft der überlegenen Kultur, der als Gemeinschaft von Bürgern verstandenen Nation, geben sie Menschen nichtfranzösischer Herkunft bereitwilliger Aufstiegschancen in den Institutionen des Staates und der Gesellschaft. (...) Das deutsche Nationsverständnis traut dagegen der kulturellen Integrationsmöglichkeit weniger zu, so dass es in der Summe eher ab- und ausgrenzend wirkt.“ (VON THADDEN 1991: 499500) Zum Abschluss dieses Kapitels ist noch zu prüfen, was unter „Deutschlandbild“ in dieser Studie zu verstehen ist. Ethnisch gesehen leben in Deutschland außer den deutschen Bürgern noch türkische, jugoslawische, italienische, spanische und andere Mitbürger, die z. T. einen deutschen Pass haben. Bezüglich der ethnischen und nationalen Identität gibt es keine Unklarheit über den Begriff „Deutsche“ und „Deutschland“. Was die kulturelle Identität – nehmen wir als Beispiel die Sprache – betrifft, wird Deutsch zwar auch in Österreich und in der Schweiz als offizielle Amtssprache gesprochen. Aber Österreicher und Schweizer haben wiederum ihre eigene nationale Identität. Folglich kann hier als praktischer Arbeitsgrundsatz dieser Studie formuliert werden: Die innerhalb der deutschen nationalstaatlichen Grenzen lebenden Volksgemeinschaften werden grundsätzlich als „die Deutschen“ bezeichnet. Hierauf bezieht sich auch das taiwanesische Deutschlandbild. 2.2.6

Diskriminierung und Rassismus

Diskriminierung und Rassismus sind alte Probleme und beeinflussen sich gegenseitig, was in einer Ära des „Global Village“ besonders problematisch wird. Beispielsweise meinen DRECHSEL et al. in ihrem Buch „Kultur im Zeitalter der Globalisierung“: „Früher mag das Fremde bedrohlich empfunden worden sein, aber es war fern. Durch die große Mobilmachung der Moderne wurde das anders: das Fremde verliert seine Exotik und Herausforderung, wird allgegenwärtig, seine Anwesenheit zum Normalfall. Trotzdem – oder gerade deshalb – sind Fremdenfeindlichkeit und Xenophobie nicht verschwunden, sondern haben an Umfang, Intensität und Aggressivität zugenommen.“ (DRECHSEL et al. 2000: 125) Die Diskriminierung fasst JONES so auf: „Prejudice breeds bias, discrimination, detachment, and possibly fear.” (JONES 1997: 136 ) Darunter ist zu verstehen,

62

TEIL 2 - THEORETISCHER TEIL

dass Diskrimination auf Vorurteilen beruht. SCHÄFER weist darauf hin, dass Stereotype und Vorurteile zu den Voraussetzungen für Intoleranz, Feindseligkeit und Diskriminierung gehören können und deren Wirkung in der Gesellschaft verschärfen (SCHÄFFER 1988: 57, vgl. auch SIX, B. 1999: 831). Es ist also ohne Zweifel anzunehmen, dass die Begriffe „Vorurteil“ und „Diskrimination“ eng zusammenhängen. Um sie genauer unterscheiden zu können, folgen wir der Differenzierung von DOVIDIO & GAERTNER: „Where as prejudice is an attitude, discrimination is a selectively unjustified negative behaviour toward members of the target group.” (ZICK 1997: 45)

Hier wird zwischen Haltung (Vorurteil) und Verhalten (Diskrimination) streng getrennt. SIX, B. (1999) hat als Indikatoren für Diskriminierung u. a. verbale Beleidigungen in der Öffentlichkeit, Kontaktmeidung, Boykott, Unterbezahlung, Ghettoisierung und offene Aggression genannt. Dies sind alles Erscheinungen auf der Verhaltensebene. Diesbezüglich versteht es sich von selbst, wenn BERGLER (1976), BIERBRAUER (1996), JONES (1997) und ZICK (1997) argumentieren, dass eine negative Meinung von einer Fremdgruppe nicht notwendigerweise zu einem negativen Verhalten führt, nur wenn ein „Katalysator“ vorhanden ist. Fühlt sich beispielsweise die eigene Gruppe bedroht, wenn ihre Interessen durch die Fremdgruppe gefährdet werden, dann gestaltet sich die negative Meinung in verbaler und nonverbaler Form und offenbart sich. „Therefore, discrimination is the behavioral manifestation of prejudices.” (JONES 1997: 161) Wenn die Diskriminierung Ausländer betrifft, dann entsteht Ausländer- bzw. Fremdenfeindlichkeit. Die Auffassungen von JÄGER (1995), KALPAKA & RÄTHZEL (1990b) zeigen, dass bei Ausländer- und Fremdenfeindlichkeit Einstellungen und Verhaltensweisen kongruent sind: „Wer fremdenfeindlich ist, handelt auch diskriminierend, bzw. Diskriminierung basiert auf Fremdenfeindlichkeit oder ist mit ihr gleichzusetzen.“ (ZICK 1997: 46) Bevor die Ausländerfeindlichkeit eingehend skizziert wird, muss vorab der Begriff „Rassismus“ davon abgegrenzt werden. „Die Übergänge zwischen Stereotypen, Vorurteilen und Rassismus sind durchaus fließend, denn nicht zuletzt basiert jede Form von Rassismus – auch solche Formen eines institutionalisierten Rassismus, die scheinbar unabhängig von Vorurteilen existieren – auf einer Reihe von Vorurteilen“, meint ZICK (ebd.: 42). Sowohl Diskriminierung als auch Rassismus sind in Vorurteilen verankert, wobei gleich darauf hingewiesen werden muss, dass rassistische Vorurteile nicht auto-

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63

matisch zu einem rassistischen Verhalten führen müssen (vgl. ebd.: 43, vgl. auch BIERHOFF 1988: 199). Ähnlich wie Diskrimination taucht Rassismus erst dann auf, wenn ein „Katalysator“ als Verbindungsmittel auftritt. Laut JONES definiert sich Rassismus folgendermaßen: „(Racism, A. Z.) results from the transformation of race prejudice and/or ethnocentrism through the exercise of power against a racial group defined as inferior, by individuals and institutions with the intentional or unintentional support of the entire culture.” (JONES 1997: 28)27

Der Vorurteilsträger kann also sowohl ein Individuum als auch eine Institution sein, wobei ein institutioneller Vorurteilsträger eine umfangreichere Wirkung in der Gesellschaft ausübt als ein Einzelner. Wenn Vorurteile von der Mehrheit der Bevölkerung geteilt werden, finden sich allerdings häufig nur geringe situative Hindernisse, die eine offene Diskriminierung unterdrücken (BIERHOFF 1988: 199, vgl. JONES 1997: 137). Im „Report of the National Advisory Commission of Civil Disorder“ der USA wurden 1968 drei wesentliche Formen von Rassismus unterschieden: individueller, institutioneller und kultureller Rassismus (ZICK 1997: 41). Dazu hat JONES (1997) eine anschauliche Abbildung erstellt (Abb. 10):

27

Zitiert nach ZICK: 43.

64

Abbildung 10:

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A Dynamic Structural Model of Racism. Quelle: JONES 1997: 506.

Die Abbildung zeigt, dass rassische Faktoren auf kultureller Ebene, zu der beispielsweise Religion, Wertvorstellung und Sprache zählen, Einfluss auf die institutionelle Ebene ausüben. Diese Faktoren beeinflussen ebenfalls die Meinungsbildung und Weltanschauung in den Bereichen Medien, Bildung und Politik. Letztendlich ist diese Meinungsbildung ein permanenter und dynamischer Prozess sich gegenseitig beeinflussender Faktoren. Bezogen auf die oben gezeigte Abbildung sind Diskriminierung und Rassismus zentrale Kategorien, die sowohl für die tiefenstrukturelle Ausprägung der Stereotype verantwortlich sind, als auch angesichts der Interdependenzen zu den anderen Kategorien des oben angeführten Rassismusmodells Ursache für die spezifischen Ausprägungen im jeweiligen Kulturraum bilden. Mit anderen Worten: Das Individuum beeinflusst alle expliziten und impliziten Stereotype, die es von den Institutionen empfängt, wie auch umgekehrt die Institutionen die individuelle Meinungsbildung beeinflussen. Diskriminierung und Rassismus sind also das Resultat eines Kommunikationsprozesses zwischen den gesellschaftlichen Aktanten. Um das Phänomen der Diskriminierung und des

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65

Rassismus zu verstehen, ist es wichtig, die komplexe (kommunikative) Struktur der Stereotype zu kennen und sie im Zusammenhang zu sehen. Nach ADORNO (1950) sind die Aggressionen gegenüber der Out-group auf den „autoritären Charakter“ zurückzuführen (vgl. Abschnitt 2.2.3). Daher sind Ethnozentrismus, Faschismus und Antisemitismus Folgen eines autoritären Syndroms (vgl. MERKELBACH 1998: 55). DOLLARD et al. (1939) argumentieren dagegen, dass sich das aggressive Verhalten durch eine „Frustrations–Aggressions– Hypothese“ (FAH) erklären lasse. Die Grundannahmen der FAH sind nach der Zusammenfassung von ZICK (1997: 82): „Aggression ist immer eine Folge von Frustration und Frustration führt zu Aggression. Versteht man Vorurteile und Rassismus als aggressive Verhaltensweisen, dann wird deutlich, wie auf der Grundlage der Hypothesen Vorurteile und Rassismus erklärt werden können.“ Die „Frustrations–Aggressions–Hypothese“ (FAH) wird von SCHÄFER und SIX (1978) als „Sündenbock-Theorie“ bezeichnet (ebd.: 83), welche nach SCHÄFER (1988: 21-22) besagt: „Eine Frustration verursacht (unter anderem) das Auftreten aggressiver Tendenzen. Wenn die Aggression nicht gegen den Verursacher der Frustration gerichtet werden kann, weil er nicht anwesend, nicht identifiziert oder zu mächtig ist, werden die aggressiven Tendenzen gegen ein Ersatzobjekt, eine Out-group und ihre Angehörigen verschoben.“ Die oben genannten Theorien bieten sich als Erklärungen für viele rassismusrelevante Begriffe wie etwa Diskriminierung, Ausländer- und Fremdenfeindlichkeit an. Was unerklärt bleibt, ist, wann die Wirkungen von Diskrimination und Rassismus auffällig werden. Nach BIERBRAUER (1997: 150) werden ethnozentrisch-autoritäre Tendenzen besonders in Zeiten ökonomischer und sozialer Bedrohung virulent. Die ökonomische und soziale „Bedrohung“ muss nach Ansicht BIER-BRAUERS keine tatsächliche sein. Auch eine subjektiv wahrgenommene Bedrohung kann zu sozialer und ethnischer Spannung führen, sei sie manipulativ oder spontan. Abschließend soll versucht werden, den Zusammenhang von Fremdenfeindlichkeit und Gewalt zu skizzieren, da dieser bei der Bildung und Beurteilung eines Auslandsbildes eine wichtige Rolle spielt. Nach HEITMEYER (1987) wird die Gewalt nicht erst in ihrer konkreten Ausführung betrachtet, sondern bereits als wesentlicher Bestandteil eines rechtsextremen Orientierungsmusters, das als Kombination einer Ideologie der Ungleichheit mit der Akzeptanz von Gewalt als Handlungsform verstanden wird. ZICK deutete an, dass Ethnozentrismus, Vorurteile und Rassismus wesentliche Bestandteile des Rechtsextremismus sind (vgl. ZICK 1997: 47).

66

TEIL 2 - THEORETISCHER TEIL

Es bleibt jedoch zu klären, weshalb einige Menschen, vor allem Jugendliche, den Fremdenhass (Vorurteile) in Straftaten (Verhalten) umsetzen und andere nicht. Aus der Studie von Gerichtsakten fassen WILLEMS und Mitarbeiter Folgendes zusammen: „Die (rechtsextrem orientierten) Straftäter identifizieren sich mit einer Gruppe (z.B. der der Deutschen), welche sie durch Vorurteile von ethnischen Outgroups (z.B. ‚Asylanten’) absetzen. Fremdenfeindliche Straftaten sind spontane Umsetzungen solcher Vorurteile in Gruppenhandlungen, die durch spezifische Kontextfaktoren (z.B. autoritäre Sozialisation, Alkoholkonsum etc.) wahrscheinlicher werden.“ (ebd.: 47)

Angesichts der Tatsache, dass in den 90er Jahren in den taiwanesischen Medien sehr viel über Ausländerfeindlichkeit in Deutschland berichtet wurde und dadurch Ausländerfeindlichkeit zu einer den Deutschen zugeschriebenen zentralen negativen Charaktereigenschaft wurde, ist die obige Analyse der Entstehung von Ausländerfeindlichkeit für diese Studie relevant (vgl. auch Abschnitt 7.1).

2.3

Aufbau und Reduktion von Stereotypen und Vorurteilen

Betrachtet man die Auseinandersetzungen, Konflikte und Kriege in der Welt, die mittel- oder unmittelbar durch Diskriminierung und Rassismus entstehen, wird deutlich, dass Stereotype und Vorurteile abgebaut werden sollten. Denn genau darin haben Diskriminierung und Rassismus ihre Ursache. Um die Frage zu beantworten, wie Stereotype und Vorurteile abgebaut werden können, muss vorab jedoch erörtert werden, wie sie aufgebaut sind. 2.3.1

Aufbau von Stereotypen und Vorurteilen

Informationen und Wissen über andere Kulturen bzw. Nationen, egal wie und wo man sie erworben hat, müssen gefiltert und verarbeitet werden, um zu prüfen, inwieweit sie der Wahrheit entsprechen oder ob es sich nur um Klischees handelt. Dabei kann es zwar weiterhelfen, wenn man sich an den Spruch „to see is to believe“ hält. Allerdings wäre dann noch zu klären, welche Brille man aufgesetzt hat oder in welchem Kontext man etwas gesehen hat. Ansonsten ist man nur noch fester von dem überzeugt, was man ursprünglich schon glaubte. Dabei verstärken sich Stereotype und Vorurteile. Unverarbeitetes, bruchstückhaftes Wissen ist oft nicht nur nutzlos, sondern geradezu schädlich; es kann zu Fehlverstehen führen und klischeehafte Vorstellungen verstärken (vgl. MALETZKE 1996: 170).

TEIL 2 - THEORETISCHER TEIL

67

Es wird im Allgemeinen akzeptiert, dass Kontakte zum Verständnis zwischen Menschen beitragen. Sozialpsychologisch gesehen werden nach MALETZKE (ebd.: 173) Vorurteile dabei manchmal jedoch nicht abgebaut, sondern aufgebaut: 1) wenn die Kontaktsituation durch Konkurrenz zwischen Gruppen bestimmt ist. 2) wenn der Kontakt unerwünscht und unerfreulich ist und spannungsgeladen und frustrierend verläuft. 3) wenn der Kontakt das Prestige und den Status einer beteiligten Seite mindert. 4) wenn die Beteiligten einander widersprechende moralische oder ethische Grundpositionen haben. Ein Beispiel aus der interkulturellen Wirtschaftskommunikation: Ein deutsches Unternehmen, das in Taiwan eine Tochtergesellschaft gründen oder ein Investitionsprojekt durchführen möchte, jedoch die dortige Bürokratie nicht kennt, bekommt monatelang nicht die benötigte Lizenz. Man wird sich nun vielleicht an Stereotype und Vorurteile erinnern und vermuten, dass die Chinesen korrupt sind und auf Bestechung warten. Durch die daraus entstehende Frustration verstärken sich die Vorurteile, obwohl es nur an der Bürokratie28 liegen kann und nichts mit Korruption zu tun haben muss.29 Es ist also zu zeigen, wie leicht, aber auch wie nachteilig es ist, anderen Kulturen gegenüber Stereotype und Vorurteile zu verstärken. In Zeiten der Globalisierung ist es absolut notwendig, diese abzubauen, wenn ein Land mit anderen Ländern reibungslos und erfolgreich zusammenarbeiten will.

28

29

In einer vom Verfasser durchgeführten Befragung äußerten deutsche Unternehmer in Taiwan, dass die Bürokratie und unklare rechtliche Grundlagen das größte Problem bei der Gründung einer Firma sind. In: „Eine kurze Untersuchung des Investitionsklimas für deutsche Unternehmen in Taiwan und taiwanesische Firmen in Deutschland“, L0 2000: 3, unveröffentlicht. Vgl. auch 1.) „Geschäftspartner Taiwan“, Bundesstelle für Außenhandelsinformation (bfai) (Hg.) 1999: 8. 2.) DRÄGER/ISSA/JANISCHEWSKI (1999: 51): „Asiens Märkte-Erfahrungsberichte und Erfolgsstrategie – Deutsche Firmen berichten aus Singapur, Taiwan, Vietnam, Volksrepublik China“. Ein aktuelles Beispiel: Der taiwanesische Präsident Chen Shui-ban kritisierte, dass eine Baulizenz für ein Investitionsprojekt in einem Park am Meer in Hua-lien, einem Bezirk im östlichen Taiwan, 1.800 „Stempel“ (Unterschriften) brauchte. So stand der Bericht in der bekannten taiwanesischen Zeitschrift „Wealth Magazine“, April 2001: 60.

TEIL 2 - THEORETISCHER TEIL

68 2.3.2

Reduktion von Stereotypen und Vorurteilen

Müssen und können Vorurteile abgebaut werden? Auf der einen Seite sind Vorurteile unvermeidlich, wie LIPPMANN (1990: 88) meint: „doch ist ein Volk ohne Vorurteile, ein Volk mit völlig neutraler Haltung, in jeder erdenklichen Kultur so unvorstellbar, dass man keinen Erziehungsplan auf diesem Ideal aufbauen könnte“. EHRLICH lieferte eine ähnliche Argumentation: Es sei nicht möglich, in einer Gesellschaft aufzuwachsen, ohne Stereotype erlernt zu haben, die den wichtigsten ethnischen Gruppen zugeordnet werden (EHRLICH 1979: 47). Was das Auslandsbild angeht, müssen nationale Stereotype als ein unlöslicher Bestandteil des Wertbezugssystems einer jeden kulturellen Gruppe aufgefasst werden (SODHI/ BERGIUS 1953).30 Noch deutlicher argumentiert MITSCHERLICH (1962), wenn er behauptet, Vorurteile seien keine Krankheit. 31 Sollte aber nichts unternommen werden, um Stereotype und Vorurteile zu reduzieren, können sie nach SCHÄFFER (1988) zu den Voraussetzungen für Intoleranz, Feindseligkeit und Diskriminierung gehören und deren Wirkung in der Gesellschaft verschärfen (ebd.: 57). Stereotype und Vorurteile sind also nicht immer entbehrlich, dürfen aber in ihrer Entfaltung nicht unterstützt werden, sondern müssen reduziert werden. Aber gerade wegen der oben genannten Paradoxe sind alle Wissenschaftler, die sich mit der Thematik befassen, sehr vorsichtig bei der Verwendung dieser Begriffe. Eine Aufstellung (vgl. Tabelle 5) der in der behandelten Literatur als Rubriken bzw. Schlüsselwörter verwendeten Termini zeigt, wie die Reduzierung der Stereotype und Vorurteile thematisiert worden ist: Begriffe/Häufigkeit Bloßgestellt,

Literatur LIPPMANN (1990: 88)

verkleinert, verfeinert Änderung, Reduzierung,

SCHÄFER (1988: 56-57)

Modifikation, Abschaffen Nicht-Entstehen

30 31

BIERHOFF ( 1988: 199)

Vgl. VON BASSEWITZ 1990: 23. In: „Vorurteile und Einstellungen“, SCHÄFER/PETERMANN (Hg.) 1988: 57.

TEIL 2 - THEORETISCHER TEIL

Begriffe/Häufigkeit Reduktion, Modifikation, Abbau Verschwinden Abbau

69

Literatur SIX, U. (1988: 309) SCHÄFFER (1994: 469) MALETZKE (1996: 173)

Reduction, Change Reduktion

JONES (1997: 298) MERKELBACH (1998: 56)

Reduktion, Änderung

SIX, B. (1999: 831)

Abbau, Reduktion

THOMAS (2000: 22)

Abbau, Reduktion

BIERHOFF (2000: 309)

Eliminierung

ROCLAWSKI (2000: 65)

Reduktion/Abbau 11, Änderung 3, Modifikation 2, Abschaffen 1, bloßgestellt 1, Eliminierung 1, Nicht-Entstehen 1, differenziert 1, verkleinert 1, verschwinden 1 Tabelle 5:

Verwendete Schlüsselwörter beim Versuch, Stereotype und Vorurteile zu reduzieren.

Die Liste der Schlüsselwörter zeigt, dass scharfe Formulierungen wie „Eliminierung“ und „Abschaffen“ kaum verwendet werden, während milde Ausdrücke wie „Reduktion“, „Abbau“ und „Änderung“ des Öfteren benutzt werden. Um Stereotype und Vorurteile reduzieren zu können, hat JONES vier strategische Zugänge vorgeschlagen: 1) “The salvation approach: According to this view, the causes reside in the perpetrators, the prejudiced people, and the focus is on treating the problem by concentrating on such people. 2) The remediation approach: This view suggests that there may well be problems with people who are prejudiced (everyone is at least to a cer-

TEIL 2 - THEORETISCHER TEIL

70

tain degree), improving the status or changing the behavior of the targets may be a viable strategy for reducing prejudice. 3) The colorblind approach: This approach asks that we forget race or any other stigmatized characteristic that can be shown an irrelevant basis for individual judgment. 4) The transactional approach: This view indicates that we must consider the entire context of interacting parties, the person designated as prejudiced, as well as his or her target” ( vgl. JONES 1997: 302-307). Neben den oben beschriebenen Vorschlägen von JONES gibt es viele weitere Thesen anderer Wissenschaftler, die Maßnahmen zur Reduktion konkretisieren (vgl. Tabelle 6). Maßnahmen zur Reduktion von Stereotypen und Vorurteilen

Argumentträger

Durch Kontakte

BIERHOFF (2000: 309-312), MALETZKE (1996: 173), SCHÄFER (1994: 469), SIX, B. (1999: 831), THOMAS (2000: 22), TITTULA (1999a: 182)

Durch Schulbildung inkl. Unterrichts- und Kursprogramme, Rollenspiele etc.

VON BASSEWITZ (1990: 31), BIERHOFF (1988: 199), SIX (1999: 831)

Durch Medien

BIERHOFF (1988: 199), ROCLAWSKI (2000: 64), SIX, U. (1988: 309)

Durch Gesetzgebung

BIERHOFF (1988: 199), SCHÄFER (1988: 57)

Durch Änderung der sozialen Kategorisierung

BIERHOFF(2000: 312), SIX, B.(1999: 831)

Tabelle 6:

Zusammenfassung der Maßnahmen zur Reduktion von Stereotypen und Vorurteilen

TEIL 2 - THEORETISCHER TEIL

71

Anhand dieser Übersicht ist festzustellen, dass die Mehrheit der Wissenschaftler die „Kontakthypothese“ vertritt, obwohl sie gleichzeitig darauf hinweisen, dass „Kontakte“ nur unter bestimmten Umständen Aussicht auf Erfolg haben. MALETZKE listet vier solcher Umstände auf, unter denen Vorurteile durch Begegnungen reduziert bzw. verändert werden: 1)

„Wenn bei der Begegnung beiden Seiten der gleiche Status zukommt

2)

Wenn es sich um intensive Kontakte handelt

3)

Wenn die Begegnung erfreulich, angenehm und befriedigend verläuft

4)

Wenn beide Seiten ein gemeinsames Ziel zu erreichen suchen oder wenn übergeordnete gemeinsame Überzeugungen und Wertorientierungen, die wichtiger erscheinen als individuelle Ziele, die Begegnungen bestimmen.“ (MALETZKE 1996: 173)

Wenn gewisse Voraussetzungen vorliegen, wie etwa die oben erwähnten, kann ein Kontaktprogramm zum vollen Erfolg führen. Aus diesem Grund wird die Aussage von MERKELBACH nur mit Vorbehalt zur Kenntnis genommen: „Folglich sind die Interventionsmöglichkeiten wie Rollenspiel, Unterrichtsprogramme und Kontaktprogramme (Jugendaustausch) zur Reduktion von Vorurteilen in ihrer Wirkung begrenzt“ (MERKELBACH 1998: 57). Empirisch gesehen sind die Jugendaustauschprogramme zwischen den Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums Unterrieden in Sindelfingen bei Stuttgart und denen der YungPing Senior High School in Yung Ho bei Taipei, Taiwan (vgl. „Schüler aus Taiwan erstmals zu Gast“ in der „Stuttgarter Zeitung“ vom 21.07.1998) 32 ein konkretes Beispiel dafür, dass solche Programme in hohem Maß zum Verständnis der Fremdkultur beitragen und dadurch die Vorurteile reduziert werden können. Bei Auswertung des Austauschprogramms lässt sich erkennen, dass die Reduktion von Vorurteilen den Forderungen von MALETZKE entspricht: - gleicher Status (alle sind Schüler) - intensive Kontakte (regelmäßiger Schriftverkehr, gegenseitige Besuche, Unterbringung der besuchenden Schüler bei den Gasteltern) - abwechslungsreiches Rahmenprogramm während der gesamten Besuchsdauer

32

Vgl. auch „ Made in Taiwan“ in der „Sindelfinger Zeitung“ vom 28.04.1999; „Stäbchen sind Hindernis, um satt zu werden“ in der „Böblinger Zeitung“ vom 26.04.2001. Da das Programm bei Schülern, Eltern und Lehrern eine gute Resonanz findet, besuchen sie sich gegenseitig seit 1998.

TEIL 2 - THEORETISCHER TEIL

72

- gemeinsames Ziel (gegenseitige Vermittlung der Kulturen) Zusätzlich wurde die in dem Austauschprogramm angeführte interkulturelle Begegnung durch kompetente Moderatoren gelenkt (vgl. SIX, B. 1999: 832). Ähnliche Jugendaustauschprogramme zwischen deutschen und französischen Jugendlichen hat THOMAS (2000: 22) als Beispiele für die Reduzierung von Stereotypisierung und Diskriminierung genannt. Im weiteren Sinn erfüllen die Jugendaustauschprogramme auch die Ziele der Schulbildung. Nach JONES zählt Schulbildung zu einer der effektiven Formen der Vorurteilsreduzierung: “The most common approach to reducing prejudice is through information and textbooks, that is, the salvation of the prejudiced person.” (JONES 1997: 302)

Insgesamt gesehen dient ein erfolgreiches Jugendaustauschprogramm ¾

zur Prophylaxe gegen Vorurteile und Rassismus. Vorurteile können sich bereits in der Kindheit ausprägen (vgl. BERGLER 1976: 136, MERKELBACH 1998: 52). BOLTEN weist in seinem Aufsatz „Multikulturalität und Interkulturalität: Vom Nebeneinander zum Miteinander“ darauf hin, dass „Schüler in multikulturellen Klassen insgesamt weniger Vorurteile gegenüber Menschen anderer ethnischer Herkunft haben als Kinder aus Klassen mit geringem Ausländeranteil“ (BOLTEN 2001c: 63-64). Solche Austauschprogramme dienen auch der positiven Eindrucksbildung gegenüber heterogenen Gruppen. Daraus lässt sich eine Schlussfolgerung ziehen: Je früher ein Kind mit einer fremden Kultur umgeht, desto weniger Vorurteile werden sich bilden.

¾

Da die Teilnehmer an Austauschprogrammen im Gastland alle Informationen ausführlich erklärt bekommen und Gelegenheit zur Diskussion haben, dient dieses Wissen auch zum besseren Verständnis der fremden Kultur. MALETZKE (1996: 170-171) meint, „sinnvoll verarbeitetes neues Wissen führt meist zu mehr Toleranz gegenüber dem Fremden und zu einer Weltoffenheit (...), verbunden mit differenziertem Denken, mit Relativierung und mit einem Rückgang ethnozentrischer, nationalistischer und autoritärer Einstellungen.“ Wenigstens ist zu hoffen, dass Jugendliche, die einmal an einem internationalen Begegnungsprogramm teilgenommen haben, nicht mit den folgenden Problemen konfrontiert werden:

TEIL 2 - THEORETISCHER TEIL

73

„In the past few years, the United States has witnessed ugly incidents of racism on college campuses directed against domestic minority students (STEELE 1989). (…) International students are also in the minority and are vulnerable to attack from prejudiced, ultranationalistic, and ethnocentric students.” (PAIGE 1990)33

¾

Mit zunehmender Ausprägung des Kontakts wird das Bild einer fremden Nation positiver (vgl. VON BASSEWITZ 1990: 31). Beispielsweise hat der oben genannte Jugendaustausch zwischen den Schülern des Gymnasiums Unterrieden und der Yung-Ping Senior High School mit Sicherheit positive Auswirkungen auf die Entstehung des Deutschlandbildes unter den betreffenden taiwanesischen Schülern und Parteien (Familienmitgliedern, Freunden, Verwandten und Personal der besuchten Institutionen) gehabt – und umgekehrt. Darauf aufbauend trägt es auch zum Ausbau der deutschen unternehmerischen und wirtschaftlichen Tätigkeiten in Taiwan bei. Die Erfahrungen beteiligter Leute können zu positiven Stereotypen bezüglich der deutschen Produkte führen.

¾

Darüber hinaus wird der zukünftige taiwanesische Markt von einer Generation geprägt, die heute noch Schüler bzw. Studenten und daher nicht besonders kaufkräftig sind, aber morgen die Meinungsbildner und kaufkräftigen Schichten darstellen werden. Eine von TENNERT (1997) in Japan durchgeführten Umfrage ergab, dass japanische Studenten deutsche Produkte an die erste Stelle (20,1 %) setzen. Der Grund für diese Bevorzugung deutscher gegenüber anderen ausländischen Waren liegt in einem entsprechenden Image: Deutsche Produkte werden als sehr stabil, haltbar, solide sowie leicht zu handhaben eingeschätzt. In der Rangfolge kommen danach amerikanische und italienische (jeweils 12,9 %), französische (10,1 %) und britische (6,5%) Produkte (vgl. TENNERT 1999: 56-57). Das Beispiel zeigt, dass die Jugendlichen auch beim Konsumverhalten nicht frei von Stereotypen sind. Die deutsche Industrie sollte diese Präferenzen japanischer Konsumenten berücksichtigen.

Da die Medien einen dominierenden Einfluss auf die Bildung eines Urteils über andere Nationen haben und sie gerade deshalb zur Verbreitung und Verfestigung von nationalen Stereotypen und verzerrten Auslandsbildern beitragen (vgl. VON BASSEWITZ 1990: 3), versteht es sich von selbst, dass versucht werden kann und muss, durch Massenmedien Stereotype und Vorurteile zu reduzieren. SIX, U.

33

In: „Applied Cross -Cultural Psychology”, BRISLIN 1990: 179.

74

TEIL 2 - THEORETISCHER TEIL

(1988: 309-342) konnte durch ihre Untersuchung mit deutschen Schülern zeigen, dass mit Hilfe interpersonaler Kommunikation Prozesse der Aufnahme und Verarbeitung massenmedialer Informationen kontrolliert und Vorurteile gegenüber ethnischen Gruppen reduziert werden können. Dass die Massenmedien, richtig eingesetzt, einen präventiven Einfluss auf die Vorurteilsbildung haben, glauben auch ADORNO und HORKHEIMER (1975). Sie vertreten die Ansicht, dass die Massen gegen ein stereotypes und vorurteilsvolles Denken durch sachlich aufklärende Broschüren unter Mitwirkung von Fernsehen und Funk „geimpft“ werden können (zitiert nach ROCLAWSKI 2000: 64). Eine andere Möglichkeit, Stereotype und Vorurteile zu reduzieren, ist die Gesetzgebung, wie folgendes Beispiel zeigt: Der amerikanische Präsident TRUMAN verbot 1948 die Segregation in der Armee (vgl. JONES 1997: 298). Die Abschaffung der „Apartheid“ in Südafrika ist ein anderes Beispiel. Wobei ALLPORT auch thematisiert hat, dass andere Vorurteile entstehen könnten, falls bei der Gesetzgebung die „procedural justice” nicht berücksichtigt werde: „Prejudices are not likely to be reduced by laws which, in the manner of their passing, arouse other prejudices.” (vgl. Ebd.: 298)

Ein weiterer Zugang zur Vorurteilsreduktion ist mittels Veränderung der sozialen Kategorisierung möglich. SIX (1999: 832) bezieht sich z.B. auf den Kontext der sozialen Kategorisierungsansätze, wie sie etwa durch die Theorie der sozialen Identität repräsentiert werden. Es geht also um einen „Assimilationsprozess“: Man versucht, eine Gemeinsamkeit der Zugehörigkeit zwischen Mitgliedern in „In-group“ und „Out-group“ zu finden und dadurch Vorbedingungen einer Vorurteilsreduktion zu schaffen. Zusammenfassend kann gesagt werden: Stereotype und Vorurteile können Funktionen der Informationsverarbeitung, Gruppenbildung und Identifizierung übernehmen. Wie bei der Medikamenteneinnahme dürften sie jedoch nicht überdosiert werden. Genauer gesagt: Stereotype und Vorurteile müssen auf die niedrigste Dosis reduziert werden. Die Untersuchung stereotyper Vorstellungen über nationale Gruppen wird zweifellos häufig von der Hoffnung getragen, dass sich aus Erkenntnissen in diesem Bereich praktische Konsequenzen für die Verbesserung des Zusammenlebens von Gruppen ableiten lassen (HARDING, PROSHANSKY, KUTNER, CHEIN 1969, zitiert nach GÜNTHER 1975: 2). Dank solcher Untersuchungen wird es leichter, kontraproduktive gegenseitige Schuldzuweisungen im Konfliktfall zu vermeiden.

TEIL 2 - THEORETISCHER TEIL

75

Ermöglicht wird damit das bessere Verständnis des kulturellen Gegenübers jenseits vereinfachender Stereotype (vgl. BERGLER 1976: 218). Wie oben analysiert stehen Selbst- und Fremdbild in einem engen Zusammenhang. Das Bild von sich und anderen wiederum wird wesentlich beeinflusst durch Stereotype und Vorurteile. Auf der Basis dieser Erkenntnisse wird im nächsten Kapitel ein Forschungsdesign entwickelt, anhand dessen man das Deutschlandbild in Taiwan in seiner inneren Logik nachvollziehen kann.

TEIL 3 FORSCHUNGSDESIGN

TEIL 3 - FORSCHUNGSDESIGN

3

79

Forschungsdesign

Nach EHRLICH kommen für die Erforschung der sozialen Beziehungen zwischen ethnischen Gruppen zwei Theorieansätze in Frage: zum einen die soziologisch orientierte Theorie über das Intergruppenverhalten, welche hauptsächlich anhand historisch vergleichenden Beweismaterials vorgeht, zum anderen die sozialpsychologische Vorgehensweise. Sie befasst sich vor allem mit kognitiven Faktoren und deren Bezug auf das zwischenmenschliche Verhalten (vgl. EHRLICH 1979: 5). Diese beiden Ansätze von EHRLICH sind eine maßgebliche Grundlage dieser Arbeit. Daneben fließen auch kommunikations- und medienwissenschaftliche sowie sozial- und wirtschaftsgeschichtliche Aspekte ein. Damit soll die Ausgangsbasis zur Darstellung und Erforschung der spezifischen Stereotype im deutsch-taiwanesischen Kontext geschaffen werden.

3.1

Die Forschungen zum Deutschlandbild in Taiwan

Die Erforschung von in Taiwan verbreiteten Stereotypen über Deutschland und die Deutschen hat bisher nicht in einem breiten Spektrum stattgefunden. Eine mögliche Erklärung für dieses Defizit ist das Fehlen der diplomatischen Beziehungen. Mit den immer enger werdenden wirtschaftlichen Kontakten und damit steigenden Investitionen und den zunehmenden Touristenzahlen in beide Richtungen sind solche Forschungen wichtig geworden. Die Abschnitte 5.2, 6.3 und 7.3 werden sich überwiegend mit den Wirtschaftskontakten zwischen beiden Ländern befassen. Folgende Statistik der taiwanesischen Behörde für Tourismus stellt die Entwicklung der Touristenströme dar (Tabelle 7): Deutsche nach Taiwan

Taiwanesen nach Deutschland1

1989

25.002

2262

1990

24.320

187

Jahr

1

2

Die Anzahl bezieht sich auf die Touristen, die Deutschland als erstes Reiseziel angeben. Diejenigen, die z.B. zuerst nach Holland fliegen und dann von da aus nach Deutschland weiterreisen, sind hier nicht berücksichtigt. Es ist deshalb anzunehmen, dass mehr taiwanesische Touristen nach Deutschland reisen, als die Statistik angibt. Statistisch erfasst sind nur die Reisenden mit Touristenvisum. Diejenigen, die mit Geschäftsvisum ausreisen, sind nicht in der Statistik enthalten.

TEIL 3 - FORSCHUNGSDESIGN

80

Deutsche nach Taiwan

Taiwanesen nach Deutschland1

1991

25.798

698

1992

28.969

334

1993

28.644

1.439

1994

31.334

5.102

1995

32.944

23.707

1996

33.914

39.658

1997

34.660

46.387

1998

35.343

36.924

1999

34.190

9.4363

2000

34.829

13.925

Jahr

Tabelle 7:

Touristen aus Deutschland in Taiwan und aus Taiwan in Deutschland. Quelle: Tourismusbüro Taiwan: http://www.tbroc.gov.tw/tbroc99_asp/admn_info/admin/P015/015_010.asp; http://www.tbroc.gov.tw/tbroc99_asp/admn_info/admin/PO16/016_010.asp

3.1.1

Stereotype von Deutschland in Taiwan

1983 wurde in Taiwan eine Umfrage zum Deutschlandbild durchgeführt (WOLFFSOHN 1983: 176). Im Winter 1993/94 hat MERKELBACH unter Germanistikstudenten an der Fu Jen Universität bei Taipei die Heterostereotype (Fremdbilder) von Deutschen untersucht. Beide Untersuchungen liefern als Ergebnis4 (Ergebnisse von WOLFFSOHN siehe Abschnitt 6.1) leider nur wenige Informationen über Stereotype gegenüber Deutschen, da die Umfragen jeweils 3

4

Laut Auskunft der Niederlassung des Tourismusbüros in Frankfurt liegt die drastische Senkung der Anzahl an der Einführung der täglichen Direktflüge von “China Airlines“ und „Evergreen“ aus Taiwan in die Niederlande. Es gab 1999 keine Direktflüge der Fluggesellschaften zwischen Taiwan und Deutschland. Ergebnisse von MERKELBACH: Eigenschaften wie „nachdenklich“, „wissenschaftlich denkend“, „methodisch“, „erfinderisch und „intelligent“ wurden von 80-99 % der Befragten genannt, „sportlich“, „künstlerisch“ und „musikalisch“ von 80 % , „ehrlich“, „beharrlich, praktisch“, „direkt“, „äußerst nationalistisch“, „voller Ansprüche“ und „reserviert“ von 85-90 % (vgl. Müller 1999: 99).

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nur auf einen bestimmten Zeitpunkt und auf spezielle Zielgruppen beschränkt waren. Für eine genauere Untersuchung des Deutschlandbildes wäre ein längerer Zeitraum nötig, und man müsste weitere Aspekte berücksichtigen, z.B. die Einbeziehung der Massenmedien. Dies ist bisher nicht geschehen. TRAUTMANN (1997) meint: „Das Bild, d.h. die grobe Vorstellung von einem fremden Land, welche die modernen Medien in unserem Kopf entstehen lassen, kann viel breiter und facettenreicher sein. Es steht außer Frage, dass Fernsehen, Radio und Presse unser Bewusstsein und Empfinden heute stark beeinflussen, indem die permanenten Informationen bei uns bestimmte Eindrücke hervorrufen und Einstellungen prägen, die sich schließlich zu Überzeugungen oder Bildern verdichten.“5 Wie bereits erwähnt werden in den Massenmedien die dominierenden Urteile über das andere Volk dargestellt. Deshalb ist in der Stereotypenforschung die Auseinandersetzung mit den Medien einer der wichtigsten Punkte bei der Erforschung des Auslandsbildes. Vor diesem Hintergrund stellt sich die vorliegende Arbeit das Ziel, das Deutschlandbild in der taiwanesischen Presse zu untersuchen. Zum besseren Verständnis soll im folgenden Abschnitt zunächst die geschichtliche Entwicklung derselben dargestellt werden. 3.1.2

Entwicklung der taiwanesischen Printmedien

Ohne Vorkenntnisse über die Entwicklung der taiwanesischen Presse kann man keine Analyse der Presseinhalte vornehmen und keine aussagekräftigen Eindrücke gewinnen. Das Verbot neuer Zeitungsgründungen und die Limitierung des Zeitungsumfangs ab 1950 übten einen sehr negativen Einfluss auf die Entwicklung der Massenmedien in Taiwan aus. Zwangsläufig wurden auch die Berichterstattungen in Qualität und Quantität beeinträchtigt. Die erste Zeitung, die in Taiwan erschien, ist die „Yong Bao“. Sie wurde in Ning Bo, China, gedruckt und ab 1881 nach Taiwan verkauft. Die erste in Taiwan gedruckte Zeitung war 1885 die „Taiwan Fu Cheng Jiao Huei Bao“.6 Man kann die Entwicklung der Presse in Taiwan nach dem 2. Weltkrieg chronologisch in drei Phasen gliedern: 1945-1949: Taiwan stand nicht mehr unter japanischer Besatzung,7 sondern befand sich wieder unter chinesischer Regierung. Unmittelbar nach dem Krieg war 5 6

7

In: BRÜTTING/ TRAUTMANN (Hg.) 1997: 155. Vgl. ’’Taiwan diqu dazhong chunabo shie gaikuang“ (Ein Überblick über die Massenmedien in Taiwan), Li, Government Information Office(Hg.), 1997: 18. Nachdem die Mandschu-Dynastie einen Krieg gegen Japan verloren hatte, wurde Taiwan 1895 als Kompensation an Japan übergeben.

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die Regierung mit dem Wiederaufbau beschäftigt und kümmerte sich wenig um die Presse. Es gab fast keine Beschränkungen der Pressefreiheit, und es existierte zu dieser Zeit keine Zensur.8 Man zählte 19 Zeitungen in ganz Taiwan. 1950-1987: Nach der Niederlage gegen die chinesischen Kommunisten verließen Chiang Kai-shek und seine Armee 1949 China und setzten nach Taiwan über. Im selben Jahr wurde in Taiwan die Notstandsverordnung erklärt. Eine der Folgen war, dass ab 1950 keine neuen Zeitungsgründungen mehr erlaubt wurden. Ferner wurde 1950 noch eine Beschränkung der Seitenzahl erlassen mit dem Argument, dass Mangel an Zeitungspapier herrsche und man auf den Import angewiesen sei. So waren beispielsweise von 1951 bis September 1958 nur eineinhalb Blätter (6 Zeitungsseiten) erlaubt, vom Oktober 1958 bis April 1967 zwei Blätter (8 Zeitungsseiten), 1967-1974 zweieinhalb Blätter (10 Seiten) und ab 1975 drei Blätter (12 Seiten) (vgl. LU 1998).9 In diesem Zeitraum (1950-1987) gab es insgesamt 40 regionale und überregionale Zeitungen. Aber es wurden, wie erwähnt, keine Lizenzen für neue Zeitungen erteilt. Die einzigen Änderungen in dieser Zeit waren Zeitungstitel und Verlagsorte. 1988 bis heute: Die Notstandsverordnung wurde 1986 aufgehoben. 1987 erfolgte u.a. die Liberalisierung von Presse, Rundfunk und Fernsehen. In diesem Zusammenhang wurde auch die Beschränkung der Seitenanzahl aufgehoben. 1990 gab es 275 Zeitungen. 1991 erhöhte sich die Anzahl auf 327. Diesen Konkurrenzkampf überlebten bis 1994 nur 201 regionale und überregionale Zeitungen (SU 1997).10 Ausländern stehen in Taiwan drei englischsprachige Zeitungen zur Verfügung: „China Post“, „Taiwan News“ und „Taipei Times“. 3.1.3

Das Untersuchungscorpus

Im Laufe der untersuchten Periode von 1962 bis 2000 wurden einige Zeitungen aus ökonomischen Gründen eingestellt oder erschienen aus politischen Gründen neu (Abschaffung der Notstandsverordnung). Dadurch änderte sich die Anzahl der Printmedien laufend. Insgesamt stellt sich das Spektrum der Zeitungen wie folgt dar (Tabelle 8):

8 9

10

Vgl. http://studwww.nou.edu.tw/~jss/ns/np.htm Zitiert nach O-Yang (1984) Vgl.: „Development of Newsprint Media and Transformation of Economy – The Environment and Development Trend of Taiwan’s Newsmedia in the First Decade of Extraction of Regulation”. In: “Public Opinion Research Quarterly”, Ausgabe 204, 1998: 83. Vgl. „Public Opinion Research Quarterly“, Ausgabe 200, 1997: 17-47.

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83

Zeitungstitel/ Gründungsjahr

Verbreitung

Themen

„Central Daily News“/1928

überregional, täglich

General Interest Politische Parteizeitung der Kuo Ming Tang (KMT), von 1945 bis 2000 Regierungspartei in Taiwan.

„Da Hua Wan Bao“/1950 (Abendzeitung)11

dto.

dto.

Tochtergesellschaft von „Central Daily News“. Wurde 1989 aus ökonomischen Gründen eingestellt.

„United Daily News“/1951

dto.

dto.

privat

„Economic Daily News“/1967

dto.

Wirtschaft

Tochtergesellschaft der „United Daily News“

„Min Sheng Daily”/1978

dto.

Freizeit

dto.

„China Times“/ 1950

dto.

General Interest privat

„China Times Express“/1988 (Abendzeitung)

dto.

dto.

Tochtergesellschaft von „China Times“

„Commercial Times“/1978

dto.

Wirtschaft

dto.

„Liberty Times“/ 1988

dto.

General Interest privat

Tabelle 8:

11

Anmerkungen

Kurze Vorstellung der untersuchten Zeitungen.

Diejenigen, die nicht als Abendzeitung bezeichnet werden, sind Tageszeitungen.

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Die „United Daily News“ und die „China Times“ sind die zwei auflagenstärksten Zeitungen in Taiwan. 1979 überschritt die „China Times“ die Auflagenzahl von einer Million, 1980 die „United Daily News“.12 In ihrer Haltung bezüglich der Innenpolitik bestehen Unterschiede zwischen den untersuchten Zeitungen. Für die „United Daily News“ z.B. ist belegt, dass Abonnenten aus Protest über eine „fehlerhafte Berichterstattung“ das Abonnement kündigten.13 Was die Außenpolitik betrifft, waren solche Proteste nicht festzustellen. Es ist deshalb anzunehmen, dass es keine Unterschiede in der Haltung der untersuchten Zeitungsorgane gegenüber Deutschland gibt. Aus diesem Grunde muss bei der Analyse der Stereotype im Deutschlandbild dieser Aspekt in den oben genannten Zeitungen nicht berücksichtigt werden.

3.2

Untersuchungsgegenstand

1) Stereotypenforschung Die überregionalen Morgen- und Abendzeitungen in Taiwan bilden den Gegenstand der Untersuchung zur Stereotypenverwendung in Bezug auf Deutschland. Der Forschungszeitraum erstreckt sich von 1962 bis 2000. Es werden die häufig angewandten „bewussten Auswahlverfahren“ verwendet (vgl. MERTEN 1995: 284). Der Untersuchungsgegenstand wird also gezielt ausgesucht. Zwischen 1962 (das früheste gespeicherte Datum) und 2000 konnten folgende Treffer im Computer der Taiwanesischen Nationalbibliothek abgerufen werden: a) Unter „Deutsche“:

139 Treffer.

b) Unter „Deutschland“: 5013 Treffer c) Unter „deutsch“:

34 Treffer

Diese Befunde werden anhand der in Abschnitt 3.4 dargestellten Methoden in den Kapiteln 5, 6 und 7 untersucht. 2) Analyse der Werbung In der vorliegenden Studie soll die Werbung für deutsche Produkte in Taiwan in einem Magazin vom frühestmöglichen Jahrgang an untersucht werden. Zu diesem Zweck stehen nur wenige Alternativen zur Verfügung. Dazu zählt „Common

12 13

Vgl.: http://udnnews.com/UDN/UDNGROUP/b/right 1.html Vgl.: http://udnnews.com/UND/UDNGROUP/b/right 1.html

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Wealth“. Ein Untersuchungsgegenstand muss ein Opinion Leader sein, denn die Rollen einer Zeitschrift als Lektüre und Werbeträger stehen in einem untrennbaren Zusammenhang (vgl. HENSMANN 1980).14 „Je glaubwürdiger eine Zeitung, eine Zeitschrift ist, desto wirksamer funktioniert sie als Werbeträger.“ (SCHNIBBEN 1997b: 126)15 Seit der Gründung des „Common Wealth“ im Juli 1981 wurde das Magazin bis 1999 fast jedes Jahr vom Government Information Office (GIO), einer taiwanesischen Behörde, mit einem Preis ausgezeichnet.16 Asiatische Präsidenten wie Mahathir bin Mohamad von Malaysia (Nr. 79), Lee Kuan Yew von Singapur (Nr. 92) oder Chiang Ching-kuo von Taiwan (Nr. 79),17 Wissenschaftler wie Peter Drucker (Nr. 162), William Ouchi (Nr. 90, Nr. 221) oder Michael Porter (Nr. 64) und Prominente aus dem Wirtschaftsleben wie Bill Gates (Nr. 140, Nr.170) oder Jerry Young (Nr. 220) sind vom „Common Wealth“ interviewt worden. Ferner wurde „Common Wealth“ von der “New York Times” als Mikrofilm der Wirtschaft Taiwans und als Reflektor des wirtschaftlichen Erfolgs und der Probleme in Taiwan bezeichnet.18 Außerdem hat „Common Wealth“ das alleinige Übersetzungsrecht in Taiwan für die Artikel „Spiegel des 20. Jahrhunderts“ des Magazins „Der Spiegel“ bekommen. Es erscheint jeweils ein ins Chinesische übersetzter Artikel in den Ausgaben Nr. 212-223. Aus diesem Grund wurde „Common Wealth“ als führendes Meinungsmagazin zum Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit ausgewählt. Die Zielgruppe des „Common Wealth“ sieht folgendermaßen aus: a) nach Bildungsgrad: ohne Abitur 7 %, Fachhochschule 22 %, Universität 49 %, Graduate School 23 %19; b) nach Berufsgruppen: Techniker 16 %, Fachkräfte 40 %, leitende Angestellte 22 %, Unternehmensleiter 9 %, Unternehmer 4 %.20 Anhand dieser Daten ist ersichtlich, dass „Common Wealth“ als Werbeträger die kaufkräftigen Schichten, welche sich vor allem den Kauf importierter Güter leis-

14 15 16 17

18 19 20

Zitiert nach JIA 2002: 91. Ebd.: 91 Vgl. http://www.cw.com.tw/Files/ad/frontend/ad_mag.htm Theoretisch ist es nichts Besonderes, ein Interview mit dem eigenen Präsidenten zu machen. In diesem Fall aber war es das allererste Mal, dass der Präsident seit seiner Amtseinführung 1978 ein Interview mit taiwanesischen Massenmedien akzeptierte. Vgl. „Common Wealth“ (Nr. 79/ 1987: 14). Vgl. http://www.cw.com.tw/Files/ad/frontend/ad_mag.htm Das Bildungssystem in Taiwan ähnelt dem in den USA. Vgl. http://www.cw.com.tw/Files/ad/frontend/ad_benefits.htm

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ten können, erreicht. Von 1981 bis 1988 brachte „Common Wealth“ monatlich eine Ausgabe heraus. Seit 1989 gibt es jährlich 14. Dadurch stieg auch die Zahl der Anzeigen. Untersuchungszeitraum: von 1981 (Gründungsjahr) bis 2000. 3) Analyse der wirtschaftlichen und unternehmerischen Tätigkeiten Für die Analyse der deutschen wirtschaftlichen und unternehmerischen Tätigkeiten steht nur das Handbuch „German Business in Taiwan, Handbook & Directory“ zur Verfügung, das jedes Jahr vom Deutschen Wirtschaftsbüro21 erstellt wird. Um einen aussagefähigen Vergleich zu ermöglichen, erstreckt sich der Untersuchungszeitraum über mehrere Jahrzehnte, von 1961 bis 2000. Außerdem werden die 60er und 70er Jahre als Einheit betrachtet, da in den 60er Jahren nur 10 deutsche Firmen gegründet wurden. Vor 1961 ist keine Gründung deutscher Firmen in Taiwan nachweisbar.

