Der Erstattungsanspruch: Die ungerechtfertigte Bereicherung im öffentlichen Recht [1 ed.] 9783428422494, 9783428022496

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Der Erstattungsanspruch: Die ungerechtfertigte Bereicherung im öffentlichen Recht [1 ed.]
 9783428422494, 9783428022496

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 129

Der Erstattungsanspruch Die ungerechtfertigte Bereicherung im öffentlichen Recht

Von

Eckart Weber

Duncker & Humblot · Berlin

ECKART WEBER

Der Erstattungsanspruch

Schriften zum ö f f e n t l i c h e n Band 129

Recht

Der Erstattungsanspruch Die ungerechtfertigte Bereicherung i m öffentlichen Recht

Von

Dr. Eckart Weber

DUNCKER

&

HUMBLOT

/

BERLIN

Alle Rechte vorbehalten © 1970 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1970 bei Alb. Sayffaerth, Berlin 61 Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis Erster

Teil

Einleitung I. Der Begriff der Erstattung

9

I I . Die Problematik

11

I I I . Die historische Entwicklung

13

Zweiter Teil Allgemeine Grundlegung I. Rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen i m privaten u n d i m öffentlichen Recht 1. Der Anwendungsbereich der bürgerlich-rechtlichen Normierung (§§812ff. BGB)

17 17

a) Bereicherung durch Leistung

18

b) Bereicherung auf sonstige Weise

22

2. öffentlich-rechtliche Tatbestände rechtsgrundloser Vermögensverschiebungen . . . . ······· ·· I I . Die Grundlagen des Erstattungsanspruchs 1. Vorbemerkung 2. Gesetzmäßigkeit der V e r w a l t u n g u n d Erstattung

27 29 29 30

a) Belastende Verwaltungsakte

30

b) Begünstigende Verwaltungsakte

32

c) Ergebnis 3. Das Erstattungsprinzip

34 36

a) Grundsatz

36

b) Gesetzesvorbehalt

38

I I I . Rechtswidrigkeit u n d Rechtsgrund 1. Allgemeines

40 40

2. Die F u n k t i o n des Verwaltungsakts

41

3. Der Verwaltungsakt als Rechtsgrund

45

6

Inhaltsverzeichnis Dritter

Teil

Der Erstattungsanspruch des Staates gegen den Einzelnen I. Der Umfang des Erstattungsanspruchs

48

1. Vorbemerkung

48

2. Rücknahmelehre u n d § 818 Abs. 3 B G B i m Beamtenrecht

51

a) Allgemeines

51

b) Die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts

53

c) Der Wegfall der Bereicherung i m Beamtenrecht

55

3. Der spezifisch bürgerlich-rechtliche Sinn des § 818 Abs. 3 B G B

60

4. Folgerungen u n d Ergebnisse

61

a) Allgemeines

61

b) Leistungen auf G r u n d rechtswidrigen Verwaltungsakts

65

c) Sonstige Leistungen

67

I I . Die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs

69

1. Die Problematik

69

2. Die Zulässigkeit des Leistungsbescheides i m allgemeinen

74

a) Die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts

74

b) Die Gegenmeinung

75

c) Schlußbemerkung

78

3. Die Zulässigkeit des Leistungsbescheides beim Erstattungsanspruch

79

4. Gefahren bei der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs

84

I I I . Der Erstattungsanspruch der V e r w a l t u n g gegen D r i t t e 1. Der Erstattungsanspruch gegen den Erben

86 87

a) Einleitung

87

b) Die Auffassung des Bundessozialgerichts

88

c) Das Erbrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs i m öffentlichen Recht

91

d) Folgerungen

93

2. Der Erstattungsanspruch gegen sonstige haftende Personen 3. Die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs gegen D r i t t e a) Die Unzuständigkeit des ordentlichen Gerichts b) Die Zulässigkeit des Verwaltungsakts

97 99 99 100

Inhaltsverzeichnis Vierter

Teil

Der Erstattungsanspruch gegen den Staat A. Der Erstattungsanspruch

im „System"

staatlicher

Ersatzleistungen

. . 104

I. Erstattungsanspruch u n d enteignungsgleicher Eingriff

104

I I . Erstattungsanspruch u n d Folgenbeseitigungsanspruch

108

1. Allgemeines

108

2. Formeller Folgenbeseitigungsanspruch

109

3. Materieller Folgenbeseitigungsanspruch

110

a) Bachof, Menger, Haas

111

b) Bettermann, Schleeh

113

c) Rösslein, Weyreuther

114

d) Ergebnis

117

B. Die Ausgestaltung

des Erstattungsanspruchs

I. Der Umfang des Erstattungsanspruchs

119 120

1. Vorbemerkung

120

2. Vermögensverschiebungen auf G r u n d Verwaltungsakts

122

3. Sonstige Vermögensverschiebungen

124

I I . Die gerichtliche Geltendmachung des Erstattungsanspruchs

Fünfter

125

Teil

Erstattungsanspruch und Verzinsung I. Die Problemstellung

134

I I . Die allgemeine Zinsproblematik i m öffentlichen Recht

137

1. Verzugszinsen

137

2. Prozeßzinsen

140

I I I . Die Verzinsung des Erstattungsanspruchs

141

1. Der Erstattungsanspruch des einzelnen gegen den Staat

141

2. Der Erstattungsanspruch des Staates gegen den einzelnen

144

Sachverzeichnis

152

Erster Teil

Einleitung I. Der Begriff der Erstattung Die Erstattung ist i m heutigen Verwaltungsrecht kein präziser, sondern ein sehr komplexer Rechtsbegriff. Als der Erstattungsanspruch m i t Gerhard Lassars bahnbrechender Monographie 1 seinen Aufschwung nahm, war er noch festen dogmatischen Vorstellungen verpflichtet. Sie fanden Ausdruck einerseits i n der Polarität zur „Ungerechtfertigten Bereicherung" des Zivilrechts und andererseits i n der Anlehnung an das entsprechende Rechtsinstitut der Reichsabgabenordnung 2 . Aber der Erstattungsbegriff wurde zunehmend populär u n d begann überall dort einzudringen, wo sich seine Verwendung sprachlich nur vertreten ließ. So w i r d heute als Erstattungsanspruch weithin jeder vermögensrechtliche Anspruch verstanden, der irgendwie dem Ausgleich ungerechtfertigter Vermögensvor- und -nachteile dient. Hinter einem derart vagen Begriff verbergen sich rechtliche Erscheinungen durchaus unterschiedlicher Struktur. I n diesem Sinne kann man m i t dem Wort Erstattungsanspruch so verschiedenartige Rechtstitel wie den Anspruch des Staates gegen einen Beamten oder Angestellten der öffentlichen Hand auf „Erstattung" schuldhaft verursachter Kassenfehlbestände 3 , den Rückgriffsanspruch des Staates gegen den Beamten oder Angestellten bei vorsätzlicher oder grobfahrlässiger Amtspflichtverletzung 4 oder etwa den Anspruch auf AufWendungsersatz nach öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag 5 bezeichnen; darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere, spezialgesetzlich angeordnete „Erstattungen", neuerdings zum Beispiel von Wahlkampfkosten nach dem Parteiengesetz®, die hier i m einzelnen nicht darstellbar sind» Neben dem klassi1

Gerhard Lassar, Der Erstattungsanspruch i m Verwaltungs- u n d Finanzrecht, 1921. 2 Heute §§ 150 ff. RAO. 3 Geregelt i m Erstattungsgesetz v o m 18.4.1931, RGBl. I S. 461 ; neu bekannt gemacht i m BGBl. 19511 S. 109. 4 Gemäß A r t . 34 S.2 G G sowie §46 B R R G u n d §78 B B G ; vgl. Wolff, V e r waltungsrecht I, 5. Aufl., § 4 4 I c 2 . 5 Wolff, a.a.O., § 441 c 2. • Parteiengesetz v o m 4. J u l i 1967, BGBl. I S. 773; zur Problematik der

10

1. Teil: Einleitung

sehen Begriff Lassars eröffnet sich damit eine bemerkenswerte Vielfalt höchst heterogener Erstattungen. Geht man dem Ursprung des Wortes Erstattung nach, so t r i t t schon zur Zeit der Enstehung dieses Begriffes ein ähnlicher Bedeutungsreichtum i n Erscheinung 7 . Auch die wenig später gebildeten Worte wi(e)dererstatten und rückerstatten 8 scheinen eher die deutsche Sprache u m einen Pleonasmus bereichert als zur Klärung i n der Sache beigetragen zu haben. Offenbar ist dem Wort und den m i t i h m gebildeten Wortverbindungen ein klarer Inhalt nicht zu geben. Für die Rechtssprache, die diesen Begriff verwendet, ist die damit gegebene Situation wenig glücklich. Sie, die u m eine eindeutige Terminologie bemüht sein muß, könnte sich dem Dilemma m i t der Einführung neuer Ausdrucksweisen entziehen. Zur Hervorhebung des A n spruchs auf Ausgleichung rechtsgrundloser Vermögensverschiebungen hat daher Lehmann-Grube den vielleicht klareren und i m Sozialrecht ebenfalls gebräuchlichen Ausdruck „Rückforderungsanspruch" vorgeschlagen9. Indessen hat sich — seit Lassar — gerade für den Bereich der rechtsgrundlosen Vermögensverschiebungen der Begriff des Erstattungsanspruchs i n solcher Weise eingebürgert, daß eine terminologische Neubildung die V e r w i r r u n g eher vergrößern als beseitigen würde. A n dem Vorstoß Lehmann-Grubes ist darum auch zu Recht K r i t i k geübt worden 1 0 . Wenn somit der mißlichen Situation eines i n verschiedenartigen Bedeutungen verwendeten Begriffs nicht abzuhelfen ist — auch den anderen „Erstattungsansprüchen" kann diese Bezeichnung nicht abgesprochen werden —, so muß der Unschärfe dieser Wortbildung wenigstens volle Klarheit über die rechtliche Struktur der einzelnen Erstattungsansprüche gegenübergestellt werden. Diese Notwendigkeit kann freilich nicht eine Erörterung aller Erstattungsansprüche rechtfertigen. Eine derartige Gesamtdarstellung wäre sogar sachlich unangemessen, w e i l diese Erstattungsansprüche nur durch das sprachliche Etikett, nicht aber durch rechtliche Gemeinsamkeiten verbunden sind. Obendrein wäre sie weitgehend überflüssig, weil w i r k l i c h problematisch i m Grunde nur der Erstattungsanspruch als „Rückforderungsanspruch" ist, i m Vergleich zu dem den anderen ErRückforderung solcher (als Abschlagzahlungen gewährter) Erstattungen vgl. unten 3. Teil II. 4. 7

Vgl. Grimm, Deutsches Wörterbuch, 3. Bd., S. 996; Deutsches Rechtswörterbuch, 3. Bd., S. 279. 8

Grimm, a.a.O., 14. Bd., I. Abt., 2. Teil, S. 956 und 8. Bd., S. 1366. Lehmann-Grube, Der Rückforderungsanspruch im Sozialrecht, 1962. 10 In den Besprechungen von Haueisen, DÖV 1962, 799 und Hildegard Krüger, DVB1. 1963, 79. 9

II. Die Problematik

11

stattungsanspriichen sowohl i n grundsätzlicher als auch i n praktischer Hinsicht nur periphere Bedeutung zukommt. Der Erstattungsanspruch i n gerade dieser problematischen Variante erfreut sich bis heute nur geringen wissenschaftlichen Zuspruchs. Besonders er verdient aber eingehendere Betrachtung. Der Klärung nur dieses Erstattungsanspruchs wendet sich darum der folgende Beitrag zu.

II. Die Problematik Der Erstattungsanspruch i n dem Sinne, wie er soeben als Gegenstand der folgenden Erörterungen vorgestellt wurde, ist das öffentlichrechtliche Gegenstück zur „Ungerechtfertigten Bereicherung" des BGB. M i t dieser Feststellung ist freilich zur Sache selbst noch nichts präjudiziert; insbesondere umschließt sie nicht die Behauptung, i m öffentlichen Recht gebe es die „Ungerechtfertigte Bereicherung" als eine der bürgerlich-rechtlichen Normierung auch i n den Rechtsfolgeanordnungen gleiche Regelung 11 . Der Erstattungsanspruch bezeichnet nur die Rechtsfolge, die an Tatbestände anknüpft, die als rechtsgrundlose Vermögensverschiebung bezeichnet werden können und die — gehörten sie dem bürgerlichen Recht an — nach den §§ 812 ff. BGB zu beurteilen wären. Daß derartige vergleichbare Tatbestände auch i m Bereich des öffentlichen Rechts auftreten können, belegt der Hinweis auf die Möglichkeit der Zahlung nicht geschuldeter Abgaben, Beamtenbezüge oder Subventionen — u m nur die quantitativ wichtigsten Fallgruppen anzudeuten. Damit entsteht sogleich die Frage, nach welchen Rechtsregeln diese Tatbestände des öffentlichen Rechts, für die eine umfassende Regelung fehlt, zu behandeln sind. Das BGB hier direkt zur Anwendung zu bringen, ist kaum angängig, da das öffentliche Recht eben grundsätzlich nicht den Normen des Privatrechts unterliegt 1 2 . Eher dürfte schon eine analoge Anwendung der Vorschriften des BGB i n Betracht kommen, die beispielsweise Wolff 13 für die Fälle empfiehlt, i n denen „die Interessenlage der privatrechtlichen kongruent ist", wofür man sich immerhin auf das Beamtenrecht berufen könnte, das in § 87 Abs. 2 BBG auf die §§ 812 ff. BGB verweist. Andere Autoren 1 4 sprechen davon, die §§ 812 ff. BGB enthielten einen allgemeinen Rechtsgedanken, der für das bürgerliche Recht seinen ge11

212.

12

Gegen eine derartige Annahme m i t Entschiedenheit Haueisen, N J W 1955,

Hierzu ausführlicher unten 2. Teil, I I . 1. η VerwaltungsrechtI, § 4 4 I b 4 ; zustimmend H.Weber, JuS 1970, 169 (172). 14 z.B. Tiedau, M D R 1952, 330; Peters, Verwaltungsrecht, S. 156.

12

1. Teil: Einleitung

setzlichen Niederschlag gefunden habe, aber ohne weiteres auch i m öffentlichen Recht Geltung beanspruchen dürfe. Schließlich w i r d i m Anschluß an die Studie von Lassar der Auffassung Ausdruck gegeben, das öffentliche Recht habe bereits m i t dem Erstattungsanspruch ein eigenes Rechtsinstitut geschaffen, das einen Rückgriff auf das bürgerliche Recht überflüssig mache, wie insbesondere Forsthoff meint m i t der Begründung, die Regelung der §§ 812 ff. BGB „passe nicht" für das öffentliche Recht 15 . I n Ubereinstimmung hiermit spricht man meistens schon von einem „allgemein anerkannten öffentlichrechtlichen Erstattungsanspruch", der auf dem „allgemeinen Rechtssatz" beruhe, „daß eine m i t der Rechtslage nicht übereinstimmende Vermögenslage abzugleichen" sei 16 . Diese Ansicht darf insbesondere auf den württembergischen E n t w u r f einer Verwaltungsrechtsordnung, dessen A r t . 210 einen eigenen Erstattungsanspruch normiert 1 7 , sowie auf die vergleichbaren Regelungen des § 37 des Musterentwurfs eines Verwaltungsverfahrensgesetzes von 1963 und § 116 des Landesverwaltungsgesetzes Schleswig-Holstein 18 verweisen. Die hiermit skizzierten unterschiedlichen Auffassungen markieren vorläufige Endpositionen einer historischen Entwicklung, die von dem Bemühen u m eine Verselbständigung des Erstattungsanspruchs und u m seine Ablösung von dem zivilrechtlichen V o r b i l d gekennzeichnet ist. Ein kurzer geschichtlicher Rückblick kann dies verdeutlichen.

15

Forsthoff,

Verwaltungsrecht, S. 169.

16

Vgl. n u r neuestens BSG, DVB1. 1969, 745 m i t entsprechenden Nachweisen. 17

„ A r t . 210 Erstattungsanspruch Ist eine Leistung ohne rechtlichen G r u n d b e w i r k t worden, so hat derjenige, auf dessen Kosten sie b e w i r k t worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des aufgewendeten Betrags oder, w e n n andere Gegenstände als Geld aufgewendet worden sind, ihres Wertes i n Geld. Diese Verpflichtung besteht auch dann, w e n n der rechtliche G r u n d der Leistung später wegfällt. Bei Leistungen f ü r öffentliche Zwecke richtet sich der Erstattungsanspruch i m Zweifel gegen diejenige Körperschaft des öffentlichen Rechts oder diejenige öffentliche Anstalt, zu deren Aufgabenkreis der durch die Leistung verfolgte Zweck gehört. A r t . 209 Abs. 3 findet Anwendung." 18 V o m 18. A p r i l 1967 (Schl.-H. GVB1. S, 131) ; die beiden letzten Bestimmungen behandeln jedoch — enger als der württembergische E n t w u r f — n u r solche Leistungen, die auf G r u n d rechtswidriger Verwaltungsakte erbracht worden sind. Allgemeiner dagegen § 21 Verwaltungskostengesetz v o m 23. J u n i 1970 (BGBl. I S. 821), dessen Absatz 1 lautet: „Überzahlte oder zu Unrecht erhobene Kosten sind unverzüglich zu erstatten, zu Unrecht erhobene Kosten jedoch nur, soweit eine Kostenentscheidung noch nicht unanfechtbar geworden ist; nach diesem Zeitpunkt können zu Unrecht erhobene Kosten n u r aus Billigkeitsgründen erstattet werden."

III. Die historische Entwicklung

13

I I I . Die historische Entwicklung Die rechtliche Beurteilung ungerechtfertigter Vermögensverschiebungen war bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts kein Problem gerade des öffentlichen Rechts. Vielmehr ließ der betont vermögensrechtliche Aspekt der rechtsgrundlosen Wertbewegungen die gesamte Problematik als allein i m Zivilrecht beheimatet erscheinen. Denn der seinerzeit noch herrschenden Fiskustheorie, von der sich das Reichsgericht erst m i t seiner Entscheidung vom 30. A p r i l 192019 abwandte, war es eigentümlich, alle Rechtsbeziehungen vermögensrechtlicher A r t — auch soweit sie i m öffentlichen Recht wurzelten — dem bürgerlichen Recht zuzuordnen. Die Geschichte des Erstattungsanspruchs als eines Instituts des öffentlichen Rechts beginnt erst m i t der Abwendung von der Fiskuslehre, dié sich freilich i n der Wissenschaft schon früher vollzog als i n der Rechtsprechung 20 . Aber der Anfang i n der Lehre war zögernd. Der erste Versuch Glässings 21, dem Anspruch auf Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung m i t der Konstruktion einer „restitutio ad integrum" eine spezifisch öffentlich-rechtliche Grundlage zu geben, fand kaum nennenswerten Widerhall. Allerdings reichte er — und das war wesentlich — immerhin aus, u m Otto Mayer von überholten zivilistischen Vorstellungen abzubringen, denen er m i t der ersten Auflage seines Deutschen Verwaltungsrechts i n diesem Bereich offenbar noch verpflichtet war 2 2 . Mayers Kehre i n der zweiten Auflage seines Werkes 25 hat dann m i t dazu beigetragen, daß wenige Jahre später die Reichsabgabenordnung i n einem beachtenswerten Vorstoß einen selbständigen Erstattungsanspruch normierte, der — zwar auf dem Bereicherungsgedanken beruhend — doch i m wesentlichen frei war von zivilistischen Eigentümlichkeiten und Beengungen. I n dieser Entwicklungslage erschien Lassars Bestandsaufnahme 24 , die — über die hier angedeuteten Schwerpunkte weit hinausgreifend — alle bis dahin erkennbaren Wurzeln des Erstattungsanspruchs m i t sämtlichen Verästelungen analysierte. Das Ergebnis dieser maßgeblichsten wissenschaftlichen Arbeit i n der Geschichte des Erstattungsanspruchs war der Kernsatz: 19

RGZ 99, 41 (45). Einen ausführlichen Bericht hierüber gibt Lassar, a.a.O., S. 5 ff. 21 Glassing, Die condictio indebiti des deutschen öffentlichen Rechts, 1894; Das Recht der Rückforderung i m Gebiete des deutschen öffentlichen Rechts, Hirths Annalen des Deutschen Reichs 1896, S. 46 ff. 20

22

23

Otto Mayer, Verwaltungsrecht I, 1. Aufl., S. 425.

Verwaltungsrecht I , 2. Aufl., S.348; 3. Aufl., S. 334; vgl. zu Otto Mayer auch Lassar, a.a.O., S. 96/97. 24 Lässar, Der Erstattungsanspruch i m Verwaltungs- u n d Finanzrecht, 1921.

1. Teil: Einleitung

14

„Eine causa-lose öffentliche Leistung, deren Inhalt einen Vermögenswert hat, ist demjenigen zu erstatten, auf dessen Kosten sie b e w i r k t ist 2 5 ." Abgeleitet wurde dieser Erstattungsanspruch allerdings nicht aus einem allgemeinen Prinzip, sondern Lassar wies ihn i n einigen Gebieten des Verwaltungsrechts nach (vor allem i m Steuer- und Finanzrecht, aber auch i m Beamtenrecht) und gelangte von dorther zu der Feststellung, daß aus den hier gesetzlich niedergelegten Erstattungstatbeständen auf die Existenz eines allgemeinen Erstattungsanspruchs geschlossen werden könne; auf diesen seien die vom bürgerlichen Recht sehr abweichenden Normierungen der öffentlich-rechtlichen Einzelgesetze — vor allem der Reichsabgabenordnung — analog anzuwenden. Damit schien eine selbständige Entwicklung des Rechtsinstituts eingeleitet zu sein. Aber für eine überzeugende Ablösung des Erstattungsanspruchs von der „Ungerechtfertigten Bereicherung" des Bürgerlichen Gesetzbuchs reichte der eher positivistische Geltungsgrund, den Lassar erarbeitet hatte, offenbar nicht aus. Jedenfalls herrschte i n maßgeblichen Gesamtdarstellungen und i n einschlägigen Monographien weiterh i n das Bemühen vor, die Rückgängigmachung öffentlich-rechtlicher Vermögensverschiebungen auf eine eigene Grundlage zu stellen und gegenüber der zivilrechtlichen Normierung abzuheben. Hierfür sind einmal kennzeichnend die Lehrbücher des Verwaltungsrechts von Fleiner und W. Jellinek. I m wesentlichen Otto Mayer folgend begründete Fleiner 2 6 die Erstattungspflicht des Staates als „die notwendige Folge jeder Entscheidung oder Verfügung, die feststellt, daß der Staat i n einem bestimmten Falle seine Kompetenz zur Abgabenerhebung überschritten hat." Von solchen Ableitungen anscheinend nicht gänzlich überzeugt, experimentierte W. Jellinek 2 7 m i t neuen Begründungsmöglichkeiten für den Erstattungsanspruch. Z u m einen führte er aus, es sei ein Satz des natürlichen Rechts, daß niemand zum Schaden eines anderen ohne Rechtsgrund bereichert werde 2 8 . Aber Jellinek erachtete w o h l auch dies nicht für zwingend, so daß er zum anderen auf den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zurückgriff. Danach werde dem Staat keine Leistung geschuldet, es sei denn auf Grund eines Gesetzes. Dieser Grundsatz rechtfertige den Erstattungsanspruch dessen, der i r r tümlicherweise gezahlt habe. 25

Lassar, a.a.O., S. 226.

26

Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, S. 181. W. Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 238/239. a.a.O., S. 239 unter Berufung auf eine Digestenstelle: 1. 206 D. 50, 17.

27 28

III. Die historische Entwicklung

15

Neben diesen Ansätzen einer Grundlegung des Erstattungsprinzips versuchten Meier-Branecke 29 und Skaupy 30, mehr um das Detail bemüht, die Eignung der §§ 812 ff. BGB für das öffentliche Recht zu ergründen, indem sie jede Vorschrift des bürgerlichen Rechts auf ihre Verwendbarkeit i m Verwaltungsrecht prüften. I h r Resultat war die Erkenntnis, daß die zivilrechtliche Regelung des Bereicherungsanspruchs i m Verwaltungsrecht keine oder nur beschränkte Gültigkeit zu beanspruchen hätte. Versucht man die Fruchtbarkeit der soeben skizzierten wissenschaftlichen Bemühungen i m ganzen zu würdigen, so ergibt schon ein kurzer Blick auf das neuere Schrifttum, daß sie zu einer grundsätzlichen K l ä rung der Problematik nicht geführt haben. Zwar ist heute ein consensus omnium dahin erkennbar, daß auch i m öffentlichen Recht rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen rückgängig zu machen sind, und ferner, daß sich der auf eine solche Rückgängigmachung gerichtete Erstattungsanspruch nicht aus dem bürgerlichen Recht ergibt. Woraus er sich aber positiv ableitet, ist ebenso unklar, wie seine Ausgestaltung i m einzelnen. Das läßt sich eindrucksvoll belegen m i t den schon oben (II.) zitierten Standardwerken des deutschen Verwaltungsrechts, die i n auffälliger Weise dem bürgerlichen Recht verhaftet bleiben. Dies gilt ebenso für Wolff, dem eine Analogie zum BGB möglich erscheint, wie i n der Umkehrung für Forsthoff, der i m Anschluß an Meier-Branecke die Unanwendbarkeit der zivilrechtlichen Vorschriften akzentuiert. Aber auch die maßgeblichen Aufsätze insbesondere von Haueisen 31 sowie ferner von Tiedau 32, Rupp 3 3 und v. Altrock 34 legen in ihren kontroversen Darstellungen Zeugnis ab davon, daß der Erstattungsanspruch i m Hinblick sowohl auf seine Grundlagen als auch auf seine Ausgestaltung i m einzelnen bis heute kaum geklärt ist. Ebenfalls höchst heterogene Aspekte treten i n den wenigen neueren Monographien zu Tage. So betrachtet Lehmann-Grube 35 den Erstattungsanspruch i m Sozialrecht unter ganz anderen Voraussetzungen als Bachof e, dessen Orientierung durch den Folgenbeseitigungsanspruch vorgegeben ist. Wiederum abweichend stellt sich der Erstattungs29 Meier-Branecke, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Normen i m V e r waltungsrecht, AöR N. F., 11. Bd. (1926), S. 230—286. 30 Skaupy, Die ungerechtfertigte Bereicherung i m öffentlichen Recht, 1934. 81 N J W 1954, 977 u n d N J W 1955, 212. 32 M D R 1952, 330. 33 D Ö V 1949, 150. 34 N J W 1954, 1634. 35 Lehmann-Grube, Der Rückforderungsanspruch i m Sozialrecht, 1962. 36 Bachof, Die verwaltungsgerichtliche Klage auf Vornahme einer A m t s handlung, 1951, S. 98 ff.

16

1. Teil: Einleitung

anspruch aus der Sicht v. Cansteins 37 dar, dessen Blickfeld durch den bereits gesetzlich fixierten Erstattungsanspruch des Steuerrechts verengt ist. Zur grundsätzlichen Klärung vermochte auch die neuere Rechtsprechung wenig beizutragen. Zwar haben vor allem das Bundesverwaltungsgericht und das Bundessozialgericht nicht unwesentliche Erkenntnisse zu einzelnen Problemen des Erstattungsanspruchs beigetragen, aber der Begründung des Erstattungsanspruchs selbst hat sich die Jurisdiktion nicht zugewandt. Vielmehr hat sie — nach anfänglich vorsichtigem Abtasten der Lage — zunehmend sich selbst zitiert, bis es vertretbar erschien, von einem „allgemein anerkannten öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch" zu reden 88 , den jedoch i n Wahrheit weder Lehre noch Rechtsprechung herausgearbeitet hatten. Trotz mancher gegenteiliger Versicherung kann es m i t h i n keinem Zweifel unterliegen, daß bis heute eine dogmatische Verortung des Erstattungsanspruchs nicht gelungen ist 39 .

97

v. Canstein, Der Erstattungsanspruch i m Steuerrecht, 1966. Vgl. BSG, DVB1. 1969, 745 m i t Nachweisen. 39 Kennzeichnend die neueste Wertung durch H. Weber, JuS 1970, 169 (170, 171), der die ungerechtfertigte Bereicherung i m öffentlichen Recht als ein „schlüpfriges" Grenzgebiet (zwischen öffentlichem u n d privatem Recht) u n d als eines der „unübersichtlichsten" Probleme dieses Bereichs bezeichnet. 38

Zweiter Teil

Allgemeine Grundlegung I. Rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen im privaten und im öffentlichen Recht Eine allgemeine Grundlegung des Erstattungsprinzips bedarf zunächst einer genauen Bestimmung der Tatbestände, die als Rechtsfolge einen Erstattungsanspruch auslösen könnten. Zu diesem Zweck muß in einem ersten Abschnitt die Reichweite der §§ 812 ff. BGB beschrieben werden, da der Erstattungsanspruch historisch aus dieser Regelung entstanden ist und somit für i h n alle vom BGB nicht erfaßten ungerechtfertigten Bereicherungen i n Betracht kommen. Erst dann lassen sich — i n einem zweiten Abschnitt — die öffentlich-rechtlichen Tatbestände rechtsgrundloser Vermögensverschiebungen darstellen. 1. Der Anwendungsbereich der bürgerlichrechtlichen Normierung (§5 812ff. BGB) § 812 Abs. 1 S. 1 BGB regelt Bereicherungen „ohne rechtlichen Grund". Diese Formulierung umfaßt — nimmt man nur ihren Wortlaut — auch öffentlich-rechtliche Vermögensverschiebungen, die des rechtlichen Grundes entbehren. Diese Tatsache hat früher den I r r t u m mitveranlaßt, alle rechtsgrundlosen Bereicherungen seien nach bürgerlichem Recht zu beurteilen. Demgegenüber hat sich Lassar 1 u m den Nachweis bemüht, daß die Geltung der §§ 812 ff. BGB auf das bürgerliche Recht beschränkt sei. Hieran sind seitdem kaum noch Bedenken geäußert worden. Ubereinstimmend bemerkt Meier-Branecke 2, es unterliege keinem Zweifel, daß das BGB eben nur bürgerliches Recht, nicht aber auch öffentliches Recht geregelt haben wolle. Dagegen ist nichts zu erinnern. Das Bürgerliche Gesetzbuch befaßt sich generell nur m i t zivilrechtlichen Rechtsbeziehungen, und es wäre systemwidrig, wollte man die §§812 ff. BGB auf eindeutig öffentlichrechtliche Tatbestände wie die Zuvielzahlung von Steuern, Sozial1 2

2

a.a.O., S. 94 ff. AöR N. F., 11. Bd. (1926), S. 256.

Weber

18

2. Teil: Allgemeine Grundlegung

leistungen oder Subventionen anwenden. Überdies gehört eine ansehnliche Reihe öffentlich-rechtlicher Materien i n die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder; für diese Rechtsgebiete könnte das Bürgerliche Gesetzbuch ohnehin nicht maßgeblich sein. Wenn aber damit feststeht, daß das Bürgerliche Gesetzbuch nur ungerechtfertigte Bereicherungen bürgerlichen Rechts normiert, so kann doch i m Einzelfall durchaus zweifelhaft sein, ob eine rechtsgrundlose Vermögensverschiebung nach bürgerlichem oder nach öffentlichem Recht zu beurteilen ist 3 . Die besondere Schwierigkeit der Abgrenzung ist hier i n folgendem begründet. Während die Rechtsnatur rechtmäßiger Vermögensverschiebungen am Rechtscharakter des rechtfertigenden Grundes abgelesen werden kann, entfällt bei den rechtsgrundlosen Vermögensverschiebungen dieser Anhaltspunkt. Da aber nur der Rechtsgrund die Bestimmung der Rechtsnatur ermöglicht, kommt es also bei den ungerechtfertigten Bereicherungen auf ein Merkmal an, dessen Nichtvorhandensein gerade den Tatbestand kennzeichnet. Man sieht sich damit gezwungen zu ermitteln, ob der nicht vorhandene Rechtsgrund zivilrechtlich oder öffentlich-rechtlich ist, obwohl die Vermögensverschiebung weder den einen, noch den anderen Rechtsgrund aufweist. Zur Lösung dieses Problems hat Lassar die Formel vorgeschlagen: „Der Anspruch auf Rückgewähr einer causa-losen Zuwendung ist i m Sinne der §§ 812 ff. BGB nur dann tatbestandsmäßig, wenn die vermeintliche causa ein privates, nicht aber wenn sie ein öffentlich-rechtliches Verhältnis ist 4 ." Indessen stellt sich damit noch die weitere Frage, wie die vermeintliche causa aufzufinden ist. Die Beantwortung dieser Frage erfordert eine Analyse der Tatbestände der ungerechtfertigten Bereicherung. Die zivilistische Rechtswissenschaft teilt die Tatbestände der §§ 812 ff. BGB ein i n Bereicherungen durch rechtsgrundlose Leistungen und in Bereicherungen auf sonstige Weise, insbesondere durch „Eingriff" 5 . a) Bereicherung

durch Leistung

Hierbei w i r d unter Leistung heute allgemein eine bewußte und zweckgerichtete Vermögenszuwendung verstanden®, deren „Zuwendungszweck" sich durch den Bezug auf einen bestimmten Rechtsgrund auszeichnet. Das zeigt sich an den mehreren Arten von Zwecken, die hier 3

Das illustrieren insbesondere die Aufsätze v. Altrocks

und Haueisens in NJW 1955, 212. 4 Lassar, a.a.O., S. 101. 5

6

i n N J W 1954, 1634,

Vgl. dazu u n d zum folgenden v o r allem Esser, Schuldrecht I I , S. 330 ff.

Esser, a.a.O., S. 339.

I. Rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen

19

u n t e r s c h e i d b a r sind. So k a n n die Z u w e n d u n g — w e n n m a n d i e D i s t i n k t i o n Essers 7 z u g r u n d e l e g t — f o l g e n d e n Z w e c k e n d i e n e n : a) der E r f ü l l u n g geschäfts",

einer gesetzlichen Verpflichtung oder eines

„Grund-

b) der unmittelbaren Begründung eines kausalen Schuldrechtsgeschäfts, nämlich eines solchen, zu dessen Zustandekommen es u. a. gerade der Zuwendung bedarf (ζ. B. Handschenkung), c) der Herbeiführung eines i n einem bestimmten Verhalten des Empfängers liegenden Erfolgs (ζ. B. Zahlung der Kaufpreissumme beim f o r m nichtigen Grundstückskaufvertrag, u m den Empfänger zur Auflassung zu veranlassen). B e i e i n e r so d e f i n i e r t e n L e i s t u n g t r i t t d e r „ v e r m e i n t l i c h e " Rechtsg r u n d e r k e n n b a r h e r v o r . V o n h i e r aus e r g i b t sich die R e c h t s n a t u r des R ü c k f o r d e r u n g s a n s p r u c h s v o n selbst i n A b h ä n g i g k e i t v o n d e r Rechtsn a t u r d e r v e r m e i n t l i c h e n causa; er ist, n a c h e i n e m t r e f f e n d e n S p r a c h gebrauch, d i e „ K e h r s e i t e " des A n s p r u c h s a u f d i e L e i s t u n g 8 , der seinerseits nach d e n ü b l i c h e n K r i t e r i e n d e m ö f f e n t l i c h e n oder p r i v a t e n Recht zugeordnet w e r d e n kann9. F ü r die B e s t i m m u n g d e r R e c h t s n a t u r r e c h t s g r u n d l o s e r L e i s t u n g e n ist also entscheidend, als E r f ü l l u n g w e l c h e r V e r b i n d l i c h k e i t d i e L e i s t u n g e r k e n n b a r gedacht w a r 1 0 . H i e r v o n a b w e i c h e n d h a t a l l e r d i n g s v. Altrock 11 speziell f ü r das Sozialversicherungsrecht eine A b g r e n z u n g s f o r m e l g e p r ä g t , d i e später Lehmann-Grube 12 u n t e r B e i b e h a l t u n g i h r e r sachlichen Aussage f ü r das ge7

Esser, a.a.O., S. 340. Statt vieler O.Rupp, D Ö V 1949, 150 (151); Haueisen, N J W 1954, 977 (979); B V e r w G 4 , 215; neuestens — m i t weiterer Rückverweisung auf B V e r w G 2 0 , 295 (297) — B V e r w G , DVB1.1969, 665. I n einer anderen Entscheidung spricht B V e r w G 3 2 , 283, ebenfalls zutreffend v o n der „Konkordanz v o n Leistungsu n d Erstattungsrecht", u m zu begründen, daß das Deutsche Studentenw e r k e. V. nicht zur Rückforderung von Förderungsmitteln nach dem Honnefer Modell befugt sei, w e i l die Leistungsbewilligung bei der jeweiligen Hochschule liege, die dementsprechend — obwohl das Studentenwerk bei der Bew i l l i g u n g vorbereitend m i t w i r k e — aus „Konkordanz"-Gründen zur Rückforderung ungerechtfertigt erbrachter Leistungen allein legitimiert sei. 9 So ist etwa bei einer rechtsgrundlosen Steuerzahlung deutlich, daß der entsprechende Erstattungsanspruch gleichfalls dem Steuerrecht zugeordnet werden muß. I n diesem Sinne w i r d hier auch v o n einem umgekehrten (reziproken) Steueranspruch gesprochen; vgl. v. Canstein, Der Erstattungsanspruch i m Steuerrecht, S. 5, ferner S. 17, 29, 47, 92, 132; ν . Cansteins K r i t i k an diesem Begriff berührt nicht dessen Eignung f ü r die hier i n Rede stehende Abgrenzung zum bürgerlichen Recht. 10 I m zweistufigen Subventionsverhältnis k a n n sich die erbrachte Leistung — die Subvention — als E r f ü l l u n g zugleich eines bewilligenden Verwaltungsakts sowie eines auf seiner Grundlage geschlossenen privatrechtlichen V e r trages darstellen. H i e r ist maßgebend, welcher dieser beiden Rechtsgrundlagen der Boden entzogen worden ist; vgl. dazu unten 3. Teil, I I . 1. 11 N J W 1954, 1634. 12 Der Rückforderungsanspruch i m Sozialrecht, S. 15. 8



2. Teil: Allgemeine Grundlegung

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samte Sozialrecht verallgemeinerte. Danach ist eine Leistung als öffentlich-rechtliche Leistung des Sozialrechts zu charakterisieren, „wenn der Empfänger i n den öffentlich-rechtlichen Kreis des Sozialleistungsträgers eingetreten war, von dem er i m eigenen Namen aus angeblich oder vermeintlich eigenem Recht Sozialleistungen bezogen hatte". Erläuternd fügt Lehmann-Grube sodann hinzu, daß m i t den Worten „wenn der E m p f ä n g e r . . . eingetreten war" das Merkmal umschrieben sei, das üblicherweise ein Rechtsverhältnis als öffentlich-rechtlich kennzeichne: „Das Bestehen eines hoheitlich geordneten Verhältnisses der Überund Unterordnung zwischen den Beteiligten 1 8 ." Dieser Abgrenzungsversuch v. Altrocks und Lehmann-Grubes ist abzulehnen. Sein grundsätzlicher Mangel besteht darin, daß er gleichzeitig zwei verschiedene Probleme lösen w i l l . Denn er verbindet eine Bestimmung der allgemeinen Grenzziehung zwischen öffentlichem und privatem Recht m i t der Lösung des speziell bei der ungerechtfertigten Vermögensverschiebung auftretenden Abgrenzungsproblems. Dabei w i r d der besonderen Schwierigkeit dieses zweiten Problems nicht ausreichend Rechnung getragen. Das führt zu Unstimmigkeiten und Ungereimtheiten. So ist insbesondere mißlich, daß v. Altrock und Lehmann-Grube in keiner Weise auf die privatrechtliche Normierung der ungerechtfertigten Bereicherung Bedacht nehmen. Ihre Theorie hat daher zur Folge, daß verschiedene Bereicherungstatbestände juristisch ins Leere fallen. Werden etwa öffentliche Zuwendungen (ungerechtfertigterweise) einem nicht Gewaltunterworfenen gewährt, erhält also beispielsweise ein Nichtbeamter „Beamtenbezüge", so ist — legt man jene Ansicht zugrunde — kein Rechtsgebiet einschlägig. Das öffentliche Recht wäre unzuständig, weil der Empfänger nicht gewaltunterworfen ist. Aber auch das BGB könnte solche Fälle nicht ergreifen, w e i l der Leistungszweck die Erfüllung einer (vermeintlichen) öffentlich-rechtlichen Verbindlichkeit war; denn schließlich greift die bürgerlich-rechtliche Leistungskondiktion nicht subsidiär überall dort ein, wo die Anwendung öffentlichen Rechts nicht gewünscht wird, sondern nur dann, wenn eine Leistung i m zivilrechtlichen Sinne gegeben ist. Nicht durchschlagend ist ferner der Gedanke Lehmann-Grubes, für eine öffentlich-rechtliche Leistungsbeziehung sei das Bestehen eines hoheitlich geordneten Verhältnisses Voraussetzung. Grundlage dieser Auffassung ist die Vorstellung, daß ein Außenstehender nicht ohne weiteres i n den Kreis der Gewaltunterworfenen einbezogen und m i t einer Öffentlichrechtlichen Forderung „überrascht" 14 werden könne, 13

14

a.a.O., S. 15.

ν . Altrock, a.a.O., S. 1634.

I. Rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen

21

sondern daß ein besonderes Gewaltverhältnis nur durch einen besonderen Begründungsakt entstehen könne. Hierzu setzt sich jedoch Lehmann-Grube 15 selbst schon i n Widerspruch m i t der Bemerkung, daß jedenfalls eine durch Verwaltungsakt gedeckte Leistung nach öffentlichem Recht zu beurteilen sei, sogar wenn erst durch diesen rechtswidrigen Verwaltungsakt Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten hergestellt würden. Aber auch abgesehen davon bedarf es nicht des vorherigen Eintritts des einzelnen i n ein öffentlich-rechtliches Gewaltverhältnis, damit eine rechtsgrundlose Leistung als öffentlich-rechtlich qualifiziert werden kann. Wenn man von einem Gewaltverhältnis und den m i t i h m verbundenen besonderen Befugnissen der öffentlich-rechtlichen Körperschaft, Anstalt oder Stiftung spricht, dann mag man eine vorherige Unterwerfung des einzelnen unter die besondere Gewalt eines solchen Rechtssubjekts voraussetzen. Ob aber ein Empfänger ungerechtfertigter öffentlicher Zuwendungen erst dann m i t einer Erstattungsforderung „überrascht" werden kann, wenn vor der Vermögensverschiebung ein Unterwerfungsakt stattgefunden hat, ist keine Frage des Erstattungstatbestandes, sondern seiner Rechtsfolge. Die möglicherweise zu erwartende Rechtsfolge der Rückforderung kann indessen nicht ausschlaggebend dafür sein, ob ein Tatbestand nach bürgerlichem oder ob er nach öffentlichem Recht zu beurteilen ist. Überdies ist aber auch kein Sinn darin zu erkennen, daß man den nicht gewaltunterworfenen Empfänger öffentlicher Leistungen unbedingt m i t einem Erstattungsanspruch verschonen w i l l , aber keine Bedenken hat, ihn einem Bereicherungsanspruch nach bürgerlichem Recht auszusetzen. I m Falle einer öffentlich-rechtlichen Schuld wäre der Bürger nur dann schlechter gestellt, wenn die Verwaltung einen ihr etwa zustehenden Erstattungsanspruch gegenüber einem nicht gewaltunterworfenen Leistungsempfänger durch Verwaltungsakt geltend zu machen befugt wäre. Das Problem dieser besonderen Befugnis der Verwaltung 1 8 hängt jedoch nicht m i t der Frage zusammen, wann eine rechtsgrundlose Leistung einen Tatbestand des bürgerlichen Rechts und wann sie einen Tatbestand des öffentlichen Rechts verwirklicht. Es spricht daher nichts dagegen, die Rückforderung jeder Leistung, die i n Erfüllung einer vermeintlichen öffentlich-rechtlichen Verbindlichkeit erbracht worden ist, nach öffentlichem Recht zu beurteilen. Nur eine Orientierung an dem Leistungszweck kann zu einer überzeugenden Abgrenzung zwischen rechtsgrundlosen Bereicherungen öffentlichen und privaten Rechts führen. 15 16

a.a.O. S. 14. Vgl. dazu unten 3. Teil, I I .

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2. Teil: Allgemeine Grundlegung b) Bereicherung

auf sonstige Weise

Komplizierter ist die Sachlage bei der ungerechtfertigten Bereicherung auf sonstige Weise. Die m i t dieser Formulierung zusammengefaßten Fälle sind mannigfacher Natur. I n anderer Weise als durch Leistung eines anderen ist eine Bereicherung entweder möglich durch eine Handlung des Bereicherten oder eines anderen, die unmittelbar einen Eingriff i n fremdes Recht darstellt, oder durch eine Vermögensverschiebung auf Grund gesetzlicher Vorschrift, die ihrerseits an eine bestimmte Handlung oder Tatsache anknüpft 1 7 . I m einzelnen handelt es sich — kurz gesagt — u m folgendes: Als Eingriffe, also als bloße Tathandlungen, die eine Bereicherung bewirken, kommen i n Betracht die Besitzentziehung, der Gebrauch oder Verbrauch einer Sache und schließlich die wirksame rechtsgeschäftliche Verfügung eines Nichtberechtigten, wie sie i n § 816 BGB geregelt ist. Vermögensverschiebungen kraft Gesetzes entstehen mittels Verbindung (§§ 946, 947 BGB), Vermischung (§ 948 BGB) und Verarbeitung (§ 950 BGB). Diese Vorschriften bewirken eine Änderung der dinglichen Rechtslage bezüglich der Vermögenswerte, die ein i n diesen Tatbeständen beschriebenes Schicksal erlitten haben. Da das Gesetz m i t diesen Vorschriften lediglich die dingliche Rechtslage regeln, nicht aber Bestimmungen hinsichtlich der endgültigen Vermögenszuordnung treffen w i l l , bleibt diese Aufgabe kraft der positiv-rechtlichen Norm des § 951 BGB dem Bereicherungsrecht vorbehalten. § 951 BGB bildet eine Rechtsgrundverweisung auf das Bereicherungsrecht 18 und bezeichnet somit diese zweite Gruppe der ungerechtfertigten Bereicherung auf sonstige Weise. Ebenso wie bei der Leistungskondiktion w i r d auch bei der „Eingriffskondiktion" 1 9 der Rechtsgrund nur negativ erwähnt; wesentlich ist sein Nichtvorhandensein. Während aber bei der Leistungskondiktion i m Wege der Interpretation des Begriffs „Leistung" der Rechtsgrund, der zur Bestimmung der Rechtsnatur maßgebend ist, herausgehoben werden kann, enthält die Eingriffskondiktion einen derartigen Hinweis auf den fehlenden Rechtsgrund nicht. 17 So Larenz, Schuldrecht I I , S. 368ff.; i n leichter Abweichung hiervon nennt Esser, a.a.O., S. 363, drei Ursachen der Bereicherung auf sonstige Weise: 1. eigenes Verhalten des Bereicherten, 2. Handlungen anderer — auch des Rechtsinhabers —, die sich nicht als Leistung darstellen, 3. ein Naturereignis. Sachlich weicht diese D i s t i n k t i o n v o n der oben angeführten Einteilung nicht ab. 18 Darüber k a n n ein ernsthafter Zweifel nicht obwalten, vgl. Esser, a.a.O., S. 335/336. 19 So w i r d vielfach die ungerechtfertigte Bereicherung auf sonstige Weise nach ihrer wichtigsten Tatbestandgruppe genannt.

I. Rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen

23

Damit w i r d die Annahme nahegelegt, daß die Eingriffskondiktion ein rein privatrechtliches Institut ist, das keine öffentlich-rechtliche Parallele hat. Dem scheint jedoch die Tatsache zu widersprechen, daß es hoheitliche Eingriffe i n das Eigentum des einzelnen gibt. Dabei kommt freilich nicht die gemäß A r t . 14 GG zulässige entschädigungspflichtige Enteignung i n Betracht, obwohl sie gelegentlich m i t der ungerechtfertigten Bereicherung i n Verbindung gebracht wurde 2 0 . Für sie ist typisch, daß sie Bestand hat, während das besondere Kennzeichen der ungerechtfertigten Bereicherung darin zu sehen ist, daß die Bereicherung vom Gesetz mißbilligt w i r d und deswegen rückgängig zu machen ist. Die (rechtmäßige) Enteignung stellt m i t h i n keinen Fall einer rechtsgrundlosen Bereicherung dar. I m hier interessierenden Zusammenhang ist von Bedeutung vielmehr die Entschädigungsregelung für rechtswidrige hoheitliche Eingriffe. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs 21 knüpft sich an den Tatbestand des „enteignungsgleichen Eingriffs" ein Entschädigungsanspruch des durch ihn Geschädigten. Dieser seinem historischen Ursprung nach aus den §§ 74, 75 E i n l A L R fließende, heute aus A r t . 14 GG abgeleitete Anspruch soll demjenigen Genugtuung verschaffen, der nicht gemäß A r t . 14 GG ordnungsgemäß enteignet worden ist, dessen Beeinträchtigung durch unrechtmäßigen Eingriff der Staatsgewalt sich aber als Enteignung darstellen würde, wenn der Eingriff rechtmäßig wäre 2 2 . Geht man von dieser Entschädigungsregel, die freilich auf manche K r i t i k gestoßen ist 2 3 , als einer gegenwärtig jedenfalls praktizierten N o r m aus, dann hat es den Anschein, als könnten solche Eingriffe auch als Tatbestände einer öffentlich-rechtlichen Bereicherung durch Eingriff (i. S. der Eingriffskondiktion) verstanden werden. Dieser Schein, dem offenbar Heidenhain 24 erlegen ist, trügt jedoch. Die meisten Tatbestände des enteignungsgleichen Eingriffs kommen schon deswegen nicht für eine öffentlich-rechtliche Eingriffskondiktion i n Betracht, w e i l sie bereits nach den Darlegungen zur Leistungskondiktion als rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen öffentlichen Rechts definiert werden können. Das liegt daran, daß sich fast alle enteignungsgleichen Eingriffe, sofern sie zu einer Bereicherung des Staates oder eines sonstigen Begünstigten führen, als Vermögensverschiebungen darstellen, die der Erfüllung einer (vermeintlichen) öffentlich-rechtlichen 29 Vgl. die Nachweise bei Heidenhain, Amtshaftung u n d Entschädigung, S. 75—79, und insbesondere Katzenstein, Entschädigungspflicht des Staates bei rechtswidrig-schuldloser Ausübung öffentlicher Gewalt, 1935, S. 89. 21 Seit B G H Z 6 , 270 ff. 22 Vgl. Wolff , Verwaltungsrecht I , § 601 c 2. 23 Siehe insbesondere Heidenhain, a.a.O., S. 65 ff. 24 a.a.O., S. 75 ff.

24

2. Teil: Allgemeine Grundlegung

Verbindlichkeit dienen. Das zeigt sich bei einer näheren Betrachtung der hoheitlichen Eingriffe. Als enteignungsgleiche Eingriffe erscheinen vielfach Vermögensverschiebungen auf Grund eines rechtswidrigen, belastenden Verwaltungsakts. Gerade diese sind aber eindeutige Fälle rechtsgrundloser Leistungen öffentlichen Rechts. Das gilt i n erster Linie für die freiwilligen Vermögenszuwendungen des einzelnen, die die Begleichung der durch Verwaltungsakt ausgesprochenen öffentlich-rechtlichen Schuld bezwecken. Aber auch i m Falle einer zwangsweisen Durchsetzung des Verwaltungsakts erlischt nicht die einmal geknüpfte Leistungsbeziehung. I n beiden Fällen liegt die Annahme einer öffentlich-rechtlichen Eingriffskondiktion nur deswegen nahe, w e i l der Verwaltungsakt die Leistungsbeziehungen zwischen dem Gläubiger „Staat" und dem Schuldner „Bürger" u m Elemente des Forderns und Nehmens ergänzt. Jedoch unterscheiden sich Bereicherungen durch Leistung und „auf sonstige Weise" i m BGB primär danach, ob die Erfüllung einer Verbindlichkeit bezweckt w i r d oder nicht. Daß dabei dem zivilrechtlichen Leistungsbegriff das Moment der Freiwilligkeit eignet, erklärt sich einfach daraus, daß der Gläubiger nicht die Erfüllung einer zivilrechtlichen Schuld durch Eingriff erzwingen darf. Demgegenüber sind i m öffentlichen Recht der Verwaltungsakt und seine zwangsweise Durchsetzung legitime Elemente der Leistungsbeziehungen. A l l e Vermögensverschiebungen auf Grund eines Verwaltungsakts sind daher öffentlich-rechtliche Parallelen zur zivilen Bereicherung durch Leistung. Als Tatbestände einer öffentlich-rechtlichen Eingriffskondiktion kommen deswegen allenfalls i n Frage die tatsächlichen Eingriffe von hoher Hand. Indessen sind hier gerade solche Eingriffe, die diese Bezeichnung am ehesten verdienen, nämlich planmäßige Maßnahmen wie die „unmittelbare Ausführung" i m Polizeirecht 25 , typischerweise auf einen Rechtsgrund bezogen. Ihre Besonderheit gegenüber den bisher betrachteten hoheitlichen Eingriffen besteht nur darin, daß bei ihnen vor Durchführung der Maßnahme kein Verwaltungsakt ergangen ist. Dennoch begründen sie ein öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis, wie wenn ein Verwaltungsakt ergangen wäre. Da also eine solche Vermögensverschiebung die reguläre Erfüllung einer (vermeintlichen) Verpflichtung öffentlichen Rechts darstellt, ist auch sie kein Fall einer Bereicherung „auf sonstige Weise". Ebenso wie die Vermögensverschiebung auf Grund Verwaltungsakts ist sie eine öffentlich-rechtliche Parallele zur Bereicherung durch Leistung. 25

Vgl. dazu Drews-Wacke,

Allgemeines Polizeirecht, S. 299 ff.

I. Rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen

25

Dagegen weisen Handlungen staatlicher Organe, die den Entreicherten nicht als Pflichtigen i n Anspruch nehmen, also etwa versehentliche Wegnahmen bei hoheitlicher Tätigkeit, keinen Bezug auf einen öffentlich-rechtlichen Rechtsgrund auf. Solche rechtsgrundlosen Bereicherungen des Staates unterscheiden sich von dem Normalfall der Eingriffskondiktion des Bürgerlichen Gesetzbuchs nur dadurch, daß sie i m Zusammenhang m i t hoheitlicher Tätigkeit geschehen. A l l e i n kann diese Tatsache nicht dazu führen, daß solche — übrigens seltenen — Fälle normaler zivilrechtlicher Eingriffskondiktion der Normierung des BGB entzogen werden müßten. Der Komponente des hoheitlichen Handelns w i r d durch das Institut des enteignungsgleichen Eingriffs ausreichend Rechnung getragen; i m übrigen ist sie auf den Bereicherungstatbestand ohne Einfluß. Daher können diese Fälle sowohl einen Anspruch aus §812 BGB als auch einen Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff auslösen. Zusammenfassend läßt sich daher festhalten, daß dem enteignungsgleichen Eingriff und der zivilrechtlichen Eingriffskondiktion verschiedene Eingriffs-Begriffe zugrunde liegen. Es gibt zwar rechtswidrige hoheitliche Eingriffe, aber diese ergeben nicht öffentlich-rechtliche Tatbestände der Eingriffskondiktion; vielmehr sind in ihnen — sofern sie zur Bereicherung des Staates oder eines sonstigen Begünstigten führen — öffentlich-rechtliche Parallelen zur bürgerlich-rechtlichen Bereicherung durch Leistung zu erkennen. Einfacher liegen die Dinge bei Eingriffen des einzelnen. Der einzelne kann sich zwar „auf sonstige Weise" an öffentlichem Vermögen bereichern, aber einen besonderen Grund, solche Tatbestände dem öffentlichen Recht zuzuordnen, gibt es nicht. Weder bietet hierfür das BGB einen systematischen Anhaltspunkt, noch deutet das öffentliche Recht darauf hin, daß die Vorschriften des BGB hier keine Anwendung finden könnten. Das Vermögen des Staates oder anderer Institutionen des öffentlichen Rechts steht auch unter der zivilen Eigentums- und Besitzordnung und ist insofern auch durch die bürgerlich-rechtlichen Abwehroder Ersatzansprüche einschließlich der Eingriffskondiktion geschützt. Etwas anderes könnte allenfalls i n Ansehung der öffentlichen Sachen „ i m engeren Sinn" gelten, die „unmittelbar durch ihren Gebrauch dem Gemeinwohl oder den eigenen Bedürfnissen der öffentlichen Verwaltung (dauernd) zu dienen bestimmt sind" 2 8 . Dem ist indessen entgegenzuhalten, daß sich hier das öffentlich-rechtliche Element i n dem direkten Dienst der Sache an der Allgemeinheit ausdrückt; wer aber diesen Dienst i n ungerechtfertigter Weise für sich i n Anspruch nimmt, begeht eine Leistungserschieichung, die dem anderen Komplex der Leistungs26

Wolff , Verwaltungsrecht I, § 55 I I a.

26

2. Teil: Allgemeine Grundlegung

kondiktion zugehört und schon deswegen kein öffentlich-rechtliches Pendant zur Eingriffskondiktion darstellt. Abweichendes kann i n dieser Beziehung für das „öffentliche Eigent u m " gelten 27 . Diesem von Otto Mayer aus dem französischen Recht übernommenen Rechtsinstitut w i r d neuerdings zunehmend Aufmerksamkeit geschenkt; insbesondere hat es i m Hamburgischen Wegegesetz (HWG) vom 4. A p r i l 196128 eine positivrechtliche Normierung gefunden. Das öffentliche Eigentum ist eine Rechtsform ausschließlich hoheitlicher Sachherrschaft. Die dem öffentlichen Eigentum unterliegenden Sachen sind der Herrschaft des bürgerlichen Rechts entzogen, insbesondere finden die zivilrechtlichen Vorschriften über den Besitz und das Eigentum keine Anwendung. I m Hamburgischen Wegegesetz ist ferner die Haftung für Verletzung des öffentlichen Eigentums abweichend vom Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt worden. Da diese Haftung lediglich an den Tatbestand einer nach dem Wegegesetz unzulässigen Handlung anknüpft (§ 55 HWG), dürfte m i t dieser Regelung der Schutz des öffentlichen Eigentums abschließend normiert sein. Dam i t ist hier für eine Eingriffskondiktion kein Raum mehr. Jedoch könnte eine andere Normierung des öffentlichen Eigentums gegebenenfalls auf eine derartige Regelung der Haftung eingreifender Privater verzichten. Dann würde insoweit verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine solche Verdrängung bürgerlichen Rechts durch Landesrecht ausgewichen 29 . I n dem Fall würde für die i m öffentlichen Eigent u m stehenden Sachen bereicherungsrechtlich nichts anderes gelten als für die normalen öffentlichen Sachen i m engeren Sinne. Eine öffentlich-rechtliche Bereicherung durch Eingriff Privater existiert also nicht. Eingriffe des Bürgers i n öffentliche Sachen stellen sich entweder dar als Fälle zivilrechtlicher Eingriffskondiktion oder als öffentlich-rechtliche Bereicherung durch Leistung. Allerdings ist vorstellbar, daß i m Zuge weiterer Normierungen des öffentlichen Eigentums unter Verdrängung des Bürgerlichen Gesetzbuchs auch öffentlichrechtliche Eingriffskondiktionen geschaffen werden. Jedoch müssen solche hypothetischen Regelungen hier natürlich außer Betracht bleiben. Das Ergebnis der Erörterungen zur Eingriffskondiktion läßt sich somit dahin formulieren, daß die rechtsgrundlose Bereicherung „auf sonstige Weise" i m öffentlichen Recht keine Parallele hat. 27 Vgl. dazu Wolff , Verwaltungsrecht I, § 57 I b ; Forsthoff, Verwaltungsrecht, S. 350 ff. 28 Hamb. GVB1. S. 117. 29 Derartige Bedenken hat W. Weber, W D S t R L , Heft 21, S. 145 (160), erhoben. Allerdings sind i h m darin weder das Bundesverwaltungsgericht, DVB1. 1967, 917—919, noch das Bundesverfassungsgericht, BVerfG24, 367 ff., gefolgt.

I. Rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen

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2. öffentlich-rechtliche Tatbestände rechtsgrundloser Vermögensverschiebungen Wenn der Anwendungsbereich der §§812 ff. BGB solchermaßen bestimmt ist, lassen sich die öffentlich-rechtlichen Tatbestände ermitteln, die einen Erstattungsanspruch auslösen könnten. Nicht i n Betracht kommen als rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen bürgerlichen Rechts: alle rechtsgrundlosen Leistungen, die die Erfüllung einer zivilrechtlichen Verbindlichkeit bezwecken; ferner alle ungerechtfertigten Bereicherungen „auf sonstige Weise". Als öffentlich-rechtliche Tatbestände sind daher zu betrachten alle rechtsgrundlosen Vermögensverschiebungen, die der Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Verbindlichkeit dienen; und zwar sowohl freiwillige Vermögenszuwendungen des Staates oder des einzelnen als auch zwangsweise Inpflichtnahmen Privater durch hoheitliche Gewalt. Dabei ist die „Rechtsgrundlosigkeit" hier gleichzusetzen m i t dem Begriff der Rechtswidrigkeit. Alle Vermögensverschiebungen öffentlichen Rechts sind entweder rechtmäßig oder rechtswidrig. Rechtmäßige Vermögensverschiebungen aber können nie Tatbestand eines Erstattungsanspruchs sein. Dagegen kommen die rechtswidrigen Vermögensverschiebungen ausnahmslos als Erstattungstatbestände i n Betracht. Dies ausdrücklich hervorzuheben ist deswegen geboten, weil die Situation i m bürgerlichen Recht eine etwas andere ist. Hier ist insbesondere die Leistungskondiktion nicht durch das Merkmal der Rechtswidrigkeit gekennzeichnet. Ungerechtfertigte Leistungen des Zivilrechts können nicht rechtswidrig, d. h. verboten sein, weil es dem einzelnen freisteht, auch nicht geschuldete Leistungen zu erbringen. Das zeigt sich deutlich an der Vorschrift des § 814 BGB; danach ist eine Rückforderung unzulässig, wenn der Leistende gewußt hat, daß er zur Leistung nicht verpflichtet war. Hier w i r d also einem Zustand, der durch freiwillige Selbstschädigung geschaffen wurde, sogar ausdrücklich der Bestand garantiert. Die Abweichung ergibt sich daraus, daß i m öffentlichen Recht die Rechtsverhältnisse grundsätzlich durch Gesetz gestaltet werden und dam i t der Disposition der Beteiligten — der Verwaltung und des einzelnen — weithin entzogen sind. Die Verwaltung ist nicht befugt, rechtsw i d r i g Leistungen zu erbringen. Ebenso ist es dem einzelnen verwehrt, etwa mehr Steuern zu entrichten, als das Gesetz verlangt; die Verwaltung dürfte solche Beträge nicht entgegennehmen. Das gebietet der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG). Wenn somit i m Hinblick auf den Erstattungsanspruch die Rechtswidrigkeit der Vermögensverschiebung für maßgeblich erachtet wird,

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2. Teil: Allgemeine Grundlegung

so bedeutet dies doch keine unzulässige Entfernung von dem zivilrechtlichen Parallelinstitut; vielmehr w i r d nur der Besonderheit des öffentlichen Rechts Rechnung getragen. Normalerweise ist auch i m bürgerlichen Recht eine Leistung, die i n Erfüllung einer gültigen Verbindlichkeit erbracht wurde, nicht als ungerechtfertigte Bereicherung zurückzugewähren, während bei Nichtbestehen einer solchen Verbindlichkeit grundsätzlich ein Bereicherungsanspruch besteht. Das zeigt sich an den verschiedenen Tatbeständen der Leistungskondiktion. § 812 Abs. 1 S. 1 BGB formuliert i n diesem Sinne den Grundtatbestand. Nichts anderes gilt für dessen leichte Variationen. Der spätere Wegfall des rechtlichen Grundes (§ 812 Abs. 1 S. 2 BGB) ist der später eintretenden Rechtswidrigkeit i m öffentlichen Recht vergleichbar. Der Nichteintritt des bezweckten Erfolges (§ 812 Abs. 1 S. 2 BGB) ist als besonderes Tatbestandsmerkmal des bürgerlichen Rechts nur wegen der schon erwähnten Vorschrift des § 814 BGB erforderlich. Während gemäß §814 BGB Leistungen nicht rückforderbar sind, die i n Kenntnis der Nichtverpfiichtung erbracht wurden, nimmt § 812 Abs. 1 S. 2 BGB hiervon gewisse Fälle aus. Wenn geleistet w i r d i n der festen Annahme, der bezweckte Erfolg werde eintreten, ist ein Ausschluß der Rückforderbarkeit eben nicht gerechtfertigt; denn die Rückforderung steht hier — anders als i n den Fällen des § 814 BGB — nicht i m Widerspruch zur vorherigen Leistungsbereitschaft 30 . Alle diese Tatbestände knüpfen also an das Nichtbestehen einer Verbindlichkeit an. Eine Ausnahme bildet demgegenüber nur § 817 BGB. Nach dieser Bestimmung ist ein Herausgabeanspruch gegeben, wenn der Zweck i n der Weise bestimmt war, daß der Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstieß. Demnach sind gegebenenfalls auch Leistungen zurückzugewähren, die i n Erfüllung einer bestehenden Verbindlichkeit erbracht wurden. Diese Vorschrift ist indessen für das öffentliche Recht ohne Bedeutung. Wenn eine Leistung auf Grund öffentlich-rechtlicher Gesetze „unsittlich" oder sonst zu mißbilligen ist, dann muß ein solcher Makel der Vermögensverschiebung zu Lasten der Rechtsnorm gehen, die sie sanktioniert; kann dieser Makel zur Nichtigkeit der Norm führen, so ist die Vermögensverschiebung eben auch nicht rechtmäßig. Ermöglicht jedoch eine gesetzliche Vorschrift wegen ihrer weiten Fassung eine derartige Leistung, so ist doch immer für jeden Einzelfall nachprüfbar, ob etwa 30 Die Rückforderung hätte i n den Fällen des §814 B G B gleichsam den Charakter eines „venire contra factum proprium", Larenz, Schuldrecht I I , S. 384.

II. Die Grundlagen des Erstattungsanspruchs

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ein unbestimmter Rechtsbegriff richtig ausgelegt oder von einem vielleicht eingeräumten Ermessen i n der richtigen A r t und Weise Gebrauch gemacht worden ist. A u f diesem Wege w i r d aber auch wieder die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der Leistung festgestellt. Insgesamt ist erkennbar: Die ungerechtfertigte Bereicherung des BGB besteht zwar aus verwickelten Einzelregelungen; diese zielen aber i m wesentlichen auf die Rückgängigmachung solcher Vermögensbewegungen ab, die i m Widerspruch zu Vertrags- oder Gesetzesrecht stehen. Die Komplikationen haben ihren Ursprung i n spezifisch bürgerlichrechtlichen Eigenheiten, die für das öffentliche Recht unbeachtlich sind. Demnach stellt sich i m öffentlichen Recht der einfache Tatbestand der rechtswidrigen Vermögensverschiebung als wirkliche Parallele zur ungerechtfertigten Bereicherung bürgerlichen Rechts dar. Nur rechtswidrigen Vermögensverschiebungen hat sich also die weitere Untersuchung zuzuwenden.

