Der Mittelrheinische Fabrikanten-Verein, 1869–1919: Eine Gedenkschrift zu seinem 50jährigen Bestehen zugleich ein Bild deutscher Wirtschaftsvertretung [Reprint 2021 ed.] 9783112455883, 9783112455876

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Der Mittelrheinische Fabrikanten-Verein, 1869–1919: Eine Gedenkschrift zu seinem 50jährigen Bestehen zugleich ein Bild deutscher Wirtschaftsvertretung [Reprint 2021 ed.]
 9783112455883, 9783112455876

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Der Mittelrheinische Faörikanten-Verem

1869-1919

Der Mittelrheinische Fabrikanten-Verein 1869-1919 Eine Gedenkschrift

zu seinem 50jährigen Bestehen zugleich ein Bild deutscher Wirtschaftsvertretung verfaßt von dem Geschäftsführer

Syndikus Dr. h. c. Paul Meesmann Mainz

Verlag von Alfred Topelmann in Gießen

1924

Made in Germany

von Munchow'sche Universitäts-Druckerei Otto Kindt Wwe., Gießen

Vorwort. Der Mittelrheinische Fabrikanten-Verein konnte Anfang des Jahres 1919 auf sein 50jähriges Bestehen zurückblicken. Dieser Tag wäre unter geordneten Verhältnissen wert gewesen, gefeiert zu werden, denn der Verein ist, wenn nicht der älteste überhaupt, so jedenfalls einer der ältesten industriellen Vereine in Deutschland. Sein Bezirk umfaßt eine der industriereichsten und auch durch Naturschönheiten ausgezeichnetsten Gegenden unseres Vaterlandes. Die fünfzig Jahre von 1869—1919 schließen die Geschichte des neuen Deutschen Reiches und damit den glänzendsten Teil der deutschen Wirtschaftsgeschichte in sich. Die Verhandlungen des Vereins wurden befruchtet nicht nur durch die Teilnahme vieler führender Männer der Industrie, sondern auch durch die Mitwirkung anderer hervor­ ragender Fachleute und von Vertretern der Wissenschaft, die die Vereinsleitung zu ihren Versammlungen heranzuziehen wußte. Dadurch erhoben sich die Verhandlungen weit über den üblichen Rahmen einer reinen Berufsvertretung und trugen dazu bei, die Wirtschaftsbelauge mit den allgemeinen kulturellen und nationalen Belangen zu verknüpfen. Die Verhandlungs­ berichte sind in seltener Vollständigkeit in den gedruckten „VereinsMitteilungen" erhalten und geben einen Überblick über die

wirtschaftlichen, sozialen und technischen Fragen, die das Zeit­ alter des deutschen Aufstiegs bewegten.

Gründe genug waren also vorhanden, das Jubiläum des Vereins zu begehen. Aber es fiel gerade in die Zeit des deutschen Zusammenbruchs. Man konnte nicht daran denken. Feste zu feiern, zudem war die Aufmerksamkeit der wirtschaft­ lichen Kreise auf die Umstellung der Wirtschaft gerichtet; der Geschäftsführung des Vereins mangelte es außerdem an Muße, die begonnene Bearbeitung einer Gedenkschrift zu vollenden. Jetzt möge wenigstens die Schrift nachträglich Kunde geben davon, was der Verein erstrebt, was er gewirkt und was er erreicht hat, sie möge aber auch ein Zeugnis sein für das gesamte wirtschaftliche und soziale Streben des kaiserlichen Deutschlands. Die Darstellung beschränkt sich auf das Allernotwendigste; eine Wirtschaftsgeschichte zu schreiben, konnte der Zweck der Schrift nicht sein. Die vom Verein bearbeiteten Fragen sind daher mehr angedeutet als behandelt, unter jedem Abschnitt sind aber die wichtigsten Verhandlungen über die einschlägigen Fragen unter Benennung der Vortragenden zusammengestellt mit Angabe der Zeit der Verhandlungen, so daß man auf diese zurückgreifen kann. Möge die kleine Schrift allen Freunden des Vereins eine willkommene Erinnerungsgabe sein. Weihnachten 1923.

Dr. h. c. Paul Mersmann.

Inhalts-Verzeichnis Seite

Vorwort............................................................................................ I. Gründung des Vereins, Organisation, Beziehungen zu anderen Körperschaften und zu den Behörden.....................................

5

9

II. Tätigkeit des Vereins. A. Wirtschaftsfragen.....................................................................14—50 1. Handelspolitik, Außenhandel und Kolonien.................. 14 2. Ausstellungen, Messen und Märkte................................ 19 3. Verkehrswesen........................................................................ 21 4. Bank-, Währungs- und Kreditwesen................................. 30 5. Wirtschaftslage und Organisation der Wirtschaft .... 31 6. Steuern und Abgaben......................................................... 36 7. Recht und Rechtspflege.................................................... 38 8. Privatverficherungswesen.................................................... 45 9. Bildungswesen und allgemeine Kulturfragen.................. 47 10. Wirtschaftliche Interessenvertretung................................. 48

B. Soziale Fragen......................................................................... 51—79

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Allgemeines...................................... 51 Soziale Wohlfahrtspflege und Wohnungswesen .... 53 Arbeiterschutz und Fabrikaufsicht...................................... 56 Arbeilsvertrag, Arbeitsstreitigkeiten und Arbeitsnachweis . 60 Fvrtbildungs- und Lehrlingswesen................................. 66 Soziale Versicherung......................................................... 69 Vereinigungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer.... 76

C. Technische Fragen

und Besichtigungen

D. Kriegsfragen....................................................................

80—85 86—90

Anlage. Vorsitzende, Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer des Vereins

93

I. Gründung des Vereins, Organisation, Beziehungen zu anderen Körperschaften und zu den Behörden. Nachdem schon im Jahre 1868 zwanglose Besprechungen von Fabrikanten verschiedener Industriezweige aus der Gegend von Mainz, Biebrich, Wiesbaden, Frankfurt a. Main usw. über gemeinsame Fragen stattgefunden hatten, trat am 29. Januar 1869 im Rheinischen Los zu Mainz eine Anzahl führender Persönlichkeiten der mittelrheinischen Industrie unter dem Vor­ sitze des Lerrn Geh. Lofrats Fresenius-Wiesbaden zur Grün­ dung einer Vereinigung zusammen. Als Zweck des Vereins wurde der „Meinungsaustausch der Mitglieder im Bereich ihres Faches, sowie die gemeinsame Verfolgung allgemeiner industrieller Interessen" bezeichnet. Als Sitz des Vereins wurde Mainz bestimmt. Auf Vorschlag des Äerrn Dr. GundlachMannheim wurde zur Aufstellung einer Satzung ein Aus­ schuß bestehend aus den Lerren: Eugen Albert-Biebrich, Dr. Vrüning-Köchst, Brentano-Mainz, Dr. Dietze-Mainz, G.Dyckerhoff - Biebrich, Direktor G ö ck e l - Frankfurt a. Main, Fr. Kalle-Biebrich, R. Koepp-östrich und Dr. Weiden­ busch-Wiesbaden gewählt. 50 Personen traten in der Ver­ sammlung dem Verein sofort bei. Der erste Vorstand bestand aus folgenden Lerren: Direktor Göckel-Frankfurt a. Main, Dr. Weidenbusch-Wiesbaden,

Lerm. Dietze - Mainz, Eugen Albert-Biebrich, D. BrentanoMainz, Dr. Brüning-Löchst, G. Dyckerhoff-Biebrich, Fr. Kalle-Biebrich, R. Koepp-östrich. Wie aus diesen Namen ersichtlich ist, waren es hauptsächlich Kreise der chemischen In­ dustrie, aus deren Anregung der Verein hervorgegangen ist. Schon bald nach der Gründung stellte sich der Verein größere Aufgaben und zwar sollte er dazu dienen (laut Jahres­ bericht für 1869): „Lebensfragen der Industrie vom praktischen Standpunkte aus zu beantworten." Der Verein sollte „nach innen zu einer Quelle des Nutzens und Segens, nach außen zu einer Macht gestaltet werden, die in allen großen wirtschaft­ lichen Fragen gehört werden muß". In den ersten Versammlungen kamen zur Behandlung: der Patentschutz, die Lebensversicherung der Arbeiter, die Dampfkeffelrevision. Im Laufe desselben Jahres wurden die „Mit­ teilungen" des Vereins geschaffen, die seither ununter­ brochen erschienen sind. Es zeigte sich sodann bald, daß die Arbeit des Vereins nicht geleistet werden konnte ohne einen Geschäftsführer von Beruf. Am 10.November 1869 wurde von einer außerordentlichen Generalversammlung die Anstellung eines Geschäftsführers beschloffen gegen eine Minderheit, die den Standpunkt vertrat, daß dem Zweck des Vereins durch Gedankenaustausch zwischen Fachgenossen vollkommen genügt werde; dazu bedürfe es nicht eines beamteten Sekretärs. Als erster Sekretär wurde Äerr Julius Schulze aus Karlsruhe der Versammlung vom 9. Februar 1870 vorgestellt. Der Verein wurde von einem Vorstand geleitet, der zu­ erst aus 9 Personen bestand, später aber bis auf 20 Personen erweitert wurde. Die Versammlungen des Vereins fanden in den ersten Jahren allmonatlich während des ganzen Jahres statt, vom Jahre 1878 ab trat in den Sommermonaten in der Regel von

Mai bis Oktober eine Pause ein. Die Versammlungen wurden meist in Mainz, im ersten Jahr in der Neuen Anlage, von 1870 bis Oktober 1882 im Bolandschen Saal in der Emeranstraße, von November 1882 bis Ende 1893 im alten Gutenberg­ kasino in der Schusterstraße; als dieses im Dezember 1893 ab­ gebrannt war, in der Liedertafel und von Dezember 1896 ab im neuen Gutenbergkasino in der Großen Bleiche abgehalten. Dazwischen fanden aber auch mehrfach Versammlungen in an­ deren Orten des Vereinsbezirks statt, so in Münster a. Stein, Offenbach a. Main, Lochheim, Mannheim, Darmstadt und Frankfurt, vom Jahre 1911 an wurden die Versammlungen abwechselnd in Mainz und Frankfurt (Lotel Frankfurter Los) abgehalten. Seit dem Jahre 1894 waren die Versammlungen des Vereins zugleich auch Mitgliederversammlungen der Süddeutschen Gruppe des Vereins deutscher Eisen- und Stahl-Industrieller, deren Geschäftsführung in denselben Landen lag. Der Bezirk des Vereins erstreckt sich auf Lessen, den Regierungsbezirk Wiesbaden einschließlich Frankfurt a. Main, die Bayerische Rheinpfalz und das benachbarte Gebiet der Rheinprovinz, des nördlichen Badens und rechtsrheinischen Bayerns. Indessen fand der Verein auch Mitglieder in weiter entfernten Gebieten, deren treue Anhänglichkeit besonders her­ vorgehoben sei. Die Zahl der Mitglieder betrug am Ende des ersten Jahres des Bestehens rund 100, am Ende des Jahres 1918: 370. An Beiträgen erhob der Verein nach Anstellung eines Sekretärs im Jahre 1871 8 Taler für einen Vertreter jeder Firma, 2 Taler für jeden weiteren Vertreter. Dieser Beitrag wurde im Jahre 1875 in 25 Mk. und 6 Mk. umgewandelt. Erst im Jahre 1917 fand eine Änderung statt, indem der Bei­

trag nach der Arbeiterzahl gestaffelt wurde.

Mehrfach hat der Verein die Bildung von Ortsgruppen erörtert, erstmals im Jahre 1872. Zeitweilig gehörten auch, Ende der 70er und in den 80er Jahren, Äandelsvereine in Offenbach, Darmstadt und Gießen körperschaftlich dem Verein als Mitglieder an. Ende des Jahres 1911 wurde die Frage der Bildung einer besonderen hessischen Gruppe erörtert. Man kam jedoch einstimmig zu der Ansicht, daß in solchen Gruppen­ bildungen die Gefahr einer Zersplitterung liege; sofern beson­ dere hessische Angelegenheiten vorlägen, könnten dieselben ge­ gebenenfalls in Sonderversammlungen der hessischen Mitglieder behandelt werden. Liernach wurde auch in der Folge verfahren. In den letzten 10 Jahren trat dem Verein eine Anzahl selbständiger Körperschaften, Handelskammern, örtliche Industrievereine und Behörden bei, wodurch sich der Wirkungskreis des Vereins wesentlich erweiterte. Ende des Jahres 1918 waren die folgenden Körperschaften seine Mitglieder: Handelskammern: Frankfurt a. Main, Wiesbaden. Industrievereine: Fabrikanten-Vereinigung Biebrich, Ver­ band der chemischen Industrie für Mainz und Umgebung, Gewerbeverein für Nassau, Arbeitgeberverein Dillenburg, Industrie-Vereinigung Worms, Verband Wiesbadener Industrieller, Vereinigung der Metallindustriellen von Mainz und Umgebung. Behörden: Provinzialdirektion Starkenburg, Stadt Mainz, Stadt Worms, Technische Hochschule Darmstadt. Zu anderen gleichartigen, insbesondere zentralen Ver­ bänden unterhielt der Verein stets rege Beziehungen. Im Jahre 1872 wurde er Mitglied des Deutschen Landelstags, an dessen Verhandlungen er sich regelmäßig beteiligte. Durch die im Jahre 1917 erfolgte Neuordnung des Äandelstags ver­ loren die freien Verbände sämtlich ihre Mitgliedschaft. Im Jahre 1882 erfolgte sein Beitritt zum Zentralverband

Deutscher Industrieller, nicht ohne Widerspruch aus Mit­ gliederkreisen, die hiervon die Festlegung des Vereins auf eine einseitige Wirtschaftspolitik befürchteten. Der damalige Vor­ sitzende rechtfertigte den Veitritt indessen mit der Begründung: „Der genannte Verband repräsentiere den größten Teil der deutschen Industrie und es liege im Interesse dieser wie des Vereins, diese Zusammenfassung zu einer noch mehr allgemeinen zu machen." Der Verein hatte die Mitgliedschaft niemals zu bereuen und war im Ausschuß des Zentralverbandes stets durch seinen jeweiligen Geschäftsführer vertreten. Dem langjährigen hochverdienten Geschäftsführer des Zentralverbandes, General­ sekretär Ä. A. Bueck, verdankt der Verein zahlreiche wichtige Vorträge und ein stets bereitwilliges Entgegenkommen. Als am Ende des Weltkrieges der Zentralverband mit dem Bund der Industriellen zu dem Reichsverband der deutschen Industrie verschmolz, übertrug der Verein seine Mitgliedschaft auf diesen und ist seitdem im Vorstand des Reichs­ verbandes durch seinen Vorsitzenden, im Äauptausschuß und in verschiedenen Ausschüssen durch seinen Geschäftsführer vertreten. Der Verein hat es wie in seinen eignen Verhandlungen so in denjenigen der zentralen wirtschaftlichen Körperschaften stets als seine vornehmste Aufgabe betrachtet, die Einigkeit innerhalb der Industrie zu Pflegen und die Interessen der In­ dustrie in diejenigen der gesamten Volkswirtschaft einzuordnen. Diesem Amstand konnte er es zuschreiben, daß er auch bei den Behörden in gutem Ansehen stand. Nicht nur daß er von diesen zu Gutachten aller Art herangezogen wurde, sondern er zählte auch Vertreter der Behörden, insbesondere der hessischen Ministerien, des Wiesbadener Regierungspräsidiums, der hes­ sischen Provinzial- und Kreisbehörden sowie der Städte zu seinen regelmäßigen und gern gesehenen Gästen. Dieses gute Verhältnis hat sich auch über die Zeit des Amsturzes hinaus erhalten.

II. Tätigkeit des Vereins. A. Wirtschaftsfragen. 1. Handelspolitik, Außenhandel und Kolonien. 3n Fragen der äußeren Handelspolitik hat der Mittel­ rheinische Fabrikanten-Verein stets den Standpunkt eingenommen, daß handelspolitische Grundsätze keine Dogmen sind, sondern daß sie sich den jeweiligen politischen und wirtschaftlichen Ver­ hältnissen des Landes anzupassen haben. Anfang der 70er Jahre herrschte wie in der Landwirtschaft so in der Industrie über­ wiegend die freihändlerische von den englischen Nationalökonomen vertretene Richtung. Ein Amschwung bereitete sich im Jahre 1875 vor, als die völlige Aufhebung der deutschen Eisenzölle vom Reichstag beschlossen wurde. Hiergegen wandten sich die Vertreter der Eisenindustrie, indem sie auf die dadurch entstehende verschärfte Notlage dieser Industrie gegenüber dem übermächtigen Wettbewerb Englands hinwiesen. Innerhalb des Vereins fand dieser Widerspruch volle Beachtung. Dr. Beck-Biebrich führte in einem Bericht im Jahre 1875 aus, wie verschieden die Verhältnisse in England und Deutsch­ land lägen, und kam zu dem Schluß: „So ist England sowohl durch seinen natürlichen Reichtum, als auch durch den Vorteil seiner Lage, die die billigsten Frachten ermöglicht, Deutschland in hohem Grade überlegen. Bei freier Konkurrenz muß deshalb Deutschland unterliegen."

„Nach alledem komme ich zu dem Schluß, daß eine Ver­ schiebung der beschlossenen Zollaufhebung für die Eisenindustrie ein Bedürfnis ist, daß schwere Schädigungen nicht diesem einen Industriezweig allein, sondern dem nationalen Wohl­ stand drohen, wenn jene Maßregel in so schwieriger Zeit, so ganz ungelegen, dennoch zur Durchführung gebracht wird. Was dadurch erreicht werden soll, ist ein geschätztes, un­ bestimmtes Gut, was sicher erreicht wird, ist ein schwerer, unmittelbarer Nachteil." Die von Bismarck im Zahre 1879 eingeleitete Politik maßvoller Schutzzölle fand bei dem Verein volle Zu­ stimmung, wenn auch gegen manche Einzelheit sich Wider­ spruch in den Kreisen der Mitglieder geltend machte. Der Verein beobachtete im übrigen in der Stellungnahme zu einzelnen Zollfragen Zurückhaltung, da bei der Verschiedenartigkeit der Interessen der in ihm vertretenen Industrien Widersprüche nicht zu vermeiden gewesen wären. Deren Ausgleich mußte den zentralen Körperschaften vorbehalten bleiben, an deren Arbeiten sich der Verein stets in diesem Sinne eifrig beteiligte. Die aus den verschiedenen Industriezweigen des Bezirks kom­ menden Wünsche wurden demgemäß bei den Verhandlungen über Zolltarife und Handelsverträge von ihm gesammelt, be­ arbeitet und den Zentralstellen vorgelegt. Mit voller Zustim­ mung unterstützte der Verein die Politik umfassender und lang­ fristiger Handelsverträge mit Meistbegünstigung, wie sie durch Caprivi 1892 eingeleitet und durch Fürst Bülow 1904 unter Herbeiführung eines stärkeren Schutzes der Landwirt­ schaft sowie unter größerer Zerlegung des Zolltarifs fortgesetzt wurde. Ebenso hat der Verein die Bestrebungen zur Herstel­ lung eines besonders engen Verhältnisses zu seinen östlichen Verbündeten, insbesondere Österreich-Angarn, wie sie namentlich während des großen Krieges zutage traten, grund-

sätzlich gutgeheißen. Er hat jedoch in mehreren Erklärungen darauf hingewiesen, daß eine solche Annäherung nicht so be­ schaffen sein dürfe, daß dadurch der Abschluß günstiger Äandelsverlräge zu anderen Ländern verhindert oder beeinträchtigt würde. Von Interesse ist, daß schon im Jahre 1885 das Mitglied Karl Schenk-Darmstadt, einen Vortrag im Verein hielt, der als Ziel der Handelspolitik den „Zusammenschluß der euro­ päischen Völker zu einem einheitlichen Zollgebiet" bezeichnete. Der Redner bemerkte dabei, er wisse wohl, daß seine Stimme vorläufig die eines Predigers in der Wüste sei! Er hat hierin bis heute Recht behalten. Die mangelhafte Vorbereitung der Zoll- und Handelsverträge gab, wie in der Industrie überhaupt, so im Verein häufig Gelegenheit zur Klage. Er trat deshalb dafür ein, daß rechtzeitig vor und während der Verhandlungen Sachverständige aus Industrie und Handel zugezogen würden. Durch Errichtung eines „Wirtschaftlichen Ausschusses" im Jahre 1897 wurde der Versuch einer Abhilfe gemacht. Leider ist aber dieser Versuch nicht zur vollen Befriedigung ausgefallen. Auch die Einrichtung und Tätigkeit des auswärtigen Dienstes war wiederholt Gegenstand von Verhandlungen und Vorschlägen des Vereins. So behandelte Syndikus Mers­ mann schon im Dezember 1901 die „Einrichtungen zur Hebung des auswärtigen Handels" eingehend und begründete die Not­ wendigkeit einer Ausgestaltung des Konsulaiswesens unter be­ sonderer Berücksichtigung der volkswirtschaftlichen Vorbildung der Konsularbeamten, die Entwicklung der Einrichtung der Handelssachverständigen, die Verbesserung des amtlichen Nach­ richtendienstes, die Unterstützung deutscher Handelskammern im Auslande, die Schaffung von Musterausstellungen. Derselbe Redner berichtete im Jahre 1905 über seine Erfahrungen auf diesen» Gebiet gelegentlich einer Studienreise in den Verei»»igten

Staaten von Nordamerika im Kerbst 1904 und wiederum im Jahre 1911 im Anschluß an eine Reise nach Südamerika. Seine Vorschläge fanden den Beifall des Vereins und wurden bei der Stellungnahme der zentralen Körperschaften verwertet. Im Jahre 1884 wurde die deutsche Kolonialpolitik ein­ geleitet. Ihr ging die Gründung eines Kolonialvereins voraus. Der Generalsekretär dieses Vereins, Dr. Jung-Berlin, hielt im Jahre 1883 im Verein einen Vortrag über die deutsche Kolonialfrage, der mit lebhaften» Beifall ausgenommen wurde und den Beitritt zahlreicher Mitglieder zur Folge hatte. Der Kolonialverein, dessen Wirken unser Verein mit warmer Teil­ nahme verfolgte, hat bis zum Ausbruch des großen Krieges eine segensreiche Tätigkeit für die koloniale Sache entfaltet.