3.3

Untersuchungsaspekte

Als Untersuchungsaspekte sollen Stereotype, Werbung sowie wirtschaftliche und unternehmerische Tätigkeiten resümiert werden. 1) Stereotype Alle den Deutschen zugeschriebenen, sowohl positiven als auch negativen Eigenschaften, die das Fremdbild der Deutschen und Deutschlands prägen, werden in Betracht gezogen. 2) Analyse der Werbung In Anlehnung an die These von der „Werbegeschichte als Kommunikationsgeschichte“ von GRIES/ILGEN/SCHINDELBECK (1995) soll Werbung als eine Form der Kommunikation aufgefasst werden. Kommunikation hat immer einen 21

Da keine diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Taiwan bestehen, fällt die Aufgabe deri Förderung der Außenwirtschaft, die normalerweise von der Botschaft bzw. einem Handelsattaché übernommen wird, in Taiwan dem Deutschen Wirtschaftsbüro zu. Der erste Teil des Buches befasst sich mit der Beschreibung des Investitionsklimas in beiden Ländern, wobei der Schwerpunkt auf Taiwan liegt. Der zweite Teil enthält eine Liste der in Taiwan ansässigen deutschen Firmen mit Angabe des Gründungsjahrs, der Organisationsformen und Tätigkeiten. Dieses Buch ist als „Brücke“ zwischen den Unternehmern beider Länder zu betrachten, da es die einzige „offizielle“ Veröffentlichung deutschen Ursprungs in Taiwan ist.

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Inhalts- und Beziehungsaspekt (vgl. BOLTEN 1997: 478, MAURITZ 1996: 233), der Einfluss auf den Kommunikationsstil ausübt. Ein Kommunikator gibt durch die Art und Weise des Kommunizierens Hinweise, wie seine Botschaft zu interpretieren ist. Dazu muss der Empfänger wissen, wie er den Stil des Senders einzuordnen hat. Im kulturübergreifenden Kontext fällt das besonders schwer, da eine Vielzahl von möglichen Stilmerkmalen mit kulturspezifischen Ausprägungen existiert (vgl. MAURITZ 1996: 233). Der Kernpunkt ist also der Unterschied im Kommunikationsstil in heterogenen Kulturräumen. Um die Stereotype von Deutschland in der taiwanesischen Werbung zu erforschen, ist es nötig, die Determinanten zu betrachten, die den Kommunikationsstil in Taiwan und Deutschland beherrschen könnten. In Anlehnung an verschiedene Wissenschaftler wie z.B. GALTUNG (1985) und HALL (1989) werden die Determinanten in der folgenden Tabelle zusammengefasst (vgl. Tabelle 9):

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88

Taiwan

Deutschland

faktenorientiert22

theorieorientiert (GALTUNG 1985, vgl. auch MÜNCH 1990)

traditionsorientiert

aufgabenorientiert (Mauritz 1996: 234)

Mittlere Tiefe der

Niedrigere Tiefe der Unternehmenshierarchie (HOFSTEDE 1997)23

Unternehmenshierarchie Niedriger Individualismus

Hoher Individualismus (HOFSTEDE 1984)24

Hohe Machtdistanz

Niedrige Machtdistanz (ebd.: 57)

High-context culture

Low–context culture25

Tabelle 9:

Vergleich des Kommunikationsstils in Taiwan und Deutschland.

Betrachten wir die oben genannten Unterschiede, die den Kommunikationsstil beeinflussen könnten, dann ist die Abbildung TERPSTRAS (1988)26 über Barrieren in der Werbung einleuchtend (vgl. Abb. 11):

22

23 24 25

26

Aufgrund seiner geographischen Lage und kolonialen Vergangenheit und angesichts der aus Japan stammenden Rückkopplung des Konfuzianismus und bzw. des Mahayana - Buddhismus kann Taiwan in diesem Fall nach GALTUNGS Thesen von Zentren und Peripherien an den japanischen Stil angelehnt werden. Vgl. GALTUNGS Aufsatz „Struktur, Kultur und intellektueller Stil“ in WIERLACHER (Hg.) 2000: 153 und 175. Zitiert nach APFELTHALER 1999: 53. Ebd.: 57 Ebd.: 47. Nach HALL (1989) sehen die Charakteristika von High-context culture und Lowcontext culture (in Klammern) so aus: „zwischenmenschliche Beziehungen sind langlebig und tief (zwischenmenschliche Beziehungen sind eher kurzlebig und lose); in Alltagssituationen ist die Kommunikation rasch und zügig (Kommunikation ist sehr explizit); Vorgesetzte fühlen sich persönlich für ihre Mitarbeiter verantwortlich (Verantwortlichkeit liegt oft im [bürokratischen] System); Vereinbarungen und Verträge werden vorzugsweise mündlich geschlossen (Vereinbarungen und Verträge werden vorzugsweise schriftlich geschlossen); starke Trennung zwischen In- und Out-group (keine strikte Trennung zwischen In- und Out-group); kulturell geprägtes Verhalten sitzt tief und ist schwer/langsam zu ändern (kulturell geprägtes Verhalten verändert sich leichter/rascher.“ (Quelle: Mead 1998, S. 29ff, zitiert nach APFELTHALER 1999: 47). Über Eigenschaften der „low-context culture“ von Deutschen vgl. auch: LORD, R.: Culture Shock! Succeed in Business: Germany“,1998: 148 und 161. Zitiert nach ALLISON 1999: 104.

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89

Communication in international Markets International Marketer

Coded Message

Language Differences Cultural Factors Media Availability Economic Differences Local Distributors Agency Availability

Decoded Messages

Foreign buyers

Abbildung 11:

Barrieren der Werbung. Quelle: TERPSTRA (1988), zitiert nach ALLISON 1999: 104

Sprachliche und kulturelle Unterschiede zwischen dem Anbieter im Stammland und den Konsumenten auf den Zielmärkten spielen in der Werbung eine elementare Rolle. Auch das Engagement von Medien, Distribuenten sowie Agenturen im Gastland ist zweifellos durch kulturelle Dimensionen bedingt. Bei der Auseinan-

90

TEIL 3 - FORSCHUNGSDESIGN

dersetzung mit den ökonomischen Unterschieden muss auch der kulturelle Hintergrund mit einbezogen werden. In diesem Zusammenhang kann man der These von der „Werbegeschichte als Mentalitätsgeschichte“ von GRIES/ ILGEN/ SCHINDELBECK (1995: 15) zustimmen, wobei es beim internationalen Marketing um die Mentalität von zwei Völkern geht. Gerade wegen der Mentalitäts- und Wissensvorratsunterschiede, die durch unterschiedliche Lebenswelten entstehen, wird seit Jahrzehnten darüber debattiert, ob internationale Werbung standardisiert werden könnte und sollte. Argumente für die Standardisierung (Globalisierung) internationaler Werbung sind z.B. „Reduzierung der Planungs- und Entwicklungskosten“ und „Schaffung eines einheitlichen Produktimages in allen bearbeiteten Märkten“. Argumente wider die Globalisierung sind unter anderem „ungenügende Berücksichtigung länderspezifischer Besonderheiten“ und „zu große Unterschiede in der Medienlandschaft“.27 Ob eine Werbung Resonanz beim Konsumenten im Absatzland findet, hängt von den kulturellen Facetten ab, die sehr unterschiedlich sein können. Um Erfolg erzielen zu können, bevorzugen die meisten multinationalen Unternehmen heute eine Differenzierung der Werbung (vgl. auch MÜLLER 1997: 10). Diesbezüglich weist BOLTEN in seinem Aufsatz „Sharan, Galaxy oder Alhambra: ‚Kommunikation’ und ‚Kultur’ als Differenzierungsmerkmale im internationalen Wettbewerb“ auf Folgendes hin: „Die Anzahl der Standardisierungsmaßnahmen ist in den vergangenen zwanzig Jahren vor allem in der internationalen Werbung erheblich zurückgegangen, und man geht – selbst in der Internet-Kommunikation – mehr und mehr dazu über, zentrale Konzepte von nationalen Agenturen unter kulturspezifischen Aspekten anpassen zu lassen.“ (BOLTEN 2000a: 83) Wie bereits angedeutet, will die vorliegende Arbeit analysieren, welcher Kommunikationsstil in der Werbung für deutsche Produkte in Taiwan verwendet wird, um Konsumenten bzw. Kunden zum Kauf zu veranlassen. In den Vordergrund werden die Untersuchungsaspekte gestellt, welche den Deutschen zugeschriebenen Eigenschaften und Stereotype bezüglich Deutschlands in taiwanesischer Werbung zur Verkaufsförderung für deutsche Güter benutzt werden können. „Für den Bereich interorganisationaler Beziehungen in Marketingkanälen wird beispielsweise angenommen, dass Kommunikation zum Überzeugen des Partners durch Informationen dienen kann“ (MAURITZ 1996: 223). Die Werbeanzeige ist eine Information, mit der die Konsumenten vom Produkt überzeugt werden sollen.

27

Ausführlich siehe „Interkulturelle Werbung” Müller 1997: 5.

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91

3) Analyse der wirtschaftlichen und unternehmerischen Tätigkeiten Damit man sich ein Bild davon machen kann, inwieweit deutsche Unternehmen in Taiwan mit Kapital und Management vertreten sind, werden folgende Punkte in die Untersuchung einbezogen: a) Gründungsjahr Dies ist deshalb relevant, weil man dadurch verfolgen kann, wann und wie viele deutsche Unternehmen in Taiwan Fuß gefasst haben und ob die Anzahl der Firmengründungen im Laufe des untersuchten Zeitraums angestiegen oder abgesunken ist, was als Zeichen und Gradmesser für Erfolg bzw. Misserfolg gilt. b) Firmenstruktur Viele Internationalisierungsvarianten stehen einem Unternehmer bei der Gründung einer Firma im Gastland zur Auswahl. Nach MEISSNER/GERBER (1980) sind gemäß der Kapital- und Managementleistungen im Gastland und Stammland sieben Formen zu nennen (zitiert nach WELGE/HOLTBRÜGGE 1998: 103, vgl. auch MACHARZINA/WELGE 1989: 918) (Abb. 12):

92

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Abbildung 12: Internationalisierungsformen von Unternehmen. Quelle: MEISSNER/GERBER (1980), zitiert nach WELGE/HOLTBRÜGGE 1998: 103. Unter den genannten Internationalisierungsvarianten wird Folgendes verstanden: - Export: Es sind zwei Grundformen zu nennen. Als direkter Export wird der unmittelbare Absatz von Gütern an ausländische Endabnehmer bezeichnet, während beim indirekten Export externe Absatzmittler eingeschaltet sind, die auf eigene Rechnung tätig werden. - Lizenzvergabe: Ein Lizenzvertrag stellt die Übertragung eines zumeist zeitlich begrenzten Nutzungsrechts gewerblicher Schutzrechte (Patente, Gebrauchsmuster, Warenzeichen, Urheberrechte u. a.) oder die Weitergabe von nicht geschützten, wirtschaftlich verwertbaren Kenntnissen und

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93

Erfahrungen (Verfahrens- und Management-Know-how) gegen Entgelt dar. - Franchising: Als Franchising wird eine vertikale Kooperation zwischen rechtlich selbstständigen Unternehmungen auf der Basis eines Dauerschuldverhältnisses bezeichnet. - Joint Venture: Unter einem Joint Venture wird eine auf Kapitalbeteiligungen und der Teilung von Geschäftsführung und Risiko beruhende, vertraglich festgelegte und dauerhafte zwischenbetriebliche Kooperation verstanden. - Auslandsniederlassung: Auslandsniederlassungen als Marktbearbeitungsform mit dem höchsten Internationalisierungsgrad stellen die langfristig angelegte Verlagerung von Wertaktivitäten und Ressourcen ins Ausland dar. - Produktionsbetrieb: Hier sind nach dem im Ausland erzielten Wertschöpfungsanteil zwei Formen zu betrachten: 1. Bei der Auslandsmontage (Lohnveredelung) findet lediglich eine Verlagerung der letzten, zumeist besonders arbeitsintensiven Stufe eines mehrstufigen Produktionsprozesses im Ausland statt. 2. Bei der Auslandsproduktion (Fertigungsbetrieb) wird (nahezu) der gesamte Produktionsprozess ins Ausland verlagert. - Tochtergesellschaft: Unter einer 100%igen Tochtergesellschaft wird eine Eigentumsform verstanden, bei der die Muttergesellschaft die alleinige Verfügungsgewalt über eine Unternehmung im Ausland erwirbt oder behält (vgl. WELGE/HOLTBRÜGGE 1998: 104,106, 108 und 111). c) Tätigkeitsbereich Als grobe Kategorisierung werden die Tätigkeiten in Produktionsfirmen, Handelsfirmen und Dienstleistungen eingeordnet. Eine Kategorisierung des Tätigkeitsbereichs ist für die Analyse der Beziehung zwischen Nationalstereotypen, in diesem Fall dem Deutschlandbild, und der Vermarktung deutscher Produkte wegen der Verhandlungsintensitäten relevant. d) Anzahl der Mitarbeiter inklusive entsandtes Stammhauspersonal Bei einigen Unternehmen wird angegeben, dass sie sowohl im Produktions- als auch im Handelsbereich tätig sind. Es kann in diesem Fall angenommen werden, dass der Schwerpunkt eines Unternehmens auf dem Handel liegt, wenn dessen Mitarbeiterzahl klein ist. Den Lokalisierungsgrad stellt die Anzahl der vom Mutterunternehmen entsandten Mitarbeiter dar.

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94

3.4

Untersuchungsmethoden

Die Untersuchung ist interdisziplinär angelegt. Die Erforschung der Stereotype, der Werbeanalyse sowie der wirtschaftlichen und unternehmerischen Tätigkeiten wird methodisch wie folgt vorgenommen: 1) Stereotypenforschung a) Kategorisierung Den Deutschen zugeschriebene Charaktereigenschaften werden in allen Artikeln kategorisiert. Die Kategorisierung entspricht im Wesentlichen der von EHRLICH (1979: 35-37) vorgeschlagenen Typologie. Sie wird für ethnische Stereotype verwendet. Die Entwicklung von EHRLICHS Eigenschaftslisten und ihre Anwendung zur Zuordnung von Stereotypen werden im Folgenden resümiert. Entwicklung: EHRLICH hat mehrfach darauf hingewiesen, dass es nur wenig Literatur auf dem Gebiet der Erforschung von Eigenschaftslisten gibt. Eine methodische Auflistung von Wörtern, welche ethnische Gruppen beschreiben, ist bisher noch nicht erstellt worden. Die Entwicklung des Eigenschaftslistensystems sieht etwa so aus (vgl. ebd.: 32-34): Eigenschaftslistenuntersuchungen befassen sich mit der Zuordnung von Stereotypen. Es geht hier um die Erforschung der Sprache des Vorurteils. Stereotype liefern eine gemeinsame Sprachregelung für nach Orientierung suchende Menschen. Als „Metasprache“ haben Stereotype die Aufgabe, Meinungen und Zweifel ihrer Benutzer zu verstärken. Gleichzeitig stellen sie die Basis für die Entwicklung und Aufrechterhaltung von Solidarität bei den Trägern der Vorurteile dar. Wie jede Spezialsprache hat die Sprache des Vorurteils einen kleinen Wortschatz, der aus Spezialausdrücken (Ethnophaulismen) besteht. Nach EHRLICH gibt es im indoeuropäischen Sprachsystem Eigenheiten, die die Entwicklung einer Spezialsprache des Vorurteils erleichtern. Erstens kann fast jedes Wort zur Beschreibung des Individuums oder der Gruppe benutzt werden. Zweitens schließt der Gebrauch von Sammelbegriffen ohne nähere Bestimmung eindeutig die Gesamtheit ein. Drittens erfordert die genaue Beschreibung von Behauptungen, welche Sammelbegriffe verwenden, eine größere Wortgewandtheit und komplexere Konstruktion, um präzise zu sein.

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95

Wörter und Ausdrücke für ethnische Vorurteile können in drei Typengruppen eingeordnet werden: - herabsetzende Gruppen-Spitznamen28, wie „Schlitzauge“ oder „Gelbe“ für Chinesen. - Wörter oder Ausdrücke für eine ethnische Gruppe29, wie „polnische Wirtschaft“. - Wörter und Ausdrücke mit milder Abwertung, wie Amerikaner (Gebäck), Judenohr (ein Baumpilz), Spaghetti oder Maccaroni für Italiener, Schwarze Hand für Mafia und Rote Brigade für Kriminelle- und Unterweltverbindungen. EHRLICH meint, dass die Verwendung von Ethnophaulismen einen sprachlichen Indikator für vergangene und gegenwärtige Intergruppenbeziehungen darstelle und damit einen Indikator für die Einstellung des Sprachbenutzers. Weiterhin argumentiert EHRLICH, dass die Hauptnorm, die die Anwendungen dieser Wörter steuere, die Zuordnung sei. Zum Beispiel wird das Wort „faul“ fast immer Schwarzen zugeordnet, nach Belieben auch Amerikanern, aber niemals Deutschen. Für diese stereotypenrelevanten Wörter hat EHRLICH insgesamt 123 Begriffe unter den folgenden Kategorien eingeordnet:

28

29

-

positive und negative Beziehungseigenschaften

-

positive und negative intellektuelle Eigenschaften

-

moralische Eigenschaften

-

Konflikte/Feindseligkeit

-

solide und unsolide

Solche Gruppen-Spitznamen gibt es auch im Taiwanesischen : z. B. Atok’ar (Person mit kräftigem Nasenrücken: Bezeichnung für Kaukasier. In China gilt ein kräftiger Nasenrücken als eines der Kriterien für Schönheit. Frauen gehen zu Schönheitschirurgen, um „schöner“ zu werden. Vgl. Stuttgarter Zeitung, 24.04.01); Hanzuu/hancii (Süßkartoffel: Bezeichnung für Taiwanesen, die vor 1949 nach Taiwan einwanderten, da die Gestalt Taiwans der einer Süßkartoffel gleicht. Im Gegensatz dazu werden Chinesen, die nach 1949 nach Taiwan kamen, als Oxar (Taro) bezeichnet.) Solche Ausdrücke gibt es ebenso in Taiwan: „Ich habe keine amerikanische Zeit“ oder „Ich habe kein amerikanisches Geld“, d. h. Ich verfüge über diese Zeit oder dieses Geld nicht. Nach dem zweiten Weltkrieg bekam Taiwan viel Hilfe von den USA. Daher stammen solche Ausdrücke. Gemeint ist, was man entbehren kann.

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96 -

Emotionalität

-

politische und ökonomische Charakteristika

-

ästhetisch-kulturelle Charakteristika

-

körperliche Merkmale

Anwendung: Ursprünglich waren diese Wörter im amerikanischen Sprachgebrauch in Bezug auf ethnische Gruppen in Amerika üblich, wurden aber auch zur Erforschung der Stereotype anderer Zielgruppen, z.B. von Deutschen30, Japanern, Russen usw., angewandt. Im Vergleich zu UNSÖLD (1969), der eine ähnliche Eigenschaftsliste erstellt hat (vgl. GÜNTHER 1975: 276), verfügt die Charaktereigenschaftsklassifikation EHRLICHS über folgende Vorteile und ist deshalb für unsere Studie zweckmäßig: - mehr Charaktereigenschaften zur Auswahl (123 Begriffe, nach UNSÖLD 51) - Ergänzbarkeit: Wenn man sie als Bezugsrahmen für das Erstellen neuer Stereotyp-Checklisten benutzt, bietet sie stets eine leichte Handhabung, die für dieses Forschungsgebiet erforderlich ist (vgl. EHRLICH 1979: 41). Beispielsweise ist der seit den 70er Jahren immer populärer werdende Begriff „umweltbewusst“, der den Deutschen verdientermaßen zugeschrieben wird, nicht dabei und wird vom Verfasser hinzugefügt. b) Codier-Einheit Um Stereotype und ihre Bewertung ermitteln zu können, ist eine CodierEinheit festzustellen. Jede im Artikel auftauchende Eigenschaft (z.B. „fleißig“, „umweltbewusst“) wird als eine Einheit betrachtet. Wären in einem Artikel keine expliziten Stereotypbegriffe (wie „tapfer“, „sparsam“) zu finden, kann trotzdem nach dem Kontext ein entsprechendes Stereotyp festgestellt und entsprechend aufgelistet und aufgezählt werden. Wird beispielsweise in einem Artikel geschildert, dass man einen Hund in Deutschland mehr als einen Menschen schätzt, dann wird das unter „tierlieb“ subsumiert. In diesem

30

VON BASSEWITZ (1990) hat auf der Basis von EHRLICHS Eigenschaftsliste eine Erforschung des Fremdbildes der Deutschen von Franzosen durchgeführt.

TEIL 3 - FORSCHUNGSDESIGN

97

Fall geht es um implizite Stereotype. Die Eigenschaft „tierlieb“ kann in einigen Fällen auch als „menschenverachtend“ interpretiert werden. Sie ist jedoch in Taiwan eindeutig ein positives Stereotyp in Bezug auf Deutsche. c) Zähleinheit Der einzelne Artikel fungiert als Zähleinheit. Auch ein Foto mit Unterzeilen wird als eigenständiger Artikel betrachtet. Bilder zählen zur nonverbalen Kommunikation (vgl. BOLTEN 1997: 481). d) Die Anzahl der Ausgabeseiten, die Seitenzahl des codierten Artikels sowie die Position auf der Seite wird nicht berücksichtigt, da sich die Zahl der Seiten im Laufe des untersuchten Zeitraums als Folge der politischen Kontrolle stark wandelte. Deshalb sind sie für diese Studie irrelevant. e) Für die statistische Auswertung werden jeweils 10 Jahre zusammengefasst um ein Zwischenergebnis für einen Kommentar zu bekommen. Es werden Bilanzen von 1962-1970, 1971-1980, 1981-1990 und 1991-2000 gezogen. 1962-80 wird zusammengefasst, da zwischen 1960-1970 nur geringe Befunde vorhanden sind. f) Gemäß den aufgelisteten und ausgezählten positiven und negativen Eigenschaften wird analysiert, ob sie für die Vermarktung deutscher Produkte in Taiwan relevant sind oder nicht. g) Formale Kategorien: Als journalistische Darstellungsformen werden kategorisiert:

31

-

Die Nachricht: Es geht um die Wiedergabe von Ereignissen ohne Quellenangabe. Dazu zählen auch Übersetzungen ausländischer Zeitungen/Agenturen. Nachrichten kamen in die taiwanesische Presse vorwiegend über ausländische Agenturen. Das zeigte SU (1997) in seiner Studie „The Evolution of News Content in Taiwan, 1947-1993“.31 Danach machen Übersetzungen von Texten ausländischer Zeitungen/Agenturen 23,3 % der ersten Seiten in taiwanesischen Zeitungen aus. Deshalb müssen sie in die Analyse auch mit einbezogen werden.

-

Der Bericht: Hierbei handelt es sich meist um besonders gekennzeichnete Korrespondentenbeiträge, die entweder mit dem Namen des Journalisten oder zumindest mit dem Hinweis „Von unserem Korrespondenten“ versehen sind.

In: „Public Opinion Research Quarterly“, Ausgabe 200, 1997: 17-18.

TEIL 3 - FORSCHUNGSDESIGN

98 -

Der Kommentar: Er ist besonders ausgewiesen und namentlich gezeichnet.

-

Das Interview: Zu dieser Gattung gehören auch Stellungnahmen von Taiwanesen zu einem Thema in selbstständigen Beiträgen.

-

Die Dokumentation: Dabei werden Informationen zu einem bestimmten Sachverhalt oder einer Person geboten.

-

Der Leitartikel: Er ist die expliziteste Meinungsäußerung der Zeitungsorgane und beeinflusst manchmal die politische Richtung der Regierung.

-

Der Leserbrief: Trotz der Tatsache, dass Leserbriefe ein Stiefkind redaktioneller Arbeit sind – nicht zuletzt infolge zeitlicher Verspätung und eines übermächtigen Einflusses der Redakteure – kommt ihnen eine tragende Rolle bei allen Medien zu (BOSSHART 1974: 48).32

-

Die redaktionelle Anmerkung: Sie spiegelt die Meinungen des Redakteurs wider.

h) Feststellung des Wandels des Deutschlandbildes Nachdem die Parameter im jeweiligen Dezennium analysiert sind, soll untersucht werden, ob und inwieweit sich das Deutschlandbild in Taiwan gewandelt hat. Beispielsweise werden die den Deutschen in den 80er Jahren in Taiwan zugeschriebenen Charaktereigenschaften mit denen der 60er/70er Jahre verglichen, um festzustellen, ob ein bestimmtes Stereotyp gleichbleibend, verstärkt oder abgeschwächt ist und welcher Qualitäts- und Quantitätswandel sich vollzogen hat. Als Kriterium für die Gradveränderung des Stereotyps gilt die Auftrittshäufigkeit eines Parameters in einem Jahrzehnt. Falls ein Stereotyp sein Wesen verändert, geht es um Qualitätswandel. Ein neu aufgetretenes oder verschwundenes Stereotyp wird als Quantitätswandel betrachtet. Dieser Wandel kann selbstverständlich auch zu einem Qualitätswandel führen, sollte er sich vermehrt zeigen.

32

Vgl. VON BASSEWITZ 1990: 74.

TEIL 3 - FORSCHUNGSDESIGN

99

2) Analyse der Werbung Methoden zur Untersuchung der Korrelation zwischen der Verwendung von Stereotypen und der Werbestrategie sind bis heute kaum entwickelt worden. In Anlehnung an die vier Kommunikationsebenen von BOLTEN (1997) (vgl. Tabelle 10) wird versucht, die Anwendung des positiven Stereotyps im Deutschlandbild am Beispiel der Werbung zu analysieren. „Produkte sind Botschaften (vgl. KAR-MASIN 1993), daher ist die Gestaltung der verbalen, nonverbalen und symbolischen Kommunikation auf ihre lokale Adäquatheit hin auszurichten“ (APFEL-THALER 1999: 169-170). Eine Werbeanzeige umfasst Bilder, Texte, Layout, Interpunktion etc., die verschiedenen Kommunikationsebenen zugeordnet werden können und dadurch die Werbebotschaften mitteilen.

Kommunikationsebenen

Schriftliche Kommunikation

Untersuchungsobjekte

Lexikalische, syntaktische, rhetorisch-stilistische Vertextungsmittel; Direktheit/Indirektheit

Anwendung der deutschen/englischen Sprache etc.; zugeschriebene Eigenschaften wie: „effizient“, „fleißig“, „künstlerisch“, „technisch entwickelt“, „umweltbewusst“ usw.

nonverbal

Bilder, Zeichnungen, Diagramme, Form(at), Farbe, Layout, Faltweise, Materialqualität (z.B. Papier)

Deutsche Nationalflagge, Fotomodelle, abgebildete Produkte, deutsches Ambiente usw.

paraverbal

Typographie, Interpunktion, Schreibweise, Zwischenräume (z.B. Anordnung von Bildelementen), Satzspiegel

Schriftart, Schriftgröße, Fett-, Magerschrift, Markierung usw.

verbal

TEIL 3 - FORSCHUNGSDESIGN

100

Kommunikationsebenen

Schriftliche Kommunikation

Untersuchungsobjekte Konsumentenschichtung:

extraverbal

Zeit (z.B. Erscheinungsweise), Raum (Ort und Modi der Textübermittlung: Medienart); Zielgruppenorientierung

Tabelle 10:

horizontal/vertikal33

Kommunikationsebenen und Untersuchungsobjekte. In Anlehnung an die Kommunikationsebenen von BOLTEN 1997: 481.

Bei zielkultureller Werbung sollte vor allem Sorge getragen werden, dass Unterschiede in Sprache, Kulturhintergrund und Kommunikationsstil keine entscheiden- den Barrieren für die Werbung bilden. Wie in Abbildung 11 gezeigt, kann bei Werbung für den Zielmarkt in einem heterogenen Kulturraum die „Coded Message“ und die „Decoded Message“ durch sprachliche und kulturelle Unterschiede ganz anders sein. Auf der verbalen Ebene kann eine Diskrepanz zwischen dem Denotat und dem Konnotat einer Werbebotschaft eine Barriere zum Konsumenten aufbauen. Beispielsweise würde das Slogan „Come alive with Pepsi“ in Deutschland als „Come out of your grave with Pepsi“ (ALLISON 1999: 101) und in China als “Pepsi holt Ihre Ahnen aus dem Grab” (APFELTHALER 1999:161) interpretiert. Das Beispiel zeigt, dass die Vermittlung einer Werbebotschaft von einem Land zum anderen missverstanden werden bzw. misslingen kann. Auf der nonverbalen Ebene zählen Bilder ohne Zweifel zu einem der wichtigsten Teile der Analyse. Denn wegen der Kommunikationskonkurrenz wird von Werbeagenturen immer angestrebt, dass Werbeanzeigen so viel wie möglich gelesen, betrachtet und internalisiert werden. Dabei spielen Bilder eine nicht zu unterschätzende Rolle. Beim Betrachten von Printwerbung werden 70-80 % der Betrachtungszeit auf das Bild verwendet, so KROEBER-RIEL (1987).34 „Bilder haben einen größeren Erlebnis- und Unterhaltungswert als sprachliche Informationen, sie werden bevorzugt wahrgenommen, aktivieren stärker und werden besser erinnert“ (ebd.: 233). Was Erinnerung als Werbewirkung betrifft, weist 33

34

Da die Extraverbalebene für die Analyse des Deutschlandbildes in der Werbung für deutsche Güter von untergeordneter Bedeutung ist, wird sie daher in der vorliegenden Arbeit nicht berücksichtigt. Zitiert nach JIA 2002: 233.

TEIL 3 - FORSCHUNGSDESIGN

101

KROEBER-RIEL an anderer Stelle nach: „Bilder sind schnelle Schüsse ins Gehirn: Wirkungsgesetze der Bildkommunikation“. Um ein Bild mittlerer Komplexität aufzunehmen, sind nur eine bis zwei Sekunden erforderlich (vgl. KROEBERIEL 2001: 117). Bei der Erstellung von Werbeabbildungen muss beispielsweise sorgfältig beachtet werden, dass keine Fehltritte ins so genannte „Fettnäpfchen“ vorkommen. Unten stehend seien einige misslungene Beispiele aufgeführt: ¾

„Die Kosmetikmarke Shiseido war in den USA zunächst ein Flop, da in der Werbung nur japanische Models verwendet wurden.

¾

McDonell Douglas musste Prospekte vom indischen Markt nehmen, als entdeckt wurde, dass die abgebildeten Personen nicht Inder, sondern Pakistani waren.

Bezüglich des interkulturellen Aspektes einer Werbung auf der nonverbalen Ebene sei unten stehende Abbildung für Bordeaux-Wein in Deutschland angeführt: Würde diese Werbung (inklusive der Abbildung) unverändert für Taiwan übernommen, wäre der Effekt unwirksam bis kontraproduktiv (vgl. Abb. 13).

102

TEIL 3 - FORSCHUNGSDESIGN

Abbildung 13: Werbeanzeige für Bordeaux-Wein. Eine volle Reisschüssel mit senkrecht darin steckenden Essstäbchen. Quelle: „Der Spiegel“, Nr. 48, 1996: 89.

TEIL 3 - FORSCHUNGSDESIGN

103

Abbildung 14: Abbildung einer vollen Schüssel Reis mit daneben liegenden Essstäbchen in Taiwan. Quelle: „Common Wealth, Nr. 100/1989: 115. Zur Erklärung: Abb. 14 zeigt eine Werbung für eine in Taiwan bekannte Immobilienfirma – auch mit einer gefüllten Schüssel Reis, aber mit daneben liegenden Stäbchen. Hinter der Art, wie die beiden Schüsseln mit Stäbchen auf den Abbil-

TEIL 3 - FORSCHUNGSDESIGN

104

dungen 13 und 14 jeweils dargestellt sind, verbirgt sich eine kulturelle Subtilität, die für einen chinesischen Betrachter von großer Bedeutung ist. Eine volle Schüssel Reis und daneben liegende Stäbchen symbolisieren in Taiwan das alltägliche Familienleben, während eine gefüllte Schüssel Reis mit senkrecht darin stehenden Essstäbchen normalerweise nur als Ritual bei der Verehrung der Vorfahren verstanden wird. Auf der nonverbalen Ebene sind auch die Farben zu berücksichtigen. Was farbliche Symbole betrifft, wirken Rot und Gold normalerweise besonders positiv, aber „White and yellow flowers in Taiwan are associated with death or unhappy circumstances” (ALLISON 1999: 103). Als weiteres Beispiel sei die Verwendung weißer Kerzen erwähnt: In Taiwan werden weiße Kerzen nur anlässlich einer Totenfeier verwendet. In der folgenden Untersuchung wird analysiert, ob Werbeanzeigen deutscher Produkte solche Tabus berücksichtigen. Was die paraverbale Ebene betrifft, steht die Typographie im Vordergrund. HEINZ (1978) hat folgende typographische Mittel zusammengefasst: ¾

Schriftart

¾

Schriftgröße, groß vs. klein

¾

Mager vs. fett

¾

Flattersatz vs. Blocksatz

¾

Markierung vs. Nichtmarkierung Markierung durch: -

Fette Typen

-

Kursivdruck

-

Versalien vs. Kapitälchen

-

Unterstreichung

-

Verschiedene Schriftarten nebeneinander

-

Fantasieschriften

-

Farbstufungen etc. (Zitiert nach JIA 2002: 36-37)

Neben den Kommunikationsebenen wird bei der Werbeanalyse zusätzlich darauf geachtet, inwieweit die Werbedarstellung z.B. durch die Verwendung von standardisierten Werbespots der Muttergesellschaft beeinflusst wird und, wenn ja, ob der Stil einen Wandel von der Standardisierung zur Differenzierung nach sich zieht. Unter Zugrundelegung des Kommunikationsmodels von MERTEN wird

TEIL 3 - FORSCHUNGSDESIGN

105

ein erweitertes Situationsmodell (vgl. Abb. 15) zur interkulturellen Werbung kreiert, die den Veränderungsprozess schematisch darzustellen soll (vgl. MERTEN 1995: 15):

Abbildung 15: Modellsituation zur interkulturellen Werbung. Aufbauend auf der Basis des Kommunikationsmodells von MERTEN 1995: 15. Das Modell versucht, mögliche Interaktionen in einer interkulturellen Werbung aufzuzeigen. Der Werbeauftraggeber muss nicht in jedem Fall ein Unternehmen sein. Er kann auch eine staatliche Institution sein. Beispielsweise haben das Deutsche Wirtschaftsministerium sowie die niedersächsische und bremische Landesregierung in Taiwan Werbespots ausgestrahlt, um taiwanesische Investoren für Deutschland zu interessieren. Wenn eine Werbebotschaft im internationalen Umfeld von einem Auftraggeber bzw. dessen Werbeagentur im Stammland entschieden worden ist bzw. wenn diese Botschaft vom Auftraggeber oder dessen Werbeagentur im Gastland ohne weiteres hingenommen und benutzt wird, ohne die Differenzierung des jeweiligen Landes zu berücksichtigen, dann handelt es sich um eine „kommunikatororientierte“ Werbung oder um eine standardisierte Werbung. Sollte umgekehrt eine Werbebotschaft nur gezielt für das Gastland vorbereitet

106

TEIL 3 - FORSCHUNGSDESIGN

werden, also „rezipientenorientiert“, dann geht es um eine lokalisierte Werbung. Im Fall von Taiwan kann es vorkommen, dass eine Tochtergesellschaft eines deutschen multinationalen Unternehmens in Taiwan einen Werbespot für den einheimischen Markt produziert. Wird er jedoch auch in anderen chinesischen Kulturräumen wie der VR China, Hongkong oder Macau verwendet, dann könnte man ihn zur indirekten Globalisierung zählen. Die Situation oder die interkulturelle Interaktion in dem Modell ist die Begegnung der unterschiedlichen Kulturen. Ob eine Botschaft von Empfänger, Konsument und Publikum in einer anderen Kultur verstanden und akzeptiert wird, hängt von der Interaktion ab. Das Fazit bei der Kosten-Nutzen-Analyse führt zur Entscheidung, ob die gegenwärtige Werbestrategie beibehalten werden kann oder neu entworfen werden muss, um sich damit an der Mentalität des Zielmarkts orientieren zu können. 3) Analyse der wirtschaftlichen und unternehmerischen Tätigkeiten a) Intensitätsanalyse In den 60er und 70er Jahren war Taiwan kein Investitionsstandort. Dies lag teilweise daran, dass Taiwan wegen vieler Plagiate ein negatives Fremdbild hatte. Ausländische Investoren hatten Bedenken, dass ihre Produkte bzw. Handelsmarken im Gastland nachgeahmt werden könnten. Nach dem Vorfall am Tien-AnMen-Platz am 04.06.1989 in der VR China zogen sich viele ausländische Unternehmen aus der Volksrepublik zurück. DRU (1997) hat jedoch am Beispiel von Japan zeigen können, dass Exportgüter im Gastland nur dann erfolgreich abgesetzt werden können, wenn das Exportland auf dem Absatzmarkt über ein positives Fremdbild verfügt. Bewiesen ist hier, dass Interdependenzen sowohl zwischen dem Fremdbild des eigenen Landes und dem Volumen ausländischer Investitionen bestehen als auch zwischen dem Fremdbild der Investoren und dem Erfolg von Wirtschaftstätigkeiten im Gastland. Vor diesem Hintergrund wird durch den Vergleich der Anzahl der Firmengründungen im jeweiligen Jahrzehnt festgestellt, ob sich die deutsche wirtschaftliche und unternehmerische Präsenz in Taiwan positiv oder negativ entwickelt hat. b) Historische Firmenanalyse SCHÖPFER weist in seinem Aufsatz „Vergleich und Interdisziplinarität in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften“ darauf hin, dass man die individuelle Firmenentwicklung mit den makroökonomischen Entwicklungen (Konjunkturabhängigkeit im nationalen oder regionalen Kontext etc.) in Beziehung bringen kann. Weiterhin konstatiert er, dass auch der Betrieb stets über das rein Betriebs-

TEIL 3 - FORSCHUNGSDESIGN

107

wirtschaftliche hinaus im Kontext mit seinem soziopolitischen Umfeld gesehen werden müsse (vgl. SCHÖPFER 2000: 51-52). Die historische Firmenanalyse zeigt auf, in welchem soziopolitischen Zusammenhang ein deutsches Unternehmen Fuß in Taiwan fasst. Beispielsweise durfte Mercedes-Benz Anfang der 70er Jahre in Taiwan hauptsächlich nur Traktoren und Busse absetzen und konnte Taiwan erst in den 90er Jahren als seinen Schlüsselmarkt für Luxuswagen in Asien aufbauen. In den 60er Jahren erwarb Lufthansa eine Verkaufsvertretung in Taiwan und arbeitete mit ihr zusammen. In den 90er Jahren errichtete Lufthansa jedoch eine eigene Niederlassung für technisches Training in Taiwan. Dies alles ist auf den wirtschaftlichen und politischen Strukturwandel in Taiwan zurückzuführen, nicht zuletzt auch auf den Wandel des Fremdbildes Taiwans. c) Kontingenzanalyse Hier wird die Verteilung der wirtschaftlichen Internationalisierungsformen und des Unternehmenstätigkeitsbereichs untersucht. Nach MEISSNER/GERBER (1980) stehen einem Unternehmen sieben Internationalisierungsformen zur Auswahl (vgl. Abb. 12), falls man im Gastland vorhat, einen Kontakt aufzubauen. Für welche Formen und welche Tätigkeiten sich deutsche Investoren in Taiwan entscheiden, wird außer von betriebswirtschaftlichen auch von makroökonomischen Faktoren in Taiwan abhängig sein, um geschäftliche Erfolge erzielen zu können. Unter anderem sollte hier versucht werden, durch diese Analysen die Interdependenzen zwischen dem Fremdbild einer Nation, die ausländische Investoren anziehen möchte, und den Investoren, die in einen fremden Markt einsteigen möchten, zu erforschen. Der Kernpunkt der Untersuchung besteht darin herauszufinden, inwieweit sich das Fremdbild einer Nation (hier das Deutschlandbild) auf die wirtschaftlichen und unternehmerischen Tätigkeiten im Gastland (hier in Taiwan) auswirkt.

TEIL 4 EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

4

111

Statistische Fakten als Grundlage der Untersuchung

Im Folgenden sollen die Untersuchungsfelder der empirischen Forschungen dieser Studie auf der Grundlage der statistischen Daten dargestellt werden.

4.1

Den Deutschen zugeschriebene Charaktereigenschaften 1962-2000

Eine Auswertung der Schlagwörter „Deutsche“, „Deutschland“ und „deutsch“ in der taiwanesischen Presse zwischen 1962-2000 zeigt die quantitative Entwicklung der Berichterstattung über Deutschland von den 60er bis zu den 90er Jahren auf:

„Deutsche“ „Deutschland“ „deutsch“

Tabelle 11:

60er - 70er Jahre

80er Jahre

90er Jahre

5

28

106

(3.6%)

(20.1%)

(76.3%)

17

311

4685

(0.3%)

(6.2%)

(93.5%)

0

4

30

(0%)

(11.8%)

(88.2%)

Anzahl der Funde anhand der 3 Suchbegriffe. Obere Reihe: Anzahl der Treffer, untere: Prozentsatz.

Aus Tabelle 11 geht hervor, dass die Häufigkeit der Schlagwörter „Deutsche“, „Deutschland“ und „deutsch“ von Jahrzehnt zu Jahrzehnt stark angestiegen ist: 1) Unter dem Suchbegriff „Deutsche“: Aus den 139 Treffern aus 9 analysierten Zeitungen ergeben sich 182 Zähleinheiten. 2) Unter dem Suchbegriff „Deutschland“ gibt es 5013 Funde. Wegen des insgesamt unüberschaubaren Umfangs der Berichterstattung über „Deutschland“ wird die Analyse stichprobenweise durchgeführt. Analysiert wurde die Be-

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

112

richterstattung jedes ersten Tages im Monat. Dabei ergeben sich 160 Treffer und daraus 194 Zähleinheiten inkl. Abbildungen. 3) Unter „deutsch“ sind 34 Treffer zu verzeichnen. Daraus ergeben sich 44 Zähleinheiten. Die Abbildungen der Verteilung von Berichterstattungen, der Anteil der Darstellungsformen und die Intensität der Berichterstattungen über den Treffer „Deutsche“ werden im Weiteren dargestellt. Dies soll einen Überblick über die Berichterstattungen zum Thema „Deutsche“ im Zeitraum 1962-2000 in der taiwanesischen Presse bieten. Die Einzelheiten werden bezogen auf das jeweilige Jahrzehnt behandelt. Die Suchwörter „Deutschland“ und „deutsch“ sind nicht in den Abbildungen 16-18 enthalten, da sie die gleiche quantitative Entwicklungstendenz vorweisen wie der Terminus „Deutsche“ (vgl. Tabelle 11). 4.1.1

Verteilung der Berichterstattungen

Die Suchbegriffe verteilen sich in den taiwanesischen Printmedien wie folgt: in „United Daily News“: 109, in Economic News: 6, in „Min Shen Daily“: 12, in „China Times“: 25, in „China Times Express“: 1, in „Commercial Times“: 8, in „Central Daily News“: 18 , in „Da Hua Wan Bao“ und “ in „Liberty Times”: jeweils 1 (vgl. die graphische Darstellung in % in Abb. 16):

„Liberty Times” 1%

„Da Hua Wan Bao” 1%

„United Daily News” 59%

„China Times” 14% „Central Daily News” 10% „Economic News” 3%

„China Times Express” 1% „Min Shen „Commercial Daily” 7% Times” 4%

Abbildung 16: Prozentuale Verteilung der Berichterstattungen in den neun Tageszeitungen.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

113

Aus der Abbildung wird ersichtlich, dass die beiden führenden Zeitungen „United Daily News“ und „China Times“ mehr Berichte über Deutschland enthalten als sämtliche anderen zusammen. Die Anzahl in der „United Daily News“ ist überproportional größer als die in der „China Times“. Die „Da Hua Wan Bao“ stellte 1989 aus ökonomischen Gründen ihr Erscheinen ein. Die „Liberty Times“ erschien erstmalig nach Beendigung der Notverordnung. Daher finden sich dort relativ wenige Berichte. Trotzdem muss die „Liberty Times“ wegen des raschen Gewinnes von Marktanteilen durch intensive Marketingmaßnahmen bei der zukünftigen Untersuchung des Deutschlandbildes genau beobachtet werden. In der „China Times Express“ finden sich nicht viele Berichte über Deutsche und Deutschland. Da sie eine Tochtergesellschaft der „China Times“-Gruppe ist, kann sie der „China Times“ zugeordnet werden. 4.1.2

Anteil der Darstellungsformen 1962-2000

Hinsichtlich der journalistischen Darstellungsformen, in denen der Begriff „Deutsche“ Verwendung findet, ergibt sich folgendes Bild: Bericht: 55, Nachricht: 49 (10 Nachrichten und 39 Übersetzungen ausländischer Zeitungen/Agenturen), Kommentar: 11, Dokumentation: 9, Interview: 9, Leserbrief: 3, Leitartikel: 2, redaktionelle Anmerkung: 1. Graphische Darstellung in % (vgl. Abb. 17):

Leitartikel 1% Leserbrief 2% Interview 6% Dokumentation 6%

Redaktionelle Anmerkung 1% Bericht 41%

Kommentar 8%

Nachricht 35%

Abbildung 17:

Anteil der Darstellungsformen in Prozent.

Auffällig ist der relativ hohe Anteil (28 %) übersetzter Nachrichten ausländischer Zeitungen und Agenturen. Diese Beobachtung wird von SU (1997) bestätigt: In seiner Studie „The evolution of news content in Taiwan, 1947-1993“ konnte SU zeigen, dass ca. ein Viertel der taiwanesischen Nachrichten ausländischen Zei-

114

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

tungen und Agenturen entnommen ist. Diese übersetzten Texte sind, inhaltlich gesehen, unter „Nachricht“ einzustufen. Der Prozentsatz der Nachrichten beträgt also 34 %. Dass der Prozentsatz der von ausländischen Zeitungen/Agenturen übersetzten Nachrichten so hoch ist, liegt daran, dass die taiwanesischen Zeitungsverlage aus ökonomischen Gründen nicht in der Lage sind, viele Korrespondenten ins Ausland zu schicken. Da die Übersetzungen der ausländischen Zeitungstexte meist auf konkrete Ereignisdarstellungen konzentriert sind, finden sich relativ wenige eigene Stellungnahmen der Journalisten bzw. der Zeitungen. 4.1.3

Intensität der Berichterstattungen

Von Jahrzehnt zu Jahrzehnt1 stieg die Intensität der Berichterstattungen über „Deutsche“, „Deutschland“ und „deutsch“ an. Beispielsweise konnte über „Deutsche“ für die 60er Jahre ein Fund getätigt werden, für die 70er Jahre ergaben sich vier. Der eigentlich signifikante Anstieg findet in den 80er Jahren statt (28 Funde). Anhand von 106 Funden kann nachgewiesen werden, dass sich diese Wachstumstendenz in den 90er Jahren fortsetzt (vgl. Abb. 18):

60er Jahre 1%

70er Jahre 2% 80er Jahre 17%

90er Jahre 80%

Abbildung 18: Intensität der Berichterstattungen 1962-2000. Dieser signifikante Anstieg der Berichterstattungen in den 80er und 90er Jahren lässt sich mit den Veränderungen der innenpolitischen Lage in Taiwan begründen, die die Aufhebung der Beantragungspflicht für Zeitungsgründungen und die Abschaffung des Seitenlimits zur Folge hatten. Deshalb gab es in diesem Zeit1

In der vorliegenden Arbeit umfasst ein Jahrzehnt die Jahre XX01-XX00. Unter 80er Jahre wird also der Zeitraum 1981-1990 verstanden, unter 90er der Zeitraum 1991-2000.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

115

raum mehr neue Zeitungen, und auch der Umfang der Berichterstattungen über die politischen Beziehungen zwischen Deutschland und Taiwan stieg an. Vermehrt thematisiert wurden die nun engeren Geschäftskontakte und die darauf aufbauenden kulturellen Kontakte. Das heißt, mehr Ereignisse in Deutschland sind für taiwanesische Leser interessant und relevant geworden. Dies wird in der Analyse der einzelnen Jahrzehnte noch genauer erläutert werden.

4.2

Überblick über die Werbung für deutsche Güter 1962-2000

Angesichts der Limitierung des Zeitungsumfangs und der schwachen deutschen wirtschaftlichen Präsenz in den 60er/70er Jahren in Taiwan verwundert es nicht, dass es in diesen beiden Dezennien kaum Werbung für deutsche Güter gab. Deshalb ist eine Erforschung der Werbung für deutsche Waren erst ab den 80er Jahren möglich. Insgesamt wurde in den 80er Jahren 186-mal für deutsche Güter geworben. In den 90er Jahren finden sich 275 Werbeanzeigen deutscher Produkte. Die um knapp 50 % gestiegene Werbeanzahl in den 90er Jahren ist auf die zunehmende Gründung deutscher Unternehmen sowie engere Wirtschaftskontakte beider Länder im gleichen Jahrzehnt zurückzuführen. Die Verteilung der Werbung sieht wie folgt aus (Tabelle 12): 80er Jahre

90er Jahre

Konsumgüter

165

217

Investitionsgüter

0

34

Dienstleistungssektor

20

24

Tabelle 12:

Verteilung der Werbung für deutsche Produkte nach dem Wirtschaftssektor.

In der Entwicklung der Werbung für deutsche Waren in Taiwan, wie sie aus dieser Statistik ersichtlich wird, spiegelt sich die Entwicklung der deutschen Wirtschaftspräsenz auf der Insel wider. Die zunehmende Präsenz ist wiederum bedingt durch die Entwicklung des wirtschaftlichen und politischen Umfelds in Deutschland und Taiwan.

116

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

Die deutlich geringere Anzahl der Werbeanzeigen für Investitionsgüter erklärt sich daher, dass für Investitionsgüter vor allem durch die Zusendung von Prospekten und Katalogen geworben wurde, die mehr Information vermitteln können als eine Werbeanzeige. Dies bestätigen auch die Untersuchungsergebnisse von SCHNAUFFER (1999) (vgl. Abb.19):

Abbildung 19: Einsatz von Werbemitteln im Rahmen des internationalen Investitionsgütermarketings. Quelle: SCHNAUFER 1999. Zitiert nach PERLITZ 2000: 344. „Generell kann davon ausgegangen werden, dass der Werbung im Rahmen der Investitionsgüterindustrie wesentlich engere Grenzen gesetzt sind als in der Konsumgüterindustrie, was seine Ursache primär in der Erklärungsbedürftigkeit der meisten Investitionsgüter hat“ (ebd.: 340). Dies gilt auch für die Werbeaktivitäten deutscher Unternehmen im Investitionsgütersektor in Taiwan.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

4.3

117

Überblick über die deutschen wirtschaftlichen und unternehmerischen Tätigkeiten 1961-2000

Um einen Überblick von den 60er bis zu den 90er Jahren zu ermöglichen, wird vorab die zahlenmäßige Entwicklung der Firmengründungen deutscher Unternehmen in Taiwan innerhalb dieses Zeitraums dargestellt. Die Einzelheiten werden dann in dem jeweiligen Jahrzehnt eingehend behandelt. Als Anhang werden alle in Taiwan tätigen deutschen Unternehmen aufgelistet. 4.3.1

Anzahl der deutschen Firmengründungen

Es sind insgesamt 137 deutsche Unternehmen im Zeitraum von 1961-19992 in Taiwan gegründet worden. Im Einzelnen stellt sich die Entwicklung wie folgt dar: 1961-1970: 10 Unternehmen, 1971-1980: 13, 1980-1990: 38, 1991-1999: 76. Prozentual kann sie so schematisiert werden (Abb. 20):

1991-1999 55%

1981-1990 28%

1971-1980 10%

1961-1970 7%

Abbildung 20: Prozentuale Verteilung der Firmengründungen nach Jahrzehnten. Seit Beginn der 80er Jahre wuchs die Anzahl der Firmengründungen also mit stark steigender Tendenz an.

2

In dem zitierten Buch „German Business in Taiwan: 1999/2000 Handbook & Directory“ sind deutsche Unternehmen aufgelistet, die bis 1999 in Taiwan ansässig wurden.

118 4.3.2

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE Internationalisierungsformen

1961-1999 wurden 59 Tochtergesellschaften, 35 Auslandsniederlassungen, 21 Joint Ventures, 15 Repräsentanzbüros und 7 Unternehmen anderer Formen3 gegründet.

Auslandsniederlassungen 26%

Andere Formen 5%

Representativ Offices 11%

Tochtergesellschaften 43%

Joint Ventures 15%

Abbildung 21: Internationalisierungsformen deutscher Unternehmen in Taiwan in Prozent. Auffällig sind hier folgende Punkte: 1) Tochtergesellschaften (Subsidiary) und Auslandsniederlassungen betragen insgesamt 69 %. Diese eindeutige Bevorzugung ist damit begründbar, dass eine Tochtergesellschaft in Taiwan im Vergleich zu Auslandsniederlassungen einen FIA (Foreign Investment Approval) Status genießen kann. Die Privilegien und Vorteile eines FIA Status4 sind u. a.: a)

„repatriation in foreign exchange of invested capital, net profits, or interest accrued from equity and loan investment;

b) reduction to 20 % of income-tax withholding on dividends received by foreign investors; c)

3 4

possibility for 100 % ownership by foreign investors.”

