Der Holz-Flohkrebs Chelura terebrans Philippi (Amphipoda, Cheluridae): Morphologie, Verbreitung, Lebensweise, Verhalten, Entwicklung und Umweltabhängigkeit [1 ed.] 9783428408726, 9783428008728

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Der Holz-Flohkrebs Chelura terebrans Philippi (Amphipoda, Cheluridae): Morphologie, Verbreitung, Lebensweise, Verhalten, Entwicklung und Umweltabhängigkeit [1 ed.]
 9783428408726, 9783428008728

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H E L M U T K Ü H N E / GÜNTHER BECKER

Der Holz-Flohkrebs Chelura terebrans Philippi (Amphipoda, Cheluridae)

Beihefte der Zeitschrift für angewandte Zoologie Herausgegeben v o n Prof. D r . Heinrich K e m p e r Bundesgesundheitsamt, Institut für Wasser-, Boden- und Lufthygiene, Berlin

Heft 1

Der Holz-Flohkrebs Chelura terebrans Philippi (Amphipoda, Cheluridae) Morphologie, Verbreitung, Lebensweise, Verhalten, Entwicklung und Umweltabhängigkeit

Von

Dr. H e l m u t Kühne und

Prof. Dr. Günther Becker

D U N C K E R & H U M B L O T

/

B E R L I N

Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft

Alle Rechte vorbehalten © 1964 Duncker & Humblot, Berlin Gedruckt 1964 bei Berliner Buchdruckerei Union GmbH., Berlin 61 Printed in Germany

Inhalt 1. Einleitung

9

2. Überblick über das Schrifttum

10

3. Die Versuchstiere und Allgemeines über die Versuchsdurchführung ..

13

4. Allgemeiner Körperbau

15

4. 1 Gestalt und Größe

15

4. 2 Der K o p f und seine äußeren Organe

16

4. 3 Der äußere Bau des Rumpfes und seiner Extremitäten

20

4. 4 Anatomischer Überblick

25

4. 4. 1 M u s k u l a t u r u n d Nervensystem

25

4. 4. 2 Stoffwechsel- und Kreislauforgane

26

4. 4. 3 Fortpflanzungsorgane

29

5. Systematische Stellung. Vergleich mit

Chelura insulae und Chelura

brevicauda

31

6. Geographische Verbreitung der Gattung Chelura

35

7. Lebensweise, Verhalten und Entwicklung

40

7.1 Anfällige und widerstandsfähige Holzarten und vertikale teilung von Chelura i m Holz

Ver40

7. 2 Mitbewohner des Lebensraumes von Chelura

44

7. 3 Fraßtätigkeit und Ernährungsweise

47

7. 3.1 Nahrungsaufnahme

47

7. 3. 2 Fütterungsversuche

51

7. 3. 3 Bestimmung der Fraßmengen

67

7. 4 Schadtätigkeit — Beziehungen zwischen Chelura und Limnoria

..

70

7. 5 Fortpflanzung und E n t w i c k l u n g i n Abhängigkeit von Temperatur, Ernährung und Vergesellschaftung

77

7. 5.1 Kopulation

78

7. 5. 2 Eiablage

79

7. 5. 3 Embryonalentwicklungsdauer

84

7. 5. 4 Morphologische Unterschiede der postembryonalen E n t w i c k lungsstadien

87

7. 5. 5 Postembryonalentwicklung i n Abhängigkeit von der Temperatur u n d Vergesellschaftung m i t Limnoria

88

7. 5. 6 Einfluß verschiedener Futtersubstanzen auf die Postembryonalentwicklung

92

7. 5. 7 Entwicklungsdauer u n d Wachstum bis zur Geschlechtsreife

94

7. 5. 8 Häutungsintervalle u n d Lebensdauer adulter Cheluren

96

Inhalt

6 7.6 Ausbreitung

7. 7 Wachstum und Zusammensetzung von Populationen

99 100

7. 7. 1 Neu entstandene Populationen

101

7. 7. 2 Grundpopulationen

103

8. Umweltabhängigkeit

104

8.1 Temperatur

104

8. 2 Salzgehalt des Meerwassers

107

8. 3 Sauerstoffgehalt des Meerwassers

110

8. 4 Wasserstoffionenkonzentration

113

8. 5 Licht

115

8. 6 Bedeutung einiger Substrateigenschaften für die Anlockung u n d das Festsetzen von C. terebrans 116 8. 7 Krankheitserscheinungen

