Der vermögensrechtliche Zuweisungsgehalt des Persönlichkeitsrechts: Eine grundlagenorientierte Studie [1 ed.] 9783428530595, 9783428130597

Eine Reihe von Caroline von Monaco sowie Marlene Dietrich betreffende Entscheidungen des BGH haben eine lebhafte Diskuss

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Der vermögensrechtliche Zuweisungsgehalt des Persönlichkeitsrechts: Eine grundlagenorientierte Studie [1 ed.]
 9783428530595, 9783428130597

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Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 394

Der vermögensrechtliche Zuweisungsgehalt des Persönlichkeitsrechts Eine grundlagenorientierte Studie

Von Byung Ha Ahn

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

BYUNG HA AHN

Der vermögensrechtliche Zuweisungsgehalt des Persönlichkeitsrechts

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 394

Der vermögensrechtliche Zuweisungsgehalt des Persönlichkeitsrechts Eine grundlagenorientierte Studie

Von Byung Ha Ahn

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Trier hat diese Arbeit im Wintersemester 2008/2009 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2009 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 978-3-428-13059-7 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2008/2009 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Trier als Dissertation angenommen. Bei ihrer Fertigstellung habe ich vielfache Unterstützung erfahren. Großer Dank gilt zunächst meinem verehrten Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Bernd von Hoffmann, der nicht nur mein Studium in Deutschland ermöglichte, sondern auch die Entstehung der Arbeit mit Rat und Geduld begleitet hat. Herrn Prof. Dr. Peter Reiff ist für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens ebenfalls zu danken. Ich möchte auch Herrn Prof. Dr. Franz Dorn für die freundlichen Ermutigungen danken. Herzlichen Dank schulde ich ferner meinem verehrten koreanischen Lehrer, Herrn Prof. Dr. Sang Yong Kim, für die persönliche und moralische Unterstützung. Besonderer Dank gebührt zudem Frau stud. iur. Anika Wegner, die die nicht immer angenehmen Korrekturarbeiten unter großem Einsatz zuverlässig bewältigte. Danken möchte ich auch meinen Freunden Johannes Oberdorf und Jun Hyeong Hong für ihren freundschaftlichen, aufmunternden Beistand. Mein tiefempfundener Dank gilt vor allem meinen Eltern, die mich zu jeder Zeit und in jeder Hinsicht unterstützt haben. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Last, but not least möchte ich an dieser Stelle meiner Frau Seung Hee und meiner Tochter Soo Bin dafür danken, daß sie die Jahre des Promovierens im Ausland mit ihren Höhen und Tiefen mit mir durchgestanden haben. Seoul, im Juli 2009

Byung Ha Ahn

Inhaltsverzeichnis § 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einführende Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gegenwärtige Diskussionslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ziel und Gang der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 2 Identitätsmerkmale als wirtschaftliche Güter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verbreitung der Kommerzialisierung von Identitätsmerkmalen . . . . . . . . . . 1. Verschiedene Formen der Kommerzialisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kommerzialisierung in der Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kommerzialisierung im Merchandising . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kommerzialisierung in den Erzeugnissen der Massenmedien . . . . . 2. Gegenstand der Kommerzialisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ursprung des Vermögenswerts an den Identitätsmerkmalen . . . . . . . . . . . . 1. Unterscheidung zwischen freien Gütern und wirtschaftlichen Gütern . . 2. Wandel der Identitätsmerkmale zu wirtschaftlichen Gütern . . . . . . . . . . a) Vermehrtes Bedürfnis nach den Identitätsmerkmalen . . . . . . . . . . . . b) Künstlich hergestellte Verknappung der Identitätsmerkmale . . . . . . aa) Recht und Knappheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verknappung der Identitätsmerkmale durch Persönlichkeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

20 20 21 22 24 26 29 31 32 33 33 35 35 36 44

§ 3 Rechtliche Anerkennung des an den Identitätsmerkmalen entstandenen Vermögenswerts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Unzulänglicher Diskussionsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Allgemeine Theorien gegen die Kommerzialisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundlegende Argumente gegen Kommerzialisierung . . . . . . . . . . . . . . 2. Herkömmliche Dichotomie von Würde und Preis . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Menschenwürde als einschlägiger Maßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Inhalt der Menschenwürdegarantie in der Verfassung . . . . . . . . . . . 2. Läuft die Kommerzialisierung der Identitätsmerkmale der Menschenwürde zuwider? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 4. Begründung der individuellen Zuweisung des an den Identitätsmerkmalen entstandenen Vermögenswerts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis II. Einwände gegen die individuelle Zuweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Fehlende Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Leistungsargument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kritik am Leistungsargument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Freihaltebedürfnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Identitätsmerkmale als eine Art Kulturgüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Umverteilung des Einkommens nach oben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Eröffnung einer zusätzlichen Einnahmequelle für die schon Superreichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Positive Begründungen für die private Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. „Eigentum des Menschen an sich selbst“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Perspektivenwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) „Eigentum an sich selbst“ als Grundkonzeption des Persönlichkeitsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ökonomische Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allokationseffizienz als eine wesentliche Aufgabe des Rechts . . . . aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Property Right als Instrument zur Internalisierung der externen Effekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Persönlichkeitsrecht als Property Right . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Primärallokation der Identitätsmerkmale durch das Persönlichkeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Perfektionieren der Internalisierung der Externalitäten durch die vermögensrechtliche Zuweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

§ 5 Das Recht für die vermögensrechtliche Zuweisung der Identitätsmerkmale und dessen Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Systematische Erfassung der vielfältigen Meinungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundperspektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Konkretisierende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Monistisches Persönlichkeitsrechtsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Dualistisches Persönlichkeitsrechtsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Monistisches Immaterialgüterrechtsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Dualistisches Immaterialgüterrechtsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Stellungnahme – Ein Versuch zur dogmatischen Fundierung des .monistischen Persönlichkeitsrechtsmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Entscheidende Kriterien für die Bevorzugung des Persönlichkeitsrechts- vor dem Immaterialgüterrechtsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70 71 71 73 75 78 79 82 87 87 88 93 94 94 97 103 104 104 106 111 111 117 126 128 129 129 130 130 132 135 136 139 139

Inhaltsverzeichnis

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a) Keine Verwandlung der Identitätsmerkmale in selbständige Immaterialgüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Unterscheidung von Persönlichkeits- und Immaterialgüterrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kaum feststellbare Entpersönlichung der kommerzialisierten Identitätsattribute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Überwindung der Dichotomie zwischen Persönlichkeits- und Vermögensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die herkömmliche Annahme einer Dichotomie von Persönlichkeits- und Vermögensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Anzweifelung des strikten Gegensatzes zwischen Persönlichkeits- und Vermögensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Das Persönlichkeitsrecht als „Auch-Vermögensrecht“ . . . . . . . . (1) Persönlichkeitsrecht als subjektives Recht . . . . . . . . . . . . . . (2) Die Herausbildung des vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalts des Persönlichkeitsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gründe für die Favorisierung des monistischen Ansatzes . . . . . . . . . . . . a) Monistische Tradition im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die im Dualismus verborgene Gefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 6 Thesen und Schlußbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Hauptthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unterthesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Schlußbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207

§ 1 Einleitung I. Einführende Fragestellung Der kontinuierlich fortlaufende gesellschaftliche Wandel stellt das Recht häufig vor Aufgaben, die auf Grundlage des herkömmlichen Rechts nicht adäquat zu lösen sind, weil sich einmal getroffene Grundannahmen des Rechts im wesentlichen nicht mehr mit den geänderten tatsächlichen Verhältnissen decken. Das Recht muß daher immer bereit sein, sich mit der gewandelten sozialen Realität auseinanderzusetzen, dazu Stellung zu beziehen und folglich der Gesellschaft neue Orientierung zu bieten, was vor allem vom Gesetzgeber aber auch von rechtsfortbildenden Richtern1 geleistet wird. Dadurch wird den neuen Erscheinungen ein rechtlicher Ordnungsrahmen verliehen, in dem die am Rechtsverkehr Teilnehmenden auch unter den gewandelten Gegebenheiten ohne große Verwirrung ihre Kreativität maximal entfalten und ihre Ziele erreichen können. Eine der solche neue Orientierung dringend bedürfenden Erscheinungen unserer Zeit tritt zutage mit der herausfordernden Frage: „Are Persons Property?“ 2 Der nach der Abschaffung der Sklaverei3 festgelegte Status der Person als Rechtssubjekt, das mit seinem Begriffsmerkmal „Persönlichkeit“ dem Rechtsobjekt rigoros gegenüberstehen soll, ist wegen des zunehmenden Vordringens ökonomischen Kalküls in den eigentlich hiervon freizuhaltenden Lebensbereich Schwankungen unterworfen4. Vor dem Hintergrund der atemberaubenden Fortschritte der Biomedizin und der Gentechnologie einerseits und des starken Einflusses der Massenmedien und ihrer Reproduktionstechnik andererseits hat die 1 Vgl. insoweit eindrucksvoll BVerfG, Beschl. v. 14. 2. 1973, BVerfGE 34, 269, 288 f. – Soraya: „Die Norm steht ständig im Kontext der sozialen Verhältnisse und der gesellschaftlich-politischen Anschauungen, auf die sie wirken soll; ihr Inhalt kann und muß sich unter Umständen mit ihnen wandeln. Das gilt besonders, wenn sich zwischen Entstehung und Anwendung eines Gesetzes die Lebensverhältnisse und Rechtsanschauungen so tiefgreifend geändert haben wie in diesem Jahrhundert. Einem hiernach möglichen Konflikt der Norm mit den materiellen Gerechtigkeitsvorstellungen einer gewandelten Gesellschaft kann sich der Richter nicht mit dem Hinweis auf den unverändert gebliebenen Gesetzeswortlaut entziehen; er ist zu freier Handhabung der Rechtsnorm gezwungen, wenn er nicht seine Aufgabe, ,Recht‘ zu sprechen, verfehlen will.“ 2 Vgl. vor allem das gleichnamige Buch von Davies/Naffine. 3 Vgl. Brohm, JuS 1998, 197, 198. 4 Vgl. Brohm, JuS 1998, 197, 197; Damm, JZ 1998, 926, 926 f.; Walz, in: Allokationseffizienz, S. 93, 97: „Wir müssen über das Verhältnis von Rechtssubjekt, Rechtsobjekt und Verkehrsfähigkeit neu nachdenken.“

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§ 1 Einleitung

hoch entwickelte Geldwirtschaft eine neue Kategorie, die sich zwischen Rechtssubjekt und -objekt ansiedelt, entstehen lassen. Was eine Person ausmacht, wird nun ohne völligen Verlust ihrer Persönlichkeit zum Wirtschaftsgut und somit zum Gegenstand des Rechtsverkehrs. Diese Tendenz der Verquickung von Persönlichkeit und wirtschaftlichen Interessen5 betrifft beide Formen der Persönlichkeitsmerkmale, die sich, wie im vorigen Satz beschrieben, in zwei verschiedenen Bereichen der Veranlassungstechnik andeuten: Einerseits die körperlichen oder materiellen Persönlichkeitsmerkmale, z. B. eine Vielzahl von Körpersubstanzen wie Blut, Haut, Ei- und Samenzellen und sonstige Körpergewebe, menschliche Körperorgane, Leichname etc., andererseits die immateriellen Persönlichkeitsmerkmale, insbesondere typische Identitätsmerkmale, z. B. Erscheinungsbild, Namen, die Stimme usw.6 Während die Kommerzialisierung der Körperbestandteile jedoch unaufhörlich mit heftigen Einwänden aus der Perspektive von Moral und Menschenwürde konfrontiert wird und daher noch in ihren Ansätzen steckenbleibt, ist die Vermarktung der immateriellen Identitätsmerkmale ohne solche moralischen Aufregungen erstaunlich mühelos und rasch generell praktiziert und in den Alltag aufgenommen worden7. So werden vor allem der Name, das Bild, die Stimme und das Privatleben berühmter Personen aus dem Sport- sowie Unterhaltungsbereich ganz selbstverständlich zur Absatzförderung von Konsum- oder Medienprodukten effektiv eingesetzt. Als Werbemittel oder als Gegenstand von Merchandising oder Berichterstattung instrumentalisierte Identitätsmerkmale von Prominenten schaffen für diese eine neue Einnahmequelle, die oft mehr Geld einbringt als ihre eigentliche Betätigung8. Angesichts ihrer mittlerweile ökonomisch und kulturell zugenommenen Bedeutung9 ist die Kommerzialisierung der immateriellen Identitätsmerkmale in der heutigen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken, so daß das Regelungsbedürfnis auf diesem Gebiet besonders drängend ist. Diesem will sich die vorliegende Arbeit im folgenden widmen10. 5 Büchler, AcP (206) 2006, 300, 302 bezeichnet dies als Verdichtung der dialektischen Spannung von Ich und Mein. 6 Büchler, AcP 206 (2006), 300, 307 f. unterscheidet unter den vermarktbaren immateriellen Persönlichkeitsmerkmalen wieder zwischen den Kennzeichen der Person als Emanationen des Persönlichen wie das Bildnis, der Name, die Stimme etc. und den genetischen und anderen personenbezogenen Daten als Spuren des Menschen. 7 Vgl. Helle, RabelsZ 60 (1996), 448, 460 f.; siehe näher zu der Diskussion um die Menschenwürde unten § 3. 8 Vgl. Ropski/Kurer, SMI 1990, 279, 279; Seifert, NJW 1999, 1889, 1890 f.; Moosmann, S. 112 f.; Biene, S. 12. 9 Siehe näher dazu unten § 2. 10 Trotzdem muß man sich darüber klar sein, daß die Kommerzialisierung der beiden Formen der Persönlichkeitsmerkmale im Grunde genommen von dem gleichen Prinzip geleitet werden soll. Also muß die schonungslose Reduzierung der Menschen auf die Handelsware vermieden werden und die Menschenwürde noch immer erhalten bleiben. Nur in diesem gemeinsamen Rahmen weichen die konkrete Verwertungsmethode und die Zuweisungs- bzw. Schutzmittel des Vermögenswerts an den Persönlich-

II. Gegenwärtige Diskussionslage

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II. Gegenwärtige Diskussionslage Die Hauptaufgabe der Bemühungen, diese reale Sachlage in rechtliche Formen zu kleiden, liegt darin, ein Erklärungsmuster herzustellen, mit dessen Hilfe sich die Verwertung der Identitätsmerkmale rechtspolitisch und rechtsdogmatisch widerspruchslos weiterentwickeln kann. Herauszubilden ist dabei vornehmlich ein subjektives Recht, das die Verwertungsbefugnis der Identitätsmerkmalsträger begründet und somit diesen den Identitätsmerkmalen anhaftenden Vermögenswert zuweist11. Erst nachdem dieses Recht konstatiert worden ist, können daraus die solche Verwertung rechtlich ermöglichende Monopolstellung der Merkmalsträger, die geeignete Art und Weise der Verwertung und die angemessenen Sanktionen gegen die ungewollte Zwangskommerzialisierung schlüssig hergeleitet werden. Die USA, die durch ihre unzähligen Stars aus Hollywood sowie aus großen Sportligen in dieser moderner Industriebranche weltweit führend sind, haben auf die sozioökonomischen Änderungen rapid reagiert und bereits Mitte der fünfziger Jahre ein ganz neues Immaterialgüterrecht unter der Bezeichnung „right of publicity“ geschaffen12, das als übertragbares Vermögensrecht am kommerziellen Wert der Identitätsmerkmale der Person selbständig neben das auf den Schutz ideeller Interessen ausgerichtete „right of privacy“ tritt13. Das Nebeneinander der sich prinzipiell gegenseitig ausschließenden beiden Rechte setzt freilich die saubere Trennung der in den Identitätsmerkmalen verkörperten Interessen in ideelle und kommerzielle Interessen voraus14. Im Gegensatz zu Amerika sah sich die deutsche Rechtsprechung, die eigentlich durch ihre schöpferische Leistung das allgemeine Persönlichkeitsrecht zur

keitsmerkmalen je nach deren Eigenschaft von einander ab, dabei rückt sich für die körperlichen Persönlichkeitsmerkmale Eigentum, für die immateriellen Persönlichkeitsmerkmale Persönlichkeitsrecht oder Immaterialgüterrecht in den Mittelpunkt der Diskussion. 11 Diese Zuweisung zugunsten der Identitätsmerkmalsträger ist aber nicht unumstritten. Siehe näher dazu unten § 4. 12 Vgl. Haelan Laboratories, Inc. v. Topps Chewing Gum, 202 F. 2d 866 (2d Cir. 1953); das in dieser Entscheidung zum ersten Mal anerkannte right of publicity ist später vom Supreme Court in dem Fall Zacchini v. Scripps-Howard Broadcasting Co., 433 US 562 (1977) unterstützt und nunmehr in den §§ 46–49 Restatement (3d) of Unfair Competition (1995) ausdrücklich angenommen worden. 13 Siehe näher zu den Entwicklungen des right of privacy und des right of publicity in den USA Beverley-Smith, S. 146 ff., 171 ff.; auch deutschsprachige Zusammenfassung hierzu Magold, S. 25 ff., 45 ff.; Götting, S. 168 ff., 191 ff.; Seemann, S. 69 ff., 90 ff.; Amelung, S. 47 ff., 77 ff.; Biene, S. 110 ff., 121 ff. 14 Deshalb wird die amerikanische Lösung als Dualismus bezeichnet (vgl. Götting, S. 276; Schack, AcP 195 (1995), 594, 599; Seemann, S. 61 f.). Zu beachten ist aber, daß der dualistische Charakter nur ein Aspekt des amerikanischen Modells ist, so daß das Wort Dualismus nicht als sein Pronomen verwendet werden darf.

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§ 1 Einleitung

Anerkennung als sonstiges Recht in § 823 Abs. 1 BGB geführt hatte15, das die nur punktuell vorhandenen besonderen Persönlichkeitsrechte ergänzend einen lückenlosen Persönlichkeitsschutz bieten soll, nicht gezwungen, außerhalb dieses umfassenden Persönlichkeitsrechtssystems einen neuen Ansatz zu entwickeln, um der Kommerzialisierung nachzukommen. Im Laufe der Weiterentwicklung des Persönlichkeitsrechts wurde jedoch dessen vermögensrechtlicher Aspekt weitgehend vernachlässigt, insbesondere wegen der Idealisierungstendenz des Persönlichkeitsrechts16, die zumindest unterschwellig von der zur Rechtfertigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts betonten engen Verzahnung mit der Menschenwürde und den für die Vollwirksamkeit des neu begründeten Persönlichkeitsrechts intensiv eingesetzten Anstrengungen zur Überwindung der engherzigen Haltung des BGB gegenüber dem Geldersatz der immateriellen Schäden17 geprägt wurde. Ohne von dieser einseitigen ideellen Betrachtungsweise abzulenken, hat die Rechtsprechung den vermögensrechtlichen Charakter des Persönlichkeitsrechts nur auf der Ebene der Rechtsfolgen berücksichtigt, gestützt auf die ursprünglich in dem Bereich des Immaterialgüterrechts entwikkelte sog. dreifache Schadensberechnungsmethode18 und die Eingriffskondiktion19. Aber selbst diese schwachen Anzeichen für den vermögensrechtlichen Gehalt des Persönlichkeitsrechts sind durch die sog. Herrenreiter-Doktrin erheblich eingeschränkt geblieben, die solche vermögensrechtlichen Sanktionen nur dann auslösen will, wenn der Verletzte im konkreten Fall gegen Zahlung einer Vergütung die Verwendung seiner Identitätsmerkmale gestattet hätte20. Einen 15

BGH, Urt. v. vom 25. 5. 1954, BGHZ 13, 334 ff. – Leserbriefe. Vgl. Ahrens, S. 85, 97 f.; Helle, RabelsZ 60 (1996), 448, 453 f. 17 Seit der BGH in seiner Herrenreiter-Entscheidung (BGH, Urt. v. 14. 2. 1958, BGHZ 26, 349 ff.) zum ersten Mal bei der Verletzung des Persönlichkeitsrechts einen Schmerzensgeldanspruch zugebilligt hatte, wurde seine dogmatische Einordnung zu einem Hauptthema der Diskussion um das Persönlichkeitsrecht. Der von den beiden anfänglichen Caroline-von-Monaco-Entscheidungen (BGH, Urt. v. 15. 11. 1994, NJW 1995, 861 ff. – Caroline von Monaco I; BGH, Urt. v. 5. 12. 1995, NJW 1996, 984 ff. – Caroline von Monaco II) eingeschlagene neue Weg zeigt die noch bestehende Aktualität dieses Problems. 18 Bei Immaterialgüterrechtsverletzungen kann der Geschädigte nach der ständigen Rechtsprechung den ihm entstandenen Schaden auf drei verschiedenen Weisen berechnen: Er kann seinen Schaden entweder konkret nach der Differenztheorie oder abstrakt nach der Lizenzanalogie berechnen. Alternativ dazu kann er schließlich die Herausgabe des vom Verletzer erzielten Gewinns verlangen. Das Wahlrecht erlischt erst, wenn der nach einer bestimmten Berechnungsmethode geltend gemachte Anspruch erfüllt oder rechtskräftig zuerkannt ist. Siehe ausführlich dazu Lange/Schiemann, S. 356 ff. 19 Vgl. grundlegend dazu BGH, Urt. v. 8. 5. 1956, BGHZ 20, 345, 352 ff. – Paul Dahlke; auch weiter BGH, Urt. v. 26. 6. 1979, NJW 1979, 2205, 2206 – Fußballtor; BGH, Urt. v. 26. 6. 1981, BGHZ 81, 75, 81 f. – Carrera; BGH, Urt. v. 14. 4. 1992, NJW 1992, 2084, 2085 – Joachim Fuchsberger. 20 Siehe BGH, Urt. v. 14. 2. 1958, BGHZ 26, 349, 352 ff. – Herrenreiter; BGH, Urt. v. 19. 11. 1961, BGHZ 35, 363, 366 – Ginsengwurzeln; BGH, Urt. v. 26. 6. 1979, NJW 16

II. Gegenwärtige Diskussionslage

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unschicklichen Versuch, dadurch bedingte Schutzlücken zu schließen, stellen die Caroline-von-Monaco-Entscheidungen21 dar, in denen der BGH mit Hilfe des Präventionsgedankens die Beträge des Schmerzensgeldes, neuerdings Geldentschädigung genannt, radikal erhöht hat, indem er angeblich die Gewinnerzielungsabsicht, tatsächlich aber den erzielten Gewinn des Verletzers als wichtigen Bemessungsfaktor der Geldentschädigung für den immateriellen Schaden qualifiziert hat22. Von den durch diese Entscheidungen auf den Höhepunkt getriebenen lediglich ideellen Zügen des Persönlichkeitsrechts kehrte der BGH erst Ende 1999 mit seiner Marlene-Dietrich-Entscheidung 23 ab24, in der er erstmals ausdrücklich anerkannte, daß das allgemeine Persönlichkeitsrecht und seine besonderen Erscheinungen nicht nur dem Schutz ideeller, sondern auch vermögensrechtlicher Interessen der Persönlichkeit dienen. Trotz des deutlichen Bekenntnisses zum vermögensrechtlichen Gehalt des Persönlichkeitsrechts fehlte es dieser Entscheidung aber an dogmatisch überlegten Begründungen dafür, sowie allgemeinen Aussagen über das spezifische Verhältnis dieser vermögensrechtlichen zur

2205, 2206 – Fußballtor; auch OLG München, Urt. v. 9. 8. 2002, GRUR-RR 2002, 341, 342 – Marlene-Aktfoto. Obwohl das Verlangen nach der hypothetischen Vermarktungsbereitschaft des Geschädigten in Bezug auf den Schadensersatz im Ergebnis zutreffend ist, ist dies indessen verfehlt hinsichtlich der Eingriffskondiktion, die eine Bereicherung abschöpfen, nicht aber eine Entreicherung ausgleichen soll (so auch Magold, S. 455; Canaris, FS f. Deutsch, S. 85, 89 f.; Beuthien/Schmölz, S. 39, 41 f.; Ullmann, AfP 1999, 209, 212 f.; Bydlinski, AcP 204 (2004), 309, 346; Ehmann, AfP 2005, 237, 244 ff.; Balthasar, ZUM 2005, 874, 876 ff.; OLG München, Urt. v. 9. 3. 1995, NJW-RR 1996, 539, 540 – Telefon-Sex-Foto; a. A. Steffen, NJW 1997, 10, 13 f.; Gounalakis, AfP 1998, 10, 19; Peifer, S. 311; Helle, JZ 2007, 444, 449 ff.). Zu weitgehend ist die kürzlich vom ersten Zivilsenat des BGH vorgenommene Abkehr von dieser Herrenreiter-Doktrin insoweit, als er nicht nur den Bereicherungsanspruch sondern auch den Schadensersatzausgleich davon unabhängig macht, ob der Betroffene bereit oder in der Lage gewesen wäre, die kommerzielle Nutzung seiner Identitätsmerkmale gegen Entgelt zu gestatten (vgl. BGH, Urt. v. 26. 10. 2006, WRP 2007, 83, 85 – Oskar Lafontaine). 21 Siehe Fn. 17. 22 Vgl. auch kritisch dazu Seitz, NJW 1996, 2848, 2848 ff.; Gounalakis, AfP 1998, 10, 10, 14 ff.; Vollkommer, FS f. Leisner, S. 599, 604; Canaris, FS f. Deutsch, S. 85, 86 f, 108; Wagner, ZEuP 2000, 200, 209; Esser/Weyers, SchuldR II/2, § 53 3 S. 133 f., § 61 II 2 b) S. 248 f.; Siemes, AcP 201 (2001), 202, 212 ff.; Amelung, S. 315 ff.; v. Gerlach, VersR 2002, 917, 918; Bydlinski, AcP 204 (2004), 309, 345; Lichtenstein, S. 186, 190 f.; a. A. Ehmann, LM § 823 (Ah) BGB Nr. 119; Stürner, AfP 1998, 1, 7 f.; Baston-Vogt, S. 96; Beater, JZ 2004, 889, 892 f. 23 BGH, Urt. v. 1. 12. 1999, BGHZ 143, 214 ff. – Marlene Dietrich; vgl. auch Parallelentscheidung am gleichen Tag BGH, Urt. v. 1. 12. 1999, NJW 2000, 2201 f. – Der blaue Engel; jetzt bestätigt durch BVerfG, Beschl. v. 22. 8. 2006, NJW 2006, 3409 ff. – Marlene Dietrich. 24 Siehe zur Gegensätzlichkeit zwischen der Caroline-von-Monaco-Doktrin und der Marlene-Dietrich-Entscheidung Taupitz, in: Rufausbeutung, S. 1, 1 f., 7 f.; Amelung, S. 2 f.; Ahrens, S. 107 Fn. 285; a. A. Müller, in: Rufausbeutung, S. 53, 65.

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§ 1 Einleitung

ideellen Komponente des Persönlichkeitsrechts25, welche zu beleuchten daher weiterhin der Wissenschaft überlassen bleibt. Schon vor der Marlene-DietrichEntscheidung eingesetzte26, aber durch sie heftig entfachte wissenschaftliche Auseinandersetzungen mit der Kommerzialisierung der Identitätsmerkmale haben freilich ein breites Meinungsspektrum mit sich gebracht, das um zwei Grundsatzfragen herum gebildet worden ist: Ob die vermarktbaren und somit von Dritten verwertbaren Identitätsmerkmale von der Person ihres Trägers losgelöst worden sind, und ob die beiden verschiedenen Interessen an den Identitätsmerkmalen klar von einander getrennt werden können. Bei der ersten Frage geht es um den Gegensatz zwischen Immaterialgüterrechts- und Persönlichkeitsrechtsmodell und bei der zweiten um den Kontrast zwischen Dualismus und Monismus. Daraus resultierende vier mögliche Antwortkombinationen27 bilden Grundpfeiler der ganzen Meinungsspannungen, wenn man von der Ansicht absieht, die eine starke Abneigung gegen derartige Vermarktung hegt28.

III. Ziel und Gang der Arbeit Da die Beantwortung der praktischen Fragen nach der Art und Weise der freiwilligen Verwertung sowie nach den Sanktionen gegen die Zwangskommerzialisierung entscheidend durch die klare Vorstellung von der Grundkonstruktion des für die Kommerzialisierung der Identitätsmerkmale zuständigen subjektiven Rechts vorgeprägt wird, stellt diese Arbeit dem Schwerpunkt nach auf die Bestimmung und dogmatische Strukturierung dieses Rechts ab. Dabei liegt das Hauptziel nicht darin, den ohnehin vielfältigen Meinungen eine neue hinzuzufügen, sondern darin, durch erweiterte und vertiefte Perspektive eine richtige aus der Meinungsvielfalt herauszuarbeiten und sie überzeugend zu untermauern.

25 Götting, NJW 2001, 585, 587, der die Marlene-Dietrich-Entscheidung als „gelungene, wissenschaftlich fundierte Rechtsfortbildung“ bezeichnet, übertreibt ihre Bedeutung. Besonders die von dieser Entscheidung festgestellte Vererblichkeit der vermögensrechtlichen Bestandteile des Persönlichkeitsrechts (BGH, Urt. v. 1. 12. 1999, BGHZ 143, 214, 217 f., 223 ff. – Marlene Dietrich) fügt sich nicht mehr dem deutschen Monismus und paßt nicht zum von ihr grundsätzlich angenommenen Persönlichkeitsrechtsmodell, das anders als das amerikanische Immaterialgüterrechtsmodell von der Untrennbarkeit der Persönlichkeitsgüter von der Person ausgeht. Siehe näher dazu unten § 5. 26 Schon 1963 hat Heitmann in seiner Dissertation dieses Problem eingehend behandelt; richtige Resonanz gefunden haben aber die von 1993 an aufeinanderfolgend veröffentlichten Monographien von Freitag (1993); Magold (1994); Götting (1995); Seemann (1996); Schertz (1997); Beuthien/Schmölz (1999), die auch auf die MarleneDietrich-Entscheidung einen erheblichen Einfluß ausgeübt haben. 27 Üblicherweise knüpft sich das Immaterialgüterrechtsmodell an den Dualismus und das Persönlichkeitsrechtsmodell an den Monismus. Es muß aber nicht immer so sein. 28 Siehe ausführlich zum Meinungsstreit unten § 5.

III. Ziel und Gang der Arbeit

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Um dieser Aufgabe umfassend zu begegnen, beginnen die nachfolgenden Überlegungen mit der Erklärung der bereits erwähnten wirtschaftlichen Realität, daß die Identitätsmerkmale der Person einen Vermögenswert verkörpern. Nach der Einführung in die tatsächlichen Praktiken der Kommerzialisierung soll hier besonders der Ursprung des Vermögenswerts klar gemacht werden (§ 2). Sodann wird diese Wirklichkeit nach dem Maßstab der Menschenwürde bewertet und im Zuge dessen werden auch die Voraussetzungen deutlich gemacht, unter denen der den Persönlichkeitsmerkmalen anhaftende Vermögenswert rechtlich anerkannt werden kann (§ 3). Im Anschluß daran wird die Frage gründlich abgehandelt, wem aus welchen Gründen dieser Vermögenswert gebührt. Diese Erwägungen haben weitreichende kultur- und rechtspolitische Implikationen (§ 4). Schließlich wird mit einer typisierenden Schilderung des derzeitigen Meinungsstandes konsequent gezeigt, welches zivilrechtliche subjektive Recht überhaupt zur Zuweisung des an den menschlichen Identitätsmerkmalen entstandenen Vermögenswerts berufen ist und wie dieses Recht zu gestalten ist. Vorausgreifend kann insoweit schon jetzt gesagt werden, daß das monistische Persönlichkeitsrechtsmodell herauszugreifen ist. Um diesen Grundgesichtspunkt theoretisch zu begründen, wird zunächst das Wesen des Persönlichkeitsrechts insbesondere im Vergleich mit dem des Immaterialgüterrechts geklärt und sodann sein Charakter als subjektives Recht auch mit einem eventuellen vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt eingehend dargelegt. Des weiteren wird die gefährliche Entwicklungslinie, welche die von einem anderen Denkmodell ausgehende amerikanische Praxis tendenziell zeigt, als Anhaltspunkt für einen Rückschluß in Betracht gezogen (§ 5). Zu guter Letzt werden die in dieser Arbeit aufgestellten und bewiesenen Thesen deutlich und in Kürze wiedergegeben und als Schlußbemerkung die praktischen Implikationen des hier vorgeschlagenen monistischen Persönlichkeitsrechtsmodells kurz angedeutet (§ 6).

§ 2 Identitätsmerkmale als wirtschaftliche Güter Einen wichtigen Ausgangspunkt bildet zunächst die tatsächlich stattfindende Kommerzialisierung der Identitätsmerkmale, die eigentlich die in dieser Arbeit behandelte Diskussion veranlaßt hat1. Der Sinn dieser Betrachtung auf der tatsächlichen Ebene soll sich dabei nicht darin erschöpfen, reine Fakten festzustellen bzw. die Notwendigkeit der rechtlichen Erfassung jener Kommerzialisierung anzudeuten, sondern liegt auch darin, einen richtigen Ansatz zur rechtlichen Gestaltung herauszuarbeiten. Hierzu gibt besonders die Ermittlung der Herkunft des Vermögenswerts von Identitätsmerkmalen bedeutenden Aufschluß.

I. Verbreitung der Kommerzialisierung von Identitätsmerkmalen Im Zuge der generellen Ökonomisierung der Lebensbereiche in der kapitalistischen Wirtschaft können selbst die Persönlichkeitsmerkmale nicht mehr unter dem juristisch geweihten Schutzdach des Selbstzwecks unangetastet verbleiben. Auch sie werden um der Effizienzerhöhung willen auf den Markt getrieben und bekommen dort eine neue Rolle zugewiesen. Nachdem der Verkauf menschlicher Arbeitskraft geradezu die Grundform der heutigen Existenz geworden ist2, werden immer mehr Persönlichkeitsmerkmale, insbesondere die Identitätsmerkmale, zum Zweck der Gewinnerzielung entweder freiwillig oder zwangsweise instrumentalisiert und der ökonomischen Verwertungslogik unterworfen. Neben professionellen Fotomodellen profitieren vor allem Prominente aus Sport und Unterhaltung, die über ein besonders positives Image im Hinblick auf Verläßlichkeit, Erfolg oder Attraktivität verfügen, vom Einsatz ihrer Identitätsmerkmale zur Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen. So ist es 1 Vgl. Schack, AcP 195 (1995), 594, 595, der das Fehlen an der Beschäftigung „mit den wirtschaftlichen und tatsächlichen Grundlagen der Merchandising-Industries“ in der Göttings Habilitationsschrift (Persönlichkeitsrechte als Vermögensrechte, Tübingen, 1995) kritisch bemerkt. 2 Vgl. zum Arbeitsvertrag als eine Form der Kommerzialisierung der Persönlichkeitsmerkmale Heitmann, S. 16; Kleinheyer, JZ 1970, 471, 474. Aber dieser Vertrag ist durch seine langwierige kämpferische Entwicklung in der Historie so eigenständig geworden, daß eine gesonderte Erwähnung des Persönlichkeitsrechts unnötig ist (so auch Ahrens, S. 33 f.). Trotzdem weist seine Entwicklungslinie auch hinsichtlich der Kommerzialisierung der Identitätsmerkmale einen richtigen Weg; siehe dazu auch unten § 3 III. 2.

I. Verbreitung der Kommerzialisierung von Identitätsmerkmalen

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nun alltäglich geworden, daß Prominente mittels ihres attraktiven Konterfeis, ihres strahlenden Namens, ihrer vertrauten Stimme oder ihrer anziehenden Privatgeschichte hier und dort uns zum Konsum ermuntern und daraus Kapital schlagen. Obgleich die Verwendung der Identitätsmerkmale berühmter Persönlichkeiten als Marketinginstrumente an sich keine neue Erscheinung ist3, stellt ihre gigantische Dimension sowohl hinsichtlich der gesamtgesellschaftlichen Durchdringung4 als auch angesichts der dabei ins Spiel kommenden beträchtlichen Geldsummen mit ihrer Zuordnung zum Merkmalsträger5 gewiß ein Charakteristikum der gegenwärtigen Informations- und Mediengesellschaft dar. Die Vermarktung der Identitätsmerkmale ist also nun so weit verbreitet, daß sie nicht nur Stars aus der Unterhaltungsbranche sondern auch Politiker, Verbrecher, sogar Päpste betrifft6. Selbst Normalbürger erscheinen nicht selten in der Werbung oder in modernen Fernsehformaten wie Reality-TV. Ferner reicht die gezahlte Vergütung oft bis zu mehrstelligen Millionenbeträgen je nach dem Bekanntheitsgrad der Betroffenen7, der wiederum von der medialen Verbreitung abhängig ist, und macht heute eine gängige Einnahmequelle der Prominenten aus. Für viele sind daher bestimmte Identitätsmerkmale derzeit Wirtschaftsgüter, die im Hinblick auf potentiellen Gewinn stets gepflegt werden. 1. Verschiedene Formen der Kommerzialisierung Die Identitätsmerkmale einer Person lassen sich auf vielfältige Weise kommerziell verwerten. Die sich grenzenlos entfaltende Kreativität der Konkurrenz auf dem Markt entzieht sich dabei wie auch immer gearteten Mustern, so daß 3 Die kommerzielle Ausnutzung des Bekanntheitsgrads von Prominenten wurde bereits im 18. Jahrhundert praktiziert (siehe näher dazu Seemann, S. 37 ff.) und bildete um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert wiederholt die Grundlage von gerichtlichen Entscheidungen: Den Beklagten in der berühmten Bismarck-Entscheidung (RG, Urt. v. 28. 12. 1899, RGZ 45, 170 ff.) war klar, daß sie mit Fotos von dem toten Reichskanzler ein gutes Geschäft machen können (vgl. ausführlich dazu Seifert, NJW 1999, 1889, 1889); und die beklagte Tabakfabrik in der Graf-Zeppelin-Entscheidung (RG, Urt. v. 28. 10. 1910, RGZ 74, 308 ff.) hatte ohne Erlaubnis des Grafen Zeppelin dessen Brustbild und den Schriftzug „Graf Zeppelin“ für sich als Warenzeichen eintragen lassen und zur Kennzeichnung ihrer Produkte verwendet. 4 Vgl. Büchler, FS f. Rey, S. 177, 177. 5 Vgl. Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 135 (1993): „What is new to our time is not the existence of so-called ,publicity‘ or ,associative‘ values, nor even their systematic commercial exploitation, but rather the magnitude of these values, the specific cultural and institutional mechanisms by which they are generated, and (above all) the widespread belief that famous persons ought to be able to capture these socially created values for themselves“; auch Seemann, S. 33. 6 Vgl. Seemann, S. 56 f., 59; Magold, S. 10; Ropski/Kurer, SMI 1990, 279, 279 f., 293 f. 7 Siehe die Beispiele, Seemann, S. 55 f.; Schertz, Rn. 18; Biene, S. 26, 27, 28 f.

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§ 2 Identitätsmerkmale als wirtschaftliche Güter

jede Auflistung aller denkbaren Nutzungsmöglichkeiten8 unvermeidlich partielle Überschneidungen aufweist und keinesfalls abschließend sein kann. Trotzdem ist eine grobe Gruppierung möglich, die aber je nach ihrem Zweck verschieden durchzuführen ist. Im folgenden geht es um die drei wesentlichen Verwertungsformen, die am häufigsten auftreten: Werbung, Merchandising und Erzeugnisse der Massenmedien9. Diese Dreiteilung ist nicht nur für den Überblick über die tatsächlichen Kommerzialisierungsformen von Nutzen, sondern auch für deren normative Bewertung bei der Interessenabwägung, die bei der Kommerzialisierung gegen den Willen des Merkmalsträgers stattfinden soll10. a) Kommerzialisierung in der Werbung In der Massenproduktionszeit müssen sich Waren oder Dienstleistungen, die auf dem Markt erfolgreich bleiben wollen, von den gleichzeitig en masse angebotenen vergleichbaren Produkten abheben und dadurch den von ihnen ausgehenden Kaufanreiz erhöhen. Auch um das ununterbrochen laufende Fließband nicht unterbrechen und das Licht der rastlosen Büros nicht ausschalten zu müssen, will man es nicht bei der Befriedigung bereits vorhandener Konsumentenbedürfnisse bewenden lassen, sondern durch Umstellung jener Bedürfnisse weitere Märkte erschließen. Der Vorsprung durch technische Qualität oder durch geschmackvolles Design stellt offenbar eine erstrebenswerte Strategie dafür dar, ist aber enorm aufwendig und in der ohnehin heftigen Konkurrenz schwer durchzusetzen. Solche langfristige Strategie ergänzend hat man darum eine neue Taktik entwickelt, die auf dem kürzesten Weg zur gewünschten Unterscheidbarkeit des Produkts von der Konkurrenz sowie zur Schaffung neuer Nachfrage führt: Verwendung von berühmten Personen in der Werbung. Prominente besitzen begriffsimmanent Prominenz, die die Aufmerksamkeit der Konsumenten erregen kann. Sie verfügen aber auch über ein von den Verbrauchern ersehntes Image, das auf der Projektionsfläche der Medien gebildet und gepflegt wird. Aufgrund dieser beiden Eigenschaften haben sie eine ungeheuere Werbekraft und treten deswegen immer wieder, gelegentlich sogar unge8 Vgl. einen instruktiven Versuch von Goodenough, [1997] I.P.Q.: No. 1, 37, 41–42, der von den fünf grundsätzlichen Formen der kommerziellen Nutzung ausgeht: informational use, creative use, advertising use, icon use and performance use. 9 Vgl. ähnlich Neben, S. 84 ff.; Biene, S. 25 ff. 10 Während es in den Massenmedien eher auf das Interesse am Leben der bestimmten Person als solcher ankommt, ist im Merchandising und in der Werbung meistens der assoziative Wert der Person, der im Merchandising unmittelbar aber in der Werbung mittelbar mit den Waren und Dienstleistungen verbunden wird, von Interesse. Je direkter die Art der Nutzung der Merkmale die Person als solche betrifft, desto größer ist die Chance, die Verwendung von Identitätsmerkmalen mit dem öffentlichen Interesse zu rechtfertigen.

I. Verbreitung der Kommerzialisierung von Identitätsmerkmalen

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wollt11, in Werbeanzeigen auf. Die Spannbreite ihrer Rolle reicht dabei vom neutralen Blickfang über Empfehler oder Nutzer bis hin zu Mithersteller12. Der Einsatz von Prominenten als Blickfang soll dazu dienen, die Aufmerksamkeit der Konsumenten zu erregen und diese auf die Werbebotschaft zu lenken, indem die Anziehungskraft der Prominenten die mit Werbung überschwemmten und dadurch stumpf gewordenen Verbraucher dazu verlockt, sich mit dem beworbenen Produkt näher zu befassen13. Die rein blickfangmäßige Verwertung von Identitätsmerkmalen berühmter Personen ist aber selten14. In der Regel spielt der sog. Imagetransfer eine große Rolle, bei dem es darum geht, die in den Identitätsmerkmalen der Prominenten verkörperten Ideale, wie z. B. Erfolg, Reichtum, Freiheit, Schönheit, Eleganz usw., auf das beworbene Produkt zu übertragen und hierdurch diesem ein bestimmtes positives Profil zu verleihen15. Das mit diesem bestimmten Image versehene Produkt spiegelt nun den Verbrauchern die Möglichkeit vor, sich einfach durch dessen Konsum ihrem Ideal annähern zu können16. Der Markt der Waren und Dienstleistungen verkleidet sich als bunte Bühne der Möglichkeiten. So werden seit langem nicht nur Turnschuhe von Nike, sondern gleichzeitig damit Michael Jordans überragende Sprungkraft verkauft17, und die mit Marlene Dietrich beworbenen Kosmetikartikel18 präsentieren sich als Konzentrate von „Schönheit, Eleganz, Sex und auch kühler Intelligenz“ 19. Manchmal zu beobachten sind auch ganz normale Bürger, die in der Werbung mit ihrer Normalität, Gewöhnlichkeit oder Reinlichkeit für den Absatz der Waren oder Dienstleistungen sorgen. Dieser über die bloße Funktionalität hinausgehende Zusatznutzen des Produkts beeinflußt entscheidend bestehende

11 Vgl. BGH, Urt. v. 8. 5. 1956, BGHZ 20, 345, 352 ff. – Paul Dahlke; BGH, Urt. v. 14. 4. 1992, NJW 1992, 2084, 2085 – Joachim Fuchsberger. 12 Vgl. Magold, S. 16 f.; Neben, S. 85. 13 Vgl. Henning-Bodewig, BB 1983, 605, 605; Neben, S. 85. 14 Dies kann etwa der Fall sein, wenn die eingesetzten Prominenten und die eigentliche Werbebotschaft auseinandergehen (vgl. Magold, S. 17). Ein anschauliches Beispiel bildet der Oskar-Lafontaine-Fall (BGH, Urt. v. 26. 10. 2006, WRP 2007, 83 ff.): Die Sixt-Leasing AG hat zehn Tage nach dem Rücktritt von Oskar Lafontaine als Finanzminister Werbeanzeigen geschaltet, auf denen ein Bild mit den Köpfen der Minister des damaligen Bundeskabinetts zu sehen war, auf dem der Kopf von Oskar Lafontaine mit einem weißen „X“ durchgekreuzt war mit der Unterschrift: „Sixt verleast auch Autos für Mitarbeiter in der Probezeit.“ 15 Vgl. Henning-Bodewig, BB 1983, 605, 605 f.; Magold, S. 15 f.; Seemann, S. 54; Neben, S. 86; Peifer, S. 194; BGH, Urt. v. 1. 12. 1999, BGHZ 143, 214, 223 – Marlene Dietrich. 16 Vgl. Henning-Bodewig, BB 1983, 605, 606. 17 Vgl. Bächli, S. 125. 18 Siehe den Sachverhalt der Marlene-Dietrich-Entscheidung (BGH, Urt. v. 1. 12. 1999, BGHZ 143, 214, 215). 19 Vgl. zu diesen Images von Marlene Dietrich, Vinck, LM § 823 (Ah) BGB, Nr. 131.

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§ 2 Identitätsmerkmale als wirtschaftliche Güter

Motivstrukturen des Verbrauchers und ermöglicht auch deren Veränderung zugunsten des beworbenen Produkts20. b) Kommerzialisierung im Merchandising Ähnlich verhält sich es bei der als Merchandising oder als „character merchandising“ bezeichneten Marketingmethode. Allerdings fungieren hier Identitätsmerkmale von Prominenten nicht lediglich als Verkaufshilfe für Produkte, sondern sind selbst wesentlicher Inhalt des Produkts. Sie bilden die wertbestimmende Komponente oder Ausstattung charakterloser Grundprodukte, wie etwa Sammelbilder, T-Shirts, Poster, Medaillen, Souvernirartikel etc.21 oder werden als Marke bzw. Etikett in Produkte des gehobenen Bedarfs integriert, z. B. Mode und Kosmetikartikel, bestimmte Getränke, Zigaretten22, Autos usw.23 Trotz seiner bereits im 18. Jahrhundert liegenden Anfänge hat das Merchandising erst im 20. Jahrhundert, insbesondere mit Hilfe der Entwicklung der Film- und Modeindustrie, einen lebhaften Aufschwung erlebt24 und sich heute als wichtiger Wirtschaftszweig etabliert25. Unter „character merchandising“ versteht man nach einer 1993 vom Internationalen Büro der „World Intellectual Property Organisation“ (WIPO) vorgelegten Studie „die Bearbeitung oder Sekundärnutzung der wesentlichen Persönlichkeitsmerkmale einer Figur durch den Schöpfer der fiktiven Figur bzw. durch die natürliche Person oder durch einen oder mehrere dazu berechtigte Dritte hinsichtlich verschiedener Waren und/oder Dienstleistungen zum Zweck der Schaffung des Verlangens bei den in Betracht kommenden Verbrauchern, aufgrund der Affinität des Verbrauchers mit der Figur derartige Waren zu erwerben und/

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Vgl. Henning-Bodewig, BB 1983, 605, 605 f.; Peifer, S. 193 f. Einige Beispiele aus der Rechtsprechung: Sammelbilder von Fußballspielern der Bundesliga (siehe BGH, Urt. v. 20. 2. 1968, BGHZ 49, 288 289 – Ligaspieler); die mit einem Bildnis von Marlene Dietrich versehenen Telefonkarten, Henkeltassen, T-Shirts, Armbanduhren, Anstecker (siehe BGH, Urt. v. 1. 12. 1999, BGHZ 143, 214, 215 – Marlene Dietrich); die mit dem Bildnis von Willy Brandt ausgestattete Medaille (siehe BGH, Urt. v. 14. 11. 1995, NJW 1996, 593, 593 – Willy Brandt). 22 Die Tabakindustrie ist besonders auf Merchandising-Aktivitäten angewiesen, um Werberestriktionen zu umgehen (Peifer, S. 197). 23 Z. B. Namen wie Yves Saint Laurent, Gucci, Dior für Modeartikel; Gorbatschow für Wodka; Graf Zeppelin (siehe RG, Urt. v. 28. 10. 1910, RGZ 74, 308, 309 – Graf Zeppelin), Pierre Cardin für Zigaretten; Namen von Popmusik-Gruppen wie Pink Floyd, Genesis, Rolling Stones, Bon Jovi für bestimmte Automodelle. Auch im Marlene-Dietrich-Fall wurde ein Sondermodell des Typs Lancia Y 10 (FIAT) als Marlene bezeichnet (siehe BGH, Urt. v. 1. 12. 1999, BGHZ 143, 214, 215 – Marlene Dietrich). 24 Vgl. zur Entwicklungsgeschichte des Merchandising Schertz, Rn. 15; Peifer, S. 195 f.; Sosnitza, JZ 2004, 992, 999. 25 Vgl. zur Bedeutung des Merchandising in der heutigen Wirtschaft Schertz, Rn. 15, 17 ff. 21

I. Verbreitung der Kommerzialisierung von Identitätsmerkmalen

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oder derartige Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen“ 26. Dieser umfangreiche Begriff untergliedert sich weiter in drei Kategorien: „character merchandising i. e. S.“ für die Vermarktung fiktiver Figuren, „personality merchandising“ in bezug auf die Kommerzialisierung realer Personen sowie „image merchandising“ als Mischform27. Da die rein fiktiven Figuren, z. B. Mickey Mouse, Donald Duck, E.T. usw., überhaupt unter dem Schutz des Urheberrechts oder des Markenrechts stehen, interessiert sich die vorliegende Arbeit nur für die letzten beiden Formen, in denen wenigstens eine natürliche Person involviert ist. Obgleich die umfassende Definition des Merchandising in der WIPO-Studie und die dort erwähnte Beispiele28 ausdrücklich die Verwertung in der Werbung einschließt und es nicht immer leicht ist, eine Abgrenzung zwischen Merchandising und Werbung zu ziehen29, ist es zweckmäßig, die beiden Warenabsatzstrategien zu unterscheiden30. Denn sie weichen in der konkreten Methode des Einsatzes der Prominenten voneinander ab, selbst wenn sie beide auf dem oben erwähnten psychologischen Mechanismus des Imagetransfers beruhen. Beim Merchandising stehen die Prominenten nicht neben den Produkten, sondern vereinen sich mit ihnen. Ihre Identitätsmerkmale werden als „unmittelbares Genußobjekt“ 31 in den Vordergrund geschoben und geben den mit ihnen beworbenen Produkten ein so wesentliches Gepräge, daß es bei deren Erwerb zumeist gar nicht auf die reale Qualität der Produkte ankommt32. Allein aus Affinität zu den Prominenten entscheiden sich die Konsumenten für die Produkte und zeigen dadurch nach außen eine emotionale Verbindung mit ihren Idolen33. Häufig treten dabei die eigentlichen praktischen Funktionen der Waren gänzlich hinter die von den Prominenten propagierten Idealen zurück. Der Käufer erwirbt die mit dem Bildnis seines Stars versehene Kaffeetasse nicht deshalb, weil er damit einen Engpaß in seiner Trinkgefäßversorgung beheben will 34, sondern deshalb, weil er sie als Erinnerung an sein Idol behalten will. Wer ein mit dem stilisierten Porträt von Che Guevara bedrucktes T-Shirt kauft und anzieht oder an die Wand seines Zimmers hängt, erklärt sich mit seinem Schlachtruf, gegen Unter26

Siehe Ruijsenaars, GRUR Int. 1994, 309, 309; Schertz, Rn. 4. Siehe Ruijsenaars, GRUR Int. 1994, 309, 309; Schertz, Rn. 4; Lichtenstein, S. 82; image merchandising bezieht sich meistens auf die Vermarktung von Schauspielern in ihrer fiktiven Rolle wie etwa Superman oder Tarzan. 28 In der WIPO-Studie wurde ein Werbefilm als Beispiel für Merchandising angeführt, in dem der weltberühmte Musiker Elton John „Coca Cola Light“ trinkt. Siehe dazu Ruijsenaars, GRUR Int. 1994, 309, 309. 29 Vgl. aus diesem Grund der WIPO-Studie zustimmend Schertz, Rn. 12, 14; auch Peifer, S. 194 ff. schildert Werbung als einen Unterfall des Merchandising. 30 Vgl. so auch Ruijsenaars, GRUR Int. 1994, 309, 311; Neben, S. 84; Biene, S. 27. 31 Schertz, Rn. 334. 32 Vgl. Ruijsenaars, GRUR Int. 1994, 309, 311. 33 Vgl. Neben, S. 84. 34 Siehe Biene, S. 26 f. 27

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§ 2 Identitätsmerkmale als wirtschaftliche Güter

drückung zu protestieren, einverstanden und will dies weiter verbreiten. Merchandising-Produkte können also als Erinnerungsstücke mit einem gewissen Informationsgehalt oder als symbolischer Ausdruck von Weltanschauung am sozialen Kommunikationsprozeß teilnehmen. Gerade dieser Aspekt begründet die im Vergleich zum Werbetreibenden relativ günstigere Position des Herstellers der Merchandising-Produkte bei der Interessenabwägung35, die bei der ohne Genehmigung des Berechtigten erfolgten Kommerzialisierung stattzufinden hat. c) Kommerzialisierung in den Erzeugnissen der Massenmedien Als dritte Form der Kommerzialisierung der Identitätsmerkmale kommt die massenmediale Verwertung der Lebensereignisse, insbesondere der Details aus dem intimen Privatleben, in Betracht. Die auch von Medienanbietern unverkennbar erstrebte ökonomische Rentabilität 36 hat einen heftigen Kampf um hohe Auflagenzahlen oder Einschaltquoten herbeigeführt, der zusammen mit den konglomeraten Medienkonzernen die derzeitige marktgebundene Medienlandschaft kennzeichnet. Um in solchem Kampf um Marktanteile bestehen zu können, haben sich alle Medien bei der Auswahl der zu vermittelnden Informationen sowie der Art und Weise von deren Veröffentlichung mehr und mehr am instinktiven Appetit des Publikums auf Voyeurismus, Klatsch bzw. Sensation orientiert37, weil die so erregte Aufmerksamkeit des Publikums über den reinen Verkaufsgewinn hinaus den hohen Preis der von ihnen angebotenen Werbefläche garantiert. Im Zuge dieser Personalisierung38, Skandalisierung oder Boulevardisierung39 der Medien40 werden intime Liebesbeziehungen, familiäre Situationen, harte Lebensschicksale und viele weitere originäre Lebensgeschichten sowohl von Prominenten als auch von unbekannten Normalbürgern41 als lukrati35 Vgl. BGH, Urt. v. 6. 2. 1979, NJW 1979, 2203, 2204 f. – Franz Beckenbauer; BGH, Urt. v. 14. 11. 1995, NJW 1996, 593, 594 f. – Willy Brandt. Siehe auch oben § 2 Fn. 10. 36 Die Zulassung privat-kommerzieller Rundfunkveranstalter hat dieser Tendenz Vorschub geleistet (vgl. Neben, S. 77 f.). 37 Vgl. Neben, S. 78 f.; Moosmann, S. 15 f. 38 Personalisierte Medien zentrieren ihre Darstellung um ein Einzelschicksal und um die davon unmittelbar betroffene Einzelperson. 39 Boulevardmedien gehen zurück auf sog. Boulevardzeitungen, die in der Vergangenheit nur auf der Straße erhältlich waren, nicht aber im Abonnement. Boulevardmedien erzeugen bewußt Emotionen durch bestimmte Formen der Berichtaufarbeitung. Ihr Ziel ist nicht das Vermitteln von hintergründigen, tiefgehenden Informationen, sondern vor allem die Unterhaltung der Leser (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Boule vardzeitung). 40 Vgl. Seemann, S. 51 f.; Neben, S. 75 Fn. 243; Moosmann, S. 15; Ladeur/Gostomzyk, ZUM 2004, 426, 427; BVerfG, Urt. v. 15.12. 1999, NJW 2000, 1021, 1024. 41 Manche Zeitschriften und TV-Formate beschäftigen sich eigens mit dem Privatleben gewöhnlicher Privatpersonen (vgl. Hoppe, ZEuP 2000, 29, 31; Neumann-Braun, medien praktisch 3/00, 12, 12).

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ver Rohstoff ausgenutzt und folglich oft wie eine Ware entgeltlich erworben. Mitunter wird ein Exklusivvertrag zwischen Medienunternehmen und Erlebnisträger abgeschlossen42, wodurch das Unternehmen den aus dem exklusiven Zugang zur Informationsquelle resultierenden Wettbewerbsvorsprung erlangt, während der Erlebnisträger so viel Geld verdienen kann43. Anders als die beiden oben erörterten Kommerzialisierungsformen, die die auf dem Imagetransfer fußende Ausbeutung des assoziativen Werts der Prominenten ins Auge fassen, geht es hier um die publizistische Ausnutzung des direkten Werts der Personen, der dem öffentlichen Interesse an ihrem wirklichen Leben entspringt44. Die Spannbreite dieser Kommerzialisierungsform reicht entsprechend der Vielfalt der Massenmedien sehr weit. Eine Vielzahl von Zeitungen und Zeitschriften lebt hauptsächlich von den sensationell aufgemachten und enthüllenden Berichten über die Privatangelegenheiten der prominenten Sportler, Schauspieler, Politiker und Adligen. Entsprechend ihrer voyeuristischen und sensationellen Aufmachung verzieren sie sich meist mit spektakulären „PaparazziFotos“, die aus großer Entfernung oder aus dem Verborgenen heraus mit hochentwickelter Kameratechnik aufgenommen werden45, und beinhalten manchmal sogar erfundene Storys. Diese den Betroffenen gegenüber äußerst rücksichtslose Berichterstattung der Regenbogenpresse46 beschäftigte Gerichte freilich öfter, die bei diesen Gelegenheiten mehrere bahnbrechende Entscheidungen trafen47. An der Vermarktung solcher Sensationen beteiligen sich auch viele TV-Sendungen, die unter dem Motto „just for fun“ immer stärker an die Stelle der seriösen Informationssendungen48 treten, z. B. sog. Boulevardsendungen49. Doch 42 Vgl. Prantl, AfP 1984, 17, 17 f.; Moosmann, S. 17 f.; auch die der Lengede-Entscheidung (BGH, Urt. v. 27. 10. 1967, GRUR 1968, 209 ff.) und der Vera-Brühne-Entscheidung (OLG München, Urt. v. 20. 12. 1979, AfP 1981, 347 ff.) zugrunde liegenden Sachverhalte. 43 Z. B. soll die Exklusivveröffentlichung der Hochzeitsbilder des Rennfahrers Michael Schumacher in der Zeitschrift Bunte zu einer Auflagensteigerung von 200.000 Stück geführt haben, während Michael Schumacher für den Exklusivbericht über seine Hochzeit 500.000 DM erhalten haben soll (siehe Hoppe, ZEuP 2000, 29, 31, 32). 44 Vgl. Biene, S. 13; Neben, S. 87. 45 Vgl. näher zu den Paparazzi-Fotos Prinz, ZRP 2000, 138, 141 f. 46 Siehe näher zu diesem Begriff, Neben, S. 23, der statt des emotional vorbelasteten Ausdrucks eine neutrale Bezeichnung „triviale Personenberichterstattung“ vorschlägt. 47 Vgl. vor allem BVerfG, Beschl. v. 14. 2. 1973, BVerfGE 34, 269 ff. – Soraya; BGH, Urt. v. 15. 11. 1994, NJW 1995, 861 ff. – Caroline von Monaco I; EGMR, Urt. v. 24. 6. 2004 (von Hannover ./. Deutschland), JZ 2004, 1015 ff. = NJW 2004, 2647 ff. 48 Auch dieses Sendungsgenre nimmt immer mehr Unterhaltungselemente an, was das Kunstwort „Infotainment“ belegt: Z. B. spontane Live-Interviews oder sog. embedded Journalisten im Krieg für reportageartige Direktschaltungen in den modernen Nachrichtensendungen. Vgl. auch Neben, S. 32. 49 Vgl. Neben, S. 33. Zu nennen sind hier Blitz (SAT 1), Brisant (MDR), Explosiv (RTL); SAM (ProSieben).

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eine ganz andere Version der Entlarvung ist neuerdings besonders im privaten Rundfunk große Mode: Daytime-Talkshow50 und Reality-TV51. Hier handelt es sich um ein Podium zur Selbstinszenierung derer, die noch unbekannt sind, aber durch die grenzenlose Zurschaustellung ihrer Privatsphäre ins Rampenlicht der Fernsehöffentlichkeit treten und hierdurch ein Stück Prominenz erlangen wollen52. Die fehlende Berühmtheit der Auftretenden wird durch die bedenkenlose Exhibition des „ungeschminkten puren Lebens“ samt dessen intimsten Teilen, die vor allem mit tabuisierten Themen53 zusammenhängen54, ausgeglichen. Diese Zeichen der Wandlung von der „peeping Tom society“ zur „tell all and show all society“ 55 sind aber auch in der Welt des Internets deutlich zu erkennen. Durch sog. Live-Webcam-Angebote gewähren manche Frauen und Männer, zumeist gegen Entgelt, einen unbegrenzten Blick auf ihren banalen Alltag, z. B. Essen, Schlafen, Baden, Umkleiden usw.56 Nacktheit und Sex sind hier ebenfalls als Lockmittel von Bedeutung. Ähnliches gilt ferner für den Kunstbereich. Unter der Regie der Kulturindustrie werden viele Kunstwerke zu Waren, die zum Konsum bestimmt sind. Um sich gut zu verkaufen, greift sie nicht selten auf die schon in anderen Bereichen begründete Bekanntheit oder öffentliches Interesse zurück. Verfilmung und literarische Verarbeitung realer Personen bzw. höchstpersönlicher Ereignisse verbreiten sich daher über die eigentlich hierfür konzipierten Gattungen, etwa Dokumentarfilm oder Biographie, weit hinaus57. Romane und Spielfilme, die im Grunde Scheinwelten zum Gegenstand ihrer Schilderung haben sollen, erschüttern oftmals die Grenze zwischen Realität und Fiktion, und zeigen gerade in dieser Verschwommenheit nicht nur ihren ästhetischen Sinn sondern auch ihre Absatzstrategie58. Außerdem wuchern, entsprechend der schon dargestellten 50 Als aktuelle Beispiele können gelten: Die Oliver Geissen Show (RTL), Britt-Der Talk um eins (SAT 1), Zwei bei Kallwass (SAT 1). 51 Z. B. Big Brother (RTL 2), Der Bachelor (RTL), Real World (MTV), Germany’s Next Topmodel (ProSieben), Die Super Nanny (RTL). 52 Vgl. Neben, S. 70; Friedman, FS f. Rehbinder, S. 501, 509; Biene, S. 151. 53 Sex, Gewalt, Drogen, Kriminalität usw. 54 Vgl. Neumann-Braun, medien praktisch, 3/00, 12, 12. 55 Dieser Ausdruck ist aus Gaines, 10 Yale Journal of Law & the Humanities 537, 544 (1998) entlehnt. 56 JenniCam, TinaCam und Vier-Frauen-WG waren berühmt (siehe näher dazu Neumann-Braun, medien praktisch, 3/00, 12, 12; Friedman, FS f. Rehbinder, S. 501, 509 f.; auch Ladeur/Gostomzyk, ZUM 2004, 426, 427). 57 Vgl. zu den verschiedene Formen der Bezugnahme auf die reale Person bzw. das reale Geschehen in der Kunst, von Becker, AfP 2001, 466, 466; Moosmann, S. 23 f. 58 Beispiele zum sog. Schlüsselroman aus der Rechtsprechung: „Mephisto“ von Klaus Mann (BGH, Urt. v. 20. 3. 1968, BGHZ 50, 133 ff.; BVerfG, Beschl. v. 24. 2. 1971, NJW 1971, 1645 ff.), „Esra“ von Maxim Biller (BGH, Urt. v. 21. 6. 2005, NJW 2005, 2844 ff.; BVerfG, Beschl. v. 13. 6. 2007, NJW 2008, 39 ff.), „Meere“ von Alban Nikolai Herbst (KG, Urt. v. 15. 4. 2004, AfP 2004, 371 ff.); Beispiele zum sog. Doku-

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Tendenz zum Sichexhibieren, autobiographische Enthüllungsbücher, deren primäres Ziel nicht künstlerische Darstellung der eigenen Lebensgeschichte, sondern Profitstreben durch die Offenlegung höchstpersönlicher Erfahrungen ist59. Die bislang dargestellten vielfältigen Arten der Medien, in denen die Vermarktung des Privatlebens stattfindet, lassen darauf schließen, daß es sich hier um den Berührungspunkt zwischen Kommerz und Information oder Kunst handelt und daher besonders die Presse-, Rundfunk- und Kunstfreiheit ins Gewicht fallen kann. Da diese Grundrechte die Massenmedien ermächtigen, die persönlichen Informationen anderer grundsätzlich ohne deren Einwilligung zu verwerten60, stellt sich stets bei der medialen oder künstlerischen Kommerzialisierung der Persönlichkeitsmerkmale die schwierige Frage, ob sie überhaupt das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzt61. 2. Gegenstand der Kommerzialisierung Die durch den kurzen Einblick in die Hauptformen der Kommerzialisierung klargewordene tatsächliche Verbindung zwischen Ökonomie und menschlicher Persönlichkeit wirft weiter die Frage auf, was der genaue Gegenstand der Vermarktung ist, an den der auf dem Markt gebildete Vermögenswert und somit auch etwaige rechtliche Regelungen für dessen Schutz anknüpfen sollen. Obwohl die exakte Konstatierung dieses Gegenstandes unerläßlich ist, um die rechtliche Erfassung dieser sozioökonomischen Erscheinungen in die richtige Bahn zu lenken, hat sich die heutige Diskussion zu wenig darum bemüht. Der in diesem Zusammenhang häufig zu hörende Ausdruck „Persönlichkeitsvermarktung“ 62 oder „Kommerzialisierung von Persönlichkeit“ 63 ist im Hinblick auf das Wesen der Persönlichkeit, das mit dem psychischen Innenleben oder mit dem inneren Steuerungssystem des Menschen zur Bewältigung seiner Umweltbeziehungen verbunden ist64, mißverständlich65 und deshalb allenfalls als eine Metapher zu betrachten.

Drama und zum Kinofilm mit dem realen Bezug: „Der Fall Lebach (1969)“ (BVerfG, Beschl. v. 25. 11. 1999, NJW 2000, 1859 ff. – Lebach II), „Peanuts – Die Bank zahlt alles“ (siehe näher zu diesem Film Eickmeier/Eickmeier, ZUM 1998, 1, 1; Schertz, ZUM 1998, 757, 759). 59 Z. B. „Hinter den Kulissen“ von Dieter Bohlen (siehe dazu näher Busch, AfP 2004, 203, 207), „I want to tell you“ von O. J. Simpson, „Living History“ von Hillary Rodham Clinton (siehe zu diesen beiden Büchern Biene, S. 29). 60 Vgl. Magold, S. 21; Biene, S. 27 f. 61 Siehe in diesem Zusammenhang auch unten § 5 Fn. 281. 62 Z. B. Seemann, S. 27, 33 63 So ähnlich Freitag, S. 29. 64 Siehe näher zu diesem Wesen der Persönlichkeit, Beuthien/Schmölz, S. 7 ff. 65 So auch Beuthien/Schmölz, S. 16; Biene, S. 19.

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Da die innere Persönlichkeit an sich nicht als Gegenstand des kommerziellen Geschäfts geeignet ist, richten manche das Augenmerk nach außen und stellen dabei auf das Phänomen der Persönlichkeitsausstrahlung ab. So wird manchmal „Image“ 66, also das durch diese Persönlichkeitswirkung bei den Mitmenschen hervorgerufene Persönlichkeitsbild, oder manchmal „Prominenz“ 67, nämlich die Reichweite des Images in der Allgemeinheit, als Gegenstand der Vermarktung hervorgehoben. Die erste Ansicht will auf diesem außerhalb der Person erfaßbaren und daher von der Person ablösbaren Image ihr dualistisches Immaterialgüterrechtsmodell aufbauen und dadurch ein ganz neues Immaterialgüterrecht entstehen lassen68, das dem amerikanischen right of publicity in weiten Zügen ähnelt69. Die zweite Ansicht will eine völlig andere Richtung weisen. Indem sie die öffentliche und kulturelle Bedeutung der Prominenz, die oftmals mit Unterstützung vieler Hände erschaffen und regeneriert wird, pointiert, will sie dem blinden Glauben widerstehen, daß der daraus gezogene Nutzen exklusiv dem Inhaber des prominenten Images zugeordnet werden müsse70. Ohne auf diese hintergründigen Gedanken tief einzugehen, sind solche Ansätze indessen schon deshalb zu bezweifeln, da Image bzw. Prominenz nicht als fundierter Anknüpfungspunkt des Vermögenswerts und mithin des Rechtsschutzes qualifiziert werden können. Da die beiden Begriffe von der subjektiven Vorstellung unzähliger Zeitgenossen herrühren, sind sie allerdings zu vage und labil, um als Rechtsbegriff gebraucht zu werden. Es ist nicht leicht, selbst darauf zu antworten, wer mit welchem Image verbunden ist und wann jemand überhaupt prominent wird. Abgesehen von diesem Problem kommen die beiden Ansichten ohnehin in der heutigen Situation zu kurz, weil sie die unbekannten Normalbürger nicht erfassen, die ohne irgendein in der Allgemeinheit gebildetes Image wiederholt in der Werbung oder in den Medienerzeugnissen erscheinen. Für die verwertenden Unternehmen können gerade Image und Prominenz einer Person von größtem Interesse sein, weil sie durch den Einsatz der Person im Grunde den oben genannten Imagetransfer erzielen und demzufolge die Aufmerksamkeit der Konsumenten auf ihre Produkte lenken wollen. Relevant ist daher letztlich nicht die Person selbst, sondern ihr Image und ihr Bekanntheitsgrad71. Aber sie können zu diesem Zweck nicht direkt auf das Image und die 66 So konstant Beuthien/Schmölz, S. 17 f.; Beuthien, Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, 75, 76 f.; ders. NJW 2003, 1220, 1221 f.; neuerdings Biene, S. 21 f., 25. 67 Seemann, S. 53 ff., 58, 59. 68 Siehe dazu unten § 5 I. 2. d). 69 Das als „persona“ bezeichnete Schutzgut des right of publicity ist die abstrakte gesamte Personenidentität, die dem Begriff „Image“ gleichkommt; vgl. näher zum Begriff der persona in den USA Magold, S. 7 ff., 143 ff. 70 Siehe dazu unten § 4 II. 71 Vgl. Peifer, S. 197; auch Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 199 (1993): „What Sanka was ,buying‘ when it hired Young to pitch its coffee was not, then, the person Robert

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Prominenz der Person zugreifen, sondern sich anhand der konkret wahrnehmbaren Individualisierungsmerkmale der Person, etwa Erscheinungsbild, Name usw., lediglich mittelbar damit in Verbindung setzen. Das Image und die Berühmtheit können also nur über diese Identitätsmerkmale vermittelt werden. Demgemäß implizieren jene Identitätsmerkmale ökonomisches Potential und werden de facto zum Gegenstand des Rechts- und Wirtschaftsverkehrs. Auch wenn die Höhe des Vermögenswerts wesentlich von der Stärke des Images sowie dem Bekanntheitsgrad abhängt, haftet der Vermögenswert unmittelbar an jedem einzelnen Identitätskennzeichen, das in der Kommerzialisierung wirklich verwendet wird. Es kann keinen Preis für die Imageverwertung schlechthin geben72. Image und Prominenz verhalten sich zu Identitätsmerkmalen wie Nützlichkeit und Qualität zu Waren. Aus diesem Blickwinkel sind logischerweise die konkreten Identitätsmerkmale der Person als tatsächlicher Gegenstand der Vermarktung anzusehen, auf den sich sowohl der Marktpreis als auch der rechtliche Schutz beziehen. Dieser Befund gibt schon Aufschluß darüber, daß die rechtliche Diskussion um diese Kommerzialisierung weiterhin im Rahmen des Persönlichkeitsrechts stattfinden soll, unter dessen Schutz die Identitätsmerkmale von jeher stehen. Man braucht nicht nach einem neuen Gegenstand zu suchen, um anschließend ein neues Recht zu begründen.

II. Ursprung des Vermögenswerts an den Identitätsmerkmalen Es ist nun festzustellen, daß Bildern, Namen und sonstigen Identitätsmerkmalen der Person ein erheblicher wirtschaftlicher Wert zukommen kann. Insbesondere prominente Personen schlagen planmäßig Kapital daraus, daß sie es Dritten gestatten, ihre Identitätskennzeichen zu kommerziellen Zwecken, etwa für Werbung oder Merchandising, einzusetzen73. Außerdem können sie durch die GeYoung. . . . Nor was Sanka buying Young’s acting ability; there were any number of unfamous actors who could have delivered the ad’s lines with equal or greater ability. No, what Sanka was buying was the Robert Young persona, the public image, which in turn was largely the product of the roles Young had previously played on television.“ 72 So auch Freitag, GRUR 1994, 345, 348. 73 So erzielte Michael Schumacher im Jahre 2000 aus Werbeverträgen mit Shell, Marlboro, L’Oreal etc. sowie aus Merchandising ca. 40 Millionen Euro (siehe Bächli, S. 125). Michael Jackson erhielt für einen Auftritt in einem Fernsehspot für Pepsi Cola 5,5 Millionen Dollar und für einen Dreijahresvertrag mit demselben Getränkehersteller 15 Millionen Dollar (siehe Biene, S. 26). Sogar Elvis Presley, der schon vor ca. 30 Jahren verstorben war, hat z. B. vom Oktober 2005 bis zum Oktober 2006 rund 42 Millionen Dollar verdient (siehe Top-Earning Dead Celebrities, www.forbes.com/ 2006/10/23/celebrities-earnings-fame-tech-media-06deadcelebs-cx_lr_topearnintro.html).

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währung von Einblicken in private Lebensereignisse, etwa in Exklusivinterviews oder in autobiographischen Büchern, enorme Summe einnehmen74. Ihr ultraluxuriöses Leben, das ab und zu durch die Boulevardzeitungen und -sendungen sichtbar gemacht wird, ist schlußendlich darauf zurückzuführen. Um herauszufinden, wie dieser an den Identitätsmerkmalen entstandene Vermögenswert rechtlich angemessen erfaßt werden kann, ist es unbedingt erforderlich, zuvor den Blick darauf zurückwerfen, woher er kommt. Zu klären ist also, wie es dazu kam, daß sich die Identitätsmerkmale zu wertvollen wirtschaftlichen Gütern entwickelten. Eine umfassende Untersuchung der sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Wandlung der Gesellschaft liegt aber außerhalb der Aufgabe dieser Arbeit. Hier sollen nur die rechtlich relevanten Elementarkenntnisse herausgearbeitet werden. 1. Unterscheidung zwischen freien Gütern und wirtschaftlichen Gütern Als Güter bezeichnet die Ökonomie alle Mittel, die der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse dienen75. Wenn Güter für alle Wirtschaftssubjekte in beliebiger Menge und ohne Aufwendungen verfügbar sind, spricht man von freien Gütern. Wenn sie dagegen durch Knappheit gekennzeichnet sind, nennt man sie wirtschaftliche Güter76. Knappheit bedeutet hierbei, daß weniger Güter vorhanden sind, als eigentlich erwünscht wären77. Sie ist somit ein relativer Begriff, der stets im Verhältnis zwischen dem Ausmaß der Bedürfnisse und der Menge der verfügbaren Güter zu verstehen ist78. Die freien Güter haben keinen Tauschwert, weil sie gar nicht zum Tausch angeboten oder durch Tausch erworben werden müssen. In einem Paradies ohne allgemeine Knappheit wären die Preise aller Güter Null und Märkte überflüssig79. Wegen der unbegrenzten Bedürfnisse der Menschen ist aber die wirkliche Welt voll von Wirtschaftsgütern, die immer knapp sind und deswegen durch das Tauschverfahren auf dem Markt Preise erhalten. Die Höhe der Preise für diese 74 Für ein Interview mit dem britischen Fernsehsender Channel 4 soll Monica Lewinsky, die ehemalige Geliebte des US-Präsidenten, umgerechnet etwa 0,55 Millionen Euro erhalten haben (siehe Hoppe, ZeuP 2005, 656, 672 Fn. 98). Für ihre autobiographische Darstellung hat die ehemalige amerikanische First Lady Hillary Rodham Clinton angeblich einen Vorschuß in Höhe von 8 Millionen Dollar von dem Verlag Simon & Schuster erhalten (siehe Biene, S. 29). 75 Vgl. Hardes/Schmitz/Uhly, S. 16; Schluep, S. 311 f.; Ellger, S. 272 f. 76 Vgl. Hardes/Schmitz/Uhly, S. 16. 77 Samuelson/Nordhaus, S. 21. 78 Vgl. Behrens, S. 31; auch näher zum Begriffspaar relative Knappheit und absolute Knappheit, Hardes/Schmitz/Uhly, S. 16 f. 79 Siehe Samuelson/Nordhaus, S. 20 f.

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Güter sind Indikatoren für das Ausmaß an Knappheit der betreffenden Güter80. Je mehr von einem Gut zur Verfügung steht, desto geringer wird der Grenznutzen der letzten Einheit dieses Gutes und um so niedriger auch der Preis81. Dieser kurze Einblick ins volkswirtschaftliche Grundwissen führt zu der Erkenntnis, daß der Vermögenswert eines Gutes seiner Knappheit entstammt. Demnach hat ein Gut keinen Vermögenswert, wenn kein Bedürfnis nach ihm besteht oder die verfügbare Menge für die Befriedigung des vorhandenen Bedürfnisses völlig genügt. Besonders zu beachten ist in diesem Zusammenhang, daß das Recht auf die Entstehung sowie die Beseitigung der Knappheit eines Gutes großen Einfluß nehmen kann82. Diese Knappheit kann also nicht nur durch natürliche Gegebenheiten, sondern auch durch kulturelle Faktoren bestimmt sein. 2. Wandel der Identitätsmerkmale zu wirtschaftlichen Gütern Für die Identitätsmerkmale gilt freilich das Gleiche. Die Asymmetrie zwischen den heutzutage vermehrten Verwendungsmöglichkeiten der Identitätskennzeichen und ihrer beschränkten Verfügbarkeit hat die wesentliche Voraussetzung dafür geschaffen, daß sie zu knappen wirtschaftlichen Ressourcen werden und auf dem Markt einen Vermögenswert erhalten. a) Vermehrtes Bedürfnis nach den Identitätsmerkmalen Schon aus den oben dargestellten vielfältigen Kommerzialisierungsformen der Identitätsmerkmale läßt sich ohne weiteres schließen, daß die Nachfrage nach den Identitätsmerkmalen anderer, vor allem der Prominenten, heute erheblich zugenommen hat. Es wäre daher überflüssig, sich nochmals mit den verbreiteten konkreten Verwertungsmöglichkeiten zu beschäftigen, um das gewachsene Bedürfnis zu belegen. Hier scheint vielmehr eine kurze Erläuterung zum Hintergrund dieser Erscheinung angebracht zu sein. In der Ära der Massengeschäfte, die unter der Regie des Kapitalismus ungehemmt in alle Richtungen betrieben werden83, nimmt gerade die Aufmerksamkeit der breiten Masse eine Schlüsselposition für den erwünschten Erfolg ein. Da die geistige Aufnahmefähigkeit der Menschen aber organisch begrenzt ist, 80

Vgl. Ellger, S. 301. Siehe die Erläuterung zu dem berühmten Paradoxon des Werts von Wasser und Diamanten in Samuelson/Nordhaus, S. 144 f. 82 Siehe direkt unten 2. b). 83 „All culture is mass culture under capitalism“ [Michael Denning, The End of Mass Culture, International Labor & Working Class History, Spring 1990, 4, 8, zitiert nach Gaines, 10 Yale Journal of Law & the Humanities 537, 540 (1998)]. 81

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ist die Aufmerksamkeit ständig knapp in Relation zu den ihrer bedürfenden Angeboten84. Je größer die Flut der Angebote, um so lauter und einprägsamer muß sich das einzelne Angebot darstellen, um noch wahrgenommen zu werden. Ein modernes Charakteristikum dieses Kampfes um Aufmerksamkeit liegt in der Verzahnung mit dem sog. Starkult. Noch nie gab es so viel Prominenz wie heute, und noch nie gab es einen solchen Rummel um die bekannten Namen und Gesichter85. Als die Kunstwerke im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit ihre Aura86 verloren87, begannen die Stars am Medienhimmel zu glänzen. Erst die Entwicklung der Reproduktions- und Multiplikationstechnik der Massenmedien hat es ermöglicht, die öffentliche Aufmerksamkeit in dem riesigen Ausmaß zu erregen, um sie auf eine oder wenige Personen zu richten88. Mit diesem ungeheuren Interesse bedacht, pflegen Stars darüber hinaus in Zusammenarbeit mit den Massenmedien89 eigene wohlgelittene Images. So vereinen sie in sich gewaltige Mengen jener Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und die verschiedenen Ideale bzw. Idealbilder. Dadurch entsteht ihre magische Anziehungskraft, nämlich die Aura der Stars90, die anstelle der ohnehin geschwächten Aura ihrer Kunst immer bedeutender hervortritt91. Stars sind daher nicht lediglich berühmte Personen, sondern auch aufgrund ihrer Aura idolisierte Figuren, die in der orientierungslos individualisierten Gesellschaft als Vorbilder begeistert begrüßt und leidenschaftlich nachgeahmt werden92.

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Vgl. Franck, S. 49 ff. Seemann, S. 21; Franck, S. 151. 86 Dieses Wort bedeutet „der einzigartige Wert des echten Kunstwerks“ (siehe Benjamin, S. 16); seine abstrakte Definition lautet: „einmalige Erscheinung einer Ferne, so nah sie sein mag“ (siehe Benjamin, S. 16 Fn. 7). 87 Siehe Benjamin, S. 13 f. 88 Vgl. Franck, S. 147; Seemann, S. 22 f. 89 Vgl. zur symbiotischen Geschäftsbeziehung zwischen Prominenten und Massenmedien Neben, S. 68; Franck, S. 151 ff. 90 Vgl. zur Aura von Stars Coombe, 10 Cardozo Arts & Ent. L. J. 365, 375 (1992): „If the work of art’s aura derives from its unique, embodied or tangible presence in time and space, an individual history, and a situation in a cultural tradition, then it is difficult to deny the aura of the celebrity. However often a celebrity’s likeness is reproduced, there remains a social knowledge of the celebrity as an individual human being with an unapproachable or distant existence elsewhere, a life history, and a mortal susceptibility to the processes of heartache, illness, aging, and ultimately, death.“ 91 In diesem Kontext ist die Gegenüberstellung von Werkherrschaft und Imageherrschaft (siehe Seemann, S. 222 ff.; 242 ff.) zu verstehen. Siehe auch Benjamin, S. 28: „Der Film antwortet auf das Einschrumpfen der Aura mit einem künstlichen Aufbau der ,Personality‘ außerhalb des Ateliers.“ 92 Vgl. Seemann, S. 259; Coombe, 10 Cardozo Arts & Ent. L. J. 365, 376 (1992); Franck, S. 169. 85

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Diese Aura der Stars hat keinen Selbstzweck. Sie war von Anfang an für die wirtschaftliche Ausnutzung generiert.93 Der große Erfolg des Star-Systems in der Filmindustrie von Hollywood hat den anderen Industrien einen Impuls dazu gegeben, die Stars von der Leinwand herunterzuholen und als einflußreiche Propagatoren für ihre Angebote einzusetzen. Gezielt wird dabei besonders darauf, die Aura der Stars mit dem unerschöpflichen Verlangen nach eigener Attraktivität jedes Menschen zusammenzukoppeln94. Um am Glanz der Stars teilzuhaben und dadurch attraktiver zu erscheinen, folgen die Konsumenten nun der Unterweisung der Stars zur Anschaffung von bestimmten Dingen und teilen ihre Ansichten und Lebensstile. Um ihre Vorbilder noch näher kennenzulernen, brauchen diese Menschen die sog. triviale Personenberichterstattung. So ist die Nachfrage nach den Stars, genaugenommen nach ihren Identitätsmerkmalen, rasant gestiegen. Dementsprechend produzieren die Massenmedien heute Stars in Serie. Dazu tragen auch die neuerdings aufkommenden TV-Formate bei, in denen Tag für Tag sog. Instantstars aus den vor die Kamera drängenden Kandidaten ausgewählt werden, um so für eine Weile verwertet zu werden, bis sie wieder in Vergessenheit geraten. b) Künstlich hergestellte Verknappung der Identitätsmerkmale Es scheint folgerichtig, daß die Identitätsmerkmale der (prominenten) Person trotz des vermehrten Bedürfnisses keine Knappheit aufweisen sollen, weil sie mit Hilfe der modernen Reproduktions- sowie Verbreitungstechnik nach Belieben vervielfältigt und überall in jeder Menge zur Verfügung gestellt werden können. In der Realität leiden sie auf dem Markt dennoch unter chronischer Knappheit, wodurch ihr Vermögenswert begründet wird. Diese Gegensätzlichkeit wirft eine wichtige, aber in der gegenwärtigen Diskussion kaum berücksichtigte Frage auf: Worauf ist diese Knappheit zurückzuführen? aa) Recht und Knappheit Wie oben schon gesagt, kann die Knappheit der Güter mit dem Recht zusammenhängen. Das Recht kann nämlich das Knappheitsproblem erst schaffen, verschärfen, vermindern oder völlig beseitigen, indem es Einfluß entweder auf die Bedürfnisse der Menschen oder auf die Verfügbarkeit der Güter nimmt95. Als ein Paradebeispiel für eine solche Beeinflussung des Rechts kann das Immaterialgüterrecht dienen.