Lokale Investitionen von in Taiwan ansässigen Deutschen usw. Vgl. “Doing Business with Taiwan, R.O.C.”, China External Trade Development Council (Hg.) Taipei, 1997: 117.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

119

Eine Tochtergesellschaft verfügt zwar über eine rechtliche und steuerliche Besserstellung in Taiwan, im Vergleich zu einer Auslandsniederlassung müssen deren Manager aber mehr interkulturelle Kompetenz haben. Im Geschäftsalltag sind ausländische Führungskräfte einer Tochtergesellschaft bei Geschäftsaufbau und -führung öfter mit interkulturellen Auseinandersetzungen konfrontiert als die einer Auslandsniederlassung (Branch Office). Vor allem zwei taiwanesische Rechtsnormen sind dafür verantwortlich: ¾

Während einer Tochtergesellschaft der Erwerb von Grundbesitz und Immobilien vor Ort möglich ist, wird dies Auslandsniederlassungen untersagt. Der Erwerb von Grundbesitz und Immobilien im Gastland kann bedeuten, dass mehr Verhandlungen durchgeführt werden müssen (vgl. L0, 2000).

¾

Es besteht zudem ein Unterschied in der Anzahl der Teilhaber und Direktoren der Geschäftsführung. Bei Tochtergesellschaften werden mindestens sieben Teilhaber (einschließlich des Vorsitzenden), drei Direktoren sowie ein Supervisor vorausgesetzt. Bei Auslandsniederlassungen wird nur ein von der Hauptstelle ernannter Zweigstellenleiter als für die Zweigstelle verantwortliche Person registriert. Es liegt nahe, dass innerhalb einer Tochtergesellschaft wegen dieser personalen Zusammensetzung mehr Konflikte auftreten können als in dem „Einpersonenunternehmen“ Zweigstelle. Zwangsläufig stellt die Tochtergesellschaft höhere Anforderungen an die interkulturelle Kompetenz der Beteiligten.

2) Bisher sind fünfzehn Repräsentanzbüros (11 %) deutscher Unternehmen in Taiwan gegründet worden. Die Vorteile eines Repräsentanzbüros beschreibt das Deutsche Wirtschaftsbüro in Taiwan wie folgt: „Die Errichtung eines Repräsentanzbüros ist die einfachste Variante, um im Namen der deutschen Firma in Taiwan Verträge abzuschließen, Angebote zu unterbreiten, Prozesse zu führen und die Geschäfte zu koordinieren. Eine Mindestkapitaleinlage ist nicht erforderlich. Die Repräsentanten dürfen keine gewinnerzielenden Geschäfte tätigen bzw. auf eigene Rechnung Geschäfte abschließen. (...) Da das Repräsentanzbüro in Taiwan keine eigenständige juristische Person ist, sondern nur ein Teil der ausländischen Muttergesellschaft, müssen bei dieser Niederlassungsform mit Ausnahme der Einkommenssteuer auf die Gehälter und Mieten keine weiteren taiwanesischen Unternehmenssteuern abgeführt werden.“5 5

Vgl.: http://www.dwb-taipei.org.tw/inv/rechtliche_5/left.htm

120

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

Zusammenfassend kann man sagen, dass es vom Management, von der Ökonomie und vom Recht her wenig Aufwand bedeutet, sich in Form eines Repräsentanzbüros in Taiwan niederzulassen. Wie das Deutsche Wirtschaftsbüro in den oben genannten Erläuterungen ausführt, finden sich Repräsentanzbüros zumeist im Bereich des Handels bzw. des Dienstleistungssektors und begegnen weniger interkulturellen Auseinandersetzungen als eine Tochtergesellschaft, die sich mit Produktion befasst. Außerdem darf ein Repräsentant, wie bereits gezeigt, keine gewinnerzielenden Geschäfte tätigen. Aus diesem Grund muss der Repräsentant nicht so viele geschäftliche Verhandlungen führen und ist daher relativ wenig mit kulturellen Konflikten konfrontiert. Der Tätigkeitsbereich ist also entscheidend für die Intensität der Verhandlungen, vor allem im Gastland. Im nächsten Abschnitt werden die Tätigkeitsbereiche deutscher Unternehmen näher analysiert. 4.3.3

Tätigkeitsbereiche

Die Tätigkeitsbereiche der 137 deutschen Unternehmen in Taiwan können wie folgt differenziert werden: 69 Handelsfirmen, 40 Dienstleistungsunternehmen (dazu zählen z.B. Repräsentanzbüros der Messefirmen, der Finanzanstalten, die vor Ort Marktinformation sammeln und Kunden der Hauptbüros betreuen) und 28 Produktionsfirmen.

Dienstleistungsfirmen 30%

Handelsfirmen 50% Produktionsfirmen 20%

Abbildung 22:

Unternehmenstätigkeiten in Prozent

Auffällig ist, dass die Hälfte der deutschen Unternehmen in Taiwan im Handelsbereich tätig ist. Der Anteil der Produktionsfirmen beträgt nur 20 Prozent. Wie bereits gezeigt, ist die Tätigkeit im Gastland bei Produktionsfirmen und größeren Investitionsprojekten verhandlungsintensiver aufgrund der größeren Zahl von Partnern (vgl. Abb. 23).

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

Abbildung 23:

121

Verhandlungspartner von Produktionsfirmen

Vor der Gründung einer Produktionsfirma ist der Kauf bzw. das Leasen des Gründstücks ein verhandlungsintensiver Prozess, vor allem für umweltgefährdende Branchen. Das Misslingen des Investitionsprojekts der PolyurethanHerstellung der Firma Bayer wird als ein Fallbeispiel in Abschnitt 7.3.4 noch ausführlich erörtert. Bei Handelsfirmen sind überwiegend zwei Partner involviert (Käufer und Anbieter). Sie haben daher eine geringere Verhandlungsintensivität. Daraus kann folgende These abgeleitet werden: Im Handels- und Dienstleistungssektor kann ein positives Nationalbild vom Herkunftsland mehr zum Marketingerfolg beitragen als im Produktionsbereich, da dieser mit einer komplexeren Interaktion im Geschäftsumfeld konfrontiert ist. 4.3.4

Exkurs: Entwicklung der Geschäftsbeziehungen zwischen Deutschland und Taiwan

Jede Geschäftsbeziehung hat nach MAURITZ (1996: 201) „eine Geschichte, die sich aus den Ereignissen in vergangenen Kommunikationsepisoden zusammensetzt“. Dies gilt auch für die wirtschaftlichen Kontakte zwischen Deutschland und Taiwan. Obwohl es erst seit den 60er Jahren eine – zunächst wenig intensive – Wirtschaftskommunikation zwischen diesen beiden Ländern gibt, existierte in Taiwan auch zuvor schon ein Deutschlandbild, das über China beziehungsweise Japan, dessen Kolonie Taiwan 50 Jahre lang bis 1945 war, vermittelt wurde. Der

122

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

folgende geschichtliche Abriss gibt einen Überblick über die Entwicklung der wirtschaftlichen Kontakte zwischen Deutschland und China/Taiwan. China: Bereits im 18. Jahrhundert entstanden Geschäftskontakte zwischen Deutschland und China. In seinem Aufsatz „Kaufleute, Konsuln, Kapitäne: Frühe deutsche Wirtschaftsinteressen in China“ weist EBERSTEIN (1998) darauf hin, dass das deutsche Schiff „Apollon“, das als erstes nach China gefahren war, im September 1731, aus China kommend, in Hamburg einlief. Die Gründung deutscher Firmen in China erfolgte jedoch erst nach der „Öffnung Chinas“.6 1845 ist die Firma Wm. Pustau & Co als erstes deutsches Handelshaus in Kanton gegründet worden. 1846 sind zwei weitere Handelsfirmen, Siemssen & Co. und Carlowitz & Co., gegründet worden. Siemssen & Co. ist die einzige Hamburger Firma aus dieser Epoche, die neben den alten britischen Unternehmen wie Jardine, Matheson & Co. bis heute besteht und in China tätig ist (vgl. EBERSTEIN 1998: 5152). Ab Ende des 19. Jahrhunderts/Anfang des 20. Jahrhunderts wurden die Wirtschaftskontakte stärker. Deutsche Güter wurden vermehrt nach China ausgeführt. „Als vor 80 Jahren China seinen Markt zum ersten Mal öffnete, wurden in Shanghai alle importierten erstklassigen Waren als ‚Qiemen huo’ (‚deutsche Güter’) bezeichnet. Nach 80 Jahren werden heute westdeutsche Autos, Medikamente, Präzisionsinstrumente und Maschinen immer noch gerne gekauft. Exzellente Qualität und deutsche Waren sind identisch geworden. ‚Made in Germany’ ist eine Garantie für eine problemlose Benutzung für mindestens 10 Jahre. Vor dreißig Jahren hat Jiang Meng-lin in seinem Buch ‚Xi chao’ (‚westlicher Trend’) über Deutschland geschrieben: ‚Deutschland ist ein Land, wo überall Ferngläser, Mikroskope und Reagenzgläser sind.’ “(vgl. LI 1983)7 Diese Beschreibung ist ein Beweis dafür, wie man in Taiwan Stereotype, die sich in China ausgebildet haben, einfach übernimmt. Diese Stereotype überbrückten die Lücke der 50er und 60er Jahre in Taiwan, in denen es wenig Kontakt zwischen Taiwan und Deutschland gab. In gewisser Weise kann man sagen, dass 1949 die Festlandchinesen Stereotype von den deutschen Waren nach Taiwan gebracht haben. Taiwan: Wegen der kolonialen Geschichte erfolgte die Begegnung Taiwans mit Deutschland über die Japaner. Die Werke Goethes, Kästners und Schweitzers wurden beispielsweise von japanischen Ausgaben ins Chinesische übertragen (LO 1978).8 Die Erforschung deutscher Geschichte führt auch bis in die japani6 7

8

Nach dem 1. Opiumkrieg (1840-1842) musste China Häfen für den Handel öffnen. In: „Common Wealth“, Nr. 28/1983: 35. Der chinesische Text wurde vom Verfasser ins Deutsche übersetzt. In: „Fu Jen Studies Literature & Linguistics“, Fu Jen University 1978: 62. Wegen der zunehmen-

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

123

sche Kolonialzeit zurück und steht unter dem Einfluss Japans (ZHOU 1995: 241). Ebenso studierte man das deutsche Recht auf dem Umweg über Japan (GESK 1999: 167). Deutschland wird in Taiwan als die „Heimat der Rechtswissenschaft“ bezeichnet (vgl. „Central Daily News“, 28.12.1999: 23). Deutsche Reichsmark wurden als Kriegsanleihen (German Deutsche Mark Bonds) von der japanischen Regierung während der Besatzungszeit in Taiwan verkauft9 (vgl. Abb. 24). Außerdem wurden Stereotype gegenüber Deutschland wegen der „Achse“ Japan Deutschland im 2. Weltkrieg mehr oder weniger unter Taiwanesen geprägt, d.h. man lernte Deutsche und Deutschland aus japanischer Sicht und aus der japanischen Presse in Taiwan kennen.

9

den Zahl taiwanesischer Germanisten, die in Deutschland studiert haben und sich nach dem Studium mit der Vermittlung der deutschen Literatur in Taiwan beschäftigen, könnte sich die Situation in den 90er Jahren verändert haben. Im Wintersemester 1975/76 beispielsweise gab es 300 taiwanesische Studierende in Deutschland, im Wintersemester 1996/97 waren es 1463. Vgl. SCHNITZER 1999: 23. Vgl. „The Taiwanese National Association for Japanese Deutsche Mark War Bonds Repayment“. Da die japanische Regierung nach dem 2. Weltkrieg die Anleihen nicht eingelöst hat, bleibt die Angelegenheit ein Streitfall zwischen taiwanesischen Anleihenträgern und der japanischen Regierung.

124

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

Abbildung 24: Reichsmark-Anleihe und japanische Staatsanleihe. Quelle: The Taiwanese National Association for Japanese Deutsche Mark War Bonds Repayment, 2000.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

125

Auf der linken Seite sind Reichsbanknoten, von oben nach unten, jeweils im Wert von 10.000, 10.000, 100.000, 50.000, 5.000, 10.000, 500.000 Reichsmark zu sehen. In der unteren Reihe sind von links nach rechts drei Banknoten im Wert von 1.000.000, 20.000 und 5.000 Reichsmark dargestellt. Die restlichen Geldscheine sind japanische Staatsanleihen. Die Abbildung liefert ein Beispiel dafür, wie Taiwanesen durch Japaner der deutschen Kultur begegneten. “Die Stärke einer Geschäftsbeziehung hängt auch von den kulturellen Orientierungen der Beteiligten ab. Je mehr alle Partner dem Vergangenen Beachtung schenken, desto wichtiger ist für sie der historische Verlauf und die Dauer der Beziehung und desto stärker fällt die Beziehungsgeschichte bei aktuellem und zukünftigem Verhalten ins Gewicht.“ (MAURITZ 1996: 205) Wenn man von diesem Grundsatz ausgeht, ist neben der taiwanesischen Seite auch der deutsche Partner zu betrachten. Es ist zu fragen, wie sich deutsche Firmen in Taiwan die geschichtlichen Geschäftsbeziehungen vorstellen und ob sie diese Beziehungen schätzen, falls sie vorhanden sind. Als Beispiel sei die Firma Bayer genannt, da sie seit ihrer Gründung in Taiwan sehr aktiv den Ausbau ihrer Geschäftstätigkeiten vorantreibt. In ihren Firmenbroschüren und Firmenprospekten sind folgende zwei Abbildungen zu finden (Abb. 25 und Abb. 26):

126

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

This illustration, dating back to the Ching Dynasty, is evidence of Bayer´s long association with China Abbildung 25: Prospekt über Farbstoffe der Firma Bayer. Quelle: Firmenbroschüre von Bayer Taiwan Im oberen Rand der Abbildung stehen Firmenname und -sitz der Firma Bayer in Deutsch: „Farbenfabriken von Friedr. Bayer & Co. Leverkusen“. Im unteren Rand steht der Firmenname in chinesischer Sprache. Der Erläuterung zufolge stammt die Zeichnung aus der Mandschu-Dynastie. Das Bild soll unterstreichen,

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

127

dass lange Geschäftsbeziehungen zwischen Bayer und China bestehen und dass man stolz darauf ist. Folgendes Poster ist ein weiteres Beispiel für diese Werbestrategie (vgl. Abb. 26):

Abbildung 26 : Prospekt über „Aspirin“ von der Firma Bayer. Quelle: Firmenprospekt von Bayer Taiwan.

128

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

Die Zeichnung zeigt ein chinesisches Mädchen, das ein Aspirin einnimmt. Unten links ist die Verpackung mit dem Markennamen „Aspirin“ zu sehen, in der Mitte das runde Firmenlogo von Bayer und rechts ein Etikett mit Firmenlogo, Produktname und dem Hinweis „Made in Germany“. Laut der darunter stehenden Erläuterung stammt das alte Poster von einem Sammler in Shanghai. Mit seiner Abbildung versucht die Firma Bayer, die Erinnerung der Taiwanesen dafür zu wecken, dass die Produkte der Firma seit langer Zeit im chinesischen Kulturraum verbreitet sind. Sie sollte vor allem dazu dienen, die Bürger im Bezirk Taichung, Taiwan, wo der Sitz des großen Polyurethan-Projekts vorgesehen ist, an das positive Fremdbild der Firma Bayer in China und Taiwan zu erinnern, da die Einwohner aus Gründen des Umweltschutzes gegen die Gründung des Werks waren. Wie die beiden Abbildungen belegen, setzt Bayer auch in Taiwan die Geschichte der Geschäftsbeziehung mit China zu Werbezwecken ein. Mit anderen Worten: Man benutzt das vorhandene positive Fremdbild der Firma im Rahmen der Marketingstrategie. Fazit: Dank alter Geschäftsbeziehungen zwischen Deutschland und China beziehungsweise Japan besteht in Taiwan ein „kulturelles Gedächtnis“, das die Kommunikationslücke in den bilateralen Beziehungen der 50er Jahre überbrückt. Das Deutschlandbild in Taiwan beruht auf einem komplexen historischen Kontext. Zum einen darauf, dass Taiwan japanische Kolonie war, zum anderen auf den von der chinesischen Regierung 1949 mitgebrachten Stereotypen und Vorurteilen. Das Deutschlandbild ist also indirekt erworben worden. Beginnend in den 60er Jahren nähern sich die beiden Länder langsam, zuerst durch wirtschaftliche Kontakte an. Ein von Taiwanesen selbst wahrgenommenes Deutschlandbild entsteht, und es wandelt sich in Einklang mit der wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Entwicklung beider Seiten und mit der damit verbundenen Selbst- und Fremdbildveränderung in den folgenden Jahrzehnten.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

5

129

Analyse der Deutschlandbilder vor dem Hintergrund deutscher wirtschaftlicher und unternehmerischer Tätigkeiten in den 60er/70er Jahren

5.1

Den Deutschen zugeschriebene Charaktereigenschaften

In den 60er/70er Jahren werden in dem untersuchten Corpus (den ausgewerteten Zeitungen) in Bezug auf Deutsche folgende Charaktereigenschaften genannt (Tabelle 13): Positiv:

Negativ:

„antikommunistisch“:

4

„kriegerisch“:

2

„künstlerisch“:

3

„ethnozentrisch“:

1

„reich“:

2

„grausam“:

1

„fleißig“:

1

„reserviert“:

1

„korrekt“:

1

„methodisch“:

1

„ordentlich“:

1

„sportlich“:

1

„technikorientiert“:

1

Tabelle 13:

Den Deutschen zugeschriebene Charaktereigenschaften in den 60er/70er Jahren. Anzahl der Nennungen

Aus Mangel an Kontakten sind den Deutschen zugeschriebene Charaktereigenschaften in den 60er Jahren in Taiwan „konventionelle“ Stereotype wie „fleißig“, „korrekt“, „künstlerisch“ und nationalsozialismusbezogene Zuschreibungen wie „grausam“, „kriegerisch“.

130

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

Mit der Veränderung der ideologischen und politischen Einstellung in Deutschland tritt die Berichterstattung über „antikommunistische“ Tendenzen ab den 70er Jahren nicht mehr in der taiwanesischen Presse auf. „Grausam“ wurde auf die Judenermordung bezogen, „kriegerisch“ auf den Nationalsozialismus. Dies gilt auch für die anderen Untersuchungszeiträume in der vorliegenden Studie. Dass die Berichterstattung in den 60er und 70er Jahren nicht sehr umfangreich ist, ist auf die bereits genannten Gründe, z.B. die staatlich limitierte Seitenzahl der Zeitungen (angeblicher Papiermangel) und das Verbot neuer Zeitungsgründungen, zurückzuführen. Ein weiterer Grund ist die damalige Außenpolitik Taiwans. Ab 1950 wurden aus finanziellen Gründen die Taiwan-chinesische Militärrepräsentanz in Berlin abgezogen und die Konsulate in Hamburg und Stuttgart geschlossen, die zu jener Zeit die einzigen offiziellen Kontakte mit Nachkriegsdeutschland waren.1 1972 nahm die Bundesrepublik Deutschland diplomatische Beziehungen mit der VR China auf. Deutschland vertrat, ebenso wie seine Partner in der damaligen EG (heute: EU), eine Ein-China-Politik.2 Das bedeutet: Die in dieser Zeit sowieso geringen politischen Kontakte zwischen Taiwan und Deutschland wurden weiter beeinträchtigt. Ab den 50er Jahren waren die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Taiwan eher sporadisch. Die geringe Zahl der Kontakte hat wenige Berichte über Deutschland zur Folge. Dieses Kommunikationsdefizit wird bestätigt durch die Studie von SU (1997), auf die nachfolgend näher eingegangen wird. SU hat die erste Seite der drei taiwanesischen Zeitungen, „United Daily News“, „China Times“ und „Independent Evening News“, von den 50er bis zu den 90er Jahren daraufhin untersucht, in welchem Umfang verschiedenen Ländern eine Berichterstattung eingeräumt wird. Zum Vergleich der Häufigkeit der Berichte auf der ersten Seite der Zeitungen werden in nachfolgender Tabelle Japan und die USA angeführt. Deutschland wird in der Studie von SU zusammen mit den westeuropäischen Ländern genannt (SU 1997)3 (vgl. Tabelle 14):

1

2

3

Vgl „Tehizhi liangpang gonghequo jianjie“ (Einführung in die Bundesrepublik Deutschland), erstellt von der Europa Division, Außenministerium, Republic of China, Juli 2000, Taipei Das heißt: Es gibt zwar die Republik China und die Volksrepublik, aber nur mit der Volksrepublik nehmen die Länder diplomatische Beziehungen auf. Vgl. http//www.auswaertigesamt… ..laender_ausgabe_html?land_id=32&type_id=14 In: „Public Opinion Research Quarterly“, Ausgabe 200, April 1997: 40-41. Der Text ist in Chinesisch und wurde vom Verfasser übersetzt.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

131

Landbezogene Berichte auf der ersten Seite taiwanesischer Tageszeitungen

50-59

60-69

70-79

80-89

90-99

USA

total %

393 59,91

414 53,54

379 55,9

238 57,07

31 37,8

Japan

total %

55 8,39

39 5,0

70 10,3

32 7,7

7 8,5

Westeuropa inkl. Deutschland

total %

70 10,68

53 6,8

31 4,6

33 7,9

8 9,8

Andere

total %

138 21

268 34,63

198 29,2

114 27,34

36 43,9

Anmerkung:

Tabelle 14:

Die 1. Zahl benennt die Anzahl der Berichte, die 2. den Prozentsatz.

Berichterstattung u. a. über Deutschland auf der ersten Seite der taiwanesischen Zeitungen. Quelle: SU: „The Evolution of News Content in Taiwan 19471993“: 40.

Dass die Anzahl der Berichte über ausländische Ereignisse in den 90er Jahren drastisch gesunken ist, spiegelt nach der Studie von SU die politische Liberalisierung Taiwans wider. Berichte über innenpolitische Ereignisse steigen in dieser Zeit auf 54,2 %. Rechnet man auch die Berichte über inländische wirtschaftliche Aktivitäten hinzu, sind es insgesamt ca. 70 % auf der ersten Seite (ebd.: 37-38). Wie Tabelle 14 zeigt, nimmt im Vergleich mit den USA und Japan die Berichterstattung über Deutschland in der taiwanesischen Presse einen viel geringeren Raum ein, wenn man berücksichtigt, dass die Anzahl der Berichte über Westeuropa noch nach Deutschland, Frankreich, England, Niederlande usw. differenziert werden muss. Nach SU ist die Häufigkeit der Berichterstattung bedingt durch die Intensität diplomatischer Beziehungen zwischen zwei Ländern sowie durch die geographischen, historischen oder kulturellen Faktoren. Deutschland fehlten sowohl diplomatische Beziehungen als auch geographische, historische und kulturelle Gemeinsamkeiten mit Taiwan. Des Weiteren ist der Untersuchung von SU zu entnehmen, dass die Intensität der Berichterstattungen über Deutschland (Westeuropa) in den 50er Jahren höher war

132

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

und danach immer mehr abnahm. Im Gegensatz zu SU, der nur die erste Seite der jeweiligen Zeitungen untersuchte, ergab die Auswertung aller Berichte im Zeitraum 1962-2000, wie sie diese Studie vorgenommen hat (vgl. Abschnitt 4.1), dass die Berichte über Deutschland ab den 90er Jahren stark zunahmen. Der Grund hierfür sind die engeren Geschäftsbeziehungen zwischen den beiden Ländern, was im folgenden Abschnitt ausführlich erörtert wird.

5.2

Deutsche wirtschaftliche und unternehmerische Tätigkeiten

Nach dem 2. Weltkrieg hatte Taiwan so gut wie keine Industrie und eine sehr geringe Exportquote. Stattdessen mussten Ausrüstungen zur Produktion importiert werden, u. a. auch aus Deutschland. Nach dem wirtschaftlichen Aufbau und durch die Bemühungen der taiwanesischen Regierung und Bevölkerung wurde Taiwan ab den 60er Jahren ein exportorientiertes Land. Dieser Wandel gilt auch für den Außenhandel zwischen Taiwan und Deutschland. Die folgende Tabelle veranschaulicht diesen Zusammenhang (Tabelle 15): Angaben in: US$ 1.000 Jahr

4

Taiwan exportiert nach Deutschland4

Taiwan importiert aus Deutschland

Handelsbilanz (aus taiwanesischer Sicht)

1960

3.276

11.332

-8.056

1965

29.524

17.091

+12.433

1970

71.008

61.899

+9.109

1971

87.731

80.061

+7.670

1972

135.281

91.542

+43.739

1973

215.310

203.276

+12.034

1974

306.290

475.106

-168.816

1975

316.259

371.474

-55.215

1976

422.086

352.214

+69.872

Gemeint ist hier nur die Bundesrepublik Deutschland.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE Jahr

Taiwan exportiert nach Deutschland4

Taiwan importiert aus Deutschland

133

Handelsbilanz (aus taiwanesischer Sicht)

1977

418.208

276.918

+141.290

1978

572.468

411.891

+160.577

1979

742.603

635.548

+107.055

1980

1.075.864

722.267

+353.597

Tabelle 15:

Handelsvolumen zwischen Deutschland und Taiwan in den 60er/70er Jahren. Quelle: “Taiwan Statistical Data Book 2000”, Council for Economic Planning and Development. Taipei, Taiwan, R.O.C. 2000: 211.

Dass es im obigen Zeitraum ab 1965 mit Ausnahme von 1974-755 immer eine positive Handelsbilanz Taiwans gab, hat folgende Gründe: a)

Um die Wirtschaft Taiwans zu beleben, wurde von der taiwanesischen Regierung in den 60er Jahren der Export als Hauptziel festgelegt. Exportverarbeitungszonen6 wurden errichtet.

b) Die Kaufkraft Taiwans war schwach. Zum Beispiel betrug das Bruttosozialprodukt 1960 nur US-$ 154, 1970 US-$ 389. Im Vergleich dazu belief es sich 2000 auf US-$ 14. 216.7 c)

5

6

7

Es gab wenige deutsche wirtschaftliche und unternehmerische Tätigkeiten in Taiwan. In den 60er Jahren war Taiwan noch nicht als Investitionsstandort bzw. Vertriebsmarkt entdeckt worden, einerseits wegen des ungünstigen Investitionsklimas (verschiedene Handelsbeschränkungen wie z.B. Devisenkontrolle oder Importrestriktionen bei Bier, Wein, PKW´s) und andererseits auch wegen der unter b) bereits erwähnten niedrigen Kaufkraft.

In diesen Jahren war Taiwan von der Energiekrise betroffen und hat deshalb unter Exportrückgang gelitten Vgl. Yu (1999): „Taiwan im Wandel: Wirtschaft“, 1999: 8. Exportfördernde Maßnahmen Taiwans, die zum wirtschaftlichen Aufschwung viel beigetragen haben. So beschreibt YU (1999: 8): „Die Einrichtung von Exportverarbeitungs- und Industriezonen trug nicht nur dazu bei, Taiwans überschüssige Arbeitskräfte aufzunehmen. Durch die damit verbundene Öffnung des Außenhandels gelang es, auch Taiwan zu einer bedeutenden Wirtschaftsmacht werden zu lassen.“ Vgl. „Taiwan Statistical Data Book “, 2001: 48.

134 5.2.1

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE Anzahl der Gründungen deutscher Unternehmen und deren Rechtsformen

In den 60er Jahren ließen sich 10 deutsche Firmen in Taiwan nieder: Tochtergesellschaften:

3

Auslandsniederlassungen:

3

Joint Ventures:

3

Andere Formen:

8

1

Die Hälfte der gegründeten Firmen war im Handelsbereich tätig. Ihre Funktion unterschied sich wesentlich von derjenigen japanischer Handelsfirmen. Japanische Handelsfirmen steigen zwar ebenso als Pioniere in einen fremden Markt ein, fungieren aus historischen Gründen aber auch als Informationsvermittler für Produktionsfirmen, die erst später in den ausländischen Markt einsteigen werden, wenn die Zeit dafür reif ist. „Die für den Außenhandel benötigten Informationen sind damals von der japanischen Regierung und von den mit ihrer Unterstützung gegründeten Handelsfirmen gesammelt worden. (...) Wenn man die Tradition der Unternehmenstätigkeiten im Außenhandel berücksichtigt, kann man den jetzigen großen Anteil der japanischen Handelsfirmen und Finanzinstitute besser verstehen (vgl. WARAGAI 1993).9 Die in den 60er Jahren in Taiwan errichteten deutschen Handelsfirmen trugen dagegen nicht die Verantwortung einer Informationssammlung für andere deutsche Produktionsfirmen. Entsprechend dem Schema bei MEISSNER/GERBER (1980) (vgl. Abschnitt 3.3) sind bei einer Exporttätigkeit, auch wenn dann eine Repräsentanz im Gastland aufgebaut wird, die Kapital- und Managementleistungen einer Handelsfirma im Gastland niedriger als bei Errichtung von Produktionsbetrieben oder Tochtergesellschaften. Vereinfacht gesagt: Bei einem Eintritt in einen fremden ausländischen Markt ist die Gründung einer Handelsfirma aus Erwägung des Risikos sinnvoll, denn hier ist weniger Kapital und Personal nötig, und außerdem ist man mobiler. Das war auch der Fall bei der Gründung deutscher Handelsfirmen in den 60er Jahren, da Taiwan zu jener Zeit politisch nicht sehr stabil war und noch viele wirtschaftliche und finanzielle Beschränkungen bestanden.

8 9

Local General Sales Agent (lokale Generalverkaufsvertretung) In: “Zeitschrift für Betriebswirtschaft”, 63. Jg. 1993: 1174.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

135

Während in den 60er Jahren nur 10 deutsche Firmen in Taiwan ins Leben gerufen wurden, waren es in den 70er Jahren 13, darunter: Tochtergesellschaften:

9

Auslandsniederlassungen:

2

Repräsentanzbüros:

2

Die Wachstumsrate deutscher Investitionen in Taiwan war jedoch noch relativ niedrig. 5.2.2

Tätigkeitsbereiche deutscher Unternehmen

Gründungen deutscher Unternehmen in den 60er Jahren spiegeln die damalige industrielle Struktur Taiwans wider: Handel:

5 Firmen

Dienstleistung:

5 Firmen

Schenker (HK) Ltd., Taiwan Branch und Kuehne & Nagel (Taiwan) Ltd. sind in der Speditionsbranche tätig, deren Hauptaktivität darin besteht, taiwanesische Exportgüter nach Europa zu befördern. Die Lufthansa fliegt nicht nach Taipei10, hat aber eine Vertretung vor Ort.11 Mercedes-Benz hatte zwar zu jener Zeit bereits eine Vertretung, aber der Schwerpunkt des Verkaufs lag auf Traktoren und Omnibussen, da die Einfuhr von Personenkraftwagen kontingentiert war.12 Die Deutsche Eisenbahn-Consulting GmbH, Taiwan Branch bietet Service und Beratung bei der Entwicklung der Infrastruktur an. BASF handelt u. a. mit Farbstoffen; Illies Engineering (Taipei) verkauft Textilmaschinen. Wie bereits dargestellt, sind deutsche Farbstoffe seit Anfang des 20. Jahrhunderts in China bekannt und beliebt. Die Textilindustrie in Taiwan war eine der bedeutendsten Wirtschaftszweige in den 60er und 70er Jahren; die Unternehmer, wie beispielsweise der Gründer der Firma Far Eastern Textile Co., Ltd., Zhongxing Textile Co., Ltd. und Taiyuan Textile Co. Ltd., stammten meist aus Shanghai, China.

10

11

12

Erst 1993 wurde von der Lufthansa eine Flugverbindung nach Taiwan aufgebaut, die aber 1996 wegen mangelnder Rentabilität wieder eingestellt wurde. Da sich der Tourismus in Taiwan erst 1979 liberalisierte, wurde die Lufthansa in den 60er und 70er Jahren eher von Geschäftsleuten benutzt, die in Hongkong oder Bangkok nach Deutschland umstiegen. Selbstverständlich werden auch Export- und Importgüter nach und aus Deutschland transportiert. Vgl. http://www.cmi.mercedes-benz.com/1/1_1.htm

136

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

In den 70er Jahren wurden 5 Produktionsfirmen, 4 Handelsfirmen und 4 Dienstleistungsfirmen ins Leben gerufen. Als Antwort auf den rasch entwickelten Export aus Taiwan traten weitere Speditionen auf den Markt: Birkart-East West International Forwarding Ltd. und Hapag-Lloyd (Taiwan) S.A. Ltd. Ein wichtiges Exportland ist für Importländer eine wichtige Bezugsquelle. Daher ist die Gründung eines Einkaufsbüros nahe der Bezugsquelle sinnvoll. Quelle (Far East) & Co., Taiwan Branch wurde aus der Taufe gehoben. Wenn die Geschäftskontakte mit einem fremden Land enger werden, sind auch Kredit- und Versicherungsanstalten gefragt. Die Deutsche Bank AG, Taipei Branch und die Munich Reinsurance Co. Liaison Office Taipei wurden daher zu dieser Zeit gegründet. Außer exportorientierten Unternehmen investierten auch andere deutsche Firmen aus diversen Branchen: z.B. Siemens Telecommunication Systems Ltd. (Kommunikationsprodukte), Schering Taiwan Ltd. (Pharmazie), Hsin Ho Hardware Co., Ltd. (Baumaterial) und United Silica Industrial Ltd. (chemische Produkte). Auffällig ist, dass ab den 70er Jahren Taiwan als Produktionsstandort von deutschen Unternehmen entdeckt wurde. Im vorhergehenden Jahrzehnt war noch keine Produktionsfirma gegründet worden. Die Anzahl der Produktionsfirmen stieg zwar von Jahrzehnt zu Jahrzehnt, jedoch nicht so stark wie die der Handels- und Dienstleistungsfirmen. Aus betriebswirtschaftlichen Gründen lagerten einige deutsche Betriebe in den 70er Jahren wegen der relativ niedrigeren Arbeitskosten Teile ihrer Produktion nach Taiwan aus. Ab den 80er Jahren, vor allem aber ab den 90er Jahren wurde die Gründung von deutschen Produktionsfirmen in Taiwan darauf fokussiert, den Vertrieb der Produkte wegen des höheren Wachstumspotenzials über Taiwan hinaus auch auf die angrenzenden Länder auszudehnen. Insgesamt gesehen ließen sich bis Ende der 70er Jahre nur 23 deutsche Unternehmen in Taiwan nieder. Dass die deutsche wirtschaftliche Präsenz auf der Insel relativ schwach war, lag u. a. an fehlenden interkulturellen und politischen Kontakten zwischen beiden Ländern.

5.3

Zusammenfassung der 60er/70er Jahre

In den 60er Jahren gab es nur eine minimale Kommunikation zwischen Deutschland und Taiwan, was durch die geographische Entfernung, aber mehr noch durch die geringen Kontakte bedingt war. Die anschließenden 70er Jahre wären zwar eine gute Zeit für einen engeren Kontakt gewesen, da beide Länder sich nach dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg intensiv nach neuen Märkten für ihre Exportprodukte umsahen. Wegen der immer noch fehlenden diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern und der noch geltenden Notstandsverord-

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

137

nung in Taiwan war das Tempo der Annährung jedoch nicht so rasch, wie es wünschenswert gewesen wäre. Trotz all dieser Schwierigkeiten kann aber festgestellt werden, dass das Deutschlandbild in Taiwan in diesem Zeitraum dank der historischen Kontexte, vor allem der langjährigen Geschäftsbeziehungen Deutschlands mit China, positiv ist und deutsche Waren positiv beurteilt werden. Die Bemühungen beider Seiten um eine Intensivierung der Kontakte gelten als ein solider Grundstein für die Entwicklung der wirtschaftlichen Beziehungen in den 80er Jahren. Folgende Tabelle stellt die endogenen und exogenen Faktoren dar, die für die Entstehung des Selbstbildes Taiwans und des Fremdbildes von Deutschland in den 60er/70er Jahren in Taiwan relevant sind (vgl. Tabelle 16): Endogene Faktoren

Exogene Faktoren

(in Taiwan)

(in Deutschland)

Politisch:

Politisch:

-

Notstandsverordnungen seit 1949: z.B. Pressezensur, keine Zulassung neuer politischer Parteien

-

Ausreisebeschränkungen

-

Diplomatische Niederlage: Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Taiwan-Frankreich, Taiwan-Japan, Taiwan-USA; Austritt Taiwans aus der UN0

Wirtschaftlich: -

„Made in Taiwan“ lässt niedrige Qualität erwarten und wird mit Plagiatsproduktion assoziiert

Tabelle 16:

-

Geteilt in zwei Länder durch den 2. Weltkrieg (eine demokratische BRD und eine kommunistische DDR)

-

Mauerbau

-

Einsatz deutscher Militärberater auf persönliche Einladung des damaligen Präsidenten Chiang Kai-shek in Taiwan

Wirtschaftlich: -

„Made in Germany“ als Qualitätsbegriff

-

Gründungen deutscher Unternehmen in Taiwan

Endogene/exogene Faktoren für die Entstehung des Deutschlandbildes in Taiwan in den 60er/70er Jahren.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

138

Die Faktoren, die bei der Entstehung des Deutschlandbildes relevant sind, können in zwei Kategorien eingeordnet werden, von denen eine mit der Herausbildung des Fremdbildes des Deutschen und Deutschlands zusammenhängt, die andere mit dem Selbstbild Taiwans. Wie bereits dargestellt, bestehen Interdependenzen zwischen Selbst- und Fremdbild. 1) Faktoren zur Entstehung des Deutschlandbildes in Taiwan: a) Politisch: -

Die demokratische BRD war ein gesellschaftliches Vorbild für Taiwan.

-

Der Mauerbau: Die „Schandmauer“ hätte evtl. ein negatives Image für Deutschland bedeuten können, war aber für Taiwanesen verständlich, nachdem die Taiwan-chinesische Regierung Festlandchina an die Kommunisten verloren und die Regierung nach Taiwan verlegt hatte. Die Meerenge von Taiwan bot zwar einen Schutz gegen das kommunistische China, war jedoch auch eine Art Hindernis für Kontakte zwischen der Bevölkerung in China und Taiwan.

-

Tätigkeit der deutschen Militärberater: Mit deutschen Militärberatern hatte der damalige Präsident Chiang Kai-shek vor seinem Amtsantritt in Taiwan schon in China zusammengearbeitet, und er lud wieder welche ein, nachdem seine Regierung in Taiwan aufgebaut war. Auf Tätigkeiten deutscher Militärberater wird in Abschnitt 6.2.4 eingehend eingegangen.

b) Wirtschaftlich: -

„Made in Germany“ als Qualitätsindikator: In Taiwan wird besagtes Siegel als Qualitätsbegriff zunächst von Japanern und dann von Festlandchinesen anerkannt.

-

Gründung deutscher Unternehmen in Taiwan: Deutsche Unternehmen sind geschätzt, denn sie transferieren Kapital sowie Technologie und schaffen Arbeitsplätze auf der Insel. Eine Arbeitsstelle bei einem deutschen Unternehmen war sehr attraktiv (vgl. Abschnitt 7.3.1).

2) Faktoren bei der Entstehung des Selbstbildes Taiwans: a) Politisch: -

Auswirkung der Notstandsverordnungen: Wegen der Notstandsverordnungen waren in Taiwan viele Rechte eingeschränkt. Taiwan behauptete, ein demokratisches Land zu sein, wurde aber wegen der besagten Verordnungen von der Weltgemeinschaft nicht ganz akzeptiert.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

139

-

Ausreisebeschränkungen: Erst ab 1979 durften Taiwanesen frei ins Ausland reisen. Stereotype und Vorurteile sind in diesem Fall in eine Gesellschaft eingebettet, in der wenig Kontakte zur Außenwelt aufgenommen werden können und die Kommunikation mit der Außenwelt nur auf einer Einbahnstraße erfolgt – über „autorisierte“ Informationen. Vor diesem Hintergrund wird die Selbsteinschätzung weiter geschwächt, und die Stereotype vom anderen Land, die bereits vorhanden sind, werden verstärkt.

-

Diplomatische Niederlage: Die diplomatischen Partner ließen Taiwan einer nach dem anderen im Stich, um ihre Beziehungen mit der VR China zu normalisieren. Viele Taiwanesen fühlten sich isoliert und bedroht, was Auswanderungen (meistens in die USA) auslöste, vor allem nach dem Austritt aus der UNO und dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit den USA.

b) Wirtschaftlich: -

In den 60er Jahren begann der Aufbau Taiwans zu einem exportorientierten Land. Ab den 70er Jahren spielten taiwanesische Produkte bereits eine Rolle auf dem Weltmarkt, jedoch hatten sie kein gutes Image aufgrund der relativ schlechten Qualität und des häufigen Plagiatcharakters.

Aus den angeführten Faktoren im politischen und wirtschaftlichen Bereich lässt sich ableiten, dass Deutschland in den 60er/70er Jahren in jeder Hinsicht ein Wunschbild / Idealbild für Taiwan war, während es auf den besagten Ebenen über keine Identifikation mit Deutschland verfügte. Somit bestand ein extremer Distanzgrad zwischen beiden Ländern wegen eines schwachen Selbstbildes Taiwans und eines mit positiven Eigenschaften stereotypierten Fremdbildes Deutschlands. Aus historischen Kontexten und aus der Sicht Taiwans in den 60er/70er Jahren stellen sich das Fremdbild Deutschlands und das Selbstbild Taiwans asymmetrisch dar.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

6

141

Analyse der Deutschlandbilder vor dem Hintergrund deutscher wirtschaftlicher und unternehmerischer Tätigkeiten in den 80er Jahren in Taiwan

6.1

Den Deutschen zugeschriebene Charaktereigenschaften

Verglichen mit den 70er Jahren haben die Berichte über Deutschland in den 80er Jahren zugenommen. Die Schlagwort-Auswertung ergab eine Zunahme der Treffer für „Deutsche“ von 5 auf 28, für „Deutschland“ von 17 auf 311 und für „deutsch“ von 0 auf 4. Von umfassender Berichterstattung kann jedoch noch keine Rede sein, da eine vollständige Meinungsfreiheit in der Presse erst in den späten 80er Jahren gegeben war. Bezogen auf Deutsche finden sich in der Presse folgende Eigenschaftszuschreibungen (Tabelle 17): Positiv:

Negativ:

„friedlich im Rahmen der

„aggressiv“:

1

Wiedervereinigung“:

35

„grausam“:

1

„künstlerisch“:

3

„ethnozentrisch“:

1

„technikorientiert“:

3

„hilfsbereit“:

2

„patriotisch“:

2

„reich“:

2

„tierlieb“:

2

„demokratisch“:

1

„effizient“:

1

„fleißig“:

1

„gründlich“:

1

„intelligent“:

1

„methodisch“:

1

142

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

Positiv:

Negativ:

„ordentlich“:

1

„sportlich“:

1

„umweltbewusst“:

1

„bes. Vorliebe für die Bildung von Vereinen /Verbänden“: 1 Tabelle 17:

Den Deutschen zugeschriebene Charaktereigenschaften in den 80er Jahren. Anzahl der Nennungen

Auffällig ist, dass in diesem Jahrzehnt relativ wenige negative Eigenschaften genannt werden. Dies hängt eng mit der Wiedervereinigung Deutschlands zusammen. In diesem Zeitraum entfallen z.B. unter dem Suchbegriff „Deutsche“ 18 Zähleinheiten von 31 Berichterstattungen (28 Berichte plus 3 Fotos) auf den Verlauf der Wiedervereinigung Deutschlands. Die meisten sind Übersetzungen von Nachrichten ausländischer Zeitungen, die, wie bereits dargestellt, in der Regel nicht mit Kommentaren taiwanesischer Journalisten ergänzt werden. Wie in Abschnitt 2.2.5.5.3 gezeigt, ist die Entwicklung der Beziehungen zwischen Taiwan und China seit 1949 eine der größten Herausforderungen in der Innen- und Außenpolitik Taiwans. Es wurde oft von China gedroht, dass eine Wiedervereinigung zwischen beiden Ländern durch militärische Aktion nicht ausgeschlossen werde. 1995, zur Zeit der taiwanesischen Präsidentenwahl, wurden beispielsweise im Rahmen eines Manövers Raketen von China in Richtung Taiwan geschossen. Eine friedliche Lösung des Problems der Trennung der beiden Länder wird von vielen Seiten gewünscht, selbstverständlich auch von Taiwan. Ob die Erfahrungen der deutschen Wiedervereinigung auf die Lösung des ChinaTaiwan-Problems übertragen werden können, ist umstritten. Denn die Ursachen der Trennung von China und Taiwan unterscheiden sich von denen der BRD und der damaligen DDR. Vergleichbar mit den beiden deutschen Staaten ist dagegen die Asymmetrie zwischen China und Taiwan, was das Territorium, die Bevölkerung, die militärischen und wirtschaftlichen Machtverhältnisse angeht. Vor dem Hintergrund, dass ein friedlicher Zugang zur Problemlösung ein dringender Wunsch der Inselbevölkerung ist, wird der Prozess der Wiedervereinigung in Deutschland als Vorbild betrachtet. Die Entwicklung wurde auch in Taiwan von den Massenmedien genau verfolgt. In „Common Wealth“ wurde in den Jahrgän-

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

143

gen 1989 und 1990 intensiv und positiv über Deutsche und Deutschland berichtet. Journalisten wurden nach Deutschland zu Interviews mit verschiedenen Bevölkerungsgruppen geschickt, und es erschien eine lange Reportage in der Ausgabe Nr. 115. Das Titelblatt war in der Farbkombination der deutschen Nationalflagge gedruckt mit der Überschrift: „Wie wird eine Nation wieder stark? Die Erfahrungen Deutschlands.“ Die Wiedervereinigung der ehemaligen BRD und der DDR wurde anfangs international uneinheitlich bewertet. In Europa gab es viele kritische Kommentare dazu, oder auch ironische wie diesen: „Deutschland gefällt mir so gut. Daher reicht eins nicht. Am besten gibt es zwei“ („United Daily News“ 21.11.1989: 3). Wenn man die Berichte und Kommentare in der taiwanesischen Presse betrachtet, wird deutlich, dass die Wiedervereinigung Deutschlands ausschließlich positiv bewertet wurde. Nach TRAUTMANN unterscheidet die vergleichende Stereotypen- und Imageforschung drei Bereiche der Wahrnehmung, nämlich 1) die Bilder der Experten in Politik, Wirtschaft und Kultur, 2) die Darstellung in den Massenmedien und 3) die Wahrnehmung der Bevölkerung (TRAUTMANN 1991: 14). Die Vereinigung Deutschlands erscheint in Taiwan in allen drei Bereichen nur positiv. „Umweltbewusst“ taucht zum ersten Mal in diesem Jahrzehnt in dem untersuchten Artikel auf. In Deutschland wird seit der zweiten Hälfte der 70er Jahre der Umweltschutz thematisiert.1 Die Umweltpartei „Die Grünen“ wird 1979 gegründet (BENZ 1999: 84). In Taiwan ist das Umweltbewusstsein ab 1986 stärker geworden.2 Gegen das Projekt des Produktionsbetriebs der amerikanischen Firma Du Pont in Lu Gang, Taiwan, wurde von der Bevölkerung heftig protestiert. Um die zunehmenden Umweltschutzauseinandersetzungen zu bewältigen, wurde 1988 die Umweltbehörde „Environmental Protection Administration“ ins Leben gerufen. Mittlerweile ist der Begriff „Umweltschutz“ in der taiwanesischen Gesellschaft verankert.3 Die Entwicklung bzw. die Einführung4 des Begriffs „um1

2 3

4

Vgl. den Aufsatz BOLTENS: „ Öffentlicher Sprachgebrauch, oder was?! Zur diachronischen Textpragmatik und ihrer Anwendung am Beispiel des Themenbereichs Werbegeschichte als Zeitgeschichte in Deutschland“, in: Jena Skripten zur Interkulturellen Wirtschaftskommunikation, Band 2, 1996: 125. Vgl. „Common Wealth“, Nr. 217: 358. Der taiwanesische Präsident sammelte am 1. Jahrestag seiner Amtseinführung Abfälle auf der Straße vor seiner Wohnung auf, um dem Umweltschutz mehr Beachtung zu verschaffen. Vgl.: „Sinorama“, Vol. 26, No. 7, July 2001: 63. Obwohl es sich dabei in erster Linie um eine „PRShow“ handelte, ist die Aktion ein Beweis dafür, dass Umweltschutz auch in Taiwan thematisiert wird. Beispielsweise werden in einem Leserbrief in „Common Wealth“ (Nr. 58/1986: 134) die Umweltschutzmaßnahmen in Westdeutschland vorgestellt, wie Papierrecycling, Reduzierung der

144

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

weltbewusst“ in Taiwan ist nicht nur für ein positives Deutschlandbild relevant, sondern auch für die Werbung deutscher Produkte und deutscher Geschäftsbeziehungen in den 90er Jahren in Taiwan (vgl. Abschnitt 7.2.1 und 7.3.2). Im Vergleich mit „traditionellen“ Klischees wie „fleißig“, „gründlich“, „patriotisch“ ist „tierlieb“ ein neueres positives Stereotyp neben „umweltbewusst“. Die Headline „Der Hund in Deutschland wird besser als ein Mensch behandelt“ in der „United Daily News“ vom 22.08.1990 beeindruckte die taiwanesischen Leser enorm.5 Dieser Bericht hätte natürlich auch negativ, z.B. als „menschenverachtend“ interpretiert werden können. Betrachtet man ihn aber im asiatisch/chinesischen sozialen Kontext, so war er eindeutig als ein Beispiel für „Tierliebe“ gedacht und wurde von den Lesern auch so verstanden. Wie in den 70er Jahren werden die negativen Stereotype „aggressiv“, „grausam“ und „ethnozentrisch“ in Bezug auf die nationalsozialistische Zeit verwendet. Bemerkenswert ist, dass in den 80er Jahren eine Umfrage zum Deutschlandbild in Taiwan durchgeführt wurde.6 In seinem Buch „Keine Angst vor Deutschland“ beschreibt WOLFFSOHN die Ergebnisse folgendermaßen: „Einen weit höheren Rang erreichte die Bundesrepublik dagegen7 in Taiwan, was wahrscheinlich der eine erfreuter als der andere registrieren wird. Im Januar 1983 mochten die Taiwanesen die Schweiz mit 18 Prozent am meisten, Westdeutschland und die USA mit je 11 Prozent folgten auf Rang zwei vor Frankreich mit 8, Großbritannien mit 6 und Japan mit 5 Prozent. Weil die USA zugleich von 10 Prozent, wie es hieß, ‚am stärksten abgelehnt’ wurden, die Westdeutschen dagegen von 0 Prozent, lagen sie unangefochten auf Platz zwei.“ (WOLFFSOHN 1990: 176) Sowohl im Bereich der Politik als auch der Wirtschaft haben die USA einen erheblich stärkeren Einfluss auf Taiwan als die Bundesrepublik Deutschland in den 80er Jahren. Dass Deutschland trotzdem höher angesehen ist, basiert auf den tief

5

6

7

Plastiktüten, Förderung des Umweltschutzbewusstseins in der Bevölkerung durch städtische Verwaltungen. Es wurde dem Magazin auch vorgeschlagen, dass der Versand des Magazins an ausländische Abonnenten mit Papierumschlag statt Plastiktüte erfolgen sollte. In Fernost wurden Hunde in verschiedenen Regionen aus pseudomedizinischen Gründen gegessen oder als Delikatesse verzehrt. Heutzutage werden jedoch Hunde auch als „Pets“ gehalten. Es gibt jedoch auch viele herrenlose Hunde. Laut einem Leserbrief in der „China Times“ am 30.06.1999 sind einige Straßenhunde von Deutschen von Taiwan nach Deutschland mitgenommen worden. Solche Berichte tragen natürlich auch zur Bildung des Stereotyps „tierlieb“ bei. Umfrage des Chinese Institute of Public Opinion, Januar 1983, in: World Opinion Update, Heft 7, 1983: 23. Zitiert nach WOLFFSOHN 1990: 234. Im Gegensatz zu Japan.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

145

verwurzelten positiven Stereotypen der Deutschen und Deutschlands unter Taiwanesen. Die Stereotypenzuschreibungen „aggressiv“, „grausam“ und „ethnozentrisch“, die als Folge der nationalsozialistischen Zeit entstanden sind, stellen zwar eine negative Bewertung dar, aber aus historischen und kulturellen Gründen werden sie nicht so kritisch empfunden wie in anderen Ländern. Das Deutschlandbild auf der Insel und die bilaterale wirtschaftliche Kooperation werden dadurch kaum beeinträchtigt.