118

8.8 Bekämpfung

120

9. Zusammenfassung

123

10. Summary

127

Schrifttum

130

Abkürzungen A Ai A2 Aa AD Au bF BK CF clDv

= = = = = = = = = =

cM CP dB D dDv

= = = =

r :

DF DFR DFV dlH DP DR DW ED En EP Gi G2 Gg

= = = = = = = = = = = = =

Ggo He Ho HZ KE

= = ™ =

KP;}

=

KS lDv

= =

M Ma

^ =

Analöffnung 1. Antenne 2. Antenne Aorta anterior Antennendrüse Auge „brauner Fleck" Borstenkorb Caudalfurche caudales, rostrad gerichtetes laterales D a r m d i v e r t i k e l cardiacales Mittelstück Caudalpapille dorsale Borsten des Magens Dotter rostrad gerichtetes, unpaares dorsales D a r m divertikel Drüsenfilter des Magens Drüseniilterrinne? Drüsenfiltervorraum d o r s o l a t e r a l Rinne Dornenpresse des Magens Dorsalraum Dorsalwulst Enddarm Endopodit Entodermplatten 1. Gnathopode 2. Gnathopode Ganglion der ventralen Nervenkette Ganglion opticum Herz Hoden Hohlzapfen Anlage der Kopfextremitäten Kiemensäckchen des 3. Peraeopoden Kiemensäckchen caudad gerichtetes laterales Mitteldarmdivertikel Mundöffnung Magen

8

Abkürzungen MD = MIDv =

Mitteldarm M ü n d u n g der caudad gerichteten ventralen u n d lateralen D a r m d i v e r t i k e l MT = Mandibeltaster OGg = Oberschlundganglion OL = Oberlippe Ov = Ovar P5 = 5 . Peraeopode ( = 3. Laufbein) PCS = Pericardialseptum Pli = 1 . Pleopode pM = pylorikales Mittelstück Pm = Processus molaris PP = Penispapille Τ = Telson Tr = Trichter des Magens Ui = 1. Uropode U2 = 2 . Uropode U3 = 3. Uropode UGg = Unterschlundganglion vB = ventrale Borsten des Magens v l D v = caudad gerichtete ventrol a t e r a l Darmdivertikel VR = Ventralrinne VW = Ventralwulst

1. Einleitung Der Holz-Flohkrebs Chelura terebrans Philippi ist ein weit verbreitetes, gebietsweise sehr häufiges Tier in Holz i m Meerwasser. Ob er das Holz ebenso zerstört wie die Bohrasseln der Familien Limnoriidae und Sphaeromidae sowie die Muscheln der Familien Teredinidae und Pholadidae, ist wiederholt bezweifelt worden. Erst im vergangenen Jahrzehnt ist dieser Krebs — hauptsächlich von J. L. B a r n a r d und A. B o u r d i l l o n — ausführlicher untersucht und Holzzerstörung durch ihn sicher nachgewiesen worden. Aber noch immer ist i m Vergleich zu den wirtschaftlich bedeutenderen Holzschädlingen aus den Familien der Limnoriidae und Teredinidae über Chelura terebrans sehr wenig bekannt. Die bisherigen Laboratoriumsuntersuchungen i n der Bundesanstalt für Materialprüfung in Berlin-Dahlem über Holzschädlinge i m Meerwasser von G. B e c k e r , W.-D. K a m p f und J. K o h l m e y e r galten der Bohrassel Limnoria, der Muschel Teredo und den Meerespilzen. Die jahrelange erfolgreiche Zucht des Holz-Flohkrebses C. terebrans bot die Gelegenheit, auch diese Krebsart eingehend zu untersuchen. Einige Vorversuche sind bereits von W.-D. K a m p f durchgeführt worden. Hauptgegenstände der Beobachtungen und Versuche mit Chelura waren die Nahrung, ihre Aufnahme, die Umweltabhängigkeit der Tiere sowie die Beziehung zwischen Chelura und Limnoria. Unter Auswertung der gesammelten und abschnittsweise verarbeiteten Angaben des Schrifttums wurde versucht, eine den gegenwärtigen Stand des Wissens über Chelura terebrans vermittelnde Gesamtdarstellung zu geben. Dabei sind die bis Mitte 1963 zugänglichen Veröffentlichungen berücksichtigt worden.