Wichtigere Verhandlungen: 19. Oktober 1870. Einfluß der Einverleibung von ElsaßLothringen auf unsere industriellen Verhältnisse; Sekretär Schulze, Mainz. 13. Oktober u. 8. Dezember 1875. Handelspolitik, Eisenzoll; Sekretär Schulze, Mainz. 13. Dezember 1876. Reforin der deutschen Handelsstatistik; Sekretär Schulze, Mainz. 17. Januar 1877. Reform der deutschen Äandelsstatistik; Fa­ brikant Fritz Kalle, Biebrich. 16. April 1879. Neuer Zolltarifentwurf; Sekretär Dittmar, Mainz. 17. Januar 1883. Australien und seine kommerzielle Bedeutung für Deutschland; M. F. Bahse, Leipzig. 29. Januar 1883. Australien und Samoa; M. F. Bahse, Leipzig. 11. April 1883. Die deutsche Kolonialfrage; Dr. Emil Jung, Frankfurt.

13. Januar 1884. Reform des deutschen Konsularwesens; Generalsekretär Steinmann-Bucher, Köln. 18. März 1885. Die Exportverhältnifse Deutschlands; Fabri­ kant Karl Schenk, Darmstadt. 6. April 1893. Einsetzung eines ständigen Zollbeirats; Kom­ merzienrat Gustav Böhm, Offenbach. 18. November 1897. Die dermaligen internationalen zoll- und handelspolitischen Verhältnisse; Generalsekretär Bueck, Berlin. 12. Januar 1899. Die deutsche Handelspolitik des 19. Jahrhunderts; Prof. Dr. Biermer, Münster. 1. März 1900. Über den Entwurf einer neuen Anordnung

des Zolltarifs; Direktor Blümcke, Mannheim. 13. Dezember 1900. Die Entwicklung der deutschen Handels­ politik seit dem deutschen Zollverein; Prof. Dr. Gothein, Bonn. 17. Januar 1901. Die Getreidezölle; Prof. Dr. Biermer, Gießen. 11. April 1901. Der deutsch-englische Wettbewerb auf dem Weltmarkt; Dr. Alexander Tille, Berlin. 28. November 1901. Amerika als Mitbewerber auf dem Welt­ markt; Dr. Alexander Tille, Berlin. 12. Dezember 1901. Freihandel und Schutzzoll; Geh.RatProf. Dr. Gothein, Bonn. 12. Dezember 1901. Einrichtungen zur Lebung des auswärtigen Handels; Äandelskammersekretär Meesmann, Mainz. 11. Dezember 1902. AllgemeineHandelsvertragsklauseln;Rechtsanwalt Dr. Fuld, Mainz. 19. November 1903. Die Chamberlain'schen Einheitsbestre­ bungen im britischen Weltreich; Dr. Alexander Tille, Saarbrücken. 12. Januar 1911. Die gegenwärtige politische Lage in England; Prof. Dr. Biermer, Gießen.

9. März 1911. Die brasilianische Industrie und der deutsche Export; Landelssachverständiger Dr. Voß, Frankfurt, Syndikus Meesmann, Mainz. 21. Dezember 1911. Zollpolitik und Landelsverträge; Regierungsrat Dr. Schweighoffer, Berlin. 22. Februar 1912. Die Entwicklung der deutschen Kolonien in Afrika; Prof. Dr. Eckert, Köln. 23. April 1914. Die neuen Bestrebungen zur Förderung des Außenhandels; Syndikus Meesmann, Mainz. 23. April 1914. Die Entwicklung von Kanada; Syndikus Dr. Brandt, Düsseldorf.

2. Ausstellungen, Messen und Märkte. Die Stellung der deutschen Industrie zu der Veranstaltung von Ausstellungen war stets geteilt. Abgesehen von örtlichen und Fachausstellungen hat der Gedanke großer gewerblicher Ausstellungen bei ihr nie allgemeinen Beifall gefunden. Ins­ besondere ist der Plan einer in Deutschland abzuhaltenden Weltausstellung, der wiederholt zur Erörterung kam, stets auf überwiegende Ablehnung gestoßen und demgemäß auch nie ver­ wirklicht worden. Nach Lage der deutschen Verhältnisse war dieser Standpunkt wohl auch richtig. Dagegen hat die deutsche Industrie es niemals versäumt, sich mit den in anderen Ländern veranstalteten internationalen Ausstellungen eingehend zu be­ fassen und dieselben möglichst gut zu beschicken, weil sie in ihnen immerhin ein wichtiges Mittel zur Werbung erblicken mußte und hinter den Industrien anderer Staaten nicht zurückbleiben konnte. Bei der ersten derartigen Ausstellung, in Philadelphia 1876, hatte sie indessen einen entschiedenen Mißerfolg zu »er-

zeichnen. Das harte Arteil des deutschen Reichskommissars, Geheimrat Reuleaux: „billig und schlecht" führte aber zu einer Aufrüttelung der deutschen Industrie und erwies sich dadurch für die Folge als segensreich. Diese Auffassung kam auch in un­ serem Verein zum Ausdruck. Die Sorgfalt in der Technik nahm zu, die Güte trat immer mehr in den Vordergrund gegen­ über der Masse, und so erwarb sich bei den späteren Welt­ ausstellungen die deutsche Industrie in immer steigendem Maße die Anerkennnng aller Sachverständigen. Welche Beachtung die mittelrheinische Industrie den Welt­ ausstellungen zuwandte, beweist der Amstand, daß bei den spä­ teren Weltausstellungen meistens die deutschen Reichskommiffare als Vortragende in dem Verein auftraten, und daß mehrfach Ausschüsse gebildet wurden, die sich eingehend mit der Vor­ bereitung einer würdigen Beschickung beschäftigten. Über den Eindruck der Ausstellungen, so derjenigen von Chicago 1893, von St. Louis 1904 usw. erstatteten auch Besucher derselben in den Vereinsversammlungen Bericht. Die in Deutschland veranstalteten Fachausstellungen haben zwar das Interesse der Mittelrheinischen Industrie zum Teil auch lebhaft in Anspruch genommen, der Verein als solcher hatte aber keine besondere Veranlassung, sich mit der Vor­ bereitung zu ihnen zu beschäftigen, da dies Sache besonderer Organisationen war. Die Zunahme derartiger Ausstellungen gab aber im Laufe der Jahre zu starken Bedenken Anlaß. Der Verein begrüßte es deshalb, daß die deutschen zentralen Wirt­ schaftsverbände im Jahre 1906 eine Zentralstelle für das Ausstellungswesen schufen mit der Aufgabe, über die ge­ planten Ausstellungen die Industrie zu unterrichten, sie vor zwecklosen und unlauteren Veranstaltungen zu warnen und solche wenn möglich zu verhindern. Die Einrichtung hat sich als segens­ reich erwiesen.

Wichtigere Verhandlungen:

19. Januar 1870. Arbeiterausstellung in London; Patentanwalt Franz Wirth, Frankfurt a. Main. 10. April 1872. Wiener Weltausstellung; Fabrikant Ludwig Stark, Mainz. 13. Dezember 1876. Beschickung der Pariser Weltausstellung 1878; Sekretär Schulze, Mainz. 8. Juni 1880. Abhaltung einer Weltausstellung in Berlin 1885; Sekretär Dittmar, Mainz. 13. April 1881. Abhaltung einer deutschen Gewerbeausstellung in Berlin; Dr. Fritz Kalle, Biebrich. 16. Juni 1886. Abhaltung einer allgemeinen deutschen Industrie­ ausstellung 1888; Direktor Dittmar, Mainz. 13. November 1889. Die allgemeine deutsche Ausstellung für Unfallverhütung; Kommerzienrat Julius Römheld,Mainz. 25. Januar 1894. Die Weltausstellung in Chicago 1893; Johannes Klein, Frankenthal. 21. Oktober 1896. Die Weltausstellung in Paris 1900; Reichs kommifsar Geh. Negierungsrat Dr. Richter, Berlin. 14. Dezember 1899. Bericht über die Pariser Weltausstellung 1900; Reichskommifsar Geh. Regierungsrat Lewald, Berlin. 12. März 1903. Die Weltausstellung in St. Louis 1904; Reichskommifsar Geh. Negierungsrat Lewald, Berlin. 16. März 1905. Eindrücke von der Weltausstellung in St. Louis 1904; Syndikus Mersmann, Mainz.

3. Verkehrswesen. In den 60er Jahren hatte die Entwicklung des Eisen­ bahnwesens auf der Grundlage der privaten Unternehmungen in Deutschland große Fortschritte gemacht. Das System der

Privatgesellschaften führte aber notwendigerweise zu einer An­ gleichartigkeit im Betriebe, die sich für das Verkehrsleben störend fühlbar machte. Der Verein beantragte daher im Jahre 1871 beim Reichstag die Errichtung eines Reichsverkehrsmini­ steriums zur Ausübung der dem Reich nach Art. 41—47 der Reichsverfafsung zustehenden Aussichtsbefugnisse. Die Petitions­ kommission des Reichstags beschloß die empfehlende Aberweisung

der Eingabe an den Reichskanzler. Als im Jahre 1876 Bismarck die Überführung der Eisen­ bahnen auf das Reich vorschlug, gab Fritz Kalle seiner und vieler Mitglieder Ansicht in einer Versammlung des Vereins dahin Ausdruck: „daß zur Zeit die Nachteile des Staatsbahn­ systems die Vorteile überwiegen und daher nicht der Übergang zu diesem, sondern nur ein gutes Eisenbahnnetz, eine mächtige Reichsaufsichtsbehörde und eine vernünftige Entwicklung des Tarifwesens anzustreben seien. Bei dem Mangel anderer Ein­ nahmequellen des Reichs würden fiskalische Gesichtspunkte bei der Verwaltung der Bahnen durch das Reich in den Vorder­ grund treten; der Ausbau des Bahnnetzes werde darunter leiden, weil nur noch weniger rentable Linien zu bauen seien. Klagen über die Äöhe und Verschiedenheit der Tarife könne nur durch die Gesetzgebung abgeholfen werden, nicht mehr durch Kon­ kurrenz. Jetzt habe man eine Neichsaufsicht über die Privat­ bahnen, bei Reichsbahnen dagegen fehle die höhere Instanz. Dem Übergang aller Bahnen stünden auch finanzielle und poli­

tische Schwierigkeiten, ferner die Schädigung des Privatkapitals und eine wahrscheinliche Verschlechterung des Betriebs ent­ gegen. In zwei Menschenaltern werde der Gedanke verwirk­ licht werden müssen, sobald insbesondere Frankreich und Öster­ reich zum Staatsbahnsystem übergegangen seien. Dann beginne eine Konkurrenz von Land zu Land, in die Deutschland mit geschloffener Macht eintreten müsse. Bis dahin müsse unser

Bahnwesen mit Lilfe des Sporns der Konkurrenz besser und besser gestaltet werden. Den berechtigten Klagen aber sei ab­ zuhelfen durch ein Eisenbahnkonzessionsgesetz und ein Reichs­ eisenbahngesetz, das der zentralen Aufsichtsbehörde die ihr nach der Verfassung zustehende Machtbefugnis gibt, ferner dadurch, daß die preußische Staatsbahnverwaltung die Initiative zu einer den öffentlichen Interessen Rechnung tragenden Politik ergreife." Der Verein setzte damals einen Ausschuß zur näheren Prüfung der Frage ein und kam in seiner Versammlung vom 13. September 1876 zu folgender vermittelnden Stellung: 1. Die Eisenbahnen sind gemeinnützige Anstalten und als einheitliches Ganzes zu betreiben;

2. Dem Reichseisenbahnamt ist eine starke Aufsichts- und Anordnungsgewalt zu geben;

3. Die wichtigeren Bahnen sind durch das Reich zu be­ treiben, weshalb die Erwerbung der preußischen Bahnen durch das Reich zu begrüßen ist mit dem Vorbehalt, daß die Verwaltung nicht lediglich nach fiskalischen Grundsätzen und nicht ohne Zuziehung erfahrener Männer der ver­ schiedenen Interessentenkreise geschehe. Man kann wohl sagen, daß in vorstehenden Darlegungen int wesentlichen alle Gesichtspunkte zusammengesaßt sind, die nicht nur damals, sondern auch später für und gegen das Staats­ bahnsystem ins Feld geführt wurden.

Bismarcks Gedanke der Reichseisenbahnen kam damals nicht zur Verwirklichung. Dafür nahm Ende der 70er Jahre die preußische Regierung (in der Folge auch die übrigen deutschen Bundesstaaten) die Verstaatlichung der Privatbahnen in An­ griff und führte sie durch, bis im Jahre 1896 auch das letzte größere und für das mittelrheinische Gebiet wichtigste Bahnnetz der hessischen Ludwig-Eisenbahngesellschaft in Staatsbesitz und

zwar in die dann gegründete preußisch-hessische Eisenbahn­ gemeinschaft überging. Als die Verstaatlichung vollendet war, wachten die Bundes­ staaten ängstlich über die Wahrnehmung ihrer Äoheitsrechte und waren nicht geneigt, einer Zusammenlegung ihrer Bahnen zu einer Reichseisenbahngemeinschaft zuzustimmen. Dieser Ge­ danke wurde aber in den Wirtschaftskreisen wieder ausgenommen, als sich bei der engen Versiechtung der Verkehrs- mit den wirtschaftlichen Beziehungen aus der verschiedenen staatlichen Zugehörigkeit der Bahnen doch manche Anzuträglichkeiten er­ gaben, die auch durch die Reichsaufsicht, die einheitliche Ver­ kehrsordnung und das einheitliche Tarifsystem nicht beseitigt werden konnten. Anser Verein hat wohl als einer der ersten die Frage grundsätzlich wieder behandelt, indem er in seiner Versammlung vom 10. März 1910 auf Grund eines Vortrags des Lerrn Regierungsrats Endres sich dahin erklärte, daß er den Gedanken eines Zusammenschlusses der deutschen Bahnen auf föderativer Grundlage vom nationalen, volkswirtschaft­ lichen und finanziellen Standpunkt aus für außerordentlich be­ achtenswert halte und seine weitere Verfolgung durch alle be­ teiligten Kreise auf das dringendste empfehle. Erst nach der Revolution und zwar unter sehr schwierigen Amständen ist der Reichseisenbahngedanke in die Tat umgesetzt worden. Zweifellos hat die Verstaatlichung der Eisenbahnen in Deutschland — andere Staaten, wie insbesondere Frankreich, England und die Vereinigten Staaten sind dem Beispiel nicht gefolgt — sehr viele gute Wirkungen für die deutsche Wirt­ schaft gezeitigt; vom Standpunkte des Anternehmens selbst aber waren die Bahnen in Staatshänden niemals ein rentables Ge­ schäft und deshalb ist es verständlich, daß unter dem Druck einer gewaltigen wirtschaftlichen Notlage als Folge des Kriegs

und der Revolution ihre Zurückversetzung in die Land privater Gesellschaften in den Kreis der Erörterungen gezogen wurde. Dem oben wiedergegebenen Wunsche des Vereins nach Zuziehung erfahrener Männer der Praxis bei der Verwaltung der Staatsbahnen ist nur in sehr beschränkter Weise Rechnung getragen worden. 3m Zahre 1878 wurden die Bezirks­ eisenbahnräte und ein preußischer Landeseisenbahnrat geschaffen, Körperschaften, die sich aus Vertretern der Erwerbs­ stände zusammensetzten, aber nur die Befugnis hatten, sich gut­ achtlich über gewisse, insbesondere Tarif- und Fahrplanfragen zu äußern und Anträge zu stellen. Zu ihnen trat noch der Verkehrsausschuß bei der Tarifkommission der deutschen Eisenbahnen, dem die Bearbeitung der Tariffragen für alle deutschen Bahnen obliegt. In die Bezirkseisenbahnräte Frank­ furt a. M., Darmstadt (dieser bestand bis 1896) und auch in den ersten Jahrzehnten in den Bezirkseisenbahnrat Köln hatte der Verein regelmäßig einen Vertreter zu entsenden. Auf das Tarifwesen und die Eisenbahnverkehrs­ ordnung mit ihren zum Teil sehr wichtigen Bestimmungen hier einzugehen, fehlt es an Raum. Es muß in dieser Hinsicht auf die einzelnen Versammlungsberichte des Vereins verwiesen werden. Der zweite wichtige Verkehrszweig, die Binnenwasser­ straßen, beschäftigten den Verein ebenfalls lebhaft. Seitdem die Eisenbahnen aufgekommen waren, wandte man allerdings lange Zeit den Wasserstraßen nur geringe Aufmerksamkeit zu, weil man sie als durch das modernere Verkehrsmittel gewisser­ maßen überholt erachtete. Mit der Zeit gewann jedoch die Dampfschiffahrt immer mehr an Bedeutung und man erkannte, daß diese dem Wasserverkehr vor den Eisenbahnen manche er­ hebliche Vorzüge, insbesondere den des billigeren Betriebs, ver­ schaffte. Das gilt vor allem von den natürlichen Wasser-

straßen und unter diesen wieder in erster Linie vom Rhein, den in schiffbarem Zustande zu erhalten die Aferstaaten sich in der Rheinschisfahrtsakte vom Zahre 1868 ausdrücklich ver­ pflichtet hatten. Man erkannte mit der Zeit aber auch die Notwendigkeit des Ausbaus der künstlichen Wasser­ straßen, teils als Verbindungsglieder der schiffbaren Flüsse, teils als selbständiger Verkehrsmittel. Der Verein hat die Wasserstraßen immer in ihrer prak­ tischen Bedeutung gewürdigt und sich für sie eingesetzt, ins­ besondere indem er an den Arbeiten des Zentraloereins für die deutsche Binnenschiffahrt und des Vereins zur Wahrung der Rheinschiffahrtsinteressen tätigen Anteil nahm. Die Ver­ staatlichung des Binnenschiffahrtsbetriebs lehnte er als der Natur dieses Betriebs durchaus widersprechend ab, mit der­ selben Entschiedenheit aber auch die Einführung von Schiff­ fahrtsabgaben auf den natürlichen Wasserstraßen, wie sie von Preußen im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts an­ gestrebt wurde. Er gab gewissermaßen das Zeichen zu einem scharfen Kampf gegen diese Bestrebungen, indem er Bergrat Gothein im Jahre 1904 und Professor Gothein im Jahre 1905 zu Vorträgen veranlaßte, die sich entschieden gegen die Ver­ staatlichung des Betriebs und gegen die Abgaben auf den natürlichen Wasserstraßen richteten. Von den zentralen Körper­ schaften ausgenommen, hatten die Abwehrbemühungen im we­ sentlichen auch vollen Erfolg. Der dritte Verkehrszweig, das Post-, Telegraphenund Fernsprechwesen ist von vornherein im neuen Deutsch­ land in den Länden des Reichs gewesen, wozu es sich auch am meisten eignete. Die Reichspost unter der Leitung fähiger Staatssekretäre und insbesondere seines ersten hervorragenden Staatssekretärs Stephan ist vielfach vorbildlich für andere Länder gewesen und hat die Bedürfnisse des Verkehrslebens

stets befriedigt. Der Verein hatte daher auch weniger Anlaß, sich mit diesem Verkehrsgebiet zu beschäftigen. Wichtigere Verhandlungen:

13. Juli 1870. Haftpflicht der Eisenbahnen; Sekretär Schulze, Mainz. 11. Januar 1871. Störungen im Eisenbahnverkehr; Fabrikant Fritz Kalle, Biebrich. 8. März 1871. Eisenbahnmißstände; Sekretär Schulze, Mainz. 12. April 1871. Gründung eines Vereins zur Nachprüfung der Eisenbahnfrachten; Sekretär Schulze, Mainz. 14. Februar 1872. Eisenbahnmißstände; Sekretär Schulze, Mainz. 16. April 1873. Wagenraum- und Kollotarif; Sekretär Schulze, Mainz. 10. Dezember 1873, 8. April u. 13. Mai 1874. Erhöhung der Eiseubahntarife; Sekretär Schulze, Mainz. 10. Juni 1874. Paket- und Geldbriefporto; Dr. Weidenbusch, Wiesbaden. 10. Februar 1875. Eisenbahntariferhöhung; Dr. Brüning, Höchst. 14. April 1875. Eisenbahntarifreform; Generalsekretär B u e ck, Düsseldorf. 9. Februar. 12. April, 10. Mai u. 13. September 1876. Über­ gang der Eisenbahnen auf das Reich; Sekretär Schulze, Mainz. 14. Februar, 14. März u. 8. August 1877. Das Eisenbahn­ gütertarifwesen; Sekretär Schulze, Mainz, Sekretär Dittmar, Mainz. 8. Juni 1880. Einsetzung eines Eisenbahnschiedsgerichtes; Sekretär Dittmar, Mainz; Dr.Fritz Kalle, Biebrich.