93 Vgl. Krneta, GRUR Int. 1996, 298, 302; Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 190 (1993). 94 Vgl. Franck, S. 169. 95 Vgl. Behrens, S. 31 f.

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Im Gegensatz zu den körperlichen Gegenständen, die an die physische Existenz in der raumzeitlichen Welt gebunden sind und wegen der daraus resultierenden Einmaligkeit des Vorhandenseins ohne weiteres der Knappheit unterliegen können, haben die Immaterialgüter keine körperliche Existenz und bleiben daher eigentlich von Raum und Zeit befreit. Mit Unterstützung der Informations- und Kommunikationstechnologien können sie unbeschränkt reproduziert sowie multipliziert werden und erhalten damit einen ubiquitären Charakter. Da sie von mehreren Personen an verschiedenen Orten gleichzeitig und ohne Einbußen an Substanz beliebig oft verwendet werden können, wohnt ihnen keine natürliche Knappheit inne. Der Marktwert, der entgegen dieser Eigenschaft den Immaterialgütern in der Tat verliehen wird, läßt sich allein aus der erst durch das Recht geschaffenen Exklusivität der Nutzungsbefugnis erklären96. Die Anerkennung des Immaterialgüterrechts, das dem Rechtsinhaber das betreffende Immaterialgut ausschließlich zuweist97 und gegen einen freien Zugriff darauf Sanktionen auslöst, hat also die künstliche Verknappung des Immaterialguts herbeigeführt, die wiederum seinen Vermögenswert begründet. Ohne eine solche rechtliche Zuweisung bleiben die Immaterialgüter gemeinfrei. Wenn z. B. die Bezeichnung „Fußball WM 2006“ keinen markenrechtlichen Schutz genießen kann98, darf sie anders als die Marke „FIFA Fußball WM 2006“ auch im kommerziellen Kontext ohne Zahlung einer Vergütung beliebig benutzt werden. Das subjektive Recht kann demzufolge eine unabdingbare Voraussetzung für die Wirtschaftsgüter sein99. Nicht zuzustimmen ist daher der Ansicht, die diesen Konnex zwischen dem Recht und dem Vermögenswert der Güter gar nicht in Erwägung zieht100. bb) Verknappung der Identitätsmerkmale durch Persönlichkeitsrecht Auf gleiche Weise erfahren die immateriellen Identitätsattribute einer Person eine artifizielle Verknappung und erhalten dadurch einen Tauschwert auf dem 96

Vgl. Davies/Naffine, S. 126, 129 f.; Seemann, S. 251; Ellger, S. 447. Das ist der eigentliche Sinn des Zuweisungsgehalts des subjektiven Rechts. Vgl. Larenz/Wolf, AT, § 14 Rn. 15: „Daß jemand ein subjektives Recht hat, bedeutet sinngemäß, daß ihm etwas rechtens zukommt und zugewiesen wird.“; sowie Rn. 17: „Ein subjektives Recht besteht auch grundsätzlich nur dort, wo eine Rechtsmacht einer Person zugewiesen ist, die anderen Personen nicht in derselben Weise zusteht.“ 98 Vgl. BGH, Beschl. v. 27. 4. 2006, NJW 2006, 3002, 3004 ff. 99 Vgl. Larenz/Wolf, AT, § 14 Rn. 19; Ellger, S. 273; Gaines, 10 Yale Journal of Law & the Humanities 537, 541–542 (1998). 100 Siehe Beuthien/Schmölz, S. 18: „Die Frage, ob ein Gegenstand einen Geldwert hat und damit den Charakter eines Wirtschaftsgutes aufweist, ist keine Angelegenheit des Rechts, sondern des Marktes“; auch Biene, S. 12: „Der Rechtsordnung steht es allerdings nicht zu, darüber zu entscheiden, ob ein Gut Wirtschaftsgut ist. Dies richtet sich allein danach, ob es einen Geldwert hat, ist also eine Frage des Marktes. Das Recht kann Wirtschaftsgüter lediglich regulieren.“ 97

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Markt. Hier erhält aber nicht das Immaterialgüterrecht, sondern das Persönlichkeitsrecht eine entscheidende Rolle, indem es die durch die moderne Technik gefährdete natürliche Herrschaftsmacht der Person über ihre Identitätsmerkmale wiederherstellt. Diesen Vorgang gilt es im folgenden eingehend darzulegen. Ursprünglich bildeten die Identitätsmerkmale mit der Person des Trägers eine existentielle Einheit101. Sie teilten zusammen mit ihr die Einmaligkeit, Flüchtigkeit und Vergänglichkeit. Sie wurden als mit der Person völlig identisch betrachtet und „eine gewisse Verselbständigung“ 102 gegenüber der Person war gedanklich sowie technisch kaum möglich. Sie blieben somit stets unter der Kontrolle der natürlichen Macht der Person über sich selbst103. Die eventuelle Verwertung der Identitätsmerkmale war, wie heutige Live-Auftritte, stets auf die Erscheinung oder die Anwesenheit der Person angewiesen104, weil die immateriellen Identitätsattribute nur durch die unmittelbare Begegnung mit der Person wahrgenommen werden konnten. Deshalb ging die Initiative zur Verwertung hauptsächlich vom Träger der Identitätsmerkmale aus. Aus diesen Umständen ergibt sich, daß am Anfang die Identitätskennzeichen naturgemäß der Knappheit ausgesetzt waren. Aufgehoben wurde aber diese natürliche Knappheit der Identitätsmerkmale durch die Entwicklung der Reproduktionstechnik, die es ermöglichte, die flüchtige Gegenwart zu verewigen sowie zu vervielfältigen, und der Kommunikationstechnik, die es erlaubte, die perpetuierten und multiplizierten Lebenssachverhalte unbegrenzt zu verbreiten. Die momentane äußere Erscheinung einer 101 Die menschlichen Identitätsattribute sind entweder schon von Natur aus verliehen (z. B. Erscheinungsbild, Stimme) oder erst aus dem gesellschaftlichen Leben herausgebildet (z. B. Lebensgeschichte). Solche Identitätsmerkmale waren anfänglich mit der realen Existenz der Person fest verbunden. Eine Ausnahme hiervon bildet aber der Name. Er ist weder von Natur aus bestimmt noch vom sozialen Leben geprägt, sondern gezielt zur Identitätsgebung künstlich geschaffen. Als ein von außen zugeordnetes Unterscheidungskennzeichen hat der Name keine zwingende Verbundenheit mit der Person, so daß früher ein Grundsatz der Namensänderungsfreiheit galt (vgl. zu der Namensfreiheit Götting, S. 72 f.). Weil der Name bloß ein gedankliches und sprachliches Identitätskennzeichen ist, kann er nicht an der einzigartigen Individualität der Person beteiligt sein; es sei denn, daß sein ausschließlicher Gebrauch durch das Recht geschützt wird. Deshalb wies er im Gegensatz zu den anderen Identitätskennzeichen von Anfang an keine natürliche Knappheit auf. 102 Vgl. dazu Forkel, GRUR 1988, 491, 493. 103 Nur insoweit ist die Ansicht von Savigny verständlich, daß die natürliche Macht des Menschen über sich selbst nicht der Anerkennung durch das positive Recht bedarf und dem Schutz gegen fremde Einmischungen in diese Macht das Strafrecht und eine Zahl von einzelnen Vorschriften im Zivilrecht genügen (siehe Savigny, System I, S. 336 f.). 104 Auch das gemalte Porträt, das die einzige Möglichkeit darstellte, das äußere Erscheinungsbild relativ genau und dauerhaft festzulegen, konnte nur dann hergestellt werden, wenn sich der Abgebildete damit einverstanden erklärte und bereit war, Modell zu stehen (vgl. Götting, S. 16).

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Person konnte mit Hilfe der Kameratechnik dauerhaft fixiert und zur Beobachtung mehrmalig wiedergegeben werden. Auch die menschliche Stimme in Gespräch oder Gesang konnte auf Schallplatte oder Magnetband festgehalten und beliebig wieder gehört werden. Die später entwickelte Filmtechnik hat ferner durch bewegte Bilder und Synchronisation dafür gesorgt, daß das vergängliche Geschehen auch anderswo lebendig miterlebt werden kann. So produzierte Informationen konnten dank Kabel- und Funkverbindungen rasant weltweit verbreitet werden. Diese technischen Errungenschaften haben in zweifacher Hinsicht eine völlig neue Dimension der Verfügbarkeit von Identitätsmerkmalen eröffnet. Erstens mußten sich die Identitätskennzeichen nicht länger der Flüchtigkeit unterwerfen. Jede Momentwahrnehmung der Identitätsmerkmale konnte nunmehr ohne Verlust ihrer Authentizität105 konserviert und mithin von der Anwesenheit des Trägers losgelöst je nach Bedarf wiedergegeben werden. Es bedurfte dann nur eines weiteren Schrittes, diese technische Befreiung von der physischen Existenz der Person zur umfassenden Unabhängigkeit von Raum und Zeit weiterzuführen. Mittels der neuartigen Streuungskräfte der elektronischen Kommunikationstechnologie erlangten die nun von der Person isoliert verwendbaren Identitätsattribute eine ubiquitäre Eigenschaft106; das heißt, sie waren zu jeder Zeit und an jedem Ort dem ungehinderten Zugriff Dritter ausgesetzt. Zweitens hat die Person seitdem weitgehend die Kontrolle über ihre Identitätsattribute verloren107. Da die Identitätsmerkmale ohne aktives Zutun des Trägers quasi per Knopfdruck reproduzierbar waren, konnten sie sogar gegen seinen Willen technisch aufgenommen und perpetuiert werden. Das führte weiterhin zum Verlust der Initiative der Person bezüglich der Veröffentlichung und Verbreitung ihrer Identitätsmerkmale. Dadurch, daß ihre Verwendung völlig frei von der Einwilligung des Trägers möglich wurde, wurden die Identitätsmerkmale wie gemeinfreie Güter von jedermann für jedermann verfügbar. Von der natürlich begrenzten Disponibilität der Identitätsmerkmale konnte unter diesen Umständen keine Rede mehr sein. Es lag auf der Hand, daß sich diese Entwicklungsrichtung gegen die freie Entfaltung der Persönlichkeit jedes Menschen wenden würde. Mit dem Verlust der Kontrolle der Person über ihre Identitätsmerkmale haben sich die Gefahren einer unerwünschten Fremddarstellung drastisch vermehrt108. Die Verfügungsmacht über die Identitätsmerkmale ist tatsächlich der fremden Person in die 105 Z. B. können Gemälde oder Zeichnungen beim Betrachter keinen Eindruck derartiger Authentizität erwecken, selbst wenn der Maler sich sehr um eine originaltreue Wiedergabe bemüht, weil sich die subjektive Wahrnehmung des Malers zwangsläufig in diese bildliche Darstellung einmischt (siehe Götting, S. 14). 106 Vgl. zur Ubiquität der Identitätsmerkmale Freitag, S. 44; Biene, S. 14. 107 Vgl. Magold, S. 1. 108 Siehe Götting, S. 14.

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Hände gefallen, die bei der Verwendung der Identitätskennzeichen keinerlei Rücksicht auf die Interessen des Trägers nehmen muß. Darüber hinaus drohten Manipulationsgefahren dadurch, daß die von der realen Existenz der Person isolierte Form der Identitätsmerkmale sowohl inhaltlich verändert werden als auch in einen ganz befremdlichen Kontext eingefügt werden konnte109. Um diese gravierende technische Erosion in die „historische Identität von Persönlichkeitsmerkmalen und Person“ 110 zu bewältigen, mußte die abgeschwächte natürliche Macht der Person über sich selbst kraft des Rechts restauriert werden. Dafür war es unentbehrlich, auf das Persönlichkeitsrecht zurückzugreifen, das trotz der früheren naturrechtlichen Anbahnung111 wegen der Gegnerschaft von Savigny112 sowie der ihm folgenden Pandektistik113 bis dahin keinen richtigen Platz im Zivilrecht eingenommen hatte. Angesichts der akuten Gefahren war die Tatsache, daß die meisten Identitätsmerkmale der Person bereits von der Natur verliehen sind und daher einer Zuordnung durch das Recht eigentlich nicht bedürfen, kein dogmatisches Hindernis mehr für die Verankerung des Persönlichkeitsrechts im positiven Recht, dessen Aufgabe gerade darin liegt, diese natürliche Zuordnung aus rechtlichem Gesichtspunkt erneut anzuerkennen und zu bewehren114. Im Zuge dieser rechtlichen Bemühungen um den Identitätsschutz fand das Namensrecht Eingang ins BGB115 und wurde somit das erste gesetzlich anerkannte Persönlichkeitsrecht. Obgleich der Name bei Licht besehen kein natürlich zugeordnetes Identitätskennzeichen war116, wurde er auf Grund des mit der Entstehung der modernen Verwaltung inzwischen allgemein auferlegten Zwangs

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Siehe Götting, S. 14 f.; Magold, S. 1. Büchler, AcP 206 (2006), 300, 306. 111 Vgl. ausführlich dazu Klippel, ZNR 1982, 132, 133 ff. 112 Wie oben gesehen (siehe § 2 Fn. 103), sprach Savigny sich deutlich gegen die Behandlung von Rechten des Menschen an der eigenen Person im Privatrecht aus, indem er diese ureigene Macht des Menschen weiter als natürliche Freiheit betrachtete, für die es „der Anerkennung und Ergänzung durch positives Recht“ nicht bedürfe (siehe Savigny, System I, S. 335 f.). 113 Durch die Pandektistik wurde der Begriff der Persönlichkeit schlicht mit dem der Rechtsfähigkeit gleichgestellt (vgl. dazu Hattenhauer, S. 10 f.; Klippel, ZNR, 1982, 132, 138). Obwohl diese formale, rein rechtstechnische Sicht die abstrakte Gleichheit des Menschen in der bürgerlichen Verkehrsgesellschaft konstatierte, implizierte sie jedoch die Verweisung aller materiellen Inhalte der Person, die sich in der ständigen Selbstentfaltung der Persönlichkeit bilden, „in einen privaten rechtsfreien Raum“ (siehe Brehmer/Voegeli, JA 1978, 374, 374). Siehe weiter zur Unterscheidung zwischen der Rechtsfähigkeit und dem Persönlichkeitsrecht Hubmann, S. 128. 114 Vgl. Baston-Vogt, S. 220 f., 239; Hubmann, 130 f. 115 § 12 BGB. 116 Siehe oben § 2 Fn. 101. Deshalb war der persönlichkeitsrechtliche Charakter des zivilrechtlichen Namensrechts am Anfang sehr umstritten; vgl. zum damaligen Meinungsstand Götting, S. 77 f. 110

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zur dauerhaften Namensführung117 mit dem Namensträger so fest verbunden, daß er den natürlichen Identitätskennzeichen gleichstehend die Persönlichkeit des Trägers in ihrer Individualität zuverlässig zu repräsentieren vermochte. Um die solide Identitätsvermittlung durch den Namen ungestört zu lassen, wurde seine konstante Bindung an den Namensträger zunächst durch das öffentliche Recht geschützt118. Aber die seit der Industrialisierung ständig gewachsene wirtschaftliche Bedeutung des Namens119 sowie die mit der Berichterstattung über Berühmtheiten durch Massenmedien erheblich vergrößerte Gefahr des unautorisierten Namensgebrauchs120 haben endlich dazu geführt, daß die Kontrollmacht der Person über den Gebrauch ihres Namens in den Katalog des privatrechtlichen subjektiven Rechts aufgenommen wurde, wodurch sich die bislang lediglich als Reflex des öffentlichen Rechts anerkannte Bestimmungsbefugnis der Person zu einem absoluten Recht vervollständigte. Die Geburt des Rechts am eigenen Bild gibt ein besonders anschauliches Beispiel dafür, daß das Persönlichkeitsrecht als eine Reaktion auf technische Entwicklungen vornehmlich darauf abzielt, die dadurch gefährdete natürliche Herrschaft der Person über ihre Identitätsattribute wieder zu verstärken. Hier handelt es sich konkret um die Sicherung der Kontrollmacht des einzelnen über sein Erscheinungsbild gegen die Gefahr der unautorisierten Verwendung, die angesichts der Fortschritte der Kameratechnik offen zutage tritt121. Der wichtigste Auslöser für die gesetzliche Verankerung des Rechts am eigenen Bild war ein anstoßerregender Fall, der vom RG am 28. 12. 1899 entschieden wurde122. Zwei Photographen waren widerrechtlich in das Sterbezimmer des ehemaligen Reichskanzlers Otto von Bismarck in Friedrichsruh eingedrungen und hatten

117 Die rechtliche Verpflichtung zum festen und dauerhaften Gebrauch von Vorund Familiennamen entstand in den absolutistischen Staaten gegen Ende des 18. Jahrhunderts in erster Linie aus fiskalischen und militärischen Gründen; siehe ausführlich dazu Götting, S. 73 f. 118 Vgl. Götting, S. 75. 119 Das beruhte vor allem auf der gewerblichen Verwendung des Namens als Firma und Warenzeichen; siehe ausführlich dazu Götting, S. 76 f. 120 Vgl. Protokolle VI., S. 113. 121 Im Jahre 1888 brachte George Eastman die erste Handkamera unter dem Namen „The Kodak“ auf den Markt (siehe Seemann, S. 45). Erst anhand dieser Kamera wurde der Schnappschuß möglich, der keine Bereitschaft des Abgebildeten mehr voraussetzte (siehe Friedman, FS f. Rehbinder, S. 501, 504). Diese neue Möglichkeit der Momentphotographien kam der Sensationspresse zu Hilfe (siehe Seemann, S. 44 f.). Es ist daher kein Zufall, daß der erste Aufsatz über das „right of privacy“ in den USA [Warren/Brandeis, The Right to Privacy, 4 Harv. L. Rev. 193 (1890)] sowie die Diskussion über die Anerkennung des Rechts am eigenen Bild in Deutschland (siehe dazu die folgende Darstellung) einen engen zeitlichen Zusammenhang mit der Erfindung der Kodak aufweisen. 122 RG, Urt. v. 28. 12. 1899, RGZ 45, 170 ff. – Bismarck auf dem Totenbett.

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dort dessen Leiche photographiert, um die Bilder nachher zu verkaufen123. Der auf Vernichtung der Negative etc. und auf Verbot der Verbreitung der Abbildung gerichteten Klage der Kinder von Bismarck gab das RG zwar statt, stieß aber bei der Begründung dieses Ergebnisses auf große Schwierigkeiten. Da weder die Hamburger Statuten noch der in Friedrichsruh bis zum Inkrafttreten des BGB geltende Sachsenspiegel hier einschlägige Normen enthielten, griff das RG auf die gemeinrechtliche condictio ob iniustam causam zurück, wobei die rechtswidrige Handlung der Beklagten in dem begangenen Hausfriedensbruch erblickt wurde124. Dieses Argument des RG wurde deshalb als nicht sachgemäß angesehen, weil es die Unrechtmäßigkeit des Photographierens bloß aus der Hausrechtsverletzung, nicht aber aus der Persönlichkeitsrechtsverletzung, die eher den Kern der Sache betraf, herleitete125. Auf diese Unzulänglichkeiten und die dabei offenbar gewordene Schutzlücke hat der Gesetzgeber prompt reagiert und 1907 in §§ 22 ff. KUG126 die bis heute geltende Regelung über das Recht am eigenen Bild geschaffen, die Verbreitung oder öffentliche Zurschaustellung von Bildnissen grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten erlaubt. Damit wurde dem Abgebildeten ein ausschließliches Kontrollrecht über sein Bildnis gewährt und kraft dieses Rechts wurde seine abgeschwächte natürliche Kontrollmacht rehabilitiert. Es ist aber evident, daß lediglich mit diesen beiden punktuellen Persönlichkeitsrechten der Person kein lückenloser Persönlichkeitsschutz vor den zahllosen Bedrohungen moderner Technik gewährleistet werden konnte. Schon das Namensrecht und das Recht am eigenen Bild selbst waren so unzureichend formuliert, daß die bloße Namensnennung ungeachtet des sachlichen Gehalts sowie der sachlichen Zusammenhang nicht unter den Tatbestand des § 12 BGB fällt127 und die Herstellung von Photos als solche anders als die Verbreitung und öffentliche Zurschaustellung nicht vom Tatbestand des § 22 KUG erfaßt wird. Außerdem wurde den anderen Identitätsmerkmalen ein angemessener Schutz kaum zuteil, weil der Gesetzgeber des BGB von einem allgemeinen Schutz der Persönlichkeit absah128 und für das Persönlichkeitsrecht keine weite123 Siehe zu den ausführlichen Sachverhalten dieser Entscheidung vor allem Seifert, NJW 1999, 1889, 1889. 124 Vgl. RG, Urt. v. 28. 12. 1899, RGZ 45, 170, 173 f. – Bismarck auf dem Totenbett. 125 Vgl. zur damaligen Kritik Götting, S. 19; Seemann, S. 138 Fn. 124. 126 Da man in dem Recht am eigenen Bild eine Einschränkung der Rechte des Bildnisurhebers sah, wurde es ins Kunsturhebergesetz aufgenommen (vgl. Seemann, S. 139 Fn. 130; Seifert, NJW 1999, 1889, 1890). Das ist jedoch, systematisch gesehen, fehl am Platz, weil das Recht am eigenen Bild nicht dem Urheber, sondern dem Abgebildeten zusteht und seinem Wesen nach nicht Urheberrecht, sondern Persönlichkeitsrecht ist (vgl. Ulmer, S. 31; Götting, S. 23; Ohly, GRUR Int. 2004, 902, 904). 127 Vgl. Krüger, GRUR 1980, 628, 636; Götting, S. 85; Peifer, S. 190. 128 Siehe zu den Gründen dieser ablehnenden Haltung des Gesetzgebers Ehmann, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, S. 613, 615 ff. m. w. Nachw.

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ren Gesetzesbestimmungen vorsah129. Obwohl das RG in besonders krassen Fällen die in § 826 BGB liegenden Möglichkeiten weitgehend für den Persönlichkeitsschutz ausgenutzt hat130, hat es sich grundsätzlich strikt an die vorhandenen Gesetzesbestimmungen gehalten und die Anerkennung eines allgemeinen Persönlichkeitsrechts zur Schließung verbliebener Schutzlücken ständig versagt131. Erst im Zuge der Humanisierungsströmungen nach den bitteren Erfahrungen des NS-Regimes gab es intensive Bestrebungen, mit dieser engherzigen Tradition zu brechen132. Begünstigt wurde diese Änderung durch das vor dem Hintergrund des tiefgreifenden Wertungswandels in der Nachkriegszeit verkündete Grundgesetz, das das Recht des einzelnen auf Achtung seiner Menschenwürde und Entfaltung seiner Persönlichkeit an die Spitze seines Wertsystems stellte133. Unter Berufung auf diese verfassungsrechtliche Wertordnung erkannte der BGH 1954 in der Leserbriefe-Entscheidung erstmalig das allgemeine Persönlichkeitsrecht als ein absolutes Recht an134. Ein wesentlicher Grund dieser mutigen Weichenstellung ließ sich wieder in dem Schutzbedürfnis der Person gegen die mit der modernen Technik135 vermehrten und intensivierten Möglichkeiten zur Beeinträchtigung der Persönlichkeit finden136. Um den vielfältigen Gefahren der alles ihrem Zugriff unterwerfenden Technik gerecht zu werden, mußte der Persönlichkeitsschutz mit ganz anderer Flexibilität und Potential ausgestattet werden. Für diesen Zweck war das umfassende allgemeine Persönlichkeitsrecht unentbehrlich, das nicht nur einzelne Teilaspekte der Persönlichkeit schützt, sondern die Persönlichkeit als solche in allen ihren Erscheinungsformen 129 Nach § 823 BGB sind die Vitalbereiche des Menschen, nämlich das Leben, der Körper, die Gesundheit und die Freiheit, als Rechtsgüter, nicht als subjektive Rechte geschützt. Siehe zu dieser Unterscheidung unten § 5 II. 1. b) cc) (1). 130 Vgl. RG, Urt. v. 15. 11. 1909, RGZ 72, 175 ff. (gegen die grobfahrlässig wider die Wahrheit gemachte Veranlassung zur Entmündigung); RG, Urt. v. 13. 1. 1927, RGZ 115, 416 ff. (gegen die rücksichtslose Erteilung der Auskunft über die Vorstrafe). 131 Vgl. grundlegend RG, Urt. v. 7. 11. 1908, RGZ 69, 401, 403 – Nietzsche-Briefe: „Ein allgemeines subjektives Persönlichkeitsrecht ist dem geltenden bürgerlichen Recht fremd“; auch RG, Urt. v. 8. 6. 1912, RGZ 79, 397, 398; RG, Urt. v. 12. 5. 1926, RGZ 113, 413, 414 f. 132 Nach Hattenhauer beruht dies auf der Selbstbesinnung der damaligen Juristen auf ihre Fehltritte in der NS-Zeit: „Es war wohl der Versuch einer Verleugnung der eigenen Irrwege, wenn die Rechtslehrer und -praktiker sich an die Arbeit einer Auslegung des alten Gesetzbuches nach den nur scheinbar neuen Verfassungslehren machten. Etwas Neues musste gesagt werden. Man fand es in der bei Juristen bisher erfolglos gebliebenen Lehre von der Persönlichkeit und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.“ (Hattenhauer, S. 19). 133 Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG. 134 Siehe BGH, Urt. v. 25. 5. 1954, BGHZ 13, 334, 338 – Leserbriefe. Nach Larenz/ Wolf, AT, § 8 Rn. 3 ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht durch ständige Übung und allgemeine Rechtsüberzeugung inzwischen Gewohnheitsrecht geworden. 135 Z. B. Minitonbandgerät, Kleinkamera, Teleobjektiv, Mikroabhörgerät usw. 136 Vgl. Siebert, NJW 1958, 1369, 1371; v. Caemmerer, FS f. v. Hippel, S. 27, 31; Larenz/Canaris, SchuldR II/2, § 80 I 2, S. 492; Larenz/Wolf, AT, § 8 Rn. 3.

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und Wirkungsbereichen erfaßt137. In Folge dieser Erweiterung und Ergänzung des Persönlichkeitsschutzes wurde die ursprünglich von Natur aus verliehene Willensmacht der Person über sich selbst lückenlos rechtlich bestätigt und geschützt. Konsequenterweise hat die Person dadurch die Kontrolle über die Verwendung ihrer Identitätsmerkmale vollständig wiedererlangt. Aus der bisherigen Darstellung über die Entstehung der Persönlichkeitsrechte ergibt sich, daß die dank der modernen Technik von jedermann frei verfügbar gewordenen immateriellen Identitätsmerkmale kraft des Persönlichkeitsrechts wieder der Kontrolle ihres Trägers unterstellt worden sind. Wer die Identitätsmerkmale der anderen verwenden will, muß nun zuvor ihre Einwilligung einholen, was nicht immer leicht ist. Die unautorisierte Verwendung würde die rechtlich vorgesehenen Sanktionen auslösen. Ökonomisch gesehen beschränkt das Persönlichkeitsrecht durch seine Ausschließlichkeitsbefugnis die Verfügbarkeit der Identitätskennzeichen, was in Korrelation mit der inzwischen explosiv vermehrten Nachfrage die Knappheit der Identitätskennzeichen verursacht, die ihren eigentlichen Vermögenswert begründet. Kurz gesagt hat das Persönlichkeitsrecht den Vermögenswert der Identitätsmerkmale herbeigeführt138. Gesetzgeber und Richter haben also durch die Anerkennung der oben erwähnten Persönlichkeitsrechte zugleich den Wandel der Identitätsmerkmale zu den Wirtschaftsgütern gefördert139, sei es bewußt, sei es unbewußt. Das zeigt sich schon darin, daß die Persönlichkeitsrechte bald nach ihrer Anerkennung wiederholt erfolgreich gegen unbefugte kommerzielle Verwendung der Identitätsmerkmale eingesetzt wurden140. Hierdurch wurde automatisch die Voraussetzung geschaffen, die notwendig war, damit der einzelne die Einwilligung in die Verwertung seiner Identitätsmerkmale von einem Entgelt abhängig machen konnte. Der erst 137

Siehe Siebert, NJW 1958, 1369, 1371. So auch Ehmann, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, S. 613, 665 f.; Büchler, FS f. Rey, S. 177, 182; auch aufschlußreich in diesem Zusammenhang BGH, Urt. v. 1. 12. 1999, BGHZ 143, 214, 222 – Marlene Dietrich: „Das Bild, der Name und andere kennzeichnende Persönlichkeitsmerkmale können schon seit jeher – als ein Reflex der von der Rechtsordnung gewährten Abwehrrechte gegenüber einer unbefugten Verwendung – kommerziell verwertet . . . werden.“ Vgl. zu einer ähnlichen Ansicht über die amerikanische Situation, die behauptet, daß das right of publicity nicht auf dem Vermögenswert der Persona basiere, sondern erst die Anerkennung dieses Rechts ihn hervorbringe Lange, 44 Law & Contemp. Probs. 147, 160 (1981); Coombe, 10 Cardozo Arts & Ent. L. J. 365, 368, 386–387 (1992); Beverley-Smith, S. 310. 139 Aus diesem Grund kritisiert noch Knieper die Rechtsprechung des BGH, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht anerkannte (vgl. Knieper, FS f. Heldrich, S. 759, 768 f.). 140 Vgl. schon kurz nach der gesetzlichen Verankerung des Namensrechts und des Rechts am eigenen Bild RG, Urt. v. 28. 10. 1910, RGZ 74, 308 ff. – Graf Zeppelin; bald nach der Anerkennung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts BGH, Urt. v. 8. 5. 1956, BGHZ 20, 345 ff. – Paul Dahlke; BGH, Urt. v. 14. 2. 1958, BGHZ 26, 349 ff. – Herrenreiter; BGH, Urt. v. 18. 3. 1959, BGHZ 30, 7 ff. – Caterina Valente; BGH, Urt. v. 19. 9. 1961, BGHZ 35, 363 ff. – Ginsengwurzel. 138

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in neuerer Zeit überall betonte Vermögenswert der Identitätskennzeichen war also schon seit der Geburt des Persönlichkeitsrechts immer latent vorhanden. Die inzwischen erheblich zugenommene Nachfrage sowie die dementsprechend in hohem Maß gestiegene Vergütung haben lediglich die allgemeine Aufmerksamkeit auf diesen Vermögenswert neu erregt. Aus dieser persönlichkeitsrechtlichen Herkunft des Vermögenswerts an den Identitätskennzeichen ergibt sich schließlich eine wichtige Konsequenz: Daß die Zuordnung des Vermögenswerts kein kürzlich aufgetretenes Problem ist, sondern bereits im Rahmen der Zuordnung der Identitätsmerkmale durch das Persönlichkeitsrecht konkludent vorgenommen wurde141. Wenn das Persönlichkeitsrecht durch die exklusive Zuordnung der Identitätsmerkmale ihre Vermarktungsmöglichkeit herbeigeführt hat, dann ist es durchaus folgerichtig, daß sich das Persönlichkeitsrecht weiter um den daraus resultierenden Vermögenswert kümmern sollte. Das ist im Bereich des Immaterialgüterrechts schon der Fall. Es gibt daher keinen Grund, für die Zuordnung des an den Identitätsmerkmalen entstandenen Vermögenswerts ein ganz neues Vermögensrecht zu schaffen, wie die amerikanischen Gerichte es getan haben. Die Tatsache, daß das Persönlichkeitsrecht anfänglich mit dem verfassungsrechtlichen Pathos der persönlichen Freiheit untermauert wurde142 und daß insbesondere nach der Anerkennung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts mit dem Ziel, die richterliche Rechtsfortbildung zu rechtfertigen, der hohe ideelle Wert der Persönlichkeit einseitig betont worden ist143, kann nicht zur Negierung dieser vermögensrechtlichen Aufgabe des Persönlichkeitsrechts zwingen144. Insoweit kann schon jetzt darauf hingewiesen werden, daß das Persönlichkeitsrechtsmodell, das dem Immaterialgüterrechtsmodell gegenübersteht145, in die grundsätzlich richtige Richtung weist.

III. Zwischenergebnis Die menschlichen Identitätsmerkmale werden hauptsächlich in der Werbung, dem Merchandising und den Produkten der Massenmedien kommerziell ver141 So auch Büchler, AcP 206 (2006), 300, 317: „Durch die Gleichzeitigkeit von Zugriffsschutz und Kommerzialisierungspotenzial wird die exklusive Kontrolle über die wirtschaftlichen Vorteile zum gesicherten Inhalt des Rechts. Weil zum Schutz des Ich zugeteilt, ist das Recht in seinem ganzen Gehalt mein“; siehe auch BGH, Urt. v. 8. 5. 1956, BGHZ 20, 345, 353 ff. – Paul Dahlke, der das Recht am eigenen Bild ohne weiteres als ein vermögenswertes Ausschließlichkeitsrecht ansieht und bei der Verletzung dieses Rechts sowohl Schadensersatz als auch Eingriffskondiktion zubilligt. 142 Vgl. dazu Hattenhauer, S. 13; auch zur Verbindung des verfassungsrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts mit dem Ethos der alten Freiheitsgrundrechte Leisner, FS f. Hubmann, S. 295, 301 f. 143 Vgl. dazu näher Helle, RabelsZ 60 (1996), S. 448, 449 ff. 144 Siehe dazu unten § 5 II. 1. b). 145 Siehe näher zu diesem Meinungsstreit unten § 5 I.

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wendet. Die konkret wahrnehmbaren Identitätsmerkmale bilden dabei den unmittelbaren Gegenstand der Vermarktung, an den der Vermögenswert und der rechtliche Schutz anknüpfen. Image und Prominenz können keine direkten Verwertungsgegenstände sein, sondern stellen lediglich bestimmte Eigenschaften eines Gegenstands dar. Da die Identitätsmerkmale seit je unter dem Schutz des Persönlichkeitsrechts stehen, ist es zu erwarten, daß das Persönlichkeitsrecht auch bei der rechtlichen Regelung ihrer Vermarktung die Hauptrolle spielt. Diese Erwartung kann besonders dadurch gerechtfertigt werden, daß der Vermögenswert gerade in der durch das Persönlichkeitsrecht künstlich hergestellten Knappheit der Identitätskennzeichen seinen Ursprung hat. Das Recht, das den Vermögenswert der Identitätsmerkmale erst verursacht hat, sollte sich weiter um die Zuordnung des Vermögenswerts kümmern. Die Legitimität des Persönlichkeitsmodells ist daher naheliegend.

§ 3 Rechtliche Anerkennung des an den Identitätsmerkmalen entstandenen Vermögenswerts Nachdem festgestellt wurde, daß den menschlichen Identitätsmerkmalen ein erheblicher Vermögenswert auf dem Markt zukommt, muß man sich im nächsten Schritt der Frage zuwenden, ob dieser Vermögenswert rechtlich anzuerkennen ist. Obwohl das Persönlichkeitsrecht, wie oben gezeigt, zur Entstehung des wirtschaftlichen Werts an den Identitätskennzeichen einen entscheidenden Beitrag geleistet hat, ergibt sich aus dieser Tatsache noch nicht die normative Wertung, daß der Vermögenswert der Identitätsmerkmale schutzwürdig ist. Besonders zur Rechtfertigung des Vermögenswerts, der demjenigen anhaftet, das gerade das Rechtssubjekt ausmacht, bedarf es eines sorgfältigen Werturteils, und dies gehört zu den eigentlichen Aufgaben des Rechts. Von der schon angedeuteten Hauptrolle des Persönlichkeitsrechts bei der Zuordnung des Vermögenswerts der Identitätsmerkmale kann daher nur dann die Rede sein, wenn die Rechtsordnung in diesem Vermögenswert keinen Widerspruch gegen ihre Wertvorstellungen findet.

I. Unzulänglicher Diskussionsstand Während die gewinnbringende Ausnutzung der materiellen Persönlichkeitsmerkmale, die insbesondere durch sprunghafte Fortschritte auf dem Gebiet von Organverpflanzungen, künstlicher Befruchtung und Gentechnologie begünstigt wurde, häufig kurzerhand der Vermarktung der Person an sich gleichgesetzt wurde und deswegen eine emotional aufgeheizte Kontroverse heraufbeschworen hat1, wurde die Kommerzialisierung der immateriellen Identitätsmerkmale selten mit kritischen Augen betrachtet. Das nur vereinzelt geäußerte Mißtrauen gegenüber derartiger Vermarktung2 wurde von der Wirtschaftspraxis kaum wahrgenommen und von der Rechtsprechung als nicht durchgreifend zurückgewiesen3. Auch in der Literatur werden die potentiellen Gefahren aus der Verknüpfung der menschlichen Identitätsmerkmale mit dem Marktpreis zumeist ge1 Vgl. nur Böckenförde, JZ 2003, 809 ff.; Hufen, JZ 2004, 313 ff. mit jeweils w. Nachw. 2 Siehe Schack, AcP 195 (1995), S. 594, 594 f., 600; ders., JZ 2000, 1060, 1062; Peifer, S. 291 ff., 321 f.; Knieper, FS f. Heldrich, S. 759, 769. 3 Siehe BGH, Urt. v. 1. 12. 1999, BGHZ 143, 214, 224 ff. – Marlene Dietrich.

I. Unzulänglicher Diskussionsstand

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ringgeschätzt4, ohne über den eigentlichen Kern der kritischen Meinungen5 tiefgründig genug zu reflektieren. Dabei wird gelegentlich die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG als Grund für die Schutzwürdigkeit des Vermögenswerts vorgebracht6 oder unter der vordergründigen Prämisse der Zuweisung durch den Markt lediglich auf §§ 134, 138 Abs. 1 BGB als Grenzen der Zuweisung des Vermögenswerts hingewiesen7. Aus Art. 14 GG können aber keine sachlichen Argumente für die Zulässigkeit der Vermarktung der menschlichen Identitätsmerkmale hergeleitet werden. Er enthält keine unmittelbar geltenden Maßstäbe für dieses Werturteil, sondern lediglich Schutzgarantie für alle als schutzfähig anzuerkennenden vermögenswerten Positionen. Die Wertungsfrage, ob die Verbindung der Identitätsmerkmale mit dem Geldwert überhaupt zulässig ist, muß also geklärt werden, bevor man sich an Art. 14 GG wendet, um die Heranziehung eines subjektiven Rechts für den Schutz des Vermögenswerts zu rechtfertigen8. Ebensowenig behilflich ist das Abstellen auf §§ 134, 138 BGB bei diesem grundlegenden Werturteil. Sie wollen lediglich verhindern, daß das Rechtsgeschäft als Grundlage einer erzwingbaren Pflicht zu solchem Verhalten mißbraucht wird, das gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten verstößt9. Sie haben einzig zur Aufgabe, bestimmten Rechtsgeschäften die Geltung zu versagen, um „einen unerträglichen Selbstwiderspruch der Rechtsordnung“ 10 zu vermeiden oder um der gravierenden Erosion der in einer Rechtsgemeinschaft allgemein anerkannten Wertvorstellungen vorzubeugen. Als allgemeine Grenzen der rechtsgeschäftlichen Privatautonomie11 besagen die Sittenwidrigkeit sowie das gesetzliche Verbot einerseits zu viel, andererseits aber zu wenig, um direkt greifbare Anhaltspunkte für die Entscheidung über die Anerkennung des Vermögenswerts der Identitätsmerkmale zu sein. Zu viel bringen sie zum Ausdruck, indem sie in die Nichtigkeitsfolge fast alle Aspekte des konkreten Rechtsgeschäfts, also nicht nur die qualitative Wesensart des Rechtsgeschäfts, sondern auch dessen quantitativen Nebeninhalt und den mit ihm verfolgten indi4 Vgl. Helle, RabelsZ 60 (1996), 448, 460 f.: „. . . über den Geschmack läßt sich bekanntlich nicht streiten“; Götting, S. 66 f.; ders., NJW 2001, 585, 586: „Moralische Entrüstung vermag eine rationale Argumentation nicht zu ersetzen.“ 5 Das läßt sich dahin formulieren, daß eine pekuniäre Bewertung der Persönlichkeit im Ergebnis deren Entwertung riskiert, weil damit sich die Einstellung zur eigenen Persönlichkeit ändern kann (vgl. Peifer, S. 292 f.). 6 Vgl. Heitmann, S. 75 f. 7 Vgl. Schlechtriem, FS f. Hefermehl, S. 445, 464; Siemes, AcP 201 (2001), 202, 222 ff. 8 Vgl. zu diesem Zweck auf Art. 14 GG Bezug nehmend Freitag, S. 50 f.; Götting, S. 139 f. 9 Vgl. Larenz/Wolf, AT, § 40 Rn. 1, § 41 Rn. 3; Medicus, AT, Rn. 647, Rn. 680. 10 Medicus, AT, Rn. 647. 11 Vgl. Larenz/Wolf, AT, § 40 Rn. 1, § 41 Rn. 5.

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viduellen Zweck einbeziehen12. So kann beispielsweise allein übermäßig langfristige Bindung13, schwere Äquivalenzstörung14 oder Schwarzarbeitscharakter 15 die Nichtigkeit eines Vertrags begründen, der ohne diese Elemente gänzlich wirksam bliebe. Hinsichtlich der hier eigentlich gegenständlichen Kommerzialisierung der Identitätsmerkmale deutet dies daraufhin, daß zwei voneinander zu unterscheidende Wertungsfragen bei der Entscheidung anhand des Verbotsgesetzes- bzw. Sittenwidrigkeitsparagraphen vermengt behandelt werden: Ob die Vermarktung der menschlichen Identitätskennzeichen überhaupt zulässig ist und wenn dem so ist, wo die konkreten Grenzen der Vermarktungsmodalität liegen. Während es bei ersterer um die rechtliche Anerkennung der Vermarktungsfähigkeit als solcher geht, handelt es sich bei letzterer nur um die Ausübungsbeschränkung der bereits rechtlich anerkannten und somit durch ein subjektives Recht zugewiesenen Vermarktungsbefugnis16. Der schlichte Hinweis auf §§ 134, 138 BGB als Grenzen der Kommerzialisierung ist also noch zu präzisieren. Von einem anderen Gesichtspunkt aus ist er hingegen nicht weit genug, um das ganze Problemfeld zu erfassen. Da sich diese Vorschriften stets auf ein Rechtsgeschäft beziehen, sind sie dann nicht mehr maßgebend, wenn kein Rechtsgeschäft bei der Verbindung der Identitätsmerkmale mit dem Vermögenswert im Spiel ist. Obwohl die Kommerzialisierung der menschlichen Identitätskennzeichen meistens durch Rechtsgeschäfte erfolgt, kann sie sich auch ohne Rechtsgeschäft vollziehen, etwa verschleiert durch Gewährung eines Geldersatzes oder vor allem durch Eingriffskondiktion. Es bedarf daher von einem Rechtsinstitut unabhängiger höherrangiger Rechtsprinzipien, an denen sich all diese Erscheinungen umfassend messen lassen. Im Ansatz zutreffend sind jene Ansichten, die in diesem Zusammenhang neuerdings auf die Menschenwürde17 oder auf „die Persönlichkeit im umfassenden Sinne“ 18 zurückgreifen. Aber sie ziehen daraus vorschnelle Schlüsse und machen sich dabei wenig Gedanken über den engen Zusammenhang dieser Frage mit der weiteren Gestaltung des Rechts an den Identitätsmerkmalen. 12 Vgl. Larenz/Wolf, AT, § 40 Rn. 11 ff., § 41 Rn. 18 ff.; zur Unterscheidung zwischen qualitativen und quantitativen Kriterien MüKo/Mayer-Maly/Armbrüster, 4. Aufl., § 138 Rn. 68 f. 13 Z. B. BGH, Urt. v. 9. 4. 1970, BGHZ 145, 156 f. 14 Siehe MüKo/Mayer-Maly/Armbrüster, 4. Aufl., § 138 Rn. 37. 15 Siehe Medicus, AT, Rn. 651. 16 Diese Unterscheidung zwischen Vermarktungsfähigkeit und Vermarktungsbeschränkung ist von großer Bedeutung im Zusammenhang mit der umstrittenen Frage, ob eine Kondiktion erfolgen kann, wenn die Nutzung von Persönlichkeitsmerkmalen nicht nur unbefugt erfolgt, sondern zusätzlich mit einem Gesetzes- oder Sittenverstoß einhergeht (vgl. dazu nur Magold, S. 482 f.; Larenz/Canaris, SchuldR II/2, § 69 I 1 e); Lichtenstein, S. 207 f.). 17 Vgl. Lichtenstein, S. 165. 18 Vgl. Freitag, S. 46 ff.

II. Allgemeine Theorien gegen die Kommerzialisierung

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II. Allgemeine Theorien gegen die Kommerzialisierung Unter der Despotie der Gewinnerzielung kennt der Markt eigentlich kein Zugangsverbot. Fast alles kann auf dem Markt ausgetauscht werden und gerade die lange Liste der marktzugänglichen Güter und Dienstleistungen ist ein Indiz für das Wirtschaftswachstum. Dabei beansprucht das Geld immer breiteren Geltungsbereich, indem es sich als universelles Tauschmittel etabliert hat, mit dessen Hilfe alle verschiedenen Werte auf die gleiche Ebene des Geldwerts umgesetzt und somit miteinander verglichen werden können19. Jenseits dieses ungehemmten Vordringens des Geldwerts lassen sich aber noch starre Behauptungen hören, daß nicht alles auf dem Markt käuflich und verkäuflich sein kann oder soll20. Sie bemühen sich mit einem gewissen Pflichtgefühl darum, einen umfassenden Katalog von res extra commercium zu erstellen21. Darauf soll hier aber nicht in extenso eingegangen werden, sondern nur insoweit, als es darum geht, was ihre Kernargumente sind und wie sich diese auf die Kommerzialisierung der Identitätsmerkmale beziehen. 1. Grundlegende Argumente gegen Kommerzialisierung Die Frage, warum bestimmte Gegenstände komplett von der Kommerzialisierung ausgeschlossen bleiben sollen, kann freilich je nach dem einzelnen Gegenstand sowie je nach dem konkreten Ansatz, der in philosophischen, juristischen oder ökonomischen Gedanken wurzelt, unterschiedlich beantwortet werden22. Trotzdem läßt sich auch hier ein allgemeiner und abstrakter Grundgedanke erkennen, der jeder entschiedenen Haltung gegen die Einmischung des Geldwerts 19 Die hin und wieder gegen das Geld zum Ausdruck gebrachte Abneigung betrifft eben diese Universalität des Geldes als Wertmaßstab, nicht das Geld als Medium selbst (vgl. Walzer, S. 150 ff.). 20 Vgl. Primoratz, in: Pathologien des Sozialen, S. 260, 268. 21 Siehe z. B. die bunte Palette der „blockierten Tauschgeschäfte“ in Walzer, S. 157 ff.: Menschen, politische Macht, Strafjustiz, Rede-, Presse-, Religions- und Versammlungsfreiheit, Ehestands- und Zeugungsrechte, das Recht, die politische Gemeinde zu verlassen, Freistellungen vom Militärdienst, politische Ämter, elementare Wohlfahrtsleistungen, Preise und Ehrungen, göttliche Gnade, Liebe und Freundschaft, kriminelle Aktivitäten. 22 Vgl. Primoratz, in: Pathologien des Sozialen, S. 260, 268 f.; auch die unterschiedlichen Begründungen für die oben (Fn. 21) erwähnten blockierten Geschäfte von Walzer, S. 153 ff.; zu den verschiedenen Ansätzen Walz, in: Allokationseffizienz, S. 93, 94 ff. Er will diesen unübersichtlichen Zustand überwinden, indem er einen umfassenden Wertungsrahmen vorschlägt, der aus vier grundlegenden Wertungsquellen besteht: Die der Person mit ihren Attributen der Würde und Freiheit, die der ablösbaren Gegenständlichkeit von Rechtsgütern, die des funktionalen Handlungszusammenhangs, in dem solche Rechtsgüter genutzt und veräußert werden und schließlich die der sprachlich artikulierten juristischen Denktradition, in der das Problem als juristisches angesiedelt ist (siehe Walz, in: Allokationseffizienz, S. 93, 103 ff.).

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in den Wert bestimmter Güter zugrunde liegt. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang zwei Hauptargumente gegen Kommerzialisierung: „coercion“ und „corruption“ 23. Durch die Ablehnung der Kommerzialisierung bestimmter Güter will sich das „coercion“-Argument der sicheren Autonomie des Menschen vor dem Hintergrund der ungleichen Güterverteilung annehmen, indem es entweder daran zweifelt, daß die Vermarktung dieser Güter wirklich dem freien und sachkundigen Willen der Güterinhaber entspräche, oder darauf besteht, daß sich nur die Reichen diese Güter leisten könnten, wenn sie kommerzialisiert würden24. Zu diesem Argumentationsmuster gehören beispielsweise die häufig erhobenen Einwände gegen den Organhandel, daß nämlich die Armen durch finanzielle Bedürftigkeit oder gar eine finanzielle Notlage zur Veräußerung ihrer Organe psychisch gezwungen würden und daß außerdem nur die finanzkräftigen Nachfrager auf dem Gebiet des Transplantationswesens einseitig bevorzugt würden und letztlich die Chance auf Gesundheit erhielten25. Aber solche Argumentation kann – mindestens in der Welt der Logik – durch faire Umverteilung der Güter oder durch Setzung eines niedrigen Höchstpreises relativ leicht entkräftet werden26. Fragwürdig ist auch ihre Prämisse, daß mit der Unentgeltlichkeit die Unabhängigkeit und Unbeeinflußbarkeit des Inhabers der Güter gewährleistet werden könnten. Denn selbst die unentgeltliche Organspende für Familienmitglieder birgt das Risiko, daß der Spender in versteckter Abhängigkeit, aus wirtschaftlicher Hoffnung oder unter subtilem persönlichem Druck, einwilligt27. Nachdem das „coercion“-Argument auf diese Weise in Frage gestellt wurde, rückt das „corruption“-Argument in den Vordergrund, das beinhaltet, daß die Vermarktung den wahren Sinn bestimmter Güter verderbe oder verunglimpfe28. In Verbindung mit Geld würden sie abgewertet, weil sie Werte innehaben, „die sich nicht ohne weiteres in Geld ausdrücken und auspreisen lassen, oder von denen wir gar nicht wollen, daß sie mit einem Preis versehen werden“ 29. Wenn man z. B. einen Nobelpreis kaufen könnte, dann würde die eigentliche Bedeutung des Nobelpreises entstellt30. Auch die Behauptung, daß die Prostitution 23

Siehe Note, 117 Harv. L. Rev. 689, 689–690 (2003). Siehe Note, 117 Harv. L. Rev. 689, 690–691 (2003) m. w. Nachw. 25 Vgl. zu derartigen Begründungen Taupitz, in: Rechtliche Regulierung, S. 51, 54 m.w. Nachw.; auch Munzer, in: Property Rights, 259, 262: „. . ., then one may get the result that only the poor will sell and only the rich will buy organs. This result will transpose existing inequalities in the distribution of income and wealth into new inequalities in the opportunity for an extended healthy life.“ 26 Siehe Note, 117 Harv. L. Rev. 689, 691 (2003). 27 Vgl. Breitschmid, FS f. Rey, S. 13, 17. 28 Siehe Note, 117 Harv. L. Rev. 689, 691–692 (2003) m. w. Nachw. 29 Vgl. Walzer, S. 152. 30 Vgl. Note, 117 Harv. L. Rev. 689, 692 Fn. 15 (2003). 24

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ihrem Wesen nach die Erniedrigung und Unterdrückung der Frau bedeutet31, ist diesem Typus der Argumentation zuzuordnen. Nach dieser Argumentation sollen ferner die Organe deshalb nicht vermarktet werden, weil der Markt keinen Mechanismus hat, mit dem die dem menschlichen Körper immanenten Werte, nämlich Autonomie, Würde, Gesundheit usw., genau gemessen und verglichen werden32. Unter diesen Umständen würde die Vermarktung der Organe zum signifikanten Sinneswandel dieser Werte führen33. Da das „corruption“-Argument davon ausgeht, daß das Geld kaum geeignet ist, die Werte bestimmter Güter auszudrücken, ist von vornherein eine Kontroverse darüber zu erwarten, worin sich diese besonderen Werte der Güter sowie die Untauglichkeit des Geldes zur Bestimmung eines Gegenwerts begründen. Zu dieser Frage werden zwei verschiedene Auffassungen vertreten: „coventionalism“ und „essentialism“ 34. Erstere stellt auf die allgemein geltenden sozialen Normen ab, Letztere indessen auf das Wesen der Güter. Der auf den von Raum und Zeit abhängigen sozialen Normen beruhende „conventionalism“ kann aber dann keine Aussagekraft mehr entfalten, wenn sich die Vermarktung auf mehrere Gesellschaften erstreckt, die jeweils von ihren eigenen sozialen Normen geprägt sind35. Zu bevorzugen ist deshalb der Ansatzpunkt von „essentialism“, der nach Allgemeinheit und Absolutheit strebt, wobei er aber große Schwierigkeiten bereitet, da selten eine Übereinstimmung darüber besteht, was das Wesen der einzelnen Güter ausmacht36. Basierend auf dieser abstrakten theoretischen Grundlage ist unten die konkrete Frage nach der Zulässigkeit der Kommerzialisierung menschlicher Identitätsmerkmale weiter zu behandeln. 2. Herkömmliche Dichotomie von Würde und Preis Auch die Frage, was das Wesen der menschlichen Identitätsmerkmale ausmacht, kann freilich sehr umstritten sein. Wird diese Frage aber entsprechend dem hier behandelten Zusammenhang dahingehend modifiziert, daß im Mittelpunkt steht, welcher wesentliche Aspekt der Identitätsmerkmale der Kommer-

31 Vgl. zu diesem Einwand gegen Prostitution, Primoratz, in: Pathologien des Sozialen, S. 260, 274 f. 32 Vgl. Gold, S. 157 f. 33 Vgl. Gold, S. 158. 34 Siehe Note, 117 Harv. L. Rev. 689, 693 (2003). 35 Siehe Note, 117 Harv. L. Rev. 689, 693–695 (2003); auch Walzer, S. 153, der Simonie als paradigmatisches Beispiel für den blockierten Tausch nennt und dies mit der entsprechenden Vorstellung, welche Kirche und Menschen sich von Gott machen, begründet, aber zugleich anerkennt, daß sich diese Blockierung in einer andersartigen Kultur aufbrechen läßt. 36 Vgl. näher zu diesen Schwierigkeiten sowie deren Lösungen Note, 117 Harv. L. Rev. 689, 695–710 (2003).

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zialisierung widerstrebt, ist es nicht so schwierig, einen Schlüsselbegriff dafür zu finden. Weil die Identitätsmerkmale gerade die Identität und Individualität der Person des Trägers stellvertretend darstellen und daher gedanklich mit ihm unauflöslich verbunden bleiben37, haben sie Teil an der Würde des Trägers. Die Würde des Trägers übersteht also die oben erwähnte moderne Isolierungstechnik38 und projiziert immer noch ihre Erhabenheit dergestalt auf die Identitätsmerkmale, daß jegliche Vermarktung als etwas Widriges erscheint. Mit anderen Worten ergibt sich das Unbehagen aus der tiefgehenden Sorge, daß eine derartige Vermarktung der menschlichen Züge am Ende dazu führt, daß die Person des Trägers zum Kommerzialisierungsobjekt degradiert und somit in ihrer Würde herabgesetzt wird39. Dem liegt offenbar die grundlegende Dichotomie von Würde und Preis zugrunde, die von Kant philosophisch hervorgehoben wurde: „Im Reiche der Zwecke hat alles entweder einen Preis oder eine Würde. Was einen Preis hat, an dessen Stelle kann auch etwas anderes, als Äquivalent, gesetzt werden; was dagegen über allen Preis erhaben ist, mithin kein Äquivalent verstattet, das hat eine Würde.“ 40 Er hat dabei die Würde als einen „unbedingten, unvergleichbaren Wert“ angesehen, „für welchen das Wort Achtung allein den geziemenden Ausdruck der Schätzung abgibt,“ und dieses Attribut aufgrund ihrer Autonomie „der menschlichen und jeder vernünftigen Natur“ zugeschrieben41. Nach Kant haben Menschen also einen intrinsischen absoluten Wert, der eine besondere Art von Respekt verdient42. Zum Ausdruck dieser Wertschätzung paßt aber der sich auf die instrumentalen Gegenstände beziehende Marktpreis nicht, weil er 37 Siehe näher zu der Verflochtenheit der Identitätsmerkmale mit der Person des Trägers unten § 5 II. 1. a) bb). 38 Siehe dazu oben § 2 II. 2. b) bb). 39 Vgl. Schack, JZ 2000, 1060, 1062, der nachdrücklich davor warnt, daß sich die maximale Kommerzialisierung der Identitätsmerkmale in letzter Konsequenz gegen die zu schützende Persönlichkeit selbst richten muß, da sie sie für Dritte verfügbar macht; auch Peifer, S. 291 ff.; Gaines, 10 Yale J. L. & Human. 537, 537 (1998): „It is a stretch to go from the absolutely crass and apparently inconsequential topic of licensed character merchandise to the unquestionably serious history of human enslavement and liberation. The connections may not be immediately obvious, particularly given the unfettered trade and accelerated expansion of the entertainment industry and all of its adjacent and subsidiary industries, including advertising and merchandising. The surface distinction concerns me less than the shared legal and philosophical underpinnings.“ 40 Kant, Grundlegung, S. 61. 41 Siehe Kant, Grundlegung, S. 63. 42 Siehe auch Kant, Die Metaphysik, S. 600 f.: „Die Menschheit selbst ist eine Würde; denn der Mensch kann von keinem Menschen (weder von anderen noch so gar von sich selbst) bloß als Mittel, sondern muß jederzeit zugleich als Zweck gebraucht werden und darin besteht eben seine Würde (die Persönlichkeit), dadurch er sich über alle andere Weltwesen, die nicht Menschen sind, und doch gebraucht werden können, mithin über alle Sachen erhebt.“

III. Menschenwürde als einschlägiger Maßstab

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als ein durch bestimmte Bedürfnisse bedingter und mithin relativer Wert43 nur die Austauschbarkeit in Äquivalenzverhältnissen darstellt. Durch die Anwendung der preislichen Wertskala würde die Persönlichkeit auf eine nur quantitative Größe zusammenschrumpft44. Es ist nun festzustellen, daß die Argumente gegen die Kommerzialisierung der menschlichen Identitätsmerkmale, die auf dem oben als einschlägig betrachteten „essentialism“ fußen, sich um die Würde des Menschen zentrieren, welche sich mit dem Preis des Kommerz nicht verträgt. Um zu prüfen, ob, und gegebenenfalls unter welchen Bedingungen die schon verbreitete und eingebürgerte Praxis der Vermarktung der Identitätskennzeichen solchen Einwänden standhalten kann, bedarf es daher näherer Betrachtungen über den Begriff der Würde des Menschen, die in Art. 1 GG ihre rechtliche Verankerung findet45.

III. Menschenwürde als einschlägiger Maßstab Die verfassungsrechtliche Menschenwürdegarantie ist daher endgültig maßgebend für die Frage, ob der Vermögenswert der Identitätsmerkmale rechtlich anzuerkennen ist46. Es erscheint wohl abrupt, während der Auseinandersetzung mit einem schon alltäglich gewordenen Phänomen zu dem äußerst brisanten und signifikanten Thema der Menschenwürde zu greifen, die eigentlich als reflektierte Reaktion auf die grauenvollen Unmenschlichkeiten der NS-Zeit in das Grundgesetz aufgenommen wurde47. Aber so offensichtliche und brutale Menschenwürdeverletzungen kommen im modernen demokratischen Staat beinahe nie vor. Größere Sorge bereiten heute vielmehr die im Zuge der Liberalisierung der Gesellschaft oder mit der Entwicklung der Technik bzw. Wirtschaft verschleiert auftretenden Erosionsgefahren der Menschenwürde48, die sich manchmal auch in der ohne massiven Widerstand bereits eingebürgerten Praxis verber43

Siehe Kant, Grundlegung, S. 61. Vgl. Franck, S. 90. 45 Vgl. zur engen Gedankenverbindung zwischen der Kantischen Konzeption der Würde und dem heutigen verfassungsrechtlichen Verständnis der Menschenwürde Hoerster, JuS 1983, 93, 93 f.; Jaber, S. 121, 126; Zippelius/Würtenberger, S. 200 f. 46 In diesem Punkt zeigen die materiellen und die immateriellen Persönlichkeitsmerkmale keinen Unterschied. Walz nennt auch als erste von den Wertungsquellen für den Wertungsrahmen, in dem die Verkehrsfähigkeit von Gegenständen bestimmt wird, die Person mit ihren Attributen der Würde und Freiheit (siehe dazu oben § 3 Fn. 22). 47 Vgl. zu diesem geschichtlichen Hintergrund der verfassungsrechtlichen Menschenwürdegarantie Zippelius/Würtenberger, S. 201; v. Münch, Rn. 301. 48 Vgl. Dürig, AöR 81 (1956), 117, 127: „Es ist nicht tief genug angesetzt, wenn man nur an so eklatante Mißachtungen der Menschenwürde denkt, bei denen der Mensch wie etwa durch Massenaustreibung und Genocidium offenkundig auf die Ebene des Tieres erniedrigt wird. Die Perversion der Wertordnung beginnt heimlich überall bereits dort, wo der Mensch als Rechtssubjekt entmachtet wird.“ 44

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gen49. Es ist daher nicht unangebracht, die Zulässigkeit der Kommerzialisierung der menschlichen Identitätsmerkmale im Lichte der Menschenwürde nachzuprüfen. In Anbetracht der Pflicht des Staats aus Art. 1 Abs. 1 S. 2 GG, seine Gesamtrechtsordnung immer der Menschenwürde entsprechend auszugestalten50, ist das sogar erforderlich, weil es hier um die Grundsatzentscheidung für die rechtliche Erfassung neuer Erscheinungen geht, von der aus eine vielseitige Rechtsfortbildung betrieben wird. Die inflationäre Abnutzung der Menschenwürde, vor der zu Recht gewarnt wird51, ist hier nicht berührt. 1. Der Inhalt der Menschenwürdegarantie in der Verfassung Die in Art. 1 Abs. 1 GG manifestierte Menschenwürde ist der oberste Wert innerhalb der verfassungsmäßigen Rechtsordnung52, was sich vor allem an ihrer Position an der Spitze des Grundgesetzes, der entschlossenen Formulierung des Antastungsverbots, sowie der Bestandsgarantie gemäß Art. 79 Abs. 3 GG deutlich erkennen läßt53. Ihr Schutz entzieht sich demzufolge jeglichem Abwägungsprozeß mit anderen gewichtigen Werten und Interessen und unterliegt somit keinerlei Beschränkungsmöglichkeiten54. Schon hieraus ergibt sich, daß die Menschenwürdegarantie eng auszulegen ist55, damit die Kompetenz des Parlaments für die anpassungsbedürftigen Wertungsfragen nicht übermäßig verengt wird56. Trotz dieses restriktiven Verständnisses leidet der absolute Schutz der Menschenwürde unter der Unbestimmtheit des Begriffs der Menschenwürde. Was unter der schlechthin unantastbaren Menschenwürde zu verstehen ist, ist nicht bloß eine deskriptive Frage, sondern auch eine Frage der moralischen Wertung, die insbesondere in der für die Menschenwürdegarantie unumgänglichen Frage, welches Verhalten als würdeverletzend und damit als unzulässiger Eingriff in den Schutzbereich des Art. 1 Abs. 1 GG zu qualifizieren ist, artikuliert wird57. In der heutigen pluralistischen Gesellschaft ist es freilich kaum zu erwarten, zu 49 Z. B. die Ausstellung „Körperwelten“ von Gunther von Hagens, die „Big Brother Show“ von RTL 2. 50 Vgl. zu dieser Schutzpflicht des Staats Dürig, AöR 81 (1956), 117, 123 f.; Zippelius/Würtenberger, S. 208; v. Münch, Rn. 300. 51 Vgl. Dürig, AöR 81 (1956), 117, 124; v. Münch, Rn. 302. 52 Vgl. BVerfG, Urt. v. 16. 1. 1957, BVerfGE 6, 32, 41; BVerfG, Beschl. v. 16. 7. 1969, BVerfGE 27, 1, 6; BVerfG, Urt. v. 21. 6. 1977, BVerfGE 45, 187, 227. 53 Vgl. Hinrichs, NJW 2000, 2173, 2174; v. Münch, Rn. 296. 54 Vgl. Höfling, JuS 1995, 857, 859. 55 Vgl. Höfling, JuS 1995, 857, 860. 56 Vgl. Zippelius/Würtenberger, S. 203: „Im gleichen Maße, wie der Begriff der unantastbaren Menschenwürdegarantie ausgedehnt wird, verengt sich zudem die Kompetenz des Parlaments.“ 57 Vgl. vor allem Hoerster, JuS 1983, 93, 95 f.

III. Menschenwürde als einschlägiger Maßstab

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einer weitgehenden Übereinstimmung zu dieser Frage zu finden58. Eine lebhafte Kontroverse über den Inhalt der Menschenwürdegarantie59 ist also vorgezeichnet und unvermeidbar. Bei aller Schwammigkeit kann aber der Eigenwert des Menschen, „der dem Menschen um seiner selbst und nicht um anderer Güter und Zwecke willen zukommt“, als erste Annäherung an den Menschenwürdegehalt dienen60, weil die Menschenwürdegarantie als ein notwendiges Mittel zur Sicherung der einzigartigen Stellung des Menschen in der Natur zu betrachten ist61. Unter dem Einfluß von Kant62 wird dieser Eigenwert relativ unstreitig im Vernunftbesitz und der Selbstbestimmungsfähigkeit begründet63, die den Menschen aus der übrigen Natur herausheben. Der Mensch ist also kraft seiner Vernunft dazu fähig, „seiner selbst bewußt zu werden, sich selbst zu bestimmen und sich und die Umwelt zu gestalten“ 64 und deshalb verlangt die Achtung seines Eigenwerts eine dieser Fähigkeit gemäße Behandlung des Menschen. Darauf hat Kant die bekannte Variante seines kategorischen Imperativs aufgebaut: „Handle so, daß du die Menschheit, sowohl in deiner Person als in der Person eines jeden anderen, jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchest.“ 65 Mit dieser „Zweckformel“ steht im engen Zusammenhang die von Dürig entwickelte und inzwischen kanonisierte „Objektformel“, die das bedeutendste negative Kriterium für die verfassungsrechtliche Menschenwürdegarantie darstellt: „Die Men-

58 Über die Verletzung der Menschenwürde besteht wohl Einigkeit nur in Extremfällen wie Sklaverei, Massenmord, brutale Folter usw. 59 Siehe beispielsweise die Unstimmigkeiten in Bezug auf die heterologe Insemination (vgl. dazu Dürig, AöR 81 (1956), 117, 130 f.; Schreiber/Wachsmuth, in: Menschenwürde, S. 21, 25; Zippelius/Würtenberger, S. 205 m. w. Nachw.), die Ausstellung „Körperwelten“ (vgl. dazu Benda, NJW 2000, 1769, 1770 f.; Finger/Müller, NJW 2004, 1073, 1076 f.; Hufen, JZ 2004, 313, 318; VGH München, Beschl. v. 21. 2. 2003, NJW 2003, 1618, 1619 f.), die „Big Brother Show“ (vgl. dazu Hinrichs, NJW 2000, 2173, 2175; Schmitt Glaeser, ZRP 2000, 395, 398 ff.; Huster, NJW 2000, 3477, 3477 f.; Grunewald, FS f. Heldrich, S. 165, 166 f.). Die Liste der kontroversen Fragen läßt sich beliebig verlängern. 60 Vgl. Zippelius/Würtenberger, S. 202; Brohm, JuS 1998, 197, 199; auch Schmitt Glaeser, ZRP 2000, 395, 398. 61 Siehe Schreiber/Wachsmuth, in: Menschenwürde, S. 21, 23; ähnlich auch Gern, NJW 1983, 1585, 1588. 62 Siehe oben § 3 II. 2.; auch Kant, Grundlegung, S. 52 f.: „Der Wille wird als ein Vermögen gedacht, der Vorstellung gewisser Gesetze gemäß sich selbst zum Handeln zu bestimmen. Und ein solches Vermögen kann nur in vernünftigen Wesen anzutreffen sein. Nun ist das, was dem Willen zum objektiven Grunde seiner Selbstbestimmung dient, der Zweck, und dieser, wenn er durch bloße Vernunft gegeben wird, muß für alle vernünftigen Wesen gleich gelten.“ 63 Vgl. Hoerster, JuS 1983, 93, 93; Gern, NJW 1983, 1585, 1588; Schreiber/Wachsmuth, in: Menschenwürde, S. 21, 23; Hufen, JZ 2004, 313, 316. 64 Dürig, AöR 81 (1956), 117, 125. 65 Kant, Grundlegung, S. 54 f.

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schenwürde als solche ist getroffen, wenn der konkrete Mensch zum Objekt, zu einem bloßen Mittel, zur vertretbaren Größe herabgewürdigt wird.“ 66 Gegenüber der Kantischen Zweckformel stellt diese Objektformel aber eine Erweiterung dar, weil Dürig das Verzweckungsverbot nur als eine Komponente seines Verdinglichungsverbots erwähnt67. Dadurch können nun auch die Fälle, die sich nicht ohne weiteres als Instrumentalisierung charakterisieren lassen, unter die Menschenwürdeverletzungen subsumiert werden, etwa ökonomisches Leben unter dem Existenzminimum68, was den Menschen zum ohnmächtigen „Objekt des Geschehens“ 69 erniedrigt. Entscheidend ist nach der Objektformel also, daß die Subjektqualität des Menschen nicht in Frage gestellt wird70. Da das Grundgesetz jeweils in Art. 2 Abs. 1 die Selbstbestimmung und in Art. 2 Abs. 2 das Leben und die körperliche Unversehrtheit des Menschen schützt, ist es schlußfolgernd anzuerkennen, daß sich der Menschenwürdeschutz in Art. 1 Abs. 1 GG über diese einzelnen Eigenschaften des Subjekts hinaus auf deren einheitliche Gesamtheit, nämlich auf die Beschaffenheit des Menschen als Subjekt, richtet71. Wenn dieser Subjektstatus des Menschen negiert wird, wenn die seine Subjektivität konstituierenden Fähigkeiten schwer beeinträchtigt werden, oder wenn die ihm als Subjekt gebührende Achtung unterbleibt, dann ist eine Verletzung des Menschenwürde nach der Objektformel zu diagnostizieren72. Der erste, signifikanteste Fall ist typischerweise in der Versklavung, im Menschenhandel, in der willkürlichen Tötung, insbesondere im Massenmord usw. zu erkennen. Hier wird der Mensch als Rechtssubjekt völlig entmachtet. Dazu gehört auch die Perversion der Wertordnung, die entsteht, wenn Dinge Menschen gleichgestellt oder sogar übergeordnet werden73. 66 Dürig, AöR 81 (1956), 117, 127; vgl. zur Verwendung dieser Formel in der Rechtsprechung z. B. BVerfG, Beschl. v. 16. 7. 1969, BVerfGE 27, 1, 6: „Es widerspricht der menschlichen Würde, den Menschen zum bloßen Objekt im Staat zu machen“; so auch BVerfG, Urt. v. 21. 6. 1977, BVerfGE 45, 187, 228; BVerfG, Beschl. v. 16. 1. 1979, BVerfGE 50, 125, 133: „Schließlich darf der Täter nicht unter Verletzung seines verfassungsrechtlich geschützten sozialen Wert- und Achtungsanspruchs zum bloßen Objekt der Verbrechensbekämpfung gemacht werden“; BVerfG, Beschl. v. 12. 11. 1997, BVerfGE 96, 375, 399: „Mit der Menschenwürde als oberstem Wert des Grundgesetzes und tragendem Konstitutionsprinzip ist der soziale Wert und Achtungsanspruch des Menschen verbunden, der es verbietet, ihn zum bloßen Objekt des Staates zu machen oder ihn einer Behandlung auszusetzen, die seine Subjektqualität prinzipiell in Frage stellt.“ 67 Vgl. näher zu diesem Unterschied zwischen den beiden Formeln Jaber, S. 229 f. 68 Vgl. Dürig, AöR 81 (1956), 117, 131 ff. 69 Jaber, S. 235. 70 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 12. 11. 1997, BVerfGE 96, 375, 399 (siehe oben § 3 Fn. 66); Hinrichs, NJW 2000, 2173, 2174. 71 Vgl. Discher, JuS 1991, 642, 644. 72 Vgl. Jaber, S. 232 ff.

III. Menschenwürde als einschlägiger Maßstab

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Die zweite Konstellation stellt auf die Selbstbestimmungsfähigkeit des Menschen oder seine Einflußmöglichkeit auf seine Interessen unmittelbar betreffende Situationen ab74. Wenn ihm diese wesensimmanenten Fähigkeiten geraubt werden, wird er faktisch zum entscheidungsunfähigen Gegenstand degradiert. Auf diesem Gedanken beruht das Folterverbot, das Verbot der Verwendung von Polygraphen im Strafprozeß75 oder die verfassungsrechtliche Gewährung des rechtlichen Gehörs in Art. 103 Abs. 1 GG76. Demnach liegt ein Verstoß gegen die Menschenwürde auch dann vor, wenn eine lebenslange Freiheitsstrafe bis zum Lebensende vollstreckt wird, ohne dem Verurteilten eine realisierbare Chance zu gewähren, zu einem späteren Zeitpunkt die Freiheit wiederzugewinnen, weil „der Verurteilte ungeachtet der Entwicklung seiner Persönlichkeit jegliche Hoffnung, seine Freiheit wiederzuerlangen, aufgeben muß“ 77. Daß das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht nur auf Art. 2 Abs. 1 GG, sondern auch auf Art. 1 GG fußt78, zeigt deutlich diesen besonderen Konnex zwischen der Menschenwürde und der notwendigen Autonomie des Menschen. Auch die Unwürdigkeit des ökonomischen Lebens unterhalb des Existenzminimums läßt sich aus der schwerwiegenden Gefährdung der Selbstbestimmungsfähigkeit erklären79. Die letzte Kategorie der mangelnden Achtung vor dem herausragenden Wert des Menschen umfaßt als Generalkategorie durchaus verschiedene Handlungstypen80, um der Vielfalt der Möglichkeiten von Menschenwürdeverletzungen gerecht zu werden. In den vorher genannten beiden Fallgruppen geht es um nichts anderes als die Konkretisierung der erheblichen, krassen Formen dieser Respektlosigkeit. Daraus kann man schließen, daß man mit diesem allgemeinen Kriterium besonders vorsichtig umgehen sollte, um zu vermeiden, daß jede noch so triviale Mißachtung des dem Menschen als Subjekt zukommenden Werts als Verletzung der Menschenwürde gebrandmarkt wird. Das Verdikt der 73 Vgl. Dürig, AöR 81 (1956), 117, 127 f., der als einen Schulfall solcher Perversion die „Vorrangstellung des Bodens über den Eigentümer in der NS-Zeit“ nennt; auch Jaber, S. 232. 74 Vgl. Jaber, S. 233 ff., der von dem Urteils- und Willensbildungsvermögen spricht; auch Zippelius/Würtenberger, S. 205. 75 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 18. 8. 1981, NJW 1982, 375, 375: „Eine derartige ,Durchleuchtung‘ der Person, welche die Aussage als deren ureigenste Leistung entwertet und den Untersuchten zu einem bloßen Anhängsel eines Apparates werden läßt, . . .“ 76 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 8. 1. 1959, BVerfGE 9, 89, 95: „Darüber hinaus fordert die Würde der Person, daß über ihr Recht nicht kurzerhand von Obrigkeits wegen verfügt wird; der einzelne soll nicht nur Objekt der richterlichen Entscheidung sein, sondern er soll vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort kommen, um Einfluß auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können.“ 77 Siehe BVerfG, Urt. v. 21. 6. 1977, BVerfGE 45, 187, 245; auch BVerfG, Beschl. v. 24. 4. 1986, BVerfGE 72, 105, 113, 116 f. 78 Vgl. statt aller Jarass, NJW 1989, 857, 857 f. 79 Vgl. Dürig, AöR 81 (1956), 117, 131 f.; Jaber, S. 235. 80 Vgl. Jaber, S. 235 f.

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§ 3 Rechtliche Anerkennung

Menschenunwürdigkeit erfordert daher eine gewisse Intensität der in der erniedrigenden Behandlung zum Ausdruck gekommenen Verachtung des dem Menschen gebührenden Werts81. Obwohl die Frage, welches Verhalten diese Intensität erreicht und daher schon eine Herabwürdigung des Menschen darstellt, besonders hinsichtlich der mit den medizinischen, technischen und wirtschaftlichen Entwicklungen verbundenen neuen Erscheinungen82 sehr umstritten ist83, hat dieses letzte Kriterium für die Verletzung der Menschenwürde seine Bedeutung nicht verloren, weil es immerhin die unleugbar wünschenswerte Richtung weist, in die man gerade solche modernen Fortschritte steuern soll84. Es bleibt noch eine heikle Frage übrig, die mit der Überlegung über den Inhalt der Menschenwürde ständig einhergeht: Ist die Würde des Menschen ein objektiver, unverfügbarer Wert oder erschöpft sie sich in der subjektiven Selbstbestimmung? Die heftigen Auseinandersetzungen zwischen diesem objektiven und subjektiven Verständnis haben sich an der sog. „Peep-Show-Entscheidung“ des BVerwG85 entfacht86 und, vor allem die „Big Brother Show“ und die Ausstellung „Körperwelten“ zum neuen Anlaß nehmend, bis in die Gegenwart fortgesetzt87. 81 Vgl. Discher, JuS 1991, 642, 644; Zippelius/Würtenberger, S. 204; auch BVerfG, Urt. v. 15. 12. 1970, BVerGE 30, 1, 25 f. Zu beachten ist dabei, daß diese Verachtung immer aus dem objektiven Sinn des betreffenden Verhaltens zu folgern und nicht dem subjektiven Verachtungswillen gleichzusetzen ist, der allenfalls ein Indiz dafür sein kann (vgl. Schmitt Glaeser, ZRP 2000, 395, 397 f.; a. A. v. Münch, Rn. 299, der die Verachtung als ein subjektives Erfordernis für die Verletzung der Menschenwürde ansieht und insoweit von der subjektivierten Objektformel spricht). 82 Z. B. Organhandel, extrakorporale Befruchtung, therapeutisches Klonen, Genpatent, Sterbehilfe usw. Hierzu zählt auch die Kommerzialisierung der menschlichen Identitätsmerkmale. 83 Siehe oben § 3 Fn. 59. 84 Ein gutes Beispiel bildet eine Entscheidung des OLG Hamm, die aufgrund der gefährdeten Würde des künftigen Kindes den sog. Leihmutter- oder Ersatzmuttervertrag als sittenwidrig und daher als nichtig erklärt hat. Im Mittelpunkt der Begründung steht dabei die aus einem solchen Vertrag resultierende Außerachtlassung einer echten menschlichen Zuwendung, auf die schon das Kleinkind angewiesen ist (siehe OLG Hamm, Beschl. v. 2. 12. 1985, JZ 1986, 441, 444; vgl. zustimmend Kollhosser, JZ 1986, 446, 446; i. E. auch MüKo/Mayer-Maly/Armbrüster, 4. Aufl., § 138 Rn. 66; a. A. Schreiber/Wachsmuth, in: Menschenwürde, S. 21, 26; Brohm, JuS 1998, 197, 202; v. Münch, Rn. 302). Mittlerweile ist es unter Androhung von Strafe gesetzlich verboten, bei einer Frau, welche bereit ist, ihr Kind nach der Geburt Dritten auf Dauer zu überlassen, eine künstliche Befruchtung durchzuführen oder auf sie einen menschlichen Embryo zu übertragen (§ 1 Abs. 1 Nr. 7 Embryonenschutzgesetz). Auch die Vermittlung von Leih- bzw. Ersatzmüttern ist streng verboten (§§ 13c, 14b Adoptionsvermittlungsgesetz). 85 BVerwG, Urt. v. 15. 12. 1981, BVerwGE 64, 274 ff. 86 Vgl. v. Olshausen, NJW 1982, 2221, 2221 ff.; Höfling, NJW 1983, 1582, 1583 f.; Gern, NJW 1983, 1585, 1588; Discher, JuS 1991, 642, 645 ff. 87 Siehe oben § 3 Fn. 59. Vgl. auch Jaber, S. 297 ff.; v. Münch, Rn. 302; Zippelius/ Würtenberger, S. 209; Moosmann, S. 139 ff.

III. Menschenwürde als einschlägiger Maßstab

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Nach dem reinen Objektivismus kann die Würde des einzelnen auch dann verletzt werden, wenn er gerade mit der Verletzungshandlung in aller Ernsthaftigkeit einverstanden ist, weil die Menschenwürde als ein objektiver Wert nicht beliebig disponibel ist88. An diesem herkömmlichen Ansatz ist aber zu kritisieren, daß er auf den starken staatlichen Paternalismus, der dem verfassungsrechtlichen Freiheitsprinzip diametral entgegensteht, hinauslaufen kann, so daß sich die liberale Garantie der Menschenwürde in die Verpflichtung zu menschenwürdigen Handlungen verkehren kann89. Ganz abgesehen davon verkennt diese Auffassung, daß der einzelne dann keinesfalls als Objekt behandelt werden kann, wenn er seinen Wertvorstellungen entsprechend freiwillig handelt90. Andererseits ist dem rein subjektiven Verständnis, das die Menschenwürde als einen absoluten Primat der Selbstbestimmung interpretiert91, nicht uneingeschränkt zuzustimmen. Obwohl die Selbstbestimmungsfähigkeit wie oben gesehen den Eigenwert des Menschen begründet und deshalb den Kern der Menschenwürde ausmacht, ist es nicht zutreffend, die Selbstbestimmung und die Menschenwürde als gleichbedeutend anzusehen, weil dadurch der Schutz des Art. 2 Abs. 1 GG mit dem Schutz des Art. 1 Abs. 1 GG gleichgesetzt würde92 und somit über die Fähigkeit der Selbstbestimmung hinaus auch deren Inhalt unantastbar wäre. Führt man diesen Gedankengang bis zur letzten Konsequenz fort, müßte man auch grausamste Gladiatorenkämpfe oder Russisches Roulette dann für menschenwürdig halten, wenn sich die Betroffenen freiwillig daran beteiligen93. Dieses Ergebnis ist aber kaum akzeptabel94. 88 Ein anschauliches Beispiel hierfür bildet die eben genannte Peep-Show-Entscheidung, die erklärte, daß die zur Schau gestellte Frau durch den äußerst entpersonifizierenden Geschäftsvorgang der Peep-Show (z. B. Fensterklappenmechanismus mit Münzeinwurfsystem, Isolation des allein in der Kabine befindlichen Zuschauers, Isolierung der sich darstellenden Frau von den Kunden durch Sperre der Einsicht in die Kabine usw.) zu einer bloß der sexuellen Stimulierung dienenden Sache erniedrigt und somit in ihrer Menschenwürde verletzt werde, obwohl diese Frau freiwillig auf die Bühne trete (siehe BVerwG, Urt. v. 15. 12. 1981, BVerwGE 64, 274, 278 f.; vgl. zustimmend Gern, NJW 1983, 1585, 1588; Discher, JuS 1991, 642, 645 ff.). Vgl. ähnlich in bezug auf die „Big Brother Show“ Hinrichs, NJW 2000, 2173, 2175. 89 So lautet der zentrale Einwand aus der Stellung des Subjektivismus; vgl. dazu v. Olshausen, NJW 1982, 2221, 2221; Höfling, NJW 1983, 1582, 1584; Moosmann, S. 141. 90 So auch v. Olshausen, NJW 1982, 2221, 2222. 91 Vgl. v. Olshausen, NJW 1982, 2221, 2222 f.; Höfling, NJW 1983, 1582, 1583 f.; Hufen, JZ 2004, 313, 315 f.; Zippelius/Würtenberger, S. 209; auch Moosmann, S. 140 f. 92 Vgl. Discher, JuS 1991, 642, 646. 93 Vgl. Zippelius/Würtenberger, S. 209, die schon eine solche Tendenz zeigen, indem sie den sog. „Zwergenweitwurf“, bei dem ein kleinwüchsiger Mensch als Sportgerät benutzt wird, anders als die Rechtsprechung (siehe VG Neustadt, Beschl. v. 21. 5. 1992, NVwZ 1993, 98, 99), als mit der Menschenwürde vereinbar qualifizieren. 94 So auch Huster, NJW 2000, 3477, 3478; hinsichtlich der Veranstaltung „Zwergenweitwurf“ Jaber, S. 300; v. Münch, Rn. 302.