2. Uberblick über das Schrifttum I m Jahre 1731 fanden, wie F. M o l l (1915) i n einem historischen Bericht angibt, holländische Deichgrafen im Holz ihrer Deiche Millionen kleiner Holzzerstörer (s. auch G. B e c k e r und W.-D. K a m p f . 1955; Ε. H. A. T i m m e r m a n n , 1956). G. S e l l i u s (1733) bildet diese Tiere ab und bezeichnet sie als „Springertje". Dieser Name bezieht sich auf den Bohrflohkrebs Chelura; denn er kommt i m Holz vor und kann sich beim Herausnehmen aus dem Wasser durch Zusammenkrümmen und ruckartiges Strecken in die Höhe schnellen. I n dem Buch von A. F. B. D e s 1 a η d e s (1768) über alte Kriegsschiffe findet sich nach W. F. C 1 a ρ ρ und R. Κ e η k (1957) eine Abbildung eines holzzerstörenden Krebses, augenscheinlich ebenfalls Chelura. J. F. D i q u e m a r e (1783) (nach F. M o l l , 1915) berichtet über ein „holzzerstörendes Seeinsekt", das bei den Zimmerleuten als „Seefloh" oder „rote Assel" bekannt sei. Daß wiederum hiermit Chelura gemeint sein könnte, erklärt sich aus dem Hinweis auf das Springvermögen („Floh") und aus der Färbung (Cheluren sind häufig — besonders in der Kopf region — rötlich gefärbt). Die erste wissenschaftliche Beschreibung des Holz-Flohkrebses stammt von Α. Ρ h i 1 i ρ ρ i (1839). Er fand ihn an der Küste von Triest, ordnete ihn als neue Amphipoden-Gattung und - A r t ein und beschrieb ihn unter dem Namen Chelura terebrans. Eine Übersetzung des Gattungsnamens stellt die spätere deutsche Bezeichnung „Scherenschwanz" dar, (s. O. zur S t r a s s e n , 1918) gebräuchlicher ist aber „Bohrkrebs" (s. Ε. Τ r ο s c h e 1, 1912). Doch sollte dieser Name oder „Holzkrebs" nur als Sammelbegriff für holzzerstörende Isopoden und Amphipoden benutzt werden. Sachlich richtig sind die Bezeichnungen „Holz-Flohkrebs" (A. Kaestner, 1959) und „Bohrflohkrebs" (G. B e c k e r , 1950; E. K ö n i g , 1957). I m Angelsächsischen w i r d Chelura nannt (s. J . G . W o o d , 1863, 1865).

oft „wood-boring shrimp" ge-

G. J. A 11 m a η (1847) untersucht die Morphologie von C. terebrans eingehender und ordnet dem Bohrflohkrebs eine eigene Familie, Cheluridae, zu. I m gleichen Jahr taucht C. terebrans als Nemertes nesaeoides Leach in einer von A. W h i t e veröffentlichten Liste über Crusta-

2. Überblick über das Schrifttum

11

ceen der Sammlung des Britischen Museums auf (s. A. W h i t e , 1847). W. E. L e a c h war die Herkunft der Museumsexemplare, die seiner Artbeschreibung zugrunde lagen, unbekannt. I n A. W h i t e s Listen von 1850 und 1857 w i r d der Bohrflohkrebs dagegen dann unter seinem richtigen Namen geführt. W. T h o m p s o n (1847) schildert Schäden an Holz, die von C. terebrans zusammen mit Limnoria und Terediniden verursacht wurden. Es folgen Veröffentlichungen von J. O. W e s t w o o d (1849), C. S. Β a t e (1857) sowie C. S. B a t e und J. O. W e s t w o o d (1868), i n denen Morphologie, Vorkommen und Lebensweise des Krebses behandelt werden. I m Jahre 1868 w i r d C. terebrans als Chelura pontica Czern. (s. W. C z e r n i a w s k y ) und als Limnoria xylophaga Hesse (s. M. H e s s e ) beschrieben. S. I. S m i t h (1880) entdeckt C. terebrans 1875 erstmals außerhalb Europas, i n Nordamerika. Von A. C l a v e n a d (1879) w i r d C. terebrans als Limnoria terebrans Leach angesehen. V. S o w i n s k y (1884) behält den Namen Chelura pontica für die i m Schwarzen Meer vorkommenden und von ihm ausführlicher beschriebenen Bohrflohkrebse bei. Ihm ist die Arbeit von S. I. S m i t h (1880), der darauf hinweist, daß es sich sowohl bei C. pontica als auch bei L. xylophaga um C. terebrans handelt, nicht bekannt. I n „Report of the scientific results of the voyage of H. M. S. C h a l l e n g e r . . . " werden von T. R. R. S t e b b i n g (1888) die bis dahin erschienenen Arbeiten über Chelura ausführlich in morphologischer und systematischer Hinsicht referiert. Eine weitere Zusammenstellung der damaligen Literatur mit Angaben über die Morphologie des Bohrflohkrebses findet sich bei A. D e l l a V a l l e (1893). Eine Übersicht C. terebrans gibt gaben über den Arbeit von S. J. K u n k e l (1910),