II. Die Grundlagen des Erstattungsanspruchs 1. Vorbemerkung Daß die Rückgängigmachung rechtswidriger Vermögensverschiebungen i m öffentlichen Recht geboten ist, w i r d weithin als selbstverständlich angesehen, obwohl über die Begründung des Erstattungsprinzips i n keiner Weise Klarheit herrscht. Nun mag zwar von größerer Bedeutung sein, daß der Erstattungsanspruch allgemein anerkannt wird, als warum er anzuerkennen ist; aber daß man der Notwendigkeit der Begründung für das offenbar Selbstverständliche gemeinhin aus dem Wege geht und sich m i t der Feststellung begnügt, der Erstattungsanspruch sei jedenfalls allgemein anerkannt, ist dennoch mißlich. Insbesondere muß jede Unklarheit über die Grundlage des Erstattungsanspruchs die Lösung der verschiedenen Einzelprobleme erschweren, die sich i m Zusammenhang m i t dem Erstattungsanspruch stellen. Sucht man also dem Erstattungsprinzip auf die Spur zu kommen, so findet man i m Schrifttum kaum hilfreiche Hinweise. Vage Andeutungen zur Analogie, kommentarlose Verweisungen auf einen allgemeinen Rechtsgedanken oder gar Rückgriffe auf das Naturrecht können nicht befriedigen. Sie verschleiern m i t Schlagworten das eigentliche Problem der Begründung einer Rechtsfolge für die Tatbestände rechtswidriger Vermögensverschiebungen. Eher fundiert erscheint allerdings die Bezugnahme auf den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die besonders m i t den Namen

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2. Teil: Allgemeine Grundlegung

W. Jellinek 91 und Ernst Lange32 verbunden ist. Aus diesem Grundsatz soll zu folgern sein, daß eine gesetzwidrige Vermögensverschiebung zu erstatten und auf diese Weise der gesetzmäßige Zustand wiederherzustellen ist. Ob solche Schlußfolgerungen dem A r t . 20 Abs. 3 GG entnommen werben können, w i r d jedoch i m wesentlichen nicht i n dem Schrifttum zum Erstattungsanspruch erörtert. Die Diskussion ist lebendig u m die allgemeinere Frage nach den Rechtsfolgen einer Verletzung des A r t . 20 Abs. 3 GG überhaupt; ihr Gegenstand ist die Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte. Dieser Diskussion ist unter besonderer Berücksichtigung der rechtswidrigen Vermögensverschiebung i m folgenden A u f merksamkeit zu schenken. 2. Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und Erstattung a) Belastende Verwaltungsakte Wenn dem einzelnen durch Verwaltungsakt Belastungen auferlegt werden und sich dieser Verwaltungsakt als rechtswidrig erweist, dann stellt sich die Frage, ob und gegebenenfalls i n welcher A r t und Weise der durch den Vollzug des widerrechtlichen Verwaltungsakts geschaffene Unrechtszustand zu beseitigen ist. Die i n Rechtsprechung und Schriftt u m auffindbaren Versuche zur Beantwortung dieser Frage bieten insgesamt ein verwirrendes Bild. Zwar ist allgemein anerkannt, daß rechtswidrige Verwaltungsakte — jedenfalls solange sie noch nicht unanfechtbar sind — zurückgenommen werden müssen und daß sie, falls dies nicht geschieht, vom Verwaltungsgericht aufzuheben sind; die gerichtliche Aufhebung schreibt die Verwaltungsgerichtsordnung i n ihrem § 113 Abs. 1 S. 1 selbst vor. Völlig ungeklärt ist jedoch, was nach erfolgter Aufhebung oder Rücknahme weiter zu geschehen hat. Für den Fall gerichtlicher Aufhebung des Verwaltungsakts spricht die Verwaltungsgerichtsordnung dem Gericht die Befugnis zu, auf Antrag des Klägers „auszusprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat" (§113 Abs. 1 S. 2 VwGO). M i t dieser prozessualen Vorschrift ist aber noch keine materiell-rechtliche Regelung dahin getroffen, wie die Vollziehung rückgängig zu machen ist. Über einen jener Vorschrift zugrunde liegenden materiellen Anspruch auf Rückgängigmachung, den sogenannten Folgenbeseitigungsanspruch, besteht daher auch ein bis heute ungelöster Streit 3 3 . 31 32 83

W. Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 239. Ernst Lange, Verwaltungsakt u n d ungerechtfertigte Bereicherung, 1964. Vgl. aus neuester Zeit Schleeh, Z u r Dogmatik der öffentlich-rechtlichen

II. Die Grundlagen des Erstattungsanspruchs

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Die Notwendigkeit einer tatsächlichen Rückgängigmachung hat man früher aus dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zu begründen versucht. So leitet insbesondere Bachof, der Klassiker des Folgenbeseitigungsanspruch, seine Begründung für diesen Anspruch m i t dem Satz ein: „Es würde rechtsstaatlichem Denken wenig entsprechen, dürfte die Behörde sich dabei beruhigen, daß die Vollziehung des rechtswidrigen V A nun einmal geschehen und der Fall für sie m i t der förmlichen Aufhebung erledigt sei 34 ." Nun ist nicht zu bestreiten, daß sich der Folgenbeseitigungsanspruch Bachofs auf das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung trotz jener Äußerung nicht unmittelbar oder jedenfalls nicht allein gründet 35 . Mitentscheidend ist für Bachof die Erwägung, daß dem Recht des Staates zur vorläufigen Vollstreckbarkeit eines Verwaltungsakts eine Verpflichtung zur Rückgängigmachung des geschehenen Unrechts korrespondieren müsse. Indessen bleibt doch das wesentliche Fundament des Folgenbeseitigungsanspruchs — i n der Ausprägung, die er durch Bachof erfahren hat — der Gesetzmäßigkeitsgrundsatz; dieser verlange, daß außer der Rücknahme oder gerichtlichen Aufhebung des Verwaltungsakts „ein weiteres zu geschehen habe" 36 , u m den früheren Zustand wiederherzustellen. Freilich, so sehr rechtsstaatliches Empfinden eine Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes verlangt, ist doch die Schwierigkeit einer echten Wiederherstellung zu sehen: Der Vollzug der Maßnahme kann Tatsachen gesetzt haben, deren nachträgliche Beseitigung unmöglich ist. Diese Überlegung hat schon Bachof veranlaßt, den Anspruch auf Folgenbeseitigung nicht als Anspruch auf Rückgängigmachung, sondern weitergehend als Entschädigungsanspruch zu begreifen. Aus dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung als solchem dürfte jedoch auch ein derartiger Entschädigungsanspruch kaum deFolgenbeseitigung, AÖR92 (1967), S. 58 ff.; Rüfner, Der Folgenbeseitigungsanspruch — ein materiellrechtlicher oder ein prozessualer Anspruch? DVB1.

1967, 186ff.; Rösslein, Der Folgenbeseitigungsanspruch, 1967; Spanner, Ge-

setzliche Regelung des Folgenbeseitigungsanspruchs? DVB1. 1968, 618 ff.; Weyreuther, Empfiehlt es sich, die Folgen rechtswidrigen hoheitlichen V e r w a l tungshandelns gesetzlich zu regeln? Gutachten zum 47. Dt. Juristentag, 1968; Heidenhain, Folgen rechtswidrigen hoheitlichen Verwaltungshandelns, J Z 1968, 487 ff. u n d Bericht über den 47. Deutschen Juristentag, J Z 1968, 755 (756); Bender, Z u r Problematik der durch Staatsunrecht begründeten öffentlich-rechtlichen Kompensations- u n d Restitutionspflichten, D Ö V 1968, 156ff.; Maetzel, Rechtswegfragen zur Folgenbeseitigung, D Ö V 1968, 515 ff. 34 Bachof, Die verw^ltungsgerichtliche Klage auf Vornahme einer A m t s handlung, S. 98. 35 Das gesteht auch Heidenhain, Amtshaftung u n d Entschädigung, S. 130/ 131, zu, der insbesondere Bachofs Argumentation m i t dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der V e r w a l t u n g kritisiert. 36

Bachof, a.a.O., S. 98.

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2. Teil: Allgemeine Grundlegung

duzierbar sein. Denn dieses Prinzip mag zwar die Forderung umschließen, daß fortdauernde rechtswidrige Beeinträchtigungen abzustellen seien; i h m allein kann aber nicht allgemein die Verpflichtung zu allen weiteren Handlungen entnommen werden, m i t denen ein einmaliger Verstoß gegen die Rechtsordnung wieder derart ins Lot gebracht wird, daß der einzelne vollkommene Genugtuung erhält. Das ergibt sich vor allem, wie Heidenhain 37 ausführlich dargelegt hat, aus der Vielfalt der Rechtsfolgen rechtswidrigen hoheitlichen Handelns, die man aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung herleiten könnte, denn die Rechtsordnung kennt die verschiedenartigsten Reaktionen auf geschehenes Unrecht 38 . Indessen ist damit noch nicht gesagt, daß die Unmöglichkeit, aus einem Verstoß gegen das Prinzip der Gesetzmäßigkeit konkrete Rechtsfolgen abzuleiten, auch für den Spezialfall der rechtswidrig angeordneten und vollzogenen Vermögensverschiebung zu gelten hat. Von den sonstigen Fällen des Folgenbeseitigungsanspruchs hebt sich diese Fallgruppe dadurch ab, daß hier dem jeweiligen Vermögensverlust des Bürgers ein entsprechender Gewinn des Staates gegenübersteht, während sonst dem Bürger ein Schaden zugefügt wurde, ohne daß dem Staat gleichzeitig ein entsprechender Gewinn zugewachsen ist. I m Falle der ungerechtfertigten Vermögensverschiebung kommt daher als Beseitigung der Folgen des rechtswidrigen Verwaltungsakts offenbar nur eins i n Frage: die Rückgängigmachung der zu Unrecht erfolgten Vermögensverschiebung. b) Begünstigende

Verwaltungsakte

Ganz ähnliche Konturen weist die entsprechende Problematik bei den begünstigenden Verwaltungsakten auf. Sind auf Grund eines Verwaltungsakts dem einzelnen Vergünstigungen gewährt worden und erweist sich dieser Verwaltungsakt später als rechtswidrig, dann stellt sich hier gleichfalls die Frage der Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes. Diese Frage beantwortete man noch zu Beginn der fünfziger Jahre allgemein dahin, der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gebiete die Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsakts, wobei man hiermit ohne weiteres auch die Verpflich37

a.a.O., S. 130; i n diesem Sinne auch Rupp, DVB1.1969, 221. Überdies w ü r d e eine solche Deduktion, was schon Bettermann hervorgehoben hat (DÖV 1955, 532; vgl. auch Heidenhain, a.a.O., S. 130 A n m . 31), zu einer „allgemeinen Erfolgshaftung der Subjekte des öffentlichen Rechts auf dem U m w e g über Folgenbeseitigungsansprüche führen" (BVerwG, BayVBl. 1960, 88; 1962, 183), w o f ü r das geltende Recht keinen Anhaltspunkt liefert. 38

II. Die Grundlagen des Erstattungsanspruchs

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tung des Bürgers zur Rückgabe einer etwa erhaltenen Leistung verband 39 . Indessen wurden schon seit langem Ausnahmen von diesem Grundsatz zugelassen, wenn es unbillig erschien, von einem gutgläubigen Empfänger Leistungen zurückzufordern, die möglicherweise schon lange Zeit vorher erbracht worden waren. I n den letzten zehn Jahren aber wurde dem Vertrauensschutz zunehmend Raum gegeben; heute kann nicht einmal mehr — zumindest quantitativ — von einem Grundsatz der Rücknehmbarkeit gesprochen werden. Während dieser Entwicklung entspann sich eine noch nicht endgültig abgeklungene Kontroverse über die Zulässigkeit einer so weitgehenden Verwirklichung des Vertrauensschutzes gegenüber dem rechtsstaatlichen Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Zwar dreht sich dieser Streit i m wesentlichen nur noch u m das den Erstattungsanspruch nicht unmittelbar berührende Problem der Rücknahme „ex-nunc"; aber die Diskussion enthält — wie sogleich zu zeigen ist — einen wesentlichen Beitrag zu dem hier i n Rede stehenden Problem. Gegen die i n der Rechtsprechung feststellbare Tendenz, unter Umständen eine Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte nicht einmal für die Zukunft (also ex nunc) zuzulassen, hat vor allem Forsthoff Einwände erhoben; der Rechtsstaat gebe sich selbst auf, wenn er nicht daran festhielte, daß die Gesetzmäßigkeit seines Handelns den Vorrang vor allen sonstigen denkbaren rechtlichen Erwägungen haben müsse, wenn er insbesondere zugebe, daß es einen Vertrauensschutz contra legem geben könnte 40 . Dieser Ansicht ist Bachof entgegengetreten. I n seinem Bericht über die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts 41 macht er gegen Forsthoff geltend, das Gesetzmäßigkeitsprinzip verwehre zwar der Verwaltung ein gesetzwidriges Handeln; es besage aber, mindestens unmittelbar, nichts darüber, was i m Falle einer dennoch erfolgten Rechtswidrigkeit zu geschehen habe. Die Reaktionen der Rechtsordnung auf geschehenes Unrecht — so sagt Bachof weiter — seien viel subtiler und differenzierter, als daß sie stets i n der einfachen Umkehrung des Unrechtsaktes bestünden. Vielmehr sei m i t einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts 42 davon auszugehen, daß die vom Grundgesetz normierte Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht nicht eine 39 Die frühere Rechtslage findet sich dargestellt bei Jesch, Gesetz u n d V e r waltung, S. 191, u n d Vogel, Gutachten f ü r den 46. Deutschen Juristentag, 1966, S. 74. 40 Forsthoff, Verwaltungsrecht, 8. Aufl., 1961, S. 239 ff., 9. Aufl., 1966, S. 254. 41 Bachof, Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht, Verfahrensrecht i n der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, Bd. I , S. 261 ff. 42 N J W 1961, 1130.

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Weber

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2. Teil: Allgemeine Grundlegung

Aussage darüber enthielte, was zu geschehen habe, wenn diese Bindung einmal außer acht gelassen worden sei 43 . Diese Ausführungen Bachofs betreffen i n erster Linie den Fall der Rücknahme ex nunc. Aber nach ihnen müßte konsequenterweise auch zu bezweifeln sein, daß sich die Rücknahme ex tunc aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung m i t Notwendigkeit ergibt 4 4 . I m Hinblick auf den Erstattungsanspruch ist diesem Einwand der Vielfalt denkbarer Rechtsfolgen — der schon bei der Erörterung der belastenden Verwaltungsakte aufgetaucht war — hier gleichfalls entgegenzuhalten, daß sich i m Falle einer ungerechtfertigten Vermögensverschiebung als Rückgängigmachung des geschehenen Unrechts nur die einfache Umkehrung des Unrechtsaktes anbietet. c) Ergebnis Die rechtswidrigen Vermögensverschiebungen nehmen also unter allen Verletzungen des Gesetzmäßigkeitsgrundsatzes eine Sonderstellung ein. Sie zeichnen sich vor den anderen Verletzungen dadurch aus, daß sie prinzipiell umkehrbar sind. Bei den anderen, nicht umkehrbaren Verletzungsakten bietet sich tatsächlich eine Vielzahl denkbarer Rechtsfolgen des Gesetzesverstoßes an. W i r d etwa rechtswidrig der Abbruch eines Gebäudes verfügt und vollzogen, so ist eine Wiederherstellung des früheren Zustandes ausgeschlossen: Selbst i m Falle einer Wiedererrichtung würde sich mindestens hinsichtlich der entstandenen Kosten die neue Gesamtanlage von der ursprünglichen unterscheiden. Als Rechtsfolge einer solchen, nicht umkehrbaren Gesetzesverletzung mag i n der Tat vielerlei i n Betracht kommen; jedenfalls steht nicht nur eine einzige Rechtsfolge zur Wahl. Bei der Vermögensverschiebung hingegen werden Vermögenswerte i n ihrem Bestand nicht angetastet, sodern nur „verschoben", indem sie den Rechtsträger wechseln. Hier steht einem „Rückschub" des Vermögenswertes und der Wiedereinsetzung des ursprünglichen Rechtsträgers nichts i m Wege. Dagegen läßt sich nicht einwenden, auch eine Vermögensverschiebung könne Tatsachen setzen, die die Möglichkeit einer echten Wiederherstel43 Bachof wendet sich h i e r m i t ausdrücklich gegen andere Urteile des B u n desverwaltungsgerichts (zitiert w i r d auf S.261: B V e r w G 11, 136 [137]), die einräumen, daß das Prinzip der Gesetzmäßigkeit eine Rücknahme des V e r waltungsakts gebiete, die aber w e i t e r h i n darauf aufmerksam machen, daß dieses Prinzip durch den ebenfalls rechtsstaatlidi begründeten Gedanken der Rechtssicherheit einzuschränken sei. 44 I n dieselbe Richtung stößt a u d i die von Jesch, Gesetz u n d Verwaltung, S. 195, vorgetragene K r i t i k an Forsthoff.

II. Die Grundlagen des Erstattungsanspruchs

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lung des früheren Zustandes ausschlössen. Zwar ist richtig, daß der Bereicherte über den i h m zugewendeten Gegenstand oder Geldbetrag verfügen und damit der Möglichkeit einer Rückgängigmachung der Vermögensverschiebung entgegenwirken kann. Aber dann liegt die Unmöglichkeit der Rückgängigmachung nicht i n dem rechtswidrigen A k t der Vermögensverschiebung als solchem begründet, sondern i n darauf folgenden Ereignissen. Wenn jedoch feststeht, daß die rechtswidrige Vermögensverschiebung grundsätzlich rückgängig gemacht werden kann, so stellt sich gleichwohl noch die weitere Frage, ob diese Rückgängigmachung als Rechtsfolge aus der Verletzung des A r t . 20 Abs. 3 GG deduziert werden kann. Zwar greift der Einwand der Vielfalt denkbarer Rechtsfolgen i n diesem Fall nicht durch; aber Tatsache bleibt immerhin, daß das Grundgesetz i n seinem A r t . 20 Abs. 3 selbst keine ausdrückliche Aussage über die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung enthält. Denn das insofern maßgebliche Prinzip des Vorrangs des Gesetzes, das sich i n dieser Verfassungsvorschrift ausgedrückt findet, „besagt nur, daß gesetzwidrige A k t e nicht ergehen dürfen" 4 5 . Hieran müssen alle Bemühungen scheitern, die allein aus der Verletzung dieser Verfassungsnorm konkrete Rechtsfolgen abzuleiten suchen. Solchen Bemühungen ist allerdings einzuräumen: Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit steht i m Grundgesetz an zentraler Stelle; er findet sich i n A r t . 20 GG vereint m i t fundamentalen Aussagen über die Staatsform der Bundesrepublik Deutschland (Abs. 1) und über den Träger der Staatsgewalt (Abs. 2). Sieht man diesen Zusammenhang, so mag es ungereimt erscheinen, daß sich A r t . 20 Abs. 3 GG i n einer bloßen Mahnung an die Verwaltung zu gesetzmäßigem Handeln erschöpfen soll. Die Verletzung des Gesetzmäßigkeitsprinzips scheint nach „Sanktionen" zu verlangen, und zwar bei rechtswidrigen Vermögensverschiebungen u m so mehr deswegen, w e i l sich hier nur die eine Rechtsfolge der Erstattung anbietet. Dagegen steht freilich der Wortlaut des A r t . 20 Abs. 3 GG, der über Rechtsfolgen seiner Verletzung nichts aussagt. Dennoch könnte man sich solchen Erwägungen kaum verschließen, wenn sich der Erstattungsanspruch nicht schon aus anderen Überlegungen ergäbe. Der Erstattungsanspruch folgt nicht aus der Verletzung des A r t . 20 Abs. 3 GG, sondern aus der gemäß dieser Verfassungsvorschrift streng zu beachtenden Rechtsordnung selbst. Das ist i m folgenden nachzuweisen. 45 Jesch, Gesetz u n d Verwaltung, S. 195. — Die umfangreiche Problematik des A r t . 20 Abs. 3 GG i m übrigen u n d insbesondere der umstrittene V o r behalt des Gesetzes spielen hier keine Rolle. Z u r klaren Trennung von V o r rang und Vorbehalt des Gesetzes vgl. Jesch, a.a.O., S. 190 ff.

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2. Teil: Allgemeine Grundlegung 3. Das Erstattungsprinzip a) Grundsatz

Da rechtswidrige Vermögensverschiebungen grundsätzlich umkehrbar sind, w i r d die tatsächliche Umkehrung (Erstattung) auch von der Rechtsordnung selbst gefordert. Alle Rechtsnormen, die Vermögensverschiebungen für zulässig erklären, zielen auf eine Änderung des bisherigen Besitzstandes der Beteiligten ab. Wenn ein Gesetz eine bestimmte Vermögensverschiebung anordnet, dann liegt darin zwar zunächst nur der Befehl oder die Ermächtigung, einen bestimmten A k t vorzunehmen: Eine Leistung soll erbracht oder verlangt und entgegengenommen werden. Aber der Sinn der Rechtsnorm erschöpft sich natürlich nicht i n dem A k t dieser Vermögensverschiebung als solchem. Denn die Vermögensbewegung wäre als Bewegung sinnlos, wenn sie nicht ein Ergebnis bewirkte: den veränderten Besitzstand der Beteiligten. Die Rechtsnormen ermächtigen oder verpflichten also zwar zur Vornahme einzelner Vermögensverschiebungen; diese dienen aber nur der Herstellung einer neuen Verteilung des Besitzstandes. Die Herbeiführung dieses Zustandes ist der eigentliche Sinn jener Rechtsvorschriften. Entsprechend bezwecken diejenigen Gesetze oder Rechtsgrundsätze, die Vermögensverschiebungen untersagen, insoweit die Bewahrung des bisherigen Zustandes der Vermögenszuordnung. Insgesamt zielen daher alle Rechtsnormen, die Vermögensverschiebungen für zulässig erklären oder untersagen, auf eine Änderung oder Bewahrung des Besitzstandes der Beteiligten ab. A u f die Erreichung dieses Ziels ist folglich jeder Gesetzesvollzug verpflichtet, wenn er den erkennbaren Sinn der Gesetze nicht verfehlen soll. Das gilt nun aber insbesondere dann, wenn der Gesetzesvollzug fehlgelaufen ist und eine rechtswidrige Vermögensverschiebung stattgefunden hat. I n einem solchen Fall ist der gesetzliche Auftrag zur Herstellung eines der Rechtsordnung entsprechenden Besitzstandes nicht erfüllt. Er besteht jedoch fort und ist nicht erloschen. Denn da Vermögensverschiebungen i m Wege der Rückgängigmachung umkehrbar sind, ist der gesetzliche Auftrag durchaus noch erfüllbar. So ist von Gesetzes wegen die Rückgängigmachung der rechtswidrigen Vermögensverschiebung geboten. Der Erstattungsanspruch folgt daher aus den Rechtsnormen, die Vermögensverschiebungen anordnen oder untersagen. Da die Rechtsordnung nicht nur rechtswidrige Leistungen als solche mißbilligt, sondern vor allem den dadurch bewirkten Zustand verurteilt, gebietet sie — auch

II. Die Grundlagen des Erstattungsanspruchs

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ohne dies ausdrücklich aussprechen zu müssen — die Erstattung rechtswidriger Leistungen 48 . I m Widerspruch dazu steht allerdings die gelegentlich geäußerte These, ein Gesetzesverstoß — also auch die ungerechtfertigte Vermögensverschiebung — schaffe „eine neue Rechtslage" 47 , für die das Gesetz keine Rechtsfolge bereit halte. Diese Behauptung gründet sich auf die Annahme, daß eine wirkliche Rückgängigmachung i m logischen Sinn nicht möglich 48 und damit die Gesetzesverletzung selbst irreparabel sei 49 . Dieser Ansicht mag zuzugeben sein, daß eine Wiederherstellung i m streng logischen Sinne schwer erreichbar ist. Aber die Unmöglichkeit, einer gesetzlichen Verpflichtung i m logischen Sinne gerecht zu werden, führt keineswegs notwendig zum Wegfall dieser Verpflichtung. Das w i r d am Beispiel des Verzugs deutlich. Ist einmal der Verzug eingetreten, so kann der gesetzmäßige Zustand i m logischen Sinne nicht mehr erreicht werden, weil das Gesetz (oder der Vertrag) zur rechtzeitigen Leistung verpflichtet. Zu Recht läßt das Bürgerliche Gesetzbuch i m Falle des Verzugs die Leistungsverpflichtung nicht erlöschen. Richtigerweise ist auch für das öffentliche Recht noch nicht die Auffassung geäußert worden, daß die Leistungsverpflichtung nach dem Eintritt des Verzugs entfiele, weil dem Gesetz i m logischen Sinne ohneh i n nicht mehr Genüge getan werden könne. Denn der Erfüllung des Gesetzes kann nicht schon einfach dadurch ausgewichen werden, daß der zur Erfüllung Verpflichtete dieser Erfüllung entgegenwirkt und sie damit i m logischen Sinne unmöglich macht. Ebensowenig entfällt bei einer rechtswidrigen Vermögensverschiebung die gesetzliche Verpflichtung zur Herbeiführung der gesetzmäßigen Vermögensverteilung schon dadurch, daß diese nicht auf Anhieb verwirklicht wird. Das Argument der logischen Unmöglichkeit der Wiederherstellung bezieht seine gewisse Überzeugungskraft nur daraus, daß nach einer rechtswidrigen Vermögensverschiebung durchaus Tatsachen eintreten können, die einer Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht nur logisch, sondern auch höchst real entgegenstehen. 4G Daß hier ein Anspruch auf Erstattung besteht, k a n n — soweit dieser Anspruch dem einzelnen zusteht — nicht m i t dem Hinweis auf das ungeklärte Problem des subjektiven öffentlichen Rechts i n Frage gestellt werden. Denn die für dieses kennzeichnenden Schwierigkeiten der Konkretisierung des Anspruchinhalts u n d der Individualisierung des Anspruchsberechtigten, die Rupp, DVB1. 1969, 221, akzentuiert u n d i n dem Begründungsversuch Henkes, Das subjektive öffentliche Recht, S. 40 ff., 94 ff., nicht gemeistert sieht, entstehen gerade beim Erstattungsanspruch nicht.

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Jesch, a.a.O., S. 195.

Bachof, Verwaltungsgerichtliche Klage, S. 99.

Jesch, a.a.O., S. 195.

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2. Teil: Allgemeine Grundlegung

Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Erstattung der erbrachten Leistung schlechthin unmöglich geworden ist, etwa w e i l die geleistete Sache inzwischen untergegangen ist. Die gesetzliche Vermögensverteilung ist ferner auch dann schwerlich zu verwirklichen, wenn ζ. B. der Empfänger staatlicher Leistungen sich i n dem guten Glauben, die empfangenen Leistungen stünden i h m tatsächlich zu, hierauf eingerichtet und etwa über die empfangene Leistung weiterverfügt hat. Indessen handelt es sich hierbei u m spätere Ereignisse, die den schon vorher entstandenen Erstattungsanspruch i m Grundsatz nicht berühren. Solche späteren Störungen sind deswegen freilich nicht unbeachtlich. Sie können ihrerseits rechtliche Folgen haben und die Ausgestaltung des Erstattungsanspruchs beeinflussen 50 . Aber sie bieten keinen Anlaß, den Erstattungsgrundsatz selbst in Zweifel zu rücken. Der Erstattungsanspruch ergibt sich also daraus, daß die Rechtsordnung die Herstellung eines gesetzmäßigen Zustandes der Vermögensverteilung gebietet und damit zugleich die Rückgängigmachung der — prinzipiell umkehrbaren — rechtswidrigen Vermögensverschiebungen verlangt. b) Gesetzesvorbehalt Wenn der Erstattungsgrundsatz unabhängig von einer ausdrücklichen gesetzlichen Fixierung gelten soll, dann ist i m Hinblick auf den Erstattungsanspruch des Staates gegen den einzelnen insbesondere die Frage zu stellen, ob eine solche Normierung des Anspruchs unter rechtsstaatlichen Aspekten nicht gerade erforderlich ist. W i r d ein begünstigender Verwaltungsakt zurückgenommen und die Rückgewähr der erbrachten Leistung verlangt, so könnte diese Maßnahme als ein belastender Verwaltungsakt erscheinen, der der ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage bedürfte. Unter dem Gesichtspunkt des Vorbehalts des Gesetzes hat Jesch 51 das Problem der Rücknahme rechtwidriger Verwaltungsakte untersucht und die Auffassung geäußert, die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Aktes bedürfe nicht zwingend einer gesetzlichen Ermächtigung. Der Eingriffsvorbehalt beruhe auf der Idee einer naturrechtlich vorgegebenen Individualsphäre, in die die Exekutive nur auf Grund legislativer Ermächtigung eindringen könne. Diese zumindest der Exekutive vorgegebene Rechtssphäre könne nicht dadurch verletzt werden, 50 Das Bürgerliche Gesetzbuch fängt die durch derartige Störungen entstehende Problematik damit ein, daß es i m Falle der Unmöglichkeit zum Ersatz des Wertes verpflichtet (§818 Abs. 2 BGB) u n d die Herausgabe der Bereicherung n u r insoweit anordnet, als der Empfänger noch bereichert ist (§ 818 Abs. 3 BGB). Siehe dazu unten 3. Teil, I., u n d 4. Teil, Β . I. 61 Gesetz u n d Verwaltung, S. 193, 194.

II. Die Grundlagen des Erstattungsnspruchs daß eine Leistung zurückgenommen werde, denn der ursprünglich vorhandene Rechtskreis werde dadurch nicht eingeengt 52 . Zwar könne der Bereich von Freiheit und Eigentum auch durch staatliche Rechts Verleihungen erweitert werden, aber solche Rechtspositionen seien nur dann durch den Vorbehalt des Gesetzes geschützt, wenn sie nicht selbst gegen den Willen des Gesetzgebers erworben worden seien 58 . Diese Auffassung Jeschs ist i m Ergebnis richtig, in ihrer Begründung allerdings unvollkommen. Wenn Jesch den Eingriff, den die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts (im Zusammenhang m i t der gleichzeitigen Rückforderung) bedeutet, als zwar effektive Belastung bezeichnet, aber das Erfordernis der ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage negiert, schließt sich die Kette der Beweisführung auch nicht durch den Hinweis auf die der Exekutive vorgegebene Rechtsphäre des einzelnen. Entscheidend ist, daß jedenfalls i m Hinblick auf die Vermögensverschiebungen der herbeizuführende oder zu beseitigende Zustand der Vermögensverteilung das i n erster Linie Maßgebende ist. N u r wenn der durch eine unrechtmäßige Vermögensverschiebung herbeigeführte Zustand unrechtmäßig ist (und nicht allein der diesen Zustand herbeiführende Akt), läßt sich die These Jeschs halten, die Rechtssphäre des einzelnen sei insofern nicht durch den Vorbehalt des Gesetzes geschützt. Da nun i n der Tat die Rechtsordnung eine den Gesetzen widersprechende Vermögensverteilung als solche verurteilt, gebietet sie konkludent die Herstellung einer ihr entsprechenden Vermögensverteilung. Insofern existiert also auch eine gesetzliche Grundlage für den Eingriff. Freilich fehlt zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes der dazu berufenen Exekutive eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung. Wer diese verlangt, muß sich entgegenhalten lassen, daß sich die Rückforderung ungerechtfertigter Leistungen, obwohl sie ein Eingriff ist, doch von den üblichen Eingriffen unterscheidet. Der Unterschied hebt sich hervor, wenn man Sinn und Schutzzweck des Vorbehaltsprinzips betrachtet. Der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes zielt darauf ab, die Rechts- und Freiheitssphäre des Individuums nicht einer ungebundenen Exekutive zu überlassen (das mag das Erfordernis einer klar umrissenen, ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung umschließen). Er besagt jedoch nicht, daß das Individuum auch dort vor der Exekutive geschützt zu werden verdiene, wo es selbst auf Positionen beharrt, die von der Legislative mißbilligt werden und die rechtswidrig sind. 52 53

Jesch, a.a.O., S. 193. Jesch, a.a.O., S. 194.

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2. Teil : Allgemeine Grundlegung

So bedeutet das Erstattungsbegehren des Staates zwar einen „Eingriff", der dem einzelnen „lästig" ist, aber eine Belastung, die ausdrücklicher gesetzlicher Ermächtigung bedürfte, ist er nicht.

Π Ι . Rechtswidrigkeit und Rechtsgrund 1. Allgemeines Wenn das allgemeine Erstattungsprinzip i n der oben (II.) entwickelten Form die Rückgängigmachung einer jeden rechtswidrigen Vermögensverschiebung fordert, so ist damit zunächst nur ein elementarer Grundsatz formuliert, der präzisiert werden muß. Dabei ist, bevor sich die Darstellung den einzelnen Erstattungsansprüchen konkret zuwendet, i m Rahmen der „Allgemeinen Grundlegung" genauer zu ermitteln, wann eine Vermögensverschiebung rechtmäßig und wann sie rechtsw i d r i g ist. A n sich ist die Rechtwidrigkeit ein präziser Begriff, der als Widerspruch zur Rechtsordnung hinreichend deutlich beschrieben zu sein scheint. Wann allerdings ein solcher Widerspruch vorliegt, kann trotzdem durchaus zweifelhaft sein, weil noch auf den Verwaltungsakt Bedacht genommen werden muß, „auf Grund" dessen sich die meisten öffentlich-rechtlichen Vermögensverschiebungen vollziehen. Sofern Leistungen i n Erfüllung einer vermeintlichen gesetzlichen Verpflichtung erbracht werden, ohne daß ein Verwaltungsakt die Leistungspflicht ausgesprochen hat, w i r d der Erstattungsanspruch durch den Widerspruch der Vermögensverschiebung zur Rechtsordnung direkt ausgelöst. Dieser Fall ist unproblematisch. Schwieriger ist die Sachlage, wenn ein rechtswidriger Verwaltungsakt zur Leistung veranlaßt hat. Ob i n diesen Fällen die Vermögensverschiebung direkt den Erstattungsanspruch auslöst oder ob sie i n dem Verwaltungsakt ihren „Rechtsgrund" hat, ist streitig. Das Problem der Charakterisierung des Verwaltungsakts als Rechtsgrund einer Vermögensverschiebung löst sich i n zwei Fragen auf, die nicht immer klar genug voneinander geschieden werden 5 4 . Die erste Frage geht dahin, welche rechtliche Funktion dem Verwaltungsakt, der eine Leistung verspricht oder verlangt, i m Rahmen dieser Vermögensverschiebung überhaupt zukommt; hier ist insbesondere fraglich, ob der rechtswidrige Verwaltungsakt etwa i n der Weise rechtlich zu honorieren ist, daß eine diesem Verwaltungsakt entspre54 Mangelhaft insofern: Lange, Verwaltungsakt und ungerechtfertigte Bereicherung.