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§ 3 Rechtliche Anerkennung

Um sich der aus diesem Meinungsstreit resultierenden Ratlosigkeit zu entziehen, braucht man einen erweiterten Blickwinkel, der den jeweils teilweise richtigen Ansatz der beiden Auffassungen umfassen kann. Auszugehen ist also davon, daß der objektive Aspekt der Menschenwürde als des obersten Konstitutionsprinzips der Rechtsordnung weiter erhalten bleiben soll, ohne aber diesem die Selbstbestimmung des Einzelnen zu opfern. Diese schwierige Aufgabe läßt sich nur dadurch lösen, daß man bei der Überlegung über die Menschenwürdeverletzung nicht nur die Würde der im konkreten Fall Beteiligten, sondern auch die Würde der indirekt involvierten Außenstehenden oder gar der Menschen allgemein in Betracht zieht95. Verhaltensweisen, die eine potentielle Menschenverachtung in sich tragen, können die Würde der anderen berühren, selbst wenn sich die beteiligten Personen davon nicht in ihrer Würde verletzt fühlen. Das ist dort um so mehr der Fall, wo ein Moment der Diskriminierung vorhanden ist96, wie im Fall von „Zwergenweitwurf“ 97. Solche Verhaltensweisen müssen also nicht deshalb verboten werden, weil sie die Beteiligten in ihrer Würde verletzen, sondern deshalb, weil sie die Würde der anderen Menschen verletzen98. Die entscheidende Schwäche der oben erwähnten Peep-Show-Entscheidung liegt darin, daß sie ihr Ergebnis mit der Verletzung der Menschenwürde der freiwilligen Darstellerin begründet hat99. Wollte das BVerwG die frauenverachtende Peep-Show unter Hinweis auf Art. 1 Abs. 1 GG unterbinden, mußte es auf die dadurch gefährdete Menschenwürde der anderen, insbesondere hier aller anderen Frauen, abstellen. Diese Art der Menschenwürde, die von allen Mitgliedern einer Gesellschaft getragen wird, ist als kulturelle und rechtliche Infrastruktur der menschlichen Gesellschaft100 weiterhin zu bewahren.

95 Vgl. zu dieser Perspektive Jaber, S. 302 ff.; Schmitt Glaeser, ZRP 2000, 395, 400 ff.; Benda, NJW 2000, 1769, 1770 f.; Huster, NJW 2000, 3477, 3478. 96 Jaber, S. 302. 97 Vgl. VG Neustadt, Beschl. v. 21. 5. 1992, NVwZ 1993, 98, 99: „Im konkreten Fall kommt als besonders anstößiges Moment hinzu, daß es sich bei dem Geworfenen um einen Kleinwüchsigen Menschen handelt, wobei in diskriminierender Weise dieser als ,Zwerg‘ und die Veranstaltung als ,Zwergenweitwurf‘ bezeichnet wird.“ 98 Unter dem ökonomischen Gesichtspunkt kann man das rechtliche Verbot solcher Verhaltensweisen dadurch rechtfertigen, daß sie negative Externalitäten verursachen, deren Beseitigung ohne Rechtszwang aber wegen hoher Transaktionskosten schwer realisierbar ist (vgl. Walz, in: Allokationseffizienz, S. 93, 99 f.). 99 Vgl. BVerwG, Urt. v. 15. 12. 1981, BVerwGE 64, 274, 279: „Dies rechtfertigt das Urteil, daß die zur Schau gestellte Frau durch diese . . . Art und Weise der Darbietung erniedrigt und dadurch in ihrer Menschenwürde verletzt wird.“ 100 Vgl. ähnlich Schmitt Glaeser, ZRP 2000, 395, 400 ff.; auch Huster, NJW 2000, 3477, 3478, der von der Menschenwürde als einem öffentlichen Gut spricht, die „ein Element unseres sozialen Umgangs und unserer öffentlichen Kultur“ bedeutet.

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2. Läuft die Kommerzialisierung der Identitätsmerkmale der Menschenwürde zuwider? Demnach scheidet schon die Möglichkeit aus, die Zulässigkeit der Kommerzialisierung der Identitätsmerkmale mit dem Einverständnis ihres Trägers zu begründen. Gleichzeitig stellt sich aber auch die Frage, ob diese Kommerzialisierung wirklich die Würde der Mitmenschen berührt. Darauf ist im folgenden einzugehen nach den Kriterien, die oben im Zuge der Objektformel dargestellt wurden. Es stellt sich daher zunächst die Frage, ob die Kommerzialisierung der Identitätsattribute zur Verneinung der Subjektqualität ihres Trägers führt. Zu bejahen ist der Verlust der Subjekteigenschaft gewiß bei der totalen Selbstveräußerung, die sich auf die gesamte Personalität bezieht, weil in diesem Fall dem Veräußerer nichts übrigbleibt, was seine Subjektivität ausmacht. Er würde dann nicht mehr als Subjekt leben, sondern nur als Objekt anderen zur Verfügung stehen. Daß die darin deutlich zu sehende Verdinglichung des Menschen unter keinen Umständen mit der Menschenwürde vereinbar ist, wurde schon durch die nahezu weltweite Abschaffung der Sklaverei101 symbolisch ausgedrückt. Auf dem gleichen Gedanken beruht weiter die Begriffssystematik des BGB, nach der Personen als Rechtssubjekte den Sachen als Rechtsobjekten gegenüberstehen. Dementsprechend ist es schon vom Begrifflichen her verwehrt, den lebenden Menschen als solchen zum Gegenstand fremder Rechte sowie der Vermarktung zu machen102. Das gleiche gilt für den Gesamtkörper des Menschen, der den materiellen Träger des Rechtssubjekts darstellt103. Es ist auch naheliegend, diese Überlegung auf die menschlichen Identitätsmerkmale zu übertragen, weil sie als unverwechselbare Kennzeichen des Trägers mit seiner Person untrennbar verbunden sind. Darin wurzelt eigentlich das oben dargestellte ethische Unbehagen an der Vermarktung der menschlichen Identitätsmerkmale 104.

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Vgl. dazu Brohm, JuS 1998, 197, 198. Die rechtliche Natur des Leichnams ist aber sehr umstritten. Nach einer Ansicht entsteht am Leichnam das Eigentum der Erben, und daher er ist dem Rechtsverkehr zugänglich (vgl. Brunner, NJW 1953, 1173, 1173). Eine andere Ansicht sieht den Leichnam nicht als Sache, sondern als Rückstand der Person an (vgl. Forkel, JURA 2001, 73, 74; Medicus, AT, Rn. 1177; Larenz/Wolf, AT, § 20 Rn. 9). Die herkömmliche Meinung will zwar dem Leichnam die Sachqualität zubilligen, aber kein Eigentum daran anerkennen (vgl. Staudinger/Jickeli/Stieper, 2004, § 90 Rn. 29 ff.; MüKo/Holch, 4.Aufl., § 90 Rn. 35). 103 Vgl. Staudinger/Jickeli/Stieper, 2004, § 90 Rn. 18; Medicus, AT, Rn. 1176; Spranger, NJW 2005, 1084, 1085; siehe auch Kant, Vorlesung, S. 208: „Denn da der Körper zu seinem Selbst gehört, so macht er mit ihm eine Person aus“. Davon weicht aber die rechtliche Behandlung des von dem Gesamtkörper abgetrennten Körperteils ab (siehe näher dazu unten § 4 Fn. 186 ff.). 104 Siehe oben § 3 Fn. 39. 102

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Um diese ethischen Einwände abzuweisen, argumentieren manche, daß genau gesehen nicht die Identitätsmerkmale, sondern dadurch vermittelte Images, die sich außerhalb der Person befinden und deren Kommerzialisierung daher gar keine moralische Unruhe auslöst, Gegenstände der Vermarktung sind105. Es wurde aber schon gezeigt, daß diese Behauptung nicht zutrifft106. Ein Ausweg aus dieser ethischen Bedenklichkeit bleibt trotzdem noch offen. Er kann gerade in dem den Verfechtern dieser Bedenken unterlaufenden Denkfehler gefunden werden: „Fallacy of Division“. Es ist den Gesetzen der Logik nicht entsprechend, daß der im Ganzen geltende Grundsatz auch bezüglich jedes einzelnen Teils des Ganzen immer gültig sein soll107, weil die einzelnen Teile, je nach ihrer Rolle im Ganzen, seine Wesenszüge in sehr unterschiedlichem Grade aufweisen. Infolgedessen ist jedes einzelne Persönlichkeitsmerkmal hinsichtlich der Subjektqualität nicht der Person als solcher gleichzusetzen. Die Vermarktung des einzelnen Persönlichkeitsmerkmals berührt die Subjekteigenschaft der Person nicht im gleichen Maße wie die der Gesamtperson, und deshalb ist nicht per se als verboten anzusehen. Vielmehr müssen die Persönlichkeitsmerkmale in bezug auf Kommerzialisierbarkeit einer differenzierenden Bewertung unterzogen werden. Was die Vermarktung der physischen Körperteile und -substanzen anbelangt, muß es dabei auf die ihrer Funktion allgemein beigemessene Bedeutung, die Lebensnotwendigkeit, die Folgenschwere der Trennung, die Regenerierbarkeit usw. ankommen108. Demgemäß ruft z. B. die Verknüpfung finanzieller Interessen mit menschlichem Haar, Fingernägeln oder Muttermilch kaum moralische Empörung hervor. Die Kommerzialisierung von Blut oder Zähnen wird immerhin nicht als so anstößig empfunden wie die einer Niere oder von Samen. Der stärkste Einwand wird gegen die Vermarktung des Herzens oder des Gehirns erhoben werden, weil sie nicht nur vital für das Leben sind, sondern auch traditionell als „Sitz der Seele“ 109 angesehen werden, so daß hier die engste Beziehung mit der Subjekteigenschaft anzuerkennen ist. An der Intensität der ihnen immanenten Subjektqualität kommen jedoch die Identitätsmerkmale nicht den wichtigen Körperorganen gleich. Die immateriellen Identitätsmerkmale können nun mit Hilfe von technischen Apparaten ohne weiteres von der realen Existenz der Person isoliert verwendet werden, ohne das Leben und den Körper, also die materiellen Elemente der Subjektivität, da-

105 Vgl. statt aller Beuthien, Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, S. 75, 76; ders., NJW 2003, 1220, 1221. 106 Siehe oben § 2 I. 2. 107 Vgl. Munzer, in: Property Rights, S. 259, 275: „Those who commit this fallacy make the mistake of arguing that what is true of a whole must also be true of its parts.“ 108 Vgl. Taupitz, in: Rechtliche Regulierung, S. 51, 55; Munzer, in: Property Rights, S. 259, 275. 109 Taupitz, in: Rechtliche Regulierung, S. 51, 55.

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bei zu beschädigen. Außerdem beziehen sie sich unmittelbar nur auf die äußere Identität der Person, nicht aber auf die innere Persönlichkeit, also auf das innere Steuerungssystem des Rechtssubjekts110. Auch wenn sie immer gedankliche Verbindung mit der Person des Trägers herstellen und deswegen selbstverständlich an ihrer Würde teilhaben, haben sie als Kennzeichen der persönlichen Identität von Anfang an eine dienende Funktion vor allem im kommunikativen Zusammenhang. Es ist daher keineswegs eklatant, daß den Identitätsmerkmalen im Zuge der weitgehenden Kommerzialisierung des modernen Kommunikationsprozesses ein Vermögenswert zukommt. Aus diesen Gründen vermag ihre Kommerzialisierung prinzipiell die gänzliche Negierung der Subjektivität des Trägers nicht zu verursachen, so daß sie den oben erwähnten ethischen Bedenken nur eingeschränkt zugänglich ist111. Bei dem zweiten Kriterium der Objektformel handelt es sich um die schwerwiegende Beeinträchtigung der Selbstbestimmungsfähigkeit. Wenn man Image bzw. Prominenz als Vermarktungsgegenstände ansieht112, kann man darin tatsächlich eine unerträgliche Beschränkung der freien Entfaltung der Persönlichkeit des Trägers finden. Wer sein Image oder seine Prominenz vermarktet hat, darf sich nicht von diesem Image oder dieser Prominenz loslösen. Um dem Verwender der Identitätsmerkmale seinem Ziel entsprechenden Nutzen beständig zu gewähren, muß er das bestimmte Image oder den bestimmten Grad an Prominenz dauerhaft in sich tragen, damit seine Identitätsmerkmale diese Vermarktungsobjekte weiterhin repräsentieren können. In der modernen Medienwelt schwanken aber Image und Prominenz einer Person sehr heftig. Häufig ist zu beobachten, daß das glänzende Image eines Prominenten durch einen Skandal plötzlich zerstört wird und seine Karriere zum Stillstand kommt. Es kann auch passieren, daß die alten Stars durch die neuen Stars völlig ersetzt werden und dadurch ihre ein bestimmtes Ideal repräsentierenden Images mitsamt ihrer Prominenz verblassen. Um nicht in Vergessenheit zu geraten, versucht der Prominente unter Umständen ein ganz neues Image zu kultivieren, während er sein bisheriges Image vernachlässigt oder sogar absichtlich davon wegzukommen sich bemüht. Angesichts dieser Tatsache ist es unentbehrlich, daß bei der Ver110

Vgl. Biene, S. 16, 19. Siehe BVerfG, Beschl. v. 22. 8. 2006, NJW 2006, 3409, 3409 – Marlene Dietrich: „Die kommerzielle Ausbeutung der Persönlichkeit eines Verstorbenen kann die Menschenwürde verletzen, wenn Persönlichkeitsbestandteile kommerziell so ausgenutzt werden, dass der Achtungsanspruch der Person beeinträchtigt wird, etwa durch eine erniedrigende oder entstellende Werbung. . . . In anderen Fällen tastet die kommerzielle Ausbeutung der Persönlichkeit eines Verstorbenen zu Werbezwecken dessen Menschenwürde regelmäßig nicht an.“ Zu beachten ist aber, daß die in dieser Entscheidung als mit der Menschenwürde nicht vereinbar erklärte erniedrigende oder entstellende Verwendung der Identitätsmerkmale nichts mit der Kommerzialisierung als solcher zu tun hat, weil derartige Verwendungen auch im nicht kommerziellen Kontext erfolgen können. 112 Das ist aber, wie oben gezeigt, nicht zutreffend (siehe oben § 2 I. 2.). 111

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marktung eines Images oder von Prominenz deren Träger eine Art Verhaltenspflicht auferlegt wird, diese Vermarktungsgegenstände sorgfältig zu pflegen, insbesondere dadurch, daß er sich nicht seinem Image widersprechend verhält. Solche Verpflichtungen können freilich seine Individualität und sein Privatleben, die sich auf der Basis der Selbstbestimmung frei entfalten können müssen, erheblich beeinträchtigen113, was in Anbetracht der Garantie der Menschenwürde sehr problematisch erscheint. Nimmt man, wie in dieser Arbeit vorgeschlagen, an, daß die Identitätsmerkmale als solche den Gegenstand der Vermarktung bilden, dann ist es theoretisch nicht zwingend, daß sich die Vermarktung mit solchen Verpflichtungen verbindet. Hier muß der Verwender der Identitätsmerkmale grundsätzlich selbst das Risiko tragen, daß das Image und die Prominenz des von ihm ausgewählten Prominenten verfallen, weil diese beiden gerade keine Gegenstände der Vermarktung sind. Abgesehen von dieser Problematik ist es kaum vorstellbar, daß durch die Kommerzialisierung der Identitätsmerkmale, nämlich durch die Entstehung des Vermögenswerts an diesen, die Selbstbestimmungsfähigkeit des Trägers schwer verletzt wird. Vielmehr ist das Gegenteil festzustellen. Einerseits eröffnet eine derartige Kommerzialisierung sowohl eine neue Möglichkeit der Selbstverwirklichung als auch eine neue Einnahmequelle in der modernen multimedialen Massenkultur114, was zur Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Grundlagen für Selbstbestimmung beitragen könnte. Andererseits wird der rechtliche Schutz der Selbstbestimmung durch die Anerkennung des Vermögenswerts der Identitätskennzeichen gestärkt, weil dadurch vermögensrechtliche Sanktionen gegen die unautorisierte Verwendung der Identitätsmerkmale eingesetzt werden können115. Die traditionellen Sanktionen gegen die Verletzung des Persönlichkeitsrechts, nämlich die negatorischen Ansprüche116 sowie der Schmerzensgeldanspruch117, sind trotz der Bekräftigungen durch die Rechtspre113

Vgl. ähnlich Peifer, S. 293 f. Vgl. Freitag, S. 49 f. 115 Vgl. Biene, S. 157; ähnlich i. E. BGH, Urt. v. 1. 12. 1999, BGHZ 143, 214, 224 f. – Marlene Dietrich: „Zum einen wird der Schutz der Persönlichkeit durch die Anerkennung eines eigenständig vererblichen vermögenswerten Bestandteils des Persönlichkeitsrechts, bei dessen Verletzung der Berechtigte eigene Abwehr- und Schadensersatzansprüche erlangen kann, eher gestärkt als geschwächt.“ 116 Z. B. Beseitigungsanspruch, Unterlassungsanspruch, Widerrufsanspruch und Anspruch auf Gegendarstellung usw.; vgl. dazu näher Lichtenstein, S. 176 ff.; Larenz/ Wolf, AT, § 8 Rn. 52 ff.; zur wichtigen Rolle dieser Ansprüche bei den pressespezifischen Persönlichkeitsrechtsverletzungen Gounalakis, AfP 1998, 10, 19 ff. 117 Eine der bedeutendsten richterlichen Rechtsfortbildungen auf dem Gebiet des Persönlichkeitsrechts seit der Herrenreiter-Entscheidung (BGH, Urt. v. 14. 2. 1958, BGHZ, 26, 349, 354 ff.); vgl. weiter BGH, Urt. v. 18. 3. 1959, BGHZ 30,7, 17 f. – Caterina Valente; BGH, Urt. v. 19. 9. 1961, BGHZ 35, 363, 366 ff. – Ginsengwurzeln; BGH, Urt. v. 5. 3. 1963, BGHZ 39, 124, 130 ff. – Fernsehansagerin; die Bestätigung dieser Rechtsfortbildung durch BVerfG, Beschl. v. 14. 2. 1973, BVerfGE 34, 269, 285 ff. – Soraya. 114

III. Menschenwürde als einschlägiger Maßstab

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chung118 nicht imstande, gegen die sog. kalkulierte Rechtsverletzung einen effektiven Schutz zu gewähren. Da sie sich nicht am Gewinn orientieren, den der Verletzer gerade durch die Verletzungshandlung erzielt hat, können sie insofern eine Schutzlücke aufweisen, als sich die Rechtsbrüche weiterhin lohnen. Um diese Mißstände zu beseitigen, ist es dringend erforderlich, mit Hilfe der Eingriffskondiktion119 oder der Ansprüche aus der Geschäftsanmaßung120 direkt in den Verletzergewinn einzugreifen. Die Anerkennung des Vermögenswerts der Identitätsmerkmale stellt eine notwendige Voraussetzung dafür dar. Mit dem letzten Kriterium der Objektformel ist in diesem Zusammenhang zu prüfen, ob die dem Menschen als Subjekt gebührende Achtung durch die Verknüpfung der menschlichen Identitätsmerkmale mit dem Geldwert zurückgedrängt wird. Da der Mensch als solcher sowie seine Bestandteile, die an seiner 118 Die schon seit der Ginsengwurzeln-Entscheidung angedeutete Abkopplung der Geldentschädigung für immaterielle Schäden bei der Verletzung des Persönlichkeitsrechts von dem konventionellen Schmerzensgeld (vgl. BGH, Urt. v. 19. 9. 1961, BGHZ 35, 363, 367 ff. – Ginsengwurzeln) ist in den sog. Caroline-von-Monaco-Entscheidungen ausdrücklich erfolgt, damit dieser Geldentschädigung sui generis eine neue Präventionsfunktion zugeschrieben werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 15. 11. 1994, NJW 1995, 861, 864 f. – Caroline von Monaco I; BGH, Urt. v. 5. 12. 1995, NJW 1996, 984, 985 – Caroline von Monaco II; neulich BGH, Urt. v. 5. 10. 2004, VersR 2005, 125, 126 f.; aber zu dogmatischen Unstimmigkeiten dieser Rechtsfortbildung vor allem Canaris, FS f. Deutsch, S. 85, 86 f.). Diese Verselbständigung der Geldentschädigung hatte eine drastische Erhöhung der Ersatzbeträge zur Folge (vgl. z. B. OLG Hamburg, Urt. v. 25. 7. 1996, NJW 1996, 2870, 2871 ff.). Inzwischen wurde diese Rechtsfortbildung durch das BVerfG bestätigt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8. 3. 2000, VersR 2000, 897, 898 f.) Neben dieser Rechtsfortbildung der Geldentschädigung hat der BGH in der Caroline-von-Monaco-I-Entscheidung auch anerkannt, daß der Widerruf grundsätzlich auf der Titelseite erfolgen muß, wenn die Veröffentlichung schon auf der Titelseite eine verletzende Wirkung entfaltet hat (vgl. BGH, Urt. v. 15. 11. 1994, NJW 1995, 861, 863). 119 Vgl. für Einsatz der Eingriffskondiktion gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 2. Alt. BGB gegen die sog. Zwangskommerzialisierung z. B. v. Caemmerer, FS f. v. Hippel, S. 27, 39 f.; Schlechtriem, FS f. Hefermehl, S. 445, 456 f.; Klippel, in: Entwicklung des Deliktsrechts, S. 13, 34; Poll, ZUM 1988, 454, 458; Magold, S. 461 ff.; Helle, RabelsZ 60 (1996), 448, 463 ff.; Seitz, NJW 1999, 1940, 1941; Canaris, FS f. Deutsch, S. 85, 87 ff.; Vollkommer, FS f. Leisner, S. 599, 604 ff.; Wagner, ZEuP 2000, 200, 224; Forkel, LM § 823 (Ah) BGB Nr. 132; Siemes, AcP 201 (2001), 202, 214 ff.; Taupitz, in: Rufausbeutung, S. 1, 44 ff.; Amelung, S. 337 ff.; Ahrens, S. 225 ff.; Bydlinski, AcP 204 (2004), 309, 345 f.; Larenz/Wolf, AT, § 8 Rn. 57; Lichtenstein, S. 201 f.; auch aus dem Immaterialgüterrechtsmodell Heitmann, S. 78 f.; Freitag, S. 66; Ullmann, AfP 1999, 209, 212 ff.; Beuthien/Schmölz, S. 39 ff.; siehe zur Rechtsprechung oben § 1 Fn. 19. 120 Vgl. für Einsatz des Gewinnherausgabeanspruchs aus der Geschäftsanmaßung gemäß §§ 687 Abs. 2, 681 S. 2, 667 BGB z. B. v. Caemmerer, FS f. v. Hippel, S. 27, 39 f.; Klippel, in: Entwicklung des Deliktsrechts, S. 13, 34; Vollkommer, FS f. Leisner, S. 599, 607 f.; Wagner, ZEuP 2000, 200, 227 f.; Siemes, AcP 201 (2001), 202, 214, 228 f.; v. Gerlach, VersR 2002, 917, 924 ff.; Larenz/Wolf, AT, § 8 Rn. 58; Lichtenstein, S. 215 f.; mit Einschränkungen Amelung, S. 322 f.; MüKo/Seiler, 4. Aufl., § 687 Rn. 20; auch aus dem Immaterialgüterrechtsmodell Beuthien/Schmölz, S. 51 ff.

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§ 3 Rechtliche Anerkennung

Würde teilhaben, einen besonderen Wert, der sich nicht als Geldwert ausdrükken läßt, haben, kann man eine solche Mißachtung durch die Kommerzialisierung an sich empfinden121, wenn man besonders die oben erwähnte Dichotomie von Würde und Preis berücksichtigt. Aber die strengste Dichotomie, in der sich Würde und Preis gänzlich gegenseitig ausschließen, kann in dieser ursprünglichen Form in der modernen kapitalistischen Gesellschaft, die ohnehin von zahllosen kommerzialisierten Beziehungen zwischen Menschen geprägt ist, keine Wirkung mehr erzielen. Sie sollte daher dahingehend umgedeutet werden, daß die Würde des Menschen nicht durch den Geldwert verdrängt und ersetzt werden soll. Die Ergänzung der Würde durch den Geldwert wird demgemäß nicht verboten. Diese Hinzufügung des Geldwerts als Zusatz ist manchmal sogar wünschenswert, wenn man bedenkt, daß auch das Recht häufig für den Vermögenswert noch stärkeren und effektiveren Schutz vorsieht als für den ideellen Wert122. Es wäre im Vergleich mit dem Vermögenswert besonders paradox, daß der höhere Wert der Würde zu einem geringeren Schutz zwingen würde123. Anzuerkennen ist deshalb, daß die an der Würde Teilhabenden unter Umständen ohne Verlust ihrer Würde den Vermögenswert zusätzlich haben können124. Die Verachtung der Würde kann dann nicht schon aus der bloßen Verquickung der Würde mit dem Preis, sondern erst aus der konkreten Gestaltung des Verhältnisses zwischen diesen beiden bei der Kommerzialisierung resultieren. Daraus ergibt sich, daß die Verbindung der Identitätsmerkmale mit dem Vermögenswert wenigstens insofern noch keine Verachtung des Eigenwerts des Menschen bedeutet, als diese Identitätskennzeichen, ungeachtet der Kommerzialisierung, ihren ursprünglichen Wert, der über den Preis weit hinausgeht, beibehalten125. Sie dürfen weder nur aus ihrem Vermögenswert heraus begriffen werden, noch darf sich ihr Wert im Marktwert erschöpfen. Es handelt sich aber hierbei nicht um eine reine Erkenntnis, sondern um die praktische Aufgabe, die sich bei der rechtlichen Gestaltung der Kommerzialisierung stets stellt. Das Ar121 Vgl. in diesem Zusammenhang BVerfG, Beschl. v. 12. 11. 1997, BVerfGE 96, 375, 400: „Eine Verletzung des Achtungsanspruchs kann nicht nur in der Erniedrigung, Brandmarkung, Verfolgung oder Ächtung von Personen, sondern auch in der Kommerzialisierung menschlichen Daseins liegen.“ 122 Stellvertretend dafür steht das deutsche BGB, das mit seinem § 253 immaterielle Schäden benachteiligt. Es wundert daher nicht, daß im Bereich des Schadensersatzes der sog. Kommerzialisierungsgedanke vertreten wird (vgl. näher zu diesem Kommerzialisierungsgedanken, Medicus, JZ 2006, 805, 806 ff.). Außerdem wurde oben festgestellt, daß der Persönlichkeitsschutz durch die Anerkennung des Vermögenswerts der Identitätsmerkmale gestärkt werden kann. 123 Vgl. Lichtenstein, S. 89. 124 Vgl. Munzer, in: Property Rights, S. 259, 284: „Still, it is logically possible for an entity to have both a dignity-value and a market-value.“; ähnlich Freitag, S. 50: „Es ist jedoch nicht grundsätzlich verfassungswidrig oder ethisch verwerflich, Vermögens- und Persönlichkeitsinteressen zusammenzubringen.“ 125 Vgl. ähnlich Lichtenstein, S. 97, 99 f.

IV. Zwischenergebnis

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beitsrecht, das sich darum bemüht, die menschliche Arbeitskraft nicht zu entwürdigen, bietet dafür ein gutes Vorbild. Unter diesem Aspekt kann bereits konstatiert werden, daß das dualistische Modell, das hinsichtlich der rechtlichen Erfassung der Kommerzialisierung der Identitätsmerkmale von manchen vertreten wird126, sehr fragwürdig ist. Denn es strebt an, ideelle und materielle Interessen, die gleichzeitig den Identitätsmerkmalen anhaften, möglichst klar von einander zu trennen. Für diese beiden Interessen benötigt es weiter zwei verschiedenartige Rechte. Während eins davon nur den ideellen Wert der Identitätsmerkmale schützt, erfaßt das andere einzig ihren Vermögenswert. Gerade das letztere Recht erzeugt große Sorgen hinsichtlich der in den Identitätskennzeichen enthaltenen Menschenwürde. Solche Sorgen häufen sich noch, wenn sich das dualistische Modell und das Immaterialgüterrechtsmodell miteinander verbinden, weil eine solche Tendenz letzten Endes die vollständige Entpersönlichung der Identitätskennzeichen mit sich bringt127.

IV. Zwischenergebnis Nach dem allgemeinen „corruption“-Argument ist die verfassungsrechtliche Garantie der Menschenwürde als einschlägiger Maßstab für die Wertungsfrage anzusehen, ob die Verbindung der menschlichen Identitätsmerkmale mit dem Vermögenswert zulässig ist. Der schlichte Hinweis auf Art. 14 GG oder §§ 134, 138 BGB greift in dieser wichtigen Frage zu kurz. Der Inhalt der Menschenwürdegarantie kann mit Hilfe der Objektformel annähernd richtig ermittelt werden. Dabei sollte der Streit zwischen dem objektiven und subjektiven Verständnis der Menschenwürde durch eine vermittelnde Auffassung, die die Menschenwürde als kulturelle und rechtliche Infrastruktur betrachtet, beigelegt werden. Es ist festzustellen, daß die Anerkennung des Vermögenswerts der Identitätsmerkmale als solche nicht menschenwürdewidrig ist, weil sie sich nur auf die äußere Identität bezieht, weil sie zum effektiven Schutz der Selbstbestimmung beiträgt und weil sie an sich keine mangelnde Achtung des Eigenwerts des Menschen bedeutet. Vielmehr muß sich das Recht bei der Erfassung dieser neueren Erscheinungen darum bemühen, die in den Identitätsmerkmalen enthaltene Menschenwürde nicht durch den Marktwert verdrängt zu sehen. In Zweifel zu ziehen sind insoweit das dualistische Modell und das Immaterialgüterrechtsmodell, weil sie gemeinsam eine Tendenz zur Entpersönlichung der Identitätsmerkmale in sich tragen.

126 127

Siehe näher dazu unten § 5 I. Siehe näher dazu unten § 5 II. 2. b).

§ 4 Begründung der individuellen Zuweisung des an den Identitätsmerkmalen entstandenen Vermögenswerts I. Problemstellung Wenn ein Vermögenswert an den menschlichen Identitätsmerkmalen aus den bisherigen Überlegungen sowohl tatsächlich als auch rechtlich ohne Zweifel anerkannt werden kann, stellt sich anschließend die Frage, wem dieser Vermögenswert zukommen soll. Oben wurde bereits angedeutet, daß der Vermögenswert der Identitätsmerkmale grundsätzlich deren Träger zugewiesen werden sollte, weil seine Entstehung letztlich auf die künstliche Verknappung der Identitätsmerkmale kraft des Persönlichkeitsrechts, das gerade die rechtlich gesicherte Zuweisung der Identitätsmerkmale zu ihrem Träger vornimmt, zurückzuführen ist1. Angesichts dieser Gleichzeitigkeit des persönlichkeitsrechtlichen Schutzes und des Verwertungspotentials liegt es also sehr nahe, daß die Zuweisung der Identitätsattribute durch das Persönlichkeitsrecht auch die Zuweisung deren Vermögenswerts umfaßt2. Ferner setzt die oben zur Rechtfertigung der Verbindung der Identitätsmerkmale mit dem Vermögenswert pointierte Verstärkung der Selbstbestimmung3 stillschweigend eine derartige Zuweisung des Vermögenswerts voraus, die bei der Zwangskommerzialisierung vermögensrechtliche Sanktionen zugunsten des Trägers der Identitätsmerkmale auslösen kann. Darüber hinaus entspricht diese Zuweisungsrichtung in der Tat der eingebürgerten Praxis der Vermarktung der Identitätskennzeichen, was sich schon an enormen Honoraren oder Lizenzgebühren, die die meisten Prominenten dabei einnehmen, erkennen läßt. All dies kann den Anschein erwecken, daß eine weitere Beschäftigung mit der Frage der Zuweisungsrichtung überflüssig wäre. Dieser Anschein wird noch stärker, wenn man die Entscheidungen der Gerichte näher untersucht, die ohne besondere Auseinandersetzung mit dieser Frage bedenkenlos davon ausgehen, daß der wirtschaftliche Wert der Identitätsmerkmale grundsätzlich dem Vermögen des betroffenen Trägers zuzurechnen ist4. Ebenfalls läßt die wissenschaftli1

Siehe oben § 2 II. 2. b) bb). Vgl. Büchler, AcP 206 (2006), 300, 317. 3 Siehe oben § 3 III. 2. 4 Z. B. BGH, Urt. v. 8. 5. 1956, BGHZ 20, 345, 353 ff. – Paul Dahlke; BGH, Urt. v. 20. 2. 1968, BGHZ 49, 288, 294 – Ligaspieler; BGH, Urt. v. 26. 6. 1979, NJW 1979, 2

I. Problemstellung

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che Literatur diese Frage beiseite, oder, wenn überhaupt, geht mit ihr so oberflächlich um, daß sie sich dabei lediglich mit dem Hinweis auf die Eigentumsgarantie in Art. 14 Abs. 1 GG5, mit der rein formellen rechtsdogmatischen Erwägung6, oder mit der kurzen Darstellung der in den USA für das right of publicity vertretenen Argumente7 begnügt. Solche vordergründige Behandlung wird jedoch der rechts- bzw. sozialpolitisch weitreichenden Bedeutung der hier involvierten Monopolisierung des wirtschaftlichen Nutzens aus der Verwertung der Identitätsmerkmale kaum gerecht8. Insbesondere in Anbetracht der kulturellen Rolle der Identitätsmerkmale von Prominenten im Kontext des Starkults sowie des kollektiven Mechanismus der Entstehung von Images und Prominenz, die für die Höhe des Vermögenswerts der Identitätsmerkmale entscheidend sind, versteht sich die ausschließliche Zuordnung des wirtschaftlichen Nutzens zum Träger der betroffenen Identitätsmerkmale nicht ohne weiteres9. Um eine solche, häufig mit einer beträchtlichen Geldsumme verbundene Monopolstellung durch die richterliche Rechtsfortbildung zu begründen und ihren Bestand trotz der fehlenden gesetzlichen Bestimmungen zu sichern, bedarf es mithin einer substantiellen Legitimierung der in2205, 2206 – Fußballtor; BGH, Urt. v. 26. 6. 1981, BGHZ 81, 75, 81 f. – Carrera; BGH, Urt. v. 14. 10. 1986, JZ 1987, 158, 158 f. – NENA; BGH, Urt. v. 14. 4. 1992, NJW 1992, 2084, 2085 – Joachim Fuchsberger; BGH, Urt. v. 1. 12. 1999, BGHZ 143, 214, 219 f. – Marlene Dietrich; BVerfG, Beschl. v. 22. 8. 2006, NJW 2006, 3409, 3410 – Marlene Dietrich. Eine Ausnahme davon bildet BGH, Urt. v. 6. 2. 1979, NJW 1979, 2203, 2205 – Franz Beckenbauer: „Im Streitfall kann es sich nur darum handeln, ob dem Bekl. auf diesem Weg eine Vergütung für die Veröffentlichung seines Bildnisses gesichert werden muß. Solche Verwertungsbefugnisse gewährt ihm das Gesetz nicht. . . . Ob und inwieweit die wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen seit Schaffung des Kunsturhebergesetzes im Jahre 1907 Anlaß geben, dem Abgebildeten Leistungsschutzrechte zuzubilligen, muß der Gesetzgeber entscheiden.“ 5 Vgl. Freitag, S. 50 ff.; Biene, S. 20 ff.; Lichtenstein, S. 95 ff. 6 Vgl. Beuthien/Schmölz, S. 26 ff.; Ahrens, S. 227 ff. 7 Vgl. Magold, S. 465 f., 202 ff.; Götting, S. 204 ff.; Biene, S. 143 ff.; hingegen setzt sich Seemann, S. 242 ff. gründlich mit diesen Argumenten auseinander. 8 Es handelt sich hier im Grunde um eine gesellschaftliche Grundentscheidung darüber, wem was gehört. Bekanntlich haben sich um diese Frage zwei grundlegende, unterschiedliche Konzeptionen in der Geschichte herausgebildet, nämlich die individualistische und die sozialistische Eigentumstheorie, zwischen denen einmal ein blutiger ideologischer Kampf stattfand (vgl. näher zu diesen Theorien Richter/Furubotn, S. 87 ff.). Auch die Frage, ob Prominenten die ausschließliche Verfügungsbefugnis über den Vermögenswert ihrer Identitätsattribute zukommen soll, kann nicht ganz frei von dieser megatheoretischen Kontroverse, die noch nicht aufgehört hat, beantwortet werden; vgl. dazu Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 238–239 (1993): „. . . the decision whether or not to recognize a property right in a celebrity’s publicity value involves a choice between two fundamentally different conceptions of fame, and of the relation of famous persons to society. It is a choice between a market-oriented, instrumental, individualistic conception on the one hand, and an older, more communitarian conception on the other“; auch Davies/Naffine, S. 134. 9 Vgl. die unten (§ 4 II.) erörterten Zweifel daran.

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§ 4 Begründung der individuellen Zuweisung

dividuellen Zuweisung, die über die normlogische Folgerung aus der Ausschließlichkeitsbefugnis des Persönlichkeitsrechts, die bloße Erwartung der gestärkten Selbstbestimmung oder die Ableitung aus den faktischen Gegebenheiten weit hinausgeht10. Dabei hilft die Eigentumsgarantie in Art. 14 Abs. 1 GG wenig, weil diese verfassungsrechtliche Institutsgarantie selbst keine Zuweisung vornimmt11. Sie setzt vielmehr eine einfachrechtliche Zuweisung voraus12. Ebensowenig sinnvoll ist die unkritische Heranziehung der in den USA für und gegen das right of publicity behaupteten Argumente13. Auch wenn die dortigen Auseinandersetzungen für die hiesige Rechtsfortbildung bestimmt sehr aufschlußreich sein können, müssen sie immer im Zusammenhang mit dem hier geltenden Rechtssystem sorgfältig erwogen werden. Dadurch können manche Argumente als nicht sachgemäß entlarvt werden und manche einen anderen Stellenwert bekommen. Die amerikanische Diskussion ist daher dem deutschen Kontext anzupassen und stets neu zu bewerten. Mit diesem Problembewußtsein wird im folgenden versucht, die exklusive Zuweisung des Vermögenswerts der Identitätsmerkmale zu deren Träger rechtspolitisch zu rechtfertigen. Zunächst sind einige fundamentale Einwände gegen ein solches Monopol in kritische Betrachtung zu ziehen, um dann darauf aufbauend positive Begründungen dafür vorbringen zu können.

II. Einwände gegen die individuelle Zuweisung Der Hauptzweck der Einwände liegt nicht darin, diese ausschließliche Zuweisung zu dem Träger der Identitätsmerkmale entschieden zurückzuweisen, sondern darin, dem blinden Glauben an ihre Legitimität entgegenzutreten. Zu beachten ist daher, daß selbst die Hauptvertreter der Einwände im Ergebnis die

10 Vgl. Coombe, 10 Cardozo Arts & Ent. L. J. 365, 368–369 (1992): „. . . the decision to allocate particular property rights is a prior question of social policy that requires philosophical and moral deliberations and a consideration of social costs and benefits.“ 11 Vgl. Ahrens, S. 94, 161 f. 12 Unter den verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz fallen grundsätzlich alle privatrechtlichen vermögenswerten Rechte, „die dem Berechtigten von der Rechtsordnung in der Weise zugeordnet sind, daß er die damit verbundenen Befugnisse nach eigenverantwortlicher Entscheidung zu seinem privaten Nutzen ausüben darf“ (BVerfG, Beschl. v. 9. 1. 1991, BVerfGE 83, 201, 209); vgl. auch bezüglich der öffentlich-rechtlichen Rechtsposition BVerfG, Urt. v. 16. 7. 1985, BVerfGE 69, 272, 300: „Voraussetzung für einen Eigentumsschutz sozialversicherungsrechtlicher Positionen ist eine vermögenswerte Rechtsposition, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet ist.“ 13 Vgl. zur ausführlichen Analyse dieser Argumente Goodenough, [1997] I.P.Q.: No. 1, 37, 57–62; Beverley-Smith, S. 287 ff.; Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 178–238 (1993).

II. Einwände gegen die individuelle Zuweisung

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individuelle Zuweisung anerkennen14. Aus der Auseinandersetzung mit ihnen können aber wichtige Aspekte sowohl für die Rechtfertigung dieser Zuweisung als auch für ihre Grenze herausgearbeitet werden. 1. Fehlende Leistung Bedenken gegenüber der exklusiven Zuweisung des Vermögenswerts der Identitätsmerkmale zu deren Träger ergeben sich zuerst von dem Standpunkt aus gesehen, daß der Vermögenswert nicht durch die Leistung des Trägers geschaffen worden ist. Da sich diese Anzweiflung von vornherein gezielt gegen die Begründung einer solchen individuellen Zuordnung mit der Leistung des betroffenen Identitätsmerkmalsträgers richtet, ist es zweckmäßig, zuvor einen Blick auf einen solchen Rechtfertigungsversuch zu werfen. a) Leistungsargument Eine weit verbreitete und meist mit fester Überzeugung vertretene Ansicht leitet die Legitimität der individuellen Zuordnung des aus der kommerziellen Verwertung der Identitätsmerkmale gezogenen Nutzens zu deren Träger daraus ab, daß die wirtschaftliche Verwertungstauglichkeit der Identitätsmerkmale gerade das Ergebnis der persönlichen Leistung des betroffenen Trägers ist15. Sie geht von der Grundannahme aus, daß wer mit eigener Mühe und Investition an Zeit und Kapital Prominenz bzw. Images aufgebaut und somit für die Vermarktungsfähigkeit der Identitätskennzeichen gesorgt habe, auch ein legitimes Recht auf die Früchte dieser Bemühungen haben sollte16. Ebenso wie ein Tischler un14

Vgl. Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 239–240 (1993); Seemann, S. 264. Diese Argumentation ist auf beiden Seiten des Atlantiks häufig zu hören; vgl. Nimmer, 19 Law & Cont. Probs. 203, 216 (1954); McCarthy, The Rights of Publicity and Privacy (2nd edn), New York, 2001, § 2, zitiert nach Beverley-Smith, S. 293 f.; Davies/Naffine, S. 137 ff.; Poll, ZUM 1988, 454, 458; Ropski/Kurer, SMI 1990, 279, 291; Freitag, S. 53 ff. bezüglich der ausübenden Künstler; Bächli, S. 157 f.; Weber, FS f. Kramer, S. 411, 426; Biene, S. 21 f.; wohl auch Götting, S. 207; Ahrens, S. 228 ff. Während die amerikanischen Gerichte eher zurückhaltend von dieser Argumentation Gebrauch machen, kommt sie in der deutschen Rechtsprechung wiederholt zum Ausdruck; vgl. Uhlaender v. Henricksen, 316 F. Supp. 1277, 1282 (D. Minn. 1970); BGH, Urt. v. 20. 2. 1968, BGHZ 49, 288, 294 – Ligaspieler; OLG Hamburg, Beschl. v. 8. 5. 1989, NJW 1990, 1995, 1995 – Heinz Erhardt; BGH, Urt. v. 1. 12. 1999, BGHZ 143, 214, 219, 224 – Marlene Dietrich; BVerfG, Beschl. v. 22. 8. 2006, NJW 2006, 3409, 3410 – Marlene Dietrich. 16 Vgl. dazu Nimmer, 19 Law & Cont. Probs. 203, 216 (1954): „It would seem to be a first principle of Anglo-American jurisprudence, an axiom of the most fundamental nature, that every person is entitled to the fruit of his labors unless there are important countervailing public policy considerations. Yet, . . ., persons who have long and laboriously nurtured the fruit of publicity values may be deprived of them, unless judicial recognition is given to what is here referred to as the right of publicity.“; auch 15

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§ 4 Begründung der individuellen Zuweisung

streitig das Eigentum an dem von ihm hergestellten Stuhl erwerbe, müsse auch dem Identitätsmerkmalsträger, der mit Fleiß und Hingabe die Vermarktbarkeit seiner Identitätsmerkmale kultiviert hat, ein wirtschaftliches Monopolrecht an seinem Vermögenswert zukommen17. Diesem Argument liegt offenbar die naturrechtliche Eigentumstheorie von John Locke zugrunde18, wonach das private Eigentum dadurch begründet wird, daß der Mensch die eigentlich ihm gehörende Arbeit mit den in der Außenwelt vorhandenen Ressourcen vermischt19. Um dementsprechend ein naturrechtlich legitimiertes Eigentum an den Identitätsmerkmalen zu kreieren, hält diese Ansicht naturgemäß strikt daran fest, daß die Vermarktungsmöglichkeit der Identitätsattribute im Grunde auf der geistigen und körperlichen Leistung ihres Trägers beruht, die meistens einen erheblichen zeitlichen und finanziellen Aufwand erfordert20. Sie betrachten die von Prominenz bzw. Images geprägten Identitätskennzeichen also als eigene Produkte ihres Trägers. Sie stellen dabei nicht auf den Leistungsumfang des Trägers ab21, sondern bloß auf das ursächliche Verhältnis zwischen seinen Tätigkeiten und der Vermarktungsmöglichkeit seiner

nach dem BGH (Urt. v. 20. 2. 1968, BGHZ 49, 288, 294 – Ligaspieler) sei es „kein unangemessenes Verlangen“, daß an dem aus der Bildnisverwertung gezogenen Ertrag „auch diejenigen beteiligt werden, die durch ihre Leistungen die Voraussetzungen geschaffen haben, daß die Bildnisse gekauft, getauscht und in Sammelalben eingeklebt werden.“ 17 Vgl. zur Gleichstellung der Herstellung einer Berühmtheit mit der eines Stuhls Ropski/Kurer, SMI 1990, 279, 291. 18 Vgl. näher zu diesem Zusammenhang Davies/Naffine, S. 134 ff.; Beverley-Smith, S. 291 ff. 19 Diese Eigentumstheorie ist in den folgenden wohlbekannten Sätzen gut erkennbar ausgedrückt: „Obwohl die Erde und alle niederen Lebewesen allen Menschen gemeinsam gehören, so hat doch jeder Mensch ein Eigentum an seiner eigenen Person. Auf diese hat niemand ein Recht als nur er allein. Die Arbeit seines Körpers und das Werk seiner Hände sind, so können wir sagen, im eigentlichen Sinne sein Eigentum. Was immer er also dem Zustand entrückt, den die Natur vorgesehen und in dem sie es belassen hat, hat er mit seiner Arbeit gemischt und ihm etwas eigenes hinzugefügt. Er hat es somit zu seinem Eigentum gemacht. Da er es dem gemeinsamen Zustand, in den es die Natur gesetzt hat, entzogen hat, ist ihm durch seine Arbeit etwas hinzugefügt worden, was das gemeinsame Recht der anderen Menschen ausschließt. Denn da diese Arbeit das unbestreitbare Eigentum des Arbeiters ist, kann niemand außer ihm ein Recht auf etwas haben, was einmal mit seiner Arbeit verbunden ist. Zumindest nicht dort, wo genug und ebenso gutes den anderen gemeinsam verbleibt.“ (Locke, Zwei Abhandlungen, Zweite, 5. Kapital, § 27). 20 Vgl. statt aller Uhlaender v. Henricksen, 316 F. Supp. 1277, 1282 (D. Minn. 1970): „A celebrity must be considered to have invested his years of practice and competition in a public personality which eventually may reach marketable status. That identity, embodied in his name, likeness, statistics, and other personal characteristics, is the fruit of his labors and is a type of property.“ 21 Vgl. aber Freitag, S. 53, 55, der von einem bestimmten Leistungsminimum ausgeht.

II. Einwände gegen die individuelle Zuweisung

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Identitätsmerkmale 22, so daß es nicht darauf ankommt, ob er alleine oder mit Hilfe fremder Hände23, einschließlich des Zufalls, Voraussetzungen für die Vermarktung seiner Identitätsmerkmale geschaffen hat bzw. ob er bereits jahrelang die entscheidende Leistung erbracht hat24 oder erst im Moment der Verwertung erbringt25. b) Kritik am Leistungsargument Gerade diese Prämisse, daß ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Verwertbarkeit der Identitätsmerkmale und der Leistung des Trägers besteht, ist indessen mittlerweile ins Kreuzfeuer der Kritik geraten26, und mithin wurde auch die Legitimität der individuellen Zuweisung des Vermögenswerts der Identitätsmerkmale zu deren Träger im selben Atemzug in Zweifel gezogen. Einen wichtigen Ansatzpunkt dieser Kritik bietet schon die Tatsache, daß es derzeit viele Promiente gibt, deren Popularität nicht auf ihrer Leistung basieren27. Unterstützt von den grenzenlosen Streuungskräften der Massenmedien hat die moderne Unterhaltungsindustrie Prominente in Serie produziert und dabei den ursprünglichen Zusammenhang zwischen Leistung und Prominenz annulliert28. Ohne besonderen Erfolg oder außerordentliche Leistung kann man heute mit bloßem Glück, mit einem besonders schweren Schicksalsschlag, mit einem aufsehenerregenden Skandal oder sogar mit einem spektakulären Verbrechen berühmt werden und für einen kommerziellen Zweck geeignete Images erhalten. Nur in seltenen Fällen knüpft die Verwertbarkeit der Identitätsattribute unmittelbar an die Leistung des Trägers an, wie bei großen Sportlern, Musikern usw. Aber selbst in diesem Fall zielt die von ihm erbrachte Leistung eigentlich nicht 22

Vgl. Davies/Naffine, S. 138; Bächli, S. 157; Ahrens, S. 233 Fn. 342. Vgl. näher zur in der Unterhaltungsindustrie üblichen Zusammenarbeit für die Schaffung der Marktfähigkeit der Identitätsmerkmale Davies/Naffine, S. 137 f.; Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 191–192 (1993); Coombe, 10 Cardozo Arts & Ent. L. J. 365, 369 (1992). 24 Vgl. näher zu den jahrelangen planmäßigen Bemühungen des Identitätsmerkmalsträgers Freitag, S. 54 f., der in diesem Zusammenhang von einer geronnenen Leistung spricht; auch Biene, S. 22. 25 Vgl. Ahrens, S. 233 Fn. 342 will auch bestimmte Posen eines Fotomodells beim Ablichten als zu würdigende Leistung qualifizieren. 26 Vgl. Coombe, 10 Cardozo Arts & Ent. L. J. 365, 369: „Such claims, however, rhetorically persuasive, are rarely supported by any empirical data.“; Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 182 (1993): „Once we appreciate what else is involved, a labor-based moral argument for the right of publicity loses much of its initial appeal.“; Weiler, 13 Cardozo Arts & Ent. L. J. 223, 241 (1994): „. . ., it is at best oversimplistic, and at worst, inaccurate.“; Seemann, S. 24: „Diese These wird zwar immer wieder vorgetragen, sie ist aber falsch.“; Beverley-Smith, S. 296: „Indeed, the labour theory is a rather weak attempt at justifying property rights in personality.“ 27 Vgl. Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 179 (1993); Weiler, 13 Cardozo Arts & Ent. L. J. 223, 241 (1994). 28 Vgl. dazu ausführlich Seemann, 48 ff. 23

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§ 4 Begründung der individuellen Zuweisung

auf die Erhöhung des Publizitätswerts seiner Identitätsmerkmale, sondern auf einen bestimmten Erfolg im eigenen Tätigkeitsbereich29. Sportler trainieren hart z. B. für den Sieg im Wettkampf, Musiker für die Perfektion ihrer Darbietung. Meistens werden sie dafür durch Gage, Preise oder Ansehen belohnt. Die Frage, ob ihnen darüber hinaus Erträge aus der Vermarktung ihrer Identitätsmerkmale zukommen sollen, kann aber nicht mehr mit der Leistungstheorie beantwortet werden, weil dieser wirtschaftliche Nutzen außerhalb des einzelnen Leistungszwecks liegt. Zwar ist hier eine gewisse Kausalität zwischen der Leistung des Trägers und der kommerziellen Verwertbarkeit seiner Identitätsmerkmale zu sehen, dieser Leistungsbeitrag des Trägers aber kann nicht zur formelhaften Anwendung der Leistungstheorie führen, weil das Wort Leistung bei derartigem Leistungsbeitrag wohl im Sinne von ,Lebensleistung‘ zu verstehen ist, die vom Begriff der Leistung von Locke, die Eigentum naturrechtlich zu begründen vermag, nicht gedeckt wird30. Mit dieser Feststellung bemüht sich die Kritik weiter darum, den wahren Mechanismus der Entstehung des Publizitätswerts von Identitätsmerkmalen zu enthüllen31. Woher kommen dann die Prominenz bzw. Images, wenn sie nicht aus der Leistung des einzelnen Trägers resultieren? Die Antwort beginnt mit dem Hinweis auf den Beziehungscharakter der Popularität, den das Leistungsargument übersehen hat. Die Prominenz bzw. Images eines Prominenten könnten nicht von diesem auf die gleiche Weise produziert werden, wie ein Tischler einen Stuhl herstellt32. Im Gegensatz zum Tischler, der alleine aus eigenem Holz seinen Stuhl machen kann, könne er nicht ohne jedwede Beziehung zu anderen sich selbst berühmt und beliebt machen33. Unentbehrlich sei dafür die Beteiligung des Publikums34. Denn der Aufbau von Prominenz bzw. Images sei erst im kommunikativen Zusammenhang mit Interessen und Bedürfnissen des 29

Vgl. Beverley-Smith, S. 294. Vgl. Beverley-Smith, S. 294 f.: „If such arguments are seriously intended to establish that a property right in a person’s image is a natural right, based on that person’s labour, then they result from a confusion of the different senses in which the word ,labour‘ is used. . . . For example, in one sense the word ,work‘ is used to describe the actual process of labouring. In a second sense, it is used to describe a particular task or tasks, for example ,the twelve labours of Hercules‘. In a third sense, ,work‘ is used to denote a person’s achievements, in the case, for example, of a person’s ,life’s work‘ or ,life’s labour‘. Yet, a natural rights theory such as Locke’s logically supports a claim only for a property right based on labour in the first two senses of the word noted above. . . . In most cases, fame – and the opportunities for its exploitation – does not derive directly from the actual process of labouring or from the performance of particular tasks. . . . The labour theory cannot support a claim for a property right in something as general as a person’s achievements, fame or ,life’s labour‘.“ 31 Vgl. ausführlich dazu Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 184–196 (1993); Seemann, S. 20 ff., 48 ff., 246 ff. 32 Vgl. Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 184, 195 (1993). 33 Vgl. Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 188 (1993); Seemann, S. 247. 34 Vgl. Weiler, 13 Cardozo Arts & Ent. L. J. 223, 241 (1994); Peifer, S. 310. 30

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Publikums denkbar35. Nach dieser Ansicht spielen dabei die Massenmedien eine entscheidende Rolle, indem sie sowohl wechselhafte Bedürfnisse und Interessen des Publikums ständig ermitteln als auch gerade mit diesen korrespondierende Stars produzieren und einsetzen36. Nachdem sie durch die hochentwickelte Reproduktions- und Verbreitungstechnik dazu fähig geworden seien, massenhafte Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu erregen und diese abzulenken, üben sie tatsächlich die Macht aus, für ihren eigenen Zweck bestimmte Personen mit Prominenz und Idealen zu adeln, und zwar von ihrer Begabung sowie Leistung gänzlich unabhängig37. Die von den Medien glorifizierten Superstars gehören keineswegs zu den talentiertesten Schauspielern, Sängern, Sportlern usw.38 Unverkennbar sei hier eine Dominanz der Zufälligkeit, die aus der zufälligen Übereinstimmung von launenhaften Publikumsinteressen, Absatzstrategien der Massenmedien, individuellen Charakteristika der betroffenen Person usw. bestehe39. Aus dieser Perspektive bedeutet die Leistung also nicht mehr als ein irrelevanter Bestandteil der individuellen Charakteristika der Person40, die wiederum nur ein Element der Popularität sind. Es scheint danach völlig verkehrt, die Leistung des einzelnen Trägers als Zuweisungsgrund des Vermögenswerts der Identitätsmerkmale anzugeben. c) Bewertung Die Kritik am Leistungsargument ist an sich zutreffend. Das Leistungsargument überbetont den Leistungsbeitrag des Identitätsmerkmalsträgers für seinen Publizitätswert, indem es andere, wesentlichere Einflußfaktoren aus dem sozialen sowie kulturellen Umfeld ausblendet. Diese einseitige Auffassung vermag daher nicht, die Zuweisung des Publizitätswerts zu denjenigen, die ohne eigene Leistung berühmt geworden sind, wie Hochwohlgeborener, Unfallopfer, Verbrecher usw., zu begründen41. Auch wenn der Leistungsbegriff bis zum bloßen Tä35 Vgl. Seemann, S. 24: „. . . Berühmtheit ist primär ein durch die Bedürfnisse, Interessen und Zwecke des Publikums konditioniertes soziales Konstrukt.“ und S. 246: „Auch was eine prominente Persönlichkeit jeweils ,bedeutet‘, welche nutzbaren Symbolwerte ihr Image transportiert, ist hauptsächlich das Ergebnis eines kommunikativen Prozesses, der sich zwischen Publikum und Medien abspielt.“ 36 Vgl. Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 189–190 (1993). 37 Vgl. Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 190–191 (1993); Seemann, S. 48 ff.; Weiler, 13 Cardozo Arts & Ent. L. J. 223, 242 (1994): „The sad truth about fame is that it may bear no relationship to one’s talents or accomplishments.“ 38 Vgl. Seemann, S. 50. 39 Vgl. Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 188–189 (1993). 40 Vgl. Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 195 (1993). 41 Siehe Freitag, S. 55, der konsequenterweise denjenigen, die ohne ernsthafte Leistung aufgrund einmaliger Umstände über Nacht berühmt geworden sind, die rechtliche Sicherstellung der Verdienstmöglichkeiten aus der Vermarktung ihrer Identitätskennzeichen verweigert.

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tigkeitsbezug erweitert wird42, bleibt die Zuordnung des Vermögenswerts zu denjenigen völlig unerklärlich, die unbemerkt abgelichtet und erst dank dieser Aufnahme berühmt wurden43. Ferner hat die unleugbare Tatsache, daß die heutige massenmediale Prominenz größtenteils auf schlichtem Zufall oder Glück beruht44, dem Leistungsargument engültig den Boden entzogen. Sofern die Popularität direkt auf die besondere Leistung desjenigen, dessen Identitätsmerkmale verwertet werden, zurückzuführen ist, kann das Leistungsargument zwar noch eine gewisse Geltung beanspruchen, wenn man einmal von dem Einwand absieht, daß das zu der ursprünglichen Konzeption von Locke nicht mehr paßt45. Auch mit solcher Sympathie kann es aber nicht den alleinigen Anspruch des Identitätsmerkmalsträgers auf den vollen Umfang des Publizitätswerts begründen, weil dieser wirtschaftliche Wert, wie schon gesehen, ein durch vielfältige Faktoren bedingtes Ergebnis ist und seine Leistung allenfalls nur einen davon darstellt46. Die Funktion der Kritik am Leistungsargument muß sich aber in der Entkräftung dieses gängigen Arguments erschöpfen. Versucht sie darüber hinaus, die individuelle Zuweisung des Vermögenswerts der Identitätsmerkmale allgemein in Zweifel zu stellen, dann macht sie den gleichen Fehler wie die Leistungstheorie, der in der Annahme liegt, daß jede vermögensrechtliche Zuweisung ausschließlich auf der eigenen Leistung des Rechtsinhabers beruhen muß. Auch wenn man die lang andauernde philosophische Diskussion um die Frage, ob die Leistung oder Arbeit einer Person wirklich diese dazu berechtigen kann, ein Eigentum oder ähnliches Recht am Leistungs- oder Arbeitsergebnis zu erwerben47, beiseite läßt, paßt dieser Gedanke nicht mehr für die moderne, arbeitsteilige Gesellschaft48. In welchem Maße eine bestimmte Person mit ihrer Arbeit zu einer Produktion beigetragen hat, ist heute kaum feststellbar. In der hoch ent42 Vgl. zu einem solchen charakterlos weiten Leistungsbegriff Ahrens, S, 233 Fn. 342. 43 So ähnlich Lichtenstein, S. 98 f. 44 Vgl. zur ökonomischen Erklärung dieses Phänomens Adler, 75 The American Economic Review 208, 208–212 (1985), dessen Ansatz sich in den folgenden Sätzen gut ausdrückt: „To reemphasize, the star need not possess greater talent. Stardom is a market device to economize on learning costs in activities where ,the more you know the more you enjoy.‘ Thus Stardom may be independent of the existence of a hierarchy of talent.“ (S. 208 f.); „If everybody could be, who would be the star? My answer would be: luck would determine.“ (S. 211). 45 Siehe zu diesem Einwand oben Fn. 30. 46 Vgl. dazu Coombe, 10 Cardozo Arts & Ent. L. J. 365, 369, 373 (1992). 47 Vgl. dazu Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 183–184 (1993); Magold, S. 204 f.; Gold, S. 50, 56 ff.; Beverley-Smith, S. 293: „. . . should mixing one’s labour with an unowned object entitle a person to that object? Or rather is it merely a means of losing one’s labour?“ 48 Siehe Beverley-Smith, S. 291; auch Braun, S. 152, der sich nicht auf die Leistungstheorie von Locke, sondern auf die ähnliche Theorie von Christian Wolff bezieht.

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wickelten kapitalistischen Gesellschaft, in der das Finanzkapital auf der Suche nach Gewinn rührig herumläuft und jede Produktion gänzlich von der Kapitalinvestition abhängt, mutet es eher anachronistisch an, nur mit eigener Leistung erworbene Vermögensrechte als verdient anerkennen zu wollen. Außerdem knüpft weder verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie noch privatrechtliche Güterzuordnung an die Leistung des Rechtsinhabers beim Erwerb von Vermögensrechten, so daß ihr Schutz ohne weiteres durch Erbschaft, Schenkung, Lotteriegewinn oder Fund zugefallene Vermögenspositionen umfaßt49. Die fehlende Leistung steht somit im Prinzip nicht der Zuweisung einer vermögensrechtlichen Befugnis entgegen50. Ebenso wie das Leistungsargument für die individuelle Zuweisung des an den Identitätsmerkmalen entstandenen Vermögenswerts nicht triftig ist, ist die an sich überzeugende Kritik am Leistungsargument für die Verweigerung der individuellen Zuweisung nicht durchschlagend. Hinsichtlich des eventuellen Anrechts auf die wirtschaftlichen Nutzen aus der Popularität stehen also z. B. Angehörige der königlichen Familie oder Opfer von schweren Verbrechen sowie Katastrophen gleichberechtigt neben Violinvirtuosen oder hervorragenden Fußballspielern51. Daß das Leistungsargument und die Kritik daran keinen angemessenen Gesichtspunkt für die weiteren Überlegungen bieten können, ergibt sich andererseits schon daraus, daß die beiden Ansichten nur auf die Beziehungen des Identitätsmerkmalsträgers zu seiner Prominenz oder zu seinen Images abstellt, während sie seine Beziehungen zu den betroffenen Identitätsmerkmalen völlig außer acht lassen. Sieht man, wie oben dargestellt52, als Vermarktungsgegenstand, auf den sich der zuzuordnende Vermögenswert unmittelbar bezieht, nicht Prominenz oder Images, sondern konkrete Identitätsmerkmale als solche an, sind diese Ansichten aber schon im Ansatz verfehlt. Es geht hier also im Grunde um die Zuweisung der vermögensrechtlichen Befugnis in bezug auf die Identitätsattribute, die eigentlich von der Leistung deren Trägers ganz unabhängig diesem per se anhaften53. Solange die beiden Ansichten ohne Berücksichtigung dieser 49 Vgl. Schmitt Glaeser, in: Die Bedeutung des Eigentums, S. 201, 202; Beuthien/ Schmölz, S. 35 f.; Lichtenstein, S. 99; a. A. Freitag, S. 53; Biene, S. 21. Von Bedeutung ist das Kriterium der eigenen Leistung nach BVerfG allenfalls für die Frage, ob auch vermögenswerte subjektive öffentliche Rechte in den Eigentumsbegriff einbezogen werden können sowie, wenn ja, wie stark sie geschützt werden sollen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 11. 10. 1962, BVerfGE 14, 288, 293 f.; BVerfG, Beschl. v. 3. 3. 1965, BVerfGE 18, 392, 397; BVerfG, Beschl. v. 1. 7. 1981, BVerfGE 58, 81, 112; BVerfG, Urt. v. 16. 7. 1985, BVerfGE 69, 272, 300 f.; auch v. Münch, Rn. 683 ff.; Schmitt Glaeser, in: Die Bedeutung des Eigentums, S. 201, 202 f.). 50 Vgl. Beuthien/Schmölz, S. 36. 51 Vgl. Lichtenstein, S. 98. 52 Siehe oben § 2 I. 2. 53 Die Beziehungen zwischen einer Person und ihren Identitätsmerkmalen basieren gar nicht auf der Leistung der Person. Sie sind meistens einfach von Natur aus entstanden (z. B. die Beziehungen zum Erscheinungsbild oder zur Stimme), anderenfalls

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primären Beziehungen ihren Blick nur auf die sekundären Beziehungen zwischen der Person und ihrer Popularität richten und sich dabei auf die Frage konzentrieren, ob diese Beziehungen durch die Leistung der Person initiiert werden oder nicht, haben sie nichts mehr mit dem Identitätsschutz, sondern etwas mit dem Leistungsschutz zu tun54, wofür schon die speziellen gesetzlichen Bestimmungen vorhanden sind55. Solche Vermengung der Gesichtspunkte kann einerseits zur erheblichen Einschränkung des zivilrechtlichen Identitätsschutzes, andererseits zur Sprengung des geltenden Leistungsschutzsystems führen56. Um die Diskussion in die richtige Bahn zu lenken, braucht man daher einen anderen Ansatzpunkt als die Leistung57. 2. Freihaltebedürfnis Ein anderer bedenkenswerter Einspruch gegen die individuelle Zuweisung ist aus der Befürchtung erhoben worden, daß eine solche Anerkennung alleiniger Berechtigung zur übermäßigen Schmälerung der sog. „public domain“ führen würde58. Damit wird also der altbekannte Konflikt zwischen dem Monopolisierungsinteresse eines einzigen oder wenigen einerseits und dem Bedürfnis der kraft Gesetzes (z. B. die Beziehungen zum Zwangsnamen) oder durch das soziale Leben (z. B. die Beziehungen zum Lebensbild oder zu den Lebensdaten) gebildet. 54 Vgl. solche Tendenz am deutlichsten zeigend Freitag, S. 35 ff.; auch Heitmann, S. 93; in den USA, die keine Pendants zu den hiesigen Leistungsschutzrechten haben, hat der Supreme Court versucht, mit dem right of publicity über den ,identification value‘ hinaus auch den ,performance value‘ zu schützen [vgl. Zacchini v. Scripps-Howard Broadcasting Co., 433 U.S. 562, 576 (1977)]. Aber in der Literatur ist diese Rechtsprechung sehr umstritten [vgl. dafür McCarthy, 19 Colum.-VLA J. L. & Arts 129, 133 (1995); dagegen Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 208 Fn. 395 (1993)]. 55 Vor allem § 73 ff. UrhG; auch können §§ 3, 4 Nr. 9 UWG bzw. § 823 Abs. 1 BGB (Recht am Gewerbebetrieb) ergänzend dazu dienen (dazu Rehbinder, Rn. 776 ff.). 56 Vgl. zum konkreten Verhältnis der Leistungsschutzrechte zu den Persönlichkeitsrechten Magold, S. 639 ff.; ähnlich wie der U.S. Supreme Court hat der BGH vor der gesetzlichen Verankerung der Leistungsschutzrechte des ausübenden Künstlers angedeutet, daß der unautorisierten Ausnutzung der Darbietungen von Künstlern oder Sportlern auch deren allgemeines Persönlichkeitsrecht entgegenstehen könne (vgl. BGH, Urt. v. 31. 5. 1960, BGHZ 33, 20, 23 ff. – Figaros Hochzeit). Auch heute kann dem Persönlichkeitsrecht wegen der eingeengten Gestaltung der Leistungsschutzrechte (z. B. der enge Begriff des ausübenden Künstlers, vgl. hierzu Rehbinder, Rn. 786 ff.) diese Aufgabe zukommen (vgl. Rehbinder, Rn. 777). Besonders zu beachten ist aber, daß es sich auch in diesem Fall immer noch um den Schutz der Identitätsmerkmale, die häufig bei der künstlerischen Vorführung gezeigt werden, handelt, nicht um den Schutz der künstlerischen Leistung als Eigenwert. Also sind Persönlichkeitsschutz und Leistungsschutz stets streng voneinander zu unterscheiden (vgl. so ähnlich Lichtenstein, S. 153 f.). 57 Siehe dazu ausführlich unten § 4 III. 1. a). 58 Vgl. Lange, 44 Law & Contemp. Probs. 147, 151–165 (1981); Coombe, 10 Cardozo Arts & Ent. L. J. 365, 370–395 (1992); Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 137–146 (1993); Seemann, S. 258 ff.; Peifer, S. 302 ff.

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möglichst weiten Freihaltung für den Gemeingebrauch andererseits in den Vordergrund geschoben, welcher grundsätzlich bei jeder Einräumung eines Ausschließlichkeitsrechts notwendig zum Zuge kommt59. Die Spannung des Interessenkonflikts verschärft sich allerdings hier, weil, wie gerade gesehen, der Publizitätswert der Identitätsmerkmale nicht allein auf die Leistung ihrer Träger zurückzuführen ist, sondern vornehmlich aus sozialen und kulturellen Faktoren herrührt. a) Identitätsmerkmale als eine Art Kulturgüter Dieser Einwand setzt an der kulturellen Symbolkraft der Identitätskennzeichen der Prominenten, die im engen Zusammenhang mit ihrem Vermögenswert steht60, an. Im kollektiven Kommunikationsprozeß, bei dem Prominenz einer Person erzeugt wird, erhielten diese und ihre Identitätsmerkmale auch eine Vielzahl von symbolischen Bedeutungen, mit deren Hilfe man bestimmte Werte oder Unwerte effizienter erklären könne, als daß man sich dafür vieler Worte bediene61. So können z. B. der Name von Churchill, von Che Guevara, von Gorbatschow, von Einstein etc. sowie die Bilder von Marilyn Monroe, von Charlie Chaplin, von Boris Becker etc. als semiotische Transporteure einer spezifischen, kulturellen Bedeutung dienen. Dieser symbolische Aussagegehalt der Identitätsmerkmale sei aber nicht unveränderlich. Er werde ständig im situativen Kontext der gegenwärtigen Kultur improvisiert, woran sich neben dem Träger der Identitätsmerkmale und seinen Mitarbeitern aus der Kulturindustrie vor allem das Publikum aktiv und kreativ beteilige62. Es konsumiere also nicht bloß die von dem Träger bevorzugten oder von der Kulturindustrie gefertigten Bedeutungen der Identitätskennzeichen, sondern verleihe diesen auch neu generierte oder erneuerte Bedeutungen, die seinen eigenen Erfahrungen, Situationen und Interessen entsprechen63. Als Vermittler und Beförderungsmittel solcher vielfältigen 59 Dieser Konflikt tritt insbesondere im Rahmen der Einführung oder Erweiterung des Immaterialgüterrechts am deutlichsten zutage (vgl. dazu Knieper, FS f. Heldrich, S. 759, 761 ff.; Bydlinski, System und Prinzipien, S. 531 ff.; Forkel, in: Raum und Recht, S. 579, 584). 60 Oben ist schon darauf hingewiesen worden, daß bei den wichtigen Verwertungsformen der Identitätsmerkmale der sog. Imagetransfer eine zentrale Rolle spielt (siehe § 2 I. 1.), der sich freilich ihrer Symbolkraft bedient; vgl. auch Coombe, 10 Cardozo Arts & Ent. L. J. 365, 373 (1992): „The social value and cultural meaning of the celebrity image has its genesis in the same historical conditions that created the possibility of its economic value.“ 61 Vgl. Seemann, S. 258; Coombe, 10 Cardozo Arts & Ent. L. J. 365, 375–376 (1992). 62 Vgl. Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 139–140, 142–143 (1993); Coombe, 10 Cardozo Arts & Ent. L. J. 365, 369–370 (1992); Seemann, S. 246, 260. 63 Das ist gerade der Standpunkt der sog. „cultural populists,“ die den sog. „cultural pessimists“ gegenüberstehen. Siehe näher zur Debatte zwischen diesen beiden Gesichtspunkten Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 138–139 (1993).

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Bedeutungen, deren lebhafter Umlauf, Wettlauf und Austausch gerade die Kultur ausmachen64, seien die Identitätskennzeichen der Prominenten im gewissen Sinne als Kulturgüter anzusehen, die weitgehend gemeinnützig und somit frei zugänglich bleiben sollten65. Diesen Anforderungen setze sich aber die individuelle Zuweisung des Vermögenswerts der Identitätsmerkmale diametral entgegen, indem sie anhand der Anziehungskraft des Geldes den gegenläufigen Vorgang fördere, bei dem die Identitätsmerkmale der Prominenten, nämlich die wichtigsten kommunikativen Ressourcen in der heutigen Mediengesellschaft, zunehmend in private Hände überführt werden66. Dadurch werde gleichzeitig auch die Macht der Generierung und Verbreitung der kulturellen Bedeutungen so stark zentralisiert67, daß der Identitätsmerkmalsträger die ihm nicht genehmen Bedeutungen seiner Identitätsmerkmale aus dem kulturellen Diskurs ausschließen könne68. So können nun die symbolischen Bedeutungen der Identitätskennzeichen der Prominenten und ihr Umlauf unter den Launen des Trägers leiden, was schlimmstenfalls die kulturelle Erinnerung einer Gesellschaft nachhaltig beeinträchtigen könne69. Andererseits könne das ihm eingeräumte Recht zu lizenzieren als das Recht zu zensieren fungieren70, insbesondere zuungunsten derjenigen, die ihm nicht genügend Geld zu bieten vermögen. Gerade bei diesem Punkt machen sich in der Gewährung eines solchen Monopolrechts immanente kulturpolitische Probleme deutlich bemerkbar: Nur die von dem Träger favorisierten oder von der reichen Kulturindustrie erkauften Bedeutungen, die zusammen die Hauptströmung der Popkultur zu bilden pflegen, können an die Identitätskennzeichen angeknüpft und somit zugkräftig ausgebreitet werden, während die hiervon abweichenden Bedeutungen, die meistens von der relativ mittellosen Mindergruppe einer Ge64 Vgl. Seemann, S. 246, der „Kultur als ein System von Zeichen und Bedeutungen“ begreift; auch Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 141 (1993), der „popular culture“ als „a struggle for, and over, meaning“ betrachtet. 65 Vgl. Coombe, 10 Cardozo Arts & Ent. L. J. 365, 372–373 (1992). 66 Vgl. Lange, 44 Law & Contemp. Probs. 147, 163–165 (1981); Coombe, 10 Cardozo Arts & Ent. L. J. 365, 372–373 (1992); Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 142 (1993); Seemann, S. 263 f. 67 Vgl. Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 134 (1993). 68 Vgl. Coombe, 10 Cardozo Arts & Ent. L. J. 365, 370–373 (1992); Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 138, 145–146 (1993). 69 Vgl. Coombe, 10 Cardozo Arts & Ent. L. J. 365, 370 (1992): „Publicity rights enable stars to establish dynasties on the memory of fame.“; ähnlich schon Lange, 44 Law & Contemp. Probs. 147, 162 (1981). Als ein Beispiel dafür dient der Fall Memphis Development Foundation v. Factors, ETC., 441 F. Supp. 1323 (W.D. Tenn. 1977), in dem das Right of Publicity von Elvis Preseley i. E. dem Vorhaben seiner Heimatstadt, eine Bronzestatue von ihm zu errichten, entgegenwirkte. 70 Vgl. Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 145 (1993): „the power to license is the power to suppress“; Seemann, S. 258: „. . . das Recht, Lizenzen zu vergeben (oder eben nicht zu vergeben), schließt auch die Möglichkeit mit ein, die Bedeutung des Prominenten in einer Kultur – zumindest teilweise – zu beeinflussen.“

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sellschaft für die Behauptung ihrer eigenen Identität, Geschichte und Subkultur hervorgebracht werden, des effektivsten Vehikels beraubt werden71. Dies gefährde die Zirkulation der verschiedenen kulturellen Bedeutungen aus den heterogenen Schichten, die der gesunden Demokratie zugrunde liege72. Das Recht sollte bei dieser Lage nicht neutral bleiben73 und schon gar nicht durch Anerkennung des Vermögensrechts an den Identitätskennzeichen die monotone Domination einer bestimmten kulturellen Artikulation begünstigen74. Dieser Einwand wird auch von der Beobachtung unterstützt, daß die Prominenten selbst ihr Image bewußt und unbewußt von anderen Stars entlehnen75. In diesem Zuge wird die Popikone Madonna gern als ein anschauliches Beispiel angeführt, da sie mit ihrem Image und seinen Bedeutungen, die in ihrer eigenen Regie an ihre Identitätsmerkmale angeknüpft werden, gezielt den vergangenen „Hollywood Myth of the blonde“ 76 beschwört. Als eine ironische Rekonfiguration mehrerer früherer Femmes fatales leitet sich ihr Image überwiegend aus Marilyn Monroe, aber auch aus Jean Harlow, Greta Garbo und Marlene Dietrich her77. Die Fälle derartiger Umarbeitung und Einflußnahme, die beim Aufbau des Images von Prominenten stattfinden, sind beliebig fortzuführen78, weil jeder kulturelle Prozeß gerade durch unaufhörliches „reworking, recombining and redeploying already-existing symbolic forms, sounds, narratives, and images“ gekennzeichnet ist79, was insbesondere im Bereich der Populärkultur in der 71 Vgl. Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 141–142 (1993), Coombe, 10 Cardozo Arts & Ent. L. J. 365, 386–387 (1992). Siehe auch zu den Beispielen solcher subkulturellen Verwendungen Coombe, 10 Cardozo Arts & Ent. L. J. 365, 366, 376–386 (1992): „Gay male appropriations of female stars“, „lesbian reworkings of James Dean“ und „middle class women’s use of the Star Trek characters in the creation of fan magazines (fanzines)“. 72 Vgl. Coombe, 10 Cardozo Arts & Ent. L. J. 365, 394–395 (1992); Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 145–146 (1993). 73 Vgl. Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 141–142 (1993): „It is impossible, I think, for the law to remain neutral in this contest. The law can strengthen the already potent grip of the culture industries over the production and circulation of meaning, or it can facilitate popular participation, including participation by subordinate and marginalized groups, in the processes by which meaning is made and communicated.“; auch Coombe, 10 Cardozo Arts & Ent. L. J. 365, 390 (1992). 74 Vgl. Coombe, 10 Cardozo Arts & Ent. L. J. 365, 395 (1992); Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 146 (1993). 75 Vgl. Lange, 44 Law & Contemp. Probs. 147, 161–163 (1981); Coombe, 10 Cardozo Arts & Ent. L. J. 365, 370–372 (1992); Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 196–199 (1993); ähnlich Seemann, S. 244 f. 76 Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 197 (1993). 77 Vgl. Coombe, 10 Cardozo Arts & Ent. L. J. 365, 371 (1992); auch Seemann, S. 244. 78 Vgl. zu den anderen Beispielen dafür Lange, 44 Law & Contemp. Probs. 147, 161 (1981); Coombe, 10 Cardozo Arts & Ent. L. J. 365, 370–371 (1992); Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 197 (1993); Seemann, S. 244 f. 79 Vgl. Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 196 (1993).

