Der ursprüngliche Septuaginta-Psalter und seine Rezensionen: Eine Untersuchung anhand der Septuaginta-Psalmen 2; 8; 33; 49 und 103 9783170364363, 9783170364370, 3170364367

Die griechische Fassung des Psalters entstand wahrscheinlich in der ersten Hälfte des 2. Jh. v. Chr. als Übersetzung aus

143 44 5MB

German Pages 356 [357] Year 2019

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Der ursprüngliche Septuaginta-Psalter und seine Rezensionen: Eine Untersuchung anhand der Septuaginta-Psalmen 2; 8; 33; 49 und 103
 9783170364363, 9783170364370, 3170364367

Table of contents :
Deckblatt
Titelseite
Impressum
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Forschungsüberblick zu den Editionen des LXX-Psalters
1.1.1 Die Editionen und Erforschung der Septuaginta vor Alfred Rahlfs
1.1.2 Rahlfs’ kritische Edition und seine Methodik
1.1.3 Kritik an Rahlfs’ Methodik
1.2 Forschungslage und Methodik
1.2.1 Historische Kontextualisierung
1.2.2 Die hebräische Vorlage
1.2.3 Die Übersetzungstechnik
1.2.4 Die Revisionen
1.3 Einführung in die angewendete Methodik
2 Verzeichnis zu den Handschriften
2.1 Griechische Handschriften
2.2 Hebräische Handschriften aus Qumran
2.3 Weitere Textzeugen
2.3.1 Lateinische Textzeugen
2.3.2 Koptische Textzeugen
2.3.3 Syrische Textzeugen
2.4 Kirchenväterzitate
2.4.1 Griechische Kirchenväter
2.4.2 Lateinische Kirchenväter
3 Psalm 2
3.1 Einführung in den hebräischen Text
3.1.1 Gliederung und Inhalt
3.1.2 Gattung und Entstehungsgeschichte
3.1.3 Kontext im Psalter
3.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 2
3.3 Ergebnisse zu LXX Psalm 2
3.3.1 Die hebräische Vorlage der Septuaginta
3.3.2 Der griechische Text
3.3.2.1 Die ursprüngliche Septuaginta
3.3.2.2 Revisionen und weitere Bearbeitungen
3.3.3 Fazit
3.4 Anhang
4 Psalm 8
4.1 Einführung in den hebräischen Text
4.1.1 Gliederung und Inhalt
4.1.2 Gattung und Entstehungsgeschichte
4.1.3 Kontext im Psalter
4.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 8
4.3 Ergebnisse zu LXX Psalm 8
4.3.1 Die hebräische Vorlage der Septuaginta
4.3.2 Der griechische Text
4.3.2.1 Die ursprüngliche Septuaginta
4.3.2.2 Revisionen und weitere Bearbeitungen
4.3.3 Fazit
4.4 Anhang
5 Psalm 34 (33)
5.1 Einführung in den hebräischen Text
5.1.1 Gliederung und Inhalt
5.1.2 Gattung und Entstehungsgeschichte
5.1.3 Kontext im Psalter
5.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 33
5.3 Ergebnisse zu LXX Psalm 33
5.3.1 Die hebräische Vorlage der Septuaginta
5.3.2 Der griechische Text
5.3.2.1 Die ursprüngliche Septuaginta
5.3.2.2 Revisionen und weitere Bearbeitungen
5.3.3 Fazit
5.4 Anhang
6 Psalm 50 (49)
6.1 Einführung in den hebräischen Text
6.1.1 Gliederung und Inhalt
6.1.2 Gattung und Entstehungsgeschichte
6.1.3 Kontext im Psalter
6.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 49
6.3 Ergebnisse zu LXX Psalm 49
6.3.1 Die hebräische Vorlage der Septuaginta
6.3.2 Der griechische Text
6.3.2.1 Die ursprüngliche Septuaginta
6.3.2.2 Revisionen und weitere Bearbeitungen
6.3.3 Fazit
6.4 Anhang
7 Psalm 104 (103)
7.1 Einführung in den hebräischen Text
7.1.1 Gliederung und Inhalt
7.1.2 Gattung und Entstehungsgeschichte
7.1.3 Kontext im Psalter
7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103
7.3 Ergebnisse zu LXX Psalm 103
7.3.1 Die hebräische Vorlage der ursprünglichen Septuaginta
7.3.2 Der griechische Text
7.3.2.1 Die ursprüngliche Septuaginta
7.3.2.2 Revisionen und weitere Bearbeitungen
7.3.3 Fazit
7.4 Anhang
8 Gesamtergebnis
8.1 Der hebräische Text
8.1.1 Der ursprüngliche hebräische Text
8.1.2 Die hebräische Vorlage des ursprünglichen Septuaginta-Psalters
8.2 Der ursprüngliche Septuaginta-Psalter
8.3 Revisionen und Editionen des Septuaginta- Psalters
8.3.1 Hebraisierende Rezensionen
8.3.2 Weitere Editionen
8.4 Ergebnisse zu ausgewählten Textformen und Hsn. des Psalters
8.4.1 Die antiochenische Textform
8.4.2 Der Kodex Vaticanus und Kodex Sinaiticus
8.4.3 Die oberägyptische Textform
8.4.4 P. Bodmer XXIV (Ra 2110)
8.4.5 Oxyrhynchus P. 5101 (Ra 2227)
8.5 Fazit
Literaturverzeichnis
1 Textausgaben und Übersetzungen
2 Hilfsmittel
3 Kommentare
4 Sekundärliteratur
5 Internetpublikationen
Register
1 Altes Testament
2 Neues Testament

Citation preview

Beiträge zur Wissenschaft vom Alten und Neuen Testament Band 224 Herausgegeben von Walter Dietrich Ruth Scoralick Reinhard von Bendemann Marlis Gielen Heft 24 der elften Folge

Jonathan Hong

Der ursprüngliche SeptuagintaPsalter und seine Rezensionen Eine Untersuchung anhand der Septuaginta-Psalmen 2; 8; 33; 49 und 103

Verlag W. Kohlhammer

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Meinen Eltern

1. Auflage 2019 Alle Rechte vorbehalten © W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart Print: ISBN 978-3-17-036436-3 E-Book-Format: pdf: ISBN 978-3-17-036437-0 Für den Inhalt abgedruckter oder verlinkter Websites ist ausschließlich der jeweilige Betreiber verantwortlich. Die W. Kohlhammer GmbH hat keinen Einfluss auf die verknüpften Seiten und übernimmt hierfür keinerlei Haftung.

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2017 von der Kirchlichen Hochschule Wuppertal/ Bethel als Dissertation angenommen. Für den Druck wurde sie geringfügig überarbeitet. Mein herzlicher Dank gilt den Personen und Institutionen, ohne deren Unterstützung diese Arbeit nicht zustande gekommen wäre. An erster Stelle ist in diesem Zusammenhang mein Doktorvater Prof. em. Dr. Siegfried Kreuzer zu nennen, der das Projekt angeregt und bis zur Fertigstellung mit großem Engagement begleitet hat. Seine fachlichen und methodischen Ratschläge und auch manch freundliche Ermahnung haben wesentlich zum Gelingen der Arbeit beigetragen. Prof. Dr. Michaela Geiger danke ich herzlich für die Ermutigung, den Horizont der Untersuchung über rein textkritische Fragen hinaus zu erweitern und für die Erstellung des Zweitgutachtens. Die Dissertation entstand in Verbindung mit dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Forschungsprojekt „Old Greek und Rezension der Psalmen – Rekonstruktion des ältesten Textes und der frühen Textgeschichte anhand ausgewählter Psalmen“. Dies schuf die finanzielle Basis und die zeitlichen Ressourcen, die ein solches Vorhaben in Anspruch nimmt, was eine große Hilfe war. Bedanken möchte ich mich bei den Kolleginnen und Kollegen von der Kirchlichen Hochschule, die im Rahmen der Septuaginta-Übungen und der alttestamentlichen Sozietät vielfältige Anregungen gegeben haben, welche zu Teilen in die Arbeit eingeflossen sind. Besonders hervorzuheben sind hier Dr. Marcus Sigismund, Prof. Dr. Martin Karrer, Dr. Knut Usener, Dr. Alexander B. Ernst, Thomas Symank und Prof. Dr. Matthias Millard. Dank gilt außerdem meiner Kollegin Zion Park, die mit großer Sorgfalt beim Abtippen der textkritischen Apparate und Transkriptionen geholfen hat. Meiner Verlobten, Elena Daj, möchte ich danken für die Hilfe bei der Erstellung des Bibelregisters und für die Selbstverständlichkeit, mit der sie dieses Projekt unterstützt hat. Für die Aufnahme meiner Arbeit in die Reihe BWANT sowie für einige inhaltliche und formale Hinweise danke ich den Herausgebern Prof. Dr. Ruth Scoralick und Prof. em. Dr. Walter Dietrich. Herrn Florian Specker vom Kohlhammer-Verlag sei ein Dank ausgesprochen für die Betreuung bei der Drucklegung. Desweiteren sollen die Freunde und Weggefährten nicht unerwähnt bleiben, die schon früh den Grundstein für ein begeistertes Bibellesen gelegt haben und die mich in meiner Wuppertaler Studienzeit begleitet haben. Mein abschließender Dank gilt meinen Eltern Maria und David Hong. Sie sind ein Beispiel dafür, wie gelingen kann, was auch schon bei der

6

Vorwort

griechischen Übersetzung der Psalmen in der Antike eine Herausforderung darstellte: nämlich das Aushalten einer spannungsreichen Balance zwischen dem Festhalten an Altgeliebtem und der Anpassung an neue Gegebenheiten, eine neue Sprache, Kultur und neue Denkvoraussetzungen. In Altem und Neuem letztlich Gottes Geist zu erfahren, das ist das Ziel – sowohl einer Übersetzung der Heiligen Schrift als auch im Leben meiner Eltern. Ihnen sei dieses Buch gewidmet. Wuppertal, am Pfingstmontag 2019

Jonathan Hong

Inhaltsverzeichnis Vorwort .................................................................................................

5

Inhaltsverzeichnis ..............................................................................

7

1 Einleitung .......................................................................................... 11 1.1 Forschungsüberblick zu den Editionen des LXX-Psalters ............. 1.1.1 Die Editionen und Erforschung der Septuaginta vor Alfred Rahlfs ..................................................................... 1.1.2 Rahlfs’ kritische Edition und seine Methodik .......................... 1.1.3 Kritik an Rahlfs’ Methodik ...................................................... 1.2 Forschungslage und Methodik ......................................................... 1.2.1 Historische Kontextualisierung ................................................ 1.2.2 Die hebräische Vorlage ............................................................ 1.2.3 Die Übersetzungstechnik .......................................................... 1.2.4 Die Revisionen ......................................................................... 1.3 Einführung in die angewendete Methodik ......................................

13 13 17 21 24 24 28 29 33 37

2 Verzeichnis zu den Handschriften ........................................... 40 2.1 Griechische Handschriften ............................................................... 2.2 Hebräische Handschriften aus Qumran ........................................... 2.3 Weitere Textzeugen .......................................................................... 2.3.1 Lateinische Textzeugen ............................................................ 2.3.2 Koptische Textzeugen .............................................................. 2.3.3 Syrische Textzeugen ................................................................. 2.4 Kirchenväterzitate ............................................................................. 2.4.1 Griechische Kirchenväter ......................................................... 2.4.2 Lateinische Kirchenväter ..........................................................

40 53 58 58 60 61 63 63 64

3 Psalm 2 ............................................................................................... 66 3.1 Einführung in den hebräischen Text ................................................ 66 3.1.1 Gliederung und Inhalt ............................................................... 66

8

Inhalt

3.1.2 Gattung und Entstehungsgeschichte ......................................... 3.1.3 Kontext im Psalter .................................................................... 3.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 2 ........................................................ 3.3 Ergebnisse zu LXX Psalm 2 ............................................................. 3.3.1 Die hebräische Vorlage der Septuaginta .................................. 3.3.2 Der griechische Text ................................................................ 3.3.2.1 Die ursprüngliche Septuaginta .............................................. 3.3.2.2 Revisionen und weitere Bearbeitungen ................................. 3.3.3 Fazit .......................................................................................... 3.4 Anhang ...............................................................................................

66 68 71 95 95 96 96 98 99 100

4 Psalm 8 ............................................................................................... 101 4.1 Einführung in den hebräischen Text ................................................ 4.1.1 Gliederung und Inhalt ............................................................... 4.1.2 Gattung und Entstehungsgeschichte ......................................... 4.1.3 Kontext im Psalter .................................................................... 4.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 8 ........................................................ 4.3 Ergebnisse zu LXX Psalm 8 ............................................................. 4.3.1 Die hebräische Vorlage der Septuaginta .................................. 4.3.2 Der griechische Text ................................................................ 4.3.2.1 Die ursprüngliche Septuaginta .............................................. 4.3.2.2 Revisionen und weitere Bearbeitungen ................................. 4.3.3 Fazit .......................................................................................... 4.4 Anhang ...............................................................................................

101 101 102 103 104 121 121 121 121 122 123 125

5 Psalm 34 (33) ................................................................................... 126 5.1 Einführung in den hebräischen Text ................................................ 5.1.1 Gliederung und Inhalt ............................................................... 5.1.2 Gattung und Entstehungsgeschichte ......................................... 5.1.3 Kontext im Psalter .................................................................... 5.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 33 ...................................................... 5.3 Ergebnisse zu LXX Psalm 33 ........................................................... 5.3.1 Die hebräische Vorlage der Septuaginta .................................. 5.3.2 Der griechische Text ................................................................ 5.3.2.1 Die ursprüngliche Septuaginta .............................................. 5.3.2.2 Revisionen und weitere Bearbeitungen ................................. 5.3.3 Fazit ..........................................................................................

126 126 127 128 129 168 168 169 169 170 172

Inhalt

9

5.4 Anhang ............................................................................................... 174

6 Psalm 50 (49) ................................................................................... 176 6.1 Einführung in den hebräischen Text ................................................ 6.1.1 Gliederung und Inhalt ............................................................... 6.1.2 Gattung und Entstehungsgeschichte ......................................... 6.1.3 Kontext im Psalter .................................................................... 6.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 49 ...................................................... 6.3 Ergebnisse zu LXX Psalm 49 ........................................................... 6.3.1 Die hebräische Vorlage der Septuaginta .................................. 6.3.2 Der griechische Text ................................................................ 6.3.2.1 Die ursprüngliche Septuaginta .............................................. 6.3.2.2 Revisionen und weitere Bearbeitungen ................................. 6.3.3 Fazit .......................................................................................... 6.4 Anhang ...............................................................................................

176 176 178 179 181 230 230 232 232 234 236 239

7 Psalm 104 (103) .............................................................................. 242 7.1 Einführung in den hebräischen Text ................................................ 7.1.1 Gliederung und Inhalt ............................................................... 7.1.2 Gattung und Entstehungsgeschichte ......................................... 7.1.3 Kontext im Psalter .................................................................... 7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103 .................................................... 7.3 Ergebnisse zu LXX Psalm 103 ......................................................... 7.3.1 Die hebräische Vorlage der ursprünglichen Septuaginta ......... 7.3.2 Der griechische Text ................................................................ 7.3.2.1 Die ursprüngliche Septuaginta .............................................. 7.3.2.2 Revisionen und weitere Bearbeitunge ................................... 7.3.3 Fazit .......................................................................................... 7.4 Anhang ...............................................................................................

242 242 244 246 248 319 319 320 320 321 324 326

8 Gesamtergebnis ............................................................................... 330 8.1 Der hebräische Text .......................................................................... 8.1.1 Der ursprüngliche hebräische Text ........................................... 8.1.2 Die hebräische Vorlage des ursprünglichen SeptuagintaPsalters ............................................................................................. 8.2 Der ursprüngliche Septuaginta-Psalter ............................................

330 330 331 333

10

Inhalt

8.3 Revisionen und Editionen des Septuaginta-Psalters ....................... 8.3.1 Hebraisierende Rezensionen .................................................... 8.3.2 Weitere Editionen ..................................................................... 8.4 Ergebnisse zu ausgewählten Textformen und Hsn. des Psalters .... 8.4.1 Die antiochenische Textform ................................................... 8.4.2 Der Kodex Vaticanus und Kodex Sinaiticus ............................ 8.4.3 Die oberägyptische Textform ................................................... 8.4.4 P. Bodmer XXIV (Ra 2110) ..................................................... 8.4.5 Oxyrhynchus P. 5101 (Ra 2227) .............................................. 8.5 Fazit ...............................................................................................

335 335 335 337 337 337 337 338 338 339

Literaturverzeichnis .......................................................................... 341 1 Textausgaben und Übersetzungen .................................................... 2 Hilfsmittel ......................................................................................... 3 Kommentare ...................................................................................... 4 Sekundärliteratur ............................................................................... 5 Internetpublikationen ........................................................................

341 343 344 344 352

Register .................................................................................................. 353 1 Altes Testament ................................................................................ 353 2 Neues Testament ................................................................................ 356

1.

Einleitung

Der Psalter ist das am häufigsten abgeschriebene und in den meisten Handschriften belegte Buch des Alten Testaments. Nicht nur im Judentum sondern auch im Christentum nahm der Psalter eine zentrale Rolle ein, zunächst in der privaten Frömmigkeit und dem religiösen Familienleben, später dann auch in der synagogalen Liturgie und im christlichen Gottesdienst.1 Der Septuaginta-Psalter, die griechische Übersetzung des Psalters aus dem Hebräischen, entstand wahrscheinlich im Laufe der ersten Hälfte des 2. Jh. v. Chr. für die jüdische Diaspora in Alexandrien und wurde als „privates“ Meditations- und Gesangbuch verwendet.2 Später wurde es auch zum Gebetsbuch der Christen. Eine Verwendung in der christlichen Liturgie ist gegen Ende des 2. Jh. erstmals belegt.3 Der hohe Stellenwert der Psalmen für das frühe Christentum zeigt sich in der starken Rezeption. Die Psalmen sind das von den Autoren des Neuen Testaments am häufigsten zitierte Buch.4 Die griechische Fassung des Psalters ist in weit über tausend Handschriften erhalten, davon nahezu hundert Handschriften, die in die Zeit bis zum 5. Jh. n. Chr. zu datieren sind. Damit ist er sogar häufiger als die neutestamentlichen Evangelien belegt. Auch hierin spiegelt sich der hohe Stellenwert wider, den die Psalmen genossen. Als älteste Übersetzung des hebräischen Psalters stellt der SeptuagintaPsalter außerdem einen alten und wichtigen Zeugen für den hebräischen Text der Psalmen dar und ist von daher auch unverzichtbar für die Rekonstruktion des ältesten hebräischen Textes. Die letzte umfassende Edition für die griechischen Handschriften des Psalters wurde 1931 von Alfred Rahlfs in der Göttinger Ausgabe veröffentlicht. 1935 veröffentlichte er zwar noch eine Handausgabe für die gesamte Septuaginta , der textkritische Apparat beschränkte sich jedoch im Wesentlichen auf die Kodizes Vaticanus, Sinaiticus und Alexandrinus (andere Zeugen wurden nur angeführt, wenn der Text nicht den genannten Kodizes folgte oder es wünschenswert erschien) und der rekonstruierte Text wich 1

2 3

4

Schnocks, Psalmen, 2014, 83-85. Eine frühe liturgische Verwendung des Psalters ist umstritten. Einzelne Psalmen spielten jedoch bereits im frühen Judentum bei den Opfern und Festen am Tempel eine Rolle, wie z. B. aus den Chronikbüchern hervorgeht, sowie aus der Zuordnung von sieben Psalmen zu den Wochentagen für die täglichen Opfer am Tempel in der Mischna, vgl. a. a. O., 85. Vgl. a. a. O., 85; LXX.H1, 351. „Gegen Ende des 2. Jh. ist die Verwendung alttestamentlicher Psalmen in der christlichen Liturgie erstmals eindeutig belegt; im 4. Jh. wurde der Psalter zum offiziellen Gesang- und Gebetbuch der Kirche.“, a. a. O., 352. Vgl. Schnocks, Psalmen, 2014, 83f.

12

1 Einleitung

kaum von seiner Edition von 1931 ab. Daher bildet die Edition von 1931 bis heute die Grundlage für Forschungen am Septuaginta-Psalter. In der Edition von 1931 sind insgesamt 59 griechische Handschriften (= Hsn.) berücksichtigt, die Rahlfs selbst sorgfältig kollationierte. Für die große Masse der jüngeren Hsn. griff er zusätzlich auf die Edition von Robert Holmes und James Parsons zurück. Seit dem Erscheinen der Editionen Rahlfs’ sind allerdings wichtige neue Hsn.-Funde gemacht worden, wie die bahnbrechenden Qumran-Funde, die ein neues Licht auf die hebräische und griechische Textgeschichte geworfen haben, und auch Entdeckungen zahlreicher griechischer Psalter-Hsn. insbesondere aus dem oberägyptischen Gebiet (vgl. im Handschriftenverzeichnis unter 2.1 Griechische Handschriften). Außerdem sind Anfragen an Rahlfs’ Methodik, die er für seine Rekonstruktion des ältesten Textes verwendet hat, gestellt worden (vgl. 1.1.3). Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, anhand ausgewählter Psalmen neue Kriterien für die Rekonstruktion des ältesten griechischen Psalmentextes und seiner frühen Textgeschichte zu erarbeiten.

1.1

Forschungsüberblick zu den Editionen des LXX-Psalters

1.1.1 Die Editionen und Erforschung der Septuaginta vor Alfred Rahlfs Die Forschungsgeschichte der Septuaginta ist eng verbunden mit ihren Editionen.5 „In den Editionen spiegelt sich das Textverständnis der jeweiligen Herausgeber und andererseits haben die konkreten Editionen einen enormen Einfluss auf die Forschung.“6 Nachdem im 16. Jh. die sogenannte Aldina die wichtigste Ausgabe der Septuaginta war, setzte sich in der Folgezeit die Editio Sixtina von 1587 als textus receptus durch und bildete über viele Jahrhunderte hinweg die Grundlage für die Septuagtintaforschung. Ausgangspunkt für die Sixtina bildete die Aldina, eine Ausgabe der Septuaginta, die 1518 erschien und auf in Venedig vorhandenen Hsn. basierte.7 Für die Editio Sixtina wurde jedoch der Text der Aldina vom Kodex Vaticanus her korrigiert, dem in der Vorbereitung der Sixitina beim Vergleich verschiedener Hsn. eine Überlegenheit gegenüber allen anderen Kodizes beigemessen wurde.8 Diese Wertschätzung des Kodex Vaticanus führte von da an zu einer andauernden Dominanz dieses Kodex in der Editionsgeschichte der Septuaginta (und auch in den Wörterbüchern und Grammatiken zur Septuaginta)9. Die gedruckten Septuaginta-Ausgaben bis zum Ende des 20. Jh. sind diplomatische Textausgaben, die i. d. R. im Obertext den Kodex Vaticanus direkt oder indirekt über die Sixtina wiedergeben (eine Ausnahme bildet die 5

6 7

8

9

Als Einleitung zur Septuaginta vgl. Fernández Marcos, The Septuagint, 2000. Überblicke zur Editionsgeschichte konkret des Septuagintapsalters finden sich z. B. in Bons/ Brucker, LXX.H1, 2016; Brucker, Textgeschichtliche Probleme, 2012; Cordes, Geschichte des griechischen Psalmentextes, 2001; Pietersma, Present State, 2000. Kreuzer, Der Antiochenische Text, 2013, 23. Die Aldina basierte vor allem auf der Hs. 68, vgl. Kreuzer, Der Antiochenische Text, 2013, 24. Ein weiterer Vorgänger der Editio Sixtina war die Complutensische Polyglotte, deren Bände von 1514–1517 gedruckt wurden, vgl. dazu Delitzsch, Polyglottenbibel, Leipzig 1871 und O’Connell, Complutensian Polyglot Bible, OBO 215, Fribourg / Göttingen, 2006. „Search was made in the libraries of Italy as well as in the Vatican for MSS. of the LXX., but the result of these enquiries satisfied the editors of the superiority of the great Vatican Codex (B = cod. Vat. gr. 1209) over all other known codices, and it was accordingly taken as the basis of the new edition.“, Swete, An Introduction, Cambridge 1900, 181. Erst in jüngster Zeit wird auch in den Wörterbüchern und Grammatiken zur Septuaginta Material aus den Apparaten und damit aus den anderen Textformen stärker mit einbezogen (vgl. z. B. Muraoka, Lexicon, 2009, VIIf.).

14

1 Einleitung

Ausgabe von Johannes Ernst Grabe10, die den Kodex Alexandrinus zugrunde legte).11 Zu nennen sind hier die Ausgabe von Robert Holmes und James Parsons (Psalmen 1823)12, die in einem umfangreichen Apparat die Varianten zahlreicher von ihnen kollationierter Handschriften aufnimmt, und die Cambridger Septuaginta-Ausgabe (Brooke-McLean und Thackeray), in der jedoch die Psalmen leider nicht erfasst sind, sondern nur die Geschichtsbücher und Erzählungen von Genesis bis Tobit. Die Psalmen sind nur in der dreibändigen Handausgabe von Swete 189113 erschienen, der lediglich den Text des Kodex Vaticanus abgedruckt und die Varianten einiger ausgewählter Hsn. im Apparat wiedergegeben hat. Einen neuen Ansatz in der Editionsgeschichte der Septuaginta leitete Paul Anton de Lagarde ein, der eine eklektische Ausgabe mit Rekonstruktion des ältesten Textes anstrebte.14 Die methodischen Prinzipien, die er in seinen „Anmerkungen zur griechischen Übersetzung der Proverbien“ 1863 für die Textkritik der Septuaginta herausarbeitete,15 waren so wegweisend, dass sein Schüler Alfred Rahlfs später behauptete, von diesem schmalen Band datiere „eine neue Epoche der Septuagintaforschung.“16 10 11

12

13

14 15 16

Grabe, J. E., (Hg.), Septuaginta interpretum, Oxford 1709–1720. Vgl. Brucker, Textgeschichtliche Probleme, 2012, 81, Anm. 12. Grabe ging davon aus, dass der Kodex Vaticanus den Text der Hesychianischen Rezension repräsentiere und erhoffte sich, den Kodex Alexandrinus als den am besten erhalten gebliebenen Text der Septuaginta zu etablieren, ein Text, der Origenes selbst in seiner Erstellung der Hexapla zugrunde gelegen habe, vgl. Mandelbrote, The Impact of Kodex Alexandrinus, 2006, 91. Im Obertext seiner Ausgabe bot er jedoch letzten Endes nicht den reinen Text des Kodex Alexandrinus dar, sondern ergänzte aus anderen Quellen, vgl. Fraenkel, Verzeichnis, 2004, 224: „Was Grabe in gewöhnlicher Schrift druckt, stammt aus A; was er in kleinerer Schrift druckt, stammt aus anderen Quellen, doch setzt er in diesem Falle die Lesart A’s in gewöhnlicher Schrift an den Rand.“ Holmes, R. / Parsons, J. (Hg.), Vetus Testamentum Graecum cum variis lectionibus, 5 Bde., Oxford 1798–1827. Die Psalmen finden sich im dritten Band, 1823. Im Obertext wird die Sixtina wiedergegeben. Im Apparat für die Psalmen werden mehr als 100 Hsn. berücksichtigt, wobei die Kollation der Hsn. häufig ungenau ist, vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 61f. Swete, H. B. (Hg.), The Old Testament in Greek according to the Septuagint, vol. 2, Cambridge 1891, 21896, 31907. Eine separate Ausgabe der Psalmen wurde schon 1889 von ihm veröffentlicht: Swete, H. B. (Hg.), The Psalms in Greek, Cambridge 1889. Im Apparat werden bei Swete die Hsn. B, S, A, R, U und die erstmals von ihm sorgfältig kollationierte Hs. T aufgenommen. Für eine ausführliche kritische Würdigung der Arbeit Lagardes an der Septuaginta, vgl. Neuschäfer, Paul Anton de Lagardes ‚Lebensarbeit‘, 2013, 235–264. Lagarde, P. A., Anmerkungen zur griechischen Übersetzung der Proverbien, Leipzig 1863. Rahlfs, Paul de Lagardes wissenschaftliches Lebenswerk, 1928, 60. Für einen Vergleich des Programms einer kritischen Ausgabe, das er 1863 in „Anmerkungen zur griechischen Übersetzung der Proverbien“ entwarf mit seinem Programm von 1883, vgl. Schenker, Bibeltext, 2013, 177f.

1.1 Forschungsüberblick zu den Editionen des LXX-Psalters

15

Ein erster entscheidender Ansatz war, dass er den ursprünglichen Septuagintatext und seine späteren Bearbeitungen insbesondere im Verhältnis zu ihrem hebräischen Referenztext untersuchte. Hierdurch gelangte er zu seinen drei sog. Axiomen, deren zweites lautet: „Wenn ein Vers oder Verstheil (sc. der Septuaginta) in einer freien und in einer sklavisch treuen Übertragung vorliegt, gilt die erstere als die echte.“17 D. h. die späteren Überarbeitungen der Septuaginta tendieren zu einer Anpassung an den hebräischen Text, während der ursprüngliche Septuagintatext eine gewisse Freiheit von ihm aufweist (1863 schien Lagarde noch nicht von einer lukianischen Rezension auszugehen)18. Von diesem Axiom her kam er zu dem Ergebnis, dass selbst die alten Kodizes aus dem 4. und 5. Jh. n. Chr. nicht den reinen Urtext bewahrt haben, sondern „daß keine Handschrift der Septuaginta so gut ist, daß sie nicht oft genug schlechte Lesarten, keine so schlecht, daß sie nicht mitunter ein gutes Körnchen bietet.“19 Damit war die Dominanz des Kodex Vaticanus in Frage gestellt. Für eine kritische Edition des Septuaginta-Textes musste viel mehr die gesamte Textüberlieferung mit einbezogen werden. Für eine Sichtung des Materials mit dem letztendlichen Ziel einer Rekonstruktion der ältesten griechischen Textform entschied er sich für die editionsphilologische Methode von Karl Lachmann,20 deren entscheidender Grundsatz darin bestand, zunächst durch gemeinsame Fehler Verwandschaftsverhältnisse zwischen Handschriften zu identifizieren, die eine spätere Textform repräsentieren, um anschließend durch Aussonderung derselben zur ursprünglichen Textgestalt zu gelangen.21 Dabei betonte er die Notwendigkeit einer Einbeziehung der Tochterübersetzungen, sowie der Septuaginta-Zitate bei den griechischen und lateinischen Kirchenvätern.22 In seinen ersten Versuchen entwarf er einen Plan, anhand gemeinsamer Varianten und Schreibfehler Textformen zu identifizieren, die sich bestimmten, aus der neutestamentlichen Textforschung bekannten, geographischen Zonen zuordnen ließen, wie Ägypten, Nordafrika, Gallien, Italien, 17

18

19 20 21 22

Lagarde, Anmerkungen, 1863, 3. Hierbei handelt es sich um das zweite seiner drei Axiome. Das erste Axiom betont, dass alle erhaltenen Texte der Septuaginta das Ergebnis eines eklektischen Prozesses sind, und dass daher, wer den ältesten Text eruieren will, selbst Eklektier sein muss (und nicht einfach einer bestimmten Handschrift folgen darf). Das dritte Axiom besagt, das, wenn eine griechische Lesart sich durch eine andere hebräische Vorlage (als die masoretische) erklären lässt, dies die älteste Textform ist. Neuschäfer vermutet, dass Lagarde erst nach dem Erscheinen von Fields, Origenis Hexaplorum, 1874 die trifaria varietas auch zu einer Grundannahme seiner Arbeit machte, vgl. Neuschäfer, Paul Anton de Lagardes ‚Lebensarbeit‘, 2013, 258f. Anm. 91. Lagarde, Anmerkungen, 1863, 2, Anm. 1. Vgl. Lagarde, Vorbemerkungen, 1880, 138. Für eine zusammenfassende Darstellung der „Lachmannschen Methode“, vgl. Timpanaro, Entstehung, 1971. 69–72. Vgl. Lagarde, Genesis gaece, 1868, 18. Vgl. auch Neuschäfer, Paul Anton de Lagardes ‚Lebensarbeit‘, 2013, 256.

16

1 Einleitung

Kleinasien und Syrien.23 Später folgte er dagegen der Annahme einer trifaria varietas, der von Hieronymus bezeugten Verbreitung dreier in kirchlichem Gebrauch stehender Textformen der Septuaginta um 400 n. Chr., der des Hesych in Alexandria und Ägypten, der des Lukian von Konstantinopel bis Antiochia und der des Origenes im palästinischen Raum.24 Eine Edition zu der von ihm als „lukianischer Text“ identifizierten Textform in den Büchern Genesis bis Esther veröffentlichte er 188325, in welcher er auf einen Variantenapparat jedoch völlig verzichtete. Daraufhin wandte er sich dem Plan einer kritischen Edition des griechischen Psalters zu, in welchem er im Obertext den rekonstruierten ältesten Septuagintatext darbot und darunter einen Variantenapparat. Hierfür kollationierte er nochmal sorgfältig die älteren Handschriften A, B, R, S, T, U. Er konnte allerdings nur das erste Drittel der Edition fertigstellen (LXX Ps 1–49).26 Sein Schüler Alfred Rahlfs vollendete die Edition nach dessen Tod und veröffentlichte sie 1892 unter dem Titel „Psalterii graeci quinquagena prima a Paulo de Lagarde in usum scholarum edita“27.

23 24

25 26 27

Vgl. Lagarde, Ausgabe der Septuaginta, 1889, 230.232f. Vgl. im Vorwort des Hieronymus zur Chronik, in: Weber / Gryson, Biblia Sacra, 546–547. Zur Frage, warum Lagarde die Grundannahme einer trifaria varietas zunächst ablehnte, bzw. ab wann sie ihm überhaupt bekannt war, vgl. Neuschäfer, Paul Anton de Lagardes ‚Lebensarbeit‘, 2013, 257f. Nach eigenen Angaben, war Lagarde zunächst misstrauisch gegenüber dem Zeugnis des Hieronymus von der trifaria varietas: „für die Septuaginta öffentlich an Hesych, Lucian und die palaestinische κοινὴ zu denken, verbot mir mein in den Clementina xxvii unverholen ausgesprochenes mistrauen gegen den eigentlich einzigen gewärsmann jener drei recensionen, Hieronymus.“, Lagarde, Ankündigung, 22. Spätestens ab 1876 macht Lagarde jedoch die trifaria varietas zu einer seiner Grundannahmen, vgl. Neuschäfer, Paul Anton de Lagardes ‚Lebensarbeit‘, 2013, 257f., insb. Anm. 87.90f. Rahlfs legte seinen Arbeiten zum Psalter ebenfalls die Grundannahme einer trifaria varietas zugrunde, war jedoch bei der Ermittlung einer hesychianischen Rezension äußerst zurückhaltend, vgl. Rahlfs, Der Text des Septuaginta-Psalters, 1907, 235f.228f. Vgl. zur Entwicklung der Position Rahlfs’ auch Jellicoe, Recension, 1963, 409f. Zur Problematik einer Hesychianischen Rezension, vgl. 1.2.4. Lagarde, P. A., Librorum Veteris Testamenti Canonicorum pars prior graece, Göttingen 1883. Vgl. Neuschäfer, Paul Anton de Lagardes ‚Lebensarbeit‘, 2013, 250f. Rahlfs, A. (Hg.), Psalterii graeci quinquagena prima a Paulo de Lagarde in usum scholarum edita, Göttingen 1892. Vgl. Neuschäfer, Paul Anton de Lagardes ‚Lebensarbeit‘, 2013, 247f.

1.1 Forschungsüberblick zu den Editionen des LXX-Psalters

17

1.1.2 Rahlfs’ kritische Edition und seine Methodik 1931 veröffentliche Rahlfs seine eigene kritische Textausgabe zu den Psalmen (Psalmi cum Odis, 1931)28, ein umfangreiches Werk, das bis heute als Textgrundlage für Forschungen am Septuaginta-Psalter dient. Im Obertext präsentierte er den von ihm rekonstruierten ältesten Septuagintatext und in seinem textkritischen Apparat berücksichtigte er neben den großen Bibelkodizes Vaticanus, Sinaiticus, Alexandrinus und der Hs. 55 sieben weitere Psalterien und 50 kleinere griechische Fragmente (bis ins 10. Jh. n. Chr.).29 Zusätzlich zog er für die große Masse der antiochenischen Hsn. die Edition von Holmes und Parsons heran, wertete die Hsn. jedoch nicht einzeln aus, sondern erfasste die Angaben bei Holmes und Parsons statistisch (z. B. steht La für 56–75 Hsn. und Ld für 36–55 Hsn. bei Holmes und Parsons).30 Neben den griechischen Hsn. bezog er außerdem die bohairische, sahidische, syrische und lateinische Übersetzung in seinen textkritischen Apparat mit ein, sowie die Kirchenväter Augustin, Hesych, Hieronymus, Theodoret vollständig und andere Kirchenväter teilweise.31 Rahlfsʼ umfangreiche Edition beruht neben den Vorarbeiten Lagardes insbesondere auf zwei seiner eigenen Vorarbeiten, und zwar auf dem „Verzeichnis der griechischen Handschriften des Alten Testaments“ (1914) und auf seiner Untersuchung „Der Text des Septuaginta-Psalters“ (1907)32. In Letzterer greift er auf eine Beobachtung von Friedrich Baethgen zurück, der in seiner Abhandlung „Der textkritische Werth der alten Uebersetzungen zu den Psalmen“ (1882)33 den deutlichen Unterschied zwischen dem rezipierten Text (Editio Sixtina bzw. Kodex Vaticanus) und den bei Holmes und Parsons kollationierten Hsn. erkannt, und diese zu Recht als eine eigene Textform (bei Baethgen als O1 bezeichnet) von der Textform des rezipierten Textes (O) unterschieden hatte. Grund dieser Unterscheidung war, dass die mehr als 28

29 30

31 32

33

Rahlfs, A., Psalmi cum Odis, Septuaginta Societatis Scientiarum Gottingensis, Göttingen 1931. Vier Jahre später erschien seine Handausgabe, welche eine kritische Ausgabe der gesamten Septuaginta darstellt, sich jedoch auf die Hsn. B S A beschränkt und nur gelegentlich, wo es wünschenswert erscheint, auch noch anderes Material mit heranzieht, vgl. Rahlfs, Vetus Testamentum Graece, 1935. Für einen ausführlichen Überblick zu Alfred Rahlfs’ Beitrag zur Textkritik und Editionstechnik der Septuaginta, vgl. Schäfer, Alfred Rahlfs, 2016, bes. 222-266.403-415. Vgl. Brucker, Textgeschichtliche Probleme, 2012, 84. Vgl. auch Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 10–16. Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 61–63. Vgl. auch im Handschriftenverzeichnis im Unterkapitel 2.1 „Griechische Handschriften“ unter „Handschriften-Gruppe L: (Antiochenischer Texttyp)“. Vgl. Brucker, Textgeschichtliche Probleme, 2012, 84. Vgl. auch Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 16–21. Rahlfs, A., Der Text des Septuaginta-Psalters. Nebst einem Anhang: Griechische Psalterfragmente aus Oberägytpen nach Abschriften von W. E. Crum, SeptuagintaStudien 2, Göttingen 1907. Baethgen, F., Der textkritische Werth der alten Uebersetzungen zu den Psalmen, JPTh 8 (1882), 405–459, 593–667.

18

1 Einleitung

hundert bei Holmes und Parsons kollationierten Hsn. „ausserordentlich häufig zusammen gegen den rezipirten Text stimmen“34 und somit deutlich eine geschlossene vom rezipierten Text unterschiedene Textform repräsentieren.35 Rahlfs übernimmt in seiner Edition das bi-polare Modell von Baethgen.36 Ein entscheidender Unterschied zu Baethgen ist jedoch seine Beurteilung der sich von dem rezipierten Text unterscheidenden Textform (= antiochenischer Text37). Insbesondere die Stellen, an denen der antiochenische Text vom MT abweicht, werden unterschiedlich interpretiert. Während Baethgen entsprechend dem zweiten Axiom von de Lagarde (s. o. Kap. 1.1.1) noch davon ausgeht, dass der antiochenische Text hier in der Regel den ursprünglichen Text bewahrt hat, da die Merkmale seiner „freieren Übersetzungen“ mit der Übersetzungsweise des LXX-Psalters im einheitlich bezeugten Bereich übereinstimmen,38 und der rezipierte Text eine nachträgliche Anpassung an den 34 35

36

37 38

Baethgen, Der textkritische Werth, 1882, 407. Rezipierter Text meint den neuzeitlich rezipierten Text, d. h. im Wesentlichen den Text des Kodex Vaticanus, der durch die Sixtina und ihre Nachdrucke zum neuzeitlichen textus receptus wurde. “In seiner verdienstvollen Abhandlung über den textkritischen Wert der alten Übersetzungen zu den Psalmen (Jahrbücher f. prot. Theol. 8 (1882), 407f.) hat Fr. Baethgen zwei Rezensionen des griechischen Psalters unterschieden: den ‚rezipierten Text‘, d. h. den sixtinischen von 1587, und den Text der großen Masse der bei HoP verglichenen Hsn. Jenen nennt er O, diesen O1. Diese Unterscheidung ist fragelos richtig; schon ein Blick in den textkritischen Apparat von HoP bestätigt sie. Überall im Psalter treffen wir Varianten mit entsetzlich langen Reihen von Zeugen, und infolgedessen nehmen die Anmerkungen gerade hier besonders viel Raum in Anspruch. Die große Masse der HoP’schen Hsn. geht also gegen B, die Hauptgrundlage der sixtinischen Ausgabe, zusammen. Nur ein Abschnitt bildet eine Ausnahme: von der Mitte von Ps. 105 an bis Ps. 137 fehlen jene langen Zeugenreihen fast ganz, und die Anmerkungen schrumpfen augenfällig zusammen. Dies ist aber gerade der Abschnitt, in welchem B fehlt. Die Herausgeber der Sixtina haben hier also einen anderen Text, der selbst zu O1 gehört, zugrunde gelegt, und deshalb kommen hier die üblichen Varinaten zwischen O und O1 in Fortfall.“, Rahlfs, Der Text des Septuaginta-Psalters, 1907, 39f. Zur Bezeichnung des Mehrheitstextes als antiochenischer Text, vgl. 2.1 unter Handschriften-Gruppe L. „Allein es ist mit ziemlicher Sicherheit zu beweisen, dass auch eine andere Klasse von Lesarten dieser Recension dem ursprünglichen Septuagintatext näher kommt als die Recepta. Es sind dies im Gegensatz zu den eben angeführten Stellen solche, an denen O1 von MT abweicht, während O an diesen Stellen genau dem Hebräer entspricht. Die hier in Betracht kommenden Stellen sind aber nicht, wie die eben angeführten, Korruptionen, sondern es sind freiere Uebersetzungen, die in der Ergänzung der Copula, des Pronomens u. dgl. bestehen. Bei der Untersuchung der Methode, welche der Uebersetzer bei seiner Arbeit befolgte, wird sich zeigen, dass er sich mancherlei kleine Freiheiten der genannten Art erlaubte. Wo daher eine in dieser freieren Weise gehaltene Uebersetzung vorliegt, und eine andere buchstäbliche, da hat die erstere die Wahrscheinlichkeit der Ursprünglichkeit für sich […]. Ebenso wie über das Vorhergehende ist über die Vertauschung des Numerus und ähnliche Freiheiten bei O1 zu urtheilen. […] In der That lässt sich in der Weise, wie es hier an

1.1 Forschungsüberblick zu den Editionen des LXX-Psalters

19

MT überliefert, kommt Rahlfs in seiner Untersuchung „Der Text des Septuaginta-Psalters“ (1907) zu genau dem umgekehrten Ergebnis, und zwar dass der Kodex Vaticanus (bzw. der von Rahlfs sog. unterägyptische Texttyp) den ursprünglichen Text bewahrt hat, während die Abweichungen im antiochenischen Text sekundär sind. Zu seinem Ergebnis kommt er durch die Untersuchung der Lesarten von den ihm zur Verfügung stehenden griechischen Hsn. und Übersetzungen (insbesondere die bohairische, sahidische und lateinische)39 an 129 Stellen, bei denen der rezipierte Text und der antiochenische Text auseinandergehen.40 Seine Untersuchung ergibt, dass sich die alten griechischen Hsn. und die alten Übersetzungen, die er in drei alte Textformen unterteilt (den unterägyptischen, oberägyptischen und abendländischen Texttyp, abgekürzt: UäOäAb)41, im Ganzen häufiger dem rezipierten Text anschließen und die jüngeren Zeugen dem antiochenischen Text.42 Eine Schlussfolgerung, die er aus dieser Beobachtung zieht, ist, dass sich Baethgens Annahme der häufigen Ursprünglichkeit des antiochenischen Textes nicht verträgt „mit der jetzt nachgewiesenen historischen Stellung von UäOäAb und Vg, denn wenn die genau mit M übereinstimmenden Lesarten erst durch Korrektur nach M entstanden wären, so müßten UäOäAb schon in ältester Zeit nach M korrigiert sein. Also können wir in jenen ‚freieren Übersetzungen‘ nur ein Werk der Rezensorentätigkeit Lucians erblicken.“43 Rahlfs gelangt also zu der Annahme einer Rezension Lukians aus dem 3. Jh. n. Chr. im Wesentlichen, weil er die Möglichkeit ausschließt, dass bereits Texte aus ältester Zeit (d. h. vor Origenes) eine Textform überliefert haben

39

40 41 42

43

einzelnen Beispielen versucht ist, bei einer ganzen Reihe von Stellen nachweisen, dass die freiere Uebersetzung der Recension O1 die ursprüngliche ist, und die unbedingte Bevorzugung des Vaticanus ist somit sehr ungerechtfertigt, vielmehr weist er deutliche Spuren einer Korrektur nach dem hebräischen Text auf.“, Baethgen, Der textkritische Werth, 1882, 409. Auch de Lagarde hatte bereits in der Regel die Textform, die vom MT abweicht, bevorzugt, vgl. Lagarde, Anmerkungen, 1863, 3. Für eine genaue Auflistung der griechischen Hsn. und weiteren Übersetzungen, die Rahlfs in seiner Untersuchung einbezogen hat, vgl. Rahlfs, Der Text des SeptuagintaPsalters, 1907, 4–35. Vgl. Rahlfs, Der Text des Septuaginta-Psalters, 1907, 40f. Vgl. Rahlfs, Der Text des Septuaginta-Psalters, 1907, 108f. Vgl. Rahlfs, Der Text des Septuaginta-Psalters, 1907, 53. Das bedeutet jedoch selbstverständlich nicht, dass der antiochenische Text gar nicht in alten Hsn. bezeugt wäre: vgl. a. a. O., 55: „Hiernach ergibt sich folgendes Gesamtbild der geschichtlichen Entwickelung. In alter Zeit gab es verschiedene Textformen nebeneinander, die jedoch zumeist eine größere Verwandtschaft mit B zeigten. Im Laufe der Zeit aber wurden die B-ähnlichen Texte überall durch Gvulg zurückgedrängt, auch im Abendlande, wo wir schon im 7. Jahrh. in T fast ganz den gewöhnlichen Text finden. Zur Zeit der Minuskelschrift besitzt Gvulg so gut wie unbestritten die Alleinherrschaft, wenn sich auch vereinzelt noch B-Lesarten erhalten haben.“ Vgl. auch a. a. O., 56: „Neben den mehr B-ähnlichen Texten taucht schon im 5. Jahrh. in A ein Zeuge auf, der sich entschieden mehr zu Gvulg hinüberneigt.“ Rahlfs, Der Text des Septuaginta-Psalters, 1907, 231.

20

1 Einleitung

können, die an den MT angepasst wurde (gerade eine solche Anpassung an den [proto]masoretischen Text „in ältester Zeit“, ist jedoch heute durch die Funde biblischer Texte aus Qumran bzw. der judäischen Wüste bestätigt, dazu s. u. Kap. 1.2.4). Rahlfs’ Schlussfolgerung aus seiner Untersuchung „Der Text des Septuaginta-Psalters“ (1907) wurde prägend für seine eklektische Edition des Psalters „Psalmi cum Odis“ (1931)44 und zeigt sich in den vier Regeln, die Rahlfs seiner Edition in den Prolegomena voranstellt.45 Seine Prämisse der grundsätzlichen Bevorzugung der alten Textzeugen gegenüber den jüngeren46 wird explizit in der ersten Regel geäußert: „1) Wenn die drei alten Textformen, die unteräg., oberäg. und abendländ. (§ 3–5), zusammengehn, ist ihre Lesart in der Regel aufgenommen.“47 Von den alten Hsn. werden insbesondere der Kodex Vaticanus und Kodex Sinaiticus bevorzugt, wie sich in seiner vierten Regel zeigt: „4) In zweifelhaften Fällen schließe ich mich an B´ an. Wenn aber B´ alleinstehen, stelle ich sie hinter den übrigen zurück.“48 Aus der Bevorzugung der alten Textzeugen folgt die Bevorzugung der Lesarten, in denen diese (oder einige von diesen) mit dem MT übereinstimmen: „2) Da die alten Zeugen sehr oft gegen die jüngeren mit M zusammengehn, habe ich in Fällen, in denen sie voneinander abweichen, in der Regel diejenige Lesart bevorzugt, die mit M übereinstimmt“49. D. h. vorzugsweise entscheidet sich Rahlfs für einen Text, der dem MT nahesteht (gegen Baethgen und de Lagarde, s. o.). Grund dafür ist seine Entscheidung, die er in „Der Text des Septuaginta-Psalters“ (1907) getroffen hat, und zwar der Ausschluss der Möglichkeit, dass „UäOäAb schon in ältester Zeit nach M korrigiert“50 wurden. An den Stellen, an denen die jüngeren Zeugen dagegen mit dem MT übereinstimmen, geht Rahlfs von einer sekundären Anpassung an den MT aus: „3) Wenn die alten Zeugen von M abweichen, aber die jüngeren (Origenes, Lukian, öfters auch die von der Hexapla beeinflußte Hs. S) mit M zusammengehn, folge ich den alten Zeugen, da Origenes und Lukian nach M korrigiert haben.“51 Mit diesen Regeln steht Rahlfs in deutlichem Gegensatz zu Lagardes Axiomen aber auch zu den Beobachtungen von Baethgen. Während für Lagarde die vom MT weiter entfernte Textform die 44 45 46

47 48 49 50 51

In dieser berücksichtigte er außerdem die Arbeit von Emil Große-Brauckmann zu Theodoret von Kyrrhos, vgl. Große-Brauckmann, Psaltertext bei Theodoret, 1911. Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 71f. Ähnlich stellt auch Pietersma fest, dass Rahlfs vier Regeln zur Rekonstruktion des ältesten Textes auf zwei Vorannahmen basieren, nämlich der Spätdatierung des lukianischen Textes und der Voraussetzung des hohen Alters der anderen Textgruppen, was besonders im Vergleich der 2. und 3. Regel auffällt, vgl. Pietersma, Present State, 2000, 24. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 71. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 72. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 72. Rahlfs, Der Text des Septuaginta-Psalters, 1907, 231. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 72.

1.1 Forschungsüberblick zu den Editionen des LXX-Psalters

21

ältere war, ist es bei Rahlfs de facto umgekehrt. Im Grunde geht Rahlfs primär nach dem Alter der Handschriften. Da der Kodex Vaticanus der älteste und am besten erhaltene Textzeuge ist bzw. zur Zeit von Rahlfs war, erhält er und damit dessen dem masoretischen Text nahestehende griechische Textform den Vorrang. Das hängt auch damit zusammen, dass sich Rahlfs, wie oben zitiert, eine „frühe“ hebraisierende Bearbeitung nicht vorstellen kann. Durch seine Regeln wird eine solche hebraisierende Rezension, die vor den alten Zeugen stattgefunden hätte, nahezu gänzlich ausgeschlossen.

1.1.3 Kritik an Rahlfs’ Methodik Die Kritik an Rahlfs’ Modell betrifft insbesondere seine Voraussetzung des bi-polaren Modells Baethges und seine damit verbundene Behandlung der großen Masse der jüngeren Hsn. als monolithischen Gegenpol zum Vaticanus und die grundsätzliche Geringschätzung dieses von ihm als lukianischer Text bezeichneten Texttyps. Bereits Hedley betrachtete in seiner Rezension zu „Psalmi cum Odis“ die Herausarbeitung und Bewertung von alten Elementen im lukianischen Text als die wichtigste verbleibende Arbeit am griechischen Psalter.52 Pietersma hat sich dieser Kritik angeschlossen und betrachtet als methodisch besonders problematisch, dass Rahlfs oft das Zeugnis weniger lukianischer Hsn., die möglicherweise alte Elemente erhalten haben, stillschweigend übergeht und L dadurch als Monolith erscheinen lässt.53 Als weiteren Kritikpunkt nennt Pietersma, dass die Zusammenstellung der Textgruppen bei Rahlfs anhand 129 charakteristischer Lesarten gleich52

53

„No more important piece of work remains to be done on the Greek text of the Psalms than the disentanglement of the ancient element in the Lucianic text and the estimation of its value.“, Hedley, Göttingen Investigation, 71 Vgl. Pietersma, Present State, 2000, 16.21.24. Bei Rahlfs wurden nur Varianten von L aufgenommen, in denen mindestens drei (gelegentlich auch nur zwei) Hsn. die Lesart bezeugen, vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 62. Pietersma, Present State, 2000, 26f., geht für die Textgeschichte des LXX Psalter statt von einer bi-polaren Entwicklung eher von einem „leveling process“ aus. Unter „leveling process“ versteht Pietersma, dass durch die häufige Abschreibung des Textes mit zahlreichen Veränderungen und einem hohen Anteil an traditionellem Material zu rechnen ist, sodass die ursprüngliche Septuaginta z. T. nur in vereinzelten Hsn. und z. T. gar nicht mehr erhalten ist, vgl. ebd. Er plädiert folglich für mehr Emendationen, was zwar seine Berechtigung hat (auch Hedley war der Meinung, dass Rahlfs, was Emendationen angeht, sehr zurückhaltend war, vgl. Hedley, Göttingen Investigation, 1933, 71), für die Rekonstruktion der ursprünglichen Septuaginta zunächst jedoch zweitrangig ist, da es sich um Einzelfälle handelt, die wenig Licht auf die Textüberlieferung des Psalters werfen können. Die vordergründige Aufgabe besteht viel mehr darin, zu einem differenzierten Urteil in den großen Differenzen der unterschiedlichen Textgruppen zu gelangen und die für die Entstehung der Textgruppen verantwortlichen Revisionen zu identifizieren.

22

1 Einleitung

ermaßen auf ursprünglichen und sekundären Lesarten basiert. Übereinstimmungen von Hsn. in ursprünglichen Lesarten können jedoch nicht als Indiz für Verwandtschaft gewertet werden, sondern zunächst einmal nur die jeweils individuelle Unabhängigkeit von einer von der ursprünglichen Septuaginta abweichenden Handschrift bzw. Handschriften-Tradition aufweisen.54 Außerdem steht die Zuordnung von zahlreichen Fragmenten auf sehr wackeligem Boden, da die Auswahl von 129 Test-Lesarten zu gering ist, insbesondere angesichts dessen, dass der Kodex Vaticanus für zweiundzwanzig der Stellen nicht bezeugt ist.55 Auf die Textgruppen von Rahlfs wird folglich in der hier vorliegenden Untersuchung zunächst nur unter Vorbehalt rekurriert und es bleibt zu prüfen, inwieweit sich die Textgruppen bewähren. Das von Pietersma kritisierte bei Rahlfs von Baethgen aufgenommene bi-polare Modell hat m. E. dagegen jedoch seine Berechtigung, da sich deutlich die Tendenz erkennen lässt, dass Abweichungen vom rezipierten Text bei den von Holmes und Parsons kollationierten jüngeren Hsn. entweder vom Großteil der Hsn. oder nur sehr vereinzelt bezeugt sind und folglich (zumindest im bislang erschlossenen Material) deutlich eine geschlossene Textform zu erkennen ist, die sich von der sog. rezipierten Textform unterscheidet.56 Die entscheidende Frage ist weniger, ob der „lukianische“ Text – wie Pie-

54 55

56

Vgl. Pietersma, Present State, 2000, 17. Vgl. a. a. O., 15.18. Ausführlich dazu, vgl. auch Boyd-Taylor, Manuscript Groupings, 98–124. bes. 103f. Für eine Zusammenfassung der Kritik von Pietersma, vgl. Emmenegger, Text des koptischen Psalters, 2007, 10f. Vgl. Baethgen, Der textkritische Werth, 1882, 407. Eine sinnvolle Herausarbeitung von unterschiedlichen antiochenischen Textformen (sofern man hier überhaupt von unterschiedlichen Textformen sprechen kann) wird erst auf Grundlage einer Neuedition der Psalmen möglich sein, die alle relevanten griechischen Hsn. und auch die Kirchenväter, insbesondere Theodoret, vollständig erfasst. Zur Bedeutung von Theodoret für die Beurteilung des antiochenischen Textes, vgl. Rahlfs, Der Text des Septuaginta-Psalters, 1907, 171–178 (bes. 171.177). Im „Byzantine Psalter Project“ wurde unter Pietersma bereits der Versuch der Identifikation von antiochenischen Untergruppen unternommen, vgl. Hiebert, „Syrohexaplaric“ Psalter, 1989, 236–240; Hiebert, „Syrohexaplaric“ Psalter, 2000, 124; Pietersma, Present State, 2000, 21. Mehr als 400 Hsn. wurden untersucht und 40 Gruppen identifiziert. Das Projekt kann jedoch nur als „Probe“ bezeichnet werden, da erstens der Fokus auf 299 ausgewählten Lesarten lag, die repräsentativ für die verschiedenen Textgruppen des Psalters sind, zweitens das Computerprogramm häufig Gruppen auch nur aufgrund von einer handvoll „key readings“ zu einer Gruppe zusammenlegte und drittens manche dieser „key readings“ im Zusammenhang mit einer singulären Kombination von Lesarten standen, von denen einige zu anderen Textgruppen gehörten, vgl. Hiebert, „Syrohexaplaric“ Psalter, 2000, 131. Das Ergebnis der Untersuchung bestätigte aber zunächst einmal eine gewisse Geschlossenheit der antiochenischen Textgruppe: „The overall profile of each of these groups proved to be quite similar, as might be expected given the fact that they are all part of the same family.“, Hiebert, Syrohexaplaric, 1989, 237.

1.1 Forschungsüberblick zu den Editionen des LXX-Psalters

23

tersma betonen will57 – gelegentlich im Zeugnis weniger „lukianischer“ Hsn. alte Elemente erhalten hat (zumal diese wenigen Hsn. gar nicht repräsentativ für den „lukianischen“ Texttyp sind, da sie gerade von der geschlossenen „lukianischen“ Textgruppe abweichen), sondern viel mehr, wie die geschlossene Textform, die sich in den jüngeren Hsn. erkennen lässt, zu beurteilen ist. Eine Kritik an Rahlfs’ Edition ist m. E. an genau dieser Stelle, der Beurteilung des „lukianischen“ Texttyps, anzusetzen. Pietersma verbleibt in Rahlfs’ Hochschätzung der Textform, die dem MT nahesteht. Er geht sogar noch weiter und vermutet, dass die ursprüngliche Septuaginta dem MT noch näher stand, als der von Rahlfs rekonstruierte Text.58 Ein wesentlicher Grund dafür ist seine Untersuchung des damals bekannt gewordenen P. Bodmer XXIV (Ra 2100), der diese Eigenheit aufweist.59 Wie oben dargestellt (vgl. 1.1.2), besteht Rahlfs’ Hauptargument für die Bevorzugung des dem MT nahestehenden Textes (gegen de Lagarde und Baethgen) jedoch in seiner Bevorzugung der alten Kodizes und in seinem Ausschluss der Möglichkeit, dass „UäOäAb schon in ältester Zeit nach M korrigiert“ 60 haben bzw. auf eine solche Korrektur zurückgehen. Aber eine solche frühe Korrektur nach dem (proto)masoretischen Text, die Rahlfs offensichtlich für nicht möglich hielt und nicht weiter erwog, ist durch die Funde biblischer Texte aus Qumran bzw. der judäischen Wüste bestätigt. Die von Barthélemy anhand der griechischen Zwölfpropheten-Rolle aus Naḥal Ḥever identifizierte kaige-Rezension bezeugt genau diese „schon in ältester Zeit“, nämlich bereits ab dem 1. Jh. v. Chr., erfolgte Korrektur „nach M“, also in Richtung des (proto)masoretischen Textes (vgl. ausführlicher dazu in 1.2.1). Insofern sind auch von Rahlfs eigenen Überlegungen her die textgeschichtlichen Verhältnisse neu zu untersuchen. Für die Suche nach der ursprünglichen Septuaginta ist ein entscheidender Schritt, die neuen Erkenntnisse zu hebraisierenden Tendenzen bereits vor Origenes mit einzubeziehen und sich von Rahlfs’ Bevorzugung der alten Zeugen, d. h. vor allem des Kodex Vaticanus, – und damit eines dem MT nahestehenden griechischen Textes – zu lösen. Auf dieser Grundlage ist ein neuer Text nach den klassischen textkritischen Regeln zu rekonstruieren. Erst dann lässt sich beurteilen, ob sich die Bevorzugung der älteren Kodizes bewährt, oder ob die jüngeren Hsn., die vom MT abweichen, auch häufiger den ursprünglichen griechischen Text bewahrt haben, während die alten Zeugen eine spätere hebraisierte Textform darstellen können.

57 58

59 60

Vgl. Pietersma, Present State, 2000, 26f. Vgl. Pietersma, Ra 2110, 2013, 85. Ähnlich auch Ralph Brucker: „Als Tendenz läßt sich absehen, daß die größere Nähe zum MT gegen B + S nicht immer ein Produkt späterer Angleichung/ Rezension sein muß, sondern in manchen Fällen die ältere Fassung bewahren kann.“, Brucker, Textgeschichtliche Probleme, 2012, 93. Vgl. Pietersma, Ra 2110, 2013, 85. Rahlfs, Der Text des Septuaginta-Psalters, 1907, 231.

24

1 Einleitung

1.2

Forschungslage und Methodik

Der Einblick in den Stand der Forschung und die sich daraus ergebenden methodischen Erwägungen erfolgen mit einem Fokus auf die Aspekte, die für die Rekonstruktion des ältesten griechischen Psalmentextes und seiner frühen Revisionen von Relevanz sind.

1.2.1 Historische Kontextualisierung Eine historische Kontextualisierung sowohl der ursprünglichen Septuaginta, als auch der späteren Revisionen und Editionen ist insofern notwendig, als sie auf der einen Seite Beobachtungen zur Übersetzungstechnik Erkenntnisse zum historischen Entstehungskontext liefern können (z. B. die stark rezipierte Beobachtung, dass die im LXX-Psalter verwendeten Vokabeln βᾶρις und πυργόβαρις, „Palast, Burg“, auf palästinisches Sprachkolorit weisen)61 und auf der anderen Seite eine historische Kontextualisierung textkritische Entscheidungen begründen kann (z. B. lassen sich christliche Zusätze62 als sekundäre Ergänzungen identifizieren). 63 Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass eine Datierung des LXX-Psalters aufgrund der Übersetzungstechnik immer nur unter Vorbehalt erfolgen kann, da der rekonstruierte ursprüngliche Text zu einem gewissen Grad auch immer die Rekonstruktionsprinzipien der jeweiligen Bearbeiter einer kritischen Edition widerspiegelt.64 Das gilt insbesondere für den Septuaginta-Psalter, bei dem der Rahlfs-Text wie oben herausgestellt i. d. R. zugunsten der dem MT nahestehenden Lesart

61

62

63

64

Venetz weist auf die Aussage bei Hieronymus hin, dass die Verwendung der Worte βᾶρις und πυργόβαρις für „Palast, Burg“ charakteristisch für das in Palästina gesprochene Griechisch ist und bietet eine Übersicht der Stellen, bei denen das Wort βᾶρις sonst noch begegnet, vgl. Venetz, Quinta, 1974, 81–83. Daraus lässt sich jedoch noch lange kein palästinischer Ursprung des LXX Psalters ableiten, sondern nur, dass die Übersetzer mit dem in Palästina gesprochenen Griechisch vertraut waren, vgl. dazu Gzella, Eschatologie und Anthropologie, 2002, 48f. Z. B. die Ergänzung von „ἀπὸ τοῦ αἵματος τοῦ ξύλου“ in Ps 51(50),9 in einigen oberägyptischen Hsn. „Entsündige mich mit Ysop durch das Blut des Holzes“, vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 31. „Such a framework is necessary since discussions about various types of translation technique will not be productive, nor will the early history of this translation be clarified, without such contextualization.“, Gentry, καίγε Tradition, 2001, 75. Für einen Forschungsüberblick zur Entstehungszeit und Entstehungsort des LXX Psalters und einer Abwägung der wichtigen Argumente für die unterschiedlichen Thesen, vgl. Cordes, Asafpsalmen, 2004, 15–19, sowie Bons/ Brucker, LXX.H1, 2016. Vgl. Kreuzer, LXX.H1, 2016, 53.

1.2 Forschungslage und Methodik

25

entscheidet (vgl. 1.1.2; 1.1.3), was fälschlicherweise die Annahme einer Nähe des Psaltersübersetzers zur kaige-Gruppe verstärkt. 65 Die Datierung des Psalters reicht in der Forschung von der ersten Hälfte des zweiten Jh. v. Chr. bis ins späte erste Jh. v. Chr.66 Ein früherer Zeitpunkt kommt nicht in Frage (zumindest wenn man davon ausgeht, dass der Psalter in einem Zug übersetzt wurde), da die Endredaktion des hebräischen Psalters erst in der ersten Hälfte des 2. Jh. v. Chr. abgeschlossen wurde.67 Da für das griechische Jesajabuch, das vermutlich um 140 v. Chr. übersetzt worden ist,68 eine Abhängigkeit vom Psalter nachgewiesen wurde,69 ist am wahrscheinlichsten mit einer Datierung Mitte des 2. Jh. v. Chr. zu rechnen.70 Als Entstehungsort werden insbesondere Palästina71 oder Alexandria72 diskutiert, wobei die Argumente für eine Entstehung in Alexandria überwiegen.73 Es ist 65

66

67 68 69 70

71

72

73

Wobei auch schon auf Grundlage des Rahlfs-Textes eine Nähe des LXX Psalters zur kaige-Rezension fragwürdig ist, vgl. dazu Cordes, Asafpsalmen, 2004, 15; Harl u. a., Bible grecque, 1994, 104. Eine Nähe zur kaige-Rezension und damit verbunden eine palästinische Herkunft des LXX Psalters ist insbesondere von van der Kooij vertreten worden, vgl. Kooij, Place of Origin, 1983, 73, im Anschluss an Venetz, der sich für eine sprachliche Nähe des LXX Psalters zur kaige-Rezension ausgesprochen hat, vgl. Venetz, Quinta, 1974, 80–84. Für eine späte Datierung, vgl. z. B. Koij, Place of Origin, 1983, 73. Für eine frühe Datierung, vgl. Loewenstamm, Historical Background, 1992, 290 und Munnich, Etude lexicographique, 1982. Vgl. Cordes, Asafpsalmen, 2004, 19. Vgl. Seeligmann, Isaiah, 1948, 70–91 und Kooij, Textzeugen des Jesajabuches, 1981, 71–73. Vgl. Seeligmann, Isaiah, 1948, 71f. und Aejmelaeus, Joy in the Greek Psalter, 2003, 511f. Vgl. Cordes, Asafpsalmen, 2004, 19. Schaper argumentiert aufgrund historischer Anspielungen für eine Entstehung erst um 104 v. Chr., vgl. Schaper, Dokument jüdischer Eschatologie, 1994, 60f.; Schaper, Eschatology, 1995, 45; Schaper, Septuaginta-Psalter, 1998, 172. Kritisch gegenüber Schaper u. a. Gzella, Eschatologie und Anthropologie, 49–52, mit der Schlussfolgerung: „Die Suche nach einer präzisen Datierung des Septuaginta-Psalters aufgrund historischer Anspielungen endet somit, nach dem gegenwörtigen Kenntnisstand, aporetisch. Bedenkt man die herausragende Bedeutung des Psalters in der Liturgie des Zweiten Tempels und als persönliches Gebets- und Meditationsbuch, dürfte er jedoch eher früher als später übersetzt worden sein, vielleicht in einem nicht allzu großen Abstand zum Pentateuch.“, a. a. O., 52. Vgl. Venetz, Quinta, 1974, 80–84 und Kooij, Place of Origin, 1983. Van der Kooij räumt mittlerweile jedoch auch die Möglichkeit einer ägyptischen Herkunft des Septuagintapsalters ein, sofern man von einer Übersetzung durch jüdische Gelehrte mit einem jüdischen Hintergrund ausgeht, vgl. Kooij, Septuagint of Psalms, 2001, 246. Vgl. Pietersma, Place of Origin, 2001, 258–268 und Gentry, καίγε Tradition, 2001, 79. Die meisten Bücher der Septuaginta wurden in Alexandria übersetzt, für eine Zuordnung der einzelnen Bücher, vgl. Harl u. a., Bible Greque, 1994, 96. Vgl. Pietersma, Place of Origin, 2001, 273: „A convincing case for Palestine has yet to be made.“ Für eine Auflistung von Stellen, die für eine ägytpische Herkunft

26

1 Einleitung

also vermutlich von einer Übersetzung des Psalters Mitte des 2. Jh. v. Chr. in Alexandria auszugehen, die aus der Notwendigkeit entstand, dass viele ägyptische Juden Hebräisch nicht mehr verstanden und ohne Übersetzung nicht mehr auskamen.74 Die wichtige Bedeutung des Psalters im Gottesdienst und als persönliches Gebetbuch lässt eine einerseits sehr genaue, andererseits durchaus auch zielsprachlich orientierte Übersetzung des Psalters vermuten. Für die Überlieferung des LXX-Psalters wurden hebraisierende Rezensionen traditionell am deutlichsten im 1. und 2. Jh. n. Chr. im Ringen um den griechischen Bibeltext zwischen Judentum und Christentum verortet (bezeugt durch die jüdischen Rezensionen des 2. Jh.s und später aufgenommen bei Origenes).75 Dagegen ist durch die Naḥal Ḥever Rolle eine hebraisierende Rezension der Septuaginta nun bereits ab dem 1. Jh. v. Chr. bezeugt. Diese sog. kaige-Rezension bezeugt eine bereits innerjüdische, vorchristliche Bearbeitung der ursprünglichen Septuaginta. Dass bereits im ausgehenden 2. Jh. v. Chr. die Autorität und Berechtigung der griechischen Übersetzung in Frage gestellt wurde, ist durch den Aristeasbrief bezeugt. Der (proto)masoretische Text gewann in hasmonäischer Periode im palästinischen Judentum an Bedeutung.76 Der Aristeasbrief stellt eine Verteidigung der Septuagtina dar (um 120 v. Chr.), die sich jedoch nicht durchsetzte. Für die Folgezeit ist vermutlich von einer innerjüdischen Anpassung der Septuaginta an den MT in Palästina auszugehen.77 Die sog. jüngeren jüdischen Übersetzungen bzw. Rezensionen setzen also im Grunde diesen Rezensions-

74 75

76

77

sprechen, vgl. Pietersma, Place of Origin, 2001, 258–268.Vgl. auch kritisch gegenüber einer Entstehung in Palästina, Cordes, Asafpsalmen, 2004, 15–17. Vgl. Würthwein, Text des Alten Testaments, 53. Vgl. auch Hanhart, Entstehung der LXX, 1999, 22f. Vgl. auch Olofsson, Jewish Interpretive Tradition, 2009, 101: „Generally speaking, translation of the Old Testament was regarded with great misgiving. According to the Talmud, Rabbi Judah bar Ilai, a student of Rabbi Akiba around the end of the first century CE, stands behind the pronouncement that ‘he who translates a verse literally is a liar and he who adds is a blasphemer.’ (Tosefta, Meg 4.4.1. See also Bab. Talm. Qidd, 49a. The translation is from Tal, ‚Samaritan Targum‘, 200.)“ Zu den jüdischen Rezensionen (einschließlich kaige) und Origenes, vgl. z. B. Fischer, TAT, 128–138. Vgl. Tov, Textual Criticism, 2012, 178f.: „There was no movement from pluriformity to uniformity but, in the words of van der Woude, 163, ‘there was a basically uniform tradition besides a pluriform tradition in Palestine Judaism in the last centuries BC.’ The internal stability of the M-group was intentional, but the apparent stability throughout Israel was not a planned process. When analyzing the situation throughout Israel, and noting that all the texts were textally stable after 70 CE, we are not faced with the result of planned developments in ancient Israel, but rather with a situation that was merely the result of historical events.“ Siehe dazu auch Kreuzer, Von der Vielfalt zur Einheitlichkeit, 2003, bzw. ders., From ’Old Greek‘ to the Recensions, 2015. Vgl. Kreuzer, Recensions, 2006, 237.

1.2 Forschungslage und Methodik

27

prozess fort, wobei Theodotion möglicherweise mit der kaige-Rezension zu identifizieren und folglich weitaus früher anzusetzen ist.78 Abgesehen von den hebraisierenden Rezensionen lassen sich in den griechischen Psalterhandschriften auch spätere Überarbeitungen aufweisen, die gegenüber dem MT einen freieren Text darstellen. Rahlfs hat versucht, diese Überarbeitungen mit einer hesychianischen und lukianischen Revision historisch zu verorten,79 wobei sich heute nur noch die These einer lukianischen Revision gehalten hat.80 Auch diese steht jedoch nach den neuen Erkenntnissen zu den frühen hebraisierienden Rezension und dem dadurch zur Disposition stehenden Rahlfs-Text auf unsicherem Boden. Die Annahme einer lukianischen Rezension basiert auf dem bekannten Zeugnis des Hieronymus in seiner Vorrede zur Übersetzung der Chronik, in der er von einer dreifachen Textgestalt (trifaria varietas) spricht, dem Text des Hesychius in Alexandrien und Ägypten, des Lukian im Gebiet zwischen Antiochien und Konstantinopel und des Origenes in Palästina.81 Neben dieser Aussage steht jedoch auch noch eine andere Aussage des Hieronymus in seinem Brief an Sunnia und Fretela, in dem er nur zwischen zwei Textformen, nämlich dem hexaplarischen Text des Origenes und dem allgemeinen (koine) Text, der „jetzt die lukianische genannt wird“82, unterscheidet.83 Besonders interessant ist hierbei zum einen, dass der lukianische Text als die allgemein verbreitete Textform genannt wird, und zum anderen, dass er „jetzt“, d. h. noch nicht lange, als solcher bezeichnet wird.84 Womöglich wurde die verbreitete Version der Septuaginta mit dem Exegeten und Märtyrer Lukian verbunden, um ihr eine 78 79 80

81

82 83 84

Daher wird oft vom kaige-Thedotion-Text gesprochen, z. B. Tov, Textual Criticism, 142f., vgl. dazu Kreuzer, LXX.H1, 2016, 62. Vgl. z. B. Rahlfs, Der Text des Septuaginta-Psalters, 1907, 228f.235–237. Gegen eine Rezension Hesychs, vgl. z. B. Schenker, Bibeltext, 2013, 177: „Die Rezension Hesychius’ hat wohl nie existiert.“ Vgl. auch Brock, Rezension, 1968, 577f. und Ziegler, Isaias, 1939, 23; Ausführlich zum Thema mit einer differentierten Beruteilung des Zeugnisses des Hieronymus von der trifaria varietas, vgl. Kreuzer, LXX.H1, 2016, 68–74. Vertreten wurde eine hesychianische Rezension zuletzt noch von Albrecht, Rezension des Hesych, 2016, 360–362. Es ist interessant, dass zwischen 1907 und 1926 auch Rahlfs selbst schon gegenüber einer hesychianischen Rezension zurückhaltend geworden war. In der Einleitung zu seiner Genesis-Ausgabe schreibt er: „Daß das, was ich hier biete, noch viel weniger als das im Buch Ruth Gebotene dem Lagardeschen Ideal eines Aufbaues nach den berühmten Rezensionen des Origenes, Lukian und Hesych entspricht, verkenne ich keineswegs. Aber wenn wir vorwärtskommen wollen, müssen wir uns nicht von vorgefaßten Theorien, sondern lediglich von dem gegebenen Material leiten lassen.“, Rahlfs, A., Genesis, Septuaginta: Vetus Testamentum Graecum I, Stuttgart, 1926, Einleitung. Vgl. ausführlich zu den Aussagen des Hieronymus in seiner Vorrede zur Übersetzung der Chronik und in seinem Brief an Sunnia und Fretela, Kreuzer, LXX.H1, 2016, 73– 75. Hieronymus, zitiert nach Kreuzer, LXX.H1, 2016, 74. Vgl. Kreuzer, LXX.H1, 2016, 74. Vgl. Kreuzer, LXX.H1, 2016, 74.

28

1 Einleitung

„sowohl gelehrte als auch kaiserliche Approbation zu verleihen“85. In jedem Fall lässt sich festhalten, dass es zwar Hsn. gibt, die als lukianisch gekennzeichnet sind, dass aber eine lukianische Rezension historisch nicht explizit bezeugt ist.

1.2.2 Die hebräische Vorlage Die Septuaginta bezeugt an verschiedenen Stellen eine vom MT abweichende hebräische Vorlage, die manchmal auch in anderen mittelalterlichen hebräischen Hsn. oder Qumran-Hsn. bezeugt ist. Tov’s Untersuchungen zu den Qumran-Hsn. haben ergeben, dass die der Septuaginta nahestehenden Hsn. untereinander jedoch nicht so verwandt sind, dass sie eine Textfamilie bilden würden. Was sie verbindet, ist einzig, dass Hsn. mit entsprechenden Textformen als Vorlagen der Septuaginta ausgewählt wurden.86 Methodisch ist daraus folglich zu beachten, dass keine allgemeinen Charakteristiken eines bestimmten hebräischen Texttyps existieren, die für die Rekonstruktion der hebräischen Vorlage der Septuaginta zu Rate gezogen werden könnten, und dass auch nicht bestimmte Hsn., die tendenziell einen der LXX nahestehenden Text bieten, bevorzugt für die Rekonstruktion der hebräischen Vorlage herangezogen werden können.87 An den Stellen, bei denen eine LXX-Lesart durch Qumran Hsn. gestützt wird, ist aufgrund der zeitlichen Nähe die Wahrscheinlichkeit recht hoch, von einer hebräischen Vorlage auszugehen, sofern nicht ausschlaggebende Gründe dagegen sprechen. Sind dagegen keine hebräischen Zeugen oder nur spätere hebräische Zeugen, bzw. indirekte Zeugen eines hebräischen Textes (z. B. die Peschitta, die i. d. R. auf einen hebräischen Text beruht, auch wenn sie Einflüsse der Septuaginta aufweist)88 für eine Abweichung der Septuaginta vom MT belegt, ist eine Entscheidung, wann eine Rückübersetzung von der Septuaginta auf einen hebräischen Text berechtigt ist, weitaus schwieriger.89 Für die hier vorliegende Untersuchung ist eine Ermittlung der hebräischen Vorlage der Septuaginta insbesondere für die Untersuchung der Übersetzungstechnik des LXX-Psalters von Relevanz. Denn inhaltliche und stilistische Abweichungen vom MT, die auf eine hebräische Vorlage des Überset85 86

87 88 89

Kreuzer, LXX.H1, 2016, 74. Vgl. Tov, Qumran Hebrew Texts, 2012, 14; Tov, Contribution of the Qumran Scrolls, 40–42; Vgl. auch Olofsson: „Furthermore, the term ‚septuagintal scroll‘ is confusing, since LXX as a whole is not based on a Hebrew text with specific textual characteristics.“ Vgl. ähnlich Olofsson, Qumran and the Septuagint, 2009, 182. Vgl. dazu 2.3.3. Genaue Kriterien dafür wurden laut Olofsson bislang nicht bestimmt, vgl. Olofsson, Qumran and the Septuagint, 2009, 181.

1.2 Forschungslage und Methodik

29

zers zurückzuführen sind, aber nicht als solche erkannt werden, verfälschen das Ergebnis zur Übersetzungstechnik. Da das gleiche auch für Verlesungen durch den Übersetzer gilt, ist für die vorliegende Arbeit, in der nicht die Rekonstruktion der hebräischen Vorlage im Fokus steht, sondern die Rekonstruktion des Textbestands und der Übersetzungstechnik der ursprünglichen Septuaginta, eine Differenzierung zwischen Abweichungen vom MT, die auf eine tatsächliche hebräische Vorlage zurückgehen und Abweichungen, die auf eine Verlesung des Übersetzers zurückgehen, nicht notwendig. Als übergeordnete Regel kann gelten: Für jede Abweichung, die sich leichter als Abschreibfehler im Hebräischen als durch innergriechische Entwicklungen erklären lässt, ist eine abweichende Vorlage oder eine Verlesung des Übersetzers zu vermuten und folglich nicht von einer intendierten Abweichung des Übersetzers auszugehen. Für die Verlesungen werden insbesondere auch mittelalterliche Hsn., und indirekte Zeugen des hebräischen Textes interessant, die zwar möglicherweise nicht auf eine direkte Vorlage der Septuaginta weisen, jedoch Zeugen dafür sind, dass eine Verlesung an der betroffenen Stelle gut denkbar ist.

1.2.3 Die Übersetzungstechnik Die Septuaginta hat eine längere Entstehungsgeschichte. Dabei lassen sich zwischen den einzelnen biblischen Büchern unterschiedliche Übersetzungstechniken erkennen. Die Spannbreite reicht von einer isomorphen Übersetzungsweise, die den hebräischen Text auch formal möglichst genau widergibt, bis hin zu einer freien Übersetzung wie sie z. B. für das Hiobbuch und die Sprüche bezeugt ist, in denen Ergänzungen und Auslassungen ganzer Abschnitte und zahlreiche Neuinterpretationen zu erkennen sind.90 Die Übersetzungstechnik des LXX-Psalters ist in der Forschung umstritten. Auf der einen Seite stehen Arbeiten (z. B. Ervin und Schaper), die „den SeptuagintaPsalter gewissermaßen als eigenständiges Dokument jüdischer Religionsgeschichte auffassen“91, sodass ihrer Meinung nach die Theologie des Übersetzers bewusst in die Übersetzung mit eingeflossen ist, und auf der anderen Seite stehen Arbeiten (z. B. Flashar, Olofsson und Austermann), die den Septuaginta-Psalter vorrangig als griechische Übersetzung der hebräischen Vorlage verstehen.92 Austermann plädiert dabei für eine Unterscheidung 90

91 92

Für eine graphische Darstellung der ungefähren Entstehungszeit und dem Profil der einzelnen Übersetzungen (zwischen freier Bearbeitung, zielsprachlicher Übersetzung und wörtlicher ausgangssprachlicher Übersetzung), vgl. Fischer, TAT, 123. Die Psalmen werden dort mittig als zielsprachlich orientierte Übersetzung eingeordnet. So auch schon Baethgen, Der textkritische Werth, 1882, 423. Austermann, Von der Tora zum Nomos, 2013, 15. Vgl. Austermann, Von der Tora zum Nomos, 2003, 15–17 und ausführlich zu den unterschiedlichen Positionen, a. a. O. 17–32. Van der Kooij unterscheidet zwischen

30

1 Einleitung

zwischen Übersetzungsweise und Interpretation.93 Mit Übersetzungsweise werden Abweichungen vom MT beschrieben, die sich auf übersetzungstechnische Gründe zurückführen lassen, und mit Interpretation Abweichungen, die eine bewusst intendierte inhaltliche Abweichung des Übersetzers darstellen.94 Folglich ist methodisch, bevor man von einer Interpretation des Übersetzers sprechen kann, zunächst zu überprüfen, ob sich die Abweichung nicht auch aus Gründen der Übersetzungsweise erklären lässt (z. B. eine Ableitung von einem anderen hebräischen Wort, eine besondere Berücksichtigung des textlichen Zusammenhangs, z. B. Syntagma oder Parallelismus, stilistische Faktoren, die besondere Berücksichtigung von Parallelstellen, Transkription oder lautähnliche Wiedergabe aufgrund von mangelnden Sprachkenntnissen, und ferner inhaltliche Vorstellungen, sowie theologische Überlegungen und Überzeugungen, die womöglich unbewusst in die Übersetzung einfließen)95. Bzgl. Stellen, an denen der LXX-Psalter tatsächlich interpretierend in den Text einzugreifen scheint, hat Bons festgestellt, dass dem Übersetzer zumeist ein schwieriger hebräischer Text oder eine obskure oder theologisch anstößige Stelle zugrunde liegt.96 Aejmelaeus weist auf die Unterschiede zwischen quantitativen und qualitativen Abweichungen im LXX-Psalter hin. Sie kommt zu der Beobachtung, dass der Psalter in quantitativen Aspekten zwar sehr literal übersetzt, in qualitativen Aspekten jedoch einen freieren Umgang mit dem Ausgangstext zeigt, sodass er deutlich von den späteren Rezensionen zu unterscheiden ist, die in jeglicher Hinsicht eine literale Wiedergabe anstreben.97 Einen Unter-

93

94

95 96 97

einem „Schriftgelehrten-Modell“, und einem „Dolmetscher-Modell“, vgl. Kooij, Zur Frage der Exegese, 2000. Bons bemüht sich um einen Mittelweg zwischen beiden Positionen, vgl. Bons, Septuaginta-Psalter, 2008, 450f. Er geht von einer „Wort-fürWort-Übersetzung“ aus, von der der Übersetzer jedoch punktuell mit sehr freien Wiedergaben abwich, insbesondere bei schwierigen oder bei obskuren oder theologisch anstößigen Stellen, vgl. a. a. O. 469f. Er war „zugleich interpres und expositor, Dolmetscher und Schriftgelehrter“, a. a. O. 470. Auch wenn immer wieder stark interpretierende Züge feststellbar sind, bietet er doch keine Exegese in dem Sinn, „dass er die Vorlage systematisch und nach bestimmten hermeneutischen Regeln paraphrasiert und kommentiert.“, a. a. O. 469. Im Anschluss an Barr, Typology, 1979, 275–325, hier 290: „It is ocmmonly said that every translation is also an interpretation. In the context of ancient biblical translation, this remark is a highly misleading truism […] There are enormous differences in the degree to which a translator interprets […] The difference of degree is much more important than the supposition that all translation is interpretation.“ Vgl. Austermann, Von der Tora zum Nomos, 2003, 15f. „Wer nicht zwischen beiden Größen differenziert bzw. sie darüber hinaus miteinander identifiziert, neigt viel eher dazu, erstens Abweichungen der Übersetzung von der Vorlage zu ‚entdecken‘ und zweitens Abweichungen für bewußte und intendierte interpretative Eingriffe bzw. Manipulationen durch den Übersetzer zu halten.“, a. a. O., 34. Vgl. Austermann, Von der Tora zum Nomos, 2013, 105. Vgl. Bons, Septuaginta-Psalter, 2008, 464–470. Vgl. Aejmelaeus, Experimenting, 2001, 58. Vgl. auch a. a. O., 73: „I anticipate that it will be possible to make clearer distinction between those translators who do not

1.2 Forschungslage und Methodik

31

schied zwischen der quantitativen und qualitativen Wiedergabe stellt auch Austermann fest, der vermerkt, dass die Übersetzung „sich bei qualitativen Aspekten in viel höherem Maß an der Zielsprache und an den zielsprachlichen Rezipienten“ orientiert, was für ihn jedoch im Rahmen einer bewahrenden Übersetzung bleibt.98 Um sich ein erstes grobes Bild von der Übersetzungstechnik des Psalters zu verschaffen, lohnt es sich, einen Blick in die statistischen Analysen von Austermann99 (auf Grundlage des Rahlfs-Textes) zu werfen und einige Beobachtungen von Baethgen100 heranzuziehen. Austermanns Untersuchungen ergeben, dass der Psalter bei 34000 Wörtern nur in 225 Fällen in der Wortfolge vom Hebräischen abweicht, was den Psalter hinsichtlich der Wortreihenfolge als eine der am stärksten ausgangssprachlich geprägten Übersetzungen in der Septuaginta auszeichnet.101 In quantitativer Hinsicht bezeugt er ca. 300 Ergänzungen von Substantiven, Adjektiven und Verben (εἶναι nicht mitgezählt), wovon ca. ein Viertel der Ergänzungen sich in den Überschriften finden.102 Auslassungen sind dagegen weniger als 60 bezeugt, wobei hier die zahlreichen Auslassungen von Wörtern wie Präpositionen nicht berücksichtigt sind.103 Ähnlich lässt sich auch (nach Baethgen) für Pronomina erkennen, dass Ergänzungen sehr häufig belegt sind, Auslassungen dagegen viel seltener.104 Auf qualitativer Ebene lassen sich in Bezug auf die Wiedergabe der hebräischen Tempora nach Baethgen folgende Beobachtungen machen:105 Hebräisches Perfekt wird i. d. R. durch griechischen Aorist ausgedrückt, auch wo die Wahl eines anderen Tempus nahe lag, Perfekt consecutivum wird dagegen richtig durch das Futur wiedergeben. Für das hebräische Imperfekt wird besonders häufig das Futur verwendet, wenn der Sinn es erfordert, jedoch auch das Präsens. Häufig ohne ersichtlichen Grund ist dagegen die Wiedergabe des Imperfekts mit Aorist, was dem Text eine semitische Prägung gibt. Der Jussiv wird im Imperativ, Konjunktiv oder Optativ wiedergegeben. Das Imperfekt consecutivum durch den Aorist (für eine Übersicht, s. u. Tabelle).

98 99 100 101 102

103 104 105

qualify in the quantitative respect, and between original translations and recensional activities, for which literalism in every possible respect was a strict rule and a conscious goal. That was not the case for the translator of the Greek Psalter.“ Vgl. Austermann, Von der Tora zum Nomos, 2003, 104.207. Vgl. Austermann, Von der Tora zum Nomos, 2003, 42–68. Vgl. Baethgen, Der textkritische Werth, 1882. Vgl. Austermann, Von der Tora zum Nomos, 2003, 47.102. Vgl. Austermann, Von der Tora zum Nomos, 2003, 50f. „Diese Zahlenangaben können indes nur einen ersten allgemeinen Eindruck vermitteln, denn auch bei der Untersuchung der Plus-Fälle müssen die Einzelstellen untersucht werden und verschiedene Fälle differenziert werden.“, a. a. O., 51. Vgl. Austermann, Von der Tora zum Nomos, 2003, 55. Vgl. Baethgen, Der textkritische Werth, 1882, 415f. Vgl. Baethgen, Der textkritische Werth, 1882, 413f.

32

1 Einleitung

Zusammenfassend lässt sich zur Tempuswiedergabe feststellen, dass das Anliegen, „den Sinn des Originals mit möglichst treuem Anschluss auch an die Formen desselben wiederzugeben“ größer ist, als „dem griechischen Sprachgeist Rechnung zu tragen“106. Tabelle: Wiedergabe der Tempora im LXX-Psalter nach Baethgen107 Hebräisches Tempus Perfekt Perfekt consecutivum Imperfekt Imperfekt consecutivum Jussiv

Geläufige Wiedergabe Aorist Futur Futur (gelegentlich Präsens/ Aorist) Aorist Imperativ/ Konjunktiv/ Optativ

Austermann beobachtet auf der Wortebene, dass sich insbesondere in den „Eins-zu-viele“-Entsprechungen (d. h. ein hebräisches Wort, das mit unterschiedlichen griechischen Äquivalenten wiedergegeben wird), eine große zielsprachliche Kompetenz des Übersetzers zeigt, je nach Kontext semantisch sehr verschiedene jedoch zielsprachlich passende Wörter zu verwenden.108 Andererseits verwendet der Übersetzer nach Beobachtungen von Bons auch eine vereinheitlichende Wortwahl, durch die er gelegentlich gewisse Lieblingsworte oder Lieblingsthemen hervorhebt oder lässt sich bei seiner Wortwahl von Parallelstellen leiten.109 In Bezug auf die Frage nach interpretativen Elementen im LXX-Psalter kommt Austermann in seiner Untersuchung der torabezogenen Texte zu dem Schluss, dass der Psalter von Rezipienten zwar durchaus als neuer und eigenständiger Text gelesen und aufgefasst werden konnte, dass hier jedoch deutlich zu unterscheiden ist zwischen einer intendierten Neuinterpretation des Textes durch den Übersetzer und einer – wovon Austermann hier ausgeht – „auf notwendigen Interpretationsschritten beruhenden, bewahrenden Übersetzungsweise“110, die von den Rezipienten als neuer Text gelesen werden konnte, aber vom Übersetzer nicht als solcher intendiert war.111 Ob letztere Annahme sich für den gesamten Psalter halten lässt, ist für die im Folgenden untersuchten Psalmen eigens zu erörtern.

106 107 108

109 110 111

Baethgen, Der textkritische Werth, 1882, 414. Die Tabelle dient nur als erste Orientierung. Griech. Imperfektformen im LXX Psalter erwähnt Baethgen z. B. gar nicht. Vgl. Austermann, Von der Tora zum Nomos, 2003, 82. Dagegen beobachtet Pietersma häufiger „isolate renderings“, d. h. Wörter, die ohne Beachtung des Kontextes übersetzt sind, vgl. Pietersma, NETS, 2007, 544. Vgl. Bons, Septuaginta-Psalter, 2008, 468f. Vgl. Austermann, Von der Tora zum Nomos, 2003, 207. Vgl. Austermann, Von der Tora zum Nomos, 2003, 207–210, bes. 208.

1.2 Forschungslage und Methodik

33

1.2.4 Die Revisionen Begrifflich sollen im Folgenden Revision, Rezension und Edition unterschieden werden. Während Revision und Rezension umfangreiche Überarbeitungen bezeichnen, die sich einer Person oder einer Gruppe zuordnen lassen und bestimmte zusammenhängende Überarbeitungskriterien aufweisen, werden mit Edition vereinzelte punktuelle Eingriffe bezeichnet.112 Revision und Rezension sind insofern zu unterscheiden, dass die Revision einen Oberbegriff bildet, dem sich die Rezension als eine Revision, die an den hebräischen Text anpasst, ein- und unterordnet.113 Die handschriftliche Überlieferung des LXX-Psalters ist auf die Revisionen zu untersuchen, die allgemein für die Septuaginta bekannt sind bzw. diskutiert werden, die kaige-Rezension, die semi-kaige-Rezension,114 die frühen jüdischen Rezensenten (Theodotion,115 Aquila, Symmachus), die hexaplarische Rezension sowie ggf. die Revision des Lukian. Eine Revision des Hesych, von der Rahlfs anfangs noch ausging, wird heute kaum mehr vertreten.116 Merkmal der kaige-Rezension ist eine isomorphe Anpassung an den hebräischen Text, die sich in der Wortfolge, bei den Tempora (Vermeidung eines praesens historicum), in der exakten quantitativen Wiedergabe (bis hin zu den Partikeln, Pronomen und Präpositionen), bei der Setzung des Artikels nicht nach hebräischer Determination und Indetermination, sondern nach dem Vorhandensein eines sichtbaren Artikels oder analogen Elements, und in einer konkordanten und in zahlreichen Fällen, prägnant isomorphen Wortwiedergabe (z. B. die strenge Wiedergabe von ‫ אני‬mit ἐγώ und ‫ אנכי‬mit ἐγώ εἰμι)117 zeigt.118 Olofsson hat zwar herausgestellt, dass für den Text des Septuaginta-Psalters (nach Rahlfs) keine der von Barthélemy aufgestellten Merkmale der kaige-Rezension charakteristisch sind,119 es bleibt jedoch zu 112 113 114

115 116 117

118 119

Vgl. Fischer, TAT, 2009, 129. Vgl. auch Siegert, Einführung in die Septuaginta, 2001, 287. Vgl. Fischer, TAT, 2009, 129. Vgl. auch Tov, Bibelübersetzungen, 1987, 171f. Eine abgemilderte Form der kaige-Rezension, die isomorph an den hebräischen Text anpasst, jedoch nicht die streng-isomorphen Merkmale der kaige-Rezension aufweist, vgl. dazu ausführlich Kreuzer, LXX.H1, 2016, 59–61. Wobei Theodotion womöglich mit der kaige-Rezension zu identifizieren und entsprechend wesentlich früher einzuordnen ist, vgl. Kreuzer, LXX.H1, 2016, 62. Vgl. dazu Anm. 82. Von Barthélemy wurde eine Anzahl an eigentümlichen Wortwiedergaben, die für die kaige-Rezension typisch sind, herausgearbeitet, vgl. Barthélemy, Les Devanciers, 1963. Für eine ausführliche Auflistung der bislang (auch nach Barthélemy) in der Forschung für die kaige-Rezension genannten eigentümlichen Wortwiedergaben und einer Untersuchung eben dieser im LXX Psalter, vgl. Olofsson, Kaige Group, 2009, 146–175. Vgl. Kreuzer, LXX.H1, 2016, 57. Vgl. Olofsson, Kaige Group, 2009, 168.

34

1 Einleitung

überprüfen, ob sich in der handschriftlichen Überlieferung Spuren einer kaige-Rezension finden lassen.120 Abgesehen von der kaige-Rezension ist außerdem zu überprüfen, ob sich eine mildere isomorph anpassende Rezension identifizieren lässt (semikaige-Rezension)121, in der zwar die meisten für die kaige Rezensionen eigentümlichen Merkmale in der Wortwiedergabe fehlen, aber abgesehen davon eine deutlich isomorphe Anpassung an den hebräischen Text erkennbar ist, insbesondere in der Wortfolge, der Artikelsetzung und zum Teil in der Wortwahl.122 Von den frühen jüdischen Rezensenten des 2. Jh. n. Chr. ist Theodotion womöglich mit der kaige-Rezension zu identifizieren und folglich weitaus früher anzusetzen.123 Aquilas Text stellt dagegen eine streng ausgangssprachlich orientierte Neuübersetzung dar, die sich „konsequent an den hebräischen Wortwurzeln orientiert und ihnen bestimmte griechische Äquivalente zuweist“124 (ein oft angeführtes Bsp. ist die streng konkordante Wiedergabe 120

121

122 123 124

Neben den von Barthélemy aufgestellten Merkmale der kaige-Rezension untersucht Olofsson außerdem die Merkmale, die Barthélemy für die Vorläufer des Aquila aufgestellt hat (vgl. Olofsson, Kaige Group, 2009, 151–153.170f.) und auch weitere Charakteristiken, die nach Barthélemy in der Forschung für die kaige-Rezension angeführt wurden (a. a. O., 154–168.171–175). Auch diese Rezensionsmerkmale sind in die Untersuchung mit einzubeziehen. Lassen sich einige dieser Merkmale in der Überlieferung des LXX Psalms finden, weist dies auf eine mildere Form der kaigeRezension in den Psalmen, die man, wie oben erwähnt, als semi-kaige Rezension bezeichnen könnte. In seiner Untersuchung der Merkmale stellt Olofsson heraus, dass einige dieser Merkmale bereits im LXX-Psalter (nach Rahlfs) zu erkennen sind, vgl. Olofsson, Kaige Group, 2009, 168. Für diese Stellen hat er den Hsn.-Befund bereits überprüft (an Hand des textkritischen Apparats in Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931 und teilweise auch Holmes/ Parsons, Vetus Testamentum Graecum. Tomus Tertius, 1823, vgl. Olofsson, Kaige Group, 2009, 168, Anm. 213) und herausgestellt, dass es keine signifikanten Abweichungen gibt. Folglich sind die Übereinstimmugen bereits im ursprünglichen Septuagintatext anzutreffen, woraus Olofsson schließt, dass das Vokabular des LXX-Psalters möglicherweise als Model für die kaige-Gruppe gedient hat, was jedoch – wie Olofsson betont – nicht bedeutet, dass der Psalter eine der kaige-Rezension nahestehende Übersetzungsweise widerspiegelt: „Rather than a reflection of a Palestinian mode of interpretation or influenced by the kaige group, some equivalents in the LXX of Psalms are picked up by the revisors, who used them in a more systematic way.“, Olofsson, Kaige Group, 2009, 168. Zur semi-kaige-Rezension, vgl. Kreuzer, LXX.H1, 2016, 59–61. Vgl. auch Kreuzer, B or not B?, 2012, 69–96; Kreuzer, Lukian redivivus, 2013, 243–261; Kreuzer, Old Greek und Semi-kaige, 2014, 391–416. Barthélemy sprach bei der kaige-Rezension auch von der „groupe kaige“, um damit auszudrücken, dass es um eine gewisse Bandbreite der Bearbeitung geht, In ähnlicher Weise ist auch mit der Bezeichnung semi-kaige nicht eine genau festlegbare Rezension gemeint, sondern es geht um die isomorph-hebraisierende Anpassung des griechischen Textes an den hebräischen Bezugstext, die in ähnlicher Weise aber weniger strikt erfolgte. Vgl. Kreuzer, LXX.H1, 2016, 59. Vgl. z. B. Fischer, TAT, 2009, 129 und Kreuzer, LXX.H1, 2016, 62. Fischer, TAT, 2009, 130. Vgl. auch Reider, Index to Aquila, 1966.

1.2 Forschungslage und Methodik

35

von ‫ את‬mit σὺν)125. Sie entstand wahrscheinlich als Konkurrenzübersetzung zur Septuaginta, nachdem sich das Judentum in Auseinandersetzung mit dem Christentum von der Septuaginta distanzierte, was sich in der Vermeidung einiger christlich besetzter Septuaginta-Begriffe zeigt (z. B. die Wiedergabe von ‫ מָ שִׁי ַח‬mit ἠλειμμένος statt χριστός).126 Symmachus legt für seine Übersetzung die Arbeit Aquilas zugrunde, bemüht sich jedoch um eine angemessene Wortwahl und eine Verbesserung des Stils.127 Da die Hexapla für den Septuaginta-Psalter nur fragmentarisch erhalten ist, lässt sich der genaue Charakter und der Einfluss der einzelnen Rezensenten auf den SeptuagintaPsalter jedoch nur schwierig rekonstruieren.128 Zur Rezension des Origenes lässt sich sagen, dass er hauptsächlich quantitativ gearbeitet hat, indem er Überschüsse markiert und fehlende Abschnitte aus anderen Übersetzungen ergänzt hat.129 Stellenweise soll er jedoch auch selbst in den Text eingegriffen und Verbesserungen gemacht haben, ohne dies kenntlich zu machen.130 Allerdings ist das schwer nachzuweisen, weil wir den griechischen Bezugstext des Origenes nicht genau kennen. Für den Psalter ist der hexaplarische Text (d. h. die fünfte Spalte, die den von Origenes bearbeiteten Text darbietet) abgesehen von Fragmenten nur noch indirekt im lateinischen Psalterium Gallicanum des Hieronymus bezeugt (jedoch auch dort mit einigen Abweichungen).131 Zuletzt sollen hier noch die Merkmale, die für eine lukianische Revision aufgeführt werden, genannt werden, und zwar das Auffüllen von Lücken gegenüber dem MT, die Ergänzung von erklärenden Wörtern (z. B. des handelnden Subjekts oder Pronomen), die Ergänzung von Artikeln, Kopulas und kleineren Sätzen, Dubletten, die Wahl von gängigeren Äquivalenten, Harmonisierungen am Kontext und grammatikalische Korrekturen (wie den

125

126 127 128

129 130 131

Hebr. ‫ אֶת‬kann als nota accusativi aber auch als Präposition mit der Bedeutung „mit“ oder „bei“ dienen. Aquila gibt das Wort einer streng konkordanten Übersetzungstechnik folgend durchgängig mit σὺν wieder, was z. B. in Gen 1,1 zu der Übersetung „Gott schuf mit Himmel und Erde“ statt „Gott schuf den Himmel und die Erde“ führt, vgl. Kreuzer, LXX.H1, 2016, 63. Vgl. Fischer, TAT, 2009, 131. Vgl. Fischer, TAT, 2009, 131. Vgl. auch Hanhart, Septuaginta, 188f. Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 52. Für die Hexapla des Psalters ist nach einer Notiz des Eusebius zusätzlich zu den vier bekannten Übersetzungen noch zusätzlich eine fünfte, sechste und siebte anonyme Übersetzung bezeugt, von denen jedoch ebf. nur wenig erhalten ist, vgl. Fischer, TAT, 2009, 135. Eine Analyse der fünften Übersetzung des Psalters findet sich in Venetz, Quinta, 1974, der die Quinta in ein späteres Entwicklungsstadium der kaige-Gruppe einordnet, vgl. dazu Gentry, καίγε Tradition, 2001, 77. Vgl. z. B. Fischer, TAT, 2009, 136f. und Kreuzer, LXX.H1, 2016, 67. Vgl. Fischer, TAT, 2009, 137. Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 52ff.

36

1 Einleitung

Ersatz hellenistischer Formen durch attische).132 Allerdings finden sich auch die genau gegenteiligen Phänomene, wie z. B. Auslassungen des Artikels oder der Kopula oder erklärender Wörter. In seiner Untersuchung zu den Königebüchern erklärte Rahlfs die Unregelmäßigkeit sogar zum Hauptkennzeichen der Arbeit Lukians.133 Ob von einer Revision des Lukian ausgegangen werden kann, ist umstritten, zum einen da die Ergänzungen der Lücken auf Origenes zurückgehen134 und folglich nicht auf eine eigene Revision verweisen, und zum anderen die verschiedenen gegenüber dem MT freieren Übersetzungen genau das Gegenstück der für die kaige/ semi-kaige-Rezension tpyischen Merkmale darstellen und außerdem nicht nennenswert von dem, was über die Übersetzungstechnik der ursprünglichen Septuaginta bekannt ist (vgl. 1.2.3), abweichen. Problematisch ist auch die angenommene Unregelmäßigkeit und Widersprüchlichkeit („das Fehlen eines klaren Prinzips“) dieser (wie vorausgesetzt) zugleich so weitreichenden Revision. Insbesondere hat Barthélemy gezeigt, dass der lukianische Text – jedenfalls für die von ihm untersuchten Schriften (vor allem die Geschichtsbücher, aber nicht nur) – die Grundlage der kaige-Rezension darstellt und somit älter sein muss als die kaige-Bearbeitung. Für Barthélemy ist der antiochenische/ lukianische Text die ursprüngliche Septuaginta, wenn auch mit im Zuge der Überlieferung entstandenen Textverderbnissen.135

132

133 134

135

V. a. nach Rahlfs, Der Text des Septuaginta-Psalters, 1907, 231 und Kauhanen, Proto-Lucianic, 2012, 16–18. Vgl. außerdem Albrecht, Die lukianische Rezension, 2013, 87–108; Quast, Editionsarbeit, 2000, 387–396, bes. 394. Rahlfs, Lucians Rezension der Königsbücher, 1911, 293: „Der Hauptcharakterzug dieser Rezension ist das Fehlen eines klaren Prinzips.“ Vgl. Rahlfs, Der Text des Septuaginta-Psalters, 231: „Bei seinen Korrekturen nach M hat Lucian an Origenes angeschlossen, denn er hat in den Zusätzen, welche die Hexapla sub ast. bietet, denselben Wortlaut, wie sie, auch in 413, wo die Wiedergabe von ‫ אל‬durch ισχυρος nichts weniger als nahe lag“. Barthélemy, Les Devancier, 127: Der antiochenische Text, „c’est la vielle Septante, plus ou moins abâtardie et corrompue“.

1.3

Einführung in die angewendete Methodik

Der Aufbau der vorliegenden Untersuchung ergibt sich aus den vorgetragenen Beobachtungen und Überlegungen. Im Folgenden soll lediglich die methodische Vorgehensweise in den Einzeluntersuchungen, die den Hauptteil der hier vorliegenden Untersuchung bilden (Kapitel 3–7), näher dargestellt werden. Ziel der vorliegenden Untersuchung ist, an Hand ausgewählter Psalmen neue Kriterien für die Rekonstruktion des ältesten griechischen Psalmentextes und seiner frühen Textgeschichte zu erarbeiten. Hierfür sollen in den Kapiteln 3–7 fünf Psalmen (LXX Psalm 2, 8, 33, 49 und 103) losgelöst von den umstrittenen Prämissen, die Rahlfs für seine Edition verwendet hat, textkritisch ausgewertet und damit ein neuer ursprünglicher Septuagintatext rekonstruiert werden. Die Auswahl der hier untersuchten Psalmen ergibt sich daraus, dass sie in besonders vielen alten griechischen und/ oder hebräischen Hsn. erhalten sind. Jedes Kapitel wird eingeleitet durch eine kurze exegetische Einführung in den hebräischen Psalm (Unterkapitel 1), sodass insbesondere auf Besonderheiten sowie Schwierigkeiten des hebräischen Textes hingewiesen werden kann. Darauf folgen die textkritischen Einzelanalysen (Unterkapitel 2), in denen die in den Hsn. bezeugten Varianten ausgewertet und ein ursprünglicher Septuagintatext rekonstruiert wird. Für die Analysen berücksichtigt sind die Angaben aus der Edition von Rahlfs sowie die neueren, seithher publizierten Textfunde, wobei die Handschriften bis zum 5. Jh. vollständig erfasst sind (für eine Übersicht zu den Handschriften, die für die Untersuchung berücksichtigt wurden, s. Handschriftenverzeichnis in Kap. 2). Zu Beginn der textkritischen Einzelanalysen werden die für den jeweiligen Psalm vorhandenen griechischen Handschriften, die ins 5. Jh. n. Chr. oder früher datiert werden, und alle Qumran-Belege aufgelistet. Handschriften, die bei Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931 (im folgenden Ra) noch nicht vermerkt sind, sind durch Fettdruck hervorgehoben. Bei jedem Einzelvers steht zuerst die von mir (im Folgenden begründete) rekonstruierte ursprüngliche Septuaginta. Abweichungen von Ra sind dort mit Fettdruck gekennzeichnet. Darauf folgt eine Liste der für den Vers vorhandenen griechischen Zeugen (vor dem 5. Jh. n. Chr.) und aller QumranBelege. Die Hsn., die bei Ra noch nicht aufgenommen wurden stehen im Fettdruck. In der darunter aufgeführten vierspaltigen Textsynopse ist in der linken Spalte der MT nach BHS (bzw. Kodex Leningradensis) aufgeführt, darauf

38

1 Einleitung

folgt der Kodex Vaticanus136, der Kodex Alexandrinus137 und ganz rechts der antiochenische Text nach Rahlfs (bei Ra unter dem Siglum L aufgeführt). Ein durchgestrichenes Ny bei der Wiedergabe des Vaticanus und Alexandrinus markiert einen in den Kodizes langgezogenen Strich, der häufig anstelle eines Ny’s über dem vorhergehenden Buchstaben gesetzt wird. Der langgezogene Strich weist auf eine Abkürzung, wie er auch bei Nomina Sacra verwendet wird.138 Die Akzente wurden nicht angepasst, sondern entsprechen dem Rahlfs-Text. Nomina sacra Formen wurden ebenfalls nicht übernommen, sondern sind in der Textsynopse ausgeschrieben. Die runden Klammern in der Textsynopse markieren in der Spalte des Vaticanus Worte, die vom mittelalterlichen Korrektor nicht nachgezogen wurden und in der Spalte des antiochenischen Textes Worte, bei denen die Handschriften der Textgruppe untereinander divergieren.139 Die kleinen hochgestellten Buchstaben in der Textsynopse weisen auf Varianten in der Textgeschichte hin, die in der Einzelanalyse behandelt werden Unter der Textsynopse werden die für die Stelle vorhandenen QumranHsn. nach DJD140 und alle griechischen Hsn. bis zum 5. Jh. n. Chr. aufgeführt, die bei Ra noch nicht aufgenommen wurden, und außerdem NT-Zitate (nach Nestle-Aland)141, sofern vorhanden. Worte, die hier in eckigen Klammern stehen, sind entweder nicht vorhanden oder nicht lesbar. In der Wiedergabe der Qumran-Hsn. markiert der DJD Circellus (◌) ֗ Stellen, die schlecht lesbar sind und der Masorah Circellus (◌) ֯ Stellen, die sehr schlecht lesbar sind. Der DJD Bullet (◦) markiert eine sichtbare Lücke und ein Trennstrich ( | ) markiert einen Zeilenumbruch (übernommen nach der Transkription von DJD). Bei den griechischen Hsn. wird durch einen unter den Buchstaben gesetzten Punkt (z. B. ṃ) markiert, dass der Buchstabe laut der Editoren schlecht zu lesen ist. Die Apparate zum Anfang einer jeden Einzelanalyse wurden aus den Editionen direkt übernommen und in ihrer Form belassen. Bei den Schreibfehlern, bzw. orthographischen Varianten wurden nur jene 136 137

138 139 140 141

Nach der Faksimile-Ausgabe, s. im Handschriftenverzeichnis zum Kodex Vaticanus (Kapitel 2.1). Für wichtige Stellen wurden stets die (hochauflösenden) Ablichtungen des Kodex herangezogen, die im Internet durch die British Library zur Verfügung gestellt sind unter: http://www.bl.uk/manuscripts/Viewer.aspx?ref=royal_ms_1_d_viii_fs001r Vgl. Pisano, Witness to the text, 2009, 79. Wenn einzelne L zugeordnete Hsn. abweichen, wie Bc Tht Sy etc. wird dies jedoch in der Textsynopse nicht berücksichtigt. Nach dem Bibelstellenverzeichnis in DJD XXXIX, 196–199. Vgl. Nestle/ Aland, Novum Testamentum Graece, 2012, 851–855. Aus der ZitatListe von NA wurden nur die kursiv gedruckten, d. h. die direkten Zitate, berücksichtigt, vgl. im Vorwort a. a. O., 44*: „Direkte Zitate sind bei den neutestamentlichen Bezugsstellen kursiv, Anspielungen in Normaldruck gesetzt.“ Für allgemeine Literatur zu den neutestamentlichen AT-Zitaten vgl. Brucker, Schritte, 2004, 255, Anm. 25.

1.3 Einführung in die angewendete Methodik

39

aufgenommen, welche in den Apparaten (von BHS, DJD, Ra und den Editionen einzelner Hsn.) vorkommen, wobei die meisten Schreibfehler in den textkritischen Editionen unberücksichtigt geblieben sind.142 Die Ergebnisse der Wortrecherchen in den Einzelanalysen basieren, wenn nicht anders angegeben, auf Bible Works 9. Im Anschluss an die Einzelanalyse wird ein zusammenfassendes Ergebnis dargeboten (Unterkapitel 3). Der Fokus liegt hier in der Darstellung der Übersetzungstechnik und möglicher Revisionen und Editionen, die sich aus den textkritischen Entscheidungen der vorangehenden Untersuchung ergeben. Um in diesen abschließenden Darstellungen jeweils zu einem unverfälschten Ergebnis zu gelangen, werden zunächst alle Varianten herausgefiltert, für welche die vorangehende textkritische Untersuchung ergeben hat, dass sie entweder auf eine vom MT abweichende hebräische Vorlage (oder einer Verlesung des hebräischen Textes) beruhen143 oder sich durch spätere innergriechische Lese- oder Schreibfehler erklären lassen.144 Da es sich bei diesen Varianten um Abweichungen handelt, die nicht auf eine bewusste Intention des Übersetzers oder späteren Tradenten verweisen, können sie keine Auskunft über die Übersetzungstechnik bzw. Revisionstätigkeit geben und sind folglich nicht in deren Darstellung einzubeziehen.145

142

143 144 145

Rahlfs zählt in seiner Prolegomena zahlreiche Schreibfehler und orthographische Varianten auf, die er an den betreffenden Stellen im Apparat nicht auflistet (vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 27.30.36 etc.). Auf manche prägnaten Schreibfehler und orthographischen Varianten in den einzelnen Hsn. wird auch im Handschriftenverzeichnis (Kapitel 2) eingegangen. „Die Orthographie der Ausgabe von Rahlfs folgt den Grammatiken von Mayser und Thackeray, in zweifelhaften Fällen der ältesten großen Handschrift.“, Brucker, Textgeschichtliche Probleme, 2012, 89. Vgl. auch Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 73. Die Abweichungen der hebräischen Vorlage der Septuaginta werden zu jedem Psalm am Anfang des Ergebnisses dargelegt Lese- und Schreibfehler sowie orthographische Varianten werden im Anhang der jeweiligen Psalmenuntersuchung lediglich tabellarisch aufgelistet. Die Übereinstimmung mit einer vom MT abweichenden hebräischen Vorlage weist lediglich auf eine Treue gegenüber dem hebräischen Text, die insofern in der Erarbeitung der Übersetzungstechnik des jeweiligen Psalmes mit einfließt, dass sie eben nicht als intendierte Abweichung des Übersetzers missverstanden wird und somit die Treue gegenüber seiner Vorlage unterstreicht.

2

Verzeichnis zu den Handschriften

In diesem Kapitel wird ein Überblick über alle Hsn. gegeben, die für die LXX Psalmen 2 8 33 49 und 103 vorhanden sind, und werden die wichtigsten Grundinformationen zu den einzelnen Hsn. geboten. Das Kapitel ist unterteilt in 2.1 Griechische Handschriften, 2.2 Hebräische Handschriften, 2.3 Weitere Textzeugen und 2.4 Kirchenväterzitate.

2.1

Griechische Handschriften

Aufgrund des für diese Arbeit unbewältigbaren Umfangs der jüngeren griechischen Hsn. wird für die jüngeren Hsn. auf die Edition von Rahlfs zurückgegriffen und stellenweise auch auf den textkritischen Apparat von Holmes und Parsons rekurriert. Bei den älteren Hsn., die ins 5. Jh. n. Chr. oder früher datiert werden, wurden neben Rahlfs’ Edition alle Hsn. berücksichtigt, die bislang veröffentlicht sind. Die folgende Liste der griechischen Handschriften (bis zum 5. Jh. n. Chr.) basiert auf dem Verzeichnis von Rahlfs/ Fraenkel146. Zusätzlich wurde der bei Rahlfs/ Fraenkel noch nicht aufgelistete im Jahr 2011 von Colomo und Henry publizierte wichtige Oxyrhynchus Papyrus 5101 (Ra 2227) in dieser Arbeit berücksichtigt. Handschriften, die zur Zeit der Edition von Rahlfs (Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931) noch nicht einbezogen werden konnten, sind in der untenstehenden Auflistung der Hsn. durch Fettdruck hervorgehoben. Zu jeder Hs. werden im ersten Punkt kodikologische Informationen zur Hs. dargeboten wie Datierung, Material, Zustand, Seitenanzahl, Orthographie und ggf. kurze Anmerkungen zum Texttyp (weitere Ausführungen zum Texttyp finden sich für die relevanten Hsn. in den Faziten zu den Psalmen, und in 8.4). Im zweiten Punkt wird in der ersten Zeile verzeichnet, welche Kapitel des Psalters generell in der Hs. vorhanden sind und in der zweiten Zeile, welche genauen Verse von den in dieser Arbeit untersuchten Psalmen in der Hs. bezeugt sind. Im dritten Punkt wird die in dieser Arbeit verwendete Ausgabe der Hs. genannt und einführende Literatur zur Hs. aufgeführt. Handschriften-Gruppe L: (Antiochenischer Texttyp) 1) Unter dem Siglum L wird eine Gruppe von Hsn. zusammengefasst, die laut Rahlfs die aus dem Ende des 3. Jh. n. Chr. stammende Rezension des 146

Rahlfs / Fraenkel, Verzeichnis, 2004, 489ff.

2.1 Griechische Handschriften

41

antiochenischen Presbyters Lukian widerspiegelt.147 Da die These einer lukianischen Rezension heute jedoch umstritten ist,148 wird im Folgenden die Bezeichnung antiochenischer Text für die Hsn.-Gruppe gewählt.149 Rahlfs gibt die antiochenischen Hsn. in seinem textkritischen Apparat nach der Edition von Robert Holmes und James Parsons wieder, in der mehr als 100 Hsn. kollationiert wurden, teilweise jedoch nicht sehr zuverlässig. In seinem Apparat gibt er nicht die einzelnen Hsn. von Holmes und Parsons an, sondern nur eine quantitative Angabe. L = mehr als 75 Hsn. L a = etwa 56–75 Hsn. L d = etwa 36–55 Hsn. L b = etwa 16–35 Hsn. L pau = weniger als 16 Hsn. Varianten, die von weniger als 3 Hsn. bezeugt sind, werden bei Rahlfs überhaupt nicht in den Apparat aufgenommen.150 Besonders alte Zeugen, die außerdem unter dem Sigel L aufgenommen wurden, sind die von Rahlfs kollationierten Hsn. Z und T. Sie werden nur an den Stellen gesondert von L notiert, bei welchen sie bloß mit der Hälfte oder weniger der antiochenischen Hsn. übereinstimmen. Zusätzlich sind in der Textgruppe L der Psalterkommentar des Theodoret (im textkritischen Apparat von Rahlfs durch ein angeschlossenes „´“ gekennzeichnet) und die syrische Übersetzung (durch „’“ gekennzeichnet) erfasst.151 Bei der Edition von Holmes/ Parsons ist zu beachten, dass die zu kollationierenden Hsn. immer mit dem Text des Kodex Vaticanus verglichen wurden. Weichen sie ab, so wird dies notiert. Weichen sie nicht ab, wird nichts notiert. Hier hat man aus dem Stillschweigen der Kollatoren zu schließen, dass die nicht genannten Hsn. im textkritischen Apparat keine Abweichung vom Kodex Vaticanus bezeugen. Diese Schlüsse ex silentio sind laut Rahlfs jedoch oft misslich, denn es kann manchmal vorkommen, dass kleine Abweichungen bewusst nicht verzeichnet wurden, oder versehentlich übersehen wurden.152 Z. B. liest in Ps 1,5 der Kodex Vaticanus einen Artikel οἱ vor ἀσεβεῖς. Der Apparat von Holmes/ Parsons verzeichnet für 78 Hsn., dass sie abweichend vom Kodex Vaticanus den Artikel nicht bezeugen. Das hieße im Umkehrschluss, dass mehr als 20 Hsn. (insgesamt sind mehr als 100 Hsn. kollationiert) mit dem Vaticanus den Artikel lesen. Diese Zahl beruht jedoch nur auf dem Schweigen der Kollatoren der jeweiligen Hsn., die, wie oben erwähnt, das Fehlen des οἱ übersehen oder als zu unbedeutend nicht notiert haben mögen. Rahlfs zieht daraus die Konsequenz, dass er, wenn nur weniger als die Hälfte der Hsn. mit dem Kodex Vaticanus geht, diese mit „sil“ 147 148 149

150 151 152

Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 60. Vgl. insbesondere Kreuzer, LXX.H1, 2016, 69–75. Dieser Sprachgebrauch wurde schon von Barthélemy, Les Devanciers, 1963 begonnen und z. B. auch in der Madrider Ausgabe des lukianischen bzw. antiochenischen Textes der Bücher Samuel, Könige und Chronik (Fernandez Marcos/ Busto Saiz, El texto antioqueno, 1992), verwendet. Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 61f. Vgl. A. a. O., 63–67. Vgl. A. a. O., 63.

42

2 Verzeichnis zu den Handschriften

kennzeichnet, um anzudeuten, dass bei den „wenigen“ Hsn. möglicherweise auch die Abweichung von Rahlfs versehentlich oder bewusst übergangen sein konnte. Wo dagegen mehr als die Hälfte der Hsn. ex silentio die Lesart des Kodex Vaticanus stützt, hat er kein „sil“ hinzugefügt, da hier bei einer so großen Menge von Hss, in denen die Kollatoren keine Abweichung anzeigen, ein versehentliches oder bewusstes Übergehen unwahrscheinlicher ist.153 Zusammengefasst gilt folglich auch für Rahlfs’ Apparat: Die Angaben, in denen L/ Ant-Hsn. von B abweichen, sind verhältnismäßig sicher. Wo L/ Ant-Hsn. dagegen mit B übereinstimmen, beruht die quantitative Angabe in Rahlfs’ Apparat auf dem Stillschweigen der Kollatoren von Holmes/ Parsons und ist von daher unsicher, insbesondere, wenn nur wenige der L/ Ant-Hsn. die Abweichung von B nach Angabe von Holmes und Parsons nicht bezeugen und es sich um eine leicht übersehbare oder vernachlässigbare Abweichung handelt (vgl. das Beispiel oben). Geographisch lässt sich die Handschriften-Gruppe L nicht eindeutig verorten. Die Textform ist später überall vorherrschend, im Morgen-, wie im Abendland. Über ihre alte Heimat lässt sich kein eindeutiges Urteil fällen.154 2) Vorhandene Stellen: Alle Psalmen. 3) Verwendete Ausgabe: Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931. A: Kodex Alexandrinus 1) London; 5. Jh. n. Chr.; Pergament, Kodex, 773 + VI (moderne Vorsatz-) Bl. Die Hs. besteht aus 4 Bänden. Der Text ist stichisch geschrieben. Die Hs. stammt aus der Patriarchalbibliothek von Alexandria. Wann sie allerdings nach Alexandria gekommen ist und wo sie ursprünglich entstanden ist, ist bislang ungeklärt.155 Von den drei großen Kodizes B, S und A bietet der Kodex Alexandrinus zweifelsohne das uneinheitlichste Bild.156 In Lev geht er eng mit B zusammen, in den anderen Büchern des Pentateuchs dagegen häufig mit den übrigen Unzialen gegen B. Ab Ruth ist ein deutlich hexaplarischer Einfluss erkennbar, in Jes und Hes dagegen bietet er den „alexandrinischen“ Text mit nur geringer hexaplarischer Beeinflussung, usw. Insgesamt zeichnet sich der Kodex durch eine Vielzahl von Sonderlesarten aus.157 In den Psalmen fasst Rahlfs den Kodex Alexandrinus mit den Hsn. 1219 und 55 in einer Gruppe zusammen, wobei diese Gruppe weniger fest geschlossen ist als andere Gruppen.158 Der Kodex Alexandrinus steht in Ps 13,6–27 dem Kodex Vaticanus sehr nahe, während er in Ps 30–103 vor allem 153 154 155 156 157 158

Vgl. a. a. O., 62f. Vgl. Rahlfs, Der Text des Septuaginta-Psalters, 1907, 108 Vgl. Fischer, TAT, 2009, 145. Vgl. ebd. Vgl. ebd. Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 70.

2.1 Griechische Handschriften

43

mit den antiochenischen Hsn. zusammengeht. Hier stellt er einen wichtigen alten Zeugen für den antiochenischen Texttyp dar. In Ps 104ff. schwankt er dann zwischen den beiden Textformen.159 2) Vorhandene Stellen: Vollständig bis auf die Psalmen 49,20–79,11b. Ps 2; 8; 33; 49,1–20; 103 (gut erhalten). 3) Verwendete Ausgabe: Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931. Für wichtige Stellen wurde stets folgende Faksimile-Ausgabe herangezogen: http://www.bl.uk/manuscripts/Viewer.aspx?ref=royal_ms_1_d_viii_fs001r (Die Psalmen beginnen in der Paginierung des Kodex ab Seite 533). Vgl. auch: The codex Alexandrinus (Royal ms. 1 D v-viii) in reduced photographic facsimile. Old Testament, Part IV, I Esdras – Ecclesiasticus, Vorwort nebst Einleitung, welche das Problem der Schreiber und der Geschichte der Hs. behandelt, von T. C. Skeat, London 1957. B: Kodex Vaticanus 1) Rom; 4. Jh. n. Chr.; Kodex, Pergament, 768 + III Bl. Der Kodex ist nicht besonders sorgfältig geschrieben und lässt öfter Stichen aus.160 Im Mittelalter wurde die Schrift des Kodex von einem Restaurator nachgezogen. Ps 105,27a–137,6a sind später im XV. Jh. ergänzt worden und repräsentieren eine Textform, die der antiochenischen Textform nahesteht.161 Der Vaticanus wird ins 4. Jh. n. Chr. datiert. Seine Herkunft ist umstritten. Es wird meistens entweder für eine ägyptische oder palästinische Herkunft plädiert.162 Der Kodex Vaticus zeichnet sich gegenüber den antiochenischen Hsn. durch eine größere Nähe zum MT aus, bezeugt jedoch nach Rahlfs’ Untersuchung nicht den hexplarischen Text, der durch die von Hieronymus, der syrischen Übersetzung und Augustin überlieferten hexaplarischen Zeichen bezeugt ist.163 Rahlfs ordnet den Vaticanus mit dem Sinaiticus, der bohairischen Übersetzung und einigen kleinen Fragmenten der unterägyptischen Textgruppe zu.164 2) Vorhandene Stellen: Vollständig bis auf die Psalmen 105,27a–137,6a, die später im 15. Jh. ergänzt wurden. Ps 2; 8; 33; 49; 103 (gut erhalten).

159 160 161 162

163 164

Vgl. Rahlfs, Der Text des Septuaginta-Psalters, 1907, 56 Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 27. Vgl. Rahlfs, Der Text des Septuaginta-Psalters, 1907, 40. Vgl. Rahlfs/ Fraenkel, Verzeichnis, 2004, 339–341 und Fischer, TAT, 2009, 143f. Zur Diskussion über den Herkunftsort, vgl. auch Aland, Codex Vaticanus, 2009, 179183. Vgl. Rahlfs, Der Text des Septuaginta-Psalters, 1907, 137f. Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 26.

44

2 Verzeichnis zu den Handschriften

3) Verwendete Ausgabe: Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931. Für wichtige Stellen wurde stets folgende Faksimile-Ausgabe herangezogen: Bibliothecae Apostolicae Vaticanae Codex Vaticanus Graecus 1209. Bibliorum Sacrorum Graecorum Codex Vaticanus B: Facsimile-Ausgabe des Kodex unter Einschluss der ergänzten Teile, Istituto Poligrafico e Zecca dello Stato, Rom 1999. R: Kein eigener Name für die Hs. vorhanden 1) Verona; 6. Jh. n. Chr.; Pergament, 403 Bl. Aufgrund ihrer häufigen Heranziehung in den Einzelanalysen wird die Hs. R hier genannt, obwohl sie erst nach dem 5. Jh. n. Chr. zu datieren ist. Bei der Hs. R handelt es sich um eine lateinisch-griechische Diglotte, die den Text des Psalters (und der Odices) in seitenparalleler Anordnung darbietet (für Angaben zur lateinischen Spalte der Hs., s. u. „2.3.1 Lateinische Zeugen“ unter LaR). Der griechische Text wird in lateinischer Transkription dargeboten und weist viele Schreibfehler auf.165 Einige Lesarten lassen sich nur bei einem des Griechischen mangelhaft kundigen Abendländer erklären.166 Für eine Beschreibung der orthographischen Eigenheiten und Abschreibefehler der Hs., wie z. B. ein sehr bunter Wechsel von e und i (auch wenn die itazistische Schreibweise schon in weitem Umfange durchgedrungen ist, wirkt die aus alter Tradition überkommene Schreibweise noch nach), eine häufige Verwechslung von c und t oder die gelegentliche Schreibung des lateinischen statt des entsprechenden griechischen Wortes.167 Die Hs. ist der älteste Zeuge des sog. abendländischen Textes. Öfters lassen sich jedoch Angleichungen an den lateinischen Text erkennen.168 Die Hs. wurde durchgängig von späterer Hand nach dem antiochenischen Text korrigiert.169 2) Vorhandene Stellen: Nahezu vollständig erhalten. Ps 8; 33; 49; 103 (gut erhalten). Ps 2 ist nicht vorhanden.170 3) Verwendete Ausgabe: Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931. S: Kodex Sinaiticus 1) Leipzig, London, Sinai, St. Petersburg; 4. Jh. n. Chr.; Pergament, Kodex, 407 Bl.

165 166 167 168 169 170

Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 36. Vgl. a. a. O., 33. Vgl. a. a. O., 33–36. Für Beispiele, vgl. Rahlfs, Der Text des Septuaginta-Psalters, 1907, 99f. und Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 33. Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 36f.40. Ps 1,1–2,7 wurden in der Hs. nachträglich ergänzt. In Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931 sind für Ps 2 keine Varianten der Hs. R verzeichnet.

2.1 Griechische Handschriften

45

Der Kodex ist ähnlich wie der Kodex Vaticanus nicht besonders sorgfältig geschrieben und lässt öfter Stichen aus.171 Es finden sich viele Schreibfehler, die Rahlfs nicht in seinen Apparat aufgenommen hat. Der Kodex wird ins 4. Jh. n. Chr. datiert. Zwei Korrektoren aus dem 6. Jh. haben zahlreiche Schreibversehen beseitigt und alternative Lesarten eines Textes anderen Typs eingetragen, der vermutlich eine alte Textform darstellt und von daher von gesondertem Interesse ist.172 Erst dann wurde der Kodex gebunden. Der Kodex Sinaiticus hat also offenbar die ersten zwei Jahrhunderte das Scriptorium nicht verlassen, „denn im ungebundenen Zustand ist ein Buch solchen Umfangs weder für kirchliche Zwecke noch zum Studium nutzbar.“173 Der Kodex Sinaiticus steht mehrmals in auffälliger Weise dem MT nahe.174 Seine z. T. bis in die Nähe der Identität reichende Übereinstimmung mit dem Vaticanus auf der einen Seite und auf der anderen Seite tiefgreifende kodikologische und textliche Unterschiede lassen mit hoher Wahrscheinlichkeit darauf schließen, dass beide Hsn. zwar aus dem selben Umfeld stammen, eine gemeinsame Werkstatt jedoch nicht in Frage kommt. Die kalligraphisch hohe Qualität und einige weitere Indizien sprechen für eine Herkunft aus Cäsarea. Rahlfs/ Fraenkel geht dagegen davon aus, dass im Zuge der Neugründung von Scriptorien im 4. Jh. n. Chr. in Ägypten möglicherweise auch Fachkräfte aus palästinischem Raum zuwanderten, der Schreiber also möglicherweise aus Cäsarea stammte, die Hs. jedoch wie der Vaticanus in Ägypten hergestellt wurde.175 2) Vorhandene Stellen: Vollständig. Ps 2; 8; 33; 49; 103 (gut erhalten). 3) Verwendete Ausgabe: Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931. Für wichtige Stellen wurde stets folgende Faksimile-Ausgabe herangezogen: The Codex Sinaiticus Project, www.codexsinaiticus.org U: Kein eigener Name für die Hs. vorhanden. 1) London; 4/ 7. Jh. n. Chr.; Papyrus, Kodex, 32 Bl. Die Hs. ist sehr unregelmäßig geschrieben und weist eine irreguläre Orthographie auf, was als Indiz für einen koptischen Schreiber gelten kann. Ähnlich klingende Buchstaben werden in der Hs. häufig verwechselt.176 Der Text beinhaltet viele Fehler, die sich als Hörfehler erklären lassen, was darauf hinweist, dass er diktiert wurde.177 Dreimal wird z. B. die κε-Reduplikation eines Perfekts mit καὶ verwechselt (LXX Ps 21,3; 21,16; 29,9). Der 171 172 173 174 175 176 177

Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 27. Vgl. Fischer, TAT, 2009, 144. Rahlfs/ Fraenkel, Verzeichnis, 2004, 203. Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 26. Vgl. Rahlfs/ Fraenkel, Verzeichnis, 2004, 202f. Vgl. Rahlfs, Der Text des Septuaginta-Psalters, 1907, 148–152. Vgl. Emmenegger, Der Text des koptischen Psalters, 264.

46

2 Verzeichnis zu den Handschriften

Schreiber lässt außerdem Buchstaben weg, wie z. B. das endständige Ny, oder fügt welche hinzu, er verwechselt Vokale und Diphtonge und kontrahiert falsch. „Die an gewissen Stellen daraus resultierenden grammatikalischen Widersprüche bemerkt er nicht. Es zeigt sich, dass der Schreiber nicht alles versteht, was er schreibt.“178 Es handelt sich um einen fortlaufenden Text. Eine neue Seite wird jedoch häufig mit einem neuen Stichus angefangen, was womöglich darauf hinweist, dass die Vorlage in Stichen geschrieben war.179 Die Datierung ist sehr umstritten. Eine Frühdatierung vertreten Tischendorf, Lagarde, Rahlfs und Wilcken (älter als die ältesten Pergamenthsn.). Gardthausen, Turner und zuletzt Emmenegger datieren die Hs. dagegen ins 7. Jh. n. Chr.180 Rahlfs ordnet die Hs. dem oberägyptischen Texttyp zu.181 2) Vorhandene Stellen: Ps 10,2–18,6; 20,14–34,6. Davon nur mutiliert erhalten: 10,2–11,6 und 33,3–34,6. Ps 33 (gut erhalten). 3) Verwendete Ausgabe: Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931. Emmenegger, Der Text des koptischen Psalters, 2007, 266.323–325. Ra 1205: 1) Sinai; 5. Jh. n. Chr.?; Pergament, 114 Bl. Es handelt sich um ein Palimpsest. Die obere Schrift enthält Lesungen für bestimmte Tage (NT-Sigel: ,,l 846“). Die untere Schrift enthält laut Gregory ,,teilweise Psalmen“, über den Umfang geht aus seiner Beschreibung jedoch nichts hervor.182 2) Vorhandene Stellen: Teilweise Psalmen. Genauer Umfang unklar. 3) Verwendete Ausgabe: Eine textkritische Ausgabe zur Hs. ist nicht vorhanden. Ein Einblick in die Hs. war mir nicht möglich. Die Hs. liegt im Katharinen-Kloster im Sinai. Ra 1219: 1) Washington; 5. Jh. n. Chr.; Pergament, Kodex, 109 Bl. Die Hs. befindet sich in einem sehr schlechten Zustand. Ausgehend von der Bindung ist der innere Rand bis tief in die Zeilen zerstört, v. a. in den oberen und unteren Ecken. „Text weitgehend sehr fragmentarisch, danach zunehmend besserer Erhalt mit überwiegend fragmentarischem Texterhalt;

178 179 180 181 182

Ebd. Vgl. a. a. O., 262. Vgl. Rahlfs/ Fraenkel, Verzeichnis, 2004, 214 u. Emmenegger, Der Text des koptischen Psalters, 263f. Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 28. Gregory, Textkritik des NT, 1909, 1245. Vgl. auch Rahlfs/ Fraenkel, Verzeichnis, 2004, 359 und Aland, Kurzgefasste Liste, 1994, 269.

2.1 Griechische Handschriften

47

ab etwa Ps. 70 überwiegend leicht mutil., mit stärkeren Beschädigungen namentlich bei den Anfangs- u. Schlusszeilen.“183 Sie ist in großen rund/ quadratischen Unzialen geschrieben mit Zierhäkchen und deutlichen Unterlängen bei Φ, Ρ und Y. Ligaturen finden sich vor allem am Zeilenende. διάψαλμα sind häufig ausgelassen, doch zumeist finden sich Paragraphos-Zeichen neben der entsprechenden Zeile. Die Orthographie ist irregulär. Der Text ist stichisch geschrieben, wobei Stichenfortsetzungen in der Folgezeile eingerückt sind (manchmal jedoch auch durch Unter- bzw. Überschreibung gekennzeichnet).184 2) Vorhandene Stellen: enthält Ps 1–142 lückenhaft (Ergänzungsblätter enthalten Ps 142,5–148,1; 149,2–150,6; 151, und Od 1(Ex 15),1–6a). Ps 2,1b–2c.11b; 8,4b–10; 33,1–12.14–23; 49; 103 (fragmentarisch). Vollständig erhaltene Verse: 103,3b.5.6.15–19a.29a. 3) Verwendete Ausgabe: Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931. Ra 2013: 1) Bonn, Leipzig; 4. Jh. n. Chr.; Papyrus, Opisthographische Rolle, erhaltene Länge ca. 390 cm. Die Psalmen sind auf der Rückseite einer sehr sorgfältig erstellten Papyrusrolle geschrieben, auf der in geübter Kanzleischrift mit Schnörkeln und zahlreichen Abkürzungen eine Wirtschaftsrechnung niedergeschrieben ist, die aus dem Jahr 338 stammt.185 Die Schriftrolle wurde vermutlich von einem Christen erworben, um für seinen Privatgebrauch die Psalmen abzuschreiben. Die Abschrift wird nicht viel jünger sein, als die Wirtschaftsrechnung auf der anderen Blattseite. Heinrici geht davon aus, dass sie ebenfalls im 4. Jahrhundert entstand.186 Die Hs. wird von Rahlfs dem oberägyptischen Texttyp zugeordnet.187 In unserem Textbereich ist in Ps 49,6 der sonderbare Zusatz aus Soph. 1,122, der auch in einigen weiteren oberägyptischen Zeugen belegt ist, in der Hs. 2013 obelisiert (vgl. Einzelanalyse zu LXX Ps 49,6b). Ein Zeichen, dass man auch außerhalb von Origenes Hexapla Kritik geübt hat.188 2) Vorhandene Stellen: Ps 30–55 (z. T. fragmentarisch). Ps 33 (z. T. fragmentarisch); 49 (gut erhalten). 3) Verwendete Ausgabe: Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931. Die Korrekturen von Emmenegger gegenüber dem Ra-Text wurden berücksichtigt, vgl. Emmenegger, Der Text des koptischen Psalters, 2007, 335.339f.362–364.

183 184 185 186 187 188

Rahlfs/ Fraenkel, Verzeichnis, 2004, 385. Vgl. Rahlfs/ Fraenkel, Verzeichnis, 2004, 384. Vgl. Mitteis, Papyrus 39, 1906, 246. Vgl. Heinrici, Papyrusframente der Psalmen, 1903, 3. Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 29f. Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 32.59f.

48

2 Verzeichnis zu den Handschriften

Ra 2025: P. Oxyrhynchus 1226 1) Liverpool; 3./ 4. Jh. n. Chr.; Kodex. Es handelt sich um die obere äußere Ecke eines Blattes aus einem Kodex (Unziale). Die Orthographie ist regulär. Nomen-Sacrum-Schreibung ist bezeugt und der Text ist stichisch geschrieben.189 Der Texttyp ist aufgrund des geringen Umfangs nicht zuzuordnen. 2) Vorhandene Stellen: Ps 7,9–12; 8,1–4. Ps 8,1 ψαλ[μος - 4 οτ[ι. 3) Verwendete Ausgabe: Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931. Ra 2044: 1) Berlin; 5. Jh. n. Chr.; Pergament. Bei der Hs. handelt es sich um fast ein vollständiges Blatt aus einem Kodex. Auf beiden Seiten sind je 24 Zeilen, von denen jeweils die letzten drei Zeilen mutiliert sind. Auf der Vorderseite fehlen die Zeilenanfänge, auf der Rückseite die Zeilenenden bis etwa zur Zeilenmitte, sonst nur kleinere Buchstabenabbrüche.190 Es handelt sich um eine sorgfältig geschriebene Unziale. Die Orthographie ist abgesehen von einigen Itazismen regulär. Nomen-Sacrum-Schreibung ist bezeugt und der Text ist stichisch geschrieben.191 2) Vorhandene Stellen: Ps 103,2–20. Ps 103,2–11.12a–20b δρυ[μου. 3) Verwendete Ausgabe: Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931. Stegmüller, Berliner Septuagintafragmente, 36–39, 1939. Ra 2051: 1) London; 3. Jh. n. Chr.; Kodex. Es handelt sich um eine Unziale mit regulärer Orthographie und NomenSacrum-Schreibung. Sie ist fortlaufend geschrieben, Stichenwechsel sind nicht gekennzeichnet.192 Die Hs. ist dem Kodex Vaticanus zugeordnet, wobei die Zuordnung aufgrund des geringen Umfangs unsicher ist.193 2) Vorhandene Stellen: Ps 2,3–12 (mutiliert). Ps 2,3a [διαρρηξο]μεν – 7b ειπε[ν] π[ρος 7b συ – 12a οργι[σθη. 3) Verwendete Ausgabe: Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931. Ra 2060: 1) Berlin; 4./ 5. Jh. n. Chr.; Fragment eines Doppelblattes aus einem Kodex.

189 190 191 192 193

Vgl. Rahlfs/ Fraenkel, Verzeichnis, 2004, 298. Vgl. a. a. O., 20. Vgl. ebd. Vgl. a. a. O., 220. Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 28.

2.1 Griechische Handschriften

49

Der Kodex hat eine sehr gute gleichmäßige Buchschrift. Akzente und diakritische Zeichen fehlen. Die Orthographie ist noch gut zu nennen, wenn auch einige Itazismen enthalten sind. Er hat eine Nomen-Sacrum-Schreibung und ist stichisch geschrieben.194 Der Text zeigt eine merkwürdige Mischung und ist nur sehr schwierig einer der Textgruppen zuzuordnen. Es zeigt an manchen Stellen Nähe zum Kodex Vaticanus, neigt jedoch an anderen Stellen auch zu La und Aug. Stegmüller vermutet, dass die Hs. dem abendländischen Texttyp zuzuordnen ist.195 2) Vorhandene Stellen: Ps 103,18–19.26–27; 105,17–18.25–26. Ps 103,18a–19b.26a–27b. 3) Verwendete Ausgabe: Stegmüller, Berliner Septuagintafragmente, 1939, 61–63. Ra 2067: 1) Ann Arbor; 3. Jh. n. Chr., Kodex. Es handelt sich um nicht zusammenhängende Fragmente aus einem Kodexblatt. Die Orthographie ist regulär, eine Nomen-Sacrum-Schreibung ist bezeugt. Der Text ist fortlaufend geschrieben, ein Stichenwechsel wird jedoch durch ein deutliches Spatium angezeigt.196 2) Vorhandene Stellen: Ps 8,3–9; 9,1.7–17 (fragmentarisch bis sehr fragmentarisch). Ps 8,3a– 9b. 3) Verwendete Ausgabe: Ann Arbor, University of Michigan, Inv. 22. III century. Papyrus. Contents: Ps 8:3–9 ; 9:7–17, in: J. G. Winter (Hg.), Michigan Papyri 3 (University of Michigan Studies, Humanistic Series 40). Ann arbor 1936, 3–6. Ra 2082: 1) Oxford; 2./ 3. Jh. n. Chr.; Kodex. Es handelt sich um ein Fragment eines Blattes aus einem Kodex in Unzialschrift. Die Orthographie ist regulär. Belege für eine Nomen-SacrumSchreibung gibt es im vorhandenen Text nicht. Der Text ist stichisch geschrieben.197 2) Vorhandene Stellen: Ps 48,20–21; 49,1–3.17–21. Ps 49,1b–3a.17a–21b. 3) Verwendete Ausgabe: Barns, J. W./ Kilpatrick, G. D., A New Psalms Fragment: PBA 43 (1964), 229–232 * Tafel.

194 195 196 197

Vgl. Rahlfs/ Fraenkel, Verzeichnis, 2004, 34. Vgl. Stegmüller, Berliner Septuagintafragmente, 1939, 63. Vgl. Rahlfs/ Fraenkel, Verzeichnis, 2004, 6. Vgl. a. a. O., 283.

50

2 Verzeichnis zu den Handschriften

Ra 2110: P. Bodmer XXIV 1) Coligny-Genève; 2/ 4. Jh. n. Chr.;198 Papyrus, Kodex, 49 Bl. 49 Blätter des Kodex sind erhalten. Ursprünglich umfasste der Kodex vermutlich 42 Doppelblätter. Der Erhaltungszustand ist recht unterschiedlich.199 Die Blätter sind paginiert nach dem milesischen System (dem griechischen alphabetischen Zahlensystem). In der Psalmenzählung folgt der Kodex zunächst dem Hebräischen bis Ps 86. Ps 87 trägt ebf. die Paginierung 86 (vermutlich versehentlich) mit der Folge, dass von hier an die Zählung mit der Septuaginta übereinstimmt. Ps 113 wird in der Zählung gegen MT und LXX geteilt, übereinstimmend mit der sahidischen Überlieferung und Augustin.200 Mit Beginn von Ps. 109 ist ein Schreiberwechsel festzustellen. Hand A ist eine nachlässige, kleine Unziale. Sie ist gekennzeichnet von zahlreichen Fehlern und irregulären Schreibweisen.201 Einige der Schreibfehler werden in der Einzelanalyse nicht einzeln diskutiert. Z. B. in 103,1, da nur der P. Bodmer XXIV hier das Sigma am Ende von εμεγαλυνθης auslässt und auch Testuz/ Kasser vorschlagen, mit dem Rahlfs-Text εμεγαλυνθης zu lesen. Es handelt sich womöglich um eine Dittographie mit dem folgenden Wort σφόδρα. Außerdem auch orthographische Varianten, wie υδασι statt υδασιν in Ps 103,3 und in 103,7 δελӬϓασ̣[ουσ]ιν statt δειλιάσουσιν. Hand B ist eine kalligraphische Unziale, die sorgfältiger angefertigt wurde, jedoch auch nicht ohne Auffälligkeiten.202 Der Kodex ist fortlaufend geschrieben, wobei Stichenwechsel auf unterschiedliche Weise gekennzeichnet werden.203 Der Texttyp ist unsicher. Laut Emmenegger repräsentiert der Papyrus Bodmer XXIV „den Zustand des Psalters, bevor sich die drei alten Textgruppen kristallisiert haben. Er zeigt mit seiner Vielgestaltigkeit den Zustand, der Origenes und andere schließlich veranlasst hat, mit enormen Aufwand den Text zu rezensieren.“204 Der Text des P. Bodmer XXIV zeigt eine größere Nähe zum MT gegen Kodex Vaticanus und Kodex Sinaiticus. Pietersma ist der Meinung, dass sich hier gelegentlich die ursprüngliche Septuaginta widerspiegelt.205 198

199 200 201 202 203 204 205

Die Datierung ist schon seit Barthélemy umstritten, vgl. Pietersma, P. Bodmer XXIV, 1993, 133-142, bes. 133f. Neuerdings wird eine frühe Datierung in die erste Hälfte des 3. Jh.s vorgeschlagen: „Sulla scorta di questi confronti si può cautamente proporre una datazione nella prima metà del III secolo, piuttosto che – come proposto dall’editore – tra la fine del III e l’inizio del IV secolo“. Orsini, I papiri Bodmer, 2015, 62. Vgl. Rahlfs/ Fraenkel, Verzeichnis, 2004, 58. Vgl. a. a. O., 59. Vgl. ebd. Vgl. ebd. Vgl. ebd. Vgl. Emmenegger, Der Text des koptischen Psalters, 2007, 255f. Vgl. Pietersma, Ra 2110, 2013, 85.

2.1 Griechische Handschriften

51

2) Vorhandene Stellen: Ps 17,45–53,5; 55,8–88,10; 88,47–105,32; 106,28– 118,44. Ps 33,2.7–9.11–18.21–23; 49 (gut erhalten); 103 (gut erhalten). 3) Verwendete Ausgabe: Kasser/ Testuz, Papyrus Bodmer XXIV, 1967 (mit vollständigem Faksimile); Pietersma, The Edited Text of P. Bodmer XXIV, 1980, 67–79 (alle dort vorgeschlagenen Korrekturen gegenüber der Edition von Kasser/ Testuz sind in den Einzelanalysen der vorliegenden Arbeit berücksichtigt). Ra 2113: P. Bodmer IX 1) Coligny-Genève; 4. Jh. n. Chr.; Papyrus, Mischkodex, 3 Bl. 3 Blätter sind erhalten. Sie gehören zu einem Sammelkodex. Der ursprüngliche Bestand ist umstritten. Sicher ist, dass, obwohl beide Texte von verschiedenen Händen stammen, P. Bodmer XX dem P. Bodmer IX unmittelbar voransteht, da P. Bodmer IX auf der Rückseite von P. Bodmer XX einsetzt. Die erhaltene Paginierung auf dem ersten Blatt von P. Bodmer XX, ρλγ (= 133), wiederum, weist zudem darauf hin, dass ein umfangreicher Text vorausgegangen ist.206 Der Kodex ist in einer schönen Schrift verfasst mit ausgeprägten Eigenheiten, z. B. Schlaufenbildung bei Κ und Υ, ein auffällig stilisiertes Sigma am Zeilenschluss nach Art eines Finalbuchstabens durch Verlängerung des oberen Bogens, etc. Die Orthographie ist irregulär mit häufiger Dissimilation bei Konsonanten.207 Außerdem ersetzt Ε (Epsilon) häufig ΑΙ (Alpha-Iota) und Ο (Omikron) wird öfter mit Ω (Omega) getauscht.208 Der Text ist stichisch geschrieben.209 Der Texttyp ist unbekannt, möglicherweise stammt die Hs. aus Oberägypten.210 2) Vorhandene Stellen: Ps 33,2–34,17. Ps 33,2–23 (gut erhalten). 3) Verwendete Ausgabe: Testuz, Papyrus Bodmer VII-IX, 1959, 71–81 + Tafel (Ps. 33,19–34,3). Ra 2150: P. Chester Beatty XIV 1) Dublin; 4. Jh. n. Chr.; Kodex. Es handelt sich um zwei Fragmente eines Blattes, die möglicherweise zu einem Kodex gehören.211 Die Orthographie ist irregulär. Nomen-Sacrum206 207 208 209 210 211

Vgl. Rahlfs/ Fraenkel, Verzeichnis, 2004, 57. Vgl. a. a. O., 58. Vgl. Egan, Did Peter change Scripture?, 515. Für weitere Varianten, vgl. a. a. O., 514-518. Vgl. Rahlfs/ Fraenkel, Verzeichnis, 2004, 58. Vgl. ebd. Vgl. a. a. O., 105.

52

2 Verzeichnis zu den Handschriften

Schreibung ist bezeugt und der Text ist fortlaufend geschrieben. Stichenwechsel werden durch Doppelpunkte gekennzeichnet. Die Hs. kürzt das και immer mit κ ab und markiert die Abkürzung mit einer vertikalen gezackten Linie.212 2) Vorhandene Stellen: Ps 2,1–8; 26,1–6.8–14; 31,8–11. Ps 2,1–8 (fragmentarisch). 3) Verwendete Ausgabe: Pietersma, Two Manuscripts, 1978, 36–39 + Plates. Ra 2151: P. Chester Beatty XV 1) Dublin; 4. Jh. n. Chr.; Kodex. Es handelt sich um Fragmente von 7 Doppelblättern eines Kodex in Unzialschrift.213 Die Orthographie ist regulär, Nomen-Sacrum-Schreibung ist bezeugt und der Text ist stichisch geschrieben.214 2) Vorhandene Stellen: Ps 1,1–4,2 (Lücken). Ps 2,1–3.5–8.10–12 (sehr fragmentarisch). 3) Verwendete Ausgabe: Pietersma, P. Chester Beatty XV, 1984, 80–82. Ra 2227: Oxyrhynchus P. 5101 1) Oxford; 1./ 2. Jh. n. Chr., Papyrusrolle. Im Göttinger Verzeichnis215 ist die Hs. noch nicht aufgenommen. Es handelt sich um vier Fragmente einer Papyrusrolle, vermutlich die älteste erhaltene griechische Psalmen-Hs.216 Die Orthographie ist regulär. Die Bevorzugung der Rolle anstelle der Kodex-Form und das Fehlen einer Nomen-Sacrum-Schreibung, vor allem aber die Schreibung des Gottesnamens als Tetragramm in paläohebräischen Buchstaben lassen eine jüdische Herkunft der Hs. vermuten.217 2) Vorhandene Stellen: Ps 26,9–14; 44,4–8; 47,13–15; 48,6–21; 49,2–16; 63,6–64,5. Ps 49,2–16 (fragmentarisch). 3) Verwendete Ausgabe: Colomo/ Henry, 5101, 2011, 8–10.

212 213 214 215 216 217

Vgl. a. a. O., 106. Vgl. ebd. Vgl. a. a. O., 107. Vgl. Rahlfs/ Frankel, Verzeichnis, 2004. Vgl. Colomo/ Henry, 5101, 2011, 1. Vgl. ebd. Vgl. auch Smith, Oxyrhynchus Papyrus 5101, 2012, 5-22.

2.2

Hebräische Handschriften aus Qumran

Zu den wichtigsten Hsn.-Entdeckungen des letzten Jahrhunderts gehören ohne Frage die Textfunde aus der judäischen Wüste. Hier wurden hebräische Hsn. zu den Psalmen gefunden, die bis in die Mitte des 2. Jh. v. Chr. datiert werden (4QPsa und 4QPsx). Für die Erforschung der Septuaginta ist v. a. die Frage interessant, ob Qumran-Hsn. Abweichungen der Septuaginta vom MT stützen und somit auf eine vom MT abweichende hebräische Vorlage der Septuaginta weisen. In der folgenden Liste werden alle in DJD publizierten Qumran-Hsn. aufgeführt, die einen in dieser Arbeit untersuchten Psalm (Psalm 2 8 34 50 oder 104) beinhalten. Wie beim Verzeichnis der griechischen Hsn. (s. o.) werden im ersten Punkt Informationen zur Hs. dargeboten. Im zweiten Punkt wird in der ersten Zeile verzeichnet, welche Kapitel des Psalters generell in der Hs. vorhanden sind und in der zweiten Zeile, welche genauen Verse von den in dieser Arbeit untersuchten Psalmen in der Hs. bezeugt sind. Im dritten Punkt wird die in dieser Arbeit verwendete Ausgabe der Hs. genannt und einführende Literatur zur Hs. aufgeführt. 2QPs: 1) Von 2QPs sind zwei Fragmente mit 23 Worten und Wortresten erhalten. Die Hs. ist in einer frühherodianischen Formalschrift verfasst, was für eine Abfassung zw. 30–1 v. Chr. spricht.218 Soweit der Text erhalten ist, stimmt die Orthographie mit dem MT überein. In den 23 erhaltenen Worten bezeugt die Hs. an einer Stelle eine eigenständige Lesart (Ps 104,8).219 2) Vorhandene Stellen: Ps 103,2–11; 104,6–11. Ps 104,6.8–9.11 (sehr fragmentarisch). 3) Verwendete Ausgabe: DJD III, 69–71 . 3QPs: 1) 3QPs ist ein Fragment, das nur noch die Reste von 6 Worten umfasst. Es wurde in einer herodianischen Formalschrift aus dem 1. Jh. n. Chr. verfasst. Aufgrund des geringen Umfangs lassen sich keine Rückschlüsse auf die Orthographie ziehen.220 2) Vorhandene Stellen: Ps 2,6–7. Ps 2,6–7 (sehr fragmentarisch). 3) Verwendete Ausgabe: DJD III, 94.

218 219 220

Vgl. Lange, Handbuch, 2009, 375. Vgl. a. a. O., 376. Vgl. a. a. O., 376.

54

2 Verzeichnis zu den Handschriften

4QPsa: 1) Die Hs. wird in die Mitte des 2. Jh. v. Chr. datiert und zählt somit neben 4QPsx zu den ältesten erhaltenen Psalmenhandschriften. Waw und yod sind leicht zu verwechseln. Es sind mehr matres lecionis vorhanden als bei MT. Die Hs. ist in Prosaform geschrieben. Sela ist als Teil des fließenden Textes geschrieben. Die Hs. bezeugt eine abweichende Abfolge der Psalmen, z. B. folgt Ps 33 direkt auf Ps 31 und Ps 71 auf Ps 38. Orthographisch folgt die Hs. der sogenannten Qumranorthographie. Die Hs. liest 3-mal mit und 70mal gegen den MT, 8-mal mit und 61-mal gegen LXX, sowie 64-mal eigenständig. Es handelt sich somit um einen eigenständigen Textzeugen.221 2) Vorhandene Stellen: Ps 5–69 ausschnittsweise. Ps 34,21–22 (sehr fragmentarisch). 3) Verwendete Ausgabe: DJD XVI, 12f. 4QPsc: 1) Die Hs. ist in einer sorgfältigen späten herodianischen Formalschrift verfasst. Sie ist zw. 50–68 n. Chr. zu datieren. Die Orthographie entspricht weitestgehend dem MT. 4QPsc ist unter allen Ps-Hsn. aus Qumran an fünfter Stelle in der Anzahl der erhaltenen Verse (nach 11QPsa, 4QPsa, 5/6Hev Ps, und 4QPsb). Womöglich enthielt die Hs. die gesamte protomasoretische Psalmen-Sammlung.222 Orthographisch ähnelt die Hs. dem MT. In ca. 320 erhaltenen Worten und Wortresten weicht sie nur 9-mal vom MT ab.223 2) Vorhandene Stellen: Ps 16–53 ausschnittsweise. Ps 50,14–23 (z. T. fragmentarisch). 3) Verwendete Ausgabe: DJD XVI, 57. 4QPsd: 1) Die Hs. ist späthasmonäisch aus der Mitte des 1. Jh. v. Chr. Das erhalten gebliebene Fragment umfasst Teile von Psalm 106, 147 und 104 in dieser Reihenfolge.224 Es ist interessant, dass auch 11QPsa Ps 104 und Ps 147 zusammen gruppiert, wenn auch in umgekehrter Reihenfolge (118 – 104 – 147 – 105). Der Text ist teilweise in Prosaform und teilweise stichisch geschrieben. Der Übergang von der Prosaform in die stichometrische Form wird irgendwo zwischen Ps 104,11 und 14 vollzogen. Das abweichende Format ist möglicherweise durch zwei unterschiedliche Vorlagen bedingt, die die Hs. vereint.225 Orthographisch steht die Hs. dem MT nahe. Die Hs. hat 14-mal eine eigenständige Lesart, 8-mal mit und 19-mal gegen dem MT, 9-mal mit und 17-mal gegen die LXX und zweimal mit und 10mal gegen

221 222 223 224 225

Vgl. a. a. O., 377. Vgl. a. a. O., 379. Vgl. a. a. O., 380. Vgl. a. a. O., 380. Vgl. a. a. O., 381.

2.2 Hebräische Handschriften aus Qumran

55

11QPsa, sowie 1-mal mit und 5-mal gegen 4QPsl. Am besten kann der Texttyp als eigenständig beschrieben werden.226 2) Vorhandene Stellen: Ps 106, 147, 104. Ps 104,1–5.8–11.14–15.22–25.33–35 (fragmentarisch). 3) Verwendete Ausgabe: DJD XVI, 67–71. 4QPse: 1) Die Hs. ist in spätherodianischer Schrift verfasst und stammt aus der Mitte des 1. Jh. n. Chr.227 Die erhaltenen Fragmente enthalten Teile aus zwanzig Psalmen zwischen Ps 76 und 146.228 U. a. die Reihenfolge (Ps 118–104– 147–105) verweist auf Verwandtschaft mit 11QPsa.229 Die Hs. ist in Prosaform geschrieben.230 Orthographisch liegt die Hs. der Qumranorthographie nahe, wobei sie nicht die typischen langen Affixe bezeugt.231 Vom Texttyp her liegt sie 11QPsa und 11QPsb am nächsten, wobei einige Abweichungen bezeugt sind.232 2) Vorhandene Stellen: Ps 76–146 ausschnittsweise. Ps 104,1–3.20–22 (sehr fragmentarisch). 4QPsl: 1) Aufgrund paläografischer Befunde wird die Hs. in die zweite Hälfte des 1. Jh.s v. Chr. datiert. Sie ist in einer frühherodianischen Handschrift verfasst.233 Die Hs. liest 1-mal mit und 5-mal gegen den MT, 1-mal mit und 5mal gegen die LXX, 1-mal mit und 3-mal gegen 4QPsd, einmal gegen 11QPsa und 4-mal eigenständig.234 Aufgrund des geringen Umfangs lassen sich keine Aussagen über den Texttyp machen. 2) Vorhandene Stellen: Ps 104 ausschnittsweise. Ps 104,3–5.11–12 (fragmentarisch). 3) Verwendete Ausgabe: DJD XVI, 128f. 11QPsa: 1) Die Hs. ist in einer herodianischen Buchschrift verfasst und in die erste Hälfte des 1. Jh. n. Chr. zu datieren.235 Der ursprüngliche Schreiber hat das Tetragramm, dort wo es steht, nicht geschrieben, sondern es nur durch eine Lücke im Text angezeigt. Durch einen zweiten Schreiber wurde das Tetragramm dann mit paläohebräischen Buchstaben in die Leerräume nachge226 227 228 229 230 231 232 233 234 235

Vgl. ebd. Vgl. Lange, Handbuch, 2009, 382. Vgl. auch DJD XVI, 74. Vgl. DJD XVI, 73. Vgl. a. a. O., 74.76. Vgl. a. a. O., 74. Vgl. Lange, Handbuch, 2009, 382. Vgl. DJD XVI, 76. Vgl. a. a. O., 387. Vgl. a. a. O., 388. Vgl. a. a. O., 398.

56

2 Verzeichnis zu den Handschriften

tragen.236 Orthographisch folgt die Hs. der sogenannten Qumranorthographie. Der Texttyp der Hs. ist eines der am intensivsten diskutierten Themen in der Qumranforschung.237 Allein durch das zusätzliche Liedgut und die Abweichungen in der Liedfolge vom MT und der LXX wird jedoch deutlich, dass es sich bei der Hs. um eine Liedsammlung eigenständigen Charakters handelt.238 Dies wird auch durch die Variantenstatistik bestätigt. Die Hs. geht 8-mal mit und 335-mal gegen den MT, 55-mal mit und 251-mal gegen die LXX und bezeugt 280 eigenständige Lesarten. Es handelt sich um eine eigenständige Liedsammlung, die in Qumran jedoch mit 4QPse und 11QPsb durch zwei weitere Hsn. bezeugt ist.239 Unter den Textfunden vom Toten Meer handelt es sich bei 11QPsa um die am umfangreichsten erhaltene Ps-Hs.240 2) Vorhandene Stellen: Ps 101–150 ausschnittsweise + zusätzliches Liedgut. Ps 104,1–6.21–35 (z. T. fragmentarisch). 3) Verwendete Ausgabe: DJD XXIII, 31–34. (DJD IV) 11QPsc: 1) Die Hs. kann paläographisch in die erste Hälfte des 1. Jh. n. Chr. datiert werden. Sie verwendet die sogenannte Qumranorthographie. In den erhaltenen 189 Worten und Wortresten bezeugt sie 24 Varianten. Sie geht 4-mal mit und 20mal gegen den MT, 3-mal mit und 12-mal gegen die LXX und an 19 Stellen bezeugt sie eine eigenständige Lesart. In Bezug auf Liedfolge und Liedgut lässt sich die Hs. texttypologisch nur schwierig einordnen. Die verhältnismäßig hohe Zahl der eigenständigen Lesarten legt jedoch einen eigenständigen Charakter der Hs. nahe.241 2) Vorhandene Stellen: Ps 2–25 ausschnittsweise. Ps 2,2–8 (sehr fragmentarisch). 3) Verwendete Ausgabe: DJD XXIII, 53f. 11QPse?: 1) Zwei Fragmente, die früher als 11QPse bezeichnet wurden, werden heute zu 11QPsd gerechnet (und deswegen als „11QPse?“ bezeichnet). Die Fragmente beinhalten nur ein Wort und 6 Wortreste, was eine orthographische oder texttypologische Zuordnung unmöglich macht. Auch eine paläographische Analyse bleibt unabhängig von 11QPsd schwierig und die Hs. könnte ins Ende des 1. Jh. v. Chr. oder Anfang des 1. Jh. n. Chr. datiert werden.242

236 237 238 239 240 241 242

Vgl. ebd. Vgl. ebd. Vgl. a. a. O., 399. Vgl. a. a. O., 399f. Vgl. a. a. O., 395. Vgl. a. a. O., 401. Vgl. a. a. O., 403.