III. Rechtswidrigkeit und Rechtsgrund

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chend vollzogene Vermögensverschiebung Bestand hat und die Existenz des Verwaltungsakts einer Erstattung entgegensteht. Nur wenn in einem derartigen Sinne dem Verwaltungsakt eine die (rechtswidrige) Leistung irgendwie sanktionierende W i r k u n g zukommt, hat die zweite Frage Berechtigung, ob eine solche Wirkungskraft des Verwaltungsakts ausreicht, ihn als Rechtsgrund der erfolgten Vermögensverschiebung zu bezeichnen. 2. Die Funktion des Verwaltungsakts I m Sinne der ersten Frage ist vorab zu klären, ob der Verwaltungsakt eine erbrachte Leistung zu decken vermag. Dabei sind wiederum zwei Aspekte der Wirkungskraft von Verwaltungsakten zu unterscheiden. Der eine betrifft die verfahrensrechtliche Bedeutung des Verwaltungsakts, nämlich seine „formelle Bestandskraft" 55 i m Sinne der Unanfechtbarkeit und seine „formelle Rechtskraft" als Endgültigkeit eines Verwaltungsakts, die „die Zulässigkeit sowohl ordentlicher Rechtsmittel als auch der Zurücknahme des Verwaltungsakts durch eine Verwaltungsbehörde ausschließt" 56 . Diese (formelle) Bindungswirkung des Verwaltungsakts braucht hier nicht näher betrachtet zu werden, da sie ohnehin nicht geeignet ist, dem Verwaltungsakt Rechtsgrund-Qualität zu verleihen 57 . Entscheidend ist vielmehr, ob schon die bloße Existenz eines noch nicht bindend gewordenen Verwaltungsakts einem Erstattungsanspruch entgegensteht. Bei der Beantwortung dieser Frage ist nach belastenden und begünstigenden Verwaltungsakten zu differenzieren. Daß der eine Leistung anfordernde Verwaltungsakt Respekt erheischt, ist unzweifelhaft. Das Steuerrecht knüpft i m Falle eines unrichtigen Steuerbescheides die Erstattungspflicht ausdrücklich an die Berichtigung dieses Verwaltungsakts (§151 RAO). Auch das Verwaltungsprozeßrecht setzt die vorläufige Gültigkeit des Verwaltungsakts voraus, indem es die Möglichkeit zur Anfechtung dieses Aktes eröffnet (§ 42 VwGO) und erst i m Anschluß daran das auf die tatsächliche Rückgängigmachung gerichtete Begehren zuläßt (§ 113 Abs. 1 S. 2 VwGO). Weniger eindeutig ist die Situation bei dem begünstigenden Verwaltungsakt. Hier w i r d zwar auch grundsätzlich anerkannt, daß ein Ver55 Die Darstellung folgt hier der Terminologie Wolffs , Verwaltungsrecht I, § 52 I I ; zur Nomenklatur ebenfalls ausführlich: Bachof, Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht, Verfahrensrecht, Bd. I I , Nr. 353 ff.

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Wolff, Verwaltungsrecht I, § 52 II. So richtig Lehmann-Grube, a.a.O., S. 25; Haueisen, DÖV 1962, 799.

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2. Teil: Allgemeine Grundlegung

waltungsakt, der auf einer Ermessensentscheidung beruht, der sogenannte konstitutive Verwaltungsakt, einer Rückforderung entgegensteht. Gegenstand des Streits ist jedoch die Stellung des bloß gesetzesvollziehenden, des deklaratorischen Verwaltungsakts, die insbesondere i m Beamtenrecht diskutiert wird. Ein gewisser Teil des Schrifttums erklärt den deklaratorischen Verwaltungsakt für völlig unerheblich, teilweise w i r d sogar die Verwaltungsaktqualität eines solchen Bescheides geleugnet 58 . Demgegenüber hat sich das Bundesverwaltungsgericht m i t Entschiedenheit zu einer anderen Auffassung bekannt. Das Gericht geht i n einer für das Beamtenrecht richtungweisenden Entscheidung 59 von der Annahme aus, der fehlerhafte, aber wirksame (d.h. nicht nichtige) Verwaltungsakt bilde einen Rechtsgrund für die bewirkte Leistung, denn solange er noch nicht aufgehoben sei, rechtfertige der Verwaltungsakt die erbrachte Leistung. Das gelte unabhängig davon, ob es sich u m einen konstitutiven oder deklaratorischen Verwaltungsakt handele. Zur Begründung dieser These verweist das Bundesverwaltungsgericht zunächst auf § 155 BBG, der vorschreibt, daß die Bezüge stets durch Bescheid der zuständigen Versorgungsbehörde förmlich festzusetzen sind. Dieser Bescheid sei auch deswegen angeordnet, w e i l der Versorgungsempfänger den Versorgungsanspruch infolge seiner materiell komplizierten Regelung anders gar nicht der Höhe nach überprüfen könne. Schließlich sei es nicht zulässig, daß der Versorgungsempfänger jederzeit höhere Bezüge einklagen könne, der Bescheid erwachse daher i n formelle Rechtskraft. Das Wesentliche treffen vor allem die folgenden Ausführungen 8 0 : „Es darf dabei nicht übersehen werden, daß heute diese Bescheide eine neue F u n k t i o n u n d ein größeres Gewicht erlangt haben, w e i l sie den Beamten die Möglichkeit eröffnen, ihre Versorgungsbezüge i m Wege der A n fechtungsklage v o m Verwaltungsgericht nachprüfen zu lassen, w ä h r e n d früher die f ü r die Entscheidung über vermögensrechtliche Ansprüche aus dem Beamtenverhältnis zuständigen Zivilgerichte i n Ermangelung eines a l l gemeinen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes verständlicherweise bestrebt waren, alle tatsächlichen u n d rechtlichen Voraussetzungen des K l a g anspruchs allein nach dem Gesetz zu beurteilen, sofern nicht die B i n d u n g an bestimmte Verwaltungsentscheidungen (§§ 155 RBG, 146 DBG, 8 Abs. 2 BesG) ausdrücklich angeordnet war. Insoweit hat sich die Rechtslage durch die E i n führung der verwaltungsgerichtlichen Generalklausel, die auch f ü r das besondere Gewaltverhältnis gilt, grundlegend geändert." 58 Einen ausführlichen Bericht über den Meinungsstand gibt Brandis, Rückforderung zuviel gezahlter Dienst- u n d Versorgungsbezüge, S. 4 ff. 59 B V e r w G 8, 261 ff. 60 B V e r w G 8, 261 (266).

Die

I I I . Rechtswidrigkeit und Rechtsgrund

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Diese Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts heben zutreffend auf die Veränderung der Rechtslage ab. Nach der früheren Rechtslage war der Bürger i n weitem Umfang, nicht nur i m Beamtenrecht, auf die Hilfe der Zivilgerichte angewiesen; diese konnten zwar nicht die A k t e des Staates beseitigen, w o h l aber deren tatsächlichen Vollzug rückgängig machen, soweit er dem Gesetz widersprach. Demgegenüber ist i m heutigen Verwaltungsgerichtssystem, insbesondere unter der Geltung der verwaltungsgerichtlichen Generalklausel, eine umfassende Prüfung der A k t e der Verwaltung möglich geworden; dabei w i r d der Verwaltungsakt selbst der Kontrolle unterzogen. Damit erhält der Verwaltungsakt — bei erhöhtem gerichtlichen Schutz des Bürgers — eine erheblich gefestigte Stellung: Solange er nicht erfolgreich angefochten ist, ist er wirksam, auch wenn er dem Gesetz widerspricht. Die Argumentation des Bundesverwaltungsgerichts verdient also Beifall. I m allgemeinen hat sich seine Auffassung, daß der Verwaltungsakt die Leistung deckt, auch durchgesetzt. Die K r i t i k aus dem Beamtenrecht kann sich allerdings darauf berufen, daß hier die Problemlage einen besonderen Akzent hat. W i r d nämlich die Pflicht zur Erstattung von der Rücknahme des Verwaltungsakts abhängig gemacht, dann dürften die üblichen Rücknahmeregeln Anwendung finden, die das Vertrauen des Verwaltungsakts-Adressaten schützen. Das Beamtenrecht sieht aber seinerseits i n verschiedenen gesetzlichen Vorschriften, nämlich i n § 87 Abs. 2 B B G und den gemäß § 53 Abs. 2 BRRG ähnlich lautenden Normierungen der Länder gesetze®1, einen Vertrauensschutz des Leistungsempfängers vor, der durch die entsprechende Anwendung des § 818 Abs. 3 BGB erreicht werden soll. Wendet man daher i m Beamtenrecht die Rücknahmeregeln an, so findet dort der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes doppelt Anwendung — zunächst bei der Rücknahme des Verwaltungsakts und sodann bei der Prüfung der Frage, ob der Empfänger noch bereichert ist®2. So w i r d der deklaratorische Verwaltungsakt m i t der Bemerkung abgewertet® 3, das Gesetz sei alleinige Grundlage für die Zahlung der Dienstbezüge und der Festsetzungsbescheid habe keine selbständige rechtliche Bedeutung, da er lediglich die zwingende Regelung des Gesetzes — wenn auch unrichtig — auf den konkreten Fall übertrage; deswegen könne man den feststellenden Verwaltungsakt auch nicht als begünsti61

Vgl. dazu unten 3. Teil, 1.2 a. So verfährt i n der T a t das Bundesverwaltungsgericht, vgl. B V e r w G 8, 261 ff. 63 Insbesondere v o n Fischbach, Bundesbeamtengesetz, §87 A n m . I V , u n d Plog-Wiedow, Bundesbeamtengesetz, §87 A n m . 7 ff.; weitere Nachweise finden sich bei Brandis, a.a.O., S. 6 ff. 62

44

2. Teil: Allgemeine Grundlegung

gend ansehen und die für diese A r t von Verwaltungsakt entwickelten Grundsätze nicht anwenden. Dem ist nicht beizupflichten. Erkennt man nämlich an, daß der konstitutive Verwaltungsakt Vertrauensschutz genießen muß, dann läßt sich der deklaratorische Verwaltungsakt nicht deswegen anders behandeln, weil er für den Adressaten kein Recht begründen könne. Auch der konstitutive Verwaltungsakt kann nicht in diesem Sinne ein Recht begründen. Sicherlich ist zuzugeben, daß der rechtmäßige konstitutive Verwaltungsakt, der die unvollständige Rechtsnorm ergänzt, gemeinsam m i t dieser Rechtsnorm einen bis zu seinem Erlaß noch nicht bestehenden Anspruch begründet, während der rechtmäßige deklaratorische Verwaltungsakt lediglich klarstellt, was das Gesetz ohnehin schon gebietet. Dieser Unterschied ist jedoch i m vorliegenden Zusammenhang nicht relevant. Der rechtswidrige Verwaltungsakt, auf den es hier allein ankommt, kann nämlich i n keinem Fall ein Recht begründen, gleichgültig ob es sich u m einen deklaratorischen oder u m einen konstitutiven Verwaltungsakt handelt. Bei der Argumentation Fischbachs und PlogWiedows scheint die Vorstellung mitzuspielen, daß einmal erworbene öffentlich-rechtliche Positionen nicht ohne weiteres vom Staat wieder entzogen werden könnten. Indessen kann diese i n den Bereich des A r t . 14 GG gehörige Frage nur für rechtmäßig erworbene subjektive öffentliche Rechte in Betracht kommen. Rechtswidrige Verwaltungsakte begründen keine Rechte. Eine unterschiedliche Behandlung verschiedenartiger Verwaltungsakte kann sich auch nicht daraus rechtfertigen, daß der deklaratorische Verwaltungsakt weniger Vertrauen i n seine Richtigkeit erwarten dürfe als der konstitutive. Wohl mag der i m Ermessen der Behörde liegende Verwaltungsakt weniger vorauszuberechnen sein, aber das Vertrauen i n seine Rechtmäßigkeit kann nicht größer sein als das Vertrauen i n die Rechtmäßigkeit eines deklaratorischen Verwaltungsakts. Vielleicht ist diese leichter zu kontrollieren als die eines konstitutiven Verwaltungsakts; jedoch hängt auch der Erlaß eines deklaratorischen Verwaltungsakts nicht selten von der Lösung schwieriger Subsumtionsprobleme ab, deren Überschaubarkeit für den Leistungsempfänger nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden kann. Es besteht also keine Veranlassung, hinsichtlich der Rücknahme den deklaratorischen und den konstitutiven Verwaltungsakt verschieden zu behandeln. Ein begünstigender Verwaltungsakt ist i n jedem Falle rechtlich i n der Weise zu honorieren, daß eine erbrachte Leistung als gerechtfertigt betrachtet werden muß, solange der Verwaltungsakt nicht beseitigt worden ist 64 . e4

So auch Haueisen, D Ö V 1962, 799.

III.

echtswidrigkeit und Rechtsgrund

45

3. Der Verwaltungsakt als Rechtsgrund M i t dieser Honorierung ist indessen noch nicht die weitere Frage beantwortet, ob der Verwaltungsakt darum auch als Rechtsgrund der Leistung bezeichnet werden kann. Dieses Problem ist i m wesentlichen ein terminologisches. Vom Sachlichen her ist es insofern richtig, wenn sich Haueisen 65 — unter Umgehung dieser terminologischen Frage — m i t der Bemerkung begnügt, i n den Fällen, i n denen eine öffentlich-rechtliche Leistung durch einen Verwaltungsakt bewilligt worden sei, müsse solange davon ausgegangen werden, daß die Leistung zu Recht gewährt worden sei, als die Verwaltung ihren „Bewilligungsbescheid" nicht zurückgenommen habe. A n zuerkennen sei der Rechtswert des Bescheides, der sich insbesondere i n seiner Wirksamkeit und — nach dem E i n t r i t t der Unanfechtbarkeit — i n der Bindung der Beteiligten äußere 66 . Aber man braucht der terminologischen Frage nicht m i t vorsichtigen Beschreibungen des „Rechtswertes" des Verwaltungsakts auszuweichen. I m Hinblick auf Vermögensverschiebungen läßt sich der Begriff des Rechtsgrundes durchaus näher bestimmen. Ob ein Verwaltungsakt Rechtsgrund einer Vermögensverschiebung ist, läßt sich nur am pathologischen Fall beurteilen, nämlich an der Vermögensverschiebung auf Grund rechtswidrigen Verwaltungsakts. Wenn dem Verwaltungsakt ein eigener Rechtswert zukommt, so ist damit gesagt, daß die Vermögensverschiebung, obwohl sie m i t der materiellen Rechtslage nicht übereinstimmt, durch den Verwaltungsakt mindestens vorläufig sanktioniert wird. Gleichwohl ist es nicht angängig, die Leistung deswegen einfach als rechtmäßig zu bezeichnen. Die volle Harmonie m i t der Rechtsordnung fehlt, w e i l dem Verwaltungsakt der Makel der Rechtswidrigkeit anhaftet; dieser Makel erstreckt sich seinerseits auch auf die erbrachte Leistung, da diese m i t dem Verwaltungsakt verbunden ist und dessen Schicksal teilt. Die Vermögensverschiebung auf Grund eines rechtswidrigen Verwaltungsakts ist somit i m Zwielicht. Einerseits besteht Ubereinstimmung m i t dem rechtsgültigen Verwaltungsakt, andererseits widerspricht die Lage dem materiellen Recht. Ob nun die Vermögensverschiebung (in dem Verwaltungsakt) einen Rechtsgrund hat, hängt davon ab, welches Gewicht dem Terminus „Rechtsgrund" zukommt. Versteht man darunter die letzte rechtliche Grundlage, so ist Rechtsgrund unzweifelhaft nicht der Verwaltungsakt, sondern stets nur das Gesetz 67 . 65

DÖV 1962, 799. Vorher hatte Haueisen freilich den unanfechtbaren Leistungsbescheid als Rechtsgrund der Leistung des einzelnen an die Verwaltung bezeichnet, NJW 1954, 977 (979). 67 A u f diesem Standpunkt steht Ernst Lange, Verwaltungsakt und un66

46

2. Teil: Allgemeine Grundlegung

Der Begriff des Rechtsgrundes, wie er aus dem Zivilrecht bekannt ist, stellt jedoch eine mehr oberflächliche, formale Kategorie dar. I m Sinne der scharfen Unterscheidung Lehmann-Grubes* 8 zwischen der rechtlichen Ursache, also der die Leistung letztlich begründenden Tatsache, und dem „rechtfertigenden" Grund der Leistung kommt dem Rechtsgrund des zivilen Bereicherungsrechts die schwächere W i r k u n g des rechtfertigenden Grundes zu. Das zeigen die Beispiele des abstrakten Schuldversprechens u n d des konstitutiven Schuldanerkenntnisses des BGB. Beide sind Rechtsgrund von Vermögensverschiebungen, die ihnen entsprechend vollzogen werden. Trotzdem befinden sich solchermaßen erbrachte Leistungen nicht unbedingt i n einer letzten Harmonie m i t der Rechtsordnung, da i h r Rechtsgrund seinerseits von dem i h m zugrunde liegenden Kausalgeschäft abhängig ist. Wenn man den Terminus Rechtsgrund i m öffentlichen Recht verwendet, so sollte man diesen Erwägungen m i t Lehmann-Grube Rechnung tragen. Für i h n ist der Verwaltungsakt als Rechtsgrund anzusehen, w e i l er rechtfertigende W i r k u n g zeitigt, die Lehmann-Grube darin sieht, „daß er (sc. der Verwaltungsakt) als Ausdruck staatlicher A u t o r i tät Geltung beansprucht und zu respektieren ist, solange er nicht aufgehoben worden ist"· 9 . Wenn ein Verwaltungsakt „ i n der W e l t " sei, der ausdrücklich oder konkludent bekunde, eine Leistung sei rechtmäßig, könne die Leistung nicht als zu Unrecht erbracht oder zuviel gezahlt angesehen werden 7 0 , und zwar gleichgültig, ob es sich u m einen konstitut i v e n oder deklaratorischen Verwaltungsakt handele 71 . Wenn man sich somit nicht zu scheuen braucht, den Verwaltungsakt wegen seiner rechtfertigenden W i r k u n g als Rechtsgrund einer Vermögensverschiebung zu bezeichnen, dann w i r d daraus auch deutlich, daß die formelle Bindungswirkung des Verwaltungsakts, seine Unanfechtbarkeit oder seine „Rechtskraft", für die Rechtsgrundfrage keine Rolle spielt. Diese Bindung gehört dem Verfahrensrecht an und betrifft nicht die materiellen Wirkungen einer behördlichen Maßnahme 72 . gerechtfertigte Bereicherung, der jedoch i n Überbetonung des Vorrangs der Legislative dem Verwaltungsakt jeden Rechtswert m i t der Begründung abspricht, ein rechtsschöpferisches Handeln der Exekutive widerspräche dem Gedanken des i m Grundgesetz statuierten Prinzips der Volkssouveränität; nur das von der Volksvertretung geschaffene Gesetz könne einen Rechtsgrund bilden; die Exekutive sei auf den Gesetzesvollzug beschränkt. 68 Lehmann-Grube, Der Rückforderungsanspruch i m Sozialrecht, S. 24. 69 Lehmann-Grube, a.a.O., S. 25, unter Berufung auf Forsthoff, Lb., 7. Aufl., 1958, S. 206. 70

71

Lehmann-Grube, a.a.O., S. 25.

Dies hat Hildegard Krüger i n ihrer K r i t i k , DVB1. 1963, 79, übersehen. 72 So richtig Lehmann-Grube, a.a.O., S. 25; zustimmend Haueisen, DÖV 1962, 799; ebenso V.Canstein, a.a.O., S.47ff.

III. Rechtswidrigkeit und Rechtsgrund

47

Würde man i n erster Linie auf die formelle Bindungswirkung abstellen, dann — und nur dann — setzte man sich dem i m Steuerrecht von Tipke-Kruse 73 vorgetragenen Einwand aus, die Qualifizierung des Verwaltungsakts als Rechtsgrund käme einer Anerkennung der i m Zivilprozeßrecht abgelehnten materiellen Rechtskrafttheorie gleich. Diese Theorie besagt, daß ein rechtskräftiges Gerichtsurteil nicht nur den Schlußstrich unter einen Rechtsstreit i n dem Sinne setzt, daß ein Gericht nicht mehr zur Entscheidung angerufen werden darf, sondern daß darüber hinaus das Urteil i n jedem Fall auch das materiell Richtige ausspricht 74 . Gegen die Anwendung jener bedenklichen Theorie auf den Verwaltungsakt wendet sich zu Recht Ossenbühl i n seiner Abhandlung 7 5 über die Rückforderung zu Unrecht gezahlter Wohngelder. Aber auch Ossenbühl 7 6 verkennt, daß die materielle Rechtskrafttheorie außerhalb der Fragestellung liegt. Die Anerkennung des Verwaltungsakts als Rechtsgrund umschließt nicht die Behauptung, der Verwaltungsakt sei materiell richtig. Sie bedeutet lediglich, daß eine Leistung so lange als gerechtfertigt zu erscheinen hat, wie der Verwaltungsakt noch nicht aufgehoben ist und som i t Geltung genießt 77 .

73 Tipke-Kruse, Reichsabgabenordnung, V o r §§ 150—159 A n m . 3; dagegen schon ν . Canstein, a.a.O., S. 55 ff. 74 Vgl. dazu u n d zur K r i t i k Lent-Jauernig, Zivilprozeßrecht, §6211, u n d eingehender Rosenberg, Zivilprozeßrecht, § 148, sowie Rosenberg-Schwab, Zivilprozeßrecht, § 152.

75

78

Ossenbühl, DVB1. 1967, 246 ff.

a.a.O., S. 248/249. 77 So bezeichnet auch das Bundesverwaltungsgericht ( B V e r w G 24, 92 [93]; 25, 72 [81]) zutreffenderweise den Verwaltungsakt als Rechtsgrund der L e i stung; zustimmend: Wolff, Verwaltungsrecht I , § 4 4 l b 4 , der sich freilich zu Unrecht auch auf Ossenbühl beruft, u n d H. Weber, JuS 1970, 169 (171).

Dritter

Teil

Der Erstattungsanspruch des Staates gegen den Einzelnen Leistungen des Staates an den einzelnen sind i n nahezu allen Bereichen der Verwaltung anzutreffen. Die m i t ihnen entstehende Gefahr der rechtswidrigen Vermögensverschiebung w i r d vor allem dort sichtbar, wo die staatlichen Leistungen einen wesentlichen Teil der Verwaltungstätigkeit ausmachen, nämlich i m Beamtenrecht (bei der Beamtenbesoldung), i m Sozialrecht und i m Subventionsrecht. Die rechtliche Behandlung solcher unzulässiger Leistungen ist noch nicht damit hinreichend geklärt, daß man das Prinzip der Erstattung grundsätzlich anerkennt. Hier bedürfen weitere Fragen der Erörterung, die sich i m Zusammenhang m i t rechtswidrigen Leistungen ergeben. Aus dem Erstattungsgrundsatz als solchem folgt nicht unmittelbar beispielsweise die Lösung des Problems der Behandlung Dritter, die selbst nicht direkt am Leistungsverhältnis beteiligt sind, aber — etwa durch Erbgang — in den Besitz der ungerechtfertigten Leistung gelangt sind; der Erstattungsgrundsatz beantwortet auch nicht die Frage der Geltendmachung und Durchsetzung des Anspruchs. Vor allem aber ist der Umfang des Erstattungsanspruchs zu beschreiben, der das zentrale Problem des Erstattungsanspruchs bildet. Diesem Thema wendet sich die Darstellung als erstem zu. I. Der Umfang des Erstattungsanspruchs 1. Vorbemerkung Den Umfang des Erstattungsanspruchs bestimmt der Erstattungsgrundsatz nicht allein. I h m widerstreiten andere Erwägungen und Aspekte, die unter den Stichworten „Rechtssicherheit" und „Vertrauensschutz" geläufig sind. Sie bezeichnen einen Gegenpol zum Prinzip der Erstattung und schaffen so ein Spannungsfeld, i n dem der Umfang des Erstattungsanspruchs durch seine Orientierung zum einen oder zum anderen Pol hin bestimmbar ist.

I. D e r a n

des Erstattungsanspruchs

49

Das gilt in erster Linie für die Leistungen auf Grund rechtswidriger Verwaltungsakte und w i r d dort augenfällig i n der Rücknahmelehre des Bundesverwaltungsgerichts. Aber auch der durch sonstige rechtsgrundlose Leistungen zur Entstehung gebrachte Erstattungsanspruch folgt nicht nur einfach dem Erstattungsprinzip, sondern auch er hat vergleichbaren Gesichtspunkten Rechnung zu tragen. Dies war allerdings seit jeher umstritten, wobei der Streit jedoch i n die etwas andere Frage gefaßt war, ob der Rechtsgedanke des §818 Abs. 3 BGB i m öffentlichen Recht Gültigkeit habe. Nach dieser Vorschrift ist die Verpflichtung zur Herausgabe der empfangenen Bereicherung oder zum Ersatz ihres Wertes ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist. § 818 Abs. 3 bringt gegenüber dem Rückgewährgrundsatz des § 812 BGB i n besonderer Weise das Element der Rechtssicherheit oder des Vertrauensschutzes zur Geltung. Daß auch bei den sonstigen rechtswidrigen Leistungen öffentlichen Rechts der Erstattungsanspruch aus derartigen Erwägungen Einschränkungen und Begrenzungen erfahren muß, erweist sich an der Diskussion um die Anwendbarkeit dieser Vorschrift i m öffentlichen Recht. Die Anwendung des § 818 Abs. 3 auf das öffentliche Recht ist entscheidend i n Mißkredit geraten durch die Studie Meier-Braneckes 1, die noch heute beachtet wird. So äußert Forsthoff 1 die Ansicht, MeierBranecke habe „gründlich und überzeugend nachgewiesen", daß die Vorschriften des BGB über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung für das öffentliche Recht nicht paßten. Die Ungeeignetheit der bürgerlich-rechtlichen Vorschriften hatte Meier-Branecke vorwiegend m i t der Untauglichkeit gerade des § 818 Abs. 3 BGB für das öffentliche Recht zu begründen versucht; er verwarf eine Berufung auf den Wegfall der Bereicherung als Äußerung eines dem öffentlichen Recht nicht gemäßen „Futterkrippenstandpunktes". Ein solcher egoistischer Standpunkt sei i m bürgerlichen Recht angebracht, denn das BGB gehe von Rechtssubjekten aus, die sich m i t einander entgegengesetzten Interessen gegenüberständen und ihren eigenen Vorteil zur Geltung brächten; Aufgabe der bürgerlichen Rechtsordnung sei es dementsprechend, diese gegensätzlichen Interessen a b zugleichen. Hingegen sei das öffentliche Recht von dem Gedanken des Gemeinwohls beherrscht, hinter dem die Interessen des Individuums zurückzustehen hätten. Daß diese kritische Stellungnahme Meier-Braneckes erledigt hat, ist unschwer nachzuweisen. 1

2

4

AöR N. F., 11 (1926), S. 230 (259).

Forsthoff,

Weber

Verwaltungsrecht, S. 169.

das Probem nicht

50

3. Teil: Der Erstattungsanspruch des Staates gegen den Einzelnen

Zunächst liefert einen klaren Beleg hierfür das Beamtenbesoldungsrecht, das zwar i m § 34 des Reichsbesoldungsgesetzes vom 30. 4.1920 3 m i t der Anordnung der Zurückzahlung zuviel gezahlter Bezüge eine Berufung auf den Wegfall der Bereicherung ausschloß, i n dem aber bereits m i t dem § 39 des Reichsbesoldungsgesetzes vom 16.12.1927 4 dieser Ausschluß der Berufung auf den Wegfall der Bereicherung gestrichen war, so daß § 818 Abs. 3 BGB wieder angewendet werden konnte. Freilich führte das Beamtenrechtsänderungsgesetz vom 30. 6.1933 5 wiederum zum Ausschluß der Bereicherungsvorschriften des BGB. Jedoch trat schließlich am 1. 9.1953 der heute maßgebliche § 87 Abs. 2 BBG i n Kraft, der den Bereicherungseinwand i n geringfügig modifizierter Form wieder zuläßt. Diese Wechselvolle Geschichte des § 818 Abs. 3 BGB i m Beamtenbesoldungsrecht sowie das schließlich erreichte Ergebnis verdeutlichen die mangelnde Durchschlagskraft der Argumentation Meier-Braneckes schon hinreichend. Aber auch sonst ist nicht zu verkennen, daß der Satz, i m öffentlichen Recht hätten Individualinteressen den Belangen des Gemeinwohls zu weichen, heute nur m i t erheblichen Einschränkungen zugunsten des Bürgers gilt. Das erweist die Rücknahmelehre, die m i t dem Moment des Vertrauensschutzes gerade den Interessen des einzelnen gegenüber denen des Staates Vorrang einräumt, und schließlich stellt ein Blick auf das Sozialrecht vollends außer Zweifel, daß i n bestimmten Grenzen der Leistungsempfänger durchaus den Schutz seines guten Glaubens genießt. Das geht vor allem aus §§ 41, 42, 47 V w V e r f G (KOV) und §§ 151, 152 AFG e hervor, die zwar die Berufung auf den Wegfall der Bereicherung ausschließen, aber i n anderer Form das Vertrauen des Leistungsempfängers schützen; so kann auch hier nicht davon die Rede sein, daß der einzelne unbedingt zur vollen Rückgewähr der empfangenen Leistung verpflichtet sei, ohne daß auf seine eigenen Interessen Rücksicht genommen zu werden brauche. Die Regelung des § 818 Abs. 3 BGB kann daher nicht mehr m i t jener überkommenen Begründung aus dem öffentlichen Recht verwiesen werden. Heute ist sogar eher eine Renaissance dieser Vorschrift i m öffentlichen Recht zu beobachten, auf die schon Werner Thieme 7 hingewiesen 3

RGBl. I S. 805. RGBl. I S. 349. 5 RGBl. I S. 433, dementsprechend die Reichsbesoldungsvorschriften durch Nr. 116 a ergänzt wurden. 6 Arbeitsförderungsgesetz v o m 25.6.1969 (BGBl. S. 582); vorher enthielt § 185 A V A V G eine ähnliche Regelung. 7 Werner Thieme, Referat auf dem 45. Dt. Juristentag, 1964, Bd. I I , T e i l H, S. 32. 4

I. Der Umfang des Erstattüftgsanspruchs

51

hat. Deswegen ist der Anwendbarkeit dieser Vorschrift i m öffentlichen Recht genauer nachzugehen. Dabei bietet die besten Aufschlüsse das Beamtenrecht, i n dem die vertrauenschützenden Grundsätze der Rücknahmelehre und des § 818 Abs. 3 BGB i n interessanter Weise i n Konkurrenz getreten sind. A n diesem Beispiel ist daher i m folgenden zu ermitteln, ob sich die Anwendung der §§ 812 ff. BGB i m öffentlichen Recht als sinnvoll erwiesen hat. Das erfordert einen nicht nur beiläufigen Exkurs i n das Beamtenbesoldungsrecht. 2. Rücknahmelehre und § 818 Abs. 3 BGB im Beamtenrecht a) Allgemeines Die Erstattung zuviel gezahlter Bezüge regelt — i m gleichen Sinne wie die an § 53 Abs. 2 BRRG anschließenden Landesgesetze8 — für die Bundesbeamten § 87 Abs. 2 BBG, der als Ausgangspunkt für die folgenden Überlegungen hier i m Wortlaut wiederzugeben ist 9 : „§87 (1) Werden Beamte oder Versorgungsberechtigte durch eine Änderung ihrer Bezüge oder ihrer Einreihung i n die Gruppen der Besoldungsordnungen m i t rückwirkender K r a f t schlechter gestellt, so sind die Unterschiedsbeträge nicht zu erstatten. (2) I m übrigen regelt sich die Rückforderung zuviel gezahlter Dienst- oder Versorgungsbezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes der Zahlung steht es gleich, w e n n der Mangel so offensichtlich w a r , daß der Empfänger i h n hätte erkennen müssen. V o n der Rückforderung k a n n aus Billigkeitsgründen m i t Zustimmung der obersten Dienstbehörde ganz oder teilweise abgesehen werden."

§ 87 Abs. 1 BBG schließt inhaltlich unmittelbar an die Vorschrift des § 86 BBG an, die eine Änderung der Dienst- und Versorgungsbezüge sowie die Einreihung der Beamten i n die Gruppen der Besoldungsordnungen nur durch ein Gesetz zuläßt. Dies erlaubt die unzweifelhafte Schlußfolgerung, daß sich § 87 Abs. 1 B B G nur auf rückwirkende gesetzliche Änderungen bezieht und nicht auf solche, die durch Verwaltungsakt bewirkt worden sind. § 87 Abs. 1 BBG ist daher eine Ausnahme von dem Erstattungsgrundsatz des § 87 Abs. 2 BBG, die als Ausprägung des Verbots rückwirkender belastender Gesetze eine ver8 § 51 L B G Berlin, § 31 H b g BesG, § 103 L B G SchlH, § 35 BaWüLBesG, A r t . 38 BayBesG, § 86 BremBG, § 39 HessBesG, § 3 NiedersLBesG, § 31 RhPfBesG, §36 SaarlBesG; n u r geringfügig abweichend: §98 L B G NW. 9 A u f § 87 B B G verweisen auch § 30 des Soldatengesetzes, § 46 des Deutschen Richtergesetzes u n d § 29 des G 131.

4*

52

3. Teil: Der Erstattungsanspruch des Staates gegen den Einzelnen

fassungsrechtliche Selbstverständlichkeit zum Ausdruck bringt. Abs. 1 BBG kann m i t h i n i m folgenden außer Betracht bleiben.