— mit Zeichnungen — über die Morphologie von G. O. S a r s (1895). C. M. S n o w (1898) macht A n Körperbau und die Lebensweise des Krebses. Die H o l m e s (1905) enthält, ebenso wie die von B. W. die Grundzüge der Morphologie von C. terebrans.

W. T. C a i m a n (1910) beschreibt als neue A r t Chelura insulae Caiman, die von C. W. A n d r e w s (1908) auf der Weihnachtsinsel gesammelt wurde. Hierbei handelt es sich wirklich um eine neue Art. I n den weiteren Arbeiten C a i m a n s finden sich ebenfalls Angaben über Chelura. Die Zahl der Veröffentlichungen, in denen Chelura erwähnt wird, nimmt dann stark zu. Meist sind es aber nur kurze Bemerkungen i n technischen Zeitschriften und Büchern über das Vorkommen des Krebses und über die Schäden, die durch ihn verursacht werden. Bei

12

2. Uberblick über das Schrifttum

W. F. C l a p ρ und R. K e n k (Marine borers, a preliminary bibliography, part I [1956], part I I [1957]) ist ein großer Teil dieser Literatur über Chelura gesammelt und kurz referiert. Ein früherer Überblick mit Literaturzusammenstellungen über holzzerstörende Krebse, einschließlich Chelura, findet sich bei F. M o l l (1915, 1916). C. Μ. Υ ο η g e beschäftigt sich mit der Verdauungsphysiologie (1927, 1938) und Schladtätigkeit (1949) von C. terebrans, R. C. M i l l e r (1924) mit dem Vorkommen und der Lebensweise von C. insulae. Die von F. A. M c N e i l l (1932) neu beschriebene Chelura cambrica M c N e i l l stellt nach K. S h e a r d (1937) wiederum C. terebrans dar. M. A n d r é und E. L a m y (1933) behandeln unter den holzfressenden Krebsen auch Chelura. R. H e r ρ i η (1935) erkennt, daß Limnoria schneller Holz zerstört als Chelura. Über die Ausbreitung des Bohrflohkrebses an der nordamerikanischen Ostküste berichten W. G. A t w o o d und W. F. C 1 a ρ ρ i n mehreren Arbeiten. Bei C. H . E d m o n d s o n (1933, 1951, 1952, 1955) finden sich Angaben zur Verbreitung von Chelura. M i t der Neubeschreibung von Chelura brevicauda aus Japan durch S. M. S h i i η ο sind ab 1948 insgesamt drei Chelura-Arten bekannt (C. terebrans Philippi, C. insulae Caiman, C. brevicauda Shiino). S. M. S h i i n o (1957) untersucht die neue A r t ausführlich morphologisch. Während bis 1949 die Kenntnisse über die Lebensweise und die Schadtätigkeit des Bohrflohkrebses kaum zugenommen haben, w i r d das Wissen darüber durch die Arbeiten von J. L. B a r n a r d und von A. B o u r d i l l o n erheblich erweitert. J. L. B a r n a r d untersucht i m Anschluß an die Morphologie (1950), i n welchem Ausmaß der Bohrflohkrebs ein Holzzerstörer ist und wieweit Beziehungen zur Holzbohrassel Limnoria bestehen (1951, 1955). Von A. B o u r d i l l o n (1956, 1958, 1960) werden Fragen der Ausbreitung, der Lebensweise, Morphologie, Entwicklung und Verhaltensweise des Bohrflohkrebses behandelt. A. B o u r d i l l o n befaßt sich von allen genannten Autoren am eingehendsten m i t C. terebrans. F. R o c h liefert einige Beiträge zum Vorkommen (1927), zur Schadtätigkeit (1953) und Ökologie (1960) von C. terebrans und P. D e s c h a m p s (1956) zur Ausbreitung, zu dem Verhalten und der Umweltabhängigkeit der A r t . Über Vorkommen und Schädlichkeit von C. terebrans äußert sich auch P. I. R j a b t s c h i k o f f (1957). N. B. Ν a i r und H. L e i v e s t a d (1958) untersuchen den Einfluß niedriger Temperaturen auf C. terebrans.