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postmodernen Zeit noch mehr und deutlicher der Fall ist80. Das Image eines Prominenten sowie dessen symbolische Bedeutung, die ihrerseits auf der beliebigen Aneignung aus den kulturellen Vorräten beruhen, sollten daher nicht des Trägers willkürlicher Kotrolle unterliegen, sondern als Grundlage für die weitere Generierung und Zirkulation der kreativen kulturellen Bedeutungen gemeinfrei bleiben81. b) Bewertung Um diese kulturpolitisch liberale Ansicht richtig zu bewerten, muß man sich zunächst darüber klar werden, daß sie vorwiegend im amerikanischen Rechtskontext verankert ist, der freilich stark vom deutschen abweicht82. In den USA, wo schon Anfang des 20. Jahrhunderts das right of privacy in der Rechtsprechung anerkannt worden ist83, haben die Identitätsattribute der Prominenten aber bis zur Geburt des right of publicity84 im Prinzip noch keine exklusive Zugehörigkeit aufgewiesen, so daß jedermann sich dieser attraktiven Kommunikationsressourcen im beliebigen Zusammenhang bedienen durfte, ohne vorher die Zustimmung ihres Trägers einholen zu müssen; es sei denn, daß diese Verwendung den engen Tatbestand von „defamation“ erfüllte85. Solch eine für die Prominenten überaus ungünstige Situation war auf die konzeptionelle Enge des right of privacy zurückzuführen, das sich generell als das „right to be let alone“ 86 umreißen läßt. Das ursprünglich am Gedanken von Abschließen, Einsamkeit oder Zurückgezogenheit der Privatheit orientierte right of privacy87 paßte also von vornherein nicht zu denjenigen, die sich freiwillig in die Öffentlichkeit begeben; infolgedessen gingen die U.S.-Gerichte davon aus, daß sie zumindest konkludent auf ihr right of privacy verzichtet hatten88. Um der daraus zwingend resultierenden Gemeinfreiheit der Identitätskennzeichen der Prominenten entgegenzuwirken, bedurfte es daher einer neuen Kontrollmacht der Pro80

Vgl. Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 198 (1993). Vgl. Coombe, 10 Cardozo Arts & Ent. L. J. 365, 371–372 (1992); Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 198–199 (1993). 82 Siehe in diesem Zusammenhang auch unten § 5 I. 2. d) und § 5 II. 2. b). 83 Veranlaßt durch einen grundlegenden Aufsatz aus dem Jahr 1890 (Warren/Brandeis, 4 Harv. L. Rev. 193) erfolgte die richterliche Anerkennung des right of privacy als Bestandteil des common law in den USA im Jahr 1905 vom Supreme Court of Georgia [Pavesich v. New England Life Ins. Co., 50 S.E. 68, 69–71 (1905)]. 84 Vgl. Das right of Publicity stammt aus der Entscheidung Haelan Laboratories, Inc. v. Topps Chewing Gum, Inc., 202 F. 2d 866, 868 (2d Cir. 1953). 85 Vgl. statt aller Magold, S. 38 ff., 390 f.; Beverley-Smith, S. 172 ff. 86 Vgl. Warren/Brandeis, 4 Harv. L. Rev. 193, 205 (1890). 87 Vgl. Warren/Brandeis, 4 Harv. L. Rev. 193, 195–196 (1890); Nimmer, 19 Law & Cont. Probs. 203, 203–204 (1954). 88 Vgl. zu dieser „waiver“-Doktrin Nimmer, 19 Law & Cont. Probs. 203, 204–206 (1954). 81

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minenten über ihre Identitätsmerkmale. Diese Aufgabe hat das right of publicity übernommen, indem es als ein selbständiges Vermögensrecht am Publizitätswert der Identitätsmerkmale neben das right of privacy trat89. Der oben erörterte kulturpolitische Einwand ist gerade gegen diese Privatisierung der Identitätsmerkmale von Berühmtheiten, die erst durch das right of publicity eingetreten ist, erhoben90. Ganz anders ist jedoch die Entwicklung des rechtlichen Persönlichkeitsschutzes in Deutschland verlaufen. Hier fehlt die der früheren amerikanischen Rechtskonstellation entsprechende Zwitterstellung der Prominenten, auf welche sich die verklärte Sicht der Vertreter des Einwands eigentlich richtet. Da sich das deutsche Persönlichkeitsrecht nicht so sehr aus der Idee der Abschirmung abgeleitet, sondern auf der Selbstentfaltung und Selbstbestimmung der Person in den eigenen Angelegenheiten gegründet hat91, kam dies ohne weiteres auch den Berühmtheiten aus der Politik, Unterhaltung usw. gelegen92. Hinsichtlich der Identitätsmerkmale hat sich das Persönlichkeitsrecht, wie oben gesehen93, so ausgewirkt, daß die durch moderne Technik gefährdete natürliche Herrschaft der Person über ihre Identitätsmerkmale rechtlich bekräftigt und geschützt wurde. Dabei spielte ihr Bekanntheitsgrad grundsätzlich keine Rolle, und somit ist ein freier Zugang zu den Identitätskennzeichen der Prominenten im Grunde von Anfang an gehemmt gewesen94. Hieraus läßt sich schließen, daß durch die An89 Vgl. Haelan Laboratories, Inc. v. Topps Chewing Gum, Inc., 202 F. 2d 866, 868 (2d Cir. 1953): „We think that, in addition to and independent of that right of privacy, a man has a right in the publicity value of his photograph, i. e., the right to grant the exclusive privilege of publishing his picture, and that such a grant may validly be made ,in gross,‘ i. e., without an accompanying transfer of a business or of anything else. Whatever it be labelled a ,property‘ right is immaterial; for here, as often elsewhere, the tag ,property‘ simply symbolizes the fact that courts enforce a claim which has pecuniary worth.“; auch Nimmer, 19 Law & Cont. Probs. 203, 215–223 (1954); Magold, S. 45 ff.; Beverley-Smith, S. 174 ff. 90 Daraus erklärt sich, daß diese Gegenmeinung ihr Augenmerk überhaupt nur auf die Identitätskennzeichen der Prominenten richtet. 91 Vgl. Seemann, S. 62 ff.; Magold, S. 391 f. Bei einer gründlichen Untersuchung über den gegenwärtigen Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts beansprucht die Erörterung über die Selbstbestimmung etwa zwei Drittel der betreffenden Darstellung (vgl. Baston-Vogt, S. 214 ff.). Siehe ausführlich zum Persönlichkeitsrecht als Selbstbestimmungsrecht unten § 5 II. 1. b) cc) (2). 92 Vgl. schon RG, Urt. v. 28. 10. 1910, RGZ 74, 308, 311 – Graf Zeppelin: „Auch berühmte und großer Popularität sich erfreuende Männer genießen den Namensschutz nicht minder, als jeder andere“; auch BGH, Urt. v. 8. 5. 1956, BGHZ 20, 345, 351 – Paul Dahlke: „Es wäre nicht einzusehen, warum ein solcher Schutz der Persönlichkeitssphäre nicht gerade auch Personen der Zeitgeschichte zugebilligt werden sollte, die im besonderen Maße der Kritik und der Beachtung der Öffentlichkeit ausgesetzt sind.“ 93 Siehe oben § 2 II. 2. b) bb). 94 Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang, daß sich der Ausnahmetatbestand von § 23 Abs. 1 KUG und damit wesentlich verwandte Grundprinzipien der Güter-

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erkennung der individuellen Zuweisung des an den Identitätsmerkmalen entstandenen Vermögenswerts in Deutschland im Gegensatz zu den USA keine neue Monopolisierung der Identitätskennzeichen berühmter Persönlichkeiten eingeführt wird. Die exklusive Zuweisung der Identitätsmerkmale zu deren Träger ist seit der Anerkennung des Persönlichkeitsrechts ohnehin vorhanden, und zwar völlig unabhängig von der Frage, ob dem Träger weiterhin die vermögensrechtliche Befugnis daran zukommen soll95. Der kulturpolitische Einwand, der aus Unbehagen an der durch die individuelle Zuweisung der vermögensrechtlichen Befugnis erst erfolgenden Monopolisierung der historisch sowie semiotisch bedeutungsvollen Identitätsmerkmale vorgebracht wird, kann daher hier in Deutschland keine Bedeutung beanspruchen. Das zweite diesem aus der amerikanischen Rechtskultur stammenden Einwand immanente Problem liegt darin, daß er allzu einseitig nur die kulturellen Funktionen der Identitätsmerkmale von Prominenten unterstreicht, indessen aber die ihnen innewohnende, auf die persönliche Identität des Trägers hinweisende Kraft erheblich unterschätzt. Nach dieser Ansicht tritt das Individuum des Identitätsmerkmalsträgers im kollektiven Prozeß der Generierung sowie Zirkulation der symbolischen Bedeutungen der Identitätsmerkmale immer mehr zurück, so daß die Identitätsmerkmale endlich zur offenen Projektionsfläche werden, auf welcher die von den vielfältigen Sozialgruppen kreierten verschiedenen Bedeutungen wiedergegeben werden können96. Dahinter steckt die in der amerikanischen Diskussion um das right of publicity vorherrschende Überzeugung, daß die verwertbaren Identitätskennzeichen als von der Person des Trägers getrennt betrachtet werden sollen97. Die kühne Hauptforderung des kulturpolitischen Einwands, daß die Identitätsmerkmale von Prominenten als Kulturgüter für den Gemeingebrauch freigehalten bleiben sollten, ist nur aus diesem Blickwinkel leicht verständlich98. Dabei übersieht dieser Einwand die aber noch wesentlichere Funktion der Identitätsmerkmale als Persönlichkeitsmerkmale. Als äußere Erscheinungsform der Persönlichkeit spiegeln die Identitätsmerkmale immer die dahinter stehende Person wider und werden daher in der allge-

und Interessenabwägung bei der Konkretisierung des Schutzumfangs des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht an die Berühmtheit des Betroffenen knüpfen, sondern an die höheren Interessen der Allgemeinheit. 95 So auch Magold, S. 548 f.; ähnlich Peifer, S. 305. 96 Vgl. Seemann, S. 248. 97 In den USA werden solche von der Person des Trägers trennbaren, der Vermarktung zugänglichen Identitätskennzeichen häufig mit einem Sammelbegriff „persona“ bezeichnet, die alle wirtschaftlichen Aspekte der menschlichen Identität umfaßt (vgl. dazu näher Magold, S. 7 ff., 143 ff.; Biene, S. 7). 98 Es ist diesbezüglich interessant, daß die gegenteilige Meinung, die das right of publicity als ein übertragbares und vererbliches Immaterialgüterrecht etablieren will, auch auf derselben Annahme basiert [siehe dazu unten § 5 I. 2. d)].

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meinen Vorstellung als unlösbar mit dieser verbunden angesehen99. Welche symbolischen Bedeutungen und Werte an diese höchstpersönlichen Kennzeichen angeknüpft werden, kann folglich für die freie Entfaltung der Persönlichkeit des Trägers nicht indifferent sein, weil die Öffentlichkeit immer und unwillkürlich jene Bedeutungen und Werte der Identitätsmerkmale mit der Persönlichkeit ihres Trägers assoziieren wird. Es liegt auf der Hand, daß unautorisierte Verwendungen der Identitätsmerkmale für beliebige Aussagegehalte den intrinsischen Wert der wahren Persönlichkeit ihres Trägers erheblich beeinträchtigen würden. Das symbolische Zeichen, das neben seinen kulturellen Bedeutungen zugleich einen unmittelbaren Hinweis auf die bestimmte Identität einer Person enthält, soll aus diesem Grund anders als das identitätsneutrale Zeichen nicht uneingeschränkt für freien Gemeingebrauch zur Verfügung gestellt werden100. Beispielsweise müssen die Namen, die Wappen und die Siegel der Universitäten Heidelberg101, Oxford sowie Harvard trotz ihrer signifikanten kulturellen Bedeutungen, welche aus einer langen Tradition oder einem bestimmten Renommee herrühren, im Gegensatz zur sprachüblichen Bezeichnung „Fußball WM 2006“ 102 nicht ohne Beschränkung von jedermann frei verwertbar sein. Der kulturpolitische Einwand gegen das Monopol der Identitätskennzeichen der Prominenten verschließt aber die Augen vor dieser differenzierenden Behandlung von kulturell bedeutungsvollen Zeichen je nach ihrer Verflochtenheit mit einer konkreten Identität103. Zwar steckt im bisher nur kritisch bemerkten, kulturpolitischen Einwand ein richtiger Kern, der zum Wachsambleiben bezüglich der Gefahr der übermäßigen Monopolisierung der zeichenhaften Identitätsmerkmale veranlaßt. Es ist gerade 99 Siehe zu dieser Untrennbarkeit der Identitätsmerkmale von der dahinter stehenden Person unten § 5 II. 1. a) bb). 100 Ähnlich verhält sich das Urheberrecht, indem es das einzelne Werk, das individuellen Geist ausdrückt, seinem Schöpfer als das Seine zuordnet, während es die Werkgattung als solche oder formalen Stil der Kunst nicht als Schutzgegenstand aufnimmt. Diese bleiben mithin als allgemeine Quelle des geistigen Schaffens frei zugänglich (vgl. Rehbinder, Rn. 43 ff., 145 ff.). 101 Vgl. BGH, Urt. v. 23. 9. 1992, BGHZ 119, 237, 242 ff. 102 Siehe BGH, Beschl. v. 27. 4. 2006, NJW 2006, 3002, 3005: „Der Umstand, . . ., steht nicht der der rechtlichen Beurteilung des BPatG zu Grunde liegenden Annahme entgegen, der Verkehr verbindet mit ,Fußball WM 2006‘ das Ereignis als solches und sehe darin keinen Hinweis auf einen Hersteller oder Veranstalter.“ (Hervorhebung vom Verfasser). 103 Ein solcher Fehler macht sich besonders deutlich bemerkbar, wenn Madow [81 Cal. L. Rev. 125, 198–199 (1993)] wie folgend behauptet: „When a quintessentially ,postmodern‘ (that is, openly and unabashedly derivative) performer like Madonna complains of unauthorized appropriation of her image, she is seeking to have it both ways. Having drawn freely and shamelessly on our culture’s image bank, she is trying to halt the free circulation of signs and meanings at just the point that suits her.“ Zu beachten ist indes, daß Madonna sich keine konkreten Identitätsmerkmale anderer Stars angeeignet hat, sondern nur den abstrakten Stil, die formale Gestalt usw., die auf keine bestimmte Identität verweisen.

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eine reiz- aber auch verantwortungsvolle Aufgabe des Rechts, zwischen konfligierenden Interessen einen goldenen Mittelweg zu finden104, hier insbesondere zwischen dem Interesse des einzelnen an der ausschließlichen Herrschaft über seine Identitätsattribute einerseits und dem Interesse der Allgemeinheit am freien Gebrauch der kulturellen Zeichen andererseits. Solche rechtlichen Bemühungen sollen sich jedoch in Deutschland angesichts der oben akzentuierten unterschiedlichen Rechtslage zu den USA und der direkt auf die individuelle Identität hinweisende Rolle der Identitätskennzeichen nicht in der Fragestellung, ob ein Ausschließlichkeitsrecht an diesen anzuerkennen ist, sondern in der Fragestellung, wie dieses Recht zu beschränken ist, niederschlagen105. Diesbezüglich verfügt das deutsche Recht bereits über sorgfältig ausgearbeitete Prinzipien der Güter- und Interessenabwägung, die nicht bloß dem Persönlichkeitsschutz, sondern auch dem öffentlichen Interesse an der Information oder an der Kunst Rechnung tragen und somit das Gleichgewicht dieser gegenläufigen Interessen herzustellen vermögen106. Vor diesem Hintergrund kann der kulturpolitische Einwand seine Überzeugungskraft nicht mehr gegen die exklusive Zuweisung der Befugnis zur Verwertung der Identitätsmerkmale zu deren Träger entfalten, weil eine solche vermögensrechtliche Zuweisung allenfalls nur im ausgewogenen Zuordnungsrahmen des bestehenden Persönlichkeitsrechts vorgenommen werden kann107. Soweit die unautorisierte Verwertung nach der Interessenabwägung toleriert werden muß, kann wirtschaftlicher Nutzen daraus auch nicht kondiziert werden108. Das betrifft schon die meisten kreativen Verwendungen der Identitätskennzeichen, die dieser Einwand als Beispiele für sich angeführt hat. Deshalb ist seine Befürchtung, daß die individuelle Zuweisung zu einer beträchtlichen Schrumpfung der kulturell sinnvollen Nutzung der Identitätskennzeichen von Prominenten führen würde, weitgehend unbegründet. Berücksichtigt man noch dazu, daß die vermögensrechtliche Berechtigung an den Identitätsmerkmalen einer zeitlichen Befristung unterworfen ist109, dann kann von 104 So lautet auch die Hauptthese einer eindrucksvollen Abhandlung von Bydlinski (AcP 204 (2004), 309, 310 ff.): „Die Suche nach der Mitte“. 105 So auch Magold, S. 549: „Die Probleme liegen hier nicht in der Anwendungsbreite, sondern in der Anwendungstiefe des Persönlichkeitsschutzes.“ 106 Vgl. vorliegende nur Hubmann, S. 222; Esser/Weyers, SchuldR II/2, § 50 I 1 d); Larenz/Wolff, AT, § 8 Rn. 5, 36 ff. 107 Siehe dazu unten § 5 Fn. 285 ff. 108 Vgl. BGH, Urt. v. 6. 2. 1979, NJW 1979, 2203, 2204 f. – Franz Beckenbauer; BGH, Urt. v. 14. 3. 1995, AfP 1995, 495, 496 – Kundenzeitschrift (Bestätigung durch das BVerfG, Beschl. v. 15. 12. 1999, NJW 2000, 1026, 1026 f.); BGH, Urt. v. 14. 11. 1995, NJW 1996, 593, 594 f. – Willy Brandt (Bestätigung durch das BVerfG, Beschl. v. 25. 8. 2000, NJW 2001, 594, 595); BGH, Urt. v. 14. 5. 2002, BGHZ 151, 26, 29 ff. – 50 Jahre Deutschland; auch kürzlich BGH, Urt. v. 26. 10. 2006, WRP 2007, 83, 84 ff. – Oskar Lafontaine. 109 Da der Vermögenswert der Identitätsmerkmale, wie oben gesehen, nicht direkt auf die besondere Leistung des Trägers zurückzuführen ist, ist es möglich, eine etwas kürzere Schutzdauer für die vermögensrechtliche Berechtigung an den Identitätsmerk-

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einer übermäßigen Monopolisierung der kulturellen Ressourcen oder sogar von der Blockierung der kulturellen Erinnerung gar keine Rede sein110. 3. Umverteilung des Einkommens nach oben Zusammenhängend mit dem gerade dargestellten kulturpolitischen Einwand tritt ein wirtschaftspolitischer Gedanke der individuellen Zuweisung des Vermögenswerts der Identitätsmerkmale entgegen, indem er mit Nachdruck auf die daraus resultierende ungleiche sowie unfaire Einkommensverteilung hinweist. Seine stärksten Impulse zieht dieser Einwand aus der Tatsache, daß die Prominenten schon durch ihre primäre Betätigung als Schauspieler, Sportler usw., durch welche zugleich ihre Prominenz aufgebaut wird, „mehr als genug“ Geld verdienen111. a) Eröffnung einer zusätzlichen Einnahmequelle für die schon Superreichen Dieser Einwand besteht darauf, daß die Zuordnung des Vermögenswerts der Identitätskennzeichen zu deren Träger letztlich niemandem als ohnehin finanziell gut ausgestatteten Prominenten zugute kommen werde und dadurch die Kluft zwischen Arm und Reich vertieft werde, was wirtschaftspolitisch nicht erwünschenswert sei112. Das Recht sollte immerhin eine solche parteiische Einmalen vorzusehen als für das Immaterialgüterrecht, das sich auf die schöpferische Leistung des Urhebers, Erfinders usw. gründet (vgl. hierüber Aufschluß gebend BVerfG, Beschl. v. 1. 7. 1981, BVerfGE 58, 81, 112: „Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt ausgesprochen, daß sich die Frage, inwieweit der Gesetzgeber Inhalt und Schranken einer unter die Eigentumsgarantie fallenden Position bestimmen darf, nicht unabhängig davon beantworten läßt, inwieweit der Eigentümer eine solche Position durch eigene Leistung erworben hat.“). Jüngst hat sich der BGH mit dieser sehr umstrittenen Frage, wie lange die vermögensrechtliche Zuweisung der Identitätsmerkmale nach dem Tod deren Trägers noch geschützt werden kann, befaßt und dabei deutlich ausgesprochen, daß die Schutzdauer der vermögenswerten Bestandteile des postmortalen Persönlichkeitsrechts auf 10 Jahre zu begrenzen sei (vgl. BGH, Urt. v. 5. 10. 2006, NJW 2007, 684, 685 – kinski-klaus.de). 110 Vgl. zur Bedeutung der zeitlichen Befristung als eines Interessenausgleichsmittels im Bereich des Immaterialgüterrechts Bydlinski, System und Prinzipien, S. 532 ff.; zur gleichen Funktion der Befristung hinsichtlich des postmortalen Schutzes der Persönlichkeit BGH, Urt. v. 5. 10. 2006, NJW 2007, 684, 685 – kinski-klaus.de: „Die Begrenzung der Schutzdauer beruht nicht nur auf dem Gedanken, daß das Schutzbedürfnis nach dem Tod mit zunehmendem Zeitablauf abnimmt. Sie schafft auch Rechtssicherheit und berücksichtigt das berechtigte Interesse der Öffentlichkeit, sich mit Leben und Werk einer zu Lebzeiten weithin bekannten Persönlichkeit auseinandersetzen zu können.“ 111 Vgl. Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 137 (1993). 112 Vgl. Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 136–137 (1993); Peifer, S. 290; Knieper, FS f. Heldrich, S. 759, 766 f.

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kommensverteilung nicht blind in der Weise fördern, daß es durch Anerkennung eines neuen Vermögensrechts die künstliche Rentenbildung und ihre dauernde Fixierung ermöglicht; besonders dann, wenn dies auf Kosten der Öffentlichkeit geschieht113. Dieser Einwand stützt sich inwendig auf asymmetrische Erscheinungen, die beim Massengeschäft mit der öffentlichen Aufmerksamkeit durch die Unterhaltungsindustrie zu beobachten sind114. Zunächst entrichtet das Publikum seine wertvolle lebhafte Aufmerksamkeit jeder billigen technischen Reproduktion, so daß die Medien ohne großen Aufwand die Aufmerksamkeit der Masse erlangen können. Dann verteilen sie diese vom Publikum gleichsam gespendete Aufmerksamkeit nicht nach billigem Ermessen um, sondern nach dem Prinzip von Gewinnmaximierung. Das wirkt sich immer zugunsten einiger weniger aus, weil nur intensiv konzentrierte Aufmerksamkeit gewinnträchtig ist115. Daraus erklärt sich, warum in der Prominenz so große Disparität zwischen Menschen vorhanden ist, die hinsichtlich des Achtungswerts ihrer Leistung durchaus vergleichbar sind116. Es ist auch leicht verständlich, daß eine solche Konzentrationsbewegung der Aufmerksamkeit gleich der des Kapitals immer in eine Richtung läuft: „Wer reich an Beachtung ist, wird allein deswegen reicher; wer arm an Beachtung ist, ist schon deshalb arm an Chancen.“ 117 Aufgrund dieser systematischen Disparität in der Unterhaltungsindustrie will der wirtschaftspolitische Einwand also davor warnen, daß die unfaire Umverteilung der Aufmerksamkeit mittels der individuellen Zuweisung des an den Identitätskennzeichen entstandenen Vermögenswerts komplett und ohne Korrektur in die ungleiche Einkommensumverteilung umgesetzt werden kann118. b) Bewertung In Deutschland wurde längst eine ähnliche Kritik erhoben, aber in bezug auf die Diskrepanz zwischen den für eine Persönlichkeitsrechtsverletzung der Pro113

Vgl. Knieper, FS f. Heldrich, S. 759, 766. Siehe näher zu diesen asymmetrischen Verhältnissen in der „Ökonomie der Aufmerksamkeit“ Franck, S. 155 f., der darin einen „ausbeuterischen Charakter des mentalen Kapitalismus“ sieht. 115 Vgl. zur Konzentration der Aufmerksamkeit auch Seemann, S. 247. 116 Beispielsweise Einstein genießt eine immense Popularität, während seine Kollegen wie Bohr, Heisenberg usw., die ihm in ihren wissenschaftlichen Leistungen keineswegs nachstehen, beinahe unbekannt bleiben. Siehe näher zu dieser als „Einstein-Mythos“ bezeichneten Erscheinung Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 185–188 (1993); Seemann, S. 247 ff. 117 Franck, S. 156. 118 Vgl. Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 189 (1993): „. . ., it seems to me that the state should neither actively compound theses disparities nor appear to legitimate them. Yet that, in a way, is the practical effect of the right of publicity. Publicity rights operate to channel additional dollars to the very people . . . who happen to draw first-prize tickets in the fame lottery.“ 114

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minenten relativ hoch angesetzten Schmerzensgeldbeträgen auf der einen und den vergleichsweise niedrigen Summen des den Normalbürgern bei einer Persönlichkeitsrechtsverletzung zugebilligten Schmerzensgeldes auf der anderen Seite119. Diese schichtenspezifische Differenzierung bei der Bemessung des Schmerzensgeldes erfolgt allerdings versteckt in dem der richterrechtlichen Anerkennung des Schmerzensgeldes bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen zugrunde liegenden Präventionsgedanken120, der spätestens seit den sog. Carolinevon-Monaco-Entscheidungen121 als das wesentliche Unterscheidungsmerkmal des nun als Geldentschädigung bezeichneten Schmerzensgeldes bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen vor dem traditionellen Schmerzensgeld gemäß § 253 Abs. 2 BGB deutlich hervortritt122. Da berühmte Personen immer wieder zum Opfer von gewinnorientierten Persönlichkeitsrechtsverletzungen der Massenme119 Vgl. Knieper, ZRP 1974, 137, 139, der von der „unter Verletzung jeder dogmatischen Kunstregel erzielte[n] Parteinahme für Privilegierte“ spricht. 120 Die richterliche Anerkennung des immateriellen Schadensersatzes bei der Persönlichkeitsrechtsverletzung, wobei der BGH die Sperrwirkung des § 253 BGB a. F. mutig überwunden hat, wurde hauptsächlich durch die Erwägung veranlaßt, daß der nun nach dem Grundgesetz gebotene Persönlichkeitsschutz ohne eine solche Sanktion weitgehend unwirksam bleiben würde (vgl. BGH, Urt. v. 14. 2. 1958, BGHZ 26, 349, 356 – Herrenreiter). Der schon darin im Ansatz angedeutete Präventionsgedanke trat in der späteren Ginsengwurzeln-Entscheidung deutlicher hervor (vgl. BGH, Urt. v. 19. 9. 1961, BGHZ 35, 363, 369: „Solchem unlauteren Gewinnstreben kann wirksam nur entgegentreten werden, wenn es mit dem Risiko eines fühlbaren materiellen Verlustes belastet wird“). 121 Die bislang als Teil der Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes begriffene Präventionsfunktion entpuppte sich in den Caroline-von-Monaco-Entscheidungen als eine selbständige und sogar zentrale Funktion der Geldentschädigung (vgl. BGH, Urt. v. 15. 11. 1994, NJW 1995, 861, 865 – Caroline von Monaco I: „Außerdem soll der Rechtsbehelf der Prävention dienen.“; BGH, Urt. v. 5. 12. 1995, NJW 1996, 984, 985 – Caroline von Monaco II: „Dies bedeutet, daß hier der Ausgleichsgedanke, . . ., zugunsten des Präventionsgedankens in den Hintergrund treten muß.“). 122 Parallel zu der Verselbständigung der Präventionsfunktion verlief die dogmatische Abkopplung der Geldentschädigung bei der Persönlichkeitsrechtsverletzung von dem herkömmlichen Schmerzensgeld. Hierzu hat bereits die Ginsengwurzeln-Entscheidung den notwendigen Anstoß gegeben, indem sie sowohl auf den in der HerrenreiterEntscheidung eingeschlagenen Weg der analogen Anwendung des § 847 BGB a. F. (vgl. BGH, Urt. v. 14. 2. 1958, BGHZ 26, 349, 355 f.) verzichtet und die Anspruchsgrundlage des immateriellen Schadensersatzes bei der Persönlichkeitsrechtsverletzung erneut direkt in dem Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 I GG gesucht hat, als auch, anders als beim Schmerzensgeld aus § 847 BGB a. F., die Genugtuungsfunktion gegenüber der Ausgleichsfunktion in den Vordergrund gestellt hat (vgl. BGH, Urt. v. 19. 9. 1961, BGHZ 35, 363, 367 ff.; auch BGH, Urt. v. 5. 3. 1963, BGHZ 39, 124, 130 ff. – Fernsehansagerin). Die dogmatische Eigenständigkeit der Geldentschädigung wurde schließlich in den Caroline-von-Monaco-Entscheidungen ausdrücklich anerkannt (vgl. BGH, Urt. v. 15. 11. 1994, NJW 1995, 861, 864 – Caroline von Monaco I: „Bei einer Entschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts handelt es sich im eigentlichen Sinn nicht um ein Schmerzensgeld nach § 847 BGB, sondern um einen Rechtsbehelf, der auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und 2 I GG zurückgeht.“; BGH, Urt. v. 5. 12. 1995, NJW 1996, 984, 985 – Caroline von Monaco II). Siehe hierzu auch oben § 3 Fn. 118.

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dien werden und daher der effektiven Präventivmaßnahme im besonderen Maße bedürfen, wundert es nicht, daß die vom Präventionsgedanken geleitete Geldentschädigung größtenteils ihnen zugute gekommen ist, gerade mit der drastischen Erhöhung der Entschädigungssummen123, die durch die Abkopplung der Geldentschädigung von dem konventionellen Schmerzensgeld und somit die Befreiung von dessen Präjudizien124 ermöglicht worden ist. Obwohl in der Literatur üblicherweise nur die dadurch verschärfte Schieflage zwischen der überkompensatorischen Geldentschädigung und dem „erbärmlichen“ Schmerzensgeld als unbehaglich empfunden wird125, ist es aber auch nicht zu verkennen, daß dadurch der sog. Prominenzzuschlag bei der Bemessung des Schmerzensgeldes verkappt realisiert wird126. Besonders wenn man bedenkt, daß die das herkömmliche Schmerzensgeld auslösende Verletzung der in § 253 Abs. 2 BGB genannten Rechtsgüter stets eine Mißachtung der fremden Persönlichkeit voraussetzt und daher kein wesentlicher Unterschied zwischen den durch jede der beiden Rechtsbehelfe zu ersetzenden immateriellen Schäden besteht127, wird eine jener zweispurigen Entschädigungspraxis immanente, systematisch inkonsequente128 Begünstigung der Prominenten deutlich erkennbar129. 123 Z. B. hat das OLG Hamburg aufgrund der ersten Caroline-von-Monaco-Entscheidung des BGH die Geldentschädigung, die der Prinzessin wegen des erfundenen Interviews zuzusprechen war, von 30.000 auf 180.000 DM heraufgesetzt (vgl. OLG Hamburg, Urt. v. 25. 7. 1996, NJW 1996, 2870, 2871 ff.). 124 Vgl. Hoppe, VersR 2000, 1114, 1114. 125 Vgl. Henne, JURA 2002, 335, 337 f.; Gounalakis, AfP 1998, 10, 16; Canaris, FS f. Deutsch, S. 85, 106 f.; Wagner, VersR 2000, 1305, 1305 f.; Hoppe, VersR 2000, 1114, 1114; Amelung, S. 319; Beuthien/Schmölz, S. 3; Vollkommer, FS f. Leisner, S. 599, 603; Lange/Schiemann, S. 453; Taupitz, in: Rufausbeutung, S. 1, 27 f.; Karner/Koziol, S. 30, jeweils m. w. Nachw. 126 So auch Gounalakis, AfP 1998, 10, 18: „den faden Beigeschmack einer Bevorzugung der Reichen und Schönen“; Kläver, ZUM 2002, 205, 206: „Tatsächlich richtet sich der Schmerzensgeldanspruch in seiner Höhe nach Ansehen und Bekanntheitsgrad der betroffenen Person.“; Ladeur, ZUM 2007, 111, 115: „Ja, es müsste das Schmerzensgeld für einen nicht-prominenten Betroffenen anders (niedriger) bemessen werden, weil bei ihm das Verletzungsrisiko geringer ist als bei Prominenten.“ 127 So auch Gounalakis, AfP 1998, 10, 17; Canaris, FS f. Deutsch, S. 85, 106; Hoppe, VersR 2000, 1114, 1115; Henne, JURA 2002, 335, 337; Taupitz, in: Rufausbeutung, S. 1, 27 f., der vor diesem Hintergrund die gegenwärtige, nur durch den Etikettenwechsel getroffene Unterscheidung zwischen der Geldentschädigung und dem Schmerzensgeld als „ein[en] Rückfall in längst überwundene Begriffsjurisprudenz“ bezeichnet. 128 A.A. Steffen, NJW 1997, 10, 12; Müller, in: Rufausbeutung, S. 53, 61 f.; Beater, JZ 2004, 889, 892. Auch sah das BVerfG in der Abkopplung der Geldentschädigung vom Schmerzensgeld sowie der daraus resultierenden unterschiedlichen Höhe der beiden immateriellen Schadensersatzansprüche keine Verfassungswidrigkeit bezüglich Art. 3 Abs. 1 GG, weil zwischen den durch beide Rechtsinstitute erfaßten Fallkonstellationen sachlich begründete Unterschiede bestünden, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigten. Dabei stützte es sich offenbar auf die oben gesehene sog. Caroline-von-Monaco-Doktrin des BGH und bestätigte diese mithin (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8. 3. 2000, VersR 2000, 897, 898 f.; zu Recht kritisch zu dieser Entschei-

II. Einwände gegen die individuelle Zuweisung

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Zwar impliziert diese ungleiche Behandlung im ideellen Bereich sicher einen unerträglichen Widerspruch zur Gleichheit der Menschen. Das gleiche Werturteil kann jedoch auf dem Terrain der materiellen Interessen nicht ohne weiteres dadurch begründet werden, daß den Personen ein je nach ihren Vermögensverhältnissen ungleicher Ausgleich gewährt wird oder allgemeiner ausgedrückt unterschiedliches Einkommen zufließt, weil hier von Anfang an keine Prämisse der absoluten Gleichheit gilt130. Die wirtschaftlichen Güter werden nicht jeder Person kraft ihres Menschseins gleich zuteil131. Sie müssen in der Regel auf dem Markt erworben werden, wobei ihr Preis nach den dynamischen Relationen von Angebot und Nachfrage bestimmt wird. Solange diese Vorgänge ohne Verstoß gegen die Rechtsregeln ablaufen, muß das Ergebnis der Wettbewerbsmärkte im Prinzip respektiert werden, auch wenn es nicht ganz frei vom Einfluß der gewiß unfairen Faktoren, wie Glück, Erbschaft usw., erzielt wird. Das kann freilich Einkommensungleichheit zwischen den Marktteilnehmern zur Folge haben, welche in krasser Form politisch und moralisch inakzeptabel und somit unerwünscht ist. Zu den wichtigen wirtschaftspolitischen Aufgaben des modernen Sozialstaats gehört daher die Korrektur der durch den Markt hervorgebrachten originären Einkommensverteilung132. Solche Umverteilungsmaßnahmen, die durch politische Mehrheitsentscheidungen legitimiert werden133, greifen aber meistens nicht unmittelbar in den effizienzorientierten Allokationsvorgang auf dem Markt ein, sondern beschränken sich überwiegend auf die nachträgliche Verbesserung der Einkommensdisparitäten durch differenzierte Steuern sowie differenzierte Leistungen der Sozialversicherung oder Sozialhilfe134. Aus diesem Blickwinkel gesehen ist dem oben dargestellten wirtschaftspolitischen Einwand gegen die individuelle Zuweisung des Vermögenswerts der dung Hoppe, VersR 2000, 1114, 1115; Wagner, VersR 2000, 1305, 1306; Henne, JURA 2002, 335, 338). 129 Ist es eine Ironie der Geschichte, daß das ca. vor 200 Jahren entstandene Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten (1794) die gerade gegenteiligen Vorschriften für den immateriellen Schadensersatz vorsah, wonach nur Personen vom Bauer- oder gemeinen Bügerstande wegen erlittener Schmerzen ein billiges Schmerzensgeld fordern konnten (I 6 § 112), während die von Personen höheren Standes erlittenen Schmerzen lediglich bei Bestimmung der gesetzmäßigen Strafe berücksichtigt wurden (I 6 § 114)? 130 Vgl. Schwab, Einführung, Rn. 279; Esser/Weyers, SchuldR II/2, § 61 3 a), S. 252; Schlechtriem, JZ 1995, 362, 364. Die absolute wirtschaftliche Gleichstellung kann sogar für die wirtschaftliche Effizienz schädlich sein (vgl. Samuelson/Nordhaus, S. 561). 131 In bezug auf die Identitätsmerkmale, die jeder Person zugewiesen sind, bedeutet dies, daß ihre konkrete Verwertbarkeit sowie ihr Vermögenswert auf dem Markt bestimmt werden. 132 Vgl. Samuelson/Nordhaus, S. 68 ff. 133 Vgl. Hardes/Schmitz/Uhly, S. 57. 134 Z. B. die progressive Besteuerung, hohe Vermögens- oder Erbschaftssteuern, Transferleistungen wie Arbeitslosenunterstützung etc. (vgl. Samuelson/Nordhaus, S. 69 f.).

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§ 4 Begründung der individuellen Zuweisung

Identitätsmerkmale nicht zuzustimmen. Indem er den übersättigten Wohlstand der Prominenten sowie die jeder Prominenz immanente Unfairneß pointiert, will er einerseits die schon vorhandenen Maßnahmen zur Einkommensumverteilung nicht zur Kenntnis nehmen, andererseits den auf dem legalen Markt etablierten Vermögenswert der Identitätsmerkmale völlig leugnen. Aber die unfair und sogar ungerecht erscheinenden Konzentrationsvorgänge in der öffentlichen Aufmerksamkeit, welche beim Auftreten der Prominenz durch die gewinnorientierten Massenmedien üblicherweise zu beobachten sind, stellen einen neuen kulturellen Trend des Kapitalismus dar135, der in der marktwirtschaftlichen Gesellschaft nicht rechtlich zu verbieten ist136. Die damit verbundene unfaire Einkommensverteilung sollte zwar korrigiert, aber nicht gänzlich unterbunden werden. Führt man diese Argumentation des Einwands gegen die individuelle Zuweisung konsequent ein wenig weiter, dann sind selbst die von Stars in ihrem eigenen Tätigkeitsbereich erzielten enormen Einkommen, die gerade als Voraussetzung für die emotionsgeladene Behauptung angenommen werden, daß nämlich die Prominenten ohnehin unermeßlich reich seien, nicht den Stars zuzuordnen, weil dann selbst diese Einkommen die unter dem unfairen System aufgebaute Prominenz widerspiegeln. Ferner ergibt sich aus der Tatsache, daß die Prominenten bereits superreich sind, kein logischer Grund gegen die Zuweisung des Vermögenswerts der Identitätsmerkmale zu deren Träger. Zunächst können sich nicht nur Prominente, sondern auch noch unbekannte Normalbürger eine solche Zuweisung zunutze machen137. Besonders heute werden Normalbürger mit ihrer Novität und Lebensnähe immer häufiger in der Werbung, in Beiträgen in Zeitschriften oder in TV-Sendungen eingesetzt. Dem aber trägt der wirtschaftspolitische Einwand keine angemessene Rechnung138. Darüber hinaus kann das Argument, die Anerkennung der individuellen Zuweisung habe stets eine Einkommensumverteilung nach oben zur Folge139, nicht mehr standhalten, wenn man die Vermögenslage der Prominenten mit der der werbetreibenden Unternehmen bzw. Medienunter135 Vgl. Franck, S. 154 ff., der in diesem Zusammenhang vom „Kapitalismus im Geist“ oder vom „mentalen Kapitalismus“ spricht. 136 Vgl. spöttelnd darüber Franck, S. 156: „Dennoch ist von klassenkämpferischen Aufrufen und sozialen Unruhen nichts zu hören. . . . Vielmehr scheint’s dem Volk zu gefallen.“ 137 So auch McCarthy, 19 Colum.-VLA J. L. & Arts 129, 141 (1995). 138 Vgl. Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 137 Fn. 39 (1993): „Strictly speaking, everyone, obscure as well as famous, has a right of publicity – a property right in the economic value of her identity. . . . As a practical matter, however, the right of publicity usually becomes important only when the plaintiff has achieved in some degree a celebrated status.“; auch Peifer, S. 290: „Die Forderung, jedermann solle ein Right of Publicity erwerben können, erscheint insoweit als ein Feigenblatt für ein System, das letztlich Prominente bevorzugt.“ 139 Vgl. Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 136–137 (1993): „. . . the fact that the right of publicity redistributes wealth upwards.“

III. Positive Begründungen für die private Zuordnung

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nehmen, die Hauptverwerter ihrer Identitätsmerkmale sind, vergleicht140. Wer von ihnen reicher ist, ist evident. Die Verneinung der individuellen Zuweisung würde letztlich diesen finanziell haushoch überlegenen Verwertern zugute kommen141, weil sie damit in eine für sie äußerst günstige Lage gebracht würden: Sie dürften hochwertige Identitätsmerkmale von Prominenten fast kostenlos und beliebig verwenden142, abgesehen von der Zahlung der relativ geringeren, auch nur unter sehr strengen Voraussetzungen143 anzuerkennenden Geldentschädigung wegen immaterieller Schäden.

III. Positive Begründungen für die private Zuordnung Mit den bisherigen negativen Feststellungen, daß sich die gegen die individuelle Zuweisung des an den Identitätskennzeichen entstandenen Vermögenswerts vorgebrachten Einwände widerlegen lassen, ist freilich noch nicht beantwortet, worauf sich die Legitimität einer solchen Zuweisung nun eigentlich gründet. Im folgenden ist es daher weiter zu unternehmen, auf den durch die Auseinandersetzung mit jenen Einwänden gewonnenen Kenntnissen aufbauend die individuelle Zuweisung positiv zu begründen. Einen adäquaten Ausgangspunkt kann dabei der hybride Charakter der vermarktbaren Identitätsmerkmale bilden, die sich im Rahmen der Vermarktung zugleich als Persönlichkeitsmerkmale sowie als Wirtschaftsgüter erweisen. Als auf die individuelle Identität hinweisende Persönlichkeitsmerkmale sollten sie grundsätzlich unter eigener Regie ihres Trägers verwertet werden; als ökonomischen Nutzen erzeugende Wirtschaftsgüter hingegen möglichst effizient verwendet werden. Es liegt dann allerdings nahe, daß die vermögensrechtliche Zuweisung der Identitätsmerkmale nicht ohne Rücksicht auf die Anforderungen dieser Charakteristika vorgenommen werden sollte. Die hier befürwortete individuelle Zuweisung muß demnach auf den sowohl selbstbestimmungsbezogenen als auch effizienzorientierten Aspekt hin144 geprüft und gerechtfertigt werden. 140

Vgl. McCarthy, 19 Colum.-VLA J. L. & Arts 129, 141 (1995). Vgl. Goodenough, [1997] I.P.Q.: No. 1, 37, 60. 142 Vgl. Wagner, ZEuP 2000, 200, 208 f.; ders., VersR 2000, 1305, 1307. 143 Nach der ständigen Rechtsprechung begründet eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf eine Geldentschädigung, „wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann“ (vgl. BGH, Urt. v. 19. 9. 1961, BGHZ 35, 363, 368 f. – Ginsengwurzeln; BGH, Urt. v. 15. 11. 1994, NJW 1995, 861, 864 – Caroline von Monaco I; BGH, Urt. v. 5. 10. 2004, VersR 2005, 125, 127; ausdrücklich bestätigt durch BVerfG, Beschl. v. 26. 8. 2003, NJW 2004, 591, 592). 144 Neben diesen beiden Gesichtspunkten wird mitunter noch eine wettbewerbspolitische Überlegung, nämlich „Verbraucherschutz vor Irreführung“, als ein für die Begründung der individuellen Zuweisung entscheidender Blickpunkt herangezogen (vgl. näher dazu Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 229–230 (1993); Magold, S. 214 f.; Weiler, 13 Cardozo Arts & Ent. L. J. 223, 244 (1994), jeweils m. w. Nachw.). Dem ist aber 141

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§ 4 Begründung der individuellen Zuweisung

1. „Eigentum des Menschen an sich selbst“ Im deutschen Rechtskontext ist zu beachten, daß die Identitätsmerkmale als solche kraft des umfangreichen Persönlichkeitsrechts schon deren Träger rechtlich zugewiesen sind145. Vor diesem Hintergrund kann die hier anstehende Frage ausschließlich lauten, ob diese durch das Persönlichkeitsrecht erfolgte Zuweisung auch die vermögensrechtliche Befugnis mit umfaßt. Daß dies zu bejahen ist, wurde bereits oben angedeutet, wobei sich der vorgezeichnete Schluß zunächst lediglich auf die kausale Beziehung des Persönlichkeitsrechts zur Entstehung des Vermögenswerts der Identitätskennzeichen stützte146. Nun muß diese formale Argumentation durch eine substantielle ergänzt werden, welche auf das Wesen der durch das Persönlichkeitsrecht rechtlich gesicherten Herrschaft der Person über ihre Identitätsmerkmale eingeht. a) Perspektivenwechsel Einen guten Denkansatz dafür bietet die oben im Zusammenhang mit dem Leistungsargument erwähnte naturrechtliche Eigentumstheorie von Locke147, auch wenn die an dieser veralteten Theorie geübte Kritik148 nach wie vor gilt. Die Kritik richtet sich jedoch hauptsächlich gegen die finale These der Theorie, daß das Privateigentum an ursprünglich herrenlosen Gegenständen durch die in diese hineingelegte Leistung oder Arbeit des Eigentümers zu rechtfertigen sei. Bei Licht besehen hat aber diese These, die eigentlich die exklusive Zuweisung der in der Außenwelt vorhandenen Güter ins Auge faßt und daher die Leistung als Bindeglied zwischen den Eigentümern und den von ihnen getrennt existierenden Gütern hervorhebt, ohnehin wenig mit der hier in Rede stehenden vermögensrechtlichen Zuweisung der Identitätsmerkmale zu tun. Als einer Person unmittelbar anhaftendes Wesensmerkmal fallen die Identitätsattribute von vornnicht beizupflichten. Es ist schon abwegig, daß für die Begründung einer vermögensrechtlichen Zuweisung nicht auf die Interessen des potentiellen Rechtsinhabers, sondern auf die Interessen der kollektiven Dritten abgestellt wird. Außerdem bietet bereits das Wettbewerbsrecht gegen irreführende Werbepraktiken einen effektiven Schutz (z. B. § 5 UWG). Deshalb kann dieser Aspekt im vorliegenden Zusammenhang weiterhin vernachlässigt werden (vgl. auch kritisch zu dieser Argumentation Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 230–236 (1993); Magold, 215 f.; Weiler, 13 Cardozo Arts & Ent. L. J. 223, 244–245 (1994); Götting, S. 208 f.; Seemann, S. 252; Lichtenstein, S. 91). 145 Siehe dazu oben § 2 II. 2. b) bb). 146 Siehe dazu oben § 2. II. 2. b) bb); so auch Büchler, AcP 206 (2006), 300, 317 (siehe oben § 2 Fn. 141); Lichtenstein, S. 130: „Entscheidend für die Entstehung von Vermögenswert ist die zweifelsfreie Zuordenbarkeit in doppelter Hinsicht, zum einen bezüglich der Merkmale zum Rechtsträger, womit sich zum anderen zwangsläufig ergibt, daß ein hieraus erwachsener Vermögenswert – wenn überhaupt jemandem – dem Rechtsträger zuzuweisen ist.“ 147 Siehe oben § 4 Fn. 19. 148 Siehe oben § 4 II. 1. c), vor allem Fn. 47 ff.

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herein nicht unter das von Locke als natürlichen Zuweisungszustand aller Gegenstände unterstellte Gemeineigentum, dem sie erst durch die in sie investierte individuelle Leistung oder Arbeit des Menschen entrückt werden können149. Die Identitätsmerkmale werden also nicht erst durch die eigene Leistung des Trägers individualisiert und damit diesem ausschließlich zugewiesen, sondern ihm als wesenseigene Identifikationsmittel per se verliehen150. Ein grober Fehler der bisherigen Diskussion liegt gerade darin, daß sie an der die Sache nicht unmittelbar betreffenden These von Locke unnötig festhält151, während sie seine andere, im vorliegenden Zusammenhang noch wichtigere These völlig außer acht läßt, die lautet: „Obwohl die Erde und alle niederen Lebewesen allen Menschen gemeinsam gehören, so hat doch jeder Mensch ein Eigentum an seiner eigenen Person. Auf diese hat niemand ein Recht als nur er allein.“ 152 Diese als notwendige Voraussetzung für die Aneignung der externen Gegenstände durch die individuelle Arbeit aufgestellte These beinhaltet das sog. „Eigentum des Menschen an sich selbst,“ das die besonders enge Beziehung der Person zu ihren Persönlichkeitsmerkmalen prägnant bezeichnet. Wie schon der allgemeine Sprachgebrauch, etwa „mein Körper ist mein Kapital“ 153 andeutet, verhält sich die Person in bezug auf ihre eigenen Persönlichkeitsmerkmale faktisch wie ein Eigentümer154, der die Möglichkeit hat, seine Kapitalgüter nach seinem Ermessen zu verwenden. Eine solche intuitiv gezogene Parallele zum Eigentum ist nicht nur bezüglich der mit der Person materiell verhafteten physi149 Vgl. Locke, Zwei Abhandlungen, Zweite, 5. Kapital, § 27: „Was immer er also dem Zustand entrückt, den die Natur vorgesehen und in dem sie es belassen hat, hat er mit seiner Arbeit gemischt und ihm etwas eigenes hinzugefügt. . . . Da er es dem gemeinsamen Zustand, in den es die Natur gesetzt hat, entzogen hat, ist ihm durch seine Arbeit etwas hinzugefügt worden, was das gemeinsame Recht der anderen Menschen ausschließt“; dazu auch Beverley-Smith, S. 292. 150 Dadurch unterscheiden sich die Identitätsmerkmale wesentlich von den übrigen Immaterialgütern, für deren Monopolisierung durch die Immaterialgüterrechte die Leistungstheorie von Locke ein beliebtes Argument liefert. Vgl. zur Rechtfertigung der Immaterialgüterrechte durch die Leistungstheorie Bydlinski, System und Prinzipien, S. 526; Ohly, JZ 2003, 545, 548; Davies/Naffine, S. 134 f.; kritisch dazu Rehbinder, Rn. 21. 151 Das ist insbesondere in den oben kritisch angemerkten, heftigen Diskussionen um das Leistungsargument für die individuelle Zuweisung des Vermögenswerts der Identitätsmerkmale (siehe oben § 4 II. 1.) gut erkennbar. 152 Locke, Zwei Abhandlungen, Zweite, 5. Kapital, § 27. Die Eigentumstheorie von Locke besteht aus drei miteinander eng verzahnten Thesen: Erstens, jedermann hat ein Eigentum an sich selbst; zweitens, jedermann hat ein Eigentum an seiner Arbeit oder Leistung; drittens, jedermann erwirbt ein Eigentum an etwas, was er mit seiner Arbeit oder Leistung gemischt hat. 153 Gut nachvollziehbar am Beispiel des Models. Mit einem ähnlichen Ausdruck hat sich auch die Schauspielerin Elizabeth Taylor über die ungenehmigte filmische Verwertung ihrer persönlichen Lebensgeschichte durch den ABC television beklagt: „I am my own commodity. I am my own industry.“ (zitiert nach Moosmann, S. 11). 154 Vgl. Braun, S. 151.

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schen Persönlichkeitselemente, sondern vielmehr auch hinsichtlich der immateriellen Identitätskomponenten anzunehmen, welche die Person in ihrer Identität unverwechselbar widerspiegeln und ihre Persönlichkeit repräsentativ zum Ausdruck bringen. Wenn sich das Eigentum letzten Endes durch soziale Anerkennung in seiner absoluten Geltung behaupten kann155, dann müßte dies zuallererst bei den Identitätsattributen der Fall sein, weil kaum etwas so sozialtypisch offenkundig sein könnte wie das selbstverständliche Bewußtsein, daß meine Identität das Meine ist. Die vermögensrechtliche Zuweisung der Identitätsmerkmale zu deren Träger läßt sich demzufolge aus der ihm seit jeher ohne besondere Artikulierung allgemein konzedierten, ureigensten Machtbefugnis zur Nutzung seiner Identitätsmerkmale rechtfertigen156. Obwohl diese Argumentation vorwiegend an die intuitive Überzeugungskraft appelliert, derer sich die Rechtswissenschaft ungern zu bedienen pflegt, ist sie deswegen nicht abschätzig zu betrachten157. Die Intuition gewährt oft einen sinnfälligen Einblick in eine komplexe Sache, und das darauf gestützte natürliche Gerechtigkeitsgefühl bietet immerhin dann einen nachhaltigen Rechtfertigungsgrund eines subjektiven Rechts, wenn es mit den rechtlichen Grundsätzen widerspruchslos korrespondiert158. Ob sich der Begriff „das Eigentum an sich 155

Vgl. Braun, S. 152. Vgl. wohl ähnlich McCarthy, 19 Colum.-VLA J. L. & Arts 129, 148 (1995): „To me, that is only fair and it is common sense.“; Goodenough, [1997] I.P.Q.: No. 1, 37, 58–59; Davies/Naffine, S. 124: „This is one of the most explicit examples of recognition of a form of self-ownership by the law. Ownership of the persona is enshrined in what has been termed a right of publicity“, auch S. 140; Beverley-Smith, S. 319 f.: „. . . if one accepts that attributes of personality have a de facto economic value, and that such value should be protected from unauthorised exploitation, then a more direct and intellectually honest approach would base legal protection on the simple taking or misappropriation of such a valuable intangible.“; Schlechtriem, FS f. Hefermehl, S. 445, 454: „Bei den . . . materialisierten Persönlichkeitsdetails fällt die Zuweisung eines vermögenswerten Gehaltes an den Inhaber des Persönlichkeitsrechtes auch deshalb nicht schwer, weil das begriffliche Verständnis als ,property‘, ,droit de propriété‘ oder jedenfalls als eigentumsähnliche Position naheliegend ist“; Peifer, S. 147 f.: „Die Frage der Zuordnung ergibt sich hier also buchstäblich aus der Natur der Sache. Persönlichkeitsgüter gehören der Persönlichkeit an und sind ihr daher auch zuzuordnen.“; auch BGH, Urt. v. 20. 2. 1968, BGHZ 49, 288, 294 – Ligaspieler: „Auch der allgemeinen Anschauung dürfte die Auffassung mehr gerecht werden, daß diejenigen, die Einzelbildnisse eines Sportlers oder Künstlers zum Besitz erwerben wollen, sich an den Sportler oder Künstler unmittelbar oder diejenigen wenden müssen, denen von dem Abgebildeten die Erlaubnis zum Vertrieb der Bildnisse erteilt worden ist.“ 157 So aber Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 136 (1993): „What appears to be ,common sense‘ may be nothing but the particular view of a matter that most strongly supports and expresses the interests of powerful social groups, or that fits most snugly with other deeply rooted and unexamined beliefs.“; zu Recht krtisch hierzu Goodenough, [1997] I.P.Q.: No. 1, 37, 58: „Nonetheless, it is in correspondence to the ,deeply rooted and unexamined beliefs‘ of society, held either generally or by a sufficient powerful social sub-group, that law gets its existence.“ 158 Vgl. Goodenough, [1997] I.P.Q.: No. 1, 37, 58, 60–61. 156

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selbst“, womit das natürliche Vorrecht des Menschen, seine eigenen Identitätsmerkmale ausschließlich für sich zu beanspruchen, metaphorisch illustriert wird, im geltenden Rechtskontext bewähren kann, muß daher untersucht werden. b) „Eigentum an sich selbst“ als Grundkonzeption des Persönlichkeitsrechts Der Ausdruck vom „Eigentum des Menschen an sich selbst“ könnte zunächst verwundern, weil die darin enthaltene Anknüpfung an das Sacheigentum, die an die einst institutionalisierte Sklaverei bzw. Leibeigenschaft erinnert, einen unangenehmen Beigeschmack zu erzeugen vermag. Deshalb erscheint solch ein naiver Begriff unter dem jetzt kategorisch feststehenden Rechtsprinzip, daß der Mensch als Person ein Subjekt des Rechts, dagegen kein Rechts- und Herrschaftsobjekt ist159, als nicht mehr angebracht. Auch rein logisch gesehen kann das am Rechtssubjekt entstandene Eigentum schon begrifflich kontradiktorisch sein, weil es nicht möglich ist, gleichzeitig Rechtsubjekt als auch Rechtsobjekt zu sein160. Der Gedanke „Eigentum an sich selbst“ ist jedoch nicht mit dem „Eigentum an fremden Menschen“ zu verwechseln. Das eigentliche Problem der Sklaverei, nämlich einer extremsten Form des Eigentums an anderen Menschen, liegt gerade darin, daß Sklaven das Eigentum an der eigenen Person generell versagt wird. Daraus ergibt sich vielmehr das Paradox, daß jede Person als Subjekt ein Eigentum an sich selbst haben muß, um nicht in fremdes Eigentum zu geraten161. Das Eigentum an sich selbst impliziert also, daß jede Person Herr über sich selbst sein soll und stellt mithin die Freiheit der Person in ihrer elementarsten Form dar162. Nicht lediglich stimmt dies mit der liberalen politischen Tradition überein, sondern bildet auch die notwendige Grundlage der Autonomie des Individuums163. Erst anhand vom Gedanken des Eigentums an sich selbst wird der Mensch rechtlich zu einer integralen Einheit aus Körper und Geist 159

Vgl. statt aller Larenz/Wolf, AT, § 20 Rn. 7. Siehe Kant, Vorlesung, S. 207: „Der Mensch ist nicht Eigentum von sich selbst. Das ist eine Kontradiktion. Denn sofern er eine Person ist, so ist er ein Subjekt, das ein Eigentum an anderen Dingen haben kann. Wäre es aber nun ein Eigentum von sich selbst, so wäre er eine Sache, über die er Eigentum haben kann. Nun ist er aber eine Person, die kein Eigentum ist, demnach kann er keine Sache sein, an der er Eigentum haben kann, denn es ist ja unmöglich, Sache und Person zugleich zu sein, ein Eigentümer und Eigentum zu sein.“ 161 Vgl. Davies/Naffine, S. 5: „. . . to be a person is precisely not to be reduced to the property of another. . . . To be a person is to be a proprietor and also to be property – the property of oneself.“, auch S. 12: „Self-ownership immunises against potential ownership by others.“; Baston-Vogt, S. 239: „Dieses Sichselbstgehören bedeutet vor allem die Unverfügbarkeit für andere.“ 162 Vgl. Braun, S. 151. 163 Vgl. Davies/Naffine, S. 5 f. 160

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vervollständigt164 und kann sich zum in der Gesellschaft nicht verschwimmenden und von anderen abgrenzbaren Individuum entwickeln165, das sein eigenes Leben unter Ausschluß fremder Kontrolle selbstbestimmt gestalten kann. Damit die Einheitlichkeit von Personalität sowie die Selbstbestimmung des Individuums auch im Kontext der Kommerzialisierung der Persönlichkeitskomponente bewahrt bleiben können, muß die Parole vom Eigentum an sich selbst noch weiter akzentuiert zu werden. Es stellt sich indessen auf einer anderen Ebene die Frage, ob sich der Begriff „Eigentum an sich selbst“ reibungslos in die geltende Zivilrechtsdogmatik einordnen läßt. Wie die oben dargelegte Kritik von Kant deutlich macht, kann unter der strengen Dichotomie von Rechtssubjekt und -objekt überhaupt kein Recht an der Person oder an ihren Bestandteilen anerkannt werden, weil sie einen Zuordnungspunkt als Rechtssubjekt, hingegen keinen Bezugspunkt des subjektiven Rechts darstellt. Hier bedeutet Persönlichkeit im Sinne einer Rechtssubjektivität lediglich die Rechtsfähigkeit und bleibt das subjektive Recht ausschließlich nach dem Vorbild von Eigentum in den außerpersönlichen Objektbeziehungen befangen. Diese formale Ansicht ist aber spätestens seit der zivilrechtlichen Anerkennung des Persönlichkeitsrechts überwunden166, das die menschliche Persönlichkeit in ihrem ständigen Prozeß der Entfaltung inhaltlich erfaßt und somit die Beziehungen der Person zu sich selbst als Schutzgut ergreift167. Festzuhalten ist demzufolge, daß es jedenfalls nicht mehr der gegenwärtigen Dogmatik zuwiderläuft, daß sich ein subjektives Recht unmittelbar auf die Person des Rechtsträgers bezieht. Des weiteren muß noch in der dogmatischen Erwägung erörtert werden, ob es sich beim Eigentum an sich selbst um echtes Eigentum im Sinne des allgemeinen zivilrechtlichen Verständnisses handelt. Unter zivilrechtlichem Eigentum versteht man im allgemeinen ein umfassendes, absolutes Herrschaftsrecht an einem körperlichen Gegenstand168, kraft dessen der Eigentümer dazu befugt ist, mit der Sache nach Belieben zu verfahren und andere von jeder Einwirkung auf die Sache auszuschließen, soweit nicht die Sozialbindung eingreift169. Mit solchen grundsätzlich unbeschränkten Befugnissen, welche freien Gebrauch, unge164

So auch Davies/Naffine, S. 137. Vgl. Davies/Naffine, S. 6. 166 Vgl. Hubmann, S. 116 ff.; Peifer, S. 133 ff.; Westermann, FamRZ 1969, 561, 565; Büchler, AcP 206 (2006), 300, 317. Siehe auch unten § 5 II. 1. b) cc) (1). 167 Nach einer Definition der Persönlichkeitsrechte sind darunter diejenigen subjektiven Rechte zu verstehen, „welche die individuelle Persönlichkeit des Menschen in ihrer leiblichen, seelischen und geistigen Existenz und in den Gütern schützen, in denen sich die Persönlichkeit manifestiert.“ (siehe Staudinger/Weick, 2004, Vorbemerkung zu § 1 Rn. 18). 168 Vgl. nur Larenz/Wolf, AT, § 15 Rn. 5. 169 Siehe § 903 S. 1 BGB. 165

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hinderte Nutzung und Disposition der Sache umschließen, gilt das Eigentum als ein Idealtypus des Herrschaftsrechts. Dieser kurze Blick auf den gängigen Eigentumsbegriff macht bereits erkennbar, daß das Eigentum an sich selbst, kürzer Selbsteigentum, nicht mit dem zivilrechtlichen Eigentum identisch ist. Auffällig ist zuerst der Unterschied, daß das zivilrechtliche Eigentum auf res corporales beschränkt ist, während sich das Selbsteigentum nicht in den Beziehungen der Person zu ihren physischen Bestandteilen erschöpft. Das Selbsteigentum nimmt überdies Bezug auf die immateriellen sowie innerlichen Facetten der Persönlichkeit170. Dieser gegenständliche Unterschied zwischen den beiden Rechten führt freilich zu ihrer inhaltlichen Verschiedenheit. Da sich das Selbsteigentum unmittelbar auf die von der Person nicht getrennten, sondern diese gerade ausmachenden Persönlichkeitskomponenten richtet, kann es nicht sämtliche zum Inhalt des Sacheigentums gehörenden Befugnisse beinhalten. Besonders bedenklich ist in diesem Zusammenhang die umfassende Entäußerungsbefugnis. Bevor die verfassungsrechtliche Menschenwürdegarantie oder die zivilrechtliche Kontrolle am Maßstab der guten Sitten herangezogen werden muß171, tritt schon der Zweck des Selbsteigentums, welcher darin liegt, die Autonomie der Person zu sichern, denjenigen Dispositionen entgegen172, welche die Selbstkontrolle des Menschen entweder völlig substanzlos machen (z. B. Selbstmord) oder unmäßig beeinträchtigen (z. B. Versklavung)173. Darüber hinaus paßt das zivilrechtliche Eigentum, das sich als „Prototyp des Vermögensrechts“ 174 nur an der Vermögensgüterwelt orientiert, dem Konzept nach nicht zum Eigentum an sich selbst, das die einer Person und ihren Bestandteilen anhaftenden verschiedenen Werte und Interessen, seien es ideelle oder materielle, alle umfaßt. Auch wenn sich die materiellen Interessen an Persönlichkeitskomponenten heutzutage im Vor170 Z. B. hat Locke die körperliche Arbeitskraft und die Geschicklichkeit der Hände ins Eigentum an der eigenen Person einbezogen (Locke, Zwei Abhandlungen, Zweite, 5. Kapital, § 27). 171 So aber wohl Hubmann, S. 172, der als Grenze des Bestimmungsrechts über sich selbst hinsichtlich der Verfügung persönlicher Güter die Kulturauffassung und das sittliche Bewußtsein anführt. 172 Hierbei handelt es sich nicht um eine von außen gesetzte Schranke, sondern um eine immanente Grenze des subjektiven Rechts, die durch die Einbeziehung des Interessenschutzzwecks in die Definition des subjektiven Rechts deutlich geworden ist (vgl. Larenz/Wolf, AT, § 14 Rn. 14.; auch Baston-Vogt, S. 239 f.). 173 Auch nach Locke scheidet es von vornherein als Bestandteil der naturrechtlichen Macht des Menschen über die eigene Person aus, sich das Leben zu nehmen oder sich freiwillig in Sklaverei zu begeben (vgl. Locke, Zwei Abhandlungen, Zweite, 2. Kapital § 6 und 4. Kapital, § 23; auch i. E. ähnlich Baston-Vogt, S. 239). Die Ablehnung des Eigentums an sich selbst von Savigny mit dem Argument, daß „es unter andern in consequenter Entwicklung auf die Anerkennung eines Rechts zum Selbstmord führt“ (Savigny, System I, S. 336), ist daher in der Tat nicht konsequent, weil er dabei keinerlei Rücksicht auf die immanente Grenze des Rechts nimmt. Kramer hat diese Argumentation von Savigny zu Recht als „ein klassisches Beispiel für begriffsjuristisches Argumentieren“ scharf kritisiert (vgl. Kramer, Methodenlehre, S. 141 f.). 174 Forkel, FS f. Weber, S. 555, 558.

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marsch befinden, liegt der Schwerpunkt der durch das Selbsteigentum erfaßten autonomen Beziehungen des Menschen als Geistwesen zu sich selbst eher auf dem ideellen Gebiet, welchem das Sacheigentum kaum Rechnung trägt175. Wegen dieser Unterschiede ist es nicht angezeigt, an dem Ausdruck „Eigentum an sich selbst“, der auf die revolutionäre Ausdehnung des Eigentumsbegriffs durch die frühere liberale Rechtsphilosophie zurückzuführen ist176, weiterhin festzuhalten. Um die völlige Verflüchtigung des im BGB verankerten Eigentumsbegriffs zu vermeiden, muß dieser naturrechtlich inspirierte Ausdruck durch einen rechtlich raffinierten ersetzt werden. Gerade dazu ist das Persönlichkeitsrecht wie geschaffen177, das die vom unpersönlichen Sacheigentum zu unterscheidenden Eigenarten des auf die eigene Person bezogenen Selbstbestimmungsrechts des Menschen vom Terminus her plastisch ausdrückt. Diese terminologische Präzisierung darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß jeder Mensch immerhin eine gewisse eigentumsähnliche Herrschaftsmacht über sich selbst besitzt178. Nur in einem sehr eng und rein sachenrechtlich verstandenen Sinn läßt sich der Begriff des „Eigentums an sich selbst“ ausschließen. Es hört sich deshalb nicht befremdlich an, wenn das BVerfG in bezug auf die Menschenwürde, die eine Grundsäule des Persönlichkeitsrechts darstellt179, davon spricht, daß „der Mensch über sich selbst verfügen und sein Schicksal eigenverantwortlich gestalten kann“.180 Bedenkt man, daß auch die zivilrechtliche Aner175 Bei der Verletzung des Sacheigentums kommt der Schmerzensgeldanspruch überhaupt nicht in Betracht. Das sog. Affektionsinteresse an der Sache ist im Prinzip nicht auszugleichen (vgl. dazu MüKo/Oetker, 4. Aufl., § 249 Rn. 23). 176 Vgl. dazu näher Schwab, Eigentum, S. 65, 79 ff. 177 So auch Schwab, Eigentum, S. 65, 85: „Der Eigentumsbegriff Lockes und seiner Nachfolger hat die Vorstellung von einem originären personalen Rechtsbereich des einzelnen, die in unseren Tagen in der Theorie vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht ihre positivrechtliche Anerkennung gefunden hat, in ein juristisches Gewand gekleidet.“; ähnlich Baston-Vogt, S. 239, die sagt, daß durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht „die natürliche Herrschaft, die jeder Mensch über sich selbst hat, rechtlich anerkannt, geschützt und bewehrt“ wird, was als Bestätigung und Umsetzung des Prinzips anzusehen ist, daß „jeder Mensch prinzipiell sich selbst gehört“. 178 Vgl. Braun, S. 151: „In der Sache gibt es ein solches Recht sehr wohl. . . . Wir haben uns lediglich nur daran gewöhnt, in diesem Zusammenhang nicht von Eigentum zu sprechen, sondern bedienen uns anderer Ausdrucksweisen.“; Davies/Naffine, S. 184: „the person is (their own) property not because the positive law explicitly recognises such a principle, but because the model of the person which informs the law is a selfowning, bounded, self-determining individual.“; Weber, FS f. Kramer, S. 411, 411: „Die Persönlichkeit ist der Ausdruck der Herrschaft über die private Lebensgestaltung.“; Peifer, S. 272: „faktische Herrschaftsmöglichkeiten“. 179 Vgl. BGH, Urt. v. 25. 5. 1954, BGHZ 13, 334, 338 – Leserbriefe; Larenz/Wolf, AT, § 8 Rn. 3. 180 BVerfG, Beschl. v. 11. 10. 1978, BVerfGE 49, 286, 298 – Transsexuelle; ähnlich auch Zippelius/Würtenberger, S. 205: „Jeder soll insbesondere ein gestaltendes Verfügungsrecht über sich selbst und seinen persönlichen Bereich haben, vor allem ein Recht, in elementaren höchstpersönlichen Dingen über die eigene Person zu verfügen.“

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kennung des Persönlichkeitsrechts anfänglich mit dem in Analogie zum herkömmlichen Sacheigentum gebildeten Begriff „Recht an der Person“ versucht wurde181, ist nicht zu verkennen, daß der Gedanke vom Eigentum an sich selbst den Keim zum Persönlichkeitsrecht legte, ebenso wie die Idee vom geistigen Eigentum zum Immaterialgüterrecht führte182. Je mehr menschliche Lebensverhältnisse kommerzialisiert werden, desto wichtiger werden diese vom Eigentum geprägten Grundgedanken, vermöge derer die im kommerziellen Kontext immer neu geartet aufkommenden vermögensrechtlichen Interessen ohne weiteres in den Schutzbereich der beiden Rechte einbezogen werden können183. Die dem Persönlichkeitsrecht zugrunde liegende Vorstellung des Eigentums an sich selbst offenbart sich am deutlichsten im nahtlos verlaufenden Umwandlungsprozeß zwischen Persönlichkeitsrecht und Eigentum, der bei der Trennung des menschlichen Körperteils bzw. bei der Einfügung einer Sache in den Körper stattfindet. Wenn menschliche Körperteile oder Körpersubstanzen vom lebenden Körper, der als solcher keine Sache ist und daher dem Persönlichkeitsrecht untersteht184, getrennt werden, weisen sie185 nach herkömmlicher Auffassung Sachqualität auf und fallen mithin in die Domäne des Eigentums186. Auch wenn diesbezüglich einige subtile Fragen noch zur Diskussion stehen, z. B. von welchem Zeitpunkt an und unter welcher Voraussetzung das Eigentum erst anzunehmen ist187 oder ob das Eigentum an dieser einmal zu einer einheitlichen 181 Vgl. dazu Staudinger/Weick, § 1 Rn. 19 m. w. Nachw.; v. Gierke, 702: „Rechte an der eigenen Person“. Umstritten ist allerdings, ob dieser Ausdruck heute noch beibehalten werden kann (siehe dazu unten § 5 Fn. 257 f.). 182 Vgl. zum geistigen Eigentum als Grundlage des Immaterialgüterrechts Kohler, Urheberrecht, S. 21 ff.; Schwab, Eigentum, S. 65, 85 ff.; Bydlinski, System und Prinzipien, S. 526 f.; v. Tuhr, AT, S. 146 f.; Ulmer, S. 105 ff.; Klippel, ZNR 1982, 132, 149; Götting, GRUR 2006, 353, 354 f. 183 Vgl. für die Wiederbelebung des Ausdrucks vom geistigen Eigentum Ohly, JZ 2003, 545, 546 ff.; Götting, GRUR 2006, 353, 358; a. A. Rehbinder, Rn. 97. 184 Vgl. MüKo/Holch, 4. Aufl., § 90 Rn. 2; Staudinger/Jickeli/Stieper, 2004, § 90 Rn. 18 f.; Taupitz, JZ 1992, 1089, 1091 f.; ders., NJW 1995, 745, 745; Hattenhauer, S. 61; Damm, JZ 1998, 926, 933; a. A. Brunner, NJW 1953, 1173, 1173, der dem Lebenden das vererbliche Eigentum an seinem Körper einräumen will, um den Erben das Eigentum an der Leiche zuzusprechen. 185 Z. B. abgeschnittene Haare, gezogene Zähne, zum therapeutischen Zweck herausoperierte oder zur Transplantation entnommene Organe, gespendetes Blut oder Sperma etc. 186 Vgl. Staudinger/Jickeli/Stieper, 2004, § 90 Rn. 20; MüKo/Holch, 4. Aufl., § 90 Rn. 27; Larenz/Wolf, AT, § 20 Rn. 9; Medicus, AT, Rn. 1178. 187 Nach einer Auffassung unterfallen die vom Gesamtkörper abgetrennten Körperkomponenten nicht schon ab der Trennung dem Schutz des Eigentums, sondern unterliegen trotz der Trennung weiterhin dem Persönlichkeitsrecht. Ins Eigentum gehen sie nur unter besonderen Voraussetzungen über (vgl. Forkel, JURA 2001, 73, 74 Fn. 14; ders. FS f. Weber, S. 555, 560 f.; Deutsch, AcP 192 (1992), 161, 173). Auch nach dem BGH werden solche Körpersubstanzen ungeachtet ihrer Trennung ausnahmsweise nicht dem Eigentum unterworfen, die nach dem Willen des Trägers zur Bewahrung

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Persönlichkeit konstruierten Materie von dem fortwirkenden Persönlichkeitsrecht überlagert und damit beschränkt wird188, insbesondere angesichts der heute beträchtlich zugenommenen Verwendungsmöglichkeiten der dem Gesamtkörper entnommenen Körperkomponenten, wird letztlich das Eigentum an den endgültig abgetrennten Körperteilen bzw. Körpersubstanzen jedenfalls im Prinzip nicht geleugnet und doch einhellig demjenigen zugewiesen, aus dessen Körper jene Körperkomponenten stammen189. Geht man in diesem Zusammenhang der Frage nach, wo sich die eigentliche Rechtsgrundlage für diese spontane Entstehung des neuen Eigentums und dessen Zuweisung zum ursprünglichen Träger findet, dann bleibt nichts als Antwort übrig als das im Persönlichkeitsrecht verborgene Eigentum an sich selbst190. Mit einer ähnlichen Anspielung auf das Selbsteigentum geht auch die gegenläufige Umwandlung von Sacheigentum in Persönlichkeitsrecht einher, wenn das abgetrennte Körpermaterial191 wieder in den Körper eingepflanzt wird oder wenn der künstliche Körperteil192 dauerhaft mit dem menschlichen Körper fest verbunden wird193. Damit das bereits an solchen Sachen bestehende Eigentum im neu entstehenden Persönlichkeitsrecht oder zur Verwirklichung der Körperfunktion später wieder in den Körper zurückgeführt werden sollen, wie zur Eigentransplantation bestimmte Haut- oder Knochenbestandteile, zur Befruchtung entnommene Eizellen, Eigenblutspende etc. Diese Ausnahme gilt nach BGH darüber hinaus für das zur Fortpflanzung konservierte Sperma, obwohl es nicht in den Körper des ursprünglichen Trägers zurückkehrt, weil die Spermakonserve die verlorene Fortpflanzungsfähigkeit substituieren soll und damit „eine körpertypische Funktion“ erfüllt. Mit dieser Theorie von funktionaler Einheit hat der BGH den Körperverletzungstatbestand des § 823 Abs. 1 BGB erheblich erweitert und gleichzeitig versubjektiviert (vgl. BGH, Urt. v. 9. 11. 1993, NJW 1994, 127, 128; kritisch hierzu Staudinger/Jickeli/Stieper, 2004, § 90 Rn. 22; MüKo/Holch, 4. Aufl., § 90 Rn. 28; Rohe, JZ 1994, 465, 468; Taupitz, NJW 1995, 745, 746 ff.; Nixdorf, VersR 1995, 740, 743). 188 Die heute wohl vorherrschende Auffassung bejaht die Überlagerung des Eigentums an den abgetrennten Körperteilen durch das Persönlichkeitsrecht (vgl. dazu Taupitz, JZ 1992, 1089, 1093; ders, in: Rechtliche Regulierung, S. 51, 92; Laufs/Reiling, NJW 1994, 775, 775 f.; Rohe, JZ 1994, 465, 468; Nixdorf, VersR 1995, 740, 742; Damm, JZ 1998, 926, 933 f.; Baston-Vogt, S. 286 ff.; auch BGH, Urt. v. 9. 11. 1993, NJW 1994, 127, 128 m.w. Nachw.). 189 Vgl. Forkel, JURA 2001, 73, 74; Taupitz, JZ 1992, 1089, 1093; Staudinger/ Jickeli/Stieper, 2004, § 90 Rn. 21; MüKo/Holch, 4. Aufl., § 90 Rn. 27; Medicus, AT, Rn. 1178; Brohm, JuS 1998, 197, 199. 190 Dies wird traditionell mit einer Analogie zu § 953 BGB, wonach Bestandteile einer Sache auch nach der Trennung dem Eigentümer der Sache gehören, oder mit dem Aneignungsrecht des Körperinhabers gemäß § 958 Abs. 2 BGB begründet. Derartige Argumentationen basieren wiederum auf dem Herrschaftsrecht über die eigene Person, das in der natürlichen Auffassung dem Eigentum entspricht (vgl. dazu näher, Taupitz, JZ 1992, 1089, 1092; Heitmann, S. 84; auch Ahrens, S. 239, der das Eigentum an den abgetrennten natürlichen Körpersubstanzen nicht als ein sachenrechtliches, sondern als „ein eigenes Herrschaftsrecht kraft Persönlichkeitsrechts sui generis“ ansieht). 191 Z. B. fremde Organe, Blutspende usw. 192 Z. B. Herzschrittmacher, künstliche Gelenke usw.

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völlig aufgelöst wird, ist freilich ein Katalysator vonnöten, mit dessen Hilfe das Eigentum widerspruchsfrei ins Persönlichkeitsrecht übergehen kann. Man kann ihn ebenfalls in dem im Persönlichkeitsrecht implizierten Gedanken des Eigentums an sich selbst finden. Solche von der Vorstellung des Eigentums an sich selbst vermittelte Parallelen des Persönlichkeitsrechts zum Eigentum sind auch in bezug auf die vermarktbaren Identitätsattribute deutlich spürbar194, die in diversen kommerziellen Kontexten als Stellvertreter der Person des Trägers eingesetzt werden. Meine Identitätskennzeichen repräsentieren nichts anderes als das Ich, worauf sich das Selbsteigentum unmittelbar bezieht. Deshalb hat man sich vor der Entwicklung des Persönlichkeitsrechts häufig auf das Eigentum berufen, um sich gegen die unautorisierte fremde Verwendung der Identitätskennzeichen zu wehren195. Manche sehen noch heute im amerikanischen right of publicity einen direkten Ausdruck des Selbsteigentums196. Es braucht auch in Deutschland nicht anders zu sein, wenn es um die Frage geht, wodurch sich die Zuweisung des an den Identitätsmerkmalen entstandenen Vermögenswerts zu ihrem Träger rechtfertigen läßt. Auch hier bietet die durch das Persönlichkeitsrecht verfeinerte Vorstellung des Eigentums an sich selbst, das immerhin gedanklich etwas mit dem Sacheigentum gemein hat, die treffende Erklärung dafür. 2. Ökonomische Begründung Neben dem Gedanken des Eigentums an sich selbst, der mit einem intuitiven Gerechtigkeitsgefühl verbunden ist, vermag auch die rationale ökonomische Sicht Gründe für die vermögensrechtliche Zuweisung der Identitätsmerkmale zu ihrem Träger vorzubringen197. Da die trotz ihrer technischen Reproduzierbarkeit kraft des Persönlichkeitsrechts künstlich verknappten menschlichen Identitätskennzeichen im heutigen sozioökonomischen Kontext zu begehrten wertvollen Kommunikationsressourcen geworden sind198, welche in verschiedenen kommunikativen Zusammenhängen Mehrwert erzeugend eingesetzt werden können, ist 193 Vgl. Hattenhauer, S. 61 f.; Staudinger/Jickeli/Stieper, 2004, § 90 Rn. 24; MüKo/ Holch, 4. Aufl., § 90 Rn. 29. 194 Vgl. Larenz/Canaris, SchuldR II/2, § 80 II, S. 499; Büchler, AcP 206 (2006), 300, 318. 195 Vgl. Schlechtriem, FS f. Hefermehl, S. 445, 450; Krneta, GRUR Int. 1996, 298, 298 Fn. 2; Götting, S. 15, 75 jeweils m.w. Nachw.; auch Pavesich v. New England Life Ins. Co., 50 S.E. 68, 79 (1905): „The form and feature of the plaintiff are his own“. 196 Vgl. Davies/Naffine, S. 140: „This is the one of the most explicit examples of recognition of a form of self-ownership by the law.“; Gaines, 10 Yale Journal of Law & the Humanities, 537, 545 (1998): „the right to property in ourselves“; Goodenough, [1997] I.P.Q.: No. 1, 37, 37: „notions of personal economic rights“. 197 Vgl. Büchler, AcP 206 (2006), 300, 326. 198 Siehe näher dazu oben § 2 II. 2.

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nun ihre „Bewirtschaftung“ mit dem Ziel der möglichst effizienten Nutzung erforderlich geworden. Als Wirtschaftsgüter sind sie also der Maxime der Nutzenmaximierung unterworfen, was bei der richterlichen Rechtsfortbildung bezüglich ihrer Verwertungsbefugnis gerade die ökonomischen Effizienzüberlegungen unerläßlich macht199. Damit im folgenden genau untersucht werden kann, ob nach dem Effizienzkriterium die individuelle Zuweisung des an den Identitätsmerkmalen entstandenen Vermögenswerts zu ihrem Träger dessen kollektiver Zuweisung vorzuziehen ist, muß zuvor der rechtsökonomische Grundgedanke klar erfaßt werden. a) Allokationseffizienz als eine wesentliche Aufgabe des Rechts aa) Allgemeines Der utilitaristischen Nützlichkeitslogik zufolge müssen alle knappen und deshalb einen Wert habenden Ressourcen tunlichst größtnutzenbringend verwendet werden, um unter Vermeidung ihrer Verschwendung den optimalen gesellschaftlichen Wohlstand zu erreichen200. Als Effizienzkriterium dient dabei im allgemeinen die Formel von Pareto-Effizienz, wonach eine Wirtschaft dann effizient ist, wenn niemand eine Erhöhung seines Nutzens erfahren kann, ohne daß ein anderer einen Nachteil erleidet201. Solange es noch möglich ist, eine Person besserzustellen, ohne zugleich eine andere Person schlechterzustellen, ist der gegebene Allokationszustand nicht als effizient zu qualifizieren. Da der individuelle Nutzen aus einer bestimmten Ressourcenverwendung aber nur subjektiv, das heißt vom jeweiligen Wirtschaftssubjekt selber eingeschätzt werden kann, ist für die Realisierung der Pareto-Effizienz ein Wirtschaftssystem notwendig, in welchem die voneinander abweichenden individuellen Nutzenvorstellungen unmißverständlich offenbart und nach einem einheitlichen Maßstab miteinander verglichen werden können, um dadurch die jeweils höchste Nutzenpräferenz herausfinden zu können, wofür die knappen Ressourcen letztlich eingesetzt werden sollen. Für eine solche effizienzorientierte Koordinierung von zahllosen Wirtschaftsakteuren bzw. Wirtschaftsgütern hat sich das Marktwirtschaftssystem in der Geschichte im Gegensatz zur Planwirtschaftsordnung als kompetent bewährt, indem sich die subjektiven Nutzenpräferenzen der Individuen durch den von ihnen angebotenen Preis ermitteln lassen und dann die knappen Ressourcen durch eine Kette von freiwilligen Transaktionen an die Hand desjenigen gelangen, der für sie die höchste Zahlungsbereitschaft erklärt202. 199 Vgl. zum ökonomischen Gesichtspunkt als eine „Inspirationsquelle für Richterrecht“ Kramer, Methodenlehre, S. 233 ff. 200 Vgl. nur Samuelson/Nordhaus, S. 21. 201 Siehe Behrens, S. 84 f.; Samuelson/Nordhaus, S. 232. 202 Vgl. Behrens, S. 114 f.

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Die Funktionsfähigkeit des Markts im Hinblick auf eine effiziente Allokation knapper Ressourcen hängt aber von bestimmten Bedingungen ab. Als Voraussetzung für den erwünschten, nutzensteigernden Tauschprozeß auf dem Markt203 gilt zunächst, daß die Ressourcen irgend jemandem zugeordnet sein müssen204. Ohne eine feststellbare und abgesicherte Zuordnung finden keine Transaktionen statt, sondern nur freie Zugriffe. Die Effizienz der marktwirtschaftlichen Allokation kann des weiteren nur dann gewährleistet werden, wenn sich der Markt im vollständigen Wettbewerb befindet, unter welchem weder einzelne Anbieter noch einzelne Abnehmer Einfluß auf die Preisbildung der Güter nehmen können205. Unter dem unvollständigen Wettbewerb, vor allem dem Monopol, entspricht der Preis, der von den Marktmächtigen diktiert wird, nicht exakt dem Nutzenniveau der Konsumenten, so daß die Funktion des Preises als Kommunikationsmedium bei den Tauschvorgängen auf dem Markt fehlschlägt. Der überhöhte Preis kann dazu führen, daß die Konsumenten solche Güter in geringeren Mengen kaufen, als sie es unter vollständiger Konkurrenz täten206. Nicht zu unterschätzen ist schließlich das Problem der Transaktionskosten207. Wenn die Transaktionskosten zu hoch sind, können die unter Effizienzgesichtspunkten wünschenswerten Transaktionen nicht zustande kommen, weil die wahre Nutzenpräferenz bezüglich bestimmter Ressourcenverwendung durch Einbeziehung der Transaktionskosten ins Kalkül bis zum Erlöschen verzerrt werden kann. Für einen leistungsfähigen Markt sind die Transaktionskosten daher möglichst gering zu halten208. Dieser kurze Überblick über die für die effektive Marktwirtschaft notwendigen Rahmenbedingungen weist zugleich auf den engen Zusammenhang zwischen Allokationseffizienz und Rechtsordnung hin: Die rechtlichen Regelungen sollen – neben der Verfolgung anderer rechtspolitischer Ziele – auch zur Herstellung jener Voraussetzungen für die Funktionsfähigkeit des Markts beitragen209. Sie müssen also so eingerichtet werden, daß sie dem sog. Marktversa-

203 Nach Behrens, S. 114 bewirkt jeder Tauschprozeß auf dem Markt „definitionsgemäß, daß die ausgetauschten Ressourcen einer nützlicheren Verwendung zugeführt werden als derjenigen, in welcher sie sich vor dem Tausch befunden haben“. 204 Vgl. Behrens, S. 116; Ellger, S. 269, 281 f. 205 Vgl. Samuelson/Nordhaus, S. 64; Behrens, S. 115. 206 Vgl. Samuelson/Nordhaus, S. 237 sowie S. 65: „Das Muster überhöhter Preise und eines zu geringen Outputs ist sozusagen das Markenzeichen der mit dem unvollständigen Wettbewerb verbundenen Ineffizienzen.“ 207 Unter Transaktionskosten versteht man „die Kosten der Benutzung des Marktes zu Zwecken des Ressourcentransfers“ (siehe Ellger, S. 280). Sie bestehen z. B. aus Informationskosten, Verhandlungs- und Entscheidungskosten, Überwachungs- und Durchsetzungskosten etc. (vgl. näher dazu Behrens, S. 107 ff.; Ellger, S. 304; Richter/ Furubotn, S. 58 ff.). 208 Vgl. Behrens, S. 106 f. 209 Vgl. Hardes/Schmitz/Uhly, S. 54.