§87

Entscheidend ist i m vorliegenden Zusammenhang vielmehr allein § 87 Abs. 2 BBG, der die Rechtsfolge der Erstattung an den Tatbestand der Zuvielzahlung von Bezügen knüpft. Die Leistungen an den Beamten, die auf Grund eines rechtswidrigen Bewilligungsbescheides erbracht worden sind, erfüllen zunächst noch nicht den Tatbestand der Zuvielzahlung. Da der Verwaltungsakt Rechtsgrund einer Leistung ist, kann eine Zuvielzahlung erst dann vorliegen, wenn der (vorerst gültige) rechtswidrige Verwaltungsakt zurückgenommen worden ist. Nach welchen Regeln aber die Rücknahme zu erfolgen hat, ist gerade i m Beamtenrecht Gegenstand des Streits. Das liegt daran, daß hier die allgemein anerkannten Rücknahmeregeln, die auf den Vertrauensschutz des gutgläubigen Verwaltungsakts-Adressaten Bedacht nehmen, m i t der ebenfalls vertrauenschützenden Norm des § 818 Abs. 3 BGB, auf die § 87 Abs. 2 BBG verweist, kollidieren; daher w i r d die Frage aufgeworfen, ob nicht der Gesetzgeber i n den Fällen der Zuvielzahlung das Vertrauen des Empfängers gerade durch §818 BGB und nicht durch die Rücknahmeregeln geschützt wissen wollte 1 0 . Während hier i n den Fällen der Leistung auf Grund konstitutiven Verwaltungsakts weitgehende Ubereinstimmung dahin besteht, daß der Verwaltungsakt vor einer Rückforderung nach allgemeinen Grundsätzen zurückzunehmen ist, sind die Meinungen bei deklaratorischen, also bloß vollziehenden Verwaltungsakten außerordentlich kontrovers 11 . Ein Teil der Lehre steht auf dem Standpunkt, i n diesen Fällen sei sowohl bei der Gewährung der Leistung als auch bei ihrer Rückforderung lediglich das Gesetz zu vollziehen, das i m übrigen i n § 87 Abs. 2 BBG durch die Möglichkeit der Einrede des Wegfalls der Bereicherung auch auf die Interessen des Adressaten gebührend Rücksicht nehme 12 . Demgegenüber ist das Bundesverwaltungsgericht und m i t i h m überwiegend das Schrifttum der Auffassung, auch der deklaratorische Verwaltungsakt sei m i t dem üblichen Vertrauensschutz auszustatten. Dazu konnte schon oben 13 bemerkt werden, daß tatsächlich nicht einzusehen ist, warum der deklaratorische und der konstitutive Verwal10 11

Vgl. bereits oben 2. Teil, I I I . 2. Ausführliche Darstellungen des Meinungsstandes finden sich bei Plog-

Wiedow,

Kommentar zum BBG, §87 Anm. 6 ff.; Fischbach, Kommentar zum

BBG, §87 A n m . I I I ; Brandis, Die Rückforderung zuviel gezahlter Dienstu n d Versorgungsbezüge, S. 24 ff. 12 Vgl. Fischbach, a.a.O., § 87 A n m . I I I . 5. m i t weiteren Nachweisen. 13 2. Teil, I I I . 2.

I. D e r a n

des Erstattungsanspruchs

53

tungsakt eine unterschiedliche Behandlung erfahren sollen. Doch sind die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts i n dem grundlegenden Urteil vom 24. A p r i l 195914 hier ausführlich wiederzugeben, w e i l sie die Grundsätze der Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte und die Einrede des Wegfalls der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) gegeneinander abwägen. b) Die Auffassung

des Bundesverwaltungsgerichts

I n dem zu entscheidenden Fall hatte die Witwe eines verstorbenen Berufsoffiziers auf Grund einer unrichtigen Feststellung ihres Witwengeldes über einen längeren Zeitraum hin zu hohe Bezüge erhalten. Gegen einen Rückforderungsbescheid des Staates erhob sie Klage. Nachdem das Gericht zunächst feststellt, daß der Pensionsfestsetzungsbescheid einen Verwaltungsakt darstelle und damit Rechtsgrund der erbrachten Leistung sei, solange der Bescheid rechtlich bestehe, wendet es sich der Frage der Rücknehmbarkeit des Festsetzungsbescheides zu. Dabei steht zu Beginn die These, daß dieser Bescheid nicht jederzeit zum Nachteil des Empfängers abgeändert werden könne 15 . Zwar müsse dieser Verwaltungsakt, der nur das Gesetz vollziehe, zu den lediglich deklaratorischen Verwaltungsakten gezählt werden; jedoch könne man daraus nicht folgern, daß der Bescheid nicht m i t dem Vertrauensschutz ausgestattet sei, der begünstigenden Verwaltungsakten i m Rechtsleben zukomme. Für die Frage der Zulässigkeit der Rücknahme seien die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts über die Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte heranzuziehen, da § 87 Abs. 2 keine sondergesetzliche Ermächtigung zur Rücknahme einer fehlerhaften Festsetzung von Versorgungsbezügen enthalte, sondern einen speziellen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Erstattung ohne rechtlichen Grund gezahlter Versorgungsbezüge begründe 18 . Zum Problem der Rücknahme rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte (ex tunc) bezieht sich das Bundesverwaltungsgericht i m folgenden auf seine bisherige Rechtsprechung, die zwar unmittelbar nur das Gebiet des Lastenausgleichsrechts betreffe, aber auch darüber hinaus von grundsätzlicher Bedeutung sei. Hiernach sei bei der Rücknahme rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte jeweils i m Einzelfall zu prüfen, ob das schutzwürdige Interesse des Begünstigten an der Aufrechterhaltung des Verwaltungsakts oder das öffentliche Interesse an seiner Beseitigung überwiege. 14 15 16

B V e r w G 8, 261 ff. B V e r w G 8, 261 (267). B V e r w G 8, 261 (268).

54

3. Teil: Der Erstattungsanspruch des Staates gegen den Einzelnen

Bei Verwaltungsakten m i t Dauerwirkung aber verdiene der Begünstigte jedenfalls für die Vergangenheit grundsätzlich i n seinem Vertrauen geschützt zu werden, „zumal er i m allgemeinen seine Lebenshaltung auf die Höhe der i m Festsetzungsbescheid angegebenen Bezüge eingerichtet haben w i r d " 1 7 . Eine Rücknahme ex tunc von Verwaltungsakten m i t Dauerwirkung sei grundsätzlich unzulässig, und zwar unabhängig davon, ob der Bescheid feststellenden oder rechtsbegründenden Charakter habe. K e i n Vertrauensschutz könne indessen gewährt werden, a) wenn der Empfänger die Feststellung erschlichen oder sonst m i t unlauteren M i t t e l n e r w i r k t habe, b) wenn die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts durch Umstände verursacht worden sei, die auf einem Verschulden des Begünstigten schlechthin beruhten oder c) die nach Haueisen (NJW 1958, 642, 884; DVB1. 1959, 228 [233]) in seinem Verantwortungsbereich lägen 18 . Das Gericht setzt sich darüber hinaus m i t dem hier vor allem interessierenden Einwand auseinander, dem Vertrauensschutz werde bereits durch die Möglichkeit der Berufung auf den Wegfall der Bereicherung (§§ 87 Abs. 2 BBG i. V. m. § 818 Abs. 3 BGB) Rechnung getragen, und eine darüber hinausgehende Interessensabwägung übertreibe den Vertrauensschutz „ohne inneren Grund" 1 9 . Hierzu weist das Gericht zunächst darauf hin, daß Vertrauensschutz und Wegfall der Bereicherung zwei verschiedene rechtliche Gesichtspunkte seien. Während jener die Frage der Zulässigkeit des rückwirkenden Widerrufs (gemeint ist: der Rücknahme) und damit die A n spruchsgrundlage selbst betreffe, bezöge sich die Einrede des Wegfalls der Bereicherung nur auf die Abwicklung eines bereits bestehenden Rückforderungsanspruchs. Der Wegfall der Bereicherung sei zudem nicht von Amts wegen, sondern nur dann zu beachten, wenn der Beamte sich ausdrücklich darauf berufe. Der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellte Erfahrungssatz, daß die Beamten ihre Bezüge regelmäßig zur Bestreitung des standesgemäßen Lebensunterhalts verwendeten, daher auch bei Überzahlungen mehr auszugeben pflegten und dann nicht mehr bereichert seien, werde jedenfalls von der Verwaltung gerade i n jüngster Zeit i n Zweifel gezogen. 17 18 19

B V e r w G 8, 261 (269). B V e r w G 8, 261 (271). B V e r w G 8, 261 (270).

I. D e r a n

des Erstattungsanspruchs

55

Der den Beamten und Versorgungsempfängern obliegende Nachweis des Wegfalls der Bereicherung sei außerdem i n vielen Fällen nur schwer zu erbringen, es sei denn, daß die überzahlten Beträge für außerhalb der sonstigen Lebensgewohnheiten des Empfängers liegende Aufwendungen ausgegeben worden seien. So werde ζ. B. die Meinung vertreten, daß auch die Ansammlung von Sparkapital aus den Uberzahlungen die Bereicherung nicht ausschließe. „ A l l e diese Überlegungen zeigen", stellt das Gericht hierzu fest, „wie fragwürdig die praktische Verwirklichung eines dem Einzelfall gerecht werdenden Vertrauensschutzes i m Rahmen der Bereicherungsgrundsätze ist 2 0 ." c) Der Wegfall der Bereicherung

im Beamtenrecht

Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet sich gegen die Anwendung des § 818 Abs. 3 BGB und für die Anwendung der Rücknahmegrundsätze wegen der Unzulänglichkeit der bürgerlich-rechtlichen Vorschrift i m öffentlichen Recht. Der Argumentation dieser Entscheidung ist freilich insofern nicht beizupflichten, als sie den möglichst weitgehenden Schutz des einzelnen ohne nähere Begründung zum Orientierungspunkt ihrer Deduktion macht. Dennoch hat das Gericht i m Ergebnis m i t der These recht, daß die Anwendung des § 818 Abs. 3 BGB beim Erstattungsanspruch des Staates gegen den Bürger zu unbefriedigenden Ergebnissen führt und daß seine Rücknahmelehre der Sache eher gerecht wird. Dafür sind i m wesentlichen zwei Erwägungen bestimmend. Zunächst weist das Gericht zutreffend auf die Notwendigkeit des Vertrauensschutzes m i t dem Bemerken hin, der Leistungsempfänger richte i m allgemeinen seine Lebenshaltung auf die Höhe der angegebenen Bezüge ein, er treffe also Dispositionen, die nicht außer Betracht bleiben dürften. Wer seine Lebenshaltung auf höhere Bezüge eingerichtet hat, ist deswegen nicht notwendig auch schon entreichert und durch § 818 Abs. 3 BGB geschützt; denn der Begünstigte kann seine Lebenshaltung auch auf höhere Bezüge einstellen, ohne die erhaltenen Beträge bereits i n voller Höhe ausgegeben zu haben. Daß die Formulierungen „seine Lebenshaltung einrichten" und „nicht mehr bereichert sein" nicht v o l l zur Deckung zu bringen sind, w i r d besonders deutlich an den Fällen, i n denen der Verwaltungsaktsadressat noch gar keine Leistung empfangen hat. Hier kann der Beamte durchaus i m Vertrauen auf die Richtigkeit des Verwaltungsakts Dispositionen getroffen und etwa eine teure Wohnung gemietet haben, von denen 20

B V e r w G 8, 261, 270.

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3. Teil: Der Erstattungsanspruch des Staates gegen den Einzelnen

er sich andernfalls ferngehalten hätte. Dann ist der Begünstigte aber nicht weniger eines Schutzes bedürftig 2 1 , als wenn er das Empfangene bereits ausgegeben hätte. Dafür ist m i t ausschlaggebend, daß der Adressat eines begünstigenden Verwaltungsakts i m Bewußtsein der überlegenen Hechtskenntnis der Verwaltung ein besonderes Vertrauen i n die Richtigkeit der hoheitlichen Entscheidung setzt. Dieser Tatsache trägt die Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB nicht hinreichend Rechnung, wenn sie denjenigen ohne Schutz läßt, der i m guten Glauben auf die Richtigkeit des Verwaltungsakts bereits Vermögensdispositionen getroffen hat, ohne i m technischen Sinne schon entreichert zu sein. Die andere Erwägung gründet sich — der K r i t i k Meier-Braneckes ebenfalls fernstehend — darauf, daß § 818 Abs. 3 BGB auch dann versagt, wenn die vom Bürger empfangene Leistung verbraucht ist und sich somit grundsätzlich die Anwendbarkeit der Vorschrift eröffnet. Aus der Anwendung dieser Norm i m Beamtenrecht ergeben sich allgemein für mißlich erachtete Konsequenzen, die das Bundesverwaltungsgericht m i t der Rücknahmelehre zu umgehen sucht. Seit jeher bereitet §818 Abs. 3 BGB i m Beamtenrecht erhebliche praktische Schwierigkeiten, so daß heute bereits die „normale" Anwendung des § 818 Abs. 3 BGB einer differenzierenden und korrigierenden Handhabung der Vorschrift Platz gemacht hat. Die gegenwärtige Rechtslage stellt sich wie folgt dar. Zunächst ist als unproblematisch festzuhalten, daß sogenannte Luxusausgaben, d. h. Aufwendungen für vergängliche Dinge wie etwa Vergnügungsreisen, die ohne Uberzahlung nachweisbar nicht getätigt worden wären, zu einem Wegfall der Bereicherung führen 2 2 . Problematisch ist die Rechtslage indessen bei den Aufwendungen für den normalen Lebensunterhalt, wenn also der Beamte den Nachweis, daß ihn die Überzahlung zu solchen oben genannten Ausgaben veranlaßt habe, nicht zu erbringen vermag. I n diesen Fällen, die die Regel bilden dürften, könnte sich der Dienstherr nicht selten gegenüber dem Beamten, der den Wegfall der Bereicherung geltend macht, darauf berufen, der Beamte hätte den normalen Lebensunterhalt ohnehin bestreiten müssen; er habe darum andere M i t t e l gespart, von einem Wegfall der Bereicherung könne somit nicht die Rede sein. Diesem Einwand könnte der Beamte nur die — nachzuweisende — Behauptung entgegenhalten, sein Lebensstandard habe sich erhöht, er sei daher durchaus nicht mehr bereichert. Daß dieser Beweis schwer zu erbringen sein dürfte, liegt auf der Hand. Da jedoch der Sinn des § 87 Abs. 2 BBG 21

B V e r w G 8, 261 (269); zustimmend auch Brandis, a.a.O., S. 34 ff. Vgl. Plog-Wiedow, §87 A n m . 22; Brandis, a.a.O., S.48; Fischbach, mentar, § 87 A n m . I I I . 22

Kom-

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gerade nicht darin besteht, den Leistungsempfänger einem uneingeschränkten Rückforderungsanspruch auszusetzen, drängt sich die Schlußfolgerung auf, daß die gesetzliche Regelung hier einer gewissen Modifizierung bedarf. Aus diesem Grunde haben sich schon das Reichsgericht 23 und i h m folgend auch die heute herrschende Meinung 2 4 der Auffassung zugewandt, für den Wegfall der Bereicherung spreche eine Vermutung, wenn die Überzahlung verhältnismäßig geringfügig sei und feststehe, daß i n der fraglichen Zeit keine besonderen Ausgaben gemacht worden seien. Als „geringfügig" w i r d dabei eine Uberzahlung dann angesehen, wenn sie 10 °/o des geschuldeten Betrages nicht übersteigt 25 . Demgegenüber w i r d freilich vereinzelt geltend gemacht 26 , die Verwendung der Uberzahlung dürfe nicht ohne weiteres als Wegfall der Bereicherung behandelt werden; der Verwaltung müsse wenigstens die Möglichkeit erhalten bleiben, m i t konkreten Behauptungen zu belegen, daß der Leistungsempfänger einen bleibenden Nutzen aus der Überzahlung gezogen hätte. Vor allem aber erstrecke sich die Alimentationspflicht, die i n erster Linie als Begründung für die Vermutung des Wegfalls der Bereicherung angeführt werde, nicht auf den überzahlten Betrag, und schließlich dürfe man nicht davon ausgehen, daß erhöhte Einnahmen auch zu erhöhten Ausgaben führten. Daß diese Einwände nicht durchdringen, hat Brandis 27 eingehend darzulegen versucht. Seine Argumentation gründet sich auf die Erwägung, daß insbesondere bei geringfügigen mehrmaligen Uberzahlungen eine uneingeschränkte RückZahlungsverpflichtung des Beamten zu untragbaren Ergebnissen führen müßte, weil man den Beamten „bestrafen" würde, verwiese man ihn nicht nur nunmehr auf seine rechtmäßigen Bezüge, sondern forderte man zusätzlich noch die erhaltenen Bezüge ohne weiteres zurück. Hier gebiete die Fürsorgepflicht eine Rücksichtnahme gegenüber dem Leistungsempfänger. Den Einwand, die Alimentationspflicht des Dienstherrn umfasse nicht die zu Unrecht gezahlten Beträge, weist Brandis 28 m i t der Begründung zurück, für den Empfänger sei diese Tatsache gerade nicht erkennbar. Bei geringfügigen einmaligen und bei größeren Überzahlungen sei allerdings zuzugeben, daß ein ersatzloser Verbrauch nicht ohne weitere 23

24

R G J W 1911, 323; RGZ83, 159.

Röbel, ZBR 1954, 299; Kretschmer,

ZBR 1959, 311/312; Schütz, DÖD 1959,

81; B V e r w G 13, 107 (110). 25 Diese Grenze w i r d i n einigen Verwaltungsanordnungen f ü r maßgeblich erklärt; vgl. Brandis, a.a.O., S. 50, v o r allem A n m . 2. 26

Insbesondere von Plog, RiA 1956, 241 (244) und Berger, BayrBZ 1959,

145 (147). 27 a.a.O., S. 51 ff. 28 a.a.O., S. 57.

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3. Teil: Der Erstattungsanspruch des Staates gegen den Einzelnen

Prüfung unterstellt werden könne, hier müsse also ein Wegfall der Bereicherung ausdrücklich nachgewiesen werden. Bei geringfügigen einmaligen Uberzahlungnn ergebe sich diese Notwendigkeit daraus, daß hier nicht von einer Steigerung der Lebenshaltung ausgegangen werden könne; bei größeren Uberzahlungen sei das deswegen geboten, w e i l hier zum einen die fiskalischen Interessen stärker i n den Vordergrund treten müßten, weil in solchen Fällen zum anderen aber auch ein größeres Maß an Verantwortung für die Uberzahlung auf den Empfänger zurückfalle, der doch i n gewissem Maße zur Nachprüfung der Rechtmäßigkeit seiner Bezüge verpflichtet sei. Es bedarf hier keiner Lösung dieser Probleme. Jedenfalls zeigt der Meinungsstreit, daß eine schlichte Anwendung des § 818 Abs. 3 BGB auf manche Vorbehalte stoßen kann. Das deutet sich auch i n zwei weiteren Fällen an, i n denen zweifelhaft sein muß, ob der Empfänger noch bereichert ist oder nicht. Dabei handelt es sich einmal darum, daß der Beamte während der Zeit Schulden getilgt hat. Hier w i r d i m allgemeinen angenommen, daß der Beamte noch bereichert sei, und zwar u m die Befreiung von seinen Verbindlichkeiten 2 9 . Etwas anderes soll aber nach der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts 30 dann gelten, wenn der Empfänger — vorausgesetzt, er habe kein eigenes Vermögen — auch ohne die Uberzahlung seine Schulden getilgt hätte. Sei dieser Fall gegeben, dann habe sich der Beamte i n seiner Lebensführung auf den — durch die Uberzahlung erhöhten — Betrag eingerichtet und somit die Uberzahlung verbraucht. So sinnvoll diese Entscheidung an sich ist, so wenig kann es andererseits überzeugen, daß derjenige, der ein gewisses eigenes Vermögen hat, bei sonst gleichen Voraussetzungen zur Rückzahlung verpflichtet sein soll. Eine ähnliche Problematik taucht auf, wenn der Empfänger während der Zeit der Uberzahlung bestimmte Beträge bei der Sparkasse eingezahlt hat. Auch hier soll die Überzahlung grundsätzlich rückforderbar sein 31 . I n einem besonderen Fall hingegen hat das Oberverwaltungsgericht Lüneburg 3 2 anders entschieden. Hier hatte der Beamte während der Zeit der Uberzahlung denselben monatlichen Betrag bei der Sparkasse eingezahlt, den er auch vorher regelmäßig einzuzahlen pflegte. Das Oberverwaltungsgericht vertrat die Auffassung, der zuviel erhaltene Betrag habe hier zu einer Erhöhung des gewohnten Lebensaufwandes geführt, er müsse m i t h i n als verbraucht betrachtet werden, so daß die Rückgewährpflicht wegen Wegfalls der Bereicherung entfiele. 29 30 31 32

Vgl. Fischbach, a.a.O., § 87 Anm. III, Brandis, a.a.O., S. 59. DVB1. 1963, 180; vgl. auch O V G Münster, Z B R 1960, 326. Fischbach, a.a.O., § 87 A n m . I I I ; Plog, R i A 1956, 244; Brandis, ZBR 1958, 173.

a.a.O., S. 58.

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Diese Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg mag zu begrüßen sein 33 , sie gibt aber gleichfalls Anlaß, daran zu zweifeln, ob §818 Abs. 3 BGB überhaupt zu sinnvollen Ergebnissen i m öffentlichen Recht führt. I n dem grundlegenden Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts 34 w i r d dieser Zweifel ausgesprochen, und er ist berechtigt. M i t welchem Grund — so muß man sich fragen — w i r d derjenige zur Rückzahlung verpflichtet, der seine zuviel erhaltenen Beträge zur späteren Verwendung seinem Sparguthaben zufügt, während der andere Beamte bevorzugt wird, der das Geld sogleich ausgibt? Die gegenwärtige Regelung räumt ungerechtfertigterweise demjenigen, der den Mehrempfang sofort verbraucht, einen Vorteil ein vor dem Besonnenen, der seinen bisherigen bescheideneren Lebensstil beibehält und u m eine planvolle Verwendung der Überzahlung bemüht ist 3 5 . Gewiß läßt sich für § 818 BGB die Erwägung anführen, daß es dem Bereicherten eben im Augenblick leichter fällt, den zu Unrecht erhaltenen Betrag zurückzuzahlen. Außer acht gelassen w i r d dabei jedoch der Umstand, daß dieser rückzahlungsfähige Leistungsempfänger vorher Enthaltsamkeit geübt hat, während dem nicht mehr Bereicherten i n dieser Zeit das i h m nicht zustehende Geld auch einen i h m nicht zustehenden Genuß eingetragen hat; für diesen müßte er nunmehr zahlen, sollte er nicht gegenüber dem Sparsamen bevorzugt werden. Die Anwendung des § 818 Abs. 3 BGB i m Beamtenbesoldungsrecht ist, wie sich zusammenfassend feststellen läßt, i n mancher Hinsicht unbefriedigend, und das Bundesverwaltungsgericht hat Recht, wenn es seine Rücknahmelehre dem am Wegfall der Bereicherung orientierten Vertrauensschutz des § 818 Abs. 3 vorzieht. Der Schutz des Leistungsempfängers, den §818 BGB gewährt, ist nicht zu weitgehend, wie Meier-Branecke glaubte, sondern er ist i m allgemeinen zu eng und w i r k t vielfach nicht zugunsten derjenigen Erstattungsschuldner, die es eher verdienten geschützt zu werden als andere, denen durch diese Vorschrift schonende Behandlung zuteil wird. Die bei der Handhabung des §818 BGB bereits angebrachten K o r rekturen sowie die nicht vermiedenen und kaum vermeidbaren Ungereimtheiten legen den Schluß nahe, daß es i m öffentlichen Recht grundsätzlich verfehlt ist, den Umfang des Erstattungsanspruchs des Staates gegen den einzelnen von diesem bürgerlich-rechtlichen Ansatz her zu bestimmen. 33

Kritisch allerdings Fischbach, § 87 A n m . I I I . B V e r w G 8, 261. 35 Derartige Zweifel w i l l offenbar auch Fischbach, Kommentar, § 87 A n m . I I I , andeuten, w e n n er von einer „ v o m ethischen Standpunkt aus gesehen, nicht gerade befriedigenden Theorie" spricht. 34

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3. Teil: Der Erstattungsanspruch des Staates gegen den Einzelnen 3. Der spezifisch bürgerlich-rechtliche Sinn des § 818 Abs. 3 BGB

Wenn man sich damit der Erkenntnis genähert hat, daß § 818 Abs. 3 BGB beim Erstattungsanspruch des Staates gegen den Bürger offenbar nicht geeignet ist, eine überzeugende Lösung der Problematik herbeizuführen, dann ist diese Einsicht durch die Feststellung zu ergänzen, daß der Sinn des § 818 Abs. 3 BGB tatsächlich ein spezifisch bürgerlichrechtlicher ist. Das ergibt sich aus folgender Überlegung. Das bürgerliche Recht, i n das diese Norm eingefügt ist, geht von gleichgeordneten Rechtssubjekten aus, die sich m i t entgegengesetzten, aber i m Prinzip gleichrangigen Interessen gegenüberstehen und die — jedes gleichermaßen autonom — dazu aufgerufen sind, ihre eigenen Interessen i m Rahmen der rechtlichen Normen gegeneinander zur Geltung zu bringen. I m Bereicherungsrecht w i r d durch § 818 Abs. 3 BGB ein Ausgleich klar entgegengesetzter Interessen versucht. Einmal gebietet das Interesse desjenigen, der ungerechtfertigterweise geleistet hat, die volle Rückgewähr dieser Leistung, zum anderen verlangt das Interesse des gutgläubigen Leistungsempfängers, daß i h m nicht plötzlich ein Vermögenswert entzogen wird, den er möglicherweise schon über einen längeren Zeitraum hinweg für sein eigen gehalten hat. I n diesem Widerstreit berechtigter Interessen hat das Bürgerliche Gesetzbuch einen für das Zivilrecht einigermaßen einleuchtenden Lösungsweg beschritten: Der Anspruchsgegner soll nicht verpflichtet sein, etwas zurückzugeben, was er gar nicht mehr zurückgeben kann. Umgekehrt soll der Anspruchsberechtigte nicht vergeblich seinen Rückforderungsanspruch geltend machen dürfen, wenn er sieht, daß sein Anspruchsgegner noch i m Besitz der ungerechtfertigten Leistung ist und die Früchte dieser Ernte genießt. Dabei ist zu beachten, daß eben dieser zuletzt genannte Gesichtspunkt entscheidend die bürgerlich-rechtliche Regelung mitbestimmt. Denn der Vertrauensschutz des Leistungsempfängers kann i m bürgerlichen Recht nicht weiter gehen als bis zu der Grenze, die § 818 Abs. 3 BGB beschreibt. Eine zivilrechtliche Vorschrift, die den Bereicherten i n noch größerem Umfange vor Rückforderungen schützen würde, wäre nicht zu billigen; denn es wäre für den Anspruchsberechtigten unerträglich, auf die Rückforderung verzichten zu müssen, wenn der Bereicherte die widerrechtlich empfangene Leistung sichtbar noch i n Händen hält. Ein derartiger Verzicht auf die Rückforderung kann i h m — und das erkennt das Bürgerliche Gesetzbuch richtig — allenfalls dann zugemutet werden, wenn der Bereicherte gar nicht mehr i n dem Genuß der Leistung ist.

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Damit w i r d offenbar, daß die Vorschrift des § 818 Abs. 3 BGB von einem erheblichen psychologischen Element beeinflußt ist. Dieses psychologische Element ist bedeutungslos bei dem Anspruchsberechtigten „Staat". Der Staat hat zwar ebenfalls ein Interesse an der Rückzahlung, er kommt aber, weil er selbst keine natürliche Person ist, nicht i n die soeben beschriebene, von seelischen Momenten bestimmte Situation. Damit entfällt i m öffentlichen Recht die Notwendigkeit und sogar die Berechtigung, den Vertrauensschutz an dem Wegfall der Bereicherung zu orientieren. Hinzu kommt eine weitere Tatsache, aus der sich i m öffentlichen Recht eine andere Ausgangslage ergibt als i m bürgerlichen Recht. Während sich — wie gesagt — i m bürgerlichen Recht gleichermaßen autonome Rechtssubjekte gegenüberstehen, die prinzipiell m i t gleichen Befugnissen und gleichen Rechtskenntnissen bewaffnet sind, findet sich i m öffentlichen Recht der schon oben angesprochene Tatbestand der einseitigen Überlegenheit des Staates. Diese Überlegenheit zeigt sich i n der beherrschenden Rechtskenntnis der Verwaltung und ihrer Befugnis, die Rechtsverhältnisse zum Bürger i m Rahmen der Gesetze selbst zu ordnen und ihnen notfalls mit Zwang tatsächliche Geltung zu verschaffen. Angesichts dieser Tatsache w i r d man sich der Einsicht nicht verschließen können, daß der Vertrauensschutz i m öffentlichen Recht weiter gehen muß als i m bürgerlichen Recht. „Wenn der Staat", so bemerkt W. Thieme 36 treffend, „bei der Durchsetzung der Verwaltungsakte für sich i n Anspruch nimmt, daß die Verwaltungsakte eine Vermutung der Richtigkeit für sich haben, sollte er diese Vermutung auch gegen sich gelten lassen, wenn es um die Frage der Rückforderung überzahlter Leistungen geht". 4. Folgerungen und Ergebnisse a) Allgemeines W i l l man von diesen Feststellungen aus positiv klären, i n welchem Umfang unrechtmäßig empfangene Leistungen zu erstatten sind, dann ist dies nicht ohne einen Rückgriff auf das Erstattungsprinzip selbst möglich. Der Erstattungsanspruch dient — wie oben dargelegt war — der Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes. Dabei w i r d vorausgesetzt, daß die gesetzmäßige Vermögensverteilung grundsätzlich wiederherstellbar ist. I n der Praxis setzt aber jede Vermögensverschie30

W. Thieme, Referat auf dem 45. Dt. Juristentag, 1964, Bd. I I , T e i l H , S. 34.

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3. Teil: Der Erstattungsanspruch des Staates gegen den Einzelnen

bung auch Tatsachen, die einer echten Rückgängigmachung entgegenstehen. Würde man den Leistungsempfänger rigoros zur Erstattung der gesamten empfangenen Leistung verpflichten, so würde i h m vielfach mehr genommen als i h m gegeben worden war. Für i h n wäre dann der gesetzmäßige Zustand nicht wiederhergestellt, und das Erstattungsprinzip hätte seinen Sinn verfehlt. Aus dieser Erwägung rechtfertigt sich die Begrenzung der Rückgewährpflicht des gutgläubigen Bereicherungsschuldners i m bürgerlichen Recht auf dasjenige, was der Bereicherte zurückgeben kann, w e i l er es noch i n Händen hat. Damit w i r d für den Schuldner wenigstens annäherungsweise der Zustand wiederhergestellt, der bestanden hätte, wenn er die Bereicherung nicht erlangt hätte; nur annäherungsweise deswegen, w e i l sich der gutgläubige Empfänger, auch wenn er die Leistung noch nicht verbraucht hat, doch jedenfalls darauf eingerichtet haben wird, daß i h m das Erlangte zusteht, indem er Dispositionen getroffen hat usw. Daß dies i m bürgerlichen Recht außer Betracht gelassen werden muß, hat den oben beschriebenen psychologischen Grund. Da dieser für das öffentliche Recht — bei dem Erstattungsgläubiger „Staat" — keine Rolle spielt, entfällt die Notwendigkeit, den Mindestumfang des Erstattungsanspruchs m i t der noch vorhandenen Bereicherung anzugeben. Das öffentliche Recht kann daher i n dem Bemühen, den gesetzmäßigen Zustand auch i n einem praktischen Verstände (wieder-)herzustellen, flexibler sein. Der Staat ist weniger auf die vollständige Wiederherstellung seiner früheren, dem Gesetz entsprechenden Vermögensposition angewiesen. Er ist aber auch nicht einmal berechtigt, auf einer solchen uneingeschränkten Wiederherstellung gerade seiner Vermögensposition auf Kosten des Erstattungsschuldners zu beharren. Denn zu dessen Gunsten w i r k t die Tatsache, daß ein Empfänger öffentlicher Leistungen grundsätzlich auf die Rechtmäßigkeit der i h m gewährten Zuwendung vertraut. Das gilt nicht nur für das hier ausführlich behandelte Beamtenrecht. Die Situation ist keine andere i m Sozialrecht 37 und i m Subventionsrecht 38 . Auch Sozialleistungs- und Subventionsempfänger sind i n aller Regel nicht i n der Lage, die vielfach sehr verwickelten Subsumtionen nachzuvollziehen, die zur Leistungsgewährung geführt haben. Häufig erfordert die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Leistung hier auch noch 37 Vgl. dazu insbesondere W. Thieme, Referat auf dem 45. Dt. Juristentag, 1964, Bd. I I , T e i l H , S. 9 ff.; Lehmann-Grube, Der Rückforderungsanspruch i m Sozialrecht. 38 Vgl. vor allem H. P. Ipsen, öffentliche Subventionierung Privater, S. 89 ff. ; Götz, Recht der Wirtschaftssubventionen, S. 53 ff.

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die Durchleuchtung einer Ermessensentscheidung der Verwaltung, was die Kontrolle durch den einzelnen zusätzlich erschwert 39 . Beamtenrecht, Sozialrecht und Subventionsrecht gleichen sich aber vor allem auch darin, daß die jeweils gewährten Leistungen alsbald verbraucht oder mindestens sehr schnell „verplant" werden. Das ist beim Beamtengehalt evident; bei den Sozialleistungen folgt es daraus, daß sie i m allgemeinen einem akuten Notstand abhelfen sollen; und der Zweck der Subvention ist meistens gerade darauf gerichtet, daß m i t ihr sogleich gewirtschaftet wird 4 0 . Alle Empfänger öffentlicher Leistungen sind also i n der gleichen peinlichen Lage, einerseits die Rechtmäßigkeit der Zuwendung nur schwer überprüfen zu können, andererseits aber das Empfangene alsbald verbrauchen oder verplanen zu müssen. Diesem Umstand muß dadurch Rechnung getragen werden, daß jedenfalls der gutgläubige Schuldner möglichst so zu stellen ist, wie er stände, wenn er keine ungerechtfertigten Leistungen erhalten hätte. Wenn sich der gesetzmäßige Zustand der Vermögensverteilung ohnehin nicht mehr i m reinen Sinne wiederherstellen läßt, so dürfen doch die notwendigen Abstriche nicht bei dem Leistungsempfänger vorgenommen werden, der an der rechtswidrigen Vermögensverschiebung unschuldig ist. Vielmehr ist dann dafür Sorge zu tragen, daß wenigstens für den einzelnen der gesetzmäßige Zustand hergerichtet wird. Aus der Perspektive des Bürgers ist der gesetzmäßige Zustand hergestellt, wenn er durch die Erstattung nicht besser, aber auch nicht schlechter gestellt wird, als er ohne die Gesetzesverletzung gestanden hätte. Natürlich kann dies aber nur insoweit gelten, als der einzelne nicht selbst an der Gesetzesverletzung Schuld trägt, indem er sich etwa durch unwahre Angaben Leistungen erschlichen hat 4 1 . Jedoch muß das „Rechtsanwendungs-Risiko" i m wesentlichen von der für die Rechtsanwendung verantwortlichen Verwaltung getragen werden 42 . Das bedeutet keine Aushöhlung des i m Grundsatz unverrückbaren Erstattungsprinzips. A u f „erhebliche Gefahren für Gesetzmäßigkeit und Gleichmäßigkeit der Verwaltung" glaubt allerdings Götz 43 hinweisen zu 39 Das „subventionäre" Ermessen akzentuiert H.P.Ipsen, W D S t R L , Heft 25 (1967), S. 257 ff., S. 305, Leitsätze 8 u n d 9. 40 Z u den Subventionszwecken siehe H. P. Ipsen, öffentliche Subventionierung Privater, S. 45 ff. 41 B V e r w G 25, 72; 32, 6 (9); H.P.Ipsen, a.a.O., S. 97 (Erschleichung v e r lorener Zuschüsse i m Subventionsrecht); über Erschleichungs-Tatbestände i m Sozialrecht berichtet Haueisen, DVB1. 1969, 709 (712). 42 Vgl. Götz, a.a.O., S. 53. « a.a.O., S. 53/54.