6.2

Ergebnisse der Werbeanalyse

Prinzipiell sollte ein Markteintritt in Taiwan, wie in anderen Ländern auch, sorgfältig geplant werden, denn der harte Wettbewerb in fast allen Branchen erfordert ein gezieltes Vorgehen bei der Investitionsplanung. Dazu gehört auch, wie von bereits ansässigen Unternehmen immer wieder betont wurde, die Entwicklung einer guten Werbe- und Verkaufsstrategie (vgl. DRÄER/ISSA/JANISCHEWSKI 1999: 63). Bei der Analyse der Werbung für deutsche Produkte kann festgestellt werden, dass kulturelle und sprachliche Aspekte berücksichtigt werden. Zum Beispiel sind die meisten deutschen Produkt- und Firmennamen bis jetzt werbewirksam „übersetzt“: BMW (auf chinesisch „Schatzpferd“, Mercedes-Benz („immer nach vorne treiben, „Galopp“8), Siemens („Mensch vom Westtor“) (vgl. REISACH/ TAUBER/ YUAN 1997: 113). Deutschland wird ganz stereotyp euphemistisch mit „Deguo“ (das Land der Tugend) wiedergegeben (vgl. auch MÜLLER 1999: 99). Bei solchen „Übersetzungen“ nimmt man aus dem Chinesischen oft Wörter, die lautlich ähnlich sind wie die Bestandteile der fremden Namen. Sie haben zwar oft eine ganz andere Bedeutung als diese, sollen aber attraktiv sein und einen „klingenden“ Namen ergeben. 6.2.1

Die Begriffe „Made in Germany“, „Made in West Germany“ und „Made in West Berlin“

Bei der Analyse der Werbeanzeigen in taiwanesischen Printmedien fällt auf, dass das Deutschlandbild häufig thematisiert wird. Wie in Finnland, wo „deutsche Qualität“ oder „Made in Germany“ ebenso als positive Stereotype in den Werbeanzeigen zu finden sind (vgl. TIITTULA 1999a: 182), ist der Begriff „Made in 8

Diese Übersetzung gilt in China. In Taiwan lautet sie „bin shi“

146

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

Germany“ auch in der taiwanesischen Werbung für deutsche Produkte ein Schlüsselwort. Da Deutschland als Herkunftsland gegenüber taiwanesischen Konsumenten seit Jahrzehnten von den Anbietern betont und als Qualitätsindikator benutzt wird, erscheint es notwendig, den Begriff „Made in Germany“ anhand des gleichnamigen Buchs „Made in Germany. Wirtschaftliche Bedeutung und rechtliche Schutzmöglichkeiten“ von WULF (1994: 3-5 und 8-11) kurz zu erläutern. Die Bezeichnung „Made in Germany“ geht auf den britischen Merchandise Marks Act von 1887 zurück, der bestimmte, dass bei ausländischen Importwaren das jeweilige Herkunftsland angegeben werden muss. Dadurch sollte sichergestellt werden, dass die britische Bevölkerung über die Herkunft einer Ware nicht getäuscht wurde. Zu dieser Zeit entsprachen aber deutsche Produkte nicht der britischen Qualität, weshalb die Kennzeichnung „Made in Germany“ Exporte nach Großbritannien verhinderte oder zumindest erschwerte. Nach der politischen Einigung Deutschlands 1870/71 wurden deutsche Güter auf ausländischen Ausstellungen noch als „billig und schlecht“ betrachtet. Ab 1880 wurde die Qualität jedoch zunehmend besser eingestuft. Vom Standpunkt der damaligen deutschen Außenhandelspraxis aus war die Aufschrift „Made in Germany“ beste Werbung für deutsche Waren, da sie über britische Kaufleute wegen des günstigen Preis-Leistungs-Verhältnisses in die Kolonien weiterverkauft wurden. Um Kommissionskosten zu sparen, wandten sich die Kunden ohne Einschaltung britischer Handelshäuser oft auch direkt an die deutschen Hersteller. In den 1890er Jahren bis zum Ersten Weltkrieg erlebte die deutsche Industrie einen enormen Aufschwung im asiatischen Raum. Für den China-Markt ist „Made in Germany“ um jene Zeit bereits ein relevanter Begriff. Der Hinweis in Abschnitt 4.3.4 und die Zeichnung in der Firmenbroschüre von Bayer (vgl. Abb. 25) zeigen, dass deutsche Güter um diese Zeit schon nach China ausgeführt wurden. So beschreibt EBERSTEIN das Fremdbild deutscher Produkte in China zu der Zeit: „Einen deutlichen Aufschwung im Export nach China nahmen Erzeugnisse der chemischen Industrie. Vor allem Anilinfarben zum Färben von Geweben aller Art erfreuten sich in China wachsender Beliebtheit (...); seit den späten 1880er Jahren tauchten sie in den Statistiken als bedeutender Posten auf. 9 (...) 1905 wurde erst-

9

Die große Nachfrage nach deutschen Anilinfarben kann als Erklärung dafür gelten, warum die Firma Bayer bereits in der Qing-Dynastie, wie in Abbildung 25 gezeigt, auf dem China-Markt vertreten war.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

147

mals der nach China exportierte künstliche Indigo statistisch ausgewiesen und eroberte sich ebenfalls einen führenden Platz im Chinahandel.“ (EBERSTEIN 1998: 57) Nach dem Ersten Weltkrieg konnten deutsche Unternehmer auf Grund der Bestimmungen des Versailler Vertrags (Diskriminierungsmaßnahme der Siegermächte) ihre Erzeugnisse nur mit der Aufschrift „Made in Germany“ wieder auf dem Weltmarkt anbieten. Nach dem Zweiten Weltkrieg mussten Waren die Kennzeichnung des Herkunftslands „Made in West Germany“, „Made in West Berlin“ oder „Germany (Soviet occupied)“ (vgl. WULF 1995:10) tragen, wobei letztere für den taiwanesischen Markt irrelevant waren. Wegen der politischen Auseinandersetzungen zwischen Taiwan und China war zu jener Zeit keine Außenhandelstätigkeit mit kommunistischen Ländern erlaubt. „Made in West Germany“ erschien jedoch öfters in der Werbung deutscher Waren. Seit Oktober 1989 sollte sowohl für Erzeugnisse aus der BRD als auch für die aus der ehemaligen DDR einheitlich die Bezeichnung „Made in Germany“ verwendet werden. Somit verschwand die Kennzeichnung „Made in West Germany“ in Taiwan, und „Made in Germany“ trat wieder auf. Der Wertinhalt des Begriffs „Made in Germany“ wandelt sich also im Laufe der Zeit in einigen Ländern. Beispielsweise hat diese Bezeichnung, wie oben erwähnt, im 19. Jahrhundert in Großbritannien einen negativen Beigeschmack. In der heutigen Zeit wird der Begriff „Made in Germany“ manchmal im Zusammenhang mit einem bestimmten Ereigniskomplex zitiert: „Jahre der Wiedergutmachung, der Imagepflege einer jungen, aber verlässlichen Demokratie gingen in Rostock, Mölln und Solingen in Flammen auf. ‚Made in Germany’ wird sich auch mit diesen Erinnerungen vermischen und zu antideutschem Konsumverhalten führen.“ (TENBERG 1998: 141) Im Gegensatz zu einigen Ländern wie den Niederlanden, wo der Begriff „Made in Germany“ nicht immer ein „Äquivalent“ für Qualität ist (vgl. Focus 30/1996: 157), ist er als „fossiliertes“ Image in Taiwan ohne Wandel immer positiv besetzt bis in die 90er Jahre. Erst Ende der 90er Jahre wurde zum ersten Mal die Frage gestellt, ob „Made in Germany“ wirklich absolute Sicherheit und Qualität garantiert. Darauf wird in der Darstellung der 90er Jahre näher eingegangen. 6.2.2

Analyse der verbalen Ebene

a) Die Bezeichnung des Herkunftslandes Ohne Zweifel sind die Angaben „Made in Germany“, „Made in West Germany“ und „Deguo yuanzhuang jinkou“ (Import aus Deutschland in Originalverpa-

148

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

ckung/-ausstattung“)10 in der Werbung für deutsche Produkte in Taiwan ausschlaggebend. Fast bei allen Arten von Gütern, die in Deutschland produziert wurden, wird der Hinweis auf das Herkunftsland hervorgehoben. Die Stereotype „technisch entwickelt“ und „gründlich“ für die Deutschen und Deutschland haben eine lange Tradition in Taiwan. Von diesen positiven stereotypen Eigenschaften wird auch im Marketing reger Gebrauch gemacht. Die Angabe „Import aus Westdeutschland in Originalausstattung“ findet sich beispielsweise in der Werbung von Audi (Nr. 34/1984: 92) 11, die Angabe „Made in West Germany“ oder „West Germany“12 bei Adidas (Nr. 34/1984: 16, Nr.55/1985: 22)13 und die Bezeichnung „Made in Germany“, „Germany“14 und/oder „Import aus Deutschland in Originalverpackung“ bei Holsten Bier (Nr. 74/1987: 197)15. Bei einigen Werbeprodukten ist das Deutschlandbild auf der verbalen Ebene besonders stark hervorgehoben. Beispielsweise ist das Herkunftsland in einer DINA4-großen Werbung für Élysée Kugelschreiber (Nr. 55/1985: 146) sechsmal erwähnt: einmal in Englisch „Made in W. Germany“, einmal gemischt in Englisch (Firmenname des Herstellers) und in Chinesisch „Herstellung des Originalprodu-

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11

12 13

14 15

Für importierte Waren gab es früher einen höheren Zollsatz. Um einen niedrigeren Zolltarif zu erreichen, ließen verschiedene taiwanesische Importeure nach Eintreffen die Ware in Taiwan umpacken bzw. umbauen; damit konnten sie den jeweiligen Verkaufspreis niedrig halten. Die Gefahr bestand jedoch darin, dass die Qualität der Ursprungsware verfälscht wurde. Als Beispiel sei ein Autotyp von Opel, der in Taiwan sehr beliebt war, erwähnt. Der Importeur hatte die Autos ohne Klimaanlage, die in Taiwan (tropisches Klima) unentbehrlich ist, erst nach dem Eintreffen der Autos in Taiwan nachrüsten lassen. Aufgrund fehlender Sachkenntnis konnte ein einwandfreies Funktionieren der nachgerüsteten Klimaanlagen nicht gewährleistet werden, was zu einer Verärgerung der Kunden führte. Durch diese Manipulation hat Opel erhebliche Marktanteile in Taiwan verloren (vgl. „United Daily News“ 30.04.1998: 51). Weitere Beispiele: Audi (Nr. 35/1984: 125, Nr.104/1990: 96-97), Bosch (Nr. 54/1985: 126, Nr.89/1988: 203), Braun (Nr.109/1990: 216), Élysée (Nr. 44/1985: 68, Nr.46/1985:125, Nr.49/1985: 82, Nr.53/1985: 116, Nr.55/1985: 146), „K. H. 3“ (Nr. 9/1982: 52, Nr.13/1982: 27, Nr.14/1982: 52, Nr.15 /1982: 74), Schmitt (Nr. 111/1990: 158, Nr.112/1990: 127, Nr.113/1990: 179), VW (Nr.70/1987: 74, Nr.86/1988: 208-209, Nr.91/1988: 110-111), Ford Sierra (Nr. 37/1984: 36). Die Denotation in diesem Fall ist identisch mit “Made in West Germany”. Andere Beispiele sind: Allmilmö (Nr. 111/1990: 117), Stallmann (Nr.26/1983: 75), Audi (Nr.31/1983:158, Nr.32/1984: 30, Nr.35/1984: 125), BMW (Nr.79/1987: 112-113), DAB (Nr. 87/1988:177), Duscholux (Nr. 113/1990: 93), Gaggenau (Nr. 115/1990: 85), Hupe Variflex (Nr. 112/1990: 179), Opel (Nr.30/1983: 122), Ford Sierra (Nr. 47/1985: 101, Nr. 49/1985:162, Nr.74/1987: 104-105), Telefunken (Nr. 50/1985: 40, Nr.54/1985: 120), Weikon (Nr. 42/1984: 105), Zeiss (Nr.16, /1982: 86, Nr.40/1984: 134, Nr. 52/1985: 143) Gemeint ist hier “Made in Germany”. Weitere Beispiele sind: Adidas (Nr.41/1984: 16), Audi (Nr.11/1982: 42), AEG (Nr. 111/1990: 87).

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zenten“, viermal „West Germany“ in Chinesisch. Noch auffälliger ist die Beschriftung in Englisch und Chinesisch auf beiden Seiten der Plastiktüten, die beim Kauf als Tragetaschen mitgegeben werden. Diese sind in Deutschland gedruckt worden, sind also ebenso „Made in Germany“, und führen die Vertreteranschrift sowie die Herstelleranschrift in Deutschland auf Chinesisch und „Printed in Germany“ auf Englisch an. In der gleichen Größe der Werbung für VW (Nr. 70/1987: 74) ist das Herkunftsland dreimal erwähnt. Die Küchengeräte der Firma Bosch z.B. (Nr. 89/1988: 203) werden in Chinesisch als „Nationalschatz“ Deutschlands bezeichnet. Der Begriff „deutscher Nationalschatz“ taucht sechsmal in einer DIN-A4-Werbung auf. Insgesamt wird „Made in Germany“ als Herkunftsbezeichnung in großem Umfang in verschiedenen Branchen hervorgehoben: Arzneimittel, Automobile, Badeund Küchenartikel, elektronische Artikel, Getränke, Optik, Schuhe, Schreibwaren usw. „Made in Germany“ wird in den 80er Jahren in Taiwan als absolut positives Stereotyp unter den Konsumenten akzeptiert. b) Den Deutschen zugeschriebene Eigenschaften Positive Eigenschaften, die zum Fremdbild der Deutschen in Taiwan gehören, wie etwa „technikbeflissen“, „künstlerisch“, „effizient“, treten auch oft in Werbetexten für deutsche Güter auf. Diese Feststellung ist identisch mit den gezeigten Charaktereigenschaften, die den Deutschen in den 80er Jahren in der taiwanesischen Presse zugeschrieben sind (vgl. Tabelle 17). „Technikbeflissen“ und „deutsche Technik“ sind die am häufigsten verwendeten Wörter, z.B. bei Zeiss (Nr.16/1982: 66) .16 „Künstlerisch“ ist auch ein beliebtes Wort in der Werbung für deutsche Güter. Es wurde in folgenden Werbeanzeigen eingesetzt: Rosenthal (Nr. 99/1989: 66-67, Nr.100/1989: 46-47)17

16

17

Weitere Beispiele sind: AEG (Nr. 111/1990: 87), Audi (Nr. 29/1983: 55, Nr.31/1983: 158, Nr.48/1985: 80), Bosch (Nr. 54/1985: 126, Nr.84/1988: 184, Nr.87/1988: 153, Nr.89/1988: 203), BMW (Nr. 67/1986: 38-39, Nr.79/1987: 112-113), Braun (Nr.109/1990: 216), Élysée (Nr. 44/1985: 68), Krups (Nr. 93/1989: 86), Mercedes (Nr. Nr.80/1988:144-145, Nr.84/1988:106-107, Nr.85/1988: 164-165, Nr.92/1989: 133-135, Nr.99/1989: 142-143), Bei der Werbung von Mercedes wurde z. B. in Nr. 80 in einer Din-A4-Größe viermal „deutsche Technik“ hervorgehoben. Pelikan (Nr. 95/1989: 134), Ford Sierra (Nr. 37/1984: 36), Ford Scorpio (Nr. 110/1990: 41), Stallmann (Nr. 26/1983: 75), VW (Nr. 86/1988: 208-209). Andere Beispiele: Audi (Nr. 29/1983: 55, Nr.104/1990: 96-97), Bosch (Nr. 54/1985: 126), Granada (Nr. 39/1984: .47, Nr.40/1984: 46), Mercedes (Nr.92/1989:133-135), Mont Blanc (Nr. 74/1987: 51, Nr. 78/1987: 99)

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TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

„Perfektionistisch“ findet man bei der Werbung für Ford Granada (Nr.39/1984: 47, Nr.40/1984: 46) und für Mercedes (Nr. 72/1987: 34, Nr.108/1990: 1) „Effizient“ wird bei den Werbeanzeigen für Krups betont (Nr. 100/1989: 54). An das „umweltbewusste“ Gewissen wird mit dem Schlagwort „umweltschonend“ von Mercedes als erster deutscher Firma 1989 appelliert (Nr.99/1989: 142143, Nr.100/1989: 122-123). Wie bereits angedeutet, tritt das Umweltbewusstsein erst in der zweiten Hälfte der 80er Jahre in Taiwan in Erscheinung. Aus diesem Grund gibt es nur eine Nennung in den Berichterstattungen in den 80er Jahren. In den Werbeanzeigen sowie in den Berichterstattungen der 90er Jahre wird der Umweltschutz dann erheblich häufiger thematisiert (vgl. Tabelle 22 und Abschnitt 7.2.1). c) Fremdsprachen Einerseits bringt die Verwendung von Fremdsprachen eine gewisse Exotik in die Werbung, von der man nicht unbedingt alles kennt oder versteht, aber die man trotzdem mag. Schon Kurt Tucholsky brachte das auf den Punkt: „Fremde Sprachen sind schön, wenn man sie nicht versteht“ (zitiert nach Schütte 1996: 57). Andererseits muss aber auch berücksichtigt werden, ob die Werbebotschaft wirklich von der Zielgruppe verstanden wird. Aus diesem Grund muss die Verwendung von Fremdsprachen in einer Werbung gut überlegt werden. RINNER-KAWAI (1993) zeigt in ihrem Aufsatz „Die Sprache der Werbung in Deutschland und in Japan“, dass nach ihrer Untersuchung verschiedener deutscher und japanischer Zeitschriften 1983 und 1984 34,0 % der deutschen und 61,3 % der japanischen Werbeanzeigen in diesem Zeitraum englische Wörter enthielten.18 Um sich ein Bild davon zu machen, inwieweit die Werbeanzeigen, die in der vorliegenden Arbeit analysiert werden, englische Wörter verwenden, wird die Werbung für deutsche Produkte 1983 und 1984 in Taiwan untersucht. Dabei stellt sich heraus, dass in 58,6 % der Werbeanzeigen englische Wörter aufgenommen sind. Dieser Anteil ist natürlich nicht repräsentativ für die gesamten taiwanesischen Zeitschriften, da sich die Datenerhebung nur auf die Werbung in „Common Wealth“ und dort ausschließlich auf die deutsche Produktwerbung beschränkt. Aber daraus lässt sich doch die Hypothese ableiten, dass Anglizismen in den taiwanesischen Werbeanzeigen für deutsche Produkte ebenfalls eine wichtige Rolle spielen.

18

In: „Zeitschrift für Betriebswirtschaft“, ZfB 63. Jg. (1993), H. 9: 924.

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In ihrem Buch „Das schöne Fremde: Anglo–amerikanische Einflüsse auf die Sprache der deutschen Zeitschriftenwerbung“ zitiert SCHÜTTE die Untersuchungsergebnisse RINNER-KAWAKAIS und meint, „dass der englische Einfluss auf die Anzeigenwerbung in den Bereichen Technik, Tourismus, Zigaretten, Mode und Kosmetik besonders groß sei. Dagegen sei in Anzeigen für Banken, Versicherungen, Lebensmittel, Haushaltsartikel und Arzneimittel nur ein geringer Einfluss der englischen Sprache festzustellen“ (vgl. SCHÜTTE 1996: 63-64). Das lässt sich jedoch nicht unbedingt bei der Werbung für Produkte in Taiwan nachweisen. Nehmen wir als Beispiel die Werbeanzeige für Mont Blanc, die nicht als dem Technikbereich zugehörig einzustufen ist. Dort werden viele Anglizismen verwendet, auch Zitate von verschiedenen deutschen/westlichen Schriftstellern, wie etwa von Gottfried Keller: „The grandest, most noble things in life are also the simplest” („Common Wealth” Nr.174/1995: 72). Oscar Wilde, Oliver Wendell Holmes und Gertrude Stein werden ebenfalls gerne zitiert. Es hätte zwar eine Fülle chinesischer Dichter bzw. Schriftsteller gegeben, aus deren Werken passende Zitate für die Schreibgeräte der Firma Mont Blanc hätten gefunden werden können. Das geschah jedoch nicht, weil kein Zusammenhang mit dem Herkunftsland bestanden hätte. LEPPÄLÄ weist in dem Aufsatz „Kulturelles Wissen in der Werbung“ darauf hin, dass „ein Zitat in einer Anzeige tieferes Nachdenken und das Entdecken des Zusammenhangs zwischen den Elementen Text, Bild, Headline und Aussage bewirken soll. Die Mitteilung des Zitats betrifft das Image oder die Strategie des jeweiligen Unternehmens (...)“ ( LEPPÄLÄ 1999: 131). So soll das Zitat eines deutschen/westlichen Dichters die Leser (Kunden) veranlassen, darüber nachzudenken, dass das beworbene Produkt aus Deutschland stammt. In der untersuchten Werbung in „Common Wealth“, sowohl in primär emotionalen Werbetexten als auch in primär rationalen (KOKOVA)19, trägt die Werbebotschaft der englischen Wörter zur Assoziation mit Technik und mit dem Deutschlandbild bei. Das entspricht der These STÖRIKOS, dass die Funktion des Fremdsprachigen in der Anzeigen-, Hörfunk- und Fernsehwerbung u. a. einer kulturellen Authentizität dient, d.h. dass eine Fremdsprache bestimmte Assoziationen mit

19

Nach KOKOVA sind drei Werbetexte zu unterscheiden: „a. die Denotate der primär emotionalen Werbetexte, die in erster Linie Konsumgüter (Kleidung, Möbel, Lebensmittel, Automobile), Dienstleistungen (z. B. in der Touristik) sind; b. die der primär rationalen Werbetexte, die bei Gegenständen, Geräten, Maschinen und Autos, bei Dienstleitungen, Engineering-Leistungen, Installation und Wartung von Computersystemen verbreitet sind; c. gemischte Unterart der Werbetexte, bei der die thematische Struktur nach dem deskriptiven oder explikativen Typ aufgebaut werden kann.“ In: „Das Wort“, Germanistisches Jahrbuch 1995: 101-104.

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ihrem Herkunftsland hervorruft (Zitiert nach JIA 2002: 16). Weitere Funktionen des Fremdsprachigen sind: ¾

Verständlichkeit und Wirksamkeit. Während die Verständlichkeit auf die tatsächliche Bedeutung eines Werbetextes abzielt, zielt die Wirksamkeit auf das Gesamtverständnis einer Werbung ab. „Unverständliches fördert die Konnotationen, Verständliches wirkt als Denotation“;

¾

Internationalität, d.h. die Hervorhebung der Allgegenwart eines Produktes in der ganzen Welt, selbst in den entferntesten Ländern der Erde;

¾

Zielgruppensprache: „Abhängig von Alter, Geschlecht, Bildung, Fremdsprachenkenntnissen und Interessen fühlen sich bestimmte Gruppen geschmeichelt, wenn sie die jeweiligen fremdsprachigen Elemente erkennen oder verstehen und die dadurch vermittelten Werte teilen“;

¾

Unterhaltung. Dabei werden fremdsprachige Elemente verwendet, um einen komischen Effekt zu erzeugen, z.B. durch die Nachahmung des fremdsprachigen Akzentes (ebd.: 15-16).

In der vorliegenden Studie geht es um die Erforschung des Deutschlandbildes. Daher werden bei der Fremdsprachenanalyse neben englischen auch deutsche Wörter berücksichtigt. Die fremdsprachigen Werbebotschaften können in drei Gruppen eingeteilt werden: 1) Konnotation des Herkunftslands mit englischen Sentenzen und Werbeslogans: „Germany to Taipei“ (Adidas) (Nr. 41/1984: 16), „The jewel of your kitchen, the best from Germany“ sowie „Advanced Engineering from Germany“ (AEG) (Nr. 111/1990: 87). 2) Konnotation des Herkunftslands mit deutschen Sentenzen und Werbeslogans und chinesischsprachige Angabe Westdeutschlands als Herkunftsland: „Die Weltmarke mit den drei Streifen” (Adidas) (Nr. 54/1985: 22, Nr.55/1985: 22), „LebensArt“ (Rosenthal) (Nr. 97/1989: 38-39, ), „Meisterstück“ (Mont Blanc) (Nr.78/1987: 99), „Sauber Mercedes C-9“ (Nr. 112/1990: 172-173), „Der neue Audi“ (Nr. 79/1987: 84-85). Zum letzten Beispiel, dem Audi-Slogan, ist zu bemerken, dass „neu“ zwar kein kompliziertes deutsches Wort ist, die meisten taiwanesischen Leser aber den deutschen Ausdruck nicht verstehen werden. BOLTEN zeigt in seinem Aufsatz „Sharan, Galaxy oder Alhambra: ‚Kommunikation’ und ‚Kultur’ als

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Differenzierungsmerkmale im internationalen Wettbewerb“, dass Audi in Großbritannien den Slogan „Vorsprung durch Technik“ unübersetzt in die britische Produktwerbung übernommen hat. Damit wollte man zeigen, dass „deutsch“ und Technikbeflissenheit zusammenhängen (vgl. BOLTEN 2000a: 104). Mit dem deutschen Wort „neu“ wollte Audi Taiwan die Leser an das Bild von Deutschland erinnern, das in Taiwan u. a. auch als technisch entwickeltes Land hoch geschätzt wird. 3) Technikerklärung, aber eher eine Art von „Standardisierung“ der Werbung: Als Beispiel sei hier BMW angeführt (Abb. 27):

Abbildung 27: Werbung für BMW. Quelle: „Common Wealth“ Nr. 63/1986: 54-5520 Auffällig ist, dass es kein einziges chinesisches Wort in der abgebildeten Werbeanzeige gibt. Gleichzeitig werden die Anschriften asiatischer Vertretungen von BMW aufgeführt: Brunei, Hongkong, Indonesien, Korea, Malaysia, Philippinen, 20

Weitere Beispiele von BMW sind: Nr. 64/1986: 30-31, Nr. 65/1986: 64-65, Nr. 66/1986: 60-61, Nr. 67/1986: 38-39.

154

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Singapur, Taiwan, Thailand. Es ist daher anzunehmen, dass es sich neben der Erklärung der Technik vor allem um eine „standardisierte“ Version der Werbung handelt. Denn zum einen werden die Werbeanzeigen bei BMW, auch mit technischen Daten und mit Angaben der asiatischen Vertretungen inkl. Australien, Brunei, Guam, Hongkong, Indonesien, Japan, Korea, Malaysia, Neukaledonien, Philippinen, Singapur, Tahiti, Taiwan, Thailand, in späteren Ausgaben „lokalisiert“, d.h. auch auf Chinesisch formuliert (Nr. 93/1989: 92-93, Nr.112/1990: 106-107). Zum anderen erfolgt bei VW und Mercedes die Erklärung der technischen Daten auch in chinesischer Sprache (Nr. 80/1988: 144-145).21 RINNER-KAWAI (1993: 925) konstatiert, dass im Vergleich zu Mercedes und Volvo u. a. BMW als „besonders englisch-freudig“ bezeichnet werden könne. Betrachtet man die ganzseitigen, vollständig in Englisch gehaltenen Werbeanzeigen für BMW und Lexus (vgl. Abb. 27 und Abb. 28) als eine Werbestrategie, die so in Taiwan nicht üblich ist, bestätigt sich, dass es sich bei dieser Anzeige für BMW um eine Standardisierung handelt. Die Automarke Lexus stammt jedoch aus Japan. In der Werbeanzeige erscheint aber kein einziges japanisches /chinesisches Schriftzeichen. Als Hinweis auf das Herkunftsland soll der englische Text ebenfalls nicht dienen. Der englischsprachige Werbetext unterstreicht im vorliegenden Fall die These STÖRIKOS von der „Zielgruppenansprache“. Lexus ist nur wegen seines Erfolges auf dem USA-Markt22 in Taiwan bekannt geworden und wendet sich in seiner Werbebotschaft im Wesentlichen an die Zielgruppe in Taiwan, die sich (z.B. zum Studium) länger in den USA aufgehalten hat und die sich daher auch leicht aus amerikanischen Primär-Quellen informieren kann.23

21 22

23

Weitere Beispiele sind: Nr.83/1988: 166-167, Nr.85/1988:164-165, Nr. 91 /198 8: 101-103. Vgl. “... Back to 3 Years Ago“, Broschüre der Firma Lexus in Taiwan, 2000. Die Automarke Lexus wird seit 1997 nach Taiwan eingeführt. Z. B. gab es 1999 ca. 31.400 taiwanesische Studierende in den USA. (Quelle: E-Mail Informationen von der Kulturabteilung der Taipeh-Vertretung in der BRD am 06.12.2000) Die USA sind seit den 50er Jahren das von taiwanesischen Studierenden am häufigsten gewählte Land. Nach Einschätzung des Verfassers gibt es einige Hunderttausend wohlhabende potenzielle Kunden dieser Zielgruppe in Taiwan.

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Abbildung 28:

155

Werbung für Lexus. Quelle: „Wealth Magazine, Nr. 225, Dez. 2000: 35.

Nach RINNER-KAWAI (1993: 930) sind der englische Einfluss und auch der in der Sprache zum Ausdruck gebrachte „Spieltrieb“ demnach in Japan größer als in Deutschland. Zwar spielen Anglizismen in der Werbung für deutsche Güter in Taiwan in den 80er Jahren auch eine Rolle, jedoch keine sehr bedeutende. Teilweise liegt es vielleicht daran, dass „Taiwanesen Werbeinformationen in chinesischer Sprache bevorzugen, da bei den Geschäftsleitungen oft noch keine ausreichenden Englischkenntnisse vorhanden sind“ (KOSCH et. al. 1988).

156

6.2.3

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Analyse der nonverbalen Ebene

Wie in Abschnitt 3.4 dargestellt, werden Bilder oft als wichtige Werbebotschaft eingesetzt. Als Konnotation zu Deutschland als Herkunftsland werden verschiedene Attribute verwendet, z. B. die deutsche Nationalflagge, eine deutsche Umgebung, ein deutscher Pass und deutsche/westliche Fotomodelle. a) Deutsches Ambiente: Das Brandenburger Tor wurde verwendet für die Lufthansa (Nr. 113/1990: 169)24, eine deutsche Werkstatt für Adidas (Nr. 38/1984: 16), deutsche Schlösser für Telefunken (Nr. 54/1985: 120), der Rhein für Schmitt Klaviere (Nr. 111/1990: 159, Nr.112/1990: 127). Das Brandenburger Tor, deutsche Schlösser wie Neuschwanstein, Linderhof usw. sowie der Rhein sind für die Taiwanesen besondere Symbolträger deutscher Kultur und Wesenart. Sie rufen als Werbemetapher die Assoziation von „Schönheit“, „Sauberkeit“, „Zuverlässigkeit“ und „Harmonie“ hervor. b) Deutsche Nationalflagge: Die deutsche Flagge wurde verwendet in Werbeanzeigen für Adidas (Nr. 2/1981: 28), für Telefunken (Nr.50/1985: 40, Nr.54/1985: 120), für Opel (Nr. 49/1985: 46), für Audi (Nr. 29/1983: 55), für Scorpio (Nr. 62/1986: 90-91, Nr.63/1986: 140-141) und für die Lufthansa (Nr. 113/1990: 169)25. c) Deutscher Pass: Eine Abbildung findet sich in einer Werbung für K. H. 3 (Nr. 9/1982: 52)26. d) Deutsche/westliche Fotomodelle: Abbildungen mit westlichen (blonden) Fotomodellen fanden Verwendung in den Anzeigen von Duscholux (Nr. 113/1990: 93) und Mercedes (Nr.115/1990: 168-169) 27. Eine Erklärung für die bevorzugte Verwendung blonder Models in der Werbung geben REISACH u. a. (1997):

24 25 26 27

Andere Beispiele sind: Nr.114/1990: 133, Nr.115/1990: 67. Weitere Beispiele für die Lufthansa sind: Nr.114/1990: 133, Nr.115/1990: 67. Andere Beispiele: Nr.13/1982: 26, Nr.14/1982: 52, Nr.15/1982: 74. Weitere Beispiele sind: Adidas (Nr. 38/1984: 16), BMW (Nr. 107/1990: 38-39, Nr. 112/1990: 106-107), Lufthansa (Nr. 96/1989: 105, Nr. 97/1989: 115, Nr. 100/1989: 241, Nr. 102/1989: 159,

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„In der Bildwerbung kann die ausländische Herkunft der Produkte durch westliche, blonde Models hervorgehoben werden – blonde Frauen und Kinder wirken auf die meisten Chinesen besonders ansprechend“ (vgl. REISACH/ TAUBER/ YUAN, 1997: S. 112).

6.2.4

Exkurs: Nationalsozialistische Symbole als Träger einer Werbebotschaft

Offensichtlich haben nationalsozialistische Symbole (Hakenkreuz, Hitlerabbildungen usw.) bei der Formung des taiwanesischen Deutschlandbildes eine nicht unwesentliche Rolle gespielt. Während das Thema „Nationalsozialismus“ in den meisten Ländern tabuisiert ist, und erst recht seine Verwendung als Werbebotschaft, erscheint es in Taiwan aus historischen Gründen gelegentlich in Werbeanzeigen. Folgende Abbildungen mögen als Beispiele dienen:

Nr. 106/1990: 141, Nr. 107/1990:. 177, Nr. 113/1990: 169, Nr. 114/1990: 133, Nr. 115/1990: 67), Rosenthal (Nr. 97/1989: 36-37, Nr. 98/1989: 200-201, Nr. 99/1989: 66-67), Weicon (Nr.42/1984: 105, Nr.44/1985: 96, Nr. 72/1987: 179).

158

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a) Das „Hakenkreuz“ als Symbol zur Identifizierung des Herkunftslands:

Abbildung 29:

Sportschuhe mit „Hakenkreuz“. Quelle: „Common Wealth“ Nr.88/1988: 104-105.

Links oben in der Ecke steht neben dem Hakenkreuz: „(...) Campus shoes coming from W. Germany”. Das Nazi-Hakenkreuz wird zweimal (links oben und in der Mitte) verwendet, um zu zeigen, dass das Produkt (Sportschuhe) wirklich aus Westdeutschland kommt. Der Befund der nonverbalen Ebene wird durch entsprechende verbale Erläuterungen ergänzt.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

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b) „Hitlerbild“ als Automobilwerbung

Abbildung 30:

„Hitlerbild“ als Automobilwerbung. Quelle: „Common Wealth“ Nr. 92/1989: 113.

Die Chinesische Überschrift lautet in deutscher Übersetzung: „Auch Sie könnten ein Hitler sein! Damals wurden viele Juden von Hitler mit Giftgas ermordet. Heute könnte das Auspuffrohr Ihres Autos ebenfalls ein Gasgewehr sein.“ In diesem Fall wird das Bild Hitlers in der Werbung negativ - abschreckend verwendet, um bei Käufern von Autos die Assoziation „Mörder“ hervorzurufen, falls sie nicht den beworbenen umweltfreundlichen Autotyp mit niedrigen Abgaswerten kaufen. Das beworbene Produkt ist ein japanisches Auto.

160

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

c) „Hitlerbild“ in der Heizkörperwerbung:

Two people walk past a large advertisement showing a cartoon of a smiling Adolf Hitler supporting German-made electric space heaters hanging on a wall of a MRT station on Monday in Taipei. The maker of the space heaters, DBK, based in the southwest German city of Kandel, said it would order an immediate halt to the campaign ran by the local Taiwan company.

Abbildung 31: „Hitlerbild“ in der Heizkörperwerbung. Quelle: Associated Press. Zitiert nach der „The China Post“ 23.11.1999. Mit obigem Webeplakat in taiwanesischen MRT-Stationen, dessen Slogan übersetzt „Kampf gegen eine Kältefront!“ bedeutet, wurde für den Verkauf von deutschen Raumheizkörpern geworben. Das Hitlerbild soll suggerieren, dass diese Heizkörper wirklich einen harten Kampf an der Kältefront führen. d) Ein besonders ausgeprägtes Beispiel mangelnder interkultureller Sensibilität dokumentiert die Marketingstrategie eines taiwanesischen Restaurantbesitzers, der sogar mit Postern eines Konzentrationslagers warb. Um Kunden anzuziehen, ließ er in seinem Lokal eine Gaskammer nachbauen.28 Darüber hinaus ist noch zu erwähnen, dass in Taiwan verschiedene Artikel verkauft werden, wie z.B. Motorradhelme mit Hakenkreuz, Hitler-Abzeichen, -Aufkleber, diverse Flaggen, Uni28

Vgl. die „United Daily News“ 21.01.2000

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

161

formen.29 Außerdem ist Hitlers Buch „Mein Kampf“ in Taiwan in verschiedenen Buchhandlungen in chinesischer Sprache als „Werk der Weltliteratur“ zu erwerben. Bei taiwanesischen Jugendlichen ist es z.Z. en vogue, sich mit NaziSymbolen tätowieren zu lassen. Ein weiteres aktuelles Beispiel dokumentiert die Wahlkampagne der taiwanesischen Regierungspartei (DPP), bei der in einem TV-Spot ein Bild Hitlers verwendet wurde (vgl. Abb. 32). Nach diversen Protesten gegen die Verwendung des Hitlerbildes in einer Werbebotschaft wurde ein chinesischer Text hinzugefügt: „Ducai zao chen zainan“ (Diktatur bringt Unglück) (vgl. Abb. 33):

Abbildung 32:

29

Wahlkampagne (TV-Spot) mit Hitlerbild. Quelle: „Reuter”, zitiert nach der „United Daily News“ 14.07.2001

Vgl. die „China Times Express“ 07.01.2001

162

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

Abbildung 33:

„Hitlerbild“ mit dem chinesischen Text „Diktatur bringt Unglück“. Quelle: „ET today.com“ 16.07.200130

Gemäß der „China Post“ ist die Idee dieses Spots: „The ad, designed to encourage young people to be bold and share their ideas with the party31, shows scenes of Hitler along with other famous orators, including the late U.S. President John F. Kennedy and Cuban leader Fidel Castro.”32 Zusammenfassend lässt sich allerdings ein seit den 80er Jahren zunehmendes Problembewusstsein gegenüber der Verwendung von NS-Symbolen beobachten. Was zunächst noch unwidersprochen akzeptiert wurde, stieß ab Ende der 90er Jahre auf zum Teil erheblichen Protest:

30 31 32

Vgl. http://www.Ettoday.com/article/302-521229.htm Gemeint ist die Regierungspartei (DPP) in Taiwan Vgl. http://www.chinapost.com.tw/archive/p-details.asp?id=14513&GRPonNews=

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

Jahr

1988

Werbeträger

1999

2000

Hakenkreuz Hitlerbild für Sportfür Autoschuhe werbung

Hitlerbild für Heizkörper

„Gaskammer“ Hitlerbild für Wahlund Poster kampagne eines Konzentrationslagers für Restaurant

Botschaft

Assoziation Gräuel der mit HerVergasung kunftsland

Assoziation Trendsetter mit Herkunftsland

Anfangs als „Anregung“; nach Protest als „Diktatur und Desaster“ bezeichnet.

Reaktion

keine

keine

Protest

Protest

Protest

Konsequenz

keine

keine

Hitlerbild ersetzt durch eine Tierkarikatur.

Entfernen aller betreffenden Poster und Ausstattungen.

Zunächst Ergänzung durch den Text „Diktatur bringt Unglück“, dann Rücknahme der Werbung.

Tabelle 18:

1989

163

2001

Übersicht über die Verwendung nationalsozialistischer Symbole als Werbebotschaft und deren Konsequenzen

Der Wandel in der Einstellung gegenüber der Verwendung von nationalsozialistischen Attributen als Werbeträger in Taiwan vollzog sich aus unterschiedlichen Gründen: ¾

Selbstreflexion der taiwanesischen Gesellschaft: Im Laufe der Jahre hat Taiwan immer intensivere Kontakte zu internationalen Gemeinschaften entwickelt; die weitere Verwendung oben genannter Symbole hätte die

164

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen mit den Ländern der übrigen internationalen Gemeinschaft belastet.

¾

Bemühungen um ein wirklichkeitsnahes Deutschlandbild durch die deutschen Institutionen in Taiwan: Das Deutsche Institut33, das Deutsche Wirtschaftsbüro und das Deutsche Kulturzentrum34 in Taiwan achten auf ein positives Fremdbild Deutschlands im Gastland und nehmen immer sofort kritische Stellung bei Erscheinung derartiger Werbung. Auch die 1990 gegründete Deutsche Schule Taipei hat die Aufgabe, Taiwanesen ein realitätsnahes Deutschlandbild zu vermitteln (vgl. Abschnitt 6.3.3).

Die Verwendung der nationalsozialistischen Symbole in den obigen Werbeanzeigen hängt zusammen mit einem unreflektierten Deutschlandbild Taiwans. Die oben abgebildeten Werbeanzeigen für Sportschuhe und Automobile stammen aus den Jahren 1988 und 1989. Dazu gab es öffentlich keine Kommentare, vor allem weil sie nur in einer chinesischen Zeitschrift erschienen und somit einem breiten Publikum in Taiwan nicht auffielen. Das Hitlerbild als Werbesymbol für deutsche Heizkörper tauchte 1999 in MRTStationen und an Omnibussen auf. Unmittelbar nach ihrem Erscheinen wurde die Werbung kritisiert und verboten. Interessanterweise kam der Protest gegen die Werbeanzeige jedoch von nichttaiwanesischer Seite: vom israelischen Wirtschafts- und Kulturbüro in Taipei sowie vom Deutschen Wirtschaftsbüro in Taipei (vgl. „Taipei Times Online” 21.01.2000). Aus taiwanesischer Sicht wurde die Anzeige hingegen noch nicht als negativ bewertet bzw. nicht kommentiert. Es gab zwar einen Leserbrief, in dem Kritik an dem Werbeträger geübt wurde, aber im Prinzip keine negativen Kommentare bzw. keine große Kritik seitens der Bevölkerung. Das Bild wurde rein als Werbung betrachtet. Die Resonanz auf das Poster eines Konzentrationslagers als Dekoration in einem Restaurant in Taipei im Januar 2000 sah folgendermaßen aus: Ebenfalls erst unter dem Druck der ausländischen Presse hat sich das Presse- und Informationsamt der Regierung beim Restaurant erkundigt, aber nicht interveniert. Kritik seitens der Bevölkerung und der einheimischen Massenmedien war kaum spürbar. All-

33

34

Das Deutsche Institut wurde am 01.02.2000 als inoffizielle amtliche Auslandsvertretung der Bundesrepublik Deutschland gegründet und übernimmt in dieser Funktion unter anderem die Annahme, Ausstellung und Ausgabe von Visa. Das Deutsche Kulturzentrum wurde 1962 in Taiwan eröffnet. Wie der Name sagt, befasst es sich mit der Vermittlung deutscher Kultur, z.B. der Verbreitung des Deutschen durch Sprachprogramme. Mitunter werden auch kulturelle Veranstaltungen organisiert.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

165

gemeine Aufmerksamkeit wurde erst durch die Berichterstattung ausländischer Korrespondenten und die harsche Kritik des israelischen Wirtschafts- und Kulturbüros in Taipei erregt. Insbesondere folgende Institutionen protestierten gegen die verschiedenen Werbeanzeigen mit nationalsozialistischen Symbolen und Hitlerbildern: ¾

Israelisches Wirtschafts- und Kulturbüro Taipei

¾

Deutsches Institut und Deutsches Kulturzentrum in Taipei

¾

The Anti Defamation League in New York35

¾

The Los Angeles-based Simon Wiesenthal Center (a Jewish human rights group)36 (Die jeweiligen Stellungnahmen sind in der “China Post” vom 13.07.2001 aufgeführt.)

¾

Auch einige Einheimische und das taiwanesische Außenministerium baten um Absetzung des DPP-Spots mit dem Hitlerbild. Ein Beispiel: „Das Außenministerium hat gestern mit der Internationalen Abteilung und der Kultur/Propaganda-Abteilung der DPP Partei telefoniert und wies darauf hin, dass Hitlerabbildungen nicht in dem Spot für DPP auftauchen sollte.“ (vgl. „United Daily News“, 13.07.2001)37

Dass nationalsozialistische Symbole gehäufte Verwendung in der taiwanesischen Werbung fanden, sollte nicht zu der falschen Annahme führen, dass die nationalsozialistische Zeit in Taiwan positiv beurteilt wird. Berichte über den Nationalsozialismus in taiwanesischen Massenmedien nehmen stets kritisch Stellung. Zum Beispiel berichtete „Common Wealth“ über die Judenermordung (Nr. 58/1986: 99) und bezeichnete Hitler als Diktator und Kriegsverbrecher (Sonderausgabe im Dez. 1989: 130 und 132) beziehungsweise als Mörder-Ungeheuer (Nr.115/1990: 13). Vor dem Hintergrund, dass die nationalsozialistische Zeit in Taiwan eindeutig negativ bewertet wird, erscheint es notwendig zu erforschen, weshalb trotzdem nationalsozialistische Symbole in der Werbung für deutsche Güter Verwendung finden bzw. als Kommerzartikel angeboten und gekauft werden. 35

36 37

Vgl. „AP“ 13.07.2001 zitiert nach der “China Post”: http://www.chinapost.com.tw/archive/p_detail.asp?id=5994&GRP=3&onNews= Ebd. Übertragung aus dem Chinesischen durch den Verfasser.

166

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

Wie in Abschnitt 2.2.5.3 dargestellt, ist die Genese von Stereotypen und Vorurteilen u. a. auf historische Hintergründe zurückzuführen. In Taiwan wird die nationalsozialistische Zeit zwar ebenso negativ beurteilt, in Teilen jedoch anders wahrgenommen als in anderen Ländern. Das lässt sich wie folgt begründen: 1) Nach der Gründung der Republik China (1911) und in deren früher Phase wurde das damalige Deutschland als Vorbild für die Modernisierung Chinas angesehen (vgl. MÜHLHAHN 1998: 130). So arbeitete beispielsweise im militärischen Bereich der erste Präsident der Republik, Dr. Sun Yat-sen, mit deutschen Militärberatern zusammen (vgl. KUO 1997: 107). Dessen Nachfolger, Chiang Kai-shek, gestaltete die Zusammenarbeit mit deutschen Militärberatern noch enger. Unter diesen waren z.B. die Generäle Hermann Kriebel, ein Gefolgsmann Hitlers, sowie der General Alexander von Falkenhausen (vgl. ZHOU 1995: 191-192). 1927 bis 1938 standen insgesamt 132 deutsche Militärberater der Zentralregierung Chinas zur Verfügung. Darüber hinaus gab es noch einige weitere Berater, die ihre Dienste regionalen chinesischen Regierungen anboten. Nach 1938 verließen die deutschen Militärberater China aus politischen Gründen38 und wurden durch russische und amerikanische ersetzt. Chiang Kai-shek war jedoch der Ansicht, dass die Zusammenarbeit mit den deutschen Militärberatern erheblich besser gewesen war und einen großen Beitrag zur Modernisierung der chinesischen Armee geleistet hatte (ebd.: 218). Während der Regierungszeit von Chiang Kai-shek in Taiwan (19481975) gab es deshalb vereinzelt wieder deutsche Militärberater.39 Dabei haben sich in China/Taiwan positive Stereotype bezüglich des deutschen Militärs gebildet. MERKELBACH meint darüber hinaus, dass das Engagement ausländischer Militärberater in China ein Faktor des positiven Fremdbildes bezüglich der weißen Rassen in Taiwan war (MERKELBACH 1998: 172).

38

39

Auf Grund der Präsenz deutscher Militärberater waren auch viele deutsche Waffen nach China exportiert worden, ein Umstand, der die Verteidigungskraft Chinas gegen Japan erheblich verstärkte. Infolge der Annäherung Hitler-Deutschlands an Japan vor dem 2. Weltkrieg verlangte Japan von Deutschland die Militärberater aus China abzuziehen. Vgl. ebd.: 194. Vgl. CHEN: „Die deutsch-nationalchinesischen Beziehungen am Beispiel der deutschen Militärberater in Taiwan 1963-1975“ (ein Vortrag), Okt. 2000.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

167

2) Im Zweiten Weltkrieg musste Taiwan unter japanischer Besatzung auch gegen die Alliierten kämpfen.40 Von einer Konfrontation mit Deutschland war Taiwan nicht betroffen. Stattdessen litt es unter der amerikanischen Bombardierung. Von daher ist es verständlich, dass sich das Fremdbild Hitlers in Taiwan von demjenigen in Ländern unterscheidet, „deren Menschen mit NaziDeutschland besonders leidvolle Erfahrungen machten – wie Israel, Polen, UdSSR, CSFR, Niederlande, Dänemark und Belgien“ (vgl. TRAUTMANN 1991: 3). In seinem Aufsatz „Das Deutschlandbild aus finnischer Sicht – viel Positives, selten Negatives“ weist VIHINEN darauf hin, dass das Hitlerbild der Finnen keineswegs positiv ist, aber in den meisten Fällen unkritisch. (...) Dass die Deutschen allgemein „Adolfs“ oder „Aatus“ genannt werden, (...) spricht für die These des „unkritischen Hitlerbildes“, denn der Spitzname „Aatus“ ist nicht negativ, sondern eher harmlos gemeint (vgl. VIHINEN 1991: 268). In Taiwan werden die Deutschen zwar nicht „Adolfs“ genannt, aber ähnlich wie in Finnland ist das Hitlerbild relativ unkritisch. Beispielsweise argumentierte die Sprecherin der Firma, die mit einem Hitlerbild für deutsche Heizkörper warb, folgendermaßen: „We decided to use Hitler because as soon as you see him, you think of Germany. It leaves a deep impression. (…) Most people in Taiwan are not sensitive about Hitler (“The China Post”, 23.11.1999).

3) Darüber hinaus entstand nach dem 2. Weltkrieg eine „Kommunikationslücke“ zwischen Taiwan und Deutschland. Auch gegenwärtig gibt es fast nur Wirtschaftskontakte zwischen beiden Ländern, da keine diplomatischen Beziehungen bestehen. Wie in Abschnitt 4.1.3 dargestellt, ist die Berichterstattung über Deutsche und Deutschland bis in die 80er Jahre ziemlich dürftig. Assoziiert man Deutschland, so greift man in Taiwan auf das vor dem 2. Weltkrieg entstandene Deutschlandbild zurück. Die obige Aussage der taiwanesischen Vertretung des deutschen Heizkörperherstellers liefert dafür ein konkretes Beispiel. Aus den genannten Gründen hat man in Taiwan zwar eine andere Einstellung zu nationalsozialistischen Symbolen als Werbebotschaft, dennoch mussten solche Werbeanzeigen infolge der Auseinandersetzung mit inländischen und ausländischen Institutionen modifiziert bzw. entfernt werden. Sollte man in 40

„Statistics put out by Japan’s Ministry of Health and Welfare indicate that a total of 80.432 people from Taiwan served as soldiers of the Imperial Army during the colonial period (…).” Vgl. „A Taiwanese Soldier in the Japanese Army“, Koichi Hamasaki, 2001, in: „Sinorama” Vol. 26, No. 7, 2001: 89.

168

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

Taiwan „Fehler“ im Umgang mit nationalsozialistischen Symbolen begangen haben, rechnet man aber bis jetzt nicht mit einer kritischen Konsequenz in Ländern wie z.B. Deutschland oder Israel. Nach der Kritik von allen Seiten wurde in der Werbung für Heizkörper das Hitlerporträt durch eine Karikaturfigur ersetzt, und das Bild in dem Wahl-TV-Spot wurde zunächst nur mit dem Spruch „Diktatur bringt Unglück“ ergänzt. Seit einer intensiven internationalen Auseinandersetzung mit rechtsradikalen Aktivitäten in einigen Ländern und dem Verbot eines „Nazi-Artikels“ im Internet in Frankreich wird auch in Taiwan diesem Thema erhöhte Aufmerksamkeit gewidmet. Kritik an nationalsozialistischen Symbolen als Werbebotschaft und am Entstehen eines so genannten „Nazi-Fiebers“ in Taiwan wird bereits geübt. Es sind Leserbriefe in der taiwanesischen Presse erschienen, in denen vor den negativen Einflüssen durch solche Werbeanzeigen auf den interkulturellen und wirtschaftlichen Austausch gewarnt wird.41 Beim jüngsten Beispiel, dem Wahl-Spot, war bereits ein Wandel in der Haltung der taiwanesischen Bevölkerung und der Behörden gegenüber nationalsozialistischen Symbolen in der Werbung festzustellen: Zum Beispiel wurde zum ersten Mal direkt von einigen Taiwanesen und einer Behörde (dem taiwanesischen Außenministerium) darum gebeten, einen solchen Spot abzusetzen. In den bis jetzt angeführten Beispielen wurden nationalsozialistische Symbole bewusst von Werbeagenturen bzw. Werbeauftraggebern als Botschaft ausgewählt. Oft sind es aber auch Logos bzw. Gesten, die in Taiwan eigentlich nichts mit dem Nationalsozialismus zu tun haben, von Ausländern aber trotzdem oft missverstanden werden, wie z.B. die sanskritische Swastika (siehe Abb. 34 und zum Vergleich das nationalsozialistische Hakenkreuz auf Abb. 35).