13. April 1881. Herbeiführung eines Binnenschiffahrtgesetzes; Direktor Sieger, Mainz. 15. Februar 1882. Gesetzentwurf betr. Eisenbahnräte; Sekretär Dittmar, Mainz. 21. Januar 1885. Eisenbahnverkehrsreglement; Sekretär Dittmar, Mainz. 8. Juni 1887. Ermäßigung der Fernsprechgebühren; Fabrikant Franz Fehr, Wiesbaden. 11. Dezember 1889. Reformvorschläge für einen Eisenbahn­ zonentarif; Dr. Perrot, Mainz. 11. März 1891. Negierungsentwurf einer Eisenbahnpersonen­ tarifreform ; Direktor Dittmar, Mainz. 6. April 1893. Entwurf eines Binnenschiffahrtsgesetzes; Kommerzienrat Peter Melchers, Mainz. 12. Mai 1893. Am Ende des Verkehrsjahrhunderts; Paul Dehn, Berlin. 9. März 1899. Eisenbahntarife und der neue Stückguttarif; Eisenbahndirektor Schönfeldt, Lippstadt. 9. November 1899. Die Befreiung des Rheins im 19. Jahr­ hundert; Prof. Dr. Gothein, Bonn. 11. Januar 1900. Die Aufgaben der deutschen Kanalpolitik; Prof. Dr. Biermer, Greifswald. 9. Mai 1901. Die Reform der Personentarife; Eisenbahn­ direktor Schönfeldt, Lippstadt. 9. Januar 1902. Der Reichseisenbahngedanke; Prof. Dr. Biermer, Gießen. 13. März 1902. Eisenbahnen und Wasserstraßen; Eisenbahn­ direktor Schönfeldt, Lippstadt. 11. Dezember 1902. Tarifbildung auf Wasserstraßen; Prof. Dr. Gothein, Bonn. 9. April 1903. Die sächsische Personentarifreform; Eisenbahndirektor Schönfeldt, Lippstadt.

10. Dezember 1903. Schiffahrtsabgaben; Direktor Dittmar, Mainz. 21. April 1904. Aber Eisenbahnunfälle; Eisenbahndirektor Schönfeldt, Lippstadt. 8. Dezember 1904. Die Verstaatlichung des Binnenschiffahrts­ betriebs und die Schiffahrtsabgaben; Bergrat Goth ein, Breslau. 12. Januar 1905. Eisenbahntarifreformen und ihre Hinderniffe; Prof. Dr. Gothein, Heidelberg. 9. November 1911. Der Stand der Schiffahrtsabgabenfrage; Prof. Dr. Gothein, Heidelberg. 12. April 1906. Die Betriebsmittelgemeinschaft der Eisen­ bahnen; Eisenbahndireklor Schönfeldt, Lippstadt. 11. Oktober u. 8. November 1906. Entwurf einer neuen Eisen­ bahnverkehrsordnung; Syndikus Meesmann, Mainz. 12. Dezember 1907. Die Seeinteressen Süd- und Südwest­ deutschlands und die Bedeutung der Nordseehäfen; Prof. Dr. Eckert, Köln. 13. Januar 1910. Der gegenwärtige Stand der Schiffahrts­ abgabenfrage; Syndikus Meesmann, Mainz. 10. März 1910. Die deutsche Eisenbahnfrage; Regierungsrat a. D. Endres, Mannheim.15. Dezember 1910 u. 9. März 1911. Gesetzentwurf über Aus­ bau der Wasserstraßen und Schiffahrtsabgaben; Syndikus Meesmann, Mainz. 17. Februar 1916. Ausbau des Donau — Main — Rhein-Ver­ kehrs ; Fabrikant Dr. Büchner, Darmstadt. 1. März 1917. Der Rhein—Donau-Wasserweg; Landtags­ abgeordneter Held, Regensburg.

4. Bank-, Währungs- und Kreditwesen. Die Währungsfrage spielte nach der Reichsgründung sofort eine große Rolle. Sie wurde gelöst durch die Einführung der Goldwährung auf Grundlage der Reichsmark und durch die Errichtung einer Reichsbank als Zentralinstitut für die Rege­ lung des Geldumlaufs und die Sicherung der Währung. Diese Lösung fand die volle Zustimmung wie der deutschen Industrie so auch des Vereins. Zn den 90er Jahren des vorigen Jahr­ hunderts entstand aber unter dem Einfluß währungspolitischer Vorgänge des Auslandes eine nicht unbeträchtliche Bewegung zur Änderung der Goldwährung nach der Richtung einer Doppel­ währung. Die ungemein große Schwierigkeit des Problems ließ es dem Verein geraten erscheinen, im Laufe der Jahre maßgebende Vertreter der verschiedenen Währungsrichtungen bei sich zu Wort kommen zu lassen; es seien darunter nur er­ wähnt die Namen Äelfferich, Biermer, Alexander Meyer, Adolf Wagner, Prof, jöuber. Der Verein schöpfte aus den geführten Verhandlungen die Überzeugung, daß kein Anlaß vorliege, einer Änderung unserer Währung das Wort zu reden,

die sich dank ihrer sicheren Unterlage und dank der sachgemäßen Leitung der Reichsbank bis zum Ende des Weltkrieges be­ währt hat.

Wichtigere Verhandlungen: 13. Dezember 1876 u. 14. Februar 1877. Reform des Kredit­ wesens; Sekretär Schulze, Mainz. 13. März 1878. Frankfurter Kreditreformtag; Sekretär Dittmar, Mainz. 5. Mai 1886. Die Währungsfrage; Generalsekretär Bueck, Berlin. 1. Dezember 1892. Entwurf eines Scheckgesehes; Rechts­ anwalt Laeuser, Löchst a. Main.

26. Januar 1893. Die Währungsfrage; Dr. Lans Kiefer, Köln. 22. Februar 1893. Einführung der mitteleuropäischen Zeit; Kommerzienrat Julius R ö m h e l d, Mainz. 18. April 1894. Silberwert und Währungsfrage; Reichstags­ abgeordneter Dr. Alexander Meyer, Berlin. 3. Dezember 1896. Die Währungsfrage; Prof. Dr. Biermer, Münster, Dr. Lelfferich, Neustadt a. d. L>. 9. Dezember 1897. Die Organisation der deutschen Reichs­ bank; Neichstagsabgeordneter M. Brömel, Berlin. 14. April 1898. Die deutsche sogenannte Goldwährung und der Bimetallismus; Geheimrat Prof. Dr. Adolf Wagner, Berlin, Prof. Dr. Äuber, Stuttgart. 10. Februar 1899. Das deutsche Bankgesetz und die Reichs­ bank; Redakteur W. Jutzi, Köln. 7. Februar 1900. Der deutsche Geldmarkt im Jahre 1899; Redakteur W. Jutzi, Köln. 15. Januar 1903. Die Entwicklung des deutschen Notenbank­ wesens; Prof. Dr. Biermer, Gießen. 11. Januar 1906. Die gegenwärtigen Finanzen Rußlands; Prof. Dr. Biermer, Gießen. 25. Januar 1912. Teuerung und Geldwert; Prof. Dr. Biermer, Gießen.

5. Wirtschaftslage und Organisation der Wirtschaft. Die Wirtschaftslage eines hoch entwickelten Landes ist ganz wesentlich abhängig von der Versorgung mit Kohlen und Eisen und von den Preisen dieser Erzeugnisse. Bekanntlich besitzt Deutschland sehr reiche Kohlenlager und zwar sowohl an Stein- wie an Braunkohlen, dagegen sind die Erzlagerstätten so gering, daß ein großer Teil des Bedarfs vom Auslande,

französisch-Lothringen, Schweden und Spanien, gedeckt werden muß. Die Ausbeutung der deutschen Kohlen- und Erzlager­ stätten liegt zum größten Teil in den Länden der Privat­ unternehmungen, zum kleinen Teil auch in der Land des Staates. Trotz des Reichtums an Kohlen hat die Versorgung der deutschen Industrie mit diesem wichtigen Lebensstoffe indessen von Zeit zu Zeit Anlaß zu Klagen gegeben, namentlich dann, wenn bei einer einsehenden Lochkonjunktur der Industriebedarf stark stieg und die Förderung nicht folgen konnte. Auch die Preise wurden alsdann ein Gegenstand von Angriffen gegen den Kohlenbergbau und es fehlte nicht an Stimmen, die immer wieder gesetzliche Maßnahmen zur Regelung des Kohlenverkehrs oder gar eine Verstaatlichung des ganzen Kohlenbergbaues ver­ langten. Nun hatte der Staat, insbesondere der preußische, bereits eine Reihe von Kohlengruben seit langem erworben und betrieb sie, an der Saar hauptsächlich, aber auch in Westfalen. Die Erfahrungen haben unzweideutig erwiesen, daß der staat­ liche Betrieb nicht nur wesentlich teuerer ist wie der Privat­ betrieb und demgeniäß geringere Überschüsse wie dieser abwirft, zum Teil sogar ganz unrentabel ist, sondern daß auch die An­ gestellten und Arbeiter bei ihm durchschnittlich geringer bezahlt werden. Aber auch die Bedienung der Abnehmer war seitens der staatlichen Bergwerke oft weniger sorgfältig und entgegen­ kommend. Ein Anreiz zu weiteren Verstaatlichungen konnte in diesen Tatsachen wahrhaftig nicht gefunden werden. Immerhin Beschwerden gegen den privaten Bergbau waren vorhanden und konnten nicht übersehen werden. Dasselbe gilt von der Groß-Eisenindustrie von Rheinland-Westfalen. Lier waren es namentlich die Kartellbildungen und ihre Preispolitik, die das Mißtrauen weiter Kreise der verarbeitenden Industrie auf sich zogen und zu teilweise heftigen Angriffen führten. Das Bestreben des Vereins, innerhalb der Industrie eine

vermittelnde Stellung einzunehmen, das Verständnis für die gegenseitige Lage zu fördern und auf diesem Wege eine Aus­ gleichung der Gegensätze soweit als möglich herbeizuführen, hat ihn veranlaßt, gerade der Montan- und Groß-Eisenindustrie und ihrer Entwicklung seine besondere Aufmerksamkeit zuzu­ wenden. Er fand hierin eine vorzügliche Unterstützung in dem Landelsredakteur der Kölnischen Zeitung, 55ernt W. Iutzi in Köln, der dank seiner umfassenden Kenntnis der gesamten diese Gewerbezweige betreffenden Verhältnisse und Vorgänge und dank seinem klaren und unparteiischen Urteil wie wenige berufen erschien, die Jnteresien aller Beteiligten abzuwägen und die zur Beurteilung geeigneten Gesichtspunkte übersichtlich vor Augen zu führen. Dadurch, daß gleichzeitig zu den Verhandlungen des Vereins maßgebende Vertreter des Bergbaues und der Großeisenindustrie eingeladen wurden und auch erschienen, ergab sich Gelegenheit, die vorliegenden Beschwerden zu besprechen, Vorurteile und falsche Annahmen zu zerstreuen und Anregungen zur Abhilfe vorzubringen, die auch zum Teil berücksichtigt wurden. Mehr zu erreichen, lag weder in der Macht noch in den Auf­ gaben des Vereins. Dasselbe Ziel übrigens, das hier in seinem Bereich der Verein verfolgte, hat später der Reichsverband der deutschen Industrie durch Errichtung einer besonderen KartellsteUe, in dessen Ausschuß auch der Geschäftsführer berufen wurde, in größerem Rahmen mit gutem Erfolg angestrebt. Neben diesen unmittelbar praktischen Problemen befaßte sich der Verein auch mit der Kartellgesetzgebung und mit der Kartell- und Trustentwicklung in anderen Staaten, namentlich in Amerika. Allen staatlichen Eingriffen in die Kartellentwicklung stellte er sich ablehnend gegenüber, da er hiervon keinen Nutzen für die Allgemeinheit, sondern nur eine Lemmung der Wirtschaft erwartete.

Wichtigere Verhandlungen: 10. Dezember 1873. Mainz.

Die Kohlenfrage; Fabrikant Dr. Moritz,

3. November 1886. Die Lage der Direktor Dr. Pauli, Höchst.

chemischen

Industrie;

12. März 1890. Eine Studienreise nach England; General­ sekretär Dr. Beumer, Düsseldorf.

2. Juni 1892. Gewerbliche und soziale Zustände der römischen Kaiserzeit; Oberbibliothekar Dr. Velke, Mainz. 10. Februar 1899. Über Mittelstandspolitik; Generalsekretär

B u e ck, Berlin. 2. Oktober 1899. Die Rechtsordnung Rechtsanwalt Dr. Fuld, Mainz.

und

die Kartelle;

26. April 1900. Die Kohlennot; Generalsekretär Berlin; Redakteur W. Jutzi, Köln.

Bueck,

18. Oktober 1900. Die heutige Mittelstandsbewegung; Prof. Dr. Biermer, Gießen. 8. November 1900. Die Organisation der Industrie; Rechts­ anwalt Dr. Fuld, Mainz. 14. Februar 1901. Die Tendenz unserer gesellschaftlichen Ent­ wicklung; Redakteur W. Jutzi, Köln. 13. Februar 1902. Die wirtschaftliche Krisis der Jahre 1900/01; Redakteur W. Jutzi, Köln. 24. April 1902. Aber Großbetriebe und Kleinbetriebe; Prof. Dr. Goth ein, Bonn. 12. Februar 1903. Schutzzoll und Kartelle; Dr. Liefmann, Gießen. 12. März 1903. Die amerikanischen Riesentrusts; Dr. Alexander Tille, Saarbrücken. 10. Dezember 1903. Deutschlands industrielle Zukunft; Dr. Liefmann, Gießen.

14. Januar 1904. Bisherige Ergebnisse der Kartell-Enquete; Prof. Dr. Gothein, Bonn. 10. November 1904. Die deutsche Montanindustrie auf dem Wege zum Trust; Redakteur W. Iutzi, Köln. 8. Dezember 1904. Die Kartell-Enquete; Rechtsanwalt Dr. Fuld, Mainz. 9. Februar 1905. Die letzte deutsche Wirtschaftskrisis; Prof. Dr. Biermer, Gießen. 16. März 1905. Reiseeindrücke in den Vereinigten Staaten von Nordamerika; Landelskammersekretär Meesmann, Mainz. 27. April 1905. Soll der Bergbau verstaatlicht werden? Prof. Dr. Liefmann, Freiburg. 13. Februar 1906. Die Konzentrationsbewegung der Banken und der Industrie; Redakteur W. Iutzi, Köln. 11. April 1907. Die amerikanische Trustform und ihre An­ wendung in Deutschland; Prof. Dr. Liefmann, Freiburg. 14. November 1907. Die Kohlenversorgung des Mittel- und Oberrheins; Redakteur W. I u tz i, Köln. 19. November 1908. Die Preispolitik des Srahlwerksverbandes; Redakteur W. Iutzi, Köln. 11. November 1909. Presse, Lande! und Industrie; Redakteur W. Iutzi, Köln. 10. November 1910. Die Zukunft der Verbände der Montan­ industrie ; Redakteur W. Iutzi, Köln. 9. November 1911. Unternehmertum, Staats- und Gemeinde­ sozialismus ; Redakteur W. Iutzi, Köln. 14. November 1912. Die neuesten Organisationsformen der Montanindustrie; Redakteur W. Iutzi, Köln. 13. November 1913. Verstaatlichung im Wirtschaftsleben; Redakteur W. Iutzi, Köln. 11. Dezember 1913. Das Taylorsche Arbeitssystem; General­ direktor K o e st e r, Frankfurt a. Main.

6. Steuern und Abgaben. Das Steuerwesen war ein Gebiet, mit dem sich der Verein erst in den beiden letzten Jahrzehnten näher beschäftigt hat. Damals trat immer dringlicher die Forderung nach einer ein­ heitlichen und großzügigen Regelung des Steuer- und Abgabewesens auf. Bis dahin galt der Grundsatz, daß das Reich die Zölle und Verbrauchssteuern und die Bundesstaaten die Steuern vom Einkommen, Vermögen, Grundbesitz und Gewerbe in Anspruch nahmen, während die Gemeinden auf Zuschläge zu den letzteren Steuern im wesentlichen angewiesen waren. Diese Regelung war an sich klar und richtig, aber der steigende Bedarf des Reichs und der wachsende Einfluß der zentra­ listischen Strömungen im Parlament drängten ans eine Durch­ brechung dieser Grundsätze im Sinne einer Beteiligung des Reichs an den direkten Steuern. Der erste Erfolg war die Reichsnachlaßsteuer, die im Jahre 1909 eingebracht wurde, eine Steuer, die an sich berechtigt war und der auch der Verein zustimmte, die aber doch den Bundesstaaten, die seither Nach­ laßsteuern erhoben hatten, diese Einnahmequelle entzog. Dieser erste Erfolg führte dazu, daß immer stärker auf den Ausbau der direkten Reichssteuern gedrängt wurde. Es kamen die Tantieme-, Zinsbogen- und Effektenstempelsteuer, 1912 kam die Wehrsteuer hinzu. Die Einzelstaaten waren, wie erwähnt, so wie so fast ausschließlich auf die direkten Steuern angewiesen und bei den Gemeinden ging die Entwicklung nach derselben Richtung. Die wichtigsten gemeindlichen Verbrauchssteuern wur­ den ihnen im Zahre 1910 entzogen, sodaß ihnen eigentlich nur noch die Zuschläge zur Einkommensteuer sowie die Steuern auf Grundbesitz und Gewerbe, die ebenfalls als Ertrags-, also als direkte Steuern wirkten, verblieben. Dieser Entwicklung gegenüber legte der Verein allerdings Nachdruck darauf, daß eine gleichmäßige Inanspruchnahme der 36

verschiedenen Steuergebiete angestrebt werde, indem er davon ausging, daß jede Art von Steuern die Wirtschaft belastet und jede Art von Steuern in ihrer Auswirkung Angleichheiten und Angerechtigkeiten, die als solche von dem einzelnen Steuer­ pflichtigen empfunden werden, in sich birgt. Es handelt sich also bei einem guten Steuersystem, vom Standpunkte des Steuer­ pflichtigen aus gesehen, darum, eine Kombination zu finden, die die Fehler, die den einzelnen Steuern anhaften, zu einem gewissen Ausgleich bringt, was nur möglich ist, wenn alle Steuerquellen in einem gewissen Gleichmaße in Anspruch genommen werden; vom Standpunkte der Steuerhoheit aus handelt es sich darum, die einzelnen Steuerträger (Reich, Staaten und Gemeinden) auf ganz bestimmte Gebiete zu verweisen, ihnen innerhalb derselben aber eine große Selbständigkeit zu geben und von dem ebenfalls wichtigen Standpunkte der Steuertechnik aus endlich handelt es sich darum, Steuern ausfindig zu machen, die leicht einziehbar und mit einem möglichst geringen Maße von Arbeit für die Steuerbehörden wie für die Steuerpflichtigen verbunden sind. Der Verein hat in vorstehendem Sinne bei den verschie­ denen Reichsfinanzreformen seine Stimme erhoben, leider ist die Gesetzgebung, insbesondere nach dem Zusammenbruch von 1918, andere Wege gegangen und hat dadurch eine verhängnisvolle Verwirrung herbeigeführt.

Wichtigere Verhandlungen: 9. Mai 1883. Das Reichsstempelsteuergesetz; vr.Landgraf, Mannheim. 18. Juni 1884. Das Reichsstempelsteuergesetz; Sekretär Diti mar, Mainz. 2. November 1894. Doppelbesteuerung in Preußen; Rechts­ anwalt Laeuser, Löchst.

13. Februar 1906. Die Reichsfinanzreform; Prof. Dr. Liefmann, Freiburg. 14. Januar 1909. Die Reichsfinanzreform; Syndikus Mers­ mann, Mainz. 14. Oktober 1913. Die hessischen Gemeindesteuern, insbesondere die Gewerbesteuer; Syndikus Meesmann, Mainz. 19. Mai 1916. Die Kriegssteuer; Regierungsrat Dr. SchweigHoffer, Berlin. 19. Mai 1916. Die Verkehrssteuern; Syndikus Meesmann, Mainz. 23. November 1916. Warenumsatzsteuer; Syndikus Mees­ mann, Mainz. 21. März 1918. Betrachtungen zur Reichsfinanzreform; Re­ gierungsrat Dr. Konietzko, Frankfurt a. Main.

7. Recht und Rechtspflege Ein gesundes Wirtschaftsleben kann der Grundlage eines ausgebauten Rechts und einer unabhängigen Rechtspflege nicht entbehren. Dem Deutschen Reich erwuchsen auf dem Gebiet des Rechts außerordentlich schwierige Aufgaben, da das bürger­ liche Recht in den einzelnen Bundesstaaten und innerhalb der Bundesstaaten selbst sehr verschieden war. Der französische Code civil und das Preußische Landrecht waren nur zwei von den mannigfaltigen Rechtsordnungen, die in Deutschland Gel­ tung hatten. Aus allen diesen galt es ein neues Recht zu schaffen und dabei den Wandlungen des öffentlichen Rechts bewußtsseins Rechnung zu tragen. Fast drei Jahrzehnte dauerte es bis das neue Bürgerliche Gesetzbuch zustande kam, selbstverständlich nicht unter allseitiger Befriedigung, jedoch als ein Werk, das als eine einheitliche und umfassende Festlegung der herrschenden Rechtsanschauungen angesehen werden konnte.