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3. Teil: Der Erstattungsanspruch des Staates gegen den Einzelnen

sollen. Diese Gefahr sei bei der Wirtschaftssubventionierung besonders groß; denn die Verwaltung habe es bei den Subventionen oft nur m i t einer überschaubaren Zahl Betroffener zu tun, und sie werde gelegentlich dazu neigen, individuellen Besonderheiten nachzugeben. Sie habe dann die Möglichkeit, irreversibel die Bestimmungen über die Subventionsvergabe „großzügig" anzuwenden. Das mag i n gewissem Maße richtig sein. Jedoch könnte dieser Gefahr auch anders, etwa durch größere Präzision der Subventionsnormen 44 begegnet werden. Selbst Götz 45 räumt ein, daß diese Gefahr es jedenfalls nicht rechtfertigt, „der subventionierten Wirtschaft den für unser Rechtsdenken so charakteristischen und grundlegenden Vertrauensschutz zu versagen". I m übrigen darf aber auch die Gefahr der Verdrängung des Erstattungsanspruchs durch Erwägungen des Vertrauensschutzes nicht überschätzt werden. Denn immerhin verdient der Erstattungsschuldner schonende Behandlung nur dann, wenn (und soweit) er der Rechtmäßigkeit der Leistung ein entsprechendes Vertrauen wirklich entgegengebracht hat. So entsteht der Erstattungsanspruch i n voller Höhe, wenn der Leistungsempfänger die rechtswidrige Leistung selbst verschuldet 46 oder Kenntnis von der Rechtswidrigkeit gehabt hat 4 7 . Ferner w i r d man von dem Leistungsempfänger natürlich i n gewissem, wenn auch bescheidenem Umfang durchaus eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit erwarten dürfen. Das gilt weniger dort, wo den einzelnen ein förmlicher Bewilligungsbescheid 48 erreicht hat, es gilt mehr i n den Fällen „schlichter" Leistungsgewährung und hier wiederum besonders dann, wenn die Leistung i m Widerspruch zu einem vorher ergangenen rechtmäßigen Verwaltungsakt steht. Schließlich ist zu beachten, daß selbst der gutgläubige Bürger, der volles Vertrauen i n die Rechtmäßigkeit der Zuwendung setzen durfte, 44

45 46

Deren Mangel an Präzision kritisiert Götz, a.a.O., S. 54.

Götz, a.a.O., S. 54.

Dasselbe gilt dann, w e n n der Leistungsempfänger der B e w i l l i g u n g später durch zweckwidrige Verwendung des Erlangten (insbesondere einer zweckgebundenen Subvention) die Grundlage entzieht u n d die V e r w a l t u n g damit zur Rücknahme des Bewilligungsbescheides veranlaßt, vgl. BVerwG, D Ö V 1969, 394. 47 Die von Götz, a.a.O., S. 53, zitierte Entscheidung B V e r w G 20, 295 ff. behandelt gerade einen F a l l der arglistigen Täuschung über die Voraussetzungen der Subventionierung. 48 Ob ein besonderer Vertrauensschutz auch dann anzuerkennen ist, w e n n die Leistung auf einem rechtswidrigen öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhte, ist Gegenstand des Streits. Bejahend: Götz, JuS 1970, 1 (5); Haueisen, N J W 1969, 122; BSG 26, 210; N J W 1968, 176 (wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts w i r k s a m gewesen wäre). Dagegen m i t gewichtigen Gründen Renck, N J W 1970, 737 ff.

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damit allein noch nicht von jeder Erstattungspflicht freigestellt ist. Wenn er sein Vertrauen bis zum Zeitpunkt der Rückforderung überhaupt noch nicht betätigt 4 9 und sich i n keiner Weise auf das Behaltendürfen eingerichtet hat, ist es unbedenklich, i h n auf die Erstattung der gesamten Leistung zu verpflichten. N u r darf nicht — das sei nochmals hervorgehoben — der bloße Verbrauch des Empfangenen ausschlaggebend für den Schutz des Erstattungsschuldners sein. Ein Unternehmer, der seine Kalkulation i m Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit einer empfangenen Subvention eingerichtet hat, ist auch dann schützenswert, wenn er den erhaltenen Betrag noch nicht ausgegeben hat 5 0 . Alles dies macht deutlich, daß vor der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs i n jedem Einzelfall sorgfältig zu klären ist, ob u n d i n welchem Umfang der Erstattungsschuldner Schutz verdient. Das mag gelegentlich mühselig sein, ist aber unvermeidbar, wenn man nicht durch rigorose Rückforderungen oder schematische Gewährung des Vertrauensschutzes die berechtigten Interessen des Bürgers oder des Staates schwer verletzen möchte. Wenn aber i n jedem Einzelfall solchermaßen die Interessen gegeneinander abzuwägen sind, dann ist verständlich, daß für diese Abwägung über das bisher Gesagte hinaus kaum konkrete Richtlinien aufgestellt werden können. Darum seien nur einige ergänzende Hinweise angefügt. b) Leistungen auf Grund rechtswidrigen

Verwaltungsakts

Bei den Leistungen auf Grund rechtswidrigen Verwaltungsakts bleibt der allgemein anerkannten Rücknahmelehre des Bundesverwaltungsgerichts wenig hinzuzufügen. Die obenstehenden Darlegungen bestätigen i m wesentlichen die mittlerweise gefestigte Rechtsprechung, soweit sie sich richtigerweise über § 818 Abs. 3 BGB hinweggesetzt hat. Dabei ist die Geltung dieser Rücknahmelehre keineswegs auf das Beamtenrecht beschränkt. Sie gilt allgemein und insbesondere auch beispielsweise für die Gebiete des Lastenausgleichs 51 und der W i r t schaftssubventionen 52 . I m Sozialrecht werden i m wesentlichen die gleichen Ergebnisse erzielt 5 3 . Hier ist die Situation nur insofern eine etwas andere, als § 77 SGG u n d § 1744 RVO für einen Teilbereich des Sozialrechts den Vertrauensschutz dahin verabsolutieren, daß sie die Rück49 Daß ein Vertrauen i n die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts n u r dann schützenswert ist, wenn es bestätigt wurde, hat das B V e r w G 17, 335; 24, 294 m i t Nachdruck hervorgehoben. 50 Bedenklich deswegen B V e r w G 20, 295 ff. (Eiersubventionen), wo § 818 Abs. 3 BGB für maßgeblich erachtet wird. Richtig aber Götz, a.a.O., S. 54. 51 B V e r w G 6 , I f f . ; 10, 64ff.; 13, 28ff.; DVB1. 1964, 751. 52 Vgl. Götz, a.a.O., S. 53 ff. 53 Vgl. dazu die ausführlichen Darlegungen von W. Thieme, Referat auf dem 45. Dt. Juristentag, S. 9 ff.

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3. Teil: Der Erstattungsanspruch des Staates gegen den Einzelnen

nähme des Verwaltungsakts vollständig ausschließen64. Demgegenüber kennt das Sozialrecht indessen auch einige spezielle gesetzliche Regelungen — § 62 BVG, §§ 41, 42, 47 VerwVerfG (KOV) §§ 151, 152 AFG 5 5 —, die umgekehrt die Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsakts gebieten, jedoch die Rückforderungsmöglichkeit zugunsten des Erstattungsschuldners einschränken. Diese zweite Besonderheit w i r f t die Frage auf, ob derartige Regelungen nicht überhaupt sinnvoller sind. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt den Vertrauensschutz bei der Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsakts, ist sich aber offenbar nicht sicher, ob nicht doch nach Entscheidung dieser Frage nochmals die Anwendung des Rechtsgedankens des § 818 Abs. 3 BGB zu prüfen sei 56 . Das würde natürlich zu einer mißlich erscheinenden Verdoppelung des Vertrauensschutzes führen 5 7 . Derartige Schwierigkeiten würden vermieden, wenn man i m Sinne der oben zitierten Regelungen verfahren würde. So hat auch Wirth 58 vorgeschlagen, die Rücknahme des Verwaltungsakts von Vertrauensschutzerwägungen freizuhalten, aber den Umfang der Rückgewährpflicht von dem Grad des schützenswerten Vertrauens abhängig zu machen. Dieser Vorschlag klingt einfach und einleuchtend; bei näherem Zusehen jedoch zeigen sich Schwächen. Wie Wirth selbst hervorhebt, kommt es darauf an, worauf sich das Interesse des einzelnen richtet. I n Beantwortung dieser Frage stellt Lehmann-Grube 59 zutreffend heraus, das Interesse des Bürgers sei keineswegs nur darauf gerichtet, keinen wirtschaftlichen Schaden zu erleiden; vielmehr sei er durchaus auch an der Feststellung interessiert, „daß die Leistung, die er empfangen hatte, i h m gebührte" 60 . Der Bürger vertraue nicht nur auf die Beständigkeit der wirtschaftlichen Vorteile, die er durch den Verwaltungsakt erlangt habe, sondern auch auf deren Rechtmäßigkeit 61 . 54 Ob dieser Rücknahmeausschluß i m H i n b l i c k auf das besondere vorhergehende Feststellungsverfahren zu akzeptieren ist oder nicht doch der K o r r e k t u r durch allgemeine (höherrangige?) „Abwägungsgrundsätze" bedarf, ist ein hier nicht auszubreitendes Spezialproblem; vgl. dazu insbesondere W. Thieme, a.a.O., S. 15 ff., u n d Wertenbruch, D Ö V 1969, 593 (605/606), m i t allen nötigen Nachweisen. 55 Arbeitsförderungsgesetz v o m 25.6.1969 (BGBl. I S. 582); vorher enthielt § 185 A V A V G eine ähnliche Regelung. 66 Zweifelnd B V e r w G 6, 323 (327), m i t Nachweisen. 57 I m Beamtenbesoldungsrecht ist dies allerdings k r a f t der zwingenden Vorschrift des § 87 Abs. 2 B B G unvermeidlich.

58

59

60 81

Wirth-Dürig,

a.a.O., S. 60.

DÖV 1960, 173.

Lehmann-Grube, a.a.O., S. 60. Lehmann-Grube, a.a.O., S. 60.

I. Der Umfang des Erstattungsanspruchs

67

Führt man sich dies vor Augen, so w i r d man eher geneigt sein, der Rücknahmelehre doch den Vorzug zu geben. Dann sieht man sich allerdings wieder auf die Frage zurückgeworfen, ob i m Falle einer unter Beachtung aller Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes vollzogenen Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts außerdem noch ein weiterer Vertrauensschutz bei der Rückforderung beachtet werden soll. Diese Frage beantwortet sich i m wesentlichen von selbst damit, daß i n aller Regel für einen doppelten Vertrauensschutz ohnehin die Voraussetzungen fehlen. Bei der Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte finden bereits alle relevanten Aspekte des Einzelfalls Beachtung. Wenn sie zu dem Ergebnis führen, der Verwaltungsakt sei zurückzunehmen, w i r d kaum eine Grundlage für Vertrauensschutzerwägungen vorhanden sein 62 . Immerhin mögen sich m i t einiger Phantasie Fälle vorstellen lassen, i n denen zwar eine Rücknahme des Verwaltungsakts nach allgemeinen Grundsätzen geboten erscheint, aber dennoch die Rückforderung der vollen Leistung eine unbillige Härte bedeutete. Hier sollte an dem Grundsatz des starren Entweder/Oder nicht gegen bessere Einsicht i n die Sache festgehalten werden. Zwei Lösungen bieten sich an: Entweder w i r d der Verwaltungsakt nur insoweit zurückgenommen, als auch eine Rückforderung vertretbar ist, oder man trägt — nach zunächst verweigertem Vertrauensschutz — nun bei zweiter Prüfung auf der Rückforderungsebene berechtigten Interessen des Erstattungsschuldners Rechnung. Der zweiten Lösungsmöglichkeit können weder aus logischen noch aus ästhetischen Gründen Bedenken entgegengesetzt werden. Jedoch ist vor allem m i t Rücksicht auf die Argumentation Lehmann-Grubes der ersten Alternative hier der Vorzug zu geben. Daß die teilweise Rücknahme eines bewilligenden Verwaltungsakts grundsätzlich zulässig ist, unterliegt keinem Zweifel 6 3 . Dann steht aber auch nichts entgegen, den Verwaltungsakt nur insoweit zurückzunehmen, als auch eine Rückforderung gerechtfertigt ist. c) Sonstige

Leistungen

Bei den „schlichten" Leistungen 64 , die nicht auf Grund eines Verwaltungsakts gewährt worden sind, gelten die eingangs (unter 4a) angedeuteten Grundsätze. 62 63 64

(711).

5*

Ossenbühl, DVB1. 1967, 246 (254). Vgl. n u r neuestens BSG 29, 6. Neuere sozialrechtliche Beispiele hierfür bei Haueisen,

DVB1. 1969, 709

68

3. Teil: Der Erstattungsanspruch des Staates gegen den Einzelnen

Gegenüber dem Vertrauensschutz, den die Rücknahmelehre gewährt, ist hier natürlich das Fehlen des Verwaltungsakts zu beachten und zu berücksichtigen. Der begünstigende Verwaltungsakt ist i n der Regel das Ergebnis eines Subsumtionsprozesses, einer bewußten Rechtsanwendung durch einen rechtskundigen Verwaltungsbeamten; deswegen darf dem Verwaltungsakt i n höherem Maße Vertrauen entgegengebracht werden als einer bloßen Auszahlung. Dieser Unterschied hat aber nur darin seinen Ausdruck zu finden, daß dem Leistungsempfänger i n diesem zweiten Fall ein geringerer, nicht aber ein andersartiger Schutz zu gewähren ist. Denn auch i n die Richtigkeit dieses schlichten Leistungsaktes setzt der Leistungsempfänger Vertrauen; und i n dem Maße, i n dem er auf seine Richtigkeit vertraut und vertrauen darf, ist er auch zu schützen. Daß hier keine prinzipiell andersartigen Erwägungen anzustellen sind als bei der Rücknahme von Verwaltungsakten, hat Lehmann-Grube 85 i m Hinblick auf das Sozialrecht gleichfalls hervorgehoben. Auch beim Erstattungsanspruch infolge schlichter unrechtmäßiger Leistungen sei abzuwägen zwischen dem öffentlichen Interesse der Allgemeinheit an der Wiederherstellung der dem Recht entsprechenden Vermögenslage und dem Interesse des einzelnen, der auf den Bestand und die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen des Staates vertraut habe 68 . I n eingehenden Untersuchungen des Erstattungsanspruchs i m Sozialrecht — Sozialversicherung, Kriegsopferversorgung, Arbeitslosenversicherung, Lastenausgleich und Sozialhilfe — kommt Lehmann-Grube 87 zu dem Ergebnis, daß allgemein die Tendenz bestehe, den Einwand der fortgefallenen Bereicherung nicht zuzulassen, ungerechte Ergebnisse aber durch die Heranziehung der Grundsätze von Treu und Glauben zu vermeiden. Hieran sei unrichtig, daß man bei der Lösung des Problems zunächst die Frage der Anwendbarkeit des § 818 Abs. 3 BGB entscheide, die sich so gar nicht stelle; denn es gehe einfach darum, daß der Staat ein Interesse an der Erstattung und der Leistungsempfänger ein Interesse daran habe, daß die wirtschaftliche Position, die er durch die Leistung erlangt habe, nicht verändert werde, daß er jedoch mindestens nicht schlechter gestellt werde, als er ohne die zu Unrecht gewährte Leistung dagestanden hätte. Diese Interessen müßten also gegeneinander abgewogen werden. Bei einer Fragestellung jedoch, ob ein Fortfall der Bereicherung den Rückforderungsanspruch ausschließe oder nicht, sei 65 66 67

a.a.O., S. 51. Lehmann-Grube, Lehmann-Grube,

a.a.O., S. 51. a.a.O., S. 50.

II. Die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs

69

für eine Abwägung verschiedener Gesichtspunkte kein Raum mehr 6 8 . I m Resultat trifft sich Lehmann-Grube also m i t dem hier gefundenen Ergebnis. Für die Abwägung i m einzelnen ist, wie schon vermerkt, i n erster Linie darauf zu achten, daß der Erstattungsschuldner nach Möglichkeit nicht schlechter gestellt wird, als er ohne die ungerechtfertigte Leistung gestanden hätte. Bei dieser Abwägung w i r d man verschiedene Gesichtspunkte besonders beachten müssen, so vor allem die Erkennbarkeit der Unrichtigkeit der Leistung, also das Vertrauen, das der einzelne i n die Richtigkeit der Leistung setzen durfte; ferner ist die Zeitdauer der Überzahlung ein Faktor für die Bemessung des Vertrauensschutzes; auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners dürften eine Rolle spielen, jedenfalls sofern sie eine Rückforderung nicht vertretbar erscheinen lassen 69 . Ein Gesichtspunkt soll nach Lehmann-Grube 70 auch der Wegfall der Bereicherung sein. Hier ist indessen Vorsicht geboten. Wie oben dargelegt wurde, ist derjenige, der das Empfangene noch nicht verbraucht hat, keineswegs weniger schützenswert als der, dessen Bereicherung weggefallen ist. Daß schließlich derjenige Leistungsempfänger, der die ungerechtfertigte Leistung verschuldet hat oder von der Unrichtigkeit Kenntnis hatte, keinen Vertrauensschutz genießt, ist selbstverständlich. I n den Fällen des „Kennenmüssens" bzw. der grobfahrlässigen Unkenntnis allerdings, i n denen § 47 Abs. 2a V w V G (KOV) und § 152 Abs. 1 Nr. 2 A F G 7 1 den Leistungsempfänger ebenfalls zur Rückzahlung verpflichten, w i r d doch i m Einzelfall zu prüfen sein, ob dem Schuldner die Erstattung zugemutet werden kann.

II. Die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs 1. Die Problematik A u f welche A r t und Weise die Verwaltung ihre Erstattungsansprüche gegen den Schuldner geltend machen und durchsetzen kann, ist Gegenstand des Streits. Schon vor fünfzehn Jahren hatte die Frage zu einer Kontroverse geführt zwischen Haueisen, der die Verwaltung für berechtigt erklärte, 68

Lehmann-Grube, a.a.O., S. 51. Vgl. §47 Abs. 2 b V w V G (KOV); §152 Abs. 1 A F G (ebenso w i e vorher §185 Abs. 2 A V A V G ) ; ähnlich Lehmann-Grube, a.a.O., S. 52. 70 a.a.O., S. 52. 71 Vormals ähnlich § 185 Abs. 2 Nr. 2 A V A V G . M

70

3. Teil: Der Erstattungsanspruch des Staates gegen den Einzelnen

den Erstattungsanspruch durch Leistungsbescheid und Verwaltungsvollstreckung durchzusetzen 72 , und v. Altrock, der die Verwaltung zur Geltendmachung ihrer Erstattungsansprüche auf den Weg der gerichtlichen Klage verwies 73 . Nachdem vorübergehend eine Beruhigung der Diskussion eingetreten war, hat das Problem i n jüngster Zeit wieder an Aktualität gewonnen. Es scheint nämlich i n die heute sehr umstrittene allgemeine Frage einzumünden, ob die Verwaltung überhaupt befugt ist, ihre Ansprüche selbst durchzusetzen, wenn das Gesetz dies nicht ausdrücklich zuläßt 74 . Die Problematik der Durchsetzbarkeit öffentlich-rechtlicher Forderungen der Verwaltung durch Leistungsbescheide ist unter einer Vielfalt von Aspekten beleuchtet worden; Löwenberg hat ihr eine ganze Monographie gewidmet. Das Problem läßt sich m i t Bachof 5 jedoch auf die eine Frage reduzieren, ob der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes auch für die A r t und Weise des Eingriffs i n Freiheit und Eigent u m gilt. Nach der Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes bedürfen Eingriffe des Staates i n Freiheit und Eigentum stets der gesetzlichen Grundlage, der „Eingriffsermächtigung" 7 ®. Ob nach dieser Lehre „die Zuerkennung eines materiell-rechtlichen Anspruchs an die Verwaltung die Befugnis (impliziert), diesen Anspruch durch Erlaß eines Verwaltungsaktes geltend zu machen und sich auf diese Weise einen vollstreckbaren Titel zu verschaffen" 77 , ist die entscheidende Frage. Die Beantwortung dieser Frage ermöglicht grundsätzlich nicht der gelegentlich anzutreffende schlichte Hinweis auf das Verwaltungsvoll72

N J W 1954, 979 u n d N J W 1955, 212. N J W 1954, 1634. 74 Löwenberg macht i n seiner umfangreichen Studie, Die Geltendmachung v o n Geldforderungen i m Verwaltungsrecht, keinen Unterschied zwischen E r stattungs- u n d sonstigen Ansprüchen; den Zusammenhang zwischen beiden Fragen heben ausdrücklich hervor: Henrichs, N J W 1964, 2366 (2367), N J W 1965, 458 (459), u n d Bachof, Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht, Verfahrensrecht, Bd. I I , S. 23 ff. (Nr. 18, 19). 73

75 Bachof, Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht, Verfahrensrecht, Bd. I I , S. 23 (Nr. 18). 76 A n diesem Erfordernis w i l l auch die These Vogels nicht rütteln, nach der die Lehre v o m Vorbehalt des Gesetzes aufzugeben ist; die Notwendigkeit einer gesetzlichen Ermächtigung ergebe sich nämlich heute unmittelbar aus den Grundrechtsartikeln, auf dem Wege über die Anerkennung „indirekter Eingriffe" ( B V e r w G 13, 185; 18, 12); der sogenannte Vorbehalt des Gesetzes sei somit n u r noch ein Anwendungsfall der B i n d u n g der V e r w a l t u n g an Gesetz u n d Verfassung, des „principe de légalité" ( W D S t R L , Heft 24, S. 180/181, Leitsatz Nr. 4). Vogel negiert also auf jeden F a l l nicht das Erfordernis der gesetzlichen Eingriffsermächtigung. 77

Bachof, a.a.O., S. 23/24 (Nr. 18).

II. Die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs

71

streckungsgesetz vom 27. A p r i l 195378. Denn dieses Gesetz eröffnet zwar die Möglichkeit der Verwaltungsvollstreckung i n öffentlich-rechtliche Geldforderungen, es setzt aber voraus, daß der Anspruchsberechtigte überhaupt befugt ist, seinen Anspruch mittels eines Verwaltungsakts zu individualisieren. Ansprüche, die als Parteistreitigkeit zu verfolgen sind, fallen nämlich ausdrücklich nicht unter das Verwaltungsvollstreckungsgesetz (vgl. § 1 Abs. 2 VwVG). Ob eine Sache aber der hoheitlichen Regelungsbefugnis der Verwaltung unterliegt oder ob sie als Parteistreitigkeit aufzufassen ist, läßt sich dem Verwaltungsvollstrekkungsgesetz nicht entnehmen 79 . Wenn daher i n der allgemeinen Diskussion dieses Gesetz m i t Recht außer acht gelassen wird, so ist es doch i m Hinblick auf den Erstattungsanspruch nicht gänzlich ohne Aussagekraft. Zwar beantwortet es nicht die Frage, ob i m Falle einer hoheitlichen Leistungsgewährung auch das Erstattungsverhältnis als ein hoheitliches anzusehen und der Erstattungsanspruch des Staates durch einen Verwaltungsakt geltend gemacht werden kann; aber wenn das Leistungsverhältnis nicht hoheitlich war und sich die Verwaltung zu dem Bürger auf die Ebene der Gleichordnung begeben hat, dann stehen sich von Anfang an gleichberechtigte Parteien gegenüber, deren Streitigkeiten eben Parteistreitigkeiten i m Sinne des § 1 Abs. 2 V w V G sind. Das gilt für den öffentlich-rechtlichen Vertrag, der insbesondere i m Subventionsrecht vielfach die Grundlage öffentlich-rechtlicher Leistungen bildet 8 0 . Für diesen Vertrag ist kennzeichnend, daß der Bürger an der inhaltlichen Ausgestaltung des Subventionsverhältnisses mitbestimmend beteiligt ist 8 1 . Das sich solchermaßen ausdrückende Koordinationsverhältnis 8 2 zwischen Verwaltung und einzelnem verflüchtigt sich nicht m i t der Erfüllung des Vertrages, w e i l der Vertrag als Grundlage für das Behaltendürfen der empfangenen Leistung fortwirkt. Wenn also 78 BGBl. I S. 157. A u f dieses Gesetz beziehen sich: Haueisen, NJW 1956, 1457, 1458; V G H Kassel, DVB1. 1963, 555, 556; V G H München, DVB1. 1960, 176, 177. 79 BVerwG, DÖV 1969, 394 (395); Rupp, DVB1. 1963, 577; Menger, VerwArch. 1966, 80; Löwenberg, a.a.O., S. 62/63. 80 Soweit das positive Subventionsrecht nichts über die Rechtsnorm der Subventionierung kundgibt, bietet sich der öffentlich-rechtliche Vertrag als zweckmäßigste Gestaltungsform an, H.P.Ipsen, V V D t R L , Heft 25 (1967), S. 257 ff., 299/300. Ebenso Rüfner, Formen öffentlicher Verwaltung, S. 377. 81 Vgl. H. P. Ipsen, öffentliche Subventionierung Privater, S. 70. 82 I m Verhältnis der Koordination m i t der Verwaltung steht die der Verwaltungshoheit unterworfene Privatperson, auch wenn der Vertrag „subordinationsrechtlich" genannt w i r d ; der Vertrag leitet gerade von der Subordination zur rechtlichen Koordination über. Vgl. zum öffentlich-rechtlichen Vertrag i m allgemeinen den Überblick von Götz, JuS 1970, I f f . , m i t u m fassenden Nachweisen.

72

3. Teil: Der Erstattungsanspruch des Staates gegen den Einzelnen

dieser Vertrag sich später als von Anfang an ungültig erweist 8 3 oder wenn er auf Grund nachfolgender Vertragsverletzungen die von der Verwaltung erbrachte Leistung nicht mehr zu stützen vermag, dann löst sich ein Gleichordnungsverhältnis auf, das die Verwaltung nicht durch einseitigen Rückforderungsbescheid zum Erlöschen bringen darf. Daß hier ein typischer Fall des Parteistreites gegeben ist, hat H. P. Ipsen zutreffend bemerkt 8 4 . A u f die Ebene der Gleichordnung scheint sich die Verwaltung auch dann zu begeben, wenn sie sich privatrechtlicher Handlungsformen bedient. Oft handelt es sich hier indessen u m rein fiskalische Tätigkeiten, die ausschließlich den Normen des Privatrechts unterliegen 85 . Sofern allerdings m i t privatrechtichen M i t t e l n echte Verwaltungstätigkeit ausgeübt wird, kann zweifelhaft sein, ob die gewählte zivile Rechtsform maßgebend sein soll oder ob die von der Verwaltung beabsichtigte öffentliche Zielsetzung den Rechtscharakter der staatlichen Zuwendung zu bestimmen hat. I m Subventionsrecht lehrt die Zweistufentheorie 8 ®, daß der subventionierende Darlehens- oder Bürgerschaftsvertrag zwar zivilrechtlich sei, daß aber die Entscheidung über das „Ob" der Subventionierung dem öffentlichen Recht angehöre. Dagegen hat neben anderen Götz 87 polemisiert; er hält die Zweistufenlehre für ein heute fast n u r noch lästiges Theorem. Es sei überflüssig, dem zivilen Rechtsgeschäft — Darlehen, Bürgschaft, K a u f — eine öffentlich-rechtliche Stufe vorzuschalten, w e i l das bürgerliche Rechtsgeschäft ein durchaus legitimes und geeignetes M i t t e l zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben sei. Deswegen bestehe keine Notwendigkeit, der öffentlichen Zielsetzung der Subventionierung dadurch Rechnung zu tragen, daß eine dem Zivilrechtsgeschäft vorgeschaltete öffentliche Stufe „konstruiert" werde. Dem ist zu entgegnen, daß auch vom Standpunkt der Zweistufenlehre aus die Berechtigung u n d Eignung der bürgerlich-rechtlichen Handlungsform bei der Erfüllung öffentlicher Verwaltungsaufgaben nicht i n Zweifel gezogen wird. Die „Konstruktion" eines die Subventionierung 83 Die Nichtigkeit des Vertrages regeln §45 des Entwurfs eines V e r w a l tungsverfahrensgesetzes v o n 1963 u n d §126 SchlHLVwG. Eingehend hierzu

Haueisen, NJW 1969, 122 ff., und Götz, a.a.O., S. 5, sowie neuestens Renck,

N J W 1970, 737 ff. 84 H. P. Ipsen, öffentliche Subventionierung Privater, S. 98; vgl. auch B V e r w G 30,65 (Klage der Bundespost aus einem „Fernmeldeaspirantenvertrag" auf Erstattung v o n Förderungsmitteln bei vorzeitigem Ausscheiden des Geförderten). 85

86

Wolff,

Verwaltungsrecht I, § 23.

Vgl. H. P. Ipsen, öffentliche Subventionierung Privater, S. 64 ff. 87 Götz, Recht der Wirtschaftssubventionen, S. 56 ff.; vorsichtiger: Rüfner, a.a.O., S. 372 ff.

II. Die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs

73

bewilligenden oder ablehnenden Verwaltungsakts nimmt nur Rücksicht auf die Tatsache, daß „die Entscheidung über die Teilhabe des Einzelnen an der Subventionsmasse" eine Hoheitsentscheidung ist 8 8 . Wenn Götz diese Konstruktion „lästig" findet, so ist i h m zwar einzuräumen, daß eine solche Verschränkung öffentlichen und privaten Rechts eine gelegentlich schwer durchdringbare Kompliziertheit der Rechtsverhältnisse bedingt. Jedoch sind derartige Schwierigkeiten nicht das Produkt der Zweistufenlehre, sondern sie liegen i n der Sache selbst. Wenn aber ein Verwaltungsakt dem zivilrechtlichen Vertrag vorausgeht 89 , dann besteht zwischen der Subventionsverwaltung und dem Privaten auch kein Verhältnis reiner Gleichordnung. Zwar vollzieht sich die Subventionierung — rechtstechnisch — i m Rahmen des bürgerlichen Rechts, das gleichgeordnete Rechtssubjekte voraussetzt; aber dieser Vollzug beruht eben auf der Grundlage eines Hoheitsaktes. Die Verwaltung kann daher — unbeschadet der Möglichkeiten, auf den zivilrechtlichen Vertrag m i t zivilrechtlichen Mitteln einzuwirken 9 0 — dem ganzen Vertragsverhältnis durch Rücknahme des Verwaltungsakts die Grundlage entziehen. Wenn dies geschieht (etwa weil der Subventionsempfänger Auflagen nicht erfüllt oder w e i l der Verwaltungsakt schon von Anfang an rechtswidrig war), dann entsteht ein Erstattungsanspruch 91 , der einem Subordinationsverhältnis entspringt. I n dem Fall ist dann wie bei allen übrigen rechtswidrigen hoheitlichen Leistungen problematisch, ob die Verwaltung die erbrachte Leistung durch einen Verwaltungsakt zurückfordern darf oder ob sie notfalls Klage erheben muß. Diese Frage der Geltendmachung öffentlichrechtlicher Forderungen des Staates durch Leistungsbescheid beantwortet sich nicht aus dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz. 88 H.P.Ipsen, W D S t R L , Heft 25 (1967), S.298, u n d öffentliche Subventionierung Privater, S. 65. 89 Eine abschließende K l ä r u n g dieser Problematik ist i m Rahmen einer Erörterung des Erstattungsanspruchs nicht möglich; die Frage gewinnt zwar Bedeutung f ü r den Erstattungsanspruch, sie ist aber nicht von i h m aus lösbar. 90 Dann entsteht, ζ. B. i m F a l l einer bloßen K ü n d i g u n g des Darlehens, ein zivilrechtlicher Rückforderungsanspruch; nach B G H , D Ö V 1969, 640, soll dies sogar dann gelten, „ w e n n entsprechend den Abmachungen i m Darlehensvertrag m i t der K ü n d i g u n g des Darlehens der öffentlich-rechtliche B e w i l l i gungsbescheid aufgehoben worden ist" (Leitsatz). B V e r w G 32,283 äußert sich dahin, daß beispielsweise ein Darlehen nach dem L A G v o n dem privaten K r e d i t i n s t i t u t „notfalls zurückgefordert (werden kann), soweit das Ausgleichsamt die Rückforderung nicht an sich zieht". 91 Vgl. B V e r w G 13, 307; 32, 283 (obiter dictum) u n d Bachof, Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht, Verfahrensrecht, Bd. I I , Nr. 152, 153, 320, m i t weiteren Nachweisen zur Zweistufenlehre i n der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Ebenso i m Grundsatz auch B G H , D Ö V 1969, 640 (641).

