Der Matrixkonzern: Eine Untersuchung über die Leitung und Haftung im Matrixkonzern [1 ed.] 9783428559466, 9783428159468

Der Autor beleuchtet die in der Praxis vermehrt anzutreffende Matrixorganisation im Hinblick auf konzern- und gesellscha

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Der Matrixkonzern: Eine Untersuchung über die Leitung und Haftung im Matrixkonzern [1 ed.]
 9783428559466, 9783428159468

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Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 160

Der Matrixkonzern Eine Untersuchung über die Leitung und Haftung im Matrixkonzern

Von

Niels L. Lange

Duncker & Humblot · Berlin

NIELS L. LANGE

Der Matrixkonzern

Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Hamburg Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler, Göttingen

Band 160

Der Matrixkonzern Eine Untersuchung über die Leitung und Haftung im Matrixkonzern

Von

Niels L. Lange

Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Hamburg hat diese Arbeit im Jahre 2019 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2020 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: L101 Mediengestaltung, Fürstenwalde Druck: CPI buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 1614-7626 ISBN 978-3-428-15946-8 (Print) ISBN 978-3-428-55946-6 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Für Jule und meine Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2019/2020 von der Juristischen Fakultät der Universität Hamburg als Dissertation angenommen. Vor der Veröffentlichung wurden Literatur und Rechtsprechung bis Juli 2019 berücksichtigt. Herzlich danken möchte ich meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Sebastian Mock, für die Betreuung dieser Dissertation und zeitnahe Korrektur der Arbeit. Herrn Prof. Dr. Peter Mankowski bin ich für die rasche Zweitbegutachtung zu großem Dank verpflichtet. Von ganzem Herzen danken möchte ich meiner Partnerin Jule für den Rückhalt, den sie mir während der Erstellung dieser Arbeit gegeben hat. Ferner bin ich meinen Eltern zu großem Dank verpflichtet, ohne deren Einfluss und Unterstützung diese Arbeit so nicht möglich gewesen wäre. Schließlich möchte ich auch meiner Schwester Jana für die Unterstützung beim Korrekturlesen danken sowie vor allem meinen Freunden Dr. Denis Kaspras und Dr. Stefan Kühl, welche mir stets mit Rat und Unterstützung in dieser Zeit zur Seite standen. Hamburg, im Januar 2020

Niels L. Lange

Inhaltsübersicht Einleitung 

27

A. Zur Thematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 B. These und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Erster Teil

Grundlagen zur Matrixorganisation 

31

§ 1 Die Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Das Organisationsproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Bausteine der Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Grundmodelle der Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Typische Organisationsformen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31 32 33 33 36 40

§ 2 Die Matrixorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die Matrixorganisation im Detail . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Struktur der Organisation im Zusammenspiel mit dem Gesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Historie sowie Vor- und Nachteile der Matrixorganisation . . . . . . . . . . . D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41 41 44 48 51

Zweiter Teil

Rechtliche Grundlagen zum Konzern 

52

§ 1 Rechtliche Vorgaben zur Konzernorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die verschiedenen Konzernarten des Aktienrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Kein Konzernorganisationsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52 52 53 54

§ 2 Der Grundsatz des Trennungsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Bedeutung des Trennungsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Das Trennungsprinzip im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56 57 60 62

§ 3 Der Leitungsbegriff des Aktienrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 A. Verhältnis Leitung und Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 B. Gegenstand der Leitungstätigkeit des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

10 Inhaltsübersicht C. Konzernbezogene Leitungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 Dritter Teil

Die Matrixorganisation als Organisation des Konzerns 

84

§ 1 Implementierung von Matrixorganisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Der Zugriff auf die Leitungsmacht der Matrixgesellschaft . . . . . . . . . . . B. Das Weisungsrecht im Vertragskonzern – Folge- und Überprüfungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84 84

§ 2 Grenzen und Voraussetzungen bei der Obergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . A. Verantwortlichkeit des Vorstands der Obergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . B. Zustimmungsvorbehalte betroffener Aufsichtsräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Mitwirkung der Hauptversammlung bei Einführung der Matrixorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

115 115 134

94 114

137 141

Vierter Teil

Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation 

143

§ 1 Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Das „machtlose“ Leitungsorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Leitungsaufgabe des Leitungsorgans der Matrixgesellschaft . . . . . . C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

143 143 154 180

§ 2 Der Matrixmanager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Der Matrixmanager im Verhältnis zur Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Der Matrixmanager als faktisches Leitungsorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

181 181 205 221

§ 3 Die Stellung des Matrixmanagers als Organ der Matrixgesellschaft . . . . A. Problembeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Rechtsbeziehungen des Matrixmanagers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Interessenkonflikte – Das „verkappte Doppelmandat“ . . . . . . . . . . . . . . .

222 222 223 232

Fünfter Teil

Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern 

241

§ 1 Haftungszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 B. Regelungsziele und Schutzbereiche der Binnenhaftung . . . . . . . . . . . . . . 241

Inhaltsübersicht11 § 2 Haftung des Vorstands der Obergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Zulässigkeit des Rückzugs auf die Delegationshaftung . . . . . . . . . . . . . . B. Haftung gegenüber der Obergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Haftung gegenüber der Matrixgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Haftung aus § 117 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Haftung aus § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. dem Beherrschungsvertrag . . . .

243 243 245 250 256 257

§ 3 Haftung des Leitungsorgans der Matrixgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 A. Allgemeine Organhaftung im „weisungsfreien“ Raum . . . . . . . . . . . . . . 257 B. Haftung für die Befolgung von Weisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 § 4 Haftung des Matrixmanagers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Gesetzliche Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Vertragliche Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Haftung als Teil der Geschäftsleitung der Matrixgesellschaft . . . . . . . . .

261 262 269 272 272

§ 5 Haftung der Obergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Ausgleichspflicht nach § 302 AktG  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Haftung aus § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. dem Beherrschungsvertrag . . . . C. Vertragliche Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. c. i. c. Haftung – § 311 Abs. 3 BGB im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Deliktische Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

276 276 277 279 285 288 310

Sechster Teil

Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung 

312

§ 1 Organisatorische Vorkehrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 A. Anforderungen an die erteilten Weisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 B. Gesellschaftsrechtliche Vorkehrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 § 2 Privatautonome Haftungsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 A. Statuarische Haftungsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 B. Schuldvertragliche Haftungsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 § 3 Anwendbarkeit des innerbetrieblichen Schadensausgleichs . . . . . . . . . . . A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Anwendbarkeit dieser Grundsätze auf das Leitungsorgan der Obergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Anwendbarkeit auf das Leitungsorgan der abhängigen Gesellschaft . . . .

323 323 326 331

§ 4 Freistellungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 A. Vorstand der Obergesellschaft und der Matrixgesellschaft . . . . . . . . . . . 333 B. Freistellungsvereinbarung mit dem Matrixmanager . . . . . . . . . . . . . . . . . 334

12 Inhaltsübersicht § 5 D&O-Versicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Gegenstand der Versicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Ausgestaltung des Versicherungsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

336 336 337 337

Siebter Teil

Wesentliche Ergebnisse/Thesen 

342

A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Der Matrixmanager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Das Leitungsorgan der Obergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Die Obergesellschaft in der Matrixorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

342 343 343 344 345

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371

Inhaltsverzeichnis Einleitung 

27

A. Zur Thematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 B. These und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Erster Teil

Grundlagen zur Matrixorganisation 

31

§ 1 Die Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Das Organisationsproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Bausteine der Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Grundmodelle der Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Typische Organisationsformen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Funktionale Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Divisionale Organisation/Objektorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Erweiterung zur Matrixorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31 32 33 33 36 36 37 39 40

§ 2 Die Matrixorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die Matrixorganisation im Detail . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundlegende Merkmale der Matrixorganisation . . . . . . . . . . . . . . . 1. Mehrdimensionale Organisationsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mehrliniensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Schlüsselstellen in der Matrixorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Matrixleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Matrixmanager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Matrixzelle/Schnittstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Struktur der Organisation im Zusammenspiel mit dem Gesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Matrixorganisation im rechtlichen Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Matrixorganisation im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Historie sowie Vor- und Nachteile der Matrixorganisation . . . . . . . . . . . I. Historie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vor- und Nachteile der Matrixorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Nachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41 41 41 41 42 43 43 43 44 44 45 46 48 48 49 49 50 51

14 Inhaltsverzeichnis Zweiter Teil

Rechtliche Grundlagen zum Konzern 

52

§ 1 Rechtliche Vorgaben zur Konzernorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die verschiedenen Konzernarten des Aktienrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Kein Konzernorganisationsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52 52 53 54

§ 2 Der Grundsatz des Trennungsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Bedeutung des Trennungsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Das Trennungsprinzip im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Grundsatz des Trennungsprinzips im Konzern . . . . . . . . . . . . . II. Grenzen des Trennungsprinzips im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56 57 60 60 61 62

§ 3 Der Leitungsbegriff des Aktienrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 A. Verhältnis Leitung und Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 I. Keine Identität von Leitung und Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . 64 II. Leitung als herausgehobener Teil der Geschäftsführung . . . . . . . . . 64 III. Verhältnis Leitung und Vertretung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 B. Gegenstand der Leitungstätigkeit des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 I. Abstrakte Leitungsverantwortung kraft gesetzlicher Vorgaben . . . . 66 II. Abstrakte Leitungsaufgaben kraft typologischer Zuordnung . . . . . . 67 1. Ermittlung anhand betriebswirtschaftlicher Erkenntnisse . . . . . . 68 2. Juristische Erkenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 a) Unternehmensplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 b) Unternehmenskoordinierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 c) Unternehmenskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 d) Besetzung von Führungspositionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 III. Konkretisierung der Leitungsaufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 1. Notwendigkeit einer Konkretisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 2. Rückgriff auf § 90 Abs. 1 Nr. 4 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 a) Bedeutung der Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 b) Geschäft von erheblicher Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 c) Merkmale des Geschäfts von erheblicher Bedeutung . . . . . . 72 C. Konzernbezogene Leitungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 I. Konzernleitungspflicht gegenüber der Obergesellschaft . . . . . . . . . . 74 1. Leitungsverantwortung für den Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 2. Ansichten im Schrifttum zur Intensität der Leitungsverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 3. Schlussfolgerungen für den matrixorganisierten Konzern . . . . . 76 II. Konzernleitungspflicht gegenüber der Matrixgesellschaft . . . . . . . . 76 III. Konzernweite Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

Inhaltsverzeichnis15 2. Planung, Steuerung und Überwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Konzernplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Konzernorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Konzernüberwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Besetzung von Führungsstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78 79 79 80 82 82

Dritter Teil

Die Matrixorganisation als Organisation des Konzerns 

84

§ 1 Implementierung von Matrixorganisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 A. Der Zugriff auf die Leitungsmacht der Matrixgesellschaft . . . . . . . . . . . 84 I. Matrixgesellschaft als Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 1. Die Pflicht zur eigenverantwortlichen Leitung oder das Verbot der Fremdsteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 2. Notwendigkeit eines Beherrschungsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . 86 3. Eine faktische Beherrschung reicht nicht aus . . . . . . . . . . . . . . . 87 4. Schlussfolgerung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 II. Exkurs: Die Matrixgesellschaft als GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 1. Die GmbH als Konzernbaustein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 2. Möglichkeiten des Zugriffs auf die Leitung in der GmbH . . . . . 89 a) Die nicht beherrschungsvertraglich gebundene GmbH . . . . . 90 aa) Das Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung . . . 90 bb) Grenzen des Weisungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 cc) Übertragbarkeit des Weisungsrechts auf Dritte . . . . . . . 91 b) Die GmbH im Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 c) Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 B. Das Weisungsrecht im Vertragskonzern – Folge- und Überprüfungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 I. Umfang des Weisungsrechts – Folgepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 II. Grenzen des Weisungsrechts im Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . 95 1. Der Beherrschungsvertrag als Grenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 2. Das Gesetz als Grenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 3. Nachteilige Weisungen und Konzerndienlichkeit . . . . . . . . . . . . 97 4. Die Satzung als Grenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 5. Überlebensfähigkeit als Grenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 6. Weisungen in existenzieller Schieflage der Obergesellschaft . . . 100 III. Das Weisungsrecht als Leitungsmittel in der Matrixorganisation . . 100 1. Ausübung des arbeitsrechtlichen Weisungsrechts durch den Matrixmanager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 a) Anweisung zur Übertragung des arbeitsvertraglichen Weisungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

16 Inhaltsverzeichnis b) Arbeitsrechtliche Zulässigkeit der Übertragung . . . . . . . . . . c) Aufspaltung vom fachlichen und disziplinarischen Weisungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Rechtliche Konstruktion zur Übertragung des arbeitsvertraglichen Weisungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausübung des konzernrechtlichen Weisungsrechts durch den Matrixmanager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Matrixmanager als Weisungsberechtigter . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Adressat der Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Überprüfungspflicht der Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Möglichkeit der Delegation der Aufgaben . . . . . . . . . . . cc) Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verhältnis von arbeitsvertraglichem und konzernrechtlichem Weisungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

101 103 104 105 105 105 107 108 110 112 113 114

§ 2 Grenzen und Voraussetzungen bei der Obergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . 115 A. Verantwortlichkeit des Vorstands der Obergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . 115 I. Die nicht delegierbaren Leitungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 1. Leitungsaufgaben kraft gesetzlicher Zuweisung . . . . . . . . . . . . . 116 2. Ungeschriebene Leitungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 3. Leitungsaufgaben vs. Vorbereitungs- und Ausführungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 4. Schlussfolgerung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 II. Grundsätze der Vorstandsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 1. Grundsatz der Gesamtverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 2. Grundsatz der Gleichberechtigung aller Vorstandsmitglieder . . . 120 III. Die Delegation von Geschäftsführungsaufgaben auf den Matrixmanager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 1. Zulässigkeit der Delegation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 2. Pflichten des Vorstands der Obergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . 122 a) Verhinderung einer unzulässigen Delegation . . . . . . . . . . . . 122 b) Auswahlsorgfalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 c) Einweisungssorgfalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 d) Überwachungssorgfalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 aa) Einschreiten bei Verdachtsmomenten . . . . . . . . . . . . . . . 124 bb) Organisationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 cc) Laufende Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 dd) Gesteigerte Überwachungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 ee) Rückholverantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 ff) Richtlinienvorgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 3. Überwachungsintensität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 a) Steuerrechtliche Erkenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130

Inhaltsverzeichnis17 b) Verwaltungsrechtliche Erkenntnisse  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Würdigung von Sachverständigengutachten im Zivilprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Schlussfolgerung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Zustimmungsvorbehalte betroffener Aufsichtsräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Mitwirkung der Hauptversammlung bei Einführung der Matrixorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zustimmung zum Abschluss und zur Änderung von Unternehmensverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Hauptversammlungszuständigkeit nach gesetzlichen Zuständigkeitsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeit  . . . . . . . . . . . . . 1. Holzmüller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. „Gelatine“-Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Anwendung dieser Rechtsprechungsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

131 132 132 133 134 137 137 137 138 138 139 139 141

Vierter Teil

Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation 

§ 1 Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Das „machtlose“ Leitungsorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Status quo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das „machtlose“ Leitungsorgan und der Gleichlauf von Herrschaft und Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bisherige Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Unmöglichkeit der Erfüllung der Verpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . III. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Keine rechtserhebliche Unmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsordnung erfordert klare Verantwortlichkeiten . . . . . . . . . . 3. Drittschützende Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verschuldenserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Leitungsaufgabe des Leitungsorgans der Matrixgesellschaft . . . . . . I. Leitungsverantwortung des Leitungsorgans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Überwachung der Einhaltung der Grenzen des Weisungsrechts . . . III. Legalitätspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Insolvenzantragspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Massesicherungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Steuerrechtliche Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Buchführungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

143 143 143 144 144 146 147 149 149 151 153 154 154 154 155 156 157 158 160 161 164

18 Inhaltsverzeichnis IV. Informationsverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 2. Selbstinformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 3. Informationsbeschaffung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 4. Konzernweite Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 a) Exkurs: Informationsfluss von „unten nach oben“ . . . . . . . . 169 b) Informationsfluss von „oben nach unten“ . . . . . . . . . . . . . . . 170 aa) Rechtliche Grundlage des Informationsflusses von „oben nach unten“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 (1) Informationsrecht kraft vertraglicher Vereinbarung . 170 (2) Informationsrecht aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 (3) Kein Informationsrecht der Tochtergesellschaft  . . . 173 bb) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 V. Vorkehrungen in der Matrixgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 1. Legalitätspflicht und unentziehbarer Leitungsbereich . . . . . . . . . 175 2. Organisationskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 3. Eingriffsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 4. Notfallorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 5. Informationsbeschaffung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 § 2 Der Matrixmanager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Der Matrixmanager im Verhältnis zur Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Stellung des Matrixmanagers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Leitende Angestellte im Arbeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Selbstständige Personalkompetenz (Nr. 1) . . . . . . . . . . . . . . . b) Handelsrechtliche Bevollmächtigung (Nr. 2) . . . . . . . . . . . . . c) Unternehmerische Teilfunktion (Nr. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Matrixmanager als leitender Angestellter? . . . . . . . . . . . . . . II. Aufgabenübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grenzen der Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorbereitung von Leitungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bestehen von Kontrollpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vertragliche Kontrollpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Überwachungspflichten aufgrund der Stellung als Matrixmanager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Nebenvertragliche Pflicht zur Überwachung . . . . . . . . . . . . . III. Die vom Matrixmanager einzuhaltenden Sorgfaltspflichten  . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Grundsatz der Haftung von Arbeitnehmern und leitenden Angestellten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

181 181 181 181 182 183 184 185 186 186 188 188 188 189 191 192 192 193

Inhaltsverzeichnis19 a) Anwendbarkeit auf den leitenden Angestellten . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Anwendbarkeit der Business Judgment Rule auf den Matrixmanager  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Business Judgment Rule als allgemeiner Grundsatz . . . . . . . b) Zweck der Business Judgment Rule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anwendbarkeit trotz Weisungsbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . d) „Organfunktion“ des leitenden Angestellten . . . . . . . . . . . . . e) Gleichlauf von Pflichtenmaßstab und Haftung . . . . . . . . . . . f) Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Der Matrixmanager als faktisches Leitungsorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Abgrenzung des faktischen Organs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Fehlerhaft bestelltes Organ  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Faktisches Organ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Organ kraft Rechtsscheins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Grundlagen zum faktischen Leitungsorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Status quo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Strafrechtliche Judikatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zivilrechtliche Judikatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anerkennung des faktischen Organs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der Matrixmanager als faktisches Leitungsorgan der Ma­ trixgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Kein faktisches Organ im Vertragskonzern? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verdrängung durch das Konzernrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zweckverfehlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wertung des § 117 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 3 Die Stellung des Matrixmanagers als Organ der Matrixgesellschaft . . . . A. Problembeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Rechtsbeziehungen des Matrixmanagers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Matrixmanager und Obergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Matrixmanager und Matrixgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Drittanstellungsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Teilweise Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Generelle Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

194 195 197 198 199 200 202 203 204 205 205 206 206 207 207 208 208 208 210 212 212 213 214 217 218 218 220 220 221 221 222 222 223 223 223 225 225 226 227 228

20 Inhaltsverzeichnis IV. Beziehung der verschiedenen Rechtsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Interessenkonflikte – Das „verkappte Doppelmandat“ . . . . . . . . . . . . . . . I. Interessenkollision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Konflikt zwischen arbeitsvertraglicher Weisung und konzernrechtlicher Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Umgang mit Interessenkonflikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verhältnis zwischen Leitungstätigkeit und konzernrechtlichem Weisungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Sonderstellung des Matrixmanagers im Leitungsorgan der Ma­ trixgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

230 231 232 233 233 235 236 238 239

Fünfter Teil

Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern 

§ 1 Haftungszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Regelungsziele und Schutzbereiche der Binnenhaftung . . . . . . . . . . . . . . I. Regelungsziele der Binnenhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Schutzbereiche der Binnenhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

241 241 241 241 241 242

§ 2 Haftung des Vorstands der Obergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 A. Zulässigkeit des Rückzugs auf die Delegationshaftung . . . . . . . . . . . . . . 243 B. Haftung gegenüber der Obergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 I. Haftung aus § 93 Abs. 2 S. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 1. Sorgfaltspflichten des Vorstands im Matrixkonzern . . . . . . . . . . 246 2. Verschulden  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 3. Vermögensschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 4. Kausalität und Zurechnungszusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . 249 5. Haftung als Gesamtschuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 6. Darlegungs- und Beweislastverteilung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 II. Haftung aus dem Anstellungsvertrag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 C. Haftung gegenüber der Matrixgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 I. Haftung nach § 309 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 2. Haftung für eigene Weisungserteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 3. Haftung für die Weisungserteilung durch den Matrixmanager . . 252 a) Haftung nach § 278 BGB i. V. m. § 309 AktG . . . . . . . . . . . 252 b) Haftung nach § 309 AktG aufgrund Delegationsverschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 4. Schadensproblematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254

Inhaltsverzeichnis21 D. Haftung aus § 117 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 E. Haftung aus § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. dem Beherrschungsvertrag . . . . 257 § 3 Haftung des Leitungsorgans der Matrixgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Allgemeine Organhaftung im „weisungsfreien“ Raum . . . . . . . . . . . . . . B. Haftung für die Befolgung von Weisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zulässige Weisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Unzulässige Weisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Haftung aufgrund von § 310 Abs. 1 AktG  . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Haftung nach § 93 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Überwachungsverschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

257 257 258 258 258 259 260 260

§ 4 Haftung des Matrixmanagers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 A. Gesetzliche Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 I. Die Haftung als faktischer Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 II. Haftung aus § 309 Abs. 2 AktG analog? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 1. Status-quo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 a) Vergleichbare Interessenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 b) Planwidrige Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 aa) Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 bb) Planwidrigkeit der Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 III. Haftung aus § 117 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 B. Vertragliche Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 I. Arbeitsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 II. Vertrag zugunsten Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 III. Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 D. Haftung als Teil der Geschäftsleitung der Matrixgesellschaft . . . . . . . . . 272 I. Gesetzliche Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 1. Haftung aus § 309 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 2. Haftung aus § 93 Abs. 2 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 3. Haftung aus § 310 Abs. 1 S. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 II. Vertragliche Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 1. Haftung aus dem Arbeitsvertrag zur Obergesellschaft . . . . . . . . 275 2. Haftung aufgrund § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. Vertrag zugunsten Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 § 5 Haftung der Obergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Ausgleichspflicht nach § 302 AktG  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Haftung aus § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. dem Beherrschungsvertrag . . . . C. Vertragliche Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ursprüngliche Mitverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

276 276 277 279 279

22 Inhaltsverzeichnis II. Schuldbeitritt, Bürgschaft, Garantievertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 III. Patronatserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 IV. Rechtsscheinhaftung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 1. Ermittlung des Vertragspartners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 2. Duldungs- und Anscheinsvollmacht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 3. Rechtsschein der Einheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 4. Schlussfolgerung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 D. c. i. c. Haftung – § 311 Abs. 3 BGB im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 I. Ausgangspunkt der Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 1. Fallgruppe Besonderes persönliches Vertrauen . . . . . . . . . . . . . . 286 2. Fallgruppe wirtschaftliches Eigeninteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 II. Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 E. Deliktische Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 I. Zurechnung gemäß § 830 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 II. Geschäftsherrenhaftung der Obergesellschaft nach § 831 BGB . . . . 291 1. Tochtergesellschaft als Verrichtungsgehilfin . . . . . . . . . . . . . . . . 292 a) Ansicht des Schrifttums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 b) Bisherige Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 c) Eigene Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 aa) Eine juristische Person kann Verrichtungsgehilfin sein . 296 2. Anwendung auf den Matrixkonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 III. Haftung aus § 823 Abs. 1 BGB aufgrund der Verletzung von Organisationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 1. Deliktsrechtliche Organisationspflichten im Konzern – Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 a) Bisherige Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 b) Bejahende Literatur zu deliktsrechtlichen Organisationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 c) Keine deliktsrechtlichen Organisationspflichten im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 d) Eigene Auffassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 2. Anwendung auf den Matrixkonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 F. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 Sechster Teil

Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung 

312

§ 1 Organisatorische Vorkehrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 A. Anforderungen an die erteilten Weisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 B. Gesellschaftsrechtliche Vorkehrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 I. Einbindung in das Konzern-Informationssystem und gesellschaftseigenes System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313

Inhaltsverzeichnis23 II. Geschäftsverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 III. Eingriffs- und Rückholrechte  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 § 2 Privatautonome Haftungsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 A. Statuarische Haftungsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 B. Schuldvertragliche Haftungsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 I. Vorstand der Obergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 1. Keine vertragliche Haftungsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 2. Halbvermögensschonung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 a) Keine Vorwegbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 b) Entscheidung am Unternehmenswohl auszurichten . . . . . . . 319 c) Keine Umgehung des § 93 Abs. 4 S. 3 AktG . . . . . . . . . . . . 320 d) Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 II. Leitungsorgan der Matrixgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 III. Matrixmanager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 1. Matrixmanager ist bei der Obergesellschaft vertraglich gebunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 2. Matrixmanager ist auch Leitungsorgan der Matrixgesellschaft . 322 § 3 Anwendbarkeit des innerbetrieblichen Schadensausgleichs . . . . . . . . . . . A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Dogmatische Grundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Anwendbarkeit dieser Grundsätze auf das Leitungsorgan der Obergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Aktuelle Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Unzutreffende Ausgangsbasis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kein Unterlaufen der Präventivfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Betriebsrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Business Judgment Rule bietet ausreichenden Schutz . . . . . . . . 5. Keine Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Anwendbarkeit auf das Leitungsorgan der abhängigen Gesellschaft . . . .

326 326 327 327 328 329 330 331 331 331

§ 4 Freistellungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Vorstand der Obergesellschaft und der Matrixgesellschaft . . . . . . . . . . . B. Freistellungsvereinbarung mit dem Matrixmanager . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Matrixmanager als Leitungsorgan der Matrixgesellschaft . . . . . . . . II. Matrixmanager als leitender Angestellter der Obergesellschaft . . . .

333 333 334 334 336

§ 5 D&O-Versicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Gegenstand der Versicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Ausgestaltung des Versicherungsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

336 336 337 337

323 323 323 324

24 Inhaltsverzeichnis I. Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Keine Pflicht zum Abschluss und Abschlusszuständigkeit . . . . . . . . III. Rechtliche Beziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

337 337 338 339

Siebter Teil

Wesentliche Ergebnisse/Thesen 

342

A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Der Matrixmanager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Das Leitungsorgan der Obergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Die Obergesellschaft in der Matrixorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

342 343 343 344 345

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Einlinien-System mit funktionaler Aufgabenaufteilung . . . . . . . 34 Abbildung 2: Mehrlinien-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Abbildung 3: Stablinienorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 Abbildung 4: Divisionale Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Abbildung 5: Divisionale Organisation mit Service-Einheiten Steuern und Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Abbildung 6: Funktions-Produkt-Matrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Abbildung 7: Region-Produkt-Matrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Abbildung 8: Klassische Matrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Abbildung 9: Matrixorganisation im Konzern (nach Seibt/Wollenschläger, AG 2013, 229, 231) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

Einleitung A. Zur Thematik Das im Jahr 2018 erwirtschaftete Bruttoinlandsprodukt der Bundesrepu­ blik Deutschland betrug rund EUR 3,38 Billionen.1 Damit ist die Bundes­ republik die größte Volkswirtschaft Europas und zählt damit zu den bedeutendsten Volkswirtschaften der Welt. Dies manifestiert sich auch darin, dass die Bundesrepublik, trotz der im Vergleich zu anderen Ländern kleinen Größe, eine führende Exportnation ist.2 Diese starke wirtschaftliche Stellung in Europa und der Welt fußt auf innovativen und international agierenden Unternehmen. Die Mehrheit der Unternehmen sind dabei in Konzernen organisiert, also miteinander verbunden. Man geht davon aus, dass ca. drei Viertel der Aktiengesellschaften mit über 90 % des Kapitals in Konzerne eingebunden sind, bei den Gesellschaften mit beschränkter Haftung soll es rund die Hälfte sein.3 Hierzu zählen nicht nur die großen börsennotierten Unternehmen aus dem DAX, wie z. B. der VW-Konzern (mit allein über 120 deutschen Tochtergesellschaften)4 oder die Lufthansa (mit mehr als 550 Tochter­ gesell­schaften)5, sondern auch zahlreiche andere Konzerne, die die deutsche Wirtschaft prägen (z. B. die Bosch Gruppe mit weltweit über 440 Tochtergesell­ schaften)6. 1  Statistisches Bundesamt, Bruttoinlandsprodukt 2018 für Deutschland, S. 6, abrufbar unter https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressekonferenzen/2019/BIP2018/presse broschuere-bip.html;jsessionid=A1C9FF07791ABD1E9BBC92C681C2DB23.internet 721?nn=206104 (zuletzt abgerufen am 03.06.2019). 2  Süddeutsche Zeitung vom 08.02.2018, hiernach führten die deutschen Unternehmen Waren im Wert von EUR 1,279 Billionen Euro aus, abrufbar unter: https://www. sueddeutsche.de/wirtschaft/handelsbilanzueberschuss-deutschland-gesunken-1.38586 57 (zuletzt abgerufen am 03.06.2019). 3  Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 1 II 1, Rn. 8; siehe auch Kornblum, GmbHR 2003, 1157 ff., ders., GmbHR 2005, 39 ff.; Theisen, Konzernrecht, S. 21. 4  Anteilsbesitz der Volkswagen AG gemäß § 285 und § 313 HGB zum 31.12.2016, abrufbar unter https://www.volkswagenag.com/de/InvestorRelations/news-and-publi cations/Financial_Statements.html (zuletzt abgerufen am 03.06.2019). 5  Abrufbar unter: https://www.lufthansagroup.com/de/unternehmen/unternehmens profil.html (zuletzt abgerufen am 03.06.2019). 6  Geschäftsbericht 2017 der Bosch-Gruppe, S. 1, abrufbar unter https://www. bosch.com/de/explore-and-experience/geschaeftsbericht/ (zuletzt abgerufen am 03.06. 2019).

28 Einleitung

Die Internationalität der deutschen Wirtschaft, der technologische Fortschritt sowie die Größe der Konzerne erfordern effiziente Organisationsstrukturen, damit dieser wirtschaftliche Erfolg erreicht und gesichert werden kann. Bei der Ausgestaltung jener Strukturen hat die Geschäftsleitung der Obergesellschaft einen erheblichen Spielraum, um die konkrete Organisation der Unternehmung auszugestalten. Die Konzernorganisation ist damit eng mit den Vorstellungen der Konzernführung verbunden. Diese wiederum ist abhängig von der Unternehmensstrategie sowie zahlreichen internen und externen Bedingungen.7 Rechtliche Grenzen und Bestimmungen sind zwar zu berücksichtigen, indes ist stets die effiziente Aufgabenerledigung der stetige Treiber und Einflussfaktor für die Konzernorganisation. Eine Möglichkeit einen Konzern zu organisieren, ist die Matrixorganisation. Jene hat sich in den 70er-Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts etabliert und prägt in diversen Konzernen auch heutzutage die Binnenorganisation. Bekannte Beispiele für deutsche Unternehmen, die Matrixstrukturen in ihren Konzern implementiert haben, sind beispielsweise ProSiebenSat.1 Media AG8, TUI9, ThyssenKrupp10 sowie BASF, E.ON, SAP und Siemens11, aber auch ausländische Unternehmen wie H&M12 und Microsoft.13 Es existieren verschiedene Gründe, weswegen die Matrixorganisation als Organisationsform entsteht. Dies kann beispielsweise die bewusste Entscheidung für diese Organisationsform (durch Umstrukturierung) sein oder aber auch das „wilde“ Entstehen dieser Organisation durch eine Expansion und den damit verbundenen Zukauf von Gesellschaften. Gemein ist allen Wandlungsprozessen im Konzern allerdings, dass sie häufig nicht mit gesellschaftsrechtlichen Änderungen einhergehen. Hiergegen sprechen in der Praxis häufig steuerrechtliche sowie mitbestimmungsrechtliche Vorbehalte, aber auch der Auf7  Töpfer,

BWL, S. 1190, „Structure follows Process follows Strategy“. Media AG Jahresabschluss zum 31. Dezember 2013, S. 51, abrufbar unter: http://www.prosiebensat1.de/uploads/2015/11/03/EinzelabschlussAG_13 _de.pdf (zuletzt abgerufen am 03.06.2019). 9  TUI AG Magazin, S. 64, abrufbar unter: http://geschaeftsbericht2013-14.tuigroup.com/sites/default/files/downloads/de/TUI_2013-14_Magazin.pdf (zuletzt abgerufen am 03.06.2019). 10  ThyssenKrupp AG Geschäftsbericht 2016/2017, S. 32 ff.; http://www.rp-online. de/wirtschaft/stahlkocher-beschimpfen-thyssenkrupp-chef-aid-1.6228811 (zuletzt abgerufen am 03.06.2019). 11  Seibt/Wollenschläger, AG 2013, 229 (230) m. w. N. 12  Corporate governance report H & M Hennes & Mauritz AB 2016, S. 2, abrufbarunter: https://about.hm.com/content/dam/hmgroup/groupsite/documents/masterlan guage/Corporate %20Governance/Corporate %20Governance %20Reports/Corporate% 20Governance %20Report %202016.pdf (zuletzt abgerufen am 03.06.2019); Burton/ Obel/Håkonson, JOD 2015, 37. 13  Burton/Obel/Håkonson, JOD 2015, 37. 8  ProSiebenSat.1

Einleitung29

wand, den gesellschaftsrechtliche Änderungen mit sich bringen. Vielmehr erfolgen die Änderungen „virtuell“.14 Die betriebswirtschaftliche und die gesellschaftsrechtliche Organisation des Konzerns divergieren dann, da die Organisation zunächst auf funktionalen und organisatorischen Erwägungen beruht.15 Die konzernweite Matrixorganisation ist ein Beispiel für eine solche gesellschaftsübergreifende Organisationsform. Diese Organisation macht nicht bei der rechtlichen Grenze der einzelnen Gesellschaft halt, sondern „vermischt“ verschiedene Gesellschaften zur Erfüllung einer Aufgabe. Bei der Nutzung der Matrixorganisation wird ein Bündel von Zielen verfolgt. So steht zunächst die Effizienz der Führung im Mittelpunkt, aber auch eine effiziente Informationsverarbeitung. Ebenso ist die Förderung von Kreativität und Innovationsfähigkeit ein mitverfolgtes Ziel.16 Die Matrixorganisation ist dabei ein „virtuelles Gebilde“. Durch diese faktische Handhabung „verschwin­ den“ die gesellschaftsrechtlichen Grenzen. So kann es dann sein, dass ein leitender Angestellter der Obergesellschaft zugleich als Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft als Matrixgesellschaft bestellt wird, aber tatsächlich nur wenige Entscheidungsbefugnisse besitzt oder der Geschäftsführer der Tochtergesellschaft lediglich ein sogenannter „Plant-Manager“ ist, der indes keine Entscheidungshoheit über Einkauf, Vertrieb oder die Finanzen seiner Matrixgesellschaft besitzt. Ferner kommt es vor, dass die Berichtslinien nicht in der Matrixgesellschaft enden, sondern zentral bei einer Abteilung in der Obergesellschaft und das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft bei dieser Kommunikation außen vor bleibt.17 Eine solche gesellschaftsübergreifende Organisation bringt naturgemäß rechtliche Fragestellungen mit sich. Diese Arbeit wird sich den Auswirkungen der Matrixorganisation in Bezug auf deren Akteure widmen.

B. These und Gang der Untersuchung Ausgangsthese ist, dass die Matrixorganisation wirksam in einen Konzern integriert werden kann, hierbei aber Grenzen des Gesellschaftsrechts einzuhalten sind und damit gerade nicht losgelöst vom Gesellschaftsrecht betrachBegriff verwendend Henze/Lübke, Der Konzern 2009, 157, 160. Feststellung treffend: Wieneke, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2010, 2011, S. 91; Seibt/Wollenschläger, AG 2013, 229 (231); Kort, NZA 2013, 1318. 16  Vertiefend hierzu: Leumann, Die Matrix-Organisation, S. 39 ff.; Hill/Fehlbaum/ Ulrich, Organisationslehre 1, S. 167 f.; Picot/Dietl/Franck/Fiedler/Royer, Organisation, S. 303. 17  Vgl. Wisskirchen/Dannhorn/Bissels, DB 2008, 1139, mit weiteren Beispielen. 14  Diesen 15  Diese

30 Einleitung

tet werden kann. Ziel dieser Arbeit ist es, diese Grenzen herauszuarbeiten. Hierfür wird eine Untersuchung in mehreren Teilen erfolgen: Vorbereitend für die rechtlichen Überlegungen und Schlussfolgerungen gilt es, die wirtschaftswissenschaftlichen Grundlagen zur Konzernorganisation zu erfassen (Erster Teil). Daneben werden auch die rechtlichen Grundlagen des Konzernrechts und der Leitung untersucht, um der Arbeit ein Fundament zu geben (Zweiter Teil). Der Dritte Teil der Arbeit wird sich mit der Frage beschäftigen, wie eine Matrixorganisation in einen bestehenden Konzern nach gesellschaftsrecht­ lichen Kriterien implementiert werden kann, also welche Voraussetzungen vorliegen sowie welche Verfahren beachtet werden müssen und inwieweit Grenzen bestehen. Daran anschließend wird es um die Frage gehen, welche besonderen Herausforderungen in Bezug auf die Leitungsaufgabe bestehen (Vierter Teil). Abschließend wird der Frage nachgegangen, inwiefern sich die festgestellten Besonderheiten in der Frage der Haftung widerspiegeln (Fünfter Teil) und wie den Haftungsrisiken im Matrixkonzern begegnet werden kann (Sechster Teil). Der Untersuchungsgegenstand wird dahingehend eingegrenzt, dass Gegenstand der vorliegenden Arbeit ausschließlich der inländische matrixorganisierte Konzern ist, der in einem Vertragskonzern organisiert ist, wobei sich die Ausführungen im Wesentlichen auf eine Matrixgesellschaft als Aktiengesellschaft beziehen werden. Die Berücksichtigung von internationalen Konzernstrukturen sowie faktischen Konzernen würde den Rahmen der vorliegenden Arbeit – angesichts der umfassenden Probleme, die sich bereits bei reinen Inlandssachverhalten und Vertragskonzernen stellen – sprengen. Eben­ falls werden individual- und kollektivrechtliche Arbeitsrechtsfragen – soweit nicht relevant für die Arbeit – kein vertiefter Gegenstand dieser Arbeit sein.

Erster Teil

Grundlagen zur Matrixorganisation Die Begriffe der Organisation insbesondere der Matrixorganisation sind wirtschaftswissenschaftliche Begrifflichkeiten. Um sich der Materie der Matrixorganisation anzunähern, ist es daher notwendig, sich mit den betriebswissenschaftlichen Grundlagen zur Organisation sowie mit der Funktionsweise der Matrixorganisation zu befassen. Zunächst ist daher auf die wirtschaftswissenschaftlichen Grundlagen zur Organisation einzugehen. Im weiteren Verlauf ist die Matrixorganisation aus wirtschaftswissenschaftlicher sowie aus rechtswissenschaftlicher Sicht näher zu untersuchen.

§ 1 Die Organisation Der Begriff der Organisation beschreibt in den Wirtschaftswissenschaften mehrere Phänomene. Entscheidend bei der Erfassung des Phänomens ist allerdings stets der Blickwinkel. So kann das Substantiv „Organisation“ ein Unternehmen zunächst im Ganzen bezeichnen („Ein Unternehmen ist eine Organisation“; sozio-ökonomisch-technisch-ökologischer Blickwinkel).1 Bei dieser Betrachtungsweise geht es um den generellen Phänomenbereich der Organisation, und so umgreift dieser begriffliche Aspekt letztlich das Erfahrungsobjekt der betriebswirtschaftlichen Organisationslehre.2 Mit der Nutzung des Wortes „Organisation“ als Verb („Ein Unternehmen wird organisiert“) steht dagegen der Aspekt der Gestaltung von unternehmerischen Strukturen und Prozessen im Vordergrund.3 Hier geht es dann um die effi­ ziente und effektive Erfüllung des Ziels eines Unternehmens. Spricht man wiederum davon, dass „ein Unternehmen eine Organisation hat“, so ist der Blickwinkel ein instrumentaler. Es geht hier um die Organisation in einem übergeordneten Verwendungskontext.4 Mithin ist die Auseinandersetzung mit dem Begriff der Organisation stets abhängig vom Blickwinkel, so dass es nicht möglich ist, sich auf eine allgemeine Definition der Organisation fest-

1  Töpfer,

BWL, BWL, 3  Töpfer, BWL, 4  Töpfer, BWL, 2  Töpfer,

S. 1183. S. 1183. S. 1184. S. 1185.

32

1. Teil: Grundlagen zur Matrixorganisation

zulegen.5 Gleichwohl existieren bestimmte Merkmale von Organisationen, die stets, also unabhängig vom Betrachtungswinkel, vorliegen und ein besseres Verständnis für den Umgang mit Organisationen schaffen. Diese herauszuarbeiten ist Gegenstand von diesem Abschnitt.

A. Das Organisationsproblem Die Wirtschaftswissenschaft beschäftigt sich seit jeher mit der Frage der Organisation von Unternehmen.6 Es geht bei der Frage des Organisierens um den Weg der bestmöglichen Aufgabenerfüllung. Ziel einer jeden Organisation ist die Bewältigung von Aufgaben. Hierfür ist zunächst eine Gesamtaufgabe zu definieren. Diese Gesamtaufgabe ist dann in Teilaufgaben zu zerlegen. Diese Teilaufgaben sind dann so zueinander in Beziehung zu setzen, dass die Ziele optimal erreicht werden (Effizienz).7 Die Zerlegung und damit einhergehende Spezialisierung der Aufgaben hat z. B. die Zunahme der Abhängigkeiten zur Folge, da bei Ausfall einer spezialisierten Person der gesamte Prozess stillzustehen droht. Ferner nimmt mit Zunahme der Diversifikation der Teilaufgaben auch die Komplexität der Organisation zu und damit entsteht ein erhöhter Abstimmungsbedarf.8 Die Organisation hat damit eine Strukturaufgabe und ist zur Ordnung von Prozessen vorhanden. Hierbei hat die Organisation den schmalen Grat zwischen einem angemessenen Ausgleich der Spezialisierung auf einzelne Aufgaben und des Belassens der Gesamtaufgabe als Ganzes zu beachten. Neben der effizienten Erledigung der zerlegten Gesamtaufgabe hat die Organisation in der Betriebswissenschaft weitere verschiedene Bedeutungen und Dimensionen. Zunächst besitzt die Organisation einen gestalterischen Aspekt. Das Unternehmen wird organisiert und die Organisation ist die ­Ausgestaltung. Weiter hat die Organisation einen instrumentalen Aspekt. Das Unternehmen benutzt das Organisieren (Schaffung einer bewussten Ordnung), damit bestimmte Ziele erreicht werden. Ein weiterer zu beachtender Aspekt bei dem Organisationsproblem sind die sich bildenden informalen Organisationen, die neben (komplementär) oder anstelle (substituierend) der formalen Organisation wirksam werden (informelle Strukturen).9 5  Frese,

Organisation, S. 20. Thommen/Achleitner/Gilbert/Hachmeister/Kaiser, S. 434; Hill/Fehlbaum/ Ulrich, Organisationslehre 1, S. 17 ff.; zur historischen Entwicklung Hill/Fehlbaum/ Ulrich, Organisationslehre 2, S. 405 ff. 7  Thommen/Achleitner/Gilbert/Hachmeister/Kaiser, S. 434. 8  Siehe hierzu Thommen/Achleitner/Gilbert/Hachmeister/Kaiser, S. 434; Schreyögg, Grundlagen der Organisation, S. 26 f. 9  Thommen/Achleitner/Gilbert/Hachmeister/Kaiser, S.  434 f. 6  Vgl.



§ 1 Die Organisation33

B. Bausteine der Organisation Für das Verständnis von Organisationen sind ferner die typischen Bausteine und deren Bedeutung für die Organisation herauszuarbeiten. Bei jeder Organisation sind bestimmte Merkmale feststellbar, die immer wieder auftreten und als Bausteine der Organisation bezeichnet werden können. Zu diesen typischen Bausteinen der Organisation werden Aufgaben, Kompetenzen, Stellen, Positionen und Leitungsbeziehungen gezählt.10 Der Begriff der „Aufgabe“ beschreibt im Zusammenhang mit Organisationen bei statischer Betrachtung eine bestimmte Soll-Leistung. Bei einer dynamischen Betrachtung müssen zusätzlich die Aktivitäten einbezogen werden, die für die Erfüllung der Soll-Leistung durchgeführt werden müssen. Der Begriff der „Kompetenzen“ bezeichnet die Rechte und Befugnisse, die zur Aufgabenerfüllung notwendig und auf den Handelnden übertragen worden sind. Dies bedeutet, dass zur effizienten Aufgabenerfüllung gewisse Kompetenzen notwendig sind. Der Begriff „Stelle“ beschreibt die kleinste organisatorische Einheit eines Unternehmens. Sie setzt sich aus unterschiedlichen Teilaufgaben zusammen, die wiederum einen eigenständigen Aufgabenkomplex bilden. Hierbei kann zwischen Linienstelle und unterstützender Stelle unterschieden werden. Linienstellen erfüllen hierbei die Hauptaufgaben, während die unterstützenden Stellen (z. B. Stabsstellen, zentrale Dienste wie Steuern, Recht, Personal) zur Entlastung und Unterstützung der Geschäfts- und Bereichsleiter eingesetzt werden. Die Stellen sind durch Leitungsbeziehungen verknüpft. Diese Leitungsbeziehung räumt der hierarchisch übergeordneten Stelle die Kompetenz ein, Einfluss zu nehmen, also Weisungen zu erteilen. Die Position nimmt auf die durch die Organisationsstruktur bestimmte Beziehung mehrerer Stellen zueinander Bezug.

C. Grundmodelle der Organisation Beschäftigt man sich mit den Grundstrukturen von Organisationen so ist – unabhängig von dem einleitend skizzierten Blickwinkel – zunächst zwischen der Aufbau- und der Ablauforganisation zu unterscheiden. Die Aufbauorganisation beschreibt das für eine zeitliche Dauer errichtete Gefüge von Stellen, Abteilungen und Bereichen eines Unternehmens in seinen Über- und Unterordnungsverhältnissen.11 Die Ablauforganisation bezeichnet dagegen den Vollzug der Prozesse innerhalb dieses Über- und Unterordnungsverhältnisses,

10  Zum nachfolgenden: Thommen/Achleitner/Gilbert/Hachmeister/Kaiser, S.  436 f.; auch Frese, Organisation, S. 120 ff. 11  Töpfer, BWL, S. 1189; Frese Organisation, S. 68.

34

1. Teil: Grundlagen zur Matrixorganisation

Abbildung 1: Einlinien-System mit funktionaler Aufgabenaufteilung

wobei die Arbeitsabläufe als Geschäfts- und Prozessketten im Vordergrund stehen.12 Weiter lassen sich verschiedene Grundmodelle für eine Organisation feststellen. Hierbei orientieren sich die Grundmodelle stets an Effizienz und Effektivität. Diese Orientierung erfordert eine klare und übersichtliche Anordnung aller einzelnen Glieder mit eindeutigen Weisungs- und Berichtsbeziehungen.13 Es lassen sich hierbei drei Grundsysteme feststellen: Das Ein­ linien-System, das Mehrlinien-System sowie das Stab-Linien-System.14 Die Unterscheidung zwischen eindimensionalen und mehrdimensionalen Strukturen erfolgt in aller Regel danach, ob die Zerlegung eines gegebenen Systems (Gesamtunternehmung oder Teilbereich) in Teilsysteme nach einem einzigen Kriterium oder nach mehreren Kriterien erfolgt; die Zerlegungskriterien lassen sich aus den Komponenten einer Entscheidungsaufgabe ableiten.15 Im Einlinien-System untersteht jede Stelle nur einer Instanz als Leitungsstelle. Die betreffenden Mitarbeiter erhalten ihre Weisungen nur von einem Weisungsberechtigten, dem sie zugleich berichtsverpflichtet sind.16 Im Mehrlinien-System sind die Stellen dagegen mehreren Weisungsberechtigten unterstellt. Die Unterteilung der Weisungsberechtigung erfolgt in der Regel funktionsbezogen, d. h. z. B. bei Abbildung 2, dass der Leiter für „Beschaffung“ sämtlichen Stellen funktionsbezogene Weisungen erteilen kann (also solche, die die Funktion „Beschaffung“ betreffen). Gleichzeitig sind die Stellen aber auch dem Leiter „Absatz“ zugeordnet. Die Kompetenzen werden demnach nach funktionalen Kriterien aufgeteilt.17 Regelmäßig 12  Töpfer,

BWL, S. 1189; Frese Organisation, S. 68. BWL, S. 1204. 14  Töpfer, BWL, S. 1204. 15  Frese Organisation, S. 186. 16  Vgl. Töpfer, BWL, S. 1204. 17  Töpfer, BWL, S. 1206; Frese, Organisation, S. 187. 13  Töpfer,

Abb. 2



§ 1 Die Organisation35

U-Leitung

Beschaffung

Leistungserstellung

Absatz

Abbildung 2: Mehrlinien-System

wird daher das Weisungsrecht in ein disziplinarisches und fachliches Weisungsrecht gespalten.18 Während das disziplinarische Weisungsrecht bei der unmittelbar übergeordneten Stelle verbleibt, erhalten die anderen übergeordneten Stellen ein auf ihre Funktion beschränktes Weisungsrecht.19 Damit ist jede organisatorische Einheit entsprechend ihrer funktionalen Problemper­ spektive eigenständig zur Lösung der komplexen Entscheidungsaufgabe verantwortlich.20 Beweggrund für ein solches System ist vor allem die Überwindung der Schwerfälligkeit des Einlinien-Systems aufgrund der bereichsübergreifenden Zusammenarbeit. Wenn zur Unterstützung der originären Linienstellen unterstützende Stellen geschaffen werden (sogenannte Stabsstellen- oder Abteilungen), spricht man von einem Stab-Linien-System.21 Stabsstellen sind leitungsbefugten Linienstellen angegliedert und entlasten und unterstützen diese in quantitativer (z. B. Assistenz der Geschäftsleitung) oder qualitativer Hinsicht (z. B. Marktforschungsstab der Marketingleitung).22 Damit übernehmen Stabsstellen also Aufgaben, die vor und nach der Problemlösungsphase für Entscheidungen und Anordnungen anfallen und daher grundsätzlich keine Entscheidungsund Anordnungskompetenzen verlangen; jene Kompetenzen bleiben bei der Stelle, der sie zugeordnet sind.23 In der Praxis werden die Stabsstellen häufig zu „zentralen Dienststellen“ oder „Service Center“ ausgeweitet.24

18  Töpfer,

BWL, S. 1206. BWL, S. 1206. 20  Vgl. Frese, Organisation, S. 187. 21  Töpfer, BWL, S. 1206; Frese, Organisation. S. 195. 22  Vgl. Töpfer, BWL, S. 1206. 23  Hill/Fehlbaum/Ulrich, Organisationslehre 1, S. 197. 24  Picot/Dietl/Franck/Fiedler/Royer, Organisation, S. 319. 19  Töpfer,

Abb. 336

1. Teil: Grundlagen zur Matrixorganisation

Leiter

Stabstelle 1

Abteilungsleiter 1

Stabstelle 2

Abteilungsleiter 2

Stelle 1

Stelle 4

Stelle 2

Stelle 5

Stelle 3

Stelle 6

Abbildung 3: Stablinienorganisation

D. Typische Organisationsformen Aus den Grundmodellen der Organisation haben sich in der Wirtschafts­ praxis wiederum Grundmuster für die Gestaltung der Aufbauorganisation entwickelt. Diese Grundmuster haben Modellcharakter und lassen sich in die funktionale Organisation, die divisionale Organisation sowie die Matrixorganisation aufteilen.25 I. Funktionale Organisation Die funktionale Organisation (vgl. schon Abbildung 1) ist die klassische Organisationsform des Industriebetriebs und hat auch heute noch eine vorherrschende Stellung in Unternehmen von kleiner und mittlerer Größe, die vor allem eine überschaubare Produkt- oder Dienstleitungspalette haben.26 Von einer funktionalen Organisation spricht man, wenn die zweitoberste Hie­ rarchieebene eines Stellengefüges eine Spezialisierung nach Sachfunktionen vorsieht.27 Es wird sich an den wesentlichen Funktionen bzw. Verrichtungen des Unternehmens (z. B. Entwicklung, Einkauf, Produktion, Vertrieb, etc.) orientiert. Auf der zweiten Hierarchieebene werden funktions- bzw. verrichtungsbezogene Organisationseinheiten gebildet, die sogenannten Funktions25  Töpfer,

BWL, S. 1216 ff. Grundlagen der Organisation, S. 29; Thommen/Achleitner/Gilbert/ Hachmeister/Kaiser, S. 463. 27  Schreyögg, Grundlagen der Organisation, S. 29; Thommen/Achleitner/Gilbert/ Hachmeister/Kaiser, S. 463. 26  Schreyögg,



§ 1 Die Organisation37

bereiche.28 Die Leitung des Unternehmens erfolgt typischerweise nach dem Einlinienprinzip.29 II. Divisionale Organisation/Objektorganisation

Abbildung 4: Divisionale Organisation

Bei der divisionalen Organisation (auch Spartenorganisation oder Objekt­ organisation genannt) ist das Unternehmen durch Anwendung des Objekt­ prinzips gegliedert, d. h. es werden gleiche oder gleichartige Produkte oder ­Produktgruppen zu autonomen Divisionen zusammengefasst, aber auch die Abgrenzung nach Absatzmärkten oder Kundengruppen ist möglich.30 Dies bedeutet, dass Organisationseinheiten nach Produkten, Regionen, Märkten oder Kundengruppen gebildet werden, die als Sparten, Divisionen oder Geschäftsbereiche bezeichnet werden.31 Diese entstandenen organisatorischen Sub­ systeme unterhalb der Unternehmensleitung sind weitgehend selbstständige Unternehmenseinheiten und besitzen regelmäßig die eigenständige Erfolgsverantwortung.32 Ihnen sind alle Kompetenzen und Ressourcen zugeordnet, die sie für die Realisierung des Sachziels und die verantwortliche Führung des Geschäftsbereichs benötigen.33 28  Schulte-Zurhausen, 29  Schulte-Zurhausen,

Organisation, S. 261. Organisation, S. 263; Wohlwender, Wissenskommunikation

in der Matrix, S. 98. 30  Thommen/Achleitner/Gilbert/Hachmeister/Kaiser, S. 465. 31  Schulte-Zurhausen, Organisation, S. 269 f.; Töpfer, BWL, S. 1221. 32  Töpfer, BWL, S. 1221; Thommen/Achleitner/Gilbert/Hachmeister/Kaiser, S. 465. 33  Frese/Graumann/Theuvsen, Grundlagen der Organisation, S. 437; Schulte-Zurhausen, Organisation, S. 272.

Abb. 5

38

1. Teil: Grundlagen zur Matrixorganisation

Steuern

Geschäftsleitung

Recht

Pharmazie

Dünger

Reinigungsmaterial Steuern

Diagnostik Psychopharmaka

Abbildung 5: Divisionale Organisation mit Service-Einheiten Steuern und Recht

Zur besseren Ressourcenausnutzung werden häufig neben den Divisionen zentrale Stellen (Unterstützungsstellen) geschaffen (Abbildung 5), die bestimmte Aufgaben zentral für alle Divisionen erfüllen.34 Es werden somit neben den grundsätzlich objektbezogenen Divisionen funktionsbezogene Zentralbereiche gebildet. Diese Zentralbereiche erfüllen die Aufgaben, die in den einzelnen Geschäftsbereichen in gleicher Weise anfallen oder aus Sicht des Gesamtunternehmens einheitlich erfüllt werden müssen.35 Typische Zentralbereiche sind Einkauf, Recht, Steuern und Versicherungen, Personalwesen, IT-Abteilung sowie die Öffentlichkeitsarbeit.36 Nach der Art des Einflusses auf die objektbezogene Primärorganisation können die Zentralbereiche als Richtlinienbereich, Service-Bereich, zentraler Stab oder als gleichberechtigter Zentralbereich nach dem Matrixmodell ausgestaltet sein.37

34  Schreyögg,

Grundlagen der Organisation, S. 31. Grundlagen der Organisation, S. 451, 469. 36  Schreyögg, Grundlagen der Organisation, S. 46; Thommen/Achleitner/Gilbert/ Hachmeister/Kaiser, S. 465. 37  Frese/Graumann/Theuvsen, Grundlagen der Organisation, S. 469 f. 35  Frese/Graumann/Theuvsen,



§ 1 Die Organisation39

III. Erweiterung zur Matrixorganisation

Abbildung 6: Funktions-Produkt-Matrix

Die Erfahrungen in der Theorie und Praxis mit der funktionalen sowie der divisionalen Organisation haben nicht nur zu befriedigenden Ergebnissen geführt. Daher entwickelte sich die Matrixorganisation. Die Matrixorgani­ sation ist ein Strukturmodell für die Aufbauorganisation. Sie ist zwei- oder mehrdimensional gegliedert und knüpft an das Zusammenwirken der Funk­ tionen, Abteilungen etc. an.38 Hierbei werden die Organisationseinheiten auf der zweiten Hierarchieebene unter gleichzeitiger Anwendung zweier oder mehrerer unterschiedlich ausgerichteter struktureller Gliederungskriterien gebildet.39 Zumeist wird die funktionale Organisation (Einkauf, Forschung u. a.) mit der divisionalen Organisation (Produkt, Region, u. a.) verknüpft.40 Durch die gleichzeitige Segmentierung nach Funktionen und Objekten entsteht eine mehrdimensionale Organisationsstruktur, in der sich für denselben Aufgabenbereich zwei Ordnungssysteme und Weisungslinien mit unterschiedlicher Ausrichtung gitternetzartig überlagern.41 An den Schnittstellen entstehen aufgabenbezogene Organisationseinheiten, die sogenannten Ma­ trixzellen, die gleichzeitig der Leitung beider sich überschneidender Ge38  Hill/Fehlbaum/Ulrich, 39  Hill/Fehlbaum/Ulrich,

Organisationslehre, S. 206. Organisationslehre, S. 206; Schulte-Zurhausen, Organisa-

tion, S. 277. 40  Schulte-Zurhausen, Organisation, S. 277. 41  Schulte-Zurhausen, Organisation, S. 312; Hill/Fehlbaum/Ulrich, Organisationslehre, S.  206 f.

40

1. Teil: Grundlagen zur Matrixorganisation

schäftsbereiche unterstellt sind.42 Die Matrixorganisation zeichnet sich damit einerseits durch die Mehrdimensionalität der Aufgabenverteilung und andererseits durch die Mehrlinigkeit der Organisationsstruktur aus.43 Die Bezeichnung der Gesamtorganisation richtet sich danach, welche Dimensionen verwendet werden,. Üblicherweise werden die Dimensionen nach Funktionen Abb. 7 und Produkten (Funktions-Produkt-Matrix, Abbildung 6) oder Regionen und Produkten (Region-Produkt-Matrix, Abbildung 7) aufgeteilt.44 Produkt A (Produktmanager)

Matrixleitung

Produkt B (Produktmanager)

Region DACH (Regionmanager) Region Asien (Regionmanager)

Region USA (Regionmanager)

Produkt B USA (Matrixzelle)

Region Südeuropa (Regionmanager)

Abbildung 7: Region-Produkt-Matrix

E. Zusammenfassung Das Verständnis über den wirtschaftswissenschaftlichen Organisationsbegriff ist abhängig vom Blickwinkel. Man kann die Organisation aus einem sozio-ökonomisch-technisch-ökologischen Blickwinkel betrachten und damit den Schwerpunkt auf das Erfahrungsobjekt „Organisation“ richten. Man kann die „Organisation“ aber auch aus dem Blickwinkel eines gestalterischen Aspekts betrachten und damit die Steuerung von Prozessen und Arbeitsabläufen in den Mittelpunkt der Betrachtung stellen. Schließlich kann man die Organisation aus einem instrumentalen Standpunkt betrachten, also die Organisation in einen übergeordneten Verwendungskontext stellen. Obwohl das konkrete Verständnis über die Organisation stets vom konkreten Betrachtungswinkel abhängig ist, lässt sich der Organisationsbegriff dennoch eingrenzen. Der Organisationsbegriff beschäftigt sich mit der zielorientierten 42  Hill/Fehlbaum/Ulrich,

Organisationslehre, S. 206 f. Organisation, S. 278. 44  Hill/Fehlbaum/Ulrich, Organisationslehre, S. 206 f. 43  Schulte-Zurhausen,



§ 2 Die Matrixorganisation41

und ganzheitlichen Strukturierung von Unternehmen zur Lösung einer Aufgabe. Für diese Strukturierung lassen sich drei Grundmodelle herausarbeiten: Das Linien-System, das Mehrdimensionale-System sowie das Stab-LinienSystem. Aus diesen drei Grundmodellen haben sich wiederum typische Modellorganisationen gebildet: Funktionale Organisation, divisionale Organisation sowie die Matrixorganisation. Damit ist die Matrixorganisation zunächst eine von mehreren möglichen Formen, ein Unternehmen zu organisieren.

§ 2 Die Matrixorganisation Die Matrixorganisation ist – wie eben schon festgestellt – eine Variante einer Organisationsform. Bei der Matrixorganisation handelt es sich um ein Mehrlinien-System, in der die Stellen mehreren übergeordneten Stellen untergeordnet sind. Geprägt ist die Matrixorganisation vom Bild zweier sich überlagernder Ebenen, die unterschiedliche Grundausrichtungen verfolgen. Während die Aufteilung von Stellen, Abteilungen oder Bereichen auf der Leitungsebene unterhalb der Unternehmensleitung bei der funktionalen und der divisionalen Organisation einem einheitlichen Kriterium folgt (Verrichtungen wie Einkauf, Vertrieb, Produktion bei der funktionalen Organisation oder Objekte, wie Produkte, Zielgruppen oder Regionen bei der divisionalen Organisation), werden bei Matrix-Organisationen dagegen zwei Gliederungsprinzipien gleichgewichtig kombiniert (z. B. Produktion – Region).45

A. Die Matrixorganisation im Detail Nachdem sich nun der Matrixorganisation angenähert worden ist, ist es nun für die nachfolgende Arbeit notwendig, die Matrixorganisation und die Abläufe in dieser noch näher zu bezeichnen. I. Grundlegende Merkmale der Matrixorganisation Wie oben bereits festgestellt, ist die Matrixorganisation durch zwei prägende Merkmale gekennzeichnet, nämlich die mehrdimensionale Organisa­ tionsstruktur und das Mehrliniensystem. 1. Mehrdimensionale Organisationsstruktur

Mehrdimensionalität bedeutet, dass die Aufgabenteilung gleichzeitig nach mehreren unterschiedlich ausgerichteten Gliederungskriterien bzw. Dimensio­ 45  Töpfer,

BWL, S. 1228.

42

1. Teil: Grundlagen zur Matrixorganisation

nen (z. B. Funktionen, Objekte, Regionen) erfolgt.46 Charakteristisch hierbei ist, dass sich diese Gliederungskriterien grundsätzlich überschneiden und nicht nebeneinander bestehen.47 Dies unterscheidet die Matrixorganisation erheblich von der funktionalen sowie divisionalen Organisation, da bei diesen die verschiedenen Gliederungskriterien nebeneinander stehen und sich gerade nicht überlagern. 2. Mehrliniensystem

Zweites charakteristisches Merkmal der Matrixorganisation ist die Mehr­ linigkeit. Während bei der funktionalen Organisation und der divisionalen Organisation die Stellen einer übergeordneten Stelle zugeordnet sind, d. h. von einer Stelle Weisungen erhalten (Linien-System), zeichnet sich die Ma­ trixorganisation dadurch aus, dass eine Stelle mehreren übergeordneten Stellen untergeordnet ist und damit von mehreren Stellen fachbezogene WeisunAbb. 8 gen erhält.48 Dadurch entsteht bei den jeweiligen übergeordneten Stellen (Matrixmanagern) ein gegenseitiger Informations- und Abstimmungsbedarf. Matrixleitung

Matrixmanager

Matrixmanager

Matrixmanager

Matrixzelle

Matrixzelle

Matrixmanager

Matrixzelle

Matrixzelle

Matrixmanager

Matrixzelle

Matrixzelle

Matrixmanager

Matrixzelle

Matrixzelle

Abbildung 8: Klassische Matrix

46  Töpfer,

BWL, S. 1229; Frese, Organisation, S. 199 f. BWL, S. 1229; Leumann, Matrix-Organisation, S. 62; Steger, in: Masch­ mann/Fritz, Matrixorganisation, S. 2. 48  Töpfer, BWL, S. 1229. 47  Töpfer,



§ 2 Die Matrixorganisation43

II. Schlüsselstellen in der Matrixorganisation In der Matrixorganisation existieren drei Schlüsselstellen. Diese sind:49 die Matrixleitung, der Matrixmanager sowie die Schnittstelle. 1. Die Matrixleitung

An der Spitze der Matrixorganisation steht die Matrixleitung.50 Diese ist regelmäßig bei der Konzernleitung angesiedelt. Ihr kommt originär eine Führungs- und Koordinationsaufgabe zu. Sie gibt den Matrixmanagern entscheidungsrelevante Anweisungen und Informationen. Ferner hat sie auch die unterschiedlichen Interessen der einzelnen Dimensionen in Waage zu halten. Im Konfliktfall hat sie eine Schlichtungsfunktion inne, sofern die Matrix­ manager den Konflikt nicht selbst lösen können.51 Die Hauptaufgabe der Matrixleitung besteht in einer funktionierenden Organisation, daher nicht mehr in der operativen Steuerung, sondern in der Steuerung der Problem­ lösungsprozesse sowie die Festsetzung von strategischen Zielen. 2. Der Matrixmanager

Die Matrixmanager sind für die Leitung ihrer jeweiligen funktions- und objektbezogenen Geschäftsbereiche verantwortlich. Sie sind der Matrixleitung unmittelbar nachgeordnet. Sie leiten die Matrixzellen und können diesen Weisungen erteilen. Hierfür ist es notwendig, dass sie den Matrixzellen – entweder in der Form einer Gesellschaft oder den Arbeitnehmern innerhalb einer Matrixzelle – verbindliche operative Weisungen erteilen können.52 Damit werden gesellschaftsübergreifende Grenzen durchbrochen und neue Leitungsbeziehungen begründet. Notwendig ist daher auch, dass die Matrixmanager die Arbeitnehmer, die mit den einzelnen Matrixgesellschaften in vertraglicher Verbindung stehen, auch anweisen können, um sowohl eine reibungslose Anweisungs- als auch Informationskette in beide Richtungen zu gewährleisten. Im Ergebnis entstehen daher neben den klassischen gesell49  Vgl. Leumann, Matrix-Organisation, S.  61; Davis/Lawrence, Matrix, S. 46; Ford/Randolph, Journal of Management, 1992, 267, 270; von Werder, zfbf 1986, 586, 590; Macharzina/Wolf, Unternehmensführung, S. 486; Theisen, Der Konzern, S.  172 f.; Witschen, RdA 2016, 38, 39. 50  Leumann, Matrix-Organisation, S. 62. 51  Leumann, Matrix-Organisation, S. 63; Schreyögg, Grundlagen der Organisation, S. 92. 52  Kort, NZA 2013, 1318, 1319; Maschmann, NZA 2017, 1557, 1558; Schauf, BB 2017, 2883.

44

1. Teil: Grundlagen zur Matrixorganisation

schaftsrechtlichen Strukturen neue Weisungs- und Berichtslinien, in denen die Matrixmanager direkt auf die ihnen zu- und nachgeordneten Stellen innerhalb der Matrixgesellschaft zugreifen können, während in die andere Richtung an die Matrixmanager berichtet wird (sogenannte dottled-lines). Neben dieser operativen Leitung haben die Matrixmanager auch die Aufgabe der Abstimmung mit anderen Dimensionen, mit denen aufgrund der Überlagerung ein Koordinierungsbedarf besteht. 3. Die Matrixzelle/Schnittstelle

Die Matrixzelle ist die Zusammenführung der spezialisierten Dimensionen. Hier werden die operativen Aufgaben der unterschiedlich ausgerichteten Dimensionen erfüllt. Eine Matrixzelle kann einzelne Arbeitnehmer, Teams, Abteilungen, Zweigstellen oder auch ganze Gesellschaften umfassen.53 Die Matrixzelle ist den Matrixmanagern unterstellt und kann sowohl im „virtuellen Raum“ als auch in der jeweiligen Matrixgesellschaft bestehen. Die Arbeitnehmer in der Matrixzelle haben an die Matrixmanager zu berichten und erhalten die fachliche Weisung von diesen. Die Einbindung in die Matrix­ organisation hat somit für die Arbeitnehmer zur Folge, dass sie nun für konzernweit operierende Organisationseinheiten („steuernde Einheit“) tätig sind und ihre Arbeitsleistung (auch) anderen Konzernunternehmen zugutekommt.54 Für die Funktionsfähigkeit der Matrix ist von entscheidender Bedeutung, dass in den Matrixzellen etwaige Widersprüche, z. B. der funktionsund produktorientierten Matrix, an die Matrixmanager weitergeleitet werden und von den Matrixmanagern gelöst werden.

B. Die Struktur der Organisation im Zusammenspiel mit dem Gesellschaftsrecht Nachdem nun die Matrixorganisation vor allem aus der wirtschaftswissenschaftlichen Sicht betrachtet worden ist, ist es für die weitere Arbeit erforderlich, dass die Auswirkung der Matrixorganisation in Bezug auf den Konzern behandelt wird. Im Folgenden geht es daher um die Auswirkung der Matrixorganisation auf den Konzern.

53  Adžić, Matrixorganisation, S. 34; Berger, Matrixorganisation und Betriebsverfassung, S. 49. 54  Berger, Matrixorganisation und Betriebsverfassung, S. 67; Kort, NZA 2013, 1318, 1319.



§ 2 Die Matrixorganisation45

I. Die Matrixorganisation im rechtlichen Kontext Auch wenn der Begriff der Matrixorganisation der Wirtschaftswissenschaft entstammt, wird dieser Begriff auch im Bereich der Rechtswissenschaft genutzt. Nach dem überwiegenden Verständnis in der Rechtsprechung und Literatur – wenn auch mit Unterschieden im Detail – ist die Matrixorganisation die Konzernorganisation, in der eine Untergliederung des Konzerns in unternehmensübergreifende Funktions- und Produktbereiche erfolgt, die indes die gesellschaftsrechtliche Struktur der Konzernunternehmen ignorieren.55 Es geht bei den Definitionen um das charakteristische Merkmal der Diskrepanz zwischen der betriebswirtschaftlichen Organisation und der rechtlichen Struktur.56 Auch die Rechtsprechung nimmt als charakteristisches Merkmal der Matrixorganisation an, dass innerhalb des Konzerns unternehmensübergreifende Organisationseinheiten gebildet werden, die über Betriebs- und/ oder Unternehmensgrenzen hinweg operieren.57 Damit wird deutlich, dass das rechtswissenschaftliche Verständnis über die Matrixorganisation mit dem wirtschaftswissenschaftlichen Verständnis übereinstimmt. Prägend sind nämlich auch hier zwei Merkmale: Die bereichsübergreifende Zusammenarbeit und die sich überlagernden Bereiche. Bei der rechtswissenschaftlichen Definition kommt noch die gesellschaftsübergreifende Zusammenarbeit hinzu.

55  Berger, Matrixorganisation und Betriebsverfassung, S. 59  f.; Bauer/Herzberg, NZA 2011, 713, 714; Bodenstedt/Schnabel, BB 2014, 1525; Henssler, NZA-Beilage 2014, 95, 101; Kort, NZA 2013, 1318; Neufeld/Michels, KSzW 2012, 49 f.; Seibt/ Wollenschläger, AG 2013, 229; Wieneke, Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2010/2011, 91, 92. 56  Seibt/Wollenschläger, AG 2013, 229 (231); Kort, NZA 2013, 1318; Wittschen, RdA 2016, 38, 42 f. 57  ArbG Frankfurt a. M., vom 21.07.2009, 12 BV 184/09, BeckRS 2013, 72862; LAG Hamburg, vom 20.09.2004, 8 Sa 109/03, zitiert nach juris; LAG Baden-Württemberg vom 28.05.2014, 4 TaBV 7/13, BeckRS 2014, 70642; ArbG Düsseldorf, vom 29.09.2010, 8 BV 71/10, zitiert nach juris; LAG Düsseldorf, vom 04.02.2013, 9 TaBV 129/12, zitiert nach juris.

46

1. Teil: Grundlagen zur Matrixorganisation

II. Die Matrixorganisation im Konzern

Abb. 9

Konzernobergesellschaft Matrixmanager A Matrixmanager B Matrixmanager C

B NV

A-AG

C NV

D S.A.R.L

Bereich C

Sárl A

T1-AG

Sárl B

Bereich A

Bereich B

T2-AG

Sárl C

Bereich A

Bereich C

Bereich B Deutschland

Niederlande

Frankreich

Abbildung 9: Matrixorganisation im Konzern (nach Seibt/Wollenschläger, AG 2013, 229, 231)

Die Matrixorganisation ist eine wirtschaftswissenschaftliche Organisation und damit dem Ziel der Effizienz verschrieben. Eine Berücksichtigung der gesellschaftsrechtlichen Grenzen findet bei der Matrixorganisation zunächst nicht statt. Vielmehr werden Organisationsstränge der einzelnen Fachbereiche gesellschafts- und hierarchieübergreifend aufgebaut.58 Eine mehrdimensionale Organisationsstruktur wird geschaffen, in der sich für denselben Aufgabenbereich zwei Ordnungssysteme und Weisungslinien mit unterschiedlichen Ausrichtungen überlagern.59 So kann beispielsweise der Matrixmanager A in der Abbildung 9 sämtliche Bereiche A, die bei verschiedenen eigenständigen Gesellschaften vorhanden sind, konzernweit operativ steuern. Die Matrixorganisation verschafft ihm die notwendigen Kompetenzen. Ebenso gilt dies für die Matrixmanager B und C, die gesellschaftsübergreifend ihre Matrixzellen verantworten. Die Matrixorganisation schafft damit Kompetenzen, die gesellschaftsrechtlich so nicht vorgesehen sind. Denn die Kompetenz zur Weisungserteilung und operativen Führung liegt grundsätzlich bei den jeweiligen Geschäftsleitungen. Nun haben aber die Konzernleitung sowie die nachgeordneten Ma­ trixmanager die Möglichkeit, die einzelnen Fachbereiche unmittelbar und 58  Vgl.

Schauf, BB 2017, 2883. Grundlagen der Organisation, S. 196.

59  Frese/Graumann/Theuvsen,



§ 2 Die Matrixorganisation47

konzernweit zu steuern. Umgekehrt wird durch die Matrixorganisation sichergestellt, dass Informationen, z. B. über den Produktionsprozess oder die finanzielle Situation in einer bestimmten Region oder einem Land schnell und ungefiltert entlang der vertikalen Strukturen zum Matrixmanager gelangen.60 Dieser gesellschaftsübergreifende Ansatz soll damit verhindern, dass Informationen bei den einzelnen Gesellschaften „stecken bleiben“ und gleichzeitig das „Durchregieren“ der Konzernleitung ohne den Umweg der einzelnen Gesellschaften und Geschäftsleitungsorganen sicherstellen.61 Notwendig für dieses „Durchregieren“ ist die Weisungsbefugnis gegenüber den Matrixgesellschaften sowie den Arbeitnehmern der Matrixzellen. Letzterem Zugriff steht aber entgegen, dass Weisungen gegenüber Arbeitnehmern grundsätzlich nur von der Geschäftsführung der jeweiligen Gesellschaft erteilt werden können.62 Weisungen von Gesellschaftsexternen an der Geschäftsleitung vorbei sind grundsätzlich nicht wirksam und müssen seitens der Arbeitnehmer nicht befolgt werden. Notwendig für das rechtssichere Gelingen der Matrixorganisation ist daher, dass die Matrixgesellschaften mittels Vereinbarung das fachliche Weisungsrecht aus dem Arbeitsvertrag zwischen der Matrixgesellschaft und dem jeweiligen Arbeitnehmer auf den Matrixmanager „übertragen“.63 Die Matrixorganisation schafft damit eine von den gesellschaftsrechtlichen Vorgaben abweichende Lenkungsstruktur. Die Matrixmanager besitzen nun die operative und fachliche Führung für bestimmte Bereiche. Damit einhergehend wird der Konzern einheitlich geführt und Teile oder ganze Konzerngesellschaften, welche in die Matrixorganisation eingebundenen sind, werden für eine konzernweite Aufgabe eingespannt. Die Tätigkeit der Arbeitnehmer der Matrixgesellschaften kommt nicht nur noch der jeweiligen Gesellschaft zugute, sondern wird dem Konzern untergeordnet. Die Geschäftsleitung der Matrixgesellschaft besitzt im Rahmen der Organisation keine relevante Bedeutung mehr für die Aufgabenerfüllung. Ebenso werden Informationen nicht mehr an diese herangetragen. Im Extremfall verkümmert die Geschäfts­leitung

60  Wisskirchen/Dannhorn/Bissels, DB 2008, 1139 ff.; Bauer/Herzberg, NZA 2011, 713, 714; Maschmann, NZA 2017, 1557; Schauf, BB 2017, 2883. 61  Schauf, BB 2017, 2883. 62  Wieneke, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2010, 2011, S. 91, 99; Maschmann, NZA 2017, 1557, 1558; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 19; Servatius, in: Grigoleit, § 308 Rn. 7; Veil, in: Spindler/Stilz, § 308 Rn. 16; Hirte, in: GK-AktG (2013), § 308 Rn. 28. 63  Vgl. Berger, Matrixorganisation und Betriebsverfassung, S. 63; Maschmann, NZA 2017, 1557, 1558, rechtstechnisch kann dies entweder durch Stellvertretung oder Delegation/Ausübungsermächtigung geschehen, siehe hierzu noch umfassend, S.  101 ff.

48

1. Teil: Grundlagen zur Matrixorganisation

der Matrixgesellschaft zu einer „reinen Vertretungsmarionette“.64 Ob dies so zulässig ist und welche Folgen dies sowohl für die Qualifizierung des Konzerns als auch für die Geschäftsleitung der Matrixgesellschaften haben wird, wird Gegenstand weiterer Untersuchungen in dieser Arbeit sein.

C. Historie sowie Vor- und Nachteile der Matrixorganisation Abschließend ist für das bessere Verständnis hinsichtlich der Matrixorganisation und deren Bedeutung für die wirtschaftliche Praxis sowohl auf deren Entwicklung als auch deren Vor- und Nachteile einzugehen. I. Historie Die Geschichte der Matrixorganisation ist noch jung und hat ihren Ursprung in der Projektarbeit für den Bau der ersten amerikanischen Atombombe während des Zweiten Weltkriegs.65 Die Matrixorganisation wurde daraufhin in einer Vielzahl von amerikanischen Regierungsstellen und immer mehr auch in der privaten Wirtschaft implementiert. Der „Durchbruch“ zur etablierten Organisationsform gelang in den 50er und 60er Jahren im Rahmen der erheblichen Forschungsanstrengungen in der Luft- und Raumfahrtindustrie.66 In diesem Zuge wurde das Potenzial dieser Organisationsform erkannt (insbesondere bei komplexen Vorhaben) und Unternehmen wendeten diese Organisationsform permanent und ganzheitlich an.67 Seitdem hat die Matrixorganisation Einzug in diverse, insbesondere auch international agierende Unternehmen und Konzerne erhalten.68 So ermittelte Adžić im Jahr 2003 bei einer Stichprobe unter 72 produzierenden, multinationalen, deutschen Unternehmen, dass von diesen ca. 45 % eine Matrixstruktur aufwiesen.69 Obgleich der Anteil bei kleineren Unternehmen geringer ist und ein diesen Begriff: Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hopt, § 37 Rn. 18. Die Matrix-Organisation, S. 26; vertiefend zur Historie Baumgartner, Project Management S. 6. 66  Leumann, Die Matrix-Organisation, S. 26; u.  a. die Projekte: B-47-Bomber, ­Atlas- und Polaris-Raketen, Apolloprogramm. 67  Zuerst: Dow-Cornig im Jahre 1967, in den Jahren darauffolgend: Lockheed Aircraft, British Aircraft, Gebr. Sulzer AG; vertiefende Analyse der ersten Anwendung: Goggin, Multidimensional structure S. 54 f.; Perham, Matrix Management, S. 31 ff. 68  Vgl. nur BASF, E.ON, SAP und Siemens. 69  Adžić, Matrixorganisation, S. 75; siehe aktuell auch Nestle. Hier soll das Europageschäft in einer Matrixorganisation aufgebaut werden, https://www.handelsblatt. com/unternehmen/handel-konsumgueter/konsumgueterriese-der-umbau-bei-nestlekostet-jobs-und-werke-in-deutschland/22886818.html?ticket=ST-4183987-p4tSdYR9 ojpxmBHqF5gv-ap4 (zuletzt abgerufen am 03.06.2019). 64  Zu

65  Leumann,



§ 2 Die Matrixorganisation49

Teil des Meinungsspektrums der Matrixstruktur keine Zukunft zuspricht70, da sie zu komplex und behäbig sei, wird diese Organisationsform auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Grund hierfür ist vor allem der digitale Wandel und die damit einhergehende Flexibilisierung der Arbeitswelt, welche die Bedingungen für die Unternehmen immer komplexer werden lassen. Es reicht daher nicht mehr aus, wenn sich lediglich ein „Experte“ mit den Problemen befasst. Vielmehr benötigen komplexe Sachverhalte die gemeinsame Erarbeitung von Lösungen verschiedener „Experten“. Diese Entwicklung bedarf einer korrespondierenden Organisation, welche flexibel und wenig hierarchisch gestaltet ist sowie eine aufgabenübergreifende Zusammen­ arbeit fördert. Hierfür ist die Matrixorganisation prädestiniert.71 Zudem zeigt sich insbesondere bei Massenherstellern ein eindeutiger Trend in Richtung einer nach dem Matrixprinzip verankerten Produktentwicklung mit einer starken Stellung des Projektleiters bzw. Produktmanagers („Heavyweight Product Manager“).72 Erwähnenswert ist auch, dass über den Bereich der Unternehmen hinaus die Matrixorganisation genutzt wird, so z. B. durch die Weltbank73 und Verdi74. II. Vor- und Nachteile der Matrixorganisation Um das Bild und das Verständnis über die Matrixorganisation abzurunden, sind abschließend noch die Vor- und Nachteile dieser Organisationsform aufzuführen, die in der Fachliteratur erörtert werden. 1. Vorteile

Der Hauptvorteil der Matrixorganisation liegt in der Integration der verschiedenen Unternehmensbereiche durch eine formale Organisationsstruktur. Hiervon geht eine hohe Koordinationswirkung aus und damit wird eine Spar70  So Schmidt-Carré, abrufbar unter https://www.humanresourcesmanager.de/res sorts/artikel/totgesagte-leben-laenger-813181615 (zuletzt abgerufen am 28.07.2017). 71  So ebenfalls: Günther/Böglmüller, NZA 2015, 1025, 1026; diese Feststellung für den skandinavischen Raum treffend, aber auch mit weiteren internationalen Beispielen: Burton/Obel/Håkonson, JOD 2015, 37. 72  Frese, Hdb. d. Organisation, S. 513. 73  https://www.nzz.ch/kulturrevolution-fuer-die-weltbank-1.18166892 (zuletzt abgerufen am 03.06.2019). 74  § 22 Abs. 1,  abrufbar  unter: https://www.verdi.de/++file++5073a207deb501 1af9001810/ download/ver.di-Satzung.pdf (zuletzt abgerufen am 03.06.2019); ferner auch: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/management/telekom-wird-matrixor ganisation-manager-fuer-alles-seite-2/2747356-2.html (zuletzt abgerufen am 03.06. 2019).

50

1. Teil: Grundlagen zur Matrixorganisation

tenbildung und Isolierung der einzelnen Bereiche vermieden und die Betrachtungsweise der Aufgaben wird erweitert.75 Die Matrixorganisation fördert somit den „Blick über den eigenen Tellerrand“ und schafft damit ein mehrdimensionales Denken. Ebenso werden die einzelnen Fachkompetenzen gestärkt, da diese gleichberechtigt zueinanderstehen und durch die Einbeziehung von verschiedenen Fachkompetenzen werden die Entscheidungen verbessert.76 Ferner ist hervorzuheben, dass eine hohe Motivation aufgrund der Teilhabe am Problemlösungsprozess besteht und das permanente Konflikt­ potenzial die „Problemumsicht“ der Akteure steigert.77 Im Übrigen wird die Matrixleitung entlastet, da operative Entscheidungsaufgaben von den Matrixmanagern wahrgenommen werden. Damit kann sich die Matrixleitung auf ihre eigentlichen Leitungsaufgaben fokussieren.78 Schließlich wird auch die Kommunikation durch die bereichs- und funktionsübergreifende Arbeit gefördert und die Arbeit in den Matrixzellen wird verbessert, da den Arbeitnehmern zwei kompetente Ansprechpartner zur Verfügung stehen.79 2. Nachteile

Ein entscheidender Nachteil der Matrixorganisation, der regelmäßig in der Literatur angeführt wird, ist die ständige Konfliktaustragung zwischen den verschiedenen Dimensionen. Folge dieses organisationsbedingten Konflikts ist nicht nur ein erhöhter Abstimmungsbedarf, sondern auch eine Lähmung von Entscheidungsprozessen.80 Auch führt der Abstimmungsaufwand zu Informationsverlusten. Ebenso bestehen unklare Unterstellungsverhältnisse mit der Folge von drohenden Verwirrungen bei den Matrixzellen, wer nun der zutreffende Ansprechpartner ist.81 Zudem kann der „ständige Konflikt“ zur Abstumpfung führen oder aber auch zu Rivalitäten und Wettbewerbsdenken, das wiederum erhöhten Verhandlungsbedarf oder „faule“ Kompromisse verursacht, wenn die Beteiligten den Konflikt „leid“ sind. Dies zu verhindern und Konflikte zu lösen, ist dann Aufgabe der Matrixleitung, sofern diese Konflikte aber Überhand nehmen, besteht das Risiko, dass die Matrixleitung

75  Thommen/Achleitner/Gilbert/Hachmeister/Kaiser, 76  Thommen/Achleitner/Gilbert/Hachmeister/Kaiser, 77  Frost/Michéle,

S. 469. S. 469.

Konzernmanagement, S. 51. Konzernmanagement, S. 51. 79  Bauer/Herzberg, NZA 2011, 713, 714. 80  Davis/Lawrence, Matrix, S. 129; Thommen/Achleitner/Gilbert/Hachmeister/Kaiser, S. 469. 81  Thommen/Achleitner/Gilbert/Hachmeister/Kaiser, S. 469; Frost/Michéle, Konzernmanagement, S. 51. 78  Frost/Michéle,



§ 2 Die Matrixorganisation51

sich nicht mehr auf ihre strategische Aufgabe konzentrieren kann.82 Ferner besteht die Gefahr der Bürokratisierung der Organisation, sofern alte Strukturen vor der Implementierung der Matrixorganisation nicht abgebaut werden.83

D. Zusammenfassung Die Matrixorganisation ist eine Möglichkeit Unternehmen und Konzerne zu organisieren. Prägende Merkmale der Matrixorganisation sind die Überlagerung zwei oder mehrerer Gliederungskriterien bzw. Dimensionen, die sich auf dieselbe Organisationseinheit beziehen sowie die mit dieser Überlagerung verbundene Mehrfachunterstellung der Organisationseinheit. Die Matrixorganisation schafft damit eine von den gesellschafts- und konzernrecht­ lichen Vorgaben abweichende Struktur. Der matrixorganisierte Konzern ist damit durch eine rechtsformübergreifende und rechtsforminkongruente Organisation geprägt. Der Konzern, welcher aus der rechtswissenschaftlichen Sicht als wirtschaftliche Einheit verstanden wird, wird – ungeachtet der gesellschaftsrechtlichen Struktur – nach mindestens zwei unterschiedlichen strukturellen Gliederungskriterien in Geschäftsbereiche unterteilt, an deren Schnittstellen aufgabenbezogene Matrixzellen gebildet werden. Die Geschäftsbereiche werden nach den operativen Notwendigkeiten der Geschäftstätigkeit ausgestaltet und nicht nach gesellschaftsrechtlichen Vorgaben. Damit erstrecken sich die Matrixzellen über Gesellschafts-, Standort- und Betriebsgrenzen hinweg. Die arbeitstechnischen Einheiten der Konzernunternehmen werden in der Matrixorganisation nach dem Gegenstand ihrer operativen Geschäftstätigkeit in eine oder mehrere aufgabenbezogene Matrixzellen eingebunden und den regelmäßig bei der Obergesellschaft angestellten Matrixmanagern unterstellt. Mithin können in einer Matrixzelle mehrere Konzerngesellschaften, Betriebe verschiedener Konzerngesellschaften oder auch nur Teilbereiche von Konzerngesellschaften organisatorisch zusammengefasst und verbunden sein.84 Welche recht­ lichen Folgen sich hieraus ergeben, ist Gegenstand der weiteren Arbeit.

82  Thommen/Achleitner/Gilbert/Hachmeister/Kaiser, S. 469; Frost/Michéle, Konzernmanagement, S. 51. 83  Steger, in: Maschmann/Fritz, Matrixorganisation, S. 10. 84  Vgl. Berger, Matrixorganisation und Betriebsverfassung, S. 57.

Zweiter Teil

Rechtliche Grundlagen zum Konzern Konzern, Konzernorganisation und Leitung sind Begriffe, die im Zusammenhang mit der Matrixorganisation häufig verwendet werden. Es bedarf daher einer Annäherung und Konkretisierung dieser Begrifflichkeiten für den weiteren Verlauf dieser Arbeit.

§ 1 Rechtliche Vorgaben zur Konzernorganisation Konzern und Konzernorganisation sind Schlagworte, mit denen im allgemeinen Sprachgebrauch ein bestimmtes Phänomen bezeichnet wird. Ebenso werden diese Begriffe auch von den Wirtschaftswissenschaften genutzt und definiert.1 Nach diesem Verständnis ist der Konzern sowohl Organisationsform als auch eine Einheit und maßgebend ist eine einheitliche Sicht auf den Konzern.2 Indes divergiert ein solches Verständnis vom Konzern im Rechtssinne. Daher ist zu untersuchen, welche Vorgaben das Recht gibt, um einen Konzern zu organisieren und welches rechtliche Verständnis für den Konzern besteht.

A. Allgemeines Das rechtliche Verständnis vom Konzern bzw. genauer vom Recht der verbundenen Unternehmen wird von den §§ 15 ff. AktG sowie den §§ 291 ff. AktG vorgegeben. Verbundene Unternehmen sind nach der gesetzlichen Vorstellung rechtlich selbstständige Unternehmen, die im Verhältnis zueinander in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen und mit Mehrheit beteiligte Unternehmen (§ 16), abhängige und herrschende Unternehmen (§ 17), Konzernunternehmen (§ 18), wechselseitig beteiligte Unternehmen (§ 19) oder Vertragsteile eines Unternehmensvertrags (§§ 291, 292) sind. Auch den Begriff der Abhän1  Siehe hierzu umfassend: Theisen, Der Konzern, S. 153; ders., DBW 48 (1988) 279, 280, sog. „Konzernunternehmungslehre“; Stark, S. 10; Mülbert, Aktiengesellschaft, S. 39; Mellerowicz, Unternehmenspolitik, S. 518; Frost/Michéle, Konzernmanagement, S.  56 ff. 2  Theisen, DBW 48 (1988) 279, 280, sog. „Konzernunternehmungslehre“; Mülbert, Aktiengesellschaft, S. 39.



§ 1 Rechtliche Vorgaben zur Konzernorganisation53

gigkeit nutzt das Gesetz in § 17 AktG. Abhängige Unternehmen sind hiernach rechtlich selbstständige Unternehmen, auf die ein anderes Unternehmen (herrschendes Unternehmen) unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. § 18 AktG bildet aus diesem gesetzlichen Begriff die Definition des Konzerns. Ein Konzern liegt hiernach vor, wenn folgende Merkmale erfüllt sind: (1) Zwei oder mehrere rechtliche selbstständige Unternehmen, die (2) unter einheitlicher Leitung zusammengefasst sind. Das Gesetz geht damit davon aus, um den Ausgangspunkt der in dieser Arbeit nachfolgenden Ausführungen zu fixieren, dass der Konzern stets aus selbstständigen Gesellschaften besteht. Damit spiegelt sich das betriebswirtschaftliche Konzernverständnis nicht im Gesetz wider. Vielmehr geht der Gesetzgeber davon aus, dass der Konzern gerade keine rechtliche Einheit darstellt, sondern eine unter einheitlicher Leitung geführte Unternehmensgruppe ist, die sich durch die Selbstständigkeit der Gliedunternehmen vom Einheitsunternehmen unterscheidet.3 Obgleich dieser rechtlichen Selbstständigkeit der einzelnen Gruppenmitglieder wird eine neue (wirtschaftliche) Einheit geschaffen, die im wirtschaftlichen Verkehr auftritt und als solche auch wahrgenommen wird.4 Diese Diskrepanz zwischen der Wahrnehmung als Einheit und der dennoch vorhandenen rechtlichen Vielheit ist im Konzernrecht vom Grunde her angelegt und wird durch die gesellschaftsübergreifende Matrixorganisation auf die „Spitze getrieben“.

B. Die verschiedenen Konzernarten des Aktienrechts Das aktienrechtliche Konzernrecht differenziert zwischen Unter- und Gleichordnungskonzern. Im Gleichordnungskonzern (§ 18 Abs. 2 AktG) stehen die Gruppenmitglieder regelmäßig ohne gesellschaftsrechtliche Beteiligung nebeneinander, die einheitliche Leitung muss über vertragliche Absprachen und personelle Verflechtung sichergestellt werden.5 Der Unterordnungs­ konzern zeichnet sich dagegen dadurch aus, dass ein herrschendes Unternehmen die Leitungsmacht über mindestens ein abhängiges Unternehmen ausübt (§ 18 Abs. 1 AktG). Abhängigkeit wird üblicherweise dadurch vermittelt, dass das herrschende Unternehmen im Besitz der Anteilsmehrheit am abhängigen Unternehmen verfügt (§§ 16, 17 AktG). Sofern keine Absprachen vorliegen, spricht man von einem faktischen Unterordnungskonzern. Die möglichen Arten, in welcher der Unterordnungskonzern auftreten kann, hängt von dem Ursprung der Leitungsmacht ab. Hierbei ist zwischen dem fakti3  Raiser/Veil, in: KapGesR, § 50 Rn. 1; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 18 Rn. 5. 4  Raiser/Veil, in: KapGesR, § 50 Rn. 3. 5  Raiser/Veil, in: KapGesR, § 50 Rn. 3; W. Bayer, in: MüKo-AktG, § 18 Rn. 54 ff.

54

2. Teil: Rechtliche Grundlagen zum Konzern

schen Konzern, dem Vertragskonzern und dem Eingliederungskonzern zu unterscheiden (§§  291 ff. AktG). Im faktischen Unterordnungskonzern (§§ 311 ff. AktG) wird die Leitungsmacht allein durch die Mehrheit des Anteilbesitzes begründet. Es bestehen keine vertraglichen Absprachen, die einheitliche Leitung wird allein durch die faktische Leitungsmacht (in der Regel durch eine Mehrheitsbeteiligung) begründet. Im Vertragskonzern dagegen begründet der Abschluss eines Beherrschungsvertrags zwischen der abhängigen und der herrschenden Gesellschaft die Leitungsmacht (§ 291 Abs. 1 AktG). Gegenstand dieses Vertrags ist die organisationsrechtlich formell gebilligte Verlagerung der Leitungsmacht vom abhängigen auf das herrschende Unternehmen (§§ 291 Abs. 1, 308 AktG).6 Im Eingliederungskonzern wird die Leitungsmacht dagegen durch Eingliederungsbeschluss der Hauptversammlung erlangt (§§ 319, 323 AktG). Die Eingliederung ist die intensivste Verbindung zwischen Unternehmen, da insbesondere die herrschende Gesellschaft für die Verbindlichkeiten der abhängigen Gesellschaft gegenüber Gläubigern haftet (§§ 322 ff. AktG). Das nach § 323 AktG erlangte Weisungsrecht geht über das mit einem Beherrschungsvertrag verbundene Weisungsrecht deutlich hinaus und verleiht der eingegliederten Gesellschaft den Charakter einer „rechtlich selbstständigen Betriebs­ abteilung“7. Obgleich dieser engen Eingliederung in eine andere Gesellschaft, bleibt auch die eingegliederte Gesellschaft rechtlich selbstständig.

C. Kein Konzernorganisationsrecht Für das Verständnis des Konzerns und für die weitere Untersuchung ist auch noch der Zweck des Konzernrechts zu untersuchen. Dies vor dem Hintergrund der Frage, ob rechtliche Vorgaben zur Konzernorganisation existieren. Sollten solche Vorgaben im Gesetz vorhanden sein, wäre dann fraglich, ob die Matrixorganisation diesen Vorgaben entspricht. Im überwiegenden Schrifttum und Rechtsprechung wird das Konzernrecht zunächst als Schutzrecht zugunsten der Gesellschafsgläubiger und Minderheitsgesellschafter gesehen.8 Der originäre Blickwinkel auf das Konzernrecht 6  Raiser/Veil, in: KapGesR, § 50 Rn. 5; Langenbucher, in: K. Schmidt/Lutter, § 291 Rn.  17 f. 7  Siehe hierzu Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 319 Rn. 3; Singhof, in Spindler/Stilz, § 319 Rn. 2; Ziemons, in: K. Schmidt/Lutter, § 319 Rn. 1; Raiser/Veil, in: KapGesR, § 55 Rn. 1. 8  Liebscher, in: MüKo-GmbHG, Anh. zu § 13 Rn. 253; Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 4 I, II; Raiser/Veil, in: KapGesR, § 50 Rn. 13; Vetter, in: Schmidt/



§ 1 Rechtliche Vorgaben zur Konzernorganisation55

als Schutzrecht lässt sich vor allem darauf zurückführen, dass sich das Organisationsrecht der Konzerne vor jeglicher Kodifizierung gebildet hatte.9 Konzerne waren und sind zunächst ein „Phänomen“ der Wirklichkeit und haben sich, trotz anfänglichen juristischen Vorbehalten10, in der wirtschaft­ lichen und damit auch rechtlichen Wirklichkeit durchgesetzt. Der Gesetzgeber hatte daher das Konzernrecht reaktiv kodifiziert, um insbesondere auch Minderheitsgesellschafter und Gesellschaftsgläubiger zu schützen.11 Der Gesetzgeber wollte mit der damaligen Novellierung des Aktiengesetzes die Konzernrealität wieder einfangen. So erkannte der Gesetzgeber die Strukturwandlung, die den wirtschaftlichen Trend zur Unternehmenskonzentration widerspiegelte und stellte fest: „Die Rechtsform der Aktiengesellschaft ist für zahlreiche Unternehmen nur noch die äußere Organisationsform. Bei ihnen haben konzernmäßige Bindungen das aktienrechtliche Kräftespiel zwischen den Organen der Gesellschaft aus den Angeln gehoben. Die Geschicke dieser Gesellschaften werden außerhalb der aktienrecht­ lichen Zuständigkeitsordnung auf Wegen bestimmt, die zum Teil auf Verträgen mit anderen Unternehmen beruhen, sich aber überwiegend jeder rechtlichen Ordnung entziehen.“12

Obgleich des primären Ziels des Schutzes von Minderheitsgesellschaftern und Gläubigern vor der Konzernierung, erkannte der Gesetzgeber damit auch, dass das novellierte Konzernrecht auch besondere Vorschriften enthält, Lutter, § 15 Rn. 13; Schall, in: Spindler/Stilz, Vorb. Zu § 15 Rn. 27; Hirte, Kapitalgesellschaftsrecht, § 8 Rn. 8.10, Windbichler, in: GK-AktG (2017), Vor. §§ 15 Rn. 11; anders: Hommelhoff, Die Konzernleitungspflicht, wonach das Konzernrecht auch als Organisationsrecht zu verstehen ist; vgl. hierzu auch Lutter, ZGR 1987, 324, 330, der den Konzern als poly-korporativen Verband sieht, aber das kodifizierte Konzernrecht der §§ 15 AktG zunächst auch als Normen mit der Ausrichtung des Gläubigers- und Minderheitenschutzes; ders. in FS K. Schmidt, 1065, 1067; U. H.  Schneider, FS Hoffmann-Becking (2013), 1071, 1072; ders. in Mestmäcker/Behrens, 563, 568, wonach der Konzern eine besondere Rechtsform für Unternehmen darstellt, das Konzernorganisationsrecht umfasst dabei auch das Schutzrecht; s. auch Theisen, Der Konzern, S.  127 ff. 9  Vgl. K. Schmidt GesR, S. 491, der in diesem Zusammenhang anführt, dass sich das Konzernorganisationrecht selbst entwickelt habe, da Unternehmen über ihre Herrschaftsmacht über andere Unternehmen und ihre gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsmitteln Gebrauch machen. Ein Schutzrecht dagegen, welches das abhängige Unternehmen, die Gesellschaftsgläubiger und die Minderheitsgesellschafter schützt, muss dieser Herrschaftsmacht indes aktiv entgegengesetzt werden. 10  Kronstein, Die abhängige juristische Person, S. 26 ff. 11  Vgl. nur die Ausführungen in der Gesetzesbegründung, BT-Drs. IV/171, S. 94, „Der Schutz der außenstehenden Aktionäre gegen die Gefahren der Konzernbildung […]“; S. 214, „daß die Aktionäre und Gläubiger gegen die mit ihnen verbundenen Gefahren und Nachteile besser geschützt und daß Leitungsmacht und Verantwortlichkeit in Einklang gebracht werden.“. 12  BT-Drs. IV/171, S. 214.

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2. Teil: Rechtliche Grundlagen zum Konzern

die als Grundzüge einer Konzernverfassung angesehen werden müssen. Dies zeigt deutlich, dass der historische Gesetzgeber des Konzernrechts zwar das Konzernrecht zunächst als Schutzrecht ausgestaltet hat, um der wirtschaft­ lichen Realität und der damit verbundenen Risiken gerecht zu werden. Indes ist es auch als Organisationsrecht zu verstehen, das sich jedoch von selbst entwickelt hat und vom Gesetzgeber nicht aktiv reguliert worden ist. Damit bleibt festzuhalten, dass, obwohl das Gesetz auch die Konzernorganisation (mit)regelt, es an normierten Vorgaben mangelt, die die Konzern­ organisation konkret regeln. Vielmehr ist die Obergesellschaft bei der Gestaltung der inneren Organisation des Konzerns frei, die Rechtsordnung setzt den Gesellschaften grundsätzlich keine Grenzen.13 Es besteht für Abreden der Beteiligten folglich grundsätzlich Gestaltungsfreiheit, wie die innere Ordnung des Konzerns zu organisieren ist.14 Daher existiert unmittelbar aus dem Konzernrecht keine Regelung, die eine Matrixorganisation verbieten oder regulieren würde. Grenzen für diese sind vielmehr aus den allgemeinen gesellschaftsrechtlichen und konzernrechtlichen Regelungen zu erarbeiten.

§ 2 Der Grundsatz des Trennungsprinzips Eine Arbeit, die sich mit dem Konzern beschäftigt, muss auch das Trennungsprinzip mit im Blick haben. Das Trennungsprinzip prägt das Konzernrecht, da die einzelnen Gesellschaften ja selbstständig bleiben. Die Gesellschaftsform „Konzern“ existiert nicht, sondern es bleibt bei der rechtlichen Trennung. Gesetzlicher Ausgangspunkt der Haftungstrennung sind die Vorschriften zur Rechtsfähigkeit der Aktiengesellschaft (§ 1 Abs. 1 AktG; bzw. § 13 Abs. 1, 2 GmbHG, § 2 GenG). Diese Regelungen gelten auch bei der gesellschaftsübergreifenden Matrixorganisation. Diese vermag es nicht, die rechtlichen Grundprinzipien des Konzernrechts außer Kraft zu setzen. Gleichwohl ist die Bedeutung des Trennungsprinzips für die hiesige Arbeit näher zu untersuchen. „The limited liability corporation is the greatest single discovery of modern times. Even steam and electricity are less important than the limited liability corporation.“15

Obgleich man die „Entdeckung“ von Gesellschaften mit beschränkter Haftung nicht für eine wichtigere Entdeckung halten mag, als die moderne Industrieproduktion, so muss man dieser Aussage doch zugestehen, dass die 13  Raiser,

in Schriften des Vereins für Socialpolitik, Neue Folge Band 33, S. 53. in Schriften des Vereins für Socialpolitik, Neue Folge Band 33, S. 53. 15  N. M. Butler, ehemals Präsident der Columbia University, zitiert nach A. L. Diamon, in: Orhnial (ed.), Limited Liabilty and the Corporation (Law Society of Canada, 1982), S. 42. 14  Raiser,



§ 2 Der Grundsatz des Trennungsprinzips57

heutige Welt nicht ohne das Trennungsprinzip und die beschränkte Haftung von Gesellschaften wirtschaften könnte. Innovation und Fortschritt erfordern neben Mut, insbesondere die Eingehung von finanziellen Risiken. Der Bau von Stromleitungen, der Ausbau des Glasfasernetzes, der Bau von Batterie­ fabriken, die Entwicklung und Etablierung von neuen Mobilitätskonzepten erfordern neben den „immateriellen Voraussetzungen“ wie Ideenreichtum, Marktkenntnis, technisches Fachwissen, vor allem erheblichen Kapitaleinsatz. Das Trennungsprinzip und das Prinzip der beschränkten Haftung sichern diese Eingehung der Risiken ab, da es den Handelnden vor unübersehbaren finanziellen Risiken schützt.

A. Bedeutung des Trennungsprinzips Positiv festgestellt führt die beschränkte Haftung und das Trennungsprinzip zu einer Sozialisierung der Fortschrittsrisiken. Negativ ausgerückt bedeutet dies aber auch, dass Haftungsrisiken weg vom Rechtsträger, hin zur Allgemeinheit ausgelagert werden.16 Damit bedarf es einer Rechtfertigung für diese Auslagerung. Diese Rechtfertigung lässt sich im Streben nach einem allgemeinen Fortschritt erblicken. Denn ohne eine Haftungsbeschränkung würde aufgrund des risikoaversen Verhaltens der Kapitalgeber regelmäßig der Wille zur Durchführung risikoreicher Projekte fehlen.17 In den oben genannten Beispielen von Investitionen in die Infrastruktur oder neuer Dienstleistungen würde kaum jemand persönlich das notwendige Risiko eingehen und damit Banken, Handwerkern und anderen Gläubigern persönlich dafür „geradestehen“ wollen und im Fall des Misserfolges den Verlust seines gesamten Vermögens riskieren, auch wenn im Fall des Erfolges persönliche Vorteile im Form von Gewinnen zu erwarten sind.18 Die wohlfahrtsfördernde Wirkung würde ebenso regelmäßig bei solchen Risiken nichts ändern, da der Risikoträger, der den persönlichen Ruin befürchten muss, aus einem altruistischen Beweggrund kaum handeln wird. Damit begegnet das Trennungsprinzip dem Grundproblem, „dass viele potentielle Unternehmer mit guten und Erfolg versprechenden Ideen kein existenzgefährdendes Risiko eingehen wollen und nur bereit sind, den Markt mit einem Schutzschild („asset shield“) zu betreten“.19 Will man also keine Wirtschaftsordnung, in der allein der Staat Risiken eingeht, welche wohlfahrtsfördernde Wirkung haben, 16  König, AcP 217 (2017), 611, 617 f.; Fleischer, ZGR 2001, 1, 17; Lehmann, ZGR 1986, 345, 353 f.; Rieckers, Konzernvertrauen und Konzernrecht, S. 81. 17  Vgl. Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 718 f. 18  Vgl. Adams, Eigentum, Kontrolle und beschränkte Haftung, S. 51; Kübler, FS Heinsius (1991), S. 397, 405. 19  Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 716.

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2. Teil: Rechtliche Grundlagen zum Konzern

so bedarf es der beschränkten Haftung.20 Der historische Gesetzgeber hat dieses Bedürfnis der modernen Wirtschaft erkannt und Möglichkeiten der persönlichen Haftungsbeschränkung geschaffen – die juristische Person. Sie diente und dient damit als „Treibstoff“ für den Fortschritt und ist für die Entstehung der heute international bekannten Konzerne mitverantwortlich.21 Ein weiterer Rechtfertigungsgrund und entscheidender Vorteil der Haftungstrennung ist der Schutz des Vermögens der Gesellschaft vor dem Zugriff der Privatgläubiger der Gesellschafter („entity shielding“).22 Gäbe es diese Haftungsbeschränkung zugunsten der Gesellschaft nicht, wäre der Geschäftsbetrieb der Gesellschaft zumindest potentiell stets durch schwer vorhersehbare Vollstreckungsmaßnahmen der Privatgläubiger gefährdet.23 Aufgrund der Haftungstrennung ist eine Vollstreckung nur auf die Gesellschaftsanteile als solche möglich, indes nicht unmittelbar auf das Vermögen der Gesellschaft.24 Dadurch ergibt sich hinsichtlich einer Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen de facto ein Nachrang der Privatgläubiger der Gesellschafter gegenüber den unmittelbaren Gläubigern der Gesellschaft.25 Ein dritter Rechtfertigungsgrund für die Haftungstrennung ist, dass sie für die Funktionsfähigkeit von Börsen und anderen Kapitalmärkten Voraussetzung ist. Ohne das Trennungsprinzip und die beschränkte Haftung ist die Entstehung eines organisierten Kapitalmarktes nicht vorstellbar.26 Könnten die Gläubiger der Gesellschaft in das Privatvermögen der Gesellschafter vollstrecken oder die Privatgläubiger der Gesellschafter in das Vermögen der Gesellschaft, hinge der Marktwert der Gesellschaft nicht nur von der eigenen Vermögenslage ab, sondern auch von der Vermögenslage der Gesellschafter.27 Allerdings sind Informationen mit diesem Inhalt für den Markt, also Anleger, Broker, Analysten etc. – wenn überhaupt – nur zu hohen Kosten zu ermitteln.28 Die Kosten des Monitorings stiegen enorm, ohne dass dem ein Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 715 f. Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 717. 22  Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 716. 23  Vgl. Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 716; Hansmann/Kraakman, Yale Law Journal 110, S. 387, 401 ff. 24  Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 716. 25  König, AcP 217 (2017), 611, 618; Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 717. 26  Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S.  717; Adams, Eigentum, Kontrolle und beschränkte Haftung, S. 48 ff.; Rieckers, Konzernvertrauen und Konzernrecht, S. 82; König, AcP 217 (2017), 611, 618 f. 27  Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 717; König, AcP 217 (2017), 611, 618 f. 28  Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 717; König, AcP 217 (2017), 611, 618 f. 20  Vgl.

21  Schäfer/Ott,



§ 2 Der Grundsatz des Trennungsprinzips59

relevanter Gegenwert gegenüberstünde.29 Die Fungibilität von Gesellschaftsanteilen würde darunter stark leiden. Erst durch die Vermögens- und Haftungstrennung wird eine effiziente Bewertung von Gesellschaften ermöglicht und die Fungibilität von Gesellschaftsanteilen, insbesondere Aktien, sichergestellt.30 Damit ist die Existenz der Haftungstrennung Voraussetzung für die heutigen hochentwickelten, liquiden Aktienmärkte.31 Letztlich übernehmen also die Gläubiger das nicht über das Eigenkapital der Gesellschaft abgedeckte Risiko.32 Damit löst die beschränkte Haftung mehrere Grundprobleme. Allerdings setzt die Beschränkung der Haftung auf die Gesellschaft eine konsequente Vermögenstrennung im Außenverhältnis voraus, um im konkreten Fall gerechtfertigt zu sein.33 Bei der juristischen Person ist dies grundsätzlich der Fall, da deren Sondervermögen von Dritten, Organpersonen sowie Gesellschaftern getrennt vorhanden ist.34 Diese Trennung dokumentiert sich z. B. in eigenen Buchführungs- und Bilanzierungspflichten.35 Ferner werden die durch die Gesellschafter eingebrachten Vermögensgüter der Gesellschaft gewidmet und es entsteht ein Sondervermögen der Gesellschaft, an denen die Gesellschafter „lediglich“ Mitgliedschaftsrechte haben, die sie z. B. am Gewinn partizipieren lassen.36 Die Trennung wird in dem Sinne auch konsequent durchgeführt, da z. B. an den eingebrachten Sachen keine Rechte mehr im Falle der Auflösung bestehen, sondern nur noch quotale Anrechte am Gesamtvermögen der Gesellschaft.37

29  König,

AcP 217 (2017), 611, 619; von Hülsen/Kasten, NZKart 2015, 296, 302. Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 717; König, AcP 217 (2017), 611, 618 f.; Adams, Eigentum, Kontrolle und beschränkte Haftung, S. 50. 31  Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 717; König, AcP 217 (2017), 611, 618 f. 32  Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 715. 33  Wiedemann, GesR Band I, S. 199; K. Schmidt, GesR, S. 539 ff. 34  Siehe die Folgen, wenn diese Trennung nicht vorgenommen werden: BGH Rechtsprechung zur Durchgriffshaftung im (GmbH)-Konzern, BGH, vom 30.01.1956, II ZR 168/54, BGHZ 20, 4, 10; BGH, vom 08.07.1970, VIII ZR 28/69, BGHZ 54, 222, 223, der die Durchgriffshaftung als Antwort der Rechtsordnung auf „die Wirklichkeiten des Lebens und die Macht der Tatsachen“ sieht. 35  Wiedemann, GesR Band I, S. 199; K. Schmidt, GesR, S. 541. 36  Wiedemann, GesR Band I, S. 198. 37  Wiedemann, GesR Band I, S. 198. 30  Schäfer/Ott,

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2. Teil: Rechtliche Grundlagen zum Konzern

B. Das Trennungsprinzip im Konzern I. Der Grundsatz des Trennungsprinzips im Konzern Die gesetzlichen Regelungen bleiben durch die konzernrechtlichen Vorgaben im Grundsatz unberührt38, auch wenn eine Einheitsbetrachtung der Unternehmensgruppe naheliegen mag.39 Dies bedeutet also, dass die Obergesellschaft nicht für die Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft haftet. Dies ist insbesondere auch vor dem Hintergrund der Rechtfertigung des Trennungsprinzips relevant. Eine Ausnahme hiervon sieht das Gesetz lediglich im Eingliederungskonzern vor. Hiernach haftet die Hauptgesellschaft von der Eingliederung an für Alt- und Neuverbindlichkeiten der eingegliederten ­Gesellschaft den Gläubigern gegenüber als Gesamtschuldner (§ 322 Abs. 1 AktG). Im Vertragskonzern wird das Trennungsprinzip dagegen lediglich im Innenverhältnis abgeschwächt. Die Obergesellschaft hat den Jahresfehlbetrag der Tochtergesellschaft auszugleichen (§ 302 Abs. 1 AktG). Es handelt sich hier allerdings ausschließlich um eine Innenhaftung, während § 322 Abs. 1 AktG als Außenhaftung konzipiert wurde und damit eine originäre Haftung der Obergesellschaft gegenüber Dritten begründet.40 Auch wenn die Obergesellschaft durch die Konzernierung erhebliche Einwirkungsbefugnisse auf die abhängige Gesellschaft besitzen mag, ist das Trennungsprinzip auch bei Konzernen zu rechtfertigen. Denn auch hier steht die Investitionsförderung im Vordergrund. Auch bei juristischen Personen als Gesellschafter ist regelmäßig ein risikoaverses Verhalten der Gesellschafter zu erwarten, das sich letztlich investitionshemmend und wohlfahrtsmindernd auswirken kann. Eine solches risikoaverses Verhalten, wenn auch eingeschränkter als bei natürlichen Personen, ist auch bei Konzernsachverhalten zu erwarten, wenn sich das Risiko in einer Konzerngesellschaft auf alle anderen Gesellschaften (mit) verlagern würde.41 Auch wird erst durch die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung die Leitung dezentraler Organisationsstrukturen ermöglicht, da die Obergesellschaft sonst ihre Leitung stets auf die Tochtergesellschaften erstrecken müsste.

38  BGH, vom 16.10.2003, IX ZR 55/02, BGHZ 156, 310, 314  f.; BGH, vom 04.05.1977, VIII ZR 298/75, BGHZ 68, 312, 314; Wiedemann, GesR Band I, S. 198 f.; Heider, in: MüKo-AktG, § 1 Rn. 65; König, AcP 217 (2017), 611, 614; Rieckers, Konzernvertrauen und Konzernrecht, S. 83. 39  Vgl. hierzu: Heider, in: MüKo-AktG, § 1 Rn. 65. 40  Heider, in: MüKo-AktG, § 1 Rn. 68. 41  Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften, S.  174 ff.; Fleischer, ZGR 2001, 1, 20 f.; Rieckers, Konzernvertrauen und Konzernrecht, S. 85.



§ 2 Der Grundsatz des Trennungsprinzips61

Konzernstrukturen wie z. B. auch die Holding wären dann nicht möglich.42 Dies wäre eine Verpflichtung zur zentralen Konzernstruktur „durch die Hintertür“. Im Übrigen werden die Risiken regelmäßig nicht auf die Gläubiger externalisiert. Denn solange den Gläubigern die Kapitalausstattung der Konzerngesellschaften bekannt ist und diese nach den Vertragsschluss verschoben wird, hat der Gläubiger bis zum Vertragsschluss die Möglichkeit den Vertrag nicht einzugehen, oder Risikoaufschläge wie Zinsen, Vorkasse oder Sicherungsmittel seitens der Muttergesellschaft zu verlangen.43 Eine Haftungseinheit im Konzern würde dagegen dieses privatautonome Gleichgewicht zugunsten einer Partei verschieben, ohne dass die andere Partei relevante Vorteile daraus ziehen könnte.44 Flankiert wird diese Betrachtung durch die Vorschriften zur Aufstellung eines Konzernabschlusses (§§ 290 ff. HGB).45 Diese Pflicht schafft Transparenz über die Konzernlage. Das Trennungsprinzip lässt sich damit auch im Konzern rechtfertigen. II. Grenzen des Trennungsprinzips im Konzern Auch wenn das Trennungsprinzip im Grundsatz „in“ Konzernen Anwendung findet, so sind dennoch die Grenzen zu eruieren. Eine solche Grenze kommt insbesondere dann in Betracht, wenn das Gleichgewicht zwischen Gläubigern und Gesellschaft aufgrund fehlender Verhandlungsmöglichkeiten gestört ist, z. B. wenn der Gläubiger das Risiko nicht richtig wahrnehmen kann oder das Risiko aufgenötigt bekommen hat.46 Eine solche Disparität kann beispielsweise dann vorliegen, wenn der Gläubiger einer Konzern­ gesellschaft entweder über die ihm zur Verfügung stehende Haftungsmasse oder über das zu erwartende Geschäftsrisiko getäuscht wird. Allerdings sind dies keine „echten“ Ausnahmen vom Trennungsprinzip, sondern der Anspruch wird aufgrund eines eigenen missbilligenden Verhaltens der Obergesellschaft begründet. Sofern die Obergesellschaft z. B. unzutreffende Angaben zur Lage des Konzerns und der Tochtergesellschaft macht, kann eine Haftung wegen vorvertraglicher Informationspflichten bestehen.47 Bei einer Verschleierung der rechtlichen Trennung zwischen Mutter- und Tochtergesell-

Fleischer, ZGR 2001, 1, 21. Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 717. 44  Vgl. Rieckers, Konzernvertrauen und Konzernrecht, S. 86. 45  Siehe hierzu umfassend und zur dort herrschenden „Einheitstheorie“ Senger/ Hoehne, in: MüKo-Bilanzrecht, § 290 HGB Rn. 2. 46  Adams, Eigentum, Kontrolle und beschränkte Haftung, S. 57; Rieckers, Konzernvertrauen und Konzernrecht, S. 86. 47  Siehe hierzu noch S. 285 ff. 42  Vgl.

43  Schäfer/Ott,

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2. Teil: Rechtliche Grundlagen zum Konzern

schaft kann dagegen der Anwendungsbereich der Rechtsscheinhaftung begründet sein.48 Gerade im matrixorganisierten Konzern sind solche Sachverhalte vorstellbar. Man denke nur an die Situation, in welcher der Matrixmanager als Verhandlungsführer den Eindruck erweckt, er vertrete die Obergesellschaft, tatsächlich aber vertritt er lediglich die Matrixgesellschaft. Die Gläubiger sind dann nicht in der Lage, die tatsächlichen Strukturen zu erfassen und damit das Risiko des Geschäfts zutreffend zu bewerten. In einem solchen Fall liegt es nahe, die Obergesellschaft, an dem erweckten Anschein der eigenen Vertragsbeteiligung festzuhalten.49 Liegen dagegen keine Zweifel darüber vor, wen der Matrixmanager vertritt, also dem Gläubiger bewusst ist, mit welcher Gesellschaft er einen Vertrag abschließt, so sind die Gläubiger zu einer zutreffenden Risikobewertung in der Lage. Für eine „Durchbrechung“ des Trennungsprinzips ist kein Raum mehr.50 Weiter ließe sich an eine „Durchbrechung“ des Trennungsprinzips denken, wenn beispielsweise die „Produktionsmacht“ bei der Obergesellschaft liegt, die konkrete Produktionsstätte rechtlich aber der Matrixgesellschaft zugeordnet ist.51 Auch wenn hier der Begriff der „Durchbrechung“ vom Trennungsprinzip verwendet wird, so beschreibt diese Formulierung hier zunächst nichts anderes, als dass andere gesetzliche Normen vom Trennungsprinzip abweichende rechtliche Bewertungen vorsehen. Dies ist im Zusammenhang mit dem Trennungsprinzip eine wichtige Erkenntnis. Denn beim Trennungsprinzip handelt es sich zwar um ein das Gesellschaft- und Konzernrecht prägendes Prinzip, welches allerdings einfachgesetzlich normiert ist. Damit besteht freilich die Möglichkeit, dass das Trennungsprinzip durch andere einfachgesetzliche Vorgaben modifiziert werden kann. Es handelt sich beim Trennungsprinzip daher gerade nicht um ein gesellschaftsrechtliches Naturgesetz oder ein übergesetzliches Prinzip, sondern letztlich um einfaches Recht, dass durch zahlreiche andere Rechtsgebiete durchbrochen werden kann und wird.52

C. Zusammenfassung Das Trennungsprinzip ist für die heutige Wirtschaftsordnung ein essentieller Baustein, ohne welchen die moderne Wirtschaftswelt nicht vorstellbar 48  Vgl. Rieckers, Konzernvertrauen und Konzernrecht, S. 88; Fleischer, ZHR 163 (1999), 461, 471 f.; siehe hierzu auch noch S. 281 ff. 49  Siehe hierzu auch noch S. 281 ff.; in diese Richtung auch Fleischer, ZHR 163 (1999), 461, 471 f. 50  Rieckers, Konzernvertrauen und Konzernrecht, S. 88. 51  Siehe hierzu S. 288 ff., insbesondere S. 299 ff. 52  K. Schmidt, GesR, S. 540.



§ 3 Der Leitungsbegriff des Aktienrechts63

wäre. Es sichert fortwährende Investitionen und die Handelbarkeit von Gesellschaftsanteilen. Auch in Konzernverhältnissen findet das Trennungsprinzip – durch das aktienrechtliche Konzernrecht modifiziert – Anwendung und ist auch ökonomisch zu rechtfertigen. Es lässt sich sagen, dass durch die Möglichkeit der Konzernierung eine gesetzlich zulässige Haftungsverlagerung vorgenommen werden kann. Aufgrund dieser umfassenden tatsächlichen und rechtlichen Auswirkungen ist einer Durchbrechung des Trennungsprinzips stets Zurückhaltung geboten, wenngleich dies nicht gleichbedeutend damit ist, dass das Trennungsprinzip ein unantastbares Gut ist. Dort wo der Gesetzgeber Ausnahmen vom Trennungsprinzip vorsieht, hat selbstredend das Trennungsprinzip zurückzustehen. Dies hat auch dort zu gelten, wo die ökonomische Rechtfertigung und die ökonomischen Vorteile des Trennungsprinzips ihre Grenzen finden, dann erscheint ein formales Festhalten am Trennungsprinzip fehlplatziert.53

§ 3 Der Leitungsbegriff des Aktienrechts Eine Arbeit, die sich mit den Auswirkungen fremden Einflusses auf Aktiengesellschaften und das Weisungsrecht im Vertragskonzern beschäftigt, bedarf ferner auch einer Aufarbeitung des Begriffs der Leitung. Das Aktiengesetz setzt den Begriff der Leitung an verschiedenen Stellen voraus (§ 18 Abs. 1 AktG, § 76 Abs. 1 AktG, § 291 Abs. S. 1 AktG, § 308 Abs  1 AktG), ohne indes konkrete Vorgaben für dessen inhaltliche Ausgestaltung zu geben. Diese Vorgaben herauszuarbeiten, ist Gegenstand der nachfolgenden Ausführungen.

A. Verhältnis Leitung und Geschäftsführung Schlüsselbegriffe der Kompetenzen des Vorstandes sind die Leitung (§ 76 Abs. 1 AktG), Geschäftsführung (§ 77 Abs. 1 AktG) sowie Vertretung (§ 78 Abs. 1  AktG).54 Daher ist bei diesen Begriffen anzusetzen, um sich dem Leitungsbegriff anzunähern und den Inhalt zu bestimmen.

53  Vgl. hierzu die BGH Rechtsprechung zur Durchgriffshaftung im (GmbH)Konzern, BGH, vom 30.01.1956, II ZR 168/54, BGHZ 20, 4, 10; BGH, vom 08.07.1970, VIII ZR 28/69, BGHZ 54, 222, 223, der die Durchgriffshaftung als Antwort der Rechtsordnung auf „die Wirklichkeiten des Lebens und die Macht der Tat­ sachen“ sieht. 54  Herwig, Leitungsautonomie und Fremdeinfluss, S. 48.