Zu diesem umfassenden Gesetz kamen ein neues Strafgesetzbuch und die zahllosen Neben- und Ausführungsgesetze. Nur auf einem Gebiet war die Einheit des Rechts schon vor der Reichs­ gründung hergestellt worden, nämlich auf dem Gebiet des Handels- und Wechselrechts. Für dieses Rechtsgebiet ergab sich, da sich die bisherigen Gesetze im allgemeinen bewährt hatten, nur die Notwendigkeit einer Anpassung und einer Um­ arbeitung einzelner Teile. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts konnten die sämtlichen Gesetze noch verabschiedet und damit das einheitliche Recht in Deutschland hergestellt werden. Be­ sonders anzuerkennen ist es, daß beim Handels- und Wechselrecht die Anschauungen der wirtschaftlichen Kreise zu Gehör und Geltung kamen. Der Mittelrheinische Fabrikantenverein hat sich mit dein allgemeinen bürgerlichen Recht zwar nicht beschäftigt, aber Anlaß genommen, durch berufene Sachverständige seinen Mitgliedern Gelegenheit zur Unterrichtung und Aussprache zu geben. Dagegen hat er sich auf einem Sondergebiet des Rechts fortdauernd betätigt, nämlich dem Gebiet des Schutzes des geistigen Eigentums, insbesondere des Patent-, Marken- und Muster­ schutzes, ein Gebiet, das für die gesamte Industrie und inner­ halb derselben wieder für die in dem Verein stark vertretene chemische Industrie von großer Bedeutung ist. Schon die ersten Versammlungen im Jahre 1869 brachten hierüber eingehende Erörterungen. Zunächst war man der Einführung eines Er­ finderschutzes abgeneigt; man erklärte, daß hierdurch viel Streit hervorgerufen würde, da die Erfindungen sich häufig auf viele Personen zurückführen ließen, daß ein Schutz die weiteren Ver­ besserungen behindere und die Preise der geschützten Erzeugnisse ungebührlich verteuere. Nachdem sich aber auf internationalen Kongressen, auf denen der Verein mehrfach vertreten war, die Ansichten im Sinne der Durchführung eines Patentschutzes

geklärt hatten, trat auch der Verein diesem Standpunkte bei und legte nunmehr Wert auf einen zweckmäßigen und den Be­ dürfnissen angepaßten Ausbau des Schutzes. Zahlreiche Referate, namentlich solche von Franz Wirth, Rechtsanwalt Äaeuser und Iustizrat Dr. Fuld, hielten den Verein dauernd über die Vorgänge auf dem laufenden und gaben die Grundlage für seine Beschlüsse. Auch beteiligte er sich an der Stellungnahme der zentralen Verbände, insbesondere des „Vereins zum Schutze des geistigen Eigentums", dem der Verein als Mitglied beitrat. Nach dem Patentschutz kam der Schutz der Muster und Warenzeichen, für den sich der Verein ebenfalls einsetzte. Ein weiteres Rechtsgebiet, auf dem sich der Verein ganz besonders betätigte, war das des unlauteren Wettbewerbs. Als im Jahre 1895 ein erster Gesetzentwurf zum Schutz gegen den unlauteren Wettbewerb erschien, beantragte der Bericht­ erstatter, Rechtsanwalt Ä a e u s e r, das Gesetz nur auf den Satz zu beschränken: „Wer unlauteren Wettbewerb begeht, ist schadenersatzpflichtig, ist ferner verpflichtet, den unlauteren Wett­ bewerb zu unterlassen und der bedrohte Erwerbsgenosse ist be­ rechtigt, eine einstweilige Verfügung in diesem Sinne zu ver­ langen." Wie aber die ganze deutsche Nechtsentwicklung im Gegensatz zu der ausländischen allzusehr der kasuistischen Rich­ tung folgte, so auch hier. Das Gesetz legte in einer großen Reihe von Paragraphen die verschiedenen Äußerungen des un­ lauteren Wettbewerbs fest und band dadurch den Richter an seine Definitionen, doch ohne den Begriff des unlauteren Wett­ bewerbs erschöpfen zu können. Die Folge war, daß sich im Netz der Paragraphen bald wesentliche Lücken zeigten, die man durch Novellen zu dem Gesetz zu schließen suchen mußte. Der Verein hat sich in den weiteren Stadien bemüht, dem Gesetz eine den Bedürfnissen der Praxis nach Möglichkeit entsprechende Gestaltung zu geben.

Ein besonderes Kapitel des unlauteren Wettbewerbs bildet das Bestechungs- oder Schmiergelderunwesen, das durch das Wettbewerbgesetz zunächst nicht, wenigstens nicht strafrechtlich, getroffen wurde. Die erste Anregung zu einer diesbezüglichen Ergänzung gab Iustizrat Dr.Fuld in der Ver­ sammlung des Vereins vom 10. Februar 1909. Nach seinem Antrag befürwortete der Verein die Einführung besonderer strafrechtlicher Bestimmungen in der neuen Wettbewerbsgesetznovelle. Dem Antrag wurde vom Reichstag auch entsprochen, das Bestechungsunwesen gedieh aber weiter, weil es an einer Stelle fehlte, die die beteiligten Kreise aufklärte und auch nicht davor zurückschreckte, Anzeigen über vorgekommene Bestechungen zu erstatten. In der Versammlung vom 9. Dezember 1909 beantragte deshalb das Mitglied Kommerzienrat Lommel, Mainz, der Verein möge sich mit den zentralen Wirtschafts­ verbänden zu dem Zweck in Verbindung setzen, um eine ent­ sprechende Organisation zu schaffen. Die Anregung fand bei den zentralen Verbänden volle Zustimmung und nach mehreren vorbereitenden Sitzungen wurde in einer von dem Verein be­ rufenen Versammlung am 31. Oktober 1910 in Mainz unter Teilnahme aller großen Wirtschaftsverbände des Handels und der Industrie die Gründung eines „Vereins gegen das Bestechungsunwesen" beschlossen. Als Sih des Vereins wurde Berlin bestimmt, in die Leitung wurden die bei den vor­ bereitenden Schritten beteiligten Vertreter des Vereins unter Führung der Badischen Anilin- und Sodafabrik in Ludwigs­ hafen berufen. Der Verein hat sich außerordentlich günstig entwickelt und sich große Verdienste um die Reinigung des Ge­ schäftslebens von den Mißbräuchen des Bestechungswesens er­ worben. Auch fand der Verein die Unterstützung der Reichs­ und Landesjustizbehörden.

Wichtigere Verhandlungen: 10. März 1869. Einführung eines Erfinderschutzes; Dr. Lucius, Frankfurt a. Main. 15. September 1869. Die Erfinderpatente; Prof. Emming haus, Karlsruhe; Ingenieur Barthel, Frankfurt a.Main. 8. Oktober 1873. Patentschutz ; Patentanwalt Franz Wirth, Frankfurt a. Main. 10. Februar 1875. Marken- und Musterschutz; Sekretär Schulze, Mainz. 17. März 1875. Marken- und Musterschutz; Patentanwalt Franz Wirth, Frankfurt a. Main. 16. August 1876. Entwurf eines Patentgesetzes; Sekretär Schulze, Mainz. 10. April 1878. Gesetzentwurf über den Nahrungsmittelverkehr; Sekretär Dittmar, Mainz. 16. Oktober 1878. Pariser Kongreß zum Schuhe des gei­ stigen Eigentums; Patentanwalt Franz Wirth, Frank­ furt a. Main. 8. Oktober 1879. Wirkungen des Patentgesetzes; Fabrikant 3. Römheld, Mainz. 16. März 1881. Internationaler Musterschutz; Fabrikant C. Äochstätter, Darmstadt. 12. Dezember 1883. Entwurf des Aktienrechts; Sekretär Dittmar, Mainz. 3. u. 17. November 1886. Revision des Patentgesetzes; Kom­ merzienrat W. Euler, Kaiserslautern. 5. Januar 1887. Patent- und Musterschutzgesetz; Kommerzien­ rat W. Euler, Kaiserslautern; Generalsekretär Pieper, Berlin. 18. Oktober 1888. Beitritt Deutschlands zur Union zum Schutze des gewerblichen Eigentums; Patentanwalt Franz Wirth, Frankfurt a. Main.

19. Mai u. 8. Oktober 1890. Novelle zum Patentgesetz; Kommerzienrat W. Euler, Kaiserslautern. 29. Januar 1892. Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuchs; Rechtsanwalt Laeuser, Löchst a. Main. 28. April 1892. Gebrauchsmusterschutzgesetz; Patentanwalt Franz Wirth, Frankfurt a. Main. 25. Oktober 1892. Entwurf eines Gesetzes zum Schutze der Warenbezeichnungen; Assessor Paul Schmid, Berlin. 6. Dezember 1894. Abänderung der Konkursordnung; Direktor Dittmar, Mainz. 10. Januar 1895. Gesetzentwurf über den unlauteren Wett­ bewerb; Rechtsanwalt Laeuser, Lochst a. Main. 12. Dezember 1895. Gesetz über die Gesellschaften mit be­ schränkter Lüftung; Justizrat Dr. Reinach, Mainz. 9. Januar 1896. Abhängigkeitserfindungen und Abhängig­ keitspatente; Rechtsanwalt Laeuser, Löchst a. Main. 14. Januar 1897. Das Bürgerliche Gesetzbuch und die In­ dustrie; Iustizrat Dr. Reatz, Gießen; Rechtsanwalt Dr. Fuld, Mainz. 11. Februar 1897. Die Anion zum Schutze des gewerblichen Eigentums; Patentanwalt Dr. Franz Wirth, Frank­ furt a. Main. 10. Februar 1898. Die bisherigen Erfahrungen mit dem Wett bewerbgesetz; Rechtsanwalt Dr. Fuld, Mainz. 10. Februar 1898. Der Wiener Kongreß für gewerblichen Rechtsschutz; Patentanwalt Dr.Wirth, Frankfurt a.Main. 10. März 1898. Die Theorie des technischen Effekts im deutschen Patentrecht; Rechtsanwalt Laeuser, Löchst a. Main. 26. April 1900. Die Reform des Patentgesetzes; Rechts­ anwalt Laeuser, Löchst a. Main. 14. März 1901. Schutz der Lerkunftsbezeichnungen; Rechts­ anwalt Dr. Fuld, Mainz.

10. Oktober 1901. Aktiengesellschaft und Aktiengesetzgebung; Rechtsanwalt Dr. Fuld, Mainz. 19. November 1903. Beitritt zur Internationalen Patent­ union; Rechtsanwalt 55 «cuf er, Löchst a. Main. 10. März 1904. Das Gesetz gegen den unlauteren Wett­ bewerb; Rechtsanwalt Dr. Fuld, Mainz. 11. Januar 1906. Kongreß für gewerblichen Rechtsschutz in Lüttich; Iustizrat Äaeuser, Äöchst a. Main. 12. Dezember 1907. Die Änderung des Wettbewerbgesetzes;

Iustizrat Dr. Fuld, Mainz. 10. Februar 1909. Gesetzliches Vorgehen gegen das Schmier­ gelderunwesen; Iustizrat Dr. Fuld, Mainz. 9. Dezember 1909. Kongreß für gewerblichen Rechtsschutz; Rechtsanwalt Krug, Höchst a. Main. 9. Dezember 1909. Bekämpfung des Schmiergelderunwesens; Kommerzienrat 55 o m m e t, Mainz. 10. Februar 1910. Sondergerichte für gewerbliche Eigentums­ sachen; Iustizrat Dr. Fuld, Mainz. 26. April u. 31. Oktober 1910. Gründung eines Vereins gegen das Bestechungsunwesen; Syndikus Meesmann, Mainz. 9. November 1911. Das Deutsch-amerikanische Patent­ abkommen; Syndikus Meesmann, Mainz. 9. November 1911. Bericht über den Verein gegen das Bestechungsunwesen; Generalsekretär Dr. Pohle, Berlin. 22. Februar 1912. Die deutsche Industrie und das englische Patentrecht; Iustizrat Dr. Fuld, Mainz. 10. Oktober 1912. Der preußische Wassergesetzentwurf; Dr. von Stojentin, Berlin. 14. November 1912. Washingtoner Übereinkommen zum Schutze des gewerblichen Eigentums; Iustizrat Dr.Fuld, Mainz. 14. Oktober u. 13. November 1913. Novelle zum Patentgesetz; Iustizrat Dr. Fuld, Mainz.

8. Privatverficherungswesen. Die starke Entwicklung des Wirtschaftslebens in Deutsch­ land hat eine starke und vielseitige Blüte des Versicherungs­ wesens zur Folge gehabt, neben der Personenversicherung (LebensAnfall-, Haftpflichtversicherung usw.) auch der Sachversicherung (Feuer-, Diebstahl-, Haftpflichtversicherung usw.). Die wirt­ schaftlichen Kreise haben die Bedeutung der Versicherung als eines wesentlichen Schutzes gegen unvorhergesehene Schäden und Betriebsstörungen früh erkannt und, da die Versicherungs­ gesellschaften den auftretenden Bedürfnissen im allgemeinen rasch und sachgemäß entgegenkamen, so fanden sie auch gegen alle Risiken Deckung. Es zeigte sich hier wieder der Nutzen freien Wettbewerbs, der die Versicherungsgesellschaften an­ spornte, ihre Einrichtungen immer mehr zu verbessern und auf Wünsche der Versicherten nach Möglichkeit Rücksicht zu nehmen. Indessen ergaben sich auch die mit dem freien Wettbewerb not­ wendigerweise verbundenen Schäden, eine Ansolidität mancher Gründungen und eine Rechtsverworrenheit und Rechtsunsicher­ heit in den Beziehungen zwischen Versicherer und Versicherten. Diese Schäden hat man lange wuchern lassen, so daß die Klagen in den Kreisen der Versicherten immer lebhafter wurden. Man hat dann versucht, auf dem Wege der Gründung von Ver­ sicherungen auf Gegenseitigkeit sich den Nachteilen zu entziehen und zugleich an Prämien zu sparen. Schon im Jahre 1869 machte im Fabrikantenverein Fritz Kalle, Biebrich, einen dahin­ gehenden Vorschlag in Bezug auf die Feuerversicherung. Diese Anregung, wie mehrere folgende, wurde jedoch fallen gelassen in der Erkenntnis, daß das Gefahrenmoment gerade bei der Feuerversicherung so groß sei, daß auch eine Vereinigung von Fabriken keine genügend breite Anterlage für sie bilde. In den Jahren 1888 und 1889 wurde indessen eine solche Gegenseiligkeitsgesellschaft, ausgehend von der chemischen 3n-

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dustrie des Vereinsbezirks, ins Leben gerufen. Der Verein nahm in seiner Versammlung vom 15. Dezember 1888, in welcher ein Befürworter und ein Gegner der Gründung zu Wort kamen, eine vorsichtig abwartende Haltung ein, die sich durch den nach wenigen Jahren erfolgten Zusammenbruch der Vereinigung auch als begründet erwiesen hat. Dagegen hat auf anderen Ge­ bieten, namentlich auf dem Gebiet der Haftpflichtver­ sicherung, die Versicherung auf Gegenseitigkeit unzweifelhaft gute Erfolge errungen. Aber diese Versicherung, da sie mit der Sozialversicherung zusammenhängt, wird an anderer Stelle berichtet. Auf jeden Fall hat die hier und in anderen Zweigen erfolgte Schaffung von Einrichtungen auf Gegenseitigkeit die Privatgesellschaften genötigt, ihre Bedingungen zu verbessern und auf die Wünsche der Versicherten größere Rücksicht zu nehmen. Die zahlreichen unsoliden Gründungen und die mangelnde Rechtseinheit und Rechtsklarheit zwang aber auch zu einem gesetzlichen Einschreiten. Es wurde daher im Jahre 1899 das Gesetz über die privaten Versicherungs­ unternehmungen geschaffen, das die Errichtung von Ver­ sicherungsgesellschaften und Versicherungsvereinen sowie die Geschäftsführung derselben einer scharfen Kontrolle durch das Reich unterwarf; deren Ausführung wurde dem neu geschaffenen Aufsichtsamt für Privatversicherung übertragen, dessen Voll­ machten außerordentlich weit gefaßt sind. Ferner wurde durch ein Gesetz über denVersicherungsvertrag im Jahre 1906 der Abschluß der Versicherungen allgemein gültigen Normen, durch die die Rechte der Versicherten geschützt wurden, unterworfen. An dieser Gesetzgebung hat der Verein mit­ gewirkt und beteiligte sich außerdem an der Gründung des Schutzverbandes für Versicherungswesen in Köln, dessen ver­ dienstvoller Geschäftsführer Herr Prof. Dr. Moldenhauer

zahlreiche Vorträge über das Versicherungswesen in den VereinsVersammlungen gehalten hat.

Wichtigere Verhandlungen: 10. Juni 1869. Gründung einer Feuerversicherung auf Gegen­ seitigkeit; Fritz Kalle, Biebrich. 11. November 1874. Erfahrungen im Feuerversicherungswesen; Direktor Gockel, Frankfurt a. Main. 14. November u. 15. Dezember 1888, 10. Januar 1889. Grün düng eines Feuerversicherungsverbandes deutscher Fabriken; Generalsekretär, Schloßmacher, Offenbach a. Main; Generalsekretär Bueck, Berlin. 11. März 1891 u. 28. April 1892. Bericht über den Feuer­ versicherungsverband deutscher Fabriken; Generalsekretär Schloßmacher, Offenbach a. Main. 9. März 1899. Gesetzentwurf über die privaten Versicherungs­ unternehmungen ; Landelskammersekretär Meesmann, Mainz. 13. Februar 1902. Die Feuerversicherungsfrage; General­ sekretär Dr. Otto Prange, Berlin. 6. Dezember 1906. Gründung der Vereinsversicherungsbank in Düsseldorf; Regierungsrat Lipschih, Düsseldorf. 8. November 1906. Das Versicherungsvertragsgesetz; Prof. Dr. Moldenhauer, Köln. 14. Oktober 1909. Streik- und Boykottversicherung; Prof. Dr. Moldenhauer, Köln. 19. Dezember 1912. Betriebsunterbrechungs-, Kredit- und Äypothekenversicherung; Prof. Dr.Moldenhauer, Köln.

9. Bildungswesen und allgemeine Kulturfragen. Mit allgemeinen Bildungs- und Kulturfragen kann sich ein wirtschaftlicher Verein, soweit nicht das Fachschulwesen im

engeren Sinne in Betracht kommt, nur gelegentlich beschäftigen, wenn es sich darum handelt, Beziehungen zwischen der Industrie und allgemeinen kulturellen Aufgaben herzustellen. Der Fabri­ kantenverein hat wiederholt Veranlassung genommen, in seinen Verhandlungen sein Interesse für die allgemeinen Bildungs­ und Kulturfragen zu bekunden durch Veranstaltnng von Vor­ trägen hervorragender Sachverständiger und daran sich knüpfende Besprechungen. Wichtigere Verhandlungen:

16. März 1905. Industrie und Leimatschutz; Prof. Dr. Fuchs, Freiburg. 24. Oktober 1905. Die Gartenstadtbewegung; Prof. Dr. F u ch s, Freiburg. 14. Dezember 1905. Bedeutung der Handelshochschulen; Prof. Dr. Eckert, Köln. 6. Dezember 1906. Die erste Fahrt der Kölner Handels­ hochschule; Prof. Dr. Eckert, Köln. 14. Januar 1909. Eindrücke einer Indienreise; Kommerzienrat I. Klein, Frankenthal.

10. Wirtschaftliche Interessenvertretung. Die Vertretung der wirtschaftlichen Interessen der Industrie liegt teils in den Länden der Handelskammern als ge­ setzlicher Organe für die Gesamtheit der Handels- und In­ dustrieinteressen eines Bezirks, teils in denjenigen freier wirtschaftlicher Körperschaften, die sich in der aller­ verschiedensten Weise und zwar entweder als landschaftliche oder als Fachverbände entwickelt haben. Beide Arten von Vertretungen sollen sich, wenn sie ihren Zweck erfüllen und keine Überorganisation Herbriführen wollen, gegenseitig ergänzen

und unterstützen. So hat unser Verein seine Aufgabe von jeher aufgefaßt und hatte die Genugtuung, sich dadurch im besten Einvernehmen mit den Fachverbänden sowohl wie mit den Handelskammern seines Bezirks zu befinden. Während die Handelskammern ihreSpitzeindemDeutschen Landelstag hatten, waren die freien Verbände zunächst in dem Zentralverband deutscher Industrieller zusammengeschlofsen, dem sich später der Bund der Industriellen an die Seite bzw. gegenüberstellte. Erfreulicherweise haben sich während des Kriegs beide zentralen Körperschaften in dem „Kriegsausschuß der Deutschen Industrie" zusammengefunden und nach Beendigung des Kriegs ihre Ver­ schmelzung in dem Reichsverband der Deutschen I n dustrie vollzogen. Wie in der Industrie und im Lande!, so hat auch im Landwerk und in der Landwirtschaft eine ähnliche Entwicklung Platz gegriffen. Für alle drei Wirtschaftszweige aber fehlte es an einer Zusammenfassung. Diese wollte Bismarck im Jahre 1878 durch Errichtung eines preußischen Volkswirt­ schaftsrats schaffen, der später zu einem Deutschen Volks­ wirtschaftsrat erweitert werden sollte. Die Mitglieder sollten von der Regierung ernannt, zum Teil von den Erwerbs­ ständen selbst vorgeschlagen werden, auch Sitze für Arbeit­ nehmer waren vorgesehen. So stellte dieser Volkswirtschaftsrat einen sehr dankenswerten Versuch dar, der Wirtschaft einen größeren Einfluß auf die Gesetzgebung zu verschaffen. Leider ist der Plan in der Entwicklung steckengeblieben, er scheiterte an der Uneinigkeit der Erwerbsstände selbst, insbesondere aber an der Eifersucht der Parlamente, die von dem Volkswirtschaftsrat eine Schmälerung ihrer Befugnisse befürchteten. Erst mehrere Jahrzehnte später ist dieser Bismarcksche Gedanke, wie so viele andere, die dieser große Mann weit vorausschauend

gehegt hat und für die er bei seinen Zeitgenossen kein Ver­ ständnis fand, wieder aufgegriffen worden in der Form des Reichswirtschaftsrates; ob mit größerem Glück und in der richtigen Form muß hier dahingestellt bleiben. Auf dem Wege freiwilligen Zusammenschlusses suchten im Jahre 1910 führende Wirtschaftskreise eine Vereinigung der gesamten Interessen von Landwerk, Lande! und Industrie durch Gründung des „Lansabundes" zustande zu bringen. Nach einem vielversprechenden Anfang blieb der Bund ein Torso, da eine Einigung nicht zu erzielen war, auch gewisse einseitige Bestrebungen sich vordrängten, die zahlreiche ursprünglich freund­ lich gesinnte Kreise zum Ausscheiden veranlaßten. Auch in unserem Verein hat diese Bewegung Wellen geschlagen, die zu einer eingehenden Auseinandersetzung in der Mitgliederver­ sammlung vom 20. Oktober 1911 führten; in dieser kam eine volle Einigung zu stände, indem man eine neutrale Haltung einnahm.