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gen vorbeugen und gegebenenfalls Korrekturen vornehmen. Aus diesen Gründen strebt die moderne Rechtsordnung danach, eine möglichst lückenlose Zuordnung von Gegenständen vorzunehmen und diese zu schützen210. Darüber hinaus sieht sie zahlreiche wettbewerbsrechtliche und kartellrechtliche Bestimmungen vor, um Wettbewerbsbeschränkungen zu verhindern und mithin den Markt dem idealen Zustand vollkommener Konkurrenz wenigstens anzunähern. Als Paradebeispiel für die rechtliche Ausrichtung auf Minderung der Transaktionskosten ist das einheitlich kodifizierte und typisierend geregelte Vertragsrecht anzuführen211, das für reibungslose Transaktionen eine Menge durchdachter, dispositiver Vorschriften zur Verfügung stellt. Durch Heranziehung dieser subsidiär geltenden Normen können die Parteien für die Verhandlungen aufgewandte Zeit und Mühe erheblich einschränken212. Außerdem können die bewährte Rechtsdogmatik213 und das klar strukturierte Gerichtsverfahren weiterhin der Verringerung der Transaktionskosten dienen. Unter diesen verschiedenen Beiträgen des Rechts zur Allokationseffizienz ist der erst genannte, also die rechtliche Zuordnung gesamter Wirtschaftsgüter, im vorliegenden Zusammenhang der vermögensrechtlichen Zuweisung der Identitätsmerkmale von zentraler Bedeutung und verdient daher eine nähere Erörterung. bb) Property Right als Instrument zur Internalisierung der externen Effekte Wie schon erwähnt, müssen alle knappen Ressourcen durch das Recht bestimmten Wirtschaftssubjekten zugeordnet werden, damit der Marktmechanismus, der die Ressourcen der am höchsten bewerteten Nutzung zuführt, erst in Gang gesetzt wird. Ohne eine solche durch das Recht vorgenommene und geschützte Zuordnung, die gerade das Verbot des freien Zugriffs auf die Güter beinhaltet, wird keiner veranlaßt, mit den anderen in Kontakt zu treten und seine Nutzenpräferenz zu offenbaren, um die gewünschten Güter zu erwerben. Solchermaßen herrenlose Güter werden also nicht in einen marktbezogenen Tauschprozeß einbezogen214. Ökonomen pflegen dieses Defizit unter den Schlagwörtern „externe Effekte“ und „öffentliche Güter“ zu erläutern.

210 In diesem Zusammenhang sprechen Beuthien/Schmölz, S. 31 f. von der „Ordnungsfunktion des Privatrechts“. 211 Vgl. Behrens, S. 110. 212 Die häufig kontinentaleuropäische Juristen erschreckende „Ausführlichkeit und Detailiertheit“ der Vertragsentwürfe, die von ihren Kollegen aus den Ländern des Common Law vorgelegt werden, sind auf das Fehlen der gesetzlich geregelten „Reserveordnung“ zurückzuführen (vgl. Kötz, FS f. Heldrich, S. 771, 774 f.). 213 Z. B. die Rechtslehre über die Auslegung des Rechtsgeschäfts. 214 Vgl. Behrens, S. 117.

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Die effizienzorientierten Markttransaktionen gehen freilich von einer zuverlässigen Nutzenbewertung des Individuums aus, die sämtliche negative sowie positive Folgen seiner Mittelverwendung umfaßt. Soweit die wirtschaftlichen Konsequenzen einer Handlung aber nicht vollständig dem Handelnden selbst zugerechnet werden, sondern ohne Markttransaktionen auf die anderen verlagert werden können, treten jene externen Effekte auf, unter deren Einfluß sich die gewissenhafte Nutzen-Kosten-Analyse des Individuums kaum erwarten läßt und infolgederer die individuelle Nutzenvorstellung und die gesamtwirtschaftliche Nutzenbewertung stets voneinander abweichen. Also bezeichnet man mit dem Begriff der externen Effekte, die auch Externalitäten oder Spillovereffekte genannt werden, den Umstand, daß sich die Aktivität eines Wirtschaftssubjekts ohne irgendeine Kompensation auf den Nutzenzustand der anderen Wirtschaftssubjekte auswirkt215. Je nachdem, ob diese marktfernen Auswirkungen für die betroffenen Dritten schädlich oder vorteilhaft sind, nennt man sie negative externe Effekte (externe Kosten)216 oder positive externe Effekte217. Beide Externalitäten verursachen die Fehlleistung des Marktmechanismus und vereiteln mithin das Allokationsoptimum: Wenn eine Ressourcenverwendung mit externen Kosten verbunden ist, dann werden vom einzelnen Akteur die Erträge der Ressourcenverwendung höher oder die Kosten dafür niedriger eingeschätzt, als wenn die auf Dritte verlagerten Kosten in seine Rechnung einbezogen werden. Das führt zur Übernutzung der Ressourcen oder zur Überproduktion derjenigen Güter, zu deren Herstellung die Ressourcen eingesetzt werden, was insgesamt von der optimalen Allokation abweicht. Die unbezahlten positiven externen Effekte ziehen umgekehrt die geringere Verwendung der Ressourcen und somit die geringere Produktion der aus diesen Ressourcen bestehenden Güter nach sich als für die Allokationseffizienz erwünscht, weil der individuelle Nutzen aus der Ressourcenverwendung vergleichsweise zu niedrig bewertet wird oder die erforderlichen Kosten relativ zu hoch218. Einen Extremfall der positiven externen Effekte stellen die sog. öffentlichen Güter dar219, die durch sowohl fehlende Konsumrivalität (nonrivalrous consumption) als auch Nichtgeltung des Ausschlußprinzips (nonexcludability) cha215

Vgl. Samuelson/Nordhaus, S. 65; Behrens, S. 85; Hardes/Schmitz/Uhly, S. 50. Z. B. Umweltverschmutzung bei der Güterproduktion (siehe Hardes/Schmitz/ Uhly, S. 50). 217 Z. B. Errichtung des Straßennetzes (siehe Samuelson/Nordhaus, S. 66), Impfungen, welche nicht nur die geimpfte Person schützen, sondern auch die Ansteckungsgefahr für die anderen vermindern (siehe Samuelson/Nordhaus, S. 237; Hardes/Schmitz/ Uhly, S. 52). 218 Vgl. näher zu dieser aus der beiden externen Effekte resultierenden Ineffizienz Hardes/Schmitz/Uhly, S. 51 ff.; Behrens, S. 86 f. 219 Vgl. Samuelson/Nordhaus, S. 66; auch zur Problemverwandtschaft zwischen externen Effekten und öffentlichen Gütern Behrens, S. 90, der aber in die öffentlichen Güter das negativ wirkende öffentliche Übel mit einbezieht. 216

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rakterisiert werden220. Mit dem Merkmal der fehlenden Konsumrivalität ist gemeint, daß die Nutzung eines öffentlichen Gutes durch eine Person nicht die Nutzung des gleichen Gutes durch alle anderen Personen verhindert. Die öffentlichen Güter stehen also im Prinzip einer Nutzungsmöglichkeit mehrerer Konsumenten unbegrenzt offen. Der Charakter der Nichtgeltung des Ausschlußprinzips weist auf den Umstand hin, daß es technisch unmöglich oder sehr schwierig ist, diejenigen, die nicht den Güterpreis zu zahlen bereit sind, von der Nutzung dieser Güter auszuschließen. Als beliebte Beispiele für die öffentlichen Güter sind die Landesverteidigung, die öffentliche Sicherheit, Leuchttürme und Verkehrsampeln zu nennen221. Das Kernproblem, welches diese öffentlichen Güter vom Gesichtspunkt der Allokationseffizienz aus aufwerfen, besteht darin, daß sie im reinen Marktsystem kaum zur Produktion kommen würden. Da jedermann in den Genuß der öffentlichen Güter gelangen kann, ohne unbedingt dafür zahlen zu müssen, wird der Nutzen der Bereitstellung dieser Güter so breit gestreut, daß niemand von selbst zur Übernahme der Herstellungskosten motiviert wird. Die rational denkenden Individuen werden eher ihre wahre Präferenz für diese Güter verheimlichen und auf den sog. Trittbrettfahrereffekt vertrauen222. Der Markt bekommt daher keinen richtigen Ansatz zur Herstellung dieser Güterarten, selbst wenn alle in der Tat sie benötigen223. Um diese allokatorischen Probleme der externen Effekte über den Markt lösen zu können, müssen die wirtschaftlich handelnden Individuen vor allem dazu veranlaßt werden, die externen Effekte zur Kenntnis zu nehmen und diese in ihre Nutzenbewertung einzukalkulieren224. Im Hinblick auf das Phänomen öffentlicher Güter bedeutet dies, daß die Individuen dazu gezwungen werden müssen, ihre Nutzenvorstellung nicht zu verbergen, sondern zu offenbaren225. Dann werden die externen Handlungsfolgen sozusagen internalisiert, so daß jede wirtschaftliche Entscheidung auf der wahren Nutzenpräferenz beruhen kann. Dies ist wie schon erwähnt aber nur dann möglich, wenn der freie Zugang zur Nutzung von Ressourcen dadurch allgemein versagt wird, daß sie möglichst lückenlos irgend jemandem ausschließlich zugewiesen werden. Unter der allgegenwärtigen Zuordnung von Ressourcen werden die für Dritte nutzenbringenden Aus220 Vgl. Samuelson/Nordhaus, S. 67; Behrens, S. 87 f.; Hardes/Schmitz/Uhly, S. 55; Grady, 1 UCLA Ent. L. Rev. 97, 98–99 (1994). 221 Vgl. Hardes/Schmitz/Uhly, S. 54 f. Umstritten ist allerdings, ob Leuchttürme zu den öffentlichen Gütern gehören (siehe dazu Samuelson/Nordhaus, S. 67 f., die dies im Ergebnis bejahen). 222 Vgl. näher zu diesem Allokationsproblem der öffentlichen Güter Hardes/ Schmitz/Uhly, S. 55; Behrens, S. 89; Grady, 1 UCLA Ent. L. Rev. 97, 98–99 (1994). 223 In diesem Fall führt also die individuelle Rationalität zur Selbstschädigung, ähnlich wie die viel diskutierte Konstellation der sog. Gefangenendilemma (siehe dazu Behrens, S. 89). 224 Vgl. Behrens, S. 118. 225 Vgl. Behrens, S. 105.

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wirkungen sowie die andere oder ihre Ressourcen schädigenden Ausflüsse einer wirtschaftlichen Handlung nicht unkompensiert bleiben226 und schließlich in die Tauschvorgänge des Markts einbezogen werden. Abgesehen von den rein öffentlichen Gütern, bei denen die Etablierung des Ausschlußprinzips gar unmöglich oder äußerst schwierig ist227, sollten also möglichst alle Ressourcen als private Güter arrangiert werden228, welche kraft der klaren Zuordnung Ausschließlichkeit aufweisen, um die Externalitäten einzudämmen229. Diese Aufgabe der Institutionalisierung der Ressourcenzuordnung mit Ausschließlichkeit übernimmt das sog. Property Right230, dessen Inhaber allein dazu berechtigt ist, über die Verwendung der Ressourcen zu entscheiden und insoweit unter Ausschließung der Einflüsse fremder Präferenz seine eigene Nutzenvorstellung durchzusetzen231. Den anderen bleibt dann lediglich die Alternative übrig, entweder diese Entscheidung hinzunehmen oder seine Nutzenpräferenz dadurch zu verwirklichen, daß sie sich mit dem Inhaber in Verbindung setzen und diesem die Befugnis dazu abkaufen. Anders als beim juristischen Eigentumsbegriff, der auf die Verhältnisse zwischen Mensch und Sache abstellt, handelt es sich beim ökonomisch konzipierten Property Right vielmehr um die Beziehungen zwischen Menschen, die um die Nutzung knapper Ressourcen miteinander kämpfen232. Durch das Property Right wird also definiert, welche Ressourcenverwendung jemand vornehmen darf, die andere dann dementsprechend dulden zu haben233. Das Property Right verkörpert gleichsam eine vorweggenommene Zustimmung der Gesellschaftsmitglieder zur bestimmten Ressourcenverwendung des Inhabers234 und bietet einen „verbindlichen Orientierungsrahmen“ 235 für die friedliche Konkurrenz der verschiedenen Nutzungsmöglichkei226 In diesem Zusammenhang kommen die wirtschaftlichen Funktionen des Bereicherungsrechts bzw. des Schadensersatzrechts zum Zuge. 227 Diese reinen öffentlichen Güter werden daher normalerweise durch den Staat mit Steuermitteln bereitgestellt (vgl. Hardes/Schmitz/Uhly, S. 55). 228 Zu bemerken ist, daß für die meisten Güter ihre öffentliche oder private Eigenschaft nicht naturgegeben, sondern durchweg vom sozialen Arrangement abhängig ist, das Konsumrivalität und die Ausschließlichkeit beeinflußt (vgl. näher dazu Behrens, S. 91, 183 f.). Ein gutes Beispiel dafür sind die Immaterialgüter, die naturgemäß als öffentliche Güter anzusehen sind. Sie sind jedoch dann als private Güter zu qualifizieren, wenn sie dem Schutzbereich der vorhandenen Immaterialgüterrechte unterfallen. 229 Vgl. Behrens, S. 119; Ellger, S. 279. 230 Vgl. ausführlich zum ökonomischen Konzept von Property Right Ellger, S. 269 ff.; Richter/Furubotn, S. 87 ff.; Behrens, S. 116 ff.; Posner, S. 31 ff. 231 Vgl. Ellger, S. 283; Behrens, S. 123. 232 Vgl. Behrens, S. 122; Ellger, S. 274 f.; Seemann, S. 32 Fn. 71. 233 Vgl. Gotthold, ZHR 144 (1980), 545, 547. 234 Vgl. Demsetz, 57 American Economic Review 347, 347 (1967): „An owner of property rights possesses the consent of fellowmen to allow him to act in particular ways.“ 235 Ellger, S. 275.

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ten der Ressourcen. Aus dieser Sicht ist es nicht verwunderlich, daß das ökonomische Konzept des Property Right weit über den engen Kreis des Sacheigentums hinausgeht und fast alle subjektiven Rechte sowie diesen nahestehende Schutzpositionen umfaßt236, deren Schutzgüter und -interessen immerhin als knappe Ressourcen betrachtet werden können. Solche universale Institutionalisierung237 des Property Right, das durch seine Verhaltensnormen Tauschprozeß der Ressourcen auf dem Markt fördert und bei der Verletzung dieser Normen Sanktionen auslöst, zwingt rationale Wirtschaftssubjekte dazu, bei der Ressourcenverwendung hieraus resultierende Erträge und Kosten stets gemeinsam in ihre ökonomische Kalkulation einzubeziehen und miteinander abzuwägen, was seinerseits die effektive Internalisierung der Externalitäten gewährleistet238. Posner unterteilt diese effizienzsteigernde Funktion des Property Right in den dynamischen und statischen Aspekt239: Dynamisch gesehen motiviert das Property Right den einzelnen zur produktiven Investition der Ressourcen. Ohne das Property Right wird niemand stimuliert, z. B. Felder zu bebauen, weil dann andere beliebig die reifen Feldfrüchte ernten und für sich verbrauchen dürften. Nur die durch das Property Right gesicherte Zuordnung der Früchte zum Anbauer bietet einen ausreichenden Anreiz zur Beackerung. Während diese dynamische Funktion des Property Right mit der Internalisierung der positiven externen Effekte zu korrespondieren scheint, erscheint die statische Funktion eher gegen die negativen externen Effekte gerichtet, die zur Übernutzung und somit zur vorschnellen Erschöpfung der knappen Ressourcen führen können. Wird z. B. eine Wiese ohne exklusive Zuweisung gemeinfrei zur Verfügung gestellt, dann wird sie übermäßig genutzt werden, weil die Bauern tendenziell zu viele Kühe dort weiden lassen. Diese unter der Bezeichnung „the tragedy of the commons“ bekannte nachteilige Folge beruht im Grunde darauf, daß die Bauern unmittelbar aus den eigenen Kühen Nutzen ziehen, aber nur einen Teil der durch die Überweidung entstandenen Kosten, die bei allen Bauern anfallen, tragen240. In diesem Fall werden also die Kosten der Ressourcen236 Vgl. Richter/Furubotn, 95 ff.; etwas enger, also auf das subjektive Recht beschränkend Behrens, S. 124; Peifer, S. 280, 287; vom engsten Begriff des Property Right ausgehend Ellger, S. 292 f., 453, der es mit dem absoluten subjektiven Recht gleichsetzen will. Allerdings ist darauf hinzuweisen, daß sich das in der Wirtschaftstheorie entwickelte Property Right nicht exakt mit dem strengen juristischen Begriff erfassen läßt (vgl. Ellger, S. 282). Das zeigt sich schon in den verschiedenen Übersetzungen des Property Right: Eigentumsrecht (vgl. Gotthold, ZHR 144 (1980), 545, 545 ff.; auch Behrens, S. 120, 122, 123), Verfügungsrecht (Richter/Furubotn, S. 87 ff.), Nutzungsrechte (vgl. Behrens, S. 119, 120, 122). 237 Die alle knappen Ressourcen umfassende Universalität ist neben der Exklusivität, Übertragbarkeit usw. eine der wichtigsten Voraussetzungen für das effiziente System des Property Right (vgl. dazu Posner, S. 33; Richter/Furubotn, S. 93; Behrens, S. 123 f.; Ellger, S. 283 f.). 238 Vgl. Ellger, S. 276 ff.; Behrens, S. 118 f. 239 Vgl. Posner, S. 32 f.

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abnutzung zum großen Teil externalisiert, während der private Nutzen der Ressourcen vollständig internalisiert wird. Dieses „Trauerspiel der Allmende“ 241 läßt sich dadurch beenden, daß die Ressourcen dem Regime des Property Right unterworfen werden242, weil dann der Inhaber des Property Right mit dem Ziel der Gewinnmaximierung die Ressourcennutzung möglichst schonend ausgestalten und diese nur gegen Entgelt gestatten kann, wodurch die Kosten der Ressourcenabnutzung beim tatsächlich Nutzenden internalisiert werden können. b) Persönlichkeitsrecht als Property Right Von diesem ökonomischen Gesichtspunkt her gesehen, ist auch das Persönlichkeitsrecht als Property Right anzusehen. Es setzt sich unter anderem der durch die Entwicklung der Kommunikations- bzw. Informationstechnologien herbeigeführten Gefährdung der natürlichen Herrschaft der Person über ihre Identitätsmerkmale entgegen und postuliert die exklusive Zuordnung der Identitätsmerkmale zu deren Träger auf der rechtlichen Ebene. Erst kraft des Persönlichkeitsrechts wird also der freie Zugang zu den fremden Identitätskennzeichen, welche die begehrten Ressourcen darstellen, allgemein versagt, so daß allein ihr Träger darüber entscheiden kann, ob und wie sie verwendet werden sollen. Es ist daher gerechtfertigt, das Persönlichkeitsrecht im Hinblick auf die Funktion der Internalisierung der externen Effekte zu betrachten. aa) Primärallokation der Identitätsmerkmale durch das Persönlichkeitsrecht Nach der bekannten Ansicht von Demsetz entsteht ein neues Property Right als Folge des Bestrebens, neue Externalitäten zu internalisieren243. Ist ein Gut 240 Vgl. näher dazu auch Richter/Furubotn, S. 119 ff.; Ellger, S. 270 f.; Demsetz, 57 American Economic Review 347, 354 (1967); Grady, 1 UCLA Ent. L. Rev. 97, 102–103 (1994). 241 Richter/Furubotn, S. 119. 242 Ein anderer Weg zur effizienten Ressourcennutzung kann in der Kollektiventscheidung gesehen werden, wonach die Beteiligten ihre Nutzung einigermaßen zurückziehen und die notwendigen Kosten für die Erhaltung der Ressourcen entsprechend ihrer Nutzungsintensität tragen müssen. Aber die enormen Transaktionskosten, die sich aus dem Erfordernis der einstimmigen Vereinbarung und aus der Notwendigkeit der gemeinsamen Überwachung ergeben, werden verhindern, diese Lösung zu praktizieren (vgl. dazu Ellger, S. 271; Demsetz, 57 American Economic Review 347, 354– 355 (1967); auch Behrens, S. 117). 243 Siehe Demsetz, 57 American Economic Review 347, 350 (1967): „If the main allocative function of property rights is the internalization of beneficial and harmful effects, then the emergence of property rights can be understood best by their association with the ermergence of new or different beneficial and harmful effects. . . . It is my thesis in this part of the paper that the emergence of new property rights takes place in response to the desires of the interacting persons for adjustment to new bene-

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dank Fortschritten der Technik oder Erschließung neuer Märkte so wertvoll geworden, daß die Gewinne aus der Internalisierung der Externalitäten deren Kosten übersteigen, dann wird das Gut einem System von Property Rights unterworfen244. Anders gesagt wird ein neues Property Right dann geschaffen, wenn die Externalitäten bezüglich eines Gutes wegen der Veränderung sozialer, technischer sowie wirtschaftlicher Situationen so unerträglich empfunden worden sind, daß die Gesellschaftsmitglieder gerne die Kosten für ihre Internalisierung hinnehmen wollen. Diese ökonomische Erklärung für die Entstehung des Property Right paßt auch der Entstehung des Persönlichkeitsrechts wie maßgeschneidert245: Gerade der in der modernen Zeit erblühte Gedanke von Liberalismus wie Individualismus, die von den modernen technischen Errungenschaften herrührenden zahllosen Bedrohungen dieser Ideologien und die Eröffnung neuer Märkte für die kommerzielle Nutzung menschlicher Identitätsmerkmalen bzw. privater Informationen, haben das Bewußtsein der Menschen tendenziell darauf hingelenkt, fremdes Eindringen in ihre Privatheit oder fremde Aneignung ihrer Identitätsmerkmale nicht mehr als eine triviale, alltägliche Belästigung hinzunehmen, sondern als einen schwerwiegenden und daher abzuwehrenden Eingriff in die freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit zu qualifizieren. Dem dadurch ausgelösten Ruf nach der zivilrechtlichen Anerkennung des Persönlichkeitsrechts sind Gesetzgeber und Rechtsprechung aber zunächst sehr vorsichtig und nur punktuell246 nachgekommen, weil sie befürchteten, die Einführung des kontufit-cost possibilities.“; kritisch zu dieser Ansicht Gotthold, ZHR 144 (1980), 545, 551 f. 244 Vgl. Demsetz, 57 American Economic Review 347, 350 (1967). Zur Begründung seiner These zeigt er einen engen Zusammenhang zwischen der Entstehung privaten Grundeigentums bei den Indianern in der Gegend von Quebec und dem Aufkommen des Pelzhandels auf: „Before the fur trade became established, hunting was carried on primarily for purposes of food and the relatively few furs that were required for the hunter’s family. The externality was clearly present. Hunting could be practiced freely and was carried on without assessing its impact on other hunters. But these external effects were of such small significance that it did not pay for anyone to take them into account. There did not exist anything resembling private ownership in land. . . . We may safely surmise that the advent of the fur trade had two immediate consequences. First, the value of furs to the Indians was increased considerably. Second, and as a result, the scale of hunting activity rose sharply. Both consequences must have increased considerably the importance of the externalities associated with free hunting. The property right system began to change, and it changed specifically in the direction required to take account of the economic effects made important by the fur trade.“ [Demsetz, 57 American Economic Review 347, 351–352 (1967)]. 245 Siehe ausführlich zu den folgend skizzierten Entstehungsvorgängen des Persönlichkeitsrechts oben § 2 II. b) bb). 246 Die relativ frühe gesetzliche Verankerung des Namensrechts (§ 12 BGB) und des Rechts am eigenen Bild (§§ 22 ff. KUG) ist vor allem darauf zurückzuführen, daß sich diese beiden Identitätsmerkmale damals bereits in der Anfangsphase der kommerziellen Nutzung befanden (vgl. dazu Brehmer/Voegeli, JA 1978, 374, 377 ff.) und deshalb vergleichsweise häufig unautorisiert verwertet wurden, was notwendigerweise verstärkte Bedürfnisse nach der Internalisierung der Externalitäten hervorbrachte.

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renlosen allgemeinen Persönlichkeitsrechts würde einen hohen Preis fordern, nämlich zulasten der Rechtssicherheit gehen. Aber dieser Nachteil verlor im Zuge des weiteren sozialen Wandels immer mehr an Gewicht. Die nach dem Verfall des totalen Staats neu ausgelöste Welle von Individualismus hat zur vertieften Besinnung auf die menschliche Persönlichkeit geführt, was schließlich auch im Grundgesetz Ausdruck gefunden hat. Noch dazu haben die mit Hilfe der weiter entwickelten Reproduktions- und Kommunikationstechnik intensivierten Eingriffe in den Persönlichkeitsbereich, hinter denen immer wieder dreiste kommerzielle Motive stecken, den Schutzwert der Persönlichkeit, insbesondere der Identitätsmerkmale, drastisch erhöht. Diese Änderungen der Normsituationen haben den BGH dazu ermutigt, ungeachtet der fehlenden gesetzlichen Bestimmung endlich das allgemeine Persönlichkeitsrecht anzuerkennen247, das mit seinem umfassenden Konzept gerade das effektivste Mittel zum Schutz der dynamischen Persönlichkeit darstellt248. In diesem Zusammenhang stellt sich aber die Frage, warum das neue Property Right, das sich mit der Vornahme einer sicheren Zuordnung der Identitätsmerkmale um die Internalisierung der mit ihren Verwendungen verbundenen Externalitäten bemüht, ausgerechnet in der Form des Persönlichkeitsrechts dem Träger der Identitätsmerkmale und gerade nicht dem tatsächlichen Verwender in Form irgendeines Verwendungsrechts zukommt. Diese Frage läßt sich besonders angesichts der sog. Invarianz-These des berühmten Coase-Theorems nicht umgehen, welche besagt, daß die Allokationseffizienz ganz unabhängig davon eintritt, welcher von zwei Parteien, die hinsichtlich der Nutzung eines Gutes miteinander in Konflikt stehen, das Property Right ursprünglich zugewiesen wird, wenn keine Transaktionskosten existieren und die vollkommene Konkurrenz auf dem Markt besteht249. Unter diesen Bedingungen kann danach allein das Vorhandensein eines Property Right, ohne Rücksicht auf seine primäre Aufteilung, dafür sorgen, daß sich die höchste Nutzenpräferenz bezüglich eines Gutes mit Hilfe des Marktmechanismus durchsetzt und dabei die externen Effekte optimal internalisiert werden250: Wird einem Wirtschaftssubjekt A, dessen Aktivität externe Effekte zuungunsten eines anderen Wirtschaftssubjekts B verursacht, ein Property Right an dieser Aktivität zuerkannt, dann wird A gegen Zahlung seitens des B die Ausübung seines Rechts aufgeben, sofern die Höhe der Zahlung, welche die Höhe der Nutzen von B aus der Unterlassung des A darstellt, die eigenen Nutzen aus der Aktivität übersteigt. Wird umgekehrt B ein Property 247

Vgl. BGH, Urt. v. vom 25. 5. 1954, BGHZ 13, 334 ff. – Leserbriefe. Vgl. Baston-Vogt, S. 88 ff. 249 Vgl. näher zum Coase-Theorem Behrens, S. 118 ff.; Richter/Furubotn, S. 110 ff.; Posner, S. 49 ff. 250 Daraus folgert Behrens, S. 121: „Die Aufgabe des Rechts besteht hiernach allein darin, überhaupt eine eigentumsförmige Zuordnung der Ressourcen zu einzelnen Wirtschaftssubjekten vorzunehmen.“ 248

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Right zugeteilt, kraft dessen B dem A untersagen kann, ohne seine Zustimmung die externen Effekte zu verursachen, dann wird A dem B eine Kompensation für die externen Kosten leisten, um seine Aktivität fortsetzen zu können, solange A aus der Aktivität höheren Nutzen zieht als die Höhe der zu zahlenden Kompensation, welche wieder die Höhe der Nutzen von B aus dem Unterbinden der Aktivität impliziert251. Abgesehen von den gegensätzlichen Einkommenseffekten252 zeigen die beiden Ergebnisse keinen Unterschied in ihrer Effizienz, weil jeweils die höhere von den kollidierenden Nutzenvorstellungen realisiert wird. Was die zuvor aufgeworfene Frage nach der Zuweisung des Persönlichkeitsrechts angeht, hat man aber bislang auf diese ökonomische Theorie keinerlei Bezug nehmend nur dazu geneigt, mit einem von der kategorischen Forderung nach Selbstbestimmung der Person ausgehenden Schutzgedanken eine solche Zuweisung zu rechtfertigen253. Auch wenn diese apriorische Begründung, die auch der verfassungsrechtlichen Wertung entspricht, an sich tadellos sein mag254, kann es für ihre Überzeugungskraft nicht schädlich sein, einen in ihr unterschwellig vorhandenen Effizienzgedanken genau zu artikulieren. Derartige Bemühungen sind sogar erwünscht, besonders vor dem heute massiv auf die Persönlichkeitsentfaltung einwirkenden kommerziellen Umfeld, in dem die Wirtschaftlichkeit an vorderster Stelle kommt. Den Ausgangspunkt bildet dabei das gerade erwähnte Coase-Theorem, das allerdings nur unter den sehr restriktiven Bedingungen fehlender Transaktionskosten sowie vollständigen Wettbe251 Vgl. Behrens, S. 120; zu einem konkreten Beispiel dafür Posner, S. 49 f.: „Suppose that the right to emit sparks, by enabling the railroad to dispense with costly spark-arresting equipment, would increase the value of the railroad’s right-of-way by $ 100 but reduce the value of the farm by $ 50 by preventing the farmer from growing crops close to the tracks. If the farmer has a legal right to be free from engine sparks, the railroad will offer to pay, and the farmer will accept, compensation for the surrender of his right. The right to prevent spark emissions is worth only $ 50 to the farmer but imposes a $ 100 cost on the railroad, so a sale of the farmer’s right at any price between $ 50 and $ 100 will make both parties better off. If instead of the farmer having a right to be free from sparks the railroad has a right to emit sparks, no transaction will occur. The farmer will not pay more than $ 50 for the railroad’s right and the railroad will not accept less than $ 100. Thus whichever way the legal right is assigned initially, the result is the same: The railroad emits sparks and the farmer moves his crops. The outcome is not affected by reversing the numbers.“ 252 Derjenige, dem das Property Right zukommt, wird am Ende mehr Geld haben als am Anfang, während die anderen Marktteilnehmer, die dem Inhaber des Property Right entweder für dessen Unterlassung oder für ihre eigene Aktivität zahlen müssen, am Ende weniger Geld haben werden als am Anfang. Unter dem Gesichtspunkt der Einkommensverteilung ist somit die Frage, wem ursprünglich das Property Right zuteil wird, von wesentlicher Bedeutung (vgl. Richter/Furubotn, S. 113; Posner, S. 50). 253 Z. B. Beuthien/Schmölz, S. 31; Biene, S. 167, 170 f.; vgl. näher zum schutzrechtlichen Ansatz der bisherigen Persönlichkeitsrechtsdogmatik Ahrens, S. 97 ff. 254 Der bereits oben dargelegte Selbsteigentumsgedanke (§ 4 III. 1.) gehört ebenfalls dieser Richtung an.

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werbs Gültigkeit beanspruchen kann und deshalb im Umkehrschluß implizit darauf hinweist, daß die primäre Zuordnung des Property Right in der von dieser hypothetischen Annahme abweichenden Wirklichkeit von vornherein nach dem Maßstab der Allokationseffizienz vorgenommen werden soll255. Es gilt daher weiter zu erklären, daß und wie das geltende Persönlichkeitsrechtssystem, in dem die Identitätsmerkmale deren Träger zugewiesen werden, von selbst zur Effizienzsteigerung beiträgt. Zunächst kann man festhalten, daß die kraft des Persönlichkeitsrechts erfolgte Zuweisung der Identitätsmerkmale zu deren Träger deshalb per se effizienzförderlich ist, weil der einzelne Träger in der besten Lage ist, seine Identitätsmerkmale mit der ständigen Entwicklung seiner eigenen Persönlichkeit harmonisierend zu verwenden. Die Identitätsmerkmale repräsentieren als äußere Erscheinung der Persönlichkeit die Person des Trägers selbst, so daß ihre öffentliche Verwendung häufig dem realen Einsatz der Person des Trägers gleichgesetzt wird. Die in solcher Verwendung der Identitätsmerkmale enthaltene Persönlichkeitsinvestition des Trägers sollte jedoch nicht unabhängig von seiner dynamischen und manchmal abrupt laufenden Persönlichkeitsentwicklung entschieden werden. Ansonsten würden die Identitätsmerkmale ein wirklichkeitsfremdes Persönlichkeitsbild des Trägers, das für einen beliebigen Zweck des jeweiligen Verwenders ausgewählt und in diesem spezifischen Kontext präpariert wurde, vermitteln, was sowohl für den Träger als auch für die Öffentlichkeit nachteilig wirkt: Der Träger wird dauernd unter dem falschen Persönlichkeitsbild leiden und die Öffentlichkeit durch den falschen Eindruck irregeführt. Um diese Nachteile von Anfang an zu minimieren, bedarf es einer rechtlichen Vorkehrung für die optimale Entscheidung über den Einsatz der Identitätsmerkmale. Angenommen, daß der einzelne selbst besser seine eigene Wesensanlage, Fähigkeit und Lebensweise kennt als jeder Außenstehende und daher am besten sein Leben planen und die Entwicklungsrichtung seiner Persönlichkeit bestimmen kann256, dann ist freilich weiter zu vermuten, daß die Persönlichkeitsinvestition in eigener Regie des einzelnen Trägers am effizientesten, also ohne entstellende Wirkung, erfolgen kann. Das dem Identitätsmerkmalsträger zuerkannte Persönlichkeitsrecht ermöglicht diesen autonomen und zugleich effizienten Selbsteinsatz. Die rechtliche Zuweisung der Identitätsmerkmale zu ihrem Träger ist weiterhin im Hinblick auf die Transaktionskosten als effizient zu qualifizieren. Wie schon gesagt, sind die Transaktionskosten möglichst gering zu halten, damit die marktbezogenen Tauschvorgänge, wodurch die Ressourcen stets der nützlichsten

255 Vgl. Posner, S. 52; Ellger, S. 286; Walz, in: Allokationseffizienz, S. 93, 99; Gotthold, ZHR 144 (1980), 545, 557; auch Behrens, S. 130. 256 Vgl. Richter/Furubotn, S. 99, die aus diesen Gründen die von der Selbstbestimmung geprägten Menschenrechte als effizienzförderliche Vorkehrungen verstehen.

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der konkurrierenden Verwendungen zugeführt werden, ungehemmt ablaufen können257. Je geringer die Transaktionskosten anfallen, in desto größerem Umfang werden die erwünschten Transaktionen stattfinden. Unter Effizienzgesichtspunkten sollte daher die Allokation des Property Right bezüglich der Identitätsmerkmale so ausgestaltet werden, daß die effizienzsteigernden Transaktionen nicht wegen deren hoher Kosten unterbleiben müssen. Diesem Ziel entspricht die geltende Zuweisung der Identitätsattribute durch das Persönlichkeitsrecht: Zuerst wird dadurch jedem Marktteilnehmer ohne weiteres klar, an wen er sich zur Verhandlung wenden muß, um seine Nutzenpräferenz durchzusetzen und andere damit nicht kompatible Verwendungen zu unterbinden258. Außerdem ist es leichter und daher mit niedrigeren Transaktionskosten verbunden, daß diejenigen, die an der Verwendung fremder Identitätsmerkmale interessiert sind, mit dem jeweiligen Identitätsmerkmalsträger Kontakt aufnehmen und von diesem die Einwilligung zu einer geplanten Verwendung einholen, als daß der Identitätsmerkmalsträger, der eine fremde Verwendung seiner Identitätsmerkmale nicht hinnehmen kann, mit jedem unbestimmten Verwender eine Vereinbarung zur Nichtbenutzung schließt259. Unter dem System „pay-him-not-to-use-the-property,“ das dem kraft des Persönlichkeitsrechts geltenden System „pay-to-use-the-property“ diametral gegenübersteht260, muß der Identitätsmerkmalsträger immer mit allen potentiellen Verwendern einen Unterlassungsvertrag schließen, um seine Nutzenpräferenz uneingeschränkt durchzusetzen. Ein solcher Vertrag wird aber wegen der hohen Informations-, Verhandlungs- und Kontrollkosten äußerst selten zustande kommen. Das letzte ökonomische Argument für die geltende Zuweisung der Identitätsmerkmale zu ihrem Träger geht von dem Problem der sich aus dieser umgekehrten Zuweisungsrichtung ergebenden hohen Transaktionskosten aus. Derartig hohe Transaktionskosten können den Identitätsmerkmalsträger dazu anregen, anstelle der Verhandlungsbemühungen die Schutzmaßnahmen zu intensivieren261. Dementsprechend werden auch die Verwender dazu genötigt, unter Einsatz aufwendiger Mittel diese erhöhte Schutzmauer zu überwinden. All diese kostspieligen Bemühungen beider Seiten sind eigentlich soziale Verschwendung, die groß-

257

Siehe oben § 4 III. 2. a) aa). So auch Goodenough, [1997] I.P.Q.: No. 1, 37, 60: „One possible reason for allocating identity rights to the people themselves involves transactional efficiency. . . . In a national economy, assigning the rights to the individual involved, at least as a starting point, gives a simple, efficient answer to the question ,where do I go to make the deal?‘ Assigning the right elsewhere would necessitate costly registries.“ 259 Vgl. ähnlich Murphy, 84 Georgetown L. J. 2381, 2395–2396 (1996). 260 Vgl. hierzu Demsetz, 57 American Economic Review 347, 355 (1967). 261 Z. B. höher errichtete Barrieren, mehr angestellte Leibwächter, wechselnde Benutzung von Autos oder Wohnungen usw. 258

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teils dadurch vermieden werden kann, daß dem Identitätsmerkmalsträger ein rechtlicher Schutz durch das Persönlichkeitsrecht gewährt wird262. bb) Perfektionieren der Internalisierung der Externalitäten durch die vermögensrechtliche Zuweisung Als die Kommerzialisierung der Identitätsmerkmale noch in den Kinderschuhen steckte, wurden die von der fremden Verwendung der Identitätsmerkmale ausstrahlenden externen Effekte vorwiegend ideelle und geistige Interessen betreffend aufgefaßt, selbst wenn die Verwendung im klaren kommerziellen Kontext erfolgte263. Diese anfänglich zeitbedingt in die gerichtliche Praxis eingeführte ideelle Hinsicht wurde aber durch die zur Legitimierung der späteren richterlichen Schöpfung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts pathetisch betonte Erhobenheit der Persönlichkeit weiterhin gefestigt264, so daß die Vermögensinteressen betreffenden Externalitäten auch in der Reifezeit der Kommerzialisierung der menschlichen Identitätsmerkmale nur am Rande bzw. sogar hauptsächlich auf die Ebene der Rechtsfolgen beschränkt und in diesem Zusammenhang bearbeitet wurden265. Vergegenwärtigt man sich allerdings den oben erwähnten ursächlichen Zusammenhang der intensivierten Externalitäten mit der Entstehung des Property Right, so kann man immerhin vermuten, daß die im Zuge der Verbreitung von Identitätsmerkmalskommerzialisierung immer deutlicher spürbar gewordenen externen Effekte auf die materiellen Interessen etwas mit der Begründung der vermögensrechtlichen Zuweisung der Identitätsmerkmale zu tun haben, die der Frage der Rechtsfolgen vorangeht und schließlich erst zu dieser führt. Die ökonomische Bedeutung der vermögensrechtlichen Zuweisung der Identitätsmerkmale ist demnach darin zu erblicken, daß die die Vermögensinteressen berührenden Externalitäten, die aus der ungewollten fremden Vermarktung der Identitätsmerkmale resultieren und nunmehr als unerträglich empfunden werden, internalisiert werden. 262

Vgl. Murphy, 84 Georgetown L. J. 2381, 2397 (1996). Vgl. RG, Urt. v. 28. 10. 1910, RGZ 74, 308 – Graf Zeppelin: „Einem fein fühlenden Menschen widerstrebt es, wenn sein Name überhaupt mit gewissen Waren in Verbindung gebracht oder von übel beleumdeten Firmen benutzt wird.“ (S. 311), „. . . es entspricht gewiß nicht dem Geschmacke eines jeden, sein Bildnis auf den Waren eines beliebigen Händlers prangen zu sehen.“ (S. 313); RG, Urt. v. 26. 6. 1929, RGZ 125, 80, 84 f. – Tull Harder: „Geschäftliche Kundenwerbung aber läßt sich auf so mannigfaltige Weise betreiben, daß sie nicht in Bausch und Bogen als Tätigkeit niederen Ranges betrachtet werden kann . . . Auch die Bilderauswahl im ganzen bedeutet keineswegs einen Rahmen, dem schon um absonderlicher Buntheit willen der Kläger sich nicht einfügen zu lassen brauche. Dieses bunte Vielerlei kann nach Gegenständen und Plan der Zusammenfügung nicht als unwürdige Umgebung betrachtet werden.“ 264 Vgl. dazu vorstehend Helle, RabelsZ 60 (1996), 448, 449 ff.; näher zur Idealisierung des Persönlichkeitsrechts unten § 5 II. 1. b) aa). 265 Siehe oben § 1 II. m. Nachw. 263

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§ 4 Begründung der individuellen Zuweisung

Von dieser ökonomischen Warte aus scheint wiederum die Frage aufgeworfen werden zu müssen, warum sich jene vermögensrechtliche Zuweisung der Identitätsmerkmale eigentlich auf ihren Träger richten soll oder anders gesagt, warum der Vermögenswert der Identitätsmerkmale zu ihrem Träger individuell zugewiesen werden soll. Genaugenommen braucht diese Frage aber nicht erneut beantwortet zu werden, weil es sich hier bereits um einer bestimmten Primärallokation unterworfene Güter handelt266. Sind die menschlichen Identitätsattribute, wie oben dargelegt, als solche schon durch das Persönlichkeitsrecht ihrem Träger zuteil geworden, dann soll diese primäre Zuweisung prinzipiell nicht auf bestimmte Nutzungsarten beschränkt sein, sondern alle denkbaren Verwendungsmöglichkeiten umfassend ermöglicht werden, weil nur dann der Zweck des Persönlichkeitsrechts als Property Right wirklich erreicht werden kann, der darin liegt, den Identitätsmerkmalsträger dazu zu befähigen, unbeeinflußt von fremden Präferenzen ausschließlich nach seiner Nutzenvorstellung die Verwendung der ihm zugeordneten Identitätsmerkmale konkret zu gestalten267. Die Befugnis, die Identitätsmerkmale kommerziell zu verwerten und dadurch erzielte wirtschaftliche Erträge zu behalten, stellt bloß eine Spezifikation der schon durch das Persönlichkeitsrecht ihrem Träger abstrakt eingeräumten Berechtigung dar und ihre Zuordnung folgt daher schlicht dieser primären Zuweisung der Identitätsmerkmale selbst268. Falls das Recht eine hiervon abweichende Zuordnung der abgeleiteten Rechtsposition vornehmen soll, dann geht es nicht um die Primärallokation, sondern um die Reallokation269, die freilich besondere Rechtfertigungsgründe270 benötigt. Die schon oben kritisch betrachteten Einwände gegen die vermögensrechtliche Zuweisung der Identitätsmerkmale zu deren Träger271 haben versucht, verschiedene Gründe für diese rechtliche Reallokation der Vermarktungsbefugnis bezüglich der Identitätsmerkmale vorzubrin266 Es ist also zu unterscheiden zwischen der Frage der Zuweisung neuer Wirtschaftsgüter, welche bislang keinem Property Right unterlagen einerseits und der Frage nach der Zuordnung der bestimmten Nutzungsbefugnisse bzw. Nutzungsergebnisse, die sich auf die bereits durch Property Rights jemandem zugewiesenen Güter beziehen, andererseits (vgl. dazu näher Behrens, S. 127 ff.; Ellger, S. 286 ff.). 267 Diese abstrakte Kompetenz des Inhabers wird daher als eine charakteristische Eigenschaft von Property Rights bezeichnet (vgl. hierzu Behrens, S. 123; Ellger, S. 283). 268 Vgl. Behrens, S. 127: „Dies bedeutet, daß derjenige, der zu einer bestimmten Mittelverwendung berechtigt ist, auch berechtigt ist, die sich daraus ergebenden Folgen herbeizuführen, ohne dazu der vorherigen Zustimmung anderer zu bedürfen.“, auch S. 182; Ellger, S. 287, 288; ähnlich Magold, S. 207: „Aus dem Recht zur Selbstbestimmung über die eigene Identität folgt, daß dann, wenn diese Identität einen wirtschaftlichen Wert verkörpert, auch dieser wirtschaftliche Wert in die Selbstbestimmung des einzelnen fällt.“ 269 Vgl. Behrens, S. 128, 182. 270 Einen Grund dafür bilden die hohen Transaktionskosten, die die effizienten Ergebnisse der Reallokation innerhalb des Marktmechanismus verhindern (vgl. Behrens, 182). 271 Siehe oben § 4 II.

III. Positive Begründungen für die private Zuordnung

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gen272. Trotz ihrer Vergeblichkeit scheint es angesichts der emotional gehobenen Stimme der Einwände allerdings sinnvoll, hier speziell auf die vermögensrechtliche Zuweisung der Identitätsmerkmale abstellend abermals zu zeigen, daß die individuelle Zuweisung des Vermögenswerts der Identitätsmerkmale, die der Zuweisung der Identitätsmerkmale als solcher entspricht, der Effizienzsteigerung dient und insofern der rechtlichen Reallokation nicht bedarf. Ein häufig zu hörendes utilitaristisches Argument für die individuelle Zuweisung des an den Identitätsmerkmalen entstandenen Vermögenswerts stützt sich auf den Anreizgedanken, der gerade die oben gesehene dynamische Funktion des Property Right273 ausmacht. Danach ziehe eine solche Zuweisung einen gesamtgesellschaftlichen Nutzen nach sich, weil der einzelne Identitätsmerkmalsträger durch die ihm selbst zufließenden wirtschaftlichen Vorteile zur Erreichung möglichst großer Publizität angespornt werde und somit kulturell bereichernde Kreativität und Leistungen in noch höherem Maße erbringe274. Zwar ist eine derartige Überlegung zur Anreizfunktion des Property Right für die rechtspolitische Fundierung des Monopolrechts an den geistigen Schöpfungen gut brauchbar275, jedoch für die Legitimierung der hier in Rede stehenden vermögensrechtlichen Zuweisung der Identitätsmerkmale kaum geeignet. Ein wirtschaftlicher Ansporn durch die Gewährung eines neuen Property Right ist in der Regel dann erforderlich, wenn wegen der nicht von selbst zu internalisierenden positiven externen Effekte die erwünschten Güter zuwenig produziert werden276. Informations- und Unterhaltungsgüter, die „teuer in der Produktion, aber billig in der Reproduktion“ sind und deren Produktion daher unter der unzulänglichen Internalisierbarkiet der davon ausgehenden gesamten sozialen Rentabilität leidet, geben treffende Beispiele dafür277. Dementsprechend müssen Künstler und Erfinder, die hauptsächlich von der Verwertung ihrer Leistungen leben, durch die kraft des Monopolrechts erhöhte Internalisierbakeit des Gesamtnutzens ihrer Leistungen ermutigt werden, Zeit, Mühe und Geld 272 Zu beachten ist aber, daß es im amerikanischen Rechtskontext, in dem Prominente von Anfang an aus dem Schutz des right of privacy ausgeschlossen wurden, nicht immer um die Reallokation geht. 273 Siehe dazu oben § 4 III. 2. a) bb) am Ende. 274 Hauptvertreter dieser Theorie: Felcher/Rubin, 89 Yale L. J. 1125, 1128 (1980); Biene, S. 30 f.; Lichtenstein, S. 99; auch Zacchini v. Scripps-Howard Broadcasting Co., 433 U.S. 562, 576–577 (1977); Martin Luther King, Jr. v. American Heritage Products Inc., 694 F. 2d 674, 682 (11th Cir. 1983); Carson v. Here’s Johnny Portable Toilets Inc., 698 F. 2d 831, 837 (6th Cir. 1983). 275 Vgl. zum Anreizgedanken für das Urheber- und Patenrecht Bydlinski, System und Prinzipien, S. 530; Demsetz, 57 American Economic Review 347, 359 (1967); Rehbinder, Rn. 86 f.; sehr vorsichtig aber im Ergebnis zustimmend Beverley-Smith, S. 303 f. 276 Siehe zur Beziehung zwischen positiven externen Effekten und Unterproduktion der Gütern § 4 III. 2. a) bb). 277 Samuelson/Nordhaus, S. 284.

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in den kreativen Prozeß zu investieren. Ganz anders ist aber die Situation bei der Vermarktung von Identitätsmerkmalen, obwohl diese mit Hilfe der modernen Reproduktions- und Kommunikationstechnik ubiquitär geworden und mithin der Gefahr fremder Ausbeutung hilflos ausgesetzt sind. Die menschlichen Identitätsmerkmale sind per se vorhanden und nur in extrem beschränktem Umfang veränderlich, so daß sie durch einen wirtschaftlichen Anreiz weder quantitativ zu vermehren noch qualitativ zu verbessern sind278. Auch wenn man sein Augenmerk auf die Publizität richtet, von der die Vermarktbarkeit der Identitätsmerkmale abhängt, bleibt die Fragwürdigkeit dieser Argumentation unvermindert, weil die Publizität selbst kein immer wünschenswertes Gut darstellt, das durch einen finanziellen Anreiz zur vermehrten Erzeugung verführt werden soll. Hinter ihr können sich sowohl etwas Positives, z. B. große Leistungen im Sport oder in der Wissenschaft, als auch etwas Negatives, z. B. ein schweres Verbrechen oder eine schlimme Katastrophe, verbergen279. Sie ist meistens lediglich ein Nebenprodukt der eigentlich angestrebten Tätigkeit oder eines zufälligen Ereignisses280, so daß nicht mit Hilfe eines wirtschaftlichen Anreizes gezielt mehr produziert werden kann. Auch die Annahme, daß die individuelle Zuweisung des mit der Publizität erzielten Gewinns zumindest mittelbar Kreativität und Leistungen, auf denen die Publizität fußt, fördere, ist angesichts des fehlenden notwendigen Zusammenhangs zwischen Leistung und Prominenz281 äußerst zweifelhaft282. Selbst wenn man von der teilweise zu beobachtenden Kausalität zwischen ihnen ausgeht, ergibt sich daraus nicht automatisch, daß die Zuweisung der Erträge aus der Vermarktung der Identitätsmerkmale zu deren Träger diesen wirklich dazu führt, mehr Leistungen in seinem eigentlichen Arbeitsfeld zu erbringen. Der entscheidende Anstoß dazu kann vielmehr von dem allzu menschlichen Wunsch nach Anerkennung bzw. Erfolg herrühren283. Au278 Vgl. ähnlich Murphy, 84 Georgetown L. J. 2381, 2399 Fn. 97 (1996): „Because an individual’s name and image are (mostly) immutable, they are not in need of encouragement.“; Goodenough, [1997] I. P. Q.: No. 1, 37, 59: „The flaw here is that the value of the persona is to some degree innate – Ms. Roberson’s value existed in her regular, daily self.“ 279 Vgl. Götting, S. 207 f. 280 Vgl. Memphis Development Foundation v. Factors ETC., Inc., 616 F. 2d 956, 958 (6th Cir. 1980): „Although fame and stardom may be ends in themselves, they are normally by-products of one’s activities and personal attributes, as well as luck and promotion.“; ähnlich Cardtoons, L.C. v. Major League Baseball Players Association, 95 F. 3d 959, 973 (10th Cir. 1996): „. . . the commercial value of their identities is merely a by-product of their performance values.“ 281 Siehe näher dazu oben § 4 II. 1. c). 282 Vgl. Peifer, S. 290; Magold, S. 213; Beverley-Smith, S. 305 f.; a. A. Lichtenstein, S. 99: „Damit verliert die zur Anerkennung des Vermögenswerts ins Feld geführte Anreizfunktion ein wenig an Bedeutung, entfällt jedoch nicht vollends.“ 283 Vgl. Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 214 (1993); Memphis Development Foundation v. Factors ETC., Inc., 616 F. 2d 956, 958 (6th Cir. 1980); a. A. Felcher/Rubin, 89 Yale L. J. 1125, 1129 Fn. 18 (1980): „Although the power of psychic reward may be

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ßerdem sind diese beruflichen Leistungen größtenteils bereits mit einem anderweitigen Entlohnungssystem verbunden, das einen finanziellen Anreiz bietet284. Falls diese unmittelbare wirtschaftliche Belohnung fehlt oder nicht ausreichend ist, dann muß diese erweitert oder erhöht werden285, anstatt daß ein spekulativer mittelbarer Anreiz eingeführt wird. Für diejenigen, die noch unbekannt sind, ist die Aussicht, einmal dank der erst zu erringenden Prominenz aus der Vermarktung ihrer Identitätsmerkmale Kapital schlagen zu können, zu vage, um sich leistungsfördernd auszuwirken286, während für die Prominenten, die schon in ihrem eigentlichen Betätigungsfeld sattsam bezahlt werden287, der zusätzliche finanzielle Anreiz nur den überflüssigen „Zuckerguß auf dem Kuchen“ bedeutet288, der unter Umständen ihr Streben nach perfekten Leistungen eher abkühlen kann289. Ein besseres ökonomisches Argument für die vermögensrechtliche Zuweisung der Identitätsmerkmale zu deren Träger ergibt sich hingegen aus dem Gesichtspunkt der Vermeidung der verschwenderischen Übernutzung der wirtschaftlichen Ressourcen, der mit der schon erwähnten statischen Funktion des Property Right290 korrespondiert. Nach dieser Ansicht ist eine solche Zuweisung deshalb ökonomisch sinnvoll, weil dadurch der den menschlichen Identitätsattributen anhaftende kommerzielle Nutzungswert von einer vorschnellen Erschöpfung verschont bleiben kann291. Ohne eine derartige exklusive Zuweisung der Verwerconceded, this is generally beyond the reach of conscious social policy. And any exposure to the modern-day entertainment industry will provide ample evidence that force of tangible incentives is far from negligible.“ 284 Vgl. Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 209–210 (1993). 285 Z. B. die Erweiterung des Schutzbereiches des Immaterialgüterrechts oder des Leistungsschutzrechts. Es ist daher nicht zu kritisieren, daß sich das U.S. Supreme Court in dem Fall von Zacchini (siehe oben Fn. 274), in dem es ausnahmsweise um einen Schutz der Darbietung eines Artisten geht, der Anreiz-Argumentation bedient hat [vgl. ähnlich Magold, S. 211; Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 208 Fn. 395 (1993)]. 286 Vgl. Seemann, S. 257; Götting, S. 208; Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 213 (1993). 287 Vgl. Cardtoons, L.C. v. Major League Baseball Players Association, 95 F. 3d 959, 973 (10th Cir. 1996): „Most sports and entertrainment celebrities with commercially valuable identities engage in activities that themselves generate a significant amount of income“. 288 Vgl. Weiler, 13 Cardozo Arts & Ent. L. J. 223, 243 (1994). 289 Vgl. Götting, S. 208: „. . ., weil schon die leistungsfremde Vermarktung ihrer Publizität ihnen ein sorgenfreies Auskommen sichert und deshalb der finanzielle Anreiz in ihrem eigentlichen beruflichen Betätigungsfeld verschwindet.“; ähnlich Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 212 (1993). 290 Siehe dazu oben § 4 III. 2. a) bb) am Ende. 291 Vgl. Posner, S. 43: „. . . whatever information value a celebrity’s endorsement has to consumers will be lost if every advertiser can use the celebrity’s name and picture. Just as in the grazing case, the aggregate social value of associationg the celebrity’s name with a particular product may be diminished if others are permitted to use the name in association with their products.“; ähnlich Wagner, ZEuP 2000, 200,

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tungsbefugnis, wodurch die Vermarktung der Identitätsmerkmale der sorgfältigen Nutzen-Kosten-Erwägung ihres Trägers unterzogen wird, werden die Identitätsmerkmale so häufig und so schonungslos von jedermann kommerziell ausgenutzt, daß ihr Vermarktungswert nach kurzer Zeit verlorengeht292. Diese Einbuße an kommerziellem Nutzungswert ist dabei auf zwei verschiedene Umstände zurückzuführen: Einerseits liegt auf der Hand, daß allzu häufige Sichtbarkeit oder Hörbarkeit zur Übersättigung führt, die die Anziehungskraft der Identitätsmerkmale schwächen oder gegebenenfalls völlig zerstören kann293. Andererseits können die wertvollen Verwertungsmöglichkeiten der Identitätsmerkmale durch die nicht auf ihre Wirtschaftlichkeit hin kontrollierbare beliebige Nutzung weitgehend ungenutzt verpuffen, weil die einmal erfolgte Verwertung der Identitätsmerkmale in einem bestimmten Kontext diese notwendigerweise der Vermarktungstauglichkeit in einem damit nicht im Einklang stehenden Kontext beraubt294. Um diese wirtschaftlichen externen Kosten vollkommen zu internalisieren, ist die Verwertungsbefugnis ausschließlich dem Identitätsmerkmalsträger zuzuordnen. Anhand der dadurch eintretenden Konzentration von Begünstigung und Benachteiligung wird er dann in die Lage versetzt, die ihm gemachten verschiedenen Verwertungsvorschläge unter dem Aspekt der Nutzenmaximierung selektiv anzunehmen. Obwohl diese Argumentation in der Amerika eigentümlichen Rechtslage wurzelt, nach der die Identitätsmerkmale von Prominenten ursprünglich überhaupt keinem Property Right unterworfen und somit als gemeinfrei angesehen wurden295, kann sie auch hierzulande, wo alle vermarktbaren Identitätsmerkmale kraft des umfassenden Persönlichkeitsrechts schon eine gewisse Exklusivität aufweisen, ohne weiteres Gültigkeit beanspruchen, solange das Persönlichkeitsrecht gemeinhin noch als ein rein ideelles Abwehrrecht qualifiziert wird. Da mit dem solch verstandenen Persönlichkeitsrecht die exklusive Zuweisung der Identitätsmerkmale nur so unzulänglich gewährleistet wird, daß diese immer noch hilflos der Zwangskommerzialisierung ausgeliefert sind, die einen höheren Gewinn als die wegen der Persönlichkeitsrechtsverletzung zu zahlende Schmerzensgeldsumme verspricht und daher dem Verletzer jedenfalls lohnend erschei-

209; auch Douglass v. Hustler Magzine, Inc., 769 F. 2d 1128, 1138 (7th Cir. 1985); Matthews v. Wozencraft, 15 F. 3d 432, 437–438 (5th Cir. 1994); mit Einschränkungen Grady, 1 UCLA Ent. L. Rev. 97, 103–104, 116–123 (1994); Murphy, 84 Georgetown L. J. 2381, 2399 Fn. 97 (1996). 292 Vgl. Matthews v. Wozencraft, 15 F. 3d 432, 437–438 (5th Cir. 1994): „Without the artificial scarcity created by the protection of one’s likeness, that likeness would be exploited commercially until the marginal value of its use is zero.“ 293 Vgl. Seemann, S. 49 f.; Ropkis/Kurer, SMI 1990, 279, 283. 294 Vgl. Freitag, S. 57 f. 295 Siehe näher dazu oben § 4 II. 2. b) am Anfang.

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nen könnte296, besteht insoweit kein Unterschied zwischen der Rechtslage dort und hier297. Gegen diese ökonomische Argumentationslinie sind allerdings diverse Einwände erhoben worden. Zunächst wird generell bemängelt, daß dieses Wertverlust-Argument keine Antwort darauf zu geben vermöge, warum die Vermarktungsbefugnis gerade dem Identitätsmerkmalsträger vorbehalten werden muß, sondern höchstens eine Erklärung dafür biete, daß die knappen Ressourcen irgendeinem rational handelnden Wirtschaftssubjekt exklusiv zugewiesen werden sollen, um möglichst schonend verwertet zu werden298. Vergewissert man sich aber, daß in Deutschland bereits dem Identitätsmerkmalsträger immerhin die Abwehrbefugnis zuerkannt worden ist, wirkt diese Bemänglung der Überzeugungskraft des Arguments nicht tiefgreifend entgegen, weil schon offensichtlich ist, daß eine anderweitige Zuweisung der Verwertungsbefugnis zum Auseinanderfallen der beiden Befugnisse führen und dadurch enorme Transaktionskosten verursachen wird. Ein schwerwiegender Einspruch basiert eher auf dem Zweifel, ob die menschlichen Identitätsmerkmale wirklich schonend verwertet werden müssen299. Zu unterscheiden seien nach dieser Ansicht die vermarktbaren Identitätsmerkmale von den natürlichen Ressourcen wie Land, Wasser usw., die begrenzt vorhanden und nicht ersetzbar sind300. Wenn der Nutzungswert der Identitätsmerkmale eines Prominenten völlig erschöpft werde, dann könne z. B. der Werbetreibende ohne Schwierigkeiten nach den Identitätskennzeichen eines anderen Prominen296 Vgl. Wagner, VersR 2000, 1305, 1310; Prinz, ZRP 2000, 138, 143; Beater, JZ 2004, 889, 892 f. Von dieser Schutzlücke veranlaßt wurde bekanntlich die sog. Caroline-Doktrin, wonach die Gewinnerzielungsabsicht des Verletzers bei der Bemessung der Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Urt. v. 15. 11. 1994, NJW 1995, 861 ff. – Caroline von Monaco I; BGH, Urt. v. 5. 12. 1995, NJW 1996, 984 ff. – Caroline von Monaco II; neulich BGH, Urt. v. 5. 10. 2004, VersR 2005, 125, 126 f.), was in der Tat die Geldentschädigungssumme drastisch erhöht hat (siehe zu dadurch entfachten dogmatischen Auseinandersetzungen in der Literatur oben § 1 Fn. 22; § 3 Fn. 118; § 4 II. 3. b) am Anfang). 297 Dies übersieht Peifer, S. 290, der die Geltung des Wertverlust-Arguments in Deutschland wie folgend abstreitet: „Die Annahme schneller Erschöpfung einer Ressource gilt nur, wenn überhaupt keine Rechte an ihr bestehen; auch ein bloßes Abwehrrecht gegen den freien Gebrauch der Identität einer Person würde diese Ressource bereits exklusiv halten und damit schonen.“ 298 Vgl. Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 220 Fn. 442 (1993); Beverley-Smith, S. 309 f.; Goodenough, [1997] I.P.Q.: No. 1, 37, 59. 299 Vgl. Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 224–225 (1993); Beverley-Smith, S. 310; ähnlich Seemann, S. 252; Götting, S. 211. 300 Vgl. Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 224–225 (1993): „Land is a necessary factor of production: no land, no corn. Fish are a direct consumption good: no fish, no sushi. But the promotional values attaching to celebrity personas are a very different kind of ressource. They are a way of enhancing the marketability of other goods and services.“

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ten greifen, weil die verwertbaren Identitätsmerkmale immer neu geliefert werden könnten, insbesondere mit Unterstützung der Massenmedien, die heute ununterbrochen Stars produzieren. Selbst wenn es zum Mangel an den verwertbaren Identitätskennzeichen kommen würde, gäbe es keinen Grund zur Sorge, weil der Werbetreibende dann eine andere Art der Werbung entwickeln könnte, welche keine menschlichen Identitätsmerkmale benötigt. Die Übernutzung der Identitätsmerkmale wirke sich also auf die Gesellschaft nicht so verhängnisvoll aus, wie die des Landes. Dieser Einwand sieht jedoch die Sache aus einem zu breiten Blickwinkel, während er die Augen vor der fatalen Wirkung der Übernutzung auf den einzelnen Identitätsmerkmalsträger verschließt301. Die unkontrollierte übermäßige Nutzung der Identitätsmerkmale eines Prominenten kann beim Publikum eine allgemeine Abneigung gegen diesen hervorrufen, die im schlimmsten Fall seiner bisherigen Laufbahn ein bitteres Ende setzen kann302. Das ist nicht nur im Hinblick auf den Schutz der freien Persönlichkeitsentfaltung des betroffenen einzelnen Prominenten problematisch, sondern auch unter einem gesamtwirtschaftlichen Aspekt unwillkommen, weil die Gesellschaft dadurch einen Nutzenverlust erleidet, daß der Betroffene aus seinem vertrauten Beruf, in dem er mit seinem Talent die beste Leistung erbringen kann, aussteigen müsse303. Abgesehen davon ist auch der Nutzungswert der Identitätsmerkmale als wirtschaftlicher Ressourcen nicht zu unterschätzen. Sie stellen verschiedene Informationen, etwa Werbebotschaften, politische Ideale, künstlerische Aussagen usw., in einer sehr komprimierten aber einprägsamen Form, ähnlich wie Marken, dar und tragen somit allgemein dazu bei, den Informationsumlauf zu fördern und Informationskosten zu reduzieren304. Nicht einzusehen ist daher, warum solche wertvollen Ressourcen jedem x-beliebigen Interessenten unabhängig von der Wertigkeit seiner Nutzung zur Verfügung gestellt werden sollten. Vielmehr sind die möglichst schonenden, aber auch nutzbringenden Verwendungen der Identitätsmerkmale für die Allokationseffizienz fortlaufend erwünscht.

301 Vgl. Beverley-Smith, S. 310, der zögernd zugibt: „Ultimately, the matter depends on how broadly or narrowly we view the notion of efficiency. If we are solely concerned with the economic efficiency of celebrity publicity values (a somewhat narrow frame of reference), then the economic arguments may hold good.“ 302 Vgl. ähnlich BGH, Urt. v. 18. 3. 1959, BGHZ 30, 7, 12 – Caterina Valente: „Entsteht durch die Werbeveröffentlichung ein derartiger Eindruck, so muß der Genannte befürchten, an allgemeiner Wertschätzung zu verlieren und damit in der Entfaltung seiner künstlerischen Persönlichkeit behindert zu werden. Denn diese ist weitgehend von der Gunst des Publikums abhängig. Wendet sich diese von dem Künstler ab, so muß er befürchten, daß ihm damit die Möglichkeit genommen wird, sich auf seinem ureigensten Gebiet zu betätigen.“ 303 Vgl. Grady, 1 UCLA Ent. L. Rev. 97, 101–102 (1994). 304 Vgl. Matthews v. Wozencraft, 15 F. 3d 432, 437 (5th Cir. 1994): „Associating one’s goodwill with a product transmits valuable information to customers.“

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Ferner wird mitunter beanstandet, daß diese Argumentation nur bedingt mit der Wirklichkeit vereinbar und daher nicht dazu fähig ist, allgemeine Gültigkeit zu beanspruchen. Manche stellen dabei auf die sachliche Beschränktheit ab, manche auf die persönliche. Nach der ersten Ansicht passe das Wertverlust-Argument lediglich in den werbenden Kontext, wo wiederholte übermäßige Nutzung der Identitätsmerkmale zweifelsohne die Verringerung ihres Nutzungswerts in der Werbung zur Folge haben würde305. Bei anderen Nutzungsarten, etwa Merchandising, sei gar nicht klar, ob die intensive Nutzung zwangsläufig mit der Wertminderung einhergehen würde. Es möge unter Umständen gerade umgekehrt sein306. Die zweite Ansicht hält das Wertverlust-Argument für nur auf Prominente abgestimmt307. Danach sei dieses Argument nicht auf Normalbürger anwendbar, deren Identitätsmerkmale wohl kaum übermäßig in Anspruch genommen würden308. Nicht beizupflichten ist aber derartigen Relativierungen hinsichtlich der Gültigkeit dieser Argumentation. Einem gut bewährten ökonomischen Prinzip zufolge nimmt der Zusatz- oder Grenznutzen in aller Regel ab, je mehr von einem Gut konsumiert wird309. Es ist daher schwer zu verstehen, warum dieses allgemeingültige „Gesetz des abnehmenden Grenznutzens“ bei der Verwertung der Identitätsmerkmale im nicht werbenden Kontext verneint werden soll310. Auch hier muß man davon ausgehen, daß es trotz der anfänglichen Erhöhung des gesamten Nutzungswerts früher oder später wegen des ständig sinkenden Grenzwerts zu einem Wendepunkt kommen wird, von welchem an darüber hinausgehende Nutzung auch den gesamten Nutzungswert der Identitätsmerkmale vermindert311. So gesehen ist jede einzelne Nutzung der Identi-

305 Vgl. Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 221–222 (1993); Cardtoons, L.C. v. Major League Baseball Players Association, 95 F. 3d 959, 974–975 (10th Cir. 1996). 306 Vgl. Madow, 81 Cal. L. Rev. 125, 222 (1993): „. . . the marketing of Madonna Tshirts may actually increase the demand for other sorts of Madonna paraphernalia: posters, buttons, and so on. In the merchandising context, where faddism and emulation are important forces, sometimes it is ,the more the merrier.‘ If that is so, then the way to maximize economic value is to make the merchandise available to any and every one who is willing to pay the marginal cost of its production.“ 307 Vgl. Grady, 1 UCLA Ent. L. Rev. 97, 116–119 (1994); Murphy, 84 Georgetown L. J. 2381, 2399 Fn. 97 (1996). 308 Vgl. Murphy, 84 Georgetown L. J. 2381, 2399 Fn. 97 (1996): „This explanation works well for public figures, but it does not explain the cases awarding damages to a private party whose reputation is not likely to be overused.“ 309 Vgl. dazu Samuelson/Nordhaus, S. 130. 310 Nach Grady, 1 UCLA Ent. L. Rev. 97, 119 (1994) wirkt gerade das Merchandising am bedrohlichsten auf den Publizitätswert: „The uses of an artist’s publicity that are most likely to depreciate the value of further uses are casual uses to which people can be exposed many times. These are the t-shirt, poster, coffee mug, calendar, and other similar uses.“ 311 So auch Beverley-Smith, S. 311.

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tätsmerkmale im Grunde gleich für die Wertverminderung verantwortlich312. Der namenlose Normalbürger, dessen Identitätsmerkmale keinen aktuellen Vermarktungswert innehaben, sondern einen labilen potentiellen Wert, ist besonders für die Werteinbuße durch die unkontrollierte Verwertung anfällig. Selbst wenn von der Übernutzung seiner Identitätsmerkmale kaum die Rede sein kann, bleibt dennoch das Problem ihrer bestmöglichen Nutzung unter Vermeidung der Verschwendung übrig, welches das Wertverlust-Argument aber auch im Auge behält.

IV. Zwischenergebnis Die Frage, wem der an den Identitätsmerkmalen entstandene Vermögenswert gebührt, kann als eine Variante der gesellschaftlichen Grundentscheidung darüber, wem was gehört, wesensgemäß nur umstritten sein, wobei die traditionellen Gegensätze zwischen individualistischen und sozialistischen Eigentumsgedanken im Mittelpunkt steht. Allein die trotz der fehlenden gesetzlichen Bestimmungen bereits etablierte Praxis, von der auch die Rechtsprechung ohne gründliche Reflexion ausgeht, vermag daher noch nicht sichere Grundlagen für die Zuweisung des mittlerweile stark expandierten wirtschaftlichen Nutzens aus der Kommerzialisierung der Identitätsmerkmale zu schaffen. Das läßt sich schon an den gegen die gängige individuelle Zuweisungsrichtung heftig erhobenen Einwänden erkennen, die sich entweder auf die an sich zutreffende Annahme des fehlenden Zusammenhangs von Prominenz mit individueller Leistung, auf das Freihaltebedürfnis der kulturell bedeutungsvollen Identitätskennzeichen von Prominenten oder auf die Besorgnis bezüglich der aus der individuellen Zuweisung resultierende ungerechte Einkommensverteilung stützen. Obwohl diese Einwände letztlich als nicht stichhaltig zurückzuweisen sind, bilden sich aus der Auseinandersetzung mit den ihnen zugrunde liegenden Gedanken wichtige Ansätze zur Begründung einer individuellen Zuweisung sowie zur Beschränkung deren Umfangs heraus. In diesem Zusammenhang kommt ein entscheidender Perspektivenwechsel zum Zuge: Die Rechtfertigung der individuellen Zuweisung des Vermögenswerts der Identitätsmerkmale zu deren Träger ist nicht wie bisher in seiner besonderen Leistung zu suchen, mit der Locke eigentlich ein naturrechtliches Eigentum an den in der Außenwelt befindlichen Gegenständen begründet hat, 312 Daher ist nicht zuzustimmen, wenn Grady, 1 UCLA Ent. L. Rev. 97, 120–123 (1994) davon ausgeht, daß die unautorisierten Nutzungen der fremden Identitätsmerkmale dann nicht verboten sind, wenn sie zur Erhöhung des Publizitätswerts der Identitätsmerkmale führen werden. Nach dieser Auffassung ist dies besonders bei den künstlerischen Nutzungen der fremden Identitätsmerkmale der Fall. Aber es ist nicht zu verleugnen, daß auch informationelle oder künstlerische Nutzungen zum Überdruß des Publikums beitragen können. Die allgemeine Erlaubnis zu derartigen Nutzungen beruht vielmehr auf einem anderen Gedanken.

IV. Zwischenergebnis

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sondern eher im ebenso naturrechtlichen Eigentum an sich selbst, das Locke für die Eigentumsbegründung vorausgesetzt hat, weil die Identitätsmerkmale immer mit der Person des Trägers unauflöslich verbunden sind und daher begrifflich nicht zu den neutralen Gütern der Außenwelt gehören, die erst durch Arbeit oder Leistung anzueignen sind. Auch wenn die zivilrechtliche Dogmatik grundsätzlich auf der strengen Dichotomie zwischen Rechtssubjekt und -objekt beharrt und immer noch an dem auf körperliche Sachen beschränkten engen Eigentumsbegriff festhält, läßt sich der Selbsteigentumsgedanke ohne weiteres durch Vermittlung des Persönlichkeitsrechts fortsetzen. Dieses im Persönlichkeitsrecht mitschwingende Selbsteigentum, das in der Wechselbeziehung zwischen Persönlichkeitsrecht und Eigentum bei der Abtrennung des Körperteils vom ganzen Körper oder beim Einfügen eines abgetrennten Körperteils in den lebenden Körper besonders deutlich hervortritt, vermag die vermögensrechtliche Zuweisung der Identitätsmerkmale zu deren Träger zu legitimieren. Neben diese apriorische Begründung kann die ökonomische Begründung treten, die auf die Allokationseffizienz abstellt. Die Identitätsmerkmale, die sich heute als wertvolle Ressource erweisen, müssen durch den bewährten Marktmechanismus der nützlichsten Verwendung zugeführt werden. Für die reibungslose Funktion des Markts müssen vor allem die externen Effekte, die sich aus einer Ressourcennutzung ergeben, möglichst weitgehend internalisiert werden. Dazu trägt das Persönlichkeitsrecht als eine Art Property Right dadurch bei, daß es die exklusive Zuordnung der Identitätsmerkmale vornimmt. Obwohl nach dem bekannten Coase-Theorem das Effizienzziel unabhängig davon erreicht werden kann, welcher der sich um die Ressourcenverwendung streitenden Parteien das Property Right zuerkannt wird, sollte immerhin das Property Right bezüglich der Identitätsmerkmale deshalb ihrem Träger zuteil werden, weil eine derartige Zuweisung schon als solche den effizienten Einsatz der Identitätsmerkmale fördert und mit erheblich geringeren Transaktionskosten sowie anderen Unkosten verbunden ist als ihre Alternativen. Die heutige Entwicklung der Kommerzialisierung der Identitätsmerkmale haben aber neue, bei der Entstehung des Persönlichkeitsrechts noch nicht ernstgenommene Externalitäten verursacht, die durch das lediglich als ideelles Abwehrrecht verstandene Persönlichkeitsrecht nicht vollständig internalisiert werden können. Um seine Funktion der Internalisierung der Externalitäten zu perfektionieren, muß das Persönlichkeitsrecht nun auch die sichere vermögensrechtliche Zuweisung der Identitätsmerkmale beinhalten, die wiederum zugunsten des Identitätsmerkmalsträgers erfolgen sollte. Der ökonomische Sinn einer solchen vermögensrechtlichen Zuweisung ist dabei in der Vermeidung eines Wertverlusts, den die nicht vermögensrechtlich zugewiesenen Identitätsmerkmale durch unkontrollierte Übernutzung oder wertlose Vermarktung erleiden würden, zu erblicken. Der von manchen behauptete mittelbare Anreiz zur kulturellen Leistung oder Kreativität hingegen ist hier fehl am Platz.

§ 5 Das Recht für die vermögensrechtliche Zuweisung der Identitätsmerkmale und dessen Gestaltung Die bisherige Untersuchung hat gezeigt, daß der den menschlichen Identitätsmerkmalen anhaftende Vermögenswert prinzipiell rechtlich geschützt werden soll; nämlich durch dessen individuelle Zuweisung zum Träger der Identitätsmerkmale. An diesen Befund schließt sich nach dem Gesetz der Logik die Frage an, welcher Zuweisungsmechanismus dabei zu bedienen ist. Da im Zivilrecht gerade das subjektive Recht die Aufgabe der Güter- und Interessenzuweisung allgemein übernimmt1, läuft dies letztlich auf die Frage hinaus, welches subjektive Recht für die Zuweisung des Vermögenswerts der Identitätsmerkmale zuständig ist und wie dieses Recht dann konkret konstruiert wird. Damit ist die Kernfrage bei der rechtlichen Einkleidung der Kommerzialisierung der Identitätsmerkmale angesprochen, deren Beantwortung unter anderem die Grundlage für eine angemessene Lösung der weiteren praktisch relevanten Fragen, etwa Umfang und Grenzen des Zuweisungsgehalts des Rechts, Übertragbarkeit des Rechts, Sanktionen gegen die Verletzung des Rechts usw., bildet. Schon oben wurde dargetan, daß das Persönlichkeitsrecht zur Entstehung des Vermögenswerts der Identitätsmerkmale 2 sowie zur Begründung für dessen individuelle Zuordnung3 einen entscheidenden Beitrag leistet, was weiterhin auf die tragende Rolle des Persönlichkeitsrechts bei der rechtsdogmatischen Gestaltung der vermögensrechtlichen Zuweisung der Identitätsmerkmale schließen läßt. Diese inneren Zusammenhänge des schon längst vorhandenen Persönlichkeitsrechts mit der neueren Erscheinung der Identitätsmerkmalvermarktung haben jedoch bislang kaum angemessene Beachtung erfahren, so daß im Schrifttum eine erstaunliche Vielfalt von Konzepten für die rechtliche Ausgestaltung des Schutzes von vermögenswerten Identitätsmerkmalen präsentiert worden ist, die anstelle einer nur scheinbar versuchten Systematisierung eher Verwirrung zu stiften geeignet ist. Diese überzogene Meinungsvielfalt ist auf Dauer aber nicht wünschenswert und soll daher im folgenden zugunsten eines soliden Funda1 Vgl. Larenz/Wolf, AT, § 14 Rn. 15: „Daß jemand ein subjektives Recht hat, bedeutet sinngemäß, daß ihm etwas rechtens zukommt und zugewiesen wird.“; auch nach Bork, AT, Rn. 281 ist das subjektive Recht, formal und normlogisch gesehen, durch die „Zuweisung einer Verhaltensberechtigung mit Schutz und Ausschließlichkeitsgewähr“ gekennzeichnet. 2 Siehe dazu oben § 2 II. 2. b) bb). 3 Siehe dazu oben § 4 III.

I. Systematische Erfassung der vielfältigen Meinungen

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ments für die in diesem hochaktuellen Bereich noch währende richterliche Rechtsfortbildung rechtsdogmatisch gefiltert werden.

I. Systematische Erfassung der vielfältigen Meinungen 1. Grundperspektiven Um in die von der seltenen dogmatischen Differenziertheit ausgeprägte unübersichtliche Meinungsvielfalt ein System zu bringen, muß man zunächst die maßgebenden Grundperspektiven herausarbeiten, welche sich als roter Faden durch das ganze Meinungsspektrum ziehen. Erst mit ihrer Hilfe können die den vielfältigen Ansichten zugrunde liegenden unterschiedlichen gedanklichen Ansätze klar erkannt werden, was wiederum für die Einordnung und Bewertung der einzelnen Ansicht maßgeblich ist. Die in diesem Zusammenhang geläufig hervorgehobene Polarität von Monismus und Dualismus4 ist zwar für die systematische Erfassung der Meinungen notwendig aber nicht hinreichend scharf. Da im Bereich des Privatrechts diese allgegenwärtige Gegensätzlichkeit der „Weltanschauungen“ spezifisch in bezug auf die Frage nach dem Verhältnis der ideellen und wirtschaftlichen Belange an einem Rechtsgut oder -gegenstand zur Sprache kommt5, ist die allein unter diesem Aspekt laufende Systematisierung unvermeidlich mit der Gefahr verbunden, die vom Ansatz her ganz verschiedenen Meinungen gleich zu behandeln, sofern nicht alle Meinungen für jenes Rechtsgut oder jenen Rechtsgegenstand das gleiche Recht vorsehen. Danach werden also etwa alle diejenigen Ansichten, die für die unlösbare Verknüpfung der beiden Belange sprechen, gleichermaßen als monistisch betrachtet und somit in dieselbe Kategorie eingeordnet, unabhängig davon, von welchem subjektiven Recht die einzelne Meinung ausgeht. Um diese Grobheit zu korrigieren, muß der Unterscheidung zwischen Monismus und Dualismus eine anderweitige Differenzierung vorgeschaltet werden; diesmal nach der Art des von den Meinungen vorausgesetzten subjektiven Rechts. Da hinsichtlich der hier in Rede stehenden Kommerzialisierung der Identitätsmerkmale nur zwei subjektive Rechte, nämlich das Persönlichkeitsrecht einerseits und das für diesen Zweck neu geschaffene Immaterialgüterrecht andererseits, miteinander um Vorherrschaft wetteifern, kann daraus eine neue 4 Vgl. z. B. Götting, S. 276; Seemann, S. 153 ff.; Forkel, FS f. Neumayer, S. 229, 243 ff.; Amelung, S. 182 ff. 5 Während der Monismus dafür plädiert, daß die beiden Interessen untrennbar ineinander verflochten sind, und demzufolge für ihren Schutz nur ein einheitliches Recht vorsieht, geht der Dualismus von der sauberen Trennung der beiden Interessen aus, für deren Schutz daher zwei verschiedenen Rechte oder zwei nebeneinander stehende Bestandteile eines Mischrechts zum Zuge kommen. Dieser Theorienstreit wird meistens im Hinblick auf die Rechtsnatur des Urheberrechts intensiv erörtert [vgl. dazu Ulmer, S. 112 ff.; Rehbinder, Rn. 30 f.; siehe auch unten II. 2. a)].

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§ 5 Das Recht für die vermögensrechtliche Zuweisung

Gegensätzlichkeit zwischen Persönlichkeitsrechtsmodell und Immaterialgüterrechtsmodell entstehen. Bringt man nun die erwähnten beiden Unterscheidungsperspektiven, die jeweils zwei gegensätzliche Implikationen in sich enthalten, zusammen, ergeben sich daraus schließlich vier verschiedene Auffassungsrichtungen, die auch tatsächlich im Schrifttum ihre Entsprechungen finden: Monistisches Persönlichkeitsrechtsmodell, dualistisches Persönlichkeitsrechtsmodell, monistisches Immaterialgüterrechtsmodell und dualistisches Immaterialgüterrechtsmodell6. 2. Konkretisierende Betrachtung Es ist nicht leicht, die seit Jahren in der Literatur mit jeweils eigenem Ansatz und Begriff unterschiedlich vertretenen Meinungen in dem hier vorgeschlagenen gedanklichen Rahmen exakt zu erfassen. Manche Meinungen sind sogar so undeutlich formuliert, daß sie mehrere Möglichkeiten der Interpretation zulassen. Für die richtige Bestimmung ihres Standorts ist allerdings stets auf ihre wahren Eigenschaften abzustellen, nicht auf die von ihrem Vertreter selbst ausgewählte Bezeichnung, damit die systematische Einordnung nicht formellen Begrifflichkeiten verfällt. a) Monistisches Persönlichkeitsrechtsmodell Diese Auffassung geht von der festen Verquickung ideeller und wirtschaftlicher Interessen innerhalb des schon bestehenden Schutzrahmens des Persönlichkeitsrechts aus7. Die Vermarktbarkeit der Identitätsmerkmale und das daraus 6 Die Ansicht, die lediglich durch das geltende Markenrecht den Vermögenswert der Identitätsmerkmale schützen will (vgl. Schack, JZ 2000, 1060, 1062; Peifer, S. 294 ff., 306), kann im folgenden außer Betracht bleiben. Es ist eine Selbstverständlichkeit, daß das Markenrecht hier Hilfe leisten kann, solange die Identitätsmerkmale schon entweder als Marken eingetragen wurden (vgl. dazu näher Boeckh, GRUR 2001, 29, 29 ff.) oder als diese die erforderliche Verkehrsgeltung im Sinne des § 4 Nr. 2, 3 MarkenG erworben haben sowie unautorisiert als Kennzeichnung eines bestimmten Produkts oder einer Dienstleistung benutzt wurden. Aber der vorliegende Diskussionskontext beschränkt sich weder auf die als Marken anerkannten Identitätsmerkmale noch auf die kennzeichnende Benutzung der Identitätsmerkmale. Der Schutz allein durch das Markenrecht beinhaltet also eine extreme Einschränkung der vermögensrechtlichen Zuweisung der Identitätsmerkmale, so daß er nicht von ungefähr hauptsächlich von denjenigen befürwortet wird, die der heutigen Kommerzialisierungstendenz bezüglich der menschlichen Identitätsmerkmale voller Skepsis gegenübertreten (vgl. auch kritisch zu dieser Ansicht Seemann, S. 256 f.; Lichtenstein, S. 90 f.). 7 Vgl. Büchler, FS f. Rey, S. 177, 194 f.; dies., AcP 206 (2006), 300, 317, 347 f.; Forkel, FS f. Neumayer, S. 229, 243 ff., 247; Kläver, ZUM 2002, 205, 209 f.; Amelung, S. 184 f.; Ahrens, S. 155 ff., 166 ff.; Lichtenstein, S. 167, 231 f.; bezüglich des Rechts am eigenen Bild Bächli, S. 162 f.; im Grunde wohl auch Hubmann, S. 133 ff., 363, der den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt aber nur den gesetzlich geregelten besonderen Persönlichkeitsrechten zuerkennen will.