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2. Teil: Rechtliche Grundlagen zum Konzern

I. Keine Identität von Leitung und Geschäftsführung Der Begriff der Leitung wurde ursprünglich als Oberbegriff angesehen, der sich aus der Geschäftsführung und Vertretung zusammensetzte. Demnach erstreckte sich die Leitungsaufgabe des Vorstands auf die nach außen gerichtete Vertretung sowie nach innen gerichtete Geschäftsführung. Daraus wurde gefolgert, dass Geschäftsführung sowie Leitung im Innenverhältnis deckungsgleich sind.55 Gleichwohl kann diesem Verständnis nicht gefolgt werden. Zwar stehen Leitung und Geschäftsführung in einem engen inhaltlichen Verhältnis zueinander, sind indes nicht deckungsgleich. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut der gesetzlichen Vorgaben, in dem das Gesetz klar zwischen Leitung (§ 76 Abs. 1 AktG) und Geschäftsführung (§ 77 Abs. 1 AktG) differenziert.56 Die Annahme einer Deckungsgleichheit der Begriffe würde dieser gesetzlichen Ausdifferenzierung widersprechen und den Begriff der Leitung letztlich überflüssig machen. Auch würde eine Gleichsetzung der Begriffe dem allgemeinem Sprachverständnis widersprechen. Nach diesem Verständnis ist unter Leitung die Anführung, Anleitung oder Lenkung zu verstehen.57 Der Begriff der Geschäftsführung umfasst dagegen eher ein ­generelles Handeln, das dem weit gefassten Geschäftsbesorgungsbegriff des allgemeinen Zivilrechts entspricht.58 II. Leitung als herausgehobener Teil der Geschäftsführung Der heute herrschenden Meinung im Schrifttum folgend, ist der Begriff der Leitung daher als ein herausgehobener Teil der Geschäftsführung zu verstehen.59 Geschäftsführung bezeichnet hierbei sowohl jegliches rechtsgeschäftliches als auch tatsächliches Handeln für die Gesellschaft. Der Begriff der Leitung ist dagegen enger und wird als die „Führungsfunktion“ des Vorstands bezeichnet und damit als die Festlegung der grundsätzlichen Unter55  Schaefer/Missling, NZG 1998, 441, 442; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 6; vgl. zur Entstehung dieser Auffassung auch Herwig, Leitungsautonomie und Fremdeinfluss, S. 48. 56  Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 76 Rn. 14; Kort, in: GK-AktG (2015), § 76 Rn. 29. 57  Vgl. Kort, in: GK-AktG (2015), § 76 Rn. 29; Koch, in: Hüffer/Koch, § 76 Rn. 7. 58  Vgl. Kort, in: GK-AktG (2015), § 76 Rn. 29; Koch, in: Hüffer/Koch, § 76 Rn. 7; Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körber, Rn. 7. 59  Henze, BB 2000, 209; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 76 Rn. 14; Koch, in: Hüffer/Koch, § 76 Rn. 7; Kort, in: GK-AktG (2015), § 76 Rn. 29a; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 76 Rn. 4; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76 Rn. 17; Wiesner, in: Münchener Hdb GesR Bd. 4, § 19 Rn. 16.



§ 3 Der Leitungsbegriff des Aktienrechts65

nehmenspolitik sowie der grundlegenden organisatorischen Maßnahmen zur Durchsetzung dieser Unternehmenspolitik verstanden.60 Während die Geschäftsführung auch durch Satzung oder Geschäftsordnung auf ein einzelnes Vorstandsmitglied delegiert werden kann, ist die Leitung stets vom Gesamtorgan Vorstand zu erfüllen. Dieses Verständnis bezüglich der Begriffe Leitung und Geschäftsführung fügt sich auch in die Systematik der §§ 93 Abs. 1 S. 1, 111 Abs. 1 AktG ein. Diese Normen haben die Geschäftsführung des Vorstandes zum Gegenstand und umfassen damit auch Leitungsmaßnahmen, da diese einen Teilbereich der Geschäftsführung darstellen. Damit unterstreichen diese Normen, dass die Leitung ein Teilbereich der Geschäftsführung ist und beide Begriffe nicht getrennte Aufgabenfelder darstellen. Wären es dagegen getrennte Aufgabenfelder, hätte dies zur Konsequenz, dass Leitungsmaßnahmen nicht von den Vorschriften umfasst wären und der Aufsichtsrat als Überwachungsorgan kurioserweise nicht die Leitung des Vorstands überwachen könnte.61 III. Verhältnis Leitung und Vertretung Versteht man Leitung als herausgehobenen Teil der Geschäftsführung, so wird auch deutlich, dass Leitung und Vertretung nicht deckungsgleich sind. Die Vertretung umfasst allein rechtsgeschäftliches Handeln. Leitungsmaßnahmen können dagegen auch tatsächliche Handlungen umfassen. Lediglich im Fall, in dem die Leitungsmaßnahme rechtsgeschäftliches Handeln erfordert (z. B. den Abschluss eines wichtigen Vertrags), liegt eine Überschneidung vor, da eine solche Handlung regelmäßig auch eine Vertretungshandlung ist. In anderen Fällen liegt entweder Vertretung oder Leitung vor.62

B. Gegenstand der Leitungstätigkeit des Vorstands Bei der Abgrenzung dieser Begrifflichkeiten kann indes nicht stehen geblieben werden. Denn aus dem Verhältnis dieser Begrifflichkeiten zueinander ergibt sich zunächst keine weitergehende Ausfüllung des Begriffs der Leitung. Obgleich der Bemühungen in der Literatur Maßstäbe zu entwickeln, fehlt es an einer allgemeingültigen Definition des Leitungsbegriffs, die hilft, die Vielzahl der Möglichkeiten an Geschäftsführungstätigkeiten herauszufil60  Herwig, Leitungsautonomie und Fremdeinfluss, S. 50; Fleischer, in: Spindler/ Stilz, § 76 Rn. 14; Koch, in: Hüffer/Koch, § 76 Rn. 7; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76 Rn. 17; Kort, in: GK-AktG (2015), § 76 Rn. 29; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 76 Rn. 4. 61  Herwig, Leitungsautonomie und Fremdeinfluss, S. 50. 62  Herwig, Leitungsautonomie und Fremdeinfluss, S. 50 f.

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2. Teil: Rechtliche Grundlagen zum Konzern

tern, die der Leitungskompetenz nach § 76 Abs. 1 AktG unterfallen.63 Dies ist jedoch wenig überraschend, wenn man sich vergegenwärtigt, dass in der Praxis jede Aktiengesellschaft ein eigenständiges Gepräge besitzt und die Frage nach der herausgehobenen Geschäftsführungsaufgaben von den Umständen in der jeweiligen Gesellschaft abhängen. So kann eine Geschäftsführungstätigkeit in einer mittelständische Familiengesellschaft als Leitungsmaßnahme zu qualifizieren sein, während die gleiche Tätigkeit in einer multinationalen Gesellschaft eine „normale“ Geschäftsführungstätigkeit darstellt.64 Damit ist auch klar, dass es eine einheitliche Definition des Leitungsbegriffs nicht geben kann, da der konkrete Umfang der Leitung stets individuell zu bestimmen ist („Relativität des Leitungsbegriffs“).65 Trotz dieser Vielgestaltigkeit der möglichen Leitungsaufgaben bedarf es gleichwohl einer Konkretisierung der inhaltlichen Ausgestaltung des Leitungsbegriffs. Hierfür bietet sich, wie Herwig anschaulich und zutreffend vorstellt, eine zweistufige Prüfung an.66 Zunächst ist abstrakt-generell die Leitungsaufgabe zu bestimmen. Diese bezeichnet die Tätigkeitsgebiete, welche, ohne die Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen, in die Leitungskompetenz fallen, weil sie die Tätigkeitsinhalte und Tätigkeitsfelder des Leitungshandelns des Vorstands beschreibt. In einem zweiten Schritt sind dann die konkreten Umstände der Gesellschaft mit in die Betrachtung einzubeziehen und zu untersuchen, ob eine abstrakt festgestellte Leitungsaufgabe im konkreten Fall als Ausübung von Leitungsmacht anzusehen ist.67 I. Abstrakte Leitungsverantwortung kraft gesetzlicher Vorgaben Es bietet sich an, die Leitungsaufgaben des Vorstands zunächst anhand der positiven Regelungen des Aktiengesetzes zu bestimmen.68 Auch wenn das Aktiengesetz den Begriff der Leitung nicht verwendet, so weist das Aktiengesetz dem Vorstand zahlreiche Aufgaben zu. Diese im Aktiengesetz enthaltenen Normierungen sind, ohne dass diese vom Gesetz als solche bezeichnet 63  Herwig,

Leitungsautonomie und Fremdeinfluss, S. 51. Leitungsautonomie und Fremdeinfluss, S. 52; Spindler, in: MüKoAktG, § 76 Rn. 15; Richter, in: Semler/Peltzer, § 4 Rn. 14 f. 65  Herwig, Leitungsautonomie und Fremdeinfluss, S. 52; siehe auch Seibt, FS K. Schmidt (2009), S. 1463, 1464 Spindler, in: MüKo-AktG, § 76 Rn. 15; Richter, in: Semler/Peltzer, § 4 Rn. 14 f. 66  Nachfolgendes aus: Herwig, Leitungsautonomie und Fremdeinfluss, S. 52. 67  Herwig, Leitungsautonomie und Fremdeinfluss, S. 52. 68  Herwig, Leitungsautonomie und Fremdeinfluss, S. 52; Fleischer, ZIP 2003, 1, 6; Weber, in: Hölters, § 76 Rn. 9; Kort, in: GK-AktG (2015), § 76 Rn. 35; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76 Rn. 16 f. 64  Herwig,



§ 3 Der Leitungsbegriff des Aktienrechts67

werden, Leitungsaufgaben.69 Denn bei diesen Aufgaben wäre es mit den aktienrechtlichen Vorgaben unvereinbar, wenn der Vorstand diese an Dritte oder Externe verlagert. Das Gesetz bringt gerade durch die positive Zuständigkeitszuweisung an den Vorstand zum Ausdruck, dass es sich bei diesen Aufgaben um einen unveräußerlichen Kernbereich der Vorstandstätigkeit handelt.70 Bei diesen den Vorstand treffenden Aufgaben handelt es sich insbesondere um die Vorbereitung und Ausführung von Hauptversammlungsbeschlüssen (§ 83 AktG), die Berichterstattung an den Aufsichtsrat (§ 90 AktG), die Sicherstellung der erforderlichen Buchführung (§ 91 Abs. 1 AktG), die Bestandssicherung (§ 91 Abs. 2 AktG), Verlustanzeige und Insolvenzantrag (§ 92 AktG), das Verlangen einer Einberufung des Aufsichtsrats (§ 110 AktG), das Verlangen einer Geschäftsführungsentscheidung der Hauptversammlung (§ 119 Abs. 2 AktG), die Einberufung der Hauptversammlung (§ 121 Abs. 2 AktG) sowie die Unterbreitung von Vorschlägen zur Beschlussfassung zu den einzelnen Punkten der Tagesordnung der Hauptversammlung (§ 124 Abs. 3 AktG).71 Schaut man sich diese gesetzlich normierten Aufgaben an, lassen sich drei Felder herausarbeiten, um diese Aufgaben zu kategorisieren.72 In das erste Feld lassen sich Aufgaben fassen, die das Verhältnis des Vorstands zu anderen Organen (Aufsichtsrat und Hauptversammlung) der Gesellschaft betreffen und damit der verbandsinternen Funktionsfähigkeit dienen.73 Das zweite und dritte Feld umfasst Aufgaben, die dem Vorstand im öffentlichen Interesse aufgegeben sind und vornehmlich Gläubigerinteressen sichern sollen.74 II. Abstrakte Leitungsaufgaben kraft typologischer Zuordnung Die gesetzliche Aufgabenzuweisung ist indes nicht abschließend für die Bestimmung des Umfangs der Leitungsaufgabe zu verstehen. Die Leitungsaufgabe des Vorstandes geht über diese gesetzlich normierten Leitungsaufga69  Weber,

in: Hölters, § 76 Rn. 9. BB 2000, 209, 210; Fleischer, ZIP 2003, 1, 6; Weber, in: Hölters, § 76 Rn. 9; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 76 Rn. 19; Herwig, Leitungsautonomie und Fremdeinfluss, S. 53. 71  Weber, in: Hölters, § 76 Rn. 9; ebenfalls eine ausführliche Darstellung bei Kort, in: GK-AktG (2015), § 76 Rn. 35. 72  Ebenso: Weber, in: Hölters, § 76 Rn. 9; anders: Herwig, Leitungsautonomie und Fremdeinfluss, S. 53, der eine zweistufige Kategorisierung vornimmt. 73  Henze, BB 2000, 209, 210; Weber, in: Hölters, § 76 Rn. 9. 74  Henze, BB 2000, 209, 210; Herwig, Leitungsautonomie und Fremdeinfluss, S. 53; Weber, in: Hölters, § 76 Rn. 9; dem folgt der BGH für § 124 Abs. 1 S. 1 AktG ausdrücklich, BGH, vom 12.11.2001, II ZR 225/99, BGHZ 149, 158, 160, wonach die Vorbereitung einer Beschlussvorlage aufgrund der gesetzlichen Konzeption eine Leitungsaufgabe i. S. d. § 76 Abs. 1 AktG darstellt. 70  Henze,

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2. Teil: Rechtliche Grundlagen zum Konzern

ben hinaus. Daher besteht Übereinstimmung, dass über die positiven Zuständigkeitszuweisungen des Aktiengesetzes hinaus weitere originäre unternehmerische Führungsaufgaben existieren, die unter die Leitungsaufgabe des Vorstandes fallen.75 1. Ermittlung anhand betriebswirtschaftlicher Erkenntnisse

Der Begriff der Leitung hat als unbestimmter Rechtsbegriff die Konsequenz, dass eine inhaltliche Konkretisierung durch Auslegung erfolgen muss. Vorweg ist festzustellen, dass für diese Auslegung weder der historische Gesetzgeber des AktG 1937 noch der des AktG 1965 Anhaltspunkte zur Bestimmung des Inhalts des Leitungsbegriffs geben.76 Vor dem Hintergrund, dass im Zusammenhang mit der Frage der ordnungsgemäßen Leitung an­ erkannt ist, dass der Vorstand die Gesellschaft nach anerkannten betriebswirtschaftlichen Regeln zu leiten hat,77 ist fraglich, ob der Begriff der Leitung durch den Rückgriff auf betriebswirtschaftliche Erkenntnisse bestimmt werden kann.78 Diesem Rückgriff auf betriebswirtschaftliche Erkenntnisse ist im Grundsatz zuzustimmen. Dies darf aber nicht dazu führen, dass betriebswirtschaftliche Erkenntnisse „verrechtlich“ werden, d. h. die dort gewonnenen Ergebnisse zu einem Automatismus bei der Konkretisierung des Leitungsbegriffs führen.79 Denn die Aufgabe der Wirtschaftswissenschaft ist die Beschreibung und Herausarbeitung von typischen Leitungsaufgaben, losgelöst von den gesetzlichen Vorgaben. Eine juristische Bestimmung der Leitungsaufgaben kann sich zwar an anderen Disziplinen orientieren, ist aber stets an die bestehenden Normen gebunden. Daher ist die inhaltliche Bestimmung von unbestimmten Rechtsbegriffen finale Aufgabe eines juristischen Diskurses. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf neuartige Erkenntnisse in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur. Einer Übernahme solcher ist mit Zurückhaltung zu begegnen. Damit bleibt festzuhalten, dass betriebswirtschaftliche Erkenntnisse keine Rechtspflicht begründen, sondern lediglich 75  Vgl. nur Herwig, Leitungsautonomie und Fremdeinfluss, S. 53; Henze, BB 2000, 209, 210; Koch, in: Hüffer/Koch, § 76 Rn. 9; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76 Rn. 15; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 76 Rn. 18. 76  Herwig, Leitungsautonomie und Fremdeinfluss, S. 54. 77  Herwig, Leitungsautonomie und Fremdeinfluss, S. 54; Mertens/Cahn, in: KKAktG, § 93 Rn. 83; Krieger/Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, § 93 Rn. 7; vgl. auch für die GmbH: Ebenroth/Lange, GmbHR 1992, 69, 71; differenzierender: Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 50; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 37. 78  Herwig, Leitungsautonomie und Fremdeinfluss, S. 54; Mertens/Cahn, in: KKAktG, § 93 Rn. 83; Krieger/Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, § 93 Rn. 7; vgl. auch für die GmbH Ebenroth/Lange, GmbHR 1992, 69, 71; differenzierender: Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 50; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 37. 79  Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 50; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 37.



§ 3 Der Leitungsbegriff des Aktienrechts69

bei der Bestimmung des Leitungsinhalts Berücksichtigung finden können und damit als Auslegungshilfe dienen.80 2. Juristische Erkenntnisse

Die aktienrechtliche Literatur hat aufbauend auf den Erkenntnissen aus der betriebswirtschaftlichen Diskussion eine typologische Beschreibung der Leitungsaufgaben des Vorstandes entwickelt. So lassen sich die Leitungsauf­ gaben des Vorstands in Maßnahmen der Unternehmensplanung, der Unternehmenskoordinierung, der Unternehmenskontrolle und der Besetzung der oberen Führungspositionen einteilen.81 a) Unternehmensplanung Unternehmensplanung beschreibt die Aufgabe, die Unternehmensziele und die mittel- und langfristige Unternehmenspolitik festzulegen.82 Anhand der Vorgabe konkret zu erreichender Ziele und der damit einhergehenden eingeschlagenen Unternehmenspolitik, bestimmt der Vorstand die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft.83 Damit bildet die Unternehmensplanung das Instrument zur Festlegung, welche Maßnahmen zur Erreichung der festgelegten Ziele notwendig sind und ist damit ein „ständiges Vorausdenken und Vorbereiten zukünftigen Geschehens“.84 b) Unternehmenskoordinierung Hinter dem Begriff Unternehmenskoordinierung verbirgt sich die Aufgabe des Vorstands, die mit Führungsaufgaben ausgestatteten Teilbereiche der Gesellschaft zu organisieren und aufeinander abzustimmen.85 Daraus folgt 80  Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 50; ebenfalls Herwig, Leitungsautonomie und Fremdeinfluss, S. 54. 81  Henze, BB 2000, 209, 210; Schiessl, ZGR 1992, 64, 68; Kort, in: GK-AktG (2015), § 76 Rn. 36; Koch, in: Hüffer/Koch, § 76 Rn. 9; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 76 Rn. 5; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, § 76 Rn. 9; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76 Rn. 17; Weber, in: Hölters, § 76 Rn. 10; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 11; variierend Fleischer, ZIP 2003, 1, 5. 82  Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 16–20. 83  Herwig, Leitungsautonomie und Fremdeinfluss, S. 55. 84  Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 16; Herwig, Leitungsautonomie und Fremdeinfluss, S. 55; Lutter, AG 1991, 249, 251; Wettich, Vorstandsorganisation, S.  54 ff. 85  Wettich, Vorstandsorganisation, S.  56 ff.; Herwig, Leitungsautonomie und Fremd­ einfluss, S. 55; Henze, BB 2000, 209, 210.

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2. Teil: Rechtliche Grundlagen zum Konzern

für den Vorstand die Pflicht, die in der Gesellschaft vorhandenen Kräfte zu bündeln und auf das gemeinsame Unternehmensziel auszurichten, um im Ergebnis die Gesellschaft zu optimieren.86 Hierfür hat der Vorstand Grundsätze für die Aufgabenverteilung bei den nachgeordneten Führungsebenen festzulegen, einschließlich Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten.87 c) Unternehmenskontrolle Die Unternehmenskontrolle umfasst die laufende und nachträgliche Überwachung der Umsetzung und des Erfolgs der verfolgten Geschäftspolitik. Im Rahmen dieser Kontrolle hat der Vorstand laufend den Fortschritt und den Erfolg der eingeschlagenen Maßnahmen zu verfolgen und zu überprüfen, ob die tatsächliche Entwicklung mit den Planungen übereinstimmt.88 Hierbei sind ermittelte Abweichungen zu analysieren und gegebenenfalls ist korrektiv einzugreifen.89 d) Besetzung von Führungspositionen Der vierte Bereich der Leitungsaufgabe ist die Besetzung der Führungspositionen. Dieser Bereich umfasst die Personalkompetenz des Vorstands. Allein diesem obliegt es, geeignete Personen für die Führungspositionen auszuwählen, diese fortzubilden und zu fördern sowie im Gegenzug ungeeignete Personen abzuberufen, für Letzteres hat er die Tätigkeit des ihm nachgeordneten Personals zu überwachen.90 III. Konkretisierung der Leitungsaufgabe 1. Notwendigkeit einer Konkretisierung

Nachdem nun der Begriff der Leitung im Groben abgesteckt worden ist und ein Katalog an klassischen Leitungsaufgaben aufgestellt wurde, gilt es nun, die ungeschriebene Leitungsaufgabe zu konkretisieren. Denn anders als 86  Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 17; Herwig, Leitungsautonomie und Fremdeinfluss, S. 55. 87  Wettich, Vorstandsorganisation, S. 56; Herwig, Leitungsautonomie und Fremdeinfluss, S.  55 f. 88  Herwig, Leitungsautonomie und Fremdeinfluss, S. 56. 89  Wettich, Vorstandsorganisation, S. 56; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 18. 90  Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 20; Herwig, Leitungsautonomie und Fremdeinfluss, S. 56.



§ 3 Der Leitungsbegriff des Aktienrechts71

bei den gesetzlich festgelegten Leitungsaufgaben ist im Bereich der ungeschriebenen Leitungsaufgaben nicht jedes Vorstandshandeln als Ausübung von Leitungsmacht im Sinne des § 76 Abs. 1 AktG zu qualifizieren. Eine Präzisierung der Leitungsaufgaben ist insbesondere vor dem Hintergrund der Delegationsfeindlichkeit von Leitungsaufgaben erforderlich. In Anbetracht der Vielzahl an möglichen Leitungsaufgaben im Bereich der Unternehmensplanung, Unternehmenskoordinierung und Unternehmenskontrolle wäre eine effektive Aufgabenbewältigung durch den Vorstand nicht vorstellbar, wenn die Leitungsaufgaben bis ins kleinste Detail gehen würden.91 Daher ist eine einzelfallbezogene Bestimmung der Leitungsaufgaben erforderlich, die den Besonderheiten des Unternehmens und der jeweiligen Situation Rechnung trägt.92 2. Rückgriff auf § 90 Abs. 1 Nr. 4 AktG

Für die Bestimmung, wann eine Leitungsaufgabe im Einzelfall vorliegt, kann auf die gesetzliche Wertung des § 90 Abs. 1 Nr. 4 AktG zurückgegriffen werden.93 Diese Vorschrift nutzt den Begriff des „Geschäfts von erheblicher Bedeutung“ und statuiert bei Vorliegen eines solchen Geschäfts für den Vorstand die Berichtspflicht zum Aufsichtsrat. Unter Rückgriff auf diese Regelung liegt eine Leitungsaufgabe vor, sofern dies für die Gesellschaft von erheblicher Bedeutung ist. a) Bedeutung der Norm Hierbei ist auf die Erheblichkeit der zu treffenden Entscheidung, auf die mittel- bis langfristige Entwicklung der Gesellschaft sowie die Ertrags-, Finanz-, und Beschäftigungslage abzustellen.94 Gleichwohl ist die Erkenntnis, dass Maßnahmen von erheblicher Bedeutung ungeschriebene Leitungsmaßnahmen sind, wenig hilfreich, da es sich auch hierbei um einen unbestimmten 91  Herwig,

Leitungsautonomie und Fremdeinfluss, S. 60. Vorstandsorganisation, S. 62; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 76 Rn. 5; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76 Rn. 17. 93  Kort, in: GK-AktG (2015), § 76 Rn. 36; Wettich, Vorstandsorganisation, S. 62; Martens, FS Fleck (1988), S. 191, 197; ähnlich auch Henze, BB 2000, 209, 210; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 76 Rn. 5; eine andere Ansicht stellt auf das außergewöhnliche Geschäft i. S. d. § 116 HGB ab, wobei regelmäßig keine unterschiedlichen Ergebnisse zustande kommen, vgl. zu dieser Ansicht Dose, Rechtsstellung der Vorstandsmitglieder, S. 41. 94  Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 13; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 76 Rn. 5; Weber, in: Hölters, § 76 Rn. 10; Kort, in: GK-AktG (2015), § 76 Rn. 38; Wettich, Vorstandsorganisation, S. 62. 92  Wettich,

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2. Teil: Rechtliche Grundlagen zum Konzern

Rechtsbegriff handelt. Bei der Ausfüllung des Begriffs der Erheblichkeit lässt sich wiederum auf die Erkenntnisse aus der Betriebswissenschaft zurückgreifen.95 b) Geschäft von erheblicher Bedeutung Ein Geschäft von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 90 Abs. 1 Nr. 4 AktG liegt bei zwingend von dem Vorstand zu treffenden Entscheidungen vor.96 Solche Entscheidungen zeichnen sich durch folgende konstitutive Merkmale aus: Der Entscheidung kommt ein hoher materieller oder immaterieller Wert zu; die Entscheidung hat Grundsatzcharakter oder ist irreversibel; die Entscheidung hat einschränkende Folgen für den zukünftigen Entscheidungsspielraum; die Entscheidung betrifft die Gesellschaft als Ganzes; es besteht eine hohe Dringlichkeit oder die Entscheidung erfordert die Bewältigung neuartiger Probleme.97 c) Merkmale des Geschäfts von erheblicher Bedeutung Diese Aufzählung ist schon recht detailliert und es lassen sich auch Früchte für die Auslegung des Begriffs der Erheblichkeit ziehen. Abzustellen ist auf den Gegenstand der Aufgabe, deren Bedeutung für die Entwicklung und den Fortbestand der Gesellschaft, ihre Komplexität sowie den Zeitraum, der für die Entscheidungsfindung zur Verfügung steht.98 Dies bedeutet, dass Aufgaben, die typologisch den Leitungsaufgaben zuzuordnen sind, indes für den Bestand der Gesellschaft keine besondere Bedeutung haben, nicht den Zuständigkeitsbereich des Vorstands eröffnen. Bei den Geschäften von erheblicher Bedeutung ist damit zunächst auf die wirtschaftliche, finanzielle, strategische und wettbewerbliche Bedeutung der Aufgabe für die Gesellschaft abzustellen.99 Hierbei gilt der Merksatz, je größer die Bedeutung der Aufgabe für die Gesellschaft ist, desto mehr spricht dafür, dass eine den Vorstand treffende Leitungsaufgabe vorliegt. Dies gilt namentlich für Entscheidungen über Fragen von besonderer Bedeutung, d. h. von einem hohen materiellen 95  Wettich,

Vorstandsorganisation, S. 62.

96  Thommen/Achleitner/Gilbert/Hachmeister/Kaiser,

S. 938; Schierenbeck/Wöhle, Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre, S. 120 f.; ähnlich auch Semler, Leitung und Überwachung, Rn.  13 f. 97  Macharzina/Wolf, Unternehmensführung, S. 42 f.; Thommen/Achleitner/Gilbert/ Hachmeister/Kaiser, S. 938. 98  Herwig, Leitungsautonomie und Fremdeinfluss, S. 62; Seibt, FS. K. Schmidt (2009), S. 1463, 1476 ff.; ders., in: K. Schmidt/Lutter, § 76 Rn. 8. 99  Herwig, Leitungsautonomie und Fremdeinfluss, S. 63; Henze, BB 2002, 209, 210; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, § 76 Rn. 9; Weber, in: Hölters, § 76 Rn. 11.



§ 3 Der Leitungsbegriff des Aktienrechts73

oder immateriellen Wert. Beispielsweise sind Entscheidungen über wichtige Investitionen, Erweiterungen oder den Neubau von Produktionsstätten, Entscheidungen über die zukünftige Geschäftsstrategie als Leitungsentscheidungen zu qualifizieren.100 Erst Recht gilt dies für Fragen, die eine existentielle Bedeutung haben.101 Neben der qualitativen Bedeutung spricht für das Vorliegen einer Leitungsaufgabe auch die Konfliktgeneigtheit der jeweiligen Entscheidung.102 Solche Entscheidungen, die geeignet sind, erhebliche Konflikte innerhalb oder außerhalb der Gesellschaft auszulösen, sind wegen der verbundenen Folgen für die Gesellschaft regelmäßig vom Vorstand selbst zu treffen.103 Schließlich spricht auch die Komplexität einer Aufgabe für die Wahrnehmung durch den Vorstand. Auch hier gilt die Faustformel: Je komplexer die Aufgabe, desto eher hat sich der Vorstand damit zu befassen und eine Entscheidung zu treffen.104

C. Konzernbezogene Leitungspflichten Neben der Leitung der Einzelgesellschaft steht nun die Leitung des Konzerns im Blickpunkt. Hierbei steht zunächst die Frage im Mittelpunkt, ob das Leitungsorgan der Obergesellschaft überhaupt konzernbezogene Leitungspflichten besitzt. Ausgangspunkt für die Überlegungen zu konzernbezogenen Leitungspflichten ist, mangels spezieller konzernrechtlicher Grundlagen, § 76 Abs. 1 AktG. Diese Vorschrift differenziert nicht zwischen der Leitung einer einzelnen Gesellschaft und der Leitung des gesamten Konzerns. Es fehlt letztlich gänzlich an gesetzlichen Grundlagen für eine Konzernleitung105, was auch daran liegen dürfte, dass der Gesetzgeber zunächst das Bedürfnis gesehen hat, das Konzernrecht als Schutzrecht auszugestalten.106 Diese gesetzgeberische Zurückhaltung führt gerade im Vertragskonzern zu Problemen, da die gesetzliche Konzeption der §§ 308 ff. AktG gerade eine Bündelung von Zuständigkeiten an der Spitze der Obergesellschaft vorsieht. 100  Herwig,

Leitungsautonomie und Fremdeinfluss, S. 63. BB 2002, 209, 210; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, § 76 Rn. 9; Weber, in: Hölters, § 76 Rn. 11. 102  Herwig, Leitungsautonomie und Fremdeinfluss, S. 63. 103  Herwig, Leitungsautonomie und Fremdeinfluss, S. 63; siehe zur Corporate Reputation Management als Teil der Leitungsaufgabe Seibt, DB 2015, 171 ff. 104  Herwig, Leitungsautonomie und Fremdeinfluss, S. 63; Weber, in: Hölters, § 76 Rn. 11. 105  Vgl. nur Fleischer, 2005, 759, 760, der von einem „Regelungsvakuum, das dem Scharfblick des Gesetzgebers Konzernleitung und Leitungssorgfalt der Vorstandsmitglieder im Unternehmensverbund mindestens teilweise entgangen ist“ spricht. 106  Siehe hierzu schon S. 54 ff. 101  Henze,

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2. Teil: Rechtliche Grundlagen zum Konzern

Denn jene kann nun auch Entscheidungen in Form von Weisungen über die rechtlich selbstständigen Tochtergesellschaften treffen.107 In der rechtswissenschaftlichen Literatur hat sich daher unter dem Stichwort „Konzern­ leitungspflicht“108 eine nun seit rund 35 Jahren anhaltende Diskussion entwickelt. Hierbei sind zwei Fragen voneinander zu trennen. Zum einen ist die Frage zu beantworten, ob der Vorstand der Obergesellschaft gegenüber verpflichtet ist, den Konzern zu leiten. Zum anderen geht es um die Frage, ob der Vorstand der Obergesellschaft auch gegenüber der Tochtergesellschaft zur Konzernleitung verpflichtet ist. I. Konzernleitungspflicht gegenüber der Obergesellschaft 1. Leitungsverantwortung für den Konzern

Als Ergebnis dieser Diskussion kann heute zur ersten Frage als gesichert angesehen werden, dass der Vorstand der Obergesellschaft dieser gegenüber eine Konzernleitungspflicht besitzt.109 Dies resultiert aus der Leitungsverantwortung des Vorstandes gegenüber der Obergesellschaft, wonach sich die Pflicht ergibt, das gesamte Unternehmensvermögen, zu dem auch die Toch107  Timm,

AG als Konzernspitze, S. 3. hierzu: Hommelhoff, Die Konzernleitungspflicht; Rittner, AcP 183 (1983), 295, 301 ff.; siehe zu dieser Diskussion umfassend Lutter ZIP 1985, 1425, 1433 f.; ders. AG 1990, 179, 182; ders., FS Stimpel (1985), S. 829; ders. ZGR 1987, 324, 334, „poly-korporativer-Verband“; ders., FS K. Schmidt (2009), S. 1065, 1976; Timm, AG 1980, 172 ff.; Wiedemann, Die Unternehmensgruppe im Privatrecht, S. 36, 83; zur ähnlichen Diskussion schon: Isay, Das Recht am Unternehmen, S. 96 ff. Kronstein, Die abhängige juristische Person, S. 4 ff., 76 f.; ebenso schon Verhandlungen auf der Arbeitstagung des Vereins für Socialpolitik, Gesellschaft für Wirtschaftsund Sozialwissenschaften im Jahre 1963, hervorzuheben Beiträge: Raiser,  S. 51–56, Pohmer, S. 57–66, jeweils m. w. N.; Schneider, in Mestmäcker/Behrens, 563, 570; Kirchner, ZGR 1985, 214, 217; K. Schmidt, FS Lutter (2000), S. 1167, 1175; zusammenfassend: Temming, Der vertragsbeherrschende Dritte, S. 123, Ekkenga, AG 2013, 181, 182 f.; neuere Literatur: S. H. Schneider/U. H. Schneider, AG 2005, 57 ff. 109  Martens, FS Heinsius (1991), S. 523, 531 ff.; Koppensteiner, in: KK-AktG, § 291 Rn. 71; Semler, Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft, Rn. 270; Spindler, in MüKo-AktG, § 76 Rn. 46; Kort, in: GK-AktG (2015), § 76 Rn. 140; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 76 Rn. 85 ff.; ders., DB 2005, 759, 760; Hüffer, in: Hüffer/Koch, § 76 Rn. 17a; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, § 76 Rn. 27; Bürgers, in: Bürgers/Körber, § 76 Rn. 24; S. H. Schneider/U. H.  Schneider, AG 2005, 57, 58; Götz, ZGR 1998, 524, 526; Altmeppen, ZHR 164 (2000), 556, 558; vgl. hierzu jüngst auch LG Stuttgart, vom 19.12.2017 – 31 O 33/16 KfH, NZG 2018, 665, 677 Rn. 215, wonach zu den Risiken, die von einem gesetzeskonformen Überwachungssystem erfasst werden müssen, zweifellos auch solche Risiken zählen, die von Tochtergesellschaften herrühren, auch wenn Reichweite und Grenzen der Risikofrüherkennung im Konzern noch wenig gesichert erscheinen. 108  Grundlegend



§ 3 Der Leitungsbegriff des Aktienrechts75

tergesellschaften zählen, sorgfältig zu verwalten.110 Denn wie jeder andere zu der Gesellschaft zählende Vermögenswert müssen ebenso die Beteiligungen der Gesellschaft überwacht und kontrolliert werden, damit ein Wertverlust nicht eintritt.111 Allerdings ist trotz dieser Klarheit hinsichtlich des „Ob“ der Leitungspflicht das „Wie“, also die Intensität der Leitung, weiterhin Gegenstand von Diskussionen. 2. Ansichten im Schrifttum zur Intensität der Leitungsverantwortung

Hierbei lassen sich im Wesentlichen vier Meinungen unterscheiden. Besonders weit geht hierbei die Ansicht, wonach der Vorstand gegenüber der Obergesellschaft verpflichtet ist, die Tochtergesellschaften unter seiner einheitlichen Leitung zusammenzuführen und das Konzerngeschehen bis in alle Einzelheiten der Tochtergesellschaften hinein zu lenken.112 Der Vorstand leitet den Konzern dann wie ein Einheitsunternehmen und diese Pflicht könne nur durch eine Entkonzernierungserklärung reduziert werden, welche analog §§ 293 Abs. 2 S. 1, 320 Abs. 1 S. 3 AktG einer Hauptversammlungszustimmung der herrschenden Gesellschaft bedürfe.113 Diese intensive Leitungspflicht lehnt der überwiegende Teil im Schrifttum zutreffend ab, ist aber bei der Ausgestaltung der Intensität uneins. Eine Ansicht legt die Entscheidung über die Intensität der Leitungsmacht in die Hand des Vorstands der Obergesellschaft; dieser hat bei der Ausfüllung der Intensität einen weiten Ermessensspielraum, welcher auch eine dezentrale Konzernführung ermöglicht.114 Wieder andere Autoren in der Literatur sehen nur den Vorstand der Obergesellschaft im Vertragskonzern verpflichtet, den Konzern zu führen, im faktischen Konzern dagegen nicht, da der Vorstand der Obergesellschaft nur im Vertragskonzern umfassende Einwirkungsmöglichkeiten besitzt.115 Eine letzte Ansicht in der Literatur steht einer etwaigen Konzernleitungspflicht zurückhaltend gegenüber und erkennt nur Sorgfaltspflichten im Einzelfall an, die sich indes nicht aus einem allgemeinen Leitungsstandard ergeben.116 110  Drygala, Kapitalgesellschaftsrecht, § 33 Rn. 3; Altmeppen, ZHR 164 (2000), 556, 558; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 76 Rn. 65; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 76 Rn. 91. 111  Semler, Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft, S. 270. 112  Hommelhoff, insb. S. 43 ff., 165 ff.; zust. U. H.  Schneider BB 1981, 249, 256; vgl. hierzu auch die umfassenden Thesen von U. H. Schneider, Das Gesellschaftsrecht der Konzerne im internationalen Vergleich, S. 563, 574; Lutter, ZGR 1987, 324, 329. 113  Hommelhoff, S. 364, 406 ff. 114  Koch, in: Hüffer/Koch, § 76 Rn. 47; Koppensteiner, in: KK-AktG, § 76 Rn. 19; Fleischer, DB 2005, 759, 761; ders., in: Spindler/Stilz, § 76 Rn. 91. 115  W. Bayer, Der grenzüberschreitende Beherrschungsvertrag, 1988, 13 ff., 17 f; ders., in: MüKo-AktG, § 18 Rn. 19; Götz, ZGR 1998, 524, 526. 116  Reuter, DB 1999, 2259, 2251.

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2. Teil: Rechtliche Grundlagen zum Konzern 3. Schlussfolgerungen für den matrixorganisierten Konzern

Auch wenn hier einer umfassenden und detailreichen Konzernleitungspflicht kritisch gegenübergestanden wird, da aufgrund der Vielfältigkeit der Konzerne in der Realität eine solche schwer vorstellbar ist,117 bedarf es an dieser Stelle keiner Stellungnahme, wie intensiv eine Konzernleitungspflicht des Vorstands der Obergesellschaft sein muss. Denn festzustellen ist vielmehr, dass sich der Vorstand im matrixorganisierten Konzern für eine bestimmte Ausgestaltung des Konzerns entschieden hat und damit eine zentrale Bündelung von Kompetenzen bei der Obergesellschaft geschaffen hat. Hier greift der Gedanke, den Petrarca an Kaiser Karl IV formuliert hat: „Es wäre gewiß ohne zu freveln möglich gewesen, sie [= die Herrschaft] nicht zu ergreifen, da sie aber ergriffen ist, ist es ohne zu freveln nicht möglich, sie nachlässig zu führen“.118 In diesen Fällen wird man nicht leugnen können, dass eine Obergesellschaft, die sich zur Konzernführung bekennt und den Konzern organisiert hat, zu der sorgfältigen Leitung stehen muss.119 Schon aufgrund der Vermögensbetreuungspflicht, hier in Gestalt der sorgfältigen Leitung und Überwachung der Tochtergesellschaften als Vermögenswert der Obergesellschaft, ist der Vorstand der Obergesellschaft daher verpflichtet, entsprechende Leitungsmaßnahmen zu ergreifen und diese zu überwachen. Werden diese indes unterlassen, stellt das eine Pflichtverletzung seitens des Vorstandes dar, da dieser seiner Leitungsverantwortung nicht nachgekommen ist. Damit bleibt festzuhalten, dass der Vorstand in der Obergesellschaft im matrixorganisierten Konzern auch eine Konzernleitungspflicht gegenüber der Obergesellschaft besitzt. Der Vorstand hat daher dafür Sorge zu tragen, dass der Matrixkonzern von ihm geleitet wird. Wie diese Leitung inhaltlich auszugestalten ist, ist an anderer Stelle zu erörtern.120 II. Konzernleitungspflicht gegenüber der Matrixgesellschaft Neben der hier zuerst aufgeworfenen Frage ist weiterhin umstritten, ob es eine Konzernleitungspflicht in dem Sinne gibt, dass der Vorstand der Ober117  Man denke nur an die Holdinggesellschaft, die sich gerade aus der operativen Steuerung der Beteiligungen raushalten möchte und den Tochtergesellschaften eine umfassende Autonomie einräumt, ebenso Finanzbeteiligungen z. B. Private-Equity Gesellschaften, deren Geschäftsmodell es gerade ist, dass ihre Beteiligungen sich selbst führen. In diesen Fällen besteht häufig in den Obergesellschaften nicht einmal das personelle know-how zur operativen Führung einer Tochtergesellschaft. 118  Francesco Petrarca, Brief an Kaiser Karl IV in Prag, zitiert nach: Hirte, in: GK-AktG (2013), § 309 Rn. 26. 119  Schwark, FS Ulmer (2003), S. 605, 619; ders., ZHR 142 (1978), 203, 208. 120  Siehe hierzu S. 77 ff.; kritisch Schockenhoff, ZHR 180 (2016), 197, 201.



§ 3 Der Leitungsbegriff des Aktienrechts77

gesellschaft verpflichtet ist, nicht nur diese und sein Unternehmen, sondern nach dem Standard des § 76 Abs. 1 AktG auch die Tochtergesellschaften umfassend zu leiten.121 Nach dieser Ansicht habe der Konzernvorstand i. S. d. § 309 AktG das gesamte unternehmerische Geschehen im Konzern durch seine eigenen Grundsatzentscheidungen vorzugeben. Er selbst müsse über die Konzernpolitik und darüber hinaus über all die Maßnahmen entscheiden, die für die Lage des Gesamtkonzerns, den Beschaffungs-, Investitions-, Produktions-, Finanzierungs- oder Absatzbereich von entscheidendem Gewicht seien.122 Auch eine so verstandene Konzernleitungspflicht lehnt die herrschende Meinung im Schrifttum zutreffend ab.123 Eine solche Pflicht zur Leitung des Konzerns lässt sich nicht aus den §§ 308 ff. AktG entnehmen. § 308 AktG statuiert lediglich die Befugnis zur Leitung durch Weisungserteilung. Ob jene übernommen wird, steht indes im Ermessen des Vorstandes der Obergesellschaft. Ferner bleibt der Vorstand der abhängigen Aktiengesellschaft auch im Vertragskonzern zur eigenverantwortlichen Leitung der Gesellschaft verpflichtet, sofern keine Weisungen erteilt werden.124 Demnach ist der Vorstand der Obergesellschaft gegenüber der abhängigen Gesellschaft grundsätzlich nicht zur Ausübung von Leitungsmacht durch Erteilung von Weisungen verpflichtet.125 III. Konzernweite Aufgaben Der Vorstand der Obergesellschaft hat dieser gegenüber die Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwaltung der Beteiligungen. Im Matrixkonzern verdichtet sich dies zu einer Pflicht zur Leitung des Konzerns, da der Vorstand eine gesellschaftsübergreifende Organisation geschaffen hat, die von der Obergesellschaft durch Weisungen geführt wird. Die Schaffung einer solchen konzernweiten Organisation führt dazu, dass diese sorgfältig geleitet werden muss. Es ist daher näher zu untersuchen, welche konzernweiten Aufgaben bestehen. 121  Bejahend: Hommelhoff, insb. S. 43 ff., 165 ff.; zust. U. H. Schneider BB 1981, 249, 256. 122  Hommelhoff, insb. S.  43 ff., 165 ff. 123  Semler, Leitung und Kontrolle in der Aktiengesellschaft, Rn. 279; Kort, in: GK-AktG (2015), § 76 Rn. 177 ff., 182; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, § 76 Rn. 27; Koppensteiner, in: KK-AktG, § 308 Rn. 60; Hölters, § 76 Rn. 52; Vedder, in: Grigoleit, § 76 Rn. 5; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76 Rn. 45; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 76 Rn. 90; ders., DB 2005, 759, 761. 124  Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 76 Rn. 68; ebenso Koppensteiner, in: KKAktG, § 308 Rn. 71; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 76 Rn. 103. 125  Statt aller: Hölters, in: Hölters, § 76 Rn. 52; Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 309 Rn. 52; Koppensteiner, in: KK-AktG, § 308 Rn. 60.

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2. Teil: Rechtliche Grundlagen zum Konzern 1. Allgemeines

Im Konzern erweitern sich die Aufgaben des Vorstands der Obergesellschaft.126 Inhalt dieser Konzernleitung und Konzerngeschäftsführung ist, die Unternehmensgruppe mittels eines einheitlichen „schöpferischen Willens“ zu führen.127 Der Inhalt dieses „schöpferischen Willens“ bestimmt sich mangels anderer gesetzlicher Vorgaben nach den gleichen Leitungsaufgaben wie in der unabhängigen Aktiengesellschaft.128 Diese Leitungsaufgaben erweitern sich dann um die Konzerndimension. Hierzu sind insbesondere die Festlegung der Konzernplanung, Konzernorganisation, die Konzernüberwachung sowie die Besetzung von Führungsstellen zu subsumieren.129 Der Vorstand der Obergesellschaft ist hiernach verpflichtet, den strategischen Rahmen für die Konzernpolitik festzulegen und die Ausrichtung des Konzerns vorzugeben.130 Hierbei hat er ein Gesamtkonzept für die Beteiligungen zu entwickeln und Zielvorgaben für die Beteiligungsgesellschaften vorzugeben und abzustimmen.131 Dies entspricht auch der „best practice“ der Unternehmensführung gemäß dem Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK). Hiernach entwickelt der Vorstand die strategische Ausrichtung des Unternehmens; der Begriff des Unternehmens i. S. d. DCGK beinhaltet auch den Gesamtkonzern.132 2. Planung, Steuerung und Überwachung

Klar ist, dass der Vorstand der Obergesellschaft aufgrund der Entscheidung, eine Matrixorganisation zu schaffen, die Pflicht hat, den Konzern zu leiten, fraglich ist daneben, was konkret zur Leitungsaufgabe gehört. 126  Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 270; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 76 Rn. 65; siehe hierzu auch: Kort, in: GK-AktG (2015), § 76 Rn. 184; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76 Rn. 49, wonach dem Vorstand der Obergesellschaft die Oberleitung der Konzernunternehmen trifft; ebenso S. H. Schneider/U. H.  Schneider, AG 2005, 57, 58; so auch schon Lutter, AG 1991, 249, 251. 127  Rehbinder, Konzernaußenrecht, S. 159; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 270. 128  Spindler, in: MüKo-AktG, § 76 Rn. 46; Fleischer, DB 2005, 759, 762; ders., in: Spindler/Stilz, § 76 Rn. 92 ff.; Semler, Leitung und Überwachung im Konzern, Rn. 273; Koch, in: Hüffer/Koch, § 76 Rn. 48. 129  Spindler, in: MüKo-AktG, § 76 Rn. 46; Fleischer, DB 2005, 759, 762; ders., in: Spindler/Stilz, § 76 Rn. 92. 130  Götz, ZGR 198 (1998), 523, 532 f.; Fleischer, DB 2005, 759, 762. 131  Fleischer, DB 2005, 759, 763. 132  Ziffer 4.1.2 DCGK sowie Ziffer 1, Abs. 12; s. hierzu ausführlich v. Werder, in: DCGK, Rn. 808 f., wonach zur strategischen Ausrichtung vier Strategiekomplexe bestehen: Geschäftsfeld- und Geostrategie sowie die Wettbewerbs- und Funktionalstrategien, die auch für den Gesamtkonzern festgelegt werden müssen.



§ 3 Der Leitungsbegriff des Aktienrechts79

a) Konzernplanung Konzernplanung umfasst, wie die Unternehmensplanung, die Festsetzung der Ziele und Wege sowie auf welche Weise diese Ziele erreicht werden sollen – sowohl für den Konzern als auch die verbundenen Gesellschaften.133 Es geht hierbei um die zukunftsorientierte Planung des Konzerns als Ganzes sowie die Planung, wie aus den vorhandenen Ressourcen das Optimum herausgeholt werden kann.134 Inhalt dieser Planung ist insbesondere die Absatzplanung, Produktions- und Personalplanung, Investitionsplanung, Entwicklungsplanung sowie die Finanzplanung.135 So kann die Planung beispielsweise die Einführung neuer Produkte durch eine Tochtervertriebsgesellschaft umfassen. Die Planung hat jedoch stets die Grenzen des Weisungsrechts der Obergesellschaft einzuhalten. Eine Konzernplanung darf beispielsweise nicht zu einem rechtswidrigen Zustand in einer der Gesellschaften führen. So darf die Konzernplanung in der Tochtergesellschaft z. B. nicht zu einer kartellrechtswidrigen Handlung veranlassen. Ebenfalls darf die Planung nicht zur Vernichtung der Gesellschaft führen.136 b) Konzernorganisation Die Organisationsverantwortung des Vorstandes des herrschenden Unternehmens umfasst die Verantwortung dafür, dass er eine effiziente Konzernstruktur und -organisation schafft.137 Hierbei lassen sich Aufbau- und Ablauforganisation unterscheiden.138 Die Frage betrifft den grundlegenden recht­ lichen und betriebswirtschaftlichen Konzernaufbau; diese umfasst die zielgerichtete Gestaltung der Entscheidungsprozesse innerhalb des betreffenden Konzernaufbaus und damit die Prozessorganisation sämtlicher Konzernak­ tivitäten. Bei der konkreten Einzelausgestaltung steht den Vorstandsmitgliedern des herrschenden Unternehmens ein weites Organisationsermessen zu.139 Im Matrixkonzern ist der Vorstand dieser Organisationsverantwortung nachgekommen. In diesem Fall hat er vor allem für die effektive Aufrecht­ erhaltung und den ordnungsgemäßen Ablauf der Organisation zu sorgen. 133  Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 270; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76 Rn. 46; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 76 Rn. 92. 134  Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 270; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 76 Rn.  93 ff. 135  Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 270. 136  Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 335. 137  Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 76 Rn. 99; ders., DB 2005, 759, 762; Götz, ZGR 1998, 524, 531. 138  Theisen, Der Konzern, S. 153, 187. 139  Götz, ZGR 1998, 524, 531; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 76 Rn. 99.

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2. Teil: Rechtliche Grundlagen zum Konzern

Hierzu zählt neben der Etablierung von Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten auch die Einführung und Aufrechthaltung von Berichtswegen. Der Vorstand kann diese Verantwortung durch entsprechende Richtlinien und Vorgaben erfüllen. Ebenso zählt im Matrixkonzern auch die Lösung von Konflikten zwischen verschiedenen Bereichen zur Aufgabe des Vorstandes der Obergesellschaft. c) Konzernüberwachung Entscheidet sich der Vorstand der Obergesellschaft wie hier zu einer umfassenden Organisation des Konzerns, hat er auch den Konzern als Gesamtsystem zu überwachen. Insoweit ist es heute gesicherte Erkenntnis, dass grundsätzlich eine konzernweite Schadensabwendungs- und gleichzeitige Überwachungspflicht seitens des Vorstands der Obergesellschaft besteht.140 Hintergrund ist die Verpflichtung des Vorstands der Obergesellschaft Schaden von dieser abzuwenden, also auch zu verhindern, dass Verstöße in Tochtergesellschaften zu Verlusten bei der Obergesellschaft führen. Dies ist insbesondere im Vertragskonzern ein wesentlicher Aspekt, da hier nicht nur eine mögliche Minderung des Beteiligungswertes der Tochtergesellschaft schadensbegründend sein kann, sondern die Obergesellschaft gemäß § 302 AktG verpflichtet ist, einen etwaigen Jahresfehlbetrag auszugleichen.141 Damit führt eine Rechtsverletzung in der Tochtergesellschaft, die z. B. zur Zahlung von Geldbußen führt, auch zu einer Vermögenminderung bei der Obergesellschaft. Aus dieser gesellschaftsrechtlichen Verpflichtung folgt mithin die Pflicht, geeignete konzernweite Kontrollmaßnahmen einzurichten, die für ein rechtmäßiges Verhalten auch auf der Ebene der Tochtergesellschaften sorgen.142 Für das 140  LG München I, vom 10.12.2013, 5 HK O 1387/10, NZG 2014, 345 f.; LG Stuttgart, vom 19.12.2017, 31 O 33/16 KfH, NZG 2018, 665, 677, Rn. 215; Mutter/ Kruchen, in: Bürkle Compliance in Versicherungsunternehmen, § 3 Rn. 12; Bicker, AG 2012, 542, 548; Löbbe, ZHR 177 (2013), 518, 544 f.; Verse, ZHR 175 (2011), 401, 407 f.; U. H. Schneider, NZG 2009, 1321, 1324; Lösler, NZG 2005, 104, 105 ff.; Grundmeier, Der Konzern 2012, 487, 498 f.; Hoffmann/Schiefer, NZG 2017, 401, 407 ff.; Hauschka/Bürkle, § 8 Rn. 68; Fleischer, CCZ 2008, 1, 5; Lutter, FS Goette (2011), S. 289, 291; zu GmbH-Geschäftsführern Kort, GmbHR 2013, 566, 572; vgl. hierzu auch: Fleischer, AG 2003, 291, 298 f.; Hauschka, AG 2004, 461, 472 ff.; Hegnon, CCZ 2009, 57; zurückhaltender Koch, WM 2009, 1013, 1015 ff.; Koch, in: Hüffer/Koch, § 76 Rn. 21, keine generelle Konzern-Compliance Pflicht im Außenverhältnis, aber im Innenverhältnis; Spindler, in: MüKo-AktG, § 91 Rn. 76; kritisch auch für den Matrixkonzern Schockenhoff, ZHR 180 (2016), 197, 201. 141  Bicker, AG 2012, 542, 548; Fleischer, CCZ 2008, 1, 5; U. H. Schneider, NZG 2009, 1321, 1324 f.; Kort, in: GK-AktG (2015), § 76 Rn. 178. 142  Fleischer, CCZ 2008, 1, 5; U. H.  Schneider, NZG 2009, 1321, 1324 f.; Kort, in: GK-AktG (2015), § 76 Rn. 178; siehe auch die Nachweise bei Fn. 140.



§ 3 Der Leitungsbegriff des Aktienrechts81

Vorliegen einer entsprechenden konzernweiten Pflicht sprechen auch die Gesetzesmaterialien zur Schaffung des § 91 Abs. 2 AktG. Nach der Gesetzes­ begründung sollen bestandsgefährdende Risikopotenziale erfasst werden, die sich auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns wesentlich auswirken.143 Daher bedarf es im Konzern organisatorischer Vorkehrungen, die sicherstellen, dass solche Risiken konzernweit identifiziert werden und die Obergesellschaft entsprechende Informationen erhält. Der Vorstand der Obergesellschaft muss daher eine konzerndimensionale Risikoerfassung und -auswertung einrichten und Entwicklungen auf der Ebene der Tochtergesellschaft in das eigene Überwachungssystem einbeziehen, wenn sie zu bestandsgefährdenden Entwicklungen auch bei der Obergesellschaft führen können.144 Für die Ausgestaltung einer solchen Überwachungsorganisation haben sich in der Literatur bestimmte Grundsätze herausgebildet, die auch im Matrixkonzern Anwendung finden können.145 So besteht Einigkeit, dass sich die organisatorische Verankerung der Compliance-Stellen an der Organisationsstruktur des Konzerns zu orientieren hat.146 Ferner müssen die lokalen, divisionalen oder funktionalen Compliance-Beauftragten in eine durchgängige, bis zum Konzernvorstand reichende Berichtslinie eingebunden sein.147 Der Vorstand der Obergesellschaft muss jedoch nicht darauf hinwirken, dass in der Tochtergesellschaft eine eigene Compliance-Organisation etabliert wird, sondern er kann die konzernweite Organisation auch für die Tochtergesellschaft öffnen. Hierbei gleicht die Aufgabenverteilung zwischen Ober- und Untergesellschaft einem System „kommunizierender Röhren“148. Dies bedeutet, dass je lückenhafter die Kontrolle der Konzern-Compliance über die Tochtergesellschaften ausfällt, umso größere Compliance-Pflichten treffen den Tochtervorstand. Umgekehrt kann die Compliance-Funktion bei der Tochtergesellschaft umso schmaler sein, je intensiver die Kontrolle der Konzern-Compliance ausfällt.149 Der Vorstand der Obergesellschaft hat daher eine effiziente Konzernüberwachung im Matrixkonzern aufzubauen und auf143  BT-Drs.

13/9712, S. 15. in: Spindler/Stilz, § 91 Rn. 41; Spindler, in: Hdb. VorstandsR, § 19 Rn. 62; Bürgers/Körber, AktG, § 91 Rn. 8; LG Stuttgart, vom 19.12.2017, 31 O 33/16 KfH, NZG 2018, 665, 677, Rn. 215. 145  Siehe zu diesen allgemeinen Leitlinien: Fleischer, CCZ 2008, 1, 5; U. H. Schneider, NZG 2009, 1321, 1325 f.; Bicker, AG 2012, 542, 548; a. A. Schockenhoff, ZHR 180 (2016), 197, 201; wohl auch eher kritisch für umfassende Überwachungspflichten matrixorgansierten Konzern Winter/Karwatzki, in: Maschmann/Fritz, Matrixorganisation, S. 391. 146  Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 91 Rn. 71. 147  Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 91 Rn. 71; Bicker, AG 2012, 542, 548. 148  Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 91 Rn. 72. 149  Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 91 Rn. 72. 144  Fleischer,

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2. Teil: Rechtliche Grundlagen zum Konzern

rechtzuerhalten. Diese hat insbesondere auch zu überwachen, ob die von den Matrixmanagern erteilten Weisungen rechtmäßig sind. d) Besetzung von Führungsstellen Eine weitere Aufgabe, die dem Vorstand der Obergesellschaft im Rahmen seiner Konzernführung zukommt, ist die Besetzung von Schlüsselstellen.150 Dies umfasst naturgemäß die Besetzung der ihm direkt untergeordneten Ebene in seiner Gesellschaft, hier also insbesondere die Auswahl des Matrixmanagers. Ferner ist hiervon aber auch eine Personalpolitik bei der Besetzung der Geschäftsleitungsorgane der Tochtergesellschaften umfasst. Denn aufgrund der Pflicht zur ordnungsmäßigen Verwaltung der Tochtergesellschaften, hat der Vorstand der Obergesellschaft dafür Sorge zu tragen, dass das Leitungspersonal in den Tochtergesellschaften für die Tätigkeit als Leitungsorgan geeignet sind. Seitens der Obergesellschaft ist dies durch den Einfluss auf den Aufsichtsrat der Matrixgesellschaft zu erreichen.

D. Zusammenfassung Mit dem Begriff der Leitung umschreibt § 76 Abs. 1 AktG die Aufgaben, die der Vorstand der Gesellschaft eigenständig zu erledigen hat. Hierbei ist die Leitung von der Geschäftsführung abzugrenzen, wobei die Leitung einen Teilbereich der Geschäftsführung bildet, der sich jedoch durch seine herausgehobene Stellung auszeichnet. Die konkreten inhaltlichen Anforderungen der Leitungsaufgaben setzen sich aus den positiv normierten Vorgaben des Aktiengesetzes und aus den ungeschriebenen Leitungsaufgaben zusammen. In die erste Gruppe fallen all jene Aufgaben des Vorstands, bei denen das Aktiengesetz einen Vorstandsbeschluss fordert oder die dem Vorstand als Gesamtorgan zugewiesen werden. In die zweite Gruppe fallen in Anlehnung an betriebswirtschaftliche Erkenntnisse die Unternehmensplanung, Unternehmensorganisation, Unternehmenskontrolle sowie die Personalführung, konkret die Besetzung der Führungsstellen in der Gesellschaft. Daneben fallen solche Aufgaben in den Leitungsbereich des Vorstands, die zwar nicht zu den typischen aufgezählten Managementaufgaben zählen, aber für die Gesellschaft von erheblicher Bedeutung sind. Zur Konkretisierung der Leitungsaufgaben stehen verschiedene Krite150  Henze, BB 2000, 209, 210; Schiessl, ZGR 1992, 64, 68; Kort, in: GK-AktG (2015), § 76 Rn. 36; Koch, in: Hüffer/Koch, § 76 Rn. 9; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 76 Rn. 5; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, § 76 Rn. 9; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76 Rn. 17; Weber, in: Hölters, § 76 Rn. 10; Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 11; variierend Fleischer, ZIP 2003, 1, 5.



§ 3 Der Leitungsbegriff des Aktienrechts83

rien zur Verfügung, die sich insbesondere durch die Komplexität sowie durch die Bedeutung für die Entwicklung und den Fortbestand der Gesellschaft auszeichnen. Im Matrixkonzern ist bei dieser unternehmensbezogenen Leitungspflicht nicht halt zu machen. Der Vorstand der Obergesellschaft hat aufgrund der ordnungsgemäßen Beteiligungsverwaltung gegenüber der Obergesellschaft die Pflicht, auch den Konzern als Gesamtsystem zu leiten. Die Ausgestaltung der Leitung des Konzerns erfolgt in Anlehnung an die Leitungsaufgaben im Einzelunternehmen. Hierbei ist vor allem die Konzernüberwachung eine wesentliche Aufgabe seitens des Vorstands der Obergesellschaft.

Dritter Teil

Die Matrixorganisation als Organisation des Konzerns § 1 Implementierung von Matrixorganisationen Nachdem sich der Matrixorganisation abstrakt angenähert wurde, indem die betriebswirtschaftlichen Grundlagen und die grundsätzliche Arbeitsweise dargestellt wurden, ist es für die sich ergebenden gesellschaftsrechtlichen Fragestellungen nun unentbehrlich, die Arbeitsweise und die Leitung in der Matrixorganisation zu analysieren. Dabei ist insbesondere zu beantworten, in welchem Umfang und auf welcher rechtlichen Grundlage die Matrixmanager in die Leitung der Konzerngesellschaften einbezogen werden können. Es geht also nachfolgend um die Frage, wie diese gesellschaftsübergreifende Aufgabenerfüllung rechtlich sichergestellt werden kann – die ja konstitutiv für die Matrixorganisation ist.1 Notwendige Voraussetzung hierfür ist, dass der Matrixmanager mit rechtlichen Kompetenzen ausgestattet ist, die ihm den Zugriff auf die Konzerngesellschaft sichern, ohne selbst in dieser Gesellschaftsorgan zu sein.

A. Der Zugriff auf die Leitungsmacht der Matrixgesellschaft Die Begriffe der Leitung und der Leitungsmacht werden positivrechtlich in § 76 Abs. 1 AktG genannt und bezeichnen den Bereich der Vorstandstätigkeit, der zwingend vom Vorstand auszuüben ist.2. In der GmbH dagegen existiert der Begriff der Leitung nicht, vielmehr kann in die Tätigkeit des Geschäftsführers weitaus weitreichend eingegriffen werden.3 Da wesentlicher Aspekt der Matrixorganisation der unmittelbare Zugriff der Matrixmanager auf die Geschäftsleitung der Konzernunternehmen („Fremdsteuerung“) ist, kommt es mithin auf die Rechtsform der beteiligten Matrixgesellschaften an.4 Im Folgenden wird nur noch kurz auf die GmbH als Matrixgesellschaft eingegangen werden. Der primäre Untersuchungsgegenstand wird bei sämt­ 1  Siehe

hierzu S. 43. hierzu S. 65. 3  Siehe hierzu noch S. 89 ff. 4  Berger, Matrixorganisation und Betriebsverfassung, S. 109; Seibt/Wollenschläger, AG 2013, 229, 231. 2  Vgl.



§ 1 Implementierung von Matrixorganisationen85

lichen nachfolgenden Ausführungen die Matrixgesellschaft in der Rechtsform der Aktiengesellschaft sein. I. Matrixgesellschaft als Aktiengesellschaft 1. Die Pflicht zur eigenverantwortlichen Leitung oder das Verbot der Fremdsteuerung

Der Vorstand der Aktiengesellschaft ist berechtigt aber auch ebenso verpflichtet, die Gesellschaft eigenverantwortlich zu leiten.5 Aus dieser Pflicht zur eigenverantwortlichen Leitung der Gesellschaft lassen sich folgende Verbote ableiten: (1) Es dürfen keine Maßnahmen der Unternehmensleitung nachhaltig und kontrollfrei auf untergeordnete Mitarbeiter delegiert werden,6 (2) der Vorstand darf sich nicht der Leitungsmacht Dritter unterstellen oder Dritten Einflussrechte auf seine Entscheidungen zugestehen, die seinen eigenen Leitungsspielraum in unvertretbarer Weise einschränken7 und (3) darf der Vorstand Geschäftsleitungsentscheidungen im Geschäftskreis der Gesellschaft aus seinem Zugriff nicht entlassen.8 Ein umfassender Zugriff auf die Leitung der Matrixgesellschaft in der Rechtsform der Aktiengesellschaft ist damit mit dem Aktienrecht nicht vereinbar. Demnach ist die Matrixorganisation im „reinen“ Aktienkonzern nicht möglich. Die Implementierung der Matrixorganisation im „reinen“ Aktienkonzern bedarf vielmehr flankierender gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen, nämlich des Abschlusses eines Beherrschungsvertrags.9 Denn nur in diesem Vertragskonzern lassen sich die aus § 76 Abs. 1 AktG resultierenden Verbote außer Kraft setzen.10

5  Hierzu: S.  65 ff.; Fleischer, in: Spindler/Stilz, §  76 Rn. 10; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 76 Rn. 85; Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 308 Rn. 153; Fleischer, in: Hdb. VorstandsR, §1 Rn. 48 ff.; Wieneke, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2010, 2011, S. 91, 108 f.; Seibt/Wollenschläger, AG 2013, 229, 231. 6  Seibt, FS K. Schmidt (2009), S. 1463 ff.; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 76 Rn. 65; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76 Rn. 14. 7  Spindler, in: MüKo-AktG, § 76 Rn. 26; Weber, in: Hölters, § 76 Rn. 16; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 76 Rn. 45; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 76 Rn. 57. 8  Fleischer, in: Hdb. VorstandsR, §1 Rn. 48 ff.; Leuering/Goertz, in: Hölters, § 308 Rn. 22; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, § 76 Rn. 10. 9  Wieneke, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2010, 2011, 91, 109; Seibt/Wollenschläger, AG 2013, 229, 232. 10  Fleischer, in: Hdb. VorstandsR, §1 Rn. 48, § 18 Rn. 85, 102; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 17; Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 308 Rn. 2.

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3. Teil: Die Matrixorganisation als Organisation des Konzerns 2. Notwendigkeit eines Beherrschungsvertrags

Die wirksame Implementierung der Matrixorganisation bedarf daher des Abschlusses eines Beherrschungsvertrags. Durch diesen wird die grundsätzliche eigenverantwortliche Stellung des Vorstands der Tochtergesellschaft überlagert.11 Der Obergesellschaft steht aufgrund des Beherrschungsvertrags ein Weisungsrecht zu. Gesetzliches Fundament für das Weisungsrecht im Vertragskonzern sind die §§ 291 Abs. 1 S. 1, 308 Abs. 1 S. 1 AktG. Hierbei definiert das Gesetz allerdings nicht den Begriff der Weisung. Im Schrifttum ist allerdings anerkannt, dass als Weisung jede Willensäußerung der Obergesellschaft betrachtet werden muss, die aus der Perspektive des Vorstands der Untergesellschaft für den Einzelfall oder generell in der Erwartung erfolgt, dass der Vorstand sein Verhalten danach ausrichtet.12 Die äußere Einkleidung ist unwesentlich.13 Inhaltlich ist das Weisungsrecht der Obergesellschaft umfassend und erfasst den gesamten Bereich, in dem der Vorstand die Gesellschaft nach § 76 Abs. 1 AktG leitet.14 Dies hat zur Konsequenz, dass das herrschende Unternehmen die Unternehmensplanung, die unternehmerische Tätigkeit und Organisation der Gesellschaft, die Durchführung der Geschäfte sowie die Besetzung der Führungspositionen, mithin sämtliche Bereiche der eigentlichen Leitungstätigkeit festlegen und im Einzelnen bestimmen kann. Dem Einfluss können sowohl die an sich vom Vorstand der abhängigen Gesellschaft zu treffenden Führungsentscheidungen als auch das normale Tagesgeschäft unterliegen.15 Maßstab der Entscheidungen ist fortan nicht mehr das Interesse der abhängigen Aktiengesellschaft, sondern das Interesse des Konzerns als wirtschaftliche Einheit.16

11  Vgl. Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 17; für diese Notwendigkeit auch Fritz, in: Maschmann/Fritz, Matrixorganisation, S. 37. 12  Koch, in: Hüffer/Koch, §  308 Rn. 10; Leuering/Goertz, in: Hölters, § 308 Rn. 11; Veil, in: Spindler/Stilz, § 308 Rn. 5; Koppensteiner, in: KK-AktG, § 308 Rn. 22. 13  Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 308 Rn. 9; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 23. 14  Veil, in: Spindler/Stilz, §  308 Rn. 20; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 39; Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 308 Rn. 84. 15  Veil, in: Spindler/Stilz, § 308 Rn. 20; Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 39a; Fleischer, in: Hdb. VorstandsR, § 18 Rn. 43 ff.; Seibt/Wollenschläger, AG 2013, 229, 232; siehe hierzu vertiefend zu den Grenzen und zur Übertragbarkeit des Weisungsrechts, S.  95 ff. 16  Fleischer, in: Hdb. VorstandsR, § 18 Rn. 37; Koch, in: Hüffer/Koch, § 308 Rn. 16; Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 308 Rn. 2.



§ 1 Implementierung von Matrixorganisationen87 3. Eine faktische Beherrschung reicht nicht aus

Damit ist auch klar, dass eine faktische Konzernierung nicht ausreichend sein kann, um eine Matrixorganisation in einer Matrixgesellschaft in der Rechtsform der Aktiengesellschaft zu implementieren.17 Bei der faktischen Konzernierung bestehen keine vertraglichen Absprachen. Die einheitliche Leitung wird allein durch die faktische Leitungsmacht (in der Regel durch eine Mehrheitsbeteiligung) begründet. Zwar kann grundsätzlich auch im faktischen Konzern ein beherrschender Einfluss auf die Untergesellschaft seitens der Obergesellschaft ausgeübt werden. So kann der Vorstand der Obergesellschaft entweder bei vorteilhaften Weisungen oder unter den Voraussetzungen des § 311 AktG (Kompensation des Nachteils) Weisungen erteilen, welche der Vorstand der Tochtergesellschaft befolgen darf.18 Gleichwohl muss der Vorstand der Tochtergesellschaft – auch bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 311 AktG – den Weisungen der Obergesellschaft nicht folgen.19 Im faktischen Konzern verbleibt es vielmehr bei der alleinigen Geltung des § 76 Abs. 1 AktG und der selbstständigen Leitung der Gesellschaft durch deren Vorstand.20 Damit kann der Vorstand der abhängigen Gesellschaft stets eigenständig entscheiden, ob er die Weisung ausführen möchte oder nicht.21 Eine solche starke Stellung des Vorstands der abhängigen Gesellschaft und damit die Möglichkeit Weisungen zu verweigern, widerspricht allerdings dem Zweck der Matrixorganisation, die eine effiziente Steuerung der Gesamtorganisation anstrebt. Ein für die Matrixorganisation notwendiger Zugriff auf die Leitung der Matrixgesellschaft lässt sich im faktischen Konzern damit nicht effizient und rechtssicher umsetzen.22 17  Siehe

zu dieser Form der Konzernierung S. 53 ff. in: KK-AktG, § 311 Rn. 139, Vor § 311 Rn. 9 ff.; Koch, in: Hüffer/Koch, § 311 Rn. 48. 19  Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 23; Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, § 311 Rn. 109; Leuering/Goertz, in: Hölters, § 311 Rn. 10. 20  BGH, vom 01.12.2009, II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 Rn. 13; KG, vom 03.12. 2002, 1 W 363/02, NZG 2003, 441, 446; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 10; H. F. Müller, in: Spindler/Stilz, § 311 Rn. 62; Krieger, in: Münchener Hdb. GesR IV, § 69 Rn. 28; Koch, in: Hüffer/Koch, § 311 Rn. 48; Altmeppen, in: MüKoAktG, § 311 Rn. 461 f; Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 Rn. 139, Vor § 311 Rn. 9 ff. 21  BGH, vom 01.12.2009, II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 Rn. 13; KG, vom 03.12.2002, 1 W 363/02, NZG 2003, 441, 446; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 311 Rn. 10; H. F. Müller, in: Spindler/Stilz, § 311 Rn. 62; Krieger, in: Münchener Hdb. GesR IV, § 69 Rn. 28; Koch, in: Hüffer/Koch, § 311 Rn. 48; Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 311 Rn. 461 f; Koppensteiner, in: KK-AktG, § 311 Rn. 139, Vor § 311 Rn.  9 ff. 22  Seibt/Wollenschläger, AG 2013, 229, 232; Wieneke, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2010, 2011, 91, 108 f.; Berger, Matrixorganisation und Betriebsverfassung, S. 110. 18  Koppensteiner,

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3. Teil: Die Matrixorganisation als Organisation des Konzerns

Auch die Möglichkeit der Personalunion von Vorstand der Matrixgesellschaft und Vertretern der Obergesellschaft ist vor dem Hintergrund der größtmöglichen Effizienz nicht geeignet, das Erfordernis eines Beherrschungsvertrags zu umgehen. Denn aufgrund des Einzelausgleichs bei nachteiligen Weisungen (§ 311 Abs. 1 AktG) ist diese Möglichkeit stets komplexer und behäbiger, als das umfassende Weisungsrecht im Vertragskonzern. Ebenso spricht eine praktische Erwägung hiergegen. Um eine reibungslose Einflussnahme in Form von Weisungen zu gewährleisten, müsste der entsprechende Matrixmanager auch im Vorstand der jeweiligen Matrixgesellschaft berufen werden. Dies ist insbesondere bei personellen Veränderungen mit erheblichen Aufwand verbunden (Organbeschlüsse, Anmeldung zum Handelsregister, etc.). 4. Schlussfolgerung

Eine Matrixorganisation im „reinen“ Aktienkonzern ist nicht ohne Weiteres möglich, da das Aktienrecht einen Zugriff auf die Leitung der Gesellschaft durch Dritte nicht erlaubt. Ein umfassender Zugriff auf die Leitung der Matrixgesellschaft bedarf daher bei einer Matrixgesellschaft in der Rechtsform der Aktiengesellschaft des Abschlusses eines Beherrschungsvertrags (§ 291 AktG). Erst dieser schafft die notwendigen Weisungskompetenzen, um die Matrixorganisation erfolgreich zu implementieren und eine effiziente Organisation zu schaffen. Eine faktische Konzernierung reicht indessen nicht aus. Ebenso würde eine Matrixorganisation im Eingliederungskonzern funktionieren, da hier noch stärkere Weisungsmöglichkeiten seitens der Obergesellschaft bestehen. Hierauf wird allerdings nicht näher eingegangen. II. Exkurs: Die Matrixgesellschaft als GmbH Kurz und der Vollständigkeit halber soll noch auf die Möglichkeit der Matrixgesellschaft in der Rechtsform der GmbH eingegangen werden. 1. Die GmbH als Konzernbaustein

Auch die GmbH kann in einem Konzern auftreten. Damit kann die GmbH im Rahmen der Matrixorganisation auch als beherrschte Gesellschaft vorkommen, die beherrschungsvertraglich mit der Obergesellschaft verbunden ist. In einem solchen Fall überlagert der Beherrschungsvertrag das Organisationsgefüge der GmbH. Es treten dann die gleichen Folgen wie bei der AG ein. Daher finden auch die Vorschriften der §§ 291–310 AktG grundsätzlich



§ 1 Implementierung von Matrixorganisationen89

entsprechende Anwendung auf die abhängige GmbH.23 Zur entsprechenden Anwendung in der abhängigen GmbH kommen insbesondere auch die §§ 30224, 30825, 30926, 31027 AktG. Damit ergeben sich für die Fragestellungen hinsichtlich der beherrschungsvertraglich gebundenen GmbH keine wesentlichen Unterschiede im Vergleich zur beherrschungsvertraglich gebundenen Aktiengesellschaft. In der nicht beherrschungsvertraglich gebundenen GmbH kommen dagegen nach ganz herrschender Auffassung in der Rechtsprechung und im Schrifttum die Regelungen zum faktischen Konzern (§§ 311–318 AktG) aufgrund der erheblichen Unterschiede zwischen der GmbH und AG nicht zur entsprechenden Anwendung.28 2. Möglichkeiten des Zugriffs auf die Leitung in der GmbH

Sofern die Matrixgesellschaft die Rechtsform der GmbH besitzt, ergeben sich Besonderheiten, da vor allem der Grundsatz der eigenverantwortlichen Leitung in der GmbH nicht existiert. Daher erscheint es möglich, die Matrixorganisation bei einer Matrixgesellschaft in der Rechtsform der GmbH ohne flankierende gesellschaftsrechtliche Maßnahmen umzusetzen. Ob dies allerdings uneingeschränkt gilt, ist näher zu untersuchen.

23  Konzen,

NJW 1989, 2977, 2978. vom 24.10.1988, II ZB 7/88, NJW 1989, 295; Liebscher, in: MüKoGmbHG, Anh. zu § 13 Rn. 855 ff.; Emmerich, in: Scholz, Anh. zu § 13 Rn. 180; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 302 Rn. 25. 25  Henze/Lübke, Der Konzern 2009, 159; Emmerich, in: Scholz, Anh. zu § 13 Rn.  170 ff.; Liebscher, in: MüKo-GmbHG, Anh. § 13 Rn. 786 ff.; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 10. 26  Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 309 Rn. 11; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 309 Rn. 7; Hirte, in: GK-AktG (2013), § 309 Rn. 57; Koppensteiner, in: KKAktG, § 309 Rn. 4. 27  Emmerich, in: Scholz, Anh. zu § 13 Rn. 184; Liebscher, in: MüKo-GmbHG Anh. zu § 13 Rn. 842–844; Leuering/Goertz, in: Hölters, § 310 Rn. 4; Servatius, in: Grigoleit, § 310 Rn. 2; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 310 Rn. 5. 28  BGH, vom 05.06.1975, II ZR 23/74, BGHZ 65, 15, 18; BGH, vom 16.09.1985, II ZR 275/84, BGHZ 95, 330, 340; Weller, in: Bork/Schäfer, Anh. zu § 13 Rn. 45; Casper, in: GK-GmbHG, Anh. zu § 77 Rn. 54; Liebscher, in: MüKo-GmbHG, Anh. zu § 13 Rn. 360; Habersack, in Emmerich/Habersack, Anh. zu § 318 Rn. 6; Zöllner, in: Baumbach/Hueck, Schlussanh. Rn. 5, 109; Lutter/Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff, Anh. zu § 13 Rn. 13 ff.; Servatius, in: Michalski, Syst. Darstellung 4 Rn. 26; Verse, in: Henssler/Strohn, Anh. zu § 13 Rn. 50 f. 24  BGH,

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3. Teil: Die Matrixorganisation als Organisation des Konzerns

a) Die nicht beherrschungsvertraglich gebundene GmbH Bei einer Matrixgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH sind im Grundsatz keine besonderen Strukturmaßnahmen notwendig, da die Gesellschafter in der GmbH durch Weisungen der Gesellschafterversammlung die Tätigkeit der Geschäftsführer beeinflussen können (§ 37 Abs. 1 GmbHG). Das bedeutet ein Zugriff der Obergesellschaft auf die GmbH durch die Person des Matrixmanagers kann grundsätzlich über die Gesellschafterversammlung erfolgen. aa) Das Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung Die Weisungen der Gesellschafterversammlung hat die Geschäftsführung der GmbH zu beachten und grundsätzlich zu befolgen (§ 37 Abs. 1 GmbHG).29 Dabei ist das Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung umfassend und eröffnet der Gesellschafterversammlung den unmittelbaren Einfluss auf die Tätigkeit der Geschäftsführer.30 Das Weisungsrecht findet nur dort seine Grenzen, wo die im Interesse der Allgemeinheit oder der Gläubiger begründeten, unentziehbaren Kompetenzen der Geschäftsführer betroffen sind.31 Damit besteht bei der GmbH eine grundsätzlich andere Organisationsverfassung als bei der Aktiengesellschaft. Während bei der AG der Vorstand die Gesellschaft eigenverantwortlich zu leiten hat, können die Gesellschafter bei der GmbH durch die Gesellschafterversammlung ohne Weiteres Einfluss auf die Leitung der GmbH nehmen. Die Leitungsbefugnis des Geschäftsführers erfolgt daher derivativ von der Gesellschafterversammlung.32 Eine besondere beherrschungsvertragliche Absicherung des Weisungsrechts ist damit in der GmbH gerade nicht zwingend erforderlich, sondern ein umfassendes Weisungsrecht, das mit dem im Vertragskonzern vergleichbar ist, existiert schon kraft Gesetzes in der GmbH. Die Vertreter der Obergesellschaft in der Ge29  Siehe hierzu Geißler, GmbHR 2009, 1071, 1072; U. H. Schneider/S. H. Schneider, in: Scholz, § 37, Rn. 37; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, § 37 Rn. 17; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, § 37 Rn. 3 ff.; Stephan/Tieves, in: MüKo-GmbHG, § 37 Rn. 115; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 37 Rn. 20; Paefgen, in: GK-GmbHG, § 37 Rn. 41. 30  Siehe hierzu Geißler, GmbHR 2009, 1071, 1072; U. H. Schneider/S. H. Schneider, in: Scholz, § 37, Rn. 37; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, § 37 Rn. 17; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, § 37 Rn. 3 ff.; Stephan/Tieves, in: MüKo-GmbHG, § 37 Rn. 115; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 37 Rn. 20. 31  Stephan/Tieves, in: MüKo-GmbHG, §  37 Rn.  115; OLG Nürnberg, vom 09.06.1999, 12 U 4408/98, NZG 2000, 154, 155; Geißler, GmbHR 2009, 1071, 1074. 32  Geißler, GmbHR 2009, 1071; hierzu Stephan/Tieves, in: MüKo-GmbHG, § 37 Rn.  25 f.



§ 1 Implementierung von Matrixorganisationen91

sellschafterversammlung in der GmbH können daher durch die Gesellschafterversammlung Weisungen gegenüber dem Geschäftsführer erteilen. bb) Grenzen des Weisungsrechts Ebenso wie im Vertragskonzern ist auch das Weisungsrecht in der GmbH nicht unbegrenzt. Das Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung findet dort seine Grenze, wo das Gesetz dem Geschäftsführer besondere Pflichten aufgetragen hat.33 Hierzu zählen insbesondere die Pflicht zur Kapitalerhaltung (§§ 30, 33 GmbHG), die Insolvenzantragspflicht (§ 15a InsO), Publizitätspflichten (beispielweise notwendige Handelsregisteranmeldungen), Buchführungspflichten (§ 41 GmbHG) oder die Abführung von Steuern (§ 34 AO). Dies lässt sich in dem Sinne verallgemeinern, dass die Legalitätspflichten, die den Geschäftsführer treffen, nicht dem Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung unterliegen.34 Weisungen, die den Legalitätspflichten widersprechen, hat der Geschäftsführer daher nicht zu befolgen. cc) Übertragbarkeit des Weisungsrechts auf Dritte Auch wenn das Weisungsrecht in der GmbH besteht, so ist dieses de lege lata von der Gesellschafterversammlung auszuüben. Für eine effiziente Organisation und einen Zugriff auf die Geschäftsführung der Matrix-GmbH ist fraglich, inwiefern das Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung auf eine andere Person – den Matrixmanager – übertragen werden kann. Hierfür ist es zum einen möglich, dass die Satzung der Matrixgesellschaft Nichtgesellschafter mit Weisungsbefugnissen ausstattet, dadurch wird dann die Organqualität dieser Person begründet.35 Erforderlich hierfür ist jedoch, dass der Nichtgesellschafter in die Organisationsverfassung der GmbH eingebunden und auf die Interessen der Gesellschaft ausgerichtet wird sowie die Rechtsmacht der Gesellschafter, den Dritten abzuberufen.36 Eine weitere und 33  Paefgen, in: GK-GmbHG, § 37 Rn. 25; Kleindiek in: Lutter/Hommelhoff, § 37 Rn. 7; Stephan/Tieves, in: MüKo-GmbHG, § 37 Rn. 118. 34  Siehe hierzu auch die umfassende Aufstellung bei Stephan/Tieves, in: MüKoGmbHG, § 37 Rn. 25 ff. 35  Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, § 37 Rn. 15; Paefgen, in: GK-GmbHG, § 37 Rn. 36; Stephan/Tieves, in: MüKo-GmbHG, § 37 Rn. 112; Fleck, ZGR 1988, 133; a. A. U. H. Schneider/S. H. Schneider, in: Scholz, § 37 Rn. 42, wonach die Einräumung von mitgliedschaftrechtlichen Weisungsrechten an Dritte ohne die besonderen konzernrechtlichen Schutzbestimmungen dem Selbstbestimmungsrecht der Gesellschafter widerspricht. 36  Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, § 37 Rn. 15; Paefgen, in: GK-GmbHG, § 37 Rn. 36.

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3. Teil: Die Matrixorganisation als Organisation des Konzerns

weniger komplexe Möglichkeit ist, den Dritten zur Ausübung des Weisungsrechts zu bevollmächtigen.37 b) Die GmbH im Vertragskonzern Auch wenn die Implementierung einer Matrixorganisation in einer nichtbeherrschungsvertraglichen GmbH grundsätzlich möglich ist, da ein Zugriff auf die Leitung in der Gesellschaft über die Gesellschafterversammlung erfolgen kann, erscheint es vorteilhafter, auch die GmbH beherrschungsvertraglich zu unterwerfen. Hintergrund ist, dass die Regelungen zum Vertragskonzern analoge Anwendung finden.38 Dadurch kann sich die Obergesellschaft dann den Umweg über die Gesellschafterversammlung, deren Beschlüsse grundsätzlich an formelle Voraussetzungen gebunden sind (§ 48 Abs. 3 GmbHG), „ersparen“. Ebenso wird die Möglichkeit eröffnet, ohne Weiteres nachteilige Weisungen zu erteilen.39 In der nicht beherrschten GmbH ist dies nicht ohne Weiteres möglich, vor allem bei dem Vorhandensein von Minderheitsgesellschaftern. Zwar kann auch eine nachteilige Maßnahme angewiesen werden, sofern diese die Existenz der Gesellschaft nicht gefährdet.40 Allerdings haben die Gesellschafter bei der Erteilung der Weisungen grundsätzlich das Interesse der Gesellschaft zu beachten, dies insbesondere bei der oben skizzierten Einräumung des Weisungsrecht auf einen Dritten.41 Damit haben die Gesellschafter bei der Weisungserteilung darauf zu achten, dass grundsätzlich keine für die Gesellschaft schädigenden Weisungen erteilt werden. Zwar kann eine solche im Einzelfall zulässig sein, da diese für die abhängige Gesellschaft wiederum vorteilhaft sein kann. Dies zum Beispiel, wenn die positiven Wirkungen für den Konzern auch auf die Gesellschaft „ausstrahlen“.42 Indes erfordert dies regelmäßig eine komplexe Abwägung, bei der die grundsätzlich hoch zu bewertenden Interessen der 37  Geißler, GmbHR 2009, 1071, 1074; Stephan/Tieves, in: MüKo-GmbHG, § 37 Rn. 71; Paefgen, in: GK-GmbHG, § 37 Rn. 50; vgl. auch Kleindiek, in: Lutter/ Hommelhoff, § 37 Rn. 15a. 38  Konzen, NJW 1989, 2977, 2978. 39  Ebenso: Lutter/Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff, Anh. zu § 13 Rn. 46, wonach der Beherrschungsvertrag die Situation für das herrschende Unternehmen vereinfacht und dessen Befugnisse erweitert. 40  Vgl zum Vorstehenden OLG Frankfurt a.M, vom 07.02.1997, 24 U 88/95, NJW-RR 1997, 736; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 37 Rn. 24; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, § 37 Rn. 7; Wisskirchen/Kuhn, in: BeckOK-GmbHG, § 37 Rn. 23. 41  Liebscher, in: MüKo-GmbHG, Anh. zu § 13 Rn. 370, 391 ff. wonach ein striktes Schädigungsverbot herrscht. 42  Liebscher, in: MüKo-GmbHG, Anh. zu § 13 Rn. 406.



§ 1 Implementierung von Matrixorganisationen93

abhängigen Gesellschaft zu berücksichtigen sind.43 Ferner ist zu berücksichtigen, dass ohne einen Beherrschungsvertrag kein Konzernprivileg existiert und bei Bestehen von weiteren Gesellschaften das herrschende Unternehmen regelmäßig im Hinblick auf konzerninterne Rechtsgeschäfte nicht stimmberechtigt ist.44 Auch wird die vom Gesetz vorgesehene Geschäftsleitungsbefugnis der Gesellschafterversammlung durch den Beherrschungsvertrag auf die Obergesellschaft übertragen.45 Der Beherrschungsvertrag statuiert mithin auch in der GmbH eine Vorrangkompetenz der Obergesellschaft vor der Gesellschafterversammlung, d. h. er beseitigt die Zuständigkeiten der Gesellschafterversammlung in Geschäftsführungsangelegenheiten und geht auch allen in der Satzung der abhängigen GmbH festgelegten Weisungsrechten vor, z. B. dem eines fakultativen Aufsichtsrats, was gerade bei Fehlen der Stellung als Alleingesellschafter vorteilhaft ist.46 Damit werden die Weisungsstränge gestrafft und vereinfacht. Der Beherrschungsvertrag schafft damit auch in der GmbH eine umfassende Klarheit im Hinblick auf den Gläubiger- und Minderheitenschutz durch die Verlustübernahmepflicht der Obergesellschaft. Ebenso werden klare und einfache Kompetenzen geschaffen. Ein weiterer Aspekt, der für den Abschluss eines Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrags spricht, ist die verschärfte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Recht der Kapital­ erhaltung im GmbH-Recht. Diese kann durch einen Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag vereinfacht werden, da die Regeln des Kapital­ erhaltungsrechts einschließlich des Kapitalersatzrechts mit dem Abschluss des Unternehmensvertrags aufgehoben werden.47 c) Schlussfolgerung Damit bleibt festzuhalten, dass die GmbH sich als Baustein für die Matrixorganisation anbietet und anders als bei der Aktiengesellschaft als Matrixgesellschaft ein Beherrschungsvertrag nicht zwingend erforderlich ist. Denn in 43  Liebscher, in: MüKo-GmbHG, Anh. zu § 13 Rn. 406, 517; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Anh. zu § 318 Rn. 34. 44  Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 47 Rn. 29; Drescher, in: MüKo-GmbHG, § 47 Rn. 201; Liebscher, in: MüKo-GmbHG, Anh. zu § 13 Rn. 383. 45  Liebscher, in: MüKo-GmbHG, Anh. zu § 13 Rn. 791; OLG Stuttgart, vom 29.10.1997, 20 U 8/97, NZG 1998, 601; vertiefend hierzu Zöllner, ZGR 1992, 173, 179. 46  Liebscher, in: MüKo-GmbHG, Anh. zu § 13 Rn. 792; Lutter/Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff, Anh. zu § 13 Rn. 46; vertiefend hierzu Zöllner, ZGR 1992, 173, 182. 47  Emmerich, in: Emmerich/Habersack, §  308 Rn. 17.; Liebscher, in: MüKoGmbHG, Anh. zu § 13 Rn. 630.

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3. Teil: Die Matrixorganisation als Organisation des Konzerns

der nichtvertraglich beherrschten GmbH kann die Obergesellschaft durch die Gesellschafterversammlung der Geschäftsführung Weisungen erteilen. Allerdings erscheint der Abschluss aus verschiedenen rechtlichen Aspekten ratsam und insbesondere vor dem Hintergrund der gewünschten Effizienz in der Matrixorganisation vorteilhaft.

B. Das Weisungsrecht im Vertragskonzern – Folge- und Überprüfungspflichten Es wurde festgestellt, dass im „reinen“ Aktienkonzern ein Beherrschungsvertrag notwendig ist, um die Matrixorganisation wirksam und effizient zu verwirklichen. Der durch den Beherrschungsvertrag entstehende Vertragskonzern zeichnet sich durch das umfassende Weisungsrecht der Obergesellschaft aus, durch welches sich der Matrixmanager Zugriff und damit Einfluss auf die Matrixgesellschaft sichern kann. Dieses Weisungsrecht ist nachfolgend näher zu untersuchen. I. Umfang des Weisungsrechts – Folgepflicht Durch § 308 Abs. 1 AktG wird die eigenverantwortliche Stellung des Vorstands der Tochtergesellschaft durch den Beherrschungsvertrag überlagert.48 Gesetzliches Fundament für das Weisungsrecht im Vertragskonzern sind die §§ 291 Abs. 1 S. 1, 308 Abs. 1 AktG. Das Weisungsrecht der Obergesellschaft ist hierbei umfassend und erfasst den gesamten Bereich, in dem der Vorstand die Gesellschaft nach § 76 Abs. 1 AktG zu leiten hat.49 Dies bedeutet, dass das herrschende Unternehmen die Unternehmensplanung, die unternehmerische Tätigkeit und Organisation der Gesellschaft, die Durchführung der Geschäfte sowie die Besetzung der Führungspositionen festlegen und im Einzelnen bestimmen kann. Dem Einfluss unterliegen sowohl die an sich vom Vorstand der abhängigen Gesellschaft zu treffenden Führungsentscheidungen als auch das normale Tagesgeschäft.50 Maßstab der Entscheidungen ist fortan nicht mehr das Interesse der abhängigen Aktiengesellschaft, sondern das des Konzerns als wirtschaftliche Einheit.51 Daher erlaubt das Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 17. in: Spindler/Stilz, § 308 Rn. 20; Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 39; Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 308 Rn. 84. 50  Veil, in: Spindler/Stilz, § 308 Rn. 20; Habersack, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 39a; Fleischer, in: Hdb. VorstandsR, § 18 Rn. 43 ff.; Seibt/Wollenschläger, AG 2013, 229, 232. 51  Fleischer, in: Hdb. VorstandsR, § 18 Rn. 37; Koch, in: Hüffer/Koch, § 308 Rn. 16; Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 308 Rn. 2. 48  Vgl.

49  Veil,



§ 1 Implementierung von Matrixorganisationen95

Gesetz auch nachteilige Weisungen, sofern sie dem Konzerninteresse dienen (§ 308 Abs. 1 S. 2 AktG). Korrespondierend zum umfassenden Weisungsrecht des herrschenden Unternehmens besteht auch ein umfassendes Informationsrecht des herrschenden Unternehmens, da dieses das Weisungsrecht nur auf der Grundlage umfassender Informationen über die Verhältnisse der abhängigen Gesellschaft sinnvoll ausüben kann.52 Das durch den Beherrschungsvertrag eingeräumte Weisungsrecht ist damit umfassend und erfasst grundsätzlich sämtliche Bereiche der Tätigkeit in der Matrixgesellschaft. II. Grenzen des Weisungsrechts im Vertragskonzern Auch wenn das Weisungsrecht umfassend ist und letztlich dazu führt, dass die Leitung der abhängigen Gesellschaft von der Obergesellschaft und deren Vertretern ausgeübt werden kann, ist das Weisungsrecht allerdings nicht unbegrenzt. Zu diesen Grenzen zählen die Beachtung der Vorgaben des Beherrschungsvertrags, des Gesetzes, der Satzung, der Existenzerhaltung der Gesellschaft, die Konzerndienlichkeit bei evident nachteilhaften Weisungen sowie die Liquidität der Obergesellschaft. 1. Der Beherrschungsvertrag als Grenze

Eine erste Grenze des Weisungsrechts bildet der Beherrschungsvertrag. In diesem können als Ausfluss der Vertragsfreiheit Grenzen des Weisungsrechts vereinbart werden.53 Auch Teilbeherrschungsverträge sind hier denkbar.54 Gleichwohl ist eine solche Begrenzung in der Praxis kaum anzutreffen, da ein solcher Beherrschungsvertrag dem Zweck der umfassenden Einflussnahme zuwiderlaufen würde.55 Sofern solche Schranken indes vereinbart worden sind, stellen sie eine Grenze des Weisungsrechts der Obergesellschaft dar und eine Überschreitung dieser führt zur Unzulässigkeit der Weisung und muss von dem Vorstand der Untergesellschaft nicht befolgt werden.

52  Habersack, in: Emmerich/Habersack, §  308 Rn.  39a; Langenbucher, in: K. Schmidt/Lutter, § 308 Rn. 21; Leuering/Goertz, in: Hölters, § 308 Rn. 23; siehe zum Informationsanspruch im Konzern S. 165 ff. 53  Kantzas, Weisungsrecht, S. 89; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, §  308 Rn. 56. 54  Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 56; vgl. ferner zu diesem Stephan, Der Konzern, 2014, 1, 10 f. 55  Vgl. Kantzas, Weisungsrecht, S. 89.

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3. Teil: Die Matrixorganisation als Organisation des Konzerns 2. Das Gesetz als Grenze

Neben dem Beherrschungsvertrag existieren auch gesetzliche Grenzen. Es ist nicht besonders zu betonen, dass auch die Tochtergesellschaft, wie jede andere Gesellschaft auch, uneingeschränkt den allgemeinen Gesetzen untersteht (Legalitätspflicht).56 Daher sind beispielsweise Weisungen unzulässig, die die Grenzen der §§ 134, 138 BGB überschreiten oder gegen die Insolvenzantragspflicht des § 15a InsO verstoßen.57 Ferner sind auch Weisungen unzulässig, die den Vorstand der Tochtergesellschaft zu strafbaren oder unerlaubten Handlungen zwingen würden.58 Insbesondere sind auch aktienrechtliche Vorschriften einzuhalten. Zunächst sind hier die allgemeinen Vorschriften des Aktiengesetzes, also diejenigen Vorschriften, die außerhalb des Rechts der verbundenen Unternehmen bestehen, zu beachten.59 So kann der Vorstand der Tochtergesellschaft nicht dazu angewiesen werden, Aktionäre von ihren Leistungspflichten zu befreien, verbotswidrig eigene Aktien zu erwerben (§§ 71 ff. AktG), gesetzwidrige Geschäfte mit Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern zu tätigen (§§ 89, 113 ff. AktG).60 Gleiches gilt für die zwingenden bilanzrechtlichen Normen des HGB, insbesondere die §§ 246 ff., 252 ff. HGB. Hinsichtlich der Vermögenserhaltung (§§ 57, 58, 60 AktG) ­bestimmen die §§ 291 Abs. 3, 57 Abs. 1 S. 3, 1. Alt. AktG allerdings, dass Leistungen bei Bestehen eines Beherrschungsvertrags nicht als Verstoß gegen diese Vorschriften gelten. Damit kann die Gesellschaft von dem herrschenden Unternehmen grundsätzlich zur Vornahme von Vermögensgeschäften jeder Art zugunsten des herrschenden Unternehmens oder der mit ihm verbundenen Konzernunternehmen angewiesen werden, z. B. freie Mittel zur Verfügung zu stellen, Gegenstände unter Wert zu veräußern (insbesondere auch zu Konzernverrechnungspreisen).61 Allerdings darf der Vorstand der Obergesellschaft den Vorstand der Tochtergesellschaft nicht anweisen, dass diese von der Auffüllung der gesetzlichen Rücklage (§ 300 AktG) ganz oder

56  Vgl. nur Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 308 Rn. 144; Emmerich, in: Emmerich/ Habersack, § 308 Rn. 52 ff., 66; Veil, in: Spindler/Stilz, § 308 Rn. 34. 57  Veil, in: Spindler/Stilz, §  308 Rn. 30; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 58; Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 308 Rn. 101. 58  Veil, in: Spindler/Stilz, §  308 Rn. 28; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 58 f.; Hirte, in: GK-AktG (2013), § 308 Rn. 37 ff.; Koch, in: Hüffer/Koch, § 308 Rn. 14. 59  Veil, in: Spindler/Stilz, §  308 Rn. 28; Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 308 Rn.  95 ff. 60  Altmeppen, in: MüKo-AktG, §  308 Rn. 95; Veil, in: Spindler/Stilz, § 308 Rn. 28. 61  Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 308 Rn. 96; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 59.



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teilweise absieht oder den Verlustausgleich (§ 302 AktG) nicht geltend macht.62 3. Nachteilige Weisungen und Konzerndienlichkeit

Sofern der Beherrschungsvertrag nichts anderes bestimmt, sind nach § 308 Abs. 1 S. 2 AktG nicht nur vorteilhafte, sondern auch nachteilige Weisungen zulässig. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die nachteilige Weisung zugleich den Belangen des herrschenden Unternehmens oder der mit diesem (und der Gesellschaft) i. S. d. § 18 Abs. 1 S. 1 AktG konzernverbundenen Unternehmen dienen („Konzerninteresse“).63 Dass nachteilige Weisungen nur unter der Prämisse zulässig sind, dass sie den Belangen des herrschenden oder konzernverbundenen Unternehmens dienen, beruht auf der Verlagerung des für das Handeln der Gesellschaftsorgane bestimmenden Unternehmensinteresses von der Untergesellschaft auf die Obergesellschaft und der damit verbundenen Folge der rechtlichen Anerkennung des Konzerns als wirtschaftliche Einheit.64 Eine nachteilige Weisung zeichnet sich dadurch aus, dass sie Maßnahmen betrifft, die ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft, der sich ausschließlich an dem Interesse seiner Gesellschaft orientiert, nicht vorgenommen hätte.65 Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, ist von den gesetzlichen Vertretern der Obergesellschaft bei der Weisungserteilung nach pflichtgemäßem Ermessen zu beur­ teilen. Maßstab hierfür ist nicht § 93 Abs. 1 AktG, sondern nach § 309 Abs. 1 AktG die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters, der insbesondere die dem Weisungsrecht durch Gesetz und Satzung gezogenen Grenzen beachtet.66

62  Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 308 Rn. 95; vgl. hierzu auch Kantzas, Weisungsrecht, S.  93 ff. 63  Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 45; Hirte, in: GK-AktG (2013), § 308 Rn. 50; Koch, in: Hüffer/Koch, § 308 Rn. 15; Kantzas, Weisungsrecht, S.  98 ff.; Langenbucher, in: K. Schmidt/Lutter, § 308 Rn. 24. 64  Koch, in: Hüffer/Koch AktG § 308 Rn. 16; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 45. 65  Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 45; Hirte, in: GK-AktG (2013), § 308 Rn. 50; Koch, in: Hüffer/Koch, § 308 Rn. 15; Kantzas, Weisungsrecht, S.  98 ff.; Langenbucher, in: K. Schmidt/Lutter, § 308 Rn. 24. 66  Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 48.

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3. Teil: Die Matrixorganisation als Organisation des Konzerns 4. Die Satzung als Grenze

Grenzen des Weisungsrechts können sich ferner auch aus der Satzung der Gesellschaft ergeben.67 Ebenso wie der Vorstand bei der Leitung der Gesellschaft an die Satzung gebunden ist (§ 82 Abs. 2 AktG), gilt dies auch für das herrschende Unternehmen. Der Vorstand der abhängigen Gesellschaft ist weiterhin an den satzungsmäßigen Gegenstand seiner Gesellschaft gebunden. Daher darf dieser Weisungen zu einem Verhalten, die vom Gegenstand der abhängigen Gesellschaft nicht mehr gedeckt sind, wie z. B. die Weisung, neue Tätigkeiten außerhalb des bisherigen Gegenstands der Gesellschaft aufzunehmen, die völlige Umstellung der Produktion oder der Erwerb und die Veräußerung von Beteiligungen, nicht befolgen.68 Denn die Leitungsmacht des Vorstands der Obergesellschaft geht nicht weiter als die des Vorstands der abhängigen Gesellschaft.69 Hierfür spricht auch die Kompetenzverteilung in der Aktiengesellschaft. Tätigkeiten außerhalb der Satzung stellen faktisch eine Satzungsänderung dar. Derartige Satzungsänderungen fallen aber in die alleinige Zuständigkeit der Hauptversammlung (§ 179 AktG) und sind damit dem Weisungsrecht des herrschenden Unternehmens entzogen.70 Eine entgegen den Vorgaben der Satzung erteilte Weisung ist damit unzulässig und vom Vorstand der Tochtergesellschaft nicht zu beachten. 5. Überlebensfähigkeit als Grenze

Eine weitere Grenze des Weisungsrechts bildet das Verbot der existenzgefährdenden Weisungen.71 Dies geht aus der Regelung des § 302 AktG her67  OLG Nürnberg, vom 09.06.1999, 12 U 4408/98, NJW-RR 2001, 104; Hirte, in: GK-AktG (2013), § 308 Rn. 40; Koppensteiner, in: KK-AktG, § 308 Rn. 55; Koch, in: Hüffer/Koch, § 308 Rn. 13; Veil, in: Spindler/Stilz, § 308 Rn. 29; Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 308 Rn. 134; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 56a; Langenbucher, in: K. Schmidt/Lutter, § 308 Rn. 25; Hirte, in: GK-AktG (2013), § 308 Rn. 40. 68  OLG Nürnberg, vom 09.06.1999, 12 U 4408/98, NJW-RR 2001, 104. 69  OLG Nürnberg, vom 09.06.1999, 12 U 4408/98, NJW-RR 2001, 104; Veil, in: Spindler/Stilz, § 308 Rn. 29. 70  Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 56a. 71  OLG Düsseldorf, vom 07.06.1990, 19 W 13/86, AG 1990, 490, 492; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S. 148, 307 ff.; Kantzas, Weisungsrecht, S.  109 ff.; Hirte, in: GK-AktG (2013), § 308 Rn. 42–44; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 61; Koch, in: Hüffer/Koch, § 308 Rn. 19; Langenbucher, in: K. Schmidt/Lutter, § 308 Rn. 31; abweichend hiervon: Veil, in: Spindler/Stilz, § 308 Rn. 31; Servatius, in: Grigoleit, § 308 Rn. 20; Koppensteiner, in: KK-AktG, § 308 Rn. 50, die Gegenansicht stellt darauf ab, dass die Interessenlage der Gläubiger durch die §§ 302, 303 hinreichend geschützt werde. Ferner seien die außenstehenden Gesellschafter notfalls gehalten, sich mit einer angemessenen Abfindung zu begnügen. Schließlich stünden



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vor. Aus der in § 302 AktG statuierten Verlustausgleichspflicht lässt sich die Garantie ableiten, dass die Obergesellschaft die Existenz der Tochtergesellschaft für die Dauer des Vertrags zu garantieren hat.72 Damit geht das Gesetz in den §§ 302–305 AktG von einem Fortbestand der abhängigen Gesellschaft trotz des Abschlusses eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags aus.73 Die in § 302 AktG für die gesamte Dauer des Unternehmensvertrags vorgeschriebene Ausgleichspflicht der Obergesellschaft macht nämlich nur dann Sinn, wenn der Fortbestand der Gesellschaft während der Dauer des Vertrags gesichert wird. Denn sonst besteht das Risiko, dass sich die Obergesellschaft der Ausgleichspflicht durch die Verursachung der Insolvenz der Tochtergesellschaft entziehen könnte.74 Auch die Vorschrift des § 92 Abs. 2 S. 3 AktG spricht für ein Verbot von existenzgefährdenden Weisungen. Hiernach besteht ein unbedingtes Zahlungsverbot für Zahlungen an Aktionäre, die zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen würden. Der Begriff „Zahlung“ wird ausweislich der Gesetzesbegründung nicht auf reine Geldleistungen beschränkt, sondern erfasst auch sonstige, vergleichbare Leistungen zulasten des Gesellschaftsvermögens. Entscheidend ist, dass der Gesellschaft im Ergebnis Liquidität entzogen wird.75 Damit liegt der Vorschrift ein weites Verständnis des Begriffs der Zahlung zugrunde und es fallen auch sonstige Leistungen der Tochtergesellschaft an die Obergesellschaft als deren (Mehrheits-)Aktionär hierunter. Damit steht § 92 AktG Weisungen entgegen, die zur Zahlungsunfähigkeit der Tochtergesellschaft führen können.76 Beispiele für existenzgefährdende Weisungen und damit unzulässige Weisungen sind vor allem der übermäßige Abzug von Liquidität, die Einstellung lebenswichtiger Produktionen oder vielversprechender Entwicklungen, die Übertragung der ertragreichsten Betriebszweige auf andere Konzernunternehmen sowie die Unterlassung der für den Fortbestand der Gesellschaft am Markt unerlässlichen Erneuerungsinvestitionen.77 Gemeinwohl- oder arbeitnehmerorientierte Gegenargumente dem nicht entgegen, zumal wenn das herrschende Unternehmen nur auf Kosten der Gesellschaft gerettet werden könne; differenzierender, aber ähnlich wie die h. M. Altmeppen, Die Haftung des Managers im Konzern, S. 22 ff.; ders., in: MüKo-AktG, § 308 Rn. 122 ff. 72  Altmeppen, Die Haftung des Managers im Konzern, S. 22. 73  Emmerich, in: Emmerich//Habersack, § 308 Rn. 62; Koch, in: Hüffer/Koch, § 308 Rn. 19. 74  Emmerich, in: Emmerich//Habersack, § 308 Rn. 62. 75  BT-Drucks. 16/6140, 46 f., 52 zu § 64 S. 3 GmbHG; vgl. hierzu auch Spindler, in: MüKo-AktG, § 92 Rn. 46. 76  Stephan, Der Konzern 2014, 1, 25. 77  Emmerich, in: Emmerich//Habersack, § 308 Rn. 62; vgl. auch Stephan, Konzern 2014, 1, 24 f.

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3. Teil: Die Matrixorganisation als Organisation des Konzerns 6. Weisungen in existenzieller Schieflage der Obergesellschaft

Eine weitere Grenze des Weisungsrechts bildet die finanzielle Leistungs­ fähigkeit der Obergesellschaft. Denn das den §§ 302 ff. AktG zugrundeliegende Kapitalschutzsystem im Vertragskonzern steht unter der Prämisse, dass die Obergesellschaft solvent ist, d. h. die finanzielle Leistungsfähigkeit zur Bedienung insbesondere der Verlustausgleichspflicht gemäß § 302 AktG besteht. Mangelt es an dieser Leistungsfähigkeit, so wird das Weisungsrecht der Obergesellschaft suspendiert und die Kapitalbindung nach §§ 57, 58 und 60 AktG lebt wieder auf.78 III. Das Weisungsrecht als Leitungsmittel in der Matrixorganisation Die Arbeitsweise in der Matrixorganisation wird durch die gesellschaftsübergreifende Zusammenarbeit geprägt. Diese ist vor dem Hintergrund der rechtlichen Selbstständigkeit einer jeden Matrixgesellschaft – auch im Vertragskonzern – allerdings nicht ohne Weiteres möglich. Zwar wird im Vertragskonzern die Selbstständigkeit der juristischen Person relativiert, indem die Obergesellschaft ermächtigt wird, Weisungen gegenüber dem Leitungsorgan der Tochtergesellschaft zu erteilen. Gleichwohl geht das Weisungsrecht nicht so weit, dass die Leitungsmacht ein arbeitsrechtliches Weisungsrecht gegenüber den Arbeitnehmern der Matrixgesellschaft begründen würde.79 Die Obergesellschaft kann damit nicht in die arbeitsrechtliche Hierarchie der Matrixgesellschaft durchgreifen, kann also nicht Weisungen unter Umgehung des Leitungsorgans der Matrixgesellschaft unmittelbar an die Arbeitnehmer dieser Gesellschaft adressieren. Allerdings benötigt eine effektive gesellschaftsübergreifende Zusammenarbeit nicht nur die Möglichkeit der Erteilung von Weisungen gegenüber den Leitungsorganen der Matrixgesellschaften, sondern vielmehr bedarf es auch einer solchen Möglichkeit gegenüber den Arbeitnehmern der Matrixgesellschaft. Daher ist im Folgenden zu untersuchen, wie die Matrixmanager auch den Arbeitnehmern der Matrixgesell78  Stephan, Der Konzern, 2014, 1, 24; Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 308 Rn. 126, § 302 Rn. 40, wonach ein Weisungsrecht der Obergesellschaft nicht mehr besteht, wenn die Solvenz des herrschenden Unternehmens als gefährdet erscheint; ähnlich auch: Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 63, wonach mit Rücksicht auf § 302 die Zulässigkeitsgrenzen des Weisungsrechts des herrschenden Unternehmens (erst) überschritten ist, wenn auch die Verlustausgleichspflicht des herrschenden Unternehmens (§ 302) die aktuelle Bedrohung der Lebensfähigkeit der abhängigen Gesellschaft infolge einer Weisung nicht mehr zu verhindern vermag. 79  Ballerstedt, ZHR 137 (1973), 388, 399; Richardi/Fischinger, in: Staudinger (2016), § 611 Rn. 282; Koppensteiner, in: KK-AktG, § 308 Rn. 18 f.; Hirte, in: GKAktG (2013), § 308 Rn. 28.



§ 1 Implementierung von Matrixorganisationen101

schaften Weisungen erteilen können. Bei dieser Untersuchung sind konzernrechtliche und arbeitsvertragliche Weisungsrechte auseinanderzuhalten. 1. Ausübung des arbeitsrechtlichen Weisungsrechts durch den Matrixmanager

Der Beherrschungsvertrag und die damit eingeräumte Leitungsmacht der Obergesellschaft führen nicht dazu, dass die Arbeitnehmer abhängiger Gesellschaften von der Obergesellschaft arbeitsvertraglich angewiesen werden können. Denn das Arbeitsverhältnis besteht lediglich zwischen den Arbeitnehmer und der abhängigen Gesellschaft – der Matrixgesellschaft. Die mit dem Arbeitsvertrag eingeräumte Direktionsbefugnis steht daher allein der Matrixgesellschaft zu. Damit ist zu fragen, inwiefern der Matrixmanager berechtigt werden kann, in dieses Vertragsverhältnis „durchzugreifen“. a) Anweisung zur Übertragung des arbeitsvertraglichen Weisungsrechts Zunächst ist zu klären, inwiefern die Obergesellschaft das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft anweisen kann, dass die Arbeitnehmer der Matrix­ gesellschaft Weisungen der Obergesellschaft folgen müssen. Dies ist aufgrund der Breite des Weisungsrechts möglich, welches sich auf sämtliche Organtätigkeiten beziehen kann.80 Konkret bedeutet dies, dass die Ober­ gesellschaft das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft anweisen kann, eine Weisung gegenüber den Arbeitnehmern zu erteilen, mit dem Inhalt, Weisungen der Obergesellschaft zu befolgen. b) Arbeitsrechtliche Zulässigkeit der Übertragung Mit der gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit, dass die Arbeitnehmer angewiesen werden können, Weisungen der Obergesellschaft zu befolgen, ist wenig darüber gesagt, ob dies auch im Einklang mit arbeitsrechtlichen Grundsätzen steht. Diese Grundsätze stehen nun im Mittelpunkt der Ausführungen. Denn bei der Weisung des Leitungsorgans der Matrixgesellschaft gegenüber den Arbeitnehmern, Weisungen des Matrixmanagers zu befolgen, handelt es sich um eine arbeitsrechtliche Frage. Es geht mithin um die Frage, ob der Arbeitgeber sein durch den Arbeitsvertrag begründetes Weisungsrecht an einen Dritten „übertragen“ darf. Ausgangspunkt bei diesen Überlegungen ist, dass die Arbeitnehmer in einer vertraglichen Beziehung allein zu der Matrixgesellschaft stehen. Dieser 80  Koch, in: Hüffer/Koch, § 308 Rn. 7; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 36. 

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3. Teil: Die Matrixorganisation als Organisation des Konzerns

Vertrag begründet für den Vertragsarbeitgeber (Matrixgesellschaft) ein arbeitsrechtliches Weisungsrecht. Inhalt dieses Weisungsrechts ist die Bestimmung des Inhalts, Orts und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen unter Beachtung gegebenenfalls anwendbarer Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge sowie der gesetzlichen Vorschriften.81 Die Ausübung des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts ist nur innerhalb der durch den Arbeitsvertrag bestimmten Grenzen zulässig. Zur Veränderung der arbeitsvertraglich vereinbarten Bedingungen bedarf es dagegen einer Änderungskündigung oder einer Änderungsvereinbarung.82 Für das Arbeitsrecht ist allgemein anerkannt, dass der Arbeitgeber sein Weisungsrecht – jedenfalls teilweise – auf niedrigere Hierarchieebenen delegieren kann, ohne dass dies im Arbeits­ vertrag ausdrücklich vorgesehen sein müsste.83 Hierbei geht es um die interne Delegation, ohne die eine Gesellschaft nicht handlungsfähig wäre, da es für das Leitungsorgan nicht möglich wäre, sämtliche arbeitsvertraglichen Weisungen gegenüber den Arbeitnehmern zu erteilen. Damit fällt die vertragsarbeitgeberinterne Delegation der Weisungsbefugnis nicht unter ­ § 613  S. 2  BGB.84 Eine Weisungsverlagerung innerhalb der Gesellschaft ist daher regelmäßig unproblematisch. Dies gilt indes nicht bei der Übertragung des Weisungsrechts auf gesellschaftsfremde Dritte, wie hier auf den Matrixmanager. Hier ist die vollständige Verlagerung des Weisungsrechts auf Dritte, ohne Zustimmung des Arbeitnehmers, unzulässig. Hintergrund ist einerseits die gesetzliche Regel des § 613 S. 2 BGB, wonach der Anspruch auf die Dienstleistung im Zweifel nicht übertragbar ist. Andererseits kann die Entscheidung darüber, für wen die eigene Arbeitskraft eingesetzt werden soll, als höchstpersönliche Entscheidung des Arbeitnehmers nicht einseitig vom Arbeitgeber entzogen werden.85 Damit ist die vollständige Übertragung des arbeitsvertraglichen Weisungsrechts auf den gesellschaftsfremden Matrixmanager nicht möglich, da eine solche einseitige Übertragung nicht wirksam wäre. Erforderlich hierfür wäre eine Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer.

81  Link, in: Schaub, ArbR-HdB., § 45 Rn. 13; BAG, vom 19.05.2010, 5 AZR 162/09, NZA 2010, 1119. 82  Link, in: Schaub, ArbR-HdB., § 45 Rn. 14. 83  Karwatzki, Fremdgeschäftsführer, S. 136; BAG, vom 09.09.1982, 2 AZR 253/ 80, ZIP 1983, 486; Bauer/Herzberg, NZA 2011, 713, 715; Neufeld/Michels, KSzW 2012, 49, 51. 84  Kort, NZA 2013, 1318, 1319; Seibt/Wollenschläger, AG 2013, 229, 235. 85  Karwatzki, Fremdgeschäftsführer, S.  136; Linck, in: Schaub, ArbeitsrechtsHandbuch, § 45 Rn. 7; Neufeld/Michels, KSzW 2012, 49, 52.



§ 1 Implementierung von Matrixorganisationen103

c) Aufspaltung vom fachlichen und disziplinarischen Weisungsrecht Nicht von der Regelung des § 613 S. 2 BGB umfasst sowie keine Problematik mit der Höchstpersönlichkeit der Arbeitgeberwahl ist allerdings der Fall, bei dem nicht das gesamte Weisungsrecht auf den Matrixmanager als Dritten übertragen wird, sondern lediglich das fachliche.86 Das fachliche Weisungsrecht gewährleistet die oberste fachliche Leitung der operativen Arbeitsprozesse im Konzern. Im Rahmen des fachlichen Weisungsrechts können die ­Matrixmanager den Arbeitnehmern unmittelbar arbeitsbezogene Weisungen erteilen.87 Hintergrund der Wirksamkeit dieser Möglichkeit ist, dass sich der Vertragsarbeitgeber hier nicht dauerhaft und vollständig des Anspruchs auf ­Arbeitsleitung gegenüber dem Arbeitnehmer entledigt.88 Daneben stellt die Übertragung des fachlichen Weisungsrechts, während das disziplinarische Weisungsrecht beim Vertragsarbeitgeber bleibt, eine nicht erhebliche Änderung des Arbeitsvertrags dar.89 Denn aus Sicht des Arbeitnehmers ist vor allem die Kompetenz zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, welches weiterhin vom disziplinarischen Weisungsrecht des Vertragsarbeitgebers umfasst ist, entscheidend und nicht, wer die fachlichen Weisungen erteilt.90 Damit kann das gewünschte „Durchregieren“ der Matrixmanager auf der arbeitstechnischen Ebene durch die Übertragung des fachlichen Weisungsrechts verwirklicht ­werden.91 Dagegen hat das disziplinarische Weisungsrecht, also das Recht zur ­Erteilung von Beurteilungen, Er- und Abmahnungen sowie zur Änderung oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowie alle weiteren Rechte, die sich aus der Gläubigerstellung des Arbeitgebers ergeben („Disziplinarrecht“)92, beim Vertragsarbeitgeber (Matrixgesellschaft) zu verbleiben.93 86  Berger, Matrixorganisation und Betriebsverfassung, S. 63, 120; Bauer/Herzberg, NZA 2011, 713, 714 f.; Bodenstedt/Schnabel, BB 2014, 1525; Kort, NZA 2013, 1318, 1319 f.; Neufeld/Michels, KSzW 2012, 49, 51; vgl. zur Zulässigkeit der Übertagung des fachlichen Weisungsrechts auch ohne Zustimmung des Arbeitnehmers oder Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats BAG, 10.03.1998, 1 AZR 658/97, NZA 1998, 1242; BAG, vom 27.11.1991, 2 AZR 255/91, NZA 1992, 644, 647, wonach die Übertragung des fachlichen Weisungsrechts nicht zum Wechsel der Arbeitgeberstellung führt; kritisch Meyer, NZA 2013, 1326, 1329, der zur Übertragung des fach­ lichen Weisungsrechts eine Vereinbarung mit den Arbeitnehmer für erforderlich hält. 87  Berger, Matrixorganisation und Betriebsverfassung, S. 120. 88  Kort, NZA 2013, 1318, 1319; Neufeld/Michels, KSzW 2012, 49, 53. 89  Neufeld/Michels, KSzW 2012, 49, 53. 90  Karwatzki, Fremdgeschäftsführer, S. 138; Neufeld/Michels, KSzW 2012, 49, 53. 91  Berger, Matrixorganisation und Betriebsverfassung, S. 120. 92  Maschmann, NZA 2017, 1557, 1558; Berger, Matrixorganisation und Betriebsverfassung, S.  120 f.; Fitting, § 5 Rn. 226b; Kort, NZA 2013, 1318, 1319. 93  Berger, Matrixorganisation und Betriebsverfassung, S. 121; Maschmann, NZA 2017, 1557, 1558; Bodenstedt/Schnabel, BB 2014, 1525; Kort, NZA 2013, 1318, 1319; Neufeld/Michels, KSzW 2012, 49, 53; kritisch Meyer, NZA 2013, 1326, 1329,

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3. Teil: Die Matrixorganisation als Organisation des Konzerns

d) Rechtliche Konstruktion zur Übertragung des arbeitsvertraglichen Weisungsrechts Das arbeitsvertragliche Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und der Matrixgesellschaft steht damit nicht per se gegen die Einräumung von Weisungsrechten zugunsten des Matrixmanagers. Allerdings reicht diese Feststellung nicht aus, sondern es bedarf einer weiteren Untersuchung der Frage, inwiefern die Matrixgesellschaft dem Matrixmanager das fachliche Weisungsrecht einräumen kann. Zur Übertragung des fachlichen Weisungsrechts bieten sich rechtstechnisch verschiedene Möglichkeiten an.94 Bei einer gesellschaftsinternen Delegation wird die Leitungshierarchie unterhalb der Geschäftsleitung typischerweise durch Stellvertretung umgesetzt, d. h. die unteren Ebenen werden bevollmächtigt, das Weisungsrecht auszuüben. Damit wird die Arbeitgeberfunktion auf Grundlage einer Bevollmächtigung auf die (leitenden) Angestellten des Unternehmens (Betriebs-, Abteilungs-, Teamleiter, etc.) übertragen. Die Arbeitgeberfunktionen werden dann gegenüber den Arbeitnehmern auf den nachgeordneten Hierarchiestufen im Namen des Arbeitgebers und für diesen durch die Bevollmächtigten ausgeübt.95 Eine ­ solche Konstellation ist auch bei Konzernsachverhalten möglich.96 Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft kann daher die gesellschaftsfremden ­ Matrixmanager bevollmächtigen, das fachliche Weisungsrecht im Namen der Matrixgesellschaft gegenüber den Arbeitnehmern auszuüben. Der arbeitsrechtlichen Leitungsmacht der Matrixmanager liegt damit eine Bevollmächtigung gemäß §§ 164 ff. BGB durch die Matrixgesellschaft als Vertragsarbeitgeber der Arbeitnehmer zugrunde. Die Bevollmächtigung hat allerdings auf den funktionalen Verantwortungsbereich des jeweiligen Matrixmanagers beschränkt zu sein.97

der zur Übertragung des fachlichen Weisungsrechts eine Vereinbarung mit den Arbeitnehmer für erforderlich hält. 94  Siehe eine Übersicht bei Berger, Matrixorganisation und Betriebsverfassung, S. 124. 95  Berger, Matrixorganisation und Betriebsverfassung, S. 124; Maschmann, NZA 2017, 1557, 1558; Kort, NZA 2013, 1320, 1323; Seibt/Wollenschläger, AG 2013, 229, 235; vgl. hierzu auch Ballerstedt, ZHR 137 (1973), 399 ff. 96  Berger, Matrixorganisation und Betriebsverfassung, S. 124; Maschmann, NZA 2017, 1557, 1558; Kort, NZA 2013, 1320, 1323; Seibt/Wollenschläger, AG 2013, 229, 235. 97  Berger, Matrixorganisation und Betriebsverfassung, S. 125; Maschmann, NZA 2017, 1557, 1558; Wieneke, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2010, 2011, 91, 95.