Wichtigere Verhandlungen: 9. September 1872. Industrieorganisation; Sekretär Schulze, Mainz. 15. Mai 1878. Errichtung eines Volkswirtschaftsrats; Sekretär Dittmar, Mainz. 8. Juni 1880. Gesetzentwurf über Organisation der Landelskammern; Sekretär Dittmar, Mainz. 14. Februar, 4. April u. 16. Oktober 1895. Reorganisation der Handelskammern in Preußen; Direktor Dittmar, Mainz. 9. November 1896. Gesetzentwurf betr. Organisation des Landwerks; Generalsekretär Bueck, Berlin; W. Iutzi, Darmstadt. 12. Oktober 1911. Gründung des Lansabundes und seine Auswirkungen; Syndikus Meesmann, Mainz.

B. Soziale Fragen. 1. Allgemeines. Die soziale Fürsorge war mit einer der wichtigsten Beweg­ gründe, die zur Gründung des Vereins führten. Schon kurz nach der Gründung setzte seine Tätigkeit nach dieser Richtung ein. Sie bewegte sich zunächst auf dem Boden der Förderung freiwilliger Einrichtungen der Wohlfahrtspflege in den einzelnen Fabriken, später auch auf dem der Schaffung staatlicher Maß­ nahmen und Einrichtungen. Der Verein erkannte damit an, daß der noch in den 60er und teilweise 70er Jahren herrschende Geist des freien Spiels der Kräfte, des reinen, uneingeschränkten Individualismus von ihm nicht gebilligt wurde, sondern daß er es sowohl als eine Pflicht des einzelnen Arbeitgebers, wie auch als eine Pflicht des Staates erachtete, an der Beseitigung der­ jenigen Schäden mitzuarbeiten, die mit dem Aufkommen des modernen Fabrikbetriebs und mit dem verschärften Konkurrenz­ kampf auf wirtschaftlichem Gebiet verbunden waren. Eine der stärksten treibenden Kräfte im Verein nach dieser Richtung war Fritz Kalle, der auch als Reichstagsabgeordneter lange Jahre eine führende Rolle in allen sozialpolitischen Fragen gespielt hat. Sein Name allein beweist, daß es in erster Linie ethische Gesichtspunkte waren, die den Verein bei seinen Ar­ beiten leiteten. Daneben verkannte man allerdings nicht, daß eine Betätigung auf sozialem Gebiet auch notwendig sei, um den auf den Umsturz der Wirtschaftsordnung gerichteten Be­ strebungen der Sozialdemokratie in der Masse des Volkes ent­ gegenzuwirken. Wie sehr man sich der von dieser Seite herauf­ ziehenden Gefahr bewußt war, beweisen die zahlreichen Aufsätze, die in den „Vereinsmitteilungen" schon Anfang der 70er Jahre erschienen und von denen eine vom 13. Oktober 1875 das be­ zeichnende Urteil enthält:

„So unfruchtbar und für die Kulturentwicklung wertlos nun auch alle diese Studien sein mögen, so bestätigen doch die vorstehenden Mitteilungen in eklatanter Weise die Irrigkeit der Anschauung, als handele es sich bei der Sozialdemokratie um weiter nichts, als um rohe Anzufriedenheit der Masse und gewissenlose Agitation einiger Ehrgeiziger. Es muß vielmehr, um die schwere Krankheit der Gesellschaft bekämpfen und heilen zu können, als welche die Sozialdemokratie aller­ dings betrachtet werden muß, anerkannt werden, daß wir es in ihr mit einem Stuck der modernen Ideen-Entwicklung und mit einem System sozialpolitischer Philosophie zu tun haben." Die wachsende Bedeutung der Sozialdemokratie hat den Verein nicht abgehalten, auch fernerhin diejenigen Maßnahmen vorzuschlagen oder zu befürworten, die er für richtig, notwendig und im allgemeinen Interesse ersprießlich hielt. Von einer Politik des grundsatzlosen Nachgebens und der Angst hat er allerdings nie etwas wissen wollen, war vielmehr der Auffassung, daß je mehr man wirklich gerechte und ausführbare Maßnahmen ergreift, man um so eher auch das Recht hat und in der Lage ist, ungerechtfertigten Ansprüchen mit Entschiedenheit entgegen­ zutreten. Außerdem hielt er an dem Standpunkt fest, daß die Sozialpolitik niemals als selbständiger Zweig staatlicher Be­ tätigung aufgefaßt werden dürfe, sondern immer nur als ein Bestandteil der allgemeinen Wirtschaftspolitik angesehen und behandelt werden müsse, daß also soziale Maßnahmen nur unter voller Berücksichtigung der allgemeinen wirtschaftlichen Interessen getroffen werden dürfen. Ein bedenkliches Abweichen von diesen Richtlinien erkannte der Verein frühzeitig in dem Wirken führender Männer des Vereins für Sozialpolitik, der sogenannten „Kathedersoziali st en". Er wurde Mitglied dieses Vereins, seine Geschäftsführer nahmen auch an mehreren Kongressen desselben teil und suchten einen mäßigenden Einfluß

auf ihn zu gewinnen. Leider vergeblich; der genannte Verein geriet nach anfänglichem Maßhalten immer mehr in die Bahn sozialistischer Gedankengänge und machte die Wissenschaft zum Werkzeug einseitiger Klassenpolitik. Da die Kathedersozialisten allmählich die Besetzung aller Lehrstühle der Volkswirtschaft beherrschten, so war es kein Wunder, daß auch die angehenden Verwaltungsbeamten immer mehr in diese Richtung hineingezogen wurden. Die sozialistische Bewegung aber nahm in Deutschland, dem Lande der ausgebreitetsten sozialen Gesetzgebung, mehr zu als in allen anderen Industrieländern, in denen man Zurück­ haltung auf dem Gebiet der sozialen Gesetze beobachtete.

Wichtigere Verhandlungen: 9. September 1872. Die Aufgaben des Staates in der Arbeiterfrage; Fabrikant Fritz Kalle, Biebrich. 13. November 1872 u. 12. Februar 1873. Kongreß der Katheder­ sozialisten ; Sekretär Schulze, Mainz. 16. Oktober 1878. Arbeiterfürsorge; Fritz Kalle, Biebrich. 6. Juni 1888. Die sozialpolitische Tätigkeit des Reichstags; Reichstagsabgeordneter Fritz Kalle, Biebrich. 9. Januar 1908. Die Sozialpolitik und ihre Anwendung auf das gewerbliche Arbeitsverhältnis; Generalsekretär Bueck, Berlin.

2. Soziale Wohlfahrtspflege nnd Wohnungswesen. Von dem Grundsatz ausgehend: „Das Wohltuen beginne zu Lause", richtete der Verein zunächst seine Aufmerksamkeit auf die Förderung von Wohlfahrtseinrichtungen bei seinen Mitgliedern. Er setzte noch in seinem Gründungsjahr eine Kommission zum Studium bestehender Einrichtungen ein, deren Bericht zu einer Reihe von positiven Vorschlägen gelangte.

Sie bezogen sich hauptsächlich auf die Einrichtung von Fabrik­ krankenkassen, von Pensionskassen, von sogenannten Prämienkassen, auf Beteiligung bei einer Lebensversicherungsgesellschaft, ferner auf den Bau von Arbeiterwohnhäusern, die Einrichtung von Fabrikkon­ sumvereinen, von Speiseanstalten, von Lese­ zimmern u.a.m. Besonders vorbildlich waren damals die Einrichtungen von Firmen in Mülhausen i. E., Lörrach und Basel, wohin sich daher mehrere Mitglieder der Kommission begaben. Über alle Einrichtungen wurden Berichte und An­ leitungen verfaßt, die unter den Mitgliedern verbreitet und durch Vorträge erläutert wurden. So kam es, daß in der mittelrheinischen Industrie, insbesondere in Biebrich, Lochst und Östrich sehr bald eine große Anzahl mustergültiger Wohlfahrts­ einrichtungen geschaffen wurden, die ein Ansporn und Beispiel für die übrigen Industrien wurden und die fortgesetzt aus­ gestaltet auch heute noch mustergültig für die Betriebswohlfahrts­ fürsorge sind. Der Verein begnügte sich aber nicht mit dieser Propaganda im engeren Kreise seiner Mitglieder. Er wollte darüber hinaus in der ganzen deutschen Industrie für die Arbeiterwohlfahrt Verständnis und tatkräftige Mitarbeit Hervorrufen. Fritz Kalle gab diesem Streben in einer groß angelegten Rede am 16. Oktober 1878 Ausdruck und schlug vor, der Verein möge die Initiative zur Bildung einer zentralen Vereinigung ergreifen. Nach näherer Prüfung durch eine Kommission wurde in der Versammlung vom 13. November 1878 der Beschluß gefaßt, einen Verein „Concordia, Verein zur Förderung des Wohles der Arbeiter", zu gründen. Die Satzung bezeichnete als Zweck des Vereins: „die Beförderung aller auf die Erhöhung des Wohles der Arbeiter gerichteten Bestrebungen." § 2 lautete:

„Der Verein sucht diesen Zweck zu erreichen:

a) dadurch, daß er den Arbeitgebern Anregung und 'Anleitung zur Schaffung von Einrichtungen gibt, welche geeignet sind, die Arbeiter in geistig-sittlicher wie in materieller Beziehung zu heben. Die Tätigkeit des Vereins hat sich daher im speziellen auf Grün­ dung und Förderung von allgemeinen und fachlichen Fortbildungs­ schulen, Bildungsvereinen, Bibliotheken und Lesezimmern, Kranken-, Invaliden-, Witwen- und Waisenkassen, Konsumvereinen, Spar­ kassen, Baugenossenschaften usw. zu beziehen. b) dadurch, daß er die Bildung der hierzu erforderlichen Verbände der Arbeitgeber anregt und unterstützt und die nötige Verbindung unter ihnen herstellt. c) dadurch, daß er eigene Schöpfungen zum Wohle der Arbeiter von sich aus ins Leben ruft und insbesondere eine Zeitschrift heraus­ gibt."

Es wurde ein Aufruf an die weitesten Kreise der deutschen Industrie erlassen, der auch alsbald den neuen Verein auf eine breite Basis stellte. Viele Jahre hat der Verein „Concordia" eine segensreiche Tätigkeit entfaltet, bis er im Jahre 1902 mit der „Zentralstelle für Volkswohlfahrt" in Berlin vereinigt wurde, in dessen Zeitschrift „Concordia" indessen der Name des alten Vereins noch fortlebte. Auch später wandte der Mittelrheinische Fabrikantenverein selbst seine Aufmerksamkeit noch allen Arbeiterwohlfahrts­ bestrebungen zu. Namentlich war es die Wohnungsfrage, die ihn dauernd beschäftigte und mit der er sich in einer Reihe von Versammlungen auseinandersehte.

Wichtigere Verhandlungen: 9. März u. 13. April 1870. Arbeiterwohlfahrtseinrichtungen in Mülhausen; Fabrikant Gräf, Bingen. 11. Mai 1870. Arbeiterwohnungen; Sekretär Schulze, Mainz 8. Februar 1871. Arbeiterwohlfahrtseinrichtungen; Sekretär Schulze, Mainz.

12. April 1871. Arbeiterwohnungen, Konsumvereine, Gewinn­ beteiligung, Arbeitszeit; Sekretär Schulze, Mainz. 10. Mai 1871. Arbeitererziehung; Patentanwalt Franz Wirth, Frankfurt a. M8. November 1871. Arbeiterspeisegenossenschaft auf der Friedrichshütte in Laubach; Heinrich Dietze, Mainz. 14. Februar 1872. Die Arbeiterwohlfahrtseinrichtungen in Biebrich; Fabrikant Fritz Kalle, Biebrich. 12. Juni 1872. Arbeiterhäuser in Lörrach und Basel; Sekretär Schulze, Mainz; Fritz Kalle, Biebrich. 11. November 1874. Aufstellung von Arbeiterbudgets; Sekretär Schulze, Mainz. 13. November 1878. Gründung des Vereins „Eoncorbia", Verein zur Förderung des Wohles der Arbeiter; Fabri­ kant Fritz Kalle, Biebrich. 13. Februar 1896. Die Wohlfahrtseinrichtungen der Höchster Farbwerke; Direktor Dr. Pauli, Höchst. 4. Mai 1899. Der heutige Stand der Arbeiterwohnungssrage; Prof. Dr. Fuchs, Freiburg. 20. November 1902. Neue deutsche Wohnungspolitik; Prof. Dr. Fuchs, Freiburg. 12. Februar 1903. Das Erbbaurecht und seine praktische Anwendung; Dr. Stein, Frankfurt a. Main. 9. April 1908. Die Wohnungsfrage und die Darmstädter Ausstellung für Arbeiterwohnungen; Landeswohnungs­ inspektor G r e tz s ch e l, Darmstadt.

3. Arbeiterfchutz und Fabrikaufficht. Die in den 6Üer Jahren einsetzende großgewerbliche Güter­ erzeugung mit ihrer weitgehenden Arbeitsteilung, der Einführung maschinellen Betriebs und der Anhäufung großer Arbeiter-

massen brachte für das Leben und die Gesundheit der Arbeiter erhebliche Gefahren mit sich. Diese Erkenntnis führte den Verein dazu, auch dem Arbeiterschutz seine besondere Fürsorge zuzuwenden. Im April 1871 berichtete der damalige Vereins­ sekretär über geeignete Maßnahmen und schlug die Gründung eines Vereins zurVerhütung von Anglücksfällen nach dem Vorbilde der „association pour prevenir les accidents des fabriques“ in Mülhausen i. E. vor. Die Gründung kam zwar nicht zustande, doch wurde die Aufmerksamkeit der Mitglieder auf den Schutz der Arbeiter hingelenkt. Im nächsten Jahre trat Fritz Kalle für die Einführung einer schärferen Fabrikaufsicht durch besondere staatliche Beamte ein. Diese Einrichtung wurde geschaffen; sie hat zweifellos segens­ reich gewirkt und mit dazu geführt, daß die notwendigen Schutzbestimmungen in der deutschen Industrie allgemein wurden. Des weiteren brachte Fritz Kalle im Dezember 1877 An­ träge ein auf Beschränkung der Arbeitszeit jugend­ licher Arbeiter, Beschränkung der Frauenarbeit, Verbesserung der Gesundheitspolizei und Verschärfung der Fabrikaufsicht. Als im Jahre 1878 eine Gesetzes­ vorlage über den Kinderschutz erschien, bezeichnete der Verein sie als ungenügend und forderte eine umfassende Reform der Gewerbeordnung, insbesondere eine Regelung der Frauen­ arbeit, eine Ausdehnung der Arbeiterschutzvorschriften auf das Laubwerk und die reichsgesetzliche Ordnung der Fabrik­ aufsicht. Die Bestimmungen, die nun getroffen wurden, gaben dem Verein aber bald nach anderer Richtung zu Beanstan­ dung Anlaß. Fast jede Bestimmung erwies sich als zu eng gefaßt und als zu wenig auf die Verschiedenartigkeit der Be­ triebe Rücksicht nehmend, so daß der Verein empfahl, lediglich Normen aufzustellen und diese den Fabrikinspektoren mit Über­

lassung eines genügenden Spielraums für ihre Anwendung an

die Land zu geben. Auf Aufforderung des Reichsamtes des Innern entsandte der Verein sein Mitglied Rudolf Koepp in die Reichskommission zur Beratung neuer Vorschriften. Allmählich erhielten die Arbeiterschutzbestimmungen durch die im Reichstag sich vordrängenden Bestrebungen eine Richtung, die vom Standpunkte der Wirtschaft aus Bedenken er­ regen mußte. Der Verein gab diesem Gefühl in einer Erklä­ rung im Jahre 1885 Ausdruck, in der er es als unumgänglich notwendig bezeichnete, daß, ehe die Gesetzgebung auf diesem Gebiet weiter in Anspruch genommen werde, eingehende Er­ hebungen darüber angestellt werden müßten, ob und inwieweit zu einem gesetzgeberischen Vorgehen ein praktisches Bedürfnis vorliege, ob nicht das wohlverstandene Interesse der Arbeiter selbst geschädigt und die Konkurrenzfähigkeit der deutschen In­ dustrie auf dem Weltmarkt nicht beeinträchtigt werde. Sietbei erscheine es notwendig, Arbeitgeber wie Arbeiter der verschie­ denen Industriezweige zu hören. Wie bekannt, hat Kaiser Wilhelm II. bald nach seiner Thronbesteigung der Arbeiterschutzgesetzgebung seine besondere Fürsorge zugewandt und namentlich auch internationale Ver­ einbarungen angestrebt. Zu dem Programm der von ihm im Jahre 1890 einberufenen Konferenz nahm der Verein in ver­ schiedenen Versammlungen Stellung. Anter anderem befür­ wortete er ein Mindestalter für gewerblich beschäftigte Kinder, den Ausschluß der Frauen von der Arbeit unter Tage, die Einführung einer Sonntagsruhe vorbehaltlich der notwen­ digen Ausnahmen und die Einführung von Arbeitsbüchern für jugendliche Arbeiter. Auch den weiteren Bestrebungen der Gesetzgebung auf Ausbau der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen stellte sich der Verein grundsätzlich freundlich gegenüber, wobei er jedoch die allzu weitgehende Schematisierung und die Übertragung zu

großer Vollmachten auf die Polizeibehörden verwarf. Der Einführung von Schutzbestimmungen für die Hausarbeit stimmte er ebenfalls grundsätzlich zu. Ohne auf weitere Einzelheiten hier eingehen zu können, sei die allgemeine Stellung des Vereins dahin gekennzeichnet, daß er alle Maßnahmen befürwortete, welche im Interesse der Gesundheit und Sittlichkeit der Arbeiterbevölkerung unbedingt notwendig waren, daß er aber davor warnte und dagegen Stel­ lung nahm, daß der Arbeiterschutz bis zur Schädigung der deutschen Produktionsinteressen getrieben werde.

Wichtigere Verhandlungen: 14. April 1869. Die Dampfkesselrevision; Ingenieur Seelbach, Mannheim. 13. April 1870. Überwachung von Dampfkesseln in England; Ingenieur Isambert, Mannheim. 8. Oktober 1873. Frauen- und Kinderschuh; Sekretär Schulze; Mainz; Fabrikant Ludwig Beck, Biebrich. 14. März 1877. Gesetzliche Einführung von Arbeitsbüchern; Sekretär Schulze, Mainz. 12. Dezember 1877 u. 13. Februar 1878. Novelle zur Gewerbe ordnung, betr. Arbeiterschutz; Sekretär Dittmar, Mainz; Fabrikant Fritz Kalle, Biebrich. 13. März 1878. Die Fabrikgesetzgebung in den fremden Staaten; Sekretär Dittmar, Mainz. 16. März 1881. Allgemeine Sicherheitsvorschriften für ge­ werbliche Anlagen; Fabrikant Rudolf K o e p p, Ostrich. 11. Juni 1882. Zweckmäßige Arbeiterschutzkleidung ;A. Schwanck, Köln.

18. Oktober 1882. Obligatorische Einführung von Schutzbrillen; Direktor Lehr, Leipzig.

17. Januar und 7. März 1883. Die Jahresberichte der Fabrik­ inspektoren; Dr. Kollmann, Frankfurt; Fritz Kalle, Biebrich. 19. Februar, 22. April u. 18. November 1885, 16. Juni 1886. Arbeiterschutzanträge im Reichstag; Sekretär Dittmar, Mainz; Reichstagsabgeordneter Fritz Kalle, Biebrich. 18. November 1885. Beschränkung der Sonntagsarbeit; Reichs­ tagsabgeordneter Fritz Kalle, Biebrich. 9. u. 17. April 1890. Die Berliner Arbeiterschutzkonferenz; Direktor Dittmar, Mainz. 12. Juni, 12. November u. 10. Dezember 1890,12. Februar 1891. Gesetzentwurf, betr. Arbeiterschutz; Direktor Dittmar, Mainz. 11. März 1892. Entwurf einer Normalarbeitsordnung; Kom­ merzienrat Julius R ö m h e l d, Mainz. 9. Mai 1901. Lohnzahlungsbücher für Minderjährige; Fabri­ kant Wilhelm Römheld, Mainz. 15. April 1909. Novelle zur Gewerbeordnung, betr. Arbeiter­ schuh; Syndikus Meesmann, Mainz.