2.2 Hebräische Handschriften aus Qumran

57

11QPsd wird in die Mitte des 1. Jh. n. Chr. datiert und steht texttypologisch dem MT nahe, es bleibt jedoch unsicher, ob sie die protomasoretische Psalmen-Sammlung bezeugt.243 2) Vorhandene Stellen: Ps 50 ausschnittsweise. Ps 50,3.5.7 (sehr fragmentarisch). 3) Verwendete Ausgabe: DJD XXIII, 77f. 5/6ḤevPs: 1) Die Handschrift wird paläographisch entweder ins frühe 1. Jh. n. Chr. oder in die Jahre 50–68. n. Chr. datiert. Nach 11QPsa und 4QPsa hat 5/6ḤevPs mit 623 identifizierbaren Worten und Wortresten in 14 Fragmenten den umfangreichsten Text erhalten. Die Hs. ist stichometrisch geschrieben und zeigt in ihrer Verseinteilung, dass sie in der Regel dem MT nahe steht. In der Orthographie entspricht die Hs. dem MT, ist jedoch häufig mit Defektivschreibung. Abgesehen von den orthographischen Varianten bezeugt die Hs. nur drei Abweichungen vom MT, weshalb sie als protomasoretisch klassifiziert werden kann.244 2) Vorhandene Stellen: Ps 7–31 ausschnittsweise. Ps 8,1.4–10 (sehr fragmentarisch). 3) Verwendete Ausgabe: DJD XXXVIII, 146f.

243 244

Vgl. a. a. O., 402. Vgl. a. a. O., 406.

2.3 Weitere Textzeugen 2.3.1 Lateinische Textzeugen Die ersten Hinweise auf einen lateinischen Bibeltext finden sich bei Tertullian, der, obwohl er häufig eigenständig übersetzt, an einigen Stellen deutlich Bezug auf eine bereits gängige Übersetzung nimmt. Die ersten lateinischen Übersetzungen sind nach dem Septuagintatext übersetzt worden und sind von unterschiedlicher Herkunft und Qualität. Sie sind jedoch nur noch bruchstückhaft überliefert, da sie bereits im frühen Mittelalter durch die Vulgata weitgehend verdrängt wurden. Als Sammelbezeichnung für praktisch alle altlateinische Bibeltexte, die man nicht zur Vulgata rechnet, wird der Begriff Vetus Latina verwendet. Sie ist für die Psalmen insbesondere durch die Hsn. LaR und LaG, sowie durch Zitate insbesondere bei Cyprian und z. T. bei Tertullian und Augustin bezeugt. Das Psalterium Gallicanum (Ga) des Hieronymus, das einen nach dem hexaplarischen Text revidierten altlateinischen Text darstellt, ist in den offiziellen Text der Vulgata eingegangen. Ga: Psalterium Gallicanum 1) Das „Psalterium Gallicanum“ ist Hieroymus’ zweite Psalterbearbeitung, die er in Palästina anfertigte und für die er die Haxapla des Origenes heranzog, die sich in Caesarea befand.245 Sie entstand im Ende des 4. Jh. n. Chr.246 Das Psalterium Gallicanum stellt eine Revision des altlateinischen Psalters nach dem hexaplarischen Septuagintatext dar.247 Da es sich nicht um eine ganz neue Übersetzung handelt, weicht das Psalterium Gallicanum gelegentlich vom hexaplarischen Text ab und behält die altlateinische Lesart.248 Insgesamt betrachtet gibt es aber den hexaplarischen Text recht genau wieder.249 Das Psalterium Gallicanum ist in die offizielle Bibel der römisch-katholischen Kirche eingegangen und somit Teil der Vulgata geworden.250 2) Verwendete Ausgabe: Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931. LaR: 1) Bei LaR handelt es sich um den altlateinischen Text des griechisch-lateinischen Psalters R, welcher ins 5./ 6. Jh. n. Chr. datiert wird.251 LaR stellt je245 246 247 248 249 250 251

Vgl. Fischer, TAT, 2009, 170. Vgl. Schulz-Flügel, Art. Bibelübersetzungen I.2, 1998, 1492. Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 54. Vgl. auch Brock, Art. Bibelübersetzungen I.3.2, 1980, 177. Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 54–56. Vgl. a. a. O., 56. Vgl. a. a. O., 56. Vgl. auch Fischer, TAT, 2009, 170. Vgl. Fischer, TAT, 2009, 178.

2.3 Weitere Textzeugen

59

doch nicht eine Übersetzung der griechischen Kolumne dar, sondern der Text war schon vorhanden, bevor er mit dem jetzt neben ihr stehenden griechischen Text verbunden wurde.252 Der Text stimmt sehr oft mit demjenigen überein, welchen Augustin seiner großen Erklärung der Psalmen, den „Enarrationes in Psalmos“, zugrunde gelegt hat.253 Der Text stammt wahrscheinlich aus Afrika. Jedoch ist zwischen den verschiedenen afrikanischen Texten zu unterscheiden. Obwohl der Text von LaR und Aug grundsätzlich mit den altafrikanischen Texten von Tertullian und Cyprian übereinstimmt, weicht er doch an gewissen Stellen ab.254 Die altlatischen Übersetzungen geben ihre griechische Vorlage durchweg sehr wörtlich wieder.255 LaR teilt einige Lesarten mit dem antiochenischen Text.256 2) Verwendete Ausgabe: Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931. LaG: 1) Es handelt sich um eine Prachthandschrift aus dem 6. Jh. n. Chr.257 Über ihren Entstehungsort lässt sich nichts Sicheres sagen, außer dass sie, da alle spezifisch afrikanischen Züge fehlen, nicht aus Afrika stammt.258 LaG geht häufig mit dem Psalterium Gallicanum zusammen, was entweder als Beeinflussung durch das Psalterium Gallicanum zu erklären ist, oder als Hinweis gewertet werden kann, dass der lateinische Text, der Hieronymus bei seiner Erstellung des Psalterium Gallicanums zugrunde lag, diesem schon von Haus aus ähnlicher war als der afrikanische Text LaR.259 LaG hat dennoch auch vieles mit LaR gemeinsam u. a. einige prägnante Übersetzungsfehler.260 Die Übersetzung von βάρεων und βάρεσιν mit grauibus, welche später bei Hieronymus korrigiert wird, weist auf das hohe Alter des in der Hs. überlieferten Textes.261 2) Verwendete Ausgabe: Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931. Uulg: Vulgata 1) Unter Uulg wird im textkritischen Apparat von Rahlfs die Vulgata, der offizielle Text der römisch-katholischen Kirche nach der Ausgabe von 1592, aufgeführt.262 Bei den Psalmen wurde das Psalterium Gallicanum des Hiero252 253 254 255 256 257 258 259 260 261 262

Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 37. Vgl. a. a. O., 37f. Vgl. a. a. O., 39. Vgl. a. a. O., 44f. Rahlfs deutet dies als spätere Korrektur nach dem antiochenischen Text, vgl. a. a. O., 40. Vgl. a. a. O., 41. Vgl. ebd. Vgl. a. a. O. 43f. Vgl. a. a. O. 41f. Vgl. a. a. O. 42. Vgl. a. a. O. 19.

60

2 Verzeichnis zu den Handschriften

nymus (vgl. oben unter Ga) zum offiziellen Text der Vulgata (verbindlich seit dem Tridentinum 1546), weswegen die Vulgata in der Regel mit dem Psalterium Gallicanum übereinstimmt.263 Nur an den Stellen, bei denen die Vulgata vom Psalterium Gallicanum abweicht, wird bei Rahlfs „Uulg“ neben „Ga“ angeführt.264 2) Verwendete Ausgabe: Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931.

2.3.2 Koptische Textzeugen Bo: Bohairische Übersetzung 1) Die bohairsche Übersetzung gibt eine andere griech. Textform wieder als die sahidische (bei Rahlfs wird Bo der unterägyptischen Textgruppe zugeordnet). Häufigere auffällige Übereinstimmung mit Sa weisen jedoch deutlich auf eine gewisse Abhängigkeit.265 Aller Wahrscheinlichkeit nach ist die bohairische Übersetzung jünger als die sahidische und ist vielleicht erst ins 9. Jh. n. Chr. anzusetzen.266 Sie benutzte neben dem griechischen Original auch die bereits eingebürgerte sahidische Übersetzung.267 Rahlfs ordnet den bohairischen Text dem unterägyptischen Texttyp zu.268 Der bohairische Text teilt jedoch auch häufiger Lesarten mit dem antiochenischen Text, insbesondere die von Lagarde mit der Sigel D bezeichnete Hs.269 2) Verwendete Ausgabe: Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931. M: Mudil-Kodex 1) Kairo; Ende 4. Jh. n. Chr.; Pergament; Die Untersuchungen von Emmenegger zum Mudil-Kodex haben ergeben, dass der Kodex keinen alten von der Rezension des Origenes unabhängigen Traditionsstrang darstellen kann, sondern dass es sich um einen Mischtext handelt, dem vermutlich ein oder mehrere griechische Texte und ein sahidischer Psalter zugrunde lagen.270 3) Verwendete Ausgabe: Es wurden die Beobachtungen und Ergebnisse von Emmenegger zur Hs. berücksichtigt, vgl. Emmenegger, Der Text des koptischen Psalters, 2007. Eine Ausgabe des Mudil-Kodex findet sich bei Gabra, Der Psalter im oxyrhynchitischen Dialekt, 1995. 263 264 265 266 267 268 269 270

Vgl. a. a. O. 56. Vgl. auch Schulz-Flügel, Art. Bibelübersetzungen I.2, 1998, 1493. Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 56f. Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 27. Vgl. ebd. Vgl. auch Juckel, Art. Bibelübersetzungen I.3, 1998, 1496 und Brock, Art. Bibelübersetzungen I.5, 1980, 197. Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 27. Vgl. a. a. O., 26f. Vgl. a. a. O., 17.28. Rahlfs deutet die Übereinstimmungen als spätere Korrekturen nach dem antiochenischen Text, vgl. ebd. Vgl. Emmenegger, Der Text des koptischen Psalters, 139.256.

2.3 Weitere Textzeugen

61

Sa: Sahidische Übersetzung 1) Die sahidische Übersetzung wird ins 3./ 4. Jh. n. Chr. datiert.271 In Rahlfs’ textkritischem Apparat ist der sahidische Text nach der Berliner Hs. SaB (um 400 n. Chr.) und der Londoner Hs. SaL (um 600 n. Chr.) wiedergegeben.272 Emmenegger verwendet dem Rat von Nagel folgend ebenfalls SaL für seine Kollation.273 Die sahidische Übersetzung ist ein wichtiger Zeuge für den oberägyptischen griechischen Texttyp, den sie im Großen und Ganzen äußerst wortgetreu wiedergibt.274 Vor allem charakteristisch für sie sind die besonders zahlreichen christlichen Zusätze (ein besonders prominentes Bsp. ist die Ergänzung von ἀπὸ τοῦ ξύλου in LXX Ps 95,10).275 2) Verwendete Ausgabe: Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931.

2.3.3 Syrische Textzeugen S: Peschitta 1) Die Peschitta stellt eine syrische Übersetzung aus dem Hebräischen dar. Im Gegensatz zur Septuaginta gibt es keine festgelegte Tradition über die Ursprünge der Peschitta des Alten Testaments.276 Nach älterer Auffassung entstand sie im Königreich von Adiabene in der Mitte des 1. Jh. n. Chr. Diese Annahme stützt sich jedoch auf historisch unsichere Nachrichten. Heute wird von einer Herkunft aus jüdischen Kreisen der Gegend von Edessa um 150 n. Chr. ausgegangen.277 Unterschiede in Stil und Charakter zwischen den einzelnen biblischen Büchern machen jedoch deutlich, dass man von verschiedenen Ursprüngen und einer komplexeren Entstehungsgeschichte auszugehen hat.278 In der Forschung ist allgemein anerkannt, dass eine deutliche Verbindung der Peschitta zur jüdischen Targumtradition zu erkennen ist. Im Psalter ist der Einfluss der Targume jedoch gering, während Gemeinsamkeiten mit der Septuaginta stärker hervortreten, die sich entweder aus einer gemeinsamen hebräischen Vorlage erklären oder aus einem Einfluss der Septuaginta auf die Peschitta.279 2) Verwendete Ausgabe: BHS. 271 272 273 274 275 276 277 278 279

Vgl. Juckel, Art. Bibelübersetzungen I.3, 1998, 1496; Brock, Art. Bibelübersetzungen I.5, 1980, 200. Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 18. Vgl. Emmenegger, Der Text des koptischen Psalters, 2007, 15. Vgl. auch Nagel, Der sahidische Psalter, 2000, 82–96. Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 30. Vgl. a. a. O., 30–32. Vgl. Brock, Art. Bibelübersetzungen I.4.1, 1980, 182. Vgl. Fischer, TAT, 2009, 165. Vgl. auch Juckel, Art. Bibelübersetzungen I.3, 1998, 1494. Vgl. Fischer, TAT, 2009, 165. Vgl. ebd.

62

2 Verzeichnis zu den Handschriften

Sy (Ra)/ Syh (BHS): Syrohexapla 1) Die Syrohexapla, die auf Grundlage der 5. (LXX-) Kolumne von Origenes’ Hexapla um 616/ 617 n. Chr. von Paul von Tella in Alexandria verfasst wurde, belegt eine sehr feine Übersetzungstechnik, die das griechische Original im Detail wiederzugeben versteht.280 Beim Psalter ist jedoch der hexaplarische LXX-Text in der Übersetzung des Paul von Tella ausnahmsweise nicht enthalten. Einige syrische Hsn. bezeugen zwar einige aristarchische Zeichen und einige von Origenes’ Lesarten (und der der Hexapla), dennoch ist der Text nicht von Haus aus hexaplarisch.281 Der Grund bleibt unklar. Die geringe Bezeugung von Texten des hexaplarischen Psalters (Die Fragmente 2098, 2005 und das Psalterium Gallicanum und die Psalm Zitate in Hieronymus Briefe an Sunnia und Fretela) lassen gar unsicher erscheinen, ob ein Text von dieser Hsn.-Tradition im Alexandria282 des 7. Jh.s überhaupt verfügbar war.283 Laut Hiebert beruht Paul von Tellas syrohexaplarischer Psalter vermutlich auf dem „Philoxenian Psalter“.284 Rahlfs ordnet die Syrohexapla der antiochenischen Textgruppe zu und weist daraufhin, dass sie häufig mit Theodoret (der ebenfalls der antiochenischen Textgruppe zugeordnet ist) von L abweicht.285 2) Verwendete Ausgabe: BHS. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931.

280 281 282 283 284 285

Vgl. Brock, Art. Bibelübersetzungen I.4.1, 1980, 186. Vgl. auch Hiebert, Syriac Biblical Textual History, 2001, 179f. Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 52. Paul von Tella war vor der Invasion der Perser bzw. Sassaniden geflohen und arbeitete in einem Kloster in der Nähe von Alexandria. Vgl. Hiebert, Syriac Biblical Textual History, 2001, 185. Vgl., a. a. O., 185f. Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 66–67.

2.4

Kirchenväterzitate

2.4.1 Griechische Kirchenväter Orig: Origenes 1) Origenes (ca. 185/ 86- ca. 253/ 54) wurde in Alexandria geboren, wo er neben Caesarea auch die größte Zeit seines Wirkens verbrachte.286 Prägend für die LXX-Überlieferung ist seine Erstellung der Hexapla, durch die uns v. a. die jüdischen Rezensionen von Aquila, Theodotion und Symmachus überliefert sind, und in der 5. Spalte der Septuagintatext, welcher von Origenes durchgesehen und revidiert worden ist (mit den Revisionszeichen Obelos und Asteriskos).287 Die Syrohexapla, welche in den anderen Büchern des AT’s der wichtigste Zeuge für den hexaplarischen Text darstellt, kann in den Psalmen jedoch nicht als Zeuge dafür dienen (vgl. dazu 1.3.3 unter Sy/ Syh). Für den hexaplar. Text der Psalmen ist dagegen das Psalterium Gallicanum ein wichtiger Zeuge, der diesen im Ganzen recht genau wiedergibt (vgl. 1.3.1 unter Ga). Im Apparat von Rahlfs werden außerdem Stellen angeführt, in denen Nachrichten anderer Zeugen über Lesarten der Hexapla vorhanden sind.288 Diese werden unter der Sigel „O“ angeführt, gefolgt von einer Angabe, bei wem sich die betreffende Notiz findet, z. B. Ps 2,2 „O teste Euseb.“289 Origenes wird außerdem allgemein bei Rahlfs nur nach Zitaten in seinen griech. Schriften aufgeführt. 2) Verwendete Ausgabe: Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931. Tht: Theodoret 1) Theodoret von Kyrrhos (ca. 393- ca. 460 n. Chr.) wurde in Antiochien geboren und wandte sich nach dem Tod seiner Eltern im Jahre 417 dem koinobitischen Mönchtum zu, bis er 423 als Bischof nach Kyrrhos berufen wurde.290 Theodorets Kommentar zum Psalter ist bei Rahlfs ein wichtiger Zeuge für den antiochenischen Text.291 An gewissen Stellen weicht er jedoch sicher oder wahrscheinlich vom antiochenischen Text ab und geht mit dem Kodex Sinaiticus oder anderen Zeugen, besonders mit der Syrohexapla, die beim Psalter jedoch anders als bei den anderen biblischen Büchern nicht den hexaplarischen Text wiedergibt (s. o. 2.3.3 unter Syh). 2) Verwendete Ausgabe: Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931. 286 287 288 289 290 291

Vgl. Markschies, Art. Origenes, 2003, 657f. Vgl. Dogniez, Art. Bibelübersetzungen I.1, 1998, 1489. Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 60. Vgl. ebd. Vgl. Bergjan, Art. Theodoret von Cyrus, 2005, 243. Guinot, Art. Theodoret von Kyrrhos, 2002, 250f. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 63–66.

64

2 Verzeichnis zu den Handschriften

2.4.2 Lateinische Kirchenväter Aug.: Augustin 1) Augustin (13.11.354 - 28.4.430 n. Chr.) wurde im röm. Nordafrika in der Stadt Thagaste geboren. 386 bekehrte er sich zum Christentum. Seit 397 war er alleiniger Bischof von Hippo.292 In seiner frühen Wirkungsphase, in der auch die meisten seiner PsalmenAuslegungen entstanden sind (in der Regel bezieht sich „Aug.“ in Rahlfs’ textkritischem Apparat auf die „Enarrationes in Psalmos“, Mauriner-Ausgabe IV, Paris 1681), verwendete er einen Text, der dem von LaR sehr ähnlich ist.293 Gelegentlich geht er aber auch mit dem Psalterium Gallicanum gegen LaR. Diese Nähe zum Psalt. Gall. wird in den letzten 16 Psalmen, welche Augustin nach 415 ausgelegt hat, noch sehr viel größer (Ps. 67.71.77. 78.81.82.87.89.104–108.118.135.150).294 Anders als Hieronymus, der den hebräischen Text zur Basis seiner Übersetzung erklärte, war für Augustin das Ideal, „den griech. Text so wörtlich wie möglich wiederzugeben“295. 2) Verwendete Ausgabe: Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931. Cyp.: Cyprian 1) Cyprian (nach 200 n. Chr. - 14.9.258) gehörte der karthagischen Oberschicht an, konvertierte 245 zum Christentum und war seit 248/ 49 Bischof von Karthago.296 Er ist mit Tertullian der älteste Zeuge für den lateinischen Text.297 Die altlateinischen Texte divergierten stark voneinander und waren außerdem einem fortwährenden Prozess der Revision auf Grundlage verschiedener griechischer Texte unterworfen.298 Es ist dennoch zu erwägen, ob der zugrundeliegende griechische Text in einzelnen Lesarten den Septuaginta-Lesarten vorzuziehen ist, z. B. in denen er mit dem MT übereinstimmt und die Variante in der Septuaginta sich leicht aus dem Griechischen herleiten lässt, im Hebräischen und Lateinischen jedoch einen großen Unterschied machen würde.299 2) Verwendete Ausgabe: Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931. Tert.: Tertullian 1) Tertullian, Quintus Septimius Florens (ca. 160–170 n. Chr.- nach 220 n. Chr.) war Sohn eines in Karthago stationierten Militärs. Nachdem er vor 195 n. Chr. zum Christentum konvertierte wandte er sich 207/08 dem Montanis292 293 294 295 296 297 298 299

Vgl. Mühlenberg, Art. Augustin, 1998, 959–962. Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 19.46. Vgl. a. a. O., 46. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 49. Vgl. auch Fischer, TAT, 2009, 171–173. Vgl. Wischmeyer, Art. Cyprian von Karthago, 1999, 508. Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 45. Vgl. Fischer, TAT, 2009, 176. Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis 1931, 45f.

2.4 Kirchenväterzitate

65

mus zu und trennte sich zw. 210–212 von der Großkirche. Gemäß einem Hinweis bei Augustin gründete er eine eigene Sekte (Tertullianisten).300 Die Zitate bei Tertullian sind mit denen bei Cyprian das älteste, was von der latein. Überlieferung des AT’s vorhanden ist.301 Gelegentlich können sie einen Text bieten, der mit dem MT geht und gegenüber der Septuaginta zu bevorzugen ist (und zwar, wenn sich die Variante in der Septuaginta innergriechisch leichter erklären lässt). Ihnen lag also ein griechischer Text zugrunde, der in einzelnen Lesarten gegenüber den heute noch vorhandenen Septuaginta-Lesarten vorzuziehen ist.302 2) Verwendete Ausgabe: Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931.

300 301 302

Vgl. Moreschini, Art. Tertullian, 2005, 172. Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 45. Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis 1931, 45f. Siehe auch oben unter „Cyp.: Cyprian“.

3

Psalm 2

3.1

Einführung in den hebräischen Text

3.1.1 Gliederung und Inhalt Der Psalm lässt sich in zwei Teile mit jeweils zwei Strophen gliedern.303 Die Verse 1–3 leiten den Psalm ein mit einer Schilderung der Auflehnung der Völker und ihrer Könige und Fürsten gegen JHWH und seinen Gesalbten. Der Ort des Geschehens wechselt in den Verse 4–6 von der Erde zum Himmel und es wird die Reaktion JHWHs auf die Revolte der Völker beschrieben, der über sie spottet und in Zorn über ihre Auflehnung gegen den von ihm geweihten König auf Zion gerät. Als Gliederungselemente sind zu erkennen, dass beide Teile jeweils mit einem Zitat in wörtlicher Rede abgeschlossen werden.304 Der Sprecher des Psalms ist bis hierhin zunächst nicht näher bestimmt. In Vers 7 wird jedoch deutlich, dass der Gesalbte selbst als Sprecher des Psalms zu verstehen ist („Er hat zu mir gesprochen: ‚Mein Sohn bist du…‘“). Dieser zitiert in den Versen 7–9 zunächst eine JHWHRede, in der die ihm von JHWH verliehene Vollmacht über die Nationen bekundet wird und in den Versen 10–12 richtet er sich selbst an die revoltierenden Könige, mit der Ermahnung, sich dem HERRN und seinem Gesalbten (= dem Sprecher selbst) unterzuordnen.305

3.1.2 Gattung und Entstehungsgeschichte Psalm 2 wird mit den Psalmen 18; 20; 21; 45; 72; 89; 101; 110; 132 und 144 zu den sogenannten Königspsalmen gezählt.306 Die Datierung und der „Sitz im Leben“ des Psalms sind jedoch umstritten.307 Weitestgehender Konsens 303 304 305

306 307

Vgl. Lugt, Cantos, 2006, 103–105. Vgl. auch Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.1, 2012, 64. Vgl. Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.1, 2012, 64f. Die Seligpreisung in V. 12b ist ein Nachwort, das vermutlich erst in der redaktionellen Verbindung des Psalms mit Psalm 1 hinzugekommen ist, vgl. z. B. Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 49; Seybold, Psalmen, 1996, 31–33; Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.2, 2015, 119f.; und ausführlicher zum Verhältnis zwischen Ps 1 und Ps 2, Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.1, 2012, 1–6. Vgl. Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.1, 2012, 70. Gunkel hat den Psalm aufgrund seiner Zugehörigkeit zu den „Königspsalmen“ in die „festlichen Veranstaltungen des fürstlichen Hofes“ verortet, vgl. Gunkel, Psalmen, 1968, 5. Es ist jedoch eine genaue Einzeluntersuchung jedes Königspsalms in

3.1 Einführung in den hebräischen Text

67

besteht für eine nachexilische Entstehung der V. 10–12 (weisheitliche Mahnrede) und für eine vorexilische Datierung der V. 7–9.308 In der Datierung der V. 1–6 geht die Forschung dagegen auseinander.309 Die sprachliche und konzeptionelle Prägung von späten weisheitlichen und schriftprophetischen Perspektiven310 sowohl in den Versen 1–6 als auch in den Versen 10–12, sowie weitere terminologische wie sachliche Bezüge zwischen den beiden Abschnitten können als Indizien dafür herangezogen werden, dass der Psalm 2 womöglich eine nachexilische literarische Komposition darstellt, in die ein altes Überlieferungsstück (V. 7–9)311 aufgenommen wurde.312 Der kompendiöse Charakter des Psalms, der wesentliche Inhalte des Psalters in sich vereint,313 hat zu der Vermutung veranlasst, dass er von Anfang an nicht als Einzelpsalm, sondern als Einleitung einer Psalterkomposition konzipiert wurde,314 möglicherweise als Prolog eines „messianischen Psalters“ (Ps 2–

308 309

310

311

312

313

314

traditions-, religions- und redaktionsgeschichtlicher Hinsicht erforderlich, vgl. Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.1, 2012, 70. Für eine zusammenhängende Analyse und Interpretation der Königspsalmen, vgl. Saur, Königspsalmen, 2004. Für seine Einzeluntersuchung zu Psalm 2, vgl. a. a. O. 25–46. Eine Ausnahme bilden nur diejenigen Positionen, die von einer literarischen Einheit des Psalms ausgehen, s. folgende Anm. Für eine umfangreiche Auflistung der Vertreter der verschiedenen Forschungsmeinungen (1. Der Psalm ist literarisch einheitlich, 2. Der Psalm ist zweistufig entstanden, 3. Der Psalm ist in einem Zug entstanden, jedoch als literarische Komposition unter Aufnahme von altem Material), vgl. Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.1, 2012, 75f. Zu einer Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Argumenten für Datierungsansätze, wie Aramaismen, realkundliche Sachverhalte („Fesseln“ in V. 3, „eisernes Zeptern“ in V. 9), der Gebrauch von „Gesalbter“ in V. 2 und der Verweis auf Paralleltexte (Ps 110, Micha 4,11–13, Chronik), vgl. a. a. O., 71–77. Vgl. Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.2, 2015, 120. Für die V. 10–12 ist der nachexilische weisheitliche Charakter in der Forschung nahezu unbestritten, vgl. a. a. O., 76. Die Verse 1–6 wiederum haben z. B. in der Rede von der Vergeblichkeit des Völkerplans in den V. 1–3 Parallelen in weisheitlichen und prophetischen Texten, vgl. a. a. O., 77f.80. „Der Abschnitt enthält mit seiner Anrede JHWHs an den König, der Deklaration der Sohnesannahme und dem Zuspruch der Herrschaft keine einzige Aussage, die sachlich und terminologisch nicht bis in vorexilische Zeit zurückreichen könnte“, Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.1, 2012, 74. Vgl. Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.1, 2012, 76. Ähnlich zunächst vertreten von Loretz, der in den V.6–9 ein altes Überlieferungsfragment sieht und in den V. 1– 5.10–12 ein Liedfragment aus hellenistischer Zeit, die in nachexilischer Zeit in einem Zug miteinander verbunden wurden, vgl. Loretz, Psalmstudien, 2002, 41.43f. „Der Psalm enthält wie ein Kompendium alle entscheidenden Theologumena der Jerusalemer Tempeltheologie im Blick auf die Königsherrschaft Gottes (Zions-, Königs- und JHWH-Königs-Vorstellungen). Er fasst sie in einem komplexen Bild zusammen und präludiert so den gesamten Psalter“, vgl. Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.1, 2012, 76. Vgl. Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.1, 2012, 76.

68

3 Psalm 2

89), der auf das 5./ 4. Jh. v. Chr. zurückgeht.315 Einige Aspekte des Psalms kehren jedoch auch im Schlusshallel (Ps 146–150) wieder, was dafür sprechen kann, dass der Psalm auch für die Endkomposition des Psalters eine prägende Rolle gespielt hat.316 Die abschließende Seligpreisung in V. 12b („Glücklich alle, die sich bei ihm bergen“) wurde womöglich sekundär als Rahmung von Psalm 1 und 2 hinzugefügt (Psalm 1 beginnt mit einer Seligpreisung und Psalm 2 endet mit einer solchen).317

3.1.3 Kontext im Psalter In Apg 13,33 wird in einigen Hsn. auf Ps 2 als den ersten Psalm rekurriert,318 was die Vermutung nahelegen könnte, dass es sich bei Ps 1 und 2 ursprünglich mal um einen Psalm gehandelt hat. Die fundamentalen Stilunterschiede sprechen jedoch gegen eine ursprüngliche Einheit von Ps 1 und 2319 und auch in der Rezeptionsgeschichte wurden sie nie als ein Psalm betrachtet.320 Ps 1 und 2 werden in der Forschung häufig als Eingangsportal des Psalters beschrieben.321 Eine solche Funktion der beiden ersten Psalmen ist in der 315

316

317

318 319 320

321

Vgl. dazu Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.2, 2015, 120. Zenger datiert Ps 2 in seiner Grundform als Eröffnung der zusammengestellten Sammlung Ps 3–89 dagegen ins 3. Jh. v. Chr., vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993,45. Zur Datierung des „messianischen Psalters“, vgl. Rösel, Die messianische Redaktion, 1999, 207–217. Als Terminus a quo nennt er die Einweihung des 2. Tempels im Jahr 515 v. Chr. und als terminus ad quem die Zeit vor der Chronik (um 400–375 oder hellenistische Zeit je nach Datierung der Chronik), vgl. a. a. O., 214f. Rösel geht davon aus, dass Ps 2,1–9 einer Grundschicht angehören und nur der weisheitliche Schluß in den V. 10–12 spät-nachexilisch zu datieren ist, vgl. a. a. O., 100.105. Besonders in Ps 148–149, kehren zahlreiche Aspekte wieder, die in Ps 2 thematisiert werden (Umgang mit der Gefahr der Völker, Umkehr der „Könige der Erde“, Unterwerfung der Völker als Vollzug des Gerichts, etc.). Auch der letzte Vers des Gesamtpsalters Ps 150,6 zieht jedoch womöglich eine Linie zu Psalm 2, indem die Spannung zwischen Israel und den Völkern, eine Thematik, die mit Psalm 2 eröffnet wird, in dem Jubel aufgelöst wird, dass die ganze Schöpfung die Königsherrschaft Gottes preisen wird, vgl. Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.2, 2015, 120f. Ps 1 beginnt mit einer Seligpreisung. Durch die Hinzufügung einer Seligpreisung am Ende von Ps 2 entsteht eine Rahmung, und Psalm 1 und 2 werden als eine Einheit gekennzeichnet, die – so Hartenstein (und andere) - als Eingangsportal zum Gesamtpsalter dient, vgl. Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.2, 2015, 119f. Dagegen Oeming, der im Makarismus (V. 12b) die Quintessenz der Umkehrpredigt des Königs (V. 7– 12a) sieht, vgl. Oeming, Psalm 1–41, 2000, 57. Vgl. NA28, zur Stelle und Seybold, Psalmen, 1996, 31. Vgl. Seybold, Psalmen, 1996, 31. Ausführlich dazu, vgl. Willgren, Like a Garden, 2016, 164–168. In der frühjüdischen und rabbinischen Tradition werden sie zwar aufeinander bezogen, gelten jedoch nicht als redaktionelle Einheit, vgl. Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.1, 2012, 2. Sie sind durch die Seligpreisung redaktionell miteinander verbunden (Ps 1,1; 2,12). Außerdem hat Psalm 2 keine Überschrift. Ps 3 ist der erste Psalm, der eine Über-

3.1 Einführung in den hebräischen Text

69

Rezeptionsgeschichte jedoch nirgends bezeugt und lässt sich nicht mit Sicherheit behaupten.322 Psalm 2 ist womöglich bereits als Prolog einer früheren Psaltersammlung „dem messianischen Psalter“ (Ps 2–89) entstanden,323 und verschiedene Leitmotive verbinden ihn mit den folgenden Psalmen, besonders Psalm 3 und 4. Außerdem können die beiden großen Königspsalmen 72 und 89 im letzten Drittel des „messianischen Psalters“ als zwei mögliche Ausgänge des in dieser Hinsicht offenen Ps 2 gedeutet werden: „Die Anerkennung (vgl. Ps 2,10–12 und Ps 72) und die Erniedrigung Davids (vgl. Ps 2,1–3 und Ps 89)“324. Im Rahmen der Endkomposition des Psalters wird Psalm 2 auch im Schlusshallel (Ps 146–150) mehrfach aufgegriffen. Nicht zuletzt ist Psalm 2 im Kontext der sogenannten Königspsalmen zu verstehen, v. a. Ps 72; 89;110 und 144 und ferner 18; 20; 21; 45; 101 und 132.325

322 323

324

325

schrift hat, vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 45. Ausführlich zu Ps 1 und 2 als „Portal“ des Psalters, vgl. Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.1, 2012, 1–6. Es wird auch die These vertreten, dass Psalm 1 erst für das Proömium geschaffen wurde. Darauf weisen einige Motive und Wendungen aus Psalm 2, die in Psalm 1 aufgegriffen werden, wie die Seligpreisungen, das Bild vom Lebensweg, das Kontrastmotiv des über die Tora Sinnenden gegenüber den über Nichtiges Sinnenden Nationen, usw., vgl. Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.1, 2012, 3f. Ausführlich zu Differenzen und Übereinstimmungen zw. Ps 1 und 2, vgl. Willgren, Like a Garden, 2016, 156–159. Weber vertritt die Meinung, dass auch Ps 3 zur Ouvertüre gehört. „Der Psalter ist nicht bereits mit Ps 2, sondern erst mit dem Beten von Ps 3 eingeführt und recht eröffnet.“, Weber, Buchovertüre Psalm 1–3, 2010, 843. Für seine Argumente vgl. Weber, Buchovertüre Psalm 1–3, 2010, 840–843. Kritisch gegenüber der These von Psalm 1 und 2 als Proömium des Psalters, vgl. Willgren, Like a Garden, 2016, 155–173, bes. 171–173. Vgl. Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.2, 2015, 120. Die These eines „messianischen Psalters“ hat Christoph Rösel aufgestellt, vgl. Rösel, Die messianische Redaktion, 1999, bes. 193–217. Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.2, 2015, 121. Letzteres können die Völker jedoch nur verursachen, weil JHWH selbst es zulässt (so die dtr. geprägte Geschichtstheologie von Ps 89,39ff.), vgl. ebd. Zenger geht dagegen davon aus, dass der Klage über das Ende des davidischen Königtums in Ps 89,39ff. programmatisch die David – Verheißung von Psalm 2,7–9 gegenübergestellt wird und Psalm 2 folglich dazu einlädt, „die Sammlung 2–89 als leid- und gleichwohl hoffnungsvolle Geschichte und Theologie des davidischen Königtums in Hoffnungs-Perspektive für ‚David‘ = Israel zu lesen.“, Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 51. Die Intensität und Ausführlichkeit, in der Ps 89,20–38 die David-Verheißung von Ps 2,6–9 aufgreift und dann in 89,39ff. zutiefst erschüttert (JHWH hat seinen Gesalbten im Zorn verworfen und verstoßen), weist jedoch eher darauf hin, dass umgekehrt Ps 89 als Antwort auf Ps 2 zu lesen ist (bzw. als ein möglicher Ausgang von Ps 2, vgl. Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.2, 2015, 121). Vgl. Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.1, 2012, 70. Ähnlichkeiten gibt es außerdem auch mit den JHWH-Königspsalmen 93ff., vgl. Weber, Werkbuch Psalmen I, 2001, 54. Eine ausführliche zusammenhängende Analyse zu den Königspsalmen hat Saur vorgelegt, vgl. Saur, Königspsalmen, 2004.

70

3 Psalm 2

Des Weiteren ist zu erwähnen, dass Psalm 2 der im NT am häufigsten zitierte Psalm ist,326 wo er messianisch, bzw. christologisch gedeutet wird (vgl. z. B. die Zitate in der Apostelgeschichte und im Hebräerbrief, Apg 4,25; 13,33 und Hebr 1,5;5,5).

326

Vgl. Weber, Werkbuch Psalmen I, 2001, 54.

3.2

Einzelanalyse zu LXX Psalm 2

Textzeugen Psalm 2 ist – neben den zahlreichen jüngeren Hsn., die den Psalm belegen (im Apparat zusammengefasst unter der Sigel L) – in acht griechischen Hsn. bezeugt, die auf das 5. Jh. n. Chr. oder früher zurückgehen: Kodizes/ Hsn., die den gesamten Psalm 2 beinhalten (bis 5. Jh. n. Chr.): A, B, S Fragmentarische griechische Textzeugen (bis 5. Jh. n. Chr.): 1219 (Ps 2,1b–2c.11b), 2051 (Ps 2,3a–12a), 2150 (Ps 2,1–8), 2151 (Ps 2,1–3.5–8.10– 12). Psalm 2 ist der im NT am häufigsten zitierte Psalm. Bei NA28 sind sieben Stellen verzeichnet, bei denen aus Psalm 2 im NT zitiert wird: Apg 4,25 (Ps 2,1); Apg 13,33 (Ps 2,7); Hebr 1,5; 5,5 (Ps 2,7); Offb 2,26–27 (Ps 2,8–9); Offb 12,5; 19,15 (Ps 2,9). Als alte hebräische Zeugen aus Qumran sind die Hsn. 3QPs (Ps 2,6–7) und 11QPsc (Ps 2,2–8) vorhanden. Einzelanalyse Vers 1: ®ԻӱӤӸՁԗӺӵ՛ӤӲӤӱ¯ԘӫӱӪӭӤՂӮӤӳՂԗӰӨӮԝӸӪӶӤӱӭӨӱԆ Warum sind die Heiden übermütig geworden und wozu haben die Völker Nichtiges ersonnen? A B S (L) 1219 2150 2151 Apg 4,25 11QPsc MT ®  ࡥࢡࣞ ࡯࣒ ࣞ ¯  ࡱࢶ ࣚ࡫࢐ࡢ ࢏ࢪࣈ ࣖࡢࡾࣞ ࡱ࡫ࢡࣚࢽ ࡟࣢ ࡯ࣃࣖ ࢏ ॱࡽ࡫ࡾࣥ࢏ࢉ ࣤ ࣚ ࡥࣖ ࣜ࡫

B ® ԻӱӤӸՁ ¯ ԗӺӵ՛ӤӲӤӱ ԘӫӱӪ ӭӤՂӮӤӳՂ ԗӰӨӮԝӸӪӶӤӱӭӨӱԆ

A ® ԻӱӤӸՁ ¯ ԗӺӵ՛ӤӲӤӱ ԘӫӱӪ ӭӤՂӮӤӳՂ ԗӰӨӮԝӸӪӶӤӱӭӨӱԆ

Ant ® ԻӱӤӸՁ ¯ ԗӺӵ՛ӤӲӤӱ ԘӫӱӪ ӭӤՂӮӤӳՂ ԗӰӨӮԝӸӪӶӤӱӭӨӱԆ

11QPsc: ࣕࡽЋ࡫ࡾࡧࡢࡥ࡫ࡱ࡫ࡳࡧ࡟࡯ࡧࡱ࡫ࡧࡢࡧࢀࡢࡾࡥࡳ࡯Ќ Chester Beatty XIV (Ra 2150ЈϖӬӱЌӤϓ ӸϓӬϓ ӪӺӵϓӹӤӲӤӱЋӨӫӱӪӭӮӤЌӹϓ ӪӰЋӨЌӮӪЋӸӪӶ͞ӤϷ ӭЌӪӱӤϖ Chester Beatty XV (Ra 2151Јϖ ӽЌӧӪ гӤӹӬӧ Ϸ ӬЌӱӤ ЋӸӬ ӨЌӺϓӵϓЋӹӤӲӤӱ ӨӫӱӪ ӭӤӬЌ ӮӤӳӬϷӨӰϓ ЋӨӮӨӸӪӶЌӤϓ ӱϓӭϓ ӨЋϓ ӱӤϕ Apg 4,25: ՉӸӳ՝ӴӤӸӵՍӷԣӰժӱӧӬԇӴӱӨ՛ӰӤӸӳӷԂӦՁӳӹӶӸՌӰӤӸӳӷгӤӹՂӧӴӤӬӧՌӷӶӳӹ ӨԶӴըӱЄԺӱӤӸՁԗӺӵ՛ӤӲӤӱԘӫӱӪӭӤՂӮӤӳՂԗӰӨӮԝӸӪӶӤӱӭӨӱԆϕ V. 1a: Pietersma (2151): init: pr ωδη δαυιδ 2151; pr ωδη τω δαυειδ Sa; pr ψαλμος τω δαυιδ Rs; pr psalmus david LaR; pr lmus LaG Pietersma (2151): 2.11.2 duo stichi Sa LaGvid Ga: unus stichus 2151 rell.

72

3 Psalm 2

Der Papyrus Chester Beatty XV bezeugt als Überschrift ω]δη Δαυιδ. So auch die sahidische Übersetzung mit Artikel vor Δαυιδ. Weitere abweichende Überschriften sind außerdem in der latein. und einer späteren Ergänzung der griech. Spalte der Diglotte R und in der altlatein. Hs. LaG bezeugt. Spätere Ergänzungen sind in den Psalmen-Überschriften häufiger bezeugt. Vermutlich handelt es sich auch hier um solche spätere Ergänzungen. Die sahidische Übersetzung, das Psalterium Gallicanum und wie es scheint auch die altlatein. Hs. LaG bezeugen Vers 1 in zwei Stichen. P. Chester Beatty XV mit den anderen Hsn. dagegen nur in einem Stichus. V. 1b: Das in V. 2 verwendete Verb ‫„ רגשׁ‬lärmen“ hat im Hebräischen zunächst eine neutrale Bedeutung (vgl. als weitere Belege für ‫ רגשׁ‬den festlichen Lärm der Wallfahrer in Ps 55,15 und dagegen das Stimmengewirr des Rates der Übeltäter in Ps 64,3) 327. Die Septuaginta gibt das Wort mit φρυάσσω „übermütig sein“328 wieder, ein Wort, das eine eindeutig negative Konnotation hat, aber das hebräische Wort vom Kontext her inhaltlich akkurat wiedergibt. Interessant ist, dass das Wort ansonsten nur noch in den Makkabäerbüchern (2 Makk 7,34 und 3 Makk 2,2) bezeugt ist, dort in Bezug auf den heidnischen Herrscher.329 Möglicherweise wurde in den Makkabäerbüchern bewusst das Wort aus Ps 2,1 aufgegriffen. Auffällig ist außerdem, dass die Septuaginta sowohl die Perfekt- als auch die Imperfekt-Verbformen in den Versen 1–2 im Aorist wiedergibt und den Aufruhr der Heiden dadurch als einen abgeschlossenen Akt in der Vergangenheit beschreibt. Vers 2: ӴӤӵԝӶӸӪӶӤӱ ӳԺ ӥӤӶӬӮӨՃӷ Ӹԩӷ Ӧԩӷ ӭӤՂ ӳԺ ӿӵӻӳӱӸӨӷ ӶӹӱԧӻӫӪӶӤӱ ԗӴՂ ӸՍ ӤՐӸՍ ®ӭӤӸԇ Ӹӳ՝ ӭӹӵՁӳӹ¯ ӭӤՂ ӭӤӸԇ Ӹӳ՝ ӻӵӬӶӸӳ՝ ӤՐӸӳ՝® ӧӬԆӼӤӮӰӤ° Aufgestellt haben sich die Könige der Erde und die Herrscher haben sich zusammen versammelt gegen den Herrn und gegen seinen Gesalbten. Diapsalma. A B S (L) 1219 2150 2151 11QPsc MT ࢏ࡡ࣍ ࢧࣖ ࣝ࡫ࢁ࣊ࣖ ࣚ࡫ ࡻࡾࣜ ࡟ࣥ࡫ ࢽࣜ ࡭ࣛ ࡯ࣖ ࡳ ࣝ ࡱ࡫࣊ࡵࣚ ࣖࡨ࢐ࡾ ࣖࡧ  ࡣࡩࢶࣝ ࡫ࣥ࢏ࡣ ࣞ ࡶ࢐ ࣖ ࣤࡵ ¯ ®  ࡥ ࣞࡧࡥࣃ࡫ࣥ࡯ ࣖ ࡸࣝ  ࣥ࡯ࡸࣝ ࣖࡧ

327

328 329

B ӴӤӵԝӶӸӪӶӤӱ ӳԺӥӤӶӬӮӨՃӷӸԩӷӦԩӷ ӭӤՂӳԺӿӵӻӳӱӸӨӷ  ӶӹӱԧӻӫӪӶӤӱԗӴՂӸՍӤՐӸՍ ® ¯ ӭӤӸԇӸӳ՝ӭӹӵՁӳӹ ӭӤՂӭӤӸԇ

A ӴӤӵԝӶӸӪӶӤӱ ӳԺӥӤӶӬӮӨՃӷӸԩӷӦԩӷ ӭӤՂӳԺӿӵӻӳӱӸӨӷ  ӶӹӱԧӻӫӪӶӤӱԗӴՂӸՍӤՐӸՍ ® ¯ ӭӤӸԇӸӳ՝ӭӹӵՁӳӹ ӭӤՂӭӤӸԇ

Ant ӴӤӵԝӶӸӪӶӤӱ ӳԺӥӤӶӬӮӨՃӷӸԩӷӦԩӷ ӭӤՂӳԺӿӵӻӳӱӸӨӷ ӶӹӱԧӻӫӪӶӤӱԗӴՂӸՍӤՐӸՍ ® ¯ ӭӤӸԇӸӳ՝ӭӹӵՁӳӹ ӭӤՂӭӤӸԇ

Vgl. Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.1, 2012, 77. Die Septuaginta gibt ‫ רגשׁ‬in Ps 55(54),15 frei interpretierend mit ἐν ὁμόνοια „in Eintracht“ wieder („wir pilgerten in Eintracht zum Hause des Herrn“ statt „in festlichem Lärm“) und in 64(63),3 mit πλῆθος „die Versammlung (derer, die Böses tun)“. Vgl. Pape, Handwörterbuch, Bd. 2, 1914, φρυάσσομαι. Vgl. LXX.E.II, 2011, 1500.

3.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 2 ®

 ॱ ࢐ࡩ࡫ ࣤ ࢪࣚ ࡳࣖ ° 

®

Ӹӳ՝ӻӵӬӶӸӳ՝ӤՐӸӳ՝ ° ЇӧӬԆӼӤӮӰӤЈ 

73 ®

Ӹӳ՝ӻӵӬӶӸӳ՝ӤՐӸӳ՝ ° ӧӬԆӼӤӮӰӤ 

®

Ӹӳ՝ӻӵӬӶӸӳ՝ӤՐӸӳ՝ ° 

11QPsc:Ћࡧࡩ࡫ࢀࡳ࡯ࡷࡧࡥࡧࡥ࡫࡯ࡷЌϷЋࡣࡩ࡫ࡧࡣࡶࡧࡵࡱ࡫ࡵࡨࡧࡾࡧࡻࡾ࡟࡫࡭࡯ࡳࡧࡡࡼ࡫Ќࢁࢽ ࢽ࡫ Chester Beatty XIV (Ra 2150): ӴӤӵӪӶӸӬӤЋӱӳӬӥӤӶӬӮӨӬӷӸӪЌӷӦӬӷϖӭӹЋӤӵӻ݈ Ϸ ӸЌӪϓ ӷӶӹӱӪӻӫӨӬӶӤӱϓЋӨӴӬӸӳӤӹӸӳЌϖӭϓ ӤӸӤӸϓӳϓЋӹϷ݀Ќ‫ݓ‬ӭӭӤӸӤӸӳӹӻӵӬЋӶӸӳӹӤӹӸӳӹ Chester Beatty XV (Ra 2151): ӴЌӤӵӨӶӸӪӶӤӱϓ ӳӬ ӥӤӶӬӮЋӨӬӷ ӸӪӷ ӦЌӪϓ ӷϓ Ϸ ӭЌӤӬ ӳӬ ӤӵӻӳӱӸӨӷӶӹЋӱӪӻӫӪӶЌӤϓ ӱϷӨӴӬӸӳӤӹӸӳϷӭӤЌӸӤӸӳӹӭӫӭӤӬӭӤӸӤЋӸӳӹӻӹϷӤӹӸӳӹЌ V. 2a-a: BHS: frt gl Der Apparat der BHS gibt an, dass es sich bei dem letzten Abschnitt möglicherweise um eine spätere Ergänzung handelt.330 Aufgrund der einstimmigen Bezeugung in den hebräischen (auch in 11QPsc scheint der Satz schon bezeugt zu sein) 331 und griechischen Hsn. kann zumindest davon ausgegangen werden, dass der Satz schon in der hebräischen Vorlage der Septuaginta gestanden hat. Vermutlich ist er jedoch auch im Hebräischen ursprünglich. V. 2b: BHS: sic L, mlt Mss Edd ◌֗ ◌֝ Der Leningradensis bezeugt über ‫ י ְהוָה‬nur den Akzent Gèreš, während mehrere andere Hsn. und andere Ausgaben des hebräischen Alten Testaments einen Rebia mūgrāš mit Gèreš bezeugen. V. 2c: Ra: διάψαλμα B´ Sa O (teste Euseb., cf. Field)-Ga] post 22 tr. LaR; > Rs’ Sy = M, in libris Hebraeorum non continebatur teste Hilar. (cf. Sabatier) BHS: G + διάψαλμα = ‫ֶסלָה‬ Pietersma (Ra 2150): διάψαλμα] om. 2150 2151vid Rsʼ Sy = MT Pietersma (Ra 2151): διαψαλμα: om 2151 2150 Rsʼ Sy = MT Der Kodex Vaticanus, Sinaiticus und Alexandrinus (s. Abb. unten) bezeugen ein διάψαλμα332. Es ist auch im vom Euseb und dem Psalterium 330

331 332

So vermutet z. B. Kraus aufgrund der Metrik: „Es lassen sich exakte Doppeldreier nachweisen in: 1.2 (mit Ausnahme der wahrscheinlich hinzugefügten Worte „gegen Jahwe und gegen seinen Gesalbten“) 3.4.6.7 (mit Ausnahme der Einführung „kundtun will ich die Setzung Jahwes“) 8 (mit Ausnahme der beiden ersten Worte „Erbitte von mir“) 9.10.11 und 12 (mit Ausnahme der Schlußformal [sic] „glücklich alle, die ihm trauen“).“, Kraus, Psalmen 1–59, 1978, 145. Dagegen Hartenstein, der zwar ebenfalls auf das vorherrschende Metrum von Doppeldreiern hinweist, das in einigen Versen erweitert wird „(2: 3+3+2; 7: 3+4+3; 8: 2+3+3; 12: 4+3+3), was aber nicht notwendig auf Zusätze verweist.“, Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.1, 2012, 63. Ps 2 ist zwar in 11QPsc nur sehr fragmentarisch erhalten, die Zeile scheint jedoch vorhanden gewesen zu sein, vgl. DJD XXIII, 53. Die genaue Funktion von διάψαλμα/ ‫ סלה‬ist nicht ganz geklärt, hat jedoch wahrscheinlich etwas mit der Strophengliederung und/ oder Aufführungspraxis zu tun (zu den möglichen Funktionen von διάψαλμα, vgl. Risch, Das Verständnis von Diapsalma, 2014, bes. 12–25. „Das Vorkommen von ӧӬԆӼӤӮӰӤ und Selah ist nicht völlig kongruent, das heißt: nicht alle Selah-Stellen sind übersetzt, und nicht allen

74

3 Psalm 2

Gallicanum bezeugten hexaplarischen Text belegt. Das im Kodex Vaticanus ursprünglich verzeichnete διάψαλμα wurde vom mittelalterlichen Instaurator nicht nachgezogen. Dem Instaurator lag also eine Vorlage zugrunde, die wie die Diglotte R (die an dieser Stelle von jüngerer Hand ergänzt wurde), die altlateinische Hs. LaG, die syrische Übersetzung und vermutlich auch die Hsn. 2150 und 2151 (die Hsn. sind hier fragmentarisch)333 das διάψαλμα nicht bezeugte. Aus dem Apparat von Rahlfs geht merkwürdigerweise nicht hervor, ob die antiochenischen Hsn. das διάψαλμα bezeugen oder nicht (auch der Kodex Alexandrinus ist in Rahlfs’ Apparat nicht aufgeführt). Bei Holmes/ Parsons werden einzig die antiochenische Hs. 21 aus dem 13./ 14. Jh. n. Chr.334 und der Kodex Alexandrinus als Zeugen für das διάψαλμα genannt. Es wundert dort, dass sie hier im Obertext (der immer dem Kodex Vaticanus folgt) das im Kodex Vaticanus bezeugte διάψαλμα nicht stehen haben. Geht man abgesehen von diesem Fehler von der Richtigkeit des Apparates aus, dann stützen alle antiochenischen Hsn. außer der Hs. 21 die Lesart ohne διάψαλμα, sodass beide Lesarten gut bezeugt sind und eine Entscheidung nach äußeren Kriterien schwierig ist. Im Hebräischen ist das ‫ ֶסלָה‬im MT nicht bezeugt und an der einzigen zu dieser Stelle erhaltenen Qumranhandschrift 11QPsc vermutlich ebenfalls nicht (die Hs. ist in der Zeile jedoch nur sehr fragmentarisch erhalten).335 Da ein ‫ ֶסלָה‬außerdem im Hebräischen nicht gut an der Stelle passt, weil es den parallelen Aufbau der Verse 1–3 und 4–6 (jeweils mit abschließender wörtlicher Rede)336 zerstört, scheint es wahrscheinlicher, dass das διάψαλμα erst in der griechischen Überlieferung hinzugekommen ist. Durch das διάψαλμα wird die Gliederung des Psalms verändert, was zu einer deutlichen inhaltlichen Änderung führt. Und zwar wird der Aufruf in V. 3, Fesseln und Joch von sich zu werfen, nicht mehr als Zitat der heidnischen Könige und Fürsten verstanden, sondern als Aufruf des Gesalbten selbst. Genauso wird auch die JHWH-Rede in V. 6 im Griechischen dem Gesalbten selbst in den Mund gelegt (vgl. Einzelanalyse zu V. 6a-c). Es scheint sich hier um eine bewusste Änderung des Übersetzers zu handeln, der den gesamten Psalm als eine Rede

333 334

335 336

Diapsalma-Stellen entspricht ein Selah“, a. a. O., 1. Vgl. auch Irigoin, Recherches sur le Diapsalma, 1993, 9–11. So z. B. bezeugt LaR das diapsalma bereits nach der zweiten Zeile des Verses, statt am Ende des Verses. Vgl. Pietersma, Empire Re-Affirmed, 50. Bei Rahlfs sind für diese Stelle die Lesarten vom Kodex Alexandrinus und den antiochenischen Hsn. nicht angegeben (s. o. Ra-Apparat). Der Kodex Alexandrinus bezeugt das διάψαλμα (s. u. Abb.). Bei den antiochenischen Hsn. bezeugt nur die Hs. 21 das διάψαλμα, vgl. Holmes/ Parsons, Vetus Testamentum Graecum. Tomus Tertius, 1823, zur Stelle. Zur Datierung der Hs. 21, vgl. Holmes/ Parsons, Vetus Testamentum Graecum. Tomus Tertius, 1823, 194. DJD rekonstruiert den Text entsprechend dem MT ohne ‫ ֶסלָה‬, vgl. DJD XXIII, zur Stelle. Vgl. Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.1, 2012, 64f.

3.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 2

75

des Gesalbten gestaltet (vgl. dazu 3.3.2.1a). Das Fehlen von διάψαλμα in den anderen Hsn. ließe sich gut als spätere Anpassung an den hebräischen Text erklären. Auffällig ist jedoch, dass die Anpassung weder in den großen Kodizes noch im von Euseb und dem Psalterium Gallicanum bezeugten hexaplarischen Text bezeugt ist. Das spricht entweder dafür, dass das διάψαλμα doch auch lange im Hebräischen bezeugt war (was jedoch aus oben genannten Gründen unwahrscheinlich ist) oder dass das διάψαλμα sowohl in den frühen jüdischen Rezensionen als auch bei Origenes nicht vollzogen wurde, möglicherweise weil es übersehen oder die Streichung von Gliederungselementen nicht für notwendig erachtet wurde. Letztlich kann gesagt werden, dass die Streichung des διάψαλμα entweder auf eine von den großen Rezensionen unabhängige Hebraisierung zurückzuführen ist oder – was mir wahrscheinlicher erscheint – darauf, dass es im Kontext von V. 2 und 3 als störend empfunden wurde, da V. 3 auch im griechischen Text als direkte Rede der Heiden und Könige gelesen werden kann. Abb.: Kodex Alexandrinus337: διάψαλμα (Markierung durch den Autor)

Vers 3: ӧӬӤӵӵԧӲӽӰӨӱ Ӹӳ՜ӷ ӧӨӶӰӳ՜ӷ® ӤՐӸժӱ ӭӤՂ ӾӴӳӵӵՁӼӽӰӨӱ ӾӺ࠹ ԣӰժӱ ӸՍӱ өӹӦՍӱ¯ӤՐӸժӱ Lasst uns ihre Fesseln zerreißen und ihr Joch von uns abwerfen! A B S (L) 2051 2150 2151 11QPsc MT  ࡥࡽࣞ ࢯࣖ ࣝࡵ࣒ࣤ ࣖࡵ ® ࢐ࡳ࡫ࢁ࢐ࡾ ࢶ ࣛ ࡶ࢐ ࣖ ࡳࣥࢁ ࣤ ࡟ࣜ  ࡥ࡭࡫ ࣞ ࡯ࢼ ࣚ ࢪࣖ ࣝࡵ ࣖࡧ  ࢏ࢢࢡࣈ ࣜ ࡳࣚ ¯  ॱ ࢐ࡳ࡫ࢁ࣠ࣤ ࣛ ࡡࡸࣘ

B ӧӬӤӵӵԧӲӽӰӨӱ ®  Ӹӳ՜ӷӧӨӶӰӳ՜ӷ ӤՐӸժӱ ӭӤՂӾӴӳӵӵՁӼӽӰӨӱ ӾӺ࠹ԣӰժӱ ¯ ӸՍӱөӹӦՍӱ ӤՐӸժӱ

A ӧӬӤӵӵԧӲӽӰӨӱ ® Ӹӳ՜ӷӧӨӶӰӳ՜ӷ ӤՐӸժӱ ӭӤՂӾӴӳӵӵՁӼӽӰӨӱ ӾӺ࠹ԣӰժӱ ¯ ӸՍӱөӹӦՍӱ ӤՐӸժӱ

Ant ӧӬӤӵӵԧӲӽӰӨӱ ® Ӹӳ՜ӷӧӨӶӰӳ՜ӷ ӤՐӸժӱ ӭӤՂӾӴӳӵӵՁӼӽӰӨӱ ӾӺ࠹ԣӰժӱ ¯ ӸՍӱөӹӦՍӱ ӤՐӸժӱ

11QPsc: ࡧࡳ࡫ࢁࡧࡡࡷࡧࡵࡳࡳࡥ࡭࡫࡯ࢀࡵࡧࡧࡳ࡫ЌࢁࡧࡾࡣࡶࡧࡳЋࢁ࡟ࡥЌࡽࢁࡵࡵ ࢽ Chester Beatty XIV (Ra 2150): ӧЌӬϓӤӵӬӲӳӰӪЋӱϓ Ϸ ӸЌӳӹӷ ӧӨӶӰӳӹӷ Ӥӹϓ ЋӸӽӱ ӭ ӤӴЌӳӵӹӼӽϓ ӰӪӱϓϷӤӺЌӹϓ ӰӳӱӸӽӱөӹӦЋӳӱӤӹӸӽӱЌ Chester Beatty XV (Ra 2151): гӬЌӤӵϓӵϓӪӲӽӰӨӱ ӸӳЋӹӷ ӧӨӶӰӳӹӷ ӤӹӸӽӱ | ӭӤӬ ӤӴӳӵЌӵӬӼӽӰӨӱϓЋӤӺӪӰӽӱ  ֗ ] ‫ מוסרותימו‬M V. 3a: DJD XXIII (11QPsc): ‫[מוסדרות]ימו‬ 11QPsc bezeugt hier die ungewöhnliche Variante ‫ מוסדרות]ימו‬statt ‫„ מֹֽוסְר ֹותֵימ ֹו‬ihre Fesseln“. Das Wort ist unbekannt. Möglicherweise handelt es 337

http://www.bl.uk/manuscripts/Viewer.aspx?ref=royal_ms_1_d_viii_fs001r

76

3 Psalm 2

sich um einen Schreibfehler (eine Dittographie des Resch zu ‫)דר‬, oder, wie Van der Ploeg vorschlägt, um eine Form von ‫ סדר‬im Sinne von Schlachtreihe.338 V. 3b: Keine Apparatangaben vorhanden. ‫„ עֲב ֹת‬Strick“ wird ungewöhnlicherweise mit ζυγός „Joch“ wiedergegeben.339 Die metaphorische Verwendung des Joches ist im Pentateuch in ähnlichem Kontext wie in Ps 2,3 aus Gen 27,40 und Lev 26,13 bekannt (an beiden Stellen griechisch ebf. ζυγός, hebräisch dagegen ‫ע ֹל‬, was das eigentliche hebräische Wort für „Joch“ ist). Möglicherweise hat der Übersetzer das Wort ‫ עֲב ֹת‬in Anlehnung an diese Stellen frei mit ζυγός übersetzt, da das Wort ‫עֲב ֹת‬ nicht mehr geläufig war als Symbol der Unterdrückung. In den Makkabäerbüchern wird ζυγός an vier Stellen verwendet, bei denen es stets das Joch der Heiden beschreibt, unter dem Israel leidet (1 Makk 8,18.31; 13,41; 3 Makk 4,9).340 Vermutlich ist V. 3 in der Septuaginta nicht als Zitat der heidnischen Fürsten und Könige zu verstehen, sondern umgekehrt als Zitat des Gesalbten, der zur Befreiung aus der Unterdrückung durch die Heiden aufruft (darauf weist u. a. auch das zusätzliche διάψαλμα in der Septuaginta in V. 2, vgl. Einzelanalyse zu V. 2c und vgl. 3.3.2.1a). Vers 4: Չ ӭӤӸӳӬӭժӱ ԗӱ ӳՐӵӤӱӳՃӷ ԗӭӦӨӮԆӶӨӸӤӬ® ¯ӤՐӸӳ՛ӷ ӭӤՂ¯ Չ ӭ՛ӵӬӳӷ° ԗӭӰӹӭӸӪӵӬӨՃӤՐӸӳ՛ӷ Der in den Himmeln wohnt, wird sie auslachen und der Herr wird sie verhöhnen. A B S (L) 2051 2150 11QPsc MT ࡱࣚ࡫ࡳࣈ ࣝ ࢭࣞ ࢇࡡ ࣝ ࢪ࢐࡫ ࣈࣛ ¯®  ࡽࡩࢶ ࣞ ࢫࣖ ࣚ࡫ ° ¯ ࡫ࡵ࣠ࣞࢽ ࡣ࡟ ࣃࣘ ±  ॱ࢐ࡳ࡯ࣥ ࣤ ࣞ ࡢࡸࣝ ࡯ࣖ ࣚ࡫

338 339 340

B ՉӭӤӸӳӬӭժӱԗӱӳՐӵӤӱӳՃӷ ® ¯ ԗӭӦӨӮԆӶӨӸӤӬ  ӤՐӸӳ՛ӷ ¯ ° ӭӤՂ Չӭ՛ӵӬӳӷ ± ԗӭӰӹӭӸӪӵӬӨՃ ӤՐӸӳ՛ӷ

A ՉӭӤӸӳӬӭժӱԗӱӳՐӵӤӱӳՃӷ ® ¯ ԗӱӦӨӮԆӶӨӸӤӬ  ӤՐӸӳ՛ӷ ¯ ° ӭӤՂ Չӭ՛ӵӬӳӷ ± ԗӭӰӹӭӸӪӵӬӨՃ ӤՐӸӳ՛ӷ

Ant ՉӭӤӸӳӬӭժӱԗӱӳՐӵӤӱӳՃӷ ® ¯ ԗӭӦӨӮԆӶӨӸӤӬ  ӤՐӸӳ՛ӷ ¯ ° ӭӤՂ Չӭ՛ӵӬӳӷ ± ԗӭӰӹӭӸӪӵӬӨՃ ӤՐӸӳ՛ӷ

Vgl. DJD XXIII, 53. Gegen Van der Ploegs Vorschlag ‫ [אנו סדרות]יםו‬zu lesen, s. DJD XXIII, 53. Ansonsten wird ‫ עֲב ֹת‬in den Psalmen mit αὐχήν „Hals, Nacken“ (Ps 128,4) oder mit πυκάζω (als Partizip) „fest/ dicht machen“ wiedergegeben, vgl. LXX.E.II, 1500. Das Wort δεσμός „Fessel“ in der ersten Vershälfte begegnet ebf. an vier Stellen im 3. und 4. Makkabäerbuch, im Kontext der Unterdrückung/ Folterung der Juden durch den heidnischen Herrscher (vgl. 3 Makk 3,25; 5,6; 6,27; 4Makk 12,2). Möglicherweise besteht ein Bezug zu unserer Stelle. V. a. die vom MT abweichende Gliederung (vgl. V. 2c) und das Selbstverständnis des Sprechers als Gesalbter (vgl. V.6a-c) legen jedoch die Vermutung nahe, dass Psalm 2 eine wichtige Rolle in der makkabäischen und hasmonäischen Zeit gespielt hat, vgl. 1 Makk 13,41f.: „Im 170. Jahr wurde Israel befreit vom Joch der Nationen. Und das Volk fing an in Briefen und Verträgen zu schreiben: Im ersten Jahr Simons, des großen Hohenpriesters und Feldhauptmanns und Fürsten der Juden.“

3.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 2

77

Chester Beatty XIV (Ra 2150): ӳϓ ӭӤӸӹӭЋӽӱ Ϸ Өӱ ӳЌӹӵӤӱӹӷϖ Ӫϓ ЋӭӦӨӮӤӶӨӸӤӬ ӤӹӸӳӹӷЌӭӽ݀ϓ ‫ݐ‬ϓ ӨϓЋӭӰӹϷӭӸӬӵӨӬӤӹӸӳϓЋӹӷ ࣕ ࡢࣕ ࡷ࡯ ࣕ ࡫࡫ࡵࡧࡣ࡟Ћࡽࡩࢀ࡫ࡱ࡫ࡳࢀࡡЌϷЋࡡࢀࡧ࡫ 11QPsc:ࡧࡳ࡯ V. 4a: Ra: εκγελασεται] εγγελ. He, eggel. Rs (ex corr.?), ενγελ. A: cf. 3613 589 Einige Hsn. bezeugen Abweichungen in der Schreibweise. Welche Schreibweise ursprünglich ist, lässt sich nicht eindeutig bestimmen. Wahrscheinlich handelt es sich jedoch bei den gering bezeugten Lesarten um sekundäre Varianten. Außerdem fällt auf, dass die LXX beide Verben im Vers mit Komposita bezeugt, was dem Koine-Sprachgebrauch entspricht341 und wodurch „die Parallelität beider Verben noch stärker zum Ausdruck kommt als im MT.“342 V. 4b-b: BHS: GS pr cop Die griechischen Übersetzer ergänzen gegenüber dem MT αὐτούς und die Kopula vor ὁ κύριος. Die syrische Übersetzung (Peschitta) setzt ebenfalls die Kopula, was auf eine mit der LXX gemeinsamen vom MT abweichenden hebr. Vorlage weisen könnte, oder auf eine Beeinflussung von der LXX zurückgeht. In 11QPsc ist die Stelle leider nicht mehr erhalten. DJD rekonstruiert hier den fehlenden Text ohne Suffix und Kopula, ein eindeutiges Urteil lässt sich hier jedoch schwer fällen.343 Da häufiger Ergänzungen der LXX von Kopulas gegenüber dem MT in Qumran gestützt werden (s. u. Tabelle), ist auch hier naheliegend, dass die LXX und die Peschitta in der Ergänzung der Kopula auf eine hebräische Vorlage zurückgehen, die aufgrund der alten Zeugen (LXX und Peschitta) möglicherweise die ursprüngliche hebräische Fassung darstellt. Das Personalpronomen αὐτούς stellt dagegen wahrscheinlich eher eine stilistische Ergänzung des Übersetzers dar (im hebr. Text steht das Suffix hier nur am Ende des Verses). Tabelle: Ergänzungen einer Kopula in der LXX gegenüber dem MT im untersuchten Bereich (LXX Psalmen 2 8 33 49 und 103): Stelle Apparatangaben Qumran (pr cop) 2,4b-b [nein] S pr cop b R 2,9 n.V. Ra: ως = M] pr. και La Aug Uulg A 8,7a [nein] BHS: 1 ´‫ וַתּ‬cf GS 33,13a Ra: 132] pr. και Bo U´ La et Cyp. n.V. c.d 33,21 Ra: εν εξ (sic etiam 1093)] pr. και U, n.V. εξ > 2013 49,1e* Ra: και ult. B´ 2013 Sy A’] > 2018 n.V. 341 342 343

Vgl. BDR §116,1. LXX.E.II, 2011, 1501. Für die Abbildung der Handschrift, vgl. DJD XXIII, Plate VI.

78

49,10c 49,15d 49,20c 103,4d 103,22b 103,28b 103,30b 103,31a

3 Psalm 2 R´’ Ga L´ et Cyp. = M BHS: nonn Mss GSA ‫וְעד‬ BHS: G(S) ἐν τοῖς ὄρεσιν καὶ βόες; prp ‫ ב´ אֵ ל‬vel ´‫ַבּה ֲָר ַרי א‬ Ra: και 20 > Uulg = M BHS: G pr cop BHS: Ms GS ‫וּבְבן‬ BHS: GS pr cop BHS: QG pr cop BHS: Q pr cop BHS: QGS pr cop BHS: Q pr cop

n.V. nein nein [nein] ja ja ja ja

V. 4c: BHS: C mlt Mss ‫יהוה‬ DJD XXIII (11QPsc): ‫ אדני ] אדוני‬ML; Cmlt mss; > MA (erasure) Viele hebräische Hsn. aus der Kairoer Geniza bezeugen ‫ יהוה‬statt ‫אדני‬. 11QPsc stützt die masoretische Lesart ‫( אדני‬dort mit Pleneschreibung), was für die Ursprünglichkeit der Lesart sprechen würde. Der Austausch mit ‫יהוה‬ist möglicherweise durch einen Schreibfehler entstanden, der sich daraus erklären ließe, dass sich ‫ יהוה‬und ‫ אדני‬nicht unterscheiden lassen, wenn der Text dem Abschreiber vorgelesen wurde. V. 4d: Pietersma (Ra 2150): ἐκμυκτηριεῖ] -ρει 2150 Der Papyrus Chester Beatty XIV bezeugt eine sekundäre orthographische Abweichung. Vers 5: ӸՌӸӨ ӮӤӮԧӶӨӬ ӴӵՍӷ ӤՐӸӳ՜ӷ ԗӱ ՆӵӦԵ ӤՐӸӳ՝ ӭӤՂ ԗӱ Ӹն ӫӹӰն ӤՐӸӳ՝ ӸӤӵԆӲӨӬӤՐӸӳ՛ӷ Dann wird er zu ihnen sprechen in seinem Zorn und in seiner Zornglut wird er sie erschrecken. A B S (L) 2051 2150 2151 11QPsc MT ࡾࢇ ࣈ ࣛ ࡣࣝ ࣖ࡫ࡨ࡟ ࣉ ࣞ  ® ࢐ࡳ࡫ࣈ࡯ࣛ ࡟ࣛ  ®  ࢐ࢥࢶ ࡟ࣝ ࡡࣖ ¯ ࢐ ࣊ࡵ࢐ࡾࡩࣘ ࡡࣝ ࣤ࢏ ° ࢐ࡳࣤ࡯ࣛ ࡥࣘ ࡡࣖ࡫ ࣝ

B ӸՌӸӨӮӤӮԧӶӨӬ ®  ӴӵՍӷӤՐӸӳ՜ӷ ® ԗӱՆӵӦԵӤՐӸӳ՝ ¯ ӭӤՂԗӱӸնӫӹӰն ӤՐӸӳ՝ ° ӸӤӵԆӲӨӬ ӤՐӸӳ՛ӷ

A ӸՌӸӨӮӤӮԧӶӨӬ ®  ӴӵՍӷӤՐӸӳ՜ӷ ® ԗӱՆӵӦԵӤՐӸӳ՝ ¯ ӭӤՂԗӱӸնӫӹӰն ӤՐӸӳ՝ ° ӸӤӵԆӲӨӬ ӤՐӸӳ՛ӷ

Ant ӸՌӸӨӮӤӮԧӶӨӬ ® ӴӵՍӷӤՐӸӳ՜ӷ ® ԗӱՆӵӦԵӤՐӸӳ՝ ¯ ӭӤՂԗӱӸնӫӹӰն ӤՐӸӳ՝ ° ӸӤӵԆӲӨӬ ӤՐӸӳ՛ӷ

Chester Beatty XIV (Ra 2150): ӸӳӸӨӮӤӮӪӶӨӬӨӱЌӽӵӦӬϓЋӴӵӳӷϷӤӹӸӳӹӷϖϓ ӭЋӨӱӸӽ ӫӹӰӽӤӹӸӳӹЌӸӤӲӬӤӹϓ ЋӸӳӹӷ Chester Beatty XV (Ra 2151): ӸӳӸӨӮЌӤϓ ӮӪӶӨӬЋӴӵӳӷӤӹӸӳӹӷϷӨӱϓ ӳӵӦӪӤӹЋӸӳӹϷ ӭӤӬӨӱӸЌӽӫӹӰӽЋӤӹӸӳӹЌӸӤӵϓӤӲӨӬϷӤӹӸӳӹӷϗ ࢽ ࡣЋ࡫Ќࡨ ࣕ ࡟ ࢽ 11QPsc: ࡧࡳ࡯ࡥࡡ࡫ࡧࡵࡧࡾࡩࡡࡧࡧࡺ࡟ࡡࡧࡳ࡫Ќ࡯࡟ࡾࡡ

3.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 2

79

V. 5a: Pietersma (Ra 2150): πρὸς αὐτοὺς/ ἐν ὀργῇ] tr 2150vid Pietersma (Ra 2150): αὐτοῦ1° ] om. 2150 Der Papyrus Chester Beatty XIV ist hier nur fragmentarisch erhalten, scheint aber die Reihenfolge zu ändern, indem er πρὸς αὐτοὺς nach ἐν ὀργῇ αὐτοῦ bezeugt, und zudem das Personalpronomen hinter ὀργῇ auslässt. Inhaltlich ändert sich nichts durch die Änderungen. Da ein Grund für die Änderungen nicht ersichtlich ist, kann erwogen werden, ob der Papyrus Chester Beatty XIV eine ursprüngliche freiere Wiedergabe bewahrt, die später an den MT angepasst wurde. Aufgrund der äußerst geringen Bezeugung und da der Septuaginta-Psalter, was die Wortreihenfolge angeht, in der Regel sehr nahe am hebräischen Text übersetzt, ist jedoch eher davon auszugehen, dass es sich bei der Lesart des Papyrus Chester Beatty XIV um eine – womöglich versehentliche – sekundäre Lesart handelt. V. 5b: BHS: 2 Mss ‫ובחמתו‬ Einige Hsn. bezeugen das Wort ‫„ חֵמָה‬Zorn, Wut, Grimm“ anstelle von ‫„ חָרוֹן‬Glut Zorn (nur v. Zorn Gottes)“.344 11QPsc ist für die Stelle leider nicht erhalten. Möglicherweise bezeugt der MT eine spätere Verbesserung, bzw. Vereinheitlichung des Textes, indem er das spezifisch für den Zorn Gottes geläufigere hebräische Wort verwendet.345 Für die LXX kann beides als Vorlage gedient haben. V. 5c: Pietersma (Ra 2150): ταράξει] ταξι 2150 Papyrus Chester Beatty XIV bezeugt ταξι anstelle von ταράξει. Eine Herleitung der Form von τάξις „Reihenfolge, Ordnung“ oder τάσσω „in ein Amt einsetzen, befehlen“ ergibt inhaltlich im gegebenen Kontext keinen Sinn. Da der Papyrus generell häufiger orthographische Eigenheiten aufweist346 und ταράσσω außerdem im LXX-Psalter durchgängig als Äquivalent für ‫ בהל‬verwendet wird347, handelt es sich hier sicherlich um einen Schreibfehler. Vers 6: ԗӦթ ӧԞ ӭӤӸӨӶӸԆӫӪӱ® ¯ӥӤӶӬӮӨ՜ӷ ՔӴ࠹ ӤՐӸӳ՝¯ ԗӴՂ сӬӽӱ Շӵӳӷ ӸՍ ԃӦӬӳӱ ӤՐӸӳ՝° Ich aber bin von ihm eingesetzt als König auf Zion, seinem heiligen Berg A B S (L) 2051 2150 2151 3QPs 11QPsc ®

MT B ® ࡫ࢯ ࣚ ࣖ࡭ࡶ ࣈ ࣝ ࣞࡵ࡫ࣚࡵ࡟ ࣘ ࡧ࣒ ࣝ  ԗӦթӧԞӭӤӸӨӶӸԆӫӪӱ

344 345 346 347

A ® ԗӦթӧԞӭӤӸӨӶӸԆӫӪӱ

Ant ® ԗӦթӧԞӭӤӸӨӶӸԆӫӪӱ

Vgl. Gesenius, 2013, ‫( ֵחמָה‬3); ‫חָרוֹן‬. Vgl. Gesenius, 2013, ‫חָרוֹן‬. Außerdem ist ‫ חמה‬im Psalter außer in Ps 2,5 nur an einer weiteren Stelle bezeugt, während ‫ חרון‬an fünf weiteren Stellen bezeugt ist. Vgl. im Handschriftenverzeichnis unter Ra 2150. Darüber hinaus ist ταράσσω auch ein „Sammelwort“ der LXX, womit viele seltene hebr. Verben übersetzt werden, vgl. LXX.E.II, 2011, 1501.

80

3 Psalm 2

 ¯

¯

¯

¯

࡫࢚ࢶ ࣚ ࡯ࣖ ࡳࣝ ՔӴ࠹ӤՐӸӳ՝ ࡴ࢐ ࢽ࢕ࡼࣥ࡯ ࣃࣚ ࡸࣝ  ԗӴՂсЇӶЈӬӽӱ  ° ° ॱ ࡫ࢪࣤ ࣚ ࡣࣖ ࡽࣥࡾ ࣞ ࡥࣝ ՇӵӳӷӸՍԃӦӬӳӱӤՐӸӳ՝ 

¯



¯

ӥӤӶӬӮӨ՜ӷ ՔӴ࠹ӤՐӸӳ՝ ԗӴՂсӬӽӱ ° ՇӵӳӷӸՍԃӦӬӳӱӤՐӸӳ՝

¯

¯

ӥӤӶӬӮӨ՜ӷՔӴ࠹ӤՐӸӳ՝  ԗӴՂсӬӽӱ ° ՇӵӳӷӸՍԃӦӬӳӱӤՐӸӳ՝

Chester Beatty XIV (Ra 2150): Ӫϓ ӦӳӧӪӭӤЋӸӨӶӸӤӫӪӱӥӤӶӬӮӨӹӷӹӴӤЌӹӸЋӳӹϷӪӴӬ ӶӬӽЋӱӳӵӳӷӸӳӤӦӬӳӱӤӹӸӳӹ Chester Beatty XV (Ra 2151): дӦӽӧӨЌӭӤӸӨӶӸϓӤϓӫϓЋӪӱӹӴӤӹӸЌӳϓӹӥӤӶӬӮӨӹӷϷӨӴӬ сӬӽӱӳӵӳӷӸӳӤӦӬӳӱЌӤϓ ӹӸӳӹ 3QPs: ࡫ࢀࡣࡽࡾࡥࡴЋࡧ࡫ࡼ࡯ࡷ࡫࡭࡯ࡳ࡫ࢁ࡭ࡶࡵ࡫ࡵ࡟ࡧЌ 11QPsc:ࣕ࡫ࢀࡣࡧࡽࡾࡥࡴࡧ ࣕ࡫Ћࡼ࡯ࡷ࡫࡭࡯ࡳ࡫ࢁ࡭ࡶࡵЌϷЋ࡫ࡵ࡟ࡧ V. 6a: BHS: G pass V. 6b-b: Ra: βασιλεὺς > B Pietersma (Ra 2151): βασιλεὺς/ὑπ᾽ αὐτοῦ: tr 2151 V. 6c: BHS: G suff 3 sg DJD XXIII (11QPsc): ֯‫ קדשי ] קדשי‬MS; τὸ ἅγιον αὐτοῦ GV Zu V. 6a-c: Die Deutung von ‫ נסכתי‬im hebräischen Text ist schwierig.348 Letztlich kann aber davon ausgegangen werden, dass durch das Verb die Weihung oder Einsetzung des Königs ausgedrückt wird.349 Es wird auch abweichend von der masoretischen Lesetradition eine passivische Lesung des Konsonantentextes als Nif. ‫ נִ ַסּכְתִּ י‬diskutiert. Dies ist jedoch aufgrund der Struktur der V. 1–6 unwahrscheinlich (V. 1–3 Beschreibung der Auflehnung der Nationen mit abschließendem Zitat. V. 4–6 Reaktion JHWHs mit abschließendem Zitat, vgl. 3.3.2.1a). Geht man für den hebräischen Text von der Passiv-Lesart aus, müssten im Folgenden außerdem auch die Suffixe hinter ‫ מלך‬und ‫ קדשׁ‬als Suffixe 3. Sg. statt 1. Sg. gelesen werden „Ich aber bin eingesetzt als sein König auf Zion seinem heiligen Berg!“ Das wäre zwar nur der Austausch von Jod mit Waw, da die Variante jedoch von keinem hebräischen Zeugen belegt ist (auch 3QPsc und vermutlich 11QPsc stützen die Aktiv-Lesart, was sich am Suff. 1. Sg. statt 3. Sg. nach ‫ קדשׁ‬erkennen lässt), spricht dies ebenfalls für eine Aktiv-Vokalisation des hebräischen Textes. 348

349

Die wörtliche Bedeutung von ‫ נסך‬ist ausgießen. Die Bedeutung passt im gegebenen Kontext mit dem König als direktes Objekt nicht. Zur Diskussion unterschiedlicher Übersetzungsvorschläge für ‫נסכתי‬, vgl. Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.1, 2012, 59 u. Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.2, 2015, 95f. Vermutlich ist ‫ נסך‬im Kontext eines Salbungsakts des Königs (Ausgießung des Öls) oder einer Weihung (unter Trankopfern) zu verstehen und am sinnvollsten mit „einsetzen“ zu übersetzen, vgl. Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.1, 2012, 59; Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.2, 2015, 95. So übersetzt auch die Septuaginta mit dem Wort καθίστημι „einsetzen“ (allerdings im Passiv κατεστάθην) „ich aber bin von ihm eingesetzt als König“. Klaus Koch vermutet dagegen in V.6 eine ägyptische Spur und schlägt vor, dass möglicherweise von einer Verbindung zum Zyklus von der Königsgeburt auszugehen ist, vgl. Koch, König als Sohn Gottes, 2002, 14; vgl. auch Assmann, Zeugung des Sohnes, 17f. Der Satz kann „in Betracht der kultischen Konnotation des Lexems“ ‫ נסך‬seiner Meinung nach mit „ich habe weihend übergossen meinen König“ übersetzt werden, Koch, König als Sohn Gottes, 2002, 14.

3.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 2

81

Die Septuaginta übersetzt hier jedoch mit κατεστάθην passivisch und löst die oben genannte Struktur auf. Dadurch ist der Gesalbte hier der Sprecher anstelle von Gott „Ich bin eingesetzt“. Die Passivlesung des Verbs zieht die Streichung von ‫ מַ ְלכִּי‬und dafür die Ergänzung von ὑπ᾽ αὐτοῦ mit sich und außerdem die Änderung des sich auf ὄρος beziehenden Personalpronomens in die 3. Sg. (statt 1. Sg.),350 sodass der Vers im Griechischen lautet: „Ich aber bin von ihm eingesetzt auf Zion, seinem heiligen Berg.“ Die Septuaginta legt nicht nur die wörtliche Rede aus V. 6 in den Mund des Gesalbten (statt JHWHs), sondern auch das Zitat der heidnischen Könige und Fürsten in V. 3 (vgl. Einzelanalyse zu V. 2c). Dadurch gestaltet sie den gesamten Psalm als eine Mahnrede aus dem Munde des Gesalbten,351 während im MT der Sprecher in den Versen 1–6 nicht näher charakterisiert wird. Möglicherweise bilden messianische Erwartungen in der makkabäischen und hasmonäischen Zeit den Hintergrund für diese Änderung.352 Die LXX bezeugt aufgrund der Passivlesung von ‫ נסכתי‬ὑπ᾽ αὐτοῦ anstatt des Suffixes hinter ‫מלכ‬/ βασιλεύς.353 P. Chester Beatty XV vertauscht die 350

351

352

353

Die mit der Passivlesung von ‫ נסכתי‬einhergehenden Änderungen in der Septuaginta legen nahe, dass die Änderungen auf den Übersetzer selbst zurückgehen und nicht auf eine hebräische Vorlage, so auch Pietersma, Empire Re-Affirmed, 53. Eine andere Möglichkeit wäre, davon auszugehen, dass nach Ansicht der Übersetzer in V. 4a zwar von JHWH die Rede ist „Der auf dem Thron Sitzende lacht über sie“, in den Versen 4b–5 jedoch der irdische König als Sprecher von V.6 eingeleitet wird „und der Herr (irdische König) spottet über sie…“ (so z. B. Theodoret), vgl. LXX.E.II, 2011, 1501. Ein solcher Sprecherwechsel innerhalb von V. 4 wäre jedoch abrupt und kaum erkennbar, da sich die Bezeichnung ὁ κύριος genauso gut auf Gott beziehen kann. Außerdem passt die Beschreibung in V. 5 „Dann spricht er sie an in seinem Zorn, in seiner Zornglut schreckt er sie“ mit Blick auf V. 11 („Dienet dem HERRN (‫ )יהוה‬mit Furcht, und jubelt mit Zittern!“) besser zu Gott als zum Gesalbten. Eine messianische Deutung von Psalm 2 ist zumindest im frühen Judentum des 1. Jh. v. Chr. deutlich bezeugt. „The Psalms of Solomon, composed during the first century B.C. and used generally in local synagogues, testify that the second Psalm, out of which the author to the Hebrews has taken his first quotation, was understood messianically. Although Targum Jonathan may give evidence of this same type of interpretation, yet in later years, when the controversy between Christianity and Judaism waxed hot, the Rabbis poured quite a different meaning into the term Anointed.“, Kistemaker, The Psalm Citations, 1961, 17. Vgl. auch Hofius, Neutestamentliche Studien, 2000, 116: „Hinzu kommen bestimmte alttestamentliche Texte, die im frühen Judentum – wie auch im Neuen Testament – messianisch interpretiert bzw. rezipiert worden sind: insbesondere die Nathan-Verheißung 2 Sam 7,12–16, der Königspsalm 2 […].“ Oegema, Der Gesalbte und sein Volk, 1994, 99f. Vom Suff. hinter ‫ מלך‬lässt sich das ὑπ᾽ αὐτοῦ grammatisch schwer herleiten, da das Suff. im Hebräischen ein Possessivverhältnis zu ‫ מלך‬ausdrückt (zu Funktionen von Suffixen am Nomen, vgl. z. B. Ernst, Kurze Grammatik, 2010, 49), im Griechischen bezieht sich ὑπ᾽ αὐτοῦ jedoch auf κατεστάθην. Entsprechend wäre im Hebräischen ein Suff. hinter ‫ נִ ַסּכְתִּ י‬zu erwarten, oder eine Präposition, die dem ὑπό im Griechischen entspricht mit Suffix. Pietersma sieht überhaupt keinen Zusammenhang mit dem Suffix hinter ‫ מלך‬und geht von einer freien Hinzufügung von ὑπ᾽ αὐτοῦ

82

3 Psalm 2

Reihenfolge von βασιλεύς und ὑπ᾽ αὐτοῦ vermutlich versehentlich und einige einzelne Hsn. bezeugen das Pronomen im Pl., was möglicherweise mit „ich bin ihretwegen eingesetzt“354 (wegen der heidnischen Könige und Fürsten) übersetzt werden könnte, was im Kontext jedoch nicht besonders gut passt. Da die Hsn., die das Personalpronomen im pl. bezeugen, auch den Kasus unterschiedlich bezeugen,355 kann davon ausgegangen werden, dass es sich um spätere Varianten handelt. Ein Grund für die Änderungen ist jedoch nicht klar erkennbar. Problematisch ist die Auslassung von βασιλεὺς im Kodex Vaticanus. Wurde βασιλεὺς evt. gestrichen, um quantitativ nicht vom hebräischen Text abzuweichen? Dann wäre aber eher eine Streichung von ὑπ᾽ αὐτοῦ zu erwarten. Eine beabsichtigte Auslassung ist außerdem unwahrscheinlich, da βασιλεὺς inhaltlich einen wichtigen Bestandteil des Verses bildet, es sei denn der Text des Kodex Vaticanus spiegelt eine griechische Texttradition wider, in der der Gesalbte nicht das Selbstverständnis eines Königs hatte und βασιλεὺς von daher bewusst gestrichen wurde. Dies bleibt jedoch spekulativ. Es bleibt auch nicht ausgeschlossen, dass βασιλεὺς beim Abschreiben einfach versehentlich ausgelassen wurde. Vers 7: ӧӬӤӦӦԝӮӮӽӱ®ӸՍӴӵՌӶӸӤӦӰӤ ¯ӭӹӵՁӳӹӭ՛ӵӬӳӷ¯ӨԹӴӨӱӴӵՌӷӰӨӹԺՌӷӰӳӹӨԹ Ӷ՛ԗӦթӶԧӰӨӵӳӱӦӨӦԝӱӱӪӭԆӶӨ und mache bekannt die Anordnung des Herrn: Der Herr sprach zu mir: Mein Sohn bist du, ich habe dich heute gezeugt. A B S (L) 2051 2150 2151 Apg 13,33 Hebr 1,5; 5,5 3QPs 11QPsc MT ࡥࡾࢽ ࣞ ࢥࣖ ࡶࣝ ࡟ࣘ  ¯ ࡽ࣠ࡩ࣊ ࡯࡟ࣤ ࣐ ࣜ ¯  ࡫࡯࣊ ࣝ ࡟ࡾ ࣛ ࡳࣝ࣍ ࡟ࣞ  ࡥࡧࡥࣤ ࢽ ࣞ ࣖ࡫  ࡥࢯࣞ ࡟࡫࣊ ࢶ ࣝ ࡵࣚ ࢇࣖ  ࡱ࢐࣊࢕ࡥ࡫ ࣝ ࡵࣚࢽ ࡟ࣂࣘ  ॱ࢙࡫ࢯࣤ ࣚ ࡣࣖ ࡯ࣚ ࣖ࡫ ®

B ® ӧӬӤӦӦԝӮӮӽӱ ¯  ӸՍӴӵՌӶӸӤӦӰӤ ӭӹӵՁӳӹ ¯ ӭ՛ӵӬӳӷ ӨԹӴӨЇӱЈӴӵՌӷӰӨ ӹԺՌӷӰӳӹӨԹӶ՛ ԗӦթӶԧӰӨӵӳӱ ӦӨӦԝӱӱӪӭԆӶӨ

A ® ӧӬӤӦӦԝӮӮӽӱ ¯  ӸՍӴӵՌӶӸӤӦӰӤ ӭӹӵՁӳӹ ¯ ӭ՛ӵӬӳӷ ӨԹӴӨӱӴӵՌӷӰӨ ӹԺՌӷӰӳӹӨԹӶ՛ ԗӦթӶԧӰӨӵӳӱ Ӫ ӦӨӦԝӱӱ ӭԆӶӨ

Ant ® ӧӬӤӦӦԝӮӮӽӱ ¯ ӸՍӴӵՌӶӸӤӦӰӤ ӭӹӵՁӳӹ ¯ ӭ՛ӵӬӳӷ ӨԹӴӨӱӴӵՌӷӰӨ ӹԺՌӷӰӳӹӨԹӶ՛ ԗӦթӶԧӰӨӵӳӱ ӦӨӦԝӱӱӪӭԆӶӨ

Chester Beatty XIV (Ra 2150): ӧӬӤӦӦӨӮӮӽӱϷӸӽӴӵӳӶϓ ЋӸӤӦӰӤ݀‫ݐ݀ݓ‬ӨӬӴӨӱӴӵӳӷ ӰӨϷӹӬӳӷӰӳЋӹӨӬӶӹӨӦӽӶӪӰӨӵӳӱӦӨӦӨӱӱӪӭӤӶӨ Chester Beatty XV (Ra 2151): ӧӬӤӦӦӨӮӮӽӱӸӳӴӵӳӶӸӤӦӰЌӤϓ ݀‫ݓ‬Ϸй‫ݐ‬ӨӬӴӨӱЌӴӵӳӷ ӰЋӨЌуӬӳӷЋӰӳЌӹϓ ӨӬӶӹϷӨӦӽӶӪЌӰӨӵӳӱӦӨӦӨӱЋӱӪЌӭӤӶӨ 3QPs:Ћ࡬࡫ࢁࡣ࡯࡫ࡱࡧ࡫ࡥ࡫ࡵ࡟ࡥࢁ࡟ЌϷЋ࡫Ќ ࣕࡵࡡ࡫࡯࡟ࡾࡳЋ࡟ࡥࡧࡥ࡫ࡽࡩ࡯࡟ࡥࡾࡺࡶ࡟Ќ ࣕ ࡥࡾ ࢽ ࡺࡶ࡟ ࢽ  11QPsc: ࡥ࡭࡫ࢁࡣ࡯࡫ࡱࡧ࡫ࡥ࡫ࡵ࡟ЌϷЋࡥࢁ࡟࡫ࡵࡡ࡫࡯࡟ࡾࡳ࡟ࡥࡧࡥ࡫ࡽࡧࡩ࡯Ќ࡟

354 355

durch die Übersetzer aus, vgl. Pietersma, Empire Re-Affirmed, 53f. In jedem Fall handelt es sich um einen freien interpretierenden Eingriff des Übersetzers. Zur Übersetzung von ὑπὸ + Gen. mit „wegen, durch“ (Ursache und Veranlassung), vgl. z. B. Pape, Handwörterbuch, Bd. 2, 1914, ὑπὸ (II.A.1d). „ὑπ᾽ αὐτοῦ] ὑπ᾽ αὐτῶν 176. ὑπ᾽ αὐτούς 177. ὑπ᾽ αὐτοῖς 183“, vgl. Holmes/ Parsons, Vetus Testamentum Graecum. Tomus Tertius, 1823, zur Stelle.

3.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 2

83

Apg 13,33 : ՊӸӬ ӸӤ՛ӸӪӱ Չ ӫӨՍӷ ԗӭӴӨӴӮԧӵӽӭӨӱ ӸӳՃӷ ӸԝӭӱӳӬӷ ЋӤՐӸժӱЌ ԣӰՃӱ ӾӱӤӶӸԧӶӤӷҌӪӶӳ՝ӱդӷӭӤՂԗӱӸնӼӤӮӰնӦԝӦӵӤӴӸӤӬӸնӧӨӹӸԝӵիЄӹԺՌӷӰӳӹӨԹӶ՛ϔ ԗӦթӶԧӰӨӵӳӱӦӨӦԝӱӱӪӭԆӶӨϗ Hebr 1,5: тՁӱӬ Ӧԇӵ ӨԹӴԝӱ ӴӳӸӨ Ӹժӱ ӾӦӦԝӮӽӱЄ ӹԺՌӷ Ӱӳӹ ӨԹ Ӷ՛ϔ ԗӦթ ӶԧӰӨӵӳӱ ӦӨӦԝӱӱӪӭԆӶӨϕӭӤՂӴԆӮӬӱЄԗӦթԘӶӳӰӤӬӤՐӸնӨԶӷӴӤӸԝӵӤϔӭӤՂӤՐӸՍӷԘӶӸӤӬӰӳӬӨԶӷ ӹԺՌӱϕ Hebr 5,5: ӳՕӸӽӷӭӤՂՉцӵӬӶӸՍӷӳՐӻԚӤӹӸՍӱԗӧՌӲӤӶӨӱӦӨӱӪӫԩӱӤӬӾӵӻӬӨӵԝӤӾӮӮ࠹Չ ӮӤӮԧӶӤӷӴӵՍӷӤՐӸՌӱЄӹԺՌӷӰӳӹӨԹӶ՛ϔԗӦթӶԧӰӨӵӳӱӦӨӦԝӱӱӪӭԆӶӨЄ V. 7a: Keine Apparatangaben vorhanden. Die Septuaginta bezeugt zu Beginn von V. 7 eine Partizip-Form und schließt V. 7 dadurch direkt an V. 6 an, versteht den Vers also als Fortsetzung der Rede des Gesalbten von V. 6 „Ich aber bin von ihm eingesetzt als König auf Zion, seinem heiligen Berg und mache bekannt die Anordnung des Herrn…“ (anders als im MT, in dem in V. 6 Gott der Sprecher ist und in V. 7 ein Sprecherwechsel stattfindet, vgl. Einzelanalyse zu V. 6a-c). 356 V. 7b-b: Ra: κυριου domini LaR] eius Ga, ipsius Aug et Cyp.(teste cod. L), > LaG = M (LaG add. Hoc loco diapsalma) BHS: S + Suff 1 sg. Die griechischen Übersetzungen haben zweimal κύριος stehen, während der MT ‫ יהוה‬nur einmal setzt. Die latein. Überlieferung geht hier auseinander und bezeugt z. T. die Lesart der Septuaginta, z. T. die des MT und z. T. eine eigene Lesart. Die LXX hat das κύριος am Anfang der direkten Rede möglicherweise ergänzt, um deutlicher zu betonen, dass es sich bei der nun folgenden direkten Rede um die πρόσταγμα κυρίου handelt.357 Die Peschitta bezeugt ein Suffix in der 1. Sg., spricht also nicht von den „Anordnungen des Herrn“, sondern von „meinen Anordnungen“, d. h. in der Peschitta müsste von JHWH als Sprecher in V. 7 ausgegangen werden. Da dies im Kontext jedoch keinen Sinn ergibt, beruht die Lesart wahrscheinlich auf einer Verwechslung von Waw und Jod, sodass in der hebr. Vorlage vermutlich ein 3. Sg. Suff. gestanden hat, was versehentlich als 1. Sg. Suff. gelesen wurde. Die Peschitta stützt somit die Lesart der lateinischen Hsn. die ebenfalls ein Suff. 3. Sg. gelesen haben (Ga Aug Cyp). 356

357

Eberhard Bons schlägt vor, das Partizip διαγγέλλων hier stattdessen in der 3. Person zu übersetzen „Dabei macht er … bekannt“, da er nicht vom Gesalbten als Sprecher des Psalms ausgeht. Er versteht διαγγέλλων als Fortsetzung von V. 5, den er wiederum als eine Rede des Psalmisten über den Gesalbten versteht, vgl. LXX.E.II, 2011, 1501. LXX.D, 2009, 754 übersetzt jedoch in der 1. Sg. und vermerkt nur in der Anm. 7a, dass das Partizip auch in der 3. Sg. gelesen werden kann. M. E. ist jedoch von der 1. Sg. auszugehen, da der gesamte Psalm in der Septuaginta als eine Rede des Gesalbten gestaltet wird. V. 5 bezieht sich dann folglich auf Gott und nicht den Gesalbten, vgl. Einzelanalyse zu V.6a-c. Vgl. LXX.E.II, 2011, 1501.

84

3 Psalm 2

Vers 8: ӤԷӸӪӶӤӬӴӤӵ࠹ԗӰӳ՝ ®ӭӤՂӧըӶӽӶӳӬ®ԘӫӱӪӸԨӱӭӮӪӵӳӱӳӰՁӤӱ¯ӶӳӹӭӤՂӸԨӱ ӭӤӸԆӶӻӨӶՁӱӶӳӹ°ӸԇӴԝӵӤӸӤӸԩӷӦԩӷ Erbitte von mir, und ich will dir die Nationen zu deinem Erbe geben und zu deinem Besitz die Enden der Erde. A B S (L) 2051 2150 2151 Offb 2,26 11QPsc MT  ࡫ ࣚࢢࢡࣜࢽ ࡳ࡯ ࣚ ࡟ࣉ ࣝ ࢪࣖ ®  ࡱࣚ࡫࢐࣒ࡢ ࡥࣈࡵࣞ ࢯࣖ ࡟ࣜ ࣖࡧ ¯ ࢙ࢁࢶ ࣜ ࡯ࣞ ࡩࣘ ࣝࡵ  ࢽ࢙ࢁࣖ ࣞ࢓ࡩ࣢ ࡟ࣘ ࡧࣂ ࣝ °  ॱࡻࡾࣜ ࡟ࣥ࡫ ࣤ ࣞ ࡶࣛ ࡺࣖ ࡟ࣝ

B ӤԷӸӪӶӤӬӴӤӵ࠹ԗӰӳ՝ ® ® ӭӤՂӧըӶӽӶӳӬ ԘӫӱӪ ¯  ӸԨӱӭӮӪӵӳӱӳӰՁӤӱ Ӷӳӹ ӭӤՂӸԨӱӭӤӸԆӶӻӨӶՁӱӶӳӹ ° ӸԇӴЇԝЈӵӤӸӤӸԩӷӦԩӷ

A ӤԷӸӪӶӤӬӴӤӵ࠹ԗӰӳ՝ ® ®  ӭӤՂӧըӶӽӶӳӬ ԘӫӱӪ ¯  ӸԨӱӭӮӪӵӳӱӳӰՁӤӱ Ӷӳӹ ӭӤՂӸԨӱӭӤӸԆӶӻӨӶՁӱӶӳӹ ° ӸԇӴԝӵӤӸӤӸԩӷӦԩӷ

Ant ӤԷӸӪӶӤӬӴӤӵ࠹ԗӰӳ՝ ® ® ӭӤՂӧըӶӽӶӳӬ ԘӫӱӪ ¯  ӸԨӱӭӮӪӵӳӱӳӰՁӤӱ Ӷӳӹ ӭӤՂӸԨӱӭӤӸԆӶӻӨӶՁӱӶӳӹ ° ӸԇӴԝӵӤӸӤӸԩӷӦԩӷ

Chester Beatty XIV (Ra 2150): ӨЌӸӬӶӨϓЋӴӤӵӨӰӳӹӭӧӽӶӽӶӳӬӨӫӱӪӸӪӱ Chester Beatty XV (Ra 2151): ӤӬӸӪӶӤӬӴЌӤϓ ӵӨӰӳӹӭӤӬӧӽЋӶӽЌӶӤӬϷӨӫЌӱϓӪϓ ӸӪӱ ӭӮӪӵӳӱӳӰЋӬӤӱЌӶϓ ӳӹϷӭӤЌӬӸӪӱӭӤӸӤӶӻӨӶӬӱӶӳӹϓ ЋӸЌӤӴӨӵӤӸӤϷӸӪӷӦӪӷ ࣕ ࡳЋࡳЌ ࣕ ࡯Ћ࡟ࢀ ࢽ 11QPsc: ࡥࡵЌࢁࣕ ࡟Ћࡧ࡫ࡵЌ Offb 2,26: йӤՂ Չ ӱӬӭժӱ ӭӤՂ Չ ӸӪӵժӱ ӿӻӵӬ ӸԝӮӳӹӷ Ӹԇ ԘӵӦӤ Ӱӳӹϔ ӧըӶӽ ӤՐӸն ԗӲӳӹӶՁӤӱԗӴՂӸժӱԗӫӱժӱ V. 8a: BHS: G (S) καὶ δώσω σοι = ְ‫?–תֶּ נ‬ Die griechischen Übersetzungen ergänzen das Personalpronomen σοι. BHS nennt hier ְ ‫ וְאֶ תֶּ נ‬als eine mögliche Verlesung für ‫וְאֶ תּ ְָנ֣ה‬. Dagegen wendet Pietersma ein, dass ‫ נתן‬zwar mit Suffix stehen kann, eine Übersetzung des Suffixes als Dativobjekt in einem entsprechenden Satzkontext jedoch nicht bezeugt sei.358 Vermutlich handelt es sich um eine Ergänzung des Übersetzers, der das implizite Objekt aus dem Hebräischen im Griechischen explizit wiedergibt. V. 8b: BHS: C pc Mss ‫–תיך‬ In einigen wenigen hebräischen Hsn. ist ‫„ נַ ֲחלָה‬Erbe“ im Pl. bezeugt. In der Regel wird ‫ נַ ֲחלָה‬im AT im Sg. verwendet (im Pl. ist es nur in Jos 19,51 und Jes 49,8 bezeugt). Womöglich handelt es sich um eine versehentliche Ergänzung des Jotas oder um eine sekundäre Angleichung an das vorhergehende pluralische ‫„ גוֹי ִם‬ich will dir die Heiden zu Erbteilen geben“. V. 8c: BHS: Ms + ‫עַד־‬ Eine hebräische Hs. ergänzt die Partikel ‫עַד־‬. Dadurch beziehen sich nun sowohl ְ‫ נַ ֲחלָת‬als auch ְ‫ אֲ ֻחזּ ָת‬auf ‫ גוֹי ִם‬und mit ‫ֵי־אָרץ‬ ֶ ‫ עַד־אַ ְפס‬wird die Weite des Zuspruchs ausgedrückt „ich will dir die Nationen zum Erbteil und zum Besitz geben bis zu den Enden der Erde“ anstatt „ich will dir die Nationen zum

358

Vgl. Pietersma, Empire Re-Affirmed, 56: „that such a suffix then plays the role of indirect object (in an S-V-IO-O sentence), would seem unattested. Thus one would need to posit a prepositional phrase (‫ )?לך‬for σοι.“

3.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 2

85

Erbteil geben, zu deinem Besitz die Enden der Erde“. Die Septuaginta geht mit dem MT. Vers 9: ӴӳӬӰӤӱӨՃӷ®ӤՐӸӳ՜ӷԗӱՏԆӥӧիӶӬӧӪӵԖ ¯ դӷӶӶӭӨ՛Ӫ°ӭӨӵӤӰԝӽӷӶӹӱӸӵՁӼӨӬӷ ӤՐӸӳ՛ӷ Du wirst sie weiden mit eisernem Stab und wie Gefäße eines Töpfers wirst du sie zerschmettern. A B S (L) 2051 Offb 2,27; 12,5; 19,15 MT  ࡱࡸ࣠ࣛ ࡾࢯ࣒ ࣖ ࡯ࢶࡨࣜ ࡾࣖ ࢇࡪ ࣝ ࡡࣜ ࢪ ࣈ ࣛ ࢇ ࣖ °¯ ࡾࣈࡼ࢐࡫ ࣛ ࡫࡯ࢼ ࣚ ࡭ࣖ ࢚ ࣚ  ॱࡱࡼࣤ ࣛ ࢥࣖ ࣝࡵࢯࣖ ®

B ® ӴӳӬӰӤӱӨՃӷ ӤՐӸӳ՜ӷ ԗӱՏԆӥӮիЋÀ¶°ЌӶӬӧӪӵԖ ¯ ° դӷӶӭӨ՝ӳӷ ӭӨӵӤӰԝӽӷ ӶӹӱӸӵЇӨЈՁӼӨӬӷӤՐӸӳ՛ӷ

A ® ӴӳӬӰӤӱӨՃӷ ӤՐӸӳ՜ӷ ԗӱՏԆӥӧիӶӬӧӪӵԖ ¯ ° ӭӤՂ դӷӶӭӨ՝ӳӷ ӭӨӵӤӰԝӽӷ ӶӹӱӸӵՁӼӨӬӷӤՐӸӳ՛ӷ

Ant ® ӴӳӬӰӤӱӨՃӷ ӤՐӸӳ՜ӷ ԗӱՏԆӥӧիӶӬӧӪӵԖ ¯ ° դӷӶӭӨ՛Ӫ ӭӨӵӤӰԝӽӷ ӶӹӱӸӵՁӼӨӬӷӤՐӸӳ՛ӷ

Offb 2,27: ӭӤՂ ӴӳӬӰӤӱӨՃ ӤՐӸӳ՜ӷ ԗӱ ՏԆӥӧի ӶӬӧӪӵԖ դӷ Ӹԇ ӶӭӨ՛Ӫ Ӹԇ ӭӨӵӤӰӬӭԇ ӶӹӱӸӵՁӥӨӸӤӬ Offb 12,5: ӭӤՂԘӸӨӭӨӱӹԺՍӱӿӵӶӨӱϔՋӷӰԝӮӮӨӬӴӳӬӰӤՁӱӨӬӱӴԆӱӸӤӸԇԘӫӱӪԗӱՏԆӥӧի ӶӬӧӪӵԖϗӭӤՂԣӵӴԆӶӫӪӸՍӸԝӭӱӳӱӤՐӸԩӷӴӵՍӷӸՍӱӫӨՍӱӭӤՂӴӵՍӷӸՍӱӫӵՌӱӳӱӤՐӸӳ՝ϗ Offb 19,15: ӭӤՂ ԗӭ Ӹӳ՝ ӶӸՌӰӤӸӳӷ ӤՐӸӳ՝ ԗӭӴӳӵӨ՛ӨӸӤӬ ՏӳӰӺӤՁӤ ՆӲӨՃӤϔ ԻӱӤ ԗӱ ӤՐӸԵӴӤӸԆӲԪӸԇԘӫӱӪϔӭӤՂӤՐӸՍӷӴӳӬӰӤӱӨՃӤՐӸӳ՜ӷԗӱՏԆӥӧիӶӬӧӪӵԖϔӭӤՂӤՐӸՍӷ ӴӤӸӨՃӸԨӱӮӪӱՍӱӸӳ՝ӳԷӱӳӹӸӳ՝ӫӹӰӳ՝ӸԩӷՆӵӦԩӷӸӳ՝ӫӨӳ՝Ӹӳ՝ӴӤӱӸӳӭӵԆӸӳӵӳӷ ְ V. 9a: BHS: G (S) ποιμανεῖς = ‫תִּרעֵם‬ Die LXX liest das hebr. Verb als ‫תִּרעֵם‬ ְ von ‫„ רעה‬weiden“, vermutlich aufgrund der Erwähnung des Stabs (‫ שֵׁ בֶט‬ist auch der Hirtenstab) 359. „Dabei kommt eine Art Oxymoron zustande: weiden – aber mit einem eisernen Stab“360. Das Bild wird in der Johannes Apokalypse an drei Stellen aufgegriffen (Offb 2,27; 12,5; 19,15).361 Der MT leitet das Wort dagegen von ‫ רעע‬II „zerschlagen“ ab, dem das parallele ‫ נפץ‬pi. „zerschmettern“ entspricht. Vom Konsonantentext her und auch sachlich sind beide Lesetraditionen möglich. Das Hirtenbild für den König im alten Orient ist weit verbreitet,362 genauso ist jedoch auch das Motiv vom 359 360 361

362

Vgl. Gesenius, 2013, ‫שׁבֶט‬ ֵ (2). LXX.D.-E.II, 2011, 1501. Vgl. Wilhelmi, Der Hirt mit dem eisernen Zepter, 1977, 202. Ausführlicher zur Verwendung von Ps 2,9 in der Offb, vgl. Witetschek, Lieblingspsalm des Sehers, 2006, 494–502. In Offb. 19,15 spricht der Text weder von „weiden“ noch von „zerschlagen“, sondern es heißt dort: „und er wird sie regieren mit eisernem Stabe“. Vgl. Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.1, 2012, 59f. U. a. Wilhelmi plädiert dafür, dass die Lesetradition der Septuaginta auch die ursprüngliche hebräische Lesetradition darstellt: „Rebus sic stantibus dürfte sich die von der LXX angeführte Textversion a) durch ihr hohes Alter (LXX) b) eine Parallelstelle im AT (Micha v 5) c) die poetische Versstruktur als lectio originalis et melior erweisen.“, Wilhelmi, Der Hirt mit dem eisernen Zepter, 1977, 202.

86

3 Psalm 2

Zerschlagen der Feinde ein gängiges altorientalisches Bild für den König.363 Die poetische Struktur des Verses (synonymer Parallelismus Membrorum) spricht eher dafür, dass letzteres Motiv vom schlagenden König, also die Lesetradition des MT, die ursprüngliche Lesetradition darstellt („zerschmettern“ parallel zu „zerschmeißen“).364 Die Änderung der Septuaginta lässt sich aus einer späteren Assoziation des Wortes Stab (‫ )שֵׁ בֶט‬mit weiden erklären, welche aufgrund des weitverbreiteten Hirtenmotivs für den König naheliegend war. V. 9b: Ra: ως = M] pr. και LaRAug Uulg A Der Kodex Alexandrinus bezeugt vor ὡς σκεῦος eine Kopula und wird von einigen lateinischen Zeugen (auch die altlateinische Spalte der Diglotte R und Augustin) gestützt. Die Lesart der Kodizes B und S wird vom antiochenischen Text und dem alten Psalterfragment 2051 (3. Jh.) gestützt. Außerdem wird der Text in Offb 2,27 auch ohne Kopula wiedergegeben.365 Aufgrund der schwachen Bezeugung scheint die Kopula sekundär zu sein. V. 9c: Ra: σκευος B´’ 2051 R 55, uas La Ga] σκευη Sa L´’ A: cf. 7022 BHS: GALS pl Der Kodex Alexandrinus, die antiochenischen Hss, sowie die syrische und sahidische Übersetzung bezeugen das Objekt im Pl.366 Die Lesart wird auch durch Offb 2,27 gestützt. Inhaltlich ändert sich der Text dadurch nicht und im Kontext passen beide Lesarten gut. Der hebräische Konsonantentext lässt sich sowohl als Plural als auch als Singular lesen. Da die pluralische Lesart mit Offb 2,27 einen sehr alten Zeugen hat und die Singular-Lesart sich als Anpassung an die masoretische Lesetradition erklären lässt, entscheide ich mich hier für die pluralische als die ursprüngliche griechische Lesart. 363

364

365

366

„Besonders aus Ägypten sind seit ältester Zeit Darstellungen belegt, die den Pharao zeigen, wie er die Feinde mit erhobener Streitkeule oder einer anderen Waffe niederschlägt“, Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.2, 2015, 110. Auch auf palästinischen Stempelsiegel aus der Spätbronzezeit und der frühen Eisenzeit ist das Motiv vom die Feinde schlagenden König belegt, für Abb. vgl. Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.2, 2015, 110f. Neben der Rolle des Königs als Richter (vor allem nach innen) gehört die Rolle als Krieger (vor allem nach außen) zu den grundlegenden Handlungsrollen eines Königs im Alten Orient sowie in Israel. Darauf weist auch die Definition aus dem Mund des Volkes Israel in 1 Sam 8,20: „Unser König soll uns zum Recht verhelfen, und er soll vor uns herausziehen und unsere Kriege führen“, vgl. Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.2, 2015, 111. Offb 12,5 und 19,15 greifen dagegen nur den ersten Stichus „du wirst sie mit einem eisernen Stab weiden“ auf und können deswegen für keine der Lesarten als Zeugen herangezogen werden. Man könnte σκεύη auch als Sg. Form von ἡ σκεύη verstehen, vgl. BA, 1988, s. v. Offb 2,27 bezeugt jedoch σκεύη mit einem Akk. Pl. Artikel.

3.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 2

87

Vers 10: ӭӤՂ ӱ՝ӱ ӥӤӶӬӮӨՃӷ Ӷ՛ӱӨӸӨ ӴӤӬӧӨ՛ӫӪӸӨ® ӴԆӱӸӨӷ¯ ӳԺ ӭӵՁӱӳӱӸӨӷ ӸԨӱ Ӧԩӱ Und nun, Könige, seid einsichtig, lasst euch unterweisen, all ihr, die ihr die Erde richtet! A B S (L) 2051 2151 MT  ࡱ࡫࡭ࣈ ࣚ ࡯ࣞ ࡳࡥ ࣖ ࢯࣞ ࡸ࣒ࣝ ࡧࣖ ®  ࢏ࡾࢽ ࡶࣖ ࣞ࢏ࡥࣚࣂ ࢏࡯࡫࢚ࢶ ࣚ ࢫࣖ ࡥࣝ ¯  ࡫ࡪࣛ ࡺࣖ ࣠ ࢪࣈ   ॱࡻࡾࣜ ࡟ ࣤ ࣞ

B ӭӤՂӱ՝ӱӥӤӶӬӮӨՃӷ ® Ӷ՛ӱӨӸӨӴӤӬӧӨ՛ӫӪӸӨ  ¯ ӴԆӱӸӨӷ ӳԺӭӵЇӨЈՁӱӳӱӸӨӷ ӸԨӱӦԩӱ

A ӭӤՂӱ՝ӱӥӤӶӬӮӨՃӷ ® Ӷ՛ӱӨӸӨӴӤӬӧӨ՛ӫӪӸӨ  ¯ ӴԆӱӸӨӷ ӳԺӭӵՁӱӳӱӸӨӷ ӸԨӱӦԩӱ

Ant ӭӤՂӱ՝ӱӥӤӶӬӮӨՃӷ ® Ӷ՛ӱӨӸӨӴӤӬӧӨ՛ӫӪӸӨ  ¯ ӴԆӱӸӨӷ ӳԺӭӵՁӱӳӱӸӨӷ ӸԨӱӦԩӱ

Chester Beatty XV (Ra 2151): ЌӶЋϷӴӤӬӧӨӹӫӪӸӨӴЌӤӱӸӨӷӳϓӬϓ ӭӵӬӱϓЋӳӱϷӸӨӷӸӪӱ ӦЌӪӱϗ V. 10a: BHS: C pc Mss ‫הוסדו‬ Einige wenige hebr. Hsn. aus der Kairoer Geniza bezeugen ‫ הוסדו‬anstelle von ‫הוסרו‬. Es handelt sich um eine Verwechslung des Reschs mit einem Dalet.367 V. 10b: Ra: παντες > LaG Ga et Cyp. = M BHS: Ms G + ‫ כָּל־‬ut 148,11 Die griechischen Handschriften ergänzen πάντες gegenüber dem MT. Einige latein. Hss streichen das Wort, vermutlich bedingt durch einen Obelus bei Origenes.368 Auch wenn die Septuaginta durchaus häufig Wörter ergänzt,369 scheint πάντες hier auf einer hebräischen Vorlage zu beruhen, da es auch in einer mittelalterlichen hebräischen Hs. bezeugt und in Ps 148,11 eine ähnliche Parallelstellung von ‫( מְ ָלכִים‬bzw. ‫ֵי־אֶ ֶרץ‬ ֭ ‫ )מַ ְלכ‬und ‫ כָל־שׁ ֹ ְפטֵי‬belegt ist. Im Hebräischen ist die Ergänzung jedoch aufgrund der geringen Bezeugung wahrscheinlich sekundär.370 Vers 11: ӧӳӹӮӨ՛ӶӤӸӨ®ӸնӭӹӵՁիԗӱӺՌӥի¯ °ӭӤՂӾӦӤӮӮӬԈӶӫӨӤՐӸն±ԗӱӸӵՌӰի ° Dient dem Herrn mit Furcht und jubelt ihm zu mit Zittern! A B S (L) 1219 2051 2151 MT ®   ࢏ࡣࣈ ࡡࣖ ࡸࣚ  ࡥࣈࡧࡥ ࣞ ࣖ࡫ࣥࢁ࡟ࣜ ¯  ࡥ࡟ࢶ ࣞ ࡾࣖ ࣚ࡫ࢇࣖ  367 368 369 370

B ® ӧӳӹӮӨ՛ӶӤӸӨ  ӸնӭӹӵՁի ¯ ԗӱӺՌӥի 

A ® ӧӳӹӮӨ՛ӶӤӸӨ  ӸնӭӹӵՁի ¯ ԗӱӺՌӥի 

Ant ® ӧӳӹӮӨ՛ӶӤӸӨ  ӸնӭӹӵՁի ¯ ԗӱӺՌӥի

Die Form ‫ הוסדו‬von ‫„ יסד‬gründen“ ergibt im gegebenen Kontext keinen Sinn. Vgl. Pietersma, Empire Re-Affirmed, 58. Vgl. Pietersma, Empire Re-Affirmed, 58. Pietersma nennt als Argument für die Ursprünglichkeit von ‫ כָּל־‬im hebräischen Text, dass sich die „sich in ihm Bergenden“ ‫ כָּל־חוֹסֵי בֽוֹ‬aus V. 12 inhaltlich auf die ‫ָל־שׁ ֹ ְפטֵי‬ ֣ ‫כּ‬ in V. 10 beziehen, vgl. Pietersma, Empire Re-Affirmed, 58. Ein Bezug zwischen den beiden Versen hängt aber nicht vom ‫ כָּל־‬in V. 10 ab, sondern kann auch in der Lesart des MT gegeben sein.

88 ±

3 Psalm 2 °

࢏࡯࡫ࡢࣚ ࢽ ࡧࣂ ࣖ  ॱࡥࡣࣤ ࣞ ࡸࣞ ࡾࣖ ࢇࣚ °

°

ӭӤՂӾӦӤӮӮӬԈӶӫӨӤՐӸն ° ԗӱӸӵՌӰի

±

°

ӭӤՂӾӦӤӮӮӬԈӶӫӤӬӤՐӸն ° ԗӱӸӵՌӰի

±

°

ӭӤՂӾӦӤӮӮӬԈӶӫӨӤՐӸն ° ԗӱӸӵՌӰի

±

Chester Beatty XV (Ra 2151): ӧӳӹӮӨӹӶӤӸӨӸӽЌӭӽӨӱӺӳϓӥӽϓ ϷӭӤӬӤӦӤӮӮӬӤӶЌӫӨ ӤӹӸӽӨӱЋӸӵӳӰӽϓ ϗ V. 11a: Keine Apparatangaben vorhanden. Der Kodex Alexandrinus bezeugt die Verbform ἀγαλλιᾶσθαι anstelle der in den anderen griechischen Hsn. bezeugte Form ἀγαλλιᾶσθε (2. Pl. Imp. Aor. Medium von ἀγαλλιάω „jubeln“). Dieselbe Abweichung (-σθαι statt σθε) bezeugt er in V. 12 bei den Verbformen δράξασθε (2. Pl. Imp. Aor. Medium) und ἀπολεῖσθε (2. Pl. Ind. Fut. Medium), s. u. Abb. 1–3. Die Formen des Kodex Alexandrinus könnten als Inf. Aor. Medium-Formen gelesen werden, was im Kontext jedoch keinen Sinn ergibt. Womöglich handelt es sich um Schreibfehler, die durch einen Hörfehler beim Abschreiben entstanden sind.371 Abb.1: Kodex Alexandrinus (V. 11)372: καὶ ἀγαλλιᾶσθαι αὐτῷc

Abb. 2: Kodex Alexandrinus (V. 12)373: καὶ ἀπολεῖσθαι ἐξ ὁδοῦ

Abb. 3: Kodex Alexandrinus (V. 12)374: δράξασθαι παιδείας μήποτε V. 11b: BHS: Ms ‫בְּשִׂ ְמחָה‬ Eine mittelalterliche hebräische Hs. bezeugt ‫„ בְּשִׂ מְ חָה‬in Freude“ anstelle von ‫„ ְבּי ְִראָה‬in Furcht“. Aufgrund der geringen Bezeugung scheint es sich um eine sekundäre Lesart zu handeln. Möglicherweise lässt sich die Variante als spätere Angleichung an die folgende Aufforderung zu jubeln (‫ ) ְוגִילוּ‬erklären, womöglich auch in Anpassung an Ps 100,2. V. 11c-c: BHS: l ‫ב׳ נ׳ ל ְַרגְלָיו )ב ְַרגְלָיו( ׃‬, al ‫ ְוגַדְּ לוּ שְׁמוֹ ברעדה ׃‬et dl ‫( נ׳ בר‬dttg) Die Apparatangabe in der BHS schließt die in der Auslegungsgeschichte viel diskutierten ersten beiden Worte von V. 12 ‫ נַשְּׁקוּ־בַר‬noch mit ein. Der Apparat der BHS schlägt vor, in V. 12 statt ‫„ נַשְּׁקוּ־בַר‬küsst den Sohn“ ‫נַשְּׁקוּ־‬ ‫ ל ְַרגְלָי‬oder ‫„ נַשְּׁקוּ־ב ְַרגְלָיו‬küsst seine Füße“ zu lesen. Er weist außerdem auf den Vorschlag anderer hin in V. 11 statt ‫„ ְוגִילוּ בּ ְִרעָדָה‬und jauchzt mit Zittern“ ‫ְוגַדְּלוּ‬ 371 372 373 374

Vgl. BDR §25, Anm.2: „Als Hörfehler beim Abschreiben sind zu betrachten Gal 4,18 statt ζηλοῦσθαι vl ζηλοῦσθε, wohl auch Mt 11,16 statt ἑτέροις vl ἑταίροις“. http://www.bl.uk/manuscripts/Viewer.aspx?ref=royal_ms_1_d_viii_fs001r A. a. O. A. a. O.

3.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 2

89

‫„ שְׁמוֹ ברעדה‬und erhebt seinen Namen mit Zittern“ zu lesen und die ersten beiden Worte in V. 12 (‫ )נַשְּׁ קוּ־בַר‬zu streichen, die womöglich durch eine Dittographie entstanden seien. Kraus ist auch der Meinung, dass der Text problematisch ist „sowohl im Hinblick auf das „zitternde Jauchzen“ als auch in der unerklärlichen Vorstellung vom Küssen des ‫“בַר‬375, zumal es sich um einen unverständlichen Aramäismus handelt, da in V. 7 das Wort ‫ בֵּן‬verwendet wird. Er vertritt im Anschluss an Bertholet, die Meinung, dass als ursprünglicher und sachlich gut begründeter Text ‫„ נַשְּׁקוּ־ב ְַרגְלָיו בּ ְִרעָדָה‬küsset seine Füße mit Zittern!“ gelten kann. Umzustellen sind hierfür die beiden letzten Worte von 11 und die beiden ersten von 12.376 Gegen die Umstellung und auch gegen den Vorschlag, in V. 11 ‫ְוגַדְּלוּ שְׁמוֹ‬ ‫ ברעדה‬zu lesen, spricht die einstimmige Bezeugung in den hebr. Hsn., die auch durch die LXX gestützt wird, die mit MT ‫ ְוגִילוּ‬liest (καὶ ἀγαλλιᾶσθε) und auch keine vom MT abweichende Wortreihenfolge in V. 11–12 bezeugt. Nur in der Wiedergabe der Wörter in V. 12a weicht die LXX vom MT ab (dazu vgl. Einzelanalyse zu V. 12a) und sie ergänzt in V. 11 das Personalpronomen αὐτῷ, was eine stilistische Ergänzung darstellt (vgl. Einzelanalyse zu V. 8a). Das heißt, es ist zunächst vom MT auszugehen und zu prüfen, ob sich die schwierige Lesart anderweitig erklären lässt. Olofsson schlägt vor, die Wendung ‫ נַשְּׁקוּ־בַר‬in V. 12 mit „Küsst das Feld“ statt „Küsst den Sohn“ zu übersetzen. Eine exakte Parallele findet sich in dem akkadischen Ausdruck nasaqu qaqqara „Küsst die Erde/ das Feld“, der eine Demutshandlung bzw. Ehrerbietung vor einem König oder einem Gott beschreibt.377 Als biblische Belege für das Küssen als Zeichen der Ehrerbietung können Gen 41,40 u. a. hinzugezogen werden.378 Eine einfache Übersetzung mit „Küsst den Sohn!“ wäre jedoch auch nicht ausgeschlossen. Die unterschiedliche Verwendung des aramäischen ‫בר‬ (V. 12) und des hebräischen ‫ בן‬in V. 7, ließe sich durch die unterschiedliche Redeperspektive erklären, dass in V. 12 „die Vertreter der Völkerwelt (in spätpersischer Zeit) mit dem ihnen geläufigeren ‫ בר‬zur Anerkennung des 375 376 377

378

Kraus, Psalmen 1–59, 1978, 144. Vgl. ebd. Vgl. Olofsson, Crux Interpretum, 2009, 84f. Zur Übersetzungsmöglichkeit von Hebr. ‫ בַר‬mit Feld, vgl. auch Gesenius, 2013, ‫ ַבּר‬3. Auch „bei den Assyrern küsste der Hinzutretende die Erde vor dem König oder dessen Füße“, Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.2, 2015, 117. In Gen 41,40 sagt der Pharao zu Josef, sein ganzes Volk solle „seinen Mund küssen“. „Die Erwähnung des „Mundes“ (‫ פֶּה‬pæh) lässt vermuten, dass hier v.a. daran gedacht ist, dass das Volk Josefs Befehl gehorcht (vgl. so die paraphrasierende Wiedergabe der Septuaginta und moderner Übersetzungen). Die Rede vom „küssen“ ist hier von daher wohl metaphorisch zu verstehen. Die Metapher selbst bleibt aber interessant, weil sie Ehrerbietung (bzw. Gehorsam) zum Ausdruck bringt.“, Schellenberg, Kuss/ küssen, 2017, 3. Vgl. ebd. für weitere biblische Belege, in denen Küsse als Zeichen der Ehrerbietung dienen.

90

3 Psalm 2

‚Sohnes‘ aufgerufen würden“379, während im Gotteszitat an seinen Gesalbten (V. 7) das geläufige hebräische ‫ בן‬verwendet wird. Auch die möglicherweise spätere Entstehungszeit von V. 12 (nachexilisch) gegenüber V. 7 (vorexilisch) könnte als Argument herangezogen werden (vgl. Kap. 3.1.2). Betrachtet man die Übersetzung in der Septuaginta, so ergibt sich eine dritte Deutungsmöglichkeit. Das Wort ‫ בר‬kann auch in seiner hebräischen Bedeutung ‫„ ַבּר‬rein, lauter“380 oder ‫„ בּ ֹר‬Reinheit, Unschuld“381 (vgl. z. B. 2 Sam 22,21.25) gelesen werden. Holger Gzella weist darauf hin, dass in der rabbinischen Literatur ‫ בר‬im Sinne von „Lauteres“ weit verbreitet war, „wobei das ‚Lautere‘ schlechthin die Tora ist“382, und dieses Verständnis des Wortes wahrscheinlich auch den Hintergrund für die Übersetzung in der Septuaginta mit δράξασθε παιδείας „ergreift die Unterweisung“ darstellt (vgl. Einzelanaylse zu V. 12a-a).383 Dann wäre der Satz in dem Sinne „Küsst die Tora“ zu verstehen. Im Kontext des Psalms kann die plötzliche Thematisierung der Tora in V. 12 zwar etwas unvermittelt und abrupt wirken, da jedoch in V. 11 der Blick bereits auf JHWH und den Dienst an ihm gerichtet wird, erscheint eine Fortsetzung mit der Aufforderung, „Küsst das Lautere, dass er [JHWH] nicht zürne“ womöglich sogar passender, als den Blick wieder auf den Gesalbten „Küsst den Sohn, dass er [der Sohn] nicht zürne“ zu richten. Das gilt auch für den folgenden Aufruf am Ende von V. 12 „Selig sind alle, die auf ihn [JHWH] vertrauen“. Ein Bezug auf den Sohn an dieser Stelle könnte anmaßend erscheinen.384 Mit der Septuaginta als alten Zeugen für diese Lesart, spricht m. E. einiges dafür, dass hier am Ende von Psalm 2 auch schon im ursprünglichen hebräischen Text ein Bezug zur Tora hergestellt werden sollte. Der Aufruf in V. 10, sich zurechtweisen zu lassen, kann bereits als Hinleitung zum Thema verstanden werden. Eine solche Lesung des Psalms verstärkt die These eines Zusammenhangs mit dem vorangehenden ToraPsalm (vgl. Kap. 3.1.3). V. 11d: Ra: ӤӹӸӽ] ÷ Ga, > Cyp. = M Die griechischen Handschriften lesen αὐτῷ gegenüber MT und Cypian. Sie geben ein im Hebräischen indirektes Objekt explizit wieder (vgl. V. 8a). Das Personalpronomen fehlt jedoch bei Cyprian und ist im Psalterium Galli379 380 381 382 383 384

Hartenstein/ Janowski, BK XV/1.2, 2015, 117. Vgl. Gesenius, 2013, ‫ ַבּר‬2. Vgl. a. a. O, ‫בּ ֹר‬2. Gzella, Eschatologie und Anthropologie, 2002, 339. Vgl. a. a. O, 339f. Es ist zwar nicht zwingend, bei einer Übersetzung mit „Küsst den Sohn“ die folgenden Sätze auf den Sohn als Subjekt bzw. Objekt zu beziehen, syntaktisch wäre es jedoch das naheliegendste. Folglich würde vor seinem Zorn gewarnt und der Aufruf am Ende von V. 12 würde besagen, dass all diejenige selig sind, die auf ihn, den Sohn, vertrauen.

3.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 2

91

canum mit einem Obelus markiert. Möglicherweise ist die Auslassung bei Cyprian ebenfalls durch ein Obelus bei Origenes bedingt. Vers 12: ®ӧӵԆӲӤӶӫӨ ӴӤӬӧӨՁӤӷ® ӰԧӴӳӸӨ ՆӵӦӬӶӫԵ ӭ՛ӵӬӳӷ¯ ӭӤՂ ӾӴӳӮӨՃӶӫӨ ԗӲ Չӧӳ՝ ӧӬӭӤՁӤӷ° ՊӸӤӱԗӭӭӤӹӫԵ±ԗӱӸԆӻӨӬ ՉӫӹӰՍӷӤՐӸӳ՝² ӰӤӭԆӵӬӳӬӴԆӱӸӨӷӳԺӴӨӴӳӬӫՌӸӨӷ³ ԗӴ࠹ӤՐӸն Ergreift die Unterweisung, damit der Herr nicht erzürnt wird und ihr vom gerechten Weg verloren geht, wenn seine Zornglut schnell entflammt wird! Selig sind alle, die auf ihn vertrauen. A B S (L) 2051 2151 ®

MT ® ࡾࡡࣥ࢏ࡽ ࣇࣝ ࢭࣖ ࣝࡵ  ࡹસࣉࡵࣝ ࡟ࣗ ࣜ࡫ࣥࡴࢥࣜ ¯



 ࢏ࡣࡡ࡟ ࣖ ࣠ ࢁ࣑ ࣖࡧ ° ࢘ࡾࣜ ࡣࢽ ࣜ ࡾࣈࡸࣝ ࡡࣚ࡫ࣥ࡫ ࣖ ࢚ࣤ ࣚ ±  ࡪࣈࡸࣝ ࡳࣖ ࢚ࣚ ² ࢐ࢥࢶ ࡟ࣝ  ࡫ࡾࢽ ࣛ ࢪࣖ ࡟ࣂࣝ ³   ࡫ࡶ࢐ ࣛ ࡩࣥ࡯ ࣊ ࢚ࣞ  ´ ॱ ࢐ࡡࣤ

B ® ® ӧӵԆӲӤӶӫӨӴӤӬӧӨՁӤӷ ӰԧӴӳӸӨՆӵӦӬӶӫԵ ¯ ӭ՛ӵӬӳӷ ӭӤՂӾӴӳӮӨՃӶӫӨ ° ԗӲՉӧӳ՝ӧӬӭӤՁӤӷ ± ՊӸӤӱԗӭӭӤӹӫԵ ԗӱ ӸԆӻӨӬ ² ՉӫӹӰՍӷӤՐӸӳ՝ ӰӤӭԆӵӬӳӬ ³ ӴԆӱӸӨӷӳԺӴӨӴӳӬӫՌӸӨӷ  ´ ԗӴ࠹ӤՐӸն

A ® ® ӧӵԆӲӤӶӫӤӬӴӤӬӧӨՁӤӷ ӰԧӴӳӸӨՆӵӦӬӶӫԵ ¯ ӭ՛ӵӬӳӷ ӭӤՂӾӴӳӮӨՃӶӫӤӬ ° ԗӲՉӧӳ՝ӧӬӭӤՁӤӷ ± ՊӸӤӱԗӭӭӤӹӫԵ ԗӱ ӸԆӻӨӬ ² ՉӫӹӰՍӷӤՐӸӳ՝ ӰӤӭԆӵӬӳӬ ³ ӴԆӱӸӨӷӳԺӴӨӴӳӬӫՌӸӨӷ  ´ ԗӴ࠹ӤՐӸն

Ant ® ® ӧӵԆӲӤӶӫӨӴӤӬӧӨՁӤӷ ӰԧӴӳӸӨՆӵӦӬӶӫԵ ¯ ӭ՛ӵӬӳӷ  ӭӤՂӾӴӳӮӨՃӶӫӨ ° ԗӲՉӧӳ՝ӧӬӭӤՁӤӷ ± ՊӸӤӱԗӭӭӤӹӫԵ ԗӱ ӸԆӻӨӬ ² ՉӫӹӰՍӷӤՐӸӳ՝ ӰӤӭԆӵӬӳӬ ³ ӴԆӱӸӨӷӳԺӴӨӴӳӬӫՌӸӨӷ  ´ ԗӴ࠹ӤՐӸնϵӤՐӸՍӱ 

Chester Beatty XV (Ra 2151): ӧӵӤӲӤӶӫӨӴӤӬӧӨӬӤӷӰЌӪӴЋӳӸӨ V. 12a-a: Ra: παιδειας] –αν R = disciplinam La Ga; cf. Helbing Kas. P. 128 Die Übersetzung der hebräischen Worte ‫ נַשְּׁקוּ־בַר‬ist in der Auslegungsgeschichte des Psalms sehr umstritten. Am wahrscheinlichsten erscheint mir eine Übersetzung mit „Küsst die Lauterkeit“ im Sinne von “Küsst die Tora” (vgl. Einzelanalyse zu V. 11c-c).385 Wie Holger Gzella beobachtet hat, war in der rabbinischen Literatur ‫ בר‬im Sinne von „Lauteres“ weit verbreitet, wobei sich das „Lautere“ auf die Tora bezieht (vgl. Einzelanalyse zu V. 11c-c).386 Versuche, die griechische Version auf eine Verlesung des hebräischen Textes387 oder auf eine vom MT gänzlich unabhängige hebräische Texttradition388 zurückzuführen, sind nicht überzeugend. 389 385 386 387

388

Zur Diskussion der verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten von ‫נשקוּ־בר‬, vgl. Einzelanalyse zu V. 11a.c-c. Vgl. Gzella, Eschatologie und Anthropologie, 2002, 339. Gegen den Vorschlag von Dubarle ‫ נשו קבל‬zu lesen, vgl. Pietersma, Empire ReAffirmed, 60. Auch Olofsson ist der Meinung dass die grafischen Unterschiede zwischen MT und den verschiedenen Vorschlägen für die potentielle Vorlage von LXX zu groß sind, um auf eine Verlesung zurückzuschließen, vgl. Olofsson, Crux Interpretum, 2009, 80 und für eine Auflistung verschiedener Vorschläge bzgl. der LXX-Vorlage, a. a. O., 79. Olofsson vermutet, dass die Vorlage ‫ ְקמ ֹץ מוּסָר‬gelautet haben kann, vgl. Olofsson, Crux Interpretum, 2009, 81f.85. Dies ist zwar nicht auszuschließen, jedoch

92

3 Psalm 2

Wahrscheinlicher ist, dass die Septuaginta ‫ בר‬in der oben genannten Bedeutung gelesen390 und sie nicht wörtlich, sondern interpretierend mit δράξασθε παιδείας „ergreift die Erziehung“ wiedergegeben hat.391 V. 12b: Ra: κυριος] ÷ Ga, > LaG = M; pr. ο R: cf. 718 107 132 144 etc. et Debrunner, Der Gebrauch des Artikels bei κύριος (Beihefte zur Ztschr. f. d. alttest. Wiss. 41, p. 69–78) Die griechischen Handschriften ergänzen κύριος gegenüber dem MT. Das Psalterium Gallicanum markiert den Überschuss gegenüber dem MT mit einem Obelus und die altlatein. Hs. LaG streicht das Wort wahrscheinlich in Anpassung an den MT ganz (vgl. auch V. 10b). Die griechischen Hsn. ergänzen κύριος vermutlich, da je nachdem wie das hebr. Wort ‫ בַר‬gelesen wird (entweder mit „Sohn“ oder mit z. B. „Reinheit“), nicht eindeutig war, ob der Gesalbte oder JHWH das Subjekt des Verbs ὀργισθῇ ist. Für die Septuaginta

389 390 391

angesichts der einheitlichen Bezeugung in den hebr. Hsn. nur dann in Erwägung zu ziehen, wenn keine andere Erklärungsmöglichkeit bleibt, was jedoch hier nicht der Fall ist. Außerdem bietet Olofsson keine Erklärung, wie es zu der Entstehung der unterschiedlichen Texttraditionen (MT und Vorlage der LXX) gekommen sein könnte. Vgl. Olofsson, Crux Interpretum, 2009, 81f.85. Für Verweise auf Ausleger, die einen Anklang des ugaritischen Königsepithets brr „rein“ vermuten, vgl. Maiberger, Verständnis von Psalm 2, 1988, 90. Vgl. ähnlich Pietersma, Empire Re-Affirmed, 60, nur dass er in V. 12 nicht unbedingt von einem konkreten Bezug zur Tora ausgeht, sondern vermutet, dass die Übersetzer den Satz im metaphorischen Sinn als einen Aufruf verstanden, ein besseres Verhalten zu adaptieren. Wie Holger Gzella dagegen von einer toraweisheitlichen Umdeutung eines alten Königspsalms durch die Übersetzer auszugehen, wie Holger Gzella es vorschlägt, vgl. Gzella, Eschatologie und Anthropologie, 2002, 342, trifft die Sache m. E. ebenfalls nicht ganz, da die toraweisheitlichen Elemente schon im hebräischen Text angelegt zu sein scheinen (vgl. Einzelanalyse zu V. 11c-c). Bons weist darauf hin, dass das Thema Erziehung häufiger auch an Stellen aufgegriffen wird, an denen es kein hebräisches Äquivalent dafür gibt. Er ist der Meinung, dass v. a. an problematischen Stellen das Thema der Unterweisung aufgegriffen wird, vgl. Bons, Septuaginta-Psalter, 2008, 461. Der hebräische Text der Psalmen 90,10 und 119,66 ist jedoch m. E. nicht problematisch und auch bei unserer Stelle handelt es sich zwar um einen Text der einer Interpretation bedarf, der dann aber nachvollziehbar ist. Aquila übersetzt mit καταφιλήσατε ἐκλεκτῶς Symmachus übersetzt mit προσκυνήσατε καθαρῶς, vgl. Gzella, Eschatologie und Anthropologie, 2002, 340. Einige latein. Hsn. und die Diglotte R einschließlich der griech. Spalte bezeugen das Nomen im Akk. Sg. statt Gen. Sg. (disciplinam für παιδείας). Δράσσομαι steht in der Regel mit Genitiv (vgl. Helbing, Kasussyntax, 1928, 128.). Die Akk. Form kommt dadurch zustande, dass das latein. Äquivalent zu δράσσομαι adprehendere i. d. R. mit Akk. steht (vgl. Georges, 2013, 398). Die griech. Spalte der Diglotte R ist wahrscheinlich beeinflusst von der Akk.-Form der latein. Spalte. Zu den abweichenden Verbformen im Kodex Alexandrinus δράξασθαι und ἀπολεῖσθαι, vgl. die Einzelanalyse zu V. 11a.

3.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 2

93

ist eindeutig JHWH, derjenige, vor dessen Zorn es sich zu hüten gilt (vgl. V. 5).392 Die griech. Spalte der Diglotte R ergänzt einen Artikel vor κύριος. Aufgrund der geringen Bezeugung scheint es sich um eine spätere Variante zu handeln (Zum Gebrauch des Artikels bei κύριος vgl. Einzelanalyse zu LXX Ps 33,8c). V. 12c: Ra: δικαιας] ÷ Ga, iustitiae eius Sa BHS: G ἐξ ὁδοῦ δικαίας, S mn’wrḥh a via eius Ra: punctum post 122 posui = Aug ThtHe, post 123 posuit Swete Die LXX ergänzt δικαίας zu ὁδοῦ. „Mit der Thematik des gerechten Weges stellt die LXX eine im MT eher implizite Verbindung zu Ps 1,6 […] her und bringt das gerechte Leben der Gesetzestreuen mit dem Gedanken der παιδεία in Verbindung“393. Die Lesart ist auch in der sahidischen Übersetzung bezeugt, jedoch mit einem zusätzlichen Possessivpronomen (auf dem Weg seines Gerechten). Das Psalterium Gallicanum markiert den Überschuss gegenüber dem MT mit einem Obelus und die syrische Übersetzung bezeugt ein Possessivpronomen (sein Weg) anstelle von δικαίας. Aufgrund seiner These einer „minimal interpretive translation“ vermutet Pietersma eine hebr. Vorlage für die Ergänzung394, wofür es jedoch keine Anhaltspunkte gibt. Unabhängig von dieser Variante erwähnt Rahlfs in seinem Apparat, dass Augustin, Theodoret und Hesych einen Punkt hinter δικαίας bezeugen und Swete hinter ὁ θυμὸς αὐτοῦ. V. 12d: Ra: εκκαυθη] ενκ. He Hesych liest ενκαυθη statt εκκαυθη. Es handelt sich um eine orthographische Variante. V. 12e: Ra: 123] + super uos Cyp. Cyprian ergänzt super uos “denn leicht entbrennt sein Zorn über sie“. Es scheint sich um eine freie Ergänzung zu handeln. V. 12f: BHS: 2 Mss ‫◌ִ ים‬ Zwei mittelalterliche hebr. Hsn. bezeugen anstelle der Constructus-Form ‫ חוֹסֵי‬eine Absolutus-Form. Möglicherweise wurde versehentlich das Folgende ‫ בוֹ‬als ‫ מ‬gelesen. Es handelt sich sicherlich um eine sekundäre Lesart.

392

393 394

Auch Pietersma geht von einer Ergänzung von κύριος durch den Übersetzer selbst aus und räumt ein: „As has been suggested, Psalm 2 is a relatively heavily interpreted psalm in the Greek.“, Pietersma, Empire Re-Affirmed, 60. LXX.E.II, 2011, 1502. Vgl. Pietersma, Empire Re-Affirmed, 2004, 61.

94

3 Psalm 2

V. 12g: Ra: ӨӴӤӹӸӽ B´Ld(sil)´He A’, in eo GaAug] ӨӴӤӹӸӳӱ R Ld, in eum La et Cyp.: cf. 911 et Helbing Kas. p. 197/8 Einige Handschriften bezeugen ἐπ᾽ αὐτὸν statt ἐπ᾽ αὐτῷ. Laut Helbing begann schon in alexandrinischer Zeit das ἐπί m. Akk das ἐπί m. Dat zu verdrängen.395 Möglicherweise ist die Akk.-Form aber auch durch die latein. Überlieferung (La und Cyp.) in die griech. Überlieferung hineingelangt (das ist zumindest für die griech. Spalte der Diglotte R gut denkbar, vgl. 12a). In jedem Fall scheint die Dat.-Form die ursprüngliche Lesart darzustellen.

395

Helbing, Kasussyntax, 1928, 197f.

3.3

Ergebnisse zu LXX Psalm 2

3.3.1 Die hebräische Vorlage der Septuaginta Die hebräische Vorlage von LXX Psalm 2 weicht an drei Stellen vom MT ab und an zwei Stellen geht die Septuaginta von einer abweichenden Lesetradition des hebräischen Konsonantentextes aus. a) Bezeugung von Abweichungen der Septuaginta in Qumran Für Psalm 2 sind die Belege in Qumran sehr fragmentarisch. Septuaginta Abweichungen vom MT, sind in den vorhandenen Qumran Hsn. nicht belegt. b) Bezeugung von Abweichungen der Septuaginta in mittelalterlichen hebräischen Hsn. In V. 10b bezeugt die Septuaginta das Wort πάντες, das vermutlich auf eine hebräische Vorlage zurückgeht. Der Überschuss gegenüber dem MT ist auch in einer mittelalterlichen hebräischen Hs. belegt. Inhaltlich ist die Variante nicht von Bedeutung und ist im Hebräischen vermutlich sekundär (vgl. Einzelanalyse zu V. 10b)ϗ c) Vermutete abweichende hebräische Vorlagen oder Verlesungen der Septuaginta In V. 4b-b ist in der Septuaginta eine Kopula belegt, die in keinen hebräischen Zeugen vorhanden ist (Qumran ist für die Stelle nicht belegt). Eine hebräische Vorlage ist jedoch aufgrund der Bezeugung in der Peschitta und aufgrund des häufigen Belegs von gegenüber dem MT überschüssigen Septuaginta-Kopulas in Qumran-Hsn. wahrscheinlich. d) Abweichende Lesungen desselben Konsonantentexte Es gibt zwei Abweichungen der Septuaginta vom MT, die auf eine abweichende Lesung des hebräischen Konsonantentextes zurückgehen. Die auffällige Wiedergabe von ‫„ תְּרֹעֵם‬du wirst zerschmettern“ mit ποιμανεῖς „du wirst weiden“ (im Hebr. ‫)תִּרעֵם‬ ְ in V. 9a, und die Lesung von ‫„ ְכּלִי‬Gefäß“ als Plural (‫ ) ְכּ ֵלי‬statt Singular in V. 9c, eine Variante, die jedoch den Tenor des Textes nicht verändert. Die abweichende Lesung in V. 9a geht vermutlich auf den Übersetzer selbst zurück (vgl. Einzelanalyse zu V. 9a), in V. 9c ist dagegen auch gut denkbar, dass eine hebräische Lesetradition existierte, die den Plural ‫ ְכּ ֵלי‬las.

96

3 Psalm 2

3.3.2 Der griechische Text 3.3.2.1 Die ursprüngliche Septuaginta Eine Abweichung vom Rahlfs-Text findet sich nur in V. 9 c. a) Stil und Aufbau Anders als in der hebräischen Überlieferung ist in der Septuaginta der gesamte Psalm als Rede des Gesalbten gestaltet (vgl. dazu Einzelanalyse zu V. 6a-c). Auffällig ist, dass die Septuaginta nach V. 2 ein διάψαλμα setzt. Dadurch stellt der Vers 3 „Lasst uns ihre Fesseln zerreißen und ihr Joch von uns werfen“ nicht mehr ein Zitat aus dem Mund der heidnischen Könige und Fürsten dar, sondern ein Aufruf des Gesalbten selbst. Er ruft auf, die Fesseln und das Joch der fremden Könige von sich zu werfen, die übermütig gewesen sind und sich gegen den Herrn und seinen Gesalbten aufgestellt haben. Auch V. 6 ist nicht mehr als Rede Gottes formuliert, sondern der Gesalbte spricht nun selbst: „Ich aber bin von ihm eingesetzt als König auf Zion, seinem heiligen Berg“. Gerade in der politisch vielseitigen und verwirrenden Lage der makkabäischen und hasmonäischen Zeit, in der messianische Erwartungen aufblühten, ist der Aufruf eines Herrschers zur Befreiung von den Fremdmächten und auch das Selbstverständnis als Gesalbter Gottes gut denkbar (vgl. Einzelanalyse zu V. 6a-c). Auch die Worte δεσμός „Fesseln“ und ζυγός „Joch“ werden später mehrfach in den Makkabäerbüchern als Symbole der Unterdrückung durch die Fremdherrscher wieder aufgegriffen (vgl. Einzelanalyse zu V. 3b). All das legt die Vermutung nahe, dass Psalm 2 eine wichtige Rolle in den messianischen Erwartungen der makkabäischen und hasmonäischen Zeit gespielt hat. Stilistisch ist anzumerken, dass der Psalm in den Verbaltempora eigene Akzente setzt. Die anfängliche Zustandsbeschreibung, die im Hebräischen sowohl mit Perf. als auch Impf.-Formen formuliert ist, wird im Griechischen durchgängig in die Vergangenheit gesetzt und mit dem Aoristen wiedergegeben.396 Der Befreiungsaufruf des Gesalbten steht in Aorist Konjunktiven, welche „den punktuellen und ingressiven Charakter der geplanten Rebellion hervorheben und damit von einer dem griechischen Verbalsystem eigenen Möglichkeit Gebrauch machen.“397 Auffällig sind in dem Psalm außerdem die recht zahlreichen expliziten Wiedergaben von Subjekten (V. 4b-b, 8a und 11d) und einem Objekt (V. 7b-b). Ergänzungen von impliziten Subjekten und Objekten sind im LXX-Psalter jedoch geläufig. In V. 4a gebraucht die LXX außerdem die beiden Verben 396 397

Vgl. Gzella, Eschatologie und Anthropologie, 2002, 336. Gzella, Eschatologie und Anthropologie, 2002, 336. Für weitere Beobachtungen zur Verwendung der griechischen Tempora in Psalm 2, vgl. a. a. O., 336f.

3.3 Ergebnisse zu LXX Psalm 2

97

γελάω und μυκτηρίζω mit der verstärkenden Präposition ἐκ, vermutlich um die Parallelstellung der Sätze stärker hervorzuheben. In V. 7a drückt die Septuaginta wiederum durch die Verwendung eines Partizips die Verbindung zu V. 6 deutlicher aus. Die Änderung hängt vermutlich damit zusammen, dass die Septuaginta V. 6 als Rede des Gesalbten, die in V. 7 fortgesetzt wird, formuliert, statt als Gottesrede. Stilistisch lässt sich also erkennen, dass die Septuaginta eigene Akzente setzt und auch quantitativ leicht vom MT abweichen kann. Die hebräische Wortreihenfolge wird dagegen exakt übernommen und die einzelnen hebräischen Wörter i. d. R. mit passenden griechischen Äquivalenten wiedergegeben. b) Inhaltliche Besonderheiten des Septuaginta-Psalms In V. 1b gibt die Septuaginta das Lärmen (‫ )רגשׁ‬der Nationen mit φρυάσσω „übermütig sein“ wieder. Das griechische Wort φρυάσσω kommt im AT ansonsten nur noch in den Makkabäerbüchern vor und zwar zur Beschreibung von heidnischen Herrschern.398 Hier besteht eine inhaltliche und möglicherweise auch textgeschichtliche Verbindung (vgl. Einzelanalyse zu V. 1b). Eine weitere leichte Wortänderung vollzieht sie in V. 3b, in dem sie vom Joch (ζυγός) statt von Stricken „‫ “עֲב ֹת‬spricht, vermutlich, da das Joch zu der Zeit der Übersetzung ein geläufigeres Symbol der Unterdrückung war (s. o. unter 3.3.2.1a). Besonders auffällig sind im LXX Psalm 2 die Änderungen in Vers 9 und Vers 12, die möglicherweise zusammenhängen. Der hebräische Text von V. 12 ist schwierig und ist in etwa zu übersetzen mit „Küsst den Sohn, dass er nicht zürne und ihr umkommt auf dem Weg“. Die Septuaginta gibt den Text sehr frei wieder. Zunächst führt sie das Thema der παιδεία „Erziehung“ ein, das in der Septuaginta mehrfach aufgegriffen wird (vgl. Einzelanalyse zu V. 12a). Sie übersetzt statt „Küsst den Sohn“ mit „Ergreift die Unterweisung“ und setzt fort „damit der Herr nicht erzürnt wird und ihr vom gerechten Weg verloren geht“. Sie ergänzt hier κύριος, die Partikel ἐξ und das Adjektiv δικαίας gegenüber der hebräischen Vorlage. Dadurch wird nicht mehr wie im MT vor dem Zorn des Sohnes/ des Gesalbten gewarnt, sondern der Gesalbte fordert die Heiden auf, Zurechtweisung anzunehmen, damit sie JHWH nicht erzürnen und vom gerechten Weg abkommen.399 In V. 9a vokalisiert die Septuaginta den hebräischen Text abweichend vom MT und liest „Du wirst sie mit einem eisernen Stab weiden“ statt „zerschmettern“. Dadurch liest sie nicht, wie der MT einen synonymen Parallelismus „Mit eisernem Stab zerschmettern“ und „wie Töpfergeschirr zerschmeißen“, sondern sie bestimmt neben dem Vernichten der Feinde das Weiden der Heiden als Aufgabe des 398 399

Vgl. LXX.E.II, 2011, 1500. Möglicherweise soll durch die Ergänzung von δικαίας außerdem der Bezug zu Psalm 1 verstärkt werden.

98

3 Psalm 2

Gesalbten. Die Variante beruht auf einer abweichenden Vokalisation des hebräischen Textes. In V. 12a-a wird der etwas schwierige Satz ‫ נַשְּׁקוּ־בַר‬auf der Linie der auch sonst bezeugten jüdischen Interpretation des Verses im Sinne von „küsst die Lauterkeit (= die Tora)“ verstanden und inhaltlich akkurat, jedoch eigene Akzente setzend mit δράξασθε παιδείας „Ergreift die Unterweisung“ wiedergegeben. Das Thema der Unterweisung wird in der Septuaginta auch an anderen Stellen, bei denen es kein hebräisches Äquivalent dafür gibt, aufgegriffen (vgl. Einzelanalyse zu V. 12a-a).

3.3.2.2 Revisionen und weitere Bearbeitungen a) Hebraisierung In Psalm 2 scheint nur für V. 9c eine Hebraisierung bezeugt zu sein. Der antiochenische Text und der Kodex Alexandrinus bezeugen das Wort „Gefäß“ im Pl. statt wie der MT im Sg. Die anderen Hsn. passen an die Lesetradition des MT an. b) Weitere Bearbeitungen Als spätere Abweichung vom MT bezeugt der Papyrus Chester Beatty XV (Ra 2151) in der Überschrift eine Ergänzung von ᾠδὴ Δαυιδ (V. 1a). Der Papyrus Chester Beatty XIV (Ra 2150) bezeugt in V. 5a einige stilistische Abweichungen, indem er u. a. die Wortreihenfolge ändert und τότε λαλήσει ἐν ὀργῇ πρὸς αὐτοὺς „dann spricht er im Zorn zu ihnen“ statt τότε λαλήσει πρὸς αὐτοὺς ἐν ὀργῇ αὐτοῦ bezeugt, wobei hier unsicher ist, ob es sich um eine versehentliche oder bewusste Änderung handelt. Schließlich ist noch auf die Auslassung des inhaltlich relevanten Wortes βασιλεὺς in V. 6b-b „ich bin eingesetzt als König von ihm“ im Kodex Vaticanus hinzuweisen und auf die Abweichungen in vereinzelten jüngeren Hsn. ebf. in V. 6b-b, die an der Stelle, an welcher die ursprüngliche Septuaginta „ich bin eingesetzt durch ihn“ bezeugt, das Personalpronomen im Pl. statt im Sg. und in unterschiedlichen Kasus bezeugt. Ein Grund für die Änderungen ist schwierig zu erkennen. Die Beurteilung von V. 2c ist dagegen schwierig. Die antiochenischen Hsn. streichen das διάψαλμα, dass auch im MT fehlt, aber weder bei Origenes gestrichen wurde, noch in der von den alten Kodizes bezeugten Textform. Womöglich wurde es nicht in Anpassung ans Hebräische gestrichen, sondern da es im Kontext als störend empfunden wurde (vgl. Einzelanalyse zu V. 2c)

3.3 Ergebnisse zu LXX Psalm 2

99

3.3.3 Fazit Die hebräische Vorlage von LXX Psalm 2 wich vermutlich an drei Stellen vom MT ab. An zwei Stellen ging die Septuaginta von einer abweichenden Vokalisation des Konsonantentextes aus. LXX Psalm 2 weist eine Übersetzungsweise auf, die sich in der Regel an ihrer hebräischen Vorlage orientiert, jedoch nicht streng konkordant und linear übersetzt, sondern in der Wortwahl und Wiedergabe der Tempora eigene Akzente setzt, und Präpositionen, sowie im Hebräischen nur implizit wiedergegebene Subjekte und Objekte ergänzt. Interpretativ greift der Übersetzer insbesondere an den Stellen ein, bei welchen der hebräische Text eine schwierige Vorlage bietet (V. 12). Abgesehen davon nimmt er sich jedoch auch die Freiheit, durch gezielte Eingriffe in den Text den gesamten Psalm als direkte Rede des Gesalbten umzugestalten. In der Textüberlieferung des Psalms ist eine Angleichung einer Wortform an den hebräischen Text in den großen Kodizes Vaticanus und Sinaiticus bezeugt. Der antiochenische Text ist davon unberüht geblieben. Spätere Abweichungen, die einen gegenüber dem Hebräischen freieren Text überliefern, sind nur in vereinzelten Hsn. bezeugt. Eine Rezension ist nicht erkennbar. Es handelt sich um editorische Eingriffe. Sie begegnen in der Hs. 2151 (jedoch nur in der Überschrift) und Hs. 2150, im Kodex Vaticanus und in einigen wenigen antiochenischen Hsn.

3.4

Anhang

Tabelle: Schreibfehler und orthographische Varianten Stelle 4a 4d 5c 12a-a 12d 12g

400

Anm. 400 Ra: εκγελασεται] εγγελ. He, eggel. Rs (ex corr.?), ενγελ. A: cf. 3613 589 Pietersma (Ra 2150): ἐκμυκτηριεῖ] -ρει 2150 Pietersma (Ra 2150): ταράξει] ταξι 2150 Ra: παιδειας] –αν R = disciplinam La Ga Ra: εκκαυθη] ενκ. He Ra: επ αυτω B´Ld(sil)´He A’, in eo GaAug] επ αυτον R Ld, in eum La et Cyp.

Die Apparatangaben sind für die Übersichtlichkeit zum Teil gekürzt. Die vollständigen Apparatangaben finden sich oben in den Einzelanalysen.

4

Psalm 8

4.1

Einführung in den hebräischen Text

4.1.1 Gliederung und Inhalt Die Gliederung von Ps 8 ist nicht ganz so eindeutig. Vers 1 trägt die Psalmenüberschrift. Die Verse 2 und 10 bilden den Rahmen des Psalms, soweit ist man sich einig. In der Gliederung der Verse 3–9 gehen die Kommentatoren dagegen auseinander. Insbesondere Vers 3 stellt ein Problem für die Auslegung dar.401 Wie ist der Satz zu verstehen, dass JHWH aus dem Munde der Kinder und Säuglinge seine Macht gegründet hat, um seine Feinde zum Schweigen zu bringen? Und wie lässt sich Vers 3 sinnvoll in den Kontext von Ps 8 einordnen? Am überzeugendsten ist m. E. die von Manfred Oeming vorgeschlagene Parallelstellung von V. 3 und V. 4–9.402 Vers 3 beinhaltet die Aussage, dass Gott seine Macht ausgerechnet in etwas ganz Kleinem offenbart, um seine Feinde zum Schweigen zu bringen. Dieser Gedanke findet in den Versen 4–9 eine zweite Veranschaulichung. Und zwar blickt der Psalmist in das weite Firmament (V. 4) angesichts dessen der Mensch verschwindend klein wirkt (V. 5) und erkennt: Und doch hat JHWH gerade diesen Menschen nur wenig geringer gemacht als Gott selbst, ihn mit Herrlichkeit gekrönt (V. 6) und zum Herrscher über alle Werke Gottes gemacht (V. 7–9). Das „ganz Kleine bekommt eine immens große Bedeutung“, in diesem Satz lässt sich ein gemeinsamer Duktus von V. 3a und von V. 4–9 erkennen.403 Die Feinde in V. 3b, die JHWH zum Schweigen bringen will, scheinen dagegen keine Parallele in V. 4–9 zu haben. In V. 3 wird der Blick darauf gerichtet, um wessen willen 401 402

403

Eine Übersicht über verschiedene Deutungsversuche zu V. 3 bietet Oeming, Psalm 1–41, 2000, 85f. Vgl. Oeming, Psalm 1–41, 2000, 82. Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 77, hebt ebf. V. 3 von den Versen 4–9(10) ab, sieht darin jedoch nicht eine Parallelstellung, sondern geht davon aus, dass V. 3 und 4–10 nicht von derselben Hand stammen. Seybold, Psalmen, 1996, 50f., zieht V. 2b und V. 4 zum ersten Teil (2b–4 und 5–9), ähnlich Pietersma, Psalm 8, 2008, 490, der jedoch in drei Abschnitte unterteilt, V. 2– 4; 5–6 und 7–9. Weber, Werkbuch Psalmen I, 2001, 72f., unterteilt den Abschnitt in vier 4-zeilige Stanzen (V. 2c–3; 4–5; 6–7; 8–9). Für einen Aufbau um ein Zentrum herum, in dem der Mensch steht (V. 4–5), mit einem inneren (V. 4.7–8), einem mittleren (V. 3.9b) und einem äußeren Rahmen (V. 2.10), unter besonderer Berücksichtigung der Sprechakte und der Sprechrichtungen, vgl. Geiger/ Theis, Loben verleiht Flügel, 2012, 172f. Vgl. Oeming, Psalm 1–41, 2000, 82.

102

4. Psalm 8

JHWH „das Kleine“ groß macht, nämlich um seiner Feinde willen. In V. 4–9 wird dagegen darauf geblickt, worüber JHWH „dem Kleinen“ Macht verleiht, nämlich über seine Schöpfung. Die Bildwelt von V. 3 und V. 4–9 ist jedoch so unterschiedlich, dass gerade im Kontext der V. 4–9, die das Verhältnis zwischen Mensch und Tierwelt im Blick haben, noch rätselhafter wird, wer denn mit den Feinden JHWHs (und den Rachgierigen) in V. 3 gemeint sein kann. Auch V. 2c (ein Überschuss, der in der Wiederholung von V. 2ab in V. 10 nicht wiederkehrt) bleibt in seiner Bedeutung für den Kontext unklar.