§ 1 Implementierung von Matrixorganisationen105

e) Schlussfolgerung Eine Übertragung der Arbeitgeberstellung auf den Matrixmanager ist aufgrund der vertraglichen Bindung zwischen der Matrixgesellschaft und ihren Arbeitnehmern nicht möglich. Dennoch kann der Matrixmanager von der Matrixgesellschaft bevollmächtigt werden, das fachliche Weisungsrecht, welches der Matrixgesellschaft gegenüber ihren Arbeitnehmern zusteht, gegenüber den Arbeitnehmern der Matrixgesellschaft auszuüben. Zur Einräumung dieses fachlichen Weisungsrechts kann die Obergesellschaft das Leitungs­ organ der Matrixgesellschaft anweisen. 2. Ausübung des konzernrechtlichen Weisungsrechts durch den Matrixmanager

Von der Bevollmächtigung zur Ausübung des arbeitsvertraglichen Weisungsrechts zu unterscheiden, ist die Ausübung des Weisungsrechts, welches auf beherrschungsvertraglicher Grundlage beruht. a) Matrixmanager als Weisungsberechtigter Nach § 308 Abs. 1 AktG ist das herrschende Unternehmen berechtigt, dem Vorstand der abhängigen Gesellschaft hinsichtlich der Leitung der Gesellschaft Weisungen zu erteilen. Damit ist Weisungsberechtigter nach der gesetzlichen Ausgangslage zunächst die Obergesellschaft. Diese handelt wiederum durch ihre Vertretungsorgane.98 Damit ist nach gesetzlicher Konzeption also zunächst das Vertretungsorgan der Obergesellschaft weisungsbefugt. Die Ausübung des konzernrechtlichen Weisungsrechts ist damit unproblematisch, sofern der Matrixmanager Mitglied des Vorstands der Obergesellschaft ist. In diesem Fall können die funktionalen Verantwortlichkeiten die er als Matrixmanager innehat, durch eine entsprechende Ressortverteilung abgebildet werden.99 Sind die Matrixmanager dagegen – was in der Praxis regelmäßig vorkommt – leitende Angestellte der Obergesellschaft oder aber auch anderer Konzernunternehmen, bedarf es einer Delegation der Weisungsbefugnis auf diese Personen durch das Leitungsorgan der Obergesellschaft.100 Bei der 98  Koch,

in Hüffer/Koch, § 308 Rn. 3. AG 2013, 229, 232; Henze/Lübke, Der Konzern 2009,

99  Seibt/Wollenschläger,

159, 161. 100  Seibt/Wollenschläger, AG 2013, 229, 232; Henze/Lübke, Der Konzern 2009, 159, 161; Wieneke, Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2010, 2011, 91, 97, 109; Grundlegend zur Übertragung des Weisungsrechts: Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 13 ff.; Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 308 Rn. 38 ff.

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3. Teil: Die Matrixorganisation als Organisation des Konzerns

Ausübung des Weisungsrechts durch andere Personen als dem Leitungsorgan ist zwischen der zulässigen Delegation des Weisungsrechts und der isoliert unzulässigen Übertragung des Weisungsrechts zu unterscheiden.101 Bei der zulässigen Delegation geht es um die bloße Hinzuziehung Dritter zur Wahrnehmung des Weisungsrechts durch die eigentlich dazu nach § 309 Abs. 1 AktG berufenen Personen. Der Ermächtigte kann neben dem Vorstand handeln.102 Bei der Übertragung dagegen geht es um die „Ermächtigung“ Dritter zur Ausübung des Weisungsrechts anstelle der Vertreter des herrschenden Unternehmens.103 Letzteres ist dem Vorstand der Obergesellschaft allerdings verwehrt, da das Weisungsrecht schon kein übertragbares Recht i. S. d. §§ 398, 413 BGB darstellt.104 Eine Übertragung des Weisungsrechts benötigt vielmehr die Änderung des Beherrschungsvertrags, da die Übertragung faktisch zu einem Austausch der herrschenden Unternehmen führt.105 Mithin darf eine Delegation des Weisungsrechts im Ergebnis nicht auf eine Übertragung des Weisungsrechts auf einen Dritten hinauslaufen. Daher muss die Delegation stets sachlich und zeitlich so beschränkt bleiben, dass die Verantwortung für die Ausübung des Weisungsrechts weiterhin bei der originären Person liegt, welcher das Weisungsrecht nach dem Beherrschungsvertrag ursprünglich zusteht.106 Eine unbeschränkte oder unbefristete Delegation ist daher nicht möglich. Für eine wirksame Delegation des Weisungsrechts an den Matrixmanager ist daher Voraussetzung, dass (1) der Matrixmanager lediglich neben dem Vorstand handelt, d. h. der Vorstand jederzeit die Bevollmächtigung widerrufen kann und seine Entscheidung „das letzte Wort“ darstellt sowie (2) das Weisungsrecht eng umgrenzt ist, also z. B. nur auf den 101  Schwark, FS Ulmer (2003), S. 605, 620; Koch, in: Hüffer/Koch, § 308 Rn. 4; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 12; Henz/Lübke, Der Konzern 2009, 159, 161; Seibt/Wollenschläger, AG 2013, 229, 232. 102  Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 12; Koch, in: Hüffer/Koch, § 308 Rn. 4, 6; Veil, in: Spindler/Stilz, § 308 Rn. 12. 103  Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 12, 16; Koch, in: Hüffer/Koch, § 308 Rn. 4, 6; Veil, in: Spindler/Stilz, § 308 Rn. 13. 104  Ganz h. M.: Vgl. nur Hirte, in: GK-AktG (2013), § 308 Rn. 24; Koch, in: Hüffer/Koch, § 308 Rn. 6; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 16; Koppensteiner, in: KK-AktG, § 308 Rn. 15; Langenbucher, in: K. Schmidt/Lutter, § 308 Rn. 12; Liebscher, in: MüKo-GmbHG, Anh. § 13 Rn. 815; anders aber Veil, in: Spindler/Stilz, § 308 Rn. 14, der dies nicht an der fehlenden Übertragbarkeit scheitern lässt, sondern daran, dass die Interessen der außenstehenden Aktionäre beeinträchtigt würden. 105  Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 16. 106  Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 15; Veil, in: Spindler/Stilz, § 308 Rn. 14; Fritz, in: Maschmann/Fritz, Matrixorganisation, S. 95 ff., zur Gestaltung der Vollmacht.



§ 1 Implementierung von Matrixorganisationen107

Fachbereich des Matrixmanagers.107 Überschreitet die Einräumung des Weisungsrechts dagegen diese Voraussetzungen, so liegt eine unzulässige Übertragung vor und diese ist unwirksam.108 Rechtstechnisch erfolgt die zulässige Delegation des Weisungsrechts auf den Matrixmanager nach den Vorschriften zu einer rechtsgeschäftlichen Bevollmächtigung (§§ 164 ff. BGB).109 Die Delegation des Weisungsrechts befreit allerdings den originären Inhaber nicht von eigenen Pflichten. Dieser ist vielmehr kraft seiner kontinuierlichen Führungsverantwortung zur Überwachung des Bevollmächtigten verpflichtet.110 b) Der Adressat der Weisung Adressat der konzernrechtlichen Weisungen ist nach der gesetzlichen Konzeption das Leitungsorgan der Tochtergesellschaft (§ 308 Abs. 1 S. 1 AktG). Eine unmittelbare Einflussnahme auf die Arbeitnehmer der Tochtergesellschaft ist grundsätzlich nicht möglich, da das konzernrechtliche Weisungsrecht die Arbeitnehmer der Tochtergesellschaft nicht verpflichtet.111 Die Frage, die sich daher stellt, ist, ob das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft die Arbeitnehmer anweisen kann, auch die konzernrechtlichen Weisungen umzusetzen. Rechtstechnisch ist dies möglich, indem das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft seine Führungskräfte, insbesondere die Inhaber der Betriebsleitungsfunktion, zur unmittelbaren Entgegennahme und Umsetzung der gesellschaftsrechtlichen Weisungen der Matrixmanager anweist.112 Frag107  Anders Seibt/Wollenschläger, AG 2013, 229, 232, wonach eine solche Einschränkung nur fakultativ erfolgen kann; dies kann im Ergebnis nicht überzeugen, da einerseits das Weisungsrecht als Leitungsinstrument gerade nur in einem geringen Umfang delegiert werden kann, andererseits ist eine Begrenzung schon zur Haftungsvermeidung des Vorstands notwendig. 108  Veil, in: Spindler/Stilz, § 308 Rn. 14. 109  Vgl. hierzu: Schwark, FS Ulmer (2003), S. 604, 621; Ballerstedt, ZHR 137 (1973) 388, 399; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 12; Veil, in: Spindler/Stilz, § 308 Rn. 12; Koch, in: Hüffer/Koch, § 308 Rn. 5; Altmeppen, in: MüKoAktG, § 308 Rn. 35; a. A. durch Ermächtigung so: Rehbinder ZGR 1977, 581, 610; wohl auch Koppensteiner, in: KK-AktG, § 308 Rn. 11 ff. 110  Henz/Lübke, Der Konzern 2009, 159, 163; zu den Sorgfaltspflichten bei der Delegation S. 122 ff., zur Haftung bei sorgfaltswidriger Delegation, S. 243 ff. 111  Ballerstedt, ZHR 137 (1973), 388, 399; Seibt/Wollenschläger, AG 2013, 229, 233 f. 112  Allgemein: Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 20; Koch, in: Hüffer/Koch, § 308 Rn. 8; Leuering/Goertz, in: Hölters, § 308 Rn. 46; zum Vertragskonzern: Seibt/Wollenschläger, AG 2013, 229, 233; Veil, in: Spindler/Stilz, § 308 Rn.  15 f.; Henze/Lübke, Der Konzern 2009, 159, 162; zum faktischen GmbH-Konzern: Seibt/Wollenschläger, AG 2013, 229, 234; Wieneke, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2010, 2011, 91, 100 f.; Maschmann, NZA 2017, 1557, 1561.

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3. Teil: Die Matrixorganisation als Organisation des Konzerns

lich ist allerdings, ob eine solche Weisung vor dem Hintergrund gesellschaftsrechtlicher Erwägungen überhaupt möglich ist. Denn aus gesellschaftsrechtlicher Sicht erscheint dies vor dem Hintergrund des § 308 Abs. 2 AktG problematisch. Im Kern geht es um die Frage, ob die Entgegenahme einer konzernrechtlichen Weisung stets mit einer Prüfpflicht der Weisungen einhergeht. Sollte dies bejaht werden, so stellt sich die anschließende Frage, ob diese Prüfpflicht eine Leitungsaufgabe ist oder lediglich eine Geschäftsführungsaufgabe. Sollte die Überprüfung der konzernrechtlichen Weisung eine Leitungsaufgabe des Vorstands sein, so ist eine Delegation dieser Aufgabe an untergeordnete Arbeitnehmer nicht zulässig. aa) Überprüfungspflicht der Weisung Fraglich ist zunächst, ob dem Leitungsorgan der Matrixgesellschaft eine besondere Prüfkompetenz zukommt, die sich in eine Prüfpflicht verdichtet. Ansatzpunkt dieser Diskussion ist § 310 AktG. § 310 AktG statuiert Pflichten für das Leitungsorgan der Tochtergesellschaft. Hiernach haften die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats der Gesellschaft neben dem Ersatzpflichtigen nach § 309 Abs. 1 AktG als Gesamtschuldner, wenn sie unter Verletzung ihrer Pflichten gehandelt haben (Absatz 1). Eine Ersatzpflicht der Verwaltungsmitglieder der Gesellschaft besteht allerdings nicht, wenn die schädigende Handlung auf einer Weisung beruht, die nach § 308 Abs. 2 AktG zu befolgen war (Absatz 3). Der Verweis auf § 308 Abs. 2 AktG verdeutlicht, dass eine Haftung des Leitungsorgans der Tochtergesellschaft ausscheidet, wenn diese die Weisung zu befolgen hatte. Die Weisung ist vom Leitungsorgan nach oben Festgestelltem grundsätzlich zu befolgen. Gleichwohl besteht das Weisungsrecht der Obergesellschaft nicht grenzenlos, sondern auch im Vertragskonzern stößt das Weisungsrecht an Grenzen.113 Die Einhaltung dieser Grenzen bei der Erteilung obliegt zunächst dem Vorstand der Obergesellschaft (§ 309 Abs. 1 AktG). Allerdings hat auch das Leitungsorgan der Tochtergesellschaft eigenständig zu prüfen, ob die erteilten Weisungen zu befolgen sind, denn sonst würde es sich schadensersatzpflichtig machen (§ 310 Abs. 1 S. 1, § 309 Abs. 2 AktG). Das heißt, der Vorstand der Tochtergesellschaft hat zu prüfen, ob die Weisungen (i) zulässig sind, in dem Sinne, dass die Grenzen eingehalten114 worden sind und (ii) ob eine nachteilige Weisung offensichtlich nicht dem Konzerninteresse dient.115 Hintergrund dieser eigenständigen und herausgehobenen 113  Zu

den Grenzen umfassend oben, S. 95 ff. hierzu schon S. 95 ff. 115  Siehe hierzu schon S. 95 ff. 114  Siehe



§ 1 Implementierung von Matrixorganisationen109

Pflicht,116 die erteilten Weisungen zu kontrollieren, ist einerseits, dass auch das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft verpflichtet ist, sich rechtmäßig zu Verhalten (Legalitätspflicht), d. h. also, dass der Vorstand keine Weisungen befolgen darf, die gegen die eben aufgezeigten Grenzen verstoßen.117 Andererseits folgt eine Prüfpflicht auch aus § 308 Abs. 2 S. 2 AktG, wonach ein Verweigerungsrecht hinsichtlich der Befolgung der Weisungen besteht, wenn diese offensichtlich nicht dem Konzerninteresse dienen. Begrifflich ist daher einmal zu trennen zwischen der Zulässigkeit der Weisung und der Rechtmäßigkeit der Weisung. Die Weisung ist zulässig, wenn die Vorgaben des Beherrschungsvertrags, des Gesetzes, der Satzung, der Existenzerhaltung der Gesellschaft eingehalten worden sind sowie die Liquidität der Obergesellschaft besteht („weite Legalitätskontrolle“). Ist dies zu bejahen, so trifft das Leitungsorgan die weitere Prüfpflicht, ob die Weisung rechtmäßig im engeren Sinne ist, nämlich, ob die Grenze des § 308 Abs. 2 S. 2 AktG (eine nachteilige Weisung ist evident nicht konzerndienlich) eingehalten worden ist. Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft trifft daher ein zweistufiges Prüfprogramm. Auf der ersten Stufe hat der Vorstand die erteilte Weisung daraufhin zu prüfen, ob die Weisung zulässig ist („erweiterte Legalitätskontrolle“). Im Rahmen dieser Prüfung hat der Vorstand der Tochtergesellschaft auch zu prüfen, ob die Obergesellschaft solvent ist.118 Denn ohne die finanzielle Leistungsfähigkeit der Obergesellschaft ist deren Weisungsrecht suspendiert und eine erteilte Weisung (derzeit) unzulässig.119 Sofern die Weisung nach dieser Prüfung „regelkonform“ ist, hat der Vorstand ferner zu prüfen, ob die nachteilige Weisung offensichtlich nicht den Konzernbelangen dient („Evidenz­ kontrolle“).120 Bei dieser Prüfung hat der Vorstand der Matrixgesellschaft allerdings ausweislich des Wortlauts des § 308 Abs. 2 S. AktG nur ein eingeschränktes Prüfrecht. Maßstab für die Offensichtlichkeitsprüfung ist der folgende Grundsatz: Eine Weisung ist offensichtlich nachteilig, wenn dies für jeden Sachkenner ohne weitere Nachforschungen erkennbar ist.121 Abzustel116  Seibt/Cziupka, AG 2015, 721 ff.; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 76 Rn. 69; Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 308 Rn. 147; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 66; ebenso für ein solches zweistufiges Prüfprogramm: Winter/Karwatzki, in: Maschmann/Fritz, Matrixorganisation, S. 411 ff. 117  Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 308 Rn. 144; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 52 ff., 66; Veil, in: Spindler/Stilz, § 308 Rn. 34; siehe hierzu S. 95 ff. 118  Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 64; Hirte, in: GK-AktG (2013), § 308 Rn. 43. 119  Siehe hierzu S. 100. 120  Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 308 Rn. 145 ff. 121  Koch, in: Hüffer/Koch, § 308 Rn. 22; Veil, in: Spindler/Stilz, § 308 Rn. 35; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 53.

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3. Teil: Die Matrixorganisation als Organisation des Konzerns

len ist hierbei auf den Wissenstand des Leitungsorgans der abhängigen Gesellschaft über die Konzerninterna.122 Ist damit aus der Sicht des Leitungsorgans der Tochtergesellschaft die Unzulässigkeit der Weisung mangels irgendwelcher Verbundvorteile der Weisung „offensichtlich“, so ist auch eine zulässige Weisung unbeachtlich und das Leitungsorgan hat diese Weisung nicht zu befolgen. Zugleich hat das Leitungsorgan aber den Vorstand der Obergesellschaft auf den Umstand der Unzulässigkeit der Weisung hinzuweisen.123 Damit besteht seitens des Leitungsorgans der Matrixgesellschaft eine Überprüfungspflicht der nach § 308 Abs. 1 AktG erteilten Weisungen. Kommt es dieser Prüfpflicht nicht nach, so besteht das Risiko der Haftung nach § 310 AktG. bb) Möglichkeit der Delegation der Aufgaben Fraglich und für die Effizienz der Matrixorganisation entscheidend ist in diesem Zusammenhang nun, ob diese Prüfaufgabe eine Leitungsaufgabe ist oder an andere Personen delegiert werden kann. Sollte eine Delegation nicht möglich sein, erscheint eine durch das Leitungsorgan genehmigte Befolgungspflicht der Arbeitnehmer von konzernrechtlichen Weisungen der Obergesellschaft nicht mit den Vorschriften des Aktiengesetzes vereinbar. In der Literatur ist umstritten, ob die Überprüfung von konzernrechtlichen Weisungen auch von untergeordneten Mitarbeiten erfolgen darf.124 Die Regierungsbegründung zu § 308 AktG ging ohne weitere Begründung davon aus, dass das Leitungsorgan der Tochtergesellschaft entsprechende Weisung an die Arbeitnehmer zur Befolgung von Weisungen seitens der Obergesellschaft erteilen darf.125 Befürworter im Schrifttum führen insbesondere für die Zulässigkeit der Delegation an, dass es für das Leitungsorgans der Tochtergesellschaft schlicht nicht möglich wäre, sämtliche Weisungen zu kontrollieren.126 Die Beantwortung dieser 122  Emmerich,

in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 53. in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 53; Veil, in: Spindler/Stilz, § 308 Rn. 36; Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 308 Rn. 149. 124  Altmeppen, Haftung des Managers, S. 18; ders., in: MüKo-AktG, § 308 Rn. 80; Krieger, in: Münchener Hdb. GesR IV, § 21 Rn. 158; Leuering/Goertz, in: Hölters, § 308 Rn. 46; wohl auch: Veil, in: Spindler/Stilz, § 308 Rn. 16, wonach der Vorstand keine organisatorische Vorsorge zu treffen hat, rechtzeitig über die erteilte Weisung informiert zu werden; enger: Henze/Lübke, Der Konzern 2009, 159, 162; Koppensteiner, in: KK-AktG, § 308 Rn. Rn. 10; ebenfalls zweifelnd: Emmerich, in: Emmerich/ Habersack, § 308 Rn. 20; Servatius, in: Grigoleit, § 308 Rn. 7; Koch, in: Hüffer/ Koch, § 308 Rn. 7; Schönbrod, Spartenorganisation, S. 237; in die Richtung auch Götz, ZGR 2003, 1, 5, der zwar für die Zulässigkeit der Delegation ausgeht, aber ein gesteigertes Haftungsrisiko sieht. 125  RegBegr. Kropff, S. 406. 126  Altmeppen, Haftung des Managers, S. 18; ders., in: MüKo-AktG, § 308 Rn. 80. 123  Emmerich,



§ 1 Implementierung von Matrixorganisationen111

Frage hängt maßgeblich davon ab, ob diese eine Leitungsaufgabe oder „lediglich“ eine Geschäftsführungsmaßnahme darstellt. Es sprechen allerdings gute Gründe dafür, die entsprechende Kontrolle der konkreten Weisung als eine Leitungsaufgabe des Leitungsorgans der Tochtergesellschaft aufzufassen.127 So spricht der Wortlaut des § 308 Abs. 2 S. 2 AktG ebenso wie der § 310 Abs. 1 AktG für eine Qualifizierung als Leitungsaufgabe. Denn hiernach haben die Verwaltungsorgane der abhängigen Gesellschaft die Sorgfaltspflichten bei der Weisungsbefolgung einzuhalten. Damit adressiert das Gesetz diese Pflicht ausdrücklich an das Leitungsorgan. Zudem ist die Kontrolle der Weisung eine Ausformung der Legalitätspflicht, welches jedes Leitungsorgan selbstständig einzuhalten hat. Die Befolgung jener Pflicht obliegt dem Vorstand der Untergesellschaft. Man denke nur an den Fall, in dem die Obergesellschaft einen Arbeitnehmer der Tochtergesellschaft anweist, Kartellabsprachen vorzunehmen. Das Leitungsorgan der Tochtergesellschaft kann sich dann nicht darauf berufen, ihm sei die Weisung nicht bekannt gewesen. Vielmehr ist im Rahmen der Pflichten des § 76 Abs. 1 AktG anerkannt, dass die Legalitäts- und Überwachungspflicht eine Leitungsaufgabe ist und damit Straftaten und andere Verstöße aus der Gesellschaft heraus gerade vom Leitungsorgan zu verhindern sind.128 Auch spricht hierfür, dass das Gesetz den Vorstand der Tochtergesellschaft im Vertragskonzern weiterhin als vollwertiges Organ vorsieht, dessen Tätigkeit allerdings durch die Leitungsmacht der Obergesellschaft überlagert wurde. Gleichwohl existiert das Leitungsorgan noch und hat die zwingenden gesetzlichen Pflichten einzuhalten, die auch nicht dem Weisungsrecht der Obergesellschaft zugänglich sind. Damit liegt es nahe, dass der Vorstand im Rahmen der präventiven Kontrolle die Weisungen zu überprüfen hat, so dass schon im Vorhinein rechtswidriges Verhalten unterbunden wird. Man mag sonst auch zweifeln, welche Aufgabe dem Organ sonst noch zukäme, wenn das Gesetz schon eine umfassende Leitung durch die Obergesellschaft zulässt. Die gesetzliche Konzeption deutet ebenso daraufhin, dass das Leitungsorgan der Tochtergesellschaft als ein Hüter zugunsten dieser fungiert. Die besondere Bedeutung dieser Überprüfungspflicht wird auch durch die Haftungsnorm des § 310 Abs. 1 AktG deutlich. Werden Weisungen ausgeführt, obwohl sie rechtswidrig waren, kann sich das Leitungsorgan der Tochtergesellschaft gemäß § 310 Abs. 1 AktG sowie § 93 Abs. 2 AktG gegenüber der Tochtergesellschaft 127  Wie hier: Henze/Lübke, Der Konzern 2009, 159, 162; Maschmann, NZA 2017, 1557, 1561; wohl auch: Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 66; Hirte, in: GK-AktG (2013), § 308 Rn. 28; Servatius, in: Grigoleit, § 308 Rn. 7. 128  Siehe hierzu auch: Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 11; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 76 Rn. 5; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76 Rn. 15, wonach die Unternehmenskontrolle ein Teil der Leitungsverantwortung des Vorstands ist.

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3. Teil: Die Matrixorganisation als Organisation des Konzerns

haftbar machen.129 Damit besteht auch eine besondere haftungsrechtliche Relevanz, die Weisungen zu überprüfen. Somit wird deutlich, dass aufgrund der herausgehobenen Stellung der Kontrolle der Weisungen, diese Aufgabe zu den Leitungsaufgaben der Leitungsorgane der Tochtergesellschaft gehört.130 Die Qualifizierung als Leitungsaufgabe hat zur Folge, dass das Leitungsorgan die Pflicht hat, die sich aus seiner Organstellung ergebende Leitungsfunktion grundsätzlich selbst wahrzunehmen.131 cc) Schlussfolgerung Die Qualifizierung der Überprüfungspflicht als Leitungsaufgabe bedeutet freilich nicht, dass das Leitungsorgan in vollem Umfang alle Aufgaben höchstpersönlich erledigen müsste. Entscheidend für das höchstpersönliche Element der Leitungsentscheidung ist vielmehr die Entscheidungsverantwortung – diese hat stets beim Leitungsorgan zu verbleiben.132 Damit vereinbar sind somit Hilfsfunktionen seitens der Arbeitnehmer, wie beispielsweise die Vorbereitung der Aufgabe.133 Hierbei hat das Leitungsorgan die eingesetzten Personen sorgfältig auszuwählen, einzuweisen und zu überwachen. Um stets die notwendigen Informationen hinsichtlich der erteilten Weisungen zu erhalten und damit überprüfen zu können, hat das Leitungsorgan der Tochtergesellschaft die Arbeitnehmer anzuweisen, sämtliche Weisungen des Matrix­ managers an das Leitungsorgan weiterzugeben sowie sicherzustellen, dass die Arbeitnehmer eine eigene Prüfung anstellen, um die Letztentscheidung der Geschäftsleitung vorzubereiten.134 Auch ist es möglich, dass die Matrixmanager präventiv mit dem Leitungsorgan künftige Weisungen absprechen. Es ist aber unabhängig vom Durchführungsweg sicherzustellen, dass das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft rechtzeitig Kenntnis von der Weisung erlangt, damit es über die Zulässigkeit der Weisung selbstständig entscheiden kann. Es ist damit festzuhalten, dass die Überprüfung von Weisungen eine 129  Vgl. zu dieser Haftung: Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 310 Rn. 20 f.; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 310 Rn. 9 ff. 130  Siehe hierzu auch: Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 11; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 76 Rn. 5; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76 Rn. 15, wonach die Unternehmenskontrolle ein Teil der Leitungsverantwortung des Vorstands ist. 131  Spindler, in: MüKo-AktG, § 76 Rn. 15; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 76 Rn. 66. 132  Spindler, in: MüKo-AktG, § 76 Rn. 15; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 76 Rn. 66. 133  Spindler, in: MüKo-AktG, § 76 Rn. 15; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 76 Rn. 66 f.; siehe zu Vorbereitungsmaßnahmen S. 117. 134  Vgl. hierzu auch: Maschmann, NZA 2017, 1557, 1561; ebenso Geßler, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, § 308 Rn. 28.



§ 1 Implementierung von Matrixorganisationen113

Leitungsaufgabe des Vorstands der Tochtergesellschaft darstellt und damit seitens des Leitungsorgans zu erfüllen ist. Hierbei kann sich das Leitungsorgan zwecks Vorbereitung der Entscheidung untergeordneter Mitarbeiter bedienen, indes hat die Letztverantwortung beim Leitungsorgan zu verbleiben. Dies widerstrebt zwar den Effizienzgedanken der Matrixorganisation, ist aber aktienrechtlich notwendig. 3. Verhältnis von arbeitsvertraglichem und konzernrechtlichem Weisungsrecht

Der „Durchgriff“ des Matrixmanagers auf die Matrixgesellschaft ist – wie skizziert – auf zwei Wegen möglich. Zum einen besteht die Möglichkeit der Bevollmächtigung des Matrixmanagers, wonach das fachliche arbeitsrecht­ liche Weisungsrecht der Matrixgesellschaft gegenüber den Arbeitnehmern durch diesen ausgeübt wird. Zum anderen ist es möglich, dass das konzernrechtliche Weisungsrecht auf den Matrixmanager delegiert wird. Zu betonen ist, dass die Befolgung der Weisungen seitens der Arbeitnehmer der Matrixgesellschaft stets eine Befolgungspflicht gegenüber der Matrixgesellschaft darstellt und nicht gegenüber der Obergesellschaft. Es ist damit notwendig, das Verhältnis zwischen beiden Möglichkeiten zu bestimmen. Problematisch an dieser „doppelten Rechtsnatur“ der Weisung ist, dass das arbeitsvertragliche Weisungsrecht keinen gesellschaftsrecht­ lichen Schranken unterliegt. Vielmehr hat der Arbeitnehmer auch zweckwidrige und nachteilige Weisungen zu befolgen.135 Ein Verweigerungsrecht besitzt der Arbeitnehmer in diesen Fällen nicht.136 Dies gilt nur dann nicht, wenn die arbeitsrechtliche Weisung zu strafbarem oder ordnungswidrigem Handeln verpflichten soll. Eine solche Weisung ist nicht nur nicht zu be­ folgen, sondern nach § 134 BGB nichtig.137 Das bedeutet indes, dass der Matrix­manager über den Weg des arbeitsrechtlichen Weisungsrechts die Arbeitnehmer zu nachteiligen Handlungen anweisen kann, die offensichtlich nicht dem Konzerninteresse dienen, ohne dass diese Weisung konzernrecht­ lichen Schranken unterliegen würde. Auch eine arbeitsrechtliche Weisung ohne ausreichende Solvenz der Obergesellschaft wäre denkbar. Denn beide Weisungen führen im arbeitsrechtlichen Verhältnis nicht dazu, dass die arbeitsrechtliche Weisung rechtswidrig wäre.138 Dies würde letztlich zu einem Unterlaufen der konzernrechtlichen Vorgaben führen. 135  Maschmann, NZA 2017, 1557, 1561; Hromadka/Maschmann, ArbR Bd. 1, § 6 Rn. 23; Hromadka, NZA 2017, 601, 602 ff. 136  Maschmann, NZA 2017, 1557, 1561. 137  Preis, in: ErfK, § 106 GewO Rn. 5; Hromadka/Maschmann, ArbR Bd. 1, § 6 Rn. 23. 138  Maschmann, in: Maschmann/Fritz, Matrixorganisation, S. 174 f., 178.

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3. Teil: Die Matrixorganisation als Organisation des Konzerns

Damit darf das durch den Matrixmanager ausgeübte arbeitsvertragliche Weisungsrecht nicht weitergehen, als das konzernrechtliche Weisungsrecht, welches er gegenüber dem Leitungsorgan ausüben dürfte. Dieses Ergebnis lässt sich vor allem auf die Erwägung stützen, dass das arbeitsvertragliche Weisungsrecht des Matrixmanagers gegenüber den Arbeitnehmern der Ma­ trixgesellschaft derivativ vom konzernrechtlichen Weisungsrecht ist. Denn der Matrixmanager besitzt dieses Weisungsrecht gegenüber den Arbeitnehmern der Matrixgesellschaft allein nur deswegen, weil die Obergesellschaft die Rechtsmacht hat, das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft anzuweisen, ein entsprechendes Weisungsrecht einzuräumen. Die Bevollmächtigung zur Ausübung des fachlichen Weisungsrechts gegenüber den Arbeitnehmern ist allein eine Abkürzung. Denn ohne diese müsste der Matrixmanager das Leitungsorgan entsprechend anweisen, eine Weisung mit dem gewünschten Inhalt gegenüber den Arbeitnehmern zu erteilen. Daher geht die arbeitsvertragliche Weisung nicht weiter, als eine konzernrechtliche Weisung i.  S.  d. § 308 AktG geht. Umgekehrt muss der Arbeitnehmer der Matrixgesellschaft eine Weisung nicht befolgen, sofern diese das Direktionsrecht der Matrixgesellschaft überschreiten würde. Für die Überprüfungspflicht ergibt sich aus diesem Verhältnis, dass das Leitungsorgan auch die arbeitsvertraglichen Weisungen seitens des Matrixmanagers überprüfen muss. Es gilt dasselbe wie zur Überprüfpflicht der konzernrechtlichen Weisung. Denn bestünde allein das Weisungsrecht gegenüber dem Leitungsorgan der Matrixgesellschaft, so hätte auch dieses selbstständig die Grenzen zu überprüfen und eine offensichtlich nachteilige Weisung nicht zu befolgen. Würden diese Grenzen überschritten werden, würden sich der ausführende Weisungsempfänger als auch der Erklärende haftbar machen (§ 310 sowie § 309 Abs. 2 AktG). Diese Grenzen sind daher auch bei der arbeitsvertraglichen Weisung zwingend einzuhalten. Das abgeleitete Recht des Matrixmanagers kann in keinem Fall weitergehen, als das originäre Weisungsrecht aus § 308 Abs. 1 AktG.

C. Zusammenfassung Bei der Frage der Implementierung der Matrixorganisation im Konzern sind zahlreiche Aspekte zu berücksichtigen. Zunächst ist hierbei zwischen der Matrixgesellschaft in der Rechtsform der Aktiengesellschaft sowie in der Rechtsform der GmbH zu unterscheiden. Während bei der Aktiengesellschaft als Matrixgesellschaft ein Beherrschungsvertrag notwendig ist, bedarf es in der GmbH als Matrixgesellschaft eines solchen grundsätzlich nicht, da die Obergesellschaft über die Gesellschafterversammlung Weisungen erteilen kann. Gleichwohl erscheint der Abschluss eines Beherrschungsvertrags auch mit der GmbH sinnvoll, um klare Strukturen zu schaffen.



§ 2 Grenzen und Voraussetzungen bei der Obergesellschaft 115

Bei der Ausgestaltung des Weisungsrechts ist zwischen dem arbeitsvertraglichen und dem gesellschaftsrechtlichen Weisungsrecht zu unterscheiden. Während das arbeitsvertragliche Weisungsrecht die Beziehung der Matrix­ gesellschaft zu deren Arbeitnehmern betrifft, betrifft das gesellschaftsrecht­ liche Weisungsrecht die Beziehung zwischen Obergesellschaft und Matrix­ gesellschaft. Zum notwendigen und gewünschten „Durchregieren“ kann der Matrixmanager seitens der Matrixgesellschaft bevollmächtigt werden, das arbeitsvertragliche Weisungsrecht gegenüber den Arbeitnehmern auszuüben, während zur Ausübung des gesellschaftsrechtlichen Weisungsrechts die Obergesellschaft den Matrixmanager bevollmächtigen kann. Trotz unterschiedlichen rechtlichen Ursprungs ist ein Gleichlauf der Weisungsrechte zur Vermeidung der Umgehung der konzernrechtlichen Vorschriften notwendig, d. h. das arbeitsvertragliche Weisungsrecht darf nicht weitergehen, als das konzernrechtliche Weisungsrecht. Im Übrigen ist die Überprüfungspflicht von Weisungen eine Leitungsmaßnahme, die damit nicht von Arbeitnehmern der Matrixgesellschaft übernommen werden darf. Damit ist das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft präventiv von den Weisungen zu unterrichten, um diese zu überprüfen.

§ 2 Grenzen und Voraussetzungen bei der Obergesellschaft Weiter ist zu untersuchen, inwiefern das Gesellschaftsrecht der Matrixorganisation aus der Sicht der Obergesellschaft Grenzen setzt. Hierbei ist vor allem wieder bei dem Begriff der eigenständigen Leitung der Gesellschaft anzusetzen und den sich daraus ergebenden Folgen. So ist insbesondere zu fragen, inwiefern eine Übertragung von Kompetenzen auf den Matrixmanager dem Leitungsbegriff des § 76 Abs. 1 AktG entgegensteht. Ferner ist zu untersuchen, ob der Vorstand der Obergesellschaft die Matrixorganisation ohne Weiteres einführen kann oder ob der Aufsichtsrat oder die Hauptversammlung bei der Einführung einer Matrixorganisation mitzuwirken haben.

A. Verantwortlichkeit des Vorstands der Obergesellschaft Die Aktiengesellschaft wird vom Vorstand geleitet. Diese Aufgabe hat dieser eigenverantwortlich zu erfüllen, so schreibt es § 76 Abs. 1 AktG vor. Die konkreten Verbote, der Umfang und die Schwierigkeiten des Leitungsbegriffs wurden in dieser Arbeit schon an anderer Stelle näher erläutert.139 Es geht damit um zwei Fragen. Die erste ist, welche Aufgaben der Vorstand der 139  Schon

S. 65 ff.; S. 85 f. zu den daraus resultierenden Verboten.

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3. Teil: Die Matrixorganisation als Organisation des Konzerns

Obergesellschaft auf den Matrixmanager übertragen kann und zweitens, welche Vorkehrungen er zu treffen hat, um seine Pflichten zu erfüllen. I. Die nicht delegierbaren Leitungsaufgaben Das Prinzip der Gesamtverantwortung reguliert nicht nur die Verteilung von Aufgaben innerhalb des Vorstands, sondern beschränkt auch die Möglichkeit der vertikalen Delegation. Wie oben schon erläutert, setzen sich die Leitungsaufgaben aus gesetzlich normierten sowie ungeschriebenen Auf­ gaben zusammen. Hier gilt es, dass der Vorstand diese Aufgaben zu erfüllen hat, eine Delegation ist also ausgeschlossen.140 1. Leitungsaufgaben kraft gesetzlicher Zuweisung

Aufgaben, die das Gesetz in die Verantwortung des Gesamtvorstands übertragen hat, können damit nicht an den Matrixmanager delegiert werden.141 Hierzu zählen zunächst Aufgaben, die das Verhältnis zum Aufsichtsrat berühren.142 So ist der Gesamtvorstand verantwortlich für die Berichterstattung an den Aufsichtsrat (§ 90 AktG) sowie für die Vorlage von zustimmungspflichtigen Geschäften an den Aufsichtsrat (§ 111 Abs. 4 S. 2 AktG). Damit kann der Vorstand nicht darauf verweisen, der Matrixmanager habe an den Aufsichtsrat über seine Tätigkeit zu berichten. Auch hat der Gesamtvorstand die Hauptversammlung einzuberufen (§ 121 Abs. 2 AktG), diese in Geschäftsführungsfragen einzuschalten (§ 119 Abs. 2 AktG) sowie die Beschlussvorschläge an die Hauptversammlung zu erstellen (§ 124 Abs. 3 AktG)143. Schließlich obliegen dem Vorstand als Gesamtorgan auch grundlegende Fragen der Organisation des Rechnungswesens und der Einrichtung eines Überwachungssystems (§ 91 AktG), die Pflichten nach § 92 AktG, die bilanziellen Pflichten und die Vorlage des Jahresabschlusses, des Lage- und Prüfungsberichts und des Vorschlags über die Verwendung des Bilanzgewinns an den Aufsichtsrat (§ 170 AktG).144 All diese Aufgaben hat der Vorstand wahrzunehmen und diese können damit nicht an die Matrixmanager delegiert werden. 140  Schiessl, ZGR 1992, 64, 66 f.; Kort, in: GK-AktG (2015), § 77 Rn. 33 f.; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 76 Rn. 18; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 77 Rn. 24. 141  Schiessl, ZGR 1992, 64, 66 f.; Kort, in: GK-AktG (2015), § 77 Rn. 33 f.; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 76 Rn. 18; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 77 Rn. 24. 142  Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 77 Rn. 24. 143  Fleischer, NZG 2003, 449, 450 f. 144  Siehe hierzu den umfassenden Katalog bei Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 77 Rn. 24; sowie auch Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 76 Rn. 62 f., jeweils m. w. N.



§ 2 Grenzen und Voraussetzungen bei der Obergesellschaft 117 2. Ungeschriebene Leitungsaufgaben

Ferner sind vom Delegationsverbot die ungeschriebenen Leitungsaufgaben umfasst, die sich aus § 76 Abs. 1 AktG ergeben.145 Demnach ist bei der Delegation der Aufgaben der Kernbereich der Leitung der Gesellschaft zu beachten, insbesondere die Festlegung der unternehmerischen Ziele und der Unternehmenspolitik, Grundzüge der Produkt-, Finanz- Investitions- und Personalpolitik sowie die Überwachung der Geschäfts- und Ergebnisentwicklung.146 Hierzu ist auch das Verbot zu zählen, dass das einzelne Vorstandsmitglied für seinen Geschäftsbereich keine geschäftspolitischen Entscheidungen von grundsätzlicher oder übergreifender Bedeutung für die Gesellschaft treffen darf.147 Die Entscheidung, ob eine solche Maßnahme vorliegt, ist stets im Einzelfall zu treffen und hängt insbesondere von der Größe der Unternehmung im Vergleich zur Größe der Gesellschaft ab.148 Regelmäßig sind solche grundsätzlichen oder übergreifenden Maßnahmen anzunehmen, wenn Geschäfte vorliegen, die nach § 90 Abs. 1 Nr. 4 AktG („Geschäft von erheb­ licher Bedeutung“) dem Aufsichtsrat zu berichten sind.149 Mithin sind auch solche Aufgaben nicht auf den Matrixmanager zu übertragen. 3. Leitungsaufgaben vs. Vorbereitungs- und Ausführungsmaßnahmen

Das umfangreiche Pflichtenprogramm des Vorstands erfordert die unterstützende Hilfe durch untere Ebenen. § 76 Abs. 1 AktG steht einer „Marsch­ erleichterung“ nicht entgegen, da lediglich die Wahrnehmung der Leitungsverantwortung durch den Vorstand zu erfolgen hat, indes nicht die Vorbereitung und Ausführung aller Leitungsentscheidungen.150 Damit kann die Vorbereitung der Entscheidungsvarianten und Beschlussvorlagen einzelnen Vorstandsmitgliedern oder nachgeordneten Unternehmensebenen überantwortet werden.151 Entscheidend ist allein, ob der Vorstand seine Entschei145  Emde, FS U. H. Schneider, 295, 299; Henze, BB 2000, 209; Fleischer, NZG 2003, 449; Kort, in: GK-AktG (2015), § 76 Rn. 29; Koch, in: Hüffer/Koch, § 76 Rn. 8; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 76 Rn. 4; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, § 76 Rn. 9; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 76 Rn. 14. 146  Lawall, Die virtuelle Holding, S. 154 ff., 178 f.; Schiessl, ZGR 1992, 64, 68; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 76 Rn. 38; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 77 Rn. 23. 147  Lawall, Die virtuelle Holding, S. 154 ff., 178 f.; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 77 Rn. 23. 148  Siehe hierzu schon unter: S. 67; ebenso: Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 77 Rn. 23. 149  Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 77 Rn. 23. 150  Fleischer, ZIP 2003, 1, 8; ders., in: Spindler/Stilz, § 76 Rn. 20; Kort in: GKAktG (2015), § 76 Rn. 49; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76 Rn. 15. 151  Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 76 Rn. 20.

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dungsverantwortung wahrnimmt. Hierfür ist ausreichend, dass der Vorstand wohlerwogen und in eigener Verantwortung entscheidet.152 Dies lässt sich aus § 91 AktG entnehmen.153 Hiernach ist es für die Erfüllung der Buchführungspflichten ausreichend, dass der Vorstand „dafür sorgt, dass die erforderlichen Handelsbücher geführt werden“. Es ist damit also gerade nicht erforderlich, dass der Vorstand die Bücher selbst führt. Die Vorstandsmitglieder in ihrer Gesamtheit haben zwar für ordnungsgemäße Buchführung zu sorgen, können aber die technische Ausführung delegieren.154 Im Ergebnis müssen die Vorstandsmitglieder nur dafür sorgen, dass Bücher geführt werden, ihre Aufgabe wandelt sich dann zu einer Überwachung der buchführenden Vorstandsmitglieder.155 Schließlich spricht für eine Auslagerung der Vorbereitungsmaßnahmen auch die Auseinandersetzung mit der Begrifflichkeit der Leitung, da dieser die Richtlinien der Unternehmenspolitik und der Organisationsverantwortung in ihren wesentlichen Grundzügen umfasst, indes nicht sämtliche Einzelheiten.156 Die Ausführung von Einzelheiten ist vielmehr zu delegieren, da dem Vorstand die Aufgabe der Führung der Gesellschaft zukommt, indes nicht die Regelung von Einzelheiten.157 Der Vorstand hat dann Sorge dafür zu tragen, dass ein wirkungsvolles Kontroll- und Berichtssystem eingerichtet und personell angemessen ausgestattet wird.158 4. Schlussfolgerung

Die erste Grenze, die sich aus Sicht der Obergesellschaft bei der Einführung der Matrixorganisation und damit der Position des Matrixmanagers ergibt, ist die Leitungsverantwortung des Vorstands. Diese darf nicht auf den Matrixmanager übertragen werden. Dies bedeutet, dass die vom Gesetz als auch die ungeschriebenen Leitungsaufgaben stets vom Vorstand der Obergesellschaft auszuführen sind. Dies schließt allerdings nicht aus, dass der Ma­ trixmanager Vorstandsentscheidungen vorbereitet oder ausführt.

152  Wettich, Vorstandsorganisation. S. 66; Hoffmann-Becking, ZGR 1998, 497, 508; Fleischer, ZIP 2003, 1, 6; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76 Rn. 15. 153  Fleischer, ZIP 2003, 1, 6; ders. WM 2007, 2021, 2023. 154  Spindler, in: MüKo-AktG, § 91 Rn. 7. 155  Wettich, Vorstandsorganisation. S. 67; Spindler, in: MüKo-AktG, § 91 Rn. 7. 156  Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 76 Rn. 20; siehe hierzu auch schon oben S. 65. 157  Kort, in: GK-AktG (2015), § 76 Rn. 49; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 76 Rn. 20. 158  Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 76 Rn. 20.



§ 2 Grenzen und Voraussetzungen bei der Obergesellschaft 119

II. Grundsätze der Vorstandsarbeit Weiter ist zu untersuchen, ob die Matrixorganisation mit der vom Aktiengesetz vorgesehen Vorstandsorganisation vereinbar ist. Diese Frage ist wiederum eng mit der Frage der oben diskutierten Leitung verknüpft, da die Vorstandsorganisation der Eigenverantwortlichkeit der Vorstandsarbeit Rechnung tragen muss. Es geht im Folgenden damit darum, ob die Implementierung eines Matrixmanagers mit erheblichen Befugnisse im operativen Bereich mit dem Aktienrecht vereinbar ist. Die Organisation der Vorstandsarbeit ist maßgeblich von zwei Prinzipen geprägt, die stets zu beachten sind. Zum einen der Grundsatz der Gesamtverantwortung, wonach die Leitung Gesamtaufgabe des Vorstands ist. Zum anderen der Grundsatz der Gleichberechtigung sämtlicher Vorstandsmitglieder. 1. Grundsatz der Gesamtverantwortung

Der Grundsatz der Gesamtverantwortung umfasst die gemeinsame Leitung der Gesellschaft. So hat nach § 76 Abs. 1 AktG der Vorstand die Geschäfte der Gesellschaft unter eigener Verantwortung zu leiten. Dieser elementare gesellschaftsrechtliche Grundsatz wird von der Literatur und Rechtsprechung dahingehend verstanden, dass bei einem mehrköpfigen Vorstand sämtliche Mitglieder des Vorstands gemeinsam die Verantwortung für die Leitung der Gesellschaft im Ganzen tragen.159 Damit ist jedes Vorstandsmitglied auch für sämtliche Belange der Unternehmensleitung verantwortlich.160 Hierbei ist zwischen zwei Ausprägungen zu unterscheiden.161 Zum einen besteht ein Kernbereich organschaftlicher Mindestzuständigkeiten, der zwingend vom Gesamtvorstand wahrzunehmen ist und damit einer vorstandsinternen Geschäftsverteilung Grenzen setzt. Hierbei entspricht diese Grenze den Leitungsaufgaben i. S. d. § 76 Abs. 1 AktG, erfasst also die unternehmerische Führungsfunktion als einen herausgehobenen Teil der Geschäftsführung.162 Zum anderen folgt aus der Gesamtverantwortung eine organschaftliche Überwachungspflicht. Diese ist als individuelle Pflicht der Vorstandsmitglieder 159  BGH, vom 15.10.1996, NJW 1997, 130, 132; BGH, vom 06.07.1990, NJW 1990, 2560; Hoffmann-Becking, ZGR 1998, 497, 506; Spindler, in: MüKo-AktG, § 77 Rn. 61; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 77 Rn. 42; Koch, in: Hüffer/Koch, § 77 Rn.  17 f. 160  Wettich, Vorstandsorganisation, S. 28. 161  Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 77 Rn. 44. 162  Emde, FS U. H. Schneider (2011), S. 295, 299; Henze, BB 2000, 209; Fleischer, NZG 2003, 449; Kort, in: GK-AktG (2015), § 76 Rn. 29; Koch, in: Hüffer/ Koch, § 76 Rn. 8; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 76 Rn. 4; Seibt, in: K. Schmidt/ Lutter, § 76 Rn. 9; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 76 Rn. 14.

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3. Teil: Die Matrixorganisation als Organisation des Konzerns

zur gegenseitigen Kontrolle zu verstehen und ist letztlich eine Selbstkontrolle der obersten Führungsebene der Gesellschaft (Kontrollverantwortung).163 Freilich verhindert der Grundsatz der Gesamtverantwortung nicht die Bildung von Ressorts. Im Rahmen dieser Ressorts trägt fortan das zuständige Vorstandsmitglied die volle Handlungsverantwortung, für die ihm zugewiesenen Aufgaben (Ressortverantwortung). Es muss in diesem Verantwortungsbereich durch geeignete organisatorische Maßnahmen für ein rechtmäßiges Verhalten der nachgeordneten Mitarbeiter sorgen.164 Das Prinzip der Gesamtverantwortung und die hieraus abgeleitete Kontrollverantwortung verpflichtet jedoch die nicht unmittelbar handelnden Vorstände, das Handeln der einzelnen Ressortvorstände auf evidente Fehler zu kontrollieren.165 Zur Wahrnehmung dieser Kontrolle steht allen Vorstandsmitgliedern ein Informations­ anspruch über Angelegenheiten aus anderen Ressorts zu.166 Letztlich ist die Kontrollverantwortung des Vorstands das Spiegelbild der gesetzlichen Pflicht zum Leitungsauftrag. Damit ist nicht nur zu verhindern, dass der Matrixmanager Leitungsaufgaben wahrnimmt, sondern vor dem Hintergrund der Gesamtverantwortung der Vorstandsorganisation ist auch sicherzustellen, dass die Leitungsaufgaben vom Gesamtorgan erfüllt werden. 2. Grundsatz der Gleichberechtigung aller Vorstandsmitglieder

Der Grundsatz der Gleichberechtigung, dessen dogmatische Grundlage in § 77 Abs. 1 S. 2 AktG i. V. m. mit dem Charakter des Vorstands als Kolle­ gialorgan zu verorten ist,167 besagt, dass sämtliche Mitglieder des Vorstands im Grundsatz gleichberechtigt die Aufgaben der Unternehmensleitung wahrnehmen. Hierzu zählt insbesondere das Recht des einzelnen Mitglieds, gleichberechtigt auf Entscheidungen des Vorstands Einfluss zu nehmen.168 Auch ist hierzu das Verbot zu zählen, Entscheidungen gegen die Mehrheit zu treffen.169 163  Wettich, Vorstandsorganisation, S. 28; Emde, FS U.H Schneider (2011), S. 295, 304; Fleischer, NZG 2003, 449, 450; ders., in: Spindler/Stilz, § 77 Rn. 48; Koch, in: Hüffer/Koch, § 77 Rn. 15; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 77 Rn. 25, § 93 Rn. 92; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 169 ff.; OLG Köln, vom 31.08.2000, 18 U 42/00, NZG 2001, 135. 164  Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 77 Rn. 48; Spindler, in: MüKo-AktG, § 77 Rn. 56. 165  Emde, FS U. H. Schneider (2011), S. 295, 304. 166  Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 77 Rn. 49; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 77 Rn. 22; Kort, in: GK-AktG (2015), § 77 Rn. 31. 167  Vgl. Fleischer, NZG 2003, 449, 458; Hoffmann-Becking, ZGR 1998, 497, 514; ebenso: Wettich, Vorstandsorganisation, S. 40. 168  Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 77 Rn. 44. 169  Spindler, in: MüKo-AktG, § 77 Rn. 14; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 77 Rn. 14.



§ 2 Grenzen und Voraussetzungen bei der Obergesellschaft 121

III. Die Delegation von Geschäftsführungsaufgaben auf den Matrixmanager Regelmäßig ist der Matrixmanager leitender Angestellter der Obergesellschaft. Im Rahmen dieser Tätigkeit ist er bei der Gesellschaft mit einem Arbeitsvertrag verbunden.170 Führt er den Matrixbereich als leitender Angestellter, zieht er seine Handlungsmöglichkeiten aus der Delegation von Aufgaben vom Vorstand auf ihn. Dies kann zu Friktionen mit den ebengenannten Grundsätzen der Vorstandsarbeit führen. 1. Zulässigkeit der Delegation

Eine Delegation von Geschäftsführungsaufgaben auf den Matrixmanager ist, wie bereits festgestellt, ohne eine Verletzung des Grundsatzes der eigenständigen Leitung möglich. Eine Übertragung von Leitungsaufgaben auf den Matrixmanager ist dagegen unzulässig.171 Im matrixorgansierten Konzern ist diese Abgrenzung regelmäßig ein schmaler Grat, da dem Matrixmanager gerade operative Führung ermöglicht werden soll und in größeren Konzernen eine solche Aufgabe auch mit umfassenden Befugnissen einhergeht.172 Obgleich dieses Freiraums im operativen Geschäft durch den Matrixmanager, hat der Vorstand der Obergesellschaft sicherzustellen, dass die ihn kraft Gesetzes treffenden Leitungsaufgaben sowie Führungsaufgaben, die eine erhebliche Bedeutung für die Gesellschaft besitzen, nicht auf den Matrixmanager übertragen werden. Dies bedeutet beispielsweise, dass der für die Produktion in einer bestimmten Region zuständige Matrixmanager nicht allein über die Schließung eines Produktionsstandorts entscheiden kann. Ebenso wenig kann er auch über eine umfassende Produktionserweiterung mit einer Aufstockung der Arbeitnehmer allein entscheiden. Dennoch können wesentliche Geschäftsführungsaufgaben durch den Matrixmanager eigenständig beschlossen und ausgeführt werden. Freilich hängen diese zulässigen Geschäftsführungsmaßnahmen durch den Matrixmanager vom Einzelfall im Konzern ab. Dennoch ist es ratsam, im Arbeitsvertrag zum Matrixmanager oder mittels Richtlinien typische Geschäfte und Wertgrenzen aufzustellen. 170  Siehe

hierzu noch S. 181 ff.

171  S.  118 f.

172  Diese Befugnisse gehen einher mit den konstitutiven Voraussetzungen des ­ etrVG zur Anerkennung von leitenden Angestellten. Diese brauchen gerade EinstelB lungs- und Entlassungskompetenz, Prokura oder müssen Aufgaben wahrnehmen, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft, siehe hierzu noch S. 181 ff.

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3. Teil: Die Matrixorganisation als Organisation des Konzerns 2. Pflichten des Vorstands der Obergesellschaft

Damit der Vorstand der Obergesellschaft seine Leitungsaufgabe nicht aus der Hand gibt, hat er bestimmte Maßnahmen zu treffen, um die aus der Delegation folgenden Aufsichtspflichten zu erfüllen. Zunächst ist hervorzuheben, dass die zulässige Delegation einer Aufgabe die Gesamtverantwortung des Vorstands nicht beseitigt. Denn nur die Aufgabe ist delegierbar, indes nicht die diesbezügliche Verantwortung. Damit ist auch klar, dass eine unwiderrufliche Delegation nicht möglich ist.173 Daher hat der Vorstand nicht nur dafür Sorge zu tragen, die Überwachung sicherzustellen, sondern auch die weitere Ausübung der Aufgabe durch den Matrixmanager im Einzelfall zu untersagen und die Aufgabe selbst durchzuführen. a) Verhinderung einer unzulässigen Delegation Nicht möglich ist die Delegation von Leitungsaufgaben. Dies bedeutet, der Matrixmanager darf keine Leitungsentscheidungen treffen. Werden dem Matrixmanager dennoch Leitungsaufgaben übertragen, so ist diese Delegation unwirksam und der Vorstand ist voll verantwortlich.174 Davon nicht umfasst sind jedoch Vorbereitungs- und Ausführungsmaßnahmen, diese kann der Vorstand auch nachgeordneten Unternehmensebenen übertragen.175 Dies hat beispielsweise zur Folge, dass der für die Produktion in einer Region zuständige Matrixmanager die Schließung einer Produktionsstätte nicht selbstständig entscheiden kann. Er kann jedoch diese Entscheidung vorbereiten, d. h. Beschlussvorlagen erstellen und nach erfolgter Entscheidung durch den Vorstand kann der Matrixmanager die Schließung der Produktionsstätte ausführen. b) Auswahlsorgfalt Die Auswahlsorgfalt umfasst diejenigen Verhaltensmaßstäbe, die ein Vorstandsmitglied bei der erstmaligen Übertragung neuer Aufgaben an Unternehmensangehörige anzuwenden hat.176 Hierzu zählt auch die Prüfung, ob der Mitarbeiter die entsprechenden notwendigen persönlichen und fachlichen 173  Schiessl,

ZGR 1992, 64, 81; Wettich, Vorstandsorganisation, S. 179. AG 2003, 291, 292; Schulze, NJW 2014, 3484, 3485; Götz, AG

174  Fleischer,

1995, 337, 338. 175  Fleischer, AG 2003, 291, 292; vgl. hierzu auch Wagner, in: MüKo-BGB, § 831 Rn. 36 zur ähnlichen Fragestellung bei § 831 BGB. 176  Fleischer, AG 2003, 291, 292; Müller, NZA-Beilage 2014, 30, 34; Urban, GWR 2013, 106; Schmidt-Husson, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler, Corporate-Compliance, § 6 Rn. 29; Grigoleit/Tomasic, in: Grigoleit, § 93 Rn. 36.



§ 2 Grenzen und Voraussetzungen bei der Obergesellschaft 123

Qualifikationen besitzt.177 Aufgrund der herausgehobenen Stellung des Ma­ trixmanagers im Konzern und der operativen Einflussmöglichkeiten sind strenge Anforderungen zu stellen. Es ist aufgrund der umfassenden Einflussmöglichkeiten im Übrigen zu empfehlen, sich an den Anforderungskatalog des § 76 Abs. 3 bzw. § 6 Abs. 2 GmbHG anzunähern und diesen entsprechend für den Matrixmanager anzuwenden. Es gilt hierbei der Merksatz, dass je komplexer und umfassender das Aufgabengebiet und demzufolge die Verantwortung des Matrixmanagers ist, umso sorgfältiger muss der Unternehmer ihn auswählen.178 c) Einweisungssorgfalt Die Einweisungs- bzw. Übertragungssorgfalt verpflichtet den Vorstand, die Mitarbeiter einzuweisen und ihnen die ihnen übertragenden Aufgaben zu erläutern.179 Hierzu zählt auch die Einweisung in das konzernweite Berichtssystem und die Zuständigkeitsbereiche sowie der Hinweis auf besondere Gefahrenmomente oder auf typische Rechtsverletzungen.180 Je größer das Gefährdungspotential ist, desto detaillierter müssen die Hinweise und Belehrungen sein.181 So ist beispielweise der Matrixmanager, der den Einkauf in einer bestimmten Region betreut, eindringlich über das kartellrechtliche Verbot von Preis, Mengen- und Gebietsabsprachen zu unterrichten, wobei der bloße Hinweis, die geltenden Gesetze seien zu beachten, nicht ausreichend ist.182 Vielmehr bedarf es der konkreten und detaillierten Belehrung darüber, was verboten ist und welche Sanktionen drohen. Ebenfalls ist unter diese Pflicht auch die notwendige Erneuerung der Belehrungen und Anweisungen zu subsumieren, sofern sich Umstände im Konzern oder rechtliche Bedingungen geändert haben. Daher wandelt sich diese Einweisungssorgfalt in einem dynamischen Umfeld in eine Schulungs- und Fortbildungspflicht.183 177  Fleischer, AG 2003, 291, 292; Schmidt-Husson, in: Hauschka/Moosmayer/ Lösler, Corporate-Compliance, § 6 Rn. 29. 178  Vgl. hierzu BGH, vom 15.02.1978, VIII ZR 257/76, VersR 1978, 538. 179  Fleischer, AG 2003, 291, 292; Müller, NZA-Beilage 2014, 30, 34; Urban, GWR 2013, 106; Schulze, NJW 2014, 3484; Schmidt-Husson, in: Hauschka/Moosmayer/Lösler, Corporate-Compliance, § 6 Rn. 29; Grigoleit/Tomasic, in: Grigoleit, § 93 Rn. 36. 180  Fleischer, AG 2003, 291, 293; ders., Hdb. VorstandsR, § 8 Rn. 31; ders., in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 103; ebenso Hegnon, CCZ 2009, 57, 58. 181  Hegnon, CCZ 2009, 57, 58; OLG Düsseldorf, vom 05.04.2006. 2 Kart 5, 6/05, BeckRS 2007, 00379. 182  KG, vom 25.07.1980, Kart 26/79, WuW/E OLG 2330; OLG Düsseldorf, vom 05.04.2006. 2 Kart 5, 6/05, BeckRS 2007, 00379; Hegnon, CCZ 2009, 57, 60; Fleischer, AG 2003, 291, 293. 183  Fleischer, AG 2003, 291, 293.

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d) Überwachungssorgfalt Die Ausgestaltung der Überwachung und die damit verbundene Sorgfalt des Vorstands ist eine entscheidende Frage der Delegationshaftung, deren Beantwortung indes an den Umständen des Einzelfalls erfolgt. Gleichwohl lassen sich abstrakte Vorgaben aufstellen, die eine Untergrenze der Überwachungssorgfalt bei der Aufgabendelegation darstellen. aa) Einschreiten bei Verdachtsmomenten Einigkeit besteht darin, dass Vorstandsmitglieder Hinweisen oder dem Vorliegen von Verdachtsmomenten auf Gesetzesverletzungen oder Unregelmäßigkeiten seitens untergeordneter Mitarbeiter unverzüglich nachzugehen haben.184 Spätestens beim Vorliegen greifbarer Anhaltspunkte sind also weitere Ermittlungen seitens des zuständigen Vorstandsmitglieds anzustellen. Das Pflichtentrias bei konkreten Verdachtsmomenten lässt sich wie folgt ­zusammenfassen: „Aufklären, Abstellen, Ahnden“.185 Insbesondere die Entscheidung des LG München I in Sachen Siemens/Neubürger macht deutlich, dass ein zaghafter Umgang mit Verdachtsmomenten zu einer Überwachungspflichtverletzung führen kann. In diesem Verfahren wurden dem Beklagten, dem ehemaligen Siemens Vorstand, im Wesentlichen drei Hauptvorwürfe gemacht.186 Der Beklagte hatte, trotz wiederholter, ihm zur Kenntnis gebrachter Gesetzesverletzungen, keine ausreichenden Maßnahmen zur Aufklärung und Untersuchung von Verstößen eingeleitet und damit das rechtswidrige Verhalten nicht unterbunden.187 Ferner hatte sich der Beklagte nicht ausreichend informiert und auch bei Angelegenheiten in Ländern mit weniger ausgeprägten Rechtssystemen (z. B. Nigeria) keine gesteigerte Sorgfalt walten lassen, da er es versäumt hatte, ein Überwachungssystem aufzubauen. Drittens warf ihm das Gericht vor, dass der Vorstand keine zentrale Erfassung sämtlicher Beraterverträge mit Dritten angeordnet und insbesondere jene Verträge nicht überprüft habe, die einen Bezug zu Nigeria aufwiesen. Dieses zutreffende Urteil zeigt anschaulich, dass der Vorstand spätestens bei konkreten Verdachtsmomenten verpflichtet ist, diesen Vorwürfen nachzuge184  Fleischer, AG 2003, 291, 293; ders., Hdb. VorstandsR, § 8 Rn. 31; ders., in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 107; Fuhrmann, NZG 2016, 881, 885; Schulze, NJW 2014, 3484, 3487 f.; siehe für die GmbH: BGH, vom 08.10.1984, II ZR 175/83, BeckRS 1984, 31072035. 185  Fleischer, NZG 2014, 321, 324; Reichert, FS Hoffmann-Becking (2013), S. 943, 948 ff., 958 ff.; vgl. hierzu auch LG München I, vom 10.12.2013, 5 HK O 1387/10, NZG 2014, 345, 347 f. 186  Fleischer, NZG 2014, 321, 324. 187  Fleischer, NZG 2014, 321, 324.



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hen, dies gebietet die Legalitätspflicht. Ebenso zeigt dieses Urteil aber auch, dass schon im Vorfeld eine Verpflichtung besteht, sich über bestimmte gefahrgeneigte Unternehmensfelder zu unterrichten. Die Verdachtsmomente können unterschiedlichen Ursprungs sein. Besondere Aufmerksamkeit und Anforderungen an die Aufklärung sind dann zu stellen, wenn der Verdacht aus der Presse stammt.188 bb) Organisationspflichten Die Vorstandsmitglieder haben geeignete organisatorische Maßnahmen zu treffen, um Rechtsverletzungen durch Unternehmensangehörige zu verhindern. Hierzu zählen allgemeine Organisationsanordnungen sowie die genaue schriftliche Festlegung von Verantwortlichkeiten.189 Gerade dies ist in der Matrixorganisation eine essentielle Aufgabe des Vorstands der Obergesellschaft, da in dieser Organisation naturgemäß mehrere Dimensionen zur Aufgabenbewältigung eingeschaltet werden. Der Vorstand hat daher für jeden Prozessschritt eine genaue Abgrenzung zwischen den einzelnen Mitarbeitern vorzunehmen.190 Hierbei dürfen keine Zuständigkeitslücken entstehen und es ist gleichzeitig sicherzustellen, dass es zu keiner Überschneidung von Aufgaben kommt, da sonst das Risiko besteht, dass sich keiner zuständig fühlt.191 cc) Laufende Kontrolle Kernstück der Überwachungspflicht ist die laufende Kontrolle der Tätigkeit der Mitarbeiter durch den Vorstand.192 Die Intensität der laufenden Kontrolle richtet sich nach der Gefahrgeneigtheit der Arbeit und dem Gewicht der zu beachtenden Vorschriften.193 Ebenso haben die Vorstandsmitglieder im Rahmen der laufenden Kontrolle sicherzustellen, dass Unregelmäßigkeiten nicht vorkommen, dies kann beispielsweise durch überraschende und stichprobenartige Prüfungen geschehen oder, falls diese nicht ausreichend sind, auch durch umfassendere Geschäftsprüfungen, um den Mitarbeitern aufzu188  Fuhrmann,

NZG 2016, 881, 885. AG 2003, 291, 293; ders., Hdb. VorstandsR, § 8 Rn. 36; ders., in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 108. 190  Vgl. hierzu Hegnon, CCZ 2009, 57, 60. 191  Hauschka, AG 2004, 461, 466; Hegnon CCZ 2009, 57, 60. 192  Fleischer, AG 2003, 291, 293; ders., Hdb. VorstandsR, § 8 Rn. 37; ders., in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 109. 193  Fleischer, AG 2003, 291, 293; ders., Hdb. VorstandsR, § 8 Rn. 37; ders., in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 109; vgl. hierzu auch Müller, NZA-Beilage 2014, 30, 34; Urban, GWR 2013, 106; Strohn, CCZ 2013, 177, 180. 189  Fleischer,

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zeigen, dass Verstöße entdeckt werden können.194 Hierbei gilt der Grundsatz, dass eine höhere Qualifizierung der Aufsichtsperson eine geringere Kontrolldichte rechtfertigt, so dass bei Matrixmanagern regelmäßig eine geringere Intensität der Kontrolle gerechtfertigt erscheint.195 dd) Gesteigerte Überwachungspflicht Gesteigerte Überwachungspflichten sind notwendig, wenn es in der Vergangenheit zu Verstößen gekommen ist oder in der Situation der Krise.196 In diesen Fällen sind Vorstände wieder verpflichtet diese Aufgaben selbst wahrzunehmen und nicht mehr durch untergeordnete Mitarbeiter ausführen zu lassen. ee) Rückholverantwortlichkeit Der Vorstand hat darüber hinaus Sorge zu tragen, dass die übertragenen Aufgaben jederzeit wieder in seinen unmittelbaren Ausführungsbereich kommen. Eine solche Möglichkeit hat der Vorstand aufgrund seines Weisungsrechts aus seiner Stellung in der Gesellschaft und damit als Repräsentant des Vertragsarbeitsgebers. Denn Matrixmanager stehen als nachgeordnete Führungskräfte in einem Arbeitsverhältnis zur Gesellschaft.197 Aus diesem folgt das Direktionsrecht des Arbeitgebers (§ 106 GewO, § 315 BGB).198 Für die Ausübung dieser Kontrolle und eines etwaigen Weisungsrechts gegenüber dem Matrixmanager benötigt der Vorstand die notwendige Einsicht in die Tätigkeit des Matrixmanagers. Diese ist durch ein konzernweites Informations- und Berichtswesen zu gewährleisten.199 Die Implementierung eines solchen fällt wiederum in den Pflichtenbereich des Vorstands als Teil der aus der Leitungsaufgabe folgenden Überwachungspflicht. Dieses konzernweite Informations- und Berichtswesen stellt sicher, dass der Vorstand die Ge194  Fleischer, AG 2003, 291, 293; Hegnon, CCZ 2009, 57, 61; BGH, vom 08.10.2002, VI ZR 182/01, NJW 2003, 288, 290. 195  Hegnon, CCZ 2009, 57, 61; vgl. auch BGH, vom 22.04.1980, VI ZR 121/78, 1980, 1901, 1902; OLG Köln, vom 15.02.1989, 27 U 144/88, r + s 1989, 216 f. 196  Fleischer, AG 2003, 291, 293; ders., Hdb. VorstandsR, § 8 Rn. 38; ders., in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 110. 197  Siehe zur Stellung des Matrixmangers, S. 181 ff. 198  Vgl. ebenso für den Bereichsvorstand Wettich, Vorstandsorganisation, S. 180; zum Direktionsrecht des Arbeitgebers Müller-Gölge, in: MüKo-BGB, §  611 Rn.  1016 ff. m. w. N. 199  Für den Bereichsvorstand Wettich, Vorstandsorganisation, S. 180; allgemein hierzu: Kort in: GK-AktG (2015), § 76 Rn. 49a.



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schäftsführung durch den Matrixmanager einsehen und jederzeit darauf einwirken kann. Gleichwohl kann dies im matrixorganisierten Konzern auf Schwierigkeiten stoßen. Denn beim Matrixmanager treffen verschiedene Informationen aus verschiedenen Bereichen zusammen. So laufen bei dem Matrixmanager beispielsweise die Informationen von Produktionen in einer Region zusammen. Der Vorstand der Obergesellschaft ist indes häufig divisional organisiert, so dass beispielsweise der Ressortsvorstand „Produktion“ nicht sämtliche Informationen vom Matrixmanager über dessen Tätigkeit erhält. Dies ist im Hinblick auf die Überwachung problematisch. Denn jedes Vorstandsmitglied trägt unmittelbar für seinen Bereich die Verantwortung und ist aufsichtspflichtig. Hierbei darf das einzelne Vorstandsmitglied sich grundsätzlich darauf verlassen, dass die anderen Vorstandsmitglieder ihre Bereiche ordnungsgemäß führen (Vertrauensgrundsatz), sofern keine Auffälligkeiten vorliegen oder Unregelmäßigkeiten oder Missstände bekannt werden.200 Denn im Rahmen der zulässigen Ressortverteilung führt jedes Vorstandsmitglied sein Ressort eigenständig und hat durch organisatorische Maßnahmen die Einhaltung des rechtmäßigen Verhaltens der nachgeordneten Mitarbeiter sicherzustellen (Ressortverantwortung).201 Sofern der Vorstand nicht spiegelbildlich zur Matrixorganisation organisiert ist, können mehrere Vorstände die primären Adressaten von Informationen seitens des Matrixmanagers sein und haben diesen dann gemeinsam zu überwachen. ff) Richtlinienvorgabe Eng verwandt mit den Organisationspflichten sind die Vorgaben von Zielen und Richtlinien. Bei der Delegation hat der Vorstand den Matrixmanager nicht nur ex-post zu überwachen, sondern mittels „Maßstäben und Richtlinien“ auch präventiv die Geschäftsführung des Matrixmanagers zu beeinflussen. Damit ist eine völlige Autonomie des Matrixmanagers im operativen Bereich nicht notwendig und auch nicht wünschenswert.202 Inhalt dieser „Maßstäbe und Richtlinien“ sind wesentliche unternehmenspolitische Zielsetzungen und die einzuschlagende Geschäftspolitik sowie Grundsatzentscheidungen und allgemeine Richtlinien für die operative Arbeit des Ma200  BGH, vom 08.07.1985, II ZR 198/84, NJW 1986, 54, 55; OLG Köln, vom 31.08.2000, 18 U 42/00, NZG 2001, 135; Froesch, DB 2009, 722, 725; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 174; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 93 Rn. 92; Fleischer, NZG 2003, 449, 453 f. 201  OLG Köln, vom 31.08.2000, 18 U 42/00, NZG 2001, 135; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 77 Rn. 48. 202  Vgl. auch Wettich, Vorstandsorganisation, S. 180.

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trixmanagers, insbesondere auch Anweisungen hinsichtlich Konstellationen, in denen eine Sache dem Vorstand zur Entscheidung vorzulegen ist.203 Die Einhaltung dieser Vorgaben ist auch von der Überwachungsaufgabe des Vorstands umfasst, insbesondere der ressortzuständigen Vorstandsmitglieder. Erst eine solche präventive Führung gewährleistet die zulässige Delegation auch der laufenden Geschäftsführung und nicht nur routinemäßiger Arbeiten. Gleichwohl bleibt die Zuständigkeit des Gesamtvorstands für „erheb­ liche Maßnahmen“ von diesen Vorgaben unberührt. Schließlich gehört zur Leitungspflicht des Vorstands auch die Koordinierung und Organisation der Gesellschaft, die Bereiche aufeinander abzustimmen und auf die Ziele des Gesamtunternehmens auszurichten.204 Die Pflichten des Vorstands hinsichtlich der Aufsicht des Matrixmanagers besteht demnach aus der ex post Überwachung der Tätigkeit des Matrixmanagers sowie aus der präventiven Steuerung mittels „Maßstäben und Richtlinien“ und der Implementierung eines Informations- und Berichtswesens. Damit hält der Vorstand stets die Geschäftsführung in der Hand und im Ergebnis beruht die Aufgabenausfüllung durch den Matrixmanager stets auf – abstrakten – Vorgaben des Vorstands. 3. Überwachungsintensität

Der Überwachungsgegenstand seitens des Vorstands der Obergesellschaft ist nun klar. Er umfasst bei der Delegation von Aufgaben die Einweisung, Organisation, laufende Kontrolle der Tätigkeit sowie die Rückholmöglichkeit und Richtlinienvorgabe auch im operativen Bereich. Indes ist damit nicht klar, wie intensiv diese Überwachung zu erfolgen hat. Auf jeden Fall bedarf es seitens des Vorstands einer intensiven Kontrolle in Fällen, in denen in der Vergangenheit Unregelmäßigkeiten vorgekommen sind oder schwierige Rechtsfragen in Rede stehen.205 Für eine Detailierung der Überwachungsaufgabe lässt sich die Rechtsprechung zu § 831 BGB fruchtbar machen. Dort 203  Wettich, Vorstandsorganisation, S. 180; ähnlich: Hegnon, CCZ 2009, 57, 60; Kort, in: GK-AktG (2015), § 76 Rn. 49a, wonach die Festlegung unternehmenspolitischer Ziele, aber auch die wesentlichen Maßnahmen zum Erreichen dieser Ziele in der Hand des Vorstands bleiben müssen. 204  Wettich, Vorstandsorganisation, S. 181. 205  BGH, vom 01.06.1977, KRB 3/76, NJW 1977, 1784; OLG Stuttgart, vom 12.04.1986, 1 Ws 418/84, wistra 1987, 35; OLG Koblenz, 31.05.1983, 1 Ss 157/83; VRS 65, 457; OLG Düsseldorf, vom 05.04.2006, 2 Kart 5, 6/05, BeckRS 2007, 00379; OLG Köln, vom 15.02.1989, 27 U 144/88, r + s 1989, 216, wonach ein sorgfältig ausgesuchter Fachmann, der sich jahrelang bewährt hat, grundsätzlich nicht besonders überwacht werden muss, solange er weiter auf seinem Fachgebiet arbeitet; ebenso schon BGH, vom 11.04.1951, II ZR 68/50, BGHZ 1, 383, 387; BGH, vom 13.12.1951, III ZR 144/504, BGHZ, 138, 152.



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existiert eine umfassende Kasuistik bezüglich der Frage der Intensität der Überwachungstätigkeit. Hierbei gilt zunächst der Grundsatz, dass die Kon­ trollpflicht umso geringer ist, je höher der Mitarbeiter qualifiziert ist.206 Erst aus gegebenem Anlass ist die Kontrolle besonders qualifizierter und in der Unternehmenshierarchie hochrangiger Mitarbeiter angezeigt.207 Ein solcher Fall ist etwa vorstellbar, wenn Pflichtverletzungen im Raume stehen und zu befürchten ist, dass Informationen über Risiken allein deshalb nicht weitergegeben werden, weil die Personen befürchten, bei deren Aufdeckung selbst in Anspruch genommen zu werden.208 Im Rahmen der laufenden Kontrolle hat die Überwachung aufgrund der besonderen Qualifikation des Matrixmanagers daher in einer geringeren Intensität zu erfolgen.209 Gleichwohl bedeutet dies nicht, dass der Vorstand sich blind auf die An­ gaben des Matrixmanagers verlassen darf. Daher hat sich der Vorstand zunächst über die Tätigkeit des Matrixmanagers informieren zu lassen. Problematisch ist indes, dass der Vorstand häufig nicht im Detail Kenntnis von dem operativen Geschäft hat. Ist z. B. der Matrixmanager verantwortlich für die Herstellung eines Produktes in einer bestimmten Region, so kennt der Vorstand regelmäßig nicht die einzelnen Arbeitsabläufe in den jeweiligen Produktionsstätten. Ebenso wenig ist ihm die genaue Zusammensetzung der Zuliefererbetriebe bekannt und kann damit nicht ohne Weiteres prüfen. Er muss sich bei diesen Berichten zunächst auf die Ausführungen des Matrixmanagers verlassen. Dabei reicht aber die unkritische Auseinandersetzung mit dem Bericht nicht, dies gebietet schon die Einführung eines Risikoüberwachungssystems § 91 Abs. 2 AktG. Soweit es um Risiken im Konzern geht, die zu entsprechenden Risiken auch für die Obergesellschaft führen können, muss der Vorstand stets auf einer angemessenen Informationsgrundlage handeln. Denn das Gebot, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhend unternehme206  OLG Düsseldorf, vom 05.04.2006, 2 Kart 5, 6/05, BeckRS 2007, 379, Rn. 45; OLG Köln, vom 15.02.1989, 27 U 144/88, r + s 1989, 216; Schulze, NJW 2014, 3484, 3488; Hegnon, CCZ 2009, 57, 61. 207  Vgl. OLG Köln, vom 15.02.1989, 27 U 144/88, r + s 1989, 216; Schulze, NJW 2014, 3484, 3488; Hegnon, CCZ 2009, 57, 61. 208  LG Stuttgart, vom 19.12.2017, 31 O 33/16 KfH, NZG 2018, 665, 677. 209  OLG Köln, vom 15.02.1989, 27 U 144/88, r + s 1989, 216; ebenso schon BGH, vom 11.04.1951, II ZR 68/50, BGHZ 1, 383, 387; BGH, vom 13.12.1951, III ZR 144/504, BGHZ, 138, 152; siehe hierzu auch: LG Stuttgart, vom 19.12.2017, 31 O 33/16 KfH, NZG 2018, 665, 677, wonach der Konzernvorstand sich auf Angaben der Tochter- oder Beteiligungsgesellschaft nicht blind verlassen darf, wenn es objektive Anhaltspunkte dafür gibt, dass in der Vergangenheit relevante Risiken verkannt worden sind oder wenn die ernsthafte Gefahr besteht, dass Informationen über Risiken von der Tochter- oder Beteiligungsgesellschaft nicht weitergegeben werden.

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risch zu handeln, gilt auch hier.210 Die jeweils bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten nach besten Kräften zu nutzen, heißt in diesem Fall für den Vorstand, dass er eigene Nachforschungen anstellen muss, um mehr über bestandsgefährdende Risiken auf der Ebene des Matrixmanagers in Erfahrung zu bringen.211 Zur genaueren Bestimmung der Überwachungsintensität ist zu untersuchen, ob sich in anderen Bereichen des Rechts bei vergleichbaren Fragen konkrete Vorgaben entwickelt haben, die hier fruchtbar gemacht werden können. a) Steuerrechtliche Erkenntnisse Die finanzgerichtliche Rechtsprechung erlaubt grundsätzlich die Delegation von steuerrechtlichen Pflichten. Sie sieht das Leitungsorgan nicht als verpflichtet an, sämtliche steuerliche Angelegenheiten der Gesellschaft ohne Einschränkung selbst zu erledigen.212 Vielmehr ist das Leitungsorgan befugt und bei mangelnder eigener Sachkunde sogar verpflichtet, die Erledigung anderen, sachkundigen Personen zu übertragen.213 Im Rahmen dieser Übertragung ist das Leitungsorgan dann jedoch stets verpflichtet, diejenigen Personen, welchen er die Erledigung der steuerlichen Pflichten übertragen hat, laufend und sorgfältig zu überwachen. Hierzu zählt insbesondere auch, sich so eingehend über den Geschäftsgang zu unterrichten zu lassen, dass er unter normalen Umständen mit der ordnungsgemäßen Erledigung der Geschäfte rechnen kann bzw. ihm ein Fehlverhalten des beauftragten Dritten rechtzeitig erkennbar wird.214 Insbesondere dürfen dem Leitungsorgan Unregelmäßigkeiten nicht über einen längeren Zeitraum verborgen bleiben. Dabei braucht er nicht jeden einzelnen Geschäftsvorgang nachzuprüfen. Solange er keine konkreten Anhaltspunkte für eine nachlässige und unzulängliche Aufgabenwahrnehmung hat, darf er sich auf die ordnungsgemäße Erledigung der übertragenen Aufgaben verlassen. Etwas anderes muss allerdings gelten, wenn der Geschäftsführer über konkrete Anhaltspunkte verfügt, die auf Versäumnisse des Dritten hindeuten.215 Zudem bleibt er stets verpflichtet, sich über die Richtigkeit der buch- und belegmäßigen Erfassung zumindest bei herausgehobenen Geschäftsvorfällen selbst zu informieren.216 210  BGH, vom 21.04.1997, II ZR 175/95, NJW 1997, 1926; LG Stuttgart, vom 19.12.2017, 31 O 33/16 KfH, NZG 2018, 665, 677. 211  LG Stuttgart, vom 19.12.2017, 31 O 33/16 KfH, NZG 2018, 665, 677. 212  BFH, vom 26.11.2008, V B 210/07, BeckRS 2008, 25014440; FG Hamburg, vom 06.02.2018, 2 V 324/17, BeckRS 2018, 4926. 213  BFH, vom 26.11.2008, V B 210/07, BeckRS 2008, 25014440; FG Hamburg, vom 06.02.2018, 2 V 324/17, BeckRS 2018, 4926. 214  BFH, vom 30.08.1994, VII R 101/92, BStBl II 1995, 278. 215  BFH, vom 31.10.2005, VII B 66/05, BFH/NV 2006, 480.



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b) Verwaltungsrechtliche Erkenntnisse Im Verwaltungsrecht stellt sich trotz der bestehenden Unterschiede eine ähnliche Frage im Zusammenhang mit dem § 24 VwVfG. Diese Norm regelt zunächst Art und Umfang der Sachverhaltsermittlung. Beides steht nach § 24 Abs. 1 S. 2 VwVfG im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörde. Bei der Sachverhaltsermittlung darf sich nach einhelliger Auffassung in der verwaltungsrechtlichen Literatur die Behörde Dritter bei der Sachverhaltsermittlung bedienen.217 Die Einschaltung Dritter entbindet die Behörde allerdings nicht von ihrer gesetzlichen Verpflichtung, den Sachverhalt selbst zu ermitteln. Dies bedeutet, dass die Behörde weder ein für die Sachverhalts­ relevanz gesetzlich vorgegebenes Prüfungsprogramm erweitern noch ihre Verantwortung für die Auswahl der zu treffenden Maßnahmen auf Sachverständige oder Beteiligte abwälzen kann.218 Die Inanspruchnahme der Dienste von Sachverständigen kann insbesondere in den Fällen erforderlich sein, in denen die Behörde selbst nicht über die hinreichende Fachkunde oder Erfahrung verfügt, z. B. bei komplexen technischen Fragen.219 Gleichwohl bedeutet dies nicht, dass die Behörde sich nicht ohne weitere Prüfung auf die Ergebnisse der Feststellungen des Sachverständigen bei ihrer Entscheidung beschränken kann.220 Es geht damit auch hier um die Konstellation, in der ein von gesetzlichen Normen Betroffener bestimmte Aufgaben „auslagert“ und dieser Dritte einen Wissens- und Informationsvorsprung hat, indes der Betroffene weiterhin die Verantwortung für die Entscheidungen trägt. Im Rahmen dieser Verantwortung hat die Behörde, wie der Vorstand einer Gesellschaft, eine eigene Entscheidung zu treffen und damit auch die Auffassung des Sachverständigen zu kontrollieren. Dabei ist klar, dass jeder kon­ trollierenden Tätigkeit auch eine begrenzte eigene, insoweit jedenfalls nachvollziehende Wertung immanent ist.221 Der Behörde obliegt im Rahmen dieser Prüfung die Abwägung aller Feststellungen und Tatsachen und insbesondere die wertende Gesamtbetrachtung. Die Ergebnisverwertung erstreckt 216  BFH,

vom 26.11.2008, V B 210/07 BFH/NV 2009, 362. vom 05.10.1990, 4 B 249/89, NVwZ-RR 1991, 118, 121; Kopp/Ramsauer, § 24 Rn. 27 f.; Heßhaus, in: BeckOK-VwVfG, § 24 Rn. 7; Kallerhoff/Fellenberg, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 24 Rn. 26, Scherzberg, NVwZ 2006, 377, 378; so auch ausdrücklich § 26 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG. 218  Kallerhoff/Fellenberg, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 24 Rn. 26. 219  Kopp/Ramsauer, § 24 Rn. 27; Heßhaus, in: BeckOK-VwVfG, § 24 Rn. 7; so z. B. § 22 AtG oder § 13 BImSchV, die ausdrücklich die Einholung eines solchen Gutachtens vorsehen. 220  Kopp/Ramsauer, § 24 Rn. 27; Heßhaus, in: BeckOK-VwVfG, § 24 Rn. 7; Kallerhoff/Fellenberg, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 24 Rn. 26; vgl. hierzu auch Scherzberg, NVwZ 2006, 377, 378. 221  BVerwG, vom 05.10.1990, 4 B 249/89, NVwZ-RR 1991, 118, 121. 217  BVerwG,

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3. Teil: Die Matrixorganisation als Organisation des Konzerns

sich regelmäßig auf eine Vollständigkeits- und Schlüssigkeitsprüfung, wobei die Behörde gemäß den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung an die Gesetze der Logik und allgemein feststehender wissenschaftlicher Erkenntnisse gebunden ist.222 Die Behörde hat sich mit der Stellungnahme des Sachverständigen auseinanderzusetzen und die Gesichtspunkte anzuführen, die sie veranlasst haben, das Gutachten seiner Entscheidung zugrunde zu legen oder aber von ihm abzuweichen, was jeweils schriftlich dokumentiert werden muss.223 c) Würdigung von Sachverständigengutachten im Zivilprozess Die gleichen eben aufgeführten Grundsätze gelten auch im Zivilprozess im Zusammenhang mit Sachverständigengutachten. Das Gericht darf hier nicht kritiklos das Gutachten übernehmen, ohne sich in den Urteilsgründen damit auseinanderzusetzen, warum es das Gutachten für folgerichtig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei hält und aufgrund welcher Überlegungen es zu diesem Ergebnis kommt. So hat das Gericht Widersprüche im Gutachten aufzuklären, Unklarheiten durch Befragung nachzugehen, insbesondere durch kritische Nachfragen auf ihre Vollständigkeit und Widerspruchsfreiheit. Dies gilt vor allem für den Fall, in dem sich die schriftlichen Ausführungen mit den mündlichen Aussagen nicht decken.224 Der Richter darf daher auch in schwierigen Fachfragen nicht blind der Meinung eines Sachverständigen folgen. Der Sachverständige solle dem Richter vielmehr nur mit gemeinverständlichen Worten das Rüstzeug liefern, um eine Entscheidung zu erarbeiten und ihre Begründung selber zu durchdenken.225 Lediglich für solche Fragestellungen die derart komplex sind, dass die Wissensvermittlung an einen Laien ausgeschlossen sei, insbesondere aus dem naturwissenschaftlichen Bereich, sind diese Maßstäbe gelockert.226 d) Schlussfolgerungen Nach diesem Rundgang durch andere Rechtsgebiete gilt es nun hieraus für die Frage der Überwachungsintensität Schlüsse zu ziehen. Gemein ist allen, dass stets eine eigene Prüfung und Würdigung vorzunehmen ist. Diese um222  Vgl. hierzu BVerwG, vom 07.07.1978, 4 C 79/76, NJW 1979, 64, 68; VGH Mannheim, vom 23.06.1988, 5 S 1030/87, NVwZ-RR 1989, 349, 353; Gierke/Paul, in: Danner/Theobald, § 20 AtG Rn. 22. 223  Gierke/Paul, in: Danner/Theobald, § 20 AtG Rn. 22. 224  Vgl. zum vorstehenden Bürger, MedR 1999, 100. 225  Hegnon, CCZ 2009, 57, 60. 226  Hegnon, CCZ 2009, 57, 60; vgl. auch Strohn, CCZ 2013, 177, 180.



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fasst zunächst eine Vollständigkeits- und Schlüssigkeitsprüfung. Hierbei sind die Gesetze der Logik zu beachten und darauf zu prüfen, ob Widersprüche vorliegen. Ergeben sich Unklarheiten, sind diese durch Nachfragen aufzuklären. Wendet man diese Prinzipien auf den Vorstand bei der Frage der Überwachung der Aufgabendelegation an, so ist von diesem zu verlangen, dass er die im Zusammenhang mit der Erfüllung einer Pflicht vorliegende Problemlage (Ausgangssituation, Ziele, Risiken) und die Problemlösung nebst deren Alternativen nachvollziehen kann, um die notwendigen Maßnahmen zu beschließen sowie anschließende Kontrollen beurteilen zu können.227 Hierbei ist regelmäßig keine vertiefte Prüfung notwendig, sondern der Vorstand muss die ihm dargebotenen Informationen kritisch hinterfragen, auf auch für Laien erkennbare Widersprüche überprüfen und schließlich als schlüssig einstufen. Dies macht deutlich, dass eine knappe Beschlussvorlage ebenso wenig wie eine sich in Floskeln hüllende Vorlage nicht als Entscheidungsgrundlage genügen kann. Vielmehr ist eine kritische Einarbeitung in den jeweiligen Sachverhalt notwendig und im Rahmen eines Gesprächs mit dem zu beaufsich­ tigenden Matrixmanager die Entscheidung zu überprüfen. Bleiben Zweifel oder Unklarheiten, die der Vorstand mit eigener Sachkunde nicht lösen kann, so hat er sich sachkundiger Unterstützung zu bedienen.228 4. Schlussfolgerung

Die Implementierung der Matrixorganisation sowie die herausgehobene Stellung des Matrixmanagers bedarf nicht nur der Flankierung eines Beherrschungsvertrags im „Gesamtkonzern“, sondern auch organisatorischer Vorkehrungen in der Obergesellschaft, damit diese aktienrechtskonform etabliert werden kann. So muss vom Vorstand der Obergesellschaft sichergestellt werden, dass die Leitungsverantwortung stets bei diesem verbleibt. Weiter muss vor dem Hintergrund der Gesamtverantwortung des Vorstands sichergestellt sein, dass Geschäftsführungsentscheidungen des Matrixmanagers vom Gesamtvorstand überwacht werden. Zwar können Geschäftsführungsaufgaben auf den Matrixmanager delegiert werden, allerdings ist dieser dann nach den Grundsätzen der Delegationsverantwortung zu überwachen. Eine völlige Freiheit des Matrixmanagers ist nicht zulässig. Dies bedeutet, dass der Matrixmanager sorgfältig ausgewählt, eingewiesen und überwacht werden muss. Im Rahmen der Überwachung bedarf es nicht nur der ex post Kontrolle, sondern der Lenkung der Tätigkeit durch Vorgaben und Richtlinien. Stets muss der Vorstand sorgfältig darauf achten, dass der Matrixmanager diese Vorgaben einhält und im Notfall muss 227  Hegnon, 228  Vgl.

CCZ 2009, 57, 60; Strohn, CCZ 2013, 177, 180. hierzu BGH, vom 20.09.2011, II ZR 234/09, CCZ 2012, 76.

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3. Teil: Die Matrixorganisation als Organisation des Konzerns

der Vorstand die Tätigkeit des Matrixmanagers wieder an sich nehmen. Ebenso ist stets eine kritische Überprüfung des Handelns des Matrixmanagers notwendig, die sich jedoch in einer Schlüssigkeitskontrolle erschöpfen kann.

B. Zustimmungsvorbehalte betroffener Aufsichtsräte Die Matrixorganisation führt zu weitreichenden Veränderungen innerhalb des Konzerns. Neben den rechtlichen Besonderheiten ist die Einführung neuer Organisationsformen stets mit Kosten verbunden und auch häufig mit einem Kulturwandel im Konzern.229 Fraglich ist daher, ob die Implementierung einer Matrixorganisation Zustimmungsvorbehalte von den betroffenen Aufsichtsräten auslösen kann. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund des gewandelten Bildes der Aufsichtsratstätigkeit. So ist der Aufsichtsrat zwar weiterhin zuständig für die Überwachung der Geschäftsführung durch den Vorstand. Gleichwohl sind dem Aufsichtsrat sowohl durch die Rechtsprechung des BGH230 als auch durch den Gesetzgeber231 weitere Aufgaben im Sinne eines mitunternehmerischen, beratenden und mitentscheidenden Unternehmensorgans erwachsen.232 Der Aufsichtsrat ist heute damit nicht nur für die Aufarbeitung aus der retroperspektive verantwortlich, sondern auch mitverantwortlich für die Führung der Gesellschaft und des Konzerns und hat damit auch zukunftsgerichtete Aufgaben.233 Eine Mitwirkungsmöglichkeit, auch auf die Geschäftsführung der Gesellschaft, eröffnet grundsätzlich § 111 Abs. 4 S. 2 AktG. Diese Vorschrift ermöglicht dem Aufsichtsrat die Möglichkeit, auf die Geschäftsführung durch den Vorstand mittels Burton/Obel/Håkonson, JOD 2015, 37. nur: BGH, vom 21.04.1997, II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 255 „wo er [der Aufsichtsrat] die unternehmerische Tätigkeit des Vorstands im Sinne einer präventiven Kontrolle begleitend mitgestaltet.“ 231  Zu nennen sind z. B. nur das KonTraG, wonach eine Pflicht zur Überwachung des vom Vorstand einzurichtenden Risikomanagementsystems nach § 91 Abs. 2 AktG begründet wurde als auch die Pflicht, den Abschlussprüfer zu seiner Sitzung über den Jahresabschluss einzuladen und anzuhören nach § 171 Abs. 1 Satz 2 AktG; ebenfalls das TransPuG, wonach gemäß § 90 Abs. 1 Nr. 1 AktG in den Jahres-Berichten nach § 90 Abs. 2 i. V. m. § 90 Abs. 1 Nr. 1 AktG des Vorstands an den Aufsichtsrat auch auf die Unternehmensplanung und auf etwaige Abweichungen von den Planungen mit Gründen einzugehen ist, dafür, dass der Aufsichtsrat nicht mehr nur einen Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte verabschieden kann, sondern einen solchen zu verabschieden hat, § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG. Ferner für weitere Beispiele: Lutter/Krieger/Verse, Hdb. Aufsichtsrat, § 2 Rn. 58 f. 232  Lutter/Krieger/Verse, Hdb. Aufsichtsrat, § 2 Rn. 58. 233  Lutter/Krieger/Verse, Hdb. Aufsichtsrat, § 2 Rn. 58; Hoffmann-Becking, in: Münchener Hdb. GesR IV 4, § 29 Rn. 35. 229  Vgl. 230  Vgl.



§ 2 Grenzen und Voraussetzungen bei der Obergesellschaft 135

eines Vetorechts Einfluss zu nehmen.234 Hiernach hat die Satzung oder der Aufsichtsrat zu bestimmen, dass bestimmte Arten von Geschäften nur mit seiner Zustimmung vorgenommen werden dürfen. Die Zustimmungsvorbehalte können auch konzernweite Bezüge aufweisen.235 Hierbei ist zwischen Maßnahmen des Vorstands der Obergesellschaft, die sich auf Untergesellschaften beziehen sowie Maßnahmen, die sich auf die Konzernleitung an sich beziehen, zu unterscheiden.236 Voraussetzung ist stets, dass das Geschäft auch Auswirkungen auf die Obergesellschaft hat.237 Solche Auswirkungen werden in der Regel im Vertragskonzern eher anzunehmen sein, da der Vorstand der Obergesellschaft einerseits durch sein Weisungsrecht gemäß § 308 Abs. 1 AktG unmittelbar Einfluss auf die Vorstandstätigkeit der Tochtergesellschaft nehmen kann. Andererseits hat die Obergesellschaft aufgrund der Verlusttragungspflicht nach § 302 AktG auch für die Verluste und damit für die finanziellen Risiken in der Tochtergesellschaft einzustehen.238 Der Begriff des Geschäfts i. S. d. § 111 Abs. 4 S. 2 AktG ist weit zu verstehen und es sind nicht nur Rechtsgeschäfte oder sonstige Maßnahmen mit Außenwirkung umfasst, sondern auch rein unternehmensinterne Leitungsmaßnahmen, wie z. B. Organisationsentscheidungen.239 Da durch diese Vorschrift ein Spannungsverhältnis mit der eigenverantwortlichen Leitung des Vorstandes gemäß § 76 Abs. 1 AktG ausgelöst wird und einhellig anerkannt ist, dass die Leitungsmacht des Vorstandes durch den Zustimmungsvorbehalt nicht ausgehöhlt werden darf240, können indes nur solche Geschäfte unter den Zustimmungsvorbehalt fallen, die für die Gesellschaft von grundlegender Bedeutung sind, insbesondere weil sie die Vermögens-, Finanz- oder Er-

234  Habersack, FS Hüffer (2010), S. 259  ff.; Spindler, in: Spindler/Stilz, § 110 Rn. 62. 235  Hoffmann-Becking, in: Münchener Hdb. GesR IV, § 29 Rn. 30; Habersack, in: MüKo-AktG, § 111 Rn. 135; Spindler, in: Spindler/Stilz, § 111 Rn. 86; Lutter/Krieger/Verse, Hdb. Aufsichtsrat, § 4 Rn. 159. 236  Habersack, in MüKo-AktG, § 111 Rn. 135 f-; Drygala, in: K. Schmidt/Lutter, § 111 Rn. 65; Koch, in: Hüffer/Koch, § 111 Rn. 51; Spindler, in: Spindler/Stilz, § 111 Rn. 86; Lutter, AG 2006, 517, 529; Götz, NZG 2002, 599, 600. 237  Habersack, in MüKo-AktG, § 111 Rn. 135 f.; Drygala, in: K. Schmidt/Lutter, § 111 Rn. 65; Koch, in: Hüffer/Koch, § 111 Rn. 51; Spindler, in: Spindler/Stilz, § 111 Rn. 87. 238  Spindler, in: Spindler/Stilz, § 111 Rn. 87. 239  Lange, DStR 2003, 376; Lenz, AG 1997, 448, 459; Drygala, in: K. Schmidt/ Lutter, § 111 Rn. 59; Habersack, in: MüKo-AktG, § 111 Rn. 120; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 111 Rn. 86. 240  Altmeppen, FS K. Schmidt (2009), S. 23, 29 ff.; Habersack, in: MüKo-AktG, § 111 Rn. 121.

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3. Teil: Die Matrixorganisation als Organisation des Konzerns

tragslage des Unternehmens grundlegend verändern.241 Eine existenzverändernde Gefährlichkeit des Geschäfts ist allerdings nicht erforderlich, sondern ausreichend ist, dass der Gesellschaft im Fall des Misserfolgs schwere Schäden drohen.242 Ob die Entscheidung eine Matrixorganisation einzuführen ein zustimmungspflichtiges Geschäft darstellt, ist in der Literatur nur vereinzelt besprochen und im Ergebnis verneint worden.243 Allerdings sprechen gute Gründe dafür, dass die Implementierung einer konzernweiten Matrixorganisation, die letztlich nicht nur organisatorische Änderungen mit sich bringt, sondern auch Arbeitsabläufe grundlegend ändert sowie unternehmenskulturelle Änderungen verursacht244, dem Zustimmungsvorbehalt unterliegt. So verursachen Reorganisationen eines Konzerns erhebliche Kosten auch im Erfolgsfall.245 Gerade am Anfang sind Doppelstrukturen, Reibungsverluste sowie über­ forderte Mitarbeiter zu befürchten. Zudem bedarf die Matrixorganisation aufgrund der geänderten Arbeitsweise eine entsprechende Änderung der ­Unternehmenskultur. Auswirkungen auf die Finanz- sowie Ertragslage des Konzerns sind ebenso wahrscheinlich. Ferner benötigt die Matrixorganisation auch flankierende organisatorische Maßnahmen auf der Ebene des Vorstands in der Obergesellschaft, die wiederum die Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats berühren. Daher fallen, unabhängig von Risikoexposition und Ertragslage, wesent­ liche Änderungen in der Unternehmens- oder Konzernorganisation, wie die Einführung der Matrixorganisation für den Gesamtkonzern, unter einen Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrats.246 Freilich gilt dies nicht, wenn nur partiell eine Matrixorganisation eingeführt wird oder nur ein unwesentlicher Teil des Konzerns betroffen ist. Wann dies der Fall ist, ist indes eine Frage des Einzelfalls.

241  BT-Dr. 14/8769, S. 17; Habersack, in: MüKo-AktG, § 121 Rn. 106; Fleischer, BB 2013, 835, 839 ff.; Drygala, in: K. Schmidt/Lutter, § 111 Rn. 59; Koch, in: Hüffer/Koch, § 111 Rn. 36. 242  Brouwer, Zustimmungsvorbehalte, S. 101; Götz, NZG 2003, 599, 602. 243  Seibt/Wollenschläger, AG 2013, 229, 235, wonach die Einführung einer Ma­ trixorganisation i. d. R. keine spezifische Risikoexposition verursacht. 244  Siehe hierzu S. 21 ff. 245  Siehe hierzu S. 21 ff. 246  Vgl. auch Kropff, in: Semler/v.Schenck, § 8 Rn. 29, sowie Anlage § 8-1 zum Musterkatalog Zustimmungsvorbehalte, dort § 1 Abs. 1 Ziffer 2: „Wesentliche Änderungen in der Organisation des Unternehmens“.



§ 2 Grenzen und Voraussetzungen bei der Obergesellschaft 137

C. Mitwirkung der Hauptversammlung bei Einführung der Matrixorganisation Fraglich ist ferner, ob die Implementierung der Matrixorganisation als Konzernorganisation einer Zustimmung durch die Hauptversammlung der Obergesellschaft bedarf. I. Zustimmung zum Abschluss und zur Änderung von Unternehmensverträgen Unproblematisch ist die Zuständigkeit der Hauptversammlung der Ober­ gesellschaft zu bejahen, wenn ein für die Einführung der Matrixorganisation notwendiger Beherrschungsvertrag abgeschlossen werden muss. Für die Wirksamkeit dieses Vertrags ist gemäß § 293 Abs. 1 AktG die Zustimmung der Hauptversammlung erforderlich. II. Hauptversammlungszuständigkeit nach gesetzlichen Zuständigkeitsbestimmungen Fraglich erscheint allerdings, ob die reine virtuelle Umorganisation des Konzerns eine Hauptversammlungszuständigkeit begründen kann. Die Hauptversammlung ist neben Vorstand und Aufsichtsrat das dritte Organ der Aktiengesellschaft. Während dem Vorstand die Leitung der Aktiengesellschaft obliegt, der Aufsichtsrat die Geschäftsführung durch den Vorstand überwacht, fungiert die Hauptversammlung in dieser Organtrias als Willensbildungsorgan.247 Die Hauptversammlung bildet für ihren Zuständigkeitsbereich den Willen der Gesellschaft kraft organschaftlicher Zurechnung in Beschlussform.248 Der Zuständigkeitsbereich der Hauptversammlung wird im § 119 Abs. 1 AktG beispielhaft aufgezählt und durch weitere gesetzliche Regelungen ergänzt.249 Die aus diesem gesetzlichen Regelungskonzept folgenden Hauptversammlungskompetenzen können zur groben Einteilung in regelmäßig wiederkehrende Maßnahmen, Strukturmaßnahmen und Sonderfälle unterteilt werden.250 Aus dieser Normstruktur lassen sich allerdings keine geschriebenen Zustimmungstatbestände finden, wonach die Hauptversammlung für die Implementierung der Matrixorganisation zuständig wäre. 247  Kubis, in: MüKo-AktG, § 118 Rn. 9; Spindler, in: K. Schmidt/Lutter, § 118 Rn. 12; Mülbert, in: GK-AktG (2017), Vor. §§ 118 Rn. 19. 248  Koch, in: Hüffer, § 118 AktG Rn. 3; Spindler, in: K. Schmidt/Lutter, § 118 Rn. 12. 249  Z. B. §§ 50, 93 Abs. 4 AktG; § 293 AktG; § 65 UmwG. 250  Spindler, in: K. Schmidt/Lutter, § 119 Rn. 7.

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3. Teil: Die Matrixorganisation als Organisation des Konzerns

III. Ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeit Neben den in § 119 Abs. 1 AktG gesetzlich geregelten Zuständigkeiten kann die Hauptversammlung auch aufgrund ungeschriebener Zuständigkeiten mitentscheiden. Stets zu berücksichtigen ist, dass die Entscheidung über die konzerninterne Organisation zunächst eine Geschäftsführungsmaßnahme ist, die zuvörderst in die Zuständigkeit des Vorstandes fällt.251 Eine Zustimmungspflicht von Geschäftsführungsmaßnahmen bzw. die Notwendigkeit, die Hauptversammlung bei solchen Maßnahmen zu beteiligen, ist über die gesetzlich ausdrücklich geregelten Fälle hinaus nur ausnahmsweise und in engen Grenzen anzuerkennen.252 Ungeschriebene Mitwirkungsbefugnisse der Hauptversammlung müssen die Ausnahme sein und bleiben; diese kommen allein dann in Betracht, wenn eine Umstrukturierung die Kernkompetenz der Hauptversammlung, über die Verfassung der Aktiengesellschaft zu bestimmen, berührt.253 Daher wird im Anschluss an die sogenannte „Holzmüller“Entscheidung des BGH vom 25. Februar 1982254 in der Literatur und der Instanzrechtsprechung die Frage diskutiert, ob es auch ungeschriebene, d. h. gesetzlich nicht ausdrücklich normierte Zuständigkeiten der Hauptversammlung gibt, und wenn ja, welche Fälle hierunter fallen.255 1. Holzmüller

Der „Holzmüller“-Entscheidung lag die Klage eines Aktionärs zugrunde, der sich gegen Maßnahmen des Vorstandes wandte. Der Vorstand der beklagten AG übertrug den wertvollsten Betriebsteil (einen Seehafenbetrieb, der ca. 80 % des Gesellschaftsvermögens ausmachte) auf eine hierzu gegründete KGaA (Tochtergesellschaft). An dieser KGaA war die AG zunächst neben drei anderen Gründern und später allein beteiligt. Der BGH hielt den Vorstand der Aktiengesellschaft für verpflichtet, bei derart schweren Eingriffen in die Rechte und Interessen der Aktionäre gemäß § 119 Abs. 2 AktG eine Entscheidung der Hauptversammlung hierüber einzuholen. Denn die Aktiohierzu Lange, DStR 2003, 376; Lenz, AG, 448, 459. Rechtsprechung des BGH: BGH, vom 25.02.1982, II ZR 174/80, NJW 1982, 1703; BGH, vom 26.04.2004, II ZR 154/02, NZG 2004, 575, 576, Gelatine I; BGH, vom 26.04.2004, II ZR 155/02, NJW 2004, 1860, Gelatine II; siehe auch: Hoffmann, in: Spindler/Stilz, § 119 Rn. 24 ff.; Kubis, in: MüKo-AktG, § 119 Rn.  48 ff., jeweils m. w. N. 253  Vgl. BGH, vom 25.02.1982, II ZR 174/80, NJW 1982, 1703; BGH, vom 26.04.2004, II ZR 154/02, NZG 2004, 575, 576, Gelatine I; BGH, vom 26.04.2004, II ZR 155/02, NJW 2004, 1860, Gelatine II. 254  BGH, vom 25.02.1982, II ZR 174/80, NJW 1982, 1703. 255  Siehe hierzu umfassend: Hoffmann, in: Spindler/Stilz, § 119 Rn. 24 ff.; Kubis, in: MüKo-AktG, § 119 Rn. 48 ff., jeweils m. w. N. 251  Vgl.

252  Gefestigte



§ 2 Grenzen und Voraussetzungen bei der Obergesellschaft 139

näre verlören „dadurch namentlich die Möglichkeit, im Rahmen der der Hauptversammlung vorbehaltenen Befugnisse den Einsatz des abgespaltenen Betriebskapitals, das Risiko seines Verlusts und die Verwendung seiner Erträge unmittelbar zu beeinflussen“ (sog. Mediatisierung).256 2. „Gelatine“-Rechtsprechung

Die „Holzmüller“-Entscheidung hatte die Literatur und Instanzrechtsprechung wiederholt beschäftigt, ohne allerdings für die Praxis eine sichere Grundlage zu bilden.257 In den beiden „Gelatine“-Entscheidungen hat der BGH258 an den in der „Holzmüller“-Rechtsprechung entwickelten ungeschriebenen Hauptversammlungszuständigkeiten festgehalten, den Anwendungsbereich aber weiter konkretisiert. Die wohl wichtigste Klarstellung bezieht sich darauf, dass die ungeschriebenen Zuständigkeiten „nur in engen Grenzen“ anzuerkennen sind, wobei der BGH nicht nur die Anwendung reiner Bagatellgrenzen, sondern auch einen 50 %igen Schwellenwert zurückweist.259 Der BGH verlangt nun Auswirkungen, die „einem Zustand nahezu entsprechen, der allein durch Satzungsänderung herbeigeführt werden kann“, was erst bei einer dem „Holzmüller“-Sachverhalt vergleichbaren Größenordnung des betroffenen Unternehmensteils der Fall sein soll. Dies ist der Fall, wenn der „wertvollste Betriebszweig“ betroffen ist, neben dem das Restvermögen „substanz- und ertragsmäßig nicht ins Gewicht“ fällt260. 3. Anwendung dieser Rechtsprechungsgrundsätze

Nach den dargestellten Grundsätzen der Rechtsprechung ist nun zu prüfen, ob die Implementierung einer konzernweiten Matrixorganisation eine solche Grundlagenentscheidung darstellt, die dann die Zuständigkeit der Hauptversammlung begründet. Hervorzuheben ist, dass es auf die konkrete Art der Umstrukturierung nicht ankommt, sondern es ist auf die Auswirkungen auf die Aktionäre des herrschenden Unternehmens abzustellen.261 Es ist daher in jedem Einzelfall zu überprüfen, ob der Einfluss der Aktionäre vor und nach 256  BGH,

vom 25.02.1982, II ZR 174/80, NJW 1982, 1703, 1706. für eine Übersicht: Pentz, in: Hdb. VorstandsR, § 17 Rn. 151 ff.; sowie Hoffmann, in: Spindler/Stilz, § 119 Rn. 24 ff. 258  BGH, vom 26.04.2004, II ZR 154/02, NZG 2004, 575, Gelatine I; BGH, vom 26.04.2004, II ZR 155/02, NJW 2004, 1860, Gelatine II. 259  BGH, vom 26.04.2004, II ZR 154/02, NZG 2004, 575, 576, Gelatine I; BGH, vom 26.04.2004, II ZR 155/02, NJW 2004, 1860, Gelatine II. 260  BGH, vom 25.02.1982, II ZR 174/80, NJW 1982, 1703, 1706. 261  Habersack in: Emmerich/Habersack, Vorb. § 311 Rn. 34; Pentz, in: Hdb. VorstandsR, § 17 Rn. 157; Kubis, in: MüKo-AktG, § 119 Rn. 45. 257  Siehe

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3. Teil: Die Matrixorganisation als Organisation des Konzerns

der Umstrukturierungsmaßnahme überhaupt eine Änderung erfahren hat.262 Hinsichtlich organisationsinterner Maßnahmen, die sich nur in „virtueller“ Form erschöpfen, also ohne den Erwerb, die Veräußerung oder Umstrukturierung von Beteiligungen vorangehen, existieren keine gesicherten Erkenntnisse in der Literatur oder Rechtsprechung. Timm will die Zuständigkeit der Hauptversammlung für die interne Organisationsstruktur (z. B. Divisionalisierung), d. h. ohne die Begleitung von gesellschaftsrechtlichen Strukturmaßnahmen begründen.263 Diese Ansicht beruht auf der Vorstellung, dass der Vorstand der Obergesellschaft nicht berechtigt sein soll, bestimmte Zentralbereiche aus seiner Verantwortung zu entlassen, da damit auch eine Einschränkung des Kontrollbereichs des Aufsichtsrats und der Hauptversammlung einhergeht.264 Zuzustimmen ist Timm darin, dass eine Veränderung von Zentralbereichen den Einfluss des Aufsichtsrats und der Hauptversammlung beeinträchtigen können, sofern jene komplett eingestellt oder in Tochteroder Enkelgesellschaften ausgelagert werden. Verfügt der Vorstand über eine entsprechende grundsätzliche Ermächtigung in der Satzung, so ist dieser in der Verfolgung des Unternehmensgegenstands durch Beteiligungen weitestgehend frei. Dies gibt ihm die Möglichkeit, auf sich verändernde Gegebenheiten flexibel zu reagieren.265 Indes ist zu berücksichtigen, dass virtuelle (Re-)Organisationen und Veränderung die aktienrechtlichen Vorgaben nicht unterlaufen. Vielmehr ist der Vorstand der Obergesellschaft weiterhin berufen, die Gesellschaft als auch den Konzern eigenverantwortlich zu leiten. Der Vorstand wird damit aufgrund der virtuellen Organisation nicht aus der Verantwortung „entlassen“, sondern es bleibt bei der aktienrechtlichen Kompetenzordnung. Daher hat bei der hier vorliegenden Frage der Grundsatz Ausgangspunkt zu sein, dass die Zuständigkeit der Hauptversammlung nur im krassen Ausnahmefall begründbar ist, damit der Grundsatz der Leitungszuständigkeit des Vorstandes gewahrt bleibt. Denn das Aktiengesetz beinhaltet eine „wohlaustarierte Kompetenzverteilung“ von Hauptversammlung, Vorstand und Aufsichtsrat.266 Nach dieser Kompetenzverteilung hat der Vorstand die Chancen und Risiken seines Handelns sorgfältig abzuwägen und dann entschlossen zu agieren.267 Eine Verkürzung dieses Rechts würde den Vorstand zum „Behör262  Ihrig/Schäfer in: Ihrig/Schäfer, Rechte und Pflichten des Vorstands, §  32 Rn. 1255. 263  Timm, AG als Konzernspitze, S. 68. 264  Timm, AG als Konzernspitze, S. 125. 265  H. F. Müller, in: Spindler/Stilz, § 311 Rn. 61. 266  BGH, vom 26.04.2004, II ZR 154/02, NZG 2004, 575 – Gelatine I; vgl. hierzu auch Goette, AG 2006, 522, 524. 267  Goette, AG 2006, 522, 526.



§ 2 Grenzen und Voraussetzungen bei der Obergesellschaft 141

denleiter“ degradieren.268 Auch bestehen Zweifel, die interne Organisation als mitgliedschaftsrelevante Strukturmaßnahme zu beurteilen, da die aktienrechtliche Organisation von einer virtuellen Organisation unberührt bleibt. Gegen eine Zuständigkeit der Hauptversammlung bei der Frage über die Implementierung einer Matrixorganisation sprechen ferner praktische Gründe. Denn entweder muss der Vorstand mit der Organisationsmaßnahme bis zur nächsten Hauptversammlung abwarten oder er beruft eine außerordentliche Hauptversammlung ein, die aber mit erheblichen Kosten verbunden ist. Zudem kostet auch diese Zeit und zwingt den Vorstand schon im Vorfeld zu umfassender Informationserteilung.269 Dies verhindert gerade das vom Ak­ tiengesetz vorgesehene rasche und entschlossene Handeln. Vielmehr bleibt es dabei, dass das austarierte System des Aktiengesetzes eine Mitwirkung der Hauptversammlung nicht für jegliche außergewöhnliche Maßnahme des Vorstands vorsieht, sondern erst bei Strukturveränderungen.270 Eine solche Strukturänderung ist die Implementierung der Matrixorganisation indes nicht. Im Ergebnis hat die Hauptversammlung daher grundsätzlich keine Zuständigkeit bei der Implementierung der Matrixorganisation, da es an einer relevanten Strukturveränderung fehlt.271 Dies gilt nur dann nicht, wenn wie oben angesprochen ein Beherrschungsvertrag abgeschlossen wird. Ferner muss im Einzelfall über eine Beteiligung der Hauptversammlung nachgedacht werden, wenn die Implementierung mit weitreichenden gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen einhergeht, wie der Gründung von Enkel- oder Urenkelgesellschaften. Denn hier kann es zu Strukturveränderungen kommen. Allerdings ist die „virtuelle“ Reorganisation bei der Matrixorganisation der Regelfall, so dass ein solches Szenario wohl ein Ausnahmefall bleiben wird.272

D. Zusammenfassung Die Implementierung der Matrixorganisation sowie die Stellung des Ma­ trixmanagers bedarf nicht nur der Flankierung eines Beherrschungsvertrags 268  Hommelhoff,

Konzernleitungspflicht (1982), S. 171. auch H. F. Müller, in: Spindler/Stilz, § 311 Rn. 61. 270  Goette, AG 2006, 522, 527. 271  Ähnlich Goette, AG 2006, 522, 527, wonach „es nicht um die Mitwirkung der Aktionäre an außergewöhnlichen Maßnahmen der Unternehmensleitung, sondern allein um den Schutz vor Strukturveränderungen geht, welche die Kompetenzzuweisung der Hauptversammlung berühren. Deswegen sind – mangels eines Mediatisierungs­ effekts – Maßnahmen des Vorstands horizontaler Art, also zwischen Tochter- oder zwischen Enkelgesellschaften ohne Bedeutung.“. 272  Vgl. Seibt/Wollenschläger, AG 2013, 229, 230; Henze/Lübke, Der Konzern 2009, 159, 160. 269  So

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3. Teil: Die Matrixorganisation als Organisation des Konzerns

im „Gesamtkonzern“, sondern ferner organisatorischer Vorkehrungen in der Obergesellschaft. So muss vom Vorstand der Obergesellschaft sichergestellt werden, dass die Leitungsverantwortung stets bei diesem verbleibt. Weiter muss vor dem Hintergrund der Gesamtverantwortung des Vorstands sichergestellt sein, dass Entscheidungen des Matrixmanagers vom Gesamtvorstand überwacht werden. Ebenso muss der Vorstand sorgfältig darauf achten, dass der Matrixmanager diese Vorgaben einhält und im Notfall hat der Vorstand die Aufgaben des Matrixmanagers wieder an sich zu nehmen. Die konzernweite Einführung der Matrixorganisation bedarf regelmäßig der Zustimmung des Aufsichtsrats. Eine Beteiligung der Hauptversammlung ist dagegen bei einer rein „virtuellen“ Umorganisation nicht erforderlich. Sollte dagegen die Implementierung der Matrixorganisation auch mit gesellschaftsrechtlichen Strukturmaßnahmen einhergehen, z. B. Ausgliederung von Teilen der Obergesellschaft auf selbstständige Tochter- oder Enkelgesellschaften, kann ein Beteiligungsrecht seitens der Hauptversammlung bestehen.

Vierter Teil

Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation § 1 Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft – der Vorstand – besitzt in der Matrixorganisation keine von der Organisation vorgesehene relevante Aufgabe. Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft wird damit organisa­tions­ bedingt „kaltgestellt“. Gleichwohl beruht allerdings das Haftungsregime für Geschäftsleiter im deutschen Gesellschaftsrecht auf der Vorstellung, dass Einflussmöglichkeiten und Haftung korrespondieren.1 Gleichwohl zeigt die Realität im Matrixkonzern, dass diese Einflussnahme weitreichend gelockert sein kann und der musikgebende Ton von anderer Stelle kommt.

A. Das „machtlose“ Leitungsorgan Vor dem Hintergrund dieser organisationsbedingten Machtlosigkeit erscheint es daher fraglich, ob das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft überhaupt noch Adressat haftungsrelevanter Pflichten sein kann. Denn das Geschäftsleitungsorgan hat in vielen Bereichen seiner Gesellschaft keine Kenntnis mehr und ist von der Informationsversorgung ausgeschlossen.2

1  Schockenhoff,

ZHR 180 (2016), 197, 199. BB 2017, 2883, 2884 „reine Vertretungsmarionette“; Schockenhoff, ZHR 180 (2016), 197, 199, wonach der Geschäftsleiter „in Entscheidungs- und Umsetzungsprozesse nicht mehr eingebunden [ist] und […] vielfach nicht einmal davon [erfährt]“; Conrad, in: Auer-Reinsdorff/Conrad. Hdb.- IT- und Datenschutzrecht, § 33 Rn. 92, „Er [der Geschäftsführer] kann die Gesellschaft jedoch oft […] mangels eigener Entscheidungsbefugnis bzw. entsprechend rechtzeitiger Informationen im Vorfeld nicht steuern.“; diese Feststellungen für das Steuerrecht: Eggert, DStR 2017, 266, 268, „teilweise werden diese [Geschäftsleiter] aufgrund der Matrix-Struktur auch gar nicht über steuerliche Themen informiert.“. 2  Schauf,

144

4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

I. Status quo 1. Das „machtlose“ Leitungsorgan und der Gleichlauf von Herrschaft und Haftung

Der Gedanke des „machtlosen“ Leistungsorgans lässt sich an das „Prinzip“ vom „Gleichlauf Herrschaft und Haftung“ sowie das umgekehrte „Prinzip“ von „ohne Herrschaft keine Haftung“ anknüpfen.3 Nach den Befürwortern dieses Prinzips, gilt der Gleichlauf von Herrschaft und Haftung über die Rechtsordnung hinaus und ist ein wesentliches Element unserer Wirtschaftsordnung.4 Wer Herrschaft ausübt, hat sich zu verantworten. Denn Herrschaft ohne Haftung verleitet zur Unachtsamkeit und Eingehung von nicht beherrschbaren Risiken.5 Umgekehrt ist derjenige, der keine Herrschaft ausübt, nicht von einer Haftung betroffen. Allerdings bestehen durchgreifende Zweifel, ob ein Gleichlauf von Herrschaft und Haftung eine zwingende Grenze der Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht – in Form eines Rechtsprinzips – ist, mit der Folge einer mög­ lichen Enthaftung aufgrund faktischer Machtlosigkeit („keine Haftung ohne Herrschaft“).6 Der Gleichlauf von Haftung und Herrschaft lässt sich im Gesellschaftsrecht zwar in den Vorschriften des § 93 Abs. 2 S. 1 AktG (Haftung des Vorstands), § 116 S. 1 AktG (Haftung des Aufsichtsrats), § 43 Abs. 2 GmbHG (Haftung des Geschäftsführers), § 34 Abs. 2 S. 1 GenG (Haftung des Vorstands) sowie § 41 GenG (Haftung des Aufsichtsrats der Genossenschaft) ablesen, die eindrücklich zeigen, dass die maßgeblich verantwortlichen Organe der Gesellschaft auch für ihr Handeln bei Verletzung ihrer Sorgfaltspflicht einzustehen haben. Auch zeigen die konzernrechtlichen Vorgaben des § 302 Abs. 1 AktG (Ausgleichspflicht der Obergesellschaft), §§ 308 ff. AktG (Schadensersatzhaftung der Leitungsorgane für sorgfaltswidrige Weisungen) sowie die §§ 322 ff. AktG, dass das Konzernrecht vom Gleichlauf von Herr3  Siehe zu dieser Formulierung: Klingberg, S.  60 ff.; Weber, Privatautonomie und Außeneinfluss, S.  181 ff.; Marotzke, ZInsO, 2017, 677 f.; Casper, in: Staub HGB, § 164 Rn. 42; Temming, Der vertragsbeherrschende Dritte, S. 39 f.; Wiedemann, GesR Band I, S. 546; Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften, S.  339 f.; Wimmer-Leonhardt, Konzernhaftungsrecht, S. 15 f. 4  Eucken, Grundsätze der Wirtschaftspolitik, S. 279  ff.; Marotzke, ZInsO 2017, 677, 678; Temming, Der vertragsbeherrschende Dritte, S. 1091 f.; Böhm, Freiheit und Ordnung, S. 126; Weber, Privatautonomie und Außeneinfluss, S. 181; Wiedemann, GesR Band I, S. 543. 5  Marotzke, ZInsO 2017, 677, 678. 6  Vgl. Wiedemann, GesR Band I, S. 543; zur Diskussion bei Personengesellschaften: Weber, Privatautonomie und Außeneinfluss, S. 182; Nitschke, Die körperschaftlich strukturierte Personengesellschaft, S. 217.



§ 1 Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft145

schaft und Haftung geprägt ist.7 Auch die Vorschriften zur oHG (§ 128 HGB) und zur Haftung des Komplementärs (§ 161 Abs. 1, Abs. 2, HGB) sind in dieses Bild einzuordnen.8 Allerdings existiert dieser Gleichlauf nicht ununterbrochen. Vielmehr zeigt doch schon die Möglichkeit der Gründung von Kapitalgesellschaften, dass eine Haftungsvermeidung, trotz Innehabung der Herrschaft, dem geltenden Recht nicht fremd ist.9 So haften auch die einflussausübenden Eigentümer der Gesellschaft dagegen grundsätzlich nicht persönlich, sie haben sich mit ihrer Leistung der Einlage von einer Haftung „freigekauft“.10 Dies zeigt auch die Diskussion zur sogenannten Durchgriffshaftung. Diese setzt nicht unmittelbar an der Einflussmöglichkeit des Mehrheitsgesellschafters an, sondern an einen Missbrauch der Rechtsform, einer Vermögensvermischung oder einer Existenzvernichtung.11 Ebenso sieht die überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum den geschäftsführenden Kommanditisten keiner Außenhaftung ausgesetzt.12 Auch zeigen die Anerkennung der GmbH & Co. KG durch die Rechtsordnung deutlich,13 dass der Gleichlauf von Herrschaft und Haftung gerade keine durchgängige Verankerung im Gesellschaftsrecht aufweist. Für die Anerkennung eines Rechtsprinzips ist aber gerade die Einheitlichkeit der gesetzlichen Vorschriften Voraussetzung. Denn ohne eine solche Einheitlichkeit lässt sich kein Prinzip herleiten.14 Im Ergebnis handelt es sich um ein wirtschaftspolitisches Glaubensbekenntnis, nicht um ein rechtliches Prinzip, das geeignet wäre als Fundament der Lösung von Rechtsfragen zu dienen.15 7  Wiedemann, GesR Band I, S. 546; Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften, S. 339 f.; Wimmer-Leonhardt, Konzernhaftungsrecht, S. 15. 8  Vgl. hierzu: Nitschke, Die körperschaftlich strukturierte Personengesellschaft, S.  214 f., 218 ff. 9  Siehe hierzu schon umfassend die Diskussion zum Trennungsprinzip, S. 56 ff. 10  Vgl. hierzu einschränkend: Temming, Der vertragsbeherrschende Dritte, S. 624 f., der einer Erweiterung der Haftung der Gesellschafter für Maßnahmen der Geschäftsführung offen gegenübersteht. Sofern der Gesellschafter über seine Rolle als Kapitalgeber hinaus agiert, erscheine eine Haftungsbegrenzung nicht mehr gerechtfertigt. 11  BGH, vom 28.04.2008, II ZR 264/06, BGHZ 176, 204, 216  f.; BGH, vom 04.05.1977, VIII ZR 298/75, BGHZ 68, 312, 320; Merkt, in; MüKo-GmbHG, § 13 Rn.  344 ff. 12  BGH, vom 17.03.1966, II ZR 282/63; Haas/Mock in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 164 HGB, Rn. 17; Casper, in: Staub HGB, § 164 Rn. 42; K. Schmidt, GesR, S. 544; Klingberg, S. 65. 13  Oetker, in: Oetker HGB, § 161 Rn. 73; Casper, in: Staub, § 161 Rn. 69  ff.; ebenso die gesetzlichen Regelungen der §§ 172 Abs. 6, 177a HGB u. a., die die GmbH & Co. KG voraussetzen. 14  Vgl. hierzu auch Wiedemann, GesR Band I, S. 544. 15  Vgl. Weber, Privatautonomie und Außeneinfluss, S. 184; K. Schmidt, Zur Stellung der oHG im System der Handelsgesellschaften, S. 119.