4. ArbeitsVertrag, Arbeitsstreitigkeiten und Arbeitsnachweis. Die rechtlichen Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis entbehrten Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre besonderer gesetzlicher Vor­ schriften, insbesondere einheitlicher Normen. Sie ruhten teils auf den spärlichen Bestimmungen des verschiedenartigen öffent­ lichen Rechts, teils auf landesrechtlichen Verordnungen. Streitig­ keiten mußten auf dem Wege des ordentlichen Gerichtsverfahrens ausgetragen werden, das langwierig und kostspielig war. Im

Verein hatte man von Beginn seiner Tätigkeit an für diese Mängel Verständnis, man beschäftigte sich mit ihnen eingehend, war aber über die Art des Vorgehens zunächst verschiedener Meinung. Auf Grund eingehender Kommissionsberatungen kam Ende des Jahres 1871 eine einmütige Stellungnahme dahin zustande, daß man eigentliche Schiedsgerichte nicht be­ fürwortete, weil diese schwerlich ein besseres Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zur Folge haben und ohne er­ heblichen Nutzen sein würden, daß man aber Einigungsämter als ein geeignetes Mittel zur Verständigung bezeichnete und zwar in der Form, daß dieselben als freiwillige Institute gebildet und nicht mit einem unparteiischen Obmann, der nur ein Hindernis für den Ausgleich der beiderseitigen Interessen wäre, besetzt würden. Im Jahre 1873 erklärte der Verein den Zustand der zwischen Arbeitgeber und Arbeiter obwaltenden Rechtsverhältnisse, insbesondere hinsichtlich der beiderseitigen Geltung des Arbeitsverhältniffes, für durchaus unhaltbar und änderungsbedürftig. Die Arbeitgeber sollten verpflichtet werden, sich über den ordnungsmäßigen Abgang der von ihnen ange­ nommenen Arbeiter zu vergewissern und im Versäumnisfalle sollte der Arbeitsvertrag nicht rechtskräftig sein. Ferner ver­ langte der Verein nunmehr zur rechtskräftigen Entscheidung über Streitfälle aus dem Arbeitsverhältnis ständige Fachgerichte. Im Dezember 1877 machte Fritz Kalle wiederum Vor­ schläge für die Einführung von Schiedsgerichten und Einigungsämtern, die er hauptsächlich damit begründete, daß hierdurch größere Sittlichkeit und ein festeres Rechtsbewußt­ sein sowie geregeltere rechtliche Beziehungen zwischen Arbeit­ gebern und Arbeitern herbeigeführt würden. Im Jahre 1878 legte die Regierung dem Reichstag einen Gesetzentwurf über Gewerbegerichte vor, der von dem Verein unter Vorbringung mehrerer Verbesserungsvorschläge befürwortet wurde.

An der Forderung der Fachgerichle hat der Verein fest­ gehalten. Zwar machten sich auch gewichtige Stimmen dahin geltend, daß man die Arbeitsstreitigkeilen den mit größerer Un­ abhängigkeit ausgestatteten ordentlichen Gerichten nicht entziehen und den Ansprüchen auf ein rascheres und billigeres Streit­ verfahren durch entsprechende Änderung des Prozeßverfahrens Rechnung tragen solle. Wie die Verhältnisse indessen lagen, war an eine Erfüllung dieses zweifellos richtigen Verlangens zunächst nicht zu denken, sodaß der Verein bis auf weiteres der Ausgestaltung der Sondergerichte zustimmte. Ende des Jahres 1877 machte Fritz Kalle auch Vorschläge für die Einführung von Arbeitsbüchern,Werk st ättenund Fabrikordnungen. Auf seine Anregung arbeitete der Verein entsprechende Entwürfe von Fabrikordnungen aus und empfahl sie seinen Mitgliedern zur Einführung. Zu einer erheblichen Störung der wirtschaftlichen Ordnung und des Rechtsempfindens entwickelte sich allmählich der Kon­ traktbruch. Daher verlangte der Verein ebenfalls auf An­ regung von Fritz Kalle im Jahre 1878 die Ahndung dieses Vergehens auf strafrechtlichem Wege. Die direkte Aufreizung zum Kontraktbruch sowie der Versuch, durch körperliche Nöti­ gung, Drohung, Ehrverletzung oder Verruferklärung eine» Kon­ traktbruch herbeizuführen, sollte in gleicher Weise strafbar sein. Diese Leitsätze wurden dem Reichstag in einer Eingabe vom 25. Februar 1874 unterbreitet. Übrigens sprach sich auch der

Verein für Sozialpolitik im Oktober 1874 mit 33 gegen 30 Stimmen für die Bestrafung des Kontraklbruches aus. Über einen ver­

stärkten Schutz der Arbeitswilligen wurde im Reichstag wieder­ holt verhandelt. Anfang der 90er Jahre hatte sich auch der damalige preußische Äandelsminister von Berlepsch, bekanntlich ein Vertreter sehr weitgehender sozialpolitischer Reformen, für einen verstärkten Schutz erklärt, jedoch scheiterten die Vorschläge

der Regierung an dem Widerstand des Reichstags. Dem­ entsprechend hatten auch die gleichartigen Anträge des Zentral­ verbandes deutscher Industrieller und des deutschen Landelstags im Jahre 1913, denen sich der Verein anschloß, keinen Erfolg. Während des Kriegs ist sogar der geringe Schutz, den der § 153 der Gewerbeordnung bot, noch beseitigt worden. Politische Erwägungen haben hier wie in anderen Fragen den Ausschlag gegeben. In dem Dienstvertrag mit technischen und kaufmännischen Angestellten, namentlich aber mit ersteren, spielte die sogenannte Wettbewerbs klausel eine mit der Verschärfung der Kon­ kurrenz zunehmende Rolle, eine Vertragsbestimmung, die den Angestellten verpflichtet, auch nach seinem Ausscheiden aus seiner Stellung gewisse Beschränkungen zur Vermeidung einer Schä­ digung seines bisherigen Arbeitgebers einzuhalten. Bei den Beratungen im Verein wurde die Klausel für viele Industrie­ zweige, namentlich die chemische Industrie, als nicht entbehrlich erklärt, aber gleichzeitig zum Ausdruck gebracht, daß jeder der­ artigen Beschränkung künftiger Betätigung des Angestellten eine angemessene Gegenleistung des Unternehmers gegenüber­ stehen und daß das Fortkommen des Angestellten durch eine solche Klausel nicht unbillig erschwert werden dürfe. Diesen Gesichtspunkten könne man nicht durch spezialisierte Vorschriften, sondern nur durch allgemeine Rechtsnormen Rechnung tragen. Die Gesetzgebung hat zunächst den gleichen Standpunkt einge­ nommen und ihn in dem § 74 LGB. und § 133 f G.O. zum Ausdruck gebracht. Später aber wurde dieser Standpunkt, dem immer stärkeren Drängen der Angestelltenorganisationen nach­ gebend, verlassen und die Wettbewerbsklausel schließlich derartig von Spezialbestimmungen umgeben, daß ihre Anwendung auch in zahlreichen berechtigten Fällen unmöglich wurde. Innerhalb der einzelnen Betriebe ergab sich vielfach die 63

Notwendigkeit, eine bessere Fühlung zwischen der Leitung und der Arbeiterschaft herzustellen. Diesem Bedürfnis sollten die Arbeiterausschüsse dienen. Der Verein stand deren Einführung stets freundlich gegenüber, hielt aber ihre Aus­ dehnung auch auf kleinere Betriebe für eine unnötige Belastung, da in kleineren Betrieben die einzelnen Arbeiter den Arbeit­ gebern nahe genug stehen, um ihre Anliegen selbst zum Aus­ druck bringen zu können. Die Gewerkschaften der Arbeiter hatten indessen an der Pflege unmittelbarer Beziehungen zwischen Betriebsleitung und Arbeitern kein Interesse, da sie hierbei ausgeschaltet waren. Ihr Bestreben ging deshalb zielbewußt dahin, die Regelung der Arbeitsbedingungen zu einem Gegen­ stand der Verhandlung von Verband zu Verband zu machen. Der Reichstag kam den Gewerkschaften durch die Art der Aus­ gestaltung der Arbeiterausschüsse bereits weit entgegen; der Kriegszeit und nachrevolutionären Zeit blieb es vorbehalten, den Forderungen der Gewerkschaften zum vollen Erfolg zu verhelfen. Der Kampf, der von den Gewerkschaften gegen die Rechte des Unternehmertums geführt wurde, hatte sich auch das Ziel gesetzt, den Arbeitsnachweis in die Land der Arbeiter zu bringen. Der Arbeitsnachweis war teils unter behördlicher Mitwirkung auf paritätischer Grundlage mit beamteten Vor­ sitzenden organisiert worden, teilweise haben Arbeitgeberverbände, teilweise Arbeiter- und Angestelltenverbände solche Nachweise geschaffen. In dieser verschiedenartigen Gestaltung lag ein ge­ wisser Vorteil, da sie einen gesunden Wettbewerb zur Folge hatte. Indessen haben einerseits die Sozialpolitiker von Beruf auf ein Monopol der paritätischen Arbeitsnachweise hingedrängt, teils haben die Gewerkschaften aus Machtgefühl diese Nach­ weise für sich allein in Anspruch genommen. Der Mittel­ rheinische Fabrikantenverein hat dieser Frage stets mit voller Unparteilichkeit gegenübergestanden. Er war den sogenannten

gemeinnützigen Arbeitsnachweisen durchaus freundlich gesinnt, hielt diese aber für viele Verhältnisse, insbesondere für viele Facharbeitergruppen, nicht für geeignet, und empfahl daher volle Entwicklungsfreiheit für jede Art solcher Nachweise. Dagegen hat er sich durchaus damit einverstanden erklärt, daß eine Zen­ trale von reichswegen geschaffen würde, wie es auch im Krieg geschah, die die Verbindung unter den verschiedenen Arbeits­ nachweisen herstellt und ihre äußere Geschäftsordnung gewissen Normen unterwirft.

Wichtigere Verhandlungen: 11. Oktober, 8. November u. 13. Dezember 1871. Schiedsgerichte und Einigungsämter; Sekretär Schulze, Mainz. 14. Mai 1872. Arbeitskämpfe und Kontraktbruch; Sekretär Schulze, Mainz. 13. August 1873. Regelung des Arbeitsvertrags; Sekretär Schulze, Mainz. 11. Februar, 11. März u. 16. September 1874. Arbeitsein stellung und Kontraktbruch; Sekretär Schulze, Mainz. 14. Juni 1876. Einführung von Gewerbegerichten; Sekretär Schulze, Mainz. 10. April 1878. Gesetzentwurf über Gewerbegerichte; Sekretär Dittmar, Mainz. 14. Januar 1891. Gesetz über Gewerbegerichte; Rechtsanwalt Dr. Fuld, Mainz. 14. März 1901. Der § 616 B.G.B.; Rechtsanwalt Dr. Fuld, Mainz. 14. Januar 1904. Der Streik in Krimmitschau; Regierungsrat Dr. Leidig, Berlin. 10. März 1904. Gesetzentwurf über Kaufmannsgerichte; Äandelskammersekretär Mersmann, Mainz.

15. März 1906. Lohntarifgemeinschaften in Deutschland und England; Dr. Alexander Tille, Saarbrücken. 15. März 1906. Kollektivverträge und Tarifgemeinschaften; Rechtsanwalt Dr. Fuld, Mainz. 14. November 1907. Die Frage der Konkurrenzklausel; Justizrat Laeuser, Äöchst. 26. März 1908. Gesetzentwurf über Arbeitskammern; Syndikus Meesmann, Mainz. 26. März 1908. Novelle zur Gewerbeordnung, betr. Regelung der Arbeitsbedingungen; Syndikus Meesmann, Mainz. 13. Oktober 1910. Regelung des Rechtes der Privatange­ stellten; Justiziar Dr. Fuld, Mainz. 13. Februar 1913. Gesetzentwurf über die Wettbewerbsklausel; Syndikus Meesmann, Mainz. 10. April 1913. Moderne Arbeitskämpfe und ihre Abwehr­ mittel; Syndikus Dr. Tänzler, Berlin. 13. November 1913. Der Mitteldeutsche Arbeitsnachweis­ verband ; Dr. Schlotter, Frankfurt a. Main. 22. Januar 1914. Neuere nationalökonomische Lehren über die Stellung des Unternehmers und der Arbeiter; Prof. Dr. Pohle, Frankfurt a. Main. 26. November 1918. Gesetzentwurf über Arbeitskammern; Syndikus Meesmann, Mainz.

5, Fortbildungs- und Lehrlingswesen. Daß eine gesunde wirtschaftliche Entwicklung nur mit Lilfe eines intelligenten und gut ausgebildeten Arbeiterstandes möglich sei, war eine Erkenntnis, die unter den Mitgliedern des Vereins von Anfang an herrschte und es unterliegt auch keinem Zweifel,

daß die Erfolge der deutschen Wirtschaft der Arbeitsamkeit und Geschicklichkeit des deutschen Arbeiters wesentlich mit zu ver­ danken ist. In dem im April 1871 veröffentlichten Programm einer von dem Verein eingesetzten Kommission spielte das Erziehungs­ wesen bereits eine Rolle. Weiterhin veröffentlichte der Ver­ ein Aufsätze über Schulwesen sowie Lehrlingswesen und Ar­ beiterausstellungen. Im Jahre 1872 trat Fritz Kalle mit Wärme für die gesetzliche Regelung des Fortbildungsschulwesens ein. Im Jahre 1873 bezeichnete eine Ver­ sammlung die Einführung des obligatorischen Fortbildungs­ unterrichts für alle gewerblichen Lehrlinge in Äandwerk und Industrie als eine wesentliche Voraussetzung zur Anbahnung des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts. In betreff des genoffenen Fortbildungsunterrichts möge eine Prüfung statt­ finden, welche mit Prämien verknüpft wird; namentlich könne als Prämie eine Abkürzung der Militärdienstzeit gewährt werden, ein Gedanke, der leider nur in sehr beschränktem Maße zur Verwirklichung gelangt ist. Vorschläge, die der Verbesserung der Erziehung und Fach­ bildung der Arbeiter dienen sollten, kehrten auch in den spä­ teren Jahren häufig wieder, ebenso wie alle Fortschritte auf diesem Gebiete vom Verein mit Zustimmung verfolgt wurden. Gegenüber einer mangelhaften Regelung, wie sie eine Novelle zur Gewerbeordnung im Jahre 1878 vorschlug, verlangte der Verein einen Ausbau der Schulverhältnisse durch Ver­ besserung der Elementarschulen, Einführung des allgemeinen Fortbildungsunterrichts und gesetzliche Begünstigung der ge­ werblichen Fachschulen. Wenn in den folgenden Jahren und Jahrzehnten in Deutschland auf dem Gebiet des gewerblichen Fortbildungs­ schulwesens außerordentlich viel geleistet worden ist, so ist dies

neben den Bemühungen der gewerblichen Kreise der vorzüglichen Ausbildung der Lehrer auf unseren technischen Lochschulen zu verdanken. Mit besonderer Befriedigung verzeichnen wir die Tatsache, daß die technischen Lochschulen und ihre Lehrer es auch stets verstanden haben, mit der Industrie enge Fühlung zu halten und dadurch eine befriedigende Zusammenarbeit zwischen Theorie und Praxis herzustellen. Ganz besonders sei dabei der Darmstädter Technischen Lochschule gedacht, deren Dozenten die Ergebnisse ihrer Forschungen wiederholt im Verein vor­ trugen und mit denen viele seiner Mitglieder enge und freund­ schaftliche Beziehungen verbinden. Wichtigere Verhandlungen:

8. Oktober 1873. Fortbildungszwang; Sekretär Schulze, Mainz, Dr. Ludwig Beck, Biebrich.

11. November 1874. Biebrich.

Fortbildungsschulen; Dr. Ludwig Beck,

14. Juni 1876. Fortbildungsschul- und Lehrlingswesen; Sekretär Schulze, Mainz. 12. Juli 1876. Gewerbeschul- und Lehrlingswesen; Fabrikant L. Beck, Offenbach.

9. Januar 1878. Biebrich.

Gewerbliches Fachschulwesen; Fritz Kalle,

16. Oktober 1878. Gewerbeschulreform in Preußen; Sekretär Dittmar, Mainz. 8. Januar 1879. Biebrich.

Technisches Anterrichtswesen; Fritz Kalle

19. März 1879. Gewerbeschulreform in Preußen; Dr. Ludwig Beck, Biebrich. 28. Januar u. 18. Februar 1880. Das technische Fachschul­ wesen ; Dr. Ludwig Beck, Biebrich.

20. Dezember 1882. Fortschritte des gewerblichen Fachschul­ wesens in Preußen; Fritz Kalle, Biebrich. 14. März u. 11. April 1901. Beaufsichtigung der Lehrlinge in Fabriken; Direktor Dittmar, Mainz.

6. Soziale Versicherung. Wie Deutschland aus dem Gebiet der sozialen Versicherung den anderen Staaten vorausgegangen ist, so kann unser Verein für sich in Anspruch nehmen, dieses Vorgehen in Deutschland mit am ersten gefördert zu haben. Schon der in einer Ver­ sammlung des Jahres 1869 erstattete Bericht einer Kommission des Vereins enthält hierüber folgende grundsätzlichen Aus­ führungen : „Es ist als eine berechtigte Forderung der Humanität und als ein mit dem wohlverstandenen Interesse des Arbeitgebers durchaus nicht in Widerspruch stehendes Bestreben anzuerkennen, die Zukunft des redlichen, fleißigen Arbeiters, besonders wenn er schon längere Zeit in demselben Etablisse­ ment beschäftigt war, im Falle eintretender dauernder odervorübergehender Arbeitsunfähigkeit, sei es durch Alter, Krankheit oder Anfall, in der Art sicherzustellen, daß er nicht dem Lunger und Bettel preisgegeben sei. Dieses Ziel kann vollkommen nur durch die Beteiligung der Arbeit­ geber und der Arbeiter bei der finanziellen Förderung sowohl, als auch der Verwaltung der zur Erreichung dieser Zwecke ins Leben zu rufenden Institute erreicht werden."

Die Ordnung des Äilfskassenwesens durch die Ge­ werbeordnung von 1869 wurde als ganz unzureichend und mangelhaft bezeichnet, hauptsächlich wegen Erhebung zu hoher Eintrittsgelder, wegen zu langer Wartezeit, wegen der Ab-

fiufung der Leistungen nach der Dauer der Beitragszahlung, andererseits wegen des Verlustes des Anspruchs des Arbeiters durch Austritt aus dem Betriebe und wegen der Nichtbeteili­ gung der Arbeiter an der Verwaltung. Das Jahr 1871 brachte das Kaftpflichtgesetz, das für eine Reihe von Gewerbezweigen besonders gefährlicher Art gegenüber Schadensfällen der Arbeiter eine verschärfte Kaftung der Unternehmer einführte, gegen die diese sich durch eine Haftpflichtversicherung bei einer Versicherungsgesellschaft decken konnten. Der Hauptmangel dieses Gesetzes bestand in der Be­ schränkung auf bestimmte Gewerbezweige und in der dem ordent­ lichen Rechtsweg überlassenen Austragung etwaiger Streitfälle über die zu leistende Entschädigung. Dadurch konnte der Frieden zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht gefördert werden. Am 10. Juli 1872 hielt Dr. Max Kirsch, Berlin, der Begründer der Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereine, im Verein einen Vortrag über „Die deutsche Verbandskasse der Gewerk­ vereine für die Invaliden der Arbeit". Der Redner wandte sich dabei scharf gegen den Klassenkampf der Sozialdemokratie. Zu der Versammlung waren auch einige Anhänger dieser Partei zugelassen, die aber in der Debatte derartig ausfällig wurden, daß ihrem Führer Leyendecker die Tür gewiesen werden mußte. Im Jahre 1872 wurde vom Verein auf Antrag von Fritz Kalle dem Reichstag eine Eingabe auf allgemeine zwangsweise Ordnung des Kassenwesens vorgelegt; die Zwangskaffen sollten mit einer Invaliden-, Witwen- und Waisenfürsorge verbunden sein; leistungsfähige Freikaffen, wie sie namentlich als Fabrik­ krankenkaffen seit langem bestanden und sich bewährt hatten, sollten unter Beobachtung gewisser Regelleistungen bestehen bleiben. Der Verein knüpfte damit an einen Antrag des Abgeordneten Stumm (des späteren Freiherr von Stumm) an, der bereits im Jahre 1869 im Reichstag des Norddeutschen Bundes die

zwangsweise Einführung allgemeiner Lilfskaffen für Fabrik­ arbeiter mit Krankenunterstützung, Begräbnisgeld, Invaliden-, Witwen- und Waisenversorgung unter Beitragsleistung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer und unter paritätischer Verwal­ tung beantragt hatte. Im Jahre 1873 wiederholte der Verein seinen Antrag in etwas anderer Form, indem er eine Ver­ sicherungsanstalt gegen Arbeitsunfähigkeit und Verwitwung empfahl. Seiner einmal eingenommenen Stellung zur Arbeiterver­ sicherung ist der Verein treu geblieben, sowohl bei der Neu­ ordnung des Äilfskaffenwesens im Jahre 1875 wie bei der später vom Fürsten Bismarck eingeleiteten großzügigen Kranken-, Anfall-, Invaliden- und Äinterbliebenenversicherung. Durch Denkschriften und praktische Vorschläge hat er an dem Zustandekommen und der Ausführung dieser Gesetzgebung lebhaften Anteil genommen und hatte die Genug­ tuung, daß seine Anträge vielfach von den großen Verbänden (Zentralverband deutscher Industrieller, Deutscher Äandelstag), in denen sein Geschäftsführer häufig Referent war, sowie auch bei der Reichsregierung und dem Reichstag gewürdigt wurden. Dies war insbesondere auch noch bei der Schaffung der Reichs­ versicherungsordnung in den Jahren 1909 und 1910 der Fall. Lauptsächlich hat der Verein bei seinen Beschlüssen den Grund­ satz der S e l b st v e r w a l t u n g gegenüber dem Überwuchern bureaukratischer und behördlicher Einmischung vertreten. Der Verein hat sich auch stets für die Erhaltung der Fabrik-(Betriebs-) krankenkaffen sowie der auf eigenste Anregung des Fürsten Bismarck als Träger der Anfallversicherung geschaffenen Berufsgenoffenschaften eingesetzt. Viele seiner Vorstandsmitglieder, es seien nur die Namen Römheld, Weismüller, Age ge­ nannt, haben sich um die Mitarbeit in diesen Körperschaften ganz besondere Verdienste erworben.