4.1.2 Gattung und Entstehungsgeschichte Es ist umstritten, ob Psalm 8 einen Wachstumsprozess hinter sich hat oder eine ursprüngliche Einheit darstellt.404 Es wird die These vertreten, dass dem Psalm möglicherweise ein altes Fragment zugrunde lag, das nachträglich einen liturgischen Rahmen erhielt.405 Auch V. 2c (der einen Überschuss gegenüber der Wiederholung des Verses in V. 10 darstellt) wird gelegentlich einer Redaktion zugeschrieben406 und in Bezug auf V. 3 gegenüber den Versen 4–9 wird auf Unterschiede hingewiesen, die dafür sprechen können, dass beide Teile aus unterschiedlicher Hand stammen.407 Die Argumente, die dafür herangezogen werden, sind jedoch nicht zwingend,408 und bieten nicht die Grundlage, die Einheit des Psalms in Frage zu stellen.409 Der Psalm stellt einen Hymnus dar.410 Der Sitz im Leben lässt sich jedoch nicht eindeutig rekonstruieren. Für eine festliche kultische Veranstal404 405 406 407 408

409 410

Vgl. Oeming, Psalm 1–41, 2000, 82. Vgl. Seybold, Psalmen, 1996, 49. Vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 77. Vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 77. Zenger nennt als Gründe für eine Annahme zweier Quellen, dass die V. 3 und V. 4–9 bestimmende Bildwelt spannungsreich nebeneinander steht und die V. 4–9 singularisch über „den Menschen“ sprechen, während V. 3 ausdrücklich die Gruppe „der Neugeborenen und Säuglinge“ im Blick hat, vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 77. Die spannungsreiche unterschiedliche Bildwelt kann jedoch auf das Anliegen zurückgehen, dass ein einzelner Aspekt, und zwar dass das ganz Kleine eine immens große Bedeutung von Gott erhält, in zweifacher Weise unterschiedlich zum Ausdruck gebracht werden soll. Die Neugeborenen und Säuglinge von V. 3 können als Metapher für den angesichts des weiten Firmaments winzig kleinen Menschen verstanden werden (vgl. 4.1.1) So auch Oeming, Psalm 1–41, 2000, 82. Vgl. auch Craigie, Psalms 1–50, 2004, 106: „The psalm forms a perfect unity“. Vgl. Weber, Werkbuch Psalmen I, 2001, 73. Erhard Gerstenberger differenziert jedoch zwischen V. 2, wo er klare Hinweise auf „communal praise“ sieht und Verse 4–9, die er als „Hymn of the Individual“ einordnet, vgl. Gerstenberger, Psalms 1, 1988, 68f. Die Klassifizierung als Danklied lehnt er ab, vgl. a. a. O., 70. Erich Zenger konstatiert, dass sich der Psalm keiner der klassischen Psalmengattungen zuweisen

4.1 Einführung in den hebräischen Text

103

tung gibt es keine klaren Indizien.411 Die formale Unterscheidung zwischen gemeinsamen Refrain (V. 2 und 10) und Solopart (V. 3–9) kann dagegen Hinweis auf einen Sitz im Leben in den nachexilischen Gemeindeversammlungen sein – so Erhard Gerstenberger.412

4.1.3 Kontext im Psalter Ps 8 lässt laut Beat Weber die Klage- und Bittgebete der vorangehenden Psalmen 3–7 in einen Hymnus über die Herrlichkeit Gottes ausmünden.413 Verschiedene Stichworte und Inhalte verbinden ihn mit den vorangehenden Kapiteln.414 Besonders starke Parallelen in der Schöpfungsthematik finden sich außerdem zu Ps 104.415

411

412

413

414 415

lässt, ist jedoch auch der Meinung, dass hymnische Züge unverkennbar sind, vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 77. Vgl. Gerstenberger, Psalms 1, 1988, 70. Vgl. auch Oeming, Psalm 1–41, 2000, 82, der der Meinung ist, dass der Psalm eher wie ein sehr persönliches Reflexionslied wirkt. „Rather, we meet with a congregational structure, with autonomous local communities held together by a class of clergy that can be identified by its sapiential theology. This spiritual outlook, well attested in Psalm 8, is in fact the hallmark of the early Jewish scribes and rabbis who organized Israel’s congregations after the Babylonian period.“, Gerstenberger, Psalms 1, 1988, 71. Die Betonung des Namens und die Universalität in V. 2a sprechen laut Gerstenberger für eine späte Datierung des Psalms, vgl. a. a. O., 68. Vgl. Weber, Werkbuch Psalmen I, 2001, 74. Nach Erich Zenger bildete Psalm 8 im Rahmen einer spätexilischen Redaktion die Mitte einer Teilgruppe Ps 3–7; 8; 11–14, vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 77. Vgl. Weber, Werkbuch Psalmen I, 2001, 74. Vgl. Gerstenberger, Psalms 1, 1988, 69.

4.2

Einzelanalyse zu LXX Psalm 8

Textzeugen Psalm 8 ist – wie der gesamte Septuaginta Psalter – in zahlreichen jüngeren griechischen Hsn. belegt (im Apparat zusammengefasst unter der Sigel L). In griechischen Hsn., die auf das 5. Jh. n. Chr. oder früher zurückgehen, ist der Psalm in den sechs folgenden Hsn. bezeugt: Kodizes/ Hsn., die den gesamten Psalm 8 beinhalten (bis 5. Jh. n. Chr.): A, B, S Fragmentarische griechische Textzeugen (bis 5. Jh. n. Chr.): 1219 (8,4b– 10), 2025 (8,1–4), 2067 (Ps 8,3–9). Außerdem wird Psalm 8 an vier Stellen des NT zitiert: Mt 21,16 (Ps 8,3); Hebr 2,6 (Ps 8,5–7); 1 Kor 15,27 (Ps 8,7); Eph 1,22 (Ps 8,7) In Qumran ist der Psalm nur in der Hs. 5/6HevPs (Ps 8,1.4–10) vorhanden. Einzelanalyse Vers 1: aӨԶӷӸՍӸԝӮӳӷ®¯ՔӴԞӵӸժӱӮӪӱժӱ¯ӼӤӮӰՍӷӸն°гӤӹӬӧ Auf das Ende hin, über den Keltern. Ein Psalm, bezogen auf David. A B S (L) 2025 5/6HevPs MT অ  ࣝ ࢧ࣊ ࣛ ࣝࡵࡳࣖ ࡯ࣝ ¯ ¯  ࢁ࡫ࢯࣚࢽ ࣚࢉࡥࣥ࡯ ࣝ ࡸࣤ ࣝ ° ࡣࡧࣤ ࣚࡣࣞ ࡯ࡾ࢐ ࣖ ࡳ࣊ ࣖࡨࡳࣚ ®

B A Ant ® ® ® ® ® ® ӨԶӷӸՍӸԝӮӳӷ  ӨԶӷӸՍӸԝӮӳӷ  ӨԶӷӸՍӸԝӮӳӷ  ¯ ¯ ¯ ¯ ¯ ¯ ՔӴԞӵӸժӱӮӪӱժӱ  ՔӴԞӵӸժӱӮӪӱժӱ ՔӴԞӵӸժӱӮӪӱժӱ ° ° ° ӼӤӮӰՍӷӸն гӤӹӨӬӧ ӼӤӮӰՍӷӸն гӤӹӬӧ ӼӤӮӰՍӷӸն гӤӹӬӧ

5/6HevPs: ‫]למנצח על־הגתית[ | מזמור לדוד‬ V. 1a-a: Die LXX übersetzt ‫ לַמְ נַ ֵצּ ַח‬mit εἰς τὸ τέλος. Die genaue Bedeutung von ‫ לַמְ נַ ֵצּ ַח‬ist unklar. In Esr 3,8; 1 Chr 23,4 und 2 Chr 2,1 wird ‫ נצח‬mit der Bedeutung „hervorragend sein“, „leiten“ oder „dirigieren“ verwendet.416 Das Ptz. Pi ‫ מְ נַ ֵצּ ַח‬könnte demzufolge für den „Chorleiter“ bzw. wie Zenger vorzieht für den „Kapellmeister“417 stehen, für den die Auskünfte über Begleitinstrumente (z. B. Ps 4,1; 5,1) oder Spielweise (z. B. vermutlich Ps 8,1; 22,1) bestimmt sind (bereits in den Targumen gibt es den Vorschlag ‫ לַמְ נַ ֵצּ ַח‬im Sinne von „für den Sänger/ Kantor“ zu verstehen)418. Problematisch ist dies in den Überschriften, in welchen keine 416 417

418

Vgl. Kraus, Psalmen 1–59, 1978, 25. Vgl. auch Gesenius, 2013, (I) ‫נצח‬. Vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 60: „von daher dürfte menaṣṣeaḥ jenen Leierspieler bezeichnen, der die musikalische Aufführung eines Liedes mit seinem Spiel (also als „Kapellmeister“ und nicht als „Dirigent“) leitete“. Vgl. Dorival, Psalmenüberschriften, 2008, 482.

4.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 8

105

für den „Chorleiter/ Kapellmeister“ relevanten Anmerkungen gemacht werden, sondern auf ‫ לַמְ נַ ֵצּ ַח‬nur die Anmerkung ‫ מִ ז ְמוֹר ְל ָדוִד‬folgt (z. B. Ps 13,1; 19,1 etc.). Wahrscheinlicher ist demnach, dass ‫ מְ נַ ֵצּ ַח‬ganz allgemein als der „Gebetsleiter“ verstanden werden kann, für den z. B. auch die kurze Auskunft ‫ מִ ז ְמוֹר לְדָ וִד‬bestimmt sein kann.419 Die ursprüngliche Septuaginta versteht ‫ מְ נַ ֵצּ ַח‬vom Nomen ‫„ נֶצַח‬Dauer“ her und übersetzt mit εἰς τὸ τέλος. Sie übersetzt ‫ לַמְ נַ ֵצּ ַח‬genauso, wie sie an anderer Stelle ‫ ַלנֶצַח‬übersetzt, nur mit dem Unterschied, dass sie einen Artikel hinzufügt, vermutlich um dem unterschiedlichen Konsonantenbestand gerecht zu werden.420 Wie die Psalmenüberschrift εἰς τὸ τέλος zu verstehen ist, ist jedoch bereits in der älteren Auslegungsgeschichte umstritten. Origenes ist der Meinung, dass die Davidpsalmen, die den Titel εἰς τὸ τέλος tragen, das Ende und den Sieg Christi ankündigen. Ebenso Gregor von Nyssa.421 Ihre Auslegung beruht jedoch auf der „Kenntnis der Lesarten von Aquila, Symmachus und Theodotion und auf der impliziten Entsprechung von τέλος und νίκη, die sie aus diesen Texten ableiten.“422 Theodoret versteht dagegen z. B. τέλος als die Zeit der Erfüllung der Weissagungen, die die Psalmen darstellen.423 Welche der Auslegungen der Kirchenväter die ursprüngliche Interpretation darstellt, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Übersetzer, gerade angesichts der Schwierigkeiten bei der Auslegung von ‫לַמְ נַ ֵצּ ַח‬, einfach um eine möglichst wörtliche Wiedergabe seiner hebräischen Vorlage bemüht war, ohne eine bestimmte Interpretation der Worte im Sinn zu haben. Für eine eschatologische Auslegung spricht jedoch, wie Martin Rösel herausgestellt hat, dass der griechische Übersetzer in der Überschrift von Psalm 29(30) εἰς τὸ τέλος einfügt, „und damit wohl das stark eschatologische Verständnis der (Wieder-)Einweihung des Tempel [sic] im Frühjudentum spiegelt (vgl. Dan 9, 23ff)“424. Rösel zieht daraus die Schlussfolgerung, dass wahrscheinlich alle εἰς τὸ τέλος-Überschriften „als 419

420 421 422

423 424

Eine königsideologische Deutung von ‫ ַל ְמנַ ֵצּ ַח‬als „vom Hervorragenden“, d. h. „vom König“, vgl. Kraus, Psalmen 1–59, 1978, 25, würde eine Dopplung zur kurz darauf folgenden Autorenangabe ‫ לְדָ וִ ֽד‬darstellen und ist daher weniger wahrscheinlich. Möglich wäre aber neben der Übersetzung mit „Für den Gebetsleiter“ noch die Deutung von ‫ ַל ְמנַ ֵצּ ַח‬als „für den Hervorragenden“, i.S. von „für Gott“. Auf ein solches Verständnis könnte evt. auch die Übersetzung des Aquila mit τῷ νικοποιῷ hindeuten (s. u.). Die Herleitung von „siegen“ verstärkte sich jedoch v. a. im nachbiblischen Judentum, vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 60, und ist daher möglicherweise eher eine sekundäre Auslegung. Vgl. Rösel, Psalmüberschriften, 2001, 137. Vgl. Dorival, Psalmenüberschriften, 2008, 483. Dorival, Psalmenüberschriften, 2008, 483. Aquila gibt ‫ ַל ְמנַ ֵצּ ַח‬mit τῷ νικοποιῷ wieder. Er orientiert sich dabei an der hebräischen Wurzel ‫נצח‬, die „besonders im Aramäischen die Konnotation ‚Sieg‘ haben kann“, Rösel, Psalmüberschriften, 2001, 138. Symmachus hat ἐπινίκιος, Theodotion εἰς τὸ νίκος, vgl. Rösel, Psalmüberschriften, 2001, 138, Anm. 72. Vgl. Dorival, Psalmenüberschriften, 2008, 483. Gzella, Eschatologie und Anthropologie, 2002, 202.

106

4. Psalm 8

Hinweise auf ein eschatologisches Verständnis des Psalters zu deuten sind.“425 Auch wenn sich dies nicht für alle Psalmen beweisen lässt (der griechische Übersetzer setzt die Überschrift ja nicht nach inhaltlichen Aspekten, sondern entsprechend seiner hebräischen Vorlage, die ‫ ַל ְמנַ ֵצּ ַח‬jedoch nicht eschatologisch verstanden hat, s. o.)426, spricht jedoch auch die starke Bezeugung bei den Kirchenvätern für die Plausibilität der eschatologischen Deutungsmöglichkeit. „Immerhin ist dies die bei weitem häufigste Deutung in der Exegese vieler Kirchenväter, die hier, neben dem Ziel des Strebevermögens oder dem Sieg Christi, entweder einen Verweis auf das Ende der Welt oder das Ende des einzelnen Lebens sehen.“427 Die Wendung wäre wiederzugeben mit „auf das Ende hin gerichtet“.428 V. 1b-b: BHS: G σ´ Hier pl, it 81,1a 84,1a Die Septuaginta (sowie Symmachus und Hieronymus) deutet hier ‫הגתית‬ als Pl. von ‫„ גת‬Kelter“ (so auch in Ps 80,1 und 83,1) ὑπὲρ τῶν ληνῶν „über den Keltern“. Die Ableitung findet sich auch im Midrasch Tehillim zu Ps 8.429 Welche Vorstellung dahinter steht, ist unklar. Der „Gebrauch des Wortes in den prophetischen Schriften legt immerhin die Konnotation eines Machterweises Gottes nahe, was zu den Hymnen 8, 81 und 84 passen könnte“430. Andere Deutungsmöglichkeiten des Hebräischen ‫ הגתית‬sind, von einem Musikinstrument aus Gath, einer Liedmelodie „nach githitischer Weise“431 oder einem bestimmten Fest auszugehen.432 425 426

427 428

429 430 431

Rösel, Psalmüberschriften, 2001, 139. Ps 29(30) ist die einzige Stelle, an welcher der Übersetzer εἰς τὸ τέλος bezeugt, ohne dass im MT das entsprechende Äquivalent steht, vgl. Röser, Psalmüberschriften, 2001, 138. Gzella, Eschatologie und Anthropologie, 2002, 202. Vgl. auch Kinzig, Auslegung von Psalm 5,1, 1990, 41–45.66f. Vgl. Rösel, Psalmüberschriften, 2001, 138: „Sinnvoller ist die Übersetzung mit ‚Ende‘, die man wohl auf die Endzeit beziehen muss; die entsprechenden Lieder zielen demnach auf die Endzeit.“ Dabei sei v. a. auf die auffällige Verwendung des Artikels zu weisen, die „eindeutig auf ein bestimmtes Ende zielt.“, Rösel, Psalmüberschriften, 2001, 138. Die Wiedergabe des Mems mit einem Artikel weise eher auf ein eben solches interpretierendes Eingreifen der Übersetzer als auf den Versuch einer vorlagetreuen Wiedergabe. Dagegen ist Pietersma der Meinung, dass der Artikel bloß steht, um dem hebräischen Text isomorph zu entsprechen. Während ‫ַלנֶצַח‬ mit εἰς τέλος wiedergegeben wird, gibt der Übersetzer ‫ ַל ְמנַ ֵצּ ַח‬mit εἰς τὸ τέλος wieder, um dem hebräischen Text isomorph zu entsprechen. In den Beispielen, die Pietersma daraufhin für die Verwendung des Artikels zur isomorphen Wiedergabe des hebräischen Textes aufführt, geht jedoch nicht eindeutig hervor, dass der Artikel im Griechischen eindeutig aus dem Grunde steht, um das hebräische Partizip isomorph widerzuspiegeln, wie es hier der Fall sei, vgl. Pietersma, Exegesis, 2006, 43, mit Anm. 18. Vgl. LXX.E.II, 1515. Rösel, Psalmüberschriften, 2001, 132. So Kraus, Psalmen 1–59, 1978, 27

4.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 8

107

V. 1c: ‫ ְלדָוִ ֽד‬wird in der ursprünglichen Septuaginta in der Regel mit dem Dat. τῷ Δαυιδ stellenweise jedoch auch mit dem Gen. τοῦ Δαυιδ (LXX Ps 25,1; 26,1; 27,1; [29,1 (B)433]; 36,1) wiedergegeben.434 Da der Gen. vermutlich im Sinne einer Verfasserangabe zu verstehen ist, hat der Dat. wohl eine andere Bedeutung, LXX.D übersetzt mit „bezogen auf David“.435 Vom Hebräischen her kann ‫ לְדָ וִד‬sowohl genitivisch als Autorangabe436 als auch als Dativ z. B. im Sinne von „über“437 oder „für (David)“438 gedeutet werden.439 In ugaritischen Texten, in denen die Präposition „l“ vergleichbar variierend verwendet wird wie im Hebräischen, ist sie in der Formulierung „lb‘l“ wahrscheinlich als „Registraturvermerk“ (z. B. „zum Baalszyklus gehörig“) zu verstehen.440 Es wäre gut denkbar, dass auch ‫לְדָ וִד‬entsprechend der ugaritischen und auch akkadischen Psalmendichtung im Sinne von „zur Sammlung der Davidpsalmen gehörig“441 als Registraturvermerk zu verstehen ist (entsprechend kann auch das griechische τῷ Δαυιδ verstanden werden).442 Dass eine solche Deutung nicht zwangsweise die Autorschaft Davids ausschließt, darauf weist die häufige Verbindung von ‫לְדָ וִד‬mit unmittelbar folgenden Situationsangaben aus Davids Leben. Das Verständnis von David als Autor der Psalmen ist außerdem durch viele Stellen im Alten Testament belegt und geht auf eine alte Tradition zurück.443 M. E. handelt es sich bei ‫ לְדָ וִד‬zunächst um einen Registraturvermerk im Sinne von „zur Sammlung der Davidpsalmen gehörig“ oder kürzer und etwas offener gefasst „bezogen auf David“, wie LXX.D übersetzt. In der Septuaginta lässt sich das 432 433 434

435 436 437 438 439

440 441 442

443

Vgl. Rösel, Psalmüberschriften, 2001, 132. Zu weiteren Deutungsmöglichkeiten s. Tate, Psalms 51–100, 1990, 318. εἰς τὸ τέλος ψαλμὸς ᾠδῆς τοῦ ἐγκαινισμοῦ τοῦ οἴκου τοῦ Δαυιδ, vgl. RaHa, 2006, 27. Die Verfasserangaben im Genetiv sind laut Pietersma sekundär in der griechischen Textgeschichte. Die ursprüngliche Septuaginta hat konsistent mit τοῦ δαυιδ übersetzt, vgl. Pietersma, David in the Greek Psalms, 1980, 217f. Vgl. LXX.E.II, 1502. ‫ ְל‬kann häufig eine einfache Genetivkonstruktion ersetzen, vgl. Gesenius, 2013, ‫( ְל‬6). Vgl. auch Joüon/ Muraoka: A Grammar of Biblical Hebrew, 2006, 445. Vgl. Gesenius, 2013, ‫( ְל‬3c). Vgl. Gesenius, 2013, ‫( ְל‬5d). Vgl. Kraus, Psalmen 1–59, 1978, 16. Aus einem Vergleich der unterschiedlichen Verwendung von ‫ ְל‬in den Psalmentiteln kommt man der Frage, wie die Formulierung ‫ לְדָ וִד‬zu deuten ist, nicht näher, vgl. Craigie, Psalms 1–50, 1983, 34. Vgl. Kraus, Psalmen 1–59, 1978, 16. Vgl. auch Craigie, Psalms 1–50, 1983, 34. Kraus, Psalmen 1–59, 1978, 16. Dagegen Kraus, Psalmen 1–59, 1978, 16, der aufgrund der in manchen Psalmen unmittelbar folgenden Situationsangaben aus Davis Leben die Deutung von ‫ ְל‬als ‫ ְל‬auctoris gegenüber dem Verständnis als Registraturvermerk bevorzugt. Beides schließt sich m. E. jedoch nicht aus, da der Registraturvermerk „zur Sammlung der Davidpsalmen gehörig“ eine Autorschaft Davids nicht ausschließt und eine Situationsangabe auch hierauf folgen kann. Kraus nennt als Belege 1 Sam 16,17ff.; 2 Sam 1,17ff.; 22,1f.; 23,1f.; Am 6,5, vgl. Kraus, Psalmen 1–59, 1978, 16. Vgl. auch Oeming, Psalm 1–41, 2000, 30f.

108

4. Psalm 8

Bedürfnis erkennen, bei einigen Psalmen die konkrete Autorschaft Davids gegenüber einem „losen“ Registraturvermerk besonders hervorzuheben, indem bewusst der Genetiv τοῦ Δαυιδ statt des Dativs verwendet wird, auch wenn die Wendung τῷ Δαυιδ nicht ausschließt, dass einzelne Psalmen David als Autor zugeordnet und in den Kontext konkreter Situationen seines Lebens gestellt werden konnten. 444 Vers 2: ӭ՛ӵӬӨՉӭ՛ӵӬӳӷ®ԣӰժӱ¯դӷӫӤӹӰӤӶӸՍӱӸՍՇӱӳӰԆ°ӶӳӹԗӱӴԆӶԪӸԵӦԵ±ՊӸӬ ԗӴԧӵӫӪ±ԣӰӨӦӤӮӳӴӵԝӴӬԆӶӳӹՔӴӨӵԆӱӽӸժӱӳՐӵӤӱժӱ Herr, unser Herr, wie wunderbar ist dein Name auf der ganzen Erde, denn erhoben ist deine Hoheit hoch über den Himmeln. A B S (L) 2025 MT ࢏ࡵ࡫ࡵ࣠ࣛࢽ ࡣ࡟ࡥࣉ ࣘ ࡧࡥ ࣞ ࣖ࡫ ¯  ࡾ࡫ࢋࣈ ࣚ ࡟ࣥࡥ ࣝ ࡳࣤ ࣞ  °   ࢙ࡳࣖ ࢪ࣒ ࣚ  ࡻࡾࣜ ࡟ࢶ ࣞ ࡥࣥ࡯ ࣞ ࡭ࣞ ࢇࣖ ± ±  ࡥ࣊ࡵࣞ ࢯࣖ ࡾࢪ࣊ ࣜ ࡟ࣘ  ࢙ࢽ ࡣ࢐ࣖ ࡥࣂ ॱࡱࣚ࡫ࡳࣤ ࣞ ࢭࣞ ࡥࣥ࡯ ࣝ ࡸࣝ



B ® ӭ՛ӵӬӨՉӭ՛ӵӬӳӷ ԣӰժӱ ¯ դӷӫӤӹӰӤӶӸՍӱ °  ӸՍՇӱӳӰԆ Ӷӳӹ ԗӱӴԆӶԪӸԵӦԵ ± ± ՊӸӬԗӴԧӵӫӪ  ԣӰӨӦӤӮӳӴӵԝӴӬԆӶӳӹ ՔӴӨӵԆӱӽӸժӱӳՐӵӤӱժӱ

A ® ӭ՛ӵӬӨՉӭ՛ӵӬӳӷ ԣӰժӱ ¯ դӷӫӤӹӰӤӶӸՍӱ ° ӸՍՇӱӳӰԆ Ӷӳӹ ԗӱӴԆӶԪӸԵӦԵ ± ± ՊӸӬԗӴԧӵӫӪ  ԣӰӨӦӤӮӳӴӵԝӴӬԆӶӳӹ ՔӴӨӵԆӱӽӸժӱӳՐӵӤӱժӱ

Ant ® ӭ՛ӵӬӨՉӭ՛ӵӬӳӷ ԣӰժӱ ¯ դӷӫӤӹӰӤӶӸՍӱ ° ӸՍՇӱӳӰԆ Ӷӳӹ ԗӱӴԆӶԪӸԵӦԵ ± ± ՊӸӬԗӴԧӵӫӪ  ԣӰӨӦӤӮӳӴӵԝӴӬԆӶӳӹ ՔӴӨӵԆӱӽӸժӱӳՐӵӤӱժӱ

V. 2a: Ra: ο κυριος] deus LaG hic, non in 10 Das zweite κύριος, das das Hebr. ‫ אֲ דֹנֵינוּ‬wiedergibt, wird in der altlateinischen Übersetzung LaG mit deus wiedergegeben. In der Wiederholung des V. 2 in V. 10 macht LaG diese Unterscheidung jedoch nicht mehr und gibt auch das zweite κύριος mit dominus wieder. LaR macht es genau umgekehrt, sie gibt in V. 2 κύριος durchgängig mit dominus wieder, in V. 10a dagegen ersetzt sie das zweite κύριος mit deus. Gründe für die Abweichungen lassen sich nicht erkennen. Möglicherweise ist das deus jeweils durch eine Verlesung von ‫ אדנינו‬mit ‫ אלהינו‬entstanden. V. 2b: Ra: in duo stichos (κυριε – ημων, ως – γη), diuidit Sy: cf. 10 Die syrische Übersetzung von Paul von Tella aus dem Griechischen trennt V. 2 in insgesamt drei Stichen, so auch in V. 10b. 444

Didymus von Alexandrien erklärt die Unterscheidung zwischen Genetiv und Dativ im Griechischen dagegen folgendermaßen: „Einige sagen, der Psalm oder das Lied sei ‚von David‘, wenn er selbst es sei, der den Text aus göttlicher Inspiration heraus hervorgebracht habe; das Lied oder der Psalm sei jedoch als ‚für David‘ bezeichnet, wenn das Gesagte sich auf ihn beziehe“, vgl. Mühlenberg, Psalmenkommentare, 1975, 127f. D. h. der Dativ wurde dann verwendet, wenn der Psalm mit Situationen aus dem Leben Davids in Verbindung gebracht werden sollte, vgl. Dorival, Psalmenüberschriften, 2008, 480. Eine spezifische Verbindung zu Davids Leben ist in Psalm 8 jedoch nicht erkennbar. Die Deutung des Dativs als „zur Sammlung der Davidpsalmen gehörig“ erscheint mir passender.

4.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 8

109

V. 2c: Ra: το ονομα] regnum LaG hic, non in 10 LaG übersetzt ὄνομά hier mit regnum, in der Wiederholung von V. 2 in V. 10 dagegen mit nomen, wie eigentlich auch hier zu erwarten wäre. Denkbar wäre eine Verwechslung von ְ‫ שִׁ מ‬mit ‫„ מ ֹשֶׁל‬Macht, Herrschaft“ im Hebräischen.

V. 2d-d: BHS: crrp; G ὅτι ἐπήρθη, S (T) djhbt qui dedisti, σ´(Hier) ὅς ἔταξας; 1 ‫א´נָתַ תָּ ה‬, prp ‫ א ´נִתָּ ן‬vel ‫א ´נָתְ נָה‬ Der MT bezeugt hier einen ‫–אֲ שֶׁר‬Satz mit einer 2. Sg. Imp. Qal-Form (von ‫)נתן‬, was jedoch keinen erkennbaren Sinn ergibt. BHS geht davon aus, dass der Text hier verdorben ist. Die syrischen Übersetzungen und Targume haben eine 2. Sg. Perf. Qal-Form gelesen. Da die Imp.-Form keinen Sinn ergibt, scheint es wahrscheinlich, dass ursprünglich ‫(תַּ תָּה‬die Kurzform der 2. Sg. Perf. Qal zu ‫)נתן‬445 gestanden hat und die Imp.-Lesart ‫ תְּ נָה‬auf eine Verschreibung zurückzuführen ist:446 „HERR, unser Herr, wie herrlich ist dein Name auf der ganzen Erde, der du deine Hoheit gelegt hast (‫ )תַּ תָּה‬auf die Himmel!“. Der griech. Übersetzer vollzieht syntaktische Veränderungen, indem er ‫( תְּ נָה‬bzw. ‫ )תַּ תָּה‬mit einer 3. Sg. Aor. Passiv-Form wiedergibt, also nicht „der du deine Hoheit gelegt hast“ sondern „erhoben ist deine Hoheit“. Dadurch ist das Subjekt des Nebensatzes (wer erhebt Gottes Namen) nicht mehr eindeutig bestimmt: „Herr, unser Herr, wie wunderbar ist dein Name auf der ganzen Erde, denn erhoben ist deine Hoheit über die Himmel hinaus.“. Inhaltlich ändert sich dadurch jedoch kaum etwas. Die Wiedergabe von ‫„ נתן‬geben“ mit ἐπαίρω „erheben“ ist eine etwas freie Wortwahl, bleibt jedoch inhaltlich dem Hebräischen nahe. Die LXX löst sich hier also von einer strengen wörtlichen Wiedergabe der Vorlage und interpretiert den Text leicht neu, um den Inhalt deutlicher zur Geltung zu bringen. Symmachus (bezeugt durch Hieronymus) scheint dagegen an denselben (vom MT abweichenden) hebräischen Text anzupassen, der auch der Peschitta und den Targumen vorlag, indem er das Verb in der Vergangenheitsform der 2. Sg bezeugt und außerdem den hebr. ‫–אֲ שֶׁר‬Satz im Griech. mit ὅς einleitet anstatt mit ὅτι. Als Äquivalent für ‫ נתן‬wählt er jedoch das Wort τάσσω „jmdn. über etw./ jmdn. setzen“, was ebenfalls eine seltene aber inhaltlich adäquate Wiedergabe darstellt.

445

446

Ein solche Sonderform mit abgeworfenem Anlaut liegt auch in 2 Sam 22,41 vor, vgl. Gesenius, 2013, ‫ ;נתן‬siehe auch GK, § 19i. Kraus hält diese Lesart für am besten begründet, vgl. Kraus, Psalmen 1–59, 1978, 203 und auch Zenger spricht sich dafür aus, vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 78. Vgl. Kraus, Psalmen 1–59, 1978, 203. Für weitere Konjekturvorschläge, z. B. ‫אשׁירה־‬ ‫„ נא‬ich will singen“ oder ‫„ אשׁרתנה‬ich will dienen“, vgl. LXX.E.II, 2011, 1514; Wutz, Psalmen, 1925, 14.

110

4. Psalm 8

Vers 3: ԗӭ ӶӸՌӰӤӸӳӷ ӱӪӴՁӽӱ® ӭӤՂ ӫӪӮӤөՌӱӸӽӱ ¯ӭӤӸӪӵӸՁӶӽ ӤԹӱӳӱ¯ ԛӱӨӭӤ° Ӹժӱ ԗӻӫӵժӱ±Ӷӳӹ²³Ӹӳ՝ӭӤӸӤӮ՝ӶӤӬԗӻӫӵՍӱ³ӭӤՂԗӭӧӬӭӪӸԧӱ Aus dem Mund von Unmündigen und Säuglingen hast du dir Lob bereitet um deiner Feinde willen, um zu vernichten Feind und Rächer. A B S (L) 2025 2067 MT ࡱ࡫࡯ࢿ ࣚ ࡯࢐ ࣖ ࡸ࡫ ࣤ ࢥ ࣉ ࣚ ࡳࣚ  ࢾࡱ࡫ࡽࣚ ࣖࡵ࣠ ࡫ࡧࣤ ࣖ ¯ ¯ ࡨ࣠ࡸ࣊ ࢯ࣐ࣞ ࡣࣖ ࢣ࣏ ࣝ ࣚ࡫ °   ࡴࡸࣝ ࡳ࣊ ࣝ ࡯ࣖ  ²± ࢙࡫ࡾࢶ ࣜ ࡾ࢐ࡼ ࣖ ³  ࢁ࡫ࢇ࣊ ࣚ ࢪࣖ ࡥࣝ ࡯ࣖ  ± ॱࡱࢨࣤ ࣛ ࣝࡵࢁࣖ ࡳ࢏ ࣚ ࡡࢽ࡫࢐ࣛ ࡟ࣂ ®

B ® ԗӭӶӸՌӰӤӸӳӷӱӪӴՁӽӱ  ӭӤՂӫӪӮӤөՌӱӸӽӱ ¯ ¯ ӭӤӸӪӵӸՁӶӽӤԹӱӳӱ ° ԛӱӨӭӤ  ± ² Ӹժӱԗӻӫӵժӱ Ӷӳӹ  ³ Ӹӳ՝ӭӤӸӤӮ՝ӶӤӬ ± ԗӻӫӵՍӱ ӭӤՂԗӭӧӬӭӪӸԧӱ

A ® ԗӭӶӸՌӰӤӸӳӷӱӪӴՁӽӱ  ӭӤՂӫӪӮӤөՌӱӸӽӱ ¯ ¯ ӭӤӸӪӵӸՁӶӽӤԹӱӳӱ ° ԛӱӨӭӤ  ± ² Ӹժӱԗӻӫӵժӱ Ӷӳӹ  ³ Ӹӳ՝ӭӤӸӤӮ՝ӶӤӬ ± ԗӻӫӵՍӱ ӭӤՂԗӭӧӬӭӪӸԧӱ

Ant ® ԗӭӶӸՌӰӤӸӳӷӱӪӴՁӽӱ  ӭӤՂӫӪӮӤөՌӱӸӽӱ ¯ ¯ ӭӤӸӪӵӸՁӶӽӤԹӱӳӱ ° ԛӱӨӭӤ  ± ² Ӹժӱԗӻӫӵժӱ Ӷӳӹ  ³ Ӹӳ՝ӭӤӸӤӮ՝ӶӤӬ ± ԗӻӫӵՍӱ ӭӤՂԗӭӧӬӭӪӸԧӱ

Ra 2067: ЋӸЌӳЋӷЌ ЋӱЌӪӬӽӱӭϓ ӤϓӬϓ ӫӪӮӤөӳӱӸӽӱӭӤӸӪЋӵӸӬӶӽЌ Ϸ ЋӤӬЌӱӳӱ    ӨӱӨӭӤ Ӹӽӱ ӨӻӫӵϓӽЋӱЌӶЋӳӹӸӳӹЌϷ ЋӭЌӤӸӤϓ ЋӮӹЌӶӤӬϓӨӻӫӵӳӱӭӤӬϓӨӭЋӧЌӬӭϓ ӪӸϓЋӪӱЌ Áরযϔয঴ϖӭӤՂӨԹӴӤӱӤՐӸնЄӾӭӳ՛ӨӬӷӸՁӳ՗ӸӳӬӮԝӦӳӹӶӬӱϕՉӧԞҌӪӶӳ՝ӷӮԝӦӨӬӤՐӸӳՃӷЄ ӱӤՁϗ ӳՐӧԝӴӳӸӨ ӾӱԝӦӱӽӸӨ ՊӸӬ ԗӭ ӶӸՌӰӤӸӳӷ ӱӪӴՁӽӱ ӭӤՂ ӫӪӮӤөՌӱӸӽӱ ӭӤӸӪӵӸՁӶӽ ӤԹӱӳӱϕ V. 3a: Sanders (Ra 2067): [ν]ηιων: written above by the first hand; an error for νηπίων. In der Hs. 2067 wurde versehentlich νηπίων ausgelassen und bereits von der ersten Hand über der Zeile ergänzt. Bei der Ergänzung wurde versehentlich der Buchstabe π ausgelassen. V. 3b-b: BHS: S tšbwḥtk gloriam tuam Die syrische Übersetzung ergänzt ein 2. Sg.Suffix, dadurch wird die Macht (‫)ע ֹז‬, als die Macht Gottes konkretisiert. Aufgrund der geringen Bezeugung handelt es sich vermutlich um eine sekundäre Ergänzung gegenüber der hebräischen und griechischen Textüberlieferung. Die Septuaginta weicht hier vom hebräischen Text ab, indem sie davon spricht, dass Gott sich aus dem Munde der Unmündigen und Säuglinge „Lob bereitet hat“ (κατηρτίσω αἶνον) anstatt „Macht gegründet hat“ (‫)יִסַּדְ תָּ ע ֹז‬. αἶνος passt zur Erwähnung des Mundes am Anfang des Verses, weicht jedoch deutlich von ‫ ע ֹז‬ab und auch κατηρτίζω ist sonst nirgends als Äquivalent zu ‫ יסד‬bezeugt.447 Ein besonderer Grund für die Änderung durch die Septuaginta ist nicht zu erkennen.448 V. 3c: Ra: ενεκα] –κεν 2025: cf. 247 Die Handschrift 2025 aus dem 3./ 4. Jh. n. Chr. bezeugt ἕνεκεν statt ἕνεκα. Die Schreibform ἕνεκεν ist eine jüngere Schreibweise, die weitflächig 447 448

Vgl. LXX.E.II, 2011, 1515. In der späteren christlichen Exegese werden die Juden mit den Feinden identifiziert, deren Untreue durch das Lob der Kinder erwiesen werde (so z. B. bei Theodor von Mopsuestia), vgl. LXX.E.II, 2011, 1515.

4.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 8

111

ἕνεκα abgelöst hat.449 Bei der Lesart der Handschrift 2025 handelt es sich vermutlich um eine spätere Anpassung an den Sprachgebrauch der Zeit.450 V. 3d.d: Keine Apparatangaben vorhanden. Die LXX gibt sowohl das Ptz. zu ‫„ צרר‬jmd. anfeinden“ als auch das Wort ‫„ אוֹי ֵב‬Feind“ im Griechischen nur mit dem einen Wort ἐχθρός „Feind“ wieder. Das Vokabular der Feindschaft wird auch an anderen Stellen in den Psalmen durch die LXX vereinheitlicht (vgl. Ps 6,8.11; 40,3.6.8.12; 88,23.24.43).451 „Dadurch verleiht sie dem betreffenden Text eine größere Homogenität und stellt Beziehungen zwischen einzelnen Abschnitten her, die im hebräischen Text verdeckt bleiben.“452. V. 3e: BHS: Hier suff 1 sg Hieronymus bezeugt hier in seinem Psalterium iuxta Hebraeos, welche eine latein. Übersetzung des Hieronymus direkt aus dem ihm vorliegendem hebr. Urtext darstellt, ein 1. Sg. Suffix. Durch die Änderung handelt es sich im Text nur nicht mehr um die Bedränger Gottes, sondern um die Bedränger des Sprechers. Womöglich hatte Hieronymus hier eine vom MT abweichende hebr. Vorlage. V. 3f: Ra: duo stichi B´R´’ Ga ZSy A, unus Sa He 55 2025 Die sahidische Übersetzung, der Psalter-Kommentar von Hesych (hier abweichend vom antiochenischen Text453) und die Handschriften 55 (5. Jh. n. Chr.) und 2025 (3./ 4. Jh. n. Chr.) weichen in der Stichenteilung von den anderen Hsn. ab. Vers 4: aՊӸӬ ՇӼӳӰӤӬ® Ӹӳ՜ӷ ӳՐӵӤӱӳ՛ӷ ¯ ԘӵӦӤ° Ӹժӱ ӧӤӭӸ՛Ӯӽӱ Ӷӳӹ ӶӨӮԧӱӪӱ ӭӤՂ ӾӶӸԝӵӤӷԄӶ՜±ԗӫӨӰӨӮՁӽӶӤӷ Denn ich werde die Himmel sehen, Werke deiner Finger, Mond und Sterne, die du gegründet hast. A B S (L) 1219 2025 2067 5/6HevPs ®

449

450

451 452 453

MT ® ࡥ࡟ࣈ ࣜ ࡾࣖ ࡟ࣥ࡫ ࣜ ࢚ࣤ ࣚ

B ® ® ՊӸӬՇӼӳӰӤӬ 

A ® ® ՊӸӬՇӼӳӰӤӬ 

Ant ® ® ՊӸӬՇӼӳӰӤӬ 

Vgl. Thackeray, Grammar, 1909, §9,8. „The Attic form ἕνεκα has been largely superseded by the Ionic and poet. ἕνεκεν […] It is probably the original form in 3K. (2), Prov. (1), 2. M. (4): […].“ Im Rahlfs-Text kommt im AT ἕνεκεν 100 mal und ἕνεκα 28 mal vor. In den Psalmen sind beide Schreibweisen jeweils 12 mal bezeugt. Für weitere Stellen in den Psalmen, bei denen beide Schreibweisen des Wortes bezeugt sind, vgl. den Rahlfs-Apparat zu LXX Ps 24,7. Vgl. LXX.D., 2009, 751. LXX.D, 2009, 751. Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 67f.

112

4. Psalm 8  ¯

࢙࡫ࡳࣜ ࢪ࣒ ࣞ   ࡫ࢫ ࣈ ࣛ ࡸࣘ ࡳࣝ  ࢙࡫ࢁ࣠ࢶ ࣜ ࡷࢇࣖ ࡼࣖ ࡟ࣜ  ࡱ࡫ࡡࢽࣚ ࡭࢐࡭ ࣞ ࡧࣂ ࣖ অࣝ ࡾ࣊ ࣛ ࣞ࡫ ± ࡥࢯࣞ ࣖࡵࣤࡵ࢐࢚ࡾ ࣞ ࢪ ࣈ ࣜ ࡟ࣘ ॱ °

¯

Ӹӳ՜ӷӳՐӵӤӱӳ՛ӷ  ° ԘӵӦӤ  ӸժӱӧӤӭӸ՛ӮӽӱӶӳӹ ӶӨӮԧӱӪӱӭӤՂӾӶӸԝӵӤӷ ± ԄӶ՜ ԗӫӨӰӨӮՁӽӶӤӷ

¯

Ӹӳ՜ӷӳՐӵӤӱӳ՛ӷ  ° ԘӵӦӤ  ӸժӱӧӤӭӸ՛ӮӽӱӶӳӹ ӶӨӮԧӱӪӱӭӤՂӾӶӸԝӵӤӷ ± ԄӶ՜ ԗӫӨӰӨӮՁӽӶӤӷ

¯

Ӹӳ՜ӷӳՐӵӤӱӳ՛ӷ  ° ԘӵӦӤ  ӸժӱӧӤӭӸ՛ӮӽӱӶӳӹ ӶӨӮԧӱӪӱӭӤՂӾӶӸԝӵӤӷ ± ԄӶ՜ ԗӫӨӰӨӮՁӽӶӤӷ

5/6HevPs: ࡥࢁ ࣕࡵЋࡵЌ ࢽࡧ࡭ЋࡾࢀЌ ࣕ ࡟ ࣕ ࡱЋ࡫Ќ ࣕ ࡡࣕ ࡭ࢽ ࢽࡧ࡭ࢽ ࢽࡧࡩЋࡾ࡫࡬࡫ࢁࡷࡡࡼ࡟࡫ࢀࡷࡳ࡬࡫ࡳࢀࡥ࡟ࡾ࡟ࣥ࡫࡭Ќ ࣕ Ra 2067: ЋӳЌӸϓӬ ӳЋӼЌӳӰӤϓ Ӭ Ӹӳӹӷ ӳӹӵӤӱӳЋӹӷЌӨϓЋӵЌӦЋӤЌӸЋӽӱЌϷ ЋӧӤЌӭϓ ӸӹӮЋӽЌӱϓ Ӷӳӹ ӶӨӮЋӪӱЌӪӱӭӤӬӤЋӶӸӨЌϷ ЋӵӤӷӤӶӹЌӨӫӨӰӨϓЋӮЌӬӽӶӤЋӷЌ V. 4a-a: BHS: S 3 pl Die Peschitta übersetzt hier mit der 3. Pl. statt 1. Sg. Subjekt sind wahrscheinlich die Kinder und Säuglinge aus V. 3. Eine Verlesung im Hebräischen oder Verschreibung im Syrischen ist unwahrscheinlich, aber auch ausschlaggebende Gründe für eine bewusste Änderung sind nicht erkennbar. Es kann festgehalten werden, dass es sich aufgrund der geringen Bezeugung zumindest um eine gegenüber der hebräischen und griechischen Texttradition sekundäre Lesart handelt. Auffällig ist hier außerdem, dass die Septuaginta ‫כִּי־אֶ ְראֶה‬, was in den deutschen Übersetzungen zumeist übersetzt wird mit „Wenn ich sehe (deine Himmel)“, mit ὅτι ὄψομαι „denn ich werde sehen“ wiedergibt. Der kausative Anschluss legt nahe, dass die Septuaginta V. 4 im Zusammenhang mit V. 3 gelesen hat, statt im Kontext von den Versen 5–9. Wie sich V. 4 kausativ inhaltlich jedoch an V. 3 anschließen lässt, ist schwer erkennbar.454 Man hat den Eindruck, dass ὅτι hier in ähnlicher Bedeutungsbreite wie das polyseme ‫ כִּי‬verwendet wird. V. 4b: Ra: ουρανους] add. ast. tuos GaHi: ex θ´ teste Hi Sanders (Ra 2067): ουρανο[υς] ε̣[ρ]γ[α]: pap. omits σου, which is the Hexaplaric addition found in Hier Or and MS 156. BHS: G om suff In der ursprünglichen Septuaginta fehlt das Suffix. Das latein. Psalterium Gallicanum von Hieronymus, das für den Psalter die Hauptquelle für den hexaplarischen Text darstellt, ergänzt hier tuos entsprechend dem masoretischen Text. Die ursprüngliche Septuaginta hat das Suff. vermutlich weggelassen, um den Text zu glätten.455

454

455

Seybold versteht auch für den hebräischen Text V. 4 im Zusammenhang von V. 3, schließt jedoch nicht kausativ an, sondern affirmativ. Er kommentiert: „In solchem Kontext liest sich 4 nicht als Auftakt zu dem großen Staunen über den Menschen – ‚der gestirnte Himmel über mir“, „wenn ich deinen Himmel schaue…‘ -, sondern als Bekenntnis dessen, der die in 3 nur angedeutete Krise wider Erwarten – und im Unterschied zu den falschen Zeugen und ‚Rächern‘ – überlebt: ‚Ja, deinen Himmel darf ich (weiterhin) schauen…‘“, Seybold, Psalmen, 1996, 51. Vgl. Kraus, Psalmen 1–59, 1978, 204.

4.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 8

113

V. 4c: BHS: C mlt Mss S ‫מעשׂה‬ Viele mittelalterliche hebräische Handschriften und die syrische Übersetzung bezeugen hier ‫ מַ עֲשֶׂה‬statt ‫מַ עֲשֵׂי‬, so auch in V. 7c. ‫ מעשׂי‬kann als Pl.Form, aber auch als Sg.-Form gelesen werden.456 Die gleiche Variante ist auch an anderen Stellen, z. B. in V. 7c oder in Ps 138,8, bezeugt (dort lesen ebenfalls viele mittelalterliche hebräische Hsn. und die Peschitta ‫)מעשׂה‬. Vermutlich handelt es sich bei ‫ מעשׂה‬um eine sekundäre Variante, die eine von der LXX abweichende Lesetradition des hebr. Konsonantentextes (‫ מעשׂי‬als Sg.) bewahrt hat und das Wort möglicherweise zur Verdeutlichung zu ‫מעשׂה‬ geändert hat. V. 4d: Keine Apparatangaben vorhanden. In der ursprünglichen Septuaginta wurde das betonte Personalpronomen Ӷ֓²¿´Í»ÇÁ. Vers 5: ӸՁӷ® ԗӶӸӬӱ ӿӱӫӵӽӴӳӷ ՊӸӬ ӰӬӰӱԳӶӭԪ ӤՐӸӳ՝ ԡ ӹԺՍӷ ӾӱӫӵըӴӳӹ ՊӸӬ ԗӴӬӶӭԝӴӸԪӤՐӸՌӱ Wer ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, oder der Sohn eines Menschen, dass du dich um ihn kümmerst? A B S (L) 1219 2067 Hebr 2,6 5/6HevPs MT ®  ࢪ࢐ ࣊ࡵ࡟ࣥ ࣗ ࡥࡳࣤ ࣞ  ࣚ ࢚ࣤ ࣚ  ࢏ࢢࡾࢶ ࣜ ࢚ࣖ ࣖࡨࢁࣥ࡫  ࡱࡣࢽ ࣞ ࡟ࣥࡴ ࣂࣞ ࡡ࢏ ࣜ ॱ࢏ࢢࡣࣤ ࣜ ࡽࣖ ࡺࣖ ࢁ࡫ ࣚ ࢚ࣈ ࣚ

B ® ӸՁ ԗӶӸӬӱӿӱӫӵӽӴӳӷ ՊӸӬӰӬӰӱԳӶӭԪӤՐӸӳ՝ ԡӹԺՍӷӾӱӫӵըӴӳӹ ՊӸӬԗӴӬӶӭԝӴӸԪӤՐӸՌӱ

A ® ӸՁӷ ԗӶӸӬӱӿӱӫӵӽӴӳӷ ՊӸӬӰӬӰӱԳӶӭԪӤՐӸӳ՝ ԡӹԺՍӷӾӱӫӵըӴӳӹ ՊӸӬԗӴӬӶӭԝӴӸԪӤՐӸՌӱ

Ant ® ӸՁЇӷЈ ԗӶӸӬӱӿӱӫӵӽӴӳӷ ՊӸӬӰӬӰӱԳӶӭԪӤՐӸӳ՝ ԡӹԺՍӷӾӱӫӵըӴӳӹ ՊӸӬԗӴӬӶӭԝӴӸԪӤՐӸՌӱ

5/6HevPs: ЋࡧЌ ࣕࡵࡣࡽࡺࢁ ࣕ࡫࡭ࡱ ࣕ ࡣЋ࡟ࣥࡴࡡࡧ ࣕ Ϸࡧࡵࡾ࡭ࡨࢁࣥ࡫࡭ࢀࡧࡵ࡟ࣥࡥࡳЌ Ra 2067: ӸӬ ӨϓӶϓЋӸӬӱ ӤӱЌ Ϸ ЋӫӵӽӴӳЌӷ ӳӸӬ ЋӰӬӰЌӱӪЋӶӭӪЌ Ӥϓ ӹӸӳӹ   Ӫϓ  ӹӬЋӳӷЌ Ϸ ЋӤӱӫӵӽӴЌӳϓӹϓЋӳӸӬЌӨϓӴӬӶӭӨӴӸӪӤӹӸЋӳЌӱ Hebr 2,6: ӧӬӨӰӤӵӸ՛ӵӤӸӳ ӧԝ Ӵӳ՛ ӸӬӷ ӮԝӦӽӱ ӸՁ ԗӶӸӬӱ ӿӱӫӵӽӴӳӷ ՊӸӬ ӰӬӰӱԳӶӭԪ ӤՐӸӳ՝ϔԡӹԺՍӷӾӱӫӵըӴӳӹՊӸӬԗӴӬӶӭԝӴӸԪӤՐӸՌӱϕ V. 5a: Ra: τι] τις Lpau A Die meisten griechischen Handschriften (einschließlich dem NT-Zitat in Hebr 2,6)457 bezeugen τί, was dem hebräischen ‫„ מָה‬was“ entspricht. Der Alexandrinus und einige wenige antiochenische Hsn. bezeugen dagegen τίς 456

457

Vgl. Gesenius, 2013, s. v.: „cstr. ‫שׂה‬ ֵ ‫ ַמ ֲע‬u. ‫ )?( ַמ ֲעשֵׂי‬Ps 138,8 (BHS; vgl. GK, §93ss)“. Vgl. auch GK, §124k: „Zweifelhaft sind dag. eine Reihe von Partizipien im Plural, die als Attribute Gottes die Auffassung als Herrschaftsplurale nahe legen; so ‫ע ֹשָׂי‬ mein Schöpfer Hi 35,10 […] Doch können alle diese Formen auch nach §93ss als Singulare erklärt werden.“ Die Psalmzitate im Hebräerbrief können als besonders alte Textzeugen gewertet werden, da der Autor des Hebräerbriefes so gut wie sicher nicht aus dem Gedächtnis zitierte, sondern eine Hs. der Psalmen besaß (darauf weist insbesondere die Länge des Psalmzitats in Heb 3,7–11), vgl. Karrer, Epistle to the Hebrews, 2006, 342.

114

4. Psalm 8

„wer“. Im AT wird τίς zwar ebenfalls sehr häufig als Äquivalent für ‫ מָה‬verwendet (an über 129 Stellen)458, in den Psalmen dagegen nur an drei Stellen und ansonsten fast durchgängig für ‫„ מִי‬wer“ (in 38 von 49 Belegen). Letztlich ist deutlich, dass der griechische Text τίς ἐστιν ἄνθρωπος im deutschen mit „Wer ist der Mensch“ wiederzugeben wäre, während der hebräische Text mit „Was ist der Mensch“ zu übersetzen ist. Die Lesart des Kodex Alexandrinus und der wenigen antiochenischen Hsn. weicht also leicht vom hebräischen Text ab. Eine Entscheidung, welche der beiden Lesarten die ältere darstellt ist schwierig. Der äußere Befund spricht für die Lesart τί. Die inneren Kriterien sprechen dagegen eher für die andere Lesart. Die Lesart τί ἐστιν ἄνθρωπος lässt sich nämlich als spätere Anpassung ans Hebräische erklären, während eine spätere Abweichung in umgekehrter Richtung sich am ehesten als stilistische Anpassung erklären ließe, sich jedoch keiner Rezension deutlich zuordnen lässt. Vers 6: ԟӮԆӸӸӽӶӤӷ ӤՐӸՍӱ ӥӵӤӻ՛ ӸӬ ӴӤӵ࠹ ӾӦӦԝӮӳӹӷ® ¯ ӧՌӲԪ ӭӤՂ ӸӬӰԵ° ԗӶӸӨӺԆӱӽӶӤӷӤՐӸՌӱ Du hast ihn ein wenig niedriger gemacht als Engel, mit Herrlichkeit und Ehre hast du ihn gekrönt. A B S (L) 1219 2067 Hebr 2,6 5/6HevPs MT  ࢏ࡥࡾࣈ ࣛ ࢣࣖ ࡩࣝ ࢯࣖ ࣝࡧ  ࡪࣝࡸࢡ࣒ ࣖ ® ࡱ࡫ࡥ࢝ ࢶ ࣚ ࡟ࣗ ࡳࣛ ° ¯ ࡣࣈ ࣞ ࡥࣞ ࣖࡧ ࡣ࢐ࡡࢼ ࡭ࣞ ࣖࡧ ॱ࢏ࡥࡾࣤ ࣛ ࢔ࣖ ࡸࣝ ࢯࣖ

B ԟӮԆӸӸӽӶӤӷӤՐӸՍӱ ӥӵӤӻ՛ӸӬ ® ӴӤӵ࠹ӾӦӦԝӮӳӹӷ ¯ ° ӧՌӲԪӭӤՂӸӬӰԵ  ԗӶӸӨӺԆӱӽӶӤӷӤՐӸՌӱ

A ԟӮԆӸӸӽӶӤӷӤՐӸՍӱ ӥӵӤӻ՛ӸӬ ® ӴӤӵ࠹ӾӦӦԝӮӳӹӷ ¯ ° ӧՌӲԪӭӤՂӸӬӰԵӱ  ԗӶӸӨӺԆӱӽӶӤӷӤՐӸՌӱ

Ant ԟӮԆӸӸӽӶӤӷӤՐӸՍӱ ӥӵӤӻ՛ӸӬ ® ӴӤӵ࠹ӾӦӦԝӮӳӹӷ ¯ ° ӧՌӲԪӭӤՂӸӬӰԵ  ԗӶӸӨӺԆӱӽӶӤӷӤՐӸՌӱ

5/6HevPs: ࢽࡧࡥࡾࡪࡷࢁЋࡾࡣࡥࡧࡣࡧࡡ࡭ࡧ ࣕ Ϸࡱ࡫ࡥ࡯࡟ࡳࡪࡷࡳࡧࡥࡾࡶࡩࢁࡧЌ Ra 2067: ЋӪӮӤӸЌ Ϸ ЋӸӽӶЌӤЋӷ ӤӹЌӸЋӳӱЌ ӥӵӤӻӹ ӸӬ ӴӤӵ ӤӦЋӦЌӨӮӳӹӷ Ϸ ЋӧӳӲӪ ӭӤӬЌ ӸЋӬӰЌӪӨЋӶЌӸӨӺӤӱӽӶӤӷӤӹӸӳϓЋӱЌ Hebr 2,7: ԟӮԆӸӸӽӶӤӷ ӤՐӸՍӱ ӥӵӤӻ՛ ӸӬ ӴӤӵ࠹ ӾӦӦԝӮӳӹӷϔ ӧՌӲԪ ӭӤՂ ӸӬӰԵ ԗӶӸӨӺԆӱӽӶӤӷӤՐӸՌӱ V. 6a: Keine Apparatangaben vorhanden. Die ursprüngliche Septuaginta ändert hier inhaltlich den Text, indem sie ‫ אֶ הִים‬mit ἀγγέλους wiedergibt. Ein Schreibfehler wäre zwar nicht ausgeschlossen (‫ ממלאכים‬oder ‫ מלאכים‬statt ‫)מאלהים‬, da sich die Wiedergabe von ‫ אֶ הִים‬mit ἀγγέλος jedoch auch in Ps 97,7 und 138,1 findet, handelt es sich wahrscheinlich sowohl an diesen Stellen als auch hier um bewusste Eingriffe des Übersetzers. Eberhard Bons schreibt über diese Abweichungen: „Er führt so eine von Gott verschiedene Kategorie himmlischer Wesen ein, die, so die Aussage von Ps 8,6aLXX, zwischen Gott und den Menschen stehen, die vor Gott niederfallen sollen (Ps 96,7LXX) und vor denen der Psalmist 458

Vgl. Muraoka, Two-way Index, 2010, τίς.

4.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 8

115

sein Gotteslob ausspricht (Ps 137,1LXX).“459 Es könnte erwogen werden, ob sich hier die weiter entwickelte Angelologie des Frühjudentums spiegelt, die der Übersetzer in den Psalter integrieren wollte. Entscheidender ist jedoch sicherlich ein anderes Anliegen gewesen. Betrachtet man zumindest Ps 97,7 und Ps 138,8, so fällt auf, dass in beiden Psalmen das Wort ‫ אֶ הִים‬für Götter verwendet wird, die scheinbar neben Gott existieren.460 Die Änderung zu „Engel“ in der LXX legt nahe, dass der Übersetzer an den genannten Stellen den polytheistischen Gedanken vermeiden wollte und deswegen die Engel einfügte.461 Der Ausgangspunkt für die Änderung ist also nicht das Anliegen einer Weiterentwicklung oder Ausweitung der Angelologie im Psalter, sondern ein Problem mit dem Ausgangstext. Entsprechend hatte der Übersetzer wahrscheinlich auch hier in Ps 8,6 ein Problem mit der Verwendung von ‫ אֶ הִים‬im gegebenen Kontext. Womöglich hielt er die Nähe in welche der Mensch zu Gott gerückt wird für problematisch und fügte deshalb noch die Ebene der Engel dazwischen ein.462 V. 6b: BHS: GS Hier om cop Die ursprüngliche Septuaginta und die syrische Übersetzung streichen die Kopula vor ‫כָבוֹד‬. Da die Peschitta nicht auf Grundlage der griech. Übersetzung, sondern direkt aus dem Hebräischen übersetzt wurde, spricht die Auslassung sowohl in der LXX als auch in der Peschitta dafür, dass die Kopula wahrscheinlich in einer hebräischen Texttradition existiert hat. Ergänzungen und Auslassungen von Kopulas sind auch in Qumran häufig bezeugt, gelegentlich auch zusammen mit LXX gegen den MT (vgl. z. B. LXX Ps 103,22b.29d und 30b). Die LXX und die Peschitta werden also vermutlich auch hier eine vom MT abweichende hebr. Vorlage gehabt haben (so auch in V. 7a).

459 460

461

462

Bons, Die Rede von Gott, 2014, 36. Ps 97,7: „Schämen müssen sich alle Verehrer eines Götterbildes, die sich der Götzen rühmen. Fallt vor ihm nieder, alle Götter (‫ “!) ֶא הִים‬Ps 138,1: „Von David. Preisen will ich dich mit meinem ganzen Herzen, ich will dir spielen vor den Göttern (‫) ֶא הִים‬.“ (ELB) Vgl. zur Wiedergabe von ‫ אלהים‬mit ἄγγελοι in LXX Ps 96,7, LXX.E.II, 2011, 1777: „Die Übs. von ‫‚אלהים‬Götter‘ mit ἄγγελοι ‚Engel‘ (so auch Ps 8,6; 137,1; s. jeweils z.St.) entspricht einer durchgängigen Tendenz zur Abschwächung polytheistischer Vorstellungen (vgl. auch zu Ps 28,1b)“. Es fällt jedoch auf, dass z. B. in LXX Ps 96,9 die Rede von anderen Göttern neben Gott beibehalten wird. Das gilt auch für andere Stellen, bei denen von der Überlegenheit JHWHs über alle Götter die Rede ist. Die Septuaginta streicht also nicht jeglichen polytheistischen Gedanken, sondern entscheidet je nach Kontext, vgl. ebd. die Kommentare zu V. 7 und V. 9. Vgl. LXX.E.II, 2011, 1516: „Im Gegensatz zu Aquila, Symmachus und Theodotion, die θεός lesen, vermeidet die LXX eine zu starke Annäherung des Menschen an Gott“

116

4. Psalm 8

V. 6c: Ra: δοξη και τιμη] δοξη κ. τιμην (sic) A, δοξαν κ. τιμην R, gloriam et honorem LaG Die meisten Hsn. bezeugen δόξῃ καὶ τιμῇ im Dativ.463 Allein die griech. Spalte der Diglotte R bezeugt den Akk. (gestützt von der altlatein. Hs. LaG)464 und der Kodex Alexandrinus bezeugt mit δόξῃ καὶ τιμὴν eine Mischlesart. Der Kontext erfordert den Dativ. Möglicherweise handelt es sich bei den Abweichungen um Schreibfehler. Eine Dittographie von H als HN ist denkbar. Auch die Mischlesart im Kodex Alexandrinus lässt sich möglicherweise auf diese Weise erklären. Vers 7: ӭӤՂ® ӭӤӸԝӶӸӪӶӤӷ ӤՐӸՍӱ ԗӴՂ ¯ Ӹԇ ԘӵӦӤ° Ӹժӱ± ӻӨӬӵժӱ Ӷӳӹ ӴԆӱӸӤ² ՔӴԝӸӤӲӤӷՔӴӳӭԆӸӽӸժӱӴӳӧժӱӤՐӸӳ՝ Und du hast ihn hingestellt über die Werke deiner Hände, alles hast du untergeordnet unter seine Füße: A B S (L) 1219 2067 1 Kor 15,27 Eph 1,22 Hebr 2,6 5/6HevPs MT ࢏ࡥ࡯࡫ࣛ ࢪࣚ ࡳࣖ ࢯ࣒ ࣝ ° ¯  ࡫ࢫ ࣈ ࣛ ࡸࣘ ࡳࣝ ࢇࣖ  ± ࢙࡫ࡣࢶ ࣜ ࣞ࡫ ²  ࡥࢯࣞ ࢪ ࣈ ࣝ  ࡯࢚࣠ࣂ  ࣥࢁࡩࣝ ࢁࣤ ࣝ ॱࡧ࡫࡯ࣤ ࣞ ࣖࡢࡾࣝ ®

B ® ӭӤՂ ӭӤӸԝӶӸӪӶӤӷӤՐӸՍӱ ¯ ° ԗӴՂ ӸԇԘӵӦӤ  ± ӻӨӬӵժӱӶӳӹ ² ӴԆӱӸӤ ՔӴԝӸӤӲӤӷ ՔӴӳӭԆӸӽ ӸժӱӴӳӧժӱӤՐӸӳ՝

A ® ӭӤՂ ӭӤӸԝӶӸӪӶӤӷӤՐӸՍӱ ¯ ° ԗӴՂ ӸԇԘӵӦӤ  ± Ӹժӱ ӻӨӬӵժӱӶӳӹ ² ӴԆӱӸӤ ՔӴԝӸӤӲӤӷ ՔӴӳӭԆӸӽ ӸժӱӴӳӧժӱӤՐӸӳ՝

Ant ® ӭӤՂ ӭӤӸԝӶӸӪӶӤӷӤՐӸՍӱ ¯ ° ԗӴՂ ӸԇԘӵӦӤ  ± Ӹժӱ ӻӨӬӵժӱӶӳӹ ² ӴԆӱӸӤ ՔӴԝӸӤӲӤӷ ՔӴӳӭԆӸӽ ӸժӱӴӳӧժӱӤՐӸӳ՝

5/6HevPs: ࡧ࡫࡯ࡢࡾࢁЋࡩࢁࡥࢁࢀ࡯࡭ ࣕ Ϸ࡬࡫ࡣ࡫࡫ࢀࡷࡳࡡࡧࡥ࡯࡫ࢀࡳࢁЌ Ra 2067: ЋӭӤӬӭӤӸӨӶӸЌӪЋӶЌӤϓ ӷ Ӥϓ ӹϓӸӳϓӱ ӨӴӬ ӸӤ ӨӵӦӤ Ӹӽӱ Ϸ ЋӻӨӬӵӽӱ ӶӳЌӹ  ӴӤӱӸӤ ӹӴӨӸӤӲӤϓ ӷϓ Ϸ ЋӹӴӳӭӤӸӽӸӽЌӱϓЋӴЌӳӧӽӱӤӹӸӳӹ 1 Kor 15,27: ӴԆӱӸӤ Ӧԇӵ ՔӴԝӸӤӲӨӱ ՔӴՍ Ӹӳ՜ӷ ӴՌӧӤӷ ӤՐӸӳ՝ϗ ՊӸӤӱ ӧԞ ӨԷӴԪ ՊӸӬ ӴԆӱӸӤՔӴӳӸԝӸӤӭӸӤӬϔӧԩӮӳӱՊӸӬԗӭӸՍӷӸӳ՝ՔӴӳӸԆӲӤӱӸӳӷӤՐӸնӸԇӴԆӱӸӤϗ Eph 1,22: ӭӤՂ ӴԆӱӸӤ ՔӴԝӸӤӲӨӱ ՔӴՍ Ӹӳ՜ӷ ӴՌӧӤӷ ӤՐӸӳ՝ ӭӤՂ ӤՐӸՍӱ ԘӧӽӭӨӱ ӭӨӺӤӮԨӱՔӴԞӵӴԆӱӸӤӸԵԗӭӭӮӪӶՁԋ Hebr 2,8: ӴԆӱӸӤ ՔӴԝӸӤӲӤӷ ՔӴӳӭԆӸӽ Ӹժӱ Ӵӳӧժӱ ӤՐӸӳ՝ϗ ԗӱ Ӹն Ӧԇӵ ՔӴӳӸԆӲӤӬ ЋӤՐӸնЌӸԇӴԆӱӸӤӳՐӧԞӱӾӺԩӭӨӱӤՐӸնӾӱӹӴՌӸӤӭӸӳӱϗм՝ӱӧԞӳՑӴӽՉӵժӰӨӱӤՐӸն ӸԇӴԆӱӸӤՔӴӳӸӨӸӤӦӰԝӱӤЄ

463

464

Bei der Hs. 2067 ist der Platz bei [δοξη και] jedoch etwas eng: „this crowds the space a little, but δοξη did not stand at the end of the previous line. It is omitted by no authorities.“, Sanders, Inv. 22, 1936, 5. Eine Auslassung in der Hs. 2067 ist von daher auch eher unwahrscheinlich und wenn sie vorhanden war, dann wahrscheinlich sekundär. Die latein. Spalte von R (LaR) müsste im Ra-Apparat durch ein „´“ hinter R gekennzeichnet sein, wenn sie ebenfalls die Lesart teilt. Da dies nicht der Fall ist, scheint LaR mit den anderen latein. Hsn. „gloria et honore“ (VUL) zu bezeugen.

4.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 8

117

V. 7a: BHS: 1 ´‫ וַתּ‬cf GS Die Septuaginta und die Peschitta bezeugen eine vorangestellte Kopula. Vermutlich basiert sie auf einer vom MT abweichenden hebräische Vorlage (vgl. Einzelanalyse zu V. 6b). Im Zitat des Hebräerbriefs fehlt der erste Teil des Verses. Ein inhaltlicher Grund für die Auslassung ist nicht erkennbar. Es ist gut denkbar, dass der Übersetzer den Abschnitt versehentlich ausgelassen hat, womöglich, da er die Stelle aus dem Kopf zitierte. V. 7b: Ra: τα] pr. παντα Sa Sy Die sahidische Übersetzung und die syrische Übersetzung des Paul von Tella ergänzen παντα. Möglicherweise ist das später im Vers folgende πάντα versehentlich doppelt gelesen worden. V. 7c: BHS: C mlt Mss S ‫שׂה‬Viele hebräische Handschriften und die Peschitta bezeugen hier ‫בְּמַ עֲשֵׂ ה‬ statt ‫בְּמַ עֲשֵׂי‬. Es handelt sich vermutlich um eine spätere Schreibweise, die das Wort eindeutig als ein Sg. identifiziert (vgl. Einzelanalyse zu V. 4c). V. 7d: Ra: των] 10 > B Nur beim Vaticanus fehlt der Artikel vor χειρῶν σου. Das hebr. ‫ י ָדֶי‬ist durch den Suffix determiniert und verlangt im Griechischen die Wiedergabe mit Artikel. Womöglich handelt es sich bei der Auslassung des Artikels um eine spätere isomorphe Anpassung an den hebräischen Text. V. 7e: BHS: cf 2,2b In Ps 2,2 findet sich im Apparat der BHS die Angabe „sic L, mlt Mss Edd ◌֗ ◌“. ֜ D. h. anders als im Kodex Leningradensis findet sich in mehreren Hsn. und Editionen eine abweichende Akzentuierung des Wortes. ԂӴԆӶӤӷ¯°ԘӸӬӧԞӭӤՂ°Ӹԇ±ӭӸԧӱӪӸӳ՝ӴӨӧՁӳӹ² Vers 8: ӴӵՌӥӤӸӤ®ӭӤՂӥՌӤӷԂ Schafe und Rinder allesamt, außerdem noch die Tiere des Feldes, A B S (L) 1219 2067 5/6HevPs MT ®

ࡥࣈࡵ࣠ࣜ ࡼ ¯ ࡱࢶ࢜ࣞ ࢚ࡱ࡫ ࣢ ࡺࣈ ࣚ ࡯ࣞ ࡟ࣘ ࣝࡧ °   ࡱࡢࣝ ࢽ ࡧࣂ ࣖ ± ² ࢁ࢐ࡳ࣊ ࡥࣘ ࢇࣝ ࡫ࡣࣤ ࣞ ࢫࣞ ॱ

B ® ӴӵՌӥӤӸӤ  ¯ ӭӤՂӥՌӤӷӴԆӶӤӷ ° ° ԘӸӬӧԞӭӤՂ  ± ² Ӹԇ ӭӸԧӱӪӸӳ՝ӴӨӧՁӳӹ

A ® ӴӵՌӥӤӸӤ  ¯ ӭӤՂӥՌӤӷԂӴԆӶӤӷ ° ° ԘӸӨӬӧԞӭӤՂ  ± ² Ӹԇ ӭӸԧӱӪӸӳ՝ӴӤӬӧՁӳӹ

Ant ® ӴӵՌӥӤӸӤ  ¯ ӭӤՂӥՌӤӷԂӴԆӶӤӷ ° ° ԘӸӬӧԞӭӤՂ  ± ² Ӹԇ ӭӸԧӱӪӸӳ՝ӴӨӧՁӳӹ

5/6HevPs: ࡫ࡣЋࢀࢁࡧࡳࡥࡡࡱࡢࡧ ࣕ Ϸࡱ࡯࡭ࡱ࡫ࡺ࡯࡟ࡧࡥࡵࡼЌ Ra 2067:ӴӵЋӳЌӥϓ ӤӸӤϷ ЋӭӤӬӥӳӤӷӤӴЌӤϓ ӶӤӷӨӸӬӧӨӭӤӬӭӸӪЋӱЌӪӸӳӹϷ ЋӴӨӧӬӳӹЌ

118

4. Psalm 8

V. 8a: BHS: nonn Mss ‫צאנה‬ Einige hebr. Hsn. bezeugen ‫צאנה‬. Es handelt sich möglicherweise um eine ältere Schreibweise.465 V. 8b: Ra: πασας B´ 55] απασας R L´ A Sanders (Ra 2067): [απ]α̣σας, favored by space, is supported by ‫א‬ca A R and most of the minuscule. B, S und die aus dem 5. Jh. stammende Handschrift 55 bezeugen πάσας, die griechisch-lateinische Handschrift R, die lukianischen Handschriften, der Psalmenkommentar des Theodoret, der Kodex Alexandrinus und nach dem Platz in der Lücke zu urteilen vermutlich auch die Hs. 2067 gebrauchen an dieser Stelle die im Attischen nach Konsonanten übliche Schreibweise ἁπάσας.466 Auch für Letztere stellt die Verwendung von ἅπας jedoch eher eine Ausnahme dar.467 Ein konsequenter Gebrauch von ἅπας nach Konsonanten liegt in keinen der griechischen Handschriften vor. Ein konkreter Grund warum gerade an dieser Stelle diese Form hinterher eingesetzt worden sein sollte, ist nicht ersichtlich. Wahrscheinlicher ist, dass ἁπάσας die ursprüngliche Lesart ist, welche dann in Angleichung an das viel häufiger verwendete πάσας ersetzt wurde.468  V. 8c-c: Keine Apparatangabe vorhanden. Die hebr. Wendung ‫„ ְוגַם‬und auch“ wird hier im Griechischen mit ἔτι δὲ καὶ „außerdem aber auch“ wiedergegeben. Ansonsten wird ‫ ְוגַם‬im LXX-Psalter immer einfach mit καὶ wiedergegeben.469 Inhaltlich entspricht ἔτι δὲ καὶ dem Hebräischen, es handelt sich jedoch nicht um eine ganz wörtliche Wiedergabe. Es zeigt die stilistische Freiheit des Übersetzers, griechische Wendungen zu verwenden, die dem Hebräischen wörtlich nicht ganz entsprechen, den Inhalt aber adäquat wiedergeben. V. 8d: Sanders (Ra 2067): κτη[ν]η: pap. omits τα; no support. Die Hs. 2067 lässt als einzige Hs. den Artikel vor κτήνη aus. Das hebr. ‫ ַבּה ֲ֥מוֹת‬ist durch die Constructus-Verbindung determiniert, müsste im 465 466

467

468

469

Im Gesenius findet sich das Wort unter ‫צ ֹאן‬. Bei ‫ צֹנֶה‬handelt es sich laut Gesenius um eine Neubildung zu ‫ צ ֹאן‬+ Feminin-Endung, vgl. Gesenius, 2013, ‫צֹנֶה‬. Auch im NT kommt die Schreibweise ἁπάσας vor, jedoch nicht konsequent nach einem Konsonanten, vgl. BA, 1988, ἅπας. S.a. BDR §275, Anm.1. Das gleiche gilt für die LXX (ἅπας nach einem Vokal, z. B. in Gen 19,4; 2 Sam 3,25 etc.). Die Schreibweise ἁπάσας (im Akk. Pl.) z. B. findet sich im LXX-Psalter nur an unserer Stelle in den Hsn. R L´ und A. πάσας (im Akk. Pl.) ist dagegen bei Ra an 16 weiteren Stellen im Psalter bezeugt und an keiner der Stellen findet sich im RaApparat eine Hs., die ἁπάσας bezeugt. Nach dem Rahlfs-Text ist ἅπας für die Psalmen nur einmal bezeugt in LXX Ps 21,24. Im gesamten AT + Apokryphen findet sich das Wort immerhin 77 mal (was jedoch auch minimal ist gegenüber πας, das 8069 Mal im AT + Apokryphen vorkommt). Vgl. LXX Ps 70,18; 77,21; 83,3; 148,12.

4.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 8

119

Griech. folglich mit Artikel wiedergegeben werden. Möglicherweise handelt es sich bei der Auslassung um eine isomorphe Anpassung an das Hebräische. V. 8e: Keine Apparatangaben vorhanden. Der Kodex Alexandrinus bezeugt τὰ κτήνη τοῦ παιδίου „das Getier des Kindes“ anstelle von τοῦ πεδίου „des Feldes“. Die Lesart ergibt keinen Sinn und ist nur im Kodex Alexandrinus bezeugt. Es handelt sich vermutlich um einen Schreibfehler, der durch einen Hörfehler bedingt ist. Kodex Alexandrinus470: τοῦ παιδίου

Vers 9: Ӹԇ ӴӨӸӨӬӱԇ Ӹӳ՝ ӳՐӵӤӱӳ՝ ӭӤՂ Ӹӳ՜ӷ Զӻӫ՛Ӥӷ Ӹԩӷ ӫӤӮԆӶӶӪӷ Ӹԇ ӧӬӤӴӳӵӨӹՌӰӨӱӤӸӵՁӥӳӹӷӫӤӮӤӶӶժӱ die Vögel des Himmels und die Fische des Meeres, das, was die Pfade der Meere durchquert. A B S (L) 1219 2067 5/6HevPs MT ࡱࣚ࡫ࡳࣝ ࢪࡾ࢐ ࣒ ࣞ ࢥࣈ ࡼࣚ  ࡫ࣈࡢࣛ ࡣ࢏ࣖ  ࡱࢶ࢕ࣞ ࡥࣝ  ࡾࡡࢽࣛ ࣠ࡷࣂ  ࢁ࢐ࡩ࣊ ࡾࣖ ࡟ࣞ ॱࡱ࡫ࢡࣝ࡫ ࣤࣚ

B ӸԇӴӨӸӨӬӱԇӸӳ՝ӳՐӵӤӱӳ՝ ӭӤՂӸӳ՜ӷԶӻӫ՛Ӥӷ ӸԩӷӫӤӮԆӶӶӪӷ ӸԇӧӬӤӴӳӵӨӹՌӰӨӱӤ ӸӵՁӥӳӹӷ ӫӤӮӤӶӶժӱ

A ӸԇӴӨӸӨӬӱԇӸӳ՝ӳՐӵӤӱӳ՝ ӭӤՂӸӳ՜ӷԶӻӫ՛Ӥӷ ӸԩӷӫӤӮԆӶӶӪӷ ӸԇӧӬӤӴӳӵӨӹՌӰӨӱӤ ӸӵՁӥӳӹӷ ӫӤӮӤӶӶժӱ

Ant ӸԇӴӨӸӨӬӱԇӸӳ՝ӳՐӵӤӱӳ՝ ӭӤՂӸӳ՜ӷԶӻӫ՛Ӥӷ ӸԩӷӫӤӮԆӶӶӪӷ ӸԇӧӬӤӴӳӵӨӹՌӰӨӱӤ ӸӵՁӥӳӹӷ ӫӤӮӤӶӶժӱ

5/6HevPs: ࡱЋ࡫ࡳ࡫ࢁࡧࡩࡾ࡟ࡾࡡЌࡷЋϷࡱ࡫ࡥ࡫ ࣈࡢࡣࡧࡱ࡫ࡳࢀࡾࡧࡺࡼЌ Ra 2067: ӸӤӴӨӸӨӬӱӤӸӳӹӳӹϓ ӵЋӤӱӳӹЌϷ ЋӭӤӬӸӳӹӷӬӻӫӹӤӷӸЌӪϓ ЋӷЌӫϓӤӮЋӤӶӶӪӷЌϷ ЋӸӤ ӧӬӤӴӳӵӨӹӳӰӨӱӤӸӵӬӥӳӹӷӫӤӮӤӶӶЌӽӱ Für den Vers sind keine Abweichungen in den textkritischen Apparaten verzeichnet. Vers 10: ӭ՛ӵӬӨՉӭ՛ӵӬӳӷ®ԣӰժӱ¯դӷӫӤӹӰӤӶӸՍӱӸՍՇӱӳӰԆӶӳӹԗӱӴԆӶԪӸԵӦԵ Herr, unser Herr, wie wunderbar ist dein Name auf der ganzen Erde. A B S (L) 1219 5/6HevPs MT ®  ࢏ࡵ࡫ࢶࡵ࣠ࣛ ࡣ࡟ࡥ࣊ ࣘ ࡧࡥ ࣞ ࣖ࡫ ¯  ࡾ࡫ࢋ࣊ ࣚ ࡟ࣥࡥ ࣝ ࡳࣤ ࣞ  ࢽ࢙ࡳࣖ ࢪࣚࣂ ॱࡻࡾࣜ ࡟ࣤ ࣞ ࡥࣥ࡯ ࣞ ࡭ࣞ ࢇࣖ

B ® ӭ՛ӵӬӨՉӭ՛ӵӬӳӷ ԣӰժӱ ¯ դӷӫӤӹӰӤӶӸՍӱ ӸՍՇӱӳӰԆӶӳӹ ԗӱӴԆӶԪӸԵӦԵ

A ® ӭ՛ӵӬӨՉӭ՛ӵӬӳӷ ԣӰժӱ ¯ դӷӫӤӹӰӤӶӸՍӱ ӸՍՇӱӳӰԆӶӳӹ ԗӱӴԆӶԪӸԵӦԵ

Ant ® ӭ՛ӵӬӨՉӭ՛ӵӬӳӷ ԣӰժӱ ¯ դӷӫӤӹӰӤӶӸՍӱ ӸՍՇӱӳӰԆӶӳӹ ԗӱӴԆӶԪӸԵӦԵ

5/6HevPs: ࡻЋࡾ࡟ࡥࣥ࡯࡭Ќࡡ ࣕ ࡬ࢽ ࡳࣕ ࢀࡾ ࣕ ࣕ࡫Ћࡣ࡟ࡥࡳϷࡧࡵ࡫ࡵࡣ࡟ࡥࡧࡥ࡫Ќ

470

http://www.bl.uk/manuscripts/Viewer.aspx?ref=royal_ms_1_d_viii_fs001r

120

4. Psalm 8

V. 10a: Ra: ο κυριος] deus LaR hic, non in 2 Möglicherweise ist das deus in der von der latein. Spalte der Diglotte R bezeugten latein. Lesart durch eine Verlesung von ‫ אדנינו‬mit ‫ אלהינו‬entstanden (vgl. Einzelanalyse zu V. 2a). V. 10b: Ra: in duo stichos (κυριε – ημων, ως – γη) diuidunt Sy 55: cf. 2 Die syrische Übersetzung des Paul von Tella und die Handschrift 55, die in besonderer Nähe zum Kodex Alexandrinus steht, trennen den V. 10 in insgesamt drei Stichen (so auch in V. 2b).

4.3

Ergebnisse zu LXX Psalm 8

4.3.1 Die hebräische Vorlage der Septuaginta Die hebräische Vorlage der Septuaginta weicht an drei Stellen vom MT ab. a) Bezeugung von Abweichungen der Septuaginta in Qumran In Qumran ist Psalm 8 nur in 5/6HevPs in äußerst fragmentarischem Zustand vorhanden. Es sind nur vereinzelte Wörter oder Bruchstücke von Wörtern von den Versen 1 und 4–10 erhalten. Varianten, in denen 5/6HevPs eine Septuaginta-Lesart gegen den MT stützt, sind nicht bezeugt. b) Vermutete abweichende hebräische Vorlagen oder Verlesungen der Septuaginta In V. 6b fehlt in der Septuaginta eine Kopula gegenüber dem MT, während sie in V. 7a eine Kopula ergänzt. An beiden Stellen wird die Lesart der Septuaginta von der Peschitta unterstützt. Vermutlich basieren die Abweichungen auf einer hebräischen Vorlage, da Abweichungen bei Kopulas häufiger auch innerhalb der hebräischen Hsn. bezeugt sind (vgl. Einzelanalyse zu V. 6b). In V. 2d-d beruht eine sekundäre Lesart vermutlich auf einer abweichenden Vorlage. Gestützt von der Peschitta und den Targumen bezeugt Symmachus die 2. Sg. statt 3. Sg. passiv „der du deine Hoheit über die Himmel gesetzt hast“ statt wie die ursprüngliche Septuaginta „denn erhoben ist deine Hoheit über die Himmel“.

4.3.2 Der griechische Text 4.3.2.1 Die ursprüngliche Septuaginta Abweichungen vom Rahlfs-Text finden sich in den Versen 5a und 8b. a) Stil und Aufbau Die griechische Übersetzung von Psalm 8 orientiert sich in der Regel stark am hebräischen Ausgangstext. Aufbau des Psalms und Wortfolge werden beibehalten. Leichte stilistische Abweichungen finden sich an vier Stellen. In V. 3d.d gibt der Übersetzer zwei aus demselben Wortfeld stammende hebräische Wörter im Griechischen mit einem Wort wieder, um dem Text eine

122

4. Psalm 8

größere Homogenität zu verleihen. In Vers 4 streicht er ein Personalpronomen vermutlich aus stilistichen Gründen um den Text zu glätten (V. 4b) und gibt wiederum in V. 4d ein implizites Personalpronomen explizit wieder. In V. 8c-c gibt der Übersetzer ‫„ ְוגַם‬und auch“ mit ἔτι δὲ καὶ „außerdem aber auch“ wieder, was den Inhalt adäquat wiedergibt, aber eine gewisse stilistische Freiheit des Übersetzers zeigt, nicht an eine streng wörtliche Übersetzung gebunden zu sein. b) Inhaltliche Besonderheiten des Psalms In der Überschrift findet sich die ungewöhnliche, jedoch in den Psalmen durchgängig auftretende, Wiedergabe von ‫„ לַמְ נַ ֵצּ ַח‬für den Gebetsleiter“ mit εἰς τὸ τέλος „auf das Ende hin gerichtet“ (V. 1a-a) und die Wiedergabe von ‫„ ַהגִּתִּית‬nach githitischer Weise“ mit ὑπὲρ τῶν ληνῶν „über den Keltern“ (V. 1b-b). Am Wahrscheinlichsten handelt es sich hier um eine eschatologische Interpretation, die auf die Übersetzer zurückgeht (vgl. Einzelanalyse zur Stelle). Die hebräische Vorlage in V. 2d-d ist schwierig und ergibt kaum Sinn „der du (‫ )אֲ שֶׁר‬deine Hoheit gelegt hast auf die Himmel“. Der Übersetzer nimmt sich die Freiheit den Text durch die Änderung einer Wortform und eine etwas freie spezifizierte Wiedergabe des Verbs ‫„ נתן‬geben“ mit ἐπαίρω „erheben“ leicht neu zu gestalten, bleibt inhaltlich seiner Vorlage jedoch sehr nahe. In V. 3b-b weicht der Übersetzer dagegen recht deutlich von der hebräischen Vorlage ab, indem er vom Lob spricht, das Gott aus dem Munde der Kinder bereitet statt von der Macht, die Gott aus dem Munde der Kinder gründet. Auch hier ist die hebräische Vorlage nicht einfach und hat womöglich dazu beigetragen, dass die Septuaginta den Text neu interpretiert. In V. 6a schließlich scheint der Übersetzer aus theologischen Gründen einzugreifen, und zwar vermutlich um Vorstellungen, die für ihn mit der Exklusivität des Gottes Israels nicht vereinbar sind, zu korrigieren. Die Aussage, dass Gott den Menschen wenig geringer gemacht hat als Gott, wird abgemildert, indem Gott stattdessen mit Engeln übersetzt wird, sodass der Mensch nicht unmittelbar unter der Ebene Gottes, sondern unter der Ebene der Engel steht.

4.3.2.2 Revisionen und weitere Bearbeitungen a) Hebraisierung In V. 2d-d ist nur bei Symmachus (bezeugt durch Hieronymus) eine Hebraisierung bezeugt, die sonst in keinem anderen griechischen Zeugen belegt ist. Er passt eine Verbform an einen vom (vermutlich verdorbenen) MT abweichenden hebräischen Text an, der auch durch die Peschitta und die Targume

4.3 Ergebnisse zu LXX Psalm 8

123

bezeugt ist. Die ursprüngliche Septuaginta gibt den Text hier relativ frei wieder (vgl. 4.3.2.1a). In V. 5a ist der Großteil der griechischen Hsn. (auch das Zitat in Hebr 2,6) an den hebräischen Text angepasst, indem sie das hebräische Wort ‫מָה‬ mit τί „was“ anstelle von τίς „wer“ wiedergeben. Der ursprüngliche Text ist nur in einigen wenigen antiochenischen Hsn. und im Kodex Alexandrinus erhalten geblieben. In den Versen 7d und 8d wird in einzelnen Hsn. durch Streichung eines Artikels isomorph an den hebr. Text angepasst und zwar in V. 7d im Kodex Vaticanus und in V. 8d in der Hs. 2067. b) Weitere Bearbeitungen Für Psalm 8 sind in den untersuchten griechischen Hsn. keine sekundären Abweichungen bezeugt, in denen nachträglich vom MT abgewichen wird. Das Zitat in Eph 1,22 „und alles hat er untergeordnet unter seine Füße“ weicht in den Verb- und Nominalformen leicht von der Septuaginta ab (diese liest: „alles hast du untergeordnet unter seine Füße“). Es wird dem Kontext entsprechend in der 3. Person statt in der 2. Person von Gott gesprochen. Die folgenden leichten Abweichungen ὑπὸ τοὺς πόδας αὐτοῦ statt ὑποκάτω τῶν ποδῶν αὐτοῦ (beides kann mit „unter seine Füße“ übersetzt werden) weisen darauf hin, dass in Eph 1,22 Psalm 8,7 aus dem Kopf zitiert wird, bzw. nur an den Vers angelehnt wird. Vermutlich ist auch das Fehlen von V. 7a in Hebr 2,8 auf ein Zitieren aus dem Kopf zurückzuführen.471 Interessant ist, dass Psalm 8,7 bzw. 8,5–7 in allen NT-Zitaten christologisch gedeutet wird, was sich jeweils aus dem Kontext ergibt, in dem das Zitat steht (Hebr 2,6, 1 Kor 15,27, Eph 1,22).

4.3.3 Fazit Zwei der Abweichungen vom MT in LXX Psalm 8 beruhen vermutlich auf einer abweichenden hebräischen Vorlage. Hsn. aus Qumran sind für den Psalm nur sehr fragmentarisch erhalten und es ist keine Lesart belegt, die hier die Septuaginta gegen den MT stützt. Die Übersetzungsweise des Psalms orientiert sich überwiegend sehr stark an ihrer Vorlage. Eine gewisse stilistische Freiheit lässt sich jedoch in der Setzung der Personalpronomen erkennen, sowie in einer vereinheitlichenden Wortwiedergabe und der Übersetzung von ‫ ְוגַם‬mit ἔτι δὲ καὶ „außerdem aber 471

Darauf weist m. E. die Einleitung des Zitats, Hebr 2,6: „es hat aber irgendwo jemand bezeugt und gesagt“ (ELB). Dagegen Pietersma, Psalm 8, 2008, 494f.: “Although it is not impossible that the omission is due to textual mishap rather than exegetical decision, the latter seems more likely.“

124

4. Psalm 8

auch“. Es sind außerdem drei Stellen bezeugt, bei denen die Septuaginta deutlich inhaltlich von ihrer Vorlage abweicht. An zwei der Stellen ist der hebräische Text schwer zu verstehen, was vermutlich den Übersetzer veranlasst hat, Änderungen im Text vorzunehmen, um ihn besser verständlich zu machen. In V. 6a dagegen ändert er den Textsinn aus theologischen Gründen. In der Textüberlieferung sind in den großen Kodizes Vaticanus und Sinaiticus, in der Hs. 2067 und dem Zitat in Hebr 2,6 vereinzelte Anpassungen an den hebräischen Text bezeugt. Der Kodex Alexandrinus und die antiochenischen Hsn. sind von der Überarbeitung unberührt geblieben. Spätere gegenüber dem MT freiere Lesarten sind in der Überlieferung von Ps 8 nicht bezeugt.

4.4

Anhang

Tabelle: Hsn.-Befund zur hebraisierenden Revision (* = ursprüngliche Septuaginta; sek = sekundäre Lesart/ Hebraisierung; Fettdruck bei Versangabe: textkritisch abweichend von Ra; Fettdruck bei Hsn.: nicht bei Ra aufgenommen)

Ps 8 2d-d 5a 7d 8d

„Ant“ * (*) * *

B (S) * sek sek (*) *

A * * * *

NT-Zitate n.V. sek n.V. n.V.

2067 n.V. sek * sek

Anm. sek = S (T) σ´(Hier)

Tabelle: Schreibfehler und orthographische Varianten Stelle 3a 3c 6c

8b

Apparat (Ra 2067): [ν]ηιων: written above by the first hand; an error for νηπίων. Ra: ενεκα] –κεν 2025: cf. 247 Ra: δοξη και τιμη] δοξη κ. τιμην (sic) A, δοξαν κ. τιμην R, gloriam et honorem LaG

Ra: πασας B´ 55] απασας R L´ A

5

Psalm 34 (33)

5.1

Einführung in den hebräischen Text

5.1.1 Gliederung und Inhalt Psalm 34 ist ein nach dem Alphabet gestalteter akrostichischer Psalm. Jeder Vers beginnt mit dem im Alphabet als nächsten folgenden Buchstaben (V. 1 fällt als Überschrift aus diesem alphabetischen Schema heraus). Es fehlt jedoch eine ‫ו‬-Zeile, welche durch einen zusätzlichen abschließenden ‫פ‬-Vers (V. 23) kompensiert wird. Da im ebf. akrostichischen und dem Psalm 34 sehr nahestehenden Psalm 25 auch die ‫ו‬- Zeile fehlt und ein zusätzlicher ‫פ‬-Vers angehängt wird, handelt es sich womöglich um eine beabsichtigte Durchbrechung des Schemas. Durch das Weglassen des ‫ו‬-Verses steht der ‫ל‬-Vers (der Lehraufruf von V. 12) im Psalmzentrum und wird dadurch hervorgehoben. Beat Weber geht davon aus, dass ein „Anfang-Mitte-Schluss Schema ‫א‬/‫ל‬/‫ “פ‬entsteht, woraus sich das Wort ‫„ אלף‬lernen (Qal); lehren (Piel)“ ergibt, das die Thematik des Psalms widerspiegelt.472 Der Psalm lässt sich grob in zwei Teile untergliedern, ein Danklied (V. 2–11) und eine weisheitliche Belehrung (V. 12–23).473 Das Danklied in den V. 2–11 beginnt mit einem persönlichen Lobpreis des Psalmisten, der in einem Aufruf zum gemeinsamen Lobpreis Gottes mündet (V. 2–4). Darauf folgt eine Schilderung der erfahrenen Rettung aus allen Bedrängnissen (V. 5–8), wobei der Psalmist in V. 6 sehr abrupt von der 1. Person zur 3. Person Pl. wechselt, die im Kontext sehr schlecht passt. Vermutlich handelt es sich um eine fehlerhafte Lesung des hebräischen Konsonantentextes und es muss stattdessen die 2. Imp. Pl. gelesen werden „Blickt auf ihn und strahlt …“ statt „Sie blickten auf ihn und strahlten …“ (vgl. die 2. Imp. Pl.-Formen in den Versen 9f. und vgl. auch die Einzelanalysen zu V. 6a-c). Auch in V. 7 erfolgt noch ein recht unvermittelter Personenwechsel, der jedoch zum ursprünglichen Text zu gehören scheint. 472

473

Vgl. z. B. Weber, Werkbuch Psalmen I, 2001, 166. Dagegen Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 211, der Vers 23 einer nachexilischen Redaktion zuschreibt und Seybold, Psalmen, 1996, 141.143, der davon ausgeht, dass die fehlende Zeile auf ein Textverlust zurückzuführen ist und V. 23 nicht zum Textkorpus gehört, sondern als Nachsatz mit der Überschrift zusammen den Rahmen des Psalms bildet. Der in V. 23 beschriebene positive Ausgang für den Gerechten (bzw. den Knecht Gottes) bildet jedoch einen runden Abschluss der Gegenüberstellung des Schicksals des Gerechten und des Gottlosen (V. 16–23). Zur Umstellung der ‫–ע‬Zeile hinter die ‫–פ‬Zeile, vgl. Einzelanalyse zu V. 16a. Vgl. Oeming, Psalm 1–41, 2000, 194, u. a.

5.1 Einführung in den hebräischen Text

127

Hier ist die Rede von einem Elenden, der zu Gott rief und erhört wurde. Da er durch das Demonstrativum ‫ ז ֶה‬näher bestimmt ist, scheint es sich um den Psalmisten selbst zu handeln. Das Danklied schließt in den V. 9–11 mit einem Zeugnis über die Fürsorge Gottes. Durch den Aufruf in V. 12 „Kommt, Söhne, hört mir zu, die Furcht des Herrn will ich euch lehren“ wird in den zweiten Teil übergeleitet. Aus dem Dank über die erfahrene Rettung erwächst eine weisheitliche Lehre, die der Psalmist seinen Zuhörern vermitteln möchte. 474 Diese beginnt in den Versen 12–15 mit einer Unterweisung in der Gottesfurcht, die sich insbesondere in der Abkehr von böser und betrügerischer Rede (V. 14) und von bösen Taten (V. 15) äußert. In den V. 16–23 wird dann das unterschiedliche Schicksal des Gerechten und des Gottlosen gegenübergestellt, wobei der Fokus deutlich auf seinem rettenden Handeln im Leben des Gerechten liegt (nur V. 17 und V. 22 gehen auf das Schicksal des Gottlosen ein). Gott hört auf das Schreien derer, „die zerbrochenen Herzens und zerschlagenen Geistes sind“ (V. 19), und auch wenn das Unglück des Gerechten vielfältig sein mag, gilt doch am Ende, dass der Herr ihn aus dem allen errettet (V. 20) und kein Gebein zerbrochen wird (V. 21).

5.1.2 Gattung und Entstehungsgeschichte Psalm 34 ist ein Danklied, das in ein Lehrgedicht hinübergleitet, welches unter Einfluss weisheitlicher Traditionen konzipiert wurde.475 Die akrostichische Form des Psalms legt nahe, dass er einheitlich als literarisches Werk entstanden ist.476 Der Sitz im Leben ist schwer zu bestimmen. „Ob der Text schulisch zu Schreibübungen oder zum Einprägen oder als Abriß eines theologischen Lehrsystems dienen sollte, ist nicht zu klären.“477 Auch der Synagogengottesdienst als Sitz im Leben ist gut denkbar.478 Datiert wird der Psalm in exilisch-nachexilische Zeit.479 Die Überschrift in V. 1 beinhaltet einen Situationsbezug auf das Leben Davids. Angespielt wird auf die Erzählung in 1 Sam 21,11–15, in der David 474 475 476

477 478 479

Vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 210. Vgl. Kraus, Psalmen 1–59, 1978, 418. Vgl. auch Gunkel, Psalmen, 1968, 142f. Dagegen vermutet Zenger eine nachexilische Ergänzung von V. 23, vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 211. Gerstenberger vermutet gar, dass das Danklied in den Versen 2–11 ursprünglich ein kultischer Psalm gewesen ist, der von einem Weisheitslehrer als Modell der Danksagung zur Unterrichtung junger Schüler in die jetzige Form gebracht wurde, vgl. Gerstenberger, Psalms 1, 1988, 148. Seybold, Psalmen, 1996, 141. Vgl. Gerstenberger, Psalms 1, 1988, 148f. Er scheint von einer nachexilischen Entstehung der Synagogen auszugehen, vgl. Gerstenberger, Psalms 1, 1988, 32. Vgl. Kraus, Psalmen 1–59, 1978, 418. Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 161.210 spricht von einem „weisheitlichen Milieu“ und rechnet die akrostichischen Psalmen einem nachexilischen Gottesdienst zu.

128

5 Psalm 34 (33)

sich vor dem Philisterkönig Achisch verrückt stellt, nachdem er vor Saul geflohen ist (der Psalm spricht fälschlicherweise von Abimelech statt Achisch). Worin jedoch der konkrete inhaltliche Zusammenhang zwischen Ps 34 und 1 Sam 21,11–15 besteht, lässt sich nur schwierig erkennen.480

5.1.3 Kontext im Psalter Enge Verbindungen weist Psalm 34 zu Ps 25 und 37 auf.481 Gelegentlich wird der Psalm auch in die Serie der Krankenpsalmen eingeordnet, wobei der Psalm höchstens Andeutungen auf Krankheit enthält (vgl. V. 21 „Er bewahrt alle seine Gebeine, nicht eines von ihnen wird zerbrochen.“).482

480

481

482

Zu möglichen Gründen für eine Assoziation des Psalms mit der Geschichte aus 1 Sam 21,11–14, vgl. Oeming, Psalm 1–41, 2000, 194; Hossfeld/ Zenger, Psalm 1– 50, 1993, 213; Seybold, Psalmen, 1996, 141. Vgl. Seybold, Psalmen, 1996, 141. Bei Psalm 25 handelt es sich wie bei Ps 34 um einen akrostichischen Psalter, bei dem (vermutlich) auch die ‫ו‬-Zeile fehlte und der letzte Vers aus dem alphabetischen Schema herausfällt (ebf. zusätzliche ‫–פ‬Zeile wie bei Ps 34). Auch inhaltlich lassen sich Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Psalmen erkennen, vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 211; Weber, Werkbuch I, 2001, 133. Vgl. Seybold, Psalmen, 1996, 141. Zenger erkennt außerdem in Ps 25 und 34 einen Spannungsbogen von „Bitte“ – „Dank“ in der Komposition Ps 25–34, vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 211.

5.2

Einzelanalyse zu LXX Psalm 33

Textzeugen In griechischen Hsn., die auf das 5. Jh. n. Chr. oder früher zurückgehen, ist LXX Psalm 33 in den folgenden sieben Hsn. bezeugt: Kodizes/ Hsn., die im den gesamten LXX Psalm 33 beinhalten (z. T. leicht fragmentarisch): A, B, S, 2013, 1219 (LXX Ps 33,1–12.14–23), 2110 (LXX Ps 33,2.7–9.11–18.21–23), 2113 (LXX Ps 33,2–23) Im NT wird LXX Psalm 33 an folgenden Stellen zitiert: 1 Petr 2,3 (LXX Ps 33,9); 1 Petr 3,10–12 (LXX Ps 33,13–17); Joh 19,36 (Ps 33,21) Als alter hebräischer Zeuge aus Qumran ist nur die sehr framentarische Hs. 4QPsa (Ps 34,21–22) vorhanden. Einzelanalyse Vers 1: ӼӤӮӰՌӷ® Ӹն гӤӹӬӧ ՉӴՌӸӨ¯ ԟӮӮӳՁӽӶӨӱ ӸԨӱ ՇӼӬӱ° ӤՐӸӳ՝ ӾӴ֍ӱӤӱӸӬ± аӻӬӰӨӮӨӻ²ӭӤՂӾӴԝӮӹӶӨӱӤՐӸՌӱӭӤՂӾӴԩӮӫӨӱ Ein Psalm, auf David bezogen, als er sein Angesicht vor Abimelech veränderte und der ihn verstieß und er wegging. A, B, S, 1219, 2013, (L), U MT ®  ࡣࡧࢽ ࣚ ࡣࣞ ࡯ࣖ

B ® ӸնгӤӹԞӬӧ

¯

ՉӴՌӸӨ ԟӮӮӳՁӽӶӨӱ

  ࢐ࢁ࢐ࢢ ࣈ ࢪࣝ ࢇࣖ °

  ࢐ࡳࡸࣖ ࡪࣥࢁ ࣒ ࣝ ࡟ࣜ ²

±

࢘࡯ࣜ ࡳ࡫ ࢶ ࣜ ࡡࣚ ࡟ࣘ  ࡫ࣈࡵࣛ ࡺࣖ ࡯ࣚ  ࢏ࡥࢪࣛࢽ ࡾࣘ ࣞࡢ ࣖ࡫ࡧࣤࣂ ࣝ  ॱ࢘࡯ࣤ ࣝ ࣛ࢕ ࣝࡧ

A ® ӸնгӤӹԞӬӧ

¯

¯

¯

ՉӴՌӸӨ ԟӮӮӳՁӽӶӨӱ

°

ӸՍӴӵՌӶӽӴӳӱ ӤՐӸӳ՝ ±

Ant ® ЇӼӤӮӰՌӷЈ ӸնгӤӹӬӧ

²

ЇՊӸӨЈ ԟӮӮӳՁӽӶӨӱ

°

°

ӸՍӴӵՌӶӽӴӳӱ ӤՐӸӳ՝ ӸՍӴӵՌӶӽӴӳӱ ӤՐӸӳ՝ ±

²

±

²

ԗӱӤӱӸՁӳӱ аӥӨӬӰӨӮӨӻ  ԗӱӤӱӸՁӳӱ аӥӬӰӨӮӨӻ  ԗӱӤӱӸՁӳӱ аӥӬӰӨӮӨӻ  ӭӤՂӾӴԝӮӹӶӨӱӤՐӸՌӱ

ӭӤՂӾӴԝӮӹӶӨӱӤՐӸՌӱ ӭӤՂӾӴԝӮӹӶӨӱӤՐӸՌӱ

ӭӤՂӾӴԩӮӫӨӱ

ӭӤՂӾӴԩӮӫӨӱ

ӭӤՂӾӴԩӮӫӨӱ

V. 1a: Ra: init. B´ Ga Lb(sil)´’ He A’ = M] pr. ψαλμος Bo U’–1221 R´’ La: idem in 2013 adfuisse uid. Die bohairische Übersetzung (hier abweichend von B und S), die griechische Papyrushs. U, die sahidische Übersetzung und das Psalterfragment 1221, die griechische Spalte der Diglotte R, sowie die beiden ältesten Hsn. der altlateinischen Übersetzung (LaR und LaG), ein Großteil der antiochenischen Hs. (wobei der Psalterkommentar des Theodoret und die syrische Übersetzung hiervon abweichen) und vermutlich auch die Hs. 2013 bezeugen ein vorangestelltes ψαλμός.

130

5 Psalm 34 (33)

Die LXX bezeugt auch in sechs weiteren Psalmüberschriften ψαλμός, in denen es im MT nicht bezeugt ist.483 Eine LXX stützende hebräische Vorlage ist nicht vorhanden.484 Allgemein ist es eines „der länger bekannten Phänomene der griechischen Psalmtitel […], daß sich an verschiedenen Stellen mehr Text als im gegenüberzustellenden hebräischen Psalm findet.“485 Für die zahlreichen Textüberschüsse der LXX lassen „sich nur an zwei inhaltlich unwichtigen Stellen Parallelen zur LXX in Qumran finden“.486 Dieser Befund legt nahe, dass das vorangestellte ψαλμός der LXX vermutlich nicht auf eine hebräische Grundlage zurückgeht. Die Frage, ob es sich um einen späteren innergriechischen Zuwachs oder um eine Ergänzung durch den Übersetzer selbst handelt, lässt sich aufgrund der starken Bezeugung beider Lesarten nur schwer beantworten. In Gesamtschau der Psalmtitel betrachtet, ist „von den eis to telos-, und den synesisTiteln her deutlich, daß schon der Übersetzer selbst seine eigenen Intentionen eingetragen hat“.487 Auch die Ergänzung eines bloßen ψαλμός durch den Übersetzer selbst ist also ebenso gut denkbar. Die spätere Streichung von ψαλμός ließe sich dann als eine Anpassung ans Hebräische deuten. In den Psalmtiteln ist das Argument der Hebraisierung jedoch verhältnismäßig schwach, da nicht nur die Übersetzer sondern auch die Abschreiber sich in der Überlieferung der Psalmtitel mehr Freiheiten nahmen als im Haupttext (vgl. Einzelanalyse zu LXX Ps 49,1a). Es ist also auch gut denkbar, dass ein späterer Abschreiber hier ψαλμός ergänzt hat. Eine Entscheidung zwischen späterer Hebraisierung und späterer Ergänzung ist hier besonders schwer. Ich bleibe bei Rahlfs’ Entscheidung einer sekundären Ergänzung von ψαλμόςϗ V. 1b: Ra: οποτε] οτε LpauThtp: cf. 31 Einige wenige antiochenische Hsn. und ein Teil der Theodoret Hsn. bezeugen ὅτε anstelle von ὁπότε, was inhaltlich jedoch gleichbedeutend ist. Die gleiche Variante findet sich an vier weiteren Psalmstellen, in LXX Ps 3,1, bezeugt von Lpau Thtp und der Hs. 55, in LXX Ps 55,1 nur von der Hs. 55, in LXX Pss 58,1 und 59,2 von Lpau. Die antiochenischen Hsn. tauschen hier vermutlich das im AT selten vorkommende ὁπότε (nur 7 mal im gesamten AT bezeugt, davon 5 mal in den Psalmen) mit dem geläufigen ὅτε aus (sehr häufig im AT bezeugt, davon jedoch nur 6 mal in den Psalmen). Im Gegenteil dazu gibt es jedoch auch die andere Richtung, dass einige antiochenische Hsn. ὁπότε lesen, während der Mehrheitstext ὅτε bezeugt, nämlich in LXX 483 484 485 486

487

LXX Ps 10,1; 13,1; 24,1; 42,1; 80,1; 98,1. An drei Stellen, bei denen Belege aus Qumran erhalten sind, unterstützen diese den MT, vgl. Rösel, Psalmüberschriften, 2001, 129. Rösel, Psalmüberschriften, 2001, 145. Rösel, Psalmüberschriften, 2001, 145. „Dies ist um so bedeutsamer, als die Psalmen dasjenige Buch sind, von dem in Qumran die meisten Exemplare gefunden wurden.“, ebd. Rösel, Psalmüberschriften, 2001, 145.

5.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 33

131

Ps 95,1 Lpau und der Psalterkommentar des Hesych, in 96,1 Lb und in 142,1 Lpau und vermutlich auch Theodoret. Vermutlich ist ὁπότε auch an diesen Stellen die ursprüngliche Lesart, die später mit dem geläufigeren ὅτε ausgetauscht wurde. V. 1c: Ra: το προσωπον] την οψιν U–1221 Die oberägyptischen Hsn. U und 1221 übersetzen das hebr. Wort ‫ַטעַם‬ „Verstand, Anstand“ mit τὴν ὄψιν statt mit τὸ πρόσωπον. Beide griechischenWörter können mit „das Gesicht“ übersetzt werden. ὄψις steht jedoch auch allgemein für „die äußere Erscheinung, das Aussehen“ und ist in seinem Bedeutungsspektrum dem im AT recht selten bezeugtem Wort ‫ ַטעַם‬näher als πρόσωπον. Beide Wiedergaben sind jedoch an keiner anderen Stelle als Äquivalente für ‫ ַטעַם‬bezeugt, außer πρόσωπον bei der Bezugsstelle in 1.Sam 21,14, auf die sich diese einleitende Psalmnotiz bezieht und bei der im Hebräischen ebf. das Wort ‫ ַטעַם‬steht.488 Man könnte erwägen ob es sich bei der oberägyptischen Lesart um die ursprüngliche Wiedergabe handelt, während die anderen Hsn. mit τὸ πρόσωπον an die Übersetzung in LXX 1.Sam 21,14 angleichen. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass die ursprüngliche Septuaginta bereits das gleiche Wort verwendete, das auch im Bezugstext stand. Die Hs. U bezeugt an mehreren Stellen stilistische Eingriffe und scheint auch hier bewusst das abweichende Äquivalent ὄψις zu wählen. Ein Grund für die Änderung ist jedoch nicht erkennbar. V. 1d: Ra: εναντιον] απεναντι U´–1221 Die Hs. U und die nahestehenden Psalterfragmente 2013 (4. Jh. n. Chr.) und 1221, bezeugen ἀπέναντι statt ἐναντίον. Die Worte sind bedeutungsgleich. Ersteres ist durch die im Wort vorangestellte Präposition ἀπό leicht verstärkt. ἐναντίον ist im AT etwa vierfach so häufig belegt wie ἀπέναντι. Letztlich gibt es aber für beide Worte zahlreiche Belege. In den Psalmen jedoch ist ἀπέναντι eine seltene Form und nur 2 mal belegt, während ἐναντίον an 27 Stellen verwendet wird. Möglicherweise handelt es sich bei ἀπέναντι um die ursprüngliche Lesart und ἐναντίον ist auf eine Vereinheitlichung im LXX-Psalter zurückzuführen. Aufgrund der sehr geringen Bezeugung und der zahlreichen stilistischen Eigenheiten der Hs. U (vgl. 5.3.2.2c) ist ἐναντίον jedoch als ursprüngliche Lesart zu bevorzugen. V. 1e: Ra: αβιμελεχ B´’ R´Aug Ga L´’(He* κ pro χ) A’ = M] αχιμελεχ U´’– 1221 Uulg(cf.S.-St.2, p. 162 n.3), amelech LaG: cf. 512 BHS: GU Αχιμελεχ, LG amelech Der Philisterkönig, auf den sich die Einleitung des Psalms hier bezieht, ist in 1 Sam 21,11 als ‫ אָכִישׁ‬bekannt. Möglicherweise liegt im MT eine Ver-

488

Vgl. Muraoka, Two-way Index, 2010, ὄψις; πρόσωπον.

132

5 Psalm 34 (33)

wechslung mit dem Philisterkönig ‫ אֲ בִימֶ ֶל‬aus Gen 20 und 26 vor489, oder gar eine Verschreibung von ‫ אָכִישׁ מֶ ֶל‬zu ‫אֲ בִימֶ ֶל‬. Eine versehentliche Verwechslung hält Seitz dagegen für unwahrscheinlich490 und vermutet in Anschluss an Childs, dass die Verwendung des Namens „Abimelech“, der in den Erzvätergeschichten für einen Philisterkönig bezeugt ist, eine typologische Assoziation zwischen David und den Erzvätern Isaak und Abraham bezweckt: „In our view, a generic title („Abimelech“) was utilized in the superscripting process not to disturb the Achish association, but as an addition to it, to point the reader to wider canonical signification.“491 Die meisten Hsn. der LXX geben den Namen, MT folgend, mit αβιμελεχ wieder. Die griech. Hs. U, die Psalterfragmente 2013 und 1221 und die sahidische Übersetzung und ebenso die Vulgata492 lesen hier jedoch αχιμελεχ. Der Name ‫ אֲ חִימֶ ֶל‬ist im AT an zehn Stellen bezeugt. Eine Verwechslung der Wiedergabe mit Αβιμελεχ statt Αχιμελεχ ist z. B. in LXX Ps 51,2 und 1.Sam 26,6 (in B*und A) bezeugt. Die Namen konnten also offensichtlich in beide Richtungen miteinander vertauscht werden, was durch den ähnlichen Klang und dem Unterschied in nur einem Buchstaben leicht geschehen konnte. Ein Abschreibfehler ist hier also die wahrscheinlichste Erklärung, die sowohl im Griechischen als auch bereits im Hebräischen erfolgt sein kann. Aufgrund der recht schwachen Bezeugung der αχιμελεχ-Lesart an unserer Stelle, entscheide ich mich gegen die Lesart. Die ursprüngliche Lesart des PsalterKommentars des Hesych bezeugt ein abschließendes κ statt χ, was möglicherweise auf eine Verschreibung zurückgeht. Ebenso handelt es sich bei der Variante der altlateinischen Handschrift LaG amelech vermutlich um einen Schreibfehler. Vers 2: ӨՐӮӳӦԧӶӽӸՍӱӭ՛ӵӬӳӱԗӱӴӤӱӸՂ®ӭӤӬӵնӧӬԇӴӤӱӸՍӷԣӤԷӱӨӶӬӷӤՐӸӳ՝ԗӱӸն ӶӸՌӰӤӸՁӰӳӹ Ich will den Herrn loben zu jeder Zeit, stets soll sein Lob in meinem Munde sein. A, B, S, 1219, 2013, 2110 2113, (L), U MT  ࡥࣈ࡭ࣞ ࡾࣘ ࡡࣞ ࡟ࣘ ࡥࣈࡧࡥࣖ࡫ࣥࢁ ࣞ ࡟ࣜ ®  ࢁࡸࣥ ࢶ ࣛ ࡯࡭ࣞ ࢇࣖ  ࡣ࡫ࡳࣚࢽ ࢯࣞࣂ 489 490

491 492

B ӨՐӮӳӦԧӶӽ ӸՍӱӭ՛ӵӬӳӱ ® ԗӱӴӤӱӸՂ ӭӤӬӵն ӧӬԇӴӤӱӸՍӷ

A ӨՐӮӳӦԧӶӽ ӸՍӱӭ՛ӵӬӳӱ ® ԗӱӴӤӱӸՂ ӭӤӬӵն ӧӬԇӴӤӱӸՍӷ

Ant ӨՐӮӳӦԧӶӽ ӸՍӱӭ՛ӵӬӳӱ ® ԗӱӴӤӱӸՂ ӭӤӬӵն ӧӬԇӴӤӱӸՍӷ

So z. B. Seybold, Psalmen, 1996, 141. Dagegen Seitz, Psalm 34, 2013, 285: „So why Abimelech? Why would such close study and attention to detail as we have otherwise noted in the supercripting process result in a mistake at this point?“ Seitz, Psalm 34, 2013, 287. Die „Vulgata-Ausgabe von 1592 hat Achimelech, aber die von 1590 liest mit allen uns bekannten Gall-Zeugen (BrunCarnFabMartRegUtr) Abimelech.“, Rahlfs, Septuaginta-Studien I-III, 1965, 266.

5.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 33  ࢐ࢁ࣊ ࢜ࣞ ࡥࣚ ࢯࣤ ࣖ  ॱ࡫ࡺࣤ ࣚ ࢇࣖ

133

ԣӤԷӱӨӶӬӷӤՐӸӳ՝ ԣӤԷӱӨӶӬӷӤՐӸӳ՝ ԣӤԷӱӨӶӬӷӤՐӸӳ՝ ԗӱӸնӶӸՌӰӤӸՁӰӳӹ ԗӱӸնӶӸՌӰӤӸՁӰӳӹ ԗӱӸնӶӸՌӰӤӸՁӰӳӹ

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӨӹӮӳӦӪӶӽӸӳӱӭӱӨӱӴӤӱӸӬӭӤӬӵӽЌӧӬӤϓ  ЋӴӤӱ  ϷӸӳӷ ӪӤӬӱӨӶӬӷӤӹӸӳӹӨӱӸӽӶӸӳЌӰӤӸӬϓӰϓ Ћӳӹ P. Bodmer IX (Ra 2113):ӨӹӮӳӦӪӶӽӸӳӱ݀݅ӨӱӴӤӶӬӭӤӬӵӽϷӧӬӤӴӤӱӸӳӷӪӨӱӨӶӨӬӷ ӤӹӸӳӹӨӱӸӽӶӸӳӰӤӸӬӰЋӳӹ V. 2a: Testuz (Ra 2113): πασι: παντι Der P. Bodmer IX bezeugt den Dat. Pl. πᾶσι anstatt des Dativ Sg. παντὶ, das im Zusammenhang stehende Nomen steht jedoch wie in den anderen Hsn. im Dativ Sg. Es handelt sich bei der Dativ Pl.-Form womögich um einen Schreibfehler. Da sich im P. Bodmer IX in den V. 7d und 18e eine ähnliche Variante findet (der Papyrus liest παντων statt πασων), ist jedoch auch zu erwägen, ob es sich um orthographische Varianten handeln könnte. Vers 3: ԗӱ Ӹն ӭӹӵՁի ԗӴӤӬӱӨӫԧӶӨӸӤӬ® ԣ Ӽӹӻԧ Ӱӳӹ ӾӭӳӹӶԆӸӽӶӤӱ ӴӵӤӨՃӷ ӭӤՂ ӨՐӺӵӤӱӫԧӸӽӶӤӱ Meine Seele soll sich des Herrn rühmen; die Sanftmütigen sollen es hören und sich freuen. A, B, S, 1219, 2013, 2113, (L), U MT  ࡥ ࣞࡧࡥ࡫ࢇ࣒ ࣝ ®   ࡯ࣈ࢜ࣛ ࡥࣝ ࢁࣖ ࢯࣚ  ࡫ࢪࢶ ࣚ ࡺࣖ ࣝࡵ ࡱ࡫ࣈࡧࣚ ࣞࡵࡸ࢏ ࣘ ࡸࢼ ࡳࣖ ࢪࣖ ࣚ࡫  ॱ࢏ࡩࡳࣤ ࣞ ࢫࣖ ࣚ࡫ ࣖࡧ

B ԗӱӸնӭӹӵՁի ® ԗӴӤӬӱӨЇӶЈӫԧӶӨӸӤӬ  ԣӼӹӻԧӰӳӹ ӾӭӳӹӶԆӸӽӶӤӱӴӵӤӨՃӷ ӭӤՂӨՐӺӵӤӱӫԧӸӽӶӤӱ

A ԗӱӸնӭӹӵՁի ® ԗӴӤӬӱӨӶӫԧӶӨӸӤӬ  ԣӼӹӻԧӰӳӹ ӾӭӳӹӶԆӸӽӶӤӱӴӵӤӨՃӷ ӭӤՂӨՐӺӵӤӱӫԧӸӽӶӤӱ

Ant ԗӱӸնӭӹӵՁի ® ԗӴӤӬӱӨӫԧӶӨӸӤӬ  ԣӼӹӻԧӰӳӹ ӾӭӳӹӶԆӸӽӶӤӱӴӵӤӨՃӷ ӭӤՂӨՐӺӵӤӱӫԧӸӽӶӤӱ

P. Bodmer IX (Ra 2113): ӨӱӸӽ݀‫ݙ‬ӨӴӨӱӨӶӫӪӶӨӸӨӪӼӹӻӪӰӳӹ  ϷӤӭӳӹӶӤӸӽӶӤӱ ӴӵӤӨӬӷӭӤӬӨӹӺӵӤӱӫӪӸӽӶӤӱ V. 3a: Ra: επαινεσθησεται B´ 2013 R A´] σ 10 > U–1221 L´ 55: cf. 439 6212 6311 et Thack. p. 219 Die griechische Hs. U und das Psalterfragment 1221, sowie die antiochenischen Hsn., der Psalterkommentar des Theodoret und die Hs. 55 bezeugen ἐπαινεθήσεται. Thackeray schreibt in Bezug auf die Bildung von Fut. passiv-Verben: „in the κοινή is a marked tendency to insert σ where it was not used in the older language.“493 Es handelt sich bei ἐπαινεθήσεται also vermutlich um die ältere Lesart.494 493 494

Thackeray, Grammar, 1909, 219. Thackeray geht hier dagegen von επαινεσθησεται als die ursprüngliche Form aus und listet die Stelle als Beispiel auf für eine „Insertion of σ contrary to Attic practice“. Grund für seine Entscheidung ist, dass die Form mit Sigma im AT sehr stark bezeugt ist, vgl. Thackeray, Grammar, 1909, 219. Das bestärkt jedoch nur die Vermutung, dass ἐπαινεθήσεται ursprünglich ist und die Wiedergabe mit Sigma eine spätere

134

5 Psalm 34 (33)

Papyrus Bodmer IX, von Testuz ins 4. Jh datiert, bezeugt επενεσθησετε, vertauscht also an zwei stellen αι mit ε. Eine Verwechslung von αι und ε kommt im P. Bodmer IX häufiger vor 495 (deswegen wohl ist die Variante im Apparat von Testuz nicht vermerkt). Bei der ersten Stelle in unserem Wort handelt es sich um einen Schreibfehler. Die zweite Stelle könnte laut Egan als eine Änderung der Verbalendung von der 3. Sg. zur 2. Pl. interpretiert werden.496 Die 2. Pl müsste jedoch normalerweise επαινεθησεσθε lauten, von daher handelt es sich vermutlich auch hierbei um einen Schreibfehler.497 Vers 4: ӰӨӦӤӮ՛ӱӤӸӨӸՍӱӭ՛ӵӬӳӱӶ՜ӱԗӰӳՁӭӤՂՔӼըӶӽӰӨӱ®ӸՍՇӱӳӰӤӤՐӸӳ՝ԗӴՂӸՍ ӤՐӸՌ Macht den Herrn groß mit mir und lasst uns miteinander seinen Namen erhöhen! A, B, S, 1219, 2013, 2113, (L), U MT ࡥࣈࡧࡥ࡫ ࣞ ࡯࢏ ࣝ ࣈ࡯ࢋࣖ ࣝࢉ  ࡫ࢯࢶ ࣚ ࡟ࣚ ®   ࡥࡳࢼ ࣞ ࡳ࢐ࡾ ࣖ ࣖࡵ࢏  ࢐ࡳࣈ ࢪࣖ  ॱࡧࢋࣤ ࣞ ࡩࣖ ࣝ࡫

B ӰӨӦӤӮ՛ӱӤӸӨӸՍӱӭ՛ӵӬӳӱ Ӷ՜ӱԗӰӳՁ ® ӭӤՂՔӼըӶӽӰӨӱ  ӸՍՇӱӳӰӤӤՐӸӳ՝ ԗӴՂӸՍӤՐӸՌ

A ӰӨӦӤӮ՛ӱӤӸӨӸՍӱӭ՛ӵӬӳӱ Ӷ՜ӱԗӰӳՁӭӤՂ ® ՔӼըӶӽӰӨӱ  ӸՍՇӱӳӰӤӤՐӸӳ՝ ԗӴՂӸՍӤՐӸՌ

Ant ӰӨӦӤӮ՛ӱӤӸӨӸՍӱӭ՛ӵӬӳӱ Ӷ՜ӱԗӰӳՁ ® ӭӤՂՔӼըӶӽӰӨӱ  ӸՍՇӱӳӰӤӤՐӸӳ՝ ԗӴՂӸՍӤՐӸՌ

P. Bodmer IX (Ra 2113): ӰӨӦӤӮӳӬӱӤӸӨӸӳӱ݀݅ӶӹӱӨӰӳӬϷӭӤӬӹӼӳӶӤӸӨӸӳӳӱӳӰӤ ӤӹӸӳӹӨӴӬӸӳӤӹӸӳ V. 4a: Ra: υψωσωμεν] –σατε U’–1093–1221(cf.S.-St.2, p.155): ad 41 adapt. Testuz (Ra 2113): υψοσατε avec U, 1093, 1221, sa : υψωσωμεν Der oberägyptische Texttyp, hier vertreten durch die griech. Handschrift U die sahidische Übersetzung und die Psalterfragmente 1093 und 1221, sowie 2113 (P. Bodmer IX) bezeugen die 2. Pl. ὑψώσατε. Es handelt sich vermutlich um eine Angleichung an das vorangehende μεγαλύνατε (vgl. RaApparat).498

495

496 497

498

Anpassung an die im AT geläufigere Form darstellt, da keine Gründe für eine spätere Streichung des Sigmas erkennbar sind. „In particular, Ε (epsilon) replaces ΑΙ (alpha-iota), and Ω (omega) and Ο (omicron) are interchanged.“, Egan, The Manuscript Tradition, 2012, 515. Siehe auch die Tabelle, a. a. O., 516. „A frequent change that occurs in this list is the shift from third singular verbal endings to second plural.“, Egan, The Manuscript Tradition, 2012, 515. Dies schließt auch Egan nicht aus. „Here the verb form differs from Rahlfs (Ra), but the significance of the change is diminished because it may simply be a spelling error.“, Egan, The Manuscript Tradition, 2012, 515. Änderungen in den Verbindungen sind im P. Bodmer IX auffällig häufig bezeugt. Für eine Auflistung der Varianten, vgl. Egan, The Manuscript Tradition, 2012, 516f. Da die Variante hier jedoch neben dem P. Bodmer IX von weiteren Hsn. bezeugt ist, ist sie hier vermutlich durch den Kontext bedingt.

5.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 33

135

Vers 5: ® ԗӲӨөԧӸӪӶӤ ӸՍӱ ӭ՛ӵӬӳӱ ¯ ӭӤՂ ԗӴԧӭӳӹӶԝӱ Ӱӳӹ ӭӤՂ ԗӭ ӴӤӶժӱ Ӹժӱ ӫӮՁӼӨӽӱ°±ԗӵӵ՛ӶӤӸՌӰӨ Ich suchte den Herrn, und er erhörte mich, und aus allen meinen Bedrängnissen errettete er mich. A, B, S, 1219, 2013, 2113, (L), U MT ®  ࡫ࢯࣚ ࢪࣖ ࡾࣈ ࣝ ࢋࣞ ¯ ࣞ ࡟ࣜ  ࡥࣈࡧࡥࣖ࡫ࣥࢁ  ࡫ࣚࡵࢶࡵࣞ ࡸࣞ ࣖࡧ  ࣥ࡯࢚ࣞ ࡳ࢏ ࣚ ±°  ࡫ࢁ࢐ࡾ࢏ࡢ ࣝࢽ ࡳࣖࣂ  ॱ࡫ ࣚࡵ࡯࡫ ࣤ ࣞ ࢧࣚ ࡥࣚ

B ® ԗӲӨөԧӸӪӶӤ ¯ ӸՍӱӭ՛ӵӬӳӱ ӭӤՂԗӴԧӭӳӹӶԝӱӰӳӹ ӭӤՂԗӭӴӤӶժӱ ° ± ӸժӱӴӤӵӳӬӭӬժӱ Ӱӳӹ  ԗӵӵ՛ӶӤӸՌӰӨ

A ® ԗӲӨөԧӸӪӶӤ ¯ ӸՍӱӭ՛ӵӬӳӱ ӭӤՂԗӴԧӭӳӹӶԝӱӰӳӹ ӭӤՂԗӭӴӤӶժӱ ° ± ӸժӱӫӮՁӼӨӽӱ Ӱӳӹ  ԗӵӵ՛ӶӤӸՌӰӨ

Ant ® ԗӲӨөԧӸӪӶӤ ¯ ӸՍӱӭ՛ӵӬӳӱ ӭӤՂԗӴԧӭӳӹӶԝӱӰӳӹ ӭӤՂԗӭӴӤӶժӱ ° ± ӸժӱӫӮՁӼӨӽӱ Ӱӳӹ  ԗӵӵ՛ӶӤӸՌӰӨ

P. Bodmer IX (Ra 2113): ӨӦӽ ӨӲӨөӪӸӪӶӤ Ӹӳӱ݀݅ӭӤӬӨӴӪӭӳӹӶӨӱӰӳӹ  ϷӭӤӬ Өӭ ӴӤӶӽӱӸӽӱӴӤӵӳӬӭӨӬӽӱӨӵӳӬӶӤӸӳӰӨ V. 5a: Ra: init.] pr. εγω U’–1221–2038 Testuz (Ra 2113): εγω add, avec U, 1221, 2038, sa Der oberägyptische Text, hier vertreten durch die griechische Papyrushs. U, der sahidischen Übersetzung und den Psalter-Fragmenten 1221 und 2038 und außerdem P. Bodmer IX bezeugen ein vorangestelltes ἐγώ. Die alte oberägypt. Hs. 2013 weicht dagegen hier ab. Das Personalpronomen ἐγώ wird wahrscheinlich ergänzt, um in Abgrenzung an den Kontext die 1. Sg.Verbalendung stärker zu betonen. Ob die Ergänzung auf den ursprünglichen Übersetzer zurückgeht oder später in die griechische Überlieferung hineingeraten ist, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Da die Ergänzung nur in oberägyptischen Hsn. bezeugt ist, die häufiger alleine in der griechischen Überlieferung vom MT abweichen (gelegentlich auch nur einzelne oberägyptische Hsn., vgl. z. B. die Hs. U in V. 21d-d), handelt es sich wohl auch hier um eine sekundäre Ergänzung. V. 5b: Ra: κυριον] + μου 2013 Das oberägypt. Psalmenfragment 2013 bezeugt das Possessivpronomen μου nach τὸν κύριον. ‫ יהוה‬mit Possessivpronomen ist nirgends im AT bezeugt. Auch im Griechischen kommt τὸν κύριον als Objekt mit einem Possessivpronomen μου in der LXX an keiner Stelle in Bezug auf Gott vor, sondern nur in Bezug auf Menschen (z. B. in 2 Sam 3,21 in Bezug auf David). Vermutlich handelt es sich um eine versehentliche Ergänzung oder Verschiebung des Possessivpronomens (es fehlt bei der Hs. 2013 in 5d). V. 5c: Ra: παροικιων B´’ U´’–1221–2038 = M] θλιψεων R´’ Ga L´’Th A’: ex 7.18 Testuz (Ra 2113): παροικειων avec B, S, U, 2013, 1221, 2038, bo, sa, Massor (var : θλιψεων)

136

5 Psalm 34 (33)

Der abendländische Texttyp gestützt durch das Psalterium Gallicanum des Hieronymus, der antiochenische Text, Theodor von Mopsuestia, sowie der Alexandrinische Text mit der Hs. 55 bezeugen θλίψεων anstelle von παροικιῶν. Das griech. Wort παροικία, deutet das hebräische Wort ‫ מגור‬von der ersten Bedeutung der Wurzel ‫ גור‬her „sich als Fremder niederlassen“499 und beschreibt im Griechischen den Aufenthalt des Nichtbürgers an fremden Ort,500 was im Kontext jedoch schlecht passt: „und aus allen meinen Aufenthalten als Nichtbürger an fremden Orten rettete er mich“.501 Der hebräische Text verstand ‫ מְגוּרוֹתַי‬hier vermutlich eher im Sinne von „meine Ängste“ von ‫ גור‬III „sich fürchten“, eine Bedeutung, die verhältnismäßig selten bezeugt ist502 und als Nomen in der Bedeutung „Angst, Grauen“ ansonsten nur noch in Spr 10,24 und Jes 66,4 bezeugt ist. Der Übersetzer von Psalm 49 hatte womöglich nur eine vage Idee dieser Bedeutung des hebräischen Wortes ‫ גור‬und wählte in Orientierung an Vers 8 und 18 das Wort θλῖψις als Äquivalent.503 Die Wiedergabe von ‫ מגור‬mit θλῖψις ist ansonsten an keiner Stelle in der LXX bezeugt,504 παροικιῶν μου ist also die geläufigere Wiedergabe des Wortes ‫מְגוּרוֹתַי‬, während θλίψεων μου jedoch eine besser verständliche Lesart bietet. Es lässt sich vermuten, dass es sich bei παροικιῶν μου um eine spätere Anpassung an die geläufigere Bedeutung von ‫( גור‬I) „sich als Fremder niederlassen“ auf Kosten der inhaltlichen Verständlichkeit handelt.505

499 500

501

502 503 504 505

Vgl. Gesenius, 2013, ‫גור‬1. Vgl. BA, 1988, παροικία1: „v. Aufenthalt d. Israeliten in Ägypten“. Ähnlich auch Muraoka, Lexicon, 2009, s. v.: „state of being πάροικος“ oder „residents as πάροικοι“. Jobes sieht in der Wiedergabe mit παροικιῶν μου eine Kontextualisierung für die im Exil lebenden Juden, die auf die ursprüngliche Septuaginta zurückgehe, vgl. Jobes, Textual Tradition, 2006, 328. Dies setzt jedoch als Zielgruppe des LXX Psalters die in der Diaspora lebenden Juden voraus, was umstritten ist. Außerdem ist der Plural παροικιῶν im Kontext schwierig zu interpretieren (eine Sg.-Form würde mehr Sinn ergeben) und es bleibt die Frage offen, an was für eine Rettung hier gedacht wird. Wenn von einer Rettung aus der Fremde (bzw. dem Aufenthalt in der Fremde) die Rede ist, dann muss der Vers eigentlich im Kontext einer bereits vollzogenen Rückkehr nach Israel verstanden werden, was einer Kontextualisierung für die im Exil lebenden Juden widerspricht. Vgl. Gesenius, 2013, ‫(גור‬3). Vlg. Olofsson, As a dear, 2011, 209: „Sometimes the rendering in the Psalter seems to be a guess from the context as regards the semantic meaning of the Hebrew word“. Vgl. Muraoka, Two-way Index, 2010, θλῖψις; παροικία: Als Äquivalent für ‫ מָגוֹר‬ist παροικία dreimal und θλῖψις keinmal bezeugt. Jobes sieht dagegen den Grund für die Wiedergabe mit παροικιῶν μου in einer Kontextualisierung für die im Exil lebenden Juden, die auf die ursprüngliche Septuaginta zurückgeht, vgl. Jobes, Textual Tradition, 2006, 328.

5.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 33

137

V. 5d: Ra: μου ult. > 2013–2038 Testuz (Ra 2113): après ce mot, om μου avec 2013, 2038 Das Possessivpronomen μου an der letzten Stelle im Vers fehlt in den oberägypt. Psalterfragmenten 2013, 2038 und im Papyrus Bodmer IX (2113). Das Fragment 2013 bezeugt das Possessivpronomen dafür an anderer Stelle (vgl. 5b). Varianten bei Possessivpronomen sind relativ häufig. Vermutlich handelt es sich um sekundäre Lesarten. Vers 6: ӴӵӳӶԝӮӫӨӸӨ®ӴӵՍӷӤՐӸՍӱӭӤՂӺӽӸՁӶӫӪӸӨ¯ ӭӤՂӸԇӴӵՌӶӽӴӤՔӰժӱ°ӳՐӰԨ ӭӤӸӤӬӶӻӹӱӫԵ± Kommt zu ihm und werdet erleuchtet, und eure Angesichter sollen keinesfalls zuschanden werden. A, B, S, 1219, 2013, 2113, (L), U MT ®   ࢏ࡪ࡫ࢇࣈ ࣚ ࡥࣚ  ࡧ࡫ࣈ࡯ࣞ ࡟ࣛ ¯   ࢏ࡾࡥࢶ ࣞ ࣞࡵ ࣖࡧ °   ࡱࡥ࡫ ࣜࢽ ࣛࡵࡺࣖ ࣂ࢏ ± ॱ ࢏ࡾࢥࣤ ࣞ ࡩࣖ ࣜ࡫ࣥ࡯࡟ࣝ

B ® ӴӵӳӶԝӮӫӤӸӨ  ӴӵՍӷӤՐӸՍӱ ¯ ӭӤՂӺӽӸՁӶӫӪӸӨ  ° ӭӤՂӸԇӴӵՌӶӽӴӤՔӰժӱ  ± ӳՐӰԨӭӤӸӤӬӶӻӹӱӫԵ 

A ® ӴӵӳӶԝӮӫӤӸӨ  ӴӵՍӷӤՐӸՍӱ ¯ ӭӤՂӺӽӸՁӶӫӪӸӨ  ° ӭӤՂӸԇӴӵՌӶӽӴӤՔӰժӱ  ± ӳՐӰԨӭӤӸӤӬӶӻӹӱӫԵ

Ant ® ЇӴӵӳӶԝӮӫӨӸӨЈ  ӴӵՍӷӤՐӸՍӱ ¯ ӭӤՂӺӽӸՁӶӫӪӸӨ  ° ӭӤՂӸԇӴӵՌӶӽӴӤՔӰժӱ  ± ӳՐӰԨӭӤӸӤӬӶӻӹӱӫԵ

P. Bodmer IX (Ra 2113): ӴӵӳӶӨӮӫӤӸӨ Ӵӵӳӷ ӤӹӸӳӱ ӭӤӬ ӺӳӸӬӶӫӪӸӨ  ϷӭӤӬ ӸӤ ӴӵӳӶӽӴӤӹӰӽӱӳӹӰӪӭӤӸӨӶӻӹӱӫӪ V. 6a: Ra: προσελθατε] –θετε 1221–2038 La´-(non ZHe): cf. 348 3512 etc. et Thack. p.211 BHS: 1 c nonn Mss α´ S Hier ´‫ ; ַה‬G προσέλθατε = ‫גְשׁו‬ Die oberägyptischen Hsn. 1221 und 2038 und viele antiochenische Hsn., sowie der Psalmenkommentar des Theodoret bezeugen προσέλθετε, also die für den Aorist II gängige 2. Pl. Imp.-Endung. Die Aorist II-Endungen wurden mit der Zeit immer häufiger durch Aorist I.-Endungen abgelöst, v. a. die Imperativ-Endungen506, was sich in der späteren Lesart der anderen Hsn. widerspiegelt. Zugrunde liegt der hebräische Text ‫ ִהבִּיטוּ‬, 3. Pl. Pf. Hi. von ‫„ נבט‬aufblicken“. Die LXX übersetzt frei mit προσέρχομαι „herzutreten“507, was inhaltlich jedoch kaum einen Unterschied macht. Sie weicht jedoch außer506

507

„The most marked change under this head is the gradual disappearance of the second aorist forms and the intrusion of the first aorist forms into their place“, Thackeray, Grammar, 1909, 209. Siehe auch a. a. O., 211: „The commonest LXX exx. of the -α type after the two which have classical authority are: […] ἦλθα mainly in imperat. ἐλθάτω –ατε.“ Die häufige Bezeugung der – α Form in der LXX sieht Rahlfs vermutlich als Grund für die Ursprünglichkeit (s. Ra-Apparat), wobei es m. E. gegen die Ursprünglichkeit spricht, da sich eine spätere Änderung zur ungeläufigen Form nur schwer erklären lässt (vgl. auch Einzelanalyse zu V. 3a). προσέρχομαι ist ansonsten an keiner Stelle αls Wiedergabe für ‫ נבט‬bezeugt, vlg. Muraoka, Two-way Index, 2010, s.v.

138

5 Psalm 34 (33)

dem in der Form des Verbes ab. Die Lesart des MT „Sie blickten auf ihn“ ist schwierig, da das Subjekt des Satzes unklar ist und im Kontext nicht gut passt. BHS schlägt vor, wie einige hebr. Hsn., Aquilas griechische Übersetzung, die syrische Übersetzung und Hieronymus‘ „Psalterium Hebraicum“, ‫( ַהבִּיטוּ‬2. Pl. Imp. Hi.) zu lesen, was von der Verbform her der Septuaginta entsprechen würde. Aufgrund der einstimmigen Bezeugung in der Septuaginta und die Unterstützung durch die oben genannten Übersetzungen, hat die Septuaginta hier vermutlich die ursprüngliche Lesetradition des hebräischen Konsonantentextes, die besser in den Kontext passt, erhalten, auch wenn die MT Lesart die lectio difficilior darstellt (vgl. auch V. 6b) V. 6b: BHS: 1´ ְ‫ וּנ‬cf. G α´; S wsbrw bh et sperate in eo Der Apparat der BHS schlägt vor hier ‫( וּנְהָרוּ‬2. Pl. Imp. Qal) statt ‫( ְונָהָרוּ‬3. Pl. Pf. Qal) zu lesen, entsprechend dem griechischen φωτίσθητε (2. Pl. Imp. Aor. passiv). Vermutlich ist hier, wie bei V. 6a davon auszugehen, dass die Septuaginta die ursprüngliche Lesetradition des hebräischen Konsonantentextes bezeugt (vgl. Einzelanalyse zu V. 6a). Die Peschitta bezeugt ebf. den 2. Pl. Imp., verwendet jedoch das Wort „hoffen“ (aktiv) anstelle von „erleuchtet werden“ (passiv). V. 6c: BHS: 1 ‫יכֶם‬- cf GS Passend zu der vorangehenden 2. Pl. Imp.-Lesart schlägt BHS vor, hier das Suff. in der 2. Pl. statt 3. Pl. zu lesen, was auch von den griechischen und syrischen Übersetzungen bezeugt wird. Das Suffix 3. Pl. ist möglicherweise durch eine Verschreibung (‫ וּ ְפנֵיהֶם‬statt ‫ )וּ ְפנֵיכֶם‬in die hebräische Texttradition hineingekommen, wodurch dann die abweichende Lesung der vorangehenden Verbformen als 3. Pl. Pf. statt 2. Pl. Imp. zustande gekommen sein könnte. Eine umgekehrte Beeinflussung, dass die abweichende Lesetradition in V. 6a und 6b den Wechsel der Suffixform hier bedingt hat, ist jedoch auch denkbar. V. 6d: Ra: καταισχυνθη] –θωσεν (sic) 1219: cf. 113 Die ursprüngliche Septuaginta bezeugt das Verb καταισχύνω, das sich auf τὰ πρόσωπα ὑμῶν (Neutrum Pl.) bezieht „eure Angesichter sollen nicht zuschanden werden“ im attischen Stil im Sg.508 Die dem Kodex Alexandrinus nahestehende aus dem 5. Jh. n. Chr. stammende Hs. 1219 bezeugt die Verbalendung –θωσεν, was vermutlich eine 3. Pl. Konj. Aor. passiv (normalerweise καταισχυνθῶσιν) darstellt. Bei der pluralischen Verbform handelt es

508

Vgl. BDR §133: „Einem Ntr.Pl. als Subj. entspricht ein Verbum finitum im Sgl. als Prädikat. Die Konstruktion ist im Att. besonders fest.“

5.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 33

139

sich um eine Anpassung an den MT oder um eine spätere griechische Schreibweise.509 Vers 7: ® ӳ՗Ӹӳӷ¯ Չ ӴӸӽӻՍӷ ԗӭԝӭӵӤӲӨӱ° ӭӤՂ Չ ӭ՛ӵӬӳӷ ӨԶӶԧӭӳӹӶӨӱ ӤՐӸӳ՝± ӭӤՂ ԗӭ ӴӤӶժӱ²ӸժӱӫӮՁӼӨӽӱӤՐӸӳ՝³ԗӵӵ՛ӶӤӸӳ´ӤՐӸՌӱ Dieser Arme schrie, und der Herr hörte ihn, und aus allen seinen Bedrängnissen rettete er ihn. A, B, S, 1219, 2013, 2110 2113, (L), U MT ¯ ® ࡫ࣈࡵࣚ ࡸࣞ  ࡥࣉࡨࣜ  °   ࡟ࡾࣞ ࡽ࣒ ࣞ  ࡥࣈࡧࡥ࡫ ࣞ ࣝࡧ ±  ࣝ ࡳࢶ ࣛ ࢪࣞ আ ² ࣚ  ࣥ ࡯࢚ࣞ ࡳ࢏ ³   ࡧ࡫ࢁ࢐ࡾ ࣞࢽ ࡼࣞࣂ ´ ࣤ ࢪ࢐ࡥ ࣚ ॱ ࢐ࡸ࡫

B ® ¯ ӳ՗Ӹӳӷ ՉӴӸӽӻՍӷ ° ԗӭԝӭӵӤӲӨӱ  ӭӤՂՉӭ՛ӵӬӳӷ ± ӨԶӶԧӭӳӹӶӨӱӤՐӸӳ՝  ² ӭӤՂԗӭӴӤӶժӱ  ³ ӸժӱӫӮӨՁӼӨӽӱӤՐӸӳ՝  ´ ԘӶӽӶӨӱ ӤՐӸՌӱ

A ® ¯ ӳ՗Ӹӳӷ ՉӴӸӽӻՍӷ ° ԗӭԝӭӵӤӲӨӱ  ӭӤՂՉӭ՛ӵӬӳӷ ± ӨԶӶԧӭӳӹӶӨӱӤՐӸӳ՝  ² ӭӤՂԗӭӴӤӶժӱ  ³ ӸժӱӫӮՁӼӨӽӱӤՐӸӳ՝  ´ ԘӶӽӶӨӱ ӤՐӸՌӱ

Ant ® ¯ ӳ՗Ӹӳӷ ՉӴӸӽӻՍӷ ° ԗӭԝӭӵӤӲӨӱ  ӭӤՂՉӭ՛ӵӬӳӷ ± ӨԶӶԧӭӳӹӶӨӱӤՐӸӳ՝ ² ӭӤՂԗӭӴӤӶժӱ  ³ ӸժӱӫӮՁӼӨӽӱӤՐӸӳ՝  ´ Їԗӵӵ՛ӶӤӸӳЈ ӤՐӸՌӱ

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӸӽӱӫӮӬӼӨӽӱӤӹЌӸӳӹӨӶϓ ӽϓЋӶӨӱӤӹӸӳӱ P. Bodmer IX (Ra 2113): ӳӹӸӽӷӳӴӸӳӻӳӷӨӱӨӭӵӤӲӨӱ ӭӤӬ݈࠶݀‫ݐ‬ӨӬӶӪӭӳӹӶӨӱ ӤӹӸӳӹ ӭӤӬӨӭӴӤӱӸӽӱӸӽӱӫӮӨӬӼӨӽӱӤӹӸӳӹӨӶӳӶӨӱӤӹӸӳӱ V. 7a: BHS: ‫ו‬-stropha deest Es handelt sich um einen alphabetischen Psalm.510 „Der ‫–ו‬Vers ist weggelassen und wird (später?) durch einen zusätzlichen, finalen ‫–פ‬Vers kompensiert.“511 V. 7b: Testuz (Ra 2113): ουτως = ουτος Omega und Omikron werden im P. Bodmer IX häufiger verwechselt.512 Es handelt sich um einen Schreibfehler. V. 7c: Testuz (Ra 2113): ενεκραξεν: εκεκραξεν ἐκέκραξεν ist eine in der LXX häufig auftauchende 3. Sg. Aor.-Form von κράζω (bzw. von κέκραγα513). Die Form ενεκραξεν ist an keiner anderen Stelle der LXX bezeugt. Wahrscheinlich handelt es sich um eine versehentliche Verwechslung von ν und κ. 509

510 511

512 513

Vgl. BDR §133: „Seit hellenistischer Zeit wird statt des Sgl. des Verbs in zunehmendem Maße der Pl. gesetzt, der im Ngr. allein gilt. Im NT zeigt sich wie in LXX und in Pap. starkes Schwanken, oft auch in den Einzelfällen Schwanken der HS.“ Zu den alphabetischen Psalmen vgl. Kraus, Psalmen 1–59, 1978, 218f. Weber, Werkbuch Psalmen I, 2001, 166. Weber ist der Meinung, dass die Änderung möglicherweise absichtlich geschehen ist, um ein Anfang-Mitte-Schluss-Schema zu erzielen und durch poetisch kunstvolle Mittel die leitende Absicht, die in der Psalmmitte kundgetan wird, zu unterstreichen, dazu vgl. ebd. Vgl. Egan, The Manuscript Tradition, 2012, 515. „κέκραγα, das Präsensbedeutung hatte und leicht einen solchen Aorist nach sich ziehen konnte, neu gebildet ἐκέκραξα“, Helbing, Grammatik, 1907, 90f.

140

5 Psalm 34 (33)

V. 7d: Ra: αυτου 10] ob. Ga; αυτων S: ex 18; auton R, i. e. αυτον (uid.), = eum La Ga: cf. 18 et 534 576 986.8 1012 10544 et Johannessohn Kas. p. 36 et Helbing Kas. p. 153/4 Die LXX ergänzt ein Personalpronomen gegenüber dem MT. Möglicherweise ist die Ergänzung durch eine Dittographie des folgenden Waws (Kopula) im Hebräischen entstanden oder es handelt sich um eine die häufig in der LXX bezeugte explizite Wiedergabe eines impliziten Objekts. Das αὐτοῦ im ersten Satzteil ist im Psalterium Gallicanum des Hieronymus durch ein Obelus als griechischer Überschuss gegenüber dem MT gekennzeichnet (vgl. auch die Parallelstelle in V. 18c. Dort streicht Ga das Possessivpronomen in Anpassung an den MT), wobei es das Pronomen im Akk. statt im Gen. bezeugt, wie auch die altlateinischen Hsn. (bezeugt durch LaG und LaR) und auch die griech. Spalte der Diglotte R. „Die Person, die man anhört oder auf die man hört, steht immer, wie zu allen Zeiten […], im Genetiv“.514 Die Sg. Akk.- Form ist möglicherweise durch einen Schreibfehler entstanden (Verwechslung von Ν und Υ) oder sie ist bedingt durch die lateinische Grammatik.515 Der Kodex Sinaiticus bezeugt das Pronomen im Pl., was als Anpassung an den nahezu identisch lautenden V. 18 gedeutet werden könnte, wobei dann jedoch verwundert, warum nicht der gesamte restliche Satz ebenfalls an die Pl.-Form angepasst wurde. Es ist unwahrscheinlich, dass es sich hierbei um eine ursprüngliche lectio difficilior handelt, da dasselbe Phänomen im folgenden Versabschnitt in der Hs. Z begegnet. Was letztlich zu den abweichenden Lesarten geführt hat ist kaum zu rekonstruieren. Von einer Tendenz der Textüberlieferung zur Angleichung von V. 7 und 18, was auch der textkritische Apparat von Rahlfs andeutet, kann jedoch nicht ausgegangen werden, da die Hsn. S und Z eine solche nur punktuell bezeugen und zudem auch die Verwendung der sehr ähnlichen Wörter ‫ ישׁע‬und ‫ נצל‬nicht vereinheitlicht wurden (s. u. Tabelle, und vgl. Einzelanalyse zu V. 7f). Möglicherweise handelt es sich auch bei der Pl.-Form um einen Schreibfehler. Tabelle: Vergleich LXX Ps 33,7 und 18 Vers 7: MT ‫ֶז֤ה ָע ִנ֣י ֭ ָק ָרא‬ ‫ַיהו֣ה שׁ ֵ ָ֑מ ַע‬ ָ ‫ו‬

‫וּ ִמכָּל־‬ ‫ָ֜צרוֹתָ֗ יו‬ ‫הוֹשִׁיעֽוֹ׃‬

514 515

B οὗτος ὁ πτωχὸς ἐκέκραξεν καὶ ὁ κύριος εἰσήκουσεν αὐτοῦ/ αυτων (S) / eum (R, La, Ga) καὶ ἐκ πασῶν τῶν θλείψεων αὐτοῦ/αυτων (Z) ἔσωσενf αὐτόν/αυτους (Z)

Vers 18: MT ‫ָצע ֲ֣קוּ‬ ‫ַיהו֣ה שׁ ֵ ָ֑מ ַע‬ ָ ‫ו‬

‫וּ ִמכָּל־‬ ‫ָ֜צרוֹתָ֗ ם‬ ‫ִהצִּילָ ֽם׃‬

Helbing, Kasussyntax, 1928, 150. Das gleiche Phänomen tritt nämlich auch in V. 18c auf.

B ἐκέκραξαν οἱ δίκαιοι καὶ ὁ κύριος εἰσήκουσεν αὐτῶν / eos (R, La, Uulg) καὶ ἐκ πασῶν τῶν θλ(ε)ίψεων αὐτῶν ἐρ[ρ]ύσατο αὐτούς

5.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 33

141

V. 7e: Testuz (Ra 2113): παντων: πασων P. Bodmer IX bezeugt πάντων (Gen. Pl. m./ n.) anstelle von πασῶν (Gen. Pl. f.). θλῖψις steht normalerweise im Femininum. Eine versehentliche Verwechslung ist unwahrscheinlich, da die Hs. in V. 18e nochmal dieselbe Abweichung bezeugt. Möglicherweise handelt es sich um eine spätere grammatische oder orthographische Variante (vgl. auch Einzelanalyse zu V. 2a). V. 7f: Ra: αυτου 20 ..αυτον] αυτων .. αυτους Z: ex 18 Der Kodex Zuqninensis rescriptus, eine syrische Hs., die dem antiochenischen Text nahesteht, liest in der zweiten Satzhälfte die Pronomina in Pl., möglicherweise in Anpassung an V. 18. Dann verwundert jedoch wie beim Kodex Sinaiticus in V. 7d, dass die Anpassung an den V. 18 nur für Teile von V. 7 vollzogen wurde. Die Variante lässt sich schwer erklären. Womöglich handelt es sich einfach um einen Schreibfehler. V. 7g: Ra: εσωσεν] ερρυσατο U(non 2013–1221–2038) LpauHe: ex 5. 18 Testuz (Ra 2113): εσοσεν avec 2013, 1221, 2038 (var : ερρυσατο U) Die griech. Papyrushs. U (anders als die ihr nahestehenden Psalmenfragmente 2013, 1221 und 2038 und die P. Bodmer IX), wenige antiochenische Handschriften und der Psalterkommentar des Hesych bezeugen ἐρρύσατο anstelle von ἔσωσεν. Die Hsn. 2013, 1221, 2038 und P. Bodmer IX stützen dagegen den Rahlfs-Text, jedoch mit einer Verwechslung von Omikron und Omega (ἔσοσεν statt ἔσωσεν). Die Wurzel ‫ ישׁע‬kann im AT sowohl mit ῥύομαι als auch mit σῴζω wiedergegeben werden, wobei σῴζω die weitaus häufigere Wiedergabe ist (s. u. Tabelle). Möglicherweise spiegelt ἐρρύσατο hier das Bestreben wider, V. 7 deutlicher mit ῥύσεται in V. 8 in Verbindung zu bringen. Das gleiche Phänomen findet sich nämlich auch in genau umgekehrter Richtung in V. 18, in dem ebenfalls der Schreiber der Hs. U von ἐρρύσατο zu ἔσωσεν abändert, möglicherweise um das Wort an den folgenden Kontext anzupassen (V. 19 σώσει). In jedem Fall scheint es sich bei den Lesarten von U aufgrund der schwachen Bezeugung um sekundäre Varianten zu handeln. Tabelle: Die Verwendung von σῴζω und ῥύομαι Vers 7 8 18 19

MT ‫ישׁע‬ ‫חלץ‬ ‫נצל‬ ‫ישׁע‬

In LXX Ps 33 σῴζω Ra U(non 2013) Ra

ῥύομαι U(non…) LpauHe Ra Ra -

Im LXX AT σῴζω ῥύομαι 28+ 7 6 11 24 s. o. s. o.

142

5 Psalm 34 (33)

Vers 8: ®ӴӤӵ֍ӮӤӥӨ ¯ ӿӦӦӨӮӳӷ ° ӭӹӵՁӳӹ® ±ӸժӱӺӳӥӳӹӰԝӱӽӱӤՐӸՍӱ±ӭӤՂՏ՛ӶӨӸӤӬ ӤՐӸӳ՛ӷ Ein Engel des Herrn wird sich rings um die lagern, die ihn fürchten, und wird sie erretten. A, B, S, 1219, 2013, 2110 2113, (L), U MT ®  ࢘࡟ࣝ ࡯ࣖ ࡳࡥࣉ ࣝ ࡵ࣠ࣜ ࡩ ®° ¯   ࡥࡧࡥ ࢹ ࣞ ࣖ࡫ࣥ ±  ࡡ࡫ࡡࣉ ࣚ ࡶࢾࣞ ±   ࡧ࡫࡟ࢽࣞ ࡾ࡫ࣛ ࡯ࣤ ࣚ  ॱࡱࡼࣤ ࣛ ࢜ࣖ ࡩࣝ ࣖ࡫ ࣝࡧ

B ® ¯ ӴӤӵӨӰӥӤӮӨՃ ӿӦӦӨӮӳӷ ° ® ӭӹӵՁӳӹ  ± ӭ՛ӭӮիӸժӱ ± ӺӳӥӳӹӰԝӱӽӱӤՐӸՍӱ  ӭӤՂՏ՛ӶӨӸӤӬӤՐӸӳ՛ӷ

A ® ¯ ӴӤӵӨӰӥӤӮӨՃ ӿӦӦӨӮӳӷ ° ® ӭӹӵՁӳӹ  ± ӭ՛ӭӮիӸժӱ ± ӺӳӥӳӹӰԝӱӽӱӤՐӸՍӱ  ӭӤՂՏ՛ӶӨӸӤӬӤՐӸӳ՛ӷ

Ant ® ¯ ӴӤӵӨӰӥӤӮӨՃ ӿӦӦӨӮӳӷ ° ® ӭӹӵՁӳӹ  ± ӭ՛ӭӮիӸժӱ ± ӺӳӥӳӹӰԝӱӽӱӤՐӸՍӱ  ӭӤՂՏ՛ӶӨӸӤӬӤՐӸӳ՛ӷ

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӴӤӵӨӰӥӤ  ϷӮӨӬ ӤӦӦӨӮӳӷ ݀Ќ‫ݓ‬ϓ  ӭӹӭӮӽ ЋӸӽӱ ӺӳӥӳӹӰӨӱӽӱϷӤӹӸӳӱӭӤӬӵӹӶӨЌӸϓӤϓӬϓ ЋӤӹӸӳӹӷ P. Bodmer IX (Ra 2113): ӴӤӵӨӮӤӥӨ ӤӦӦӨӮӳӷ ݀‫ ݓ‬Ӹӳӱ ӺӳӹӥӳӹӰӨӱӳӱ ӤӹӸӳӱ ӭӤӬ ӵӹӶӨӸЋε V. 8a-a: Ra: παρεμβαλει αγγελος κυριου] immittet (cf. 394) angelus domini LaGAug Uulg; uallauit(pro –bit, cf. proleg. §23) ang. dom. Ga; inmittet angelum dominus LaR: haec hab. teste Aug „aliqui mendosi codices“ Testuz (Ra 2113): παρελαβε : παρεμβαλει avec LaG, Aug., Vulg Der P. Bodmer IX bezeugt die 3. Sg. Aor.II von παραλαμβάνω „annehmen, zu sich nehmen“ anstelle von παρεμβάλλω. Als Wiedergabe für ‫ חנה‬ist παραλαμβάνω an keiner Stelle in der LXX bezeugt, παρεμβάλλω dagegen 78-mal. Im Kontext passt das Wort auch nicht und zieht die Streichung von κύκλῳ und die Bezeugung von τὸν φοβούμενον im Akk. im folgenden Kontext nach sich (vgl. Einzelanalyse zu V. 8d-d). Obwohl sich die Entstehung der Lesart von 2113 nur schwierig als spätere Variante erklären lässt und auch ein Schreibfehler hier unwahrscheinlich ist, da die Abweichung weitere Änderungen im Kontext nach sich zieht, scheint es sich aufgrund der geringen Bezeugung dennoch um eine sekundäre Lesart zu handeln. Gründe für die Änderung sind jedoch nicht erkennbar. Die altlateinische Hs. LaG, Augustin und die Vulgata bezeugen „immittet angelus domini“ „der Engel des Herrn begibt sich unter…“, was eine freie Übersetzung von παρεμβάλλω „ein zeitweiliges Lager aufrichten; ein Palisadenwall errichten“ darstellt. LaR bezeugt dagegen „inmittet angelum dominus“ „Der Herr schickt einen Engel hinein…“, was laut Augustin auch „einige fehlerhafte Kodizes“ bezeugen. Das Psalterium Gallicanum, welches eine Revision des altlateinischen Textes nach dem hexaplar. SeptuagintaText durch Hieronymus ist, übersetzt dagegen mit „vallabit angelus domini“. Er verwendet das Wort vallo „mit Wall u. Palisaden umgeben“, was eine nähere Übersetzung am griechischen Wort παρεμβάλλω ist. Es handelt sich um eine spätere Anpassung an den LXX-Text.

5.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 33

143

V. 8b: Ra: αγγελος B´ L´ A’] pr. ο U–1221–2038 R ZSc 1219 Der oberägyptische Texttyp, bezeugt durch die Hs. U und die Psalterfragmente 1221 und 2038, sowie die griech. Spalte der Diglotte R, die dem antiochenischen Text nahestehende syrische Hs. Z, der Korrektor des Kodex Sinaiticus und die aus dem 5. Jh. n. Chr. stammende, dem Alexandrinus nahestehende Hs. 1219 bezeugen einen Artikel vor ἄγγελος. Eine determinierte Constr.-Verbindung müsste im Griechischen mit Artikel wiedergegeben werden. Die Hs. U ergänzt nicht nur hier, sondern auch in den Versen 16c und 23a.a einen Artikel bei einer determinierten Constr.Verbindung. Desgleichen ergänzt sie auch den Artikel bei Nomina, die im Hebr. durch ein Suffix determiniert sind (vgl. ausführlicher dazu im Ergebnis unter 5.3.2.2c). Es handelt sich wahrscheinlich um sekundäre Korrekturen. V. 8c: Ra: κυριου] pr. του R: cf. 212 Die griech. Spalte der Diglotte R bezeugt einen Artikel vor κυρίου. Der LXX Psalm 33 übersetzt ‫ יהוה‬in der Regel mit κύριος + Artikel. Wenn es wie hier im Hebräischen in einer Cstr.-Verbindung steht, jedoch immer ohne Artikel. R ist hier vermutlich auf eine versehentliche Ergänzung des Artikels zurückzuführen, gemäß der üblichen Wiedergabe von ‫יהוה‬, wenn keine Cstr.Verbindung vorliegt. V. 8d-d: Testuz (Ra 2113): τον φουβουμενον : των φοβ-νων; devant et après ce mot, om κυκλω et αυτον P. Bodmer IX gibt φοβέομαι als Sg. Ptz. statt Pl. Ptz. wieder und streicht das vorangehende κύκλῳ und das nachfolgende Possessivpronomen. Die Streichung von κύκλῳ und die Änderung des Kasus ist Konsequenz der vorangehenden Variante, dass der P. Bodmer IX παρέλαβε anstelle von παρεμβάλλω bezeugt (vgl. V. 8a-a). Die Streichung des Possessivpronomens ist dagegen vermutlich eine versehentliche Auslassung, die ihren Ursprung womöglich im Hebräischen in der Haplographie des Waws mit dem folgenden Wort ‫ ַוי ְ ַח ְלּצֵם‬hat. Vers 9: ӦӨ՛ӶӤӶӫӨ®ӭӤՂԷӧӨӸӨՊӸӬӻӵӪӶӸՍӷՉӭ՛ӵӬӳӷӰӤӭԆӵӬӳӷӾӱԧӵ¯ՋӷԗӴӨӮӴՁөӨӬ¯ ԗӴ࠹ӤՐӸՌӱ Schmeckt und seht, dass der Herr gütig ist; selig ist der Mann, der auf ihn hofft! A, B, S, 1219, 2013, 2110, 2113, 1 Petr 2,3, (L), U MT ® ࢏࡟ࡾ࣒ࣖ ࢏ ࢏ࡳࣈ ࡸࣘ ࡪࣝ ࡥࢶࡧࡥ ࣞ ࣖ࡫ࡡ࢐ࡪࣥ࡫ ࣈ ࢚ࣚ ࡾࡡࣜ ࢉࢽࣜ ࡥ࡫ ࣝࣂ ࡾ࣊ ࣛ ࢪࣖ ࡟ࣤ ࣝ ¯  ॱ࢐ࢇࣥ ࣤ ࡥࡶࣜ ࡩࣗ ࣜ࡫

B ® ӦӨ՛ӶӤӶӫЇӤӬЈЋӨЌ ӭӤՂԷӧӨӸӨ ՊӸӬӻӵӪӶӸՍӷՉӭ՛ӵӬӳӷ ӰӤӭԆӵӬӳӷӾӱԧӵ ¯ ¯ ՋӷԗӮӴՁөӨӬ ԗӴ࠹ӤՐӸՌӱ

A ® ӦӨ՛ӶӤӶӫӨ ӭӤՂԷӧӨӸӨ ՊӸӬӻӵӪӶӸՍӷՉӭ՛ӵӬӳӷ ӰӤӭԆӵӬӳӷӾӱԧӵ ¯ ¯ ՋӷԗӮӴՁөӨӬ ԗӴ࠹ӤՐӸՌӱ

P. Bodmer 24 (Ra 2110): ӦӨӹӶӤӶӫӨӭӤӬ

Ant ® ӦӨ՛ӶӤӶӫӨ ӭӤՂԷӧӨӸӨ ՊӸӬӻӵӪӶӸՍӷՉӭ՛ӵӬӳӷ ӰӤӭԆӵӬӳӷӾӱԧӵ ¯ ¯ ՋӷԗӮӴՁөӨӬ ԗӴ࠹ӤՐӸՌӱ

144

5 Psalm 34 (33)

P. Bodmer IX (Ra 2113): ӦӨӹӶӤӶӫӤӬ ӭӤӬ ӨӧӨӸӨ ӳӸӬ ӻӵӪӶӸӳӷ ӳ ݀‫  ݐ‬ϷӰӤӭӤӵӬӳӷ ӤӱӪӵӳӷӨӴӨӮӴӨӬөӨӬӨӴӤӹӸӳӱ 1 Petr 2,3: ®ӨԶԗӦӨ՛ӶӤӶӫӨ®ՊӸӬӻӵӪӶӸՍӷՉӭ՛ӵӬӳӷ V. 9a: Keine Apparatangabe vorhanden. B und P. Bodmer IX bezeugen γεύσασθαι (Inf. Aor.) anstelle von γεύσασθε (2. Pl. Imp. Aor.). Beim P. Bodmer IX ist es schwer zu entscheiden, welche Varianten bewusst abweichende Verbformen darstellen und welche wiederum auf Schreibfehler zurückzuführen sind. E und AI werden im P. Bodmer IX häufiger vertauscht (vgl. Einzelanalyse zu V. 3a). An dieser Stelle wird die Inf. Form interessanterweise jedoch auch vom Kodex Vaticanus bezeugt. Da die Inf.-Form im gegebenen Kontext jedoch keinen Sinn ergibt, scheint es sich dennoch um einen Schreibfehler zu handeln. Der 1. Petrusbrief greift die Worte von V. 9 in 1 Petr 2,3 auf, die dort gut in den Kontext seiner Metapher vom Begehren des Säuglings nach der Milch (V. 2) passt. Er baut das Zitat relativ frei ein, indem er es mit εἰ als Konditionalsatz an seinen Kontext anschließt und das Verb in Vergangenheitsform ἐγεύσασθε (2. Pl. Ind. Aor.) wiedergibt.516 Außerdem lässt er das im Psalm auf γεύσασθε folgenden καὶ ἴδετε aus, vermutlich, da das Verb „sehen“ nicht mit der Metapher von der Milch zusammenpasst.517 V. 9b: Ra: ος ελπιζει] ο ελπιζων R Testuz (Ra 2113): επελπειζει : ελπιζει Die griech. Spalte der Diglotte R bezeugt eine Nom. Partizipialform, vermutlich im Maskulinum, dem Kontext nach zu urteilen, anstelle der 3. Sg. Aor. Das Relativpronomen wird zwar im Sg. n. bezeugt, vermutlich wurde das Sigma von ὃς jedoch versehentlich ausgelassen. „Auch sonst hat R viele Schreibfehler, besonders Auslassung einzelner Buchstaben“518. Inhaltlich ändert sich durch die Ptz.-Form nichts. Handelt es sich hier möglicherweise um eine Anpassung der Verbform an das Partizip in V. 10 (τοῖς φοβουμένοις), um eine Parallele zwischen den Sätzen aufzubauen? Die schwache Bezeugung spricht deutlich dafür, dass es sich um eine sekundäre Lesart handelt. P. Bodmer IX bezeugt an dieser Stelle das Verb mit einer verstärkenden Präposition ἐπελπίζει, das in der LXX nur an acht Stellen bezeugt ist, sechs 516

517

518

„His change of verbal form from imperative to indicative reflects his understanding that his readers have already tasted the goodness of the Lord.“, Jobes, Got milk?, 2002, 9. Vgl. Jobes, Got milk?, 2002, 9. So auch Eriksson, „Come, children, listen to me!“, 1991, 114: „Further the καὶ ἴδετε is omitted, probably because the metaphoric language of the passage does not demand its use.“, für weitere Literatur, die sich mit der Variante auseinandersetzt, s. a. a. O., 114, Anm. 123. Z. B. schlägt Selwyn, The First Epistle of St. Peter, 1947, 56, als Alternative vor, dass καὶ ἴδετε möglicherweise in Verbindung des liturgischen Gebrauchs des Psalms verschwand. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 36.