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation 2. Bisherige Diskussion

Neben der Verortung der Figur des „machtlosen“ Leitungsorgans im (nichtbestehenden) Prinzip des Gleichlaufs von Herrschaft und Haftung wird die Diskussion zur Privilegierung der Machtlosigkeit im Rahmen einer möglichen einschränkenden Auslegung von Haftungstatbeständen geführt. So wurde und wird der Gedanke der Befreiung des „machtlosen“ Leitungsorgans von seinen Pflichten im Rahmen der Diskussion um die Vermögensbetreuungspflicht bei § 266 StGB geführt. Es geht hierbei um die Frage, ob eine untreuerechtliche Verantwortlichkeit des formal bestellten Geschäftsführers ausscheiden kann, wenn er faktisch keinen Einfluss auf das Vermögen der Gesellschaft mehr ausüben kann.16 Die Stimmen in der Literatur, die eine Strafbarkeit des Leitungsorgans trotz Fehlens der faktischen Leitungsmacht bejahen, stellen auf die formale Stellung des Organs ab (§§ 35, 43 GmbHG, §§ 76 Abs. 1, 93 AktG).17 Aus dieser Stellung ergeben sich auch für das „formale“ Organ Treuepflichten und Möglichkeiten der Einflussnahme.18 Eine andere Ansicht in der Literatur spricht sich allerdings dafür aus, dass das faktisch „machtlose“ Leitungsorgan keiner Vermögensbetreuungspflicht mehr unterliegt.19 Hiernach soll lediglich der „klassische“ Strohmann aus der Strafbarkeit des § 266 StGB herausfallen, da dieser im Innenverhältnis zur Gesellschaft keine Treuepflichten besitzt.20 So wäre eine Vermögensbetreuungspflicht nicht zu rechtfertigen, da die Gesellschafter dem „entmachteten“ Organ gerade eine solche Pflicht nicht auferlegen wollten, sondern durch die Entmachtung gerade zum Ausdruck gebracht haben, dass das „formale“ Organ keinen besonderen Pflichten unterliegen soll.21 Dies ändere sich jedoch dann, wenn das formal bestellte Organ wieder tätig wird und damit seine Pflichten wieder ordnungsgemäß übernimmt.22 16  Sahan/Altenburg,

NZWiSt 2018, 161, 162. in: Müller-Gugenberger, Handbuch des Wirtschaftsstrafs- und ordnungswidrigkeitenrechts, § 29 Rn. 26; Dierlamm, in: MüKo-StGB, § 266 Rn. 92, 162. 18  Waßmer, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, §  266 Rn. 22a; vgl. hierzu auch Sahan/Altenburg, NZWiSt 2018, 161, 162. 19  Seier, in: Achenbach/Ransiek, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 5. Teil, Kap. 2, Rn. 317; auch offen dafür: Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 33. 20  Seier, in: Achenbach/Ransiek, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 5. Teil, Kap. 2, Rn. 317. 21  Seier, in: Achenbach/Ransiek, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 5. Teil, Kap. 2, Rn. 317. 22  Seier, in: Achenbach/Ransiek, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 5. Teil, Kap. 2, Rn. 317; Perron, in: Schönke/Schröder, § 266 Rn. 33. 17  Schmid/Fridrich,



§ 1 Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft147

Eine vergleichbare Diskussion wird im Rahmen der strafrechtlichen Verantwortung des formal bestellten Geschäftsführers nach §  283 Abs.  1 Nr. 7b StGB geführt. Dessen Strafbarkeit wird nach einigen Stimmen in der Literatur verneint, wenn diesem die Erstellung der Bilanz beispielsweise mangels tatsächlicher Einflussnahme auf die Geschäftstätigkeit unmöglich war.23 Gleiches gilt für die Strafbarkeit des § 266a StGB. Hier soll die Rechtsposition des förmlich bestellten Leitungsorgans allein nicht ausreichend sein, um eine rechtlich verbindliche Verantwortlichkeit i. S. d. § 266a StGB begründen zu können. Denn die Verantwortlichkeit muss auch davon gekennzeichnet sein, dass die Leitungsposition mit tatsächlichen Befugnissen ausgestattet ist.24 Tauglicher Täter könne demnach nicht sein, wer nur über den sich aus der Bestellung zum Geschäftsführer ergebenden Rechtsschein verfügt, aber keine Kompetenzen besitzt, um auf die rechtliche und wirtschaftliche Entwicklung der Gesellschaft Einfluss zu nehmen.25 Zwar soll diese Arbeit nicht der Ort sein, die Strafbarkeit des Leitungsorgans vertieft darzustellen. Doch wird deutlich, dass eine ernsthafte Diskussion geführt wird, das „machtlose“ Leitungsorgan aufgrund einer Wertungskorrektur nicht haften zu lassen. Allerdings erteilt der BGH in diesem Zusammenhang solchen Versuchen der Wertungskorrektur eine Absage.26 Nach der Ansicht des BGH entfällt die Verantwortlichkeit des formalen Leitungsorgans nicht dadurch, dass ihm rechtsgeschäftlich im Innenverhältnis keine bedeutsamen Kompetenzen übertragen wurden, um auf die rechtliche und wirtschaftliche Entwicklung der Gesellschaft Einfluss zu nehmen. Es trifft in solchen Fällen nicht zu, dass das Organ nur mit dem sich aus der Bestellung ergebenden Rechtsschein ausgestattet wäre. Denn das Leitungsorgan, welches formal wirksam bestellt ist, hat von Gesetzes wegen stets alle recht­ lichen und damit auch tatsächlichen Handlungsmöglichkeiten.27 II. Unmöglichkeit der Erfüllung der Verpflichtung Wenngleich der BGH sowie ein Teil der strafrechtlichen Literatur eine Wertungskorrektur für das machtlose Leitungsorgan ablehnen, so ist darüber hinausgehend zu überlegen, ob nicht aufgrund eines allgemeinen Grundsat23  KG,

vom 13.03.2002, (5) 1 Ss 243/01 (6/02), wistra 2002, 313, 315. Hamm, NStZ-RR 2001, 173, 174; vgl. hierzu auch Sahan, FS Imme Roxin (2012), S. 295, 303 f. 25  OLG Hamm, NStZ-RR 2001, 173, 174; vgl. hierzu auch Sahan, FS Imme Roxin (2012), S. 295, 303 f. 26  BGH, vom 13.10.2016, 3 StR 352/16, NStZ 2017, 149. 27  BGH, vom 13.10.2016, 3 StR 352/16, NStZ 2017, 149; ähnlich Radtke, in: MüKo-StGB, § 266a Rn. 36; Rönnau, NStZ 2003, 525, 527; Wißmann, in: MüKoGmbHG, § 84 Rn. 57. 24  OLG

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

zes der Unmöglichkeit eine solche Korrektur vorgenommen werden könnte. Den Tatbeständen, die den Leitungsorganen damit eine Pflicht auferlegen, ist dann noch das Tatbestandsmerkmal der tatsächlichen Möglichkeit der Pflichtenerfüllung beizufügen. Möglicher Anknüpfungspunkt für eine Verallgemeinerung dieses Gedankens könnte sein, dass Unmögliches nicht Gegenstand einer rechtlichen Verpflichtung sein kann (impossiblium nulla est obligatio).28 Schon den römischen Juristen war dieses Prinzip bekannt und es war anerkannt, dass eine dennoch erfolgte Aufforderung widersprüchlich ist und damit sinnlos wäre. In den Digesten, der Rechtssammlung Kaiser Justinians, findet sich daher folgende Passage:29 „Impossibilium nulla est obligatio“ – „Zum Unmöglichen besteht keine Verpflichtung“. In anderen Formulierungen lautet derselbe Gedanke auch: „Ultra posse nemo obligatur“ – „Über sein Können hinaus ist niemand verpflichtet“. Im angelsächsischen Raum wird oftmals die parallele Wendung „Ought implies Can“ – „Sollen impliziert Können“ verwendet.30 Im deutschen Vertragsrecht ist dieses Prinzip in § 275 BGB niedergelegt.31 Ebenfalls lässt sich dieser Grundsatz im VwVfG sowie in der AO wiederfinden. Hiernach ist ein Verwaltungsakt nichtig, sofern diesen aus tatsächlichen Gründen niemand befolgen kann (§ 44 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG; § 125 Abs. 2 Nr. 2 AO). Ferner ist nach Ansicht des Generalanwalts der Europäischen Union und auch nach der Kommission der Grundsatz „impossibilium nulla obligatio est“ Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes des Unionsrecht.32 Sofern der Handelnde als Organ aufgrund der Konzernorganisation damit tatsächlich nicht in der Lage ist, seinen Pflichten, die ihn als Organ treffen, nachzukommen, liegt es nahe, ihn für die mangelnde Erfüllung der Pflichten nicht zur Verantwortung zu ziehen.33 Ferner könnte eine Haftung aufgrund einer organschaftlichen Pflichtenstellung unangemessen sein, sofern es dem Handelnden aufgrund seiner tatsächlichen Position gar nicht möglich war zu erkennen, welche konkreten Maßnahmen erforderlich waren, beispielsweise im Hinblick auf das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit oder konkreter Auf28  Kritisch zur Notwendigkeit dieses Grundsatzes: Ekkenga/Kuntz, in: Soergel, § 275 Rn. 6; siehe umfassend zur Entstehung Wagner, Recht der Unmöglichkeit, S.  23 ff., 72 ff. 29  Celsus, D. 50, 17, 185. 30  Joerden, Logik des Rechts, S. 184; Ekkenga/Kuntz, in: Soergel, § 275 Rn. 6. 31  Caspers, in: Staudinger (2014), § 275 Rn. 2 ff.; Riehm, in: beckOGK, § 275 Rn.  12 ff. 32  Schlussanträge des Generalanwalts vom 11.04.2018, C-622/16, CelexNr. 62016CC0622. 33  Vgl. zu diesem Gedanken für die Strafbarkeit bei § 266 StGB: Sahan/Altenburg, NZWiSt 2018, 161, 165; vgl. hierzu auch: Siegmann/Vogel, ZIP 1994, 1821, 1822; Sahan, FS Imme Roxin (2012), S. 295, 303 f.



§ 1 Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft149

sichtsmaßnahmen.34 Im Rahmen der entsprechenden pflichtenbegründenden Tatbestände wäre daher die Möglichkeit der entsprechenden Handlung als Tatbestandsmerkmal zu berücksichtigen.35 III. Stellungnahme Es klingt „charmant“, die Figur des machtlosen Leitungsorgans zu nutzen und im Bereich der Unterlassungsdelikte erscheint sie durchaus angebracht. Allerdings sprechen mehrere Argumente gegen die Verallgemeinerungsfähigkeit eines solchen Gedankens. 1. Keine rechtserhebliche Unmöglichkeit

Es sprechen schon gute Gründe dafür, der aufgeworfenen These die Voraussetzungen abzusprechen, da eine Unmöglichkeit des Handelns zweifelhaft erscheint. Dogmatischer Anknüpfungspunkt der nachfolgenden Ausführungen zur Bestimmung der Unmöglichkeit ist § 275 Abs. 1 BGB. Nach dieser Vorschrift ist der Anspruch auf Leistung ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist. Rechtsfolge dieser Vorschrift ist, dass der Schuldner bei Unmöglichkeit seiner Leistungspflicht diese nicht mehr erbringen muss. Für die Anwendbarkeit dieser Vorschrift auch auf die Pflichten des Leitungsorgans spricht, dass die vom Leitungsorgan zu erbringenden Pflichten ihren Ursprung sowohl im Gesellschaftsrecht als auch im Dienstvertrag haben. Da es hier um eine persönlich zu erbringende Pflicht des Leitungsorgans als Schuldner gegenüber der Gesellschaft als Gläubigerin geht, lässt sich die Vorschrift mithin auf die hier im Raum stehende Frage übertragen. Lehnt man sich an die gesetzliche Regelung des § 275 Abs. 1 BGB an, so kann auch die subjektive Unmöglichkeit ein Fall der Unmöglichkeit sein (§ 275 Abs. 1 Alt. 1 BGB). Es geht hier um das Unvermögen des Schuldners, die geschuldete Leistung zu erbringen. Das Unvermögen kann einmal darin begründet sein, dass dem Schuldner die Fähigkeit fehlt oder verloren geht, die geschuldete Leistung tatsächlich zu erbringen.36 Ebenso kann das Unvermögen darin begründet sein, dass Rechtsvorschriften die Leistung unmög34  Sahan/Altenburg, NZWiSt 2018, 161, 168, die dies für alle echten Unterlassungsdelikte vertreten, sofern der faktische „Nicht-Geschäftsführer“ sich nicht freiwillig in die Position der Machtlosigkeit gegeben hat; Sahan, FS Imme Roxin (2012), S.  295, 303 f. 35  Vgl. zu diesen Gedanken: Sahan/Altenburg, NZWiSt 2018, 161, 168. 36  Caspers, in: Staudinger (2014), § 275 Rn. 65.

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

lich machen.37 Da hier rechtliche Vorschriften gerade die Pflichtenstellung des Leitungsorgans begründen, kann es hier nur um eine Unmöglichkeit aufgrund persönlicher Umstände gehen. Hierfür ist nach überwiegender Auffassung erforderlich, dass der Schuldner die Disposition über den Leistungsgegenstand auch in Zukunft nicht erlangen kann. Das Leistungshindernis muss für den Schuldner mit anderen Worten unüberwindbar sein.38 Nimmt man diese schuldrechtlich geprägte Dogmatik als Ausgangspunkt zur Beantwortung dieser Frage, so wird deutlich, dass in der Person des Leitungsorgans ein solches Unvermögen gerade nicht vorliegt. Einerseits ist das Leitungsorgan schon kraft Gesetzes mit Kompetenzen ausgestattet, um seine eigenen Pflichten zu erfüllen. Diese Pflichten einzuhalten, indem entsprechende Kompetenzen durchgesetzt werden, zur Not auch gegen die Gesellschafter, zählt zur Führungsaufgabe des Leitungsorgans. Denn als formal bestelltes Organ ist es grundsätzlich mit allen Handlungsmöglichkeiten ausgestattet, die es für die Einflussnahme auf die Geschicke der Gesellschaft benötigt.39 Wer sich allerdings als formal bestelltes Organ von der tatsächlichen Ausführung unternehmerischer Entscheidungen fernhält, macht dies auf eigenes Risiko. Bestehen tatsächliche Hindernisse, beispielsweise in der Person des Gesellschafters, weswegen das Leitungsorgan seinen Pflichten nicht nachkommen kann, hat das Leitungsorgan notfalls gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.40 Unterlässt das Leitungsorgan diese Durchsetzung seiner Rechte oder andere erfolgsversprechende Maßnahmen, begründet gerade dieses Verhalten wiederum das pflichtwidrige und schuldhafte Verhalten und setzt das Leitungsorgan dem Vorwurf aus, dass es für seine Machtlosigkeit selbst verantwortlich ist. Für die Vermeidung einer Haftung bleibt dann nur der Weg der Amtsniederlegung, wenn die eigenen Kompetenzen nicht mehr „verteidigt“ werden können.41 Tatsächliche Untätigkeit trotz recht­licher Möglichkeit führt damit gerade nicht zur subjektiven Unmöglichkeit. 37  Caspers,

in: Staudinger (2014), § 275 Rn. 68. 14/6040, S. 129; BGH, vom 21.01.2015, VIII ZR 51/14, NJW 2015, 1516, 1518, Rn. 25; Ernst, in: MüKo-BGB, § 275 Rn. 55; Lorenz, in: BeckOK-BGB, § 275 Rn. 44. 39  BGH, vom 13.10.2016, 3 StR 352/16, NStZ 2017, 149; ähnlich Radtke, in: MüKo-StGB, § 266a Rn. 36; Rönnau, NStZ 2003, 525, 527; Wißmann, in: MüKoGmbHG, § 84 Rn. 57; BGH, vom 21.01.2015, VIII ZR 51/14, NJW 2015, 1516, 1518, Rn. 25; Böse, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, § 14 Rn. 31. 40  BGH, vom 13.10.2016, 3 StR 352/16, NStZ 2017, 149; ähnlich Radtke, in: MüKo-StGB, § 266a Rn. 36; Rönnau, NStZ 2003, 525, 527; Wißmann, in: MüKoGmbHG, § 84 Rn. 57. 41  BGH, vom 13.10.2016, 3 StR 352/16, NStZ 2017, 149; ähnlich Radtke, in: MüKo-StGB, § 266a Rn. 36; Rönnau, NStZ 2003, 525, 527; Wißmann, in: MüKoGmbHG, § 84 Rn. 57; siehe hierzu auch BFH, vom 12.05.2009, VII B 266/08, BFH/ NV 2009, 1589 ff. 38  BT-Drs.



§ 1 Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft151 2. Rechtsordnung erfordert klare Verantwortlichkeiten

Auch spricht gegen die Anerkennung des „machtlosen“ Leitungsorgans, dass das geltende Gesellschaftsrecht klare Zuordnungen statuiert. Der Vorstand der AG und der Geschäftsführer der GmbH sind stets notwendige Organe ihrer Gesellschaften.42 Erst durch Leitungsorgane werden die Kapitalgesellschaften als juristische Person handlungsfähig.43 Dies machen schon die Vorschriften zur gerichtliche Bestellung des Leitungsorgans deutlich, sogenannte Notbestellung (§ 85 Abs. 1 AktG; sowie § 29 BGB, der auch ­ analog auf die GmbH angewandt wird)44. Auch gilt im Gesellschaftsrecht der Grundsatz der Publizität der Organisationsverfassung.45 Außenstehende Dritte müssen dem festgesetzten Organisationsrecht abschließend und verbindlich entnehmen können, welche Rechte und Pflichten dem Leitungsorgan zustehen und wie die gesellschaftsrechtlichen Kompetenzen verteilt sind.46 Die Begründung besonderer Leitungsorgane, insbesondere die Zuweisung der Leitungsautonomie an den Vorstand der Aktiengesellschaft ist auch Ausfluss der Trennung von Inhaberschaft und Leitung.47 So sind im Kapitalgesellschaftsrecht anders als im Personengesellschaftsrecht die Gesellschafter nicht notwendig geschäftsführungsberechtigt und -verpflichtet. Die Rechtfertigung der Übertragung von Leitungsmacht auf den Vorstand der Aktiengesellschaft und die gleichzeitige Entmachtung der Gesellschafter liegt darin, dass den Aktionären „meist […] der notwendige Überblick über die Geschäftslage“ fehlt.48 Im Ergebnis geht es um die Schaffung von Strukturen, die effiziente und informierte Entscheidungen im Interesse aller Anteilseigner sowie der Allgemeinheit ermöglichen.49 Schon dies zeigt die Bedeutung des Leitungsorgans für die Gesellschaft und die Rechtsordnung. Die Notwendigkeit der Existenz eines Leitungsorgans resultiert aber nicht nur aus diesen übergreifenden Überlegungen, sondern wird auch aus den 42  Vgl. hierzu: Kort in: GK-AktG (2015), § 76 Rn. 11; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76 Rn. 7; ebenso für die GmbH Stephan/Tieves, in: MüKo-GmbHG, § 35 Rn. 13; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 35 Rn. 2, jeweils m. w. N. 43  Vgl. hierzu Kort in: GK-AktG (2015), § 76 Rn. 11; K. Schmidt, GesR, S. 248; Wiedemann, GesR Bd. I, S. 212. 44  BGH, vom 16.06.1952, IV ZR 131/51, NJW 1952, 1009; Tebben, in: Michalski, § 6 Rn. 72. 45  Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, Ang. 6 Rn. 11. 46  Schäfer, Haftung Leitungsorgan abhängiger Gesellschaften, S. 125; Karwatzki, Fremdgeschäftsführer, S. 152. 47  Kuntz, AG 2016, 101, 103. 48  Amtliche Begründung zum Aktiengesetz 1937, abgedruckt bei Klausing, Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien nebst Einführungsgesetz und „Amtlicher Begründung“, 1937, S. 3. 49  Kuntz, AG 2016, 101, 103.

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

Gründungsvorschriften deutlich.50 Der Vorstand der Aktiengesellschaft ist gemäß § 33 Abs. 1 AktG neben dem Aufsichtsrat für die Prüfung der Gründung der Aktiengesellschaft verantwortlich. Damit sieht schon §  33 Abs. 1 AktG die Existenz eines Vorstands vor. Ferner ist die Gesellschaft bei dem Registergericht nach § 36 Abs. 1 AktG von allen Gründern und Mitgliedern des Vorstands und des Aufsichtsrats zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Dieser Anmeldung sind gemäß § 37 Abs. 4 Nr. 3 AktG die Urkunden über die Bestellung des Vorstands beizufügen. Ebenso verhält es sich bei der Gründung der GmbH. Hier weist das Gesetz dem Geschäftsführer bestimmte Aufgaben zu. So sieht § 8 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG vor, dass bei der Anmeldung Geschäftsführer legitimiert sind. Eine Eintragung der Gesellschaft, ohne dass diesem Erfordernis entsprochen ist, ist unzulässig, den Eintragungsantrag einer nicht oder nicht wirksam zum Geschäftsführer berufenen Person hat der Registerrichter also zurückzuweisen.51 Damit wird deutlich, dass das gesetzliche Vertretungsorgan bereits im Gründungsstadium der Gesellschaft gegeben sein muss. Eine Entstehung von Kapitalgesellschaften ohne Etablierung eines Vorstands oder Geschäftsführers ist also nicht möglich. Die zwingende Erforderlichkeit erklärt sich auch hier mit den Bedürfnis des Rechtsverkehrs nach einem genau definierten Vertretungsorgan mit fest umschriebenen (Vertretungs-)Kompetenzen.52 Es geht also auch um den Schutz des Vertrauens in die Kompetenzen des formal bestellten Leitungsorgans, welches der Rechtsverkehr hat. Dieser Gedanke wird auch durch die Regelungen des § 81 AktG sowie des § 39 GmbHG unterstrichen. Diese Regelungen verpflichten die Gesellschaft, Änderungen in der Leitung der Kapitalgesellschaft in das Handelsregister einzutragen. Dies soll im Interesse Dritter geschehen. Diese haben das Bedürfnis, wenn sie mit der Gesellschaft kontrahieren, jederzeit über die Leitungsorgane und deren Vertretungsbefugnis Auskunft nehmen zu können.53 Im Übrigen liegt dies auch zugleich im Interesse der Gesellschaft, da auf diese Weise das ihr entgegengebrachte Vertrauen vom Rechtsverkehr zunimmt.54 Diese klare gesetzliche Regelung über die Existenz des entsprechenden Leitungsorgans sowie die vom Gesetz vorgesehene Publizität verhindern, dass ein wirksam bestelltes und in das Handelsregister eingetragene Organ nicht als solches angesehen werden kann. Letztlich unterstreicht dies hierzu auch Kort, in: GK-AktG (2015), § 76 Rn. 25. hierzu umfassend Goette, in: MüKo-GmbHG, § 6 Rn. 4. 52  Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 35 Rn. 2; Bachmann/Eidenmüller/Engert/Fleischer/Schön, Rechtsregeln für die geschlossene Kapitalgesellschaft, S. 76 f. 53  Spindler; in: MüKo-AktG. § 81 Rn. 1; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 76 Rn. 1; für die GmbH: Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, §  39 Rn.  1; U. H. Schneider/S. H. Schneider, in: Scholz, § 39 Rn. 1; Stephan/Tieves, in: MüKo-GmbHG, § 39 Rn. 1. 54  Spindler; in: MüKo-AktG, § 81 Rn. 1. 50  Vgl.

51  Siehe



§ 1 Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft153

auch die Regelung des § 15 HGB, wonach Eintragungen im Handelsregister öffentlichen Glauben genießen und der Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs durch eine dreifach gestaffelte Publizitätswirkung dienen.55 Die gesellschaftsrechtlichen Vorschriften zum Leitungsorgan sowie die dazu korrespondierenden registerrechtlichen Regelungen dienen daher gerade der Schaffung klarer Zuweisung von Verantwortlichkeiten. Liest man nun in die das Leitungsorgan treffenden Pflichten noch die tatsächliche Möglichkeit der Handlung hinein, so ergäbe sich eine vom Gesetzgeber nicht gewollte Rechtsunsicherheit. Räumt die Rechtsordnung einer Person Befugnisse und Aufgaben ein, so hat der Handelnde diese auch auszuführen und durchzusetzen.56 Es ist daher auch Zweck der einschlägigen Regelungen, zu den gesellschaftsrechtlichen Leitungsorganen Verantwortlichkeiten festzuhalten und gerade kein System der Unverantwortlichkeit zu begründen. 3. Drittschützende Pflichten

Die unter Ziffer 2 aufgeworfenen Argumente werden dadurch verstärkt, dass sich die Pflichten und die Haftung der Leitungsorgane regelmäßig auch auf öffentlich-rechtliche sowie drittschützende Vorschriften erstrecken. Diese Vorschriften knüpfen gerade an die formale Stellung des Organs an, da wie unter Ziffer 2 aufgeführt, das Leitungsorgan von Gesetzes wegen, als notwendiges Organ vorgesehen ist. Die Nichtwahrnehmung seiner Organfunktion und der damit einhergehenden Pflichten kann nicht zulasten der von den Normen geschützten Kreise entschieden werden. Dies wird insbesondere bei gläubigerschützenden Vorschriften deutlich. Diese wurden geschaffen, um auch zum Schutz der Gläubiger das Vermögen der Gesellschaft zu bewahren und damit einhergehend auch die sich aus dem Trennungsprinzip ergebenden Risiken abzumildern. Das formale Leitungsorgan ist damit (untechnisch gesprochen) „Garant“ für die Aufrechterhaltung einer bestimmten Masse. Der Rechtsverkehr vertraut auf die Fähigkeit des Leitungsorgans diese „Mindestmasse“ zu erhalten. Würde man nun die Möglichkeit zulassen, diese Stellung von den Einflussnahmemöglichkeiten des Organs abhängig zu machen, zerstört man dieses Vertrauen und gefährdet letztlich auch das Trennungsprinzip, da die Gläubiger sich weitere Sicherheiten seitens der Gesellschafter und Leitungsorgane einholen würden.

55  Hopt,

in: Baumbach/Hopt, § 15 Rn. 1. Gedanke liegt auch der Übernahmeverantwortlichkeit zu Grunde, siehe hierzu noch S. 213 ff. 56  Dieser

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation 4. Verschuldenserfordernis

Schließlich ist bei der gesamten Problematik zu berücksichtigen, dass eine Vielzahl der das Leitungsorgan treffenden Haftungsnormen ein Verschulden voraussetzen.57 Im Rahmen des Verschuldens wird die Frage der tatsächlichen Eingriffsmöglichkeit regelmäßig berücksichtigt, freilich unter der Berücksichtigung des Aspekts, dass die Person als Leitungsorgan kraft Gesetzes Pflichten unterliegt.58 In der Praxis wird das Verschuldenserfordernis daher regelmäßig bei Vorliegen einer objektiven Pflichtverletzung nicht verneint werden können.59 Denn das Vorstandsmitglied hat für die Fähigkeiten und Kenntnisse einzustehen, welche die ihm anvertraute Aufgabe objektiv erfordert, so dass subjektive Unzulänglichkeiten ebenso wie ein fehlendes Durchsetzungsvermögen keine Exkulpation begründen können.60 IV. Zusammenfassung Woher die Musik kommt, ist für das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft im Rahmen der operativen Aufgaben zwar maßgeblich, jedoch hat das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft – um in der Musik zu bleiben – bei seinen eigenen Pflichten auch ein Instrument zu spielen. Es kann sich nicht auf eine Zuhörerrolle zurückziehen, sondern hat sich aktiv um die Bewältigung seiner Pflichten zu kümmern. Eine Freistellung von den übernommenen Organpflichten aufgrund organisatorischer Machtlosigkeit ist nicht denkbar. Dies verbieten der Verkehrsschutz und der Gläubigerschutz. Ebenso spricht hiergegen schon das Fehlen der tatsächlichen Machtlosigkeit.

B. Die Leitungsaufgabe des Leitungsorgans der Matrixgesellschaft Die Leitungsaufgabe der Geschäftsleitung der Tochtergesellschaft wandelt sich im Rahmen der Konzernierung. Die Leitungsmacht des Vorstands der 57  Für die AG: § 93 Abs. 2 S. 1 AktG; §§ 92 Abs. 2, 93 Abs. 3 Nr. 6  AktG; Für die GmbH: § 43 Abs. 2 GmbHG; § 64 GmbHG; allgemein: § 823 Abs. 2 BGB; §§ 69, 34 AO; § 266a StGB; § 283 StGB; § 283b StGB. 58  BGH, vom 13.10.2016, 3 StR 352/16, NStZ 2017, 149, für die Strafbarkeit nach § 266a StGB; OLG München, vom 28.11.2007, 7 U 5444/05, BeckRS 2008, 2645, für eine Rückzahlungspflicht nach § 64 GmbHG; FG Schleswig-Holstein, vom 08.09.2015, 1 K 71/14, ZInsO 2016, 531. 59  Fleischer, in: MüKo-GmbHG, § 43 Rn. 255, „die ‚Würfel‘ fallen zumeist auf der Ebene der objektiven Pflichtverletzung“; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 198. 60  Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 205; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 198.



§ 1 Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft155

Matrixgesellschaft wird überlagert von dem Weisungsrecht der Obergesellschaft. Dennoch bleibt die Matrixgesellschaft eine selbstständige Gesellschaft und der Vorstand der Matrixgesellschaft ist auch gesellschaftsrechtlich vorgesehen. Damit ist zu untersuchen, welche relevanten Leitungsaufgaben dem Vorstand der Matrixgesellschaft noch verbleiben. I. Leitungsverantwortung des Leitungsorgans Die Leitungsverantwortung des Leitungsorgans der Tochtergesellschaft im Vertragskonzern steht im Spannungsfeld zwischen § 76 Abs. 1 AktG sowie § 308 Abs. 1 AktG, namentlich der eigenverantwortlichen Leitung der Gesellschaft und der Weisungsbindung gegenüber der Obergesellschaft. Dieses Spannungsverhältnis löst die gesetzliche Regelung zugunsten des Weisungsrechts der Obergesellschaft auf. Bei Bestehen eines Beherrschungsvertrags steht die Leitung der Tochtergesellschaft durch deren Vorstand unter dem Vorbehalt des § 308 Abs. 1  AktG.61 Die eigenverantwortliche Leitung der Tochtergesellschaft durch deren Vorstand wird durch das Weisungsrecht und die grundsätzliche Pflicht zur Weisungsbefolgung durchbrochen.62 Soweit also keine Weisungen seitens der Obergesellschaft vorliegen, hat der Vorstand der Tochtergesellschaft diese damit in eigener Verantwortung zu leiten; § 76 Abs. 1 AktG „lebt“ wieder auf.63 Allerdings ist diese autonome Leitung regelmäßig durch die Weisungen in Form von Richtlinien eingeschränkt.64 Gleichwohl hat der Vorstand der Tochtergesellschaft bei Leitungsmaßnahmen im weisungsfreien Raum allein das Interesse der von ihm geleiteten Gesellschaft zu berücksichtigten, indes nicht das Konzerninteresse, da es nicht im Verantwortungsbereich des Vorstands der Tochtergesellschaft liegen kann, dieses zu konkretisieren; dies obliegt allein dem Vorstand der Obergesellschaft durch einheitliche Planung und Umsetzung dieser Planung durch Weisungen.65 Allerdings besteht die Pflicht des Vorstands sich mit der Obergesellschaft abzustimmen, sofern dieser erkennt, dass bestimmte verfolgte Ziele dem Konzerninteresse zuwiderlaufen könnten.66 Hinsichtlich der Lei61  Semler, Leitung und Überwachung, Rn. 446; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 76 Rn. 68; Koch, in: Hüffer/Koch, § 76 Rn. 51; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76 Rn. 42. 62  Spindler, in: MüKo-AktG, § 76 Rn. 42; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 52b; Kort, in: GK-AktG (2015), § 76 Rn. 141, 150. 63  Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 76 Rn. 68; ebenso Koppensteiner, in: KKAktG, § 308 Rn. 71; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 76 Rn. 103. 64  Leuring/Goertz, in: Hölters § 308 Rn. 11. 65  Vgl. hierzu: Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 76 Rn. 68; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 54. 66  Kort, in: GK-AktG (2015), § 76 Rn. 142; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 76 Rn. 68; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 76 Rn. 90; Koch, in: Hüffer/Koch, § 76 Rn;

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

tung durch den Vorstand der Obergesellschaft besteht trotz der (scheinbar) klaren gesetzlichen Ausgangslage die Frage, welche Restkompetenzen beim Vorstand der Tochtergesellschaft verbleiben müssen. Denn auch das Vertragskonzernrecht sieht das Leitungsorgan der Tochtergesellschaft weiterhin als Leitungsorgan vor und weist diesem die Aufgaben zu und nicht dem Vorstand der Obergesellschaft. Die Leitungsmacht über die Gesellschaft liegt weiterhin originär beim Vorstand und ist nicht von der Konzernspitze abgleitet. Seine eigene Haftung gegenüber der Tochtergesellschaft (§ 93 AktG) wird durch die §§ 308 ff. AktG nicht verdrängt, sondern bleibt bestehen. II. Überwachung der Einhaltung der Grenzen des Weisungsrechts Durch das Weisungsrecht der Obergesellschaft, ausgeübt durch deren Vorstand oder bevollmächtigten Vertreter, verlagert sich die Leitungsmacht auf die Obergesellschaft. Zwecks effektiver Umsetzung der Leitungsmacht verpflichtet das Gesetz den Vorstand der Tochtergesellschaft zur Befolgung der Weisungen (§ 308 Abs. 2 S. 1 AktG). Aus der autonomen Leitungsmacht des Vorstandes der Tochtergesellschaft wird eine Befolgungspflicht.67 Diese Befolgungspflicht steht allerdings stets unter dem Vorbehalt, dass die Weisung ihrerseits zulässig ist, andernfalls bleibt die Leitungsmacht des Vorstandes der Tochtergesellschaft bestehen.68 An die Stelle der Befolgungspflicht tritt die Pflicht des Vorstandes der Tochtergesellschaft zum Widerstand.69 Neben der Frage der Zulässigkeit der Weisung ist auch die Frage der Vorteilhaftigkeit für die Konkretisierung der Grenzen relevant. Die Frage, ob nachteilige Weisungen zu befolgen sind, richtet sich nämlich nach § 308 Abs. 2 S. 2 AktG. Das heißt also: Der Vorstand der Matrixgesellschaft hat in einer zweistufigen Prüfung die Weisung der Obergesellschaft zu prüfen. Im ersten Schritt hat er die Weisung auf die Zulässigkeit hin zu überprüfen, also, ob die Weisung im Rahmen der Vorgaben des Beherrschungsvertrags, des Gesetzes, der Satzung erteilt worden sind sowie, ob die Weisung die Existenz der Gesellschaft gefährdet und ob die Liquidität der Obergesellschaft vorhanden differenzierend: Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 54, wonach keine Pflicht zum konzernfreundlichen Verhalten besteht, indes aus dem Beherrschungsvertrag jedoch die Pflicht besteht den Vorstand der Obergesellschaft in Zweifelsfällen zu konsultieren; dem folgend: Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 308 Rn. 155. 67  Seibt/Cziupka, AG 2015, 721, 722; Fleischer, in: Hdb. VorstandsR, §  18 Rn. 85. 68  Seibt/Cziupka, AG 2015, 721, 722; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 22; siehe hierzu schon: S. 107 ff. 69  Clemm, ZHR 141 (1977), 197, 198; Seibt/Cziupka, AG 2015, 721, 723.



§ 1 Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft157

ist.70 Im zweiten Schritt hat der Vorstand dann zu prüfen, ob die nachteilige Weisung offensichtlich nicht den Belangen des herrschenden Unternehmens und der anderen mit ihm konzernverbundenen Unternehmen dient (§ 308 Abs. 2  S. 2  AktG).71 Diese Aufgabe ist eine Leitungsaufgabe und damit vom Vorstand der Matrixgesellschaft selbstständig wahrzunehmen und umfasst auch die Prüfung der vom Matrixmanager erteilten arbeitsrechtlichen Weisungen. III. Legalitätspflichten Neben der elementaren Pflicht der Weisungsüberprüfung, die eng mit der Legalitätspflicht verbunden ist, hat das Leitungsorgan ebenso die Pflicht, die ihn treffenden gesetzlichen Anforderungen einzuhalten. Denn diese Bereiche sind dem Weisungsrecht der Obergesellschaft gerade entzogen und bleiben in der Verantwortlichkeit des Leitungsorgans der Tochtergesellschaft.72 Die Beachtung dieser Verantwortlichkeit ist im matrixorgansierten Konzern umso wichtiger. Denn im Matrixkonzern werden die Zuständigkeiten organisa­ tionsbedingt atomisiert. Auch sind die wesentlichen Akteure namentlich in der Person der Matrixmanager auf operative Optimierung ausgerichtet, nicht aber am Allgemeininteresse oder der Legalitätspflicht.73 So beeinflusst gerade Führungskräfte bei ihren Entscheidungen eher die „Angst“, Ziele nicht zu erreichen und so aus „dem Spiel ausgeschlossen zu werden“; dies führt gerade bei geteilten Verantwortlichkeiten zu einer „Dispersion der Moral“74 und begründet ein System der Unverantwortlichkeit.75 Eine solche Organisation der Unverantwortlichkeit darf indes nicht entstehen.76 Dies zu verhindern, ist auch Aufgabe des Leitungsorgans der Matrixgesellschaft, als zentraler Verantwortlicher für die Einhaltung der Rechtmäßigkeit des Handelns der

70  In diese Richtung schon der Gesetzgeber BT-Drs. IV/171, S. 227, wonach der Vorstand eine Weisung, sofern sie nicht rechtmäßig ist, etwa, weil der Beherrschungsvertrag solche Weisungen ausschließt, nicht befolgen darf; siehe zu den Grenzen schon S.  95 ff. 71  Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 52a; Seibt/Cziupka, AG 2015, 721, 722; siehe hierzu schon. S. 107 ff. 72  Hierzu auch Götz, ZGR 2003, 1, 5. 73  Diese Feststellung ebenso treffend: Schauf, BB 2017, 2883, 2888. 74  U. Beck, Die organsierte Unverantwortlichkeit, S. 96 ff., 103 ff. 75  Al-Ani, Das Prinzip organisierte Unverantwortlichkeit, 12.10.2015, zeit-online. 76  In Anlehnung an U. Beck, Die organsierte Unverantwortlichkeit, S.  96  ff., 103 ff.; vgl. auch zum vergleichbaren englischsprachigen Begriff „don’t ask, don’t tell-system“, Nelson, Corporate Crime, June 2, 2017, S. 9 f., verfügbar unter https:// ssrn.com/abstract=2979728 (zuletzt abgerufen am: 06.06.2019).

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

Matrixgesellschaft.77 Danach ist die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und der unternehmensinternen Richtlinien Aufgabe des Leitungsorgans. Die Legalitätspflicht ist Kernbereich der Sorgfaltspflichten.78 Inhalt dieser Pflicht ist sowohl im Innen- als auch im Außenverhältnis den rechtlich vorgegebenen Handlungsrahmen einzuhalten.79 Zu der Pflicht lässt sich einerseits die interne Pflichtenbindung zählen, die durch das Aktiengesetz, die Satzung oder die Geschäftsordnung vorgegeben wird. Andererseits zählt zur Legalitätspflicht vor allem auch die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben des Arbeits- und Wirtschaftsrechts, des Handelsrechts, des Kartell- und Wettbewerbsrechts sowie Straf- und Ordnungsvorschriften und weitere Vorschriften des öffentlichen Rechts.80 Die gesetzlichen Vorgaben sind stets vom Leitungsorgan einzuhalten. Von der Legalitätspflicht sind auch gerade solche Verstöße umfasst, die sich für die Gesellschaft als lohnend darstellen (z. B. Schmiergeldzahlungen zum Erhalt von Aufträgen oder Kartellabsprachen).81 Damit bleibt festzuhalten, dass das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft für die Rechtmäßigkeit des Handelns in der Matrixgesellschaft verantwortlich ist. Was dies für Pflichten bedeutet, die jedes Leitungsorgan regelmäßig beschäftigen, ist nachfolgend näher zu untersuchen. 1. Insolvenzantragspflicht

§ 15a InsO verlangt von den Vertretungsorganen der Gesellschaft, dass diese, sofern die Gesellschaft zahlungsunfähig oder überschuldet wird, einen Insolvenz-Eröffnungsantrag zu stellen. Allerdings ist ein Insolvenzfall bei der Tochtergesellschaft im Matrixkonzern während der Dauer des notwendigen Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrags nahezu ausgeschlossen, wenn und solange das herrschende Unternehmen solvent ist und alle Jahresfehlbeträge der beherrschten Gesellschaft ausgleichen kann.82 Eine Insolvenz der Tochtergesellschaft ist lediglich in der Konstellation denkbar, in welcher der Verlustausgleich am Jahresende wegen einer unter77  Vgl. hierzu auch: Schauf, BB 2017, 2883, 2888; siehe zu den Folgen eines ­ ystems der Unverantwortlichkeit am Beispiel des VW-Abgasskandals, Nelson, CorS porate Crime, June 2, 2017, S. 9 f.; Al-Ani, Das Prinzip organisierte Unverantwortlichkeit, 12.10.2015, zeit-online. 78  Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 14, „Kardinalspflicht“. 79  Thole, ZHR 173 (2009), 504, 505; Bicker, AG 2014, 8; Hopt/Roth, in: GKAktG (2015), § 93 Rn. 132 f..; Fleischer, in: Hdb. VorstandsR, § 7 Rn. 4. 80  Raiser/Veil, in: KapGesR, § 14 Rn. 81; Fleischer, ZIP 2005, 141, 144. 81  BGH, vom 13.09.2010, 1 StR 220/09, NJW 2011, 88, 91; Thole, ZHR 173 (2009), 504, 505; Rehbinder, ZHR 148 (1984), 555, 569; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 36. 82  Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 302 Rn. 38; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, § 13 Anh. Rn. 58 ff.; vgl. auch: Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 63 f.



§ 1 Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft159

jährigen Zahlungsunfähigkeit zu spät kommen würde.83 Gerade für diese Situation ist jedoch aufgrund der in § 302 AktG verankerten Garantie des herrschenden Unternehmens, für die wirtschaftliche Existenz der abhängigen Gesellschaft während der Dauer des Vertrags einzustehen, anzunehmen, dass sich ein Anspruch der Gesellschaft auf Beseitigung des Insolvenzgrundes der Zahlungsunfähigkeit ergibt.84 Gleichwohl ist das Leitungsorgan der Tochtergesellschaft Normadressat des § 15a InsO und hat daher im Falle der – unwahrscheinlichen – Insolvenz einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen. Hierbei ist es bei dieser Norm unerheblich, ob das zur Antragstellung verpflichtete Organ tatsächlich Kenntnis von den Insolvenzgründen hat.85 Eine positive Kenntnis hinsichtlich der Insolvenzgründe der Gesellschaft ist gerade nicht erforderlich, sondern das Leitungsorgan haftet vielmehr schon bei fahrlässiger Unkenntnis.86 Beim Eintritt bestimmter Verdachtsmomente, beispielsweise nachhaltiger Liquiditätsprobleme, einer länger andauernden negativen Ertragslage oder erheblichen Forderungsausfällen, sind die Leitungsorgane verpflichtet, von sich aus zu prüfen, ob die Insolvenzreife eingetreten ist.87 Daher ist es erforderlich, dass die Leitungsorgane die Vermögenslage der Gesellschaft laufend beobachten und sich bei Anzeichen einer krisenhaften Entwicklung durch Aufstellung einer Zwischenbilanz oder eines Vermögensstatus einen Überblick über den Vermögensstand zu verschaffen.88 Dies ist in der Matrixorganisation problematisch, da die Buchführung und die Kommunikation der Finanzsituation häufig vorbei an den entsprechenden Leitungsorganen geschieht und diese die notwendigen Informationen somit organisationsbedingt gar nicht erhalten.89 Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Leitungsorgan sich nicht damit abfinden darf, dass ihm die erforderlichen Kontrollmöglichkeiten – etwa durch eine Ressortabgrenzung zwischen den Geschäftsleitern – vorenthalten wurden. Vielmehr handelt es sich bei der Befolgung von dieser Vorschrift um eine Leitungsaufgabe des gesamten Leitungsorgans.90 Um diese Aufgaben erfüllen zu können, muss das Leitungsorgan daher für 83  Altmeppen,

in: MüKo-AktG, § 302 Rn. 38. in: MüKo-AktG, § 302 Rn. 38. 85  BGH, vom 29.11.1999, II ZR 273/98, NJW 2000, 668. 86  H.F. Müller, in: MüKo-GmbHG, § 64 Rn. 5, 159 f. 87  Zu den Verdachtsmomenten: Drukarczyk/Schöntag, in: Gottwald, InsolvenzRHdb., § 2 Rn. 5 f. 88  BGH, vom 20.02.1995, II ZR 9/94, GmbHR 1995, 299; BGH, vom 29.11.1999, II ZR 273/98, NJW 2000, 668; BGH, vom 27.03.2012, II ZR 171/10, NZG 2012, 672 Rn. 15. 89  Schauf, BB 2017, 2883, 2884; Seibt/Wollenschläger, AG 2013, 229, 238  f.; Wisskirchen/Dannhorn/Bissels, DB 2008, 1139, 1140; Wisskirchen/Bissels, DB 2007, 340, 341 f. 90  BGH, vom 20.02.1995, II ZR 9/94, NJW-RR 1995, 669. 84  Altmeppen,

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

eine Organisation sorgen, welche die erforderliche Übersicht über die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Gesellschaft jederzeit ermöglicht.91 Das Leitungsorgan kann sich daher nicht damit exkulpieren, dass seine Kompetenzen in Buchführungs- und Finanzfragen durch die Einführung einer Matrixstruktur auf einer anderen Konzernebene wahrgenommen werden. Das Leitungsorgan bleibt Normadressat des § 15a InsO. 2. Massesicherungspflicht

Eng mit der Insolvenzantragspflicht ist die Massesicherungspflicht des Leitungsorgans verbunden (§§ 92 Abs. 2, 93 Abs. 2 Nr. 6 AktG). Hiernach ist es den Leitungsorganen verboten, Zahlungen nach Eintritt der Zahlungsun­ fähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung vorzunehmen. Eine Missachtung dieser Vorschrift führt zu einer Ersatzpflicht gegenüber der Gesellschaft. Aus diesem Verbot folgt zunächst, dass die Leitungsorgane die finanzielle Lage der Gesellschaft ständig beobachten müssen. Von ihnen wird erwartet, dass sie sich gegenüber Begehrlichkeiten der Gesellschafter standhaft zeigen. Ein normgerechtes Verhalten setzt voraus, dass die Geschäftsleiter und ihre Berater über zentrale Begriffe des Insolvenzrechts sowie über Einleitung und Ablauf des Verfahrens einschließlich der Haftungsrisiken umfassend Bescheid wissen.92 Für eine Haftung ist dagegen nicht erforderlich, dass das Leitungsorgan die Zahlung selbst vorgenommen oder angeordnet hat, es reicht vielmehr aus, dass das Leitungsorgan diese hätte verhindern können.93 Da dem Leitungsorgan schon bei ersten Anzeichen der Krise eine umfassende Überwachungs- und Kontrollpflicht sowohl gegenüber den Mitgeschäftsleitern als auch gegenüber den Angestellten trifft, geht die Zurechnung von Leistungen aus dem Gesellschaftsvermögen sehr weit.94 Demnach erscheint eine Exkulpation mit dem Verweis darauf fernliegend, dass die Zahlung von einem Gesellschaftsexternen vorgenommen worden ist. Denn die Überwachungs- und Kontrollpflicht trifft das Leitungsorgan und dieses hat diese Pflicht auch gegenüber Vertretern des Gesellschafters durchzusetzen. Etwas anderes ist nur denkbar, wenn das Leitungs-

91  BGH, vom 19.06.2012, II ZR 243/11, NZG 2012, 940; BGH, vom 20.02.1995, II ZR 9/94, NJW-RR 1995, 669. 92  H.-F. Müller, in: MüKo-GmbHG, § 64 Rn. 5. 93  BGH, vom 16.03.2009, II ZR 32/08, NJW 2009, 1598, 1599; BGH, vom 01.03.1993, II ZR 61/92, jetzt II ZR 81/94, NJW 1994, 2149; H.-F. Müller, in: MüKo-GmbHG, § 64 Rn. 144. 94  BGH, vom 16.03.2009, II ZR 32/08, NJW 2009, 1598, 1599; BGH, vom 01.03.1993, II ZR 61/92, jetzt II ZR 81/94, NJW 1994, 2149 ff.; H.-F. Müller, in: MüKo-GmbHG, § 64 Rn. 144.



§ 1 Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft161

organ trotz Kontrolle und Nachfrage aktiv vom Vertreter des herrschenden Unternehmens getäuscht worden ist.95 3. Steuerrechtliche Pflichten

Die Legalitätspflicht und damit einhergehend die Verantwortung der gesetzlichen Vertreter nach § 34 Abs. 1 AO gelten unabhängig von der Konzernstruktur. Die Vorstände der Untergesellschaften müssen ihre steuerrechtlichen Pflichten selbst erfüllen. Problematisch ist indes im Rahmen der Matrixorganisation, dass die Leitungsorgane der Untergesellschaft, anders als der Konzernvorstand, teilweise über keine eigene steuerrechtliche Expertise und häufig auch nicht über eigene steuerlich vorgebildete Mitarbeiter verfügen, an die sie steuerliche Aufgaben delegieren können.96 Vielmehr werden die steuerrechtlichen Pflichten konzernweit von der Obergesellschaft gesteuert und erfüllt.97 Die ausführenden Mitarbeiter dieser Konzernsteuerabteilung sind in der Regel bei der Obergesellschaft angestellt. Die Leitungsorgane der Untergesellschaft können gegenüber den Mitarbeitern der Konzernsteuerabteilung damit keine Weisungen erteilen. Dies hat zur Folge, dass Entscheidungen zu Fragen des Steuerrechts häufig ohne die verantwortlichen Leitungsorgane getroffen werden. Teilweise werden diese aufgrund der Matrixorganisation auch gar nicht über steuerliche Themen informiert.98 Dies ist grundsätzlich aber zunächst nicht problematisch. Denn Leitungsorgane können ihre steuerrechtlichen Pflichten weitgehend delegieren.99 Dennoch bleibt die steuerrechtliche Verantwortlichkeit des Leitungsorgans auch bei der Delegation bestehen. So genügt die Delegation der Steuerpflichten an die zentrale Steuerabteilung ohne flankierende Maßnahmen nicht. Kommt es hierbei zu Fehlern, kann der Geschäftsleiter sich nicht darauf berufen, dass er sich um das Thema Steuern überhaupt nicht gekümmert hat, er 95  So OLG München, vom 28.11.2007, 7 U 5444/05, BeckRS 2008, 2645, hier konnte sich ein nicht mit der kaufmännischen Leitung der Gesellschaft betrauter Geschäftsführer einer GmbH auf einen bestehenden Verlustübernahmevertrag berufen, wenn ihm die schwierige finanzielle Lage des herrschenden Unternehmens von seinem Mitgeschäftsführer, der gleichzeitig Vorstandsvorsitzender des herrschenden Unternehmens ist, systematisch verheimlicht wird. Konkret: Gegenüber den anwesenden leitenden Mitarbeitern wurde angegeben, es bestünden keine Gründe zur Annahme der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung der Obergesellschaft. 96  Eggert, DStR 2017, 266, 268 ff. 97  Eggert, DStR 2017, 266, 269. 98  Eggert, DStR 2017, 266, 268 ff. 99  Die ist allgemein anerkannt, siehe hierzu nur BFH, vom 30.08.1994, VII R 101/92, BStBl II 1995, 278; BFH, vom 26.11.2008, V B 210/07, BeckRS 2008, 25014440; FG Hamburg, vom 06.02.2018, 2 V 324/17, BeckRS 2018, 4926.

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

bleibt Adressat der gesetzlichen Pflicht. Dies illustriert eine Entscheidung des BFH aus dem Jahr 2009 sehr eindrücklich. Hier wurde der Geschäftsführer für rückständige Lohnsteuern gemäß §§ 69, 34 Abs. 1 AO in Anspruch genommen, obwohl er in der Gesellschaft tatsächlich über keinerlei Leitungsbefugnisse und Kontrollrechte hinsichtlich der Zahlungsströme verfügt hatte. Diese Kontrolle lag bei einem sachverständigen Sanierungsexperten sowie einem Generalbevollmächtigten. Gleichwohl nahm der BFH, trotz Fehlens von Kompetenzen und Kontrollmöglichkeiten seitens des Geschäftsführers, die Haftung des Geschäftsführers an. Der BFH begründete dies damit, dass die Verantwortlichkeit nach §§ 69, 34 AO allein an die formale Organstellung anknüpfe. Der internen Aufgabenverteilung maß der BFH keine Bedeutung für die Haftung zu, da sie zum einen nicht klar und eindeutig festgelegt worden ist, zum anderen kann die Aufgabenverteilung nur in Bezug auf die innere Aufgabenverteilung der Geschäftsführer haftungsbegrenzend wirken, nicht dagegen in Bezug auf andere Personen. Um einer Haftung zu entgehen, hätte der Geschäftsführer sein Amt niederlegen müssen.100 Relevant ist in diesem Zusammenhang auch die Äußerung des BFH, wonach diese Grundsätze auch dann gelten sollen, wenn die vom Geschäftsführer vertretene Gesellschaft in einen Konzern eingebunden ist. Ein Haftungsprivileg für ein im Konzern tätiges Leitungsorgan verneint der BFH, da eine Freistellung von der Erfüllung steuerrechtlicher Pflichten, einschließlich etwaiger Überwachungspflichten, mit der Pflichtenstellung des gesetzlichen Vertreters unvereinbar wäre.101 Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Nichtbeschäftigung mit steuerrechtlichen Themen gerade unterstreicht, dass das Leitungsorgan seinen Sorgfaltspflichten nicht nachgekommen ist. Dies bedeutet allerdings nicht, dass sämtliche steuerrechtlichen Pflichten selbstständig wahrzunehmen sind. Vielmehr sind auch diese Aufgaben delegierbar. Geschäftsleiter haben im Rahmen der Delegation der steuerlichen Aufgaben eine Auswahl-, Unterweisungs- und Überwachsungspflicht nach oben skizzierten Grundsätzen.102 Hinsichtlich der Auswahlsorgfalt besteht allerdings die Problematik, dass das Leitungsorgan der Tochtergesellschaft naturgemäß auf die Einstellungspolitik in der zentralen Steuerabteilung keinen Einfluss hat und damit gerade keine Auswahlentscheidung treffen kann. Gleichwohl erscheint die Auslagerung an die zentrale Steuerabteilung regelmäßig keine Auswahlpflichtverletzung darzustellen. Denn einerseits liegt die Situation hier nicht gänzlich anders, als wenn das Leitungsorgan der Tochtergesellschaft einen eigenen Steuerberater beauftragt, bei dem sie auch nicht auf die konkrete Auswahl der Mitarbeiter 100  BFH,

vom 12.05.2009, VII B 266/08, BFH/NV 2009, 1589 ff. vom 12.05.2009, VII B 266/08, BFH/NV 2009, 1589 ff. 102  Zur Delegation siehe schon S. 122 ff. 101  BFH,



§ 1 Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft163

der Steuerberatungsgesellschaft Einfluss nehmen kann. Ferner kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass die zentrale Steuerabteilung mit ausreichendem und qualifiziertem Personal und Ressourcen ausgestattet ist, da dies auch für die Haftung des Vorstands der Obergesellschaft relevant ist. Denn für diesen ist eine funktionsfähige Steuerabteilung in zweierlei Hinsicht relevant. Zum einen, um seine eigenen steuerrechtlichen Pflichten zu erfüllen, hat er eine sorgfältige Auswahl der Mitarbeiter zu gewährleisten. Zum anderen hat der Vorstand der Obergesellschaft auch konzernweite Abteilungen, die er im Rahmen seiner Konzernorganisationspflicht schafft, mit ausreichenden Ressourcen auszustatten. Daher kann das Leitungsorgan regelmäßig auf die Auswahl der Personen in der zentralen Steuerabteilung vertrauen. Etwas anderes gilt nur, wenn der Geschäftsleiter Anhaltspunkte hat, dass die Steuer­ abteilung nicht in der Lage ist, die übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen.103 Für die Delegation ist erforderlich, dass sie schriftlich erfolgt.104 Hierfür ist es notwendig, dass das Leitungsorgan und die Steuerabteilung eine Dokumentation erstellen, in der konkret geregelt wird, welche Aufgaben die Steuerabteilung übernimmt, insbesondere welche Steuererklärungen sie im Einzelnen abzugeben hat. Außerdem sind die notwendigen Vollmachten zu erteilen und festzulegen, welche Aufgaben bei der Untergesellschaft verbleiben und gegebenenfalls an externe Berater delegiert werden.105 Zentrale Pflicht der Geschäftsleiter der Matrixgesellschaft bei der Delegation der Aufgabe an eine zentrale Steuerabteilung ist dann wiederum die Überwachung der Konzernsteuerabteilung. Denn das Leitungsorgan darf nicht blind auf die ordnungsgemäße Aufgabenerledigung eines beauftragten Dritten vertrauen und auf eine Überwachung gänzlich verzichten, sondern es muss sich vielmehr selbst über die Richtigkeit der buch- und belegmäßigen Erfassung bei herausgehobenen Geschäftsvorfällen vergewissern.106 Diese zwingend erforderliche Überwachung kann über eine regelmäßige Berichtspflicht der Steuerabteilung an den Geschäftsleiter erfolgen. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen Probleme auftreten. Ferner ist auch eine stichprobenartige Überprüfung notwendig, ob die Aufgaben steuerlich zutreffend behandelt wurden. Gegebenenfalls hat sich das Leitungsorgan externen 103  Eggert,

DStR 2017, 266, 269. vom 30.08.1994, VII R 101/92, BStBl II 1995, 278; BFH, vom 26.11.2008, V B 210/07, BeckRS 2008, 25014440; FG Hamburg, vom 06.02.2018, 2 V 324/17, BeckRS 2018, 4926. 105  Die ist allgemein anerkannt: Siehe hierzu nur BFH, vom 30.08.1994, VII R 101/92, BStBl II 1995, 278; BFH, vom 26.11.2008, V B 210/07, BeckRS 2008, 25014440; FG Hamburg, vom 06.02.2018, 2 V 324/17, BeckRS 2018, 4926. 106  BFH, vom 26.11.2008, V B 210/07, BeckRS 2008, 25014440. 104  BFH,

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

Rat einzuholen, wenn es nicht in der Lage ist, den Sachverhalt allein zu bewältigen.107 Sofern das Leitungsorgan erkennt, dass die Steuerabteilung nicht mit der erforderlichen Zuverlässigkeit arbeitet, muss es einschreiten. In diesen Fällen erhöht sich auch die Intensität der Überwachungspflicht. Kommt es zu Meinungsverschiedenheiten muss er die Erfüllung der steuerlichen Pflichten der Untergesellschaft in die eigene Hand nehmen oder umgehend zurücktreten.108 4. Buchführungspflicht

Die handelsrechtlichen Vorschriften adressieren die Buchführungspflicht an jeden Kaufmann (§ 238 HGB). Damit sind Normadressat und unmittelbar Verpflichtete jeder Kaufmann also hier die Gesellschaften in der Rechtsform der AG sowie GmbH (Formkaufleute nach § 3 Abs. 1 AktG; § 13 Abs. 3 GmbHG). Die Verantwortung zur Führung der erforderlichen Handelsbücher liegt gleichwohl bei den Leitungsorganen der Gesellschaft. Dies schreibt bei der Aktiengesellschaft § 91 Abs. 1 AktG vor, wonach der Vorstand dafür zu sorgen hat, dass die erforderlichen Handelsbücher geführt werden, bei der GmbH enthält § 41 GmbHG die gleichlautende Pflicht („Die Geschäftsführer sind verpflichtet, für die ordnungsmäßige Buchführung der Gesellschaft zu sorgen.“). Gleichwohl können die Leitungsorgane diese Aufgabe nicht nur innerhalb des Leitungsorgans delegieren, sondern auch außerhalb des Leitungsorgans.109 In einem solchen Fall gelten die oben dargestellten Grundsätze zur Delegation. Dies bedeutet, dass das Leitungsorgan die Ausführenden sorgsam auswählt und ständig überwacht, damit sichergestellt ist, dass dieser objektiv und subjektiv in der Lage ist, die Buchführung ordnungsgemäß zu besorgen. Damit kann die Buchführung auch von einer zentralen Konzernabteilung erfüllt werden. Die fehlende Möglichkeit, das dortige Personal auszuwählen, ist aus den gleichen Gründen unschädlich, wie bei der Delegation der Steuerpflichten.110 Auch hier ist eine Überwachung der zen­tralen Buchführungsabteilung erforderlich, um den Pflichten nachzukommen.

107  BFH,

vom 26.11.2008, V B 210/07, BeckRS 2008, 25014440. DStR 2017, 266, 269; BFH, vom 12.05.2009, VII B 266/08, BFH/NV 2009, 1589 ff. 109  Für die AG: Kort, in: GK-AktG (2015), § 91 Rn. 13 f.; Mertens/Cahn, in: KKAktG, § 91 Rn. 5; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 91 Rn. 17; für die GmbH: Haas, in: Baumbach/Hueck, § 41 Rn. 4; Fleischer, in: MüKo-GmbHG, § 41 Rn. 18. 110  S.  161 f. 108  Eggert,



§ 1 Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft165

IV. Informationsverantwortung Neben den aufgeführten Leitungs-, Überprüfungs- sowie Legalitätspflichten hat das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft als wesentliche Aufgabe in der Matrixorganisation die Informationsverantwortung sicherzustellen. Diese Aufgabe ist aufgrund der vorstehend beschriebenen Pflichten die Kernaufgabe des Leitungsorgans, da ohne eine ausreichende Informationsversorgung die Pflichtenerfüllung nicht möglich ist und damit eine enorme Haftungsgefahr besteht. 1. Allgemeines

Die Informationsverantwortung umfasst die Pflicht, dass sich das Leitungsorgan Informationen beschafft und verwertet. Aufgrund von Informa­ tionen als eine „Unternehmensressource schlechthin“111 ist dies eine herausgehobene Pflicht des Leitungsorgans.112 Diese Pflicht ist allerdings nicht expressis verbis in den einschlägigen Gesetzen geregelt, sondern leitet sich aus den allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Sorgfaltspflichten ab, denen jedes Leitungsorgan unterliegt.113 Nach diesen Sorgfaltspflichten ist das Leitungsorgan für die Führung der Geschäfte und die davon umfasste Leitung der Gesellschaft verantwortlich. Der Inhalt dieser Sorgfaltspflicht bestimmt sich danach, wie ein pflichtbewusster, selbstständig tätiger Leiter eines Unternehmens der konkreten Art, der nicht mit eigenen Mitteln wirtschaftet, sondern vergleichbar wie ein Treuhänder fremder Vermögensinteressen ver-

111  Erichson/Hammann, in: Bea/Friedl/Schweitzer, Allgemeine Betriebswirtschafts­ lehre, Bd. 2: Führung, S. 319 f. 112  Siehe hierzu: BGH, vom 15.12.2005, IX ZR 227/04, NJW-RR 2006, 771, 772, wonach jede am Rechtsverkehr teilnehmende Organisation sicherstellen muss, dass die ihr ordnungsgemäß zugehenden, rechtserheblichen Informationen von ihren Entscheidungsträgern zur Kenntnis genommen werden können. Sie muss es deshalb so einrichten, dass ihre Repräsentanten, die dazu berufen sind, im Rechtsverkehr bestimmte Aufgaben in eigener Verantwortung wahrzunehmen, die erkennbar erheblichen Informationen tatsächlich an die entscheidenden Personen weiterleiten; S. H. Schneider, Informationspflichten, S. 81; Fleischer, ZIP 2003, 1, 5; ders., in: MüKo-GmbHG, § 43 Rn. 65; ders., in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 101; ders., in: Hdb. VorstandsR, § 7 Rn. 44; Hölters, in: Hölters, § 93 Rn. 53; Buck-Heeb, in: Hauschka/ Moosmayer/Lösler Corporate Compliance § 2 Rn. 23 ff. BGH, vom 16.07.2009, IX ZR 118/08, NZI 2009, 680. 113  S. H. Schneider, Informationspflichten, S. 81; Fleischer, ZIP 2003, 1, 5; ders., in: MüKo-GmbHG, § 43 Rn. 65; ders., in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 101; ders., in: Hdb. VorstandsR, § 7 Rn. 44; Spindler, Unternehmensorganisationspflichten, S.  610 ff., 656 ff ders., in: MüKo-AktG, § 76 Rn. 15; Wiesner, in: Münchener Hdb. GesR IV, § 25 Rn. 22.

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

pflichtet ist, handeln würde.114 Dieses Handeln erfordert, dass sich das Leitungsorgan zur Wahrnehmung der Aufgaben in ausreichendem Maße mit den Informationen für die Gesellschaft befasst.115 Dieses Erfordernis schlägt sich auch in der Business Judgment Rule nieder, da dieser sichere Hafen nur „angesteuert“ werden kann, wenn das Leitungsorgan auf der Grundlage angemessener Informationen handelt.116 Mithin kann das Verhalten des Leitungsorgans nur pflichtgemäß sein, wenn es auf der Grundlage ordnungsgemäßer Informationen beruht.117 Zur Informationsverantwortung zählt allerdings nicht nur die Eigeninformation des Leitungsorgans, sondern auch die Informationsversorgung anderer Stellen im Unternehmen, damit diese ihre zugewiesenen Aufgaben sorgfältig erledigen können.118 Hintergrund ist, dass auch die anderen unternehmensinternen Stellen bei unzureichender Information fehlerhafte Entscheidungen treffen können oder erforderliche Entscheidungen oder Maßnahmen unterlassen würden.119 Daher besteht auch eine Pflichtverletzung des Leitungsorgans, wenn andere Stellen in der Gesellschaft nicht mit den notwendigen Informationen versorgt werden.120 Die rechtswissenschaftliche Literatur bezeichnet diese Pflicht der Informationsverteilung als „Informations­ verantwortung“121, „Pflicht zur Einrichtung einer Informationsordnung“122 oder auch „informationelle Verantwortung“123. Hierbei ist unabhängig von der Bezeichnung anerkannt, dass diese Informationsverantwortung eine Leitungsaufgabe des Leitungsorgans darstellt und damit dem Leitungsorgan ­allein obliegt.124 Inhalt dieser Aufgabe ist die Sicherung des unternehmens­ 114  BGH, vom 20.02.1995, II ZR 143/93, NJW 1995, 1290, 1291; S. H. Schneider, Informationspflichten, S. 81. 115  S. H. Schneider, Informationspflichten, S. 81; Fleischer, ZIP 2003, 1, 5; ders., in: MüKo-GmbHG, § 43 Rn. 65; ders., in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 101; ders., in: Hdb. VorstandsR, § 7 Rn. 44; Spindler, Unternehmensorganisationspflichten, S. 610  ff., 656 ff ders., in: MüKo-AktG, § 76 Rn. 15; Wiesner, in: Münchener Hdb. GesR IV, § 25 Rn. 22. 116  Hölters, in: Hölters, § 93 Rn. 34; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 50. 117  Bastuck, Enthaftung des Managements, S. 69; Semler, ZGR 2004, 631, 667; S. H. Schneider, Informationspflichten, S. 85. 118  S. H. Schneider, Informationspflichten, S. 82. 119  Dreher, FS Claussen (1997), S. 69, 83; S. H. Schneider, Informationspflichten, S. 82. 120  S. H. Schneider, Informationspflichten, S. 82. 121  Fleischer, ZIP 2003, 1, 5. 122  Dreher, FS Claussen (1997), S. 69, 83. 123  S. H. Schneider, Informationspflichten, S. 84. 124  Fleischer, ZIP 2003, 1, 5; ders., in: MüKo-GmbHG, § 43 Rn. 65; ders., in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 101; ders., in: Hdb. VorstandsR, § 7 Rn. 44; Spindler, Unternehmensorganisationspflichten, S.  610 ff., 656 ff ders., in: MüKo-AktG, § 76 Rn. 15;



§ 1 Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft167

internen Informationsflusses wozu sowohl die Selbstinformation als auch die Informationsbeschaffung zählen.125 2. Selbstinformation

Die Pflicht zur Selbstinformation ist die wichtigste Aufgabe des Leitungsorgans, damit es seinen eigenen Pflichten nachkommen kann. Obgleich die Informationsverantwortung eine Leitungsaufgabe darstellt, so ist gleichwohl festzuhalten, dass auch bei der Frage der Selbstinformation des Leitungsorgans die Unterscheidung zwischen Geschäftsführungs- und Leitungsmaßnahmen gilt.126 So hat sich das Leitungsorgan bei Leitungsmaßnahmen stets selbst die erforderlichen Informationen zu beschaffen, bei Geschäftsführungsmaßnahmen kann diese Aufgabe allerdings delegiert werden.127 Die Selbstinformationspflicht ist damit akzessorisch zur wahrgenommenen Aufgabe.128 Diese Unterscheidung lässt aber die „Informationsverantwortung“ als Leitungsaufgabe unberührt.129 Damit hat das Leitungsorgan sich einerseits für seine Leitungsaufgabe die erforderlichen Informationen zu beschaffen und andererseits die Informationsverantwortung für sämtliche Informationen wahrzunehmen. Hierfür hat das Leitungsorgan alle bestehenden Informationsquellen innerhalb (Controlling, Interne Revision u. a.)130 und außerhalb der Gesellschaft (Steuerund Unternehmensberater, u. a.)131 zu verwenden. Für das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft bedeutet dies, dass es sich die notwendigen Informationen zu beschaffen hat, um die eigenen Pflichten zu erfüllen, namentlich die Einhaltung der geltenden Gesetze sowie die Überprüfung der Weisung seitens der Obergesellschaft. Wie es sich mit der konzernweiten Informationsbeschaffung verhält, wird noch unten zu erörtern sein.132 Wiesner, in: Münchener Hdb. GesR IV, § 25 Rn. 22; S. H. Schneider, Informationspflichten, S. 85 ff.; aus der Betriebswirtschaftslehre: Zahn, in: Bea/Friedl/Schweitzer, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Bd. 2: Führung, S. 376, 382 ff. 125  S. H. Schneider, Informationspflichten, S. 84; Fleischer, ZIP 2003, 1, 5. 126  Siehe zu dieser Unterscheidung schon umfassend S. 64 ff. 127  S. H. Schneider, Informationspflichten, S. 86; siehe hierzu auch S. 64. 128  S. H. Schneider, Informationspflichten, S. 86; Fleischer, ZIP 2003, 1, 5; ders., in: MüKo-GmbHG, § 43 Rn. 65; ders., in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 101; ders., in: Hdb. VorstandsR, § 7 Rn. 44; Hölters, in: Hölters, § 93 Rn. 53; Buck-Heeb, in: Hauschka/ Moosmayer/Lösler Corporate Compliance § 2 Rn. 23 ff. 129  S. H. Schneider, Informationspflichten, S. 86; Fleischer, ZIP 2003, 1, 5. 130  S. H. Schneider, Informationspflichten, S. 86; Fleischer, ZIP 2003, 1, 5. 131  S. H. Schneider, Informationspflichten, S.  87; zum Rechtsrat: BGH, vom 20.09.2011, II ZR 234/09, NZG 2011, 1271; zum berechtigten Vertrauen auf die Empfehlungen des Steuerberaters: FG Schleswig-Holstein, vom 08.09.2015, 1 K 71/ 14, ZInsO 2016, 531. 132  Siehe hierzu S. 170 ff.

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation 3. Informationsbeschaffung

Das Leitungsorgan der Gesellschaft hat aufgrund seiner hervorgehobenen Stellung innerhalb der Gesellschaft und kraft seiner Vertretungsmacht vollen Zugriff auf alle internen Informationen der Gesellschaft.133 Das Leitungsorgan hat daher für die Erfüllung seiner Pflichten Zugang zu allen in der Gesellschaft vorhandenen Informationen. Die Umsetzung dieser Möglichkeit bedarf auch keiner gerichtlichen Unterstützung, sondern kann durch das Weisungsrecht gegenüber den Arbeitnehmern der Gesellschaft ohne Weiteres durchgesetzt werden.134 Damit hat das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft die rechtlichen Möglichkeiten auf alle internen Informationen der Matrix­ gesellschaft zuzugreifen. Durchsetzbar ist dies mittels gesellschaftsinterner Ordnungs- und Disziplinarmaßnahmen. Einer völligen Ausschaltung vom Informationsfluss von gesellschaftsinternen Informationen kann damit mit eigenen Mitteln entgegengengetreten werden. Damit kann das Leitungsorgan auch trotz zentraler Steuerabteilung oder direkter Weisungen des Matrixmanagers die Arbeitnehmer anweisen, entsprechende Informationen auch an das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft zu übermitteln. 4. Konzernweite Informationen

Freilich reicht der Informationsanspruch bezogen auf die eigene Matrixgesellschaft häufig nicht aus. Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft benötigt vielmehr auch den Zugriff auf Informationen betreffend die Obergesellschaft. Zu nennen sind hier beispielsweise bestimmte Finanzdaten, um be­ urteilen zu können, ob das Weisungsrecht nicht suspendiert ist.135 Die Weitergabe und der Zugriff von Informationen im Konzern ist aufgrund der gesellschaftsübergreifenden Informationsweitergabe komplexer. Zu unterscheiden ist der Informationsfluss von der Tochtergesellschaft an die Obergesellschaft („von unten nach oben“) als auch umgekehrt ein Informationsfluss von der Obergesellschaft an die Tochtergesellschaft („von oben nach unten“).136 Hierbei geht es insbesondere um die Frage, inwiefern auf der einen Seite das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft einen Anspruch auf Informationen gegenüber der Obergesellschaft besitzt auf der anderen Seite um die Befugnis zur Weitergabe. 133  S. H. Schneider, Informationspflichten, S. 94; Haouache, Unternehmensbeauftrage und Gesellschaftsrecht, S. 98; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, § 37 GmbHG, Rn. 13. 134  S. H. Schneider, Informationspflichten, S.  94, „Informationshoheit des Vorstands“; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, § 37 GmbHG, Rn. 13. 135  Siehe hierzu S. 100. 136  S. H. Schneider, Informationspflichten, S. 142.



§ 1 Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft169

a) Exkurs: Informationsfluss von „unten nach oben“ Weniger problematisch ist der Informationsfluss von „unten nach oben“ im Vertragskonzern. Obgleich in der Literatur nicht gänzlich geklärt ist, auf welcher dogmatischen Grundlage der Informationsanspruch der Obergesellschaft beruht, so ist doch im Ergebnis allgemein anerkannt, dass ein solcher Anspruch der Obergesellschaft sowie spiegelbildlich die Befugnis der Untergesellschaft zur Weitergabe besteht.137 Richtigerweise ist dieser Anspruch auf Information als Annexkompetenz zum Weisungsrecht in § 308 AktG zu verorten. Denn § 308 AktG greift zeitlich erst später, nämlich erst dann, wenn aufgrund der Informationen ein Wille bei der Obergesellschaft gebildet worden ist (Entscheidungsumsetzungsebene). Bei der Informationserlangung geht es dagegen um die zeitlich vorgelagerte Ebene (Entscheidungsfindungsebene), auf die das Weisungsrecht nicht gänzlich passt, da gerade keine Weisung erteilt wird, sondern eine Frage gestellt wird.138 Der Vorstand der Obergesellschaft hat daher die Möglichkeit und aufgrund seiner Sorgfaltspflicht die Pflicht, auch die konzernweite Informationsverantwortung sicherzustellen, da diese notwendig ist, um die Tochtergesellschaften als Teil des Vermögens der Obergesellschaft ordnungsgemäß zu verwalten (Teil seiner Selbstinformation).139 Daneben bestehen auch konzernbezogene gesetzliche Pflichten, für dessen Erfüllung der Vorstand Informationen aus der Tochtergesellschaft bedarf.140 Zunächst sind hier solche Informationen zu betrachten, welche der Vornahme von „Konzernleitungsmaßnahmen“ zuzuordnen sind.141 Bei Bestehen eines Beherrschungsvertrags steht dem Vorstand der Oberge137  Zu dieser Problematik: Löbbe, Unternehmenskontrolle, S. 148; Mader, Informationsfluss, S. 99 ff., der einen solchen Anspruch der Obergesellschaft als Annex zum Weisungsrecht sieht; ebenso Kubis, in: MüKo-AktG, § 131 Rn. 163; Spindler, in: K. Schmidt/Lutter, § 131 Rn. 99; Kersting, in: KK-AktG, § 131 Rn. 443; Wittmann, Informationsfluss, S. 59 ff., 64 ff., der den Informationsanspruch in der Vorschrift des § 309 AktG verortet, wonach die gesetzlichen Vertreter der Obergesellschaft bei der Erteilung der Weisung die Sorgfaltspflichten einzuhalten haben; andere Stimmen verorten den Anspruch im Weisungsrecht der Obergesellschaft, diese kann zumindest hierüber die Weisung zur Auskunft erteilen Decher, ZHR 158 (1994), 473, 480; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 39; Fleischer, ZGR 2009, 505, 530; Koppensteiner, in: KK-AktG, § 308 Rn. 29; Singhof, ZGR 2001, 146, 158 f.; ein Teil der Literatur und Rechtsprechung nimmt ohne dogmatische Verortung einen entsprechenden Anspruch an LG München I, vom 24.04.2008, 5 HK O 23244/07, 5 HKO 23244/07, Der Konzern 2007, 448, 455; H. Götz, ZGR 1998, 524, 527; Grigoleit/Tomasic, in: Grigoleit, § 90 Rn. 12 f. 138  Mader, Informationsfluss, S. 86 f. 139  Siehe zur Pflicht zur Selbstinformation, S. 167. 140  Vgl. zu dieser Unterscheidung auch S. H. Schneider, Informationspflichten, S. 144. 141  S. H. Schneider, Informationspflichten, S. 145.

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

sellschaft gemäß § 308 AktG das Recht zur Erteilung von Weisungen an den Vorstand der Tochtergesellschaft zu. Das Weisungsrecht umfasst sämtliche Maßnahmen der Geschäftsleitung bei der Tochtergesellschaft.142 Dazu gehört nach Sinn und Zweck der Vorschriften der gesamte von § 76 AktG erfasste Bereich, wobei Grenzen einzuhalten sind. Zur Flankierung dieses Weisungsrecht bedarf die Obergesellschaft Informationen, welche sie als Annex zu § 308 Abs. 1 AktG verlangen kann. Die Verwaltung des Anteilsbesitzes in Form der Tochtergesellschaften erfordert ebenso wie die Weisung als Konzernleitungsmaßnahme eine angemessene Informationsgrundlage.143 b) Informationsfluss von „oben nach unten“ Auch die Matrixgesellschaft als Tochtergesellschaft im Vertragskonzern benötigt Informationen von der Obergesellschaft. Viele dieser Informationen kann sich das Leitungsorgan aus „seiner“ Gesellschaft beschaffen. Dennoch besteht auch ein Bedürfnis des Leitungsorgans der Matrixgesellschaft, Informationen aus der Obergesellschaft zu erhalten, dies z. B. für die genauere Beurteilung der Zulässigkeit einer Weisung, insbesondere für die Beurteilung der Liquidität der Obergesellschaft.144 Es geht dabei um die Frage des Informationsflusses von „oben nach unten“. Problematisch sind in diesem Zusammenhang die drei Fragen: (1) Hat die Tochtergesellschaft gegenüber der Obergesellschaft einen Anspruch auf Informationserteilung, (2) auf welcher rechtlichen Grundlage ist ein solcher Anspruch zu verorten sowie (3) wie umfassend ist dieser Anspruch. aa) Rechtliche Grundlage des Informationsflusses von „oben nach unten“ Die Grundlage eines solchen möglichen Anspruchs könnte im Beherrschungsvertrag liegen sowie in gesetzlichen Vorschriften. (1) Informationsrecht kraft vertraglicher Vereinbarung Ein solcher Informationsanspruch kann sich zunächst ohne Weiteres aus vertraglichen Absprachen zwischen der Ober- und Untergesellschaft ergeben. So beinhalten beispielsweise Cash-Pooling- oder Konzernlieferverträge regelmäßig gegenseitige Auskunftsrechte der Parteien.145 Ebenso kann der 142  Siehe

hierzu schon S. 94 ff. hierzu vertiefend Mader, Informationsfluss, S. 77. 144  Singhof, ZGR 2001, 146, 166; Pöschke, ZGR 2015, 550, 551 f. 145  Pöschke, ZGR 2015, 550, 551, 557; vgl. hierzu auch Altmeppen, NZG 2010, 401, 405, der eine solchen Anspruch beim Cash-Pooling voraussetzt. 143  Siehe



§ 1 Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft171

Beherrschungsvertrag ein solches Recht auf Erteilung von Informationen enthalten.146 Zwar ist aufgrund der organisationsrechtlichen Wirkung des Beherrschungsvertrags die Privatautonomie der Parteien teilweise eingeschränkt.147 Allerdings geht es bei dieser Einschränkung um den zwingenden Mindestinhalt, insbesondere in Bezug auf den Gläubiger- und Gesellschaftsschutz.148 Daher sind Nebenabreden zulässig, sofern sie den zwingend einzuhaltenden Gläubiger- und Gesellschaftsschutz unberührt lassen.149 Da kaum Fälle denkbar sind, bei denen die Vereinbarung bestimmter Auskunftsrechte mit zwingenden Schutzvorschriften kollidiert, werden beherrschungsvertragliche Abreden über die Erteilung von Auskünften gegenüber der Untergesellschaft regelmäßig zulässig sein.150 (2) Informationsrecht aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) Fehlen solche vertraglichen Informationsrechte, so wollen einige Stimmen in der Literatur aus Treu und Glauben einen entsprechenden Informations­ anspruch herleiten.151 Im Zusammenhang mit Informationsrechten aus § 242 BGB ist allerdings zunächst allgemeine Zurückhaltung geboten. Denn im Rahmen der dortigen Dogmatik ist anerkannt, dass in einer vertraglichen Beziehung zwischen den Parteien keine allgemeine Pflicht zur Informationserteilung existiert.152 Im Grundsatz hat sich jedermann selbst über die recht146  Pöschke,

ZGR 2015, 550, 551, 561. in: MüKo-AktG, § 291 Rn. 31; Veil, in: Spindler/Stilz, § 291 Rn. 23; vertiefend Exner, Beherrschungsvertrag, S .109 ff. 148  Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 291 Rn. 33; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 291 Rn. 18; Veil, in: Spindler/Stilz, Vor § 291 Rn. 37. 149  Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 291 Rn. 33; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 291 Rn. 18; Veil, in: Spindler/Stilz, Vor § 291 Rn. 37; im Ergebnis auch BGH, vom 05.04.1993, II ZR 238/91, NJW 1993, 1976. 150  Pöschke, ZGR 2015, 550, 551, 561. 151  BayObLG, vom 17.12.1974, BReg. 2 Z 58/74, BayObLGZ 1974, 484, 488; auch in diese Richtung aber ablehnend, BayObLG, vom 08.05.1974, BReg. 2 Z 73/73, BayObLGZ 1974, 208; Pöschke, ZGR 2015, 550, 551, 557, dieser erörtert weiter, ob auch aufgrund der mitgliedschaftlichen Treuepflicht, aus derer eine Förderungspflicht folgt, entsprechende Auskunftsansprüche geltend gemacht werden können. Dies bejaht er, wobei auch bei dieser Grundlage Zurückhaltung bei der Ausgestaltung des Umfangs des Auskunftsrechts geboten ist. Im Ergebnis geht es bei dieser Diskussion um ähnliche Fragen wie bei dem Anspruch aus § 242 BGB, so dass eine gesonderte Diskussion mit einem Anspruch aus der Treuepflicht nicht erfolgen wird, siehe zu diesem umfassend Pöschke, ZGR 2015, 550, 551, 568 ff. 152  So schon RG, vom 03.06.1921, II 590/20, RGZ 102, 235, 236; BGH, vom 07.05.1980, VIII ZR 120/79, NJW 1980, 2463 f.; BGH, vom 20.01.2015, VI ZR 137/14, NJW 2015, 1525; BGH, vom 28.05.2014, VIII ZR 179/13, NJW 2014, 2940, 147  Altmeppen,

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liche und wirtschaftliche Bedeutung seines Handelns und seiner Bindungen zu informieren.153 Gleichwohl ist in der Rechtsprechung und in der Literatur anerkannt, dass dennoch ein Anspruch auf Auskunft bestehen kann, wenn (1) eine besondere rechtliche Beziehung zwischen dem Auskunftverlangenden und dem Inanspruchgenommenen besteht, (2) das Wesen des Rechtsverhältnisses es mit sich bringt, dass der Auskunftverlangende in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seiner Rechte im Ungewissen ist und (3) der Inanspruchgenommene in der Lage ist, die verlangte Auskunft unschwer zu erteilen.154 Die Rechtsprechung und Literatur hat hierzu Leitlinien und Fallgruppen gebildet, gleichwohl ist stets in einer umfassenden Interessenabwägung fest­ zustellen, ob aus § 242 BGB ein Auskunftsrecht im Einzelfall hergeleitet werden kann.155 Als Zwischenergebnis kann daher zunächst festgehalten werden, dass in Ausnahmefällen ein Anspruch auf Informationserteilung auf § 242 BGB gestützt werden kann. Wann dies in Bezug auf den Vertragskonzern der Fall sein kann, ist im weiteren Verlauf zu untersuchen. Im Vertragskonzern ist das Vorliegen der ersten Voraussetzung (Sonderverbindung) ohne Weiteres zu bejahen, da hierunter jedes Schuldverhältnis subsumiert werden kann156 und mit dem Beherrschungsvertrag ein solches Schuldverhältnis zwischen Ober- und Untergesellschaft besteht. Auch liegt im Vertragskonzern der Schluss nahe, bei einer von der Obergesellschaft erteilten Weisung, einen Auskunftsgrund zu bejahen.157 Bei Bestehen eines Beherrschungsvertrags ist die Obergesellschaft gemäß § 308 Abs. 1 AktG berechtigt, dem Leitungsorgan der abhängigen Gesellschaft Weisungen zu erteilen. Jene Weisung hat das Leitungsorgan grundsätzlich zu befolgen. Gleichwohl hat das Leitungsorgan eine Überprüfungspflicht der Weisung, insbesondere ob diese zulässig ist und ob sie bei nachteiligen Fol-

2942; S. Lorenz, JuS 1995, 569, 572; Looschelders/Olzen, in: Staudinger (2015), §242 Rn. 605; Kähler, in: beckOGK, § 242 Rn. 601. 153  Kähler, in: beckOGK, § 242 Rn. 601; BGH, vom 28.05.2014, VIII ZR 179/13, NJW 2014, 2940, 2942. 154  BGH, vom 07.05.1980, VIII ZR 120/79, NJW 1980, 2463  f.; BGH, vom 06.02.2007, X ZR 117/04, NJW 2007, 1806, 1807; S. Lorenz, JuS 1995, 569, 572; Kähler, in: beckOGK, § 242 Rn. 595; Krüger, in: MüKo-BGB, § 259 Rn. 6; Olzen/ Looschelders, in: Staudinger (2015), § 242, Rn. 605. 155  BGH, vom 08.02.2018, III ZR 65/17, BeckRS 2018, 2281; BGH, vom 26.09.2013, VII ZR 227/12, NJW 2014, 381, 382; BGH, vom 24.03.1994, I ZR 42/93, NJW 1994, 1958, 1960; Kähler, in: beckOGK, § 242 Rn. 640 ff. 156  Kähler, in: beckOGK, § 242 Rn. 597 m. w. N. 157  Pöschke, ZGR 2015, 550, 551, 567; zurückhaltend S. H. Schneider, Informa­ tionspflichten, S. 170.



§ 1 Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft173

gen dem Konzerninteresse dient.158 Damit bedarf das Leitungsorgan zur Überprüfung der Weisung im Einzelfall Informationen seitens der Obergesellschaft, da nur diese über die relevanten Informationen verfügt. Mithin sprechen gute Gründe dafür, ein Informationsrecht der Tochtergesellschaft aus § 242 BGB gegenüber der Obergesellschaft zu bejahen. Dies gilt insbesondere auch im Zusammenhang mit der Überprüfung der Solvenz der Obergesellschaft, welche die Tochtergesellschaft bei der Frage der Befolgung der Weisung zu berücksichtigen hat.159 Hierbei ist anerkannt, dass bei Zweifeln über die Leitungsfähigkeit eines Vertragspartners auch ein Informationsanspruch gegeben sein kann.160 Allerdings ist bei der Bestimmung des Umfangs des Informationsrechts stets „Maß“ zu halten, insbesondere bei der Frage der Prüfung der Nachteilhaftigkeit. Denn § 308 Abs. 2 S. 2 AktG unterstreicht, dass es nicht Aufgabe des Leitungsorgans der Tochtergesellschaft ist, ob eine nachteilige Weisung im „Konzerninteresse“ erfolgt.161 (3) Kein Informationsrecht der Tochtergesellschaft Ein weiterer Ansatz, der in der Literatur erörtert wird162, ist die Pflicht des Leitungsorgans der Obergesellschaft Informationen zu erteilen. Das Leitungsorgan der Untergesellschaft hat indes keinen Anspruch auf Informationserteilung. Hintergrund ist, dass der Vorstand der Obergesellschaft gegenüber dieser die Pflicht hat, die abhängige Gesellschaft mit den erforderlichen Informationen zu versorgen. Denn der Vorstand der Obergesellschaft ist im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht zur Betreuung des Vermögens in Form des Anlagebesitzes an der Tochtergesellschaft verpflichtet und hierzu zählt auch die ordnungsgemäße Versorgung mit Informationen.163 Dieser Ansicht ist zwar insofern zuzustimmen, dass auch schon der Vorstand der Obergesellschaft aufgrund der sorgfältigen Verwaltung des Vermögens die Pflicht besitzt, den Erfolg der Untergesellschaft auch durch die Gewährung von Informationen zu unterstützen. Indes bedarf es aufgrund des Bedürfnisses der Untergesellschaft die Zulässigkeit von Weisungen zu bewerten eines eigenen rechtlichen Anspruchs der abhängigen Gesellschaft. Das schlichte Verlassen auf die Versorgung von Informationen durch die Obergesellschaft reicht hierfür nicht aus. 158  Siehe umfassend zu den Grenzen: S. 95 ff. sowie zu den Pflichten des Leitungsorgans der abhängigen Gesellschaft zur Überprüfung der Weisungen, S. 156 ff. 159  Siehe hierzu S. 100 f. 160  Kähler, in: beckOGK, § 242 Rn. 618. 161  Pöschke, ZGR 2015, 550, 551, 568. 162  S. H. Schneider, Informationspflicht, S. 145 f., 171. 163  Zum Ganzen: S. H. Schneider, Informationspflicht, S. 171.

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

bb) Zusammenfassung Die Tochtergesellschaft kann gegen die Obergesellschaft einen Anspruch auf Informationserteilung gestützt auf § 242 BGB haben, sofern dies bei der Bewertung der Frage der Zulässigkeit und Folgepflicht von Weisungen erforderlich ist. Daneben kann ein vertraglicher Anspruch auf Auskunftserteilung bestehen. Das Leitungsorgan der Untergesellschaft hat aufgrund seiner Kontrollpflicht daher auch die Pflicht entsprechende Informationen einzuholen. Erfüllt das Leitungsorgan nicht die Informationsbeschaffung und folgt dennoch der Weisung der Obergesellschaft, so kann es sich seiner Gesellschaft gegenüber nach § 310 Abs. 2 AktG haftbar machen. c) Ergebnis Sowohl der Vorstand der Obergesellschaft als auch das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft haben innerhalb ihrer Gesellschaften die Informationsverantwortung. Dies bedeutet, dass diese die Informationen für Leitungsentscheidungen selbst besitzen und ebenso den Informationsfluss in der Gesellschaft gewährleisten müssen, also, dass die entsprechenden Stellen mit den notwendigen Informationen versorgt werden. Dies bedeutet vor allem für das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft, dass dieses sich zur Bewältigung seiner eigenen Aufgaben (Legalitätspflicht und Überprüfung der Weisungen) aktiv in den Informationsfluss einschalten muss, um diese Pflichten zu erfüllen. Hierfür hat es eine Informationsorganisation zu etablieren, die dies gewährleistet. Hierbei kann das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft auch gegenüber der Obergesellschaft Informationsansprüche geltend machen. Dieser Anspruch kann aus § 242 BGB hergeleitet werden, sofern er nicht auf dem Beherrschungsvertrag oder anderen vertraglichen Absprachen beruht. Ein solcher Anspruch kommt insbesondere dann in Betracht, wenn das Leitungsorgan Weisungen der Obergesellschaft aufgrund seiner Überprüfungspflicht bewerten muss. Daneben hat das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft vor allem sicherzustellen, dass Informationen, die in der Gesellschaft erhoben worden sind, aber in der Obergesellschaft in zentralen Abteilungen (Steueroder Buchhaltungsabteilung, u. a.) verarbeitet werden, selbst geprüft werden, um eine Erfüllung der Aufgaben sicherzustellen. Eine Verletzung dieser Informationsverantwortung kann zur Haftung gegenüber der Gesellschaft aber auch gegenüber Dritten (z. B. §§ 69, 34 AO) führen. Ein blindes Vertrauen auf die ordnungsgemäße Erledigung durch die Obergesellschaft ist nicht möglich. Ebenso wenig kann sich das Leitungsorgan aus dem Informationsfluss zurückziehen, sondern hat diesen stets zu überwachen, dies gilt insbesondere auch in Bezug auf Weisungen seitens der Matrixmanager gegenüber den Arbeitnehmern. Auch hier besteht ein Anspruch des Leitungsorgans auf



§ 1 Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft175

Unterrichtung, welcher aufgrund der Zugehörigkeit des Matrixmanagers zur Obergesellschaft auf § 242 BGB gestützt werden kann. Im Übrigen kann es die Arbeitnehmer der Matrixgesellschaft anweisen, entsprechend unterrichtet zu werden. V. Vorkehrungen in der Matrixgesellschaft Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft hat nicht mehr die operative und strategische Verantwortung für „seine“ Gesellschaft. Diese Verantwortung liegt bei den Matrixmanagern. Dieser gibt nun die operative und strategische Richtung seines Matrixbereichs vor. Das Leitungsorgan der Gesellschaft hat lediglich weiterhin die Vertretungsmacht, die im Innenverhältnis indes eingeschränkt sein kann, sowie Kontrollpflichten inne. Die betriebliche Organisation kann unmittelbar durch den Matrixmanager erfolgen. Indes hat das Leitungsorgan auch im Vertragskonzern bestimmte unberührbare Kompetenzen, welche die Führung in der Matrixorganisation durch die Matrixmanager begrenzen. Dies haben die vorausgegangenen Ausführungen ergeben. Nun gilt es hieraus konkrete Rückschlüsse für die Ausgestaltung der Organisation zu ziehen. 1. Legalitätspflicht und unentziehbarer Leitungsbereich

Das Leitungsorgan hat sämtliche ihn unmittelbar treffende gesetzliche Pflichten einzuhalten. Eine vollständige Ausschaltung des Leitungsorgans der Matrixgesellschaft sieht das Vertragskonzernrecht gerade nicht vor.164 Die Verantwortung für rechtstreues Verhalten trifft das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft, denn dieses ist nach dem gesetzlichen Kompetenzgefüge das hierfür verantwortliche Organ. In der Aktiengesellschaft trifft den Vorstand beispielsweise die Pflicht bei Geschäftsbriefen bestimmte Pflichtangaben zu machen (§ 80 AktG), Änderungen des Vorstands oder der Vertretungsbefugnis eines Vorstandsmitglieds zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden (§ 81 AktG), Hauptversammlungsbeschlüsse vorzubereiten und auszuführen (§ 83 AktG), für eine ordnungsgemäße Führung der Handels­ bücher und die Einrichtung eines Früherkennungssystems zu sorgen (§ 91 AktG), bei Verlusten in Höhe der Hälfte des Grundkapitals unverzüglich die Hauptversammlung einzuberufen und ihr dies anzuzeigen (§ 92 Abs. 1 AktG) 164  Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 291 Rn. 79, „[Der Beherrschungsvertrag führt nicht dazu, dass die Leitung der abhängigen Gesellschaft vollständig auf Organe oder Angestellte des herrschenden Unternehmens übertragen wird. Sie verbleibt vielmehr grundsätzlich in der Hand des Vorstandes der abhängigen Gesellschaft.]“; vgl. auch Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 291 Rn. 11 ff.

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

sowie bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen (§ 92 Abs. 2 AktG, § 15a InsO).165 Ferner treffen den Vorstand zahlreiche Berichts-, Informations- und Rechenschaftspflichten gegenüber den sonstigen Gesellschaftsorganen und anderen Bezugsgruppen des Unternehmens: So ist er dem Aufsichtsrat zur Bericht­ erstattung (§ 90 AktG) und den Aktionären in der Hauptversammlung zur Auskunftserteilung (§ 131 AktG) verpflichtet; er muss die Arbeitnehmer (§ 81 BetrVG), den Betriebsrat (§§ 74, 90, 92 BetrVG) und den Wirtschaftsausschuss (§ 106 BetrVG) informieren; er schuldet dem Geschäftsverkehr Offenlegung des Jahresabschlusses (§ 325 HGB).166 Ein Leitungsorgan ohne Leitungsbefugnisse ist damit auch im Vertragskonzern ausgeschlossen und kann auch in einer Matrixorganisation nicht bestehen.167 2. Organisationskompetenz

Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft hat zur Sicherstellung der von ihm zu gewährleistenden Legalitätspflicht ein geeignetes Präventions-, Kontroll- und Sanktionssystem aufzubauen und aufrechtzuerhalten, welches ihm die zur Wahrnehmung seiner Pflichten erforderliche Übersicht über die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Gesellschaft jederzeit ermöglicht.168 Dieses System hat gerade auch die vom Matrixmanager umfassten Bereiche einzuschließen. Die konkrete Ausgestaltung dieser Organisation richtet sich nach Größe und Risikoexponiertheit der Gesellschaft. Das Leitungsorgan kann nicht nur allgemein präventive Strukturen einführen (Vier-Augen-Prinzip, Best-Practices etc.). Es hat im Einzelfall vielmehr auch eine eigene Kontrollabteilung einzurichten, sofern die Größe oder Risikoexponiertheit der Gesellschaft dies erforderlich machen; diese Abteilung ist dann mit ausreichenden personellen, technischen Ressourcen sowie Kompetenzen auszustatten, um kein zahnloser Tiger zu sein.169

165  Fleischer,

in: Hdb. VorstandsR, § 7 Rn. 6. in: Hdb. VorstandsR, § 7 Rn. 7. 167  Vgl. hierzu auch BFH, vom 12.05.2009, VII B 266/08, BFH/NV 2009, 1589 ff.; Geßler, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, § 308 Rn. 30; Altmeppen, in: MüKoAktG, § 291 Rn. 79; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 291 Rn. 11 ff.; Uffmann, ZGR 2013, 273, 307. 168  Vgl. BGH, vom 19.06.2012, II ZR 243/11, NJW-RR 2012, 1122; siehe zur grundsätzlichen Pflicht zur Einführung eines solchen Früherkennungssystems: Fleischer, in: MüKo-GmbHG, § 43 Rn. 61; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, § 43 Rn. 21 ff.; auch: OLG Jena, vom 12.08.2009, 7 U 244/07, NZG 2010, 226, 227; für die AG ergibt sich dies unmittelbar aus § 91 Abs. 2 AktG, siehe hierzu Spindler, in: MüKo-AktG, § 91 Rn. 29 ff.; umfassend: Schäfer, Das Überwachungssystem nach § 91 Abs. 2 AktG, S. 70 ff. 166  Fleischer,



§ 1 Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft177 3. Eingriffsrechte

Die zwingenden Pflichten des Leitungsorgans (Überprüfung der Weisungen und Legalitätspflicht) erfordern auch bestimmte Eingriffsrechte. Ausreichend ist nicht lediglich die Feststellung und nachgelagerte Sanktionierung von rechtswidrigen Maßnahmen.170 Vielmehr muss das Leitungsorgan die Möglichkeit haben, rechtswidrige Handlungen, die von seiner Gesellschaft ausgehen, schon im Vorfeld zu unterbinden. Denn das Leitungsorgan bleibt rechtlich für „seine“ Gesellschaft verantwortlich. Das Aktiengesetz hat die Obergesellschaft und deren Vertreter nicht zum Organ der abhängigen Gesellschaft gemacht, sondern der Obergesellschaft „lediglich“ ein Weisungsrecht eingeräumt.171 Hierfür hat das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft die Kompetenz, auch im Verantwortungsbereich des Matrixmanagers einzugreifen, da es weiterhin Weisungen gegenüber den in der Matrixorganisation eingebundenen Arbeitnehmern erteilen kann. Dieses Eingriffsrecht ist die Kehrseite der bestehenden gesetzlichen Verantwortung des Leitungsorgans zur Einhaltung gesetzlicher Pflichten. Gegen diese Kompetenzen des Leitungsorgans kann sich die Matrixstruktur nicht sperren.172 Zur effektiven Umsetzung bedarf das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft neben dem Prüfrecht der Weisungen zweier Komponenten. Zum einen haben die Mit­arbeiter der Matrixgesellschaft das Leitungsorgan über sämtliche Weisungen seitens des Matrixmanagers zu unterrichten.173 Hierfür sind im Vorhinein klare Verhaltensweisen schriftlich festzuhalten. Sofern das Leitungsorgan zum Ergebnis kommt, die Weisung des Matrixmanagers ist unzulässig, so hat das Leitungsorgan die Befolgung der Weisung zu untersagen. Dies ist aufgrund des verbliebenden Disziplinarrechts möglich. Die vom Matrixmanager erteilte Weisung hat in diesem Fall zurückzustehen. Zum anderen sind die Mitarbeiter anzuweisen, offensichtlich rechtswidrige Weisungen, z. B. Weisungen zu Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, nicht zu befolgen, wobei eine solche Weisung von den Arbeitnehmern per se nicht zu befolgen wäre, da eine solche arbeitsvertrag­ liche Weisung gemäß § 134 BGB nichtig wäre.174 Ein Szenario, welches im 169  Schauf, BB 2017, 2883, 2886; Seibt/Wollenschläger, AG 2013, 229, 237; vgl. auch zu den Anforderungen an eine solche Organisation Bicker, AG 2012, 542, 546; Fleischer, AG 2003, 291, 298 f.; Hauschka, AG 2004, 461, 472 ff. 170  Schauf, BB 2017, 2883, 2886; Götz, ZGR 2003, 1, 4; Geißler, GmbHR 2009, 1071, 1074. 171  Geßler, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, § 308 Rn. 30. 172  Schauf, BB 2017, 2883, 2887; Wieneke, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2010, 91, 101; Götz, ZGR 2003, 1, 4; siehe auch Liebscher, in: MüKo-GmbHG, Anh. zu § 13 Rn. 150. 173  Siehe zur Überprüfungspflicht als Leitungsaufgabe S. 112 f. 174  BAG, vom 22.02.2012, 5 AZR 249/11, NZA 2012, 858 Rn. 24; Boemke, NZA 2013, 6; Maschmann, NZA 2017, 1557, 1559.

178

4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

Extremfall zur Folge hätte, dass das Leitungsorgan mit „gebundenen Händen einer persönlichen Haftung oder gar Strafbarkeit“ ausgeliefert wird175, erscheint daher im Hinblick auf rechtliche Erwägungen nicht zu bestehen. Gleichwohl sind entsprechende Vorkehrungen auf der Ebene der Matrixorganisation abzubilden, damit im Vorhinein klare Verhältnisse bestehen. 4. Notfallorganisation

Aus dem Rückhol- und Eingriffsrecht folgt auch die Pflicht zur Schaffung einer „Notfallorganisation“.176 Dies bedeutet, dass das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft die Möglichkeit hat, in Krisensituationen, beispielsweise bei Gefahr im Verzug oder unmittelbar drohenden Gesetzesverstößen, die Matrixorganisation dauerhaft oder vorübergehend „auszuschalten“, um die Kompetenzen wieder gebündelt bei der Gesellschaft zu sammeln.177 Hierfür sind im Vorhinein Vorkehrungen (Organigramm, Zuordnung von Berichts­ linien, Anweisungen) zu treffen. Auch ist notwendig, dass das Leitungsorgan stets informiert bleibt, um eine solche Krisensituation zu erkennen und schnell handeln zu können. 5. Informationsbeschaffung

Damit das Leitungsorgan effektiv seinen Pflichten nachkommen kann sowie das Eingriffsrecht und seine Überprüfungspflicht ausüben kann, bedarf es des fortlaufenden Überblicks über die Aktivitäten in der Gesellschaft.178 Daher ist zwingend dafür zu sorgen, dass das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft organisatorisch nicht vom Informationsfluss seiner Gesellschaft ausgeschlossen wird, sondern schon im Vorfeld über Weisungen informiert wird, damit noch ausreichend Zeit bleibt, um diese Weisung zu überprüfen.179 175  Schauf,

BB 2017, 2883, 2886. Begriff nutzend: Seibt/Wollenschläger, AG 2013, 229, 237; ähnlich auch schon Adams/Johannsen, BB 1996, 1017, 1018. 177  Seibt/Wollenschläger, AG 2013, 229, 237; Wieneke, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2010, 91, 101; Paefgen, in: GK-GmbHG, § 37 Rn. 25; Lutter, ZIP 1986, 1195, 1196; Mennicke, NZG 2000, 622, 624 f.; vgl. hierzu auch die Erkenntnisse zum Cash-Pooling: Vetter/Stadler, Haftungsrisiken beim konzernweiten Cash Pooling, Rn.  194 ff.; Henze, WM 2005, 717; ebenso BGH vom 01.12.2008, II ZR 102/07, NZG 2009, 107, 109. 178  Schauf, BB 2017, 2883, 2887; Seibt/Wollenschläger, AG 2013, 229, 237; vgl. hierzu ebenso für das ähnliche Problem bei der Spartenorganisation Schönbrod, Spartenorganisation, S. 237. 179  Maschmann, NZA 2017, 1557, 1561; ebenso Geßler, in: Geßler/Hefermehl/ Eckardt/Kropff, § 308 Rn. 28; Schönbrod, Spartenorganisation, S. 237. 176  Diesen



§ 1 Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft179

Hierbei ist es möglich, das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft im Vorhinein in die Entscheidungsfindung miteinzubeziehen. Eine im Rahmen dieser Abstimmung erteilte Weisung ist dann nicht erneut vom Leitungsorgan zu überprüfen, sofern sie im Rahmen des abgestimmten Ergebnisses verbleibt.180 Dieses Beteiligungserfordernis macht die Organisation zwar „langsamer“, aber ist rechtlich nicht zu vermeiden. Notwendig sind daher eine formale Ausgestaltung der Informationsversorgung und der Zugriff auf diese Informationen. Dies dient dem Schutz des Eingriffsrechts und der Durchsetzung der Überprüfungspflicht.181 Daher muss dem Leitungsorgan umfassender Zugriff auf Informationen seiner Gesellschaft zustehen. Diese Rechtsmacht hat das Leitungsorgan kraft seiner Stellung, ist aber auch durch die Organisation abzubilden. Die Informationsorganisation im Rahmen der Matrixstruktur hat mithin entsprechende Abläufe zu schaffen, in denen das Leitungsorgan mitlesen und sich weitere Informationen besorgen kann.182 Ausreichend ist hierbei eine Organisation des Informationsflusses, die eine laufende Unterrichtung des Leitungsorgans sicherstellt, flankiert von einer jederzeitigen Zugriffsmöglichkeit auf weitere aus seiner Sicht notwendige Informationen.183 Wie eng die laufende Information des Leitungsorgans sein muss, hängt indes maßgeblich vom Einzelfall ab, insbesondere von der Größe und Risikogeneigtheit der Gesellschaft sowie von der wirtschaftlichen Lage. Geht es der Gesellschaft beispielsweise wirtschaftlich gut, genügt im Regelfall die Mitteilung wichtiger Geschäfte oder Maßnahmen. In (nahenden) Krisensituationen hat eine engere Anbindung des Leitungsorgans an den Informationsfluss zu erfolgen, um die gesetzlichen Pflichten zu erfüllen.184 In einer Gesellschaft mit erhöhtem Risiko, beispielsweise einer Produktionsstätte, welche daher spe­ ziellen Unfallverhütungspflichten und Sicherheitsbestimmungen unterliegt, ist eine engere Einbindung des Leitungsorgans erforderlich. In solchen Fällen Geßler, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, § 308 Rn. 29. BB 2017, 2883, 2886; Seibt/Wollenschläger, AG 2013, 229, 237; Wisskirchen/Dannhorn/Bissels, DB 2008, 1139, 1142; Geßler, in: Geßler/Hefermehl/ Eckardt/Kropff, § 308 Rn. 28; Kleindiek in: Lutter/Hommelhoff, § 37 Rn. 13; Lutter, ZIP 1986, 1195, 1196. 182  Schauf, BB 2017, 2883, 2886; Seibt/Wollenschläger, AG 2013, 229, 237; vgl. hierzu auch Götz, ZGR 2003, 1, 5; Schönbrod, Spartenorganisation, S. 236; Wettich, Vorstandsorganisation, S. 240. 183  Schauf, BB 2017, 2883, 2886; Seibt/Wollenschläger, AG 2013, 229, 237. 184  Vgl. Schauf, BB 2017, 2883, 2886; Wieneke, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2010, 91, 101; siehe zu den gesteigerten Organpflichten in Krisensituationen BGH, vom 09.01.2001, VI ZR 407/99, DStR 2001, 633; BGH, vom 15.10.1996, VI ZR 319/95, NJW 1997, 130; BGH, vom 02.06.2008, II ZR 27/07, NJW-RR 2008, 1253; HansOLG, vom 18.02.2000, 11 U 213/98, NZG 2000, 1083, 1086; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 53; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 173 f. 180  Vgl.

181  Schauf,

180

4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

sind dann Prüfungsergebnisse nicht nur an den zuständigen Matrixmanager, sondern weiterhin auch direkt an das Leitungsorgan zu berichten, damit dieses seinen Pflichten nachkommen kann.185

C. Zusammenfassung Die Verantwortung des Leitungsorgans der Matrixgesellschaft ändert sich im Vergleich zu einer nicht konzernierten Gesellschaft. Die operative und steuernde Tätigkeit liegt nicht mehr in der Hand des Leitungsorgans der Matrixgesellschaft, sondern in der Hand der Obergesellschaft. Diese kann die Matrixgesellschaft aufgrund ihres Weisungsrechts umfassend leiten. Daher besitzt das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft in Bereichen, in denen Weisungen erteilt worden sind, keine operative Leitungsverantwortung mehr. Trotz der fehlenden operativen Steuerung ist das Leitungsorgan keine Marionette. Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft ist weiterhin verantwortlich dafür, die gesetzlichen Pflichten einzuhalten, die Weisungen der Obergesellschaft zu prüfen sowie die Informationsverantwortung wahrzunehmen. Die Überprüfung der von der Obergesellschaft erteilten Weisungen umfasst zunächst die Frage, ob das Weisungsrecht die Grenzen einhält, namentlich die Grenzen aus dem Beherrschungsvertrag, der Satzung, dem Gesetz, des Verbots der Existenzvernichtung und der ausreichenden Liquidität der Obergesellschaft. Ebenso umfasst von dieser Prüfung ist die Frage, ob nachteilige Weisungen offensichtlich nicht den Belangen der Obergesellschaft oder der mit ihr und der Gesellschaft konzernverbundenen Unternehmen dienen. Daneben hat das Leitungsorgan die die Gesellschaft und die das Organ selbst treffenden Vorschriften zu berücksichtigen und deren Einhaltung zu überwachen. Hierzu zählen insbesondere die Vorschriften, die zum Schutz der Gläubiger und der Gesellschaft bestehen. Zu deren Einhaltung ist das Leitungsorgan verpflichtet, es kann sich nicht auf die Unmöglichkeit der Ausführung berufen. Denn es hat selbst die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Informationsversorgung gewährleistet ist. Kommt das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft diesen Pflichten nicht nach, begibt sich das Organ eigenverantwortlich in die Situation der Handlungsunfähigkeit. Zu den vom Leitungsorgan zu schaffenden Voraussetzungen zählt die Einschaltung in die Kommunikation mit dem Matrixmanager und den Mitarbeitern, die Vorhaltung einer „Notfallorganisation“ sowie ein eigenständiges Handeln in Krisensituationen.

185  Vgl. Schauf, BB 2017, 2883, 2886; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, § 37 Rn. 13; siehe auch Lutter, ZIP 1986, 1195, 1196.



§ 2 Der Matrixmanager181

§ 2 Der Matrixmanager Eine wichtige Rolle in der Matrixorganisation fällt dem Matrixmanager zu. Dieser ist regelmäßig bei der Obergesellschaft angestellt, kann aber auch bei anderen Konzerngesellschaften angestellt sein oder auch bei konzernfremden Gesellschaften. Aus organisationstheoretischen Gesichtspunkten sind die Matrixmanager für die Leitung ihrer jeweiligen funktions- und objektbezogenen Geschäftsbereiche verantwortlich. Hierfür haben sie die Leitungsmacht kraft Weisungsrechts inne. Nachfolgend sind die Stellung und das Pflichtenprogramm des Matrixmanagers näher zu untersuchen.

A. Der Matrixmanager im Verhältnis zur Gesellschaft I. Die Stellung des Matrixmanagers Der Matrixmanager hat in der Gesellschaft und im Konzern eine Führungsfunktion inne, die sich aus der Organisation und ebenso aus der Führung seines ihm anvertrauten Bereichs zusammensetzt. Er ist regelmäßig unter dem Vorstand der Obergesellschaft angesiedelt und ist neben diesem mit Führung der ihm nachgeordneten Bereiche betraut. In dieser Arbeit wurde der Matrixmanager regelmäßig im Gleichklang mit dem Begriff des leitenden Angestellten genannt, ohne allerdings diesen Begriff näher zu umschreiben. Eine Auseinandersetzung mit dieser Begrifflichkeit ist jedoch wesentlich, wenn es um die Frage der Pflichten des Matrixmanagers geht. 1. Leitende Angestellte im Arbeitsrecht

Eine Beschäftigung mit der Stellung eines leitenden Angestellten hat sich zunächst mit der Begrifflichkeit des leitenden Angestellten auseinanderzusetzen. Hierbei muss eingangs allerdings festgestellt werden, dass eine einheitliche gesetzliche Begrifflichkeit des leitenden Angestellten nicht existiert.186 Feststeht zunächst, dass leitende Angestellte Arbeitnehmer sind und mit der Gesellschaft arbeitsvertraglich verbunden sind.187 Von den Leitungsorganen werden leitende Angestellte insofern abgegrenzt, dass das Leitungsorgan die originäre Arbeitgeberstellung innehat, der leitende Angestellte indes eine 186  Sandmann, Haftung leitende Angestellte, S. 500; Martens, Der leitende Angestellte, S. 17 ff., 27; BAG, vom 05.03.1974, 1 ABR 19/73, AP Nr. 1 zu § 5 BetrVG 1972; Richardi, in: Richardi, § 5 Rn. 203; Koch, in: Schaub, ArbR-Hdb., § 212 Rn. 17. 187  Sandmann, Haftung leitende Angestellte, S. 500; Richardi, in: Richardi, § 5 Rn.  200 ff.; Koch, in: ErfK, § 5 BetrVG Rn. 17.

182

4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

hiervon abgeleitete Stellung, welche jederzeit widerrufbar ist (keine „Kompetenz-Kompetenz“ in Bezug auf die Arbeitgeberstellung).188 Der Begriff des leitenden Angestellten findet sich in verschiedensten arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften (§ 22 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG; § 5 Abs. 3 und 4 BetrVG, § 14 Abs. 2 KSchG, § 16 Abs. 4 Nr. 4 SGG, § 45 WPO). Hierbei beschreibt die Vorschrift des § 5 Abs. 3 BetrVG die Tätigkeit des leitenden Angestellten als gesetzliches Leitbild.189 Dies legen auch die Verweise in § 1 Abs. 1 SprAuG, § 3 Abs. 3 Nr. 2 MitbestG und § 18 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG nahe, die auf § 5 Abs. 3 BetrVG Bezug nehmen.190 Daher wird sich im Folgenden allein mit den Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 BetrVG beschäftigt. Im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG ist leitender Angestellter, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist (§ 5 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG). Ebenso ist leitender Angestellter, wer Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist (§ 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG) oder regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesent­ lichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst (§ 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG). a) Selbstständige Personalkompetenz (Nr. 1) Eine selbstständige Befugnis i. S. d. § 5 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG ist nur dann gegebenen, wenn derjenige im Innen- und Außenverhältnis über die Personalauswahl entscheidet sowie Arbeitsverträge, Kündigungen oder Aufhebungsvereinbarungen zumindest mit unterzeichnen darf.191 Der Angestellte muss hierbei im Wesentlichen frei von Weisungen über Einstellung und 188  Martens, Der leitende Angestellte, S. 27; Sandmann, Haftung leitende Angestellte, S. 500; Richardi, in: Richardi, § 5 Rn. 200 ff.; Koch, in: ErfK, § 5 BetrVG Rn. 17. 189  BAG, vom 29.01.1980, 1 ABR 45/79, AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 22; BAG, vom 25.03.2009, 7 ABR 2/08, AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 73; Sandmann, Haftung leitende Angestellte, S. 500; Richter, Münchener Hdb ArbR, § 20 Rn. 7; anders Martens, Der leitende Angestellte, S. 17 ff., der keine Definition des leitenden Angestellten vornimmt. 190  Sandmann, Haftung leitende Angestellte, S. 500. 191  BAG, vom 25.03.2009, 7 ABR 2/08, NZA 2009, 1296; Möller, NZA 2017, 1567 f.



§ 2 Der Matrixmanager183

Entlassung entscheiden können.192 Unschädlich ist hierbei dagegen eine Mitwirkung anderer Abteilungen in Form von Beratungen oder Vorgaben wie Stellenplänen, Auswahlrichtlinien und -verfahren sowie Budgetvorgaben; ebenso sind formale Zustimmungserfordernisse, zwecks Kontrolle wie auch das Erfordernis einer Zweitunterschrift unschädlich, sofern diese lediglich der Richtigkeitskontrolle dienen.193 Eine rechtserhebliche Beschränkung der Personalkompetenz liegt jedoch dann vor, wenn die Entscheidung mit einer Entscheidungsbefugnis eines Dritten im Unternehmen verbunden ist.194 Soweit beispielsweise ein Personalleiter nur im Einvernehmen mit den Fach­ abteilungen handeln oder nur eine Entscheidung im Außenverhältnis vollziehen darf, ist er nicht leitender Angestellter nach Nr. 1.195 b) Handelsrechtliche Bevollmächtigung (Nr. 2) Die Prokura (§§ 48 ff. HGB) darf im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend sein.196 Ausreichend für die Prokura ist damit nicht, wer im Innenverhältnis gehalten ist, von der Prokura keinen (selbstständigen) Gebrauch zu machen; ebenso wenig sind sowohl sogenannte Titular-, Ehrenoder Honorarprokura ausreichend als auch eine Prokura, der nur ein un­ bedeutender Aufgabenbereich zugrunde liegt.197 Bei letzterer hat die Rechtsprechung die Anforderungen weitergehend präzisiert und verlangt die Wahrnehmung bedeutsamer unternehmerischer Führungsaufgaben, welche sich wiederum anhand der zu Nr. 3 entwickelten Grundsätze bestimmen.198 Demnach kann regelmäßig nur leitender Angestellter sein, wessen Entscheidungen unmittelbare Außenwirkung zukommt. Bei Erschöpfung des unternehmerischen Einflusses im Innenverhältnis liegt der Tatbestand der Nr. 2 trotz bestehender Prokura nicht vor.199 192  BAG, vom 11.03.1982, 6 AZR 136/79, AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 28; Koch, in: ErfK, § 5 BetrVG Rn. 19; Richardi, in: Richardi, § 5 Rn. 226. 193  Möller, NZA 2017, 1567 f.; BAG, vom 10.10.2007, 7 ABR 61/06, NZA 2008, 664; Richardi, in: Richardi, § 5 Rn. 227. 194  Möller, NZA 2017, 1567 f. 195  Möller, NZA 2017, 1567 f.; LAG Rheinland-Pfalz, vom 04.04.2011, 5 TaBV 36/10, BeckRS 2011, 74370. 196  Koch, in: ErfK, § 5 BetrVG Rn. 20; Koch, in: Schaub, ArbR-Hdb., § 212 Rn. 30. 197  BAG, vom 11.01.1995, 7 ABR 33/94, NZA 1995, 747; Möller, NZA 2017, 1567, 1568; Koch, in: ErfK, § 5 BetrVG Rn. 20. 198  BAG, vom 11.01.1995, 7 ABR 33/94, NZA 1995, 747; BAG, vom 25.03.2009, 7 ABR 2/08, NZA 2009, 1296. 199  BAG, vom 25.03.2009, 7 ABR 2/08, NZA 2009, 1296; Möller, NZA 2017, 1567, 1568; Koch, in: ErfK, § 5 BetrVG Rn. 20; Richardi, in: Richardi, § 5 Rn. 231.

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

c) Unternehmerische Teilfunktion (Nr. 3) Leitender Angestellter ist nach Nr. 3 auch, wer sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzen und wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst. Die dem Arbeitnehmer übertragenen Aufgaben müssen für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sein. Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG ist hierfür erforderlich, dass der Angestellte für die Verwirklichung des Unternehmensziels eine bedeutsame Schlüsselposition innehat, welche ihn in die Nähe der Unternehmensleitung rückt.200 Es muss sich hierbei um gehobene Angestelltentätigkeiten handeln. Daher muss der Angestellte maßgeblichen Einfluss auf die wirtschaftliche, technische, kaufmännische, organisatorische, wissenschaftliche oder aber personelle Führung des Unternehmens oder Betriebs haben.201 Dies bedarf der Übertragung von Aufgaben von einer gewissen Breite für das Unternehmen, welche dem Angestellten Einwirkungsmöglichkeiten auf Tätigkeiten geben, „die für die Erfüllung der Funktionen des konkreten Unternehmens wichtig sind“202. Keine Rolle spielt dabei die Einordnung, welcher Leitungsebene der Angestellte zugeordnet ist.203 Gleichwohl wird die erforderliche Bedeutung der übernommenen Aufgaben zumeist nur auf der Führungsebene unterhalb des Leitungsorgans angesiedelt sein. Die Tätigkeit muss für das Unternehmen von Bedeutung sein.204 Daher darf sich die Tätigkeit nicht in der bloßen Ausführung von unternehmerischen Entscheidungen erschöpfen, sondern es muss dem Angestellten ein eigener Entscheidungsspielraum zur Verfügung stehen.205 Für die Erfüllung der in § 5 Abs. 3 S. 2 200  BAG, vom 25.10.2001, 2 AZR 358/00, NZA 2002, 584; Richardi, in: Richardi, § 5 Rn. 239 f.; Richter, in: Münchener Hdb ArbR, § 22 Rn. 33 ff. 201  BAG, vom 05.03.1974, 1 ABR 19/73, NJW 1974, 965; BAG, vom 25.03.2009, 7 ABR 2/08, NZA 2009, 1296; Möller, NZA 2017, 1567, 1568; Bürkle/Fecker, NZA 2007, 589, 590; Koch, in: ErfK, § 5 BetrVG Rn. 21; Richardi, in: Richardi, § 5 Rn.  29 ff. 202  BAG, vom 05.03.1974, 1 ABR 19/73, NJW 1974, 965; BAG, vom 25.03.2009, 7 ABR 2/08, NZA 2009, 1296; Möller, NZA 2017, 1567, 1568; Bürkle/Fecker, NZA 2007, 589, 590; Koch, in: ErfK, § 5 BetrVG Rn. 21; Richardi, in: Richardi, § 5 Rn.  29 ff. 203  Richter, in: Münchener Hdb. ArbR I, § 20 Rn. 34. 204  Bürkle/Fecker, NZA 2007, 589, 590. 205  BAG, vom 05.03.1974, 1 ABR 19/73, NJW 1974, 965; BAG, vom 11.01.1995, 7 ABR 33/94, NZA 1995, 747; BAG, vom 06.12.2001, 2 AZR 733/00, NZA 2002, 816; BAG, vom 25.03.2009, 7 ABR 2/08, NZA 2009, 1296; Bürkle/Fecker, NZA 2007, 589, 590; siehe hierzu auch Hromadka, BB 1990, 57.