I. Systematische Erfassung der vielfältigen Meinungen

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folgende Bedürfnis nach ihrer vermögensrechtlichen Zuweisung müßten hiernach keinen Anlaß zur Erschaffung eines neuen Rechts oder eines neuen Bestandteils des Persönlichkeitsrechts darstellen, weil das derzeitige Persönlichkeitsrecht bereits seiner Konzeption nach ohne weiteres dazu fähig sei, die vermögensrechtliche Befugnis in sich mit einzubeziehen. Um den ökonomischen Belangen Rechnung zu tragen, bedürfe es, wenn überhaupt, lediglich einer Verlagerung des internen Blickwinkels, wodurch das Persönlichkeitsrecht von der traditionellen, einseitig vom ideellen bzw. schutzrechtlichen Aspekt geprägten Sichtweise befreit werde8. Das Persönlichkeitsrecht sei demnach grundsätzlich ein subjektives Recht, das als solches ideelle und materielle Interessen in sich vereine sowie Abwehr- und Verwertungsbefugnis insgesamt umfasse9. Das bedeutet allerdings nicht, daß jedes einzelne Persönlichkeitsrecht tatsächlich ausnahmslos auf die beiden Arten von Interessen ausgerichtet sein soll. Gemeint ist nur die Eröffnung des Schutzbereichs des Persönlichkeitsrechts auch für die wirtschaftlichen Interessen. Je nach dem konkreten Schutzgut kann höchst unterschiedlich sein, ob und inwieweit die wirtschaftlichen Interessen in seinen Schutz mit einbezogen werden10. Daher bleibt auch diejenige Ansicht noch im Rahmen des monistischen Persönlichkeitsrechtsmodells, die Persönlichkeitsrechte dann gesondert als Persönlichkeitsverwertungsrechte bezeichnet, wenn sie einen vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt aufweisen11. Damit wird lediglich allen ideell-vermögensrechtlichen Persönlichkeitsrechten eine neue Überschrift verliehen, die ihre vermögensrechtlichen Züge besser ausdrückt. Die Persönlichkeitsverwertungsrechte werden danach als Mischrechte den anderen rein ideellen Persönlichkeitsrechten gegenübergestellt12, jedoch nicht, wie gleich 8 Vgl. Ahrens, S. 173. Soweit es um die Frage geht, wie sich diese Erneuerung des inneren Gesichtspunkts auf die herkömmlich anerkannten Eigenschaften des Persönlichkeitsrechts, nämlich die Unübertragbarkeit sowie die Unvererblichkeit, auswirkt, besteht aber keine Übereinstimmung. So hält z. B. Büchler (FS f. Rey, S. 177, 192 ff., 195 Fn. 96; AcP 206 (2006), 300, 325 f., 341 ff.) immer noch am Dogma der Unübertragbarkeit fest, bejaht jedoch die Vererblichkeit, während Ahrens (S. 256 ff., 398 ff.) umgekehrt der Meinung ist, daß das Persönlichkeitsrecht immerhin der sog. gebundenen Übertragung unterliegen kann, aber nicht vererblich ist. Wiederum nimmt Lichtenstein (S. 235 ff., 303 ff.) sowohl die Möglichkeit der gebundenen Übertragung als auch die Vererblichkeit des Persönlichkeitsrechts an. Diese erheblichen Dissonanzen innerhalb eines Denkmodells werfen einerseits sicher einen Schatten auf den Sinn der hier vorgenommenen Kategorisierung, spiegeln aber andererseits gerade das Fehlen einer bewährten Dogmatik in diesem Bereich wider, die ihrerseits erst mit einer tiefen Besinnung auf die dieser Kategorisierung zugrunde liegenden Grundeinstellungen herausgebildet werden kann. 9 Vgl. vor allem Forkel, FS f. Neumayer, S. 229, 244; Ahrens, S. 123 f., 150. 10 Vgl. Forkel, FS f. Neumayer, S. 229, 245. 11 Vgl. zu dieser Ansicht Peukert, ZUM 2000, 710, 719 ff.; Taupitz, in: Rufausbeutung, S. 1, 39 ff. 12 Die zu diesem Zweck benutzte Kontrastierung der Persönlichkeitsrechtsverwertungsrechte mit dem umfassenden allgemeinen Persönlichkeitsrecht (vgl. Peukert,

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§ 5 Das Recht für die vermögensrechtliche Zuweisung

zu sehen sein wird, die vermögensrechtliche Komponente des Persönlichkeitsrechts der ideellen. b) Dualistisches Persönlichkeitsrechtsmodell Anders als das vorhergehende Denkmodell betrachtet diese Auffassung das Verhältnis zwischen den beiden Arten von Interessen nicht als unlösbar ineinander übergehend oder aufeinander aufbauend, sondern als getrennt nebeneinander stehend, auch wenn sie bei der rechtlichen Erfassung der solcherart gesonderten Interessen an den Identitätsmerkmalen noch nicht den einheitlichen Rahmen des Persönlichkeitsrechtsmodells verläßt13. Um die Wahrung materieller Belange durch das Persönlichkeitsrecht zu bewerkstelligen, baut sie aber das traditionelle Persönlichkeitsrecht dergestalt aus, daß dem bisherigen ideellen Bestandteil ein neuer vermögenswerter Bestandteil des Persönlichkeitsrechts zur Seite gestellt wird. Demzufolge seien zwei Komponenten des Persönlichkeitsrechts auseinanderzuhalten: Die eine schützt wie schon bisher die ideellen Interessen, die ZUM 2000, 710, 720 f.; Taupitz, in: Rufausbeutung, S. 1, 40 f.) ist aber sehr irreführend, weil sie leicht das Mißverständnis hervorruft, daß die beiden Rechte gleichzeitig an einem Persönlichkeitsgut bestehen könnten. Gerade darauf muß die Kritik von Lichtenstein, S. 239 beruhen: „Die ideellen Interessen auf zwei Ebenen zu erfassen, das eine Mal isoliert, das andere Mal verbunden mit vermögensrechtlichem Einschlag, ist weder notwendig noch hilfreich.“ 13 Vgl. am deutlichsten Weber, FS f. Kramer, S. 411, 426 f.; wohl auch Magold, S. 521 ff.; Götting, S. 134 ff. Dabei ist zu beachten, daß Götting selbst seine Ansicht als monistisch qualifiziert (vgl. Götting, S. 138 f.; 276), indem er die amerikanische Rechtslage, in der sich der Persönlichkeitsschutz in die zwei voneinander selbständigen Rechte, nämlich in das right of privacy als ideelles Abwehrrecht einerseits und in das right of publicity als reines Vermögensrecht andererseits, gliedert, als typisch dualistisch beschreibt und so in Gegensatz zu seiner Ansicht stellt (vgl. Götting, S. 267, 276). Jedoch ist die von ihm selbst betonte unlösbare Interessenverknüpfung, worauf er seine angeblich monistische Ansicht maßgeblich stützt, nicht mehr als ein Lippenbekenntnis, wenn man sich seine Lehre vom wirtschaftlichen Persönlichkeitsrecht genau ansieht, welches er für den Schutz der materiellen Interessen an den Identitätsmerkmalen als Teilaspekt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts herausarbeitet. Demnach sei das wirtschaftliche Persönlichkeitsrecht ebenso wie das allgemeine Persönlichkeitsrecht ein Rahmenrecht (vgl. Götting, S. 140) und finde sein verfassungsrechtliches Fundament anders als das ideelle Persönlichkeitsrecht im Eigentumsschutz des Art. 14 GG. (vgl. Götting, S. 139 f.). Die damit schon im Ansatz angekündigte Antinomie zweier Interessen tritt letztlich bei der Anerkennung der Vererblichkeit nur für das wirtschaftliche Persönlichkeitsrecht zutage (vgl. Götting, S. 281; auch ders., NJW 2001, 585, 585 f.; ders., GRUR 2004, 801, 806). Bedenkt man ferner, daß der Dualismus im Bereich des Urheberrechts nicht mehr in der Form vertreten wird, daß das außenstehende Persönlichkeitsrecht dem Urheberrecht zur Seite tritt, sondern in der Form, daß das Urheberrecht selbst als ein Doppelrecht hervortritt, das die bloße Summe der beiden nebeneinander stehenden Befugnisse darstellt, die jeweils nur auf den Schutz der ideellen oder der materiellen Interessen zugeschnitten sind (vgl. näher dazu Ulmer, S. 112 f.; Rehbinder, Rn. 30), ist es nicht zu leugnen, daß die Ansicht von Götting im Gegensatz zu seiner Behauptung vieles mit dem Dualismus gemein hat.

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andere indessen ausschließlich die wirtschaftlichen Interessen. Diese Auffassung intendiert also eine gewisse Aufspaltung innerhalb des Persönlichkeitsrechts, die dazu führen kann, daß die geteilten Bestandteile ungeachtet ihres persönlichkeitsrechtlichen gemeinsamen Nenners jeweils unterschiedlichen rechtlichen Regeln unterliegen. Damit ist die theoretische Möglichkeit begründet, zumindest die vermögensrechtliche Komponente des Persönlichkeitsrechts vom traditionellen Dogma der Unübertragbarkeit sowie Unvererblichkeit zu befreien14. Die Bezeichnung der ins Persönlichkeitsrecht neu eingereihten vermögensrechtlichen Befugnisse variiert je nach Vertreter: Immaterialgüterrechtliche Komponente des Persönlichkeitsrechts15, wirtschaftliches Persönlichkeitsrecht16 oder Persönlichkeitsleistungsschutzrecht17. Auch die heutige Rechtsprechung tendiert zur dualistischen Auffassung innerhalb des Persönlichkeitsrechtsmodells. Zwar deutete der BGH früher wohl in die monistische Richtung des Persönlichkeitsrechts, indem er aus dem Persönlichkeitsrecht schlicht einen Schutz der wirtschaftlichen Selbstbestimmung ableitete18, allerdings ohne dabei eine detaillierte Überlegung über dessen dogmatische Strukturierung angezeigt zu haben. Er billigte dem Identitätsmerkmalsträger daraufhin einen materiellen Ausgleich durch Schadensersatz nach der sog. dreifachen Schadensberechnungsmethode oder durch Eingriffskondiktion zu, wenn sein Persönlichkeitsrecht in der Weise verletzt wurde, daß seine Identitätskennzeichen unautorisiert kommerziellen Interessen Dritter dienstbar gemacht werden19. Dieser monistische Ansatz setzte sich jedoch nicht konsequenterweise 14 Im Ergebnis so Magold, S. 515 ff., 572 f.; Götting, S. 65, 133, 281; Weber, FS f. Kramer, S. 411, 426. Bemerkenswert ist aber auch hier, daß sie in Einzelheiten erheblich voneinander abweichen. Eine Gemeinsamkeit insbesondere gegenüber dem unten darzustellenden Immaterialgüterrechtsmodell zeigen sie nur insoweit, als sie die Übertragung und Vererbung des vermögensrechtlichen Bestandteils von ihrem Konzept des Persönlichkeitsrechtsmodells her weitgehend modifizieren wollen. 15 Vgl. Magold, S. 521 ff. 16 Vgl. Götting, S. 134 ff. Der Ausdruck „wirtschaftliches Persönlichkeitsrecht“ stammt ursprünglich von Fikentscher (Wirtschaftsrecht II, S. 112 f., 131 ff.), der damit jedoch nicht die vermögensrechtliche Komponente des Persönlichkeitsrechts konturieren wollte, sondern ein neues Rahmenrecht für einen umfassenden Persönlichkeitsschutz im Wirtschaftsbereich, welches anders als das derzeitige Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nicht nur Unternehmern sondern auch Verbrauchern zugute kommen sollte. Für das wirtschaftliche Persönlichkeitsrecht in diesem Sinn plädiert auch Lehmann (FS f. Hubmann, S. 255, 259 ff.). 17 Vgl. Weber, FS f. Kramer, S. 411, 426. 18 Vgl. BGH, Urt. v. 8. 5. 1956, BGHZ 20, 345, 350 f. – Paul Dahlke; BGH, Urt. v. 20. 2. 1968, BGHZ 49, 288, 293 f. – Ligaspieler; BGH, Urt. v. 6. 2. 1979, NJW 1979, 2203, 2204 – Franz Beckenbauer; BGH, Urt. v. 26. 6. 1979, NJW 1979, 2205, 2206 – Fußballtor; BGH, Urt. v. 26. 6. 1981, BGHZ 81, 75, 78 ff. – Carrera; BGH, Urt. v. 14. 10. 1986, JZ 1987, 158, 158 – NENA; BGH, Urt. v. 14. 4. 1992, NJW 1992, 2084, 2084 – Joachim Fuchsberger. 19 Vgl. BGH, Urt. v. 8. 5. 1956, BGHZ 20, 345, 353 ff. – Paul Dahlke; BGH, Urt. v. 26. 6. 1979, NJW 1979, 2205, 2206 – Fußballtor; BGH, Urt. v. 26. 6. 1981, BGHZ 81,

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durch, als sich der BGH in der sog. Marlene-Dietrich-Entscheidung 20 erstmals grundsätzlich mit dem vermögensrechtlichen Charakter des Persönlichkeitsrechts befaßte. In dieser Entscheidung hat er signifikante Weichenstellung mit den dualistischen Implikationen21 vorgenommen, indem er zunächst die Doppelaspekte des Persönlichkeitsrechts22 sowie deren unterschiedliche rechtliche Behandlung23 ausgesprochen und dann die im konkreten Fall24 relevante Frage nach der Vererblichkeit der „dem Schutz kommerzieller Interessen an der Persönlichkeit dienenden vermögenswerten Bestandteile“ gerade aufgrund deren Eigenständigkeit bejahend beantwortet hat25. Infolgedessen werden die beiden Komponenten des Persönlichkeitsrechts jedenfalls nach dem Tod26 des Persönlichkeitsträgers von der hergebrachten Verklammerung gelöst und voneinander unterschiedlichen Personenkreisen zuteil: „Während die dem Schutz der ideellen Interessen des Verstorbenen dienenden Abwehransprüche von den Angehörigen oder von einem hierzu berufenen Wahrnehmungsberechtigten geltend zu machen sind, kommen als Träger der vermögenswerten Befugnisse allein die Erben in Betracht, die mit den genannten Berechtigten nicht notwendig iden-

75, 81 f. – Carrera; BGH, Urt. v. 14. 4. 1992, NJW 1992, 2084, 2085 – Joachim Fuchsberger; zur Einschränkung der vermögensrechtlichen Sanktionen durch die sog. Herrenreiter-Doktrin oben § 1 Fn. 20. 20 BGH, Urt. v. 1. 12. 1999, BGHZ 143, 214 ff. – Marlene Dietrich. 21 Vgl. zur Qualifizierung des in dieser Entscheidung vertretenen dogmatischen Standpunkts des BGH als dualistisch Vinck, LM 823 (Ah) BGB Nr. 131; Schack, JZ 2000, 1060, 1061; Amelung, S. 190; Ahrens, S. 262 f.; Biene, S. 167 Fn. 940, 174; Weber, FS f. Kramer, S. 411, 414; Koos, GRUR 2004, 808, 811; Sosnitza, JZ 2004, 992, 995: „Festzuhalten ist jedoch, daß das ,Marlene Dietrich‘-Urteil insoweit einen Durchbruch bedeutet, als die vermögensrechtliche Seite des allgemeinen Persönlichkeitsrechts erstmals nicht nur ausdrücklich anerkannt, sondern auch gleichrangig neben die ideellen Interessen der Person gestellt wird.“ 22 Vgl. BGH, Urt. v. 1. 12. 1999, BGHZ 143, 214, 217 – Marlene Dietrich: „Das von § 823 Abs. 1 BGB geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht und seine besonderen Erscheinungsformen wie das Recht am eigenen Bild und das Namensrecht dienen nicht nur dem Schutz ideeller, sondern auch vermögenswerter Interessen der Persönlichkeit.“ 23 Vgl. BGH, Urt. v. 1. 12. 1999, BGHZ 143, 214, 221 – Marlene Dietrich: „Eine Reihe von Gesichtspunkten spricht dafür, daß die vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts nicht in derselben Weise unauflöslich an die Person ihres Trägers gebunden sind wie der Teil des Persönlichkeitsrechts, der dem Schutz ideeller Interessen dient.“ 24 Die Marlene-Dietrich-Entscheidung beruhte auf einer Klage der einzigen Tochter und Alleinerbin der verstorbenen Schauspielerin gegen den Inhaber einer Musical-Produktionsgesellschaft, der nach dem Tod Marlene Dietrichs ein Musical über ihr Leben auf die Bühne gebracht und ferner in diesem Zusammenhang ihren Namen bzw. ihr Bildnis mittels Werbeverträgen, Lizenzvereinbarungen und durch den Verkauf von Merchandising-Artikeln wie T-Shirts, Armbanduhren, Anstecker etc. vermarktet hat. 25 Vgl. BGH, Urt. v. 1. 12. 1999, BGHZ 143, 214, 222 f. – Marlene Dietrich. 26 Der BGH hat in dieser Entscheidung ausdrücklich offengelassen, ob der vermögenswerte Bestandteil des Persönlichkeitsrechts unter Lebenden übertragbar ist.

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tisch sind.“ 27 Auch wenn der BGH eine lose Verknüpfung zwischen den so auseinandergefallenen Interessen durch die Koppelung der Befugnisse der Erben an den ausdrücklichen oder mutmaßlichen Willen des Verstorbenen wiederherzustellen versucht hat28, ist daraus aber nicht ohne weiteres zu folgern, daß der BGH im Gegensatz zur hier vertretenen dogmatischen Verortung dem monistischen Konzept nahe steht29. Derartige Einschränkung der Befugnisse der Erben stellt vielmehr eine schlüssige Konsequenz des Persönlichkeitsrechtsmodells dar. Mittlerweile hat sich diese persönlichkeitsrechtlich-dualistische Ansicht des BGH durch die weiteren bestätigenden Entscheidungen des BGH30 und des BVerfG 31 konsolidiert. c) Monistisches Immaterialgüterrechtsmodell Diese Auffassung will die wirtschaftlich-ideelle Doppelnatur der bestimmten Identitätsattribute in einem einheitlichen Immaterialgüterrecht erfassen. Im Unterschied zu den vorigen Persönlichkeitsrechtsmodellen greift dieses Modell nicht mehr auf das vorbestehende Persönlichkeitsrecht zurück, sondern spricht sich dafür aus, ein Immaterialgüterrecht neu zu schaffen, das die kommerzialisierbaren Identitätskennzeichen nach der Mustervorlage des Urheberrechts aus der monistischen Sicht angeht32. Nach dieser Auffassung würde sich das Persönlichkeitsrecht seinem ursprünglichen ideellen Zweck33 entfremden, wenn es direkt zum Vermögensrecht ausgestaltet würde. Mit der wachsenden Nützlichkeit des Persönlichkeitsrechts als Ertragsquelle würden also die Vermögensinteressen immer maßgeblicher den Persönlichkeitsschutz prägen, was eine ernstliche Aushöhlung der ideellen Kompetenzen des Persönlichkeitsrechts nach sich ziehen würde34. Um dies zu vermeiden, befürwortet sie die Zweiteilung des 27

BGH, Urt. v. 1. 12. 1999, BGHZ 143, 214, 226 – Marlene Dietrich. Vgl. BGH, Urt. v. 1. 12. 1999, BGHZ 143, 214, 226 – Marlene Dietrich. 29 So aber wohl Götting, GRUR 2004, 801, 807. 30 Vgl. BGH, Urt. v. 1. 12. 1999, NJW 2000, 2201 f. – Der blaue Engel; BGH, Urt. v. 6. 12. 2005, VersR 2006, 276, 277 – Mordkommission Köln; BGH, Urt. v. 5. 10. 2006, NJW 2007, 684, 685 – kinski-klaus.de. 31 BVerfG, Beschl. v. 22. 8. 2006, NJW 2006, 3409, 3409 – Marlene Dietrich: „. . . bestehen gegen die richterliche Rechtsfortbildung, die in der Anerkennung vererblicher vermögenswerter Bestandteile des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts liegt, keine verfassungsrechtlichen Bedenken.“ 32 Vgl. Freitag, S. 35 ff.; Lausen, ZUM 1997, 86, 92 f., jeweils aber nur auf die Persönlichkeit des ausübenden Künstlers i. S. des UrhG Bezug nehmend. 33 Laut Freitag, S. 72 könne das allgemeine Persönlichkeitsrecht zwar den Schutz der wirtschaftlichen und beruflichen Selbstbestimmung umfassen, seine unmittelbare Ratio aber liege nicht im Vermögensschutz, sondern darin, „Selbstdarstellung und Lebensgestaltung des Individuums im Verhältnis zur Gesellschaft freizuhalten, seine Entfaltung durch das Offenhalten von Handlungsmöglichkeiten zu garantieren, letzten Endes also ideelle Interessen zu schützen.“ 34 Vgl. Freitag, S. 60, 67 f. 28

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§ 5 Das Recht für die vermögensrechtliche Zuweisung

Persönlichkeitsbereichs in den allein ideellen inneren Bereich einerseits und in den ideell-wirtschaftlichen Bereich andererseits und will letzteren aus dem traditionellen Schutzrahmen des Persönlichkeitsrechts herausnehmen35. Eine solche Herauslösung der ideell-wirtschaftlichen Persönlichkeitselemente aus der Domäne des Persönlichkeitsrechts stützt sich dabei vor allem auf eine technische sowie vorstellungsmäßige Ablösbarkeit von der Person36. Als von der undifferenzierten Gesamtheit der Persönlichkeit ausreichend isolierbar konkretisierte Gegenstände37 seien sie immaterialgüterfähig und somit ungeachtet ihres ideellen Teilaspekts prinzipiell verkehrsfähig38. Für eine interessenadäquate rechtliche Modellierung der daran anzuknüpfenden Befugnisse sei daher gerade das Immaterialgüterrecht, insbesondere das Urheberrecht prädestiniert, welches das erprobte System der absoluten Rechtsposition mit Verknüpfung wirtschaftlicher und ideeller Interessen darstellt. d) Dualistisches Immaterialgüterrechtsmodell Diesem Denkmodell liegt auch wieder die Annahme zugrunde, daß das Persönlichkeitsrecht allein auf den Schutz von ideellen Interessen zugeschnitten ist, was die Kreierung eines neuen Pendantrechts für die Wahrung materieller Interessen unerläßlich erscheinen läßt. Schon hierdurch distanziert sich diese Auffassung von den Persönlichkeitsrechtsmodellen. Stark divergiert sie aber auch von dem monistischen Immaterialgüterrechtsmodell, indem sie nicht von der Zweiteilung zwischen den ideellen und den ideell-wirtschaftlichen Schichten der Persönlichkeit ausgeht, sondern von der eindimensionalen Aufspaltung der Persönlichkeit in eine ideelle und in eine vermögenswerte Seite, so daß das neu zu schaffende Recht ausschließlich die letzte wirtschaftliche Komponente in sich aufzunehmen braucht. Mithin tritt dem rein ideellen Persönlichkeitsrecht ein reines Vermögensrecht in Gestalt des selbständigen Immaterialgüterrechts zur Seite. Hinsichtlich der Frage, mit welchen Befugnissen das neue persönlichkeitsbezogene Immaterialgüterrecht ausgestattet werden soll, verzweigt sich aber dieses Modell wiederum in zwei Richtungen. Manche vertreten eine scheinbar gemäßigte Linie innerhalb dieses Modells mit dem Gedanken, daß das persönlichkeitsbezogene Vermögensrecht keinen 35

Vgl. Lausen, ZUM 1997, 86, 92; Freitag, S. 60. Vgl. Freitag, S. 44, 68, 75 ff.; Lausen, ZUM 1997, 86, 92. 37 Freitag, S. 77 bezeichnet diese als „Persönlichkeitssplitter“. Dazu gehören insbesondere Darbietung, Bildnis, Name, Stimme (vgl. ders., S. 78 ff.). 38 Vgl. Freitag, S. 68 f., 164 ff.; Lausen, ZUM 1997, 86, 92 f. Beachtenswert ist allerdings, daß wegen des eben erwähnten ideellen Teilaspekts der Persönlichkeitssplitter eine Entäußerung im Sinne der translativen Vollübertragung nicht möglich ist (vgl. hierzu Freitag, S. 168). Daher kommt bei diesem Denkmodell lediglich eine Einräumung von Nutzungsrechten in Betracht. 36

I. Systematische Erfassung der vielfältigen Meinungen

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Charakter der Ausschließlichkeit aufweisen, sondern sich lediglich in einem Vergütungsanspruch erschöpfen sollte, um eine kulturpolitisch unerwünschte Monopolbildung möglichst zu vermeiden39. Die Abwehrbefugnis bleibt demnach allein dem ideellen Persönlichkeitsrecht vorbehalten. Der Betroffene kann also die fremde Verwertung seiner Identitätsmerkmale nicht verbieten, solange damit keine Persönlichkeitsrechtsverletzung auf ideeller Ebene einhergeht. Vielmehr muß er diese unter dem ideellen Gesichtspunkt neutrale Kommerzialisierung erst dulden und kann dann vermöge eines finanziellen Beteiligungsanspruchs nachträglich liquidieren. Diese zivilrechtsdogmatisch eher ungewohnte Struktur des neuen Vermögensrechts40 impliziert gewissermaßen eine Schrumpfung des Selbstbestimmungsrechts des betroffenen Identitätsmerkmalsträgers 41. Doch wirkt sich ein solcher Verzicht auf den Unterlassungsanspruch nicht immer nachteilig auf den Persönlichkeitsträger aus, zumal sich anhand dessen das neue Vermögensrecht an den Identitätsmerkmalen dem unsicheren Prozeß der umfassenden Interessenabwägung leicht entziehen kann. Das führt im Ergebnis dazu, daß dem Identitätsmerkmalsträger stets ein Anspruch auf eine angemessene Vergütung zukommt, sofern seine Identitätskennzeichen zum kommerziellen Zweck verwendet worden sind, und zwar unabhängig davon, ob diese fremde Verwertung gleichzeitig das berechtigte öffentliche Interesse an den Informationen sowie an der Kunst wahrnimmt42. Andere Vertreter des dualistischen Immaterialgüterrechtsmodells schlagen eine radikale Richtung ein, indem sie die vermögenswerten Aspekte der Identitätsmerkmale aus dem Persönlichkeitsbereich des Trägers komplett herausschälen und diese zu objektiven Gegenständen in der Außenwelt verselbständigen, wodurch ein neuartiges, eigenpersönliches Immaterialgüterrecht mit einer negativen Ausschlußbefugnis sowie einer positiven Verwertungsbefugnis entsteht43.

39 Vgl. Krüger, GRUR 1980, 628, 631 f., 638; wohl auch Poll, ZUM 1988, 454, 456 ff.; Schricker, EWiR § 23 KUG 1/96, 183, 184. 40 Diese Struktur des persönlichkeitsbezogenen Immaterialgüterrechts lehnt sich eng an die des leistungsschutzrechtlichen Verwertungsrechts der ausübenden Künstler, das sich in bestimmten Fällen auf Vergütungsansprüche beschränkt (siehe § 78 Abs. 2 UrhG). 41 Vgl. daher kritisch zu dieser Auffassung Lichtenstein, S. 205. 42 Vgl. Krüger, GRUR 1980, 628, 632; Poll, ZUM 1988, 454, 458, der dafür hält, „daß die Feststellung eines Informationsinteresses möglicherweise zu einer Duldungspflicht führt, also den Unterlassungsanspruch ausschließt, nicht aber auch automatisch zum Wegfall des Schadensersatz- bzw. Bereicherungsanspruchs führt“; Schricker, EWiR § 23 KUG 1/96, 183, 184, der entgegen dem in der Willy-Brandt-Entscheidung des BGH (Urt. v. 14. 11. 1995, NJW 1996, 593, 594 f.) vertretenen Alles-oder-NichtsPrinzip eine Zwischenlösung befürwortet: „Die Abbildung ist im Allgemeininteresse zulässig, aber es ist eine angemessene Vergütung zu entrichten.“ 43 Vgl. Heitmann, S. 73 ff.; Ullmann, AfP 1999, 209, 210; Beuthien/Schmölz, S. 25 ff.; Beuthien, Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, S. 75, 76 ff.; ders., NJW 2003, 1220, 1221 f.; Biene, S. 155 ff.; wohl auch Koos, GRUR 2004, 808, 813 ff.

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Alle an den charakteristischen Persönlichkeitskennzeichen entstandenen Vermögenswerte werden kraft dieses von dem Persönlichkeitsrecht völlig unabhängigen Immaterialgüterrechts ihrem Träger zugewiesen, welches Persönlichkeitsnutzungsrecht44, Immaterialgüterrecht an der Person45 oder Persönlichkeitsgüterrecht46 genannt wird. Ungeachtet des subtilen Unterschieds hinsichtlich der Frage, was eigentlich den außerhalb der Person liegenden und damit ohne weiteres der Verwertung zugänglichen Gegenstand dieses Immaterialgüterrechts ausmacht, nämlich ob die einzelnen Identitätsattribute als solche47 oder ob das aus diesen abstrahiert bei den Mitmenschen verdichtete Persönlichkeitsbild, das auch mit dem Begriff „Image“ erfaßt zu werden pflegt48, stimmen die Vertreter dieser Auffassung darin überein, an solchen persönlichkeitsbezogenen Gegenständen ein eigentumsähnliches Herrschaftsrecht in der Form des Immaterialgüterrechts anerkennen zu wollen. Da ein solches Immaterialgüterrecht mit seinem von der Persönlichkeit vollständig entbundenen Gegenstand demonstrativ als ein reines Vermögensrecht konzipiert worden ist, vermag es sich widerspruchslos der uneingeschränkten Übertragung bzw. Vererbung zu unterwerfen49, was eine ungehemmte Entfaltung der den Identitätsmerkmalen anhaftenden wirtschaftlichen Interessen in vielfacher Hinsicht ermöglicht. In diesem Vorschlag spiegelt sich gerade die in den USA praktizierte Konzeption der sauberen Auslagerung der den Identitätsmerkmalen innewohnenden Verwertungsinteressen auf das eigenständige right of publicity50 überdeutlich wider, das ebenfalls als eine Art ,intellectual property‘ charakterisiert wird51 und daher im Gegensatz zum ideellen right of privacy problemlos übertragbar und vererblich ist52. Insoweit stellt diese über den herkömmlichen Rahmen des Persönlichkeitsrechts am wei44

Heitmann, S. 81. Ullmann, AfP 1999, 209, 210. 46 Beuthien/Schmölz, S. 25; Beuthien, Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, S. 75, 79; ders., NJW 2003, 1220, 1222. 47 Vgl. Ullmann, AfP 1999, 209, 210 ff.; auch Koos, GRUR 2004, 808, 813 f. 48 Vgl. besonders deutlich Beuthien, Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, S. 75, 77; ders., NJW 2003, 1220, 1221; Beuthien/Schmölz, S. 16 ff.; Biene, S. 21, 25, 160; ähnlich Heitmann, S. 82, 97 ff., der in diesem Zusammenhang vom „Recht an der Geltung der Persönlichkeit“ spricht. Nach ihm werden die Individualisierungsmerkmale nicht als solche, sondern lediglich als Vermittler dieser sozialen Geltung, die auch nach Unterscheidung und Individualisierung verlangt, zum Gegenstand dieses Rechts. 49 Vgl. Heitmann, S. 79 f.; Ullmann, AfP 1999, 209, 210, 212, 214; Beuthien, Zum postmortalen Persönlichkeitsschutz, S. 83, 86; ders., NJW 2003, 1220, 1222; auch Koos, GRUR 2004, 808, 814. 50 Siehe ausführlich zum right of publicity die in § 1 Fn. 13. hingewiesene Literatur. 51 Vgl. zur Qualifizierung des right of publicity als intellectual property Davies/ Naffine, S. 123 ff.; Götting, S. 233; Biene, S. 136; Baltimore Orioles, Inc. v. Major League Baseball Players Association, 805 F. 2d 663, 679 (7th Cir. 1986): „[T]he right of publicity does not differ in kind from copyright . . .“. 52 Vgl. dazu im vorliegenden nur Götting, S. 234 ff.; Biene, S. 138 ff. 45

II. Stellungnahme

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testen hinausgehende Ansicht53 eine bloße Übernahme oder allenfalls eine minimale Variation des amerikanischen Rechtsdenkens dar.

II. Stellungnahme – Ein Versuch zur dogmatischen Fundierung des monistischen Persönlichkeitsrechtsmodells Nachdem der Boden für die systematische Erfassung der gegenwärtigen Meinungsvielfalt auf diese Weise bereitet wurde, gilt es nun, die dahinter stehenden verschiedenen Denkansätze sorgfältig zu beurteilen, um letztlich eine richtige Auffassung aus jener theoretischen Fülle herauszufiltern. Allerdings hat der bisherige Gang der Überlegungen bereits dadurch zu großer Sympathie für das monistische Persönlichkeitsrechtsmodell geführt, daß er in mehrfacher Hinsicht einen konsequenten Zusammenhang des Persönlichkeitsrechts mit der praktizierten Kommerzialisierung der menschlichen Identitätsmerkmale aufgezeigt hat. Danach sollen also die Entstehung des Vermögenswerts an den menschlichen Identitätsmerkmalen, die rechtlichen Grenzen ihrer Kommerzialisierung und die individuelle Zuweisung des Vermögenswerts zum Identitätsmerkmalsträger alle etwas mit dem geltenden Persönlichkeitsrecht zu tun haben54. Die auf diesem Befund spontan gefußte Bevorzugung des monistischen Persönlichkeitsrechtsmodells soll im folgenden unter anderem auf ihre Vereinbarkeit mit der bewährten Rechtsdogmatik hin geprüft werden. Dabei liegt der Schwerpunkt in der Auseinandersetzung mit den oben als Grundperspektiven hervorgehobenen zwei kategorialen Gegensätzen, nämlich einerseits mit dem Gegensatz zwischen Persönlichkeitsrechts- und Immaterialgüterrechtsmodell sowie andererseits dem zwischen Monismus und Dualismus. 1. Entscheidende Kriterien für die Bevorzugung des Persönlichkeitsrechts- vor dem Immaterialgüterrechtsmodell Wendet man sein Augenmerk zunächst dem Widerstreit zwischen Persönlichkeitsrechts- und Immaterialgüterrechtsmodell zu, stößt man sofort auf die heikle Frage, wodurch sich diese beiden Rechte eigentlich voneinander unterscheiden. Es ist allerdings zu erwarten, daß mit der Präzisierung des dafür maßgeblichen Abgrenzungskriteriums zugleich eine gewisse Klarheit über die Zugehörigkeit des Rechts an den verwertbaren Identitätsmerkmalen geschaffen wird. Ferner wird man in diesem Zusammenhang nicht umhinkönnen, danach zu fragen, ob es wirklich notwendig ist, den tradierten Rahmen des Persönlichkeitsrechts zu 53 Nach Biene, S. 157 kommt diese dogmatische Neuerung „einer kleinen Revolution“ gleich. 54 Siehe nur die jeweils am Ende der §§ 2, 3, 4 dieser Arbeit vorgelegten Zwischenergebnisse.

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verlassen und ein neues Immaterialgüterrecht zu schaffen, um mit neuen Impulsen aus der Kommerzialisierung der Identitätsmerkmale adäquat korrespondieren zu können. Das darf angesichts des vielschichtigen Charakters des Persönlichkeitsrechts durchaus bezweifelt werden. a) Keine Verwandlung der Identitätsmerkmale in selbständige Immaterialgüter aa) Unterscheidung von Persönlichkeits- und Immaterialgüterrecht Was die Grenzziehung zwischen Persönlichkeits- und Immaterialgüterrecht betrifft, befindet sich noch vieles im dunkeln. Dieser ziemlich überraschende theoretische Zustand mag eng mit der verbreiteten Haltung verbunden sein, welche die Bedeutung einer scharfen Abgrenzung der beiden Rechtskategorien unterschätzt55. Da sich jede in die Rechtsdogmatik eingebürgerte Klassifizierung der subjektiven Rechte jedoch an deren spezifischen Eigentümlichkeiten orientiert und damit stets eine Unterscheidung im Sinn hat, ist die Artikulierung der Verschiedenheit von Persönlichkeits- und Immaterialgüterrecht für eine sachgemäße Systembildung unverzichtbar. Das gilt um so mehr, als diese beiden Rechtsarten in ihrem Anfangsstadium vermeintlich auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden konnte, indem man in ihnen dieselben Zwecke und Funktionen zu erblicken glaubte, nämlich im Zuge der politischen und ökonomischen Liberalisierung auch den rechtlichen Schutz von Individualität und Persönlichkeit mittels Einführung neuartiger subjektiver Rechte zu verstärken56. Die von einem solchen zeitbedingt gemeinsamen Leitgedanken abgeleitete anfängliche Verschmelzung57 der beiden Begriffe ist zwar durch die bald eingesetzte differenzierende Betrachtung58 einigermaßen überwunden worden, aber 55 Vgl. z. B. Helle, S. 23 f.; Ullmann, AfP 1999, 209, 210; auch bezüglich der hier in Rede stehenden Kommerzialisierung der Identitätsmerkmale Biene, S. 158, der die Meinungskontroverse zwischen dem Persönlichkeitsrechts- und dem Immaterialgüterrechtsmodel als „bloße[n] Streit um formale Etiketten“ bezeichnet. 56 Vgl. dazu ausführlich Klippel, ZNR 1982, 132, 133, 145 ff.; auch Magold, S. 524 f. Interessant ist, daß auch in den USA damals eine ähnliche vereinheitlichende Betrachtung zu finden war. So wurde z. B. die Rechtfertigung des right of privacy gerade in dem bereits anerkannten copyright gesucht [vgl. hierzu Warren/Brandeis, 4 Harv. L. Rev. 193, 198–206 (1890)]. 57 Zu den „Individualrechten“ von Karl Gareis gehörten beispielsweise neben dem Namensrecht auch Firmenrecht, Warenzeichenrecht, Urheberrecht usw. (vgl. dazu Klippel, ZNR 1982, 132, 146). Bei Otto von Gierke tauchte diese Kategorie der Individualrechte unter der Bezeichnung „Persönlichkeitsrechte“ auf, die ebenfalls Immaterialgüterrechte umfaßten (vgl. v. Gierke, S. 702 f., 706, 717, 756, 856). 58 Besonders nennenswert ist in diesem Zusammenhang Josef Kohler, der sich intensiv mit der theoretischen Differenzierung zwischen Immaterialgüterrechten und Persönlichkeitsrechten beschäftigte und dadurch die Eigenständigkeit der Immaterialgüterrechte begründen wollte (vgl. Kohler, Das Autorrecht, S. 74 f.; ders., Handbuch des deutschen Patentrechts, S. 55, 57, 75 f.; ders., Urheberrecht, S. 1 ff.).

II. Stellungnahme

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nicht vollauf 59. Bedenkt man insbesondere, daß die Unterscheidung zwischen diesen beiden Rechtsarten nicht nur von theoretischer Bedeutung ist, sondern zugleich unmittelbar mit den praktischen Fragen nach der Verzichtbarkeit, Übertragbarkeit sowie Vererblichkeit des Rechts verknüpft ist60, darf eine weitere Präzisierung der Abgrenzung nicht versäumt werden, vor allem um diesbezüglich einen voreiligen Analogieschluß des einen auf das andere Recht61 zu vermeiden. Auch wenn sich die subjektiven Rechte unter verschiedenen Gesichtspunkten unterteilen lassen62, ist im vorliegenden Kontext allein die Differenzierung nach ihrem Inhalt bedeutsam, weil es sich hierbei gerade um die Konkretisierung der durch das subjektive Recht zugewiesenen Interessen sowie der für deren Schutz verliehenen Verhaltensberechtigung handelt. Als das aussagekräftigste Kriterium für diese inhaltliche Differenzierung tut sich wiederum die Beschaffenheit der Rechtsgegenstände hervor63, auf die sich die zugewiesenen Interessen und Befugnisse unmittelbar beziehen. Um zu erkennen, welche inhaltliche Verschiedenheit zwischen Persönlichkeits- und Immaterialgüterrecht besteht, sollte daher auch primär auf den jeweiligen Gegenstand als Bezugspunkt der beiden Rechte abgestellt werden. Die anderweitigen Ansichten, wonach sich die beiden Rechte grundsätzlich durch die Verschiedenartigkeit der Rechtsbefugnisse64 oder durch den differenten Grad der Verkehrsfähigkeit65 voneinander unterscheiden, ver59 Z. B. fand auch bei Kohler keine Unterscheidung von Urheberpersönlichkeitsrecht und Persönlichkeitsrecht statt (siehe Kohler, Urheberrecht, S. 16 f.). 60 Vgl. Forkel, in: Raum und Recht, S. 579, 589 f.; Götting, FS f. Beier, S. 233, 233 f.; Ahrens, S. 152. 61 Ein solcher unglücklicher Analogieschluß, insbesondere von dem Urheberrecht auf das vermögensrechtliche Persönlichkeitsrecht, ist bei der rechtlichen Gestaltung der Kommerzialisierung der Identitätsmerkmale häufig zu beobachten (vgl. z. B. Lausen, ZUM 1997, 86, 93; Krüger, GRUR 1980, 628, 632; in bezug auf gebundene Übertragung: Forkel, GRUR 1988, 491, 493 ff.; Magold, S. 515 ff.; Götting, GRUR 2004, 801, 805; Schertz, Rn. 380 ff.; Lichtenstein, S. 236 ff.; bezüglich der postmortalen Schutzfrist: Götting, GRUR 2004, 801, 806; Schertz, Rn. 389; hinsichtlich der Zwangsvollstreckung Sosnitza, JZ 2004, 992, 997 ff.); vgl. auch kritisch zu einer solchen Analogie Krneta, GRUR Int. 1996, 298, 305. 62 Etwa nach ihrem Zweck, Inhalt, Wirkungskreis usw. 63 Vgl. Wronka, UFITA 1973, 71, 74, der sagt, daß das Wesen des Rechtsguts i. S. des Rechtsobjekts den Gehalt des subjektiven Rechts dirigiere; auch v. Tuhr, AT, S. 61. 64 So Schack, AcP 195 (1995), 594, 595: „Der eigentliche Unterschied dürfte vielmehr darin liegen, daß das Persönlichkeitsrecht als Abwehrrecht, Immaterialgüterrechte dagegen als positive Verwertungsrechte konzipiert sind.“ 65 So Götting, S. 9 f.; Ullmann, AfP 1999, 209, 210; Koos, GRUR 2004, 808, 810. Nach dieser Auffassung sei das Persönlichkeitsrecht unübertragbar, wohingegen das Immaterialgüterrecht ohne weiteres verkehrsfähig sei. Sie stützt sich dabei auf die Ansicht von Kohler (Das Autorrecht, S. 74), unterschätzt indessen, daß bei diesem zunächst von der Abtrennbarkeit der Güter von der berechtigten Persönlichkeit, und erst dann von der hierdurch bedingten Veräußerungsmöglichkeit der Güter die Rede ist.

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kennen einerseits, daß derartigen Charakteristika keine konstitutive Bedeutung für die Klassifizierung der subjektiven Rechte zukommt, sondern allenfalls eine auf die Eigenschaft der Rechtsgegenstände hinweisende Bedeutung66. Andererseits übersehen sie, daß anhand jener Merkmale ohnehin kaum genug scharfe Abgrenzung geleistet werden kann; denn es ist schon nicht unumstritten, ob sich das Persönlichkeitsrecht wirklich in der Abwehrbefugnis erschöpft oder erschöpfen soll67; ferner ist das Urheberrecht, das allgemein als Immaterialgüterrecht angesehen wird68, im Gegensatz zu den anderen Immaterialgüterrechten gemäß § 29 Abs. 1 UrhG nicht übertragbar69. Die Unterscheidung zwischen Persönlichkeitsrecht und Immaterialgüterrecht ist demgemäß notwendigerweise auf ein sorgfältiges Herausarbeiten der charakteristischen Verschiedenheit zwischen ihren Gegenständen angewiesen. Auf die Unkörperlichkeit sowie die dadurch ermöglichte Ubiquität des Gegenstandes der Immaterialgüterrechte abzustellen, hilft dabei wenig, weil derartige immaterielle Aspekte auch den meisten Persönlichkeitsgütern, insbesondere Identitätsattributen, gemein sind70. Die unkörperliche Beschaffenheit der Immaterialgüter stellt vielmehr ein zentrales Kriterium für die Abgrenzung des Immaterialgüterrechts vom Sacheigentum dar71. Für die hier bezweckte Differenzierung ist daher auf einen anderen Wesenszug der Immaterialgüter zurückzugreifen, der bei den Persönlichkeitsgütern gerade im Gegensinn hervortritt. Einen überzeugenden Denkansatz bietet dabei die bereits von Kohler aufgegriffene sog. Ablösetheorie, wonach die Immaterialgüter dadurch gekennzeichnet sind, daß sie sich von der Person ihres Schöpfers oder Trägers endgültig losgelöst und sich mithin diesem gegenüber zum eigenen Dasein verselbständigt haben72. Die Immaterialgüter, wie etwa Kunstwerke, Erfindungsideen, Marken usw., existieren also nicht nur von ihren Verkörperungsmaterien abstrahiert, sondern auch von denjeAuch Hubmann, S. 221, 135 f. nähert sich in starkem Maße der hier dargestellten Auffassung, indem er die Verkehrsfähigkeit der Güter mit ihrer Selbständigkeit fast gleichsetzt. 66 Vgl. Ahrens, S. 89 f.; Peifer, S. 142. 67 Siehe dazu unten b). 68 Vgl. unter anderem Ulmer, S. 12; Larenz/Wolf, AT, § 15 Rn. 8. 69 Götting, S. 10 f. qualifiziert daher das Urheberrecht nicht als ein Immaterialgüterrecht, sondern als ein Mischrecht, das „als Recht eigener Art zwischen Persönlichkeits- und Immaterialgüterrecht angesiedelt ist“. Äußerst zweifelhaft ist jedoch, ob eine solch kuriose Kategorisierung vonnöten ist. 70 Vgl. Peifer, S. 132 f.; siehe dazu auch oben § 2 II. 2. b) bb). 71 Vgl. unter anderem Larenz/Wolf, AT, § 15 Rn. 5 und 8; Kohler, Urheberrecht, S. 25 ff., der aus diesem Blickwinkel auch den Ausdruck „geistiges Eigentum“ als unausgebildet kritisiert; siehe aber zur besonders heutzutage sich mehrenden Befürwortung dieses Begriffs oben § 4 Fn. 183. 72 Vgl. Kohler, Urheberrecht, S. 1 f.; auch Forkel, GRUR 1988, 491, 498; Magold, S. 538 f.; Krneta, GRUR Int. 1996, 298, 305; Peukert, ZUM 2000, 710, 713; Peifer, S. 141 ff.; Ahrens, S. 154; Büchler, FS f. Rey, S. 177, 179.

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nigen Personen, denen sie überhaupt ihre Entstehung verdanken73. Genau an diesem Punkt divergieren sie diametral von den Persönlichkeitsgütern, die zwar überwiegend immaterieller Natur sind, jedoch als beständige Äußerungsformen der Persönlichkeit unauflöslich an die Person gekettet sind74. Da die Persönlichkeitsgüter gerade die menschliche Persönlichkeit in ihrer leiblichen, seelischen und geistigen Existenz manifestieren, haften sie der Trägerpersönlichkeit unmittelbar an und sind sogar daran beteiligt. Die Ansicht, daß das Geisteswerk sowie die Erfindung noch der Persönlichkeitssphäre angehören und die daran entstandenen Rechte demzufolge weiterhin dem Persönlichkeitsrecht unterzuordnen seien75, läßt, wie schon Kohler richtig aufgezeigt hat, einen entscheidenden Umstand außer acht, daß nämlich die Schöpfung immer eine Entzweiung zwischen dem Schöpfer im Schöpfungsvorgang und dem Geschaffenen mit sich bringt76. Das Geschaffene kann als ein geistiges Kind nicht mehr Bestandteil der Persönlichkeit des Schöpfers sein, ebensowenig wie ein geborenes Kind als ein Teil der Mutter gelten kann77. Von diesen verschiedenen Charakteren der Rechtsgegenstände78 rührt der wesentlichste Inhaltsunterschied zwischen den beiden Rechten her: Das Immaterialgüterrecht regelt die Beziehung des Berechtigten zum außerhalb seiner Person liegenden, selbständigen immateriellen Objekt, während das Persönlichkeitsrecht die Beziehung des Rechtsträgers zu sich selbst oder einem Teil davon schützt. Das Persönlichkeitsrecht weist dementsprechend eine gewisse Identität von Subjekt und Objekt auf79, die schon von Natur aus vorgegeben oder durch das gesellschaftliche Leben anerkannt ist. Als rechtliche Bestätigung und Zusicherung einer solchen Einheit der Persönlichkeit hält es gerade an der Personengebundenheit bestimmter höchstpersönlicher Güter fest80 und beinhaltet daher eine Selbstbestimmungsbefugnis mit der Implikation von Selbstzugehörigkeit. 73 Vgl. zu diesen doppelten Abstraktionsvorgängen für die Anerkennung der besonderen Existenz von Immaterialgütern Bydlinski, System und Prinzipien, S. 516. 74 Vgl. Schluep, S. 355 f.; Wronka, UFITA 1973, 71, 78; Peifer, S. 143 f.; Lichtenstein, S. 230. 75 Siehe z. B. v. Gierke, S. 756, 856. 76 Vgl. Kohler, Urheberrecht, S. 1 f., 5 f.; ders., Handbuch des deutschen Patentrechts, S. 75; auch Ulmer, S. 110 f.; Davies/Naffine, S. 133. 77 Vgl. Kohler, Urheberrecht, S. 1 f.; ders., Handbuch des deutschen Patentrechts, S. 75. 78 Eine bildhafte Darstellung des signifikanten Bedeutungsunterschieds, der dazwischen besteht, ob etwas noch innerhalb von mir bleibt oder sich schon aus mir herausbegeben hat, bietet Gold, S. 129: „What is within the boundary of the self is very different from what is outside of this boundary. For example, there is an immense difference between saliva in our mouth and saliva we have spit out. While we would unhesitatingly swallow the former, we are generally loathe to swallow the latter.“ 79 Vgl. Hubmann, S. 221; Büchler, FS f. Rey, S. 177, 179 f. 80 Vgl. Ahrens, S. 70 ff., der für die Definition des Persönlichkeitsrechts allein auf seine Gebundenheit an eine Person abstellt.

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Daraus erklärt sich letztlich die prinzipielle Unverzichtbarkeit, Unübertragbarkeit und Unvererblichkeit des Persönlichkeitsrechts81 und seine Eigenschaft als jedermanns Recht82. Das Immaterialgüterrecht stellt hingegen erst eine exklusiv-herrschaftliche Beziehung des Berechtigten zu den geistigen Gütern der Außenwelt her, deren Existenz auf seine schöpferische Leistung zurückzuführen ist. Um der inflationären Tendenz der Monopolisierung vorzubeugen, ist es von Anfang an nicht jedermann zuzuerkennen, sondern nur denjenigen, die sich in ihren Leistungen vom Durchschnitt abheben83. Es ist ferner grundsätzlich frei disponibel84 und ohne weiteres vererblich, und kann sogar der Zwangsvollstrekkung unterliegen, weil es sich auf nach der Verkehrs- und Kulturauffassung von der Person des Schöpfers völlig abgelöste Gegenstände bezieht. Wenn auch zwischen den Immaterialgütern und ihren Schöpfern ein ursächlicher Zusammenhang, gelegentlich mit einem starken ideellen Einschlag85, nicht zu verleugnen ist, darf ein solches geistiges Band aber nicht mit der persönlichkeitsrechtlichen Beziehung zu sich selbst verwechselt werden86. 81 Vgl. dazu Schluep, S. 357 f.; Büchler, FS f. Rey, S. 177, 181; Peifer, S. 271 f.; Krüger-Nieland, FS f. Fischer, S. 339, 346; Kohler, Das Autorrecht, S. 74 f.; Staudinger/Weick, 2004, Vorbem. zu § 1 Rn. 29; dies läßt sich ökonomisch so begründen, daß die Persönlichkeitsgüter schon bei ihrem Träger zur pareto-optimalen Allokation gelangt sind, weil niemand sie besser verwalten kann als er (vgl. Lehmann, FS f. Hubmann, 255, 262 Fn. 58; auch oben § 4 Fn. 256). 82 Vgl. nur Schwab, Einführung, Rn. 279. 83 Vgl. Peifer, S. 131. 84 Gleichwohl das Urheberrecht nicht übertragbar ist (§ 29 Abs. 1 UrhG), kann der Urheber in weitem Umfang darüber disponieren (§ 29 Abs. 2 UrhG), insbesondere mittels Einräumung von quasidinglichen Nutzungsrechten (vgl. Götting, S. 19 f.; Rehbinder, Rn. 542, 544). 85 Z. B. Urheberpersönlichkeitsrecht, Erfinderpersönlichkeitsrecht usw. 86 Es ist daher verfehlt, das Urheberpersönlichkeitsrecht als eine besondere Erscheinungsform des (allgemeinen) Persönlichkeitsrechts anzusehen (so aber RG, Urt. v. 7. 11. 1908, RGZ 69, 401, 403; RG, Urt. v. 8. 6. 1912, RGZ 79, 397, 398; RG, Urt. v. 12. 5. 1926, RGZ 113, 413, 414; BGH, Urt. v. 25. 5. 1954, BGHZ 13, 334, 339 – Leserbriefe; BGH, Urt. v. 5. 3. 1971, NJW 1971, 885, 886 – Petite Jacqueline; Hubmann, S. 132; Staudinger/Weick, 2004, Vorbem. zu § 1 Rn. 21; Klippel, in: Entwicklung des Deliktsrechts, S. 13, 18 f.; Deutsch, AcP 192 (1992), 161, 163; Seifert, NJW 1999, 1889, 1890). Nicht ganz korrekt ist auch die Ansicht, die zwar das Urheberpersönlichkeitsrecht aufgrund seines Werkbezugs von dem nur einen reinen Personenbezug aufweisenden Persönlichkeitsrecht abhebt, aber zwischen ihnen eine Wesensverwandtschaft erblickt (vgl. Krüger-Nieland, FS f. Hauß, S. 215, 220 ff.; Schack, GRUR 1985, 352, 353 ff.). Als ein integraler Bestandteil des Urheberrechts, das die geistigen, persönlichen sowie wirtschaftlichen Beziehungen des Urhebers zu einem von ihm stammenden aber bereits losgelösten Werk schützt (§ 11 UrhG), gehört das Urheberpersönlichkeitsrecht vom Begrifflichen her zum Immaterialgüterrecht, nicht zum Persönlichkeitsrecht. Es betrifft ebenso wie Urheberverwertungsrechte ausschließlich die Urheber-Werk-Beziehung. Es entsteht demgemäß anders als das Persönlichkeitsrecht erst mit der Schöpfung des Werks. Ferner ist es im Gegensatz zum Persönlichkeitsrecht verfügbar i. S. einer gebundenen Übertragung und vererblich. Angesichts dieser wesentlichen Abweichungen sind die beiden Begriffe streng voneinander zu unter-

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bb) Kaum feststellbare Entpersönlichung der kommerzialisierten Identitätsattribute Findet die begriffliche Abgrenzung zwischen dem Persönlichkeits- und dem Immaterialgüterrecht auf diese Weise anhand der ontologischen Selbständigkeit der Rechtsgegenstände gegenüber der Person des Berechtigten statt, dann hängt die Beantwortung der Frage, welches von diesen beiden Rechten in rechtsdogmatischer Hinsicht für die vermögensrechtliche Zuweisung der Identitätsmerkmale besser geeignet ist, auch maßgeblich davon ab, ob die kommerzialisierten Identitätsattribute immer noch unauflöslich mit der Trägerpersönlichkeit verbunden bleiben oder sich schon derart verselbständigt haben, daß sie nunmehr als außerhalb der Person ihres Trägers liegende objektive Güter anzusehen sind. Damit diese Perspektivebildung aber nicht eine bloße Ersetzung einer umstrittenen Frage durch eine andere darstellt, muß hier zunächst eine klare Vorstellung davon geschaffen werden, was die den Immaterialgütern wesensimmanente Verselbständigung gerade in bezug auf die menschlichen Identitätskennzeichen bedeutet. Zu diesem Zweck kann es sehr hilfreich sein, die Entwicklungen des Firmen- sowie des Markenrechts in Betracht zu ziehen, weil sie eine wesensmäßige Mutation des Persönlichkeitsrechts zu Immaterialgüterrecht infolge der Verselbständigung der Identitätsmerkmale beinhalten. Das Recht an der Firma als einem Geschäftsnamen des Kaufmanns wurde ursprünglich als Persönlichkeitsrecht klassifiziert, indem allein auf den darin enthaltenen Personennamen des Kaufmanns abgestellt und somit auf die sich daraus ergebende unmittelbare Gebundenheit mit der Person des Kaufmanns hingewiesen wurde87. Aber spätestens seit der bahnbrechenden Entscheidung des BGH, in der er aufgrund der in der gewerblichen Praxis feststellbaren Loslösung der Firma von einer bestimmten Person das Firmenrecht als ein Vermögensrecht eingestuft hat88, kann von einem solchen Personenbezug des Firmenrechts nicht mehr die Rede sein. Die Firma wird in der Verkehrsanschauung weitgehend vom Träger des darin enthaltenen Namens entbunden und vielmehr direkt an das Handelsgeschäft als solches oder dessen „good will“ angeknüpft89, was sich auch aus den gesetzlichen Bestimmungen feststellen läßt. So kann die scheiden (vgl. ausführlicher dazu Neumann-Duesberg, NJW 1971, 1640, 1640 ff.; Lucas-Schloetter, GRUR Int. 2002, 809, 809 ff.; Ulmer, S. 33 ff.; Rehbinder, Rn. 390 ff.). 87 Vgl. RG, Urt. v. 4. 4. 1883, RGZ 9, 104, 105 f.; RG, Urt. v. 26. 1. 1909, RGZ 70, 226, 229; RG, Urt. v. 14. 9. 1938, RGZ 158, 226, 230; BGH, Urt. v. 26. 2. 1960, BGHZ 32, 103, 109. 88 Vgl. BGH, Urt. v. 27. 9. 1982, BGHZ 85, 221, 223: „Für die Zuordnung der Firma zu den vermögenswerten Rechten ist wesentlich, daß in diesem Bereich weitgehend eine Lösung des ,Namens‘ von einer bestimmten Person stattfindet.“ 89 Vgl. Krüger-Nieland, FS f. Fischer, S. 339, 346; Canaris, Handelsrecht, § 10 I 2 a) Rn. 7; auch BGH, Urt. v. 27. 9. 1982, BGHZ 85, 221, 223: „Der Name wird mit einem Objekt – einem Unternehmen, einer Personenvereinigung – verbunden.“

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Firma grundsätzlich zusammen mit dem Handelsgeschäft übertragen und vererbt werden (§§ 22, 23 HGB), selbst wenn sie an den bürgerlichen Namen des Geschäftsträgers angelehnt ist. Außerdem kann sie trotz Änderdung des bürgerlichen Namens des Trägers ohne weiteres fortgeführt werden (§ 21 HGB). Das gleiche gilt ferner bei Änderungen im Gesellschafterbestand durch den Beitritt neuer oder durch Ausscheiden bisheriger Gesellschafter, so daß z. B. die bisherige Firma auch dann fortgeführt werden kann, wenn derjenige Gesellschafter, aus dessen Name die Firma besteht, ausscheidet (§ 24 HGB). Die Firma ist also mit ihrem engsten Bezug zum objektiven Geschäftsbetrieb oder Unternehmen zum äußeren Immaterialgut geworden. Es geht daher keinesfalls zu weit, wenn man das Firmenrecht nun als Immaterialgüterrecht qualifiziert90. Auch das Markenrecht zeigt eine ganz ähnliche Entwicklungslinie, in der die Verselbständigung der menschlichen Identitätsmerkmale eingeschlossen ist. Hier dominierte früher ebenfalls die persönlichkeitsrechtliche Einordnung91, weil die damaligen Warenzeichen im Normalfall aus dem Personennamen bzw. Personenbildnis des Herstellers entstanden und mithin als ein Teil seiner Persönlichkeit betrachtet wurden92. Es brauchte jedoch nicht so lange Zeit wie beim Firmenrecht, bis die Rechtsprechung davon abrückte93. Dies mag besonders darauf zurückgeführt werden, daß die Marken als Kennzeichen von Waren oder Dienstleistungen bereits ihrem Begriff nach einen starken und deutlichen Objektbezug aufweisen94. Sie dienen also auch dann lediglich zum Bezeichnen der Produkte von Unternehmen, wenn sie die persönlichen Identitätsmerkmale der Unternehmer oder anderen, etwa von Prominenten, enthalten. Eine Identifizierung der Marken mit denjenigen, deren Name oder Bildnis sie gerade bildet, findet tat90 So Krüger-Nieland, FS f. Fischer, S. 339, 345 ff.; Götting, S. 122; Peifer, S. 172; Koos, GRUR 2004, 808, 809; anders aber Canaris, Handelsrecht, § 10 I 2 a) Rn. 7, der das Firmenrecht als Mischrecht aus Persönlichkeits- und Immaterialgüterrecht einordnet. Abgesehen davon, ob ein solches Recht theoretisch möglich ist, verkennt er dabei, daß die dogmatische Zuordnung zum Immaterialgüterrecht keineswegs Vernachlässigung der ideellen Komponenten des Rechts bedeutet, wie schon das oben erwähnte Urheberpersönlichkeitsrecht zeigt. 91 Vgl. RG, Urt. v. 7. 11. 1908, RGZ 69, 401, 403; RG, Urt. v. 19. 6. 1923, RGZ 108, 8, 9; RG, Urt. v. 12. 5. 1926, RGZ 113, 413, 414. 92 Vgl. dazu Götting, FS f. Beier, S. 233, 234 f.; Ullmann, AfP 1999, 209, 210. 93 Vgl. RG, Urt. v. 20. 9. 1927, RGZ 118, 76, 81: „Es kann jedoch für das Warenzeichen nichts anderes gelten, als was . . . für das Patentrecht ausgesprochen worden ist.“ 94 Vgl. BGH, Urt. v. 26. 2. 1960, BGHZ 32, 103, 113: „Zwar ist das Warenzeichen ein . . . Vermögensrecht, denn es ist nicht Person- sondern Sachbezeichnung“; die in der Literatur in bezug auf die Verselbständigung der Marke weiter hervorgehobene spätere Abschaffung der Akzessorietät (vgl. Götting, FS f. Beier, S. 233, 235 ff.; Ullmann, AfP 1999, 209, 210), wodurch das Markenrecht nunmehr völlig von einem Geschäftsbetrieb losgelöst erworben sowie übertragen werden kann, ist indessen für die Qualifizierung des Markenrechts als Immaterialgüterrecht nur von mittelbarer Bedeutung.

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sächlich kaum statt95, so daß den Marken ein Personenbezug beinahe fehlt. Das Markenrecht ist daher zweifelsohne als Immaterialgüterrecht zu klassifizieren96. Die Verselbständigung der in der Firma oder Marke enthaltenen menschlichen Identitätsmerkmale kennzeichnet sich demzufolge dadurch, daß sie sich nicht mehr auf die Person ihres ursprünglichen Trägers beziehen, sondern auf die äußeren Objekte, welche in den wechselhaften Marktverhältnissen ihren eigenen Lebensweg finden sowie ihren eigenen Wert begründen97. Mit dem Erwerb eines solchen neuen Objektbezugs verlieren sie gleichzeitig ihre eigentliche Aufgabe als Persönlichkeitsmerkmale, die darin besteht, der unstofflichen Persönlichkeit ihres Trägers Ausdruck zu verleihen und somit als Symbol seiner persönlichen Individualität zu fungieren98. Sie werden im Rahmen der wirtschaftlichen Selbstbestimmung ihres Trägers mit Bedacht von seiner Person getrennt und dann gezielt dafür eingesetzt, ein bestimmtes Unternehmen oder dessen Produkte zu bezeichnen. Im Hinblick auf diesen Wechsel des Gegenstandes der Bezeichnung ist hier gewiß von einer „Entpersönlichung“ 99 oder „Objektivierung“ 100 zu sprechen. Ob eine entsprechende Entpersönlichung auch im Zuge der hier in Rede stehenden Kommerzialisierung der Identitätsmerkmale stattfindet, ist indessen sehr zweifelhaft. Schon angesichts des in der Werbung bzw. im Merchandising üblicherweise strategisch durchgeführten Imagetransfers101 scheint es eben kontradiktorisch zu sein, hier eine solche Ablösung anzunehmen, weil jene assoziativen Effekte freilich nur dann erzielt werden können, wenn die dafür eingesetzten Identitätsattribute ohne weiteres ihre Trägerperson widerspiegeln, welche verkaufsfördernde Ideale in sich verkörpert und deswegen als Missionar der Werbebotschaft ausgewählt wurde102. Anders als bei der Firma oder Marke verlieren die Identitätsmerkmale in diesem Fall ihre wesensimmanente Verknüp-

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Vgl. Götting, FS f. Beier, S. 233, 241 f. So Krüger-Nieland, FS f. Fischer, S. 339, 345 ff.; Götting, FS f. Beier, S. 233, 235 ff.; Helle, RabelsZ 60 (1996), 448, 472; Ullmann, AfP 1999, 209, 210 f.; Peifer, S. 171. 97 Neben der Firma oder Marke kann man heutzutage auch im Bereich der Domainbezeichnung eine solche Verselbständigungstendenz feststellen (vgl. dazu Koos, GRUR 2004, 808, 814 f.). 98 Vgl. Peifer, S. 297 f. Bemerkenswert ist daher, daß auch dann nicht von einer Doppelnatur des persönlichkeitsrechtlichen Namensrechts auszugehen ist, wenn ein und derselbe Name sowohl eine Person als auch ein Geschäftsbetrieb oder eine Ware bezeichnet. Es handelt sich hier schlicht um zwei verschiedene Rechte (vgl. Peifer, S. 171; Lichtenstein, S. 233; auch Canaris, Handelsrecht, § 10 I 2 b) Rn. 9). 99 Vgl. Götting, FS f. Beier, S. 233, 235. 100 Götting, S. 108. 101 Siehe näher dazu oben § 2 I. 1. a) und b). 102 Vgl. ähnlich Ahrens, S. 156; Lichtenstein, S. 106. 96

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fung mit der Trägerpersönlichkeit nicht103. Im Gegenteil funktionieren sie immerzu als symbolische Stellvertreter für ihren Träger, und gerade dieser intrinsische Personenbezug wird bewußt ausgenutzt, damit die beliebte Persönlichkeit samt ihrer Attraktivität beim Betrachter im Gedächtnis haften bleibt. Das gleiche gilt weiterhin sowohl für die rein blickfangmäßige Verwendung der Identitätsmerkmale von Prominenten in der Werbung als auch für die publizistische Verwertung104 ihrer Lebensereignisse. Auch hier weisen die Identitätskennzeichen auf nichts als die Person ihres Trägers hin, die mit ihrer ausstrahlenden Prominenz die gewünschte Aufmerksamkeit des Publikums zu erregen vermag. Ihr Charakter als Persönlichkeitsmerkmale wird also nicht eingebüßt. Es ist daher in den hier angesprochenen Kommerzialisierungsformen keine Entpersönlichung oder Objektivierung der Identitätsmerkmale festzustellen. Nicht überzeugend ist demgemäß das Immaterialgüterrechtsmodell, das logischerweise ein außerhalb der Person liegendes Rechtsobjekt erfordert und dieses gerade durch die Annahme der Verselbständigung der vermarktbaren Identitätsmerkmale zu schaffen versucht105. Eine solche seinerseits grundlegende Annahme stützt sich dabei meistens auf den faktischen Kommerzialisierungsprozeß der Identitätsmerkmale sowie auf ihre technische Isolierbarkeit von ihrem Träger106. Wie direkt oben dargelegt, erfahren die Identitätsmerkmale jedoch in der gängigen Vermarktungspraxis keine Entpersönlichung, welche eine endgültige Trennung von der dahinter stehenden Person und gleichzeitige Aufnahme eines neuen Objektbezugs darstellt. Allein die Verwendbarkeit im kommerziellen Kontext und dadurch auftretende wirtschaftliche Interessen machen sie allerdings nicht zu selbständigen Immaterialgütern107. Ebensowenig entscheidend sind auch die technische Isolierbarkeit und Fixierbarkeit der Identitätsattribute108. Anhand dessen erhalten sie zwar eine ubiquitäre Eigenschaft, aber kei103 Vgl. ähnlich Weber, FS f. Kramer, S. 411, 417 f.; Lichtenstein, S. 233. Es ist daher nicht sachgemäß, aus dem rechtlichen Wertungswandel im Bereich des Firmensowie Markenrechts einen Ansatzpunkt für die rechtliche Gestaltung der hier in Rede stehenden kommerziellen Verwendungen der Identitätsmerkmale gewinnen zu wollen (so aber Magold, S. 526 ff., 540; Lausen, ZUM 1997, 86, 92; Ullmann, AfP 1999, 209, 210 f.; BGH, Urt. v. 1. 12. 1999, BGHZ 143, 214, 222 – Marlene Dietrich). 104 Siehe näher dazu oben § 2 I. 1. c). 105 Siehe zur dem Immaterialgüterrechtsmodell zugrundegelegten Verselbständigung der Identitätsmerkmale oben § 5 Fn. 36 und 43. Es ist jedoch überaus erstaunlich, daß selbst einige Vertreter des (dualistischen) Persönlichkeitsrechtsmodells sich für die Verselbständigung der Identitätsattribute aussprechen (vgl. Magold, S. 470, 537 ff.; Götting, S. 42 f.). Das kann die von ihnen bevorzugte persönlichkeitsrechtliche Grundlage erschüttern und somit erhebliche Schwierigkeiten bei der dogmatischen Einordnung ihrer Meinungen verursachen. 106 Vgl. Freitag, S. 44, 68 f.; Lausen, ZUM 1997, 86, 92; Beuthien/Schmölz, S. 12 ff.; Ullmann, AfP 1999, 209, 210, 211; auch Magold, S. 539 f.; Götting, S. 42 f. 107 Vgl. Forkel, FS f. Neumayer, S. 229, 245; Büchler, AcP 206 (2006), 300, 323. 108 Vgl. Forkel, GRUR 1988, 491, 498; Peukert, ZUM 2000, 710, 714; Peifer, S. 142 f.

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nen neuen Bezugsgegenstand. Hinsichtlich des ursprünglichen Personenbezugs geht also nicht etwas qualitativ neues mit der technischen Ablösbarkeit einher. Sie bringt lediglich die von der körperlichen Existenz des Trägers unabhängige Nutzbarkeit der Identitätsattribute hervor, aber keine vollständige Trennung von seiner Individualität und Identität. All dies deutet sinngemäß darauf hin, daß das Immaterialgüterrechtsmodell schon am Fehlen der notwendigen Immaterialgüter leidet109. b) Überwindung der Dichotomie zwischen Persönlichkeits- und Vermögensrecht Selbst diese entscheidende theoretische Schwäche vermöge aber dann das engagierte Plädieren für das Immaterialgüterrechtsmodell nicht zum Erliegen zu bringen, wenn das Persönlichkeitsrecht erst überhaupt nicht imstande wäre, den wirtschaftlichen Interessen an der Kommerzialisierung der Identitätsmerkmale angemessen Rechnung zu tragen. In diesem Zusammenhang ist allerdings nicht zu leugnen, daß das Persönlichkeitsrecht im gebräuchlichen Rechtsdiskurs stark vom rein ideellen Schutzzweck her erfaßt und damit allzu gern in den antithetischen Gegensatz zum Vermögensrecht gestellt wird. In der Tat basiert hierauf das Verlangen des Immaterialgüterrechtsmodells nach der Kreierung eines neuen Vermögensrechts maßgeblich110. Die Überzeugungskraft dieses Modells hängt daher notwendigerweise davon ab, ob die gängige Dichotomie zwischen Persönlichkeits- und Vermögensrecht rechtsdogmatisch unverrückbar bewährt ist. Auf diese Frage wird im folgenden eingegangen.

109 Beuthien will dieses rechtsdogmatische Hindernis dadurch überwinden, daß er nicht mehr an den traditionellen persönlichen Identitätsattributen anhält, sondern einen neuen, nach seiner Meinung von Anfang an von der Person abgelösten immateriellen Gegenstand, nämlich das Image, heranzieht (vgl. Beuthien/Schmölz, S. 16 ff.; besonders deutlich Beuthien, Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, S. 75, 77; ders., NJW 2003, 1220, 1221). Es wurde aber bereits in Zweifel gezogen, ob an dem Image, das überhaupt erst in der Vorstellung Dritter gebildet wird und daher wesensmäßig nicht stabil ist, ein subjektives Recht, oder sogar ein Vermögensrecht, entstehen kann (siehe oben § 2 I. 2.; auch Lichtenstein, S. 232). Selbst wenn man von diesem theoretischen Problem absieht, ist es höchst fragwürdig, ob das Image wirklich von der dahinter stehenden Person getrennt bleibt. Das Image weist nach wie vor auf diese Person hin und spiegelt weiterhin ihre Persönlichkeit wider. Unabhängig von einer konkreten Person hat es an sich keinen eigenen Wert (vgl. Ahrens, S. 159; Lichtenstein, S. 231 f.; auch Coombe, 10 Cardozo Arts & Ent. L. J. 365, 375–376 (1992): „Celebrity images, I would contend, always maintain their aura because they bind subjects in affective and historically mediated relationships that preclude their appropriation as pure objects.“). 110 Vgl. z. B. Heitmann, 50 ff.; Freitag, S. 72; Beuthien, Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, S. 75, 75 f, 78; Biene, S. 165 f.

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aa) Die herkömmliche Annahme einer Dichotomie von Persönlichkeits- und Vermögensrecht In der traditionellen juristischen Dogmatik ist eine inartikulierte, aber ziemlich gefestigte Tendenz zu erkennen, wonach das Persönlichkeitsrecht seinem Wesen nach eine allein ideelle Ausrichtung aufweist und somit einen entgegengesetzten Pol zum Vermögensrecht bildet. So wurde allmählich mit dem Begriff „Persönlichkeitsrecht“ eine Funktion der Abgrenzung zum Vermögensrecht verbunden111. Ein solches Verständnis beeinflußte schon hintergründig die Entscheidung des BGB-Gesetzgebers dafür, den zivilrechtlichen Persönlichkeitsschutz in sehr engen Grenzen nur punktuell, also ohne Statuierung eines übergreifenden Persönlichkeitsrechts, zu gewähren. Da es damals noch der überwiegenden Auffassung entsprach, daß das Zivilrecht in erster Linie dem freien Verkehr sowie dem Schutz vermögenswerter Rechtsgüter dienen sollte und das Entstehen einer Obligation demzufolge grundsätzlich einen Vermögenswert voraussetze112, ist aus derartiger Zurückhaltung des Gesetzgebers im Persönlichkeitsschutz indirekt seine rein ideelle Sichtweise des Persönlichkeitsrechts abzulesen. Die dichotomische Gegenüberstellung von Persönlichkeits- und Vermögensrecht trat noch deutlicher bei der Gesetzgebung des Urheberrechts zutage, die den Inhalt des gleichen Rechts in das Urheberpersönlichkeitsrecht einerseits und in die Verwertungsrechte andererseits unterteilend bestimmt hat. Obschon diese gesetzliche Zweiteilung durch die auf diesem Gebiet herrschende monistische Theorie113 in ihrer Schärfe gemildert worden ist, bringt eine derartige Terminologie einen im allgemeinen Bewußtsein tief verankerten Gegensatz von Vermögens- und Persönlichkeitsrecht zusätzlich zum Ausdruck114. Vor kurzem hat auch das BVerfG in einem Caroline von Monaco betreffenden Urteil einen Leitsatz formuliert, der ebenfalls die nach wie vor bestehende grundsätzliche Dichotomie zwischen den beiden Rechten erkennen läßt: „Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist nicht im Interesse einer Kommerzialisierung der eigenen Person gewährleistet.“ 115 Die gleiche Annahme liegt ferner denjenigen Auffassungen im Schrifttum zugrunde, welche den Persönlichkeitsrechten in toto keinen vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt zuerkennen wollen116 und die sich 111 Vgl. Freitag, S. 47 f.; Staudinger/Weick, 2004, Vorbem. zu § 1 Rn. 18; auch Schwab, Einführung, Rn. 277 ff., der selbst aber demgegenüber große Zurückhaltung zeigt. 112 Vgl. näher dazu Coing, JZ 1958, 558, 559; Ehmann, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, S. 613, 615, 616 f. 113 Siehe näher dazu unten 2. a). 114 Ähnlich Magold, S. 413 f.; Götting, S. 4, der in der darauf beruhenden gängigen Klassifizierung des Urheberrechts als Mischrecht aus Persönlichkeits- und Vermögensrecht ein Beispiel der verbreiteten Annahme des gegensätzlichen Verhältnisses dieser beiden Rechte findet. 115 BVerfG, Urt. v. 15. 12. 1999, NJW 2000, 1021, 1021 (2. Leitsatz); siehe aber zur gebotenen Reduktion des Aussagegehalts dieses Leitsatzes unten bb).

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bereits im vollen Gang befindliche Vermarktung der menschlichen Identitätsmerkmale demnach als eine gesellschaftliche Fehlentwicklung mißbilligen117. Diese nicht sachlich begründete, sondern eher tendenziös behauptete Idealisierung des Persönlichkeitsrechts könnte mehrere Gründe haben. Zu nennen ist vor allem der große Einfluß der Moralphilosophie von Kant118, die auch den rechtlichen Personen- sowie Persönlichkeitsbegriff maßgebend geprägt hat119. Für ihn ist eine Person ein mit freiem Willen ausgestattetes vernünftiges Wesen, das einzig zur Selbstbestimmung fähig und daher als dasjenige Subjekt anzusehen ist, „dessen Handlungen einer Zurechnung fähig sind“ 120. Die Persönlichkeit, die das Wesensattribut der Person bezeichnet, kann ihm zufolge demgemäß nichts anderes als „die Freiheit eines vernünftigen Wesens unter moralischen Gesetzen“ 121 bedeuten, die letztlich der „Würde“ der als „Zweck an sich selbst“ existierenden Person gleichgesetzt wird122. In der Lehre Kants bezieht sich also der Begriff der Persönlichkeit nicht auf die empirischen Individuen, die in vielfältigen Bereichen mit verschiedenen Interessen ihr konkretes Leben führen, sondern auf den rein apriorisch konstruierten sittlichen Status des abstrakten Menschen123. Es liegt auf der Hand, daß unter diesem Gesichtspunkt die Persönlichkeit und deren Schutz nur ideelle Implikationen im Sinne der ethischen Maximen aufweisen, was freilich für den Charakter des Persönlichkeitsrechts nicht unbedeutend bleiben kann124. 116 Vgl. Mestmäcker, JZ 1958, 521, 525; Schack, AcP 195 (1995), 594, 595; ders., JZ 2000, 1060, 1062; Peifer, S. 306, 311. 117 Vgl. Schack, AcP 195 (1995), 594, 594 f.; Peifer, S. 321 f. 118 So auch Götting, S. 4 f. 119 Vgl. zum engen Zusammenhang von Kant mit diesen rechtlichen Begriffen Hattenhauer, S. 8 ff. 120 Siehe Kant, Die Metaphysik, S. 329 f.: „Person ist dasjenige Subjekt, dessen Handlungen einer Zurechnung fähig sind. . . ., woraus dann folgt, daß eine Person keinen anderen Gesetzen, als denen, die sie (entweder allein, oder wenigstens zugleich mit anderen) sich selbst gibt, unterworfen ist.“; auch ders., Grundlegung, S. 52: „Der Wille wird als ein Vermögen gedacht, der Vorstellung gewisser Gesetze gemäß sich selbst zum Handeln zu bestimmen. Und ein solches Vermögen kann nur in vernünftigen Wesen anzutreffen sein.“ 121 Siehe Kant, Die Metaphysik, S. 329. 122 Siehe Kant, Die Metaphysik, S. 600 f.: „Die Menschheit selbst ist eine Würde; denn der Mensch kann von keinem Menschen (weder von anderen noch so gar von sich selbst) bloß als Mittel, sondern muß jederzeit zugleich als Zweck gebraucht werden und darin besteht eben seine Würde (die Persönlichkeit), dadurch er sich über alle andere Weltwesen, die nicht Menschen sind, und doch gebraucht werden können, mithin über alle Sachen erhebt.“ 123 Daraus versteht sich, daß der Persönlichkeitsbegriff von Kant in unmittelbarem Zusammenhang sowohl mit der verfassungsrechtlichen Menschenwürdegarantie (siehe hierzu oben § 3 III. 1.) als auch mit der zivilrechtlichen formalen Rechtsfähigkeit (siehe dazu Hattenhauer, S. 9; Götting, S. 5) steht. 124 Es ist daher an sich konsequent, wenn Mestmäcker (JZ 1958, 521, 525) den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt des Persönlichkeitsrechts verneint, indem er den

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Darüber hinaus haben einige rechtswissenschaftlich angestellte Definitionen des Vermögensrechtsbegriffs dazu beigetragen, zwischen Persönlichkeits- und Vermögensrecht einen unüberbrückbaren Graben zu ziehen. Bereits bei Savigny lag die begriffliche Gegensätzlichkeit der beiden Rechte offen zutage. Er hat zunächst als Hauptgegenstände der innerhalb der Rechtsverhältnisse125 stattfindenden Willensherrschaft die eigene Person, die unfreie Natur sowie fremde Personen aufgezählt126, woran wiederum in derselben Reihenfolge Urrecht, Eigentum und Obligationen bzw. Familienrecht angeknüpft werden können. Unter diesen Rechten hat er dann nur zwei Rechte, nämlich das Eigentum und die Obligationen, als Vermögensrechte bezeichnet, welche seiner Auffassung nach dadurch gekennzeichnet sind, daß die Willensmacht des einzelnen nach außen, also über die natürlichen Grenzen seines Wesens hinaus erweitert sind127, indessen er die positivrechtliche Anerkennung des Urrechts an der eigenen Person entschieden zurückgewiesen128 und das Familienrecht als „Ergänzung des an sich unvollständigen Selbst“ in eine eigene Kategorie eingeordnet hat, die eher dem abgelehnten Urrecht näherstehe als der sich ebenfalls auf fremde Personen beziehenden Obligation129. Damit wurde die begriffliche Trennung von Persönlichkeits- und Vermögensrecht deutlich vollzogen130: Während das Persönlichkeitsrecht, wenn überhaupt, an der eigenen Person entsteht, richtet sich das Vermögensrecht dagegen ausschließlich auf die äußere Welt, die „theils aus der unfreyen Natur, theils aus den dem Wollenden gleichartigen freyen Wesen, das heißt aus fremden Personen“ 131 besteht132. Nicht anders verhalten sich die bei-

wesentlichen Inhalt dieses Rechts im „Anspruch auf Achtung gegen Dritte und zwar auf Achtung der Würde des Menschen als sittlicher Person“ erblickt. 125 Siehe zum Wesen des Rechtsverhältnisses Savigny, System I, S. 333: „Von dem nunmehr gewonnenen Standpunkt aus erscheint uns jedes einzelne Rechtsverhältniß als eine Beziehung zwischen Person und Person, durch eine Rechtsregel bestimmt. Diese Bestimmung durch eine Rechtsregel besteht aber darin, daß dem individuellen Willen ein Gebiet angewiesen ist, in welchem er unabhängig von jedem fremden Willen zu herrschen hat.“; auch ders., System I, S. 334: „Das Wesen des Rechtsverhältnisses wurde bestimmt als ein Gebiet unabhängiger Herrschaft des individuellen Willens.“ 126 Siehe Savigny, System I, S. 335. 127 Siehe Savigny, System I, S. 339 f.: „Durch beide Arten der Rechte also, das Eigenthum wie die Obligationen, wird die Macht der berechtigten Person nach außen, über die natürlichen Gränzen ihres Wesens hin, erweitert. Die Gesammtheit der Verhältnisse nun, welche auf diese Weise die Macht eines Einzelnen erweitern, nennen wir das Vermögen desselben, und die Gesammtheit der darauf bezüglichen Rechtsinstitute das Vermögensrecht.“ 128 Vgl. Savigny, System I, S. 335 ff. 129 Vgl. Savigny, System I, S. 340 ff., besonders S. 343 ff. 130 Vgl. dazu auch Hattenhauer, S. 120. 131 Savigny, System I, S. 334. 132 Ganz ähnlich ist auch die Ansicht von Schluep, wonach Vermögensrechte „impersonelle Ding-, Handlungs- oder Monopolgüter“ zusprechen und damit „den äußeren

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den Rechte im Ergebnis auch bei der anderen, wohl heute noch geläufigeren Definition des Vermögensrechts, die allein auf den Geldwert des Rechts oder dessen Objekts abstellt133. Obwohl das Persönlichkeitsrecht hiernach nicht von vornherein aus dem Kreis des Vermögensrechts ausgeschlossen ist134 und daher insofern dazugehören kann, als es einen Geldwert aufweist, ist aber diese Möglichkeit nicht ernst genommen worden, weil der zivilrechtliche Vermögensbegriff in erster Linie im Sinne des Haftungsobjekts, auf das der Gläubiger bei der nicht erfolgten Leistung des Schuldners zugreifen kann, verstanden und demgemäß die Verwertbarkeit durch Veräußerung als eine der wichtigsten Eigenschaften des Vermögensrechts hervorgehoben wurde135. Da das Persönlichkeitsrecht infolge seiner wesensmäßigen Personengebundenheit weder als übertragbar noch als pfändbar anzusehen ist, wurde es in diesem Zuge mit einem Federstrich als Vorbild des Nichtvermögensrechts qualifiziert136. Verstärkt wurde diese Sichtweise letztlich im Prozeß der richterrechtlichen Anerkennung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sowie der Gewährung eines gesetzlich nicht vorgesehenen Schmerzensgeldanspruchs bei dessen Verletzung. Um den im Kontext des BGB eher abrupt erscheinenden Durchbruch des allgemeinen Persönlichkeitsrechts137 zu rechtfertigen, beriefen sich die Gerichte wiederholt auf die Erhabenheit der damit zu schützenden Persönlichkeit und deren Unverletzlichkeit, so daß wirtschaftliche Belange des Persönlichkeitsschutzes vorderhand hinter dem rhetorisch ausgeschmückten hohen Wert der Persönlichkeit weitgehend verdeckt blieben138. Vor dem zeitlichen Hintergrund der zuGüterstand der Person“ begründen, während das Persönlichkeitsrecht „die Denkform der rechtlichen Bestätigung innerer Personengüter“ darstelle (siehe Schluep, S. 356). 133 Vgl. zu derartiger Definition des Vermögensrechts z. B. v. Tuhr, AT, S. 313 f.: „Die Rechte, welche dem Menschen die wirtschaftlichen Mittel seiner Existenz und der Betätigung seines Willens sichern, sind Vermögensrechte. . . . Das äußere Kennzeichen des Vermögensrechts ist der Geldwert, weil Geld das allgemeine Tauschmittel ist und daher zur Erreichung aller wirtschaftlichen Zwecke dient.“; Larenz/Wolf, AT, § 15 Rn. 18: „. . . den Vermögensrechten, d. h. den geldmäßig bewerteten Rechten . . .“ sowie § 21 Rn. 8: „Zum Vermögen gehören nur, aber auch alle geldwerten Rechte.“ 134 Vgl. dazu v. Tuhr, AT, S. 317: „Sieht man den für den Begriff des Vermögensrechts entscheidenden Umstand im Geldwert des Rechts, so kann es auf den Ursprung des Rechts nicht ankommen; ein Vermögensrecht kann entstehen resp. erworben werden im geschäftlichen Verkehr (durch Rechtsgeschäft) oder infolge einer Rechtsverletzung, aber ebenso auch aus Vorgängen rein persönlicher Art, oder aus Tatsachen des Familienlebens.“ 135 Vgl. Larenz/Wolf, AT, § 21 Rn.3, 8; v. Tuhr, AT, S. 314 f. 136 So vor allem Larenz/Wolf, AT, § 15 Rn. 18, 21. Es ist daher ein nicht zu übersehender Widerspruch, daß sie im § 14 Rn. 20 des gleichen Buchs für einen geldwerten und handelbaren Zuweisungsgehalt des Persönlichkeitsrechts sprechen. 137 Vgl. zur ursprünglichen Konzeption des BGB bezüglich des Persönlichkeitsschutzes bzw. dem in der Anerkennung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts liegenden Bruch mit dem System der §§ 823 ff. BGB unter anderem Larenz/Canaris, SchuldR II/2, § 80 I 1 und 3. 138 Vgl. Helle, RabelsZ 60 (1996), 448, 449 ff. m. w. Nachw.; auch Biene, S. 15.