5.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 33

145

mal davon in LXX Ps 118.519 Auch wenn es sich um die seltenere und schwer erklärbare Lesart handelt, scheint die Lesart von Ra 2113 aufgrund der geringen Bezeugung sekundär zu sein und einen freien Eingriff des Abschreibers darzustellen. Ӵ֌ӱӸӨӷ¯ӳԺԃӦӬӳӬ°ӤՐӸӳ՝ՊӸӬӳՐӭԘӶӸӬӱՔӶӸԝӵӪӰӤ Vers 10: ӺӳӥԧӫӪӸӨ®ӸՍӱӭ՛ӵӬӳӱӴ ± ӸӳՃӷӺӳӥӳӹӰԝӱӳӬӷ ӤՐӸՌӱ Fürchtet den Herrn, alle seine Heiligen, denn es gibt keinen Mangel für die, die ihn fürchten. ±

A, B, S, 1219, 2013, 2113, (L), U MT ® ࡥࣈࡧࡥ ࣞ ࣖ࡫ࣥࢁ࡟ࣜ  ࢏࡟ࡾࣈ ࣖ࡫ ° ¯   ࡧ࡫ࢪ࣠ࢶ ࣞ ࡣࡽࣖ   ࡾ࢐ࡶࢽ ࡩࣖ ࡳࡴ࡫ ࣝࣂ ࡟ࣥ࡫ ࣊ ࣛ ࢚ࣚ ±  ॱ ࡧ࡫࡟ࣤ ࣞ ࡾ࡫ࣛ ࡯ࣚ

B ® ӺӳӥԧӫӪӸӨ ӸՍӱӭ՛ӵӬӳӱ ¯ ° Ӵ֌ӱӸӨӷ ӳԺԃӦӬӳӬ ӤՐӸӳ՝ ՊӸӬӳՐӭԘӶӸӬӱՔӶӸԝӵӪӰӤ ± ± ӸӳՃӷӺӳӥӳӹӰԝӱӳӬӷ  ӤՐӸՌӱ

A ® ӺӳӥԧӫӪӸӨ ӸՍӱӭ՛ӵӬӳӱ ¯ ° Ӵ֌ӱӸӨӷ ӳԺԃӦӬӳӬ ӤՐӸӳ՝ ՊӸӬӳՐӭԘӶӸӬӱՔӶӸԝӵӪӰӤ ± ± ӸӳՃӷӺӳӥӳӹӰԝӱӳӬӷ  ӤՐӸՌӱ

Ant ® ӺӳӥԧӫӪӸӨ ӸՍӱӭ՛ӵӬӳӱ ¯ ° Ӵ֌ӱӸӨӷ ӳԺԃӦӬӳӬ ӤՐӸӳ՝ ՊӸӬӳՐӭԘӶӸӬӱՔӶӸԝӵӪӰӤ ± ± ӸӳՃӷӺӳӥӳӹӰԝӱӳӬӷ  ӤՐӸՌӱ

P. Bodmer IX (Ra 2113): ӺӳӥӪӫӪӸӨ Ӹӳӱ ݀݅ ӳӬ ӤӦӬӳӬ ӤӹӸӳӹ  ϷӳӸӬ ӳӹӭ ӨӷЌӸӬӱ ӹӶӸӨӵӪӰӤӸӳӱӺӳӥӳӹӰӨӱӳӱӤЋӹӸӳӱ V. 10a: BHS: > S Die ‫–י‬Strophe fehlt in der syrischen Übersetzung. Möglicherweise wurde sie versehentlich übersprungen. V. 10b: Ra: οι S U’–2038(uid.) LaR et Cyp. = M] pr. παντες B’ R’Aug Ga(sub ob.) L´’ A’ Der unterägyptische Texttyp, abgesehen vom Sinaiticus, der antiochenische Text, der Alexandrinus mit der Hs. 55, die griech. Spalte der Diglotte R (nicht jedoch die latein. Spalte) und die altlateinische Hs. LaG, sowie Augustin und das Psalterium Gallicanum bezeugen ein vorangestelltes πάντες. Die Bezeugung divergiert hier innerhalb des unterägyptischen Textes und der Diglotte R. Der Kurztext des Kodex Sinaiticus wird v. a. gestützt durch die oberägyptische Textgruppe (die für diese Gruppe wichtige Hs. 2013 ist jedoch an dieser Stelle nicht vorhanden). Die Auslassung geht vermutlich auf eine Anpassung ans Hebräische zurück. V. 10c: Ra: αγιοι] οσιοι R: cf. 495 6736 886 Die griech. Spalte der Diglotte R bezeugt hier und in LXX Ps 88,6 ὅσιοι anstelle von ἅγιοι. Das griech. Wort ὅσιος „fromm, gottgefällig“ ist in der LXX an keiner Stelle für die Wurzel ‫ קדשׁ‬bezeugt, sondern übersetzt in der Regel das hebr. Wort ‫ ָחסִיד‬.520 Die Worte werden jedoch auch in LXX Ps 49,5 519 520

Die quantitativen Angaben richten sich nach Bibleworks 9, dem Rahlfs Handausgabe von1935 zugrunde liegt. Vgl. Muraoka, Two-way Index, 2010, ὅσιος.

146

5 Psalm 34 (33)

und 67,36 von einigen Hsn. vertauscht. Man könnte erwägen, ob R hier eine freiere Übersetzung des Hebräischen bezeugt (ὅσιοι „Fromme, Gottgefällige“ liegt nämlich an den Stellen, bei welchen der Mensch das Subjekt des Nomens ist, dem Hebr. ‫„ קְד ֹשִׁים‬Heilige“ inhaltlich recht nahe). Dafür spricht auch die Tatsache, dass in LXX Ps 88,6 dieselbe Variante von der Hs. R bezeugt wird. Aufgrund der geringen Bezeugung scheint jedoch eine versehentliche Verwechslung naheliegender. Die in LXX Ps 67,36 (Vaticanus und die Hs. Ra 1219) jedoch unpassende (da auf einen Ort bezogene) und dort sicher auf einen innergriechischen Schreibfehler zurückzuführende Wiedergabe von ‫ מִ מִּ קְ דָּשֶׁי‬mit ἐν τοῖς ὁσίοις αὐτοῦ anstelle von ἐν τοῖς ἁγίοις αὐτοῦ ist ein Beleg dafür, dass es sich auch an unserer Stelle um einen Schreibfehler bzw. um eine Verwechslung handeln könnte. LXX Ps 33,10 ‫ קדשׁ‬Subj. Mensch Ps 49,5 ‫ ָחסִיד‬Subj. Mensch Ps 67,36 ‫ קדשׁ‬Subj. Ort Ps 88,6 ‫ קדשׁ‬Subj. Mensch

ἅγιος LXX 2018 LXX LXX

ὅσιος R LXX B 1219 R

V. 10d-d: Testuz (Ra 2113): τον φοβουμενον : τοις φ-μενοις Die Sg. Akk. statt Dat. Pl.-Lesart im P. Bodmer IX ließe sich am einfachsten aus dem Hebräischen durch die versehentliche Auslassung eines Jotas erklären (‫ ליראו‬statt ‫)ליראיו‬. Ungewöhnlich bleibt jedoch der Kasus. Der Akkusativ passt nicht im gegebenen Kontext. Ist die Variante möglicherweie innergriechisch als Verschreibung zu erklären, begünstigt durch dieselbe Form in V. 8d-d und durch das folgende Pronomen, das im Akk. Sg. steht? Vers 11: ӴӮӳ՛ӶӬӳӬ®ԗӴӸըӻӨӹӶӤӱӭӤՂԗӴӨՁӱӤӶӤӱӳԺӧԞԗӭөӪӸӳ՝ӱӸӨӷӸՍӱӭ՛ӵӬӳӱӳՐӭ ԗӮӤӸӸӽӫԧӶӳӱӸӤӬӴӤӱӸՍӷӾӦӤӫӳ՝¯ӧӬԆӼӤӮӰӤ Reiche wurden arm und hungrig, denen aber, die den Herrn suchen, wird es an keinem Gut fehlen. Diapsalma. A, B, S, 1219, 2013, 2113, (L), U MT ® ࢏ࢪࣈ ࡾࣞ  ࡱ࡫ࡾ࡫ࣚ ࡺࣚ ࢚࣒ ࣖ  ࢏ࡡࢶࡸࣛ ࡾࣞ ࣖࡧ  ࡫ࢪ࣊ ࣛ ࡾ࣠ࣖ ࡣ ࣖࡧ  ࡥࡧࡥ ࢽ ࣞ ࡫ࣖࣂ  ࢏ࡾ࣊ ࡶࣖ ࡩࣖ ࣝ࡫ࣥ࡟࣠࡯ ࣤ ࡭ࣞ  ࡡ࢐ࡪࣥ࡯ ¯  ॱ

B ® ӴӮӳ՛ӶӬӳӬ ԗӴӸըӻӨӹӶӤӱ ӭӤՂԗӴЋӨЌՁӱӤӶӤӱ ӳԺӧԞԗӭөӪӸӳ՝ӱӸӨӷ ӸՍӱӭ՛ӵӬӳӱ ӳՐӭԗӮӤӸӸӽӫԧӶӳӱӸӤӬ ӴӤӱӸՍӷӾӦӤӫӳ՝ ¯ ЇӧӬԆӼӤӮӰӤЈ 

A ® ӴӮӳ՛ӶӬӳӬ ԗӴӸըӻӨӹӶӤӱ ӭӤՂԗӴӨՁӱӤӶӤӱ ӳԺӧԞԗӭөӪӸӳ՝ӱӸӨӷ ӸՍӱӭ՛ӵӬӳӱ ӳՐӭԗӮӤӸӸӽӫԧӶӳӱӸӤӬ ӴӤӱӸՍӷӾӦӤӫӳ՝ ¯ ӧӬԆӼӤӮӰӤ

Ant ® ӴӮӳ՛ӶӬӳӬ ԗӴӸըӻӨӹӶӤӱ ӭӤՂԗӴӨՁӱӤӶӤӱ ӳԺӧԞԗӭөӪӸӳ՝ӱӸӨӷ ӸՍӱӭ՛ӵӬӳӱ ӳՐӭԗӮӤӸӸӽӫԧӶӳӱӸӤӬ ӴӤӱӸՍӷӾӦӤӫӳ՝ ¯ ӧӬԆӼӤӮӰӤ

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӴӮӳӹӶӬӳӬ ӨЌӴϓ ӸϓЋӽӻӨӹ  ϷӶӤӱ ӭӤӬ ӨӴӨӬӱӤӶӤӱ ӳӬ ӧӨ ӨЌӭϓ өӪϓ ϓ ӸϓӳӹӱϓЋӸӨӷ  ϷӸӳӱ ӭӱ ӳӹӭ ӨӮӤӸӸӽЌӫϓӪϓЋӶӳӱЌӸϓӤӬ ӴӤӱӸЋӳӷ ӤӦӤ  Ϸӫӳӹ ӧӬӤӼӤӮӰӤЌ P. Bodmer IX (Ra 2113): ӴӮӳӹӶӬӳӬӴӤӱӸӳӷӤӦӤӫӳӹӧӬЋӤӼӤӮӰӤ ӨӴӸӳӻӨӹӶӤӱ ӭӤӬ ӨӴӬӱӤӶӤӱ  ϷӳӬ ӧӨ ӨӦөӪӸӳӹӱӸӨӷӸӳӱ݀݅ӳӹӭӨӮӤӸӽӫӪӶӳӱЋӸӤӬ

5.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 33

147

V. 11a: BHS: G (S) πλούσιοι = ‫ ְכּבֵידִים‬vel ‫ִירים‬ ִ ‫ַכּבּ‬ Die LXX gibt ‫ִירים‬ ִ ‫„ ְכּפ‬Junglöwen“ mit πλούσιοι „Reiche“ wieder. Laut Gerstenberger werden die Junglöwen in den Psalmen häufiger als Metapher für reiche Ausbeuter verwendet (Pss 17,12; 35,17; 58,7)521, was plausibel machen würde, dass die Septuaginta die Metapher deutet und konkret von den Reichen spricht. Dagegen spricht jedoch, dass die Septuaginta an den anderen oben genannten Psalmstellen die Metapher beibehält und ‫ ְכּפִיר‬mit λέων übersetzt. Die BHS vermutet, dass sich die Übersetzung der LXX von einer anderen hebräischen Vorlage, wahrscheinlich ‫ ְכּבֵידִים‬oder ‫ִירים‬ ִ ‫ַכּבּ‬ „Gewaltige“ herleitet. Dies sind zwar keine geläufigen hebr. Äquivalente für πλούσιος (nur in Gen 13,2 wird ‫ ָכּבֵד‬mit πλούσιος übersetzt) inhaltlich stehen sie jedoch recht nahe und wären als Vorlage für eine leicht interpretierende Übersetzung der LXX mit πλούσιος denkbar. Dies scheint m. E. zumindest wahrschenlicher, als dass die LXX nur hier ‫ִירים‬ ִ ‫„ ְכּפ‬Junglöwen“ frei mit πλούσιοι „Reiche“ übersetzt, während sie an den anderen Stellen (auch im gleich folgenden Psalm 35,17) die Metapher beibehält. Wie der ursprüngliche hebräische Text ausgesehen hat, ist umstritten. Kraus hält ‫ִירים‬ ִ ‫ ְכּפ‬für unwahrscheinlich und weist neben den o. g. Möglichkeiten, die sich aus der LXX-Übersetzung herleiten lassen, auf Duhms Vorschlag hin, nur die Punktation zu ändern und mit ‫„ כֹּפ ְִרים‬Leugner, Abtrünnige“ zu übersetzen.522 Roberts dagegen verteidigt die MT-Lesart mit Verweis auf Hi 4,7–11 und babylonische Sentenzen.523 Auch der Hinweis von Gerstenberger auf weitere Stellen im Psalter, in denen die Junglöwen als Metapher für reiche Ausbeuter verwendet werden (s. o.), spricht letztlich dafür, dass der MT wohl die ursprüngliche Lesart im Hebräischen darstellt.524

521 522 523

524

„‘lions‘ (v. 11) could be a rather modern description of rich exploiters (see Pss 17:12; 35:17; 58:7)“, Gerstenberger, Psalms, 1988, 147f. Kraus, Psalmen 1–59, 1978, 417. Er sieht vor allem eine Parallele zu einer Stelle aus der babylonischen Kutha Legende, bei welcher der Löwe als Sinnbild für eine „impious self-confidence“ steht. „With these passages in mind, the contrast between ‚young lions‘ and ‚those who seek Yahweh‘ no longer seems strained.“, Roberts, The Young Lions, 1973, 267. Er schlussfolgert: „In short, the image of the young lions in Ps 34,11, far from being the result of textual corruption, stems from an old pre-Israelite proverbial motif which, if not created by, was at least at home in the wisdom literature, and through this channel Israel inherited it.“, ebd. Die meisten neueren Kommentare bleiben bei der masoretischen Lesart, vgl. unter anderem Craigie, Psalms 1–50, 2004, 26f.280; Seybold, Psalmen, 1996, 140. Zenger übersetzt mit „Reiche“ statt „Junglöwen“, kommentiert seine Übersetzung jedoch mit den Worten: „Text (nicht unbedingt zwingend) korr nach G.“, Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 212.

148

5 Psalm 34 (33)

V. 11b: διάψαλμα] > Bc = M Das διάψαλμα fehlt in Bc und im MT. Bei Bc handelt es sich um eine spätere Anpassung an den MT. Da in keiner vorhandenen hebräischen Hs. das entsprechende ‫ סלה‬bezeugt ist (Qumran ist hier jedoch leider nicht vorhanden), geht das διάψαλμα womöglich auf den griechischen Übersetzer selbst zurück. Durch das διάψαλμα wird der Einsatz in den zweiten Teil des Psalms (weisheitliche Lehre) in V. 12 markiert. Vers 12: ӧӨ՝ӸӨӸԝӭӱӤӾӭӳ՛ӶӤӸԝӰӳӹ®¯ӺՌӥӳӱӭӹӵՁӳӹӧӬӧԆӲӽՔӰԈӷ Kommt her, Kinder, hört mir zu; die Furcht des Herrn will ich euch lehren. A, B, S, 1219, 2013, 2110, 2113, (L), U MT  ࡱ࡫ ࣚࡵࡡࣥ࢏࡭ ࣒ ࣞ ࡯ࣤ ࣖ ® ࣚ ࡳࣖ ࢪࣚ   ࡫ࢶ࡯ࣥ࢏ࡷ ¯ ࡥࡧࡥ ࢽ ࣞ ࡫ࢁ ࣖࣂ ࡟࣊ ࣝ ࡾસࣤࣖ ࣚ࡫  ॱࡱ࡭ࣤ ࣜ ࡣࣖ ࢡࣜ ࡯ࣝ ࡟ࣘ

B ӧӨ՝ӸӨӸԝӭӱӤ ® Ӿӭӳ՛ӶӤӸԝӰӳӹ  ¯ ӺՌӥӳӱӭӹӵՁӳӹ ӧӬӧԆӲӽՔӰԈӷ

A ӧӨ՝ӸӨӸԝӭӱӤ ® Ӿӭӳ՛ӶӤӸԝӰӳӹ  ¯ ӺՌӥӳӱӭӹӵՁӳӹ ӧӬӧԆӲӽՔӰԈӷ

Ant ӧӨ՝ӸӨӸԝӭӱӤ ® Ӿӭӳ՛ӶӤӸԝӰӳӹ  ¯ ӺՌӥӳӱӭӹӵՁӳӹ ӧӬӧԆӲӽՔӰԈӷ

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӧӨӹӸӨ ӸӨϓЋӭЌӱϓӤ Ӥӭϓ ЋӳӹӶӤӸӨ  ϷӰӳӹ Ӻӳӥӳӱ ӭӹ ӧЌӬӧӤӲӽӹӰӤӷ P. Bodmer IX (Ra 2113): ӧӨӹӸӨӸӨӭӱӤӤӭӳӹӶӤӸӨӰӳӬϷӺӳӥӳӱ݀‫ݓ‬ӧӬӧӤӲӽ֔ӰӤӷ V. 12a: Ra: μου > LaR Testuz (Ra 2113): μοι : μου In der latein. Spalte der Diglotte R fehlt das Personalpronomen. Es wurde wahrscheinlich beim Abschreiben oder Übersetzen versehentlich ausgelassen. P. Bodmer IX bezeugt μοι anstelle von μου. „Bei ἀκούειν steht wie im Klass. im Genetiv die Person, die man reden hört“.525 Bei der Dat.- Form μοι handelt es sich wahrscheinlich um einen Schreibfehler. V. 12b: Ra: 121.2 duo stichi B Ga ZSy, unus S Sa R´’ He A´’ Testuz (Ra 2113): deux styches, avec B, Ga, ZSy. P. Bodmer IX bezeugt mit dem Vaticanus, dem Psalterium Gallicanum, der syrischen Hs. Z und der syrischen Übersetzung des Paul von Tella den V. 12 in zwei Stichen. Vers 13: ӸՁӷԗӶӸӬӱӿӱӫӵӽӴӳӷՉӫԝӮӽӱөӽԨӱ®ӾӦӤӴժӱԣӰԝӵӤӷӬӧӨՃӱ®ӾӦӤӫԆӷ Wer ist der Mensch, der Gefallen hat am Leben, der es liebt, gute Tage zu sehen?

525

BDR, §173.1.

5.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 33

149

A, B, S, 2013, 2110, 2113, 1 Petr 3,10, (L), U MT  ࢪ࡫࡟ࣚ ࡥࣥ࡫ ࣒ ࣞ ࡳࣤ ࣚ  ࡱ࡫ࢶ࢕ࣚ ࡩࡻࣈ ࣝ ࡺࣛ ࡩࣞ ࡥࣜ ®  ࡱ࡫ࡳࣚࢽ ࡫ࡡ ࣞࣂ ࡥ࣠࣊ ࣛ ࡟ ®  ॱࡡ࢐ࡪࣤ ࢁ࢐࡟࣊ ࡾࣖ ࡯ࣚ

B ӸՁӷԗӶӸӬӱӿӱӫӵӽӴӳӷ  ՉӫԝӮӽӱөӽԨӱ ® ӾӦӤӴժӱӬӧӨՃӱ ® ԣӰԝӵӤӷ ӾӦӤӫԆӷ

A ӸՁӷԗӶӸӬӱӿӱӫӵӽӴӳӷ  ՉӫԝӮӽӱөӽԨӱ ® ӾӦӤӴժӱԣӰԝӵӤӷ ® ӬӧӨՃӱ ӾӦӤӫԆӷ

Ant ӸՁӷԗӶӸӬӱӿӱӫӵӽӴӳӷ ՉӫԝӮӽӱөӽԨӱ ® ӾӦӤӴժӱԣӰԝӵӤӷ ® ӬӧӨՃӱ ӾӦӤӫԆӷ

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӸӬӷ ЋӨӶӸӬӱ ݈ܲ݅‫  ݐ‬Ϸӳ ӫӨӮӽӱ өӽӪЌӱ ϖ ӤӦӤӴӽӱ Ӫϓ ӰϓЋӨӵӤӷӬӧӨӬӱϷӤӦӤӫӤӷ P. Bodmer IX (Ra 2113): ӸӬӷӨӶӸӬӱЋЋӤӱЌЌӤӱӫӵӳӴӽӷӳӫӨӮӽӱөӳӪӱϷӭӤӬӤӦӤӴӽӱ ӨӬӧӨӬӱӪӰӨӵӤӷӤӦӤӫӤӷ 1 Petr 3,10a:ՉӦԇӵӫԝӮӽӱөӽԨӱӾӦӤӴԈӱӭӤՂԶӧӨՃӱԣӰԝӵӤӷӾӦӤӫԇӷ V. 13a-a: Ra: 132] pr. και Bo U´ La et Cyp. Ra: ημερας ιδειν S R UulgAug L´ A’ = M] tr. B U´–2038 La Ga Z et Cyp. Testuz (Ra 2113): devant αγαπων add και avec U, 2013, bo, La, Cyp. Testuz (Ra 2113): ειδειν ημερας avec B, U, 2013, 2038, La, Ga, Z, Cyp. : transp ημερας ιδειν S, R, Vulg, Aug, Luc, Tht, Massor Der hebräische Text ist hier etwas sperrig und hat in der griechischen Textgeschichte zu einigen Varianten geführt. Zunächst zum hebräischen Text. Syntaktisch beginnt der Vers mit zwei Nominalsätzen. Im ersten Satz bildet das Adjektiv ‫ ֶה ָחפֵץ‬das Prädikat „Wer ist der Mann, der Gefallen hat am Leben“ und im zweiten Satz das Partizip ‫אֹהֵב‬ „der (seine) Tage liebt“. Der folgende Nebensatz, der durch eine InfinitivKonstruktion (‫ ִל‬+ Inf.) gebildet ist, wäre zu übersetzen mit „um Gutes zu sehen“, sodass der gesamte Satz lautet: „Wer ist der Mann, der Gefallen hat am Leben, der Tage liebt, um Gutes zu sehen.“526 Die abschließende Infinitiv-Konstruktion scheint dem Übersetzer Schwierigkeiten bereitet zu haben und wird in der griechischen Überlieferung nicht nachvollzogen, sondern ‫„ טוֹב‬Gutes“ wird in allen griechischen Hsn. mit ἀγαθάς (Akk. Pl. f.) in Kongruenz zu ἡμέρας wiedergegeben, sodass die syntaktische Struktur des Satzes leicht geändert und vereinfacht wird: „der (es) liebt, gute Tage zu sehen“ statt „der Tage liebt, um Gutes zu sehen“. Einige Hsn. bezeugen konsequenterweise eine Änderung der Wortreihenfolge von ἡμέρας und ιδεῖν, sodass ἡμέρας mit dem Attribut ἀγαθάς zusammensteht. Zusätzlich bezeugt der Großteil dieser Hsn. eine zusätzliche Kopula vor ἀγαπῶν. Es lassen sich in der Septuagintaüberlieferung also zwei Texttraditionen unterscheiden, eine Texttradition, die neben der vom MT abweichenden Wiedergabe von ‫ טוֹב‬mit ἀγαθάς zusätzlich die Wortreihenfolge ändert und eine Kopula gegenüber dem MT ergänzt (s. u. Tabelle, Spalte LXX.2) und eine andere Texttradition, die zwar ebenfalls vom MT abweichend ‫ טוֹב‬mit ἀγαθάς wiedergibt, aber ansonsten exakt bei der hebräischen Vorlage bleibt (s. u. Tabelle, Spalte LXX.1). M. E. ist hier die Über526

Vgl. u. a. Kessler, Psalmen, 1899, 73; Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 212 (Anm. zu V. 13).

150

5 Psalm 34 (33)

setzung, die näher am MT ist, der ursprüngliche Text. Dafür sprechen insbesondere zwei Argumente. 1) Während die ursprüngliche Septuaginta zwar relativ häufig unterschiedliche stilistische und inhaltliche Abweichungen vom MT bezeugt, folgt sie in der Wortreihenfolge doch auffällig streng dem MT.527 Womöglich nahm sich der Übersetzer die Freiheit, die syntaktische Struktur des Satzes durch eine abweichende Wortform zu ändern (s. o. zur Wiedergabe von ‫ טוֹב‬mit ἀγαθάς), behielt die Wortreihenfolge jedoch bei, was zur unüblichen Trennung von Nomen und Attribut im griechischen Text führte.528 2) Die spätere abweichende Zusammenstellung von Nomen und Attribut ließe sich als spätere stilistische Ausbesserung des Textes erklären, die auf den Autor des 1. Petrusbriefes zurückgeht.529 Eine Beeinflussung aus dem NT auf die Septuaginta hat sich in der neueren Forschung als fraglich erwiesen, einerseits durch Analogien bei den Qumrantexten, andererseits durch Beobachtungen an den Kodizes selber. An unserer Stelle sind die Hauptzeugen in der Septuaginta, die diese Texttradition bezeugen, jedoch oberägyptische Hsn., die sich als Textgruppe unter anderem durch ihre christlichen Zusätze auszeichnen. Der christliche Hintergrund dieser Textgruppe begünstigt die These, dass hier ein Einfluss vom NT auf die Septuagintaüberlieferung stattgefunden haben mag, auch wenn bei den anderen Textgruppen der Septuagintaüberlieferung ansonsten ein Einfluss vom NT auf die Septuaginta eher unwahrscheinlich sein mag. In 1 Petr 3,10a sind neben der Zusammenstellung von ἡμέρας und ἀγαθάς drei weitere Abweichungen vom MT bezeugt, die in der Septuagintaüberlieferung nicht belegt sind und zwar ein anderer Einstieg in den Vers, die Infinitiv-Form ἀγαπᾶν (statt des Partizips ἀγαπῶν) und eine Kopula vor ἰδεῖν ἡμέρας ἀγαθὰς (s. u. Tabelle, Spalte 1 Petr 3,10). Der vom MT abweichende Einstieg in den Vers ist bedingt durch den Kontext im 1. Petrusbrief. Durch die Auslassung der rhetorischen Frage („Wer ist der Mensch?“) und die Ergänzung der Konjunktion γὰρ wird das Psalmzitat geschickt in die Paränese des 1. Petrusbriefes eingebettet.530 Die beiden anderen Abweichungen lassen 527 528

529

530

Vgl. Bons, Septuaginta-Psalter, 2008, 268. Vgl. auch Aemjmelaeus, Characterizing Criteria, 2001, 72f. Im Griechischen steht ein adjektivisches Attribut in der Regel direkt nach dem Substantiv, auf das es sich bezieht, vgl. BDR §473 und §474.1. Ausleger der Stelle sprechen von einer „‚crude barbarity‘ of the LXX syntax“, vgl. Jobes, Textual Tradition, 2006, 327. Die Zusammenstellung von Nomen und Attribut ἡμέρας ἀγαθὰς ist im Großteil der Überlieferung von 1 Petr 3,10 bezeugt (ca. 100 Zeugen). Ca. 28 Hsn. bezeugen jedoch auch die Trennung von Attribut und Nomen durch das Verb ἰδεῖν, vgl. Aland u. a., Editio Critica Maior IV, 2013, 156f. Vgl. 1 Petr 3,8–10 „Endlich aber seid alle gleichgesinnt, Mitleid, (voll) brüderlicher Liebe, barmherzig, demütig, und vergeltet nicht Böses mit Bösem oder Beschimpfung mit Beschimpfung, sondern im Gegenteil segnet, weil ihr dazu berufen worden seid, dass ihr Segen erbt!“ (ELB) An diese Verse schließt der Autor des 1 Petr das Psalmenzitat mit der Konjunktion γὰρ an: „Denn wer das Leben lieben und gute Tage

5.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 33

151

sich jedoch nicht aus dem Kontext erklären, da auch der Text der Septuaginta in den Kontext von 1 Petr passen würde. Durch die Abweichungen bietet 1 Petr 3,10 nochmal eine eigene vom MT und den Septuagintaüberlieferungen unterschiedene Satzstruktur. Die Struktur der parallelstehenden Nominalsätze („der Gefallen hat…“ und „der liebt…“) wird aufgehoben und stattdessen werden zwei Infinitivsätze parallel gestellt („… zu lieben“ und „…zu sehen“). Dadurch entsteht eine viel simplere Satzstruktur: „Denn wer Gefallen hat, das Leben zu lieben und gute Tage zu sehen“ statt „Denn wer Gefallen hat am Leben, wer Tage liebt, Gutes zu sehen“. Da die Satzstruktur von keiner vorhandenen Septuagintahandschrift bezeugt ist, scheint sie auf den Autor des 1. Petrusbriefes zurückzugehen, der sich die Freiheit nahm, seine Vorlage umzustrukturieren, um sie verständlicher zu machen. Dass der Autor von 1 Petr generell eine gewisse Freiheit in seiner Wiedergabe des Psalms besaß, zeigt sich auch darin, dass er die folgenden Mahnworte des Psalms (Verse 14–15) nicht in direkter Rede (mit 2. Sg. Imp.), sondern in indirekter Rede (3. Sg. Imp.) wiedergibt,531 was bedingt ist durch die Umwandlung des Fragesatzes in einen Relativsatz (durch Ergänzung der Konjunktion γὰρ, s. o.).532

531

532

sehen will, der halte Zunge und Lippen vom Bösen zurück, …“. „This way of introducing a quotation with a single word instead of an introductory formula is not unusual in the letter“, Eriksson, „Come, children, listen to me!“, 1991, 117. Als Beispiele nennt Eriksson 1 Petr 1,24 (διότι) und 5,5 (ὅτι). Auch Egan sieht in der Ergänzung dieser Konjunktionen zwei Fälle von Anpassungen an den Kontext, wobei diese jedoch seiner Meinung nach eine Ausnahme im 1 Petr bilden. „In all other cases, the internal evidence did not provide a compelling case for authorial editing“, vgl. Egan, The Manuscript Tradition, 2012, 523. Außerdem streicht er aufgrund der veränderten Verbformen zwei Possessivpronomen (vgl. Einzelanalyse zu V. 14a) und ergänzt aus stilistischen Gründen die Konjunktion δὲ (vgl. Einzelanalyse zu V. 15aЈϗ Vgl. Eriksson, „Come, children, listen to me!“, 1991, 117. Vgl. Jobes, Textual Tradition, 2006, 326. Dagegen Egan, The Manuscript Tradition, 525. Er hält die Abänderung der fünf Imperativformen in 1. Petr 3, 10–11 für „perhaps the most perplexing type of difference to be discussed“. Er vermutet, dass die Varianten, ähnlich wie beim P. Bodmer IX, der in Ps 33,4 vermutlich in Anpassung an das vorangehende μεγαλύνατε die Verbform ὑψώσατε statt ὑψώσωμεν bezeugt (vgl. die Einzelanalyse zu V. 4a), ebenfalls eine Anpassung an den Kontext darstellt, die sich seiner Meinung nach möglicherweise bereits in der Textüberlieferung der Psalmen vollzog. „It is likely that a revision has staken place which smoothes over this change by making the whole section third singular“, Egan, The Manuscript Tradition, in: Kreuzer, Die Septuaginta, 527. Dafür spricht seiner Meinung nach v. a. auch die Tatsache, dass Varianten in drei alten von ihm untersuchten Hsn. (Ra 2013, 2110 u. 2113) ähnliche Varianten bieten, wie die in 1. Petr 3,10–12, woraus er schließt: „The variants in these manuscipts argue against the consensus that the differences in the Psalm text found in 1 Pet 3:10–12 are authorial changes.“ Dagegen einzuwenden ist, dass die Umformulierung des Fragesatzes (LXX Ps 33,13) in einen Relativsatz (1. Petr 3,10), die auch Egan, vgl. ebd., auf den Autor des 1. Petr zurückführt und die für den Kontext des 1. Petr notwendig ist, die Formulierung der Imperative in der 3. Sg.

152

5 Psalm 34 (33)

Tabelle: Textformen zu LXX Psalm 33,13. MT  ࢪ࡫࡟ࣚ ࡥࣥ࡫ ࣒ ࣞ ࡳࣤ ࣚ ࣝ ࡺࣛ ࡩࣞ ࡥࣜ   ࡱ࡫ࢶ ࣚ࢕ࡩࡻࣈ

LXX.1 ӸՁӷԗӶӸӬӱӿӱӫӵӽӴӳӷ

LXX.2 ӸՁӷԗӶӸӬӱӿӱӫӵӽӴӳӷ

1 Petr 3,10 

ՉӫԝӮӽӱөӽԨӱ

ՉӫԝӮӽӱөӽԨӱ

ՉӦԇӵӫԝӮӽӱөӽԨӱ

  ࡡࡥ࣠࣊ ࣛ ࡟

®

ӭӤՁӾӦӤӴժӱ

ӾӦӤӴԈӱ

¯

¯

ӬӧӨՃӱԣӰԝӵӤӷ

ӭӤՂԶӧӨՃӱԣӰԝӵӤӷ

ӾӦӤӫԆӷ Wer ist der Mensch, der Gefallen hat am Leben und es liebt, gute Tage zu sehen.

ӾӦӤӫԇӷ Denn wer Gefallen hat, das Leben zu lieben und gute Tage zu sehen

®

¯

  ࢁ࢐࡟࣊ ࡾࣖ ࡯ࡱ࡫ ࣚ ࡳࣚࢽ ࡫ࣞࣂ

 ॱࡡ࢐ࡪࣤ Wer ist der Mann, der Gefallen hat am Leben, der (seine) Tage liebt, Gutes zu sehen.

ӾӦӤӴժӱ ¯

ԣӰԝӵӤӷӬӧӨՃӱ 

ӾӦӤӫԆӷ Wer ist der Mensch, der Gefallen hat am Leben, der es liebt , Tage zu sehen, (nämlich) Gute.

Vers 14: ӴӤ՝Ӷӳӱ®ӸԨӱ¯ӦӮժӶӶԆӱ°ӶӳӹӾӴՍӭӤӭӳ՝ ±ӻӨՁӮӪ Ӷӳӹ²Ӹӳ՝ӰԨӮӤӮԩӶӤӬ³ ӧՌӮӳӱ Halte deine Zunge vom Bösen zurück, und deine Lippen, dass sie keinen Betrug reden. A, B, S, 1219, 2013, 2110, 2113 1 Petr 3,10, (L), U MT ®   ࡾ࣠ࡼࣈ ࣖࡵ °¯   ࣈ࢙ ࣖࡵ࢐ࢪ࡯ࣖ  ࡷࡾࢶ ࣞ ࡳࣛ ²±   ࢙࡫ࢁࣜࢽ ࡺࣞ ࢫࣖ ࣂ࢏ ³ ॱࡥࡳࣤ ࣞ ࡾࣖ ࡳࣚ  ࡾࢇ࣊ ࣛ ࢋࣝ ࡳࣚ

B ® ¯ ӴӤ՝Ӷӳӱ ӸԨӱ  ° ӦӮժӶӶԆӱ Ӷӳӹ ӾӴՍӭӤӭӳ՝ ± ² ӭӤՂ ӻӨՁӮӪ  ³ Ӹӳ՝ӰԨӮӤӮԩӶӤӬ ӧՌӮӳӱ

A ® ¯ ӴӤ՝Ӷӳӱ ӸԨӱ  ° ӦӮժӶӶԆӱ Ӷӳӹ ӾӴՍӭӤӭӳ՝ ± ² ӭӤՂ ӻӨՁӮӪӶӳӹ  ³ Ӹӳ՝ӰԨӮӤӮԩӶӤӬ ӧՌӮӳӱ

Ant ® ¯ ӴӤ՝Ӷӳӱ ӸԨӱ  ° ӦӮժӶӶԆӱ Ӷӳӹ ӾӴՍӭӤӭӳ՝ ± ² ӭӤՂ ӻӨՁӮӪӶӳӹ  ³ Ӹӳ՝ӰԨӮӤӮԩӶӤӬ ӧՌӮӳӱ

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӴӤӹӶЌӳϓӱ ӸӪӱ ӭӮӽӶӶӤӱϓ ЋӶӳӹ ӤӴӳ ӭӤӭӳӹ ӭӤӬ  Ϸ ӻӨӬӮӪӶӳӹӸӳӹЌӰӪӮӤӮӪӶӤӬЋӧӳӮӳӱ P. Bodmer IX (Ra 2113): ӴӤӹӶӳӱӸӪӱӦӮӽӶӶӤӱӶӳӹӤӴӳӭӤӭӳӹ ϷӭӤӬӻӨӬӮӨӶӳӹ ӸӳӹӰӪӮӤӮӨӬӱӧӳӮӳӱ 1 Petr 3,10b: ӴӤӹӶԆӸӽ ӸԨӱ ӦӮժӶӶӤӱ ӾӴՍ ӭӤӭӳ՝ ӭӤՂ ӻӨՁӮӪ Ӹӳ՝ ӰԨ ӮӤӮԩӶӤӬ ӧՌӮӳӱ V. 14a: Keine Apparatangaben vorhanden. Der 1. Petr. bezeugt hier und im Folgenden an insgesamt fünf Stellen (vgl. V. 14–15) eine 3. Sg. Imp. Aor.-Form anstatt des 2. Sg. Imp. Aoristen. Entsprechend streicht er hier in V. 14 die Possessivpronomen σου nach γλῶσσάν und χείλη.533 Die Anpassung hängen mit der Einbettung des Psalm-

533

erfordert, während im Kontext der Psalmen kein gewichtiger Grund für einen solchen Eingriff in den Text (inkl. Streichen der Possessivpronomina σου) gegeben ist. Es handelt sich hier also höchstwahrscheinlich um Varianten, die auf den Autor des 1. Petrusbriefes zurückgehen. Egan ist dagegen angesichts der häufigen Einfügung und Auslassung von Pronomina in der Handschriftentradition der Meinung, dass auch die Auslassung von „σου in 1

5.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 33

153

zitats in den Kontext des 1. Petrusbriefes zusammen (vgl. Einzelanalyse zu V. 13a-a). V. 14b: Ra: την > 2013 In der alten, dem oberägyptischen Text nahestehenden Hs. 2013 fehlt der Artikel. Suffigierte Nomina werden im LXX Psalm 33 in der Regel mit Artikel wiedergegeben (vgl. Einzelanalyse zu V. 14c). Wahrscheinlich handelt es sich um eine versehentliche Auslassung. V. 14c: Kasser/Testuz (Ra 2110): κλωσσαν, 1. γλωσσαν P. Bodmer XXIV bezeugt κλωσσαν statt γλῶσσάν. Das Wort existiert nicht. Es handelt sich sicherlich um eine Verschreibung. V. 14d: Ra: χειλη] pr. τα U Z Die oberägyptische Hs. U und die syr. Hs. Z bezeugen einen vorangestellten Artikel, wie es für die ursprüngliche Septuaginta bei hebräischen Nomina üblich ist, die durch ein Suffix determiniert sind. In LXX Ps 33 werden suffigierte Nomina an 15 von 19 Stellen mit Artikel wiedergegeben. In den vier Ausnahmen, in denen der Artikel im Großteil der Hsn. fehlt, wird er durchgängig von der Hs. U nachträglich eingesetzt. Die Hs. U ergänzt auch Artikel bei Nomina, die im Hebr. durch eine Constructus-Verbindung determiniert sind (vgl. ausführlicher dazu unter 5.3.2.2c). Aufgrund der schwachen Bezeugung des Artikels in den Hsn. handelt es sich in der Hs. U und Z vermutlich um eine spätere Korrektur. V. 14e: Ra: σου 20 > B´ Im Kodex Vaticanus und Kodex Sinaiticus und vermutlich auch im P. Bodmer XXIV fehlt abweichend vom MT das Possessivpronomen σου hinter χείλη.534 Möglicherweise ist die Auslassung hier versehentlich durch eine Haplographie mit dem folgendem τοῦ entstanden. V. 14f: Testuz (Ra 2113): λαλειν : λαλησαι P. Bodmer IX bezeugt den Inf. zu λαλέω im Präsens statt im Aorist. Es handelt sich um eine der Verbvarianten im P. Bodmer IX, die nicht auf eine

534

Pet 3:10 is not an instance of authorial change but that there was a variant in the text“, Egan, The Manuscript Tradition, in: Kreuzer, Die Septuaginta, 523. Da jedoch in diesem Vers nur die Auslassung des zweiten Pronomens in griechischen Hsn. bezeugt ist und die Auslassung beider Pronomina im Zusammenhang mit den 3. Sg. Imp.-Formen des 1. Petrusbriefes notwendig ist, handelt es sich hier sicherlich um eine beabsichtigte Veränderung durch den Autor des 1. Petrusbriefes. Vgl. Pietersma, P. Bodmer XXIV, 1980, 70: “The reconstruction on line 12 is too long by approximately three letters. Hence one might better read [σου απο κακου] (12) [και χειλη του] (13). The resultant omission of σου is supported by B´.“

154

5 Psalm 34 (33)

abweichende Orthographie zurückgehen.535 Ein Inf. im Pr. hat durative oder iterative Bedeutung, während der Inf. Aor. momentane Bedeutung hat.536 Auch wenn diese Unterscheidung in einer Anzahl von Fällen aufgegeben wird, ist doch ein Unterschied in der Verwendung zu beobachten.537 Der Imp. Pr. drückt „mit Vorliebe allgemeine Vorschriften“ aus und der Imp. Aor. die „Anweisungen für das Handeln im Einzelfall“538. „Ingressiv drückt er [der Imp. Aor.] das Zustandekommen des Verhaltens im Gegensatz zum bisherigen aus“539. Diese Abwendung vom bisherigen Verhalten ist in unserem Textabschnitt impliziert und findet vor allem im folgenden V. 15 in der Aufforderung ἔκκλινον ἀπὸ κακοῦ „Lass ab vom Bösen“ Ausdruck. Der Inf. Aor. passt also gut im gegebenen Kontext. Gründe für eine spätere Änderung im P. Bodmer IX zum Inf. Pr. sind nicht erkennbar. Aufgrund der schwachen Bezeugung und der allgemein zahlreichen sekundären Abweichungen des P. Bodmer IX im LXX Ps 33 kann davon ausgegangen werden, dass es sich um eine sekundäre Variante handelt. Interessanterweise ist dieselbe Variante auch im Zitat im 1 Petr 3,10 im Bodmer Kodex bezeugt.540 Vers 15: ԘӭӭӮӬӱӳӱ ® ӾӴՍ ӭӤӭӳ՝ ӭӤՂ ӴӳՁӪӶӳӱ ӾӦӤӫՌӱ өԧӸӪӶӳӱ ӨԶӵԧӱӪӱ ӭӤՂ ¯ ӧՁӽӲӳӱӤՐӸԧӱ Wende dich ab vom Bösen und tue Gutes, suche Frieden und jage ihm nach! A, B, S, 1219, 2013, 2110, 2113 1 Petr 3,10, (L), U MT ®  ࡷࡾࣞ ࡳ࣒ ࣛ  ࡾ࢏ࡶࣈ  ࡡ࢐ࡪࣥࡥ ࢶ ࢫࣛ ࡸࣘ ࣝࡧ ࡱ࢐࡯ࣈ ࢪࢪ ࣞ ࢨࢼ ࣛ ࢇࣝ ¯  ॱ ࢏ࡥࡺࣤ ࣛ ࡣࣖ ࡾࣞ ࣖࡧ

B ® ԘӭӭӮӬӱӳӱ ӾӴՍӭӤӭӳ՝ ӭӤՂӴӳՁӪӶӳӱӾӦӤӫՌӱ өԧӸӪӶӳӱӨԶӵԧӱӪӱ ¯ ӭӤՂ ӧՁӽӲӳӱӤՐӸԧӱ

A ® ԘӭӭӮӬӱӳӱ ӾӴՍӭӤӭӳ՝ ӭӤՂӴӳՁӪӶӳӱӾӦӤӫՌӱ өԧӸӪӶӳӱӨԶӵԧӱӪӱ ¯ ӭӤՂ ӧՁӽӲӳӱӤՐӸԧӱ

Ant ® ԘӭӭӮӬӱӳӱ ӾӴՍӭӤӭӳ՝ ӭӤՂӴӳՁӪӶӳӱӾӦӤӫՌӱ өԧӸӪӶӳӱӨԶӵԧӱӪӱ ¯ ӭӤՂ ӧՁӽӲӳӱӤՐӸԧӱ

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӨӭӭӮӬӱӳӱ Ӥ  ϷӴӳ ӭӤӭӳӹ ӭӤӬ ӴӳӬӪЌӶӤӱ ӤӦϓӤӫϓЋӳӱ өӪӸӪӶӳӱӨӬϷӵӪӱӪӱӭӤӬӧӬӽӲӳӱЌӤӹӸӪϓ Ћӱ P. Bodmer IX (Ra 2113): ӨӭӭӮӨӬӱӳӱӤӴӳӭӤӭӳӹӭӤӬӴӳӬӪӶӳӱӤӦӤӫӳЋӱ ϷөӪӸӪӶӳӱ ӨӬӵӪӱӪӱӭӤӬӧӬӳӲӳӱӤӹӸӪӱ 1 Petr 3,11: ԗӭӭӮӬӱԆӸӽӧԞӾӴՍӭӤӭӳ՝ӭӤՂӴӳӬӪӶԆӸӽӾӦӤӫՌӱϔөӪӸӪӶԆӸӽӨԶӵԧӱӪӱ ӭӤՂӧӬӽӲԆӸӽӤՐӸԧӱЄ

535 536

537 538 539 540

Für tabellarische Auflistungen der Verbvarianten im P. Bodmer IX, vgl. Egan, The Manuscript Tradition, 2012, 516f. „Der Imp.Präs. ist durativ oder iterativ, der Imp.Aor. ist momentan.“, BDR §335. „Der Unterschied zwischen den beiden Formen [Inf. Pr. und Aor.] ist derselbe wie im Imperativ“, BDR §338. Vgl. BDR §335. BDR §335. BDR §335. Vgl. Egan, The Manuscript Tradition, 2012, 517.

5.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 33

155

V. 15a: Keine Apparatangaben vorhanden. Der 1. Petrusbrief bezeugt eine Konjunktion δὲ, die in der Septuagintaüberlieferung des zitierten Psalms nicht belegt ist. Da die Konjunktion nur im 1 Petr bezeugt ist, geht sie vermutlich auf den Autor des Briefes zurück. Die Ergänzung ist nicht durch den neuen Kontext im 1 Petr bedingt (sie kann dort genauso fehlen, wie im Psalm), sondern es handelt sich um eine bloß stilistische Ergänzung, was wiederum auf den freien Umgang des neutestamentlichen Autors mit seinem zitierten Text weist. V. 15b: Ra: διωξον] pr. κατα 1219 Die dem Alexandrinus relativ nahe stehende Hs. 1219 (5. Jh.) bezeugt κατά vor δίωξον.541 Aufgrund der geringen Bezeugung scheint die Lesart sekundär zu sein. Möglicherweise handelt es sich gar nicht um eine bewusste Änderung, sondern die Variante kann auch durch eine Verlesung entstanden sein (και διωξον Æ καταδιωξον)542. Vers 16: ® ¯ °ՆӺӫӤӮӰӳՂӭӹӵՁӳӹԗӴՂӧӬӭӤՁӳӹӷ±ӭӤՂ ² գӸӤӤՐӸӳ՝³ӨԶӷӸӪӱ ´ ӧԝӪӶӬӱ ӤՐӸժӱµ Die Augen des Herrn sind auf die Gerechten (gerichtet) und seine Ohren auf ihr Flehen. A, B, S, 1219, 2013, 2110, 2113 1 Petr 3,10, (L), U MT °¯ ®  ࡥ ࣞࡧࡥ࣒࡫ࣖ  ࡫ࣈࡵ࡫ࣛ ࡸࣛ ± ࣝ ࡟ࣜ   ࡱ࡫ࡽહࢶ ࣚ ࡫ࢋࣚ ࡼࣥ࡯ ³²   ࡧ࡫ࡵࣞࢽ ࣖࡨ࡟ࣞ ࡧࣂ ࣖ µ´ ॱ ࡱࢁࣤ ࣞ ࡸࣞ ࣖࡧࢪࣥ࡯ ࣝ ࡟ࣜ

B ® ¯ ° ՊӸӬ  ՆӺӫӤӮӰӳՂӭӹӵՁӳӹ ± ԗӴՂӧӬӭӤՁӳӹӷ  ² ³ ӭӤՂ գӸӤӤՐӸӳ՝  ´ µ ӨԶӷ ӧԝӪӶӬӱӤՐӸժӱ

A

Ant ®¯° ՆӺӫӤӮӰӳՂӭӹӵՁӳӹ ՆӺӫӤӮӰӳՂӭӹӵՁӳӹ ± ± ԗӴՂӧӬӭӤՁӳӹӷ  ԗӴՂӧӬӭӤՁӳӹӷ  ² ³ ² ³ ӭӤՂ գӸӤӤՐӸӳ՝  ӭӤՂ գӸӤӤՐӸӳ՝  ´ µ ´ µ ӨԶӷ ӧԝӪӶӬӱӤՐӸժӱ ӨԶӷ ӧԝӪӶӬӱӤՐӸժӱ ®¯°

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӳӺӫӤӮӰӳӬ݀‫ݓ‬ӨϷӴӬӧӬӭӤӬӳӹӷӭӤӬӽЌӸӤӨӬЋӷӧӨӪӶӬӱ ӤӹӸӽӱ P. Bodmer IX (Ra 2113): ӳӸӬ ӳӺӫӤӮӰӳӬ ݀‫ ݓ‬ӨӴӬ ӧӬӭӤӬӳӹ  ϷӭӤӬ ӳӸӤ ӤӹӸӳӹ ӨӬӷ ӧӨӨӬӶӬӱӤӹӸӳӱ 1 Petr 3,12a:ՊӸӬՆӺӫӤӮӰӳՂӭӹӵՁӳӹԗӴՂӧӬӭӤՁӳӹӷӭӤՂգӸӤӤՐӸӳ՝ӨԶӷӧԝӪӶӬӱӤՐӸժӱ V. 16a: BHS: inverte 16 et 17 cf Thr 2,16.17 3,46.49 4,16.17 BHS weist mit Blick auf Thr 2,16.17; 3,46.49 und 4,16.17, die die Reihenfolge ‫ פ‬- ‫( ע‬so auch Ps 10,7.8)543 statt die ansonsten übliche alphabetische Reihenfolge ‫ ע‬- ‫( פ‬vgl. z. B. Ps 25; 111; 112; 119; 145) bezeugen, darauf hin, dass V. 16 und 17 in der Reihenfolge umzukehren sind. Dies erscheint v. a. mit Blick auf den hebräischen Text naheliegend, da V. 18 mit ‫„ ָצעֲקוּ‬sie 541 542 543

καταδιώκω verstärkend „to search eagerly, to hunt; to seek after“, vgl. Muraoka, Lexicon, 2009, s. v. Die Verlesung würde eine Dittographie des και als και κατα voraussetzen. „Es liegt jedoch in 4–11 ein so stark verderbter Text vor, daß jede Wiederherstellung zwischen ‫נ‬und ‫ק‬so gut wie unmöglich ist.“, Kraus, Psalmen 1–59, 1978, 218f.

156

5 Psalm 34 (33)

schrien“ ohne bestimmtes Subjekt beginnt und eindeutig die ‫ צַדִּיקִים‬von V. 16 voraussetzt und nicht die ‫ ָרע ע ֹשֵׂי‬von V. 17. V. 17 lässt sich außerdem gut an die Paränese der V. 14–15 anschließen. Betrachtet man den Kontext, so spricht also offensichtlich vieles dafür, dass die Verse ursprünglich in umgekehrter Reihenfolge gestanden haben.544 Möglicherweise bezeugt Ps 34 eine damals verbreitete abweichende alphabetische Reihenfolge, die ebenfalls in Threni bezeugt wird, die sich jedoch nicht durchsetzte (auch für die Stellen in Threni gibt es jeweils versch. hebr. Hsn. und spätere Übersetzungen, die die Reihenfolge zu ‫ ע‬- ‫ פ‬ändern) und in einer späteren Überarbeitung dann in die Reihenfolge gestellt wurde, wie sie jetzt im MT überliefert ist. Die LXX übernimmt die Versreihenfolge des MT, ergänzt jedoch in V. 18 das Subjekt οἱ δίκαιοι (vgl. V. 18a-a). V. 16b: Ra: init. 2013 R´’ Ga L´’ A’ = M] pr. οτι B´’ U’ He Testuz (Ra 2113): οτι add, avec B, S, U, bo, sa, He Einige Hsn. stellen abweichend vom MT die Konjunktion ὅτι voran. Dadurch wird V. 16 zur Argumentationsgrundlage für die Paränese in den Versen 14–15 „Bewahre deine Zunge vor Bösem… denn die Augen des HERRN sind gerichtet auf die Gerechten“. Die kausale Konjunktion ist auch im Zitat in 1 Petr 3,12 bezeugt. Ähnlich, wie in V. 13a-a ist auch hier die Abweichung des 1. Petrusbriefes in der Septuagintaüberlieferung v. a. im Kodex Vaticanus und in oberägyptischen Textzeugen belegt, was auch hier die Vermutung nahelegt, dass eine Beeinflussung von 1 Petr 3,12 auf die Septuaginta-Psalmüberlieferung stattgefunden hat.545 V. 16c: Ra: οφθαλμοι] pr. οι U(non2013) Die oberägyptische Hs. U bezeugt hier alleine einen vorangestellten Artikel vor ὀφθαλμοὶ. Sie bietet das bessere Griechisch. Es handelt sich um eine spätere grammatische Korrektur (vgl. Einzelanalyse zu V. 8b). V. 16d: Testuz (Ra 2113): δικαιου : δικαιους P. Bodmer IX bezeugt hier die abweichende Lesart δικαίου (Gen. Sg.) anstelle von δικαίους (Akk. Pl.). Man könnte vermuten, dass es sich um eine Anpassung an das vorangehende Sg. Subjekt der V. 13–15 handelt. Da 544

545

Vgl. Kraus, Psalmen 1–59, 1978, 417: „Eine Umstellung der ‫–ע‬Zeile hinter die ‫–פ‬ Zeile ist erforderlich (siehe Kontext in 18; zur Folge vgl. Thr 2–4).“ Vgl. auch Craigie, Psalms 1–50, 2004, 277. Zenger behält dagegen die Versreihenfolge bei und fügt dafür „die Gerechten“ in V. 18 hinzu „um das Mißverständnis auszuschließen, die in 17 genannten ‚Bösen‘ seien Subjekt.“, Zenger, Psalm 1–50, 1993, 212. Auch Eriksson geht von einer Ergänzung von ὅτι durch den neutestamentlichen Autor aus: „In the psalm the connection between vv. 15 and 16 is very loose. Here in the letter, the content of the two verses is tied together much more firmly. By adding ὅτι the author makes what is said in v. 16 the basis for the earlier part of the quotation.“, Eriksson, „Come, children, listen to me!“, 1991, 118.

5.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 33

157

ὀφθαλμοὶ ἐπὶ in dem Sinne von „die Augen richten auf“ jedoch in der Regel mit Akk. steht546 und nicht mit Gen. (vgl. LXX Ps 32,18 und Sir 34,16), scheint es doch wahrscheinlicher, dass es sich um eine Verschreibung handelt und das Sigma versehentlich ausgelassen wurde. Als Hinweis auf einen Schreibfehler hier kann auch die Pl. Form δίκαιοι in V. 18 des P. Bodmers IX gesehen werden (vgl. V. 18a-a). V. 16e: Ra: ωτα] pr. τα U R Die Hs. U bezeugt auch hier einen vorangestellten Artikel, wie es bei Nomina zu erwarten ist, die im Hebr. durch ein Suffix determiniert sind (vgl. Einzelanalyse zu V. 14c). Sie wird an dieser Stelle durch die griech. Spalte der griech.-latein. Diglotte R gestützt. Es handelt sich vermutlich um eine spätere Korrektur einer versehentlichen Auslassung des Artikels. V. 16f: Kasser/Testuz (Ra 2110): ω]τα : ωτα αυτου Im P. Bodmer XXIV ist das zu ὦτα gehörige Possessivpronomen αὐτοῦ nicht bezeugt. Possessivpronomen werden häufiger ausgelassen.547 V. 16g: Ra: δεησιν] pr. την U(non 2013) Die Hs. U korrigiert auch hier den Text und ergänzt einen Artikel. Es handelt sich um eine sekundäre Korrektur (vgl. Einzelanalyse zu V. 14c). V. 16h: Testuz (Ra 2113): αυτον : αυτων P. Bodmer IX bezeugt die Akk. Sg.-Form αὐτόν anstelle des Gen. Pl. αὐτῶν. Das griech. Wort δέησις „Bitte, Gebet“ steht in den Psalmen ausschließlich mit Genitiv. Da Ω und Ο im P. Bodmer IX häufig vertauscht werden, 548 handelt es sich sicherlich um einen Schreibfehler. Vers 17: ӴӵՌӶӽӴӳӱӧԞӭӹӵՁӳӹԗӴՂӴӳӬӳ՝ӱӸӤӷ®ӭӤӭԇӸӳ՝ԗӲӳӮӳӫӵӨ՝ӶӤӬ¯ԗӭ °Ӧԩӷ ӸՍӰӱӪӰՌӶӹӱӳӱӤՐӸժӱ± Das Angesicht des Herrn aber ist auf die (gerichtet), die Böses tun, um ihr Gedächtnis von der Erde zu tilgen. A, B, S, 1219, 2013, 2110, 2113 1 Petr 3,10, (L), U MT  ࡥ ࣞࡧࡥ࣒࡫࡫ࣈ ࣖ ࡵࣛ ࢥࣖ ® ࡷࡾࢶ ࣞ  ࡫ࢫࣛ ࣠ࡸࣈ ࢇࣖ ¯   ࢁ࡫ࡾࢼ ࣚ ࡭ࣖ ࡥࣝ ࡯ࣖ 546 547 548

B ӴӵՌӶӽӴӳӱӧԞӭӹӵՁӳӹ ® ԗӴՂӴӳӬӳ՝ӱӸӤӷ ӭӤӭԇ ¯ Ӹӳ՝ԗӲӳӮЇӨЈЋӳЌӫӵӨ՝ӶӤӬ 

A ӴӵՌӶӽӴӳӱӧԞӭӹӵՁӳӹ ® ԗӴՂӴӳӬӳ՝ӱӸӤӷ ӭӤӭԇ ¯ Ӹӳ՝ԗӲӳӮӳӫӵӨ՝ӶӤӬ 

Ant ӴӵՌӶӽӴӳӱӧԞӭӹӵՁӳӹ ® ԗӴՂӴӳӬӳ՝ӱӸӤӷ ӭӤӭԇ ¯ Ӹӳ՝ԗӲӳӮӳӫӵӨ՝ӶӤӬ 

„indicates one to whom or that to which action, attention, […] etc. are directed“, Muraoka, Lexicon, 2009, s. v. Allein schon in LXX Ps 33 u. 34 wird im P. Bodmer XXIV an drei Stellen ein Possessivpronomen ausgelassen, vgl. Egan, The Manuscript Tradition, 2012, 520. „In particular, Ε (epsilon) replaces ΑΙ (alpha-iota), and Ω (omega) and Ο (omicron) are interchanged.“, Egan, The Manuscript Tradition, 2012, 515.

158 °

5 Psalm 34 (33)

  ࡻࡾࣜ ࡟ࣈ ࣜ ࡳࣛ ±  ॱ ࡱࡾࣤ ࣞ ࡭ࣖ ࣚࡨ

°

ԗӭ Ӧԩӷ ± ӸՍӰӱӪӰՌӶӹӱӳӱӤՐӸժӱ 

°

°

ԗӭ Ӧԩӷ ԗӭ Ӧԩӷ ± ± ӸՍӰӱӪӰՌӶӹӱӳӱӤՐӸժӱ  ӸՍӰӱӪӰՌӶӹӱӳӱӤՐӸժӱ 

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): Ӵӵӳ  ϷӶӽӴӳӱӧӨ݀‫ݓ‬ӨӴЌӬϓ ӴӳӬӳӹӱϓӸϓӤϓӷϓ ЋӭӤӭӤӸӳӹӨӲӳ ϷӮӨӫӵӨӹӶӤӬӨӭЌӦӪӷӸӳӰӱӪӰЋӳӶӹӱӳӱӤӹӸӽӱ P. Bodmer IX (Ra 2113): ӴӵӳӶӳӴӳӱӧӨ݀‫ݓ‬ӨӴӬӴӳӬӳӹӱӭӤӭӤϷӸӳӹӨӲӽӮӳӹӫӵӨӹӶӨ ӨӦӦӪӷӸӳӰӱӪӰӳӶӹӱЋ݈ 1 Petr 3,12b: ӴӵՌӶӽӴӳӱӧԞӭӹӵՁӳӹԗӴՂӴӳӬӳ՝ӱӸӤӷӭӤӭԆϗ V. 17a: Testuz (Ra 2113): ποιουν : ποιουντας P. Bodmer IX bezeugt als einzige Hs. das Partizip im Sg. ποιοῦν statt Pl. ποιοῦντας. Beide Lesarten sind im Kontext möglich und am Inhalt des Verses ändert sich durch die Änderung nichts. Die Rede von den Gerechten im Kontext in den Versen 16 und 18 im Pl. legt eher nahe, dass auch von denen, die Böses tun in V. 17, im Pl. die Rede ist. Da der P. Bodmer IX häufiger sekundäre singuläre Abweichungen bezeugt, handelt es sich auch hier wohl um eine sekundäre Lesart, auch wenn sich ein Grund für die nachträgliche Änderung nicht erkennen lässt. V. 17b: Ra: εξολεθρευσαι B´ U´(U -λευθ-) R 55] -λοθ- 2038 L´ A: cf. 114 Testuz (Ra 2113): εξωλουθρευσε : εξολεθρευσαι Der antiochenische Text, der Kodex Alexandrinus und auch der Korrektor vom Kodex Vaticanus bezeugen die leicht abweichende Schreibweise ἐξολοθρεῦσαι (Austausch eines Epsilons mit einem Omikron). Auch an anderen Stellen, bei denen das Wort bezeugt ist (vgl. LXX Ps 17,41; 33,17; 36,9), hat der antiochenische Text (häufig allein) diese Schreibweise. Es handelt sich vermutlich um eine spätere Schreibweise desselben Wortes.549 Der P. Bodmer IX bezeugt ἐξωλοῦθρευσε. ε und αι werden genauso wie ο und ω häufiger in der Hs. vertauscht (vgl. Einzelanalyse zu V. 3a). Es handelt sich um orthographische Varianten. 550 Mit -λουθ- bezeugt sie wie der antiochenische Text die spätere Schreibweise des Wortes (o-Form).551 V. 17c: Ra: γης] pr. της U(non 2013–2038) Die oberägyptische Hs. U bezeugt vor γῆς einen vorangestellten Artikel. Die Hs. weicht in der Artikelsetzung häufiger ab.552 Es handelt sich um eine sekundäre Lesart.

549

550 551 552

Die o Form ist auch in den anderen Hsn. gelegentlich bezeugt, jedoch deutlich seltener. Für eine genaue Auflistung, vgl. Thackeray, Grammar, 1909, §6,27. Die Schreibung ԗӲӳӮӳӫӵӨ֓ӨӬӱ hat im modernen griech. überlebt ӲӳӮӳӫӵӨ֓ӽ (vgl. ebd.), weswegen sie wahrscheinlich die jüngere Schreibweise darstellt. Auch Egan ordnet die Variante den „Variant Forms of Verbs in Bodmer IX Involving Orthographic Issues“ zu, vgl. Egan, The Manuscript Tradition, 2012, 516. Zum ergänzten Ypsilon vgl. die Hs. U die -λευθ- bezeugt. Vgl. 5.3.2.2c.

5.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 33

159

V. 17d: Testuz (Ra 2113): après μνημοσυνον om αυτου (autres textes : αυτων) Im P. Bodmer IX fehlt das Possessivpronomen hinter τὸ μνημόσυνον.553 Dadurch ist die Person, dessen Gedenken ausgelöscht werden soll, nicht mehr eindeutig bestimmt ist. Vermutlich wurde das Pronomen versehentlich ausgelassen.554 Vers 18: ®ԗӭԝӭӵӤӲӤӱ ӳԺ ӧՁӭӤӬӳӬ® ӭӤՂ ¯Չ ӭ՛ӵӬӳӷ¯ ӨԶӶԧӭӳӹӶӨӱ ӤՐӸժӱ° ±ӭӤՂ ԗӭ ӴӤӶժӱ²ӸժӱӫӮՁӼӨӽӱӤՐӸժӱ³±ԗӵӵ՛ӶӤӸӳ´ӤՐӸӳ՛ӷ Die Gerechten schrien, und der Herr hörte sie, und aus all ihren Bedrängnissen errettete er sie. A, B, S, 1219, 2013, 2110, 2113, (L), U MT ® ࢏ࡽࣈ ࡸࣘ ࡼࣞ ¯   ࡥࣈࡧࡥ࡫ ࣞ ࣝࡧ °  ࣝ ࡳࢶ ࣛ ࢪࣞ  আ ² ±  ࣥ ࡯࢚ࣞ ࡳ࢏ ࣚ ±³  ࡱࢁ࢐ࡾ ࣞࢽ ࡼࣞࣂ ´ ࣤ ࣞ ࢧࣚ ࡥࣚ  ॱ ࡱ࡯࡫ ®

B ® ® ԗӭԝӭӵӤӲӤӱӳԺӧՁӭӤӬӳӬ  ¯ ¯ ӭӤՂ Չӭ՛ӵӬӳӷ  ° ӨԶӶԧӭӳӹӶӨӱӤՐӸժӱ  ± ² ӭӤՂԗӭӴӤӶժӱ  ³± ӸժӱӫӮЇӨЈՁӼӨӽӱӤՐӸժӱ  ´ ԗӵЋӵЌ՛ӶӤӸӳ ӤՐӸӳ՛ӷ

A ® ® ԗӭԝӭӵӤӲӤӱӳԺӧՁӭӤӬӳӬ  ¯ ¯ ӭӤՂ Չӭ՛ӵӬӳӷ  ° ӨԶӶԧӭӳӹӶӨӱӤՐӸժӱ  ± ² ӭӤՂԗӭӴӤӶժӱ  ³± ӸժӱӫӮՁӼӨӽӱӤՐӸժӱ  ´ ԗӵӵ՛ӶӤӸӳ ӤՐӸӳ՛ӷ

Ant ® ® ԗӭԝӭӵӤӲӤӱӳԺӧՁӭӤӬӳӬ  ¯ ¯ ӭӤՂ Չӭ՛ӵӬӳӷ  ° ӨԶӶԧӭӳӹӶӨӱӤՐӸժӱ  ± ² ӭӤՂԗӭӴӤӶժӱ  ³± ӸժӱӫӮՁӼӨӽӱӤՐӸժӱ  ´ ԗӵӵ՛ӶӤӸӳ ӤՐӸӳ՛ӷ

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӨӭӨӭӵӤϷӲӤӱӳӬӧӬӭӤӬЌӳϓӬӭӤӬӳ݀‫ݐ‬ӨӬӶӪЋӭӳӹӶӨӱӤӹϷ ӸӽӱӭӤӬӨӭӴӤӶӽЌӱϓӸϓӽϓӱӫӮӬӼЋӨӽӱӤӹӸӽӱ P. Bodmer IX (Ra 2113): ӧӬӭӤӬӳӬ ӨӭӨӭӵӤӲӤӱ ӭӤӬ ӨӬӶӪӭӳӹӶӨӱ ӤӹӸӳӱ  ϷӭӤӬ Өӭ ӴӤӱӸӽӱӸӽӱӫӮӨӬЋӼӨӽӱ V. 18a-a: BHS: G(ST) + οἱ δίκαιοι Ra: εκεκραξαν οι δικαιοι] δικ. εκεκρ. U´–2038 Testuz (Ra 2113): δικαιοι εκεκραξαν avec U, 2013, 2038 : εκεκραξαν οι δικαιοι (transp et add οι) Die LXX, die syrische Übersetzung und die Targume bezeugen ein Subjekt (δίκαιοι) zu ἐκέκραξαν. Möglicherweise hängt das Fehlen des Subjekts im MT mit einer ursprünglich anderen Versreihenfolge zusammen, die scheinbar sehr früh, noch vor Entstehung der ersten Übersetzungen, geändert wurde (vgl. Einzelanalyse zu V. 16a). In jedem Fall scheint MT als schwierigere Lesart den ursprünglichen Text zu bieten. Die oberägyptischen Hsn. U, 2013, 2038 und der P. Bodmer IX bezeugen eine von den anderen griech. Übersetzungen abweichende Wortreihenfolge. Möglicherweise ist sie bedingt durch das stilistische Anliegen, den Satz entsprechend der Verse 16 und 17 mit dem Subjekt des Satzes beginnen zu lassen, statt mit dem Verb. Die geringe Bezeugung spricht dafür, dass es sich um eine sekundäre Lesart handelt. 553 554

In der Zeile ist kein Platz mehr für das Personalpronomen. Der P. Bodmer XI hat viele singulare Lesarten, u. a. die Auslassungen des Possessivpronomens in V. 8d-d und in 5a mit wenigen weiteren Hsn.

160

5 Psalm 34 (33)

V. 18b-b: Testuz (Ra 2113): devant εισηκουσεν om ο κυριος P. Bodmer IX bezeugt als einzige Hs. nicht das ὁ κύριος vor εἰσήκουσεν. Die Lesart ist ungewöhnlich. Grammatisch ist die Auslassung zwar möglich, da durch die vorangehenden V. 16 und 17 ὁ κύριος als Subjekt des Verbs bestimmt ist, es ist im griechischen Text jedoch kein Anlass für die Streichung gegeben, da sie sowohl eine Abweichung vom MT darstellt als auch den Text uneindeutiger macht. Die ursprüngliche Septuaginta tendiert eher dazu implizite Subjekte explizit wiederzugeben als umgekehrt (vgl. 5.3.2.1). Von daher handelt es sich wahrscheinlich um eine spätere Auslassung. V. 18c: Ra: αυτων 10] αυτους R = eos La Uulg: cf. 7; > Ga = M Testuz (Ra 2113): αυτον : αυτων Die altlateinische Übersetzung (nach LaR und LaG; auch Aug ist hier enthalten) und die Vulgata, sowie auch die griech. Spalte der Diglotte R bezeugen das Personalpronomen nach εἰσήκουσεν im Akk. Pl. statt Gen. Pl. (vgl. Einzelanalyse zu V. 7d). Das Psalterium Gallicanum streicht das Personalpronomen in Angleichung an den MT. Bei der Variante im P. Bodmer IX handelt es sich mit Sicherheit um einen Schreibfehler, da eine Verwechslung von Ω und Ο für die Hs. häufiger bezeugt ist555 und das in Bezug stehende Nomen δίκαιοι im Pl. formuliert ist. V. 18d-d: BHS: > S In der syrischen Übersetzung fehlen die Worte ‫וּמִ כָּל־צָרוֹתָם‬. Gründe für eine spätere Auslassung sind nicht ersichtlich. Man könnte erwägen, ob die Worte eine spätere Hinzufügung in Anpassung an den V. 7 sind. Da der Kurztext jedoch nur in der syrischen Übersetzung bezeugt ist, erscheint dies unwahrscheinlich. V. 18e: Testuz (Ra 2113): παντων : πασων Es handelt sich bei der Lesart des P. Bodmer IX vermutlich um eine grammatische oder orthographische Variante (vgl. Einzelanalyse zu V. 7e). V. 18f: Ra: αυτων ult. > U´(non Sa) In den oberägypt. Hsn. U und 2013 fehlt das Personalpronomen hinter θλίψεων. Das Fehlen ist schwer zu beurteilen. Das Personalpronomen ist aufgrund des nach ἐρρύσατο folgenden Personalpronomens αὐτούς nicht notwendig für den Kontext. Wurde es möglicherweise ursprünglich ausgelassen und später in Anpassung an den hebräischen Text ergänzt? Außergewöhnlich ist jedoch, dass das Personalpronomen von den Hsn. U und 2013 nur an dieser Stelle ausgelassen wurde, nicht jedoch an der Parallelstelle in

555

Vgl. Egan, The Manuscript Tradition, 2012, 515.

5.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 33

161

V. 7. Von daher ist die Lesart wahrscheinlich eher als sekundär zu betrachten, möglicherweise eine versehentliche Auslassung. V. 18g: Ra: ερρυσατο] εσωσεν U(non 2013): ex 7 U wählt als einzige Hs. ein anderes Äquivalent. Beide Wiedergaben für das hebräische Wort sind geläufig. Möglicherweise handelt es sich um eine Angleichung an σώσει in V. 19? (vgl. auch Einzelanalyse zu V. 7g) Aufgrund der geringen Bezeugung scheint es sich in jedem Fall um eine sekundäre Lesart zu handeln. Vers 19: ԗӦӦ՜ӷ®ӭ՛ӵӬӳӷӸӳՃӷӶӹӱӸӨӸӵӬӰӰԝӱӳӬӷ ¯τῇ καρδίᾳ¯ӭӤՂӸӳ՜ӷӸӤӴӨӬӱӳ՜ӷ ӸնӴӱӨ՛ӰӤӸӬӶըӶӨӬ Nahe ist der Herr den Zerbrochenen im Herzen, und die Demütigen im Geist wird er retten. A, B, S, 1219, 2013, 2113, (L), U MT ® ࡥ ࣞࡧࡥ࣒࡫ࣖ  ࡡ࢐ࡾࣈ ࡽࣞ  ࣥ࡫ࡾࣛ ࢇࣖ ࢪࣖ ࣚࡵ࡯ࣖ ¯   ࡡࢶ࡯ࣛ  ࣥ࡫࡟ࣛ ࢚ࣖ ࢋࣥࢁ ࣝ ࡟ࣜ ࡧࣤ ࣖ °  ॱ আ࡫  ࣝ ࢪ࢐࡫ ࣤ ࣚ অ࢏ࣝ ࡾ࣊

B ® ԗӦӦ՜ӷ ӭ՛ӵӬӳӷ ӸӳՃӷӶӹӱӸӨӸӵӬӰӰԝӱӳӬӷ ¯ ¯ ӸԨӱӭӤӵӧՁӤӱ  ӭӤՂӸӳ՜ӷӸӤӴӨӬӱӳ՜ӷ  ӸնӴӱӨ՛ӰӤӸӬӶըӶЋӨЌӬ

A ® ԗӦӦ՜ӷ ӭ՛ӵӬӳӷ ӸӳՃӷӶӹӱӸӨӸӵӬӰӰԝӱӳӬӷ ¯ ¯ ӸԨӱӭӤӵӧՁӤӱ  ӭӤՂӸӳ՜ӷӸӤӴӨӬӱӳ՜ӷ ӸնӴӱӨ՛ӰӤӸӬӶըӶӨӬ

Ant ® ԗӦӦ՜ӷ ӭ՛ӵӬӳӷ ӸӳՃӷӶӹӱӸӨӸӵӬӰӰԝӱӳӬӷ ¯ ¯ ӸηЇӱЈӭӤӵӧιӤЇӱЈ  ӭӤՂӸӳ՜ӷӸӤӴӨӬӱӳ՜ӷ ӸնӴӱӨ՛ӰӤӸӬӶըӶӨӬ

P. Bodmer IX (Ra 2113):ӨӱӦӳӬӷ݀‫ݐ‬ӸӳӬӷӶӹӱӸӨӸӵӬӰӨӱӳӬӷЋӸӪӱӭӤӵӧӬӤӱϷӭӤӬӸӳӹӷ ӸӤӴӬӱӳӹӷӸӳӴӱӨӹӰӤӸӬӶӳӶӨӬ V. 19a: Testuz (Ra 2113): ενγοις : εγγυς P. Bodmer IX bezeugt ἐνγοῖς anstelle von ἐγγὺς. Es handelt sich vermutlich um ein Wort (womöglich eine Partizipialform) vom selben Wortstamm wie ἐγγὺς, das in Kongruenz zu τοῖς συντετριμμένοις formuliert ist. Aufgrund der geringen Bezeugung und der zahlreichen Abweichungen im P. Bodmer IX ist die Form wahrscheinlich sekundär. V. 19b-b: Ra: την καρδιαν B´ R Ld(sil) A] τη καρδια U LdZ´’HeScRc(Rc deleuit ν 10 tantum) 1219’ Viele griechische Hsn. (auch der Korrektor des Kodex Sinaiticus, der eine alte Hs. widerspiegelt und die ansonsten dem Kodex Alexandrinus nahestehende Hs. 1219) bezeugen die Wendung τοῖς συντετριμμένοις τὴν καρδίαν mit dem Dativ τῇ καρδίᾳ. In Jes 61,1 findet sich dieselbe Wendung mit Dativ: ἰάσασθαι τοὺς συντετριμμένους τῇ καρδίᾳ „ zu heilen, die zerbrochenen Herzens sind“. Die einzige Stelle in den Psalmen, die dieselbe Wendung bezeugt, findet sich in LXX Ps 146,3. Aber auch hier ist der Dativ von den Zeugen R LdTSytxtSc und 1219s belegt. Eine Entscheidung ist hier schwierig. Da der Dativ im Kontext von V. 19 in Parallele zu dem Folgenden τῷ πνεύματι besser passt, entscheide ich mich für die Dativ-Form als die ursprüngliche Lesart.

162

5 Psalm 34 (33)

Vers 20: ӴӳӮӮӤՂ ӤԺ® ӫӮՁӼӨӬӷ ¯Ӹժӱ ӧӬӭӤՁӽӱ¯ ӭӤՂ °ԗӭ ӴӤӶժӱ° ӤՐӸժӱ± Տ՛ӶӨӸӤӬ ӤՐӸӳ՛ӷ¯Չӭ՛ӵӬӳӷ² Zahlreich sind die Bedrängnisse der Gerechten, und aus ihnen allen wird der Herr sie erretten. A, B, S, 1219, 2013, 2113, (L), U ®

MT ࢁ࢐ࡸࣈ ࡾࢁ࢐ࢇ ࣞ ࡾ࣒ ࣝ ¯   ࡽ࡫ࢋࢶ ࣚ ࡼࣝ ±°   ࡱ࢜ࣞ ࢽ ࢚࣢ ࡳࣚ ࣂ࢏ ¯ ࣊ ࣜ ࢧࣚ ࣝ࡫   ࡧࢢ࡯࡫ ²  ॱ ࡥࡧࡥ ࣤ ࣞ ࣖ࡫

B ® ӴӳӮӮӤՂӤԺ ӫӮЇӨЈՁӼӨӬӷ ¯ ¯ ӸժӱӧӬӭӤՁӽӱ  ° ° ± ӭӤՂ ԗӭӴӤӶժӱ ӤՐӸժӱ  ¯ Տ՛ӶӨӸӤӬӤՐӸӳ՛ӷ ²

A ® ӴӳӮӮӤՂӤԺ ӫӮՁӼӨӬӷ ¯ ¯ ӸժӱӧӬӭӤՁӽӱ  ° ° ± ӭӤՂ ԗӭӴӤӶժӱ ӤՐӸժӱ  ¯ Տ՛ӶӨӸӤӬӤՐӸӳ՛ӷ ² Չӭ՛ӵӬӳӷ

Ant ® ӴӳӮӮӤՂӤԺ ӫӮՁӼӨӬӷ ¯ ¯ ӸժӱӧӬӭӤՁӽӱ  ° ° ± ӭӤՂ ԗӭӴӤӶժӱ ӤՐӸժӱ  ¯ Տ՛ӶӨӸӤӬӤՐӸӳ՛ӷ ² Չӭ՛ӵӬӳӷ

P. Bodmer IX (Ra 2113): ӴӳӮӮӨӫӮӨӬӼӨӬӷӸӽӱӧӬӭӤӬӽӱ  ϷӭӤՂӤӴӳӴӤӶӳӱӤӹӸӽӱ ӵӳӬӶӨӸӨӤӹӸӳӹӷ V. 20a: Testuz (Ra 2113): devant θλειψεις om αι P. Bodmer IX bezeugt abweichend von der restlichen Septuagintaüberlieferung vor θλίψεις keinen Artikel, während er δικαίων mit Artikel wiedergibt (zur Wiedergabe des hebräischen Singulars ‫צַדִּיק‬mit der Pl.- Form τῶν δικαίων, vgl. Einzelanalyse zu V. 20b-b.b). Im MT ist die Constr.Verb. ‫ ָרעוֹת צַדִּיק‬zwar indeterminiert, der Gerechte ‫ צַדִּיק‬ist jedoch durch die vorangehenden Verse determiniert. „In poetischen Texten ist der Artikel selten und zur Anzeige der Determination nicht nötig.“556 Die determinierte Wiedergabe mit αἱ θλίψεις τῶν δικαίων entspricht also dem MT. Das Fehlen des Artikels vor θλίψεις im P. Bodmer IX ist möglicherweise auf eine versehentliche Auslassung zurückzuführen, bedingt durch das vorangehende πολλαὶ, das zu einer Haplographie geführt haben kann. V. 20b-b.b: BHS: Sg. M] Pl. G Die LXX bezeugt die Pl.- Form τῶν δικαίων für ‫צַדִּיק‬. Entsprechend bezeugt sie am Ende des Verses und auch in V. 21b das Possessivpronomen im Pl. (αὐτούς bzw. αὐτῶν), während der hebräische Text ein 3. Sg. Suffix liest. Es handelt sich vielleicht um eine spätere Anpassung an die δίκαιοι von V. 16 und V. 18. Denkbar ist auch eine entsprechende hebräische Vorlage. Insbesondere bei ‫יַצִּילֶ ֥נּו‬, „er rettet ihn“, ist eine Lesung mit ‫ ם‬gut denkbar, zumal die Verschreibung bzw. Verlesung von ‫ נו‬und ‫ ם‬häufig belegt ist.557 V. 20c-c:Testuz (Ra 2113): απο πασον : εκ πασων P. Bodmer IX bezeugt ἀπὸ πᾶσον anstelle von ἐκ πασῶν. Da das Wort kongruent sein muss zum folgenden αὐτῶν und die Wortform πᾶσον nicht

556 557

Ernst, Kurze Grammatik, 2010, 37. Siehe die Beispiele bei Tov, Textual Criticism, 232.

5.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 33

163

existiert, handelt es sich hier sicherlich um eine Verwechslung von Ω und Ο, wie sie häufig in der Hs. auftritt.558 Der Austausch der Präposition ἐκ mit ἀπό ist nicht ungewöhnlich. „ἀπό hat im Ngr. ἐκ in sich aufgenommen“559. Es handelt sich also vermutlich um eine spätere Variante, die für ἐκ in der Bedeutung „nach“, „heraus aus“ auch in Einzelfällen im NT bezeugt ist.560 V. 20d: Ra: αυτων > U´ et Tert.(non Cyp.) Das Personalpronomen αὐτῶν hinter πασῶν ist in den oberägyptischen Hsn. U und 2013 gestrichen. Es handelt sich um eine stilistische Variante, die bereits bei Tert. bezeugt ist. Auffällig ist, dass Tertullian an der einzigen weiteren Stelle, bei der er für LXX Ps 33 bei Rahlfs aufgeführt wird, ebenfalls die Lesart von U stützt, die abgesehen von U nur sehr schwach bezeugt ist (vgl. Einzelanalyse zu V. 21a-a). V. 20e: BHS: G cj c 21 Zu dieser Variante vgl. Einzelanalyse zu V. 21a. Vers 21: ®ӺӹӮԆӶӶӨӬ ӭ՛ӵӬӳӷ® ¯ӴԆӱӸӤ Ӹԇ ՆӶӸԈ ӤՐӸժӱ° ± Ԝӱ ԗӲ± ӤՐӸժӱ ӳՐ ² ӶӹӱӸӵӬӥԧӶӨӸӤӬ²¯ Der Herr wird all ihre Gebeine bewahren, nicht eines von ihnen wird zerbrochen werden. A, B, S, 1219, 2013, 2110, 2113 Joh 19,36 4QPsa, (L), U MT ®   ࡾࡳ࣠࣊ ࣛ ࢪ ° ¯  ࡧ࡫ࢁࢶ ࣞ ࢐ࡳࡼࣖ ࡸࣥ࡯ ࣝ ࢚ࣞ ± ±  ࡥ ࣞࢢࡥࣛࢽ ࡳࣛࣂ  ࢁࡩ࣊ ࣝ ࡟ࣝ ¯² ²  ॱ ࡥࡾࣞ ࢇࣤ ࣞ ࢪࣖ ࣚࡵ ࡟࣠ ࡯ࣈ

B A Ant ® ® ® ® ® ® ӭ՛ӵӬӳӷӺӹӮԆӶӶӨӬ  ӺӹӮԆӶӶӨӬӭ՛ӵӬӳӷ ӺӹӮԆӶӶӨӬӭ՛ӵӬӳӷ ¯ ° ¯ ° ¯ ° ӴԆӱӸӤӸԇՆӶӸԈӤՐӸժӱ  ӴԆӱӸӤӸԇՆӶӸԈӤՐӸժӱ  ӴԆӱӸӤӸԇՆӶӸԈӤՐӸժӱ  ± ± ± ± ± ± ԜӱԗӲ ӤՐӸժӱ ԜӱԗӲ ӤՐӸժӱ ԜӱԗӲ ӤՐӸժӱ ² ²¯ ² ²¯ ² ²¯ ӳՐ ӶӹӱӸӵӬӥԧӶӨӸӤӬ  ӳՐ ӶӹӱӸӵӬӥԧӶӨӸӤӬ ӳՐ ӶӹӱӸӵӬӥԧӶӨӸӤӬ

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӸӤ ӳӶӸӤ ӤӹӸӽЌӱϓ Өϓӱ ӤӴ ӤЋӹӸӽӱ ӳӹ ӶӹӱӸӵӬӥӪ  Ϸ ӶӨӸӤӬ P. Bodmer IX (Ra 2113): ݀‫ ݐ‬ӺӳӬӮӤӶӨӬ ӴӤӱӸӤ ӸӤ ӳӶӸӤ ӤӹӸӳӱ  ϷӨӱ ӤӹӸӽӱ ӳӹ ЋЋӧӰЌЌӪӶӹӱӸӵӬӥӪ Joh 19,36: ԗӦԝӱӨӸӳӦԇӵӸӤ՝ӸӤԻӱӤԣӦӵӤӺԨӴӮӪӵӽӫԵЄՆӶӸӳ՝ӱӳՐӶӹӱӸӵӬӥԧӶӨӸӤӬ ӤՐӸӳ՝ϗ V. 21a-a: BHS: 2 Mss G + ‫יהוה‬ Ra: κυριος φυλασσει B´ R´’ Ga et Cyp. (uid.) = M (sed M trahit κυριος recte ad 20)] ο κυριος, κυριος φυλασσει Bo U´’–1093 He et Tert.; ο(>1219’) κυριος, φυλασσει κυριος UulgAug L´’ A´’(1219 κυρ. φυλ. pro φυλ. κυρ. ?) 558 559 560

Vgl. Egan, The Manuscript Tradition, 2012, 515. BDR §209. „In Einzelfällen ἀπό statt ἐκ „nach“, „heraus aus“, BDR §209. Es gibt jedoch auch das Gegenbeispiel, wo offensichtlich sekundär ist (vgl. LXX Ps 103,13b).

164

5 Psalm 34 (33)

In der griech. Überlieferung sind hier drei Lesarten bezeugt. Eine Lesart (unter anderem bezeugt vom Kodex Vaticanus und Sinaiticus und P. Bodmer IX) geht mit dem MT, zieht jedoch ‫ יהוה‬vom Ende des Verses 20 zum Anfang von V. 21. Die beiden anderen Lesarten haben κύριος sowohl in V. 20 als auch in V. 21, in V. 21 jedoch an unterschiedlicher Stelle. Am besten lässt sich die Entstehung der Lesarten, die κύριος sowohl in V. 20 als auch in V. 21 bezeugen, von einer hebräischen Vorlage erklären, die (zusätzlich zu ‫ יהוה‬am Ende von V. 20) ‫ יהוה‬am Anfang des Verses nach ‫ שׁ ֹמֵר‬gelesen hat, wie in zwei mittelalterlichen hebräischen Hsn. bezeugt. Entsprechend hat die ursprüngliche Septuaginta dann vermutlich mit κύριος, φυλάσσει κύριος übersetzt (wie unter anderem vom antiochenischen Text und dem Kodex Alexandrinus bezeugt). Die Lesart ὁ κύριος, κύριος φυλάσσει (Hs. U u. a.) stellt vermutlich eine spätere stilistische Anpassung dieser Lesart dar, die das Subjekt des Satzes an den Anfang des Verses stellt. Die Streichung von κύριος am Versende von V. 20 im Kodex Vaticanus (u. a.) ist dann auf eine Anpassung an den MT zurückzuführen (nur mit dem Unterschied, dass er κύριος am Satzanfang von V. 21 bezeugt statt wie der MT am Ende von V. 20). Die Hsn. 1219 und 55 bezeugen das κύριος am Versende von V. 20 ohne Artikel, was vermutlich eine spätere Vereinheitlichung darstellt. V. 21b: Keine Apparatangaben vorhanden. Das Zitat in Joh 19,36 gibt die Stelle aus dem Psalm in stark verkürzter Form wieder ὀστοῦν οὐ συντριβήσεται αὐτοῦ „Sein Knochen/ Gebein wird nicht zerbrochen werden“. Eine wörtliche Wiedergabe des Zitats scheint hier nicht intendiert zu sein, sondern nur eine Anspielung auf den Inhalt der Stelle. V. 21c: Keine Apparatangaben vorhanden. Die LXX bezeugt das Possessivpronomen nach ὀστᾶ im Pl. statt wie der MT im Sg. Die Variante hängt vermutlich zusammmen mit einer Anpassung an die δίκαιοι von V. 16 und V. 18. (vgl. Einzelanalyse zu V. 20b-b.b).561 V. 21d-d: Ra: εν εξ (sic etiam 1093)] pr. και U, εξ > 2013 Testuz (Ra 2113): εν αυτων : εν εξ αυτων (P om εξ avec 2013) Kasser/Testuz (Ra 2110): απ α[υτων : εξ αυτων Die Hsn. U und 2013 bezeugen eine Kopula. Es handelt sich vermutlich um eine spätere stilistische Variante. In der Hs. 2013 und P. Bodmer IX fehlt außerdem die Präposition ἐξ vor αὐτῶν. Am wahrscheinlichsten scheint hier eine Haplographie mit dem 561

Die Hs. 2113 bezeugt das Personalpronomen zwar im Sg., da die Hs. das folgende Personalpronomen jedoch im Pl. bezeugt und generell häufiger Omega und Omikron verwechselt (vgl. dazu in 2.1 zur Hs. 2113), ist die Sg.-Form hier vermutlich auf einen Schreibfehler zurückzuführen.

5.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 33

165

vorangehenden ἓν vorzuliegen. P. Bodmer XXIV bezeugt hier die Präposition ἀπό statt ἐξ. Es handelt sich um eine spätere Lesart (vgl. Einzelanalyse zu V. 20c-c). V. 21e-e: Ra: ου] + μη 2013–1093(non U): cf. 23 Testuz (Ra 2113): ου μη συντριβη : ου συντριβησεται (P add μη avec 2013, 1093) Die Hsn. 2013, 1093 und P. Bodmer IX bezeugen die verstärkte Verneinung οὐ μή anstelle des einfachen οὐ. Womöglich handelt es sich um eine spätere Anpassung an die verstärkte Verneinung in V. 23. P. Bodmer IX bezeugt außerdem συντριβη, was als 3. Sg. Konj. Aor. passiv gedeutet werden könnte. Wahrscheinlich handelt es sich aber einfach um einen Schreibfehler, dass die Endung versehentlich ausgefallen ist, da sie z. B. am Anfang der nächsten Zeile stand, wie beim P. Bodmer XXIV (s. o.), und dadurch beim Abschreiben übersehen wurde. Vers 22: ӫԆӱӤӸӳӷ® ԂӰӤӵӸӽӮժӱ ӴӳӱӪӵՌӷ ӭӤՂ ӳԺ ӰӬӶӳ՝ӱӸӨӷ ӸՍӱ ӧՁӭӤӬӳӱ ӴӮӪӰӰӨӮԧӶӳӹӶӬӱ¯ Der Tod der Sünder ist erbärmlich, und die den Gerechten hassen, werden Schuld auf sich laden. A, B, S, 1219, 2013, 2110, 2113 4QPsa, (L), U MT ® ࡷࢪ ࣈ ࣞ ࡾࣞ  ࢁࢁ࢐ࡳ ࣈ ࣛ ࢯࣖ  ࡥࡸࢶ ࣞ ࡾࣞ  ࡫࡟ࢼ ࣛ ࣖࡵ࣠ ࢫ ࣖࡧ  ࡽ࡫ࢋࣈ ࣚ ࡼࣝ ¯  ॱ ࢏ࡳࢪࣤ ࣞ ࡟ࣖ ࣜ࡫

B ® ӫԆӱӤӸӳӷ ԂӰӤӵӸӽӮժӱ ӴӳӱӪӵՌӷ ӭӤՂӳԺӰӬӶӳ՝ӱӸӨӷ ӸՍӱӧՁӭӤӬӳӱ ¯ ӴӮӪӰӰӨӮԧӶӳӹӶӬӱ 

A ® ӫԆӱӤӸӳӷ ԂӰӤӵӸӽӮժӱ ӴӳӱӪӵՌӷ ӭӤՂӳԺӰӬӶӳ՝ӱӸӨӷ ӸՍӱӧՁӭӤӬӳӱ ¯ ӴӮӪӰӰӨӮԧӶӳӹӶӬӱ

Ant ® ӫԆӱӤӸӳӷ ԂӰӤӵӸӽӮժӱ ӴӳӱӪӵՌӷ ӭӤՂӳԺӰӬӶӳ՝ӱӸӨӷ ӸՍӱӧՁӭӤӬӳӱ ¯ ӴӮӪӰӰӨӮԧӶӳӹӶӬӱ

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӫӤӱӤӸӳЌӷϓ Ӥϓ ӰϓӤӵϓӸӽЋӮӽӱ ӴӳӱӪӵӳӷ  ϷӭӤӬ ӳӬ ӰӬӶӳӹӱЌӸӨӷӸӳӱӧӬӭЋӤӬӳӱӴӮӪӰӰӨӮӪϷӶӳӹӶӬЌӱϓ P. Bodmer IX (Ra 2113):ӫӤӱӤӸӳӷӤӰӤӵϓӸӳӮӽӱӴӳӱӪӵӳӷ  ϷӭӤӬӳӬӰӨӬӶӳӹӱӸӨӷӸӳӱ ӧӬӭӤӬӳӱӴӮӪӱӰӨӮӨӶӳӹӶӬӱ 4QPsa: ࢁࢁЌ ࣕࡧࡳࢁ V. 22a: BHS: G θάνατος, T mtwt’ = ‫תְּ מוּתַת‬ Während der MT das Verb ‫ מות‬in der 3. Sg. Impf. Polel(= Piel) f. ‫תְּמוֹתֵת‬ bezeugt, liest die LXX das Nomen θάνατος, sodass der Satz lautet „Der Tod der Sünder ist erbärmlich“. Möglicherweise hat die LXX das Substantiv ‫ תְּ מוּתָה‬gelesen.562

562

Bei Gesenius als Derivat zum Nomen ‫מות‬angegeben, vgl. Gesenius, 2013, ‫מות‬. Vgl. auch LXX.E.II, 2011, 1592: „Von der LXX wird offenbar das Subst. ‫ תְּ מוּתָ ה‬vorausgesetzt.

166

5 Psalm 34 (33)

Die Targume lesen mtwt’was laut BHS im Hebräischen ‫ תְּ מוּתַת‬entspricht, einer 3. Sg. Impf. Pual f. Verbform von ‫מות‬. Bezugswort des Verbs wäre ‫ָרעָה‬ (f.) „die Bosheit wird getötet“, was jedoch nicht wirklich Sinn ergibt. V. 22b: Keine Apparatangaben vorhanden. P. Bodmer IX bezeugt πληνμελεσουσιν für πλημμελήσουσιν. Es handelt sich wahrscheinlich um eine abweichende Schreibweise oder um einen Schreibfehler (vgl. auch V. 23c). πλημμελέω ist ein geläufiges Äquivalent für ‫אשׁם‬563 und hat die Bedeutung „einen Fehler machen“564. Das Wort wird in LXX Psalm 33 sowohl in diesem Vers als auch im folgenden Vers 23 verwendet und stellt die Sünder und die Knechte des HERRN einander gegenüber. Die Sünder werden einen Fehler begehen, bzw. Schuld auf sich laden dadurch, dass sie die Gerechten hassen. Die Knechte des Herrn werden dagegen keineswegs einen Fehler darin begehen, dass sie auf den HERRN hoffen. Vers 23: ӮӹӸӵըӶӨӸӤӬ ӭ՛ӵӬӳӷ ® Ӽӹӻԇӷ ® ӧӳ՛Ӯӽӱ ӤՐӸӳ՝ ӭӤՂ ӳՐ ӰԨ ӴӮӪӰӰӨӮԧӶӽӶӬӱ¯ӴԆӱӸӨӷӳԺԗӮӴՁөӳӱӸӨӷԗӴ࠹ӤՐӸՌӱ° Der Herr wird die Seelen seiner Knechte erlösen, und keinesfalls werden alle die, die auf ihn hoffen, einen Fehler begehen. A, B, S, 1219, 2013, 2110, 2113, (L), U MT  ࡥ ࣞࡧࡥ࣒࡫ࡥࣈ ࣖ ࡣ࢐ࢥ ࣜ ® ®  ࡧ࡫ࡣࢶ ࣞ ࡡࣞ ࡸࣘ  ࢪࡺࣈࣜ ࡵࣜ  ࡟࣠ ࡯࣊ ࣖࡧ ¯   ࢏ࡳࢽ ࢪࣖ ࡟ࣖ ࡫ࣜࣂ  ࡱ࡫ࡶ࣠࣊ ࣚ ࡩࡥࣥ࡯ ࣝ ࢚ࣤ ࣞ °  ॱ ࢐ࢇࣤ

B ӮӹӸӵըӶӨӸӤӬӭ՛ӵӬӳӷ ® ® Ӽӹӻԇӷ ӧӳ՛ӮӽӱӤՐӸӳ՝ ӭӤՂӳՐӰԨ ¯ ӴӮӪӰӰӨӮԧӶӳӹӶӬӱ  ӴԆӱӸӨӷӳԺԗӮӴՁөӳӱӸӨӷ ° ԗӴ࠹ӤՐӸՌӱ 

A ӮӹӸӵըӶӨӸӤӬӭ՛ӵӬӳӷ ® ® Ӽӹӻԇӷ ӧӳ՛ӮӽӱӤՐӸӳ՝ ӭӤՂӳՐӰԨ ¯ ӴӮӪӰӰӨӮԧӶӳӹӶӬӱ  ӴԆӱӸӨӷӳԺԗӮӴՁөӳӱӸӨӷ ° ԗӴ࠹ӤՐӸՌӱ

Ant ӮӹӸӵըӶӨӸӤӬӭ՛ӵӬӳӷ ® ® Ӽӹӻԇӷ ӧӳ՛ӮӽӱӤՐӸӳ՝ ӭӤՂӳՐӰԨ ¯ ЇӴӮӪӰӰӨӮԧӶӽӶӬӱЈ ӴԆӱӸӨӷӳԺԗӮӴՁөӳӱӸӨӷ ° ԗӴ࠹ӤՐӸՌӱ 

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ЋӮӹӸЌӵϓӽӶӨӸӤӬ݀‫ݐ‬ӼЋӹӻӤӷӧӳӹӮӽӱӤӹӸӳӹ  ϷӭӤӬӳӹ ӰЌӪϓ ӴӮϓ ӪӰϓ ӰϓӪӮϓ ӪϓӶӳӹӶЋӬӱӴӤӱӸӨӷӳӬӨӮӴӬϷөӳӱӸӨӷЌӨӴӤЋӹЌӸӳӱ P. Bodmer IX (Ra 2113): ӮӹӸӵϓ ӽӶӨӸӨ ݀‫ ݐ‬ӼӹӻӤӷ ӧӳӹӮӳӱ ӤӹӸӳӹ  ϷӭӤӬ ӳӹ ӰӪ ӸӨӷӨӴӤӹӸӽӱ ӴӮӪӱӮӨӶӳӹӶӬӱӴӤӱӸӨӷӳӬӨӮӴӬөӳӱ V. 23a.a: Ra: ψυχας δουλων] τας ψ. ‹των› δ. U (non 2013) Die Hs. U bezeugt als einzige Hs. einen Artikel vor ψυχὰς und vor δούλων565. Sie bietet das bessere Griechisch. Es handelt sich wahrscheinlich um eine spätere grammatische Korrektur (vgl. Einzelanalyse zu V. 8b).

563 564 565

Vgl. Muraoka, Two-way Index, 2010, πλημμελέω. Vgl. Pape, Handwörterbuch, Bd. 2, 1914, 633. „In Winkelklammern sind Buchstaben eingeschlossen, welche in den Hsn. zerstört und von mir vermutungsweise ergänzt sind.“, Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 8. Auch Emmenegger rekonstruiert hier einen Artikel, vgl. Emmenegger, Text des koptischen Psalters, 2007, 326.

5.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 33

167

V. 23b: Ra: πλημμελησουσιν] –σωσιν S LbHec Ra: πλημμ. παντες delinquent omnes Uulg-Aug] derelinquet o. La Ga(Gacquent): cf. S.-St. 2, p.95 Testuz (Ra 2113): πληνλεσουσιν : πλημμελησουσιν Kasser/Testuz (Ra 2110): πλ]ημμηλησουσ[ιν, l. πλημμελησουσιν Einige wenige griech. Hsn. bezeugen πλημμελήσωσιν (3. Pl. Konj. Aor.) anstelle von πλημμελήσουσιν (3. Pl. Ind. Fut.). Der Konj. Aor. hat auch futuristische Bedeutung und kann gelegentlich durch das Futur ersetzt werden.566 Die 3. Pl. Ind. Fut.lässt sich gut als Angleichung an die vorangehende futurische Verbform λυτρώσεται oder an πλημμελήσουσιν in V. 22 erklären und ist deswegen vermutlich sekundär (so auch später Rahlfs in seiner Handausgabe)567. P. Bodmer IX bezeugt πληνλέσουσιν für πλημμελήσουσιν. Im vorangehenden Vers bezeugt er πληνμελέσουσιν. Es handelt sich vermutlich um eine abweichende Schreibweise (vgl. V. 22b), wobei hier scheinbar versehentlich zusätzlich die Buchstaben με ausgelassen wurden. Die lateinischen Hsn. variieren zwischen delinquent „sie laden eine Schuld auf sich“ (Vulgata und Augustin) und derelinquet „er lässt zurück“ (altlateinische Übersetzungen und das Psalterium Gallicanum, wobei der Korrektor von Ga die 3. Pl.-Endung „–quent“ bezeugt). Die Lesart von Vulgata und Augustin geben MT wieder. Vermutlich handelt es sich bei der Form derelinquet um einen Abschreibfehler. V. 23c: Testuz (Ra 2113): αυτων : αυτον P. Bodmer IX bezeugt hier das Personalpronomen im Pl. Da die Pl.Form im gegebenen Kontext keinen Sinn macht handelt es sich sicherlich um einen Schreibfehler.568

566 567 568

Vgl. BDR §363.365. Vgl. Rahlfs, Vetus Testamentum Graece, Vol. II, 1935, 33. Zudem werden im P. Bodmer IX die Buchstaben Omikron und Omega häufig vertauscht, vgl. Egan, The Manuscript Tradition, 2012, 515.

5.3

Ergebnisse zu LXX Psalm 33

5.3.1 Die hebräische Vorlage der Septuaginta a) Bezeugung von Abweichungen der Septuaginta in Qumran In Qumran wird keine der vom MT abweichenden Septuagintalesarten gestützt. b) Bezeugung von Abweichungen der Septuaginta in mittelalterlichen hebräischen Hsn. Die Ergänzung von κύριος in V. 21a-a, der auch im MT das implizite Subjekt des Satzes bildet, wird durch einige mittelalterliche Hsn. gestützt und beruht vermutlich auf einer hebräischen Vorlage. c) Vermutete abweichende hebräische Vorlagen oder Verlesungen der Septuaginta In V. 6c bezeugt die Septuaginta gestützt durch die Peschitta ein Suffix als 2. Pl. statt 3. Pl., was im Kontext besser passt und vermutlich die ursprüngliche hebräische Lesart darstellt (dazu s. u.). Die Lesart von MT scheint durch einen Abschreibfehler entstanden zu sein (‫ וּ ְפנֵיהֶם‬statt ‫)וּ ְפנֵיכֶם‬. Bei 20b ist eine Verwechslung von ‫ ם‬und ‫ נו‬wahrscheinlich. Die Abweichung in V. 22a ‫תְּ מוּתָה‬ statt ‫ תְּמוֹתֵת‬ist dagegen vermutlich auf auf eine Verlesung zurückzuführen. d) Abweichende Lesungen desselben Konsonantentextes Der MT in V. 6 ist schwierig, da die 3. Pl.-Verbformen im Kontext nicht passen (das Subjekt des Satzes ist unklar, vgl. Einzelanalyse zu V. 6a). Die Septuaginta bezeugt stattdessen die Verben in Vers 6a und 6b als Imperativformen, was auf einer abweichenden Vokalisation des hebräischen Konsonantentextes basiert, die vermutlich die ursprüngliche hebräische Lesetradition darstellt: „Kommt zu ihm und werdet erleuchtet“ statt „Sie blickten auf ihn und strahlten“. Die Lesetradition des MT’s ist vermutlich durch einen Abschreibfehler in V. 6c bedingt (s. o.).

5.3 Ergebnisse zu LXX Psalm 33

169

5.3.2 Der griechische Text Abweichungen vom Rahlfs-Text finden sich in den Versen 3a.5c.6a.10b.19bb .21a-a.23b.

5.3.2.1 Die ursprüngliche Septuaginta a) Stil und Aufbau LXX Psalm 33 stellt, wie für den Septuaginta-Psalter üblich, eine in der Regel sehr wortgetreue und die Wortreihenfolge der hebräischen Vorlage exakt einhaltende Übersetzung dar. Im Aufbau des Psalms weicht die Übersetzung nicht vom Original ab. Stilistische Abweichungen sind an insgesamt neun Stellen bezeugt. Sechs der Abweichungen bestehen in Ergänzungen und zwar eines Gliederungselements διάψαλμα in V. 11b, impliziter Subjekte in V. 5a.18a-a.21a-a und der Ergänzung von πάντες „Fürchtet den HERRN, alle seine Heiligen“ in V. 10b. Abgesehen von den Ergänzungen verwendet die Septuaginta in V. 5c das ansonsten nirgends für ‫ גור‬bezeugte Äquivalent θλῖψις „Bedrängnis“, welches eine seltenere Bedeutung des hebräischen Wortes ‫„ גור‬sich fürchten“ recht frei wiederzugeben scheint. In V. 20b-b.b wird ein Subjekt im Pl. statt Sg. bezeugt, was am Sinngehalt des Textes jedoch nichts ändert. Die Änderung dient einer höheren Homogenität des Textes (vgl. Einzelanalyse zu V. 20b-b.b). Und entsprechend bezeugt sie das Possessivpronomen in V. 21c im Pl. statt Sg. b) Inhaltliche Besonderheiten des Septuaginta-Psalms LXX Ps 33 bleibt auffällig nah an seiner hebräischen Vorlage und weicht inhaltlich nur an zwei Stellen ab. In V. 6a übersetzt die Septuaginta ‫„ נבט‬aufblicken“ mit προσέρχομαι „herzutreten“: „Tretet herzu zu ihm und werdet erleuchtet“. Inhaltlich liegt der Unterschied zwischen „aufblicken“ und „herzutreten“ jedoch nur in einer Nuance. Ein besonderer Grund für die Änderung lässt sich nicht erkennen. Die starke inhaltliche Abweichung in V. 11a (πλούσιοι „Reiche“ für ‫ִירים‬ ִ ‫„ ְכּפ‬Junglöwen“) ist vermutlich durch eine abweichende hebräische Vorlage bedingt, die ‫ִירים‬ ִ ‫„ ַכּבּ‬Gewaltige“ gelesen hat. Auch diese hebräische Vorlage ist in der Septuaginta mit πλούσιοι jedoch recht frei wiedergegeben.

170

5 Psalm 34 (33)

5.3.2.2 Revisionen und weitere Bearbeitungen a) Hebraisierung Eine nachträgliche Anpassung an das Hebräische ist in der Textüberlieferung von LXX Psalm 33 an vier Stellen bezeugt. In V. 11b streicht der Korrektor des Kodex Vaticanus das Gliederungselement διάψαλμα. Ansonsten finden sich an drei Stellen leichte inhaltliche Abweichungen der ursprünglichen Septuaginta, die in der Überlieferung des griechischen Textes ans Hebräische angepasst werden. In V. 5c wird die in der Septuaginta nur hier bezeugte Wiedergabe von ‫ גור‬mit θλῖψις „Bedrängnis“ durch παροικία „Fremde“ ersetzt, was im Kontext zwar inhaltlich schlechter passt, aber die am häufigsten bezeugte Bedeutung der Wurzel ‫גור‬ „sich als Fremder niederlassen“ darstellt. In V. 10b wird die stilistische Ergänzung von πάντες „Fürchtet den HERRN, alle seine Heiligen“ gestrichen und in V. 21a-a das Subjekt κύριος, das im Hebräischen jedoch ebenfalls implizit das Subjekt des Satzes bildet und vermutlich bereits in der hebräischen Vorlage der Septuaginta explizit bezeugt war. Die Hebraisierungen sind am häufigsten im Kodex Sinaiticus (3 von 4 Stellen) und Vaticanus (2 von 4 Stellen) bezeugt. Die antiochenischen Hsn. und der Kodex Alexandrinus haben durchgängig den ursprünglichen Text bewahrt. b) Vom masoretischen Text abweichende Überarbeitungen Beim LXX Psalm 33 fällt zunächst auf, dass in der Überlieferung des griechischen Textes verhältnismäßig viele sekundäre Abweichungen vom MT bezeugt sind. Der Großteil der Abweichungen ist stilistischer Natur und auffälligerweise fast ausschließlich in oberägyptischen Zeugen (V. 20d.21d-d) oder im P. Bodmer IX (V. 14f.17a.18b-b) oder in beiden (4a.5a.d) bezeugt. Es handelt sich überwiegend um Ergänzungen oder Auslassungen von Pronomina und Subjekten oder um Änderungen von Wortform oder Worttempus, die jedoch am Sinngehalt des Textes nichts ändern. Die einzige inhaltliche Variante bezeugt der P. Bodmer IX in V. 8, in dem die Hs. den Text leicht neugestaltet und „Ein Engel des Herrn hat angenommen, die ihn fürchten“ bezeugt, anstelle von „Ein Engel des Herrn wird sich rings um die lagern, die ihn fürchten“ (V. 8a-a.8d-d). Die großen Kodizes (A B S) und der antiochenische Text haben den Text hier auffällig gut bewahrt und bezeugen durchgehend den ursprünglichen Text. P. Bodmer XXIV bezeugt nur in V. 16f eine (inhaltlich irrelevante) Auslassung eines Possessivpronomens und die lateinisch-griechische Diglotte R bezeugt einige kleine Abweichungen in Wortformen, die größtenteils jedoch vermutlich durch die lateinische Grammatik bedingt sind (V. 7d. 9b.18c). Eine etwas breitere Bezeugung kann nur die Ergänzung von ψαλμός in der Überschrift (V. 1a) aufweisen.

5.3 Ergebnisse zu LXX Psalm 33

171

Schließlich sind noch einige Varianten zu erwähnen, die im Zitat des Psalms im 1. Petrusbrief bezeugt sind. Die Verse 9 und 13–17 werden in 1 Petr 2,3 und 1 Petr 3,10–12 zitiert. Dort finden sich einige Abweichungen, die allein im 1. Petrusbrief bezeugt sind und von daher vermutlich auf den neutestamentlichen Autor zurückzuführen sind (V. 9a.14a.15a.). Die Abweichungen in V. 13a-a und V. 16b sind jedoch neben dem 1. Petrusbrief auch unter anderem im Kodex Vaticanus und bei einigen oberägyptischen Zeugen belegt. Vermutlich gehen auch diese Abweichungen auf den neutestamentlischen Autor zurück und die Septuagintaüberlieferung wurde hier durch das NT-Zitat beeinflusst (vgl. Einzelanalyse zu V. 13a-a und 16b). c) Innergriechische Varianten Für LXX Psalm 33 sind zahlreiche innergriechische Varianten bezeugt, d. h. Lesarten, die von der ursprünglichen Septuaginta abweichen, in denen jedoch beide Lesarten den hebräischen Text akkurat widerspiegeln. Am häufigsten handelt es sich dabei um unterschiedliche griechische Äquivalente, die jeweils das hebräische Bezugswort treffend wiedergeben (8 Belege). Die Wahl der abweichenden Äquivalente lässt sich an drei Stellen mit einer Vereinheitlichung des Wortschatzes erklären (V. 1b.1d.9b) und an vier Stellen geht sie vermutlich auf eine Anpassung an den Kontext zurück (V. 7g.18g.21a-a.21a-a). In V. 1c lässt sich dagegen kein Grund für die Änderung erkennen. Die Abweichungen sind in der Regel nur in sehr wenigen Hsn. und fast ausschließlich in oberägyptischen Zeugen (V. 1c.1d.7g.18g) oder dem P. Bodmer IX bezeugt (V. 9b.21e-e). Eine Ausnahme bilden nur die Verse 1b und 7g in der (auch) einige wenige antiochenische Hsn. die Abweichung bezeugen und V. 21a-a in der die Abweichung nur in den Hsn. 1219 und 55 bezeugt ist, die ansonsten dem Kodex Alexandrinus nahestehen. Abgesehen von den abweichenden Äquivalenten bezeugt in V. 6d die Hs. 1219 als einzige Hs. eine Verbform, die sich auf ein Neutrum Plural Nomen bezieht, im Plural, statt wie im attischen Stil gängig im Singular. Und in V. 18a-a vollziehen einige oberägyptische Hsn. und der P. Bodmer IX eine Änderung in der Wortreihenfolge, vermutlich aus stilistischen Gründen. Besonders auffällig im LXX Psalm 33 ist die abweichende Artikelsetzung der Hs. U an insgesamt 8 Stellen (gelegentlich gestützt von vereinzelten Hsn., vgl. V. 8b.14d.16e). Suffigierte Nomina werden im LXX Psalm 33 in der Regel mit Artikel wiedergegeben (an 15 von 19 Stellen569). Die Verse 14d, 16e, 16g und 23a.a bilden eine Ausnahme. Hier fehlt in fast allen Hsn. der Artikel. Es könnte erwogen werden, dass die Streichungen auf eine isomorphe Anpassung an den hebräischen Text zurückgehen. Dann verwundert es jedoch, warum die isomorphe Anpassung in allen Textgruppen, einschließlich des antiochenischen Textes, der ansonsten kaum von Hebrai569

LXX Ps 33,1–8.10.14.16–18.21.23.

172

5 Psalm 34 (33)

sierungen betroffen ist, bezeugt ist, und nur die oberägyptischen Hsn. (bzw. insbesondere die Hs. U) die ursprüngliche Lesart bewahren, obwohl sie ansonsten eine hebraisierte Textform darstellen (vgl. 8.4.3). Aufgrund der starken einheitlichen Bezeugung ist m. E. davon auszugehen, dass die ursprüngliche Septuaginta in der Artikelsetzung nicht ganz konsequent gewesen ist und gelegentlich den Artikel ausgelassen hat, und die Hs. U diese Stellen korrigiert und an die übliche Wiedergabe von suffigierten Nomina mit Artikel angepasst hat. Determinierte Constr.-Verbindung im Hebräischen570 übersetzt die Hs. U an vier von sechs Stellen mit einem Artikel, während der Großteil der griechischen Hsn. nur an einer Stelle den Artikel bezeugt. Die Verwendung des Artikels ist zwar durchaus geläufig (so in Ps 2 und Ps 8 sehr einheitlich bezeugt)571, musste aber nicht unbedingt stehen.572 Aufgrund der schwachen Bezeugung der Artikel in V. 8b, 16c und 23a.a scheint es sich auch hier um sekundäre Vereinheitlichungen zu handeln. In V. 17c schließlich ergänzt die Hs. U als einzige Hs. einen Artikel bei der Wiedergabe von ‫מֵא ֶרץ‬ ֣ ֶ mit ἐκ τῆς γῆς. Insgesamt lässt sich also eine deutliche Tendenz in der Hs. U erkennen, Artikel zu ergänzen.

5.3.3 Fazit Die hebräische Vorlage des LXX Psalms 33 wich vermutlich an drei Stellen vom MT ab und bezeugte an zwei Stellen eine abweichende Lesetradition. In V. 6 scheint sie einen gegenüber dem MT älteren hebräischen Text vorliegen zu haben. Die Übersetzungsweise des Psalms liegt im Rahmen dessen, was für den LXX-Psalter bekannt ist. Lediglich die Verwendung eines ungewöhnlichen Äquivalents in V. 5c und der freie Umgang mit einigen Wortformen in V. 20–21 fallen hier auf. Inhaltlich bezeugt die Übersetzung nur zwei kleinere Abweichungen.

570 571

572

V. 8b.12.16c.17.20a.23a.a. In Ps 2 bezeugen die griech. Hsn. an der einzigen Stelle (Ps 2,7), in der ein Nomen im hebräischen Text in einer Cstr.-Verbindung mit einem determinierten Nomen (‫ ) ְי ֽה ֗ ָוה‬steht, einstimmig den Artikel. Hinzu kommt, dass auch an drei Stellen, bei denen ein Nomen mit einem indeterminierten Nomen in einer Cstr. Verbindung steht, im Griechischen das Nomen durch einen Artikel determiniert wiedergegeben wird. In Ps 8 wird der Artikel an zwei Stellen von allen Hsn. bezeugt (Ps 8,7.9), an einer Stelle (Ps 8,4) dagegen in allen Hsn. ausgelassen, wobei dies jedoch stilistische Gründe haben kann (ἔργα ist hier inhaltlich indeterminiert). Zudem bezeugt auch Ps 8 an drei von vier Stellen einen Artikel im Griechischen, bei denen im Hebräischen eine Cstr.-Verbindung mit einem indeterminierten Nomen bezeugt sind. In V. 12 und V. 17 bezeugt nämlich auch U keinen Artikel. Das geht wahrscheinlich weniger auf eine Hebraisierung zurück, sondern weist viel mehr daraufhin, dass die ursprüngliche Septuaginta relativ frei in der Artikelsetzung gewesen zu sein scheint.

5.3 Ergebnisse zu LXX Psalm 33

173

In der Textüberlieferung sind in Anpassung an das Hebräische einige Ergänzungen der Septuaginta gestrichen und ein Wort auf Kosten der Verständlichkeit streng konkordant übersetzt worden. Die Hebraisierungen sind insbesondere in den großen Kodizes Vaticanus und Sinaiticus und in der Hs. 2113 bezeugt. Der antiochenische Text und der Kodex Alexandrinus sind dagegen von der Überarbeitung völlig unberührt geblieben. Besonders auffällig in der Überlieferung von LXX Ps 33 sind die zahlreichen sekundären Abweichungen vom MT. Diese sind jedoch so gut wie ausschließlich in oberägyptischen Textzeugen oder in P. Bodmer IX bezeugt. In denselben Zeugen sind außerdem zahlreiche innergriechische Varianten belegt, insbesondere Abweichungen in der Wortwahl in Anpassung an den Kontext oder zur Vereinheitlichung des Wortschatzes. Auffällig ist außerdem die starke Ergänzung von Artikeln in der Hs. U an insgesamt acht Stellen.

5.4

Anhang

Tabelle: Hsn.-Befund zur hebraisierenden Revision (* = ursprüngliche Septuaginta; sek = sekundäre Lesart/ Hebraisierung; Fettdruck bei Hsn.: nicht bei Ra aufgenommen)

Stelle 5c 10b 11b 21a-a

„Ant“ * * * *

B (S) sek * (sek) * sek

A * * * *

U sek sek * *

NT-Zitate n.V. n.V. n.V. n.V.

2110 n.V. n.V. [*] n.V.

2113 sek sek * sek

Tabelle: Schreibfehler und orthographische Varianten Stelle 1e 2a 3a 3a 5b 6a 7b 7c 7d 7e 7f 8c 8d-d 9a 10c 10d-d 12a 14b 14c 14e 15b 16d 16h 17b

Apparat Ra: αβιμελεχ B´’ R´Aug Ga L´’(He* κ pro χ) A’ = M] αχιμελεχ U´’– 1221 Uulg(cf.S.-St.2, p. 162 n.3), amelech LaG: cf. 512 BHS: GU Αχιμελεχ, LG amelech Testuz (Ra 2113): πασι: παντι Keine Apparatangaben vorhanden. Ra 2113. Ra: επαινεσθησεται B´ 2013 R A´] σ 10 > U–1221 L´ 55 Ra: κυριον] + μου 2013 Ra: προσελθατε] –θετε 1221–2038 La´-(non ZHe) Testuz (Ra 2113): ουτως = ουτος Testuz (Ra 2113): ενεκραξεν: εκεκραξεν Ra: αυτου 10] ob. Ga; αυτων S: ex 18 Testuz (Ra 2113): παντων: πασων Ra: αυτου 20 ..αυτον] αυτων .. αυτους Z: ex 18 Ra: κυριου] pr. του R Testuz (Ra 2113): τον φουβουμενον : των φοβ-νων; devant et après ce mot, om κυκλω et αυτον Keine Apparatangaben vorhanden. B und Ra 2113. Ra: αγιοι] οσιοι R Testuz (Ra 2113): τον φοβουμενον : τοις φ-μενοις Testuz (Ra 2113): μοι : μου Ra: την > 2013 Kasser/Testuz (Ra 2110): κλωσσαν, 1. γλωσσαν Ra: σου 20 > B´ Ra: διωξον] pr. κατα 1219 Testuz (Ra 2113): δικαιου : δικαιους Testuz (Ra 2113): αυτον : αυτων Ra: εξολεθρευσαι B´ U´(U -λευθ-) R 55] -λοθ- 2038 L´ A: cf. 114

5.4 Anhang

17d 18c 18e 18f 19a 19b 20a 20c-c 21d-d 21d-d 21e-e 22b 23b

23c

175

Testuz (Ra 2113): εξωλουθρευσε : εξολεθρευσαι Testuz (Ra 2113): après μνημοσυνον om αυτου (autres textes : αυτων) Testuz (Ra 2113): αυτον : αυτων Testuz (Ra 2113): παντων : πασων Ra: αυτων ult. > U´(non Sa) Testuz (Ra 2113): ενγοις : εγγυς Ra: την καρδιαν B´ R Ld(sil) A] τη καρδια U LdZ´’HeScRc(Rc deleuit ν 10 tantum) 1219’ Testuz (Ra 2113): devant θλειψεις om αι Testuz (Ra 2113): απο πασον : εκ πασων Kasser/Testuz (Ra 2110): απ α[υτων : εξ αυτων Ra: εν εξ (sic etiam 1093)] pr. και U, εξ > 2013 Testuz (Ra 2113): εν αυτων : εν εξ αυτων (P om εξ avec 2013) Testuz (Ra 2113): ου μη συντριβη : ου συντριβησεται Keine Apparatangaben vorhanden. Ra 2113. Ra: πλημμελησουσιν] –σωσιν S LbHec Testuz (Ra 2113): πληνλεσουσιν : πλημμελησουσιν Kasser/Testuz (Ra 2110): πλ]ημμηλησουσ[ιν, l. πλημμελησουσιν Ra: πλημμ. παντες delinquent omnes Uulg-Aug] derelinquet o. La Ga(Gac-quent) Testuz (Ra 2113): αυτων : αυτον

6

Psalm 50 (49)

6.1

Einführung in den hebräischen Text

6.1.1 Gliederung und Inhalt Der Psalm ist in drei Teile gegliedert. Er beginnt mit einer Theophanieschilderung (V. 1–6), auf die eine Gottesrede in zwei Teilen folgt. Im ersten Teil der Gottesrede geht es um das Thema Opfer (V. 7–15), im zweiten Teil um das Thema Einzelvergehen (V. 16–23), worin eine Parallele zur „ZweiTafel-Einteilung“ des Dekalogs in Gottesgebote (Kultus) und Sozialgebote (Ethos) gesehen werden kann.573 V. 23 fasst die beiden Teile zusammen.574 Verse 1–6: Die Verse 1–6 beginnen mit der Schilderung einer gewaltigen Theophanie Gottes (V. 1–3). Im Einstieg fällt zunächst die dreifache Titulierung Gottes „El, Elohim, JHWH“ (V. 1) auf.575 „Eine Vielzahl, Dichte und Variantenbreite der Gottes-Namen und –Bezeichnungen“ sind ein Charakteristikum der Asafpsalmen, welches laut Weber „ein weiteres Indiz für die Wichtigkeit der Gottesoffenbarung bzw. –präsenz in den Kreisen, die hinter diesen Psalmen stehen“576 ist. Zusammen mit dem Schlussvers der Asafsammlung in Ps 83,19, in dem darauf hingewiesen wird, dass JHWH der Höchste (‫ ) ֶעלְיוֹן‬ist über der ganzen Erde, bildet die anfängliche dreifache Titulierung vermutlich eine Klammer um die Asafsammlung (Ps 50; 73–83). 573

574

575

576

Vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 308. Ähnlich Weber, der im ersten Teil eine Kultkritik liest und im zweiten Teil eine Kritik des Ethos, wobei er den ersten Teil als Mahnung liest, die im zweiten Teil zur Warnung verschärft wird, vgl. Weber, Werkbuch, 2001, 230. Etwas neutraler liest Craigie den ersten Teil, der ihn nicht zwingend als Mahnung versteht, sondern als Statement/ Belehrung zur wahren Bedeutung der Opfer, Craigie, Psalms 1–50, 2004, 363.365f. So auch Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50,1993, 313: „Die Redeeinleitung [V. 7] will das Folgende nicht als Gerichtsrede charakterisieren, sondern neutral die JHWH-Rede feierlich eröffnen.“ Cordes beschränkt die zweite Gottesrede auf die V. 16b–20 und grenzt die V. 21–23 als zusammenfassende Ermahnung zum richtigen Handeln ab, vgl. Cordes, Asafpsalmen, 2004, 39. Seybold, Die Psalmen, 1996, 203 liest stattdessen „Der Gott der Götter, JHWH“, entsprechend der Septuaginta, die mit θεὸς θεῶν „Gott der Götter“ übersetzt. Die meisten Kommentare haben jedoch die dreifache Titulierung, vgl. z. B. Kraus, Psalm 1–59, 1978, 530. Die Septuaginta übersetzt in Jos 22,22 ‫ ֱא הִים אֵל‬ebenfalls mit ὁ θεὸς θεός. Eine Entscheidung, wie der hebräische Text hier zu lesen ist, lässt sich nicht mit Sicherheit fällen. Zur singularischen und pluralischen Bedeutung von ‫ ֱא הִים‬, vgl. auch Gesenius, 2013, ‫אֱלוֹ ַהּ‬. Weber, Asaph-Psalter, 2001, 124.

6.1 Einführung in den hebräischen Text

177

Auf die Theophanieschilderung in den Versen 1–3 folgt der Aufruf zum Gericht über sein Volk Israel (V. 4–6). Dieses Gericht hat jedoch, worauf Zenger zu Recht hinweist, „keine von vorneherein gegen Israel gerichtete Tendenz“577, sondern es kann als ein Gericht verstanden werden, das seinem Volk zum Recht verhelfen wird.578 Verse 7–23: Die zwei Teile der Gottesrede (V. 7–15 Opfer; V. 16–23 Einzelvergehen) sind eng miteinander verbunden. Knauf vertritt die Meinung, dass die Verse 16–22 ethisches Verhalten anstelle von Opfer verlangen und Psalm 50 folglich eine radikale Opferkritik verfolgt, ganz auf der Linie der prophetischen und weisheitlichen Kultkritik (wie z. B. in Psalm 51, dazu s. u. 6.1.3).579 Demgegenüber gehen die meisten Kommentatoren davon aus, dass es sich nicht um eine generelle Kritik des Opfers handelt, sondern um eine Reform des Opferverständnisses.580 Und zwar soll zum einen die Vorstellung vom Opfer als Götterspeise abgelehnt werden (V. 12–13), und zum anderen in den Versen 14 und 23 auf den notwendigen Zusammenhang zwischen Opfern und Lebenswandel hingewiesen werden, was das Zentrum der Reformbestrebungen darstellt581. Gegen die Annahme einer generellen Opferkritik in Psalm 50 spricht z. B. V. 8, in dem es heisst, dass Gott sein Volk nicht wegen seiner Opfer tadelt. Vor allem relevant ist außerdem die Deutung des Begriffes ‫ תּוֹדַ ה‬in den Versen14 und 23, das entweder spezifisch kultisch als „Dankopfer“ oder aber einfach als „Dank/ Danklied“ ohne kultischen Hintergrund interpretiert werden kann.582 Radebach-Huonker erwägt, ob der Psalm dies absichtlich offen lässt.583 Im Zentrum stehe das Gotteslob, das „beim Dankopfer eine zentrale, konstitutive Rolle spielt und zugleich

577 578

579

580

581

582

583

Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 313. Vgl. Dtn 32,36 und Ps 135,14 und andere Stellen, die die positive Bedeutung von ‫דּין‬ belegen, vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 313. Vgl. auch seine Ausführungen zu V. 7, ebd. Vgl. Knauf, Hymnische Exegese, 1999, 7–27. So auch schon Gunkel, Psalmen, 1968, 216: „so bringe nicht Tiere dar, sondern singe ihm ein frommes Lied: das wird ihm besser gefallen!“ Vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 315, der von einem gereinigten Opferverständnis spricht und dem Dankopfer als Maßstab für jeglichen kultischen Vollzug. Vgl. Oeming, Psalm 42–89, 2010, 67 der vor allem eine Kritik an der Abspaltung des Ritus von der Moral herausliest, nicht jedoch eine göttliche Kritik an den Opfern selbst. Vgl. auch ferner Weber, Werkbuch Psalmen I, 2001, 230 und Seybold, Psalmen, 1996, 205.208. „V. 16–22 bringen den Grundfehler der Abspaltung des Ritus von der Moral auf den Begriff „vergessen“. Israel vergisst den Bund, die eidliche Verpflichtung auf bundesgemäßes Verhalten.“, Oeming, Psalm 42–89, 2010, 67. Eine ausführliche Untersuchung zum Begriff ‫ תּוֹדַ ת‬in den Psalmen findet sich in Radebach-Huonker, Opferterminologie, 2010, 34–47, die jedoch auch darauf hinweist, dass die Verwendung nicht immer eindeutig ist, vgl. a. a. O., 37. Vgl. Radebach-Huonker, Opferterminologie , 2010, 172.

178

6 Psalm 50 (49)

Zentrum und Zielpunkt der in den Psalmen vorherrschenden Tempeltheologie ist.“584

6.1.2 Gattung und Entstehungsgeschichte Stilistisch wird der Psalm als prophetische Gerichts- und Streitrede beschrieben.585 Die erste Gottesrede ist aber wohl eher als Lehrrede oder gar als Trostrede zu verstehen: JHWH gibt Zeugnis für sein Volk (V. 7), dass er es nicht wegen des defizitären Opferkultes tadelt (V. 8), sondern sie erretten wird, wenn sie ihm Dankopfer bringen, ihre Gelübde halten und ihn anrufen in ihrer Not (V. 14–15). Psalm 50 wurde häufig mit dem sogenannten Bundeserneuerungsfest in Verbindung gebracht.586 Auch wenn umstritten ist, ob ein solches Fest überhaupt existierte, gibt es viele Indizien, die zumindest auf eine besondere kultische Festversammlung des Volkes als Hintergrund des Psalms weisen (u. a. die einleitende Theophanieszene mit ihrer Betonung auf Jerusalem und v. a. die direkte Anrede-Formel in V. 7).587 Zenger geht von einem nachexilischen Verpflichtungsakt auf das mosaische Gesetz als „Sitz im Leben“ des Psalms aus.588 584 585

586

587

588

Radebach-Huonker, Opferterminologie , 2010, 172. Vgl. auch Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 315. „Die Frage von 16 (‚was zähltest du meine Gebote auf?‘) hat ihre Parallelen in den prophetischen Gerichtsreden von Mich 63 und Jer 25.“, Hossfeld/ Zenger, Psalm 1– 50, 1993, 308. Ähnlich Weber, der von einem gerichtsprophetischen Stil und einem predigthaften didaktisch-weisheitlichen Stil des Psalms spricht, vgl. Weber, Werkbuch Psalmen I, 2001, 230. Vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 309. Für eine Darstellung des Psalms vor dem Hintergrund eines Bundeserneuerungsfestes, vgl. Craigie, Psalms 1–50, 2004, 363f. Knauf äußert sich dennoch gegen eine Verortung des Psalms im Kult, dem Oeming sich anschließt. „Er begreift den Text nicht aus dem Kult heraus, sondern liest die Psalmen 50, 81 und 95 als Texte, die als solche, d. h. als kunstvoll komponierte literarische Texte gelesen werden sollen und wegen der Kombination zahlreicher Schriftzitate alle drei als „exegetische Psalmen“ anzusprechen sind.“, Oeming, Psalm 42–89, 2010, 63. Vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 313. An einigen Stellen des Psalms kann ein Rückbezug auf den Sinaibundesschluss gesehen werden, vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 313 und Seybold, Die Psalmen, 1996, 207. Das Ptz. ‫ כּ ְֹרתֵ י‬in V. 5 z. B. wird gern präterital übersetzt und als Indiz für ein Bundeserneuerungsfest verstanden. Die Verwendung des Partizips und auch der Kontext weisen jedoch eher auf einen aktuellen Bundesschluss, vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 313. Zudem unterscheidet sich der Bund, von dem in Psalm 50 die Rede ist, vom Sinaibund darin, dass nicht Gott den Bund schließt, sondern die Frommen (vgl. V. 5). Eine vergleichbare Aussage, in der das Volk einen Bund mit Gott schließt, findet sich sonst nur in Neh 10,1.29f, wo sich Israel unter Nehemia auf das mosaische Gesetz verpflichtet. Zenger vermutet daher einen nachexilischen Verpflichtungsakt auf das

6.1 Einführung in den hebräischen Text

179

Neben dieser kultischen Verortung des Psalms weisen der Aufbau des Psalms, der zur JHWH-Rede einleitende Höraufruf (V. 7), die Anspielung auf den Sinaibund (V. 5.7) und einige weitere inhaltliche Überschneidungen auf einen Zusammenhang mit den Psalmen 81 und 95, die dazu führen, dass sie von vielen Forschern zur kleinen Gruppe der Festpsalmen zusammengefasst werden.589

6.1.3 Kontext im Psalter Psalm 50 ist neben den Pss 73–83 einer der zwölf Asafpsalmen, die durch die Überschrift ‫לְאָסָף‬590 als zusammenhängende Gruppe gekennzeichnet sind.591 Die lokale Trennung des Psalm 50(49) von der Asafgruppe innerhalb

589

590 591

mosaische Gesetz als „Sitz im Leben“ bzw. Festhintergrund, vgl. ebd. Für eine Verknüpfung des Psalms mit der Bundeserneuerung am Laubhüttenfest. vgl. Weber, Werkbuch Psalmen I, 2001, 230, der den Psalm außerdem vorexilisch datiert. Seybold sieht als Kontext der Verse 8f. dagegen deutlich exilische Verhältnisse. „8f. kommt zunächst auf den Opferkult zu sprechen, der offenbar ein Problem für das ‚Gottesvolk war, was damit deutlich exilische Verhältnisse voraussetzt: kein legitimes Opferheiligtum, der Tempel auf dem Zion zerstört und entweiht, Mangel an Opfertieren für den ständigen Kult (‫תמיד‬- Opfer 8) u. a.“, Seybold, Die Psalmen, 1996, 207. Eine Datierung des Psalms ist schwierig und reicht in der Forschung von einer vorexilischen bis nachexilischen Datierung, vgl. Radebach-Huonker, Opferterminologie , 2010, 176. Vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 309. Zur Gattung der Festpsalmen vgl. auch Kraus, Psalmen 1–59, 1978, 529. „Die Psalmen 81 und 95 blicken auf die Heilsgeschichte des Exodus zurück und ziehen daraus die Forderung nach Gesetzesgehorsam. In Ps 50 wird darauf nur angespielt und er fokussiert sich auf die Gesetzesverkündigung am Sinai/ Horeb und bestimmt dessen Inhalt neu: „die Balance von rechtem Opferkult und Alltagsethos. Formkritische und sprachgeschichtliche Gründe machen wahrscheinlich, daß Ps 50 den beiden anderen chronologisch nachzuordnen und in die nachexilische Zeit einzustufen ist.“, Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 309. Spieckermann, Rede Gottes, 1994, 158 datiert Psalm 50 dagegen frühnachexilisch und vor Psalm 81. ‫„ לְאָסָף‬Zur Sammlung der Asafpsalmen gehörig“. Zur Übersetzung von -‫ ְל‬in den Psalm-Überschriften, vgl. Einzelanalyse zu Ps 8,1c. Für eine ausführliche Darstellung der Gemeinsamkeiten der Asaf-Psalmen (VolkIsrael-Bezug, Gottes-Gericht, pophetische und weisheitliche Akzente, „NamensTheologie“, Kenntnis (früh)geschichtlicher (Mose-Traditionen), vgl. Weber, AsaphPsalter, 2001, 118–126. Auf einen Zusammenhang zwischen Psalm 50 und den AsafPsalmen weisen außerdem die für die Asaf-Psalmen typischen zahlreichen Anspielungen auf andere biblische Text. Eine Auflistung findet sich in Weber, Werkbuch, 2001, 232. Insbesonders typisch ist das starke geschichtstheologische Interesse der Asaf-Psalmen, welches sich im Psalm 50 in den Anspielungen auf den Bundesschluss am Sinai widerspiegelt (dazu s. u.). Parallelen zwischen Psalm 50 und der Asafpsalmen-Sammlung 73–83 bestehen insbesondere zum Ps 81, vgl. a. a. O., 231. Vgl. auch Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 309.

180

6 Psalm 50 (49)

des Psalters erfolgte womöglich aus kompositorischen Gründen.592 Anlass vor aber sicherlich allem war die thematische Verwandtschaft mit Psalm 51.593 Während zum vorangehenden Psalm 49 kaum Verbindungen bestehen, sind viele Parallelen zu Ps 51 zu erkennen. Das Thema der Gerechtigkeit JHWHs (50,6 und 51,6.16), die Hilfe Gottes (50,23 und 51,14.16) und vor allem das Thema der Opfer.594 Während Ps 51 jedoch eine radikale Opferkritik bezeugt, die eine Verweigerung der Schlacht- und Brandopfer beinhaltet (vgl. Ps 51,18–19 „Denn Schlachtopfer willst du nicht, ich wollte sie dir sonst geben, und Brandopfer gefallen dir nicht.“), wurde Ps 50 womöglich vorangestellt, um die radikale Opferkritik zu dämpfen („Schlacht- und Brandopfer sind legitim, wenn sie im richtigen Verständnis vollzogen werden.“595) und stattdessen zu einer Opferreform aufzurufen (dazu s. o.).596 Ps 50 wird außerdem häufig mit den Psalmen 81 und 95 zu den sogenannten Festpsalmen gezählt (dazu s. o. unter 6.1.2).

592

593 594 595 596

Zenger erkennt eine konzentrische Reihenfolge für die Pss 42–89: 42–49 (Korachpsalmen) – 50 (Asafpsalm) – 51–72 (2. Davidpsalter) – 73–83 (Asafpsalmen) – 84– 89 (Korachpsalmen) und datiert die David-Asaf-Komposition ins 5. Jh. v. Chr., vgl. Frevel/ Zenger, Einleitung, 2016, 437.448. So auch Weber, vgl. Weber, Werkbuch Psalmen I, 2001, 231 und Weber, Asaph-Psalter, 2001, 139. Für eine ausführliche Entstehungsgeschichte der Asafpsalmen, vgl. Weber, Asaph-Psalter, 2001, 127–139. Etwas abweichend Rösel, der davon ausgeht, dass die Korachpsalmen in Ps 84–89 erst später an den elohistischen Psalter (42–83) angehängt wurden, vgl. Rösel, Die messianische Redaktion, 1999, 179. Vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 310 und Seybold, Psalmen, 1996, 205. Vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 310. Vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 310. „Dem Anhang 5121f wie dem Ps 50 geht es um eine Reform des Opferkultes auf dem Zion. Insofern entwickelt Ps 50 die prophetisch-geprägte Opferkritik von Ps 51 weiter, und zwar zu einer Opferreform. Dann kann auch vermutet werden, daß dieselbe Redaktion, die den Grundpsalm 51 in 21f bearbeitet hat, den Ps 50 ihm vorangestellt hat.“, Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 310. Darauf weisen auch die Parallelen zwischen dem Anhang Ps 51,21f. und Ps 50, nämlich die Erwähnung von Brand-, Ganz- und Schlachtopfern und die Darbringung von Stieren zum Opfer, vgl. ebd.

6.2

Einzelanalyse zu LXX Psalm 49

Textzeugen In griechischen Hsn., die auf das 5. Jh. n. Chr. oder früher zurückgehen, ist der LXX Psalm 49 in den folgenden neun Hsn. bezeugt: Kodizes/ Hsn., die den gesamten LXX Psalm 49 beinhalten: A, B, S, 1205 Fragmentarische griechische Textzeugen: 1219, 2013, 2082, 2110, 2227 Im NT wird LXX Psalm 49 nicht zitiert. Als alte hebräische Zeugen aus Qumran sind die Hsn.-Fragmente 4QPsc (Ps 50,14–23) und 11QPse? (Ps 50,3–7) vorhanden. Einzelanalyse Vers 1: ® ӼӤӮӰՍӷ Ӹն аӶӤӺ® ¯ ӫӨՍӷ ӫӨժӱ ӭ՛ӵӬӳӷ ԗӮԆӮӪӶӨӱ ӭӤՂ ԗӭԆӮӨӶӨӱ° ӸԨӱ ӦԩӱӾӴՍ±ӾӱӤӸӳӮժӱԣӮՁӳӹ²ӰԝӻӵӬӧӹӶӰժӱ Ein Psalm, zur Sammlung der Asaf-Psalmen gehörig. Der Gott der Götter, der Herr, hat gesprochen und die Erde gerufen vom Aufgang der Sonne bis zum Untergang. A B S 1219 2013 2082 2110 (L) ®

MT

B



®

  ࡹࡶ࣊ ࣞ ࡟࣐ࣞ ࡯ࡾ࢐ ࣖ ࡳࢽ ࣖࡨࡳࣚ ¯  ࡱ࡫ࡥ࢝ ࣚࣇ ࡟ࣧ ࣤ ࣗ ࡯࡟ࣉ ࣛ  ࡾࢇ࣊ ࣜ ࢋࡥ ࣚ ࡧࡥࣤ ࢽ ࣞ ࣖ࡫ °  ࡻࡾࣜ ࡟ࣥ ࢶ ࣞ ࡟ࡾࣞ ࡽࣖ ࣚ࢕ ࣝࡧ ± ࢪࡳࣜ ࢪࣥ ࣜ ࣂ ࢽ ࡩࡾࣝ ࣖࡨࢡࣚ ࡳࣚ ²  ॱ࢐࡟࣠ࣤ ࡡࡳࣥ ࣖ ࡣࡸࣝ

A ® ӨԶӷӸՍӸԝӮӳӷ ® ® ӼӤӮӰՍӷӸնаӶӤӺ  ӼӤӮӰՍӷӸնгӤӹӬӧ  ¯ ¯ ӫӨՍӷӫӨժӱ ӫӨՍӷӫӨժӱ ӭ՛ӵӬӳӷԗӮԆӮӪӶӨӱ ӭ՛ӵӬӳӷԗӮԆӮӪӶӨӱ ° ° ӭӤՂԗӭԆӮӨӶӨӱ ӸԨӱӦԩӱ ӭӤՂԗӭԆӮӨӶӨӱ ӸԨӱӦԩӱ ± ± ӾӴՍ ӾӱӤӸӳӮժӱԣӮՁӳӹ ӾӴՍ ӾӱӤӸӳӮժӱԣӮՁӳӹ ² ² ӭӤՂ ӰԝӻӵӬӧӹӶӰժӱ ӭӤՂ ӰԝӻӵӬӧӹӶӰժӱ

Ant ®  ® ӼӤӮӰՍӷӸնЇаӶӤӺЈ  ¯ ӫӨՍӷӫӨժӱ ӭ՛ӵӬӳӷԗӮԆӮӪӶӨӱ ° ӭӤՂԗӭԆӮӨӶӨӱ ӸԨӱӦԩӱ ± ӾӴՍ ӾӱӤӸӳӮժӱԣӮՁӳӹ ² ӰԝӻӵӬӧӹӶӰժӱ

Ra 2082: ЋӼӤӮӰӳӷӸӽӤӶӤӺЌϷЋӫӨӳӷӫӨӽӱӨӮӤӮӪӶӨӱӭӤЌӬϗӨӭӤӮӨӶӨӱӸӪӱϗӦϗϗӪӱϗ  ϷЋӤӴӳӤӱӤӸӳӮӽӱӪӮӬӳӹӭӤӬӰӨӻӵӬӧӹӶӰЌӽ ϗӱ P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӼӤӮӰӳӷӸӽӤӶӤφ̣Ϸ࠶݅ӳܽ‫ݐ݀݅ݙܽݐ‬ӨӮӤӮӪӶӨӱϖӭӤӬ ӨӭӤӮӨӶӨӸӪӱӦӪӱϗ ϷӤӴӳӤӱӤӸӳӮӽӱϖӪӮӬӳӹӭӤӬӰӨӻӵӨӬӧӹӶӰӽӱϖ V. 1a-a: Ra: inscr. est εις το τελος ψαλμος τω δαυιδ in A: cf. 461; δαυιδ pro ασαφ hab. etiam R´ Lb Der Kodex Alexandrinus beginnt die Überschrift mit der Formel εἰς τὸ τέλος.597 Es gibt weitere Stellen, bei denen der Kodex als einzige Hs. in der Überschrift εἰς τὸ τέλος ergänzt (vgl. z. B. LXX Ps 42,1; 47,1). Laut Rösel sind alle εἰς τὸ τέλος-Überschriften „als Hinweise auf ein eschatologisches

597

Zur εἰς τὸ τέλος-Formel, vgl. Einzelanalyse zu Ps 8,1a.

182

6 Psalm 50 (49)

Verständnis des Psalters zu deuten.“598 εἰς τὸ τέλος steht in der Regel als Übersetzung für ‫לַמְ נַ ֵצּ ַח‬, was mit „für den Gebetsleiter“ übersetzt werden könnte (vgl. Einzelanalyse zu LXX Psalm 8,1a-a). In unserem Text und auch an den o. g. Stellen (LXX Ps 42,1 und 47,1), bei denen der Kodex Alexandrinus als einzige Hs. εἰς τὸ τέλος bezeugt, ist das hebräische Äquivalent ‫ לַמְ נַ ֵצּ ַח‬nicht bezeugt. Die singuläre Bezeugung spricht gegen die Ursprünglichkeit der Ergänzung. Sie geht entweder auf den Schreiber des Kodex Alexandrinus selbst zurück oder auf einen vorangehenden Abschreiber, dessen Text dem Kodex Alexandrinus als Vorlage diente.599 Da der vorliegende Psalm in der griechischen Übersetzung stärker als im Hebräischen als ein auf ein endzeitliches Ereignis gerichteter Text interpretiert wird (vgl. Einzelanalyse zu V. 2c-c), diente die Ergänzung von εἰς τὸ τέλος womöglich dazu, den Psalm auch in der Überschrift als eschatologischen Psalm auszuzeichnen. Der Kodex Alexandrinus, ein Teil der antiochenischen Hsn. (etwa ein Viertel) und die Diglotte R in ihrer griechischen und lateinischen Spalte (welche den altlateinischen Text darstellt) bezeugen außerdem Δαυιδ anstelle von Ασαφ. Die Asaph-Psalmen finden sich abgesehen von LXX Ps 49 in den LXX Psalmen 72–82 (MT Ps 73–83) und bilden den Rahmen des zweiten Davidpsalters.600 Einige griechische Abschreiber haben dann möglicherweise versehentlich oder absichtlich den Autor an die folgenden Psalmen zu Δαυιδ angepasst.601 V. 1b: Kasser/Testuz (Ra 2110): ο θς : θεος P. Bodmer XXIV bezeugt einen Artikel vor θεὸς.602 Aufgrund der singulären Bezeugung handelt es sich vermutlich um eine sekundäre Lesart. 598 599 600 601

602

Rösel, Psalmüberschriften, 2001, 139. Die griechischen Abschreiber waren insbesondere bei den Überschriften frei, Worte zu ergänzen oder zu streichen, vgl. Hiebert, „Syrohexaplaric“ Psalter, 2000, 131. Vgl. Frevel/ Zenger, Einleitung, 2016, 436f. Zenger datiert die Entstehung der DavidAsaf-Komposition (Ps 50–83) ins 5. Jh. v. Chr., vgl. a. a. O., 448f. Abweichungen der Autorangabe von Ασαφ zu Δαυιδ finden sich auch in LXX Ps 78,1 beim Kodex Sinaiticus und in LXX Ps 80,1 im Kodex Alexandrinus und in einigen wenigen antiochenischen Hsn. bezeugt, vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, jeweils zur Stelle. Ein zusammenhängender Grund für die Abweichungen ist nicht erkennbar. Die Wendung θεὸς θεῶν ganz ohne Artikel ist sonst nirgends bezeugt. Meistens steht sie mit einem Artikel „θεὸς τῶν θεῶν“ (Dtn 10,17; Dan 2,47; 4,37). In LXX Ps 83,8 steht sie mit zwei Artikeln „ὁ θεὸς τῶν θεῶν“, ohne Varianten in den griechischen Hsn., vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, zur Stelle. Das Ny, das im P. Bodmer XXIV vor ο θς θων steht (s. o.), ist der Zahlwert 50 nach dem milesischen System (dem griechischen alphabetischen Zahlensystem) und markiert auffallenderweise den Psalm als Psalm 50 (entsprechend der hebräischen Zählung statt der Septuagintazählung). Zur Psalmenzählung im P. Bodmer XXIV, vgl. die Angaben zur Hs. in Kapitel 2.1.

6.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 49

183

Grund für die Ergänzung ist unklar. In den oberägyptischen Hsn. werden häufiger Artikel ergänzt (vgl. 5.3.2.2c). Womöglich ist hier eine Verwandschaft zu erkennen (vgl. ausführlicher dazu in 6.3.2.2c). Inhaltlich ist anzumerken, dass die Septuaginta ‫ אֵ ל אֱ הִים‬als ConstructusVerbindung liest und mit θεὸς θεῶν „Gott der Götter“ übersetzt, wobei der hebräische Text auch als eine dreifache Titulierung Gottes „El, Elohim, JHWH“ gelesen werden kann.603 Wahrscheinlich hat die Septuaginta bewusst den Aspekt hervorgehoben, dass Gott der einzig wahre Gott ist, was v. a. „für die jüdische Gemeinde inmitten einer polytheistischen Umgebung besonders brisant gewesen sein dürfte.“604 V. 1c: Kasser/Testuz (Ra 2110): εκαλεσε : εκαλεσεν Der P. Bodmer XXIV bezeugt ἐκάλεσεν ohne das bewegliche Ny am Ende. Es handelt sich um eine orthographische Variante (vgl. auch V. 19a.c). Das vorangehende ἐλάλησεν ist jedoch auch im P. Bodmer XXIV mit abschließendem Ny bezeugt. V. 1d: Ra: απο] απ S Der Kodex Sinaiticus bezeugt die kontrahierte Kurzform ἀπ statt ἀπὸ. Es handelt sich aufgrund der geringen Bezeugung vermutlich um eine sekundäre Schreibvariante. V. 1e: Ra: και ult. B´ 2013 Sy A’] > 2018 R´’ Ga L´ et Cyp. = M BHS: nonn Mss GSA ‫וְעד‬ Die antiochenischen Hsn., gestützt vom Psalterkommentar des Theodoret, dem oberägyptischen griechischen Fragment 2018 (7. Jh. n. Chr.), den abendländischen Texten und dem Psalterium Gallicanum, bezeugen entsprechend dem MT (bzw. Leningradensis) keine Kopula. Die Lesart mit Kopula wird vom unterägyptischen Texttyp, der oberägyptischen Hs. 2013, der ansonsten den antiochenischen Hsn. nahestehenden syrischen Übersetzung und dem Kodex Alexandrinus bezeugt und ist auch in einigen mittelalterlichen hebr. Hsn. vorhanden. Der älteste hebr. Text lässt sich nicht leicht rekonstruieren. Die Wendung ‫ מִ מִּ ז ְַרח־שֶׁ מֶשׁ עַד־מְ בוֹאוֹ‬findet sich im AT sonst noch in Ps 113(112),3 und Mal 1,11 und ist in der hebräischen Textüberlieferung bei Ps 113(112),3

603

604

Zum hebräischen Text ‫࡫ࣖ ࡥࡧࣞ ࡥ ֱא הִים אֵל‬, vgl. die Ausführungen in 6.1.1 Gliederung und Inhalt, insb. Anm. 407. Cordes, Asafpsalmen, 2004, 32. Vgl. auch Bons, Die Rede von Gott, 2014, 34–37. Die Septuaginta geht unbefangen mit der Erwähnung von anderen Göttern um, sofern JHWH deutlich übergeordnet ist. Die Stellen, bei denen der Gott Israels dagegen nicht deutlich von den anderen Göttern abgegrenzt wird, waren für den Übersetzer problematisch und bewegten ihn zu Eingriffen in den Text, vgl. a. a. O., 35f. (vgl. auch Einzelanalyse zu Ps 8,6a)

184

6 Psalm 50 (49)

ebenfalls sowohl mit als auch ohne Kopula bezeugt605, was darauf weist, dass die Wendung generell im Hebräischen variieren konnte. Als hebräische Vorlage der LXX sind folglich beide Lesarten gut denkbar. Im Griechischen ist eine Entscheidung ebenfalls schwierig. Sowohl die Lesart mit als auch ohne Kopula ist an unserer Stelle gut bezeugt. In LXX Ps 112,3 dagegen überwiegen die Argumente für die Schreibung ohne Kopula als ursprüngliche Lesart leicht.606 Das könnte als Argument dafür gewertet werden, dass auch an unserer Stelle die Lesart ohne Kopula ursprünglich war, wenn man davon ausgeht, dass der Übersetzer bei LXX Ps 112,3 die Übersetzung derselben Wendung aus LXX Ps 49,1 vor Augen hatte und gleich übersetzt hat. Eine Entscheidung bleibt jedoch schwierig. Ich entscheide mich für die Lesart ohne Kopula als die ursprüngliche. Die abweichenden Hsn. haben hier vermutlich in Anpassung an ihre (vom MT abweichende) hebräische Vorlage die Kopula später ergänzt. Vers 2: ԗӭсӬӽӱ®¯ԣӨՐӴӵԝӴӨӬӤӸԩӷդӵӤӬՌӸӪӸӳӷӤՐӸӳ՝¯ՉӫӨՍӷԗӰӺӤӱժӷԤӲӨӬ°± Von Zion, dem Abglanz seiner Schönheit, wird Gott sichtbar kommen A B S 1219 2013 2082 2110 2227 (L) MT ¯ ®  ࣥ࡯࡯ࣝ ࡭ࣖ ࡳࣚ  ࡴ࢐ ࣊࢕ࢧࣚ ࡳࣚ ¯   ࡫ࡺࣚ ࣠ ࡫ࢽ ° °  ॱ আ࡫  ࣝ ࡺ࢐ࡥ ࣤ ࣚ ࡱ࡫ࡥ࢝ ࣊ ࣚ ࡟ࣗ



B ® ¯ ԗӭсӬӽӱ  ԣӨՐӴӵԝӴӨӬӤ ¯ ӸԩӷդӵӤӬՌӸӪӸӳӷӤՐӸӳ՝  ° ° ՉӫӨՍӷ ԗӰӺӤӱժӷԤӲӨӬ  ± 

A ® ¯ ԗӭсӬӽӱ  ԣӨՐӴӵԝӴӨӬӤ ¯ ӸԩӷդӵӤӬՌӸӪӸӳӷӤՐӸӳ՝  ° ՉӫӨՍӷԗӰӺӤӱժӷԤӲӨӬ ± 

Ant ® ¯ ԗӭсӬӽӱ  ԣӨՐӴӵԝӴӨӬӤ ¯ ӸԩӷդӵӤӬՌӸӪӸӳӷӤՐӸӳ՝  ° ՉӫӨՍӷԗӰӺӤӱժӷԤӲӨӬ ± 

Ra 2082: ЋӨӭсӬӽӱӪӨӹӸӵӨӴӨӬӤӸӪӷӽӵӤӬӽЌӸϓӪӸӳӷӤӹӸӳӹϷЋӳӫӨӳӷӨӰӺӤӱӽӷ ӪӲӨӬ P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӨӭϷӶӨӬӽӱӪӨӹӸӵӨӴӨӬӤӸӪӷӽӵӤӬӽӸӪӸӳӷӤӹӸӳӹϖϷ ӳθ̅ς̣̅ӨӱӺӤӱӽӷӪӲӨӬϖ Oxyrhynchus P. 5101 (Ra 2227): Өϓӭϓ сϓ ӨϓЋӬӽӱ Ӫ ӨӹЌӴϓ ӵϓӨӴ ϓ ϓ ЋӨӬӤ ӸӪӷ ӽӵӤӬӳӸӪӸӳӷ ӤӹӸӳӹЌϷӳӫӨӳӷϓ ӨӰϓ ЋӺӤӱЌӽӷӪӲӨЋӬЌ V. 2a: Colomo/ Henry (Ra 2227): Σε[ιων: for the spelling with ε, cf. D 14. Der vermutlich älteste erhaltene griech. Psalter-Papyrus Oxyrhynchus P. 5101 und P. Bodmer XXIV schreiben Σειων mit Epsilon.607 Es handelt sich vermutlich um eine orthographische Variante.608 605

606

607

Vgl. BHS zu Ps 113,3: mlt Mss GQ R min α´σ´ ‫וְעד‬. Die griech. Überlieferung geht hier ebf. auseinander, vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931 zu LXX Ps 112,3: μεχρι S La Ga L´ 1219 = M] pr. και R Lpau’-He A’: ex 22. (Im Kodex Vaticanus fehlen die LXX Pss 105,27–137,6, weswegen er für LXX Ps 112,13 nicht bezeugt ist). Dort lässt sich eine spätere Ergänzung der Kopula aus dem vorhergehenden parallel strukturierten Vers 2 „εἴη τὸ ὄνομα κυρίου εὐλογημένον ἀπὸ τοῦ νῦν καὶ ἕως τοῦ αἰῶνος“ erklären, der eine Kopula bezeugt, vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 279: Ra: μεχρι S La Ga L´ 1219 = M] pr. και R Lpau’-He A’: ex 22. Von Oxyrhynchus P. 5101 sind vier Fragmente erhalten, die bei Colomo/ Henry den Buchstaben A-D zugeordnet wurden. Die Angabe D 14 im Apparat (s. o.) steht für

6.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 49

185

In der Hs. 2082 aus dem 2./ 3. Jh. scheint noch etwas Zusätzliches gestanden zu haben. Die Lücke in der Hs. ist nämlich zu groß für den überlieferten Text. Barns/ Kilpatrick vermuten, dass möglicherweise ἐστιν zu ergänzen ist, da eine latein. Hs. est hinter Zion liest.609 Dadurch wird der Sinn des Satzes leicht verschoben. Der Hauptaussage des Satzes liegt nicht mehr darin, dass Gott aus Zion kommen wird, sondern dass aus Zion die Wohlgestalt seiner Schönheit ist. Der Vers wäre dann zu übersetzen mit: „Aus Zion ist die Wohlgestalt seiner Schönheit. Gott wird sichtbar kommen…“ Ob die Hs. 2082 jedoch wirklich im Sinn des lateinischen Zeugen ἐστιν liest, bleibt nur eine Vermutung. V. 2b-b: Kasser/Testuz (Ra 2110): ευτρεπεια, l. ευπρεπεια Kasser/Testuz (Ra 2110): ωραιωτητος, l. ωραιοτητος ‫ מִ ְכלַל‬ist ein Hapaxlegomenon (eine Nominalbildung von ‫„ כלל‬vollenden“) und wahrscheinlich mit „Vollkommenheit“ zu übersetzen.610 Es steht in einer Constructus Verbindung mit ‫„ יֹפִי‬Schönheit“ und steht als Apposition zu Zion, sodass der hebräische Text zu übersetzen ist mit „Aus Zion, der Vollkommenheit der Schönheit, strahlt Gott auf“. Der Übersetzer gibt ‫ מִ ְכלַל‬mit εὐπρέπεια und ‫ יֹפִי‬mit ὡραιότης wieder. Ariane Cordes hat die Bedeutung der beiden Wörter in der Septuaginta ausführlich untersucht.611 εὐπρέπεια wird in LXX Ps 25,8 ebenfalls im Zusammenhang mit dem Tempel verwendet (εὐπρέπειαν οἴκου σου). „Den Zion mit dem Attribut εὐπρέπεια zu belegen, ist typisch für die Vorstellungswelt des Psalterübersetzers, der auch an anderen Stellen ein besonderes Interesse an Jerusalem und vor allem dem Jerusalemer Tempel erkennen lässt.“612 εὐπρέπεια und ὡραιότης werden nahezu synonym „im Sinne einer voll-

608 609

610

611 612

das vierte Fragment, Zeile 14. Dort findet sich LXX Ps 64,2 wo ebenfalls die Schreibweise von Σειων mit Epsilon bezeugt ist. Zum Wechsel zwischen ει und ι, vgl. Helbing, Grammatik, 7–10, bes. 9: „Das kurze ι wird in MS gleichfalls öfters zu ει“. „The transmitted texts will not fill out the space in this line. The article with Σιων is very unlikely. The only certain examples of it in the LXX Psalms are in the accusative and these are rare, Ps. 40:20, 68:36, 101:14,17, 131:13. One fragmentary Latin manusript (Augiensis prior, cod. Caroliruhensis Aug. ccliii) has est after Sion. This might point to a Greek text with ἐστιν in the same position, thus: εκ Σιων εστιν η ευπρεπια της ωραιο]τητος αυτου. If we read εστιν, it ensures that we take ὁ θεὸς ἐμφανῶς with ἥξει and not with what precedes.“, Barns, Psalms Fragment, 1964, 231. Möglich wäre auch, dass es sich um einen Aramaismus handelt und ‫ ִמ ְכלַל‬mit „Krone“ zu übersetzen ist, vgl. Gesenius, 2013, ‫ ִמ ְכלַל‬. So übersetzt Seybold den Vers z. B.: „Von Zion, der Krone der Schönheit, strahlte Gott auf.“, Seybold, Psalmen, 1996, 203. Vgl. Cordes, Asafpsalmen, 2004, 39f. Cordes, Asafpsalmen, 2004, 39f. Vgl. auch schon Flashar, Exegetische Studien, 1912, 184f. Vgl. auch Schaper, Eschatology, 1995, 127–130, bes. 129, der ebenfalls auf die große Bedeutung hinweist, die der Tempel für die Übersetzer hatte.