§ 2 Der Matrixmanager185

Nr. 3 BetrVG angeführten Aufgaben müssen ferner besondere Erfahrungen und Kenntnisse erforderlich sein. Aus dem Hinweis auf besondere Erfahrungen und Kenntnisse darf allerdings nicht der Rückschluss gezogen werden, dass bereits die Ausübung jeder Tätigkeit, die eine hochqualifizierte Ausbildung voraussetzt, den jeweiligen Arbeitnehmer gleich zum leitenden An­ gestellten macht.206 Schließlich muss der Arbeitnehmer, um als leitender Angestellte angesehen werden zu können, entweder seine Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen treffen oder sie sonst wie maßgeblich beeinflussen können. Das Kriterium der wesentlichen Weisungsfreiheit sowie der Möglichkeit, unternehmerische Entscheidungen maßgeblich beeinflussen zu können, muss auf den festgelegten Aufgabenbereich bezogen werden.207 Der notwendige Entscheidungs- und Ermessensspielraum lässt sich jedoch nicht abstrakt bestimmen, sondern nur einzelfallbezogen. Hierbei spielen sowohl Größe und Struktur des Unternehmens ebenso eine Rolle, wie die von der Gesellschaft bestimmte Unternehmensorganisation.208 2. Der Matrixmanager als leitender Angestellter?

Ein einheitlicher rechtlicher Begriff des leitenden Angestellten existiert nicht. Gleichwohl lässt sich aufgrund der umfassenden Gesetzesregelung in § 5 Abs. 3 BetrVG ein Leitbild des leitenden Angestellten entnehmen. Dieses Leitbild stellt auf die Übertragung unternehmerischer Aufgaben und die Wahrnehmung unternehmerischer Führung ab.209 Es sprechen daher gute Gründe dafür, den Matrixmanager unter den Begriff des leitenden Angestellten zu subsumieren, sofern dieser in einer arbeitsvertraglichen Beziehung zur Obergesellschaft steht und keine Organstellung innehat. Denn dieser führt regelmäßig seinen Matrixbereich eigenständig, indem er das Weisungsrecht der Obergesellschaft ausübt. Die Leitung des betreuten Bereichs, beispielsweise die Produktentwicklung, das Marketing oder die Forschung, soll durch die Implementierung der Matrixorganisation und Unterstellung unter den Matrixmanager ja gerade einheitlich geführt und gesteuert werden.210 Aus diesem Grund wird die Funktion einer Führungskraft übertragen und von

206  Koch, in: Schaub, ArbR-Hdb, § 212 Rn. 31; Richter, in: Münchener Hdb. ArbR I, § 20 Rn. 36; BAG, vom 10.02.1976, 1 ABR 61/74, AP Nr. 12 zu § 5 BetrVG 1972. 207  Bürkle/Fecker, NZA 2007, 589, 591; Richter, in: Münchener Hdb. ArbR I, § 20 Rn. 37; Koch, in: Schaub, ArbR-Hdb, § 212 Rn. 32. 208  Bürkle/Fecker, NZA 2007, 589, 591. 209  Bürkle/Fecker, NZA 2007, 589, 590. 210  Bitsch, NZA 2018, 696, 697; vgl. auch Seibt/Wollenschläger, AG 2013, 229 ff.; Maschmann, NZA 2017, 1557 ff.; Witschen RdA 2016, 38, 39.

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

dieser über Unternehmensgrenzen hinweg einheitlich ausgeübt.211 Damit kommt dem Matrixmanager im Rahmen des Konzerns eine wesentliche Schlüsselrolle für die unternehmerischen Entscheidungen und Geschicke zu. Dies rechtfertigt regelmäßig die Qualifizierung als leitender Angestellter.212 Freilich ist hierbei zuzugeben, dass jedoch stets die Umstände des Einzelfalls entscheidend für diese Beurteilung sind. Allerdings erscheint ein Matrix­ manager ohne entsprechende Kompetenzen, die der Stellung eines leitenden Angestellten entsprechen, für die Matrixorganisation nicht zweckmäßig. II. Aufgabenübertragung Einer weiteren Untersuchung bedarf die Frage, welche Pflichten der Ma­ trixmanager bei seiner Tätigkeit zu beachten hat. Der konkrete Umfang der zu beachtenden Pflichten ergibt sich zunächst aus dem Arbeitsvertrag des Matrixmanagers, denn dieser ist trotz der Stellung als leitender Angestellter Arbeitnehmer.213 In diesem Vertrag muss vereinbart werden, ob der Matrix­ manager umfassende Unternehmerfunktion wahrnehmen soll oder lediglich in einem abgegrenzten Unternehmensbereich eingesetzt werden soll. Unabhängig von der vertraglichen Ausgestaltung lassen sie die relevanten Pflichten des Matrixmanagers als leitender Angestellter typisieren. Denn diese sind für die Leitung ihrer jeweiligen funktions- und objektbezogenen Geschäftsbereiche verantwortlich. Hierfür steuern sie „virtuelle Einheiten“ und üben Einfluss durch ihr Weisungsrecht aus. 1. Grenzen der Pflichten

Eine unbegrenzte Aufgabenübertragung seitens des Vorstands der Obergesellschaft auf den Matrixmanager ist nicht möglich. Vielmehr bildet die 211  Bitsch,

NZA 2018, 696, 697. Bitsch, NZA 2018, 696, 697; Witschen RdA 2016, 38, 46; siehe hierzu auch LAG Düsseldorf, vom 10.02.2016, 7 TaBV 63/15, BeckRS 2016, 68795; LAG Baden-Württemberg, vom 28.05.2014, 4 TaBV 7/13, BeckRS 2014, 70642, die zumindest die Stellung als leitender Angestellter des Matrixmanagers in den Matrixgesellschaften verneint haben. Denn hiernach ist die Frage, ob ein Arbeitnehmer leitender Angestellter i. S. d. § 5 Abs. 3 BetrVG ist, stets unternehmensbezogen zu beurteilen. Die Einordnung des Mitarbeiters als leitenden Angestellten in einer anderen Konzerngesellschaft soll danach im Schwester- oder Tochterunternehmen keine Rolle spielen. Allerdings steht diese Einschätzung der vorliegenden Arbeit nicht entgegen, da im Rahmen dieser Arbeit die Rolle des Matrixmanagers in Bezug auf die Obergesellschaft betrachtet wird. 213  Sandmann, Haftung leitende Angestellte, S. 500; Richardi, in: Richardi, § 5 Rn.  200 ff.; Koch, in: ErfK, § 5 BetrVG Rn. 17; Martens, Der leitende Angestellte, S. 27; Melot de Beauregard/Baur, DB 2016, 1754. 212  Ebenso:



§ 2 Der Matrixmanager187

Grenze der Delegation von Kompetenzen auf den Matrixmanager die eigenverantwortliche Leitung des Unternehmens durch den Vorstand gemäß § 76 Abs. 1 AktG, wonach Leitungsaufgaben alleine durch diesen zu erfolgen haben.214 Allerdings kann der Vorstand aufgrund des in der Praxis vorkommenden erheblichen Arbeitsaufwands die Führungsentscheidung vorbereitende Hilfsaufgaben an Dritte delegieren, stets unter der Prämisse, dass die Letztverantwortlichkeit ausschließlich bei dem Vorstand als Gesamtorgan verbleibt.215 Gerade in größeren Gesellschaften wird eine Aufgabenübertragung an untergeordnete Führungskräfte regelmäßig sogar einer sachgerechten Organisation entsprechen, da der Vorstand erst durch diese Delegation und die damit verbundenen Entlastung im Tagesgeschäft in die Lage versetzt wird, seine primäre Aufgabe – die Leitung der Gesellschaft – ordnungsgemäß zu erfüllen.216 Es lässt sich daher sagen, dass im Einzelfall eine Pflicht zur Aufgabendelegation naheliegt. Fraglich ist allein, in welchem Maß Entscheidungskompetenzen auf den Matrixmanager delegiert werden können. Bei dieser Frage ist bei der oben geführten Diskussion hinsichtlich der Grenzen der Vorstandsorganisation anzusetzen.217 Zu den unübertragbaren Aufgaben des Vorstands zählen die Zielsetzung und mittel- und langfristige Festlegung der Unternehmenspolitik (Unternehmensplanung), die Organisation und die Koordination der mit Führungsaufgaben ausgestatteten Teilbereiche des Unternehmens (Unternehmenskoordinierung), die laufende und nachträgliche Kontrolle von Durchführung und Erfolg delegierter Geschäftsführungsaufgaben (Unternehmenskontrolle) und die Besetzung von Führungsstellen im Unternehmen (Führungspostenbesetzung).218 Eine Übertragung dieser Leitungsaufgabe auf den Matrixmanager im Ganzen ist damit unzulässig.219 214  Fleischer, NZG 2003, 449, 450; Wicke, NJW 2007, 3755, 3756; Kort, in: GKAktG (2015), § 76 Rn. 49; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76 Rn. 15; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 76 Rn. 65; Ihrig/Schäfer, in: Ihrig/Schäfer, Rechte und Pflichten des Vorstands, § 16 Rn. 430. 215  Kort, in: GK-AktG (2015), § 76 Rn. 49; Mertens/Cahn, § 76 Rn. 23; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76 Rn. 15. 216  Wettich, Vorstandsorganisation, S. 177. 217  Vgl. hierzu schon S. 121 ff. 218  Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 76 Rn. 18; Koch, in: Hüffer/Koch, § 76 Rn. 9; Kort in: GK-AktG (2015), § 76 Rn. 36; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 76 Rn. 5; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76 Rn. 15; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, § 76 Rn. 9; ders., FS K. Schmidt (2009), S. 1463, 1464, 1476 ff., jedoch differenzierender, der stets auf eine Einzelfallbetrachtung abstellt; siehe zur Delegation grundsätzlich: BGH, vom 15.10.1996, VI ZR 319/95, BGHZ 133, 370, 378; BGH, vom 18.10.1976, II ZR 9/75, NJW 1977, 199, wonach eine umfassende Übertragung der organschaftlichen Vertretungsmacht unzulässig ist; Wettich, Vorstandsorganisation, S. 178. 219  Ebenso zu anderen Konstellationen: Hoffmann-Becking, ZGR 1998, 497, 510; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 77 Rn. 4; Koch, in: Hüffer/Koch, § 77 Rn. 5; Kort, in: GK-AktG (2015), § 77 Rn. 6; Spindler, in: MüKo-AktG, § 76 Rn. 18.

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

Im Umkehrschluss bedeutet dies aber, dass Aufgaben, die nicht unter diese Leitungsaufgaben fallen, grundsätzlich vom Matrixmanager erfüllt werden können. 2. Vorbereitung von Leitungsmaßnahmen

Aus der Möglichkeit, dem Matrixmanager in Grenzen Führungsaufgaben zu übertragen, folgt, dass die Geschäftsführung durch den Matrixmanager als grundsätzlich zulässig anzusehen ist. Lediglich eine Aufgabenübertragung, welche die oben aufgezeigten Grenzen überschreitet, ist unzulässig. Mithin darf der Matrixmanager keine Entscheidung über Leitungsaufgaben treffen. Dies ist der erste relevante Punkt, der bei der Leitung der Matrixzelle durch den Matrixmanager zu beachten ist, da der Matrixmanager aufgrund der weitestgehend organisatorischen Selbstständigkeit seines Bereichs und damit verbundenen „Machtfülle“ schnell in Situationen kommt, in denen Leitungsentscheidungen getroffen werden könnten. Liegt die Gefahr einer solchen Überschreitung vor, hat der Matrixmanager die Aufgabe dem Gesamtvorstand vorzulegen. Maßstab bei dieser Frage ist, ob ein Geschäft von „erheblicher Bedeutung“ vorliegt.220 So ist beispielweise der Matrixmanager trotz einer finanziellen Autonomie nicht befugt erhebliche finanzielle Investitionsentscheidungen zu treffen.221 Eine solche Entscheidung obliegt allein dem Gesamtvorstand im Rahmen seiner Leitungsaufgabe. Wann eine erhebliche finanzielle Investitionsentscheidung vorliegt, ist allerdings nicht abstrakt zu bestimmen, sondern von der Größe der Unternehmung abhängig. Gleichwohl ist es möglich und empfehlenswert im Rahmen der Delegation der Aufgaben auf den Matrixmanager konkrete Beträge vorzugeben, ab denen der Matrixmanager die Entscheidung dem Vorstand vorlegen muss. 3. Bestehen von Kontrollpflichten

Fraglich ist, ob der Matrixmanager aufgrund seiner relevanten Stellung in der Matrixorganisation besondere Kontrollpflichten innehat. a) Vertragliche Kontrollpflichten Die Pflicht zur Überwachung kann sich regelmäßig aus arbeitsvertrag­ lichen Absprachen ergeben. In diesen ist der vom Matrixmanager zu verantwortende Bereich und die Aufgaben zu definieren. Hierbei ist aufgrund der 220  Vgl. hierzu schon S. 121  ff.; ebenso Wettich, Vorstandsorganisation, S. 179, für die Frage der Spartenleitung durch nachgeordnete Führungskräfte. 221  Vgl. hierzu Kort, in: GK-AktG (2015), § 77 Rn. 27.



§ 2 Der Matrixmanager189

hervorgehobenen Stellung des Matrixmanagers naheliegend auch dessen Überwachungspflicht zu vereinbaren. b) Überwachungspflichten aufgrund der Stellung als Matrixmanager Auch sprechen gute Gründe dafür, eine Überwachungspflicht des Matrixmanagers allein durch dessen Stellung als Matrixmanager anzunehmen. Denn durch den seiner Tätigkeit zugrundeliegenden Vertrag könnte der Matrixmanager verpflichtet sein, die seinem Bereich obliegenden Aufgaben sorgfältig zu erfüllen, wozu dann auch eine Überwachungspflicht zu zählen ist. In diesem Zusammenhang bejaht beispielsweise die strafrechtliche Rechtsprechung des BGH Überwachungspflichten, aufgrund der vertraglichen Verpflichtung einen bestimmten Bereich zu führen. So obliegt beispielsweise nach der strafrechtlichen Rechtsprechung des BGH dem Leiter einer Rechtsabteilung eines öffentlich-rechtlichen Unternehmens, der zugleich Leiter der Innenrevision ist, die gleiche Garantenpflicht nach § 13 Abs. 1 StGB zur Verhinderung von Straftaten, wie sie den „Compliance Officers“ auferlegt ist.222 In einer weiteren strafrechtlichen Entscheidung hat der BGH entschieden, dass sich aus der Stellung als Vorgesetztem eine Garantenpflicht zur Verhinderung von Straftaten nachgeordneter Mitarbeiter ergeben kann. Diese beschränkt sich indes – unabhängig von den tatsächlichen Umständen, die im Einzelfall für die Begründung der Garantenstellung maßgebend sind – auf die Verhinderung betriebsbezogener Straftaten.223 Betriebsbezogen sind solche Taten, die einen inneren Zusammenhang zu der betrieblichen Tätigkeit des Begehungstäters oder zu der Art des Betriebes aufweisen.224 In die gleiche Richtung gehen die Rechtsprechung und Literatur zu den Unternehmerorganisationspflichten i. S. d. § 831 BGB und § 823 Abs. 1 BGB. Im Zusammenhang mit diesen Pflichten ist anerkannt, dass das Leitungs­ organ einer juristischen Person, sofern diese eine nicht mehr überschaubare Größe besitzt, nicht die Einzelaufsicht über jeden Mitarbeiter hat. Vielmehr kann das Leitungsorgan diese Einzelaufsicht „einem Angestellten höherer Ordnung“ übertragen.225 Dieser ist dann für die Betreuung der nachgeordneten Mitarbeiter verantwortlich, während der Geschäftsherr „nur“ seinen Ver-

222  BGH,

vom 17.07.2009, 5 StR 394/08, CCZ 2009, 239. vom 20.10.2011, 4 StR 71/11, CCZ 2012, 157, betriebsbezogene Straftaten umfassen nach dieser Entscheidung nicht solche Taten, die der Mitarbeiter lediglich bei Gelegenheit seiner Tätigkeit im Betrieb begeht; bestätigt durch BGH, vom 06.02.2018, 5 StR 629/17, BeckRS 2018, 2975. 224  BGH, vom 06.02.2018, 5 StR 629/17, BeckRS 2018, 2975. 225  RG, vom 14.12.1911, VI 75/11, RGZ 78, 107, 108. 223  BGH,

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

walter sorgfältig auswählen und beaufsichtigen muss.226 Der leitende Mit­ arbeiter ist dann wiederum für die Auswahl, Einweisung und Überwachung seiner nachgeordneten Mitarbeiter verantwortlich.227 Im Laufe der Zeit wurde diese Privilegierung von Großunternehmen durch wachsende Anforderungen an den Entlastungsbeweis, die weite Interpretation des Begriffs der verfassungsmäßigen Vertreter im Sinne des § 31 BGB und die Annahme von betrieblichen Organisationspflichten relativiert und der Anwendungsbereich des Entlastungsbeweises wurde geschmälert.228 Stattdessen wurde verstärkt betont, dass sich der Geschäftsherr der Pflicht zu einer allgemeinen Oberaufsicht nicht entledigen kann.229 Allerdings betrifft dies nur die Anforderungen an den Geschäftsherren selbst. Die Anforderungen der nächsten Ebene zur Überwachung bleiben davon unberührt. Dies wird auch dadurch unterstrichen, dass der Geschäftsherr für seine Entlastung beweisen muss, dass die ihm nachgelagerte Ebene ihren Pflichten sorgfältig nachgekommen ist.230 Damit bleibt zunächst festzuhalten, dass auch Personen unterhalb der Leitungsebene kraft ihrer Stellung in der Gesellschaft Auswahl-, Einweisungsund Überwachungspflichten treffen. Damit wird es allein um die Frage gehen, ob der Matrixmanager aufgrund seiner Stellung solche Pflichten inne­ haben kann. Dies wird wiederum maßgeblich von den Umständen des Einzelfalls abhängen. Allerdings erscheint eine solche Pflichtenstellung nicht fernliegend, da der Matrixmanager als leitender Angestellter regelmäßig seinen Bereich eigenverantwortlich leitet, die Arbeitnehmer anweist und damit die unmittelbare Führung ausübt.231 Auch besitzt er einen umfangreichen Organisations226  So schon RG, vom 14.12.1911, VI 75/11, RGZ 78, 107, 108; später übernommen von BGH, vom 25.10.1951, III ZR 95/50, NJW 1952, 418; OLG Oldenburg, vom 08.05.1987, 6 U 151/85, NJW-RR 1988, 38; Förster, in: BeckOK, § 831 Rn. 67; Matusche-Beckmann, in: jurisPK-BGB, § 831 Rn. 5; Matusche-Beckmann, Das Or­ ganisationsverschulden, S. 105; siehe hierzu auch LAG Thüringen, vom 10.06.2004, 1 Sa 148/01, BeckRS 2004 30475191. 227  Förster, in: BeckOK, § 831 Rn. 67; Matusche-Beckmann, in: jurisPK-BGB, § 831 Rn. 5; Matusche-Beckmann, Das Organisationsverschulden, S. 105; Martens, Der Leitende Angestellte, S. 118. 228  Matusche-Beckmann, in: jurisPK-BGB, § 831 BGB, Rn. 123; Wagner, in: MüKo-BGB, § 831 Rn. 43; siehe hierzu auch: Bernau, in: Staudinger (2018), § 831 Rn. 176. 229  Matusche-Beckmann, in: jurisPK-BGB, § 831 Rn. 123; Wagner, in: MüKoBGB, § 831 Rn. 43. 230  Matusche-Beckmann, in: jurisPK-BGB, § 831 Rn. 5, 123; Sprau, in: Palandt, § 831 Rn. 11; Bernau, in: Staudinger (2018), § 831 Rn. 176. 231  Vgl hierzu LAG Thüringen, vom 10.06.2004, 1 Sa 148/01, BeckRS 2004 30475191, wonach solche Aufsichtspflichten die personalleitenden Mitarbeiter treffen. Diese haben die Überwachung der nachgelagerten Ebenen zu übernehmen.



§ 2 Der Matrixmanager191

bereich, in dem er die ihm gestellten Aufgaben ausführt und auch über eine Vielzahl von Mitarbeitern verfügen kann.232 Ferner spricht aus dem Gesichtspunkt des „cheapest cost avoider“ vieles dafür, den Matrixmanager als Überwachungspflichtigen anzusehen.233 Denn dieser führt den Matrixbereich, der aus konzernweiten Teilen bestehen kann und damit rechtlich zunächst verschiedene Rechtspersönlichkeiten beteiligt sind. Der Matrixmanager hat den konzernweiten Überblick und kann bei drohenden Rechtsverletzungen am schnellsten eingreifen. Damit bleibt festzuhalten, dass gute Gründe dafürsprechen, den Matrixmanager, auch ohne ausdrückliche vertragliche Vereinbarung, als Pflichtenadressat der Überwachung der Mitarbeiter des ihm zugeordneten Bereichs anzusehen. Dies beruht auf der Unternehmerorganisationspflicht i. S. d. § 831 BGB und § 823 Abs. 1 BGB. c) Nebenvertragliche Pflicht zur Überwachung Ferner kann auch ohne eine ausdrückliche Festlegung im Arbeitsvertrag den Matrixmanager als leitendem Angestellten aus dem Grundsatz der Schadensabwendungspflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) eine Pflicht zur Überwachung treffen.234 Hiernach ist jeder Arbeitnehmer verpflichtet, einen drohenden Schaden vom Arbeitgeber abzuwenden bzw. zu beseitigen, soweit dies dem Arbeitnehmer zumutbar und möglich ist.235 Dies wurde von der Rechtsprechung des BAG angenommen, wenn sich die schädigende Handlung in dem Aufgabenbereich abspielte, mit dem der Arbeitnehmer betraut war.236 Der Matrixmanager hat die Verantwortung für den von ihm verantworteten Bereich und hat in diesem die operative Verantwortung sowie erhebliche Autonomie. Damit übernimmt er gerade die Obhutspflichten für seinen Bereich, hierzu zählt dann auch die Überwachung der ihm unterstellten Mitarbeiter. 232  Martens,

Der Leitende Angestellte, S. 118. zu diesem im Deliktsrecht diskutierten Gedanken: Wagner, in: MüKoBGB, § 823 Rn. 428; Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse des Rechts, S. 236 f. 234  BAG, vom 12.05.1958, 2 AZR 539/56, NJW 1958, 1747, in dem zugrundeliegenden Fall hatte ein Arbeitgeber von seinem Prokuristen Schadensersatz wegen Verletzung von Kontroll- und Überwachungspflichten verlangt, nachdem ein Mitarbeiter wegen Veruntreuung von Unternehmensgeldern rechtskräftig verurteilt wurde. Dem hat das BAG im Ergebnis zugestimmt, indem es aus der Treuepflicht des Arbeitnehmers eine ständige Überwachungs- und Kontrollpflichten abgeleitet hat, die in bestimmten Fällen bestehen können, BAG, vom 18.06.1970, 1 AZR 520/69, AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 57; Reichhold, in: Münchener Hdb. ArbR Bd. I, §55 Rn. 10; vgl. zur Schadensabwendungspflicht Preis, in: ErfK, § 611a Rn. 744; Müller-Gölge, in: MüKo-BGB, § 611 Rn. 1082. 235  Preis, in: ErfK, § 611a Rn. 744; Müller-Gölge, in: MüKo-BGB, § 611 Rn. 1082. 236  BAG, vom 12.05.1958, 2 AZR 539/56, NJW 1958, 1747; vgl. hierzu auch BGH, vom 23.02.1989, IX ZR 236/86, NJW-RR 1989, 614, 615. 233  Siehe

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Hiergegen spricht auch nicht die konzernübergreifende Zusammenarbeit, da die Überwachung der Tätigkeiten in der abhängigen Gesellschaft zum Pflichtenkreis der Obergesellschaft gehört. III. Die vom Matrixmanager einzuhaltenden Sorgfaltspflichten Einer weiteren Untersuchung bedarf die Frage, welchen Pflichtenmaßstab der Matrixmanager bei seiner Tätigkeit zu beachten hat. Der konkrete Umfang der zu beachtenden Pflichten ergibt sich zunächst aus dem Arbeitsvertrag des Matrixmanagers, denn dieser ist trotz der Stellung als leitender Angestellter Arbeitnehmer.237 In diesem muss vereinbart werden, ob der Matrixmanager umfassende Unternehmerfunktion wahrnehmen soll oder lediglich in einem abgegrenzten Unternehmensbereich eingesetzt werden soll. In Rahmen ihrer Tätigkeit werden die Matrixmanager als leitende Angestellte auch unternehmerische Verantwortung übernehmen und unternehmerische Entscheidungen treffen. Ihre Tätigkeit ist in diesem Bereich Organen angenähert. Damit stellt sich insbesondere die hier interessierende Frage, ob sich die Matrixmanager als leitende Angestellte bei der Erledigung ihrer Aufgaben auf die Business Judgment Rule berufen können. 1. Allgemeines

Erstmalige Einführung und Anerkennung fand die aus dem amerikanischen Rechtsraum stammende Business Judgment Rule mit der ARAG/GarmbeckEntscheidung des BGH im Jahr 1997.238 Damit wurde dem Vorstand bei unternehmerischen Entscheidungen ein weitgehender Haftungsfreiraum eröffnet. Der deutsche Gesetzgeber hat diese Grundsätze im Rahmen des UMAG in das deutsche Aktienrecht kodifiziert.239 Demnach liegt keine Pflichtverletzung des Vorstands vor, wenn das Mitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Gesellschaft zu handeln (§ 93 Abs. 1 S. 2 AktG). Diese Regelung gilt auch sinngemäß für das Handeln des Aufsichtsrats (§ 116 AktG). Den Haftungsfreiraum können die Organe in 237  Vgl. Sandmann, Haftung leitende Angestellte, S. 500; Richardi, in: Richardi, § 5 Rn. 200 ff.; Koch, in: ErfK, § 5 BetrVG Rn. 17; Martens, Der leitende Angestellte, S. 27; Melot de Beauregard/Baur, DB 2016, 1754. 238  BGH, vom 21.04.1997, II ZR 175/95, NJW 1997, 1926; vgl. hierzu auch Henze, NJW 1998, 3309; Götz, NJW 1997, 3275. 239  Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts („UMAG“), vom 22.09.2005, BGBl I, Nr. 60, S. 2802; siehe auch die Gesetzesbegründung hierzu: BT-Drs. 15/5092, S. 11.



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Anspruch nehmen, wenn fünf Tatbestandsmerkmale erfüllt sind:240 Unternehmerische Entscheidung, Gutgläubigkeit, Handeln ohne Sonderinteressen und sachfremde Einflüsse, Handeln zum Wohle der Gesellschaft und Handeln auf der Grundlage angemessener Information. Für das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale trifft den Vorstand die Beweislast. Nicht umfasst von diesem Haftungsfreiraum ist allerdings das illegale Verhalten. Für dieses gibt es keinen „sicheren Hafen“ im Sinne einer haftungstatbestandlichen Freistellung. Es kann hier im Einzelfall aber am Verschulden fehlen.241 Unternehmerische Entscheidungen sind infolge ihrer Zukunftsbezogenheit durch Prognosen und nicht justiziable Einschätzungen geprägt.242 2. Grundsatz der Haftung von Arbeitnehmern und leitenden Angestellten

Der leitende Angestellte ist aufgrund eines Arbeitsvertrags mit der Gesellschaft verbunden und ist im Rahmen dieses schuldrechtlichen Verhältnisses als Arbeitnehmer zu qualifizieren.243 Der allgemeine Sorgfaltsmaßstab des leitenden Angestellten richtet sich daher nach § 276 BGB. Dies bedeutet, dass er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt einzuhalten hat (§ 276 Abs. 2 BGB). Haftungsrechtlich führt dies dazu, dass den leitenden Angestellten die zivilrechtliche Schadensersatzhaftung mit dem Grundsatz der Totalreparation (§§ 249 ff. BGB) trifft und damit schon beim Vorliegen von „normaler“ Fahrlässigkeit eine volle Haftung droht.244 Diese „harte“ Innenhaftung sieht die Rechtsprechung sowie Literatur zumindest in Bezug auf Arbeitnehmer als unbillig an und hat ein System der Haftungsprivilegierung entwickelt (sog. Innerbetrieblicher Schadensaus­ gleich).245 Ausgangspunkt ist die betriebliche Veranlassung der Tätigkeit, auf

240  BT-Drs. 15/5092, S. 11; vgl. hierzu auch die umfassende Literatur, Bunz, NZG 2011, 1294 ff.; Kock/Dinkel, NZG 2004, 441 ff.; Lutter, ZIP 2007, 841 ff.; M. Roth, BB 2004, 1066 ff.; Redeke, NZG 2009, 496 ff.; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn.  59 ff. 241  BT-Drs. 15/5092, S. 11. 242  BT-Drs. 15/5092, S. 11. 243  Siehe hierzu S. 181 ff. 244  Bürkle/Fecker, NZA 2007, 589. 245  BAG, vom 15.11.2012, 8 AZR 705/11, AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 137; BAG, vom 28.10.2010, 8 AZR 418/09, AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 136; grundlegend BAG, vom 27.09.1994, GS 1/89, NZA 1994, 1083, 1086, hier Abkehr vom Begriff der Gefahrgeneigtheit; BAG, vom 24.11.19878 AZR 524/82, NZA 1988, 579; BAG, vom 12.10.1989, 8 AZR 741/87, NZA 1990, 95; BGH, vom 11.03.1996, II ZR 230/94 NJW 1996, 1532; vgl. hierzu auch Waltermann, RdA 2005, 98, 99 f.; Henssler, in: MüKo-BGB, § 619a Rn. 12; Preis, in: ErfK, § 619a Rn. 9 ff.; siehe hierzu auch noch umfassend S. 323 ff.

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die Gefahrgeneigtheit kommt es nicht an.246 Dogmatische Grundlage der Haftungsprivilegierung ist die analoge Anwendung des § 254 BGB.247 Demnach muss sich der Arbeitgeber die Betriebsgefahr seines Unternehmens zurechnen lassen, da dieser kraft seiner Organisationsmacht den arbeitstechnischen Zweck des Betriebes eigenverantwortlich bestimmen kann, die Betriebsorganisation nach seinen Plänen und Bedürfnissen gestalten sowie auf die Tätigkeit des Arbeitnehmers einwirken kann.248 Das Haftungsrisiko des Arbeitnehmers wird maßgeblich von dieser Einwirkungs- und Organisationsmöglichkeit des Arbeitsgebers hinsichtlich Art, Ort und Zeit der Arbeitsleistung beeinflusst, welchen der Arbeitnehmer aufgrund des Weisungsgebundenheit nicht ausweichen kann.249 Vielmehr kann der Arbeitgeber allein die Modalitäten der Arbeit des Arbeitnehmers gestalten und prägt damit das Haftungsrisiko des Arbeitnehmers, indem er die Bedingungen für die Schadensrisiken schafft, beibehält oder verändert.250 a) Anwendbarkeit auf den leitenden Angestellten In der Literatur diskutiert und in der Rechtsprechung bislang nicht endgültig entschieden ist, ob diese Grundsätze der Haftungsprivilegierung auch auf den leitenden Angestellten Anwendung finden. Der BGH hat in der Vergangenheit die Anwendbarkeit dieser Grundsätze auf leitende Angestellte verneint.251 Hintergrund war insbesondere, dass die personale Stellung eines derartigen Dienstverpflichteten dagegen spricht, da dieser seine Dienste gerade in eigener Verantwortung leistet und im Wesentlichen seine Tätigkeit frei gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. In einer Entscheidung vom 25.06.2001 hat der BGH allerdings die Anwendbarkeit des innerbetrieblichen Schadensausgleich auf leitende Angestellte „nebenbei“ bejaht, sofern sie nicht Geschäftsführer sind.252 Das BAG hat sich 246  Vgl. nur: BAG, vom 15.11.2012, 8 AZR 705/11, AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 137; BAG, vom 27.09.1994, GS 1/89, NZA 1994, 1083, 1086, hier Abkehr vom Begriff der Gefahrgeneigtheit; weitere Nachweise Fn. 245. 247  BAG, vom 12.06.1992, GS 1/89, NZA 1993, 547; Waltermann, RdA 2005, 98. 248  BAG, vom 12.06.1992, GS 1/89, NZA 1993, 547; Preis, in: ErfK, § 619a Rn. 10; Waltermann, RdA 2005, 98 ff. 249  Preis, in: ErfK, § 619a Rn. 10; BAG, vom 12.06.1992, GS 1/89, NZA 1993, 547; Waltermann, RdA 2005, 98 ff. 250  Vgl. Bürkle/Fecker, NZA 2007, 589, 592. 251  BGH, vom 25.02.1969, VI ZR 225/67, VersR 1969, 474, 477; BGH, vom 14.02.1985, IX ZR 145/83, VersR 1985, 693; BGH, vom 07.10.1969, VI ZR 223/67, AP Nr. 51 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers (Ls.). 252  BGH, vom 25.06.2001, II ZR 38/99 NJW 2001, 3123, 3124; vgl. hierzu auch Waltermann, RdA 2005, 98, 100; Krause, NZA 2003, 577, 581 f.



§ 2 Der Matrixmanager195

der anfänglich restriktiven Rechtsprechung des BGH nicht angeschlossen und einem leitenden Angestellten zumindest dann die Haftungsprivilegierung zugesprochen, wenn er den Schaden nicht bei einer für seine Position charakteristischen Tätigkeit verursacht hat.253 Die überwiegende Auffassung in der Literatur verzichtet indes auf eine solche Differenzierung, sondern wendet die Privilegierung auf leitende Angestellte generell an.254 Hierfür soll schon die schwierige Abgrenzung von leitenden Angestellten und normalen Arbeitnehmern sprechen. Ferner wird angeführt, dass auch die leitenden Angestellten letztlich fremdnützig und weitgehend fremdbestimmt tätig sind.255 Gleichwohl soll die höhere Sachkunde von leitenden Angestellten sowie deren eigenverantwortliche und selbstbestimmte Tätigkeit insofern berücksichtigt werden, dass bei den Sorgfaltsanforderungen ein strengerer Maßstab anzulegen ist.256 Folge ist, dass sich auch bei leitenden Angestellten der tatsächliche Schadensersatzanspruch nach dem Verschulden im Einzelfall richtet. Demnach haftet der leitende Angestellte nicht, sofern er nur einfach fahrlässig handelt und nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit kommt eine volle Haftung in Betracht.257 b) Stellungnahme Die uneingeschränkte Anwendbarkeit der Haftungsprivilegierung auf leitende Angestellte erscheint aus mehreren Aspekten nicht sachgerecht. So sind leitende Angestellte zwar Arbeitnehmer, indes üben sie, wie die obige Auseinandersetzung mit dem Begriff des leitenden Angestellten gezeigt hat, 253  BAG, vom 11.11.1976, 3 AZR 266/75, AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 80; BAG, vom 25.10.2007, 8 AZR 593/06, NZA 2008, 223, 228; vgl. ebenfalls LAG Niedersachsen, Urteil 07.07.2003, 5 Sa 188/02, NZA-RR 2004, 142, das die Anwendbarkeit der Haftungsprivilegierung für die Haftung eines Kreditprokuristen bejaht. 254  Waltermann, RdA 2005, 98, 100; Krause, NZA 2003, 577, 581; Joussen, RdA 2006, 129, 132 f.; Reichold, in: Münchener Hdb. ArbR Bd. I, § 51 Rn. 64; Henssler, in: MüKo-BGB, § 619a Rn. 17; Preis, in: ErfK, § 619a BGB Rn. 19; Linck, in: Schaub, ArbR-Hdb, § 59 Rn. 31; Richardi/Fischinger, in: Staudinger (2016), § 611, Rn. 230; anders: Gegen jegliche Haftungsprivilegierung Kaiser, AR-Blattei SD Nr 70. 2 Rn. 217 f.; wiederum differenzierend: Pallasch, RdA 2013, 338, 348 f., hiernach sind leitende Angestellte von der Privilegierung nicht bei unternehmerischen Entscheidungen umfasst, da diesen gerade ein eigener Entscheidungsspielraum zu steht; dem BAG folgend: Möller, NZA 2017, 1567, 1570 f. 255  Richardi/Fischinger, in: Staudinger (2016), § 611, Rn. 230. 256  Waltermann RdA 2005, 98, 100; Krause, NZA 2003, 577, 581; Richardi/Fischinger, in: Staudinger (2016), § 611, Rn. 230. 257  Vgl. zu dieser Schadensaufteilung grundlegend: Henssler, in: MüKo-BGB, § 619a Rn. 34 ff.; siehe hierzu aber auch noch umfassend, S. 323 ff.

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Arbeitgeberfunktionen aus. Die Voraussetzungen zur Annahme eines leitenden Angestellten sind auch erheblich, so genügt nicht die Kompetenz zur Personaleinstellung in einem unerheblichen Umfang. Ebenso reicht der bloße Einfluss auf unternehmerische Entscheidungen nicht aus, sondern dieser Einfluss muss maßgeblich sein. Es muss sich um gehobene Angestelltentätigkeiten handeln. Der Angestellte muss nach dem BAG maßgeblichen Einfluss auf die wirtschaftliche, technische, kaufmännische, organisatorische, wissenschaftliche oder aber personelle Führung des Unternehmens oder Betriebs haben.258 Dem leitenden Angestellten müssen unternehmerische (Teil-)Aufgaben übertragen worden sein, es muss ihm daher rechtlich und tatsächlich ein eigener und erheblicher Entscheidungsspielraum zur Verfügung stehen. Entscheidungen muss er weitgehend weisungsfrei und selbstbestimmt treffen oder zumindest maßgeblich beeinflussen können. Diese Qualität der Befugnisse rückt die leitenden Angestellten in das „Lager“ des Arbeitgebers. Zudem zeigt folgender Vergleich, dass eine uneingeschränkte Anwendung der Privilegierung unangemessen ist. Die Einordnung sowie die Aufgaben und Befugnisse des leitenden Angestellten hängen maßgeblich von der Unternehmensgröße ab, konkret, welche Aufgaben der Geschäftsleitung delegiert werden können. So wurde oben festgestellt, dass in einem kleinen Familienunternehmen bestimmte Aufgaben, die als Leitungsaufgaben zu qualifizieren sind, allein der Geschäftsleitung vorbehalten sind. In einem größeren Unternehmen oder einem multinationalen Konzern dagegen kann die gleiche Aufgabe allerdings seitens der Geschäftsleitung delegiert werden, da diese Aufgabe für das Leitungsorgan der Gesellschaft keine Leitungsaufgabe darstellt. Die Erfüllung der gleichen Aufgabe hat damit in der kleinen Familiengesellschaft durch das Geschäftsleitungsorgan zu erfolgen, während im multinationalen Konzern diese Aufgabe durch den leitenden Angestellten ausgeführt werden kann. Wird in diesem Rahmen eine Pflicht verletzt, so erscheint es widersprüchlich, in einem Fall die Haftungsprivilegierung anzunehmen in dem anderen Fall dagegen die Grundsätze des Business Judgment Rule anzuwenden. Dies obwohl in beiden Fällen die handelnden Personen die gleiche Aufgabe zu erfüllen hatten. Gerade die Matrixorganisation zeigt doch auch, dass operative Fragen gerade von leitenden Angestellten ausgeführt werden und diese in ihrem Bereich eine Teilautonomie besitzen, die gerade für das Vorliegen die Stellung des leitenden Angestellten konstitutiv sind. Daher ist eine wie vom BAG durchgeführte Differenzierung geboten. Soweit die leitenden Angestellten lediglich betriebliche Tätigkeiten ausüben, also solche Tätigkeiten auf der (arbeitstechnischen) Ebene des Betriebes, erfüllen sie gemeinsam mit den übrigen Betriebsangehörigen und dem Betriebsinhaber den Betriebszweck, sodass die Haftungsbeschränkungsgrund258  BAG,

vom 05.03.1974, 1 ABR 19/73, NJW 1974, 965.



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sätze gelten.259 Bedient etwa ein leitender Angestellter das betriebseigene Kopiergerät unsachgemäß und verursacht dadurch einen Reparaturaufwand oder unterlaufen ihm (unter Zeitdruck) Fehler bei der Durchführung eines ihm übertragenen Projekts, die eine Nachbesserung erforderlich machen, verwirklichen sich betriebliche Risiken, die analog § 254 BGB dem Betriebsinhaber zuzurechnen sind.260 Diese Risiken verwirklichen sich indes nicht, wenn der leitende Angestellte unternehmerisch für die Gesellschaft tätig wird. In dieser Situation steht ihm ein Entscheidungsspielraum zu. Von dieser Selbstständigkeit geht auch gerade das Gesetz aus, wenn es beispielsweise verlangt, dass der leitende Angestellte zur „selbstständigen“ Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt ist (§ 5 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BetrVG, § 14 Abs. 2 KSchG) oder ihre Entscheidungen „im Wesentlichen frei von Weisungen“ treffen (§ 5 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 BetrVG). Bei diesen unternehmerischen Entscheidungen handeln leitende Angestellte nicht nur im Interesse des Unternehmers (Betriebsinhabers), sondern vielmehr funktional als Unternehmer, weil sie Unternehmerfunktionen ausüben und Führungsaufgaben wahrnehmen.261 Ihre Position ist bei solchen Entscheidungen vielmehr mit der von Organmitgliedern vergleichbar. In diesem Bereich treten leitende Angestellte daher selbst als der Unternehmer auf und stehen insoweit zu ihrem Arbeitgeber in einem Gemeinschaftsverhältnis als „Mit-Unternehmer“. Damit fehlt es am Anwendungsbereich der Privilegierung, deren dogmatische Grundlage § 254 BGB analog ist und vom Gedanken geprägt ist, dass der Arbeitnehmer die eigene Stellung nicht beeinflussen kann.262 Daher können die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs bei unternehmerischen Entscheidungen des Matrixmanagers keine Anwendung finden. Vielmehr ist die Lösung der Frage nach der Haftung für unternehmerische Entscheidung in der Business Judgment Rule zu suchen. 3. Anwendbarkeit der Business Judgment Rule auf den Matrixmanager

Auf den ersten Blick ist die Frage der Anwendbarkeit der Business Judgment Rule auf leitende Angestellte nicht sonderlich naheliegend, da dieser Pflichtenmaßstab für Vorstände entwickelt worden ist. Deren besondere Eigenschaft ist die eigenständige und damit weisungsfreie Leitung der Gesellschaft. Der Matrixmanager als leitender Angestellter wird allerdings aufgrund eines Arbeitsvertrags tätig. Gleichwohl hat die Auseinandersetzung mit dem 259  Pallasch,

RdA 2013, 338, 348. Pallasch, RdA 2013, 338, 348. 261  So auch Pallasch, RdA 2013, 338, 348. 262  Pallasch, RdA 2013, 338, 348. 260  Vgl.

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

Begriff des leitenden Angestellten deutlich gemacht, dass dieser sich gerade durch seine eigenständige und weisungsfreie Tätigkeit auszeichnet und damit gerade vom umfassenden arbeitsvertraglichen Direktionsrecht des Arbeitgebers nicht umfasst ist, sondern der leitende Angestellte bei unternehmerischen Entscheidungen im „Lager“ des Arbeitgebers steht. Daher sprechen gute Gründe dafür, dass die Business Judgment Rule auch auf leitende Angestellte Anwendung findet. a) Business Judgment Rule als allgemeiner Grundsatz Der Gesetzgeber hat mit der Kodifizierung der Business Judgment Rule in den § 93 Abs. 2 AktG einen allgemeinen Grundsatz für unternehmerische Entscheidungen festgelegt, der als Anknüpfungs- und Ausgangspunkt für die weitere Rechtsentwicklung dient. In der Gesetzesbegründung heißt es ausdrücklich, dass „der Grundgedanke eines Geschäftsleiterermessens im Bereich unternehmerischer Entscheidungen […] nicht auf den Haftungstatbestand des § 93 AktG und nicht auf die Aktiengesellschaft beschränkt [ist], sondern sich auch ohne positivrechtliche Regelung in allen Formen unternehmerischer Betätigung [findet]. Das für das Ak­ tiengesetz zu § 93 gefundene Regelungsmuster und die Literatur und Rechtsprechung dazu können aber als Anknüpfungs- und Ausgangspunkt für die weitere Rechtsentwicklung dienen.“263

Der Gesetzgeber macht damit deutlich, dass die Business Judgment Rule keine aktienrechtliche Besonderheit darstellt, sondern ein stets zu berücksichtigender Grundgedanke im Bereich unternehmerischer Entscheidungen ist. Dieser Grundgedanke ist auch auf leitende Angestellte übertragbar, da auch diesen unternehmerische (Teil)Verantwortung zugutekommt. Denn wie oben ausgeführt, muss der Arbeitnehmer, um als leitender Angestellter angesehen werden zu können, entweder seine Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen treffen oder die Entscheidungen maßgeblich beeinflussen können.264 Damit zeichnen sich Entscheidungen von leitenden Angestellten regelmäßig durch einen eigenen Prognosecharakter aus. Ebenso spricht für die Anwendung der Business Judgment Rule, der oben aufgeworfene Gedanke des fließenden Übergangs und die Relativität der Leitungsaufgaben.265 Zudem fehlt es im Zusammenhang mit der Haftung von leitenden Angestellten an verlässlichen Kriterien. Deren Sorgfaltsanforderungen mithilfe des 263  BT-Drs. 15/5092, S. 12; dies bestätigend in BT-Drs. 18/11506, S. 28, zum Genossenschaftsgesetz, hier wurde die Haftungsnorm des § 34 Abs. 1 S. 2 GenG dem § 93 Abs. 2 AktG angeglichen. 264  Siehe zu den prägenden Merkmalen des leitenden Angestellten S. 181  ff.; Bürkle/Fecker, NZA 2007, 589, 591; Fritz, NZA 2017, 673, 676. 265  Siehe hierzu schon S. 65 ff.



§ 2 Der Matrixmanager199

Grundgedankens der Business Judgment Rule auszufüllen, liegt aufgrund der gegebenen Parallelität zu Geschäftsleiterentscheidungen nahe. b) Zweck der Business Judgment Rule Auch der Zweck und der wirtschaftliche Hintergrund der Business Judgment Rule legt eine Anwendung auf die unternehmerische Tätigkeit der leitenden Angestellten nahe. Hintergrund und Rechtfertigung dieser „safe harbour“ Regelung für die Leitungsorgane ist gerade, dass wirtschaftliche Entscheidungen auf Gesellschaftsebene risikoneutral gefällt werden können und damit gerade die sich für die Gesellschaft eröffnenden Chancen vom Vorstand verfolgt werden.266 So beruhen unternehmerische Entscheidung häufig auch auf Instinkt, Erfahrung, Phantasie und Gespür für künftige Entwicklungen und einem Gefühl für die Märkte und die Reaktion der Abnehmer und Konkurrenten.267 Dem trägt die Business Judgment Rule Rechnung, da sie gerade den Mut zum unternehmerischen Risiko nicht nehmen möchte. Diese Dimension der Business Judgment Rule lässt sich auch für leitende Angestellte im Rahmen ihrer unternehmerischen Entscheidung fruchtbar machen.268 Gerade die hier untersuchte Matrixorganisation zeigt doch, dass auch maßgebliche operative Entscheidungen von dem Matrixmanager getroffen werden, obwohl dieser nicht der Geschäftsleitung angehört. Auch ist zu bedenken, dass eine vollständige nachträgliche Überprüfung einer unternehmerischen Entscheidung durch ein Gericht nicht sachgerecht wäre. Denn Richter sind nicht die besseren Manager, und Menschen neigen, wenn sie aus der ex post-Perspektive urteilen, zu Rückschaufehlern.269 Schließlich sollten Geschäftsleiter in die Lage versetzt werden, auch risikoreiche Entscheidungen zu treffen, um innovativ handeln zu können und unternehmerisches Neuland betreten zu können. Daher entspricht es auch dem Interesse der Aktionäre einer Gesellschaft, dass die Rechtsordnung den leitenden Angestellten, die auch wesentliche unternehmerische Entscheidungen treffen, durch die Business Judgment Rule einen originären, der gerichtlichen Nachprüfung entzogenen Entscheidungsspielraum einzuräumen.270 Eine Gesellschaft mit einer unter dem Vorstand angesiedelte Führungsebene, die trotz ihrer rechtlichen und auch unternehmensintern zugebilligten Geschäftsführung aus „Furcht“ vor der Haftung keine Entscheidungen trifft, sondern jede BT-Drs. 15/5092, S. 12; Jungmann, NZI 2009, 80, 86. BT-Drs. 15/5092, S. 12. 268  Vgl. hierzu auch: Bürkle/Fecker, NZA 2007, 589, 593. 269  Jungmann, NZI 2009, 80, 81; Fleischer, in: Spindler/Stilz, §93 Rn. 710; Hölters, in: Hölters, § 93 Rn. 35. 270  Vgl. hierzu in einer andere Konstellation Jungmann, NZI 2009, 80, 81. 266  Vgl. 267  Vgl.

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Entscheidung zwecks Haftungsvermeidung vom Vorstand „absegnen“ lässt, ist dann nicht mehr flexibel, sondern träge und verhindert Innovation und wirtschaftliche Erfolge der Gesellschaft. Eine solche Handhabung widerspricht auch der notwendigen Delegation von Aufgaben. Demnach muss der leitende Angestellte unter Umständen auch mit Risiken behaftete Geschäfte vornehmen können, ohne dass bereits in der Vornahme solcher Geschäfte eine Pflichtwidrigkeit zu sehen ist. Ansonsten würde eine dem Unternehmenserfolg wenig zuträgliche risikoaverse Haltung gefördert, da der leitende Angestellte dann stets die risikoärmere Alternative wählen würde, die häufig im Beibehalten des stauts quo liegen würde. Genau diese Risikoscheu möchte die Business Judgment Rule verhindern, indem sie Vorgaben für einen Haftungsfreiraum für unternehmerische Entscheidungen schafft. c) Anwendbarkeit trotz Weisungsbindung Gegen die Anwendbarkeit der Business Judgment Rule lässt sich auf den ersten Blick die Weisungsbindung des leitenden Angestellten aufgrund arbeitsvertraglicher Bindungen ins Feld führen. Dieses Argument kann allerdings bei näherer Betrachtung nicht überzeugen. Denn auch in Bereichen, in denen die Business Judgment Rule normiert ist, liegt gerade keine uneingeschränkte Weisungsfreiheit vor. So erfährt die eigenverantwortliche Leitung des Vorstands der Aktiengesellschaft durch § 111 Abs. 4 S. 2 AktG eine Einschränkung. Hiernach dürfen bestimmte Arten von Geschäften nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats vorgenommen werden. Das Gesetz relativiert mit dieser Vorschrift das Geschäftsführungsverbot des § 111 Abs. 4 S. 1 AktG, um dem Aufsichtsrat die vorbeugende Überwachung der Geschäftsführung unter Sicherstellung hinreichender Informationen zu erleichtern und ihn an der Geschäftsführung unmittelbar teilhaben zu lassen.271 Der Aufsichtsrat hat durch diese präventive Kontrolle Anteil an den unternehmerischen Tätigkeiten des Vorstands im Sinne einer begleitenden Mitgestaltung.272 Gleichwohl räumt diese Vorschrift dem Aufsichtsrat kein Weisungsrecht oder Selbstvornahmerecht ein, sondern „lediglich“ ein Vetorecht.273 Trotzdem ist anzuerkennen, dass eine absolute Leitungsautonomie seitens des Vorstands gerade nicht besteht. Diese Einschränkung der Leitungsautonomie verstärkt sich noch im Vertragskonzern (ebenso im Eingliederungskonzern). So begründet, 271  Habersack, in: MüKo-AktG, § 111 Rn. 31; Hopt/Roth, in: GK-AktG, § 111 Rn.  583 ff.; Koch, in: Hüffer/Koch, § 111 Rn. 16. 272  BGH, vom 21.04.1997, II ZR 175/95, NJW 1997, 1926, 1928. 273  Habersack, in: MüKo-AktG, § 111 Rn. 31; Hopt/Roth, in: GK-AktG, § 111 Rn.  583 ff.; Koch, in: Hüffer/Koch, § 111 Rn. 16.



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wie schon untersucht, der Abschluss eines Beherrschungsvertrags (§ 291 Abs. 1 AktG) Weisungsrechte des herrschenden Unternehmens gegenüber der abhängigen Gesellschaft (§ 308 Abs. 1 S. 1 AktG) und korrespondierende Folgepflichten für deren Vorstandsmitglieder.274 Auch im Fall der Eingliederung besteht ein Weisungsrecht des Hauptgesellschafters gegenüber der eingegliederten Gesellschaft (§ 323 Abs. 1 S. 1 AktG) sowie eine Folgepflicht des Vorstandes (§§ 323 Abs. 2 S. 2, 308 Abs. 2 S. 1 AktG). Die Business Judgment Rule wird dennoch auch auf diese Leitungsorgane angewandt. Ähnlich verhält es sich auch im Genossenschaftsrecht. So führte der Gesetzgeber mit der Änderung des Genossenschaftsgesetzes im Jahr 2017 zwar die Business Judgment Rule (§ 34 GenG) für den Vorstand der Genossenschaft ein. Zugleich eröffnete der Gesetzgeber der Generalversammlung unter bestimmten Umständen die Möglichkeit der Erteilung eines Weisungsrechts, an welches der Vorstand gebunden ist (§ 27 GenG).275 Dies unterstreicht, dass sich Weisungsgebundenheit und die Anwendbarkeit der Business Judgment Rule nicht per se ausschließen. Es ist damit gerade kein pauschaler Gegensatz zwischen unternehmerischer Freiheit der Geschäftsleitung einerseits und der Weisungsunterworfenheit der leitenden Angestellten andererseits zu erkennen. Denn auch im Gesellschaftsrecht existiert keine völlig freie Entscheidung der Leitungsorgane, sondern diese müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen und vor allem die (Mit-)Entscheidungskompetenzen der anderen Unternehmensorgane sowie Weisungen in Konzernlagen respektieren.276 So kann auch das einzelne Vorstandsmitglied trotz Alleingeschäftsführungsbefugnis bei bestimmten Fragen nicht allein entscheiden, ebenso hat der Gesamtvorstand in grundsätzlichen Fragen regelmäßig auch die Zustimmung des Aufsichtsrates einzuholen bzw. der Aufsichtsrat hat bei solchen wesentlichen Geschäften ein Zustimmungsvorbehalt aufzustellen.277 Diese Wertung wird auch durch die Kompetenzverteilung in der GmbH getragen. Literatur und Rechtsprechung wenden für den GmbH-Geschäftsführer trotz fehlender Normierung die Business Judgment Rule an.278 Dies 274  Siehe

zum Umfang der Folgepflicht S. 94 f. BT-Drs. 18/11506, S. 27. 276  Bürkle/Fecker, NZA 2007, 589, 594. 277  BT-Drs. 14/8769 S. 17, wonach Entscheidungen oder Maßnahmen, die nach den Planungen oder Erwartungen die Ertragsaussichten der Gesellschaft oder ihre Risikoexposition grundlegend verändern und damit von existenzieller Bedeutung für das künftige Schicksal der Gesellschaft sind, vom Votum beider Organe (Vorstand und Aufsichtsrat) getragen sein müssen; Spindler, in: Spindler/Stilz, § 111 Rn. 63; Bürkle/Fecker, NZA 2007, 589, 594. 278  Fleischer, NZG 2011, 521, 523, 527; Hauschka, GmbHR 2007, 11, 12; Bayer, GmbHR 2014, 897, 898; U. H. Schneider/Crezelius, in: Scholz-GmbHG, § 43 Rn. 54; 275  Vgl.

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bedeutet, dass der Geschäftsführer im Rahmen von unternehmerischen Entscheidungen vom Haftungsfreiraum der Business Judgment Rule profitieren kann. Die Tatsache, dass der Geschäftsführer in der GmbH nach § 37 Abs. 1 GmbHG an die Weisungen der Gesellschafterversammlung gebunden ist und ein ständiger Widerspruch gegen diese Weisungen sogar einen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen kann, spricht allerdings aus Sicht der Literatur und Rechtsprechung nicht gegen die Übertragung der Grundsätze der Business Judgment Rule.279 Vielmehr wird überwiegend nur angeführt, dass die sachliche Vergleichbarkeit zum Vorstand der Aktiengesellschaft gegeben ist. Denn auch Geschäftsführer müssen auf der Grundlage gegenwärtiger Informationen abschätzen, ob sich eine bestimmte Investition für die Gesellschaft in Zukunft lohnen wird oder nicht.280 Schließlich ist ­offenkundig, dass die Gefahr eines Rückschaufehlers bei der nachträglichen Beurteilung unternehmerischer Entscheidungen im GmbH-Recht ebenso droht wie im Aktienrecht.281 Hintergrund ist letztlich, dass es maßgeblich nur auf das Vorliegen einer unternehmerischen Entscheidung ankommt. An einer solchen fehlt es allerdings, wenn der Weisungsempfänger lediglich die Weisung ausführt. Dies ist gerade bei leitenden Angestellten nicht der Fall, da diese begriffsnotwendig zumindest in einem unternehmerischen Teilbereich weisungsfrei agieren müssen. Daher kann die grundsätzliche Weisungsbindung des leitenden Angestellten ebenfalls kein entscheidendes Argument gegen die Ausstrahlungswirkung der Business Judgment Rule auf die Haftungssituation dieses Personenkreises darstellen.282 d) „Organfunktion“ des leitenden Angestellten Ein weiterer Aspekt, der in die Betrachtung mit einzubeziehen ist, ist die auch im Gesellschaftsrecht vorgesehene besondere Stellung von leitenden Angestellten im Rahmen der Vertretung der Gesellschaft. So räumt die Prokura, die ein Indiz für die Stellung eines leitenden Angestellten ist (§ 5 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 BetrVG), eine weitreichende, im Außenverhältnis nicht beschränkbare gesetzliche Vertretungsmacht ein (§§ 49, 50 Abs. 1 HGB). In der Praxis regelmäßig anzutreffen sind die Konstellationen der unechten Gesamtvertretung.283 § 78 Abs. 3 AktG lässt die Variante der Gesellschaftsvertretung Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 43 Rn. 22; Kleindiek in: Lutter/Hommelhoff, § 43 GmbHG Rn. 23; Fleischer, in: MüKo-GmbHG, § 43 Rn. 71; BGH, vom 14.07.2008, II ZR 202/07, GmbHR 2008, 1033, Rn. 11. 279  Zu dieser Feststellung kommend auch Bürkle/Fecker, NZA 2007, 589, 594. 280  Fleischer, NZG 2011, 521, 523. 281  Fleischer, NZG 2011, 521, 523. 282  Ebenso Bürkle/Fecker, NZA 2007, 589, 594. 283  Vgl. Köhl, NZG 2005, 197, 199; Bürkle/Fecker, NZA 2007, 589, 595.



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ausdrücklich zu.284 Hiernach kann die Gesellschaft durch einen Geschäftsleiter in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten werden. Diese Variante der Vertretung ist bei der GmbH ebenfalls möglich, obwohl dort keine entsprechende gesetzliche Regelung existiert.285 Im Rahmen der unechten Gesamtvertretung wird der Prokurist seiner arbeitsvertraglichen Folgepflicht und der Weisungsunterworfenheit entbunden und rückt in eine Organstellung ein.286 Daher führt diese Art der Bevollmächtigung dazu, dass sich die Vertretungsbefugnis des Prokuristen im Umfang der gesetzlichen Vertretungsmacht des Geschäftsleiters erweitert, so dass der Prokurist faktisch die Stellung eines organschaftlichen Vertreters einnimmt.287 Aufgrund dieser faktischen Stellung eines organschaftlichen Vertreters wird der leitende Angestellte bei der unechten Gesamtvertretung aufgrund eigener Entschließung und unter eigener Verantwortung tätig.288 Damit befindet sich der leitende Angestellte in einer dem Geschäftsleiter vergleichbaren gemeinsamen Mit­ entscheidungs- und Mitverantwortungssituation.289 Wenn leitende Angestellte und Geschäftsleiter bei unechter Gesamtvertretung daher gemeinsam unternehmerisch entscheiden und handeln, kann der Pflichtenmaßstab des leitenden Angestellten nicht strenger formuliert werden als der des Geschäftsleiters. Eine andere Wertung wäre widersprüchlich.290 e) Gleichlauf von Pflichtenmaßstab und Haftung Ein weiterer Aspekt, der für die Anwendbarkeit der Business Judgment Rule auf leitende Angestellte spricht, ist der notwendige Gleichlauf von Pflichtenmaßstab und Haftung. Wie oben erörtert, dürfen organschaftliche Leitungsaufgaben nicht auf nachgeordnete Ebenen delegiert werden.291 Nicht von den Leitungsaufgaben erfasste unternehmerische Entscheidungen dürfen allerdings auf leitende Angestellte übertragen werden. Die eigenständige Wahrnehmung solcher unternehmerischer Aufgaben stellt gleichzeitig ein zentrales und konstitutives Element des rechtlichen Status eines leitenden Angestellten dar, der nach dem funktionalen Grundtatbestand in § 5 Abs. 3 284  Ebenfalls für die oHG § 125 Abs. 3 HGB und bei der Genossenschaft § 25 Abs. 2 GenG. 285  BGH, vom 06.11.1986, V ZB 8/86, NJW 1987, 841. 286  Köhl, NZG 2005, 197, 199. 287  Köhl, NZG 2005, 197, 199; Kort, in: Hdb. VorstandsR, § 2 Rn. 55; Bürkle/­ Fecker, NZA 2007, 589, 595. 288  Bürkle/Fecker, NZA 2007, 589, 595; Köhl, NZG 2005, 197, 199; Kort, in: Hdb. VorstandsR, § 2 Rn. 55. 289  Bürkle/Fecker, NZA 2007, 589, 595; vgl. auch Möller, NZA 2017, 1567, 1571. 290  Bürkle/Fecker, NZA 2007, 589, 595. 291  Siehe hierzu S. 65 ff., S. 121 ff.

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

S. 2 Nr. 3 BetrVG regelmäßig Aufgaben erledigen muss, die Bedeutung für Bestand und Fortentwicklung der Gesellschaft haben.292 Der leitende Angestellte muss daher entweder unternehmerische Entscheidungen selbst treffen oder solche Entscheidungen maßgeblich beeinflussen können.293 Der leitende Angestellte übernimmt mit der Delegation von unternehmerischen Aufgaben durch die Geschäftsleiter intern damit auch deren Pflichtenstellung.294 Die Verlagerung unternehmerischer Aufgaben auf leitende Angestellte kann ­jedoch keinen abweichenden Haftungsmaßstab rechtfertigen, nur weil sich bei inhaltlich gleichen Aufgaben die handelnde Person ändert. In die gleiche Richtung geht die Argumentation der Relativität des Leitungsbegriffs. Es ist inkonsequent, wenn man in einer kleinen Gesellschaft eine Maßnahme als Leitungsaufgabe qualifiziert und bei deren Ausführung durch das Leitungs­ organ unstreitig die Business Judgment Rule anwendet, in größeren Gesellschaften dagegen, aufgrund der geringeren Bedeutung der Aufgabe, eine Delegation auf den leitenden Angestellten für zulässig erachtet, hier den leitenden Angestellten indes nicht in den Anwendungsbereich des Haftungsfreiraums zu lassen, obwohl es sich im Ergebnis um eine unternehmerische Entscheidung handelt. Dieser Wertungswiderspruch wird noch verstärkt, wenn man berücksichtigt, dass ein leitender Angestellter nicht weiter haften darf als sein Vorgesetzter, der Leitungsorgan ist.295 f) Schlussfolgerung Die vorstehenden Ausführungen haben keinen überzeugenden Grund erkennen lassen, der gegen die Übertragbarkeit der Business Judgment Rule auf unternehmerische Entscheidungen des leitenden Angestellten spricht.296 Die leitenden Angestellten haben im Rahmen der vom Leitungsorgan delegierten Aufgaben unternehmerisch tätig zu werden, also eigenständig und weisungsfrei zu entscheiden. Sie haben daher ebenso wie das Leitungsorgan der Gesellschaft Prognoseentscheidungen zu treffen und müssen bewusst Risiken eingehen. Damit bedürfen sie auch eines Schutzes, damit bei einer unternehmerischen Entscheidung keine ex-post Richtigkeitskontrolle einsetzt. Dieses Verständnis erscheint auch vom Gesetzgeber getragen zu werden, der 292  Bürkle/Fecker,

NZA 2007, 589, 594. zu den prägenden Merkmalen des leitenden Angestellten S. 181 ff. 294  Siehe hierzu schon S. 181 ff. 295  Möller, NZA 2017, 1567, 1571. 296  Im Ergebnis auch Bürkle/Fecker, NZA 2007, 589, 594; Fritz, NZA 2017, 673, 676; Möller, NZA 2017, 1567, 1571; in die Richtung auch schon Martens, Der leitende Angestellte, S. 116 ff.; ablehnend Entzeroth, Der leitende Angestellte im Individualarbeitsrecht, 226 f. 293  Siehe



§ 2 Der Matrixmanager205

die Business Judgment Rule als einen allgemeinen Grundgedanken sämt­ licher unternehmerischer Entscheidungen ansieht.297 4. Zusammenfassung

Der Matrixmanager als leitender Angestellte führt unternehmerische Entscheidungen aus. Dies ist konstitutive Voraussetzung für die Annahme des Vorliegens der Eigenschaft als leitender Angestellter (vgl. insbesondere § 5 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 BetrVG). Im Rahmen dieser unternehmerischen Entscheidungen kann er sich auf die Regelungen der Business Judgment Rule berufen, sofern er diese Entscheidungen weisungsfrei ausübt. Hintergrund ist die Ausstrahlungswirkung der Business Judgment Rule auf unternehmerische Entscheidungen sowie die Vermeidung von Wertungswidersprüchen bei der Konkretisierung von Pflichtenmaßstäben. Der Matrixmanager hat daher im Rahmen seiner Tätigkeit, insbesondere bei der Erteilung von Weisungen nach § 308 Abs. 1 AktG die Vorgaben der Business Judgment Rule zu beachten298, um eine Haftung zu vermeiden. Im Rahmen von unternehmerischen Entscheidungen kann sich der Matrixmanager als leitender Angestellter indes nicht auf das Haftungsprivileg für Arbeitnehmer berufen, da dieser im Rahmen der unternehmerischen Tätigkeit das Betriebsrisiko maßgeblich selbst beeinflussen kann.

B. Der Matrixmanager als faktisches Leitungsorgan Es wurde festgestellt, dass der Matrixmanager maßgebliche Entscheidungen für seinen Matrixbereich treffen kann. Auch als leitender Angestellter zeichnet sich die Tätigkeit dadurch aus, dass der Matrixmanager selbstständig wesentliche unternehmerische Entscheidungen treffen kann. Damit stellt sich die anschließende Frage, ob die Stellung als Matrixmanager im Matrixkonzern die Annahme eines sogenannten faktischen Leitungsorgans, insbesondere der Matrixgesellschaft rechtfertigt.

297  BT-Drs. 15/5092, S. 12; dies bestätigend in BT-Drs. 18/11506, S. 28, zum Genossenschaftsgesetz, hier wurde die Haftungsnorm des § 34 Abs. 1 S. 2 GenG dem § 93 Abs. 2 AktG angeglichen; im Ergebnis auch: Bürkle/Fecker, NZA 2007, 589, 594; Fritz, NZA 2017, 673, 676; in die Richtung auch schon Martens, Der leitende Angestellte, S.  116 ff.; ablehnend Entzeroth, Der leitende Angestellte im Individual­ arbeitsrecht, 226 f. 298  Auch Altmeppen, in: MüKo-AktG. § 308 Rn. 71; Veil, in: Spindler/Stilz, § 309 Rn. 23; so auch der BGH für den faktischen Konzern und die Sorgfaltspflichten nach § 317 Abs. 2 AktG, BGH, vom 03.03.2008, II ZR 124/06, NZG 2008, 389 ff.

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

I. Abgrenzung des faktischen Organs Der Begriff des faktischen Organs ist nicht weiter definiert und ist damit zunächst von anderen vergleichbaren Konstellationen abzugrenzen. 1. Fehlerhaft bestelltes Organ

Sowohl Vorstandsmitglieder der AG als auch Geschäftsführer einer GmbH müssen als Organ vom zuständigen Bestellungsorgan für ihre Aufgabe bestellt werden (für die AG: § 84 Abs. 1 S. 1 AktG; für die GmbH: § 6 Abs. 3, 46 Nr. 5 GmbHG bzw. § 31 MitbestG, §§ 12 Montan-MitbestG und 13 Montan-MitbestErgG, § 84 AktG). Bei diesem Bestellungsakt können naturgemäß Fehler passieren. Von einem fehlerhaft bestellten Organ spricht man daher, wenn ein rechtsgeschäftlicher Bestellungsakt vorliegt, dieser Akt indes an einem Wirksamkeitsmangel leidet.299 Die Gründe eines solchen fehlerhaften Bestellungsakts können vielfältig sein und liegen beispielsweise vor, wenn der der Bestellung zugrundeliegende Aufsichtsratsbeschluss fehlerhaft ist300 oder die in der Person des Vorstandsmitglieds liegenden gesetzlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen nicht erfüllt sind301. Sofern die Person trotz unwirksamen Bestellungsaktes das Amt des Organs tatsächlich übernimmt, ist heute allgemein anerkannt, dass diese Person den selben gesetzlichen Pflichten unterliegt, wie ein wirksam bestelltes Organ.302 Anfangs hatte das Reichsgericht eine aktienrechtliche Verantwortlichkeit aufgrund einer Haftung aus der Geschäftsführung ohne Auftrag angenommen,303 später auf einen konkludenten Vertrag gestützt.304 Der Bundesgerichtshof ist diesen Begründungsansätzen allerdings nicht gefolgt, sondern leitet die Haftung direkt aus der Organstellung her: 299  Fleischer, AG 2004, 517; ders., in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 181; Spindler, in: MüKo-AktG, § 84 Rn. 250; vgl. auch Hopt/Roth, in: GK-AktG (2015), § 93 Rn. 362; zur GmbH Stephan/Tieves, in: MüKo-GmbHG, § 35 Rn. 37, wonach bei einem fehlerhaften Bestellungsakt von einem fehlerhaften Geschäftsführer gesprochen wird. 300  Vgl. RG, vom 06.02.1930, II 22/29, RGSt 64, 81, 84. 301  RG, vom 05.06.1934, II 59/34, RGZ 144, 384, 386; weiteres Beispiel: BGH, vom 06.04.1964, II ZR 75/62, BGHZ 41, 282, 287. 302  Fleischer, AG 2004, 517, 518; ders., in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 181; Spindler, in: MüKo-AktG, § 84 Rn. 250; Hopt/Roth, in: GK-AktG (2015), § 93 Rn. 362; Koch, in: Hüffer/Koch, § 84 Rn. 12; Weber, in: Hölters, § 84 Rn. 30; für die GmbH: Zöllner/ Noack, in: Baumbach/Hueck, § 35 Rn. 8; Stephan/Tieves, in: MüKo-GmbHG, § 35 Rn. 37; vgl. auch Strohn, DB 2011, 158, 159, der diese Konstellation noch unterteilt in fehlerhaft bestellte Organe und abberufene Organe, die aber weiter tätig sind; vgl. hierzu auch Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 2 f. 303  RG, Recht 1909 Nr. 2938, zitiert nach Fleischer, AG 2004, 517, 518. 304  RG, vom 09.10.1936, II 43/36, RGZ 152, 273, 277 f.



§ 2 Der Matrixmanager207 „Wer aufgrund fehlerhaften Anstellungsvertrags als Vorstandsmitglied tätig wird, muss verpflichtet sein, bei seiner Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden […] und bei Verletzung seiner Obliegenheiten den hierdurch entstehenden Schaden nach Maßgabe des § 84 Abs. 2 und 5 AktG [heute: § 93 Abs. 2 und 5 AktG] zu ersetzen.“305

Entsprechendes gilt nach der zutreffenden herrschenden Lehre auch bei einem fehlerhaften Bestellungsakt.306 2. Faktisches Organ

Der Begriff des faktischen Organs umfasst indes nicht die Konstellation der fehlerhaften Bestellung. Bei einem faktischen Organ mangelt es schon gänzlich an einem Bestellungsakt; die betroffene Person nimmt gleichwohl aber Leitungstätigkeiten wahr.307 Inwieweit in diesen Fällen eine aktienrechtliche Verantwortlichkeit überhaupt in Frage kommt und welche Voraussetzungen dafür gegebenenfalls erforderlich sind, wird weiter unten erörtert. 3. Organ kraft Rechtsscheins

Eine dritte Begrifflichkeit, die in diesem Zusammenhang zu definieren ist, ist die des Organs kraft Rechtsscheins. Bei dieser liegt weder ein Bestellungsakt noch ein tatsächliches Tätigwerden als Organperson vor, sondern die Person erweckt nach außen den Eindruck, sie sei beispielsweise Vorstand der Gesellschaft.308 Unter diese Begrifflichkeit fallen solche Konstellationen, in denen Personen den Rechtsschein in zurechenbarer Weise veranlasst haben, z. B. durch ein entsprechendes Auftreten oder die Nennung auf den 305  BGH, vom 06.04.1964, II ZR 75/62, BGHZ 41, 282, 287; ebenso BGH, vom 25.06.2001, II ZR 38/99, BGHZ 148, 167, 169 f., „öffentliche Pflicht aufgrund ihres durch die Bestellung als Gesellschaftsorgan begründeten Rechtsverhältnisses zur Gesellschaft.“ 306  Fleischer, AG 2004, 517, 518; ders., in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 181; Spindler, in: MüKo-AktG, § 84 Rn. 250; Hopt/Roth, in: GK-AktG (2015), § 93 Rn. 362; Koch, in: Hüffer/Koch, § 84 Rn. 12; Weber, in: Hölters, § 84 Rn. 30; für die GmbH: Zöllner/ Noack, in: Baumbach/Hueck, § 35 Rn. 8; Stephan/Tieves, in: MüKo-GmbHG, § 35 Rn. 37; vgl. hierzu auch Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 2 f. 307  Fleischer, AG 2004, 517, 518; ders., in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 182; Hopt/ Roth, in: GK-AktG (2015), § 93 Rn. 362; Koch, in: Hüffer/Koch, § 84 Rn. 12; Weber, in: Hölters, § 84 Rn. 30; für die GmbH: Stephan/Tieves, in: MüKo-GmbHG, § 35 Rn. 38; vgl. hierzu im englischen Recht den Begriff „shadow director“, siehe hierzu Habersack/Verse, ZHR 168 (2004), 174, 180. 308  Fleischer, AG 2004, 517, 518; ders., in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 199; Hopt/ Roth, in: GK-AktG (2015), § 93 Rn. 364; für die GmbH: Fleischer, in: MüKoGmbHG, § 43 Rn. 244.

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

Briefkopf der Gesellschaft.309 Gutgläubigen Dritten haftet die Person allerdings aus allgemeinen Grundsätzen, nicht aber aufgrund aktienrechtlicher Vorgaben.310 Zudem kann in einer solchen Konstellation auch die Gesellschaft aufgrund § 15 Abs. 1 und Abs. 3 HGB sowie nach allgemeinen Rechts­ scheingrundsätzen haften.311 II. Grundlagen zum faktischen Leitungsorgan 1. Status quo

a) Strafrechtliche Judikatur Schon das Reichsgericht hatte die strafrechtliche Verantwortlichkeit eines fehlerhaft bestellten Organs312 ebenso wie die des Organs einer nichtigen Aktiengesellschaft bejaht313. Hinsichtlich der Strafbarkeit von faktischen Organen urteilte das Reichsgericht zunächst uneinheitlich. In einer Entscheidung bejahte das Reichsgericht die Strafbarkeit des faktischen Organs für die unordentliche Buchführung nach dem (damaligen) § 240 Abs. 1 Nr. 3 KO.314 Dort hatten Prokuristen die tatsächliche Führung der Geschäfte übernommen, während die Geschäftsführerin keine kaufmännische Erfahrung hatte. In einer anderen Entscheidung verneinte das Gericht allerdings die Strafbarkeit für die Unterlassung der Konkursanmeldung.315 Nach dieser Entscheidung ist ein Angestellter der GmbH selbst dann nicht nach dem § 64 GmbHG verpflichtet den Konkurs anzumelden (und daher für den Fall, dass er die Konkursanmeldung unterlässt, nicht nach dem § 84 GmbHG strafbar), wenn er tatsächlich neben dem eingetragenen und verantwortlichen Geschäftsführer die Stellung eines Geschäftsführers hat. Der Bundesgerichtshof korrigierte diese uneinheitliche Rechtsprechung des Reichsgerichts und hat früh die Strafbarkeit auf Fälle ausgedehnt, in denen Organpersonen ohne förmliche Bestellung aber im Einverständnis mit 309  Fleischer,

AG 2004, 517, 518; Strohn, DB 2011, 158, 159. AG 2004, 517, 518; ders., in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 199. 311  BGH, vom 01.07.1991, II ZR 292/90, BGHZ 115, 78, zur Frage, unter welchen Voraussetzungen eine GmbH sich das Handeln eines Geschäftsführers zurechnen lassen muss, dessen Organstellung wegen Geschäftsunfähigkeit endete, ohne dass das Ende der Vertretungsmacht ins Handelsregister eingetragen worden war; siehe hierzu auch Fleischer, AG 2004, 517, 518; Strohn, DB 2011, 158, 159. 312  RG, vom 14.10.1887, 846/87, RGSt 16, 269, 270 f. 313  RG, vom 03.06.1910, V 58/10, RGSt 43, 413. 314  RG, vom 15.03.1937, 5 D 927/36, RGSt 71, 112, 113. 315  RG, vom 23.05.1938, 3 D 271/38, RGSt 72, 187, 191 f. 310  Fleischer,



§ 2 Der Matrixmanager209

den Gesellschaftern Geschäftsleiteraufgaben übernommen haben.316 Nach dieser nun gefestigten Rechtsprechung, die vor allem zur Verletzung der Insolvenzantragspflicht gemäß §§ 64 Abs. 1, 84 Abs. 2 Nr. 2 GmbHG sowie zu anderen Strafvorschriften ergangen ist, die mit der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einer Gesellschaft (insbesondere der GmbH) im Zusammenhang stehen, ist als Geschäftsführer nicht nur der formell zum Geschäftsführer Berufene anzusehen, sondern auch derjenige, der die Geschäftsführung mit Einverständnis der Gesellschafter ohne förmliche Bestellung faktisch übernommen und ausgeübt hat. Dies ist erfüllt, wenn sowohl betriebsintern als auch nach außen alle Dispositionen weitgehend von dem faktischen Geschäftsführer ausgehen und er im Übrigen auf sämtliche Geschäftsvorgänge bestimmenden Einfluss nimmt.317 Ferner darf die Unternehmensführung nicht einseitig angemaßt werden, sondern muss mit dem Einverständnis der Gesellschafter, das als eine konkludente Bestellung zu werten ist, erfolgt sein.318 Weitere Voraussetzung für einen faktischen Geschäftsführer ist nach dieser Rechtsprechung, dass er gegenüber dem formellen Geschäftsführer die überragende Stellung in der Gesellschaft einnimmt oder zumindest das deutliche Übergewicht hat.319 Für ein solches Übergewicht kann sprechen, wenn unmittelbar in die Kalkulation – insbesondere großer Aufträge – eingegriffen wird, Anweisungen hinsichtlich Verhandlungen mit Arbeitnehmern und deren Kündigung erteilt werden sowie wichtige Vermögensangelegenheiten unter Ausschaltung der bestellten Geschäftsführer vorgenommen werden. Auch die Führung von Kreditverhandlungen mit der Bank, das Auftreten als „Chef“ gegenüber den Arbeitnehmern und die Teilnahme an Betriebsratssitzung kön316  Schon: BGH, vom 24.06.1952, 1 StR 153/52, BGHSt 3, 32, wonach auch Geschäftsführer ist, wer ohne förmlich dazu bestellt oder im Handelsregister eingetragen zu sein, im Einverständnis der Gesellschafter die Stellung eines Geschäftsführers tatsächlich einnimmt; dem folgend: BGH, vom 28.06.1966, 1 StR 414/65, BGHSt 21, 101; BGH, vom 22.09.1983, StR 287/82, BGHSt 31, 118; BGH, vom 19.04.1984, 1 StR 736/83, wistra 1984, 178; BGH, vom 10.05.2000, 3 StR 101/00, WM 2000, 1515; BGH, vom 17.03.2004, 5 StR 314/03, NStZ 2004, 582; jüngst bestätigend: BGH, vom 18.12.2014, 4 StR 323/14 und 4 StR 324/14, WM 2015 252, hiernach kann der faktische Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung Täter einer Insolvenzverschleppung nach § 15a Abs. 4 InsO sein; sowie BGH, vom 13.12.2012, 5 StR 407/12, NStZ 2013, 529; auch OLG Düsseldorf, vom 16.10.1987, 5 Ss 193/87 – 200/87 I; vgl. zu allem auch Fleischer, AG 2004, 517, 518. 317  BGH, vom 24.06.1952, 1 StR 153/52, BGHSt 3, 32, 33; BGH, vom 22.09.1983, StR 287/82, BGHSt 31, 118; BGH, vom 20.09.1999, 5 StR 729/98, NStZ 2000, 34, 35 f. 318  BGH, vom 24.06.1952, 1 StR 153/52, BGHSt 3, 32, 33; BGH, vom 22.09.1983, StR 287/82, BGHSt 31, 118; BGH, vom 20.09.1999, 5 StR 729/98, NStZ 2000, 34 ff.; BGH, vom 10.05.2000, 3 StR 101/00, WM 2000, 1515. 319  BGH, vom 24.06.1952, 1 StR 153/52, BGHSt 3, 32, 33; BGH, vom 22.09.1983, StR 287/82, BGHSt 31, 118; BGH, vom 10.05.2000, 3 StR 101/00, WM 2000, 1515.

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

nen nach dieser Rechtsprechung Anhaltspunkte für ein solches Übergewicht sein.320 Nicht ausreichend soll dagegen die Tatsache sein, dass die handelnde Person die Verfügungsgewalt über das Bankkonto der Gesellschaft hat.321 b) Zivilrechtliche Judikatur Die zivilrechtliche Rechtsprechung des BGH hat unter Rückgriff auf die strafrechtliche Rechtsprechung im Jahr 1973 erörtert, ob eine Person aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 64 Abs. 1, 84 Abs. 1, 64 Abs. 2 GmbHG haften kann, auch wenn sie kein eingetragener Geschäftsführer ist.322 Aufbauend auf die eindeutige Rechtsprechung der Strafsenate des BGH zur Anerkennung des faktischen Geschäftsführers hat der BGH zunächst die zivilrechtlichen Voraussetzungen für eine Haftung des faktischen Organs präzisiert.323 Im sogenannten Herstatt-Urteil hatte der BGH eine Haftung des faktischen Geschäftsleiters wegen Verletzung der Konkursantragspflicht erwogen, allerdings aus tatsächlichen Gesichtspunkten verneint.324 Dort hatten die Beklagten zwar aufgrund weitgehender satzungsmäßiger Weisungsbefugnisse und darüber hinaus auch aufgrund der Stellung als Mehrheitsaktionär innerhalb der Gesellschaft eine sehr starke Stellung. Diese starke Stellung haben die Beklagten indes nicht in der Weise tatsächlich ausgenutzt, dass sie den persönlich haftenden Gesellschafter völlig aus der ihm gesetzlich zugewiesenen Geschäftsführung (§ 278 Abs. 2 AktG, §§ 164, 114 HGB) verdrängt und sich allgemein an seine Stelle gesetzt hätten. Vielmehr führte die ordentliche Geschäftsleitung die Gesellschaft bis zu deren Schließung unter voller Eigenverantwortung weiter.325 Im nächsten Urteil aus dem Jahre 1988 präzisierte der BGH die Voraussetzungen für eine Haftung des faktischen Organs.326 Der BGH führt in dieser Entscheidung aus, dass für eine Haftung des faktischen Geschäftsführers nicht notwendig ist, dass eine „essentielle Verdrän320  BGH, vom 10.07.1996, 3 StR 50/96, NJW 1997, 66; BGH, vom 19.04.1984, 1 StR 736/83, wistra 1984, 178. BGH, vom 22.09.1983, StR 287/82, BGHSt 31, 118; BGH, vom 10.05.2000, 3 StR 101/00, WM 2000, 1515; BGH, vom 22.09.1983, StR 287/82, BGHSt 31, 118. 321  BGH, vom 11.02.2008, II ZR 392/06, NZG 2008, 468. 322  BGH, vom 24.10.1973, VIII ZR 82/72, Rn. 24, zitiert nach juris, unter Rückgriff auf BGH, vom 24.06.1952, 1 StR 153/52, BGHSt 3, 32, 33, aber im Ergebnis aufgrund tatsächlicher Feststellungen verneint. 323  BGH, vom 09.07.1979, II ZR 118/77, BGHZ 75, 96, 106, 107; BGH, vom 21.03.1988, II ZR 194/87, BGHZ 104, 44, 47–49; BGH, vom 25.02.2002, II ZR 196/00, BGHZ 150, 61. 324  BGH, vom 09.07.1979, II ZR 118/77, BGHZ 75, 96, 106, 107. 325  BGH, vom 09.07.1979, II ZR 118/77, BGHZ 75, 96, 106, 107. 326  BGH, vom 21.03.1988, II ZR 194/87, BGHZ 104, 44, 47 ff.



§ 2 Der Matrixmanager211

gung“ der Geschäftsführung aus ihrer gesetzlichen Stellung in dem Sinne feststellbar sein müsse, dass der tatsächliche dem nach Gesetz und Gesellschaftsvertrag zur Vertretung berufene Geschäftsführer völlig aus der ihm gesetzlich zugewiesenen Geschäftsführung verdrängt und sich allgemein an seine Stelle gesetzt habe. Ausreichend ist hiernach, dass der Betreffende in maßgeblichem Umfang Geschäftsführungsfunktionen übernommen hat, wie sie nach Gesetz und Gesellschaftsvertrag für den Geschäftsführer oder Mitgeschäftsführer kennzeichnend sind. Entscheidend hierbei soll allein eine materielle Betrachtung sein, die aufgrund einer Gesamtschau darauf abstellt, ob der Betreffende die Geschicke der Gesellschaft – und zwar nicht nur durch interne Einwirkung auf die satzungsmäßigen Geschäftsführer, sondern durch eigenes, auch nach außen hervortretendes, üblicherweise der Geschäftsführung zuzurechnendes Handeln – so maßgeblich in die Hand genommen hat, dass ihm auch die Verantwortung für die rechtzeitige Stellung des Konkursantrages zufällt.327 Denn der Grund für die Haftung des tatsächlichen Geschäftsführers liegt nach der Auffassung des BGH darin, dass derjenige, der ohne dazu berufen zu sein, wie ein Geschäftsführer handelt, auch die Verantwortung eines Geschäftsführers trägt und wie ein solcher haften muss, wenn nicht der Schutzzweck des Gesetzes gefährdet werden soll. Dazu ist es jedoch nicht erforderlich, dass er die gesetzliche Geschäftsführung völlig verdrängt hat.328 Im Anschluss an diese Entscheidung präzisierte der BGH im Jahr 2002 die Anforderungen für die Haftung und stellte klar, dass für die Haftung eines faktischen Geschäftsführers auch ein nach außen hervortretendes, üblicherweise der Geschäftsführung zuzurechnendes Handeln erforderlich ist.329 In einem weiteren Urteil des BGH zum faktischen Geschäftsführer aus dem Jahr 2005 wiederholt und präzisiert der BGH die Anforderungen für die Annahme des faktischen Geschäftsführers. Demnach ist für die Stellung und Verantwortlichkeit einer Person als faktischer Geschäftsführer erforderlich, dass der Betreffende nach dem Gesamterscheinungsbild seines Auftretens die Geschicke der Gesellschaft – über die interne Einwirkung auf die satzungsmäßige Geschäftsführung hinaus – durch eigenes Handeln im Außenverhältnis, das die Tätigkeit des rechtlichen Geschäftsführungsorgans nachhaltig prägt, maßgeblich in die Hand genommen hat.330 Damit ist zusammenfassend festzustellen, dass der BGH für die Annahme eines faktischen Geschäftsführers voraussetzt, dass dieser die Geschäftsführung in Teilen übernimmt (der Maßstab liegt hier bei der Frage, ob die Tätigkeit des Betroffenen der eines Mitgeschäftsführers gleicht) sowie ein Auftre327  BGH,

vom vom 329  BGH, vom 330  BGH, vom 328  BGH,

21.03.1988, II ZR 194/87, BGHZ 104, 44, 47 ff. 21.03.1988, II ZR 194/87, BGHZ 104, 44, 47 ff. 25.02.2002, II ZR 196/00, BGHZ 150, 61. 11.07.2005, II ZR 235/03, BKR 2005, 405.

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

ten der Person auch im Außenverhältnis. Eine vollständige Verdrängung des eingetragenen Geschäftsführers ist dagegen nicht notwendig. c) Schrifttum Teile der Literatur lehnen die Figur des faktischen Organs ab, da allein die faktische Tätigkeit keine ausreichende Grundlage bietet, um Organpflichten zu begründen, sofern die handelnde Person nicht einmal zu einem Organmitglied bestellt worden ist. Die bloße faktische Übernahme einer solchen Tätigkeit kann die erforderliche Sonderverbindung nicht begründen.331 Der überwiegende Teil der Literatur folgt dagegen im Grundsatz der Rechtsprechung des BGH, wenngleich gewisse Unterschiede bestehen, insbesondere hinsichtlich der konkreten Voraussetzungen.332 2. Stellungnahme

Es hat sich zu Recht die Erkenntnis durchgesetzt, dass die faktische Übernahme einer Organstellung auch zu Organpflichten führen kann. Die Figur des faktischen Organs verdient damit Anerkennung im gesamten gesellschaftsrechtlichem Kontext. Trotz des umfassenden Anwendungsbereichs im Gesellschaftsrecht, ist für jede Haftungsnorm die Stellung des faktischen Organs gesondert festzustellen. Im Folgenden geht es um die Frage, ob der Matrixmanager als faktisches Organ der Matrixgesellschaft gesehen werden kann und damit den Pflichten des § 93 AktG unterliegt. Nach weit verbreiteter und zutreffender Auffassung besteht grundsätzlich ein Pflichtengleichlauf zwischen dem Pflichten eines bestellten Leitungsorgans und des faktischen Leitungsorgans.333 Auch wird überwiegend angenommen, dass die Haftung identisch ist mit der eines bestellten Leitungsorgans.334 331  Hüffer,

in: Hüffer (2004), § 93 Rn. 12. WM 2014, 1841, 1845; Fleischer, AG 2004, 517, 523 f., 525; ders., GmbHR 2011, 337, 342; Hopt/Roth, in: GK-AktG (2104), § 93 Rn. 364; Mertens/ Cahn, in: KK-AktG, § 93 Rn. 43; Stein, Das faktische Organ, S. 185; ebenso Grigoleit, Gesellschafterhaftung für interne Einflussnahme im Recht der GmbH, S. 117; vgl. hierzu auch Strohn, DB 2011, 158, 161; K. Schmidt, JZ 1978, 661, 666; Wiedemann, JZ 1976, 392, 393; Wimmer-Leonhardt, Konzernhaftungsrecht, S. 399 f. 333  Strohn, DB 2011, 158, 165; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 180; ders., in: MüKo-GmbHG, § 43 Rn. 242; ebenso Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 18; Zoellner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 43 Rn. 3; a. A. Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 93 Rn. 43; vgl. auch zu den insolvenzrechtlichen Pflichten, die das faktische Leitungsorgan treffen Klöhn, in: MüKo-InsO, § 15a Rn. 80. 334  Strohn, DB 2011, 158, 165; siehe hierzu auch die Beispiele aus der Rechtsprechung: BGH, vom 11.07.2005, II ZR 235/03, BKR 2005, 405, wonach der der fakti332  Bork,



§ 2 Der Matrixmanager213

a) Anerkennung des faktischen Organs Das Argument der ablehnenden Ansicht, wonach die tatsächliche Übernahme der Pflichten eines Leitungsorgans keine rechtliche Sonderverbindung begründet, kann nicht überzeugen. Die Rechtsordnung sieht solche Sonderverbindungen kraft faktischer Übernahme vielmehr vor. So ist im Deliktsrecht anerkannt, dass sich Verkehrspflichten aus der Übernahme einer Aufgabe ergeben können.335 Hier liegt der Haftungsgrund in der Erwartung, dass der Übernehmende seine Aufgabe ordentlich erledigen wird, damit verbunden ist eine Verringerung des Selbstschutzes und die Inanspruchnahme von Vertrauen.336 Entscheidende Voraussetzung für die Übernehmerhaftung ist der Umstand, dass der Übernehmer die objektiv berechtigte Erwartung des Erstgaranten auf seine Tätigkeit begründet. Dadurch tritt der Übernehmer an die Stelle des Erstgaranten und muss nun selbst dem Vertrauen des Rechtsverkehrs auf die Erfüllung der Obliegenheiten genügen.337 Es kommt demnach für die Annahme von Verkehrspflichten ausschließlich auf die faktische Übernahme der entsprechenden Fürsorge- und Obhutsaufgaben an.338 Auch im Strafrecht existiert dieser Gedanke der Übernahmehaftung. Hiernach begründet die Übernahme einer Schutzfunktion dann eine Garantenpflicht, wenn sie die Lage des Geschützten derart verändert, dass ohne sie eine Gefahr ausgeblieben, verhindert oder dieser (möglicherweise) entgegengewirkt worden wäre.339 Neben diesen rechtssystematischen Erwägungen spricht auch der Telos des § 93 Abs. 2 AktG für eine Anerkennung des faktischen Organs. Die Haftung sche Geschäftsführer einer GmbH nicht nur zur rechtzeitigen Stellung des Insolvenzantrages nach § 64 Abs. 1 GmbHG verpflichtet ist, sondern auch die haftungsrecht­ lichen Folgen einer Versäumung dieser Pflicht (Ersatz von Zahlungen nach § 64 Abs. 2 GmbHG) zu tragen hat; dem folgend: LG Stade, vom 05.08.2010, 8 O 24/10, zitiert nach juris. 335  Wagner, in: MüKo-BGB, § 823 Rn. 466; vgl. BGH, vom 06.10.1958, III ZR 175/57, NJW 1959, 34, 35; BGH, vom 17.01.1989, VI ZR 186/88, NJW-RR 1989, 394, 395; BGH, vom 22.01.2008, VI ZR 126/07, NJW 2008, 1440. 336  Larenz/Canaris, § 76 III 3 b; Hager, in: Staudinger (2009), § 823 E, Rn. E 21; Wagner, in: MüKo-BGB, § 823 Rn. 411; Ulmer, JZ 1969, 163. 337  Vgl. Ulmer, JZ 1969, 163, 174. 338  Wagner, in: MüKo-BGB, § 823 Rn. 466; vgl. BGH, vom 06.10.1958, III ZR 175/57, NJW 1959, 34, 35; BGH, vom 17.01.1989, VI ZR 186/88, NJW-RR 1989, 394, 395; BGH, vom 22.01.2008, VI ZR 126/07, NJW 2008, 1440; OLG Hamm, vom 21.12.2012, I-9 U 38/12, NJW 2013, 1375, 1376; Ulmer JZ 1969, 163, 172; Hager, in: Staudinger (2009), § 823 Rn. E 63. 339  BGH, vom 22.06.1993, 1 StR 264/93, NJW 1993, 2628; BGH, vom 31.01.2002, 4 StR 289/01, NStZ 2002, 421, 423; ebenso OLG Stuttgart, vom 19.11.2007, 2 Ws 297/07, NStZ 2009, 102; Stree/Bosch, in: Schönke/Schröder, § 13 Rn. 27 f.

214

4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

erfolgt im Interesse der Gesellschaft und ihrer Gläubiger und knüpft an das Handeln an und nicht daran, ob der Handelnde hierzu intern befugt ist.340 Die Sorgfaltspflichten und die Haftung des § 93 AktG sind das Korrelat für die umfassenden Befugnisse, die das Leitungsorgan besitzt. § 93 Abs. 2 AktG dient damit nicht nur dem repressiven Schutz des Gesellschaftsvermögens, sondern soll vielmehr auch präventiv das Handeln des Vorstands steuern.341 Diese Schutzrichtung der Norm besteht auch, wenn eine Person die Befugnisse ausübt, obwohl sie nicht zum Organ bestellt worden ist. Es gilt auch hier, dass die Gesellschaft als auch die Gläubiger darauf vertrauen, dass diejenige Person, die die Geschäfte tatsächlich führt (unabhängig davon, ob sie dazu gesellschaftsrechtlich bestellt worden ist), die Geschäftsführung ordnungsgemäß erfüllt und im Fall von sorgfaltswidrigen Handeln auch haften muss. Das Schädigungspotential ist dasselbe, unabhängig davon, ob die Person bestellt worden ist oder nicht. Sofern eine tatsächliche Übernahme der „Rolle“ des Leitungsorgans also erfolgt und diese Person auch von seinen Befugnissen Gebrauch macht, so lässt sich schwer in Abrede stellen, dass die notwendige Sonderverbindung entsteht.342 Die analoge Anwendung des § 93 Abs. 2 AktG auf eine solche Person ist vor dem Hintergrund des Gleichlaufs von Einfluss und Haftung daher geboten. b) Voraussetzungen Es lässt sich damit festhalten, dass die tatsächliche Übernahme der Organstellung zu einer Anwendbarkeit der Organpflichten nach § 93 Abs. 1 und 2 AktG kommen kann. Damit verdient die Figur des faktischen Leitungsorgans Anerkennung. Freilich ist es weiter erforderlich, sich mit den Voraussetzungen auseinanderzusetzen, wann die Figur des faktischen Leitungsorgans vorliegt. Es bedarf, abweichend von einigen Stimmen in der Literatur, keiner gänzlichen Verdrängung des bestellten Leitungsorgans. Hintergrund ist, dass auch bei einer korrekt bestellten Gesellschaftsleitung mehrere Personen für die Leitung zuständig sind, d. h. es müssen auch hier nicht sämtliche Leitungsangelegenheiten von einer Person übernommen werden. Vielmehr ist regelmäßig bei Mitvorständen aufgrund der Ressortverteilung jedes Mitglied nur für einen Teilbereich zuständig, unbeschadet der allgemeinen Überwachungspflicht.343 Ebenso ist Grund der analogen Anwendung des § 93 AktG die Goette, Die GmbH, § 8 Rn. 192. hierzu noch, S. 241 ff. 342  Herwig, Leitungsautonomie, S. 173. 343  Zum vorstehenden: BGH, vom 21.03.1988, II ZR 194/87, BGHZ 104, 44, 47 ff.; BGH, vom 25.02.2002, II ZR 196/00, BGHZ 150, 61; BGH, vom 11.07.2005, 340  Vgl.

341  Siehe



§ 2 Der Matrixmanager215

tatsächliche Übernahme der Pflicht und nicht die Ausschaltung des bestellten Organs. Auch wenn es keiner Ausschaltung des bestellten Leitungsorgans bedarf, ist für die analoge Anwendung aber eine überragende Stellung in der Gesellschaft notwendig. Die betreffende Person muss einen nachhaltigen Einfluss auf die Leitung der Gesellschaft nehmen.344 Allerdings sind die genauen Details nicht gänzlich konkretisiert.345 Obgleich verschiedene Ansichten im Detail existieren, ist allen Ansichten allerdings gemein, dass am Ende eine Gesamtwürdigung der Umstände im Einzelfall entscheidend ist. Die betreffende Person muss nach dieser Gesamtwürdigung Geschäftsführungsaufgaben beeinflussen können.346 Allerdings ist klar, dass es keines Einflusses auf die Leitung in sämtlichen Bereichen bedarf, sondern die Person den Auf­ gabenbereich der bestellten Vorstände nur teilweise übernommen haben muss.347 Klar ist auch, dass es sich um Entscheidungen in Sachen handeln muss, die üblicherweise vom Vorstand entschieden werden, nicht nur um Routineangelegenheiten.348 Gleichwohl wird man einen Kern von Tätigkeitsbereichen benennen können, die typischerweise zur Organzuständigkeit eines Leitungsorgans gehören. Hierunter fallen insbesondere: Bestimmung der Unternehmenspolitik, Unternehmensorganisation, Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern, Ausstellung von Zeugnissen,349 Gestaltung der Geschäftsbeziehungen zu Vertragspartnern der Gesellschaft,350 Entscheidung über die Steuerangelegenheiten, Verhandlungen mit Kreditgebern, Steuerung von II ZR 235/03, BKR 2005, 405; Strohn, DB 158, 160; Fleischer, AG 2004, 517, 524; Bork, WM 2014, 1841, 1844 f. 344  Vgl. Bork, WM 2014, 1841, 1845; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 18 f.; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 43 Rn. 3. 345  BGH, vom 22.09.1983, StR 287/82, BGHSt 31, 118, wonach eine überragende Stellung gefordert wird; BGH, vom 21.03.1988, II ZR 194/87, BGHZ 104, 44, 47 ff., hiernach reicht die Einflussnahme ab einem gewissen Grad aus, ohne diesen abstrakt zu bestimmen. Es wird anhand einer Gesamtschau ermittelt, ob der Betreffende die Geschicke der Gesellschaft so maßgeblich in die Hand genommen hat, dass ihm auch die Verantwortung obliegt; auch die Literatur zeigt sich uneinheitlich. In Teilen wird die Forderung des BGH nach einer maßgeblichen Geschäftsführung oder einer überragenden Stellung im Unternehmen wiederholt, so Haas/Ziemons, in: BeckOKGmbHG, § 43 Rn. 20; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, § 43 Rn. 101; wiederum anders U. H.  Schneider, in: Scholz, GmbHG, § 43 Rn. 24, „breitflächige“ Einflussnahme; wieder anders: Fleischer, AG 2004, 517, 525, überschreiten einer hoch anzusetzenden Wesentlichkeitsschwelle. 346  Ebenso: Bork, WM 2014, 1841, 1845. 347  BGH, vom 21.03.1988, II ZR 194/87, BGHZ 104, 44, 48; Strohn, DB 158, 160. 348  Fleischer, AG 2004, 517, 525. 349  BGH, vom 10.07.1996, 3 StR 50/96, NJW 1997, 66. 350  BGH, vom 13.12.2012, 5 StR 407/12, NStZ 2013, 529.

216

4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

Buchhaltung und Bilanzierung und – als weiteres starkes Indiz – die Höhe des Gehaltes. Diese Liste ist nicht abschließend zu verstehen, gibt aber Anhaltspunkte, um die Voraussetzungen des faktischen Leitungsorgans zu präzisieren. Abzulehnen ist in diesem Zusammenhang die vom Bayerischen Obersten Landgericht vertretene Formel, wonach bei Vorliegen von sechs von acht dieser Indizien ein nachhaltiger Einfluss auf die Gesellschaft angenommen werden kann.351 Eine solche schematische Betrachtung mag aus dem Aspekt der Rechtssicherheit attraktiv erscheinen, indes ist sie zu starr und wird dem Einzelfall nicht gerecht. Denn es kann durchaus vorkommen, dass trotz Vorliegens von sechs Merkmalen dennoch im Ergebnis ein nachhaltiger Einfluss auf die Gesellschaft verneint werden kann.352 Weiterhin muss die nachhaltige Einflussnahme auf die Leitung der Gesellschaft von einer gewissen Dauer sein.353 Umstritten ist allerdings, ob die handelnde Person nach außen auftreten muss.354 Eine weit verbreitete Ansicht in der Literatur lehnt ein solches Erfordernis ab.355 Denn auch ein Dritter kann den notwendigen gesellschaftsrechtlichen Einfluss ausüben, bei dem es am Außenauftritt mangelt. Ferner soll gegen das Erfordernis des Außenauftritts sprechen, dass es sich bei der Haftung des faktischen Geschäftsführers nicht um eine Rechtsscheinhaftung handelt, sodass das Auftreten im Außenverhältnis kein notwendiges Kriterium sein kann.356 Tritt demnach die betreffende Person nach außen auf, so sei dies nicht unmittelbare Folge des gesellschaftsinternen Einflusses, sondern kann mittels des Organs kraft Rechtsschein gelöst werden. Trotz der beachtlichen Argumente ist am Erfordernis des Außenauftritts festzuhalten. 351  BayObLG,

vom 20.02.1997, 5 St RR 159/96, BayObLGSt 1997, 38, 39. Strohn, DB 2011, 158, 164; Fleischer, GmbHR 2011, 337, 341. 353  Differenzierender: Fleischer, AG 2004, 517, 525, wonach eine Einzelmaßnahme die gesellschaftsrechtliche Organisationsstruktur der Gesellschaft intakt lässt. Gleichwohl kann bei intensiven Einzelmaßnahme dieses Kriterium in einer Gesamtabwägung zurückstehen; ders. GmbHR 2011, 337, 341 f.; ders./Schmolke, WM 2011, 1009, 1011; abweichend Bork, WM 2014, 1841, 1846; Hopt/Roth, in: GK-AktG (2015), § 93 Rn. 363, wonach keine gewisse Dauer bei einer wesentlichen Einfluss notwendig ist. 354  Ein solches Auftreten nach außen bejahend: BGH, vom 25.02.2002, II ZR 196/00, BGHZ 150, 61; BGH, vom 11.07.2005, II ZR 235/03, BKR 2005, 405; ebenso: Strohn, DB 2011, 158, 161. 355  Fleischer, AG 2004, 517, 525; ders., in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 191; ders., in: Hdb. VorstandsR, § 11 Rn. 26; ders/Schmolke WM 2011, 1009, 1011; Bork, WM 2014, 1841, 1845; Grigoleit/Tomasic, in: Grigoleit, § 93 Rn. 59; Spindler, in: MüKoAktG, § 93 Rn. 18; Hopt/Roth, in: GK-AktG (2015), § 93 Rn. 364; differenzierend: Koch, in: Hüffer/Koch, § 93 Rn. 39, wonach dieses Merkmal keine entscheidende Rolle spiele. 356  Fleischer, AG 2004, 517, 525; ders., in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 191. 352  Ebenso:



§ 2 Der Matrixmanager217

Zunächst ist in diesem Zusammenhang die gesetzliche Wertung des § 35 AO zu berücksichtigen. Nach dieser Vorschrift bestehen die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters nach § 34 Abs. 1 AO für Personen, die als Verfügungsberechtigte im eigenen oder fremden Namen auftreten und soweit sie die Pflichten rechtlich und tatsächlich erfüllen können. Freilich umfasst diese Vorschrift lediglich steuerrechtliche Pflichten, gleichwohl hat der Gesetzgeber den Außenauftritt als Voraussetzung für die Erweiterung der steuerrechtlichen Pflichten auch auf Nichtorgane geschaffen. Diese gesetzliche Wertung hat zumindest Ausstrahlungswirkung und kann daher auch bei der Figur des faktischen Leitungsorgans Berücksichtigung zu finden. Ebenso spricht aber auch der Zweck des faktischen Leitungsorgans für die Notwendigkeit eines Außenauftritts, da erst durch diesen auch die Gläubigerinteressen gefährdet werden. Denn das Handeln des Leitungsorgans wird erst durch den Außenauftritt geprägt.357 Auch fehlt es im Zusammenhang mit § 93 AktG an einer Regelungslücke, sofern man die interne Beeinflussung als umfasst ansehe. Denn die allein intern geprägte Einflussnahme wird von § 117 AktG erfasst.358 Damit liegt nach hiesiger Auffassung ein faktisches Leitungsorgan i. S. d. § 93 AktG vor, wenn die Person einen nachhaltigen Einfluss auf die Leitung der Gesellschaft innehat und nach außen auftritt. Dieser nachhaltige Einfluss muss grundsätzlich von einer gewissen Dauer sein. Dagegen bedarf es keiner Ausschaltung des bestellten Vorstands. Bei der Bestimmung der Frage, ob die Person ein faktisches Leitungsorgan i. S. d. § 93 AktG ist, sind stets die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. c) Der Matrixmanager als faktisches Leitungsorgan der Matrixgesellschaft Überträgt man diese Voraussetzungen auf die Konstellation des Matrixmanagers, so sprechen zunächst gute Argumente dafür, diesen als faktisches Leitungsorgan der Matrixgesellschaft anzusehen. So hat der Matrixmanager in seinem Bereich erhebliche Einflussmöglichkeiten auf die Leitung der Matrixgesellschaft. Der Matrixmanager kann Investitionsentscheidungen treffen, die zulasten der Matrixgesellschaft gehen, kann Arbeitnehmern der Matrixgesellschaft unmittelbar Weisungen erteilen. Mithin wird die Matrixgesellschaft (teilweise) operativ fremdgesteuert.359 Auch hinsichtlich der Finanzen, Buchhaltung und Steuerthemen kann der zuständige Matrixmanager dem bestellten Leitungsorgan vom Informationsfluss und von der Entscheidungs357  BGH,

vom 25.02.2002, II ZR 196/00, BGHZ 150, 61, 69 f. Leitungsautonomie, S. 177; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 18. 359  Siehe aber die damit auftretenden Probleme mit einer möglichen Rechtsscheinhaftung der Obergesellschaft bei einer solchen Konstellation S. 281. 358  Herwig,

218

4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

findung verdrängen; von einer möglichen Zahlungsunfähigkeit oder Steuerschulden erhält das bestellte Organ keine Kenntnis.360 Damit liegt eine faktische Geschäftsführung der Matrixgesellschaft durch den Matrixmanager nahe.361 Gegen diese Annahme spricht auch nicht, dass der Matrixmanager nur für einen Teilbereich z. B. lediglich die Produktion oder Forschung zuständig ist, da eine solche Arbeitsaufteilung auch bei ordentlich bestellten Mitgeschäftsführern zulässig ist. III. Kein faktisches Organ im Vertragskonzern? Allerdings ist vorliegend mit der Annahme des faktischen Leitungsorgans im Vertragskonzern Vorsicht geboten. Denn fraglich ist, ob das faktische Leitungsorgan im Vertragskonzern überhaupt Anwendung finden kann. Zweifel bestehen, da das Vertragskonzernrecht ein eigenes Haftungs- und Schutzsystem hat und damit die Figur des faktischen Leitungsorgans verdrängen könnte. 1. Verdrängung durch das Konzernrecht

Gegen eine Anwendung des faktischen Leitungsorgans spricht schon, dass der Schutzzweck, dem die Figur des faktischen Leitungsorgans zugrunde liegt, nicht erforderlich ist. Vielmehr wird der Gläubiger- und Gesellschaftsschutz im Vertragskonzern durch die §§ 300 ff. AktG gesichert. Auch erscheint der Grundgedanke der Haftung, aufgrund faktischer Übernahme im Vertragskonzern, nicht anwendbar. Denn im Vertragskonzern haftet der Handelnde nicht aufgrund der faktischen Übernahme der Stellung als Leitungs­ organ, sondern aufgrund einer sorgfaltswidrigen Weisungserteilung. Die Möglichkeit der Organe der Obergesellschaft Weisungen zu erteilen (§ 308 Abs. 1 AktG) und das durch das Gesetz, vorgesehene Regelungssystem der Haftung für sorgfaltswidrige Weisungen (§ 309 Abs. 2 AktG) sprechen damit gegen die Anwendbarkeit des faktischen Leitungsorgans im Vertragskonzern. So wird die Gesellschaft über § 309 Abs. 2 AktG geschützt, da diese gegenüber den Leitungsorganen einen Anspruch auf Schadensersatz für sorgfaltswidrige Weisungen hat. Auch spricht gegen die Anwendbarkeit des faktischen Organs im Vertragskonzern, dass die Ausübung des Weisungsrechts durch die Obergesellschaft 360  Vgl. hierzu: Schockenhoff, ZHR 180 (2016), 197, 199, wobei eine Insolvenz der Tochtergesellschaft aufgrund der Ausgleichspflicht der Obergesellschaft nach § 302 AktG weniger relevant sein wird. 361  Ähnliche Erwägungen für die Matrixgesellschaft als GmbH: Winter/Karwatzki, in: Maschmann/Karwatzki, Matrixorganisation, S. 405 f., für die AG indes ablehnend.



§ 2 Der Matrixmanager219

sich letztlich in der Ausübung der vom Gesetz vorgesehenen Befugnis erschöpft, diesen Einfluss auf die abhängige Gesellschaft auszuüben. Damit fehlt es im Vertragskonzern schon an der Tatbestandsmäßigkeit des faktischen Leitungsorgans, da sich der Einfluss des Handelnden auf die gesetzlich zulässige Einflussnahme der Gesellschafter erschöpft und gerade nicht darüber hinausgeht.362 Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das Weisungsrecht der Obergesellschaft umfassend ist und sich damit die Einflussnahme des Handelnden – vorausgesetzt einer zulässigen Weisung – stets im Rahmen des gesetzlich Zulässigen bewegt und damit gerade der gesetzlich zulässige Einfluss ausgeübt wird. Außerhalb des Bereichs der zulässigen Weisung besteht indes ein austariertes Haftungssystem, welches die abhängige Gesellschaft und Gläubiger schützt und damit die Figur des faktischen Leitungsorgan obsolet macht. Hervorzuheben ist hier insbesondere die gläubigerschützende Regelung des § 309 Abs. 4 S. 3 AktG, wonach der Anspruch auch von den Gläubigern geltend gemacht werden kann. Zudem würde die Figur des faktischen Organs im Vertragskonzern letztlich dazu führen, dass bei umfassender (zulässiger) Weisungserteilung durch die Obergesellschaft die Organe dieser schnell in die Organpflichten der Untergesellschaft treten könnten. Damit bestünde die Gefahr, dass das Leitungsorgan der Obergesellschaft auch in die Pflichtenstellung des Leitungs­ organs der Untergesellschaft rücken würde. Dies würde zu einer Pflichten­ erweiterung führen, welche § 309 Abs. 1 AktG gerade nicht vorsieht. Dieser sieht einen Schadensersatzanspruch der abhängigen Gesellschaft allein bei sorgfaltswidriger Weisung vor. Bei der Anerkennung des faktischen Organs im Vertragskonzern müssten die Organe der Obergesellschaft dann nicht nur darauf achten, dass die Weisungen der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes entsprechen, sondern auch, dass sie keine faktische Organstellung in der abhängigen Gesellschaft durch die Weisungserteilung begründen. Im Ergebnis sind die Regelungen zum Vertragskonzernrecht daher als abschließend zu betrachten und lassen keinen Anwendungsbereich mehr für die Figur des faktischen Leitungsorgans offen. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass es praktisch keinen Sinn macht, das faktische Leitungsorgan im Vertragskonzern anzuwenden. Denn das faktische Leitungsorgan könnte sich die Zustimmung der Aktionäre der Tochtergesellschaft, also i. d. R. der Obergesellschaft (§ 93 Abs. 4 S. 1 AktG) sichern, so dass eine Haftung nach § 93 Abs. 2 AktG dann ausscheidet.363

362  Vgl.

hierzu: BGH, vom 21.03.1988, II ZR 194/87, BGHZ 104, 44, 47 f. Die Unternehmensgruppe im Privatrecht, S. 84.

363  Wiedemann,

220

4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation 2. Zweckverfehlung

Im Zusammenhang mit dieser Diskussion ist auch zu beachten, dass die Organhaftung, welche auch das faktische Leitungsorgan trifft, nicht der konzernspezifischen Situation gerecht wird. Handelt dieses sorgfaltswidrig, so ist es der Gesellschaft zum Schadensersatz verpflichtet (§ 93 Abs. 2 AktG). Im Vertragskonzern wird das herrschende Unternehmen allerdings nicht durch die Haftungsnormen zur Rechenschaft gezogen, weil es seinen Einfluss auf die Geschäftsführung ausübt, sondern weil es eigene mitgliedschaftliche Macht in unternehmerischen Einfluss verwandelt, der das gesamte Verhalten der abhängigen Gesellschaft verändert.364 3. Wertung des § 117 AktG

Im Übrigen ist hier auch die Wertung des § 117 AktG zu berücksichtigen. Hiernach ist derjenige zum Schadensersatz gegenüber der Gesellschaft verpflichtet, der vorsätzlich unter Benutzung seines Einflusses auf die Gesellschaft ein Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats, einen Prokuristen oder einen Handlungsbevollmächtigten dazu bestimmt, zum Schaden der Gesellschaft oder ihrer Aktionäre zu handeln. § 117 AktG schützt nicht nur das Gesellschaftsvermögen, sondern auch die Autonomie der Willensbildung in der sich selbst verwaltenden Aktiengesellschaft.365 Es geht damit um eine mit dem faktischen Leitungsorgan vergleichbare Interessenlage. Bei beiden geht es um den Schutz der Gesellschaft und des Gesellschaftsvermögens vor der Einflussnahme von Dritten, also von solchen, die nicht in der gesellschaftsrechtlichen Kompetenzordnung vorgesehen sind. Für das Konzernrecht enthält § 117 Abs. 7 Nr. 1 AktG indes eine Ausnahme. Hiernach tritt eine Haftung nach § 117 AktG nicht ein, wenn das Organmitglied oder der leitende Mitarbeiter durch Ausübung der Leitungsmacht (§ 308 AktG) kraft Beherrschungsvertrags zu der schädlichen Handlung bestimmt worden ist. Vielmehr werden solche schädlichen Einwirkungen durch konzernrechtliche Sonderregeln neutralisiert.366 Der Gesetzgeber hat hinsichtlich rechtmäßiger Weisungen mit den konzernrechtlichen Vorschriften der §§ 308 ff. AktG spezialgesetzliche Vorschriften geschaffen, die die Anwendung des § 117 AktG ausschließen. Dies unterstreicht, dass die konzernrechtlichen Regelungen für rechtmäßige Weisungen abschließend zu

364  Wiedemann, 365  Spindler,

Die Unternehmensgruppe im Privatrecht, S. 84 f. in: MüKo-AktG, § 117 Rn. 2; Hommelhoff/Witt, in: K. Schmidt/Lut-

ter, § 117 Rn. 1. 366  Koch, in: Hüffer/Koch, § 117 Rn. 13.



§ 2 Der Matrixmanager221

verstehen sind. Dies gilt nur nicht, wenn die Weisung unzulässig ist.367 Dann findet § 117 AktG neben dem § 309 AktG Anwendung.368 Daneben erscheint dann aber die Figur des faktischen Leitungsorgans nicht mehr notwendig, da bei einer unzulässigen Einflussnahme im Vertragskonzern § 117 AktG greift. IV. Zusammenfassung Die Figur des faktischen Leitungsorgans findet Anerkennung, da hier eine Position kraft Übernahme erlangt wird. Gläubiger- und Gesellschafterschutz erfordern in solchen Konstellationen, dass der Übernehmende demselben Pflichtenregime unterliegt, wie ein formal bestelltes Organ. Obgleich das Vorliegen der Voraussetzungen des faktischen Leitungsorgans bei dem Ma­ trixmanager naheliegend erscheinen, da dieser die operative Tätigkeit der Tochtergesellschaften bestimmt, ist der Matrixmanager kein faktisches Leitungsorgan der Tochtergesellschaft. Hintergrund hierfür ist, dass die konzernrechtlichen Regelungen die Anwendung der Figur des faktischen Organs ausschließen. Denn es fehlt schon am Schutzbedürfnis, da Gläubiger und die Gesellschaft über die §§ 302 ff. sowie §§ 308 ff. AktG umfassend geschützt werden und damit die nicht gesetzlich geregelte Figur des faktischen Leitungsorgans verdrängen. Gegen die Anwendung im Vertragskonzern spricht auch die Wertung des § 117 AktG, bei der der Gesetzgeber für rechtmäßige Weisungen im Vertragskonzern eine Haftung nach § 117 AktG ausschließt. Lediglich im Fall von unzulässigen Weisungen besteht der Anwendungs­ bereich des § 117 AktG, der eine Anwendung der Figur des faktischen Leitungsorgans überflüssig macht.

C. Zusammenfassung Der Matrixmanager ist in der Matrixorganisation für die Leitung der jeweiligen funktions- und objektbezogenen Geschäftsbereiche verantwortlich. Hierfür hat er die Leitungsmacht kraft Weisungsrechts inne. Er ist regel­ mäßig, sofern nicht zum Organ der Obergesellschaft bestellt, leitender Angestellter der Obergesellschaft (wenngleich eine solche Qualifizierung von den Umständen des Einzelfalls abhängt). Aufgrund seiner exponierten Stellung und regelmäßig umfassenden Einwirkungsmöglichkeiten hat er besondere Aufsichts- und Überwachungspflichten. Im Rahmen seiner unternehmeri367  Siehe

hierzu S. 95 ff. in: MüKo-AktG, § 117 Rn. 69; Kort, in: GK-AktG (2015), § 117 Rn. 251; Koch, in: Hüffer/Koch, § 117 Rn. 14; Schall, in: Spindler/Stilz, § 117 Rn. 9; a. A. Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 177 Rn. 45. 368  Spindler,

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

schen Tätigkeit kann sich der Matrixmanager als leitender Angestellter nicht auf die privilegierte Arbeitnehmerhaftung berufen, da er als leitender Angestellter maßgeblich das Betriebsrisiko mitbeeinflusst. Gleichwohl kann er sich bei unternehmerischen Entscheidungen auf die Business Judgment Rule berufen, da deren Grundsätze übertragbar sind. Hintergrund ist die Ausstrahlungswirkung der Business Judgment Rule auf sämtliche unternehmerische Entscheidungen sowie die Vermeidung von Wertungswidersprüchen bei der Konkretisierung der Pflichtenmaßstäbe. Der Matrixmanager hat daher im Rahmen seiner Tätigkeit insbesondere bei der Erteilung von Weisungen nach § 308 Abs. 1 AktG die Vorgaben der Business Judgment Rule zu beachten, um seinen Pflichten nachzukommen. Da die Figur des faktischen Leitungsorgans Anerkennung findet, sprechen auch gute Gründe dafür, dessen Voraussetzungen bei der Tätigkeit des Ma­ trixmanagers zu bejahen, da dieser die operative Tätigkeit der Matrixgesellschaft (mit)bestimmt. Allerdings ist der Matrixmanager kein faktisches Leitungsorgan der Tochtergesellschaft. Hintergrund hierfür ist, dass die konzernrechtlichen Regelungen die Anwendung der Figur des faktischen Organs ausschließen. Denn es fehlt schon am Schutzbedürfnis, da Gläubiger und die Gesellschaft über die §§ 302 ff. sowie §§ 308 ff. AktG umfassend geschützt werden und damit die nicht gesetzlich geregelte Figur des faktischen Leitungsorgans verdrängen.

§ 3 Die Stellung des Matrixmanagers als Organ der Matrixgesellschaft A. Problembeschreibung Ein Sonderproblem, welches sich im Leitungsorgan der Matrixgesellschaft ergeben kann, ist die Tätigkeit des Matrixmanagers im Leitungsorgan der Matrixgesellschaft, während sich der Matrixmanager weiterhin in einer vertraglichen Beziehung zur Obergesellschaft befindet. Hierbei ist es nicht zwingend notwendig, dass der Matrixmanager als Leitungsorgan der Matrixgesellschaft seine Tätigkeit als leitender Angestellter der Obergesellschaft vollständig aufgibt und nach der Bestellung als Leitungsorgan ausschließlich die Organtätigkeit ausübt.369 Denkbar ist vielmehr auch, dass das Arbeits­ verhältnis zur Obergesellschaft neben dem Geschäftsführeranstellungsvertrag aktiv weiterläuft.370 Diese Doppelstellung ist gerade im Rahmen der Matrix369  Siehe hierzu auch vertiefend: Karwatzki, Fremdgeschäftsführer, S. 65 f., Organstellung im Nebenamt. 370  Karwatzki, Fremdgeschäftsführer, S. 65; zur Doppelstellung: Gaul, GmbHR 1989, 357 ff.



§ 3 Die Stellung des Matrixmanagers als Organ der Matrixgesellschaft 223

organisation naheliegend, da der Matrixmanager als Leitungsorgan in der Matrixgesellschaft einen abgegrenzten Aufgabenbereich hat, der auch einem Teil der Aufgaben entspricht, die er als Matrixmanager für die Obergesellschaft erfüllt.371 Die Stellung als Leitungsorgan in der Matrixgesellschaft ist damit schlicht Mittel zum Zweck, um den eigenen Matrixbereich zu führen. Genutzt wird diese Möglichkeit daher nicht nur, um den Einfluss des herrschenden Unternehmens auf das Leitungsorgan der abhängigen Gesellschaft zu sichern, da der leitende Angestellte „mit der Denkweise der Konzernspitze groß geworden“ ist.372 Sondern Ziel ist gerade in der Matrixorganisation die gesellschaftsübergreifende Arbeit zu erleichtern, indem der leitende Angestellte in den jeweils für den Matrixbereich betroffenen Matrixgesellschaften agieren kann. Nachfolgende Ausführungen werden sich ausschließlich mit der Konstellation beschäftigen, in der der Matrixmanager neben seiner Tätigkeit in der Obergesellschaft auch Leitungsorgan einer oder mehrerer Matrixgesellschaften ist.

B. Die Rechtsbeziehungen des Matrixmanagers Zunächst sind für die hier zu erörternde Frage die rechtlichen Beziehungen zwischen Matrixmanager und der Matrixgesellschaft sowie zwischen Matrixgesellschaft und Obergesellschaft aufzuschlüsseln. I. Matrixmanager und Obergesellschaft Zwischen der Obergesellschaft und dem Matrixmanager als leitendem Angestellten der Obergesellschaft besteht, wie schon oben bereits festgestellt, ein Arbeitsverhältnis. Im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses verpflichtet sich der Matrixmanager zu bestimmten Tätigkeiten. Die Obergesellschaft hat gegenüber dem Matrixmanager aufgrund dieses Arbeitsvertrags ein Weisungsrecht. II. Matrixmanager und Matrixgesellschaft Im Verhältnis zur Matrixgesellschaft besteht das Bestellungsverhältnis. Unter der Bestellung ist die Einsetzung einer Person in das Organamt zu verstehen.373 Es handelt sich um einen körperschaftlichen Akt, kraft dessen hierzu in einem anderen Zusammenhang: Diller, NJW 2008, 1018, 1020. Organisationsstruktur und Rechtsnorm, S. 154. 373  Schäfer, Haftung Leitungsorgan abhängiger Gesellschaften, S. 19; Karwatzki, Fremdgeschäftsführer, S. 19. 371  Vgl.