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rückliegenden Gewaltherrschaft sowie des im Zuge dessen wiederbelebten Humanitätsdenkens war eine solche pathetische Beschwörung des allerhöchsten ethischen Persönlichkeitswerts effektiv genug, um das einseitig überspitzte ideelle Gepräge des Persönlichkeitsrechts tief ins allgemeine Bewußtsein zu bringen139. Weiterhin haben die alsbald eingesetzten Bestrebungen, Verletzungen des neuen Rechts mittels Schmerzensgeld zu sanktionieren, für die Idealisierung des Persönlichkeitsrechts mitgewirkt140. Die also für diesen Zweck unumgängliche Überwindung der gesetzlichen Sperre141, die der BGH mutig eingeführt hat142, hat so großes politisches bzw. wissenschaftliches Interesse erregt, daß sich die Diskussion beim allgemeinen Persönlichkeitsrecht nunmehr in erster Linie auf diese Frage konzentriert143. In dieser Weise ist ein quasi schematischer Konnex zwischen dem Persönlichkeitsrecht und dem für immaterielle Schäden bestimmten Schmerzensgeld stillschweigend aufgekommen, was seinerseits zumindest unterschwellig zur Intensivierung der idealisierten Betrachtung des Persönlichkeitsrechts beigetragen hat. bb) Anzweifelung des strikten Gegensatzes zwischen Persönlichkeits- und Vermögensrecht Wird solch eine Dichotomie zwischen diesen beiden Rechten angenommen, ist es geradezu kontradiktorisch, daß ein Recht gleichzeitig Persönlichkeits- und Vermögensrecht sein soll, weil sie sich kategorisch gegenseitig ausschließen würden. Gegen eine derartig strenge Gegensätzlichkeit zwischen diesen beiden Rechten wurden aber in letzter Zeit vermehrt Bedenken erhoben144. Der wichtigste Anstoß dazu kam aus dem realen Wirtschaftsleben, in dem bestimmte Persönlichkeitsgüter als solche, also ohne eine Entpersönlichung zu erfahren, einen erheblichen Marktwert erhalten. Besonders angesichts der unbestritten alltäglich gewordenen Kommerzialisierungspraxis bezüglich der menschlichen Identitätsmerkmale scheint das Fundament der dichotomischen Strukturierung, nämlich die ganzheitliche Verquickung der Persönlichkeit mit dem höheren ethi139

Vgl. dazu Hattenhauer, S. 19 f.; Götting, S. 6 f. Ähnlich Ahrens, S. 107 ff.; auch Magold, S. 465. 141 Siehe §§ 253, 847 BGB a. F.; gegenüber diesen zeigen die heutigen § 253 Abs. 1 und 2 BGB keine wesentlichen Änderungen hinsichtlich der Persönlichkeitsrechtsverletzung (vgl. hierzu BT-Drucks. 14/7752, S. 24 f.). 142 Siehe zur immer noch währenden richterlichen Rechtsfortbildung in diesem Bereich oben § 3 Fn. 117, 118; § 4 Fn. 120, 121, 122. 143 Vgl. zu den damals heftig geführten Auseinandersetzungen mit diesem Problem Hubmann, S. 352 ff. m. w. Nachw. 144 Vgl. z. B. Forkel, GRUR 1988, 491, 496 Fn. 51; ders., in: Raum und Recht, S. 579, 589; Helle, S. 67; Götting, S. 7 ff., 80; Kläver, ZUM 2002, 205, 209; Ahrens, S. 86 ff.; Ohly, JZ 2003, 545, 550; Büchler, FS f. Rey, S. 177, 195; Sosnitza, JZ 2004, 992, 996; Lichtenstein, S. 86 ff. 140

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schen Wert, bereits brüchig geworden zu sein. Die vollständige Tilgung der wirtschaftlichen Interessen in der Persönlichkeitssphäre impliziert eine sittlich angestrebte Wertung, die sich aber im empirischen Moment der Persönlichkeitsentfaltung ohne Modifikationen schwerlich aufrechterhalten ließe. Vor den zahlreichen Möglichkeiten der persönlichen Entwicklung, welche die heutige Gesellschaft unter der Voraussetzung der Eigenverantwortlichkeit bietet, ist die idealistische Fixierung der menschlichen Persönlichkeit ohne Berücksichtigung ihrer lebendigen Dynamik145 in jedem Fall zu undifferenziert und könnte sogar eine Einschränkung ihrer freien Entfaltung darstellen146. Der Zweifel wächst noch aus historischer Sicht. Abgesehen davon, daß selbst das als Prototyp des Vermögensrechts dienende Eigentum früher wesentlich mit dem liberalen Persönlichkeitsbegriff legitimiert wurde147, ist auch daran zu erinnern, daß das Persönlichkeitsrecht in seinem Anfangsstadium nicht sauber vom Immaterialgüterrecht getrennt und sogar gerade zur dogmatischen Fundierung dieses Rechts herangezogen wurde148. Insofern fällt es leicht zu vermuten, daß die anfänglichen Bemühungen um zivilrechtliche Anerkennung des Persönlichkeitsrechts nicht unerheblich von wirtschaftlichen Belangen angetrieben wurden149. So hat z. B. von Gierke, einer der Hauptvertreter der Persönlichkeitsrechtstheorie, nicht nur ideelle Güter wie Leib, Leben, Freiheit und Ehre, sondern auch wirtschaftliche Erwerbstätigkeit und Geisteserzeugnisse als Gegenstände des Persönlichkeitsrechts angesehen150. Das Immaterialgüterrecht wie Marken-, Urheber- oder Erfinderrecht wurde somit vorbehaltlos dem Persönlichkeitsrecht untergeordnet151, das seiner Auffassung nach ohne weiteres „einen vermögensrechtlichen Inhalt aus sich entfalten oder in sich aufnehmen“ könne152. Gleichwohl eine solche Vermengung des Persönlichkeits- und Immaterialgüterrechts wie oben gesehen nicht mehr haltbar ist153, ergibt sich daraus 145 Vgl. Larenz, NJW 1955, 521, 522: „Allein das Wesen der Persönlichkeit besteht gerade darin, daß sie sich nicht, wie eine Sache, in feste Grenzen einschließen läßt, sondern unaufhörlich über ihre Grenzen hinausstrebt. Gerade dieses Über-sich-Hinausstreben ist es ja, was wir mit der ,freien Entfaltung der Persönlichkeit‘ meinen.“; Hubmann, S. 131 f.: „Die Persönlichkeit mit ihrer Dynamik und ihrem faustischen Drang ins Unendliche kann nicht in ein enges Schema gepaßt werden, zumal sie in allen ihren Seiten noch gar nicht erkannt ist“; Kau, S. 82: „So wenig die Person jemals ein fertig vollzogenes Bewußtsein hat, so sehr hat sie eine Persönlichkeit, die jederzeit nur Entwurf in einer möglichen Entwicklung ist.“ 146 Ähnlich Freitag, S. 49. 147 Vgl. dazu Klippel, ZNR 1982, 132, 154. 148 Siehe dazu oben § 5 Fn. 56 f. 149 Vgl. Forkel, FS f. Neumayer, S. 229, 238; Götting, S. 76 f., 139; Kläver, ZUM 2002, 205, 209; Ahrens, S. 81; Lichtenstein, S. 86. 150 Siehe v. Gierke, S. 708 ff. 151 Siehe v. Gierke, S. 717. 152 v. Gierke, S. 706. 153 Siehe dazu oben § 5 II. 1. a) aa).

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zumindest, daß das zivilrechtliche Persönlichkeitsrecht ursprünglich nicht als Gegenpaar des Vermögensrechts konzipiert wurde. Bestätigt wird diese Annahme auch bei Hubmann, der mit seiner bedeutenden Monographie154 der richterlichen Anerkennung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts den Weg geebnet hat. Zu den von ihm ausgearbeiteten Persönlichkeitsrechten gehören ebenfalls diejenigen Rechte, die eine starke wirtschaftliche Ausrichtung aufweisen155. Außerdem hat er den bereits gesetzlich geregelten Persönlichkeitsrechten ausdrücklich einen vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt zugeschrieben156, was überdeutlich zeigt, daß auch für diesen Hauptgestalter der Persönlichkeitsrechtslehre Persönlichkeits- und Vermögensrecht keine unvereinbaren Gegensätze waren. In diesem Zusammenhang liegt die Unübertragbarkeit des Persönlichkeitsrechts eher neben der Sache. Es ist zwar richtig, daß das Persönlichkeitsrecht wegen der wesensimmanenten Personengebundenheit der Persönlichkeitsgüter unübertragbar, unverzichtbar, unvererblich und unpfändbar ist157 und in diesem Punkt erheblich von der gewöhnlichen Eigenschaft des üblicherweise als Haftungsobjekt dienenden Vermögensrechts abweicht. Es gibt jedoch keinen triftigen Grund dafür, daß der Vermögensrechtsbegriff in den zum haftungsrechtlichen Zweck erforderlichen Eigenschaften, insbesondere der Übertragbarkeit, verhaftet bleiben muß158. Das erhellt schon ein Blick auf diejenigen Rechte, an deren vermögensrechtlichem Charakter unbeschadet ihrer Unübertragbarkeit nicht der geringste Zweifel besteht159. Der dem Vermögensrecht eigentümliche Geldwert kann nicht nur im durch Veräußerung realisierbaren Tauschwert, sondern auch im Nutzwert bestehen, der sich in der Selbstnutzung oder der Einräumung von Nutzungsrechten an einen Dritten ausdrückt160. Dabei reicht die generelle Möglichkeit der bloß schuldrechtlichen Nutzungsüberlassung gegen Entgelt völlig aus, um einen pekuniären Vorteil des Rechts zu manifestieren161. Solange gegen eine derartige schuldrechtliche Bindung in der Ausübung des Persönlichkeitsrechts, die sich vom Rechtsverzicht unterscheidet162, ohnehin 154

Gemeint ist hier Hubmann, Das Persönlichkeitsrecht, 1953, Köln, Graz. Vgl. Hubmann, S. 175 ff.; auch dazu Forkel, FS f. Neumayer, S. 229, 237. 156 Vgl. Hubmann, S. 134 f. Zu beachten ist aber, daß er dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht dagegen keinen vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt zuerkannt hat (vgl. Hubmann, S. 134). 157 Siehe oben § 5 Fn. 81. 158 Ähnlich Götting, S. 8; Ahrens, S. 89 f.; Lichtenstein, S. 87 f.; auch Esser/ Weyers, SchuldR II/2, § 50 I 1 e), S. 76; a. A. Beuthien, Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, S. 75, 78. 159 Z. B. der Nießbrauch, die beschränkte persönliche Dienstbarkeit, die unveräußerliche Forderung und Urheberrecht usw. 160 So schon v. Tuhr, AT, S. 314; auch Larenz/Wolf, AT, § 21 Rn. 9. 161 Ähnlich Ellger, S. 767; auch Larenz/Wolf, AT, § 14 Rn. 20. 162 Vgl. Schluep, S. 357. 155

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keine grundsätzlichen Bedenken erhoben sind163, soll sein auf dem dadurch deutlich wahrnehmbar gewordenen Geldwert fußender vermögensrechtlicher Charakter nicht schlechthin deshalb verleugnet werden, weil es nicht der dinglichen Übertragung zugänglich ist. Dem steht auch nicht der oben erwähnte Leitsatz des BVerfG164 entgegen, der genauer Prüfung halber nochmals hier wörtlich wiedergegeben werden soll: „Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist nicht im Interesse einer Kommerzialisierung der eigenen Person gewährleistet.“ Auf den ersten Blick erscheint dieser deklaratorisch formulierte Satz als ein entschlossener Gegenschlag gegen die kurz zuvor durch den BGH in seiner Marlene-Dietrich-Entscheidung vorgenommene Fortbildung des Persönlichkeitsrechts zugunsten des Vermögensrechts165, zumal damit die geläufige Annahme des dichotomischen Verhältnisses zwischen Persönlichkeits- und Vermögensrecht erneut in verfassungsrechtlicher Hinsicht bestätigt zu werden scheint166. Bei der Auslegung eines solchen rechtssatzförmigen Leitsatzes ist jedoch stets darauf zu achten, daß er nicht von dem zur Entscheidung vorgelegten konkreten Sachverhalt abstrahiert eine allgemeine Geltung zu beanspruchen vermag167. Berücksichtigt man insbesondere, daß die Gerichte häufig dazu neigen, ihre Rechtsauffassung weiter zu formulieren, als es zur konkreten Entscheidung erforderlich gewesen wäre und daß sie sich daher im nachhinein nicht selten dazu genötigt sehen, ihre frühere Formulierung wieder einzuschränken, ist es unentbehrlich, derartig weit gefaßte Entscheidungssätze, insbesondere die Leitsätze, durch eine auf den konkreten Sachver163 Vgl. schon Kohler, Das Autorrecht, S. 74: „Nur indirekt, kraft obligatorischer Gebundenheit, können solche Individualgüter der Benützung eines Dritten anheimgegeben werden“; auch Helle, S. 108 f.; Magold, S. 502 f.; Schertz, Rn. 375; BastonVogt, S. 252; BGH, Urt. v. 14. 10. 1986, JZ 1987, 158, 158 f. – NENA; BGH, Urt. v. 23. 9. 1992, BGHZ 119, 237, 240 – Universitätsemblem. 164 Siehe oben § 5 Fn. 115. 165 Vgl. BGH, Urt. v. 1. 12. 1999, BGHZ 143, 214, 217 – Marlene Dietrich: „Das von § 823 Abs. 1 BGB geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht und seine besonderen Erscheinungsformen wie das Recht am eigenen Bild und das Namensrecht dienen nicht nur dem Schutz ideeller, sondern auch vermögenswerter Interessen der Persönlichkeit.“ 166 Demgemäß wurde dieser Leitsatz, beliebt bei denjenigen, die dem Persönlichkeitsrecht im Ergebnis keinen vermögensrechtlichen Gehalt zuerkennen wollen, zur Unterstützung ihrer eigenen Ansicht herangezogen (so Schack, JZ 2000, 1060, 1061; Beuthien, Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, S. 75, 78). 167 Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 359: „Das Beispiel läßt erkennen, wie gefährlich die leider vom Bundesgerichtshof angenommene Praxis ist, den Entscheidungen rechtssatzförmig formulierte Leitsätze voranzustellen. . . . Durch ihre rechtssatzförmige Formulierung wird der Anschein erweckt, als komme ihnen, losgelöst von dem entschiedenen Sachverhalt, der Charakter einer gleichförmig anwendbaren, bereits feststehenden Regel zu. Dabei wird verkannt, daß der Richter, der eben doch in erster Linie den zu entscheidenden Fall im Auge hat, noch weit weniger dazu in der Lage ist, alle künftige Anwendungsmöglichkeiten seines ,Leitsatzes‘ zu übersehen, als der Gesetzgeber.“

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halt Bezug nehmende Interpretation auf den vom Gericht eigentlich gemeinten engeren Anwendungsbereich zurückzuführen168. Das gilt für den hier in Rede stehenden Leitsatz des BVerfG um so mehr, weil die in ihm enthaltene Verallgemeinerung der rein ideellen Ausrichtung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts keine exakte Entsprechung in den Urteilsgründen hat, die als einzige Grundlage des vorangestellten Leitsatzes dienen sollen169. Dort findet man lediglich einen ähnlichen Satz, der aber im Vergleich zum Leitsatz einen stark begrenzten Aussagegehalt aufweist: „Der verfassungsrechtliche Privatsphärenschutz aus Art. 2 I i.V. mit Art. 1 I GG ist nicht im Interesse einer Kommerzialisierung der eigenen Person gewährleistet.“ 170 Anders als im Leitsatz ist das Subjekt dieses Satzes nicht „das allgemeine Persönlichkeitsrecht,“ sondern „der verfassungsrechtliche Privatsphärenschutz“, der auch in concreto genau die zu beurteilende Sachverhaltskonstellation171 betrifft. Aus dieser präzisierenden Änderung des Satzsubjekts in den Urteilsbegründungen ergeben sich wichtige Indizien für die gebotene reduzierende Auslegung des Leitsatzes, wonach er dahingehend verstanden werden soll, daß er nicht das allgemeine Persönlichkeitsrecht im Ganzen erfaßt, sondern allenfalls den Privatsphärenschutz als einen seiner Ausschnitte172, und daß es sich dabei nicht um die Reichweite des zivilrechtlichen Persönlichkeitsrechts handelt, sondern um die des verfassungsrechtlichen173. So gesehen sind dem Leitsatz allerdings keine verfassungsrechtlichen Vorgaben für die gängige Dichotomie zwischen dem Persönlichkeits- und Vermögensrecht zu entnehmen, weil die Diskussion um eine solche Dichotomie im allgemeinen das zivilrechtliche Persönlichkeitsrecht zum Gegenstand hat, das sich weder im bloßen Privatsphärenschutz erschöpft174, noch gar mit dem verfassungsrechtlichen Persönlichkeitsrecht identisch ist175.

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Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 358 ff. Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 359: „Derartige Leitsätze sind nichts anderes als Destillata aus Entscheidungsbegründungen.“ 170 BVerfG, Urt. v. 15. 12. 1999, NJW 2000, 1021, 1023 (Hervorhebung vom Verfasser). 171 Zu entscheiden war hier hauptsächlich über die Frage, ob Bilder von Caroline von Monaco gemacht und veröffentlicht werden dürfen, wenn sie sich nicht in offizieller Funktion, sondern in privater Eigenschaft oder alltäglichen Zusammenhängen in der Öffentlichkeit bewegt. 172 Vgl. Lichtenstein, S. 94 f.; auch Forkel, LM § 823 (Ah) BGB, Nr. 132; Sosnitza, JZ 2004, 992, 995 Fn. 27. 173 Vgl. Seitz, NJW 2000, 2167, 2168; Kläver, ZUM 2002, 205, 206; Ehmann, AfP 2005, 237, 242. 174 Das zivilrechtliche Persönlichkeitsrecht ist eine sehr facettenreiche Erscheinung, so daß unter seinem Schutzdach neben der Privatsphäre auch die Ehre, das Bildnis, der Name, die Stimme, die personenbezogenen Daten, die sexuelle Selbstbestimmung und noch viele mehr stehen können [siehe näher dazu direkt unten § 5 II. 1. b) cc) (2)]. Daher darf die vom BVerfG festgestellte Idealisierung des Privatsphärenschutzes keineswegs mit der des Persönlichkeitsrechts gleichgesetzt werden. 169

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cc) Das Persönlichkeitsrecht als „Auch-Vermögensrecht“ Um eine solche nur ansatzweise erhobene Anzweifelung der begrifflichen Gegensätzlichkeit von Persönlichkeits- und Vermögensrecht zur festen Überzeugung zu verdichten, ist nun eine Wendung des Augenmerks auf die äußerst heikle Frage nach dem Wesen des Persönlichkeitsrechts unumgänglich. Zuzugeben ist allerdings vorab, daß dieses Recht eben so sibyllinisch ist wie die menschliche Persönlichkeit selbst, worauf es sich unmittelbar bezieht. Es läßt sich demgemäß erst aus einer synthetischen Perspektive, die alle wichtigen Seiten des Rechts zusammennimmt, genügend beleuchten, was aber den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen würde. Die nachfolgenden Schilderungen beschränken sich daher schwerpunktmäßig auf einige für den vermögensrechtlichen Aspekt des Persönlichkeitsrechts relevante Fragen. Damit sollte also lediglich der Grundstein für die Konturierung des vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalts des Persönlichkeitsrechts gelegt werden. (1) Persönlichkeitsrecht als subjektives Recht Nachzugehen ist dafür zunächst der immer noch umstrittenen Frage, ob dem Persönlichkeitsrecht überhaupt die Qualität eines (absoluten) subjektiven Rechts zukommen kann. Diese meistens in bezug auf die Subsumtion des Persönlichkeitsrechts unter das „sonstige Recht“ i. S. des § 823 Abs. 1 BGB viel erörterte Frage ist auch hinsichtlich der Erklärung seines vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalts von wesentlicher Bedeutung, weil die Figur des subjektiven Privatrechts normlogisch gesehen primär dafür vorgesehen ist, dem Berechtigten etwas Schützenswertes zuzuweisen176 und nimmt somit bei der exklusiven Zuord175 Auch wenn es unverkennbar ist, daß das zivilrechtliche Persönlichkeitsrecht von vornherein mit verfassungsrechtlichem Pathos entwickelt (vgl. Hattenhauer, S. 13) und gerade mit großer Unterstützung von Art. 1, 2 GG ausgebaut wurde, kann es als ein Institut des einfachen Rechts erheblich weiter reichen als das verfassungsrechtliche Persönlichkeitsrecht, das als Grundrecht prinzipiell ein von dem Gesetzgeber umzusetzendes Schutzminimum beinhaltet (vgl. näher dazu Jarass, NJW 1989, 857, 858; auch Raiser, JZ 1961, 465, 471; Forkel, GRUR 1988, 491, 492; Larenz/Canaris, SchuldR II/2, § 80 I 3; Kläver, ZUM 2002, 205, 206; Ahrens, S. 279 f., 290 f.; Biene, S. 163 f.). Selbst das BVerfG hat später die Rechtsprechung des BGH, die vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts und deren Vererblichkeit ausdrücklich anerkannt hatte (BGH, Urt. v. 1. 12. 1999, NJW 2000, 2201 f. – Der blaue Engel), mit einem gleichlautenden Argument gebilligt: „Verfassungsrechtliches und zivilrechtliches Persönlichkeitsrecht sind nicht identisch. . . . Der Gesetzgeber und die Zivilgerichte sind grundsätzlich nicht daran gehindert, den Schutz des Persönlichkeitsrechts weiter auszubauen, als verfassungsrechtlich geboten ist.“ (vgl. BVerfG, Beschl. v. 22. 8. 2006, NJW 2006, 3409, 3410 – Marlene Dietrich). 176 Siehe dazu vorliegend nur oben § 5 Fn. 1 und Ellger, S. 353: „Die Zuweisung von materiellen und immateriellen Gegenständen an Rechtssubjekten zu ihrer ausschließlichen Innehabung, Nutzung und Veräußerung geschieht dadurch, daß die Rechtsordnung daran subjektive Rechte zugunsten der Rechtsinhaber begründet.“

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nung von Rechtsgütern eine maßgebende Rolle ein. Ohne den soliden Status des subjektiven Rechts könnte das Persönlichkeitsrecht daher grundsätzlich kaum irgendeinen Zuweisungsgehalt aufweisen, sei er ideell oder wirtschaftlich177, ganz zu schweigen davon, daß das Persönlichkeitsrecht dann nicht mehr mit diesem Namen bezeichnet werden dürfte. Genau hierauf bestehen doch diejenigen, die die subjektivrechtliche Qualität des Persönlichkeitsrechts bestreiten. Sie wollen also die Persönlichkeitsgüter nicht durch das subjektive Recht dem einzelnen Träger exklusiv zuweisen und ihren Schutz in diesem Sinne subjektivieren, sondern als natürliche Lebensgüter an sich entweder durch Analogie zum Schutz der im § 823 Abs. 1 BGB genannten vier Rechtsgüter178 oder bloß durch objektive Verhaltensnormen179 schützen, die schon in verschiedenen Gesetzen festgelegt sind bzw. durch die Gerichte von Fall zu Fall bestimmt werden können. Der Begriff „Persönlichkeitsrecht“ ist ihrer Ansicht nach schlicht „eine juristische Mißgeburt“ 180 oder allenfalls ein lässiger Werbeslogan für die Durchsetzung neuer Schutznormen181. Die dieser Auffassung zugrunde liegende Abneigung gegen die Eingliederung des Persönlichkeitsrechts in die juristische Kategorie des subjektiven Rechts stützt sich hauptsächlich darauf, daß das Persönlichkeitsrecht in vieler Hinsicht schlecht zu den Wesensmerkmalen des herkömmlichen subjektiven Rechts paßt, wobei vornehmlich die folgenden drei Gründe ins Feld geführt werden: Erstens seien die Persönlichkeitsgüter schon von Natur aus vorrechtlich mit ihrer Trägerperson so fest verbunden, daß eine erneute Zuweisung durch ein subjektives Recht entbehrlich sei182. Zweitens seien die Persönlichkeit sowie 177 Zu beachten ist allerdings, daß der bereicherungsrechtliche Zuweisungsgehalt, der ursprünglich aus dem Zuweisungsgehalt des absoluten Rechts abgeleitet wurde, mittlerweile von vielen auch denjenigen Rechtspositionen außerhalb des subjektiven Rechts zuerkannt wird, die sich hinsichtlich der Gewährung des Verwertungsmonopols diesem hinreichend annähern, z. B. die nach §§ 17, 18 UWG geschützten Betriebsund Geschäftsgeheimnisse, Vorlagen, Modelle, Verfahren etc. (vgl. näher zur Entwicklung der bereicherungsrechtlichen Zuweisungsgehaltstheorie Ellger, S. 353 ff., 471 ff.; Reuter/Martinek, § 7 III, S. 248 ff.; MüKo/Lieb, 4. Aufl., § 812 Rn. 245 ff.). In diesem Zusammenhang sollte man aber nicht verkennen, daß die Reichweite des eingriffskondiktionsrelevanten Zuweisungsgehalts allein vom Sinn und Zweck der bereicherungsrechtlich spezifischen Güterschutzfunktion bestimmt wird und daher im einzelnen nicht immer mit dem Kreis des allgemeinen, jedem subjektiven Recht immanenten Zuweisungsgehalts übereinstimmt (vgl. Ellger, S. 438, 454 f., 469; auch Reuter/Martinek, § 7 III 2 c, S. 256). 178 Vgl. Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 615; Beuthien/Schmölz, S. 20 ff. 179 Vgl. Savigny, System I, S. 335 ff.; v. Tuhr, AT, S. 150 ff.; Raiser, JZ 1961, 465, 472; Ehmann, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, S. 613, 615 f., 619 Fn. 34. 180 Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 615; Beuthien, NJW 2003, 1220, 1221. 181 Vgl. v. Tuhr, AT, S. 151: „Aus dem Bestreben, neue Schutznormen durchzusetzen, schöpft die Theorie der Persönlichkeitsrechte ihre werbende Kraft.“ 182 Vgl. Savigny, System I, S. 336: „Allein für jene Macht über uns selbst bedarf es der Anerkennung und Begränzung durch positives Recht nicht, und das Ungehörige der hier dargestellten Auffassung besteht darin, daß jene natürliche Macht mit diesen

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ihre Ausflüsse nicht von der Person als Subjekt selbst verschieden, und daher fehle dem Persönlichkeitsrecht eine für das subjektive Recht typische SubjektObjekt-Relation183. Drittens und letztens würde das Persönlichkeitsrecht angesichts der mangelnden Abgrenzbarkeit der Persönlichkeit in ihrer eigenen Dynamik notwendigerweise an der größten Unsicherheit über seinen Inhalt und Umfang leiden und damit die ehemals festgelegte klare Kontur des subjektiven Rechts verwischen184. Diesen schon längst erhobenen dogmatischen Einwänden gegen die Anerkennung des Persönlichkeitsrechts ist aber mit Nachdruck entgegenzutreten. Sie sind zu stark in alten Begrifflichkeiten befangen, um der Eigenart des Flexibilität erfordernden Persönlichkeitsschutzes adäquat Rechnung zu tragen. Daß es immerhin einige gesetzlich anerkannte Persönlichkeitsrechte gibt, deren Status als echtes subjektives Recht ganz außer Frage steht185, läßt schon erkennen, wie formal jene Argumentation verfährt. Es ist zwar zugegebenermaßen richtig, daß die Verbindung zwischen Persönlichkeitsgütern und deren einzelnen Trägern nicht erst durch ein subjektives Recht hergestellt wird, sondern bereits natürlich vorgegeben ist186. Insoweit stellt die Zuordnung der Persönlichkeitsgüter ein

künstlichen Erweiterungen derselben in eben so überflüssiger als verwirrender Weise auf eine Linie gestellt und als gleichartig behandelt werden soll.“; v. Tuhr, AT, S. 151: „. . . während die subjektiven Rechte dem Berechtigten eine Herrschaft verleihen, ein Dürfen, das ihm nicht zustehen würde, (Eigentum) oder eine an sich allgemein zulässige Handlung zu seinen Gunsten monopolisieren (Urheberrecht), fehlt hier beides: Leib und Leben verdankt man der Natur, die Freiheit des Handelns ist ebenfalls ein natürlicher Zustand, der vom Gesetz zwar beschränkt werden kann, aber nicht geschaffen zu werden braucht“. 183 Vgl. Raiser, JZ 1961, 465, 471: „Hier geht es nicht um Zuweisung bestimmter, außerhalb der Person liegender Rechtsgüter an die Person zum Haben und Nutzen, nicht um ,appartenance‘ und ,maitrise‘, sondern um die Personenhaftigkeit der Person selbst“; Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 615: „Denn die einzelnen Ausflüsse der Persönlichkeit wie Ehre usw. lassen sich von der Persönlichkeit selbst nicht trennen. Sie können daher auch nicht Objekt besonderer Rechte werden, sondern sind Teile der Persönlichkeit (also des Rechtssubjekts) selbst.“; Beuthien/Schmölz, S. 9, 21; Beuthien, NJW 2003, 1220, 1221 f.: „Die Persönlichkeit ist kein Gegenstand, sondern Teil der menschlichen Person. Der Mensch vermag aber kein Herrschaftsrecht an sich selbst zu haben.“ 184 Vgl. v. Tuhr, AT, S. 151: „Vor allem aber besteht, soweit die positiven Vorschriften des Gesetzes uns verlassen, die größte Unsicherheit über den Inhalt und Umfang dieser Rechte.“; Beuthien/Schmölz, S. 21: „Auch sind subjektive Rechte allgemeinen Inhalts schwer vorstellbar.“ Die ablehnende Haltung des BGB-Gesetzgebers und des Reichsgerichts gegen die Anerkennung eines umfassenden Persönlichkeitsrechts beruht auch hauptsächlich auf der mangelnden Bestimmtheit dieses Rechts (vgl. Protokolle, II, S. 573 f.; RG, Urt. v. 29. 5. 1902, RGZ 51, 369, 373; RG, Urt. v. 7. 11. 1908, RGZ 69, 401, 403; RG, Urt. v. 12. 5. 1926, RGZ 113, 413, 414 f.). 185 Gemeint sind hier das Namensrecht (§ 12 BGB) sowie das Recht am eigenen Bild (§§ 22 ff. KUG); a. A. Ehmann, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, S. 613, 652, der noch die subjektivrechtliche Qualität des Rechts am eigenen Bild in Zweifel zieht. 186 So auch Baston-Vogt, S. 90.

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vorrechtliches Phänomen dar und gehört der Umgang des Menschen mit seinen eigenen Persönlichkeitsgütern zur natürlichen Freiheit im Sinne der Abwesenheit des rechtlichen Gebots oder Verbots. Daraus kann aber nicht unbedingt gefolgert werden, daß die Zuweisung der Persönlichkeitsgüter immerzu auf der außerrechtlichen Ebene belassen bleiben muß. Unter Umständen kann es sich vielmehr als notwendig erweisen, einen solchen natürlichen Zuweisungszustand durch das Recht zu bestätigen und damit zum rechtlichen Zuweisungsgehalt zu erheben187. Dies ist besonders dann der Fall, wenn die natürlich vorgegebene Zuweisung im Zuge der technischen Entwicklung einerseits ihre tatsächliche Sperrwirkung verliert und mithin in ihrer Ausschließlichkeit erheblich gefährdet wird, andererseits mit dem auf diese Weise erweiterten Freiheitsbereich der Außenstehenden in Konflikt gerät, was gerade die kritische Situation einer Reihe von Persönlichkeitsgütern betrifft188. Hierin muß also das Recht eingreifen und die Unsicherheiten beseitigen, indem es mit seiner Zwangskraft die hinfällig gewordene natürliche Zuweisung rehabilitiert189. So gesehen hindert die Tatsache, daß die meisten Persönlichkeitsgüter dem Menschen bereits von Natur aus verliehen sind, in keiner Weise die Entstehung des Persönlichkeitsrechts190. Nicht einzusehen ist ferner, warum sich jedes subjektive Recht ausnahmslos auf ein außerhalb der Subjektperson liegendes Rechtsobjekt beziehen soll. Hierzu gibt schon die gängige Definition des subjektiven Rechts, nämlich „eine dem Berechtigten von der Rechtsordnung verliehene Rechtsmacht zur selbstbestimmten Wahrnehmung der durch das jeweilige Recht geschützten Interessen“ 191, keinerlei Anlaß. Danach setzt der Begriff des subjektiven Rechts überhaupt kein Rechtsobjekt voraus, geschweige denn ein Objekt der Außenwelt. An dessen Statt treten vielmehr Schutzinteressen als ein wesentliches Element des subjektiven Rechts, welche die subjektiven Beziehungen des Berechtigten zu den ihm mit dem subjektiven Recht zuerkannten Werten kennzeichnen192. Diese Werte, die auch als Schutzgüter des subjektiven Rechts bezeichnet werden kön187 Vgl. in diesem Zusammenhang Schluep, S. 296: „Das subjektive Recht ist zunächst die rechtliche Anerkennung der natürlichen Freiheit.“ 188 Siehe näher dazu oben § 2 II. 2. b) bb). 189 Vgl. Hubmann, S 130 f.: „. . . ihre Umkleidung mit dem Rechtscharakter gibt dem einzelnen den Vorzug, daß er mit Hilfe der Gerichte ihre Achtung verlangen und ihre Störung verbieten kann.“; Baston-Vogt, S. 90: „Wenngleich . . . die Verbindung zwischen Rechtsträger und geschütztem Objekt von Natur aus besteht, so hat doch das subjektive Recht den Sinn, diese Verbindung gegen Eingriffe zu sichern.“ 190 Ähnlich Hubmann, S. 130 f.; Siebert, NJW 1958, 1369, 1373; Baston-Vogt, S. 90. 191 Larenz/Wolf, AT, § 14 Rn. 11; vgl. zu dieser zwischen der Willenstheorie und der Interessentheorie vermittelnden Definition des subjektiven Rechts auch v. Tuhr, AT, S. 56 ff.; Raiser, JZ 1961, 465, 465. 192 Vgl. Schluep, S. 316: „Versucht man die Beziehung des Subjekts zum Wert oder zum Gut zu kennzeichnen, so bietet sich dafür das Wort ,Interesse‘ an. Interesse an einem Gut haben meint demnach: den Wert erleben.“

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nen193 und zusammen mit den Schutzinteressen die innere Grundlage des subjektiven Rechts bilden194, sind keine Materien und daher streng von den Rechtsobjekten zu unterscheiden195, die wie die Sache im Eigentum oder das Werk im Urheberrecht nur als äußere Träger solcher Werte fungieren196 und zugleich als unmittelbare Anknüpfungsgegenstände der Herrschaftsmacht höchstens für das Herrschaftsrecht von großer Bedeutung sind197. Die Ansicht, die das Vorhandensein eines solchen Rechtsobjekts als eine notwendige Voraussetzung für das subjektive Recht hervorhebt, orientiert sich übermäßig an dem traditionell als Prototyp subjektiver Rechte dienenden Sacheigentum und zeigt dabei ihre starke Verhaftung in früheren besitzindividualistischen Denkkategorien198. Sie berücksichtigt mithin nicht genug, daß das subjektive Recht nicht nur die Zuerkennung des Herrschaftsinteresses an schon erworbenen Gütern im gegenständlichen Bereich, sondern auch des Interesses am freien Wertstreben, das freilich bloßes Betätigungsinteresse ohne äußere gegenständliche Verkörperung umfaßt, zum Inhalt haben kann199. Wenn man sich aber einmal von einer derartigen „rückwärts gerichteten Betrachtungsweise“ 200 befreit und das Hauptanliegen des subjektiven Rechts gemäß der oben erwähnten Definition in der Zuweisung der rechtlichen Befugnisse zur Durchsetzung bestimmter Interessen wegen des in diesen manifestierten Wertgehalts sieht, ist das Persönlichkeitsrecht trotz des Mangels am außerhalb der Person liegenden Rechtsobjekt ohne weiteres als ein subjektives Recht zu qualifizieren, weil es für den Schutz der die menschliche Persönlichkeit ausmachenden Werte die natürlich vorgegebene Zuweisung der Persönlichkeitsgüter zu ihrem individuellen Träger rechtlich bestätigt201. Ebensowenig schlägt der letzte Einwand durch, der auf die Unklarheit und Verschwommenheit von Inhalt und Umfang des Persönlichkeitsrechts abstellt. Denn der unbestimmte Charakter des Persönlichkeitsrechts ist letztlich auf die

193 Vgl. zum von den Werten ausgehenden Begriff der Güter und Rechtsgüter Schluep, S. 313 ff. 194 Vgl. näher dazu Hubmann, S. 120 ff. 195 Vgl. Freitag, S. 38; auch Hubmann, S. 122 f. 196 Vgl. zum Rechtsobjekt als Wertträger Schluep, S. 318, 321. 197 Ähnlich Hubmann, S. 117. 198 Vgl. näher dazu Peifer, S. 133 ff.; auch Götting, S. 5 f. 199 Vgl. Hubmann, S. 122: „Das subjektive Recht kann also nicht nur die Achtung des Interesses an erworbenen Gütern, sondern auch des Interesses am Erwerb und an der Freiheit des Wertstrebens zum Inhalt haben.“; Schluep, S. 320 f. 200 Götting, GRUR 2004, 801, 805 Fn. 43. 201 So Hubmann, S. 128 ff., der das Persönlichkeitsrecht sogar als „das Urbild eines subjektiven Rechts“ bezeichnet; Siebert, NJW 1958, 1369, 1373; Baston-Vogt, S. 90, 216; Lichtenstein, S. 19; ähnlich auch Staudinger/Weick, 2004, Vorbem. zu § 1 Rn. 18; Larenz/Wolf, AT., § 14 Rn. 11, die sagen, daß ihre Definition des subjektiven Rechts, die wie oben gesehen eine Synthese der Willens- und der Interessentheorie darstellt, auch auf Persönlichkeitsrechte zutreffe.

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Unfixierbarkeit der im ständigen Werdegang befindlichen Persönlichkeit selbst zurückzuführen202, und gerade diese Komplexität der dynamischen Persönlichkeit erfordert zu ihrem Schutz eher eine gewisse Flexibilität. Die Vertreter des Einwands verschließen jedoch die Augen vor einer solchen dem Persönlichkeitsschutz eigentümlichen Anforderung, wenn sie wegen der unvermeidbaren Schwammigkeit des Persönlichkeitsrechts von diesem elastischen Schutzmittel Abstand nehmen und statt dessen eine Anzahl von konkreten Verhaltensnormen herausarbeiten wollen, durch welche die Persönlichkeitswerte als bloß objektive Rechtsgüter geschützt werden sollen. Ganz abgesehen von dem Problem, daß eine von ihnen optimistisch erwartete, noch einzutretende vollständige Statuierung von Verhaltensregeln203 ebenso schwer realisierbar ist wie die exakte Festlegung des Schutzbereichs des Persönlichkeitsrechts, ist an dieser Ansicht unter anderem zu beanstanden, daß sie kaum über die zwischen den zwei Schutzformen der Rechtsgüter, nämlich dem objektiven Schutz der Rechtsgüter als solchem einerseits und der Gewährung des subjektiven Rechts andererseits, bestehende funktionale Verschiedenheit reflektiert. Obschon eine solche Unterscheidung zwischen bloßen Rechtsgütern und subjektiven Rechten infolge der richterlichen Ausdehnung der negatorischen Ansprüche auch für die Rechtsgüter204 jedenfalls im Bereich des Deliktsrechts ihre größere praktische Bedeutung verloren hat205, ist sie aber nach wie vor signifikant, sofern es um die grundlegende Frage geht, auf welche Weise die von der Rechtsordnung als schutzwürdig anerkannten Werte (Rechtsgüter) verwirklicht und bewahrt werden sollen206. Werden die Rechtsgüter also dadurch unmittelbar vor Gefährdung und Verletzung geschützt, daß die Rechtsordnung vornehmlich aus dem öffentlichen Ordnungsgesichtspunkt bestimmte Verhaltensnormen mit entsprechenden Allgemeinpflichten aufstellt, dann spricht man von einem objektiven Schutz der Rechts-

202 Vgl. Hubmann, S. 132: „Alle Versuche, den Inhalt des Persönlichkeitsrechts positiv abzugrenzen, müssen daher am geheimnisvollen Wesen der Persönlichkeit scheitern.“; Ahrens, S. 192: „Daß das Persönlichkeitsrecht aber per se wesentlich mehr Ausdrucksformen in sich trägt, liegt angesichts der Vielschichtigkeit der menschlichen Person selbst in der Natur der Sache.“ 203 So Ehmann, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, S. 613, 619 Fn. 34: „Das RaGewB und das APR sind ,Krücken‘, auf denen die Rspr. die gesetzlich festgeschriebene Rechtsordnung weiterentwickeln mußte. Sie können weggeworfen werden, wenn die erforderlichen Schutzbereiche als Verhaltensunrecht hinreichend klar erfaßt sind.“ 204 Ständige Rechtsprechung seit RG, Urt. v. 5. 1. 1905, RGZ 60, 6, 7: „actio quasi negatoria“. 205 Die verbreitete Unterschätzung des Unterschieds zwischen Rechtsgütern und subjektiven Rechten bei der Auslegung des § 823 Abs. 1 BGB (vgl. Larenz/Canaris, SchuldR II/2, § 76 I 1 a); Ahrens, S. 79 Fn. 135) ist nur in diesem Sinne verständlich. 206 Lediglich ein peripherer Ausschnitt dieser grundsätzlichen Frage ist betroffen, wenn Helle (S. 18) den noch bedeutenden Unterschied zwischen Rechtsgütern und subjektiven Rechten allein darin sehen will, ob bei ihrer Verletzung eine Eingriffskondiktion in Betracht kommt oder nicht.

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güter schlechthin, wohingegen von einem subjektiven Recht nur dann die Rede sein kann, wenn die Rechtsgüter in der Weise gesichert werden, daß sie dem interessierten einzelnen um seiner selbst willen zur selbständigen Wahrnehmung mit entsprechenden Befugnissen zugewiesen werden207. Beim bloß objektiven Schutz werden die Rechtsgüter schlicht in die staatliche Obhut genommen und somit ganz unabhängig vom Willen der Betroffenen erzwungen, während beim subjektiven Recht die Bewahrung der Rechtsgüter dezentral der freien Entscheidung des einzelnen Subjekts überlassen bleibt208. Mit anderen Worten stützt sich der objektive Rechtsgüterschutz auf den passiven Gehorsam der Allgemeinheit, indessen das subjektive Recht auf die aktive Selbstbestimmung des Individuums. Schon diese kurze Betrachtung erhellt, daß das subjektive Recht mehr als nur einen passiven Bestandsschutz der Rechtsgüter impliziert209. Es ist gerade darauf angelegt, die objektiven Rechtsgüter qua individueller Zuweisung zu subjektivieren und dadurch dem einzelnen zu ermöglichen, mit diesen Gütern nach Belieben zu verfahren. In der Gestalt des subjektiven Rechts werden somit die privaten Interessen bezüglich der Rechtsgüter nicht durch die von der Rechtsordnung auferlegten Verhaltensweisen bevormundend geschützt, sondern auf ganz autonomem Weg verfolgt und durchgesetzt210. Vergegenwärtigt man sich, daß die menschliche Persönlichkeit kein vorbestimmtes Gefüge darstellt, sondern vielmehr in einer ständigen eigenwilligen Entwicklung begriffen ist und demgemäß ihr Schutz sich weit über den statischen Integritätsschutz hinaus darauf erstrecken sollte, ihre ungestörte Ausformung sowie ihren ungehinderten Einsatz zu unterstützen211, dann kann man klar erkennen, daß für den effektiven Persönlichkeitsschutz das subjektive Recht viel besser geeignet ist als der objektive Rechtsgüterschutz. Denn die Rechtsordnung ist angesichts der mangelnden Erkennbarkeit der Persönlichkeit nicht in der Lage, die Persönlichkeitswerte selbst zu verwirklichen. Für die freie Entfaltung der Persönlichkeit ist das subjektive Recht mit der darin enthaltenen Selbstbestimmungskompetenz geradezu prädestiniert212. Vor diesem Hintergrund kann sich die inhaltliche Unbestimmtheit des Persönlichkeitsrechts auf keinen Fall so fatal auswirken, daß seine subjektivrechtliche Qualität generell in Frage gestellt wird. Sie stellt also kein qualitatives Problem, sondern lediglich ein quantitatives Problem bezüglich des

207 Vgl. dazu v. Tuhr, AT, S. 54 f.; Schluep, S. 321 f.; Hubmann, S. 126; Larenz/ Wolf, AT, § 14 Rn. 14; auch Baston-Vogt, S. 87. 208 Vgl. v. Tuhr, AT, S. 55; Schluep, S. 322; Larenz/Wolf, AT, § 14 Rn. 5; Peifer, S. 140. 209 Vgl. Deutsch, Rn. 59: „Vielmehr wird ein Recht vom Gesetzgeber dann begründet und ausgestaltet, wenn er damit mehr als nur einen Schutz vor der Verletzung des Bestandes des Guts bezweckt.“ 210 Vgl. Baston-Vogt, S. 87 f. 211 Vgl. zu dieser Aufgabe des Persönlichkeitsschutzes Baston-Vogt, S. 88 f. 212 Ebenso Baston-Vogt, S. 89; ähnlich auch Lichtenstein, S. 19.

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Schutzumfangs dar213, das durch fortzusetzende Abgrenzungsbemühungen allmählich zu bewältigen und nicht durch einen untauglichen Ausweg zu umgehen ist214. (2) Die Herausbildung des vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalts des Persönlichkeitsrechts Solange man die institutionelle Funktion des subjektiven Rechts wie oben gesehen in der Gewährung der Selbstbestimmungskompetenz bezüglich bestimmter Rechtsgüter sieht, besagt der gerade verifizierte subjektivrechtliche Charakter des Persönlichkeitsrechts nichts anderes, als daß auch hier die Selbstbestimmung den Schlüsselbegriff für seinen Schutzgehalt bildet. Auf diesem gemeinsamen Nenner unterscheidet sich das Persönlichkeitsrecht von den anderen Rechten lediglich im Hinblick auf seine spezifischen Schutzgüter, die insbesondere durch ihren besonders engen Persönlichkeitsbezug oder ihre unmittelbare Persönlichkeitsnähe gekennzeichnet sind. Insoweit kann man das Persönlichkeitsrecht in seinem Kern als ein Selbstbestimmungsrecht des einzelnen Subjekts über den Umgang mit den gerade seine Persönlichkeit ausmachenden Werten beschreiben215. Bereits diese kurze Formel bietet einige wichtige Anhaltspunkte für das systematische Verstehen des Persönlichkeitsrechts. Zunächst darf es als ein direkt auf die Persönlichkeitsentfaltung bezogenes Selbstbestimmungsrecht keinesfalls auf bestimmte sehr persönliche Lebenssphären beschränkt gelten. Da die Persönlichkeitsentwicklung nicht allein im exklusiv privaten Bereich stattfindet, sondern vielmehr auf einen interaktiven sozialen Kommunikationsprozeß angewiesen ist216 und mithin in der Regel mehrere heterogene Lebenssphären auf verschiedene Weise durchzieht217, muß das persön213 Vgl. Larenz/Canaris, SchuldR II/2, § 80 III 2: „Daß es sich um mehr Schutzbereiche als bei den ,klassischen‘ Rechten des § 823 I BGB handelt, stellt nur einen quantitativen und keinen qualitativen Unterschied dar.“ 214 Vgl. insoweit eindrucksvoll Coing, JZ 1954, S. 700: „Gerade diese Schwierigkeit der Abgrenzung war eines der Motive, welches die Rechtsprechung bisher davon abgehalten hatte, der Anerkennung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts näherzutreten. Aber ich glaube, wir sollten die uns damit gestellte Aufgabe nicht scheuen. Im Grunde genommen ist es eine echt juristische, echt richterliche Aufgabe.“; auch Heitmann, S. 48: „Eine nähere inhaltliche Ausgestaltung mußte daher, wollte man nicht zunächst überhaupt auf dieses Recht verzichten, für die spätere Zeit Rechtsprechung und Wissenschaft überlassen bleiben.“ 215 Vgl. Schmidt, JZ 1974, 241, 246; Kau, S. 80 ff.; Magold, S. 466; Götting, S. 137; Seemann, S. 65; Peifer, S. 149; Jaber, S. 263; Büchler, AcP 206 (2006), 300, 315 ff.; Helle, JZ 2007, 444, 449; auch Baston-Vogt, S. 214 ff., die die „Selbstbestimmung in eigenen Angelegenheiten“ als den bedeutendsten Schutzinhalt des Persönlichkeitsrechts darstellt. 216 Vgl. Kau, S. 70, 83; Ehmann, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, S. 613, 623; Kläver, ZUM 2002, 205, 206; Schwab, Einführung, Rn. 296. 217 Vgl. Staudinger/Weick, 2004, Vorbem. zu § 1 Rn. 25.

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lichkeitsrechtliche Grundkonzept der autonomen Persönlichkeitsgestaltung von den einzelnen, räumlich abgegrenzten privaten Bereichen abgekoppelt alle Lebenssphären überwölbend verwirklicht werden218. So soll der einzelnen Person auch außerhalb der nach außen abgeschirmten Rückzugsbereiche weiterhin ermöglicht werden, zwischenmenschliche Kontakte nach ihrem Gutdünken selektiv herzustellen und zu entwickeln. Die früher zur Konkretisierung des persönlichkeitsrechtlichen Schutzbereichs postulierte sog. Sphärentheorie219, wonach sich jeder persönlichkeitsrechtlich geschützte Sachverhalt unter ontologischer Betrachtung einer der verschiedenen objektiv bestimmbaren Lebenssphären mit jeweils unterschiedlicher Schutzintensität, nämlich der Sozial-, Privat-, Intimoder Geheimsphäre usw.220, zuordnen läßt, ist schon angesichts der die heutige informationshungrige Mediengesellschaft wesentlich prägenden Erscheinung der dialektischen Synthese zwischen Öffentlichkeit und Privatheit221 und der damit 218 Vgl. Kau, S. 68, 85 f.; Götting, S. 137 f. Auch die Rechtsprechung tendiert in die gleiche Richtung: Nachdem sich das BVerfG mit der Hervorhebung der individuellen Selbstbestimmung als Grundlage aller Ausprägungen des Persönlichkeitsrechts endgültig über die Vorstellung des in bestimmten Sphären befangenen Persönlichkeitsschutzes hinweggesetzt hatte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 3. 6. 1980, BVerfGE 54, 148, 155 – Eppler; BVerfG, Urt. v. 15. 12. 1983, BVerfGE 65, 1, 41 ff. – Volkszählung; BVerfG, Beschl. v. 13. 5. 1986, BVerfGE 72, 155, 170 f. – Minderjähriger), hat auch der BGH dadurch veranlaßt es unternommen, von seiner bisherigen, stark bereichsorientierten Ansicht, die die Selbstbestimmung lediglich als eine Auswirkung des Sphärenschutzes zu betrachten pflegte (vgl. BGH, Urt. v. 25. 5. 1954, BGHZ 13, 334, 339 – Leserbriefe; BGH, Urt. v. 8. 5. 1956, BGHZ 20, 345, 350 f. – Paul Dahlke; BGH, Urt. v. 14. 2. 1958, BGHZ 26, 349, 354 – Herrenreiter; BGH, Urt. v. 10. 5. 1957, BGHZ 24, 200, 208 f. – Spätheimkehrer; BGH, Urt. v. 19. 12. 1978, BGHZ 73, 120, 122 f. – Telefongespräch), abzurücken und ohne besondere Erwähnung einer spezifischen Sphäre direkt auf den Selbstbestimmungsgedanken Bezug zu nehmen (vgl. BGH, Urt. v. 26. 6. 1981, BGHZ 81, 75, 78 f. – Carrera; BGH, Urt. v. 14. 4. 1992, NJW 1992, 2084, 2084 – Joachim Fuchsberger; BGH, Urt. v. 15. 11. 1994, NJW 1995, 861, 862 f. – Caroline von Monaco I; BGH, Urt. v. 12. 12. 1995, NJW 1996, 985, 986 – Kumulationsgedanke; BGH, Urt. v. 1. 12. 1999, BGHZ 143, 214, 218 f. – Marlene Dietrich). 219 Herangezogen wurde das Sphärendenken anfänglich zum Zweck der Überwindung des oben bereits auf andere Weise entkräfteten Einwands, daß das Persönlichkeitsrecht wegen des fehlenden Objekts nicht als ein subjektives Recht anzusehen sei. Mit der räumlich-gegenständlich illustrierten Persönlichkeitssphäre versuchte man also das vermeintlich geforderte, vom Rechtssubjekt verschiedene Bezugsobjekt des Persönlichkeitsrechts zu kreieren (vgl. dazu Kau, 72 f.; Ahrens, S. 196 Fn. 131). 220 Über die Bezeichnung und Anzahl der Schutzsphären herrscht noch Uneinigkeit: Z. B. geht Hubmann, S. 269 von drei Schutzkreisen, nämlich der Individual-, der Privat- und der Geheimsphäre aus, während Diedrichsen, JURA 2008, 1, 2 von der Individual- oder Sozial-, der Privat-, der Intim- und der Geheimsphäre spricht. Bei Ehmann, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, S. 613, 623 stehen wiederum die Sozial-, die Individual-, die Geheim-, die Sexual- und die Intimsphäre in der Rede. Siehe näher zum Inhalt der Sphärentheorie Baston-Vogt, S. 180 ff.; Amelung, S. 10 ff. 221 Eine solche Konvergenz von Privatheit und Öffentlichkeit beruht auf gesellschaftlichen und technischen Veränderungen: Das vermehrte öffentliche Interesse am Privatleben der Prominenten, die in der heutigen Gesellschaft hinsichtlich des Lebensstils sowie der Wertvorstellungen eine leitende Rolle einnehmen; die verstärkte freiwil-

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einhergehend relativierten Abgrenzung der geschützten Lebenssphären jedenfalls in ihrer schutzinhaltsbezogenen Aussagekraft nicht mehr haltbar222. Dadurch würde nur unnötig suggeriert, daß sich der Persönlichkeitsschutz allein in der statischen Absicherung der aus der Öffentlichkeit ausgegrenzten Bereiche erschöpfe223. Greift man nun für die inhaltliche Erfassung des Persönlichkeitsrechts direkt auf das Selbstbestimmungsmotiv zurück, kann die Konstruktion jener in ihrem Schutzgrad abgestuften Sphären allenfalls bei der für die Konturierung des Schutzumfangs des Persönlichkeitsrechts erforderlichen Güter- und Interessenabwägung behilflich sein, indem sie die Erkenntnis plastisch vermittelt, daß jeder um so mehr in seiner Persönlichkeitsentfaltung Rücksicht auf die Rechte anderer zu nehmen hat, je mehr und stärker die Lebensbereiche seiner Mitmenschen dadurch berührt werden224. Andererseits geht es dennoch zu weit, das von der sphärischen Raum-Metapher befreite Persönlichkeitsrecht mit der Privatautonomie oder gar mit der allgemeinen Handlungsfreiheit gleichzusetzen225. Daraus, daß zur Begründung des Persönlichkeitsrechts von vornherein nicht nur Art. 2 Abs. 1 GG, sondern auch die Menschenwürdegarantie in Art. 1 Abs. 1 GG herangezogen wurden226, erklärt sich bereits, daß das Persönlichkeitsrecht wesentlich enger zu fassen ist als die allgemeine Handlungsfreiheit, welche sich allein auf Art. 2 Abs. 1 GG stützt227. Als entscheidende Kriterien für das Herausfiltern der persönlichkeitsrechtlichen Selbstbestimmung dienen dabei die fundamentale Bedeutung für die Persönlichkeitsentfaltung sowie der unmittelbare Bezug auf die Trägerperson selbst228. Nur jene Aktivitäten und Entscheidungen, die durch ihre stark refle-

lige Offenbarung der privaten und intimen Geschichten der Normalbürger durch Daytime-Talkshows, Reality-TV, Webcam-Angebote usw.; die enorme Entwicklung der Datenverarbeitungstechnik, wodurch nun ermöglicht wurde, anhand der Zusammenführung scheinbar belangloser einzelner persönlicher Daten sogar das intime Persönlichkeitsbild jeder beliebigen Person zu profilieren. 222 Ähnlich Schmidt, JZ 1974, 241, 244; Götting, S.28; Baston-Vogt, S. 192; Amelung, S. 22 f. 223 Vgl. hierzu Schmidt, JZ 1974, 241, 244; Baston-Vogt, S. 185 f.; Amelung, S. 21: „So weckt das Denken in Sphären zunächst einmal die Vorstellung räumlicher Abgeschlossenheit.“ 224 So auch Baston-Vogt, S. 192; Amelung, S. 20, 22; Diederichsen, JURA 2008, 1, 1 f.; a. A. Ahrens, S. 202 ff., der für die Systematisierung des Persönlichkeitsrechts noch die Sphärentheorie bevorzugt. 225 So aber Ahrens, S. 207 ff.; vgl. zum berechtigten Einwand dagegen Lichtenstein, S. 61 ff. 226 Vgl. dazu nur BGH, Urt. v. 25. 5. 1954, BGHZ 13, 334, 338 – Leserbriefe. 227 Vgl. zur bereits auf der grundrechtlichen Ebene stattfindenden Unterscheidung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts von der allgemeinen Handlungsfreiheit Jarass, NJW 1989, 857, 857; v. Münch, Rn. 315 f., 321. 228 Ähnlich Kau, S. 82; Larenz/Canaris, SchuldR II/2, § 80 II 6 a) b) und § 80 III 1 a); Baston-Vogt, S. 219 ff.

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xive Wirkung auf die eigene Person eine besondere Persönlichkeitssensitivität aufweisen, können also überhaupt ins persönlichkeitsrechtliche Areal fallen. Gleichwohl die Aufstellung einer kompletten Liste diesbezüglich kaum möglich ist, lassen sie sich von den betroffenen konkreten Schutzgütern ausgehend immerhin in zwei Gruppen grob einteilen, die alle letztlich auf den Gesichtspunkt der Selbstbestimmung zurückzuführen sind: Bei der einen Gruppe handelt es sich eher um die passive Sicherung der Grundbedingungen für die ungestörte und unvorbelastete Persönlichkeitsentwicklung, z. B. Ehrenschutz229, Privatsphärenschutz im rein räumlichen Sinne230, Diskretionsschutz, Gewährung der Abstammungskenntnis231, Schutz vor Belästigungen232 usw.; bei der anderen Gruppe geht es um die aktive Befähigung zur individuellen Persönlichkeitsbildung und -verwirklichung, wozu vor allem freier Umgang mit dem eigenen

229 Vgl. zur Bedeutung des Ehrenschutzes als Voraussetzung der autonomen Persönlichkeitsentfaltung nur Kau, S. 84. 230 Vgl. zum Privatsphärenschutz in diesem engen Sinne Baston-Vogt, S. 187, 207 ff. Hier handelt es sich um einen umfassenden Schutz des persönlichen Rückzugsraums vor dem ungewollten Eindringen Dritter, wobei es nicht darauf ankommt, ob die sich darin abspielenden Vorgänge oder die sich darin befindenden Gegenstände tatsächlich etwas spezifisch Privates verkörpern oder nicht. In der letzten Zeit haben der BGH und das BVerfG die Reichweite der räumlichen Privatsphäre mit dem Begriff der örtlichen „Abgeschiedenheit“ über den häuslichen Bereich hinaus erweitert (vgl. BGH, Urt. v. 19. 12. 1995, NJW 1996, 1128, 1129 f.; BVerfG, Urt. v. 15. 12. 1999, NJW 2000, 1021, 1022 f.). Die von diesem räumlichen Konzept der Privatsphäre unabhängigen privaten Angelegenheiten, die bisher als thematisch bestimmte Privatsphäre bezeichnet wurden (z. B. Tagebuch, Sexualität, Gesundheitszustand, familiärer Umgang usw.; vgl. näher hierzu BVerfG, Urt. v. 15. 12. 1999, NJW 2000, 1021, 1022; v. Gerlach, JZ 2004, 625, 626), sollten allerdings nicht mehr unter den Privatsphärenschutz, sondern unter den Diskretionsschutz gestellt werden. 231 Vgl. BVerfG, Urt. v. 31. 1. 1989, BVerfGE 79, 256, 268 f.; BVerfG, Beschl. v. 6. 5. 1997, JZ 1997, 777, 778. 232 Bisher wurde der Belästigungsschutz primär gegen die ausdrücklich unerwünschte Briefkastenwerbung, gegen unerbetene Telefonanrufe oder gegen sexuelle Belästigung herangezogen (vgl. näher dazu Larenz/Canaris, SchuldR II/2, § 80 II 7 a); Ehmann, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, S. 613, 669 f.). Ernst zu nehmen sind aber in diesem Zusammenhang auch die von sog. Paparazzi herrührenden Belästigungen durch hartnäckige Dauerverfolgung, die letztens zu einem großen Meinungsunterschied zwischen deutschen Gerichten einerseits (vgl. BGH, Urt. v. 19. 12. 1995, NJW 1996, 1128 ff.; BVerfG, Urt. v. 15. 12. 1999, NJW 2000, 1021 ff.) und dem EGMR andererseits (vgl. EGMR, Urt. v. 24. 6. 2004 (von Hannover ./. Deutschland), JZ 2004, 1015 ff. = NJW 2004, 2647 ff.) geführt haben. Der BGH hat kürzlich versucht, diese Meinungsdivergenz durch die Relativierung des vom EGMR heftig beanstandeten Begriffs der „absoluten Person der Zeitgeschichte“ auszugleichen (vgl. zu diesem sog. abgestuften Schutzkonzept BGH, Urt. v. 6. 3. 2007, GRUR 2007, 523, 525 f.; BGH, Urt. v. 6. 3. 2007, GRUR 2007, 527, 528 ff.; BGH, Urt. v. 3. 7. 2007, GRUR 2007, 902, 903 f.). Eine bessere Lösung, die die bisherige Stellung der deutschen Rechtsprechung viel weniger erschüttert, könnte jedoch eher darin liegen, den gerade erwähnten Belästigungsschutz als ein gewichtiges Gegeninteresse i. S. des § 23 Abs. 2 KUG ernsthaft in Erwägung zu ziehen (ähnlich Engels/Jürgens, NJW 2007, 2517, 2521 f.).

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Körper233 sowie mit den eigenen Identitätsmerkmalen 234, autonome sexuelle Betätigung235 einschließlich der Familienplanung236 etc. gehören. Aus der direkten Bezugnahme auf den Selbstbestimmungsgedanken geht neben der Ablösung von der sphärischen Bindung ein weiterer Denkanstoß hervor: Das Herausnehmen des Persönlichkeitsrechts aus dem allein ideell ausgerichteten abwehrrechtlichen Schutzkonzept237. Die nun als inhaltliche Basis des Persönlichkeitsrechts hervorgehobene Selbstbestimmung macht mit anderen Worten 233 Die Selbstbestimmung über den Umgang mit dem eigenen Körper ist streng von dem in § 823 Abs. 1 BGB ausdrücklich genannten Rechtsgut „Körper“ zu unterscheiden. In letzterem Fall wird unmittelbar die Wahrung der körperlichen Unversehrtheit angestrebt, wobei es überhaupt nur um die substantielle Erhaltung des Körpers im Status quo geht. Demgegenüber ist die hier in Rede stehende persönlichkeitsrechtliche Selbstbestimmungsbefugnis primär auf die im eigenen Körper manifestierte Eigenperson gerichtet (vgl. zu dieser Unterscheidung Laufs, NJW 1974, 2025, 2029; Laufs/Reiling, NJW 1994, 775, 775; Baston-Vogt, S. 271 f.; Staudinger/Jickeli/Stieper, 2004, § 90 Rn. 19; dagegen vor allem Deutsch, AcP 192 (1992), 161, 164, 166). Erst diese bezüglich des Körpers vorgenommene Differenzierung zwischen dem bloßen Integritätsschutz und dem Persönlichkeitsrecht bietet die dogmatische Grundlage für das bereits erwähnte, an den abgetrennten Körperteilen weiterhin bestehende Persönlichkeitsrecht (siehe dazu oben § 4 Fn. 187, 188). Auf der gleichlaufenden Unterscheidung basiert auch die Qualifizierung eigenmächtiger ärztlicher Heileingriffe als Persönlichkeitsrechtsverletzung statt als Körperverletzung (vgl. dazu Laufs, NJW 1974, 2025, 2028; Larenz/Canaris, SchuldR II/2 § 76 II 1 g); Esser/Weyers, SchuldR II/2, § 55 I 1 b); dagegen unter anderem Deutsch, NJW 1965, 1985, 1989; BGH, Urt. v. 14. 02. 1989, BGHZ 106, 391, 397 f.). Im Zuge des medizinischen Fortschritts, der dem Menschen hinsichtlich seines Körpers zunehmend Dispositionsmöglichkeiten einräumt (z. B. Transplantation, Schönheitschirurgie etc.), gewinnt das auf den eigenen Körper bezogene Selbstbestimmungsrecht immer mehr an Bedeutung. 234 Z. B. Namensrecht, Recht am eigenen Bild, Recht an der eigenen Stimme usw. Zu beachten ist, daß es auch bei diesen Rechten um die Selbstbestimmungskompetenz bezüglich der Identitätsmerkmale geht, womit nicht die Identitätsmerkmale als solche, sondern die durch sie geprägte eigene Person sowie deren Persönlichkeit geschützt werden (vgl. allgemein Baston-Vogt, S. 220; zum Namensrecht insbesondere Götting, S. 71; BGH, Urt. v. 26. 6. 1981, BGHZ 81, 75, 80 – Carrera: „Das allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährt dem Berechtigten einen generellen Schutz vor den die Person als solche berührenden Eingriffen Dritter. Ihm allein ist es deshalb vorbehalten, darüber zu befinden, ob und unter welchen Voraussetzungen sein Name in der Öffentlichkeit in Erscheinung tritt.“; zum Bildnisrecht etwa Helle, S. 47; Seemann, S. 142; Götting, S. 30; BGH, Urt. v. 14. 10. 1986, JZ 1987, 158, 158 – NENA; BGH, Urt. v. 19. 12. 1995, NJW 1996, 1128, 1129: „Das Recht am eigenen Bild ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Daraus ergibt sich, daß grundsätzlich allein dem Abgebildeten die Befugnis zusteht, darüber zu befinden, ob und in welcher Weise er der Öffentlichkeit im Bild vorgestellt wird.“; zum Recht an der eigenen Stimme vor allem Peifer, S. 165; OLG Hamburg, Beschl. v. 8. 5. 1989, NJW 1990, 1995, 1995 f. – Heinz Erhardt). 235 Vgl. dazu Larenz/Wolf, AT, § 8 Rn. 30; Baston-Vogt, S. 383 ff. Gegenüber diesem persönlichkeitsrechtlichen Schutz der sexuellen Selbstbestimmung hat der § 825 BGB keine eigenständige Bedeutung. Ihm kommt lediglich klarstellende Funktion zu (vgl. BT-Drucks. 14/7752, S. 26). 236 Vgl. dazu Larenz/Canaris, SchuldR II/2, § 80 II 6 d); Laufs/Reiling, NJW 1994, 775, 776; Baston-Vogt, S. 386 ff. m. w. Nachw.

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vor dem wirtschaftlichen Verwertungsbereich nicht halt238. Da die für die freie Persönlichkeitsentfaltung rechtlich anerkannte Selbstbestimmung grundsätzlich ohne Rücksicht auf die dahinter verborgenen konkreten Motive respektiert werden muß239 und somit in bezug auf die Unterscheidung ideeller und wirtschaftlicher Interessen eine völlig neutrale Position einnimmt240, ist sie durchaus imstande, als ein übergeordneter Grundgedanke die beiden Interessenstränge innerhalb des persönlichkeitsrechtlichen Rahmens nahtlos zusammenzuhalten. Insoweit kann man gewiß sagen, daß die in der persönlichkeitsrechtlichen Selbstbestimmung von vornherein mit einbegriffene wirtschaftliche Selbstbestimmung den Schlüssel zum Einzug der kommerziellen Interessen in den Schutzbereich des Persönlichkeitsrechts bietet. Allerdings ist in diesem Zusammenhang zu beachten, daß mit dieser Feststellung lediglich die grundsätzliche Offenheit des Persönlichkeitsrechts gegenüber wirtschaftlichen Interessen begründet wird, also nicht mehr und nicht weniger als seine potentielle wirtschaftliche Kapazität241. Es ist daher jedenfalls voreilig, aus jener untergründigen wirtschaftlichen Selbstbestimmung unmittelbar auf die positive vermögensrechtliche Zuweisung schließen zu wollen242. Eine solch simplifizierte Argumentation kann allzu leicht dahin mißdeutet werden, daß alle auf die faktisch vermarktbaren Persönlichkeitsgüter bezogenen Persönlichkeitsrechte einen vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt aufweisen, sofern die Rechtsordnung nicht hierin korrigierend eingreift243. Dabei bleibt doch ver237

Vgl. Magold, S. 466 f.; Götting, S. 137 f.; Seemann, S. 65, 157; Amelung, S. 183, 192; Büchler, AcP 206 (2006), 300, 317. 238 Vgl. Bächli, S. 156; Ullmann, AfP 1999, 209, 211: „Das Selbstbestimmungsrecht ist aber nicht nur ein Verbietungsrecht, sondern es kann auch ein Verwertungsrecht sein.“ 239 Vgl. BGH, Urt. v. 26. 6. 1979, NJW 1979, 2205, 2206 – Fußballtor: „Es gehört zum Wesen der Selbstbestimmung, auch in der Wahl der Beweggründe für die Entscheidung frei zu sein.“ 240 Vgl. Magold, S. 466 f.; Büchler, AcP 206 (2006), 300, 317: „die neutrale, weder ideell noch wirtschaftlich konnotierte Selbstbestimmung“. 241 Ähnlich Seemann, S. 157; auch Götting, S. 140. 242 So aber Magold, S. 467 ff.; Amelung, S. 183; Helle, JZ 2007, 444, 449; BGH, Urt. v. 8. 5. 1956, BGHZ 20, 345, 350 f., 353, 355 – Paul Dahlke; BGH, Urt. v. 26. 6. 1979, NJW 1979, 2205, 2206 – Fußballtor; BGH, Urt. v. 26. 6. 1981, BGHZ 81, 75, 79 ff. – Carrera; BGH, Urt. v. 14. 4. 1992, NJW 1992, 2084, 2085 – Joachim Fuchsberger; BGH, Urt. v. 1. 12. 1999, BGHZ 143, 214, 219 f. – Marlene Dietrich; auch OLG München, Urt. v. 27. 6. 2003, AfP 2003, 363, 364 f. – Dummy-Werbung mit Boris Becker. 243 In diese Richtung deutet eine vordrängende Literaturauffassung, die bei der Anerkennung des vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalts des einzelnen Persönlichkeitsrechts primär auf die marktfähige Verwertungsmöglichkeit der betroffenen Persönlichkeitsgüter abstellt und sich dadurch bemüht, den Kreis der mit der vermögensrechtlichen Befugnis ausgestatteten Persönlichkeitsrechte erheblich auszudehnen (vgl. Schlechtriem, FS f. Hefermehl, S. 445, 452 ff.; Esser/Weyers, SchuldR II/2, § 50 I 1 e); Vollkommer, FS f. Leisner, S. 599, 605; Peukert, ZUM 2000, 710, 719 f.; Siemes,

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kannt, daß es sich bei der vermögensrechtlichen Güterzuordnung um eine ganz spezifisch rechtliche Wertungsfrage handelt244, was sich an der normlogischen Unterscheidung von Aktions- und Vermögensberechtigung als zwei nebeneinander bestehenden Ordnungsstrukturen des subjektiven Rechts245 besonders deutlich erkennen läßt. Mit der Verleihung der Aktionsberechtigung, worunter eine Berechtigung zur ausschließlichen Vornahme von Handlungen in einem bestimmten Sachverhaltsbereich zu verstehen ist, geht demnach nicht automatisch die Einräumung der Vermögensberechtigung einher, die eine Berechtigung zur ausschließlichen Inanspruchnahme von aus dem betroffenen Sachverhaltsbereich stammenden vermögenswerten Vorteilen bedeutet246. Zwar vermag das „Handelndürfen“ das „Behaltendürfen“ zu bedingen247, jedoch nicht endgültig zu legitimieren. Letztere Berechtigung soll also gesondert mit eigener Begründung konzediert werden248, was aber anders als eine früher aufgestellte Behauptung249 nicht eine ausdrückliche gesetzliche Regelung zwangsläufig voraussetzt250. AcP 201 (2001), 202, 219 ff.). Hiervon weicht auch die Ansicht i. E. kaum ab, die ebenfalls von der marktbezogenen Kommerzialisierbarkeit der betroffenen Persönlichkeitsdetails ausgeht, aber letztlich die Maßgeblichkeit der rechtlichen Wertungen eher formelhaft betont (vgl. Reuter/Martinek, § 7 III, S. 258 ff., § 7 IV, S. 266 ff.; MüKo/ Lieb, 4. Aufl., § 812 Rn. 250, 263). 244 Vgl. Larenz/Canaris, SchuldR II/2, § 69 I 1 d), 2 a); Ellger, S. 402, 406 f.; auch Beverley-Smith, S. 279: „Property, a creation of law, does not arise from value, although exchangeable as a matter of fact. Many exchangeable values may be destroyed intentionally without compensation. . . . Indeed, there is no necessary correlation between value and property; there can be both valueless property and propertyless value.“ 245 Vgl. grundlegend zu dieser Unterscheidung J. Schmidt, S. 53 ff. 246 Vgl. J. Schmidt, S. 67 f.: „Aus der bisherigen Darstellung ergibt sich, daß die Sachverhalte aller Vermögensberechtigungen auch durch Aktionsberechtigungen geregelt sind, aber nur die Sachverhalte einiger Aktionsberechtigungen durch Vermögensberechtigungen.“ 247 Vgl. dazu Ellger, S. 421, 427: „. . . liegt es auf der Hand, daß der Wert einer Vermögensberechtigung ganz erheblich davon abhängt, welchen Umfang die der Vermögensberechtigung korrelierte Aktionsberechtigung aufweist.“ 248 Ähnlich ging auch der BGH vor, als er in der sog. Franz-Beckenbauer-Entscheidung wie folgt ausführte: „Zwar sind wirtschaftliche Interessen des Betroffenen für die Beurteilung von Inhalt und Reichweite seines Persönlichkeitsschutzes, bei dem es auch hier geht, nicht unbeachtlich. Sie können insbesondere ins Gewicht fallen, wenn der Zugriff auf seine Person Ausschließlichkeitsbefugnisse begründet hat, so daß er in der eigenen Teilnahme am wirtschaftlichen Wettbewerb beschränkt werden kann. Hierfür sind jedoch keine Anhaltspunkte hervorgetreten. Im Streitfall kann es sich nur darum handeln, ob dem Bekl. auf diesem Weg eine Vergütung für die Veröffentlichung seines Bildnisses gesichert werden muß. Solche Verwertungsbefugnisse gewährt ihm das Gesetz nicht.“ (BGH, Urt. v. 6. 2. 1979, NJW 1979, 2203, 2204 f.). Dieser zumindest im Ansatz richtige Gedankengang ist aber in den nachfolgenden Entscheidungen unbeachtet geblieben und konnte daher nicht weiter entwickelt werden. 249 Vgl. Hubmann, S. 134 f., der aufgrund des in Art. 14 Abs. 1, S. 2 GG normierten Gesetzesvorbehalts die vermögensrechtliche Güterzuweisung allein von der gesetz-

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Insoweit es sich um die vermögensrechtliche Zuweisung menschlicher Identitätsmerkmale handelt, wurde bereits oben in § 4 gründlich erörtert, mit welchen Erwägungen sich diese Monopolisierung rechtfertigt. Dabei wurden letztlich zwei maßgebende Gesichtspunkte herausgearbeitet, die auch zur Beantwortung der im vorliegenden Kontext relevanten Frage, welchen Persönlichkeitsrechten eine entsprechende exklusive Zuordnung der wirtschaftlichen Vorteile innewohnt251, aufschlußreich sein können: „Eigentum an sich selbst“ und „Internalisierung der externen Effekte“ 252. Zunächst auf dem ersteren naturrechtlichen Selbsteigentumsgedanken aufbauend kann man ein Kriterium für die Zuerkennung der Vermögensberechtigung darin suchen, daß zwischen dem Berechtigten und dem betroffenen Persönlichkeitsgut eine eigentumsähnliche Herrschaftsbeziehung besteht253. Vergegenwärtigt man sich, daß körperliche oder unkörperliche Gegenstände in der Außenwelt gewöhnlich mittels der überkommenen Herrschaftsrechte254 einem Subjekt zum alleinigen Haben und Nutzen zugewiesen werden255, erscheint es nicht so verwunderlich, daß auch für die vermögensrechtliche Zuweisung der Persönlichkeitsgüter eine entsprechende herrschaftsrechtliche Beziehung vorausgesetzt wird. Wenngleich die anfängliche Bezeichnung des Persönlichkeitsrechts als „Recht an der eigenen Person“ 256 und die dadurch suggerierte allgemeine Charakterisierung des Persönlichkeitsrechts als ein an die ganze Persönlichkeit angeknüpftes Herrschaftsrecht unter anderem wegen der problematischen Ineinssetzung von Subjekt und Objekt nicht mehr haltbar sind257, wäre es doch wiederum mißverständlich, wenn man die herrgeberischen Entscheidung abhängig machen will; ähnlich auch die in der vorigen Fußnote genannte Entscheidung des BGH: „Ob und inwieweit die wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen seit Schaffung des Kunsturhebergesetzes im Jahre 1907 Anlaß geben, dem Abgebildeten Leistungsschutzrechte zuzubilligen, muß der Gesetzgeber entscheiden.“ (BGH, Urt. v. 6. 2. 1979, NJW 1979, 2203, 2205). 250 Das Gesetz im Sinne des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG umfaßt „jede Rechtsnorm“ (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10. 7. 1958, BVerfGE 8, 71, 79; BVerfG, Beschl. v. 16. 6. 1959, BVerfGE 9, 338, 343), wozu freilich Gewohnheitsrecht und richterliche Rechtsfortbildung gehören (so auch Forkel, FS f. Neumayer, S. 229, 242; Götting, S. 140; Kläver, ZUM 2002, 205, 207; Ahrens, S. 94; Lichtenstein, S. 92, 96 f.). 251 Vgl. zum Überblick über das breite Meinungsspektrum bezüglich dieser im Detail sehr umstrittenen Frage Siemes, AcP 201 (2001), 202, 216 ff.; auch Ellger, S. 742 ff. Die großen Meinungsunterschiede spiegeln einen noch nicht konsolidierten dogmatischen Zustand dieses durch das Richterrecht entwickelten Bereichs wider. 252 Siehe dazu oben § 4 III. 253 Siehe auch Seemann, S. 159 und Lichtenstein, S. 110, die in diesem Zusammenhang von der „Identitätsherrschaft“ sprechen. 254 Hierzu zählen vor allem Eigentum und Immaterialgüterrecht. 255 Vgl. v. Tuhr, AT, S. 61 f.; Raiser, JZ 1961, 465, 467; Beuthien/Schmölz, S. 19 f. 256 v. Gierke, S. 702. 257 Vgl. zur Entwicklung des allgemeinen Begriffs des Persönlichkeitsrechts vom „Recht an der eigenen Person“ zum „Recht auf die Anerkennung der eigenen Individualität“ Hubmann, S. 137 f.; Staudinger/Weick, 2004, Vorbem. zu § 1 Rn. 19 f.; Westermann, FamRZ 1969, 561, 565; auch Bork, AT, Rn. 230, der ausspricht, daß das

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schaftsrechtlichen Implikationen undifferenziert aus allen persönlichkeitsrechtlichen Beziehungen vollständig tilgen wollte. Es gibt in der Tat mehrere einzelne Persönlichkeitssegmente, deren Beziehung zur Person in der Denkform des Habens und Nutzens angemessen zu erfassen ist und mithin durchaus eine Parallele zur herrschaftsrechtlichen Bindung zeigt258. Indiziert wird ein solches herrschaftsrechtliches Moment besonders durch den Umstand, daß die betroffenen Teilaspekte der Persönlichkeit sowohl eine ausreichende Bestimmtheit259 und zweifelsfreie Zugehörigkeit zum Berechtigten260 aufweisen als auch über eine äußere Verkörperung261 verfügen, auf die sich die Herrschaftsmacht dergestalt unmittelbar beziehen kann, daß der eigentlich durch das Herrschaftsrecht bestimmte Ausdruck „Recht an“ ohne weiteres in der Form des Rechts an diesem äußeren Gefäß der Persönlichkeit verwendet werden darf. An dieses innere Herrschaftsverhältnis anschließend stellt ein anderes von dem letzteren rechtsökonomischen Gesichtspunkt herzuleitendes Kriterium eher auf die äußere Beziehung der Persönlichkeitsgüter zu Dritten ab: Faktische Zueignungsmöglichkeit262. Angenommen, daß die Verschaffung der rechtlichen Güterzuordnung von der wirtschaftspolitischen Warte aus in erster Linie dazu dient, die marktbezogene Internalisierung der Externalitäten zu ermöglichen und hierdurch die Persönlichkeitsrecht nicht als ein Recht an der Persönlichkeit, sondern als ein dem Persönlichkeitsschutz dienendes Bündel von verschiedenen Rechten gegenüber Dritten anzusehen sei. 258 Vgl. i. E. ähnlich Larenz/Wolf, AT, § 20, Rn. 87; Freitag, S. 39 f.; auch Büchler, AcP 206 (2006), 300, 308: „strukturelle Nähe zum Eigentum“; Peifer, S. 144 ff., 148 f., der in einem anderen Kontext zwischen Persönlichkeitsgütern und Persönlichkeitsinteressen unterscheidet (siehe unten § 5 Fn. 262) und für die ersteren eine natürlich verliehene faktische Herrschaftsbeziehung annimmt. 259 Vgl. i. E. ähnlich Freitag, S. 69 f.; Seemann, S. 158. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, daß das allgemeine Persönlichkeitsrecht als solches, d.h. dieses Recht in abstracto und in seiner generalklauselartigen Weite, daher keinen vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt aufzuweisen vermag (so auch z. B. Forkel, FS f. Neumayer, S. 229, 241 f.; Reuter/Martinek, § 7 IV 2 a), S. 267 f.; Taupitz, in: Rufausbeutung, S. 1, 39; Ahrens, S. 148 f.; Schubert, AfP 2007, 20, 23; a. A. wohl Brehmer/Voegeli, JA 1978, 374, 348). 260 Vgl. dazu näher Lichtenstein, S. 161 ff. 261 Gemeint sind damit die äußeren Erscheinungsformen der Persönlichkeit wie Körper, Erscheinungsbild, Namen, Stimme, Wort usw., die die verschiedenen oberflächlichen Facetten der tieferen einheitlichen Persönlichkeit ausmachen und im Gegensatz zu dieser eine gewisse Verdichtung erfahren haben. 262 Vgl. Schlechtriem, FS f. Hefermehl, S. 445, 449; Büchler, AcP 206 (2006), 300, 308 f., die in diesem Zusammenhang von der „Zugriffsoffenheit“ spricht; auch Peifer, S. 145 f., der die faktische Zueignungsmöglichkeit durch Dritte als die wesentliche Eigenschaft der sich von den Persönlichkeitsinteressen unterscheidenden Persönlichkeitsgüter hervorhebt. Zu beachten ist aber, daß diese Unterscheidung bei ihm nicht im Rahmen einer Anerkennung der vermögensrechtlichen Zuweisung stattfindet, sondern im Kontext der Qualifizierung des Persönlichkeitsrechts als ein subjektives Recht, die seiner Meinung nach lediglich in bezug auf die Persönlichkeitsgüter in Betracht kommt.