186

6 Psalm 50 (49)

endeten, ausgereiften Schönheit“613 verwendet. εὐπρέπεια steht jedoch laut Cordes eher für die „schöne Erscheinung“ (in ihrer Übersetzung gibt sie das Wort mit „Glanz“ wieder), wäre also eher als Äquivalent für ‫ יֹפִי‬statt für ‫מִ ְכלַל‬ geeignet, während umgekehrt ὡραιότης für etwas „Ausgereiftes, Vollendetes“ steht und besser als Äquivalent für ‫ מִ ְכלַל‬gedient hätte. Die Septuaginta scheint hier also die Reihenfolge der Wörter umzutauschen und außerdem noch das Possessivpronomen αὐτοῦ hinter ὡραιότης zu ergänzen. Durch die Ergänzung des Possessivpronomens wird ἡ εὐπρέπεια τῆς ὡραιότητος auf Gott bezogen. Zion ist der Abglanz seiner (Gottes) Schönheit. Der gesamte Satz in der Septuaginta wäre dann zu übersetzen mit: „Von Zion, dem Abglanz seiner Schönheit, wird Gott sichtbar kommen“.614 Es handelt sich vermutlich um einen freien Eingriff des Übersetzers, der den Fokus, der in den V. 1–6 auf einer gewaltigen Beschreibung Gottes liegt, auch in V. 2 deutlicher beibehält, indem er die lobenden Attribute, die Zion beschreiben, auch mit Gott in Zusammenhang bringt, indem Zion selbst zu einem Attribut Gottes wird, nämlich der Glanz seiner Schönheit. Die Reihenfolge der Wörter wurde möglicherweise aus dem Grund geändert, dass es angemessener schien, Zion „nur“ als Glanz (Abglanz) der vollkommenen Schönheit Gottes zu bezeichnen, um die Assoziation zu vermeiden, die durch das zusätzliche Pronomen zustande kommt, und zwar, dass der Zion der vollkommene Ausdruck des Glanzes Gottes sei. Bei den beiden Varianten des P. Bodmer XXIV (s. o. im Apparat) handelt es sich wahrscheinlich um Schreibfehler. V. 2c-c: Ra: ηξει ad 3 trahit M Die LXX zieht ‫ י ָב ֹא‬von V. 3 zu V. 2 und gibt ‫ הוֹפִי ַע‬adverbial mit ἐμφανῶς wieder. Sie bezeugt also ἐμφανῶς ἥξει „er wird sichtbar kommen“ statt ‫י ָב ֹא‬ ‫[„ הוֹפִיעַ׃‬er ist] aufgestrahlt. Er wird kommen“. In einigen Hsn. spiegelt sich diese Änderung auch in der Sticheneinteilung wider, indem sie das Ende von V. 2 und den Anfang von V. 3 in einem Stichus wiedergeben (vgl. Einzelanalyse zu V. 2d). Die Änderung ist vermutlich dadurch bedingt, dass die

613

614

Cordes, Asafpsalmen, 2004, 40. Muraoka übersetzt εὐπρέπεια mit „splendid look“ und ὡραιότης mit „beauty“, vgl. jeweils Muraoka, Lexicon, 2011, s. v. LXX.D liest ԣӨՐӴӵԝӴӨӬӤӸԩӷդӵӤӬՌӸӪӸӳӷαὐτοῦnicht als Apposition zu Zion, sondern übersetzt die erste Vershälfte als Nominalsatz: „Vom Sion (wird) die Wohlgestalt seiner Schönheit (kommen), Gott wird sichtbar kommen“. Vgl. dazu LXX.E.II, 2011, 1638. Der griechische Text lässt beide Deutungen zu, vgl. dazu Cordes, Asafpsalmen, 2004, 37. Da εὐπρέπεια und ὡραιότης jedoch auch in anderen Psalmen als Attribute des Tempels (= Zion) verwendet werden, und außerdem auch, wie Cordes hinweist, das Verständnis als Apposition dem Text eher gerecht wird, „da hier betont wird, dass Gott vom Zion, seiner Wohnstätte, her kommt“ (Cordes, Asafpsalmen, 2004, 37) entscheide ich mich für die Übersetzung als Apposition.

6.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 49

187

Septuaginta einen Vergleich JHWHs mit der Sonne vermeiden wollte und deswegen die Wiedergabe des Verbs ‫ יפע‬umgeht.615 Anzumerken ist außerdem, dass die Septuaginta die Imperfektformen hier und im Folgenden überwiegend im Futur wiedergibt, auch an Stellen, bei denen aufgrund der hebräischen Vorlage eine andere Form zu erwarten wäre (vgl. die Einzelanalysen zu V. 3e und 3i), um die Theophanieszene (Verse 1–6) als zukünftiges Ereignis zu beschreiben.616 V. 2d: Ra: 22 31 duo stichi SaL–2018 TSyHe A’, unus B´ 2013-SaB R´’ Ga 1219(?) Einige Hsn. bezeugen das Ende von V. 2 und den Anfang von V. 3 in einem Stichus (ὁ θεὸς ἐμφανῶς… παρασιωπήσεται). Vers 3: ® Չ ӫӨՍӷ ԣӰժӱ¯ ӭӤՂ° ӳՐ ± ӴӤӵӤӶӬӽӴԧӶӨӸӤӬ² Ӵ՝ӵ ἐναντίον³ ӤՐӸӳ՝ ӭӤӹӫԧӶӨӸӤӬ´ӭӤՂµӭ՛ӭӮիӤՐӸӳ՝ӭӤӸӤӬӦՂӷ¶ӶӺՌӧӵӤ unser Gott, und er wird nicht schweigen. Feuer wird vor ihm brennen und um ihn herum wird ein Sturm sein, gewaltig. A B S 1219 2013 2082 2110 2227 (L) 11QPse? MT ¯ ®  ࢏ࡵ࡫ࡥ࢝ ࣛࢽ ࡟ࣗ  ࡟࣠ ࡡࣉ࣊ ࣞ࡫ ±°  ࣥ ࡯࡟ࣝ ࡧࣤ ࣖ ²   ࢪࡾ࣊ ࣝ ࡩࣗ ࡫࣐ࣜ ³   ࡧ࡫࣊ࡵࣞ ࡺࣞ ࡯ࣥࢪ ࣖ ࡟ࣛ ´ ࡯ࢶ࡭࡟ ࣛ ࣠ࢯ µ   ࡧ࡫ࡡ࡫ ࢽࣞ ࡡࣚ ࡶࣖ ࣂ࢏ ¶  ॱࡣ࡟ ࣠ ࣤ ࡳࣖ  ࡥࡾ࣊ ࣞ ࡸࣘ ࢫࣖ ࣚࡵ

B ® ¯ ՉӫӨՍӷԣӰժӱ  ° ± ӭӤՂ ӳՐ  ² ӴӤӵӤӶӬӽӴԧӶӨӸӤӬ  ³ Ӵ՝ӵԗӱӤӱӸՁӳӱ ӤՐӸӳ՝ ´ ӭӤӹӫԧӶӨӸӤӬ µ ӭӤՂ ӭ՛ӭӮիӤՐӸӳ՝ ¶ ӭӤӸӤӬӦՂӷ ӶӺՌӧӵӤ

A ® ¯ ՉӫӨՍӷԣӰժӱ  ° ± ӭӤՂ ӳՐ  ² ӴӤӵӤӶӬӽӴԧӶӨӸӤӬ  ³ Ӵ՝ӵԗӱӤӱӸՁӳӱ ӤՐӸӳ՝ ´ ӭӤӹӫԧӶӨӸӤӬ µ ӭӤՂ ӭ՛ӭӮիӤՐӸӳ՝ ¶ ӭӤӸӤӬӦՂӷ ӶӺՌӧӵӤ

Ant ® ¯ ՉӫӨՍӷԣӰժӱ  ° ± ӭӤՂ ӳՐ  ² ӴӤӵӤӶӬӽӴԧӶӨӸӤӬ  ³ Ӵ՝ӵԗӱ֖ӴӬӳӱ ӤՐӸӳ՝ ´ ӭӤӹӫԧӶӨӸӤӬ µ ӭӤՂ ӭ՛ӭӮիӤՐӸӳ՝ ¶ ӭӤӸӤӬӦՂӷ ӶӺՌӧӵӤ

Ra 2082: ӳ ӫӨӳӷ ӪӰӽӱ ӭЌӤϓ Ӭ ӳӹ ӴӤӵӤЋӶӬЌӽϓ Ӵϓ ӪϓӫӪӶӨӸӤӬϓЌ Ϸ ЋӴӹӵ ӨӱӤӱӸӬӳӱ ӤӹӸӳӹ ӭӤӹӫӪӶӨӸӤӬЌϷЋӭӤӬӭӹӭӮӽӤӹӸӳӹӭӤӸӤӬӦӬӷӶӺӳӧӵӤЌ P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӳ ܽ‫ ݐ‬ӪӰӽӱ ӭӤӬ ӳӹ μӪ ӴӤӵӤ Ϸ ӵӤӶϓ ЋӬЌӽӴӪӶӨӸӤӬ ϖ ӴӹӵӨӱӤӱӸӬӳӱӤӹӸӳӹӭӤӹӫӪӶӨӸӤӬϓϷӭӤЋӬЌӭӹӭӮӽӤӹӸӳӹӭӤӸӤӬӦӬӷӶӺӳӧӵӤϖ Oxyrhynchus P. 5101 (Ra 2227): ӳϓ ӫϓӨЋϓ ӳЌӷϓ Ӫϓ ЋӰӽЌӱϓ ӭӤӬӳӹЋӴӤӵӤӶӬӽӴӪӶӨӸӤӬЌϷ ӴӹӵӨϓӱϓЋӽӴЌӬϓӳϓӱӤϓ ӹӸϓӳϓЋӹӭӤӹӫӪӶӨӸӤӬЌϷӭӤӬϓӭӹϓ ӭЋӮӽӤӹӸЌӳϓӹϓӭӤЋӸӤӬӦӬӷӶӺӳӧӵӤЌ ࣕ 11QPse?: ࡣ࡟ࡳࡥࡾࡷࢀࡵࡧ࡫ࡡ࡫ࡡࡶࡧ࡯Ќ࡭Ћ࡟ࢁࡧ࡫ࡵࡺ࡯Ќ͡

615

616

Vgl. Cordes, Asafpsalmen, 2004, 48. Sie weist jedoch auch darauf hin, dass an anderen Stellen in der Septuaginta, wie z. B. in LXX Ps 75,5 „Du leuchtest herrlicher als die ewigen Berge“ problemlos vom Leuchten JHWHs die Rede ist, vgl. ebd. In Ps 50(49),2 ist eine Assoziation JHWHs mit der Sonne jedoch weitaus naheliegender als in Ps 76(75),5, was m. E. der Grund dafür ist, dass die Septuaginta dort problemlos mit ӺӽӸՁөӨӬӷӶ՜ übersetzt hatϗ Vgl. Cordes, Asafpsalmen, 2004, 43, die feststellt, dass “Theophanie und Gerichtsszene insgesamt überwiegend im Futur gehalten und damit als zu erwartende Szenarien einer zukünftigen Zeit gestaltet sind.“

188

6 Psalm 50 (49)

V. 3a: Vgl. Einzelanalyse zu V. 2c-c V. 3b: BHS: pc Mss S ‫ים‬- ̣ Einige wenige hebr. Hsn. und die Peschitta bezeugen ‫ אֱ ִהים‬anstelle von ‫אֱ הֵינוּ‬. Qumran-Belege sind für die Stelle nicht vorhanden. Die Septuaginta geht mit dem MT bzw. Kodex Leningradensis. Vermutlich handelt es sich hierbei um die ursprüngliche Lesart. Die Abweichung ist wahrscheinlich bedingt durch eine Verwechslung von ‫ נו‬und ‫ם‬. V. 3c: Ra: και 10 > 2013’ (SaLadd. et ante 31)–2018 LaG In einigen oberägyptischen Hsn. und der altlateinischen Hs. LaG ist die Kopula hinter ὁ θεὸς ἡμῶν nicht bezeugt. Eine versehentliche Auslassung durch eine Haplographie des Waws mit dem vorangehenden ‫ אֱ הֵינוּ‬im Hebräischen wäre nicht ausgeschlossen. Innergriechisch lässt sich die Variante jedoch auch als stilistische Ausbesserung des etwas sperrigen Septuagintatextes erklären. Dadurch, dass die Septuaginta das Verb ‫ בוא‬zu Vers 2 gezogen hat, steht ὁ θεὸς ἡμῶν ohne Prädikat und müsste im Griechischen ebf. auf Vers 2 bezogen werden im Sinne einer Wiederholung des Subjekts. So übersetzt z. B. LXX.D: „Gott wird sichtbar kommen, unser Gott, und er wird (unser Gebet) nicht mit Schweigen übergehen“. Der Text ist etwas sperrig, es handelt sich jedoch um eine geschickte Lösung der Septuaginta, das Reden vom Aufstrahlen Gottes und der damit verbundenen Gefahr einer Assoziation JHWHs mit der Sonne zu vermeiden, ohne ein Wort zu ergänzen oder die hebräische Wortreihenfolge zu ändern (vgl. Einzelanalyse zu V. 2c-c). Die Streichung der Kopula bei einigen oberägyptischen Zeugen lässt sich als Vereinfachung der Syntax des Textes erklären. Indem sie durch Streichung einer Kopula ὁ θεὸς ἡμῶν zum Subjekt des Verbes παρασιωπήσεται machen, wird der Text besser leserlich „Gott wird sichtbar kommen, unser Gott wird (unser Gebet) nicht mit Schweigen übergehen“. Die Lesart wird auch durch einen altlateinischen Zeugen gestützt, was auf eine größere Verbreitung der Variante hinweist. V. 3d: Keine Apparatangaben vorhanden. P. Bodmer XXIV bezeugt eine verstärkte Verneinung durch die Ergänzung der Partikel μή. Der Schreiber des Papyrus markiert, dass die Ergänzung zu streichen ist (s. u. Abb.)617. Vermutlich wurde die Partikel aus stilistischen Gründen ergänzt.

617

Über dem My und dem Eta befinden sich jeweils zwei Punkte, s. die Abb. Durch zwei Punkte markiert der Schreiber von P. Bodmer XXIV Buchstaben, die zu streichen sind, vgl. Kasser/ Testuz, Papyrus Bodmer XXIV, 1967, 43.

6.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 49

189

Abb: Papyrus Bodmer XXIV618:καὶc οὐ μή (Markierung durch den Autor)

V. 3e: Kasser/Testuz (Ra 2110): l. παρα{ρα}σ[ι]ωπησεται P. Bodmer XXIV bezeugt παραρασιωπήσεται anstelle von παρασιωπήσεται. Es handelt sich um eine Dittographie. Die Hs. 2082 (3./ 4. Jh.) bezeugt die Futur-Verbform im passiv παρα[σι]ω̣π̣ηθ̣ ησεται̣ statt Medium. In Holmes/ Parsons werden auch noch die Hsn. 194 und 210 genannt, die dieselbe Variante bezeugen. Eine Passivform zu παρασιωπάω ist im AT ansonsten nur in Spr. 12,2 bezeugt, dort als Wiedergabe für Hebr. ‫( רשׁע‬Hi.) „jmd. schuldig sprechen“ verwendet. παρασιωπάω kann mit schweigen, aber auch mit überhören übersetzt werden.619 Von letzterer Bedeutung her kann die Passivform in Spr 12,2 und auch an unserer Stelle zu verstehen sein, in dem Sinne: „Unser Gott wird nicht überhört werden“. Auch wenn es sich bei 2082 um einen alten Zeugen handelt, entscheide ich mich aufgrund der geringen Bezeugung gegen die Lesart. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Verwechslung der Verbform. Anzumerken ist hier, dass die Septuaginta einstimmig die hebräische Imperfektform, die aufgrund des vorangehenden ‫ אַל‬eindeutig als Aufforderung/ Aufruf zu lesen ist620, mit Futur wiedergibt. Anstatt „er soll nicht schweigen“ übersetzt die Septuaginta „er wird nicht schweigen“.621 Die Aufforderung wird „zu einer feststehenden Erwartung“622. V. 3f: Ra: εναντιον] ενωπιον L´: cf. 2126 Colomo/ Henry (Ra 2227): εν[ωπ]ιον with L´; other copies have εναντιον (printed by Rahlfs). For this common pair of variants, cf. A. Pietersma, Two Manuscripts of the Greek Psalter (1978) 40–43, who favours ενωπιον in this place (43). Die antiochenischen Hsn. gestützt vom Psalterkommentar des Theodoret bezeugen ἐνώπιον anstelle von ἐναντίον. Laut Pietersma wird die Lesart auch durch den Oxyrhynchus Papyrus 5101 (Ra 2227) gestützt, das Wort ist hier jedoch nicht klar identifizierbar εν[ωπ]ιον. Auch in der Hs. 2082 ist hier eine Lücke, sodass sich nicht sagen lässt, welche der beiden Lesarten sie bezeugt hat.623 Bei den Begriffen handelt es sich praktisch um Synonyme, die beide 618 619 620 621

622 623

Kasser/ Testuz, Papyrus Bodmer XXIV, 1967, Faksimile-Anhang, 31 Vgl. Muraoka, Lexicon, 2009, s. v. Vgl. Cordes, Asafpsalmen, 2004,48. Vgl. auch Ernst, Kurze Grammatik, 2010, §17a. In Gesetzestexten des AT‘s (LXX) wird der Indikativ Futur zwar auch statt des Imperativs oder Konjunktivs für Gebote und Verbote verwendet, abgesehen davon steht das Futur jedoch nur vereinzelt für Imperativ oder Konjunktiv, vgl. BDR §362. Folglich ist hier in LXX Ps 49,3 von einer futurischen Bedeutung auszugehen. Cordes, Asafpsalmen, 2004, 48. „When space is not concerned we cannot decide between such variants as ἐναντίον and ἐνώπίον in l. 9.“ Barns, Psalms Fragment, 1964, 231.

190

6 Psalm 50 (49)

in der Septuaginta sehr häufig belegt sind. Ein erkennbarer Unterschied in der Verwendung der beiden Präpositionen lässt sich nicht erkennen.624 Entsprechend schwierig ist die Entscheidung, welche der beiden Lesarten hier die ursprüngliche darstellt. ἐνώπιον ist in den Psalmen als Wiedergabe für ‫ לְפני‬+ Suffix (an den Stellen, bei denen es sich auf ein lebendiges Wesen bezieht) mehr als dreifach so häufig wie ἐναντίον verwendet.625 Es könnte erwogen werden, ob es sich bei ἐνώπιον um eine spätere vereinheitlichende Lesart handelt. Das wäre dann aber auch für V. 8f anzunehmen, in welchem dann allein P. Bodmer XXIV die ursprüngliche Lesart ἐναντίον erhalten hätte, während alle anderen Zeugen eine vereinheitlichte Lesart bezeugten. Da dies sehr unwahrscheinlich ist, ist hier nicht aufgrund innerer, sondern aufgrund äußerer Kriterien für die örtlich stärker verbereitete Lesart ἐναντίον zu entscheiden. V. 3g: Ra: 32+3 unus stichus 2013 R´’ Die oberägyptische Hs. 2013 und der abendländ. Texttyp bezeugen πῦρ ἐναντίον αὐτοῦ καυθήσεται καὶ κύκλῳ αὐτοῦ καταιγὶς σφόδρα in einem Stichus. V. 3h: Ra: και ult. = M] > Ga(non Uulg) Im Psalterium Gallicanum fehlt eine Kopula. Ein Grund für die Auslassung ist nicht ersichtlich. Vermutlich handelt es sich um eine versehentliche Auslassung. V. 3i: BHS: mlt Mss ´‫נסע‬ Viele hebr. Handschriften bezeugen ‫ נסערה‬anstelle von ‫נִשְׂ ע ֲָרה‬, also ein Samech statt Sin. Es handelt sich um eine Nebenform mit der gleichen Bedeutung.626 ‫ שׂער‬ist die geläufige Wurzel (im AT 40 mal bezeugt, 3 mal davon in den Psalmen) während ‫ סער‬im gesamten AT nur an zwei Stellen vorkommt (Jer 30,23 und Jona 1,4). Wahrscheinlich handelt es sich bei der Schreibweise mit Samech um die ältere Lesart, die später an das geläufigere ‫ שׂער‬angepasst wurde. Die Septuaginta gibt die Verbalform ‫( נִשְׂ ע ֲָרה‬Perfekt) „es hat gestürmt“ hier als Substantiv καταιγὶς „Sturm“ wieder und entgeht so dem Problem des Wechsels im MT von Imperfekt zu Perfekt (der im Kontext auch im hebräi624

625 626

„The preposition ἐνώπιον is practically synonymous with ἐναντίον in the Koine, but the backgrounds of the prepositions are different: ἐνώπιον is unknown before the Hellenistic period, whereas ἐναντίον is found both in classical literature and in the Homeric epics. Neither is there any discernible difference between the two prepositions in the LXX.“, Sollamo, Semiprepositions, 1979, 22f., vgl. auch a. a. O., 14f.18ff. ἐνώπιον ist 26-mal und ἐναντίον 8 mal für ‫ לְפני‬+ Suffix/ Nomen, das sich auf ein lebendiges Wesen bezieht, bezeugt, vgl. Sollamo, Semiprepositions, 1979, 70. Vgl. Gesenius, 2013, ‫סער‬.

6.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 49

191

schen Text etwas schwierig zu deuten ist) und bleibt im Futur, entsprechend seiner Darbietung der gesamten Theopanieszene (V. 1–6) überwiegend im Futur (vgl. Einzelanalyse zu 3c-c). Vers 4: ӴӵӳӶӭӤӮԝӶӨӸӤӬ®ӸՍӱӳՐӵӤӱՍӱӿӱӽ¯ ° ӭӤՂӸԨӱӦԩӱ ± ²Ӹӳ՝ӧӬӤӭӵՃӱӤӬ²ӸՍӱ ӮӤՍӱӤՐӸӳ՝ Er wird den Himmel oben herbeirufen und die Erde, um über sein Volk Gericht zu halten. A B S 1219 2013 2110 2227 (L) 11QPse? MT ®   ࡟ࡾࣈ ࣞ ࡽࣖ ࣚ࡫  ࡱࣚ࡫ࡳࣈ ࣝ ࢭࣞ ࡥࣥ࡯ ࣝ ࡟ࣜ °¯  ࡯ࡸࢶ ࣞ ࡳࣛ ± ࡻࡾࣜ ࡟ࢽࣞ ࡥࣥ࡯ ࣞࣂ ࡟ࣜ ࣖࡧ ²   ࡴ࡫ࡣ࣊ ࣚ ࡯ࣞ  ॱ࢐ࢡࣤ ࡸࣝ

B ® ӴӵӳӶӭӤӮԝӶӨӸӤӬ  ӸՍӱӳՐӵӤӱՍӱ ¯ ° ӿӱӽ  ± ӭӤՂӸԨӱӦԩӱ  ² ² ӧӬӤӭӵՃӱӤӬ  ӸՍӱӮӤՍӱӤՐӸӳ՝

A ® ӴӵӳӶӭӤӮԝӶӨӸӤӬ  ӸՍӱӳՐӵӤӱՍӱ ¯ ° ӿӱӽ  ± ӭӤՂӸԨӱӦԩӱ  ² ² Ӹӳ՝ӧӬӤӭӵՃӱӤӬ  ӸՍӱӮӤՍӱӤՐӸӳ՝

Ant ® ӴӵӳӶӭӤӮԝӶӨӸӤӬ  ӸՍӱӳՐӵӤӱՍӱ ¯ ° ӿӱӽ  ± ӭӤՂӸԨӱӦԩӱ  ² ² Ӹӳ՝ӧӬӤӭӵՃӱӤӬ  ӸՍӱӮӤՍӱӤՐӸӳ՝

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӴӵӳӶӭӤӮӨӶӨϷӸӤЋӬЌӸӳӱӳӹӵӤӱӳӱӤӱӽӭӤӬӸӪӱӦӪӱ ϖӸӳӹӧӬӤӭӵӬӱӤϓ ЋӬϷӸӳЋӱЌӮӤӳӱӤӹӸӳӹϖ Oxyrhynchus P. 5101 (Ra 2227): Ӵϓ ӵϓЋӳӶӭӤӮӨӶӨЌӸϓӤӬӸӳӱϓ ӳϓӹϓЋӵӤӱӳӱӤӱӽӭӤӬӸӪӱ ӦӪӱЌϷЋӧӬӤЌӭӵϓӬӱӤϓ Ӭϓ ӸӳӱӮӤӳӱϓӤϓ ЋӹӸӳӹЌ 4QPsc: Nicht vorhanden. 11QPse?: ࡧࡳࡷࡴ࡫ࡣ࡯ࡻࡾ࡟ࡥ࡯࡟ࡧ࡯ࡷࡳࡱ࡫ࡳࢀࡥ࡯࡟࡟ࡾࡽ࡫ V. 4a: Ra: προσκαλεσεται] –σατε Sytxt(Symg -σεται) Kasser/Testuz (Ra 2110): προσκαλεσετα[ι], le premier ε récrit sur α Die syrische Übersetzung aus dem Griechischen von Paul von Tella liest προσκαλέσατε (2. Pl. Aor. Imp. aktiv) statt προσκαλέσεται (3. Sg. Ind. Fut. medium).627 Am Rand ist jedoch die richtige Form vermerkt. Da die syrische Verbform inhaltlich schlecht zum Rest des Verses passt, scheint der Übersetzer die griechische Verbform falsch gelesen zu haben.628 Anzumerken ist, dass die Septuaginta hier die hebräische Präposition ‫אל‬ durch die Vorsilbe bei προσκαλέσεται wiedergibt, was gutes Griechisch zeigt, das nicht sklavisch bei der Wortfolge bleibt.629 627

628

629

Der P. Bodmer XXIV liest wie alle griechischen Hsn. προσκαλέσεται. Das Iota am Ende ist nicht mehr lesbar, der Abstand lässt jedoch erkennen, dass es gestanden hat. Beim ersten Epsilon hat zunächst ein Alpha gestanden, das mit einem Epsilon überschrieben wurde. Es handelt sich um einen Schreibfehler, der direkt korrigiert wurde, vgl. für die Faksimile Ausgabe Kasser/ Testuz, Papyrus Bodmer XXIV, 1967, Anhang 31. Eine Verwechslung der Verbformen im Syrischen ist weniger wahrscheinlich, da wie im Hebräischen der Imperativ mit einem Afformativ gebildet wird, das Imperfekt (= Fut. im Griechischen) jedoch mit einem Präformativ, vgl. Ungnad, Syrische Grammatik, 2009, 55f. Vgl. Cordes, Asafpsalmen, 2004, 48

192

6 Psalm 50 (49)

V. 4b: BHS: id Gn 27,39 49,25; l c Ms ‫מִ מָּ עַל‬ Eine hebr. Hs. bezeugt ‫ מִ מָּ עַל‬statt ‫מֵ עָל‬. Es bedeutet dasselbe, ist im AT jedoch weitaus seltener bezeugt (‫ מִמָּ עַל‬27 mal, ‫ מֵ עָל‬216 mal). Vermutlich kann, wie der Apparat der BHS vorschlägt, davon ausgegangen werden, dass es sich hier um die ursprüngliche Lesart handelt, die an das geläufigere ‫מֵ עָל‬ angeglichen wurde. V. 4c: Ra: 41+2 unus stichus S 2013’ Der Kodex Sinaiticus und die oberägyptische Hs. 2013 gestützt durch die sahidische Übersetzung bezeugen hinter ἄνω keinen Zeilenumbruch, sondern bezeugen V. 4 in einem Stichus. V. 4d: Ra: γην] + εξ υψους 2013’–2018: cf. S.-St. 2, p. 157 Die oberägyptische Hs. 2013 gestützt durch die sahidische Übersetzung und das Fragment 2018 bezeugen ἐξ ὕψους „aus der Höhe; von oben her“ hinter τὴν γῆν. Der Satz wäre dann zu übersetzen mit: „Er wird den Himmel oben herbeirufen und die Erde aus der Höhe richten.“ Die Wendung ἐξ ὕψους begegnet in den Psalmen durchweg in einem rettenden Sinne. Gott wird aus der Höhe herabblicken bzw. er wird eingreifen, um den Psalmisten zu erretten (vgl. Ps 18(17),17; 102(101),20–21; 144(143),7). Die Ergänzung der Wendung ἐξ ὕψους passt zwar auch in der ursprünglichen Septuaginta gut in den Kontext des Verses, in dem es nicht um ein strafendes, sondern um ein die Ordnung des Kosmos wieder herstellendes Richten geht (vgl. Einzelanalyse zu V. 4e). Dennoch ist sie sehr wahrscheinlich sekundär. Wie der christliche Zusatz aus Zef 1,12 in V. 6b ist auch die Ergänzung von ἐξ ὕψους nur in oberägyptischen Hsn. bezeugt und stellt vermutlich auch hier einen christlichen Zusatz dar, der das rettende Handeln Gottes im eschatologischen Gericht betonen will. Eine jüngere griech. Hs. aus dem 9. Jh.630 und Cyprian nach den älteren Ausgaben bezeugen statt ἐξ ὕψους das Wort κάτω (bzw. latein. deorsum) „unten“, was als Gegenüber zu ἄνω näherliegend erscheinen konnte.631 Ob Cyprian der christliche Zusatz ἐξ ὕψους bekannt war und er die Wendung stilistisch vereinfacht wiedergegeben hat, oder ob die Variante eine davon unabhängige stilistische Ergänzung darstellt, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Aufgrund der relativ geringen Verbreitung von ἐξ ὕψους632 würde ich jedoch eher vermuten, dass Cyprian nur den Kurztext der ursprünglichen Septuaginta vorliegen hatte und aus stilistischen Gründen als Gegenüber zu ἄνω „oben“ das Wort κάτω „unten“ ergänzt hat.

630 631 632

Es handelt sich um die Hs. 39 (in den Septuaginta-Studien unter der Sigel E verzeichnet), vgl. Rahlfs Septuaginta-Studien I-III, 1965, 111. Vgl. Rahlfs, Septuaginta-Studien I-III, 1965, 261. Der Zusatz aus Zef 1,12 in V.6b hat z. B. weitere Verbreitung gefunden. Er findet sich neben den oberägyptischen Zeugen auch im P. Bodmer XXIV. ἐξ ὕψους ist dort dagegen nicht bezeugt.

6.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 49

193

V. 4e: Ra: διακριναι B´ 1219] δια > 2018, pr. του R L´ A’, διακρινει 2013(non Sa) Kasser/Testuz (Ra 2110): του διακρινα[ι] (le α récrit sur ε) : διακριναι Zahlreiche Hsn. (auch P. Bodmer XXIV) bezeugen den Infinitiv mit Artikel. Sowohl die Schreibweise mit als auch ohne Artikel ist sehr geläufig in der Septuaginta (vgl. Einzelanalyse zu LXX Ps 103,21c), die Schreibweise mit Artikel ist in den Psalmen jedoch weitaus geläufiger und von daher die zu erwartende Lesart.633 Auch die handschriftliche Bezeugung spricht eher für die Schreibweise mit Artikel. Die Kodizes Vaticanus und Sinaiticus und die Hs. 1219 und 2013634 bezeugen hier wahrscheinlich eine isomorphe Anpassung an den hebräischen Text. Die Septuaginta verwendet hier das Kompositum διακρίνω anstatt ‫דּין‬ einfach mit κρίνω wiederzugeben. Dadurch wird der trennende Charakter des Gerichts Gottes zwischen richtig und falsch hervorgehoben.635 Das entspricht Hossfelds Auslegung, dass Gottes Richten „nicht auf Strafe, sondern zuerst auf die Wiederherstellung der Ordnung im Kosmos“ zielt, ein Motiv, das sich laut Ariane Cordes durch die gesamte Asafkomposition zieht und für das Selbstverständnis der jüdischen Diaspora-Gemeinde von besonderer Bedeutung ist. „Hier werden Aussagen darüber getroffen, wie sich gerechte, gesetzestreue Juden und Jüdinnen zu verhalten haben – auch in nichtjüdischer Umgebung.“636 Um dem Aspekt Ausdruck zu verleihen, dass es sich nicht um ein grundsätzlich verurteilendes Richten, sondern um ein zum Recht und zur Ordnung verhelfendes Gericht handelt, übersetze ich διακρίνω mit „Gericht halten“637. Das Psalterfragment 2018 bezeugt κρῖναι ohne vorangestelltes δια, möglicherweise aufgrund einer Vereinheitlichung des griechischen Wortschatzes.638 Die Hs. 2013 bezeugt διακρινει, was entweder für die 3. Sg. Ind. Pr. aktiv oder 3. Sg. Ind. Fut. aktiv stehen kann. Da der vorangestellte Artikel jedoch einen Infinitiv erwarten lässt, handelt es sich auch hier vermutlich um einen Schreibfehler.

633

634 635 636 637 638

Vgl. Cordes, Asafpsalmen, 2004, 49; Muraoka, Infinitive, 1995, 262. Vgl. auch Soisalon-Soininen, Infinitive, 1965, 183, der angibt, dass ein hebräischer Infinitiv mit ‫ ל‬im Psalter 97 mal mit τοῦ + Inf. und nur 27 mal mit einfachem Infinitiv wiedergegeben wird. Bei Rahlfs für diese Stelle nicht angeführt. Nach Emmenegger liest die Hs. 2013 den Artikel auch nicht, vgl. Emmenegger, Text des koptischen Psalters, 2007, 363. Vgl. Cordes, Asafpsalmen, 2004, 43.52. Cordes, Asafpsalmen, 2004, 43. So übersetzt auch Cordes, Asafpsalmen, 2004, 35. Die Form ist im AT nur 28-mal (κρίνωdagegen 269 mal) und in den Psalmen nur an einer weiteren Stelle, nämlich LXX Ps 81,1 bezeugt. In LXX Ps 81,1 ist die Streichung der Präposition δια in keiner griechischen Hsn. bezeugt. Der Psalm ist in der Hs. 2018 jedoch nicht erhalten, vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 14.

194

6 Psalm 50 (49)

Vers 5: συναγάγετεa αὐτῷb τοὺς ὁσίουςc αὐτοῦb τοὺς διατιθεμένουςd τὴν διαθήκην αὐτοῦb ἐπὶ θυσίαιςe Versammelt ihm seine Frommen, die seinen Bund schließen durch Opfer, A B S 1219 2013 2110 2227 (L) 11QPse? MT ¯ ®  ࡫࡯ࣥ ࣊ ࣚ ࢏ࡺࡶࣖ ࡟ࣚ ¯° ࢶ ࣞ ࡶࣚ ࡩࣘ   ࡫ࡣ࡫ ±   ࡫ࢁࢼ ࣛ ࡾ࣠ࣖ ࢚ ¯   ࡫ࢁ࡫ ࣈ ࣚ ࡾࣚ ࡡࣖ ²  ॱ ࡩࡡࣤࣝ ࡨࣥ࡫ ࣞ ࡯ࣛ ࡸࣘ

B ® ¯ ӶӹӱӤӦԆӦӨӸӨ ӤՐӸն  ° ¯ Ӹӳ՜ӷՉӶՁӳӹӷ ӤՐӸӳ՝  ± Ӹӳ՜ӷӧӬӤӸӬӫӨӰԝӱӳӹӷ  ¯ ӸԨӱӧӬӤӫԧӭӪӱӤՐӸӳ՝  ² ԗӴՂӫӹӶՁӤӬӷ

A ® ¯ ӶӹӱӤӦԆӦӨӸӨ ӤՐӸն  ° ¯ Ӹӳ՜ӷՉӶՁӳӹӷ ӤՐӸӳ՝  ± Ӹӳ՜ӷӧӬӤӸӬӫӨӰԝӱӳӹӷ  ¯ ӸԨӱӧӬӤӫԧӭӪӱӤՐӸӳ՝  ² ԗӴՂӫӹӶՁӤӬӷ 

Ant ® ¯ ӶӹӱӤӦԆӦӨӸӨ ӤՐӸն  ° ¯ Ӹӳ՜ӷՉӶՁӳӹӷ ӤՐӸӳ՝  ± Ӹӳ՜ӷӧӬӤӸӬӫӨӰԝӱӳӹӷ  ¯ ӸԨӱӧӬӤӫԧӭӪӱӤՐӸӳ՝  ² ԗӴՂӫӹӶՁӤӬӷ 

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): συναγεται εαυτω τους οσιους | αυτ[ο]υ : τους διατιθεμενους την διαθηκην αυτο̣[υ | επ̣[ι] θυσιαις Oxyrhynchus P. 5101 (Ra 2227): συν̣α̣γετε αυτω του̣[ς οσιους αυτου] | τους διαθιθεμενο̣υς̣ [την διαθηκην αυτου] επι θ̣υσια 4QPsc: Nicht vorhanden. ֗ ‫[ב]ר[יתי עלי‬ ֯ ‫כר[ת]י‬ ֯ ‫אספו לי[ | ]חסידי‬ 11QPse?: ‫זב]ח‬ V5a: Colomo/ Henry (Ra 2227): συναγετε αυτω : so effectively 2110 (συναγεται εαυτω). Other copies give συναγαγετε αυτω (printed by Rahlfs). Kasser/Testuz (Ra 2110): συναγεται εαυτω : συναγαγετε αυτω Der Oxyrhynchus Papyrus 5101 und der Papyrus Bodmer XXIV bezeugen beide συνάγετε anstelle von συναγάγετε.639 Der 2. Pl. Ind. Pr. aktiv passt jedoch nicht in den Kontext. Wahrscheinlich handelt es sich um einen Schreibfehler. Der P. Bodmer XXIV bezeugt außerdem das Personalpronomen als Reflexivpronomen ἑαυτῷ, was im gegebenen Kontext jedoch nicht passt und womöglich einen Schreibfehler darstellt. Zur Abweichung der griechischen Personalpronomina (3. Sg.) von den hebräischen Suffixen (1. Sg.) vgl. Einzelanalyse zu V. 5b.b.b. V. 5b.b.b: BHS: GS suff 3 sg BHS: CGS ‫דָיו‬Die nichthebräische Überlieferung bezeugt die zu ‫ ָחסִיד‬und ‫ בּ ְִרית‬gehörigen Personalpronomina in der 3. Sg. In der hebräischen Überlieferung bezeugen nur einige mittelalterliche hebr. Hsn. aus der Kairoer Geniza die Variante bei ‫( ָחסִיד‬sie lesen ‫) ֲחסִידָיו‬. Hierbei handelt es sich jedoch sicherlich um einen Schreibfehler, da das 3. Sg. Personalsuffix nur Sinn ergibt, wenn die Suffixe im Kontext ebenfalls geändert werden. Die versehentliche Ergänzung eines Waws ist denkbar. Ein Zusammenhang mit der Variante in der Septuaginta besteht also vermutlich nicht. 11QPse stützt den MT gegen die

639

Im P. Bodmer XXIV werden αι und ε häufiger miteinander vertauscht (vgl. Einzelanalyse zu LXX Ps 33,3a).

6.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 49

195

nichthebräische Überlieferung,640 was dafür spricht, dass die Lesart mit dem 1. Sg. Personalsuffix die ursprüngliche Lesart im Hebräischen darstellt. Da die direkt aus dem Hebräischen übersetzte Peschitta die Abweichung der Septuaginta stützt, liegt es nahe, dass jedoch auch eine hebräische Textform existierte, die das Suffix in der 3. Sg. bezeugte und der Septuaginta als Vorlage diente.641 Möglicherweise entstand die Variante dadurch, dass sich V. 4 mit dem Psalmisten als Sprecher etwas besser in den Kontext einfügen lässt und die Änderung nur in der Ergänzung eines Waws lag. Dass die Änderung versehentlich geschah, ist unwahrscheinlich, da der Eingriff an drei Stellen erfolgte. Es wird sich vermutlich um eine bewusste Änderung gehandelt haben. V. 5c: Ra: τους οσιους] τ. αγιους 2018: cf. 3310; iustos LaRAug et Cyp.: cf. 1726; filios LaG Das oberägyptische Psalterfragment 2018 bezeugt ἁγίους. Es ist im AT sonst nicht als Äquivalent für ‫ חסידי‬bezeugt. ἁγίους und ὁσίους sind sich jedoch von der Bedeutung her ähnlich und sie wechseln auch an anderer Stelle (vgl. Einzelanalyse zu LXX Ps 33,10c). Vermutlich handelt es sich um eine sekundäre Lesart. Die lateinischen Hsn. geben hier frei mit iustos oder sogar filios wieder statt mit sancti (vgl. LXX Ps 33,10). V. 5d: Colomo/ Henry (Ra 2227): διαθιθεμενους : l. διατιθεμενους. Der Oxyrhynchus Papyrus 5101 schreibt versehentlich διαθιθεμένους statt διατιθεμένους. V. 5e: Colomo/ Henry (Ra 2227): θ̣υσια: so MT. Other Greek manuscripts (and Rahlfs) have the plural θυσιαις (θυσιας 156). Die Septuaginta spricht von „Opfern“ im Plural statt wie der MT im Singular. Ariane Cordes vermutet, dass die Septuaginta den Bezug zum Bundesschluss in Ex 24,5, wo Brandopfer und Heilsopfer genannt sind, deutlicher hervorheben möchte.642 Der Oxyrhynchus Papyrus 5101 gleicht an den MT an, indem er das Substantiv im Sg. bezeugt. Vers 6: ӭӤՂ® ӾӱӤӦӦӨӮӳ՝ӶӬӱ ӳԺ ӳՐӵӤӱӳՂ ӸԨӱ ӧӬӭӤӬӳӶ՛ӱӪӱ ӤՐӸӳ՝ ¯ ՊӸӬ °Չ± ӫӨՍӷ ӭӵӬӸԧӷ°ԗӶӸӬӱӧӬԆӼӤӮӰӤ und die Himmel werden seine Gerechtigkeit verkünden, dass Gott Richter ist. Diapsalma.

640

641 642

11QPse ist hier fragmentarisch, aber ࡫ࢁ࡫ࡾࡡ ist erhalten, was darauf weist, dass sie mit MT übereinstimmt. Einflüsse der Septuaginta auf die Peschitta sind nicht ausgeschlossen, aber eher selten, vgl. im Handschriftenverzeichnis zur Peschitta. Vgl. Cordes, Asafpsalmen, 2004, 49.

196

6 Psalm 50 (49)

A B S 1219 2013 2110 2227 (L) 11QPse? MT ®   ࢏ࡣ࡫ࣈࢉࣚ ࣝ࢕ ࣝࡧ  ࡱࣚ࡫ࡳࣈ ࣝ ࢪࣞ ¯  ࢐ࡽࢶ ࡣࣖ ࡼࣚ ±  ࣧ ࡱ࡫ࡥ࢝ ࣚࢹ ࡟ࣥ࡫ ࣗ ࢚ࣤ ࣚ °  ࡟࢏ࡥࣈ  ࡪࡺ࣠ࢼ ࣛ ࢪ  ॱࡥ࡯ࣞ ࡶࣤ ࣜ

B ® ӭӤՂ ӾӱӤӦӦӨӮӳ՝ӶӬӱ ӳԺӳՐӵӤӱӳՂ ¯ ӸԨӱӧӬӭӤӬӳӶ՛ӱӪӱӤՐӸӳ՝ °± ՊӸӬ ӫӨՍӷ ° ӭӵӬӸԧӷ ԗӶӸӬӱ ӧӬԆӼӤӮӰӤ

A ® ӭӤՂ ӾӱӤӦӦӨӮӳ՝ӶӬӱ ӳԺӳՐӵӤӱӳՂ ¯ ӸԨӱӧӬӭӤӬӳӶ՛ӱӪӱӤՐӸӳ՝ °± ՊӸӬ ӫӨՍӷ ° ӭӵӬӸԧӷ ԗӶӸӬӱ ӧӬԆӼӤӮӰӤ

Ant ® ӭӤՂ ӾӱӤӦӦӨӮӳ՝ӶӬӱ ӳԺӳՐӵӤӱӳՂ ¯ ӸԨӱӧӬӭӤӬӳӶ՛ӱӪӱӤՐӸӳ՝ ° ± ՊӸӬ Չ ӫӨՍӷ ° ӭӵӬӸԧӷ ԗӶӸӬӱ ӧӬԆӼӤӮӰӤ

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӭӤӬ ӤӱӤӦӦӨӮӮӳӹӶӬӱ ӳӬ ӳӹӵӤӱӳӬ ӸӪӱ ӧӬ Ϸ ӭӤϓ ЋӬЌӳϓӶӹӱӪӱӤӹӸӳӹϖӭӤӬӨӱӸӤӬӷӨӶӻӤӸӤӬӷӪӰӨϷӵӤϓ ЋӬЌӷӨӵӤӹӱӪӶӨӬӳܽ‫ܻ݂࠶֐ܻ݅ݑݐ‬ϓ ݃ Ӱϓ ӨӸӤӮӹӻӱӳӹϷӳϓӸϓӬܽ‫ݐ‬ӭӵӬӸӪӷӨӶӸӬϖӧӬӤӼӤӮϓ ӰϓӤϖ Oxyrhynchus P. 5101 (Ra 2227): ӭӤӬ ϓЋӤЌӱϓӤϓӦϓӦϓӨӮϓ ϓ ЋӳӹӶӬӱЌ Ϸ ЋӳӬЌ ӳӹӵϓӤϓӱϓӳӬϓ ӸϓӪϓӱϓ ӧӬϓӭϓӤϓӬЋϓ ӳӶӹӱӪӱӤӹӸӳӹЌϷЋӳЌӸϓЋӬЌӫϓЋӨӳӷЌӭӵϓӬӸӪӷӨϓЋӶӸӬӱӧӬӤӼӤӮӰӤЌ 11QPse?: ࡥ࡯ࡶ࡟ࡧࡥࡪࡺࢀࡱ࡫ࡥ࡯࡟࡫࡭ࡧࡽࡣࡼࡱ࡫ࡳࢀࡧࡣ࡫ࡢ࡫ࡧ V. 6a: BHS: G(S) καὶ ἀναγγελοῦσιν = ´ַ ‫ְוי‬ Kasser/Testuz (Ra 2110): αναγγελλουσιν: αναγγελουσιν Die Septuaginta liest das hebräische Imperfekt nicht als Narrativ (Imperfectum consecutivum), sondern als Waw copulativum + Imperfekt, was im Kontext besser passt und von daher m. E. auch im Hebräischen wohl die ursprüngliche Lesetradition darstellt (der Narrativ nach den vorangegangenen Imperfekt-Formen in den Versen 2–4 ist zwar nicht undenkbar, aber unerwartet). Entsprechend der Wiedergabe des hebräischen Imperfekts in den vorangehenden Versen 2–4 gibt die Septuaginta es auch hier futurisch wieder. V. 6b: Ra: 61] add. stichum και εν ταις εσχαταις ημεραις εραυνησει(2018 ερευν.) ο θεος την ιερουσαλημ μετα λυχνου 2013’–2018–2052: ex Soph. 112; ante hunc stichum hab. 2013mg obelum (÷), cf. proleg. § 44 67 Kasser/Testuz (Ra 2110): αυτου και εν ταις εσχαταις ημερα[ι]ς εραυνησει ο θς την (sic) ϊλημ μετα λυχνου: αυτου Einige oberägyptische Hsn. und der P. Bodmer XXIV ergänzen den Satz καὶ ἐν ταῖς ἐσχάταις ἡμέραις ἐραυνήσει ὁ θεὸς τὴν Ιερουσαλημ μετὰ λύχνου „und in den letzten Tagen wird Gott Jerusalem mit einer Lampe durchsuchen“, der aus Zef. 1,12 stammt.643 In der Hs. 2013 ist der Zusatz obelisiert.644 Oberägyptische Hsn. bezeugen auch an anderen Stellen Zusätze, die in anderen Textzeugen nicht bezeugt sind (vgl. dazu Einzelanalyse zu V. 4d), es handelt sich also mit großer Wahrscheinlichkeit um eine sekundäre Er-

643 644

„καὶ ἔσται ἐν ἐκείνῃ τῇ ἡμέρᾳ ἐξερευνήσω τὴν Ιερουσαλημ μετὰ λύχνου “, Zef. 1,12. „ein Zeichen, daß man auch außerhalb Origenes’ Hexapla Kritik geübt hat“, Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 32. (Rahlfs geht davon aus, dass die Hs. 2013 unabhängig von der hexaplarischen Tradition ist.)

6.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 49

197

gänzung.645 Der Zusatz ist interessanterweise auch im P. Bodmer XXIV bezeugt (vgl. 6.3.2.2c). V. 6c: BHS: l ‫אלהֵי מִ שְׁ פָּט‬ut Sir 35,15 cf Ms ‫אלהי‬ Der Apparat der BHS schlägt vor, eine andere Konsonantentrennung vorzunehmen und ‫„ אֱ הֵי מִ שְׁ פָּט‬Gott des Rechts“ zu lesen wie in Sir 35,15.646 Da keine hebräischen Zeugen vorhanden sind, die die Konjektur stützen647 und auch die LXX sowohl hier als auch in Sir 35,15(12) κριτής „Richter“ bezeugt, was im Hebräischen ‫ שֹׁפֵט‬voraussetzt648 und die LXX somit als früher Zeuge der masoretischen Lesart herangezogen werden kann, scheint der MT die ursprüngliche Lesart darzustellen. Der Aussagesatz mit casus pendens649 „Gott, ein Richter ist er“ wird in der LXX adäquat mit θεὸς κριτής ἐστιν wiedergegeben. V. 6d: Ra: ο θεος] ο > B A Kasser/Testuz (Ra 2110): θς κριτης εστι: ο θεος κριτης εστιν Der Kodex Vaticanus, Kodex Alexandrinus, P. Bodmer XXIV und wahrscheinlich auch der Oxyrhynchus P. 5101650 bezeugen nicht den Artikel vor θεὸς. Vermutlich handelt es sich um eine isomorphe Anpassung an den hebräischen Text. Vers 7:ӿӭӳӹӶӳӱ®ӮӤՌӷӰӳӹӭӤՂӮӤӮԧӶӽӶӳӬ¯°иӶӵӤӪӮӭӤՂ±ӧӬӤӰӤӵӸ՛ӵӳӰӤՁ²ӶӳӬ ³ ՉӫӨՍӷ´Չ³ӫӨՌӷӶӳ՛ӨԶӰӬԗӦը Höre, mein Volk, und ich werde zu dir sprechen, Israel, und ich werde dir bezeugen: Gott, dein Gott, bin ich! A B S 1219 2013 2110 2227 (L) 11QPse? MT ®  ࣧ ࡫ࢡࣚࢿ ࡸࡥ ࣝ ࡸࣉ ࣞ ࡳࣖ ࢪࣚ 645

646

647 648 649 650

B ® ӿӭӳӹӶӳӱ ӮӤՌӷӰӳӹ

A ® ӿӭӳӹӶӳӱ ӮӤՌӷӰӳӹ

Ant ® ӿӭӳӹӶӳӱ ӮӤՌӷӰӳӹ

Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 30: “Vor allem charakteristisch für ihn sind die christlichen Zusätze. Sie finden sich auch in anderen Textformen, sind aber im oberäg. Texte besonders zahlreich.“ Laut Rahlfs hat der Satz aus Zefanja jedoch kein spezifisch christliches Gepräge, vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 32. Anders Cordes, Asafpsalmen, 2004, 38, die den Zusatz auf die christliche Rezeption des Psalms zurückführt. Kraus, der die Konjektur übernimmt, übersetzt den Satz mit: „Und verkündigen sollen die Himmel seine Gerechtigkeit, daß er ein ‚Gott des Rechts‘ ist.“, Kraus, Psalmen 1–59, 1978, 525. In der hebräischen Überlieferung gibt es zwar eine Hs., die ‫ ֱא הֵי‬statt ‫ ֱא הִים‬bezeugt, sie scheint jedoch nicht ‫שׁפָּט‬ ְ ‫ ִמ‬statt ‫ שׁ ֹפֵט‬zu bezeugen, s. o. BHS Apparat. ‫שׁפָּט‬ ְ ‫ ִמ‬ist als Äquivalent für κριτής nur an einer Stelle bezeugt, ‫שׁפט‬dagegen an mehr als sechzehn Stellen, vgl. Muraoka, Two-way Index, 2010, κριτής. Vgl. Ernst, Kurze Grammatik, 2010, §52.j. Colomo/ Henry, 5101, 2011, 9: „The traces given as θ̣ are not certainly assigned. It is probable but not certain that the article given in Rahlfsʼs text was not present with θεος in this copy.“

198

6 Psalm 50 (49) °¯

  ࡥࡾࣞ ࢇࢽࣛ ࡣࣝ ࡟ࣘ ࣝࡧ  ࡯࡟ࣛ ࡾࣞ ࢫ࣒ࣖ ࡫ࣚ ²±   ࡥࡣ࡫ࣞ ࡸࣈ ࣚ ࡟ࣞ ࣖࡧ  ࢘ࢇࢶ ࣞ ³ ´³  ࢙࡫ࡥ࢝ ࣈ ࣜ ࡟ࣗ  ࡱ࡫ࡥ࢝ ࢼ ࣚ ࡟ࣗ  ॱ࡫࡭ࣚ ࡵࣤ࣠ ࡟ࣞ

¯ °

ӭӤՂӮӤӮԧӶӽӶӳӬ   иӶӵӤӪӮ ± ² ӭӤՂ ӧӬӤӰӤӵӸ՛ӵӳӰӤՁ  ӶӳӬ ³ ´ ³ ՉӫӨՍӷ Չ ӫӨՌӷӶӳ՛ ӨԶӰӬԗӦը

¯ °

ӭӤՂӮӤӮԧӶӽӶӳӬ   иӶӵӤӪӮ ± ² ӭӤՂ ӧӬӤӰӤӵӸ՛ӵӳӰӤӬ ӶӳӬ ³ ³ ՉӫӨՍӷՉ ӫӨՌӷӶӳ՛ ӨԶӰӬԗӦը

¯ °

ӭӤՂӮӤӮԧӶӽӶӳӬ   иӶӵӤӪӮ ± ² ӭӤՂ ЇӧӬӤӰӤӵӸ՛ӵӳӰӤӬЈ ӶӳӬ ³ ³ ՉӫӨՍӷՉ ӫӨՌӷӶӳ՛ ӨԶӰӬԗӦը

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӤӭӳӹӶӳӱ ӮӤӳӷ Ӱϓ Ћӳӹ Ϸ ӭӤӬ ӮӤӮӪӶӽ ӶӳӬ ֐ӶӵӤӪӮ ӧӬӤӰӤϓ ӵϓӰӤӵӸӹӵӳӹӰӤӬϧӶӳϓЋӬϷӳܽ‫ݐ‬Ӷӳӹӳܽ‫ݐ‬ӶӳӹӨӬӰӬӨӦӽϓ  Oxyrhynchus P. 5101 (Ra 2227): ЋӤӭӳӹӶӳЌӱϓ ӮӤӳЋӷ Ӱӳӹ ӭӤӬ ӮЌӤϓ ӮϓӪϓЋӶӽ ӶӳӬЌ Ϸ TϓӶϓӵϓӤϓЋӪӮӭӤӬӧӬӤӰӤЌӵϓӸϓӹϓӵϓЋӳЌӹӰӤӬӶӳӬϷӳӫӨӳϓӷӳӫӨЋӳӷӶЌӳϓӹϓӨϓӬӰϓ ӬӨϓЋӦӽЌ ࢽ  11QPse?: ЌЃЋࡥࡣ࡫ࡷ࡟ࡧЌ࡯ࢽ ࡟ࢽ ࡾࢽ ࢀЋ࡫ࡥࡾࡡࡣ࡟ࡧЌϷЋ࡫ࡳࡷࡥࡷࡳࢀ V. 7a: Ra: λαος] pr. ο 2013(non2052) Die oberägyptische Hs. 2013 ergänzt einen Artikel vor λαός μου, der zum Ausdruck des Vokativs dient.651 Aufgrund der geringen Bezeugung entscheide ich mich gegen die Lesart. V. 7b: Ra: σοι 10 tibi GaAug] > R´’ Uulg Sy = M; cf. 809 In einigen abendländischen Hsn. und der syrischen Übersetzung fehlt das Personalpronomen hinter λαλήσω. Es handelt sich wahrscheinlich um eine spätere Anpassung an den MT. Die ursprüngliche Septuaginta hat hier aus stilistischen Gründen das Personalpronomen ergänzt (im Hebr. steht es nur im folgenden Stichus: ‫ָבּ‬ ‫)וְאָעִידָה‬. V. 7c: Ra: 71+2 unus stichus 2013(non2052) Die oberägyptische Hs. 2013 bezeugt ἄκουσον […] διαμαρτύρομαί σοι in einem Stichus. V. 7d: Ra: και 20 > LaG Kasser/Testuz (Ra 2110): διαμαρ̣τυρουμαι : και διαμαρ̣τυρουμαι In der altlateinischen Hs. LaG fehlt die Kopula. Vermutlich handelt es sich um eine versehentliche Auslassung. Im Lateinischen lässt sich die Kopula et nach Israel besonders leicht übersehen. Die Kopula fehlt auch im P. Bodmer XXIV. Ein Grund für die Auslassung ist hier nicht zu erkennen, doch handelt es sich aufgrund der geringen Bezeugung sicherlich ebenfalls um eine sekundäre Lesart. V. 7e: Ra: διαμαρτυρομαι B´ 2052 R LThtp’ A] –ρουμαι 2013 LpauTThtpHe*Sc 1219’, testificabor La Ga : cf. 809 et Thack. p. 275 Colomo/ Henry (Ra 2227): διαμα]ρ̣τ̣υρ̣ [̣ ο]υμαι with 2110 2013 LpauT ThtpHe*-Sc 1219’, testificabor La Ga : διαμαρτυρομαι 2069 (-ω-) Bʼ 2052 R LThtpʼ A(so Rahlfs). 651

Vgl. BDR §147.2.

6.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 49

199

Kasser/Testuz (Ra 2110): διαμαρ̣τυρουμαι : και διαμαρ̣τυρουμαι Einige Hsn. bezeugen passend zum vorhergehenden λαλήσω auch das Verb διαμαρτύρομαί im Futur (διαμαρτυροῦμαι) statt Präsens.652 Im Hebräischen stehen beide Formen im Kohortativ (mit abschließendem He). Die Rahlfs’schen Textgruppen sind hier in sich sehr uneinheitlich (der oberägyptische, abendländische und antiochenische Text und auch die Gruppe um A haben Zeugen für jede der Lesart). Der P. Bodmer XXIV und der sehr alte Oxyrhynchus Papyrus 5101 (1./ 2. Jh.) haben das Futur.653 Gründe für eine spätere Änderung zur Präsensform sind nicht erkennbar. Die Futur-Form dagegen ließe sich als spätere Angleichung an das vorangehende λαλήσω oder als Hebraisierung erklären654 und scheint als einfachere Lesart die jüngere zu sein. Die Futur-Form διαμαρτυροῦμαι ist im Griechischen nicht vor der LXX bezeugt655, wahrscheinlich verwendete die ursprüngliche Septuaginta deswegen die Präsensform (in der deutschen Übersetzung wird hier folglich die Präsensform dem Kontext gemäß im Futur wiedergegeben).656 Des Weiteren ist anzumerken, dass der Satz ‫ וְאָעִידָה ָבּ‬hier von den meisten Kommentatoren im Sinne von anklagen oder gegen dich bezeugen verstanden wird.657 Hossfeld schlägt dagegen vor, dass die Redeeinleitung „das Folgende nicht als Gerichtsrede charakterisieren, sondern neutral die JHWHRede feierlich eröffnen“658 will und ‫ עוד‬eher mit „zeugen über“ statt mit „anklagen“ zu übersetzen ist.659 So hat auch die LXX den hebräischen Text gelesen und mit διαμαρτύρομαί σοι übersetzt „ich werde dir bezeugen: Gott, dein Gott, bin ich.“ V. 7f-f: Ra: ο θεος ο θεος] pr. οτι quoniam LaR(c)G(non Aug) HeScRc; ο 10 20 delent ScRc Insbesondere Korrektoren einiger Hsn. ergänzen ein ὅτι. Es handelt sich um eine spätere stilistische Ergänzung. Im Kodex Sinaiticus und in der Diglotte R werden die Artikel vor θεὸς durch Korrektoren gestrichen. Sie bezeugen hier eine isomorphe Anpassung an den hebräischen Text.

652 653

654 655 656 657 658 659

Zur Futurform διαμαρτυροῦμαι, vgl. BA, 1988, s. v. P. Bodmer XXIV liest, anders als bei Kasser/ Testuz wiedergegeben, eigentlich διαμα̣ρ̣μαρτυρουμαι. Es handelt sich um eine Dittographie. Intendiert war sicherlich die Futur-Form διαμαρτύρουμαι. Die Wiedergabe mit Futur ist näher am hebräischen Kohortativ, vgl. auch die Wiedergabe des Kohortativs in V. 21c. Vgl. Thackeray, Grammar, 1909, 275. Hier stellt sich die Frage, wie geläufig Neologismen der Septuaginta den einzelnen Übersetzern waren. Vgl. Oeming, Psalm 42–89, 2010, 67; Weber, Psalmen I, 2001, 228. Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 313. Vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 312.

200

6 Psalm 50 (49)

V. 7g: Kasser/Testuz (Ra 2110): ο θς σου ο θς σου: ο θεος ο θεος σου Papyrus Bodmer XXIV bezeugt das Possessivpronomen σού beide Male nach θεὸς. Möglicherweise geht die Ergänzung auf eine Verlesung von Mem und Kaf im Hebräischen zurück, sodass auch an erster Stelle ‫ אֱ הֶי‬statt ‫אֱ הִים‬ gelesen wurde. Aufgrund der geringen Bezeugung scheint es sich um eine sekundäre Lesart zu handeln. Vers 8: ӳՐӭ ԗӴՂ® ӸӤՃӷ ӫӹӶՁӤӬӷ Ӷӳӹ ԗӮԝӦӲӽ¯ ӶӨ Ӹԇ ӧԞ ՉӮӳӭӤӹӸըӰӤӸԆ° Ӷӳӹ ԗӱըӴӬՌӱ±Ӱӳ՛ԗӶӸӬӱ²ӧӬԇӴӤӱӸՌӷ Ich werde dich nicht wegen deiner Opfer strafen, deine Ganzbrandopfer sind ja stets vor mir. A B S 1219 2013 2110 2227 (L) MT ®  ࣥ ࡯ࡸ࡟ ࣝ ࣠ ࡯ࣈ  ࢙࡫ࡩࣜ ࡡ࣒ࣞ ࡨࣖ ¯ ࢶ ࣜ ࡭࢐࡟ ࣚ  ࢙ࡩ࡫ ° ࢼࣜ ࣖࡧ  ࢙࡫ࢁ࢝࢐ࡷ ²±

  ࡫ࢋࣈ ࣚ ࣖࡢ ࣜࡵ࡯ࣖ  ॱࡣ࡫ࡳࣤ ࣚ ࢁࣞ

B ® ӳՐӭԗӴՂ  ӸӤՃӷӫӹӶՁӤӬӷӶӳӹ ¯ ԗӮԝӦӲӽ ӶӨ ӸԇӧԞ ° ՉӮӳӭӤӹӸըӰӤӸԆ Ӷӳӹ ± ԗӱըӴӬՌӱ Ӱӳ՛ ² ԗӶӸӬӱ ӧӬԇӴӤӱӸՌӷ

A ® ӳՐӭԗӴՂ  ӸӤՃӷӫӹӶՁӤӬӷӶӳӹ ¯ ԗӮԝӦӲӽ ӶӨ ӸԇӧԞ ° ՉӮӳӭӤӹӸըӰӤӸԆ Ӷӳӹ ± ԗӱըӴӬՌӱ Ӱӳ՛ ² ԗӶӸӬӱ ӧӬԇӴӤӱӸՌӷ

Ant ® ӳՐӭԗӴՂ  ӸӤՃӷӫӹӶՁӤӬӷӶӳӹ ¯ ԗӮԝӦӲӽ ӶӨ ӸԇӧԞ ° ՉӮӳӭӤӹӸըӰӤӸԆ Ӷӳӹ ± ԗӱըӴӬՌӱ Ӱӳ՛ ² ԗӶӸӬӱ ӧӬԇӴӤӱӸՌӷ

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӳӹӭӨӴӬӸӤӬӷӫӹӶӬӤӬӷӶӳЋӹϷӨӲӨӮӨӦӲӽӶӨϖӸӤӧӨ ӳӮӳӭӤӹӸӽӰӤӸӤӶӳӹӨӱӤӱӸӬЋӳӱϷӨӰӳӹӧӬӤӴӤӱӸӳӷ Oxyrhynchus P. 5101 (Ra 2227): ӳӹϓ ӭӨӱϓӸϓӤӬӷϓ ЋӫӹЌӶϓ ӬӤӬӷӶϓ ЋӳЌӹϓ ӨӮӨӦӲӽӶӨϷӸϓӤϓӧӨ ӳӮӳӭӤӹӸϓӽϓӰϓ ӤϓӶϓ ӳϓӹϓӨӱϓӽӴӬӳӱЋӰӳӹЌϷ֐ӶӬӱӧӬӤӴӤӱӸϓӳϓӷϓ ЋϖЌ V. 8a: Colomo/ Henry (Ra 2227): εν̣: other copies (and Rahlfs) give επι. Cf. Ps lxiii 11 with Rahlfsʼs note for this pair of variants. Colomo/ Henry lesen im Oxyrhynchus Papyrus 5101 ἐν statt ἐπὶ. Abweichungen in den griech. Hsn. zwischen diesen beiden Präpositionen finden sich z. B. öfter im Zusammenhang mit dem Wort εὐφραίνω (vgl. Rahlfs’ Angabe zu LXX Ps 63,11). Beide Wörter sind hier im Kontext denkbar und können mit „wegen“ übersetzt werden „Nicht wegen deiner Opfer will ich dich strafen“.660 Auch wenn der Oxyrhynchus P. 5101 eine sehr alte Hs. ist, scheint es sich um eine sekundäre Lesart zu handeln, da der Papyrus hier mit seiner 660

Vgl. Muraoka, Lexicon, 2009, ἐν (11), ἐπὶ (II.4). ‫ יכח‬+ ‫ עַל‬ist im AT nur an zwei weiteren Stellen bezeugt, wobei ‫ עַל‬einmal mit ὑπὲρ (Gen 21,25) und einmal mit περὶ (LXX Ps 104,14) wiedergegeben wird. Welche der beiden Formen ἐν und ἐπὶ geläufiger ist, lässt sich also nicht ausmachen. In Bauer Aland ist für ἐλέγχω + ἐν kein Beleg und für ἐλέγχω + ἐπὶ nur ein weiterer Beleg angegeben (Barnabasbrief 19,4), vgl. BA, 1988, ἐλέγχω. Bei Muraoka, Lexicon, 2009, ἐλέγχω gibt es keine Stellenangaben für ἐλέγχω + ἐν/ ἐπὶ, abgesehen von LXX Ps 49,8. Da grammatisch beide Präpositionen im Zusammenhang mit ἐλέγχω denkbar sind, lässt sich von diesem Befund auch keine Entscheidung treffen.

6.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 49

201

Lesart ganz alleine steht. Ein Grund für die Abweichung ist jedoch nicht erkennbar. V. 8b: Kasser/Testuz (Ra 2110): εξελεγξω σε : ελεγξω σε Papyrus Bodmer XXIV bezeugt εξελεγξω anstelle von ἐλέγξω. Die Form ist im AT nur in Mi 4,3 und in den Apokryphen nur in 4 Makk 2,13 und Weis 12,17 bezeugt. ἐλέγξω ist dagegen allein im AT 49 mal bezeugt. Hat der Papyrus Bodmer XXIV hier möglicherweise ein ursprüngliches seltenes Wort erhalten, das später an die geläufigere Form angepasst wurde? Eine Entscheidung kann erst im Zusammenhang mit einer Untersuchung weiterer ähnlicher Varianten im Papyrus Bodmer XXIV getroffen werden. Zunächst entscheide ich mich aufgrund der geringen Bezeugung gegen die Lesart des Papyrus Bodmer XXIV. V. 8c: Colomo/ Henry (Ra 2227): ӳӮӳӭӤӹӸϓӽϓӰϓ Ӥϓ: a slip for ӳӮӳӭӤӹӸӽӰӤӸӤ. Der Oxyrhynchus Papyrus 5101 lässt versehentlich die Pl. Endung aus und bezeugt im Sg. ӳӮӳӭӤӹӸϓӽϓӰϓ Ӥϓ. Der vorangehende dazugehörige Artikel im Akk. Pl. (τ̣α̣) lässt erkennen, dass es sich um einen Schreibfehler handelt. V. 8d: Kasser/Testuz (Ra 2110): εναντι[ον] εμου: ενωπιον μου εστιν P. Bodmer XXIV bezeugt ἐναντίον anstelle von ἐνώπιόν. Es handelt sich um Äquivalente und es lässt sich im Gebrauch der Septuaginta kein erkennbarer Unterschied in der Verwendung der beiden Präpositionen feststellen.661 Aufgrund der geringen Bezeugung handelt es sich bei P. Bodmer XXIV vermutlich um eine sekundäre Lesart. Ein Grund für die Abweichung ist nicht erkennbar. V. 8e: Colomo/ Henry (Ra 2227): ϊσιν: l. εστιν. εστιν is printed by Rahlfs, who records no variants; the quotation in Eus, DE 6.3.2 has εισι, as does the Theodoret manuscript 184, while 2110 and 275 have no verb. The plural is unlikely to be authentic: on the syntax of neuter plural substantives in the Psalms, see A. Pietersma, VT 26(1976) 60–69. esp. 65 (on the present passage). Die LXX bezeugt fast einstimmig das Verb im Sg. (ἐστιν), wie es im Griechischen bei einem Pl. n.-Bezugssubjekt durchaus geläufig ist. 662 Colomo/ Henry schlagen vor, auch im Oxyrhynchus P. 5101 ἐστιν zu lesen. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass εἰσίν durch Itazismus zu ϊσιν wurde. Die 661 662

Vgl. Sollamo, Semipropositions, 1979, 22f. Vgl. auch Einzelanalyse zu V. 3d. Abgesehen von den Stellen, bei denen der Übersetzer auch im Griechischen mit einen Nominalsatz übersetzt, gibt er hebräische pluralische Nominalsätze ohne Pronomen an fünf von sieben Stellen mit der Sg.-Verbform ἐστιν wieder und an den zwei Stellen, bei denen die Hsn. auseinander gehen und Rahlfs sich für die Pl.Verbform entscheidet, ist die Sg.-Lesart jedoch ebenfalls stark bezeugt, vgl. Pietersma, Methodology and Syntax, 1984, 67f.

202

6 Psalm 50 (49)

Pl. Form wird auch in einem Euseb-Zitat und in der Theodoret Hs. 184 für diese Stelle bezeugt. Es handelt sich wahrscheinlich um eine spätere Anpassung an das pluralische Bezugssubjekt. Der P. Bodmer XXIV und die Hs. 275 (aus dem 12. Jh.) bezeugen gar kein Verb, geben den Satz also als Nominalsatz wieder.663 Es handelt sich um eine isomorphe Anpassung ans Hebräische. Vers 9: ӳՐ ӧԝӲӳӰӤӬ ԗӭ Ӹӳ՝ ӳԷӭӳӹ Ӷӳӹ® ӰՌӶӻӳӹӷ¯ ӳՐӧԞ ԗӭ Ӹժӱ ӴӳӬӰӱՁӽӱ Ӷӳӹ ӻӬӰԆӵӳӹӷ° Ich werde nicht Kälber aus deinem Haus nehmen auch nicht Widder aus deinen Herden, A B S 1219 2013 2110 2227 (L) MT  ࡩࢨࣈ ࣝ ࡟ࣥ࡟ ࣜ ࣠࡯ ® ࣖ ࢇࣛ ࡳࣚ   ࣈ࢙ࢁ࡫ ¯   ࡾࡺࢶ ࣞ ࢙࡫ࢁ࣠ࣜࢽ ࡟࡯ࣖ ࡭ࣖ ࢡࣚ ࡳࣚࣂ °

ࣤ ࣚ ࡸࣝ  ॱ ࡱ࡫ࡣ࢏ࢯ

B ӳՐӧԝӲӳӰӤӬ ® ԗӭӸӳ՝ӳԷӭӳӹӶӳӹ  ¯ ӰՌӶӻӳӹӷ  ӳՐӧԞԗӭӸժӱ ӴӳӬӰӱՁӽӱӶӳӹ ° ӻӬӰԆӵӳӹӷ 

A ӳՐӧԝӲӳӰӤӬ ® ԗӭӸӳ՝ӳԷӭӳӹӶӳӹ  ¯ ӰՌӶӻӳӹӷ  ӳՐӧԞԗӭӸժӱ ӴӳӬӰӱՁӽӱӶӳӹ ° ӻӬӰԆӵӳӹӷ

Ant ӳՐӧԝӲӳӰӤӬ ® ԗӭӸӳ՝ӳԷӭӳӹӶӳӹ ¯ ӰՌӶӻӳӹӷ  ӳՐӧԞԗӭӸժӱ ӴӳӬӰӱՁӽӱӶӳӹ ° ӻӬӰԆӵӳӹӷ

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӳӹӧӨӲӳӰӤӬӨӭӸӳӹӳӬӭӳӹϷӰӳӶӻӳӹӷϖӳӹӧӨӨӭӸӽӱ ӴӳӬӰӱӬӽӱӶӳӹӸӵӤӦӳӹЋӷ Oxyrhynchus P. 5101 (Ra 2227): ӳϓЋӹӧӨЌӲӳϓ ӰӤӬӨЋӭӸӳӹӳӬӭӳӹЌϷӶӳӹӰӳӶӻӳӱϖ ӳЋӹӧӨӨӭӸӽЌӱӴӳӬӰӱϓЋӬӽӱӶӳӹЌϷӴӵӳӥӤӸӤ V. 9a: Kasser/Testuz (Ra 2110): οικου : οικου σου Im P. Bodmer XXIV ist das Possessivpronomen hinter οἴκου nicht bezeugt. Da vor dem Zeilenumbruch jedoch noch genug Platz ist für die Hinzufügung von σου, ist Pietersma der Meinung, dass hier nicht von einer singulären Lesart des P. Bodmer XXIV auszugehen ist, sondern auch für den P. Bodmer XXIV das Possessivpronomen zu lesen ist.664 V. 9b: Colomo/ Henry (Ra 2227): μοσχον: so MT. Other Greek manuscripts give the plural μοσχους (so Rahlfs). Der sehr alte Oxyrhynchus P. 5101 (1./ 2. Jh.) bezeugt entsprechend dem MT das Nomen im Sg. statt Pl. Die ursprüngliche Septuaginta hat vermutlich in Entsprechung zu ‫ עַתּוּדִים‬auch ‫ פָר‬im Pl. übersetzt.665 Der Oxyrhynchus P. 5101 bezeugt dann eine Anpassung an den MT (vgl. auch V. 5e).

663 664 665

Die Auslassung von ἐστιν ist häufig im klassischen Griechisch und auch im Griechisch des NT oft bezeugt, vgl. BDR §127. „for οικου rd οικου [σου]. Since space permits the addition there is no reason to suppose a unique variant in 2110.“, Pietersma, P. Bodmer XXIV, 1980, 73. Oder aufgrund des Opferkontextes (vgl. LXX Ps 50,21), vgl. LXX.E.II, 2011, 1639.

6.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 49

203

V. 9c: Ra: χιμαρους] τραγους 2013 Thtp’ThCh-(ed. Montf. VI, p.9): ex 13 Kasser/Testuz (Ra 2110): τραγου[ς] : χιμαρους Colomo/ Henry (Ra 2227): προβατα: Rahlfs prints χιμάρους, recording a variant τραγους from 2013 Thtp’ThChr (now also known from 2110). Both variants are also recorded for Origen’s fifth column, while Aquila, Symmachus, and Quinta had κερεϊνους (Field). If προβατα here refers not to flocks and herds in general but specifically to sheep, as often, cf. 27. Die oberägyptische Hs. 2013, der P. Bodmer XXIV und einige antiochenische Kirchenväter sowie die syrische Übersetzung geben ‫„ עַתּוּדִים‬Bock; Kleinvieh: Schafe u. Ziegen“ mit τράγους „Bock, Ziegenbock“ anstelle von χιμάρους „Bock“ wieder. Es handelt sich möglicherweise um eine spätere Vereinheitlichung mit V. 13c, in dem ‫ עַתּוּדִים‬mit τράγους übersetzt wird, oder ist durch eine allgemeine Vereinheitlichung des Wortschatzes bedingt (das Wort τράγος ist mehr als 16 mal als Wiedergabe für hebr. ‫ עַתּוּד‬+ Deriv. verwendet, χίμαρος nur 2 mal)666. Der alte Oxyrhynchus P. 5101 gibt stattdessen ‫ עַתּוּדִים‬mit πρόβατα „Schafe“ und in V. 13c mit dem Wort ἀρνῶν (Pl. Gen. zu ἀρήν „Lamm“) wieder. Er verwendet dem Hebräischen inhaltlich zwar nahestehende Wörter, die sonst jedoch an keiner Stelle als Äquivalente zu ‫ עַתּוּדִים‬bezeugt sind (πρόβατον dient normalerweise als Äquivalent für ‫ צ ֹאן‬und ἀρήν v. a. für ‫ֶכּבֶשׂ‬ oder ‫)מְריא‬ ִ 667. Zudem wird die Lesart des Papyrus an beiden Stellen durch keine weiteren Hsn. gestützt. Es scheint sich um eine bewusste Änderung zu handeln, ein Grund für die Änderung ist jedoch nicht erkennbar. Aufgrund der geringen Bezeugung scheint es sich um eine sekundäre Lesart zu handeln. ӾӦӵӳ՝¯ӭӸԧӱӪԗӱӸӳՃӷ °ՇӵӨӶӬӱӭӤՂ Vers 10: ®ՊӸӬԗӰԆ ®ԗӶӸӬӱӴԆӱӸӤӸԇӫӪӵՁӤӸӳ՝Ӿ ° ӥՌӨӷ denn mein sind alle Tiere des Feldes, das Vieh in den Bergen und die Rinder. A B S 1219 2013 2110 2227 (L) MT  ࡫࡯ࣥ࡫ ࣊ ࣚ ࢚ࣚ ࣝ ࡭ࣞ  ࣥ࢐ࢁࣖ࡫ࡩࣥ࡯  ࡾࡸࢶࣝ ࡫ࣞ °  ࣥ࡫ࡾࣛ ࡾࣖ ࡥࣝ ࢇࣖ ࢁ࢐ࡳࢽ ࡥࣛ ࢇࣂࣖ °  ॱ ࡹ࡯ࣜ ࡟ࣤ ࣞ

B ® ® ՊӸӬԗӰԆ ԗӶӸӬӱ ӴԆӱӸӤӸԇӫӪӵՁӤ ¯ Ӹӳ՝ӧӵӹӰӳ՝  ° ± ӭӸԧӱӪԗӱӸӳՃӷ ՇӵӨӶӬӱ  ° ӭӤՂӥՌӨӷ 

A ® ® ՊӸӬԗӰԆ  ԗӶӸӬӱӴԆӱӸӤӸԇӫӪӵՁӤ ¯ Ӹӳ՝ӾӦӵӳ՝  ° ӭӸԧӱӪԗӱӸӳՃӷ ՇӵӨӶӬӱ ° ӭӤՂӥՌӨӷ

Ant ® ® ՊӸӬԗӰԆ  ԗӶӸӬӱӴԆӱӸӤӸԇӫӪӵՁӤ ¯ Ӹӳ՝ӾӦӵӳ՝  ° ӭӸԧӱӪԗӱӸӳՃӷ ՇӵӨӶӬӱ ° ӭӤՂӥՌӨӷ

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӳӸӬӨӰӤӨӶӸӬӱӴӤӱӸӤӸӤӫӪӵӬӤӸӳӹӧӵӹӰӳӹϖӭӸϓӪϓ Ϸ ӱӪӨӱӸӳӬӷӳӵӨӶӬӭӤӬӥӳӨӷϖ Oxyrhynchus P. 5101 (Ra 2227): ӳӸӬ ӨӰӤϓ  ЋӨӶӸӬЌӱϓ ӴӤӱϓӸЋӤ ӸӤ ӫӪӵӬӤЌ Ϸ Ӹӳӹ ӧӵӹӰӳϓӹӭӸӪӱϓЋӪӨЌӱϓӸӳӬӷϓ ӳӵӨЋӶӬӱЌϷӭӤӬӥӳϓӨӷ

666 667

Vgl. Muraoka, Two-way Index, 2010, τράγος und χίμαρος. Vgl. Muraoka, Two-way Index, 2010, ἀρήν u. πρόβατον.

204

6 Psalm 50 (49)

V. 10a: Ra: οτι εμα] εμα γαρ Thtp’Th: ex 12 Einige Theodoret Hsn., die syrische Übersetzung und Theodor von Mopsuestia (4./ 5. Jh.) bezeugen ἐμὰ γάρ. Die Wiedergabe der Wendung ‫ כִּי־לִי‬mit ὅτι oder γάρ sind beide gleichermaßen im AT bezeugt.668 Womöglich handelt es sich, wie Rahlfs in seinem Apparat vorschlägt, bei der Wiedergabe mit γάρ um eine Vereinheitlichung mit V. 12, in dem dieselbe hebräischen Wendung ebf. mit ἐμὰ γάρ übersetzt wird. V. 10b: Ra: δρυμου B´’ 2013’ R TSy 1219’, siluae LaRAug = M] siluarum LaG Ga; αγρου L´ A: ex 112 Die altlateinische Hs. LaG und das Psalterium Gallicanum bezeugen das Nomen im Pl. (entsprechend dem im Vers folgenden Nomen montibus), während LaR und Augustin eine Sg.-Form bezeugen. Die hebr. und griech. Hsn. bezeugen einheitlich den Singular. Aufgrund der geringen Bezeugung scheint es sich um eine spätere lateinische Sonderlesart zu handeln. Die antiochenischen Hsn. und der Kodex Alexandrinus bezeugen abweichend von der hebr. Vorlage τὰ θηρία τοῦ ἀγροῦ „die Tiere des Feldes“ statt τοῦ δρυμοῦ „des Waldes“ (= ‫)יַעַר‬, laut Rahlfs in Anlehnung an V. 11. Ein Grund für eine spätere Angleichung an V. 11 ist jedoch nicht ersichtlich.669 Wahrscheinlicher ist, dass der ursprüngliche Übersetzer den geläufigeren Ausdruck ‫„ שָׂ דַי‬Feld“ statt ‫ יַעַר‬in seiner hebräischen Vorlage gelesen und deswegen mit τοῦ ἀγροῦ übersetzt hat.670 Eine Verwechslung von Jod + Ayin mit einem Sin ist denkbar und das Jod am Ende kann versehentlich hinzugekommen sein. Noch plausibler wird das, wenn wir die Tatsache mit einbeziehen, dass der Satz „Tiere des Waldes“ nur an zwei weiteren Stellen im Alten Testament bezeugt ist, während „Tiere des Feldes“ ein sehr geläufiger Satz ist, der bereits von der Schöpfungsgeschichte bekannt ist (Gen 2,19: 668 669

670

ὅτι Lev 25,55; Num 8,17; 1Kö 2,17; Jes 45,23; γάρ Ex 19,5; Lev 25,23; Num 3,13; LXX Ps 49,12; V. 11 lautet: „Ich kenne alle Vögel des Himmels, und die Schönheit des Feldes steht vor mir.“ Der letzte Satz ist etwas rätselhaft. Rahlfs vermutet womöglich, dass spätere Bearbeiter, angestoßen von der Frage, was unter der Schönheit des Feldes in V. 11 zu verstehen sei, einen Zusammenhang zu den zuvor aufgezählten Tieren in V. 10 herstellen wollten und diese deswegen als Tiere des Feldes statt Tiere des Waldes bezeichneten. Es ist jedoch fraglich, ob eine solche Änderung zum Verständnis von V. 11 beiträgt. Und noch fraglicher ist, ob das wirklich der Grund für eine Bearbeitung von V. 10 durch spätere Abschreiber gewesen sein kann. Das geläufige Wort für „Feld“ ist im Hebräischen das Wort ‫( שָּׂדֶ ה‬321 Belege im AT). ‫ שָׂדָ י‬ist entweder eine ältere Form oder eine sekundäre Neubildung für ‫שָּׂדֶ ה‬, vgl. Gesenius, 2013, ‫שָׂדָ י‬. Sie begegnet im AT insgesamt nur 13-mal. Davon jedoch mit 5 Belegen verhältnismäßig häufig in den Psalmen (‫ שּׂדֶ ה‬ist in den Psalmen ebenfalls nur an 5 Stellen belegt). τὰ θηρία τοῦ ἀγροῦ steht meistens für hebr. ‫( ַחיּ ַת ַהשָּׂדֶ ה‬Gen 2:19; 2 Sam 21,10; 2 Kön 14,9; u. a.). An der einzigen Stelle, bei der die Wendung im Psalter bezeugt ist, wird sie jedoch mit ‫( ַחי ְ֣תוֹ שָׂדָ י‬Ps 104,11) wiedergegeben. Es ist folglich auch für unsere Stelle denkbar, dass dem Übersetzer das Wort ‫ שָׂדַ י‬für „Feld“ geläufig war.

6.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 49

205

„Und Gott, der HERR, bildete aus dem Erdboden alle Tiere des Feldes“) und der außerdem an 17 weiteren Stellen im Alten Testament auftaucht.671 Der Satz war sicherlich auch dem Übersetzer geläufig, was eine Verlesung von ‫ יַעַר‬mit ‫ שָׂ דַי‬begünstigt haben mag, sodass er folglich mit „Tiere des Feldes“ übersetzte. Die andere Lesart δρυμοῦ stellt dann eine spätere Anpassung ans Hebräische dar. Die Anpassung ist auch schon im Oxyrhynchus P. 5101 und im P. Bodmer XXIV bezeugt. Der Oxrhynchus P. 5101 hat außerdem in V. 11c-c als einzige Hs. πάντα τὰ πετεινὰ τοῦ οὐρανοῦ „alle Vögel des Himmels“ in Anpassung an das Hebräische ‫„ כָּל־עוֹף ה ִָרים‬alle Vögel der Berge“ mit πάντα τὰ πετεινὰ τῶν ὀρέων wiedergegeben (s. in der Einzelanalyse zu V. 11c-c).

V. 10c-c: BHS: G(S) ἐν τοῖς ὄρεσιν καὶ βόες; prp ‫ ב´ ֵאל‬vel ´‫א ַבּה ֲָר ַרי‬ „Die Übs. des MT (‫ )בהמות בהררי־אלף‬ist umstritten: ‚das Vieh in den Bergen der Tausend‘/ ‚das Vieh in den Bergen zu Tausend‘“.672 Craigie findet die Wendung schwierig und bevorzugt ‫ בהררי־אל‬zu lesen, was er mit „marvelous mountains“ wiedergeben würde.673 Die gleiche Wendung findet sich auch in Ps 36,7. Die LXX hatte wahrscheinlich auch Schwierigkeiten mit der hebräischen Vorlage. Sie liest ‫ אלף‬nicht als Zahlwort, sondern in seiner anderen Bedeutung als „Rind“ und übersetzt es mit βόες „Rinder“. Außerdem fügt sie eine Kopula hinzu und ändert den schwierigen hebräischen Text leicht, vermutlich um den Satz leichter verständlich zu machen. V. 10d: Kasser/Testuz (Ra 2110): ορεσι : ορεσιν P. Bodmer XXIV bezeugt die Dativ. Pl.-Form ohne abschließendem Ny. Es handelt sich um eine geläufige orthographische Variante. Vers 11: ԘӦӱӽӭӤ® ӴԆӱӸӤ Ӹԇ ӴӨӸӨӬӱԇ¯ °Ӹӳ՝ ӳՐӵӤӱӳ՝° ӭӤՂ ± դӵӤӬՌӸӪӷ² ± ӾӦӵӳ՝ ӰӨӸ࠹ԗӰӳ՝ԗӶӸӬӱ ich kenne alle Vögel des Himmels und die Pracht des Feldes ist bei mir.

671 672

673

Sechs mal in der leicht modifizierten Form τὰ θηρία τὰ ἄγρια. Vgl. LXX.E.II, 2011, 1639. Mit „Das Vieh in den Bergen zu Tausend(en)“, übersetzten z. B. Weber, Werkbuch Psalmen I, 2001, 228 und Seybold, Psalmen, 1996, 204, wobei Letzterer darauf hinweist, dass es sich wahrscheinlich um einen Schreibfehler handelt und statt ‫„ אלף‬Rind/ tausend“ ‫„ הררי־אל‬Gottesberge“ zu lesen sei, vgl. a. a. O., 205. Vgl. Craigie, Psalms 1–50, 2004, 363. Zu der gleichen Wendung in Ps 36,7 schreibt er: „Literally, ‘mountains of El,’ though here ‫ אל‬functions to express the superlative magnificence of mountains in the comparison.“, Craigie, Psalms 1–50, 2004, 290. So auch Seybold, Psalmen, 1996, 205 und Kraus, Psalmen 1–59, 1978, 526.

206

6 Psalm 50 (49)

A B S 1219 2013 2110 2227 (L) MT ®  ࣥ࡯࢚ࣞ  ࡫ࢯࣚ ࡸࣖ ࡣ࣒ࣝ ࡫ࣞ ¯   ࡹ࢐ࡸࣈ °   ࡱ࡫ࡾࢶ ࣚ ࡥࣞ ± ²±  ࡫ࡣࢽ ࣝ ࢫࣞࣂ  ࡨ࡫ࡨ࣊ ࣚ ࣖࡧ  ॱ࡫ࡣࣤ ࣚ ࢡࣞ ࡸࣚ

B ® ԘӦӱӽӭӤ ӴԆӱӸӤ ¯ ӸԇӴӨӸӨӬӱԇ  ° ° Ӹӳ՝ӳՐӵӤӱӳ՝  ± ² ± ӭӤՂ դӵӤӬՌӸӪӷ  ӾӦӵӳ՝ ӰӨӸ࠹ԗӰӳ՝ԗӶӸӬӱ

A ® ԘӦӱӽӭӤ ӴԆӱӸӤ ¯ ӸԇӴӨӸӨӬӱԇ  ° ° Ӹӳ՝ӳՐӵӤӱӳ՝  ± ² ± ӭӤՂ դӵӤӬՌӸӪӷ  ӾӦӵӳ՝ ӰӨӸ࠹ԗӰӳ՝ԗӶӸӬӱ

Ant ® ԘӦӱӽӭӤ ӴԆӱӸӤ ¯ ӸԇӴӨӸӨӬӱԇ  ° ° Ӹӳ՝ӳՐӵӤӱӳ՝  ± ² ± ӭӤՂ դӵӤӬՌӸӪӷ  ӾӦӵӳ՝ ӰӨӸ࠹ԗӰӳ՝ԗӶӸӬӱ

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӨӦӱӽӦӤӴӤӱӸӤӸӤӴЋӨϷӧӨӬӱӤӸӳӹӳӹӵӤӱӳӹϖӭӤӬ ӽӵӤӬӽӸӪӷӤӦӵӳӹӰӨӸӨϷӰӳӹӨӶӸӬӱϖ Oxyrhynchus P. 5101 (Ra 2227):ӨӦӱϓӽӱӴϓ ӤӱϓӸӤϓ ӸӤӴӨϓӸϓӨЋӬӱӤӸӽӱЌϷӳӵӨӽӱϓ ӭӤЋӬЌ ӽϓ ӵӤӬϓӳӸӪӷϓ ӤӦϓӵӳӹӰӨӸЋӨӰӳӹЌϷЋӨЌӶӸӬӱ V. 11a: Kasser/ Testuz (Ra 2110): εγνωγα, l. εγνωκα Colomo/ Henry (Ra 2227): εγν̣ων: εγνωκα is printed by Rahlfs. No variants are recorded. The same pair of variants is found at cxxxiv 5 corresponding to the same word in MT. Der P. Bodmer XXIV bezeugt ein Gamma statt Kappa, was sicherlich auf einen Schreibfehler zurückzuführen ist, der durch den ähnlichen Laut der Buchstaben bedingt ist. Der Oxyrhynchus P. 5101 bezeugt als einzige Hs. das Verb im 1. Sg. Aorist statt 1. Sg. Perfekt. Dieselbe Variante findet sich auch in LXX Ps 134,5, jedoch in anderen Hsn. (Oxyrhynchus P. 5101 ist für die Stelle nicht erhalten)674. Die 1. Sg. Perf. Form ist weitaus seltener als die Form im Aorist.675 Vermutlich handelt es sich bei der Lesart des Oxyrhynchus P. 5101 um eine spätere Anpassung an die geläufigere Verbform. V. 11b: Kasser/Testuz (Ra 2110): π[ε]δεινα, l. πετεινα P. Bodmer XXIV bezeugt ein Delta statt Teta. Es handelt sich sicherlich um einen Schreibfehler, der durch den ähnlichen Laut der Buchstaben bedingt ist. V. 11c-c: BHS: G(ST) τοῦ οὐρανοῦ, l ‫שָׁ מַ י ִם‬vel ‫מָרוֹם‬ Colomo/ Henry (Ra 2227): των] ορεων̣: so MT. Other Greek manuscripts give του ουρανου (so Rahlfs). Die LXX gibt ‫„ כָּל־עוֹף ה ִָרים‬alle Vögel der Berge“ mit πάντα τὰ πετεινὰ τοῦ οὐρανοῦ „alle Vögel des Himmels“ wieder. Der hebräische Text ist ungewöhnlich. ‫ עוֹף ה ִָרים‬ist an keiner anderen Stelle im AT bezeugt. Die Lesart ist zwar inhaltlich nicht ausgeschlossen, ist aber als ursprünglicher Text im

674 675

ἔγνων S R A´] ἔγνωκα 2017(vid.) L´ 55, vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 316. ἔγνωκα ist 5 mal im AT und davon nur einmal in den Psalmen bezeugt. ἔγνων 43 mal im AT, davon 11 mal in den Psalmen.

6.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 49

207

Kontext der Verse 10–11 schwer vorstellbar.676 Der Apparat der BHS schlägt vor, dass statt ‫ ה ִָרים‬ggf. ‫ מָרוֹם‬oder mit der LXX ‫ שָׁ מַ י ִם‬zu lesen ist. Eine Entscheidung ist schwierig, da die vorhandenen hebr. Hsn. einstimmig die ungewöhnliche Lesart bezeugen. Hsn. aus Qumran sind für die Stelle leider nicht vorhanden. Laut Wutz ist ein Wechsel von ‫ שָׁ מַ י ִם‬zu ‫ ה ִָרים‬sehr häufig „ohne daß die Erklärung dafür so einfach zu geben wäre“677. Ursprünglich hat vermutlich ‫ שָׁ מַ י ִם‬gestanden, wofür wir in der LXX einen frühen Zeugen haben.678 Der Oxyrhynchus P. 5101 bezeugt hier mit [των] ορεων̣ als einzige Hs. eine Anpassung an die masoretische Lesart ‫ה ִָרים‬. V. 11d.d: BHS: pc Mss ‫ וזיו‬cf 80,14b; G καὶ ὡραιότης, S wḥjwt’ et animalia Der MT bezeugt ‫ ְוז ִיז שָׂ דַ֗ י‬was mit „und das Getier des Feldes“ zu übersetzen ist679 und im Kontext gut passt. Die Septuaginta (und die lateinischen Übersetzungen) weichen hier stark vom MT ab und bezeugen ὡραιότης ἀγροῦ (bzw. pulchritudo agri) „die Schönheit des Feldes“. Die Variante kommt vermutlich dadurch zustande, dass die Septuaginta, wie auch in einigen wenigen mittelalterlichen hebräischen Hsn. bezeugt, ‫ וזיו‬anstelle von ‫וזיז‬ gelesen hat.680 Das Wort ‫ז ִיו‬ist aus dem aramäischen mit der Bedeutung „Glanz“ bezeugt.681 Auch wenn Bons darauf hinweist, dass eine Übersetzung von ‫ ז ִיו‬mit ὡραιότης singulär wäre682, scheint dies doch die plausibelste Erklärung für die griechische Variante, da die Worte von der Bedeutung her doch recht nahe beieinander liegen und eine Verwechslung des abschließenden Buchstaben Zajin mit einem Waw gut denkbar ist. Der Übersetzer dachte vermutlich bei der Pracht und Schönheit des Feldes an die Reife der Früchte.683

676

677 678

679 680 681 682 683

Es handelt sich in den V. 10–11 um eine Auflistung von Tieren aus verschiedenen Lebenswelten. In der Auflistung Getier des Waldes, Vieh auf den Bergen und was sich tummelt im Feld, passen am besten die Vögel des Himmels dazu, wie sie auch sonst geläufig im AT aufgeführt werden (vgl. z. B. Gen 2,19; Ps 8,9 etc.). Wutz, Psalmen, 1925, 128. Vgl. auch Wutz, Transkriptionen, 1933, § 31. Gr. ‫ש–ידר‬. ‫ מָרוֹם‬ist im gegebenen Kontext dagegen eher unwahrscheinlich, da es nirgends im AT im Zusammenhang mit ‫ עוֹף‬bezeugt ist. Außerdem wird ‫ מָרוֹם‬nur an zwei von 24 Stellen mit οὐρανός wiedergegeben, vgl. Muraoka, Two-way Index, 2010, οὐρανός. Oder spezifischer mit „die Grille des Feldes“, vgl. Seybold, Psalmen, 1996, 204f., vgl. auch Gesenius, 2013, ‫( זִיז‬1). Vgl. Wutz, Psalmen, 1925, 128. Vgl. Wutz, Psalmen, 1925, 128. Vgl. auch Gesenius, 2013, ‫זִו‬. Vgl. LXX.E.II, 1639. Das Adjektiv ὡραῖος kann mit „zu seiner Reife gebracht“ wiedergegeben werden und τὰ ὡραῖα ist u. a. bezeugt für „ Früchte zum Nachtisch“, vgl. Gemoll, ὡραῖος. Vgl. auch Cordes, Asafpsalmen, 2004, 44: „Hier in V. 11 ist offensichtlich die konkrete Bedeutung von ὡραιότης als Reife der Feldfrüchte zu lesen“. Sie weist auch auf die Wiederaufnahme von ὡραιότης aus V. 2 hin, vgl. dazu Cordes, Asafpsalmen, 2004, 44.

208

6 Psalm 50 (49)

V. 11e: Ra: ωραιοτης αγρου] η ωρ. του α. 2013 Die Hs. 2013 ergänzt zwei Artikel. Die oberägyptischen Hsn. ergänzen häufiger Artikel (vgl. Einzelanalyse zu V. 1b). Vers 12: ®ԗԇӱ ӴӨӬӱԆӶӽ ӳՐ® Ӱԧ ӶӳӬ ӨԷӴӽ ԗӰԨ ӦԆӵ ԗӶӸӬӱ ԣ ӳԶӭӳӹӰԝӱӪ ӭӤՂ ӸՍ ӴӮԧӵӽӰӤӤՐӸԩӷ Wenn ich Hunger gehabt hätte, hätte ich es dir gewiss nicht gesagt. Mein ist doch der Erdkreis und seine Fülle. A B S 1219 2013 2110 2227 (L) MT  ࡡࡸࣝ ࡾࣖ ࡟ࣥࡱ ࣒ࣜ ࡟ࣚ ࢘ࢶ࡯ࡾ ࣞ ࡳࣝ ࡟ ࣠ ࣈ ࣥ࡟࣠࡯ ࣊ ࣚ ࢚ࣚ  ࡫࡯ࣥ࡫  ࡯ࡡࢽࣛ ࢁࣛࣂ  ॱࢍ࡟࢝ ࣤ ࣞ ࡳ࢏ ࣖ

B ® ԗԇӱӴӨӬӱԆӶӽ ® ӳՐ ӰԧӶӳӬӨԷӴӽ ԗӰԨӦԆӵԗӶӸӬӱ ԣӳԶӭӳӹӰԝӱӪ ӭӤՂӸՍӴӮԧӵӽӰӤӤՐӸԩӷ

A ® ԗԇӱӴӨӬӱԆӶӽ ® ӳՐ ӰԧӶӳӬӨԷӴӽ ԗӰԨӦԆӵԗӶӸӬӱ ԣӳԶӭӳӹӰԝӱӪ ӭӤՂӸՍӴӮԧӵӽӰӤӤՐӸԩӷ

Ant ® ԗԇӱӴӨӬӱԆӶӽ ® ӳՐ ӰԧӶӳӬӨԷӴӽ ԗӰԨӦԆӵԗӶӸӬӱ ԣӳԶӭӳӹӰԝӱӪ ӭӤՂӸՍӴӮԧӵӽӰӤӤՐӸԩӷ

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӨϓӱӤӴӬӱӽӶӽӨӬӰӪӶӳӬӨӬӴӽϖӨӰӪϓ  ϷӦӤӵӨӶӸӬӱӪ ӳӬӭӳӹӰӨӱӪӭӤӬӸӳӴӮӪӵӽӰӤӤӹӸӪϓ Ћӷ Oxyrhynchus P. 5101 (Ra 2227): ӨӤӱ ӴӨӬӱӤӶӽӳӹ ӰӪ ӶӳӬ ӨӬϓЋӴӽЌ ϷЋӨЌӰӪ ӦӤӵ ӨЋӶЌӸӬӱӪϓ ӳϓӬӭϓ ӳӹӰӨϓӱϓӪӭЋӤЌӬϓЋӸӳӴӮӪӵӽЌϷЋӰЌӤӤϓ ӹӸӪϓ ӷϓ V. 12a-a: Kasser/Testuz (Ra 2110): ενα πινωσω ει μη σοι ειπω (le ι intercalé en dessous de la ligne) : εαν πεινασω ου μη σοι ειπω P. Bodmer XXIV bezeugt ενα anstelle von ἐὰν und πινωσω anstelle von πεινάσω.684 ἕνα (Akk. Sg. von εἷς) passt im gegebenen Kontext nicht. Die Variante ist wahrscheinlich durch einen versehentlichen Buchstabendreher entstanden. Bei πινωσω handelt es sich vermutlich um eine abweichende Schreibweise von πεινάσω. Vers 13:ӰԨӺԆӦӳӰӤӬӭӵԝӤ®ӸӤ՛ӵӽӱ¯ԡӤԽӰӤӸӵԆӦӽӱ°ӴՁӳӰӤӬ Ich werde nicht Fleisch von Stieren essen oder Blut von Böcken trinken. A B S 1219 2013 2110 2227 (L) MT  ࡯࡭࢐࡟ ࣝ ࡥ࣒ࣤ ࣝ ¯ ® ࣈ ࣝ ࢇࣖ ࡱ࡫ࡾ࡫ ࢶ ࣚ ࢇࣚ ࡟ࣝ  ࡾࢫ °   ࡱ࡫ࡣ࢏ࢯ ࣈ ࣚ ࡸࡱ ࣝ ࡣࢼ ࣝ ࣖࡧ  ॱࡥࢯࣤ ࣜ ࢪࣖ ࡟ࣜ

B ӰԨӺԆӦӳӰӤӬ ® ¯ ӭӵԝӤ ӸӤ՛ӵӽӱ ° ԡӤԽӰӤӸӵԆӦӽӱ  ӴՁӳӰӤӬ

A ӰԨӺԆӦӳӰӤӬ ® ¯ ӭӵԝӤ ӸӤ՛ӵӽӱ ° ԡӤԽӰӤӸӵԆӦӽӱ  ӴՁӳӰӤӬ

Ant ӰԨӺԆӦӳӰӤӬ ® ¯ ӭӵԝӤ ӸӤ՛ӵӽӱ ° ԡӤԽӰӤӸӵԆӦӽӱ  ӴՁӳӰӤӬ

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӰӪӺӤӦӳӰӤӬӭӵӤӬӤӸӤӹӵӽӱӪӤӬӰӤӸӵӤӦӽӱӴӨӬЋӳϷ ӰӤӬ Oxyrhynchus P. 5101 (Ra 2227): Ӱϓ Ӫ ӺӤӦӳӰϓ ЋӤӬЌ ӭӵӨӤϓ  ЋӸӤӹӵӽӱЌ Ϸ ЋӪ ӤЌӬϓӰӤ ӤӵӱӽӱϓӴӬӳӰӤЋӬЌ 684

Das Iota von ӨӬӴӽist außerdem nach unten verrutscht.

6.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 49

209

V. 13a: Kasser/Testuz (Ra 2110): κραια, l. κρεα Der P. Bodmer XXIV bezeugt als einzige Hs. κραια. Der Apparat schlägt vor, mit den anderen Hsn. κρέα zu lesen. Wahrscheinlich handelt es sich um eine orthographische Variante. V. 13b: Ra: duo stichi B 2013 R´’ Ga THe A, unus S Sa Sy 1219’ Einige Hsn. bezeugen den Vers in einem Stichus. V. 13c: Colomo/ Henry (Ra 2227): αρνων̣: other copies have τραγων (so Rahlfs). Cf. 20 n. Der alte Oxyrhynchus Papyrus 5101 bezeugt ἀρήν „Lamm“ anstelle von τράγος „(Ziegen-) Bock“. τράγος ist die geläufige Wiedergabe für ‫עַתּוּד‬.685 Außerdem bilden die Wörter ταύρων… τράγων eine Alliteration (in V. 9b wird ‫ עַתּוּד‬stattdessen mit χίμαρος „Widder“ wiedergegeben).686 Der Oxyrhynchus Papyrus 5101 bezeugt nicht nur hier, sondern auch schon in V. 9c eine singuläre Wiedergabe für ‫עַתּוּד‬. Es handelt sich um eine bewusste Änderung in der Hs. Der Grund ist jedoch nicht erkennbar (vgl. Einzelanalyse zu V. 9c). Vers 14: ӫ՝Ӷӳӱ Ӹն ӫӨն ®ӫӹӶՁӤӱ ӤԶӱԝӶӨӽӷ® ӭӤՂ ӾӴՌӧӳӷ Ӹն ՔӼՁӶӸի¯ Ӹԇӷ ӨՐӻԆӷ Ӷӳӹ Opfere Gott ein Dankopfer und erfülle dem Höchsten deine Gelübde A B S 1219 2013 2110 2227 (L) 4QPsc MT  ࡱ࡫ࡥ࢝࡟ ࣈ ࣚ ࡯ࡩ ࣛ ࡡࣈ ࣝ ࣖࡨ ® ࢶࣞ   ࡥࡣ࢐ࢯ ¯  ࡴ࢐ ࣈ࡫࡯ࣖ ࡸࣜ ࡯ࡱࢼ ࣖ ࢜ࣛ ࢪࣝ ࣖࡧ  ॱ࢙࡫ࡾࣤ ࣜ ࡣࣞ ࣖࡵ

B ӫ՝ӶӳӱӸնӫӨն ® ® ӫӹӶՁӤӱӤԶӱԝӶӨӽӷ  ¯ ӭӤՂӾӴՌӧӳӷӸնՔӼՁӶӸի  ӸԇӷӨՐӻԆӷӶӳӹ

A ӫ՝ӶӳӱӸնӫӨն ® ® ӫӹӶՁӤӱӤԶӱԝӶӨӽӷ  ¯ ӭӤՂӾӴՌӧӳӷӸնՔӼՁӶӸի  ӸԇӷӨՐӻԆӷӶӳӹ

Ant ӫ՝ӶӳӱӸնӫӨն ® ® ӫӹӶՁӤӱӤԶӱԝӶӨӽӷ  ¯ ӭӤՂӾӴՌӧӳӷӸնՔӼՁӶӸի  ӸԇӷӨՐӻԆӷӶӳӹ 

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӫӹӶӳӱӸӽܽ‫ݙ‬ӫӹӶӬϓӤӱӤӬӱӨӶӨӰӳӷϖӭӤӬӤӴЋӳϷӧӳӷӸӽ ӹӼӬӶӸϓӽӸӤӷӨӹӻӤӷӶӳӹ Oxyrhynchus P. 5101 (Ra 2227): ЋӫӹӶӳЌӱ Ӹϓӽ ӫӨӽ ӫӹӶӬӤӱ Ӥϓ Ӭӱϓ ӨӷЋϓ ӨӽӷЌ Ϸ ЋӭӤӬЌ ӤӴӳϓӧӳӷӸӽӫϓӨӽ ϓ ϓ ӸϓӤӷӨϓӹϓӻӤϓ ӷӶϓ ЋӳӹЌ ࣕ ЌЃЋЌ 4QPsc: ࡬࡫ࡾЌࡣࣕ ࢽࡵࡴࡧ࡫࡯ࡷ࡯ࡱЋ࡯ࢀࡧЌЋ V. 14a-a: Kasser/Testuz (Ra 2110): αινεσεμος, l. αινεσεως Der P. Bodmer XXIV bezeugt αινεσεμος anstelle von αἰνέσεως. Das Wort ist sonst nirgends bezeugt. Eine Herleitung der Variante ist schwierig. Am ehesten ließe sich die Lesart als Hörfehler erklären, wobei verwunderlich

685

686

In mehr als 16 von 31 Belegen, vgl. Muraoka, Two-way Index, 2010, τράγος. ἀρήν ist dagegen nur an einer Stelle als Wiedergabe für ‫ עַתּוּד‬bezeugt, vgl. Muraoka, Twoway Index, 2010, ἀρήν. Vgl. LXX.E.II, 2011, 1639.

210

6 Psalm 50 (49)

bleibt, wie der Abschreiber bei einem bekannten Wort wie αἰνέσεως ein Wort, das nicht existiert, hören und niederschreiben konnte. Auffällig ist hier außerdem, dass die Septuaginta hier das hebr. Wort ‫תּוֹדָה‬ mit θυσία αἰνέσεως wiedergibt und dadurch eindeutig als „Dankopfer“ indentifiziert (vgl. dieselbe Wendung in Lev 7,13 ‫תּוֹדַת זֶבַח‬/ θυσία αἰνέσεως), während es im hebräischen Text sowohl als kultisches „Dankopfer“ als auch einfach als „Dank“ ohne kultischen Hintergrund verstanden werden kann (vgl. Einzelanalyse zu V. 23a-a). V. 14b: Colomo/ Henry (Ra 2227): θ̣ε̣ω:̣ other copies give υψιστω (so Rahlfs). θ̣ε̣ω̣ may be an error due to the occurrence of the same phrase in the previous stich. Der Oxyrhynchus Papyrus 5101 liest zweimal τῷ θεῷ anstelle von τῷ θεῷ und τῷ ὑψίστῳ „dem Höchsten“. Vermutlich handelt es sich um eine versehentliche Wiederholung. Vers 15: ӭӤՂ® ԗӴӬӭԆӮӨӶӤՁ ӰӨ ԗӱ ԣӰԝӵԋ ӫӮՁӼӨӽӷ σου¯ °ӭӤՂ± ԗӲӨӮӳ՝ӰӤՁ ӶӨ ӭӤՂ ӧӳӲԆӶӨӬӷӰӨӧӬԆӼӤӮӰӤ² und rufe mich am Tag deiner Bedrängnis an und ich werde dich befreien und du wirst mich verherrlichen. Diapsalma. A B S 1219 2013 2110 2227 (L) 4QPsc MT B A ®

  ࡫ ࣚࡵ࡟ࣛ ࡾࣞ ࡽ࣒ࣖ ࢏ ° ¯ ࣞ ࣈ࡫ࢇࣖ   ࡥࡾࢶ ࣞ ࡼࡱ࢐ ±   ࢽ࢙ࡼࣖ ࢜ࣜ ࡩࣝ ࡟ࣂࣘ  ࡫ ࣚࡵࡣࣤ ࣛ ࢇࣖ ࡭ࣝ ࢁࣖ ࣤ࢏ ² ॱ

®

ӭӤՂ ԗӴӬӭԆӮӨӶӤՁӰӨ ¯° ԗӱԣӰԝӵԋӫӮՁӼӨӽӷ ± ӭӤՂ ԗӲӨӮӳ՝ӰӤՁӶӨ ӭӤՂӧӳӲԆӶӨӬӷӰӨ ² ӧӬԆӼӤӮӰӤ 

®

ӭӤՂ ԗӴӬӭԆӮӨӶӤՁӰӨ ¯° ԗӱԣӰԝӵԋӫӮՁӼӨӽӷσου ± ӭӤՂ ԗӲӨӮӳ՝ӰӤՁӶӨ ӭӤՂӧӳӲԆӶӨӬӷӰӨ ² ӧӬԆӼӤӮӰӤ 

Ant ®

ӭӤՂ ԗӴӬӭԆӮӨӶӤՁӰӨ ¯° ԗӱԣӰԝӵԋӫӮՁӼӨӽӷσου ± ӭӤՂ ԗӲӨӮӳ՝ӰӤՁӶӨ ӭӤՂӧӳӲԆӶӨӬӷӰӨ ² ӧӬԆӼӤӮӰӤ 

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӭӤӬ ӨӴӬӭӤӮӨӶӤӬ Ӱϓ ЋӨ Ϸ Өӱ ӪӰӨӵӤ ӫӮӬӼӨӽӷ ӭӤӬ ӨӲӨӮӳӹӰӤӬӶӨӭӤӬӧӳӲӤЋӶϷӨӬӷӰӨϖӧӬӤӼӤӮӰӤϖ Oxyrhynchus P. 5101 (Ra 2227): ЋӭӤӬЌӨϓӴϓӬӭӤϓ ӮϓӨӶϓ ϓ ЋӤЌӬϓЋӰӨЌӨϓӱӪӰϓ ӨӵӤӫϓЋӮӬӼӨӽӷЌ ϷЋӭӤӬӨӲӨӮӳЌӹϓ ӰӤӬӶӨӭӤӬӧϓ ӳӲӤϓ ӶӨӬӷӰϓ ЋӨӧӬӤӼӤӮӰӤЌ ࢽ ϷЋࡥࡾࡼࡱࡧ࡫ࡡ࡫ࡵ࡟ࡾࡽࡧ 4QPsc: ࡫ࡵࡣࡡ࡭ࡩࡧ࡬ࡼЌ࡯ࣕ ࡩ࡟ V. 15a: Ra: και 10 = M] > LaG Ga(non Uulg) et Cyp. In einigen altlateinischen Zeugen687 fehlt die Kopula am Satzanfang. Womöglich handelt es sich um eine stilistische Variante des lateinischen Textes. Es fällt auf, dass das Psalterium Gallicanum, das den hexaplarischen Text und folglich einen dem MT sehr nahestehenden Text widerspiegelt, hier ebf. die Abweichung vom MT bezeugt.

687

Ga folgt hier vermutlich seiner lateinischen Vorlage, statt den hexaplarischen Text widerzugeben. Aug. IV 465B bezeugt ebenfalls die Auslassung der Kopula, vgl. Rahlfs-Apparat unter V. 15b.

6.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 49

211

V. 15b: Ra: θλιψεως B´ LaR Ga 55 et Cyp. = M] + σου Bo 2013’ R’ L´’ A: item Aug. IV 456A, sed in 456B desunt σου et και 1020 Einige Hsn. ergänzen das Personalpronomen σου gegenüber dem MT. Die Wendung ἐν ἡμέρᾳ θλίψεως „am Tag der Not“ ist im AT sowohl mit als auch ohne Pronomen geläufig. Vermutlich ist das Pronomen im Griechischen ursprünglich und wurde später in Anpassung an das Hebräische gestrichen. V. 15c: Ra: unus stichus B Der Kodex Vaticanus bezeugt den Vers 15 in einem Stichus. V. 15d: Ra: και 20 > Uulg = M BHS: G pr cop Die LXX ergänzt eine Kopula gegenüber dem MT. Der Kontext erfordert keine Kopula. Ergänzungen von Kopulas in der ursprünglichen Septuaginta sind schon in V. 1e und V. 10c-c bezeugt. Es handelt sich wahrscheinlich um eine bewusste Ergänzung, vermutlich aus stilistischen Gründen. Die Vulgata streicht die Kopula in Anpassung an den MT.688 V. 15e: BHS: G (Hier) + διάψαλμα = ‫ֶסלָה‬ Die LXX bezeugt abweichend vom MT ein Diapsalma am Versende. Vers 16: ®ӸնӧԞԂӰӤӵӸӽӮնӨԹӴӨӱ¯ՉӫӨՌӷ®°ԻӱӤӸՁӶ՜ ±ԗӭӧӬӪӦԵ²ӸԇӧӬӭӤӬըӰӤӸԆ ӰӳӹӭӤՂӾӱӤӮӤӰӥԆӱӨӬӷӸԨӱӧӬӤӫԧӭӪӱӰӳӹ³ӧӬԇӶӸՌӰӤӸՌӷӶӳӹ Zum Sünder aber hat Gott gesagt:Warum erzählst du von meinen Rechtsbestimmungen und nimmst meinen Bund in deinen Mund? A B S 1219 2013 2110 2227 (L) 4QPsc MT B A ®

 ࣧࡷࢪࢿࣞ ࡾࣉࣞ ࡯ࣞ ࣖࡧ °® ¯  ࡱ࡫ࡥ࢝ ࣚࢽ ࡟ࣗ  ࡾࡳࣉ ࣝ ࡟ࢾࣞ  ²± ࡾࣈࢥࣛ ࡶࣝ ࡯࢙ ࣖ ࢜ࣥࡥ ࣒ ࣖ ࡳࣝ  ࡫ࢨࢶ ࣞ ࡩ࣢  ࡟ࢮࢼ ࣞ ࢯࣚ ࣝࡧ ³   ࡫ࢁ࡫ ࣈ ࣚ ࡾࣚ ࡡࣖ  ॱ࢙࡫ࡺࣥ࡫ ࣤ ࣚ ࡯ࣛ ࡸࣘ

®

ӸնӧԞԂӰӤӵӸӽӮն ¯ ®° ӨԹӴӨӱ ՉӫӨՌӷ  ± ² ԻӱӤӸՁӶ՜ ӧӬӪӦԵ  ӸԇӧӬӭӤӬըӰӤӸԆӰӳӹ ӭӤՂӾӱӤӮӤӰӥԆӱӨӬӷ ³ ӸԨӱӧӬӤӫԧӭӪӱӰӳӹ  ӧӬԇӶӸՌӰӤӸՌӷӶӳӹ

®

ӸնӧԞԂӰӤӵӸӽӮն ¯ ®° ӨԹӴӨӱ ՉӫӨՌӷ  ± ² ԻӱӤӸՁӶ՜ ԗӭӧӬӪӦԵ  ӸԇӧӬӭӤӬըӰӤӸԆӰӳӹ ӭӤՂӾӱӤӮӤӰӥԆӱӨӬӷ ³ ӸԨӱӧӬӤӫԧӭӪӱӰӳӹ  ӧӬԇӶӸՌӰӤӸՌӷӶӳӹ

Ant ®

ӸնӧԞԂӰӤӵӸӽӮն ¯ ®° ӨԹӴӨӱ ՉӫӨՌӷ  ± ² ԻӱӤӸՁӶ՜ ԗӭӧӬӪӦԵ  ӸԇӧӬӭӤӬըӰӤӸԆӰӳӹ ӭӤՂӾӱӤӮӤӰӥԆӱӨӬӷ ³ ӸԨӱӧӬӤӫԧӭӪӱӰӳӹ  ӧӬԇӶӸՌӰӤӸՌӷӶӳӹ

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӸӽӧӨӤӰӤӵӸӽӮӽӬӨӴӬЋӨӱϷӳܽ‫֐ݐ‬ӱӤӸӬӶӹϓ  ӧӬӨӲӪӦӪ ӸӤӧӬӭӤӬӽӰӤӸӤӰӳЋӹϷӭӤӬӤӱӤϓ ӮӤӰϓ ӥӤӱӨӬӷӸӪӱӧӬӤӫӪӭӪӱӰЋӳӹϷӧӬӤӶӸӳӰӤӸӳӷӶӳӹ Oxyrhynchus P. 5101 (Ra 2227):ЋӸӽӧӨӤӰӤЌӵӸӽӮӽϓ ӨЋӬЌӴϓ ӨӱӳӫӨӳϓЋӷЌϷЋӬӱӤӸӬ ӶӹӧӬЌӪϓ ӦϓӪϓӸӤӧӬӭϓ ӤϓӬЋϓ ӽЌӰӤӸϓЋӤӰӳӹЌϷЋӭӤӬӤӱӤӮӤЌӰϓ ӥӤӱϓЋӨӬӷӸӪӱӧӬӤӫӪӭӪӱӰӳӹЌ ࢽ 4QPsc: Ћ࡬࡫ࡺ࡫࡯ࡷ࡫ࢁ࡫ࡾࡡ࡟ࢀࢁࡧ࡫ࡽࡩЌࡾࡺࡶ࡯࡬࡯ࡥࡳϷЋࡱ࡫ࡥ࡯࡟ࡾࡳࡷࡷࢀࡾ࡯ࡧ

688

Sie wird gestützt von Aug. IV 465B, vgl. Rahlfs-Apparat unter V. 15b.

212

6 Psalm 50 (49)

V. 16a-a: BHS: frt gl Der Apparat der BHS gibt an, dass es sich bei den einleitenden Worten in V. 16 möglicherweise um eine Glosse handelt.689 V. 16b: Ra: ειπεν dixit LaG Ga] dicit LaR Aug et Tert. et Cyp. Einige latein. Zeugen verwenden die Präsensform dicit anstelle der dem Griechischen (εἶπεν) entsprechenden Perfektform dixit und geben das im Hebräischen bezeugte ‫ אָמַר‬dem Kontext entsprechend im Präsens wieder.690 Die Perfektform ist vermutlich eine spätere Anpassung an das Griechische. V. 16c: Ra: unus stichus S 2013 Der Kodex Sinaiticus und die Hs. 2013 bezeugen keinen neuen Stichus nach der Redeeinleitung. V. 16d: BHS: S wlktb’ = ‫וּ ְל ֵספֶר‬ Die syrische Übersetzung bezeugt eine Kopula vor ‫ ְל ַספֵּר‬. Sie passt im gegebenen Kontext nicht wirklich.691 Möglicherweise handelt es sich um eine Dittographie des vorangehenden Kaf’s, das als Waw gelesen wurde. V. 16e: Ra: διηγη] pr. εκ LThtp A: cf. 11717 Kasser/Testuz (Ra 2110): διεξηγη (pour εκδιηγη?) : διηγη Viele griech. Hsn. bezeugen das Wort διηγέομαι „erzählen“ mit der vorangestellten Präposition ἐκ. Das nahezu bedeutungsidentische Wort ἐκδιηγέομαι „nacherzählen“692 ist im AT abgesehen von der häufigen Verwendung im Buch Jesus Sirach (10 Belege) nur noch an vier Stellen bezeugt, davon in den Psalmen nur in Ps 118,17. διηγέομαι ist dagegen 65 mal im AT und 19 mal in den Psalmen bezeugt. Vermutlich ist ἐκδιηγέομαι ursprünglich und διηγέομαι stellt eine spätere Vereinheitlichung des Wortschatzes dar. P. Bodmer XXIV bezeugt διεξηγη. Das Wort existiert nicht. Möglicherweise handelt es sich um eine versehentliche Drehung der Reihenfolge der Präpositionen ἐκ und διὰ. V. 16f: Ra: μου ult. > 2013(non Sa) In der Hs. 2013 fehlt das Possessivpronomen μου. Da das Pronomen im Kontext gut passt und die Auslassung nur in der Hs. 2013 bezeugt ist, handelt es sich sicherlich um eine versehentliche Auslassung. 689 690 691 692

So auch z. B. Wutz, Psalmen, 1925, 128: „‚Und zum Gottlosen‘ etc. betrachtet man als Einschub.“ Der Kontext verlangt eine Präsensform. Afformativformen können selten auch präsentische Bedeutung haben, vgl. Ernst, Kurzgrammatik, 2010, §29e. Das syrische we kann mit „und, auch, selbst“ übersetzt werden und wird „oft ganz wie καί gebraucht“, vgl. Ungnad, Syrische Grammatik, 2009, §52a und Seite 69*. Vgl. Muraoka, Lexicon, 2009, διηγέομαι „to give detailed account, narrate“, ἐκδιηγέομαι „to recount, narrate“.

6.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 49

213

Vers 17: Ӷ՜ ӧԞ® ԗӰՁӶӪӶӤӷ ӴӤӬӧӨՁӤӱ ¯ ӭӤՂ ԗӲԝӥӤӮӤӷ° Ӹӳ՜ӷ ӮՌӦӳӹӷ Ӱӳӹ ӨԶӷ Ӹԇ ՆӴՁӶӽ± Du aber hast Unterweisung gehasst und meine Worte nach hinten weggeworfen. A B S 1219 2013 2082 2110 (L) 4QPsc MT ®  ࢁ࡟ࣈ ࣞ ࡵࣛ ࢫࣞ  ࡥࢯࣞ ࡟࣒ࣝ ࡧࣖ ¯ ࢶࣞ    ࡾࡶ࢏ࡳ °  ࢘ࢼ࡯ࣛ ࢪࣖ ࢯࣝ ࣝࡧ  ࡫ࡾࣈ ࣝ ࡡࣞ ࢋࣖ ±  ॱ ࢙࡫ࡾࣤ ࣜ ࡩࣘ ࡟ࣝ

B ® Ӷ՜ӧԞ ԗӰՁӶӪӶӤӷ ¯ ӴӤӬӧӨՁӤӱ ° ӭӤՂԗӲԝӥӤӮӨӷ  Ӹӳ՜ӷӮՌӦӳӹӷӰӳӹ ± ӨԶӷӸԇՆӴՁӶӽ

A ® Ӷ՜ӧԞ ԗӰՁӶӪӶӤӷ ¯ ӴӤӬӧӨՁӤӱ ° ӭӤՂԗӲԝӥӤӮӤӷ  Ӹӳ՜ӷӮՌӦӳӹӷӰӳӹ ± ӨԶӷӸԇՆӴՁӶӽ

Ant ® Ӷ՜ӧԞ ԗӰՁӶӪӶӤӷ ¯ ӴӤӬӧӨՁӤӱ ° ӭӤՂԗӲԝӥӤӮӨӷ  Ӹӳ՜ӷӮՌӦӳӹӷӰӳӹ ± ӨԶӷӸԇՆӴՁӶӽ

Ra 2082: ЋӶӹ ӧӨ ӨӰӬЌӶӪӶϓ ЋӤӷ ӴӤӬӧӨӬӤӱϷ ӭϓ ӤϓӬϓ Өξ̣Ө̣ ӥӤӮӨӷ Ӹϓӳӹϓ Ћӷ ӮӳӦӳӹӷ Ӱӳӹ ӨӬӷ ӸӤ ӳӴӬӶӽ P. Bodmer XXIV (Ra 2110): Ӷӹ ӧӨ ӨӰӨӬӶӪӶӤӷ ӴӤӬӧЋӨӬӤӱ Ϸ ӭӤӬӨϓӲӨӮӤӥϓ Өӷ Ӹӳӹӷ ӮӳӦӳӹӷӶӰӳӹӨӬӷӸӤӳӴϓ ӬӶӽϓ Ӷӳӹ ࢽ 4QPsc: Ћ࡬࡫ࡾࡩ࡟࡫ࡾࡡࡣ࡬࡯ࢀࢁࡧࡾࡶЌ ࣕࡧࡳࢁ࡟ࡵࢀࡥࢁ࡟ࡧ V. 17a: Ra: δε] δ 2013 Die Hs. 2013 lässt versehentlich ein Epsilon aus. V. 17b: Ra: unus stichus 2013-SaB 1219 Die Griech. Hsn. 2013 und 1219 sowie eine alte sahidische Hs. bezeugen den Vers in einem Stichus. V. 17c: Ra: εξεβαλες B´(B-αλλες) 2013 L´]-λας R THe A’: cf. 433 Kasser/Testuz (Ra 2110): εξελαβ̣ες : εξεβαλες Einige Hsn. bezeugen das Verb ἐξέβαλλω in der Form nach dem Aor. I. ἐξέβαλας. Weitestgehend diesselben Hsn. bezeugen die gleiche Abweichung auch in LXX Ps 43,3 und 79,9 dort jeweils zusätzlich gestützt von einigen wenigen antiochenischen Handschriften.693 Im AT ist die Aor I.-Form für ἐξέβαλλω ansonsten nicht bezeugt694, für βάλλω ist sie jedoch belegt.695 Aufgrund der stärkeren Bezeugung handelt es sich bei ἐξέβαλες vermutlich um die ursprüngliche Lesart. Bei der Lesart vom P. Bodmer XXIV handelt es sich um einen Buchstabendreher. V. 17d: Ra: εις τα οπισω retrorsum Ga, retro Cyp.(quarter)] + σου Bo 2013’, post te La: cf. M Die Septuagintaüberlieferung weicht in der Wiedergabe der Worte „hinter dich“ (hebräisch ‫ )אַח ֲֶרי‬leicht ab, indem der Großteil der Hsn. mit εἰς τὰ 693 694 695

Vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 150.220. Nach Bible Works 9 (Rahlfs-Text). Vgl. BDR, §81.3. Zu 1 Kön 6,1, vgl. RaHa, 2006, 689.

214

6 Psalm 50 (49)

ὀπίσω ohne Personalpronomen übersetzt. Nur die Hs. 2013, gestützt von der sahidischen und bohairischen Übersetzungen und den altlateinischen Hsn.,696 bezeugen entsprechend dem MT ein Personalpronomen (εἰς τὰ ὀπίσω σου). Normalerweise gibt εἰς τὰ ὀπίσω im LXX-Psalter stets das hebräische Wort ‫אָחוֹר‬/ ‫(„ לְאָחֽוֹר‬nach) hinten“ (ohne Personalpronomen) wieder.697 Steht im Hebräischen, wie an unserer Stelle, dagegen die Wurzel ‫( אחר‬in der Bedeutung „nach hinten“) + Personalpronomen, wird es mit ὀπίσω + Personalpronomen ohne der Partikel εἰς und dem Artikel τὰ wiedergegeben.698 Das spricht dafür, dass die aus diesem Schema fallende Wendung εἰς τὰ ὀπίσω + Personalpronomen σου nicht auf den ursprünglichen Übersetzer zurückgeht.699 Vermutlich wurde das Personalpronomen sekundär in Angleichung an den MT ergänzt. Ein Grund für die Wiedergabe ohne Personalpronomen durch den ursprünglichen Übersetzer ist nicht erkennbar. Entweder lag ihm eine abweichende hebräische Vorlage vor, die ‫ אָחוֹר‬anstelle von ‫ אַח ֲֶרי‬gelesen hat, oder er hat aus eigener Initiative die weitaus häufiger in den Psalmen begegnende Wendung ohne Personalpronomen gewählt.700 Abb.: P. Bodmer XXIV701:

Vers 18: ӨԶԗӫӨըӵӨӬӷ®ӭӮԝӴӸӪӱӶӹӱԝӸӵӨӻӨӷ¯ӤՐӸնӭӤՂӰӨӸԇӰ ӰӳӬχο՝°ӸԨӱӰӨӵՁӧӤ ± ӶӳӹԗӸՁӫӨӬӷ Wenn du einen Dieb sahst, liefst du mit ihm und mit einem Ehebrecher machtest du gemeinsame Sache. A B S 1219 2013 2082 2110 (L) 4QPsc MT ® ࡡ ࣞࢢࡢ࣒ ࣝ  ࢁ࡫ ࣞ ࡟ࣈ ࣚ ࡾࣥࡱ ࣞ ࡟ ࣚ ¯  ࢐ࢡࢶ ࡸࣚ  ࡻࡾࣜ ࢯࣈ ࣚ ࣝࡧ 696 697 698 699

700

701

B ® ӨԶԗӫӨըӵӨӬӷ ӭӮԝӴӸӪӱ ¯ ӶӹӱԝӸӵӨӻӨӷ ӤՐӸն

A ® ӨԶԗӫӨըӵӨӬӷ ӭӮԝӴӸӪӱ ¯ ӶӹӱԝӸӵӨӻӨӷ ӤՐӸն

Ant ® ӨԶԗӫӨըӵӨӬӷ ӭӮԝӴӸӪӱ ¯ ӶӹӱԝӸӵӨӻӨӷ ӤՐӸն

Laut Pietersma hatte auch P. Bodmer XXIV vermutlich das Pronomen, Pietersma, P. Bodmer XXIV, 1980, 73. Dagegen s. u. Abb. und die Fußnote dazu. So an ingesamt 11 Stellen des LXX Psalters bezeugt (vgl. LXX Ps 9,4; 34,4; 39,15; u. a.). Vgl. LXX Ps 44,15; 62,9. Auch im Pentateuch steht εἰς τὰ ὀπίσω stets ohne Personalpronomen (vgl. Gen 19,17; 19,26; 49,17) und bei folgendem Personalpronomen steht einfach ὀπίσω (vgl. Gen 14,14; 19,17; Ex 14,10; u. a.). εἰς τὰ ὀπίσω + Personalpronomen ist im gesamten AT nur an 5 Stellen bezeugt (Jos 8,20; 1 Sam 24,9; 2 Sam 2,20; 2 Kön 9,18.19). ὀπίσω + Personalpronomen ist im Septuaginta-Psalter nur an zwei Stellen bezeugt (vgl. LXX Ps 44,15; 62,9), während εἰς τὰ ὀπίσω ohne Personalpronomen an 11 Stellen vorkommt (vgl. LXX Ps 9,4; 34,4; 39,15; u. a.). Kasser/ Testuz, Papyrus Bodmer XXIV, 1967, Faksimile-Anhang, 31.

6.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 49 °

  ࡱ࡫ࡺࣈ ࣚ ࡟ࣘ ࣞࡵࡳࡱ ࣖ ࡸࢼ ࣚ ࣖࡧ ±  ॱ ࢙ࡽહࣤ ࣜ ࡯ࣖ ࡩࣜ

°

ӭӤՂӰӨӸԇӰӳӬӻժӱ  ± ӸԨӱӰӨӵՁӧӤӶӳӹԗӸՁӫӨӬӷ

215 °

ӭӤՂӰӨӸԇӰӳӬӻժӱ  ± ӸԨӱӰӨӵՁӧӤӶӳӹԗӸՁӫӨӬӷ

°

ӭӤՂӰӨӸԇӰӳӬχο՝  ± ӸԨӱӰӨӵՁӧӤӶӳӹԗӸՁӫӨӬӷ

Ra 2082: ӨϓӬϓ ӨӫӨӽӵӨϓӬӷӭӮӨЋӴӸӪӱӶӹӱӨӸӵӨӻӨӷӤӹӸӽϷӭϓ ӤϓӬӰӨӸӤӰӳӬӻӽϓ ЋӱӸӪӱӰӨӵӬӧӤ ӶӳӹӨӸӬӫӨӬӷ P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӨӬӨЌӫӨӽӵӨӬӷӭӮӨӴӸӪӱӶӹӱӨӸӵӨӻӨӷӤӹӸӽӭӤӬӰӨϷ ӸϓӤӰӳӬӻӽӱӸӪӱӰӨӵӬӧӤӶӳӹӨӸӬӫӨӬӷ ࣕ ࢽ࡫ࡺ࡟ ࢽ ࢽࡵࡳࡱࡷࡧࡧࡳࡷࡻࡾࢁࡧࡡࡵࡢࢁ࡫࡟ࡾࡱ࡟ 4QPsc: Ћ࡬ࡽ࡯Ќࡩࡱ V. 18a: Kasser/Testuz (Ra 2110): ε]θεωρεις, le ω récrit sur ι Beim Wort ἐθεώρεις wurde ein Iota durch das Omega überschrieben (s. u. Abb.). Es handelt sich um einen Schreibfehler, der direkt vom Schreiber korrigiert wurde. Abb.: Papyrus Bodmer XXIV702:

V. 18b: BHS: G(ST) συνέτρεχες = ‫ַתָּרץ‬ ָ ‫ו‬ Der MT liest ‫ַתִּרץ‬ ֶ ‫ ו‬und setzt die Wurzel ‫„ רצה‬Gefallen haben“ voraus, „die jedoch nur selten mit der Präp. ‫‚ עם‬mit‘ konstruiert wird (vgl. noch Ijob 34,9).“703 Die LXX weicht in der Vokalisierung des hebräischen Konsonantentextes vom MT ab und liest ‫ַתָּרץ‬ ָ ‫ו‬, setzt also statt ‫ רצה‬die Wurzel ‫רוץ‬ „laufen, eilen“ voraus.704 Beide Lesarten passen inhaltlich gut in den Kontext. Da die LXX für die Vokalisierung des hebr. Konsonantentextes den ältesten Zeugen darstellt und die Lesart des MT zudem eine nur selten bezeugte Konstruktion (‫ רצה‬mit der Präp. ‫ )עם‬darstellt, hat die LXX hier vermutlich die ursprüngliche Lesetradition bewahrt. V. 18c: Ra: μοιχων (sic etiam Tert. et Cyp.)] -χου L´(non He): ad κλεπτην adapt. Die antiochenischen Hsn. bezeugen das Nomen μοιχός „Ehebrecher“ im Singular statt Plural. Im Kontext passt der Plural etwas besser. Rahlfs vermutet eine spätere Adaption der Nominalform an das im Vers vorangehende, im Singular stehende Nomen κλέπτην. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass die Adaption bereits auf die ursprüngliche Septuaginta zurückgeht und die Plural-Form eine spätere Anpassung an den hebräischen Text darstellt. V. 18d: BHS: G(ST) + ἐτίθεις = ‫שַׂ מְ ָתּ‬ Der MT hat kein Verb: ֶ‫„ ְועִם מְ נ ָאֲ פִים ֶחלְק‬und mit Ehebrechern [war] dein Teil.“ Mit ‫( ֶח ְל ֶק‬Griech. τὴν μερίδα σου) wird die Teilhabe mehrerer Personen an einem Gut bezeichnet, durch die eine Gemeinschaft entsteht. Die 702 703 704

Kasser/ Testuz, Papyrus Bodmer XXIV, 1967, Faksimile-Anhang, 32. LXX.E.II, 2011, 1640. Vgl. LXX.E.II, 2011, 1640.

216

6 Psalm 50 (49)

LXX ergänzt die Verbform ἐτίθεις gegenüber dem MT, um das Eingehen der Gemeinschaft auszudrücken, wörtlich: „mit Ehebrechern stelltest du deinen Anteil (d. h. deine Gemeinschaft) her, d. h., du machtest gemeinsame Sache mit ihnen“705. Um den Aspekt der Anteilhabe auszudrücken, übersetze ich hier mit „und mit einem Ehebrecher machtest du gemeinsame Sache“ (zum Sg. „Ehebrecher“ statt Pl., vgl. Einzelanalyse zu V. 18c). Vers 19:ӸՍӶӸՌӰӤӶӳӹԗӴӮӨՌӱӤӶӨӱ®ӭӭӤӭՁας¯ӭӤՂԣӦӮժӶӶԆӶӳӹӴӨӵӬԝӴӮӨӭӨӱ° ӧӳӮӬՌӸӪӸӤς± Dein Mund hat in großem Maß Bosheiten hervorgebracht und deine Zunge verhüllte Betrüge. A B S 1219 2013 2082 2110 (L) 4QPsc MT  ࢙࡫ࢥ࣒ ࣚ ® ࣞ ࡩࣈࣖ ࡯ࣝ ࢪࣞ ࢯ ¯   ࡥࡸࢶ ࣞ ࡾࣞ ࡡࣖ  ࢙ࢽ ࣖࡵ࢐ࢪ࡯ࣖ ࣂ࢏ ° ࡣ࡫ࡳ࣊ ࣚ ࡼࣖ ࢯࣝ ±  ॱ ࡥࡳࣤ ࣞ ࡾࣖ ࡳࣚ 

B ӸՍӶӸՌӰӤӶӳӹ ® ԗӴӮӨՌӱӤӶӨӱ  ¯ ӭӤӭՁӤӱ ӭӤՂ ԣӦӮժӶӶԆӶӳӹ ° ӴӨӵӬԝӴӮӨӭӨӱ  ± ӧӳӮӬՌӸӪӸӤ

A ӸՍӶӸՌӰӤӶӳӹ ® ԗӴӮӨՌӱӤӶӨӱ  ¯ ӭӤӭՁӤӱ ӭӤՂ ԣӦӮժӶӶԆӶӳӹ ° ӴӨӵӬԝӴӮӨӭӨӱ ± ӧӳӮӬՌӸӪӸӤ

Ant ӸՍӶӸՌӰӤӶӳӹ ® ԗӴӮӨՌӱӤӶӨӱ  ¯ ӭӤӭՁας ӭӤՂ ԣӦӮժӶӶԆӶӳӹ ° ӴӨӵӬԝӴӮӨӭӨӱ ± ӧӳӮӬՌӸӪӸӤς

Ra 2082: Ӹϓӳϓ ӶӸϓӳϓӰӤӶӳӹӨӴЋӮӨӳӱӤӶӨӱӭӤӭӬӤӱϷӭӤϓ ӬӪӦӮϓ ӽӶϓ ӶϓӤϓ Ӷϓ ӳϓӹϓ ЋӴӨӵӬӨӴӮӨӭӨӱ ӧӳӮӬӳӸӪӸӤ P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӸӳӶӸӳӰӤϷӶӳӹӨӴӮӨӳӱӤӶӨӭӤӭӬӤӱϖӭӤӬӪӦӮӽӶӶӤ ӶӳӹӴӨϷӵӬӨӴӮӨӭӨӧӳӮӬӳӸӪӸӤ 4QPsc: ЋЌࡥࡳࡾࡳࡣ࡫ࡳࡼࢁ࡬ࡵࡧࢀ࡯ࡧࡥࡷࡾࡡࢁࡩ࡯ࢀ࡬࡫ࡺ V. 19a: Kasser/Testuz (Ra 2110): επλεονασε : επλεονασεν Der P. Bodmer XXIV lässt das bewegliche Ny aus. Es handelt sich bloß um eine orthographische Variante (so auch z. B. in V. 19c). Die LXX gibt den ersten Stichus recht frei wieder, indem sie τὸ στόμα σου zum Subjekt des Satzes macht (sie bezeugt das Verb in der 3. Sg. statt 2. Sg.) und das hebräische Wort ‫„ שׁלח‬senden“ mit πλεονάζω (+Akk.) „vermehren“ bzw. „in großem Maße hervorbringen“ (LXX.D) wiedergibt. Insgesamt weicht die Septuaginta in V. 19 von der bildlichen Sprache des hebräischen Textes ab und statt vom „Senden“ (‫ )שׁלח‬des Mundes und vom „Spannen“ (‫ )צמד‬der Zunge zu sprechen, verwendet sie die konkreteren Verben πλεονάζω „in großem Maße hervorbringen“ und περιπλέκω „verhüllen“, sodass der gesamte Vers 19 in der Septuagtina lautet „dein Mund brachte in großem Maß Bosheit hervor, und deine Zunge verhüllte Betrug“ (LXX.D). Möglicherweise sieht die Septuaginta hier einen Zusammenhang im Verhüllen des Betrugs und dem Verleumden des eigenen Bruders in V. 20 und ver705

LXX.D, Anm. zur Stelle. Vgl. auch LXX.E.II, 2011, 1640. Vgl. außerdem Cordes, Asafpsalmen, 2004, 37: „Ich verstehe den Vers im Einklang mit anderen modernen Übersetzungen in einem ähnlichen Sinn wie den ersten Teil des Parallelismus membrorum V. 18a als Ausdruck für eine Gemeinscahft mit den Gesetzesbrechern.“

6.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 49

217

steht Vers 19 auch im Kontext des Verstoßes gegen das 8. Gebot (vgl. Einzelanalyse zu V. 19c und V. 20b). V. 19b: Ra: κακιαν] -ας Ld Etwa die Hälfte der antiochenischen Hsn. bezeugen anstelle von κακίαν (Akk. Sg.) die Form κακίας (Akk. Pl.)706. Sowohl die Sg. als auch die Pl.Form passen inhaltlich in den Kontext. Gründe für eine spätere Änderung zur Pl.-Form sind jedoch nicht erkennbar. Womöglich haben die antiochenischen Hsn., die die Plural-Form κακίας bezeugen, die ursprüngliche Lesart bewahrt und die anderen Hsn. gleichen an den hebräischen Text an. V. 19c: Kasser/Testuz (Ra 2110): περιεπλεκε : περιεπλεκεν Der P. Bodmer XXIV bezeugt die Verbform ohne das bewegliche Ny. Es handelt sich um eine orthographische Variante. Das seltene hebräische Verb ‫( צמד‬Hi), das im Pentateuch und in den Psalmen ansonsten stets in der Bedeutung von „sich hängen an einen Götzen (nämlich Baal Peor)“ verwendet (Num 25,3.5; Ps 106,28) und in der LXX durchgängig mit τελέω „sich (einem Götzen) weihen“707 wiedergegeben wird, gibt der Übersetzer hier mit περιπλέκω wieder, was „‚umschlingen, umarmen‘ bedeuten kann, jedoch im metaph. Sinne auch ‚eine Botschaft durch Worte geschickt verhüllen‘, so dass der Adressat getäuscht wird.“708 Wenn der Übersetzer diese Bedeutung des Wortes im Sinn hatte, diente seine Wortwahl möglicherweise dem Zweck, den Sinn des Textes im Blick auf den folgenden Vers zu konkretisieren, in dem es um die Verleumdung des eigenen Bruders geht. Die Verleumdung des Bruders in V. 20 besteht darin, dass der Gottlose seinem Bruder in einer öffentlichen Sitzung nicht zum Recht verhilft, sondern ihn verleumdet (καταλαλέω), indem er den gegen seinen Bruder begangenen Betrug verhüllt (vgl. Einzelanalyse zu V. 20b). V. 19d: Ra: δολιοτητα = M] -τας LThtp(non Ch) 55, dolos Ga (insidias Cyp.) Wie in V. 19b wird auch hier von einigen Hsn. das Nomen im Plural statt Singular bezeugt. Was verwundert ist, dass viele Zeugen hier die ursprüngliche Plural-Form bewahrt haben, während sie das Nomen in V. 19b ans Hebräische angepasst haben.

706

707 708

Theoretisch kann κακίας auch als Gen. Sg. gelesen werden. Da das im zweiten Stichus folgende parallel stehende Nomen δολιότητα jedoch von einigen Hsn. eindeutig im Akk. Pl. (δολιότητας) bezeugt ist (vgl. V. 19d), ist auch hier der Akk. Pl. zu lesen. Vgl. Muraoka, Lexicon, 2009, τελέω (3): „to consecrate to deity“. LXX.E.II, 2011, 1640.

218

6 Psalm 50 (49)

Vers 20: ӭӤӫԧӰӨӱӳӷ® ӭӤӸԇ Ӹӳ՝ ӾӧӨӮӺӳ՝ Ӷӳӹ ӭӤӸӨӮԆӮӨӬӷ¯ ӭӤՂ° ӭӤӸԇ Ӹӳ՝ ӹԺӳ՝ ӸԩӷӰӪӸӵՌӷӶӳӹ±ԗӸՁӫӨӬӷӶӭԆӱӧӤӮӳӱ² zu Gericht sitzend, verleumdetest du deinen Bruder, und dem Sohn deiner Mutter stelltest du eine Falle. A B S 1219 2013 2082 2110 (L) 4QPsc MT ®   ࡡࢪࣛ ࢯ࣒ ࣛ  ࢙࡫ࡩࣈ ࣚ ࡟ࣞ ࢇࣖ ¯   ࡾࢶࢇࣛ ࡣࣝ ࢁࣖ °  ࣥ ࡴࡡࣤ ࣜ ࢇࣖ ±   ࢽ࢙ࢡࣖ ࡟ࣂࣚ ²  ॱ ࡫ࡺࣚ ࣠ ࢋࣤ ࣥࡴࢯࣜ ࢯࣚ

B ® ӭӤӫԧӰӨӱӳӷ  ӭӤӸԇӸӳ՝ӾӧӨӮӺӳ՝Ӷӳӹ ¯ ӭӤӸӨӮԆӮӨӬӷ  ° ӭӤՂ ӭӤӸԇӸӳ՝ӹԺӳ՝ ± ӸԩӷӰӪӸӵՌӷӶӳӹ  ² ԗӸՁӫӨӬӷӶӭԆӱӧӤӮӳӱ

A ® ӭӤӫԧӰӨӱӳӷ  ӭӤӸԇӸӳ՝ӾӧӨӮӺӳ՝Ӷӳӹ ¯ ӭӤӸӨӮԆӮӨӬӷ  ° ӭӤՂ ӭӤӸԇӸӳ՝ӹԺӳ՝ ± ӸԩӷӰӪӸӵՌӷӶӳӹ  ² ԗӸՁӫӨӬӷӶӭԆӱӧӤӮӳӱ

Ant ® ӭӤӫԧӰӨӱӳӷ  ӭӤӸԇӸӳ՝ӾӧӨӮӺӳ՝Ӷӳӹ ¯ ӭӤӸӨӮԆӮӨӬӷ  ° ӭӤՂ ӭӤӸԇӸӳ՝ӹԺӳ՝ ± ӸԩӷӰӪӸӵՌӷӶӳӹ  ² ԗӸՁӫӨӬӷӶӭԆӱӧӤӮӳӱ

Ra 2082: ӭϓ ӤӫϓӪӰϓ ЋӨӱӳӷӭӤӸӤӸӳӹӤӧӨӮӺӳӹӶӳӹӭӤӸӨӮӤӮӨӬӷϷӭӤϓ Ӭϓ ӭӤӸϓЋӤӸӳӹӹӬӳӹ ӸӪӷӰӪӸӵӳӷӶӳӹӨӸӬӫӨӬӷӶӭӤӱӧӤӮӳӱ P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӭӤӫӪӰӨӱӳӷӭӤӸӤӸӳӹϷӤӧӨӮӺӳӹӶӳӹӭӤӸӨӮӤӮӨӬӷϖ ӭӤӬӭӤӸӤӸӳӹӹ֐ӳӹϷӸӪӷӰӪӸӵӳӷӶӳӹӨӸӬӫӨӬӷΜӶӭӤӱӧӤӮӳӱΜ ࢽ 4QPsc: Ћ࡫ࡺЌࡣࡴࢁࢁ࡬ࡳ࡟ࡴࡡࡡࡾࡡࡣࢁ࡬࡫ࡩ࡟ࡡࡡࢀࢁ V. 20a: BHS: prp ‫בּ ֹשֶׁת‬ Der Apparat der BHS weist auf den Vorschlag hin „mit Rücksicht auf den Parallelismus Mebrorum wie auch im Hinblick auf den Aufbau des Halbverses“709 ‫„ בּ ֹשֶׁת‬Schande“ anstelle von ‫ תֵּ שֵׁב‬zu lesen. Da die beiden Halbverse jedoch nicht ganz parallel formuliert sind (‫תֵּ שֵׁב‬/ ‫ בּ ֹשֶׁ ת‬steht am Satzanfang, ‫ ֽדּ ֹפִי‬dagegen am Satzende), ist die Konjektur nicht zwingend und da auch die LXX schon einstimmig die MT Lesart stützt, ist der MT vorzuziehen. Anzumerken ist hier, dass die Septuaginta ‫( ֭תֵּ שֵׁ ב‬2. Sg.) als Partizip καθήμενος wiedergibt, was stilistisch gutes Griechisch ist.710 Das zeigt, dass die Septuaginta, wo notwendig, vom hebräischen Text abweicht, um einen guten griechischen Text zu bieten. V. 20b: Ra: κατελαλεις] καταλ. R Die Hs. R bezeugt die griech. Verbform im Präsens statt Imperfekt. Die Lesart ist wahrscheinlich auf eine Verlesung zurückzuführen. Auffällig ist außerdem, dass die Septuaginta das Verb ‫ דבר‬Piel mit der Präp. ‫„ ב‬sprechen gegen“ im Griechischen spezifisch mit καταλαλέω „verleumden“711 wiedergibt, was möglicherweise eine Anspielung auf das 8. Gebot des Dekalogs darstellt (vgl. die Einzelanalysen zu V. 19a und c). 709

710 711

Kraus, Psalmen 1–59, 1978, 526. So auch schon Wutz, Psalmen, 1925: „Statt ‫תֵּ שֵׁב‬ (G´ ӭӤӫӪӰӨӱӳӷ) ließ ‫בֹּשֶׁת‬, Gegenstück zu ‫ ֽדּ ֹפִי‬im Nachsatz.“ Vgl. Cordes, Asafpsalmen, 2004, 50: „Die asyndetische Positionsangabe ‫ תשׁב‬übersetzt LXX elegant mit einem Partizip.“ Vgl. LXX.E.II, 2011, 1641. Vgl. auch Gemoll, s.v.

6.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 49

219

V. 20c: BHS: Ms GS ‫וּ ְבבן‬ Die LXX bezeugt eine Kopula gestützt von der syrischen Übersetzung (der Peschitta) und einer mittelalterlichen hebräischen Hs. Die Peschitta wurde aus dem Hebräischen übersetzt, was dafür spricht, dass die Kopula bereits in einer hebräischen Vorlage vorhanden war, die sowohl der Septuaginta als auch der Peschitta zugrunde lag. Auch die mittelalterliche hebräische Hs., die die Kopula hat, kann als Zeuge für eine solche hebräische Vorlage gewertet werden (ein Rückeinflüss der Septuaginta auf die hebräische Textüberlieferung ist kaum denkbar, insbesondere bei einer unauffälligen stilistischen Variante, wie der Ergänzung einer Kopula). Obwohl fast alle hebräischen Hsn. (einschließlich der Qumran-Hs. 4QPsc) die Kopula nicht bezeugen, ist gut denkbar, dass die Septuaginta und Peschitta hier den ursprünglichen hebräischen Text erhalten haben, zumal in den vorangehenden Versen, die im Duktus dem V. 20 ähneln, der zweite Halbvers stets mit einer Kopula angeschlossen wir.712 V. 20d: Ra: σου ult. > 2013 In der Hs. 2013 wurde versehentlich das Possessivpronomen σου hinter τῆς μητρός ausgelassenϗ V. 20e: Ra: σκανδαλον] -λα 2013 Die Hs. 2013 bezeugt als einzige Hs. σκάνδαλα im Plural. Inhaltlich passt sowohl der Singular als auch der Plural. Grund für die Abweichung ist unklar. Der hebräische Text bezeugt das Wort ‫דּ ֹפִי‬, ֽ das im AT nur hier bezeugt ist, im Singular. Aufgrund der singulären Bezeugung der pluralischen Verbform im Griechischen nur in der Hs. 2013 handelt es sich möglicherweise um eine sekundäre stilistische Änderung. Der Begriff σκάνδαλον kann unterschiedlich übersetzt werden und hat im NT vor allem die Bedeutung „Schimpf, Anstoß, Ärgernis“.713 An unserer Stelle ist jedoch vermutlich eher von der profanen Bedeutung „Falle“ auszugehen.714 712

713

714

V. 17: ‫שׁ ֵל‬ ְ ַ‫„ וַתּ‬Du hast ja die Zucht gehaßt und meine Worte hinter dich geworfen“, V. 18: ‫„ ְועִם‬Sahst du einen Dieb, so befreundetest du dich mit ihm, und mit Ehebrechern hattest du Gemeinschaft“, V. 19: ְ‫„ וּלְשׁוֹנ‬Deinen Mund schicktest du los zum Bösen, und deine Zunge spannte Betrug davor“ (nach BHS ist die Kopula an den genannten Stellen von den hebräischen Zeugen stets einheitlich bezeugt). Vgl. Cordes, Asafpsalmen, 2004, 50f. Vgl. auch BA, 1988, σκάνδαλον (3): „das Anstößige, das Widerspruch Herausfordernde, der Gegenstand der Entrüstung od. Mißbilligung u. ä.“ So LXX.D die mit „Fallstrick“ übersetzt. Ähnlich auch Cordes, Asafpsalmen, 2004, 36, die σκάνδαλον mit „Stolperstein“ wiedergibt. Stählin war dagegen der Meinung, dass es sich an unserer Stelle um einen wichtigen Schritt in der Bedeutungsentwicklung des Begriffes von der profanen Bedeutung „Falle“ hin zum im NT wichtigen Verständnis als „Schimpf, Antsoß, Ärgernis“ handelt, da viele Juden, die Hebräisch und Griechisch verstanden, nun an dieser Stelle den Vorstellungsgehalt

220

6 Psalm 50 (49)

Vers 21:ӸӤ՝ӸӤԗӴӳՁӪӶӤӷӭӤՂԗӶՁӦӪӶӤՔӴԝӮӤӥӨӷӾӱӳӰՁӤӱ®ՊӸӬԘӶӳӰӤՁӶӳӬՊӰӳӬӳӷ ԗӮԝӦӲӽӶӨ¯ӭӤՂӴӤӵӤӶӸԧӶӽ°ӭӤӸԇӴӵՌӶӽӴՌӱ±Ӷӳӹ²ӸԇӷԂӰӤӵӸՁӤӷӶӳӹ² Dies hast du getan, und ich habe geschwiegen. Du hast Gesetzlosigkeit angenommen und geglaubt, dass ich dir gleich sein werde.Ich werde dich strafen und deine Sünden vor dein Angesicht stellen. A B S 1219 2013 2082 2110 (L) 4QPsc MT ࣧࢁ࡫ ࣞ ࢫࢿ ࣚ ࡸࡥ ࣞ ࢜ࣜ ࡟ࣉ ࣛ  ࡫ࢯࣚ ࢪࣖ ࡾࢽ ࣝ ࡩࣗ ࡥࣜ ࡧࣤ ࣖ ࣞ ࢡࣚࢽ ࢋࣚ  ࢁ࡫ ® ࡥ࣊ ࣜ࡫ࡥࣖ ࡟ࣥ ࣤ ࣜ ࢁ࢐࡫ࡥࣤ ࣗ  ࢙࢐ࡳࢶ ࡭ࣞ ¯   ࢼ࢙ࡩ࡫ ࣘ ࡭࢐࡟ ࣚ °   ࡥ࡭ࣞ ࡾࣖ ࡸࣜ ࡟ࣤ ࣜ ࣖࡧ ± ࢙࡫ࣤࡵ࡫ࣜ ࡸࣛ ࡯ࣖ ² ॱ

B ӸӤ՝ӸӤԗӴӳՁӪӶӤӷ ӭӤՂԗӶՁӦӪӶӤ ՔӴԝӮӤӥӨӷ ® ӾӱӳӰՁӤӱ ՊӸӬԘӶӳӰӤՁ ӶӳӬՊӰӳӬӳӷ ¯ ԗӮԝӦӲӽӶӨ  ° ӭӤՂӴӤӵӤӶӸԧӶӽ ± ӭӤӸԇӴӵՌӶӽӴՌӱ Ӷӳӹ ²

A ӸӤ՝ӸӤԗӴӳՁӪӶӤӷ ӭӤՂԗӶՁӦӪӶӤ ՔӴԝӮӤӥӨӷ ® ӾӱӳӰՁӤӱ ՊӸӬԘӶӳӰӤՁ ӶӳӬՊӰӳӬӳӷ ¯ ԗӮԝӦӲӽӶӨ  ° ӭӤՂӴӤӵӤӶӸԧӶӽ ± ӭӤӸԇӴӵՌӶӽӴՌӱ Ӷӳӹ ²

Ant ӸӤ՝ӸӤԗӴӳՁӪӶӤӷ ӭӤՂԗӶՁӦӪӶӤ ՔӴԝӮӤӥӨӷ ® ӾӱӳӰՁӤӱ ՊӸӬԘӶӳӰӤՁ ӶӳӬՊӰӳӬӳӷ ¯ ԗӮԝӦӲӽӶӨ  ° ӭӤՂӴӤӵӤӶӸԧӶӽ ± ӭӤӸԇӴӵՌӶӽӴՌӱ Ӷӳӹ ² ² ӸԇӷԂӰӤӵӸՁӤӷӶӳӹ

Ra 2082: ӸϓӤϓӹϓӸӤӨϓЋӴӳӬӪӶӤӷӭӤӬӨӶӬӦӪӶӤϷӹϓ ӴϓӨЋϓ ӮӤӥӨӷӤӱӳӰӬӤӱ P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӸӤӹӸӤ Ϸ ӨӴӳӬӪӶӤӷ ӭӤӬ ӨӶӬӦӪӶӤ ϖ ӹӴӨӮӤӥӨӷ ӤӱӳӰӬӤӱ ӳ Ϸ ӸӬ ӨӶӳӰӤӬ ӶӳӬ ӳӰӳӬӷ ϖ ӨӮӨӦӲӽ ӶӨ ӭӤӬ ӴӤӵӤӶӸӪ Ϸ Ӷӽ ӶӨ ӭӤӸӤ ӴӵӳӶӽӴӳӱӶӳӹ ࢽ ࣕࡧЋ࡬ЌࡩЋ࡫࡭Ќ ࣕ ࣕࡧ࡟Ϸ࡬ࡧࡳ࡭ࡥ࡫ࡥ࡟ࢁࡧ࡫࡟ࢁ࡫ࡳࡣ࡫ࢁࢀࡾࡩࡥࡧࢁ࡫ࢀࡷ ࣕ ࡥ࡯ ࢽ ࡟ ࣕ 4QPsc: ࡬࡫ࡵ࡫ࡷ࡯࡬ࡾࡷ࡟ V. 21a: Ra: ανομιαν iniquitatem La] -με S; inique Ga: non uocatiuus uid., sed aduerbium, cf. S.-St. 2, p. 96 BHS: G θ´ (S) ἀνομίαν = ‫ ; ַהוּ ֹת‬l frt ‫הָיוֹ‬ DJD XVI (4QPsc): ‫]איות‬ ֯ ‫ היות‬M; ἀνομίαν = ‫ )?(◦הַוּ֗ ת‬G Die hebräische Infinitivus constructus-Form ‫ הֱיוֹת‬passt im gegebenen Kontext nicht.715 Der Apparat weist auf den Vorschlag hin, stattdessen den Infinitivus absolutus ‫ הָיוֹ‬zu lesen.716 Ein Infinitivus absolutus tritt oft vor „eine finite Verbform oder ein Partizip der gleichen Wurzel. Hier gibt er der Aussage fast immer einen besonderen Nachdruck, der im Deutschen meist mit einem Adverb („sicher/ bestimmt/ genau/ etwa/ allenfalls/ auf keinen Fall“ usw.) wiedergegeben werden kann.“717 Die einzige aus Qumran erhaltene Hs. 4QPsc bezeugt laut DJD ‫איות‬, ֯ wobei unklar ist, wofür die Konsonantenfolge stehen könnte. Die ersten beiden

715 716

717

des hebräischen Äquivalents ‫ ֽדּ ֹפִי‬mit dem Wort σκάνδαλον verbanden, vgl. Stählin, Skandalon, 1939, 71. Vgl. auch Cordes, Asafpsalmen, 2004, 50f. Die ursprüngliche Septuaginta hatte aber vermutlich noch die profane Bedeutung von σκάνδαλον im Sinn. Vgl. Kraus, Psalmen 1–59, 1978, 526. Vgl. z. B. Kraus, Psalmen 1–59, 1978, 526. Seybold, Psalmen, 1996, 205 schlägt vor: „Ursprünglich wohl ein inf abs: ‫ה‬/‫( היו‬doppelt glossiert) oder inf cstr ‫( היותי‬mit Suffix) zu lesen.“ Ernst, Kurzgrammatik, 2010, §60,c. Vgl. auch Budde, Hebräisches Schulbuch, 1929, §46.c.

6.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 49

221

Buchstaben sind relativ schlecht erhalten, insbesondere das Aleph ist kaum zu erkennen, da gerade hier ein Riss in der Handschrift ist (s. u. Abb.)718. Meiner Einschätzung nach stützt die Hs. hier die masoretische Lesart ‫היות‬. Die LXX hat dagegen vermutlich ‫( ַהוּ ֹ)וֹ(ת‬Plural von ‫„ ַהוָּה‬Verderben“) gelesen und ursprünglich mit der Nominalform ἀνομίαν übersetzt.719 Die Formulierung ist recht sperrig720, weswegen der Kodex Sinaiticus den Vokativ ἄνομε bezeugt (jedoch als einzige Hs.)721. Abb.: 4QPsc (DJD XVI, Plate VIII, 15ii): ‫דמית ֯איות אהיה כמוך‬

V. 21b: Ra: σε > 2013(non Sa) Die Hs. 2013 lässt auch hier versehentlich das zu ἐλέγξω gehörige Personalpronomen aus (vgl. V. 20d). V. 21c: Ra: παραστησω statuam Ga] + te LaR Aug, + illa LaG Kasser/Testuz (Ra 2110): παραστησω σε : παραστησω BHS: S w’sdwr’njm = ‫–◌ֶ ָה‬, frt l Der MT liest ‫וְאֶ ע ְֶרכָה‬, die 1. Sg. Impf + He cohortativum „ich will [es] vor Augen stellen“. Die Peschitta liest das He stattdessen als Suffix 3. Sg. f., wobei unklar ist, worauf sich das Suffix im Kontext beziehen soll. Möglicherweise auf die eigene Mutter von V. 20? P. Bodmer XXIV und einige altlateinische Zeugen, wahrscheinlich auf Grundlage derselben griechischen Texttradition, die der P. Bodmer XXIV hier repräsentiert, bezeugen dagegen ein Personalpronomen in der 2. Sg. Inhaltlich ist die Lesart eher schwierig „ich will dich zurechtweisen und dich vor deine Augen stellen“. Vermutlich basiert die Variante auf einer abweichenden hebräischen Vorlage, die ein Kaf statt des He gelesen hat.722 718

719 720 721

722

In der schwarzweiß-Kopie (s. u.) mag man meinen, ein Aleph erkennen zu können. Auf einer Farb-Fotographie lässt sich der Buchstabe jedoch m. E. viel schlechter als Aleph identifizieren. Ein He zu lesen ist auch nicht ausgeschlossen. Eine sehr gute und hochauflösende Farb-Fotographie der Stelle (und zahlreicher weiterer Qumran Hsn.) ist online verfügbar unter: http://www.deadseascrolls.org.il/explore-thearchive/image/B–370816. Ps 50,21 befindet sich auf dem Fragment in der mittleren Kolumne etwa in der siebten Zeile. ‫ הוות‬wird auch in Ps 56,2 mit ἀνομία wiedergegeben, vgl. LXX.E.II, 2011, 1641. LXX.D ergänzt den Satz, damit er Sinn ergibt:“Du hast Gesetzloses angenommen (und geglaubt), dass ich dir gleich sein will.“ Bei inique im Psalterium Gallicanum handelt es sich vermutlich nicht um ein Vokativ, sondern um ein Adverb, s. o. im Rahlfs-Apparat. Alle anderen lateinischen Zeugen übersetzen mit dem Nomen iniquitatem „Ungerechtigkeit“. Eine Verlesung wäre auch nicht ausgeschlossen. 4QPsc liest z. B. ohne dem abschließendem He ‫( ואערך‬zur Form, s. u.), was leichter zur irrtümlichen Lesung eines Suffixes führen konnte.