372  Decher,

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

gesetzliche oder gesellschaftsvertragliche Kompetenzen übertragen werden.374 Dieser Akt begründet die Organpflichten, wie z. B. die sorgfältige Geschäftsführung (§ 93 Abs. 1 AktG). Diese hat der Matrixmanager als Organ der Matrixgesellschaft einzuhalten. Voraussetzung für die Organstellung ist indes nicht ein Anstellungsverhältnis, welches die schuldrechtliche Grundlage für die Organtätigkeit des Leitungsorgans bildet.375 Zwar kann ein solches gesondert zwischen der Matrixgesellschaft und dem Matrixmanager vereinbart werden und damit neben dem Arbeitsvertrag zur Obergesellschaft stehen. Allerdings kann das Interesse im Konzern dazu führen, einen solchen Vertrag nicht abzuschließen, beispielsweise um konzerninterne „Versetzungen“ zu erleichtern oder Verhandlungen über den neuen Vertrag zu vermeiden.376 Die Zulässigkeit des Fehlens eines solchen Vertrags geht aus der Besonderheit der Trennung von Anstellungs- und Bestellungsverhältnis hervor.377 Damit ergibt sich allerdings die Frage, ob das Leitungsorgan allein mit einem Dritten, insbesondere etwa einer anderen Konzerngesellschaft, meist der Konzernobergesellschaft, den Anstellungsvertrag schließen kann (Drittanstellungsverträge). Die Zulässigkeit von Drittanstellungsverhältnissen ist insbesondere im Zusammenhang mit der AG bisher umstritten. Für die nicht mitbestimmte GmbH ist die Zulässigkeit von Drittanstellungsverträgen anerkannt.378

374  Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, § 6 Rn. 44; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, § 6 Rn. 25. 375  Das Schrifttum und die Rechtsprechung folgen der sogenannten Trennungstheorie, wonach Anstellungs- und Bestellungsverhältnis abstrakt voneinander zu betrachten sind, siehe hierfür nur BAG, vom 25.10.2007, 6 AZR 1045/06, NZG 2008, 193, 194; BGH vom 11.10.2010, II ZR 266/08, NJW 2011, 920; BGH, vom 10.05.2010, II ZR 70/09, NJW 2010, 2343, 2344; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, § 6 Rn. 44; Stephan/Tieves/Jaeger/Steinbrück, in: MüKo-GmbHG, § 35 Rn. 248; Müller-Glöge, in: MüKo-BGB, § 611 Rn. 146; Spindler, in: MüKo-AktG, § 84 Rn. 62; umfassend hierzu: Karwatzki, Fremdgeschäftsführer, S. 25 ff. 376  Schäfer, Haftung Leitungsorgane abhängiger Gesellschaften, S. 115. 377  Kort, AG 2015, 531; Koch, in Hüffer/Koch, § 84 Rn. 17; Vedder, in: Grigoleit, § 84 Rn. 21; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 84 Rn. 39; Seibt, in: Schmidt, K./Lutter, § 84 AktG, Rn. 26; Kort, in: GK-AktG (2015), § 84 Rn. 326. 378  BGH, vom 26.10.1964, II ZR 127/62, WM 1964, 1320; BGH, vom 25.06.1979, II ZR 219/78, NJW 1980, 595; BGH, vom 12.11.1979, II ZR 174/77, NJW 1980, 589; BAG, vom 13.05.1992, 5 AZR 344/91, GmbHR 1993, 35, 36; BAG vom 08.06.2000, 2 AZR 207/99, NZA 2000, 1013, 1014; BAG, vom 25.10.2007, 6 AZR 1045/06, GmbHR 2008, 429, 430; Fleck, ZHR 149 (1985), 387, 388; Stephan/Tieves/ Jaeger/Steinbrück, in: MüKo-GmbHG, § 35 Rn. 252; Tebben, in: Michalski, § 6 Rn. 129.



§ 3 Die Stellung des Matrixmanagers als Organ der Matrixgesellschaft 225

III. Drittanstellungsverträge 1. Teilweise Zulässigkeit

Eine Ansicht hat bei Drittanstellungsverträgen im Zusammenhang mit Vorständen erhebliche Bedenken, da der Vorstand gemäß § 76 Abs 1 AktG die Gesellschaft eigenständig zu leiten hat.379 Er kann nicht Diener zweier Herren sein, dies wäre aber die Konsequenz bei Anstellungsverträgen mit einer anderen Gesellschaft.380 Die Drittanstellung birgt nämlich die immanente Gefahr, dass die dem Vorstand nach § 76 AktG eingeräumte Befugnis zur autonomen Leitung der Gesellschaft gefährdet wird.381 Eine solche Gefährdung der eigenständigen Leitung ist allerdings nur in den durch § 308 Abs. 1 sowie § 323 Abs. 1 AktG vorgesehenen Fällen zulässig, die insbesondere Gesellschaft- und Gläubigerschützende Kompensationsmaßnahmen vorsehen.382 Diese Regelungen dürften nicht durch Drittanstellungsverträge unterlaufen werden. Dieses Problem „eskaliere“ in Konstellationen, in denen das Anstellungsverhältnis bei der dritten Gesellschaft in Form eines Arbeitsverhältnisses ausgestaltet ist. In dieser Konstellation sind die Personen in Beziehung zu der anstellenden Gesellschaft weisungsgebunden.383 Daher sei hier die Gefahr besonders groß, dass der Gebrauch arbeitsrechtlicher Instrumente (Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Dritten; keine Gehaltserhöhung etc.) die Personalkompetenz des Aufsichtsrats der bestellenden Aktiengesellschaft in unzulässiger Weise beeinträchtige.384 Ein weiterer Kern der Bedenken beruht darauf, dass ein Auseinanderfallen von Bestellungs- und Anstellungspartner mit dem aktienrechtlichen Kompetenzgefüge unvereinbar sein soll.385 Denn die Verweise in § 84 Abs. 1 S. 5 und Abs. 3 S. 5 AktG legten doch die sehr enge Verknüpfung der Kompetenzund Verfahrensregelungen für die Bestellung und die Anstellung nahe.386 Daraus wird der Schluss gezogen, dass auch die Anstellung zwingend in die 379  Spindler, in: MüKo-AktG, § 84 Rn. 79; ebenfalls mit erheblichen Bedenken: Kort in: GK-AktG (2015), § 84 Rn. 320; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 84 Rn. 56; Fonk, NZG 2010, 368, 370. 380  Spindler, in: MüKo-AktG, § 84 Rn. 79; Kort, in: GK-AktG (2015), § 84 Rn. 320; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 84 Rn. 56; Fonk, NZG 2010, 368, 370. 381  Kort, AG 2015, 531, 532; ders., in: GK-AktG (2015), § 84 Rn. 321. 382  Kort, AG 2015, 531, 532; ders., in: GK-AktG (2015), § 84 Rn. 321. 383  Kort, in: GK-AktG (2015), § 84 Rn. 321. 384  Kort, in: GK-AktG (2015), §  84 Rn. 321; Wiesner, in: Münchener Hdb. GesR IV, § 21 Rn. 3. 385  Thüsing, in: Hdb. VorstandsR, § 4 Rn. 68 f.; Kort, in: GK-AktG (2015), § 84 Rn. 321. 386  Kort, AG 2015, 531, 532; Kort, in: GK-AktG (2015), § 84 Rn. 321.

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

Zuständigkeit des Bestellungsorgans, also des Aufsichtsrats der AG, falle.387 Gleichwohl erachtet ein Teil dieser kritischen Stimmen die Drittanstellungsverträge im Vertrags- sowie im Eingliederungskonzern für zulässig, da dort die Leitungsautonomie des Vorstands durch gesetzliche Normen überlagert wird und nicht von den Parteien des schuldrechtlichen Verhältnisses.388 2. Generelle Zulässigkeit

Andere Stimmen in der Literatur sehen Drittanstellungsverträge dagegen als stets zulässig an und verweisen auf die Zulässigkeit von Doppelmandaten, denen ein vergleichbarer Interessenkonflikt zugrunde liege.389 Die Befürworter verweisen auf die rechtliche Trennung der organschaftlichen Bestellung vom schuldrechtlichen Anstellungsvertrag.390 Hiernach sei der Vorstand der Tochtergesellschaft aufgrund der Organstellung gehalten, primär die Interessen der Gesellschaft wahrzunehmen.391 Ein Verstoß gegen § 76 Abs. 1 AktG komme indes nicht in Betracht – trotz Interessenkonfliktes. Denn der Anstellungsvertrag mit dem Dritten wirke nur rein schuldrechtlich, die organschaftliche Bestellung dagegen habe Vorrang.392 Auch bleibe die Kompetenzordnung des Aktiengesetzes gewahrt, da der Aufsichtsrat der Gesellschaft trotz fehlender Entscheidung über den Anstellungsvertrag stets über die Bestellung sowie Abberufung des Vorstands entscheide.393 Es falle dem Aufsichtsrat sogar leichter, den Vorstand abzuberufen, da er ohne die Beachtung eines Anstellungsvertrags lediglich die Voraussetzungen des § 84 Abs. 1 AktG zu berücksichtigen hat, nicht aber die höheren Anforderungen an die außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrags nach § 626 BGB.394 387  Kort, AG 2015, 531, 532; Kort, in: GK-AktG (2015), § 84 Rn. 321; ebenso: Thüsing, in: Hdb. VorstandsR, § 4 Rn. 68 f. 388  Kort, in: GK-AktG (2015), § 84 Rn. 329. 389  Bürgers, in: Bürgers/Körbers, § 84 Rn. 20; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, § 84 Rn. 26; Wiesner, in: Münchener Hdb. GesR IV, § 21 Rn. 2 ff.; Koch, in: Hüffer/Koch, § 84 Rn. 17; Vetter, FS Hoffmann-Becking (2013), S. 1299, 1301 ff.; Jooß, NZG 2011, 1130, 1131; Reuter, AG 2011, 274 ff. 390  Bürgers, in: Bürgers/Körbers, § 84 Rn. 20; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, § 84 Rn. 26; Wiesner, in: Münchener Hdb. GesR IV, § 21 Rn. 2 ff.; Koch, in: Hüffer/Koch, § 84 Rn. 17. 391  Bürgers, in: Bürgers/Körbers, § 84 Rn. 20; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, § 84 Rn. 26; Wiesner, in: Münchener Hdb. GesR IV, § 21 Rn. 2 ff.; Koch, in: Hüffer/Koch, § 84 Rn. 17; Reuter, AG 2011, 274, 278. 392  In diese Richtung: Reuter, AG 2011, 274, 278; ähnlich Jooß, NZG 2011, 1130, 1132. 393  Jooß, NZG 2011, 1130 f.; Bürgers in: Bürgers/Körber, § 84 Rn. 20; Seibt, in: K. Schmidt/Lutter, § 84 Rn. 26. 394  Reuter, AG 2011, 274, 279.



§ 3 Die Stellung des Matrixmanagers als Organ der Matrixgesellschaft 227 3. Die Rechtsprechung

Die Rechtsprechung des BGH sowie einiger Instanzgerichte haben sich noch nicht mit der Frage der Zulässigkeit von Drittanstellungsverträgen beschäftigt. Gegenstand bisheriger Entscheidungen war allein die Überlassung von Vorständen an die Gesellschaft (sog. Interim-Management).395 Einem Urteil des BGH lag ein Sachverhalt zugrunde, in welchem der Geschäftsführer einer Beratungs-GmbH befristet für eine Aktiengesellschaft als Vorstand tätig wurde. Allein zwischen der Aktiengesellschaft und der Beratungs-GmbH bestand ein Vertragsverhältnis. Der bestellte Vorstand verfügte dagegen über keinen eigenständigen Vorstandsdienstvertrag, sondern seine Organfunktion wurde als Teil der Beratungsleistungen der Beratungs-GmbH erbracht. Der BGH beschäftigte sich indes nicht mit der Frage der Dritt­ anstellung, sondern sah diese Konstellation – konkludent – als zulässig an. Der BGH stellte in diesem Zusammenhang allein fest, dass der Abschluss des Beratungsvertrags auch dann in die Zuständigkeit des Aufsichtsrats fällt, wenn sie von der Gesellschaft nicht mit dem Vorstandsmitglied selbst, sondern einem Dritten abgeschlossen werden und mit diesem eine Vergütung für die Vorstandstätigkeit vereinbart wird. Denn nur dadurch sei der Gleichlauf von Bestellungs- und Anstellungskompetenz gewährleistet. Die dieser BGHEntscheidung zugrundeliegende Konstellation zeichnete sich also dadurch aus, dass weder eine Anstellung durch die AG selbst, noch eine „echte“ Drittanstellung vorlag.396 Den Instanzgerichten (OLG Celle sowie das KG) lag auch jeweils ein Fall des Interims-Managements vor.397 In beiden Entscheidungen haben sie die Abschlusskompetenz des Aufsichtsrats für die Beratungsverträge bejaht. In diesen Beratungsverträgen wurde ebenso wie bei der BGH-Entscheidung die Vergütung für die Beratungsleistung festgelegt. Diese Vergütung kommt dem überlassenen Vorstand mittelbar wirtschaftlich zugute.398 In diesen Entschei395  BGH, vom 28.04.2015, II ZR 63/14, AG 2015, 535; OLG Celle, vom 10.02.2010, 4 U 68/09, AG 2012, 41 ff.; KG, 28.06.2011, 19 U 11/11, NZG 2011, 865 ff. OLG München, vom 24.11.2016, 23 U 3582/16, AG 2017, 750 ff. 396  Kort, AG 2015, 531, 532, ebenfalls kritisch hinsichtlich der Konsequenzen dieses Urteils für die Drittanstellung. 397  OLG Celle, vom 10.02.2010, 4 U 68/09, AG 2012, 41 ff.; KG, 28.06.2011, 19 U 11/11, NZG 2011, 865 ff.; OLG München, vom 24.11.2016, 23 U 3582/16, AG 2017, 750 ff. 398  KG, 28.06.2011, 19 U 11/11, NZG 2011, 865, das hier ausführt, dass die Vereinbarung zwischen Gesellschaft und Drittem den überlassenen Vorstand zwar nicht unmittelbar begünstigt, „da nicht er selbst, sondern die von ihm als Geschäftsführer gem. § 35 GmbHG gesetzlich vertretene Klägerin [Dritter] durch die streitgegenständliche Vereinbarung zur Gläubigerin eines Vergütungsanspruch im Zusammenhang mit der von ihm zu erbringenden und erbrachten Vorstandstätigkeit wird. Es

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

dungen haben sie zwar die Drittanstellung von Vorstandsmitgliedern nicht für unzulässig erachtet, die Zulässigkeit aber auch nicht ausdrücklich bejaht.399 Es ist damit zunächst festzuhalten, dass keine BGH sowie obergerichtliche Rechtsprechung existiert, die die „echte“ Drittanstellung als ausdrücklich zulässig erachtet. 4. Stellungnahme

Im Ergebnis sind Drittanstellungsverträge als zulässig anzusehen, sofern beim Abschluss dieser Verträge nachfolgende Voraussetzungen eingehalten werden. Hintergrund für die grundsätzliche Zulässigkeit ist zunächst, dass die ablehnenden Argumente nicht überzeugen können. Ausgangspunkt ist, dass kein ausdrückliches gesetzliches Verbot für Drittanstellungsverträge existiert, vielmehr legt § 285 Nr. 9 lit. a) HGB nahe, dass der Gesetzgeber Leistungen von Dritten an Vorstandsmitglieder toleriert. Auch zeigt das Ak­ tiengesetz, dass Interessenskonflikte auszuhalten sind. So zeigen doch § 88 Abs. 1 S. 2 sowie § 100 Abs. 2 AktG, wonach Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats grundsätzlich auch Mitglieder anderer Organe sein können, dass auch der Gesetzgeber Interessenkonflikte nicht per se als Hindernis für eine Organstellung ansieht, sondern solche Konflikte im Einzelfall aufzulösen sind.400 Entgegen dem Argument, dass die Leitungsautonomie gefährdet sei, ist dies in der Allgemeinheit nicht zu befürchten. Zwar ist es zutreffend, handelt sich aber um eine Vereinbarung, durch die Herr S [überlassener Vorstand] als Gesellschafter der Klägerin mit einem Geschäftsanteil von 60 % zumindest mittelbar wirtschaftlich begünstigt wird. Dies gebietet die Anwendung der §§ 84 I 5 i. V. mit I 1, 112 S. 1 AktG […]“; in die gleiche Richtung: OLG Celle, vom 10.02.2010, 4 U 68/08, AG 2012, 41, 42, wonach „auch der vorliegende Fall [des Interimsmanagements] aus diesem Rechtsgedanken heraus § 112 AktG zu unterstellen ist. Denn der Sache nach geht es darum, was die Beklagte [Gesellschaft] für die Vorstandstätigkeit von O. M. zu zahlen hatte. Was für die Tätigkeit eines Vorstands zu vergüten ist, gehört aber geradezu zu den primären Entscheidungs- und Vertretungsbefugnissen des Aufsichtsrats. Es wäre auch wenig sachgerecht, wenn die Bestellung zwar in die Zuständigkeit des Aufsichtsrats fiele, die daraus resultierenden Verträge über die Anstellung bzw. Gestellung des Vorstandes und sein Honorar dann aber, weil es bei der Einschaltung der Klägerin [Dritte] als bloßer Gesellschafterin des Vorstandes nicht unmittelbar um die Bestellung eines Vorstands ginge, in die Zuständigkeit des Vorstandes der Beklagten fallen zu lassen.“; vgl. hierzu jüngst: OLG München, vom 24.11.2016, 23 U 3582/16, AG 2017, 750, 753, „der Abschluss dieser Verträge gehört auch dann zur Kompetenz des Aufsichtsrats, wenn sie von der Gesellschaft nicht mit dem Vorstandsmitglied selbst, sondern einem Dritten abgeschlossen werden und mit diesem eine Vergütung für die Vorstandstätigkeit vereinbart wird. Nur dadurch ist der Gleichlauf von Bestellungs- und Anstellungskompetenz gewährleistet.“. 399  Kort, AG 2015, 531, 532. 400  Reuter, AG 2011, 274, 278.



§ 3 Die Stellung des Matrixmanagers als Organ der Matrixgesellschaft 229

dass aufgrund der Zahlungen durch die Obergesellschaft das Risiko besteht, dass auf deren Interesse geachtet wird. Indes ist in diesem Zusammenhang auch zu berücksichtigen, dass die Pflichten, die aus dem Organverhältnis folgen, durch das Anstellungsverhältnis nicht überlagert werden, sondern im Gegenteil Vereinbarungen, die den gesetzlichen Vorgaben widersprechen, gemäß § 134 BGB nichtig sind.401 Zudem droht der bestellten Person stets eine Haftung aus § 93 Abs. 2 AktG, wenn sie die anstellungsvertraglichen Verpflichtungen priorisiert und die Organpflichten gegenüber der Bestellungsgesellschaft vernachlässigt. Aufgrund dieser Haftungsgefahr wird das bestellte Organ also nicht nur die Interessen der „zahlenden“ Gesellschaft berücksichtigen, sondern auch, um eine eigene Haftung zu vermeiden, die Interessen der Gesellschaft dessen Organ er ist. Damit relativiert sich dieses Risiko und ein etwaig verbleibender Interessenkonflikt ist im Einzelfall aufzulösen.402 Sofern drittanstellungsvertragliche Pflichten mit denen nach §§ 76, 93 AktG kollidieren, so gebührt diesen Pflichten Vorrang, soweit das Leitungsorgan für die abhängige Gesellschaft tätig wird. Zudem ist die abhängige Gesellschaft gegen Pflichtverletzungen des Leitungsorgans, die aus dem Drittanstellungsverhältnis stammen, nach § 93 Abs. 2 AktG geschützt.403 Letztlich kann auch der Einwand nicht gänzlich überzeugen, dass das Kompetenzgefüge der Aktiengesellschaft durch eine Drittanstellung gefährdet werde. Die „Personalhoheit“ des Aufsichtsrates bestellenden Gesellschaft bleibt unberührt. Denn der Bestellungsakt verbleit stets bei dem Aufsichtsrat der jeweiligen Gesellschaft.404 Im Übrigen wird auch die Entschließungsfreiheit des Bestellungsorgans der abhängigen Gesellschaft nicht weiter beeinträchtigt, da der Aufsichtsrat bei Drittanstellung nicht nur über die Bestellung, sondern auch über die Abberufung entscheidet. Damit bleibt die Zuständigkeit des Aufsichtsrats gewahrt, dieser muss dem Anstellungsvertrag nicht gesondert zustimmen, sofern keine Zahlungen von der Gesellschaft geleistet werden. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass es mangels entgegenstehender zwingender gesellschaftsrechtlicher Regelungen beim Grundsatz der Vertragsfreiheit zu bleiben hat, wonach den Parteien das „ob“ und „wie“ eines Vertrags freigestellt ist.405 Darüber hinaus schützt die in Art. 12 GG garantierte Berufsfreiheit auch die Ausübung von Tätigkeiten im Nebenamt und erweiterte Tätigkeiten.406 Im Ergebnis ist daher die Drittanstellung zulässig. Sie ist verfassungsrechtlich geschützt. Die sich aus der fortbeste401  Fleck,

ZHR 149 (1985), 387, 389. ZHR 149 (1985), 387, 389; Schäfer, Haftung Leitungsorgans abhängiger Gesellschaften, S. 120. 403  Reuter, AG 2011, 274, 278. 404  Reuter, AG 2011, 274, 278. 405  Pielow, in: BeckOK Arbeitsrecht, § 105 GewO Rn. 24. 406  Schmidt, in: ErfK, Art. 12 GG Rn. 6; Scholz, in: Maunz/Dürig, Art. 12 Rn. 294. 402  Fleck,

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

henden Arbeitnehmerstellung ergebenden Interessenkonflikte sind hinzunehmen und verlangen kein präventiv wirkendes Verbot. IV. Beziehung der verschiedenen Rechtsverhältnisse Nachdem nun geklärt ist, dass Drittanstellungsverträge als grundsätzlich zulässig anzusehen sind, stellt sich nun die Frage, wie sich das Organverhältnis zum Anstellungsverhältnis verhält. Das Organverhältnis begleitende Arbeits- oder Anstellungsverhältnis kann sich direkt auf die Organstellung beziehen, muss es allerdings nicht. Gerade in Konzernsachverhalten werden Arbeits- oder Anstellungsverhältnisse begründet, bevor eine Bestellung als Organ von Konzerngesellschaften überhaupt in Betracht kommt (z. B. da die Gesellschaft noch gar nicht gegründet worden ist).407 Dieses Arbeits- oder Anstellungsverhältnis ist oft allein auf die jeweilige Organtätigkeit ausgerichtet. Dem Willen der Parteien ist zwar regelmäßig der Vorrang des Arbeits- oder Anstellungsverhältnisses zu entnehmen. Denn der Drittangestellte und die anstellende Gesellschaft werden regelmäßig von der Exklusivität des Arbeits- oder Anstellungsverhältnisses ausgehen.408 Gleichwohl steht ein solches Verständnis grundsätzlich im Widerspruch zur Organstellung in der anderen Gesellschaft. Daher ist es von wesentlicher Bedeutung, ob aus der Bedeutung der Organstellung auch gegenüber der anstellenden Gesellschaft der Vorrang der Organstellung folgt. Der Organstellung widersprechende Bestimmungen im Arbeits- oder Anstellungsvertrag verlören damit wohl ihre Wirksamkeit. Ein solcher absoluter Vorrang der Organstellung ist nach Stimmen in der Literatur, dem geltenden Kapitalgesellschaftsrecht nicht zu entnehmen.409 Denn nach dieser Auffassung ist auch die Organstellung ungeachtet ihrer allgemeinen Bedeutung lediglich ein Rechtsverhältnis, welches zwischen der Gesellschaft und dem Organ begründet wird und nur zwischen diesen Parteien begründet es Rechte und Pflichten, auch wenn sie im Wesentlichen gesetzlichen Ursprungs sind.410 Es fehle daher an der Kompetenz des Organverhältnisses, in die schuldrechtliche Rechtsbeziehung zwischen Dritten einzugreifen.411 Auch die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft würde durch das Drittarbeitsverhältnis nicht übermäßig beschränkt werden. Denn dieses erfahre keine

407  Schäfer, Haftung Leitungsorgan abhängiger Gesellschaften, S. 138; U. H. Schneider, GmbHR 1993, 10, 12 f. 408  Schäfer, Haftung Leitungsorgan abhängiger Gesellschaften, S. 138. 409  Schäfer, Haftung Leitungsorgan abhängiger Gesellschaften, S. 139. 410  Schäfer, Haftung Leitungsorgan abhängiger Gesellschaften, S. 139. 411  Schäfer, Haftung Leitungsorgan abhängiger Gesellschaften, S. 139.



§ 3 Die Stellung des Matrixmanagers als Organ der Matrixgesellschaft 231

Änderung, da die aus dem Organverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten einer vertraglichen Vereinbarung nicht zugänglich sind.412 Ein solches Verständnis ist indes abzulehnen. Für die Relation der verschiedenen Verhältnisse ist stets auf die Organstellung abzustellen und diese hat Vorrang. So ist es schon im Grundsatz verfehlt, davon auszugehen, dass das Bestellungsverhältnis allein zwischen zwei Parteien Pflichten begründet. Denn die Organstellung begründet auch Pflichten, die gegenüber Gläubigern und der Allgemeinheit bestehen.413 Die Stellung als Leitungsorgan ist ferner vom Grundsatz der Publizität geprägt. Außenstehende Dritte müssen dem festgesetzten Organisationsrecht verbindlich entnehmen können, welche Rechte und Pflichten dem bestellten Leitungsorgan zustehen und wie die gesellschaftsrechtlichen Kompetenzen aufgeteilt sind.414 Die drittanstellungsvertraglichen Regelungen können die außenstehenden Dritten indes nicht einsehen und eine Beeinflussung der Organstellung durch das Drittanstellungsverhältnis würde diesem Publizitätsgedanken zuwiderlaufen. Damit können die drittanstellungsvertraglichen Vereinbarungen nicht über die Organstellung disponieren. Vielmehr sind solche anstellungsvertraglichen Vereinbarungen, die gesetzlich statuierten Organpflichten widersprechen, gemäß § 134 BGB unwirksam.415 Damit kann rechtlich gerade kein vertraglicher Einfluss durch das Drittanstellungs- oder Arbeitsverhältnis auf die Organstellung ausgeübt werden. V. Zusammenfassung Die Tätigkeit des Matrixmanagers als Organ der Matrixgesellschaft ist durch zwei Rechtsverhältnisse geprägt, das Anstellungs- und das Bestellungsverhältnis. Das Bestellungsverhältnis ist notwendig für die Tätigkeit als Leitungsorgan in der Matrixgesellschaft. Zuständig für die Bestellung sind allein die Bestellungsorgane der Matrixgesellschaft. Es bedarf indes keiner schuldrechtlichen Vereinbarung zwischen Matrixgesellschaft und Matrixmanager. Vielmehr können schuldrechtliche Absprachen allein zwischen Obergesellschaft und Matrixmanager ausreichend sein. Bei Drittanstellungsverträgen hat stets die Organstellung Vorrang, gegen die Organstellung widersprechende vertragliche Vereinbarungen sind unwirksam. 412  Schäfer,

Haftung Leitungsorgan abhängiger Gesellschaften, S. 139. nur §§ 91, 92 AktG; §§ 34, 69 AO; vgl. hierzu auch Karwatzki, Fremdgeschäftsführer, S. 157. 414  Karwatzki, Fremdgeschäftsführer, S. 157; Schäfer, Haftung Leitungsorgan abhängiger Gesellschaften, S. 125. 415  Schäfer, Haftung Leitungsorgan abhängiger Gesellschaften, S.  127; Fleck, ZHR (1985), 387, 399. 413  Vgl.

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

C. Interessenkonflikte – Das „verkappte Doppelmandat“ Eng verbunden mit der Frage der Drittanstellungsverträge und der eben erörterten Problematik, ist die Frage, wie mit auftretenden Interessenkonflikten umzugehen ist. Es geht um die Divergenz von arbeitsvertraglicher Loyalität zur Obergesellschaft und die Loyalität zur bestellenden Gesellschaft. Diese Problematik nähert sich einer ähnlichen Problematik bei sogenannten Doppelmandaten an. „Klassische Doppelmandate“ bezeichnen personelle Verflechtungen verschiedener Gesellschaften regelmäßig auf Leitungsorganebene. Häufig werden solche Konstellationen so verwirklicht, dass der Vorstandsvorsitzende der Tochtergesellschaft in der Obergesellschaft im Vorstand vertreten ist und im Rahmen des Zulässigen das von der Tochtergesellschaft entsprechende Ressort betreut.416 Hintergrund solcher personellen Verflechtungen ist regelmäßig die Sicherstellung der einheitlichen Leitung im Konzern, da damit mögliche Widerstände leichter überwunden werden können sowie eine effektivere Führung gewährleistet wird, da keine Reibungsverluste entstehen.417 Im juristischen Schrifttum sowie in der Rechtsprechung wurden und werden solche Vorstandsdoppelmandate als grundsätzlich zulässig erachtet.418 Hierfür spricht zunächst, dass ein gesetzliches Verbot nicht existiert, sondern das Gesetz gerade auch die mehrfache Innehabung einer Organstellung als zulässig erachtet (§ 88 Abs. 1 S. 2 AktG). Erforderlich hierfür ist lediglich das Vorhandensein der Zustimmung des Aufsichtsrats. Gleichwohl werfen diese Doppelmandate trotz ihrer grundsätzlichen Zulässigkeit Probleme auf, insbesondere mit dem Kompetenzgefüge der Gesellschaft bezüglich der Zusammenarbeit im Vorstand der Tochtergesellschaft. Ebenso sind Interessenkonflikte zu erwarten. Diese Problemstellungen treten auch auf, sofern das Organ in der Matrixgesellschaft zugleich als leitender Angestellter in der Obergesellschaft tätig wird und nicht Organ der Obergesellschaft ist. In solchen Fällen werden 416  Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 76 Rn. 70; Koch, in: Hüffer/Koch, § 76 Rn. 21; Kort, in: GK-AktG (2015), § 76 Rn. 178. 417  Streyl, Vorstands-Doppelmandate, S. 25; vgl. zu empirischen Studien: Holtmann, Personelle Verflechtungen, S. 124; siehe zu personellen Verflechtungen und deren Problematik im tatsächlichen auch den Bericht der Monopolkommission 2012/2013, S. 220  f. 258  f., abrufbar unter: https://www.monopolkommission.de/ images/PDF/HG/HG20/HG_XX_gesamt.pdf (zu Letzt abgerufen am: 11.06.2019). 418  BGH, vom 09.03.2009, II ZR 170/07, NZG 2009, 744; Aschenbeck NZG 2000, 1015, 1018; Hoffmann-Becking, ZHR 150 (1986), 570, 574; Mertens/Cahn, in: KKAktG, § 76 Rn. 70; Koch, in: Hüffer/Koch, § 76 Rn. 21; Kort, in: GK-AktG (2015), § 76 Rn. 178; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 76 Rn. 106; Weber, in: Hölters, § 76 Rn. 63; Spindler in: MüKo-AktG, § 76 Rn. 53 ff.; Streyl, Vorstands-Doppelmandate, S. 25.



§ 3 Die Stellung des Matrixmanagers als Organ der Matrixgesellschaft 233

diese Konflikte sogar noch verstärkt, da die handelnde Person in einer arbeitsvertraglichen Beziehung zur Obergesellschaft steht und demnach weisungsunterworfen ist. Damit sitzt eine Person im Vorstand der Matrixgesellschaft, die faktisch nicht unabhängig ist. Es treten mithin besondere Spannungsfelder auf, die nachfolgend untersucht werden. I. Interessenkollision Ausgangspunkt bei der Interessenkollision ist der fehlende Interessengleichklang von Matrixmanager und Matrixgesellschaft. Auf der einen Seite ist jener der Obergesellschaft aufgrund arbeitsvertraglicher Abreden verbunden, auf der anderen Seite hat er aufgrund seiner Organstellung als Leitungsorgan der Matrixgesellschaft auch im Vertragskonzern grundsätzlich deren Interessen zu beachten und zu wahren.419 Insbesondere besteht die Gefahr, dass sich die persönliche Abhängigkeit des Organmitglieds von der drittanstellenden Gesellschaft faktisch auf die gelebte Organstellung auswirkt. Denn regemäßig ist es die drittanstellende Gesellschaft, die die Vergütung zahlt und damit besteht die tatsächliche Gefahr, dass sich die Organe eher dem Konzerninteresse verpflichtet fühlen, als dem Gesellschaftsinteresse der ­Matrixgesellschaft.420 Bei der Frage hinsichtlich des Interessenkonflikts sind zwei Felder zu untersuchen. Zum einen, wie sich das arbeitsvertragliche Weisungsrecht der Obergesellschaft zum konzernrechtlichen Weisungsrecht der Obergesellschaft verhält. Zum anderen, wie mit Interessenkonflikten umzugehen ist. 1. Konflikt zwischen arbeitsvertraglicher Weisung und konzernrechtlicher Weisung

Im matrixorganisierten Konzern besteht die Kollision von arbeitsvertrag­ licher Unterwerfung des Matrixmanagers auf der einen und der Möglichkeit der Obergesellschaft, auch konzernrechtliche Weisungen zu erteilen, auf der anderen Seite. Es geht konkret um die Frage, ob das herrschende Unternehmen mittels des arbeitsvertraglichen Weisungsrechts eine Maßnahme in der Matrixgesellschaft verlangen kann, ohne die Schranken des § 308 AktG einzuhalten. Diese „doppelte Weisungsgebundenheit“ bringt den Matrixmanager in eine Pflichtenkollision, da er nicht nur dem Weisungsrecht aus dem Arbeitsvertrag unterworfen ist, sondern gleichzeitig seiner ihn als Leitungs­ organ der Tochtergesellschaft treffenden Prüfpflicht im Rahmen der vertrags419  Henze/Lübke, Der Konzern 2009, 159, 165 f.; Langenbucher, in: K. Schmidt/ Lutter, § 308 Rn. 16; BGH, vom 09.03.2009, II ZR 170/07, NZG 2009, 744, 745. 420  Vgl. Schäfer, Haftung Leitungsorgan abhängiger Gesellschaften, S. 139.

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

konzernrechtlichen Regelungen nachzukommen hat. Bei dieser Frage herrscht allerdings in der Rechtsprechung421 und Literatur422 weitgehend Einigkeit darüber, dass dem Organverhältnis gegenüber dem Anstellungsverhältnis der Vorrang einzuräumen ist.423 Hintergrund ist, dass den organschaftlich begründeten Rechten und Pflichten eine überragende Stellung zu kommen, da die Ausübung des Amts als Leitungsorgans nicht im Interesse der Gesellschaft steht, sondern auch im Interesse der Gläubiger und der Öffentlichkeit.424 Besteht daher ein unüberbrückbarer Konflikt zwischen einer durch Satzung oder durch das Gesetz begründeten Organpflicht und einer Weisung aufgrund des Arbeitsverhältnisses, so ist die Weisung nichtig gemäß § 134 BGB.425 Ebenso spricht für den Vorrang des Gesellschaftsrecht, dass sonst die Gefahr bestünde, dass die austarierten Vorschriften der §§ 308 ff. AktG umgangen werden könnten.426 Mithin geht das arbeitsvertragliche Weisungsrecht nicht weiter als das Weisungsrecht nach gesellschaftsrechtlichen Vorschriften. Damit wäre beispielsweise eine arbeitsvertragliche Regelung unzulässig, die das Leitungsorgan dazu verpflichtet, nachteilige Weisungen der Obergesellschaft als seinem ­Arbeitgeber stets zu befolgen. Im Ergebnis steht die Folgepflicht aus dem ­Arbeitsvertrag hinter der Folgepflicht aus den Vertragskonzernregelungen zurück, da das gesellschaftsrechtliche Element in solchen Konfliktfällen das arbeitsrechtliche Element überlagert.427 Die Obergesellschaft ist im Hinblick auf die Einflussnahme auf die Leitung der Matrixgesellschaft allein auf Mittel beschränkt, die gesellschaftsrechtlich zulässig sind.428 Entscheidet der Matrixmanager sich dagegen in unzulässiger Weise, von der Obergesellschaft im Rahmen des Arbeitsvertrags erteilte Weisungen zu befolgen, ohne das Pflichtenprogramm der §§ 308 ff. AktG einzuhalten, handelt er pflichtwidrig in Bezug auf sein Amt als Leitungsorgan und macht sich schadensersatzpflichtig.429 421  BGH, vom 10.05.2010, II ZR 70/09, NZA 2010, 889; BGH, vom 29.05.1989, II ZR 220/88, NJW 1989, 2683, 2684; OLG Düsseldorf, vom 18.10.2012, 6 U 47/12, BB 2013, 1403, 1404. 422  Fleck, ZHR 149 (1985), 387, 398; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 6 Rn. 10; Sandmann, Haftung leitende Angestellte, S. 272, 352; Schäfer, Haftung Leitungsorgan abhängiger Gesellschaften, S. 124 ff.; U. H.  Schneider, GmbHR 1993, 10, 15; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 35 Rn. 171. 423  Siehe hierzu schon S. 230 f. 424  Schäfer, Haftung Leitungsorgan abhängiger Gesellschaften, S. 152; Karwatzki, Fremdgeschäftsführer, S. 152. 425  Fleck, ZHR 149 (1985), 387, 399. 426  Siehe hierzu schon S. 113 ff. 427  Ebenso: Kantzas, Das Weisungsrecht, S. 154. 428  Denzer, Konzerndimensionale Beendigung der Vorstands- und Geschäftsführerstellung, S. 232; Karwatzki, Fremdgeschäftsführer, S. 158. 429  Siehe zur Haftung S. 259 ff.



§ 3 Die Stellung des Matrixmanagers als Organ der Matrixgesellschaft 235 2. Umgang mit Interessenkonflikten

Das neben der Organtätigkeit stehende Arbeitsverhältnis begründet, wie bereits festgestellt, eine zusätzliche Abhängigkeitsbeziehung des Leitungs­ organs der Matrixgesellschaft zur Obergesellschaft. Der Einfluss der Ober­ gesellschaft auf die Matrixgesellschaft kann dadurch noch verstärkt werden und begründet die Gefahr, dass Konzerninteressen ohne Rücksicht auf die Belange der abhängigen Gesellschaft, durch die „Instrumentalisierung“ des ­nebenamtlich tätigen Leitungsorgans durchgesetzt werden.430 Verstärkt wird dies in der Matrixorganisation dadurch, dass der Matrixmanager primär am Erfolg seines Matrixbereichs gemessen wird, also nicht an dem Erfolg der gesamten Matrixgesellschaft. Gleichwohl ist von der Zulässigkeit der nebenamtlichen Ausübung der Organtätigkeit grundsätzlich auszugehen, denn eine Vorschrift, die die nebenamtliche Tätigkeit eines Geschäftsführers als Ar­ beitnehmer des herrschenden Unternehmens gesetzlich verbietet, existiert nicht.431 Fraglich ist daher, welchen Interessen er verpflichtet ist und wie im Fall der Interessenkollision zu verfahren ist. Zur ersten Frage lässt sich anführen, dass die Interessenbindung, die aus der Organstellung resultiert, die anstellungsvertraglichen Loyalitätspflichten überlagern.432 Rechtsprechung und Literatur zur Frage des hiesigen Interessenkonflikts und wie dieser zu lösen ist, existiert nur vereinzelt, wobei dabei die Loyalitätskonflikte nicht problematisiert werden.433 Der Gesetzgeber hat allerdings im Hinblick auf eine Mehrfachtätigkeit eines Vorstands in § 88 Abs. 1 S. 2 AktG eine Wertung zum Ausdruck gebracht, dass diese grundsätzlich zulässig sind. Gemäß § 88 Abs. 1 S. 2 AktG dürfen Vorstandsmitglieder ohne Einwilligung des Auf430  Karwatzki,

Fremdgeschäftsführer, S. 66. hierzu auch schon zur vergleichbaren Thematik S. 228 f. 432  Siehe hierzu schon S. 230 f. 433  BAG, vom 24.08.1972, 2 AZR 437/71, AP BGB § 611 Gemischter Vertrag Nr. 2; BGH, vom 24.10.1989, X ZR 58/88, NJW-RR 1990, 349 zur Kombination der Geschäftsführungstätigkeit bei einer Komplementär-GmbH und der zeitgleichen Wahrnehmung der Funktion des leitenden Angestellten der KG; Gaul, GmbHR 1989, 357, 359: „Die vorstehend dargelegten rechtlichen Bedenken eines Widerstreits zwischen organschaftlicher Leitungsfunktion und arbeitsvertraglicher Abhängigkeit bestehen freilich dann nicht, wenn die Funktion des Arbeitsverhältnisses in einem Unternehmen und der Aufgaben- und Verantwortungsbereich als Organmitglied in einem anderen Unternehmen wahrgenommen werden. Insoweit bestehen keine rechtlichen Bedenken dagegen, daß beispielsweise ein leitender Angestellter einer Muttergesellschaft zugleich als Organmitglied und Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft bestellt und tätig wird.“ sowie Decher, S. 155: „Der daraus drohende tatsächliche Loyalitätskonflikt des Repräsentanten der Obergesellschaft wird allgemein nicht als ein eigenständiges Problem angesehen.“. 431  Siehe

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

sichtsrats unter anderem nicht zum Leitungsorgan einer abhängigen Gesellschaft bestellt werden. Im Umkehrschluss lässt sich daraus folgern, dass mit der Einwilligung des Aufsichtsrats die Tätigkeit als Leitungsorgan neben der Tätigkeit als Vorstand zulässig ist.434 Allerdings ist damit wenig für die Frage gewonnen, wie mit einem tatsächlichen Interessenkonflikt umzugehen ist. Bei dieser Frage hat das Leitungs­ organ, wie im Gesellschaftsrecht gängig, seine Entscheidungen stets an die Interessen des jeweiligen Pflichtenkreises auszurichten, für den die Person gerade tätig wird.435 Daraus folgt, dass der Matrixmanager in seiner Rolle als Organ der Matrixgesellschaft in erster Linie allein die Interessen der Matrixgesellschaft zu wahren hat. Sofern sich seine Tätigkeit für die Obergesellschaft im Widerstreit bei der konkreten Entscheidungsfindung befindet, darf er sich nicht an der Entscheidung in der Matrixgesellschaft beteiligen. Sofern der Interessenkonflikt dauerhaft besteht, hat der Matrixmanager seine Pflichtenstellung aufzugeben.436 Im Vertragskonzern relativieren sich die Interessenkonflikte allerdings, da aufgrund des Beherrschungsvertrags das Unternehmensinteresse der Untergesellschaft „suspendiert“ wird und an dessen Stelle das Konzerninteresse tritt.437 Daher kann der Matrixmanager auch als Organ der Matrixgesellschaft ohne Weiteres das Interesse der Obergesellschaft verfolgen. Freilich hat er aber die Rechtmäßigkeit der Weisung und die weiteren Pflichten, die sich auch für das Organ einer abhängigen Gesellschaft ergeben, einzuhalten. II. Verhältnis zwischen Leitungstätigkeit und konzernrechtlichem Weisungsrecht Ein weiteres Feld, was es zu untersuchen gilt, ist die Tätigkeit des Matrixmanagers als Teil des Leitungsorgans. Streng genommen kann das herrschende Unternehmen auf die Erteilung von Weisungen durch den Matrixmanager verzichten, denn er wäre Weisungserteilender und Weisungsempfänger zugleich. Auf diese Konstellation ist § 308 AktG indes nicht ausgelegt, da hier ein Sender-Empfänger-Verhältnis vorausgesetzt ist, bei dem zwischen 434  BGH, vom 09.03.2009, II ZR 170/07, NZG 2009, 744, 745; Austmann, ZGR 2009, 277, 288; Karwatzki, Fremdgeschäftsführer, S. 67. 435  BGH, vom 09.03.2009, II ZR 170/07, NZG 2009, 744, 745; Austmann, ZGR 2009, 277, 288; Aschenbeck, NZG 2000, 1015 ff.; Altmeppen, ZHR 171 (2007), 320 ff.; Seibt, FS Hopt (2010), S. 1363, 1388 für den Aufsichtsrat. 436  Vgl. Austmann, ZGR 2009, 277, 288; Semler/Stengel, NZG 2003 1 ff.; Aschenbeck, NZG 2000, 1015 ff. 437  Vgl. Austmann, ZGR 2009, 277, 288; Vetter, ZHR 171 (2007) 342, 347; siehe hierzu S. 97.



§ 3 Die Stellung des Matrixmanagers als Organ der Matrixgesellschaft 237

Erteilung und Vollzug unterschieden werden kann.438 Bei der hier vorliegenden Konstellation ist jedoch, vergleichbar mit dem „klassischen Doppelmandat“, eine solche Erteilung einer Weisung regelmäßig nicht notwendig. Denn der Matrixmanager ist über die Maßnahmen der Obergesellschaft informiert und kann diese seinen Kollegen im Leitungsorgan der Matrixgesellschaft mitteilen, ohne eine „formelle“ Weisung zu erteilen. Diese Mitteilung ist aber gerade keine Weisung im formellen Sinn, da der Matrixmanager bei dieser Mitteilung als Teil des Leitungsorgans tätig wird.439 Damit wären die §§ 308 ff. AktG nicht anwendbar. Dies kann allerdings nicht überzeugen, da damit das Schutzsystem der §§ 308 ff. AktG ausgeschaltet wäre. Eine Ansicht sieht deshalb die Tätigkeit der Person im Leitungsorgan der abhängigen Gesellschaft als generelle Weisung der Obergesellschaft, die Vorschläge dieses Vorstandsmitglieds zu befolgen.440 Dem ist zuzustimmen. Dies zeigt schon, dass der Begriff der Weisung weit auszulegen ist und jede Einflussnahme auf die Tätigkeit der abhängigen Gesellschaft umfasst.441 Auch informelle Weisungen sind Weisungen i. S. d. § 308 Akt, sofern das Leitungsorgan der abhängigen Gesellschaft aufgrund des sozialen Drucks diese als verpflichtend erachtet.442 Für die Frage des Vorliegens einer Weisung ist damit allein entscheidend, ob nach rechtsgeschäftlichen Auslegungsgrundsätzen („Empfängerhorizont“) das Leitungsorgan der abhängigen Gesellschaft von einer für ihn verpflichtenden Situation ausgeht.443 Daher ist es keine Voraussetzung, dass sich die Weisung auf ein konkretes Geschäft bezieht oder das Leitungsorgan der abhängigen Gesellschaft nur in Teilbereichen oder abstrakt verpflichtet wird.444

438  Streyl, Vorstands-Doppelmandate, S. 26, wonach der Begriff der Weisung die Nichtidentität von Anweisenden und Weisungsempfänger impliziert. 439  Rehbinder, Konzernaußenrecht, S.  251; Streyl, Vorstands-Doppelmandate, S. 27; Flume, Referentenentwurf, S. 23, „Bei einheitlicher Leitung in Personalunion kann eine ‚Weisung‘ nicht in Frage kommen“. 440  Aschenbeck NZG 2000, 1015, 1020; Hoffmann-Becking ZHR 150 (1986), 570; Henze/Lübke, Der Konzern, 2009, 159, 165; U. H. Schneider, ZHR 150 (1986), 609; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 29a. 441  Kantzas, Das Weisungsrecht, S. 58; Hirte, in: GK-AktG (2013), § 308 Rn. 18; Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 308 Rn. 9a. 442  Hirte, in: GK-AktG (2013), § 308 Rn. 18; Kantzas, Das Weisungsrecht, S. 58. 443  Koch, in: Hüffer/Koch, § 308 Rn. 10, wonach als Weisung jede Willensäußerung des herrschenden Unternehmens betrachtet werden muss, „die aus der Perspektive des Vorstands der Untergesellschaft für den Einzelfall oder generell in der Erwartung erfolgt, dass Vorstand sein Verhalten danach ausrichtet“; Hirte, in: GK-AktG (2013), § 308 Rn. 18; Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 308 Rn. 9; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 26; Kantzas, Das Weisungsrecht, S. 58. 444  Vgl. Hirte, in: GK-AktG (2013), § 308 Rn. 18; Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 308 Rn. 9; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 2.

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

Eine solche verpflichtende Situation ist für die Vorstandskollegen des Matrixmanagers in der Matrixgesellschaft regelmäßig gegeben. Denn der Matrixmanager als leitender Angestellter der Obergesellschaft wird in das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft „entsendet“, da dies der Steuerung der Matrixorganisation dient. Diese Steuerung ist auch Teil der Konzernleitungsaufgabe und damit ein vom Vorstand der Obergesellschaft verfolgtes Ziel. Aus Sicht des Gesamtleitungsorgans der Matrixgesellschaft ist der Matrixmanager letztlich ein Vertreter der Obergesellschaft und kein „normales“ Mitglied des Leitungsorgans. Was er sagt, wird Gewicht haben und im Sinne der Obergesellschaft sein. Eine Anregung oder auch nur Empfehlung des Matrixmanagers wird aufgrund dieser Stellung regelmäßig eine Weisung sein.445 Daher werden die Kollegen im Leitungsorgan der Matrixgesellschaft die Anregungen und Vorschläge des Matrixmanagers als Vorstandskollegen regelmäßig als Weisung verstehen.446 Damit ist regelmäßig keine ausdrück­ liche Einzelweisung seitens der Obergesellschaft notwendig, sondern die Tätigkeit des Matrixmanagers im Leitungsorgan der Matrixgesellschaft reicht aus. III. Sonderstellung des Matrixmanagers im Leitungsorgan der Matrixgesellschaft Ferner ist zu prüfen, wie es sich mit der Sonderstellung des Matrixmanagers im Leitungsorgan der Matrixgesellschaft verhält. Diese Sonderstellung ergibt sich daraus, dass er vertraglich mit der Obergesellschaft verbunden ist und aufgrund seiner Tätigkeit in der Obergesellschaft im Vergleich zu seinen Leitungsorgankollegen in der Matrixgesellschaft einen umfassenden Einblick in die Geschehnisse der Konzernleitung, die Geschäftspolitik und Konzernstrategie besitzt.447 Zwar ist dieses Wissen regelmäßig weniger ausgeprägt als im Vergleich zum Vorstandsdoppelmandat, da der Matrixmanager nicht im engsten „Konzernleitungskreis“ tätig wird. Gleichwohl kann aufgrund der Nähe zur Konzernleitung ein Wissensvorsprung bestehen. Der Matrixmanager hat „Herrschaftswissen“. Damit einhergehend besteht das Risiko einer Vormachtstellung des Matrixmanagers bei der Entscheidungsfindung im Leitungsorgan der Matrixgesellschaft.

445  Vgl. auch Hirte, in: GK-AktG (2013), § 308 Rn. 18; Koch, in: Hüffer/Koch, § 308 Rn. 10; Leuring/Goertz, in: Hölters, § 308 Rn. 11; Koppensteiner, in: KKAktG, § 308 Rn. 23. 446  Ähnlich Henze/Lübke, Der Konzern, 2009, 159, 165. 447  Vgl. zur Problematik bei Vorstandsdoppelmandat: Streyl, Vorstands-Doppelmandate, S. 35; Hoffmann-Becking, ZHR 150 (1986), 570, 573.



§ 3 Die Stellung des Matrixmanagers als Organ der Matrixgesellschaft 239

Diese Vormachtstellung gefährdet auch die eigenständige und gleichberechtigte Willensbildung im Leitungsorgan der Matrixgesellschaft, da die nicht verflochtenen Leitungsorganmitglieder einen Wissensnachteil haben. Dies hat zur risikoreichen Konsequenz, dass der Matrixmanager in der Ma­ trixgesellschaft faktisch für bestimmte Bereiche die Alleinentscheidungsmacht besitzt, da die Leitungsorgankollegen lediglich untergeordnete Informationen haben. Ein solches Alleinentscheidungsrecht besteht insbesondere bei der Frage des „Wie“ der Weisungsausführung und bei der Frage, ob die Weisung befolgt oder verweigert werden soll.448 Gleichwohl ist ein solches Ungleichgewicht nicht problematisch, sofern es sich im Rahmen des üblichen Ungleichgewichts bewegt, welches aus der Ressortverteilung hervorgeht. Denn auch in dieser Konstellation haben die Ressortmitglieder einen Wissensvorsprung, bezogen auf ihr Ressort. Auch hier können Entscheidungen, die sie vorschlagen, vom Gesamtorgan nur eingeschränkt überprüft werden. In der Matrixgesellschaft wird diese Frage vor allem dann relevant, wenn lediglich der Matrixmanager als Leitungsorgan den Arbeitnehmern der Gesellschaft Weisungen erteilt und diese Arbeitnehmer dann nicht an die anderen Vorstandsmitglieder berichten, sondern diese Weisung aufgrund der Stellung des Matrixmanagers als Leitungsorgan der Matrixgesellschaft ausführen. In einem solchen Fall haben die übrigen Leitungsorgane keine Möglichkeit von der Weisung Kenntnis zu erlangen und diese zu prüfen, obwohl dies eine Aufgabe des Gesamtleitungsorgans ist. Eine solche Konstellation ist unzulässig. Vielmehr hat der Matrixmanager jegliche Weisung, die er Arbeitnehmern der Matrixgesellschaft erteilt, auch seinen Kollegen im Leitungsorgan der Gesellschaft mitzuteilen, welche dann die Möglichkeit zur Prüfung haben müssen. Die Kollegen im Leitungsorgan sind berechtigt und verpflichtet, sich über die Handlungen des Matrixmanagers zu unterrichten und gegebenenfalls zu intervenieren. Dies folgt aus der Gesamtverantwortung des Leitungsorgans und der darin zugrundeliegenden gegenseitigen Überwachungspflicht.449 IV. Zusammenfassung Interessenkonflikte sind der Konstellationen der Personalverflechtungen stets immanent. Hierbei macht auch die Matrixorganisation keine Ausnahme. 448  Streyl, Vorstands-Doppelmandate, S. 35; Hoffmann-Becking, ZHR 150 (1986), 570, 573. 449  Spindler, in: MüKo-AktG, § 76 Rn. 15 f..; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 76 Rn.  62 ff.; für die GmbH: Fleischer, in: MüKo-GmbHG, § 43 Rn. 121 f.; Zöllner/­ Noack, in: Baumbach/Hueck, § 43 Rn. 17; Lutter, GmbHR 2000, 301, 304 f.

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4. Teil: Pflichten ausgewählter Akteure der Matrixorganisation

Gleichwohl verhindern solche Konflikte nicht die Zulässigkeit der Stellung des Matrixmanagers als Leitungsorgan der Matrixgesellschaft. Ein solches Verbot ist gesetzlich nicht vorgesehen. Dennoch ist die Stellung des Matrixmanagers als Leitungsorgan der Matrixgesellschaft ernst zu nehmen. Dazu zählt nicht nur die Einhaltung der Pflichten, die aus der Stellung des Leitungsorgan resultieren, sondern es folgt hieraus vor allem auch, dass anstellungsvertragliche Abreden mit der Obergesellschaft, die diesen Pflichten ­widersprechen, nach § 134 BGB nichtig sind. Der Matrixmanager als Leitungsorgan der Matrixgesellschaft hat damit, sofern er im Pflichtenkreis der Matrixgesellschaft tätig wird, die Pflichten aus der Organstellung wahrzunehmen.

Fünfter Teil

Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern § 1 Haftungszweck A. Allgemeines Das Haftungsrecht der Kapitalgesellschaften ist geprägt vom Grundsatz der Organinnenhaftung, d. h. die Organe haften für eine begangene Pflichtverletzung primär der Gesellschaft gegenüber und nicht Dritten wie z. B. Gläubigern oder Gesellschaftern.1 Jene haben sich grundsätzlich in Haftungsfragen an die Gesellschaft zu wenden. Mithin fallen Handelnder und Haftender zunächst auseinander. Zwecks Milderung dieser Lücke existiert eine strenge Innenhaftung der Leitungsorgane gegenüber der Gesellschaft. Im Folgenden wird daher der Schwerpunkt der Haftungsfragen auf die Binnenhaftung der handelnden Akteure gelegt werden.

B. Regelungsziele und Schutzbereiche der Binnenhaftung I. Regelungsziele der Binnenhaftung Die Binnenhaftung verfolgt primär zunächst die Kompensation von Schäden. Haftungsnormen erfüllen den Zweck der Gewährleistung des Ausgleichs für eingetretene Schäden und unbilliges Unrecht durch den Verantwortlichen.2 Auch die kapitalgesellschaftsrechtliche Innenhaftung dient diesem Zweck, in dem sie das verantwortliche Leitungsorgan dazu verpflichtet, im Wege der Naturalrestitution den eingetretenen Schaden auszugleichen.3 Gleichwohl steht dieser Zweck im Zusammenhang mit der Organhaftung nicht im Mittelpunkt, da häufig das vorhandene Vermögen des Leitungs­ organs nicht ausreichen wird, um eingetretene Schäden komplett zu kompen1  Lutter, in: Krieger/Schneider, Hdb. Managerhaftung, § 1 Rn. 1.20; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 1; ders., in: MüKo-GmbHG, § 43 Rn. 1. 2  Wagner, JZ 1991, 175, 176; ders., in: MüKo-BGB, Vor. § 823 Rn. 38. 3  Hölters, in: Hölters, § 93 Rn. 8; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 2; ders., in: MüKo-GmbHG, § 43 Rn. 2; Goette, ZHR 176 (2012), 588, 590; Paefgen, AG 2014, 554, 569.

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5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

sieren.4 Daher verfolgt das Haftungsrecht der Kapitalgesellschaften neben dem Kompensationsgedanken vor allem die Prävention vor Schädigungen des Gesellschaftsvermögens.5 Dem Leitungsorgan der Gesellschaft obliegt es, den Fortbestand und die Rentabilität der Gesellschaft zu sichern.6 Damit ist vor allem auch die Sicherung des Vermögens durch Vermeidung von schädlichen Einwirkungen umfasst. Diese Zwecksetzung wirkt sich damit nicht nur auf die Haftung aus, sondern dient vor allem der Verhaltenssteuerung des Leitungsorgans. Dieses soll sich so verhalten, dass Schäden am Gesellschaftsvermögen nicht entstehen.7 II. Schutzbereiche der Binnenhaftung Neben dem Zweck der Haftung ist auch deren Schutzrichtung näher zu bestimmen. Klar ist zunächst, dass aufgrund des Schutzes des Vermögens der Gesellschaft vor Schäden durch sorgfaltswidriges Verhalten die Gesellschaft geschützt wird.8 Dies unterstreicht auch die Ausgestaltung der Haftung als Binnenhaftung, da die Gesellschaft Anspruchsinhaberin und unmittelbar Begünstigte ist.9 Weiter dient die Haftung der Leitungsorgane auch dem Schutz der Gesellschafter als „wirtschaftliche Eigentümer“ der Gesellschaft.10 Das Leitungsorgan ist Treuhänder für das ihn fremde Vermögen der Gesellschaft und deren Anteilseigner.11 Damit wirkt sich der Schutz der Gesellschaft durch eine präventive Schadensabwehr gegenüber dem Verhalten des Leitungsorgans auch positiv auf den Wert der gehaltenen Gesellschaftsanteile aus.12 Unterstrichen wird dieser Schutz der Gesellschafter vor allem bei der AG durch die Regelung des § 93 Abs. 4 S. 3 AktG, wonach die Gesellschaft nur mit der Zustimmung der Aktionäre auf Ersatzansprüche verzichten 4  Siehe hierzu: Bachmann, Gutachten E zum 70. DJT 2014, E 21; Goette, ZHR 176 (2012), 588, 590; Paefgen, AG 2014, 554, 569. 5  Lutter in: Krieger/Schneider, Hdb. Managerhaftung, § 1 Rn. 1.1; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 2; ders., in: MüKo-GmbHG, § 43 Rn. 2; zum Präventions­ gedanken vertiefend: Bachmann Gutachten E zum 70. DJT 2014, E 21; Goette, ZHR 176 (2012), 588, 590; Paefgen, AG 2014, 554, 569. 6  Lutter, in: Krieger/Schneider, Hdb. Managerhaftung, § 1 Rn. 1.1. 7  Lutter, in: Krieger/Schneider, Hdb. Managerhaftung, § 1 Rn. 1.1. 8  Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körber, § 93 Rn. 1. 9  Mack, Regresshaftung, S. 39. 10  Kübler/Assmann, GesR, § 15 II; Hopt/Roth, in: GK-AktG (2015), § 93 Rn. 43; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 1; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 43 Rn. 1. 11  OLG Hamm, vom 10.05.1995, 8 U 59/94, AG 1995, 512, 514 (für die AG); ebenso: Lutter, in: Krieger/Schneider, Hdb. Managerhaftung, § 1 Rn. 1.1; BGH, vom 20.02.1995, II ZR 143/93, BGHZ 129, 30, 34 (für die GmbH). 12  Wiedemann, in: FS Hüffer (2010), 1091, 1100.



§ 2 Haftung des Vorstands der Obergesellschaft243

kann.13 Neben den schon erwähnten Schutzrichtungen hat die Haftung des Leitungsorgans auch den Gläubigerschutz zum Zweck. Im Aktienrecht zeigt sich dies durch die Regelung in § 93 Abs. 3, Abs. 4 S. 3 und Abs. 5 AktG.14 Überdies liegt die Erhaltung und der sorgfältige Umgang mit dem Vermögen der Gesellschaft auch naturgemäß im Interesse der Gläubiger, damit die juristische Person als Haftungsmasse bestehen bleibt.

§ 2 Haftung des Vorstands der Obergesellschaft A. Zulässigkeit des Rückzugs auf die Delegationshaftung Ein erster Problemkreis, der sich stellt, ist die Frage, ob es zulässig ist, dass der Vorstand der Obergesellschaft weitestgehend nur noch eingeschränkt haften wird.15 Denn die Geschäftsführung wird regelmäßig vom Matrixmanager erfüllt. Die Pflicht des Vorstandes wandelt sich damit von einer Sorgfaltspflicht für eigenes Handeln zu einer Sorgfaltspflicht zur ordnungsgemäßen Überwachung. Der Vorstand hat nun „nur“ noch für die Auswahl, Einweisung und Überwachung der Angestellten und nicht mehr selbst für die Ausführung einzustehen. Da § 93 Abs. 2 AktG eine Haftung für Eigenverschulden begründet, scheidet auch eine Haftung des Vorstands unter dem Gesichtspunkt der Gehilfenhaftung aus.16 Diese Lücke wird auch nicht durch andere Haftungsansprüche kompensiert. Ähnliche Risiken bei der Wahrnehmung der Geschäftsführung durch Personen die unterhalb der Vorstandsebene angesiedelt sind, sieht auch Karsten Schmidt: „Im Rahmen zulässiger Verlagerung von Organisationsaufgaben auf die Bereichsleitungen (kein Organisationsverschulden des Vorstands) und im Rahmen ordnungsgemäßer Auswahl und Beauftragung der Bereichsleitungen (keine culpa in 13  Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körber, § 93 Rn. 1; Kübler/Assmann, GesR, § 15 II; Hopt/Roth, in: GK-AktG (2015), § 93 Rn. 43; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 1; siehe auch zur GmbH: Lutter, in: Krieger/Schneider, Hdb. Managerhaftung, § 1 Rn. 1.20; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, § 43 Rn. 60. 14  Bachmann, Gutachten E zum 70. DJT 2014, E 21; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 2; ders., in: HdB. VorstandsR, § 11 Rn. 4; Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körber, § 93 Rn. 1; Hopt/Roth, in: GK-AktG (2015), § 93 Rn. 43; siehe auch für die GmbH: Fleischer, in: MüKo-GmbHG, § 43 Rn. 2; Zöllner/Noack, in: Baumbach/ Hueck, § 43 Rn. 1; Haas/Ziemons, in: Michalski, § 43 Rn. 14; Oetker, in: Henssler/ Strohn, § 43 Rn. 5; U. H. Schneider, in: Scholz, § 43 Rn. 10. 15  Siehe zu dieser Diskussion schon Schwark, ZHR 142 (1978), 203, 219 f., zur damaligen Diskussion über die Spartenorganisation; ähnlich kritisch WendelingSchröder, Divisionalisierung, Mitbestimmung und Tarifvertrag, S. 55 ff. 16  Schwark, ZHR 142 (1978), 203, 219.

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5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

eligendo vel custodiendo) kann es nämlich bei der Wahrnehmung verlagerter Vorstandsaufgaben zu Haftungsfällen kommen, in denen zwar eine vertragliche Haftung der Bereichsleiter in Betracht kommt, eine organschaftliche Haftung aber ausscheidet, weil für die Vorstandshaftung die Zurechnungsnorm, für die Bereichsleiterhaftung die Organeigenschaft fehlt.“17

Um diese vermeintliche Haftungslücke zu schließen, wurde vorgeschlagen, dass den Vorständen das Verhalten des untergeordneten Personals, welches Geschäftsführungsaufgaben wahrnimmt, nach §  278 BGB zugerechnet wird.18 Die Haftung des Vorstands ergibt sich dann aus § 93 AktG i. V. m. § 278 BGB. Hintergrund dieser Ansicht ist, dass der Vorstand zentrales Geschäftsführungsorgan ist und diesem kraft Gesetzes die Geschäftsführung obliegt. Delegiert er solche Geschäftsführungsaufgaben auf untergeordnete Ebenen, so nehmen diese Mitarbeiter komplexe Führungsaufgaben wahr, die wesentlich solche des Vorstands bzw. seiner Mitglieder sind. In diesem Fall bedienten sich die Vorstandsmitglieder der Mitarbeiter zur Erfüllung ihrer eigenen organschaftlichen Sorgfaltspflichten, so dass § 278 BGB zur Anwendung kommt.19 Allerdings kann dieser Vorschlag nicht überzeugen, da die untergeordneten Mitarbeiter nicht Erfüllungsgehilfen des Vorstands sind, sondern allein ihre arbeitsvertragliche Pflicht gegenüber der Gesellschaft erfüllen.20 Es fehlt damit schon an dem Tatbestand des § 278 BGB, da keine Sonderbeziehung zwischen dem Vorstand und dem untergeordneten Personal existiert, sondern allein zwischen der Gesellschaft und dem untergeordneten Personal. Dies ist auch regelmäßig das dem Arbeitsvertrag zugrundeliegende Verständnis der Parteien, da die vertragliche Leistung gegenüber der Gesellschaft erbracht wird. Schließlich obliegt dem Vorstand zwar die oberste Unternehmens­ leitung, innerhalb dieser Gesamtleitung ist ihm allerdings lediglich ein bestimmter Aufgabenkreis zwingend zugewiesen. Andere Aufgaben kann und muss er delegieren.21 Entscheidet sich der Vorstand bestimmte Aufgaben zu delegieren, so lässt er sich nicht in der Erfüllung eigener Pflichten vertreten.22 Gleiches gilt für die Haftung nach § 831 Abs. 1 BGB, da die Angestellten auch keine Verrichtungsgehilfen der Vorstandsmitglieder sind.23 17  K. Schmidt,

ZGR 1981, 455, 485. Spartenorganisation, S. 186 f. 19  Schönbrod, Spartenorganisation, S. 187 f. 20  So ganz h.  M.: Mielke, Die Leitung der unverbundenen Aktiengesellschaft, S. 115; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 207; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 93 Rn. 48; Hegnon, CCZ 2009, 57, 58 (für § 831 BGB); ebenso: BGH, vom 20.09.2011, II ZR 234/09, NJW-RR 2011, 1670, 1672, für Rechtsanwälte der Gesellschaft, deren Verhalten nicht den Organen der Gesellschaft zugerechnet wird. 21  Siehe hierzu auch schon S. 67 ff., 121 ff. 22  Mielke, Die Leitung der unverbundenen Aktiengesellschaft, S. 115. 18  Schönbrod,



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Im Ergebnis besteht, wenn überhaupt, eine von der Rechtsordnung hinzunehmende Haftungslücke, da Großunternehmen ohne Aufgabendelegation überhaupt nicht geleitet werden könnten.24 Gleichwohl ist eine solche Befürchtung einer Haftungslücke nicht realitätsnah. Denn die Überwachungspflicht gebietet es, dass die Vorstandsmitglieder für eine ordnungsgemäße Auswahl des ihnen unmittelbar unterstellten Führungspersonals (Auswahlsorgfalt) sowie deren Instruktion (Einweisungssorgfalt) und laufende Überwachung (Überwachungssorgfalt) Sorge zu tragen haben.25 Entsteht nun ein Haftungsfall aufgrund der Handlung eines leitenden Angestellten, hier des Matrixmanagers, so liegt es regelmäßig nahe, dass eine dieser Pflichten verletzt worden ist und damit kommt es auch zu einer Haftung nach § 93 Abs. 2 AktG. Dies hat doch auch gerade die Neubürger-Entscheidung des LG München I aufgezeigt.26 Hier hat das beklagte Vorstandsmitglied nicht aufgrund einer aktiven schädigenden Handlung gehaftet, sondern weil es seiner Überwachungspflicht nicht nachgekommen ist. Gerade dieser Vorwurf ist schwer zu entkräften, da es zunächst auf der Hand liegt, dass diese Pflicht verletzt worden ist, sofern ein untergeordneter Mitarbeiter eine Pflichtverletzung begangen hat. Flankiert wird dies auch durch die strenge Rechtsprechung zu dem Verhalten in Krisensituationen. In solchen Situationen existieren strengere Überwachungspflichten seitens des Vorstands und eine Delegation kann im Einzelfall auch unzulässig sein.27 In solchen haftungsanfälligen Situationen reicht eine stichprobenartige Kontrolle nicht mehr aus, sondern es ist eine hohe Kontrolldichte angezeigt, eventuell sogar eine Ansichnahme der Aufgabe.28

B. Haftung gegenüber der Obergesellschaft Die Haftung gegenüber der Obergesellschaft betrifft die Haftung des Vorstands gegenüber „seiner“ Gesellschaft. Für die Haftung kommen vor allem die allgemeine Vorstandshaftung nach § 93 Abs. 2 S. 1 AktG sowie die Haftung aus dem Anstellungsvertrag in Betracht. 23  So ganz h. M. siehe nur: Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 207; Mertens/ Cahn, in: KK-AktG, § 93 Rn. 48; Hegnon, CCZ 2009, 57, 58 (für § 831 BGB); ebenso: BGH, vom 20.09.2011, II ZR 234/09, NJW-RR 2011, 1670, 1672. 24  Lawall, Die virtuelle Holding nach deutschem Aktienrecht, S. 131. 25  Siehe hierzu schon umfassend S. 121 ff. 26  LG München I, vom 10.12.2013, 5 HK O 1387/10, NZG 2014, 345. 27  HansOLG, vom 18.02.2000, 11 U 213/98, NZG 2000, 1083, 1086; BGH, vom 15.10.1996, VI ZR 319/95, NJW 1997, 130; BGH, vom 02.06.2008, II ZR 27/07, NJW-RR 2008, 1253; BGH, vom 09.01.2001, VI ZR 407/99, DStR 2001, 633; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 53; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 192 f. 28  Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 53; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 192 f.

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5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

I. Haftung aus § 93 Abs. 2 S. 1 AktG Die Haftung des Vorstands der Obergesellschaft gegenüber dieser richtet sich nach § 93 Abs. 2 S. 1 AktG. Notwendiger aber nicht ausreichender Ausgangspunkt der Haftung ist eine Pflichtverletzung seitens des Vorstandsmitglieds. Für die Frage, ob eine solche Pflichtverletzung vorliegt, ist jedoch eine Konkretisierung der Vorstandspflichten notwendig. Die Pflichten des Vorstands können sich aus Gesetz, Satzung, Treuepflichten sowie den in § 93 Abs. 1 S. 1 AktG generalklauselartig niedergelegten Sorgfaltspflichten ergeben. Ferner kommt eine Pflichtverletzung aufgrund der anstellungsvertrag­ lichen Pflichten in Betracht. Eine festgestellte Pflichtverletzung muss dann zu einem kausalen Schaden der Gesellschaft geführt haben. Ferner muss das Vorstandsmitglied die Pflichtverletzung auch zu verschulden haben. 1. Sorgfaltspflichten des Vorstands im Matrixkonzern

Zunächst hat der Vorstand der Obergesellschaft dieser gegenüber bei der Geschäftsführung der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden (§ 93 Abs. 1 AktG). Verletzt dieser seine Pflicht ist er der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet (§ 93 Abs. 2 AktG). Der Vorstand der Obergesellschaft ist damit aufgrund seiner Organstellung verpflichtet, diejenige Sorgfalt aufzuwenden, die erforderlich ist, um die Vorteile der Gesellschaft zu wahren und Schäden von ihr abzuwenden.29 Dabei macht die Haftungsvorschrift des § 93 Abs. 2 AktG keinen Unterschied zwischen einer unverbundenen und konzernverbundenen Gesellschaft. Allerdings sind diese Sorgfaltspflichten konzernweit zu verstehen, da der Vorstand der Obergesellschaft gegenüber die Pflicht hat, die Tochtergesellschaften ordnungsgemäß zu verwalten.30 Es lassen sich insbesondere zwei Bereiche herausarbeiten, die hier für das Pflichtenprogramm wesentlich sind. Hierzu zählt die Entscheidung über die Konzernstrategie einerseits und deren Umsetzung bei den Konzernunternehmen andererseits.31 Der Vorstand der Obergesellschaft hat hierbei ein unternehmerisches Ermessen. Die Grenze findet dieses Ermessen in der Rechtmäßigkeit der Konzernleitung und im Unternehmensinteresse der Obergesell29  U. H.  Schneider/S. H. Schneider, AG 2005, 57, 58; BGH vom 27.09.1956, II ZR 144/55, BGHZ 21, 354, 357. 30  Siehe zu den konzernbezogenen Leitungspflichten im Matrixkonzern S. 73 ff.; U. H.  Schneider/S. H. Schneider, AG 2005, 57, 58; vgl. auch LG Stuttgart, vom 19.12.2017, 31 O 33/16 KfH, NZG 2018, 665, 677; LG München I, vom 10.12.2013, 5 HK O 1387/10, NZG 2014, 345, 347 ff. 31  Vgl. auch U. H. Schneider/S. H. Schneider, AG 2005, 57, 58.



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schaft und dem Konzern als Ganzem.32 Eine Pflichtverletzung nach § 93 Abs. 1 AktG liegt damit dann vor, wenn die Grenzen, in denen sich ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss, überschritten wird. Ferner liegt eine Pflichtverletzung vor, wenn die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt wird oder das Verhalten des Vorstands aus anderen Gründen als pflichtwidrig gelten muss.33 Besonders hervorzuheben ist hiernach, dass der Vorstand der Obergesellschaft der eigenen Gesellschaft gegenüber verpflichtet ist, dafür zu sorgen, dass sich die Tochter- und Enkelgesellschaften sowie deren Mitarbeiter rechtmäßig verhalten.34 Damit verbunden ist die Implementierung einer konzernweiten Compliance-Organisation, das Fehlen einer solchen kann Schadens­ ersatzansprüche gegen die Vorstandsmitglieder der Obergesellschaft begründen.35 Im Matrixkonzern gehört daher neben der konzernweiten Steuerung vor allem die Überwachung der Tätigkeit des Matrixmanagers sowie der Matrixgesellschaften zum Pflichtenprogramm des Vorstands der Obergesellschaft. Hierzu zählen insbesondere die Überwachung hinsichtlich der Erteilung der Weisungen vom Matrixmanager, dass diese nicht den Delegationsumfang überschreiten, so dass keine Leitungsmaßnahme vom Matrixmanager vorgenommen wird, zudem ist auch die „übrige“ Rechtsmäßigkeit der Handlungen des Matrixmanagers zu überwachen. Hierfür reicht bei fehlender Sachkenntnis des Vorstands nicht das bloße Vertrauen auf die Aussagen des Matrixmanagers. Vielmehr sind die Aussagen auf logische Schlüssigkeit hin zu überprüfen sowie bei komplexen Themen Experten zu Rate zu ziehen.36 Hervorzuheben ist auch, dass der Vorstand bei der Erteilung von nachteiligen Weisungen besondere Vorsicht walten lässt. Diese müssen mit dem Konzerninteresse im Einklage stehen. Verstoßen sie dagegen, so kann dies eine Sorgfaltspflichtverletzung gegenüber der Obergesellschaft darstellen, da dann das 32  U. H.  Schneider/S. H. Schneider, AG 2005, 57, 58; BGH, vom 15.01.2013, II ZR 90/11, CCZ 2013, 271; BGH, vom 19.06.2012, II ZR 243/11, NJW-RR 2012, 1122. 33  Vgl. BGH, vom 12.10.2016, 5 StR 134/15, NJW 2017, 578; hierzu auch: Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 59 ff.; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 200 ff. 34  U. H. Schneider/S. H. Schneider, AG 2005, 57, 58; vgl. auch: LG Stuttgart, vom 19.12.2017, 31 O 33/16 KfH, NZG 2018, 665, 677; LG München I, vom 10.12.2013, 5 HK O 1387/10, NZG 2014, 345, 347 ff. 35  U. H. Schneider/S. H. Schneider, AG 2005, 57, 58; vgl. auch: LG Stuttgart, vom 19.12.2017, 31 O 33/16 KfH, NZG 2018, 665, 677; LG München I, vom 10.12.2013, 5 HK O 1387/10, NZG 2014, 345, 347 ff. 36  Vgl. hierzu schon S. 128 f.; BGH, vom 20.09.2011, II ZR 234/09, CCZ 2012, 76.

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5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

Gesellschaftsvermögen pflichtwidrig verwaltet wird. Verletzt der Vorstand diese Pflichten so kann eine Haftung nach § 93 Abs. 2 AktG bestehen. 2. Verschulden

Die Haftung des Vorstands nach § 93 Abs. 2 S. 1 AktG erfordert als Verschuldenshaftung das Verschulden des Vorstands.37 Das Verschulden braucht sich nicht auf den Schadenseintritt beziehen, sondern es reicht aus, dass das Vorstandsmitglied die Pflichtverletzung zu vertreten hat.38 Das Vorstandsmitglied hat danach für die Fähigkeiten und Kenntnisse einzustehen, welche die ihm anvertraute Aufgabe objektiv erfordert.39 Entscheidend ist, „wie ein pflichtbewusster selbstständiger Leiter eines Unternehmens der konkreten Art, der nicht mit eigenen Mitteln wirtschaftet, sondern ähnlich wie ein Treuhänder fremden Vermögensinteressen verpflichtet ist“, gehandelt hätte.40 Hierbei haften die Mitglieder für omnis culpa, also schon bei leichter Fahrlässigkeit.41 Sofern eine Pflichtverletzung zu bejahen ist, ist regelmäßig auch das Verschulden zu bejahen.42 3. Vermögensschaden

Der Anspruch der Gesellschaft setzt ferner einen Schaden voraus, welcher durch die Pflichtverletzung entstanden ist.43 Maßgebend für die Bestimmung des Vorliegens eines Schadens sind die §§ 249 ff. BGB.44 Hierbei wird auf Grundlage der Differenzhypothese der Schaden ermittelt. Verglichen wird hierbei das vorhandene Vermögen der Aktiengesellschaft mit jenem, welches die Gesellschaft bei Hinwegdenken des schädigenden Ereignisses gehabt 37  So ganz h. M.: Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körber, § 93 Rn. 21b; Fleischer, in: Hdb. VorstandsR, § 11 Rn. 55; Koch, in: Hüffer/Koch, § 93 Rn. 43; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 93 Rn. 136; Krieger/Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, § 93 Rn. 29; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 205 f. 38  Mack, Regresshaftung, S. 81. 39  Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 205; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 177. 40  OLG Düsseldorf, vom 28.11.1996, 6 U 11/95, AG 1997, 231, 255. 41  Fleischer, WM 2005, 909, 214; ders., in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 205; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 205. 42  Fleischer, in: MüKo-GmbHG, § 43 Rn. 255, „die ‚Würfel‘ fallen zumeist auf der Ebene der objektiven Pflichtverletzung“; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 205. 43  Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 211; ders., in: Hdb. VorstandsR, § 11 Rn. 60; Hopt/Roth, in: GK-AktG (2015), § 93 Rn. 406. 44  OLG Düsseldorf, vom 28.11.1996, 6 U 11/95, AG 1997, 231, 255; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 211.



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hätte.45 Sofern hiernach ein Schaden festgestellt worden ist, ist vom Schädiger der Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre, einschließlich des entgangenen Gewinns.46 Eine Entschädigung in Geld setzt nach § 251 BGB einen Vermögensschaden, d. h. eine in Geld bewertbare Vermögenseinbuße voraus. Bezugspunkt des Schadens ist allein das Vermögen der Gesellschaft, daher bleibt die Vermögensentwicklung bei den Aktionären außer Betracht.47 4. Kausalität und Zurechnungszusammenhang

Schließlich muss zwischen Pflichtwidrigkeit und entstandenem Schaden entsprechend den allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen ein Ursachenzusammenhang bestehen.48 Daher ist es notwendig, dass die Pflichtverletzung im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet sein, den Schaden in der eingetretenen Art allein oder im Zusammenhang mit anderen Ursachen herbeizuführen (Adä­ quanz).49 Ebenso kann das in Anspruch genommene Vorstandsmitglied den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens erheben. Kann das Mitglied darlegen und beweisen, dass bei einem rechtmäßigen Alternativverhalten der Schaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht eingetreten wäre, haftet es nicht.50 5. Haftung als Gesamtschuldner

Sind mehrere Vorstandsmitglieder für den Schaden verantwortlich, so haften sie der Gesellschaft gegenüber als Gesamtschuldner (§ 93 Abs. 2 S. 1 AktG). Hierbei können sich die Haftenden grundsätzlich nicht auf das Mitverschulden der anderen Mitglieder gegenüber der Gesellschaft berufen, da auch bei Ressortaufteilung und Delegation eine Haftung aufgrund der Verletzung der Aufsichts- und Überwachungspflicht vorgeworfen wird.51 Entspre45  Zur Differenzhypothese: BGH, vom 06.06.2013, IX ZR 204/12, NJW 2013, 2345; Oetker, in: MüKo-BGB, § 249 Rn. 16; zur Anwendbarkeit im Rahmen des § 93: Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 211. 46  Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 213 f. 47  Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 214; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 214. 48  Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 215; Hopt/Roth, in: GK-AktG (2015), § 93 Rn. 413; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 93 Rn. 55. 49  Hölters, in: Hölters, § 93 Rn. 262; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 215. 50  Hölters, in: Hölters, § 93 Rn. 262; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 215. 51  Hopt/Roth, in: GK-AktG (2015), § 93 Rn. 462.

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5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

chende Umstände können allerdings im Rahmen des Gesamtschuldnerinnenausgleichs berücksichtigt werden.52 6. Darlegungs- und Beweislastverteilung

Die Darlegungs- und Beweislast in einem Schadensersatzprozess gegen ein Vorstandsmitglied teilt sich zwischen Gesellschaft und Vorstand auf.53 Die Gesellschaft ist darlegungs- und beweispflichtig für (i) ein Verhalten des Vorstandsmitglieds, das möglicherweise pflichtwidrig war, (ii) Eintritt und Höhe des Schadens sowie (iii) die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vorstandsmitglieds und dem Schaden. Das Vorstandsmitglied hat indes darzulegen und zu beweisen, dass es nicht pflichtwidrig gehandelt hat (§ 93 Abs. 2 S. 2 AktG) oder dass ihn im Falle eines pflichtwidrigen Handelns kein Verschulden trifft. II. Haftung aus dem Anstellungsvertrag Nur kurz soll erwähnt werden, dass neben der Haftung aus § 93 Abs 2 AktG auch eine Haftung aus § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. dem Anstellungsvertrag in Betracht kommt. Diese Haftung wird durch § 93 Abs. 2 AktG nicht ausgeschlossen, sondern präzisiert.54

C. Haftung gegenüber der Matrixgesellschaft Neben der Haftung gegenüber der Obergesellschaft kommt für den Vorstand der Obergesellschaft auch die Haftung gegenüber der Matrixgesellschaft in Betracht. I. Haftung nach § 309 AktG 1. Grundlagen

§ 309 Abs. 1 AktG verpflichtet den Vorstand der Obergesellschaft, „bei der Erteilung von Weisungen […] die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden“. Sofern der Vorstand hiergegen verstößt, 52  Mertens/Cahn,

in: KK-AktG, § 93 Rn. 50. nachstehenden: BGH, vom 04.11.2002, II ZR 224/01, NJW 2003, 358; Hölters, in: Hölters, § 93 Rn. 264; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 221. 54  Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 93 Rn. 4, § 84 Rn. 97; Spindler, in: MüKoAktG, § 93 Rn. 43. 53  Zum



§ 2 Haftung des Vorstands der Obergesellschaft251

ist er der abhängigen Gesellschaft, hier also der Matrixgesellschaft, zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Damit ist das Leitungsorgan für Schäden verantwortlich, die der Matrixgesellschaft aufgrund der Erteilung von Weisungen entstanden sind, sofern diese Weisungen nicht dem Pflichtenmaßstab des § 309 Abs. 1 AktG entsprachen. Der Hintergrund dieser Regelung beruht auf zwei Aspekten („Doppelfunktion“). Einerseits soll § 309 Abs. 1 AktG eine Direkthaftung des persönlich agierenden Geschäftsleiters gegenüber der abhängigen Gesellschaft begründen, obwohl dieser weder Organ noch Angestellter jener ist.55 Dies ist notwendig, da anderenfalls eine Schutzlücke bestehen würde.56 Denn Vertragspartner der abhängigen Gesellschaft und Trägerin des Weisungsrechts ist die Obergesellschaft und nicht das Leitungs­ organ der Obergesellschaft. Ausgeübt wird das Weisungsrecht allerdings durch die gesetzlichen Vertreter der Obergesellschaft. Damit können diese die Unternehmenspolitik der abhängigen Gesellschaft bestimmen, sind aber gegenüber der abhängigen Gesellschaft nicht nach § 93 Abs. 2 AktG verantwortlich. § 309 Abs. 1, 2 AktG verknüpft daher die durch den Beherrschungsvertrag begründete Leitungsmacht des Vorstands der Obergesellschaft mit einer damit korrespondierenden Verantwortlichkeit.57 Damit wird gewährleistet, dass die der Gesellschaft entstandenen Schäden von den verantwortlichen Personen auszugleichen sind sowie die verantwortlichen Personen angehalten werden, ihre Sorgfaltspflichten bei der Erteilung von Weisungen zu beachten (Präventivfunktion).58 Die zweite Funktion der Norm liegt in der Festlegung und Präzisierung des Verschuldensmaßstabs für das Handeln des Vorstands der Obergesellschaft.59 2. Haftung für eigene Weisungserteilung

Unproblematisch für die Haftung nach § 309 Abs. 2 AktG ist der Fall, in dem der Vorstand der Obergesellschaft selbst Weisungen gegenüber der Matrixgesellschaft erteilt. Bei solchen Weisungen hat der Vorstand die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden (§ 309 55  Tröger/Dangelmayer, ZGR 2011, 558, 575; Altmeppen, Haftung des Managers, S. 30; ders., in: MüKo-AktG, § 309 Rn. 2; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 309 Rn. 1; siehe hierzu auch U. H.  Schneider/S. H. Schneider, AG 2005, 57, 61; Fischbach/Lüneborg, NZG 2015, 1142, 1147. 56  Veil, in: Spindler/Stilz, § 308 Rn. 2; vgl. auch: Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 309 Rn. 1; Koch, in: Hüffer/Koch, § 309 Rn. 1. 57  Veil, in: Spindler/Stilz, § 308 Rn. 2; Koch, in: Hüffer/Koch, § 309 Rn. 1; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 309 Rn. 1. 58  Veil, in: Spindler/Stilz, § 308 Rn. 2; Koch, in: Hüffer/Koch, § 309 Rn. 1; Leue­ ring/Goertz, in: Hölters, § 309 Rn. 2. 59  Emmerich, GS Sonnenschein, S. 651, 656; ders., in: Emmerich/Habersack, § 309 Rn. 1; Leuering/Goertz, in: Hölters, § 309 Rn. 3.

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5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

Abs. 1 AktG). Verletzt der Vorstand diese Sorgfaltspflicht, erteilt er insbesondere eine unzulässige Weisung in Form einer rechtswidrigen Weisung oder einer nachteiligen Weisung, die evident nicht dem Konzerninteresse dient, so ist er der abhängigen Gesellschaft gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet. 3. Haftung für die Weisungserteilung durch den Matrixmanager

Wesentlich relevanter im Zusammenhang mit der Matrixorganisation ist allerdings die Frage, ob der Vorstand für pflichtwidrige Weisungen seitens des ihn untergeordneten Matrixmanagers haftet. Der Vorstand der Obergesellschaft kann das Weisungsrecht aus § 308 Abs. 1 AktG auch auf leitende Angestellte delegieren.60 Bevollmächtigt der Vorstand diese Angestellten und diese üben ihr Weisungsrecht sorgfaltswidrig aus, so stellen sich zwei Fragen: Zum einen ist fraglich inwieweit der Vorstand hierfür verantwortlich ist und zum anderen, ob der Matrixmanager einer eigenen Haftung aus § 309 Abs. 2 AktG unterliegen kann. Letzteres wird an anderer Stelle diskutiert.61 a) Haftung nach § 278 BGB i. V. m. § 309 AktG Mehrheitlich wird im Schrifttum vertreten, die gesetzlichen Vertreter bräuchten das Weisungsrecht zwar nicht persönlich auszuüben, müssten jedoch für die Mithilfe „beliebiger Dritter“ nach § 278 BGB i. V. m. § 309 AktG einstehen.62 Diese Ansicht beruht auf dem Verständnis, dass mit dem Abschluss des Beherrschungsvertrags nicht nur zwischen den beteiligten Gesellschaften ein Schuldverhältnis entsteht, sondern auch zwischen der abhängigen Gesellschaft und dem Leitungsorgan der Obergesellschaft.63 Sofern die Leitungsorgane sich dem Weisungsrecht aufgrund Bevollmächtigung ent­ ledigen, also mit Wissen und Wollen durch andere ihre Weisungsbefugnisse ausüben lassen, so ist ein Verschulden der handelnden Person gemäß § 278 BGB dem Vorstand zurechenbar, da zwischen ihm und der abhängigen Gesellschaft ein gesetzliches Schuldverhältnis besteht.

60  Siehe

zur Delegation des Weisungsrechts S. 105 f. hierzu S. 262 ff. 62  Mertens, AcP 168 (1968), 225, 228; Exner, Beherrschungsvertrag S. 154  ff., 159 f.; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 14; Koch, in: Hüffer/Koch, § 309 Rn. 4. 63  Mertens, AcP 168 (1968), 225, 228; Exner, Beherrschungsvertrag S. 154  ff., 159 f.; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 14; Koch, in: Hüffer/Koch, § 309 Rn. 4. 61  Siehe



§ 2 Haftung des Vorstands der Obergesellschaft253

b) Haftung nach § 309 AktG aufgrund Delegationsverschulden Nach einer anderen in der Literatur vertretenen Ansicht wird dem Vorstand der Obergesellschaft das Verschulden des ausübenden Mitarbeiters nicht zugerechnet, sondern der Vorstand haftet gemäß § 309 Abs. 2 AktG aufgrund eigenem Auswahl- und Überwachungsverschulden.64 Hiernach trifft den Vorstand also keine Haftung für sorgfaltswidrige Weisungen der von ihm bevollmächtigten Person, sofern er die Grundsätze der Delegationsverantwortung eingehalten hat. Hintergrund dieser Ansicht ist der notwendige Gleichlauf von § 93 Abs. 2 AktG und § 309 Abs. 2 AktG. Demnach wäre es widersprüchlich, dem Vorstand im Zusammenhang mit der Haftung aus § 309 Abs. 2 AktG das Verschulden des Angestellten zuzurechnen und im Rahmen der Haftung nach § 93 Abs. 2 AktG nicht. c) Stellungnahme Eine Haftung der Vorstandsmitglieder der Obergesellschaft besteht aufgrund einer eigenen Auswahl- und Überwachungsverletzung, nicht jedoch, weil ein Verschulden des Matrixmanagers diesen nach § 278 BGB zugerechnet wird. Der ersten Ansicht ist schon entgegenzuhalten, dass die Voraussetzung für die Annahme eines gesetzlichen Schuldverhältnisses zweifelhaft sind und es damit schon an dem Anwendungsbereich des § 278 BGB fehlt, welcher das Verschulden zurechnen könnte. Zwar sind gesetzliche Schuldverhältnisse von einem autonomen Willen, der auf die Herbeiführung bestimmter Rechts­ folgen gerichtet ist, unabhängig, da für die Entstehung eines gesetzlichen Schuldverhältnisses lediglich Voraussetzung ist, dass ein bestimmter gesetzlicher Tatbestand erfüllt sein muss.65. Indes ist es unzutreffend, dass allein mit dem Abschluss des Beherrschungsvertrags ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen abhängiger Gesellschaft und dem Vorstand der Obergesellschaft begründet wird. Hintergrund ist die Vorschrift des § 309 Abs. 1 AktG. Diese Vorschrift setzt für das Bestehen der Sorgfaltspflicht des Vorstands neben dem Beherrschungsvertrag auch die Erteilung einer Weisung voraus. Wird eine solche Weisung nicht erteilt, besteht auch noch kein gesetzliches Schuldverhältnis. Dieses entsteht erst durch die sorgfaltswidrige Weisung. 64  Altmeppen, Haftung des Managers S. 13; ders., in: MüKo-AktG, § 308 Rn. 40, 43 f.; Leuering/Goertz, in: Hölters, § 309 Rn. 17; Koppensteiner, in: KK-AktG, § 308 Rn. 12; Veil, in: Spindler/Stilz, § 309 Rn. 8. 65  Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 1 Rn. 2.

254

5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

§ 278 BGB setzt für die Zurechnung des Verschuldens indes voraus, dass das Schuldverhältnis im Zeitpunkt des Verhaltens, welches einen Schadensersatzanspruch begründet (Schädigung), schon besteht. Es reicht nicht aus, dass das Schuldverhältnis erst durch das (schadensbegründende) Ereignis (wie hier durch die sorgfaltswidrige Weisung) zustande kommt.66 Zudem erscheint es in diesem Zusammenhang wenig überzeugend, den Bevollmächtigten als Erfüllungsgehilfen des Vorstands bei der Ausübung seiner Leitungsmacht anzusehen, da der Bevollmächtigte vielmehr für die Gesellschaft handelt und nicht für den einzelnen Vorstand. Dessen Willen ist darauf gerichtet seine arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen und nicht existente Pflichten gegenüber dem Leitungsorgan der Obergesellschaft. Ferner ist der erstgenannten Ansicht entgegenzuhalten, dass sie Wertungswidersprüche in Kauf nimmt. Denn auch deren Vertreter nehmen überwiegend an, dass das Weisungsrecht delegiert werden kann. Sofern das Leitungsorgan aber die Grundsätze der ordnungsgemäßen Delegation beachtet, handelt es gerade nicht sorgfaltswidrig. Eine Delegation kann in großen Unternehmen und Konzernen sogar gerade der Sorgfaltsplicht entsprechen, damit der Vorstand seiner Leitungsaufgabe überhaupt nachkommen kann.67 Eine persönliche Haftung aufgrund des Verhaltens Dritter untergräbt diese Delegation. Schließlich ist diese Ansicht nicht vollends mit dem Zweck des § 309 Abs. 2 AktG in Einklang zu bringen. § 309 Abs. 2 AktG entspricht dem Gleichlauf von Haftungsverantwortung und konzerndimensionaler Leitungsmacht.68 Anknüpfungspunkt ist damit die sorgfaltswidrige Ausübung der Leitungsmacht. Eine Zurechnung des sorgfaltswidrigen Verhaltens Dritter, obwohl das Leitungsorgan selbst sorgfältig gehandelt hat, lässt sich mit dem Gedanken des § 309 Abs. 2 AktG nicht in Einklang bringen.69 Mithin kommt eine Haftung aufgrund der Delegation nur in Betracht, wenn das Leitungsorgan seiner Delegationsverantwortlichkeit nicht nachkommt. Eine Zurechnung des Verschuldens nach § 278 BGB findet nicht statt. 4. Schadensproblematik

Ein weiteres Problem im Zusammenhang mit der Haftung nach § 309 Abs. 2 AktG ist die Bestimmung des Schadens der Untergesellschaft. Denn 66  Ebenso: Ihrig/Schäfer, in: Rechte und Pflichten des Vorstands, § 32 Rn. 1328; vgl. hierzu allgemein: BGH, vom 07.03.1972, VI ZR 158/70, NJW 1972, 1048; Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, § 1 Rn. 15; Grundmann, in: MüKo-BGB, § 278 Rn. 15. 67  Altmeppen, Die Haftung des Managers im Konzern, S. 13. 68  Tröger/Dangelmayer, ZGR 2011, 558 f. 69  Vgl. Altmeppen, Die Haftung des Managers im Konzern, S. 13.



§ 2 Haftung des Vorstands der Obergesellschaft255

diese besitzt auch Ansprüche gegen die Obergesellschaft auf Verlustausgleich. Die Problematik vergrößert sich noch, wenn noch ein Gewinnabführungsvertrag besteht. Denn wenn man nun bei der Schadensermittlung den Verlustausgleichsanspruch nach § 302 AktG sowie die Gewinnabführungspflicht nach § 301 AktG berücksichtigt, hätte die Schädigung durch die ­Leitungsorgane der Obergesellschaft lediglich zu Folge, dass entweder die Verlustausgleichspflicht seitens der Obergesellschaft größer ausfällt oder der Anspruch auf Gewinnabführung geringer ausfällt. Wirtschaftlich gesehen hat die Untergesellschaft allerdings keine Einbuße – es mangelt mithin am Schaden.70 Gleichwohl kann man bei dieser Erkenntnis nicht stehen bleiben, denn diese Interpretation des § 309 Abs. 2 AktG führt dazu, dass der Vorschrift kein ins Gewicht fallender Anwendungsbereich mehr verbleibt.71 Daher geht die überwiegende, Meinung in der Literatur heute davon aus, dass „Vorteile“ aufgrund des Verlustausgleichs und „Nachteile“ wegen der Gewinnführungspflicht bei der Schadensermittlung keine Berücksichtigung finden.72 Dies ist aus mehreren Gründen zutreffend. Denn einerseits kann sich der gesetzliche Vertreter hierauf schon gar nicht berufen, da es sich um Einwände aus dem Rechte Dritter, nämlich des herrschenden Unternehmens handelt.73 Andererseits liegt es schon fern, diese Umstände, welche zu einem späteren Umstand erst eintreten werden, schon zu berücksichtigen, weil der Schaden sofort und nicht erst möglicherweise lange nach Ende des Geschäftsjahres auszugleichen ist (§§  280 Abs. 1, 249, 252, 271 BGB).74 Ebenso spricht für dieses Ergebnis auch eine Erwägung des allgemeinen Schadensrechts. Ausgangspunkt bei der Schadensermittlung bei § 309 Abs. 2 AktG sind die §§ 249 ff. BGB.75 Im Rahmen der vorzunehmenden Ermittlung des Schadens anhand der Differenzhypothese ist anerkannt, dass Leistungen von Dritten, die diese aufgrund des Schadensereignisses an den Geschädigten zahlen, grundsätzlich keine Anrechnung zugunsten des Schädigers finden (Vorteilsanrechnung).76 Begründet werden kann dies 70  Koch, in: Hüffer/Koch, § 309 Rn. 17; Koppensteiner, in: KK-AktG, § 308 Rn.  14 ff. 71  Im Ergebnis identisch, indes in den Begründungsansätzen unterschiedlich: Mertens, AcP 168 (1968), 225, 231 f.; Emmerich, GS Sonnenschein (2001), S. 651, 657; ders., in: Emmerich/Habersack, § 309 Rn. 40; Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 309 Rn. 87 ff.; Koch, in: Hüffer/Koch, § 309 Rn. 17. 72  Mertens, AcP 168 (1968), 225, 231  f.; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 309 Rn. 40; Koch, in: Hüffer/Koch, § 309 Rn. 18. 73  Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 309 Rn. 40. 74  Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 309 Rn. 40. 75  Koch, in: Hüffer/Koch, § 309 Rn. 17. 76  Oetker, in: MüKo-BGB, § 249 Rn. 254; J.W. Flume, in: BeckOK-BGB, § 249 Rn. 350; BGH, vom 19.06.1984, VI ZR 301/82, NJW 1984, 2520, 2521.

256

5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

mit dem Gedanken, dass der Schädiger vor dem Hintergrund des Kompensationsprinzips nicht unbilliger Weise entlastet werden darf.77 Auch dieser Gedanke lässt sich hier fruchtbar machen, wonach der Vorstand als Haftungsadressat nicht durch Leistungen Dritter (Zahlungen der Obergesellschaft) befreit werden soll. Damit besteht trotz Ausgleichsanspruch der abhängigen Gesellschaft ein Schaden, da diese Ausgleichsansprüche keine Berücksichtigung bei der Schadensbestimmung finden.

D. Haftung aus § 117 AktG Eine Haftung des Vorstands der Obergesellschaft gegenüber der Matrixgesellschaft kommt auch nach § 117 Abs. 1 AktG in Betracht. Hiernach ist derjenige der Gesellschaft zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der vorsätzlich unter Benutzung seines Einflusses auf die Gesellschaft ein Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats, einen Prokuristen oder einen Handlungs­ bevollmächtigten dazu bestimmt, zum Schaden der Gesellschaft oder ihrer Aktionäre zu handeln (§ 117 Abs. 1 AktG). § 117 Abs. 1 AktG schützt die Gesellschaft und die Aktionäre vor Einflussnahmen, die zu nachteiligen Vermögensdispositionen für die Gesellschaft führen, dem Gesellschaftsinteresse zuwiderlaufen und die Leitungsautonomie verletzen.78 Dabei werden allgemeine Marktrisiken nicht umfasst, sondern nur solche Einflussnahmen, die in die unternehmerische Gestaltungsfreiheit eingreifen.79 Allerdings scheidet eine Haftung im matrixorganisierten Konzern regelmäßig aus, da der Ausschluss des § 117 Abs. 7 Nr. 1 AktG eingreift. Demnach gilt § 117 Abs. 1 AktG nicht, soweit die unzulässige Einflussnahme auf einem Beherrschungsvertrag beruht. Lediglich im Fall einer unzulässigen Weisung greift der Ausschluss des § 117 Abs. 7 Nr. 1 AktG nicht, dann ist § 117 Abs. 1 AktG neben der Haftung nach § 309 Abs. 2 AktG anwendbar.80 Sofern der Vorstand nicht selbst handelt, sondern der schädigende Einfluss durch untergeordnete Mitarbeiter erfolgt, kann der Vorstand aus einem Organisationsverschulden haften, denn es kann nichts anderes gelten als bei der vergleichbaren Haftung aus § 309 Abs. 2 AktG.81

77  J.W.

Flume, in: BeckOK-BGB, § 249 Rn. 350. Haftung auf Einfluss, S. 61; Spindler, in: MüKo-AktG, § 117 Rn. 2; Witt, in: K. Schmidt/Lutter, § 117 Rn. 1; Brüggemeier, AG 1988, 93, 96. 79  OLG Hamm, vom 25.02.1992, 9 U 137/90, Rn. 13, zitiert nach juris. 80  Brüggemeier, AG 1988, 93, 101 f.; Schall, in: Spindler/Stilz, § 117 Rn. 9; Koch, in: Hüffer/Koch, § 117 Rn. 14; Witt, in: K. Schmidt/Lutter, § 117 Rn. 34; Spindler, in: MüKo-AktG, § 117 Rn. 89; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 117 Rn. 42. 81  Ähnlich: Witt, in: K. Schmidt/Lutter, § 117 Rn. 6a. 78  Voigt,



§ 3 Haftung des Leitungsorgans der Matrixgesellschaft257

E. Haftung aus § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. dem Beherrschungsvertrag Eine etwaige Schadensersatzpflicht aufgrund der Verletzung des Beherrschungsvertrags scheidet aus, da die Vorstandsmitglieder der Obergesellschaft keine Partei des Beherrschungsvertrags sind (siehe hierzu § 291 Abs. 1 AktG). Auch entsteht mit Abschluss des Beherrschungsvertrags noch kein gesetz­ liches Schuldverhältnis zwischen der abhängigen Gesellschaft und dem Organ der Obergesellschaft.82 Ein solches entsteht erst bei der Erteilung einer sorgfaltswidrigen Weisung.83

§ 3 Haftung des Leitungsorgans der Matrixgesellschaft Wie dargelegt, fallen in der Matrixorganisation die juristische und die organisatorische Struktur auseinander. Das gesellschaftsrechtliche Prinzip, wonach die Haftung der Einflussmöglichkeit folgt, wird durch die Matrixorganisation relativiert. Die Berichtswege enden nicht mehr zwingend beim ­Leitungsorgan der Matrixgesellschaft, sondern bei einem zentral agierenden Matrixmanager. Die Geschäftsleiter der Matrixgesellschaften sind damit nicht mehr in die für ihre Gesellschaft wesentlichen Entscheidungsprozesse eingebunden. Entwicklungsleiter, Vertriebsleiter, IT-Leiter, aber auch Con­ troller sowie Finanzbuchhaltung berichten nicht mehr an das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft, sondern an die entsprechenden Personen in der Obergesellschaft oder anderen Gesellschaften. Indes führt diese tatsächliche Entmachtung des Leitungsorgans nicht zu einer Relativierung der Pflichten, da die gesellschaftsrechtliche Stellung des bestellten Leitungsorgans ernst zu nehmen ist und von organisationsbedingten Einflüssen unberührt bleibt.84 Wie sich die Matrixorganisation daher auf die Haftung des Leitungsorgans auswirkt, ist daher Gegenstand nachfolgender Untersuchung.

A. Allgemeine Organhaftung im „weisungsfreien“ Raum Zunächst trifft das Leitungsorgan der abhängigen Matrixgesellschaft, wie auch das Organ einer unverbundenen Gesellschaft, die „allgemeine Organhaftung“ nach § 93 Abs. 2 AktG. Denn auch diese Organe sind mit dem Rechtsakt der Bestellung zur Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet. So sind „Vorstandsmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, […] der GesellEmmerich, in: Emmerich/Habersack, § 309 Rn. 1. hierzu S. 253 f. 84  Siehe hierzu S. 143  ff., sowie zu den Pflichten des Leitungsorgans der Ma­ trixgesellschaft S.  154 ff. 82  A. A.

83  Siehe

258

5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

schaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet“ (§ 93 Abs. 2 AktG). Das Gesetz selbst schreibt indes nur wenige konkrete Organpflichten vor, da dies aufgrund der Vielfalt und Orientierung am Einzelfall schlichtweg nicht möglich ist. Gleichwohl ist das oben dargestellte Pflichtenprogramm einzuhalten, also insbesondere die Pflicht der Leitungsorgane im Rahmen von Gesetz und Ordnung den Vorteil der Gesellschaft zu wahren (Legalitätspflicht). Ebenso zählt hierzu, sofern nicht von der Obergesellschaft wahrgenommen, die Planungs- und Steuerungsverantwortung (Unternehmensplanung und Unternehmenssteuerung), die Organisationsverantwortung, die Finanzverantwortung sowie Informationsverantwortung. Schließlich zählen hierzu auch die besonderen Tatbestände des § 93 Abs. 3 Nr. 1–9 AktG.

B. Haftung für die Befolgung von Weisungen Der Beherrschungsvertrag begründet das Weisungsrecht der Obergesellschaft. Die Leitungsverantwortung des Leitungsorgans der Untergesellschaft wird ersetzt durch die Leitungsmacht der Obergesellschaft. Gleichwohl bedeutet dies nicht eine gänzliche Pflichtenentbindung des Leitungsorgans. I. Zulässige Weisungen Das Leitungsorgan der abhängigen Gesellschaft ist gemäß § 308 Abs. 2 S. 1 AktG verpflichtet, den Weisungen der Obergesellschaft zu folgen. Hiervon sind auch nachteilige Weisungen umfasst, sofern sie den Konzernbelangen oder dem Interesse der Obergesellschaft dienen (§ 308 Abs. 2 S. 2 AktG). Mit dieser Befolgungspflicht geht die Haftungsfreistellung des Vorstands der abhängigen Gesellschaft einher. Dies bedeutet, dass ein Schaden, der durch die Erteilung einer zulässigen nachteiligen Weisung seitens der Obergesellschaft entstanden ist, nicht zu einer Haftung des Leitungsorgans der abhängigen Gesellschaft führt (§ 310 Abs. 3 AktG). II. Unzulässige Weisungen Anderes gilt indes, wenn keine zulässige Weisung mehr vorliegt, also eine solche, die entweder die Grenzen des Weisungsrechts überschreitet oder die offensichtlich nicht dem Konzernwohl dient. Diese Weisungen hat das Leitungsorgan der abhängigen Gesellschaft nicht zu befolgen, sondern es hat vielmehr die Befolgung zu verweigern.



§ 3 Haftung des Leitungsorgans der Matrixgesellschaft259 1. Haftung aufgrund von § 310 Abs. 1 AktG

Nach § 310 Abs. 1 S. 1 AktG haften „die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats der Gesellschaft […] neben dem Ersatzpflichtigen nach § 309 als Gesamtschuldner, wenn sie unter Verletzung ihrer Pflicht gehandelt haben“. Aufgrund des Bezugs auf § 309 AktG unterstreicht das Gesetz, dass nicht nur der Beherrschungsvertrag bestehen muss, sondern auch eine Weisung seitens der Obergesellschaft erteilt worden sein muss.85 Die Pflichtverletzung des Vorstands der abhängigen Gesellschaft besteht mithin in der Befolgung einer unzulässigen Weisung.86 Das Leitungsorgan muss entgegen der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers von einer Pflicht zur Befolgung der Weisung ausgegangen sein.87 Es kommt also darauf an, ob das Leitungsorgan bei der Entgegennahme der Weisung hätte erkennen können und müssen, dass die Weisung unzulässig war, so dass er sie nicht hätte befolgen dürfen bzw. seine Zustimmung hätte verweigern müssen.88 Bei der Frage der Zulässigkeit einer solchen Weisung ist eine solche Nichterkennbarkeit für das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft kaum vorstellbar, da es hier um die Frage der Einhaltung von Recht geht und damit gerade kein Ermessen seitens des Vorstands besteht. Lediglich bei der Frage, ob die Schädigung im Konzerninteresse hinzunehmen ist, besteht eine Unsicherheit seitens des Leitungsorgans. Allerdings darf der Vorstand bis zur Grenze des evidenten Missbrauchs von seiner Befolgungspflicht ausgehen, notfalls hat er sich Informationen zu beschaffen.89 Unter die Pflichtverletzung fällt indes nicht die schuldhafte Schädigung der abhängigen Gesellschaft bei der Durchführung zulässiger Weisungen.90 Die entsprechenden Haftungsfolgen würden allerdings auch ohne die Vorschrift des § 310 AktG eintreten. Denn auch die schon ohne Beherrschungsvertrag 85  Schäfer, Haftung Vorstand abhängiger Gesellschaften, S. 185; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 310 Rn. 7; Koch, in: Hüffer/Koch, § 310 Rn. 3; Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 310 Rn. 6. 86  Vgl. hierzu auch: Schäfer, Haftung Vorstand abhängiger Gesellschaften, S. 185; Kantzas, Das Weisungsrecht, S. 123, 199; Clemm, ZHR 141 (1977), 197, 198 ff. 87  Der Maßstab der Sorgfaltspflicht entspricht dem des § 93 AktG, vgl. hierzu: Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 310 Rn. 7; Veil, in: Spindler/Stilz, § 310 Rn. 3. 88  Veil, in: Spindler/Stilz, § 310 Rn. 7. 89  Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 310 Rn. 21; siehe auch zum Informationsanspruch im Konzern seitens der abhängigen Gesellschaft, S. 170 ff. 90  Kantzas, Das Weisungsrecht 196, 215 f; Schäfer, Haftung Vorstand abhängiger Gesellschaften, S. 185; Hirte, in: GK-AktG (2013), § 310 Rn. 10 f.; Koch, in: Hüffer/ Koch, § 310 Rn. 3; Koppensteiner, in: KK-AktG, § 310 Rn. 1; Servatius, in: Grigoleit, § 310 Rn. 5; Langenbucher, in: K. Schmidt/Lutter, § 310 Rn. 4; Leuering/Goertz, in: Hölters, § 310 Rn. 11; Veil, in: Spindler/Stilz, § 310 Rn. 3; a. A. Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 310 Rn. 8.

260

5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

bestehende Organhaftung der Leitungsorgane gemäß § 93 Abs. 2 AktG führt zu einer Haftung bei Verursachung eines Schadens für die Gesellschaft. Daher besteht die primäre Bedeutung der Vorschrift des § 310 AktG in der ausdrücklichen Anordnung eines Gesamtschuldverhältnisses zwischen den Organmitgliedern der abhängigen Gesellschaft und den gesetzlichen Vertretern der Obergesellschaft sowie der Bezugnahme des § 309 Abs. 3 bis 5 AktG (über § 310 Abs. 4 AktG).91 Nach dieser Bezugnahme kann – anders als bei § 93 Abs. 4 S. 3 AktG – auf Ersatzansprüche lediglich dann verzichtet oder ein Vergleich hierüber abgeschlossen werden, wenn dem auch die außenstehenden Aktionäre durch einen Sonderbeschluss zustimmen. Ein Beschluss der Hauptversammlung reicht aufgrund der Mehrheitsstellung der Obergesellschaft indes nicht aus. Der Bezug auf § 309 Abs. 4 S. 1 und 3 AktG hat mithin zur Folge, dass die Ersatzansprüche der abhängigen Gesellschaft gegen ihre Verwaltungsmitglieder ggf. auch von ihren Aktionären und Gläubigern geltend gemacht werden können. 2. Haftung nach § 93 Abs. 2 AktG

Neben die Haftung aus § 310 Abs. 2 AktG tritt auch die Haftung gemäß § 93 Abs. 2 AktG.92 Eine solche besteht im Falle einer Schädigung der Gesellschaft durch die Befolgung einer unzulässigen Weisung. Ebenfalls kann eine Haftung aus der Organstellung der Matrixgesellschaft für die sorgfaltswidrige Ausführung der Weisung bestehen.93 Hierbei kann sich das Leitungsorgan regelmäßig nicht mit einer etwaigen organisationsbedingten Machtlosigkeit exkulpieren – welche aus Rechtsgründen indes nicht bestehen kann.94 3. Überwachungsverschulden

Im Matrixkonzern kommt zu den bisher erörterten Fragestellungen hinzu, dass die erteilten Weisungen nicht den „Umweg“ über das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft machen, sondern die Weisung regelmäßig direkt gegen91  Emmerich, in: Emmerich/Habersack, §  310 Rn. 2; Altmeppen, in: MüKoAktG, § 310 Rn. 1; Koch, in: Hüffer/Koch, § 310 Rn. 1; Koppensteiner, in: KK-AktG, § 310 Rn. 11; Veil, in: Spindler/Stilz, § 310 Rn. 1; Hirte, in: GK-AktG (2013), § 310 Rn. 2; Langenbucher, in: K. Schmidt/Lutter, § 310 Rn. 1; Leuering/Goertz, in: Hölters, § 310 Rn. 1; Fett, in: Bürgers/Körber, § 310 Rn. 1. 92  Altmeppen, in: MüKo-AktG, §  310 Rn. 32; Koppensteiner, in: KK-AktG, § 310 Rn. 12; Koch, in: Hüffer/Koch § 310 Rn. 1; Krieger, Münchener Hdb. GesR IV, § 71 Rn. 173. 93  Koch, in: Hüffer/Koch § 310 Rn. 1. 94  Siehe hierzu schon S. 149 ff.



§ 4 Haftung des Matrixmanagers261

über den Arbeitnehmern der abhängigen Gesellschaft erteilt werden. Gleichwohl wurde in dieser Arbeit festgestellt, dass die Leitungsaufgabe des Leitungsorgans der Matrixgesellschaft die Prüfung von Weisungen der Obergesellschaft umfasst.95 Dies hat zur Folge, dass das Leitungsorgan selbstständig zu entscheiden hat, ob die Weisung die rechtlichen Grenzen einhält und im zweiten Schritt, ob bei Nachteiligkeit der Weisung, jene dem Konzerninteresse dient. Sofern allerdings die Arbeitnehmer der Matrixgesellschaft direkt angewiesen werden, stellt sich die Frage, inwiefern das Leitungsorgan dann haftet, da dieses ja die Weisung auf die Zulässigkeit hin zu überprüfen hat. Diese Aufgabe ist eine Leitungsaufgabe für das Leitungsorgan der abhängigen Matrixgesellschaft und damit verbleibt die Entscheidung über die Zulässigkeit der Weisung stets bei diesem Organ und kann nicht an Mitarbeiter delegiert werden. Delegiert das Leitungsorgan dennoch diese Aufgabe und es entsteht bei der Gesellschaft ein Schaden, so stellt die unzulässige Delegation von Leitungsaufgaben selbst eine haftungsbegründende Pflichtverletzung des delegierenden Leitungsorgans dar.96 Folgt also ein Arbeitnehmer der Matrixgesellschaft einer unzulässigen Weisung des Matrixmanagers und hat das Leitungsorgan es versäumt, dies zu verhindern, verhält sich das Leitungsorgan pflichtwidrig und haftet nach § 310 Abs. 1 AktG. Obgleich dieser Entscheidungsverantwortung, kann das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft allerdings Mitarbeiter mit der Vorbereitung der Prüfung der Weisung beauftragen, die Letztverantwortlichkeit des Leitungsorgans hat hiervon freilich unberührt zu bleiben. Zu berücksichtigen ist auch, dass das Leitungsorgan rechtlich auch gar nicht vom Informationsfluss ausgeschlossen werden kann und im Fall, in dem dies tatsächlich geschieht, entsprechende Maßnahmen ergreifen kann.97 Ähnlich verhält es sich mit der Haftung für die Ausführungen der Weisungen durch die Arbeitnehmer. Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft hat die Arbeitnehmer auch bei der Ausführung der Weisung zu überwachen.98

§ 4 Haftung des Matrixmanagers Dem Matrixmanager kommt im matrixorganisierten Konzern eine wesentliche Rolle zu. Er ist regelmäßig leitender Angestellter, direkt unter der Konzernleitung bei der Obergesellschaft angesiedelt und hat die fachliche Füh95  Siehe

hierzu S. 110 ff. in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 99; Hopt/Roth, in: GK-AktG (2015), § 93 Rn. 55; Koch, in: Hüffer/Koch, § 93 Rn. 46. 97  Siehe hierzu S. 168 ff. 98  Vgl. auch Winter/Karwatzki, Matrixorganisation, S. 430 f. 96  Fleischer,

262

5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

rung seines Bereichs inne.99 Mit seinem Weisungsrecht kann er als Gesellschaftsexterner beispielsweise Produktionsstätten und Mitarbeitern, welche der Matrixgesellschaft zugeordnet sind, Weisungen erteilen.100 Aufgrund dieser Möglichkeiten und der umfassenden Verantwortlichkeit für seinen Bereich kann er letztlich die operative Tätigkeit sowie die strategische Ausrichtung seines Matrixbereichs leiten.101 Es ist deshalb im folgenden Abschnitt zu untersuchen, wie diese Fülle an Macht, sich auf die Haftung des Matrixmanagers auswirkt.

A. Gesetzliche Haftung Sofern der Matrixmanager „lediglich“ leitender Angestellter der Obergesellschaft ist und keine Organstellung innehat, richtet sich seine Haftung insbesondere nach vertraglichen Grundsätzen sowie möglicherweise nach § 309 Abs 2 AktG analog. I. Die Haftung als faktischer Vorstand Die Haftung des Matrixmanagers aufgrund der Stellung eines faktischen Leitungsorgans scheidet aus, da, unabhängig vom Vorliegen des Tatbestands des faktischen Leitungsorgans, das Vertragskonzernrecht die Figur des faktischen Leitungsorgans verdrängt.102 II. Haftung aus § 309 Abs. 2 AktG analog? Fraglich ist allerdings, ob der Matrixmanager nach § 309 Abs. 2 AktG haften kann. Eine direkte Haftung scheidet aus, da Adressat der Sorgfaltspflicht des § 309 Abs. 1 AktG und der damit einhergehenden Haftung aus § 309 Abs. 2 AktG die „gesetzlichen Vertreter“ der herrschenden Gesellschaft sind. Zu untersuchen ist daher, ob § 309 Abs. 2 AktG auf den Matrixmanager analoge Anwendung finden kann.

99  Vgl. zu dieser Ausgestaltung in der Praxis: Witschen, RdA 2016, 38, 46; Kort, NZA 2013, 1318, 1319; Wisskirchen/Block, NZA-Beilage 2017, 90; siehe aber auch LAG Baden-Württemberg vom 28.05.2014, 4 TaBV 7/13, BeckRS 2014, 70642; siehe hierzu auch schon S. 181 ff. 100  Schauf, BB 2017, 2883; Seibt/Wollenschläger, AG 2013, 229, 235; Maschmann, NZA 2017, 1557, 1558. 101  Vgl. Schauf, BB 2017, 2883, 2888, wonach der Matrixmanager auch die operative sowie strategische Geschäftsführung für seinen Bereich innehat. 102  Siehe hierzu S. 216 ff.



§ 4 Haftung des Matrixmanagers263 1. Status-quo

In der Literatur sind die Stimmen zu dieser Frage geteilt. Dies beruht vor allem auf dem unterschiedlichen Verständnis über das Vorliegen eines Schuldverhältnisses zwischen dem Vorstand der Obergesellschaft und der abhängigen Gesellschaft. Die Befürworter eines solchen Schuldverhältnisses verneinen konsequenterweise die Haftung des Bevollmächtigten aus § 309 Abs. 2 AktG, da der Vorstand der Obergesellschaft für das Verschulden des Bevollmächtigten „einsteht“ (§ 278 BGB).103 Die Gegner dieser Ansicht bejahen indes die analoge Anwendbarkeit mit dem Hinweis, dass sonst eine Haftungslücke bestehe.104 2. Stellungnahme

In dieser Arbeit wird ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen dem Leitungsorgan der Obergesellschaft und der Untergesellschaft erst mit Erteilung einer rechtswidrigen Weisung angenommen. Erst dann kann auch der § 278 BGB zur Anwendung kommen. Vorher kann § 278 BGB indes keine Anwendung finden.105 Daher wird dem Leitungsorgan der Obergesellschaft das Verschulden seiner ausführenden Arbeitnehmer nicht nach § 278 BGB zugerechnet, sondern diese haften aufgrund eines eigenen Überwachungsverschuldens. Es stellt sich mithin nach hier vertretener Auffassung die Frage einer Analogie. Eine Analogie ist nur zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen.106 Voraussetzung ist daher (i) einer vergleichbare Interessenlage sowie (ii) eine planwidrige Regelungslücke.

103  Mertens, AcP 168 (1968), 225, 228; Exner, Beherrschungsvertrag S. 154 ff., 159 f.; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 14; Koch, in: Hüffer/Koch, § 309 Rn. 4. 104  Altmeppen, Haftung des Managers S. 13; ders., in: MüKo-AktG, § 308 Rn. 48; Leuering/Goertz, in: Hölters, § 309 Rn. 17; Koppensteiner, in: KK-AktG, § 308 Rn. 12; Veil, in: Spindler/Stilz, § 309 Rn. 8. 105  Siehe hierzu S. 253 f. 106  BGH, vom 13.03.2003, I ZR 290/00, NJW 2003, 1932, 1933; BGH, vom 13.11.2001, X ZR 134/00, GRUR 2002, 238, 241; Rüthers/Fischer, Rechtstheorie, S.  552 f.; Larenz, Methodenlehre, S. 381; Zippelius, Juristische Methodenlehre, S. 55.

264

5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

a) Vergleichbare Interessenlage Eine vergleichbare Interessenlage erscheint vor dem Hintergrund des Zwecks des § 309 Abs. 2 AktG gegeben. So soll § 309 Abs. 2 AktG sicherstellen, dass derjenige, der die Geschäfte der abhängigen Gesellschaft führt, der Gesellschaft auch persönlich haftet, damit die Gesellschaft den Anspruch eigenständig realisieren kann und ihren gesamten Schaden ersetzt bekommt.107 Im gesetzlichen „Normalfall“ ist der Handelnde ein Mitglied des Leitungsorgans der Obergesellschaft. Dieser „Normalfall“ spiegelt allerdings nicht die wirtschaftliche Realität wider. Denn in dieser werden Aufgaben regelmäßig an untere Unternehmensebenen delegiert und damit gerade nicht vom Leitungsorgan ausgeübt. Die Ausführenden erledigen damit die Aufgaben, die vom Leitungsorgan delegiert worden sind. Geschehen hierbei Fehler und es entstehen Schäden, so macht es wertungsmäßig keinen Unterschied, ob die schädigende Weisung vom Vorstand selbst erteilt wird oder von einem Bevollmächtigten. Vielmehr verbleibt es am „Ende“ bei der Führung der Geschäfte der abhängigen Gesellschaft durch die Obergesellschaft. Ob dieser schädigende Fremdeinfluss vom Leitungsorgan oder einem Bevollmächtigten der Obergesellschaft ausgeübt wurde, macht für die Untergesellschaft keinen Unterschied, da es um die Schädigung durch Fremdeinfluss geht. b) Planwidrige Regelungslücke Fraglich ist indes, ob auch eine planwidrige Regelungslücke gegeben ist. aa) Regelungslücke Das Bestehen einer Regelungslücke erscheint auf den ersten Blick gegeben. Denn sofern der Vorstand der Obergesellschaft zulässigerweise das Weisungsrecht auf die unteren Gesellschaftsebenen delegiert, trifft den Vorstand nicht mehr die Haftung nach § 309 Abs. 2 AktG, wenn er die Grundsätze der ordnungsgemäßen Delegation einhält – also den Bevollmächtigten sorgfältig auswählt, einweist und überwacht. Eine Haftung für die erteilte sorgfaltswidrige Weisung durch den Bevollmächtigten trifft ihn jedoch nicht. In anderen Worten ausdrückt bedeutet dies, dass nun zunächst keine Person aufgrund der sorgfaltswidrigen Ausübung der Leitungsmacht haftet und der abhängigen Gesellschaft damit dieser Haftungsschuldner „wegfällt“. Gegen eine Regelungslücke lässt sich indes ins Feld führen, dass die nachteilhafte Einflussnahme Dritter (auch Angestellter der Obergesellschaft) von 107  Altmeppen,

in: MüKo-AktG, § 308 Rn. 49.