41

Zum Beispiel Leserbriefe in der „China Times“ am 25.01.2000 und am 11.01.2001.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

169

Abbildung 34: Links: die sanskritische Swastika. Quelle: „Sinorama“ Vol. 26, N0. 6, June 2001: 83. Abbildung 35: Rechts: das nationalsozialistische Hakenkreuz. Quelle: Enzyklopädie des Nationalsozialismus, BENZ, W., GRAML, H., WEIß, H. (Hg.), Digitale Bibliothek Band 25 Der in der Abbildung gezeigte Tempel befindet sich an der Autobahn zwischen Tao Yuan und Taipei. Das Swastika-Logo wird manchmal von Ausländern, die zum ersten Mal in Taiwan zu Besuch sind, als Hakenkreuz-Symbol missverstanden. In dem Aufsatz “Woher hatte Hitler das Hakenkreuz? – Zur Übernahme eines Symbols“ weist DEGREIF darauf hin, dass die Bezeichnung „Swastika“ aus dem Sanskrit kommt und auch im chinesischen und japanischen Buddhismus ganz allgemein für Glück, Segen und langes Leben steht (vgl. DEGREIF 1991: 313, vgl. auch ZHAO/TAN, 1995: 360). Ferner meint DEGREIF, dass „in Japan und China die linksdrehende Swastika das Glückszeichen, die rechtsdrehende Swastika hingegen das Unglückszeichen ist“ (DEGREIF 1991: 313). Ein anderes Beispiel für ein solches Missverständnis war die Geste des Präsidenten Chen bei seiner Vereidigung als Präsident der Republik China, die von einigen Lesern des Magazins fälschlicherweise als Hitlergruß interpretiert wurde

170

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(vgl. Abb. 36), etwa von einem Überseechinesen aus den USA, der einen Leserbrief an das Magazin „Sinorama“ schickte und auf die Möglichkeit einer Assoziation der Vereidigungsgeste mit dem Hitlergruß hinwies (vgl. Abb. 36 und 37). Der Leserbrief wurde vom „Department of Public Affairs“ des Präsidentenbüros in Taiwan beantwortet und als Missverständnis bezeichnet. 42

Abbildung 36: Links: die Geste des Präsidenten Chen. Quelle: Titelseite des Magazins „Sinorama“, Vo. 25, No. 7, Juli 2000. Abbildung 37: Rechts: Hitlergruß. Quelle: Titelseite „Der Spiegel“, Nr. 19/2001. 6.2.5

Analyse der paraverbalen Ebene

Den Deutschen zugeschriebene stereotype Eigenschaften werden in Werbeanzeigen für deutsche Produkte oftmals durch Groß- oder Fettdruck hervorgehoben, um die Werbebotschaft zu verstärken. Beispiele hierfür sind eine Audi-Anzeige, 42

„(…) The picture in question shows President Chen in the pose that every ROC president assumes when taking the oath of office. On May 20, President Chen was officially sworn in at a ceremony carried out in-side the Presidential Palace. Afterwards he went outside to deliver his inaugural address to a waiting audience in the square in front of the Presidential Palace, at which point he repeated the pose that he had assumed while taking the oath. The president did not salute anyone, and I would like to assure Mr. Lin that his gesture did not have any Nazi implications. We beg Mr. Lin’s understanding regarding this issue.” Vgl.: „Sinorama” Vol.25, No. 10, October 2000:1.

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171

in der die positiven Eigenschaften „deutsche Technik“ und „künstlerisch“ durch eine größere Schrift hervorgehoben sind (Nr. 29/1983: 55)43, und eine KrupsWerbung, in der das Wort „effizient“ fett gedruckt ist (Nr. 100/1990: 54) 44. Auch auf das Herkunftsland („Germany“, „West Germany“) oder den Hinweis „Import aus Deutschland in Originalverpackung“ wird oft durch eine größere Schrift45 beziehungsweise durch Fettschreibung46 in besonderer Weise aufmerksam gemacht. Abschließend sei noch erwähnt, dass bestimmte positive Eigenschaften, die in den ausgewerteten Zeitungsberichten den Deutschen und Deutschland zugeschrieben werden, auch in der Werbung für deutsche Produkte wieder auftauchen (vgl. Tabelle 17 und 21). Beispiele für solche Übereinstimmungen sind die Begriffe „deutsche Technik“, „effizient“ und „künstlerisch“. Diese den Deutschen zugeschriebenen positiven Eigenschaften werden in der Werbung auf der verbalen Ebene thematisiert, nonverbal dokumentiert und paraverbal hervorgehoben. Auch nationalsozialismusbezogene Zuschreibungen, die bei der SchlagwortAuswertung der Printmedien als negativ eingestuft sind, werden in der Werbung trotzdem zur Assoziation mit „deutsche Technik“ und „Made in Germany“ verwendet, auf der nonverbalen Ebene dokumentiert und paraverbal hervorgehoben. 6.2.6

Exkurs: Vergleich des deutschen und des taiwanesischen Kommunikationsstils in der Werbung

Zum besseren Verständnis des taiwanesischen Kommunikationsstils sei im Folgenden ein Vergleich mit dem entsprechenden deutschen angestellt. Ein Unterschied im Kommunikationsstil zwischen Deutschland und Taiwan (vgl. Abschnitt 3.3) lässt sich auch in der Gestaltung der Werbung erkennen.

43 44

45

46

Weitere Beispiele für eine größere Schrift: Krups (Nr.100/1990: 54), Pelikan (Nr. 95/89: 134). Weitere Beispiele für Fettdruck: Mercedes (Nr. 80/1988: 144-145), Bosch (Nr. 84/1988: 184, Nr. 87/1988: 152, Nr.89/1988: 203. Beispiele hierfür sind: DAB (Nr.87/1988: 177), Gaggenau (Nr. 115/1990: 85) BMW (Nr.79/1987: 112-113), Lufthansa (Nr. 113/1990: 169, Nr. 114/1990: 133, Nr. 115/1990: 67), Audi (Nr. 31/1983: 158, Nr. 32/1984: 30, Nr. 79/1987: 84-85), Élysée (Nr.44/1985: 68, Nr. 55/1985: 146)), Huppe Variflex (Nr. 112/1990: 179), Krups (Nr. 90/1988: 71, Nr. 91/1988:158, Nr. 92/1989: 94, Nr.93/1989: 86, Nr.96/1989: 124, Nr.100/1990: 54), Ford Sierra (Nr. 47/1985: 101), Telefunken (Nr. 50/1985: 40, Nr. 54/1985: 120), VW (Nr. 70/1987: 74), Zeiss (Nr. 16/1982: 86, Nr. 31/1983: 158, Nr. 40/1984: 134) Beispiele hierfür sind: AEG (Nr. 111/1990: 87), allmilmö (Nr.111/1990: 117), Braun (Nr. 109/1990: 216), Duscholux (Nr. 113/1990: 169), Hans Grohe (Nr. 106/1990: 1), Zeiss (Nr.16/1982: 86, Nr.40/1984: 134)

172

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a) Tradition vs. Modernität: REISACH/TAUBER/YUAN vertreten in ihrem Buch „China – Wirtschaftspartner zwischen Wunsch und Wirklichkeit“ die Meinung, dass in der Bildwerbung traditionelle chinesische Symbole, z.B. Drachen oder Pagoden weniger empfehlenswert seien und stattdessen Signale von Modernität, Exklusivität und Hightech gewählt werden sollten (vgl. REISACH/TAUBER/YUAN 1997: 112). Im Gegensatz dazu konstatiert REHN in seinem Buch „Werbung in Taiwan“: „während das Land oberflächlich einen stark westlich geprägten Eindruck hinterlässt und auch die Sprache sehr häufig vor allem US-amerikanische Einflüsse widerspiegelt, bleibt Taiwan doch eine chinesische Gesellschaft“ (REHN 1994: 14). Wie in Tabelle 9 gezeigt, ist der Kommunikationsstil in Taiwan fakten- und traditionsorientiert. Bei der Gestaltung der Werbeanzeigen ist dieser Trend auch festzustellen. Nehmen wir den von REISACH als nicht empfehlenswert eingestuften „Drachen“ als Beispiel: In der Werbeanzeige für die Firma Community Service Center, die sich mit interkulturellem Consulting und Training befasst, wurde der „Drache“ als einziges Bild in die Werbeanzeige aufgenommen.47 Weitere Beispiele, in denen der „Drachen“ als Hauptbildmotiv auftritt, sind Werbespots für Kreditkarten von „American Express“ (Nr. 161/1994: 130-131), für eine Börsenfirma (Nr. 223/1999: 185) und für eine Immobilienfirma (vgl. „Common Wealth“ Nr. 228/ 2000: 87). “Drachen” und “Drachenbootfest” finden als Motive in einer Werbung für Singapore Convention Bureau Verwendung (Nr. 154/1994: 138-139). In seinem Buch “Disruption: Regeln brechen und den Markt aufrütteln” schreibt DRU: „Im Fernen Osten und insbesondere im nördlichen Asien befreit sich die Werbung allmählich von der westlichen Denkart. Dort gibt es eine Demut und Menschlichkeit, die Botschaften eine besondere Sensibilität verleiht“ (DRU 1997: 24). Als konkretes Beispiel führt er eine Werbeanzeige in Taiwan an: „Ein Fernsehspot für China Motors stellt einen Bauern dar, der mitten im Sturm kilometerweit über Reisfelder wandert – sein krankes Kind auf dem Rücken. Der Sprecher ist der Sohn, der später geschäftlich Erfolg hatte und der in bewegendem Tonfall berichtet: ‚Als Kind hatte ich einmal hohes Fieber. In unserem Dorf gab es keinen Arzt, darum musste mich mein Vater kilometerweit auf seinen Schultern tragen. Jetzt, wo ich älter und erfolgreich bin, kann ich zu meinem Vater sagen: Vater, jetzt will ich Dich tragen.’ Mit dieser Botschaft beschwört China Motors einen ewigen Wert: konfuzianische Kindesfrömmigkeit.“ (ebd.: 24)

47

Vgl. „Euro View“, European Council of Commerce and Trade (Hg.), Ausgabe 74, 2001: 48, Ausgabe 75, 2001: 48, Ausgabe 76, 2001: 48.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

173

Eine ähnliche Werbeanzeige für die Firma China Motors findet man auch in „Common Wealth“ (Nr. 143/1993: 28). Die von DRU erwähnte Befreiung von westlicher Denkungsart spricht für eine veränderte Werbestrategie. Die standardisierte Marktkommunikation wird durch eine Werbung verdrängt, die sich an den (kulturellen) Gegebenheiten des Zielmarktes orientiert. Die Entwicklung der Darstellung der Werbespots für BMW und für Siemens in Taiwan ist als Beispiel und Bestätigung der These DRUS zu betrachten (vgl. Abschnitt 7.2.5). b) Funktion der Personen Auf der nonverbalen Ebene spielt auch das Personenbild eine unterschiedliche Rolle in Deutschland und in Taiwan. In seinem Aufsatz „Kauf mich! Prominente in der Werbung“ argumentiert ALBUS, dass der Einsatz der Prominenz keineswegs allein das Ziel habe, einen möglichst hohen Grad an Aufmerksamkeit zu erreichen. Vielmehr geht es darum, über die Aura des Prominenten mit dem Publikum eine Art qualitativen Konsens zu erzielen, der mehr oder weniger das Wachstum des ökonomischen, sozialen und ästhetischen Geflechtes zwischen Angebot, Anreiz und Nachfrage beeinflusst (ALBUS 2001: 148). In Deutschland werden prominente Personen in der Werbung nicht so stark eingesetzt. Deswegen ist diese Form der Werbung verhältnismäßig selten zu finden (vgl. RINNER-KAWAI 1993: 929). Ein weiteres Beispiel der Funktion des Bildes in Deutschland hat BOLTEN am Beispiel deutscher Geschäftsberichte gezeigt: Der Bildanteil ist nicht textergänzend, sondern nur illustrierend. Die Aussagekraft der Bilder in Bezug auf den Text ist gering (vgl. BOLTEN 2000a: 91). RIENNER-KAWAI zeigt in ihrem Aufsatz „Sprache der Werbung in Deutschland und in Japan“, dass Personen in der japanischen Werbung vor allem für die Imagebildung eine große Rolle spielen (vgl. auch APFELTHALER 1999: 170). Dabei können dies sowohl japanische als auch bekannte ausländische Persönlichkeiten sein. Wie in Tabelle 9 gezeigt, ähnelt der taiwanesische Kommunikationsstil dem japanischen. Der Einsatz der Prominenten in der Werbung wird auch in Taiwan als werbewirksam bewertet und daher in hohem Maße in Anspruch genommen. Hier einige Beispiele: ¾

Das bekannte taiwanesische Monatsmagazin „Jiang Yi“ sucht jeden Monat eine Persönlichkeit als Symbolfigur aus.

¾

In einer DIN-B4-großen Werbeanzeige für Toyota werden 4 Prominente dargestellt: ein Gelehrter, ein Maler, eine Schauspielerin und ein Dirigent („Common Wealth“, Nr. 97/1989: 222-223).

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174 ¾

Für Quaker (ein Nahrungsmittel) wird eine Zeichnung mit dem ehemaligen amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan als Werbeträger verwendet (ebd. Nr. 128/1992: 138) und für die Joggingschuhe „New Balance“ ein Bild von Bill Clinton (ebd. Nr. 171/95: 199).

¾

Für Breguet Armbanduhren wird mit einer Abbildung Winston Churchills geworben, der laut Werbetext auch zu den Kunden gezählt habe (vgl. „Wealth Magazine“, Nr. 230/ 2001: 55).

Weitere Beispiele für Personen, die sich als Promotor taiwanesischer Informationsprodukte betätigt haben, sind Bill Gates, Andrew Grove (ehemaliger Chairman der Firma Intel), Carla Fiorina (CEO der Firma HP) und G. J. Kleinsterlee (CEO der Firma Philips). Als Beispiel sei hier eine Abbildung von Bill Gates wiedergegeben (Abb. 38).

Abbildung 38:

Bill Gates als Sprecher für taiwanesische Informationsprodukte. Quelle: Videotape von CETRA.48 Fotos vom Verfasser.

„Werbung mit Prominenten ist eine attraktive, von hoher Glaubwürdigkeit geprägte Werbung, die eine Identifikation des Käufers mit der ‚Leitfigur’ bietet. Voraussetzung dafür ist, der Prominente passt zum Angebot“, so begründet OBERMAIER die Verwendung von prominenten Personen in der Werbung

48

CETRA ist die Abkürzung für China External Trade Development Council, eine außenhandelsfördernde, halboffizielle Institution in Taiwan mit verschiedenen Zweigbüros in aller Welt, inkl. Deutschland.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

175

(OBERMAIER 1988: 162). Der Status von Bill Gates als führender Unternehmer in der Informationstechnologiebranche erfüllt sicherlich die von OBERMAIER genannte Voraussetzung als Sprecher für solche Produkte aus Taiwan. Als Werbebotschaft soll durch Bill Gates vermittelt werden, dass die Informationsindustrie Taiwans ebenfalls zur Entwicklung des Weltmarkts viel beigetragen hat. Ähnliche Aussagen machen auch die anderen beiden Sprecher auf dem Videotape. Bei Werbung mit Prominenten wie Bill Gates und Andrew Grove ist erwähnenswert, dass sie zum einen den Status als Prominente haben, zum anderen aber keine Profimodelle sind. Ihre Zusage, sich als Promotor taiwanesischer Produkte zur Verfügung zu stellen, hängt wohl auch mit dem Image Taiwans als HightechLand zusammen. Dies bestätigt wiederum die Interdependenz eines Nationalbildes mit den Exportgütern des entsprechenden Landes. Festzuhalten ist, dass im Rahmen einer werbewirksamen Strategie auf dem taiwanesischen Markt oftmals international bekannte Persönlichkeiten, sowohl einheimische als auch ausländische, eingesetzt werden. Dass auch ein Hitlerbild in einer Werbeanzeige Verwendung fand, lässt sich nur dadurch erklären, dass Hitler in Taiwan als „VIP“ betrachtet wird. c) Superlative in der Werbung, z.B. Verwendung der Ziffer 1 Zum einen wegen der Beschränkungen durch das UWG (Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb) (vgl. OBERMAIER 1988: 235-236) und zum anderen wegen der negativen Reaktion auf solche Werbeaussagen49 wird die Verwendung der Superlative für Werbung in Deutschland vermieden. In taiwanesischen Werbeanzeigen dagegen werden fast in allen Branchen Superlative wie „der beste“, „der größte“, „der höchste“, „der meiste“ gebraucht. Die Behauptung ist zwar nicht selten übertrieben bzw. schwer nachprüfbar. Aber der Begriff „No. 1“ klingt bei Konsumenten immer authentisch. Als Beispiel sei die Werbeanzeige einer Büromaschinenfirma erwähnt. In DIN-A4-Größe werden 27-mal diverse Superlative hervorhoben (vgl. Abb. 39):

49

RIEPPEL (1965) hat ermittelt, dass 90 % der Testpersonen in Deutschland eine negative Reaktion auf Superlative in der Werbung zeigen. Zitiert nach JIA 2002: 7.

176

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

Abbildung 39:

Superlative in der Werbung. Quelle: „Common Wealth“ Nr. 84/1988, S.1

Auf der verbalen Ebene kommen die Superlative in folgender Häufigkeit vor: „No.1“: „höchste“: „erstklassig“: „größte“: „professionellste“: „neuste“:

16 x 3x 3x 1x 1x 1x

Deutlich hervorgehoben ist der Begriff „Nr. 1“ auch auf der paraverbalen Ebene: fett geschrieben: großgeschrieben:

1x 1x

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

177

Ähnliche Beispiele von extremer Hervorhebung der Nr. 1 treten auch bei der Versicherungsgesellschaft AEtan auf (Nr. 236/2001: 9-10). Begriffe mit Superlativen tauchen in geringer Anzahl auch in den Werbespots für deutsche Produkte, beispielsweise für Audi, auf (Nr. 32/1984: 30, Nr. 35/1984: 125). Mehr Verwendung finden superlativische Begriffe für deutsche Güter jedoch erst in den 90er Jahren.

6.3

Deutsche wirtschaftliche und unternehmerische Tätigkeiten

Die 80er Jahre sind in vielen Facetten ein Wendepunkt für die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Taiwan. Betrachten wir zunächst die Aufstellung des Außenhandelsvolumens und dessen Wandel (vgl. Tabelle 19): Angaben in: US$ 1.000 Jahr

Taiwan exportiert nach Deutschland

Taiwan importiert

Handelsbilanz (aus

aus Deutschland

taiwanesischer Sicht)

1981

906.261

646.431

+259.830

1982

788.201

788.306

-105

1983

850.927

691.725

+159.202

1984

868.080

768.038

+100.042

1985

805.421

846.180

-40.759

1986

1.275.171

1.137.286

+137.885

1987

1.987.681

1.633.504

+354.177

1988

2.340.073

2.133.188

+206.885

1989

2.564.431

2.593.994

-29.563

1990

3.183.246

2.667.621

+515.625

Tabelle 19:

50

50

Handelsvolumen zwischen Deutschland und Taiwan in den 80er Jahren. Quelle: “Taiwan Statistical Data Book 2000”, Council for Economic Planning and Development, Taiwan, R.O.C., 2000: 211

Hier ist nur die Bundesrepublik Deutschland gemeint.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

178

Mit den 70er Jahren verglichen, sind für die 80er Jahre folgende Charakteristika festzustellen: a)

Das Volumen des bilateralen Handels zwischen Deutschland und Taiwan wächst, vor allem seit 1985. Dies bestätigt TETZNER51: „Though German companies cannot really be called pioneers when it comes to investment in Taiwan – in fact they discovered Taiwan as a place for investment by the mid 1980s – the approved accumulated investment had reached US$ 565 million by end of 1998.“52

b) Deutschland erwirtschaftet 1989 einen Exportüberschuss im Handel mit Taiwan nicht etwa, weil Taiwan die Exportkonkurrenzfähigkeit verliert, sondern weil Deutschland einfach ein vielfältiges Warenangebot exportiert. Das bedeutet einen Wandel der Handelsstruktur zwischen beiden Ländern. In den 90er Jahren werden wir diesen Wandel noch deutlicher erkennen. 6.3.1

Anzahl der Gründungen deutscher Unternehmen und deren Rechtsformen

Die Gesamtzahl deutscher Firmengründungen in diesem Jahrzehnt beläuft sich auf 38, erheblich mehr als in den 60er und 70er Jahren (insgesamt 23), was u. a. auf das mit positiven Stereotypen besetzte Deutschlandbild der Taiwanesen bzw. auch auf das positive Taiwanbild der deutschen Investoren zurückzuführen ist. Die Rechtsformen gliedern sich wie folgt: Tochtergesellschaften: Auslandsniederlassungen: Joint Ventures: Repräsentanzbüros: Andere Formen:53

19 8 7 3 1

Erwähnenswert ist, dass Joint Ventures von deutschen und taiwanesischen Geschäftspartnern in diesem Zeitraum gegründet werden, um sowohl den einheimischen als auch den Markt außerhalb Taiwans zu bedienen. Dieser Trend ist ab den 80er Jahren zu erkennen, wobei der Schwerpunkt des Marketings bei den Joint Ventures in den 80er Jahren mehr auf den einheimischen Markt gelegt wird, sich 51 52 53

Gunther Tetzner war „Delegate of German Industry and Commerce for Taiwan“. Vgl. „German Business in Taiwan” 1999: 9. Lokale Investition von einem Deutschen

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

179

dann aber langsam auch auf benachbarte Länder wie die VR China, Korea und Vietnam ausdehnt. Dieser Wandel ist durch zwei Faktoren bedingt: a)

Seit der Aufhebung der Notstandsverordnungen 1987 dürfen Taiwanesen jetzt ihre Verwandten auf dem chinesischen Festland besuchen, was zuvor absolut unmöglich war. Einige Investoren nehmen diese Chance wahr und fassen Fuß auf dem chinesischen Markt.

b) Durch ein kontinuierliches hohes Wirtschaftswachstum54 hat sich Taiwan Ende der 80er Jahre von Armut zu Wohlstand, von Rückständigkeit zu Modernität gewandelt. Mit anderen Worten: Taiwan ist nicht mehr ein billiges, rückständiges Land. YU (1999) beschreibt in seinem Buch „Taiwan im Wandel: Wirtschaft“ die Veränderung so: „In den 80er Jahren hatte Taiwan seine Armut endgültig überwunden und war in eine Phase des Wohlstands eingetreten“ (YU 1999: 47). Vor diesem Hintergrund ist ein Wertewandel in Taiwan entstanden: „Bis zu den 80er Jahren hatten viele Arbeiter in Taiwan zwei Fabrikjobs gleichzeitig und waren außerdem jederzeit bereit, an den Wochenenden und in den Ferien zusätzlich zu arbeiten, um so ihren Lebensstandard zu verbessern“ (ebd.: 21). In dieser Zeit wandeln sich jedoch langsam die Vorstellungen des Arbeitnehmers sowie die Arbeitsethik in Taiwan: „In der herstellenden Industrie gehen auf die Ausschreibungen für niedrig bezahlte Büroposten oft erstaunlich zahlreiche Bewerbungen ein, während für viele besser entlohnte Stellen für Arbeiter chronischer Bewerbermangel herrscht. Außerdem haben viele Arbeiter nicht nur kein Interesse an Überstunden, sie weigern sich auch oft, schneller zu arbeiten, um einen Terminauftrag rechtzeitig zu erfüllen“ (ebd.: 47-49). Steigende Löhne und struktureller Arbeitskräftemangel sowie internationaler Konkurrenzdruck sind die Triebkräfte taiwanesischer Unternehmer, ihre Produktion an einen günstigeren Produktionsstandort zu verlagern. Aus der Sicht des internationalen Managements ist China ein idealer Investitionsstandort für taiwanesische Unternehmer: gleicher Kulturhintergrund und günstigere Transportkosten wegen der kurzen Entfernung.55 Gerade auch aus diesem Grund wird Taiwan von deutschen Unternehmen, die bereits mit taiwanesischen Partnern zusammenarbei-

54

55

Die Wirtschaftswachstumsraten in den 80er Jahren in Taiwan sehen beispielsweise so aus: 1975 (4.9%), 1980 (7.3%), 1985 (5.0%), 1990 (5.4%). Vgl: „Taiwan Statistical Data Book”, 2000: 7. Bis dato ist der Direktflug/die Direktverschiffung zwischen Taiwan und China jedoch noch nicht liberalisiert.

180

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

ten und nun Fuß in China fassen möchten, als Sprungbrett benutzt, um in Form eines Joint Venture den chinesischen Markt zu bearbeiten. Dieser Trend, der in den 80er Jahren begonnen hat, geht in den 90er Jahren weiter. 6.3.2

Tätigkeitsbereiche deutscher Unternehmen

Bezogen auf die Verteilung der Tätigkeitsbereiche können die Gründungen deutscher Firmen in diesem Jahrzehnt so eingeteilt werden: Produktion: Handel: Dienstleitung:

8 Firmen 21 Firmen 9 Firmen

Unter den 8 Produktionsfirmen sind vier sowohl in der Produktion als auch im Handelsbereich tätig. Die Anzahl der Mitarbeiter der vier in beiden Bereichen tätigen Firmen ist relativ klein: 20, 47, 6 und 65. Eindeutig ist die Mehrheit der in besagtem Zeitraum gegründeten deutschen Unternehmen auf dem Gebiet des Handels tätig. Mit anderen Worten: Bei den deutschen Investitionen in Taiwan geht es nicht unbedingt um die Wahrnehmung niedriger Arbeitslöhne, die es auf der Insel ab den 80er Jahren ohnehin nicht mehr gibt, sondern eher darum, einen Zugang zum Markt Taiwans und über diesen zu den übrigen asiatischen Volkswirtschaften zu erlangen. Dies bestätigt GLOUCHEVITCH in seinem Buch „Juggernaut: The keys to German business success“: „If German firms have begun to come out from behind their rocks to invest more abroad, the reasons tend to be market related. Typically, business wants to ensure access to the host country’s market, not simply benefit from their lower wage costs” (GLOUCHEVITCH 1992: 205). In den 60er Jahren war Taiwan noch ein Agrarstaat, wandelte sich jedoch in den 70er Jahren in ein Leichtindustrie-orientiertes Land. Bis zu den 80er Jahren sind taiwanesische Konsumgüter des Leichtindustriesektors überall auf dem Weltmarkt zu finden, selbstverständlich auch in Deutschland. Einige Artikel erreichen weltweit den höchsten Marktanteil: beispielsweise Regenschirme, Schuhe, elektronische Ventilatoren, Nähmaschinen, Thermosflaschen, Fahrräder, Tennisschläger.56 Um nahe an den Bezugsquellen zu arbeiten und die Qualitätssicherung gewährleisten zu können, gründeten einige bekannte deutsche Firmen wie der Otto Versand und die Quelle Gruppe57 in den 80er Jahren eigene Einkaufsbüros in Taiwan. 56 57

Vgl. „Common Wealth“, Nr. 41/1984: 14. Die Niederlassung der Quelle Gruppe in Taiwan heißt „Noris International Trading & Co., Tai-

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

181

Dank des gestiegenen Handelsbilanzüberschusses erreichte Taiwan 1987 einen Stand von 70 Mrd. US-$ an Devisenreserven. Taiwan ist seitdem nicht mehr nur ein Kapitalimportland, sondern auch ein Kapitalexportland. Seit der zweiten Hälfte der 80er Jahre fassen taiwanesische Unternehmen auch Fuß in Deutschland (CHIU 1997: 5). Die Anzahl der Gründungen taiwanesischer Firmen erhöht sich auf 199 im Jahr 1998.58 Die Wende vom Kapitalimport- zum Kapitalexportland wird in Deutschland registriert und als Chance zur Bemühung um taiwanesische Investitionen wahrgenommen. Ein Repräsentanzbüro des Landes Bremen lässt sich beispielsweise zu dieser Zeit in Taiwan nieder. Zu den Aufgaben des Büros heißt es: „This office provides tailor-made, one stop service packages for Taiwanese investors, which include investment consultancy, finance consultancy, assistance in applying for visas and work permits, personnel recruitment, search for offices, apartments and international schools as well as other relevant information.”59 Ab 1984 führt die taiwanesische Regierung die Wirtschaftspolitik der Liberalisierung, Internationalisierung und Privatisierung von Staatsunternehmen ein. Mehr deutsche Firmen des Dienstleistungssektors erscheinen jetzt auf dem taiwanesischen Markt, wie z.B. die Dresdner Bank 1985 und die Dresdner RCM Global Investors Securities Investment Consulting Co., Ltd. 1990. Ausländisches Bier durfte seit den 80er Jahren nach Taiwan importiert werden. Werbung für deutsches Bier tauchte jedoch erst nach der Liberalisierung auf (vgl. „Common Wealth“ Nr. 74/1987: 197 für „Holsten Bier” und Nr. 87/1988: 177 für „DAB Bier“). Bier, Wurst, Sauerkraut und Schweinshaxe zählen zum kulinarischen Deutschlandbild in Taiwan (vgl. „United Daily News“ 03.06.1985: 1260, 15.03.1987: 19, 11.04.1987: 9, 24.09.2000: 3661, „China Times” 01.07.1998: 4262). Erstaunlich ist, dass deutsches Bier keine so gute Aufnahme in Taiwan fand wie andere deutsche Konsumgüter63.

58

59 60 61

62

63

wan Branch“, die neben der Firma Quelle auch andere europäische Unternehmen vertritt. Vgl. „German Business in Taiwan”, 1999: 168. Vgl. „Woguo cai ouzhou diqu touzi changshang minglu“ (Die Namenliste der Investitionsfirmen unseres Landes in Europa). Zusammengestellt von der Abteilung für Investition, Wirtschaftsministerium, Republik China. Vgl. „German Business in Taiwan”, 1999: 86. „Haxe“ mit Sauerkraut ist eine international bekannte deutsche Spezialität. Hier wird berichtet, dass „Bier“ in Deutschland nicht zum Alkohol zähle, sondern zu alltäglichen Getränken. An dieser Stelle erzählt man, dass Deutsche den höchsten Bierkonsum pro Kopf in der Welt haben. Aus drei Gründen ist das Marketing für deutsches Bier in Taiwan nicht so erfolgreich, wie man

182

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

Der Import ausländischer Weine wurde in den 90er Jahren liberalisiert. Deutscher Wein findet in Taiwan gute Akzeptanz. Darauf wird in der Analyse der 90er Jahre näher eingegangen. Das Jahrzehnt 1981-1990 hat deswegen besondere Bedeutung für die bilateralen wirtschaftlichen Beziehungen, weil der Handel tatsächlich alle Bereiche des Konsumgüter-, Investitions- und Dienstleitungsbereiches umfasst, und zwar nicht mehr nur im Sinne einer Einbahnstraße, sondern in einem für beide Partner offenen Markt. Jedoch haben die vermehrten deutschen wirtschaftlichen Aktivitäten in Taiwan gleichzeitig erhebliche Konkurrenz hervorgerufen. Beispielsweise entstand eine Werbekampagne aufgrund der harten Konkurrenz zwischen deutschen Firmen bzw. deren Vertretung in Taiwan, die deutsche Produkte direkt aus Deutschland einführten, und den taiwanesischen Handelsfirmen, die deutsche Produkte über Drittländer nach Taiwan importierten. Konkretes Beispiel: Der BMW-Vertreter in Taiwan warnte die Käufer davor, dass man mängelbehaftete Autos bekommen werde, wenn man sie nicht bei einem autorisierten taiwanesischen BMWVertragshändler kaufe, sondern bei nichtautorisierten Importeuren (vgl. „Common Wealth“ Nr.107/1990: 38-39, Nr. 110/1990: 202, Nr.111/1990: 130, Nr.113/1990: 110-111, Nr.114/1990: 104-105). Ähnliche Warnungen wurden auch von Mercedes-Benz aus taktischen Gründen abgegeben (vgl. „Common Wealth“ Nr.102/ 1989: 4). Dabei ging es zwar nur um lokale Konkurrenz, jedoch wurde dadurch das Qualitätsimage des deutschen Produkts (BMW) gefährdet. Im Prinzip wurde von den taiwanesischen Massenmedien und der breiten Öffentlichkeit jedoch den Aktivitäten der deutschen Unternehmen, die bereits seit den 80er Jahren in Taiwan ansässig sind, erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt, weil diese sich durch die Schaffung von Arbeitsplätzen, eine breitgefächerte Unterstützung lokaler kultureller Veranstaltungen,64 vor allem aber auch durch die Werbung in den Printmedien, im Fernsehen und im Radio, seit den 90er Jahren

64

vielleicht dachte: 1) Haltbarkeit: die Beförderungszeit per Seefracht inkl. Zollabwicklung betrug im Durchschnitt 6 Wochen. Konnte es während des Sommers nicht restlos abgesetzt werden, ließt es sich im Winter nur schlecht verkaufen. Eine Lagerung bis in den nächsten Sommer hinein war aufgrund fehlender Haltbarkeit nicht möglich. 2.) Geschmack: An den Geschmack des heimischen „Taiwan Beer“ sind die Taiwanesen seit langer Zeit gewöhnt. Es ist schmackhaft und preiswert. 3.) Preis: Bier gehört heute zu den „Konsumgütern“, die an heißen Sommertagen in Taiwan oft in größeren Mengen konsumiert werden. Die Verbraucher sind deshalb auch nicht bereit, höhere Preise für importiertes deutsches Bier zu bezahlen, wenn man dieses durch preiswertes, schmackhaftes „Taiwan Beer“ ersetzen kann. Unter anderem Spenden für kulturelle Veranstaltungen wie Konzerte und Theateraufführungen bzw. sportliche Veranstaltungen, Stipendien für Studierende an der Universität/Senior High School.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

183

auch im Internet, bereits einen breiten Bekanntheitsgrad geschaffen hatten. Durch vermehrte Berichterstattung mit positiven Stereotypen über deutsche Unternehmen und Deutschland entstand ein Rückkopplungseffekt, der wiederum zu einer verstärkten Vermarktung deutscher Waren in Taiwan beitrug. 6.3.3

Deutsche Schule in Taipei und deutsche Wirtschaftsaktivitäten

Die Gründung einer Schule im Gastland ist erst dann denkbar und rentabel, wenn die Investitionen und die Anzahl der entsandten Mitarbeiter ein bestimmtes Niveau erreichen. Eine Schule im Gastland wird im Allgemeinen als wichtiger Teil der Infrastruktur für wirtschaftliches Engagement im Gastland betrachtet. Das gilt für die Errichtung der Amerikanischen Schule in Taipei (vgl. „Common Wealth“ Nr. 237/2001: 119), die Gründung der Taipei Schule in Ho-Chi-Minh-Stadt (früher Saigon) in Vietnam (ebd.: 119) sowie für den Versuch der Gründung einer japanischen Schule in Berlin (vgl. WARAGAI 1993: 1177). Dass die Deutsche Schule in Taipei ins Leben gerufen wurde, ist ein Beleg dafür, dass die Wirtschaftskontakte zwischen Deutschland und Taiwan enger geworden sind und die Anzahl der deutschen Mitarbeiter erheblich größer geworden ist. Diese Schule ist zwar unter Mitwirkung deutscher Unternehmen entstanden, ist aber unter der Fachaufsicht des deutschen Auswärtigen Amtes mit der pädagogischen, personellen und finanziellen Betreuung der schulischen Arbeit im Ausland im Rahmen der deutschen auswärtigen Kulturpolitik betraut. Die Deutsche Schule Taipei wird z. Z. zwar nur von deutschen Staatsangehörigen besucht,65 aber wenn wir ihr Ziel betrachten, dann ist es ersichtlich, dass sie auch noch eine Vermittlung der deutschen und chinesischen Kultur als Aufgabe hat: „Das Ziel der Deutschen Schule Taipei ist die Vermittlung der deutschen Sprache, deutscher Bildungsinhalte und eines wirklichkeitsgerechten Deutschlandbildes in Anlehnung an deutsche Lehrpläne und Richtlinien. (...) Die Schule stellt sich darüber hinaus die Aufgabe, die Schüler mit der chinesischen Kultur und Sprache vertraut zu machen sowie auch durch außerschulische Aktivitäten menschliche und kulturelle Verbindungen zu pflegen und gegenseitiges Verständnis zu fördern. Als deutsche Auslandsschule hat sie einen kul-

65

Schülerstatistik der Deutschen Schule Taipei: insgesamt: 62, deutschsprachige 40, deutsche Staatsangehörige 62. Zahl der Kinder im Kindergarten: 15, in der Vorschule: 8. Lehrerstatistik: Zahl der Auslandsdienstlehrkräfte: 1, Zahl der deutschsprachigen Ortslehrkräfte: 9, Zahl der sonstigen Ortslehrkräfte: 1 (Stand 2001). Vgl. http://www.auslandsschulwesen.de /zfa/schulen/taiwan.htm

184

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

turpolitischen Auftrag zu erfüllen und unterstützt als wichtiger Teil der Infrastruktur deutscher Firmen im Ausland deren Standortsicherung.“66

Im Rahmen der deutschen Kulturpolitik tragen deutsche Schulen in Übersee zur Darstellung eines wirklichkeitsgerechten Deutschlandbildes und zur Sicherung des deutschen Wirtschaftsstandorts im Ausland bei. Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts verfolgte das Kaiserreich Deutschland in Qingdao auch die Politik, deutsche wirtschaftliche und politische Interessen zu sichern. Die damalige „Kulturpolitik“67 sah aber – im Gegensatz zur heutigen – nicht vor, das gegenseitige Verständnis zu fördern, da „die koloniale Form des Kulturkontakts nicht zur Verständigung, sondern eher zur Festschreibung kultureller Distanz führte. Auf beiden Seiten existierte eine Reihe von Stereotypen und Vorurteilen, die Kultur und Wissenschaft in Qingdao eher bestätigten als überwanden“ (MÜHLHAHN 1998: 130). Die Gründung der Deutschen Schule Taipei wird deshalb von deutschen Wirtschaftskreisen in Taiwan und auch von der taiwanesischen Bevölkerung sehr begrüßt. Sie dient einerseits als solide Infrastruktur für deutsche wirtschaftliche und unternehmerische Tätigkeiten auf der Insel, andererseits auch als „Brücke“ und „kultureller Botschafter“68 zwischen beiden Ländern.69 Es bestehen berechtigte Aussichten, dass durch die Kontakte der Deutschen Schule Taipei mit der taiwanesischen Gesellschaft die Bildung eines wirklichkeitsgerechten Deutschlandbildes gefördert wird. 6.4

Zusammenfassung der 80er Jahre

In den 80er Jahren sind im Vergleich zu den 60er/70er Jahren massive Veränderungen innerhalb der beiden Gesellschaften (Deutschland/Taiwan) festzustellen. Taiwan erlebte einen starken wirtschaftlichen Aufschwung bei gleichzeitig zunehmender Demokratisierung seines gesellschaftlichen Systems (endogene Faktoren). Deutschland erreichte im gleichen Zeitraum unter anderem als wichtigstes

66 67

68

69

Vgl. http://www.trace.net.tw Beispielsweise hat die zu jener Zeit von deutscher Seite durchgesetzte Apartheid zu Konflikten zwischen Deutschen und Chinesen geführt Vgl. MÜHLHAHN 1998: 130. Zum Beispiel wurde zwischen der Yung-Ping Senior High School und der Deutschen Schule Taipei vereinbart, dass Sprachlehrer/innen ausgetauscht werden und Schüler gegenseitig Lehrveranstaltungen besuchen. Beispielsweise war zur Feier des 10. Jahrestages der Wiedervereinigung Deutschlands, die von der Deutschen Schule Taipei veranstaltet wurde, vorher symbolisch die „Berliner Mauer“ auf einem Sportplatz aufgebaut und am besagten Festtag von den deutschen Schülern der Schule sowie deren einheimischen Freunden abgebaut worden, um den Sinn der Veranstaltung besser zu verdeutlichen.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

185

politisches Ziel seine Wiedervereinigung (exogene Faktoren). In besagtem Dezennium intensivierten sich auch die Kontakte zwischen beiden Ländern erheblich. Beide Entwicklungen (gesellschaftliche Veränderung/ Intensivierung der Kontakte) führten aufgrund der nachstehend kommentierten endogenen/exogenen Faktoren sowohl zu einer Veränderung des Selbstbildes Taiwans als auch des Fremdbildes Deutschlands. Folgende Tabelle soll den Wandel des Deutschlandbildes in den 80er Jahren veranschaulichen: Endogene Faktoren (in Taiwan)

Exogene Faktoren (in Deutschland)

Politisch:

Politisch:

- Aufhebung der Notstandsverordnungen

- Besuch westdeutscher Bundestagsabgeordneter in Taiwan

- Aufhebung des Reiseverbots nach Festlandchina

- Einzug der Grünen in den Deutschen Bundestag

- Offizielle Gründung der Oppositionspartei

- Fall der Mauer

- Eingehen von Städtepartnerschaften

- Bildung einer „Parlamentarischen

- Wiedervereinigung Deutschlands - Gruppe Bonn-Taipei“70

70

Wirtschaftlich:

Wirtschaftlich:

- Exportboom: 21 taiwanesische Exportgüter belegen den größten Weltmarktanteil; Taiwan wird 14.größte Welthandelsnation in der Welt

- „Made in West-Germany“ ist ein bedeutender Begriff bei der Vermarktung deutscher Produkte in Taiwan

- Devisenreserven 70 Mrd. US-$ (Stand 1987)

- Gründung des Deutschen Wirtschaftsbüros in Taipei

- Wirtschaftliche Liberalisierung, In-

- Erhebliche Zunahme an Gründungen

- Kontinuierliches Wachstum des Exports nach Taiwan

Bildung der Gruppe Parlamentarischer Abgeordneter, die pro Taiwan sind. Diese Gruppe wurde im Jahr 1992 vom Bundestag anerkannt und in „Parlamentarischer Freundeskreis Bonn-Taipei“ umgenannt. Vgl. „Deyizhi lianbang gongheguo jianjie“ (Einführung in die Bundesrepublik Deutschland), 2000: 7.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

186

Endogene Faktoren (in Taiwan)

Exogene Faktoren (in Deutschland)

ternationalisierung, Privatisierung von Staatsunternehmen

deutscher Unternehmen in Taiwan

- Gründung taiwanesischer Tochtergesellschaften in Deutschland Gesellschaftlich/kulturell:

Gesellschaftlich/kulturell:

- Protestbewegungen gegen die Umweltverschmutzung

- Gründung der Deutschen Schule in Taipei

Tabelle 20:

Endogene/exogene Faktoren für die Entstehung des Deutschlandbildes in Taiwan in den 80er Jahren.

Endogene und exogene Auswirkungen in Bezug auf das Deutschlandbild in Taiwan können auf zwei Ebenen dargestellt werden: 1) Faktoren des Fremdbildwandels Deutschlands in Taiwan: a) Politisch: -

Die Bildung einer „Parlamentarischen Gruppe Bonn-Taipei“ vermittelt einen Eindruck der „Zuverlässigkeit“ von Deutschland gegenüber Taiwan.

-

Der Einzug der Grünen in den Deutschen Bundestag ist für das taiwanesische Publikum relevant, denn sie plädieren für den Umweltschutz, der in den 80er Jahren auch für die Bevölkerung in Taiwan eine größere Bedeutung erhält.

-

Zu einem ausschlaggebenden Ereignis für die Bildung eines positiven Fremdbildes Deutschlands in Taiwan zählen der Fall der Mauer und die friedliche Wiedervereinigung Deutschlands. Einer Wiedervereinigung Deutschlands stand anfangs eine erhebliche Anzahl von Ländern skeptisch bis ablehnend gegenüber. Regierung und Öffentlichkeit in Taiwan haben jedoch den gesamten Prozess der friedlichen Wiedervereinigung von Anfang an begrüßt, dies natürlich auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Denn Taiwan versprach sich als Exportnation eine signifikante Steigerung des Exportvolumens in das wiedervereinigte Deutsch-

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

187

land. Im Hinblick auf die eigene vergleichbare politische Situation (Trennung Chinas in VR China/Taiwan, R.O.C) war die deutsche Wiedervereinigung auch von besonderem öffentlichen Interesse für die taiwanesische Nation. Die friedliche Wiedervereinigung Deutschlands wird in Taiwan von einem großen Teil der Gesellschaft als nachahmenswertes Beispiel betrachtet, was darüber hinaus zu einem positiven Deutschlandbild beitrug. b) Wirtschaftlich: -

Die verstärkte deutsche wirtschaftliche Präsenz mit Einfließen von Kapital und Aufbau von Arbeitsplätzen ist im Gastland gerne gesehen.

-

Als Ausdruck intensiver deutscher Wirtschaftsaktivitäten in Taiwan galt die Gründung des Deutschen Wirtschaftsbüros, das zu jener Zeit auch der Erwartung Taiwans entsprach, da eine offizielle diplomatische Beziehung nicht denkbar war.

c) Kulturell: -

Die Deutsche Schule Taipei wird gegründet, welche auch die Kulturpolitik Deutschlands vertritt, die ein positives Deutschlandbild in Taiwan reflektieren soll.

Wenn man die besagten Faktoren und die den Deutschen zugeschriebenen Charaktereigenschaften in den Berichterstattungen und in der Werbung für deutsche Produkte betrachtet, zeigt sich im Vergleich mit den 60er/70er Jahren folgendes Bild (vgl. Tabelle 21):

188

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

Fremdbildparameterwandel (80er/70er Jahre im Vergleich) In der Berichterstattung

In der Werbung71

„fleißig“ „künstlerisch“ „Made in Germany“ „methodisch“ „ordentlich“ „sportlich“ „technikorientiert“

Themen 1981-1985 Gesundheit Herkunftsland („Made in Germany”, „Made in West Germany“) Reisen Sport Sozialprestige

Negative Aussagen: „Grausam“ „ethnozentrisch“ Ökonomisches Charakteristikum: „reich“ Quantitätswandel: 1) neu aufgetretene Parameter: „aggressiv“, „demokratisch“, „friedlich im Rahmen der Wiedervereinigung“, „effizient“, „Gleichberechtigung der Geschlechter“, „Made in West Germany”, „patriotisch”, „tier-lieb”, „umweltbewusst”, „bes. Vorliebe für die Bildung von Vereinen/ Verbänden“ 2) nicht mehr aufgetauchte Parameter: „antikommunistisch“, „kriegerisch“, „reserviert“

71

Themen 1986-1990 Gesundheit Herkunftsland („Made in Germany“, „Made in West Germany“) Nationalsozialistische Attribute („Hitlerbild“, „Hakenkreuz“ usw.) Preis-Leistungs-Verhältnis Sozialprestige Sicherheit bei Produkten Technik Verbal: „Made in Germany“, „Made in West Germany”, „künstlerisch”, „perfektionistisch”, „effizient”, „umweltbewusst” Nonverbal: Nationalsozialistische Attribute („Hitlerbild“, „Hakenkreuz“) , westliche Frauen als Fotomodell

Die Werbung für deutsche Produkte begann in den 80er Jahren, deshalb ist ein Vergleich der Werbung erst in den 90er Jahren möglich.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

189

Fremdbildparameterwandel (80er/70er Jahre im Vergleich) In der Berichterstattung

In der Werbung71

Qualitätswandel: Das Deutschlandbild wandelt sich: Aus einem Deutschland als Vorbild für die Modernisierung Taiwans wird ein Vorbild für die friedliche Wiedervereinigung von China/Taiwan

Paraverbal: „deutsche Technik“, „künstlerisch“, „effizient“, „Nationalschatz“ Herkunftsland: „Germany“, „West Germany“, „Import aus Deutschland in Originalverpackung/-ausstattung“

: gleichbleibend, Tabelle 21:

: zunehmend

Die Dynamik im Wandel des Deutschlandbildes in Taiwan in den 80er Jahren.

Was die konventionellen deutschen Eigenheiten „fleißig“, „methodisch“, „ordentlich“, „reich“, „sportlich“ angeht, so werden diese in den 80er Jahren gleich häufig wie in den 70er Jahren erwähnt. Die Parameter „deutsche Technik“, „künstlerisch“ und vor allem „Made in Germany“ werden jedoch in der erst in den 80er Jahren einsetzenden Werbung für deutsche Produkte besonders häufig belegt und führen zu deren besonderer parametrischen Gewichtigkeit im GesamtDeutschlandbild. Ein Quantitätswandel ist in den Parametern „aggressiv“, „effizient“, „Gleichberechtigung der Geschlechter“, „hilfsbereit“, „Made in West Germany”, „patriotisch“, „perfektionistisch“, „tierlieb“, „umweltbewusst“, „bes. Vorliebe für Bildung von Vereinen/Verbänden“ festzustellen. Jedoch hat das erstmalige Auftreten des politischen Parameters „friedlich im Rahmen der Wiedervereinigung“ den stärksten positiven Durchschlag im Deutschlandbild der 80er Jahre, was gleichzeitig einen Qualitätswandel bedeutet: Das Modernisierungsmodell für Taiwan wird zum Vorbild für eine Wiedervereinigung China/Taiwan. In der Werbung deutscher Produkte werden massiv positive Stereotype auf der verbalen, nonverbalen und paraverbalen Ebene verwendet, was zum Teil auch auf den „kommunikatororientierten“ Werbestil zurückzuführen ist. „Deutsche Technik“, „Made in West Germany“ und „Import aus Westdeutschland in Originalverpackung/-ausstattung“ stellen für das Publikum und die Konsumenten in Taiwan ein makelloses Bild dar. Kurioserweise findet auch der Nationalsozialismus Verwendung auf der verbalen und nonverbalen Ebene als Thema in der Werbung, was, wie angedeutet, im Zusammenhang mit den historischen Erfahrungen in Taiwan zu beurteilen ist.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

190

2) Faktoren des Selbstbildes Taiwans, die mit dem Wandel des Deutschlandbildes in Taiwan zusammenhängen: a) Politisch: -

die Aufhebung der Notstandsverordnungen: Sie führen zur Demokratisierung des Gesellschaftssystems in Taiwan. Taiwan fühlt sich auf dem Weg zu einem demokratischen Land wie Deutschland.

-

Städtepartnerschaften wie z.B. Starnberg-Taipei, MarktheidenfeldTaitung. Eingehen einer Städtepartnerschaft bedeutet für Taiwan Akzeptanz und Anerkennung der Weltgemeinschaft, was zu positiver Selbsteinschätzung beiträgt.

b) Wirtschaftlich: -

Exportboom: Taiwan wurde zur 14.-größten Handelsnation weltweit. Die Patentrechtsverletzungen nahmen ab. Das Image taiwanesischer Produkte wandelte sich von einem „Made in the ‚Republic of Copy’“72 zu einem „Well made in Taiwan“.73

-

Höhere Devisenreserven: Dies war als ein Wendepunkt in der wirtschaftlichen Entwicklung Taiwans anzusehen, da es sich dadurch von einem Kapitalimport- zu einem Kapitalexportland wandelte.

-

Gründung taiwanesischer Tochtergesellschaften in Deutschland: Um diese Zeit fassten taiwanesische Unternehmen auch Fuß in der Bundesrepublik Deutschland, um kundennah arbeiten zu können. Die rasche wirtschaftliche Entwicklung in Taiwan wurde auch in Deutschland mit Aufmerksamkeit registriert. Sowohl die Bundesregierung Deutschland als auch Landesregierungen bemühten sich verstärkt, mehr taiwanesische Unternehmer für Direktinvestitionen in Deutschland zu interessieren (vgl. „Common Wealth“ Nr. 127/1991: 221). Darauf wird in der Analyse der 90er Jahre näher einzugehen sein.

Im Hinblick auf das durch Stereotype in der Berichterstattung und in der Werbung entstandene Deutschlandbild der 80er Jahre gilt festzuhalten, dass es weiterhin als Idealbild für das aufstrebende Taiwan gilt. Der qualitative Abstand jedoch in der Betrachtung des Deutschlandbildes zum Eigenbildverständnis der 72

73

Der vollständige Name Taiwans lautet auf Englisch „The Republic of China“. Wegen der Nachahmungen in den 70er Jahren wurde es manchmal scherzhaft „Republic of Copy“ genannt. Vgl. SCHULZE (1999), In: China Contact“, Nov. 1999: 14.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

191

Taiwanesen ist weiterhin gegeben, hat aber gegenüber den 60er/70er Jahren abgenommen. Wegen des wirtschaftlichen Aufschwungs, der politischen Entwicklung auf der Insel und der Anerkennung der Leistungen seitens der internationalen Staatengemeinschaft verändern sich das Selbst- und das Fremdbild Taiwans. Diese Entwicklung und Veränderung im Selbstbild der Taiwanesen führt zu einem verstärkten gesellschaftlichen Selbstbewusstsein im Rahmen der subjektiven Identifizierung mit dem Ideal-„Fremdbild“ Deutschland. Zwischen dem Selbstbild eines Landes und dem Fremdbild des Referenzlandes (in unserem Beispiel: Deutschland) herrscht entweder ein Verhältnis der Asymmetrie oder der Symmetrie. Wie BERGLER (vgl. Abschnitt 2.1.1) dargestellt, ist ein erreichter Identifikationsgrad umso höher, je mehr sich das Selbstbild einer beurteilenden Gruppe dem Fremdbild der beurteilten Gruppe annähert. Das Deutschlandbild Taiwans verändert sich von den 60er/70er Jahren zu den 80er Jahren langsam aus einem Zustand der Asymmetrie in den einer zunehmenden Symmetrie des Selbstbildes (Taiwan) mit des Fremdbildes (Deutschland).