74

3. T e i l : Der Erstattungsanspruch des Staates gegen den Einzelnen

2. Die Zulässigkeit des Leistungsbescheides im allgemeinen a) Die Auffassung

des Bundesverwaltungsgerichts

Das Bundesverwaltungsgericht spricht der Verwaltung grundsätzlich die Befugnis zu, ihre öffentlich-rechtlichen Leistungsansprüche durch Verwaltungsakt und Verwaltungszwangsvollstreckung zu realisieren. Das hat das Gericht für den Erstattungsanspruch verschiedentlich ausgesprochen 92, ohne hierüber viele Worte zu verlieren. Eine Diskussion hat sich hieran auch nicht entzündet; die Kontroverse ist an anderen Fällen entstanden, hat aber dann auf den Erstattungsanspruch übergegriffen. Anlaß zu kritischen Äußerungen des Schrifttums gab die höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 78 BBG und § 24 SoldG. Nach diesen Vorschriften hat der Beamte oder Soldat, der schuldhaft die i h m obliegenden Pflichten verletzt, seinem Dienstherrn den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Zur Durchsetzung dieses Schadensersatzanspruchs hat das Bundesverwaltungsgericht i n einigen neueren Entscheidungen den Erlaß eines Leistungsbescheides durch den Dienstherrn für zulässig gehalten 93 . M i t einander ergänzenden Darlegungen hat das Gericht i n den zitierten Erkenntnissen seine Auffassung folgendermaßen begründet. Nach einem allgemeinen Rechtsgrundsatz des deutschen Verwaltungsrechts seien die Organe der vollziehenden Gewalt befugt, zur hoheitlichen Erfüllung ihrer Verwaltungsaufgaben Verwaltungsakte zu erlassen. Soweit sich diese Befugnis nicht aus gesetzlichen Einzelvorschriften ergebe, beruhe sie auf Gewohnheitsrecht 94 . Allerdings — so räumt das Gericht ein — könne nicht jeder öffentlich-rechtliche Anspruch durch Verwaltungsakt geregelt werden, eine hoheitliche Regelung sei jedoch zulässig, sofern sich die grundsätzlichen Beziehungen zwischen dem Anspruchsverpflichteten und dem Staat — wie etwa bei dem Beamten bzw. Soldaten und dem Dienstherrn — als ein Subordinationsverhältnis darstellten. I n diesen Fällen sei eine gesetzliche Grundlage für das behördliche Handeln grundsätzlich nicht erforderlich 95 . Zwar sei nach A r t . 20 Abs. 3 GG die vollziehende Gewalt an Gesetz und Recht gebunden, das ändere aber nichts daran, daß der einzelne insoweit, als Maßnahmen belastender A r t gesetzlich vorgesehen seien, bezüglich der davon betroffenen Rechtsverhältnisse gewaltunter92 B V e r w G 8 , 261 (262); 11, 283; 13, 248; (249); 25, 72 (77); 28, 1; 30, 77 (79); DÖV 1969, 394 (395). 93 B V e r w G 18, 283; 19, 243; 21, 270; 27, 245 u n d 250. 94 B V e r w G 19, 243 (245). 95 B V e r w G 21, 270 (271).

II. Die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs

75

worfen sei, „wenn anders die i m GG verankerten Begriffe der Staatsgewalt und der vollziehenden Gewalt nicht ohne Inhalt sein sollen" 9 6 . b) Die

Gegenmeinung

Gegen diese Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts hat sich eine Welle der K r i t i k erhoben 97 . I n i h r vereinigen sich verfassungsrechtliche, historische und rechtspolitische Argumente. Insgesamt suchen sie den Nachweis zu erbringen, daß der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes auch für die A r t und Weise des Eingriffs i n Freiheit und Eigentum gelte. Dabei beziehen sich die meisten K r i t i k e r auf die spezielle Situation des Schadensersatzanspruchs des Dienstherrn gegen den Beamten oder Soldaten. Hier hat insbesondere Wacke 98 eine Vielzahl von Gesichtspunkten hervorgehoben. Nach Wacke spricht nichts für die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, aber alles gegen sie. Wacke setzt als selbstverständlich voraus, daß die Befugnis der Verwaltungsbehörden, ihre Forderungen durch Verwaltungsakt geltend zu machen, unter dem Vorbehalt des Gesetzes stehe, da sie einen Eingriff i n Freiheit und Eigentum darstelle 99 . Überdies gebiete das Prinzip des Rechtsstaats, daß sich der Staat nicht zum Richter i n eigener Sache erhebe 100 . I n diesem Lichte gesehen lege auch ζ. B. das Erstattungsgesetz, das der Verwaltung die Befugnis zum Erlaß von Leistungsbescheiden erteilt, nicht eine Analogie nahe, vielmehr lasse es eher den Schluß zu, die Verwaltung könne ausschließlich i n diesen Fällen ihren Anspruch durch Verwaltungsakt geltend machen 101 . Der Argumentation des Bundesverwaltungsgerichts sei außerdem entgegenzuhalten, daß sich keineswegs ein Grundsatz eingebürgert habe, nach dem die Verwaltung ihre Ansprüche immer selbst durchzusetzen befugt sei. Vielmehr müsse das Faktum zur Kenntnis genommen werden, daß die hier i n Rede stehenden Schadensersatzansprüche stets zur Durchsetzung vor dem Zivilgericht hätten angemeldet werden müssen 102 . 96

B V e r w G 18, 283 (285). Vgl. v o r allem Löwenberg, Die Geltendmachung usw., m i t umfassenden Nachweisen aus Rechtsprechung u n d Lehre; aus dem neuesten Schrifttum 97

seien genannt: Buckert, ZBR 1967, 1 ff.; Wacke, DÖV 1966, 311ff.; Achterberg,

J Z 1969, 354ff.; DVB1. 1966, 152ff.; Bachof, J Z 1966, 59ff.; Rencfc, JuS 1965,

129 ff.; Henrichs, NJW 1964, 2366 ff.; NJW 1965, 458ff.; Dietlein, NJW 1962, 1946ff.; DVB1. 1964, 923; Rupp, DVB1. 1963, 577ff. 98 D Ö V 1966, 311 ff. 99

100

101 102

Wacke, a.a.O., S. 313. Wacke, a.a.O., S. 312, Henrichs,

N J W 1964, 2366, 2367.

Wacke, a.a.O., S. 311, Löwenberg, a.a.O., S. 19. Wacke, a.a.O., S. 313.

76

3. Teil: Der Erstattungsanspruch des Staates gegen den Einzelnen

Ergänzend hierzu bemerkt Rupp m, es sei sogar Grundsatz des Berufsbeamtentums i. S. von A r t . 33 trachten, daß Schadensersatzansprüche nur i m Wege Verfahrens und nur auf Grund eines gerichtlichen werden könnten.

als hergebrachter Abs. 5 GG zu beeines gerichtlichen Titels erzwungen

Ferner könne von einem Über- und Unterordnungsverhältnis i m Falle des Schadensersatzanspruchs keine Rede kein. Das besondere Gewaltverhältnis jedenfalls rechtfertige nicht den Erlaß eines Leistungsbescheides. Die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs habe ζ. B. nichts m i t einer dienstlichen Anweisung zu tun, der Leistungsbescheid betreffe den Beamten nicht in seiner Funktion als Beamter; denn obgleich der Anspruch des Dienstherrn seinen Grund i n einer dienstlichen Handlung des Beamten habe, sei seine Durchsetzung m i t der Verwaltungstätigkeit des Beamten nicht i n Zusammenhang zu bringen 1 0 4 . Gerade die i m Beamtenverhältnis begründete Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Beamten bzw. Soldaten verbiete es, den Schuldner durch den Erlaß eines Leistungsbescheides zu benachteiligen 105 . Wie beträchtlich die Benachteiligung hier sei, werde daran deutlich, daß es sich i n den entscheidenden Fällen u m Soldaten oder Beamte des einfachen Dienstes gehandelt habe, die — selbst nur bescheiden vorgebildet — sich „einem großen organisatorischen Apparat, von qualifizierten Juristen geführt", gegenüber sähen. Zwangsläufig werde sie das zu der Meinung führen, daß jede Prozeßführung aussichtslos sei 106 . Diese K r i t i k an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist i n erster Linie an den Schadensersatzansprüchen des Beamtenrechts orientiert. Ganz grundsätzlich aber bestreiten vor allem Rupp 107 und Löwenberg 109 der Verwaltung die allgemeine Befugnis, ihre Ansprüche durch Leistungsbescheid durchzusetzen. Von einem gewohnheitsrechtlich begründeten „Hausgut" der Verwaltung könne — wie vor allem Rupp darzulegen sucht — keine Rede sein. Zwar müsse zugegeben werden, sagt Rupp, daß i n der Regel der Verwaltungsakt — wie Spanner 109 meint — das generell zulässige M i t t e l zur Konkretisierung und Individualisierung des abstrakt-generellen 103 104

Rupp, JZ 1965, 180. Wacke, a.a.O., S. 315; Dietlein, NJW 1962, 1946 ff.; Henrichs, NJW 1965,

458, 459. 105 Wacke, a.a.O., S. 311 ff., i m Anschluß an O V G Hamburg, DÖV 1966, 348. 108

Wacke, a.a.O., S. 311.

107

DVB1. 1963, 577 ff. Löwenberg, Die Geltendmachung von Geldforderungen. DÖV 1963, 29.

108 109

II. Die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs

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Gesetzes sei. Das gelte jedoch nur i m Sinne einer quantativen Regel, so daß i m jeweiligen Einzelfall der qualitative Zulässigkeitsnachweis unerläßlich sei. Das folge zwingend daraus, daß die Verwaltungsaktslehre Otto Mayers, m i t der allein die umfassende Regelungsbefugnis der Verwaltung begründet werden könne, als veraltet betrachtet werden müsse. Nach dieser Lehre habe der Verwaltungsakt dazu gedient, die Entscheidungen der Verwaltung m i t einem eigenen Rechtswert zu erfüllen 1 1 0 ; ein selbständiger Rechts wert der A k t e der Verwaltung sei aber spezifischer Ausdruck der vom monarchischen Prinzip beherrschten Verfassungslage des vorigen Jahrhunderts, der Otto Mayer verhaftet geblieben sei. Unter der Herrschaft des Grundgesetzes aber gebe es bei der Gesetzesanwendung keinen selbständigen, dem Monarchenrecht entnommenen eigenen Rechtswert der Verwaltung mehr 1 1 1 . Daher bedürfe die Verwaltung — w e i l total gesetzesabhängig — auch für die Form ihrer Eingriffe der gesetzlichen Grundlage. I n die gleiche Richtung zielen die Ausführungen Löwenbergs. Auch nach Löwenberg bedarf der Erlaß von Leistungsbescheiden der gesetzlichen Ermächtigung, w e i l der Leistungsbescheid „allein wegen seiner Verbindlichkeit eine immanente Eingriffswirkung" habe 112 . Löwenberg geht jedoch noch weiter 1 1 3 . Nach seiner Ansicht bedarf die Verwaltung nicht nur der Eingriffs-„Befugnis", für die eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung Voraussetzung ist, sondern darüber hinaus noch einer besonderen „Befähigung" zu einseitigem Handeln. Diese Befähigung könne sich nur aus einem Verhältnis der Über-/Unterordnung, also einem Gewaltverhältnis zwischen Verwaltung und Z i v i l personen ergeben. Ein solches Gewaltverhältnis müsse aber besonders begründet sein. Grundsätzlich sei nämlich das öffentliche Recht nicht das Recht der Über-/Unterordnungsverhältnisse. Gerade i n der Vermögensverwaltung, d. h. etwa bei der Geltendmachung von Schadensersatz- und Erstattungsansprüchen herrsche das Prinzip der Gleichordnung vor. Hier ständen sich die Vermögensinteressen des Staates und des einzelnen gleichberechtigt gegenüber, was vor allem auch daraus erhelle, daß die Schadensersatz- und Erstattungsforderungen weitgehend i n Anlehnung an das Zivilrecht entwickelt worden seien 114 . 110

S. 95. 111 112 113 114

Zitiert w i r d : Otto

Mayer,

Deutsches Verwaltungsrecht, 3. Aufl., Bd. I,

Rupp, DVB1. 1963, 577, 578 f. Löwenberg, a.a.O., S. 126, ausführlich dargelegt auf S. 45—52. Vgl. zum folgenden insbesondere Löwenberg, a.a.O., S. 67 ff., 79 ff., 108 ff. Übereinstimmend bemerkt Bachof, Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht,

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3. Teil: Der Erstattungsanspruch des Staates gegen den Einzelnen

Von der Vermögensverwaltung abzuheben sei die hoheitlich strukturierte „Verbandsver waltung", die dort bestände, wo es u m die Durchsetzung der Erfüllung von „Grundpflichten" („Verbandspflichten") ginge 115 und dadurch der Erhaltung des Verbandes „Staat" unmittelbar gedient werde; das sei insbesondere bei der Finanzpflicht der Fall, als deren Ausfluß die Entrichtung von Abgaben betrachtet werden müsse11®. Hier müsse „Herrschaft" sein, um „den Verband i n seiner guten Ordnung erhalten zu können" 1 1 7 . Daran ändere auch die Tatsache nichts, daß die Erhebung von Steuern, Beiträgen usw. ebenfalls eine A r t der Vermögensverwaltung darstelle; denn bei der Geltendmachung von A b gabenforderungen stehe die Durchsetzung der Grundpflichterfüllung derart i m Vordergrund, daß der vermögensrechtliche Aspekt fast völlig zurücktrete 118 . Aus alledem sei die Folgerung zu ziehen, daß selbst der Gesetzgeber, wolle er nicht den Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzen, die „Befugnis" zum Erlaß von Leistungsbescheiden nur dann erteilen könne, wenn auch die „Befähigung" gegeben sei 119 . c) Schlußbemerkung Die Fülle der literarischen Äußerungen gegen die Zulässigkeit des Leistungsbescheides und die Vielzahl ihrer Argumente dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, daß das Problem keineswegs i n ihrem Sinne gelöst ist. Immerhin hat sich das Bundesverwaltungsgericht auch in neuester Zeit den überwiegend von der Wissenschaft vorgetragenen Einwänden verschlossen 120 . Ob dies seine Berechtigung hat, soll hier i n der Allgemeinheit nicht entschieden werden. Denn aus der Eigenart des Erstattungsanspruchs ergibt sich die Zulässigkeit seiner Realisierung durch Verwaltungsakt, ohne daß es einer abschließenden Stellungnahme zu dem allgemeinen Problem und vor allem zu dem besonderen Problem der Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs (§ 78 BBG, § 24 SoldG) bedarf.

Verfahrensrecht, Bd. I I , Nr. 19 (S. 25), es sei „nicht einzusehen, w o das Überu n d Unterordnungsverhältnis beim allgemeinen Erstattungsanspruch herkommen soll, dessen v o m (Bundesverwaltungs-)Gericht betonte Nähe zum bürgerlichrechtlichen Bereicherungsanspruch schon hätte warnen sollen". 115 Löwenberg, a.a.O., S. 109/110. 116 Löwenberg, a.a.O., S. 111. 117 Löwenberg, a.a.O., S. 110. 118 Löwenberg, a.a.O., S. 111/112. 119 Löwenberg, a.a.O., S. 118 ff., 124/125. 120 Ausdrücklich i n B V e r w G 2 8 , I f f . ; erneut bestätigend: B V e r w G 3 0 , 77 (79).

II. Die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs

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3. Die Zulässigkeit des Leistungsbescheides beim Erstattungsanspruch Den Ansatzpunkt für die geschilderte Diskussion u m den Leistungsbescheid bildet die Frage, ob der Vorbehalt des Gesetzes auch für die A r t und Weise des Eingriffs i n Freiheit und Eigentum des Bürgers Beachtung verdient. Beim Erstattungsanspruch stellt sich aber zunächst die andere Frage, ob die Durchsetzung des Erstattungsanspruchs überhaupt unter dem Vorbehalt des Gesetzes steht. Diese Frage berührt sich eng m i t dem oben 1 2 1 erörterten Problem, ob die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts einen belastenden Verwaltungsakt darstellt 1 2 2 . I m Anschluß an Jesch war dazu ausgeführt worden, daß die Rücknahme des Verwaltungsakts und die Rückforderung der auf Grund des Verwaltungsakts erbrachten Leistungen nicht i m üblichen Sinne unter dem Vorbehalt des Gesetzes steht. Die Notwendigkeit der gesetzlichen Ermächtigung für Eingriffe i n Freiheit und Eigentum ist ein Erfordernis, das darauf abzielt, die Befugnisse der Exekutive einzugrenzen. Sie soll nicht berechtigt sein, sich dem einzelnen m i t Befehlen und Forderungen zu nähern, die die Legislative nicht wenigstens gebilligt hat. Wenn die Exekutive aber Leistungen zurückfordert, die nach dem Gesetz nicht hätten erbracht werden dürfen, vollzieht sie gerade eine Forderung des Gesetzgebers. Sie stellt nämlich die vom Gesetzgeber angeordnete Verteilung des Besitzstandes — nach anfänglicher Fehlentwicklung — (wieder) her. Der Erstattungsanspruch existiert daher allgemein und bedarf keiner besonderen gesetzlichen Grundlage, obwohl er für den Leistungsempfänger effektiv eine Belastung darstellt. Dem Sinn und Zweck des Vorbehaltsprinzips w i r d dadurch Rechnung getragen, daß der W i l l e des Gesetzgebers, der rechtswidrige Vermögensverteilungen untersagt, m i t der Rückforderung ungerechtfertigter Leistungen vollzogen wird. Die Rückforderung ist der Vollzug des „Nichtsollens" 123 , als das die gesetzwidrige Leistungsgewährung nach dem Willen des Gesetzgebers zu betrachten ist. Das birgt die A n t w o r t auf die Frage nach der Zulässigkeit des Leistungsbescheids i n sich. Wenn nämlich der Vorbehalt des Gesetzes für den Erstattungsanspruch nicht gilt, dann erübrigt sich die weitere Frage, 121

2. T e i l I I , 3 b. Den engen Zusammenhang akzentuiert BSG, DVB1. 1969, 745 (746), damit, daß es i n der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs gleichzeitig die Rücknahme des entsprechenden Verwaltungsakts sieht. 123 Rupp, DÖV 1949, 150 (151). 122

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3. Teil: Der Erstattungsanspruch des Staates gegen den Einzelnen

ob auch die A r t der Geltendmachung eines Anspruchs der Verwaltung unter diesem Vorbehalt steht. Die Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes, die beim Erstattungsanspruch nicht einmal bezüglich des materiellen Anspruchs wirksam wird, kann nicht nach einer gesetzlichen Grundlage für die Durchsetzung des Anspruchs mittels Verwaltungsakts verlangen. Freilich könnte man einwenden, zwar stelle die Zuerkennung des materiellen Anspruchs an die Verwaltung keinen der ausdrücklichen Grundlage bedürftigen Eingriff dar, für die zusätzliche Benachteiligung des Leistungsempfängers durch den Leistungsbescheid jedoch müsse eine Legitimation beigebracht werden. Dem wäre indessen zu erwidern, daß die A r t und Weise der Durchsetzung eines Anspruchs nur dann eine (zusätzliche) Belastung darstellen kann, wenn sich der Anspruch selbst als eine unter dem Vorbehalt des Gesetzes stehende Belastung erweist. Positiv ergibt sich die Zulässigkeit des Verwaltungsakts als der üblichen Handlungsform der Verwaltung aus folgendem. Die Verwaltung ist bei der Gewährung von Leistungen durchweg befugt, sich des Mittels des Verwaltungsakts, des „Bewilligungsbescheides", zu bedienen. I h r obliegt die eigenverantwortliche Durchführung der Gesetze, die dem einzelnen Leistungen gewähren. Wenn i n dem Erstattungsanspruch die Kehrseite 124 des Anspruchs auf die Leistung, wenn i n der Rückforderung der Vollzug des Nichtsollens zu erblicken ist, so ist die Konsequenz unvermeidlich, daß die Verwaltung, der die Durchführung des Gesetzes obliegt, auch selbst das Nichtsollen zu vollziehen hat. Da Leistungsgewährung und Rückforderung gleichermaßen dem einen Zweck der gesetzmäßigen Vermögensverteilung dienen, also auch die Rückforderung Anwendung des Gesetzes ist, muß sich die Verwaltung auch bei der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs des Mittels bedienen, das ihr zur Durchführung des Gesetzes allgemein zur Verfügung steht, nämlich des Verwaltungsakts. Wenn die Gesetze zur Gewährung von Leistungen ermächtigen, verpflichten sie zur Rückforderung unrechtmäßiger Leistungen; da die Gesetze zur Bewilligung der Leistungen den Verwaltungsakt zur Verfügung stellen, ermächtigen sie auch zur Rückforderung durch Verwaltungsakt 1 2 5 . Hiergegen ließe sich allerdings vom Standpunkt Löwenbergs insbesondere einwenden, der Verwaltung ermangele es gleichwohl mindestens an der „Befähigung" zur hoheitlichen Geltendmachung ihrer Ansprüche. Zur Entkräftung dieses Einwands ist auf die Zweifelhaftigkeit des Ge124

Vgl. oben 2. Teil, 1.1. a. Ä h n l i c h B V e r w G , D Ö V 1969, 394 (395) m i t Verweisungen auf B V e r w G 20, 295 (297); 25, 72 (77); ebenso auch BSG, DVB1. 1969, 745. 125

II. Die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs

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sichtspunkts der „Befähigung" einzugehen. Löwenberg trennt scharf zwischen den Ansprüchen des Staates, die seiner Erhaltung und Sicherung unmittelbar dienen (wie etwa die öffentlichen Abgaben), und solchen, i n denen nur seine vermögensrechtlichen „Interessen" zum Ausdruck kommen. A n Löwenbergs Darlegungen ist zu billigen, daß die Verpflichtung zur Zahlung von Steuern, Beiträgen usw. unter dem Stichwort „Finanzpflicht" zu den verbandserhaltenden Grundpflichten gerechnet wird, deren Durchsetzung mittels Leistungsbescheides sich daraus rechtfertigt, daß ihre Erfüllung für den Verband „Staat" existenznotwendig ist. Bedenklich und inkonsequent ist es dann jedoch, zwischen dem Staat, soweit er diese Gelder verwaltet, und dem einzelnen unvermittelt ein „partnerschaftliches Verhältnis" zu sehen, das auf der Gleichheit der Interessen beruhe. Das existentielle Bedürfnis des Staates nach den i h m zukommenden Vermögenswerten w i r d zwar zunächst i n dem Augenblick befriedigt, i n dem er seine Ansprüche auf öffentliche Abgaben durchgesetzt hat, es lebt aber wieder auf, wenn der Vermögensbestand i n ungerechtfertigter Weise dezimiert wird. Es ist unrichtig, das Interesse des Staates an Steuern usw. höher zu bewerten als das an dem Schutz dieser Vermögenswerte gegen unrechtmäßige Minderungen des Vermögensbestandes. Vom einzelnen aus gesehen ist es zwar keine „Grundpflicht", das Vermögen des Staates nicht zu mindern (durch Schadenszufügung oder durch eigene Bereicherung), aber diese Pflicht ist als Pendant der Grundpflicht ihr gleichwertig. Die Verpflichtung des einzelnen, dem Staat Leistungen zu gewähren, hat den gleichen Rang wie seine Verpflichtung, den Vermögensbestand des Staates nicht zu schädigen. Das bedeutet keineswegs, daß der Staat seine Vermögensinteressen stets durch Verwaltungsakt durchzusetzen berechtigt wäre. Vielfach begibt sich der Staat tatsächlich auf die Ebene der Gleichordnung m i t dem einzelnen. Wenn sich der Staat bei fiskalischem Handeln zivilrechtlicher Formen bedient, muß er die Zuständigkeit des Zivilgerichts i n Kauf nehmen wie auch i n den Fällen, i n denen i h m aus sonstigem Grunde zivilrechtliche Ansprüche zuwachsen. Und auch bei öffentlichrechtlichen Forderungen des Staates aus öffentlich-rechtlichem Vertrag kann ein „partnerschaftliches Verhältnis" darin seinen Ausdruck finden, daß sich die Verwaltung auf den Klageweg verwiesen sieht. Die Tatsache aber, daß sich der Staat nicht selten auf die Ebene der Gleichordnung begibt, vermag noch nicht die Behauptung Löwenbergs zu stützen, der Staat bedürfe außer der „Befugnis" noch einer besonderen „Befähigung" zur selbständigen Durchsetzung seiner Ansprüche. Wenn die innere Berechtigung des Staates für seine bevorzugte Stellung β

Weber

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3. Teil: Der Erstattungsanspruch des Staates gegen den Einzelnen

auf seinem existentiellen Bedürfnis an der Erlangung von M i t t e l n zur öffentlichen Funktionserfüllung beruht, dann w i r k t diese Berechtigung auch für die Erhaltung des Vermögensbestandes und bleibt unberührt davon, daß der Staat — aus welchen Gründen auch immer — von ihr gelegentlich keinen Gebrauch macht. Und jedenfalls geht es fehl, dem Staat bei der Eintreibung von öffentlichen Abgaben das billigenswerte Motiv der Selbsterhaltung zugute zu halten, i h m aber i m übrigen, d. h. hinsichtlich der Erhaltung seines Vermögens als egoistischen Interessenten zu betrachten und i h n pauschal den Beschränkungen zu unterwerfen, denen das Individuum i m Rechtsstreit m i t seinesgleichen unterliegt. Der Einführung einer besonderen Kategorie der „Befähigung" zum hoheitlichen Handeln ist m i t h i n nicht zuzustimmen. Von den Argumenten Löwenbergs führt ein gerader Weg zu dem weiteren Einwand gegen die Zulässigkeit des Leistungsbescheides, der lautet, die Verwaltung dürfe nicht als „Richter i n eigener Sache" fungieren 12®. Gegen diese Formel ist zunächst m i t dem Bundesverwaltungsgericht einzuwenden, daß die Verwaltung m i t dem Verwaltungsakt nicht justizförmig einen Rechtsstreit entscheidet, sondern eine Verwaltungsaufgabe unter dem Vorbehalt richterlicher Prüfung i m Anfechtungsverfahren wahrnimmt 1 2 7 . Insofern suggeriert die Formel einen Mißstand, der als solcher nicht existiert. Allerdings ist einzuräumen, daß der Leistungsbescheid ein Privileg für die Verwaltung bedeutet. Daß dieses Privileg berechtigterweise besteht, sucht das Schlagwort vom „Richter i n eigener Sache" zu verschleiern. Denn verdeckt kennzeichnet es — wie Löwenberg — den Staat als einen egoistischen Interessenten, weil es die Gleichrangigkeit der am Rechtsverhältnis Beteiligten voraussetzt. Damit trifft dieses Argument m i t der Behauptung zusammen, der Erstattungsanspruch sei wegen seiner Nähe zu dem bürgerlich-rechtlichen Bereicherungsanspruch nicht m i t dem Verwaltungsakt durchsetzbar. Das Bundesverwaltungsgericht 128 weist demgegenüber darauf hin, daß der Sache nach ein wesentlicher Unterschied bestehe zwischen dem Rechtsstreit zweier subjektiv interessierter und nicht zur Objektivität verpflichteter Privatleute und der Geltendmachung eines öffentlichrechtlichen Geldanspruchs durch persönlich uninteressierte und zu objektivem Vorgehen dienstlich verpflichtete Bedienstete der öffentlichen Verwaltung i m Interesse rechtmäßiger wirtschaftlicher Verwendung der von der Allgemeinheit aufgebrachten öffentlichen Mittel. 126 127 128

Dazu neuerdings ausführlich Achterberg, B V e r w G 28, 1 (9). B V e r w G 28, 1 (10).

J Z 1969, 354 ff.

II. Die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs

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Das Gericht trifft hier insofern den K e r n der Sache, als es den prinzipiellen Unterschied zwischen der Konstellation beim Erstattungsanspruch einerseits und beim Bereicherungsanspruch des Bürgerlichen Gesetzbuches andererseits heraushebt, wobei es übrigens gleichzeitig — konkludent — der „Befähigungs"-Lehre Löwenbergs eine Absage erteilt. Die behauptete Nähe des Erstattungsanspruchs zum zivilrechtlichen Bereicherungsanspruch 129 beachtet überdies folgendes nicht. Sicherlich ist richtig, daß der Erstattungsanspruch i m Bereicherungsanspruch des Bürgerlichen Gesetzbuchs seine bürgerlich-rechtliche Entsprechung findet. Beide Ansprüche weisen auch einige wesentliche Ä h n lichkeiten auf. Gleichwohl ist zu bedenken, daß sie i n verschiedenartigen Rechtsgebieten beheimatet u n d von dorther verschieden geprägt sind. Der bürgerlich-rechtliche Anspruch dient der Rückabwicklung privatrechtlicher Beziehungen, die von gleichgeordneten Rechtssubjekten geknüpft wurden. Demgegenüber steht i m öffentlichen Recht der Erstattungsanspruch i n engstem Zusammenhang m i t einer Leistungsbeziehung, die i n der Regel hoheitlich durch einseitigen A k t der Verwaltung konkret begründet wurde. Trotz der Ähnlichkeit also, die Erstattungsanspruch und Bereicherungsanspruch miteinander verbindet, sind beide strukturell dem Grundverhältnis verhaftet, zu dessen „Pathologie" sie jeweils gehören. Wenn daher i n Leistungsbeziehungen des bürgerlichen Rechts der Verwaltungsakt unbekannt, i n solchen des öffentlichen Rechts der Verwaltungsakt aber üblich ist, dann ist bei aller Ähnlichkeit der Ansprüche nichts dagegen einzuwenden, daß entsprechend der zugrundeliegenden Leistungsbeziehung dem Erstattungsanspruch der Verwaltungsakt zugeordnet wird, obwohl der Bereicherungsanspruch des Bürgerlichen Gesetzbuchs nur i m Klageweg durchsetzbar ist. Die Formel vom „Richter i n eigener Sache" — i m Zusammenhang m i t dem Verwaltungsakt ohnehin nur eine Redensart von zweifelhafter Berechtigung — kann infolgedessen auch nicht von der Erwägung gestützt werden, der Staat nehme beim Erstattungsanspruch für sich Befugnisse i n Anspruch, die i h m ebensowenig wie dem Gläubiger des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs zustünden. Damit w i r d ihre Überzeugungskraft i m ganzen hinfällig 1 3 0 . 129

Vgl.

Bachof,

Verfassungsrecht,

Verwaltungsrecht,

Bd. II, Nr. 19 (S. 25), und Löwenberg, a.a.O., S. 110.

Verfahrensrecht,

130 Die Situation mag anders sein bei den insbesondere von Wacke, DÖV 1966, 311 ff., betrachteten Schadensersatzansprüchen (§78 BBG, §24SoldG); dort dürfte m i t größerer Berechtigung von einer Nähe zu zivilrechtlichen Ansprüchen gesprochen werden, w e i l es für sie den beim Erstattungsanspruch zu beobachtenden unmittelbaren Zusammenhang m i t hoheitlicher Verwaltungstätigkeit i n der Intensität nicht gibt.



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3. Teil: Der Erstattungsanspruch des Staates gegen den Einzelnen

So bleiben von der K r i t i k an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur noch die rechtspolitischen Erwägungen Wackes 131, die sich jedoch speziell auf den Schadensersatzanspruch beziehen und i m Zusammenhang m i t dem Erstattungsanspruch unverbindlich sind, sowie der Hinweis auf die Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Dieser nur bezüglich des beamtenrechtlichen Erstattungsanspruchs i n Betracht kommende Gesichtspunkt spricht jedoch gerade für den Leistungsbescheid. Denn der Dienstherr muß seiner Fürsorgepflicht gerade bei der Festsetzung des Erstattungsanspruchs nachkommen. Anders als bei dem Schadensersatzanspruch ist i n die Anspruchsnorm des Erstattungsanspruchs der Fürsorgegedanke m i t eingeflossen, denn die Billigkeitsentscheidung muß der Dienstherr eingedenk seiner Fürsorgepflicht treffen 132 . Die Fürsorgepflicht ist eine Pflicht des Dienstherrn, die dieser hier betätigen muß und der er nicht damit nachkommen kann, daß er die Entscheidung i n die Hände des Gerichts legt. Endlich ist bei alledem zu berücksichtigen, daß eine Festsetzung des Erstattungsanspruchs durch Verwaltungsakt für den Betroffenen nicht nur Nachteile hat. Die verbindliche Festsetzung des Erstattungsanspruchs durch die Verwaltung verbürgt i n der Regel eine schnellere Klärung i n der Sache und ein Maß an Rechtssicherheit, das i m anderen Fall nur erreicht wird, wenn es zur gerichtlichen Klärung des Streits kommt. Diese Rechtssicherheit schlägt immerhin — das w i r d gemeinhin übersehen — auch zum Vorteil des Erstattungsschuldners aus. Der Erstattungsanspruch ist also m i t dem Verwaltungsakt durchsetzbar. 4. Gefahren bei der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs Wenn der Verwaltung ein Erstattungsanspruch zugewachsen ist, dann hat sie gegenüber dem Erstattungsschuldner eine Machtstellung. Es ist schon ein allgemeines, dem Zivilrecht nicht weniger bekanntes Phänomen, daß der Schuldner — insbesondere der insolvente — von dem Wohlwollen des Gläubigers abhängig ist. Aber die Verwaltung hat zusätzlich die „scharfe Waffe" 1 3 3 des Verwaltungsakts, andererseits kann sie jedoch auch dem Schuldner die Rückzahlung erleichtern, indem sie schonend Moratorien gewährt, günstige Aufrechnungsmöglichkeiten ergreift oder sonst auf besondere Bedürfnisse des Schuldners Rücksicht nimmt. Diese Möglichkeiten der Verwaltung, auf der Erstattungsver131

a.a.O., S. 312. Brandis, Die Rückforderung zuviel gezahlter Dienst- u n d Versorgungsbezüge, 96/97. 132

133

Haueisen, DVB1. 1962, 547 (552).