§ 4 Haftung des Matrixmanagers265

§ 117 AktG erfasst sein könnte.108 § 117 Abs. 1 AktG verpflichtet denjenigen zum Schadensersatz, der vorsätzlich unter Benutzung seines Einflusses auf die Gesellschaft ein Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats, einen Prokuristen oder einen Handlungsbevollmächtigten dazu bestimmt, zum Schaden der Gesellschaft oder ihrer Aktionäre zu handeln. Ausgenommen hiervon sind allerdings nach Absatz 7 Nr. 1 Maßnahmen die auf einem Beherrschungsvertrag beruhen, damit also zulässige Weisungen. Ausgenommen sind dagegen unzulässige Weisungen.109 Eine Überschneidung mit der Haftung aus § 309 Abs. 2 AktG wird deutlich, so dass § 117 AktG gegen eine Regelungsrücke sprechen könnte, da die hier untersuchte Fallgestaltung unter § 117 Abs 1 AktG fallen könnte. Diese These bedarf allerdings einer näheren Untersuchung im Hinblick darauf, ob § 117 Abs. 1 AktG und § 309 Abs. 2 AktG tatsächlich den gleichen Regelungsinhalt haben. Denn nur dann erscheint die Verneinung einer Regelungslücke gerechtfertigt. Schaut man sich die Haftung nach § 309 Abs. 2 AktG an, erscheint eine solche aufgrund zweier Verletzungen denkbar. Einerseits eine Haftung aufgrund der Verletzung allgemeiner Sorgfaltspflichten bei dem Ausspruch von Weisungen, andererseits eine Haftung aufgrund der schuldhaften Missachtung der Schranken des Weisungsrechts.110 Insbesondere bei der Anwendung der ersten möglichen Verletzung, d. h. bei der Verletzung allgemeiner Sorgfaltspflichten bei dem Ausspruch von Weisungen, ist allerdings Zurückhaltung geboten, da bei dem Ausspruch von Weisungen ein unternehmerischer Ermessensspielraum vorliegt (Business Judgment Rule).111 Eine Haftung für die Verletzung allgemeiner kaufmännischer Sorgfaltspflichten bei der Erteilung von Weisungen nach § 309 Abs. 1 ist deshalb erst bei einer Überschreitung des zuzubilligenden, weiten unternehmerischen Ermessensspielraums durch geschäftspolitisch in keiner Weise mehr zu rechtfertigende Weisungen gegeben, bei denen elementare kaufmännische Vorsichtsmaßnahmen und betriebswirtschaftliche Erkenntnisse vernachlässigt wurden.112 Für solche Verletzungen erscheint allerdings eine Haftung nach § 117 Abs. 1 AktG nicht möglich, da bei einer Haftung nach § 117 Abs. 1 AktG stets Vorsatz erforderlich ist. Eine sorgfaltswidrige Weisung in Bezug auf unternehmerische Entscheidungen 108  Vgl. zu § 117 AktG: Brüggemeier, AG 1988, 93, 96; Kort, in: GK-AktG (2014), § 117 Rn. 98 f.; Spindler, in: MüKo-AktG, § 117 Rn. 10. 109  Spindler, in: MüKo-AktG, § 117 Rn. 89; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 117 Rn. 31; Schall, in: Spindler/Stilz, § 117 Rn. 32. 110  Emmerich, in: Emmerich/Habersack, §  308 Rn.  32; Langenbucher, in: K. Schmidt/Lutter, § 309 Rn. 21; Veil, in: Spindler/Stilz, § 309 Rn. 24. 111  Emmerich, GS Sonnenschein, 651, 655  f.; ders., in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 33; Altmeppen, Die Haftung des Managers im Konzern, S. 35 f.; ders., in: MüKo-AktG, § 309 Rn. 71; Langenbucher, in: K. Schmidt/Lutter, § 309 Rn. 22. 112  Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 33.

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5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

wird meist jedoch lediglich fahrlässig erfolgen, so dass § 117 AktG nicht den gleichen Schutz gewähreistet, wie §  309 Abs.  2 AktG, da bei §  309 Abs. 2 AktG auch fahrlässige Verletzungen umfasst sind. Obgleich derselben Rechtsfolgen der beiden Tatbestände, haben die Vorschriften unterschiedliche Tatbestandsvoraussetzungen, so dass § 117 AktG nicht identisch ist mit dem Regelungsbereich des § 309 Abs. 2 AktG, sondern einen weniger umfassenden Schutz bietet. Damit sprechen gute Gründe für das Vorliegen einer Regelungslücke. bb) Planwidrigkeit der Regelungslücke Planwidrig ist die Regelungslücke, die den methodischen Schritt der Analogie rechtfertigt, nur dann, wenn die in Rede stehende Regelungssituation vom Gesetzgeber nicht gesehen wurde oder wegen späterer Veränderungen der Umstände nicht gesehen werden konnte.113 Für die Planwidrigkeit der Regelungslücke lassen sich gute Argumente ins Feld führen. Für eine solche Planwidrigkeit sprechen (i) der Wandel in der Unternehmensführung sowie (ii) gesetzliche Wertungen im Aktiengesetz selbst. Der Gesetzgeber hat mit der Vorschrift des § 309 AktG die durch Beherrschungsvertrag begründete Leitungsmacht des herrschenden Unternehmens mit einer entsprechenden Verantwortlichkeit der gesetzlichen Vertreter verknüpft.114 § 309 AktG dient damit dem Schutz der abhängigen Gesellschaft durch Einbeziehung der gesetzlichen Vertreter des herrschenden Unternehmens in den Haftungsverbund.115 Bei der Einführung des Aktiengesetzes 1965 und damit auch des § 309 AktG wollte der Gesetzgeber das Aktien­ gesetz, welches die rechtliche Organisation für einen bedeutenden Teil der deutschen Wirtschaft regelt(e), so gestalten, dass es mit den Grundsätzen der Wirtschaftsverfassung im Einklang steht und die damalige Wirtschaftsordnung sich im Gesetz wiederfindet.116 Die damalige vorherrschende Vorstellung der Unternehmens- und Konzernorganisation war allerdings weitestgehend von einer funktionalen Organisationsstruktur geprägt, bei der die Gesamtleitung in verschiedene Fach­ ressorts gegliedert wurde und die Aufgabenverteilung primär horizontal, also im Vorstand erfolgte.117 Diese Aufgabenverteilung war auch vor den wirt113  Vgl. Rüthers/Fischer, Rechtstheorie, S. 552 f.; Larenz, Methodenlehre, S. 381; Zippelius, Juristische Methodenlehre, S. 55. 114  Vgl. BT-Drs. IV/171, S. 227. 115  Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 309 Rn. 1. 116  BT-Drs. IV/171, S. 92. 117  Kantzas, Das Weisungsrecht, S. 152; v. Hoyningen-Huene, ZGR 1978, 515, 527.



§ 4 Haftung des Matrixmanagers267

schaftlichen Problemstellungen regelmäßig ausreichend, da sich die Unternehmensführung damals lediglich auf die bestmögliche Gestaltung und ­Erledigung der operativen Aufgaben fokussieren musste.118 Für den Unternehmenserfolg war es regelmäßig ausreichend, die Buchhaltung und Kostenrechnung in Verbindung mit einem eher autoritären Führungsstil sicher­ zustellen; die operative Planungsarbeit, in der Regel nicht nur für ein Jahr, sondern über mehrere Perioden hinweg, war damit für die Unternehmensführung völlig ausreichend.119 Diese Planung zeichnete sich vor allem mit dem Fortschreiben der Vergangenheit in die Zukunft aus.120 Hintergrund war, dass es in diesem Zeitraum nur wenig Verdrängungswettbewerb gab, die Umweltveränderungen nur sehr langsam vor sich gingen und die Marktentwicklung in den meisten Branchen vorhersehbar war.121 Die strategische Leitungsaufgabe nahm keinen wesentlichen Raum ein, sondern reduzierte sich häufig sogar auf einen einmaligen Akt im Rahmen der Unternehmensgründung. Danach galt es, die Tagesarbeit zu organisieren und zu optimieren, um das Unternehmen auf Erfolgskurs zu halten.122 Diese Art der Leitung brachte es mit sich, dass der Vorstand genug Kapazitäten hatte, auch „kleinteiligere“ Aufgaben zu erledigen, zu der auch die Weisungserteilung gegenüber Tochtergesellschaften zählte. Eine solche Art der Leitung ist für die meisten Gesellschaften heute allerdings nicht mehr möglich. Verdrängungswettbewerb durch in- und ausländische Marktteilnehmer, technologischer Fortschritt und Wandel, politische Umbrüche sowie umfangreiche Unternehmensexpansionen machen die Planung und strategische Ausrichtung von Gesellschaften zu komplexen Leitungsaufgaben, die maßgeblich vom Vorstand der Gesellschaft wahrzunehmen ist.123 Dies macht es erforderlich, dass der Vorstand andere Aufgaben vertikal delegiert, um genügend Kapazitäten für die eigentlichen Leitungsaufgaben zu haben.124 Dieser Wandel, weg von einer zentralen Vorstandsverantwortlichkeit hin zu einer arbeitsteiligen Arbeitsweise, war indes vom Gesetzgeber so nicht zu antizipieren, sondern er ging davon aus, dass 118  Herbek,

Strategische Unternehmensführung, S. 17. in: Gomez/Hahn/Müller-Stewens/Wunderer, S. 25; Herbek, Strategische Unternehmensführung, S. 17 f. 120  Hahn, in: Gomez/Hahn/Müller-Stewens/Wunderer, S. 70 ff. 121  Herbek, Strategische Unternehmensführung, S. 18. 122  Herbek, Strategische Unternehmensführung, S. 18. 123  Zur Wandlung der Leitungsaufgabe siehe auch Kantzas, Das Weisungsrecht, S. 152; v. Hoyningen-Huene, ZGR 1978, 515, 527; Hüffer, in: Aktienrecht im Wandel, Band II, S. 349 ff.; siehe auch zur tatsächlichen Ebene beispielhaft die Chronik des VW-Konzerns, wonach insbesondere in den 70er und 80er Jahren eine weitere Expansion ins Ausland erfolgte, welche die Struktur des Konzerns anpassungsbedürftig machte, S. 98 ff., abrufbar unter https://www.volkswagenag.com/presence/medien/ documents/HN7+Chronik_d_k.pdf (zuletzt abgerufen: 17.06.2019). 124  Vgl. hierzu auch v. Hoyningen-Huene, ZGR 1978, 515, 527. 119  Ulrich,

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5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

die Weisungserteilung gegenüber Tochtergesellschaften nach damaliger Wirtschaftspraxis vom Vorstand vorgenommen wird. Für die Planwidrigkeit der Regelungslücke lässt sich auch die Wertung des § 309 Abs. 2 AktG selbst anführen. Diese Norm will umfassend sicherstellen, dass die abhängige Gesellschaft einen eigenen unmittelbaren Anspruch gegen die handelnden Personen hat. Die abhängige Gesellschaft soll nicht lediglich auf die Möglichkeit verwiesen werden, einen etwaigen Anspruch des herrschenden Unternehmens gegen ihren eigenen Angestellten wegen Pflichtverletzung bei der Ausübung des Weisungsrechts zu pfänden, sondern einen ­eigenen Anspruch gegenüber den Handelnden haben.125 c) Ergebnis Die Haftung des Bevollmächtigten ist im Zusammenhang mit der Weisungserteilung nur unzureichend geregelt. Das Gesetz und der Willen des Gesetzgebers, der abhängigen Gesellschaft einen eigenen umfassenden ­Anspruch gegenüber den Handelnden zu ermöglichen, macht eine analoge ­Anwendung des § 309 AktG erforderlich. Der Matrixmanager haftet also der abhängigen Gesellschaft gegenüber für sorgfaltswidrige Weisungen nach § 309 Abs. 2 AktG analog. III. Haftung aus § 117 AktG Schließlich kommt auch für den Matrixmanager eine Haftung nach § 117 Abs. 1 AktG in Betracht, sofern er einen nachteiligen Einfluss auf die Matrixgesellschaft ausübt. Im Rahmen des § 117 AktG ist anerkannt, dass auch Mitarbeiter eines Mehrheitsaktionärs den schädlichen Einfluss ausüben können.126 Gleichwohl ist auch hier zu berücksichtigen, dass für zulässige nachteilige Weisungen eine Haftung nach § 117 Abs. 1 AktG nicht besteht, da hier der Ausschluss des § 117 Abs. 7 Nr. 1 AktG greift. Dies gilt jedoch nicht, sofern eine unzulässige Weisung erteilt wird. Dann tritt neben die Haftung nach § 309 Abs. 2 AktG analog die Haftung aus § 117 Abs. 1 AktG. Erforderlich für die Haftung ist allerdings ein vorsätzliches Handeln (§ 117 Abs. 1 S. 1 AktG). Der Vorsatz muss insbesondere das Wissen umfassen, dass die Handlung oder Unterlassung ihrer Art nach generell geeignet ist, die Gesellschaft zu schädigen, braucht aber Art und Höhe des Schadens nicht zu umfassen.127 125  Altmeppen,

in: MüKo-AktG, § 308 Rn. 49. AG 1988, 93, 96; Kort, in: GK-AktG (2014), § 117 Rn. 98 f.; Spindler, in: MüKo-AktG, § 117 Rn. 10. 127  Spindler, in: MüKo-AktG, § 117 Rn. 42; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 117 Rn. 23. 126  Brüggemeier,



§ 4 Haftung des Matrixmanagers269

B. Vertragliche Haftung I. Arbeitsvertrag Der mit der Obergesellschaft in einem arbeitsvertraglichen Verhältnis stehende Matrixmanager haftet dieser gegenüber auch aufgrund des bestehenden Vertragsverhältnisses (§§ 280 Abs. 1, 611 BGB). Hierbei kann sich der Matrixmanager nicht auf die Privilegierung des innerbetrieblichen Schadensausgleichs berufen, sofern er im Rahmen der Weisungserteilung unternehmerische Entscheidungen trifft. Vielmehr kommen die Grundsätze der Business Judgment Rule zur Anwendung.128 II. Vertrag zugunsten Dritter Fraglich ist ferner, ob der Matrixmanager der Matrixgesellschaft gegenüber aufgrund eines Vertrags zugunsten Dritter haftet. Voraussetzung hierfür wäre, dass der Arbeitsvertrag zwischen der Obergesellschaft und dem Ma­ trixmanager ein Vertrag zugunsten Dritter ist. Sofern ein solcher Vertrag vorliegt, kann auch der Dritte nach den Regeln der vertraglichen Haftung (§§ 280 ff. BGB) Schadensersatz verlangen.129 Der echte Vertrag zugunsten Dritter begründet ein Dreiecksverhältnis zwischen den Beteiligten. Der eigentliche Vertrag zugunsten Dritter wird zwischen Versprechendem (Matrixmanager) und dem Versprechensempfänger (Obergesellschaft) geschlossen (§ 328 Abs. 2, 335 BGB, „Vertragsschließenden“). Dieses Verhältnis wird als Deckungsverhältnis bezeichnet.130 Im Rahmen dieses Verhältnisses verpflichtet sich der Versprechende als Schuldner gegenüber dem Versprechensempfänger, eine Leistung an einen Dritten (hier: Matrixgesellschaft) zu erbringen. Damit wird also durch den Vertragsschluss zugleich ein Rechtsverhältnis zwischen Versprechendem und Drittem begründet („Vollzugsverhältnis“).131 Der Rechtsgrund, aus dem heraus der Versprechensempfänger diese Leistung über den Versprechenden, also indirekt, dem Dritten zukommen lassen will, ist in seinem Verhältnis zum Letzteren zu suchen („Valutaverhältnis“). Der Dritte ist indes nicht Vertragspartei, sondern „nur“ der Gläubiger der Leistung.132 Anders verhält es sich indes bei 128  Siehe

hierzu schon S. 197 ff. in: beckOGK, § 328 Rn. 44; Klumpp, in: Staudinger (2015), § 328,

129  Mäsch,

Rn. 23. 130  Mäsch, in: beckOGK, § 328 Rn. 17. 131  Mäsch, in: beckOGK, § 328 Rn. 17. 132  Gottwald, in: MüKo-BGB, § 335 Rn. 1; Hadding, in: Soergel, BGB § 328 Rn. 15; Mäsch, in: beckOGK, § 328 Rn. 20.

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5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

dem sogenannten unechten Vertrag zugunsten Dritter. Hier einigen sich die Vertragschließenden dahingehend, dass der Versprechende verpflichtet ist, an den Dritten zu leisten, der Dritte aber keinen eigenen Leistungsanspruch erwerben soll (§ 328 Abs. 2 BGB). Der Versprechende würde demnach verpflichtet, gegenüber der abhängigen Gesellschaft als Dritte Weisungen zu erteilen. Ein solcher Vertrag zugunsten Dritter – gleich ob echter oder unechter – ist allerdings regelmäßig abzulehnen, da es gerade kein „Recht“ auf Weisungserteilung seitens der Matrixgesellschaft gibt. Denn die für die Obergesellschaft handelnden Personen sind lediglich berechtigt, indes nicht verpflichtet, Weisungen zu erteilen.133 Es ist daher nicht anzunehmen, dem Arbeitsvertrag eine drittbegünstigende Bedeutung abzugewinnen, wenn es keine Pflicht zur Weisungserteilung gibt. Etwas anderes kann allerdings im Einzelfall dann gelten, wenn die Parteien des Beherrschungsvertrags die Verantwortung für bestimmte Aufgaben der Obergesellschaft auferlegt haben. Sofern der Beherrschungsvertrag eine Pflicht begründet, wonach das Leitungsorgan der abhängigen Gesellschaft „entlastet“ sein soll, da das Leitungsorgan der Obergesellschaft sich verpflichtet hat, bestimmte Leitungsaufgaben zu übernehmen, kann im Arbeitsvertrag zwischen Obergesellschaft und Matrixmanager ein Vertrag zugunsten Dritter zu erblicken sein. Denn in dieser Konstellation trifft das Leitungsorgan der Obergesellschaft eine erhöhte Verantwortung, da die abhängige Gesellschaft dann einen vertraglich begründeten Anspruch auf Leistung in Form von Leitungsmaßnahmen hat. In diesen Fällen ist es bei Untätigkeit der Obergesellschaft nicht mehr möglich, sich mit dem Hinweis zu entlasten, der Beherrschungsvertrag verschaffe nur ein „Recht“ auf Leitungsmaßnahmen, aber keine Pflicht auf jene.134 Sofern ein solcher Fall vorliegt, erscheint es naheliegend, dass der Arbeitsvertrag (zwischen der Obergesellschaft und dem Matrixmanager) der Matrixgesellschaft das Recht gibt, entsprechende Leitungsmaßnahmen direkt zu fordern. Für die Auslegung dieses Vertrags darf nicht allein der Vertragswortlaut herangezogen werden, sondern es sind vielmehr der Vertragszweck, sein typischer Inhalt und alle sonstigen Umstände des Einzelfalles, etwa begleitende Erklärungen, auch gegenüber Dritten, in

133  Kantzas, Das Weisungsrecht, S. 165; Henze/Lübke, Der Konzern, 2009, 159, 163; Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 309 Rn. 54; Koppensteiner, in: KK-AktG, § 309 Rn. 6; Langenbucher, in: K. Schmidt/Lutter, § 309 Rn. 17; Liebscher, in: MüKoGmbHG, Anhang § 13 Rn. 839; Veil, in: Spindler/Stilz, §309 Rn. 17; abweichend Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 309 Rn. 35. 134  Altmeppen, in: MüKo-AktG, §  309 Rn. 58; Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, S.  310 ff., 315 ff.



§ 4 Haftung des Matrixmanagers271

Betracht zu ziehen.135 Legt man diese Auslegungsregeln zugrunde so spricht vieles dafür, den Vertrag als Vertrag zugunsten Dritter einzuordnen, da der Arbeitsvertrag gerade den Zweck hat, nicht nur Pflichten gegenüber der anstellenden Gesellschaft zu begründen, sondern vielmehr auch Verpflichtungen gegenüber einem Dritten, welcher geleitet werden soll.136 Denn der Matrixmanager übernimmt aufgrund dieser vertraglichen Vereinbarung zur Obergesellschaft die Geschäftsführungsaufgaben des Vorstands der Obergesellschaft in Bezug auf den Matrixbereich. Verletzt der Matrixmanager diese Leitungspflicht, so kann die Matrixgesellschaft als Dritte gegen den Matrixmanager auf Grundlage des Vertrags zugunsten Dritter Schadensersatz geltend machen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sich der Matrixmanager gegenüber der Matrixgesellschaft auch auf die Business Judgment Rule berufen kann. Hintergrund ist, dass zwischen dem Dritten (Matrixgesellschaft) und dem Versprechenden (Matrixmanager) kein eigenes Vertragsverhältnis besteht, sondern „lediglich“ das sogenannte Vollzugsverhältnis.137 Dies hat den Gleichlauf der Haftungsvoraussetzung zur Folge, d. h., es gelten dieselben Voraussetzungen für die Haftung, wie gegenüber der Obergesellschaft. III. Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter Die Anwendbarkeit des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter zum Vorteil der Matrixgesellschaft ist fernliegend, da dessen Tatbestand nicht vorliegt. Denn erforderlich ist neben der Leistungsnähe, der Gläubigernähe sowie der Erkennbarkeit des geschützten Personenkreises für den Schuldner die Schutzbedürftigkeit des Dritten.138 An letzterer mangelt es hier, da der Vertrag mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter zur Überwindung von als untragbar angesehenen Schutzlücken des Deliktsrechts begründet worden ist.139 Dies macht es notwendig, dass das Institut dort nicht eingesetzt werden darf, wo eine Schutzlücke nicht besteht.140 Sofern der Dritte also andere Ansprüche hat, die seinen Schaden ausgleichen (also „gleichwertig“ sind), kann er sich nicht auf den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter be-

135  Gottwald, in: MüKo-BGB, § 328 Rn. 33; BGH, vom 29.11.1974, V ZR 73/73 NJW 1975, 344, 345; BGH, vom 10.02.1971, VIII ZR 182/69, NJW 1971, 1702. 136  Schäfer, Haftung Leitungsorgan abhängiger Gesellschaften, S. 119. 137  BGH, vom 22.09.2005, III ZR 295/04, NJW 2005, 3778; Mäsch, in: beckOGK, § 334 Rn. 23. 138  Siehe nur: BGH, vom 13.10.2011, IX ZR 193/10, NZG 2011, 1384, m. w. N.; Mäsch in: beckOGK, § 328 Rn. 167 ff. 139  Gottwald, in: MüKo-BGB, § 328 Rn. 166  f.; Mäsch, in: beckOGK, § 328 Rn. 154. 140  Mäsch, in: beckOGK, § 328 Rn. 178.

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5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

rufen.141 Eben einen solchen gleichwertigen Anspruch hat die Matrixgesellschaft als abhängige Gesellschaft. So hat diese nicht nur einen Anspruch auf Verlustausgleich gegen die Obergesellschaft (§ 302 AktG), sondern auch einen Anspruch gegen den Matrixmanager nach § 309 Abs. 2 AktG analog. Dieser ist mit einem möglichen Anspruch aus dem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter gleichwertig, da es ebenfalls um den Ersatz eines aufgrund der verschuldeten Verletzung entstandenen Schadens geht.

C. Zusammenfassung Der Matrixmanager ist als Bevollmächtigter der Obergesellschaft die Person, die das Weisungsrecht ausübt. Er führt mithin (teilweise) die Geschäfte der abhängigen Matrixgesellschaft. Daher trifft den Matrixmanager die Haftung gegenüber der abhängigen Gesellschaft nach § 309 Abs. 2 AktG analog. Ferner kann den Matrixmanager eine vertragliche Haftung aus § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. dem Arbeitsvertrag gegenüber der Obergesellschaft treffen. Gegenüber der Matrixgesellschaft kann zudem ein Anspruch aus dem Vertrag zugunsten Dritter bestehen.

D. Haftung als Teil der Geschäftsleitung der Matrixgesellschaft Diese Konstellation ist die wohl haftungsrechtlich komplexeste. Denn den Matrixmanager treffen nicht nur aufgrund seiner herausgehobenen Stellung besondere Pflichten, sondern auch aufgrund seiner Stellung als Organ der Matrixgesellschaft. Erschwerend kommt hinzu, dass der Matrixmanager mit der Obergesellschaft arbeitsvertraglich verbunden ist und aufgrund seiner Stellung als Matrixmanager dem Konzerninteresse unterworfen ist. Damit einhergehend ergeben sich naturgemäß Konflikte. Denn niemand kann „Diener zweier Herren“ zugleich sein.142 I. Gesetzliche Haftung 1. Haftung aus § 309 AktG

Bei der Erteilung sorgfaltswidriger Weisungen ist der Matrixmanager gemäß § 309 Abs. 2 AktG analog zum Schadensersatz gegenüber der Matrixge141  BGH, vom 22.07.2004, IX ZR 132/03, NJW 2004, 3630; BGH, vom 13.10.2011, IX ZR 193/10, NZG 2011, 1384; Mäsch, in: beckOGK, § 328 Rn. 178; Gottwald, in: MüKo-BGB, § 328 Rn. 191; Klumpp, in: Staudinger (2015), § 328 Rn. 124. 142  So schon in der Bibel, Mt 6, 24.



§ 4 Haftung des Matrixmanagers273

sellschaft verpflichtet.143 Problematisch in diesem Zusammenhang ist allerdings, dass der Matrixmanager auch zugleich Mitglied des Leitungsorgans der abhängigen Matrixgesellschaft ist. Diese Personalverflechtung führt zu der Frage, inwiefern der Matrixmanager in dieser Situation haftet. Haftet der Matrixmanager aufgrund der sorgfaltswidrigen Weisungserteilung nach § 309 Abs. 2 AktG oder letztlich wegen der Ausführung der Weisung nach § 93 Abs. 2 AktG oder nach § 310 AktG. Bei der „klassischen“ Organverflechtung (Doppelmandat) haben sich hierzu verschiedene Ansichten entwickelt. Unproblematisch ist noch der Fall, in dem das Organ in der Rolle als Organ der Obergesellschaft eine Weisung an die Leitungsorgane der abhängigen Gesellschaft erteilt.144 Hier haftet das Organ nach § 309 Abs. 2 AktG. Sofern das Organ die Weisung indes selbst vornimmt ist die Haftungsnorm umstritten. Nach einer Ansicht soll dann allein die Organhaftung nach § 93 Abs. 2 AktG Anwendung finden.145 Begründet wird dies damit, dass der gesetzliche Vertreter nur als Leitungsorgan der abhängigen Gesellschaft angesehen werden kann und nur im Rahmen dieser Stellung der abhängigen Gesellschaft einen Schaden zufügen kann. Eine andere Ansicht hält dagegen eine Haftung nach § 309 Abs. 2 AktG für anwendbar, da es widersprüchlich wäre, die Anwendbarkeit des § 309 Abs. 4 S. 1 AktG davon abhängig zu machen, ob eine Weisung formell erteilt worden sei. Ferner darf nicht ausgeblendet werden, dass das Vorstandsmitglied auch der Geschäftsleitung des herrschenden Unternehmens angehöre.146 Obgleich das „klassische“ Vorstandsdoppelmandat eine etwas andere Konstellation im Blick hat, so lassen sich doch die Erwägungen auch auf die hiesige Konstellation übertragen, in der ein Leitungsorgan der abhängigen Gesellschaft zugleich eine leitende Arbeitnehmerstellung in der Obergesellschaft wahrnimmt. Die Haftung dieser Person folgt gleichsam aus § 309 Abs. 2 AktG analog. Neben den von der sich auf § 309 Abs. 2 AktG stützenden Ansicht vorgebrachten Argumenten kommt in der hier vorliegenden Konstellation noch folgende Erwägung hinzu. Der Matrixmanager ist zwar ein Leitungsorgan der abhängigen Matrixgesellschaft und aufgrund dieser Stellung auch den Organpflichten ausgesetzt. Gleichwohl wird man nicht unberücksichtigt lassen dürfen, dass er letztlich mit der Obergesellschaft vertraglich gebunden und 143  Siehe

hierzu S. 262 ff. in: Spindler/Stilz, § 309 Rn. 18; Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 309 Rn. 60; Koch, in: Hüffer/Koch, § 309 Rn. 29; Kantzas, Das Weisungsrecht, S. 160; Koppensteiner, in: KK-AktG, § 309 Rn. 9. 145  Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 309 Rn. 64; Leuering/Goertz, in: Hölters, § 309 Rn. 23; Langenbucher, in: K. Schmidt/Lutter, § 309 Rn. 20, 45; Veil, in: Spindler/ Stilz, § 309 Rn. 18; Henze/Lübke, Der Konzern 2009, 159, 165 f. 146  Kantzas, Das Weisungsrecht, S.  160; Koppensteiner, in: KK-AktG, § 309 Rn. 9; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 309 Rn. 23. 144  Veil,

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5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

als Arbeitnehmer faktisch auch den Vorstellungen und Weisungen der Obergesellschaft ausgesetzt ist.147 Damit ist der Matrixmanager trotz seiner umfassenden Autonomie stets auch den Vorstellungen der Obergesellschaft unterworfen, welche er indes nicht prägend mitbestimmt. Hinzu kommt, dass letztlich die „Entsendung“ des Matrixmanagers in das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft als generelle Weisung zu verstehen ist, die Maßnahmen des Matrixmanagers, die er in der abhängigen Gesellschaft für notwendig erachtet, umzusetzen.148 Damit wird er regelmäßig als Matrixmanager tätig, der in die Matrixgesellschaft „entsendet“ worden ist, um den Matrixbereich effektiv zu führen. Der Zweck und der Schwerpunkt seiner Tätigkeit erfolgt damit im Rahmen als Vertreter der Obergesellschaft und nicht als Organ der Matrixgesellschaft. Im Rahmen dieser Stellung erteilt er die Weisungen und ist damit gemäß § 309 Abs. 2 AktG analog für Schäden verantwortlich.149 2. Haftung aus § 93 Abs. 2 AktG

Eine weitere Haftung trifft den Matrixmanager in der Rolle als Leitungsorgan insbesondere sofern er im weisungsfreien Raum tätig wird. Dann gelten keine Besonderheiten und es treffen ihn die „normalen“ Organpflichten. Eine Ausschaltung dieser durch die Matrixorganisation ist ebenso wenig möglich, wie die der Organstellung widersprechende arbeitsvertragliche Vereinbarungen.150 3. Haftung aus § 310 Abs. 1 S. 1 AktG

Ist der Matrixmanager zugleich Mitglied des Leitungsorgans der Matrixgesellschaft so haftet er nach § 309 AktG, sofern er sorgfaltswidrige Weisungen an Arbeitnehmer aber auch an Kollegen im Leitungsorgan der Matrixgesellschaft erteilt. Eine Haftung aus § 310 Abs. 1 S. 1 AktG kommt allerdings dann regelmäßig nicht mehr in Betracht. Denn die Vorschrift greift nur, wenn eine Weisungsunterworfenheit des Leitungsorgans gegeben ist.151 Hier ist aber der Matrixmanager selbst die Person die als Vertreter der Obergesellschaft Weisungen erteilt.152 Dann kann er nicht zugleich dieser Weisung unterworfen sein. 147  Siehe

zum Verhältnis Organstellung und Arbeitnehmerstellung, S. 233 ff. zur „Entsendung“ des Matrixmanagers als Weisung, S. 236 ff. 149  Ähnlich: Noack, in: FS Hoffmann-Becking (2013), S. 847, 849, der darauf abstellt ob der Doppelmandatar im Interesse der Obergesellschaft gehandelt hat; sofern dies der Fall ist, sollen die Konzernhaftungsnormen einschlägig sein. 150  Siehe hierzu schon umfassend S. 233 f. 151  Streyl, Vorstands-Doppelmandate, S. 67. 152  Streyl, Vorstands-Doppelmandate, S. 67. 148  Siehe



§ 4 Haftung des Matrixmanagers275

II. Vertragliche Haftung 1. Haftung aus dem Arbeitsvertrag zur Obergesellschaft

Der Matrixmanager ist bei einem pflichtwidrigen Handeln der Obergesellschaft zum Schadensersatz aufgrund einer Vertragsverletzung verpflichtet (§ 280 Abs. 1 AktG). Hierbei kann bei Schädigung der Matrixgesellschaft insbesondere die Wertminderung des Beteiligungsbestandes als Schaden Berücksichtigung finden. Sofern diese Verletzung im Rahmen seiner unternehmerischen Entscheidungen entstanden ist, kann sich der Matrixmanager nicht auf den innerbetrieblichen Schadensausgleich berufen, sondern es kommt die Business Judgment Rule zur Anwendung. 2. Haftung aufgrund § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. Vertrag zugunsten Dritter

Auch hier stellt sich die Frage, ob der Arbeitsvertrag zur Obergesellschaft als Vertrag zugunsten Dritter angesehen werden kann. So spricht vieles dafür, die hier vorliegende Drittanstellung als berechtigenden Vertrag zugunsten der bestellenden Gesellschaft auszulegen.153 Durch den Drittanstellungsvertrag erwirbt die Matrixgesellschaft das Recht, vom Matrixmanager die vertrag­ liche Leistung zu fordern. Der Matrixmanager ist demnach verpflichtet, die Organstellung zu übernehmen, die Geschäfte der Gesellschaft zu führen und die sich hieraus ergebenden Aufgaben mit der notwendigen Sorgfalt wahrzunehmen. Verletzt der Matrixmanager diese Pflicht aus dem Vertrag, z. B. indem er pflichtwidrigerweise nur auf das Interesse der Obergesellschaft abstellt und seine Pflichten als Organ der Matrixgesellschaft vernachlässigt, so haftet er der Matrixgesellschaft gegenüber auch aus dem zwischen der Obergesellschaft und ihm abgeschlossenen Vertrag. III. Zusammenfassung Der Matrixmanager haftet als Teil des Leitungsorgans der Matrixgesellschaft dieser gegenüber aus § 309 Abs. 2 AktG analog, da der Matrixmanager regelmäßig im Interesse der Obergesellschaft tätig wird und damit Weisungen erteilt. Eine Haftung gegenüber der Matrixgesellschaft kann auch über seine Organstellung erfolgen. Die daraus resultierenden Pflichten hat der Matrixmanager als bestelltes Organ der Matrixgesellschaft einzuhalten. Neben diesen gesetzlichen Haftungstatbeständen kommt auch eine Haftung gegenüber der Obergesellschaft aus dem Arbeitsvertrag in Betracht sowie eine 153  Vgl.

auch Schäfer, Haftung Leitungsorgan abhängiger Gesellschaften, S. 119.

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5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

Haftung gegenüber der Matrixgesellschaft aus einem Vertrag zugunsten Dritter, welcher im Arbeitsvertrag zur Obergesellschaft erblickt werden kann.

§ 5 Haftung der Obergesellschaft Abschließend ist noch zu untersuchen inwieweit auch die Obergesellschaft haften kann. Dies erscheint im Zusammenhang mit der Matrixorganisation aufgrund der gesellschaftsübergreifenden Zusammenarbeit und Bündelung von Macht bei der Obergesellschaft besonders relevant, da im Rechtsverkehr diese Zusammenarbeit auch zu einer Verwässerung der klaren gesellschaftsrechtlichen Grenzen führen kann.

A. Ausgleichspflicht nach § 302 AktG Die in §§ 302, 303 AktG geregelte Verlustausgleichpflicht stipuliert für die Obergesellschaft, die Verluste der abhängigen Gesellschaft auszugleichen (§ 302 AktG) und nach Beendigung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag den Gläubigern der abhängigen Gesellschaft Sicherheit zu leisten (§ 303 AktG). Damit eröffnet § 302 AktG die unmittelbare Haftung der Obergesellschaft mit seinem Sondervermögen und, da dieser Anspruch u. U. von den Gläubigern der beherrschten Gesellschaft gemäß §§ 829, 835 ZPO gepfändet werden kann, wird somit mittelbar die Haftung des Vermögens der Obergesellschaft gegenüber den Gläubigern der Untergesellschaft begründet.154 Die Einstandspflicht der Obergesellschaft ist im Gegensatz zum Organhaftungskonzept dadurch gekennzeichnet, dass die Schulden des abhängigen Unternehmens unabhängig von einem bestimmten Verhalten des Unternehmens vollständig ausgeglichen werden müssen. Damit wird mit § 302 AktG keine Verhaltenshaftung begründet, sondern eine Strukturhaftung.155 Damit hat die durch den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag begründete Fremdherrschaft, obwohl durch das Aktiengesetz vorgesehen und erlaubt, eine Haftungseinheit zwischen herrschender und beherrschter Gesellschaft zur Folge.156 Der Gesetzgeber hat dies schon mit Schaffung des AktG 154  Temming, Der vertragsbeherrschende Dritte, S. 347; Altmeppen, in: MüKoAktG, § 302 Rn. 2, 93; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 302 Rn. 4. 155  BGH, vom 20.02.1989, II ZR 167/88, BGHZ 107, 7, 18; Temming, Der vertragsbeherrschende Dritte, S. 348; Koch, in: Koch/Hüffer, § 302 Rn. 5; so schon und begriffsprägend: Wiedemann, Die Unternehmensgruppe im Privatrecht, S. 82; a. A. Lutter, ZIP 1985, 1425, 1433 f.; ders. AG 1990, 179, 182, der in dieser Hinsicht eine Haftung aufgrund fehlerhafter Konzernleitung sieht. Indes erübrigt sich ein Streitentscheid aufgrund der klaren Rechtsfolgenanordnung des § 302 AktG. 156  Wiedemann, Die Unternehmensgruppe im Privatrecht, S. 36, 83; Temming, Der vertragsbeherrschende Dritte, S. 348.



§ 5 Haftung der Obergesellschaft277

1965 sehr bildlich zusammengefasst. „Wer die Geschicke der Gesellschaft bestimmen kann oder ihren ganzen Gewinn erhält, muß auch für Verluste einstehen.“157 Damit wird auch deutlich, dass das wirtschaftliche Unternehmensrisiko der abhängigen Gesellschaft nun bei der Obergesellschaft liegt. Die abhängige Gesellschaft wirtschaftet nun nicht nur für die Obergesellschaft, sondern die Obergesellschaft hat während der Vertragslaufzeit auch die Insolvenzgefahr der abhängigen Gesellschaft zu tragen – vorausgesetzt, die Obergesellschaft ist liquide.158 So kann sich die Obergesellschaft der Verlustausgleichspflicht nicht mit der Begründung entziehen, sie habe den Verlust nicht verursacht. Die verschuldensunabhängige Haftung ist gerade die Charakteristik der Strukturhaftung. So liegt nach überwiegender Ansicht in der Rechtsprechung und Literatur der Rechtsgrund des § 302 AktG in ­einem Ausgleich für die Suspendierung der Kapitalerhaltungsregeln bei Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen durch § 291 Abs. 3 AktG.159 Damit haftet die Obergesellschaft der Matrixgesellschaft aufgrund der Verlustausgleichspflicht, sofern Verluste entstanden sind. Diese Haftung besteht unabhängig der Frage, ob der Verlust aufgrund eines Verhaltens der Ober­ gesellschaft entstanden ist. Denn es handelt sich seitens der Obergesellschaft um eine Strukturhaftung.

B. Haftung aus § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. dem Beherrschungsvertrag Die Obergesellschaft haftet ferner aus § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. dem Beherrschungsvertrag. Denn dieser ist ein Schuldverhältnis im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB und demnach kann die Obergesellschaft der abhängigen Gesellschaft als Vertragspartner haften.160 Da die Obergesellschaft selbst nicht 157  RegBegr.

Kropff S. 391. vom 11.11.1991, II ZR 287/90, BGHZ 116, 37, 41 f.; Koch, in: Hüffer/ Koch, § 302 Rn. 11; Veil, in: Spindler/Stilz, § 302 Rn. 16; Emmerich, in: Emmerich/ Habersack, § 302 Rn. 30. 159  BGH, vom 14.12.1987, II ZR 170/87, NJW 1988, 1326 „[d]enn die Verlustausgleichspflicht […] tritt damit im Vertragskonzern an die Stelle der Kapitalerhaltungsvorschriften.“; BGH, vom 10.07.2006, II ZR 238/04, NJW 2006, 3279; Koch, in: Hüffer/Koch, § 302 Rn. 3; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 302 Rn. 17; Hirte, in: GK-AktG (2013), § 302 Rn. 4; Paschos, in: Henssler/Strohn, § 302 Rn. 2; Servatius, in: Grigoleit, § 302 Rn. 1; Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 302 Rn. 9. 160  So schon der damalige Gesetzgeber, BT-Drs. IV/171, S. 227, „[d]as herrschende Unternehmen haftet nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen auf Grund des Vertrags; eine besondere aktienrechtliche Regelung ist daher nicht erforderlich.“; ebenso Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 309 Rn. 141; Emmerich, in: Emmrich/Habersack, § 309 Rn. 21; Koch, in: Hüffer/Koch, § 309 Rn. 27; Koppensteiner, in: KKAktG, § 309 Rn. 37; Leuering/Goertz, in: Hölters, § 309 Rn. 56; Langenbucher, in: 158  BGH,

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5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

handelt, muss ihr das Verhalten der für sie handelnden Personen zurechenbar sein. Umstritten ist, ob diese Zurechnung über § 31 BGB analog161 oder § 278 BGB erfolgt. Richtigerweise ist der Obergesellschaft das Verhalten ihrer Organe nach § 31 BGB analog zurechenbar und nicht nach § 278 BGB.162 Denn zunächst erfasst § 31 BGB analog sämtliche Fälle des organschaftlichen Handelns. Gerade die sorgfaltswidrige Weisungserteilung ist ein solches Organhandeln, da die Weisungserteilung zunächst das Recht des Leitungs­ organs der Obergesellschaft ist (§ 309 AktG). Schließlich spricht gegen die Zurechnung des Verhaltens der Organmitglieder nach § 278 BGB, dass im Allgemeinen anerkannt ist, dass gesetzliche Vertreter i. S. d. § 278 BGB nicht Gesellschaftsorgane sind, da diese Regelung aufgrund des in der Vorschrift des § 31 BGB zum Ausdruck kommenden allgemeinen Prinzips verdrängt wird.163 Damit kann bei Verschulden des Vorstands der Obergesellschaft eine Haftung dieser gegenüber der Matrixgesellschaft aufgrund der Verletzung des Beherrschungsvertrags bestehen. Neben der Zurechnung des Handelns des Vorstands ist fraglich, inwieweit die Obergesellschaft für eine Pflichtverletzung des Matrixmanagers gegenüber der Matrixgesellschaft haften kann. Sofern der Matrixmanager keine Organstellung in der Obergesellschaft innehat, kann diese der Matrixgesellschaft gemäß § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. mit dem Beherrschungsvertrag zum Schadensersatz verpflichtet sein. Denn das Verhalten des Matrixmanagers ist der Obergesellschaft gemäß § 278 BGB zurechenbar, da es um eine Vertragsverletzung geht und es somit auf die Organstellung nicht ankommt.164

K. Schmidt/Lutter, § 309 Rn. 41; a. A. Mertens, AcP 168 (1968), 225, 229; Ulmer, in: FS Stimpel (1985), S. 705, 712, die eine analoge Anwendung des § 309 Abs. 2 AktG für die Haftung der Obergesellschaft befürworten. Dies ist indes mangels Regelungslücke abzulehnen, da der Gesetzgeber gerade von der Anwendung der allgemeinen Rechtsgrundsätze zur Haftung aufgrund eines Vertrags ausging. Gleichwohl ist dieser Streit ohne tatsächliche Relevanz, da auch nach dieser Ansicht der § 309 Abs. 3–5 AktG auf die Haftung nach § 280 BGB Anwendung findet, ebenso Koch, in: Hüffer/ Koch, § 309 Rn. 27. 161  Zur analogen Anwendung des § 31 AktG auf Kapitalgesellschaften: Arnold, in: MüKo-BGB, § 31 Rn. 11. 162  Ebenso: Servatius, in: Grigoleit, § 309 Rn. 14; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 309 Rn. 21. 163  G. Caspers, in: Staudinger (2014), § 278, Rn. 124; Grundmann, in: MüKoBGB, § 278 Rn. 10. 164  Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 309 Rn. 152; Koppensteiner, in: KK-AktG, § 309 Rn. 37.



§ 5 Haftung der Obergesellschaft279

C. Vertragliche Haftung I. Ursprüngliche Mitverpflichtung Die Obergesellschaft kann sich gemeinsam mit ihrer Tochtergesellschaft gegenüber dem Gläubiger aus demselben Vertragsverhältnis mitverpflichten.165 Die Frage, ob ein solcher Verpflichtungswille der Obergesellschaft vorliegt, richtet sich nach den allgemeinen Auslegungskriterien. Es kommt damit auf den durch eine normative Auslegung ermittelten objektiven Erklärungswert an.166 Bei der Auslegung ist zu berücksichtigen, dass die Gläubiger regelmäßig an einer direkten Mitverpflichtung kein Interesse haben werden, insbesondere dann, wenn die Obergesellschaft nach der konzerninternen Arbeitsteilung gar nicht zur Erfüllung in der Lage wäre.167 Die Gläubiger sind regelmäßig vielmehr an der Stellung von Sicherheiten seitens der Obergesellschaft interessiert, die etwaige Schadensersatz- oder Zahlungsansprüche gegen die Tochtergesellschaft absichern.168 II. Schuldbeitritt, Bürgschaft, Garantievertrag Sofern die Obergesellschaft gegenüber den Gläubigern der Tochtergesellschaft eine Beistandserklärung abgibt, kann es sich je nach Einzelfall, um einen Schuldbeitritt, eine Bürgschaftserklärung oder das Angebot auf Abschluss eines Garantievertrags handeln.169 Die Bürgschaft ist gemäß § 765 Abs. 1 BGB ein einseitig verpflichtender Vertrag zwischen dem Bürgen und dem Gläubiger eines am Vertrag nicht beteiligten Dritten, durch den sich der Bürge dem Gläubiger gegenüber verpflichtet, für die Erfüllung der Hauptschuld einzustehen. Bei einem Garantievertrag übernimmt der Garant die Verpflichtung, dem Gläubiger für den Eintritt eines bestimmten rechtlichen oder tatsächlichen Erfolges einzustehen.170 Der Begünstigte ist also schadlos zu halten, wenn sich ein bestimmtes Risiko realisiert hat und im Gegensatz zur Bürgschaft begründet der Garantievertrag eine selbstständige, nicht ak-

165  Rehbinder, Konzernaußenrecht und allgemeines Privatrecht, S. 296 f.; Wiedemann, GesR Band I, S. 237. 166  Siehe zur Auslegung von empfangsbedürftigen Willenserklärungen nur: BGH, vom 05.10.2006, III ZR 166/05; Busche, in: MüKo-BGB, § 133 Rn. 63, jeweils m. w. N. 167  Rehbinder, Konzernaußenrecht, S. 296. 168  Rehbinder, Konzernaußenrecht, S. 296. 169  Rieckers, Konzernvertrauen und Konzernrecht, S. 46. 170  BGH, vom 28.06.1979, VII ZR 248/78, NJW 1979, 2036 f.; Heinemeyer, in: MüKo-BGB, Vorb. § 414 Rn. 23; Madaus, in: beckOGK, § 765 Rn. 503 ff.

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5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

zessorische Verpflichtung des Garanten.171 Bei dem Schuldbeitritt verpflichtet sich der zunächst schuldfremde Beitretende gegenüber dem Gläubiger eines anderen, hier der Tochtergesellschaft, für die Schuld des Erstschuldners gesamtschuldnerisch mitzuhaften, so dass der Gläubiger einen gleichrangingen Schuldner erhält.172 Unabhängig von den genauen Voraussetzungen und der Feststellung des einschlägigen Vertragstyps, wenn seitens der Obergesellschaft zwar eine Beistandserklärung abgegeben wird, ohne diese aber ausdrücklich zu qualifizieren173, wird deutlich, dass die Obergesellschaft sich rechtsgeschäftlich zu einer eigenen Haftung verpflichten kann. Hierfür ist jedoch stets ein entsprechend zurechenbarer Wille der Obergesellschaft bzw. der für sie handelnden Personen erforderlich. III. Patronatserklärung Der Begriff der Patronatserklärung steht für eine Vielzahl unterschied­licher Erklärungen einer Person, mit denen diese ein Verhalten in Aussicht stellt oder verspricht, dass die Aussichten auf Rückzahlung des dem Schuldner von einem Gläubiger gewährten Kredits verbessert.174 Der Inhalt der Erklärung kann von sogenannten „weichen“ bis hin zu „harten“ Erklärungen reichen. Erstere verfügen nicht über rechtsgeschäftlichen Charakter, sondern die Obergesellschaft teilt dem Gläubiger lediglich mit, dass sie von der Kreditaufnahme durch die Tochtergesellschaft Kenntnis genommen habe oder dass sie mit der Kreditaufnahme einverstanden sei. Bei der „harten“ Erklärung wird eine rechtliche Einstandspflicht der Obergesellschaft mit dem Inhalt begründet, dass sich die Obergesellschaft verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die Tochtergesellschaft während der Laufzeit des Kredits in der Weise geleitet und finanziell ausgestattet wird, dass diese ihren Verbindlichkeiten stets fristgerecht nachkommen kann.175 Auch aus dieser kann sich damit eine Haftung der Obergesellschaft für die Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft ergeben.

171  BGH, vom 13.06.1996, IX ZR 172/95, NJW 1996, 2569, 2570; BGH, vom 26.10.2005, VIII ZR 48/05, BGHZ 165, 12, 24; Habersack, in: MüKo-BGB, Vorb. § 765 Rn. 18; Madaus, in: beckOGK, § 765 Rn. 497. 172  BGH, vom 27.03.1972, VII ZR 31/71, BGHZ 58, 251, 255; BGH, vom 09.07.2007, II ZR 30/06, NJW-RR 2007, 1407, 1408. 173  Siehe hierzu Rieckers, Konzernvertrauen und Konzernhaftung, S. 48 ff., m. w. N. 174  Habersack, in: MüKo-BGB, Vorb. § 765 Rn. 49; Horn, in: Staudinger (2012), Vorb. § 765 Rn. 451 zum Nachfolgenden. 175  So die Erklärung bei BGH, vom 30.01.1992, IX ZR 112/91, BGHZ 117, 127; OLG München, vom 24.01.2003, 23 U 4026/02, BeckRS 2003, 01689; Habersack, in: MüKo-BGB, Vorb. § 765 Rn. 49.



§ 5 Haftung der Obergesellschaft281

IV. Rechtsscheinhaftung Lässt sich eine vertragliche Haftung der Obergesellschaft aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Erklärung der Organe oder der rechtsgeschäftlichen Vertreter der Obergesellschaft nicht mittels der Rechtsgeschäftslehre begründen, ist weiter zu untersuchen, ob der Fall einer Rechtsscheinhaftung vorliegt. Zu denken ist etwa an solche Fälle, in denen nicht klar ist, für wen der Matrixmanager in Doppelfunktion gerade handelt oder aber auch dort, wo außenstehende Dritte über die Identität des Vertragspartners in die Irre geführt werden, z. B. solche Fälle in denen Mutter- und Tochtergesellschaft wie eine Rechtsperson in Erscheinung treten. Die Rechtsscheinhaftung setzt stets den Schein einer bestimmten Rechtslage voraus, das heißt, der Vertrauende muss den Eindruck haben, dass ein bestimmter Tatbestand erfüllt ist.176 Dieser Rechtsscheintatbestand muss dem Anderen zurechenbar sein. Dies ist z. B. der Fall, wenn ein Vertreter der Obergesellschaft einen solchen Schein gesetzt hat, dann ist dies der Obergesellschaft nach den allgemeinen Zurechnungsregelungen (§§ 31, 164, 278 BGB) zurechenbar.177 Ferner muss der Vertrauende tatsächlich auf den gesetzten Rechtsschein vertraut haben, dieses Vertrauen muss auch schutzwürdig sein.178 Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens liegt nicht vor, wenn der Vertrauende die Falschheit des Rechtsscheins hätte erkennen können.179 Allerdings trifft ihn im Allgemeinen keine Pflicht, die Erklärungen seines Vertragspartners zu überprüfen.180 Schließlich muss sich der Rechtsscheintatbestand auf die gegenwärtige Rechtslage be­ ziehen, so dass eine Rechtsscheinhaftung ausscheidet, wenn die Oberge­ selschaft beispielsweise zukünftige finanzielle Unterstützung in Aussicht stellt.181 Konkret müssen also tatsächliche Umstände vorliegen, aus denen der objektive Dritte die rechtliche Schlussfolgerung ziehen dürfte, dass die Obergesellschaft für die Matrixgesellschaft hafte. Ob ein solcher Scheintatbestand vorliegt, ist anhand der Maßstäbe der objektiven Auslegung analog §§ 133, 157 BGB aus der Sicht eines durchschnittlichen Verkehrsteilnehmers zu werten.182 176  Kähler, in: beckOGK, §  242 Rn. 568; Olzen/Looschelders, in: Staudinger (2015), § 242, Rn. 318; Schubert, in: MüKo-BGB, § 242 Rn. 347; Canaris, Vertrauenshaftung, S. 505; BGH, vom 17.09.1958, V ZR 63/58, NJW 1958, 2061, 2062. 177  Vgl. Canaris, Vertrauenshaftung, S. 505; Rieckers, Konzernvertrauen und Konzernrecht, S. 70. 178  Canaris, Vertrauenshaftung, S. 505. 179  Kähler, in: beckOGK, § 242 Rn. 568. 180  BGH, vom 22.01.1970, VII ZR 37/68, BeckRS 1970, 31125676; BGH, vom 31.07.2012, X ZR 154/11, NJW 2012, 3368. 181  Vgl. Canaris, Vertrauenshaftung (1971), S. 368 f.; Rehbinder, Konzernaußenrecht und allgemeines Privatrecht, S. 312. 182  Canaris, Handelsrecht, § 6 Rn. 68.

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5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

Nach diesen Grundsätzen hat zum Beispiel das OLG Düsseldorf eine Rechtsscheinhaftung der Obergesellschaft aufgrund der Erklärung der Konzernzugehörigkeit abgelehnt.183 So ist derjenige, der aus der bloßen Verbundenheit zweier rechtlich selbstständiger Unternehmen eine Einstandspflicht folgert, nicht schutzwürdig, sondern unterliegt lediglich einem vermeidbaren Rechtsirrtum.184 In den Bereich der Rechtsscheinhaftung lassen sich ferner Sachverhalte einordnen, bei denen im Rahmen von Vertragsverhandlungen mit einem Konzernunternehmen zwar der Wille zu einer rechtsgeschäftlichen Bindung feststellbar wird, jedoch Unklarheiten bei der Bestimmung des Vertragspartners bestehen. Dies ist zum einen in dem Fall denkbar, wenn Vertreter der Tochtergesellschaft bei einem Verhandlungspartner den Eindruck erwecken, sie seien auch für die Obergesellschaft zeichnungsberechtigt, z. B. weil die Weisung für den Vertragsschluss vom Matrixmanager kam.185 In diesen Fällen kann es über die Grundsätze der Duldungs- und Anscheinsvollmacht zu einer Mitverpflichtung der Mutter kommen.186 Zum anderen sind Fälle denkbar, in denen von Anfang an Unklarheit über die rechtliche Verschiedenheit der Konzerngesellschaften besteht. Hier ist es problematisch, inwiefern dieser Rechtsschein der Einheit zu einer Haftung eines nicht unmittelbar am Vertragsschluss beteiligten Konzernglieds kommen kann.187 1. Ermittlung des Vertragspartners

Sofern die Matrixgesellschaft mit möglichen zukünftigen Vertragspartnern verhandelt, ist zu ermitteln, wer durch die rechtsgeschäftlichen Erklärungen berechtigt und verpflichtet werden soll. Im matrixorganisierten Konzern kann dies ein Problem sein, wenn auf Seiten der Gesellschaft(en) mehrere Gesellschaften beteiligt sind oder der Matrixmanager Vertreter der Obergesellschaft ist sowie der Leitung der Matrixgesellschaft angehört. Die Ermittlung der Vertragspartei richtet sich nach der objektiven Erklärungsbedeutung (§§ 133, 157 BGB).188 Bei Vertragsverhandlungen unter Beteiligung der Obergesellschaft kann der Eindruck erweckt werden, dass die verhandlungsführende 183  OLG

Düsseldorf, vom 15.07.2005, I-4 U 114/04, BeckRS 2005 30359866. Rechtsfolgenirrtum ist grundsätzlich kein Anfechtungsgrund und als Motivirrtum zu qualifizieren, Heinemann, in: beckOGK, § 1954 BGB Rn. 14. 185  Vgl. Rieckers, Konzernvertrauen und Konzernrecht, S. 67. 186  Für die Anwendbarkeit der Anscheins- und Duldungsvollmacht in Konzernsachverhalten, siehe Fleischer, ZHR 163 (1999), 461, 473; siehe ähnlich auch Wiedemann, FS Bärmann (1975), S. 1037, 1054. 187  Siehe hierzu auch Rieckers, Konzernvertrauen und Konzernrecht, S. 67. 188  BGH, vom 05.10.1961, VII ZR 207/60, BGHZ 36, 30, 33; BGH, vom 20.05.1970, VIII ZR 54/69, WM 1970, 816; BGH, vom 26.06.1980, VII ZR 210/79, NJW 1980, 2192. 184  Der



§ 5 Haftung der Obergesellschaft283

Mutter, vertreten durch den Matrixmanager sich verpflichten wolle, während der tatsächliche Wille allerdings auf die alleinige Verpflichtung der Matrixgesellschaft gerichtet ist. Sofern dieser innere Wille nicht nach außen tritt, liegt ein Eigengeschäft der Mutter nahe.189 Denkbar ist aber auch der Fall, dass der Verhandlungspartner um den Konzernsachverhalt weiß, die handelnden Vertreter der Matrixgesellschaft allerdings nicht deutlich machen, dass sie ausschließlich im eigenen Namen verhandeln. Dies ist insbesondere bei der Tätigkeit des Matrixmanagers der Fall, wenn dieser beiden Gesellschaften zugehörig ist. Hier geht das Risiko der unklaren Lage zu Ungunsten der Obergesellschaft, sodass eine Auslegung ergeben kann, dass auch die Obergesellschaft berechtigt und verpflichtet werden soll.190 Erst wenn es den handelnden Personen dagegen an der Vertretungsmacht fehlt, handelt es sich um eine mögliche Verpflichtung über die Grundsätze der Duldungs- und Anscheinsvollmacht. 2. Duldungs- und Anscheinsvollmacht

Eine Duldungsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene es wissentlich duldet, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt und der Geschäftsgegner annimmt – und nach Treu und Glauben auch annehmen darf – dem Handeln liege eine wirksame Vollmacht zugrunde.191 Die Anscheinsvollmacht setzt ­dagegen voraus, dass der Vertretene das Auftreten des Scheinvertreters zwar nicht kennt, er es aber bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können und der andere Teil davon ausgehen durfte, der Vertretene kenne und billige das Auftreten des Scheinvertreters.192 Die Annahme einer Anscheinsvollmacht setzt eine gewisse Häufigkeit oder Dauer des Vertreterverhaltens voraus.193 Im Rahmen von Konzernsachverhalten sind bei der Frage des Vorliegens einer Duldungs- oder Anscheinsvollmacht stets die aus der Konzernlage resultierenden Besonderheiten zu berücksichtigen.194 Zwar 189  Diese Konstellation stellt indes keinen tatsächlichen Fall der Rechtsscheinhaftung dar. 190  Vgl. Rieckers, Konzernvertrauen und Konzernrecht, S. 68. 191  Vgl. nur BGH, vom 21.06.2005, XI ZR 88/04, NJW 2005, 2985, 2987; BGH, vom 15.10.1987, III ZR 235/86, BGHZ 102, 60, 64; Schubert, in: MüKo-BGB, § 167 Rn.  106 f.; Schilken, in: Staudinger (2014), § 167 Rn. 29a. 192  BGH, vom 05.07.2012, III ZR 116/11, BeckRS 2012, 15861; BGH, vom 05.03.1998, III ZR 183-96; Schubert, MüKo-BGB, § 167 Rn. 107 ff.; Schilken, in: Staudinger (2014), § 167 Rn. 31. 193  Vgl. nur: BGH, vom 27.09.1956, II ZR 178/55, NJW 1956, 1673, 1674; Canaris, Handelsrecht, § 16 Rn. 19 Schubert, MüKo-BGB, § 167 Rn. 112 ff.; Schilken, in: Staudinger (2014), § 167 Rn. 31. 194  Fleischer, ZHR 163 (1999), 461, 473; Rieckers, Konzernvertrauen und Konzernrecht, S. 70.

284

5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

kann das Bestehen einer Unternehmensverbindung nicht schon zur Annahme einer Vollmacht führen. Jedoch genügen geringere Anhaltspunkte als gewöhnlich, um von einem schutzwürdigen Vertrauen auf das Bestehen einer Vollmacht ausgehen zu können.195 Sofern man im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung sowie der Lehre, die Zurechnung des Rechtsscheins bei der Anscheinsvollmacht davon abhängig macht, dass der Geschäftsherr das Handeln des Vertreters erkennen und verhindern konnte, ist von einer gesteigerten Sorgfaltspflicht der Obergesellschaft auszugehen, wenn sie ein einheitliches Auftreten der Unternehmensgruppe im Geschäftsverkehr gefördert oder zumindest geduldet hat.196 Es handelt sich um einen gruppenspezifischen Sorgfaltsmaßstab, der sich damit rechtfertigt, dass die Verhandlungspartner einer Konzerngesellschaft regelmäßig keinen Einblick in die interne Konzernorganisation besitzen. Der Obergesellschaft ist es allerdings ohne Weiteres möglich, den Anschein der Bevollmächtigung gar nicht erst entstehen zu lassen.197 Zudem trägt die Obergesellschaft durch die gewählte Organisationsform Kostenvorteile. 3. Rechtsschein der Einheit

Ein weiterer Raum für die Rechtsscheinhaftung eröffnet sich ferner dort, wo außenstehende Dritte über die Identität des Vertragspartners in die Irre geführt werden. Hierunter fallen insbesondere die Fälle, in denen Ober- und Tochtergesellschaft wie eine Rechtsperson in Erscheinung treten, z. B. wenn die Tochtergesellschaft sich als rechtlich unselbstständige Betriebsabteilung ausgibt.198 Dies lässt sich mit den allgemeinen Lehren zur Rechtsscheinhaftung begründen, wonach der äußere Anschein der Identität auch zur Identität der Haftung führt.199 Auch unter rechtsökonomischen Gesichtspunkten ist eine solche Haftung der Obergesellschaft gerechtfertigt. Denn soweit eine Haftungsabschottung im Konzern ökonomisch sinnvoll sein kann,200 so ist im Fall der Irreführung des Vertragspartners über die Haftungsmasse eine Beschränkung der Haftung nicht mehr gerechtfertigt, da der Vertragspartner sonst zu volkswirtschaftlich unnötigen Kontrollkosten veranlasst wäre.201 Für 195  Fleischer, 196  Fleischer,

ZHR 163 (1999), 461, 473. ZHR 163 (1999), 461, 473; ebenso v. Rosenberg/Kruse, BB 2003,

641, 646. 197  Fleischer, ZHR 163 (1999), 461, 473 f.; ebenso Rieckers, Konzernvertrauen und Konzernrecht, S. 70. 198  Fleischer, ZHR 163 (1999), 461, 471; Rieckers, Konzernvertrauen und Konzernrecht, S. 71. 199  Canaris, Vertrauenshaftung (1971), S. 179; Lutter, ZGR 1982, 244, 252. 200  Siehe hierzu S. 60 ff. 201  Vgl. Fleischer, ZHR 163 (1999), 461, 472, m. w. N.



§ 5 Haftung der Obergesellschaft285

den matrixorganisierten Konzern reicht allerdings allein die gewählte Organisationsform nicht aus, um den Schein der Einheit zu begründen. Denn die interne Organisation kennt der Gläubiger in der Regel nicht. Allerdings kann die Personalunion von Matrixmanager und Leitungsorgan der Tochtergesellschaft einen solchen Rechtsschein hervorrufen, insbesondere wenn diese an der gleichen Geschäftsadresse verortet sind, gleiche Telefonnummern verwendet werden und für den Gläubiger in keinster Weise eine Trennung ersichtlich ist. 4. Schlussfolgerung

Eine eigene Außenhaftung der Obergesellschaft ist zunächst durch eine ausdrückliche oder konkludente vertragliche Abrede mit dem Dritten vorstellbar. Gleichwohl bedarf eine solche Verpflichtung näherer Anhaltspunkte. Daneben können auch Rechtsscheintatbestände eine eigene Haftung der Obergesellschaft begründen. Dies ist dann besonders relevant, wenn der Matrixmanager selbst handelt, aber nicht genügend zum Ausdruck bringt, dass er nur für die Matrixgesellschaft handelt. Die Matrixorganisation an sich ist indes nicht geeignet, um eine Haftung der Obergesellschaft zu statuieren, da diese Organisationsform sich lediglich im Konzerninnenverhältnis auswirkt, aber nicht geeignet ist, ein besonderes Vertrauen der Dritten zu begründen.

D. c. i. c. Haftung – § 311 Abs. 3 BGB im Konzern Eine Dritthaftung der Obergesellschaft gegenüber Gläubigern der Matrixgesellschaft könnte auch auf § 311 Abs. 3 BGB begründet werden. Hier wird die Eigenhaftung Dritter geregelt. Hiernach kann ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Es geht mithin um die Möglichkeit der Haftung der Obergesellschaft, insbesondere eine Haftung des Matrixmanagers, nach §§ 311 Abs. 2, 3, 280 Abs. 1 BGB, die wiederum der Obergesellschaft nach § 31 BGB (sofern ein Organ der Obergesellschaft handelt) bzw. § 278 BGB (sofern z. B. ein leitender Angestellter handelt) zugerechnet wird. Es geht also nicht um eine Frage des Durchgriffs, sondern um eine Haftung für das Verschulden von Personen der Obergesellschaft, das dieser dann zugerechnet wird. Fraglich ist allerdings, ob und unter welchen Voraussetzungen eine solche Haftung überhaupt möglich erscheint.

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5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

I. Ausgangspunkt der Haftung Ausgangspunkt der c. i. c. Haftung Dritter ist die Eigenhaftung des Stellvertreters. Eine solche nahm bereits das Reichsgericht an, wenn der Vertreter bloß aus formalen Gründen gewählt wurde, der Vertreter aber der Sache nach als allein oder zumindest wesentlicher Beteiligter, also „als eine Art von procurator in rem suam“ aufgetreten ist.202 Der BGH hat den Anwendungsbereich erweitert und vertritt die Formel, dass neben dem Vertretenen auch der Vertreter aus c. i. c. haftet, wenn er am Abschluss des Vertrags entweder ein unmittelbares wirtschaftliches Eigeninteresse hat oder wenn der andere Teil gerade dem Vertreter ein besonderes Vertrauen entgegenbringt.203 Der Gesetzgeber hat stets die Entwicklungsoffenheit des § 311 Abs. 3 BGB betont204, wobei es bei der Begründung der Sonderverbindung nach § 311 Abs. 2, 3 BGB maßgeblich auf die Möglichkeit zur Einwirkung auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils ankommt.205 1. Fallgruppe Besonderes persönliches Vertrauen

Bei dieser Fallgruppe reicht nicht jedes Vertrauen aus. Vielmehr wird ein über das normale, dem Verhandlungspartner regelmäßig entgegengebrachte hinausgehende Vertrauen verlangt, dass die persönliche Gewähr für die Serio­sität des Geschäfts und dessen Erfüllung voraussetzt.206 Insoweit hat der BGH dies für den Geschäftsführer einer GmbH angenommen, sofern eine „Erklärung im Vorfeld einer Garantiezusage“ vorliegt.207 Nach der Ge202  Vgl. RGZ 120, 249, 252 f.; siehe hierzu auch: Rieckers, Konzernvertrauen und Konzernrecht, S. 27. 203  BGH, vom 05.04.1971, VII ZR 163/69, BGHZ 56, 81, 83; BGH, vom 21.01.1975, VIII ZR 101/73, BGHZ 63, 382, 383 ff.; BGH, vom 06.06.1994, II ZR 292/91; BGH, vom 25.07.2005, II ZR 390/03, BGHZ 164, 50, 54 ff.; BGH, vom 05.02.2007, II ZR 234/05, BGHZ 171, 46, 48 ff.; grundlegend hierzu: Ballerstedt, AcP 151 (1950/51), 501, 521 ff. 204  BT-Drs. 14/6040, S.  163; vgl. auch Temming, Der vertragsbeherrschende Dritte, der auf Grundlage des § 311 Abs. 3 BGB die Haftung durch Beherrschung entwickelt(„culpa in dominando adversus tertium“). 205  Temming, Der vertragsbeherrschende Dritte, S. 1101. 206  BGH, vom 05.04.1971, VII ZR 163/69, BGHZ 56, 81, 83; BGH, vom 19.12.1977, II ZR 164/76, NJW 1978, 1374; BGH, l vom 13.12.2005, KZR 12/04, NJW-RR 2006, 993, 994; Emmerich, in: MüKo-BGB, § 311 Rn. 188; Herrestahl, in: beckOGK, § 311 Rn. 513. 207  BGH, vom 01.07.1991, II ZR 180/90, NJW-RR 1991, 1312, 1314, wonach eine Haftung des Geschäftsführers bejaht wurde, da „eine zusätzliche, von ihm persönlich ausgehend Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Erklärung geboten hat, die für den Willensentschluss des anderen Teils bedeutsam gewesen sei“; BGH, vom 06.06.1994, II ZR 292/91, BGHZ 126, 181, 189.



§ 5 Haftung der Obergesellschaft287

setzesbegründung sei der Adressatenkreis des „Dritten“ nicht auf den Vertreter oder Verhandlungsgehilfen beschränkt, sondern steht vielmehr einer Weiterentwicklung offen.208 2. Fallgruppe wirtschaftliches Eigeninteresse

In der Fallgruppe des wirtschaftlichen Eigeninteresses genügte es nach älterer Rechtsprechung des BGH, dass der Vertreter aus dem beabsichtigten Geschäft Deckung für eigene Forderungen erlangen wollte209, dass es ihm lediglich um die Vermeidung etwaiger Regressansprüche seines Auftraggebers ging210 oder dass ihm die Forderungen des Vertretenen im Voraus zur Sicherheit abgetreten worden waren.211 Beim Gesellschafter-Geschäftsführer hatte es die Rechtsprechung des BGH für ein haftungsbegründendes Eigen­ interesse ausreichen lassen, wenn der Geschäftsführer maßgeblich an der GmbH beteiligt war, in deren Namen er die Verhandlungen führte.212 Nach Ablehnung in der Literatur und beeinflusst durch diese, schränkte der BGH seine Rechtsprechung ein.213 Demnach reiche die Stellung als GesellschafterGeschäftsführer nicht aus, um eine Haftung aufgrund wirtschaftlicher Eigeninteressen zu bejahen, es seien vielmehr zusätzliche Umstände erforderlich, welche diese Haftung begründen können. Solche Umstände können z. B. in der Absicherung von Gesellschafterverbindlichkeiten durch persönliche Bürgschaften oder dingliche Sicherheiten gesehen werden.214 Im Nachgang zu dieser Rechtsprechung schränkte der BGH diese erneut ein, so dass die Stellung von Sicherheiten nun auch kein Umstand mehr ist, der zu einem wirtschaftlichen Eigeninteressen führt.215 Nunmehr ist der Anwendungsbereich dieser Fallgruppe stark begrenzt und nach der Rechtsprechung des BGH lediglich denkbar, wenn ein „qualifiziertes Eigeninteresse“ vorliegt.216 Ein derartiges persönliches wirtschaftliches Interesse des Gesellschafters kann z. B. gegeben sein, wenn der Dritte bei Abschluss des Vertrags die Absicht hat, die vom Vertragspartner zu erbringende vertragliche Leistung nicht 208  BT-Drs.

14/6040, S. 163. vom 16.03.1954, I ZR 255/52, DB 1954, 346. 210  BGH, vom 27.06.1963, VII ZR 7/62, NJW 1963, 2166. 211  BGH, vom 25.11.1966, V ZR 9/66, BB 1967, 225. 212  BGH, vom 25.01.1984, VIII ZR 227/82, NJW 1984, 2284, 2286. 213  BGH, vom 23.10.1985, VIII ZR 210/84, NJW 1986, 586, 587 f.; BGH, vom 05.10.1988, VIII ZR 325/87, NJW 1989, 292 f. 214  BGH, vom 23.10.1985, VIII ZR 210/84, NJW 1986, 586, 588. 215  BGH, vom 06.06.1994, II ZR 292/91, BGHZ 126, 181, 186. 216  BGH, vom 13.06.2002, VII ZR 30/01, DStR 2002, 1275, 1276; vgl. hierzu Fleischer, in: MüKo-GmbHG, § 43 Rn. 343; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, § 43 Rn. 76. 209  BGH,

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5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

ordnungsgemäß an die vertretene Gesellschaft weiterzuleiten, sondern sie zum eigenen Nutzen von ihm selbst bestimmten Zwecken zuzuführen.217 II. Schlussfolgerung Nicht nur die Vertragsparteien, also Matrixgesellschaft und Gläubiger, sondern auch Dritte – hier die Obergesellschaft – können einer Haftung aus c. i. c. unterliegen. Der Gesetzgeber hat den § 311 Abs. 3 BGB bewusst offen gestaltet, damit dieser von der Rechtsprechung und Literatur weiterentwickelt werden kann. Die Rechtsprechungstendenz geht trotz dieser Wertungsoffenheit der Norm von einem restriktiven Ansatz aus, insbesondere bei der Fallgruppe des wirtschaftlichen Eigeninteresses. Hier ist nunmehr ein nicht näher umrissenes „qualifiziertes Eigeninteresse“ des Dritten erforderlich. Dennoch ist festzuhalten, dass in Konzernsachverhalten eine Haftung der Obergesellschaft auf Grundlage des § 311 Abs. 3 BGB möglich ist. Im Zusammenhang mit dem matrixorganisierten Konzern ist dies z. B. der Fall, wenn der Matrixmanager als Vertreter der Obergesellschaft bei Vertragsgesprächen mit dem zukünftigen Vertragspartner der Matrixgesellschaft mitverhandelt und ein besonderes Vertrauen in Anspruch nimmt. Dies ist insbesondere bei „Doppelmandaten“ problematisch, da dort die Person der Ober- und Matrixgesellschaft zugehörig ist. Eine Haftung der für die Obergesellschaft handelnden Matrixmanager aufgrund wirtschaftlichen Eigeninteresses ist dagegen regelmäßig nicht anzunehmen. So reicht z. B. eine Erfolgsbeteiligung aufgrund der positiven Entwicklung der Gesellschaft nicht aus, da eine solche nur mittelbar wirkt und ein Eigeninteresse nicht begründen kann.218

E. Deliktische Haftung Ferner ist eine deliktische Haftung der Obergesellschaft zu untersuchen. Die Frage der Deliktshaftung der Obergesellschaft befindet sich im Spannungsfeld zwischen Einflussmöglichkeit auf die Tochtergesellschaft und dem gesellschaftsrechtlichen Trennungsprinzip. Maxime des deutschen Deliktsrecht ist, dass jedermann sein Verhalten so einrichten muss, dass er die Rechtsgüter und die absoluten Rechte anderer nicht schädigt („neminem laedere“).219 Diese Pflicht verbietet nicht nur aktive Eingriffe in die ge217  BGH,

vom 23.10.1985, VIII ZR 210/84, NJW 1986, 586, 588. die restriktive Rechtsprechung des BGH: BGH, vom 23.10.1985, VIII ZR 210/84, NJW 1986, 586, 587 f.; BGH, vom 05.10.1988, VIII ZR 325/87, NJW 1989, 292 f. 219  Schall, ZGR 2018, 479, 488; Förster, in: BeckOK-BGB, § 823 Rn. 1; BGH, vom 05.12.1989, VI ZR 335/88, DNotZ 1991, 809, 817. 218  Vgl.



§ 5 Haftung der Obergesellschaft289

schützten Rechtsgüter, sondern schafft auch Handlungspflichten, sofern man Verletzungen aufgrund von Schutzvorkehrungen innerhalb seines Herrschafts­ bereichs verhindern kann.220 Gleichwohl begründet die faktische Verhinderungspflicht nicht automatisch eine rechtliche Verhinderungspflicht.221 Damit reicht die Möglichkeit, kraft Beherrschung auf die Tochtergesellschaft Einfluss zu nehmen und etwaige Verletzungen zu verhindern, nicht aus. Für die Haftung der Obergesellschaft aufgrund der Verletzung deliktsrechtlicher Pflichten kommt es damit entscheidend darauf an, inwieweit die tatsächliche Einflussnahme auf die Matrixgesellschaft als Tochtergesellschaft ist, damit das Trennungsprinzip „überwunden“ werden kann. I. Zurechnung gemäß § 830 Abs. 1 BGB Eine Haftung der Obergesellschaft kommt zunächst in Betracht, wenn ihr trotz fehlender eigener Tatbestandsverwirklichung Tatbeiträge der Matrixgesellschaft als Tochtergesellschaft gemäß § 830 Abs. 1 S. 1 oder Abs. 2 BGB zugerechnet werden können. Folge dieser Zurechnung ist, dass Mittäter oder Anstifter so behandelt werden, als ob sie den jeweiligen Deliktstatbestand selbst verwirklicht hätten.222 Zugerechnet werden hiernach also die Tathandlungen nicht die Rechtsfolgen.223 Der Sinn des § 830 BGB besteht auch darin, dass den Handelnden die Folgen des vorsätzlich gemeinsam begangenen Delikts zugerechnet werden können.224 Die Haftung als Mittäter oder Teilnehmer erfordert nach der gängigen Formulierung in subjektiver Hinsicht „neben der Kenntnis der Tatumstände wenigstens in groben Zügen den jeweiligen Willen der einzelnen Beteiligten, die Tat gemeinschaftlich mit anderen auszuführen oder zu fördern“, und objektiv „eine Beteiligung an der Ausführung der Tat […], die in irgendeiner Form deren Begehung fördert und für diese relevant ist“.225 Sind diese Voraussetzungen der Mittäterschaft oder Teilnahme erfüllt, wird der Mangel bei der eigentlichen Tatbestandsverwirk220  Schall,

ZGR 2018, 479, 488. vom 10.07.2012, VI ZR 341/10, NJW 2012, 3439 3440, Rn. 18; BGH, vom 24.02.1982, 3 StR 34/82, NJW 1982, 1235; BVerfG, vom 21.11.2002, 2 BvR 2202/01, NJW 2003, 1030; Schall, ZGR 2018, 479, 488. 222  König, AcP 217 (2017), 611, 638; BGH, vom 04.11.1997, VI ZR 348/96, BGHZ 137, 89, 102; OLG Schleswig, vom 16.06.1976, 4 U 95/75, VersR 1977, 183. 223  Wagner, in: MüKo-BGB, § 830 Rn. 15. 224  Wagner, in: MüKo-BGB, § 830 Rn. 7. 225  Wagner, in: MüKo-BGB, § 830 Rn. 15; BGH, 15.05.2012, VI ZR 166/11, NJW 2012, 3177; BGH, vom 29.10.1974, VI ZR 182/73, BGHZ 63, 124, 126; BGH, vom 24.01.1984, VI ZR 37/82, BGHZ 89, 383, 389; BGH, vom 04.11.1997, VI ZR 348/96, BGHZ 137, 89, 102; BGH, vom 13.07.2004, VI ZR 136/03, NJW 2004, 3423. 221  BGH,

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5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

lichung durch die Erfüllung der Voraussetzungen der Zurechnungsnorm des § 830 BGB ausgeglichen.226 Da die Zurechnung seitens des Teilnehmers oder Mittäters bedingten Vorsatz von diesem erfordert, das heißt also, dass die Tat in „groben Zügen“ bekannt ist und der Wille vorhanden ist, die Tat als eigene zu begehen oder als fremde zu unterstützen, ist eine Haftung im Konzern allerdings nicht voreilig zu bejahen.227 Hinsichtlich der Haftung von Aufsichtsorganen verlangt die Rechtsprechung beispielsweise, dass diese ein strafbares oder sittenwidriges Verhalten der überwachten Person vorsätzlich veranlasst oder aktiv unterstützt haben.228 Eine derartige Unterstützungshandlung soll beispielsweise dann in Betracht kommen, wenn das strafbare oder sittenwidrige Verhalten einer gesetzlichen Mitwirkung des Aufsichtsorgans bedarf.229 Gleichwohl kann auch ein bewusstes Wegschauen zu einer Zurechnung und damit zu einer Haftung führen. Ein solches Wegschauen wird regelmäßig angenommen, wenn eine sich bietende Möglichkeit zur Klarheitsverschaffung bewusst nicht wahrgenommen wird, weil gerade vermieden werden soll, dass aus einem begründeten Verdacht Gewissheit wird.230 Ein solches Verhalten liegt z. B. vor, wenn ein dringender Verdacht seitens der Person gegeben ist und trotz möglicher Untersuchung nicht gehandelt wird.231 Hierunter fallen daher regelmäßig solche Fälle nicht, in denen die für die Obergesellschaft handelnden Personen die unerlaubte Handlung der Tochter lediglich fahrlässig nicht verhindern oder diese nicht einmal bemerkt haben.232 Eine Zurechnung nach § 830 Abs. 1 BGB lediglich gestützt auf die vertragliche oder faktische Beherrschung der Tochtergesellschaft oder die Leitungsmacht der Obergesellschaft ist damit gerade nicht möglich, da dies die rechtlich zulässige und wirtschaftlich erwünschte Konzernierung zu einem Zurechnungsgrund machen würde.233 Auch eine wie auch immer begründete „Gesamtverantwortung“ der Obergesellschaft oder die Tatsache, dass dieser das Delikt der Tochter wirtschaftlich

226  König,

AcP 217 (2017), 611, 639. in: Jauernig, § 830 Rn. 5. 228  OLG Düsseldorf, vom 23.06.2008, 9 U 22/08, NZG 2008, 713. 229  Vgl. hierzu: OLG Düsseldorf, vom 23.06.2008, 9 U 22/08, NZG 2008, 713, hier nahm das OLG die Haftung des Aufsichtsrats an, der bei einer rechtswidrigen Kapitalerhöhung mitgewirkt hatte. 230  BGH, vom 27.01.1994, I ZR 326/91, NJW 1994, 2289, 2290; BGH, vom 19.10.1999, 5 StR 336/99, BGHSt 45, 235; Oechsler, in: Staudinger (2014), § 826 Rn.  96 ff. 231  OLG Düsseldorf, vom 23.06.2008, 9 U 22/08, NZG 2008, 713. 232  Vgl. König, AcP 217 (2017), 611, 639. 233  Vgl. hierzu beispielsweise OLG Düsseldorf, vom 16.02.2006, 2 U 32/04; siehe hierzu schon S. 60. 227  Teichmann,



§ 5 Haftung der Obergesellschaft291

zugutekommt, reicht dafür nicht aus.234 Ein weiteres Beispiel dafür, wann eine Zurechnung angenommen werden kann, enthält eine Entscheidung des LG Düsseldorf zum Patentrecht.235 Das Landgericht hatte zunächst ausgeführt, dass die Obergesellschaft für die Patentverletzungshandlungen einer Tochtergesellschaft nicht schon deshalb als Teilnehmerin hafte, weil sie mit 51 Prozent der Aktien Mehrheitsgesellschafterin sei und es überdies zwischen beiden Gesellschaften personelle Verflechtungen gebe.236 Die wirtschaftlichen und personellen Verflechtungen könnten zwar bei der Frage eine Rolle spielen, welche Kenntnisse und welches Wissen die Obergesellschaft gehabt habe.237 Daraus ergebe sich aber noch nicht, dass sie „willentlich und adäquat-kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Patentverletzung mitgewirkt bzw. eine solche gefördert und damit einen Haftungsgrund gesetzt“ habe.238 Eine für § 830 BGB ausreichende Unterstützungshandlung wurde im Anschluss an diese Ausführungen allerdings darin gesehen, dass die Obergesellschaft die (potentiell) patentverletzenden Leistungen der Tochter auf einer ihr zuzuordnenden Internetseite beworben hatte.239 Für den Matrixkonzern lässt sich hieraus folgern, dass allein eine Zurechnung aufgrund der Organisationform nicht erfolgt. Allerdings besteht in der Matrixorganisation das erhöhte Risiko, dass die personelle Verflechtung sowie die gesellschaftsübergreifende Zusammenarbeit zu einer Kenntniszurechnung der beteiligten Personen führt und damit eine Zurechnung schneller zu bejahen ist. Denn der bei der Obergesellschaft angesiedelte Matrixmanager hat die für seinen Bereich notwendigen Kenntnisse und Informationen. Sollte im Rahmen dieses Bereichs beispielsweise ein Mitarbeiter einer in der Matrixorganisation eingegliederten Matrixgesellschaft eine Straftat begehen und erkennt dies der Matrixmanager oder verschließt sich dieser Erkenntnis, so besteht das Risiko, dass der Obergesellschaft dieses Verhalten zugerechnet wird, sofern der Matrixmanager nicht gegen das strafbare Verhalten vorgeht. II. Geschäftsherrenhaftung der Obergesellschaft nach § 831 BGB Eine Haftung der Obergesellschaft kann sich auch gemäß § 831 Abs. 1 S. 1 BGB ergeben. Hervorzuheben ist hierbei, dass § 831 Abs. 1 S. 1 BGB eine Haftung für ein eigenständiges Verschulden begründet und keine Haf-

234  Vgl. 235  LG 236  LG 237  LG 238  LG 239  LG

etwa BGH, vom 18.05.1999, X ZR 156/97, BGHZ 142, 7, 12 f. Düsseldorf, vom 30.11.2006, 4b O 346/05. Düsseldorf, vom 30.11.2006, 4b O 346/05, Rn. 194, zitiert nach juris. Düsseldorf, vom 30.11.2006, 4b O 346/05, Rn. 194, zitiert nach juris. Düsseldorf, vom 30.11.2006, 4b O 346/05, Rn. 194, zitiert nach juris. Düsseldorf, vom 30.11.2006, 4b O 346/05, Rn. 197 ff., zitiert nach juris.

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5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

tung für das Verschulden der Tochtergesellschaft.240 Das haftungsbegründende deliktische Verhalten besteht mithin in der Verletzung von eigenen Verhaltenspflichten (Verkehrspflichten), nämlich der Auswahl-, Ausrichtungs- oder Überwachungspflicht durch den Geschäftsherrn.241 Die Geschäftsherrenstellung der Obergesellschaft begegnet keinen größeren Bedenken.242 Umstritten ist allerdings die Qualifizierung der Tochtergesellschaft als Verrichtungsgehilfin. 1. Tochtergesellschaft als Verrichtungsgehilfin

a) Ansicht des Schrifttums Die (wohl) überwiegende Ansicht im Schrifttum lehnt die Stellung der Tochtergesellschaft als Verrichtungsgehilfin der Obergesellschaft im Hinblick auf das Trennungsprinzip ab.243 Hintergrund dieser ablehnenden Ansicht ist insbesondere der Wortlaut des § 831 Abs. 1 BGB, der lediglich auf natürliche Personen zugeschnitten sei.244 Hierauf deute auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift hin.245 Ferner dürfe das Trennungsprinzip sowie die konzernrechtlichen Vorgaben nicht durch eine solche deliktische Haftung unterlaufen werden.246 Daher fehle es bei juristischen Personen stets an der erforder­ lichen Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit.247

240  BGH, vom 07.06.1951, III ZR 85/50; Wagner, in: MüKo-BGB, § 831 Rn. 12; Bernau, in: Staudinger (2018), § 831 Rn. 2. 241  Bernau, in: Staudinger (2018), § 831 Rn. 2; Wagner, in: MüKo-BGB, § 831 Rn. 14; Spindler, in beckOGK, § 831 Rn. 2 ff. 242  BGH, vom 05.12.1989, VI ZR 335/88, NJW 1990, 976, 978; BGH, vom 14.05.1974, VI ZR 8/73, NJW 1974, 1371; Schall, ZGR 2018, 479, 489; Holle, Legalitätskontrolle, S. 239. 243  Grunewald, NZG 2018, 481, 482; kritisch auch: Wimmer-Leonhardt, Konzernhaftungsrecht, S.  409 f.; Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz, S.  130 f.; Koch, WM 2009, 1013, 1019; Wagner, in: MüKo-BGB, § 831 Rn. 17; ders. RabelsZ 80 (2016), 717, 757 ff.; Weller/Kaller/Schulz, AcP 216 (2016) 387, 407; Spindler, in: beckOGK, § 831 Rn. 26; Förster, in: BeckOK-BGB, § 831 Rn. 20; auch kritisch unter Rückgriff auf die Rechtsprechung des BGH Bernau, in: Staudinger (2018), § 831 Rn. 108. 244  Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz, S. 130 f. 245  Wimmer-Leonhardt, Konzernhaftungsrecht, S. 409 f.; Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz, S. 130 f. 246  Wagner, in: MüKo-BGB, § 831 Rn. 17; ders., RabelsZ 80 (2016), 717, 759; Weller/Kaller/Schulz, AcP 216 (2016) 387, 407. 247  Wagner, in: MüKo-BGB, § 831 Rn. 17; ders., RabelsZ 80 (2016), 717, 759; Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz, S. 130 f.



§ 5 Haftung der Obergesellschaft293

Ein anderer Teil in der Literatur hält es dagegen für möglich, dass eine juristische Person eine Verrichtungsgehilfin einer anderen Gesellschaft sein kann.248 Diese Ansichten orientieren sich an den Tatbestandsvoraussetzungen des Verrichtungsgehilfen und versuchen den gesellschaftsrechtlichen Besonderheiten durch eine Anpassung dieser Definitionen Rechnung zu tragen.249 Die Qualifizierung der Tochtergesellschaft als Verrichtungsgehilfin kann hiernach insbesondere dann angenommen werden, wenn ein selbstständiges Unternehmen innerhalb einer Organisationsstruktur mit eigenen Kompetenzen und Befugnissen betraut ist und trotz formal rechtlicher Selbstständigkeit eine Weisungsgebundenheit besteht. Nach außen hin kann sich dies etwa dadurch manifestieren, dass das angewiesene Unternehmen als Stellvertreter im Sinne der §§ 164 ff. BGB agiert oder das Weisungsrecht der Obergesellschaft durch Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abgesichert ist.250 b) Bisherige Rechtsprechung Die Rechtsprechung des BGH ist im Zusammenhang mit selbstständigen (juristischen) Personen ambivalent.251 So qualifiziert der BGH einen Werkunternehmer regelmäßig nicht als Verrichtungsgehilfen des Auftraggebers, da der Werkunternehmer selbstständig tätig wird.252 Anderes gilt allerdings für den Rechtsanwalt im Rahmen einer Prozessvertretung. Der BGH hat diesen als Verrichtungsgehilfen des Mandanten angesehen, obwohl der Anwalt als 248  Schall, ZGR 2018, 479, 493 ff.; König, AcP 217 (2017), 611, 657 ff.; MatuscheBeckmann, in: jurisPK-BGB, § 831 Rn. 38; ebenso offen: Wilhelmi, in: Erman, § 831 Rn. 6; Buxbaum, GRUR 2009, 240, 243. 249  Schall, ZGR 2018, 479, 493 ff., 496, der die Abhängigkeit nach den konzernrechtlichen Wertungen bestimmt; ähnlich König, AcP 217 (2017), 611, 657 ff.; Habersack/Zieckgraf, ZHR 182 (2018), 252, 279 ff., wonach bei Vorliegen einer gesellschaftsrechtlich abgesicherten Weisungsbefugnis der Obergesellschaft die Verrichtungsgehilfen Eigenschaft der Tochtergesellschaft im Einzelfall angenommen werden kann. 250  Matusche-Beckmann, in: jurisPK-BGB, § 831 Rn. 38; vgl. auch Wilhelmi, in: Erman, § 831 Rn. 6. 251  BGH, vom 18.01.1983, VI ZR 97/81, NJW 1983, 1108, 1109 (für einen selbstständigen Handwerker); BGH, vom 21.06.1994, VI ZR 215/93, NJW 1994, 2756, 2757 (für einen Subunternehmer); BGH, vom 06.11.2012, VI ZR 174/11, NJW 2013, 1002, 1003 (für eine Konzerngesellschaft); BGH, vom 15.07.2011, V ZR 277/10, NJW 2011, 3294, 3295; BGH, vom 15.02.1957, VI ZR 335/55, BB 1957, 306 (für einen Anwalt als Prozessvertreter). 252  BGH, vom 18.01.1983, VI ZR 97/81, NJW 1983, 1108, 1109 (für einen selbstständigen Handwerker); BGH, vom 21.06.1994, VI ZR 215/93, NJW 1994, 2756, 2757 (für einen Subunternehmer); BGH, vom 15.07.2011, V ZR 277/10, NJW 2011, 3294 (für einen Dachdecker).

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5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

unabhängiges Organ der Rechtspflege seine Aufgabe selbstständig gegenüber dem Auftraggeber erfüllt.253 Auch hat der BGH selbstständige Handelsvertreter im Einzelfall als Verrichtungsgehilfen des Unternehmers qualifiziert, sofern diese in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Unternehmer stehen und dessen Weisungen unterworfen sind.254 Im Rahmen von Konzernsachverhalten und der Frage der Qualifizierung der Tochtergesellschaft als Verrichtungsgehilfin der Obergesellschaft hat sich der BGH in mehreren Urteilen mit dieser Frage auseinandergesetzt.255 In der Warenterminentscheidung des BGH vom 28.02.1989256 hat der BGH die Verrichtungsgehilfeneigenschaft einer Tochter-GmbH bejaht. Der dortige Kläger nahm die Beklagte, ein Broker-Haus in den USA, für ein Fehlverhalten einer GmbH in Deutschland in Anspruch. Die Beklagte war an der GmbH nicht beteiligt. Der GmbH oblag lediglich die Verbindung zu den Kunden im deutschen Markt, hatte sich aber an die Richtlinien des Broker-Hauses zu halten. Damit konnte die Beklagte nach den Feststellungen des BGH Einfluss auf die Art und Weise der Kontaktpflege nehmen. Nach dem BGH schließt der Umstand, dass die GmbH ein rechtlich selbstständiges Unternehmen ist, unter den besonderen Umständen des Einzelfalles die Verrichtungsgehilfenschaft nicht aus.257 Vielmehr sei bei der Frage entscheidend, ob die Hilfsperson allgemein oder doch im konkreten Fall im Einflussbereich des Geschäftsherrn – der Obergesellschaft – steht und sich in einer gewissen Abhängigkeit zu ihr befindet. Strikte Weisungsgebundenheit ist nach dem BGH nicht erforderlich; die Haftung des Geschäftsherrn erstreckt sich auf alle Tätigkeiten eines Gehilfen, die er im Prinzip beschränken, unterbinden oder nach Zeit, Art und Umfang näher bestimmen kann. Der BGH nahm an, dass die GmbH Verrichtungsgehilfin war, da die amerikanische Gesellschaft durch die Richtlinien Einfluss nehmen konnte und damit die Art und Weise der Kontaktpflege steuern konnte.

253  BGH, vom 15.02.1957, VI ZR 335/55, BB 1957, 306; kritisch hierzu: Wilhelmi, in: Erman, § 831 Rn. 6; Krause, in: Soergel, § 831 Rn. 24; Teichmann, in: Jauernig, § 831 Rn. 6. 254  BGH, vom 29.06.1956, I ZR 129/54, NJW 1956, 1715; BGH, vom 05.10.1979, I ZR 140/77, NJW 1980, 941, Bejahung der Verrichtungsgehilfeneigenschaft im Fall der dem Handelsvertreter übertragenen Betreuung eines Messestands; BGH, vom 05.03.1998, III ZR 183-96, NJW 1998, 1854, 1857. 255  Bejahend: BGH, vom 28.2.1989, XI ZR 70/88, ZIP 1989, 830; BGH, vom 25.04.2012, I ZR 105/10, GRUR 2012, 1279, 1283; ablehnend BGH, vom 06.11.2012, VI ZR 174/11, NZG 2013, 279, 280; BGH, vom 02.12.2014, VI ZR 520/13, BeckRS 2015, 00555; ablehnend auch: OLG Düsseldorf, vom 13.07.1995, 10 U 5/95, NJWRR 1996, 1426, 1427. 256  BGH, vom 28.2.1989, XI ZR 70/88, ZIP 1989, 830. 257  BGH, vom 28.2.1989, XI ZR 70/88, ZIP 1989, 830.



§ 5 Haftung der Obergesellschaft295

In der Rätselheft-Entscheidung des BGH258 hatte dieser zu entscheiden, ob der Kläger, der Verleger einer Rätselzeitschrift ist, von dem Beklagten Schadensersatz verlangen konnte, weil dieser kostenlos Rätselzeitschriften an Apotheken verteilt hatte. Die Tochtergesellschaft des Beklagten hatte Apotheken unentgeltlich ein Rätselheft mit Arzneimittelwerbung zur Verfügung gestellt, was eine Konkurrentin auf dem Rätselheftemarkt als Verstoß gegen das Werbegabenverbot des § 7 HWG ansah. Der BGH führte hier zunächst aus, dass es beim Vorliegen besonderer Umstände nicht ausgeschlossen ist, dass ein rechtlich selbstständiges Unternehmen, soweit es eine Tätigkeit ausübt, bei der es den Weisungen eines anderen Unternehmens unterworfen ist, auch dessen Verrichtungsgehilfin sein kann.259 Für die Abgrenzung komme es dann nicht auf die rechtliche Ausgestaltung der Beziehung oder den gesellschaftsrechtlichen Status an, sondern entscheidend sei vielmehr, ob nach den tatsächlichen Verhältnissen eine Eingliederung in den Organisationsbereich des Geschäftsherrn erfolgt ist und der Handelnde dessen Weisungen unterliegt.260 Dies hat der Senat im entschiedenen Fall aufgrund des Bestehens eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags bejaht.261 Im Jahr 2012 hatte der BGH einen weiteren Fall zu entscheiden, der sich mit der Verrichtungsgehilfeneigenschaft von juristischen Personen beschäftigte.262 Im dortigen Fall hatte die Klägerin, eine Apothekerin, in einem Einkaufszentrum Räumlichkeiten für den Betrieb einer Apotheke von der Hauptmieterin gemietet. Die Beklagte war die Eigentümerin des Zentrums, von der die Hauptmieterin die Räumlichkeiten ihrerseits gemietet hatte. Bei Abschluss dieses Vertrags war für die Beklagte ihre Konzernschwester tätig, die das gesamte Vermietungsgeschäft für das Einkaufszentrum abwickelte. Die für die Konzernschwester tätige Managerin nannte bei Vertragsschluss zu hohe Besucherzahlen für das Einkaufszentrum, worauf sich die Schadensersatzansprüche der Klägerin stützten. Der BGH verneinte in diesem Fall die Verrichtungsgehilfeneigenschaft der Konzernschwester für die Beklagte. Denn die Konzernschwester war nicht weisungsabhängig gegenüber der Beklagten. Die Übertragung von Aufgaben auf ein bestimmtes Unternehmen innerhalb eines Konzerns reicht nach dem BGH nicht aus, da dies regelmäßig dem Zweck dient, durch die selbstständige – nicht weisungsgebundene – Er258  BGH,

vom 25.04.2012, I ZR 105/10, GRUR 2012, 1279, 1283. vom 25.04.2012, I ZR 105/10, GRUR 2012, 1279, 1283; BGH, vom 28.02.1989, XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1050; Buxbaum, GRUR 2009, 240, 243. 260  BGH, vom 25.04.2012, I ZR 105/10, GRUR 2012, 1279, 1283; so auch: OLG Köln, vom 25.10.2007, 18 U 164/06, BeckRS 2008, 00589; Bernau, in: Staudinger (2018), § 831 Rn. 102; ebenso schon Rehbinder, Konzernaußenrecht, S. 503 f.; Kronstein, S. 82. 261  BGH, vom 25.04.2012, I ZR 105/10, GRUR 2012, 1279, 1283. 262  BGH, vom 06.11.2012, VI ZR 174/11, NZG 2013, 279, 280. 259  BGH,

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5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

ledigung der Aufgabe andere Teile des Konzerns zu entlasten. Allerdings bezog sich der vom BGH entschiedene Fall auf die Konstellation zweier Schwestergesellschaften und der BGH betont zwar, dass Konzerngesellschaften „regelmäßig“ keine Verrichtungsgehilfen seien, aber im Umkehrschluss wohl davon ausgeht, dass dies im Einzelfall durchaus der Fall sein kann.263 c) Eigene Ansicht aa) Eine juristische Person kann Verrichtungsgehilfin sein Ein generelles Ausscheiden der Verrichtungsgehilfeneigenschaft von juristischen Personen ist nicht sachgerecht, da dies zu einer Privilegierung von juristischen Personen führen würde. Vielmehr kommt es stets auf den Einzelfall an, ob im Rahmen von Konzernen die Tochtergesellschaft als Verrichtungsgehilfin qualifiziert werden kann. Hierfür ist zunächst auf die allgemeine Definition des Verrichtungsgehilfen zurückzugreifen. Danach ist Verrichtungsgehilfe, wer von den Weisungen seines Geschäftsherrn abhängig ist. Ihm muss von einem anderen, in dessen Einflussbereich er allgemein oder im konkreten Fall steht und von dem er in gewisser Weise abhängig ist, eine Tätigkeit übertragen worden sein. Das hierbei notwendige Weisungsrecht braucht nicht ins einzelne Detail zu gehen. Es genügt vielmehr, dass der Geschäftsherr die Tätigkeit des Handelnden jederzeit beschränken, entziehen oder nach Zeit und Umfang bestimmen kann.264 Maßgebend für die Einordnung als Verrichtungsgehilfe sind die faktischen Verhältnisse.265 Dies bedeutet zugleich, dass die Konzernierung an sich keinen Zurechnungsgrund darstellt. Die Ablehnung der Geschäftsherrnhaftung der Obergesellschaft unter Hinweis auf das Trennungsprinzip und die (rechtliche) Selbstständigkeit der Tochter ist allerdings nicht selbstverständlich und wenig überzeugend.266 Denn auch natürliche Personen sind rechtlich selbstständige Rechtssubjekte 263  König,

AcP 217 (2017), 611, 658. vom 25.04.2012, I ZR 105/10, GRUR 2012, 1279, 1283; BGH, vom 06.11.2012, VI ZR 174/11, NZG 2013, 279, 280; BGH, vom 16.10.1956, VI ZR 308/55, NJW 1956, 1834, 1835; BGH, vom 10.03.2009, VI ZR 39/08, NJW 2009, 1740, 1741; Wagner, in: MüKo-BGB, § 831 Rn. 14. 265  BGH, vom 25.04.2012, I ZR 105/10, GRUR 2012, 1279, 1283; BGH, vom 06.11.2012, VI ZR 174/11, NZG 2013, 279, 280; BGH, vom 03.06.2014, VI ZR 394/13, NJW 2014, 2797, 2798; OLG Köln, vom 25.10.2007, 18 U 164/06, BeckRS 2008, 00589. 266  Ähnlich auch: König, AcP 217 (2017), 611, 657; Schall, ZGR 2018, 479, 493 ff.; offen hierfür auch unter Rückgriff auf die Rechtsprechung des BGH: Habersack/Zickgraf, ZHR 182 (2018), 252, 292 ff. 264  BGH,



§ 5 Haftung der Obergesellschaft297

und werden nur unter bestimmten Voraussetzungen zu weisungsabhängigen Verrichtungsgehilfen gemäß § 831 BGB. Auch erscheinen hundertprozentige Konzerntöchter noch unterwürfiger als Arbeitnehmer, da es ihnen doch an einem natürlichen Impuls zum Eigeninteresse und auch an weiteren schützenden Vorschriften mangelt.267 Eine Anwendung der Geschäftsherrnhaftung nach § 831 BGB auch auf Konzernverhältnisse ist daher lediglich der Ausdruck einer konsequenten Gleichberechtigung von natürlichen und juristischen Personen.268 Zudem räumt im Vertragskonzern der Beherrschungsvertrag der Obergesellschaft ein umfassendes Weisungsrecht ein.269 Eine Haftung aus § 831 BGB kann daher nicht per se verneint werden, sondern es ist im Einzelfall zu untersuchen, ob die Tochtergesellschaft in dem Maße weisungsgebunden ist, dass ihre rechtliche Selbstständigkeit zurücktritt. 2. Anwendung auf den Matrixkonzern

Im Falle des Vertragskonzerns wie er auch beim matrixorganisierten Konzern vorliegt, liegt die Weisungsgebundenheit der Tochtergesellschaft nahe. Die Gehilfenhaftung findet ihre sachliche Rechtfertigung darin, dass der Geschäftsherr das Verhalten des Verrichtungsgehilfen steuern und deshalb – zumindest theoretisch – dessen unerlaubte Handlung verhindern kann.270 Es geht also darum, dass derjenige, der durch die Einschaltung eines Verrichtungsgehilfen eine Gefahrenquelle schafft, die erforderlichen und ihm zumutbaren Vorkehrungen zur Gefahrabwendung treffen kann und muss.271 Unterlässt er dies, so gibt er die Möglichkeiten der Einflussnahme aus der Hand und verletzt die gebotene Sorgfalt. Im Vertragskonzern besteht diese Möglichkeit, unerlaubte Handlungen der Tochtergesellschaft zu verhindern. Denn das herrschende Unternehmen kann dem Leitungsorgan der Tochtergesellschaft Weisungen hinsichtlich aller Fragen der Geschäftsführung und der Vertretung seiner Gesellschaft erteilen, mag es sich um grundsätzliche Fragen oder Einzelfragen des laufenden Tagesgeschäfts handeln. Dies betrifft auch ohne Weiteres „die Einrichtung und Durchsetzung konzernweiter Aufsichts- und Kontrollsysteme zur Vermeidung von Haftungsrisiken, insbesondere durch Gesetzesverstöße bei Tochtergesell­ Schall, ZGR 2018, 479, 495. König, AcP 217 (2017), 611, 657. 269  Vgl. zum Beherrschungsvertrag Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 291 Rn. 11; Veil, in: Spindler/Stilz, § 291 Rn. 11 ff. 270  Vgl. BGH, vom 10.12.2013, VI ZR 534/12, NJW-RR 2014, 614, 615. 271  Zu dieser allgemeinen Definition der Verkehrspflicht Teichmann, in: Jauernig, § 823 Rn. 35; siehe auch Förster, in: BeckOK-BGB, § 831 BGB Rn. 1; Krause, in: Soergel, § 831 Rn. 3. 267  Vgl. 268  Vgl.

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5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

schaften“.272 Mithin eröffnet das Weisungsrecht nach § 308 Abs. 1 AktG der Obergesellschaft die Möglichkeit, im Vertragskonzern darauf hinzuwirken, dass in ihren Tochtergesellschaften keine unerlaubten Handlungen begangen werden, sodass die für § 831 BGB erforderliche tatsächliche Einflussmöglichkeit hinsichtlich des Verhaltens der weisungsgebundenen Person im Regelfall bestehen dürfte.273 Gerade bei der hier gegenständlichen Matrixorganisation wird diese Einflussnahme deutlich. Denn hier schafft die von der Obergesellschaft vorge­ gebene Organisation die gesellschaftsübergreifende Zusammenarbeit. Der Matrixmanager, angesiedelt bei der Obergesellschaft, erteilt der Matrixgesellschaft und deren Arbeitnehmern hinsichtlich bestimmter Aufgaben Weisungen.274 So ist z. B. der Produktmanager für das Produkt Fenster für die konzernweite Leitung des Produktteams für „Fenster“ verantwortlich und erteilt den Arbeitnehmern, die in der Matrixgesellschaft angesiedelt sind, in fachlicher Hinsicht Weisungen.275 Die Matrixgesellschaft ist damit organisatorisch in die Tätigkeit der Obergesellschaft eingebunden, sie wird mithin „für“ die Obergesellschaft tätig. Die Matrixgesellschaft wirtschaftet nicht mehr eigenständig, sondern wird in die Arbeitsprozesse der Obergesellschaft eingebunden. Es besteht gerade seitens der Matrixgesellschaft damit keine Eigenständigkeit mehr für die operative Aufgabenerfüllung, wie z. B. die haftungsgeneigte Produktionstätigkeit. Die Matrixgesellschaft wird in Teilbereichen damit wie eine Betriebsabteilung geführt.276 Es obliegt dem Matrixmanager diese Tätigkeit zu steuern und der Matrixgesellschaft wieder zu entziehen. Damit besteht regelmäßig die jederzeitige Beschränkbarkeit der Tätigkeit in der Matrixgesellschaft durch den Matrixmanager. Damit bleibt festzuhalten, 272  So Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 308, Rn. 39; vgl. auch: Servatius, in: Grigoleit, § 308 Rn. 10; Koch, in: Hüffer/Koch, § 308 Rn. 12; Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 308 Rn. 87; Veil, in: Spindler/Stilz, § 308 Rn. 20. 273  Vgl. König, AcP 217 (2017), 611, 658; ebenso Bork, ZGR 1994, 237, 255; Rehbinder, Konzernaußenrecht und allgemeines Privatrecht, S. 529 ff., 534 f.; ähnlich auch Habersack/Zickgraf, ZHR 180 (2018), 252, 293, wonach eine Haftung nach § 831 BGB möglich ist, sofern das herrschende Unternehmen die abhängige Gesellschaft mit eigenen, aus dem Geschäftsbetrieb des herrschenden Unternehmens selbst resultierenden Aufgaben betraut hat. 274  Vgl. hierzu Kort, NZA 2013, 1318, 1320, wonach der Matrixmanager die maßgeblichen Weisungen erteilen kann; ebenfalls Bauer/Herzberg, NZA 2011, 713, 714 f. 275  Vgl. zu diesem Beispiel Bauer/Herzberg, NZA 2011, 713, 714 f. 276  Ähnlich auch die Rechtsprechung zum qualifiziert faktischen Konzern, die gerade auf der Erkenntnis fußte, dass die Tochtergesellschaften wie Betriebsabteilungen geführt werden und die Konzernleitung durch alle Ebenen hindurch verbindliche Weisungen erteilen kann; vgl. König, AcP 217 (2017), 611, 658; zum qualifiziert faktischen Unterordnungskonzern: Bayer, in: MüKo-AktG, § 18 AktG Rn. 11 m. w. N.



§ 5 Haftung der Obergesellschaft299

dass im matrixorganisierten Konzern die Matrixgesellschaft als Verrichtungsgehilfin angesehen werden kann und mithin eine Haftung der Obergesellschaft anzunehmen ist. Dies beruht auf der umfassenden Weisungsgebundenheit im betrieblich-technischen Bereich und der engen Eingliederung der Matrixgesellschaft in die Arbeits- und Produktionsorganisation zu einer Verrichtungsgehilfeneigenschaft.277 III. Haftung aus § 823 Abs. 1 BGB aufgrund der Verletzung von Organisationspflichten Die Obergesellschaft könnte auch gemäß § 823 Abs. 1 BGB haften, sofern sie eine Konzernorganisationspflicht verletzt hat. Der Begriff Organisationspflicht wird im Zusammenhang mit unabhängigen Gesellschaften und dem Deliktsrecht diskutiert. Hierbei geht es um die Einstandspflicht des Unternehmens für das Fehlverhalten von nachgeordneten Mitarbeitern. Es geht im Kern damit um Auswahl- und Überwachungspflichten. Hierbei ist einhellig anerkannt, dass die innerbetrieblichen Abläufe von der Geschäftsleitung so zu organisieren sind, dass Schädigungen Dritter im gebotenen Umfang vermieden werden, also für eine ordentliche Betriebsführung zu sorgen ist. Zu diesem Zweck sind nicht nur die nachgeordneten Mitarbeiter sorgfältig auszuwählen (§ 831 BGB), sondern diese sind auch in dem gebotenen Umfang zu instruieren und haben die sorgfältige Ausführung der übertragenen Tätigkeiten zu überwachen.278 Es gilt mithin für denjenigen, der die „Organisa­ tionsgewalt über ein betriebliches Unternehmen innehat, Sorge für die Gefahrsicherung in seinem Organisationsbereich zu tragen. 1. Deliktsrechtliche Organisationspflichten im Konzern – Meinungsstand

Ob die Beschränkung der Unternehmensorganisationspflicht auf den einzelnen Rechtsträger abschließend zu verstehen ist, oder ob sie darüberhinausgehend auch Tochter- und Enkelgesellschaften ergreift, also konzernweite Geltung beansprucht, ist eine offene Frage, die mit Blick auf das allgemeine Deliktsrecht bisher wenig diskutiert wird. Die Existenz konzernweiter Organisationspflichten wird teilweise recht pauschal bejaht,279 wohl überwiegend

277  Vgl. allgemein hierzu: Rehbinder, Konzernaußenrecht, S. 505, der eine Verrichtungsgehilfeneigenschaft der Tochtergesellschaft annimmt, wenn eine technischorganisatorische und räumliche Verknüpfung der Gesellschaften vorliegt. 278  BGH, vom 30.01.1996, VI ZR 408/94, NJW-RR 1996, 867, 868; Wagner, in: MüKo-BGB, § 823 Rn. 97. 279  Oehler, ZIP 1990, 1445, 1447 ff.; Buxbaum, GRUR 2009, 240, 244.

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5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

aber verneint oder allenfalls für Extremfälle anerkannt.280 Würde man eine konzernweite Unternehmensorganisationspflicht, also eine Konzernorganisationspflicht bejahen, würden die Obergesellschaft Auswahl- und Überwachungspflichten in Bezug auf die Tochtergesellschaften treffen. Dies hätte z. B. zur Folge, dass die Deliktsgläubiger einer kapitalschwachen Tochtergesellschaft, die nicht dazu in der Lage ist, für die von ihr verursachten Schäden aufzukommen, sich an die Obergesellschaft halten könnten, sofern diese haftungsintensive Aktivitäten auf die Tochter verlagert hat, um ihre eigenen Vermögenswerte und damit diejenigen der korporativen Gruppe vor dem Zugriff dieser Gläubiger abzuschirmen. Der quasi-Durchgriff via konzernweiter Organisationspflicht gegen die Obergesellschaft wäre damit erlaubt.281 Im folgenden Abschnitt ist mithin zu untersuchen, ob und inwieweit eine solche Konzernorganisationspflicht besteht. a) Bisherige Rechtsprechung Untersucht man die Rechtsprechung zu konzernbezogenen Entscheidungen, so lassen sich nur einige wenige Entscheidungen finden, die sich allesamt auf das Themenfeld der Produkthaftung beziehen. In Bezug auf Produktbeobachtungspflichten hat der BGH hierzu verschiedenmalig Stellung genommen. Hiernach begründet z. B. die Konzernzugehörigkeit der Vertriebsgesellschaft nach dem BGH besonders hohe Anforderungen an die Beobachtung des Produkts, wenn sie von der Obergesellschaft mit der Produktinformation der Erwerber und Händler beauftragt wurde und der alleinige Repräsentant im Inland war.282 Ähnliches stellt der BGH im Asbestzementplatten-Urteil fest.283 Hiernach hafte die ausgegliederte Vertriebsgesellschaft (Tochtergesellschaft) nicht als Hersteller, habe aber als konzernzugehörige Gesellschaft erhöhte Verkehrssicherungspflichten, wenn sie öfter als ein Ver280  Z. B. Wagner, in: MüKo-BGB, § 823 BGB Rn. 10, „Eine umfassende Mithaftung der Obergesellschaft für außervertragliche Schadensersatzansprüche gegen Tochtergesellschaften im In- und Ausland wirft die differenzierte Zurechnung von Vermögensrechten und Verbindlichkeiten im Konzern über den Haufen, erzwingt Folgeänderungen im Gesellschafts-, Konzern-, Insolvenz-, Rechnungslegungs-, und Steuerrecht und hätte tiefgreifende Folgen für die Praxis der Unternehmensfinanzierung durch Eigenkapital und Kreditgewährung.“; ders., RabelsZ 80 (2016) 717, 767 ff., hier allerdings eine Verantwortung der Obergesellschaft anerkennend, „wenn sie sich selbst in das Gefahrenmanagement der Tochtergesellschaft einmischt und selbst die sicherheitsrelevanten Entscheidungen trifft“; Weller/Kaller/Schulz, AcP 216 (2016) 387, 401 f.; Koch, WM 2009, 1013, 1019. 281  Wagner, in: MüKo-BGB, § 823 Rn. 97. 282  Spindler, Unternehmensorganisationspflichten, S. 945 f.; BGH, vom 09.12.1987, VI ZR 65/86, NJW 1987, 1009, 1011. 283  BGH vom 05.05.1981, VI ZR 280/79, VersR 1981, 779.



§ 5 Haftung der Obergesellschaft301

triebshändler aufgrund des konzerninternen Erfahrungs- und Meinungsaustauschs oder durch personelle Verflechtung Kenntnis von konstruktiven Schwächen des Produktes erhalte. Dies hielt der BGH auch im sogenannten Kondenstopf-Urteil für gerechtfertigt.284 Hier hatte der BGH die Vertriebsgesellschaft (Obergesellschaft) mit der produzierenden Tochter gleichgestellt, da der Geschäftsführer beider Gesellschaften identisch war.285 Das Produktwissen der Tochter- sowie der Obergesellschaft war identisch. Anspruchsgrundlage war in allen Entscheidungen § 823 Abs. 1 BGB und die vorwerfbare Handlung wurde aus den besonderen Umständen hergeleitet. Der BGH stellte auch klar, dass die eigenständigen Gesellschaften nur unter besonderen Umständen eine Prüfpflicht haben. Solch eine Pflicht kann allerdings für eine mit dem Hersteller organisatorisch eng verbundene Vertriebsgesellschaft – auch wenn sie nicht aus dem Hersteller-Unternehmen „ausgegliedert“ ist – öfter als bei einem unabhängigen Vertriebshändler entstehen. Dies vor allem dann, wenn Mitglieder ihrer Geschäftsleitung oder andere verfassungsmäßige Vertreter bei dem allgemeinen Erfahrungs- und Meinungsaustausch im Konzern oder sogar aufgrund ihrer Tätigkeit in beiden Unternehmen (Hersteller und Vertreiber) konstruktive Schwächen des von ihnen vertriebenen Produkts oder Unzulänglichkeiten des Fertigungsverfahrens kennen.286 Eine Vertriebsgesellschaft wird daher dann beispielsweise selbst entsprechende Prüfungen bzw. Produktkontrollen durchführen müssen, wenn ihr bekannt wird, dass erforderliche Überprüfungen im Herstellerbetrieb nicht erfolgt sind. Bei Unterlassen solcher Kontrollen kann sie dann für etwaige Schäden einstehen.287 Damit bleibt festzuhalten, dass der BGH konzernweiten Organisationspflichten kritisch gegenübersteht, aber im Einzelfall solche bejaht. b) Bejahende Literatur zu deliktsrechtlichen Organisationspflichten Stimmen in der Literatur plädieren dagegen im Bereich der Produkthaftung für weitergehende Überlegungen und begründen dies mit einem Vergleich der konzernweiten Arbeitsteilung mit der vertraglichen Arbeitsteilung in einem nicht konzernverbundenen Unternehmen.288 Die Pflichten, die das unabhängige Unternehmen bei der Auswahl und Überwachung von Vertrags284  BGH,

vom 05.07.1960, VI ZR 130/59, JurionRS 1960, 14222. Unternehmensorganisationspflichten, S. 946. 286  Spindler, Unternehmensorganisationspflichten, S. 946. 287  BGH, vom 05.05.1981, VI ZR 280/79, VersR 1981, 779. 288  Oehler, ZIP 1990, 1445, 1447; vgl. auch Buxbaum, GRUR 2009, 240, 244, hinsichtlich der Haftung der Obergesellschaft für Patentrechtsverletzungen der Tochtergesellschaft. 285  Spindler,

302

5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

partnern trifft, sollen als Untergrenze für die Arbeitsteilung im Konzern gelten.289 Allerdings treffe die Obergesellschaft regelmäßig weitreichendere Pflichten, da diese jederzeit Einfluss auf die Tochtergesellschaft ausüben und die Arbeitsteilung jederzeit wieder ändern könne.290 Im Ergebnis führe daher die Aufspaltung eines Einheitsunternehmens und die damit einhergehende Delegation von Aufgaben auf die Tochtergesellschaften zu keiner Vermeidung der deliktischen Haftung der Obergesellschaft, wenn der Konzern wie ein Einheitsunternehmen geführt werde.291 Dies soll allerdings dann nicht gelten, wenn (1) die Geschäftsleitung der Tochtergesellschaft eigenverantwortlich die Produktverantwortung ausübe, (2) diese Eigenständigkeit rechtlich gesichert sei und (3) die finanzielle Ausstattung der Tochtergesellschaft durch die Obergesellschaft den Risiken der Tätigkeiten Rechnung trage. Sofern die Geschäftsleitung der Tochtergesellschaft unabhängig von Einflussnahmen der Obergesellschaft agiere, fehle es schon am tragenden Aspekt, der die deliktsrechtliche Pflichtenstellung der Obergesellschaft begründet. Denn ohne Beeinflussung der operativen Tätigkeit der Tochtergesellschaft existiere kein Grund für die Annahme einer Haftung, da eine eigene Verletzungshandlung der Obergesellschaft ausscheide.292 Sofern also die Verantwortung gänzlich bei der Tochtergesellschaft verbleibe, träfe auch nur sie allein die Haftung. Für einen Durchgriff auf die Obergesellschaft sei kein Platz mehr. Indes soll dies nicht gelten, wenn diese Autonomie der Tochter nur faktisch vorliegt, aber die Obergesellschaft diese Autonomie der Tochtergesellschaft jederzeit widerrufen kann. Denn hier bleibt das Letztentscheidungsrecht auch im operativen Bereich tatsächlich bei der Obergesellschaft. Diese bleibe dann weiterhin in der Lage, Konsequenzen für den Fall der Nichtbefolgung anzudrohen und durchzusetzen.293 Daher habe die Konzernspitze flankierend hierzu die „organisatorisch fundierte und fixierte Kompetenzverteilung“ in rechtlich bindender Form abzusichern, z. B. durch Sat289  Oehler,

ZIP 1990, 1445, 1447. ZIP 1990, 1445, 1447. 291  Oehler, ZIP 1990, 1445, 1447; zum Gesamten Spindler, Unternehmensorganisationspflichten, S. 946. 292  Oehler, ZIP 1990, 1445, 1448 f.; Hommelhoff, ZIP 1990, 761, 764 f.; für die Umwelthaftung H.P. Westermann, ZHR 155 (1991), 223, 227. 293  Vgl. zu diesem Gedanken: BGH, vom 19.01.1993, KVR 32/91, BGHZ 121, 137, 146 – WAZ/IKZ; OLG Düsseldorf, vom 22.07.1993, 6 U 84/92, AG 1994, 36; Vetter, in: K. Schmidt/Lutter, § 17 Rn. 5, wonach es für die Einflussnahme i. S. d. § 17 AktG ausreichend ist, dass die Personalkompetenz im Sinne der Möglichkeit, ein Übergewicht der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen. Hintergrund ist die faktische Wahrscheinlichkeit, dass Vorstand und Aufsichtsrat sich an den Interessen des Mehrheitsaktionärs zur Vermeidung persönlicher Nachteile ausrichten und seinem Einfluss auch ohne rechtliche Verpflichtung nachgeben. 290  Oehler,



§ 5 Haftung der Obergesellschaft303

zungsregelungen oder Beschlüsse.294 Schließlich habe die Obergesellschaft, um nicht dem Vorwurf des „Missbrauchs der Rechtsform“295 ausgesetzt zu sein, auch die Pflicht zur „risikobezogenen Finanzierungsvorsorge“. Das bedeutet, dass die Obergesellschaft, um einen Durchgriff auf ihr Vermögen zu vermeiden, auch für die ausreichende Kapitalausstattung der Tochter sorgen müsse. Der Umfang bestimme sich nach den Gesamtrisiken, welche aus einer möglichen Haftung der Tochtergesellschaft aufgrund ihrer Tätigkeit resultieren.296 Um eine bestmögliche Überwachung zu gewährleisten und eine gesellschaftsrechtliche Haftung der Personen an der Konzernspitze zu verhindern, sei ein Leitungsorgan zu implementieren, dass sich mit der Beaufsichtigung der Tochtergesellschaften beschäftige.297 c) Keine deliktsrechtlichen Organisationspflichten im Konzern Diese weitgehende Ansicht stößt in der Literatur auf Bedenken.298 Zunächst wird das gesellschaftsrechtliche Trennungsprinzip angeführt. Dieses dürfe nicht durch eine deliktsrechtliche Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB ausgehebelt werden.299 Allerdings ist dem schon im Ansatz entgegenzuhalten, dass das gesellschaftsrechtliche Trennungsprinzip nicht gegen eine Haftung der Obergesellschaft aus § 823 Abs. 1 BGB spricht. Denn das Trennungsprinzip besagt lediglich, dass die Gesellschafter nicht allein aufgrund der Gesellschafterstellung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften sollen. Es schließt indessen nicht aus, dass ein Gesellschafter im Einzelfall wegen eines eigenen, auf die Gesellschaft bezogenen Verhaltens in eine Haftung geraten kann, wenn das Gesetz eine solche Haftung vorsieht.300 Das Gesetz schreibt aber gerade mit § 823 Abs. 1 BGB eine mögliche Haftung vor, welche Konzernobergesellschaften in Bezug auf das Verhalten von Tochtergesellschaften nicht aus dem Anwendungsbereich ausschließt. Viel294  Oehler,

ZIP 1990, 1445, 1447; Hommelhoff, ZIP 1990, 761, 769. hierzu BGH, vom 16.07.2007, II ZR 3/04, NJW 2007, 2689, 2690; Fast­ rich, in: Baumbach/Hueck, § 13 Rn. 58; Altmeppen, in Roth/Altmeppen, § 13 Rn.  131 f. 296  Hommelhoff, ZIP 1990, 761, 770; Oehler, ZIP 1990, 1445, 1451. 297  Oehler, ZIP 1990, 1445, 1452. 298  Spindler, Unternehmensorganisationspflichten, S. 948 ff.; ders., in: beckOGK BGB, § 823 Rn. 708; Wagner, in: MüKo-BGB, § 823 Rn. 100; ders., RabelsZ 80 (2016), 717, 759; Weller/Kaller/Schulz, AcP 216 (2016) 387, 407. 299  Vgl. Wagner, in: MüKo-BGB, § 823 Rn. 100; Habersack, FS Möschel (2011), S. 1175, 1178. 300  König, AcP 217 (2017), 611, 671; Fock, in: Spindler/Stilz, § 1 Rn. 35; Raiser/ Veil, in: KapGesR § 29 Rn. 22; Wilhelmi, in: BeckOK-GmbHG, § 13 Rn. 56, 67 f.; Merkt, in: MüKo-GmbHG, § 13 Rn. 335 f. 295  Vgl.