Auch für die Angestelltenversicherung ist der Verein eingetreten. In Bezug auf die Form dieser Versicke­ rung konnte er sich aber den Forderungen der Angestellten­ verbände, eine solche Versicherung neben der allgemeinen Invalidenversicherung zu schaffen mit vollständig eigner Ver­ waltung und unter Doppelversicherung der bereits der Invaliden­ versicherung unterliegenden Angestellten, nicht anschließen, emp­ fahl vielmehr den Ausbau der Invalidenversicherung. Der Geschäftsführer des Vereins brachte diesen Standpunkt auch im Zentralverband deutscher Industrieller als Referent zur Geltung und verfaßte in dessen Auftrag eine Denkschrift für die Reichsregierung. Die Sonderversicherung wurde indessen, dem Drängen der Angestelltenverbände nachgebend, geschaffen; ob dieser Weg der richtige war, möchten wir auch heute noch bezweifeln. Als neuester Zweig der Sozialversicherung erschien auf dem Programm der sozialpolitischen Vorwärtsdränger die Ver­ sicherung gegen Arbeitslosigkeit. Aber sie berichtete im Verein zum erstenmal im Jahre 1897 der Reichstagsabgeordnete Sonnemann aus Frankfurt. Die Frage erschien dem Verein indessen damals nicht geklärt genug, um bereits zu ihr Stellung zu nehmen. Er hielt es für richtiger, zunächst Erfahrungen, die mit anderwärts bestehenden Einrichtungen gemacht wurden, abzuwarten. Bei der außerordentlichen Schwierigkeit dieser Materie dauerte es auch sehr lange, bis der Reichstag und die Reichsregierung sich mit ihr des näheren befaßten. Die Reichs­ regierung lehnte den Gedanken einer Reichsversicherung noch im Jahre 1912 ab und der Verein schloß sich dieser Stellung­ nahme an, indem er erklärte: „In Übereinstimmung mit der Reichsregierung muß der

Gedanke einer allgemeinen reichsgesetzlichen Arbeitslosenver­ sicherung wegen der großen ihr entgegenstehenden Schwierig-

keilen und ihrer psychologischen Wirkung auf den Volkscharakter in hohem Grade bedenklich erscheinen. Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit wird auch in Zukunft in erster Linie durch Förderung der produktiven Kräfte, sodann durch geeignete Arbeitsvermittlung und Arbeitsverteilung zu erfolgen haben. In Zeiten außergewöhnlich lang andauernder Kälte oder großen wirtschaftlichen Rückgangs wird es Aufgabe der Ge­ meindeverbände oder des Staates sein, durch Notstands­ arbeiten und bare Unterstützungen der größten Not vorzu­ beugen." Der Frage der Arbeitslosenversicherung ist später in anderer Form näher getreten worden.

Wichtigere Verhandlungen: 9. Februar 1870. LebensversicherungfürArbeiter;Or.Lucius, Frankfurt a. Main. 12. April 1871. Kilfskassen; Sekretär Schulze, Mainz. 10. Mai u. 14. Juni 1871. Laftpflichtgesetzentwurf; Sekretär Schulze, Mainz. 12. Zuli, 9. August, 13. September u. 13. Dezember 1871. Anfallverficherungsbanken; Sekretär Schulze, Mainz. 11. Dezember 1872. Arbeiterkassen; Fabrikant Fritz KaIle, Biebrich. 11. Juni 1873. Obligatorische Invaliden- und Witwenkaffen; Sekretär Schulze, Mainz. 12. November 1873. Äaftpflichtgesetz und Unfallversicherungs­ banken; Sekretär Schulze, Mainz, und ein Vertreter der Leipziger und Chemnitzer Bank. 15. Zuli u. 19. August 1874. Allgemeine obligatorische Inva­ lidenversicherung; Sekretär Schulze, Mainz. 17. März, 14. April u. 12. Mai 1875, 9. Februar 1876. Äilfskaffengesetzentwurf; Sekretär Schulze, Mainz.

10. April 1878. Versicherung gegen Haftpflicht; Fabrikant Fuhrmann, Worms. 17. Sunt 1879. Zwangsweise Einführung von Pensionskassen für Fabrikarbeiter (Antrag Stumm); Sekretär Dittmar, Mainz. 10. März 1880. Errichtung einer Wilhelm-Spende für Ar­ beiterversicherung; Sekretär Dittmar, Mainz. 13. Oktober u. 15. Dezember 1880. Der Baare'sche Gesetz­ entwurf über Arbeiterunfallversicherung; SekretärDittmar, Mainz. 24. Oktober 1880. Die Haftpflichtfrage; Fabrikant Brüning, Höchst. 19. Januar, 9. Februar, 16. März, 25. Mai, 16. November u. 14. Dezember 1881, 15. Februar 1882. Gesetzentwurf für die gewerbliche Unfallversicherung; Sekretär D i t tm a r,Mainz. 17. Mai 1882. Gesetzentwurf über die Krankenversicherung; Fritz Kalle, Biebrich. 13. Suni u. 10. Oktober 1883. Kranken- und Llnfallversiche ntng; Sekretär Dittmar, Mainz. 15. u. 20. Februar 1884. Normal-Statut für Fabrikkranken­ kaffen ; Sekretär Dittmar, Mainz. 18. Suni 1884. Stand der Gewerbeunfallversicherung; Sekretär Dittmar, Mainz. 8. Oktober, 17. u. 21. November 1884. Bildung der Berufs­ genossenschaften; Sekretär Dittmar, Mainz. 21. Oktober 1885. Praktische Ausführung des Gewerbeunfall­ versicherungsgesetzes; Sekretär Dittmar, Mainz. 20. April, 30. November, 13. u. 21. Dezember 1887. Grund züge der Alters- und Snvalidenversicherung; Sekretär Ditt­ mar, Mainz. 12. Dezember 1891. Die Haftpflicht der deutschen Sndustriellen; Generalsekretär Schwanck, Köln.

2. November 1892. Novelle zum Krankenversicherungsgeseh und Krankenkaffenstatut; Kommerzienrat Julius Römheld, Mainz. 22. Februar 1893. Der Haftpflichtschutzverband deutscher In­ dustrieller ; Generalsekretär Schwanck, Köln. 12. Oktober 1894. Abänderung des Gewerbeunfallversicherungs­ gesetzes; Generalsekretär Bueck, Berlin und W. Jutzi, Darmstadt. 13. Februar 1896. Die Haftpflichtbestimmungen im Entwurf des B. G. B.; Direktor D i t t m a r, Mainz. 21. Oktober 1896. Gesetzentwurf über Revision der Arbeiter­ versicherungsgesetze; W. Jutzi, Darmstadt. 11. Februar 1897. Novelle zum Gewerbeunfallversicherungs­ gesetz ; Direktor Dittmar, Mainz. 18. März 1897. Die Arbeitslosenversicherung; Leopold Sonne­ mann, Frankfurt a. Main. 18. März 1897. Haftpflicht und Unfallversicherung; Rechts­ anwalt Dr. Fuld, Mainz. 8. Dezember 1898 u. 4. Mai 1899. Revision des Alters und Invalidenversicherungsgesehes ; Rechtsanwalt Dr. Fuld, Mainz. 9. März 1899. Beamtenversicherung; Dr. Plönnis (Ver­ sicherungsgesellschaft Deutscher Anker), Kiel. 1. März 1900. Die Neuerungen des Invalidenversicherungs­ gesetzes vom 13. Juli 1899; Handelskammersekretär Meesmann, Mainz. 1. März 1900. Die Novellen zu den Anfallversicherungs­ gesetzen; Direktor Dittmar, Mainz. 26. April 1900. Die Beschlüsse der Reichstagskommission zu den Anfallversicherungsgesetzen; Direktor Dittmar, Mainz. 12. März 1903. Die Novelle zum Krankenversicherungsgesetz; Rechtsanwalt Dr. Fuld, Mainz.

9. April 1903. Die Haftpflichtversicherung und die deutsche Industrie; Handelskammersekretär Mersmann, Mainz. 14. Dezember 1905 u. 2. April 1906. Die Reform der sozialen Versicherungsgesetze; Handelskammersekretär Meesmann, Mainz. 10. Oktober 1907. Die Versicherung der Privatangestellten; Prof. Dr. Moldenhauer, Köln. 8. Oktober 1908. Die Reform der sozialen Versicherungs­ gesetze; Syndikus Meesmann, Mainz. 11. März 1909. Die Versicherung der Privatangestellten; Syndikus Meesmann, Mainz. 13. Oktober und 10. November 1910. Entwurf der Reichs­ versicherungsordnung ; Syndikus Meesmann, Mainz. 9. Februar, 9. März u. 12. Oktober 1911. Gesetzentwurf, betr. Versicherung der Privatangestellten; Prof. Dr. Mol denhauer, Köln. 21. März 1912. Die Versicherung der Arbeitslosen; Prof. Dr. Moldenhauer, Köln.

7. Bereinigungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer. 3m Jahre 1863 war unter Führung von Lassalle der „All­ gemeine deutsche Arbeiterverein" gegründet worden, der sich zunächst politische Ziele im nationalen Rahmen setzte, aber schon 1869 ins Fahrwasser des internationalen Sozialismus von Karl Marx geriet und in der „sozialistischen Arbeiterpartei Deutsch­ lands" (Gotha 1875) aufging. Die Gefahr dieser Entwicklung der Arbeiterbewegung, die sich neben der politischen eine wirt­ schaftliche Vertretung in den freien Gewerkschaften schuf, wurde innerhalb des Vereins alsbald erkannt. Schon im Jahre 1869 veröffentlichte der Vereinssekretär Schulze in den Vereins­ mitteilungen Aufsätze über die „Arbeiterparteien und ihre Or-

gerne", in welchem er die sozialistischen Theorien bekämpfte. Den Mitgliedern wurde die Verbreitung dieser und anderer auf­ klärender Schriften empfohlen. Die wirtschaftliche Organisation der Gewerkschaften ent­ wickelte sich indessen in sozialdemokratischer Richtung weiter und wenn auch Versuche gemacht wurden, den freien Gewerkschaften anders geartete Arbeiterorganisationen gegenüberzustellen, wie dies insbesondere in den Lirsch-Dunckerschen und den christlichen Gewerkschaften geschah, so hat doch das Gift der sozialdemo­ kratischen Anschauungen leider stets die stärkere Wirkung ausgeübt und zu einer immer größeren Machtentfaltung der freien Gewerkschaften geführt. Dazu kam, daß auch die anderen nicht auf sozialistischem Boden stehenden Gewerkschaften vielfach die Arbeitsmethoden jener Gewerkschaften sich zu eigen machten. Von den deutschen Katheder-Sozialisten wurde diese Entwick­ lung wesentlich gefördert; dieselben wiesen dabei auf die an­ geblich sehr günstige und friedliche Entwicklung der Arbeiter­ bewegung in England hin. Die Herren vergaßen dabei einmal, daß das ganze öffentliche Leben in England eine andere Struktur aufweist wie in Deutschland, ferner aber, daß die englischen Arbeiter viel weniger als ihre deutschen Berufsgenossen geneigt find, politische und wirtschaftliche Ziele zu vermengen. Am seine Mitglieder über die in England bestehenden Verhältnisse auf­ zuklären, hat der Verein mehrfach durch sachkundige Herren, z. B. im Jahre 1890 durch Dr. Beumer auf Grund einer von ihm unternommenen Studienreise, später durch Professor Dr. Biermer und Dr. Alexander Tille, geeignete Vorträge halten lassen. Diese Berichte ergaben ein wesentlich anderes Bild als das jener deutschen Theoretiker. Als der Einfluß der sozialistischen Gewerkschaften auf die deutschen Arbeiter immer stärker wurde, versuchte man eine Gegenorganisation ins Leben zu rufen und zwar in den „Werk-

vereinen" den, sogenannten „gelben" Vereinen, die auf das Werk beschränkt sind und auf dem Standpunkt der Interessen­ gemeinschaft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer stehen. Linser Verein hat die Gründung solcher Werkvereine zu fördern gesucht, und es sind auch mehrere derselben in Betrieben unserer Mitglieder entstanden, die sich einer günstigen Entwicklung zu erfreuen hatten. Der Krieg unterbrach diese Entwicklung und das Abkommen der großen Arbeitgeber- und Arbeiterorgani­ sationen, das am 15. November 1918 unter dem Druck der revolutionären Bewegung abgeschlossen wurde, hat ihnen leider die Anterstützung der Arbeitgeber entzogen. Es wäre aber zu wünschen, daß die Arbeiter von sich aus auf diesem Wege weiter­ schritten, um das Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeit­ nehmern friedlicher zu gestalten. Während die deutschen Arbeitervereine immer stärker wur­ den, fehlte es auf der Arbeitgeberseite an gleichwertigen Organi­ sationen, denn die allgemeinen wirtschaftlichen Verbände konnten als solche wegen ihrer anders gearteten Ziele und Zwecke nicht angesehen werden. Da zeigte im Winter 1903/04 ein großer Streik in Krimmitschau (Sachsen), welche gefährliche Entwick­ lung die Arbeiterbewegung in Deutschland bereits erreicht hatte. Nur mit größter Mühe gelang es, durch festes Zusammen­ fassen der beteiligten Arbeitgeber die unheilvollen Folgen dieses Streiks abzuwehren. Nunmehr nahm der Zentralverband der deutschen Industrie die Gründung von Abwehrorganisationen kräftig in die Land. Aber auch dann blieb die Entstehung eigentlicher Arbeitgeberverbände auf verhältnismäßig kleine Kreise beschränkt. Dies muß auch von dem Bezirk unseres Vereins gesagt werden, trotzdem der Fabrikantenverein durch eine Reihe von Vorträgen seine Mitglieder über die Not­ wendigkeit der Gründung solcher Verbände aufklärte. Erst der Krieg und seine Folgen haben den Arbeitgebern über die

Mängel ihrer bisherigen Organisation die Augen geöffnet, und nun erst entstanden Arbeitgeberverbände auf breitester Grund­ lage und für fast alle Gewerbe- und Handelszweige mit einer Gesamtspihe in der „Vereinigung der deutschen Arbeitgeber­ verbände" in Berlin. Auch unserem Verein gelang es, noch Ende des Jahres 1918 eine umfassende Organisation für Mainz, Wiesbaden und die weitere Umgebung unter dem Namen „Ver­ einigung der Arbeitgeberverbände von Mainz, Wiesbaden und Umgebung" zustande zu bringen, die sich inzwischen unter tat­ kräftiger Leitung zu einer geschloffenen Vertretung der Arbeit­ geberschaft entwickelt hat und dessen Vorstand der Geschäfts­ führer des Vereins als ständiges Mitglied angehört. Wichtigere Verhandlungen: 10. Juli 1872. Die deutschen Gewerkvereine; Dr. Max Hirsch, Berlin. 21. Dezember 1887. Der deutsche Werkmeisterverband; Egon Nagoczi, Mainz. 13. Januar 1898. Die neueste Entwicklung der englischen Arbeiterbewegung; Prof. Dr. Biermer, Münster. 10. Februar 1904. Über Arbeitgeberverbände; Generalsekretär Bueck, Berlin. 6. Dezember 1906. Der gegenwärtige Stand der Arbeitgeber­ organisation; Regierungsrat Prof. Leidig, Berlin. 17. Januar 1907. Die Rechtsfähigkeit der Berufsvereine; Iustizrat Dr. Fuld, Mainz. 16. April 1914. Gründung und Leitung von Werkvereinen; Syndikus Mersmann, Mainz. 25. April 1918. Die Entwicklung der Arbeitgeberorganisationen; Dr. Hoff, Düsseldorf. 26. November 1918. Arbeiterfragen und Gründung einer Arbeitgebervereinigung; Syndikus Mersmann, Mainz.

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C. Technische Fragen und Besichtigungen. Die Technik ist in der Industrie mit der Wirtschaft so innig verbunden, daß der Verein es für richtig hielt, ab­ wechselnd mit wirtschaftlichen und sozialpolitischen Fragen sich auch mit Problemen und Errungenschaften der modernen Technik zu beschäftigen, um seinen Mitgliedern nach dieser Richtung ebenfalls Anregungen zu geben. Teils waren es Mitglieder des Vereins selbst, teils Fachgelehrte, insbesondere Lehrer an der Technischen Hochschule in Darmstadt, die sich dem Verein zu diesem Zweck zur Verfügung stellten. Dank dieser Anter stühung konnte der Verein seinen Mitgliedern viel wertvolles bieten, ohne damit in das eigentliche Arbeitsgebiet der tech­ nischen Vereine einzugreifen. Ebenso veranstaltete er Besich­ tigungen bemerkenswerter technischer Betriebsanlagen oder tech­ nischer Bauwerke, und hatte die große Genugtuung, daß zahlreiche seiner Mitglieder sowohl, wie Behörden und Stadtverwaltungen, ihre Werke dem Besuche der Mitglieder zur Verfügung stellten. Das nachfolgende Verzeichnis ergibt, wie vielseitig sich die auf diesem Wege gewonnene Belehrung gestaltet hat. a) Wichtigere Vorträge: 9. November 1872.

Äber Heizvorrichtungen; Prof. Mei-

dinger, Karlsruhe. 11. Dezember 1872. Feuerfester Ton und seine Anwendung; Prof. Dr. Bischof, Wiesbaden. 16. April 1873. Dampfkesselexplosionen; Ingenieur Isambert, Mannheim. 11. April 1877. Über Kesselroste; Ingenieur Elsässer,

Mannheim. 14. November 1877. Feuerungen ohne Roststäbe; Direktor Simon Schiele, Frankfurt a. Main.

19. November 1879. Über Ventilatoren; Direktor Simon Schiele, Frankfurt a. Main. 11. Juni 1882. Die Römerbrücken bei Heidelberg und Mainz; Ingenieur Elsässer, Mannheim, 15. November 1882. Hauptverwendungen des elektrischen Stromes für Kraft und Licht; Direktor Simon Schiele, Frankfurt a. Main. 7. März 1883. Abwehrmaßnahmen gegen Hochwasser in Mainz; Fabrikant I. Römheld, Mainz 14. November 1883. Über Portlandzement und dessen Ver­ wendung; Rudolf Dyckerhoff, Biebrich. 21. Mai 1884. Stand der Beleuchtung mit Elektrizität; In­ genieur H. G. Möhring, Frankfurt a. Main. 18. Juni 1884. Die sogenannte flammenlose Verbrennung; Direktor Simon Schiele, Frankfurt a. Main. 21. Januar 1885. Elektrischer Sicherheitsapparat für Dampf­ kessel; Ingenieur Brockmann, Offenbach a. Main. 18. März 1885. Über Ventilation; Direktor Simon Schiele, Frankfurt a. Main. 27. Januar 1886. Waffergas und seine Verwendung (mit Ex­ perimenten); Direktor Simon Schiele, Frankfurt a. Main. 12. März 1887. Auer Brenner für Leuchtzwecke: Direktor Simon Schiele, Frankfurt a. Main. 9. Mai 1888. Über verschiedene Dampfkeffelarten; Kom­ merzienrat Julius Römheld, Mainz. 23. Oktober 1889. Der Edisonsche Phonograph; Kommerzienrat Julius Wurmbach, Frankfurt a. Main. 7. Februar 1890. Vorführung des Edisonschen Phono­ graphen; Dröse, London. 12. Februar 1891. Ausnutzung der Rhonewafferkräfte für Genf; Direktor Simon Schiele, Frankfurt a. Main.

8. April 1891. Die Druckluft und ihre gewerbliche Verwen­ dung; Ingenieur Brockmann, Offenbach a. Main. 14. Oktober 1891. Die Lauffener elektrische Kraftübertragung; Direktor Simon Schiele, Frankfurt a. Main. 19. Oktober 1893. Das Doppelmetall, seine Verstellung und Verwendung; Ingenieur Brockmann, Offenbach a. Main. 25. Januar 1894. Die amerikanische Holzbearbeitung; Gewerbe­ schuldirektor Kübel, Mainz. 15. März 1894. Hartglas und Drahtglas; Ingenieur Brock­ mann, Offenbach a. Main. 16. Oktober 1895. Spiralgeschweißte Röhren; Ingenieur Brock­ mann, Offenbach a. Main. 18. Mai 1896. Straßenbahnen mit Gasmotorenbetrieb; Ober­ ingenieur A. Kemper, Dessau. 9. November 1898. Neue Verfahren zur Herstellung hoher Temperaturen und zur Herstellung kohlenfreier Metalle; Ingenieur Brockmann, Offenbach a. Main. 7. Februar 1900. Herstellung und Verwendung von Sauer­ stoff; Ingenieur Brockmann, Offenbach a. Main. 24. April 1902. Die Verwendung hohen Drucks in der mo­ dernen Technik,- Prof. Brockmann, Offenbach a. Main. 20. November 1902. Neuerungen in der Glasindustrie; Prof. Brockmann, Offenbach a. Main. 10. Dezember 1903. Herstellung und Verwendung breitflanschiger Träger; Prof. Brockmann, Offenbach a. Main. 10. Mai 1906. Die Funkentelegraphie (mit Experimenten); Prof. Dr. Wirtz, Darmstadt. 14. Februar 1907. Die Zentralisierung der Elektrizitätsver­ sorgung in Rheinland-Westfalen; Redakteur Iutzi, Köln. 14. März 1907. Altes und Neues von der Gewinnung des Goldes; Prof. Dr. Neumann, Darmstadt.