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

7

193

Analyse der Deutschlandbilder vor dem Hintergrund deutscher wirtschaftlicher und unternehmerischer Tätigkeiten in den 90er Jahren

7.1

Den Deutschen zugeschriebene Charaktereigenschaften

Graphisch dargestellt bildet die quantitative Entwicklung der Berichterstattungen über „Deutsche“, „Deutschland“ und „deutsch“ im Zeitraum der untersuchten 60er bis 90er Jahre ein auf der Spitze stehendes Dreieck, d.h. ihre Zahl nimmt von Jahrzehnt zu Jahrzehnt zu. Ein Grund dafür ist die Freigabe des Zeitungsumfangs in Taiwan, die die direkte Folge der Presseliberalisierung in den späten 80er Jahren war, ein anderer die immer größere Intensität der Kontakte im kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Bereich. Den Deutschen werden in den 90er Jahren folgende Charaktereigenschaften zugeschrieben (Tabelle 22): Positiv: „künstlerisch“: „umweltbewusst“: „technikorientiert“: „korrekt“: „wissenschaftlich denkend“: „ernsthaft“: „ordentlich“: „tierlieb“: „freundlich“: „praktisch“: „sportlich“: „diszipliniert“: „ehrlich“:

Negativ: 24 22 21 13 11 10 6 6 4 4 4 3 3

„ausländerfeindlich“: „grausam“: „kriegerisch“: „ethnozentrisch“: „korrupt“: „arrogant”: „kalt“: „abergläubisch“: „aggressiv“: „rechtsradikal“: „stur“: „humorlos“: „reserviert“ „sinnlich“:

20 17 15 7 7 3 3 2 2 2 1 1 1 1

194

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

Positiv:

Negativ:

„demokratisch“: „effizient“: „fleißig“: „gerecht“: „gründlich“: „hilfsbereit“: „reich“: „selbstkritisch“: „pflichtbewusst“: „sauber“: „sparsam“: „vernünftig“: „antinationalsozialistisch“: „fortschrittlich“: „friedlich im Rahmen der Wiedervereinigung“: „intelligent“: „leidenschaftlich“: „methodisch“: „präzise“: Tabelle 22:

2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 1 1 1 1 1 1 1

Den Deutschen zugeschriebene Charaktereigenschaften in den 90er Jahren. Anzahl der Nennungen

Auffällig ist, dass die Häufigkeit einiger positiver Stereotype wie „ernsthaft“, „korrekt“, „künstlerisch“, „ordentlich“, „technikorientiert“, „tierlieb“, „umweltbewusst“ und „wissenschaftlich denkend“ steigt. Die Eigenschaftszuschreibung „friedlich im Rahmen der Wiedervereinigung“, die in den 80er Jahren eine gigantische Rolle in der taiwanesischen Presse spielte, wird mit zunehmendem Zeitabstand zur „Wende“ fast nicht mehr erwähnt. Dass „künstlerisch“ die höchste Häufigkeit hat, kann wie folgt erklärt werden:

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

195

1) In Taiwan fanden in den 90er Jahren viele Aufführungen deutscher Künstlerinnen und Künstler auf dem Gebiet des Films, der Musik und des Tanzes statt. Auch wurde in den taiwanesischen Medien viel von künstlerischen Aktivitäten in Deutschland berichtet. Das ist ein Ausdruck der taiwanesischen Gesellschaft, in der ein starker emotionaler Bedarf an Kunst besteht, nachdem ein bestimmtes wirtschaftliches Niveau erreicht worden ist. Die Aufführungen der Künstlerinnen und Künstler werden positiv bewertet. 2) 1999 wurde dem Dichter Günter Grass der Nobelpreis für Literatur verliehen. In vielen taiwanesischen Zeitungen wurde eine ganzseitige Reportage über seinen Lebenslauf und seine Werke veröffentlicht. Einige wurden von taiwanesischen Germanisten übersetzt und in Zeitungen veröffentlicht. 1972 hatte Heinrich Böll bereits den Nobelpreis erhalten. Seine Leistung war jedoch zu jener Zeit innerhalb der taiwanesischen Presse kaum beachtet worden. Der Unterschied der Behandlung in Taiwan zwischen beiden Dichtern besteht darin, dass a) nur wenige taiwanesische Germanisten Anfang der 70er Jahre Bölls Werke unmittelbar nach der Preisverleihung taiwanesischen Lesern in der Presse vorstellen konnten, b) ein derartiger Bericht wegen der Limitierung des Zeitungsumfangs in den 70er Jahren keine Priorität hatte, c) aufgrund der losen Kontakte zwischen Deutschland und Taiwan Anfang der 70er Jahre an Ereignissen in Deutschland wie beispielsweise Bölls Nobelpreis in Taiwan kein journalistisches Interesse bestand. Das Stereotyp „technikorientiert“ ist auf die Kooperation im Bereich der Technik in diesem Dezennium und die intensiven deutschen Investitionen in Taiwan zurückzuführen. „Tierlieb“ ist ein sich verstärkendes Stereotyp in Bezug auf die Deutschen. Es wurde in der taiwanesischen Presse berichtet, dass eine Tiermedizinstudentin in Taiwan, die gegen die Praxis der Verwendung lebender Tiere als Anatomieobjekte protestiert hatte, ihre Universität verlassen habe und ihr Studium in Deutschland fortsetze (vgl. „United Daily News“ 01.09.1999: 5). Vor ihrer Reise nach Deutschland wurde sie noch beauftragt, fünf herrenlose Hunde mitzubringen, damit diese in Deutschland adoptiert werden könnten. Die Bedeutung der Eigenschaftszuschreibung „umweltbewusst“ nimmt in Einklang mit der Entwicklung des Umweltbewusstseins in Taiwan zu. Mehr oder

196

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

minder war der wirtschaftliche Aufschwung in Taiwan in den vergangenen Jahrzehnten auf Kosten der Umwelt erfolgt. Nun sollte die Konsequenz gezogen und ein Ausgleich zwischen wirtschaftlichem Wachstum und Umweltschutz gefunden werden. Den Leistungen im Bereich des Umweltschutzes in Deutschland wird in Taiwan große Beachtung geschenkt und großer Respekt gezollt. Die Eigenschaft „fleißig“, die Deutschen oft zugeschrieben worden ist, wie z.B. in US-amerikanischen Umfragen aus den 40er und 60er Jahren, wird in den taiwanesischen Berichterstattungen über Deutsche nicht besonders thematisiert. Es liegt wohl an der Veränderung des Selbst- und Fremdbildes der Deutschen. Wie dargestellt, werden in einigen Ländern Deutsche nicht als „fleißig“ beschrieben, z.B. in Großbritannien, Frankreich und den Niederlanden („Focus“ 30/1996: 156162). Auf der Seite negativer Eigenschaftszuschreibungen nehmen Einschätzungen wie „ethnozentrisch“, „kriegerisch“ und „grausam“ drastisch zu. Eine Ursache hierfür sind die umfangreichen Berichterstattungen über das 50. Jahr nach Beendigung des 2. Weltkriegs in Europa (1995). Dokumentationen über den Verlauf des Kriegs waren damals in großer Zahl in der taiwanesischen Presse zu finden. Dies war in den 70er und 80er Jahren nicht der Fall gewesen. Der Begriff „selbstkritisch“, der sich auf die Reflexion der Deutschen über die negativ bewertete NS-Zeit bezieht, wird in Taiwan positiv gesehen. Im Gegensatz zu Japan, das wenig tut, um für die Gewalttaten im 2. Weltkrieg zu entschädigen, finden die diversen Wiedergutmachungsversuche Deutschlands auf der Insel positive Resonanz. Die Judenverfolgungen unter Hitler in den 30er und 40er Jahren in Deutschland haben Taiwan zu jener Zeit wenig bewegt. Die neuerdings intensiveren Berichte über rechtsradikale und ausländerfeindliche Taten in Deutschland haben schon eher eine negative Auswirkung auf das Deutschlandbild in Taiwan. Dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) zufolge wird die Ausländerfeindlichkeit in Deutschland in Taiwan immer deutlicher zur Kenntnis genommen (vgl. „Commercial Times“ 10.09.2000: 9). Das könnte sich negativ bei der Wahl taiwanesischer Studenten für Deutschland als Studienstandort auswirken (ebd.: 9). „Ehrlich“ und „korrekt“ sind zwar nach wie vor den Deutschen zugeschriebene Charaktereigenschaften, und die Zahl ihrer Nennung steigt auch in den 90er Jahren. Aber nun tritt auch eine gegensätzliche Eigenschaft auf: „korrupt“. Über die Schmiergeldaffäre in der Firma Opel und ihrer Zulieferer sowie ihrer Baufirma wurde auch in Taiwan berichtet (vgl. „United Daily News“ 27.07.1995: 38). Jahrelange Berichte über die Finanz- und Bestechungsskandale zur Regierungszeit

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

197

Helmut Kohls haben das Bild des korrupten Deutschen in Taiwan verstärkt. Nach der Befragung der Organisation „Transparency International“ von 1996 unter internationalen Managern zählt Deutschland keineswegs zu den Nationen mit weißer Weste. Unter 54 Staaten rangierte Deutschland an 42. Stelle1 auf dem Korruptionsindex.2 Dieses durch Schmiergelder und Vetternwirtschaft geprägte negative Stereotyp gegenüber Deutschland existiert auch in Taiwan. In diesem Jahrzehnt gewinnen auch emotionale Charakteristika wie „leidenschaftlich“, „sinnlich“ an Bedeutung, die es in den vergangenen Perioden nicht gegeben hat. Wegen der Aufhebung der Limitierung des Zeitungsumfangs wird umfangreicher über Deutsche und Deutschland berichtet. Wie dargestellt, argumentieren Wissenschaftler wie z.B. BIERHOFF, MALETZKE, SCHÄFER, SIX und THOMAS, dass Kontakte die besten Maßnahmen zur Reduktion der Stereotype und Vorurteile seien. Als Folge des intensiveren Austauschs in vielen Bereichen in den 90er Jahren zwischen Deutschland und Taiwan ist ein differenziertes und durchaus differenzierteres Deutschlandbild in Taiwan entstanden. Vor den 90er Jahren, vor allem in den 60er und 70er Jahren, war ein mit zu positiven Stereotypen idealisiertes Deutschlandbild in Taiwan präsentiert worden.

7.2

Ergebnisse der Werbeanalyse

Aus dem Vergleich der Handelsvolumina der 60er/70er Jahre (vgl. Tabelle 15) mit denen der 80er Jahre (vgl. Tabelle 19) bzw. 90er Jahre (vgl. Tabelle 23) ist ein stetiges Wachstum derselben zu erkennen, das auch eine positive Implikation auf den Umfang der Werbung zur Folge hatte. In den 90er Jahren setzen sich einige Werbestile auf der verbalen, nonverbalen und paraverbalen Ebene der 80er Jahre fort, gleichwohl aber stellen die 90er auch diesbezüglich einen Wendepunkt dar. Folgende Merkmale fallen bei der Analyse auf: ¾

1 2

Abnehmende Hervorhebung des Herkunftslandes „Made in Germany“, verringerte Verwendung der Slogans „Made in West Germany“ und „Import aus Westdeutschland in Originalverpackung/-ausstattung“

1. Stelle bedeutet: die Korruption ist am stärksten verbreitet. 54. Stelle: am wenigsten. Vgl. “Transparency International”. Stand 1996. Zitiert nach dem Institut der Deutschen Wirtschaft Köln.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

198 ¾

Es findet zumindest im Untersuchungscorpus keine Verwendung nationalsozialistischer Symbole mehr auf der nonverbalen Ebene statt. Auf der verbalen Ebene nimmt diese ebenfalls bedeutend ab.

¾

Zunehmende Werbung ist für deutsche Firmen im Dienstleitungs- und Investitionssektor nachweisbar.

¾

Der Trend „global denken, lokal werben“ (BIEN 2001: 42) ist auch in Taiwan erkennbar, d.h., es findet ein expliziter Wandel von standardisierter (kommunikatororientierter) Werbung zu lokal differenzierter (rezipientenorientierter) Werbung statt (vgl. Abschnitt 7.2.5).

Solche Veränderungen hängen mit der wirtschaftspolitischen Entwicklung in Deutschland und Taiwan zusammen. Darauf wird in Abschnitt 7.2.4 näher einzugehen sein. 7.2.1

Analyse der verbalen Ebene

Auf der verbalen Ebene werden zunächst weiterhin in großem Umfang Fremdsprachen und positive Stereotypen verwendet. Ab der 2. Hälfte der 90er Jahre nimmt dies deutlich ab. a) Die Bezeichnung des Herkunftslandes „Made in Germany“ Die Angabe des Herkunftslandes wie „Made in Germany“ für Audi (Nr.120/1991: 193) oder für Siemens-Mobiltelefone (Nr.170/1995: 83”) sowie „Import aus Deutschland in Originalausstattung“ für Ford Scorpio (Nr. 153/1994: 49)3 seien beispielhaft angeführt. In diesem Dezennium ist die Bezeichnung „Made in Germany“ jedoch weniger verbreitet als in den 80er Jahren. Hauptsächlich besteht der Grund darin, dass aufgrund der Globalisierungstendenzen der Wirtschaft verschiedene deutsche Firmen ihre Produktion bzw. Teile davon in so genannte „Niedriglohnländer“ verlagern. Selbst Zulieferprodukte für deutsche Markenartikel werden im Ausland hergestellt und zur Endmontage nach Deutschland geliefert. Für solche Produkte darf nicht mit „Made in Germany“ geworben werden. Nach der Formulierung der Beziehung des Firmen- und Markenimages von BERGLER (1982: 187) verfügt die Mehrzahl der in Taiwan angebotenen Produkte deutscher Hersteller zwar über eine Markenidentität, aber die Herausforderung 3

Weitere Beispiele: „Autol“ (Nr.157/1994: 148, Nr. 159/94: 222), VW (Nr. 148/1993: 44).

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

199

für die Auftraggeber und deren Werbeagenturen besteht darin, wie sie den an den Begriff „Made in Germany“ gewohnten taiwanesischen Verbrauchern/Kunden in Zukunft Begriffe wie „Design in Germany“, „Made by BMW” sowie „Design by Mont Blanc” vermitteln wollen. b) Den Deutschen zugeschriebene Eigenschaften

4

5

6

-

„Deutsche Technik“ wird in einer DIN-A4-Werbeanzeige für Audi 4-mal erwähnt (Nr. 120/91:193).4

-

„Umweltbewusst“: In einer Werbeanzeige für einen Bosch Kühlschrank wird dieser als „Umweltschutz-Kühlschrank“ bezeichnet. Auf der Anzeige in DIN-A4-Größe tritt der Begriff „Umweltschutz“ auf der verbalen Ebene 4-mal und auf der nonverbalen Ebene einmal auf5 (vgl. Abb. 40).

-

„Nationalsozialistisch (Hitler)“: Eine Anzeige für den Ford Scorpio (Nr. 177/1996: 91) ist die einzige Werbung für deutsche Produkte in den 90er Jahren, die sich auf den Nationalsozialismus bezieht.

-

„Hervorragende deutsche Ingenieure“ wird für Ford Scorpio („Nr. 204/1996: 16-17) verwendet.

-

„Deutsche Genetik“ findet sich in einer Anzeige für SiemensMobiltelefone (Nr. 215/1999: 57).

-

„Praktisch“: Mit diesem Begriff werden Bosch Küchengeräte (Nr. 151/1993: 103) beworben.

-

„Pflichtbewusst“ wird in einer Anzeige des deutschen Bundeswirtschaftsministerium erwähnt (Nr. 139/1992: 94).

-

„Deutscher Nationalschatz“ findet Verwendung in Anzeigen für Bosch Küchengeräte (Nr. 127/1991: 163, Nr. 162/1994: 167)6.

Zusätzliche Beispiele: BMW (Nr. 133/1992: 116-117), Bosch Küchengeräte (Nr. 151/1993: 103), Bosch Kühlschränke (Nr. 174/1995: 91), Braun (Nr. 123/1991: 178), Ford Scorpio (Nr. 132/1992: 19, Nr. 186/1996: 53, Nr. 188/1997: 178-179, Nr. 194/1997: 119), Opel (Nr. 132/1992: 207, Nr. 136/1992: 92, Nr. 137/1992: 35, Nr. 133/1992: 62, Nr. 134/1992: 34, Nr. 139/1992: 255, Nr. 147/1993: 30, Nr. 154/1994: 158-159, Nr. 164/1995: 68-69, Nr. 167/1995: 236-237), Nr. 173/ 1995: 33, Nr. 180/1996: 101, Nr. 181/1996: 123, Nr. 182/1996: 69, Nr. 185/1996: 81, Nr. 186/1996: 111), Siemens Handy (Nr. 230/2000: 145). Weitere Beispiele: Bayer (Nr. 210/1998: 202), Mercedes-Benz (Nr. 137/1992: 158-159), BMW („Nr.125/1991: 173-175, Nr. 132/1992: 80-81, Nr.135/1992: 88-89, Nr. 136/1992: 28-29, Nr. 137/1992: 170-171, Nr. 141/1993: 108-109, Nr. 142/1993: 128-129, Nr. 144/1993: 108-109), Opel (Nr. 133/1992: 62, Nr. 147/1993: 30, Nr. 154/1994: 158-159, Nr. 160/1994: 89, Nr. 164/1995: 68-69, Nr. 181/1996: 123, Nr.183/1996: 97), Ford Scorpio (Nr. 188/1997: 178), TÜV Rheinland (Nr. 211/1998: 235). Weitere Beispiele: Bosch Handy (Nr. 170/1995: 83, Nr. 172/1995: 71).

200

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

Abbildung 40: Werbeanzeige für einen Bosch „Umweltschutz-Kühlschrank“. Quelle: "Common Wealth" Nr. 174/1995: 91

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

201

c) Fremdsprachen 1) Konnotation des Herkunftslandes mit englischen Sentenzen und Werbeslogans: In großem Umfang werden Zitate von deutschen/westlichen Dichtern als Werbebotschaft für Mont Blanc verwendet, u. a. von Gottfried Keller: „The grandest, most noble things in life are also the simplest“ (Nr. 174/1995: 72), von Oscar Wilde: „No great artist ever sees things as they really are. If he did he would cease to be an artist” (Nr. 165/1995: 112) und von Oliver Wandell Holmes, Jr.: „A Man’s mind, stretched by a new idea, can never go back to its original dimensions” (Nr. 175/1995: 128). 2) Konnotation des Herkunftslandes mit deutschen Sentenzen und Werbeslogans: Der Begriff „TÜV“ (Technischer Überwachungs-Verein) wird bei Verwendung im Werbetext mit dem Herkunftsland Deutschland assoziiert: TÜV (Nr. 211/1998: 235). Weitere Beispiele: „Sauber Mercedes C-9“: Mercedes (Nr. 121/1991: 126-127, Nr. 127/1991: 190-191), “Meisterstück“: Mont Blanc (Nr. 116/1991: 96) 7 7.2.2

Analyse der nonverbalen Ebene

Zur Konnotation des Herkunftslandes finden nachfolgende bildliche Darstellungen in der Werbung Verwendung: a)

„Brandenburger Tor“: Lufthansa (Nr. 116/1991: 101).8

b) Deutsche Städte/Landschaften: „Niedersachsen“ für eine Werbung der niedersächsischen Regierung (Nr. 125/1991: 91)9, „Potsdam“, „Eisenach“, „Rostock“ und „Dresden“ für eine Werbung des Bundeswirtschaftsministeriums (Nr. 139/1992: 94-96). c)

Deutsche Nationalflagge: Lufthansa (Nr. 116/1991: 101)10, SiemensMobiltelefone (Nr. 169/1995: 131).

d) Farbkombination der deutschen Nationalflagge (Schwarz/Rot/Gold): Werbung des Bundeswirtschaftsministeriums (Nr. 139/1992: 96). 7

8 9 10

Weitere Beispiele von Mont Blanc: Nr.121/1992: 126-127, Nr. 125/1991: 49, Nr. 132/1992: 125, Nr. 135/1992: 42, Nr. 187/1996: 237, Nr. 189/1997: 68. Zusätzliche Beispiele: Nr. 117/1991: 126, Nr. 118/1991: 33. Weitere Beispiele: Nr. 126/1991: 145, Nr.127/1991: 221. Weitere Beispiele: Nr. 117/1991: 127, Nr. 118/1991: 33.

202

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

e)

„Adler“: Werbung des Bundeswirtschaftsministeriums (Nr. 139/1992: 96).

f)

Deutsche/westliche Fotomodelle: Bayer „Aspirin“ (Nr. 161/1994: 164165).11 Ein deutsches Fotomodell zeigt auch die unten abgebildete Werbung für Rotring. Sie ist ein typisches Beispiel standardisierter Werbung. Die in Deutschland verwendete Anzeige wurde fast unverändert für die taiwanesische Werbung übernommen und nur der Werbetext sinngemäß ins Chinesische übersetzt (vgl. Abb. 41 und Abb. 42). Die Verwendung eines nackten Körpers als Werbeträger in Printmedien/Fernsehen wird heute in Taiwan akzeptiert. Doch noch in der jüngsten Vergangenheit, Anfang der 90er Jahre, wurde Nacktheit als anstößig empfunden, während sie in Westeuropa schon lange akzeptiert wird (vgl. LONG 1997:132, JIA 2002:158).

11

Weitere Beispiele: Aigner (Nr. 196/1997: 110-111, Nr. 197/1997: 143, Nr. 198/1997: 95), Allianz (Nr. 233/2000: 141, Nr. 234/2000: 263), Benz (Nr. 132/1992: 152-153, Nr. 135/1992: 40-41, Nr. 143/1993: 130-131), BMW (Nr. 170/1995: 158-159), Lufthansa (Nr. 116/1991: 101, Nr. 117/1991: 127, Nr. 118/1991: 33), Opel (Nr. 160/1994: 89), Rotring (Nr. 148/1993: 181, Nr. 150/1993: 143, Nr. 151/1993: 209, Nr. 154/1994: 130, Nr. 157/1994: 116), SiemensMobiltelefone (Nr. 169/1995: 131, Nr. 170/1995: 207, Nr. 230/2000: 145), Tüv Rheinland (Nr. 212/1999: 148).

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

Abbildung 41:

Rotring - Werbung in Deutschland. Quelle: „Der Spiegel“ Nr. 48/1992: 58.

203

204

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

Abbildung 42:

Rotring-Werbung in Taiwan. Quelle: „Common Wealth“ Nr.157/1994: 116.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

205

Werbebotschaften mit sexueller Konnotation werden nur in geringem Umfang in der Werbung für deutsche Produkte verwendet. Eine Ausnahme ist die folgende Werbung für Siemens-Mobiltelefone (Abb. 43):

Abbildung 43:

Sexuelle Anspielung in der Werbung für Siemens-Mobiltelefone. Quelle: „Common Wealth“ Nr. 215/1999: 57

Das Mobiltelefon ist so abgebildet, dass dem Publikum eine Assoziation mit dem männlichen Geschlechtsorgan suggeriert wird. Dass ein derartiger Werbestil, der in den 60er/70er Jahren in Taiwan streng tabuisiert war, heute möglich ist, ist ein Indiz für den gesellschaftlichen Wandel.

206

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

g) Reagenzgläser: Wie in Abschnitt 4.3.4 dargestellt, sind Reagenzgläser, Mikroskope und Ferngläser Beispiele für das Stereotyp deutscher Technikbeflissenheit. Obwohl sich der Werbeinhalt in Abb. 44 auf die Präsentation eines Mobiltelefons richtet, wird auf der nonverbalen Ebene ein Reagenzglas in Verbindung mit der deutschen Nationalflagge gezeigt, um beim Betrachter das Stereotyp deutscher Technikkompetenz zu erwecken. Ferner werden auf der verbalen Ebene die Leistungen deutscher Kunst, Philosophie und Naturwissenschaft beschrieben, mit Nennung der jeweiligen Geistesgrößen in der Reihenfolge Beethoven, Nietzsche und Einstein:

Abbildung 44 : Reagenzglas als Stereotyp für deutsche „Technikbeflissenheit“. Quelle: „Common Wealth“ Nr. 169/1995: 131.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

207

h) Deutsche Münzen/Banknoten: Eine 1-DM-Münze und ein 100-DM-Geldschein sind als Werbebotschaft zum Anreiz für Investitionen bei der Dresdner Bank abgebildet (Nr. 116/1991: 46, Nr. 117/1991: 117). i)

Bekannte deutsche Produkte: Ein BMW wird in einer Anzeige für ein Bosch Mobiltelefon zur Vermittlung eines Deutschlandbildes verwendet. In dem Werbetext soll der Eindruck erweckt werden, dass beides deutsche Qualitätsprodukte sind (Nr. 172/1995: 71). In einem ähnlichen Fall wird ein Mercedes-Benz für das Bosch Mobiltelefon als Konnotation deutschen Qualitätsniveaus verwendet (Nr. 170/ 1995: 83); ebenso fungieren Bosch Zündkerzen als Qualitätshinweis in einer Anzeige für Bosch Mobiltelefone (Nr. 219/1999: 223). Die Kombination eines neuen Produkts mit einem bereits auf dem Markt etablierten Produkt ist als eine ideale „Win-Win-Werbestrategie“ anzusehen, wobei Synergieeffekte zur Erhöhung des Bekanntheitsgrades sowohl für das beworbene neue Produkt wie auch für das als Bezugsgröße genommene bekannte Produkt entstehen. Die Kombination deutscher Prominenter mit einem Produkt (z.B. Einstein und Mercedes-Benz; vgl. „Commercial Times“ 03.04 2001: 12) wird sowohl von deutschen Firmen als auch von einheimischen Werbeagenturen als Werbestrategie eingesetzt, wobei die Person Hitlers ein umstrittenes Beispiel ist. Deutsche Geistesgrößen wie z.B. Beethoven (Nr. 153/1994: 84, Nr. 169/1995: 131), Nietzsche und Einstein werden als positiver Beitrag zum aktuellen Deutschlandbild betrachtet. Deutsche Produkte wie BMW, Mercedes-Benz und Porsche werden oft auch in der taiwanesischen Werbung als Bezugsgröße für die Qualität der Werbeaussage benutzt.

j)

Deutschsprachige Formulare: Auf einer Werbeanzeige für VW ist ein deutscher Qualitätskontrolleur zu sehen, der das Formular „Übergabe Inspektion“ in der Hand hält (Nr. 188/1997: 14-15). Dies ist ein Beispiel für eine parallele Werbeaussage auf verbaler und nonverbaler Ebene.

7.2.3

Analyse der paraverbalen Ebene

Auf der paraverbalen Ebene sind stereotype Eigenschaften, die den Deutschen beziehungsweise Deutschland zugeschrieben werden, oftmals typographisch hervorgehoben. In größerer bzw. fettmarkierter Schrift stehen Begriffe wie „deutsche Technik“ (Opel-Werbung Nr. 132/1992: 207 bzw. Nr. 154/1994:158-159)12 oder 12

Weitere Beispiele a) für größere Schrift: Opel Nr.133/1992: 62, Nr. 134/1992: 34, Nr.136/1992:

208

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

„deutscher Nationalschatz“ (Anzeigen für Bosch Kühlschränke Nr. 174/1995: 91 bzw. Nr. 174/1995: 91). Auch Begriffe, die auf das Herkunftsland verweisen, wie „Germany“ (GROHE Nr.164/1995: 174), „German“ (VW Nr. 148/1993: 44) oder „Import aus Deutschland in Originalausstattung“ (Ford Scorpio Nr. 153/1994: 49), werden oft durch größere Schrifttypen oder Fettdruck exponiert. 13 Wie in den 80er Jahren gibt es auch in diesem Jahrzehnt eine auffällige Übereinstimmung der den Deutschen in der taiwanesischen Presse zugeschriebenen positiven Eigenschaften mit den in der Werbung verwendeten Begriffen, die dann oft noch auf der nonverbalen und auf der paraverbalen Ebene besonders betont werden (vgl. Tabelle 22 und 30). Von den in den Berichterstattungen zugeschriebenen Eigenschaften wie „fortschrittlich“, „gründlich“, „intelligent“, „methodisch“, „präzise“ und „technikorientiert“ wird in der Werbung der Slogan „deutsche Technik“ abgeleitet, der eine herausragende Rolle in den Anzeigen spielt. In den 90er Jahren findet sich nicht nur in der Berichterstattung besonders häufig die Zuschreibung „umweltbewusst“, sie wird auf der verbalen Ebene auch in der Werbung immer wieder thematisiert. „Made in Germany“ wird in der ersten Hälfte dieses Dezenniums ebenfalls auf den drei untersuchten Kommunikationsebenen zur Darstellung des positiven Fremdbildes Deutschlands verwendet. 7.2.4

Wandel der Wirtschaftsstruktur und deren Ausdruck in der Werbung

Als Antwort auf die wirtschaftliche Strukturänderung Taiwans vom Kapitalimportland zum Kapitalexportland und aufgrund der günstigen wirtschaftlichen Entwicklungen der 90er Jahre in Taiwan tritt erstmalig auch Werbung deutscher Institutionen auf, die keine industriellen Produkte in Taiwan vermarkten will, sondern die sich um taiwanesische Investitionen in Deutschland bemüht. Beispiele hierfür sind eine vierseitige Werbung für das Bundeswirtschaftsministerium

13

76, Nr. 137/1992: 35, Nr. 139/1992: 255, Nr. 154/1994: 158-159, Nr. 173/1995: 33, b) für Fettdruck: Opel Nr. 160/1994: 89, Nr. 167/1995: 236-237, Nr. 182/1996: 69, Nr. 184/1996: 131, Nr. 185/1996: 81, Nr. 186/1996: 111. Weitere Beispiele für die typographische Hervorhebung des Herkunftslandes a) durch größere Schrift: Werbung für das Bundesministerium (Nr. 139/1992: 96), Bosch Kühlschränke (Nr. 174/1995: 91), Opel (Nr. 160/1994: 89), Ford Scorpio (Nr. 180/1996: 55, Nr. 181/1996: 67, Nr. 182/1996: 51, Nr. 183/1996: 43, Nr. 184/1996: 62, Nr. 185/1996: 51, Nr. 186/1996: 53, Nr. 187/1996: 59, Nr. 194/1997: 119), Siemens-Mobiltelefone (Nr. 174/1995: 195), b) durch Fettdruck:: VW (Nr. 148/1993: 44), GROHE (Nr.165/1995: 147) Siemens-Mobiltelefone (Nr. 169/1995: 131), Diebels (Nr. 167/1995: 226), Ford Scorpio (Nr. 180/1996: 55, Nr. 181/1996: 67, Nr. 182/1996: 51).

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

209

(Nr. 139/1992: 93-96) und eine Werbung der Niedersächsischen Landesregierung (Nr. 125/1991: 91).14 Auffällig ist, dass jetzt erstmals auch Firmen des Investitionsgütersektors, wie AEG (Nr. 133/1992: 161, Nr. 138/1992: 164), Bayer (Nr. 210/1998: 202)15 und Siemens Werbeanzeigen schalten (Nr. 181/1996: 106-107).16 Gerade die Vielzahl der Werbeanzeigen in den 90er Jahren spiegelt das Bemühen um den taiwanesischen Investitionsgütersektor wider (Projekt der Hochgeschwindigkeitsbahn/ Siemens; Polyurethan-Herstellung/Bayer). In diesem Jahrzehnt bewerben deutsche Konsumgüterhersteller den taiwanesischen Markt mittels Werbeanzeigen ebenso intensiv wie in den 80er Jahren. Zweifellos ist jedoch das erhöhte Werbeaufkommen deutscher staatlicher Institutionen und der deutschen Investitionsgüterbranche ein explizites Merkmal der 90er Jahre. 7.2.5

Von der Standardisierung zur Differenzierung

Obwohl es um die Werbung für deutsche Güter geht, werden, wie geschildert, viele Werbeaufträge von den westlichen Werbeagenturen an taiwanesische Partner-Werbefirmen vergeben. Als Konsequenz wird Werbung aus Deutschland zum Teil direkt in Taiwan übernommen. Dieses Vorgehen wird als standardisierter Werbestil bezeichnet. Im Laufe der Jahre, vor allem seit der 2. Hälfte der 90er Jahre, ist jedoch ein Wandel von der Standardisierung zur Lokalisierung erkennbar, denn „Werbung entwickelt sich zum Spiegel des Zeitgeistes. Sie will und muss nicht nur dem Gestalter und dem Auftraggeber gefallen, sondern vor allem den Verbrauchern draußen an den Regalen, die unerbittlich ihre Wahl treffen“ (BIEN 2001: 40). Auf der verbalen und nonverbalen Ebene ist der genannte Wandel exemplarisch wie folgt festzustellen.

14 15 16

Weitere Beispiele sind: Nr. 126/1991: 145, Nr. 127/1991: 221. Weitere Beispiele sind: Nr. 209/1998: 241, Nr. 211/1998: 219. Andere Beispiele von Siemens sind : Nr. 182/1996: 114-115, Nr. 183/1996: 152-153, Nr. 184/1996: 124-125, Nr. 186/1996: 124-125, Nr. 187/1996: 124-125, Nr. 190/1997: 87, Nr. 191/1997: 185, Nr. 192/1997: 156-157, Nr. 193/1997: 87, Nr. 194/1997: 171, Nr. 195/1997: 79, Nr. 208/1998: 129, Nr. 209/1998: 135, Nr. 220/1999: 105, Nr. 221/1999: 125, Nr. 224/2000: 87, Nr. 228/2000: 217, Nr. 230/2000: 177).

210

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

1) Verbale Ebene: a) Der Spannbogen von westlichen Fremdsprachen zu Chinesisch: Der Lokalisierungsprozess der BMW-Werbung sei als ein Beispiel genannt. Mitte der 80er Jahre wurden viele BMW-Werbetexte in Englisch gestaltet und auch die Anschriften der asiatischen BMW-Vertretungen in Englisch angegeben (vgl. Abb. 45). Später wurden die Werbetexte in Chinesisch formuliert, die Anschriften der asiatischen BMW-Vertretungen jedoch bis 1994 noch in Englisch (vgl. Abb. 46). Seit 1994 werden die englischen Anschriften der asiatischen BMW-Vertretungen weggelassen und durch die Anschriften taiwanesischer regionaler Vertreter in Chinesisch ersetzt (vgl. Abb. 47).

Abbildung 45: Links: Werbetext und Anschriften der asiatischen Vertretungen in Englisch. Quelle: „Common Wealth“ Nr. 64/1986: 30. Abbildung 46: Rechts: Werbetext in Chinesisch. Anschriften der asiatischen Vertretungen in Englisch. Quelle: „Common Wealth“ Nr. 137/1992: 171.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

Abbildung 47:

211

Werbetext und taiwanesische Vertragshändler in Chinesisch. Quelle: „Common Wealth“ Nr. 163/1994: 93.

Der Wandel von der Angabe asiatischer Vertretungen in Englisch (z.B. Nr. 125/1991: 92-93) zu einheimischen Händlern in Chinesisch (z.B. Nr. 192/1997: 119) vollzog sich auch bei Mercedes-Benz. Darüber hinaus werden seit den 90er Jahren auch die Werbetexte, die technische Zusammenhänge erläutern, in Chinesisch präsentiert, z.B. Mercedes-Benz (Nr. 153/1994: 136-137), BMW (Nr. 232/2000: 4-5). Ein weiteres Beispiel: Anfang der 90er Jahre wurden noch viele Zitate deutscher/westlicher Schriftsteller in englischer Sprache in die Werbetexte eingestreut, etwa in der Mont-Blanc-Werbung. Seit 1997 werden die Werbetexte über-

212

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

wiegend in Chinesisch gestaltet (z.B. Nr. 197/1997: 183, Nr. 198/1997: 133). Folgende Abbildungen zeigen diese Entwicklung (Abb. 48 und 49):

Abbildung 48: Abbildung 49:

Werbetexte nur in Englisch. Quelle: „Common Wealth“ Nr.165/1995: 112 Werbetexte in Chinesisch. Quelle: „Common Wealth“ Nr.197/1997: 181

In der ersten Werbeanzeige werden ein Zitat eines westlichen Schriftstellers (Oscar Wilde) und eine englische Beschreibung des Artikels verwendet. In der zweiten ist nur noch der Werbeslogan in Englisch, die Werbetexte selbst werden jedoch auf Chinesisch formuliert.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

213

b) Verwendung von spezifisch chinesischen Kulturparadigmen: - Glückszahlen Im chinesischen Kulturraum gelten die Zahlen 6 und 8 als Glückszahlen (vgl. auch REISACH/TAUBER/YUAN, 1997: 113). Als Kfz-Kennzeichen sind sie deshalb sehr beliebt. Sondernummern wie „6666“, „8888“, „6688“ oder „8866“ werden von den zuständigen Behörden in einer Art „Auktion“ regelrecht versteigert. Die Nummer „1111“ wird ebenso gerne gekauft, da sie eine Assoziation mit Autorität herstellt. Die Zahl 4 gilt als Unglückszahl, denn das chinesische Wort dafür klingt ähnlich wie das Wort für „Tod“. Daher werden im Fahrstuhl eines Krankenhauses z.B. die Stockwerke wie folgt nummeriert: 1-2-3-56, ohne das vierte Stockwerk auszuweisen. Falls man Bargeld als Hochzeitsoder Geburtstagsgeschenk überreicht, wird es strikt vermieden, dass die Summe des Geldbetrages die Zahl 4 enthält. „4444“ ist als Kfz-Kennzeichen selbstverständlich undenkbar. Mit der Glückszahl 8 assoziiert man im chinesischen Kulturraum Prosperität. In der Werbeanzeige für das Modell V8 Quattro von Audi wird die Zahl 8 deshalb im Sinne der Werbeaussage als „Glück“ thematisiert (Nr. 120/1991: 193). - Wortspiele In den 90er Jahren werden viele Werbetexte nicht nur in Chinesisch erstellt, sondern es werden auch chinesische Wortspiele verwendet, die sich nur Chinesen erschließen bzw. denjenigen, die mit der chinesischen Kultur und Sprache sehr gut vertraut sind. Beispielsweise wird mit folgendem Text für den Ford Scorpio geworben: “



Die deutsche Übersetzung lautet: „Die erste Reaktion derjenigen, die einen Scorpio sehen, wird sein, nur Scorpio fahren (heiraten) zu wollen17 (Nr. 178/1996: 45, Nr. 179/1996: 63).

17

„Fahren“ und „heiraten“ wird in Chinesisch gleich ausgesprochen. Werbetext in Chinesisch, vom Verfasser ins Deutsche übersetzt.

214

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

Ein anderes Beispiel ist die Werbebotschaft für Volkswagen: “



Diese Botschaft, auf Deutsch: „Der Mond ist außerordentlich rund, wenn er bei VW ankommt“, ist nur zu verstehen im Zusammenhang mit dem chinesischen „Mondfest“ (Volksfest) und der Redewendung „Der Mond ist im Mittelherbst besonders rund“18 (Nr.204/1998: 235). In Werbeanzeigen für Ford Mondeo steht folgende Rubrik: “



„’98 New Mondeo lingxian qun ‚lun’ shanshi“19 („Der neue ’98er Mondeo wird eher als alle Räder vermarktet“) (Nr. 201/1998: 43). Die Räder sind hier als Mitbewerber zu verstehen. Die Botschaft lautet: Ford Mondeo überholt alle Konkurrenten. „Räder“ und „Mitbewerber“ haben im Chinesischen die gleiche Aussprache. - Verwendung von Superlativen Wie bereits dargestellt, ist die Verwendung von Superlativen in der Werbung in Deutschland rechtlich eingegrenzt. In der taiwanesischen Werbung dagegen finden Superlative eine häufige Verwendung, da sie als Symbol für Autorität gelten. Verglichen mit der geringen Anzahl in den 80er Jahren (vgl. Abschnitt 6.2.6) wurden in den 90er Jahren vermehrt Superlative in der Werbung für deutsche Waren verwendet. Beispiele sind:

18 19

-

„Der größte Hersteller in der Welt für Badezubehör in Bronze“: GROHE (Nr. 164/1995: 174, Nr. 165/1995: 147)

-

„Der erfolgreichste BMW in der Welt“: BMW (Nr. 161/1994: 122)

-

„Nr. 1 der Autos mit hoher Leistung und Luxusausführung“: BMW (Nr. 158/1994: 92-93)

-

„Als Nr. 1 gekauft in Europa“: Bosch Küchengeräte (Nr. 127/1991: 163)

-

„Platz 1 beim Verkauf von Mittelklassewagen in Europa“: Opel (Nr. 133/1992: 62, Nr. 134/1992: 34)

Die chinesische Redewendung lautet: Yue dao zhongqiu fenwai yuan“ (Der Mond ist im Mittelherbst besonders rund.“ Chinesische Redewendung „lingxian qunlvn“ (Alle Mitbewerber überholen).

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

215

-

„3 Jahre ununterbrochen die Nr. 1 in Europa als meistgekauftes Auto“: Opel (Nr. 181/1996: 123, Nr. 184/1996: 131)

-

„Marke Nr. 1 bei Badezubehör in Porzellan und Keramik“: Villeroy & Boch (Nr. 148/1993: 157, Nr. 149/1993: 98)

-

„Die Marke Nr. 1 in Deutschland“: Bosch Geschirrspülmaschine (Nr. 162/1994: 166)

-

„Die Marke Nr. 1 unter den Whirlpools in Deutschland“: HOESCH (Nr. 149/1993: 98)

2) Auf der nonverbalen Ebene: Deutlich erkennbar ist der Wandel zur Lokalisierung auch auf der nonverbalen Ebene. Deutsche/westliche Fotomodelle finden zwar nach wie vor gute Resonanz, jedoch werden nun auch mehr und mehr taiwanesische/asiatische Fotomodelle eingesetzt. Die in der zweiten Hälfte der 90er Jahre publizierten Anzeigen für den Investitionsgütersektor der Firma Siemens verwenden fast nur noch einheimische Fotomodelle/Szenarien. Das gilt auch für die Leica-Werbung. a) Verwendung einheimischer Fotomodelle und Szenarien: Taiwanesische Modelle werden zum Beispiel in Werbung für Mercedes-Benz verwendet (Nr. 116/1991: 68-69, Nr. 188/1996: 123) (vgl. Abb. 51), für Boehringer Ingelheim (Nr. 145/1993: 84) und für Braun (Nr. 123/1991: 178-179).20

20

Andere Beispiele siehe: Ford Scorpio (Nr.183/1996: 43, Nr. 184/1996: 62, Nr.185/1996: 51), Lufthansa (Nr. 137/1992: 4), Opel (Nr.180/1996: 101), VW (Nr. 186/1996: 16-17), Siemens (Nr. 182/1996: 114-115, Nr. 183/1996: 152-153, Nr. 184/1996: 92-93, Nr. 185/1996: 64-65, Nr. 186/1996: 124-125, Nr. 187/1996: 124-125, Nr. 190/1997: 87, Nr. 192/1997: 156-157, Nr. 193/1997: 87, Nr. 194/1997: 171, Nr. 195/1997: 79, Nr. 208/1998: 129, Nr. 209/1998: 135, Nr.220/1999: 105, Nr. 221/1999: 125, Nr.224/2000: 87, Nr. 228/2000: 217, Nr.230/2000: 177), Siemens-Mobiltelefone (Nr. 215/1999: 57).

216

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

Abbildung 50: Links: westliche Fotomodelle. Quelle: „Common Wealth“ Nr.115/1990: 168-169 Abbildung 51: Rechts: taiwanesische Fotomodelle. Quelle: „Common Wealth“ Nr. 116/1991: 68-69 Bemerkenswert ist, dass für Werbeanzeigen für den Investitionsgütersektor der Firma Siemens immer das entsprechende taiwanesische Szenario für die beworbene Technik auswählt wurde, z.B.: Szenario Bahnhof

Werbung für Beförderungstechnik,

Szenario Krankenhaus

Werbung für medizinische Technik,

Szenario Geldautomat

Werbung für Informationstechnik,

Szenario Baseballplatz und Baseballspieler

Werbung für Energietechnik.

Das Baseballspiel ist die populärste Sportart in Taiwan. Dass im letzten Beispiel ein Baseballplatz und Baseballspieler als Szenario ausgewählt wurden, ist ein Beispiel für explizit lokalisierte Werbung. In Deutschland, wo Baseball nur eine untergeordnete Rolle spielt, würden für eine entsprechende Werbeanzeige sicherlich ein Fußballplatz und Fußballspieler als Szenario gewählt.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

217

In einer Anzeige von Leica wurde mit einer Ureinwohnerin als Fotomodell geworben (Nr. 193/1997, S.79). Der TÜV Rheinland hat sogar „MIT“ (Made in Taiwan) als Botschaft verwendet (Nr. 233/2000: 276). b) Hervorheben der Tradition In einem weit entwickelten, hoch industrialisierten Land wie Taiwan ist die Familienstruktur zwar nicht mehr so intakt wie früher, als drei oder sogar vier Generationen unter einem Dach wohnten. Die traditionelle Großfamilie löst sich in Einzelfamilien auf. Jedoch wird die enge Beziehung zwischen drei Generationen (Großeltern, Eltern, Kinder) noch immer sehr betont und gepflegt. Dieses Phänomen hat die Firma Siemens bzw. deren Werbeagentur treffend beobachtet und in ihrer Werbebotschaft präsentiert (vgl. Abb. 52):

Abbildung 52:

Drei Generationen als Botschaft. Quelle: „Common Wealth“ Nr. 224/2000, S. 87

218

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

Ein ähnliches Motiv findet man unter anderem auch in Nr. 219/1999: 85 und in Nr. 228/2000: 217. Solche Botschaften kommen bei den taiwanesischen Rezipienten gut an und entsprechen folgender Werbedevise: Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.21 c) Taiwanesische Geldscheine „NT Dollar“ 22: Dresdner Bank (Nr. 116/1991: 46) Im Ergebnis lässt sich auf der verbalen und nonverbalen Ebene feststellen, dass sich seit der 2. Hälfte der 90er Jahre ein deutlicher Trend zu einem rezipientenorientierten Werbestil in der Werbung für deutsche Produkte in Taiwan ausprägt. Kulturelle Aspekte Taiwans werden in Werbeanzeigen mehr und mehr von Auftraggebern und deren Werbeagenturen berücksichtigt.

7.3

Deutsche wirtschaftliche und unternehmerische Tätigkeiten

Das Handelsvolumen zwischen Deutschland und Taiwan hat sich in den 90er Jahren sehr positiv entwickelt. Exporte aus Deutschland nach Taiwan und aus Taiwan nach Deutschland haben stark zugenommen, wie nachfolgende Statistik veranschaulicht (Tabelle 23). Einer der Gründe für den Geschäftserfolg deutscher Unternehmen in Taiwan in den 90er Jahren sind vermutlich die positiven Stereotype in Bezug auf Deutsche und Deutschland in der Presse und in der Werbung für deutsche Produkte, die sich bereits zuvor in den 80er Jahren herausgebildet haben. Angaben in: US$ 1.000 Jahr

1991 1992 1993 1994 21 22

Taiwan exportiert nach Deutschland

Taiwan importiert aus Deutschland

3.868.708 3.599.103 3.504.002 3.251.303

3.013.232 3.919.339 4.220.329 4.784.285

Deutscher Volksmund. Vgl. RANDA-CAMPANI (Hg.), 2001: 8. New Taiwan Dollar: die Währung in Taiwan.

Handelsbilanz (aus taiwanesischer Sicht) + 855.476 - 320.236 - 716.327 -1.532.982

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE 1995 1996 1997 1998 1999 2000 Tabelle 23:

3.839.174 3.644.109 3.690.558 4.084.468 4.076.559 4.891.367

5.683.348 5.023.379 5.369.228 5.149.043 5.312.649 5.542.179

219 -1.844.174 -1.379.270 -1.678.670 -1.064.575 -1.236.090 - 650.812

Handelsvolumen zwischen Deutschland und Taiwan in den 90er Jahren. Quelle: 1991-1999 in „Taiwan Statistical Data Book, 2000”, Council for Economic Planning and Development, Taiwan, R.O.C., 2000: 211. Quelle: 2000 in “Taiwan Statistical Data Book 2001”, 2001: 219.

offenkundig ist: a)

Das bilaterale Handelsvolumen steigt in diesem Dezennium im Vergleich zu dem im letzten Jahrzehnt enorm. Beide Länder erreichten ein Exportwachstum.

b) Deutschland erwirtschaftet seit 1992 immer einen Exportüberschuss im Handel mit Taiwan, ein Umstand, der wahrscheinlich mit einem positiven Deutschlandbild in Taiwan und umgekehrt mit einem positiven Taiwanbild in Deutschland zusammenhängt. Dies bestätigt die Aussage von DRU (1997), dass eine Interdependenz zwischen dem Fremdbild einer Nation und ihren Exportprodukten besteht. Ein industrieller Strukturwandel hat sich in Taiwan vollzogen. Beispielsweise importiert Taiwan aus Deutschland neben Investitionsgütern auch Konsumgüter. Nach der Darstellung des „Büros der Bundesstelle für Außenhandelsinformation“ (BfAI) sind beispielsweise 1998 folgende Branchen wichtig für den Export nach Taiwan (nach Wichtigkeit geordnet): 1) Konsumgüter, 2) Kapitalgüter, 3) Dienstleistungen und 4) Umweltschutzprodukte (DRÄGER/ISSA/ JANISCHEWSKI, 1999: 139). Der Bedarf an deutschen Konsumgütern ist Ausdruck dafür, dass Taiwan einerseits eine hohe Kaufkraft hat und andererseits wegen des Mangels an ungeschulten Arbeitskräften auf die Herstellung von High-End-Produkten wie Informationstechnologie umstellen muss. Als Konsequenz verringert sich der Output der Leichtindustrie-Produkte in der gesamten herstellenden Industrie. Im Gegensatz dazu steigt das Volumen der technologieintensiven Güter. Beispielsweise steigt der Anteil der technologieintensiven Exportgüter am Gesamtexport von 24,2 % (1987) auf 46,7 % (1995) (YU, 1999: 12),

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

220 c)

Dass der Außenhandel zwischen Deutschland und Taiwan, z.B. der Export hochwertiger Waren Deutschlands nach Taiwan, im Laufe der Jahre massiv ausgebaut werden konnte, liegt u. a. an den hohen Devisenreserven Taiwans, die eine Finanzierung der Importartikel ermöglicht haben. Bei den Gesamtdevisenreserven, die sich 1995 auf ca. 100 Milliarden US-Dollar beliefen, lag Taiwan lange Jahre hinter Japan weltweit an zweiter Stelle (vgl. ebd.: 39). Hohe Devisenreserven sind für Taiwan, das weder bei den Vereinten Nationen noch bei der Weltbank Mitglied ist, deshalb relevant, weil sie seine Kreditwürdigkeit unter Beweis stellen. Weiterhin unterhalten zwar wenige Staaten diplomatische Beziehungen mit Taiwan, doch mehr als 100 Länder haben Handelsbeziehungen und kulturelle Beziehungen zu Taiwan. Die umfangreichen Devisenreserven stellen auch hier Taiwans wirtschaftliche Stärke dar. Schließlich garantieren die hohen Devisenreserven für Taiwan innere Stabilität. Mit soliden Devisenreserven kann Taiwan mögliche Krisen besser überstehen, ohne auf die Unterstützung anderer Länder angewiesen zu sein (vgl. ebd.: 39). Wesentlich ist auch, dass Taiwan mit seinen hohen Devisenreserven ein positives Selbst- und Fremdbild aufbauen konnte. Oft werden die Schweiz und Singapur von Taiwan als Vorbild dafür genannt, dass ein Land „klein, aber fein“ sein kann. Darüber hinaus wird Taiwan als wichtiger Investor in Ländern wie Thailand, Malaysia, Indonesien, China, den Philippinen und in Mittel- und Südamerika angesehen. Auch die deutsche Bundesregierung schaltete Anzeigen in Taiwan, um taiwanesische Investitionen in den neuen Bundesländern anzuziehen. Der wirtschaftliche Erfolg in Taiwan wird auch von einigen ausländischen Zeitungen als „Taiwan-Erfahrung“ bezeichnet. Dass Taiwan als ein politischer „Nobody“ von der internationalen Staatengemeinschaft akzeptiert werden konnte, ist seiner wirtschaftlichen Entwicklung zu verdanken, die zur Bildung eines positiven Images beigetragen hat.