304

5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

mehr gebietet das Trennungsprinzip in diesem Zusammenhang nur, dass Obergesellschaften nicht für die unerlaubten Handlungen ihrer Töchter in die Haftung genommen werden. Dass die Obergesellschaft hinsichtlich des Verhaltens der Tochtergesellschaft eigene Sorgfaltspflichten besitzen kann, deren Verletzung einen Schadensersatzanspruch gegenüber einem Dritten begründen können, verhindert das Trennungsprinzip nicht.301 Ob allerdings tatsächlich eine solche Pflicht besteht, lässt sich nicht aus dem Trennungsprinzip ableiten, sondern muss durch Auslegung derjenigen Rechtsnorm ermittelt werden, aus welcher sich die Sorgfaltspflicht herleiten lässt, also hier § 823 Abs. 1 BGB.302 Damit verbunden werden einer möglichen Konzernorganisationspflicht auch rechtspolitische sowie praktische Gründe entgegengehalten.303 Aufgrund der Verschiedenheit der Konzerne sei es nahezu unmöglich, bestimmte objektive Organisationspflichten aufzustellen. Vielmehr handele es sich bei Organisationsfragen um Fragen des Einzelfalls, die auf die langfristige Struktur angelegt sind. Diese Fragen seien indes nicht vom deutschen Recht zu beantworten, sondern stehen im Ermessen der entsprechenden Leitungs­ organe.304 Dies spricht jedoch nicht gänzlich gegen eine Konzernorganisa­ tionspflicht. Zunächst erfordert eine Haftung neben dem Bestehen einer Organisationspflicht auch deren Verletzung. Der Obergesellschaft muss daher im Grundsatz ein vorwerfbares Verhalten nachgewiesen werden. Schließlich kann dieses Argument auch nicht verfangen, da schon im Rahmen der Unternehmensorganisationspflicht selbstverständlich auf den Einzelfall des Unternehmens abgestellt wird. Es ist stets zu prüfen, welche Organisationspflicht besteht und ob diese verletzt worden ist. Denn es ist allgemein anerkannt, dass die Organisationspflichten umso intensiver sind, je größer die Gefahren sind, deren Steuerung dem Untergebenen anheim gegeben werden.305 Mithin ist die Organisationspflicht stets im Einzelfall zu bestimmen und es besteht kein absoluter (Mindest)Maßstab, der durch § 823 Abs. 1 BGB vorgegeben wird. Ferner weisen einige Stimmen darauf hin, dass die Rechtsordnung für eine deliktsrechtliche Haftung der Obergesellschaft nicht bereit sei, denn dies würde zu erheblichen Friktionen mit den bisherigen Regelungen des Konzernrechts führen und benötige Folgeänderungen im Gesellschaft-, Konzern-, 301  König,

504.

AcP 217 (2017), 611, 671; im Ergebnis auch Schall, ZGR 2018, 479,

König, AcP 217 (2017), 611, 671. Betriebsorganisationspflichten, S. 955. 304  Spindler, Betriebsorganisationspflichten, S. 955. 305  BGH, vom 15.02.1978, VIII ZR 257/76, VersR 1978, 538, 539; Wilhelmi, in: Erman, § 823 Rn. 84a; Wagner, in: MüKo-BGB, § 823 Rn. 100. 302  Vgl.

303  Spindler,



§ 5 Haftung der Obergesellschaft305

Insolvenz-, Rechnungslegungs- sowie Steuerrecht und hätte ferner tiefgreifende Folgen für die Praxis der Unternehmensfinanzierung durch Eigenkapital und Kreditgewährung.306 Dem ist zwar beizupflichten, dass eine Konzern­ organisationspflicht zu erheblichen Haftungsrisiken bei der Obergesellschaft führen kann. Allerdings ist es nach dem geltenden Recht auch schon so, dass die Obergesellschaft im Eingliederungskonzern für die Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft haftet und im Vertragskonzern eine Ausgleichspflicht hat, die faktisch zu einer Einstandspflicht führt. Mithin besteht auch ohne Anerkennung einer Konzernorganisationspflicht ein erhebliches Haftungsrisiko der Obergesellschaft. Schließlich wird einer Konzernorganisationspflicht entgegengehalten, dass die Vorschriften des Konzernrechts die Organisationspflichten von Konzernobergesellschaften und die Rechtsfolgen etwaiger Verstöße abschließend regele. Daneben verbleibe kein Raum für die Annahme konzernweiter Unternehmensorganisationspflichten i. S. v. § 823 Abs. 1 BGB.307 Zuzustimmen ist, dass das Aktienkonzernrecht in den §§ 308–310 AktG (Vertragskonzern) und §§ 311 ff. AktG (faktischer Konzern) konkrete Vorgaben und Grenzen für die Ausübung der Leitungsmacht durch Konzernobergesellschaften enthalten. Allerdings regeln diese Vorschriften nur das jeweilige Konzerninnenverhältnis. Eine abschließende Regelung der Konzernorganisationspflichten im Außenverhältnis ergibt sich aus den Vorschriften und ungeschriebenen Grundsätzen des Konzernrechts nicht.308 Dies wird auch durch den BGH und mehrere Instanzgerichte bestätigt, die auf das Verhältnis von Konzern­ obergesellschaften zu ihren Töchtern auch § 831 BGB anwenden, da es sich nach h. M. bei der Aufsichtspflicht des Geschäftsherrn wie bei der Unternehmensorganisationspflicht um eine besondere eigenständige Verkehrspflicht handelt.309 Letztlich ist auch die Anwendbarkeit des § 826 BGB unstreitig auf die Gesellschafterhaftung in Konzernverhältnissen anerkannt, die von einem Großteil der Literatur als Außenhaftung qualifiziert wird.310 Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, dass entsprechende Verkehrspflichten der Obergesellschaften aus § 823 Abs. 1 BGB folgen können.311

306  Wagner,

in: MüKo-BGB, § 823 Rn. 100; ders., RabelsZ 80 (2016) 717, 767 ff. Betriebsorganisationspflichten, S. 951. 308  König, AcP 217 (2017), 611, 671; vgl. hierzu auch: Servatius, in: Grigoleit, § 309 Rn. 13; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, § 309 Rn. 53. 309  König, AcP 217 (2017), 611, 670; Sprau, in: Palandt, § 831 Rn. 1; Wagner, in: MüKo-BGB, § 831 Rn. 11; Förster, in: BeckOK-BGB, § 831 Rn. 1; Schiemann, in: Erman, § 831 Rn. 2; Krause, in: Soergel, § 831 Rn. 3. 310  Wagner, in: MüKo-BGB, § 826 Rn. 175; Rubner, DStR 2009, 1538, 1539 ff.; Hönn, WM 2008, 769, 774 f.; Schanze, NZG 2007, 681, 684 f. 311  König, AcP 217 (2017), 611, 671. 307  Spindler,

306

5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

Schließlich spricht auch eine mögliche Schlechterstellung vertraglicher Gläubiger im Vergleich zu deliktischen Gläubigern nicht gegen diese Organisationspflicht.312 Denn die vertraglichen Gläubiger können grundsätzlich nicht auf die Obergesellschaft durchgreifen, der deliktische Gläubiger kann sich indes auf die Organisationspflichtverletzung berufen. Dies widerspricht der Annahme, dass der vertragliche Gläubiger besser geschützt sein müsse, als der deliktische Gläubiger.313 Diese Annahme ist im Konzern aus zwei Gründen abzulehnen. Denn zum einen obliegt es dem vertraglichen Gläubiger sich entsprechende Sicherheiten seitens der Obergesellschaft einzuholen, wenn er an der Bonität der Tochtergesellschaft Zweifel hat.314 Zum anderen bedarf es stets einer Verletzungshandlung seitens der Obergesellschaft, die auch bei Vertragsgläubigern dazu führen würde, die Obergesellschaft in Regress zu nehmen, sofern ein von § 823 Abs. 1 BGB geschütztes Rechtsgut verletzt worden ist. d) Eigene Auffassung Der Ausgangspunkt der Überlegung muss im Einklang mit der bisherigen Dogmatik zu den betrieblichen Organisationspflichten sein, nämlich, ob die Obergesellschaft „im Rahmen ihres geschäftlichen Betriebs eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält und ob ihr deshalb gegenüber dem späteren Geschädigten eine besondere Schutzpflicht zukommt“.315 Im Ergebnis ist letztlich danach zu fragen, ob der Obergesellschaft eine (Mit)Verantwortung für die gefahrträchtige Tätigkeit der Tochtergesellschaft zukommt, welche später zu einer Rechts- oder Rechtsgutverletzung des Geschädigten führt.316 Auch wenn ein rechtmäßiges Verhalten zu einer entsprechenden Organisationspflicht führen kann,317 wird man diese nicht schon aufgrund der Konzernierung bejahen können, auch wenn man argumentieren mag, schon die Aufteilung von Aufgaben begründe eine gesteigerte Gefahr.318 Denn die Möglichkeit der Gefahrbeherrschung ist nicht gleichzusetzen mit einer zurechenbaren Gefahrerhöhung.319

hierzu: Spindler, Betriebsorganisationspflichten, S. 953. Betriebsorganisationspflichten, S. 953. 314  Siehe zu diesen Möglichkeiten, die Obergesellschaft in Anspruch zu nehmen S.  279 ff. 315  Vgl. König, AcP 217 (2017), 611, 671. 316  König, AcP 217 (2017), 611, 671. 317  Hager, in: Staudinger (2009), § 823 Rn. E 13. 318  Vgl. hierzu auch Krause, in: Soergel, § 831 Rn. 3, der wegen der Aufspaltung von Informationen und der Einschränkung autonomer Risikosteuerungsmöglichkeiten im Konzern spezifische Gefahren für Dritte annimmt. 312  Siehe

313  Spindler,



§ 5 Haftung der Obergesellschaft307

Eher wird man von einer relevanten Gefahrerhöhung ausgehen können, wenn die Obergesellschaft ihre Leitungsmacht so intensiv ausübt, dass sie bei wertender Betrachtung die schadensverursachende Tätigkeit der Tochtergesellschaft mitbestimmt.320 Dies liegt vor allem dann nahe, wenn der Konzern wie ein Einheitsunternehmen geführt wird und Konzerngesellschaften praktisch als unselbstständige Betriebsabteilungen operieren.321 Im Rahmen der Produzentenhaftung wird z. B. eine Mitverantwortung der Konzernmutter angenommen wenn diese einer Produktionstochter Weisungen hinsichtlich der Entwicklung oder Fertigung des fehlerhaften Produkts erteilt und damit auf die Herstellungstätigkeit unmittelbar Einfluss nimmt.322 Wie eingangs erwähnt, hat die Rechtsprechung in der Vergangenheit außerdem konzernweite „Gefahrabwendungspflichten“ angenommen, wenn eine Konzerngesellschaft, z. B. infolge personeller Verflechtungen positive Kenntnis von einer besonderen Gefahrenlage in einer anderen Konzerngesellschaft erhält und erkennt, dass die andere Gesellschaft gegen die Gefahr nicht einschreitet, wobei hier auch schon an eine Mittäterschaft zu denken wäre.323 Dagegen ist eine konzernweite Organisationspflicht eher nicht anzunehmen, wenn der Konzern dezentral organisiert wird und die Tochtergesellschaft die gefahr­ trächtige Tätigkeit in eigener Verantwortung und ohne Einfluss der Obergesellschaft lenkt.324 Voraussetzung für eine konzernweite Organisationspflicht ist demnach die tatsächliche Ausübung der Leitungsmacht gegenüber der Tochtergesellschaft und damit die Beeinflussung der Tätigkeit der Tochtergesellschaft.325 2. Anwendung auf den Matrixkonzern

Auf den matrixorganisierten Konzern angewandt, spricht Vieles für eine konzernweite Organisationspflicht seitens der Obergesellschaft. So ist die Matrixstruktur gerade darauf ausgelegt, dass die Matrixleitung, angesiedelt bei der Obergesellschaft, die einzelnen Matrixzellen, also die Matrixgesell319  König, AcP 217 (2017), 611, 673; K. Schmidt, Umweltschutz und technische Sicherheit im Unternehmen, S. 69, 80 f.; Oehler, ZIP 1990, 1445, 1450. 320  König, AcP 217 (2017), 611, 671; Koch, WM 2009, 1013, 1019; Wagner, ­RabelsZ 80 (2016), 717, 770; Buxbaum, GRUR 2009, 240, 244 f. 321  Oehler, ZIP 1990, 1445, 1448. 322  Foerste, in: ProdHaftHdb, § 25 Rn. 160, 164. 323  BGH, vom 09.12.1987, VI ZR 65/86, NJW 1987, 1009, 1011; BGH vom 05.05.1981, VI ZR 280/79, VersR 1981, 779; BGH, vom 05.07.1960, VI ZR 130/59, JurionRS 1960, 14222. 324  König, AcP 217 (2017), 611, 672; in diese Richtung auch Oehler, ZIP 1990, 1445 ff. 325  Vgl. König, AcP 217 (2017), 611, 672; Buxbaum, GRUR 2009, 240, 244.

308

5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

schaften, nicht nur überwacht, sondern aktiv in deren Tätigkeit eingreift. Dies geschieht vor allem durch die regelmäßig bei der Obergesellschaft angesiedelten Matrixmanager. Diese erteilen den einzelnen jeweiligen Arbeitnehmern der Matrixgesellschaften fachliche Weisungen und steuern damit gerade die konkreten Tätigkeiten. Beispielsweise entscheidet dann die Ma­ trixleitung über den Einsatz bestimmter Verfahren oder Materialien hinsichtlich des Produktes und eben nicht mehr die Geschäftsleitung der Matrixgesellschaft, bei der die Produktion rechtlich angesiedelt ist. Die notwendigen Informationen werden dem Matrixmanager seitens der untergeordneten ­Arbeitnehmer übermittelt. Insofern lässt sich sagen, dass die konzernweite Matrixorganisation gerade dazu gedacht ist, die jeweiligen Matrixgesellschaften für die Ziele der Obergesellschaft arbeitsteilig einzuspannen und nach den Notwendigkeiten des operativen Geschäfts einzusetzen. Damit liegt aber auch die Organisationsgewalt über die betriebliche Tätigkeit bei der Obergesellschaft als Matrixleitung, was sich auch dadurch manifestiert, dass die Matrixmanager das fachliche Weisungsrecht gegenüber den Arbeitnehmern ausüben können. Die Konzernleitung als Matrixleitung steuert diese in strategischer Hinsicht und durch die Matrixmanager auch operativ. Demnach erschöpft sich die Aufgabe der Konzernleitung nicht im Halten der Anteile oder lediglich in der strategischen Steuerung des Konzerns, wie bei einem Holding-Konzern. Dies ist dann aber genau der Fall der arbeitsteiligen Organisation, die eine relevante Gefahrerhöhung mit sich bringt. Auch spricht die Präventivfunktion des Deliktsrechts für eine Haftung der Obergesellschaft im matrixorganisierten Konzern.326 Die Obergesellschaft ist die steuernde Einheit der Matrixorganisation sowie der Matrixgesellschaften und ist demnach in der Lage, am effizientesten eine mögliche Gefahr aus der von ihr gesteuerten Organisation zu verhindern („cheapest cost avoider“).327 Damit ist es nach der im Deliktsrecht verankerten Präventivfunktion auch ökonomisch gerechtfertigt, der Obergesellschaft entsprechende konzernweite Organisa­ tionspflichten aufzuerlegen, wenn sie Einfluss auf andere Gesellschaften ausübt. IV. Zwischenergebnis Die Obergesellschaft kann im Matrixkonzern eine deliktsrechtliche Haftung treffen. Sie kann zunächst als Teilnehmer eines Delikts haften, sofern die Tat der Matrixgesellschaft durch der Obergesellschaft zurechenbare Personen unterstützt wird. Hierbei besteht das organisationsimmanente Risiko, dass insbe326  Spindler, in: beckOGK, § 823 Rn. 10; Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse, S. 274. 327  Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse, S. 252.



§ 5 Haftung der Obergesellschaft309

sondere aufgrund personeller Verflechtung und einer umfassenden gesellschaftsübergreifenden Zusammenarbeit eine Zurechnung bejaht werden kann. Ferner kann die Obergesellschaft aufgrund der Einschaltung der Matrixgesellschaft als Verrichtungsgehilfin einer deliktischen Haftung nach § 831 BGB unterliegen. Gegen die Qualifizierung der Matrixgesellschaft als Verrichtungsgehilfin sprechen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Konzernierung allein ist allerdings nicht ausreichend, um die Stellung der Obergesellschaft als Geschäftsherrin zu begründen. Vielmehr ist notwendig, dass die Obergesellschaft das Verhalten der Matrixgesellschaft als Verrichtungsgehilfin steuert und deshalb – zumindest theoretisch – deren unerlaubte Handlung verhindern kann. Es geht also darum, dass derjenige, der durch die Einschaltung eines Verrichtungsgehilfen eine Gefahrenquelle schafft, die erforderlichen und ihm zumutbaren Vorkehrungen zur Gefahrabwendung treffen kann und muss. Unterlässt die Obergesellschaft solche Vorkehrungsmaßnahmen, so gibt sie die Möglichkeiten der Einflussnahme aus der Hand und verletzt ihre gebotene Sorgfalt. Im Matrixkonzern besteht die Möglichkeit der Vorkehrung gegenüber Rechtsverletzungen aus der Matrixgesellschaft aufgrund der vertraglichen Konzernierung und der Steuerung der einzelnen Matrixgesellschaften durch den Matrixmanager. Ebenso verhält sich dies mit Konzernorganisationspflichten, die eine Haftung nach § 823 Abs 1 BGB begründen können. Ausgangspunkt ist hier die Überlegung, dass die Obergesellschaft im Rahmen ihres geschäftlichen Betriebs eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält und dass ihr deshalb gegenüber dem späteren Geschädigten eine besondere Schutzpflicht zukommt. Im Ergebnis ist danach zu fragen, ob der Obergesellschaft eine Mitverantwortung für die gefahrträchtige Tätigkeit der Matrixgesellschaft zukommt, welche später zu einer Rechts- oder Rechtsgutverletzung des Geschädigten führt. Dies wird man auch hier nicht schon allein aufgrund der Konzernierung bejahen können. Ebenso wenig ist die Aufgliederung der Tätigkeiten auf verschiedene Gesellschaften hierfür ausreichend, da die Möglichkeit der Gefahrbeherrschung nicht gleichzusetzen ist mit einer zurechenbaren Gefahrerhöhung. Notwendig ist vielmehr eine relevante Gefahrerhöhung, die insbesondere darin liegen kann, dass die Konzernmutter ihre Leitungsmacht so intensiv ausübt, dass sie bei wertender Betrachtung die schadensverursachende Tätigkeit der Tochtergesellschaft mitbestimmt. Dies liegt vor allem dann nahe, wenn der Konzern wie ein Einheitsunternehmen geführt wird und Konzerngesellschaften praktisch als unselbstständige Betriebsabteilungen operieren. Im Matrixkonzern kann die gesellschaftsübergreifende Zusammenarbeit sowie der arbeitsteilige Einsatz der jeweiligen Matrixgesellschaft für die Ziele der Obergesellschaft zu einer solchen relevanten Gefahrerhöhung führen, wobei die Ausgestaltung im Einzelfall entscheidend sein wird.

310

5. Teil: Haftungsrisiken im matrixorganisierten Konzern

F. Zusammenfassung Die Obergesellschaft kann in der Matrixorganisation besonderen Haftungsgefahren ausgesetzt sein. Gleichwohl führt die Matrixorganisation nicht zu einer rechtlichen Einheit. Eine eigenständige Haftung der Obergesellschaft „für“ die Matrixgesellschaft bedarf stets eines besonderen eigenständigen Haftungsgrunds. Gegenüber der Matrixgesellschaft besteht vor allem der Ausgleichsanspruch nach § 302 AktG sowie ein etwaiger Schadensersatzanspruch aufgrund einer Verletzung des Beherrschungsvertrags. Im Außenverhältnis kann die Obergesellschaft im Matrixkonzern vor besonderen Haftungsgefahren aufgrund der gewählten Konzernorganisation stehen. Hintergrund ist vor allem die gesellschaftsübergreifende Zusammenarbeit und die Steuerung der Tätigkeiten in der Matrixgesellschaft durch die bei der Obergesellschaft angestellten Matrixmanager. Eine Außenhaftung der Obergesellschaft ist zunächst sowohl durch eine ausdrückliche als auch konkludente vertragliche Abrede mit dem Dritten vorstellbar. Gleichwohl bedarf eine solche Haftung näherer Anhaltspunkte. Daneben können auch Rechtsscheintatbestände eine eigene Haftung der Obergesellschaft begründen. Diese ist dann besonders relevant, wenn der Matrixmanager selbst handelt, aber nicht genügend zum Ausdruck bringt, dass er nur für die Matrixgesellschaft handeln möchte. Allerdings führt nicht allein die Matrixorganisation zu einer Haftung, da sich diese Organisationsform lediglich im Konzerninnenverhältnis auswirkt, aber nicht geeignet ist, ein besonderes Vertrauen der Dritten zu begründen. Auch kann eine c. i. c. Haftung begründet werden, z. B. dann, wenn Vertreter der Obergesellschaft bei Vertragsgesprächen mit dem zukünftigen Vertragspartner der Matrixgesellschaft mitverhandeln und ein besonderes Vertrauen in Anspruch nehmen. Dies kann insbesondere bei Doppelmandaten problematisch werden, da dort die Person der Ober- und Tochtergesellschaft zugehörig ist. Eine Haftung der handelnden Obergesellschaft aufgrund wirtschaftlichen Eigeninteresses ist dagegen regelmäßig nicht anzunehmen. Ebenso bestehen deliktsrechtliche Besonderheiten, welche eine Haftung der Obergesellschaft im Matrixkonzern begründen können. Einerseits kann die Obergesellschaft als Teilnehmerin eines Delikts haftbar sein, sofern die Tat der Matrixgesellschaft durch der Obergesellschaft zurechenbare Personen unterstützt wird. Allerdings findet eine Zurechnung allein aufgrund der Organisationform nicht statt. Allerdings besteht in der Matrixorganisation das erhöhte Risiko, dass personelle Verflechtungen sowie die umfassende gesellschaftsübergreifende Zusammenarbeit zu einer Kenntnis der beteiligten Personen führt und damit eine Zurechnung schneller zu bejahen ist. Ebenso verhält es sich mit einer Haftung aufgrund § 831 BGB sowie § 823 Abs. 1



§ 5 Haftung der Obergesellschaft311

BGB (Konzernorganisationspflichten), bei der die Konzernierung allein nicht ausreichend ist, sondern weitere Umstände hinzutreten müssen. Bei dem matrixorganisierten Konzern bestehen solche Gründe vor allem aufgrund der gesellschaftsübergreifenden Zusammenarbeit, die von der Obergesellschaft gesteuert wird.

Sechster Teil

Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung Die Mitglieder der Leitungsorgane haften aus ihrer Organstellung primär der Gesellschaft gegenüber. Ähnlich verhält es sich bei dem Matrixmanager (der keine Organstellung innehat), welcher der Gesellschaft vor allem aufgrund des Arbeitsvertrags sowie der Matrixgesellschaft aufgrund von § 309 Abs. 2 AktG haften kann. Es stellt sich daher die Frage, ob und wie die Haftung der Leitungsorgane gegenüber den bestellenden Gesellschaften beschränkbar ist.

§ 1 Organisatorische Vorkehrungen Auf der ersten Ebene können bestimmte organisatorische Vorkehrungen insbesondere für das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft zu einer Reduzierung der Haftungsrisiken beitragen. Dies bewirkt zweierlei. Einerseits können dadurch schädigende Ereignisse präventiv verhindert werden andererseits können organisatorische Vorkehrungen bei der Frage der Pflichtverletzung Berücksichtigung finden und damit die Haftung im Schadensfall verhindern.

A. Anforderungen an die erteilten Weisungen Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft kann das Haftungsrisiko durch die Befolgung von Weisungen durch die Obergesellschaft reduzieren, da dann lediglich eine Prüfpflicht bezüglich der Weisungen besteht. Die Erteilung von gesellschaftsrechtlichen als auch arbeitsrechtlichen Weisungen bedarf grundsätzlich allerdings keiner Form, damit sind auch mündliche Weisungen zulässig.1 Damit besteht ex post die Schwierigkeit der Beweisführung. Denn das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft hat die Vereinbarkeit des eigenen Handelns mit der Weisung darzulegen und zu beweisen. Dies ist naturgemäß bei mündlich erteilten Weisungen im Nachhinein mit Schwierigkeiten behaftet. Daher sollte das Leitungsorgan darauf bestehen, dass die erteilten Weisungen stets schriftlich erfolgen. Diese Pflicht kann beispielsweise 1  Emmerich,

in: Emmerich/Habersack, § 308 Rn. 21 ff.



§ 1 Organisatorische Vorkehrungen313

im Beherrschungsvertrag vereinbart werden.2 Allerdings wird dies regelmäßig wenig erfolgsversprechend sein, da das aktuelle Leitungsorgan meist nicht an der Verhandlung zum Beherrschungsvertrag mitwirkt. In solchen Fällen kann sich das Leitungsorgan mit der Obergesellschaft unmittelbar über ein solches Formerfordernis einigen, was aber auch regelmäßig aufgrund der Verhandlungsdisparität schwerlich vorstellbar ist. Im Ergebnis bleibt dem Leitungsorgan dann nur die Möglichkeit, eigene Aufzeichnungen zu erstellen (Weisungsprotokoll), die freilich im Prozess eine geringere Beweiskraft haben.

B. Gesellschaftsrechtliche Vorkehrungen Weiter ist zur Haftungsvermeidung innerhalb der Matrixgesellschaft ein eigenes Kontrollsystem zu etablieren. Dieses hat das Leitungsorgan bei der Bewältigung seiner Aufgaben zu unterstützen.3 I. Einbindung in das Konzern-Informationssystem und gesellschaftseigenes System Das Leitungsorgan hat sicherzustellen, dass die Weisungen und weitere Informationen, die vom Matrixmanager gegenüber den Arbeitnehmern der Matrixgesellschaft erteilt wurden, auch selbst zur Kenntnis genommen werden können. Denn die Überprüfung der Weisungen ist eine Leitungsaufgabe und damit selbstständig vom Leitungsorgan wahrzunehmen. Eine organisatorische Maßnahme hierzu ist die Einbindung des Leitungsorgans der Matrixgesellschaft in das konzernweite Informationssystem. Hierfür hat das Leitungsorgan seine Informationsansprüche gegenüber der Obergesellschaft stets durchzusetzen. Ein Handeln auf Grundlage fehlender Informationen darf nicht erfolgen. Neben dieser Einbindung in den konzernweiten Informationsfluss hat das Leitungsorgan auch einen gesellschaftsinternen Informationsfluss sicherzustellen, insbesondere dann, wenn eine Einbindung in das konzernweite System nicht erfolgt. Hierbei sind vor allem sämtliche Informationen, die notwendig für die Einhaltung von Gesetzen sind, auch an das Leitungsorgan zu adressieren. Auch sind die Arbeitnehmer der Matrixgesellschaft anzuweisen, 2  Siehe hierzu auch Musterformulierung bei Fritz, in: Maschmann/Fritz, Matrix­ organisation, S.  42 ff. 3  Siehe zum folgenden auch Turiaux/Knigge, DB 2004, 2199, 2202  ff.; Ihrig/ Schäfer, in: Ihrig/Schäfer, Rechte und Pflichten des Vorstands, § 16 Rn. 425 ff.; Meier-Greve, BB 2009, 2555 ff.; Urban, GWR 2013, 106; Strohn, CCZ 2013, 177, 180.

314

6. Teil: Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung

erhaltene Weisungen an das Leitungsorgan weiterzugeben und vor der Ausführung zu warten, dies gilt vor allem im Hinblick auf Weisungen, bei denen der Verdacht auf Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten naheliegt. II. Geschäftsverteilung Neben diesen beiden vorstehenden Punkten ist auch die Geschäftsverteilung im Leitungsorgan der Matrixgesellschaft anzupassen. Hierbei bietet es sich insbesondere an, Ressorts zu bilden. Dadurch verlagert sich die Ausführungspflicht des Leitungsorgans zu einer Überwachungspflicht der Mitglieder des Leitungsorgans. Diese Ressortaufteilung ist durch Gesellschaftsvertrag/ Satzung oder Geschäftsordnung eindeutig und klar zu fixieren, damit sie haftungsentlastend wirken kann.4 Auch ist hier zu prüfen, ob nicht eventuell der Matrixmanager Teil des Leitungsorgans der Matrixgesellschaft wird, dadurch wird die Prüfungspflicht bezüglich der konzernrechtlichen Weisungen entschärft, da nun ein Teil des Leitungsorgans Empfänger von Weisungen ist und diese als Vertreter der Matrixgesellschaft gegenüber den Arbeitnehmern weitererteilen kann. III. Eingriffs- und Rückholrechte Im Übrigen hat das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft im „Notfall“, beispielsweise im Insolvenzfall oder einem Fall des Gesetzesverstoßes, sich die Möglichkeit vorzubehalten, dass sämtliche Handlungen wieder vom Leitungsorgans ausgehen. Hierfür hat es die oben skizzierte Organisation aufrechtzuhalten und die Arbeitnehmer der Gesellschaft anzuweisen, nur noch Weisungen vom Leitungsorgan zu befolgen. Dies kann das Leitungsorgan kraft seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung in der eigenen Gesellschaft ohne Weiteres durchsetzen.

§ 2 Privatautonome Haftungsbeschränkung Die Verantwortlichkeit sowie die Haftung der Mitglieder der Leitungsorgane resultieren vor allem aus den organschaftlichen sowie schuldvertrag­ lichen Pflichten. Damit kann eine Begrenzung der Pflichten auch die Begrenzung der Haftung zur Folge haben. Aufgrund der Trennung und Eigenstän4  Zu den gesellschaftsrechtlichen Anforderungen an eine haftungsbegrenzende Ressortaufteilung: BGH, vom 06.11.2018, II ZR 11/17, NZG 2019, 225, 226 f., wonach eine eine klare und eindeutige Aufteilung aller Geschäftsführungsaufgaben notwendig ist.



§ 2 Privatautonome Haftungsbeschränkung315

digkeit von Bestellungs- und Anstellungsverhältnis ist zwischen statuarischen sowie vertraglichen Haftungsbeschränkungen zu unterscheiden.

A. Statuarische Haftungsbeschränkung Die Organstellung und die daraus resultierenden Pflichten finden ihre Begründung allein im Gesetzesrecht und in der Satzung. Daher spricht schon gegen eine Möglichkeit der statuarischen Abweichung der Haftung der Organmitglieder das Vorliegen des § 23 Abs. 5 AktG. Hiernach kann die Satzung von den Vorschriften des Aktiengesetzes nur abweichen, wenn dies ausdrücklich zugelassen ist. Gleichwohl sind ergänzende Bestimmungen in der Satzung zulässig, sofern das Aktiengesetz keine abschließende Regelung enthält. Zwar wird die grundgesetzlich verbürgte Vereinigungsfreiheit und das daraus resultierende und grundsätzlich anzuerkennende Selbstbestimmungsrecht der Verbandsmitglieder hierdurch eingeschränkt.5 Rechtfertigung dieser Vorschrift ist der Gläubigerschutz sowie der Schutz künftiger Aktionäre.6 In börsennotierten Gesellschaften tritt auch der Schutz des Kapitalmarktes sowie der Schutz der Anleger hinzu.7 Die aktienrechtliche Satzungsstrenge stellt so die Verkehrsfähigkeit der Aktie sicher und dient damit dem öffentlichen Interesse an transparenten aktienrechtlichen Strukturen.8 Da die Organhaftung des § 93 Abs. 2 AktG ausschließlich aus der Organstellung folgt, steht die aktienrechtliche Satzungsstrenge einer Abbedingung entgegen.9 Die Anwendbarkeit des Satzes 2 scheidet gleichwohl aus, da es hier nicht um eine ergänzende Bestimmung geht, sondern um eine Einschränkung des Sorgfalts- und Verschuldensmaßstabs. Auch legt § 93 AktG selbst nahe, dass eine abweichende Vereinbarung in der Satzung über Sorgfaltspflichten und Verantwortlichkeit des Vorstands 5  Vgl. zum Selbstbestimmungsrecht der Eigentümer grundlegend: BVerfG, vom 01.03.1979, 1 BvR 532, 533/77, 419/78, 1 BvL 21/78, NJW 1979, 699, 706 ff. 6  Pentz, in: MüKo-AktG, § 23 Rn. 6, 28; Koch, in: Hüffer/Koch, § 23 Rn. 34 ff.; Körber, in: Bürgers/Körber, § 23 Rn. 40; Arnold, in: KK-AktG, § 23 Rn. 129, vgl. auch RG, vom 25.09.1901, I 142/01, RGZ 49, 77, 80. 7  Pentz, in: MüKo-AktG, § 23 Rn. 158; Arnold, in: KK-AktG, § 23 Rn. 134; vgl. hierzu die kritische Auseinandersetzung: Spindler, AG 2008, 598, 600; Merkt, AG 2003, 126, 127 ff. 8  Röhricht, in: GK-AktG (2004), § 23 AktG Rn. 167; Pentz, in: MüKo-AktG, § 23 Rn. 158; Arnold, in: KK-AktG, § 23 Rn. 134. 9  Habersack, ZHR 177 (2013), 782, 794; Paefgen, AG 2014, 554, 570; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 3; ders. ZIP 2014, 1305; Grigoleit/Tomasic, in: Grigoleit, § 93 Rn. 56; Koch, in: Hüffer/Koch, § 93 Rn. 2; Krieger/Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, § 93 Rn. 3; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 93 Rn. 8; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 27; anders zumindest für die Frage der Absenkung des Verschuldensmaßstabs Hoffmann, NJW 2012, 1393, 1395.

316

6. Teil: Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung

nicht möglich ist. Nach § 93 Abs. 4 S. 3 AktG kann eine Haftung gegenüber der Gesellschaft nur entfallen, wenn die Hauptversammlung zustimmt und nicht eine näher bezifferte Minderheit zur Niederschrift Widerspruch erhebt. Den Gläubigerschutz unterstreicht zudem die Regelung des § 93 Abs. 5 S. AktG, wonach die Ersatzpflicht den Gläubigern gegenüber weder durch einen Verzicht oder Vergleich der Gesellschaft noch dadurch aufgehoben werden kann, dass die Handlung auf einem Beschluss der Hauptversammlung beruht. Damit steht die Haftung nach § 93 Abs. 2 AktG ausdrücklich im Gesellschafter- und Gläubigerschutz und ist einer statuarischen Abänderung unzugänglich. Dieses Ergebnis wird auch durch die konzernrechtlichen Haftungsvorschriften der §§ 309 f. AktG unterstrichen. Hiernach reicht für einen Verzicht seitens der Gesellschaft ein Hauptversammlungsbeschluss nicht aus, sondern es bedarf vielmehr eines Sonderbeschlusses der außenstehenden Aktionäre. Ferner darf keine näher bezifferte Minderheit zur Niederschrift Widerspruch erhoben haben (§ 309 Abs. 3 S. 1 AktG). Ebenso kann der Anspruch auch von den Gläubigern geltend gemacht werden und ein Verzicht oder ein Vergleich hat keine Auswirkungen gegenüber den Gläubigern (§ 309 Abs. 4 S. 4 AktG). Daher sind statuarische Vereinbarungen, welche andere Pflichten für die Organstellung begründen, nicht wirksam. Vielmehr ist die aktienrechtliche Organhaftung nicht disponibles Gesetzesrecht.10 Damit können die in § 93 Abs. 2 AktG enthaltenen Bestimmungen nicht durch die Satzung abbedungen oder der Sorgfalts- oder Verschuldensmaßstab herabgesetzt werden.11

B. Schuldvertragliche Haftungsbeschränkung Weiter ist zu untersuchen, ob die Gesellschaft und das Leitungsorgan eine schuldvertragliche Haftungsbeschränkung wirksam vereinbaren können.

10  Habersack, ZHR 177 (2013), 782, 794; Paefgen, AG 2014, 554, 570; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 3; ders. ZIP 2014, 1305; Grigoleit/Tomasic, in: Grigoleit, § 93 Rn. 56; Koch, in: Hüffer/Koch, § 93 Rn. 2; Krieger/Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, § 93 Rn. 3; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 93 Rn. 8; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 27; anders zumindest für die Frage der Absenkung des Verschuldensmaßstabs Hoffmann, NJW 2012, 1393, 1395. 11  Schäfer, Haftung Leitungsorgan abhängiger Gesellschaften, S. 194; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 3; ders. ZIP 2014, 1305; Grigoleit/Tomasic, in: Grigoleit, § 93 Rn. 56; Koch, in: Hüffer/Koch, §  93 Rn.  2; Krieger/Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, § 93 Rn. 3; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 93 Rn. 8; Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 27; anders zumindest für die Frage der Absenkung des Verschuldensmaßstabs Hoffmann, NJW 2012, 1393, 1395.



§ 2 Privatautonome Haftungsbeschränkung317

I. Vorstand der Obergesellschaft 1. Keine vertragliche Haftungsbeschränkung

Für das Vorstandsmitglied in der Obergesellschaft kann keine wirksame vertragliche Haftungsbeschränkung getroffen werden. Denn das Pflichtenprogramm des § 93 Abs. 2 AktG kann nicht durch eine vertragliche Vereinbarung abgemildert werden.12 Ebenso kann kein antizipierter Verzicht auf die Ansprüche vereinbart werden, da die Haftung des § 93 Abs. 2 AktG zwingend ist und der Aufsichtsrat als vertretungsberechtigtes Organ gegenüber dem Vorstand nicht zuständig ist. Denn nach § 93 Abs. 4 S. 3 AktG ist allein die Hauptversammlung für einen Verzicht oder Vergleich über Ersatzansprüche zuständig.13 Daneben stellt auch § 93 Abs. 4 S. 2 AktG klar, dass die Billigung der Handlung durch den Aufsichtstrat nicht zu einer Haftungsvermeidung führt. Damit ist auch klar, dass der Aufsichtsrat nicht schon im Vorhinein wirksam auf die Ansprüche verzichten kann. Einzige Möglichkeit, um die Haftung gegenüber der Gesellschaft auszuschließen, wäre, dass die Handlung auf einem gesetzmäßigen Beschluss der Hauptversammlung beruht (§ 93 Abs. 4 S. 1 AktG). 2. Halbvermögensschonung

Auch die in der Literatur vorgeschlagene „Halbvermögensschonung“ kann mangels Zulässigkeit nicht zur Anwendung kommen.14 Nach diesem Vorschlag kann anstellungsvertraglich eine Vorwegbindung hinsichtlich des Ermessens des Aufsichtsrats in Bezug auf eine spätere mögliche Anspruchsverfolgung zugunsten einer Regressbeschränkung aus typisierten Gründen des Unternehmenswohls erfolgen.15 Demnach soll der Aufsichtsrat dem Vorstandsmitglied namens der AG zusagen, in Fällen einer „groben Dispropor­ tionalität zwischen Haftungsumfang und Schwere des Pflichtverstoßes“ die Anspruchsverfolgung so höhenmäßig zu begrenzen, dass dem Vorstandsmitglied nach erfolgter Inanspruchnahme 50  % des Wertes der in einer entsprechend § 802c Abs. 2 ZPO zu erstellenden Vermögensauflistung enthaltenen

12  Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 3; ders. ZIP 2014, 1305; Grigoleit/Tomasic, in: Grigoleit, § 93 Rn. 56; Koch, in: Hüffer/Koch, § 93 Rn. 2. 13  Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 3; ders. ZIP 2014, 1305; Grigoleit/Tomasic, in: Grigoleit, § 93 Rn. 56. 14  Siehe zu diesem Vorschlag: Seibt, NZG 2015, 1097, 1102; ders./Cziupka, AG 2015, 93, 108; ders., Börsen-Zeitung, vom 25.07.2015, Nr. 140, S. 9; ablehnend Habersack, NZG 2015, 1297 ff.; Schockenhoff, ZHR 180 (2016), 197, 221. 15  Seibt, NZG 2015, 1097, 1102; ders./Cziupka, AG 2015, 93, 108.

318

6. Teil: Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung

Vermögensgegenstände verbleiben.16 Dem soll schon nicht die Unzulässigkeit satzungsrechtlicher Haftungsmodifikationen entgegengehalten werden können, da kein Gleichklang zwischen satzungsmäßiger und vertraglicher Unzulässigkeit existiere („was satzungsmäßig unzulässig ist, kann vertraglich durchaus erlaubt sein“).17 Auch liege kein Verstoß gegen die Vorschrift des § 93 Abs. 4 S. 3 AktG vor, da schlicht die auf zweiter Stufe der ARAG/ Garmenbeck-Doktrin erforderliche Abwägung des Verfolgungsinteresses mit gegenläufigen Belangen des Unternehmenswohls im Sinne einer quotalen Haftungsbegrenzung bei nicht-vorsätzlichem Verhalten präjudiziert würde.18 Letztlich typisiere die Klausel nur die auf zweiter Stufe der ARAG/Garmenbeck-Doktrin erforderliche Abwägung, die ohnehin aus der organschaftlichen Treupflicht herzuleitende Regressschranken und die „verfassungsrechtlich gebotene angemessene Verteilung des unternehmerischen Risikos zwischen Unternehmen und Geschäftsleiter“ zu berücksichtigen habe.19 Hiergegen sprechen jedoch mehrere Aspekte. a) Keine Vorwegbindung Problematisch erscheint an dieser Vereinbarung schon die Vereinbarkeit mit der Selbstverantwortung des Aufsichtsrats. Zu dieser zählt nämlich auch, dass der Aufsichtsrat seine Überwachungsaufgabe im Unternehmensinteresse und unter Berücksichtigung des Gebots der effizienten Überwachung zu erfüllen hat.20 Zu dieser Überwachungsaufgabe durch den Aufsichtsrat zählen auch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft gegen den Vorstand sowie die vorangehende Prüfung des Bestehens von Ansprüchen und die Entscheidung über die Anspruchsverfolgung.21 Daher ist beispielsweise eine Delegation dieser Überwachungsaufgabe auf einzelne Aufsichtsratsmitglieder oder Ausschüsse ebenso unzulässig, wie die Delegation auf aufsichtsratsexterne Personen.22 Ausgangspunkt der Überwachungs-

16  Seibt,

NZG 2015, 1097, 1102; ders./Cziupka, AG 2015, 93, 108. NZG 2015, 1097, 1102. 18  Seibt, NZG 2015, 1097, 1102. 19  Seibt, NZG 2015, 1097, 1102; ders., Börsen-Zeitung, vom 25.07.2015, Nr. 140, S. 9. 20  Habersack, in: MüKo-AktG, § 111 Rn. 47; Spindler, in: Spindler/Stilz, § 111 Rn. 27, § 116 Rn. 30; Koch, in: Hüffer/Koch, § 111 Rn. 17; vgl. hierzu auch Semler, Leitung und Überwachung, S. 141 ff.; Lohse, Unternehmerisches Ermessen, S. 106 ff. 21  Habersack, in: MüKo-AktG, § 111 Rn. 34; Spindler, in: Spindler/Stilz, § 111 Rn. 27, § 116 Rn. 48 ff.; BGH, vom 21.04.1997, II ZR 175/95, NJW 1997, 1926, 1928; Goette, ZHR 176 (2012), 588 ff.; Casper, ZHR 176 (2012), 617 ff.; Habersack, ZHR 177 (2013), 782, 785 ff.; Koch, AG 2009, 93 ff. 17  Seibt,



§ 2 Privatautonome Haftungsbeschränkung319

aufgabe ist also die eigenständige Erfüllung dieser Tätigkeit. Der Aufsichtsrat hat also die Überwachung in seiner aktuellen Besetzung zu erfüllen. Die Prüfung der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen erfordert damit eine Prüfung und Entscheidung durch den aktuellen Aufsichtsrat. Eine wirksame Vereinbarung verhindert indes eine solche eigenständige Entscheidung des aktuellen Aufsichtsrats. Denn dieser ist dann in seiner eigenen Abwägung eingeschränkt. Konkret bedeutet dies, dass die Vereinbarung die Entscheidung des Aufsichtsrats vorwegnimmt, die er erst später und gegebenenfalls in einer veränderten Besetzung getroffen hätte.23 Ohne eine aktienrechtliche Legitimationsgrundlage verstoßen solche Vereinbarungen daher gegen das aktienrechtliche Kompetenzgefüge. b) Entscheidung am Unternehmenswohl auszurichten Weiter erscheint eine solche vorgeschlagene antizipierte Ermessensbindung den Aufsichtsrat zu hindern, eine Entscheidung zu treffen, die allein am Unternehmenswohl ausgerichtet ist. Der Aufsichtsrat hat nach den vom BGH aufgestellten ARAG/Garmenbeck-Grundsätzen bei Bestehen von durchsetzbaren Schadensersatzansprüchen, diese Ansprüche grundsätzlich zu verfolgen.24 Bei der Prüfung der Durchsetzbarkeit ist der Aufsichtsrat zunächst allein dem Unternehmenswohl verpflichtet, welches grundsätzlich die Wiederherstellung des geschädigten Gesellschaftsvermögens verlangt.25 Davon darf der Aufsichtsrat nur dann ausnahmsweise absehen, wenn gewichtige Gründe des Gesellschaftswohls dagegen sprechen und diese Umstände die Gründe, die für eine Rechtsverfolgung sprechen, überwiegen oder ihnen zumindest gleichwertig sind. Anderen Gesichtspunkten als denen des Unternehmenswohls, wie etwa der Schonung eines verdienten Vorstandsmitglieds oder dem Ausmaß der mit der Beitreibung für das Mitglied und seine Familie verbundenen sozialen Konsequenzen, wird der Aufsichtsrat allerdings nur in Ausnahmefällen Raum geben dürfen.26 Ein solcher Ausnahmefall kann zwar nach dem BGH dann in Betracht kommen, wenn auf der einen Seite das pflichtwidrige Verhalten nicht allzu schwerwiegend und die der Gesellschaft zugefügten Schäden verhältnismäßig gering sind, auf der anderen

22  Habersack, in: MüKo-AktG, § 111 Rn. 49; Spindler, in: Spindler/Stilz, § 111 Rn. 31, § 116 Rn. 30; Koch, in: Hüffer/Koch, § 111 Rn. 17. 23  Ähnlicher Gedanke bei der Frage der Vorwegbindung des Vorstands durch Cove­nants und das Verhältnis zu § 76 AktG, Bochmann, Covenants, S. 136. 24  BGH, vom 21.04.1997, II ZR 175/95, NJW 1997, 1926, 1928. 25  BGH, vom 21.04.1997, II ZR 175/95, NJW 1997, 1926, 1928. 26  BGH, vom 21.04.1997, II ZR 175/95, NJW 1997, 1926, 1928.

320

6. Teil: Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung

Seite jedoch einschneidende Folgen für das ersatzpflichtig gewordene Vorstandsmitglied drohen.27 Die Feststellung, ob ein solcher Ausnahmefall vorliegt, hat jedoch gerade durch eine vorherige umfassende Prüfung und Abwägung durch den Aufsichtsrat zu erfolgen. Bei einer antizipierten Ermessensbindung wird allerdings gerade die Prüfung des Aufsichtsrats faktisch vorverlagert, ohne dass sich der Aufsichtsrat über die Ausnahmegründe im konkreten Schadensfall Gedanken machen konnte. So würde auch ein Vorstandsmitglied profitieren, welches auch in der Vergangenheit kleinere Schäden verursacht hat, sich also gerade nicht verdient gemacht hat, oder auch ein Mitglied, welches überhaupt keine Familie hat. Dies ist umso schwerwiegender, da der Aufsichtsrat zum Zeitpunkt des Abschlusses des Anstellungsvertrags mit einem neuen Vorstand überhaupt keine Erfahrungen mit diesem hat. Mithin trifft er zu einem vorgelagerten Zeitpunkt eine Entscheidung, in welchem er aber die späteren Umstände nicht kennt. Solche Entscheidungen können dann regelmäßig auch nicht im Unternehmensinteresse liegen und könnten zu einer eigenen Ersatzpflichtigkeit des Aufsichtsrats führen. Mit einer solchen vertraglichen Vorwegbindung wird faktisch das Unternehmensinteresse zurückgestuft und der Ausnahmefall gerade zum Regelfall gemacht.28 c) Keine Umgehung des § 93 Abs. 4 S. 3 AktG Im Übrigen erscheint eine solche Vereinbarung nicht mit § 93 Abs. 4 S. 3 AktG vereinbar zu sein. Denn in der Sache bedeutet eine solche Vereinbarung den vorweggenommenen Teilverzicht. Der BGH hat in der ARAG/ Garmenbeck-Entscheidung für den Fall des Unterlassens der Anspruchsverfolgung der Schadensersatzansprüche gegenüber einem Vorstandsmitglied ausgeführt, dass ein solches Unterlassen einem Anspruchsverzicht der Gesellschaft außerordentlich nahekommt.29 Hier geht es dagegen nicht „nur“ um das schlichte Unterlassen einer Anspruchsverfolgung, sondern die Vereinbarung schafft dem Vorstandsmitglied eine gesicherte Position und schmälert unmittelbar den Anspruch der Gesellschaft auf Schadensersatz. So hat das Vorstandsmitglied gegen die volle Inanspruchnahme eine Einwendung gegen die Gesellschaft und steht damit der gesicherten Rechtsposition des Verzichts gleich.30

27  BGH,

vom 21.04.1997, II ZR 175/95, NJW 1997, 1926, 1928. NZG 2015, 1297, 1299. 29  BGH, vom 21.04.1997, II ZR 175/95, NJW 1997, 1926, 1928. 30  Habersack, NZG 2015, 1297, 1300; Schockenhoff, ZHR 180 (2016), 197, 221 f. 28  Habersack,



§ 2 Privatautonome Haftungsbeschränkung321

d) Schlussfolgerung Die vorgeschlagene Halbvermögensschonung ist aufgrund des Verstoßes gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung sowie § 93 Abs. 4 S. 3 AktG unzulässig und kann daher keinen Schutz des Vorstands bieten. II. Leitungsorgan der Matrixgesellschaft Für das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft können schuldvertragliche Haftungsbeschränkungen neben den oben aufgeführten organisatorischen Maßnahmen ein wichtiges Vehikel sein, um in der komplexen Matrixstruktur dem Haftungsrisiko zu begegnen. Schuldvertragliche Vereinbarungen mit der Matrixgesellschaft, mit dem Ziel einer Enthaftung, sind aufgrund der strengen Vorgaben in der Aktiengesellschaft allerdings nicht möglich. Ebenso existiert ferner die Möglichkeit, dass jeder Aktionär einen Anspruch aus § 310 Abs. 2 AktG geltend macht und nicht nur die Gläubiger (§ 310 Abs. 4, § 309 Abs. 4 S. 1 AktG). Damit besteht für den Vorstand der Matrixgesellschaft keine Möglichkeit der antizipierten vertraglichen Enthaftung für Ansprüche der Gesellschaft – ausgenommen hiervon ist freilich die Befolgung von Weisungen, die indes aufgrund der Überprüfungspflicht auch haftungsanfällig ist. III. Matrixmanager Auf den ersten Blick erscheinen schuldvertragliche Haftungsbeschränkungen mit dem Matrixmanager unproblematisch, da dieser Arbeitnehmer ist und damit im Rahmen des Vertragsverhältnisses entsprechende privatautonome Absprachen getroffen werden können. Gleichwohl ist dessen Stellung nicht gänzlich unproblematisch, sofern er auch Organ einer Matrixgesellschaft ist. 1. Matrixmanager ist bei der Obergesellschaft vertraglich gebunden

Sofern der Matrixmanager mit der Obergesellschaft vertraglich gebunden ist, ohne Organ jener zu sein, können die Parteien dieses Vertrags eine privatautonome Vereinbarung über die Abmilderung des Sorgfalts- und Verschuldensmaßstabs treffen. Eine solche Vereinbarung ist von der Privatautonomie umfasst und zulässig.31 Gleichwohl unterliegen solche Parteivereinbarungen dennoch gesetzlichen Grenzen. Bei individualvertraglichen Verein31  Sandmann, Haftung leitende Angestellte, S.  560; Grundmann, in: MüKoBGB, § 276 Rn. 182; Schaub, in: beckOGK, § 276 Rn. 16, 164; Caspers, in: Staudin-

322

6. Teil: Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung

barungen ist insbesondere auf die Grenze des § 276 BGB zu achten, wonach eine Vorsatzhaftung nicht ausgeschlossen werden kann. Daneben sind noch die Grenzen der §§ 134, 138 und 242 BGB sowie spezialgesetzliche Grenzen zu beachten. Namentlich sei in diesem Zusammenhang erwähnt, dass eine Zusage der Obergesellschaft, Geldstrafen und Geldbußen des Matrixmanagers zu übernehmen, gegen § 138 BGB verstößt, da sonst der Sanktionszweck der Straf- und Ordnungswidrigkeitenvorschrift unterlaufen würde und eine nachlässige Haltung zu befürchten ist – ja gar ein solches Verhalten „herausgefordert“ wird.32 Damit sind vertragliche Haftungsbeschränkungen für den Matrixmanager, der lediglich mit der Obergesellschaft in einer vertraglichen Verbindung steht, unter Einhaltung gewisser Grenzen möglich. Damit können auch die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs auf den Matrixmanager als leitenden Angestellten zur Anwendung kommen, sofern die Parteien dies vereinbaren. 2. Matrixmanager ist auch Leitungsorgan der Matrixgesellschaft

Haftungsbeschränkungen für den Matrixmanager, der auch zugleich Leitungsorgan der Matrixgesellschaft ist, sind nur mit Einschränkungen möglich. So haftet der Matrixmanager der bestellenden Gesellschaft auch aufgrund seiner Organstellung. Bei der Mitgliedschaft des Vorstands der Matrixgesellschaft als Aktiengesellschaft, stehen dem Matrixmanager damit vertragliche Begrenzungsmöglichkeiten mit der Matrixgesellschaft nicht zur Verfügung.33 Fehlt es dagegen – wie es regelmäßig sein wird – an einem gesonderten Vertrag mit der Matrixgesellschaft, kann der Matrixmanager der Matrixgesellschaft gegenüber vertraglich nur haften, wenn der Vertrag zur Obergesellschaft ein Vertrag zugunsten Dritter ist.34 Im Rahmen dieses Vertragsverhältnisses kann indes die Obergesellschaft den Sorgfalts- und Verschuldensmaßstab herabsetzen, nicht aber die Matrixgesellschaft. Diese vertragliche Haftungsbeschränkung entspricht nicht zwingend auch den Interessen der Matrixgesellschaft. Vielmehr kann diese an einer strengeren Haftung ein ­Interesse haben. Obgleich ein solches Interesse vorliegen kann, ist dieses indes nicht schützenswert, da die Matrixgesellschaft einen ausreichenden Schutz aus der Organstellung und der damit verbundenen Haftung des Ma­

ger (2014), § 276 Rn. 114; s. hierzu auch vertiefend: Bruns, Haftungsbeschränkung und Mindesthaftung, S. 232. 32  Vgl hierzu: Mack, Regresshaftung von Vorstandsmitgliedern, S. 134; Mertens/ Cahn, in: KK-AktG, § 84 Rn. 95; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 84 Rn. 72. 33  Siehe hierzu schon S. 316 f. 34  Siehe zu dieser Problematik S. 269 ff.



§ 3 Anwendbarkeit des innerbetrieblichen Schadensausgleichs 323

trixmanagers erhält.35 Zudem kann sie den Vertrag zugunsten Dritter auch zurückweisen (§ 333 BGB). Daher kann die Obergesellschaft den Sorgfaltsund Verschuldensmaßstab für die vertragliche Haftung des Matrixmanagers herabsetzen. In diesem Zusammenhang können dem Matrixmanager auch Freistellungsvereinbarungen helfen, seine Risiken aus der Organstellung zu minimieren.36 Die aus der Organstellung resultierende Haftung bleibt von einer solchen Vereinbarung indes unberührt.

§ 3 Anwendbarkeit des innerbetrieblichen Schadensausgleichs A. Allgemeines Fraglich ist zudem, ob die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs auf die Leitungsorgane der jeweiligen Gesellschaften Anwendung finden können. I. Dogmatische Grundlage Die gesetzliche Konzeption sieht für die Haftung des Arbeitnehmers die Regelungen des allgemeinen Schuldrechts vor.37 Demnach findet ins­­ besondere § 276 BGB sowie die schadensrechtliche Totalreparation der §§ 249 ff. BGB uneingeschränkt Anwendung und damit haftet der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber vollumfänglich für alle von ihm verursachten und zurechenbaren Schäden. Diese umfassende Haftung hat die Rechtsprechung aus rechts- und sozialpolitischen Gründen nicht als sachgerecht empfunden und die Haftungsprivilegierung für Arbeitnehmer entwickelt.38 Zur dogmatischen Begründung dieser Haftungsprivilegierung des Arbeitnehmers wurden zahlreiche Ansätze diskutiert, von denen die meisten keine Bedeutung mehr ha-

35  Schäfer,

Haftung Leitungsorgan abhängiger Gesellschaften, S. 204 f. hierzu noch S. 336 ff. 37  Henssler, in: MüKo-BGB, § 619a Rn. 5. 38  Siehe schon RAG, vom 12.06.1937, 297/36, Arbeitsrechts-Sammlung, 30, 3; ebenso schon das Allgemeine Preußische Landrecht von 1794 in I. Teil 11. § 899, wonach der „gemeine Handarbeiter sowohl gegen den Dingenden, als gegen einen Dritten, nur ein grobes oder mäßiges Versehen vertreten“ muss; grundlegend auch BAG, vom 25.09.1957, GS 4/56, GS 5/56, BAGE 5, 1; BAG, vom 27.09.1994, GS 1/89 (A), BAGE 78, 56; siehe zur historischen Entwicklung auch Mack, Regresshaftung von Vorstandsmitgliedern, S. 201 f.; Feuerborn, in: beckOGK, § 619a Rn. 44 ff.; Henssler, in: MüKo-BGB, § 619a Rn. 10. 36  Siehe

324

6. Teil: Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung

ben.39 Von der Rechtsprechung des BAG40 sowie der überwiegenden Literatur41 wird eine entsprechende Anwendung des § 254 BGB als dogmatische Grundlage angesehen. Hintergrund hierfür ist, dass sich der Arbeitgeber die Sach- und Betriebsgefahr seiner Unternehmung in entsprechender Anwendung des § 254 BGB zurechnen lassen muss. Denn die Risiken, die sich aus vom Arbeitgeber entwickelten Prozessen und Organisationen ergeben, sind diesem zuzurechnen.42 Einen weiteren Zurechnungsgrund sieht das BAG darin, dass der Arbeitnehmer in dem Betrieb des Arbeitgebers eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit dazu beiträgt, den durch den Arbeitgeber vorgegebenen Betriebszweck zu verwirklichen. Der Arbeitgeber kann die Organisation und den Zweck eigenständig bestimmen und der Arbeitnehmer kann sich dem nicht entziehen, da er durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers örtlich und zeitlich an die Weisungen des Arbeitgebers gebunden ist.43 Im Übrigen ist eine Einschränkung der Arbeitnehmerhaftung im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) geboten.44 Denn mit den wirtschaftlichen Folgen der Haftung kann sich diese sehr einschneidend auf die allgemeine Lebensgestaltung und Berufsausübung der Schadensersatzpflichtigen auswirken, weshalb eine „Vernachlässigung der unterschied­ lichen Vertragsstärke im Arbeitsleben und die einseitige Belastung des Arbeitnehmers mit dem vollen Haftungsrisiko ohne Rücksicht auf das Betriebsrisiko des Arbeitgebers“ nicht mit dem Grundgesetz zu vereinbaren wäre.45 II. Rechtsfolgen Die entwickelten Grundsätze beschränken die Haftung des Arbeitnehmers in Relation zu dessen Verschulden. Grundgedanke ist hierbei, dass es unbillig 39  Siehe zu den verschiedenen Ansätzen: Henssler, in: MüKo-BGB, § 619a Rn. 10; Feuerborn, in: beckOGK, § 619a Rn. 44; Reichhold, in: Münchener Hdb. ArbR Bd. 1, § 57 Rn. 25. 40  Grundlegend BAG, vom 27.09.1994, GS 1/89 (A), BAGE 78, 56; siehe auch jüngere Entscheidung des BAG, vom 15.11.2012, 8 AZR 705/11, DB 2013, 705. 41  Henssler, in: MüKo-BGB, § 619a Rn. 10; ders., RdA 2002, 129, 133; Waltermann, RdA 2005, 98, 99 f.; Preis, in: ErfK, § 619a Rn. 10; siehe auch weitere Nachweise bei Krause, in: Otto/Schwarze/Krause, Die Haftung des Arbeitnehmers, § 5 Rn. 10 Fn. 59. 42  BAG, vom 27.09.1994, GS 1/89 (A), BAGE 78, 56, 64. 43  BAG, vom 27.09.1994, GS 1/89 (A), BAGE 78, 56, 66. 44  BAG, vom 27.09.1994, GS 1/89 (A), BAGE 78, 56, 66. 45  BAG, vom 27.09.1994, GS 1/89 (A), BAGE 78, 56, 66; siehe hierzu auch BVerfG, vom 19.10.1993, 1 BvR 1044/89, BeckRS 1993, 120810; BVerfG, vom, 19.10.1993, 1 BvR 1044/89, BeckRS 1993, 120810; BVerfG, vom 19.10.1993, 1 BvR 567/89, BeckRS 9998, 181181.



§ 3 Anwendbarkeit des innerbetrieblichen Schadensausgleichs 325

wäre, wenn der Arbeitnehmer auch für leichte Fahrlässigkeit die volle Haftung gegenüber dem Arbeitgeber tragen soll. Daher ist im Rahmen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs eine Abwägung nach Verschuldensstufen vorzunehmen. Die Rechtsprechung hat hierfür ein Stufenverhältnis entwickelt, welches sich wie folgt darstellt: Hat der Arbeitnehmer den Schaden mit leichtester Fahrlässigkeit verursacht, so haftet dieser überhaupt nicht. Im Fall der normalen Fahrlässigkeit findet regelmäßig eine quotale Schadensteilung statt. Die konkrete Höhe, wieviel der Arbeitnehmer zu tragen hat, erfordert eine Abwägung der Gesamtumstände anhand des Schadensanlasses und der Schadensfolge unter Beachtung von Billigkeitsgesichtspunkten als auch Zumutbarkeitserwägungen. Maßgelbich sind hierbei insbesondere der Verschuldensgrad, die Gefahrgeneigtheit der Tätigkeit, die Schadenshöhe, die vom Arbeitgeber einkalkulierten und durch den Versicherungsschutz abgedeckten Risiken, die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb sowie die bezogene Vergütung unter Berücksichtigung gezahlter Risikoprämien. Die Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse, wie Betriebszugehörigkeit, Familienverhältnisse oder Alter ist auch möglich.46 Hat der Arbeitnehmer grob fahrlässig den Schaden verursacht, haftet er grundsätzlich für den vollen Schaden. Ausnahmsweise können allerdings Haftungserleichterungen möglich sein.47 Dies soll beispielsweise dann möglich sein, wenn der Verdienst des Arbeitnehmers in einem deutlichen Missverhältnis zum Schadensrisiko steht. Hierbei ist jedoch die Existenzerhaltung des Arbeitsnehmers keine generelle Grenze, sondern sofern dieser durch seinen Verdienst den verursachten Schaden vollständig ausgleichen kann, ist regelmäßig kein Anwendungsraum für eine Haftungsbeschränkung.48 Vorsätzlich verursachte Schäden hat der Arbeitnehmer dagegen stets selbst zu tragen.49 Voraussetzung ist allerdings, dass sich der Vorsatz nicht nur auf die Pflichtverletzung bezieht, sondern auch auf die Schadensentstehung und Schadenshöhe, der Arbeitnehmer also beides für möglich hält und mit dessen Realisierung einverstanden ist.50

46  BAG, vom 27.09.1994, GS 1/89 (A), BAGE 78, 56, 67; BAG, vom GS 4/56, GS 5/56, BAGE 5, 1, 7. 47  BAG, vom 15.11.2012, 8 AZR 705/11, DB 2013, 705; BAG, vom 8 AZR 418/09, DB 2011, 711; BAG, vom 18.01.2007, 8 AZR 250/06, 1230; BAG, vom 25.09.1997, 8 AZR 288/96. 48  BAG, vom 15.11.2012, 8 AZR 705/11, DB 2013, 705. 49  BAG, vom 15.11.2012, 8 AZR 705/11, DB 2013, 705; BAG, vom 8 AZR 348/01, NZA 2003, 37, 39. 50  BAG, vom 18.04.2002, 8 AZR 348/01, NZA 2003, 37, 39.

25.09.1957, 28.10.2010, NZA 2007, 18.04.2002,

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6. Teil: Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung

B. Anwendbarkeit dieser Grundsätze auf das Leitungsorgan der Obergesellschaft I. Aktuelle Diskussion Im neueren Schrifttum wird für die Anwendbarkeit dieser arbeitsrecht­ lichen Grundsätze auch auf Leitungsorgane plädiert.51 Hintergrund dieser Stimmen ist der Grundgedanke, dass jemand, der langfristig für einen anderen fremdnützig tätig wird, einer besonderen Gefahr fahrlässiger Schadensverursachung ausgesetzt ist, die aufgrund des besonderen Betriebsrisikos um ein Vielfaches potenziert werden kann.52 Neben diesem Grundgedanken spräche auch die dogmatische Grundlage der eingeschränkten Arbeitnehmerhaftung, die nach der Rechtsprechung des BAG mit einer entsprechenden Anwendung des § 254 Abs. 1 BGB begründet wird.53 Zudem bestehe eine Vergleichbarkeit zwischen der Arbeitnehmerhaftung und der Organhaftung und damit käme eine Übertragung der Wertung des § 254 Abs. 1 BGB in Betracht.54 Denn maßgeblich für die Vergleichbarkeit sei hierbei nicht die Erforderlichkeit der Weisungsbindung und fehlender Einflussnahme, denn diese beiden Kriterien haben erst bei der Feststellung einer Pflichtverletzung und des Verschuldens Berücksichtigung zu finden.55 Ebenso bestehe wie beim Arbeitnehmer auch ein Missverhältnis zwischen Entlohnung und Haftungsrisiko sowie eine fehlende Partizipation des Leitungsorgans an den eingegangenen Risiken.56

51  Wilhelmi, NZG 2017, 681 ff.; Hoffmann, NJW 2012, 1393 f.; Reichert, ZHR 177 (2013), 756, 775; Spindler, AG 2013, 889, 894 f.; Frisch, Haftungserleichterung für Geschäftsführer, S. 50 ff.; siehe hierzu auch Wagner, ZHR 178 (2014), 227, 234; sowie Bachmann, Gutachten zum 70. DJT, E 56 f.; in die gleiche Richtung, nur dass hier nicht auf § 254 BGB zurückgegriffen wird, sondern aus der gesellschaftsrecht­ lichen Treuepflicht eine Haftungsbegrenzung regelmäßig für existenzvernichtende Regressforderungen befürwortet wird; Bayer, FS K. Schmidt (2009), S. 85, 97; Thole, ZHR 173 (2009), 504, 533 f.; Koch, AG 2012, 429 ff.; ders. AG 2009, 93 ff.; vgl. hierzu auch Casper, ZHR 176 (2012), 617, 627; Goette, ZHR 176 (2102), 588, 603 ff.; zu dieser Diskussion auch Schäfer, Haftung Leitungsorgan abhängiger Gesellschaften, S.  217 ff.; Mack, Regresshaftung von Vorstandsmitgliedern, S. 206 ff., beide indes ablehnend. 52  Koch, AG 2014, 513, 516; ebenso Wilhelmi, NZG 681, 686. 53  BAG GS, vom 27.09.1994, GS 1/89 (A), NJW 1995, 210, 211. 54  Wilhelmi, NZG 2017, 681, 686. 55  Wilhelmi, NZG 2017, 681, 686. 56  Wilhelmi, NZG 2017, 681, 686.



§ 3 Anwendbarkeit des innerbetrieblichen Schadensausgleichs 327

II. Stellungnahme Bei der Frage der Anwendbarkeit der Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs kann es nur um die Frage einer entsprechenden Anwendbarkeit gehen, da das Leitungsorgan der Obergesellschaft unbestritten nicht als Arbeitnehmer eingeordnet werden kann, diese Grundsätze allerdings indes speziell für Arbeitnehmer entwickelt worden sind.57 1. Unzutreffende Ausgangsbasis

Der entsprechenden Anwendbarkeit ist schon die unzutreffende Ausgangsbasis entgegenzuhalten. So entspricht die mangelnde Partizipation der Leitungsorgane an den eingegangenen Risiken regelmäßig nicht den tatsächlichen Gegebenheiten. Schon eine Betrachtung der Vorstandsvergütungen der DAX und M-DAX Gesellschaften zeigt, dass eine Partizipation von Risiken und Chancen seitens der Vorstände erfolgt.58 Diese Zahlen belegen deutlich, dass bei sämtlichen Vorständen der mehrheitliche Anteil der Vergütung aus einer variablen Komponente und aktienbasierten Komponenten besteht. Demnach hängt eine Mehrheit (also über 50 %) der Vergütungen der Vorstände vom Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens, also ihrer Tätigkeit ab.59 Ebenso verhält es sich bei der Vergütung der GmbH-Geschäftsführer.60 Eine mangelnde Partizipation an Chancen und Risiken ist empirisch nicht feststellbar. 57  BGH, vom 27.02.1975, II ZR 112/72, VersR 1975, 612, hier für die Haftung eines Vorstandsmitglieds einer Genossenschaftsbank; BGH vom 05.12.1983, II ZR 252/82, BGHZ 89, 153, 159; Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, § 93 Rn. 29; Paefgen, AG 2014, 554, 568; Raiser/Veil, in: KapGesR, § 14 Rn. 47; Mack, Regresshaftung von Vorstandsmitgliedern, S. 208. 58  Vgl. hierzu Ihrig/Schäfer, in: Ihrig/Schäfer, Rechte und Pflichten des Vorstands, Anhang Vergütungen der Vorstandsmitglieder der DAX 30 Unternehmen für das Jahr 2012; ebenso Studie von DSW und der TU München, „Studie zur Vergütung der Vorstände in den DAX- und MDAX-Unternehmen im Geschäftsjahr 2017“, abrufbar unter https://www.dsw-info.de/fileadmin/Redaktion/Dokumente/PDF/Presse/DSW_-_ Tabellen_PK_Vorstandsverguetung_2017.pdf (zuletzt aufgerufen 18.06.2019). 59  Studie von DSW und der TU München, S. 5 und 9; siehe auch EY Studie, Mixed Compensation Barometer 2017, S. 9, die die Vergütung von in DAX, MDAX, SDAX und TecDAX gelisteten Gesellschaften nach fixen- und variablen Vergütungsbestandteile aufschlüsselt, hiernach beträgt der Anteil der variablen Vergütung der Vorstände an der Gesamtvergütung stets mehr als 50 %, abrufbar unter https://www. ey.com/Publication/vwLUAssets/ey-verguetung-der-vorstaende-in-den-dax-segmenten -2013-bis-2016/$FILE/ey-verguetung-der-vorstaende-in-den-dax-segmenten-2013bis-2016.pdf (zuletzt abgerufen am 18.06.2019). 60  Nach einer Studie aus dem Jahr 2014 haben fast 81 % der GmbH-Geschäftsführer im Anstellungsvertrag neben dem Festgehalt eine variable Vergütungskompo-

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6. Teil: Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung

Auch unzutreffend ist das angebliche Missverhältnis von Entlohnung und potenzieller Schadenshöhe. Dem ist schon entgegenzuhalten, dass auch bei der Arbeitnehmerhaftung keine Beschränkung der Haftung in der Höhe erfolgt, sondern vielmehr anhand des Verschuldensgrads eine Mitverantwortung des Arbeitgebers daneben tritt. Damit kann auch ein normal fahrlässig handelnder Arbeitnehmer aufgrund der immensen Höhe des Schadens mit seinem gesamten Privatvermögen haften. Dies verhindert der innerbetrieb­ liche Schadensausgleich gerade nicht.61 Dieses Argument kann daher schon vom Grundsatz her nicht verfangen. Auch in der Sache ist es unzutreffend, denn der dem Schadensrecht zugrundeliegenden Naturalrestitution ist es gemein, dass der Schädiger für sämtliche Schäden aufzukommen hat, ohne dessen finanzielle Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Dieser Punkt ist allein eine Sache der Vollstreckung, nicht der Anspruchsentstehung.62 So käme man auch nicht auf die Idee, bei der deliktsrechtlichen Haftung oder der Haftung nach dem StVG, bei der auch eine einfache Fahrlässigkeit zu erheblichen (ruinösen) Schäden führen kann, eine Haftungsbeschränkung für den Schädiger zu entwickeln. Die finanzielle Leistungsfähigkeit hat daher bei der Bestimmung des Anspruchs und seiner Rechtsfolgen außenvorzubleiben. Diese ist vielmehr erst in der Vollstreckung zu berücksichtigen. 2. Kein Unterlaufen der Präventivfunktion

Damit bleibt es allein bei der Frage, ob eine Vergleichbarkeit zwischen Organ- und Arbeitnehmerhaftung besteht. Eine solche wird von den Befürwortern bejaht, da das Leitungsorgan aufgrund der regelmäßig langfristigen Tätigkeit dem gleichen Betriebsrisiko ausgesetzt sei wie ein Arbeitnehmer. Hiergegen spricht jedoch schon der sozialpolitische Schutzzweck des innernente. Bei knapp 82 % ist der Gewinn vor Steuern die Bemessungsgrundlage. Bei nicht allen Geschäftsführern ist es aber zu entsprechenden Zahlungen gekommen. Eine Tantieme erhalten haben 86,1 %. Die Spanne reicht von Tantiemenzahlungen im zweistelligen Bereich bis zum Spitzenbetrag von EUR 995.000. Bei 42 % der Geschäftsführer beträgt die Tantieme mehr als EUR 25.000. Davon erhalten EUR 27,5 bis EUR 50.000 und 14,5 % mehr als EUR 50.000, siehe hierzu Neuwied, GmbHR im Blickpunkt, 2014, R 353. 61  Habersack, ZHR 177 (2013), 782, 802; Paefgen, AG 2014, 554, 568; Fleischer, ZIP 2014, 1305, 1306; pflichtvergessene Organmitglieder würden nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen lediglich für leichteste Fahrlässigkeit nicht haften, bei mittlerer Fahrlässigkeit wäre eine einzelfallbezogene quotale Schadensteilung vorzunehmen; BAG, vom 18.04.2002, 8 AZR 348/01, BAGE 101, 107. 62  In diese Richtung auch Zwischenbericht der Länderarbeitsgruppe „Managementverantwortung“ vom 19.05.2009, S. 9: „Für Manager gelten die gleichen Pfändungsschutzregelungen wie für jeden anderen Bürger; sie lassen Spielraum für eine bescheidene Lebensführung. Daran sollte nach Auffassung der Arbeitsgruppe nicht gerüttelt werden“.



§ 3 Anwendbarkeit des innerbetrieblichen Schadensausgleichs 329

betrieblichen Schadensausgleichs. Dieser Schutzzweck kann nicht auf die eigenverantwortliche unternehmerische Tätigkeit des Leitungsorgans angewandt werden, da diese Stellung vielmehr mit der Stellung eines unabhängigen Unternehmers vergleichbar ist und nicht mit der eines abhängigen Beschäftigten.63 So liegt nach der Rechtsprechung der arbeitsrechtliche Schutzzweck der privilegierten Arbeitnehmerhaftung darin begründet, dass Arbeitnehmern, die am unternehmerischen Erfolg ihres Arbeitgebers grundsätzlich nicht teilhaben, dessen unternehmerisches Risiko nicht aufgebürdet werden soll.64 Insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass die Organhaftung, neben der Kompensation entstandener Schäden, auch normgerechtes Verhalten der Organmitglieder fördern soll.65 Es besteht bei Gesellschaften, welche sich der recht­ lichen Kunstform der juristischen Person bedienen, das Risiko, dass die für eine effiziente Schadensprävention notwendige Anreizfunktion der drohenden Haftung für Normverstöße in grob zweckwidriger Weise unterlaufen wird, wenn Organmitgliedern in ihrer Funktion als „alter ego“66 der juristischen Person bei der Verletzung von Legalitätspflichten nicht im Prinzip die nach Grundlagen und Umfang gleiche Haftung drohen würde, wie einem Einzelkaufmann, der sein Unternehmen in eigener Person als Träger der damit verbundenen Rechte betreibt.67 Eine Anwendung der Arbeitnehmerhaftung auf Leitungsorgane würde daher der präventiven Steuerungsfunktion des Organhaftungsrechts zuwiderlaufenden und es bestünde die Gefahr, eine Organisation der Unverantwortlichkeit zu schaffen.68 3. Betriebsrisiko

Ferner ist auch kritisch zu hinterfragen, ob der bestellenden Gesellschaft überhaupt ein Betriebsrisiko zuzurechnen ist. Die Organisation des Betriebes 63  Paefgen, AG 2014, 554, 568; Schöne/Petersen, AG 2012, 700, 704; Habersack, ZHR 177 (2013), 782, 802; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 93 Rn. 37; Kort, in: GK-AktG (2015), § 84 Rn. 461; Paefgen, in: GK-GmbHG, § 35 Rn. 252. 64  BAG, vom 18.04.2002, 8 AZR 348/01, BAGE 101, 107, 112 ff.; Paefgen, AG 2014, 554, 568. 65  Wagner, ZHR 178 (2014), 227, 251 f.; ders., in: E. Lorenz, Schadensersatz – Zwecke, Inhalte, Grenzen, S. 12 f.; Fleischer, in: Hdb. VorstandsR, § 11 Rn. 4; ders., in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 2; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 93 Rn. 6; Paefgen, AG 2014, 554, 569. 66  Paefgen, AG 2014, 554, 569; ders., in: GK-GmbHG, § 35 AktG Rn. 19; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, Vorb. § 76 Rn. 3; Wiedemann, GesR I, S. 212. 67  Vgl. Paefgen, AG 2014, 554, 569. 68  Paefgen, AG 2014, 554, 568; Mack, Regresshaftung des Vorstands, S. 211; siehe zur Funktion des Schadensrechts auch S. 241 f.

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6. Teil: Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung

und Steuerung der Gegebenheiten der Prozesse und damit der Risiken obliegt naturgemäß den Leitungsorganen. Diese vertreten die Gesellschaft gegenüber den Arbeitnehmern und anderen Vertragspartnern. Sie gliedern sich letztlich in ihre eigene Organisation ein und nicht in eine fremde. Damit tragen sie gerade selbst das Betriebsrisiko, indem sie es gestalten und beherrschen. Sie trifft rechtlich sowie tatsächlich die volle Verantwortlichkeit. Daneben bestimmen die Leitungsorgane die Grundrichtung der Gesellschaft und füllen diese aus. Sie sind damit gerade nicht einem anderen eingereichten Betriebsund Organisationsrisiko ausgesetzt, sondern haben diese Risiken selbst gesetzt. Im Übrigen erfasst das Abstellen auf das Betriebsrisiko gerade nicht die in Rede stehende Haftung für unternehmerische Fehlentscheidungen. Denn diesen kann nicht mit der Sicherheit der Organisation des Betriebes begegnet werden. Vielmehr ist die Gefahr der unternehmerischen Fehlentscheidung von den Gesellschaftern auf die Mitglieder des Leitungsorgans übergegangen und kann nicht durch eine Haftungsbeschränkung zurückgegeben werden, dies umso mehr, da es um die Verwaltung fremden Vermögens geht.69 Im Ergebnis handelt es sich um Maßnahmen, die gegen die Voraussetzungen des § 93 Abs. 1 und 2 AktG verstoßen und damit nicht mit dem Gesetz vereinbar sind. 4. Business Judgment Rule bietet ausreichenden Schutz

Neben den genannten Aspekten spricht auch die Anwendung der Business Judgment Rule gegen eine entsprechende Übertragung des innerbetrieblichen Schadensausgleichs. Die Business Judgment Rule schafft für den Vorstand einen „safe harbour“.70 Handelt der Vorstand bei einer unternehmerischen Entscheidung auf angemessener Informationsgrundlage und zum Wohle der Gesellschaft, so begeht er schon keine Pflichtverletzung. Zur Frage der Haftung kommt es damit gar nicht. Auch der Einwand, die Business Judgment Rule umfasse nicht sämtliche Konstellationen, kann nicht für die Anwendbarkeit der Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs sprechen. Daneben sei noch erwähnt, dass bei der Frage der Einhaltung der Legalitätspflichten das Leitungsorgan bei fehlender Sachkenntnis einen qualifizierten Berufsträger beauftragen kann.71 Damit wandelt sich seine Ausführungspflicht in eine Überwachungspflicht, so dass im Rahmen der Einhaltung der Legalitätspflicht das Risiko der Haftung minimiert werden kann.

69  Schäfer,

Haftung Leitungsorgan abhängiger Gesellschaften, S. 221. AG 2012, 700, 702 f. 71  BGH, vom 20.09.2011, II ZR 234/09, NZG 2011, 1271, 1273. 70  Schöne/Peteresen,



§ 3 Anwendbarkeit des innerbetrieblichen Schadensausgleichs 331 5. Keine Regelungslücke

Im Übrigen besteht entgegen der Haftung des Arbeitnehmers keine Regelungslücke für die Haftung des Leitungsorgans. Diese ist gesetzlich ausdrücklich normiert und die Voraussetzungen dieser gesetzlichen Vorschriften können nicht unterlaufen werden. Hierfür besteht insbesondere auch keine verfassungsrechtliche Notwendigkeit. Denn zum einen ist schon das Bestehen eines Machtgefälles zwischen Gesellschaft und Leitungsorgan fernliegend, da das Leitungsorgan gerade die Gesellschaft und deren Interesse vertritt und damit ein Gleichklang dieser Interessen vorliegt. Zum anderen wirtschaftet das Leitungsorgan anders als ein Arbeitnehmer eigenverantwortlich und kann die Risiken daher selbst setzen. Hinzu kommt der weite gesetzgeberische Ausgestaltungsraum zur Frage der Haftung, der nicht durch Rechtsfortbildung unterlaufen werden darf.72 6. Ergebnis

Leitungsorgane sind keine Arbeitnehmer, daher scheidet eine unmittelbare Anwendung der arbeitsrechtlichen Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs aus. Auch eine entsprechende Anwendbarkeit der arbeitsrechtlichen Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs scheidet aus. Denn eine solche Anwendung widerspricht der gesetzlichen Konzeption der Haftung der Leitungsorgane, die auch bei einfacher Fahrlässigkeit gegeben ist. Im Übrigen sprechen die Präventivfunktion des Haftungsrechts sowie das fehlende Merkmal des Betriebsrisikos gegen eine entsprechende Anwendung dieser Grundsätze.

C. Anwendbarkeit auf das Leitungsorgan der abhängigen Gesellschaft Auch die Rechtslage in der abhängigen Gesellschaft, hier also der Matrixgesellschaft, ist auf den ersten Blick mit entsprechender Argumentation zu lösen. Ausgangspunkt dieser Überlegung ist, dass die Organstellung mit der Schaffung eines Unternehmensverbunds keine grundsätzliche Änderung erfährt. Fehlen Weisungen der Obergesellschaft, so hat das Leitungsorgan die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten. Auch in Bereichen, in denen Weisungen erteilt worden sind, verbleibt dem Leitungsorgan die maßgebliche Prüfkompetenz. Eine vollständige „Entmachtung“ des Leitungsorgans der Matrixgesellschaft findet gerade nicht statt. Gleichwohl ist zu überlegen, ob nicht durch die gesellschaftsübergreifende Zusammenarbeit sowie die Eta­ 72  Vgl.

BVerfG, 06.06.2018, 1 BvL 7/14 und 1 BvR 1375/14, NZA 2018, 774.

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6. Teil: Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung

blierung und Stärkung „virtueller“ Manager, wie des Matrixmanagers, die Wertungen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs zum Tragen kommen können. Hintergrund von diesem ist gerade die Erwägung, dass sich der Arbeit­ geber die Sach- und Betriebsgefahr seiner Unternehmung in entsprechender Anwendung des § 254 BGB zurechnen lassen muss. Denn die Risiken, die sich aus vom Arbeitgeber entwickelten Prozessen und Organisationen ergeben, sind diesem zuzurechnen.73 Einen weiteren Zurechnungsgrund hat das BAG darin gesehen, dass der Arbeitnehmer in den Betrieb des Arbeitgebers eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit dazu beiträgt, den durch den Arbeitgeber vorgegebenen Betriebszweck zu verwirklichen. Der Arbeitgeber kann die Organisation und den Zweck eigenständig bestimmen und der Arbeitnehmer kann sich dem nicht entziehen, da er durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers örtlich und zeitlich an die Weisungen des Arbeitgebers gebunden ist.74 Maßgeblich kann hier allein die Eingliederung in das System der Ober­ gesellschaft sein, da nur diese die Matrixorganisation beherrscht. Daher ist zu fragen, ob das Leitungsorgan so weit in eine fremde Organisation, welche von der Obergesellschaft bestimmt wird, eingegliedert ist, dass die Risiken dieser Organisation, der Obergesellschaft zuzurechnen sind. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft nicht schlichte „Marionette“ der Obergesellschaft ist. Vielmehr hat es eigene selbstständige Pflichten, insbesondere die Pflicht zur Überwachung der Weisungen des Matrixmanagers sowie die Einhaltung der die Gesellschaft treffenden Vorschriften. Hierfür hat das Leitungsorgan eine eigenständige Organisation aufzubauen, die es ihm ermöglicht, diese Pflichten einzuhalten. Ebenso hat das Leitungsorgan die rechtlichen Möglichkeiten auszunutzen sowie die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um diese Pflichten zu erfüllen. Denn es hat weiterhin das arbeitsvertragliche Weisungsrecht gegenüber den Arbeitnehmern der Matrixgesellschaft ebenso die Informations­ hoheit. Für die Schaffung der Gesellschaftsorganisation und das damit verbundene Risiko bleibt das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft auch im matrixorganisierten Vertragskonzern eigenständig verantwortlich. Ein Raum für die Haftungsprivilegierung, getragen von dem Gedanken der Nichtbeherrschung eines Betriebsrisikos, besteht hier gerade nicht.75 73  BAG,

vom 27.09.1994, GS 1/89 (A), BAGE 78, 56, 64. vom 27.09.1994, GS 1/89 (A), BAGE 78, 56, 66. 75  Ähnlich Sandmann, Haftung leitende Angestellte, S. 342 ff., 347, der zunächst zwischen Organisation- und Tätigkeitsrisiko unterscheidet. Das Organisationsrisiko trägt das Leitungsorgan, da dieses gerade die organisatorischen Vorgaben aufstellt. Hier ist kein Raum für eine Haftungsprivilegierung nach den Wertungen des innerbe74  BAG,



§ 4 Freistellungsvereinbarung333

Ebenso gilt dies für Schäden, die durch das sorgfaltswidrige Ausführen der Weisungen durch die Arbeitnehmer entstanden sind. Denn auch hier hat das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft die Ausführung zu überwachen und die Möglichkeit durch eine eigene Organisation die Überwachung herzustellen. Damit liegt gerade keine unbeherrschbare Betriebsgefahr für das Leitungs­ organ der Matrixgesellschaft vor.

§ 4 Freistellungsvereinbarung Weiter ist auf die Möglichkeit einer Freistellungsvereinbarung einzugehen, also Vereinbarungen, die erst nach der Entstehung eines Schadensereignisses greifen und die Übernahme der Schadensfolgen durch einen Dritten regeln.

A. Vorstand der Obergesellschaft und der Matrixgesellschaft Freistellungsvereinbarungen des Vorstands mit der Gesellschaft sind ebenso wie Verzichtsvereinbarungen mit der Gesellschaft nur unter den Voraussetzungen des § 93 Abs. 4 S. 3 AktG möglich.76 Nicht umfasst von dem Verbot des § 93 Abs. 4 S. 3 AktG sind dagegen Schäden, die Dritten durch die Handlung der Gesellschaft entstanden sind. Für diese Schäden kann eine Freistellungsvereinbarung getroffen werden.77 Voraussetzung ist allerdings, dass die den Schaden verursachende Pflichtverletzung nicht zugleich eine Pflichtverletzung gegenüber der Gesellschaft darstellt.78 Für den Vorstand der Matrixgesellschaft ist indes eine Freistellungsvereinbarung mit der Obergesellschaft als Dritte möglich.79

trieblichen Schadensausgleichs. Dagegen hat die Gesellschaft das Tätigkeitsrisiko zu tragen, wo das Leitungsorgan wie ein Arbeitnehmer tätig wird; Fritz, NZA 2017, 673, 679. 76  Siehe hierzu schon S. 314 ff. 77  Mack, Regresshaftung, S. 135; Hölters, in: Hölters, § 84 Rn. 390; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 84 Rn. 71; Koch, in: Hüffer/Koch, § 93 Rn. 23; Wiesner, in: Münchener Hdb. GesR IV, § 21 Rn. 63. 78  Mack, Regresshaftung, S. 135; Hölters, in: Hölters, § 84 Rn. 390; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 84 Rn. 71; Koch, in: Hüffer/Koch, § 93 Rn. 23; Wiesner, in: Münchener Hdb. GesR IV, § 21 Rn. 63. 79  Siehe hierzu noch S. 334 f.; vgl. hierzu auch Deilmann/Dornbusch, NZG 2016, 201, 206; Schockenhoff, ZHR 180 (2016), 197, 222;

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6. Teil: Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung

B. Freistellungsvereinbarung mit dem Matrixmanager I. Matrixmanager als Leitungsorgan der Matrixgesellschaft Zugunsten des drittangestellten Matrixmanagers, der als Vorstand der Matrixgesellschaft tätig wird und lediglich mit der Obergesellschaft in einer anstellungsvertraglichen Beziehung steht, können Freistellungsansprüche aufgrund der vertraglichen Vereinbarung zur Obergesellschaft in Betracht kommen.80 Hiergegen spricht bei der Aktiengesellschaft nicht schon § 93 Abs. 4 AktG, da hierunter Vereinbarungen mit einem Dritten nicht fallen.81 Daher kann die Obergesellschaft mit dem Matrixmanager dessen Freistellung für Schäden vereinbaren, deren Ursprung in der Organtätigkeit des Matrixmanagers in der Matrixgesellschaft liegt. Es wird hier nicht auf den Anspruch seitens der Gesellschaft verzichtet, sondern vielmehr verpflichtet sich ein Dritter, den Schaden zu kompensieren. Sofern – wie hier – der Dritte als Konzernobergesellschaft sogar zahlungskräftiger als der Vorstand selbst ist, so ist eine solche Vereinbarung aus Gläubigergesichtspunkten sogar vorteilhafter.82 Die Grenzen solcher Vereinbarungen ergeben sich vielmehr aus den §§ 134, 138 BGB. Hiervon sind insbesondere die Fälle des kollusiven Zusammenwirkens zulasten der bestellenden Matrixgesellschaft umfasst.83 So werden beispielsweise Freistellungsvereinbarungen, die gegen §  92 Abs. 2 AktG verstoßen, aufgrund des durch diese Normen intendierten Gläubigerschutzes unwirksam sein.84 Davon sind insbesondere solche Vereinbarungen umfasst, die einer Insolvenzantragspflicht des drittangestellten Leitungsorgans widersprechen. Auch fallen unter das Verbot des § 138 BGB Zusagen der Obergesellschaft, Geldstrafen und Geldbußen zu übernehmen, da sonst der Sanktionszweck der Straf- und Ordnungswidrigkeitenvorschrift unterlaufen würde und eine nachlässige Haltung des Leitungsorgans zu befürchten ist.85 80  Schäfer,

Haftung Leitungsorgan abhängiger Gesellschaften, S. 241. NZG 2016, 201, 206. 82  Schockenhoff, ZHR 180 (2016), 197, 222. 83  Zur Sittenwidrigkeit des Verleitens zum Vertragsbruchs: Jakl, in: beckOGK, § 138 Rn. 354; BGH, vom 28.01.2014, II ZR 371/12, NZG 2014, 389 BGH, vom 02.06.1981, VI ZR 28/80, NJW 1981, 2184, 2185 f.; BGH, vom 05.11.2003, VIII ZR 218/01, NJW-RR 2004, 247; zur Kollusion allgemein: Bork, BGB AT Rn. 1575; Mock, JuS 2008, 486 f.; siehe ebenso Schäfer, Haftung Leitungsorgan abhängiger Gesellschaften, S. 239. 84  Schäfer, Haftung Leitungsorgan abhängiger Gesellschaften, S. 239; diese Vorschriften sind zudem Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, BGH, vom 14.05.2012, II ZR 130/10, NJW 2012, 3510 Rn. 9; Klöhn, in: MüKo-InsO § 15a Rn. 140; Koch, in: Hüffer/Koch, § 92 Rn. 26; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, § 64 Rn.  35, jew. m. w. N. 81  Deilmann/Dornbusch,



§ 4 Freistellungsvereinbarung335

Eine solche Freistellungsvereinbarung zwischen dem Vorstand der Matrixgesellschaft und der Obergesellschaft widerspricht auch nicht § 76 Abs. 1 AktG. Zwar kann durchaus eine Beeinflussung der Leitungsautonomie des Vorstands durch solche Vereinbarungen mit Dritten vorliegen, da sie zu einer faktischen Weisungsbindung führen können.86 Allerdings kann diese Besorgnis in dem hier bestehenden Vertragskonzern nicht bestehen, da hier die eigenverantwortliche Leitung von § 308 AktG überlagert wird.87 Daher sind Freistellungsvereinbarungen zwischen dem Vorstand der Matrixgesellschaft und der Obergesellschaft ohne Weiteres möglich, ohne dass der Grundsatz der Leitungsautonomie beeinträchtigt wird.88 Auch liegt kein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung und Gesamtverantwortung der Vorstandsmitglieder vor. Zwar könnte man einwenden, dass eine Ungleichbehandlung zwischen den Mitgliedern besteht, sofern einige Mitglieder keine Haftungsfreistellungsvereinbarung haben. Insoweit ist allerdings zu berücksichtigen, dass diese selektive Auswahl durch die Obergesellschaft als Dritte eine privatautonome Auswahl ist und damit nicht von der Gesellschaft selbst ausgeht. Diese Vereinbarung ist vielmehr der Ausdruck der Privatautonomie der Parteien, in den gesetzlichen Grenzen eine entsprechende Vereinbarung abzuschließen.89 In diesem Zusammenhang ist jedoch klarzustellen, dass ein Regress der Obergesellschaft gegenüber der Matrixgesellschaft für geleistete Zahlungen nicht möglich ist, sofern die Matrixgesellschaft eine Aktiengesellschaft ist. Denn § 93 Abs. 4 S. 3 AktG soll verhindern, dass die Gesellschaft wirtschaftlich für die Pflichtverletzungen der Vorstandsmitglieder aufkommt. Ergebnis eines Regresses wäre allerdings, dass die Matrixgesellschaft wirtschaftlich für die Pflichtverletzung aufzukommen hätte.90 Schließlich wäre eine Vereinbarung wirksam, in der sich die Obergesellschaft als Dritte verpflichtet, nach Ablauf der Drei-Jahresfrist des § 93 Abs. 4 S. 3 AktG in der entsprechenden Hauptversammlung für einen Verzicht der Geltendmachung zu stimmen.

85  Mack, Regresshaftung von Vorstandsmitgliedern, S. 134; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 84 Rn. 95; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 84 Rn. 72. 86  Habersack, FS Ulmer (2003), S. 151 ff.; Thomas, Haftungsfreistellung von Organmitgliedern, S. 71. 87  Koppensteiner, in: KK-AktG, § 291 Rn. 109; Koch, in: Hüffer/Koch, § 291 Rn. 37; Altmeppen, in: MüKo-AktG, § 291 Rn. 237. 88  Vgl. Thomas, Haftungsfreistellung von Organmitgliedern, S. 74. 89  Thomas, Haftungsfreistellung von Organmitgliedern, S. 85. 90  Schäfer, Haftung Leitungsorgan abhängiger Gesellschaften, S. 240; Thomas, Haftungsfreistellung von Organmitgliedern, S. 95.

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6. Teil: Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung

II. Matrixmanager als leitender Angestellter der Obergesellschaft Eine Freistellungsvereinbarung mit dem Matrixmanager als leitendem Angestellten der Obergesellschaft ohne Organfunktion unterliegt geringeren Schranken im Vergleich zum Matrixmanager, der eine Organfunktion innehat. Hier gilt der Grundsatz der privatautonomen Vereinbarungen, die ihre Grenzen insbesondere in den §§ 134, 138 und 242 BGB finden. Im Rahmen dieser Grenzen können die anstellende Obergesellschaft und der Matrix­ manager Freistellungsvereinbarungen treffen. Dies gilt insbesondere auch für die Außenhaftung gegenüber Dritten (z. B. §§ 823 ff BGB), die aufgrund der betrieblichen Tätigkeit verursacht worden sind.91

§ 5 D&O-Versicherung A. Allgemeines Abschließend soll noch auf die Möglichkeit der Haftungsabsicherung durch die D&O-Versicherung eingegangen werden. Der Abschluss einer D&O-Versicherung stellt üblicherweise ein geeignetes Mittel dar, um das Haftungsrisiko der Leitungsorgane sowohl gegenüber der Obergesellschaft als auch gegenüber der abhängigen Gesellschaft zu reduzieren.92 Durch diese Versicherung soll verhindert werden, dass Organmitglieder aus Angst vor der persönlichen Haftung davor zögern, notwendige unternehmerische Entscheidungen zu treffen.93 Der D&O-Versicherung kommt eine Rechtsschutz- und Haftpflichtfunktion zu.94 So soll sie einerseits die Kosten für den Rechtsschutz im Rahmen der Abwehr möglicher Ansprüche übernehmen sowie andererseits das Organmitglied von rechtskräftig festgestellten Ersatzansprüchen freistellen.95 Neben dem Vorteil für die Organe ist der D&OSchutz für die Gesellschaft vorteilhaft, da neben das Organ ein solventerer Schuldner tritt, den die Gesellschaft im Falle einer schädigenden Pflichtverletzung in Anspruch nehmen kann.96

hierzu: Linck, in: Schaub ArbR-Hdb, § 59 Rn. 56. Karwatzki, Fremdgeschäftsführer, S.  259  f.; Schockenhoff, ZHR 180 (2016), 197, 216; U. H. Schneider/S. H. Schneider, AG 2005, 2005, 1229, 1233. 93  Melot de Beauregard/Gleich, NJW 2013, 824; Schockenhoff, ZHR 180 (2016), 197, 226. 94  Krause, BB 2009, 1370, 1374. 95  Krause, BB 2009, 1370, 1374; Melot de Beauregard/Gleich, NJW 2013, 824. 96  Karwatzki, Fremdgeschäftsführer, S. 260; Melot de Beauregard/Gleich, NJW 2013, 824. 91  Siehe 92  Vgl.



§ 5 D&O-Versicherung337

B. Gegenstand der Versicherung Gegenstand der D&O-Versicherung ist gemäß der Ziffer 1.1 AVB97 der Versicherungsschutz zugunsten eines Mitglieds des Vorstands für den Fall, dass dieses wegen einer bei Ausübung der Organtätigkeit begangenen Pflichtverletzung aufgrund einer gesetzlichen Haftungsbestimmung von Dritten oder der Gesellschaft selbst für einen Vermögensschaden in Anspruch genommen wird. Damit bietet die D&O-Versicherung für den Anspruch der Gesellschaft gegen den Vorstand aus § 93 Abs. 2 AktG grundsätzlich eine Absicherung.

C. Ausgestaltung des Versicherungsschutzes I. Zulässigkeit Die rechtliche Zulässigkeit von D&O-Versicherungen, die lange Zeit umstritten war, da befürchtet wurde, die Versicherbarkeit des Risikos könnte zur Nachlässigkeit der Pflichtenwahrnehmung führen, ist nun unbestritten.98 Mit der Schaffung der Regelung des Selbstbehalts in § 93 Abs. 2 S. 3 AktG hat der Gesetzgeber für das Aktienrecht zum Ausdruck gebracht, dass er den Abschluss von D&O-Versicherungen zugunsten von Vorstandsmitgliedern als zulässig erachtet. II. Keine Pflicht zum Abschluss und Abschlusszuständigkeit Für den Abschluss zugunsten des Vorstands besteht keine gesellschaftsrechtliche (Treue-)Pflicht.99 Sofern also der Vorstand der Obergesellschaft oder der Matrixgesellschaft keine individualvertragliche Vereinbarung über 97  Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Aufsichtsräten, Vorständen und Geschäftsführern, Musterbedingungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV), abrufbar unter https://www.gdv.de/resource/blob/6044/658f74bf7d24e9afbc21a885e95dda 25/05-allgemeine-versicherungsbedingungen-fuer-die-vermoegensschaden-haftpflicht versicherung-von-aufsichtsraeten--vorstaenden-und-geschaeftsfuehrern--avb (zuletzt abgerufen am 18.06.2019). 98  Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 220 ff.; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 226; Krieger/Sailer-Coceani, in: K. Schmidt/Lutter, § 93 Rn. 38; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 93 Rn. 244. 99  Spindler, in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 220; Mertens/Cahn, in: KK-AktG, § 84 Rn. 96; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 236 f.; BGH, vom 16.03.2009, II ZR 280/07 NZG 2009, 550, 552, für Mitglieder des Aufsichtsrats; a. A. Vetter, AG 2000, 453, 457, der die Pflicht darin sieht, um Risiken zu minimieren.

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6. Teil: Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung

den Schutz getroffen haben, haben die Organe selbst für ihre Absicherung Sorge zu tragen.100 Die Zuständigkeit für den Abschluss der D&O-Versicherung ist im Hinblick auf die Prämienzahlung umstritten. So sieht eine Ansicht im Schrifttum die Prämienzahlung der D&O-Versicherung durch die Gesellschaft, abzüglich des aktienrechtlichen notwendigen Selbstbehalts gemäß § 93 Abs. 2 S. 3 AktG, als Teil der Vorstandsvergütung; daher soll der Aufsichtsrat für den Abschluss einer D&O-Versicherung zuständig sein.101 Eine andere Ansicht in der Literatur stellt dagegen auf den Schutzzweck der D&O-Ver­sicherung ab. Dieser liege vornehmlich im Eigeninteresse der Gesellschaft, die Begünstigung des Vorstands ist dagegen lediglich ein Reflex; damit wäre der Abschluss eine Geschäftsführungsmaßnahme und der Vorstand wäre zuständig.102 Vorzugswürdig erscheint die Zuständigkeit des Vorstands für den ­Abschluss der D&O-Versicherung, da in der Tat der Abschluss primär im Eigeninteresse der Gesellschaft erfolgt. Denn neben der Schaffung eines solventen Schuldners kann die D&O-Versicherung das übervorsichtige Verhalten des Vorstands verhindern, was freilich im ureigenen Gesellschaftsinteresse liegt.103 Unberührt von der grundsätzlichen Abschlusszuständigkeit des Vorstands bleibt dagegen die Möglichkeit eines Zustimmungsvorbehalts durch den Aufsichtsrat gemäß § 111 Abs. 4 S. 2 AktG.104 III. Rechtliche Beziehungen Die D&O-Versicherung ist eine Haftpflichtversicherung für fremde Rechnung nach §§ 100, 43 ff. VVG.105 Damit existieren drei unterschiedliche Parteien: Der Versicherer, die Gesellschaft als Versicherungsnehmer und das Organmitglied Begünstigter der Versicherung.106 Zwischen dem Versicherer und der Gesellschaft wird ein Versicherungsvertrag geschlossen. Die Gesellschaft leistet auch die Versicherungsprämien, bei denen es sich um keinen Vergütungsbestandteil des versicherten Organmitglieds, sondern um Betriebsausgaben der Gesellschaft handelt.107 Im Deckungsverhältnis hat das 100  Spindler,

in: MüKo-AktG, § 93 Rn. 225. NJW 2016, 897, 900. 102  So Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 234; Koch, in: Hüffer/Koch, § 93 Rn. 58a; Hopt/Roth, in: GK-AktG, § 93 Rn. 434. 103  Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 233. 104  Koch, in: Hüffer/Koch, § 93 Rn. 58; Schockenhoff, ZHR 180 (2016), 197, 227. 105  Vgl. Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 230. 106  von Schenck, NZG 2015, 494, 495. 107  Dreher, ZHR 165 (2001), 293, 315 ff.; Schockenhoff, ZHR 180 (2016), 197, 226. 101  Armbrüster,



§ 5 D&O-Versicherung339

versicherte Organmitglied einen unmittelbaren Leistungsanspruch gegen den Versicherer.108 Die versicherte Gesellschaft hingegen hat keinen direkten Anspruch gegen die Versicherung. Gleichwohl kann das Organ seinen Freistellungsanspruch an die Gesellschaft abtreten (§ 108 Abs. 2 VVG).109 Dieser Freistellungsanspruch wandelt sich dann in einen unmittelbaren Zahlungsanspruch zugunsten der Gesellschaft um.110 In der Regel gilt bei D&O-Versicherungen das „Claims-Made-Prinzip“.111 Dieses besagt, dass der den Versicherungsfall auslösende Umstand die erstmalige Geltendmachung eines Ersatzanspruchs gegen den Versicherten aufgrund einer behaupteten oder tatsächlichen Pflichtverletzung ist.112 Entscheidend ist allein, dass zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Ersatzanspruchs Versicherungsschutz besteht.113 Die mit dem Claims-Made-Prinzip einhergehenden Nachteile (z. B. keine Nachhaftung bei Beendigung des Versicherungsschutz oder bei Beendigung des Anstellungsvertrags)114 werden in der Regel durch andere versicherungsrechtliche Vorteile (unbeschränkte Rückhaftung, Vereinbarung einer Nachhaftung, Geltendmachung durch vorsorg­ liche Mitteilung) kompensiert, sodass im Ergebnis keine unangemessene Benachteiligung darin zu sehen ist.115 IV. Schlussfolgerung Der Abschluss einer D&O-Versicherung kann die Organe der Obergesellschaft und der Matrixgesellschaft sowie die Gesellschaften selbst dabei unterstützen, die besonderen Risiken in der Matrixorganisation zu beherrschen. Die Gesellschaft schafft sich einen solventen Schuldner und die Leitungs­ organe haben einen solventen „Partner an ihrer Seite“.116 Gleichwohl ist zu beachten, dass nicht sämtliche Haftungsrisiken vom Schutz der D&O-Versicherung umfasst sind. So sind nach den vom GDV 108  von

Schenck, NZG 2015, 494, 495. in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 231; Böttcher, NZG 2008, 645, 646 f.; BGH, vom 13.04.2016, IV ZR 51/14, AG 2016, 395 ff. 110  Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 231. 111  Büsken, in: MüKo-VVG, Bd. 3, Ziffer 300 Rn. 13; Leuering/Rubner, NJWSpezial 2016, 143. 112  Büsken, in: MüKo-VVG, Bd. 3, Ziffer 300 Rn. 13; Leuering/Rubner, NJWSpezial 2016, 143. 113  Büsken, in: MüKo-VVG, Bd. 3, Ziffer 300 Rn. 13. 114  Büsken, in: MüKo-VVG, Bd. 3, Ziffer 300 Rn. 14. 115  OLG München, vom 08.05.2009, 25 U 5136/08, NZG 2009, 714, Rn. 30 ff.; OLG Frankfurt vom 05.12.2012, 7 U 73/11, zitiert nach juris Rn. 66; Büsken, in: MüKo-VVG, Bd. 3, Ziffer 300 Rn. 13. 116  Ähnlich für die Matrixorganisation Schockenhoff, ZHR 180 (2016), 197, 226. 109  Fleischer,

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6. Teil: Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung

veröffentlichten Musterbedingungen117 insbesondere vom Schutz ausgeschlossen: Produkthaftung (Ziffer 5.3), Umweltschäden (Ziffer 5.4), Wettbewerbsbeschränkungen (Ziffer 5.10), Bestechung (Ziffer 5.12). Die Haftung für solche Schäden ist insbesondere für die Tätigkeit des Leitungsorgans der Matrixgesellschaft relevant, da hier schnell eine Pflichtverletzung aufgrund einer Überwachungspflichtverletzung eintreten kann.118 Ebenso ist zu beachten, dass die Haftungssumme regelmäßig auf einen bestimmten Höchstbetrag beschränkt ist. Damit kann die D&O-Versicherung insbesondere bei hohen Schadenssummen nicht vor einer existenzbedrohenden Inanspruchnahme schützen.119 Daneben besteht das Problem, dass es sich bei der D&O-Versicherung regelmäßig um eine Versicherung auf fremde Rechnung handelt, die vor allem in Konzernen häufig für mehrere versicherte Personen abgeschlossen wird und damit gerade kein individueller Versicherungsschutz ist.120 Gerade dies ist eine besondere Gefahr bei Konzernver­ sicherungspolicen für das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft.121 Denn dieses hat keinen Einfluss darauf, wie viele Personen konzernweit von der Versicherungspolice erfasst sind und kann ebenso wenig einschätzen, ob es im Schadensfall von der Versicherungssumme profitieren wird.122 Dieser Nachteil kann lediglich dadurch beseitigt werden, dass für sämtliche Mitversicherte individuelle Haftungshöchstgrenzen vereinbart werden oder es wird ein gesonderter Versicherungsvertrag der jeweiligen Matrixgesellschaft begründet.123 Im Übrigen besteht beim Abschluss des Versicherungsvertrags durch die Obergesellschaft das zusätzliches Risiko, dass der Versicherer den Versicherungsvertrag nach § 123 Abs. 1 BGB anfechten kann. Dieses Risiko besteht, da der Versicherungsnehmer – die Obergesellschaft – den Versicherer bei Vertragsschluss arglistig täuscht. Denn je mehr Personen versichert sind, desto größer ist das Risiko der Wissenszurechnung und damit das Risiko der Möglichkeit der Anfechtbarkeit.124 Abschließend ist daher festzuhalten, dass mit dem Abschluss einer D&OVersicherung die Reduzierung des Haftungsrisikos von Organmitgliedern 117  Abrufbar unter: https://www.gdv.de/resource/blob/6044/658f74bf7d24e9afbc21 a885e95dda25/05-allgemeine-versicherungsbedingungen-fuer-die-vermoegensscha den-haftpflichtversicherung-von-aufsichtsraeten--vorstaenden-und-geschaeftsfuehrern --avb (zuletzt abgerufen am 18.06.2019). 118  Vgl. Schockenhoff, ZHR 180 (2016), 197, 227. 119  Reichert, ZHR 177 (2013), 756, 757. 120  Schockenhoff, ZHR 180 (2016), 197, 228; von Schenck, NZG 2015, 494, 497. 121  Schockenhoff, ZHR 180 (2016), 197, 228. 122  Schockenhoff, ZHR 180 (2016), 197, 228. 123  Schockenhoff, ZHR 180 (2016), 197, 228; Karwatzki, Fremdgeschäftsführer, S. 267. 124  Karwatzki, Fremdgeschäftsführer, S. 267.



§ 5 D&O-Versicherung341

verbunden ist, aber von einem „Vollkasko-Schutz“ nicht gesprochen werden kann. Daher ist stets von allen Beteiligten darauf hinzuwirken, dass Haftungsfälle im Vorfeld vermieden werden. Ebenso hat insbesondere das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft darauf hinzuwirken, mittels der Möglichkeiten der vertraglichen Haftungsbeschränkungen Vorsorge zu betreiben.125

125  Ähnlich Schockenhoff, ZHR 180 (2016), 197, 230; im anderen Zusammenhang: Karwatzki, Fremdgeschäftsführer, S. 266 f.

Siebter Teil

Wesentliche Ergebnisse/Thesen A. Allgemeines 1. Die Matrixorganisation bezeichnet im rechtlichen Sinn eine rechtsformübergreifende und damit rechtsforminkongruente Organisation. Die Organisation wird in mindestens zwei unterschiedliche strukturelle Gliederungskriterien untergliedert, an deren Schnittstellen aufgabenbezogene Matrixzellen gebildet werden. Die Geschäftsbereiche werden nach der operativen Geschäftstätigkeit ausgestaltet. Die Matrixzellen erstrecken sich über Gesellschafts-, Standort- und Betriebsgrenzen hinweg. Es werden die arbeitstechnischen Einheiten der Konzernunternehmen nach dem Gegenstand ihrer operativen Geschäftstätigkeit in eine oder mehrere aufgabenbezogene Matrixzellen eingebunden und dem regelmäßig bei der Obergesellschaft angestellten Matrixmanagern unterstellt. 2. Die Matrixorganisation kann konzernweit implementiert werden. Der matrixorganisierte Konzern ist mithin zulässig. Es bestehen gleichwohl gesellschaftsrechtliche und konzernrechtliche Besonderheiten. 3. Für die konzernweite Implementierung einer Matrixorganisation ist ein Vertragskonzern notwendig. In einem faktischen Konzern kann die mit der Matrixorganisation gewünschte effektive gesellschaftsübergreifende Zusammenarbeit nicht umgesetzt werden. 4. Im Rahmen der Matrixorganisation erhalten Matrixmanager die wesent­ lichen Kompetenzen, um die Matrixgesellschaften bzw. Teile von diesen Gesellschaften operativ und fachlich zu steuern. Kernelement ist die Innehabung des fachlichen Weisungsrechts gegenüber den Arbeitnehmern der Matrixgesellschaften sowie die Ausübung des konzernrechtlichen Weisungsrechts. Hierbei kann das arbeitsrechtliche Weisungsrecht nicht weiter gehen, als das konzernrechtliche Weisungsrecht. 5. Durch den Abschluss des Beherrschungsvertrags wird die Leitungsmacht des Leitungsorgans der Matrixgesellschaft vom Weisungsrecht der Obergesellschaft überlagert. 6. Die konzernweite Einführung der Matrixorganisation bedarf regelmäßig der Zustimmung des Aufsichtsrats. Eine Beteiligung der Hauptversammlung ist dagegen bei einer rein „virtuellen“ Umorganisation nicht erforderlich.



7. Teil: Wesentliche Ergebnisse/Thesen343

B. Der Matrixmanager 1. Die Matrixmanager sind regelmäßig leitende Angestellte der Obergesellschaft und als solche können sie sich bei unternehmerischen Entscheidungen auf die Business Judgment Rule berufen. 2. Obgleich die Figur des faktischen Leitungsorgans nach hier vertretener Auffassung anzuerkennen ist und das Vorliegen der Voraussetzungen in der Person des Matrixmanagers naheliegend erscheint, ist der Matrixmanager nicht faktisches Leitungsorgan der Matrixgesellschaft. Hintergrund ist, dass die Figur des faktischen Leitungsorgans im Vertragskonzern keine Anwendung findet. 3. Der Matrixmanager kann mit der Obergesellschaft arbeitsvertraglich verbunden sein und zugleich bei der Matrixgesellschaft als Organ bestellt sein. Diese Konstellation ist zulässig. Gleichwohl geht das arbeitsvertragliche Weisungsrecht der Obergesellschaft nicht weiter als das konzernrechtliche Weisungsrecht. Ist der Matrixmanager zugleich Organ der Matrixgesellschaft, so haftet er bei Weisungserteilung nach § 309 Abs. 2 AktG und nicht nach § 310 AktG, da diese Vorschrift nur greift, wenn eine Weisungsunterworfenheit des Leitungsorgans gegeben ist. 4. Der Matrixmanager, auch wenn dieser kein Organ der Obergesellschaft ist, kann der Matrixgesellschaft gegenüber nach § 309 Abs. 2 AktG haften, da diese Vorschrift analoge Anwendung auf diesen findet, sofern das konzernrechtliche Weisungsrecht ausgeübt wird. Ferner kann eine vertragliche Haftung gegenüber der Matrixgesellschaft begründet werden, da im Einzelfall im Anstellungsvertrag zur Obergesellschaft ein Vertrag zugunsten Dritter (Matrixgesellschaft) gesehen werden kann. 5. Vereinbarungen über Haftungserleichterungen oder Freistellungen begegnen bei dem Matrixmanager, der lediglich in einer vertraglichen Beziehung steht, keinen grundsätzlichen Bedenken. Lediglich die Grenzen der §§ 134, 138, 242 und 276 Abs. 3 BGB sind einzuhalten.

C. Das Leitungsorgan der Obergesellschaft 1. Die Leitungs- und Sorgfaltspflichten des Leitungsorgans der Obergesellschaft erweitern sich im matrixorganisierten Konzern. Sie sind nicht mehr lediglich für „ihre“ Gesellschaft verantwortlich, sondern haben den gesamten Konzern zu leiten. Diese Konzernverantwortung resultiert aus der Pflicht gegenüber der eigenen Gesellschaft, die Beteiligungen sorgfältig zu verwalten. Inhaltlich orientiert sich diese Leitungspflicht an den Leitungspflichten im Einzelunternehmen.

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7. Teil: Wesentliche Ergebnisse/Thesen

2. Besonderes Augenmerk ist insbesondere auch auf die Überwachung des Matrixmanagers zu richten. Hier ist stets darauf zu achten, dass keine Leitungsaufgaben von diesem wahrgenommen werden. Ein – wie hier – weiter Rückzug auf die Überwachung von nachgeordneten Unternehmensebenen begegnet keinen tiefgreifenden Bedenken, insbesondere sind die untergeordneten Ebenen keine Erfüllungsgehilfen des Leitungsorgans. 3. Die Mitglieder der Leitungsorgane haften der bestellenden Gesellschaft gegenüber primär aufgrund der Organstellung. Hinzu kommt der besondere konzernrechtliche Haftungstatbestand des § 309 Abs. 2 AktG, der eine Haftung des Leitungsorgans gegenüber der Matrixgesellschaft für sorgfaltswidrige Weisungen begründet. 4. Vereinbarungen über Haftungserleichterungen oder Freistellungen begegnen beim Leitungsorgan der Obergesellschaft in der Form der Aktiengesellschaft rechtlichen Grenzen, so dass solche haftungsbeschränkenden Vereinbarungen grundsätzlich nicht möglich sind. Auch eine sogenannte Halbvermögensschonung kann aufgrund der strengen gesetzlichen Regelungen nicht wirksam vereinbart werden.

D. Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft 1. Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft kann sich nicht auf die Unmöglichkeit der Leitungsaufgabe berufen und auf den Standpunkt zurück­ ziehen, es sei durch die Matrixorganisation nicht mehr handlungsfähig. Vielmehr verbleibt es bei den es gesetzlich treffenden Organpflichten. Das Leitungsorgan der Matrixgesellschaft darf nicht zur „Marionette“ werden, sondern hat sich aktiv um die Erfüllung seiner Pflichten zu bemühen, im Extremfall hat es sein Amt niederzulegen. 2. Dem Leitungsorgan der Matrixgesellschaft kommt daher vor allem eine entscheidende Überwachungsverantwortung zu, um ein System der Nichtverantwortlichkeit zu verhindern. 3. Dies umfasst vor allem die Kontrolle der erteilten Weisungen als Leitungsaufgabe. Diese hat das Leitungsorgan eigenständig zu gewährleisten. Eine Delegation an Arbeitnehmer der Gesellschaft ist nicht möglich. Dies „verlangsamt“ zwar die Effizienz der Matrixorganisation, ist allerdings rechtlich notwendig, um eine eigene Haftung zu vermeiden. 4. Unter die Pflicht zur Prüfung der Weisungen fallen auch die arbeitsrechtlichen Weisungen des Matrixmanagers, die dieser gegenüber den Arbeitnehmern der Matrixgesellschaft erteilt. Denn diese sind vom konzernrechtlichen Weisungsrecht abgeleitet und dürfen daher auch nicht gegen die konzernrechtlichen Vorgaben verstoßen.



7. Teil: Wesentliche Ergebnisse/Thesen345

5. Sowohl gegenüber dem Matrixmanager als auch gegenüber der Obergesellschaft bestehen Informationsansprüche, die im Zweifelsfall gerichtlich geltend zu machen sind. 6. Verletzt das Leitungsorgan diese Pflichten, so haftet es der Matrixgesellschaft gegenüber aufgrund der gesetzlichen Haftungsvorschriften, die das Organ treffen. Zudem kommt eine Haftung nach § 310 Abs. 1 AktG in Betracht, wenn es Weisungen befolgt, die die Grenzen des konzernrechtlichen Weisungsrechts überschritten haben. 7. Vereinbarungen über Haftungserleichterungen oder Freistellungen mit der Obergesellschaft als Dritte sind grundsätzlich zulässig. Lediglich Vereinbarungen mit der Matrixgesellschaft in der Rechtsform der Aktiengesellschaft sind aufgrund gesetzlicher Einschränkungen unzulässig.

E. Die Obergesellschaft in der Matrixorganisation 1. Die Matrixorganisation führt bei einem Konzern zwar nicht zu einer rechtlichen Einheit. Gleichwohl bestehen haftungsrechtliche Besonderheiten, die mit dieser Organisationsform einhergehen. Insbesondere bestehen weitreichende deliktsrechtliche Haftungsrisiken. Dies liegt bei der Matrixorganisation nahe, da der Konzern gesellschaftsübergreifend geleitet wird und die Arbeitsteilung nicht an den Gesellschaftsgrenzen haltmacht. 2. Ebenso verhält sich dies im Rahmen der Haftung als Geschäftsherrin. So kann die Matrixgesellschaft Verrichtungsgehilfin der Obergesellschaft sein, sofern die Obergesellschaft das Verhalten der Matrixgesellschaft als Verrichtungsgehilfin steuern und deshalb – zumindest theoretisch – deren unerlaubte Handlung verhindern kann. Im Matrixkonzern besteht die Möglichkeit der Vorkehrung aufgrund der vertraglichen Konzernierung und der gerade darauf ausgelegten Steuerung der einzelnen Matrixgesellschaften durch den Matrixmanager.

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Stichwortverzeichnis Aktiengesellschaft –– Haftungsbeschränkung  317 –– Halbvermögensschonung  317 Aufsichtsrat  134 –– Zustimmungsvorbehalt  134 Ausgleichspflicht  276 Beherrschungsvertrag  86 Business Judgment Rule  197 c. i. c. Haftung  285 D&O-Versicherung  336 Das machtlose Leitungsorgan  144, 146, 147 Delegation –– Überprüfung der Weisung  110 Deliktische Haftung  288 Deliktsrechtliche Organisationspflichten im Konzern  299 –– Ausgestaltung  337 Drittanstellungsverträge  225 –– Zulässigkeit  226 Faktisches Leitungsorgan  205 –– Abgrenzung  206 –– Grundlagen  208 –– Vertragskonzern  218 –– Voraussetzungen  214 Freistellungsvereinbarung  333 Geschäftsherrenhaftung  291 Haftung –– Binnenhaftung  241 –– Haftungszweck  241 –– Leitungsorgan der Matrixgesellschaft  257

–– Matrixmanager  261 –– Obergesellschaft  276 –– Schadensproblematik  254 –– Vorstand der Obergesellschaft  243 Haftungsbeschränkung  312 –– Freistellungsvereinbarung  333 –– Gesellschaftsrechtliche Vorkehrungen  313 –– Halbvermögensschonung  317 –– Innerbetrieblicher Schadensausgleich  323 –– Matrixmanager  321 –– Organisatorische Vorkehrungen  312 –– Privatautonome  314 –– Schuldvertragliche  316 –– Statuarische  315 Haftungsprivilegierung  194 Hauptversammlung  137 Herrschaft und Haftung  144 Informationsverantwortung  165 –– Konzernweite Informationen  168 Innerbetrieblicher Schadensausgleich  323 Interessenkonflikt  232 –– Auflösung  235 Konzern  52 –– Konzernarten  53 –– Konzernorganisationsrecht  54 –– Rechtliche Grundlagen  52 –– Trennungsprinzip  60 Leitung  63 –– Inhalt  70 –– Konzern siehe Leitung im Konzern –– Verbot der Fremdsteuerung  85

372 Stichwortverzeichnis –– Vertretung  65 –– Vorstand  65 Leitung im Konzern  73 –– Konzernleitungspflicht ggü. Matrixgesellschaft  76 –– Konzernweite Aufgaben  77 Leitungsorgan der Matrixgesellschaft –– Haftung  257 –– Haftungsbeschränkung  321 –– Innerbetrieblicher Schadensausgleich  331 –– Überwachungsverschulden  260 Matrixgesellschaft  85 –– Aktiengesellschaft  85 –– Eingriffsrechte  177 –– GmbH  88 –– Informationsbeschaffung  178 –– Informationsverantwortung  165 –– Interessenkonflikt  232 –– Legalitätspflicht  175 –– Legalitätspflichten  157 –– Leitungsorgan  143, 154 –– Leitungsverantwortung des Leitungsorgans  155 –– Notfallorganisation  178 –– Organisationskompetenz  176 –– Stellung des Matrixmanagers  238 –– Überwachungsaufgabe  156 Matrixleitung siehe Matrixorganisation Schlüsselstellen Matrixmanager  43, 181 –– Aufgabenübertragung  186 –– Business Judgment Rule  197 –– Delegation  121 –– Drittanstellungsverträge  225 –– Faktisches Leitungsorgan  205, 217 –– Freistellungsvereinbarung  334 –– Haftung  193, 261 –– Haftung als Teil der Geschäftsleitung der Matrixgesellschaft  272 –– Haftung aus § 117 AktG  268 –– Haftung aus § 309 Abs. 2 AktG analog  262

–– Haftungsbeschränkung  321 –– Haftungsprivilegierung  194 –– Interessenkonflikt  232 –– Kontrollpflichten  188 –– Leitende Angestellte  181, 185 –– Organ der Matrixgesellschaft  222 –– Sorgfaltspflichten  192 –– Stellung  181 –– Überwachungspflichten  189 –– Vertragliche Haftung  269 –– Weisungsrecht  105 Matrixorganisation  41 –– Aufsichtsrat  134 –– Beherrschungsvertrag  86 –– Faktischer Konzern  87 –– Gesellschaftsrecht  44 –– Hauptversammlung  137 –– Historie  48 –– Konzern  46 –– Leitungsmacht  84 –– Matrixzelle/Schnittstelle  44 –– Merkmale  42 –– Schlüsselstellen  43 –– Vertragskonzern  92 –– Vor- und Nachteile  49 –– Weisungsrecht  100 Obergesellschaft  115 –– Ausgleichspflicht  276 –– c. i. c. Haftung  285 –– Geschäftsherrenhaftung  291 –– Haftung  276 –– Haftung wg. Verletzung von Organisationspflichten  299 –– Nicht delegierbare Leitungsaufgaben  116 –– Vertragliche Haftung  279 Organisation  31 –– Bausteine  33 –– Divisionale Organisation  37 –– Funktionale Organisation  36 –– Grundmodelle  33 –– Matrixorganisation  39

Stichwortverzeichnis373 –– Organisationsformen  36 –– Organisationsproblem  32 Sorgfaltspflichten  246 Trennungsprinzip  56 Überwachungssorgfalt  124 Verrichtungsgehilfe  292 Vorstand –– Aufsichtspflichten  122 –– Freistellungsvereinbarung  333 –– Gesamtverantwortung  119 –– Gleichberechtigung  120 –– Haftung  243 –– Haftung ggü. der Matrixgesellschaft  250

–– Haftung ggü. Obergesellschaft  245 –– Haftungsbeschränkung  317 –– Innerbetrieblicher Schadensausgleich  326 –– Nicht delegierbare Leitungsaufgaben  116 –– Sorgfaltspflichten  246 Weisungsrecht  94 –– Adressat  107 –– Arbeitsrechtliches  101 –– Delegationsverschulden  253 –– Gesellschafterversammlung  90 –– Grenzen  95 –– Haftung  250, 259 –– Konzernrechtliches  105 –– Umfang  94