3. Die Versuchstiere und Allgemeines über die Versuchsdurchführung Die für die in den Jahren 1960 bis 1962 ausgeführten Untersuchungen verwendeten Bohrflohkrebse (Chelura terebrans Philippi) stammen aus Chioggia bei Venedig. Sie wurden seit 1957 in belüfteten und mit Filtriereinrichtungen versehenen Aquarien i n der Bundesanstalt für Materialprüfung gezüchtet 1 . Das Meerwasser (Salzgehalt 35 °/ 0 0 ) wurde mit 13 Salzkomponenten angesetzt (s. C. E. Z o B e l l , 1946). Es enthielt ein Zehntel Meerwasser-Erdaufkochung, um einem Mangel an Spurenelementen vorzubeugen. Als Futter diente Kiefernsplintholz (Pinus sylvestris L.). Die Wassertemperatur betrug 22° C; sie war in einem Klimaraum gleichbleibend. Zu Vergleichen wurde außerdem Chelura terebrans aus Plymouth (seit 1958 i n Berlin-Dahlem) herangezogen. Diese Tiere wurden bei 18 . . . 20° C gezüchtet. I n Holzproben, die 1961 u n d 1962 freundlicherweise von Dr. A. R. Hockley aus Southampton u n d von Dr. A. Bourdillon aus Marseille zugesandt wurden, lebten leider nur noch Limnorien, so daß weitere Vergleiche m i t Gheluren unterschiedlicher Herkunftsorte u n d -daten nicht durchgeführt, sondern nur einige tote Cheluren untersucht werden konnten.

I n den Zuchtbecken befanden sich z. T. auch Bohrasseln der A r t Limnoria tripunctata Menzies und Bohrmuscheln der A r t Teredo pedicellata Qutrf. Für die Einzeluntersuchungen wurden die Bohrflohkrebse in Petrischalen ( 0 = 9 cm, h = 2 cm oder 0 = 5 cm, h = 2 cm) m i t etwa 50 oder 15 cm 3 Meerwasser gehalten. Die Futterholzabmessungen lagen i n der Größenordnung von mindestens 0,5 cm X 1,0 cm X 2,5 cm je Schale. Das Holz wurde — i n unterschiedlichem Abstand — vor dem Versuch i m Unterdruck mit Meerwasser vollgetränkt. Das Meerwasser i n den Petrischalen wurde 1- bis 3mal wöchentlich erneuert. Die Messung des Sauerstoffgehaltes i m Meerwasser erfolgte auf elektrochemischem Wege nach dem Verfahren von F. Τ ö d t (1958). Das Gerät dafür stellte Dr. K. D a m a s c h k e ( B A M ) zur Verfügung, dem auch für Hinweise zur Benutzung gedankt wird. 1

Für Betreuung der Zuchten und Hilfe bei den Versuchen w i r d Herrn W. R a n k e gedankt.

14

3. Versuchstiere u. Allgemeines über Versuchsdurchführung

Für die Versuche mit verschiedenen Temperaturen standen Klimaräume und -schränke zur Verfügung. Zur anatomischen Untersuchung dienten mikroskopische Präparate. Die Tiere wurden in Bouin-Gemisch fixiert, über Aceton i n Paraffin (Schmelzpunkt 56° C) eingebettet, 7 μ dick geschnitten und mit Hematoxylin nach D e 1 a f i e 1 d und Eosin (1 '%, wäßrig) gefärbt.

4. Allgemeiner Körperbau 4.1 Gestalt und Größe Die wichtigsten Veröffentlichungen über die Morphologie von C. terebrans sind schon i n Abschnitt 2 angeführt worden. Diese u n d einige weitere Arbeiten — bis auf die späteren von A. B o u r d i l l o n (1958, 1960) — sind auch bei J. L. Β a r η a r d (1950) berücksichtigt. Es w i r d daher auf einzelne Zitate i n diesem Abschnitt verzichtet und nur auf J. L. B a r n a r d u n d das abschließende Schrifttumsverzeichnis verwiesen. Allgemeines über die Morphologie der Amphipoden findet sich u. a. bei E. C h e ν r e u χ und L. F a g e (1925) u n d Α. S c h e l l e n b e r g (1942).