222

6 Psalm 50 (49)

Auch wenn die im Griechischen singuläre Lesart des P. Bodmer XXIV durch alte lateinische Zeugen gestützt wird, handelt es sich aufgrund der geringen Bezeugung in den griechischen Hsn. vermutlich um eine sekundäre Lesart, die an ihre hebräische Vorlage angepasst hat, zumal die ursprüngliche Septuaginta auch schon τὰς ἁμαρτίας σου als Objekt zu παραστήσω bezeugt (vgl. Einzelanalyse zu V. 21e-e) und σε als Subjekt für die ursprüngliche Septuaginta von daher nicht in Frage kommt. Die altlatein. Hs. LaG und weitere latein. Hsn. überliefern das Pronomen im Akk. Pl. n.723 Vermutlich wurde die Pronominalform hier bewusst geändert, um den Bezug zu dem ‫( אֵ לֶּה‬latein. haec) im Satzanfang herzustellen. Die Varianten in den versch. Übersetzungen weisen auf die Problematik hin, dass im hebräischen Text das Objekt zu ‫ ערך‬fehlt. Der Vorschlag der BHS mit der Peschitta das He als Suffix 3. Sg. f. zu lesen, ist schwierig (s. o.). In der einzigen aus Qumran erhaltenen Hs. 4QPsc ist das Verbum ohne das abschließende He bezeugt. Ohne He kann ‫ ואערך‬auch als 1. Sg. Piel + Suff. 2. Sg. von ‫„ ערה‬entblößen, bloßlegen“ gelesen werden724 und der Satz wäre dann zu übersetzen mit „ich will dich zurechtweisen und will dich entblößen vor deinen Augen“. Im Kontext passt die masoretische Lesart m. E. jedoch besser. Gott will dem Gottlosen seine Missetat vor Augen stellen, in der Hoffnung, dass er zur Umkehr findet (vgl. V. 22–23). In der Lesart von 4QPsc geht dieses pädagogische Anliegen etwas verloren. Es ist nicht ganz sicher, ob die Variante auf einen Lesefehler zurückzuführen ist (dass bei der Buchstabenfolge ‫רכך‬- das mittlere Kaf versehentlich überlesen wurde, ist denkbar) oder auf ein Eingreifen des Abschreibers, dem das fehlende Objekt im Satz problematisch erschien. V. 21d: BHS: 2Mss G ‫ְל ָפנֶי‬ Der Septuaginta lag vermutlich eine hebräische Vorlage zugrunde, die ‫ ְל ָפנֶי‬bezeugt hat.725 Die Lesart ist auch in zwei mittelalterlichen Hsn. erhalten geblieben. Der MT ( ‫ ) ְלעֵינֶי‬ist jedoch vermutlich die ursprüngliche Lesart, da sie auch schon in 4QPsc bezeugt ist. V. 21e-e: Ra: fin.] + τας αμαρτιας σου L´’ 1219’: cf. S.-St. 2, p. 65 Aus dem hebräischen Text wird nicht ganz deutlich, was dem Gottlosen durch Gott vor Augen gestellt werden soll. Einige griech. und latein. Hsn.

723 724 725

Vgl. Rahlfs, Septuaginta-Studien I-III, 1965, 65. Einige latein. Hsn. bezeugen illam, vgl. ebd. Bei Verba mit abschließendem He, treten Suffixe direkt an den zweiten Radikal, vgl. Ernst, Kurzgrammatik, 2010, 128. κατὰ πρόσωπόν σου dient nirgends sonst als Übersetzung für ‫ ְלעֵינֶי‬, sondern nur für ‫( ְל ָפנֶי‬vgl. Deut 7,24 ( ‫ ;) ְבּ ָפנֶי‬1 Chr 17,25; Jer 18,20; Jer 37(44),20; Jer 42(49),2).

6.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 49

223

ergänzen hier τὰς ἁμαρτίας σου (bzw. peccata tua).726 Da die Ergänzung in keiner hebräischen Hs. (auch nicht in Qumran) bezeugt ist, handelt es sich wahrscheinlich um eine bewusste Ergänzung des griech. Übersetzers, um den hebr. Text verständlicher zu machen. Das Fehlen in den anderen griechischen Hsn. geht vermutlich auf eine spätere Streichung in Anpassung an den hebr. Text zurück. Vers 22: Ӷ՛ӱӨӸӨ®ӧԨ¯ӸӤ՝ӸӤ°±ӳԺԗӴӬӮӤӱӫӤӱՌӰӨӱӳӬ²Ӹӳ՝ӫӨӳ՝³ӰԧӴӳӸӨԂӵӴԆӶԪ´µ ӭӤՂὀυ¶ӰԨԮՉՏӹՌӰӨӱӳӷ Versteht also dies, die ihr Gott vergesst, damit er (euch) nicht fortreißt und es gibt gewiss keinen Erretter. A B S 1219 2013 2110 (L) 4QPsc °

MT ¯ ® ࢁ࡟࣒࣠ ࡨ ࡟ࣈࡵࣥࣞ ࢏ࡵ࡫ࢇࣤ ࣚ ² ±   ࡫ࡩࣈ ࣛ ࡭࣠ࣖ ࢪ ³   ঄࢐  ࣝ ࡯ࢶ ࡟ࣗ ´  ࡹ࣠ ࡾࢽ ࡪࣖ ࡟ࣥࡴ ࣂࣜ ࢥࣜ ¶ µ   ࡴ࡫࡟ࣈ ࣛ ࣖࡧ  ॱ࡯࡫ࢧࣤ ࣚ ࡳࣝ

B ® ¯ ° Ӷ՛ӱӨӸӨ ӧԨ ӸӤ՝ӸӤ  ± ² ӳԺԗӴӬӮӤӱӫӤӱՌӰӨӱӳӬ  ³ Ӹӳ՝ӫӨӳ՝  ´ ӰԧӴӳӸӨԂӵӴԆӶԪ  µ ¶ ӭӤՂ ӰԨԮ ՉՏӹՌӰӨӱӳӷ

A ® ¯ ° Ӷ՛ӱӨӸӨ ӧԨ ӸӤ՝ӸӤ  ± ² ӳԺԗӴӬӮӤӱӫӤӱՌӰӨӱӳӬ  ³ Ӹӳ՝ӫӨӳ՝  ´ ӰԧӴӳӸӨԂӵӴԆӶԪ  µ ¶ ӭӤՂ ӰԨԮ ՉՏӹՌӰӨӱӳӷ

Ant ® ¯ ° Ӷ՛ӱӨӸӨ ӧԨ ӸӤ՝ӸӤ  ± ² ӳԺԗӴӬӮӤӱӫӤӱՌӰӨӱӳӬ  ³ Ӹӳ՝ӫӨӳ՝  ´ ӰԧӴӳӸӨԂӵӴԆӶԪ  µ ¶ ӭӤՂὀυ ӰԨԮ ՉՏӹՌӰӨӱӳӷ

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӶӹӱӨ ӸӧӪ ӸӤӹӸӤ ӳӬ Ϸ ӨӴӬӮӤӱӫӳӰӨӱӳӬ Ӹӳӹ ܽ‫ ݓ‬ϖ ӰӪӴӳӸӨӤӵӴӤӶӪϷӭӤӬӰӪӪӳӵӹӳӰӨӱӳӷ ࢽ ࡩ࡭ࢀࢁ࡟ࡨ࡟ࡵࡧࡵ࡫ࡡ ࢽ 4QPsc: ࡯࡫ࡼࡳࡴ࡫࡟ࡧࡹࡾࣕ Ћࡪ࡟ЌࡴࡺϷࡥࡧ࡯࡟Ћ࡫Ќ V. 22a: Kasser/Testuz (Ra 2110): l. συνε δη Der P. Bodmer XXIV bezeugt συνε τη anstelle von σύνετε δὴ. Über dem Teta wurde zur Korrektur ein Delta hinzugefügt. Das Wort συνε existiert nicht. Es handelt sich sicherlich um einen Schreibfehler und es ist mit den anderen Handschriften σύνετε δὴ zu lesen. V. 22b: Ra: δη = M] autem LaR Aug Sy, > LaG Ga Einige lateinische Zeugen (gestützt von der syrischen Übersetzung) geben die Partikel ‫נָא‬/δὴ mit autem „aber, trotzdem“ wieder (die Vulgata bezeugt nunc „nun, jetzt“). Im latein. wird die Partikel ‫נָא‬/ δὴ häufig nicht wiedergegeben (vgl. Ps 7,10; 80(79),15; 119(118),76; 119(118),108; 122(121),8).727 Womöglich fehlte auch hier ursprünglich die Partikel und wurde später in Anpassung ans Hebräische unterschiedlich ergänzt (nunc oder autem).

726 727

Zu den latein. Hsn., die peccata tua bezeugen, vgl. Rahlfs, Septuaginta-Studien I-III, 1965, 65. Ansonsten wird ‫נָא‬/ δὴ in der Vulgata an fünf Stellen mit nunc wiedergegeben Ps 118(117),2.3.4; 124(123),1; 129(128),1.

224

6 Psalm 50 (49)

V. 22c: BHS: > pc Mss Einige wenige mittelalterliche hebräische Handschriften streichen ‫ז ֹאת‬. In 4QPsc ist das Demonstrativum bezeugt. Es handelt sich um eine spätere möglicherweise versehentliche Auslassung. V. 22d: Ra: οι] pr. παντες Sy et Psalt. Rom. Die syrische Übersetzung und das Psalterium Romanum ergänzen πάντες, sodass der gesamte Text lautet σύνετε δὴ ταῦτα πάντες „Begreift doch dies alles“. Aufgrund der geringen Bezeugung handelt es sich sicherlich um eine spätere freie Ergänzung.  V. 22e: Kasser/Testuz (Ra 2110): επιλανθομενοι (l. Επιλαθομενοι) : επιλανθανομενοι Der P. Bodmer XXIV bezeugt anstelle von ἐπιλανθανόμενοι (Ptz. Präs. zu ἐπιλανθάνομαι) die Form επιλανθομενοι, was entweder als επιλαθομενοι zu lesen ist (Ptz. Aor. 2 zu ἐπιλανθάνομαι)728 oder auf eine Verschreibung der Ptz. Präs.-Form zurückgeht (versehentliche Auslassung von αν). In jedem Fall scheint es sich um eine versehentliche Variante zu handeln (die Aor.Form könnte durch die im Satz vorangehende und folgende Aor-Verbform bedingt sein). V. 22f: Ra: του θεου deum UulgAug = M] dominum La Ga Die altlatein. Hsn. und das Psalterium Gallicanum bezeugen dominus anstelle von deus. Die Gottesbezeichnung dominus wird in Psalm 50(49) ansonsten nur in V. 1 verwendet, während deus häufig vorkommt. Die Lesart dominum ist vermutlich versehentlich in den Text geraten. Eine Verwechslung von dominus und deus ist im Lateinischen wahrscheinlicher als im Griechischen, deswegen ist deum vermutlich die ursprüngliche Lesart und dominum geht auf eine spätere Verlesung oder Verschreibung in der lateinischen Textüberlieferung zurück. V. 22g: BHS: Ms GS ‫ יִטְר ֹף‬ut 7,3 Die LXX und die Peschitta (und auch die Vulgata) bezeugen das Verb in der 3. Sg. statt 1. Sg. Da die Lesart auch noch von einer mittelalterlichen hebr. Hs. gestützt wird, lässt sich vermuten, dass sie auf eine hebräische Vorlage zurückgeht, die ‫ יִטְר ֹף‬gelesen hat (ein Rückeinfluss der Septuaginta auf die hebräische Textüberlieferung ist generell eher unwahrscheinlich). 4QPsc ist an der Stelle leider nicht lesbar. Da der Kontext die Fortsetzung der Gottesrede (V. 16–23) in der 1. Sg. nahelegt, handelt es sich bei der 1. Sg.Verbform wahrscheinlich um die ursprüngliche Lesart. Die Änderung zur 3. Sg. wurde möglicherweise dadurch begünstigt, dass Gott im selben Vers von sich selbst in der 3. Person spricht „Merket doch 728

Vgl. BA, 1988, s. v.

6.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 49

225

dies, die ihr Gott vergeßt“ anstatt in der 1. Person „die ihr mich vergesst“. Eine ähnliche Wendung wie an unserer Stelle (V. 22 „damit ich nicht zerreiße, und keiner kann retten!“) findet sich außerdem in Psalm 7,3 und zwar dort auch mit der 3. Sg.-Verbform ‫„ יִטְר ֹף‬Dass er nicht wie ein Löwe mein Leben zerreißt, er reißt, und da ist kein Befreier. “ Ob die Variante in der hebräischen Vorlage der Septuaginta auch durch einen Einfluss von Ps 7,3 begünstigt wurde, bleibt unsicher, ein Rückbezug auf Ps 7,3 ist jedoch spätestens in der griechischen und lateinischen Textüberlieferung erkennbar (vgl. Einzelanalyse zu V. 22h). V. 22h: Ra: αρπαση] + ως λεων R´’ Tht’Th et Clem. Rom. (S.-St. 2, p. 200): ex 73 Zwei griechische Bibelkommentare der antiochenischen Schule, die Syrohexapla und die Diglotte R und die altlateinischen Zeugen LaG und Augustin bezeugen abweichend vom hebräischen Text zusätzlich die Worte ὡς λέων „damit er nicht zerreiße wie ein Löwe“.729 Da die Bezeugung in der griechischen Überlieferung äußerst schwach ist, handelt es sich wahrscheinlich um eine sekundäre Addition. Das wird gestützt durch die Beobachtung, dass die ursprüngliche Septuaginta normalerweise die gegensätzliche Tendenz hat, Vergleiche Gottes mit irdischen Gegenständen oder Objekten aus Respekt vor seiner Göttlichkeit zu streichen oder zu spiritualisieren. Die Ergänzung eines Vergleiches von Gott mit einem „Löwen, der zerreißt“, ist für die ursprüngliche Septuaginta folglich wenig wahrscheinlich. Die Ergänzung ist möglicherweise durch eine Kommentartradition in die lateinische Psalter-Überlieferung hineingeraten.730 V. 22i: Ra: μη B´2013] pr. ου R L´55 Der antiochenische Text (gestützt von einigen wenigen weiteren Zeugen) bezeugt eine die Negation verstärkende Partikel ὀυ. Gründe für eine spätere Ergänzung sind nicht erkennbar. Möglicherweise ist die Partikel ursprünglich und wurde später, um den hebräischen Text nicht in der Wortanzahl zu übersteigen, in isomorpher Anpassung gestrichen.

729

730

Das Wort ‫„ טרף‬reißen“ wird häufiger im Kontext von wilden Tieren verwendet (neben Ps 7,3 z. B. in Gen 49,27, Ex 22,12, Jer 5,6), eine Assoziation von ‫ טרף‬in V. 22 mit einem wilden Tier ist also nicht abwegig. Die griech. Spalte der Diglotte R (die einzige griech. Psalterhs., die die Variante bezeugt) ist hier vermutlich beeinflusst durch die lateinische Spalte. Rahlfs vermutet, dass es sich um eine spätere Ergänzung aus Psalm 7,3 handelt. Inhaltlich steht Psalm 7,3 jedoch in Kontrast zu unserer Stelle, da sich dort der reißende Löwe auf die gottlosen Verfolger des Psalmisten bezieht (vgl. Ps 7,3.10), während in unserem Vers Gott selbst potentiell der reißende Löwe ist. Dass eine Parallele zu Psalm 7,3 gesehen und an diesen angepasst wurde ist von daher eher unwahrscheinlich.

226

6 Psalm 50 (49)

Vers 23: aӫӹӶՁӤ ӤԶӱԝӶӨӽӷ ӧӳӲԆӶӨӬ® ӰӨ¯ ӭӤՂ ԗӭӨՃ° ± ՉӧՌӷ Բ ± ӧӨՁӲӽ ӤՐӸն² ³ӸՍ ӶӽӸԧӵӬӳӱӰ Ӱӳӹ³ Ein Dankopfer soll mich verherrlichen und dort (ist) der Weg, auf dem ich ihm mein Heil zeigen werde. A B S 1219 2013 2110 (L) 4QPsc MT ®  ࡥࡣ࢐ࢯ ࢽ ࣞ অࣝ ࡡ࣠࣊ ࣛ ࡨ ° ¯® ࡱࢫ࣊ ࣞ ࣖࡧ ࡫ ࣚࡵ ࣖࡵࡣ࣊ ࣞ ࢇࣖ ࡭࣐ࣤࣝ ࣖ࡫ ² ±± ࢏ࢢ࡟ ࢽࣜ ࡾࣖ ࡟ࣂࣝ  ࢘ࡾࣜ ࢋࢶ ࣜ  ´ ³  ॱ ࡱ࡫ࡥ࢝ ࣤ ࣚ ࡟ࣗ  ࡷࢪࣈࣝ ࣛ࡫ࢇࣖ 

B A Ant ® ® ® ӫӹӶՁӤӤԶӱԝӶӨӽӷ ӫӹӶՁӤӤԶӱԝӶӨӽӷ ӫӹӶՁӤӤԶӱԝӶӨӽӷ ® ¯ ° ® ¯ ° ® ¯ ° ӧӳӲԆӶӨӬ ӰӨ ӭӤՂԗӭӨՃ  ӧӳӲԆӶӨӬ ӰӨ ӭӤՂԗӭӨՃ  ӧӳӲԆӶӨӬ ӰӨ ӭӤՂԗӭӨՃ  ± ± ² ± ± ² ± ± ² ՉӧՌӷԲ ӧӨՁӲӽӤՐӸն  ՉӧՌӷԲ ӧӨՁӲӽӤՐӸն  ՉӧՌӷԲ ӧӨՁӲӽӤՐӸն  ³ ³ ³ ³ ³ ³ ӸՍӶӽӸԧӵӬӳӱӸӳ՝ӫӨӳ՝ ӸՍӶӽӸԧӵӬӳӱӸӳ՝ӫӨӳ՝ ӸՍӶӽӸԧӵӬӳӱӰӳӹ

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӫӹӶӬӤӤӬӱӨӶӨӽӷӧӳӲӤϷӶӨӬӰӨϖӭӤӬӨӭӨӬӪӳӧӳӷӪӱ ӧӨӬӲӽӤӹӸӽӸӳӶӽϷӸӪӵӬӳӱӸӳӹܽ‫ݓ‬ਹਹ 4QPsc: ࡱ࡫ࡥ࡯࡟ࡷࢀ࡫ࡡࡧࡵ࡟ࡾ࡟࡬ࡾࡣࡱࢀࡧϷ࡫ࡵࡵࡣࡡ࡭࡫ࡥࡣࡧࢁࡩࡡ ࢽࡨ V. 23a-a Ra: θυσια .. δοξασει] -αν .. -σεις 55 Die dem Alexandrinus nahestehende Hs. 55 bezeugt das Nomen θυσία im Akk. und das Verb δοξάζω in der 2. Sg. statt 3. Sg. Beide Formen sind im Kontext eher schwierig. Aufgrund der geringen Bezeugung handelt es sich sicherlich um eine spätere Lesart. Gründe für die Änderung sind jedoch nicht ersichtlich. Unabhängig von dieser Variante ist darauf hinzuweisen, dass die Septuaginta hier abweichend vom MT das Partizip ‫„ ז ֹ ֵב ַח‬der Opfernde“ mit dem Nomen θυσία (hebr. ‫„ )זֶבַח‬Opfer“ wiedergibt. Sie bezeugt offenbar eine abweichende Lesetradition, die wie in Lev 7,13 ‫„ תּוֹדַת זֶבַח‬Dankopfer“ statt ‫תּוֹדַ ת‬ ‫„ ז ֹ ֵב ַח‬Wer Dank opfert“ gelesen hat. In der Lesetradition des MT ist nicht ganz eindeutig, ob in V. 23 von einem kultischen Opfer die Rede ist oder ob der Vers eine Spiritualisierung des Opfers bezeugt.731 In der Septuaginta und in der von ihr bezeugten hebräischen Lesetradition ist der Bezug zum kultischen Dankopfer jedoch deutlicher, da exakt dieselbe Wendung wie in Lev 7,13 (‫תּוֹדַ ת זֶבַח‬/ θυσία αἰνέσεως) verwendet wird (auch in V. 14 versteht ‫תּוֹדַת‬ die Septuaginta eindeutig als kultisches Opfer, vgl. Einzelanalyse zu V. 14aa ). V. 23b: Ra: με] σε 2013(non Sa) Die Hs. 2013 bezeugt das Personalpronomen σε anstelle von με, das jedoch im Kontext nicht passt. Es handelt sich vermutlich um einen Schreibfehler, möglicherweise bedingt durch die vorangehende Verbendung –σει. 731

Hossfeld geht davon aus, dass in V. 23 von einem kultischen Opfer die Rede ist, vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 314–316, so auch Weber, Werkbuch Psalmen I, 2001, 230 und Seybold, Psalmen, 1996, 205.209 u. a. Oeming, Psalm 42–89, 2010, 66 geht hier von einer Spiritualisierung des Opfers aus: „Durch diese kritischen Reflexionen kommt es schließlich neben (nicht anstatt!) des rituellen Vollzuges zur sog. Spiritualiserung des Opfers. Das wahre Opfer, das Gott gefällt, ist ein aufrichtiges und fröhliches Herz.“

6.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 49

227

V. 23c: BHS: pc Mss GS ´‫ ;ושׁם ד‬prp ´ ‫( ְותַם ד‬cf Prv 10,29 13,6) vel ‫דְּר ָכ֑י‬ ָ ‫שׁ ֹמֵר‬ Der MT bezeugt ‫דֶּר‬ ֶ ‫„ וְשָׂ ם‬und bahnt einen Weg“ (‫ = שָׂם‬3.Sg von ‫שׂים‬ „setzen, stellen, legen“). Der Satz lässt sich im gegebenen Kontext kaum sinnvoll unterbringen „Wer Dankopfer darbringt, verherrlicht mich und er bahnt einen Weg. Ich werde ihn das Heil Gottes sehen lassen.“ Wohin bahnt er sich einen Weg? Der Satz steht sehr unvermittelt im Kontext und hat in den Kommentaren zu zahlreichen Konjekturvorschlägen geführt, wovon sich jedoch bislang keiner durchgesetzt hat.732 Eine Entscheidung für den ursprünglichen hebräischen Text ist hier schwierig. Die Septuaginta hat anstelle von ‫( שָׂם‬s. o.) das Wort ‫„ שָׁם‬dort“ gelesen. Da sie auch von einigen mittelalterlichen hebräischen Hsn. und der Peschitta gestützt wird, ist gut denkbar, dass neben der schwierigen Lesart vom MT eine Lesetradition existierte, die ‫ שָׁ ם‬gelesen hat.733 Das Wort lässt sich zwar im gegebenen Kontext auch nur schwierig unterbringen734, wurde aber vermutlich von einigen hebräischen Tradenten der Lesart des MT vorgezogen. Die Septuaginta las also vermutlich ‫„ שָׁם‬dort“ in ihrer hebräischen Vorlage und nimmt sich hier aufgrund der schweren Verständlichkeit ihrer hebräischen Vorlage die Freiheit, ein Relativpronomen im Dativ zu ergänzen und dadurch die Satzstruktur gegenüber der hebräischen Vorlage zu ändern: “und dort (liegt) der Weg, auf dem ich ihm Gottes Heil zeigen will“ (LXX.D). Es zeigt, dass die Übersetzer sich bei schwierigen Stellen die Freiheit nahmen, interpretierend in den Text einzugreifen. V. 23d-d: Ra: οδος] η οσος καθαρα (sic) 2013’: ex Is. 358 Ra: η qua Aug] in qua LaR et Cyp., ην LdT´He-ScRc 55, quod LaG Ga (praecedit iter; sed Uulg iter quo) Kasser/Testuz (Ra 2110): η οδος ην δειξω αυτω : οδος η δειξω αυτω

732

733 734

Kraus, Psalmen 1–59, 1978, 526 schlägt vor ‫ וְתַ ם דֶּ ֶר‬zu lesen (ähnliche Formulierungen finden sich in Spr 10,29; 13,6 und Hiob 4,6), eine Konjektur, die auch Seybold, Psalmen, 1996, 205 für möglich hält, die Wutz, Psalmen, 1925, 128 dagegen abgelehnt hatte, da sie technisch hebr. nicht möglich sei. Hossfeld hält die Konjektur zwar nicht für unmöglich, aber für unnötig, da ‫ ְושָׂם דֶּ ֶר‬eine Kurzform „für śām ʽal libbo… wie in Ijob 2412 ‚achten auf…‘“ sei, vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalm 1– 50, 1993, 312.316. Craigie, Psalmen 1–50, 363 schlägt vor ‫ שָׂם‬als Qal Ptz. Akt. von ‫ שׂום‬zu lesen „one who is absolutely determined“. Dies erscheint mir zumindest wahrscheinlicher als ein Rückeinfluss der LXX auf die mittelalterlichen hebräischen Hsn., zumal die Lesart auch in der Peschitta bezeugt ist. Die Übersetzung Seybolds, der seiner Übersetzung das Wort ‫„ שָׁם‬dort“ zugrundelegt, erscheint mir doch recht frei interpretiert: „Wer Dankopfer feiert, der ehrt mich, und wer den Weg (dorthin) macht, den lasse ich schauen auf das Heil Gottes.“, Seybold, Psalmen, 1996, 205.

228

6 Psalm 50 (49)

Die Hs. 2013 bezeugt η οσος καθαρα, was als ἡ ὁδὸς καθαρὰ zu lesen ist.735 Die Entscheidende Variante besteht also darin, dass das Adjektiv καθαρός ergänzt wurde. In Jesaja 35,8 spricht die Septuaginta ebenfalls vom reinen Weg ὁδὸς καθαρὰ, während der MT ‫„ מַ סְל֣ וּל וָדֶ֗ ֶר‬ein Weg und eine Straße“ bezeugt. Es ist schwer zu bestimmen, ob die gegenüber dem MT neu eingeführte Wendung ὁδὸς καθαρά, die sich in der Septuaginta nur hier im oberägyptischen Text und in Jes 35,8 findet, auf den ursprünglichen Übersetzer zurückgeht oder eine spätere Variante darstellt. Die Hs.2013 bezeugt außerdem gestützt vom P. Bodmer XXIV einen Artikel vor ὁδός. Aufgrund der schwachen Bezeugung und da der oberägyptische Text häufiger sekundäre Varianten zu bezeugen scheint736, entscheide ich mich in beiden Fällen gegen die oberägyptische Lesart. Das Relativpronomen ᾗ hinter ὁδός wird von den latein. Zeugen in verschiedenen leichten Abwandlungen wiedergegeben. Einige griech. Zeugen weichen ebenfalls ab, indem sie das Relativpronomen im Akk. f. (ἣν) statt im Dat. f. (ᾗ) wiedergeben.737 Das Akk. f. Relativpronomen ἣν könnte sich auf das vorangehende beziehen. Es passt jedoch nur schlecht in den Kontext, da τὸ σωτήριον τοῦ θεοῦ bereits das Akk.-Objekt zum Verb δείξω darstellt. Eine Erklärung der Variante ist schwierig, insbesondere da mehrere Korrektoren die Variante bezeugen (Sc und Rc) und sie sich deswegen auch nicht auf eine Verschreibung zurückführen lässt. Auch wenn eine Erklärung der Variante schwierig ist, soll hier aufgrund der recht schwachen Bezeugung gegen die Variante entschieden werden. V. 23e: Ra: αυτω] αυτοις Sy, tibi Bo Sa Die syrische, bohairische und sahidische Übersetzung bezeugen das Relativpronomen nach δείξω im Pl. statt Sg. Im Kontext von V. 22 ist eine Pl.-Form denkbar. Entstanden ist die pluralische Lesart jedoch vermutlich im Hebräischen, indem ein 3. Pl. Suff. (‫)אֶראֵ ם‬ ְ anstelle des 3. Sg. Suff. (‫)אַראֶ נּוּ‬ ְ gelesen wurde. Eine Verwechslung ist hier gut denkbar. V. 23f-f: BHS: Sw dpwrqnh = ‫(י ִשְׁ עוֹ‬cj c ‫ ;)דרך‬prp ‫י ִשְׁ עִי‬vel ‫ְבּי ִשְׁ עִי‬ Ra: του θεου (sic etiam Cyp.) = M] μου L(non Tht’HeCh) 55

735

736 737

Ein Sg. m. Relativpronomen ὅσος ergibt im gegebenen Kontext keinen Sinn. Es handelt sich vermutlich um einen Schreibfehler und es ist wie in den anderen Hsn. ὁδὸς zu lesen. Zu Ergänzungen von Artikeln in oberägyptischen Hsn., vgl. Einzelanalyse zu V. 1b. Zu erwägen wäre auch, ob die Buchstaben ην als Verbform 3. Sg. Impf. (ἦν) von εἰμί zu lesen sind. Die Verbform passt jedoch insbesondere vom Tempus her nicht gut in den Kontext, weswegen die Lesung als Relativpronomen (ἣν) unter den beiden Alternativen wahrscheinlicher erscheint. Außerdem bezeugen die jüngeren Hsn. ην mit Spiritus asper, lesen also das Relativpronomen, vgl. Holmes/ Parsons, Vetus Testamentum, zur Stelle.

6.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 49

229

Eine Peschitta Hs. bezeugt ‫( י ִשְׁ עוֹ‬sein Heil), ergänzt also ein Possessivpronomen. Sie scheint ‫ אֱ הִים‬dafür zu streichen (nur dann macht nämlich der Vorschlag der BHS Sinn, ‫ י ִשְׁ עִי‬zu lesen). Ihr Text wäre dann zu übersetzen mit „ihn werde ich mein Heil sehen lassen.“ statt „ihn werde ich das Heil Gottes sehen lassen“. Durch die Änderung soll der Begriff „Heil Gottes“ womöglich fließender in die JHWH-Rede integriert werden (vgl. Ps 91,16).738 Ähnlich bezeugen in der griechischen Überlieferung die antiochenischen Hsn. und die Hs. 55, das Possessivpronomen μου anstelle von τοῦ θεοῦ. Da alle hebr. Hsn. einschließlich 4QPsc ‫ אֱ הִים‬bezeugen, ist davon auszugehen, dass es im ursprünglichen hebräischen Text gestanden hat. Der Anlass für die Änderung zur Lesart mit Possessivpronomen ist unklar. Die Tatsache, dass es sich bei V. 23 um direkte Rede Gottes handelt, könnte den Übersetzer veranlasst haben, Gott nicht abstrahierend vom „Heil Gottes“, sondern von „mein Heil“ reden zu lassen. Dass Gott von sich in der dritten Person spricht, ist im Psalm 50(49) jedoch auch in der Übersetzung der Septuaginta geläufig (vgl. V. 14 und 22), was die Frage aufwerfen würde, warum der Übersetzer gerade hier und nur hier eine Änderung vollzieht. Eine andere Möglichkeit wäre, dass der Übersetzer die Wendung an Ps 91(90),16 angepasst hat, um eine Verbindung zum Ps 91(90) zu ziehen, der das ähnliche Anliegen verfolgt, zum Rufen nach Gott in der Not zu ermutigen, um Gottes rettendes Handeln herbeizuziehen (vgl. Ps 91(90),14–16 und hier Ps 50(49),15.23)739.

738

739

Vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 316: „Im Unterschied zu Ps 9116 wird der Begriff ‚Heil Gottes‘ nicht durch Suffixe in die JHWH-Rede integriert. Wahrscheinlich soll zum Abschluß das Gewicht des Gattungsnamens im Sinne von ‚allmächtigen Gott‘ wie in 1 und 14.(22) eingebracht werden.“ Vers 23 fasst als Schlußlehre beide Teile der Gottesrede zusammen, vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalm 1–50, 1993, 316. Das „Heil Gottes“ in V. 23 gilt also auch demjenigen, der in der Not zu Gott ruft und Errettung durch ihn erfährt (Vers 15). Hier besteht die Parallele zu Ps 91(90),14–16.

6.3

Ergebnisse zu LXX Psalm 49

6.3.1 Die hebräische Vorlage der Septuaginta a) Bezeugung von Abweichungen der Septuaginta in Qumran In Psalm 50(49) wird keine der Abweichungen der Septuaginta vom MT durch das vorhandene Material aus Qumran gestützt. An den Stellen, bei denen die Septuaginta eine vom MT abweichende Lesetradition bezeugt (V. 6a.18b.23c.23d-d, siehe unter d), lässt sich für die Qumrantexte, die unvokalisiert sind, keine Aussage treffen, welche der beiden Lesetraditionen sie widerspiegeln. In V. 21c bezeugt die Qumran-Hs. 4QPsc eine sekundäre Sonderlesart, die weder in anderen hebräischen Hsn. noch in der Septuaginta bezeugt ist („ich will dich entblößen vor deinen Augen“ anstatt „ich will (es) dir vor Augen stellen“). Es ist jedoch nicht sicher, ob es sich um eine bewusste Änderung des Übersetzers handelt, oder ob die Abweichung auf einen Lesefehler zurückzuführen ist. b) Bezeugung von Abweichungen der Septuaginta in mittelalterlichen hebräischen Hsn. An einigen Stellen stimmen mittelalterliche hebräische Hsn. mit Abweichungen der Septuaginta vom MT überein. Besonders interessant sind die Fälle, in denen davon ausgegangen werden kann, dass sie auch die hebräische Vorlage der Septuaginta widerspiegeln und eine Variante folglich nicht auf den Übersetzer selbst, sondern auf seine vom MT abweichende hebräische Vorlage zurückgeht. In V. 11d.d weicht die Septuaginta z. B. stark vom MT ab, indem sie „das Getier des Feldes“ mit „die Schönheit des Feldes“ übersetzt. Dies ist jedoch nicht auf einen freien Eingriff des Übersetzers zurückzuführen, sondern hängt mit einer Verlesung im Hebräischen zusammen, dass das Wort ‫„ זיז‬Insekt; Grille“ als ‫„ זיו‬Glanz“ gelesen wurde, eine Verwechslung, die auch in einigen wenigen mittelalterlichen hebräischen Hsn. überliefert ist. Abgesehen von dieser inhaltlichen Abweichung ist auch bei einigen stilistischen Varianten der Septuaginta, die von einigen späteren mittelalterlichen Hsn. gestützt werden, davon auszugehen, dass sie auf einer hebräischen Vorlage basieren: In V. 20c die Ergänzung einer Kopula, die hier wahrscheinlich sogar den ursprünglichen hebräischen Text darstellt, in V. 21d die Übersetzung von MT ‫„ ְלעֵינֶי‬vor deinen Augen“ mit κατὰ πρόσωπόνd σου „vor deinem Angesicht“, da ihr ‫ ְל ָפנֶי‬als hebräischer Text vorlag, was in zwei mittelalterlichen hebräischen Hsn. für den Text bezeugt ist, und in V. 22g eine abweichende Verbform der Septuaginta.

6.3 Ergebnisse zu LXX Psalm 49

231

Zuletzt ist noch V. 5b.b.b zu erwähnen, in dem zwar einige mittelalterliche hebräische Hsn. an einer Stelle das Personalpronomen wie die Septuaginta in der 1. Sg. statt in der 3. Sg. bezeugen, im Kontext jedoch anders als die Septuaginta die Personalpronomina in der 3. Sg. beibehalten, sodass davon auszugehen ist, dass die Übereinstimmung unabhängig von der Septuaginta, bzw. ihrer hebräischen Vorlage entstanden sein muss. Es handelt sich wahrscheinlich um Schreibfehler (vgl. dazu die Einzelanalyse zu V. 5b.b.b). c) Vermutete hebräische Vorlagen oder Verlesungen der Septuaginta Da die oben erwähnten Abweichungen der Septuaginta in V. 5b.b.b (Personalpronomen in der 1. Sg. statt 3. Sg.) jedoch auch in der Peschitta bezeugt sind, ist zu erwägen, ob nicht eine hebräische Tradition existierte, die die Personalpronomina in der 1. Sg. bezeugte, auch wenn keine hebräischen Zeugen dafür vorhanden sind. Auch für V. 11c-c ist zu erwägen, ob die sinnvolle Variante der Septuaginta „Vögel des Himmels“ statt „Vögel der Berge“ zu lesen, nicht auf eine hebräische Vorlage beruht, die zwar in keinen Zeugen mehr erhalten ist, womöglich aber sogar die ursprüngliche hebräische Lesart darstellte (vgl. dazu die Einzelanalyse zur Stelle). Auf Verlesungen des Hebräischen gehen dagegen vermutlich die Abweichungen in V. 10b („Getier des Feldes“ statt „Getier des Waldes“) und V. 21a (die scheinbare Ergänzung von ἀνομία „Gesetzlosigkeit“) zurück. d) Abweichende Lesungen desselben Konsonantentextes In V. 6a hat die Septuaginta eine hebräische Vorlage, die die Imperfekt consecutivum-Form als Waw-copulativum + Imperfekt liest, was im Kontext besser passt und vermutlich die ursprüngliche hebräische Lesetradition darstellt. Ebenfalls scheint sie in V. 18b eine ältere Lesetradition darzustellen (‫ַתָּרץ‬ ָ ‫ ו‬von ‫„ רוץ‬laufen, eilen“ anstatt ‫ַתִּרץ‬ ֶ ‫ ו‬von ‫„ רצה‬Gefallen haben“). In V. 23a-a hat die Septuaginta vermutlich ‫„תּוֹדַת זֶבַח‬Opfer des Dankes/ Dankopfer“ statt ‫„ ז ֹ ֵב ַח תּוֹדָה‬Dank Opfernde“ gelesen. In V. 23c lag der Septuaginta eine hebräische Vorlage zugrunde, die ‫„ שָׁם‬dort“ anstelle von ‫( שָׂ ם‬3.Sg von ‫„ שׂים‬setzen, stellen, legen“) las. Beide Lesarten passen nicht gut im Kontext von V. 23, und eine Entscheidung über den ursprünglichen hebräischen Text ist hier schwierig.

232

6 Psalm 50 (49)

6.3.2 Der griechische Text 6.3.2.1 Die ursprüngliche Septuaginta Abweichungen vom Rahlfs-Text finden 1e.4e.10b.15b.16e.18c.19b.d.21e-e.22i.23f-f.

sich

in

den

Versen

a) Stil und Aufbau Die Septuaginta folgt derselben Dreiteilung des Psalms wie der MT, wobei sie diese deutlicher kennzeichnet, indem sie nicht nur in V. 6 (so der MT), sondern auch in V. 15 ein Diapsalma bezeugt. In der Wortreihenfolge bleibt die Septuaginta dem hebräischen Text sehr nahe. Stilistisch besaß der Übersetzer die Freiheit, implizite Objekte explizit wiederzugeben (V. 7b.15b) und bei hebräischen Nominalsätzen gelegentlich Hilfsverben zu ergänzen (V. 8e.10.11.12.18d). Auch die Konjunktion „und“ (V. 15d), sowie eine verstärkende Verneinungspartikel (V. 22i) wurden jeweils an einer Stelle ergänzt. Streichungen vollzieht die Septuaginta nur äußerst selten, in unserem Psalm nur in V. 17d, in dem sie aus stilistischen Gründen ein Personalpronomen auslässt. In der Wortform weicht die Septuaginta an drei Stellen im Numerus vom hebräischen Text ab (V. 9b.18c.19b), und in V. 20a gibt sie eine asyndetische Positionsangabe (‫„ ֭תֵּ שֵׁב‬du saßt“) elegant als Partizip wieder. Die Abweichungen zeigen deutlich das Interesse des Übersetzers, einen gut lesbaren griechischen Text darzubieten und die Freiheiten, die er sich dafür gegenüber dem hebräischen Text nahm. Auf die stilistische Gewandtheit des Übersetzers weisen außerdem u. a. die Verwendung des Possessivadjektivs ἐμός (V. 10.12)740 und die spezifische Wiedergabe von ‫„ קרא‬rufen“ mit ἐπικάλεσαί (V. 15)741 und von ‫חרשׁ‬ „schweigen“ mit σιγάω (V. 21)742. Außerdem zeigt in V. 4a die Wiedergabe der Präposition ‫ אל‬durch die Vorsilbe bei προσκαλέσεται, dass der Autor nicht sklavisch bei der Wortfolge bleibt.

740

741 742

Vgl. Cordes, Asafpsalmen, 2004, 52. Die Verwendung von ԗӰՌӷ lässt „eine gewisse literarische Bildung und stilistische Gewandtheit der Verfasser“ erkennen, Mayser, Grammatik Bd. II,2, 1970, 67. Vgl. LXX.E.II, 1504: „Das Verb ἐπικάλεσαί steht für ‫קרא‬, wenn dieses ‚(um Hilfe, um Beistand) anrufen‘ bedeutet (so noch Ps 13,4; 17,4 u.ö.)“. Laut Flashar wird mit σιγάω das „stillschweigende Gewährenlassen Gottes den Gottlosen gegenüber“ ausgedrückt, vgl. Flashar, Septuagintapsalter, 1912, 250. In V. 3, in dem der Kontext diese Konnotation nicht zulässt (es folgt die Rede an die Frommen, vgl. V. 5), wird ‫חרשׁ‬mit παρασιωπάω wiedergegeben, vgl. LXX.E.II, 1641.

6.3 Ergebnisse zu LXX Psalm 49

233

b) Inhaltliche Besonderheiten des Septuaginta-Psalms Im LXX Psalm 49 sind mehrere leichte inhaltliche Abweichungen vom MT zu beobachten, durch die der Übersetzer Aspekte hervorhebt oder auch leichte Änderungen vornimmt. In V. 2 vollzieht die Septuaginta zwei Änderungen. Während der hebräische Text von Zion als Vollendung der Schönheit spricht, aus der Gott hervorstrahlt, bringt sie zunächst die lobenden Attribute, die hier Zion beschreiben, mit Gott in Zusammenhang, indem sie ein Possessivpronomen ergänzt und dadurch Zion zu einem Attribut Gottes macht, nämlich dem Glanz seiner Schönheit (V. 2b-b). Dadurch wird der Fokus, der in den Versen 1–6 auf einer gewaltigen Beschreibung Gottes liegt, auch in V. 2 beibehalten. Des Weiteren spricht die Septuaginta in V. 2c-c nicht vom Aufstrahlen, sondern vom sichtbaren Kommen Gottes, vermutlich um einen Vergleich JHWHs mit der Sonne zu vermeiden. Auffällig ist außerdem, dass die Septuaginta die Theophanieszene (Verse 1–6) gegenüber der hebräischen Vorlage überwiegend im Futur hält und dadurch deutlich als zukünftiges Ereignis interpretiert (vgl. Einzelanalyse zu V. 2c-c). Gottes Richten in dieser Theophanieszene wird in der Septuaginta durch die Verwendung des Kompositums διακρίνω als ein zwischen richtig und falsch trennendes Gericht spezifiziert (vgl. Einzelanalyse zu V. 4e). In V. 5e hebt die Septuaginta stärker den Bezug zum Bundesschlusstext in Ex 24,5 hervor, wo differenziert vom Brandopfer und vom Heilsopfer die Rede ist, indem sie auch hier von Opfern im Plural statt wie der MT vom Opfer im Singular spricht. Den Begriff ‫תּוֹדָה‬, der in V. 14 und V. 23 begegnet, und der im hebräischen Text sowohl im allgemeinen Sinne von „Dank“ ohne kultischen Hintergrund verstanden werden kann als auch spezifisch als „Dankopfer“ im kultischen Rahmen, wird in der Septuaginta an beiden Stellen durch die Wiedergabe mit θυσία αἰνέσεως eindeutig als kultisches Opfer verstanden. Der Septuaginta-Psalm bezeugt folglich nicht eine Spiritualisierung des Opfers, wie sie von manchen Kommentatoren für den hebräischen Text angenommen wird, sondern das kultische Dankopfer steht im Mittelpunkt des griechischen Psalms (vgl. Einzelanalysen zu V. 14a-a und V. 23a-a). In den Versen 19–20 nimmt die Septuaginta deutlicher als der hebräische Text Bezug auf das 8.Gebot des Dekalogs (Ex 20,16) „du sollst nicht falsch Zeugnis reden“ (vgl. dazu die Einzelanalysen zu V. 19a.c und V. 20b). Kleinere inhaltliche Änderungen vollzieht die Septuaginta außerdem, indem sie in der Einleitung zur ersten Gottesrede die Worte ‫( וְאָעִידָה ָבּ‬V. 7e) nicht als Hinleitung zur Gottesrede versteht, im Sinne von „ich will dich anklagen“, sondern zunächst als positive Äußerung Gottes bezogen auf den unmittelbar folgenden Satz: „ich bezeuge dir feierlich: Gott, dein Gott, bin ich.“

234

6 Psalm 50 (49)

Bei dem etwas schwierigen Text in V. 10c-c „mein ist […] das Vieh in den Bergen der Rinder“ (‫)בהמות בהררי־אלף‬, ergänzt sie eine Kopula und übersetzt mit „mein ist […] das Vieh in den Bergen und die Rinder“. In V. 21, in dem im hebräischen Text nicht ganz deutlich ist, was Gott dem Gottlosen vor Augen führen wird, ergänzt die Septuaginta τὰς ἁμαρτίας σου „deine Sünden“ (V. 21e-e). Und in V. 23 lässt die Septuaginta Gott von „mein Heil“ statt vom „Heil Gottes“ sprechen und knüpft dadurch an die Wendung in Ps 91(90),16 an, möglicherweise um eine Verbindung zu dem Psalm herzustellen, in dem es ebenfalls um den Appell geht, Gott in der Not zu rufen und dadurch „sein Heil“ zu erfahren (vgl. dazu die Einzelanalyse zu V. 23f-f). Es gibt außerdem die inhaltlich leicht abweichenden Varianten in V. 5b.b.b (der Psalmist bleibt Sprecher des Verses, statt Gott), V. 6a (Tempus wird an Kontext angepasst), V. 11c-c („Vögel des Himmels“ statt „Vögel der Berge“), V. 18b („Sahst du einen Dieb, so liefst (συντρέχω, hebr. ‫ )רוץ‬du mit ihm“ statt „so hattest du Gefallen (‫ )רצה‬an ihm“) und V. 23c („dort [‫ ]שָׁם‬liegt der Weg“ anstelle von “und bahnt [‫שָׂם‬, 3.Sg von ‫ ]שׂים‬einen Weg“) und die starke Abweichung in V. 11d.d („die Schönheit [‫ ]זיו‬des Feldes“ anstelle von „das Getier [‫ ]זיז‬des Feldes“), die auf eine abweichende hebräische Vorlage zurückzuführen sind und die Abweichungen in V. 10b („Getier des Feldes“ statt „Getier des Waldes“) und V. 21a (die scheinbare Ergänzung von ἀνομία „Gesetzlosigkeit“) die vermutlich auf Verlesungen der hebräischen Vorlage zurückzuführen sind (vgl. unter 6.3.1, bzw. die Einzelanalysen zu den betreffenden Stellen).

6.3.2.2 Revisionen und weitere Bearbeitungen a) Hebraisierung Das ausgeprägteste Überarbeitungsmerkmal in der griechischen Überlieferung von Psalm 50(49) ist eine nachträgliche Anpassung an den hebräischen Text. Stilistische Abweichungen der Septuaginta wurden an dreizehn Stellen an den hebräischen Text angepasst. Man kann hier von einer isomorphen Anpassung an den hebräischen Text sprechen. Dies gilt für die Streichung von erklärenden Personalpronomen (V. 7b.15b) und Artikeln (V. 4e.6d.7f-f), eines Hilfsverbes (V. 8e) und einer verstärkenden Negativpartikel (V. 22i), für die Ergänzung einer ausgelassenen Kopula (V. 1e) eines Possessivpronomens (V. 17d) und für die Anpassung von Wortformen, die im Griechischen vermutlich aus stilistischen Gründen abweichen (V. 7e.9b. 18c.19b). Die isomorphe Anpassung in V. 1e erfolgte an eine vom MT abweichende hebräische Vorlage. Von den 21 inhaltlichen Varianten, die in der ursprünglichen Septuaginta bezeugt sind (vgl. 2.1 Die ursprüngliche Septuaginta), wurden fünf Stellen nachträglich an den MT angepasst (V. 5e.10b.11c-c.21e-e.23f-f). In V. 21c ist im

6.3 Ergebnisse zu LXX Psalm 49

235

P. Bodmer XXIV außerdem noch eine Anpassung an einen vom MT abweichenden hebräischen Text bezeugt. b) Weitere Bearbeitungen In der griechischen Textüberlieferung vom LXX Psalm 49 sind drei Stellen bezeugt, bei denen Hsn. aus stilistischen Gründen sekundär vom MT, den die ursprüngliche Septuaginta wortgetreu wiedergibt, abweichen. Zwei dieser Abweichungen sind nur singulär bezeugt. In V. 3d bezeugt der P. Bodmer XXIV die Ergänzung der Partikel μή, die die schon vorhandene Verneinungspartikel οὐ verstärkt. In V. 20e ändert die Hs. 2013 eine Sg.-Nominalform in Plural vermutlich aus stilistischen Gründen. Etwas stärker bezeugt ist die stilistische Auslassung einer Kopula καί in Vers 3c. Sie ist in einigen oberägyptischen (2013 2018 Sa) und in einem altlateinischen Zeugen belegt. Inhaltliche Abweichungen vom hebräischen Text, die in der ursprünglichen Septuaginta noch nicht bezeugt waren, sondern erst sekundär entstanden sind, finden sich an fünf Stellen. In V. 1a-a ergänzt der Kodex Alexandrinus die Wendung εἰς τὸ τέλος in der Überschrift, vermutlich um den Psalm als eschatologischen Psalm zu kennzeichnen (vgl. Einzelanalyse zur Stelle). In V. 1a-a wird außerdem der Autor des Psalms in einigen antiochenischen (Lb) und abendländischen Hsn. (R LaR) an die folgenden Psalmen angepasst und zwar wird Asaf mit David ersetzt. In V. 2a scheint die Hs. 2082 aus dem 2./ 3. Jh. eine Ergänzung zu bezeugen, was sich aufgrund der Größe der Lücke vermuten lässt. Um welche Ergänzung es sich handelt, lässt sich jedoch nicht mit Sicherheit sagen (möglicherweise wurde ἐστιν ergänzt). In V. 9c scheint die sehr alte Hs. 2227 eine bewusste Änderung zu vollziehen, indem sie ‫עַתּוּד‬mit πρόβατον „Schaf“ (anstelle von χιμάρος „Bock“) wiedergibt und in V. 13c mit ἀρήν „Lamm“ (anstelle von τράγος „Bock, Ziegenbock“), beides griechische Wörter, die im AT nur hier als Äquivalente für πρόβατον verwendet werden. Ein Grund für die Änderung ist nicht erkennbar. In V. 22h findet sich die Ergänzung von ὡς λέων. Der Grund für die Änderung ist unklar. Die Assoziation Gottes mit einem Löwen war aber durch das Verb naheliegend. Möglicherweise hat die Variante ihren Hintergrund in der antiochenischen Kommentartradition (sie ist bezeugt in R´’ Tht’Th et Clem. Rom.). In V. 23aa vollzieht die Hs. 55 als einzige Hs. einige Änderungen, indem sie eine Nominal- und eine Verbform ändert („Mit Lobopfern verherrlichst du mich“ statt „Ein Lobopfer soll mich verherrlichen“). Intertextuell bedingte Abweichungen finden sich in V. 6b, in dem ein ganzer Satz ergänzt wird, der vermutlich aus Zef 1,12 übernommen wurde, in V. 4d, in dem die Wendung ἐξ ὕψους „aus der Höhe“ und in V. 23d-d, in

236

6 Psalm 50 (49)

dem ein Wort aus Jes 35,8 ergänzt wird. Die Zusätze sind v. a. in oberägyptischen Texten bezeugt (P. Bodmer XXIV hat nur die Ergänzung in V. 6b). c) Innergriechische Abweichungen Bei innergriechischen Abweichungen handelt es sich um Varianten, bei denen die griechischen Hsn. untereinander differieren, beide Lesarten jedoch den MT adäquat wiedergeben. An einigen Stellen ist eine Vereinheitlichung des Wortschatzes erkennbar: Hebräische Wörter, die die ursprüngliche Septuaginta im Griechischen differenzierter mit unterschiedlichen Äquivalenten wiedergegeben hat, wurden nachträglich vereinheitlicht wiedergegeben, sodass ein hebräisches Wort möglichst konsequent mit einem griechischen Wort wiedergegeben wird. Auffällig ist, dass abgesehen von V. 4e, in dem die Vereinheitlichung nur in der Hs. 2018 bezeugt ist, die Vereinheitlichung ansonsten in den alten Hsn. sehr weit verbreitet ist, während die antiochenischen Hsn. die ursprüngliche Septuaginta bewahrt haben (s. u. 6.4: Tabelle 2), ein ähnlicher Hsn.-Befund wie bei der hebraisierenden Rezension (s. o.). Das weist darauf hin, dass die Vereinheitlichung des Wortschatzes vermutlich ebenfalls im Rahmen dieser Rezension vollzogen wurde. Neben den vereinheitlichenden Tendenzen gibt es einige weitere innergriechische Varianten: Die oberägyptische Hs 2013 und P. Bodmer XXIV ergänzen in 23d-d einen Artikel und in den Versen 1b und 11e jeweils eine der Hsn. Bei den oberägyptischen Hsn. sind auch in LXX Ps 33 häufiger Ergänzungen von Artikeln bezeugt, dort aber insbesondere in der Hs. U, nicht jedoch in der Hs. 2013 (P. Bodmer XXIV ist für LXX Ps 33 nicht vorhanden). Es lässt sich also höchstens eine Tendenz in den oberägyptischen Hsn. erkennen, stellenweise Artikel zu ergänzen. In V. 4e streicht allein die Hs. 2018 die Präposition vor διακρῖναι und bezeugt die einfache Form κρῖναι. In den Versen 8e.21a und 23d-d finden sich Varianten in der Wortform, die jedoch beide den hebräischen Text adäquat wiedergeben. Die Abweichungen sind nur in vereinzelten Hsn. bezeugt und irrelevant.

6.3.3 Fazit LXX Psalm 49 hatte einen hebräischen Text vorliegen, auf den vermutlich drei der stilistischen (V. 20c.21d.22g) und neun der inhaltlichen (V. 5b.b.b.6a.10b.11c-c.11d.d.18b.21a.23a-a.23c) Abweichungen der Septuaginta vom MT zurückzuführen sind. In den erhaltenenen Texten aus Qumran ist keine der abweichenden Lesarten der Septuaginta eindeutig bezeugt, jedoch sind einige Varianten in mittelalterlichen hebräischen Hsn. belegt. In den Versen 6a.11c-c.20c und womöglich auch in V. 23c ist die hebräische Vorlage der

6.3 Ergebnisse zu LXX Psalm 49

237

Septuaginta wahrscheinlich dem MT als ursprünglicher hebräischer Text vorzuziehen. Die ursprüngliche Septuaginta bezeugt eine Übersetzungsweise, die neben den für den LXX-Psalter bekannten leichten Abweichungen (Ergänzungen von Objekten, Hilfsverben, Partikeln etc.), auch einige stilistische Eigenheiten aufweist, wie eine spezifische Wortwahl und die Änderung einiger Wortformen, die das Anliegen des Übersetzers zeigen, einen guten griechischen Text zu bieten. Zudem fällt im LXX Psalm 49 insbesondere die Fülle an kleineren inhaltlichen Änderungen auf, die, verteilt im gesamten Text, auf einen recht freien Umgang des Übersetzers mit der hebräischen Vorlage weisen, die dem Text neue Nuancen geben, neue Bezüge herstellen und Aspekte ergänzen (insgesamt an einundzwanzig Stellen). In der Textüberlieferung sind deutlich hebraisierende Überarbeitungen erkennbar, die dreizehn stilistische und fünf inhaltliche Abweichungen der Septuaginta an den MT anpassten. Es fällt auf, dass sie in den antiochenischen Hsn. so gut wie gar nicht bezeugt sind (vgl. 6.4: Tabelle 1), nur in V. 7e und V. 19b jeweils in einem Teil der antiochenischen Hsn. Besonders stark sind hebraisierende Tendenzen dagegen im P. Bodmer XXIV und im Oxyrhynchus P. 5101 belegt. Beide Hsn. haben auch singuläre Lesarten, in denen sie allein eine Hebraisierung bezeugen (s. u. 6.4: Tabelle 1, die grau unterlegten Zeilen). Zudem überliefert P. Bodmer XXIV die hebräische Psalmenzählung (der Psalm ist als Psalm 50 gekennzeichnet, vgl. Anm. 448), was ebenfalls auf eine Orientierung am hebräischen Text weist. Die Belege im Oxyrhynchus P. 5101, der ins 1./ 2. Jh. n. Chr. zu datieren ist, weisen darauf hin, dass diese Anpassungen bereits vorhexaplarisch erfolgt sind. Auffällig ist, dass die älteren Kodizes und Hsn. B S A 2013 und P. Bodmer XXIV häufig geschlossen gegen den antiochenischen Text stehen. Rahlfs hat hier in der Regel den antiochenischen Text als sekundär eingestuft. Die Gründe für die Abweichungen im antiochenischen Text vom MT sind jedoch so unterschiedlich und z. T. willkürlich (Verlesungen im Hebräischen, stilistische Ergänzungen oder Änderungen von Wortformen, Adaptionen von Wortformen aus dem direkten Kontext, etc.), dass sich daraus nur schwierig eine sinnvolle Rezension identifizieren lässt. Sie weisen eher auf einen bis zu einem gewissen Grad freien Umgang der ursprünglichen Septuaginta mit ihrer hebräischen Vorlage, der ganz im Rahmen der Übersetzungstechnik liegt, die auch sonst im variantenlosen Bereich vom LXX Psalm 49 bezeugt ist. Die Lesarten der älteren Kodizes spiegeln hier vermutlich eine vorhexaplarische hebraisierende Rezension wieder. In den Rahmen dieser Rezension fällt wahrscheinlich auch die Vereinheitlichung des griechischen Wortschatzes in den V. 4e.9c und 16e, wobei diese in den alten Kodizes nicht so breit bezeugt ist, wie die Hebraisierungen (vgl. 6.4: Tabelle 2) Sekundäre Abweichungen vom MT sind insgesamt an acht Stellen belegt, am häufigsten im P. Bodmer XXIV und den oberägyptischen Hsn.,

238

6 Psalm 50 (49)

wobei hierunter insbesondere die Ergänzung eines Satzes in V. 6b aus Zef. 1,12 zu erwähnen ist.

6.4

Anhang

Tabelle 1: Hsn.-Befund zur hebraisierenden Revision (* = ursprüngliche Septuaginta; sek = sekundäre Lesart/ Hebraisierung; Fettdruck bei Versangabe: textkritisch abweichend von Ra; Fettdruck bei Hsn. = nicht bei Ra aufgenommen; grau unterlegt = singuläre Lesarten; WW = Abweichung in der Wortwahl; WF = Abweichung in der Wortform) Hebraisierung inhaltlicher Abweichungen Stelle 10b 21e-e 23f-f 5e 11c-c 21c

Art WW + WW WF WW +

„Ant“ * * * * * *

B (S) sek sek sek * * *

A * sek sek * * *

2013 sek sek sek * * *

2082 n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V.

2110 sek sek sek * * sek

2227 sek n.V. n.V. sek sek n.V.

A sek * sek * * * * * sek sek sek * *

2013 sek sek * * sek * * sek sek sek sek * *

2082 [sek] n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. [*] [sek] [sek] n.V. n.V. n.V.

2110 sek * sek * sek * sek [*] sek sek sek sek *

2227 n.V. [*] [sek] [*] sek * [sek] n.V. n.V. n.V. n.V. * sek

Isomorphe Anpassungen Stelle 1e 4e 6d 7b 7e 7f-f 15b 17d 18c 19b 22i 8e 9b

Art + WF + WF WF WF

„Ant“ * * * * */ sek * * * * */ sek * * *

B (S) sek sek sek * * * sek * sek sek sek * *

240

6 Psalm 50 (49)

Tabelle 2: Hsn.-Befund zur Vereinheitlichung (* = ursprüngliche Septuaginta; sek = sekundäre Lesart/ Vereinheitlichung; grau unterlegt = singuläre Lesarten; Fettdruck = rekonstruierte ursprüngliche Septuaginta, die vom Rahlfs-Text abweicht)

Stelle 4e 9c 16e

„Ant“ * * *

B (S) * * sek

A * * *

2013 * sek sek

2082 n.V. n.V. n.V.

2110 * sek *

2227 [*] [sek]

Tabelle 3: Schreibfehler und orthographische Varianten Stelle 1c 1d 2a 2b-b 2b-b 3e 3e 5a 5c 5d 7a 7d 7g 8a 8b 8c 10d 11a 11b 12a-a 12a-a 13a 14a 14b 16e 743

Anm.743 Kasser/Testuz (Ra 2110): εκαλεσε : εκαλεσεν Ra: απο] απ S Colomo/ Henry (Ra 2227): Σε[ιων [auch 2110] Kasser/Testuz (Ra 2110): ευτρεπεια, l. ευπρεπεια Kasser/Testuz (Ra 2110): ωραιωτητος, l. ωραιοτητος Kasser/Testuz (Ra 2110): l. παρα{ρα}σ[ι]ωπησεται Keine Apparatangaben vorhanden. Ra 2082. Colomo/ Henry (Ra 2227): συναγετε αυτω : so effectively 2110 (συναγεται εαυτω). Other copies give συναγαγετε αυτω. Kasser/Testuz (Ra 2110): συναγεται εαυτω : συναγαγετε αυτω Ra: τους οσιους] τ. αγιους 2018: cf. 3310; iustos LaRAug et Cyp.: cf. 1726; filios LaG Colomo/ Henry (Ra 2227): διαθιθεμενους : l. διατιθεμενους. Ra: λαος] pr. ο 2013(non2052) Ra: και 20 > LaG Kasser/Testuz (Ra 2110) : ο θς σου ο θς σου: ο θεος ο θεος σου Colomo/ Henry (2227) : εν̣: other copies give επι. Kasser/Testuz (Ra 2110) : εξελεγξω σε : ελεγξω σε Colomo/ Henry (2227) : ολοκαυτ̣ω̣μ̣α:̣ a slip for ολοκαυτωματα. Kasser/Testuz (Ra 2110) : ορεσι : ορεσιν Kasser/Testuz (Ra 2110) : εγνωγα, l. εγνωκα Kasser/Testuz (Ra 2110) : π[ε]δεινα, l. πετεινα Kasser/Testuz (Ra 2110) : ενα : εαν Kasser/Testuz (Ra 2110) : πινωσω : πεινασω Kasser/Testuz (Ra 2110) : κραια, l. κρεα Kasser/Testuz (Ra 2110) : αινεσεμος, l. αινεσεως Colomo/ Henry (Ra 2227) : θ̣ε̣ω:̣ other copies give υψιστω Kasser/Testuz (Ra 2110) : διεξηγη (pour εκδιηγη?) : διηγη

Die Apparatangaben sind für die Übersichtlichkeit zum Teil gekürzt. Bei Bedarf kann für die vollständigen Apparatangaben in den Einzelanalysen nachgesehen werden.

6.4 Anhang 16f 17a 17c 19a 19c 20b 20d 21b 22a 22e 23b

241

Ra: μου ult. > 2013(non Sa) Ra: δε] δ 2013 Kasser/Testuz (Ra 2110) : εξελαβ̣ες : εξεβαλες Kasser/Testuz (Ra 2110) : επλεονασε : επλεονασεν Kasser/Testuz (Ra 2110) : περιεπλεκε : περιεπλεκεν Ra: κατελαλεις] καταλ. R Ra: σου ult. > 2013 Ra: σε > 2013(non Sa) Kasser/Testuz (Ra 2110) : l. συνε δη Kasser/Testuz (Ra 2110) : επιλανθομενοι (l. Επιλαθομενοι) : επιλανθανομενοι Ra: με] σε 2013(non Sa)

7 Psalm 104 (103) 7.1

Einführung in den hebräischen Text

7.1.1 Gliederung und Inhalt Psalm 104 ist ein Lobpreis auf die Schöpfung Gottes. Von den oberen Himmelswassern, die die Obergemächer Gottes bilden (V. 3), über die Bändigung des Urozeans (V. 7–9) und der Wasserversorgung der Erde (V. 10–18) stellt Wasser das zentrale Motiv des Psalms dar. Der Psalm lässt sich aus stilistischen und inhaltlichen Gründen in sieben Abschnitte gliedern.744 Der Selbstaufruf zum Lobpreis Gottes ‫„ בּ ֲָרכִי נַפְשִׁי אֶ ת־י ְהוָה‬Preise den Herrn, meine Seele“ bildet den Rahmen des Psalms (V. 1 und 35). Verse 1b–5: Der erste Abschnitt beginnt mit einem hymnischen Lobpreis JHWHs. Stilistisch ist er geprägt von hymnischen Partizipien. Es wird auf den zweiten Schöpfungstag in Gen 1,6–8 Bezug genommen.745 JHWH, der den Himmel wie eine Zeltdecke ausspannt (v.2) und „die oberen Himmelswasser von der Welt darunter, insbesondere dem Luftraum, abtrennt“746. Die oberen Himmelswasser bilden seine Obergemächer (V. 3),747 von wo aus er die Welt mit Wasser versorgen wird (vgl. V. 13ff.). Die Wolken sind sein Gefährt (V. 3) und Winde und Blitze (‫ )אשׁ להט‬seine Boten und Diener (V. 4).748 Die partizipiale Reihe schließt mit JHWH, der die Erde gegründet hat und ihren Fortbestand gewährleistet (V. 5).749 744

745

746 747 748 749

Vgl. Seybold, Psalmen, 1996, 408. Er unterteilt jedoch die Verse 10–18 in zwei Strophen und bezeichnet dafür die V. 30–35 nicht als eigene Strophe, sondern als Nachtrag. Für eine ausführliche stilistische Analyse zur Gliederung des Psalms, vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalmen 101–150, 2008, 71f. Oeming gliedert nach inhaltlichen Aspekten weitaus gröber in zwei Teile, 1. Beschreibung der Herrlichkeit JHWHs in der Natur (1b–26), 2. Die Abhängigkeit allen Lebens von Gott (27–35), vgl. Oeming, Psalm 90–151, 2016, 91. Vgl. Weber, Werkbuch Psalmen II, 2003, 184. Dagegen Kraus, Psalmen 60–150, 1978, 880: „Daß der Dichter Gn 1 ‚vor Auge‘ gehabt habe (HGunkel), wird man nicht behaupten können. […] An eine literarische Einsichtnahme oder gar Abhängigkeit wird kaum zu denken sein.“ Vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalmen 101–150, 2008, 76. Vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalmen 101–150, 2008, 76. Vgl. Seybold, Psalmen, 1996, 409. Die meisten Kommentare gliedern V. 1b–4 und V. 5–9, insbesondere aufgrund der Unterbrechung der hymnischen Partizipien in V. 5 durch die 3. Sg.-Verbform ‫יָסַד‬ (MT), vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalmen 101–150, 2008. Die ursprüngliche Septuaginta liest hier dagegen wahrscheinlich ein Ptz. ὁ θεμελίων, vgl. Einzelanalyse zu V. 5a-a. Sie wird gestützt von Qumran, wo die Partizipialform ‫ יֹסֵד‬durch Pleneschreibung ‫יוסד‬

7.1 Einführung in den hebräischen Text

243

Verse 6–9: Der zweite Abschnitt, der insbesondere von Imperfektformen bestimmt ist, thematisiert die Zurückdrängung des Urmeeres, der die Erde einschließlich der Berge wie ein Kleid bedeckt (V. 6). Durch Gottes schöpferischen Eingriff werden die Urwasser zurückgedrängt (V. 7–8) und ihnen wird eine Grenze gesetzt, die sie fortan nicht mehr überschreiten werden (V. 9). Verse 10–18: Der dritte Abschnitt setzt stilistisch die partizipiale Reihe von V. 1b–5 fort, indem er in V. 10 und V. 13f. mit Partizipialformen einsetzt. Thematisch wird die Wasserversorgung der Erde geschildert.750 Die V. 10–12 beschreiben die Versorgung durch Wasserquellen und Bäche, durch welche die Tiere des Feldes und die Vögel des Himmels versorgt werden und die V. 13ff. die Versorgung durch Regen, der – anders als Quellen und Bäche – auch die Berge erreicht: „Du, der die Berge tränkt aus seinen Obergemächern“ (V. 13).751 Der Satz wird fortgesetzt mit den nur schwierig in den Kontext passenden Worten „von der Frucht deiner Werke wird die Erde gesättigt“. Möglicherweise ist hier stattdessen „aus der Fülle deiner Speicher“ zu lesen.752 Der Regen lässt Gras und Pflanzen wachsen, aus denen der Mensch Brot, Wein und Öl gewinnt (V. 14f.), die Trias „der sog. Grundnahrungsmittel des Nahen Ostens“.753 Auch die Bäume werden durch den Regen getränkt, die den Lebensraum der Vögel bilden (V. 16f.). Verse 19–23: Daran anschließend wird, ebf. eingeleitet durch eine Partizipialform754, auf die zeitliche Nutzungsordnung eingegangen.755 Nachts regen sich die wilden Tiere (V. 20f.); mit Aufgang der Sonne ziehen sie sich zurück (V. 22) und der Mensch tritt an sein Tagewerk (V. 23).756 Verse 24–26: Im fünften Abschnitt wird noch ein Blick auf das große und weite Meer geworfen. In ihm sind Tiere ohne Zahl (V. 25). „So hat auch das Meer seine Lebensfunktion und erweist damit, daß das ganze Wassersystem der Welt den Sinn hat, Leben zu ermöglichen und zu erhalten“757.

750

751 752 753 754 755 756

757

eindeutig bezeugt ist (4QPsd und wahrscheinlich auch 11QPsa), was dafür spricht, dass es sich möglicherweise um die ursprüngliche hebräische Lesart handelt und V. 5 den Abschluss der Partizipialreihe (V. 2–5) bildet. Stilistisch bilden die Verse eine Einheit, indem sie an die partizipiale Reihung des ersten Abschnitts anknüpfen. „Der Abschnitt reicht inhaltlich wie stilistisch bis zum nächsten Neueinsatz mit SK in dritter Person in V 19“, Hossfeld/ Zenger, Psalmen 101–150, 2008, 71. Vgl. Hossfeld/ Zenger, Die Psalmen III, 2012, 586. Es ist ‫ מ ִֵרי ֲא ָסמֶי‬statt ‫( ִמפּ ְִרי ַמ ֲעשֶׂי‬MT) zu lesen, Seybold, Psalmen, 1996, 408. Vgl. auch schon Kraus, Psalmen 60–150, 1978, 879. Vgl. Dtn 8,8 und Koh 9,7f., vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalmen 101–150, 2008, 80. MT liest hier die 3. Sg. Doch vermutlich ist auch hier ein Partizip zu lesen, vgl. dazu Einzelanalyse zu V. 19a. Vgl. Seybold, Psalmen, 1996, 410. Zu der Frage, warum der Text nicht mit dem Tagesbeginn einsetzt, sondern mit der Schilderung des Lebens in der Nacht, vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalmen 101–150, 2008, 81f. Seybold, Psalmen, 1996, 410.

244

7 Psalm 104 (103)

Vers 26 ist etwas rätselhaft. Er beschreibt, dass Schiffe auf dem Meer umherziehen und der Leviathan, den Gott geschaffen hat, um mit ihm zu spielen. Uehliger deutet dies als eine Entmachtung des Leviathans und – ebenso, wie die ruhig umherziehenden Schiffe auf dem Meer – als Ausdruck dafür, dass auch das Meer befriedet und als Lebensraum in den Kosmos integriert ist.758 Stilistisch weicht der Abschnitt von den vorigen ab und wird vor allem von Demonstrativa wie „da“ und „dort“ bestimmt.759 Verse 27–30: Die Verse 27–30 beschreiben abschließend die Abhängigkeit aller Geschöpfe von Gott. Tut Gott seine Hand auf, so werden sie gesättigt, verbirgt Gott dagegen sein Angesicht, so erschrecken sie. Die Abhängigkeit geht noch weiter: Leben vergeht, wo Gott den Lebensatem wegnimmt und neues Leben entsteht, wenn Gott seinen Lebensatem hinsendet. Stilistisch bestimmend sind die 2. Sg.-Verbformen, mit denen Gottes Handeln beschrieben wird, und die poetische Durchgestaltung in parallelen Bikola.760 Verse 31–35a: Am Ende schwenkt der Psalm stilistisch zur Er-Rede über JHWH um.761 Er schließt mit dem Aufruf, dass die Herrlichkeit JHWHs ewig währe (V. 31–32), dem Ausdruck der Hoffnung, dass JHWH sich an seinen Werken freue (V. 31) und an der Rede des Psalmisten gefallen habe (V. 34) und einem Lobgelübde (V. 33). Sünder und Gottlose, die dagegen im Kontrast zu einer harmonischen Beziehung zum Schöpfer stehen, sollen endgültig von der Erde verschwinden (V. 35a).762

7.1.2 Gattung und Entstehungsgeschichte Psalm 104 stellt den Hymnus eines Einzelnen dar, der die Erschaffung der Welt besingt.763 Der Enstehungskontext und die Datierung des Psalms sind umstritten in der Forschung.764 Eine mögliche direkte literarische Abhängig-

758 759 760 761 762 763

764

Vgl. Uehlinger, Leviathan, 1990, 520–522. Vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalmen 101–150, 2008, 72. Eine Ausnahme bildet das Trikolon in V. 29, vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalmen 101– 150, 2008, 74. Der Wechsel zur „Er-Rede“ im Abschluss von Psalmen ist nicht ungewöhnlich, vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalmen 101–150, 2008, 75. Vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalmen 101–150, 2008, 87. „Its individual nature is clear not only from the initial and final self-exhortation but also from the personal references in vv 33–34.“, Allen, Psalms 101–150, 1983, 28. Zum Hymnus eines Einzelnen als einer Grundform des Hymnus in Israel, vgl. Crüsemann, Studien, 1969, 285ff. Vgl. z. B. Seybold, Psalmen, 1996, 409: „Eine Datierung ist nicht möglich.“ Seybold selbst tendiert aufgrund „der kritischen Beziehungen zu Gn 1, mit seinen weisheitlchtheologischen Denkformen eher in die nachexilische Zeit.“, ebd. Zu der Möglichkeit einer vorexilischen Datierung einer Grundschicht tendiert z. B. Köckert, Beobach-

7.1 Einführung in den hebräischen Text

245

keit des Psalms vom Echnaton-Hymnus wurde viel diskutiert, ist jedoch aufgrund deutlicher Differenzen auszuschließen.765 Über die Entstehungsgeschichte des Psalms herrscht in der Forschung zunächst Einigkeit darin, dass die Rahmung durch ‫ בּ ֲָרכִי נַפְשִׁי אֶ ת־י ְהוָה‬und das Halleluja am Ende sekundär sind und auf eine komponierende Redaktion zurückgehen, die Ps 103 mit 104 zusammengebunden hat (‫בּ ֲָרכִי נַפְשִׁי אֶ ת־‬ ‫)י ְהוָה‬766 und Psalm 104 insbesondere mit den Pss 105–106 und ferner mit den Pss 111–113.115–117.135 und 146–150 verbindet (Halleluja-Ruf)767. Stilistische und inhaltliche Beobachtungen haben dazu geführt, eine Grundschicht, die vor allem von hymnischen Partizipien geprägt ist, von späteren Redaktionen zu unterscheiden, insbesondere die V. 5–9, die durch Unterbrechung der hymnischen Partizipien V. 2–4.10ff. durch Verbalformen im Perfekt in V. 5f.8f. und ihren inhaltlichen Fokus auf der creatio prima hervorstechen.768 Köckert769 geht in Anschluss an Spieckermann770 von einer dreistufigen Wachstumsgeschichte aus. Die hymnischen Partizipien (vgl. v. a. V. 2–4.10.13) schreibt er einem Grundtext aus der Königszeit zu771, während er eine „Du-Schicht“772 davon unterscheidet, die wahrscheinlich aus dem 7. Jh. und später stammt.773 Hinzu kommt eine zweite Fortschreibung,

765

766 767 768 769 770 771

772 773

tungen, 2000, 275. Vgl. auch Kraus, Psalmen 60–150, 881 und Craigie, Hebrew Poetry, 1974, 19–21. Zuletzt hat sich Oeming gegen eine direkte Abhängigkeit des Psalm 104 vom Echnaton Hymnus ausgesprochen. Ausführlich dazu, vgl. Oeming, Psalm 90–151, 2016, 91–96. Auch einen möglichen Zwischenträger der Überlieferung oder direkte Einflüsse aus Ugarit oder aus Mesopotamien hält er eher für unwahrscheinlich; „vermutlich gibt es keine einlinige Herleitung, sondern Psalm 104 spiegelt einen vielgestaltigen internationalen Wissenstransfer wider, wie er in einer Jerusalemer Beamtenschule der nachexilischen Zeit gut vorstellbar ist“, Oeming, Psalm 90–151, 2016, 95. Vgl. auch Weber, Werkbuch Psalmen II, 2003, 184: „Wiederholt ist auf Parallelen von Ps 104 v. a. mit ägyptischen (Aton-Hymnus, Amuns-Hymnen), aber auch ugaritischen (Baal-Mythos) und mesopotamischen (Enuma Elisch) Schöpfungsaussagen hingewiesen worden, wobei die Annahme einer direkten Beeinflussung in jüngerer Zeit eher zurücktritt.“ Vgl. Hossfeld/ Zenger, Die Psalmen III, 2012, 586f. Vgl. auch Köckert, Beobachtungen, 2000, 277f. Ausführlich zu den Halleluja-Rufen im Psalter, vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalmen 101– 150, 2008, 64–67. Vgl. Hossfeld/ Zenger, Die Psalmen III, 2012, 586. Vgl. ausführlich dazu auch Hossfeld/ Zenger, Psalmen 101–150, 2008, 72–75. Vgl. Köckert, Beobachtungen, 2000, 259–279. Vgl. Spieckermann, Heilsgegenwart, 1989, 21–49. Zur Grundschicht zählt Köckert die V. 2b–4.10.12.13a.14–15.32, vgl. Köckert, Beobachtungen, 2000, 275, Anm. 77. Hossfeld datiert die Grundschicht dagegen in die exilische Zeit, vgl. Hossfeld/ Zenger, Die Psalmen III, 2012, 588, Seybold vermutet sogar nachexilisch, vgl. Seybold, Psalmen, 1996, 409. Zur Du-Schicht zählt Köckert die V. 1aβ–2a.11(?).13b.20–24a.c.27–29a.30.31.33– 34, vgl. Köckert, Beobachtungen, 2000, 275, Anm. 79. Vgl. Köckert, Beobachtungen, 2000, 275f.

246

7 Psalm 104 (103)

die an der creatio prima interessiert ist (in den V. 5–9) und aus nachexilischer Zeit stammt,774 sowie eine letzte Bearbeitung, die den Psalm an seinen Ort im Psalter gestellt hat.775 Die Ausscheidung einer „Du-Schicht“ ist jedoch in vielerlei Hinsicht problematisch776 und auch die Identifikation der V. 5–9 als eine Fortschreibung, die an der creatio prima interessiert war, scheint fraglich, da sie einen konstituierenden Bestandteil für die V. 10–18 darstellen.777

7.1.3 Kontext im Psalter Psalm 104 ist durch die Selbstaufforderung ‫ בּ ֲָרכִי נַפְשִׁי אֶ ת־י ְהוָה‬mit dem vorangehenden Ps 103 verknüpft. Auch inhaltlich lassen sich Überschneidungen erkennen, sowie in der Motivik: beide Psalmen verwenden das Motiv des Staubes für die Vergänglichkeit des Menschen (Ps 103,14 und Ps 104,29) und das Motiv der Sättigung (in Ps 103,5 versorgt/ sättigt JHWH den Beter mit Gutem und in Ps 104,16.28 werden die Bäume und die Geschöpfe gesättigt).778 Vermutlich wurden die Psalmen aufgrund inhaltlicher Nähe von einer Redaktion miteinander verknüpft.779 Auch mit den nachfolgenden Psalmen 105–106 ist der Psalm durch den abschließenden Halleluja-Ruf (V. 35) durch eine Redaktion zusammengebunden worden. Als Trias stellen die Psalmen 104–106 „vermutlich eine Gesamtgeschichte vom Schöpfungsanfang bis zur Gegenwart“780 dar. Sie 774 775 776

777

778 779 780

Zu ihr gehören laut Köckert vermutlich die V. 5–9.16–18.19.24b.25–26, vgl. Köckert, Beobachtungen, 2000, 276, Anm. 81. Vgl. Köckert, Beobachtungen, 2000, 277–279. Zunächst einmal ist der Wechsel von Er- zur Du-Rede für Hymnen im AT durchaus geläufig, vgl. Crüsemann, Studien, 1969, 287 u. Krüger, „Kosmo-theologie“, 1993, 51. Köckerts Scheidung nach stilistischen Kriterien wird gelegentlich überstrapaziert (z. B. die Identifikation der „Du-Schicht“ in V. 1–2 und V. 13), vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalmen 101–150, 2008, 73f. Zudem ist die Er-Rede von JHWH vermutlich im MT abgesehen vom Rahmen und dem Schluss nur noch in V. 16 bezeugt. Die 3. Sg.-Verbalformen zu Beginn von V. 5 und V. 19 sind dagegen vermutlich als Partizipien zu lesen, vgl. dazu die Einzelanalysen zu V. 5a-a und V. 19a. Die V. 1b–9 beschreiben die creatio prima. Hierbei richten die V. 1b–4 ihren Blick auf die oberen Himmelswasser, die dadurch entstehen, dass JWHW sie durch den wie eine Zeltdecke ausgespannten Himmel von den unteren Wassern scheidet. Die V. 5–9 richten den Blick dagegen auf die unteren Wasser, die von der Erde zurückgedrängt werden und von JHWH ihre Grenzen zugewiesen bekommen. Die V. 10–18 beschreiben dagegen die creatio continua bzw. die conservatio. Hierbei richten die V. 10–12 den Blick auf die Wasserversorgung durch die Bäche und Quellen (untere Wasser), während die V. 13–18 die Versorgung durch den Regen (obere Himmelswasser) thematisieren. Vgl. Hossfeld/ Zenger, Die Psalmen III, 2012, 587. Vgl. Hossfeld/ Zenger, Die Psalmen III, 2012, 587f. Hossfeld/ Zenger, Psalmen 101–150, 2008, 71.

7.1 Einführung in den hebräischen Text

247

sind Teil einer redaktionell geschaffenen übergreifenden Systematik, die durch die Halleluja-Rufe als Überschrift und/ oder Unterschrift der einzelnen Psalmen drei Dreiergruppen markieren (104–106; 111–113; 115–117), einen Einzelpsalm hervorheben (Ps 135), sowie eine Fünfergruppe verbinden (146–150).781

781

Vgl. ausführlich dazu Hossfeld/ Zenger, Psalmen 101–150, 2008, 64–67.

7.2

Einzelanalyse zu LXX Psalm 103

Textzeugen In griechischen Hsn., die auf das 5. Jh. n. Chr. oder früher zurückgehen, ist LXX Psalm 103 in den folgenden sieben Hsn. bezeugt: Kodizes/ Hsn., die im den gesamten LXX Psalm 33 beinhalten (z. T. leicht fragmentarisch): A B S 1219, 2110. Fragmentarische griechische Textzeugen: 2044 (LXX Ps 103,2–20), 2060 (LXX Ps 103,18–19.26–27) Im NT wird LXX Psalm 103 nur in Hebr 1,7 (Ps LXX 103,4) zitiert. Als alte hebräsiche Zeugen sind folgende Hsn./ Fragmente aus Qumran vorhanden: 2QPs (Ps 104,6.8–9.11), 4QPsd (Ps 104,1–5.8–11.14–15.22– 25.33–35), 4QPse (Ps 104,1–3.20–22), 4QPsl (Ps 104,3–5.11–12), 11QPsa (104,1–6.21–35). Die Hs. 11QPsa bezeugt den Gottesnamen in althebräischen Schriftzeichen. Im Apparat wird er hier einfach mit normalen hebräischen Buchstaben wiedergegeben. Einzelanalyse Vers 1: a ¯ °Ӹն гӤӹӬӧ° ӨՐӮՌӦӨӬ ԣ Ӽӹӻԧ Ӱӳӹ ӸՍӱ ӭ՛ӵӬӳӱ ӭ՛ӵӬӨ± Չ ӫӨՌӷ Ӱӳӹ² ³ ԗӰӨӦӤӮ՛ӱӫӪӷӶӺՌӧӵӤԗӲӳӰӳӮՌӦӪӶӬӱӭӤՂμεγαλοπρέπεια´ԗӱӨӧ՛Ӷӽµ Zur Sammlung der David-Psalmen gehörig. Lobe, meine Seele, den Herrn. Herr, mein Gott, du wurdest sehr groß gemacht, mit Lobpreis und Schönheit hast du dich bekleidet. A B S (L) 1219 2110 4QPsd 4QPse 11QPsa MT  ¯® °  ¯ϙ¯ 

 ࡫ࢪࣚࢽ ࡺࣖ ࣝࡵ࡫࡭࣊ ࣚ ࡾࣘ ࢇࣞ  ࡥ࣊ࡧࣞࡥ࣐ ࣖ࡫ࣥࢁ࡟ࣜ ² ± ࣞ ࣖ࡫  ࡫ࡥ࢝ ࣝ ࡟ࣗ ࣒  ࡥࣈࡧࡥ ³  ࡣ࡟ ࣠ ࢶ ࢡࣖ  ࢯ ࣞ ࡯ࣖ ࡣࣈ ࣝ ࣞࢉ  ࡣ࢐ࡥ࣒ ´   ࡾࡣࣈ ࣞ ࡥࣞ ࣖࡧ µ  ॱ ࢯ ࣞ ࢪࣖ ࡡࣤ ࣞ ࡯ࣞ

B

A

®¯

®¯

Ant ®¯ ЇӼӤӮӰՌӷЈ ° ° ° ° ӸնгӤӹӨӬӧ Ϸ ӸնгӤӹӬӧ  ¯ϙ¯ ¯ϙ¯ ¯ ЇԗӴՂӸԩӷӸӳ՝ӭՌӶӰӳӹ  ¯  ӦӨӱԝӶӨӽӷЈ  ӨՐӮՌӦӨӬԣӼӹӻԧӰӳӹ ӨՐӮՌӦӨӬԣӼӹӻԧӰӳӹ ӨՐӮՌӦӨӬԣӼӹӻԧӰӳӹ ӸՍӱӭ՛ӵӬӳӱϷ ӸՍӱӭ՛ӵӬӳӱ ӸՍӱӭ՛ӵӬӳӱ ± ² ± ² ± ² ӭ՛ӵӬӨ ӭ՛ӵӬӨՉӫӨՌӷӰӳӹ  ӭ՛ӵӬӨ ՉӫӨՌӷӰӳӹ  ӭ՛ӵӬӨ ՉӫӨՌӷӰӳӹ  ³ ³ ³ դӷ ԗӰӨӦӤӮ՛ӱӫӪӷӶӺՌӧӵӤ ԗӰӨӦӤӮ՛ӱӫӪӷӶӺՌӧӵӤ ԗӰӨӦӤӮ՛ӱӫӪӷӶӺՌӧӵӤ ϷԗӲӳӰӳӮՌӦӪӶӬӱ ԗӲӳӰӳӮՌӦӪӶӬӱ ԗӲӳӰӳӮՌӦӪӶӬӱ ´ ´ ´ ӭӤՂӨՐӴӵԝӴӨӬӤӱ  ӭӤՂӰӨӦӤӮӳӴӵ֍ӴӬӤӱ  ӭӤՂӰӨӦӤӮӳӴӵ֍ӴӨӬӤӱ  µ µ µ ԗӱӨӧ՛Ӷӽ  ԗӱӨӧ՛Ӷӽ  ԗӱӨӧ՛Ӷӽ Ϸ  ° ° Ӹӳ՝гӤӹӬӧ 

4QPsd:ࢀࡡ࡯ࢁࡾࡣࡥࡧࡣ ࣕࡧࡥ ࣕ ࡣЋ࡟ࡳࢁ࡯ࡣࡢЌϷ ࣕ ࡱЋ࡫ࡥ࡯࡟Ќ ࢽ ࡥࡧࡥ࡫ࡥࡧࡥ࡫ࢁЋ࡟࡫ࢀࡺࡵ࡫࡭ࡾࡡЌ ࣕ  ࣕ ࡭Ћࡾࡡࡣ࡫ࡧࡣ࡯Ќ ࣕ 4QPse:Ћࡥࢁࢀࡡ࡯ࡾࡣࡥࡧࡣࡧࡥࡣࡧ࡟ࡳࡥࢁ࡯ࡣࡢࡧࡵ࡫ࡥࡧ࡯࡟ࡥࡧЌࡥ࡫ࡥࡧࡥ࡫ࢁ࡟࡫ࢀࡺࡵ࡫ a যমলϗয 11QPs :ࡣࣕ ࢽࡧࡥࡥࡣ࡟ࡧࡳࡥࢁ࡯ࡣࡢࡧࡵ࡫ࡥࡧ࡯࡟ ࣕ ࡥࡧࡥЋ࡫ࡥࡧࡥ࡫ࢁ࡟ЌϷ ࢽ࡫ࢀࡺࡵ࡫࡭ࡾࡡ ࡣ࡫ࡧࡣ࡯Ϸî°®Á Ћࡥࢁࢀࡡ࡯ࡾࡣࡥࡧЌ P. Bodmer XXIV (Ra 2110):Ӹӽϓ ӧӤӹӬӧ  ϷӨӹӮӳӦӨӬӪӼӹӻӪӰӳӹӸӳӱ݀݅݀‫ݐ‬ӳܽ‫ݐ‬ϖ ӨӰӨЋӦӤӮӹӱЌϷӫӪӶӺӳӧӵӤϖӨӲӳӰӳӮӳӦӪӶӨӬӱӭӤӬӨӹӴӵЋӨӴӨӬЌϷӤӱӨӱӨӧӹӶӽϖ

7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103

249

V. 1a: DJD XVI (4QPsd): pr Ps 147] pr Ps 118 4QPse 11QPsa ; pr Ps 103 MG[102] DJD XVI (4QPse): pr Ps 118 4QPse(vid) 11QPsa] pr Ps 147 4QPsd ; pr Ps 103 MG[102] In 4QPsd schließt Ps 104 an Ps 147 an und in 11QPsa und 4QPse an Ps 118. V. 1b-b: Ra: τω (A του) δαυιδ] pr. (Lpauadd.) ψαλμος La´(non He); pr. επι της του κοσμου γενεσεως He, add. επι(Lpau υπερ uel περι) της του κοσμου γενεσεως (Lpau συστασεως) uel sim. La’(non T; superadd. Sy οτι ταυτα υμιν εποιησα, cod. latinizans 156 [cf. proleg. §51] οτι ταυτα ημιν εποιησεν); deinde add. Lpau’ ανεπιγραφος παρ εβραιοις Die Zuschreibung τῷ Δαυιδ ist in allen LXX-Hsn. abweichend vom MT bezeugt und geht wahrscheinlich auf eine abweichende hebräische Vorlage zurück (s. auch Einzelanalyse zu V. 1c). Der Alexandrinus bezeugt den Artikel im Gen. statt im Dat. Die Zuschreibung im Gen. τοῦ Δαυιδ ist im RahlfsText nur an fünf Stellen als Psalmeneinleitung verwendet (LXX Pss 16,1; 25,1; 26,1; 27,1; 36,1). Man könnte erwägen, ob es sich bei der Variante des Alexandrinus um die ursprüngliche Fassung handelt, die später an das geläufigere τῷ Δαυιδ angeglichen wurde. Eine Entscheidung ist schwierig. Aufgrund der hier äußerst geringen Bezeugung des Genetivs erscheint es jedoch wahrscheinlicher, dass es sich um eine spätere Änderung handelt, die die Verfasserschaft Davids für den Psalm hervorheben möchte (zur Autorangabe mit Gen. oder Dat. vgl. auch Einzelanalyse zu Ps 8,1c). Die antiochenischen Hsn. bezeugen gegenüber der LXX einige Ergänzungen in der Psalmenüberschrift, welche jedoch nicht ganz einheitlich bezeugt sind. Der Großteil der antiochenischen Hsn. bezeugt ψαλμός vor τῷ Δαυειδ und dahinter den Satz ἐπὶ τῆς τοῦ κόσμου γενέσεως mit kleinen Abweichungen (z. B. ὑπέρ oder περί statt ἐπί oder συστάσεως, von σύστασις III „Wesen, Beschaffenheit“, anstelle von γενέσεως „Entstehung“782). Einige wenige Hsn. weichen hier außerdem in der Positionierung der Überschüsse ab oder bezeugen weitere Ergänzungen. In den LXX-Psalmenüberschriften sind in den antiochenischen Hsn. allgemein sehr häufig Abweichungen bezeugt.783 Es handelt sich um spätere Ergänzungen. V. 1c : BHS: QG pr ‫לְדָ וִד‬ DJD XXIII (11QPsa): ‫לדויד‬G] > M Der Überschuss der LXX gegenüber dem MT τῷ Δαυιδ (τοῦ Δαυιδ Kodex Alexandrinus) ist auch in 11QPsa und vermutlich auch in 4QPse be782

783

ἐπὶ τῆς τοῦ κόσμου γενέσεως bezieht sich auf den ersten Teil des Psalms (Verse 1– 10), während der zweite Teil (Verse 11–35) sich besser mit ἐπὶ τῆς τοῦ κόσμου συστάσεως überschreiben lässt. Vgl. Hiebert, „Syrohexaplaric“ Psalter, 2000, 131.

250

7 Psalm 104 (103)

zeugt. Die Abweichung basiert also auf einer hebräischen Vorlage. MT scheint jedoch der ältere hebräische Text zu sein, da eine nachträgliche Ergänzung wahrscheinlicher ist als eine Streichung. V. 1d: Ra: κυριε] + κυριε B SaL BHS: > pc Mss Kasser/Testuz (Ra 2110): κ̅ς̅ ο θ̅ς̅ : κυριε ο θεος μου DJD XVI (4QPsd): ‫אלהי[ם‬ ֗ ]‫יהוה‬ ֯ ‫]יהוה יה[וה אלוהינו ]יהוה‬11QPsa(vid); ‫יהוה יהוה‬ ‫ אלהי‬MG; ‫ יהוה אלהי‬Mmss; = ‫ *יהוה יהוה יהוה אלהי‬Gms DJD XVI (4QPse): ‫יה]וה‬ ֯ 11QPsa( ) MG] > Mmss Der Vaticanus und eine der beiden ältesten sahidischen Hsn., nämlich die Londoner Hs. (um 600 n. Chr.) bezeugen κυριε zweimal. Der Mehrheitstext mit der kurzen Lesart wird dagegen vom P. Bodmer XXIV (hier jedoch nicht im Vokativ) und von Qumran gestützt. Aufgrund der starken Bezeugung, sowohl in der hebr. als auch in der griech. Überlieferung, handelt es sich bei der einmaligen Wiedergabe von ‫ יהוה‬vermutlich um den ursprünglichen Text. Die Dopplung in B und SaL kommt möglicherweise durch eine Dittographie im Griechischen zustande. Eine bewusste Dopplung der Anrufung Gottes „Herr, Herr, mein Gott“ ist jedoch auch nicht ausgeschlossen. Die Abweichung des P. Bodmer XXIV (Nom. statt Vok.) ist wahrscheinlich durch einen Lesefehler entstanden. In der Nomen-Sacrum Schreibung unterscheidet sich die Verwechslung nur in der Vertauschung eines Epsilons mit einem Sigma, welches in der Schreibweise des P. Bodmer XXIV einem Epsilon sehr ähnelt (vgl. Abb. 1 und 2). Ungewöhnlich ist, dass der P. Bodmer XXIV nach τον κ̅ν̅ κ̅ς̅ ο θ̅ς̅ durch den Doppelpunkt eine Satztrennung markiert.784 Es wäre eigtl. zu erwarten, dass κ̅ς̅ ο θ̅ς̅ zum nächsten Satz hinzugezogen wird. Außerdem fällt auf, dass der P. Bodmer XXIV das Verb ἐμεγαλύνθης in der 3. Sg. (ἐμεγαλύνθη) statt 2. Sg. bezeugt. Das Fehlen von ‫ יהוה‬am Satzanfang in einigen wenigen mittelalterlichen hebr. Hsn. ist wahrscheinlich durch eine Haplographie mit dem ‫ יהוה‬am Satzende des vorangehenden Satzes zu erklären. Abb. 1: P. Bodmer XXIV785: Ӹӳӱ݀݅݀‫ݐ‬ӳܽ‫ݐ‬

784 785

Zur Verwendung des Doppelpunkts im P. Bodmer XXIV, vgl. Kasser/ Testuz, Papyrus Bodmer XXIV, 1967, 14f. Kasser/ Testuz, P. Bodmer XXIV, Faksimile-Anhang, 81.

7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103

251

Abb. 2: Zum Vergleich P. Bodmer XXIV786, in V. 24: ܸ݀

V. 1e: Ra: μου 20 > Bo Kasser/Testuz (Ra 2110): κ̅ς̅ ο θ̅ς̅ : κυριε ο θεος μου BHS: Q ‫אלוהינו‬ DJD XXIII (11QPsa): ‫ אלהי ]אלוהינו‬MG Der MT bezeugt ‫אֱ הַי‬, 11QPsa (und vermutlich auch 4QPse) dagegen ‫אלוהינו‬. 787 Die Lesart des MT passt zwar etwas besser in den Kontext zu ‫נַפְשִׁי‬ in V. 1 und zu ‫ַמְּרה לֵא הַי‬ ָ ‫ אֲ ז‬in V. 33, es ist jedoch auch nicht ausgeschlossen, dass ‫ אלוהינו‬ursprünglich gestanden hat.788 Da sich eine spätere Änderung zu ‫ אלוהינו‬nur schwierig erklären lässt, scheint es wahrscheinlicher, dass 11QPsa die ursprüngliche Lesart erhalten hat, während der MT die im Kontext besser passende und außerdem im AT allgemein geläufigere Form ‫ י ְהוָה אֱ הַי‬verwendet.789 Laut DJD ist in 4QPsd ‫אלהי[ם‬ ֗ ] bezeugt, was wahrscheinlich auf eine Verwechslung mit ‫ אלוהינו‬zurückzuführen ist.790 Im P. Bodmer XXIV fehlt ebenfalls das Personalpronomen. Da die Auslassung auch in der bohairischen Übersetzung belegt ist, scheint sie verbreiteter gewesen zu sein.791 Möglicherweise beruht sie auf einer hebräischen Vorlage, die wie 4QPsd ‫ אלהים‬gelesen hat. Eine Entscheidung, wie der ursprüngliche griechische Text gelautet hat, ist nur schwer zu entscheiden. Aufgrund der geringen Bezeugung scheint die Lesart von P. Bodmer XXIV hier eine spätere Anpassung an den ihm vorliegenden hebräischen Text (bezeugt in 4QPsd) darzustellen. V. 1f: Ra: εμεγαλυνθης Sa R´’ GaHi L A´ = M] pr. ως B´’ Tht’ 55 et Orig. (S.St. 2, p. 212.214) : ex 24 et 916 Die unterägyptischen Textzeugen, sowie Theodoret, die syrische Übersetzung, die Hs. 55 (10. Jh. n. Chr.) und Origenes bezeugen abweichend vom 786 787 788

789 790

791

Kasser/ Testuz, P. Bodmer XXIV, Faksimile-Anhang, 81. Nach der Rekonstruktion von DJD auch 4QPse. In Ps 103,1 heisst es z. B. auch „Preise den HERRN meine Seele“ und später in V. 10ff. ist im Pl. von „uns“ die Rede, „Er hat uns nicht getan nach unseren Vergehen…“ usw. ‫ י ְהוָה ֱא הַי‬ist im AT 209 mal und in den Psalmen 15 mal bezeugt, während ‫י ְהוָה ֱא הֵינוּ‬ im AT nur 85 mal und in den Psalmen 9 mal bezeugt ist. Für eine versehentliche Lesung von ‫ אלהים‬durch eine Verwechslung von ‫נו‬/‫ ם‬kann zusätzlich als Indiz angeführt werden, dass eine direkte Anrede Gottes mit ‫יהוה אלהים‬ in den Psalmen nur in Verbindung mit folgendem ‫( ֱא הֵי יִשׂ ְָראֵל‬Ps 72,18) oder ‫ְצבָאוֹת‬ (Ps 59,6; 80,5; 80,20; 84,9) bezeugt ist und die Lesart von daher nicht die ursprüngliche ist. Zur Vorlage der bohairischen Übersetzung, vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 27f.

252

7 Psalm 104 (103)

MT und den vorhandenen Qumranbelegen sowie den ihnen folgenden Übersetzungen die Partikel ὡς (sowohl die antiochenische als auch die alexandrinische Gruppe sind in ihrer Bezeugung hier nicht einheitlich). Es fällt auf, dass Origenes selbst hier nicht den hexaplarischen Text (bezeugt durch GaHi) verwendet, sondern mit dem unterägyptischen Texttyp übereinstimmt, zu dem er häufiger eine enge Verwandtschaft aufweist.792 Eine Entscheidung über den ältesten Text ist hier nicht leicht. Die Streichung der Partikel ließe sich als hexaplarische Anpassung an den MT erklären. Womöglich ist jedoch eher mit Rahlfs von einer späteren Ergänzung in Anpassung an die gleiche Wendung in V. 24 auszugehen (vgl. auch LXX Ps 91,6). Die LXX gibt außerdem das aktivische Verb ָ‫ גָּדַ לְתּ‬im Griech. mit ἐμεγαλύνθης passivisch wieder. „LXX weist damit den Psalm von vornherein als Lobgebet aus“793, bzw. sie thematisiert den Lobpreis. Das zeigt sich auch in der ungewöhnlichen Wiedergabe von ‫„ הוֹד‬Hoheit“ mit ἐξομολόγησιν „Lobpreis“. Auffällig ist, dass ἐξομολόγησιν in den Psalmen an vier weiteren Stellen als Wiedergabe für ‫ הוֹד‬verwendet wird, bei drei der vier Stellen jedoch immer nur im Zusammenhang der Formel ‫( הוֹד־ ְוהָדָר‬vgl. Tabelle 103,1.1). Tabelle 103,1.1: Stelle Ps 42,5 Ps 95,2 Psa 96,6 Ps 100,1 Ps 100,4 Ps 104,1 Ps 111,3 Ps 147,7 Ps 148,13 Josua 7,19 1 Chr 25,3 2 Chr 20,22 Hiob 8,21 Jona 2,10 Jes 51,3

792 793

Hebr. Vorlage für ἐξομολόγησις ‫תּוֹדָה‬ ‫תּוֹדָה‬ ‫( הוֹד־ ְוהָדָר‬ἐξομολόγησις καὶ ὡραιότης) ‫תּוֹדָה‬ ‫תּוֹדָה‬ ‫( הוֹד ְוהָדָר‬ἐξομολόγησιν καὶ εὐπρέπειαν) ‫( הוֹד ְוהָדָר‬ἐξομολόγησις καὶ μεγαλοπρέπεια) ‫תּוֹדָה‬ ‫הוֹד‬ ‫תּוֹדָה‬ ‫„( ידה‬Preis“) ‫„ תְּ ִהלָּה‬Preis, Ehre“ ‫„ תְּרוּעָה‬Jubel“ ‫( תּוֹדָה‬für αἰνέσεως καὶ ἐξομολογήσεως) ‫תּוֹדָה‬

Vgl. Rahlfs, Der Text des Septuaginta-Psalters, 1907, 212–214 Hossfeld/ Zenger, Psalmen 101–150, 2008, 89.

7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103

253

V. 1g: Ra : ευπρεπειαν B´’ 1093 R´’ GaHi Sy 55] μεγαλοπρεπειαν L´ A: cf. 1103 Der Großteil der Handschriften gibt ‫ הָדָר‬mit εὐπρέπεια wieder, der antiochenische Texttyp (gestützt von Theodoret, nicht jedoch von der syrischen Übersetzung) und der Kodex Alexandrinus übersetzen dagegen mit μεγαλοπρέπεια.794 Es handelt sich um griechische Äquivalente, die beide in der LXX überwiegend zur Wiedergabe von ‫ הדר‬verwendet werden, jedoch abgesehen davon ein relativ großes Spektrum an hebräischen Wörtern wiedergeben können (zur Bedeutung der Worte und ihrer Verwendung, s. u. Wortrecherche 1 und 2). Auffällig ist, dass μεγαλοπρέπεια ein Wort ist, das abgesehen von einem Beleg in den Oden nur im Psalter verwendet wird,795 während εὐπρέπεια generell im AT geläufig ist (auch viermal als Wiedergabe von ‫)הדר‬. Wahrscheinlich ist μεγαλοπρέπεια ursprünglich, und hinter der Wiedergabe mit εὐπρέπεια verbirgt sich das Anliegen einer konkordanten Wortwiedergabe, die auch an zahlreichen anderen Stellen in diesem Psalm bezeugt ist (vgl. 7.3.2.2c). Wortrecherche 1: εὐπρέπεια (Belege in der LXX: 4x Ps, 17x AT):796 - Übersetzung: BA „d. gute Aussehen, d. Schönheit“, Muraoka „splendid look: δόξηςκυρίου“. - Hebr. Äquivalente für εὐπρέπεια im AT: ‫[ הדר‬4], ‫[ נוה‬2], ‫גאות‬, ‫מכלל‬, ‫נעים‬ - Hebr. Äquivalente für εὐπρέπεια in den Ps: ‫הדר‬, ‫גאות‬, ‫מכלל‬, ‫מעון‬ Wortrecherche 2: μεγαλοπρέπεια (Belege in der LXX : 9x Ps, 1x Oden): 797 - Übersetzung: BA „d. Erhabenheit, d. Majestät Gottes“, Muraoka: „state befitting a great person, ‘magnificence’: devine quality“. - Hebr. Äquivalente für μεγαλοπρέπεια im AT: ‫[הדר‬5], ‫[תפארת‬2], ‫גאוה‬, ‫הוד‬. - Hebr. Äquivalente für ӰӨӦӤӮӳӴӵ֍ӴӨӬӤ in den Ps: ‫[הדר‬4], ‫[תפארת‬2], ‫גאוה‬, ‫הוד‬. V. 1h: DJD XVI (4QPsd): ‫ לבשת ]תלבש‬MG 4QPsd bezeugt ‫ תלבש‬anstelle von ‫ ָלבָשְׁ ָתּ‬, was als 2. Sg. Impf. gelesen werden kann (statt 2. Sg. Pf.). Eine beabsichtigte Impf. Form ist hier jedoch aufgrund der vorangehenden Perfekt-Verbform ‫ גָּדַ ְל ָתּ‬nicht zu erwarten und auch die LXX gibt sowohl ‫ גָּדַ ְל ָתּ‬als auch ‫ ָלבָשְׁ ָתּ‬/ ‫ תלבש‬mit Aoristen wieder. 794 795

796 797

Der Kodex Alexandrinus bezeugt die abweichende Schreibweise μεγαλοπρέπιαν statt μεγαλοπρέπειαν. LXX Ps 8,2; 20,6; 28,4; 67,35; 70,8; 95,6; 110,3; 144,5; 144,12. An den genannten Stellen gibt es keine Abweichungen in den griech. Hsn., sondern μεγαλοπρέπεια ist einheitlich bezeugt, vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, zu den jeweiligen Stellen. Für die hebr. Äquivalente für εὐπρέπεια vgl. Muraoka, Two-way Index, 2010, εὐπρέπεια. Für die hebr. Äquivalente für μεγαλοπρέπεια, vgl. Muraoka, Two-way Index, 2010, μεγαλοπρέπεια.

254

7 Psalm 104 (103)

Vermutlich handelt es sich um eine versehentliche Verwechslung der Buchstabenreihenfolge. Vers 2: ® ӾӱӤӥӤӮӮՌӰӨӱӳӷ¯ӺժӷդӷԺӰԆӸӬӳӱ ®ԗӭӸӨՁӱӽӱӸՍӱӳՐӵӤӱՍӱդӶӨՂӧԝӵӵӬӱ [Du], der sich Licht überwirft wie ein Gewand, der den Himmel ausbreitet wie eine Zeltdecke,  A B S (L) 1219 2044 2110 4QPsd 4QPse 11QPsa MT ¯®  ࡾ࢐࡟ࣥ ࣒ ࡥࡪࣜ ࣠ࡸࣤ  ࡥࡳࢶ ࣞ ࡯ࣖ ࢮࣝ ࢚ࣝ ® ࡱࣚ࡫ࡳࣝࢽ ࢪࣞࣂ  ࡥࡪ࢐ࡵ ࣊ࣜ ° ࣤ ࣞ ࡾࣚ ࣖ࡫࢚ࣝ  ॱ ࡥࡸ࡫

B ® ¯ ӾӱӤӥӤӮӮՌӰӨӱӳӷ Ӻժӷ դӷԺӰԆӸӬӳӱϷ ® ԗӭӸӨՁӱӽӱӸՍӱӳՐӵӤӱՍӱ ° դӶӨՂ ӧԝӵӵӬӱϷ

A ® ¯ ӾӱӤӥӤӮӮՌӰӨӱӳӷ Ӻժӷ դӷԺӰԆӸӬӳӱ ® ԗӭӸӨՁӱӽӱӸՍӱӳՐӵӤӱՍӱ ° դӶӨՂ ӧԝӵӵӬӱ

Ant ® ¯ ЇՉЈӾӱӤӥӤӮӮՌӰӨӱӳӷ Ӻժӷ դӷԺӰԆӸӬӳӱ ® ЇՉЈ ԗӭӸӨՁӱӽӱӸՍӱӳՐӵӤӱՍӱ ° դӶӨՂ ӧԝӵӵӬӱ

ࢽ 4QPsd:ࡥࡷ࡫ࡾ࡫࡭ࡱ࡫ࡳࢀЋ࡫Ќࡪࡧࡵ ࡥࡳ࡯Ћࢀ࡭ࡾࡧ࡟ЌϷ࡫ࡪࡷ e 4QPs :ࡥࡷ࡫ࡾЌ࡫࡭ࡱ࡫ࡳࢀࡥࡪࡧࡵࡥЋࡳ࡯ࢀ࡭ࡾࡧ࡟ЌϷࡥࡪࡧࡷ ࢽ ࢽ 11QPsa :ࡥࢽ ࡷ࡫ࡾ࡫࡭ࡱ࡫ࡳࢀࡥࡪࡧࡵࡥࡳ࡯ࢀ࡭ࡾࡧЋ࡟ࡥࡪࡧࡷ P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӤӱӤӥӤӮӮӳӰӨӱӳӷ ӺЋӽӷ ӽӷЌ Ϸ ӬϓӰӤӸӬӳӱ ϖ ӨӭӸӨӬӱӽӱ ӸӳӱӳӹӵӤӱӳӱӽӷӧϓ ЋӨӵӵӬӱЌ

V. 2a: BHS: prp ‫ ת( תַּ ְעטֶה‬hpgr) BHS schlägt hier vor, ‫( תַּ ְעטֶה‬die 2. Sg.m von ‫ )עטה‬anstelle des Partizips ‫ עֹטֶה‬zu lesen. Kraus begründet das mit der Aussage, „daß 1b und 2a sinngemäß als Parallelismus zusammengehören. Demnach wäre doch wohl ‫ תַּ ְעטֶה‬zu lesen.“798 Die Partizip-Form könnte durch eine Haplographie des ‫ ת‬mit dem vorangehenden Wort ָ‫ לָבָ ֽשְׁתּ‬zustande gekommen sein. Kraus sieht also V. 2a im engen Zusammenhang mit V. 1b (geht man von einer Haplographie aus, sind beide Verbformen in der 2. Sg. formuliert) und V. 2b mit V. 3 (weswegen er entsprechend der durch einen Artikel determinierten Partizipien in V. 3 auch in V. 2b einen Artikel vermutet, der durch eine Haplographie weggefallen sei799). Da die Lesart ‫ תַּ ְעטֶה‬jedoch weder durch die LXX noch durch Qumran-Belege gestützt ist, ‫ עֹטֶה‬dagegen in Qumran in 4QPse und gemäß der Rekonstruktion von DJD auch in 11QPsa bezeugt ist, kann der Vorschlag von BHS/ Kraus als unwahrscheinlich abgelehnt werden. ֗ (statt 4QPsd bezeugt die Form ‫( עטי‬statt ‫ )עֹטֶה‬und entsprechend [‫נוט]י‬ ‫)נוֹטֶה‬.800 Bei beiden Wörtern handelt es sich um Verba ‫ל”ה‬, ursprünglich ‫ל”ו‬ oder ‫ל”י‬.801 Die Pleneschreibung des Cholem bei [‫נוט]י‬ ֗ weist darauf hin, dass 798 799 800

801

Kraus, Psalmen 60–150, 1978, 879. Vgl. Kraus, Psalmen 60–150, 1978, 879. Der letzte Konsonant ist zwar nicht erhalten, DJD liest jedoch Jota mit der Begründung: „Within the insert, there is insufficient room for the abraded letter to have been he“, DJD XVI, 68. Die höhergestellte Ergänzung kommt vermutlich dadurch zustande, dass der Schreiber die Zeile zunächst überlesen hat, indem sein Auge von dem abschließenden he von ‫שּׂל ָ ְ֑מה‬ ַ ‫ ַכּ‬zu dem von ‫יעֽה‬ ָ ‫ ַכּי ְִר‬gesprungen ist und sie dann später ergänzt hat, vgl. DJD XVI, 68. Zu Verba ‫ ל”ה‬vgl. GK, §75.

7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103

255

vermutlich beide Formen als Ptz. zu lesen sind. Aufgrund des Kontextes können die Partizipien jedoch nicht als Ptz. Pl.-Formen verstanden werden.802 Sg. Partizipien mit abschließendem Jod bei Verba ‫ ל”ה‬sind sehr ungewöhnlich.803 Möglicherweise handelt es sich um eine alte abweichende Schreibweise, die hier erhalten geblieben bzw. zwischenzeitlich in die Textüberlieferung hineingeraten ist. V. 2b: Ra: 21 et 22] pr. ο Lpau: ad 3 adapt. BHS: l ´‫ ה( הַנּ‬hpgr) Vor den Partizipien ἀναβαλλόμενος und ἐκτείνων bezeugen einige Hsn. einen Artikel. Rahlfs vermutet eine Anpassung an V. 3, wo die Partizipien ebf. mit vorangehendem Artikel bezeugt sind. Auffällig ist jedoch, dass die Hsn., die einen Artikel vor ἀναβαλλόμενος bezeugen, nicht mit denen übereinstimmen, die den Artikel vor ἐκτείνωνhaben804, was bei einer bewussten Anpassung an V. 3 jedoch eher zu erwarten wäre. Womöglich handelt es sich um versehentliche und mit Sicherheit spätere Ergänzungen, da die einzigen Belege für die Lesart mit Artikel späte griech. Hsn. sind, 805 Qumran und alle früheren griech. Hsn. die Partizipien dagegen einstimmig ohne Artikel bezeugen. BHS schlägt mit Kraus vor, einen Artikel vor ‫ נוֹטֶה‬zu lesen, der durch eine Haplographie weggefallen sei.806 Dies ist jedoch eher unwahrscheinlich (zur Begründung vgl. Einzelanalyse zu V. 2a). V. 2c : Kasser/Testuz (Ra 2110): ως : ωσει P. Bodmer XXIV bezeugt ὡς anstelle des Äquivalents ὡσεὶ. Vermutlich handelt es sich um eine versehentliche oder bewusste stilistische Anpassung an das im Vers vorangehende geläufigere ὡς.807

802

Dazu, dass ‫ עטי‬und [‫נוט]י‬ ֗ generell für Ptz. Pl. im Status constructus stehen können, vgl. Ernst, Kurze Grammatik, 2010: „Vokalische Afformative, Nominalendungen der Partizipien und Suffixe treten direkt an den zweiten Radikal“ bei Verba ‫ל”ה‬, 803 Normalerweise stehen Partizipien der Verba ‫ל”ה‬immer mit abschließendem He. „In allen Bildungen, in welchen das urspr. Jod oder Waw an das Ende des Worts zu stehen käme, wird dasselbe abgestreift (vgl. §24g); an seine Stelle tritt ‫ה‬als orthographischer Hinweis auf den vorhergehenden langen Vokal.“, GK, §75c. 804 Vgl. Holmes/ Parsons, Vetus Testamentum, zur Stelle: Artikel vor ἀναβαλλόμενος: 21 (13./ 14. Jh.), 69, 140,174, 180 (12. Jh.), 206 (14. Jh.), 211 (13. Jh.), Orig. Artikel vor ἐκτείνων: 21 (13./ 14. Jh.), 164 (14. Jh.), 170, 175 (11. Jh.), 273 (14. Jh.). Zur Datierung der Hsn., vgl. Holmes/ Parsons, Vetus Testamentum, Praefatio ad librum Psalmorum. 805 Vgl. Holmes/ Parsons, Vetus Testamentum, zur Stelle. 806 Vgl. Kraus, Psalmen 60–150, 1978, 879. 807 ὡς ist im AT 1477 mal bezeugt. ὡσεὶ 172 mal.

256

7 Psalm 104 (103)

Vers 3: Չ®ӶӸӨӦԆөӽӱԗӱՕӧӤӶӬӱӸԇՔӴӨӵնӤӤՐӸӳ՝¯ՉӸӬӫӨՂӷӱԝӺӪ°ӸԨӱԗӴՁӥӤӶӬӱ± ӤՐӸӳ՝Չ²ӴӨӵӬӴӤӸժӱԗӴՂӴӸӨӵ՛ӦӽӱӾӱԝӰӽӱ³ der seine Obergemächer in den Wassern errichtet808, der die Wolken zu seinen Stufen macht, der umhergeht auf den Flügeln des Windes, A B S (L) 1219 2044 2110 4QPsd 4QPse 4QPsl 11QPsa MT ®   ࡥࡾࣤ ࣜ ࡽࣞ ࡳࣖ ࡥ࣊ ࣝ  ࡱࣚ࡫ࢡࣝࢽ ࡡࣝ °¯   ࡧ࡫ࢁ࢐ ࣊ ࣞ ࣐࢕࡯ࣤࣚ ࡸࣘ ±   ࡱ࡫ࡡ࣊ ࣚ ࡸࣥࡱ ࣞ ࢮࣞ ࡥࣝ ²   ࢐ࡡ࢏࡭ ࢶ ࡾࣖ ³   ࢘࢜ࣛ ࢽ ࡥࣝ ࡳࣖ ࡥࣤ ࣂ ࣝ ´  ॱ অ࢏  ࣝ ࡾࣥ࡫ ࣤ ࡺࣛ ࣖࡵ࢚ࣥ࡯ ࣝ ࡸࣝ

B ® Չ ӶӸӨӦԆөӽӱ ԗӱՕӧӤӶӬӱ ¯ ° Ӹԇ ՔӴӨӵնӤӤՐӸӳ՝ Ϸ ± ՉӸӬӫӨՂӷӱԝӺӪ  ² ӸԨӱԗӴՁӥӤӶӬӱ ӤՐӸӳ՝Ϸ ³ Չ ӴӨӵӬӴӤӸժӱ ´ ԗӴՂӴӸӨӵ՛ӦӽӱӾӱԝӰӽӱ 

A ® Չ ӶӸӨӦԆөӽӱ ԗӱՕӧӤӶӬӱ ° ӸԇՔӴӨӵնӤӤՐӸӳ՝  ± ՉӸӬӫӨՂӷӱԝӺӪ  ² ӸԨӱԗӴՁӥӤӶӬӱ ӤՐӸӳ՝ ³ Չ ӴӨӵӬӴӤӸժӱ ´ ԗӴՂӴӸӨӵ՛ӦӽӱӾӱԝӰӽӱ

Ant ® Չ ӶӸӨӦԆөӽӱ ԗӱՕӧӤӶӬӱ ° ӸԇՔӴӨӵնӤӤՐӸӳ՝  ± ՉӸӬӫӨՂӷЇӱӨӺӨӬЈ  ² ӸԨӱԗӴՁӥӤӶӬӱ ӤՐӸӳ՝ ³ Չ ӴӨӵӬӴӤӸժӱ ´ ԗӴՂӴӸӨӵ՛ӦӽӱӾӱԝӰӽӱ

঱ 4QPsd:ࡩࡧࡾ࡫ࡺࡵ࡭Ћ࡯ࡷЌ࡬ࣕ ࡯ࡥࡳࡧࡡ࡭ࡾࡱ࡫ࡡࡷࡱࢀࡥϷࡧࢁЋࡧ࡫Ќ࡯ ࢽ ࡷࡱЋ࡫ࡳࡡЌࡥࡾࡽࡳ ࣕ  e 4QPs :ࡩࡧࡾ࡫ࡺࡵ࡭Ћ࡯ࡷ࡬࡯ࡥࡳࡥЌϷЋࡧࡡࡧ࡭ࡾࡱ࡫ࡡࡷࡱࢀࡥࡧ࡫ࢁࡧ࡫࡯ࡷࡱ࡫ࡳࡡࡥࡾࡽࡳࡥ঱ ࢽ ࣕࡵ࡭࡯ࡷ࡬࡯ࡥࡳࡥϷЋࡧࡡࡧࡼࡾЌࡱ࡫ࡡࡷࡱࢀࡥϷЋࡧ࡫ࢁࡧ࡫࡯ࡷࡱ࡫ࡳࡡࡥࡾЌ ࢽ ࡽЋࡳࡥ ࣕ ঱Ќ 4QPsl:ࡩЋࡧࡾ࡫ࡺЌ a ঱ ࢽ Ќ 11QPs :ࡩࡧࡾ࡫ࡺࡵ࡭ЌϷ࡯ࡷ࡬࡯ࡥࡳࡥࡧࡡࡧ࡭ࡾࡱ࡫ࡡࡷࡳࢀЋࡥࡧ࡫ࢁࡧ࡫࡯ࡷࡱ࡫ࡳࡡࡥࡾࡽࡳࡥ P. Bodmer XXIV (Ra 2110):ӳЋӶЌӸϓӨӦӤөӽӱӨӱ֔ӧӤӶӬӸӤӹӴӨӵӽӤӤӹӸӳӹϖӳӸӬ Ϸ ӫӨӬӷӱӨӺӨӮӪӸӪӱӨӴӬӥӤӶӨӬӱӤӹӸӳӹϖӳӴӨӵӬϷӴӤӸӽӱӨӴӬӴӸӨӵӹӦӽӱӤӱӨӰӽӱ

V. 3a: Ra: ο 10 > 55: ad 2 adapt. DJD XVI (4QPsd): ‫ מקרה‬Gms] ‫ המקרה‬MG In der griech. Hs. 55 und in 4QPsd fehlt der Artikel vor dem Partizip. P. Bodmer XXIV, die anderen drei vorhandenen Qumranbelege (nach der Rekonstruktion in DJD809) und alle anderen vorhandenen Handschriften bezeugen dagegen einstimmig den Artikel. Im Hebräischen wäre evt. eine Haplographie des He mit dem vorangehenden ‫ ַכּי ְִריעָה‬denkbar oder eine Anpassung an V. 2 und V. 3, wo die Partizipien ohne Artikel stehen (vgl. Einzelanalyse zu V. 3f). Im Griechischen handelt es sich bei der Auslassung des Artikels in der Hs. 55 vermutlich auch um eine Anpassung an V. 2. V. 3b: Keine Apparatangaben vorhanden. Bei der Hs. 2044 fehlt der Artikel. „Alle Hsn. haben τὰ ὑπερῶα; der Artikel ist hier wohl versehentlich ausgelassen.“810

808

809

810

στεγάζω bedeutet normalerweise „bedecken“, kann hier jedoch im übertragenen Sinne als „fertigstellen, errichten“ zu verstehen sein, entsprechend dem Hebräischen ‫„קרה‬errichten“, vgl. LXX.E.II, 2011, 1792. Das Fehlen oder Vorhandensein des Buchstaben He in einer Lücke lässt sich noch mit recht hoher Wahrscheinlichkeit erkennen, v. a. in 4QPsl scheint noch ein kleines Pünktchen vom Kaph erhalten geblieben zu sein, dessen Position in der Zeile für einen vorangehenden Artikel spricht, vgl. DJD XVI, 129 und Plate XVII. Stegmüller, Berliner Septuagintafragmente, 1939, 38.

7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103

257

V. 3c: DJD XVI (4QPsd): ‫]על]יו[תו‬ ֯ ‫ עליותיו‬MG d 4QPs bezeugt das Suff. 3. Sg. m. in defektiver Schreibung ‫ ֯על]יו[תו‬statt ‫עליותיו‬. „Besonders in der 3. masc. Sing. findet sich öfter die defektive Schreibung ‫ ̶ ̞ ו‬, welche jedoch im Qere fast überall in ‫ ̶ ̞ יו‬geändert wird, z. B. ‫ ִחצָּו‬seine Pfeile Ps 58, 8, Qere ‫ ִחצָּיו‬.“811 4QPsd ist die einzige Hs. aus Qumran, in der das Wort erhalten geblieben ist. Im folgenden Vers 4 ist jedoch sowohl in 4QPsd als auch in 11QPsa und in 4QPsl das Suff 3. Sg. m. nicht in defektiver Schreibung bezeugt (‫ מַ לְאָכָיו‬und ‫שָׁרתָיו‬ ְ ְ‫)מ‬. Von daher handelt es sich hier bei der Lesart von 4QPsd vermutlich um eine versehentliche Auslassung des Jod. V. 3d: Ra: νεφη = M] νεφει Lb, νεφελην S(om. την seq.), nubem GaHi Kasser/Testuz (Ra 2110): νεφελη : νεφη Die meisten griech. Hsn. bezeugen entsprechend der hebr. Pl.-Form ‫ָעבִים‬ den Akk. Pl. νέφη von νέφος „Wolke“. Einige wenige antiochenische Hsn. bezeugen dagegen νέφει, was vermutlich den Dativ Sg. zu νέφος darstellt812. Da τίθημι mit Dat. und Akk. nicht bezeugt ist, mit doppeltem Akk. dagegen an zahlreichen Stellen, handelt es sich bei der Dativ-Lesart wahrscheinlich um einen Schreibfehler. Der Sinaiticus bezeugt dagegen νεφέλην (Akk. Sg.)813 und der P. Bodmer XXIV νεφέλη (Nom. Sg.) beide vom Wort νεφέλη, was ebenfalls mit Wolke zu übersetzen ist. Die Abweichungen sind vermutlich auf einen versehentlichen Austausch des selteneren Wortes νέφος (27 mal in der LXX, davon 8 mal für das hebr. Wort ‫ )עָב‬mit dem geläufigeren Synonym νεφέλη (161 mal in der LXX, davon 23 mal für das hebr. Wort ‫ )עָב‬zurückzuführen. Möglicherweise wurde die Verlesung durch den folgenden Artikel τὴν begünstigt. Das Fehlen des Artikels im Kodex Sinaiticus lässt sich gut als Verlesung von ΝΕΦΗ ΤΗΝ mit ΝΕΦΕΛΗΝ erklären. V. 3e: Keine Apparatangaben vorhanden. “LXX übersetzt das nur hier belegte ‫‚ רכוב‬Gefährt‘ mit επιβασιος ‚Aufstieg‘. Das Bild ist leicht abgewandelt; LXX beschreibt weiter den Palast JHWHs, zu dem die Wolken den Aufgang bilden, noch nicht das Daherfahren auf Wolken und Wind.“814. Muraoka schlägt als Übersetzung „steps“ vor.815 Im Deutschen könnte man mit (Treppen-)Stufen übersetzen.

811 812 813

814 815

GK, §91k. So ist z. B. in 2 Kor 11,27 für τὸ δίψος der Dativ δίψει bezeugt, vgl. auch BDR §51. Die Akk. Sg.-Form wird auch durch das Psalterium Gallicanum (Ga), bestätigt im Brief des Hieronymus an Sunnia und Fretela (Hi), welcher letztlich einen späteren textkritischen Kommentar zu 178 ausgewählten Stellen darstellt (vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 68), bezeugt. Hossfeld/ Zenger, Psalmen 101–150, 2008, 89. Vgl. Muraoka, Lexicon, 2009, ἐπίβασις.

258

7 Psalm 104 (103)

V. 3f: DJD XVI (4QPsd): ‫]מהל ֯ך‬ ֗ ‫המהלך‬4QPsl 11QPsa MG d 4QPs bezeugt hier als einzige Hs. ‫קָרה‬ ֶ ְ‫ מ‬ohne vorangehendem Artikel. So auch in V. 3a. Im vorangehenden und folgenden Vers sind die Partizipien auch in den anderen Hsn. ohne Artikel bezeugt, was nahelegen würde, dass sie auch hier ursprünglich ohne Artikel gestanden haben. Wie lässt sich jedoch dann die spätere Ergänzung der Artikel nur in Vers 3 erklären? Als die schwierigere Lesart ist sie wahrscheinlich zu bevorzugen und 4QPsd stellt womöglich eine spätere Angleichung an V. 2 und V. 4 dar. V. 3g: Ra: ανεμων] –μου Sy = M et Pešῑt.tā Die syrische Übersetzung bezeugt entsprechend dem hebräischen Text ἄνεμος im Sg. statt Pl. Im Hebr. wird einstimmig die Sg.-Form bezeugt. Sie ist in Qumran von den Hsn. 4QPsd 4QPse und nach der Rekonstrukton von DJD auch von den Hsn. 11QPsa und 4QPsl einstimmig bezeugt. Die griech. Übersetzung hat ‫ ֽרוּ ַח‬womöglich angestoßen durch das vorangehende πτερύγων versehentlich im Pl. wiedergegeben. Bei der syrischen Lesart handelt es sich um eine spätere Anpassung an den hebr. Text. Interessant ist, dass die griech. Übersetzung ‫ ֽרוּ ַח‬hier mit ἀνέμων übersetzt und in V. 4 dagegen mit πνεύματα (für Pl. ‫)רוּחוֹת‬. Vers 4: ՉӴӳӬժӱ®Ӹӳ՜ӷӾӦӦԝӮӳӹӷ¯ӤՐӸӳ՝ӴӱӨ՛ӰӤӸӤ°ӭӤՂ±Ӹӳ՜ӷӮӨӬӸӳӹӵӦӳ՜ӷӤՐӸӳ՝ ӴӹӵՌӷӺӮՌӦӤ² der seine Boten zu Winden macht und seine Diener zu des Feuers Flamme,816 ²

A B S (L) 1219 2044 2110 Hebr 1,7 4QPsd 4QPsl 11QPsa MT ࡥࢫ࣠ ࣈࣜࡷ ¯   ࡧ࡫ࣈ࡭ࣞ ࡟ࣞ ࡯ࣖ ࡳࣝ ° ࢶ   ࢁ࢐ࡩ࢏ࡾ ±   ࡧ࡫ࢁࣞࢽ ࡾࣖ ࢪࣞ ࡳࣖࣂ ² ² ॱ ࡪࡥ࢝ࢪ ࣤࣛ ࡟ࣈ ࣛ ®

B ® ՉӴӳӬժӱ  ¯ Ӹӳ՜ӷӾӦӦԝӮӳӹӷ ӤՐӸӳ՝ ° ± ӴӱӨ՛ӰӤӸӤ ϷӭӤՂ  Ө Ӹӳ՜ӷӮ ӬӸӳӹӵӦӳ՜ӷӤՐӸӳ՝ ² ² Ӵ՝ӵӺӮԝӦӳӱ Ϸ

A ® ՉӴӳӬժӱ  ¯ Ӹӳ՜ӷӾӦӦԝӮӳӹӷ ӤՐӸӳ՝ ° ± ӴӱӨ՛ӰӤӸӤ ӭӤՂ  Ӹӳ՜ӷӮӬӸӳӹӵӦӳ՜ӷӤՐӸӳ՝ ² ² ӴӹӵՌӷӺӮ֍ӦӤ

Ant ® ՉӴӳӬժӱ  ¯ Ӹӳ՜ӷӾӦӦԝӮӳӹӷ ӤՐӸӳ՝ ° ± ӴӱӨ՛ӰӤӸӤ ӭӤՂ  Ӹӳ՜ӷӮӨӬӸӳӹӵӦӳ՜ӷӤՐӸӳ՝ ² ² ЇӴӹӵՌӷӺӮՌӦӤЈ

4QPsd:ࢽࡪЋࡥ࡯ЌϷЋЌࢀ࡟ࡧ࡫ЋࢁࡾࢀࡳࢁࡧЌࡩࡧ ࣕ ࡾࡧ࡫࡭࡟࡯ࡳ࡫ࢀࡷ ࢽ 4QPsl:ࡪࡥ࡯ࢀ࡟ࡧࢁࡾ࡫ࢀࡳϷࢁ ࣕࡧࡩࡧࡾࡧ࡭࡟࡯ࡳ࡫ࢀࡷ ࢽ ࢽ࡫ࢁࣕ ࡾࣕ ࢀЋࡳࢁࡧЌ ࣕ ࡩࣕ ࣕࡧЋࡾࡧ࡫࡭࡟࡯ࡳࡥࢀࡧࡷ 11QPsa: ࢁࡪࡥࡧ࡯ࢀ࡟ࡧ P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӳӴӳӬӽЋӱ  ϷӸӳӹӷӤӦӦӨӮӳӹӷӤӹӸӳӹӴӱ࠯ӤϖӭӤӬӸӳӹӷ ӮӨӬӸӳӹӵӦӳӹӷϷӤӹӸӳӹӴӹӵӳӷӺӮӳӦӤ Hebr 1,7:ՉӴӳӬժӱӸӳ՜ӷӾӦӦԝӮӳӹӷӤՐӸӳ՝ӴӱӨ՛ӰӤӸӤӭӤՂӸӳ՜ӷӮӨӬӸӳӹӵӦӳ՜ӷӤՐӸӳ՝ ӴӹӵՍӷӺӮՌӦӤ

816

Die Reihenfolge könnte auch umgekehrt werden „der Winde zu seinen Boten macht und des Feuers Flamme zu seinen Dienern“. Der Sg. „des Feuers Flamme“ passt dann jedoch schlecht zum Pl. „zu seinen Dienern“, vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalmen 101–150, 2008, 89f.

7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103

259

V. 4a: DJD XVI (4QPsl): ‫ עשי‬4QPsd] ‫ עשה‬M; ὁ ποιῶν G (orth or var?) 4QPsd bezeugt ‫ עשי‬anstelle von ‫עשה‬. Möglicherweise handelt es sich um eine abweichende Schreibweise (vgl. Einzelanalyse zu V. 2a). V. 4b: DJD XVI (4QPsd): ‫ מלאכיו‬MG] ‫ מלאכו‬4QPsl DJD XVI (4QPsl): ‫ מלאכיו ]מלאכו‬4QPsd MG; ]‫ [א‬11QPsa (orth or var?)817 4QPsl bezeugt die Boten im Sg. ‫ מלאכו‬statt Pl. ‫( מלאכיו‬so auch im Folgenden die Diener ‫משירתו‬, vgl. V. 4a). Da das im Zusammenhang stehende Wort in 4QPsl ‫ רוּחוֹת‬jedoch im Pl. bezeugt ist, handelt es sich bei ‫ מלאכו‬womöglich um eine orthographische Variante. Der Apparat in DJD lässt offen, ob es sich um eine tatsächliche Variante oder nur um eine orthographische Abweichung handelt. V. 4c: Kasser/Testuz (Ra 2110): πν̄α : πνευματα P. Bodmer XXIV verwendet die Nomen-Sacrum-Schreibung πν̄α, die normalerweise für den Sg. πνεύμα verwendet wird. Anscheinend verwendet der Papyrus jedoch dieselbe Abkürzung auch für den Plural (so nämlich auch in LXX Ps 75,13). Es handelt sich vermutlich nicht um eine Änderung des Numerus. V. 4d: BHS: GS pr cop DJD XVI (4QPsd): ‫ ]משרת[יו‬11QPsa(‫[תי֗ ו‬ ֯ ) M(‫ )משרתיו‬G(pr καί)] ‫משירתו‬4QPsl DJD XVI (4QPsl): ‫משרתיו ]משירתו‬4QPsd(‫ ) [יו‬11QPsa(‫[תי֗ ו‬ ֯ ) MG (pr καί) (orth or var?) Die von der griech. und syr. Übersetzung bezeugte Kopula ist in den hebr. Hsn. nicht bezeugt (nach der Rekonstruktion in DJD auch in Qumran nicht). Es ist wahrscheinlich eine stilistische Ergänzung des Übersetzers. 4QPsl bezeugt ‫משירתו‬, was einer Sg.-Form entspricht. Vermutlich handelt es sich jedoch um eine orthographische Variante (vgl. Einzelanalyse zu V. 4b). V. 4e-e: Ra: πυρ φλεγον] πυρος φλογα Bo Sa Lb Ac(φλεγα!): ex Hebr. 17 Kasser/Testuz (Ra 2110): πυρος φλογα : πυρ φλεγον BHS: Q ‫לוהטת‬, G πῦρ φλέγον, prb l; prp ‫ָו ָלהַט‬ DJD XXIII (11QPsa) : ‫ להט ]לוהטת‬M; πῦρ ψλέγον [sic!] G ֗ ‫ אש‬4QPsl M] ‫ אש לוהטת‬11QPsa; πῦρ φλέγον G; prp DJD XVI (4QPsd): ‫]לה[ט‬ b ‫ ָו ָלהַט‬BHS n.4 DJD XVI (4QPsl): ‫ להט‬M] ‫ לוהטת‬11QPsa ; πῦρ φλέγον G Der MT hat hier die grammatisch inkorrekte Lesart ‫אֵ שׁ הֵט‬. ‫ אֵ שׁ‬ist Femininum, entsprechend wäre das dazugehörige Partizip im Femininum zu er-

817

Die Angabe zu 11QPsa ist fehlerhaft. Yadin gibt den Text von 11QPsa mit ‫מלאכיו‬ ‫ ר[ו֗ ֗ח]ות‬wieder. „Certainly not ‫“מל[א]כיו‬, vgl. DJD XXIII (11QPsa).

260

7 Psalm 104 (103)

warten, so z. B. in 11QPsa ‫ לוהטת‬bezeugt.818 Gesenius, 2013, schlägt vor, für den ursprünglichen hebräischen Text mit 11QPsa ‫„ אֵ שׁ לוֹ ֶהטֶת‬loherndes Feuer“ zu lesen.819 Der Konsonantenbestand des MT (‫ )להט‬wird jedoch auch in Qumran durch 4QPsl und 4QPsd (nach der Rekonstruktion in DJD)820 gestützt. BHS schlägt vor, dass ‫ להט‬ursprünglich ist, aber als Nomen gelesen wurde ‫„ ָלהַט‬Flamme“. Sie ergänzt zusätzlich eine Kopula, sodass der Satz lautet „der seine Diener zu Feuer und Flamme macht“. Die Ergänzung der Kopula ist jedoch m. E. überflüssig. ‫ ָלהַט אֵ שׁ‬kann auch als ConstructusVerbindung stehen „der seine Diener zu Feuer einer Flamme macht“, eine Lesart, die auch durch griechische Zeugen belegt ist, nur in umgekehrten Bezug πυρός φλόγα „Flamme eines Feuers“ statt „Feuer einer Flamme“ (dazu s. u.). Die starke Bezeugung spricht für ‫ ָלהַט אֵשׁ‬als die ursprüngliche Lesart. Wie es zur schwierigen Lesart des MT kam, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Möglicherweise war das Nomen ‫ ָלהַט‬sehr ungeläufig, sodass versehentlich das Partizip gelesen wurde (das Nomen ‫ ָלהַט‬kommt im AT nur an einer weiteren Stelle vor, während Verbalformen zu ‫ להט‬an elf Stellen begegnen, s. u. Tabelle). 11QPsa stellt dann eine grammatische spätere Korrektur (Femininum statt Maskulinum) der falschen Lesung als Partizip dar. Die meisten griech. Hsn. bezeugen πῦρ φλέγον (Ptz. Akk. Sg. n. von φλέγω „brennen“) und spiegeln damit den MT bzw. die partizipiale Lesung (‫לוֹ ֶהטֶת‬/ ‫„ הֵט אֵ שׁ‬loherndes Feuer“) wider. Ein Teil der antiochenischen Hsn., der P. Bodmer XXIV, das Zitat im Hebräerbrief (Hebr 1,7) und vermutlich auch der Kodex Alexandrinus821 gestützt durch die bohairische und sahidische Übersetzung bezeugen dagegen πυρός φλόγα (Akk. Sg. f. von ἡ φλόξ „Flamme“) entsprechend der nominalen Vokalisierung ‫ ָלהַט אֵשׁ‬. Da der ursprüngliche hebr. Text die Konsonanten ‫ להט‬vermutlich als Nominativ gelesen hat (s. o.), spiegelt die nominale Wiedergabe mit φλόγα wahrscheinlich die ursprüngliche Septuaginta wider. Dafür spricht auch die breite geographische Verbreitung der Lesart in der Septuaginta-Überlieferung „vom sahidischen bis zum antiochenischen Text, was auf eine relativ 818

819 820 821

Das Waw ist Pleneschreibung, womit wir hier einen sehr frühen Zeugen der partizipialen Lesart haben und das abschließende Taw markiert das Partizip als Femininum kongruent zum Bezugswort ‫אֵשׁ‬. Vgl. Gesenius, 2013, ‫להט‬. „The extant left stroke corresponds to the scribe’s tet (cf. [‫ חטי]ם‬in 147:14, line 2), and there is insufficient room for ‫( לוהטת‬cf. 11QPsa)“, vgl. DJD XVI, 68. Der Kodex Alexandrinus bezeugt als einzige Hs. πυρός φλέγα. Der letzte Buchstabe im Kodex Alexandrinus ist schwer zu entziffern, s. Abb: , http://www.bl.uk/manuscripts/Viewer.aspx?ref=royal_ms_1_d_viii_fs001r. Der Eingriff eines Korrektors, wie Rahlfs in seinem Apparat angibt, ist m. E. nicht zu erkennen. φλέγα ist Nom. oder Akk. Pl. Ptz. zu φλέγω, passt jedoch nicht im Kontext mit πυρός. Womöglich wurde das Omikron versehentlich als Epsilon gelesen. Der Kodex Alexandrinus scheint die Lesart πυρός φλόγα zu stützen.

7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103

261

alte gemeinsame Grundlage hinweist.“822 Die partizipiale Lesart πῦρ φλέγον lässt sich gut als spätere Anpassung an den MT erklären.823 Tabelle 1: Alle Belege im MT für das Verb ‫( להט‬Psalmen nach hebr. Zählung) und das Nomen ‫ ַלהַט‬und die Wiedergabe im Griechischen. φλέγω/ καταφλέγω/ συμφλέγω (Verb) ἄνθραξ (für ‫) ֶגּ ָחלִים תְּ ַלהֵט‬ φλόγινος (Adjektiv) ταράσσω (Verb) κατακαίω (Verb) φλογίζω (Verb) ἀνάπτω (Verb)

‫( להט‬Verb) Dtn 32,22; Ps 104,4 (Hebr. u. griech. Ptz.); Ps 106,18; Jes 42,25 (Griech. Ptz.) Hi 41,13

‫( ַלהַט‬Nomen)

Gen 3,24 Ps 57,7 (Hebr. Ptz.) Ps 83,15 Ps 97,3 Joel 1,19; Joel 2,3 (Griech. Ptz.); Mal 3,19

Vers 5: ®ՉӫӨӰӨӮ֏ӽӱ®ӸԨӱӦԩӱ ¯ԗӴՂӸԨӱӾӶӺԆӮӨӬӤӱӤՐӸԩӷ°ӳՐӭӮӬӫԧӶӨӸӤӬ± ²ӨԶӷ ӸՍӱӤԶժӱӤӸӳ՝ӤԶժӱӳӷ² der die Erde gegründet hat auf ihrem sicheren Fundament824; sie wird nicht erschüttert werden von Ewigkeit zu Ewigkeit. A B S (L) 1219 2044 2110 4QPsd 4QPsl 11QPsa MT ® ࡻࡾࣜ ࡟ࣥ ࣒ࣜ ࡣࡶࣤࣝ ࣞ࡫ ¯  ࣥ࡯ࡸࣝ  °   ࡥ࡫ࢶ ࣞ ࡵ࢐࡭ ࣜ ࡳࣖ ± ࣚࣂ ࢇࣝ  ࡪ࢐ࢡࢽ ࢯࣥ࡯ ²  ࡱ࡯࢐ࡷ ࣊ࣞ ²  ॱ ࡣࡸࣤ ࣜ ࣞࡧ

B ® ԗӫӨӰӨӮՁӽӶӨЇӱЈ ӸԨӱӦԩӱ ¯ ԗӴՂ Ө ° ӸԨӱӾӶӺԆӮ ӬӤӱӤՐӸԩӷ Ϸ ± ӳՐӭӮӬӫԧӶӨӸӤӬ  ² ӨԶӷӸՍӱӤԶժӱӤ ² Ӹӳ՝ӤԶժӱӳӷ 

A ® ® ӳӫӨӰӨӮӬӽӱ ӸԨӱӦԩӱ ¯ ԗӴՂ ° ӸԨӱӾӶӺԆӮӨӬӤӱӤՐӸԩӷ  ± ӳՐӭӨӬӱӪӫԧӶӨӸӤӬ  ² ӨԶӷӸՍӱӤԶժӱӤ ² Ӹӳ՝ӤԶժӱӳӷ 

Ant ® ® ӳӫӨӰӨӮӬӽӱ ӸԨӱӦԩӱ ¯ ԗӴՂ ° ӸԨӱӾӶӺԆӮӨӬӤӱӤՐӸԩӷ  ± ӳՐЇӭӮӪӫԧӶӨӸӤӬЈ  ² ӨԶӷӸՍӱӤԶժӱӤ ² Ӹӳ՝ӤԶժӱӳӷ 

4QPsd:ЋϘЌࡪ ࣕࡧЋࡳࢁ࡯ࡡࡥ࡫ࡵࡧ࡭ࡳ࡯ࡷࡻࡾЌ࡟ࡣࡶࡧ࡫Ϸ ࣕ ࡪࣕ ࣕࡧࡳࢁ࡯ ࢽ ࡡϷࡥ࡫ࡵࡧ࡭ ࢽ ࡳ࡯ࡷࡻࡾ࡟ࡣࢀ࡫ 4QPsl:ЋࡣࡷЌ ࣕࡧࡳ࡯ࡷ࡯ ࢽ ࡻࡾ࡟ࡣࡶ࡫Ќ 11QPsa :ࡣࢽ ࡷЋࡧࡱ࡯ࡧࡷࡪࡧࡳࢁ࡯ࡡࡥ࡫ࡵࡧ࡭ࡳ࡯ࡷ P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӫӨӰӨӮӬӽӱ ӸӪӱ ӦӪӱ ϖ  ϷӴӹӵ ӺӮӨӦӽ¼ӱ ӨӴӬ ӸӪӱ Ӥϓ ӶϓӺӤӮӬӤӱӤӹӸӪӷϖӳӹϷӭӮӨӬӶӫӪӶӨӸӤӬӨӬӷӸӳӱӤϓ ӬЋϓ ӽЌӱӤӸӳӹӤӬӽӱӳӷ

822 823 824

Kreuzer, Bedeutung des Antiochenischen Textes, 2010, 33. Vgl. Kreuzer, Bedeutung des Antiochenischen Textes, 2010, 33. Zur Übersetzung von ἀσφάλεια mit „sicheres Fundament“, vgl. Muraoka, Lexicon, 2009, ἀσφάλεια (b).

262

7 Psalm 104 (103)

V. 5a-a: Ra: εθεμελιωσεν B´–2044 Sa R´’ = M] ο θεμελιων Bo L´’ A´’, qui fundasti GaHi Kasser/Testuz (Ra 2110): θεμελιων την γην πυρ φλεγον : εθεμελιωσεν την γην BHS: GAL (LpT Hier) ὁ θεμελίων = ‫יֹסֵד‬ DJD XVI (4QPsd): ‫ יוסד‬4QPsd Gmss(ὁ θεμελίων)] ‫ יסד‬M; ἐθεμελίωσεν (= ‫יָסַד‬ *) Ged; ‫ישד‬4QPsl DJD XVI (4QPsl): ‫ יָסַד ]ישד‬MG(έθεμελίωσεν); ‫ יוסד‬4QPsd Gmss(ὁ θεμελίων) (orth or var?) In den griech. Hsn. gibt es zwei verschiedene Lesarten, die vermutlich auf unterschiedliche Lesungen des hebr. Konsonantenbestandes zurückgehen, zum einen als Ptz. ‫( יֹסֵד‬griech. ὁ θεμελίων), so z. B. von 4QPsd (und wahrscheinlich auch von 11QPsa)825 durch die Pleneschreibung des Cholem eindeutig bezeugt, und zum anderen als 3. Sg. Pf. ‫( יָסַד‬griech. έθεμελίωσεν), so MT. Im Kontext des Psalms passt die Ptz.- Form besser, da sowohl die vorangehenden Verse jeweils mit Partizipien eingeleitet werden, als auch im Folgenden die jeweils neuen Themen z. B. in den Versen 10, 13, 14 etc. Es ist gut denkbar, dass die Konsonanten aufgrund der Mehrdeutigkeit später versehentlich als ‫ יָסַד‬gelesen wurden und sich diese Lesart durchsetzte.826 Die ursprüngliche Septuaginta hat vermutlich das Wort als Partizip gelesen (entsprechend Qumran) und die 3. Sg. Aor.- Form ist auf eine spätere Anpassung an den MT zurückzuführen. 4QPsl bezeugt hier ‫ישד‬. Für das Wort gibt es keinen Beleg im AT. Vermutlich handelt es sich um einen Schreibfehler. Zur Ergänzung von πῦρ φλέγον im P. Bodmer XXIV siehe die folgende Einzelanalyse zu V. 5b. V. 5b: Kasser/Testuz (Ra 2110): θεμελιων την γην πυρ φλεγον : εθεμελιωσεν την γην P. Bodmer XXIV markiert hinter θεμελίων τὴν γῆν einen neuen Sinnabschnitt (s. u. Abb.) und ergänzt als einzige Hs. hier die Worte πῦρ φλέγων (vom Schreiber korrigiert zu πῦρ φλέγoν), wobei es in V. 4 πυρός φλόγα statt πῦρ φλέγον bezeugt (vgl. Einzelanalyse zu V. 4e-e). Für eine absichtliche Ergänzung gibt es keine erkennbaren Gründe. Möglicherweise wurde in einer Hs. unter πυρός φλόγα oder am Rand die korrigierende Lesart πῦρ φλέγον ergänzt, die dann in der Tradierung des Textes versehentlich in den

825

826

Auch wenn die Lücke groß ist, weist DJD darauf hin, dass der MT Text zu kurz für die Lücke zu sein scheint. „Possible variant readings are ‫יוסד‬, ‫הארץ‬, or ‫לעולם‬.“, DJD XXIII, 32. Auch Kraus ist der Meinung: „Hier T belegen das hymnische Partizip , das an dieser Stelle doch wohl richtig ist.“, Kraus, Psalmen 60–150, 1978, 879.

7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103

263

Fließtext geraten ist.827 In jedem Fall kann aufgrund der geringen Bezeugung davon ausgegangen werden, dass die Ergänzung nachträglich entstanden ist. Abb.: P. Bodmer XXIV828:

V. 5c: Ra: αυτης > Sa In der sahidischen Übersetzung fehlt eine Entsprechung für das Personalpronomen αὐτῆς. Es handelt sich wahrscheinlich um eine versehentliche Auslassung durch den Übersetzer. V. 5d: Ra: κλιθησεται] κληθ. S LpauHe, κεινηθ. A (Bo Sa?) Kasser/Testuz (Ra 2110): κλεισθησεται : κλιθησεται Die griechischen Hsn. weichen in ihrer Wiedergabe von ‫( תִּמּוֹט‬3. Sg. Impf. Ni. von ‫„ מוט‬wanken [Ni.]“) voneinander ab. Alle bezeugen die 3. Sg. Fut. passiv, verwenden jedoch unterschiedliche griechische Wörter (zum Überblick s. u. Tabelle). Der Sinaiticus, einige wenige antiochenische Hsn. und der Psalter-Kommentar des Hesych bezeugen κληθήσεται von καλέω „gerufen werden“, der Codex Alexandrinus bezeugt κεινηθήσεται, vermutlich von κινέω „sich bewegen“,829 und der P. Bodmer XXIV κλεισθήσεται von κλείω „schließen“, während der Großteil der Hsn. κλιθήσεται von κλίνω „wankend machen“830 bezeugt. Die Wurzel ‫ מוט‬wird im AT eigentlich geläufig mit σαλεύειν „zum Wanken bringen, erschüttern“831 wiedergegeben (an 21 von 45 Belegstellen)832 und bedeutet im Niphal „wanken“. Für unsere Stelle kommt als ursprüngliche Wiedergabe nur κλιθήσεται oder κεινηθήσεται in Frage. Die Variante des P. Bodmer XXIV (κλεισθήσεται) und die Lesart κληθήσεται (S LpauHe) kommen nicht in Frage, da sie weder inhaltlich einen Sinn ergeben, noch an einer anderen Stelle im AT als Wiedergabe für die Wurzel ‫ מוט‬verwendet werden. Außerdem ist für beide Abweichungen nicht ausgeschlossen, dass sie durch einen Hörfehler beim Abschreiben entstanden sind. Die Variante des Kodex Alexandrinus (κεινηθήσεται anstelle von κλιθήσεται) lässt sich kaum durch einen Schreibfehler erklären. Die Form κεινηθήσεται als 3. Sg. Aor. passiv von κινέω „sich bewegen“ wäre im 827

828 829 830 831 832

Dass Randnoten als Zusätze in den Haupttext gelangen, ist auch anderweitig bezeugt, vgl. Albrecht, Rezension des Hesych, 2016, 357, und ausführlicher zu Dubletten, vgl. Albrecht, Zwölfprophetenbuch, 2013, 350, mit Anm. 5. Kasser/ Testuz, P. Bodmer XXIV, Faksimile-Anhang, 81 κεινηθήσεται ist vermutlich eine abweichende Schreibweise für κινηθήσεται von κινέω, vgl. BA, 1988, κινέω. Vgl. BA, 1988, κλίνω (1.d). Vgl. BA, 1988, σαλεύω (1.d). Vgl. Muraoka, Two-way Index, 2010, σαλεύω.

264

7 Psalm 104 (103)

Kontext möglich: „sie [die Erde] wird nicht bewegt werden“ statt „sie wird nicht wanken“. Es wird ein Wort mit einer allgemeineren Bedeutung gewählt, der Sinngehalt des Textes bleibt jedoch erhalten. Sie wird auch durch die bohairische und möglicherweise durch die sahidische Übersetzung gestützt. Als Wiedergabe für ‫ מוט‬ist das Wort nur an einer weiteren Stelle im AT bezeugt, während das hier von den meisten griechischen Hsn. verwendete Wort κλίνω in der LXX an sechs Stellen als Wiedergabe von ‫ מוט‬dient (s. u. Tabelle) und es von der Bedeutung her auch präziser wiedergibt (κλίνω „wankend machen“; ‫„ = מוט‬wanken“). Man könnte erwägen, ob die Lesart des Mehrheittexts als genauere Wiedergabe des Hebräischen oder als Vereinheitlichung durch die Verwendung eines häufiger verwendeten Äquivalents für ‫ מוט‬zu erklären ist. Da wäre jedoch eine Wiedergabe mit σαλεύειν naheliegender (s. o.). Aufgrund der schwachen Bezeugung erscheint es wahrscheinlicher, dass der Kodex Alexandrinus hier eine sekundäre Variante bezeugt. Ein Grund für die Abweichung ist jedoch nicht erkennbar. Tabelle: Die griechischen Varianten für ‫ תִּמּוֹט‬in LXX Ps 103,5 Griech. Hsn. Form Grundwort Übersetzung

(εκ)κλιθήσεται Ra 3. Sg. Fut. pass. von κλίνω „sich neigen“

κεινηθήσεται A 3. Sg. Fut. pass. von κινέω „sich bewegen“ 53 (1)

κληθήσεται S LpauHe 3. Sg. Fut. pass. von καλέω „gerufen werden“ 511 (3)

κλεισθήσεται 2110 3. Sg. Fut. pass. von κλείω „sich verschließen“ 28 (0)

Belege im AT (in den Pss.) Belege für ‫מוט‬833

63 (20) Qal (2); Ni (3); Hi (1)

Ni (1)

0

0

V. 5e: BHS: pc Mss Vrs ´‫לְע‬ DJD XVI (4QPsl): ‫לעלם‬ ֯ Mmss G (εἰς τὸν αἰῶνα)] ‫ עולם‬M Der Apparat der BHS gibt an, dass einige wenige hebr. Hsn. und „alle oder die meisten Übersetzungen“834 die vorangestellte Partikel ‫ ְל‬bezeugen. Die Forme ‫ עוֹלָם ָועֶד‬ist sowohl mit als auch ohne vorangestelltem ‫ ְל‬in den Psalmen bezeugt (5 mal mit und 7 mal ohne). Die LXX gibt ‫ עוֹלָם ָועֶד‬in der Regel mit εἰς τὸν αἰῶνα τοῦ αἰῶνος wieder. ‫ לְעוֹלָם ָועֶד‬dagegen an allen 5 Belegstellen in den Psalmen mit εἰς τὸν αἰῶνα καὶ εἰς τὸν αἰῶνα τοῦ αἰῶνος. Der ursprünglichen Septuaginta scheint also die Formel ohne vorangestelltem ‫ ְל‬vorgelegen zu haben.

833 834

Vgl. Muraoka, Two-way Index, 2009, unter den entsprechenden griechischen Wörtern. Dafür steht die Abkürzung Vrs, vgl. Wonneberger, Leitfaden, 1986, 59.

7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103

265

In Qumran ist die Stelle nur in 4QPsl (zweite Hälfte des 1. Jh. v. Chr.) erhalten geblieben, hier mit vorangestelltem ‫ ְל‬bezeugt. Die Stelle in 11QPsa wird in DJD ohne Partikel rekonstruiert, wobei hier aufgrund der großen Lücke keine endgültige Entscheidung getroffen werden kann. Für einen gewissen Zeitraum in der Textgeschichte existierten offensichtlich beide Lesarten für LXX Psalm 103,5, wobei sich im MT die ursprüngliche Lesart, die schon der ursprünglichen Septuaginta vorgelegen hat, durchgesetzt hat. Vers 6: ӿӥӹӶӶӳӷդӷԺӰԆӸӬӳӱӸՍӴӨӵӬӥՌӮӤӬӳӱ®Ӥ ӤՐӸԩӷ¯ϷԗӴՂӸժӱՆӵԝӽӱӶӶӸԧӶӨӸӤӬ° ՕӧӤӸӤ Die Tiefe, wie ein Gewand, (ist) ihr Mantel, auf den Bergen werden Wasser stehen. A B S (L) 1219 2044 2110 2QPs 11QPsa MT  ࡱ࢐ࡥࢯ࣒ ࣖ  ࢪ࢏ࡡࣈ ࢜ࣖ ࢚ࣝ ¯®   ࢐ࢁ࡫ ࢶ ࢣࣚ ࢚ࣚ  ࡱ࡫ࢽࡾࣚ ࡥࣥ࡯ ࣞࣂ ࡸࣝ °  ॱࡱࣚ࡫ࡳࣥ ࣤ ࣞ ࢏ࡣࡳࣖ ࡸࣤࣝ ࡫ࣝ

B ӿӥӹӶӶӳӷ դӷԺӰԆӸӬӳӱ ® ¯ ӸՍӴӨӵӬӥՌӮӤӬӳӱ ӤՐӸӳ՝ Ϸ ԗӴՂӸժӱՆӵԝӽӱ ° ӶӸԧӶӳӱӸӤӬ ՕӧӤӸӤϷ

A ӿӥӹӶӶӳӷ դӷԺӰԆӸӬӳӱ ® ¯ ӸՍӴӨӵӬӥՌӮӤӬӳӱ ӤՐӸӳ՝ শ঱঳ ԗӴՂӸժӱՆӵӤ֏ӽӱ  ° ӶӸԧӶӳӱӸӤӬ ՕӧӤӸӤ

Ant ӿӥӹӶӶӳӷ դӷԺӰԆӸӬӳӱ ® ¯ ӸՍӴӨӵӬӥՌӮӤӬӳӱ ЇӤՐӸԩӷЈ ԗӴՂӸժӱՆӵԝӽӱ ° ЇӶӸԧӶӨӸӤӬЈ ՕӧӤӸӤ

2QPs:ࡳ࡫ࡳࡧࡣࡳࡷ࡫Ќࡱ࡫ࡾࡥ࡯Ћࡷࡧࢁ࡫ࡶ࡭ࢀࡧࡡ࡯࡭ࡱࡧࡥࢁ ࢽ 11QPsa: ࡱࡧࡥࢁ P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӤӥЋӹӶ  ϷӶӳӷϖӽӷ֐ӰӤӸӬӳӱӸЋӳӴӨӵӬӥЌӳϓӮӨӳӱӤӹӸӳӹ ӨӴЋӬӸϷӽӱӳӵӨӽӱӶϓ ЋӸӪЌӶϓ ӳӱӸӤЋӬӹЌӧϓ ӤӸӤ V. 6a: Kasser/Testuz (Ra 2110): περιβ]ολεον, l. περιβολαιον P. Bodmer XXIV bezeugt περιβ]ολεον anstelle von περιβόλαιον.836 Die Vermischung von αι und ε ist ab dem 2. Jh. v. Chr. bezeugt.837 P. Bodmer XXIV bietet wahrscheinlich eine sekundäre abweichende Schreibweise. V. 6b: Ra: αυτου (cf. M)] αυτης Lb, cf. Tht: το „αυτου“ αντι του „αυτης“ τεθεικεν BHS: G τὸ περιβόλαιον αὐτοῦ = ‫ ;כְּסוּתוֹ‬α´θ´ Hier T suff f, prp ‫ ִכּסַּתָּה‬cf. 9 Der MT bezeugt ‫ ִכּסִּיתוֹ‬, von ‫„ כסה‬bedecken (Pi.)“ in der 2. Sg. m. Perf. Piel mit einem Suff. 3. Sg. m. Es handelt sich um eine schwierige Lesart. Das enklitische Personalpronomen im Maskulin ergibt keinen Sinn.838 Kraus 835 836

837 838

Der Kodex Alexandrinus liest ὀραίων anstelle von ὀρέων. Genauso z. B. auch in V. 10 oder in LXX Ps 17,8. Es handelt sich sicherlich um eine orthographische Variante. Eine Ableitung von περίβολος „enclosing wall“, vgl. Muraoka, Lexicon, 2009, s. v., (Akk. Sg. περίβολον) ist unwahrscheinlich, da das Wort inhaltlich nicht in den Kontext passt (es ist auch an keiner Stelle als Äquivalent zu ‫ כסה‬bezeugt, περιβόλαιον dagegen an 7 Stellen) und auch die Ergänzung des Epsilons zu erklären wäre. Vgl. BDR §25. Vgl. auch Hossfeld/ Zenger, Psalmen 101–150, 2008, 70.

266

7 Psalm 104 (103)

schlägt vor, ‫ ִכּסַּתָּה‬zu lesen, also eine 3. Sg. f. Perf. Piel mit Suff. 3. Sg. f. (so auch BHS).839 Er übersetzt: „Das Urmeer bedeckte ‚sie‘ wie ein Kleid“840, wobei „sie“ sich hier auf ‫אֶרץ‬ ֶ (V. 5) bezieht. Dem schließt sich auch Hossfeld an: „Unter dem Eindruck von V 9b wird die Verbform zur 3. Person Singular Femininum konjiziert.“841 Vom inhaltlichen Gesichtspunkt her betrachtet ist diese Konjektur im Kontext der Verse 5–9 sehr gut nachvollziehbar. Es lässt sich jedoch schwer erklären, wie Abschreiber von ‫ ִכּסַּתָּה‬zur inhaltlich unsinnigen Lesart ‫ ִכּסִּיתוֹ‬gekommen sein sollen, eine Lesart, die sich auch nicht als Abschreibefehler erklären lässt. Hebräische Zeugen sind für die Lesart nicht vorhanden, es gibt jedoch griechische Zeugen, die das Pronomen im Femininum bezeugen, das Verb jedoch als Nomen wiedergeben und zwar mit τὸ περιβόλαιον αὐτῆς „die Urflut, wie ein Gewand, ist ihre [der Erde] Kleidung“ (so außerdem auch bei Hiernoymus und in den Targumen). Das hebräische Äquivalent wäre ‫( כְּסוּתָהּ‬vgl. Gesenius, 2013, s. v.) von ֹ ‫„ כְּסוּת‬Kleidung, Obergewand“842 (+ Feminin-Suffix). Von der vermuteten Vorlage der Septuaginta ‫( כְּסוּתָהּ‬mit Qámez chatúf) ließe sich auch die schwierige masoretische Lesart ‫ ִכּסִּיתוֹ‬als Hörfehler beim Abschreiben leichter erklären. Außerdem ist die Femininform auch bei Aquila und Theodotion bezeugt, zwei Übersetzer, die dafür bekannt sind, dass sie sehr nah am hebräischen Text übersetzt haben, was dafür spricht, dass ein hebräischer Text existierte, der ‫ כְּסוּתָהּ‬bezeugt hat. Die Indizien lassen vermuten, dass der ursprüngliche hebräische Text ‫„ כְּסוּתָהּ‬ihr Kleid“ gelesen und die ursprüngliche Septuaginta korrekt mit τὸ περιβόλαιον αὐτῆς übersetzt hat. Der MT ist durch einen Schreibfehler entstanden und die griechischen Hsn., die das Pronomen im Maskulinum bezeugen, stellen eine spätere Anpassung an den MT dar. Einige antiochenische Hsn. sowie Aquila und Theodotion (gestützt von Hiernoymus und den Targumen) bezeugen hier also vermutlich die ursprüngliche griechische (und hebräische) Lesart, während die anderen Hsn. eine spätere Anpassung an den MT darstellen, die jedoch wahrscheinlich verhältnismäßig spät vollzogen wurde. V. 6c: Ra: ӶӸӪӶӳӱӸӤӬ] –ӶӨӸӤӬ LbThtp: cf. 9.10.16.20.26.28 et 113 Holmes/ Parsons: στήσονται ὗδατα] στησεται υδατα 69, 80, 111, 112, (162. ex. corr.) 166, 174, 186, (190. marg.) 194, 197, 200, 204, 206, 210, 212, 214, (223. ex corr.) 275, 276, 278. (280. corr. ab eadem m.) (292. ex corr.)

839 840 841

842

Vgl. Kraus, Psalmen 60–150, 1978, 879. Kraus, Psalmen 60–150, 1978, 877. Vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalmen 101–150, 2008, 70. In Vers 9 ist sowohl in der hebräischen als auch in der griechischen Überlieferung der Rückbezug auf ‫( א ֶֶרץ‬V. 5) vollzogen Vgl. Gesenius, 2013, s. v.