7.3.1

Exkurs: Bildungsproblematik: Deutschunterricht und deutsche Wirtschaftsaktivitäten in Taiwan

Der Deutschunterricht in Taiwan trägt zur besseren Beziehung zwischen Deutschland und Taiwan dadurch bei, dass die Studierenden nach ihrem Studium in verschiedenen Bereichen wie Presse, Pädagogik, Tourismus, vor allem aber in der Wirtschaft tätig werden können. Deshalb erscheint es sinnvoll, sich hier mit diesem Thema auseinanderzusetzen:

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

221

„Auf dem wirtschaftlichen Sektor gibt es bei taiwanesischen Stellensuchenden eine deutliche Vorliebe für eine Beschäftigung in einem ausländischen Unternehmen. Dort besteht nämlich weniger Geschlechts23- und Bildungsdiskriminierung, zudem wird mehr nach Leistungsgesichtspunkten beurteilt. Darüber hinaus zahlen ausländische Unternehmungen vergleichsweise höhere Gehälter und bieten gleichzeitig bessere Aufstiegsmöglichkeiten als taiwanesische Unternehmen“ (vgl. „Common Wealth“, Nr.161/1994: 153, Nr. 250/2002: 137). Es ist deshalb ein Berufsziel für viele Deutsch Lernende in Taiwan, nach dem Studium bei einer ausländischen Firma, vor allem bei einer deutschsprachigen Firma bzw. Institution tätig sein zu können (vgl. PLANK, 1992: 29-31, WAAS 1999: 162). Zudem haben sowohl einheimische als auch deutsche Unternehmen wegen des raschen Außenhandelswachstums einen großen Bedarf an ausgebildetem Fachpersonal, das über gute Deutschkenntnisse und interkulturelle Kompetenz verfügt. An vier privaten Universitäten („Fu Jen“, „Tamkang“, „Soochow“, „Wen Hua“) und einer privaten Fachhochschule („Wen Tzao“) sowie einer staatlichen Universität (der „National Kaoshiung First University of Science and Technology“„NKFUST“) wird Deutsch als Hauptfach für den B. A. Grad angeboten. An der „Fu Jen“, der „Wen Hua“ und der „NKFUST“ werden zusätzlich auch Magisterprogramme (M. A.) durchgeführt. An einigen Universitäten wie z.B. der „Nationalen Taiwan Universität“ und der „Nationalen Chung Cheng Universität“ besteht die Möglichkeit, Deutsch als Nebenfach zu wählen. Im Deutschen Kulturzentrum Taipei werden auch Deutschkurse für ein allgemein interessiertes taiwanesisches Publikum angeboten, in denen jede Woche etwa 400 Kursteilnehmer Deutsch lernen (PLANK 1992: 31). KUO wies darauf hin, dass es nach der Wiedervereinigung Deutschlands einen so genannten „Wiedervereinigungseffekt“ gab: Die Anzahl der Interessenten, die Deutsch als Nebenfach lernten, stieg an (ebd.: 31). Nicht nur Germanisten, die sich mit Deutsch als Hauptfach befassen, sondern auch Studierende anderer Studienzweige wie Jura, Finanzwesen, Maschinenbau, Musik, Physik, Philosophie und Politikwissenschaft wählen Deutsch als Nebenfach. Deutsch spielt eine wichtige traditionelle Rolle für Jurastudierende und Juristen. In seinem Aufsatz „Sprechen Sie Deutsch? Sind Sie Jurist?“ zeigt GESK (1999), dass Taiwan ‚zweifach’ deutsches Recht rezipierte. Taiwan war 50 Jahre lang japanische Kolonie und stand in seinem Rechtswesen völlig unter dessen Herrschaft. Japan selbst hatte zum Ende des 19. Jahrhundert nach preußischem Modell versucht, einen modernen Industriestaat mit einer politisch vergleichswei-

23

Hier sind amerikanische und europäische Unternehmen in Taiwan gemeint.

222

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

se archaischen Struktur zu verbinden, und daher in weiten Teilen das deutsche Recht rezipiert (vgl. GESK 1999: 166). Nach dem 2. Weltkrieg wurde Taiwan an die Republik China zurückgegeben. Das chinesische Kaiserreich zu Beginn des 20. Jahrhunderts und die anschließende Republik (China) haben große Teile des deutschen Privat- und Strafrechts übernommen (ebd.: 166-167). Als Konsequenz suchten viele angehende Juristen eine Ausbildung in Deutschland und bilden im Lehrkörper der verschiedenen Universitäten des Landes und als Richter am „Justiz Yuan“24 die Mehrheit. Weiterhin wird juristische Literatur in Taiwan – nach einer Untersuchung von GESK – zu 60 % in deutscher Sprache verfasst, zu 31 % in chinesischer und zu 9 % in englischer (ebd.: 177). Zunächst soll jedoch im Folgenden den Studierenden mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden, die Deutsch als Hauptfach nehmen, denn erstens „bereiten sie sich auf die professionelle Beschäftigung mit Deutschland vor“ (Müller 1999: 99), und zweitens beläuft sich die Anzahl der Lernenden auf etwa 1000.25 Das Ziel der Deutschabteilungen, auch ihrer Magisterprogramme, ist die Vermittlung der deutschen Sprache und Literatur. Für Absolventen dieser Ausbildung, die sie eigentlich eher für eine Tätigkeit im kulturellen Bereich qualifizierte, gab und gibt es in Taiwan nur wenige Stellen. Man braucht aber dringend DeutschFachleute mit Wirtschaftskompetenz wegen des oben beschriebenen Aufschwungs der Wirtschaft in den 80er und 90er Jahren, vor allem wegen der Expansion im Import und Export sowie der immer intensiveren Wirtschaftskontakte zwischen Deutschland und Taiwan. Die Absolventen der Deutschabteilungen mit ihren Kenntnissen in Kulturgeschichte und Literatur waren für diese Jobs nur bedingt geeignet, ergriffen aber die Gelegenheit aus Mangel an anderen Angeboten. Wie vorauszusehen war, kamen die meisten mit ihren Aufgaben in Handel und Industrie nicht gut zurecht. Um den veränderten Bedarf decken zu können, wurde Anfang der 90er Jahre an einigen Deutschabteilungen, z.B. an „Tamkang“ und „Soochow“, eine Curriculumreform durchgeführt, d.h. man konnte entweder mehr auf Außenhandel bezogene Wahlfächer belegen oder verschiedene Schwerpunkte wie etwa Literatur und Politik setzen. Die 1997 gegründete Deutschabteilung an der „NKFUST“ hat sich klar das Ziel gesetzt, die Studierenden für den Bereich der Wirtschaft auszu-

24

25

Auch Judikativ-Yuan genannt. Der Judikativ-Yuan ist das höchste Justizorgan in Taiwan. Vgl. „die Republik China: Eine kurze Einführung“, CHEN (Hg.), Government Information Office, 1998: 25. Darunter ca. 200 männliche und 800 weibliche Studenten (vgl. PLANK 1992). Die aktuelle Anzahl der Studierenden beträgt schätzungsweise 1200, da seit 1997 eine neue Deutschabteilung an der „NKFUST“ eingerichtet wurde.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

223

bilden. Es wurden daher mehr wirtschaftsbezogene Lehrveranstaltungen angeboten. Betrachtet man das Curriculum26 an den Universitäten wie „Fu Jen“, „Tamkang“, „Soochow“, „Wen Hua“ und „Wen Tzao“, das neben der traditionellen Germanistik angeboten wird und auf dessen Basis sich Studentinnen und Studenten auf ein Engagement in der Wirtschaft vorbereiten, stellt sich heraus, dass dies trotzdem in der heutigen Zeit nicht ausreicht.27 Da es sich hier nur um wenige Stunden handelt, wird klar, dass die Veranstaltungen nicht genügen, wenn ein Studierender später im Bereich des Außenhandels bzw. in einem ausländischen/deutschsprachigen Unternehmen seine Laufbahn einschlagen möchte. Das ist aber nur ein Nachteil der Ausbildung der Deutschabteilungen. Nicht nur die praktische Ausbildung für die Tätigkeit in Industrie und Handel wird vernachlässigt, sondern auch die Vermittlung von interkultureller Kompetenz. In seinem Aufsatz „Sensibilisierung für das kulturell Eigene und kulturell Fremde: Modellvorstellung eines interkulturellen Trainings für chinesische und deutsche Manager“ meint FAN (1999), dass im Hochschulbereich das Training28 zur Berufsvorbereitung und zum Erwerb eines Zertifikats der interkulturellen Wirtschaftskommunikation dienen sollte (FAN 1999: 76). Gegenwärtig geschieht das aber in Taiwan nicht. Bei Deutsch Lernenden in Taiwan sind Stereotype gegenüber Deutschland oft sogar verstärkt entstanden, da sie wenig mit interkulturellem Training konfrontiert worden sind. Dies stellt PLANK so dar: „ (...) dabei würde man es ihnen wünschen, dass sie29 einmal nach Deutschland reisen könnten, da es für viele eine Art „Paradies“ darstellt, von dem sie trotz mehrjährigen Deutschstudiums immer noch sehr klischeehafte Vorstellungen haben. So sind „Sauberkeit“ und „Ordnung“ die beiden Begriffe, die chinesische Studenten bei weitem am häufigsten mit „Te-Kuo“,30 dem „Tugendland“31 verbinden. Für viele ist die Bundesrepublik

26

27

28 29 30

Angebote der Lehrveranstaltungen der genannten Universitäten vgl. in der Reihenfolge: http:/www.de.fju.edu.tw/902 Course, .http://www2.tku.edu.tw/%7Etfgx/index-chinese.htm, http://www.scu.edu/deutsch/lehrp, http://www.pccu.edu.tw/pccu/pccu/pccudepart/language/g6005.html, http://www.wtjc.edu.tw/german/german.htm Den geschilderten Problemen begegneten die Germanisten in China auch. Um den Germanisten bessere Berufschancen anbieten und gleichzeitig besser qualifizierte Ortskräfte für ausländische multinationale Unternehmen in China ausbilden zu können, wurde inzwischen das Kursangebot „Interkulturelle Wirtschaftskommunikation“ in der Deutsch-Abteilung an der Fremdsprachenuniversität Beijing organisiert. Vgl. JIA 1999: 92. Gemeint ist hier das interkulturelle Training. Germanisten in Taiwan. Deutschland, chinesisch ausgesprochen.

224

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

zuallererst ein Industrieland, das durch Begriffe wie „Wirtschaft“, „Technik“ und „Wohlstand“ beschrieben wird, und Deutsche haben grundsätzlich „fleißig“, „pünktlich“ und „ernst“ zu sein. Das Deutschlandbild wird natürlich auch von „Schlössern“ und „Bier“ geprägt, während den Studenten negativ gefärbte Einschätzungen wie „kalt“, „langweilig“ und „unfreundlich“ recht selten (...) einfallen.“ (vgl. PLANK 1992: 28)

Mit Sicherheit trägt nicht nur die Ausbildung der Germanistikstudenten zu deren Stereotypenbildung gegenüber Deutschland bei, sondern auch das ganze übrige soziale Umfeld in Taiwan, z.B. im politischen Bereich (wie die Verwendung eines Hitlerbildes für eine Wahlkampagne, vgl. Abschnitt 6.2.4), im militärischen (wie das Engagement von deutschen Militärberatern) und im wirtschaftlichen (wie die Werbung für deutsche Produkte, vgl. Abschnitt 6.2 und 7.2). Die Befunde bei der Werbung für deutsche Güter auf der verbalen, nonverbalen und paraverbalen Ebene in der vorliegenden Arbeit führen ausreichende Beispiele für Stereotypenbildung an. Um diese Klischees abbauen zu können und aus anderen wichtigen Gründen ist der Erwerb von interkultureller Kompetenz für Hochschulstudierende in Taiwan dringend notwendig geworden: a)

In ausländischen/deutschsprachigen Unternehmen in Taiwan ist seit den 90er Jahren nicht selten zu beobachten, dass neben Deutschen auch Amerikaner, Japaner, Niederländer, Hongkong Chinesen und Franzosen zusammenarbeiten. Wie in Abschnitt 6.3.2 gezeigt, benutzen deutsche Unternehmen in den letzten Jahrzehnten Taiwan als Sprungbrett in Drittländer des asiatischpazifischen Markts. Ohne ausreichende Kenntnisse interkultureller Wirtschaftskommunikation kann ein Mitarbeiter keinen Erfolg erzielen.

b) Auch taiwanesische Unternehmen fusionieren mit Firmen in den USA32 (vgl. „Common Wealth“, Nr.143/93:152, 158, 166 und 170); einige errichten Tochtergesellschaften u. a. in Deutschland. Weiterhin lagern taiwanesische Hersteller ihre Produktion auch in Länder aus, wo ein ähnlicher kultureller Hintergrund mit konfuzianischem Einfluss besteht, wie z.B. nach Vietnam, bzw. in Länder, wo Überseechinesen wirtschaftlich dominieren, wie etwa Malaysia, die Philippinen und Thailand, aber darüber hinaus auch in Länder, 31

32

Sinngemäß übertragen für Deutschland. Die Chinesen verwenden in ihren Übersetzungen für Ländernamen als 2. Bestandteil häufig „guo“ (Land), als ersten einen lautlichen Anklang an den fremden Ländernamen (Deutschland), der in diesem Fall die sehr positive Bedeutung „Tugend“ hat. Beispielsweise fusionierten die Firmen „Acer“, „Altos“, „President Enterprises Corp.“, „Famous Amos“ usw.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

225

die zu einem völlig anderen Kulturraum zählen, wie z.B. nach Großbritannien, Mittel- und Südamerika sowie Südafrika. Laut der Generaldirektorin der Firma Continental Engineering Corp., die ein amerikanisches Unternehmen übernommen hat, liegt die größte Herausforderung nach der Übernahme in der interkulturellen Kommunikation, nicht in der Entfernung zwischen dem Mutterhaus und der übernommenen Firma (vgl. ebd.: 154). Fazit: Aufgrund der globalisierten Geschäftstätigkeit werden deutsche Unternehmen in Taiwan und einheimische Investoren Hochschulstudierende mit interkultureller Kompetenz dringend brauchen. 7.3.2

Anzahl der Gründungen deutscher Unternehmen und deren Rechtsformen

Das in den 80er Jahren entstandene positive Deutschlandbild hat erheblich zu zunehmenden Firmengründungen deutscher Investoren in den 90er Jahren in Taiwan beigetragen: Ihre Zahl ist von 38 in den 80er Jahren auf 76 in den 90er Jahren gestiegen. Im Einzelnen wurden gegründet: Tochtergesellschaften:

28

Auslandsniederlassungen: Joint Ventures:

22 11

Repräsentanzbüros: Andere Formen:33

10 5

Die Tatsache, dass in den 90er Jahren im Vergleich zu den 80er Jahren eine überproportional große Anzahl von Tochtergesellschaften gegründet wurde, hängt einerseits mit den verbesserten rechtlichen Rahmenbedingungen für Fremdinvestoren in Taiwan wie auch mit den verstärkten Absichten deutschen Unternehmer (Motto: „Taiwan als Sprungbrett nach Asien“) zusammen. Viele in den 90er Jahren gegründete deutsche Unternehmen sind nicht nur für den Taiwan-Markt zuständig, sondern auch für die angrenzenden Länder. Beispiels33

34

Lokale Investitionen von in Taiwan ansässigen Deutschen. Dass in den 90er Jahren fünf Firmengründungen in anderen Formen erfolgten (lokale Investitionen deutscher Staatsangehöriger), ist dadurch zu erklären, dass mehr Deutsche sich in Taiwan aufhalten, die die zunehmenden Wirtschaftskontakte zwischen Deutschland und Taiwan wahrnehmen und eine Firma gründen. Einer der Gründe für die Errichtung einer deutschen Schule in Taipei hängt wohl auch mit der immer größeren Zahl in Taiwan lebender Deutscher zusammen, die eine Schule für ihre Kinder brauchen. Vgl. http//news.chinatimes.com/news/papers/online/focus/c89c1670.htm

226

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

weise sieht die Firma Ferrostaal AG, Taiwan Office, eine 100%ige Tochtergesellschaft der MAN AG Gruppe in München, ihr Aufgabenfeld darin, neben Taiwan und der VR China auch das übrige Südostasien zu bedienen. Die Firma ASIG Quality Services GmbH, Branch Office Taiwan, steht nicht nur ihren Kunden in Taiwan zur Verfügung, sondern auch denen in Hongkong, der VR China, Japan, Korea, Thailand, Indonesien, Malaysia, den Philippinen und in anderen südostasiatischen Ländern. Ein anderes Merkmal der deutschen Wirtschaftsaktivitäten seit den 80er Jahren und verstärkt in den 90er Jahren besteht darin, dass Joint Ventures zwischen deutschen und taiwanesischen Unternehmen gegründet werden, die sich mit Kooperationsprojekten in Drittländern in Asien befassen, wie z.B. die Daimler Chrysler AG und die China Motor Corp., die über eine Produktion in der VR China verhandeln (vgl. „China Times“ 22.12.2000: 24), oder die Firma Infineon, die mit der UMC Vereinbarungen über die Produktion von 12-Zoll-Chips in Singapur trifft.34 Im Umfeld des internationalen Managements spielt die Problematik interkultureller Wirtschaftskommunikation eine nicht zu unterschätzende Rolle. Das liefert die Erklärung dafür, weshalb deutsche Unternehmen taiwanesische Firmen als Partner auswählen, um einen Markteintritt in südostasiatische Länder zu erschließen. So hat der ehemalige Leiter des Deutschen Wirtschaftsbüros Taipei, Jürgen Franzen, formuliert: „Taiwan gewinnt in Ostasien immer mehr an Bedeutung. Es tätigt große Investitionen in Südostasien, ist der zweitgrößte ausländische Investor in Thailand, nimmt Platz eins in Malaysia und Indonesien ein. Es hat deshalb erheblichen Einfluss in diesen Ländern, auch in China. Dies bietet deutschen Unternehmen eine immense Unterstützung, da weder Deutsche noch Europäer die Asiaten in den genannten Ländern gut kennen. Mit denen sind aber Taiwanesen seit Jahrzehnten in Geschäftsverbindung. Sie kennen sich gut.“ (vgl. „Common Wealth“ Nr. 119/1991: 30) Ähnliche Aussagen wurden auch von DRÄGER/ ISSA/ JANISCHEWSKI (1999: 42) vorgelegt. Hier sei ein konkretes Beispiel angeführt: BMW wollte Fuß in Shanghai fassen. Das hat BMW in Zusammenarbeit mit seinem langjährigen Partner in Taiwan vollzogen, der Firma Pan German Motors Ltd., die seit den 70er Jahren als Vertretung in Taiwan tätig ist.35 BMW hat mit seiner vorhandenen, vertrauten Verbindung in Taiwan eine neue Vertretung in der VR China aufgebaut. Durch die

35

Vgl. „BMW Magazine“ 1/2001: 12-16.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

227

Kooperation mit seinem taiwanesischen Partner konnte das Risiko verringert und darüber hinaus ein Synergieeffekt erzielt werden. Folgende Kooperationsfelder können von deutschen und taiwanesischen Partnern gemeinsam genutzt werden (vgl. Tabelle 24):

Für

-

Technologietransfer von deutschen Unternehmen

taiwanesische

-

West- und Osteuropa, vor allem Osteuropa als neuen Markt erschließen

Für

-

Taiwan als Testmarkt

deutsche

-

Taiwan als „Sprungbrett“ zu anderen asiatischen Ländern und als Produktionsstandort für den gesamten asiatisch-pazifischen Markt

Unternehmen

Unternehmen

Tabelle 24:

Kooperationsfelder für deutsche- und taiwanesische Joint Ventures

Für Taiwan sind Deutschland und Japan zwei wichtige Bezugsquellen für modernes Know-how und Technologie. Die Taiwanesen ziehen bei den Transfers im Allgemeinen Deutsche vor, da diese erfahrungsgemäß großzügiger sind als die Japaner. „Um im Konkurrenzkampf, besonders gegen die Japaner und die USA, bestehen zu können, spielen Zusatzleistungen, die neben der Maschine angeboten werden, eine wichtige Rolle. Ein zu vermarktendes Produkt umfasst deshalb Softwarekomponenten wie (...) Ausbildung einheimischer Arbeitskräfte an der Maschine, Kundendienstleistungen (...). In Taiwan werden deutsche Unternehmen gerade in dieser Hinsicht hoch geschätzt“ (KOSCH et al. 1988: 188). Eine solche positive Erfahrung war auch bei dem Joint Venture zwischen Volkswagen und Sanyang Motors Ltd. in Taiwan, das Großraumwagen auf der Insel herstellt, festzustellen. Deutsche zeigen weniger Vorbehalte beim Technologietransfer als Japaner (vgl. „Common Wealth“, Nr. 164/1995: 47). Ein kontinuierlicher Technologietransfer ist für den Bestand und die weitere Entwicklung taiwanesischer Unternehmen von ausschlaggebender Bedeutung. Ein weiteres Kooperationsfeld sind die osteuropäischen Märkte: Mit Hilfe deutscher Partner können Taiwanesen sich diese für ihre Produkte erschließen. Aus politischen Gründen waren taiwanesischen Firmen in den vergangenen Jahrzehnten Kontakte mit osteuropäischen (kommunistischen) Ländern verboten, und des-

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

228

halb verfügen sie nur über geringe Kenntnisse in deren Sprachen, Sitten, Werten und Normen. Seit der politischen Liberalisierung in Taiwan und der Öffnung des Osteuropa-Marktes versuchen taiwanesische Unternehmen in Geschäftsverbindung mit diesen potenziellen Märkten zu treten, haben aber aus Mangel an kulturellem Verständnis für diese Länder kaum Zugang zu dem Zielmarkt. Im Gegensatz dazu haben deutsche Unternehmen aus historischen, kulturellen, geographischen Gründen mehr Kompetenz im Umgang mit den genannten Märkten. Von einer diesbezüglichen Kooperation mit deutschen Unternehmen versprechen sich die Taiwanesen großen Erfolg. Andererseits sprechen für eine erfolgreiche Kooperation deutscher Unternehmen mit Taiwan folgende Gründe: -

Taiwan ist als „Test-Markt“ für deutsche Produkte, die auch für andere asiatische Märkte bestimmt sind, hervorragend geeignet.

-

Taiwan hat sich seit der zweiten Hälfte der 90er Jahre zu einem Produktions- und damit Distributionsstandort für den gesamten asiatischpazifischen Raum entwickelt (vgl. SCHILLING 2000: 29).

-

Darüber hinaus ist Taiwan das ideale „Sprungbrett nach China“ für die deutschen Unternehmen, die bei ihrem geplanten Markteintritt in Festlandchina taiwanesisches Know-how und guanxi (Beziehungen) nutzen können.

Die soeben dargelegten Kooperationsmöglichkeiten beider Länder können bei sinnvoller Nutzung Synergiepotenziale freisetzen, deren positive Wirkung zum Wohle beider Nationen sowohl im politisch-kulturellen, besonders aber im wirtschaftlichen Bereich nicht zu unterschätzen ist. 7.3.3

Tätigkeitsbereiche deutscher Unternehmen

Die Verteilung der Tätigkeitsbereiche deutscher Unternehmen in Taiwan kann wie folgt differenziert werden: Produktion:

15 Firmen

Handel:

39 Firmen

Dienstleistung:

22 Firmen

Von 15 Handelsfirmen sind 10 sowohl in der Produktion als auch im Handel tätig. Von diesen 10 Firmen hat eine Firma 6 Mitarbeiter, drei Firmen haben jeweils 12, 14 und 16. Die weiteren sechs haben eine Mitarbeiterzahl zwischen 35

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

229

und 156. Daraus lässt sich ablesen, dass sich die deutsche Unternehmenstätigkeit in den 90er Jahren überwiegend im Handelsbereich abspielt. Die Entwicklung deutscher Wirtschaftsaktivitäten in diesem Dezennium in Taiwan ist im Zusammenhang mit dem politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel auf der Insel zu sehen, der im Folgenden skizziert wird: 1) Politischer Wandel: Um der WTO beizutreten, musste Taiwan den Import einiger Waren und Dienstleistungen in den 90er Jahren liberalisieren. Es gibt zwei neugegründete deutsche Unternehmen, Pieroth Taiwan Ltd. und Keng & Keng Co. Ltd., die sich mit dem Import von Weinen aus Deutschland befassen. Deutsche Weine werden jedoch nicht nur von diesen beiden Firmen in Taiwan abgesetzt. In Taiwan können aus klimatischen Gründen36 keine guten Weintrauben für Weine angebaut werden. Deutsche Weine sind wegen ihrer guten Qualität in Taiwan sehr beliebt. Dementsprechend importieren auch zahlreiche einheimische Unternehmen Weine aus Deutschland. Für ausländische Unternehmen sind kürzlich liberalisierte Wirtschaftsfelder wie Lebensversicherungen interessant. Die Allianz AG gründete ein Gemeinschaftsunternehmen mit einer einheimischen Firma und ist in diesem Bereich aktiv. 2) Wirtschaftlicher Wandel: a) Von der Leichtindustrie zur IT-Technologie: Seit Ende der 80er Jahre/Anfang der 90er Jahre wandelt sich die Industriestruktur von der Leichtindustrie zur Informations- und Kommunikationsindustrie. Nicht mehr Regenschirme, Ventilatoren, Nähmaschinen und Thermosflaschen bilden die höchsten Weltmarktanteile der Exportprodukte Taiwans, sondern High-Tech-Produkte aus den Bereichen der Informationstechnologie. Folgende Statistik veranschaulicht den Wandel (Tabelle 25)37:

36

37

Gute Weintrauben werden in den nördlichen und südlichen Breitengraden jeweils zwischen 30° und 50° angebaut (vlg. „United Daily News“ 06.10.2000: 36). Taiwan liegt zwischen 21° 54´ und 25°18´. Die folgenden Zahlen dokumentieren eindrucksvoll die wirtschaftliche Erfolgsgeschichte Taiwans in den letzten 20 Jahren. Angesichts dieser Zahlen verwundert es nicht, dass sich das Selbstbild der Taiwanesen stark verändert hat.

230

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

Taiwan auf dem Weltmarkt (1998) Produktionsvolumen in Mio. US-$

Weltmarktanteil in Prozent

Hand-Scanner

100

95,0

PC-Mäuse

191

72,0

Keyboards

420

61,0

1.080

55,0

Tisch-Scanner

690

52,0

Modems

990

41,0

PU-Leder

630

40,0

Grafikkarten

558

38,0

Wafer

2.040

35,7

Schrauben

1.419

33,6

310

33,0

Notebooks

5.330

32,0

ABS-Harze

1.260

32,4

Chips

2.870

32,2

Motherboard

1.850

30,8

77

30,0

161

27,0

4.480

26,8

Nähmaschinen

636

26,4

Glutamat

180

25,0

Maschinen für Schuhproduktion

230

22,0

PTA

1.810

21,5

Polyesterfasern

1.700

18,2

Produkt

Schalter/Stecker

Thermoplastik

Fahrrad-Gangschaltungen Leuchtdioden Monitore

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

231

Produktionsvolumen in Mio. US-$

Weltmarktanteil in Prozent

Holzverarbeitungsmaschinen

750

14,5

Ethernet-Karten

280

11,6

Guss-Formteile

401

10,1

Verbindungsteile

2.120

10,0

Fahrräder

1.066

9,2

PC

2.890

8,4

Nylonfasern

1.010

7,7

Platinen

2.110

6,9

200

5,9

Produkt

Radnaben Tabelle 25:

Taiwan auf dem Weltmarkt (1998). Quelle: Ministry of Economic Affairs, R.O.C. Zitiert nach SCHLLING 1999: 8.

Wirft man einen Blick auf die Exportprodukte, die über 30 % auf dem Weltmarkt ausmachen, so sind es hauptsächlich IT-Produkte wie Scanner, PCMäuse, Keyboards, Modems, Grafikkarten und Notebooks. Aus diesem Grund wurde Taiwan von dem renommierten Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung in München als "High-Tech-Land" bezeichnet.38 Eine ähnliche Benennung Taiwans findet man auch in dem Aufsatz "High-Tech-Insel hat Stürmen widerstanden“ von SCHLLING.39 Vor diesem Hintergrund arbeiten viele neu gegründete Unternehmen in der High-Tech-Industrie: ELSA Asia Inc., Global One Taiwan, ProMOS Technologies Inc., SAP Taiwan Co., Ltd., Intershop.40 b) Weiterentwicklung des seit Mitte der 80er Jahre entstehenden Kapitalexports: Der Kapitalexport hängt auch mit den hohen Devisenreserven Taiwans in diesem Jahrzehnt zusammen. Vor diesem Hintergrund entsteht der Bedarf an Fi38

39 40

„Ein High-Tech-Land auf dem Weg in die WTO“, SCHMIDKONZ. Vgl. ifo Schnelldienst, 2223, 2000:18. „High-Tech-Insel hat Stürmen widerstanden“, SCHILLING. In: "China Contact", 11, 1999: 6. Vgl. „Ostthüringer Zeitung“ 18.11.2000.

232

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

nanztransaktionen, z.B. durch Investitionen und Immobilienankauf innerhalb und außerhalb Taiwans. Als Antwort darauf fassen viele in diesem Bereich tätige deutsche Unternehmen Fuß auf der Insel: Commerzbank, Deutsche Genossenschaftsbank, Westdeutsche Landesbank, Dresdener Asset Management Taiwan Ltd. sowie Aengevelt Asia Pacific (Pte.) Ltd., Taiwan Branch. c) Vom „Einkaufsbüro“ zum „Verkaufsbüro“: Mit dem Anstieg des Einkommens erhöht sich die Kaufkraft. Deutsche Firmen, die in den vorangegangen Jahrzehnten in Taiwan als „Buying Office“ tätig waren, gründen jetzt auch noch ein „Selling Office“, um sowohl deutsche als auch einheimische Produkte auf dem lokalen Markt abzusetzen. Otto-Chailease Mail Order Co., Ltd.41 und Adidas Taiwan Ltd. sind Beispiele hierfür. d) Gründungen deutscher staatlicher Instanzen: State of Bavaria – Taiwan Office. Wie in der Analyse der Werbung dargestellt, schalten die deutsche Bundesregierung und einige Landesregierungen Anzeigen, in denen sie für taiwanesische Investitionen in Deutschland werben. Bayern hat 1999 ein weiteres Büro in Taiwan eröffnet, um engere Wirtschaftskontakte zwischen diesem Bundesland und Taiwan anzubahnen. 3) Gesellschaftlicher Wandel: a) Naturschutzbewegung: In den 70er Jahren war der Umweltschutzgedanke in Taiwan kaum verbreitet; in den 80er Jahren wurde er thematisiert, und in den 90er Jahren wurde viel darüber diskutiert. Umweltschutzkonflikte zwischen der Bevölkerung und den Behörden, zwischen den Kommunen und der Industrie wiederholen sich. Um dem Problem gerecht zu werden, entsteht eine große Nachfrage nach „Know-how“, nach Einrichtungen und Maschinen für den Umweltschutz. Deutschland ist für Taiwan wegen der in den Berichterstattungen und in der Werbung geschilderten Stereotype eine gute Adresse für die Deckung dieses Bedarfs. Als Antwort darauf werden viele deutsche Unternehmen in diesem Bereich gegründet: Buck/CMI, Taiwan Branch Office, Fichtner Pacific Engineers Inc., KSB Taiwan Co., Ltd., L. & C. Steinmüller GmbH, Taipei Branch, Stromag Technology Co., Ltd., SULO Services Corporation Taiwan. b) Zunehmendes Angebot an deutschen kulinarischen Spezialitäten und an Restaurants mit deutscher Küche: Ein Grund hierfür ist sicherlich die mit der wachsenden Zahl deutscher Unternehmen verbundene höhere Anzahl an

41

Ein Joint Venture des Otto Versands und eines lokalen Unternehmens.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

233

Deutschen, die in Taiwan leben. Außerdem ist, bedingt durch das positive Deutschlandbild in Taiwan, auch das Interesse der Einheimischen an landestypischen deutschen kulinarischen Produkten gestiegen. Aufgrund der positiven wirtschaftlichen Entwicklung und des damit verbundenen höheren Lebensstandards waren die Taiwanesen in den 90er Jahren auch eher in der Lage sich die teureren ausländischen Spezialitäten leisten zu können. Insgesamt wird deutlich, dass sich deutsche Unternehmen in den 90er Jahren dank dem seit Jahrzehnten positiven Deutschlandbild in Taiwan vermehren. Wie die Tabelle 23 gezeigt hat, sind diese Firmen auch deshalb erfolgreich, weil Deutschland seit 1992 einen stabilen Handelssaldo mit Taiwan erwirtschaftet. Man kann daraus schlussfolgern, dass ein positives Nationalbild eine der Voraussetzungen des Geschäftserfolgs im Gastland ist, es muss aber keine Garantie dafür sein. Dafür sind neben den „harten Faktoren“ wie betriebswirtschaftlichen Aspekten auch „weiche Faktoren“ wie die interkulturelle (Wirtschafts-) Kommunikation entscheidend. Dies dokumentieren die folgenden Fallbeispiele. 7.3.4

Fallbeispiele der Bayer AG und der Siemens AG

Wie geschildert, ist zwar das Handelsvolumen zwischen Deutschland und Taiwan kontinuierlich gestiegen. Dennoch sind zwei große Investitionsprojekte von Bayer und Siemens in den 90er Jahren in Taiwan gescheitert. Das Fehlverhalten seitens der deutschen Akteure in den nachstehenden Fallbeispielen hat sich aufgrund des Mangels an interkultureller Kompetenz negativ auf das Deutschlandbild auf der Insel ausgewirkt. A. Fallbeispiel der Bayer AG 1994 stellte Bayer bei der Regierung von Taiwan einen Antrag auf Genehmigung eines Industrieprojektes zur Produktion von Polyurethan mit einem geplanten Investitionsvolumen von 300 Mio. US-$. Dieser wurde noch im gleichen Jahr vom taiwanesischen Wirtschaftsministerium gebilligt. Bei der sich anschließend ergebenden Standortfrage entschied sich Bayer für ein Gelände in der Nähe des Seehafens Taichung (Mitteltaiwan), von wo aus Taiwan, Festlandchina und der übrige asiatische Raum optimal zu beliefern gewesen wäre. Bei dem beabsichtigten Erwerb des vorgesehenen Geländes jedoch stieß Bayer auf unvorhergesehene Schwierigkeiten im lokalen Bereich. Wegen des erstarkten Umweltbewusstseins der taiwanesischen Bevölkerung seit Mitte der 80er Jahre und wegen befürchteter möglicher Produktionsunfälle protestierte die örtliche Bevölkerung vehement. Darüber hinaus war während der Planungsphase des Projektes ein Umschwung in den politischen Machtverhältnissen erfolgt; die früher in Opposition stehende

234

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

DPP errang in dem für das Projekt vorgesehenen Gebiet eine überwältigende Mehrheit und löste in der Folge die bestehenden lokalen Machtstrukturen ab, zum Leidwesen der Bayer AG. Bayer wandte sich nochmals an die Zentralregierung in Taipei, die damals noch von der KMT Partei gestellt wurde und zu der Bayer entsprechende „guanxi“ (Beziehungen) aufgebaut hatte, um von dort u. U. weitere überregionale Unterstützung zu erhalten. Die Zentralregierung (d.h. der Council for Economic Planning and Development ), die dieses Bayer-Projekt unbedingt für Taiwan retten wollte, versuchte mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln, Einfluss auf den Entscheidungsprozess der Lokalbehörden zu nehmen, jedoch ohne Erfolg. Da es in der Folge auch noch bei der Abstimmung über das Projekt im Provinzparlament zu Handgreiflichkeiten kam und der zuständige Landrat seine Zustimmung von einem positiven Volksentscheid abhängig machte (der mit Sicherheit nicht zu erwarten war), sah sich Bayer 1998 gezwungen, das Projekt aufzugeben und sich nach einem anderen Standort (in den USA) umzusehen. Obwohl Bayer bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts in China aktiv ist und sich in Taiwan ein positives Fremdbild wie „Vorbild des Umweltschutzes“ und „Vorbild der industriellen Sicherheit“ (vgl. „Central Daily News“ 20.03.1998) erworben hatte, trug das Unternehmen durch eigenes Fehlverhalten im „interkulturellen taiwanesisch-deutschen Aktionsraum” selbst zum Misserfolg seines Projektes bei (vgl. Tabelle 26).

42

Beispiel

Ursachen

Konsequenz

Beantragung eines Etats für vorbereitende Öffentlichkeitsarbeit durch die örtliche Firmenleitung; Ablehnung des Stammhauses als „falsche Logik“42

Mangel an Empathie

Misserfolg wegen fehlenden Beziehungsaufbaus („guanxi“) und nichtgeleisteter Öffentlichkeitsarbeit

Ausschließliche Bemühungen um gute Bezie-

Unrealistische Einschätzung der politi-

Ungültigkeit der Zusage der Zentralregie-

Vgl. „Xin xin wen“ 8-14, Sept. 1996: 65.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

Beispiel

Ursachen

Konsequenz

hungen zur Zentralregierung (KMT); Vernachlässigung von Kontakten auf lokaler Ebene; Überraschung für Bayer durch Machtwechsel

schen Machtstrukturen

rung durch Regierungswechsel und Sabotage von lokalen Behörden

Einladung der Projektgegner ins Stammhaus nach Deutschland durch Bayer, um die eigenen hohen Umweltschutzstandards vorzuführen

Falsche Einschätzung des Selbstbildes durch Bayer

Fehlendes Verständnis für den politisch bedingten Widerstand der Verhandlungspartner43

Bei Grundstückbeschaffung Ablehnung des bei ähnlichen Fällen in Taiwan allgemein üblichen juristischen „Kunstgriffs“: Stückelung der Laufzeit des Leasingvertrags44

Konflikte im Selbst-, Fremd- und Metabild

Handgreiflichkeiten im Parlament bei der Abstimmung; erheblicher Imageverlust für das Bayer-Projekt

Trotz 11-jährigen Aufenthalts in Taiwan keine chinesischen Sprachkenntnisse45

Sprach-/ Kommunikationsprobleme bei dem in Taiwan agierenden deutschen Führungspersonal

Keine erfolgreiche Kommunikation mit den Zielgruppen

Tabelle 26:

43 44 45

235

Fallbeispiel der Bayer AG

Vgl. „Common Wealth“ Nr. 185/1996: 158. Vgl. „United Daily News“ 27.02, 1998. Vgl. „Business Weekly”. Http:// magazines.sina.com/businessweekly/contents/596/596008_2_b5.html

236

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

Erläuternd sei vermerkt, dass „renqing guanxi“ (zwischenmenschliche Beziehung) und „Öffentlichkeitsarbeit“ in der chinesischen Gesellschaft und darüber hinaus im gesamten asiatischen Kulturkreis als Synonyme verstanden werden. Hinter dem Begriff „renqing guanxi“ steckt eine bestimmte Reziprozität von Freundschaft und Individualinteresse (vgl. auch SUN 1997: 103, YANG 1999). Unter Chinesen kann eine „guanxi“ nicht früh genug geschlossen werden, und zwar bevor das gemeinsam interessierende Projekt zur Sprache kommt. Bayer meinte fälschlicherweise, sich nicht an diese „Spielregel“ halten zu müssen, und stellte in der Folge auch die Mittel für eine rechtzeitige Knüpfung der notwendigen „guanxi“ („Öffentlichkeitsarbeit“) selbst auf gut gemeinte Ratschläge der chinesischen Mitarbeiter hin nicht bereit. Im Stammhaus sprach man sarkastischerweise sogar noch von der „falschen Logik“ der Beantragung eines Etats dafür. Nach geraumer Zeit erst wurde auch in der Zentrale festgestellt, dass eine solche Arbeit doch zu leisten gewesen wäre, und versuchte dann, das Versäumte mit einem „Overkill“ an Mitteln nachzuholen, was sich aber als kontraproduktiv herausstellte, da es zu spät war. Bayer hatte von jeher gute Beziehungen zur damaligen Zentralregierungspartei KMT, die von 1949 bis 2000 in Taiwan die Regierung stellte. Das Unternehmen versäumte es, rechtzeitig mit den aufstrebenden politischen Kräften der oppositionellen DPP auf lokaler Ebene eine Interessens-„guanxi“ zu etablieren, was sich in der Folgezeit rächen sollte. So wurden Bayer, als es zu den notwendigen Genehmigungsverfahren kam, auf lokaler Ebene die viel zitierten „Knüppel zwischen die Beine geworfen“; ob es sich dabei wirklich nur um das „erstarkte Umweltbewusstsein“ der örtlichen Bevölkerung oder auch um ein verstecktes „Sabotageverhalten“ als Reaktion der Landkreisbehörden auf jahrelange Unterdrückung durch die Zentralregierung in Taipei handelte, kann nicht sicher gesagt werden. Fakt ist aber: Bayer hat die Lage falsch beurteilt, die „Zeichen der Zeit“ falsch gedeutet und durch unkluges interkulturelles Agieren letztlich scheitern müssen. Des Weiteren überschätzte Bayer sein Selbstbild als umweltschutzorientiertes Unternehmen erheblich, indem man glaubte, man könne die taiwanesischen Projektgegner durch Einladung in das Stammhaus nach Deutschland überzeugen. Einerseits unterliefen bei der Zusammenstellung der Einladungen Fehler, andererseits verkannte man die Bedeutung des unterschwelligen Konfliktes Landkreis/Zentralregierung, so dass letztlich diese mit enormem Aufwand betriebene PRAktion ohne den gewünschten Erfolg blieb. Eine den Deutschen zugeschriebene Eigenschaft ist „Korrektheit“ (vgl. Tabelle 22). Von dieser Einstellung ging wohl auch der Hauptverantwortliche der Firma Bayer vor Ort in Taiwan aus. So lehnte er es als „unkorrekt“ ab (vgl. „Business

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

237

Week“, Nr. 526, 12,1997), sich eines in Taiwan allgemein üblichen juristischen „Kunstgriffs“ zu bedienen, nämlich Leasingverträge dieser Größenordnung am Provinzparlament vorbei zeitlich zu stückeln. Durch sein „korrektes“ Verhalten löste dieser Bayer-Manager aber Gewalttätigkeiten und Tumulte im Provinzparlament bei der Abstimmung über sein Projekt aus, wodurch er das in der chinesischen Gesellschaft gepflegte und gelebte Ideal des harmonischen Miteinanders in Familie, Gesellschaft und Staat nachhaltig gefährdete. Der Imageverlust für Bayer war enorm. Letztlich scheiterte das Bayer-Projekt auch an den mangelnden chinesischen Sprachkenntnissen des Hauptverantwortlichen vor Ort, der nach einem 11-jährigen Aufenthalt im Land noch immer erhebliche Kommunikationsdefizite hatte. Mit der Zielgruppe aus der Kommune und auf dem Land war Englisch als Verhandlungssprache nicht möglich, und Deutsch natürlich erst recht nicht. Nach einer Studie von STAHL (1988) sollten bei einem ins Ausland entsandten Mitarbeiter Sprach- und Kommunikationsprobleme nach etwa 6 Jahren keine große Rolle mehr spielen (STAHL 1998: 175-176). Hier war es allerdings so. B. Fallbeispiel der Siemens AG 1997 vereinbarte die taiwanesische Unternehmensgruppe Taiwan High Speed Rail Corporation eine Zusammenarbeit mit dem deutsch-französischen Konsortium Siemens/Alstom (im Folgenden kurz THSRC genannt), um sich gemeinsam für die Ausrichtung des Projektes einer Hochgeschwindigkeitsbahn der Taiwanesischen Regierung zu bewerben (Strecke Taipei-Kaoshiung ca. 400 km, geplantes Investitionsvolumen 14 Milliarden US-$). Ein anderes taiwanesisches Unternehmen, China High Speed Rail Corporation (CHSRC), bildete in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen der japanischen Staatsbahn Shinkansen die Konkurrenz. Den Auftrag gewann schließlich nach harten Auseinandersetzungen THSCR. Diese veranstaltete in der Folge eine weitere Ausschreibung für Subunternehmer, an der sich nur die beiden Unternehmen Siemens und Shinkansen beteiligten. Diese Ausschreibung wurde von der japanischen Staatsfirma Shinkansen gewonnen. Als ausschlaggebender Entscheidungsgrund erwies sich die Tatsache, dass durch das ICE-Unglück von Eschede 1998, bei dem mehr als 100 Menschen ums Leben gekommen waren, das Vertrauen der taiwanesischen Öffentlichkeit in die Produktsicherheit des ICE gestört war. Darüber hinaus bot Shinkansen bessere Finanzierungsmöglichkeiten und war somit auch insgesamt gesehen der kostengünstigere Anbieter. Daraufhin verklagte Siemens THSRC vor einem taiwanesischen Gericht (vgl. „Central Daily News“ 12.07.2000) mit dem Argument, Siemens sei ursprünglich in dem Kooperations-

238

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

vertrag mit THSRC ein Vorrang bei einer eventuellen Projektrealisierung eingeräumt worden. Nach der Klageabweisung in Taiwan wandte sich Siemens an das Handelsgericht in Singapur, das vorher von beiden Vertragspartnern als Schiedsspruchinstanz vereinbart worden war. An dieser Stelle sei nicht weiter auf die Gründe für die Ablehnung des SiemensAngebotes eingegangen, die, wie gesagt, vielfältiger Natur waren, sondern es soll vielmehr dargestellt werden, wie sich Siemens – im Gegensatz zu seinem Konkurrenten Shinkansen – durch sein im Anschluss an die Absage durch den taiwanesischen Partner THSRC unkluges Verhalten und mangelnde interkulturelle Kompetenz seiner Akteure selbst um seinen bis dato tadellosen Ruf in der taiwanesischen Öffentlichkeit brachte. Ein ehernes Gesetz in der chinesischen Gesellschaft ist seit jeher das Streben nach Harmonie und nach ihrer Erhaltung, sei es in den zwischenmenschlichen Beziehungen, sei es im Geschäftsleben. Angestrebt werden sollte nach den konfuzianischen Wertvorstellungen immer der goldene Weg der Mitte, die Harmonisierung der Gegensätze (ZINZIUS 1996: 50-51). Die Firma Siemens hat – wahrscheinlich verärgert durch ihren Misserfolg – diesen ehernen Grundsatz der chinesischen Gesellschaftsmoral dadurch verletzt, dass sie sich für die Durchsetzung ihres vermeintlichen Rechtsanspruches für den Gang vor die Gerichte entschied, ein Vorgehen, das nicht nur in Taiwan, sondern darüber hinaus im gesamten asiatischen Raum für negative Schlagzeilen sorgte und im chinesischen Geschäftsleben mehr als unüblich ist. Die japanische Firma Shinkansen dagegen war im ersten Zug der Ausschreibung unterlegen, sie benutzte diese „Niederlage“ dazu, ihre Fehler zu analysieren, sich besser auf die taiwanesische Mentalität und Geschäftsgepflogenheiten einzustellen und ging in der „zweiten Runde“ gegen Siemens als Gewinner hervor. FELICIANO (2000: 13) schreibt dazu: „On the other hand, the Shinkansen Group seems to have quickly learned from its early setback and has adjusted its strategy to better match the Taiwanese mindset 46.” Im Gegensatz dazu verklagte Siemens den taiwanesischen Geschäftspartner und verfuhr so, wie es GÜNTHNER in ihrem Aufsatz „PI LAO ZHENG (Müdigkeit im Kampf): Zur Begegnung deutscher und chinesischer Geschäftsstile“ beschreibt: „Die von uns Deutschen häufig angestrebte Form des direkten Darlegens der eigenen Meinung sowie des offenen Signalisierens von Nichtübereinstimmung steht in starkem Widerspruch zu den auf Harmonie und konfliktfreie Abwicklung der Interaktion angelegten Verhaltensregeln chinesischer Gesprächsteilnehmer/innen (GÜNTHNER 1993: 314). 46

Hervorhebung durch den Verfasser.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

239

Zum Harmoniebestreben der Chinesen meint LIANG in seinem Aufsatz „Höflichkeit als xenologisches Thema der interkulturellen Kommunikation“: „shengyi bu cheng, renquing shang zai“, d.h. sinngemäß: Selbst wenn eine geschäftliche Transaktion nicht von Erfolg gekrönt ist, darf auf keinen Fall dadurch die menschliche Beziehung der Beteiligten gestört werden; auch weiß man nicht, ob sich künftig nicht vielleicht doch noch eine neue Möglichkeit der Zusammenarbeit ergeben könnte (LIANG 2000: 238). Die nachstehende Übersicht dokumentiert einen Vergleich der Aktion/Reaktion mit den jeweiligen Ergebnissen der Firmen Siemens und Shinkansen (Tabelle 27):

Shinkansen Aktion/ Reaktion

-

-

Ergebnis

Tabelle 27:

-

Siemens

Aus den Fehlern lernen Sich der taiwanesischen Mentalität und den Geschäftsgepflogenheiten anpassen Zwischenmenschliche Beziehungen verstärken

-

Den Auftrag gewonnen

-

-

-

Den Geschäftspartner beschuldigen Sich an westlichen Gepflogenheiten und Verhaltensmustern orientieren Vor Gericht gehen

Kostspielige, langwierige Gerichtsverfahren mit ungewissem Ausgang; auf jeden Fall enormer Imageverlust

Vergleich der Aktion/Reaktion der Firmen Siemens und Shinkansen

Ein weiteres negatives Beispiel bot Anfang der 90er Jahre die französische Firma Matra, die im Auftrag der Stadtregierung Taipeis am Bau des innerstädtischen Metro-Systems beteiligt war. Ähnlich wie Siemens ging sie – aus hier nicht näher auszuführenden Gründen – vor Gericht; der Rechtsstreit ist bis heute nicht abgeschlossen. Durch die „Störung der Harmonie“ und durch ihr ungeschicktes Verhalten ist Matra seitdem von einer weiteren Zusammenarbeit mit der besagten taiwanesischen Regierungsstelle ausgeschlossen.

240

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

Interessant ist in diesem Zusammenhang sicherlich ein Vergleich der Anzahl der Rechtsanwälte/100.000 Einwohner in den Ländern USA, BRD, Japan und Taiwan (vgl. Tabelle 28):

Jahrgang 1987 Tabelle 28:

USA 279

Deutschland 77

Japan 11

Taiwan 16

Anzahl der Rechtsanwälte/100.000 Einwohner. Quelle für USA, Deutschland, Japan: MEAD 1998: 30, zitiert nach APFELTHALER 1999: 47; für Taiwan47: „Common Wealth“ Nr. 167/1995: 108.

Eine Interpretation der oben genannten Zahlen zeigt eindeutig, dass es sich um eine unterschiedliche Einstellung von Reziprozität zwischen der Bevölkerung in West und Ost handelt. Während man in Japan und Taiwan (asiatischer Kulturkreis mit konfuzianischer Prägung, Länder mit so genannter High-context culture) (vgl. Abschnitt 3.3) stets um eine zwischenmenschliche Harmonie bestrebt ist und eine außergerichtliche Streitlösung bevorzugt (vgl. auch HUNTINGTON 1996: 170), wird in den USA, z. T. auch in Deutschland (westlicher Kulturkreis, so genannte Low-context culture) offensichtlich individuelles Interesse hervorgehoben und eher der Gerichtsweg beschritten (vgl. auch CURRY 2000: 98, KIM 2001: 15048). C. Schlussfolgerung aus den Fallbeispielen Die Misserfolge von Bayer und Siemens sind aus den geschilderten Gründen multikausal. Beide Firmen haben einige interkulturelle Aspekte nicht berücksichtigt und von den negativen Erfahrungen ihrer Vorgänger (Bayer von Du Pont; Siemens von Matra) nichts gelernt. Aus beiden Fallbeispielen lassen sich folgende Thesen ableiten: These 1: Das positive Fremdbild eines Landes bzw. einer Firma kann bei der Anbahnung von Geschäftsbeziehungen bzw. bei der Produktvermarktung einen positiven Beitrag leisten, muss jedoch nicht unbedingt zum Erfolg bei interkulturellen Geschäftsverhandlungen führen, wenn Charaktereigenschaften des einen Kulturkreises (z.B. Deutschland) im anderen (z.B. Taiwan) kontrovers interpretiert werden. 47

48

Für Taiwan ist der neueste Stand 1995 angegeben. 1987 war die Zahl sicherlich niedriger, denn jedes Jahr nimmt die Anzahl der neu zugelassenen Anwälte zu. In ihrem Buch „The Yin and Yang of American Culture: A Paradox“ benutzt KIM “Suing Anybody, Anytime, and Anywhere” als Titel eines Kapitels. Vgl. KIM 2001:150.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

241

Fall Bayer: Bei deren Antrag auf Grundstücksleasing wird eine für deutsche Verhältnisse „korrekte“ Verhaltensweise in Taiwan als „unflexibel“ und „harmoniestörend“ empfunden. Die beim Aufbau der nötigen taiwanesischen „guanxi“ gezeigte Vorgehensweise mag in Deutschland unter Umständen als „beharrlich“ und „sachlich“ interpretiert werden. In Taiwan wurde sie jedoch als „unsympathisch“ oder sogar „arrogant“ empfunden. Fall Siemens: Die Vorgehensweise dieser Firma wird von der Geschäftsleitung als „sachlich“, „korrekt“ und „gesetzestreu“ für deutsche Verhältnisse angesehen; sie löst jedoch in Taiwan eine Konfrontation mit dem taiwanesischen Gesellschaftsideal der Harmonie aus. These 2: Bei der Verhandlung zwischen internationalen Partnern ist die jeweilige interkulturelle Kompetenz ein ausschlaggebender Faktor.