Der Körper von C. terebrans ist i m Gegensatz zu dem der meisten anderen Amphipoden nicht seitlich zusammengedrückt (kompreß), sondern leicht dorsoventral abgeflacht (depreß). Die A r t zeichnet sich durch einen ausgeprägten Sexualdimorphismus aus. Nach A. K a e s t n e r (1959) ist bei den Gammaridae das Männchen meist größer und besitzt kräftigere Antennen (u. a. Corophiidae) und Subchelae der ersten beiden Peraeopoden als das Weibchen. Bei vielen Amphipoden (ζ. B. Pontoporeira af finis, Niphargus Vir ei) weist das M ä n n chen neben längeren Antennen noch eine stärkere Beborstung oder V e r längerung des letzten Uropodenpaares auf. Ähnlich liegen die Verhältnisse bei den Cheluridae. Der Sexualdimorphismus von C. terebrans stellt demnach keine Besonderheit innerhalb dieser systematischen Gruppe dar.

Ausgewachsene Männchen können 8 . . . 9 mm und Weibchen 5 . . . 6 mm lang werden (Stirn bis Uropodenspitze). Die größte Breite beträgt etwa 1,5 mm. Nach Einzelmessungen schienen die Tiere aus dem Kanal etwas .größer als die aus dem Mittelmeer zu sein. Für eine statistische Sicherung des Unterschieds reicht die Anzahl der untersuchten Tiere jedoch nicht aus. Sonstige morphologische Unterschiede zwischen geographisch weit voneinander entfernten Populationen bestehen — nach Abbildungen und Beschreibungen in der Literatur — nicht. Die Vermutung, daß sich ähnlich wie bei den Bohrasseln — wo früher mehrere Arten einheitlich als Limnoria lignorum angesehen wurden — verschiedene Arten unter dem Namen C. terebrans verbergen könnten, hat sich nicht bestätigt. Entsprechend paarten sich auch in Berlin-Dahlem Tiere aus dem Kanal und aus dem Mittelmeer normal miteinander und brachten Junge hervor. Lebende Bohrflohkrebse sind häufig, hauptsächlich in der Kopf- und Rückendornregion, rötlich gefärbt (vgl. J. L. B a r n a r d und A b -

16

4. Allgemeiner Körperbau

schnitt 2). Während dies (von einem der Verf.) auch an Tieren im Mittelmeer festgestellt wurde, kommen in den Laborzuchten gleicher Herkunft jedoch meist rein gelblich-weiße Tiere vor.

B i l d 1. Übersicht über den Bau von Chelura terebrans Philippi, Ventral ansieht, Leibesihöhle geöffnet, Extremitäten der l i n k e n Rumpfhälfte nicht eingezeichnet. (Abkürzungen s. S. 7.) (Bilder — soweit nicht gesondert vermerkt — von H. K ü h n e , B A M , Berlin-Dahlem.)

4.2 Der Kopf und seine äußeren Organe Der Kopf erscheint i n Dorsalansicht fünfeckig, vorn zugespitzt und in Seitenansicht ungefähr rechteckig, oben jedoch mehr abgerundet. Der Kopf ist mit dem ersten Thoracomer zu einem einheitlichen Céphalothorax verschmolzen und ungefähr so lang wie die ersten beiden Peraeonsegmente zusammen (Bild 1, 5). Die einzelnen Extremitäten des Céphalothorax sind in B i l d 2 wiedergegeben. Die praeoralen Extremitäten bestehen aus den beiden Antennenpaaren. Die 1. ( o b e r e ) A n t e n n e ( A n t e n n u l a ) w i r d aus einem dreigliedrigen Geißelschaft (Pedunculus) mit distal leicht kleiner werdenden Gliedern gebildet. Dem dritten Glied sitzen als Rami eine 4 . . . 6gliedrige Geißel (Flagellum) und eine kleine eingliedrige, vereinzelt zweigliedrige Nebengeißel auf. Das mehrgliedrige Flagellum ist etwa so lang wie die letzten beiden Pedunculus-Glieder. Die 2. ( u n t e r e ) A n t e n n e ( A n t e n n a ) ist länger und kräftiger als die 1. Ihre beiden kleineren basalen Glieder sind unbeborstet. I m 2. Glied mündet als Exkretionsorgan die Antennendrüse. Die folgenden drei beborsteten Glieder sind ungefähr gleich lang. Das ebenfalls beborstete letzte (6.) und größte Glied w i r d als Flagellum angesehen.

4. Allgemeiner Körperbau

17

B i l d 2. Extremitäten des Céphalothorax und Unterlippe von Chelura terebrans Philippi. a) linke I . A n t e n n e , $ ; b) l i n k e 2. Antenne,