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Allokationseffizienz zu verbessern263, ergibt sich daraus notwendigerweise, daß die vermögensrechtliche Zuweisung der Persönlichkeitsgüter zunächst dort dringend benötigt wird, wo die durch das Persönlichkeitsrecht anerkannte Abwehrbefugnis allein nicht genug effektiv die vorhandenen Externalitäten bewältigen kann. Eine solche Unzulänglichkeit des bloßen Ausschlußrechts tritt immer dann deutlich zutage, wenn die betroffenen Persönlichkeitsdetails infolge der technischen Fortschritte auf äußere Gegenstände fixierbar sind und in dieser von der körperlichen Existenz ihrer Trägerperson unabhängig wahrnehmbaren Form wehrlos einer beliebigen Aneignung und Verwertung durch Dritte unterworfen sind264. In diesem Fall könnten sich die Dritten im Interesse der Nutzenmaximierung ungehemmt über die persönlichkeitsrechtliche Ausschließlichkeitsgrenze hinwegsetzen, soweit sich dies wirtschaftlich lohnt. Um einen solchen schnöden wirtschaftlichen Anreiz im Keim zu ersticken, bedarf es einer vermögensrechtlichen Zuweisung der Persönlichkeitsgüter zugunsten ihres Trägers, wodurch rechtlich festgelegt wird, daß nur diesem alle aus ihrer Verwertung gezogenen wirtschaftlichen Nutzen gebühren und daher der Verletzer ihm den eigenmächtig erzielten Gewinn herauszugeben hat. Auf die Frage, welche konkreten Persönlichkeitsrechte wirklich diese beiden Kriterien, also innere Herrschaftsmacht und äußere Zueignungsmöglichkeit, erfüllen, ist hier nicht näher einzugehen. Im vorliegenden Rahmen genügt es nur, darauf hinzuweisen, daß die Liste jener Persönlichkeitsrechte in keiner Weise so lang sein kann, wie sie im Schrifttum gewöhnlich aufgestellt wird265. Eine ge263

Siehe oben § 4 III. 2. a) bb). Vgl. diesbezüglich Forkel, FS f. Neumayer, S. 229, 242: „Objektivierungen“; ders., GRUR 1988, 491, 498: „Vergegenständlichungen“; Lichtenstein, S. 160 f.: „Objektivierbarkeit“; Schubert, AfP 2007, 20, 24: „Vergegenständlichung oder doch Eignung zur Fixierung“; auch wohl Larenz/Wolf, AT, § 20 Rn. 87, die in ähnlicher Weise von den vergegenständlichten Teilinhalten der Persönlichkeit ausgehen. Allerdings ist eine in einer derartigen Fixierung und Objektivierung implizierte gewisse Separierung der Persönlichkeitsäußerungen von der leiblichen Existenz der Person keineswegs mit einer totalen Ablösung von der Person an sich zu verwechseln, die erst bei der Entpersönlichung der Immaterialgüter [siehe hierzu oben § 5 II. 1. a) bb)] stattfindet (vgl. aber Schubert, AfP 2007, 20, 24, die offensichtlich einer solchen Verwechselung anheimfällt). 265 Z. B. v. Caemmerer, FS f. v. Hippel, S. 27, 39 f.: Das Recht am eigenen Bild, am Namen, am gesprochenen Wort sowie an vertraulichen Briefen und privaten Aufzeichnungen; Kleinheyer, JZ 1970, 471, 476 f.: Das Recht am eigenen Bild, am Namen, an der Information aus der Intimsphäre und sogar am Ansehen; Schlechtriem, FS f. Hefermehl, S. 445, 452 f., 464 Fn. 97: Das Recht am eigenen Bild, am eigenen Namen, am Familienwappen, an der schriftlichen privaten Aufzeichnungen wie Tagebuchnotizen, am gesprochenen Wort und an der Krankengeschichte und auch das Recht am Ansehen; Forkel, GRUR 1988, 491, 498: Das Recht am eigenen Bild, am Namen, am gesprochenen Wort und an persönlichen Daten; Reuter/Martinek; § 7 IV 2 a), S. 268: Das Recht am eigenen Bild, am Namen, am gesprochenen Wort sowie an privaten Briefen und Tagebüchern; MüKo/Lieb, 4. Aufl., § 812 Rn. 262: Das Recht am eigenen Bild, am Namen, am gesprochenen Wort sowie an vertraulichen Briefen und privaten 264

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wisse Übertreibung könnte zwar im Zuge des engagierten Protests gegen eine Zementierung der einseitig ideellen Betrachtung des Persönlichkeitsrechts auftreten und zu demonstrativen Zwecken für kurze Zeit toleriert werden. Entgegenzutreten ist jedoch dem nachhaltigen Versuch, möglichst viele der Persönlichkeitsrechte zu materialisieren. Da es sich hierbei um die normative Etikettierung der mit der Person noch verbunden bleibenden Persönlichkeitsgüter als Vermögensgüter handelt, ist freilich große Vorsicht geboten. Legt man demgemäß die oben vertretenen strengen Maßstäbe an, scheiden schon das Recht auf Ehre oder Ansehen aus, die als gesellschaftliche Reaktion auf Verhalten einer Person wesentlich vom Urteil ihrer Mitmenschen abhängen und daher nicht im individuellen Herrschaftsbereich liegen266. Äußerst fragwürdig ist ferner, ob Informationen aus dem Privatleben, d. h. sog. Lebensdaten bzw. Lebensgeschichten, vermögensrechtlich zugewiesen werden können. Denn das innere Herrschaftsverhältnis mit der erforderlichen zweifelsfreien Zugehörigkeit ist auch hier schwer begründbar. Man führt und lebt sein eigenes Leben, beherrscht es aber nicht267. Ferner überschneidet sich das Leben einer Person, das zum größten Teil aus komplexen zwischenmenschlichen Wechselbeziehungen besteht, notwendigerweise mit dem Leben anderer Personen und kann daher nicht jener Person allein vollständig zugeordnet werden268. Selbst wenn man mit Unterstützung des räumlichen Privatsphärenschutzes oder des darüber hinausgehenden Diskretionsschutzes eine tatsächliche Möglichkeit besitzt, für die Gewährung eines Einblicks in sein Privatleben ein Entgelt zu verlangen269, ist aus dieser faktischen Möglichkeit der Eigenkommerzialisierung nicht auf die rechtliche Zuerkennung des vermögensrechtlichen Gehalts zu schließen270. Aller Zweifel Aufzeichnungen etc.; im Vergleich zu diesen Ansichten zu Recht zurückhaltend Lichtenstein, S. 111 ff. 266 Ähnlich i. E. Helle, RabelsZ 60 (1996), 448, 466 Fn. 95; Beuthien/Schmölz, S. 35; Peifer, S. 211; Taupitz, in: Rufausbeutung, S. 1, 39 f.; Amelung, S. 191; Ahrens, S. 102; Lichtenstein, S. 103 f.; a. A. Kleinheyer, JZ 1970, 471, 476 f.; Schlechtriem, FS f. Hefermehl, S. 445, 464 Fn. 97; Siemes, AcP 201 (2001), 202, 220, 224. 267 Wenn die Lebensgeschichte etwa in Autobiographien, Verbrechermemoiren, Tagebuchern usw. kommerzialisiert wird, dann kann unter Umständen ein Urheberrecht entstehen, wobei allerdings nicht verkannt bleiben sollte, daß sich dieses Herrschaftsrecht nicht auf die Lebensgeschichte an sich bezieht, sondern auf die konkrete Darstellungsform. 268 Z. B. soll Monica Lewinsky, die ehemalige Geliebte des US-Präsidenten Clinton, für ein Interview mit dem britischen Fernsehsender Channel 4 umgerechnet etwa 0,55 Millionen Euro erhalten haben (vgl. Hoppe, ZEuP 2005, 656, 672 Fn. 98). Fraglich ist aber, ob die dabei erzählte sensationelle Liebesgeschichte ihr allein gehört und ob der Ertrag somit ihr allein gebührt. Kann zumindest Clinton nicht einen Anteil daran fordern? 269 Siehe näher dazu oben § 2 I. 1. c). 270 Ähnlich i. E. Eickmeier/Eickmeier, ZUM 1998, 1, 2; Schertz, ZUM 1998, 757, 765; Götting, S. 233; wohl auch Ellger, S. 784; a. A. außer den oben in Fn. 265 erwähnten Autoren Prantl, AfP 1984, 17, 22; Vollkommer, FS f. Leisner, S. 599, 605 f.; Neben, S. 392; Moosmann, S. 203 f.; sehr zurückhaltend aber i. E. Lichtenstein, S. 139 ff.

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enthoben bleiben allenfalls nur die Rechte an einigen traditionellen Identitätsmerkmalen wie Bildnis, Namen, Stimme usw., die auch tatsächlich am meisten und am häufigsten kommerzialisiert werden271. 2. Gründe für die Favorisierung des monistischen Ansatzes Die Erkenntnis, daß einige Persönlichkeitsrechte nicht nur eine ideelle, sondern auch eine vermögensrechtliche Berechtigung in sich tragen, führt unausweichlich zur nächsten Frage, nämlich in welchem Verhältnis diese beiden Komponenten zueinander stehen. Es wurde bereits erwähnt, daß im Hinblick auf diese Strukturierungsfrage sich inzwischen zwei gegensätzliche Standpunkte herausgebildet haben: Monismus und Dualismus. Dabei geht die monistische Auffassung von einer untrennbaren Verbundenheit der beiden Befugnisse aus, während die dualistische Auffassung deren exakte Trennbarkeit annimmt. Jene janusköpfigen Persönlichkeitsrechte werden demgemäß aus dem monistischen Blickwinkel jeweils als ein einheitliches Mischrecht aufgefaßt, das gerade durch die komplexe Gemengelage der beiden Befugnisse gekennzeichnet wird, wohin271 Vgl. zum Recht am eigenen Bild: z. B. BGH, Urt. v. 8. 5. 1956, BGHZ 20, 345, 353 – Paul Dahlke; BGH, Urt. v. 26. 6. 1979, NJW 1979, 2205, 2206 – Fußballtor; BGH, Urt. v. 14. 4. 1992, NJW 1992, 2084, 2085 – Joachim Fuchsberger; OLG München, Urt. v. 9. 3. 1995, NJW-RR 1996, 539, 540 – Telefon-Sex-Foto; BGH, Urt. v. 1. 12. 1999, BGHZ 143, 214, 217 – Marlene Dietrich; BGH, Urt. v. 1. 12. 1999, NJW 2000, 2201, 2201 – Der blaue Engel [bestätigend BVerfG, Beschl. v. 22. 8. 2006, NJW 2006, 3409, 3410 – Marlene Dietrich; sehr zweifelhaft ist jedoch, ob hier wirklich das Erscheinungsbild von Marlene Dietrich genutzt wurde. Im konkreten Fall ging es um eine Werbeanzeige, die eine weithin bekannte Filmszene aus dem Film „Der blaue Engel“ nachstellt, in der Marlene Dietrich als Barsängerin auf einem Hocker in aufreizender Pose sitzend das Lied „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ singt. Das tatsächlich in der Nachahmung dieser Rolle gezeigte Mädchen unterschied sich aber in ihren Gesichtszügen deutlich von Marlene Dietrich. Es fehlte also an einer täuschenden Ähnlichkeit. Vergegenwärtigt man sich, daß für die Anerkennung der vermögensrechtlichen Zuweisung immerhin eine eigentumsähnliche Herrschaftsbeziehung mit zweifelsfreier Zugehörigkeit erforderlich ist, wäre in diesem Fall allerdings nicht ohne weiteres eine Verletzung des vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalts des Persönlichkeitsrechts von Marlene Dietrich festzustellen. Denn es wurde hier nicht die Person Marlene Dietrich an sich, sondern lediglich eine Pose oder Rolle einer Filmhauptfigur verwertet, welche nicht Marlene Dietrich individuell zuzuweisen ist. Die Rechtsprechung ließ diese Spezifität des vorliegenden Sachverhalts außer acht und schlug somit unbewußt einen Weg zum bedenklichen Rollen- und Posenschutz ein (ähnlich Peifer, S. 160 Fn. 135; a. A. Forkel, LM § 823 (Ah) BGB, Nr. 132; Jacobs, WRP 2000, 896, 898 f.; Götting, NJW 2001, 585, 586; Lichtenstein, S. 129 f.)]; BGH, Urt. v. 26. 10. 2006, WRP 2007, 83, 85 – Oskar Lafontaine; zum Namensrecht: etwa BGH, Urt. v. 26. 6. 1981, BGHZ 81, 75, 78 f. – Carrera; BGH, Urt. v. 1. 12. 1999, BGHZ 143, 214, 217 – Marlene Dietrich; LG München I, Urt. v. 21. 6. 2001, AfP 2001, 420, 422; OLG Hamburg, Urt. v. 15. 5. 2007, AfP 2007, 371, 372; auch wohl BGH, Urt. v. 5. 10. 2006, NJW 2007, 684, 685 – kinski-klaus.de; zum Recht an der eigenen Stimme: OLG Hamburg, Beschl. v. 8. 5. 1989, NJW 1990, 1995, 1995 f. – Heinz Erhardt.

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gegen sie unter dem dualistischen Gesichtspunkt jeweils als ein Doppelrecht betrachtet werden, in dem zwei im Grunde verschiedenartige und daher verschieden zu regelnde Teilrechte beziehungslos nebeneinander stehen. Auf dieser kurzen Besinnung auf die Grundkonzeption der beiden nach wie vor konkurrierenden Denkansätze aufbauend wird im folgenden versucht, die schon angedeutete Befürwortung der monistischen Auffassung überzeugend zu untermauern. a) Monistische Tradition im deutschen Recht Die Frage nach dem Verhältnis von ideellen und materiellen Komponenten, welche innerhalb eines Rechts kohabitieren, ist nicht nur im Hinblick auf die mit der Vermögensberechtigung ausgestatteten Persönlichkeitsrechte eingeschränkt von Bedeutung. Sie betrifft darüber hinaus die meisten Immaterialgüterrechte, die mehr oder weniger aus einem solchen Kompositum bestehen272. Besonders deutlich zeigt das Urheberrecht, das sich auf das vom Urheber individuell geprägte Geisteswerk bezieht, die beiden Charakterzüge zugleich auf, so daß es einst als Hauptkampfgebiet der gegensätzlichen monistischen und dualistischen Theorien galt. Anders als in Frankreich und der Schweiz ist die herrschende Meinung in Deutschland dabei für die monistische Betrachtung eingetreten273, der schließlich auch der Gesetzgeber gefolgt ist274. Das deutsche Urheberrecht ist demnach ein einheitliches Mischrecht, das sich nicht wiederum in ein reines Ideellrecht einerseits und ein reines Vermögensrecht andererseits unterteilen läßt. Selbst wenn man im Urheberrecht gebräuchlich zwischen dem Urheberpersönlichkeitsrecht, das vorwiegend ideelle Interessen des Urhebers be272 Die Immaterialgüterrechte, deren vermögensrechtlicher Qualifizierung in Ansicht der endgültigen Verselbständigung der Immaterialgüter gegenüber der Person des Berechtigten nichts im Wege steht, weisen meistens zugleich eine ideelle Prägung auf, die gemeinhin als persönlichkeitsrechtliche Seite der Immaterialgüterrechte verstanden wird, auch wenn ihr Gewichtsanteil je nach der individuell-geistigen Eigenschaft der einzelnen Immaterialgüter variiert: Z. B. Urheberpersönlichkeitsrecht, Erfinderpersönlichkeitsrecht, persönlichkeitsrechtlicher Einschlag beim Firmen- sowie Markenrecht (vgl. dazu Windisch, GRUR 1993, 352, 353 ff.; Forkel, in: Raum und Recht, S. 579, 593; Ulmer, S. 19 f., 114 ff.; siehe aber zur dogmatischen Ungenauigkeit der gängigen Bezeichnung der ideellen Komponente der Immaterialgüterrechte als Persönlichkeitsrecht oben § 5 Fn. 86). 273 Vgl. dazu näher Ulmer, S. 112 f.; Rehbinder, Rn. 30 f. 274 Die Etablierung der monistischen Ansicht in Deutschland erfolgte mit der Urheberrechtsreform 1965. Schon in der Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte hieß es zu § 11 UrhG ausdrücklich: „Beide Seiten des Urheberrechts – das Persönlichkeitsrecht und das Vermögensrecht (Verwertungsrechte) – bilden eine untrennbare Einheit und sind vielfältig miteinander verflochten.“ (BT-Drucks. 4/270, S. 43). Dementsprechend wurde durch § 11 UrhG ein einheitliches Recht konstruiert, das ohne Differenzierung zwischen den Verwertungsrechten und dem Urheberpersönlichkeitsrecht im ganzen nicht übertragbar (§ 29 Abs. 1 UrhG), aber vererblich (§ 28 Abs. 1) ist.

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züglich seines Geistwerks schützt, und den Verwertungsrechten, die sich hauptsächlich mit der wirtschaftlichen Nutzung des Werks befassen, zu unterscheiden pflegt275, signalisiert diese schwerpunktmäßige Gruppierung keinesfalls die dualistische Zertrennung der im Urheberrecht angesiedelten Befugnisse. Sie verdeutlicht lediglich den doppelspurigen Charakter des Urheberrechts, ohne im gleichen Atemzug auf seine schizophrene Spaltung hinzuweisen. Aus einer genaueren Betrachtung ergibt sich immerhin, daß die einer Gruppe angehörenden Befugnisse sehr wohl auch für die Wahrung der vornehmlich durch die andere Gruppe wahrgenommenen Interessen eingesetzt werden können276. Die urheberpersönlichkeitsrechtlichen und die verwertungsrechtlichen Befugnisse vermögen also unabhängig von ihrer jeweiligen Etikettierung gemeinsam in jedem Interessenbereich von Nutzen zu sein. Sie sind im Grunde innerlich miteinander verwoben, wie Ulmer durch seinen bekannten Baum-Vergleich anschaulich darstellt: „Die beiden Interessengruppen erscheinen, wie bei einem Baum, als die Wurzeln des Urheberrechts, und dieses selbst als der einheitliche Stamm. Die urheberrechtlichen Befugnisse aber sind den Ästen und Zweigen vergleichbar, die aus dem Stamm erwachsen. Sie ziehen die Kraft bald aus beiden, bald ganz oder vorwiegend aus einer der Wurzeln.“ 277 Es ist daher angebracht, alle aus dem Urheberrecht fließenden Befugnisse ohne Störung derartiger Zusammengehörigkeit einer einheitlichen Regelung zu unterwerfen, sei es hinsichtlich der Übertragung oder Vererbung, sei es hinsichtlich der Befristung. Diese monistische Sicht wird nicht nur der Realität der dem Urheberrecht zugrundeliegenden Gemengelage der ideellen und wirtschaftlichen Interessen gerecht, sondern erweist sich auch insoweit als zweckmäßig, als sie alle Komponenten des Urheberrechts gleichzeitig in den Lösungsweg einführt und diese je nach vorliegendem Sachverhalt aufeinander abstimmt, um den denkbar effektivsten Schutz zu gewähren278. Wird die monistische Gestaltung der Immaterialgüterrechte demgemäß mit der tiefgründigen Verflechtung von ideellen und materiellen Interessen begründet, muß diese Argumentation erst recht für das vermögensrechtliche Persönlichkeitsrecht gelten, weil hier eine solche Verflochtenheit in viel stärkerem Maße auftritt279. Die Kommerzialisierung der Persönlichkeitsgüter, die mit der Person gedanklich untrennbar verbundenen bleiben und mithin im allgemeinen als Prototyp der ideellen Güter betrachtet werden, führt notwendigerweise eine Verknüpfung der den Persönlichkeitsgütern immanenten ideellen Interessen mit wirtschaftlichen Interessen herbei280. Es ist gerade eine Besonderheit der Per275 276 277 278 279 280

Siehe hierzu nur §§ 12 ff., 15 ff. UrhG. Vgl. Ulmer, S. 4, 114 f.; Bydlinski, System und Prinzipien, S. 527. Ulmer, S. 116 (Hervorhebung vom Verfasser). Vgl. Windisch, GRUR 1993, 352, 353, 354. So auch Schubert, AfP 2007, 20, 24. Ähnlich Lichtenstein, S. 230; Büchler, AcP 206 (2006), 300, 324 f.

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sönlichkeitsgüter, daß, versetzt man sie in einen kommerziellen Kontext281, immer beide Interessen zusammen ins Spiel kommen, ohne sich dabei exakt voneinander trennen zu lassen282. Die Bedeutung der Vermarktung eigener Identitätsmerkmale kann sich nicht bloß im Geldverdienen erschöpfen. Die Eigenkommerzialisierung stellt vielmehr eine wichtige Entfaltungsform der Persönlichkeit an sich dar. In der unautorisierten Vermarktung fremder Identitäts281 Wann überhaupt eine kommerzielle Nutzung der Persönlichkeitsgüter, also ein Beanspruchen ihres wirtschaftlichen Werts, vorliegt, ist indes eine schwierige Frage (vgl. zum Begriff der Kommerzialisierung im allgemeinen Taupitz, in: Rechtliche Regulierung, S. 51, 52; zu den „uses for purposes of trade“ als Voraussetzung für die Verletzung des right of publicity in den USA §§ 46–47 Restatement (3d) of Unfair Competition (1995); Goodenough, [1997] I.P.Q.: No. 1, S. 37, 56). Während ein primär kommerzieller Zweck in der Werbung und im Merchandising ohne weiteres anzunehmen ist (vgl. Magold, S. 189 f., 197; Götting, S. 225 ff.), ist das bei medialer Berichterstattung sowie bei künstlerischem Schaffen in der Regel nicht der Fall, selbst wenn im heutigen Kapitalismus auch diesen beiden Betätigungen immer ein kommerzieller Antrieb zugrunde liegt (vgl. Lichtenstein, S. 173 f.). Einen Grenzfall bildet der sog. Regenbogenjournalismus, der sich hauptsächlich mit der schriftlichen und bildlichen Berichterstattung über das private bzw. intime Leben von Prominenten beschäftigt. Hier wird offensichtlich die Berühmtheit der Person, über die berichtet wird, für den Absatz der Zeitung oder Zeitschrift ausgenutzt. Trotzdem ist es angesichts der öffentlichen Rolle der Massenmedien mit ihrer Informationsfunktion nicht angebracht, die Verwendung der Identitätsmerkmale von Prominenten in den Unterhaltungsmedien einseitig als Kommerzialisierung zu qualifizieren (a. A. Kleinheyer, JZ 1970, 471, 476 f.; Hoppe, ZEuP 2000, 29, 34, 38; Siemes, AcP 201 (2001), 223, 225). Solange eine solche Verwendung in einem unmittelbaren Bezug zum Inhalt der Medienveröffentlichung steht, die ihrerseits wiederum der Wahrheit entsprechen muß, ist der kommerzielle Charakter der Verwendung unwesentlich. In diesem Fall kann daher nur die ideelle Beeinträchtigung in Betracht kommen, wenn die Grenze des Erlaubten überschritten wird. Die Vermarktung, die neben der ideellen aber auch die wirtschaftliche Beeinträchtigung verursacht, ist hingegen erst dann anzunehmen, wenn die redaktionelle Verwendung der Identitätsmerkmale entweder ohne irgendeinen Zusammenhang mit dem im Artikel behandelten Thema erfolgt (vgl. OLG München, Urt. v. 9. 3. 1995, NJW-RR 1996, 539, 539 f., 541 – Telefon-Sex-Foto; auch Götting, S. 228 f.) oder im Rahmen einer vorsätzlichen Verbreitung falscher Tatsachen stattfindet (vgl. Magold, S. 195; Ehmann, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof, S. 613, 645; Lichtenstein, S. 171 f.; Goodenough, [1997] I.P.Q.: No. 1, S. 37, 63; es war daher in dem Fall des frei erfundenen Interviews mit Caroline von Monaco ohnehin eine kommerzielle Ausnutzung anzuerkennen, die einen Bereicherungsanspruch begründen konnte; so auch Seitz, NJW 1996, 2848, 2850; Canaris, FS f. Deutsch, S. 85, 88 f.; Wagner, ZEuP 2000, 200, 221; Amelung, S. 321 ff.; anders aber BGH, Urt. v. 15. 11. 1994, NJW 1995, 861 ff. – Caroline von Monaco I; Steffen, NJW 1997, 10, 13; Gounalakis, AfP 1998, 10, 18 f.; Peukert, ZUM 2000, 710, 720). Zu erwähnen ist ferner in diesem Zusammenhang, daß man die hier erörterte Frage, wann eine kommerzielle Nutzung der Identitätsmerkmale vorliegt, nicht mit der Frage der konkreten Interessenabwägung zwischen dem individuellen Persönlichkeitsinteresse einerseits und dem öffentlichen Interesse an der Information bzw. Kunst andererseits verwechseln darf. Bei der ersteren Frage geht es lediglich darum, ob der vermögensrechtliche Zuweisungsgehalt des Persönlichkeitsrechts berührt worden ist, indessen es sich bei der letzteren um die gründliche Feststellung des Umfangs des persönlichkeitsrechtlichen Zuweisungsgehalts handelt (vgl. hierzu Magold, S. 471 ff.). 282 Ähnlich Beverley-Smith, S. 187, 320 f.; Freitag, S. 76; Ahrens, S. 90 f.

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merkmale sind ebenfalls nicht nur eine freche Anmaßung der allein ihrem Träger vorbehaltenen Erwirtschaftungsbefugnis, sondern auch eine grobe Mißachtung seiner persönlichkeitsrechtlichen Selbstbestimmung überhaupt zu sehen283, so daß eine solche Zwangskommerzialisierung im Prinzip erst durch eine kumulative Anwendung der vermögensrechtlichen und nichtvermögensrechtlichen Rechtsbehelfe angemessen sanktioniert werden kann284. Die Überlappung der beiden Interessen kommt weiter darin zum Ausdruck, daß sie gemeinsam in denselben Vorgang der Güter- und Interessenabwägung gezogen werden, der für die Bestimmung des konkreten Schutzumfangs des Persönlichkeitsrechts unentbehrlich ist285. Dabei wird den beiden Interessen jeweils keine eigenständige Bedeutung beigemessen. Sie werden gewissermaßen als unselbständige Bestandteile des eigentlichen Persönlichkeitsinteresses des Individuums, exklusiv über die Verwendung bestimmter Aspekte seiner Persönlichkeit selbst zu entscheiden, in Erwägung gezogen und als solche dem Interesse der Allgemeinheit gegenübergestellt286. Das Abwägungsurteil fällt somit im Ergebnis einheitlich aus und geht je nach Interesse nicht auseinander. Insoweit stimmen die Voraussetzungen für die Durchsetzung der ideellen und wirtschaftlichen Selbstbestimmung im Rahmen des Persönlichkeitsrechts völlig überein287. Es wäre daher eine naive und sogar sinnwidrige Simplifizierung288, den vermögensrechtlichen Teilaspekt des Persönlichkeitsrechts gegenüber seinem ideellen Pendant zu verselbständigen und dann nur mit jener wirtschaftlichen Komponente des Persön283

Vgl. Magold, S. 422 ff.; Beverley-Smith, S. 188; auch Peifer, S. 157 f. Vgl. für die Kumulation der beiden Rechtsbehelfe Magold, S. 445 ff.; Canaris, FS f. Deutsch, S. 85, 98 f.; Wagner, ZEuP 2000, 200, 221 ff.; Neben, S. 390, 404 ff.; Taupitz, in: Rufausbeutung, S. 1, 41 ff.; Amelung, S. 185; Lichtenstein, S. 218 ff.; OLG München, Urt. v. 9. 3. 1995, NJW-RR 1996, 539, 541 – Telefon-Sex-Foto; dagegen aber Krüger, GRUR 1980, 628, 629; auch der BGH hat trotz seiner früheren Andeutung der Kumulationsmöglichkeit (vgl. BGH, Urt. v. 18. 3. 1959, BGHZ 30, 7, 18 – Caterina Valente) bisher meistens unter dem unterschwelligen Einfluß der nun von ihm selbst verworfenen Herrenreiter-Doktrin (siehe hierzu oben § 1 Fn. 20) die vermögensrechtlichen Rechtsbehelfe und die ideelle Entschädigung nur alternativ eingeschaltet (vgl. etwa BGH, Urt. v. 14. 2. 1958, BGHZ 26, 349, 354 – Herrenreiter; BGH, Urt. v. 26. 6. 1979, NJW 1979, 2205, 2206 – Fußballtor; BGH, Urt. v. 15. 11. 1994, NJW 1995, 861, 864 f. – Caroline von Monaco I). 285 Ähnlich Ahrens, S. 157 f.; a. A. Heitmann, S. 104 f., der davon ausgeht, daß das Persönlichkeitsnutzungsrecht keiner persönlichkeitsrechtsspezifischen Güterabwägung bedarf. 286 Siehe etwa BGH, Urt. v. 18. 3. 1959, BGHZ 30, 7, 12 – Caterina Valente; BGH, Urt. v. 20. 2. 1968, BGHZ 49, 288, 294 – Ligaspieler; BGH, Urt. v. 6. 2. 1979, NJW 1979, 2203, 2204 f. – Franz Beckenbauer; BGH, Urt. v. 26. 6. 1981, BGHZ 81, 75, 78 ff. – Carrera; BGH, Urt. v. 14. 11. 1995, NJW 1996, 593, 595 – Willy Brandt; BGH, Urt. v. 1. 10. 1996, NJW 1997, 1152, 1153 – Bob Dylan; BGH, Urt. v. 26. 10. 2006, WRP 2007, 83, 85 f. – Oskar Lafontaine. 287 So auch i. E. Götting, S. 231, 233; Beuthien/Schmölz, S. 36; Beuthien, Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, S. 75, 81; Siemes, AcP 201 (2001), 202, 224 f.; Ellger, S. 758. 288 Vgl. Freitag, S. 76; Beverley-Smith, S. 188 f. 284

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lichkeitsrechts, die nun im Gegensatz zur ideellen Komponente als übertragbar und vererblich anzusehen ist, das Phänomen der Vermarktung der menschlichen Identitätsmerkmale rechtlich erfassen zu wollen. Dadurch wird die reale Komplexität der Persönlichkeit289 schlechthin geopfert, nur zum Zweck einer einfacheren Gestaltung der persönlichkeitsbezogenen Vermarktungsgeschäfte. b) Die im Dualismus verborgene Gefahr Ein anderer Einwand gegen die dualistische Trennung der allein auf den Schutz ideeller Interessen ausgerichteten Komponente und der rein vermögensrechtlichen Komponente kann sich aus der unerfreulichen Prognose begründen, daß eine solche Aufspaltung des Persönlichkeitsrechts in letzter Konsequenz eine schonungslose Vermarktung der Persönlichkeitsmerkmale mit sich bringen würde290. Der vom ideellen Aspekt entkoppelte und gegenüber diesem verselbständigte vermögensrechtliche Bestandteil des Persönlichkeitsrechts entpuppt sich ungeachtet seiner weiteren persönlichkeitsrechtlichen Zugehörigkeit im Grunde als wahres Vermögensrecht und braucht sich seinerseits nicht mehr um den ideellen Kern der Persönlichkeitsgüter zu kümmern, weil dies ausschließlich in den Aufgabenbereich der daneben eigenständig stehenden ideellen Komponente des Persönlichkeitsrechts fällt. Anhand dieser intendierten Ausblendung des ideellen Charakters befindet sich der vermögensrechtliche Teil nun durchaus imstande, nur ökonomische Anliegen im Auge behaltend, die Kommerzialisierung der Identitätsmerkmale voranzutreiben. Die dadurch jedenfalls bis zum Eingreifen der gesondert zur Betrachtung kommenden ideellen Komponente des Persönlichkeitsrechts ermöglichte Unterwerfung der Persönlichkeitsgüter unter das alleinige Regime des reinen Vermögensrechts gibt aber in zweierlei Hinsicht Anlaß zur Besorgnis. Einerseits ist zu 289 Auch in den USA, wo das rein ideelle right of privacy und das zum Vermögensrecht gehörende right of publicity strikt voneinander unterschieden werden, führte diese komplexe Einheitlichkeit der Persönlichkeit inzident dazu, daß gerade in den Zivilprozessen, in denen das right of publicity thematisiert wird, nicht nur Vermögensschäden sondern auch immaterielle Gefühlsschäden zum Ersatz beurteilt werden können (vgl. Waits v. Frito-Lay, Inc., 978 F. 2d 1093, 1103 (9th Cir. 1992): „The defendants argue that in right of publicity actions, only damages to compensate for economic injury are available. We disagree. Although the injury stemming from violation of the right of publicity may be largely, or even wholly, of an economic or material nature, we have recognized that it is quite possible that the appropriation of the identity of a celebrity may induce humiliation, embarrassment, and mental distress.“; ähnlich schon Motschenbacher v. R. J. Reynolds Tobacco Company, 498 F. 2d 821, 824 (9th Cir. 1974): „It is true that the injury suffered from an appropriation of the attributes of one’s identity may be mental and subjective – in the nature of humiliation, embarrassment, and outrage.“; näher zu dieser Tendenz zur „reintroduction of the right of privacy into the right of publicity“ in den USA Gold, S. 104 f.). 290 Ähnlich Peifer, S. 291 ff.; Moosmann, S. 116; auch Götting, GRUR 2004, 801, 805, der selbst aber unbewußt zum Dualismus neigt (siehe hierzu oben § 5 Fn. 13).

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befürchten, daß sich auf diese Weise die Einstellung der Allgemeinheit zu den Persönlichkeitsgütern unbewußt wandeln könnte, und zwar in die Richtung, daß die instinktive moralische Resistenz gegen ihre Kommerzialisierung immer stumpfer wird. Die Persönlichkeitsgüter in den rein vermögensrechtlichen Diskurs mit einzubeziehen und somit schlechterdings mit marktspezifischen Worten zu erfassen, könnten für die Geltung der ihnen immanenten ideellen Werte nicht folgenlos bleiben291. Die insoweit praktizierte Außerachtlassung der ideellen Interessen vermöge eine emotional-assimilatorische Nachwirkung im allgemeinen Bewußtsein zu hinterlassen, die sich letztlich kontraproduktiv auf den separat vorzunehmenden ideellen Schutz der Persönlichkeitsgüter auswirken würde. Sind nämlich die ideellen Werte erst einmal völlig aus jenem Bewußtsein verschwunden, wird es nahezu unmöglich sein, ihnen den verlorenen Respekt vollständig wiedereinzuräumen292. Diese in der dualistischen Strukturierung von Anfang an implizierte Gefährdung der ideellen Werte könnte andererseits durch die unerbittliche Expansivkraft von Kapital, das über die nun verselbständigte, rein vermögensrechtliche Komponente des Persönlichkeitsrechts ungehindert in dessen Bereich hineinzudringen imstande wäre, vergrößert werden. Das einzige Leitmotiv der Kapitalbewegung ist bekanntlich der Gewinn. Um einen höchstmöglichen Gewinn zu erzielen, strebt das Kapital ständig danach, sich gefräßig möglichst viele Dinge zu unterwerfen und dann ein jedes von ihnen ohne differenzierte Berücksichtigung der ihnen gewöhnlich beigemessenen ideellen Implikationen so weit wie möglich zu vermarkten. Es liegt daher nahe, daß denkbar viele Persönlichkeitsgüter maximaler Vermarktung unterworfen würden, wären sie uneingeschränkt einer solchen Kraft des Kapitals ausgesetzt. Leicht zu erkennen ist ferner, daß dabei lediglich die wirtschaftliche Nutzbarkeit der persönlichkeitsbezogenen Güter in die Waagschale des NutzenKosten-Kalküls geworfen würde, während ihnen innewohnende, nicht in Geld übersetzbare ideelle Werte eher bewußt außer Acht gelassen und gar verächtlich abgelehnt würden293. An Stelle der ursprünglichen moralisch inspirierten Sorge um die Persönlichkeit würde dann nur die wirtschaftliche Rentabilitätsrechnung treten, die aus geiziger Gewinnsucht die Persönlichkeit ihrer apriorischen Erhabenheit über alle Zwecke berauben würde. Wie schon oben erörtert294, trägt diese Tendenz eine ernste Bedrohung der Menschenwürde in sich, weil sie letztlich auf die Gleichsetzung der Persönlichkeitsgüter mit den gewöhnlichen Waren des Marktes hinauslaufen könnte. 291 Vgl. zur ähnlichen Befürchtung in einem noch breiteren Diskussionsrahmen bezüglich der Kommerzialisierung der Persönlichkeitsgüter Gold, S. 172 ff.; Walz, in: Allokationseffizienz, S. 93, 102, 112. 292 Ähnlich Gold, S. 175: „The defects of the language of the market as applied to the human body cannot be remedied through other discourses in other branches of the law.“ 293 Vgl. Gold, S. 164 ff. 294 Siehe oben § 3 III. 2.

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Daß diese Befürchtungen nicht schlicht aus der Luft gegriffen sind, läßt sich an der Entwicklungslinie des amerikanischen right of publicity ziemlich deutlich erkennen, weil dort der Dualismus, der zur Verselbständigung des right of publicity gegenüber dem right of privacy geführt hat, insbesondere mit Unterstützung der ebenfalls dort verankerten Betrachtung des right of publicity als eine Art von Immaterialgüterrechten gleichsam zur vollen Entfaltung in der Lage ist. Der anders als in Deutschland nicht im persönlichkeitsrechtlichen Gewand vertretene Dualismus konnte von vornherein offen einen Weg zur maximalen Kommerzialisierung verfolgen und hat, auf wirtschaftliche Bedürfnisse prompt reagierend, dem right of publicity nur zu diesem Zweck geeignete Eigenschaften verliehen. Somit glich sich das amerikanische right of publicity im Laufe der Zeit in formaler wie in materieller Hinsicht immer mehr dem reinen Vermögensrecht an und geriet dadurch immer tiefer in den kapitalistischen Einflußbereich, welcher die beständige Ausweitung der Domäne des right of publicity unaufhaltsam vorantrieb295. Eine solche Ausdehnung des right of publicity ist zunächst in der drastischen Erweiterung seines sachlichen Schutzbereichs zu erblicken. Der mittlerweile zur Bezeichnung der Schutzgegenstände des right of publicity etablierte Begriff „persona“ beschränkt sich kaum auf einzelne traditionelle Identitätsattribute wie etwa Bildnis, Namen oder Stimme. Er bezieht sich vielmehr als „Sammel-“ 296 oder „Quellbegriff“ 297 auf die gesamte Personenidentität an sich und umfaßt schlechthin alles, was sich vermarkten läßt und dabei assoziativ auf eine bestimmte Person hinweist298. Demgemäß können auch amorphe Indizien wie Haartracht bzw. Kleidung299, Slogans300 und sogar Sachen301 dazugehören, sofern sie sich dazu eignen, eine bestimmte Person zu identifizieren. Es muß sich dabei also nicht mehr um die direkt in oder an der Person bestehenden Persönlichkeitsmerkmale handeln302. Entscheidend ist lediglich die Identifizierbarkeit, für die eine bloße Assoziation genügt303. Entsprechend dieser Erweiterung des 295 Vgl. näher dazu Gold, S. 93 ff.; auch Lange, 44 Law & Contemp. Probs. 147, 153–156 (1981); Coombe, 10 Cardozo Arts & Ent. L. J. 365, 366–367 (1992). 296 Magold, S. 144. 297 Seemann, S. 31. 298 Vgl. näher zum Begriff der persona Magold, S. 7 ff., 143 ff.; Götting, S. 215 ff.; Peifer, S. 275 f. 299 Vgl. z. B. White v. Samsung Electronics America, Inc., 971 F. 2d 1395, 1399 (9th Cir. 1992). 300 Vgl. etwa Carson v. Here’s Johnny Portable Toilets, Inc., 698 F. 2d 831, 836 (6th Cir. 1983). 301 Vgl. z. B. Motschenbacher v. R. J. Reynolds Tobacco Company, 498 F. 2d 821, 827 (9th Cir. 1974). 302 Vgl. Seemann, S. 148. 303 Vgl. dazu McCarthy, 19 Colum.-VLA J. L. & Arts 129, 135 (1995): „The test of infringement is identifiability.“; Götting, S. 216: „Die zentrale Schlüsselfrage bildet

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Kreises der Schutzgegenstände haben sich auch die Modalitäten derjenigen Verwertungshandlungen vermehrt, die das vom right of publicity geschützte Interesse berühren und mithin unter seinen Anwendungsbereich subsumiert werden können. Sie erstrecken sich weit über die hergebrachte Verwendung der persona in der Werbung sowie im Merchandising hinaus bis auf Nachahmung von Bühnenshows304 und gelegentlich auch auf mediale Verwendung wie etwa Ausstrahlung öffentlicher Vorführungen305, abredewidrige Veröffentlichung eines Interviews306 oder Veröffentlichung einer satirischen Zeichnung in einer Unterhaltungszeitschrift307. Auf diese Weise expandierte das Anliegen des right of publicity vom Schutz bestimmter Identitätsmerkmale vor der unautorisierten Vereinnahmung durch die Werbung oder Merchandisingprodukte zum umfassenden Schutz aller Aspekte der menschlichen Identität vor der wie auch immer gearteten Ausbeutung ihres Publizitätswerts308. Auf der Kehrseite dieses imperialistischen Zuges des right of publicity versteckt sich aber eine bedrohliche Schrumpfung des Umfangs der Gemeingüter309. Diese ginge letztendlich auf Kosten der Äußerungs- und Kunstfreiheit, weil die im Zuge dessen erweiterte Monopolmacht über die vermögensrechtliche Kontrolle jederzeit zur Zensurmacht für die Inhaltskontrolle übertreten kann. Parallel zu dieser Ausweitung des sachlichen Wirkungsbereichs des right of publicity ist andererseits eine Ausdehnung seines personalen Schutzbereichs zu beobachten, die durch die Anerkennung seiner Übertragbarkeit und Vererbbarkeit ermöglicht worden ist. Das right of publicity kann also nicht nur dem ursprünglichen Träger der persona, sondern auch denjenigen zuteil werden, denen es entweder nach der vertraglichen Vereinbarung oder per Erbgang übertragen wurde. Die Übertragbarkeit des right of publicity inter vivos war von seinem ersten Inerscheinungtreten an mitgegeben, und gerade in diesem Punkt wurde dabei die Identifizierbarkeit.“; Peifer, S. 302. In Amerika ist daher das oben für die vermögensrechtliche Zuweisung der Identitätsmerkmale aufgestellte Kriterium der Herrschaftsbeziehung mit zweifelsfreier Zugehörigkeit völlig entbehrlich (vgl. kritisch zur vermögensrechtlichen Zuweisung, die allein auf dem Kriterium der Erkennbarkeit basiert Lichtenstein, S. 130 f.). 304 Vgl. etwa Estate of Presley v. Russen, 513 F. Supp. 1339, 1359–1361 (D.C.N.J. 1981). 305 Vgl. etwa Zacchini v. Scripps-Howard Broadcasting Co., 433 US 562, 576–577 (1977). 306 Vgl. etwa Cher v. Forum Intern., Ltd., 692 F. 2d 634, 639–640 (9th Cir. 1982). 307 Vgl. etwa Ali v. Playgirl, Inc., 447 F. Supp. 723, 728–729 (D.C.N.Y. 1978). 308 So auch Coombe, 10 Cardozo Arts & Ent. L. J. 365, 366–367 (1992). Siehe in diesem Zusammenhang auch Gold, S. 103: „The drive to expand the right of publicity to cover all identifying characteristics of a celebrity stemmed from a purely economic appreciation of public personae. Other values inhering in such personae were ignored in the court’s efforts to foster and enhance the market value of personae.“ 309 Vgl. Seemann, S. 263 f.; Peifer, S. 302 ff.; auch oben § 4 II. 2. a) zitierte Literatur.

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ein praktisches Bedürfnis nach der Kreierung dieses sich vom right of privacy unterscheidenden Rechts begründet310. In Anbetracht seines allein von der Definition her pekuniären Charakters311 scheint es wohl eine Selbstverständlichkeit zu sein, daß das right of publicity uneingeschränkt übertragen sowie lizenziert werden kann, sei es nur partiell oder in vollem Umfang312. Das mag ein Grund dafür sein, daß seine Übertragbarkeit bisher niemals in Zweifel gezogen wurde. Auch in bezug auf die Vererblichkeit des right of publicity, die noch nicht ganz unumstritten ist313, folgen immer mehr amerikanische Gerichte bzw. bundesstaatliche Gesetzgebungen der gleichen Logik314. Es geht daher keineswegs zu weit, wenn man generalisierend sagt, daß in den USA das right of publicity grundsätzlich bedingungslos vererblich ist. Die in dieser Weise gewonnene vollständige Verkehrsfähigkeit sowie postmortale Überlebensfähigkeit des right of publicity kommt jedoch nur scheinbar dem eigentlichen Träger der persona zugute. Im Grunde dient die über die bloße schuldrechtliche Nutzungsüberlassung hinausgehende dingliche Übertragung vornehmlich dem Interesse des Verwer-

310 Vgl. Haelan Laboratories, Inc. v. Topps Chewing Gum, 202 F. 2d 866, 868 (2d Cir. 1953): „We think that, in addition to and independent of that right of privacy a man has a right in the publicity value of his photograph, i. e., the right to grant the exclusive privilege of publishing his picture, and that such a grant may validly be made ,in gross,‘ i. e., without an accompanying transfer of a business or of anything else. . . . This right might be called a ,right of publicity‘. . . . This right of publicity would usually yield them [many prominent persons] no money unless it could be made the subject of an exclusive grant which barred any other advertiser from using their pictures.“; Nimmer, 19 Law & Cont. Probs. 203, 209 (1954): „In most jurisdictions it is well established that a right of privacy is a personal right rather than a property right and consequently is not assignable. The publicity value of a prominent person’s name and portrait is greatly restricted if this value cannot be assigned to others.“; Götting, S. 234: „Schließlich war es ja gerade die im Widerspruch zu den wirtschaftlichen Verhältnissen und praktischen Bedürfnissen stehende Unübertragbarkeit des Right of Privacy, die den entscheidenden Anstoß zur Anerkennung des Right of Publicity gab.“ 311 Vgl. Nimmer, 19 Law & Cont. Probs. 203, 216 (1954): „the right of each person to conrol and profit from the publicity values which he has created or purchased“; McCarthy, 19 Colum.-VLA J. L. & Arts 129, 130 (1995): „the right of every person to control the commercial use of his or her identity“. 312 Ähnlich Seemann, S. 100; Biene, S. 138; auch Beverley-Smith, S. 283: „The immediate consequence of the shift in the underlying basis of liability from the right of privacy to the right of publicity was that, unlike a right of privacy, which was a purely personal right, a right of publicity could be freely assignable, and thus could give enforceable rights to third party licensees.“ 313 Bislang sind in der amerikanischen Rechtsprechung diesbezüglich drei verschiedene Auffassungen vertreten: Zum einen die grundsätzliche Ablehnung der Vererblichkeit, zum anderen Anerkennung der Vererblichkeit unter der Bedingung der lebzeitigen Vermarktung („lifetime exploitation requirement“), zum anderen noch die Anerkennung der Vererblichkeit unter allen Umständen (siehe näher dazu Magold, S. 55 ff.; Götting, S. 238 ff.; Biene, S. 138 ff.; Gold, S. 93 ff., jeweils m. w. Nachw.). 314 Vgl. Götting, S. 241; Seemann, S. 101; Biene, S. 140; Coombe, 10 Cardozo Arts & Ent. L. J. 365, 367 Fn. 4 (1992); Beverley-Smith, S. 184.

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ters, indem sie diesem eine ungleich stärkere Rechtsposition verschafft und dadurch um so sicherere sowie berechenbarere Investitionsumstände ermöglicht315. Kraft der dinglichen Wirkung der Übertragung vermag der Erwerber also ohne Mithilfe seines Vertragspartners unmittelbar gegen Dritte vorzugehen, die unbefugt die von der Übertragung betroffene persona vermarkten und dadurch seine Gewinnchance verkürzen316. Überdies kann er sich aufgrund seiner dinglichen Befugnis an der persona selbst gegen deren ursprünglichen Träger zur Wehr setzen und somit ganz unabhängig von dessen Willen das wirtschaftliche Potential der persona vollständig ausnutzen, indem er sie in den beliebigen Kontext einsetzt oder beliebigen Dritten weiter überträgt317. Diese mit der Anerkennung der dinglichen Übertragbarkeit des right of publicity entstandene Verwerterfreundlichkeit erhält zum anderen durch die Bejahung seiner Vererblichkeit neuen Vorschub. Da die Anziehungskraft von Prominenten gewöhnlich ihren Tod überdauert und oft wegen der mit dem Tod verbundenen emotionalen Erregung sogar eine postmortale Intensivierung erfährt318, besteht das Interesse an der kommerziellen Nutzung ihrer persona auch nach ihrem Tod ungemindert weiter. Bei den professionellen Verwertern ist gerade die persona verstorbener Berühmtheiten besonders beliebt, weil die Attraktivität Verstorbener relativ geringeren Schwankungen unterliegt und daher ihr Investitionsrisiko in einem kalkulierbaren Rahmen eingeschränkt bleiben kann319. Diesen Marktbedürfnissen trägt die Anerkennung der Vererblichkeit des right of publicity unmittelbar Rechnung. Das dadurch institutionalisierte Fortbestehen des right of publicity nach dem Tod des ursprünglichen Trägers trägt des weiteren dazu bei, den Verwertern die dahingehende Unsicherheit zu nehmen, daß ihre exklusive Verwertungsmacht mit dem plötzlich eingetretenen Tod des Trägers unwiederbringlich verfallen könnte320. Die in dieser Weise geförderte Vermarktbarkeit der persona vor und nach dem Tod ihres Trägers vermag zwar freilich zur Erhöhung des Entgelts zu führen, das beim Verwertungsvertrag dem Träger gezahlt wird321. Man darf jedoch nicht die Augen davor verschließen, daß diese marginale finanzielle Begünstigung nur mit einem weitreichenden Verlust an Kontrollmacht über die eigene persona einhergeht322. Im Zuge der Übertragung und Vererbung des right of publicity wird also die kommerzielle Verwendung der persona aus der Kontrolle durch ihren ursprünglichen Träger herausgenommen und fällt 315

Vgl. Heitmann, S. 79 f.; Peukert, ZUM 2000, 710, 718; Koos, GRUR 2004, 808,

813. 316

Vgl. Magold, S. 503, 505; Schertz, Rn. 376. Vgl. Büchler, FS f. Rey, S. 177, 193. 318 Vgl. Magold, S. 12 f.; Grady, 1 UCLA Ent. L. Rev. 97, 124 (1994). 319 Vgl. Magold, S. 12. 320 Vgl. Gold, S. 93. 321 Vgl. Forkel, GRUR 1988, 491, 492 f.; Magold, S. 503; Moosmann, S. 111 f. 322 Vgl. bezüglich der Übertragbarkeit Peifer, S. 292 f., 320; Büchler, FS f. Rey, S. 177, 193; Lichtenstein, S. 229; bezüglich der Vererblichkeit Ahrens, S. 260 f. 317

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§ 5 Das Recht für die vermögensrechtliche Zuweisung

dann komplett den Erwerbern sowie Erben in die Hände. Angesichts der in der persona festgehaltenen Persönlichkeitselemente erscheint ein Übergehen auf wirtschaftliche Fremdbestimmung, die sich ganz dem Wissen und den Einspruchsmöglichkeiten des ursprünglichen Trägers entzieht, äußerst bedenklich, weil eine solch zügellose Entäußerung eines Stücks der Persönlichkeit genau das darstellt, was das Persönlichkeitsrecht mit seiner menschenwürderelevanten Essenz abwehren will323. Diese kurze Darstellung über die Evolutionsrichtung des right of publicity veranschaulicht drastisch die latente Gefahr, die mit der dualistischen Verselbständigung des vermögensrechtlichen Aspekts des Persönlichkeitsrechts notwendigerweise verbunden ist. Die vollständige Trennung der vermögensrechtlichen von der ideellen Seite würde nur der gewinnsuchenden Kapitalmacht den Weg ebnen, die nun unersättlich in der bisher davon verschont gebliebenen Persönlichkeitssphäre eine neue Gewinnquelle aufzutun versucht. Werden die Persönlichkeitsgüter in dieser Weise ganz ohne Beschränkung dem eindringenden Kapital ausgeliefert, dann bleibt ihnen nichts übrig, als sich seinem Gesetz zu unterwerfen und seiner unbegrenzten Gier zu beugen. Vor diesem Hintergrund kann die simultane Erweiterung des sachlichen sowie des personalen Schutzbereichs vom amerikanischen right of publicity gar kein Zufall sein324. Vielmehr stellt sich hierin eine konsequente Fortführung des Prozesses der für die Gewinnmaximierung gewünschten totalen Vermarktung der persona dar. Obwohl diese dem Dualismus immanente Gefahr insofern abschwächt wird, als sich die dualistische Gestaltung nicht im Rahmen des Immaterialgüterrechtsmodells, sondern im Rahmen des Persönlichkeitsrechtsmodells vollzieht, darf dies indessen nicht darüber hinwegtäuschen, daß auch das dualistische Persönlichkeitsrechtsmodell immerhin halbwegs in die gleiche Richtung neigt325. Die von diesem Denkmodell befürwortete sog. gebundene Übertragung326 unterscheidet 323 Ähnlich Peukert, ZUM 2000, 710, 715; Bächli, S. 169; Lichtenstein, S. 230; Büchler, AcP 206 (2006), 300, 325 f.; auch Götting, GRUR 2004, 801, 805. 324 Vgl. Gold, S. 101: „The simultaneity of the evolution toward expansion and the evolution toward descendibility is not a random occurrence; both are predicated on property law’s central concern for economic value.“ 325 Das übersieht Götting, wenn er diese Gefahr ausschließlich dem dualistischen Immaterialgüterrechtsmodell zuschreibt und daraufhin selber für das dualistische Persönlichkeitsrechtsmodell plädiert (siehe nur Götting, GRUR 2004, 801, 804 ff.). 326 Mit der sog. gebundenen Übertragung ist weder ein vollständiger noch ein translativer Übergang eines Vollrechts gemeint, sondern die konstitutive Einräumung eines Teil- oder Tochterrechts, das ohne weiteres in dem Einfluß des dem Verfügenden weiterhin verbleibenden Mutterrechts unterliegt. Es verhält sich dabei ganz ähnlich wie die Belastung des Grundstückseigentums mit einem dinglichen Nutzungsrecht (siehe näher dazu Forkel, GRUR 1988, 491, 493 ff.). Obwohl auch viele von den Vertretern des monistischen Persönlichkeitsrechtsmodells für diese gebundene Übertragung eintreten (vgl. Forkel, GRUR 1988, 491, 498 ff.; Peukert, ZUM 2000, 710, 715 f.; Ahrens, S. 399 ff.; Lichtenstein, S. 235 ff.), ist das aber in Anbetracht der dem Monismus zugrunde liegenden Verflechtung von ideellen und wirtschaftlichen Interessen ge-

II. Stellungnahme

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sich in ihrer dinglichen Wirkung kaum von der translativen Übertragung. Durch jene konstitutive Übertragung verliert der Identitätsmerkmalsträger zwar in formaler Hinsicht sein Persönlichkeitsrecht nicht. Allerdings wird es aber mit dem vom Verwerter erworbenen quasi dinglichen Recht belastet und insoweit geschmälert327. Es ist nicht einsichtig, weshalb dem Verwerter, der in der Regel dem Identitätsmerkmalsträger wirtschaftlich überlegen ist328 und somit eine tatsächliche Bindungskraft gegenüber diesem ausübt, eine solche quasi dingliche Rechtsposition verliehen werden soll. Wer mit fremden Persönlichkeitsgütern ein Geschäft machen will, sollte eher die der menschlichen Persönlichkeit innewohnende Unsicherheit selbst hinnehmen müssen. Ebenfalls geht die vom dualistischen Persönlichkeitsrechtsmodell vertretene Anerkennung der Vererblichkeit der vermögensrechtlichen Komponente des Persönlichkeitsrechts zu weit, was sich ironischerweise an der von dieser Auffassung selbst vorgenommenen Einschränkung der Befugnis der Erben329 am deutlichsten erkennen läßt. Sollen die Erben bei der Verfügung über das wirtschaftliche Persönlichkeitsrecht grundsätzlich durch den Willen des Erblassers gebunden bleiben, handelt es sich dabei nicht mehr um das Erbe im eigentlichen Sinne330. Dennoch würde diese halbherzige Beerbung tatsächlich der echten Beerbung gleichkommen, weil der Wille des Verstorbenen nur schwer feststellbar ist und daher seine Bindungswirkung ohnehin peripher bliebe. Alles in allem ist nicht zu verkennen, daß das dualistische Persönlichkeitsrechtsmodell mit seiner Anerkennung der gebundenen Übertragung und der beschränkten Vererblichkeit i. E. dem dualistischen Immaterialgüterrechtsmodell sehr ähnelt und dadurch auch die in diesem Denkmodell verborgene Gefahr für die Persönlichkeit meistenteils übernimmt331. Auch wenn die Kommerzialisierung der Persönlichkeitsgüter heutzutage nicht mehr kategorisch versagt werden kann und muß, darf sie keinesfalls so weit gehen, daß die Persönlichkeitsgüter ihren wesenseigenen ideellen Wert verlieren und so mit den „normalen“ Marktgütern auf eine Stufe gestellt werden. Eine effektive Resistenz gegen eine derartige Fehlentwicklung, zu der die Kapitalrade nicht folgerichtig, weil auch die gebundene Übertragung im Ergebnis zum Auseinanderfallen der Träger der beiden Interessen führen würde (vgl. hierzu Magold, S. 568). 327 Ähnlich Helle, S. 114 f.; Schack, AcP 195 (1995), 594, 599; Peifer, S. 320. 328 Vgl. dazu Peukert, ZUM 2000, 710, 718. 329 Vgl. dazu BGH, Urt. v. 1. 12. 1999, BGHZ 143, 214, 226 – Marlene Dietrich: „Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß sich die Befugnisse des Erben vom Träger des Persönlichkeitsrechts ableiten und nicht gegen seinen mutmaßlichen Willen eingesetzt werden können. . . . Vielmehr darf der Erbe die nach dem Tode (fort-)bestehenden Vermarktungsmöglichkeiten nur unter Berücksichtigung dieses Willens nutzen.“; auch Götting, GRUR 2004, 801, 806 f. 330 Grundsätzlich darf der Erbe mit den Nachlaßgegenständen nach Belieben verfahren (vgl. Lichtenstein, S. 339; Büchler, AcP 206 (2006), 300, 344 Fn. 190.). 331 Insoweit ist das dualistische Persönlichkeitsrechtsmodell als ein verkapptes dualistisches Immaterialgüterrechtsmodell anzusehen.

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§ 5 Das Recht für die vermögensrechtliche Zuweisung

macht gewandt verführt, kann nur dann geleistet werden, wenn der den Persönlichkeitsgütern immanente ideelle Wert selbst im Moment ihrer Vermarktung beständig und vollständig bewahrt bleibt332, was wiederum durch das monistisch verstandene Persönlichkeitsrecht am besten gewährleistet werden kann.

III. Zwischenergebnis Der geläufig als Ansatzpunkt für die mögliche rechtliche Gestaltung der Kommerzialisierung der menschlichen Identitätsmerkmale in Anspruch genommene kategoriale Gegensatz von Monismus und Dualismus ist für sich allein genommen zu grob, um die vielfältigen Meinungen hierüber systematisch zu erfassen. Zur Bewältigung dieser Systematisierungsaufgabe ist es daher erforderlich, dem genannten gegensätzlichen Begriffspaar eine andere Perspektive hinzuzufügen, bei der es darauf ankommt, welches konkrete subjektive Recht von der jeweiligen Ansicht als für die Regulierung der Kommerzialisierung zuständig betrachtet wird. Dann kann der Gegensatz von Monismus und Dualismus lediglich noch hinsichtlich der Frage von Bedeutung sein, in welcher Beziehung die von der Kommerzialisierung der Identitätsmerkmale berührten ideellen und wirtschaftlichen Interessen innerhalb dieses subjektiven Rechts zueinander stehen. Da in diesem Zusammenhang überhaupt nur zwei subjektive Rechte, nämlich Persönlichkeits- und Immaterialgüterrecht, zum Zuge kommen, kann man nach dem Gesagten insgesamt vier verschiedene Denkmodelle herausarbeiten, in die sich die gegenwärtigen Meinungen lückenlos einordnen lassen: Das monistische Persönlichkeitsrechtsmodell, das dualistische Persönlichkeitsrechtsmodell, das monistische Immaterialgüterrechtsmodell, sowie das dualistische Immaterialgüterrechtsmodell. Was die Frage anbelangt, welches dieser Modelle dogmatisch am besten vertretbar ist, so ist das monistische Persönlichkeitsrechtsmodell dezidiert vorzuziehen. Das Immaterialgüterrechtsmodell scheitert schon daran, daß die vermarktbaren menschlichen Identitätsmerkmale keine gegenüber der Trägerperson verselbständigten Immaterialgüter sind, sondern wegen ihrer festen Verknüpfung mit der Person immer noch im Bann des Persönlichkeitsrechts verbleiben. Solange sie in erster Linie die dahinter stehende Person und deren Persönlichkeit repräsentieren, kann von einer Entpersönlichung gar keine Rede sein, die eine 332 Ähnlich Gold, S. 176: „Thus, unless we can discuss the noneconomic values inhering in the body at the time property decisions are being made, we cannot fully vindicate these values.“; vgl. auch in diesem Zusammenhang Büchler, AcP 206 (2006), 300, 351: „Die Funktion des Persönlichkeitsrechts muss in der Weberischen entzauberten Welt mehr denn je sein, den Respekt vor der Person als Schranke fortwährender Kommodifizierung und ökonomischer Durchdringung des Daseins zu gewährleisten. Dazu gehört die Einsicht, dass eine entfesselte Individualität sich gegen diese selbst richten kann und sie so in ihrem Kern zerstört.“

III. Zwischenergebnis

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unabdingbare Voraussetzung für das Mutieren der Persönlichkeitsgüter zu Immaterialgütern darstellt. Nicht beizupflichten ist ferner der Grundannahme des Immaterialgüterrechtsmodells, daß das Persönlichkeitsrecht deswegen nicht imstande sei, einen vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt aufzuweisen, weil ihm genau genommen keine subjektivrechtliche Qualität zukomme oder – wenn überhaupt – allenfalls nur ideellrechtliche. Die darin mitschwingende Unterstellung der dichotomischen Beziehung zwischen Persönlichkeitsrecht und Vermögensrecht entspricht weder der Entwicklungsgeschichte des Persönlichkeitsrechts noch dem gebräuchlichen Begriff des Vermögensrechts, für den allein der Geldwert der Rechtsgüter maßgeblich ist. Es gibt auch keinen Grund für ein Leugnen des subjektivrechtlichen Status des Persönlichkeitsrechts. Als rechtliche Zuerkennung der Selbstbestimmungskompetenz in den für die freie Persönlichkeitsentfaltung relevanten eigenen Angelegenheiten nimmt es ohne weiteres an der normlogischen Funktion des subjektiven Rechts teil. Darüber hinaus zeigt es gegebenenfalls sogar einen herrschaftsrechtsähnlichen Charakter auf, worauf sein vermögensrechtlicher Zuweisungsgehalt letztlich beruht. Das gilt insbesondere für diejenigen Persönlichkeitsrechte, deren Schutzgüter über eine äußere Verkörperung verfügen, wie etwa das Recht am eigenen Bild, das Namensrecht, das Recht an der eigenen Stimme usw., weil diese äußere Erscheinung der Persönlichkeitsfacetten als Bezugspunkt der Herrschaftsmacht fungieren kann und auch mit Hilfe der modernen Technik ganz unabhängig von der leiblichen Existenz der Trägerperson verwertbar ist. Scheidet das Immaterialgüterrechtsmodell somit aus, dann muß man sich zwischen dem Monismus und Dualismus entscheiden, wobei der erstere gegenüber dem letzteren bei weitem den Vorzug verdient. Das begründet sich einerseits daraus, daß sich bereits auf dem Gebiet der Immaterialgüterrechte aus guten Gründen eine monistische Tradition etabliert hat. Andererseits ist die Überlegenheit des Monismus aus der im Dualismus verborgenen Gefahr zu folgern: Die mit der dualistischen Aufspaltung der persönlichkeitsrechtlichen Befugnisse einhergehende Kreierung eines reinen Vermögensrechts an den menschlichen Identitätsmerkmalen würde sich verhängnisvoll auf deren immanente ideelle Werte auswirken. Unter der alleinigen Regie des gewinnsüchtigen Kapitals, das nunmehr durch das vom ideellen Aspekt der Persönlichkeit völlig entkoppelte Vermögensrecht in die Persönlichkeitssphäre ungehindert eindringen kann, würden die menschlichen Identitätsmerkmale zur maximalen Vermarktung gedrängt und dafür die ihnen innewohnenden ideellen Werte immer mehr bagatellisiert. Die Expansion des Anwendungsbereichs des amerikanischen right of publicity sowie dessen Evolution zum vollständig übertragbaren und uneingeschränkt vererblichen Recht machen gerade diesen vorprogrammierten Kurs des Dualismus deutlich, wovon auch die im Rahmen des Persönlichkeitsrechts vertretene abgeschwächte Form des Dualismus nicht weit abkommen könnte.

§ 6 Thesen und Schlußbemerkung I. Thesen 1. Hauptthese Die bislang über die rechtliche Erfassung der Kommerzialisierung der menschlichen Identitätsmerkmale vertretenen vielfältigen Meinungen lassen sich in die vier verschiedenen Denkmodelle einordnen: Monistisches Persönlichkeitsrechtsmodell, dualistisches Persönlichkeitsrechtsmodell, monistisches Immaterialgüterrechtsmodell, dualistisches Immaterialgüterrechtsmodell. Hiervon ist nur das monistische Persönlichkeitsrechtsmodell überzeugend.

2. Unterthesen Die folgenden Unterthesen dienen ihrerseits als Argumente für die oben genannte Hauptthese. a) Der den menschlichen Identitätsmerkmalen anhaftende Vermögenswert resultiert aus der durch das Persönlichkeitsrecht künstlich hergestellten Knappheit an den Identitätsmerkmalen. b) Obwohl die kommerzielle Nutzung der menschlichen Identitätsmerkmale nicht mit der Kommerzialisierung der ganzen Person gleichzusetzen und somit als solche noch nicht menschenwürdewidrig ist, liegt die Menschenwürdeverletzung immerhin dann sehr nahe, wenn bei der Vermarktung der Identitätsmerkmale die ihnen immanenten ideellen Werte durch den Marktwert verdrängt werden. c) Der an den Identitätsmerkmalen entstandene Vermögenswert gebührt ihrem Träger. Diese individuelle Zuweisung vermag sich nicht mit der Lockeschen Leistungstheorie zu rechtfertigen, sondern sowohl mit dem naturrechtlichen Gedanken „Eigentum an sich selbst“, der auch dem Persönlichkeitsrecht zugrunde liegt, als auch mit den ökonomischen Effizienzüberlegungen. d) Die verwertbaren menschlichen Identitätsmerkmale sind keine entpersönlichten Immaterialgüter, auf welche sich die Immaterialgüterrechte beziehen könnten. Da sie auch bei ihrer Vermarktung weiterhin die Trägerperson und deren Persönlichkeit widerspiegeln, gehören sie noch immer zu den Persönlichkeitsgütern, für deren Regulierung das Persönlichkeitsrecht vorgesehen ist.

II. Schlußbemerkung

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e) Es besteht keine Dichotomie zwischen Persönlichkeitsrecht und Vermögensrecht. f) Der Dualismus, der von der sauberen Trennung der ideellen und wirtschaftlichen Interessen an den menschlichen Identitätsmerkmalen ausgeht und dadurch die rechtliche Gestaltung ihrer Kommerzialisierung weitestgehend einem reinen Vermögensrecht zuteilen will, trägt eine große Gefahr für die Menschenwürde i. S. der obigen These b) in sich.

II. Schlußbemerkung Da die bisherige Diskussion über die rechtliche Umsetzung der Vermarktung der menschlichen Identitätsmerkmale vorwiegend durch die Rechtsprechung veranlaßt worden ist, hat sie eher auf die einzelnen praktischen Fragen, wie z. B. Übertragbarkeit und Vererblichkeit des betroffenen Rechts oder Rechtsbehelfe bei der Zwangskommerzialisierung, ihre Aufmerksamkeit gerichtet als auf die tiefer gehende Systematisierungsfrage. Dieser primär an den praktischen Bedürfnissen orientierte Diskussionszustand mag an der gegenwärtigen unübersichtlichen Vielfalt der Behauptungen schuldig sein, da bei der Lösung punktueller Fragen meistens unter dem Vorwand der Zweckmäßigkeit mehr improvisatorische Freiheit von der bewährten Dogmatik wahrgenommen werden kann. Um die noch auf diesem Gebiet herrschende Verwirrung zu eliminieren, ist aber eine Betrachtung der Problematik im größeren Zusammenhang vonnöten. Erst dadurch kann eine Grundperspektive herausgebildet werden, aus der alle relevanten einzelnen Fragen folgerichtig zu beantworten sind. So gesehen kann das hier befürwortete und begründete Denkmodell des monistischen Persönlichkeitsrechts nicht für die praktischen Fragen folgenlos bleiben. Es soll sie vielmehr wegweisend aufgreifen, damit sein Leitgedanke, nämlich die vollständige Wahrung der den menschlichen Identitätsattributen innewohnenden ideellen Werte, auch im Moment ihrer Kommerzialisierung, konsequent in der Praxis durchgesetzt wird. Der Schutz des an den Identitätsmerkmalen entstandenen Vermögenswerts stellt danach keineswegs einen von dem eigentlichen Anliegen getrennten Sonderzweck des Persönlichkeitsrechts dar. Er wird vielmehr gerade zur Stärkung des Persönlichkeitsschutzes gewährt, nicht zur Förderung der Vermarktung. Unter diesem Gesichtspunkt „wedelt dann der Schwanz mit dem Hund“, wenn man zur Herstellung vermarktungsfreundlicher Umstände versucht, an dem Dogma der Unübertragbarkeit und Unvererblichkeit des Persönlichkeitsrechts zu rütteln1. Ebensowenig nachvollziehbar ist die damit 1 Für den Verwerterschutz ist schon die Verbindungskraft des schuldrechtlichen Vertrags mit der Schadensersatzbedrohung stark genug. Für den effektiven Schutz des Verstorbenen vor der Zwangskommerzialisierung sollten allerdings neue Wege beschritten werden, weil der bisherige postmortale Persönlichkeitsschutz auf den Schutz

194

§ 6 Thesen und Schlußbemerkung

eng zusammenhängende Aufforderung zur Verlängerung der postmortalen Schutzfrist bezüglich des vermögensrechtlichen Aspekts des Persönlichkeitsrechts. Das zu diesem Zweck häufig herangezogene Urheberrecht oder Leistungsschutzrecht ist gerade deshalb nicht einschlägig, weil es sich bei der vorliegenden Diskussion im Grunde um den Schutz des Persönlichkeitsrechts handelt, das anders als jene Rechte keine besondere entlohnenswerte Leistung des Inhabers voraussetzt2. Auch hinsichtlich der Sanktionen gegen die Zwangskommerzialisierung ist sehr zweifelhaft, daß man dabei den Schmerzensgeldanspruch in der Regel nur alternativ zum vermögensrechtlichen Ausgleichsanspruch und erst in einem besonders krassen Ausnahmefall kumulativ mit ihm zubilligen will. Diese Lage müßte gerade umgekehrt werden, weil allein mit dem vermögensrechtlichen Ausgleich den durch die Zwangskommerzialisierung unvermeidlicherweise beeinträchtigten ideellen Werten kaum Rechnung getragen werden kann. Ein monistisches Verständnis des Persönlichkeitsrechts würde zwingend zu dem richtigen Ergebnis führen, daß nämlich die Kumulation materieller und immaterieller Ansprüche nunmehr den Normalfall und nicht mehr die Ausnahme darstellen würde.

der Menschenwürde reduziert gewährt worden und somit nicht imstande ist, den kommerziellen Kontext um das Persönlichkeitsrecht richtig zu erfassen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24. 2. 1971, NJW 1971, 1645, 1647 – Mephisto; BGH, Urt. v. 17. 5. 1984, GRUR 1984, 907, 908 – Frischzellenkosmetik; BGH, Urt. v. 8. 6. 1989, BGHZ 107, 384, 391 – Emil Nolde; BVerfG, Beschl. v. 25. 8. 2000, NJW 2001, 594, 594 f. – Willy Brandt). Durchaus überlegenswert ist in diesem Zusammenhang die Ansicht, die eine von den Angehörigen treuhänderisch wahrzunehmende Teilrechtsfähigkeit des Verstorbenen konstruieren will (vgl. MüKo/Schmitt, 4. Aufl., § 1 Rn. 55). 2 Zu begrüßen ist daher die kürzlich vom BGH getroffene Entscheidung, die die postmortale Schutzfrist für den seiner Meinung nach vererblichen vermögensrechtlichen Bestandteil des Persönlichkeitsrechts in analoger Anwendung des § 22 KUG auf 10 Jahre begrenzt (vgl. BGH, Urt. v. 5. 10. 2006, NJW 2007, 684, 685 f. – klauskinsi.de).

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Sachwortverzeichnis Ablösetheorie 142 Aktionsberechtigung 172 allgemeine Handlungsfreiheit 168 allgemeines Persönlichkeitsrecht siehe Persönlichkeitsrecht Allokationseffizienz 104, 113, 115, 175 Anreizgedanken 119 Aufmerksamkeit 33 f. Aura 34 – Aura der Stars 34 f. Baum-Vergleich 179 besondere Persönlichkeitsrechte siehe Persönlichkeitsrecht Blickfang 23 Boulevardisierung 26 Boulevardsendungen 27 Caroline-von-Monaco-Entscheidungen 17 character merchandising siehe Merchandising Coase-Theorem 113 f. coercion-Argument 50 conventionalism 51 corruption-Argument 50 Daytime-Talkshow 28 Dichotomie zwischen Persönlichkeitsund Vermögensrecht 149 ff. dreifache Schadensberechnungsmethode 16, 133 Dualismus 18, 129, 177 dualistisches Immaterialgüterrechtsmodell siehe Immaterialgüterrechtsmodell dualistisches Persönlichkeitsrechtsmodell siehe Persönlichkeitsrechtsmodell

Eigentum 98 f., 101 – Eigentum (des Menschen) an sich selbst 94 ff., 100 ff., 173, siehe auch Selbsteigentum – geistiges Eigentum 101 Eigentumsgarantie 47, 69 Eigentumstheorie 72, 94 Eingriffskondiktion 16, 48, 65 Einkommensverteilung 87 f., 91 f. Entpersönlichung 67, 147 f. essentialism 51, 53 Exklusivvertrag 27 Externalitäten 107, 112, 117, siehe auch externe Effekte – Internalisierung der Externalitäten 110, 174 externe Effekte 106 ff., 117, 173, siehe auch Externalitäten Fallacy of Division 62 Firma 145 f. Firmenrecht 145 f. freie Güter siehe Güter Freihaltebedürfnis 78 gebundene Übertragung 188 geistiges Eigentum siehe Eigentum Geldentschädigung 89 f. Geschäftsanmaßung 65 gesetzliches Verbot 47 Güter 32 – freie Güter 32 – wirtschaftliche Güter 32 Güter- und Interessenabwägung siehe Interessenabwägung Herrenreiter-Doktrin 16 Herrschaftsrecht 173 f.

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Sachwortverzeichnis

Identitätsmerkmale 14, 52, 62, 94 f., 115 Image(s) 30, 34, 62 ff., 73 f., 77, 81 f., 138 image merchandising siehe Merchandising Imagetransfer 23, 25, 30, 147 Immaterialgüter 36, 142 Immaterialgüterrecht 35, 44, 101, 140 ff., 155, 178 Immaterialgüterrechtsmodell 18, 44, 67, 130, 148 f. – dualistisches Immaterialgüterrechtsmodell 136 ff. – monistisches Immaterialgüterrechtsmodell 135 f. individuelle Zuweisung siehe Zuweisung Interessenabwägung 22, 26 – Güter- und Interessenabwägung 86, 181 Knappheit 32 f., 35, 36, 37 Körpersubstanzen 101 f. Körperteile 101 f. Kulturgüter 79 f., 84 Kulturpolitischer Einwand 84 ff. Kumulation materieller und immaterieller Ansprüche 194 Leistungsargument 71 ff., 75 ff. Leistungsschutz 78 Leitsatz 157 – reduzierende Auslegung des Leitsatzes 158 Marken 146 f. Markenrecht 146 f. Marlene-Dietrich-Entscheidung 17, 134 Massenmedien 26, 75 Menschenwürde 48, 53 ff. Merchandising 24 ff. – character merchandising 24 f. – image merchandising 25 – personality merchandising 25

Monismus 18, 129, 177 monistisches Immaterialgüterrechtsmodell siehe Immaterialgüterrechtsmodell monistisches Persönlichkeitsrechtsmodell siehe Persönlichkeitsrechtsmodell Namensrecht 39 f., 41 negatorische Ansprüche 64, 164 Objektformel 55 f. öffentliche Güter 106 ff. Paparazzi-Fotos 27 Pareto-Effizienz 104 Paternalismus 59 Peep-Show-Entscheidung 58, 60 persona 184 Personalisierung 26 personality merchandising siehe Merchandising Persönlichkeit 29, 151, 164 Persönlichkeitsgüter 142 f. Persönlichkeitsgüterrecht 138 Persönlichkeitsleistungsschutzrecht, 133 Persönlichkeitsmerkmale 14, 46, 62 Persönlichkeitsnutzungsrecht 138 Persönlichkeitsrecht 39, 43 f., 83, 100, 101, 111 ff., 140 ff., 150, 155, 159 ff. – allgemeines Persönlichkeitsrecht 15, 42, 113 – besonderes Persönlichkeitsrecht 16 – Unübertragbarkeit des Persönlichkeitsrechts 144, 156, 193 – verfassungsrechtliches Persönlichkeitsrecht 158 – wirtschaftliches Persönlichkeitsrecht 133 Persönlichkeitsrechtsmodell 18, 44, 130 – dualistisches Persönlichkeitsrechtsmodell 132 ff., 188 f. – monistisches Persönlichkeitsrechtsmodell 19, 130 ff., 139 Persönlichkeitsverwertungsrecht(e) 131 postmortale Schutzfrist 194

Sachwortverzeichnis Präventionsgedanke(n) 89 f. Preis 32 f., 52, 91 Primärallokation 118 Prominenz 30, 63 f., 73 f., 77, 92 Property Right 109 ff., 112 ff. public domain 78 Publizität 120 Reality-TV 21, 28 Reallokation 118 Recht – Recht am eigenen Bild 40 f. – Recht an der eigenen Person 101, 173 Rechtsgüter 164 Rechtsobjekt 162 f. Regenbogenpresse 27 res extra commercium 49 right of privacy 15, 82 f. right of publicity 15, 82 f., 103, 138, 184 ff. Schmerzensgeld(anspruch) 64, 89 f., 154 Schutzinteressen 162 f. Selbstbestimmung 83, 114, 165 f., 169 f. – wirtschaftliche Selbstbestimmung 171 Selbstbestimmungsfähigkeit 57, 59 Selbsteigentum 99, 102 f., siehe auch Eigentum an sich selbst Selbstveräußerung 61 Sichexhibieren 29 Sittenwidrigkeit 47 Skandalisierung 26 Sphärentheorie 167 f. Starkult 34 subjektives Recht 128, 159 ff., 165 Subjekt-Objekt-Relation 161

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tragedy of the commons 110 Transaktionskosten 105, 115 f. Trauerspiel der Allende 111 Übernutzung 121, 124 Urheberpersönlichkeitsrecht 150, 178 Urheberrecht 150, 178 f. Urrecht 152 verfassungsrechtliches Persönlichkeitsrecht siehe Persönlichkeitsrecht Verhaltenspflicht 64 Verknappung – künstliche Verknappung 36 Vermarktungsfähigkeit 48 Vermögensberechtigung 172 Vermögensrecht(e) 152 f. vermögensrechtliche Zuweisung siehe Zuweisung Werbung 22 ff. Wertverlust-Argument 123, 125 wirtschaftliche Güter siehe Güter wirtschaftliche Selbstbestimmung siehe Selbstbestimmung wirtschaftliches Persönlichkeitsrecht siehe Persönlichkeitsrecht wirtschaftspolitischer Einwand 88 Würde 52 f., 151 Zuweisung – individuelle Zuweisung 69 f., 76, 78, 80, 84 – vermögensrechtliche Z. 171 f. Zweckformel 55 f. Zwergenweitwurf 60