7.4

Zusammenfassung der 90er Jahre

Aufgrund der zunehmenden Kontakte zwischen Deutschland und Taiwan in den 90er Jahren in allen Bereichen erhöht sich die Quantität der Berichterstattungen und der Werbeanzeigen sowie die Anzahl der Gründungen deutscher Unternehmen. Durch die vermehrten Kontakte entsteht aufgrund der Interdependenz in den Ereignissen beider Länder ein Wandel des Selbstbildes Taiwans und des deutschen Fremdbildes. Die Übersicht zeigt, welche Ereignisse in beiden Ländern für Veränderungen im Fremdbild Deutschlands und im Selbstbild Taiwans maßgebend waren (Tabelle 29): Endogene Faktoren (in Taiwan)

Exogene Faktoren (in Deutschland)

Politisch: - erfolgreicher Abschluss des Demokratisierungsprozesses - gegenseitiger Besuch von Politikern - Partnerschaften zwischen taiwanesischen und deutschen Städten

Politisch: - Ein-China-Politik Deutschlands - Ausländerfeindlichkeit - Entschädigung der Opfer des 2. Weltkriegs - Finanzskandale

242

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

Endogene Faktoren (in Taiwan)

Exogene Faktoren (in Deutschland)

Wirtschaftlich: - Weiterentwicklung der Informationstechnologie - Hohe Devisenreserven/ Kapitalexport: Fusionen mit ausländischen Unternehmen - hohe Wirtschaftswachstumsraten, niedrige Arbeitslosigkeit

Wirtschaftlich: - Exportüberschuss im Handel mit Taiwan - Auslagerung von Produktionsstätten - höhere Arbeitslosigkeit, niedrigere Wirtschaftswachstumsraten - ICE-Unfälle (sicherheitstechnischer Faktor)

Gesellschaftlich: - weitere Entwicklung des Umweltbewusstseins - Erdbeben: 2000 Tote - Eröffnung deutscher Restaurants

Gesellschaftlich: - BSE-Skandal

Kulturell: - Eingehen akademischer Partnerschaften - vermehrte Reisen nach Deutschland

Kulturell: - häufigere Auftritte deutscher Künstler in Taiwan - Nobelpreisverleihung an G. Grass

Tabelle 29:

Die sich auf das taiwanesische Deutschlandbild auswirkenden endogenen und exogenen Faktoren

Endogene und exogene Auswirkungen in Bezug auf das taiwanesische Deutschlandbild lassen sich in zwei Kategorien zusammenfassen: 1) Faktoren des Fremdbildwandels Deutschlands in Taiwan: In den Berichterstattungen und der Werbung in Taiwan spiegeln sich die meisten der besagten Faktoren wider. Im Folgenden wird anhand einiger Beispiele versucht, deren Zusammenhang mit dem Fremdbildwandel Deutschlands aufzuzeigen:

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

243

a) Politisch

49

-

Die Ein-China-Politik Deutschlands: Aufgrund dieser Politik ist Deutschland nicht in der Lage, die von Taiwan gewünschten U-Boote bzw. einen kommerziellen Satelliten zu liefern. Dies führt in Taiwan zu der Einstellung, dass Deutschland nicht „zuverlässig“ sei. Ferner bildet sich auch das Stereotyp heraus: „Deutschland, ein wirtschaftlicher Riese, jedoch ein politischer Zwerg“, denn z.B. die Niederlande und Frankreich unterhalten zwar auch keine diplomatischen Beziehungen mit Taiwan, haben jedoch trotz des Protestes seitens der VR China ihre politische Souveränität bewahrt und die von Taiwan gewünschten Waffen zur Stärkung der Selbstverteidigungskraft der Insel geliefert, wie z.B. U-Boote, Militärflugzeuge und Kriegsschiffe.

-

Ausländerfeindlichkeit in Deutschland: Zweifellos bewirkt dieser Umstand ein negatives Image der BRD in Taiwan.

-

Entschädigung von Opfern des 2. Weltkriegs: Diese geschah sowohl auf materieller als auch auf immaterieller Ebene. Mehr als 60 Milliarden DM wurden von der deutschen Regierung als Entschädigung seit 1950 geleistet. Weitere 10 Milliarden DM werden zur Zeit noch zusätzlich an ehemalige Zwangsarbeiter bezahlt („China Times“, 16.12.1999: 13). Was die immaterielle Wiedergutmachung und das Schuldeingeständnis anbelangt, sind beispielsweise der Kniefall des damaligen Bundeskanzlers Brandt vor dem Mahnmal im Warschauer Ghetto (BENZ 1999: 61) und die Bitte um Entschuldigung durch den amtierenden Bundespräsidenten Rau für die im 2. Weltkrieg von Deutschen begangenen Unrechtstaten anlässlich einer Ansprache vor der Knesseth zu erwähnen („China Times“, 18.02.2000: 13). Ein solches Verhalten Deutschlands trug zur positiven Imagebildung in Taiwan bei, auch deshalb, weil die Japaner, im Gegensatz zu den Deutschen, für ihr Verhalten gegenüber Taiwanesen bisher keine Entschädigungen gezahlt haben: Die japanischen Kriegsanleihen (vgl. Abb. 24) wurden nach Kriegsende nicht eingelöst, und die von Japan zwangsweise zum Kriegsdienst verpflichteten taiwanesischen Soldaten bzw. deren Hinterbliebene wurden nur unangemessen entschädigt.49 Der Streit um eine Entschädigung der so genannten „wei an fu“ (von den Japanern zur Prostitution in militärischen Bordellen gezwungenen Taiwanesinnen) ist aufgrund der uneinsichtigen Haltung der japanischen Regie-

Vgl. „Sinorama“ Vol. 26, No 7 July 2001: 88-90 und Vol. 26, N0.10 October 2001: 1.

244

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE rung immer noch nicht beigelegt.50 Darüber hinaus erregt der jüngste provokative Besuch des japanischen Premiers Koizumi am „Yasukuni Schrein“51 (Reuters, 13.08.2001)52 die taiwanesische Öffentlichkeit.

b) Wirtschaftlich: -

Auslagerung von Produktionsstätten: Aufgrund der Auslagerung deutscher Unternehmen wie Siemens, BASF, AEG und BMW dürfen deutsche Produkte nicht mehr als „Made in Germany“ bezeichnet werden. Als Konsequenz wird das Image deutscher Produkte in Taiwan beeinträchtigt.

-

ICE-Unfälle: Ein anderer Grund, dass das positive Image von „Made in Germany“ abnimmt, ist eine Serie von ICE-Unfällen, unter denen das Unglück von Eschede eine enorme Anzahl von Menschenleben forderte.

c) Gesellschaftlich:

50 51

52 53

-

BSE-Skandal: 1997 litt Taiwan sehr unter der Maul- und Klauen-Seuche. Es wurde damals heftige Kritik an verschiedenen taiwanesischen Institutionen geübt. Das Auftreten eines ähnlichen Problems (BSE) in dem „Vorbildland“ (Deutschland) beeinträchtigte selbstverständlich das Image Deutschlands in Taiwan.

-

Erdbeben 1999 in Taiwan: Es war eine der schlimmsten Katastrophen in Taiwan. Zur Bergungshilfe kamen viele ausländische Mannschaften, z.B. auch deutsche Bergungstrupps mit Suchhunden. Wochenlang wurde in den taiwanesischen Medien intensiv über deren aufopfernde Hilfe berichtet. Diese Hilfe und die Berichte darüber prägten das Stereotyp „Hilfsbereitschaft“. TETZNER schildert die Hilfe der Bergungsmannschaften und deren Wahrnehmung durch die Taiwanesen: „Das tat den Verletzten und Obdachlosen sehr gut. Taiwan fühlte sich endlich nicht mehr alleine gelassen und sprach den Helfern gegenüber, auch Deutschland, immer wieder seinen Dank aus (TETZNER 1999: 19). Die Bargeldspenden von deutschen/europäischen Unternehmen vor Ort53 an die Betroffenen verstärkten einerseits das Stereotyp „Hilfsbereitschaft“ und trugen andererseits auch zur Imagebildung deutscher Unternehmen in Taiwan bei.

Vgl. auch „Sex Slaves Speak Out Against Injustice“ in „Sinorama“ Vol. 25, No.1, 2000: 120-129. Ein Schrein, in dem die im 2. Weltkrieg gefallenen japanischen Soldaten (inkl. die „Kriegsverbrecher“) geehrt werden. Zitiert nach „China Post“: www.chinapost.com.tw/detail.asp?ID=15698&GRP=A Eine Summe in Höhe von NT 6.626.196 (ca. DM 441.750) wurde von deutschen/europäischen Unternehmen in Taiwan an die Betroffenen des Erdbebens gespendet. Vgl. „Euroview“, Nr. 68, 2000: 39.

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

245

d) Kulturell: -

Mit der zunehmenden Anzahl taiwanesischer Touristen, die nach Deutschland kommen, werden Stereotype gegenüber Deutschland abgebaut, und es entwickelt sich ein realitätsnahes Deutschlandbild.

Wirft man einen Blick auf die oben genannten Faktoren und die in den Berichterstattungen und in der Werbung hervorgehobenen Charaktereigenschaften, die sich auf die Fremdbildparameter Deutschlands auswirken, ergibt sich im Vergleich mit den 80er Jahren folgendes Bild (Tabelle 30): Fremdbildparameterwandel (90er/80er Jahre im Vergleich) In der Berichterstattung

In der Werbung

Positive Aussagen:

Themen 1991-1995:

„effizient“

- Preis-Leistungs-Verhältnis

„fleißig“

- Internationalisierung

„gründlich“

- Investitions-/Finanzmanagement

„hilfsbereit“

- Herkunftsland

„intelligent“

- Sicherheit (nur Produkte)

„künstlerisch“

- Technik

„methodisch“

- Umwelt/Natur

„ordentlich“

- Genuss

„sportlich“ „technikorientiert“ „umweltbewusst“ „tierlieb“ Negative Aussagen: „aggressiv“ „grausam“ „ethnozentrisch“

Themen 1996-2000: - Preis-Leistungs-Verhältnis - Internationalisierung - Sicherheit (Produkte und Personen) - Technik - Umweltschutz - Genuss/Life Style - Sex Appeal - Computerisierung (u. a. Einführung von Internet-Werbung)

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

246

Fremdbildparameterwandel (90er/80er Jahre im Vergleich) In der Berichterstattung

In der Werbung

Politische und ökonomische Charakteristika:

Verbal:

„demokratisch“

„deutscher Nationalschatz“

„friedlich im Rahmen der Wieder-

„Made in West Germany“,

vereinigung“ „reich“

„Import aus Deutschland in Originalverpackung/-ausstattung“, „Made in Germany”

Quantitätswandel:

„nationalsozialistische Symbole”

1) Neu aufgetretene Parameter: „diszipliniert“, „ehrlich“,

„umweltbewusst“

„humorlos“, „kalt“, „kriegerisch“,

„Fremdsprachen“

„reserviert“ 2) Nicht mehr aufgetauchte Parame-

Neu aufgetretene Parameter:

ter: „bes. Vorliebe für Bildung von

„deutsche Genetik“

Vereinen/Verbänden“

„pflichtbewusst“ „praktisch“

Qualitätswandel: von „korrekt“ zu „korrupt“ vom „wirtschaftlichen Riesen“ zum „politischen Zwerg“

„hervorragende deutsche Ingenieure“ Nonverbal: „nationalsozialistische Attribute“

vom „sicheren Land“ zum „relativ

„deutsche/westliche

unsicheren Land“

Fotomodelle“

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

247

Fremdbildparameterwandel (90er/80er Jahre im Vergleich) In der Berichterstattung

In der Werbung Paraverbal: „Made in West Germany“, „Made in Germany” „technikorientiert”

: gleichbleibend, Tabelle 30:

: zunehmend,

: abnehmend

Die Dynamik im Wandel des Deutschlandbilds in Taiwan in den 90er Jahren

Was die positiven Aussagen in den Berichterstattungen betrifft, bleiben folgende Stereotype im Vergleich zu den 80er Jahren unverändert: „effizient“, „fleißig“, „gründlich“, „intelligent“, „methodisch“, während andere häufiger genannt werden: „hilfsbereit“, „künstlerisch“, „ordentlich“, „sportlich“, „technikorientiert“, „umweltbewusst“, „tierlieb“. Bei den negativen Aussagen nehmen „grausam“ und „ethnozentrisch“ zu, „aggressiv“ bleibt gleich. Politische und ökonomische Charakteristika: „demokratisch“ und „reich“ bleiben gleich, während „friedlich im Rahmen der Wiedervereinigung“ abnimmt. Neue Stereotype wie „diszipliniert“, „ehrlich“, „humorlos“, „kalt“, „kriegerisch“ und „reserviert“ treten in diesem Jahrzehnt auf. Die letzterwähnten zwei Stereotype wurden in den 60er/70er Jahren genannt, in den 80er Jahren nicht. „Besondere Vorliebe für die Bildung von Vereinen/Verbänden“ erscheint in den 90er Jahren nicht mehr. Aufgrund oben erwähnter politischer und gesellschaftlicher Faktoren hat sich in den Stereotypen folgender Qualitätswandels vollzogen: von „korrekt“ zu „korrupt“, vom „wirtschaftlichen Riesen“ zum „politischen Zwerg“, vom „sicheren Land“ zum „relativ unsicheren Land“. Infolge der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung wandelt sich auch die Werbung für deutsche Produkte, etwa durch eine Abnahme der Nennung des „Herkunftslandes“ und eine Zunahme des „Umwelt- und Naturbewusstseins“. Insgesamt gesehen, ist die Abnahme mancher Parameter auf der verbalen und nonverbalen Ebene auf den Wandel des Werbestils von der Standardisierung zur Differenzierung zurückzuführen. Aus der Untersuchung der Werbung für deutsche Güter in Taiwan kann folgende These abgeleitet werden: Im Wandel von der standardisierten zur lokalisierten Werbung vollzieht sich auch ein Abbau der Stereotype gegenüber dem Stammland.

248

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

2) Faktoren des Selbstbildwandels Taiwans, die in einer Interdependenz mit dem Wandel des Deutschlandbildes in Taiwan stehen: a) Politisch: -

1996 fand auf Taiwan die erste freie, direkte Präsidentenwahl statt und 2000 der erste Regierungswechsel (von KMT zu DPP) seit 1949. Nach Ansicht der Taiwanesen hat sich Taiwan zu einem demokratischen Land entwickelt, vergleichbar mit der Bundesrepublik Deutschland.

-

Gegenseitige Besuche von Politikern beider Länder, wie z.B. des Exkanzlers H. Schmidt, des Vizekanzlers/Wirtschaftsministers J. Möllemann, des Wirtschaftsministers G. Rexrodt und verschiedener Bürgermeister deutscher Großstädte, gewinnen für das Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen Taiwans zunehmend an Bedeutung. Gegenseitige Besuche von Beamten auf hoher Ebene sind für Taiwan ein Zeichen der Anerkennung und Akzeptanz in der internationalen Staatengemeinschaft. Das Eingehen von Städtepartnerschaften zwischen Deutschland und Taiwan führt zu einer gleichen positiven Bewertung.

b) Wirtschaftlich: Das kontinuierliche wirtschaftliche Wachstum Taiwans, vor allem der Informationstechnologie (Taiwan ist diesbezüglich weltweit der drittgrößte Produzent) erregt internationale Beachtung. MACHARZINA meint, dass sich die taiwanesischen Unternehmen mit wachsendem Erfolg auf technologisch anspruchsvollen Märkten wie dem EDV-Markt behaupten könnten (MACHARZINA 1999: 761). Höhere Devisenreserven machen Taiwan zu einem Kapitalexportland. Taiwanesische Unternehmen als Investoren in den neuen Bundesländern zu gewinnen war das erklärte Ziel des bereits erwähnten Besuchs Möllemanns auf Taiwan (vgl. „Sinorama“, Jan. 1993: 29). Mit dem gleichen Ziel wurde auch Werbung vom Bundeswirtschaftsministerium in Taiwan geschaltet. Der geplante Verkauf der PC-Sparte von Siemens Nixdorf an den taiwanesischen Hersteller Acer scheiterte zwar letztlich an den Finanzierungsverhandlungen54, aber allein dass solche Verhandlungen stattfinden, wirkt sich positiv auf das Selbst- und Fremdbild Taiwans aus.

54

Vgl. „Wirtschafts Woche“: .../0,1702,11157_13090,00.html?wherestring=where%2Bg%255Ftext%255Fid%217.10.01

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

249

Der für Deutschland sehr negativ ausfallende Vergleich der Arbeitsmarktdaten/Wachstumsraten mit Taiwan bewirkt eine enorme Erstarkung des Selbstbewusstseins der taiwanesischen Gesellschaft (vgl. Tabelle 31): 1992-2000

Durchschnittlicher Wert

Tabelle 31:

Arbeitslosigkeit in Prozent

Wirtschaftswachstum in Prozent

Deutschland: 9,86

Deutschland: 1,56

Taiwan: 2,25

Taiwan: 6,30

Vergleich der Arbeitsmarktdaten/ Wachstumsraten BRD/ Taiwan 1992-2000. Quelle: www.bundesbank.de55 und www.dgbas.gov.tw56

Sowohl die endogenen als auch die exogenen Faktoren, die in Taiwan und Deutschland während der 90er Jahre wirkten, förderten positive Fremdbildparameter Taiwans und führten deshalb zu einer neuen Selbsteinschätzung und einer neuen Wahrnehmung Taiwans gegenüber Deutschen und Deutschland. Darüber hinaus hat der Wandel von der standardisierten zur lokalisierten Werbung für deutsche Waren zum Abbau der fast nur positiv gebildeten Stereotype in den Werbeanzeigen beigetragen. Durch diese Veränderung des Selbstbildes Taiwans und des Fremdbildes Deutschlands besteht fast kein Abstand zwischen dem Realitätsbild (Ist-Zustand Taiwan) und dem Idealbild (Soll-Zustand Deutschland), da aus der Sicht der taiwanesischen Gesellschaft ihr Land zu einem gleichwertigen Partner Deutschlands geworden ist, wobei sich gleichzeitig auch der Identifikationsgrad mit Deutschland erheblich verstärkt hat. Nach der Darstellung BERGLERS (vgl. Abb. 2 und 3) handelt es sich um den höchsten Identifikationsgrad zwischen dem Selbstbild des Beurteilenden (in unserem Beispiel: Taiwan) und dem des Beurteilten (in unserem Beispiel: Deutschland). Eine Umfrage über das Deutschlandbild in den USA, Italien, England, Schweden, Griechenland, Dänemark und Frankreich (EMNID 1977) ergab, dass, je mehr 55

56

Arbeitslosenquote Deutschlands: http://www.bundesbank.de/de/statistik/zeitreihen/html/uuca12.htm Arbeitslosenquote Taiwans: http://www.dgbas.gov.tw/dgbas03/bs2/90chy/table/s021.xls(2001/12/26); Wachstumsraten Deutschlands und Taiwans: http://www.dgbas.gov.tw/dgbas03/bs8/world/gnprate.htm

250

TEIL 4 - EMPIRISCHE FORSCHUNGEN UND ERGEBNISSE

man dem wirtschaftlichen Potenzial des eigenen Landes vertraute, umso geringer die wirtschaftliche Stärke Deutschlands eingeschätzt wurde – et vice versa (vgl. BOLTEN 2001a: 54). Das gilt auch für die Verhältnisse im Bereich der Wirtschaft zwischen Deutschland und Taiwan. Aufgrund der Entwicklung der bilateralen Beziehungen auf der politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Ebene sowie der dadurch entstandenen Interdependenzen des Selbstund Fremdbildes hat sich das Deutschlandbild in Taiwan von dem Zustand einer Asymmetrie in den 60er/70er Jahren zu dem einer zunehmenden Symmetrie in den 80er Jahren und schließlich zu dem einer fast vollständigen Symmetrie in den 90er Jahren gewandelt.

TEIL 5 RESÜMEE UND AUSBLICK

TEIL 5 - RESÜMEE UND AUSBLICK

8

253

Resümee und Ausblick

Wie gezeigt werden konnte, bestand in den 60er/70er Jahren in Taiwan auf Grund der historischen Kontexte und des Mangels an Kontakten ein durch positive Stereotype idealisiertes Deutschlandbild; in den 80er Jahren setzte sich das positive Deutschlandbild fort, wobei Ende der 80er die Wiedervereinigung eine ausschlaggebende Rolle spielte. Sie war wegen der Identitätskonflikte zwischen Taiwan und der VR China von besonderer Bedeutung und wurde von der taiwanesischen Gesellschaft als vorbildlich betrachtet. Durch intensive Kontakte zu Deutschland entstand in den 90er Jahren ein realitätsnäheres Deutschlandbild. Betrachtet man alle den Deutschen zugeschriebene Charaktereigenschaften von den 60er bis zu den 90er Jahren in der taiwanesischen Presse, so ergibt sich folgendes Bild (Tabelle 32): Positiv: „friedlich im Rahmen der Wiedervereinigung“: „künstlerisch“: „technikorientiert“: „umweltbewusst“: „korrekt“: „wissenschaftlich denkend“: „ernsthaft“: „ordentlich“: „tierlieb“: „praktisch“: „reich“: „sportlich“: „antikommunistisch“: „fleißig“: „freundlich“: „hilfsbereit“:

60er/70er

3 1 1 1 2 1 4 1 -

80er

90er

35 3 3 1 1 2 2 1 1 2

1 24 21 22 13 11 10 6 6 4 2 4 2 4 2

254

TEIL 5 - RESÜMEE UND AUSBLICK

Positiv: „demokratisch“: „diszipliniert“: „ehrlich“: „effizient“: „gründlich“: „intelligent“: „methodisch“: „gerecht“: „patriotisch“ „selbstkritisch“: „pflichtbewusst“: „sauber“ : „sparsam“: „vernünftig“: „antinationalsozialistisch“: „fortschrittlich“: „präzise“: „leidenschaftlich“: „bes. Vorliebe für die Bildung von Vereinen/Verbänden“:

Negativ: „ausländerfeindlich“: „grausam“: „kriegerisch“: „ethnozentrisch“: „korrupt“: „arrogant”: „kalt“:

60er/70er

80er

90er

1 -

1 1 1 1 1 2 -

2 3 3 2 2 1 1 2 2 2 2 2 2 1 1 1 1

1

-

60er/70er

80er

90er

1 2 1 -

1 1 -

20 17 15 7 7 3 3

TEIL 5 - RESÜMEE UND AUSBLICK

Negativ: „aggressiv“: „abergläubisch“: „rechtsradikal“: „reserviert“: „stur“: „humorlos“: „sinnlich“: Tabelle 32:

255

60er/70er

80er

90er

1 -

1 -

2 2 2 1 1 1 1

Den Deutschen zugeschriebene Charaktereigenschaften in den 60er-90er Jahren in der taiwanesischen Presse.; Anzahl der Nennungen

Das durch positive Stereotype geprägte Deutschlandbild wird häufig in Werbeanzeigen für deutsche Produkte thematisiert, auf der verbalen Ebene z.B. mit Begriffen wie „künstlerisch“, „deutsche Technik“, „umweltbewusst“. Die Begriffe „Made in Germany“ in den 60er/70er und 90er Jahren und „Made in West Germany“ in den 80er Jahren sowie „Import aus (West)Deutschland in Originalverpackung/-ausstattung“ werden als Qualitätsgarantie angesehen. Solche Bezeichnungen werden auch auf der paraverbalen Ebene durch Groß- und Fettschreibung hervorgehoben. Auf der nonverbalen Ebene finden deutsche Fotomodelle und Geistesgrößen und deutsches Ambiente zahlreich Verwendung. Der Wandel von der standardisierten Werbung in den 80er Jahren zur differenzierten Werbung in den 90er Jahren trägt zum Abbau von Stereotypen gegenüber Deutschland und zu einem realitätsnahen Deutschlandbild bei. Da Deutschland seit den 90er Jahren Handelsüberschüsse mit Taiwan erwirtschaftet und immer mehr Tochtergesellschaften deutscher Unternehmen auf der Insel gegründet werden, kann man mit Recht davon ausgehen, dass das positive Deutschlandbild in Taiwan zum erfolgreichen Marketing deutscher Waren und zu zunehmenden Gründungen deutscher Unternehmen beigetragen hat. Belastet wurde das Deutschlandbild durch einige negative Stereotype offenbar nicht. Dazu zählen z.B. die aus dem nationalsozialistischen Erbe üblicherweise abgeleiteten negativen Eigenschaften wie „grausam“, „kriegerisch“ und „ethnozentrisch“. Nationalsozialistische Attribute wie Hitlerbild und Hakenkreuz dienten in Taiwan sogar zur positiven Assoziation mit heutigen deutschen Technologiestandards

256

TEIL 5 - RESÜMEE UND AUSBLICK

(BOLTEN 2001a: 7) und wurden z. T. als Werbeidentifikationshilfsmittel in kommerziellen und politischen Werbespots verwendet. Aus historischen Gründen wird der Nationalsozialismus in Taiwan nicht so kritisch rezipiert wie in den Ländern, die besonders leidvolle Erfahrungen mit diesem System machen mussten. Infolge der Kritik inner- und außerhalb Taiwans, unter anderem wegen Werbespots, in denen mit Hitlerporträts für Heizkörper geworben wurde (1999), und einer Wahlkampagne (2001), in der solche Porträts zum Einsatz kamen (vgl. Abschnitt 6.2.4), wird in jüngster Zeit die Verwendung nationalsozialistischer Symbole auf der Insel als Mangel an interkultureller Sensibilität öffentlich kritisiert. Es ist deshalb anzunehmen, dass die Verwendung von Hitlerbildern und Hakenkreuzen in Zukunft unterbleibt, vor allem wegen der Sorge Taiwans, dadurch die politische, wirtschaftliche sowie kulturelle Interaktion mit der internationalen Staatengemeinschaft zu beeinträchtigen. Zu beobachten ist jedoch, dass der Parameter „Ausländerfeindlichkeit“, der in den 90er Jahren in den Berichterstattungen der taiwanesischen Presse am häufigsten auftritt, Auswirkungen auf das Deutschlandbild hat. Gegenwärtig bildet er einen negativen Image-Impact und könnte taiwanesische Studenten zögern lassen, sich zukünftig für ein Studium in Deutschland zu entscheiden. Abzuwarten ist, ob besagter Parameter sich auch negativ auf die wirtschaftlichen Kontakte beider Länder auswirken wird. Des Weiteren ergab die Untersuchung, dass sich das Deutschlandbild Taiwans im Laufe des untersuchten Zeitraums geändert hat. TRAUTMANN (1991: 10) zufolge sind bei derartigen Wandlungsprozessen folgende Parameter von Bedeutung: -

historische Negativ - Erfahrungen, die das Kollektivbewusstsein prägen,

-

Geschichtsbilder und schulische Sozialisation,

-

aktuelle politische und persönliche Negativ - Erfahrungen,

-

wirtschaftliche Konkurrenz- und Bedrohungsängste,

-

politische Bedrohungsängste und Furcht vor einer deutschen Hegemonie,

-

Informationsmängel und die Unkenntnis des Nachbarn,

-

die Propagierung von Feindbildern durch den Staat,

-

die Instrumentalisierung von Feindbildern zu innenpolitischen Zwecken,

-

die Konstruktion von ‚Realität’ in den Massenmedien,

-

die Reduktion von Komplexität und eine vereinfachte Wahrnehmung, mit der sich bequemer leben lässt, und

-

das symbolische Handeln der Regierungen und Spitzenpolitiker.

TEIL 5 - RESÜMEE UND AUSBLICK

257

In Ergänzung zu TRAUTMANN ist festzustellen, dass der Wandel des Deutschlandbildes in Taiwan wesentlich auch auf der Veränderung der Selbsteinschätzung (des Selbstbildes) Taiwans und der Veränderung der subjektiven Einschätzung des Idealbildes/Wunschbildes (Fremdbildes) Deutschlands in der taiwanesischen Gesellschaft beruht. Die Veränderung der Einschätzungen des Selbst- bzw. Fremdbildes liegt in der Entwicklung der politischen, wirtschaftlichen, kulturellen sowie gesellschaftlichen Bereiche sowohl des beurteilenden Landes (Taiwan) als auch des beurteilten (Deutschland) begründet. Der Wandel des Deutschlandbildes vollzog sich von einem asymmetrischen Zustand zu einem fast vollkommen symmetrischen. Weiterhin ist davon auszugehen, dass der besagte Wandel Taiwans als ein Modell für andere asiatische Länder wie die VR China, Indonesien, Korea, Malaysia sowie die Philippinen gelten könnte. Die Thesen TRAUTMANNS haben eher Gültigkeit für die Länder des westlichen Kulturkreises, insbesondere für die unmittelbaren Nachbarländer Deutschlands. Für deutsche Unternehmer ist diese Feststellung, nämlich die eines Selbstbildwandels in der taiwanesischen Gesellschaft bei gleichzeitigem Fremdbildwandel Deutschlands, von herausragender Bedeutung. Dadurch können z.B. deutsche Investoren besser einschätzen, welche (Vor-)Urteile taiwanesische/ostasiatische potenzielle Geschäftspartner gegenüber Deutschen/Deutschland hegen (Fremdbilder) bzw. welche Erwartungshaltung sie einnehmen (Metabilder). Diese Erkenntnis bildet eine unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche interkulturelle Wirtschaftskommunikation deutscher Akteure in dem jeweiligen Gastland. Es hat sich ebenfalls gezeigt, dass es von den 60er Jahren bis zum Jahr 2000 eine kontinuierliche dynamische Zunahme gab von: -

Berichterstattungen über „Deutsche“, „Deutschland“ und „deutsch“,

-

Werbeanzeigen für deutsche Produkte,

-

Gründungen deutscher Unternehmen (vgl. Abb. 53 und Tabelle 33)

258

TEIL 5 - RESÜMEE UND AUSBLICK

Abbildung 53: Anzahl der Gründungen deutscher Unternehmen, der Berichterstattungen und der Werbeanzeigen. 60er/70er Jahre

80er Jahre

90er Jahre

Anzahl der Gründungen deutscher Unternehmen

23

38

76

Anzahl der Berichterstattungen

34

106

5.013

n.a.

185

275

Anzahl der Werbeanzeigen Tabelle 33:

Dynamische Zunahme der Kontakte zwischen Deutschland und Taiwan.

Es ist zu erwarten, dass die Intensität der Kontakte zwischen beiden Ländern im 21. Jahrhundert noch zunehmen wird. Anzunehmen ist weiterhin, dass Taiwan aus Gründen

TEIL 5 - RESÜMEE UND AUSBLICK -

des hohen Bruttosozialprodukts,

-

des positiven „Länderrisiko-Ratings“ und

-

des geringen Stressfaktorenumfelds

259

ein wichtiger Investitionsstandort deutscher Unternehmen in Asien bleiben wird. Taiwan verfügt über das dritthöchste Bruttosozialprodukt (BSP) pro Einwohner Asiens, was auch eine hohe Kaufkraft für deutsche Waren impliziert (vgl. Tabelle 34):

Land Japan

33.800

Singapur

31.900

Taiwan

13.3001

Südkorea

9.511

VR China

738

Thailand

2.450

Malaysia

4.287

Vietnam

280

Indonesien

998

Philippinen

1.203

Indien Tabelle 34:

Bruttosozialprodukt pro Einwohner (in US-$)

387

Bruttosozialprodukt pro Kopf in asiatischen Ländern. Quelle: „Asiaweek“, 1998, Internationaler Währungsfond, OECD, Wirtschaftsforschungsinstitute. Zitiert nach DRÄGER et al. 1999: 125.

Taiwan ist nach Japan das Land mit dem zweitniedrigsten Investitionsrisiko in Asien.

1

US-$ 14.216 (Stand 2000). Vgl. „Taiwan Statistical Data Book“, 2001: 48.

TEIL 5 - RESÜMEE UND AUSBLICK

260

Bei Investitionsstandortentscheidungen spielt das Länderrisiko-Rating eine tragende Rolle (vgl. Tabelle 35):

1.Schweiz

9.17 11. Irland

8.18

28. VR China

5.82

2. USA

9.12 12. Großbrit.

8.10

29. Polen

5.58

3. Niederlande

9.09 13. Kanada

8.02

30. Tschechische Rep. 5.50

4. Luxemburg

8.99 14. Finnland

7.90

(...)

5. Deutschland

8.96 15. Spanien

7.88

70. Russland

2.00

6. Frankreich

8.88 16. Belgien

7.75

71. Ukraine

1.72

7. Österreich

8.73 17. Taiwan

7.67

8. Norwegen

8.60 18. Schweden

7.60

9. Japan

8.57 19. Italien

7.55

10. Dänemark

8.34 (...)

Tabelle 35:

Länderrisiko–Rating. Quelle: Eine Kurzinformation: Investment in Taiwan 2000, Deutsches Wirtschaftsbüro Taipei (Hg.), 2000: 12. 10 = minimales Risiko, 0 = maximales Risiko.

Bei einer in Asien unter deutschen Managern durchgeführten Umfrage wird Taiwan neben Australien unter asiatisch-pazifischen Ländern als zweitniedrigstes stressverursachendes Land für Entsandte bewertet. Dies hat positive Auswirkungen auf die Lebensqualität deutscher entsandter Fach- und Führungskräfte und deren Familien (vgl. auch STAHL 1998), was wiederum zu einer wichtigen Bedingung für die erfolgreiche Tätigkeit von Entsandten im Gastland zählt (vgl. Abb. 54):

TEIL 5 - RESÜMEE UND AUSBLICK

Vietnam Südkorea Thailand Hongkong Philippinen V.R. China Indonesien Singapur Japan Indien Malaysia Taiwan Australien

261

8,5 8,2 7,8 6,8 6,8 6,7 6,6 6,5 6,2 6,1 5,6 5,5 3,5

0

2

4

6

8

10

Abbildung 54: Stressfaktoren verschiedener asiatisch-pazifischer Länder 1997 aus der Sicht deutscher entsandter Manager.2 10 = maximale Stressbelastung , 0 = minimale Stressbelastung. Quelle: „Asiaweek“, 1998. Zitiert nach DRÄGER et al. 1999: 134. Daraus folgt, dass auch im 21. Jahrhundert mit einer starken deutschen wirtschaftlichen Präsenz in Taiwan zu rechnen ist. Zu fragen bleibt jedoch, ob die für deutsche Unternehmen im 20. Jahrhundert auf der Insel und im südostasiatischen Raum erreichten Geschäftserfolge weiterhin gesichert sind, denn aufgrund des Abbaus von Handelsbarrieren und der weiteren Öffnung von Märkten3 wird in den genannten Ländern eine starke Konkurrenz entstehen. Des Weiteren muss sich auch zeigen, ob die in den Fallbeispielen genannten Fehler vermieden werden können. Dafür erscheinen folgende Voraussetzungen notwendig: -

2 3

Vermittlung eines ausgewogenen Deutschlandbildes bei taiwanesischen Führungskräften: Da die gegenwärtigen Beziehungen zwischen beiden Ländern im Wesentlichen durch wirtschaftliche Aktivitäten geprägt sind, ist es notwendig, dass eine Feldforschung über Stereotype und Vorurteile taiwanesischer Manager initiiert wird, um diesen ein ausgewogenes Deutschlandbild zu ermöglichen. Da besagter Personenkreis erfahrungsgemäß in der taiwanesischen Gesellschaft auch im politischen und kulturellen Bereich einen be-

Hervorhebung durch den Verfasser. Beispielsweise wurden Taiwan und China im Nov. 2001 als Mitglieder in die WTO (Welthandelsorganisation) aufgenommen.

262

TEIL 5 - RESÜMEE UND AUSBLICK sonders starken meinungsbildenden Einfluss ausübt, würde damit über den wirtschaftlichen Bereich eine erfolgreiche Interaktion auf dem politischen und kulturellen Gebiet zwischen Deutschland und Taiwan gewährleistet sein.

-

Erlangung interkultureller Kompetenz: Nach NIEDERMEYER ist innerhalb der deutschen Wirtschaft ein deutliches Defizit an qualifiziertem Training für interkulturelle Kompetenz der Führungskräfte vor deren Entsendung ins Gastland festzustellen. Ebenfalls ungenügend sind Angebot und durchgeführte Betreuungsleistungen während des Auslandsaufenthaltes (vgl. NIEDERMEYER 2001: 232). Aus den in dieser Studie geschilderten Fallbeispielen der Bayer AG/Siemens AG geht hervor, dass der rechtzeitige Erwerb interkultureller Kompetenz durch das entsandte Personal eine unentbehrliche Voraussetzung für deren erfolgreiches Wirken im Zielmarkt ist. In diesem Rahmen ist eine kontinuierliche Weiterbildung der im Ausland tätigen Manager unerlässlich. Sollte konventionelles Off-the-Job-Training aus diversen Gründen nicht möglich sein, ist als Alternative On-the-Job-Training einzusetzen. Als ein weiteres hervorragendes unterstützendes Mittel zum Erwerb interkultureller Kompetenz bietet sich das E-Learning an, bei dem sich Computer-Based-Training (CBT) und Website-Based-Training (WBT) bei entsprechendem Bedarf gegenseitig ergänzen können. Zur Bewältigung auftauchender Probleme stehen des Weiteren die Möglichkeiten des E-Coaching zur Verfügung. Der Erwerb interkultureller Kompetenz ist jedoch nicht nur für deutsche Entsandte zwingend notwendig, sondern auch für lokale chinesische Führungskräfte relevant, da diese einen Anteil von 45,8 % auf der „Executive-Ebene“ und 42,9 % im „Senior Management“ deutscher Unternehmen in Taiwan ausmachen 4. Vor diesem Hintergrund ist es von großer Bedeutung, dass interkulturelles Training schon in den Hochschulen oder anderen Aus-/ Weiterbildungsanstalten in Taiwan gewährleistet wird, um dem in Abschnitt 7.3.1 gezeigten Defizit an interkultureller Kompetenz zu begegnen. Eine reibungslose und erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Entsandten und lokalen Führungskräften eines deutschen Unternehmens auf Taiwan ist erst dann gewährleistet, wenn beide Parteien über ein entsprechend hohes Maß an in-

4

In dem zitierten Werk „German Business in Taiwan 1999/2000“ sind 155 Personen als „Executives“ in deutschen Unternehmen aufgelistet, darunter 84 Deutsche/Angehörige des westlichen Kulturkreises sowie 71 Chinesen bzw. sonstige Asiaten. Im „Senior Management“ sind 203 Personen aufgelistet, darunter 116 Deutsche/Angehörige des westlichen Kulturkreises und 87 Chinesen bzw. sonstige Asiaten.

TEIL 5 - RESÜMEE UND AUSBLICK

263

terkultureller Managementkompetenz verfügen. Besagte Kompetenz wird in Zukunft sicherlich eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Rekrutierung von zu Entsendenden/Ortskräften bilden. -

Wissensmanagement: Infolge der immer zahlreicheren Gründungen von Joint Ventures bzw. Kooperationen zwischen deutschen und taiwanesischen Unternehmen zur Erschließung anderer asiatischer Märkte kann die Verfügbarkeit und Weitergabe interkultureller „Taiwan“-Erfahrungen, die deutsche Unternehmen im Laufe der Jahre mit ihren taiwanesischen Geschäftspartnern gesammelt haben, sehr wohl auch als Orientierungshilfe beim beabsichtigten Eintritt in andere asiatische Zielmärkte von erheblichem Nutzen sein.

BIBLIOGRAPHIE

265

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ANHANG

283

Anhang Liste deutscher Unternehmen in Taiwan Unternehmen

Gründungsjahr

A. Friedr. Flender GmbH - Taiwan Branch

1993

Asea Brown Boveri Ltd.

1987

ABX LOGISTICS (Taiwan) Ltd.

1970

Achelis Taiwan Co., Limited

1969

Actebis International Distribution GmbH Taiwan Branch

1993

Acura Materials Corp.

1995

adidas Taiwan Ltd.

1996

AEG Taiwan Systems Co., Ltd.

1997

Aixtron Taiwan Co., Ltd.

2002

All-Time Inc.

1986

Allianz Dresdner Asset Management Taiwan Ltd.

1999

Allianz Dresdner Securities Investment Consulting Co., Ltd.

1990

Allianz President General Insurance Co., Ltd.

1998

Aritec Industries Co., Ltd.

1987

As-Lih Enterprise Co., Ltd.

1996

ASIG Quality Services GmbH, Taiwan Branch

1997

Atotech Taiwan Ltd.

1987

Aventis Pharma Co., Ltd.

2000

Baeckerei & Cafe Wendel

1999

BASF Polyurethanes (Taiwan) Co., Ltd.

1988

BASF Taiwan Ltd.

1969

Bauer Technologies Taiwan Ltd.

1990

Bayer Taiwan Co., Ltd.

1989

Becker Electronics Taiwan Co., Ltd.

1973

284

ANHANG

Unternehmen

Gründungsjahr

Bever Industrial Machinery Services

2000

Bilfinger Berger AG Taiwan Branch

1992

Birkart Globistics Taiwan Co., Ltd.

1975

BJB Electric Taiwan Corporation

1999

BMG Taiwan Inc.

1991

Boehringer Ingelheim Taiwan Ltd.

1975

Boellhoff (Taiwan) Co., Ltd.

1993

Bosch K. K., Taiwan Branch

1990

Bosch Rexroth Co., Ltd.

1969

Bran + Luebbe Pte. Ltd. Taiwan

1999

Bremer Investitions-Gesellschaft mbH, Bremen Business International

1990

Brenntag (Taiwan) Co., Ltd.

1976

Burkert Contromatic Taiwan Ltd.

1984

Busak + Shamban Co., Ltd

1997

Busch Taiwan Corporation

1983

BYK-Chemie Asia Pacific Pte. Ltd. Taiwan Rep. Office

1997

Celinius Co., Ltd.

2000

Chassis Technology Corporation

2001

Chemetall Taiwan Co., Ltd.

1996

Cognis Taiwan Ltd.

1976

Cologne Reinsurance Company Taipei Representative Office

1992

Commerzbank AG Taipei Representative Office

1996

DaimlerChrysler Services Taiwan Ltd.

1994

DaimlerChrysler Taiwan Ltd.

2002

Danzas AEI Singapore Pte. Ltd. Taiwan Branch

1980

DAS Representative Office Far East

2001

ANHANG Unternehmen

285 Gründungsjahr

Decor Trading Co.

1981

Degussa Taiwan Ltd.

1994

Deutsche Bank AG, Taipei Branch

1980

Deutsche Eisenbahn-Consulting GmbH

1966

Deutsche Messe AG (Hannover Fairs), Taipei Office

1981

DHL Taiwan Corp.

1973

Digital Data Communications ASIA Co., Ltd.

1997

Dresdner Bank AG, Taipei Representative Office

1985

DyStar Taiwan Ltd.

1995

Dywidag-Systems Int. Co., Ltd.

1990

EADS Taiwan Co., Ltd.

1994

ELSA Asia Inc.

1997

EMV TESTHAUS GmbH Taiwan Branch Office

1997

Erhard + Leimer GmbH Taiwan Branch

1993

EuroBizz Marketing for the IT-Industry GmbH, Taiwan Rep. Office

2000

Ferrostaal AG, Taiwan Office

1993

Festo Co., Ltd.

1979

Fichtner Pacific Engineers Inc.

1991

Frech Taiwan Ltd.

1992

Freudenberg & Vilene Nonwovens (Taiwan) Co., Ltd.

1989

Freudenberg Far Eastern Spunweb Co., Ltd.

1987

Fuchs Lubricants Taiwan Corp.

1995

Fujitsu Siemens Computers GmbH Taiwan Representative Office

2001

G & S Universal Co., Ltd.

1994

GD TECO Taiwan Co., Ltd.

2001

GEA (SEA) Pte Ltd. Taiwan Branch

1995

286

ANHANG

Unternehmen

Gründungsjahr

GEIS-SDV (SDV Taiwan Co. Ltd.)

1988

GeMeTec Gesellschaft für Meßtechnik und Technologie mbH Taiwan Branch

2001

Gerling Global Re

1999

Häfele Taiwan Limited

2000

Hapag-Lloyd (Taiwan) S.A. Ltd.

1971

Harting R.O.C. Limited

1998

Heidelberg Graphics Taiwan Ltd.

1999

Heidenhain Co., Ltd.

1994

Hellmann Worldwide Logistics Taiwan Co., Ltd.

1998

Helm Tong Sing Corp.

1986

Hi-Yen Trading International Ltd. (Taiwan Branch)

2001

Hochtief AG, Taiwan Branch

2000

Hsin Ho Hardware Co., Ltd.

1976

Hyperstone AG, Taiwan Branch

2000

Illies Engineering (Taipei) Ltd.

1965

Infineon Technologies Taiwan Ltd.

1999

Infravest GmbH

2000

INTRACOM Asia Co., Ltd.

1988

Jui Li Edscha Body Systems Co., Ltd.

1987

Kaigo Co., Ltd.

1978

Karstadt Quelle (Far East) & Co.

1999

KENG & KENG Co. Ltd., German Wine Importers

1998

KNF Neuberger GmbH Taiwan Limited

1990

KPSS Taiwan Ltd.

1997

Kremer Industry Consulting

2001

KSB Taiwan Co., Ltd.

1993

Kuehne & Nagel Ltd.

1968

ANHANG Unternehmen

287 Gründungsjahr

Lubrichem Co., Ltd.

1985

Lufthansa German Airlines

1962

Lufthansa Technical Training Taiwan (LTTT)

1999

Lurgi AG Taipei Branch (Germany)

1989

Lurgi Lentjes Bischoff GmbH Taipei Branch (Germany)

1993

Magura Asia Ltd. Co.

2002

Manz Automation AG, Taipei Representative Office

2001

MC-Bauchemie Taiwan Co., Ltd.

2001

Melchers Trading GmbH, Taiwan Branch

1971

Melchers Travel Co., Ltd.

2000

Memminger-Iro (Asia) Co., Ltd.

1988

Merck Display Technologies Ltd.

1993

Merck Ltd.

1989

Merck-Kanto Advanced Chemicals Ltd.

1991

Messe Frankfurt (H.K.) Ltd. Taiwan Branch Office

1993

Mitex Taiwan Co., Ltd.

2000

MMI-Munich International Trade Fairs Pte. Ltd. TaiwanBranch Office

1997

MPC Hanteh International Ltd.

1993

Munich Reinsurance Co., Liaison Office Taipei

1980

Nivea Taiwan Co., Ltd.

1999

Opel - General Motors Taiwan, Ltd.

1988

Osram Taiwan Co., Ltd.

1988

OTTO Chailease Mailorder Co., Ltd.

1998

OTTO International (H.K.) Ltd., Taipei Branch

1982

Pro Hallmarks Taiwan Ltd.

1999

ProMinent Fluid Controls (Taiwan) Ltd.

2001

Rehau Co., Ltd.

1991

288

ANHANG

Unternehmen

Gründungsjahr

Rethmann Recycling (Taiwan) Co., Ltd.

1988

Rieter Asia (Taiwan) Ltd.

1986

Rittal Systems Taiwan Ltd.

1997

Rohde & Schwarz Taiwan Ltd.

2003

RWE Piller GmbH Taiwan Branch

2003

RW TUEV Far East Ltd.-Taiwan Branch

1989

SAP Schmoll Asia Pacific Taiwan Branch (H.K.)

1997

SAP Taiwan Co., Ltd.

1997

Scheidt & Bachmann Taiwan Co., Ltd.

2002

Schenker (H.K.) Ltd., Taiwan Branch

1967

Schering Taiwan Ltd.

1971

Schiller Automation Systems Asia

2001

Schmid Taiwan Ltd.

2000

Schott Taiwan Ltd.

1989

Shin Wan International Trade Co., Ltd.

1986

Siemens Ltd.

1989

Siemens Telecommunication Systems Ltd.

1974

SIG Combibloc Taiwan Ltd.

1992

Sommer Sports Science

1999

Southern Overseas (Taiwan) Ltd. / N.F. Overseas (Taiwan) Ltd.

1996

State of Bavaria-Taiwan Office, MMI-Munich International Trade Fairs Pte. Ltd. Taiwan Representative Office

1999

Stromag Technology Co., Ltd.

1994

SUED-CHEMIE Taiwan Co., Ltd.

1999

SUSS MicroTec Taiwan Co., Ltd.

2003

Swan Panasia Co., Ltd.

2002

T & M Business Service Co.

1996

ANHANG Unternehmen

289 Gründungsjahr

TABY Taiwan Shipping and Forwarding Co., Ltd.

1993

TaiGer International Co., Ltd.

1999

tesa tape (H.K.) Ltd., Taiwan Branch

1998

Testo Taiwan Ltd.

2000

Thyssen Krupp AG Taiwan Representative Office

1998

Tractebel Gas Engineering GmbH, Taiwan Branch

1996

Triumph International Ltd.

1968

TRUMPF Taiwan Industries Co., Ltd.

1999

TÜV Product Service Asia Pacific Pte. Ltd.

1991

TÜV Rheinland Taiwan, Ltd.

1986

U.T. Documentation Engineering

1991

Uli’s EURO Deli & Fillet Meats

1993

Ultrafilter International AG, Taiwan Branch

1997

Uniplan Taiwan Corp.

1982

United Silica Industrial Ltd.

1980

VARTA Micro-battery Pte. Ltd.

1888

Voith Turbo Limited Taiwan Branch

1992

Vopak Logistics Services Taiwan Ltd.

1997

VTLG Taiwan Rep. Office

2003

Vulkan Strahltechnik GmbH

2001

Wacker Chemicals Ltd., Taiwan Branch

1992

WAGO Kontakttechnik GmbH

2001

Wella Taiwan Co., Ltd.

1983

WestLB AG, Taipei Representative Office

1995

WIKA Instrumentation Taiwan Ltd.

2002

Wincor Nixdorf Taiwan Limited

1990

Windmoeller & Hoelscher ASIA

1999

Wolhardt Brothers (Taiwan) Ltd.

1975

ANHANG

290 Unternehmen

Gründungsjahr

Worldtranstech Corporation

1997

ZF Trading Asia Pacific Pte. Ltd.

2001

Tabelle 36

Liste deutscher Unternehmen in Taiwan (Anhang) Quelle: „German Business in Taiwan: Handbook & Directory 2003“, Deutsches Wirtschaftsbüro Taipei (Hg.) 2003. (Liste nachträglich aktualisiert)

Schriftenreihe Interkulturelle Wirtschaftskommunikation Band

1 Jürgen Bolten (Hrsg.): Cross Culture − Interkulturelles Handeln in der Wirtschaft, 2., überarb. Aufl. 1999

Band

2 Jürgen Bolten, Marion Dathe (Hrsg.): Transformation und Integration. Aktuelle Probleme und Perspektiven west-/osteuropäischer Wirtschaftsbeziehungen, 1995

Band

3 Jürgen Bolten, Marion Dathe, Susanne Kirchmeyer, Klaus Klott, Peter Witchalls, Sabine Ziebell-Drabo: Lehrwerke und Lehrmaterialien für die Wirtschaftsfremdsprachen Deutsch, Englisch, Französisch und Russisch, 1995

Band

4 Christoph I. Barmeyer, Jürgen Bolten (Hrsg.): Interkulturelle Personalorganisation, 1998

Band

5 Michael Hasenstab: Interkulturelles Management. Bestandsaufnahme und Perspektiven, 1999

Band

6 Jürgen Bolten, Daniela Schröter (Hrsg.): Im Netzwerk interkulturellen Handelns: Theoretische und praktische Perspektiven der interkulturellen Kommunikationsforschung, 2002

Band

7 Jochen Strähle (Hrsg.): Interkulturelle Mergers & Acquisitions. Eine interdisziplinäre Perspektive, 2003

Band

8 Stefanie Rathje: Unternehmenskultur als Interkultur. Entwicklung und Gestaltung interkultureller Unternehmenskultur am Beispiel deutscher Unternehmen in Thailand, 2004

Band

9 Jürgen Bolten (Hrsg.): Interkulturelles Handeln in der Wirtschaft. Positionen, Modelle, Perspektiven, Projekte, 2004

Band 10 Tanja Emmerling (Hrsg.): Projekte und Kooperationen im interkulturellen Kontext. Interdisziplinäre Perspektiven aus Wissenschaft und Praxis, 2005 Band 11 Daniel Tsann-ching Lo: Die Bedeutung kultureller Selbst- und Fremdbilder in der Wirtschaft. Zum Wandel des Deutschlandbildes in Taiwan 1960-2000, 2005