10. Dezember 1908. Der gegenwärtige Stand der Luftschiff­ fahrtstechnik; Geheimrat Prof. Dr. Lergsell, Straßburg. 11. Februar 1909. Der heutige Stand der elektrischen Eisenund Stahlerzeugung; Prof. Dr. Neumann, Darmstadt. 13. Januar 1910. Bau und Verwendbarkeit der Dampftur­ binen; Geheimer Baurat Prof. Gutermuth, Darmstadt. 10. Februar 1910. Ausnutzung vorhandener Wärmequellen in Fabriken; Oberingenieur Crusius, Kaiserslautern. 7. April 1910. Elektrochemische Industrie; Prof. Dr. Neu­ mann, Darmstadt. 15. Dezember 1910. Die Wirtschaftlichkeit des Eisenbetonbaues; Direktor Meisenhelder, Biebrich. 13. April 1911. Gasfernleitung und Gasverwendung; In­ genieur Schilling, München. 11. April 1912. Die Entwicklung der Äberlandzentralen im rhein-mainischen Gebiet; Baurat Schöberl, Darmstadt. 13. Februar 1913. Gegenwärtiger Stand der Elektrostahl­ erzeugung; Oberingenieur Rodenhauser, Völklingen. 12. Februar 1914. Industriebauten; Prof. W. Franz, Charlottenburg. 12. März 1914. Neuere Wandlungen in der technischen Chemie; Prof. Dr. Neumann, Darmstadt. 13. Dezember 1916. Künstliche Erzeugung von Nahrungs­ und Genußmitteln; Prof. Dr. Vaubel, Darmstadt. 21. Februar 1918. Die Bedeutung der Äarze für die Industrie; Dr. Verend, Biebrich. b) Besuche und Besichtigungen:

10. Juni 1874. Rheinische Bierbrauerei Weisenau (Besichtigung einer Eismaschine). 25. Mai 1888. Patent- und Musterschutzausstellung in Frankfurt a. Main.

12. April 1882. Bahnumführung und der in Anlage be­ griffene neue Lasen in Mainz. 9. Mai 1883. Mainzer Bahnhofsumführungstunnel; Sektkellerei Kupferberg. 22. April 1885. Feste Rheinbrücke bei Mainz. 3. Juni 1885. Landesgewerbeaus st ellnng in Biebrich. 22. Juli 1885. Hessische Blei- und Kupferwerke in Heddernheim. 15. Dezember 1885. Fabrik elektrischer Maschinen und Apparate der Firma G. H. Möhringer in Frankfurt a. Main. 8. Juni 1887. Neuer Mainzer Zoll- und Binnenhafen. 30. November 1893. Ingelheimer Kalk- und Stein­ werke von Richard Avenarius. 14. Dezember 1893. Stinnessche Brikettfabrik in Gu­ st a v s b u r g. 15. Februar 1894. Elektrizitätswerk der Stadt Bocken heim. 12. April 1894. Schaumweinkellerei Burgeff & Co. in Hochheim. 22. April 1896. Farbwerke vorm. Meister, Lucius L Brüning, Höchst (Wohlfahrtseinrichtungen). 12. Mai 1898. Mannheimer Hafenanlagen. 13. April 1899. Hessische Kupfer werke Gustavsburg und Kohlenwasch- und Brikettfabrik der Bergbauund Schiffahrts-A.-G. vorm. Gebr. Kannegießer. 14. Dezember 1899. Städtischer Viehhof und Schlacht­ haus in Mainz und Hobelwerke der Firma Dülken, Kaufhold & Co. 10. Mai 1900. Basaltwerke der Firma Odenwälder H art steinin d u stri e-A.-G. vorm. Brei twieserLCo., Ober-Ramfladt.

18. Oktober 1900. Werke der Firma Dyckerhoff & Söhne Amöneburg. 8. November 1900. Süddeutsche Waggonfabrik-A.-G. in Kelsterbach. 10. Oktober 1901. Schaumweinkellerei Äenkell & Co. in Mainz. 9. Oktober 1902. 3m Bau begriffene neue Eisenbahn brücke über den Rhein unterhalb Mainz. 8. Oktober 1903. Neue Kelleranlagen der Mainzer Aktienbierbrauerei. 13. Oktober 1904. Betrieb der Firma Elektrizitäts-A.-G. vorm. W. Lahmeyer & Co. in Frankfurt a. Main. 27. April 1905. Städtisches Elektrizitätswerk Mann­ heim. 13. Februar 1908. Materialprüfungsanstalt und Gas­ maschinenlaboratorium der Technischen Hoch­ schule Darmstadt. 9. April 1908. Kehrrichtverbrennungsanstalt und Städtisches Elektrizitätswerk Wiesbaden. 8. Oktober 1908. Patentiertes Schneideverfahren der Che­ mischen Fabrik Griesheim-Elektron sowie autogene Schweißung der Metalle. 25. November 1909. Sektkellerei der Aktiengesellschaft vorm. Burgeff & Co. 18. Mai. 1911. Anlagen der Rheinischen Kohlenhandels und Reederei-Gesellschaft in Mannheim und Lud­ wigshafen. 13. Juni 1912. Osthafen in Frankfurt a. Main. 21. Februar 1918. Metallwarenfabrik Louis Busch, Mainz.

D. Kriegsfragen. Fast nirgends in Deutschland ist vor dem großen Krieg die Tatsache richtig erkannt worden, daß jeder Staat, der in die Lage kommt, mit den Waffen seine Existenz verteidigen zu müssen — und welcher Staat befindet sich nicht in dieser Lage? — schon im Frieden nicht nur militärische, sondern auch wirt­ schaftliche Vorbereitungen zu treffen hat. Ganz be­ sonders aber gilt dies von einem Staat, der ringsum von mög­ lichen Gegnern eingeschloffen ist und daher mit einer Abschnü­ rung oder starken Behinderung seiner Zufuhren im Falle eines Krieges zu rechnen hat. In dieser Lage befand sich Deutsch­ land, aber bei keiner der maßgebenden Stellen waren anscheinend irgendwelche wirtschaftlichen Mobilmachungspläne aufgestellt oder nur irgendwie für einen Kriegsfall wirtschaftlich vorgesorgt worden. Es war eine ganz vereinzelt dastehende Erscheinung, daß in unserem Verein vor dem Krieg die Frage der finan­ ziellen Mobilmachung auf die Tagesordnung einer Hauptver­ sammlung gestellt wurde. Prof. Dr. Biermer aus Gießen hatte dies Thema angeregt und sprach am 13. Januar 1913 vor einer auch aus Generalstabsoffizieren des Gouvernements Mainz bestehenden Versammlung in eindringlicher Weise über die in dieser Hinsicht erforderlichen Maßnahmen, indem er unter Eingehen auf die bereits vorhandenen Arbeiten von Helfferich und Rieser eine Reihe von praktischen Vorschlägen machte. Die während des Kriegs im Verein behandelten Fragen bezogen sich auf alle Gebiete der Kriegswirtschaft und des Kriegszustandes, soweit sie die Wirtschaftskreise unmittelbar oder mittelbar berührten. Die ungeheuere Aufgabe, die im engsten Zusammenhang mit der Weltwirtschaft stehende deutsche Wirtschaft mit ihren unendlich vielen Wechselbeziehungen mit einem Schlag auf den Zustand des „geschlossenen Handels-

staates" zurückzuführen, stellte Anforderungen, wie sie noch in keinem Krieg an einen Staat herangetreten waren. Was die Gegner an Schädigung der deutschen Wirtschaftsinterefsen tun konnten, geschah, nicht nur durch den Raub aller im Auslande angelegten Kapitalien und Anlagen und Lahmlegung der deutschen Schiffahrt und des deutschen Außenhandels, sondern auch durch einen unerhörten Druck auf das neutrale Ausland, dessen Verkehr mit Deutschland in jeder Weise zu unterbinden versucht wurde. Eine der wichtigsten Aufgaben bestand deshalb darin, die Deutschland zur Verfügung stehenden Rohstoffquellen nach Möglichkeit auszunutzen und, soweit ausführbar, neue Quellen zu erschließen. Letzteres geschah mit Hilfe der technischen, ins­ besondere chemischen Wissenschaften in großem Umfange durch Heranziehung von Ersatzstoffen, ferner durch Verwertung von Abfällen aller Art, an deren Verarbeitung früher wegen ihres Unwertes niemand gedacht hätte. Ein weiteres wichtiges Kapitel betraf die Einrichtung kriegs­ wirtschaftlicher Organisationen zur Erfassung der Rohstoffe und Nahrungsmittel und die Heranziehung der verschiedenartigsten auf andere Erzeugnisse eingestellten Betriebe zu Zwecken der Kriegsmittelbeschaffung. Was in dieser Hinsicht in Deutschland und insbesondere in der deutschen Industrie geleistet worden ist, wird für immer ein Ruhmesblatt des deutschen Unternehmungs­ geistes und der deutschen Anpassungsfähigkeit bleiben. Drittens handelte es sich darum, die gewerblichen Betriebe, die nun fast alle im Dienste der Kriegswirtschaft standen und ihre Aufträge von den Militärbehörden oder kriegswirtschaft­ lichen Organisationen erhielten, gleichmäßig und ihren Einrich­ tungen entsprechend zu beschäftigen. In dieser Hinsicht hat der Verein mit dem Kriegsministerium selbst Verhandlungen gepflogen und auf Abstellung von Mängeln und Berücksichtigung berechtigter Wünsche hingewirkt.

Die letzte wichtige Aufgabe bestand darin, den Willen zur Aufrechterhaltung des Widerstandes bis zu einem ehrenvollen Frieden im ganzen Volk zu stärken und zu beleben. Auch dieser Aufgabe hat sich der Verein an seinem Teil unterzogen, indem er in den wichtigsten Phasen des Kriegs die Entschlossenheit der von ihm vertretenen Kreise in öffentlichen Erklärungen zum Ausdruck brachte. Die letzte derartige Erklärung gab er in seiner Versammlung vom 27. Oktober 1918 ab, als sich der Krieg bereits zu seinem Ende neigte und die Gefahr offenbar wurde, daß das deutsche Volk sich seinen Gegnern auf Gnade und Angnade ergeben könnte. Die damals abgegebene Erklärung lautete: „Die militärischen und politischen Vorgänge der letzt­ vergangenen Zeit haben für das deutsche Volk eine ernste Lage geschaffen. Diese Lage verlangt die Einstellung aller inneren Kämpfe rind die Zusammenfassung aller Kräfte zur Abwehr der äußeren Feinde. Jede deutsche Regierung, die von dieser Erkenntnis ausgeht, die entschlossen ist, nur einem die Ehre Deutschlands wahrenden Frieden zuzustimmen und nötigenfalls das Volk zum äußerstenWiderstand au fzurufen, wird die Angehörigen aller Parteien und aller wirtschaftlichen Gruppen hinter sich finden. Zn diesem Sinne richtet der Verein auch an seine Mit­ glieder die Aufforderung, alles zu tun, was die Einigkeit im Volke fördern, das Vertrauen in die Zukunft des Reiches stärken und eine kraftvolle Vertretung der deutschen Interessen durch die Regierung unterstützen kann." Es sollte anders kommen, als es in dieser Erklärung ge­ fordert war. Die während des Kriegs teils durch die Nöte der Zeit, teils aber auch durch eine auf den politischen Amsturz gerichtete, von der Regierung nicht genügend bekämpfte Agitation bewirkte Zersetzung, zeitigte den Erfolg, daß in den entscheiden-

den Tagen die kaiserliche Regierung zusammenstürzte und daß die neuen Männer trotz eines zum größten Teil intakten Leeres und trotz des Vorhandenseins großer Vorräte, ohne den Versuch eines Widerstandes zu machen, die demütigendsten Waffenstill­ standsbedingungen annahm, die jemals einem Volk geboten worden sind. Was weiter kommen mußte, kam: der Friede von Versailles und seine Auswirkungen, die in ihrer furchtbarer: Tragweite auch heute noch nicht zu übersehen sind. Wichtigere Verhandlungen:

16. Januar 1913. Finanzielle Biermer, Gießen.

Mobilmachung;

Prof.

Dr.

17. Dezember 1914.

Die Fragen des Kriegszustandes Regierungsrat Dr. Schweighoffer, Berlin.

17. Dezember 1914. Der Krieg und das Vertragsrecht; Justizrat Dr. Fuld, Mainz.

7. Januar 1915.

Die deutsche Volkswirtschaft im Kriegs­ zustand; Prof. Dr. Pohle, Frankfurt a. Main. 15. April 1915. Die maritimen Machtmittel unserer Gegner; Geheimer Regierungsrat Prof. Dr. O. Flamm, Berlin.

18. Mai 1915. Die Kriegswirtschaftsorganisationen des Reichs ; Dr. von Stojentin, Berlin. 18. November 1915. Industrielle Kriegsfragen, unter beson­ derer Berücksichtigung der Eisenindustrie; Dr. I. Reichert, Berlin.

2. Dezember 1915. Deutschland und England, volkswirtschaft­ liche Kriegsbetrachtungen; Generalsekretär Dr. Beumer, Düsseldorf.

16. Dezember 1915. Die wirtschaftlichen Kriegsorganisationen und ihre Übertragung auf Friedensverhältniffe; Prof. Dr.

Voigt, Frankfurt a. Main.

19. Januar 1916. Die Explosivmittelchemie im Kriege; Pro­ fessor Dr. Wöhler, Darmstadt. 17. Februar 1916. Markwährung und Auslandswährungen im Krieg; Redakteur Iutzi, Köln. 16. März 1916. Technische Aufgaben der Kriegsbeschädigten­ fürsorge; Geheimer Regierungsrat Prof. Dr. Hartmann, Berlin. 23. November 1916. Über Kriegsfragen; Syndikus Mers­ mann, Mainz. 23. November 1916. Vertragserfüllung gegenüber Angehörigen feindlicher Staaten; Justizrat Dr. Fuld, Mainz. 14. Dezember 1916. Die Kohlenversorgung; Syndikus Mers­ mann, Mainz. 14. Dezember 1916. Der vaterländische Hilfsdienst; Syndikus Mersmann, Mainz. 17. Januar 1917. Staatliche Machtpolitik in soziologischer Betrachtung; Geheimrat Prof. Dr. Pohle, Frankfurt a. Main. 19. Juni 1917. Die Kohlenversorgung; Redakteur Iutzi, Köln. 25. Oktober 1917. Fragen der Übergangswirtschaft; Syndikus Meesmann, Mainz. 29. November 1917. Der gewerbliche Rechtsschutz während des Krieges und nachher; Iustizrat Dr. Fuld, Mainz. 17. Januar 1918. Die deutschen Eisenerzlagerstätten und die Zukunft der deutschen Eisenerzindustrie; Generalsekretär Dr. Reichert, Berlin. 25. April 1918. Die Sicherung der Auslandsforderungen; Syndikus Meesmann, Mainz. 29. Oktober 1918. Erklärung zur Erkämpfung eines ehrenvollen Friedens; Syndikus Meesmann, Mainz. 26. November 1918. Besprechung der Waffenstillstands­ bedingungen; Syndikus Meesmann, Mainz.

Anlage

Vorsitzende, Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer des Mittelrheinischen Fabrikantenvereins. A. Borfitzende. 1869, 1870: Direktor Göckel, Frankfurt a. Main. 1871,1872: Kommerzienrat Gräff, Bingen. 1873: Direktor Göckel, Frankfurt a. Main. 1874, 1875: Fritz Kalle, Biebrich. 1876, 1877: Dr. L. Beck, Biebrich. 1878—1880: Direktor Simon Schiele, Frankfurt a. Main. 1881: Direktor Göckel, Frankfurt a. Main. 1882: Dr. L. Beck, Biebrich. 1883, 1884: Rudolf Koepp, Ö strich. 1885, 1887: Direktor Simon Schiele, Frankfurt a. Main. 1888—1890: Kommerzienrat Julius Römheld, Mainz. 1891,1892: Direktor Simon Schiele, Frankfurt a. Main. 1893, 1894: Kommerzienrat Gustav Dyckerhoff, Biebrich. 1895: Direktor Dr. Egger, Weisenau b. Mainz. 1896—1918: Prof. Dr. Ludwig Beck, Biebrich, ab 1918: Geheimer Regierungsrat Dr. h. c. Haeuser, Höchst a. Main.

B. Vorstandsmitglieder. 1. 2. 3. 4. 5. 6.

7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30.

Direktor Friedrich Göckel, Frankfurt «.Main Lermann Dietze, Mainz Gustav Dyckerhoff, Biebrich a. Rhein . Dr. von Brüning, Löchst a. Main . . Dr. Weidenbusch, Wiesbaden . . . Rudolf Koepp, Östrich

1869—1887 1869—1887 1869—1906 1869—1882 1869—1876 1869 -1890

Fritz Kalle, Biebrich Eugen Albert, Biebrich C. Brentano, Mainz Carl Gräff, Bingen Julius Römheld, Mainz Dr. Moritz, Mainz Dr. Giulini, Mannheim Julius Wurmbach, Bockenheim . Dr. Gundlach, Mannheim Simon Schiele, Frankfurt a. Main Direktor Laos, Mainz Dr. Ludwig Beck, Biebrich Velthuysen, Frankenthal Lugo Cantor, Mainz Gustav Böhm, Offenbach a. Main. Louis Reuleaux, Mainz Friedrich Engelhard, Rüsselsheim Karl Elsässer, Mannheim Lans Kopp, Frankenthal Eduard Oehler, Offenbach a. Main Direktor W Euler, Kaiserslautern. Lermann Mohr, Mannheim Dr. Leo Gans, Frankfurt «.Main Franz Kupferberg, Mainz

1869—1884 1869—1878 1869 1870—1878 1870—1904 1872—1874 1872 1872—1874 1873 1874—1895 1874—1880 1875—1918 1876 1877—1878 1877—1900 1878—1882 1879—1880 1880 1881—1915 1881—1892 1881—1891 1881—1902 1883—1887 1883—1886

.

.

.

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.

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31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52. 53. 54. 55. 56. 57. 58. 59. 60. 61. 62.

C. Preetorius, Mainz Dr. Koenig, jööchst a. Main. . . . Direktor Dr. Pauli, jööchst a. Main . . Dr. jöeinrich Brunck, Ludwigshafen . . 3. Junker, Weisenau Ferdinand von Löhr, Mainz Dr. W. Kalle, Biebrich L. Arnoldi, Mainz Rich. Avenarius, Gau-Algesheim . . Joseph Reinach, Mainz Dr. C. Wachendorff, Sstrich.... Peter Melchers, Mainz Direktor Wilhelm Age, Kaiserslautern. . Fr. Fehr-Flach, Wiesbaden .... Dr. Egger, Weisenau Dr. Grauer, Nieder-Ingelheim .... jo. 3. jöummel, jöochheim Direktor Kohn, Frankfurt a. Main. . . Franz Kupferberg, Mainz Louis jöeyligenstädt, Gießen .... E. Weismüller, Frankfurt a. Main . . G. Äeyne, Offenbach a. Main .... Dr. von Boß, Darmstadt Direktor Baurat Äering, Gustavsburg . jöermann Mohr jr., Mannheim .... Wilhelm Römheld, Mainz Dr. Bischer, Ludwigshafen Karl Dyckerhoff, Biebrich . . . . . Dr. W. F. Kalle, Biebrich Louis Feistmann, Offenbach . • . . . Dr. G. Büchner, Darmstadt Prof. Dr. Karl Müller, Ludwigshafen .

1885-1886 1885 . 1886—1906 1887—1906 1887 1887—1892 1888-1892 1888-1890 1888—1914 1888—1914 1891—1896 1891—1909 1892—1918 1893—1895 1893—1895 1893—1894 1895—1917 1896—1914 1896—1902 1897—1910 1897—1909 1901—1908 1901—1905 1903—1917 1903—1911 1905-1909 1907—1909 seit 1907 seit 1907 1909 seit 1909 1910—1916

63. 64. 65. 66. 67. 68. 69. 70. 71.

72. 73. 74. 75. 76. 77. 78. 79.

Willy Heyne, Offenbach Karl Ihm, Mainz S. Richart, Mainz Direktor Otto Hesse, Gustavsburg . . . Paul Seifert, Wiesbaden Direktor Prechter, Mannheim .... Dr. Karl Klingspor, Offenbach a. Main . Dr. Adolf Haeuser, Höchst a. Main . . Dr. Avenarius-Herborn, Gau-Algesheim Generaldirektor Köster, Frankfurt a. Main Ludwig Haas, Mainz Johann Klein, Frankenthal Direktor Dr. Baier, Darmstadt .... Direktor Dr. Michel, Ludwigshafen . . Direktor Albrecht Hummel, Hochheim . . Jakob Klein, Frankenthal Direktor Dr. Wilhelm Kitz, Gustavsburg .

1910—1912 seit 1910 seit 1910 feit 1910 seit 1911 seit 1912 seit 1913 seit 1914 seit 1915 feit 1915 seit 1914 1916—1917 seit 1916 seit 1917 seit 1918 seit 1918 seit 1918.

C. Geschäftsführer. 1870—1877: Julius Schulze (ging im Jahr 1877 nach Ham bürg als Sekretär der dortigen Gewerbekammer), 1877—1905: Direktor Gustav Dittmar (f 1.August 1905), seit 1905: Syndikus Paul Meesmann.