7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103

267

Einige wenige antiochenische Hsn. und eine Lesart im Psalterkommentar des Theodoret bezeugen die Verbform in der attischen Schreibweise843 in der 3. Sg. anstelle der 3. Pl. (vgl. auch Einzelanalyse zu LXX Psalm 33,6d). In der Septuaginta zeigt sich wie im NT ein starkes Schwanken zwischen den beiden Schreibweisen. Auch in einzelnen Hsn. wird an manchen Stellen die pluralische, dann wieder die singularische Schreibweise verwendet.844 Beide Schreibweisen konnten also nebeneinander existieren. Ein Grund für eine spätere Änderung zur singularischen Schreibweise ist nicht gegeben, zumal beide Schreibweisen nebeneinander existieren konnten. Wahrscheinlicher ist, dass eine hebraisierende Rezension hier und auch in den Versen 9c, 10c, 16a, 24a, 26b und 28h die vom hebräischen abweichenden Verbformen konsequent ans Hebräische angepasst hat (es könnte sich auch um eine Bearbeitung handeln, die an die hellenistische/ neugriechische Schreibweise angepasst hat). Trotz des schwachen Hsn.-Befundes, der eine Entscheidung schwierig macht, sprechen doch die inneren Kriterien dafür, dass die ursrpüngliche Septuaginta hier nur in einigen jüngeren Hsn. erhalten ist, die die Sg.-Verbform bezeugen, und die älteren Zeugen einen hebraisierten Text bieten. Vers 7: ӾӴՍԗӴӬӸӬӰԧӶӨըӷӶӳӹ®ӺӨ՛ӲӳӱӸӤӬӾӴՍӺӽӱԩӷӥӵӳӱӸԩӷӶӳӹ¯ӧӨӬӮӬԆӶӳӹӶӬӱ Vor deinem Tadel werden sie fliehen, vor der Stimme deines Donners werden sie verzagen. A B S (L) 1219 2044 2110 ®

MT ࣈ࢙ࢁࣖ ࡾࣈ ࣞ ࡸࣘ ࣝࢉࣥࡴࡳࣚ  ࡴ࢏ࡶ࢏ࡵ ࢶ ࣖ࡫  ࡯࢐ࡽࣥࡴ ࣊ ࡳࣚ ¯   ࢽ࢙ࡳࣖ ࡸࣝ ࡾࣂࣤ ࣝ  ॱࡴ࢏ ࣤࡨࡺࣛ ࡩ ࣞ ࣛ࡫

B ® ӾӴՍԗӴӬӸӬӰԧӶӨըӷӶӳӹ  ӺӨ՛ӲӳӱӸӤӬϷ ӾӴՍӺӽӱԩӷ ¯ ӥӵӳӱӸԩӷӶӳӹ  ӧӨӬӮЇӨЈӬԆӶӳӹӶӬӱϷ

A ® ӾӴՍԗӴӬӸӬӰԧӶӨըӷӶӳӹ ӺӨ՛ӲӳӱӸӤӬ ӾӴՍӺӽӱԩӷ ¯ ӥӵӳӱӸԩӷӶӳӹ ӧӨӬӮӬԆӶӳӹӶӬӱ

Ant ® ӾӴՍԗӴӬӸӬӰԧӶӨըӷӶӳӹ  ӺӨ՛ӲӳӱӸӤӬ ӾӴՍӺӽӱԩӷ ¯ ӥӵӳӱӸԩӷӶӳӹ  ӧӨӬӮӬԆӶӳӹӶӬӱ

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӤӴӳ ӨӴӬӸϓЋӬ  ϷӰЌӪϓ ЇӶЈӨӽӷ ӳϓӹϓ ӺϓЋӨӹӲЌӳӱӸӤӬ ϖ ӤӴӳ ӺӽӱӪӷӥӵӳӱϷӸӪӷӳӹӧӨӮӬϓӤӶϓ ЋӳӹӶЌӬӱ V. 7a.b: Kasser/Testuz (Ra 2110): επιτ[ιμ]ησεως ου : επιτιμησεως σου Kasser/Testuz (Ra 2110): βροντης ου : βροντης σου P. Bodmer XXIV bezeugt an zwei Stellen eine Haplographie, wodurch er statt des Suffixes σου die Verneinungspartikel ου liest. Inhaltlich ergibt das kaum Sinn. Es handelt sich sicherlich um Schreibfehler.

843 844

Vgl. BDR §133: „Einem Ntr.Pl. als Subj. entspricht ein Verbum finitum im Sgl. als Prädikat. Die Konstruktion ist im Att. besonders fest.“ Vgl. ebd.

268

7 Psalm 104 (103)

Vers 8: ӾӱӤӥӤՁӱӳӹӶӬӱ ՇӵӪ ӭӤՂ® ӭӤӸӤӥӤՁӱӳӹӶӬӱ ӴӨӧՁӤ ӨԶӷ¯ ӸՍӱ° ӸՌӴӳӱ ± Ջӱ² ԗӫӨӰӨӮՁӽӶӤӷӤՐӸӳՃӷ³ Sie ziehen Berge hinauf und Ebenen hinunter zu dem Ort, den du für sie gegründet hast. A B S (L) 1219 2044 2110 2QPs 4QPsd MT  ࡱ࡫ࡾࣚ ࡥ࢏ ࣒ ࣞ ࡯ࣈ ࡸࣝ࡫ ࣘ ®   ࢏ࡣࣈ ࡾࣖ ࣛ࡫  ࢁ࢐ࡸࢶ ࡽࣞ ࡡࣖ ² ±° ¯  ࣧ ࡥࣉࡨࣜ  ࡱ࢐ࡽࢽ ࡳࣥ ࣖࣂ ࡯࡟ࣜ ³ ࣞ ࢯࣞ ࡣࣖ ࡶ࣑ࣝ ࣞ࡫  ࡱࡥࣤ ࣜ ࡯

B ӾӱӤӥӤՁӱӳӹӶӬӱՇӵӪ ® ӭӤՂ ӭӤӸӤӥӤՁӱӳӹӶӬЇӱЈ ӴӨӧՁӤϷ ¯ ° ± ² ӨԶӷ  ӸՌӴӳӱ Ջӱ  ³ ԗӫӨӰӨӮՁӽӶӤӷӤՐӸӳՃӷ Ϸ

A ӾӱӤӥӤՁӱӳӹӶӬӱՇӵӪ ® ӭӤՂ ӭӤӸӤӥӤՁӱӳӹӶӬӱ ӴӤӬӧՁӤ ¯ ° ± ² ӨԶӷ  ӸՌӴӳӱ Ջӱ  ³ ԗӫӨӰӨӮՁӽӶӤӷӤՐӸӳՃӷ 

Ant ӾӱӤӥӤՁӱӳӹӶӬӱՇӵӪ ® ӭӤՂ ӭӤӸӤӥӤՁӱӳӹӶӬӱ ӴӨӧՁӤ ¯ ° ± ² ӨԶӷ ӸՍӱ ӸՌӴӳӱ Ջӱ  ³ ԗӫӨӰӨӮՁӽӶӤӷЇӤՐӸӳՃӷЈ 

4QPsd:ࡱࡥ࡯ࡥࢁЋࡣࡶЌ ࣕ ࣕ࡫ЃЃЃЃЋЌϷࡱ ࣕࡧЋࡽࡳ࡯࡟ЌࢁࡧࡷЋࡽࡡЌࡧࡣࡾ࡫ࡱ࡫ࡾࡥࡧ࡯ࡷ࡫ ࢽ  2QPs:ࡱࡥ࡯ࢁࡣࡶ࡫ࡥࡨࡱࡧࡽࡳ࡯Ќ ࢽࡧ࡭࡯ࡧࢁࡧࡷࡽࡡЋࡧࡣࡾ࡫ࡱ࡫ࡾࡥࡧ࡯ࡷ࡫ P. Bodmer XXIV (Ra 2110):ӤӱӤӥӤӬӱӳӹӶӬӱӳӵӪӭӤӬϷӭϓ ӤϓӸϓӤϓӥӤӬϓӱϓӳӹӶӬЋӱӴӨЌӧӬӤϖ ӨϓӬӷϓ ӸӳӱӸӳӴӳӱӳϓӱӨϷӫӨӰӨӮӬӽӶӤӷӤӹӸЋӳӬЌӷϖ

V. 8a: Keine Apparatangabe vorhanden Die LXX ergänzt eine Kopula gegenüber dem MT.845 Qumran stützt MT. Abweichungen bei der Setzung von Kopulas sind in der hebräischen Überlieferung häufiger belegt. Möglicherweise beruht die Ergänzung in der Septuaginta auf einer hebräischen Vorlage oder es handelt sich um eine versehentliche Hinzulesung eines Waws durch den Übersetzer.  V. 8b: BHS: Q [‫ולכו]ל‬ Die Qumran-Hs. 2QPs bezeugt nach der Rekonstruktion in DJD ‫ולכו֗ ]ל‬ anstelle der Präposition ‫אֶ ל‬. Dass ‫ כול‬gestanden hat, ist im Kontext zwar nicht ausgeschlossen, mit der vorangehenden Partikel ‫ ְל‬und der Kopula ergibt der Text jedoch kaum Sinn. Die Buchstaben sind hier außerdem nur sehr schlecht erkennbar.846 Aufgrund der Unsicherheit und der fehlenden weiteren Zeugen für die Lesart (4QPsd hat aufgrund der kleinen Lücke wahrscheinlich wie MT die Präposition ‫)אֶ ל‬, reicht es, an dieser Stelle festzuhalten, dass die Variante in 2QPs wahrscheinlich sekundär ist. V. 8c: Ra: τοπον B–2044 R A] pr. τον S L´ 1219’ Kasser/Testuz (Ra 2110): εις τον τοπον : εις τοπον Der Kodex Sinaiticus, die antiochenischen Handschriften gestützt durch Theodoret, P. Bodmer XXIV und die Hsn. 1219 und 55 bezeugen einen Artikel. ‫ מקום‬ist im Hebräischen durch den Relativsatz determiniert, sodass die Wiedergabe mit Artikel im Griechischen dem Sinn des hebräischen Textes entspricht. Die Streichung des Artikels stellt eine spätere isomorphe Anpassung an den hebräischen Text dar. 845 846

Vgl. LXX.E.II, 2011, 1792. Vgl. die Abb. in DJD III, Pl. XIII.

7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103

269

V. 8d: Ra: εις τοπον] in locis suis Sa Die sahidische Übersetzung bezeugt das Nomen im Pl. und ergänzt ein Possessivpronomen. Der Plural soll womöglich ausdrücken, dass die Berge und Täler unterschiedliche Ort haben (die sahidische Übersetzung hat also vermutlich die Berge und Täler als Subjekt des Satzes verstanden und nicht die Wasser von V. 6, vgl. dazu Einzelanalyse zu V. 8f). Im Hebräischen muss man distributiv denken: je ihren Ort. Das Koptische gibt dies sachlich richtig wieder mit: ihre Orte. 4QPsd scheint ein Wort hinter ‫ מקום‬zu ergänzen.847 Relativsätze werden im Hebräischen nur sehr selten mit einem Demonstrativum als Relativpartikel wiedergegeben (wenn dann v. a. in der Poesie848). An den anderen Stellen, bei denen der griechische Text τόπον mit dem Relativpronomen ὃν bezeugt, liegt im Hebräischen immer die Partikel ‫ אשׁר‬zugrunde.849 Womöglich wurde dies auch in 4QPsd ergänzt. ֶ ֲ V. 8e: BHS: > pc Mss In einigen wenigen hebr. Hsn. fehlt das Demonstrativpronomen ‫זה‬, das an dieser Stelle möglicherweise als syntaktisch überflüssig bzw. störend ֶ empfunden und von daher gestrichen wurde (vgl. Einzelanalyse zu V. 8d).850 V. 8f: Ra: αυτοις = M] αυτους S, αυτα La(non THe) Der Rahlfs-Text übersetzt das Personalpronomen dem MT entsprechend im Dat. Pl. n. Das Pronomen passt gut in den Kontext und bezieht sich vermutlich auf die Wasser „ὕδατα“ von V. 6, denn ὕδατα bildet implizit auch das Subjekt des folgenden Verses V. 9.851 Der Satz wäre im Deutschen zu

847

848 849

850 851

Die Hs. 4QPsd scheint ‫ זֶה‬zu bezeugen, hat jedoch eine noch größere Lücke: „ ◦◦◦ ◦[ ] ‫]סד[תה‬ ֯ ֯‫י‬. One or two letters have been lost prior to the first ink-trace which may form he (cf. ‫ זה‬M); traces of two or three more letters follow after an apparent space. The missing text was longer than M (‫ ;יסדת זה‬cf. ‫ יסדת‬Mmss), unless the leather was flawed.“, DJD XVI, 69. Vgl. Ernst, Kurze Grammatik, 2010, §15.d. τόπον + ὃν ist an 20 Stellen im AT bezeugt. Als Äquivalent für ὃν steht immer ‫ֲאשֶׁר‬ mit Ausnahme von Ps 84,7 wo im Hebräischen keine Partikel vorhanden ist, die den Relativsatz markiert. Unverbundene Relativsätze (‫ ֲאשֶׁר‬-Sätze ohne ‫שׁר‬ ֶ ‫ ) ֲא‬begegnen insbesondere in der Poesie, vgl. Ernst, Kurze Grammatik, 2010, §63.p. Vgl. auch Kraus Psalmen 60–150, 1978, 879. Der Text bleibt jedoch inhaltlich schwierig (die Wasser ziehen die Berge hinauf?) und V. 10 scheint dann eine Dopplung zu bilden, denn hier wird nochmal erwähnt, dass Gott die Quellen in die Täler sendet und zwischen die Berge fließen lässt (hier korrekt zwischen die Berge und nicht die Berge hinauf). Die Lutherübersetzung (1984) liest für V. 8 inhaltlich besser: „Die Berge stiegen hoch empor, und die Täler senkten sich herunter zum Ort, den du ihnen gegründet hast.“ Problematisch ist bei einer solchen Übersetzung jedoch der Anschluss von V. 9, in der als implizites Subjekt nicht die Berge und die Täler von

270

7 Psalm 104 (103)

übersetzen mit: „Sie [die Wasser] ziehen Berge hinauf und Ebenen hinunter zu dem Ort, den du für sie gegründet hast.“ Der Kodex Sinaiticus bezeugt das Personalpronomen dagegen im Akk. Pl. m. (αὐτούς) und ein Großteil der antiochenischen Hsn. im Akk. Pl. n. (αὐτά), was beides im gegebenen Kontext jedoch keinen Sinn ergibt.852 Während sich die singuläre Abweichung im Kodex Sinaiticus noch als versehentlicher Abschreibefehler erklären ließe, ist ein Grund für die Abweichung in den antiochenischen Hsn. schwer zu erkennen. Da die Lesart jedoch keinen Sinn ergibt und auch in den antiochenischen Hsn. nicht einstimmig überliefert wurde, ist die Dat.-Form αὐτοῖς als ursprünglicher griechischer Text zu bevorzugen. Vers 9: ՊӵӬӳӱԘӫӳӹ®Ջ¯ӳՐӴ ӴӤӵӨӮӨ՛ӶӨӸӤӬ°ӳՐӧԞԗӴӬӶӸӵԝӼӳӹӶӬӱ±ӭӤӮ՛ӼӤӬӸԨӱӦԩӱ Du hast eine Grenze gesetzt, die sie nicht überschreiten werden, und sie werden nicht zurückkehren, die Erde zu bedecken. A B S (L) 1219 2044 2110 2QPs 4QPsd MT ®  ࢯ ࣞ ࡳࣖ ࢫࣥ࡯࢏ࡡ ࣒ࣝ ࢉࣤ ࣖ ° ¯   ࡴ࢏ࡾ࣠ࢶ ࡡࡸࣤࣘ ࡫ࣥ࡯ ࣝ ࢇࣝ  ± ࢽ ࡫ࣖࣂ ࣥ࡯ࢇࣝ   ࡴ࢏ࡡ࢏ࢪ  ॱࡻࡾࣜ ࡟ࣤ ࣞ ࡥࢁ࢐ ࣞ ࢣ࣊ ࡭ࣝ ࡯ࣖ

B ® ՊӵӬӳӱԘӫӳӹ  ¯ ° Ջ ӳՐӴӤӵӨӮӨ՛ӶӳӱӸӤӬ Ϸ ± ӳՐӧԞӾӴӳӶӸӵԝӼӳӹӶӬЇӱЈ  ӭӤӮ՛ӼӤӬӸԨӱӦԩӱϷ

A ® ՊӵӬӳӱԘӫӳӹ  ¯ ° Ջ ӳՐӴӤӵӨӮӨ՛ӶӳӱӸӤӬ  ± ӳՐӧԞԗӴӬӶӸӵԝӼӳӹӶӬӱ  ӭӤӮ՛ӼӤӬӸԨӱӦԩӱ

Ant ® ՊӵӬӳӱԘӫӳӹ  ¯ ° Ջ ӳՐЇӴӤӵӨӮӨ՛ӶӨӸӤӬЈ  ± ӳՐӧԞԗӴӬӶӸӵԝӼӳӹӶӬӱ  ӭӤӮ՛ӼӤӬӸԨӱӦԩӱ

2QPs:ࡻࡾЌ࡟ࡥࢁࡧࡶ࡭࡯Ћࡴࡧࡡࡧࢀ࡫࡯ࡡࡴࡧࡾࡡࡷ࡫࡯ࡡࢁࡳࢀ࡯ࡧࡡࡢ ࢽ ࡡࡴࡧࡾࡡࡷ࡫Ћ࡯ࡡЌϷࢁࡳ ࢽ ࢀЋ࡯ࡧЌ ࢽ ࡡЋࡢЌ ࣕ 4QPsd:ЋࡻЌࡾ࡟ࡥЋࢁࡧࡶ࡭࡯ࡴࡧࡡЌ ࣕࡧࢀ࡫࡯ P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӳӵЋӬӳЌӱ Өӫӳӹ ӳӹ ӴӤӵӨӮӨӹϓ  ϷӶӳӱӸӤӬ ϖ ӳӹӧӨ ӤӴϓ ӳӶӸӵӨЋӼӳӹЌӶӬӭӤӮӹӼӤӬӸӪӱӦӪЋӱ V. 9a: Ra: εθου] + eis La (non Aug) Die altlateinischen Übersetzungen (LaR und LaG) bezeugen das Demonstrativpronomen eis (Dat. Pl.), das sich auf die Wasser von V. 6 bezieht, die auch das Subjekt der folgenden Verben παρελεύσονται und ἐπιστρέψουσιν darstellen. V. 9b: Kasser/Testuz (Ra 2110): ου : ο ου Im P. Bodmer XXIV ist das Relativpronomen ὃ nicht bezeugt. Es wurde vermutlich in isomorpher Anpassung an den hebräischen Text ausgelassen. Eine Haplographie ist jedoch auch nicht ausgeschlossen.

852

V. 8, sondern die Wasser von V.6 vorausgesetzt sind (das zeigt sich v. a. in dem Satz „Sie werden nicht zurückkehren, die Erde zu bedecken“). Zum an dieser Stelle verwendeten Dativus commodi/ incommodi, vgl. BDR §188,1: „Er dient bei verschiedenen Verben zur Bezeichnung der Person (oder Sache), zu deren Vorteil oder Nachteil etwas geschieht“. Eine entsprechende Verwendung des Akk. ist nicht bezeugt, vgl. BDR §148–161.

7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103

271

V. 9c: Ra: παρελευσονται] –σεται Ld´Rc 1219: cf. 6 Etwa die Hälfte der antiochenischen Hsn., sowie der Psalterkommentar des Theodoret, die korrigierte griech. Spalte der Diglotte R853 und die dem Kodex Alexandrinus nahe stehende Hs. 1219 bezeugen das Verb, dessen Bezugswort ὕδατα (Neutr. Pl.) von V. 6 ist nach (alter) griechischer Grammatik im Sg. statt Pl. Sie haben vermutlich die ursprüngliche Lesart erhalten. Die anderen Hsn. bezeugen eine isormorphe Anpassung ans Hebräische (vgl. Einzelanalyse zu V. 6c) V. 9d: Ra: επιστρεψουσιν] απο- B–2044 Kasser/Testuz (Ra 2110): αποστρε[ψου]σι : επιστρεψουσιν Der Kodex Vaticanus , sowie das dem Vaticanus nahestehende Fragment 2044 (5. Jh. n. Chr.) und der P. Bodmer XXIV (dieser auch in V. 29e) bezeugen ἀποστρέψουσιν anstelle von ἐπιστρέψουσιν. Laut Stegmüller entsprechen die verschiedenen Komposita meist dem einen Wort ‫שׁוב‬. „Man darf daher keine tiefere Bedeutung hinter den verschiedenen Übersetzungen suchen.“854 Beide Komposita sind häufig im AT bezeugt (siehe Tabelle). P. Bodmer XXIV bezeugt nicht nur hier, sondern auch in V. 29 ἀποστρέφω anstelle von ἐπιστρέφω.855 Ein Grund für die Änderungen ist jedoch nicht erkennbar. Sowohl hier als auch in V. 29 sind die Abweichungen aufgrund äußerer Kriterien als sekundär zu werten. Tabelle: Belege für ἀποστρέφω und ἐπιστρέφω Belege im AT Belege in den Psalmen Belege für hebr. ‫ שׁוב‬im AT856

ἀποστρέφω 456 37 68+

ἐπιστρέφω 549 40 42+

Vers 10: Չ ԗӲӤӴӳӶӸԝӮӮӽӱ® ӴӪӦԇӷ ԗӱ ӺԆӵӤӦӲӬӱ Ӿӱԇ ӰԝӶӳӱ Ӹժӱ¯ Նӵԝӽӱ ӧӬӨӮӨ՛ӶӨӸӤӬ°ՕӧӤӸӤ± Du, der Quellen in Täler hinausschickt, in mitten der Berge werden die Wasser hindurchfließen;

853

854 855 856

Zu Rc, vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 36: „R ist nicht nur an einzelnen Stellen, […] sondern ebenso wie S (s. unten § 78) durchgehends von späterer Hand nach dem Vulgärtexte („L“) korrigiert.“ Stegmüller, Berliner Septuagintafragmente, 1939, 38. An anderen Stellen ist jedoch auch im P. Bodmer XXIV ἐπιστρέφω als Wiedergabe für ‫ שׁוב‬bezeugt, vgl. z. B. LXX Ps 50,15; 55,10; 58,15 etc. Vgl. Muraoka, Two-way Index, 2009, ἀποστρέφω u. ἐπιστρέφω. Das + hinter den Zahlen markiert, dass noch mehr Belege existieren als bei Muraoka verzeichnet sind, die aufgrund der großen Menge jedoch nicht vollständig erfasst wurden.

272

7 Psalm 104 (103)

A B S (L) 1219 2044 2110 4QPsd MT ®   অࣈ  ࣝ ࢜ࣛ ࢪࣝ ࡳࣖ ࡥࣤ ࣝ  ࡱ࡫ ࣚࡵ ࣞ࡫ࡸࣖ ࡳ࣒ ࣝ  ࡱ࡫࡯ࢶ ࣚ ࡩࣞ ࣖࢢࢇࣝ ¯ ࣞࣂ ࢇ࣊ ࣛ  ࡱ࡫ࢽࡾࣚ ࡥࡴ࡫ ±°  ॱ ࡴ࢏࡭ࣤ ࢜ࣛ ࡥࣝ ࣖ࡫

B ® ՉӾӴӳӶӸԝӮӮӽӱ  ӴӪӦԇӷ ԗӱӺԆӵӤӦӲӬӱϷ ¯ ӾӱԇӰԝӶӳӱӸժӱ Նӵԝӽӱ ° ± ӧӬӨӮӨ՛ӶӳӱӸӤӬ ՕӧӤӸӤ Ϸ

A ® ՉԗӲӤӴӳӶӸԝӮӮӽӱ  ӴӪӦԇӷ ԗӱӺԆӵӤӦӲӬӱ ¯ ӾӱԇӰԝӶӳӱӸժӱ ՆӵӤ֏ӽӱ ° ± ӧӬӨӮӨ՛ӶӳӱӸӤӬ ՕӧӤӸӤ

Ant ® ՉԗӲӤӴӳӶӸԝӮӮӽӱ  ӴӪӦԇӷ ԗӱӺԆӵӤӦӲӬӱ ¯ ӾӱԇӰԝӶӳӱӸժӱ Նӵԝӽӱ ° ± ЇӧӬӨӮӨ՛ӶӨӸӤӬЈ ՕӧӤӸӤ

4QPsd:ࡧ࡭࡯ࡥ࡫Ϸࡱ࡫ࡾࡥࡴ࡫ࡡࡱ࡫࡯ࡩࡵࡡࡱ࡫ࡵ࡫ࡷࡱࡩ࡯ࢀࡳ ࢽ P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӳϓ ӤӴӳӶӸӨӮӮӽЋӱЌ Ӵϓ ӪϓӦϓӤϓӷϓ Өϓӱ ӺӤӵӤӦӲӬӱ ϖ ӤӱЋӤ  Ϸ ӰӨӶӳӱӸӽӱӳӵӨӽӱϓӧӬӨӮӨӹϓ ӶӳӱӸӤӬ

V. 10a: Ra: εξαποστελλων] εξ > B(non 2044): cf. 10417 Kasser/Testuz (Ra 2110): ο αποστελλων : ο εξαποστελλων DJD XVI (4QPsd): ‫ המשלח ]משלח‬MG Im Kodex Vaticanus und im P. Bodmer XXIV ist das Präfix ἐξ- vor ἀποστέλλων nicht bezeugt. Eine Regelmäßigkeit in der Verwendung des Präfixes ist nicht zu erkennen. Die unterschiedlichen Lesarten lassen sich weder vom Stamm im Hebräischen noch vom Bezugsobjekt857 (vgl. Tabelle 1) her ableiten. Anhand von Tabelle 2 kann man jedoch erkennen, dass ἐξαποστέλλω vor allem im Verhältnis zur Gesamtzahl der Belege im AT, weitaus häufiger als Äquivalent zur Pi.-Form von ‫ שׁלח‬bezeugt ist als ἀποστέλλω. Es zeigt sich deutlich, dass eine Tendenz zur Wiedergabe der Pi.-Form mit ἐξαποστέλλω in der ursprünglichen Septuaginta vorhanden gewesen ist, diese jedoch mit der Zeit zugunsten einer (wahrscheinlich nicht bewusst vollzogenen) vereinheitlichenden Wiedergabe mit dem geläufigeren ἀποστέλλω stellenweise aufgegeben wurde. Demnach bezeugen der Kodex Vaticanus und P. Bodmer XXIV eine spätere Lesart. Dasselbe Phänomen findet sich in Ez 31,4, wo die Hs. 86 (9.–10. Jh. n. Chr.)858 versehentlich das geläufigere ἀποστέλλω verwendet. 4QPsd lässt den Artikel vor dem Partizip ‫ מְ שַׁ ֵלּ ַח‬weg, entsprechend der Partizipien in V. 2 und V. 13, die sich ebenfalls auf Gott zurückbeziehen, und ohne Artikel wiedergegeben werden. Der MT und die LXX geben jedoch einstimmig nur an dieser Stelle das Ptz. mit Artikel wieder. Grund für diese Abweichung ist unklar. Als „schwierigerer“ Text bieten sie aber vermutlich den ursprünglichen Text. 4QPsd hat dann bewusst oder unbewusst an die Verse 2 und 13 angepasst.

857

858

Nach Muraoka steht ἀποστέλλω häufiger mit einer neutralen Sache als Objekt (in LXX Ps 103,10 wären „die Quellen“ das Objekt), vgl. Muraoka, Lexicon, 2009, ἀποστέλλω (1.b.), ἐξαποστέλλω dagegen eher für eine Sache, die entweder etwas Feindliches oder etwas Begehrenswertes darstellt, vgl. a. a. O., ἐξαποστέλλω. In LXX Ps 103,10 und Ez 31,4 belegen die Mehrheit der Textzeugen jedoch auch ἐξαποστέλλω mit einer neutralen Sache als Objekt (vgl. Tabelle 1). Zur Hs. 86, vgl. Ziegler, Ezechiel, 2006, 8.

7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103

273

Tabelle 1: Ausgewählte Stellen aus dem AT859 LXX Ps 103,10 (Obj. Quellen) (Pi.) Ps 104,17 (Obj. Person) (Qal) Ps 104,20 (Obj. Person) (Qal) Ps 104,26 (Obj. Person) (Qal) Ez 31,4 (Obj. Kanäle) (Pi.) Hi 5,10 (Obj. Wasser) (Qal)

ἀποστέλλω B (non 2044), 2110 LXXRa 2110 LXXRa 2110 R Tht Hs. 86 LXXGö

ἐξαποστέλλω LXXRa R Ac B´ LXXRa 2110 LXXGö -

Tabelle 2: Belege im AT Belege für hebr. ‫שׁלח‬ Allgemeine Belege im AT

ἀποστέλλω qal 72+; ni. 1; pi. 21+; pu. 4; hi. 1; Ar. pe. 14; ‫משׁלח‬1 690

ἐξαποστέλλω qal 18+; pi. 83+; pu. 4; hi. 2; ‫משׁלח‬2 286

V. 10b: DJD XVI (4QPsd): ‫ ההרים‬G(τῶν ὀρέων)] ‫ הרים‬M 4QPsd bezeugt einen Artikel vor ‫ה ִָרים‬. Die Lesart wird auch einstimmig von der LXX gestützt. Es handelt sich um zwei sehr frühe Zeugen, von daher ist der Artikel vermutlich ursprünglich und später durch Haplographie weggefallen. V. 10c: Ra: διελευσονται] –σεται LbThtp: cf. 6 DJD XVI (4QPsd): ‫]יהלכו‬ ֗ ‫ יהלכון‬M Einige Hsn. bezeugen das Verb διελεύσονται nach (alter) griechischer Grammatik im Sg. statt Pl. (das Bezugswort ist das folgende ὕδατα). Die Sg. Verbform stellt vermutlich die ursprüngliche Lesart dar und die anderen Hsn. bezeugen eine Anpassung ans Hebräische (vgl. Einzelanalyse zu V. 6c). V. 10d: Ra: υδατα] ÷ Ga, > LaG = M Kasser/Testuz (Ra 2110): διελευσονται : διελευσονται υδατα BHS: G + ὕδατα = ‫מַ י ִמ‬ Die LXX ergänzt ὕδατα am Ende von V. 10 „und stellt damit eine Parallele zu V 6b her: Die Wasser, die bedrohlich auf den Bergen standen und von JHWH zurechtgewiesen wurden (V 7), sind nun diejenigen, die die Tiere tränken.“860 Im hebräischen Text sind die Quellen (‫ ֭)מַ ְעיָנִים‬das Subjekt des Satzes. P. Bodmer XXIV streicht ὕδατα, vermutlich in späterer Anpassung an den MT, entsprechend auch die altlateinische Übersetzung LaG. Im Psalterium Gallicanum, das den hexaplarischen Text überliefert, ist das Wort 859 860

Für die Einträge zu Ez 31,4, vgl. Ziegler, Ezechiel, 2006, 235 und für Hi 5,10, vgl. Ziegler, Iob, 1982, 232. Hossfeld/ Zenger, Psalmen 101–150, 2008, 90.

274

7 Psalm 104 (103)

durch einen Obelos als über den hebräischen Text hinausgehend markiert, was bedeutet, dass es bereits vor Origenes vorhanden war. Vers 11: ӴӳӸӬӳ՝ӶӬӱ ®ӴԆӱӸӤӸԇӫӪӵՁӤ® ¯Ӹӳ՝ӾӦӵӳ՝°¯ӴӵӳӶӧԝӲӳӱӸӤӬ±ՇӱӤӦӵӳӬӨԶӷ² ³ ӧՁӼӤӱӤՐӸժӱ³ sie werden alle Tiere des Feldes tränken, die Wildesel werden warten in ihrem Durst; A B S (L) 1219 2044 2110 2QPs 4QPsd 4QPsl MT  ࢏ࡽࢪ࣒ࣖ ࡫ࣝ ® ®   ࢐ࢁࣖ࡫ ࣈ ࡩࣥ࡯ ࣝ ࢚ࣞ ¯° ¯   ࡫ࡣࢶ ࣞ ࢫࣞ ± ࡱ࡫࡟ࣈ ࣚ ࡾࣞ ࡺࣖ  ࢏ࡾࢼ ࢇࣖ ࢪࣖ ࣚ࡫ ³²  ॱ ࡱ࡟ࣤ ࣞ ࡳࣞ ࡼࣖ

B ӴӳӸӬӳ՝ӶӬӱ ® ® ¯ ӴԆӱӸӤӸԇӫӪӵՁӤ  °¯ Ӹӳ՝ӾӦӵӳ՝  ± ӴӵӳӶӧԝӲӳӱӸӤӬ ՇӱӤӦӵӳӬ ²³ ³ ӨԶӷ  ӧՁӼӤӱӤՐӸժӱ

A ӴӳӸӬӳ՝ӶӬӱ ® ® ¯ ӴԆӱӸӤӸԇӫӪӵՁӤ  °¯ Ӹӳ՝ӾӦӵӳ՝  ± ӴӵӳӶӧԝӲӳӱӸӤӬ ՇӱӤӦӵӳӬ ²³ ³ ӨԶӷ  ӧՁӼӤӱӤՐӸժӱ 

Ant ӴӳӸӬӳ՝ӶӬӱ ® ® ¯ ӴԆӱӸӤӸԇӫӪӵՁӤ  °¯ Ӹӳ՝ӾӦӵӳ՝  ± ӴӵӳӶӧԝӲӳӱӸӤӬ ՇӱӤӦӵӳӬ ²³ ³ ӨԶӷ  ӧՁӼӤӱӤՐӸժӱ

2QPs: [‫שבר]ו פראים צמאם‬ ֗ ֗‫ישקו כול חיתו שדי [י‬ 4QPsd: ] | ‫ישקו חי֗ ו֗ ת \\\ את ה\\\ ֗א ]י֯ ֯שכירו֗ פראים ֗צ ֗מ ֗אם‬ ֯ | [‫י֯ ]שקו כל חיתו שדי‬ 4QPsl: [‫יש]ברו פראים צמאם‬ P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӴӳӸӬӳӹϓ ӶЋӬӱϷӴӤӱӸӤӸӤӫӪӵӬӤӸӳӹӤӦӵӳӹӴӵӳӶӧӨӲӳ ӱӸϓӤϓӬЋӳӱϷӤϓ ӦӵӳӬӨӬӷӧӬӼӤӱӤӹӸӽӱϖ V. 11a-a: DJD XVI (4QPsd): ‫[ ]חי֗ ו֗ ת‬sic!] ‫ כל היתו‬M; πάντα τὰ θηρία G Der MT bezeugt hier ‫כָּל־ ַחי ְתוֹ‬. Ein Suffix ergibt im gegebenen Kontext keinen Sinn. Eine versehentliche Verwechslung der Buchstabenreihenfolge von ‫ ת‬und ‫ו‬, sodass die Wortform ursprünglich ‫ חַיּוֹת‬gelautet hat (wie 4QPsd bezeugt), ist unwahrscheinlich, da die Form ‫ כָּל־ ַחי ְתוֹ‬noch an vier weiteren Stellen im MT bezeugt ist. Laut Meyer handelt es sich um eine erstarrte Suffixform, sodass die Form als Sg. ohne Suffix zu lesen ist „alles Getier“.861 4QPsd, die einzige an dieser Stelle erhaltene Qumran-Hs., bezeugt das Wort im Pl. (‫ )חַיּוֹת‬und streicht ‫כָּל‬. Daneben hat sie an der Stelle mehrere weitere Abweichungen vom MT (zu den Abweichungen von 4QPsd vgl. Einzelanalyse zu V. 11b-b). Die LXX bezeugt wie 4QPsd den Pl., wahrscheinlich aber unabhängig von 4QPsd, da sie auch an den anderen Stellen im AT, die Kollektivbezeichnung ‫ כָּל־ ַחי ְתוֹ‬stets im Plural mit πάντα τὰ θηρία wiedergibt.862 V. 11b-b: DJD XVI (4QPsd): ]‫\\\א‬ ֗ ‫ שדי ]את ה‬MG (Ӹӳ՝ӾӦӵӳ՝) d Die Hs. 4QPs weicht an dieser Stelle stärker vom MT ab. Neben der Streichung von ‫ כָּל‬und der Bezeugung der Pl.Form ‫( חיות‬vgl. Einzelanalyse zu V. 11a-a), bezeugt sie nach ‫ חיות‬ein Beth und ein oder möglicherweise zwei 861 862

„Analogiebildungen mit erstarrtem Suffix sind ‫„ ַמ ְעי ָנוֹ ָ ֑מי ִמ‬Wasserquelle“, ‫ַחי ְתוֹ־ ֶ֫א ֶרשץ‬ „Getier der Erde“, Meyer, Hebräische Grammatik, 1992, §45,3e. Allgemein zur pluralischen Wiedergabe von hebräischen Kollektivbegriffen, vgl. Baethgen, Der textkritischer Werth, 1882, 415.

7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103

275

weitere Buchstaben, die jedoch ausgelöscht wurden, wahrscheinlich da es sich um Schreibfehler handelte.863 An der Stelle, in der der MT ‫ שָׂ דָי‬bezeugt, weicht die Hs. ab und liest womöglich entweder [‫ הא]דמה‬oder [‫הא]רץ‬864 mit der vorangestellten Präposition ‫אֶ ת‬/ ‫„ אֵ ת‬mit“, was folgenden Satz ergeben könnte „[Die Wasserquellen] tränken die Tiere mit der Erde“. Die anderen für den Vers erhaltenen Qumran-Hsn. sind an der Stelle äußerst fragmentarisch und können nicht wirklich als Stütze für den MT herangezogen werden.865 Da der MT jedoch weitestgehend durch die LXX gestützt wird866, erscheint am wahrscheinlichsten, dass der MT den ursprünglichen Text bewahrt hat und Qumran eine Abweichung davon darstellt, die jedoch wegen der Beschädigung nicht mit Sicherheit geklärt werden kann. Abb.: DJD XVI (4QPsd), Plate X, Col. III: Tintenfleck zwischen ‫ ה‬und ‫א‬ (Markierung durch den Autor hinzugefügt)

V. 11c: Ra: αγρου] siluae i. e. δρυμου LaG Sy et Aug(octies in IV 1149F 1152E, sed1142C agri) et alii Latini: ex 20 Die altlateinische Übersetzung LaG, die syrische Übersetzung des Paul von Tella, sowie Augustin und weitere lateinische Hsn. bezeugen silvae (griech. δρυμοῦ), sprechen also von den „Tieren des Waldes“ statt von den „Tieren des Feldes“. Dieselbe Variante findet sich an anderen Stellen auch in der griechischen Überlieferung (vgl. V. 21e und LXX Ps 49,10b). Die hebräischen Wörter für „Wald“ und „Feld“ ‫ יַעַר‬und ‫ שָׂ דַי‬liegen optisch nicht allzu weit auseinander, sodass eine Verwechslung zwischen den beiden Wörtern nicht ausgeschlossen ist, insbesondere an Stellen, bei denen ursprünglich ‫יַעַר‬ gestanden hat. „Tiere des Waldes“ (‫ )יַעַר‬konnte da leicht versehentlich ‫שָׂ דַי‬ gelesen werden, da die Wendung „Tiere des Feldes“ im AT weitaus geläufiger ist.867 863

864 865 866 867

DJD lässt offen, ob es sich um eine absichtliche Löschung oder um eine versehentliche Beschädigung handelt, vgl. DJD XVI, 69. Da in dem geringen Platz jedoch keine sinnvolle Ergänzung eines Wortes mit Beth als Anfangsbuchstaben ersichtlich ist, kann von einer absichtlichen Löschung ausgegangen werden. Zwischen dem Artikel und dem Buchstaben Aleph befindet sich ein Tintenfleck, der vermutlich versehentlich entstanden ist, vgl. DJD XVI, 69, s. auch Abb. V. a. 2QPs ist im vorangehenden und folgenden Vers gar nicht vorhanden. Von daher ist die Rekonstruktion in DJD sehr unsicher. Abgesehen von der Pl. Form θηρία, die die LXX mit 4QPsd (‫ )חיות‬teilt, jedoch wahrscheinlich unabhängig von ihr (vgl. Einzelanalyse zu V. 11a-a). „Tiere des Waldes“ taucht im MT nur an zwei weiteren Stellen auf, während „Tiere des Feldes“ eine sehr häufige Bezeichnung ist, die bereits durch die Schöpfungsgeschichte geläufig ist (Gen 2,19) und die sich außerdem an 17 weiteren Stellen im Alten Testament findet.

276

7 Psalm 104 (103)

Da an unserer Stelle jedoch sowohl die hebräische als auch die griechische Überlieferung komplett einstimmig „Tiere des Feldes“ bezeugt, spricht die äußere Kritik doch sehr stark dafür, dass hier „Tiere des Waldes“ die sekundäre Lesart bildet. Möglicherweise ließe sie sich, wie Rahlfs vorschlägt, als spätere Angleichung an V. 20 erklären, in der die seltene Bezeichnung „Tiere des Waldes“ auch in der hebräischen und griechischen Überlieferung bezeugt ist (vgl. Einzelanalyse zu V. 20e). V. 11d: BHS: S wsb‛jn = ‫שׂבְּעוּ‬ ְ ִ ‫ְוי‬ DJD XVI (4QPsd): ֗‫ ישברו ]י֯ ֯שכירו‬2QPs (‫)ישבר]ו‬ ֗ MG; ] ‫יש‬ ֯ 4QPs1; ‫*וישבעו‬S Der MT bezeugt das Wort ‫שׁבר‬, was normalerweise mit „zerbrechen“ übersetzt wird. ‫ צְמָאָם‬bildet an der Stelle das Objekt zu ‫י ִשְׁ בְּרוּ‬, sodass der gesamte Satz wörtlich mit „sie zerbrechen ihren Durst“ und im übertragenen Sinne mit „sie stillen ihren Durst“ übersetzt werden kann. Die übertragene Bedeutung für ‫ שׁבר‬im Sinne von „stillen“ findet sich jedoch nur hier in Ps 104,11,868 was die zahlreichen Varianten in der hebr. Textüberlieferung verständlich macht (für eine Übersicht zu den verschiedenen Lesarten, s. u. Tabelle). Möglicherweise ist für den hebräischen Text ursprünglich ‫י ִשְׁ כְּרוּ‬ von ‫„ שׁכר‬sich satt trinken“ zu lesen. Dafür gibt es jedoch keine Zeugen (nur im Hiphil ‫ישכירו‬, s. u. zu 4QPsd). Die LXX liest offenbar statt dem Schin ein Sin, also ‫„ שׂבר‬warten, hoffen (Piel)“869 (vgl. V. 27), was sie mit dem griech. Äquivalent προσδέχομαι wiedergibt.870 Durch die abweichende Lesart passt ‫ ְצמָאָם‬als Objekt des Satzes nicht mehr, sodass der griech. Übersetzer die Präposition εἰς ergänzt, wörtl.: „die Wildesel warten in ihrem Durst“.871 Die Lesart der syrischen Übersetzung ist wahrscheinlich eine spätere Vereinfachung des Textes, welche das in den Versen 13, 16 und 28 verwendete Wort ‫„ שׂבע‬satt werden“ aufgreift.872 4QPsd bezeugt hier ֗‫ י֯ ֯שכירו‬von ‫„ שׁכר‬sich satt trinken“. Wahrscheinlich handelt es sich um eine versehentliche Vertauschung von Kaph und Beth, da angesichts der ungewöhnlichen Verwendung von ‫ שׁבר‬hier eine Verwechslung mit ‫ שׁכר‬sehr naheliegend ist. Inhaltlich unterscheidet sich die Variante kaum von der übertragenen Übersetzung von ‫ שׁבר‬mit „stillen“. Zusätzlich 868 869 870

871 872

Vgl. Gesenius, 2013, s. v. Das Wort ‫ שׂבר‬ist i. d. R. im Piel bezeugt. Möglicherweise hat der Übersetzer ‫שׂבְּרוּ‬ ַ ְ‫י‬ gelesen. Das Verb ‫ שׂבר‬ist im AT nur an acht Stellen bezeugt, in Ruth 1,13 ebf. mit προσδέχομαι wiedergegeben und in den Pss. mit dem inhaltlich sehr nahestehenden Wort προσδοκάω (Muraoka übersetzt beide Worte u. a. mit „to look forward to“ und Bauer Aland mit „warten, erwarten“) oder ἐλπίζω. προσδέχομαι ist hier also als Übersetzung für ‫ שׂבר‬denkbar. Weitere Stellen, bei denen die Wendung εἰς δίψαν + Suff. vorkommt sind Neh 9,15 und Ps 68,22. An beiden Stellen ist im Hebr. die Präposition ‫ ִל‬vor ‫ ָצמָא‬bezeugt. Abgesehen von Ps 104,13 wird ‫ שׂבע‬jedoch i. d. R. für Sättigung durch Speise verwendet, während mit ‫ ַרוַה‬Sättigung durch Getränke ausgedrückt wird, vgl. Gesenius, 2013, s. v.

7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103

277

bezeugt 4QPsd das Verb im Hiphʼil (‫ )י ַשְׁ כִירוּ‬statt Qal, sodass nicht die ‫פ ְָר ִ ֣אים‬ das Subjekt des Satzes bilden, sondern die ‫„ מַ ְעיָנִים‬Quellen“ von V. 10 („die Wasserquellen veranlassen die Wildesel, sich satt zu trinken in ihrem Durst“). Da die LXX jedoch offensichtlich Qal gelesen hat und in diesem Aspekt MT stützt, kann davon ausgegangen werden, dass 4QPsd sekundär ist und hier möglicherweise einen Versuch bezeugt, die schwierige Stelle zu deuten. Tabelle: Übersicht zu den verschiedenen Lesarten Hebr. Lesart ‫שׁבּ ְ֖רוּ(שׁבר‬ ְ ִ ‫)י‬ ‫שׂבְּרוּ(שׂבר‬ ַ ְ ‫)י‬ ‫)י֯ ֯שכירו֗ (שׁכר‬ ‫שׂבְּעוּ(שׂבע‬ ְ ִ ‫) ְוי‬

Übersetzung nach Gesenius, 2013 zerbrechen warten sich satt trinken satt werden/ sein

Hsn.- Bezeugung in Ps 104,11 MT 2QPs LXX 4QPsd S

Als Äquivalent für προσδέχομαι außer in Ps 104,11 Ruth 1,13 -

V. 11e: Ra: εις διψαν in sitim LaRAug] in > LaG = M, in siti Ga In der altlateinischen Hs. LaG fehlt die Präposition „in“ (LXX εἰς). Anpassungen an den MT sind bei Hieronymus zahlreich zu finden, für die altlateinischen Hsn. jedoch eher unwahrscheinlich. „Die altlat. Übersetzungen geben ihre griech. Vorlage druchweg sehr wörtlich wieder“873. Von daher ist hier eine Anpassung ans Hebräische eher unwahrscheinlich. Gegen die Ursprünglichkeit der Lesart von LaG spricht die Wiedergabe von ‫ י ִשְׁ בְּרוּ‬mit expectabunt „erwarten“, was dem griech. προσδέξονται entspricht und von daher sicherlich mit der Präposition „in“ gestanden haben wird (vgl. Einzelanalyse zu V. 11d). Möglicherweise handelt es sich hier um eine versehentliche Auslassung der Präposition. V. 11f-f: BHS: Ms S ‫צְמֵאִים‬ DJD XVI (4QPsd): ‫צ ֗מ ֗אם‬M] ֗ ‫ צמאים‬Mms S Eine hebräische Handschrift und die syrische Übersetzung bezeugen ‫ צְמֵאִים‬anstelle von ‫צְמָאָם‬, d. h. im Pl. statt Sg. und ohne dem Suff. 3. Sg. Der Pl. passt im gegebenen Kontext jedoch nicht. Wahrscheinlich handelt es sich um einen Schreibfehler. Auch 4QPsd (und 2QPs und 4QPsl gemäß der Rekonstruktion in DJD) stützt den MT. Vers 12: ԗӴ࠹® ӤՐӸԇ ¯Ӹԇ ӴӨӸӨӬӱԇ Ӹӳ՝ ӳՐӵӤӱӳ՝¯ ӭӤӸӤӶӭӪӱըӶӨӬ¯ ԗӭ ӰԝӶӳӹ Ӹժӱ ӴӨӸӵժӱ°ӧըӶӳӹӶӬӱ¯±Ӻӽӱԧӱ²² bei ihnen werden die Vögel des Himmels wohnen, mitten aus den Felsen werden sie (ihre) Stimme erschallen lassen. 873

Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 44.

278

7 Psalm 104 (103)

A B S (L) 1219 2044 2110 4QPsl MT ࡱࡥ࡫ ࣜ ࡯ࣛ ࡸ࣒ࣘ ¯  ࣥࡹ࢐ࡷ ¯  ࡱࣚ࡫ࡳࣈ ࣝ ࢭࣞ ࡥࣝ ¯  ࡴ࢐࢚ࢶ ࢪࣖ ࣚ࡫ ° ࡱ࡫࡟ ࣚࢽ ࡺࣞ ࡸࡴ࡫ ࣙ ࣂ ࢇ࣊ ࣛ ࡳࣚ ² ±¯  ॱ ࡯࢐ࡽࣥ ࣤ ࢏ࡵࢯࣚ࡫ ࣖ ®

B ® ԗӴ࠹ ӤՐӸԇ ¯ ӸԇӴӨӸӨӬӱԇӸӳ՝ ¯ ӳՐӵӤӱӳ՝  ¯ ӭӤӸӤӶӭӪӱըӶӨӬ ° ԗӭӰԝӶӳӹӸժӱӴӨӸӵժӱ ¯± ² ² ӧըӶӳӹӶӬӱ Ӻӽӱԧӱ

A ® ԗӴ࠹ ӤՐӸԇ ¯ ӸԇӴӨӸӨӬӱԇӸӳ՝ ¯ ӳՐӵӤӱӳ՝  ¯ ӭӤӸӤӶӭӪӱըӶӨӬ ° ԗӭӰԝӶӳӹӸժӱӴӨӸӵժӱ ¯± ²² ӧըӶӳӹӶӬ Ӻӽӱԧӱ 

Ant ® ԗӴ࠹ ӤՐӸԇ ¯ ӸԇӴӨӸӨӬӱԇӸӳ՝ ¯ ӳՐӵӤӱӳ՝  ¯ ӭӤӸӤӶӭӪӱըӶӨӬ ° ԗӭӰԝӶӳӹӸժӱӴӨӸӵժӱ ¯± ²² ӧըӶӳӹӶӬӱ Ӻӽӱԧӱ

4QPsl:Ћ࡯ࡧࡽࡧࡵࢁ࡫ࡱ࡫࡟ࡺࡷࡴ࡫ЌࣕࡡࡳϷЋࡴࡧ࡭ࢀ࡫ࡱ࡫ࡳࢀࡥࡹࡧࡷࡱЌࢽࡥ࡫࡯ࡷ P. Bodmer XXIV (Ra 2110): Ӥϓ Ӵ ӤӹӸӤ ӸӤ ӴӨϓӸӨЋӬ Ϸ ӱЌӤϓ  Ӹӳӹ ӳӹӵӤӱӳӹ ӭӤӸӤӶӭӪЋӱЌӽӶӨӬϖӨӭӰӨӶӳӹϓ ϷӸЌӽӱӴӨӸӵӽӱӧӽӶӳӹӶӬӺϓӽϓ ӱӪӱϖ V. 12a: Kasser/Testuz (Ra 2110): απ αυτα : επ αυτα Kasser und Testuz lesen hier im P. Bodmer XXIV die Präposition ἀπό, die im gegebenen Kontext inhaltlich jedoch nicht passt.874 Der Papyrus ist an der betroffenen Stelle stark beschädigt und das Wort lässt sich kaum rekonstruieren (s. u. Abb.).875 Wenn mit Kasser und Testuz ἀπό zu lesen ist, handelt es sich um eine sekundäre Lesart, womöglich um einen Schreibfehler. Abb.: P. Bodmer XXIV876: απ αυτα

V. 12b-b.b.b: Keine Apparatangaben vorhanden. Im Hebr. steht das Subjekt des Satzes im Sg. ‫עוֹף־ ַהשָּׁמַ י ִם‬. Die LXX bezeugt es im Pl. τὰ πετεινὰ. Auch im Hebr. konnte ‫שּׁ ַמי ִם‬ ָ ‫ עוֹף־ ַה‬jedoch, wie z. B. Ps 50,11 zeigt, offensichtlich als Pl. gelesen werden, weil es sich um einen Kollektivbegriff handelt, der den Plural einschließt.877 LXX und MT weichen folglich nicht voneinander ab. Das erste auf das Nomen bezogene Verb steht in der 3. Sg. ‫י ִשְׁ כּוֹן‬, das zweite Verb dagegen in der 3. Pl. ‫י ִתְּ נוּ‬. Beides entspricht dem zweifachen Aspekt des Subjekts. Die Verbformen sind in der LXX genau wie im Hebräischen wiedergegeben. V. 12c: BHS: QMss ‫ ֳע ָפי ִם‬, KMss ‫ ֳעפָאִים‬vel ‫ ֲעפָאִים‬, G(S) τῶν πετρῶν Der MT bezeugt ‫( ֳעפָאי ִם‬Pl. zu ‫„ ֳעפִי‬Laub“). Es handelt sich um ein aramäisches Hapaxlegomenon.878 Viele Hsn. geben an, ‫ ֳע ָפי ִם‬zu lesen (Qere) bzw. schreiben ‫ ֳעפָאִים‬oder ‫ ֲעפָאִים‬. Die unterschiedlichen Schreibungen der Pl.874 875

876 877 878

ἐπί ist außerdem auch das geläufige Äquivalent zu hebr. ‫על‬, vgl. Gesenius, 2013, s. v. Pietersma schlägt vor ηπ zu lesen, vgl. Pietersma, P. Bodmer XXIV, 1980, 77: „Alpha could be read if necessary, but given the not infrequent interchange of epsilon and eta it is preferable to read the latter.“ Kasser/ Testuz, P. Bodmer XXIV, Faksimile-Anhang, 81 Vgl. auch Baethgen, Der textkritischer Werth, 1882, 415. Vgl. Gesenius, 2013, s. v.

7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103

279

Form des Wortes sind vermutlich auf die Ungeläufigkeit des Wortes zurückzuführen. Die Septuaginta und die Peschitta879 bezeugen den Pl. πέτρα „Felsen“, vermutlich, da das Wort dem LXX-Übersetzer unbekannt war und er „aus dem Kontext übersetzt hat“880 (vermutlich angelehnt an die Berge in V. 13). V. 12d: Kasser/Testuz (Ra 2110): δωσουσι : δωσουσιν P. Bodmer XXIV schreibt hier den Dat. Pl. ohne bewegliches ν. Darin spiegelt sich eine ältere Phase des Umgangs mit dem sog. beweglichen Ny, der sich erst sukzessive zur späteren byzantinischen Schulregel entwickelte.881 V. 12e.e: Ra: φωνην uocem Ga] + αυτων R´’; φωνας 1219, uoces Uulg BHS: Ms GRLRG ‫קוֹלָם‬, prb l. Die Diglotte R, der latein. Kodex Parisinus (LG), sowie eine mittelalterliche hebr. Hs. bezeugen ein Personalpronomen hinter φωνήν mit Rückbezug auf τὰ πετεινὰ. Der Apparat der BHS gibt an, dass das Pronomen wahrscheinlich ursprünglich ist und im Hebr. ‫ קוֹלָם‬gelesen werden muss. Eine Auslassung des Mem könnte durch eine Haplographie mit dem Anfangsbuchstaben des folgenden Wortes ‫ מַ שְׁקֶה‬entstanden sein. Aufgrund der späten und geringen Bezeugung scheint jedoch eine spätere Ergänzung wahrscheinlicher, die den Bezug zu den „Vögeln des Himmels“ klarer herstellen wollte.882 Die dem Kodex Alexandrinus recht nahe stehende griech. Hs. 1219 aus dem 5. Jh. n. Chr. und die Vulgata übersetzen ‫ קוֹל‬im Pl. statt Sg. Auch hier handelt es sich vermutlich um spätere Varianten. Vers 13: ӴӳӸՁөӽӱՇӵӪ ԗӭ Ӹժӱ ՔӴӨӵմӽӱ ӤՐӸӳ՝ ®ӾӴՍ¯ ӭӤӵӴӳ՝ ӸժӱԘӵӦӽӱ Ӷӳӹ°® ӻӳӵӸӤӶӫԧӶӨӸӤӬԣӦԩ Du, der die Berge tränkt aus seinen Obergemächern; von der Frucht deiner Werke wird die Erde gesättigt werden. A B S (L) 1219 2044 2110 MT  ࡱ࡫ࡾࣚ ࡥࡥ ࣒ ࣞ ࡽહࣈ ࣜ ࢪࣖ ࡳࣝ 879

880 881

882

B ӴӳӸՁөӽӱՇӵӪ

A ӴӳӸՁөӽӱՇӵӪ

Ant ӴӳӸՁөӽӱՇӵӪ

Die Peschitta wurde zwar „aus dem Hebr. übers., weist aber Einfluß der Targume (bes. im Pentateuch) und der LXX auf.“, Juckel, Bibelübersetzungen I.3, 1494. An unserer Stelle ist von Einfluss der LXX auszugehen. Hossfeld/ Zenger, Psalmen 101–150, 2008, 90. Siehe dazu BDR §20.Anm. 3, „Die byzantinische Schulregel (ν nur vor Vokal zur Hiatvermeidung und in Pausa [= am Satzende vor einer Interpunktion]) ist schon seit 400a in einzelnen Inschr. beachtet, aber in guten HS(zB Demosth.) nicht befolgt.“ sowie die Erörterung und die Beispiele bei Kim, Textformen, 89–92. Oder die Lesart ist durch Dittographie des Mem von ‫( ַמצ ִ ְ֤מי ַח‬V. 14) zustande gekommen.

280

7 Psalm 104 (103)

 ࡧ࡫ࢁ࢐࢕ ࢶ ࣞ ࡯ࣚ ࡸࣘ ࡳࣛ ¯ ®   ࡫ࡾ࣊ ࣚ ࢥࣖ ࡳࣚ ®°   ࢙࡫ࢫࣜࢽ ࡸࣘ ࡳࣝࣂ  ॱࡻࡾࣜ ࡟ࣤ ࣞ ࡥࡷ ࣞ ࢇ࣊ ࣝ ࢫࣖ ࢯࣚ

ԗӭӸժӱՔӴӨӵմӽӱӤՐӸӳ՝ ® ¯ ӾӴՍ ӭӤӵӴӳ՝ °® ӸժӱԘӵӦӽӱӶӳӹ  ӻӳӵӸӤӶӫԧӶӨӸӤӬԣӦԩ

ԗӭӸժӱՔӴӨӵմӽӱӤՐӸӳ՝ ® ¯ ӾӴՍ ӭӤӵӴӳ՝ °® ӸժӱԘӵӦӽӱӶӳӹ  ӻӳӵӸӤӶӫԧӶӨӸӤӬԣӦԩ

ԗӭӸժӱՔӴӨӵմӽӱӤՐӸӳ՝ ® ¯ ӾӴՍ ӭӤӵӴӳ՝ °® ӸժӱԘӵӦӽӱӶӳӹ  ӻӳӵӸӤӶӫԧӶӨӸӤӬԣӦԩ

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӴӳӸӬөӽӱϓ Ϸ ӳЌӵϓӪӨӭӸӽӱ֔ӴЋӨЌӵӽӽӱӤϓ ЋӹЌӸӳӹϖӤӴӳ ӭӤӵӴӳϓЋӹϷӸЌӽϓ ӱӨӵӦӽӱӶӳӹӻϓӳӵӸӤӶӫϓЋӪЌӶӨӸӤӬӪӦӪϖ ִ V. 13a-a: BHS: l frt ´‫ מִ מּע‬cf T ; prp ‫ מִ פְּר ֹשׂ ָעבֶי‬vel ‫מֵרי אֲ סָמֶי‬ Der Apparat der BHS erwägt mit Verweis auf die Targume, ob möglicherweise die Präposition ‫ מִן‬vor ‫ מַ עֲשֶׂי‬zu lesen ist. Es handelt sich um eine kleine stilistische Variante. Da der hebräische Text laut Kraus eine etwas seltsame Ausdrucksweise darstellt,883 wurden einige Konjekturvorschläge gemacht.884 Da es jedoch keinerlei Belege für die Konjekturen gibt und der MT sich auch nicht als Schreibfehler von diesen Konjekturen herleiten lässt, ist hier vom MT als den ursprünglichen Text auszugehen, der zwar ungewöhnlich ist, der aber dennoch auch schon von der LXX wörtlich wiedergegeben wurde. V. 13b: Ra: απο] εκ R Die griech. Spalte der Diglotte R bezeugt die Präposition ἐκ anstelle von ἀπὸ. Es handelt sich sicherlich um einen Schreibfehler, möglicherweise bedingt durch das vorangehende ἐκ im ersten Satz des Verses. V. 13c: Ra: σου] αυτου Sa: ex 131 Die sahidische Übersetzung bezeugt hinter τῶν ἔργων das Personalpronomen αὐτοῦ anstelle von σου. Im gegebenen Kontext stellt es die einfachere Lesart dar. Entweder handelt es sich um eine bewusste spätere Änderung, oder die Lesart ist durch eine versehentliche Adaption des im Vers vorangehenden Personalpronomens αὐτοῦ entstanden. Vers 14: Չ® ԗӲӤӱӤӸԝӮӮӽӱ ӻՌӵӸӳӱ ӸӳՃӷ ӭӸԧӱӨӶӬӱ ӭӤՂ ӻӮՌӪӱ ӸԵ ӧӳӹӮӨՁԋ Ӹժӱ ӾӱӫӵըӴӽӱ¯Ӹӳ՝ԗӲӤӦӤӦӨՃӱӿӵӸӳӱ±ԗӭӸԩӷ²Ӧԩӷ Du, der Gras hervorsprießen lässt für das Vieh und grünes Kraut zum Dienst der Menschen, um Brot hervorzubringen aus der Erde; A B S (L) 1219 2044 2110 4QPsd MT ®  ࣧࡾ࡫ࡼࣚ ࢿ ࡩࣞ  অ࡫  ࣝ ࡳࣉ ࣚ ࡼࣖ ࡳࣝ  ࡥࡳࣞࢽ ࡥࣛ ࢇࣖ ࡯ࣝ   ࢁࡣ࣠ࣈ ࣝ ࡡࡸࣘ ࡯ࡡ ࣝ ࢫࣜ ࡸ࣒ࣛ ࡧࣖ ¯   ࡱࡣࢶ ࣞ ࡟ࣞ ࡥࣞ  883 884

B ®  ԗӲӤӱӤӸԝӮӮӽӱ ӻՌӵӸӳӱ ӸӳՃӷӭӸԧӱӨӶӬӱ ӭӤՂӻӮՌӪӱӸԵӧӳӹӮӨՁԋ ¯ ժӱӾӱӫӵըӴӽӱ  

A ® Չ ԗӲӤӱӤӸԝӮӮӽӱӻՌӵӸӳӱ ӸӳՃӷӭӸԧӱӨӶӬӱ ӭӤՂӻӮՌӪӱӸԵӧӳӹӮՁԋ ¯ ӸժӱӾӱӽ࠯ ӱ  

Ant ® Չ ԗӲӤӱӤӸԝӮӮӽӱӻՌӵӸӳӱ ӸӳՃӷӭӸԧӱӨӶӬӱ ӭӤՂӻӮՌӪӱӸԵӧӳӹӮӨՁԋ ¯ ӸժӱӾӱӫӵըӴӽӱ  

Vgl. Kraus, Psalmen 60–150, 1978, 879. Kraus ist der Meinung, dass man am besten ‫ מ ִֵרי ֲא ָסמֶי‬lesen soll, vgl. ebd. Der Apparat der BHS weist noch auf einen Vorschlag hin ‫ ִמפְּר ֹשׂ ָעבֶי‬zu lesen.

7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103   ࡱࡩࣜ ࡯ࢽ ࣂࣜ  ࡟࡫ࡼ࢐ ࣚ ࡥ࣊ ࡯ࣖ ² ࣞ ࡳࣚ  ॱ ࡻࡾࣜ ࡟ࣤ ࣞ ࡥࣥࡴ ±

°



281

 ± ± Ӹӳ՝ԗӲӤӦӤӦӨՃӱӿӵӸӳӱ  Ӹӳ՝ԗӲӤӦӤӦӨՃӱӿӵӸӳӱ  ²  ² ԗӭӸԩӷ Ӧԩӷ ԗӭӸԩӷ Ӧԩӷ

 ± Ӹӳ՝ԗӲӤӦӤӦӨՃӱӿӵӸӳӱ  ² ԗӭӸԩӷ Ӧԩӷ

4QPsd:Ћࡻࡾ࡟ࡥࡴࡳࡱࡩ࡯࡟࡫Ќࣕࡼࡥ࡯ P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӨЋӲӤ Ϸ ӱЌӤϓ ӸӨӮӮӽӱӻӳӵӸӳӱӸӳӬӷЋӭӸӪӱЌӨӶӬӱϖӭӤϓ ЋӬ ϷӻЌӮӽӪӱӸӪϓ ӧϓ ӳӹϓ ӮϓӬӤϓ ӸӽӱЋӤӱӽӱӸӳӹӨӲӤӦӤϷӦӨӬӱӤӵӸӳӱӨЌӭϓ ӸӪӷӦӪЋӷЌ

V. 14a: Ra: εξανατελλων B´–2044 = M] pr. ¼ R L´ A’ Die griechische Spalte der Diglotte R, der antiochenische Text gestützt durch den Psalterkommentar des Theodoret, der Kodex Alexandrinus, sowie die ihm nahestehende Hs. 55 bezeugen abweichend vom Kodex Vaticanus, Kodex Sinaiticus, der diesen Kodizes nahestehenden Hs. 2044, sowie dem P. Bodmer XXIV und dem MT einen Artikel vor ἐξανατέλλων. Die vorangehenden Partizipien werden in der Regel immer entsprechend dem Hebräischen determiniert, bzw. indeterminiert wiedergegben, mit Ausnahme von V. 4 (s. u. Tabelle 1). V. 14 scheint auch eine Ausnahme darzustellen, die später an den MT und an das artikellose Partizip in V. 13 angepasst wurde. Tabelle 1: Wiedergabe der determinierten und indeterminierten Partizipien im Griechischen Stelle 2 3 3 3 4 10 13 14

Hebräisch ‫ֽע ֹטֶה‬ ‫קָרה‬ ֽ ֶ ְ‫הַ ֥מ‬ ‫הַשָּׂם‬ ‫֜הַ ֽמְ ַה ֵ֗לּ‬ ‫ע ֶ ֹ֣שׂה‬ ‫הַ ֽמְ שַׁ ֵ ֣לּ ַח‬ ‫מַ שׁ ֶ ְ֣קה‬ ‫מַ צ ִ ְ֤מי ַח‬

Artikel nein ja ja ja nein ja nein nein

Artikel nein ja ja ja ja ja nein nein

Griechisch ἀναβαλλόμενος ὁ στεγάζων ὁ τιθεὶς ὁ περιπατῶν ὁ ποιῶν ὁ ἐξαποστέλλων ποτίζων (ὁ) ἐξανατέλλων

V. 14b: BHS: huc tr ‫׃‬ Die BHS schlägt vor, den Sof pasuq statt am Versende hinter ‫ הָאָדָם‬zu setzen, da die Satztrennung am Versende nicht wirklich Sinn zu machen scheint. Auch Hossfeld versteht den Schluss von V. 14 „als Einleitung einer Trias von Sätzen“ welche in V. 15 folgen.885 Für die griechische Textgeschichte ist dies nicht von Relevanz. V. 14c: Keine Apparatangaben vorhanden. DJD weist darauf hin, dass in der Hs. 4QPsd bei dem Wort ‫ לְהוֹצִיא‬der dritte Buchstabe nicht als Waw gelesen werden kann und rekonstruiert ohne

885

Vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalmen 101–150, 2008, 80. Der Satzbau der V. 14–15 bleibt jedoch holprig.

282

7 Psalm 104 (103)

das Waw ‫הצ]יא‬ ֯ ‫ל‬886. Es handelt sich hier womöglich um einen Schreibfehler bzw. um eine den ersten Radikal nicht berücksichtigende Defektivschreibung. V. 14d: BHS: prp ‫ ֵל ַח‬cf Dt 34,7 (‫ מ‬dttg) Ra: αρτον] κορτον (sic) 2044: cf. 141 Die Hs. 2044 scheint hier alleine eine abweichende Lesart zu bieten und das Wort χόρτον vom Anfang des V. 14 zu wiederholen.887 Es handelt sich wahrscheinlich um eine Verwechslung. Die BHS weist auf den Vorschlag hin, ‫„ ֵל ַח‬Lebenskraft“ anstelle von ‫ֶלחֶם‬ zu lesen (das Mem wäre dann auf eine Dittographie zurückzuführen).888 ‫ֶלחֶם‬ passt aber im gegebenen Kontext weitaus besser. Da es auch in der Textüberlieferung keine Zeugen für die vorgeschlagene Variante gibt, kommt sie als ursprüngliche Lesart nicht in Frage. V. 14e: Ra: της > 55 Die dem Kodex Alexandrinus nahe stehende Hs. 55 aus dem 10. Jh. n. Chr. bezeugt keinen Artikel vor γῆς. Es handelt sich sicherlich um eine versehentliche Auslassung, möglicherweise eine Haplographie bedingt durch das folgende γῆς. Vers 15: ӭӤՂӳԹӱӳӷӨՐӺӵӤՁӱӨӬӭӤӵӧՁӤӱӾӱӫӵըӴӳӹӸӳ՝ԺӮӤӵ՝ӱӤӬশশষӴӵՌӶӽӴӳӱԗӱ® ԗӮӤՁիӭӤՂӿӵӸӳӷӭӤӵӧՁӤӱӾӱӫӵըӴӳӹ¯ӶӸӪӵՁөӨӬ und Wein erfreut ein Menschenherz, um das Gesicht glänzen zu lassen mit Öl, und Brot stärkt ein Menschenherz. A B S (L) 1219 2044 2110 4QPsd MT  ࡩࢡ ࣑ࣝ ࢫࣝ ࡫ࣖ ࣧࡴ ࣚ࡫સࣉ࡫ࣝ ࣖࡧ  ࢪ࢐ ࢽࡵ࡟ࣥࡡ ࣗ ࡡࣝ ࡯ࣤ ࣖ  ࡱ࡫ࣈࡵࣚ ࢥ࡯࡫ ࣞ ࡥࣈ ࣚ ࡼࣖ ࡥࣝ ࡯ࣖ ® ࡱࡩࣜ ࡯ࣜ ࢽ ࡧࣂ ࣖ  ࡴࡳࣜ ࢭࢶ ࣞ ࡳࣚ 

886 887

888

889

B ӭӤՂӳԹӱӳӷӨՐӺӵӤՁӱӨӬ ӭӤӵӧՁӤӱӾӱӫӵըӴӳӹ Ӹӳ՝ԺӮӤӵ՝ӱӤӬӴӵՌӶӽӴӳӱ ® ԗӱ ԗӮӤՁիӭӤՂӿӵӸӳӷ

A ӭӤՂӳԹӱӳӷӨՐӺӵӤՁӱӨӬ ӭӤӵӧՁӤӱӾӱӫӵըӴӳӹ Ӹӳ՝ԺӮӤӵ՝ӱӤӬӴӵՌӶӽӴӳӱ ® ԗӱ ԗӮӤՁիӭӤՂӿӵӸӳӷ

Ant ӭӤՂӳԹӱӳӷӨՐӺӵӤՁӱӨӬ ӭӤӵӧՁӤӱӾӱӫӵըӴӳӹ Ӹӳ՝ԺӮӤӵ՝ӱӤӬӴӵՌӶӽӴӳӱ ® ԗӱ ԗӮӤՁիӭӤՂӿӵӸӳӷ

Vgl. DJD XVI, 69. Vgl. auch die Abb. in DJD XVI, Plate X, Col. III: Stegmüller gibt in seiner Edition der Hs. an: „Vielleicht war κόρτον geschrieben; der erste Buchstabe ist nicht mehr sicher lesbar.“, Stegmüller, Berliner Septuagintafragmente, 1939, 39. Er meinte sicherlich nicht κόρτον sondern χόρτον (das Wort κόρτον exitiert nicht), vgl. Rahlfs, der im Apparat κόρτον mit (sic) als Schreibfehler markiert und auf χόρτον in V. 141 verweist. Der Vorschlag wird mit Verweis auf Dtn 34,7 gemacht, wo es in Bezug auf Mose heisst „Sein Auge war nicht trübe geworden und seine Frische (‫ )לֵח ֹה‬nicht geschwunden.“ Worin jedoch der inhaltliche Bezug zu Ps 104,13 bestehen soll, wird nicht deutlich. ἱλαρῦναι ist sonst nur in Sir 36,22 bezeugt „und ist womöglich Neologismus“, vgl. LXX.E.II, 2011, 1793.

7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103 ¯

 ࢪ࢐ ࣊ࡵ࡟ࣥ ࣗ ࡡࡡࣝ ࡯ࣤ ࣖ  ॱࡣࡸࣤ ࣞ ࡶࣖ ࣚ࡫

¯

ӭӤӵӧՁӤӱӾӱӫӵըӴӳӹ  ӶӸӪӵՁөӨӬ

283 ¯

ӭӤӵӧՁӤӱӾӱӫӵըӴӳӹ  ӶӸӪӵՁөӨӬ

¯

ӭӤӵӧՁӤӱӾӱӫӵըӴӳӹ  ӶӸӪӵՁөӨӬ

4QPsd: ࡣࡷࡶЋ࡫ࢀࡧࡵ࡟ࡡࡡ࡯ࡱࡩ࡯ࡧЌ ࢽ ϷࡴࡳࢀЃЋࡱ࡫ࡵࡺ࡯࡫ࡥࡼЌࢀࡧࡵ࡟ࡥ࡯Ϸ ࢽ Ћࡡࡡ࡯ࡩࡳࢀ࡫Ќࢽࡴ࡫࡫ࡧ P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӭϓ ӤӬ ӳӬϓӱϓЋӳӷ ӨӹӺӵӤӬ Ϸ ӱӨӬ ӭӤӵӧӬӤӱ ӤӱӳЌӹϓ  Ӹӳӹ ÿӮӤӵӹϓ ӱӤӬӴӵӳӶӽϓ ЋӴӳӱϷӨӱӨӮӤӬӽӭӤӬЌӤϓ ӵӸӳӷӭӤӵӧӬӤӱӤӱӳӹӶӸӪӵӬϓЋөӨӬ V. 15a: BHS: G (S) ἐν ἐλαίῳ = ´‫בְּשׁ‬ Die Septuaginta übersetzt mit der Präposition ἐν (ähnlich die Peschitta), was laut Apparat der BHS eher ‫ בְּשָׁ מֶן‬entsprechen würde. Die Qumran-Hs. 4QPsd ist an der Stelle nicht eindeutig.890 Da die Verwendung von ἐν im Griechischen jedoch so vielseitig ist891, kann ἐν hier auch als Wiedergabe für ‫ מִן‬gedient haben. V. 15b: BHS: prp ‫ְלבָבוֹ‬ Der Apparat der BHS weist auf den Vorschlag hin, ‫ ְלבָבוֹ‬anstelle von ‫ְלבַב־‬ ‫ אֱ נוֹשׁ‬zu lesen. Aufgrund der einstimmigen Bezeugung sowohl in den hebr. als auch in den griech. Hsn. ist ‫ ְלבָבוֹ‬als ursprünglicher hebr. Text jedoch sehr unwahrscheinlich. Vers 16: ӻӳӵӸӤӶӫԧӶӨӸӤӬ® Ӹԇ Ӳ՛ӮӤ ¯Ӹӳ՝ ӴӨӧՁӳӹ¯ °ӤԺ ӭԝӧӵӳӬ Ӹӳ՝ кӬӥԆӱӳӹ° Ԅӷ ԗӺ՛ӸӨӹӶӤӷ± Es werden gesättigt werden die Bäume des Feldes, die Zedern des Libanon, die du geplanzt hast; A B S (L) 1219 2044 2110

MT ®   ࢏ࡷࢇࣖ ࢫ࣒ࣖ ࡫ࣚ ¯ ࣞ ࣖ࡫࡫ࣈࡼࣛ ࡸࣘ   ࡥࢶࡧࡥ ° ° ࡴ࢐ ࢽࡵࣞࡡ࡯࡫࣊ ࣖ ࣂ ࡨࣛ ࡾࣖ ࡟ࣤ ࣝ ±  ॱ ࡷࡪࣤ ࣞ ࣞࡵࡾࢪ ࣈ ࣜ ࡟ࣘ

B ® ӻӳӵӸӤӶӫԧӶӨӸӤӬ  ¯ ¯ ӸԇӲ՛ӮӤ Ӹӳ՝ӴӨӧՁӳӹ ° ° ӤԺӭԝӧӵӳӬӸӳ՝кӬӥԆӱӳӹ ± ԄӷԗӺ՛ӸӨӹӶӨӱ

A ® ӻӳӵӸӤӶӫԧӶӳӱӸӤӬ  ¯ ¯ ӸԇӲ՛ӮӤ Ӹӳ՝ӴӤӬӧՁӳӹ ° ° ӤԺӭԝӧӵӳӬӸӳ՝кӬӥԆӱӳӹ ± ԄӷԗӺ՛ӸӨӹӶӤӷ 

Ant ® ӻӳӵӸӤӶӫԧЇӶӨӸӤӬЈ  ¯ ¯ ӸԇӲ՛ӮӤ Ӹӳ՝ӴӨӧՁӳӹ ° ° ӤԺӭԝӧӵӳӬӸӳ՝кӬӥԆӱӳӹ ± ԄӷԗӺ՛ӸӨӹӶӤӷ

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӻӳӵӸӤӶӫӪӶӨӸӤЌӬϓ ӸӤӲӹӮӤӸӳӹӴӨӧӬӳӹϖӭӤЋӬӤӬ  Ϸӭϓ ӨЋϓ ӧӵӳӬЌӮϓ Ӭӥϓ ϓ ӤϓӱϓЋӳЌӹӤӷӨӺӹӸӨӹӶӨӱϖ V. 16a: Ra: χορτασθησεται B´–2044 La 1219’] –σονται R Lb´He A: cf. 6 Holmes/ Parsons: Χορτασθήσεται] χορτασθησονται 66, 99, 102, 106, 140, 145, 150, 156, 163, 168, 173, 183, 185, 189, (190. marg. ut in Ed.) 192, 193, 196, 199, 202, 211, 213, 264, 267, 269, 273, 277, 279, 285, 286, 291. Compl. Ald. Alex. Cyrill. Alex. ii. 598. Theodoret. i. 1336.

890 891

„There is a trace of ink to the right of šin which could belong to the baseline of either mem (with M) or bet (with GS).“, DJD XVI, 70. „D. Gebr. dieser Präp. ist so vielseitig, aber auch oft so verschwommen, daß e. genaue Systematik unmöglich ist“, vgl. BA, 1988, ἐν. An unserer Stelle womöglich in kausalem Sinn verwendet, vgl. BA, 1988, ἐν (III).

284

7 Psalm 104 (103)

Eine geographisch recht breit vertretene Anzahl von Hsn. (einschließlich Kodex Vaticanus und Sinaiticus, dem Großteil der antiochenischen Hsn. und den dem Alexandrinus nahestehenden Hsn. 1219 und 55) bezeugen nach attischer Schreibweise das Verb im Sg. (χορτασθήσεται), das sich auf das Neutr. Pl. Nomen τὰ ξύλα bezieht. Es handelt sich vermutlich um die ursprüngliche Lesart, während die Pl.-Form eine spätere Anpassung ans Hebräische darstellt (vgl. Einzelanalyse zu V. 6c). V. 16b-b: BHS: G–S τοῦ πεδίου = ‫ שָׂ דָי‬ut 8,8, ex ‫?שַׁ דָּי‬ Ra: πεδιου (cf. Flashar p. 253/4)] siluarum LaG et alii Latini: cf. 20 et 9512; κυριου S = M: item o εβραιος και οι λοιποι teste Tht Abgesehen vom Kodex Sinaiticus bezeugt die LXX-Überlieferung τὰ ξύλα τοῦ πεδίου „die Bäume des Feldes“ statt „die Bäume JHWH's“. So auch die lateinische Überlieferung, die ligna campi „die Bäume des Feldes“ bezeugt, abgesehen vom Psalterium Gallicanum und einigen anderen latein. Hsn., die dagegen ligna silvarum „Bäume der Wälder“ überliefern. Es wäre zu erwägen, ob es sich um eine bewusste Änderung der ungewöhnlichen Wendung ‫ ֲעצֵי י ְהוָה‬durch die LXX handelt. Wahrscheinlicher ist jedoch mit Flashar zu vermuten, dass im Hebräischen ursprünglich ‫שדי עצי‬ gestanden hat, was von der LXX als ‫„ שָׂ דָי ֲעצֵי‬Bäume des Feldes“ gelesen wurde.892 Die Lesart des MT kommt dann vermutlich dadurch zustande, dass ‫ שדי‬als Gottesname ‫ שַׁ דָּי‬gelesen wurde, der später mit dem gewöhnlichen Gottesnamen ‫ יהוה‬ersetzt wurde.893 Die Lesart des Sinaiticus stellt eine spätere Anpassung an den MT dar, die nach der Angabe von Theodoret auch in den jüngeren jüdischen Übersetzungen und dem hebräischen Text der Hexapla vorliegt. V. 16c-c: Kasser/Testuz (Ra 2110): κα[ι αι] κε[δροι] λιβαν[ο]υ : αι κεδροι του λιβανου Ra: αι] και et R´’ Ga Die Diglotte R, die altlateinische Hs. LaG sowie das Psalterium Gallicanum bezeugen eine Kopula statt des Artikels. Es handelt sich wahrscheinlich um eine Verlesung. Die Lesart findet sich auch im P. Bodmer XXIV, der ebenfalls die Kopula bezeugt. Nach der Rekonstruktion von Kasser/Testuz bezeugt er zusätzlich den Artikel. Da hinter καί jedoch ein Zeilenumbruch

892

893

Vgl. Flashar, Exegetische Studien, 1912, 254. Auch Hossfeld geht davon aus, dass die LXX vermutlich ‫ עצי שׂדי‬gelesen hat, vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalmen 101–150, 2008, 90. „Denn daß ein Späterer für den von ihm vermuteten Gottesnamen ‫ שַׁדָּ י‬den gewöhnlichen Gottesnamen einsetzte, hat seine Parallelen, aber nicht das Gegenteil, daß man für ‫ יהוה‬den seltenen Namen ‫ שַׁדָּ י‬einsetzte.“, Flashar, Exegetische Studien, 1912, 254.

7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103

285

folgt, ist unsicher, ob hier ein Artikel gestanden hat, wahrscheinlicher ist, dass er mit R καί anstelle des Artikels αἱ gelesen hat.894 Der P. Bodmer XXIV streicht außerdem als einzige Hs. den Artikel vor Λιβάνου. Es handelt sich vermutlich um eine isomorphe Anpassung ans Hebräische. V. 16d: Ra: εφυτευσεν B´’–2044 R´Aug Ga = M] -σας Sa LaG L´’ A´’ Die antiochenische Textgruppe (einschließlich der syrischen Übersetzung), der Kodex Alexandrinus mit den ihm nahestehenden Hsn., die sahidische Übersetzung und die altlateinische Hs. LaG, bezeugen das Verb in der 2. Sg. statt in der 3. Sg. Ähnlich auch einige griech. Hsn. in V. 5a-a und V. 19a. Vermutlich handelt es sich um die ursprüngliche griechische Übersetzung, die die wenigen Stellen, bei denen der hebräische Text von Gott in der 3. Sg. spricht (in der Regel wird in Psalm 104 ansonsten Gottes Handeln in der 2. Sg. oder in Partizipialform ausgedrückt), vereinheitlichend in 2. Sg.Verbformen geändert hat. Vers 17: ® ԗӭӨՃ ӶӸӵӳӹӫՁӤ ԗӱӱӳӶӶӨ՛ӶӳӹӶӬӱ¯ °Ӹӳ՝ ԗӵӽӧӬӳ՝± ԣ ӭӤӸӳӬӭՁӤ² ³ԣӦӨՃӸӤӬ ӤՐӸ֌´³° dort werden Sperlinge nisten, des Reihers Haus führt sie an. A B S (L) 1219 2044 2110 MT ®  ࡱ࡫ࡾࣈ ࣚ ࢥࣙ ࡼࡱ ࣚ ࢪࣥ ࣒ ࣞ ࡾࢪࣜ ࡟ࣘ ¯   ࢏ࡵࢶࢢࣛ ࡽࣝ ࣖ࡫ ± °   ࡥࡣ࡫ ࢽ ࣞ ࡶࣚ ࡩࣂࣘ ´³  ࡱ࡫ࢪ࢐ࡾ ࣊ ࣚ ࢇࣖ °²  ॱ ࢍࢁ࡫ ࣤ ࣞ ࢇࣛ

B A ® ® ԗӭӨՃӶӸӵӳӹӫՁӤ ԗӭӨՃӶӸӵӳӹӫՁӤ ¯ ¯ ԗӱӱӳӶӶӨ՛ӶӳӹӶӬӱ  ԗӱӱӳӶӶӨ՛ӶӳӹӶӬӱ  ° ± ° ± Ӹӳ՝ԗӵӽӧӬӳ՝  Ӹӳ՝ӾӵӽӧӬӳ՝  ² ² ԣӳԶӭՁӤ  ԣӳӬӭՁӤ  ³ ´³° ³ ´³° ԣӦӨՃӸӤӬӤՐӸժӱ  ԣӦՃӸӤӬӤՐӸժӱ 

Ant ® ԗӭӨՃӶӸӵӳӹӫՁӤ ¯ ԗӱӱӳӶӶӨ՛ӶӳӹӶӬӱ  ° ± Ӹӳ՝ԗӵӽӧӬӳ՝  ² ԣӭӤӸӳӬӭՁӤ  ³ ´³° ԣӦӨՃӸӤӬЇӤՐӸ֌Ј

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӨӭӨӬӶӸӵӳЋӹϷӫЌӬӤӱӳӶӶӨӹӳӹЋӶЌӬϓӱϖӸӳӹӨӵӽӧӬӳӹӪ ӳӬӭӬӤӪӦϓЋӨӬϷӸЌӤϓ ӬӤӹӸӽӱ V. 17a: BHS: > G α´ S Hier Die Septuaginta (auch Aquila) die Peschitta und Hieronymus haben hier kein Äquivalent für ‫אֲ שֶׁר‬. Durch das vorhandene ‫( שָׁ ם‬ἐκεῖ) an dieser Stelle wird für die Nebensatzbildung im Griechischen kein weiteres Wort benötigt. V. 17b: Kasser/Testuz (Ra 2110): νοσσευσου[σ]ιν : εννοσσευσουσιν P. Bodmer XXIV bezeugt für ἐννοσσεύσουσιν das bedeutungsgleiche Wort νοσσεύσουσιν. Es ist etwas häufiger im AT belegt als

894

Pietersma, P. Bodmer XXIV, 1980, 77f., bezweifelt die Lesung: „The editors may be correct in reading κα[ι αι], a reading which is not attested by any other witnesses. Perhaps more likely is that 2110, like R´’ Ga, read και in place of αι.“

286

7 Psalm 104 (103)

ἐννοσσεύσουσιν.895 Möglicherweise handelt es sich um eine spätere Verwechslung. V. 17c: Keine Apparatangabe vorhanden. Die LXX weicht im zweiten Teil von V. 17 stärker von der hebr. Vorlage ab. Bedingt durch eine Verlesung von ‫ בְּרוֹשִׁים‬mit ‫( בְּר ֹאשָׁ ם‬vgl. Einzelanalyse zu V. 17f) gibt sie das Subjekt des hebr. Satz ‫ ֲחסִידָה‬im Griechischen im Gen. wieder und ändert die Reihenfolge der letzten beiden Worte, sodass οἰκία das Subjekt des Satzes bildet. Der Übersetzer nimmt sich hier die Freiheit, den für ihn schwer verständlichen Text recht frei wiederzugeben. V. 17d: Ra: ερωδιου] ηρ- T: cf. proleg. §74; αρ- He A’(non1219): cf. Lev. 1119 Deut. 1416 Die Hs. T (7. Jh. n. Chr.) und ein alter Zeuge des antiochenischen Textes bezeugen ein Eta anstelle eines Epsilons und der Kommentar des Hesych, sowie der Kodex Alexandrinus mitsamt der ihm nahestehenden Hsn. (außer der Hs. 1219) bezeugen ein Alpha. Es handelt sich um abweichende Schreibweisen. V. 17e: Ra: οικια] κατοικια L´’1219 Die antiochenischen Hsn. gestützt vom Psalterkommentar des Theodoret, sowie der syrischen Übersetzung und die dem Alexandrinus nahestehende Hs. 1219 bezeugen das bedeutungsähnliche κατοικία anstelle von οἰκία. κατοικία ist im AT sonst an keiner Stelle als Äquivalent für ‫ ַבּי ִת‬bezeugt. Vermutlich handelt es sich um die ältere Lesart und οἰκία stellt eine spätere Vereinheitlichung des Wortschatzes dar. V. 17f: BHS: G ἡγεῖται αὐτῶv = ‫ ;בְּר ֹאשָׁמ‬S bsrwjn’ = ´‫ִבּ ְב‬ Die LXX hat anstelle von ‫„ בְּרוֹשִׁים‬Zypressen“ vermutlich ‫ ְבּר ֹאשָׁ ם‬gelesen (Pl. von ‫„ ראשׁ‬Kopf“ mit 3. Pl. Suff.) und deswegen mit ἡγέομαι „anführen, vorangehen“ wiedergegeben.896 Es kann also davon ausgegangen werden, dass die Abweichung auf einem Lesefehler beruht. Die syrische Übersetzung bezeugt vor ‫ בְּרוֹשִׁים‬inhaltlich passend die Präposition ‫ ְבּ‬. Aufgrund der geringen Bezeugung scheint es sich um eine spätere Variante zu handeln, möglicherweise entstanden durch eine Dittographie oder als stilistische Verbesserung des Textes. V. 17g: Ra: αυτων (cf. Helbing Kas. p. 118)] αυτω B–2044, αυτα Lpau Die Mehrzahl der LXX-Hsn. liest hier τοῦ ἐρωδιοῦ ἡ οἰκία ἡγεῖται αὐτῶν „das Haus des Storchs geht ihnen voran“, d. h. wohl „überragt sie“ 895 896

Belegstellen abgesehen von LXX PS 103,17 für εννοσσευσουσιν: Jer 22,23, für νοσσεύω: Jes 34,15; Jer 31,28; Hes 31,6; Dan 4,12.21; Sir 1,15. Für weitere Bsp. einer Wiedergabe von ‫ ראשׁ‬mit ἡγέομαι, vlg. Helbing, Kasussyntax, 1928, 118.

7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103

287

(die στρουθία = Sperlinge, von denen vorher die Rede ist).“897 Der Kodex Vaticanus und die Hs. 2044 bezeugen nach Rahlfs das Personalpronomen im Dat. Sg. m./ n. In beiden Hsn. ist jedoch deutlich ein Strich über dem Omikron zu erkennen, der als Ersatz für ein Ny steht, sodass das Personalpronomen auch als Gen. Pl. zu lesen ist.898 Sie bezeugen also keine Abweichung von dem Mehrheitstext. Einige wenige antiochenische Hsn. bezeugen den Akk. Pl. n. Inhaltlich ändert sich nichts. ἡγέομαι steht jedoch in der Regel mit dem Gen.899 αὐτά ist hier zwar die schwierigere Lesart und Gründe für die Entstehung der Variante sind nicht erkennbar. Aufgrund der äußerst schwachen Bezeugung nur in einigen wenigen jungen Hsn. ist sie aber dennoch wahrscheinlich sekundär. Vers 18: ® ¯ ՇӵӪ Ӹԇ ՔӼӪӮԇ ӸӤՃӷ° ԗӮԆӺӳӬӷ± ӴԝӸӵӤ ӭӤӸӤӺӹӦԨ ²ӸӳՃӷ ӻӳӬӵӳӦӵӹӮӮՁӳӬӷ² Die hohen Berge sind für die Hirsche, die Felsen eine Zuflucht für die Hasen. A B S (L) 1219 2044 2060 2110 MT ¯ ® ࡱ࡫ࡥ࣠ࣚ ࡡ ࣖࢉࡥ࣒ ࣝ  ࡱ࡫ࡾࣈ ࣚ ࡥࣞ  ±°   ࡱ࡫࡯ࢶ ࣚ ࡸࣛ ࣖ࢕࡯ࣝ  ࡥࡶ࣊ ࣜ ࡩࣖ ࡳࡱ࡫ ࣝ ࡸࣚ ࢽ ࡯ࣞ ࡶࣂࣖ ²  ॱ ࡱ࡫ࣤࢢࣚ ࡺࣝ ࢪࣖ ࡯ࣤ ࣝ

B ® ¯  ՇӵӪӸԇՔӼӪӮԇ ° ± ӸӤՃӷ ԗӮԆӺӳӬӷ  ӴԝӸӵӤӭӤӸӤӺӹӦԨ ² ² ӸӳՃӷӻӳӬӵӳӦӵӹӮӮՁӳӬӷ

A ® ¯  ՇӵӪӸԇՔӼӪӮԇ ° ± ӸӤՃӷ ԗӮԆӺӳӬӷ  ӴԝӸӵӤӭӤӸӤӺӹӦԨ ² ² ӸӳՃӷӮӤӦӽӳՃӷ 

Ant ® ¯  ՇӵӪӸԇՔӼӪӮԇ ° ± ӸӤՃӷ ԗӮԆӺӳӬӷ  ӴԝӸӵӤӭӤӸӤӺӹӦԨ ² ² ӸӳՃӷӮӤӦӽӳՃӷ

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӸӤ ӳϓӵϓӪϓ ӸӤ ֔ӼӪӮӤ ӸЋӳЌӬϓӷϓ ӨӮӤӺӳӬӷ ϖ  ϷӴϓ ӨӸӵӤ ӭӤӸӤӺӹϓ ӦӪӸӳӬӷӮӤӦӽӳӬӷϖ Ra 2060: ӳӵӪ ӸӤ ӹӼЋӪӮЌӤ ӸӤЋӬӷ ӨӮӤӺӳӬӷЌ  ϷӴӨӸӵӤ ӭӤӸӤӺӹӦӪ ЋӸӳӬӷ ӻӳӬЌ  Ϸ ӵӳӦӹӮϓ ӮϓЋӬӳЌӬӷӭӤӬӸЋӳӬӷӮӤЌϷӦӽӳӬӷ V. 18a: Ra: init.] pr. εδωκας Sa Die sahidische Übersetzung bezeugt das Verb ἔδωκάς (2. Sg. Aor. von δίδωμι) am Satzanfang. Es handelt sich vermutlich um eine spätere Ergänzung. V. 18b: BHS: prb l ´‫ ה( ֶה ָה‬hpgr) Kasser/Testuz (Ra 2110): τα ορη τα υψηλα : ορη τα υψηλα 897 898

899

Helbing, Kasussyntax, 1928, 118. „Rahlfs’ Angabe, unser Fragment habe auch αὐτῷ, muß berichtigt werden. Der Strich über ω ist klar sichtbar.“, Stegmüller, Berliner Septuagintafragmente, 1939, 39, Anm. 1. Im Kodex Vaticanus steht das Relativpronomen am Zeilenende, weswegen das Omega recht klein ausfällt. Über dem Omega ist jedoch ebenfalls deutlich ein Strich zu erkennen. Vgl. Muraoka, Lexicon, 2009, s. v. Für die einzige Bedeutung von ἡγέομαι, die im gegebenen Kontext in Frage kommt (bei Muraoka 1. to direct), scheint der Akk. nur mit einer vorangehenden Präposition, z. B. ἐπί τινα (1 Chr 17,7; 2 Chr 16,5) bezeugt zu sein, vgl. ebd.

288

7 Psalm 104 (103)

Wegen des Artikels beim folgenden Adjektiv schlägt der Apparat der BHS vor, dass ‫ ה ִָרים‬wahrscheinlich mit Artikel zu lesen ist. Der Vorschlag wird gestützt durch den P. Bodmer XXIV. In der hebräischen Textüberlieferung gibt es jedoch keinerlei Hinweis auf den Artikel und in der griechischen Textüberlieferung scheint der Artikel, der nur im P. Bodmer XXIV bezeugt ist, ebenfalls sekundär zu sein. Möglicherweise hatte der P. Bodmer XXIV eine hebräische Vorlage mit Artikel und hat an diesen angepasst. V. 18c: Kasser/Testuz (Ra 2110): τ[ο]ις (la lacune est trop petite pour τ[α]ις), l. ταις ἐλάφοις ist hier von allen LXX-Hsn. mit femininem Artikel bezeugt (so auch an allen anderen Stellen im AT, bei denen das Wort mit Artikel vorkommt). Femininum-Formen in der 2. Deklination sind auch für andere Wörter bezeugt.900 Der P. Bodmer XXIV scheint den Artikel zu ἐλάφοις jedoch im m. statt f. zu bezeugen (zumindest scheint die Lücke laut Kasser/Testuz viel zu klein für ein Alpha).901 Es handelt sich vermutlich um einen Schreibfehler.  V. 18d: Keine Apparatangaben vorhanden Die LXX gibt ‫„ יָעֵל‬Steinbock“ mit ἔλαφος „Hirsch“ wieder. Hossfeld vermutet, dass wahrscheinlich ‫ איל‬gelesen wurde902, was das geläufige Äquivalent zu ἔλαφος ist.903 V. 18e-e: Ra: τοις χοιρογρυλλιοις B´’–2044 Sa (cf. S.-St.2, p.49 n.5) R’ GaHi 1219 (γο pro γρυλ)] τ. λαγωοις O-(teste Hi, cf. proleg. § 66 fin.) L´Su A’, + και τοις λαγωοις LaRAug Sy: cf. S.-St.2, p. 49. 60. 69. 90 et proleg. § 510 76 Kasser/Testuz (Ra 2110): λαγωοις : χοιρογρυλλιοις Die unterägyptische Textgruppe (auch mit der Hs. 2044 aus dem 5. Jh. n. Chr. als Zeugen vorhanden) gestützt von der sahidischen Übersetzung, sowie den altlateinischen Hsn. R und LaG und dem Psalterium Gallicanum, sowie der dem Kodex Alexandrinus nahestehenden Hs. 1219 bezeugen das Wort χοιρογρύλλιος (bzw. χοιρογόλιος) für ‫„ שָׁ פָן‬Klippdachs“. „Es dürfte sich um einen Neologismus der LXX handeln“904. Die davon abweichende Lesart λαγώοις ist das im Griechischen verwendete Wort λαγωός für „Hase“905, das jedoch in der LXX an keiner Stelle verwendet wird (χοιρογρύλλιος ist dagegen noch in Lev 11,6; Deut 14,7 und

900 901 902 903 904 905

Vgl. BDR §49.1. Vgl. Pietersma, P. Bodmer XXIV, 1980, 78: for τ[ο]ι̣ς̣ rd τ[α]ι̣ς̣. Vgl. Hossfeld/ Zenger, Psalmen 101–150, 2008, 90. Nach dem Index von Muraoka ist ἔλαφος an 13 Stellen als Äquivalent für ‫ איל‬bezeugt und nur an 2 Stellen für ‫יָעֵל‬, vgl. Muraoka, Two-way Index, 2010, s. v. LXX.E.II, 2011, 1793 (dort auch weitere Literatur). Vgl. auch LEH, s. v. Vgl. Pape, Handwörterbuch, Bd. 2, 1914, s. v. und BA, 1988, s. v.

7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103

289

Spr 30,26 bezeugt906). An den Stellen in Lev und Deut fällt auf, dass in den unterschiedlichen Hsn. für χοιρογρύλλιος zahlreiche Abweichungen in der Schreibweise bezeugt sind, was die Vermutung bestärkt, dass es sich um einen Neologismus (oder ein nur regional gebräuliches Wort) handelt, da es öfter falsch abgeschrieben wurde. In Spr 30,26 ist dagegen einstimmig die Schreibweise χοιρογρύλλιος bezeugt, und auch an unserer Stelle von dem Großteil der Hsn., was darauf weist, dass sich später eine Schreibweise durchgesetzt hat und den Übersetzern geläufig war. Wie lässt sich jedoch die Verwendung des Wortes λαγωός für ‫ שָׁ פָן‬an dieser Stelle erklären? Da es ziemlich sicher ist, dass die Septuaginta das Wort λαγωός aus Rücksicht auf die herrschende Dynastie der Lagiden (die Ptolemäer leiteten sich von einem Ahnherrn namens Lagos ab) vermied, muss man auch bei den Psalmen (die zudem möglicherweise im Gottesdienst öffentlich gelesen wurden) annehmen, dass das Wort vermieden wurde. Die Verwendung von λαγωός im Kodex Alexandrinus und in den antiochenischen Hsn. erklärt sich daraus, dass in Syrien bzw. nach der Ptolemäerzeit die Rücksichtnahme auf die Lagiden hinfällig war und man das ungebäuchliche χοιρογρύλλιος durch das bekanntere Wort ersetzte. Die Bezeugung von λαγώοις im Hexaplatext (nach Hieronymus)907 ist dagegen womöglich auf eine Anpassung ans Hebräische zurückzuführen. Einige alte lateinische Zeugen (LaR und Augustin), die syrische Übersetzung und auch die griechische Hs. 2060 (4./ 5. Jh. n. Chr.) bezeugen eine Mischlesart.908 Vers 19: ԗӴӳՁӪӶӤӷ®ӶӨӮԧӱӪӱӨԶӷӭӤӬӵӳ՛ӷՉ¯ԤӮӬӳӷԘӦӱӽ°ӸԨӱӧ՛ӶӬӱӤՐӸӳ՝ Du hast den Mond gemacht für die Zeiten, die Sonne kennt ihren Untergang. A B S (L) 1219 2044 2060 2110 MT ® অ  ࣝ ࡾ࣒ࣛ ࡫ࣞ  ࡥࢫ ࣈ ࣞ ࡸࣞ  ࡱ࡫ࡣࢶ ࣚ ࡸ࢐ࡳ ࣘ ࡯ࣖ  906

907

908

B ® ԗӴӳՁӪӶӨӱ ӶӨӮԧӱӪӱ ԶӷӭӤӬӵӳ՛ӷ 

A ® ԗӴӳՁӪӶӨӱ ӶӨӮԧӱӪӱ ӨԶӷӭӤӬӵӳ՛ӷ 

Ant ® ЇԗӴӳՁӪӶӤӷЈ ӶӨӮԧӱӪӱ ӨԶӷӭӤӬӵӳ՛ӷ 

Wobei die Schreibweise von χοιρογρύλλιος stets innerhalb der Hsn. stark variiert (außer in Spr. 30,26, vgl. RaHa, 2006, zur Stelle), was auf die Ungeläufigkeit des Wortes weist. Hieronymus selbst übersetzt jedoch der altlateinischen Übersetzung folgend mit erinaciis was äquivalent zu χοιρογρύλλιος ist, vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 59. „(h)ericiis et leporibus RAugProm“, Rahlfs, Septuaginta-Studien I-III, 90. Vgl. dazu auch, a. a. O., 69. Zur Hs. 2060 schreibt Stegmüller: „Umso auffallender ist die Hinneigung zu La und Aug. Besonders bemerkenswert ist die Lesart τοῖς χοιρογυλλίοις καὶ τοῖς λαγώοις. Wir müssen hintere dem Fragment eine alte Prachthandschrift suchen, deren Psalmentext der abendländischen Textgruppe zuzurechnen ist.“, Stegmüller, Berliner Septuagintafragmente, 1939, 63.

290

7 Psalm 104 (103)

 ° ¯  ࡷࡣ࣊ ࣝ ࣞ࡫ ࢪࡳࣜ ࢪࣜ ࢽ ࣂ  ॱ࢐࡟࢐ࡡ ࣤ ࡳࣖ

 ¯ ° Չ ԤӮӬӳӷԘӦӱӽ  ӸԨӱӧ՛ӶӬӱӤՐӸӳ՝

 ¯ ° Չ ԤӮӬӳӷԘӦӱӽ  ӸԨӱӧ՛ӶӬӱӤՐӸӳ՝

 ¯ ° Չ ԤӮӬӳӷԘӦӱӽ  ӸԨӱӧ՛ӶӬӱӤՐӸӳ՝

P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӨӴӳӬӪӶϓ ӨЋӱ Ϸ ӶЌӨӮӪӱӪӱ ӨӬӷ ӭϓ ӤӬӵӳӹӷ ϖ ӪӮӬӳӷ ӨӦӱӽ ӸӪӱϷӧЌӹӶӬӱӤӹӸӳӹϖ ϓ Ra 2060ϖӨӴӳӬӪӶӨӱӶϓ ӤϓӷӶӨӮӪӱЋӪӱӨӬӷЌ ϷӭӤӬӵӳӹӷ V. 19a: BHS: prp ‫ע ֹשֶׂה‬ Ra: εποιησεν] –σας Sa Lpau Holmes/ Parsons: Ἐποίησε σελήνην] εποιησας σεληνην 150, 165, 208, 217, (283. ex corr.) 284, 293. Cyrill. Alex. vol. vii. part. ii. p. 82. Einige wenige antiochenische Hsn. und die sahidische Übersetzung bezeugen die 2. Sg. ἐποίησας, die etwas besser in den Kontext passt (vgl. V. 13 und v. a. V. 20909), statt der 3. Sg. Auch in der Hs. 2060 (4./ 5. Jh. n. Chr.) ist über ἐποίησεν „eine fast nicht mehr lesbare Korrektur angebracht. Anscheinend ist –σεν in –σας verbessert worden. Tilgungszeichen für die erste Lesart fehlen.“910 Eine Entscheidung, welche der beiden Lesarten die ursprüngliche Septuaginta widerspiegelt und welche eine spätere Bearbeitung darstellt, ist schwierig. Dieselbe Variante (2. Sg. statt 3. Sg.) findet sich auch in V. 16d, dort von allen antiochenischen Hsn. bezeugt und zusätzlich gestützt vom Kodex Alexandrinus. Geht man von der 3. Sg. als die ursprüngliche Lesart aus, so muss man von mehreren Bearbeitungen, eine schwach bezeugte hier in V. 19 und eine stärker bezeugte in V. 16, ausgehen, die die Verbform aus stilistischen Gründen in die 2. Sg. geändert haben. Wahrscheinlicher ist m. E., dass die 2. Sg. in beiden Fällen die ursprüngliche Septuaginta darstellt (vgl. Einzelanalyse zu V. 16d), während die 3. Sg. auf eine Hebraisierung zurückgeht, die hier stärker in den Hsn. bezeugt ist als in V. 16d. Der Apparat der BHS weist auf den Vorschlag hin, ‫ עשׂה‬als Ptz. zu lesen.911 Eine Ptz.-Form wäre naheliegender, da Gottes Handeln im Psalm 104 generell in der 2. Sg. oder durch satzeinleitende Partizipien (V. 2– 5.10.13 und 14) beschrieben wird. Eine 3. Sg.-Form zur Beschreibung des Handelns Gottes ist dagegen nur in V. 16d bezeugt und dort nicht im Satzanfang. Die Lesart des MT würde nur eine andere Vokalisation voraussetzen und kann sekundär entstanden sein. Wie die LXX bezeugt, wurde die Verbform jedoch scheinbar schon sehr früh als 3. Sg. gelesen.

909

910

911

„In 19–24 wird Jahwe als Herr der Nacht und des Tages gepriesen.“, Kraus, Psalmen 60–150, 1978, 883. Es liegt nahe, dass der inhaltlich neue Abschnitt in der 2. Sg. eingeleitet wurde, mit der er in V. 20 fortgeführt wird. Stegmüller, Berliner Septuagintafragmente, 1939, 39. Laut Stegmüller ist die zweite Person „offensichtlich sekundäre Lesart, angeglichen an ἔθου in der folgenden Verszeile.“, ebd. So z. B. Kraus, Psalmen 60–150, 1978, 879: „Wie in 5, so wird auch hier die partizipiale Bildung ‫ עֹשֶׂה‬vorzuziehen sein.“

7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103

291

V. 19b: Kasser/Testuz (Ra 2110): ηλιος : ο ηλιος P. Bodmer XXIV streicht hier als einzige Hs. in Angleichung an den MT den Artikel vor ἥλιος. V. 19c: BHS: α´σ´ ἐγνώρισε = ‫?י ִדַּ ע‬ Aquila und Symmachus bezeugen ἐγνώρισε (3. Sg. Aor. von γνωρίζω „bekanntmachen“ statt γινώσκω). Es wird erwogen, ob sie möglicherweise ‫( י ִדַּ ע‬3. Sg. Piel) gelesen haben (im Kontext ist ‫י ִדַּע‬/ ἐγνώρισε gut möglich912). ἐγνώρισε als Äquivalent zu einer Piel-Form von ‫ ידע‬ist im Alten Testament zwar ansonsten nicht bezeugt913, es ist jedoch die einleuchtendste Erklärung für die Entstehung der Lesart bei Aquila und Symmachus. Vers 20: Ԙӫӳӹ® ӶӭՌӸӳӷ ӭӤՂ ԗӦԝӱӨӸӳ¯ ӱ՛Ӳ ԗӱ ӤՐӸԵ ӧӬӨӮӨ՛ӶӳӱӸӤӬ° ±ӴԆӱӸӤ Ӹԇ ӫӪӵՁӤ±Ӹӳ՝Ӿ ӾӦӵӳ՝² Du hast Finsternis gesetzt, und es wurde Nacht. In ihr werden alle Tiere des Feldes umherlaufen, A B S (L) 1219 2044 2110 4QPse MT ®  ࢘ࢪࣜ ࣠ࡩ࣒ ࣥ ࢁࢪࣜ ࢯࣤ ࣞ ¯ ࣚ ࡧࣚ  ࡥ࡯ࣞ ࣖ࡫ࢶ࡯ࣞ  ࡫ࡥ࡫ࣈ ° ࣠ ࢽ ࡾࣖ ࢁࣥ࢐ ࣚࣂ ࢇࣤ   ࢫࡳ ± ±  ࣥ ࢐ࢁࣖ࡫ࡩࣥ࡯ ࣝ ࢚ࣞ ²  ॱ ࡾࡸࣤࣝ ࡫ࣞ

B ® Ԙӫӳӹ ӶӭՌӸӳӷ ¯ ӭӤՂԗӦԝӱӨӸӳ ӱ՛Ӳ ° ԗӱӤՐӸԵӧӬӨӮӨ՛ӶӳӱӸӤӬ  ± ± ӴԆӱӸӤӸԇӫӪӵՁӤ  ² Ӹӳ՝ӧӵӹӰӳ՝

A ® Ԙӫӳӹ ӶӭՌӸӳӷ ¯ ӭӤՂԗӦԝӱӨӸӳ ӱ՛Ӳ ° ԗӱӤՐӸԵӧӬӨӮӨ՛ӶӳӱӸӤӬ  ± ± ӴԆӱӸӤӸԇӫӪӵՁӤ  ² Ӹӳ՝ӧӵӹӰӳ՝

Ant ® Ԙӫӳӹ ӶӭՌӸӳӷ ¯ ӭӤՂԗӦԝӱӨӸӳ ӱ՛Ӳ ° ԗӱӤՐӸԵЇӧӬӨӮӨ՛ӶӨӸӤӬЈ  ± ± ӴԆӱӸӤӸԇӫӪӵՁӤ  ² Ӹӳ՝ЇӾӦӵӳ՝Ј

 4QPse: Ћࡾࡷ࡫ࡧЌࢁ࡫ࡩ࡯ࡧ࡭ࢀࡧࡳࡾࢁࡧࡡࡥЋ࡯࡫࡯࡫ࡩ࡫ࡧ࡬ࢀࡧࡩࢁࢀࢁ ࣕ P. Bodmer XXIV (Ra 2110): Өӫӳӹ ӶӭӳӸӳӷ ӭӤӬ ӨӦӨӱӨӸӳ ӱӹӲϓ Ϸ ӨЌӱϓ ӤӹӸӪ ӧӬӨӮӨӹӶӨӸӤӬӴӤӱӸӤӸӤӫӪӵӬӤӸӳӹϷӧϓ ӳӹӰӳӹϖ

V. 20a: BHS: S LG 3 sg Ra: εθου] posuit LaG Der hebr. und griech. Text bezeugen das Verb im Versanfang einstimmig in der 2. Sg. Die altlateinische Hs. LaG und die Peschitta bezeugen dagegen die 3. Sg.914 Es handelt sich vermutlich um eine spätere Angleichung an die 3. Sg.-Verbform von V. 19 (‫)עָשָׂה‬. Die Septuaginta weicht im Tempus vom hebräischen Text ab und gibt das hebräische Imperfekt mit einem Aorist wieder, vermutlich in Anpassung

912 913 914

Das Subjekt würde sich dann allerdings von der Sonne zu JHWH verschieben, sodass übersetzt werden könnte: „der Sonne hat er ihren Untergang bekannt gemacht.“ Am häufigsten wird γνωρίζω als Äquivalent zu ‫ ידע‬im Hiphil verwendet, vgl. Muraoka, Two-way Index, 2010, s. v. „Zum folgenden ἔδου [sic!] sind Rahlfs’ Angaben über die lateinischen Übersetzungen ungenügend“, Stegmüller, Berliner Septuagintafragmente, 1939, 39. Zu weiteren Angaben, vgl. Allgeier, Die Altlateinischen Psalterien, 1928, 113. Für die griech. Textgeschichte hat dies jedoch hier keine weitere Bedeutung.

292

7 Psalm 104 (103)

an die folgende Aoristform ἐγένετο (vgl. Einzelanalyse zu V. 20b) und an die Aoristform von V. 19.  V. 20b: BHS: G (S Hier) καὶ ἐγένετο = ‫ַוי ְהי‬ Die LXX liest abweichend vom MT ‫ ויהי‬als Impf. Consecutivum und gibt folglich mit καὶ ἐγένετο im Aorist wieder. Spätere Angleichungen an den MT sind nicht bezeugt. V. 20c: Ra: διελευσονται] –σεται S Lb: cf. 6 Kasser/Testuz (Ra 2110): διελευσεται παντα : διελευσονται παντα Der Kodex Sinaiticus, einige der antiochenischen Hsn., sowie der P. Bodmer XXIV bezeugen entsprechend dem MT die 3. Sg. statt 3. Pl. Es handelt sich vermutlich um eine sekundäre Anpassung an das Hebräische. Die ursprüngliche Septuaginta, die den hebräischen Kollektivbegriff ‫ כָּל־ ַחי ְתוֹ‬mit πάντα τὰ θηρία im Pl. wiedergibt (so auch in V. 11a-a), hatte vermutlich auch die Verbform im Pl. V. 20d-d: Keine Apparatangaben vorhanden. Der hebräische Text bezeugt mit ‫ ַחי ְתוֹ‬eine Sg.-Form mit erstarrtem Suffix. Die LXX gibt die Wendung ‫ כָּל־ ַחי ְתוֹ‬immer im Pl. mit πάντα τὰ θηρία wieder (vgl. dazu die Einzelanalyse zu V. 11a-a). V. 20e: Ra: δρυμου siluae LaRAug Ga] siluarum LaG et alii Latini: cf. 16; αγρου Sa Lpau: ex 11 Kasser/Testuz (Ra 2110): δουμου, l. δρυμου Die altlateinische Hs. LaG und weitere latein. Hsn. bezeugen das Nomen im Plural. Auch in V. 16b-b bezeugt LaG silvarum, dort jedoch anstelle von τοῦ πεδίου (bzw. hebr. ‫)י ְהוָה‬. Womöglich handelt es sich um eine von der Hs. bevorzugte Wortform. Einige wenige antiochenische Hsn. und die sahidische Übersetzung bezeugen hier abweichend vom hebräischen Text θηρία τοῦ ἀγροῦ „Tiere des Feldes“ statt „Tiere des Waldes“. Eine Entscheidung, welche der beiden Lesarten die ursprüngliche darstellt, ist schwierig. Rahlfs schlägt vor, dass die Lesart „Tiere des Feldes“ eine spätere Anpassung an V. 11 darstellt (dort hat die griechische Überlieferung einstimmig θηρία τοῦ ἀγροῦ). Dafür würde auch die geringe Bezeugung von ἀγροῦ sprechen. Ein Grund für eine Anpassung an V. 11 ist jedoch nicht gegeben. Wahrscheinlicher ist m. E., dass die Lesart θηρία τοῦ ἀγροῦ auf eine Verlesung im Hebräischen durch den ursprünglichen Übersetzer zurückgeht (‫ שׂדי‬statt ‫יער‬, vgl. dazu Einzelanalyse zu LXX Ps 49,10b). Die Lesart „Tiere des Waldes“ stellt dann eine spätere Anpassung ans Hebräische dar. Vers 21: ® Ӷӭ՛ӰӱӳӬ ՠӵӹՌӰӨӱӳӬ¯ Ӹӳ՝° ԂӵӴԆӶӤӬ ӭӤՂ өӪӸԩӶӤӬ ӴӤӵԇ ±Ӹն ӫӨն± ӥӵժӶӬӱӤՐӸӳՃӷ²

294

7 Psalm 104 (103)

höheren Schicht der Koine an.“916 In der LXX begegnet er oft917 und auch im NT wird besonders der Genetiv mit τοῦ „in sehr ausgiebiger Weise verwendet“918. Es lässt sich kaum sagen, welche Lesart hier die ursprüngliche bildet, da beide in der LXX geläufig sind. Auch eine Entscheidung nach äußeren Kriterien ist schwierig. Die Lesart des Vaticanus wird durch die dem Kodex Alexandrinus nahestehende sehr alte Hs. 55 und durch den abendländischen Zeugen R gestützt. Die antiochenischen Hsn. durch den Kodex Alexandrinus. Da sich eine nachträgliche Streichung des Artikels in isomorpher Anpassung an den hebräischen Text leichter erklären lässt als eine nachträgliche Ergänzung, ist der Artikel vermutlich ursprünglich. Tabelle: Inf.-Formen mit und ohne Artikel im LXX Ps 103 Stelle 9

26 14

15

21 27

916 917 918

Ra ὅριον ἔθου ὃ οὐ παρελεύσονται οὐδὲ ἐπιστρέψουσιν καλύψαι τὴν γῆν ἐκεῖ πλοῖα διαπορεύονται δράκων οὗτος ὃν ἔπλασας ἐμπαίζειν αὐτῷ ἐξανατέλλων χόρτον τοῖς κτήνεσιν καὶ χλόην τῇ δουλείᾳ τῶν ἀνθρώπων τοῦ ἐξαγαγεῖν ἄρτον ἐκ τῆς γῆς καὶ οἶνος εὐφραίνει καρδίαν ἀνθρώπου τοῦ ἱλαρῦναι πρόσωπον ἐν ἐλαίῳ καὶ ἄρτος καρδίαν ἀνθρώπου στηρίζει σκύμνοι ὠρυόμενοι ἁρπάσαι (pr. του L´ A´) καὶ ζητῆσαι παρὰ τοῦ θεοῦ βρῶσιν αὐτοῖς πάντα πρὸς σὲ προσδοκῶσιν δοῦναι (pr. του R) τὴν τροφὴν αὐτοῖς εὔκαιρον

BDR §400. BDR §400.Anm.2. BDR §388.1.

ELB Du hast eine Grenze gesetzt, die sie nicht überschreiten werden, und sie werden nicht zurückkehren, die Erde zu bedecken. Dort ziehen Schiffe umher, dieser Drache, den du geformt hast, um mit ihm zu spielen. Du, der Gras hervorsprießen lässt für das Vieh und grünes Kraut zum Dienst der Menschen, um Brot hervorzubringen aus der Erde; und Wein erfreut ein Menschenherz, um das Gesicht glänzen zu lassen mit Öl, und Brot stärkt ein Menschenherz. Junglöwen, die brüllen, um (Beute) zu reißen und bei Gott ihre Speise zu suchen. Alle erwarten von dir, dass du ihre Speise gibst zur rechten Zeit.

7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103

295

V. 21d: Ra: του θεου] τω θεω L(non T); θεου R = deo La Ga Die antiochenischen Hsn. (abgesehen von der Hs. T) bezeugen παρὰ τῷ θεῷ (Dat.) „bei Gott“919 (auch die altlateinischen Zeugen und das Psalterium Gallicanum bezeugen den Dativ) anstelle von παρὰ τοῦ θεοῦ (Gen.) „von Gott“.920 παρὰ τοῦ θεοῦ kommt weitaus häufiger im AT vor (29 mal) als παρὰ τῷ θεῷ (3 mal). Es ist auch näher am Hebräischen ‫„ מֵאֵ ל‬von Gott“ übersetzt.921 Die Dat.-Form ist inhaltlich etwas schwierig, aber nicht ausgeschlossen: „Junglöwen, die brüllen, um (Beute) zu reißen und bei Gott ihre Speise zu suchen.“ Da keine Gründe für eine spätere Änderung zur Dat. Form erkennbar sind, hat der antiochenische Text hier möglicherweise den ursprünglichen Text bewahrt und die anderen Hsn. haben in Angleichung an das Hebräische, mit παρὰ τοῦ θεοῦ übersetzt. V. 21e: Ra: αυτοις] εαυτοις 1219, αυτων 55 Kasser/Testuz (Ra 2110): αυτων : αυτοις  Die dem Alexandrinus nahestehenden Hs. 1219 und 55 und der P. Bodmer XXIV bezeugen hier Abweichungen. Letztere bezeugen das Personalpronomen im Gen. Pl. Die Hs. 1219 bezeugt statt des Personalpronomens ein Reflexivpronomen. Im gegebenen Kontext sind alle drei Lesarten möglich. „Die Reflexiva […] haben im NT etwas von ihrem ursprünglichen Gebiet an das einfache Personalpronomen verloren“922, sind jedoch in der κοινή durchaus noch im Gebrauch.923 Hieraus lassen sich also keine eindeutigen Rückschlüsse auf eine ältere Lesart schließen. Veränderungen von Pronomen durch die Abschreiber sind außerdem sehr häufig bezeugt.924 Aufgrund des äußeren Befunds kann hier für αὐτοῖς als die ursprüngliche Lesart entschieden werden und die Abweichungen stellen freie Eingriffe der Abschreiber dar. Vers 22: ӾӱԝӸӨӬӮӨӱ® Չ ԤӮӬӳӷ ӭӤՂ¯ ӶӹӱԧӻӫӪӶӤӱ° ӭӤՂ ±ӨԶӷ Ӹԇӷ ӰԆӱӧӵӤӷ²±± ӤՐӸժӱ ӭӳӬӸӤӶӫԧӶӳӱӸӤӬ³ Die Sonne ging auf und sie versammelten sich, und in ihren Höhlen werden sie sich schlafen legen.

919 920 921 922 923

924

Vgl. Muraoka, Lexicon, 2009, παρά (II. +dat.): „beside, at“. Zu παρὰ + Gen. und + Dat., vgl. BA, 1988, παρὰ (I) und (II) Die Bedeutung „bei“ für ‫מִן‬ist nicht bezeugt, vgl. Gesenius, 2013, s.v. BDR §283. Vgl. Thackeray, Grammar, 1909, 190: „Ἐμαυτ(οῦ), σεαυτ(οῦ), ἑαυτ(οῦ) remain in use, the last two usually in the longer forms preferred by the κοινή: the alternative Attic forms σαυτοῦ, ἁυτοῦ, which are absent from the N.T. (Blass 35), continue to be written in the papyri down to about the end of ii/B.C., and are sporadically represented in the LXX.“ Ohne Akzente könnte also auch ggf. αυτοις als Reflexivpronomen gelesen worden sein. Vgl. BDR §278: „außerdem ist aus den zahlreichen hdschr. Varianten zu schließen, daß sehr oft die Abschreiber geändert haben.“

7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103

297

V. 22c: Ra: συνηχθησαν] συναχθησονται B: ad 222 adapt.? (non ad M adapt., cf. init. u.) Der Kodex Vaticanus bezeugt die 3. Pl. Fut.-Form συναχθήσονται anstelle des Aorist. Eine Anpassung an das Impf. ‫ י ֵאָסֵפוּן‬im MT ist eher unwahrscheinlich, da das Verb am Versanfang auch nicht an das Impf. ‫תִּ ז ְַרח‬ angepasst wurde (vgl. V. 22a, ebenso auch in V. 20a.b). Möglicherweise handelt es sich um eine Adaption der im griech. Satz folgenden Futur-Form κοιτασθήσονται. Auf jeden Fall scheint es sich um eine sekundäre Lesart zu handeln. V. 22d-d: Ra: εν ταις μανδραις B R 1219’] επι τ. μ. S, εις τας μανδρας L´ A Kasser/Testuz (Ra 2110): εις τας μανδρας : εν ταις μανδραις Die vom Kodex Sinaiticus allein bezeugte Lesart mit ἐπί anstelle von ἐν ist aufgrund der geringen Bezeugung sicherlich sekundär. Die gegenüberstehenden Lesarten ἐν ταῖς μάνδραις αὐτῶν und εἰς τὰς μάνδρας αὐτῶν sind als Wiedergabe des Hebr. ‫ אֶ ל־מְ עוֹנ ֹתָם‬beide denkbar. Im Griechischen können sie synonym verwendet und mit „in ihren Höhlen“ übersetzt werden.928 Vom äußeren Befund her ist eine Entscheidung auch nicht einfach. Da die große Masse der antiochenischen Hsn. jedoch zusätzlich durch Kodex Alexandrinus und P. Bodmer XXIV gestützt wird, scheint es sich hier um die ältere Lesart zu handeln. V. 22e: BHS: Q ‫ מעונותיהמ‬cf Jer 21,13 Hi 38,8 DJD XXIII (11QPsa): ‫מעונותיהם‬Cf. Jer 21:13; Job 37:8] ‫ מעונתם‬M Der MT bezeugt hier ‫ מְעֹנָה‬im Sg., Qumran dagegen im Pl., beide mit einem Suff. 3. Pl. m.929 Inhaltlich sind beide Lesarten denkbar. In 11QPsa ist die Pl.-Form eindeutig bezeugt und in 4QPse mit großer Wahrscheinlichkeit. 4QPsd ist jedoch uneindeutig.930 Aufgrund der starken Bezeugung in Qumran gestützt durch die einstimmige Bezeugung in den griech. Hsn., scheint MT hier einen späteren Text zu bieten, der möglicherweise durch eine Verlesung entstanden ist. V. 22f: DJD XVI (4QPsd): ‫ ירבצון ]ירבצו‬M 4QPsd bezeugt hier das Verb mit Nun-Energicum. Es handelt sich um eine inhaltlich irrelevante orthographische Variante. 928

929 930

Vgl. Muraoka, Lexicon, 2009, εἰς (8). Vgl. z. B. Gen 31,33: „εἰσελθὼν δὲ Λαβαν ἠρεύνησεν εἰς τὸν οἶκον Λειας καὶ οὐχ εὗρεν καὶ ἐξελθὼν ἐκ τοῦ οἴκου Λειας ἠρεύνησεν τὸν οἶκον Ιακωβ καὶ ἐν τῷ οἴκῳ τῶν δύο παιδισκῶν…“ Die Pl.-Form + Suff. ist ansonsten noch in Jer 21,13 und Hiob 37,8 bezeugt. Eine Sg.-Form + Suff. z. B. in Ps 75,3 (‫ )וּמְעוֹנָתוֹ‬. Zu 4QPse: „The two ink-traces are consistent with he and final mem“, vgl. DJD XVI, 81. 4QPsd ist hier nicht eindeutig zu bestimmen: „Only the tips of one or two letters are visible at the edge of the leather, and frg. 11 is completely split from frg. 10 (the placement in the photograph is not exact)“, DJD XVI, 70.

298

7 Psalm 104 (103)

Vers 23: ԗӲӨӮӨ՛ӶӨӸӤӬ ӿӱӫӵӽӴӳӷ ԗӴՂ ӸՍ ԘӵӦӳӱ ӤՐӸӳ՝ ӭӤՂ ԗӴՂ® ӸԨӱ ԗӵӦӤӶՁӤӱ ӤՐӸӳ՝ԛӽӷ¯ԚӶӴԝӵӤӷ Der Mensch wird hinausgehen zu seinem Werk und zu seiner Arbeit bis zum Abend. A B S (L) 1219 2110 4QPsd 11QPsa MT  ࡱࡣࣈ ࣞ ࡟࡟ࣈ ࣞ ࡼࣛ ࣛ࡫  ࢐࡯ࢶ ࡸࣙ ࡺࣞ ࡯ࣖ ®   ࢐ࢁࣈ ࡣࣞ ࣠ࡡࢼ ࡸࣘ ࡯ࣝ ࡧࣤ ࣖ ¯

 ॱࡡࡾࣜ ࡸࣥ ࣤ ࣞ ࡫ࡣࣛ ࡸࣘ

B ԗӲӨӮӨ՛ӶӨӸӤӬӿӱӫӵӽӴӳӷ ԗӴՂӸՍԘӵӦӳӱӤՐӸӳ՝ ® ӭӤՂԗӴՂ  ӸԨӱԗӵӦӤӶՁӤӱӤՐӸӳ՝ ¯ ԛӽӷ ԚӶӴԝӵӤӷ

A ԗӲӨӮӨ՛ӶӨӸӤӬӿӱӫӵӽӴӳӷ ԗӴՂӸՍԘӵӦӳӱӤՐӸӳ՝ ® ӭӤՂԗӴՂ ӸԨӱԗӵӦӤӶՁӤӱӤՐӸӳ՝ ¯ ԛӽӷ ԚӶӴԝӵӤӷ

Ant ԗӲӨӮӨ՛ӶӨӸӤӬӿӱӫӵӽӴӳӷ ԗӴՂӸՍԘӵӦӳӱӤՐӸӳ՝ ® ӭӤՂԗӴՂ  ӸԨӱԗӵӦӤӶՁӤӱӤՐӸӳ՝ ¯ ԛӽӷ ԚӶӴԝӵӤӷ

4QPsd:ЋЌࡡࡾࡷ࡫ࡣࡷࡧࢁࡣࡡࡷ࡯ࡧϷЋࡧ࡯ࡷࡺЌ࡯ࡱࡣ࡟࡟ࡼЋ࡫Ќ ࢽ 11QPsa:ࡡࡾࡷࡣࡷࡧࢁࡣࡧࡡࡷ࡯ࡧࡧ࡯ࡷࡧࡺ࡯ϷЋࡱࡣ࡟࡟ࡼ࡫ P. Bodmer XXIV (Ra 2110):ӨӲӨӮӨӹӶӨӸӤӬ݈ܲ݅‫ݐ‬ӨӴӬӸӳӨӵӦӳӱӤӹӸӳӹϖ  ϷӭӤӬӨӴӬ ӸӪӱӨӵӦӤӶӬӤӱӤӹӸӳӹϖӰӨӻӵӬӨӶӴӨϷӵӤӷϖ V. 23a: Ra: επι 20 > LaG In der altlatein. Hs. LaG fehlt die Präposition ad vor operationem suam. Es handelt sich wahrscheinlich um eine spätere stilistische Streichung.

V. 23b: Ra: εως] μεχρι S Kasser/Testuz (Ra 2110): μεχρι : εως DJD XXIII (11QPsa): ‫ עדי ]עד‬M Der Kodex Sinaiticus und P. Bodmer XXIV bezeugen μέχρι anstelle von ἕως. ἕως als Präposition ist eine „Nachahmung des älteren Doppelgebrauchs von ἂχρι, μέχρι“931. Sie ist mit 1710 Belegen (häufig jedoch als Konjunktion) in der LXX weitaus häufiger bezeugt als μέχρι mit 79 Belegstellen. Möglicherweise lässt sich die vom Großteil der erhaltenen griech. Hsn. bezeugte Präposition ἕως als spätere Vereinheitlichung von μέχρι an das sehr häufig verwendete Wort ἕως erklären. Dies ist jedoch nicht zwingend. Da beide Worte zur Zeit der Entstehung der LXX (und auch noch zur Zeit des NT) parallel in Verwendung waren, ist auch nicht ausgeschlossen, dass ἕως aus stilistischen Gründen gegen μέχρι ausgetauscht wurde. Der äußere Befund, die sehr schwache Bezeugung von μέχρι allein im Kodex Sinaiticus und Papyrus Bodmer XXIV, spricht zumindest dafür, dass die Lesart sekundär ist. Der MT bezeugt hier die poet. Form ‫עֲדֵי‬932, die im AT nur selten bezeugt ist (13-mal im AT, davon 6 mal in den Psalmen). Es handelt sich vermutlich um die ursprüngliche Lesart. Die Hs. 11QPsa passt an die geläufige Form ‫עד‬ an.

931

932

BDR §216.Anm.10. „Ursprünglich war ԛӽӷ Konjunktion und wurde erst hell. Präp.“, ebd. Vgl. GK, §103o.

7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103

299

Vers 24: դӷ ԗӰӨӦӤӮ՛ӱӫӪ® Ӹԇ ԘӵӦӤ Ӷӳӹ ӭ՛ӵӬӨ ӴԆӱӸӤ¯ ԗӱ ӶӳӺՁԋ ԗӴӳՁӪӶӤӷ° ԗӴӮӪӵըӫӪԣӦԩӸԩӷӭӸԧӶӨըӷ±Ӷӳӹ Wie gepriesen sind deine Werke, Herr! Sie alle hast du in Weisheit gemacht. Erfüllt ist die Erde von deinem Eigentum. A B S (L) 1219 2110 4QPsd 11QPsa MT ®   ࢏ࢇ࣑ ࡾࣥࡥ ࣝ ࡳࣤ ࣞ ࡥࡧࡥࣤ ࢽ ࣞ ࣖ࡫࢙ࣧ࡫ࢫࢿ ࣜ ࡸࣘ ࡳࣝ ¯  ࡥࡳࣈ ࣞ ࡭ࣖ ࡩࣞ ࢇࣖ  ࡱ࢜ࣞ ࢚࣒࣢ ° ࣞ ࢫࢶ ࣚ ࡸࣞ  ࢁ࡫  ࡻࡾࣜ ࡟ࢽࣞ ࡥࡥ ࣞࣂ ࡟࣊ ࣞ ࡯ࣖ ࡳࣞ  ॱ࢙સࣤࡵࣜ ࣞ࡫ ࣖࡵࡽࣚ

B ® դӷԗӰӨӦӤӮ՛ӱӫӪ  ӸԇԘӵӦӤӶӳӹӭ՛ӵӬӨ ¯ ӴԆӱӸӤ ԗӱӶӳӺՁԋ ° ԗӴӳՁӪӶӤӷ  ԗӴӮӪӵըӫӪԣӦԩ ± ӸԩӷӭӸԧӶӨըӷ Ӷӳӹ

A ® դӷԗӰӨӦӤӮ՛ӱӫӪ  ӸԇԘӵӦӤӶӳӹӭ՛ӵӬӨ ¯ ӴԆӱӸӤ ԗӱӶӳӺՁԋ ° ԗӴӳՁӪӶӤӷ  ԗӴӮӪӵըӫӪԣӦԩ ± ӸԩӷӭӸ֏ӶӨըӷ Ӷӳӹ

Ant ® դӷԗӰӨӦӤӮ՛ӱӫӪ ӸԇԘӵӦӤӶӳӹӭ՛ӵӬӨ ¯ ӴԆӱӸӤ ԗӱӶӳӺՁԋ ° ԗӴӳՁӪӶӤӷ  ԗӴӮӪӵըӫӪԣӦԩ ± ӸԩӷӭӸԧӶӨըӷ Ӷӳӹ

4QPsd: ࡬ࡵ࡫ࡵࡽࡻࡾ࡟ࡥࡥ࡟࡯ࡳϷࡧࢀࡷࡵࡥࡳ࡭ࡩࡡࡱ࡯࡭ϷЋࡥЌࢽࡧࡥ࡫࡬࡫ࢀࡷࡳࡧࡡࡾЋࡥࡳЌ  ࡥЌࣕ࡭Ћ࡫Ќࢀࡷࡳࡧࡡࡾࡥࡳ ࢽ  11QPsa:ࡥ࡭ࡵ࡫ࡵࡽࡻࡾ࡟ࡥࡥ࡟࡯ࡳࡥࢁ࡫ࢀࡷࡥࡳ࡭ࡧࡩࡡࡱ࡯ࡧ࡭ϷЋ V. 24a: Kasser/Testuz (Ra 2110): εμεγαλυνθησαν : εμεγαλυνθη Gemäß (älterer) griechischer Grammatik steht bei einem Subjekt in Neutr. Pl. das Prädikat im Singular. Die Lesart des P. Bodmer XXIV stellt eine spätere hebraisierende Anpassung an den Pl. im Hebräischen dar (diesselbe Anpassung ist häufiger in diesem Psalm belegt, vgl. Einzelanalyse zu V. 6c). Die Wortwahl mit ἐμεγαλύνθη lässt vermuten, dass – abweichend von der masoretischen Vokalisation – an die Wurzel ‫( רבה‬anstelle von ‫)רבב‬ gedacht ist. 3. Pl. ‫ ַרבּוּ‬wird ansonsten in den Psalmen durchgängig mit ἐπληθύνθησαν wiedergegeben (vgl. LXX Pss 3,2; 4,8; 24,19; 68,5). Hossfeld sieht hier durch die Wiedergabe mit ἐμεγαλύνθη „den expliziten Bezug zu V1“ hergestellt.933 V. 24b: BHS: Ms G ‫כּ ֹל‬ DJD XVI (4QPsd): ‫ כלם‬M ] ‫ כל‬Mms G Eine mittelalterliche hebr. Hs. und die LXX lesen kein Suffix hinter ‫כּ ֹל‬. Die Lesart des MT wird durch alle aus Qumran erhaltenen Hsn. gestützt (4QPsd und 11QPsa). ‫ כלם‬ist sicherlich ursprünglich im Hebräischen. Auch die LXX hat wahrscheinlich eher das Suffix gelesen, aber frei ohne Suffix übersetzt, denn ‫ ֻכּלָּם‬wird in den griech. Psalmen durchgängig ohne Suffix wiedergegeben, was sachgemäß und kaum anders möglich ist. 934 ‫ כּ ֹל‬ohne Suffix ist möglich, aber selten. Ein Einfluss der LXX auf die mittelalterliche hebräische Hs., die ‫ כּ ֹל‬ohne Suffix liest, ist unwahrscheinlich. Eher handelt es sich um einen innerhebräischen Schreibfehler.

933 934

„V. 24: LXX übersetzt ‫ רבו‬mit εμεγαλυνθη und stellt damit den expliziten Bezug zu V 1 her.“, Hossfeld/ Zenger, Psalmen 101–150, HThKAT, 2008, 90. Vgl. LXX Ps 8,8; 66,4; 66,6; 103,27; 138,16.

300

7 Psalm 104 (103)

V. 24c: DJD XVI (4QPsd): ‫( נעשו‬cf Ps 33:6) ] ‫ עשיתה‬11QPsa M (‫ )עשית‬G 4QPsd bezeugt die Verbform in der 3. Pl. Ni. (‫„ )נעשו‬sie sind alle mit Weisheit gemacht“ anstatt der 2. Sg. Qal „du hast sie alle mit Weisheit gemacht“. Beide Lesarten passen gut in den Kontext. Die Lesart des MT scheint jedoch die Ältere zu sein, da sie durch 11QPsa und durch die LXX gestützt wird. V. 24d: Ra: κτησεως possessione Ga (item οι αλλοι ερμηνευται teste Tht, cf. Field) = M (cf. 10421)] κτισεως rel. (= creatura La) Kasser/Testuz (Ra 2110): κτισεως : κτησεως BHS: C mlt Mss ‫ניך‬DJD XVI (4QPsd): ‫ קנינך‬M] ‫ קניניך‬C Mmss Die LXX gibt das Hebr. ֶ‫ קִ נְיָנ‬im Griech. wortgetreu mit τῆς κτήσεώς σου „dein Eigentum“ wieder. Die latein. Übersetzungen (mit Ausnahme des Psalteriums Gallicanums, das entsprechend den griech. Hsn. mit possessione übersetzt) bezeugen dagegen creatura935, was dem griech. Wort κτίσις „Schöpfung“ entsprechen würde. Diese Lesart ist auch in der griech. Textgeschichte durch den P. Bodmer XXIV und Kodex Alexandrinus bezeugt. Das Wort κτίσις ist ansonsten nur in den apokryphen Schriften (Jdt 16,14; Weis 16,24; 19,6 etc.) belegt. Aufgrund der geringen Bezeugung in den griech. Hsn. handelt es sich wahrscheinlich um eine spätere Variante, die auf eine Verlesung bzw. Itazismus zurückgeht. Das Psalterium Gallicanum gibt die Stelle noch äquivalent zur LXX mit possessione wieder. Viele Hsn. aus der Kairoer Geniza bezeugen den Pl. von ‫קִ נְי ָן‬. Die Sg.Lesart des MT wird durch alle aus Qumran erhaltenen Hsn., nämlich 4QPsd und 11QPsa gestützt und kann daher als ursprünglich gelten. Vers 25: ӤՕӸӪ® ԣ ӫԆӮӤӶӶӤ ԣ ӰӨӦԆӮӪ ӭӤՂ ӨՐӵ՛ӻӽӵӳӷ¯ ԗӭӨՃ° ԚӵӴӨӸԆ ± էӱ ӳՐӭ ԘӶӸӬӱ²ӾӵӬӫӰՌӷөնӤӰӬӭӵԇӰӨӸԇӰӨӦԆӮӽӱ Dies ist das Meer, groß und weit, dort sind Kriechtiere, die ohne Zahl sind, Lebewesen, kleine mit großen. A B S (L) 1219 2110 4QPsd 11QPsa MT ®  ࡱ࣊࢕ࣞ ࡥࣧ ࣝ ࡥࣉࡨࣜ  ࣓࡯࢐ࡣ ࣞࢉ ¯   ࡱࣚ࡫ࡣ࣊ ࣞ ࡫ࡡ ࣐ࣞ ࡩ࣏ ࣝ ࡾ࢏ࣖ ± °  ࢫࡳࣜ ࡾࣥ ࣒ࣜ ࡱࢪࣤ ࣞ ² ࣚ ࡟ࣈ ࣛ ࣖࡧ   ࡾࢥࢶ ࣞ ࡶࣖ ࡳࡴ࡫  935

B ® ӤՕӸӪ ԣӫԆӮӤӶӶӤ ԣӰӨӦԆӮӪ ¯ ӭӤՂӨՐӵ՛ӻӽӵӳӷ  ° ± ԗӭӨՃ ԚӵӴӨӸԆ  ² էӱӳՐӭԘӶӸӬӱ ӾӵӬӫӰՌӷ 

A ® ӤՕӸӪ ԣӫԆӮӤӶӶӤ ԣӰӨӦԆӮӪ ¯ ӭӤՂӨՐӵ՛ӻӽӵӳӷ  ° ± ԗӭӨՃ ԚӵӴӨӸԆ  ² էӱӳՐӭԘӶӸӬӱ ӾӵӬӫӰՌӷ 

Ant ® ӤՕӸӪ ԣӫԆӮӤӶӶӤ ԣӰӨӦԆӮӪ ¯ ӭӤՂӨՐӵ՛ӻӽӵӳӷ  ° ± ԗӭӨՃ ԚӵӴӨӸԆ  ² էӱӳՐӭԘӶӸӬӱ ӾӵӬӫӰՌӷ 

Laut Gesenius kann auch das Hebr. ‫ ִקנְי ָן‬mit Geschöpf übersetzt werden. Seine Angabe basiert aber nur auf diesen Vers (Ps 104,24), vgl. Gesenius, 2013, s. v. Im gesamten griech. AT sind keine Äquivalente für ‫ ִקנְי ָן‬bezeugt, die eine solche Bedeutung haben, vgl. Muraoka, Two-way Index, 2010, s. v.

7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103  ࢁ࢐ ࢽࢢࡪࣝ ࡽࢁ࢐ ࣖࣂ ࣊࢕ࡩࣝ  ॱࢁ࢐࡯࣠ࣤ ࡣ ࣖࢉࣥࡱࡸࣚ

 өնӤӰӬӭӵԇ ӰӨӸԇӰӨӦԆӮӽӱ

 өնӤӰӬӭӵԇ ӰӨӸԇӰӨӦԆӮӽӱ

301  өնӤӰӬӭӵԇ ӰӨӸԇӰӨӦԆӮӽӱ

4QPsd:Ћࢁࡧ࡯ࡣࡢࡱࡷࢁࡧࡵࡪࡽࢁࡧ࡫ࡩЌϷЋࡾࡺЌࡶࣕ ࡳࡴ࡫࡟ࡧ ࢽ ࢀЋࡳࡾࡱࢀЌ ࣕ ϷЋࡱ࡫ࡣ࡫Ќ࡯ࡡࡩࡾࡧЋࡱ࡫ࡥࡥࡨ ࡧࡣࡢЌ 11QPsa: ࢁࡧ࡯ࡧࡣࡢ ࡱࡷ ϷЋࢁࡧЌ Ϸ  ࢽࡵࡪࡽ ࢁࡧ࡫ࡩ ࡾࡺࡶࡳ࡯ ࡴ࡫࡟ࡧ ࡥࡡࡾࡥ ࢀࡳࡾ ࡥࡳࢀ ࡱ࡫ࡣ࡫ ࡡࡩࡾࡧ Ћ࡯ࡧࡣЌࣕࡢࡱ࡫ࡥ P. Bodmer XXIV (Ra 2110): Ӥϓ ӹӸӪ Ӫ ӫӤӮӤϓ ӶӶӪ Ӫ ӰӨӦӤӮϓ Ӫ  ϷӭӤӬ ӨӹӵӹӻӽӵӳЋӷ ӨӭЌӨϓӬӨӵӴӨӸӤӽӱӳӹӭӨӷЋӸӬӱϷӤӵӬӫӰӳӷϖөӽӤϓ Ӱϓ Ӭӭϓ ӵӤЋӰӨЌӸϓӤϓӰϓ ӨӦϓ ϓ ӤϓӮϓӽӱϖ

V. 25a: BHS: > Q DJD XXIII (11QPsa): ‫ זה הים ]הים‬MG Die Qumran-Hs. 11QPsa liest ohne das Demonstartivpronomen ‫ ז ֶה‬am Versanfang. In der Septuaginta ist das Demonstrativpronomen jedoch einstimmig bezeugt und auch 4QPsd hat es nach der Rekonstruktion von DJD. Da es keine Gründe für eine spätere Hinzufügung des Pronomens gibt, ist die Lesart von 11QPsa sicherlich sekundär. Wahrscheinlich wurde es versehentlich ausgelassen. V. 25b: Ra: ευρυχωρος] add. ଖ χερσιν GaHi: teste Hi ex εβρ´ θ´, cf. S.-St. 2, p. 125 n. 3 Hieronymus ergänzt χερσίν (Dat. Pl. von χείρ) und markiert es mit einem Asteriskos. Er vermerkt, „daß das Fehlende ‚de Hebraico et de Theodotionis editione‘ hinzugefügt sei“936. Es handelt sich um eine spätere Anpassung an das Hebräische. V. 25c: DJD XXIII (11QPsa): ‫ שם ]שמה‬M 11QPsa bezeugt für ‫ שָׁם‬die abweichende Schreibweise ‫שָׁמָּה‬, was eigentlich nicht „dort“ sondern „dorthin“ bedeutet. Die Hs. selbst ist nicht konsequent in der Schreibweise. In Ps 104,26; 132,17; 139,10 und 137,1 bezeugt sie z. B. ‫שם‬, entsprechend dem MT.937 Vermutlich handelt es sich lediglich um eine orthographische Variante. V. 25d.e: BHS: Q + ‫הרבה‬ ֯ M G] ‫הרבה‬ ֗ ‫רמש‬11QPsa DJD XVI (4QPsd): ‫]רמ[ש‬ a DJD XXIII (11QPs ): ‫ > ]הרבה‬MG BHS: Q ´‫למ‬ DJD XVI (4QPsd): [‫ ֗מ ֯ס]פר‬MG (ἀριθμός)] ‫למספר‬11QPsa DJD XXIII (11QPsa): ‫ מספר ]למספר‬M Die Hs. 11QPsa ergänzt ‫( הרבה‬vermutlich ‫ ה ְִרבָּה‬3. Sg. Pf. Hi von ‫„ רבה‬viel machen, vermehren“) nach ‫רמֶשׂ‬.ֶ Zusätzlich ergänzt 11QPsa die Präposition ‫ְל‬ 936 937

Rahlfs, Septuaginta-Studien I-III, 125, Anm. 3. Vgl. DJD XXIII, 34.

302

7 Psalm 104 (103)

vor ‫מִ ְספָּר‬. Die kurze Lesart des MT scheint durch 4QPsd gestützt zu werden938 und auch schon der Septuaginta vorgelegen zu haben. Bei der Lesart von 11QPsa handelt es sich wahrscheinlich um spätere Ergänzungen. Vers 26: aἐκεῖ πλοῖα διαπορεύεταιba δράκων οὗτος ὃν ἔπλασαςc ἐμπαίζειν αὐτῷd Dort ziehen Schiffe umher, dieser Drache, den du geformt hast, um mit ihm zu spielen. A B S (L) 1219 2060 2110 11QPsa MT ® ࢁ࢐ ࣈ࢕ ࣚࡵ࡟ࡱ ࣙ ࢪ࣒ ࣞ ®¯   ࡴ࢏࡭ࢶ ࢜ࣛ ࡥࣝ ࣖ࡫ ࣞࢽ ࣖࡧ࡯ࣚ ࣂ  ࡴࢁࣞ࡫ ° ࢯ ࣞ ࡾࣖ ࡼ࣊ ࣝ ࣞ࡫ࣥࡥࣤࡨࣜ ± ࣤ ࡩࣜ ࢫࣤ ࣝ ࡯ࣖ  ॱ ࢐ࢇࣥࡽ

B ® ¯®

 ӧӵԆӭӽӱӳ՗Ӹӳӷ ° ՋӱԘӴӮӤӶӤӷ  ± ԗӰӴӤՁөӨӬӱӤՐӸն

A ® ԗӭӨՃӴӮӳՃӤ ¯® ӧӬӤӴӳӵӨ՛ӳӱӸӤӬ  ӧӵԆӭӽӱӳ՗Ӹӳӷ ° ՋӱԘӴӮӤӶӤӷ  ± ԗӰӴ֍өӨӬӱӤՐӸն

Ant ® ԗӭӨՃӴӮӳՃӤ ¯® ЇӧӬӤӴӳӵӨ՛ӨӸӤӬЈ  ӧӵԆӭӽӱӳ՗Ӹӳӷ ° ՋӱԘӴӮӤӶӤӷ  ± ԗӰӴӤՁөӨӬӱЇӤՐӸՌӱЈ

11QPsa:ࡧࡡϷࡽࡩࢀ࡯ࡥࢁࡾࡼ࡫ࡥࡨࡴࢁ࡫ࡧ࡯ࡴࡧ࡭࡯ࡥ࡫ࢁࡧ࡫ࡵࡧ࡟ࡱࢀ P. Bodmer XXIV (Ra 2110):ӨϓЋӭӨӬϷӴӮӳӬӤӴӳӵӨӹӨϓӸӤӬϖӧӵϓЋӤӭӽӱӳӹЌӸϓӳӷӳӱϓЋӨ Ϸ ӴӮӤӶӤӷӨӰӴӤӬөӨӬӱӤϓ ЋӹӸӽЌ Ra 2060:ЋӨӭӨӬӴӮЌӳӬӤӧϓ ӬӤӴӳӵӨӹӳӱӸЇӤӬЈϷЋӧӵӤӭӽЌӱӳӹӸӳӷӳӱӨӴӮӤϷӶӤЌӷӨӱӴӨϓөӬϓӱ ӤӹӸӽӱϓ V. 26a-a: Ra: 1 > B Beim Kodex Vaticanus fehlt der gesamte erste Stichus „ἐκεῖ πλοῖα διαπορεύονται“. Sowohl in allen Hebräischen (einschließlich 11QPsa) als auch in allen anderen griech. Hsn. wird der Satz einstimmig bezeugt. Wahrscheinlich hat der Abschreiber die Zeile versehentlich ausgelassen. V. 26b: Ra: διαπορευονται pertranseunt LaG] -ρευεται LbThtp: cf. 6; commeabunt LaRAug, pertransibunt Ga Kasser/Testuz (Ra 2110): πορευεται : διαπορευονται Einige antiochenische Hsn., eine Lesart im Psalterkommentar des Theodoret und der P. Bodmer XXIV bezeugen hier das Verb, dass sich auf das Neutr. Pl. Nomen πλοῖα bezieht, in attischer Schreibweise im Sg. statt Pl. Es handelt sich vermutlich um die ursprüngliche Lesart, während die anderen Hsn. eine spätere Anpassung an die hebräische Verbform darstellen (vgl. Einzelanalyse zu V. 6c). Der P. Bodmer XXIV bezeugt das Verb außerdem ohne das Präfix δια. Die Form ohne Präfix ist weitaus geläufiger. Womöglich wurde das Präfix hier durch Haplographie mit den letzten vier Buchstaben des vorangehenden Wortes πλοῖα ausgelassen (s. u. Abb. ΛΟΙΑ - ΔΙΑ). 938

„Spacing and the shape of the letter on the right edge of the leather indicate that this MS shared the shorter reading with MG, not the longer text (‫הרבה‬ ֗ ‫ )רמש‬found in 11QPsa.“, DJD XVI, 70.

7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103

303

Abb.: P. Bodmer XXIV939: πλοια πορευε̣ται (Markierung durch den Autor)

V. 26c: Ra: επλασας] εφυτευσας R: cf. 16 Die griech. Spalte der Diglotte R bezeugt ἐφύτευσας (3. Sg. Aor. von φυτεύω „pflanzen“) anstelle von ἔπλασας „formen“. Das Verb ist im Kontext des Verses 26 unpassend. Es taucht auch im V. 16 des Psalmes auf. Wie es in R zur Verschreibung kommt ist jedoch unklar. V. 26d: Ra: αυτω] αυτοις R´, αυτων uel -τον Lpau, αυτα Lpau, > LaG Das zu ἐμπαίζειν gehörende Personalpronomen wird von einigen Hsn. (auch von Ra 2060) im Pl. bezeugt (Dat. Pl.: die lateinische und griechische Spalte der Diglotte R; Akk. Pl.: Lpau; Gen. Pl.: 2060 und Lpau)940 und dadurch auf die Schiffe im Versanfang bezogen, statt auf den δράκων. Es ist vermutlich ein Versuch, den schwierigen Text zu glätten. Nun ist nicht mehr der δράκων der Spielgegenstand, sondern er wird zum Subjekt, das mit den Schiffen „spielt“. Der unterschiedliche Kasus, in dem die Pl.-Form belegt ist und die schwache Bezeugung der einzelnen Formen in den Hsn. legt nahe, dass es sich um sekundäre Abweichungen handelt. (einige wenige antiochenische Hsn. bezeugen aber auch die Sg. Form in abweichendem Kasus). Vers 27: ӴԆӱӸӤ ӴӵՍӷ ӶԞ ӴӵӳӶӧӳӭժӶӬӱ® ¯ ° ± ӧӳ՝ӱӤӬ ² ӸԨӱ ӸӵӳӺԨӱ ӤՐӸժӱ² ³ ӨՑӭӤӬӵӳӱ³ Alle erwarten von dir, dass du ihre Speise gibst zur rechten Zeit. A B S (L) 1219 2060 2110 11QPsa MT  ࢙࡫ࣈ࡯ࣜ ࡟ࡱ ࣛ ࢜ࣞ ࢚࣒࣢ °¯®  ࡴ࢏ࡾࢶ ࢇࣛ ࢫࣝ ࣖ࡫  ² ±   ࢁࢁࢼ ࣛ ࡯ࣞ ²   ࡱࣈ࡯ࣞ ࡭ࣖ ࡟ࣞ ³  ॱ ࢐ࢯࣤ ࡸࣚ ࢇࣖ

B ӴԆӱӸӤӴӵՍӷӶԞ ®¯° ӴӵӳӶӧӳӭժӶӬӱ  ± ² ӧӳ՝ӱӤӬ  ² ӸԨӱӸӵӳӺԨӱӤՐӸӳՃӷ  ³ ³ ӨՑӭӤӬӵӳӱ

A ӴԆӱӸӤӴӵՍӷӶԞ ® ¯° ӴӵӳӶӧӳӭժӶӬӱ   ± ² ӧӳ՝ӱӤӬ  ² ӸԨӱӸӵӳӺԨӱӤՐӸժӱ  ³  ³ ӨԶӷ ӭӤӬӵՍӱ 

Ant ӴԆӱӸӤӴӵՍӷӶԞ ® ¯° ЇӴӵӳӶӧӳӭժӶӬӱЈ   ± ² ӧӳ՝ӱӤӬ  ² ӸԨӱӸӵӳӺԨӱӤՐӸժӱ  ³  ³ ӨԶӷ ӨՑӭӤӬӵӳӱ

11QPsa:ࡧࢁࡷࡡࡱ࡯࡭ࡧ࡟ࡱࡥ࡯ࢁࢁ࡯ࡧࡾࡡࢀ࡫ࡥ࡭࡫࡯࡟ࡱ࡯ࡧ࡭ P. Bodmer XXIV (Ra 2110): Ӵϓ ӤӱӸӤ Ӵӵӳӷϓ ЋӶӨ  ϷӴӵӳӶӧӳӭӽӶЋӬЌ ӧӳӹӱӤϓ ЋӬ ӸӪЌӱ ӸӵϓӳϓӺӪӱӤϓ ЋӹϷӸӳӬӷӨӹӭӤӬӵӳӱϓЋЌ Ra 2060: ЋӴӤӱӸӤЌӴӵӳӷЋӶӨЌӴӵӳӶӧӳϷЋӧӳӹЌӱӤӬӪӬӸӪӱӸӵӳӺӪӱӤӹ V. 27a: Ra: προσδοκωσιν] -κουσιν He*Rc: cf. 118166 Kasser/Testuz (Ra 2110): προσδοκωσ[ι (apparemment)] : προσδοκωσιν

939 940

Kasser/ Testuz, P. Bodmer XXIV, Faksimile-Anhang, 82 ἐμπαίζω kann mit Akk. oder mit Dat. stehen, vgl. Muraoka, Lexicon, 2009, ἐμπαίζω und BA,1988, ἐμπαίζω.

304

7 Psalm 104 (103)

Der Psalterkommentar des Hesych, sowie der Korrektor von R bezeugen προσδοκοῦσιν, was womöglich auf die abweichende Schreibweise προσδοκέω statt προσδοκάω zurückzuführen ist (so z. B. in TestSal 13,8 aus dem 4. Jh. n. Chr. bezeugt941). Aufgrund der erst späten Bezeugung der Schreibweise und der geringen Bezeugung der Lesart handelt es sich sicherlich um eine sekundäre Lesart. Die Hs. 2060 lässt außerdem, vermutlich versehentlich, die letzten Buchstaben κωσιν aus. 942 V. 27b: Ra: 1] + domine LaRAug Die latein. Spalte der Diglotte R und Augustin bezeugen den Vokativ domine am Ende des ersten Stichus. Da ‫ יהוה‬weder in der hebr. (11QPsa ist hier als alter Zeuge vorhanden) noch in der griech. Textüberlieferung bezeugt ist, scheint es sich hier um eine spätere Ergänzung zu händeln. Da in der Regel in latein. Hsn. keine Ergänzungen vorgenommen werden, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die latein. Überlieferung hier eine griech. oder hebr. Lesart bewahrt hat, die in keiner Hs. mehr erhalten ist. Aufgrund der geringen Bezeugung ist die Lesart jedoch sicherlich sekundär. V. 27c: Ra: 1.2 duo stichi R´ TSy A´, unus B´ Sa LaG Ga He 55 Die altlateinische Hs. R die Hs. T und die syrische Übersetzung, sowie der Kodex Alexandrinus gestützt durch die Hs. 1219 bezeugen einen neuen Stichus nach προσδοκῶσιν. V. 27d: Ra: δουναι] pr. του R: cf. 21 Die altlateinische Diglotte R bezeugt in ihrer griech. Spalte einen Artikel vor δοῦναι (zum Inf. + Artikel, vgl. die Einzelanalyse zu V. 21c). Aufgrund der geringen Bezeugung handelt es sich sicherlich um eine sekundäre Lesart. Die Hs. 2060 bezeugt bei dem Wort δοῦναι eine Korrektur. „Was die Korrektur ηι über αι bedeuten soll, ist nicht zu ersehen.“943 V. 27e-e: Ra: την τροφην αυτοις B´’ Sa He 1219] αυτοις τροφην R = illis cibum(uel escam) La Ga; την τρ. αυτων L´’ A’ = M, cf. 14415 BHS: Q + ‫להמ‬ DJD XXIII (11QPsa): ‫ > ]להם‬MG 11QPsa bezeugt ‫ ְל( ָלהֶם‬+ 3. Pl. Suff.) hinter ‫לָתֵת‬, sodass der gesamte Satz lautet „Sie alle warten auf dich, dass du ihnen ihre Speise gibst zu seiner Zeit.“ Der MT bezeugt nur das 3. Pl.-Suffix hinter ‫אכל‬, dass entweder als 941 942

943

Vgl. BA, 1988, προσδοκάω. „hier ist dem Schreiber wohl ein Fehler unterlaufen; er hat die Silben κωσιν vergessen; am Anfang der folgenden Zeile ist dafür kein Platz.“, Stegmüller, Berliner Septuagintafragmente, 1939, 63. Stegmüller, Berliner Septuagintafragmente, 1939, 63.

7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103

305

Genetivus subjectivus „ihre Speise“ oder (seltener) als Genetivus objectivus „ihnen Speise“ gelesen werden kann. 11QPsa ist die einzige für diesen Vers erhaltene Qumranhandschrift. Eine Entscheidung ob 11QPsa oder der MT den ursprünglichen hebr. Text überliefert ist schwierig. Eine spätere Auslassung von ‫ ָלהֶם‬durch eine Haplographie mit dem vorangehenden ‫ לָתֵ ת‬ist nicht ausgeschlossen.944 Es könnte sich jedoch auch um eine spätere Ergänzung in 11QPsa möglicherweise in Anpassung an Ps 145,15 handeln.945 Die Septuagintaüberlieferung geht hier auseinander, einige Hsn. bezeugen das Personalpronomen im Dativ, andere im Genitiv. Ob die Dativform auf eine hebräische Vorlage zurückzuführen ist, die mit 11QPsa ‫ ָלהֶם‬gelesen hat, oder ob die Dativform auf eine Lesung des Pronomens hinter ‫ אכל‬als Genetivus objectivus zurückgeht (so auch in V. 21e), lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Der sehr ähnlich formulierte Satz in Psalm 145,15 „Aller Augen warten auf dich, und du gibst ihnen ihre Speise zu seiner Zeit“, der im Hebräischen wie hier in 11QPsa ebenfalls mit ‫ ָלהֶם‬formuliert ist, wird in der Septuaginta einstimmig mit Genetiv-Pronomen wiedergegeben. Einige alte latein. Zeugen und Hesych bezeugen jedoch die Dativform, die womöglich auf eine Anpassung an das ‫ ָלהֶם‬zurückzuführen ist.946 Die einzige weitere Stelle, neben den drei genannten, bei denen in den Psalmen ‫ אָ ְכלָם‬bezeugt ist, ist Psalm 78,30. Dort wird das Suffix von allen griech. Hsn. einstimmig im Genetiv wiedergegeben. In der Regel scheint der Psalmist, wie auch sonst üblich, das Suffix hinter dem Nomen nicht als Genetivus Objektivus, sondern als Genetivus Subjektivus zu lesen947 und entsprechend im Griechischen im Genetiv wiederzugeben. V. 21e scheint dagegen einen selteneren Fall darzustellen. Das spricht dafür, dass auch an unserer Stelle die Genetivform vermutlich wie in Ps 145,15 die ursprüngliche griechische Lesart war. Die Dativform könnte auf eine Anpassung an einen hebräischen Text zurückzuführen sein, der wie 11QPsa ‫ ָלהֶם‬gelesen hat. V. 27f-f: Ra: ευκαιρον B´ 55] pr. εις L´, εις καιρον A; εν ευκαιρια R: ex 14415; in tempore opportune LaRAug, tempore LaG, in tempore Ga; > He

944 945 946

947

Vgl. Abb.: 11QPsa (DJD XXIII, Plate IV, frg. E ii.): (‫)לתת להם‬ Ps 145,15: „‫„ “נוֹתֵן־ ָלהֶם אֶת־אָ ְכלָם ְבּעִתּוֹ‬und du gibst ihnen ihre Speise zu seiner Zeit.“ Statt das Possessivpronomen als Wiedergabe des hebr. Suffixes ebf. zu behalten, wird es, wie bei LaR Aug und He in LXX Ps 144,15, gestrichen, vermutlich aus stilistischen Gründen. Aufgrund der Intention dem hebr. Text in der Wortanzahl zu entsprechen, liegt es für den Übersetzer näher, eher auf eine Wiedergabe des Suffixes hinter ‫ אכל‬zu verzichten als auf die Wiedergabe von ‫ ָלהֶם‬. „Das Possessivverhältnis kann das eines sog. Genetivius subjectivus oder (seltener) das eines Genitivus objectivus sein“, Ernst, Kurze Grammatik, 2012, 49.

306

7 Psalm 104 (103)

Die griechische Überlieferung geht hier in der Wiedergabe von ‫ ְבּעִתּוֹ‬auseinander. Die Wendung ist im Psalter noch an zwei weiteren Stellen bezeugt. In Psalm 1 übersetzt die Septuaginta einstimmig mit ἐν καιρῷ αὐτου und in Psalm 144,15 einstimmig mit ἐν εὐκαιρίᾳ (außer Hesych der ἐν εὐκαιρίαις bezeugt). Die Wiedergabe von ‫ ְבּעִתּוֹ‬in den anderen Büchern der Septuaginta geht recht weit auseinander (s. u. Tabelle). Am häufigsten ist jedoch die wörtliche Wiedergabe mit ἐν καιρῷ αὐτοῦ bezeugt (ein Drittel der Stellen). Der Großteil der Hsn. (die antiochenischen Hsn., der Kodex Vaticanus, Kodex Sinaiticus und die Hs. 55) übersetzen nicht wörtlich, sondern den Inhalt wiedergebend mit dem Adjektiv εὔκαιρον „zur rechten Zeit“, das abgesehen von dieser Stelle in der Septuaginta sonst nur noch in den Makkabäerbüchern bezeugt ist. Es handelt sich vermutlich um die ursprüngliche Lesart. Die antiochenischen Hsn. bezeugen außerdem noch die Präposition εἰς,948 die vermutlich ursprünglich ist und später in Anpassung ans Hebräische gestrichen wurde. Der Kodex Alexandrinus bezeugt das im AT sehr geläufige Wort καιρόν (485 Belege in der Septuaginta) mit vorangehender Präposition.949 Die Diglotte R passt an die Wiedergabe in LXX Ps 144,15 an, wo alle Hsn. mit ἐν εὐκαιρίᾳ übersetzen. Die altlatein. Hs. LaR (die latein. Spalte der Diglotte R) und Augustin übersetzen in Anlehnung an LXX mit in tempore opportune, während LaG und das Psalterium Gallicanum das Adjektiv opportune „günstig“ in Anpassung ans Hebr. zu streichen scheinen. ®¯²¹¹²ϖ¶²Wiedergabe von ‫ ְבּעִתּוֹ‬in der²½Á®´¶»Á® Stelle Deut 11,14 Deut 28,12 Hiob 5,26 Hiob 38,32 Ps 1,3 Ps 103,27 Ps 144,15 Spr 15,23 Pred 3,11 Jer 5:24 Hes 34,26 Hos 2:11 948 949

Griech. Wiedergabe für ‫ְבּעִתּוֹ‬ καθ᾽ ὥραν ἐπὶ καιροῦ αὐτοῦ καθ᾽ ὥραν ἐν καιρῷ αὐτου ἐν καιρῷ αὐτου εὔκαιρον ἐν εὐκαιρίᾳ καίριόν ἐν καιρῷ αὐτοῦ κατὰ καιρὸν ἐν καιρῷ αὐτοῦ



Die Wendung εἰς εὔκαιρον ist z. B. auch in Hebr 4,16 bezeugt. Würde es sich um eine bewusste Anpassung an das Hebräische, oder an die geläufige Wiedergabe von ‫ ְבּעִתּוֹ‬handeln, dann wäre eher ἐν καιρῷ αὐτου zu erwarten wie in Hiob 38,32; Ps 1,3; Pred 3,11; Hos 2,11 (vgl. Tabelle 1). Wahrscheinlicher erscheint eine Verwechslung von ΕΥΚΑΙΡΟΝ mit ΕΙΣΚΑΙΡΟΝ.

7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103

307

Vers 28: ӧՌӱӸӳӷӶӳӹӤՐӸӳՃӷ¯ӶӹӮӮԝӲӳӹӶӬӱ°ӾӱӳՁӲӤӱӸӳӷ±ӧԝ²Ӷӳӹ ³ӸԨӱӻӨՃӵӤ ³Ӹԇ Ӷ՛ӰӴӤӱӸӤ´Ӵ ӴӮӪӶӫԧӶӨӸӤӬµӻӵӪӶӸՌӸӪӸӳӷ¶ Gibst du ihnen, werden sie sammeln, und öffnest du die Hand, werden sie alle zusammen gefüllt werden mit Gutem. A B S (L) 1219 2110 11QPsa MT ¯  ࡱࡥࣜ ࡯ࡴ ࣒ ࣞ ࢯࣈ ࣛ ࢯࣚ °   ࡴ࢏ࡪ࣠ࢶ ࡽ࡯ࣖ ࣚ࡫ ²±   ࡩࢯ࣊ ࣝ ࡺࣖ ࢯࣚ ³   ࢽ࢙ࡣࣖ ࡫ࣤ ࣂ ࣞ ´  µ   ࡴ࢏ࡸ࣊ ࢇࣖ ࢫࣖ ࣚ࡫ ¶  ॱ ࡡ࢐ࡪࣤ

B ® ® ¯ ӧՌӱӸӳӷӶӳӹ ӤՐӸӳՃӷ ° ӶӹӮӮԝӲӳӹӶӬӱ  ® ± ² ® ӾӱӳՁӲӤӱӸӳӷ ӧԝ Ӷӳӹ  ³ ³ ӸԨӱӻӨՃӵӤ  ´ ӸԇӶ՛ӰӴӤӱӸӤ µ ӨӰӴӮӪӶӫԧӶӳӱӸӤӬ  ¶ ӻӵӪӶӸՌӸӪӸӳӷ

A ¯ ӧՌӱӸӳӷӶӳӹӤՐӸӳՃӷ  ° ӶӹӮӮԝӲӳӹӶӬӱ  ± ² ӾӱӳՁӲӤӱӸӳӷ ӧԝ Ӷӳӹ ³ ³ ӸԨӱӻӨՃӵӤ  ´ ӸԇӶ՛ӰӴӤӱӸӤ µ ӴӮӪӶӫԧӶӳӱӸӤӬ  ¶ ӴӬՌӸӪӸӳӷ 

Ant ¯ ӧՌӱӸӳӷӶӳӹЇӤՐӸӳՃӷЈ ° ӶӹӮӮԝӲӳӹӶӬӱ  ± ² ӾӱӳՁӲӤӱӸӳӷ ЇӧԝЈ Ӷӳӹ ³ ³ ӸԨӱӻӨՃӵӤ  ´ ӸԇӶ՛ӰӴӤӱӸӤ  µ ЇӴӮӪӶӫԧӶӨӸӤӬЈ  ¶ ӻӵӪӶӸՌӸӪӸӳӷ

11QPsa:ࡡࡧࡪࡧࡷࡡࢀ࡫ࡥ࡭ࡣ࡫ࡩࢁࡺࢁࡴࡧࡪࡽ࡯࡫ࡧϷࡱࡥ࡯ࡴࢁࢁরশ P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӧϓ ӳӱӸЋӳӷЌ Ӷӳӹ ӤӹӸӳӬӷ ӶӹӱӮϓ ЋӨ  ϷӲӳӹӶӬӱ ϖ ӤӱӹЋӲӤЌӱӸӳӷӧЋӨЌӸӪӱӻӨӬӵӤЋЋӱЌЌӶӳӹӸӤӶӹӰӴӤӱӸӤϓ  ӴӮӪӶӫϓӪϓӶϓӨӱӸӤӬӻӵӪӶӸӳϓЋӸӪ  Ϸ Ӹӳӷ

V. 28a-a.a-a: Keine Apparatangaben vorhanden. Die LXX gibt die beiden im Hebr. im 2. Sg. Impf. Qal formulierten Verben ‫ תִּ ֵ ֣תּן‬und ‫ תִּ פ ְַתּ֥ח‬als Gen. abs. mit kasusgleichen Pronomen wieder (δόντος σου und ἀνοίξαντος δέ σου).950 Ebenso in V. 29 ἀποστρέψαντος δέ σου für Hebr. ‫תַּ סְתִּיר‬. Es handelt sich um eine gute griechische Konstruktion, die mit dem Pt. Aor. den engen Zusammenhang bzw. die unmittelbare Folge von Geben Gottes und Sattwerden zum Ausdruck bringt. V. 28b: Ra: αυτοις] ς > LbTHe 55: ante σ In einigen wenigen antiochenischen Hsn. (einschließlich der Hs. T und dem Psalterkommentar des Hesych) und in der dem Kodex Alexandrinus nahestehenden Hs. 55 fehlt das abschließende Sigma bei αὐτοῖς. Das Relativpronomen αὐτοί könnte so als Nom. Pl. gestanden und als Subjekt zu συλλέξουσιν gelesen worden sein, wie im Folgenden die LXX auch vom MT abweicht, indem sie das Subjekt zu πλησθήσονται mit τὰ σύμπαντα explizit wiedergibt. Aufgrund der geringen Bezeugung951 scheint eine Haplographie des Sigmas mit dem folgenden σου jedoch wahrscheinlicher. V. 28c: BHS: Q pr cop DJD XXIII (11QPsa): ‫ ילקטון ]וילקטון‬MG

950 951

Vgl. LXX.E.II, 2011 Die Lesart ist abgesehen von einigen wenigen Antiochen. Hsn. nur noch in der Hs. 55 bezeugt, die jedoch, wie auch der Kodex Alexandrinus, oft mit dem Antiochen. Text zusammengeht, vgl. Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 70.

308

7 Psalm 104 (103)

11QPsa bezeugt nach der Rekonstruktion in DJD abweichend vom MT und der Septuaginta eine Kopula vor ‫יִלְק ֹטוּן‬.952 Eine Entscheidung ist schwierig. Möglicherweise wurde sie aus stilistischen Gründen ergänzt, um die Folge bzw. den Zusammenhang des Geschehens hervorzuheben vgl. 28aa . Allerdings fällt auf, dass vor der Parallelkonstruktion mit ‫ י ִשְׂ בְּעוּן‬keine Ergänzung erfolgte. V. 28d: Kasser/Testuz (Ra 2110): ανυ[ξα]ντος, l. ανοιξαντος P. Bodmer XXIV scheint hier abweichend ανυ[ξα]ντος zu bezeugen.953 Das Wort ist sonst nicht bezeugt. Wahrscheinlich handelt es sich um einen Schreibfehler. V. 28e: Ra: δε > LaG Ga La(non THe) = M Die altlatein. Hs. LaG und das Psalterium Gallicanum, sowie zahlreiche antiochen. Hsn. streichen die Partikel δέ und gleichen dadurch an den MT an. Allerdings ist δε eher nur ein Füllwort. Eine Wiedergabe mit latein. sed wäre zu stark, weil es ja nicht um einen Gegensatz geht, sondern um einen ergänzenden zweiten Aspekt. V. 28f-f: Ra: την χειρα manum LaG] + tuam LaRAug Ga = M Kasser/Testuz (Ra 2110): την χειρα σου : σου την χειρα P. Bodmer XXIV liest hier wahrscheinlich in Anpassung an das Hebräische das Personalpronomen σου hinter τὴν χεῖρα statt in Verbindung mit dem Ptz. ἀνοίξαντος.954 Einige latein. Hsn. (die latein. Spalte der altlatein. Diglotte R, Augustin und das Psalterium Gallicanum) dagegen ergänzen tuam hier bewusst zusätzlich zu te „aperiente te manum tuam“, offensichtlich in Anpassung an das Hebräische. Die Auslassung des Personalpronomens in der ursprünglichen Septuaginta ist vermutlich aus dem stilistischen Grund vollzogen worden, das σου nicht gleich zu wiederholen (vgl. auch V. 29b).

952

953

954

Die Hs. ist hier sehr abgeblasst. Ganz eindeutig ist das Waw nicht zu erkennen. V. a. ist ein Jota dann kaum zu identifizieren, Vgl. 11QPsa (DJD XXIII, Plate IV, frg. E): ‫וילקטון‬ Vom Ypsilon ist jedoch nur ein Bruchteil erhalten, vgl. Kasser/ Testuz, P. Bodmer XXIV, Faksimile-Anhang, 82: ανυ[ξα]ντος Zu Interpretationsmöglichkeiten des Personalpronomens vor τὴν χεῖρα vgl. LXX.E.II, 2011, 1794: „Die LXX hat zweimal Gen. abs. mit kasusgleichem Pronomen (δόντος σου … ἀνοίξαντος δέ σου), das sich im zweiten Fall theoretisch auch auf das Akk.-Obj. τὴν χεῖρα beziehen könnte. Wegen des Parallelismus sowie wegen des enklitischen Charakters des σου ist jedoch der Bezug auf das Part. vorzuziehen.“

7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103

309

V. 28g: Ra: συμπαντα] συμ > S Der Kodex Sinaiticus bezeugt τὰ πάντα ohne das Präfix συμ. In LXX Ps 38,6; 118,91 und 144,9 ist πάντα mit dem Präfix συμ dagegen in allen griech. Hsn. einschließlich dem Kodex Sinaiticus bezeugt, was es unwahrscheinlich macht, dass es sich an unserer Stelle um eine Vereinheitlichung an das geläufigere πάντα handelt. Möglicherweise wurde das Präfix versehentlich ausgelassen. Sicher ist, dass σύμπαντα als die hier in den Hsn. gut bezeugte und im AT seltenere Form die ältere Lesart ist. Besonders auffallend ist, dass entgegen der ganzen griechischen Tradition, im Hebräischen keine Entsprechung für τὰ σύμπαντα vorliegt. Am ehesten wäre wie im voranghenden Vers ein ‫ ֻכּלָּם‬zu erwarten. Ob τὰ σύμπαντα auf einen entsprechenden hebr. Text zurückgeht oder ob eine Ergänzung durch die Übersetzer vorliegt, ist schwer zu entscheiden. Auf Grund der übereinstimmenden Bezeugung liegt jedenfalls die ursprüngliche Septuaginta vor. V. 28h: Ra: πλησθησονται S L´A´’] -σεται R Lpau: cf. 6; εμπλησθησεται B Kasser/Testuz (Ra 2110): πλησθησενται (le α récrit sur ε), l. πλησθησονται Die Diglotte R und einige antiochenische Hsn. bezeugen wieder – entsprechend der älteren griechischen Grammatik – das Verb zum Neutr. Pl. Nomen τὰ σύμπαντα im Sg. und bieten damit die ältere Lesart (vgl. Einzelanalyse zu V. 6c). Die anderen Hsn. passen an die hebräische Verbform an. Der Kodex Vaticanus ergänzt außerdem das Präfix εμ. Das Wort ist sowohl mit als auch ohne Präfix sehr geläufig, auch als Wiedergabe für ‫שׂבע‬.955 Ein Grund für eine spätere Ergänzung oder Streichung des Präfixes ist nicht erkennbar. Aufgrund der geringen Bezeugung ist hier gegen die Lesart des Kodex Vaticanus zu entscheiden. V. 28i: Ra: χρηστοτητος] πιοτητος A’(non 1219) et Psalt. Rom.: ex 6412 BHS: > S Der Kodex Alexandrinus und die ihm nahestehende Hs. 55, sowie das Psalterium Romanum bezeugen πιότητος „Fettigkeit; Fett“956, das in der Septuaginta auch häufig in der Bedeutung „Überfluss“ verwendet wird (vgl. z. B. den Gebrauch von πιότητος in der Genesis957) für hebr. ‫ טוֹב‬anstelle von χρηστότητος. χρηστότητος ist eine geläufige Wiedergabe für ‫ טוֹב‬+ Deri-

955

956 957

εμπίμπλημι ist im AT 147 mal und in den Psalmen 10 mal bezeugt. Als Wiedergabe für ‫( שׂבע‬Qal) ist es insgesamt 14 mal bezeugt., vgl. Muraoka, Two-way Index, 2010, 40. πίμπλημι ist im AT 117 mal und in den Psalmen 11 mal bezeugt. Als Wiedergabe für ‫( שׂבע‬Qal) wird es an 25 Stellen verwendet, vgl. Muraoka, Two-way Index, 2010, 96. Vgl. Pape, Handwörterbuch, Bd. 2, 1914, πιότης. Vgl. Muraoka, Lexicon, 2009, πιότης.

310

7 Psalm 104 (103)

vate958 und der handschriftliche Befund spricht stark dafür, dass es sich um die ursprüngliche Lesart handelt. πιότητος ist dagegen an keiner weiteren Stelle als Wiedergabe für ‫טוֹב‬ verwendet.959 Im Zshg. mit πλησθήσονται kommt πιότητος in LXX Ps 64,12 vor, dort jedoch als Wiedergabe des hebr. Wortes ‫„ דֶּ שֶׁן‬Fett“. Es ist die Rede vom Jahr der Güte Gottes, in dem Gottes Spuren von Fett triefen, was für nichts anderes steht als für Fruchtbarkeit und Überfluss (vgl. LXX Ps 64,10– 14). Es lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, was die Editoren bewegte, χρηστότητος mit πιότητος auszutauschen, aber möglicherweise hatten sie, wie Rahlfs in seinem Apparat vorschlägt, LXX Ps 64 vor Augen, in dem, wie in dem hier vorliegenden Abschnitt, Gottes segnendes Handeln in der Natur mit πλησθήσονται πιότητος umschrieben wird. Vers 29: ®ӾӴӳӶӸӵԝӼӤӱӸӳӷӧԝӶӳӹӸՍӴӵՌӶӽӴӳӱ ¯ӸӤӵӤӻӫԧӶӳӱӸӤӬ®ӾӱӸӤӱӨӮӨՃӷӸՍ ӴӱӨ՝ӰӤӤՐӸժӱ°ӭӤՂ±ԗӭӮӨՁӼӳӹӶӬӱӭӤՂӨԶӷӸՍӱӻӳ՝ӱӤՐӸժӱԗӴӬӶӸӵԝӼӳӹӶӬӱ² Wendest du aber (dein) Angesicht ab, werden sie erschrecken. Du wirst ihren Geist hinwegnehmen, und sie werden dahinschwinden, und zu ihrem Staub zurückkehren. A B S (L) 1219 2110 11QPsa MT ®  ࡾ࡫ࢯ࣊ ࣚ ࡶࣖ ࢯࣝ ¯   ࣓࢙࡫ ࣜࡵࢥࣞ ®   ࡴ࢏࡯࣊ ࡥ࣐ࣛ ࢇࣤࣞ ࣚ࡫  ࡹࡶ࣠ࣈ ࣛ ࢯ °   ࡱࡩ࢏ ࣞ ࡾ࣒ ±   ࡴ࢏ࡸࢶ ࣞࡧ ࣖࡢ ࣚ࡫ ࡱࡾ࣊ ࣞ ࡺࣞ ࡸࣥ࡯ ࣘ ࡟ࣜ ࡧࣤ ࣖ ² ࣤ ࣖ࡫  ॱ ࡴ࢏ࡡ࢏ࢪ

B ® ӾӴӳӶӸӵԝӼӤӱӸӳӷӧԝӶӳӹ ¯ ӸՍӴӵՌӶӽӴӳӱ  ® ӸӤӵӤӻӫԧӶӳӱӸӤӬ  ӾӱӸӤӱӨӮӨՃӷ ° ӸՍӴӱӨ՝ӰӤӤՐӸժӱ  ± ӭӤՂ ԗӭӮӨՁӼӳӹӶӬӱ ӭӤՂӨԶӷӸՍӱӻӳ՝ӱӤՐӸժӱ ² ԗӴӬӶӸӵԝӼӳӹӶӬӱ

A ® ӾӴӳӶӸӵԝӼӤӱӸӳӷӧԝӶӳӹ ¯ ӸՍӴӵՌӶӽӴӳӱ ® ӸӤӵӤӻӫԧӶӳӱӸӤӬ  ӾӱӸӤӱӨӮӨՃӷ ° ӸՍӴӱӨ՝ӰӤӤՐӸժӱ  ± ӭӤՂ ԗӭӮӨՁӼӳӹӶӬӱ ӭӤՂӨԶӷӸՍӱӻӳ՝ӱӤՐӸժӱ ² ԗӴӬӶӸӵԝӼӳӹӶӬӱ 

Ant ® ӾӴӳӶӸӵԝӼӤӱӸӳӷӧԝӶӳӹ ¯ ӸՍӴӵՌӶӽӴӳӱ ® ӸӤӵӤӻӫԧӶӳӱӸӤӬ  ӾӱӸӤӱӨӮӨՃӷ ° ӸՍӴӱӨ՝ӰӤӤՐӸժӱ  ± ӭӤՂ ԗӭӮӨՁӼӳӹӶӬӱ ӭӤՂӨԶӷӸՍӱӻӳ՝ӱӤՐӸժӱ ² ԗӴӬӶӸӵԝӼӳӹӶӬӱ

11QPsa:ࡧࡡࡧࢀ࡫ࡱࡾࡺࡷ࡯࡟ࡧϷࡧࡷࡧࡢ࡫ࡧࡥ࡭ࡩࡧࡾࡹࡶࡧࢁ P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӤӴӳӶӸӵӨӼϓӤӱӸӳӷ ӧӨ Ӷӳӹ Ӹӳ ӴӵӳӶӽӴӳϓЋӱ ӸӤ  Ϸ ӵӤӻӫӪӶӳӱӸӤЋӬЌӤӱӸӤӱӨӮӨӬӷӸӳ݊݅ܲ ӤӹЋӸӽӱ  ϷӭӤϓ ӬӨӭӮӬӼӳӹЋӶӬЌӱϖӭӤӬӨӬӷӸϓӳӱӻӳӹӱ ӤӹЋӸӽӱϷӤӴӳӶӸӵӨӼӳӹЋӶЌӬϓӱ V. 29a: BHS: > Q, pc Mss ´ ‫פ תסתר´י‬ DJD XXIII (11QPsa): >] ‫ תסתיר פניך יבהלון‬MG Der erste Satz ‫ י ִ ָבּהֵלוּן ָפּנֶי תַּ סְתִּיר‬ist in der für diese Stelle einzigen von Qumran erhaltenen Hs. 11QPsa nicht bezeugt. Der LXX lag aber offensichtlich der MT vor. Weitere Zeugnisse aus Qumran wären hilfreich. Vermutlich ist die Auslassung jedoch sekundär und womöglich durch das vesehentliche Überlesen der Zeile aufgrund der gleichen Anfangsbuchstaben von ‫תַּ סְתִּיר‬ und ‫ תֹּסֵף‬bedingt. 958 959

Vgl. Muraoka, Two-way Index, 2010, 128. Vgl. Muraoka, Two-way Index, 2010, 96.

7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103

311

Einige mittelalterliche Hsn. bezeugen ‫ תסתר‬anstelle von ‫תסתיר‬. Es handelt sich wahrscheinlich um eine versehentliche Auslassung des Jotas.960 V. 29b: Ra: το προσωπον faciem LaG Ga] + tuam LaRAug = M Die altlatein. Hs. LaR und Augustin ergänzen hinter faciem das Possessivpronomen tuam (so auch in V. 28f-f LaR Aug und Ga). Das Possessivpronomen ist hier inhaltlich notwendig „Wendest du aber dein Angesicht ab“. Die Septuaginta hat es womöglich aufgrund des vorangehenden Personalpronomens aus stilistischen Gründen gestrichen, wie auch in V. 28 (vgl. Einzelanalyse zu V. 28f-f). V. 29c: BHS: Q ‫רוחכה‬ DJD XXIII (11QPsa): ‫ רוחם ]רוחכה‬MG 11QPsa bezeugt ‫רוחכה‬, ein 2. Sg. m. Suffix in Pleneschreibung (vgl. z. B. auch ‫ אליכה‬in V. 27 in 11QPsa), anstelle des 3. Pl. m. Suffixes. Demnach wäre es nicht mehr ihr Geist, sondern sein eigener Geist, den Gott den Tieren wegnimmt. Ist hier womöglich eine alte Lesart enthalten, die später gestrichen wurde, da es anstößig erschien, von Gottes Geist in den Tieren zu sprechen? In jedem Fall handelt es sich um eine interessante Variante. V. 29d: DJD XXIII (11QPsa): ‫וינועו‬G] ‫ ינועון‬M Qumran liest ebenfalls die abweichend vom MT in der Septuaginta bezeugte Kopula vor ‫יִגְוָעוּן‬. Wahrscheinlich ist das Waw später versehentlich weggefallen. V. 29e: Kasser/Testuz (Ra 2110): αποστρεψου[σ]ιν : επιστρεψουσιν P. Bodmer XXIV bezeugt ἀποστρέψουσιν anstelle von ἐπιστρέψουσιν (vgl. Einzelanalyse zu V. 9d). Aufgrund der geringen Bezeugung scheint P. Bodmer XXIV einen sekundären Text zu bieten. Vers 30: ԗӲӤӴӳӶӸӨӮӨՃӷ® ӸՍ ӴӱӨ՝ӰԆ Ӷӳӹ ӭӤՂ¯ ӭӸӬӶӫԧӶӳӱӸӤӬ ӭӤՂ ӾӱӤӭӤӬӱӬӨՃӷ ӸՍ ӴӵՌӶӽӴӳӱӸԩӷӦԩӷ Du wirst deinen Geist aussenden, und sie werden erschaffen werden, und du wirst das Angesicht der Erde erneuern. A B S (L) 1219 2110 11QPsa MT ®   ࡩࣈ࢜ࣝ ࢪࣝ ࢯࣖ  ࢙ࡩ࢏ ࣘ ࡾ࣒ ¯   ࡴ࢏࡟ࢶ ࡾࣛ ࢇࣚ࡫ ࣞ 960

B ® ԗӲӤӴӳӶӸӨӮӨՃӷ  ӸՍӴӱӨ՝ӰԆӶӳӹ ¯ ӭӤՂ ӭӸӬӶӫԧӶӳӱӸӤӬ

A ® ԗӲӤӴӳӶӸӨӮӨՃӷ  ӸՍӴӱӨ՝ӰԆӶӳӹ ¯ ӭӤՂ ӭӸӬӶӫԧӶӳӱӸӤӬ

Ant ® ԗӲӤӴӳӶӸӨӮӨՃӷ  ӸՍӴӱӨ՝ӰԆӶӳӹ ¯ ӭӤՂ ӭӸӬӶӫԧӶӳӱӸӤӬ

Eine Niph’al-Form zu lesen (2. Sg. m. oder 3. Sg. f.) ergibt vom Kontext her keinen Sinn. Qal-, Piel und Pual-Formen sind selten bzw. gar nicht für ‫ סתר‬bezeugt (vgl. Gesenius, 2013, s. v.), von daher scheint eine versehentliche Auslassung des Jota wahrscheinlicher.

312  ࢪࢋࢽ ࣛ ࡩࣝ ࢁࣖ ࣂ࢏  ॱࡥࡳࣤ ࣞ ࡣࣞ ࡟࡫ࣈ ࣘ ࡵࣛ ࢥࣖ

7 Psalm 104 (103) ӭӤՂӾӱӤӭӤӬӱӬӨՃӷ ӭӤՂӾӱӤӭӨӱӬӨՃӷ ӭӤՂӾӱӤӭӤӬӱӬӨՃӷ ӸՍӴӵՌӶӽӴӳӱӸԩӷӦԩӷ ӸՍӴӵՌӶӽӴӳӱӸԩӷӦԩӷ ӸՍӴӵՌӶӽӴӳӱӸԩӷӦԩӷ

11QPsa:ࡥࡳࡣ࡟Ϸ࡫ࡵࡺࢀࡣࡩࢁࡧࡴࡧ࡟ࡾࡡ࡫ࡧࡥ࡭ࡩࡧ ࣣ ࡾࡩ࡯ࢀࢁ P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӨӲӤӴӳӶϗ Ӹϗ ӨӮӨӬӷ Ӹӳӱϗ  Ӵӱϗ  ЋӤ Ӷӳӹ  ϷӭӤӬ ӭӸӬӶӫӪЋӶЌ ӳϗ ӱӸӤӬϖӭϗ ӤӬӤӱӤӭӤӬӱӬӨӬϗ ЋӷӸӳϷӴӵӳӶӽӴϗ ӳӱϗ Ӹϗ ӪӷӦӪӷ

V. 30a: Ra: εξαποστελεις emittes UulgAug] emitte La Ga: exciditne s ante spiritus? Die altlateinischen Hsn. und das Psalterium Gallicanum bezeugen emitte anstelle von emittes. Die Variante ist wahrscheinlich durch eine Haplographie entstanden (vgl. Ra-Apparat). V. 30b: BHS: QGS pr cop` DJD XXIII (11QPsa): ‫ ויבראון‬G] ‫ יבראון‬M Die LXX und die Peschitta lesen gegen den MT eine Kopula vor ‫יִבּ ֵָראוּן‬. Ihre Lesart ist auch in 11QPsa bezeugt und stellt wahrscheinlich die ursprüngliche hebräische Lesart dar. Vers 31: ®ԠӸӽԣӧՌӲӤ ¯ӭӹӵՁӳӹӨԶӷ °Ӹӳ՜ӷӤԶժӱӤӷ° ±ӨՐӺӵӤӱӫԧӶӨӸӤӬӭ՛ӵӬӳӷԗӴՂ² ӸӳՃӷԘӵӦӳӬӷӤՐӸӳ՝ Die Herrlichkeit des Herrn sei bis in Ewigkeit, der Herr wird sich freuen über seine Werke, A B S (L) 1219 2110 11QPsa MT ®  ࡣ࢐ࡡࣈ ࡭ࣖ  ࡫ࡥࣉ ࣚ ࣖ࡫ ° ¯ ࣞ ࣖ࡫  ࡱࢶ࡯࢐ࡷ ࣞ ࡯ࣖ  ࡥࣈࡧࡥ ±  ࡥࣈࡧࡥ ࣞ ࣖ࡫ ࡩࡳࢼ ࣝ ࢫࣖ ࣚ࡫  ॱࡧ࡫ࢫࣤ ࣞ ࡸࣘ ࡳࣝ ࢇࣖ

B ® ¯ ԠӸӽԣӧՌӲӤ  ° ° ӭӹӵՁӳӹӨԶӷ ӸՍӱӤԶժӱӤ  ± ӨՐӺӵӤӱӫԧӶӨӸӤӬӭ՛ӵӬӳӷ ² ԗӴՂ ӸӳՃӷԘӵӦӳӬӷӤՐӸӳ՝

A ® ¯ ԠӸӽԣӧՌӲӤ ° ° ӭӹӵՁӳӹӨԶӷ Ӹӳ՜ӷӤԶժӱӤӷ  ± ӨՐӺӵӤӱӫԧӶӨӸӤӬӭ՛ӵӬӳӷ ² ԗӴՂ ӸӳՃӷԘӵӦӳӬӷӤՐӸӳ՝

Ant ® ¯ ԠӸӽԣӧՌӲӤ  ° ° ӭӹӵՁӳӹӨԶӷ Ӹӳ՜ӷӤԶժӱӤӷ  ± ӨՐӺӵӤӱӫԧӶӨӸӤӬӭ՛ӵӬӳӷ ² ԗӴՂ ӸӳՃӷԘӵӦӳӬӷӤՐӸӳ՝

11QPsa: ࡧ࡫ࢀࡷࡳࡡ ࡩࡳࢀ࡫ࡱ࡯ࡧࡷ࡯ ࡣࡧࡡ࡭࡫ࡥ࡫ࡧ P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӪӸӽ Ӫ ӧӳӲӤ ӸЋӳӹ ݀‫  ݓ‬ϷӨЌӬϓЋӷЌ ӸϓЋӳӱ ӤӬӽӱЌӤϓ  ϖ ӨӹӺӵӤӱӫӹӶӨӸӤӬ݀‫ݐ‬ЋӨӴӬӸӳӬӷϷӨӵӦӳӬӷӤӹЌӸӳӹϖ

V. 31a: BHS: Q pr cop DJD XXIII (11QPsa): ‫ יהי ]ויהי‬MG 11QPsa liest eine Kopula am Anfang des Verses. Im MT und der LXX ist sie nicht bezeugt. Der Kontext erfordert hier die Jussivform ‫ יְהִי‬parallel zu ‫י ִשְׂ מַח‬. Wahrscheinlich handelt es sich bei 11QPsa um eine sekundäre Lesart. V. 31b: Kasser/Testuz (Ra 2110): τ[ου κυ : κυριου P. Bodmer XXIV gibt ‫ י ְהוָה‬mit κυρίου + Artikel wieder. Die Schreibweise mit Artikel ist eigentlich Zeichen einer freieren Übersetzungsweise, während bei ausgangssprachlich orientierten Texten der Gottesname meist

7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103

313

ohne Artikel wiedergegeben wird.961 Umso verwunderlicher ist, dass hier gerade P. Bodmer XXIV als einzige Hs. den Artikel bezeugt, der sonst eher eine stark hebraisierte Textform überliefert. Aufgrund der geringen Bezeugung scheint es sich um eine nachträgliche Ergänzung zu halten, die vermutlich schon vor P. Bodmer XXIV in die griechische Überlieferung hineingekommen ist. Dass in 11QPsa das Tetragramm in althebräischer Schrift steht, ist eine Eigenart dieser Handschrift.962 V. 31c-c: Ra: τον αιωνα B´ R´Aug Ga 1219’ = M] τους –νας L´’ A, saeculum saeculi LaG et alii Latini Die antiochenischen Hsn. und der Kodex Alexandrinus gestützt von der altlatein. Hs. LaG bezeugen die Pl. Form εἰς τοὺς αἰῶνας. Während im AT sowohl die Pl. als auch die Sg.-Form geläufig ist, hat sich in den Psalmen eindeutig die Sg.-Form durchgesetzt (s. u. Tabelle). Der Vaticanus und die ihn stützenden Hsn. (auch P. Bodmer XXIV) bezeugen hier wahrscheinlich eine spätere vereinheitlichende Anpassung an die im AT geläufigere Form. Belege εἰς τοὺς αἰῶνας εἰς τὸν αἰῶνα

LXX insgesamt 144 322

Psalmen 5 130

V. 31d: Ra: 2] pr. et Sy Die syrische Übersetzung des Paul von Tella bezeugt eine Kopula vor εὐφρανθήσεται die weder in hebräischen noch in griechischen Hsn. bezeugt ist. Vom Hebr. her lässt sich die Kopula leicht als Lesefehler (z. B. als Pf. cons. ‫ )ושמח‬erklären. Es handelt sich aufgrund der geringen Bezeugung sicherlich um eine sekundäre Lesart. V. 31e: Ra: επι] εν R = in La Ga: cf. 6311 Die latein. Hsn. bezeugen die Präposition „in“ für griech. ἐν anstelle von ἐπὶ. Auch die griech. Spalte der Diglotte R bezeugt ἐν. Möglicherweise wurde hier an die latein. Spalte oder an das hebräische ‫ ְבּ‬angepasst. Vers 32: ՉԗӴӬӥӮԝӴӽӱ®ԗӴՂӸԨӱӦԩӱ®ӭӤՂӴӳӬժӱӤՐӸԨӱӸӵԝӰӨӬӱՉԂӴӸՌӰӨӱӳӷӸժӱ¯ ՆӵԝӽӱӭӤՂӭӤӴӱՁөӳӱӸӤӬ der auf die Erde blickt und bewirkt, dass sie zittert,963 der die Berge anrührt, und sie rauchen. 961

962

Vgl. BDR, §254.1: „die freieren Übersetzer des AT und des NT ziehen gemäß griechischem Sprachgebrauch den Artikel überall vor κύριος“. Im Psalter ist der Gebrauch ohne Artikel geläufiger, vgl Wevers, Tetragram, 2001, 25: „Of some 695 occurences of ‫יהוה‬, 510 are rendered by unarticulated κύριος.“ Vgl. auch Pietersma, Empire Re-Affirmed, 2004, 52. Siehe dazu Lange, Handbuch, 2009, 398.

314

7 Psalm 104 (103)

A B S (L) 1219 2110 11QPsa MT  ࡪ࡫ࢇࣈ ࣚ ࢡࣝ ࡥࣝ ® ®  ࡻࡾࣜ ࡟ࣞ ࡯࣒ ࣞ   ࡣࡸࢶ ࣞ ࡾࣖ ࢯࣚ ࣝࡧ  ࡷࢼࢉࣝ ࣚ࡫ ¯  ࡱ࡫ࡾࣈ ࣚ ࡥࣞ ࢇࣜ  ॱ࢏ࡵࢪࣤ ࣞ ࡸࣜ࡫સ ࣗ ࡧࣤ ࣖ

B ՉԗӴӬӥӮԝӴӽӱ ® ® ԗӴՂӸԨӱӦԩӱ  ӭӤՂӴӳӬժӱӤՐӸԨӱӸӵԝӰӨӬӱ ՉԂӴӸՌӰӨӱӳӷ ¯ Ӹժӱ Նӵԝӽӱ ӭӤՂӭӤӴӱՁөӳӱӸӤӬ

A ՉԗӴӬӥӮԝӴӽӱ ® ® ԗӴՂӸԨӱӦԩӱ  ӭӤՂӴӳӬժӱӤՐӸԨӱӸӵԝӰӨӬӱ ՉԂӴӸՌӰӨӱӳӷ ¯ Ӹժӱ ՆӵӤ֏ӽӱ ӭӤՂӭӤӴӱՁөӳӱӸӤӬ

Ant ՉԗӴӬӥӮԝӴӽӱ ® ® ԗӴՂӸԨӱӦԩӱ  ӭӤՂӴӳӬժӱӤՐӸԨӱӸӵԝӰӨӬӱ ՉԂӴӸՌӰӨӱӳӷ ¯ Ӹժӱ Նӵԝӽӱ ӭӤՂӭӤӴӱՁөӳӱӸӤӬ

11QPsa:ࡧࡵࢀࡷ࡫ࡧࡱ࡫ࡾࡥࡡࡷࡢ࡫ࡣࡷࡾࢁࡧࡻࡾ࡟ࡥ࡯࡟ࡪ࡫ࡡࢽ ЋࡳࡥЌ P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӳ ӨӴӬӥϓ ӮϓЋӨЌӴӽӱϓ ЋӨӴӬ  ϷӸӪӱЌ ӦӪӱ ϖ ӭЋӤӬЌ ӴӳӬϓЋӽӱ ӤӹӸӪӱӸӵӨӰӨӬӱЋӳЌӤϓ ӴϓӸϓӳϓӰӨӱӳӷӳӵӨӽӱӭӤӬӭӤӴӱӬөӳӱӸӤӬϖ V. 32a-a: BHS: Q ‫אל הארץ‬ DJD XXIII (11QPsa): ‫ לארץ ]אל הארץ‬M ֶ ‫ל‬. ‫( נבט‬Hi) ist zwar soDie Hs. 11QPsa bezeugt ‫ אל הארץ‬anstelle von ‫ָאָרץ‬ wohl mit ‫ אֶ ל‬als auch mit ‫ ְל‬bezeugt, steht laut Gesenius jedoch besonders häufig mit ‫אֶ ל‬.964 Z. B. ist in Ps 102,20 ‫( נבט‬Hi) + ‫ אֶ ל‬bezeugt.965 Möglicherweise wurde 11QPsa von dort her bzw. vom allgemeinen Gebrauch beeinflusst. MT scheint als die weniger geläufige Lesart die ursprüngliche zu sein. V. 32b: Kasser/Testuz (Ra 2110): ορεων : των ορεων P. Bodmer XXIV bezeugt vor ὀρέων keinen Artikel. Bei dem dazu parallel formulierten τὴν γῆν scheint er jedoch den Artikel zu haben. Der MT kann vom Konsonantenbestand her an beiden Stellen sowohl mit als auch ohne Artikel gelesen werden. Womöglich handelt es sich um eine versehentliche Auslassung beim P. Bodmer XXIV. Die geringe Bezeugung der Variante spricht zumindest dafür, dass die Lesart sekundär ist. Vers 33: ԍӶӽӸնӭӹӵՁի®ԗӱӸԵөӽԵӰӳӹӼӤӮժӸնӫӨն®ӰӳӹԛӽӷՔӴԆӵӻӽ¯ Ich will dem Herrn singen in meinem Leben, ich will meinem Gott spielen, solange ich bin. A B S (L) 1219 2110 4QPsd 11QPsa

MT  ࡥࣈࡧࡥ࡫ ࣞ ࡯ࡥ ࣝ ࡾ࡫ࣞ ࢪࣈ ࣚ ࡟ࣞ  ࡫ࢶ࢕ࣞ ࡩࣝ ࢇࣖ ®  ࡫ࡥ࢝࡟ ࣈ ࣝ ࡯ࡥ ࣛ ࡾࢼ ࣞ ࢡࣖ ࣝࡨ࡟ࣘ ¯  ॱ ࡫ࡣ࢐ࡷ ࣤ ࣚ ࢇࣖ 963

964 965

B ® ԍӶӽӸնӭӹӵՁի ԗӱӸԵөӽԵӰӳӹ ® ӼӤӮժӸնӫӨն Ӱӳӹ ¯ ԛӽӷՔӴԆӵӻӽ

A ® ԍӶӽӸնӭӹӵՁի ԗӱӸԵөӽԵӰӳӹ ® ® ӼӤӮժӸնӫիࠃ࠯ Ӱӳӹ  ¯ ԛӽӷՔӴԆӵӻӽ 

Ant ® ԍӶӽӸնӭӹӵՁի  ԗӱӸԵөӽԵӰӳӹ ® ӼӤӮժӸնӫӨն Ӱӳӹ ¯ ԛӽӷՔӴԆӵӻӽ

Die Septuaginta gibt den 3. Sg. ‫„ וַתִּ ְר ָ ֑עד‬sie (die Erde) bebt“ stilistisch frei mit καὶ ποιῶν αὐτὴν τρέμειν „der bewirkt, dass sie zittert“ wieder. „LXX bleibt bei demselben Subjekt und bei der Partizipialaussage; auch in V 32b ist die finite Verbform mit einem Partizip übersetzt“, Hossfeld/ Zenger, Psalmen 101–150, HThKAT, 2008, 90. Vgl. Gesenius, 2013, s. v. Ps 102,20: ‫( אֶל־ ֶ֬א ֶרץ הִבִּ ֽיט‬Griech.: ἐπὶ τὴν γῆν ἐπέβλεψεν)

7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103

315

ࣕ ࡫ࡥ࡯࡟࡯Ќࡥࡾࡳࡨ࡟Ϸ ࣕ࡫ ࣕ࡫ࡩࡡࣕ Ћࡥࡧࡥ࡫࡯ЌࢽࡥࡾЋ࡫Ќࣕ ࣕ ࢀ࡟ ࣕ 4QPsd:࡫ࡣࡷࡡЋ ࢽ ࡟࡫࡫ࡩࡡࡥࡧЋࡥ࡫࡯Ќࡥࡾ࡫ࢀ࡟ ࢽ 11QPsa:࡫ࡣࡧࡷࡡ࡫ࡥࡧ࡯࡟࡯î°ࡥࡾࡳࡨ P. Bodmer XXIV (Ra 2110):ӤӶӽӸϓӽӭӽӨӱӸӪөӽӪӰӳӹϖӼӤӮӽӸӽӫӽӰӳӹӨӽӷ ӨӬӰӬϖ V. 33a.a: Ra: τω κυριω et τω θεω μου] bis domino meo LaG Die LXX bezeugt τῷ κυρίῳ für ‫ַיהו֣ה‬ ָ ‫ ל‬und τῷ θεῷ μου für ‫( לֵא ַ ֣הי‬so auch Vulg). Die altlatein. Hs. LaG gibt beides mit domino meo wieder. Genau dasselbe Phänomen findet sich in dem fast exakt gleich lautenden Satz in LXX Ps 145,2. Auch hier gibt LaG abweichend von LXX und Vulg an beiden Stellen mit domino wieder. Da θεός auch in LaG normalerweise mit deo wiedergegeben wird, ist der Grund der Vereinheitlichung an dieser Stelle unklar. Womöglich handelt es sich aber um die ursprüngliche lateinische Übersetzung und die anderen Hs. passen ans Griech. oder Hebr. an. V. 33b: Kasser/Testuz (Ra 2110): ειμι : υπαρχω Die LXX gibt die Hebräische Wendung ‫( בְּעוֹדִי‬wörtlich: „in meiner Dauer“) nicht wörtlich, aber inhaltlich angemessen mit ἕως ὑπάρχω „solange ich bin“ wieder. P. Bodmer XXIV bezeugt εἰμι anstelle von ὑπάρχω. Die Wendung ‫בְּעוֹדִי‬ kommt nur an einer weiteren Stelle im AT vor und zwar in dem identisch lautenden Satz in LXX Ps 145,2. Auch hier wird er von allen griech. Hsn. mit ἕως ὑπάρχω wiedergegeben (P. Bodmer XXIV ist für LXX Ps 145,2 nicht vorhanden). Aufgrund der geringen Bezeugung scheint es sich bei der Lesart des P. Bodmer XXIV um eine sekundäre Lesart zu handeln. Ein Grund für die Änderung lässt sich nicht eindeutig erschließen. Vers 34:Möge ihm meine Rede gefallen. Ich aber will mich freuen über den Herrn. ԣӧӹӱӫӨՁӪӤՐӸն®ԣӧӬӤӮӳӦԧӰӳӹ¯ԗӦթӧԞӨՐӺӵӤӱӫԧӶӳӰӤӬԗӴՂӸնӭӹӵՁի¯ A B S (L) 1219 2110 4QPsd 11QPsa MT ®   ࡧ࡫࡯ࣈࣞ ࡸࡡ ࣞ ࡾࣈ ࣝ ࡸࣜ࡫ ࣗ ࢶ ࣚ ࢫࣚ  ࡫ࡩ࡫ ¯ ࡩࡳ࣊ ࣝ ࢫࣖ ࡟࡫ ࣜ ࡭࣠ࣚࢽ ࡵ࡟ࣂࣞ ¯ ࣤ ࣞ ࢇࣝ  ॱ ࡥࡧࡥ࡫

B ® ԣӧӹӱӫӨՁӪӤՐӸն  ԣӧӬӤӮӳӦԧӰӳӹ ¯ ԗӦթӧԞӨՐӺӵӤӱӫԧӶӳӰӤӬ ¯ ԗӴՂӸնӭӹӵՁի

A ® ԣӧӹӱӫӨՁӪӤՐӸն  ԣӧӬӤӮӳӦԧӰӳӹ ¯ ԗӦթӧԞӨՐӺӵӤӱӫԧӶӳӰӤӬ ¯ ԗӴՂӸնӭӹӵՁի 

Ant ® ԣӧӹӱӫӨՁӪӤՐӸն  ԣӧӬӤӮӳӦԧӰӳӹ ¯ ԗӦթӧԞӨՐӺӵӤӱӫԧӶӳӰӤӬ ¯ ԗӴՂӸնӭӹӵՁի

4QPsd:࡫ࡩ࡫ࢀЋ ࣕ ࡧ࡫࡯ࡷЌࡡࡾࡷ࡫ Ћࡡࡩࡳࢀ࡟࡫࡭ࡧࡵ࡟ЌϷ࡫ࡩ࡫ࢀࡧ࡫࡯ࡷࡡࡾࡷ࡫ 11QPsa: P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӪӧӹӱӫӨӬӪ ӤӹӸӽ Ӫ ӧӬӤӮӳӦӪ Ӱӳӹ ϖ ӨӦӽ ӧӨ ӨӹӺӵӤӱӫӪӶӳӰӤӬӨӴӬӸӽӭӽϖ V. 34a: Ra: αυτω] deo Sy Die syrische Übersetzung des Paul von Tella (syrohexapla) bezeugt deo anstelle von αὐτῷ. Es handelt sich wohl um eine Explikation, die an den

316

7 Psalm 104 (103)

vorangehenden Vers anknüpft und zugleich zu einer ähnlichen Paralle von τῷ θεῷ und τῷ κυρίῳ führt. Diese Explikation könnte auf einen hebr. Bezugstext zurückgehen. V. 34b: DJD XVI (4QPsd): v 34a] + ‫(אנכי אשמח ביהוה‬34b) 11QPsa (‫)בי[הוה‬ MG In 4QPsa ist nur der erste Stichus bezeugt. Dagegen scheint 11QPsa den zweiten Stichus zu bezeugen (erhalten sind jedoch nur die letzten Buchstaben von ‫)ביהוה‬. Gründe für eine spätere Auslassung sind nicht ersichtlich. Ursprünglich ist die Kurzfassung jedoch auch nicht, da wie in den Versen 30–34 ein Zweizeiler (im 3+3 Metrum) zu erwarten ist.966 Vermutlich wurde in 4QPsa die zweite Zeile versehentlich ausgelassen. Vers 35: Die Sünder mögen von der Erde verschwinden und die Gesetzlosen, sodass sie nicht mehr sind. Lobe, meine Seele, den Herrn. ® ԗԗӭӮՁӴӳӬӨӱ¯ӳԺ°ԂӰӤӵӸӽӮӳՂ±ӾӴՍӸԩӷӦԩӷ±ӭӤՂӿӱӳӰӳӬեӶӸӨӰԨՔӴԆӵӻӨӬӱӤՐӸӳ՛ӷ² ӨՐӮՌӦӨӬԣӼӹӻԧӰӳӹӸՍӱӭ՛ӵӬӳӱ³ A B S (L) 1219 2110 4QPsd 11QPsa MT ® ࢏ࢡࢯࣚ࡫ ࣉࣝ   ° ࣧ ࡱ࡫࡟ࣚࢿ ࢔ࣞ ࡩࣝ  ± ±  ࡻࡾࣜ ࡟ࣇࣞ ࡥࣥࡴ ࣞ ࡳࣚ ࡣ࢐ࡸࣧࡱ࡫ ࣉ ࡸࣉ ࣚ ࢪࣞ ࡾ࢏ࣖ ²   ࡱࡵ࡫ࣞࢽ ࡟ࣛ  ࡫ࢪࣚ ࡺࣖ ࡵ࡫ ࣒ ࣝ ࡭ࣈ ࣚ ࡾࣘ ࢇࣞ  ࡥࡧࡥࣖ࡫ࣥࢁ ࢽࣞ ࡟ࣜ ³ ³  ॱ ࢍࣤ࡫ࣥ࢏࡯ ࣞ ࡯ࣖ ࡥࣤ ࣝ ¯

B ® ¯ ԗӭӮՁӴӳӬӶӤӱ  ° ԂӰӤӵӸӽӮӳՂ ± ± ӾӴՍӸԩӷӦԩӷ  ӭӤՂӿӱӳӰӳӬեӶӸӨӰԨ ² ՔӴԆӵӻӨӬӱӤՐӸӳ՛ӷ  ӨՐӮՌӦӨӬԣӼӹӻԧӰӳӹ ӸՍӱӭ՛ӵӬӳӱ ³ 

A ® ¯ ԗӭӮӨՁӴӳӬӶӤӱ  ° ԂӰӤӵӸӽӮӳՂ ± ± ӾӴՍӸԩӷӦԩӷ  ӭӤՂӿӱӳӰӳӬեӶӸӨӰԨ ² ՔӴԆӵӻӬӱӤՐӸӳ՛ӷ  ӨՐӮՌӦӨӬԣӼӹӻԧӰӳӹ ӸՍӱӭ՛ӵӬӳӱ ³ 

Ant ® ¯ ԗӭӮՁӴӳӬӨӱ  ° ԂӰӤӵӸӽӮӳՂ ± ± ӾӴՍӸԩӷӦԩӷ  ӭӤՂӿӱӳӰӳӬեӶӸӨӰԨ ² ՔӴԆӵӻӨӬӱӤՐӸӳ՛ӷ  ӨՐӮՌӦӨӬԣӼӹӻԧӰӳӹ ӸՍӱӭ՛ӵӬӳӱ ³ 

4QPsd:Ћࡱࡵ࡫࡟ࡣࡧࡷࡱ࡫ЌࡷࢀࡾࡧϷЋࡻЌࡴࡳࡱ ࣕ ࡾ࡟ࡥЋ࡫࡟ࡪࡩࡧࡳЌ ࣕ ࢁ࡫࡫࡭ ࢁ࡟࡫ ࢽ ࢀࡺࡵ ࢽ ࢽ࡫࡭ࢽ ࡣࢽ Ћࡡî°Ϣࡱࡵ࡫࡟ࡣࡧࡷࡱ࡫ࡷࢀࡾࡧЌࡧࡳࢁ࡫ࡾࢀ࡟࡭ 11QPsa: ࡥ࡫ࡧ࡯࡯ࡥ Ϸࡻࡾ࡟ࡳࡱ࡫࡟ࡪࡧࡩ P. Bodmer XXIV (Ra 2110): ӨӭӮӬӴӳӬӶӤӱϓ ӳӬ ӤӰӤӵӸӽӮӳϓӬ ӤӴӳ ӸӪӷ ӦӪӷ ϖ ӭӤӬ ӤӱӳӰӳӬӽӶӸӨӰӪ֔ӴӤӵϓӻӨӬӱӤӹӸӳӹӷϖӨӹӮӳӦӨӬӪӼӹӻӪӰӳӹӸӳЋӱӭӱЄ

V. 35a: BHS: Q pr ‫כאשׁר‬ DJD XVI (4QPsd): [‫ כאשר יתמו ]ית כי]מו‬11QPsa ; ‫ יתמו‬MG DJD XXIII (11QPsa): ‫ > ]כאשר‬M 11QPsa bezeugt am Anfang des Verses die Konjunktion ‫כאשר‬, hier wahrscheinlich in der Bed. „Wenn“ oder „Weil“ (die Sünder verschwinden werden). 4QPsd bezeugt die Konjunktion ‫„ כי‬Gewiss“ oder ebf. „Weil“. Als 966

Vgl. Kraus, Psalmen 60–150, 1978, 879. In V. 35 ist das Metrum 3+3+3 bezeugt. Die ersten beiden Zeilen „Die Sünder sollen verschwinden von der Erde und die Gottlosen nicht mehr sein.“ gehören inhaltlich aber eindeutig zusammen, sodass in V. 34 ein eigener Zweizeiler zu erwarten ist.

7.2 Einzelanalyse zu LXX Psalm 103

317

Schreibfehler lassen sich die Varianten nicht erklären. Womöglich es handelt sich um spätere präzisierende bzw. interpretierende Ergänzungen. V. 35b: Ra: εκλ(ε)ιποισαν] –ποιεν La´(non THe) 1219: cf. 3425 Der Großteil der antiochenischen Hsn. und der Psalterkommentar des Theodoret und die dem Kodex Alexandrinus nahestehende Hs. 1219 bezeugen den 3. Pl. Optativ Aor. von ἐκλείπω in der älteren Schreibweise ἐκλίποιεν anstelle von ἐκλίποισαν.967 Die LXX verwendet in der Regel die jüngere Schreibweise.968 Möglicherweise ist in den antiochenischen Hsn. gestützt von 1219 die ursprüngliche Lesart erhalten geblieben, die an den geläufigen Gebrauch in der LXX angepasst wurde. V. 35c: BHS: Q ‫חוטאים‬ DJD XXIII (11QPsa): ‫ ַחטָּאים ]חוטאים‬M Ra: αμαρτωλοι] pr. οι 1219 Kasser/Testuz (Ra 2110): οι αμαρτωλοι : αμαρτωλοι 11QPsa bezeugt das Wort als Ptz. Pl. ‫ חוֹטִאים‬statt als Nomen ‫ ַחטָּאים‬. Es handelt sich um eine abweichende Lesung des gleichen Konsonantentextes (hier in Plene-Schreibung wiedergegeben). Inhaltlich ändert sich nichts. Aufgrund des parallel stehenden Nomens ‫וּרשָׁ עִים‬ ְ kann man dahin tendieren, dass aufgrund der Parallelität die Nominalform die ursprüngliche Lesart ist. Die dem Kodex Alexandrinus nahestehende Hs. 1219 und der P. Bodmer XXIV bezeugen einen Artikel vor ἁμαρτωλοὶ. Eine spätere Ergänzung macht wenig Sinn, v. a. da sie vor ἄνομοι keinen Artikel setzen. Es wäre zu erwägen ob der Artikel im Griech. ursprünglich ist und auf eine Dittographie des ‫ח‬im Hebräischen zurückgeht, sodass ‫ החטאים‬gelesen wurde. Aufgrund der schwachen Bezeugung in den Hsn. scheint es jedoch wahrscheinlicher, dass es sich um eine versehentliche Ergänzung handelt. V. 35d-d: BHS: Q ‫מארץ‬ DJD XVI (4QPsd): [‫האר ]ץ‬ ֯ ‫מן‬M] ‫מארץ‬11QPsa a DJD XXIII (11QPs ): ‫ מן הארץ ]מארץ‬M ֶ ‫מִ ן־ה‬. MT wird durch 4QPsd ge11QPsa bezeugt ‫ מארץ‬anstelle von ‫ָאָרץ‬ stützt. ‫ מן‬als ein separat stehendes Wort ist allgemein in 11QPsa nirgends bezeugt.969 Es handelt sich also um ein Spezifikum der Hs. und stellt eine sekundäre Lesart dar. 967

968 969

„It appears also in the optative, where -οισαν -αισαν replace the older -οιεν -αιεν (ειαν).“, Thackeray, Grammar, 1909, §17.7. Vgl. auch LXX Ps 34,25 bei Rahlfs, Psalmi cum Odis, 1931, 133 . Vgl. Thackeray, Grammar, 1909, §17.7. „The exceptions to the rule are found in 4 Maccabees which uses the strict Attict forms“, ebd. Vgl. DJD XXIII, 34: „Note that in the two cases where 11QPsa overlaps with M, the preposition ‫ מן‬is joined to the next word with assimilation of the nun, and that ‫ מן‬as a separate word is not attested at all in 11QPsa.“

318

7 Psalm 104 (103)

V. 35e: Ra: αυτους] αυτοις He Im Psalterkommentar des Hesych ist das im AcI stehende Personalpronomen αὐτούς im Dativ bezeugt. Es handelt sich wahrscheinlich um einen Schreibfehler. V. 35f-f: BHS: > Ms S, mlt Mss Edd ‫ויה‬- ; G cj c 105 In einer syrischen Hs. fehlt der letzte Satz ‫ ַהלְלוּ־י ָהּ‬. Viele hebr. Handschriften und Editionen lesen nicht die (vielleicht liturgisch geprägte) Kurzform, sondern die Langform des Gottesnamens. Die LXX zieht den Satz zu LXX Ps 104 als Überschrift.

7.3

Ergebnisse zu LXX Psalm 103

7.3.1 Die hebräische Vorlage der ursprünglichen Septuaginta a) Bezeugung von Abweichungen der Septuaginta in Qumran In V. 1c ergänzt die LXX eine Psalmenüberschrift und in den Versen 22b, 29d und 30b jeweils eine Kopula. Alle vier Varianten sind in der hebräischen Überlieferung in Qumran-Hsn. bezeugt. Die abweichende Wortform in V. 22e geht ebenfalls auf eine vom MT abweichende hebräische Vorlage zurück, die in Qumran bezeugt ist. Inhaltlich stellen alle Varianten keine bedeutenden Abweichungen vom MT dar. b) Vermutete hebräische Vorlagen oder Verlesungen der Septuaginta In V. 6b scheint der Septuaginta ein hebräischer Text vorgelegen zu haben, der ‫„ כְּסוּת ֹה‬Die Urflut ist ihr Mantel“ anstelle von ‫„ ִכּסִּיתוֹ‬Die Urflut bedeckte ihn“ gelesen hat. Der Text ergibt im Kontext weitaus mehr Sinn und stellt – obwohl heute keine hebräischen Zeugen mehr für die Lesart vorhanden sind – vermutlich sogar den ursprünglichen hebräischen Text dar. Der MT lässt sich als Hörfehler beim Abschreiben erklären. In V. 8a ergänzt die Septuaginta eine Kopula, die entweder auf einer hebräischen Vorlage oder auf einer Verlesung des Übersetzers beruht. Ebenfalls auf eine abweichende hebräische Vorlage geht vermutlich die Abweichung in V. 16b-b zurück. Die Septuaginta übersetzt hier ‫„ י ְהוָה ֲעצֵי‬die Bäume des HERRN“ mit τὰ ξύλα τοῦ πεδίου „die Bäume des Feldes“. Möglicherweise hatte der ursprüngliche hebräische Text ‫„ שַׁ דָּי ֲעצֵי‬die Bäume Schaddais“, was die Septuaginta als ‫„ שָׂ דָי ֲעצֵי‬Bäume des Feldes“ gelesen hat. In V. 17f scheint der Übersetzer ‫( בְּר ֹאשָׁ ם‬Pl. von ‫„ ראשׁ‬Kopf“ mit 3. Pl. Suff.) statt ‫„( בְּרוֹשִׁים‬Zypressen“) gelesen zu haben. c) Abweichende Lesungen desselben Konsonantentextes In den Versen 4e-e, 5a-a und 20b finden sich Abweichungen in der Wortform, die auf eine vom MT abweichende Lesung des Konsonantentextes zurückgehen (in V. 5a-a ist die LXX-Lesart in Qumran durch Plene-Schreibung belegt). Am Inhalt des Textes ändern die Abweichungen nichts.

320

7 Psalm 104 (103)

7.3.2 Der griechische Text 7.3.2.1 Die ursprüngliche Septuaginta Abweichungen vom Rahlfs-Text finden sich in den Versen 1g.4e-e.5aa b c c c .6 .6 .8 .9 .10c.14a.16d.17e.19a.20e.21c.21d.22d-d.26b.27e-e.28h.31c-c.35b a) Übersetzungsweise Die Wortfolge wird, wie im LXX-Psalter allgemein, auch in LXX Psalm 103 sehr genau eingehalten. Auch im Aufbau des Psalms weicht die Septuaginta nicht von ihrer Vorlage ab. Stilistische Freiheit des Übersetzers zeigt sich jedoch in insgesamt neun Ergänzungen oder Auslassungen von Wörtern, in neun Änderungen von Wortformen und in einer recht freien Wiedergabe einer hebräischen Wendung in V. 33b. Der Übersetzer ergänzt Artikel (V. 14a.19b und 21c), eine Kopula (V. 4d) und eine Partikel (V. 28e) und lässt andererseits mal Suffixe (24b.28f-f), einen Artikel (21a) oder die Partikel ‫ אֲ שֶׁר‬aus (17a). Abweichungen in der Wortform bezeugt er in den Versen 11a-a.16d.17c.19a.20a.20d.21d.24a.27f-f und in V. 33b gibt er die Wendung ‫( בְּעוֹדִי‬wörtlich „in meiner Dauer“) leicht abweichend mit ἕως ὑπάρχω „solange ich bin“ wieder. Inhaltlich ändert sich jedoch nichts durch die Varianten. In V. 10d wird ein Nomen ergänzt und dadurch das Subjekt des Satzes geändert („Wasser“ statt „Quellen“) und ein vom hebräischen Text abweichender Bezug zu einem vorangehenden Vers hergestellt. Es ist jedoch vermutlich nicht von einem bewussten interpretativen Eingriff des Übersetzers auszugehen, sondern von dem Anliegen, ein im Hebräischen implizites Subjekt explizit wiederzugeben, wobei versehentlich das „falsche“ Subjekt gewählt wurde. Die beiden Subjekte liegen inhaltlich sehr nahe beieinander und konnten im Kontext leicht verwechselt werden. Wie viele der Abweichungen jedoch wirklich auf den Übersetzer selbst oder auf eine hebräische Vorlage zurückgehen, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. In den Versen 22b, 29d und 30b sind Ergänzungen von Kopulas in der Septuaginta bezeugt, die auch in Qumran Hsn. belegt sind und auf eine vom MT abweichende hebräische Vorlage der Septuaginta zurückgehen. Eine abweichende hebräische Vorlage kann außerdem für die Auslassung einer Kopula in V. 8a vermutet werden. b) Interpretative Eingriffe Der ursprüngliche Septuaginta-Psalm 103 zeigt an fünf Stellen inhaltliche Abweichungen gegenüber dem MT. Ein bewusst intendierter interpretativer Eingriff des Übersetzers findet sich vermutlich nur in V. 1f, in dem er eine abweichende Passiv-Verbform

7.3 Ergebnisse zu LXX Psalm 103

321

bezeugt und, wie auch an vier anderen Stellen in den Psalmen, das hebräische Wort ‫„ הוֹד‬Hoheit“ mit ἐξομολόγησιν „Lobpreis“ wiedergibt, vermutlich um das Thema des Lobpreises hervorzuheben. Abgesehen von diesen bewussten Abweichungen des Übersetzers sind die Varianten in den Versen 3e.11d.12c und 17f wohl eher durch eine schwierige hebräische Vorlage bedingt, wodurch der Übersetzer genötigt war, interpretativ in den Text einzugreifen. In den Versen 3e und 12c finden sich Hapaxlegomena im hebräischen Text. An beiden Stellen werden die Worte im Griechischen sehr abweichend von ihrer hebräischen Bedeutung wiedergegeben, vermutlich, da dem Übersetzer die Worte unbekannt waren. In V. 3e kann der griechische Text inhaltlich noch dasselbe meinen wie das Hebräische, V. 12c weicht dagegen ganz von der Vorlage ab. Hier kann fast sicher davon ausgegangen werden, dass frei aus dem Kontext heraus übersetzt wurde, da das Wort nicht bekannt war. In V. 11d verwendet der hebräische Text (nach MT) das Wort ‫„ שׁבר‬zerbrechen“ in der Bedeutung „stillen“, eine Bedeutung, die für dieses Wort nur hier bezeugt ist und zu zahlreichen Varianten in der (hebräischen) Textüberlieferung führte. Die LXX entscheidet sich dafür stattdessen ‫„ שׂבר‬warten“ zu lesen, also Sin statt Schin, und gestaltet den Text leicht neu, indem sie zusätzlich die Präposition εἰς ergänzt. In V. 17f ist der hebräische Satz recht sperrig formuliert, was vermutlich begünstigt hat, dass der Übersetzer ‫„( בְּרוֹשִׁים‬Zypressen“) als ‫( בְּר ֹאשָׁ ם‬Pl. von ‫„ ראשׁ‬Kopf“ mit 3. Pl. Suff.) gelesen hat.

7.3.2.2 Revisionen und weitere Bearbeitungen a) Hebraisierung Für den LXX Psalm 104 sind an neunundzwanzig Stellen spätere Anpassungen an den hebräischen Text bezeugt. Zunächst sind sieben Stellen zu erwähnen (V. 6c.9c.10c.16a.24a.26b.28h), bei denen Verbformen, die ein Neutrum Pl. Bezugsnomen haben und die in der ursprünglichen Septuaginta nach attischer Schreibweise im Sg. bezeugt sind, in Anpassung ans Hebräische in Pl. geändert werden (ausführlich dazu, vgl. Einzelanalyse zu V. 6c). Außerdem wird an sieben weiteren Stellen eine Wortform an den MT angepasst, und zwar wird in V. 4e-e eine Nominalform entsprechend der hebräischen Vorlage als Ptz. wiedergegeben, in V. 5a-a in Anpassung an die Lesetradition des MT’s ein Verb als 3 Sg. statt Ptz. gelesen, in den Versen 16d und 19a eine 2. Sg.-Verbform zu 3. Sg. geändert, in V. 19c und 20c die pluralische Wiedergabe eines hebräischen Kollektivbegriffs in Anpassung an die hebräische Vorlage im Sg. wiedergegeben, in V. 21d anstelle des Dativs παρὰ τῷ θεῷ „bei Gott“ der Genitiv παρὰ τοῦ θεοῦ „von Gott“ gewählt, der das hebräische ‫„מֵאֵ ל‬von Gott“ exakter wiedergibt und in V. 27e-e ein Pronomen vermutlich in Anpassung an eine vom MT abweichende hebräische Vorlage (bezeugt durch 11QPsa) im Dat. statt Gen.

322

7 Psalm 104 (103)

bezeugt. In V. 19c schließlich wird die Wortwahl an eine vom MT abweichende hebräische Vorlage angepasst. Quantitative Anpassungen an den MT finden sich an insgesamt elf Stellen. An sechs Stellen wird ein Artikel ergänzt oder ausgelassen (V. 8c.14a.16c-c.18b.19b.21c), in V. 1e ein Personalpronomen gestrichen, in V. 9b ein Relativpronomen, in V. 10 d ein Subjekt, das im Hebräischen implizit steht, in V. 28e die Partikel δέ und in V. 27f-f eine Präposition. Die Anpassungen in V. 1e und 18b sind an eine vom MT abweichende hebräische Vorlage erfolgt. Außerdem sind noch zwei Anpassungen an den MT in der Wortwiedergabe bezeugt (V. 6b und 16b-b) und eine Anpassung an die Wortreihenfolge vom MT (V. 28f-f). b) Weitere Bearbeitungen Sekundäre stilistische Abweichungen vom MT: Im LXX Psalm 103 sind sechs Stellen bezeugt, bei denen einige Hsn. stilistisch vom MT abweichen, während die ursprüngliche Septuaginta mit ihm übereinstimmt. Die stilistischen Abweichungen bestehen in Ergänzung einer Präposition (V. 1f) und in Abweichungen in einer Verbform (22c), bei Pronominalformen (8f.17g.21e) und bei einer Nominalform (V. 12e.e). Die Abweichungen sind zumeist sehr schwach bezeugt und es lässt sich keine Hs. oder Hsn.-Gruppe erkennen, die besonders häufig sekundäre Abweichungen vom MT bezeugt (vgl. 7.4, Tabelle 2). Die im Großteil der antiochenischen Hsn. bezeugte Abweichung in V. 8f ergibt im Kontext keinen Sinn. Ein Grund für die Abweichung ist nicht erkennbar. Sekundäre inhaltliche Abweichungen vom MT: Es gibt vier sekundäre inhaltliche Abweichungen vom MT. In den Psalmenüberschriften sind sekundäre Ergänzungen in den antiochenischen Hsn. generell häufig bezeugt, entsprechend auch in LXX Psalm 103,1b-b. Der Großteil der antiochenischen Hsn. stellt hier der Autorenangabe τῷ Δαυειδ die Beschreibung ψαλμός voran und ergänzt den Satz ἐπὶ τῆς τοῦ κόσμου γενέσεως. Vereinzelte Hsn. bezeugen hier jedoch unterschiedliche kleine Abweichungen in der sekundären Ergänzung. In V. 5d geht die griechische Überlieferung in der Wiedergabe des hebräischen Wortes ‫„ מוט‬wanken“ auseinander. Die ursprüngliche Septuaginta übersetzt mit κλίνω „wankend machen“. Die Varianten im P. Bodmer XXIV, Kodex Sinaiticus und einigen antiochenischen Hsn. lassen sich als Abschreibfehler erklären. Der Kodex Alexandrinus dagegen wählt ein allgemeineres Wort (κινέω „sich bewegen“), das sich nicht als Abschreibfehler erklären lässt. Es scheint sich um eine bewusste Änderung eines Tradenten zu handeln, wobei ein Grund für die Änderung nicht erkennbar ist. In V. 26d ist im Hebräischen der inhaltlich etwas schwierige Text „Dort ziehen Schiffe umher, der Leviathan, den du gebildet hast, um mit ihm zu

7.3 Ergebnisse zu LXX Psalm 103

323

spielen.“ bezeugt. Während die ursprüngliche Septuaginta den Text wörtlich wiedergibt, ändern einige antiochenische Hsn. und die Hs. 2060 das Personalpronomen und bezeugen: „Dort ziehen Schiffe umher, der Drache, den du geformt hast, um mit ihnen [den Schiffen] zu spielen.“ In V. 28i weicht der Kodex Alexandrinus (gestützt allein von der Hs. 55 und dem Psalterium Romanum) in einer Wortwiedergabe vom MT ab, vermutlich um an eine Stelle in einem anderen inhaltlich nahestehenden Psalm anzupassen. c) Innergriechische Varianten In LXX Psalm 103 sind mit fünfzehn Belegen recht viele innergriechische Varianten bezeugt. An fünf Stellen sind Abweichungen bezeugt, bei denen einige griechische Hsn. selten verwendete Wörter gegen häufiger verwendete Äquivalente austauschen (V. 1g.2c.10a.17b.17e) und in V. 31c-c wird die für die Psalmen favorisierte Wendung εἰς τοὺς αἰῶνας mit der im AT geläufigen Wendung εἰς τὸν αἰῶνα ausgetauscht. Eine konkordante Wortwiedergabe ist Merkmal der frühen hebraisierenden Rezensionen. Die Rezension ist im P. Bodmer XXIV und in den Kodizes Vaticanus und Sinaiticus durchgängig belegt, abgesehen von V. 2c und 17b in denen allein der P. Bodmer XXIV die Vereinheitlichung bezeugt. Der Kodex Alexandrinus hat nur an einer Stelle eine vereinheitlichende Lesart und der antiochenische Text ist völlig unberührt von der Rezension geblieben. Abgesehen von diesen bewussten Vereinheitlichungen begegnen sechs weitere Stellen, bei denen in einigen Hsn. ein abweichendes Äquivalent bezeugt ist. Interessant ist V. 18e-e, in dem die ursprüngliche Septuaginta aus Rücksicht auf die herrschende Dynastie der Lagiden (die Ptolemäer leiteten sich von einem Ahnherrn namens Lagos ab) nicht das geläufige Wort λαγωός für ‫„ שָׁ פָן‬Hase“ verwendete, sondern χοιρογρύλλιος, was möglicherweise einen Neologismus der Septuaginta darstellt. Die antiochenischen Hsn. und der Kodex Alexandrinus verwenden stattdessen das gebräuchliche Wort λαγωός, da nach der Ptolemäerzeit die Rücksichtnahme auf die Lagiden hinfällig war. Bei den übrigen fünf Stellen ist ein Grund für die Änderungen nicht erkennbar. Zwei der Stellen sind nur singulär (V. 28h.33b) und eine Stelle (V. 23b) nur von zwei Hsn. bezeugt und von daher sicherlich sekundär. In den V. 9d und 29e ist eine Entscheidung etwas schwieriger. An beiden Stellen bezeugen der Kodex Vaticanus und der P. Bodmer XXIV ein abweichendes Präfix ἀποστρέψουσιν für das Verb ἐπιστρέψουσιν. Beide Komposita sind häufig im AT als Belege für ‫ שׁוב‬bezeugt. Aufgrund der schwächeren Bezeugung kann jedoch in beiden Fällen davon ausgegangen werden, dass es sich bei ἀποστρέψουσιν um die sekundäre Lesart handelt.

324

7 Psalm 104 (103)

Zusätzlich zur Verwendung von unterschiedlichen Äquivalenten, sind drei weitere innergriechische Abweichungen in der Septuagintaüberlieferung von LXX Psalm 103 bezeugt. In Vers 27d wird in der Diglotte R der Infinitiv mit Artikel bezeugt. Beides (Infinitiv mit und ohne vorangehendem Artikel) ist geläufig in der LXX und auch im LXX Psalm 103 (vgl. Einzelanalyse zur Stelle). Ein Grund für die Änderung in R ist nicht erkennbar. Da sie jedoch nur als einzige Hs. den Artikel bezeugt, ist er sicherlich sekundär. In V. 22d-d sind in den griech. Hsn. unterschiedliche Präpositionen bezeugt (εἰς + Akk. und ἐν + Dat.). Sie können synonym verwendet werden. Aufgrund der stärkeren Bezeugung scheint es sich bei der antiochenischen Lesart um die ursprüngliche zu handeln. Ein Grund für die Abweichung in den anderen Hsn. ist nicht erkennbar. In V. 31e bezeugt die Diglotte R (gestützt von einigen latein. Zeugen) die Präposition ἐν anstelle von ἐπὶ. Der Grund für die Änderung ist nicht sicher, womöglich handelt es sich um eine Anpassung an die latein. Spalte oder ans Hebräische (‫) ְבּ‬.

7.3.3 Fazit Der LXX Psalm 103 hatte eine hebräische Vorlage, die vermutlich an acht Stellen vom MT abwich, bzw. versehentlich abweichend vom Übersetzer gelesen wurde und an drei Stellen eine abweichende Lesetradition bezeugte. Fünf der Abweichungen sind durch Qumran-Hsn. belegt. Die Übersetzungsweise orientiert sich stark am Ausgangstext mit Ausnahme der Ergänzung einiger Artikel, Pronomina, Partikel und die Änderung einiger Wortformen, was für den LXX-Psalter jedoch geläufig ist. Interpretierend greift der Übersetzer an insgesamt fünf Stellen ein, vier der Stellen beruhen jedoch auf einer schwierigen hebräischen Vorlage. Folglich kann nur in V. 1f, in dem er das Thema des Lobpreises hervorhebt, von einem bewusst intendierten interpretativen Eingriff des Übersetzers die Rede sein. In der Überlieferung des griechischen Psalms ist mit neunundzwanzig Anpassungen ans Hebräische eine hebraisierende Rezension deutlich zu erkennen. Im Hsn. Befund zeigt sich, dass vor allem im P. Bodmer XXIV, Kodex Vaticanus und Kodex Sinaiticus spätere Hebraisierungen bezeugt sind. Im P. Bodmer XXIV an zwanzig Stellen, und außerdem an fünf der Stellen als einziger griechischer Zeuge, im Kodex Sinaiticus an siebzehn Stellen und im Kodex Vaticanus an fünfzehn Stellen. Der Kodex Alexandrinus hat auch verhältnismäßig viele Hebraisierungen, wobei sechs der elf Stellen in der Anpassung einer attischen Schreibweise an die Verbform des MT bestehen, die auch als spätere stilistische Anpassung ans hellenistische Griechisch erklärt werden können (vgl. Einzelanalyse zu V. 6c). Der antio-

7.3 Ergebnisse zu LXX Psalm 103

325

chenische Text geht hier recht stark auseinander. Ein Teil der Hsn. scheint von Anpassungen ans Hebräische unberührt geblieben zu sein, während im anderen Teil an elf Stellen die Hebraisierung eingedrungen ist, wobei auch hier wie beim Kodex Alexandrinus sechs der Stellen die Korrektur der attischen Schreibweise betreffen. Nachträgliche vom MT abweichende Änderungen des griechischen Textes sind an insgesamt zehn Stellen bezeugt, vier der Abweichungen stellen inhaltliche Varianten dar. Die Abweichungen sind in der Regel nur sehr schwach und von wechselnden Hsn. bezeugt, sodass sich keine zusammenhängende Revision rekonstruieren lässt. Es handelt sich um vereinzelte editorische Eingriffe. Besonders auffällig in der Textgeschichte von LXX Psalm 103 ist die innergriechische Überarbeitung der Wortwiedergabe an insgesamt zwölf Stellen. An sechs der zwölf Stellen sind die Abweichungen durch eine Rezension bedingt, die an einer konkordanten Wortwiedergabe interessiert war. Sie ist v. a. in den alten Kodizes Vaticanus und Sinaiticus und im P. Bodmer XXIV bezeugt, während der antiochenische Text und der Kodex Alexandrinus nahezu unberührt geblieben sind.

7.4

Anhang

Tabelle 1: Hebraisierung (* = ursprüngliche Septuaginta; sek = sekundäre Lesart/ Hebraisierung; grau unterlegt = singuläre Lesarten; Fettdruck = rekonstruierte ursprüngliche Septuaginta, die vom Rahlfs-Text abweicht; WW = Abweichung in der Wortwahl; WF = Abweichung in der Wortform; att. = attische Schreibweise)

Stelle 1e 4e-e 5a-a 6b 6c 8c 9b 9c 10c 10d 14a 16a 16b-b 16c-c 16d 18b 19a 19b 19c 20c 21c 21d 24a 26b 27e-e 27f-f 28e 28f-f 28h

Art WF WF WW WF (*att.) WF (*att.) WF (*att.) WF (*att.) WW WF + WF WW WF WF WF (*att.) WF (*att.) WF WF WF (*att.)

„Ant“ * (*) * (*) (*) * * (*) (*) * * (*) * * * * (*) * * (*) * * * (*) * * (*) * (*)

B (S) * sek sek sek sek sek (*) * sek sek * sek * * (sek) * sek * sek * * * (sek) sek sek * sek sek sek * * * (sek)

A * sek * sek sek sek * sek sek * * sek * * * * sek * * * * sek * sek * * * * sek

NT-Zitate n.V. * n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V.

2060 n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. * sek n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. sek n.V. n.V. n.V. n.V. n.V.

2110 sek * * sek sek * sek sek sek sek sek [*] * sek sek sek sek sek * sek sek sek sek * * sek * sek sek

7.4 Anhang

327

Tabelle 2: Sekundäre stilistische Abweichungen vom MT (* = ursprüngliche Septuaginta; sek = sekundäre Lesart; grau unterlegt = singuläre Lesarten; Fettdruck = rekonstruierte ursprüngliche Septuaginta, die vom Rahlfs-Text abweicht)

Stelle 1f 8f 22c 12e.e 17g 21e

„Ant“ * sek * * (*) *

B (S) sek * sek(*) * * *

A * * * * * *

NT-Zitate n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V.

2060 n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V.

2110 * * * * * sek

Tabelle 3: Sekundäre inhaltliche Abweichungen vom MT Stelle 1b-b 5d 26d

„Ant“ sek (*) (*)

B (S) *(sek) *

A sek *

NT-Zitate n.V. n.V. n.V.

2060 n.V. n.V. sek

2110 sek [*]

Tabelle 4: Vereinheitlichende Wortwiedergabe Stelle 1g 2c 10a 17b 17e 31c-c

„Ant“ * * * * * *

B (S) sek * sek * sek sek

A * * * * sek *

NT-Zit. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V.

2060 n.V. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V.

2110 sek sek sek sek sek sek

*

sek

μεγαλοπρέπεια ὡσεὶ ἐξαποστέλλω ἐννοσσεύσουσιν κατοικία εἰς τοὺς αἰῶνας

εὐπρέπεια ὡς ἀποστέλλω νοσσεύσουσιν οἰκία εἰς τὸν αἰῶνα

Tabelle 5: Abweichende Wortwiedergabe Stelle 9d 23b 28h 29e 33b

„Ant“ * * * * *

B (S) sek *(sek) sek(*) * *

A * * * * *

NT-Zit. n.V. n.V. n.V. n.V. n.V.

2060 n.V. n.V. n.V. n.V. n.V.

2110 sek sek * sek sek

*

sek

ἐπιστρέψουσιν ἕως ἐπιστρέψουσιν ὑπάρχω

ἀποστρέψουσιν μέχρι εμἀποστρέψουσιν εἰμι

 Tabelle 6: Weitere innergriechische Abweichungen Stelle 22d-d

„Ant“ *

B (S) sek(sek2)

A *

NT-Zit. n.V.

2060 n.V.

2110 *

27d 31e

* *

* *

* *

n.V. n.V.

[*] n.V.

* [*]

*

sek

εἰς τὰς μάνδρας δοῦναι ἐπὶ

ἐν ταῖς μάνδραις τοῦ δοῦναι ἐν

328

7 Psalm 104 (103)

Tabelle 7: Schreibfehler und orthographische Varianten Stelle 1b-b 1d 1d 2b 3a 3b 3d 3d 4c 5b 5d 6a 7a.b 8f 12a 12d 12e.e 13b 14d 14e 16c-c 17d 18c 18d 18e 20e 20e 21a 21b 22a 22b

Apparat Ra: τω (A του) δαυιδ Ra: κυριε] + κυριε B SaL Kasser/Testuz (Ra 2110): κ̅ς̅ ο θ̅ς̅ : κυριε ο θεος μου (vgl. auch 1e) Ra: 21 et 22] pr. ο Lpau: ad 3 adapt. Ra: ο 10 > 55: ad 2 adapt. Keine Apparatangaben vorhanden. (Ra 2044) Ra: νεφη = M] νεφει Lb Ra: νεφη = M] νεφελην S(om. την seq.), nubem GaHi Kasser/Testuz (Ra 2110): νεφελη : νεφη Kasser/Testuz (Ra 2110): πν̄α : πνευματα Kasser/Testuz (Ra 2110): θεμελιων την γην πυρ φλεγον : εθεμελιωσεν την γην Ra: κλιθησεται] κληθ. S LpauHe Kasser/Testuz (Ra 2110): περιβ]ολεον, l. περιβολαιον Kasser/Testuz (Ra 2110): επιτ[ιμ]ησεως ου : επιτιμησεως σου Kasser/Testuz (Ra 2110): βροντης ου : βροντης σου Ra: αυτοις = M] αυτους S Kasser/Testuz (Ra 2110): απ αυτα : επ αυτα Kasser/Testuz (Ra 2110): δωσουσι : δωσουσιν BHS: Ms GRLRG ‫קוֹלָם‬, prb l. ®ϖφωνην uocem Ga] + αυτων R´’ Ra: απο] εκ R Ra: αρτον] κορτον (sic) 2044: cf. 141 Ra: της > 55 Ra: αι] και et R´’ Ga ερωδιου] ηρ- T: cf. proleg. §74; αρ- He A’(non1219): cf. Lev. 1119 Deut. 1416 Kasser/Testuz (Ra 2110): τ[ο]ις (la lacune est trop petite pour τ[α]ις), l. ταις Keine Apparatangaben vorhanden. LXX liest ‫ איל‬statt ‫יָעֵל‬ Ra: R’ GaHi 1219 (γο pro γρυλ) δρυμου] αγρου Sa Lpau: ex 11 Kasser/Testuz (Ra 2110): δουμου, l. δρυμου Kasser/Testuz (Ra 2110): σκυμοι (le υ récrit sur ο, l. σκυμοι) : σκυμνοι Kasser/Testuz (Ra 2110): ωριομενοι, l. ωρουμενοι Kasser/Testuz (Ra 2110): ανετειλει (l. αναταλλει ou ανετειλεν) : ανετειλεν Kasser/Testuz (Ra 2110): l. συνηχ{ι}θησαν

7.4 Anhang 24d 26a-a 26b 26c 27a 27a 28b 28d 28g 32b 35b 35c 35e

329

Kasser/Testuz (Ra 2110): κτισεως : κτησεως Ra: κτησεως possessione Ga (item οι αλλοι ερμηνευται teste Tht, cf. Field) = M (cf. 10421)] κτισεως rel. (= creatura La) Ra: 1 > B Kasser/Testuz (Ra 2110): πορευεται : διαπορευονται Ra: επλασας] εφυτευσας R: cf. 16 Ra: προσδοκωσιν] –κουσιν He*Rc: cf. 118166 Keine Apparatangabe vorhanden. In Ra 2060 fehlt κωσιν Ra: αυτοις] ς > LbTHe 55: ante σ Kasser/Testuz (Ra 2110): ανυ[ξα]ντος, l. ανοιξαντος Ra: συμπαντα] συμ > S Kasser/Testuz (Ra 2110): ορεων : των ορεων Ra: εκλ(ε)ιποισαν] –ποιεν La´(non THe) 1219: cf. 3425 Ra: αμαρτωλοι] pr. οι 1219 Kasser/Testuz (Ra 2110): οι αμαρτωλοι : αμαρτωλοι Ra: αυτους] αυτοις He

8

Gesamtergebnis

8.1

Der hebräische Text

8.1.1 Der ursprüngliche hebräische Text Die Untersuchung hat nicht nur Ergebnisse zu Septuaginta-Psalter, sondern auch einige interessante Beobachtungen für die Suche nach dem ursprünglichen hebräischen Text ergeben. An sechs Stellen ist womöglich von einem ursprünglichen Text auszugehen, der inhaltlich (leicht) vom MT abweicht. In Psalm 8,2d-d bezeugt der MT einen ‫–אֲ שֶׁר‬Satz mit einer 2. Singular Imperativ Qal-Form (von ‫)נתן‬, was im gegebenen Kontext jedoch keinen Sinn ergibt. Die syrischen Übersetzungen und Targume haben eine 2. Singular Perfekt Qal-Form gelesen, was nahelegt, dass ursprünglich ‫( תַּ תָּה‬die Kurzform der 2. Singular Perfekt Qal zu ‫ )נתן‬gestanden hat und die Imperativ-Lesart ‫ תְּ נָה‬auf eine Verschreibung (im Sinn der geläufigeren Form) zurückzuführen ist, sodass der ursprüngliche Text lautete: „HERR, unser Herr, wie herrlich ist dein Name auf der ganzen Erde, der du deine Hoheit gelegt hast auf die Himmel!“ In Psalm 34,6a.b sind die 3. Plural-Verbformen im Kontext von Vers 5 schwierig, da das Subjekt des Satzes unklar ist: „5Ich suchte den HERRN, und er antwortete mir. Und aus allen meinen Ängsten rettete er mich. 6Sie blickten auf ihn und strahlten, und ihr Angesicht wird nicht beschämt.“ Die Septuaginta bezeugt stattdessen die Verben als Imperativformen, was auf einer abweichenden Vokalisation des hebräischen Konsonantentextes basiert, die vermutlich die ursprüngliche hebräische Lesetradition darstellt (‫ ַהבִּיטוּ‬statt ‫ ִהבִּיטוּ‬und ‫ וּנְהָרוּ‬statt ‫) ְונָהָרוּ‬. Zusätzlich las der ursprüngliche hebr. Text vermutlich ‫ וּ ְפנֵיהֶם‬statt ‫וּ ְפנֵיכֶם‬: „Kommt zu ihm und werdet erleuchtet, und euer Angesicht wird nicht beschämt“. In Psalm 50 spricht zunächst einiges dafür, dass in Vers 18b die Konsonantenfolge ‫ ותרץ‬als ‫תָּרץ‬ ָ ‫ ַו‬von ‫„ רוץ‬laufen, eilen“ zu lesen ist, anstatt, wie MT vokalisiert, als ‫ַתִּרץ‬ ֶ ‫ ו‬von ‫„ רצה‬Gefallen haben“. Der ursprüngliche Text hat dann gelautet: „Wenn du einen Dieb sahst, liefst du mit ihm und mit einem Ehebrecher machtest du gemeinsame Sache.“ Des Weiteren kann erwogen werden, ob der ursprüngliche hebräische Text in Vers 11 in zwei Punkten vom MT abwich und „ich kenne alle Vögel des Himmels und die Pracht des Feldes ist mein“ bezeugt hat, anstatt „ich kenne alle Vögel der Berge und das Getier des Feldes ist mein“ (vgl. Einzelanalysen zu V. 11c-c.d.d). Außerdem ist für V. 23a-a nicht ausgeschlossen, dass der ur-

8.1 Der hebräische Text

331

sprüngliche hebräische Text ‫„ תּוֹדַ ת זֶבַח‬Dankopfer“ statt ‫„ ז ֹ ֵב ַח תּוֹדָה‬Dank Opfernde“ (MT) gelesen hat, was von daher relevant ist, da bei der erstgenannten Lesart eindeutig von einem kultischen Dankopfer die Rede ist, während bei der masoretischen Lesart auch von einer spiritualisierten Bedeutung des Opfers die Rede sein kann. In Psalm 104,6b ergibt der MT mit der Verbform ‫„ ִכּסִּיתוֹ‬du bedecktest ihn“ im gegebenen Kontext keinen Sinn. Es ist unklar auf wen sich das enklitische Personalpronomen „ihn“ beziehen soll (vgl. Einzelanalyse zu V. 6b). Der Septuaginta scheint ein Text vorgelegen zu haben, der stattdessen ‫„ כְּסוּתָהּ‬ihr Mantel“ gelesen hat. Der Text ergibt im Kontext weitaus mehr Sinn, und es spricht einiges dafür, dass die Septuaginta hier, obwohl heute keine hebräischen Zeugen mehr für die Lesart vorhanden sind, den ursprünglichen hebräischen Text wiedergibt: „Die Tiefe, wie ein Gewand, ist ihr [der Erde] Mantel, auf den Bergen werden Wasser stehen.“ Der MT lässt sich als Hörfehler beim Abschreiben erklären. In V. 16b-b schließlich ist zu erwägen, ob der hebräische Text ‫„ שַׁ דָּי ֲעצֵי‬die Bäume Schaddais“ anstelle von ‫„ י ְה ָוה ֲעצֵי‬die Bäume des HERRN“ gelesen hat, da sich von einer solchen Vorlage die abweichende Lesart der Septuaginta „Bäume des Feldes“ (hebr. ‫ )שָׂ דָי ֲעצֵי‬leichter erklären ließe. Neben diesen inhaltlichen Abweichungen lassen sich womöglich auch die schwierigen Stellen in Psalm 8,2 und Psalm 34,6 erklären. Abgesehen von den inhaltlichen Abweichungen gibt es außerdem zahlreiche Stellen, bei denen stilistische Abweichungen in der Septuaginta bezeugt sind, die z. T. durch Qumran gestützt werden und womöglich auch im ursprünglichen hebräischen Text gestanden haben, wie Ergänzungen oder Auslassungen von Kopulas (LXX Ps 2,4b-b; 8,6b.7a; 33,20c; 103,8a.22b.29d. 30b), Ergänzungen von Wörtern (LXX Ps 34,21a-a Ergänzung von κύριος; 103,1c Psalmenüberschrift) oder abweichende Wortformen (LXX Ps 34,6c.20b-b.b; 49,6a.22g 103,4e-e.5a-a.20b.22e).

8.1.2 Die hebräische Vorlage des ursprünglichen Septuaginta-Psalters In unserem Textbereich weicht die hebräische Vorlage der Septuaginta an fünfundzwanzig Stellen vom MT ab. Fünf der Abweichungen sind in Qumran bezeugt (alle vier Belege in Ps 104) und sieben der Abweichungen sind durch mittelalterliche hebräische Hsn. belegt. In den übrigen dreizehn Fällen lässt sich eine hebräische Vorlage vermuten. Außerdem bezeugt die Septuaginta an elf Stellen eine vom MT abweichende Lesetradition des hebräischen Konsonantentextes. Eine durchaus beträchtliche Anzahl der Differenzen der Septuaginta lässt sich folglich auf ihre hebräische Vorlage zurückführen. Dies ist umso relevanter, wenn man beachtet, dass einige prägnante Abweichungen wie „du wirst weiden“ statt „du wirst zerschmet-

332

8 Ergebnis

tern“ (Ps 2,9a), „die Schönheit des Feldes“ statt „das Getier des Feldes“ (LXX Ps 49,11d.d), die Ergänzung des Wortes ἀνομία in LXX Ps 49,22a und kleinere Abweichungen wie „die Bäume des Feldes“ statt „die Bäume des HERRN“ (LXX Ps 103,16b-b) und „Vögel des Himmels“ statt „Vögel der Berge“ (LXX Ps 103,11c-c ) sich sehr gut aus dem Hebräischen erklären lassen. Die Untersuchung unterstreicht also die Notwendigkeit, dass bei Abweichungen der Septuaginta genau zu prüfen ist, ob es sich um intendierte Abweichungen des Übersetzers handelt, oder ob sich die Varianten anderweitig einfacher erklären lassen.

8.2

Der ursprüngliche Septuaginta-Psalter

Die Ergebnisse zur Übersetzungstechnik entsprechen in Bezug auf die Charakteristiken der Übersetzungsweise weitestgehend dem, was aus der Forschung für den LXX-Psalter bekannt ist. Der Übersetzer orientiert sich stark an seiner Vorlage, ist formal jedoch nicht an sie gebunden, sondern kann aus stilistischen Gründen sowohl in quantitativen (insbesondere in der Ergänzung von Präpositionen, Partikeln, Artikeln, Hilfsverben und im Hebräischen impliziten Subjekten und Objekten) als auch qualitativen Aspekten (z. B. in der abweichenden Wiedergabe von Wortformen oder im Verzicht auf eine konkordante Wortwiedergabe) von ihr abweichen. Ein neues Bild hat sich aus der hier vorliegenden textkritischen Untersuchung jedoch insofern ergeben, dass der rekonstruierte Text nicht – wie Pietersma vermutet hat – näher am hebräischen Text gewesen ist als der Rahlfs-Text, sondern im Gegenteil die o. g. vom MT abweichenden Merkmale noch ausgeprägter erkennen lässt als der von Rahlfs rekonstruierte Text. Außerdem ergibt sich durch die Herausarbeitung einer isomorph-hebraisierenden Rezension (vgl. 8.3.1), dass der ursprüngliche Text seine Vorlage weniger isomorph abbildet, als der Rahlfs-Text vermuten lässt. In Bezug auf die Frage nach interpretativen Eingriffen des Übersetzers haben sich zahlreiche inhaltliche Abweichungen in den untersuchten Psalmen finden lassen, von denen sich nur ein Teil durch eine abweichende hebräische Vorlage (s. o.) erklären lassen. Einige der verbliebenen Abweichungen sind sicherlich einer schwierigen hebräischen Vorlage geschuldet (vgl. z. B. die stark vom MT abweichenden Wortwiedergaben in LXX Psalm 103,3e und 12c, denen im hebräischen Text jeweils Hapaxlegomena zugrunde liegen oder der freie Umgang des Übersetzers mit der schwierigen Stelle in Psalm 2,12), die den Übersetzer nötigte, den Text neu zu interpretieren. Zieht man auch diese ab, bleibt dennoch festzustellen, dass in allen untersuchten Psalmen Stellen vorhanden sind, bei denen bewusst interpretierende Eingriffe des Übersetzers erkennbar sind. Besonders prägnant ist LXX Psalm 2, der als direkte Rede des Gesalbten umgestaltet wird und LXX Ps 49, in dem sich inhaltliche Abweichungen fast durch den gesamten Psalm ziehen. Um nur einige zu nennen: In V. 2 werden die lobenden Attribute, die sich im hebräischen Text auf Zion beziehen mit Gott in Zusammenhang gebracht. Außerdem wird in V. 2 nicht vom Aufstrahlen, sondern vom sichtbaren Kommen Gottes gesprochen, vermutlich um einen Vergleich JHWHs mit der Sonne zu vermeiden. In V. 14 und V. 23 wird der Begriff ‫תּוֹדָה‬, der sowohl im allgemeinen Sinne von „Dank“ als auch als „Dankopfer“ im kultischen Rahmen verstanden werden kann, mit θυσία αἰνέσεως wiedergegeben und somit eindeutig als kultisches Opfer gedeutet. In V. 21 ergänzt die Septuaginta τὰς ἁμαρτίας σου, um deutlich zu machen, was Gott dem Gottlosen vor Augen führen wird (für weitere inhaltliche

334

8 Ergebnis

Besonderheiten des LXX Ps 49, vgl. 6.3.2.1b). Daraus lässt sich schließen, dass die grundsätzliche Orientierung des LXX-Psalters am hebräischen Text nicht als eine übersetzungstechnische Methode oder als ein Schriftverständnis des Übersetzers misszuverstehen ist, die ihm nicht erlaubten, Änderungen an seiner Vorlage zu vollziehen. Es zeigt im Gegenteil, dass dem Übersetzer vorrangig daran gelegen war, einen verständlichen griechischen Psalter zu schaffen, der als Gebetbuch auch im alltäglichen Gebrauch Verwendung finden konnte.

8.3

Revisionen und Editionen des SeptuagintaPsalters

8.3.1 Hebraisierende Rezensionen Die Untersuchungen haben ergeben, dass für den LXX-Psalter neben der hexaplarischen Rezension von einer weiteren sehr frühen Rezension auszugehen ist, die in jedem Fall vor dem Ende des 1. Jh. n. Chr. anzusetzen ist, da sie bereits im Oxyrhynchus P. 5101 (Ra 2227), der ins 1./ 2. Jh. n. Chr. datiert wird, belegt ist. Besonderes Merkmal der Rezension ist eine isomorphe Anpassung ans Hebräische durch Streichungen und Ergänzungen von Wörtern bis hin zu Artikeln, Partikeln, Präpositionen, etc. und die strenge Anpassungen auch von Wortformen, die inhaltlich keine Differenzen darstellen. Ein weiteres Merkmal der Rezension scheint außerdem eine konkordante Wortwiedergabe zu sein, in der seltenere Äquivalente gegen geläufigere ausgetauscht werden und stellenweise auch „Lieblingswörter“ des LXX-Psalters an den Sprachgebrauch des AT’s angepasst werden. Es ging dem Überarbeiter folglich darum, den hebräischen Text auch von seiner äußeren Textgestalt her möglichst genau widerzuspiegeln. Es handelt sich um Merkmale, die für die kaige-Rezension auch in anderen Büchern der Septuaginta belegt sind. Da die für die kaige-Rezension charakteristischen streng-isomorphen Wortwiedergaben im LXX-Psalter nicht bezeugt sind (z. B. die strenge Wiedergabe von ‫ אני‬mit ἐγώ und ‫ אנכי‬mit ἐγώ εἰμι), ist von einer abgemilderten Form der kaige-Rezension auszugehen, die als abgemilderte isomorph hebraisierende Rezension oder kurz, semi-kaige-Rezension, bezeichnet werden kann (vgl. 1.2.4). Die Rezension hat in den oberund unterägyptischen Hsn. (einschließlich P. Bodmer IX und P. Bodmer XXIV) starke Verbreitung gefunden, während die antiochenische Textgruppe und der Kodex Alexandrinus fast völlig unberührt geblieben sind. Eine spätere hexaplarische Rezension, die insbesondere quantitativ an den MT angepasst und ihre Spuren sowohl in den alten Kodizes als auch im antiochenischen Text hinterlassen hat, lässt sich im untersuchten Textbereich ebenfalls erkennen.

8.3.2 Weitere Editionen Abgesehen von den hebraisierenden Rezensionen lässt sich keine weitere umfangreiche Revision identifizieren. Es sind zwar sekundäre Abweichungen vom MT und innergriechische Varianten in den Psalmen bezeugt, sie begegnen aber nur in vereinzelten und wechselnden Hsn., sodass es sich eher um punktuelle, editorische Eingriffe zu handeln scheint. Eine Ausnahme

336

8 Ergebnis

bilden LXX Ps 33 und 49. Hier fällt auf, dass die sekundären freien Lesarten insbesondere in oberägyptischen Hsn. (einschließlich P. Bodmer IX in LXX Ps 33 und P. Bodmer XXIV in LXX Ps 49) bezeugt sind. Möglicherweise war hier generell ein freierer Umgang mit den Texten geläufig, der von Ergänzungen in den Überschriften (vgl. LXX Ps 49,1a-a) und kleinen Wortänderungen bis hin zur Herstellung von intertextuellen Bezügen und Ergänzungen ganzer Sätze reicht (vgl. LXX Ps 49,6b). Der Befund weist darauf hin, dass neben den weitverbreiteten Bestrebungen, den SeptuagintaPsalter an die hebräischen Texte anzupassen, parallel auch ein freier Umgang mit den Texten nicht unüblich war. Es handelt sich jedoch um punktuelle, editorische Eingriffe, die vor allem im oberägyptischen Gebiet Verbreitung fanden. Gegen eine Zuordnung der gegenüber dem Rahlfs-Text „freien“ antiochenischen Lesarten als eine sekundäre Revision spricht zum einen, dass sie nicht mit den o. g. oberägyptischen Hss. übereinstimmen und folglich nicht eine gemeinsame freie Revision widerspiegeln, und des weiteren, dass die Abweichungen keine Charakteristiken einer sinnvollen Revision darstellen (bei einer Revision ist von klar definierten Merkmalen auszugehen, die in einer hohen Quantität belegbar sind), sondern viel mehr eine Vielfalt an unterschiedlichen Merkmalen, die zudem nichts anderes als die Übersetzungstechnik der ursprünglichen Septuaginta widerspiegeln (anders als bei den o. g. oberägyptischen Hsn., die zu gewissem Grade ein eigenes Profil zeigen).

8.4

Ergebnisse zu ausgewählten Textformen und Hsn. des Psalters

8.4.1 Die antiochenische Textform Die antiochenische Textform spiegelt einen Text wider, der von der frühen hebraisierenden Rezension nahezu unberührt geblieben ist. Die Textform ist insbesondere in den jüngeren Hsn. erhalten, hat aber im Kodex Alexandrinus zumindest für einen Teil der Psalmen einen alten Zeugen (vgl. dazu im Hsn.Verzeichnis). Womöglich erhielt die hebraisierende Überarbeitung, die von Palästina ausging, bei den Tradenten der antiochenischen Textform nicht den gleichen Zuspruch, den sie in Ägypten fand (darauf weisen auch die Kirchenväterzitate bei Theodoret, der dem antiochenischen Text nahesteht). Die schwache Bezeugung in älteren Hsn. lässt sich womöglich daraus erklären, dass bei den aufwendig hergestellten Kodizes, die insbesondere den Gelehrten zum Studium dienten, vermutlich gern der damals als besonders fortschrittlich geltende hebraisierte Text aufgenommen wurde, während der antiochenische Text eher in Hsn. für den alltäglichen Gebrauch tradiert wurde, die nicht in der gleichen Sorgfalt hergestellt und verwahrt wurden und entsprechend heute nicht mehr existieren. Dass der antiochenische Text jedoch auch in der Zeit der großen Kodizes des 4. Jh. n. Chr. weitverbreitet und geläufig war, vermutlich sogar noch verbreiteter als der hebraisierte Text, dafür spricht das Zeugnis des Hieronymus aus dem 5. Jh. n. Chr. in seinem Brief an Sunnia und Fretela, der vom antiochenischen Text als dem allgemein bekannten Text spricht.

8.4.2 Der Kodex Vaticanus und Kodex Sinaiticus Kodex Vaticanus und Kodex Sinaiticus stimmen im untersuchten Textbereich weitestgehend miteinander überein. Die textkritische Untersuchung hat ergeben, dass sich deutlich eine isomorph hebraisierende Rezension in beiden Kodizes erkennen lässt, die herausgearbeitet werden muss, um zum ursprünglichen LXX-Psalter zu gelangen. Die antiochenische Textform stellt für die Psalmen die zu bevorzugende Textform dar.

8.4.3 Die oberägyptische Textform Dem oberägyptischen Text liegt ebenfalls ein hebraisierter Text zugrunde, der dieselbe isomorph hebraisierende Rezension bezeugt, die auch für den Kodex Vaticanus und Sinaiticus belegt ist. Er unterscheidet sich jedoch

338

8 Ergebnis

durch seine späteren „freien Überarbeitungen“ von den unterägyptischen Zeugen. Es lassen sich zahlreiche Eingriffe erkennen, in denen der Text stilistisch verändert wird oder Wörter und zum Teil sogar ganze Sätze aus anderen Texten ergänzt werden. Die späteren freien Überarbeitungen sind jedoch nur gelegentlich in allen oberägyptischen Textzeugen belegt, zumeist jedoch nur in vereinzelnten Handschriften, sodass fraglich ist, ob von einer oberägyptischen Textform gesprochen werden kann, da die Eingriffe weniger eine Revision als vereinzelte punktuelle editorische Eingriffe darstellen. Was die oberägyptischen Texte verbindet, ist ein freierer Umgang mit ihrem Septuagintatext und dem hebräischen Psalter. P. Bodmer IX und P. Bodmer XXIV stimmen häufig mit den oberägyptischen Hsn. gegen die restliche Überlieferung überein und sind als besonders alte Zeugen der „oberägyptischen Textform“ zu zählen.

8.4.4 P. Bodmer XXIV (Ra 2110) P. Bodmer XXIV repräsentiert die hebraisierte Textform, die auch in den anderen ägyptischen Zeugen belegt ist, jedoch in einer besonders ausgeprägten Form. An mehreren Stellen bezeugt sie als einzige Hs. eine Hebraisierung. Die Orientierung am hebräischen Text zeigt sich außerdem auch schon in der Psalmenzählung, die bis zu Psalm 86 dem Hebräischen folgt (vgl. unter 2.1 die Angaben zur Hs.). Auf der anderen Seite zeigt sie in einigen gegenüber dem MT freien Lesarten aber auch Verwandtschaft mit der oberägyptischen Textgruppe.

8.4.5 Oxyrhynchus P. 5101 (Ra 2227) Der Oxyrhynchus P. 5101 aus dem 1./ 2. Jh. n. Chr. ist ein wichtiger Zeuge für die vorhexaplarische hebraisierte Textform. Es handelt sich vermutlich um eine jüdische Hs., worauf unter anderem die Wiedergabe des Gottesnamen in althebräischer Schrift hindeutet. An mehreren Stellen bezeugt die Hs. zusätzliche Hebraisierungen und stellt insgesamt den am stärksten hebraisierten Text dar.

8.5

Fazit

Zunächst haben die Ergebnisse der Untersuchung die Wichtigkeit unterstrichen, auch den hebräischen Text und seine Überlieferung für die Erforschung des Septuaginta-Psalters mit einzubeziehen. Nicht wenige, unter anderem auch inhaltliche Abweichungen der griechischen Übersetzung ließen sich innerhebräisch erklären, z. B. durch verschiedene Möglichkeiten den Konsonantentext zu lesen, durch die Verwechslung hebräischer Buchstaben oder durch eine vom ursprünglichen Text abweichende hebräische Vorlage (vgl. 8.1). Entsprechende Abweichungen wurden herausgefiltert und sind nicht in die Darstellung der Übersetzungstechnik der Septuaginta mit eingeflossen, da es sich nicht um intendierte Abweichungen des Übersetzers handelt. Die Untersuchung der ausgewählten fünf Septuaginta-Psalmen hat das Bild einer am hebräischen Ausgangstext orientierten Übersetzung ergeben, die stilistisch jedoch viele Freiheiten aufweist und gelegentlich auch interpretative Eingriffe mit einschließt. Der Übersetzer besaß die Freiheit nicht nur bei schwer verständlichen oder theologisch anstößigen Stellen vom Ausgangstext abzuweichen, sondern den Text auch aus eigenen Motiven neu zu interpretieren (vgl. 8.2). Dass die interpretativen Eingriffe auf den ursprünglichen Übersetzer zurückgehen und nicht auf eine spätere Revision, zeigt sich z. B. häufig durch die einheitliche Bezeugung im Handschriftenbefund. In der handschriftlichen Überlieferung ließen sich im untersuchten Bereich (vor allem in den LXX Psalmen 49 und 103) insbesondere zwei Textformen unterscheiden. Die von Rahlfs als unter- und oberägyptisch bezeichneten Textgruppen, und somit die wichtigen alten Kodizes Sinaiticus und Vaticanus eingeschlossen, stehen häufig der antiochenischen Textform gegenüber, die in der Regel einen, in Relation zum Hebräischen, freieren Text bezeugt als die erstgenannten Zeugen.970 Auf der einen Seite steht eine verhältnismäßig frei übersetzende Textform und auf der anderen Seite ein Text, der darum bemüht war, das Hebräische nicht nur inhaltlich, sondern auch stilistisch möglichst wortgetreu wiederzugeben. Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit war die Annahme, dass aufgrund der neuen Erkenntnisse zu den frühen hebraisierenden Rezensionen (vgl. 1.1.3; 1.2.4) auch für die Psalmen eine solche frühe hebraisierende 970

Die Bezeugung in den antiochenischen Hsn. ist an den Stellen, bei denen sich die beiden Textformen gegenüberstehen, in der Regel einheitlich. Nur in LXX Psalm 103 geht die antiochenische Überlieferung an mehreren Stellen auseinander, vgl. dazu 7.4 und die Einzelanalyse zu LXX Psalm 103,6c. Die zwei Textformen sind insbesondere in den LXX Psalmen 49 und 103 sehr deutlich erkennbar. In den LXX Psalmen 8 und 33 ist eine Hebraisierung dagegen verhältnismäßig schwach belegt und in Psalm 2 überhaupt nicht, obwohl auch im LXX Psalm 2 durchaus viele Abweichungen vom hebräischen Text belegt sind, die Anlass für eine Hebraisierung gegeben hätten.

340

8 Ergebnis

Rezension möglich ist und folglich die antiochenischen Hsn. häufig den ursprünglichen Text bewahrt haben können, während der von Rahlfs bevorzugte Text der alten Kodizes eine rezensierte Textform darstellen könnte. In der hier vorliegenden Untersuchung der fünf ausgewählten Psalmen hat sich diese Annahme bestätigt. Zunächst ist in den wichtigen neuen Handschriftenfunden Oxyrhynchus P. 5101 (2. Jh. n. Chr.) und P. Bodmer XXIV (2./ 4. Jh. n. Chr.) deutlich eine frühe hebraisierende Bearbeitung erkennbar, welche sich, neben ihrer Nähe zum Text der alten Kodizes, insbesondere durch die singulären Hebraisierungen in den Hsn. gezeigt hat. Ihre Orientierung am hebräischen Text zeigt sich außerdem beim Oxyrhynchus P. 5101 in der Wiedergabe des Tetragramms in paläohebräischen Buchstaben und beim P. Bodmer XXIV in der Psalmenzählung, die (zumindest bis Ps 86) mit der hebräischen Zählung übereinstimmt. Des Weiteren ließ sich auch an einigen Stellen, bei denen sich im Handschriftenbefund die beiden Textformen gegenüberstanden, in den Einzelanalysen mit Hilfe von textkritischen Kriterien feststellen, dass die alten Kodizes einen hebraisierten Text bezeugen (vgl. insbesondere die Einzelanalysen zu den LXX Psalmen 34,21a-a; 49,10b; 103,4e-e.5a-a.6b)971. Folglich liegt die Annahme nahe, dass auch für die anderen Stellen, bei denen der antiochenische Text und die alten Kodizes auseinandergehen, mit einer umfassenden hebraisierenden Rezension in den unter- und oberägyptischen Textgruppen zu rechnen ist (vgl. 8.3.1; 8.4.1), welche in textkritische Erwägungen künftiger Forschungen am Septuaginta-Psalter mit einzubeziehen ist. Freie Lesarten sind jedoch nicht generell in jeder Handschrift/ Handschriften-Gruppe zu bevorzugen. In den oberägyptischen Hsn. sind mehrere freie Lesarten bezeugt, die zum Teil nur von einzelnen Hsn. belegt sind (z. B. die an mehreren Stellen abweichende Artikelsetzung in der Hs. U, vgl. 5.3.2.2c; vgl. auch 6.3.2.2c) oder die inhaltlich als sekundär zu identifizieren sind (z. B. die vermutlich christlichen Bearbeitungen, vgl. die Einzelanalysen zu LXX Psalm 49,4d.6b). Dies lässt vermuten, dass im oberägyptischen Bereich ein freierer Umgang mit dem überlieferten Text geläufig war und freie Lesarten in dieser Textgruppe eher als sekundär einzustufen sind als in der antiochenischen Textgruppe.

971

Für weitere Stellen, bei denen diese Untersuchung von Rahlfs’ rekonstruierten Text abweicht, der zumeist einen hebraisierten Text widerspiegelt, vgl. die Auflistungen jeweils zu Beginn der Kapitel 4.3.2; 5.3.2.; 6.3.2 und 7.3.2.

Literaturverzeichnis Alle Abkürzungen im Literaturverzeichnis richten sich nach „Abkürzungen Theologie und Religionswissenschaften nach RGG4, hg. von der Redaktion der RGG4, Tübingen 4 2007“. Die in den Fußnoten verwendeten Abkürzungen für die Literatur sind in den unten aufgeführten bibliographischen Angaben kursiv gesetzt. Für die Abkürzungen, die Handschriften oder Handschriften-Gruppen betreffen, s. im Handschriftenverzeichnis (Kapitel 2).

1

Textausgaben und Übersetzungen

Baillet, M. u. a., Les ‘petites grottes’ de Qumran, DJD III, Oxford 1962. Barns, J. W./ Kilpatrick, G. D., A New Psalms Fragment: PBA 43 (1964), 229–232. Bibliothecae Apostolicae Vaticanae Codex Vaticanus Graecus 1209. Bibliorum Sacrorum Graecorum Codex Vaticanus B: Facsimile-Ausgabe des Kodexes unter Einschluss der ergänzten Teile, Istituto Poligrafico e Zecca dello Stato, Rom 1999. Capelle, P., Le texte du Psautier latin, Collectanea biblica latina 4, Rom 1913. Cross, F. M. u. a., Qumran Cave 4.XII: 1–2 Samuel, DJD XVII, Oxford 2005. The codex Alexandrinus (Royal ms. 1 D v-viii) in reduced photographic facsimile. Old Testament, Part IV, I Esdras – Ecclesiasticus, Vorwort nebst Einleitung, welche das Problem der Schreiber und der Geschichte der Hs. behandelt, von T. C. Skeat, London 1957. Fernández Marcos, N./ Busto Saiz, J. R., El Texto Antioqueno de la Biblia Griega, Bd. I., 1–2 Samuel, TECC 50, Madrid 1989, Bd. II, 1–2 Reyes, TECC 53, Madrid 1992. Field, F., Origenis Hexaplorum quae supersunt sive veterum interpretum graecorum in toutm Vetus Testamentum fragmenta, tom. 1, fasc. 2: Prolegomena, Josua – Esther, Auctarium et Indices, Oxford 1874. Gabra, G. (Hg.), Der Psalter im oxyrhynchitischen (mesokemischen/ mittelägyptischen) Dialekt, Abhandlungen des Deutschen Archäologischen Instituts Kairo, Koptische Reihe 4, Heidelberg 1995. Garcia Martinez, F. u. a., Qumran Cave 11.II: 11Q2–18, 11Q20–31, DJD XXIII, Oxford 1998. Grabe, J. E. (Hg.), Vetus testamentum juxta Septuaginta interpretum: Quem Ex antiquissimo MS. Codice Alexandrino accurate descriptum, 4 Bde., Oxford 1707– 1720. Heinrici, G. F., Die Leipziger Papyrusfragmente der Psalmen, Beiträge zur Geschichte und Erklärung des Neuen Testaments 4, Leipzig 1903. Holmes, R./ Parsons, J. (Hg.), Vetus Testamentum Graecum cum variis Lectionibus, 5 Bde., Oxford 1798–1827. Holmes, R./ Parsons, J. (Hg.), Vetus Testamentum Graecum cum variis Lectionibus. Tomus Tertius, Oxford 1823. Kasser, R./ Testuz, M., Papyrus Bodmer XXIV, Psaumes XVII-CXVIII, Coligny – Genève 1967. Kraus, W./ Karrer, M., Septuaginta Deutsch. Das griechische Alte Testament in deutscher Übersetzung, Stuttgart 2009. (Abgekürzt mit LXX.D)

342

Literatur

Lagarde, P. A. de, Librorum Veteris Testamenti Canonicorum pars prior graece, Göttingen 1883. Lagarde, P. A. de, Genesis graece. E fide editionis Sixtinae, addita scripturae discrepantia e libris manu scriptis a se ipso conlatis et editionibus Complutensi et Aldina adcuratissime enotata, Leipzig 1868. Mitteis, L., Papyrus 39, in: ders. (Hg.), Griechische Urkunden der Papyrussammlung zu Leipzig 1, Leipzig 1906, 245–290. Novum Testamentum Graece, hg. v. B. Aland u. a., Stuttgart 282012. (Abgekürzt mit Nestle-Aland.) Novum Testamentum Graece. Editio Critica Maior, hg. vom Institut für neutestamentliche Textforschung Münster, Bd. IV: Die katholischen Briefe, hg. v. B. Aland u. a. , Teil 1: Text, Teil 2: Begleitende Materialien, Stuttgart 22013 Pietersma, A., The Edited Text of P. Bodmer XXIV, BASP 17 (1980). Pietersma, A., Two Manuscripts of the Greek Psalter, AnBib 77, Rom 1978, 36–39 +Plates. Pietersma, A.,The Acts of Phileas Bishop of Thmuis (Including Fragments of the Greek Psalter). P. Chester Beatty XV (With a new Edition of P. Bodmer XX, and Halkin’s Latin Acta). With Full Facsimile of the C. B. text: COr VII, Genève 1984. Pietersma, A./ Wright, B. G. (Hg.), A New English Translation of the Septuagint. And the other Greek Translations Traditionally Included under That Title, New York 2007. (Abgekürzt mit NETS.) Rahlfs, A., Genesis, Septuaginta: Vetus Testamentum Graecum I, Stuttgart, 1926. Rahlfs, A., Psalmi cum Odis, Septuaginta Societatis Scientiarum Gottingensis, Göttingen 1931. Rahlfs, A., Psalterii graeci quinquagena prima a Paulo de Lagarde in usum scholarum edita, Göttingen 1892. Rahlfs, A. (Hg.), Septuaginta. Id est Vetus Testamentum Graece iuxta LXX Interpretes. Vol.II: Libri poetici et prophetici, Stuttgart 1935. Rahlfs, A./ Hanhart, R., Septuaginta. Id est Vetus Testamentum graece iuxta LXX interpretes, Stuttgart 2006. (Abgekürzt mit RaHa) Sanders, H. A., Ann Arbor, University of Michigan, Inv. 22. III century. Papyrus. Contents: Ps 8:3–9; 9:7–17. Edition: John Garrett Winter/ u. a. (Hg.), Michigan Papyri 3, UMS.H 40, Ann Arbor 1936, 3–6. Stegmüller, O., Berliner Septuagintafragmente, Berliner Klassikertexte 8, Berlin 1939. Swete, H. B. (Hg.), The Old Testament in Greek according to the Septuagint, vol. 2, Cambridge 31907. (1. Aufl. 1891.) Swete, H. B. (Hg.), The Psalms in Greek, Cambridge 1889. Testuz, M., Papyrus Bodmer VII-IX. VII: L’Epître de Jude. VIII: Les deux Epîtres de Pierre. IX: Les Psaumes 33 et 34 (grec), Coligny-Genève 1959. Ulrich, E. u. a., Qumran Cave 4.XI: Psalms to Chronicles, DJD XVI, Oxford 2000. Ziegler, J. (Hg.), Ezechiel (Septuaginta. Vetus Testamentum Graecum Auctoritate Academiae Scientiarum Gottingensis editum 16,1), Gottingen 42015. (3. Aufl., mit einem Nachtrag von D. Fraenkel = S. 321–352.) Ziegler, J. (Hg.), Iob (Septuaginta. Vetus Testamentum Graecum Auctoritate Academiae Scientiarum Gottingensis editum 11,4), Gottingen 1982. Ziegler, J. (Hg.), Isaias (Septuaginta. Vetus Testamentum Graecum Auctoritate Societatis Litterarum Gottingensis editum 14), Gottingen 31983.

Literatur

2

343

Hilfsmittel

(Grammatiken, Lexika, Konkordanzen, weiteres) Aland, K., Kurzgefasste Liste der griechischen Handschriften des Neuen Testaments. In Verbindung mit Michael Welte, Beate Köster und Klaus Junack bearbeitet von Kurt Aland, ANTF1, Berlin 21994. Bauer, W. Griechisch-deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments und der frühchristlichen Literatur, bearbeitet von K. und B. Aland, Berlin 61988. (Abgekürzt mit BA.) Blass, F./ Debrunner, A., Grammatik des neutestamentlichen Griechisch, bearbeitet von F. Rehkopf, Göttingen 151979. (Abgekürzt mit BDR.) Ernst, A. B., Kurze Grammatik des Biblischen Hebräisch, Neukirchen-Vluyn 22010. Gemoll, W./ Vretska, K., Gemoll. Griechisch-deutsches Schul- und Handwörterbuch, München 102006. Georges, K. E., Der Neue Georges. Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch, Darmstadt 2013. Gesenius, W., Hebräisches und Aramäisches Handwörterbuch über das Alte Testament, begonnen von R. Meyer, bearb. und hrsg. von H. Donner, Berlin 182013. (Abgekürzt mit Gesenius.) Gesenius, W., Hebräische Grammatik, völlig umgearbeitet von E. Kautzsch, Leipzig 28 1909. (Abgekürzt mit GK.) Helbing, R., Grammatik der Septuaginta. Laut- und Wortlehre, Göttingen 1907. Helbing, R., Die Kasussyntax der Verba bei den Septuaginta. Ein Beitrag zur Hebraismenfrage und zur Syntax der κοινή, Göttingen 1928. Joüon, P./ Muraoka, T., A Grammar of Biblical Hebrew, Rom 2006. Lust, J. u. a., A Greek English Lexicon of the Septuagint. Stuttgart 22003. (Abgekürzt mit LEH.) Mayser, E., Grammatik der griechischen Papyri aus der Ptolemäerzeit mit Einschluss der gleichzeitigen Ostraka und der in Ägypten verfassten Inschriften, Bd. I,1-III,3, Berlin/ Leipzig 1906–1934, Nachdruck 1970. Muraoka, T., A Greek-English Lexicon of the Septuagint, Leuven 2009. Muraoka, T., A Greek-Hebrew/ Aramaic Two-way Index to the Septuagint, Leuven 2010. Pape, W., Handwörterbuch der griechischen Sprache. Griechisch-Deutsches Handwörterbuch. Bd. 1: Α-Κ, Braunschweig 31914. Pape, W., Handwörterbuch der griechischen Sprache. Griechsich-Deutsches Handwörterbuch. Bd. 2: Λ-Ω, Braunschweig 31914. Rahlfs, A./ Fraenkel, D., Verzeichnis der griechischen Handschriften des Alten Testaments, Bd. 1: Die Uberlieferung bis zum VIII. Jahrhundert, Septuaginta. Vetus Testamentum Graecum Auctoritate Academiae Scientiarum Gottingensis editum. Supplementum 1/1, Gottingen 2004. Thackeray, H. St. J., A Grammar of the Old Testament in Greek according to the Septuagint. Vol. I: Introduction, Orthography and Accidence, Cambridge 1909.

344

3

Literatur

Kommentare

Allen, L. C., Psalms 101–150, WBC 21, Waco 1983. Craigie, P. C., Psalms 1–50. With 2004 supplement by Marvin E. Tate, WBC 19, Nashville 22004. Gerstenberger, E. S., Psalms. Part 1 with an Introduction to Cultic Poetry, FOTL XIV, Grand Rapids 1988. Gunkel, H., Die Psalmen, HK II.2, Göttingen 51968. Hartenstein, F./ Janowski, B., Psalmen, BK XV/1.1, Neukirchen-Vluyn 2012. Hartenstein, F./ Janowski, B., Psalmen, BKAT XV/1.2, Neukirchen-Vluyn 2015. Hossfeld, F.- L./ Zenger, E., Die Psalmen I. Psalm 1–50, NEB.AT, Würzburg 1993. Hossfeld, F.- L./ Zenger, E., Psalmen 101–150, HThKAT, Freiburg u. a. 2008. Karrer, M./ Kraus, W. , Septuaginta Deutsch. Erläuterungen und Kommentare zum griechischen Alten Testament. Bd. II: Psalmen bis Daniel, Stuttgart 2011. (Abgekürzt mit LXX.E.II.) Kessler, H., Die Psalmen, übersetzt und ausgelegt von H. Kessler, München 1899. Kraus, H.-J., Psalmen 1–59, BKAT XV/1, Neukirchen-Vluyn 51978. Kraus, H.-J., Psalmen 60–150, BKAT XV/2, Neukirchen-Vluyn 51978. Oeming, M., Das Buch der Psalmen. Psalm 1–41, NSKAT 13/1, Stuttgart 2000. Oeming, M., Das Buch der Psalmen. Psalm 42–89, NSKAT 13/2, Stuttgart 2010. Oeming, M., Das Buch der Psalmen. Psalm 90–151, NSKAT 13/3, Stuttgart 2016. Seybold, K., Die Psalmen, HAT 1/15, Tübingen 1996. Tate, M. E., Psalms 51–100, Word Biblical Commentary 20, Dallas 1990. Weber, B., Werkbuch Psalmen I. Die Psalmen 1 bis 72, Stuttgart 2001. Weber, B., Werkbuch Psalmen II. Die Psalmen 73 bis 7, Stuttgart 2003. Wutz, F., Die Psalmen. Textkritisch untersucht, München 1925.

4

Sekundärliteratur

Aejmelaeus, A., Characterizing Criteria for the Characterization of the Septuagint Translators: Experimenting on the Greek Psalter, in: R. J. V. Hiebert u. a. (Hg.), The Old Greek Psalter. Studies in Honour of Albert Pietersma, JSOTSS 332, Sheffield 2001, 54–73. Aejmelaeus, A., „Rejoice in the Lord!“. A Lexical and Syntactical Study of the Semantic Field of Joy in the Greek Psalter, in: M. F. J. van Baasten/ W. van Peursen (Hg.), Hamlet on a Hill. Semitic and Greek Studies. FS Takamitsu Muaoka, OLA 118, Leuven 2003, 501–521. Aitken, J. K., Psalms, in: J. K. Aitken (Hg.): T&T Clark Companion to the Septuagint, London 2015, 320–334. Aland, B., Die Bedeutung des Codex Vaticanus für die frühe Kirchengeschichte, in: P. Andrist (Hg.), Le manuscrit B de la Bible (Vaticanus graecus 1209). Introduction au fac-similé, Actes du Colloque de Genève (11 juin 2001), Contributions supplémentaires, Lausanne 2009, 177-195. Albrecht, F., Das Zwölfprophetenbuch und seine Rezeption im frühen Christentum am Beispiel Justins des Märtyrers, in: J. de Vries/ M. Karrer (Hg.): Textual History and the Reception of Scripture in Early Christianity. Textgeschichte und Schriftrezeption im Frühen Christentum, SCS 60, Atlanta 2013, 349–357.

Literatur

345

Albrecht, F., Die alexandrinische Überlieferung und die Rezension des Hesych von Alexandrien in den Prophetenbüchern der Septuaginta, in: S. Kreuzer u. a. (Hg.), Die Septuaginta – Orte und Intentionen, WUNT 361, Tübingen 2016, 337–362. Albrecht, F., Die lukianische Rezension und ihre Bezeugung im Zwölfprophetenbuch, in: S. Kreuzer/ M. Sigismund (Hg.): Der Antiochenische Text der Septuaginta in seiner Bezeugung und seiner Bedeutung, DSI 4, Göttingen 2013, 87–108. Allgeier, A., Die Altlateinischen Psalterien; Prolegomena zu einer Textgeschichte der Hieronymianischen Psalmenübersetzungen, Freiburg 1928. Assmann, J., Die Zeugung des Sohnes, in: Assmann, J. u. a. (Hg.), Funktionen und Leistungen des Mythos. Drei altorientalische Beispiele, OBO 48, Freiburg 1982, 13–61. Austermann, F., Von der Tora zum Nomos. Untersuchungen zur Übersetzungsweise und Interpretation im Septuaginta-Psalter, MSU 24, Göttingen 2003. Baethgen, F., Der textkritische Werth der alten Uebersetzungen zu den Psalmen, JPTh 8 (1882), 405–459.593–667. Barr, J., The Typology of Literalism in ancient biblical translations, MSU 15, Göttingen 1979, 275–325. Barthélemy, D., Les Devanciers d’Aquila. Première Publication Integrale du Texte des Fragments du Dodécaprophéton Trouvés dans le Désert de Juda, précédée d’une Étude sur les Traductions et Recensions Grecques de la Bible Réalisées au Premier Siècle de Notre Ère Sous l’Influence du Rabbinat Palestinien, VT.S 10, Leiden 1963. Bergjan, S. P., Art. Theodoret von Cyrus, RGG4, Bd. 8, Tübingen 2005, 243f. Bons, E., Der Septuaginta-Psalter. Übersetzung, Interpretation, Korrektur, in: M Karrer u. a. (Hg.), Die Septuaginta – Texte, Kontexte, Lebenswelten, WUNT 219, Tübingen 2008, 450–470. Bons, E., Die Rede von Gott in den PsalmenLXX, in: E. Bons, Textkritik und Textgeschichte, FAT 93, Tübingen 2014, 31–50. Bons, E./ Brucker, R., Psalmoi/ Das Buch der Psalmen, in: S. Kreuzer (Hg.), Einleitung in die Septuaginta, LXX.H1, Gütersloh 2016, 333–353. Brock, S. Art. Bibelübersetzungen I. 3.2 Die altlateinischen Übersetzungen des Alten Testaments, TRE, Berlin 1980, 177f. Brock, S. Art. Bibelübersetzungen I. 4.1 Die Übersetzung ins Syrische. Altes Testament, TRE, Berlin 1980, 181–189. Boyd-Taylor, C./ Austin, P. C./ Feuerverger, A., The Assessment of Manuscript Affiliation within a Probabilistic Framework: A Study of Alfred Rahlfs’s Core Manuscript Groupings for the Greek Psalter, in: R. J. V. Hiebert/ C. E. Cox/ P. J. Gentry, The Old Greek Psalter. Studies in Honour of Albert Pietersma, JSOTSS 332, Sheffield 2001, 98–124. Brock, S., Art. Bibelübersetzungen I. 5 Die Übersetzung ins Koptische, TRE, Berlin 1980, 196–200. Brock, S., Rezension zu: S. Jellicoe, The Septuagint and Modern Study, Oxford 1968, in: JThS 20 (1969), 574–581. Brucker, R., Schritte auf dem Weg zu einer dokumentierten Übersetzung der Septuaginta. Ein Werkstattbericht am Beispiel des Psalters, in: S. Kreuzer/ J. P. Lesch (Hg.), Im Brennpunkt: Die Septuaginta. Studien zur Entstehung und Bedeutung der Griechischen Bibel, Bd. 2, Stuttgart 2004, 247–258. Brucker, R., Textgeschichtliche Probleme des Septuaginta-Psalters, in: S. Kreuzer u. a. (Hg.), Die Septuaginta – Entstehung, Sprache, Geschichte, Tübingen 2012, 79–97. Cheyne, T. K., The Origin and Religious Contents of the Psalter. In the Light of Old Testament Criticism and the History of Religions, London 1891. Colomo, D./ Henry, W. B., „5101. LXX, Psalms xxvi 9–14, xliv 9–14, xlvii 13–15, xlviii 6–21, xlix 2–16, lxiii 6-lxiv 5,“ in: A. Benaissa (Hg.), The Oxyrhynchus Papyri, vol. 77, Graeco-Roman Memoirs 98, London 2011, 1–11.

346

Literatur

Cordes, A., Die Asafpsalmen in der Septuaginta. Der griechische Psalter als Übersetzung und theologisches Zeugnis, HBS 41, Freiburg 2004. Cordes, A., Der Septuaginta-Psalter? Zur Geschichte des griechischen Psalmentextes und seiner Edition, in: E. Zenger (Hg.), Der Septuaginta-Psalter: Sprachliche und theologische Aspekte, HBS 32, Freiburg 2001, 49–60. Craigie, P. C., The Comparison of Hebrew Poetry. Psalm 104 in the Light of Egyptian and Ugaritic Poetry, Semitics 4 (1974), 10–21. Crüsemann, F., Studien zur Formgeschichte von Hymnus und Danklied in Israel, WMANT 32, Neukirchen-Vluyn, 1969, 285–306. Delitzsch, F. Studien zur Entstehungsgeschichte der Polyglottenbibel des Cardinals Ximenes, Leipzig 1871. Dogniez, C., Art. Bibelübersetzungen. I.1. Übersetzungen des Alten Testaments ins Griechische, RGG4, Bd. 1, Tübingen 1998, 1487–1491. Dorival, G., Der Beitrag der Kirchenväter zum Verständnis der Psalmenüberschriften aus philologischer Persepektive, in: M. Karrer u. a. (Hg.), Die Septuaginta – Texte, Kontexte, Lebenswelten, WUNT 219, Tübingen 2008, 471–486. Egan, P. T., Did Peter Change Scripture? The Manuscript Tradition of Greek Psalms 33– 34 and 1Peter 3:10–12, in: S. Kreuzer u. a. (Hg.), Die Septuaginta – Entstehung, Sprache, Geschichte, WUNT 286, Tübingen 2012, 505–528. Emmenegger, G., Der Text des koptischen Psalters aus Al-Mudil. Ein Beitrag zur Textgeschichte der Septuaginta und zur Textkritik koptischer Bibelhandschriften, mit der kritischen Neuausgabe der Papyri U und 2013, TU 159, Berlin 2007. Eriksson, L., „Come, children, listen to me!“. Psalm 34 in the Hebrew Bible and in Early Christian Writings, CB.OT 32, Stockholm 1991. Fischer, A. A., Der Text des Alten Testaments. Neubearbeitung der Einführung in die Biblia Hebraica von Ernst Würthwein, Stuttgart 2009. (Abgekürzt mit TAT.) Fernández Marcos, N., The Septuagint in Context. Introduction to the Greek Verion of the Bible, Leiden 2000. Flashar, M., Exegetische Studien zum Septuagintapsalter, ZAW 32, 1912, 81–116.161– 189.241–268. Frevel, C./ Zenger, E. (Hg.), Einleitung in das Alte Testament, Stuttgart 92016. Geiger, M./ Theis, S., Loben verleiht Flügel. Ein religionsdidaktischer Zugang zu den Lobgesängen im Psalter, in: B. Dressler/ H. Schroeter-Wittke (Hg.), Religionspädagogischer Kommentar zur Bibel, Leipzig 2012, 167–181. Gentry, P. J., The Greek Psalter and the καίγε Tradition: Methodological Questions, in: R. J. V. Hiebert u. a. (Hg.), The Old Greek Psalter: Studies in Honour of Albert Pietersma, JSOTSS 332, Sheffield 2001, 74–97. Granerød, G., A Forgotten Reference to Divine Procreation? Psalm 2:6 in Light of Egyptian Royal Ideology, VT 60 (2010), 323–336. Gregory, C. R., Textkritik des NT, Bd. 3, Leipzig 1909. Große-Brauckmann, Der Psaltertext bei Theodoret, MSU 3, Göttingen 1911. Guinot, J. N., Art. Theodoret von Kyrrhos, TRE, Bd. 33, Berlin 2002, 250–254. Gunkel, H., Die Psalmen, HK II.2, Göttingen 51968. Gzella, H., Lebenszeit und Ewigkeit. Studien zur Eschatologie und Anthropologie des Septuaginta-Psalters, BBB 134, Berlin/ Wien 2002. Hanhart, R., Fragen um die Entstehung der LXX, in: Studien zur Septuaginta und zum hellenistischen Judentum, FAT 14, Tübingen 1999, 22. (Erstveröffentlichung in: R. Hanhart, Fragen um die Entstehung der LXX, VT 12 [1962], 139–163.) Hanhart, R. Septuaginta, in: W. H. Schmidt u. a., Altes Testament. Grundkurs Theologie 1, Stuttgart 1989, 176–196. Harl, M. u. a. (Hg.), La Bible grecque des Septante. Du judaïsme hellénistique au christianisme ancient, Paris 21994.

Literatur

347

Hedley, P. L., The Göttingen Investigation and Edition of the Septuagint, HThR 26 (1933), 57–72. Hiebert, R. J. V., Syriac Biblical Textual History, in: R. J. V. Hiebert u. a., The Old Greek Psalter. Studies in Honour of Albert Pietersma, JSOTSS 332, Sheffield 2001. Hiebert, R. J. V., The „Syrohexaplaric“ Psalter, SCS 23, Atlanta 1989. Hiebert, R. J. V., The „Syrohexaplaric“ Psalter, in: A. Aejmelaeus/ U. Quast (Hg.), Der Septuaginta-Psalter und seine Tochterübersetzungen. Symposium in Göttingen 1997, MSU 24, Göttingen 2000, 123–146. Hofius, O., Neutestamentliche Studien, WUNT 132, 2000. Irigoin, J., Recherches sur le Diapsalma, in: P. Maraval (Hg.), Le Psautier chez les Pères, Cahiers de Biblia Patristica 4, Strasbourg 1993, 7–20. Jellicoe, S., The Hesychian Recension Reconsidered, in: JBL 82 (1963), 409–418. Jobes, K. H., Got milk? Septuagint Psalm 33 and the Interpretation of 1 Peter 2:1–3, WTJ 63, Philadelphia 2002, 1–14. Jobes, K. H., The Septuagint Textual Tradition in 1 Peter, in: W. Kraus/ R. G. Wooden (Hg.), Septuagint Research. Issues and Challenges in the Study of the Greek Jewish Scriptures, Leiden 2006, 311–334. Juckel, A., Art. Bibelübersetzungen. I.3. Übersetzungen in christliche orientalische Sprachen, RGG4, Bd. 1, Tübingen 1998, 1494–1497. Karrer, M., Epistle to the Hebrews and the Septuagint, in: W. Kraus/ R. G. Wooden (Hg.), Septuagint Research. Issues and Challenges in the Study of the Greek Jewish Scriptures, SCS 53, Atlanta 2006, 335–353. Kauhanen, T., The Proto-Lucianic Problem in 1 Samuel, DSI 3, Göttingen 2012. Kim, J., Die hebräischen und griechischen Textformen der Samuel- und Königebücher. Studien zur Textgeschichte ausgehend von 2 Sam 15,1–19,9, BZAW 394, Berlin 2009. Kinzig, W., Erbin Kirche. Die Auslegung von Psalm 5,1 in den Psalmenhomilien des Asterius und der Alten Kirche, AHAW.PHA, Jg. 1990, 2. Abhandlung, Heidelberg 1990. Kistemaker, S., The Psalm Citations in the Epistle to the Hebrews, Amsterdam 1961. Knauf, E. A., Hymnische Exegese. Der Psalter als Theologie des Alten Testaments: Fundamentale Einheit – Faszinierende Vielfalt. Jahrestagung des Vereins der Religionslehrerinnen und Religionslehrer an Gymnasien des Bistums Trier 1999, Trier 1999, 7–27. Koch, K., Der König als Sohn Gottes in Ägypten und Israel, in: E. Otto/ E. Zenger (Hg.), „Mein Sohn bist du“ (Ps 2,7). Studien zu den Königspsalmen, SBS 192, Stuttgart 2002, 1–32. Kooij, A. van der, Die alten Textzeugen des Jesajabuches. Ein Beitrag zur Textgeschichte des Alten Testaments, OBO 35, Freiburg/ Göttingen 1981. Kooij, A. van der, On the Place of Origin of the Old Greek of Psalms, in: VT 33 (1983), 67–74. Kooij, A. van der, The Septuagint of Psalms and the First Book of Maccabees, , in: R. J. V. Hiebert u. a. (Hg.), The Old Greek Psalter: Studies in Honour of Albert Pietersma, JSOTSS 332, Sheffield 2001, 229–247. Kooij, A. van der, Zur Frage der Exegese im LXX-Psalter. Ein Beitrag zur Verhältnisbestimmung zwischen Original und Übersetzung, in: A. Aejmelaeus/ U. Quast (Hg.), Der Septuaginta-Psalter und seine Tochterübersetzungen. Symposium in Göttingen 1997, MSU 24, Göttingen 2000, 366–379. Köckert, M. Literargeschichtliche und religionsgeschichtliche Beobachtungen zu Ps 104, in: R. G. Kratz u. a. (Hg.), Schriftauslegung in der Schrift. Festschrift für Odil Hannes Steck, BZAW 300, Berlin/ New York 2000, 259–279.

348

Literatur

Kreuzer, S., Der Antiochenische Text der Septuaginta. Forschungsgeschichte und eine neue Perspektive, in: S. Kreuzer/ M. Sigismund (Hg.), Der Antiochenische Text der Septuaginta in seiner Bezeugung und seiner Bedeutung, DSI 4, Göttingen 2013, 23– 56. Kreuzer, S., Die Bedeutung des Antiochenischen Textes für die älteste Septuaginta (Old Greek) und für das Neue Testament, in: M. Karrer (Hg.), Von der Septuaginta zum Neuen Testament, ANTF 43, Berlin 2010, 13–38. Kreuzer, S., Entstehung und Überlieferung der Septuaginta, in: ders. (Hg.), Einleitung in die Septuaginta, LXX.H1, Gütersloh 2016, 29–88. Kreuzer, S. (Hg.), Einleitung in die Septuaginta, LXX.H1, Gütersloh 2016. Kreuzer, S., From ‘Old Greek’ to the Recensions. Who and what caused the Change of the Hebrew Reference-Text of the Septuagint?, in: ders. (Hg.), The Bible in Greek. Translation, Transmission, and Theology of the Septuagint, SCS 63, Atlanta 2015, 64–77. Kreuzer, S., Old Greek, Kaige, and the Trifaria Varietas: A New Perspective on Jerome’s Statement, in: ders. (Hg.), The Bible in Greek. Translation, Transmission, and Theology of the Septuagint, SBL 63, Atlanta 2015, 219–230. Kreuzer, S., Towards the Old Greek: New Criteria for the Analysis of the Recensions of the Septuagint (Especially the Antiochene/ Lucianic Text and Kaige Recension), in: M. K. H. Peters (Hg.), XIII Congress of the International Organization for Septuagint and Cognate Studies Ljubljana 2007, SBL 55, Atlanta 2008, 239–254. Kreuzer, S., B or not B? The Place of Codex Vaticanus in textual history and in Septuagint research, in: J. Cook/ H.-J. Stipp (Hg.), Text-critical and Hermeneutical Studies in the Septuagint, VT.S 154, Leiden 2012, 69–96. Kreuzer, S., „Lukian redivivus“ or Barthélemy and beyond?, in: M. H. Peters (Hg.), Congress Volume Helsinki 2010, SBL.SCS 59, Atlanta 2013, 243–261. Kreuzer, S., Old Greek und Semi-kaige. Zur Frage hebraisierender Bearbeitung in den Nicht-Kaige-Abschnitten der Samuel- und Königebücher, in: K. de Troyer u. a. (Hg.), In the Footsteps of Sherlock Holmes. Studies in the Biblical Text in Honor of Anneli Aejmelaeus, CBET 72, Leuven 2014, 391–416. Kreuzer, S., Von der Vielfalt zur Einheitlichkeit. Wie kam es zur Vorherrschaft des Masoretischen Textes?, in: A. Vonach/ G. Fischer (Hg.), Horizonte biblischer Texte. Festschrift Josef Oesch, OBO 196, Göttingen/ Fribourg 2003, 117–129. Krüger, T., „Kosmo-theologie“ zwischen Mythos und Erfahrung. Psalm 104 im Horizont altorientalischer und alttestamentlicher „schöpfungs“-Konzepte, BN 68, 1993, 49–74. Lagarde, P. A. de, Anmerkungen zur griechischen Übersetzung der Proverbien, Leipzig 1863. Lagarde, P. A. de, Noch einmal meine Ausgabe der Septuaginta, in: P. A. de Lagarde, Mittheilungen 3, Göttingen 1889, 229—256. Lagarde, P. A. de, Vorbemerkungen zu meiner Ausgabe der Septuaginta, in: P. A. de Lagarde, Symmicta II, Göttingen 1880, 137–148. Lange, A., Handbuch der Textfunde vom Toten Meer. Die Handschriften biblischer Bücher von Qumran und den anderen Fundorten, Bd. 1, Tübingen 2009. Loewenstamm, S., The Historical Background to the Septuagint Translation of Psalm 29:5–6, in: ders., From Babylon to Canaan. Studies in the Bible and its Oriental Background, Jerusalem 1992, 280–291. Lugt, P. van der, Cantos and Strophes in Biblical Hebrew Poetry with Special Reference to the First Book of the Psalter, OTS 53 (2006). Lust, J., Messianism and the Septuagint. Collected Essays, Leuven 2004. Loretz, O., Psalmstudien: Kolometrie, Strophik und Theologie ausgewählter Psalmen, BZAW 309, Berlin 2002.

Literatur

349

Maiberger, P., Das Verständnis von Psalm 2 in der Septuaginta, im Targum, in Qumran, im frühen Judentum und im Neuen Testament, in: J. Schreiner (Hg.), Beiträge zur Psalmenforschung, FzB 60, Würzburg 1988, 85–151. Mandelbrote, S., English Scholarship and the Greek Text of the Old Testament, 1620– 1720: The Impact of Codex Alexandrinus, in: A. Hessayon/ N. Keene, Scripture and Scholarship in Early Modern England, Cornwall 2006, 94–115. Markschies, C., Art. Origenes, RGG4, Bd. 6, Tübingen 2003, 657–662. Moreschini, C., Art. Tertullian, RGG4, Bd. 8, Tübingen 2005, 172–174. Mühlenberg, E., Art. Augustin, RGG4, Bd. 1, Tübingen 1998, 959–967. Mühlenberg, E., Psalmenkommentare aus der Katenenüberlieferung, Bd. 1, PTS 15, Berlin/ New York 1975. Munnich, O., Etude lexicographique du Psautier des Septante, Paris 1982. Muraoka, T., The Infinitive in the Septuagint, in: L. Greenspoon/ O. Munnich, (Hg.), VIII Congress of the International Organization for Septuagint and Cognate Studies: Paris 1992. SBL.SCS 41. Atlanta 1995, 259–271. Nagel, P., Der sahidische Psalter – seine Erschließung und Erforschung 90 Jahre nach Alfred Rahlfs Studien zum Text des Septuaginta-Psalters, in: A. Aejmelaeus/ U. Quast, Der Septuaginta-Psalter und seine Tochterübersetzungen. Symposium in Göttingen 1997, MSU 24, Göttingen 2000, 82–96. Neuschäfer, B., Alteri saeculo. Paul de Lagardes ‚Lebensarbeit‘ an der Septuaginta, in: R. G. Kratz/ B. Neuschäfer, Die Göttinger Septuaginta. Ein editorisches Jahrhundertprojekt, MSU 30, 2013 Göttingen. O’Connell, S., From Most Ancient Sources. The Nature and Text-Critical Use of the Greek Old Testament Text of the Complutensian Polyglot Bible, OBO 215, Fribourg/ Göttingen 2006. Oegema, G. S., Der Gesalbte und sein Volk. Untersuchungen zum Konzeptualisierungsprozeß der messianischen Erwartungen von den Makkabäern bis Bar Koziba, SIJD, Bd. 2, Göttingen 1994 Olofsson, S., As a Deer Longs for Flowing Streams. A Study of the Septuagint Version of Psalm 42–43 in its Relation to the Hebrew Text, DSI 1, Göttingen 2011. Olofsson, S., Texts from Qumran and the Septuagint, in: S. Olofsson, Translation Technique and Theological Exegesis. Collected Essays on the Septuagint Version, CB.OT 57, Winona Lake 2009, 176–192. Olofsson, S., The Crux Interpretum in Ps 2:12, in: S. Olofsson, Translation Technique and Theological Exegesis. Collected Essays on the Septuagint Version, CB OT 57, Winona Lake 2009, 67–85. Olofsson, S., Kaige Group and the Septuagint Book of Psalms, in: S. Olofsson, Translation Technique and Theological Exegesis. Collected Essays on the Septuagint Version, CB OT 57, Winona Lake 2009, 134–175. Olofsson, S., The Septuagint and Jewish Interpretive Tradition, in: S. Olofsson (Hg.), Translation Technique and Theological Exegesis. Collected Essays on the Septuagint Version, CB.OT 57, Winona Lake 2009, 86–104. Orsini, P., I Papiri Bodmer: Scritture e libri, Adamantius 21 (2015), 60–77. Pietersma, A., Empire Re-Affirmed. A Commentary on the Greek Psalm 2, in: J. H. Ellens u. a. (Hg.): God’s Word for Our World II, Theological and Cultural Studies in Honor of Simon John De Vries, JSOT 389, London 2004, 46–62. Pietersma, A., Origens’s Corrections and the Text of P. Bodmer XXIV, Journal of Northwest Semitic Languages XIX (1993), 133-142. Pietersma, A., Ra 2110 (P.Bodmer XXIV) and the Text of the Greek Psalter, in: C. A. Boyd-Taylor, Question of Methodology. Albert Pietersma Collected Essays on the Septuagint, Biblical Tools and Studies 14, Leuven 2013, 57–85. (Erstveröffent-

350

Literatur

lichung in: D. Fraenkel u. a. (Hg.), Studien zur Septuaginta – Robert Hanhart zu Ehren, MSU 20, Göttingen 1990, 262–286.) Pietersma, A., Text-Production and Text-Reception: Psalm 8 in Greek, in: M. Karrer/ W. Kraus (Hg.), Die Septuaginta – Texte, Kontexte, Lebenswelten, WUNT 219, Tübingen 2008, 572–580. Pietersma, A., The Place of Origin of the Old Greek Psalter, in: M. Daviau u. a. (Hg.), The World of the Aramaeans I. Biblical Studies, FS Paul-Eugène Dion, JSOT.S 324, Sheffield 2001, 252–274. Pietersma, A., The Present State of the Critical Text of the Greek Psalter, in: A. Aejmelaeus/ U. Quast (Hg.), Der Septuaginta-Psalter und seine Tochterübersetzungen. Symposium in Göttingen 1997, MSU 24, 2000, 12–32. Pisano, S., A witness to the text of the New Testament, in: P. Andrist (Hg.), Le manuscrit B de la Bible (Vaticanus graecus 1209). Introduction au fac-similé, Actes du Colloque de Genève (11 juin 2001), Contributions supplémentaires, Lausanne 2009, 77-97. Quast, U., Einführung in die Editionsarbeit, in: A. Aejmelaeus/ U. Quast (Hg.), Der Septuaginta-Psalter und seine Tochterübersetzungen. Symposium in Göttingen 1997, MSU 24, Göttingen 2000, 387–399. Rahlfs, A., Der Text des Septuaginta-Psalters. Nebst einem Anhang: Griechische Psalterfragmente aus Oberägytpen nach Abschriften von W. E. Crum, Septuaginta-Studien II, Göttingen 1907. Rahlfs, A., Paul de Lagardes wissenschaftliches Lebenswerk im Rahmen einer Geschichte seines Lebens dargestellt, MSU 4, Berlin 1928. Rahlfs, A., Lucians Rezension der Königsbücher. Septuaginta-Studien III. Göttingen 1911. Rahlfs, A.: Septuaginta-Studien I-III, Göttingen 21965. Reider, J., An Index to Aquila, vervollständigt und bearbeitet von N. Turner, VT.S 12, Leiden 1966. Roberts, J. J. M., The Young Lions of Psalm 34.11, Biblica 54, Rom 1973, 265–268. Rösel, M., Die Psalmüberschriften des Septuaginta-Psalters, in: E. Zenger (Hg.), Der Septuaginta-Psalter. Sprachliche und theologische Aspekte, HBS 32, Freiburg 2001, 125–148. Saur, M., Die Königspsalmen. Studien zur Entstehung und Theologie, BZAW 340, Berlin/ New York 2004. Schäfer, C., Alfred Rahlfs (1865-1935) und die kritische Edition der Septuaginta. Eine biographisch-wissenschaftsgeschichtliche Studie, BZAW 489, Berlin/ Boston 2016. Schaper, J., Eschatology in the Greek Psalter, WUNT 2/76, Tübingen 1995. Schaper, J., Der Septuaginta-Psalter als Dokument jüdischer Eschatologie, in: M. Hengel/ A. M. Schwemer (Hg.), Die Septuaginta zwischen Judentum und Christentum, WUNT 72, Tübingen 1994, 38–61. Schaper, J., Der Septuaginta-Psalter. Interpretation, Aktualisierung und liturgische Verwendung der biblischen Psalmen im hellenistischen Judentum, in: E. Zenger (Hg.), Der Psalter in Judentum und Christentum, HBS 18, Freiburg 1998, 165–183. Schenker, A., Was heisst es, den hebräischen mit dem griechischen Bibeltext zu vergleichen?, in: R. G. Kratz/ B. Neuschäfer, Die Göttinger Septuaginta. Ein editorisches Jahrhundertprojekt, MSU 30, 2013 Göttingen, 155–184. Schnocks, J., Psalmen, Grundwissen Theologie, 2014 Paderborn. Schulz-Flügel, E., Art. Bibelübersetzungen. I.2. Übersetzungen ins Lateinische, RGG4, Bd. 1, Tübingen 1998, 1491–1494. Seeligmann, I. L., The Septuaginta Version of Isaiah. A Discussion of Its Problems, Leiden 1948. Seitz, C. R., Psalm 34: Redaction, Inner-Biblical Exegesis and the longer Psalm Superscriptions – „Mistake“ Making and Theological Significance, in: C. R. Seitz/ K. H.

Literatur

351

Richards (Hg.), The Bible As Christian Scripture. The Work Of Brevard S. Childs, SBL 25, Atlanta 2013, 279–298. Selwyn, E. G., The First Epistle of St. Peter, London 21947. Siegert, F., Zwischen Hebräischer Bibel und Altem Testament. Eine Einführung in die Septuaginta, MJSt 9, Münster 2001. Smith, Oxyrhynchus Papyrus 5101 (Ra 2227), JSCS 45 (2012). Soisalon-Soininen, I., Die Infinitive in der Septuaginta, AASF B. 132.1, Helsinki 1965. Sollamo, R., Renderings of Hebrew Semiprepositions in the Septuagint, AASF.DHL 19, Helsinki 1979. Spieckermann, H., Heilsgegenwart. Eine Theologie der Psalmen, FRLANT 148, Göttingen 1989, 21–49. Spieckermann, H., Rede Gottes und Wort Gottes in den Psalmen, in: K. Seybold/ E. Zenger (Hg.), Neue Wege der Psalmenforschung. Für Walter Beyerlin, HBS 1, Freiburg-Basel-Wien 1994, 157- 173. Stählin, G., Skandalon. Die Geschichte eines biblischen Begriffs, Gütersloh 1930. Swete, H. B., An Introduction to the Old Testament in Greek, Cambridge 1900. Timpanaro, S., Die Entstehung der Lachmannschen Methode, Hamburg 21971. (Autorisierte Übertragung aus dem Italienischen von D. Irmer) Tov, E., Die griechischen Bibelübersetzungen, ANRW II/20.1 (1987), 121–189. Tov, E., Textual Criticism of the Hebrew Bible, Minneapolis 32012. Tov, E., The Qumran Hebrew Texts and the Septuagint – An Overview, in: S. Kreuzer u. a. (Hg.): Die Septuaginta. Entstehung, Sprache, Geschichte, WUNT 286, Tübingen 2012, 3–17. Tov, E., The Texts from the Judaean Desert. Indices and an Introduction to the Discoveries in the Judaean Desert Series, DJD XXXIX, New York 2002. Tov, E., The Contribution of the Qumran Scrolls to the Understanding of the LXX, in: G. J. Brooke u. a. (Hg.), Septuagint, Scrolls and cognate writings, SBL.SCS, Atlanta 1992, 11–47. Uehlinger, C., Leviathan und die Schiffe in Ps 104,25–26, in: Biblica 71 (1990), 499–526. Venetz, H.-J., Die Quinta des Psalteriums. Ein Beitrag zur Septuaginta- und Hexaplaforschung, CMas 1.2, Hildesheim 1974. Weber, B., Der Asaph-Psalter – eine Skizze, in: B. Huwyler u. a. (Hg.), Prophetie und Psalmen. Festschrift für Klaus Seybold zum 65. Geburtstag, AOAT 280, Münster 2001, 117–142. Willgren, D., Like a Garden of Flowers. A Study of the Formation of the ‘Book’ of Psalms, Lund 2016. Weber, B., Die Buchovertüre Psalm 1–3 und ihre Bedeutung für das Verständnis des Psalters, OTE 23 (2010), 834–845. Wevers, J. W., The Rendering of the Tetragram in the Psalter and Pentateuch. A Comparative Study, in: R. J. V. Hiebert u. a. (Hg.), The Old Greek Psalter: Studies in Honour of Albert Pietersma, JSOTSS 332, Sheffield 2001, 21–35. Wilhelmi, G., Der Hirt mit dem eisernen Zepter. Überlegungen zu Psalm II 9, VT 27 (1977), 196–204. Wischmeyer, W., Art. Cyprian von Karthago, RGG4, Bd. 2, Tübingen 1999, 508f. Witetschek, S., Der Lieblingspsalm des Sehers. Die Verwendung von Ps 2 in der Johannesapokalypse, in: M. A. Knibb (Hg.), The Septuagint and Messianism, BEThL 195, Leuven 2006, 494–502. Wonneberger, R., Leitfaden zur Biblia Hebraica, Göttingen 21986. Wutz, F., Die Transkriptionen von der Septuaginta bis zu Hieronymus, BZWAT 34 (Neue Folge 9), Stuttgart 1933.

352

5

Literatur

Internetpublikationen

Faksimile-Ausgabe des Kodex Alexandrinus: http://www.bl.uk/manuscripts/Viewer.aspx?ref=royal_ms_1_d_viii_fs001r Risch, F. X., Das Verständnis von Diapsalma in der antiken Psalmenkommentierung, 2014, Internetpublikation: http://edoc.bbaw.de/volltexte/2014/2593/pdf/Die_Bedeutung_des_Diapsal_A.pdf Schellenberg, A., Kuss/ küssen, 2017: https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/24437/ The Codex Sinaiticus Project: http://www.codexsinaiticus.org/en/ Vries, J. de, Rezension zu: Olofsson, S., As A Deer Longs for Flowing Streams, A Study of the Septuagint Version of Psalm 42–43 in its Relation to the Hebrew Text, DSI 1, Göttingen 2011, in: TC 17 (2012), Internetpublikation: http://rosetta.reltech.org/TC/v17/TC–2012-Rev-Olofsson-deVries.pdf

Register 1

Altes Testament

Genesis 1.............................244 1,1............................35 1,6-8 ......................242 2,19 ............... 204, 275 3,24 .......................261 13,2 .......................147 14...........................309 14,14 ......................214 16...........................309 19,4 .......................118 19,17 ......................214 19,26 ......................214 20...........................132 21,25 ......................200 26...........................132 27...........................309 27,40 ........................76 31,33 ......................297 41,40 ........................89 49,17 ......................214 49,27 ......................225 Exodus 14,10 ......................214 19,5 .......................204 22,12 ......................225 24,5 ............... 195, 233 Levitikus 7,13 ............... 210, 226 11,6 .......................288 11,19 ......................286 25,23 ......................204 25,55 ......................204 26,13 ........................76 Numeri 3,13 .......................204 8,17 .......................204 25,3 .......................217 25,5 .......................217

Deuteronomium 7,24 .......................222 8,8 ..........................243 14,7 .......................288 Josua 8,20 .......................214 19,51 ........................84 22,22 ......................176 1. Samuel 8,20 .........................86 16,17ff ...................107 21,11 ......................131 21,11-14.................128 21,11-15......... 127, 128 24,9 .......................214 2. Samuel 1,17ff .....................107 2,20 .......................214 3,21 .......................135 3,25 .......................118 7, 12-16....................81 21,10 ......................204 22,1f.......................107 22,21 ........................90 22,25 ........................90 22,41 ......................109 23,1f.......................107 1. Könige 2,17 .......................204 6,1 ..........................213 2. Könige 9,18.19 ...................214 14,9 .......................204 1. Chronik 11........... 16, 29, 27, 41 17,7 .......................287 17,25 ......................222

23,4 .......................104 2. Chronik 2,1 ..........................104 16,5 .......................287 Esra 3,8 .......................104 Nehemia 9,15 .......................276 10,1 .......................178 10,29f.....................178 Hiob 4,6 ..........................227 4,7-11.....................147 5,10 .......................273 24...........................227 34,9 .......................215 35,10 ......................113 37,8 .......................297 38,8 .......................297 38,32 ......................306 Psalmen (nach hebr. Zählung) 1,1 ............................68 1,5............................41 1,6............................93 2 ............... 66-100, 172 2,1 ......................... 71f. 2,1-3 .........................69 2,1-9 .........................68 2,2 ..........................118 2,4 ..........................331 2,5 ............................80 2,6-9 .........................69 2,7 .................... 71, 172 2,8-9 .........................71 2,9 .............. 71, 85, 332 2,10-12.....................69 3,1 ..........................131

354 4,1..........................104 5,1..........................104 6,8.11 .....................111 7,3..........................225 7,10 ........................223 8..............101-125, 172 8,1.......... 179, 181, 249 8,2..........................253 8,4..........................172 8,5-7 ......................104 8,6..........................115 8,7.................. 104, 183 8,7.9 .......................172 8,8..........................300 8,9..........................207 9,4..........................214 10,7f. .....................155 11,1 ........................130 13,1 ........................105 14,1 ........................130 14,4 ........................233 18,4 ........................233 18,8 ........................265 18,41 ......................158 19,1 ........................105 21,6 ........................253 22,3.16 .....................45 22,24 ......................118 25,1 ........................130 25,7 ........................111 26,1 ........................107 26,8 ........................185 27,1 ........................107 28,1 ........................107 29,1 ........................115 29,4 ........................253 30,1 ........................107 30,9 ..........................45 31.............................54 33.............................54 33,18 ......................157 34....126-175, 236, 336 34,3 ........................194 34,4 ........................151 34,7........................140 34,8 ..........................93 34,9 ........................129 34,10 .............. 146, 195 34,11 ......................147 34,13-17 ................129 34,14 ......................151 34,17 ......................158

Register 34,18 ......................140 34,21 ......................129 35,4 ........................214 35,6 ........................331 35,20 ......................331 35,21 ......................331 35,25 ......................317 36,7 ........................205 37,1 ........................107 37,9 ........................158 38.............................54 39,6 ........................309 40,3.6.8.12 .............111 40,15 ......................214 43,1 ..............130, 181f. 44,3 ........................213 45,15 ......................214 48,1 ..................... 181f. 50......... 176-241, 333f. 50,1 ........ 130, 184, 336 50,3 ........................189 50,5 ........................145 50,6 .......... 47, 331, 336 50,8 ........................201 50,10 .............. 275, 292 50,11 .............. 278, 332 50,12 ......................204 50,22 ................... 331f. 51,18f.....................180 51,21 ......................202 51,21f.....................180 52,2 ........................132 55,15 ........................72 56,1 ........................130 56,2 ........................221 58,8 ........................257 63,9 ........................214 64,11 ......................200 65,2 ........................185 65,3 ..........................72 65,10-14.................310 65,12 ......................310 67,4.6 .....................299 68,22 ......................276 68,35 ......................253 68,36 ......................146 71.............................54 71,8 ........................253 75,3 ........................297 76,5 ........................187 76,13 ......................259 79,1 ........................182

80,1 ........................106 80,19 ......................213 80,15 ......................223 81...........................179 81,1 ................ 130, 182 82,1 ........................193 83,19 ......................176 84-89......................180 84,7 ........................269 84,8 ........................182 88,23f.42 ................111 89.............................69 89,6 ..................... 145f. 89,20-38...................69 89,39ff. ....................69 91,14-16.................229 91,16 .............. 229, 234 92,6 ........................252 95,6 ........................253 96,1 ........................131 96,10 ........................61 97,7 ..................... 114f. 97,9 ........................115 99,1 ........................130 100,2 ........................88 102,20 ....................314 102,20-21...............192 103...................... 245f. 103,1 ......................251 103,3 ........................50 103,5 ......................246 103,7 ........................50 103,10 ....................251 103,14 ....................246 104 ......... 55, 103, 242329, 331 104,4f. ....................331 104,10 ....................272 104,11 .... 204, 276, 332 104,13 .... 163, 276, 282 104,16 ............ 246, 332 104,20 ....................331 104,22 ............ 115, 331 104,24 ....................300 104,27 ....................299 104,28 ....................246 104,29 ....................246 104,29f. ..................115 105...........................55 106,28 ....................218 110...........................67 111,3 ......................253

Altes Testament 113...........................50 113,3 ......................183 113,3.13 .................184 118...........................55 118,17 ....................212 119.........................145 119,76.108 .............223 119,91....................309 122,8 ......................223 128,4 ........................76 135.........................247 135,5 ......................206 135,14 ....................177 138,1 ....................114f. 138,8 .............. 113, 115 139,16 ....................299 144,7 ......................192 145,5 ......................253 145,9 ......................309 145,12 ....................253 145,15 ..................305f. 146-150 .................68f. 146,2 ......................315 147.........................54f. 147,3 ......................161 148f. ........................68 148,11 ......................87 150,6 ........................68 Sprüche 10,24 ......................136 10,29 ......................227 12,2 .......................189 13,6 .......................227 30,26 ......................289 Prediger 3,11 .......................306 9,7f .......................243 Jesaja 34,15 ......................286

355 35,8 ............... 228, 236 45,23 ......................204 49,8 .........................84 61,1 .......................161 66,4 .......................136

Zefanja 1,12 ....... 192, 196, 238

Jeremia 2 .............................178 5,6 ..........................225 18,20 ......................222 21,13 ......................297 22,23 ......................286 30,23......................190 31,28 ......................286 37(44),20 ...............222 42(49),2 .................222

Judit 16,14 ......................300

Hesekiel 31,4 ............... 272, 273 31,6 .......................286 Daniel 2,47 .......................182 4,12 .......................286 4,21 .......................286 4,37 .......................182 9,23ff .....................105 Hosea 2,11 .......................306 Amos 6,5 ..........................107 Jona 1,4 ..........................190 Micha 4,3 ..........................201 4,11-13.....................67 6 .............................178

Maleachi 1,11 .......................183

Weisheit 12,17 ......................201 16,24 ......................300 19,6 .......................300 Jesus Sirach 1,15 .......................286 34,16 ......................157 35,15 ......................197 36,22 ......................282 1. Makkabäer 8,18 .........................76 8,31 .........................76 13,41 ........................76 2. Makkabäer 7,34 .........................72 3. Makkabäer 2,2 .........................72 3,25 .........................76 4,9 .........................76 5,6 .........................76 6,27 .........................76 4. Makkabäer 2,13 .......................201 12,2 .........................76

356

2

Register

Neues Testament

Matthäus 11,16 ........................88 21,16 .............. 104, 110 Johannes 19,36 ...... 129, 163, 164 Apostelgeschichte 4,25 ................... 70, 71 13,33 ....... 68, 70f., 82f. 1. Korinther 15,27 ...... 104, 116, 123 2. Korinther 11,27 ......................257 Galater 4,18 .........................88 Epheser 1,22 ....... 104, 116, 123 Hebräer 1,5.................... 70, 82f. 1,7..........................260 2,6................... 104,116 5,5..................... 70,82f. 1. Petrus 1,24 .......................151 2,3........ 129, 143f., 171 3,8-10 ....................150 3,10 ....... 149-152, 154, 155, 157 3,10-12 .. 129, 150, 151, 156, 171 3,11 ............... 151, 154 3,12 ....... 155, 156, 158 5,5 .......................151 Offenbarung 2,26-27 ......... 71, 84-86 12,5 ................. 71, 85f. 19,15 ................ 71, 85f.