II. Die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs

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pflichtung des Leistungsempfängers weniger starr zu bestehen, schließen aber auch die Versuchung ein, mißliebigen Erstattungsschuldnern derartige Vergünstigungen zu versagen. I m allgemeinen entsteht hier indessen kein echtes Problem. Denn wo Rückforderungen häufig sind, können sich bald — unter Kontrolle der Rechtsprechung — sachgerechte Maßstäbe herausbilden, die das hier obwaltende Ermessen der Verwaltung an gewisse Richtlinien binden. Aber wo Erstattungsansprüche seltener entstehen, wächst die Gefahr der willkürlichen Handhabung denkbarer Vergünstigungsmöglichkeiten. A u f derartige Gefahren hat Zweigert 1Zi für den Bereich der Parteienfinanzierung hingewiesen. Nach § 19 Abs. 2 S. 2 PartG 1 3 5 müssen die politischen Parteien empfangene Abschlagzahlungen auf die Wahlkampfkostenerstattung 136 zurückzahlen, soweit die Abschlagzahlungen den nach der Wahl entsprechend dem Wahlerfolg der Partei festgesetzten Erstattungsbetrag übersteigen. Die Bedenken Zweigerts 137 gegen diese RückZahlungsverpflichtung gehen dahin, es sei m i t der Parteienfreiheit nach A r t . 21 GG unvereinbar, daß sich die Parteien m i t der Entgegennahme von Abschlagzahlungen i n eine potentielle Schuldnerposition zu einem staatlichen Organ begäben. Es vertrüge sich nicht m i t dem „ L e i t b i l d " der freien, vom Staat unabhängigen Partei, daß der Bundestagspräsident, den die erfolgreichste Partei stelle, der unterlegenen Partei m i t Geldforderungen nachsetzen dürfe, so daß diese von Staats wegen vollends „zur Strecke gebracht" werden könne 1 3 8 . Der Präsident des Bundestages könne m i t der Möglichkeit, die Rückforderung mehr oder weniger intensiv zu betreiben, politische Pressionen ausüben und m i t Zahlungserleichterungen künftiges „Wohlverhalten" erzwingen. Man w i r d sich der Einsicht Zweigerts nicht verschließen können, daß m i t § 19 Abs. 2 PartG gewisse Gefahren verbunden sind. Sie folgen aus der Machtstellung, die der Staat als Erstattungsberechtigter i n jedem Falle innehat. N u r ist zu fragen, wie solchen Gefahren begegnet werden kann. Zweigerts Überlegungen zielen darauf ab, den Erstattungsschuldner von der Rückgewährpflicht gänzlich freizustellen. Aus Erwägungen des 134 Zweigert, Parteienflnanzierung u n d Parteienfreiheit, i n : Festschrift f ü r Adolf A r n d t , S. 499 ff. 135 Parteiengesetz v o m 24. J u l i 1967, B G B l . I S. 773. 130 Solche Abschlagzahlungen können gefordert werden bis zur Höhe v o n 6 0 % des Erstattungsbetrages, der unter Zugrundelegung des vorherigen Wahlergebnisses zu erwarten ist (§ 20 PartG). 137 Zweigert, a.a.O., S. 504 ff. 138 Zweigert, a.a.O., S. 506.

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3. Teil: Der Erstattungsanspruch des Staates gegen den Einzelnen

Schuldnerschutzes, wie sie dem Institut des Erstattungsanspruchs bekannt sind, ließe sich ein derartiges Ergebnis freilich nicht rechtfertigen; denn dieser Schutz w i r k t nur i m Einzelfall und läßt den Erstattungsanspruch i m K e r n unberührt. Eine Freistellung von der Erstattungsverpflichtung müßte also insoweit den Ausschluß des Erstattungsanspruchs schlechthin bedeuten. Dann aber wären die Abschlagzahlungen nicht mehr Vorauszahlungen auf zu erwartende Ansprüche, sondern Prämien für frühere Wahlerfolge. Sie sollen jedoch gerade Abschlagzahlungen auf die nach der Wahl zu berechnende Wahlkampfkostenerstattung sein. Als solche sind sie auch vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich gebilligt worden 1 8 9 . Eine Streichung des § 19 Abs. 2 S. 2 PartG würde damit die Parteiensubventionierung i n nicht unbedenklicher Weise umstrukturieren. Die Lösung des Problems liegt i n den Rückzahlungsmodalitäten. Wenn eine politische Partei i m Vertrauen auf eine Wiederholung des früheren Wahlerfolges Abschlagzahlungen entgegennimmt und dann mehr als 40°/o der Wählerstimmen verliert, dann ist es — und diese Konsequenz sollte aus den Darlegungen Zweigerts gezogen werden — in jedem Falle ein Ermessensmißbrauch, die Partei schonungslos zur sofortigen Rückzahlung anzuhalten, u m sie damit „zur Strecke" zu bringen.

ΠΙ. Der Erstattungsanspruch der Verwaltung gegen Dritte Wenn die Verwaltung eine unrechtmäßige Leistung erbracht hat, macht sie i m üblichen Fall ihren Erstattungsanspruch gegenüber dem Leistungsempfänger geltend. Es kann jedoch geschehen, daß die Verwaltung auf diesem Wege ihre Ansprüche nicht realisieren kann, etwa weil der Schuldner verstorben ist oder weil er einfach seine Schulden nicht zu tilgen vermag. Ob sich der Gläubiger des Erstattungsanspruchs i n solchen Fällen an Dritte halten kann — an den Erben oder an andere Personen, die für die Verbindlichkeiten des Schuldners haften (ζ. B. nach § 419 BGB oder § 25 HGB) —, scheint auf den ersten Blick kein Problem gerade des Erstattungsanspruchs zu sein. I n der Tat reicht die Frage der Haftung Dritter über das enge Feld des Erstattungsanspruchs hinaus und stellt sich für alle öffentlich-rechtlichen Verbindlichkeiten. Gleichwohl muß sie hier behandelt werden, weil bei ihrer Beantwortung i m Fall des Erstattungsanspruchs besondere Aspekte zu beachten sind. 139 BVerfG 24, 300 (348 ff.).

III. Der Erstattungsanspruch der Verwaltung gegen Dritte

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I m folgenden ist zuerst von der gesetzlichen Haftung Dritter überhaupt zu sprechen, wobei die Erbenhaftung als exemplarischer u n d praktisch bedeutsamster Fall i m Vordergrund stehen muß; daran schließt sich die Erörterung der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs gegen Dritte an. 1. Der Erstattungsanspruch gegen den Erben a) Einleitung Die Frage nach dem Übergang der Erstattungsverbindlichkeit auf den Erben des Erstattungsschuldners gehört i n den größeren Fragenkomplex der Vererblichkeit öffentlich-rechtlicher Rechte und Pflichten. Die damit berührte Problematik ist bislang theoretisch wenig durchdrungen. Bei der Betrachtung der recht spärlichen Literatur zur Vererblichkeit öffentlich-rechtlicher Positionen i m allgemeinen scheint sich das Problem zunächst darauf zu konzentrieren, ob das jeweilige Recht bzw. die jeweilige Verbindlichkeit höchstpersönlicher Natur ist oder nicht. I n diesem Sinne hält etwa Boehmer U0 öffentlich-rechtliche Rechtsbeziehungen für normalerweise nicht vererblich, w e i l sie grundsätzlich an die Person des Rechte- u n d Pflichtenträgers gebunden seien. Soweit jedoch — fährt Boehmer 141 fort — vermögensrechtliche Ansprüche und Pflichten aus einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis entsprüngen, gehörten sie i n den Gesamtkomplex des „Vermögens" des § 1922 BGB. Sie müßten aber bereits i n der Person des Erblassers soweit entstanden sein, daß sie noch seiner rechtlichen Lebenssphäre zugerechnet werden könnten, und sie dürften nicht so höchstpersönlich sein, daß sie m i t dem Tode erlöschten. A n diesen Ausführungen Boehmers ist auf jeden Fall richtig, daß wenigstens die vermögensrechtlichen Ansprüche und Verbindlichkeiten des öffentlichen Rechts i n der Regel nicht höchstpersönlicher Natur sind, und ferner, daß es hiervon wiederum Ausnahmen gibt 1 4 2 . So bringt etwa die Regelung für Geldstrafen i n § 30 StGB zum Ausdruck, daß solche Verbindlichkeiten des Erblassers auf den Erben nur dann übergehen, wenn das U r t e i l bei Lebzeiten des Verurteilten rechtskräftig geworden war 1 4 3 . 140

Staudinger-Boehmer,

141

a.a.O., § 1922 A n m . 207.

148

Vgl. auch Forsthoff,

§ 1922 Anm. 207. Verwaltungsrecht, S. 185.

143 Weitergehend ist die Vollstreckung einer Geldbuße i n den Nachlaß gemäß § 101 O W i G v o m 24. 5.1968 (BGBl. I S. 481) ganz unzulässig, wohingegen zuvor §68 Abs. 4 O W i G eine dem Strafrecht entsprechende Regelung enthielt.

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3. Teil: Der Erstattungsanspruch des Staates gegen den Einzelnen

Die für Boehmer offenbar allein entscheidende Frage der Höchstpersönlichkeit öffentlich-rechtlicher Ansprüche und Verbindlichkeiten gibt i m vorliegenden Zusammenhang deswegen kein Problem auf, weil die Verpflichtung zur Erfüllung des Erstattungsanspruchs m i t Sicherheit nicht zu den höchstpersönlichen Pflichten gehört 144 . Darüber herrscht kein Streit; denn es geht beim Erstattungsanspruch nicht darum, gerade dem Erblasser persönlich ein besonderes Opfer aufzuerlegen oder ihn gar m i t der ErstattungsVerpflichtung zu bestrafen; entscheidend ist vielmehr, daß ein Vermögenswert, der sich ungerechtfertigterweise i m Vermögen des Erblassers befindet, erstattet wird, w e i l er i n diese Vermögensmasse nach der rechtlichen Güterzuordnung nicht gehört. Da die Erstattungsverbindlichkeit m i t h i n keinesfalls höchstpersönlich ist, müßte sie nach den Darlegungen Boehmers der Vererbung unterliegen. Die Situation wäre dann der des Steuerrechts vergleichbar, für das § 8 StAnpG bestimmt, daß bei Gesamtrechtsnachfolge die Steuerschuld des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger übergeht. Damit wäre an sich das Problem der Vererblichkeit der Erstattungsverpflichtung erledigt, hätte nicht das Bundessozialgericht einen teilweise abweichenden Weg beschritten. b) Die Auffassung

des Bundessozialgerichts

Das Bundessozialgericht hat sich i n zwei Entscheidungen 145 ausführlich m i t dem Problem der Vererblichkeit der Erstattungsverpflichtung auseinandergesetzt. Dabei finden sich die grundsätzlichen Feststellungen i n dem zeitlich später liegenden Urteil 1 4 8 . Das Gericht legt hier — an sich zutreffend — dar, daß die Verpflichtung aus dem Erstattungsanspruch grundsätzlich zum Nachlaß gehöre und als öffentlich-rechtliche Verbindlichkeit auf den Erben übergehe. Die öffentlich-rechtliche Natur des Anspruchs ändere sich nicht, wenn der Inhaber der Verpflichtung wechsele, denn es komme nicht auf die Person des Verpflichteten an, sondern auf die Rechtsnatur der Leistung. I m übrigen sei auch nach dem Wortlaut des § 47 V e r w V G (KOV) jeder Empfänger einer zu Unrecht gewährten Lei144 Siehe hierzu B V e r w G 30, 123, w o als höchstpersönlich solche vermögensrechtlichen Ansprüche des öffentlichen Rechts angesehen werden, die entweder als unvererblich bezeichnet oder i h r e r N a t u r nach höchstpersönlich sind; dasselbe soll gelten, w e n n „der Gesetzgeber f ü r den F a l l des Todes des Berechtigten eine v o n der Erbfolge abweichende Sonderregelung getroffen u n d damit zum Ausdruck gebracht hat, daß der T o d des Berechtigten zwar nicht zum vollständigen F o r t f a l l der zu gewährenden Leistungen, jedoch zu anderen als den i n §§ 1922 ff. B G B vorgesehenen Rechtsfolgen führen soll (vgl. B V e r w G 16, 68)" (a.a.O., S. 125). 145 BSG 15, 14; 24, 190. 14e BSG 24, 190.

III. Der Erstattungsanspruch der Verwaltung gegen Dritte

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stung erstattungspflichtig. Schließlich könne man auch nicht den Einwand gelten lassen, der Erbgang sei privatrechtlich. Auch wenn ζ. B. ein Leistungsberechtigter einem Dritten einen öffentlich-rechtlichen Leistungsanspruch abtrete, sei der Rechtsübergang i n entsprechender Anwendung der §§398 ff. BGB öffentlich-rechtlich 147 ; ebenso seien i n diesem Fall die §§ 1922, 1967 BGB entsprechend anzuwenden. I n diesem Urteil hat das Gericht aber zugleich eine frühere Entscheidung 148 gebilligt, i n der sich an einem etwas anders gelagerten Fall die abweichende Auffassung von der nur entsprechenden Anwendung des bürgerlichen Erbrechts deutlicher und nahezu fatal profiliert. Das Gericht hatte hier die Rechtsnatur einer Erbenverbindlichkeit zu klären, die als Verbindlichkeit erst durch den Erbfall selbst entstanden war. I n dem zu entscheidenden Fall hatte eine Witwe i m Rahmen der Kriegsopferversorgung Witwenversorgung erhalten. Dabei war ihr die Rente für Januar 1959 am 28.12.1958 ausbezahlt worden. Die Witwe starb am 31.12.1958. Zu der Frage, ob gegenüber der Erbin ein Erstattungsanspruch geltend gemacht werden könne, führt das Gericht aus, die Leistungsempfängerin habe keinen Anspruch auf die Rente gehabt, obwohl gemäß § 66 Abs. 1 B V G die Bezüge i m voraus zu zahlen gewesen seien, da es sich hierbei lediglich u m Vorbehaltszahlungen gehandelt habe. Gleichwohl sei ihr gegenüber ein Erstattungsanspruch nicht entstanden, so daß ihr Nachlaß nicht m i t einer öffentlich-rechtlichen Forderung belastet gewesen sei. Die Erbin aber habe das Geld bekommen nicht auf Grund einer ihr zu Unrecht gewährten Leistung, sondern auf Grund Erbganges, also infolge einer bürgerlich-rechtlichen Beziehung: Hier seien daher nur die §§ 812 ff. BGB anwendbar. Die Ausführungen des BSG halten der K r i t i k nicht stand. Die K r i t i k hat an der behaupteten Entstehung eines bürgerlich-rechtlichen Bereicherungsanspruchs anzusetzen. Offenbar hat gegenüber der Erblasserin selbst ein zivilrechtlicher Anspruch aus § 812 BGB nicht bestanden, so daß auf „normalem" Wege über die §§ 1922, 1967 BGB eine zivilrechtliche Verbindlichkeit auf die Erbin nicht übergegangen sein kann. Die Ansicht des BSG ließe sich jedoch halten, wenn man annehmen könnte, daß das Versorgungsamt einen direkten Anspruch gegen den Erben aus §812 BGB hätte. Das BSG läßt bedauerlicherweise seine dogmatische Konstruktion nicht klar erkennen; da es aber äußert, die Erbin habe „als Erbin" die Rente ohne rechtlichen Grund erlangt (§ 812 BGB), und zwar „auf Grund Erbganges, also infolge einer bürgerlich147 148

BSG 10, 160; 11, 60. BSG 15, 14.

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3. Teil: Der Erstattungsanspruch des Staates gegen den Einzelnen

rechtlichen Beziehung", so liegt die Vermutung nicht fern, daß das Gericht von einer derartigen Konstruktion ausgegangen ist. Bettermann 149 hat dies geglaubt und gegen eine solche Begründung zu Recht eingewandt, wenn der Erbe keine Leistung vom Staat empfangen habe, könne er auch nicht auf Kosten des Staates ungerechtfertigt bereichert sein; denn §812 BGB setze gerade voraus, daß jemand durch die Leistung eines anderen etwas erlangt habe; Lehre und Rechtsprechung verlangten dafür eine unmittelbare Vermögensverschiebung zwischen Bereicherungsgläubiger und -Schuldner. Dem Einwand Bettermanns kann man hinzufügen, daß der Leistungsempfang, wenn er auf Grund der erbrechtlichen Vorschriften stattfindet, gerade nicht rechtsgrundlos sein kann, weil die Rechtmäßigkeit der Erbenstellung hier unzweifelhaft ist. Indessen dürfte es nicht hinreichen, die Darlegungen des BSG m i t diesen Erwägungen einfach abzutun. Gewisse Aufschlüsse gewinnt man, wenn man das spätere Urteil des Gerichts 150 mitbetrachtet, das von der These ausgeht, normalerweise gehe die Erstattungsverbindlichkeit vermittels entsprechender Anwendung der erbrechtlichen Normen des BGB auf den Erben des Schuldners über. Das Bundessozialgericht sieht i n dem Vererbungsvorgang nicht schlechthin ein privatrechtliches Ereignis, sondern es bestimmt seine Rechtsnatur i n Abhängigkeit von der Zugehörigkeit der übergehenden Rechte zum privaten oder zum öffentlichen Recht. Daher rührt das Dilemma, i n dem sich das Bundessozialgericht i n dem zuerst entschiedenen Fall 1 5 1 befunden hat. Nachdem hier das Vermögen der Erblasserin gemäß § 1922 BGB (in direkter Anwendung) auf die Erbin übergegangen war und diese somit auch die von der K O V an die Erblasserin erbrachte (öffentlich-rechtliche) Leistung „auf Grund Erbganges, also infolge einer bürgerlich-rechtlichen Beziehung" erhalten hatte, mußte es vom Standpunkt des Gerichts aus nahe liegen, einen zivilrechtlichen Bereicherungsanspruch zu konstruieren. Denn nach seiner Auffassung würde ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch einen Vermögensübergang i n entsprechender Anwendung der §§ 1922 ff. BGB voraussetzen. Damit werden freilich die von Bettermann 152 und Kilian 153 erhobenen Einwände nicht hinfällig; immer noch bleibt rätselhaft, wie hier ein Anspruch aus § 812 BGB entstanden sein soll. Aber es ist eben überhaupt fraglich, ob von der These der nur entsprechenden Anwendung 149

DVB1. 1961, 921. BSG 24, 190. 151 BSG 14, 15. 152 DVB1. 1961, 921. 153 N J W 1962, 1279.

III. Der Erstattungsanspruch der Verwaltung gegen Dritte

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des bürgerlichen Erbrechts auf öffentlich-rechtliche Rechtspositionen aus die Annahme einer öffentlich-rechtlichen Erstattungsverpflichtung der Erbin i n dem vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall 1 5 4 überzeugend begründet werden kann 1 5 5 . Eines näheren Eingehens hierauf bedarf es jedoch nicht, weil die Voraussetzung der bloß entsprechenden Anwendung der erbrechtlichen Normen des Bürgerlichen Gesetzbuchs für Rechte und Pflichten des öffentlichen Rechts unzutreffend ist. Denn die Vererbung aller Rechtspositionen, seien sie öffentlich-rechtlicher oder zivilrechtlicher Natur, regelt das insofern neutrale und damit allgemeingültige Erbrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs. c) Das Erbrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs im öffentlichen Recht Die Theorie der nur entsprechenden Anwendung des bürgerlichen Erbrechts i m Verwaltungsrecht ist vor allem von Bettermann 156 begründet worden. Bettermann stützt sich zunächst auf den bereits zitierten § 8 StAnpG, der eine Haftung des Erben wie für Nachlaßverbindlichkeiten statuiert. § 8 StAnpG ginge also offensichtlich davon aus, daß die §§ 1967 ff. BGB von Hause aus auf privatrechtliche Schulden beschränkt seien. Würden die §§ 1967 ff. BGB auch auf öffentlich-rechtliche Nachlaßverbindlichkeiten angewandt, so würden sie insoweit zu Normen des öffentlichen Rechts 157 . Dieser Auffassung ist nicht beizutreten. Zunächst ist Bettermann entgegenzuhalten, daß §8 StAnpG seine These nicht zu stützen vermag. Diese Vorschrift stellt klar, daß Steuerschulden auf den Erben übergehen; diese Klarstellung ist deswegen sinnvoll, weil nicht alle öffentlich-rechtlichen Verbindlichkeiten der Vererbung unterliegen. Das läßt indessen nicht den Schluß zu, die unmittelbare Anwendbarkeit der §§ 1922, 1967 BGB sei auf bürgerlich-rechtliche Ansprüche und Verbindlichkeiten beschränkt. Denn aus der Tatsache, daß nicht alle Rechte und Pflichten des öffentlichen Rechts vererblich sind, folgt keineswegs, daß für sie die erbrechtlichen Normen keine Geltung hätten; auch bürgerlich-rechtliche Rechtsverhältnisse sind schließlich nicht i m vollen Umfang vererblich, auch hier gibt es höchstpersönliche Rechte und Pflichten, die nicht auf den Erben übergehen. Lediglich die Formulierung des § 8 StAnpG („ . . . wie für Nachlaßverbindlichkeiten") könnte zu der 154

BSG 14, 15. Das haben allerdings Bettermann, DVB1. 1961, 921, u n d Kilian, 1962, 1279, versucht. DVB1. 1961, 921. 157 Ebenso Kilian, N J W 1962, 1279 ff., u n d BSG 24, 190 ff. 155

NJW

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3. Teil: Der Erstattungsanspruch des Staates gegen den Einzelnen

Vermutung Anlaß geben, die erbrechtlichen Normen des Bürgerlichen Gesetzbuchs seien nur analog anwendbar. Jedoch genügt der Hinweis auf die möglicherweise eher zufällige Fassung einer Spezialvorschrift des öffentlichen Rechts nicht zur Entscheidung einer dogmatischen Grundfrage. Deswegen hat Bettermann auch seine These weiter abzusichern versucht. § 8 StAnpG sei — so w i r d die Argumentation fortgeführt — der beamtenrechtlichen Vorschrift des § 87 Abs. 2 B B G vergleichbar. Hier sei die Verweisung auf das bürgerliche Recht (§§ 812 ff. BGB) ebenfalls nicht so zu verstehen, daß diese Bestimmungen — als bürgerlich-rechtliche Normen — direkt anzuwenden seien; auch hier könne es sich nur u m eine entsprechende Anwendung handeln; keinesfalls könnten die §§ 812 ff. BGB direkt und i n vollem Umfang i m öffentlichen Recht Wirksamkeit entfalten. Dem ist darin zuzustimmen, daß die ungerechtfertigte Bereicherung des bürgerlichen Rechts nur hilfsweise und dann entsprechend i n den öffentlich-rechtlichen Normenkomplex m i t einbezogen werden kann. Diese Einbeziehung, die auf Grund Gesetzes (hier des § 87 Abs. 2 BBG) möglich ist, bewirkt in der Tat, daß die §§ 812 ff. BGB insoweit Bestandteil des öffentlich-rechtlichen Normenkreises werden. Dafür ist jedoch Voraussetzung das unbestreitbare und unbestrittene Faktum, daß diese Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs i m öffentlichen Recht auf keinen Fall direkt anwendbar sind. Den entsprechenden Nachweis für die §§ 1922, 1967 BGB hätte Bettermann führen müssen; aber dieser Nachweis läßt sich nicht erbringen. Der i n erster Linie maßgebliche Wortlaut der einschlägigen erbrechtlichen Vorschriften bezieht sich auf das Vermögen des Erblassers schlechthin, er läßt also eine Beschränkung auf Vermögensbestandteile zivilrechtlicher Herkunft nicht erkennen. Darum könnte allein die Einordnung der §§ 1922, 1967 i n das Bürgerliche Gesetzbuch für die auf bürgerlich-rechtliche Vermögensbestandteile begrenzte Anwendbarkeit dieser Normen bestimmend sein. Jedoch rechtfertigt sich die Stellung der erbrechtlichen Vorschriften i m Bürgerlichen Gesetzbuch aus einem ganz anderen Grund. Das Erbrecht ist nicht etwa deswegen Bestandteil des bürgerlichen Rechts, weil es m i t zivilrechtlichem Vermögen zu t u n hätte. Entscheidend ist vielmehr, daß das Erbrecht m i t seiner Regelung der Rechtsbeziehungen zwischen Erblasser, Erben, Pflichtteilsberechtigten, Vermächtnisnehmern usw. eine Ordnung von Rechtsverhältnissen unter Bürgern normiert. Deswegen ist es bürgerliches Recht. Das Erblasservermögen selbst ist für die Rechtsstellung der am Erbgang Beteiligten — den eigentlichen Gegenstand des Erbrechts — ohne Belang. Das Bürgerliche Gesetzbuch nimmt

III. Der Erstattungsanspruch der Verwaltung gegen D r i t t e 9 3 hierauf auch nicht Bezug, sondern es regelt lediglich die A r t und Weise der Verteilung der Erbmasse auf die Erben und sonstige Personen, ohne die privatrechtliche Natur der vererblichen Ansprüche und Verbindlichkeiten vorauszusetzen. Die §§ 1922 if. BGB gelten m i t h i n für das gesamte Vermögen des Erblassers, also gleichermaßen für die zivilrechtlichen und die öffentlichrechtlichen Positionen. Dagegen spricht auch nicht die Tatsache, daß keineswegs alle Rechtsbeziehungen öffentlichen Rechts der Vererbung unterliegen; auch privatrechtliche Rechtsbeziehungen sind nicht ausnahmslos vererblich. A u f welche Rechte und Pflichten die §§ 1922 ff. BGB anwendbar sind, richtet sich nicht nach der Zugehörigkeit dieser Rechtsbeziehungen zum öffentlichen oder privaten Recht, sondern danach, ob sie höchstpersönlich sind oder nicht. Nicht-höchstpersönliche Ansprüche und Verbindlichkeiten des öffentlichen Rechts werden i n direkter Anwendung der §§ 1922, 1967 BGB vererbt 1 5 8 . d) Folgerungen Von dieser Erkenntnis aus löst sich das Problem der Vererbung öffentlich-rechtlicher Positionen auf einfache und klare Weise. Trotzdem müssen die daraus zu ziehenden Folgerungen noch ausgesprochen und gegen gewisse Anzweiflungen abgesichert werden. Haueisen hat i n einem eindringenden Aufsatz 159 , der die Vererbungsproblematik nach mehreren Seiten hin entfaltet, die hier kritisierte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu stützen versucht, allerdings ohne sich dessen unzutreffende Grundthese von der nur entsprechenden Anwendung der §§ 1922 ff. BGB i m öffentlichen Recht ausdrücklich zu eigen zu machen. Bei Haueisen gewinnt der die unrechtmäßigen Vermögensverschiebungen und den Erstattungsanspruch i n aller Regel begleitende Verwaltungsakt entscheidende Bedeutung. Daraus ergeben sich für i h n einschneidende Differenzierungen i n der Behandlung des Vererbungsproblems, denen i m folgenden kritische Beachtung zu schenken ist. Wenn Verbindlichkeiten des öffentlichen Rechts i n direkter Anwendung der §§1922, 1967 BGB auf den Erben übergehen, dann ist als erste, unbezweifelbare Konsequenz daraus abzuleiten, daß eine bereits 1 M Das scheint auch die Auffassung Boehmers (Staudinger-Boehmer, § 1922, A n m . 207) zu sein; dahin dürfte gleichfalls B V e r w G 30, 123 zu interpretieren sein, das — unter Berufung auf B V e r w G 11, 43 (46) — zum Vermögen des Erblassers grundsätzlich auch vermögensrechtliche Ansprüche rechnet, die ihren Rechtsgrund i m öffentlichen Recht haben. 159 DVB1. 1962, 547 ff.

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3. Teil: Der Erstattungsanspruch des Staates gegen den Einzelnen

gegenüber dem Erblasser durch bindenden Bescheid festgesetzte Schuld als Nachlaßverbindlichkeit dem Erben zur Last fällt. Insoweit stimmt auch Haueisen m i t dem Hinweis auf § 119 Abs. 2 RAO zu, der folgenden Wortlaut hat: „ I s t die Steuerschuld dem Steuerpflichtigen gegenüber unanfechtbar festgestellt, so hat dies gegen sich gelten zu lassen, w e r als Rechtsnachfolger des Steuerpflichtigen h a f t e t . .

Diese Vorschrift könne „ohne Bedenken als die schriftliche Niederlegung eines Grundsatzes des allgemeinen Verwaltungsrechts angesehen werden" 1 6 0 . Die Problematik eröffnet sich jedoch dort, wo die Erstattungsverbindlichkeit des Erblassers zu dessen Lebzeiten noch gar nicht oder noch nicht verbindlich festgestellt worden ist. Das Steuerrecht ist dieser Lage durch eine Normierung Herr geworden, die sich durch Klarheit und Einfachheit auszeichnet. Nachdem hier i n § 3 Abs. 1 StAnpG zunächst gesagt ist, daß die Steuerschuld entstehe, sobald der Tatbestand verwirklicht sei, an den das Gesetz die Steuerpflicht anknüpfe, fährt § 8 StAnpG fort: „(1) Bei Gesamtrechtsnachfolge (zum Beispiel bei Erbfolge oder bei V e r schmelzung v o n Gesellschaften) geht die Steuerschuld des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. (2) Erben haften f ü r die aus dem Nachlaß zu entrichtenden Steuern w i e f ü r Nachlaßverbindlichkeiten..

Während sich hierin für Bettermann 161 die „regelmäßige Gestaltung" der Rechtsbeziehungen zwischen dem Staat und dem Erben des Schuldners ausgedrückt findet, n i m m t Haueisen 162 gegen eine derart allgemeine Vererblichkeit nachdrücklich Stellung m i t der Behauptung, der Nachlaß des Erblassers sei erst dann m i t einer öffentlich-rechtlichen Verbindlichkeit belastet, wenn diese durch bindenden Bescheid schon gegenüber dem Erblasser festgestellt worden sei. Eine überhaupt noch nicht durch Bescheid geltend gemachte Verbindlichkeit könne, w e i l noch nicht konkretisiert, kaum als existent betrachtet werden. Insbesondere gelte dies für den Erstattungsanspruch, der i n der Regel die Rücknahme eines vorangegangenen begünstigenden Verwaltungsaktes voraussetze 163 . Sofern ein Bescheid bereits ergangen, aber nicht bindend geworden sei, könne das Verfahren nicht gegen den Erben fortgesetzt werden, falls dieser seine Zustimmung verweigere, w e i l dies gegenüber dem Erben einen Eingriff bedeute, der ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung 160 161 162 163

Haueisen, a.a.O., S. 549. DVB1.1961, 919. DVB1.1962, 547 (551). Haueisen, a.a.O., S. 551 A n m . 33.

III. Der Erstattungsanspruch der Verwaltung gegen Dritte

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nicht zulässig sei 164 . I m Hintergrund dieser Thesen steht die primär sozialrechtlich geprägte Vorstellung, m i t der Vererblichkeit der öffentlich-rechtlichen Verbindlichkeit sei die Durchsetzung des Anspruchs durch Verwaltungsakt verbunden. §47 V w V G (KOV) bestimmt nämlich, daß zu Unrecht empfangene Leistungen durch Verwaltungsakt zurückzufordern sind. Diese Vorschrift sei eine „scharfe Waffe" 1 6 5 i n der Hand der Verwaltung, der man den Erben ausliefere, wenn man die Vererbung zulasse. Der Leistungsbescheid sei jedoch nur m i t ausdrücklicher Grundlage zulässig, die es für die Vererbung nicht judizierter und nicht titulierter Schulden nicht gebe 166 . Wenn Haueisen m i t h i n einer Vererbung der Erstattungsverbindlichkeit nicht zuneigt, so ist er doch andererseits der Überzeugung, daß der Erbe für die Schuld des Erblassers einstehen müsse. Hierfür sieht er i n dem Bereicherungsanspruch, den das Bundessozialgericht glaubte erkennen zu können, die einzige konstruktive Möglichkeit. Von dieser Lösung aber offenbar selbst nicht ganz überzeugt, läßt Haueisen seine Darlegungen m i t gewisser Resignation i n den gesetzgeberischen Vorschlag ausmünden, „nach dem Vorbild i m Steuerrecht... eine entsprechende Regelung" zu schaffen 167 . Die Vererbungsproblematik ist indessen so ausweglos nicht. Vom Ausgangspunkt der grundsätzlichen Vererblichkeit öffentlich-rechtlicher Erstattungsverbindlichkeiten folgt natürlicherweise die Vererbbarkeit auch nicht judizierter und titulierter Schulden des Erblassers. Bei Anlegung erbrechtlicher Maßstäbe ist unproblematisch, daß auch solche Erstattungsverpflichtungen auf den Erben übergehen, die noch nicht gegenüber dem Erblasser geltend gemacht worden waren. Derartige Verbindlichkeiten sind ebenso Erblasserschulden wie vergleichbare zivilrechtliche Verpflichtungen, die erst nach dem Erbfall v o l l entstehen, deren wesentlicher Entstehungsgrund aber bereits vor dem Erbfall gelegt worden war 1 6 8 . Denn der wesentliche Entstehungsgrund des Erstattungsanspruchs ist i n jedem Falle die Leistungserbringung, und zwar auch dann, wenn sie zunächst etwa als Vorbehaltszahlung berechtigt war oder auf dem Rechtsgrund eines (rechtswidrigen) Verwaltungsaktes beruhte. Die bloß formale Berechtigung des Empfängers 164

Haueisen, a.a.O., S. 550. Haueisen, a.a.O., S. 552. 1ββ Haueisen, a.a.O., S. 552. 167 Haueisen, a.a.O., S. 552. 168 Staudinger-Lehmann, §1967 Rdnr.3ff.; Soergel-Siebert, §1967 Anm. 1. Ebenso für das öffentliche Recht Bettermann, DVB1.1961, 921; Kilian, NJW 165

1962, 1279; Hess. V H G , Z B R 1968, 410/411; desgleichen ist i n B V e r w G 30, 123, für Wohngeldansprüche gesagt, sie seien ohne Rücksicht darauf vererblich, ob dem Berechtigten gegenüber schon ein Festsetzungsbescheid ergangen sei.

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3. Teil: Der Erstattungsanspruch des Staates gegen den Einzelnen

darf schließlich nicht darüber hinwegtäuschen, daß letztlich maßgebend doch die materielle Rechtslage ist. Und entscheidend für die Frage der Erblasserschuld ist nicht, ob der Erstattungsanspruch schon zum Zeitpunkt des Erbfalls geltend gemacht werden konnte, sondern ob der Vermögenswert oder -gegenständ i n materiell-rechtlicher Betrachtung der Erbmasse gebührt. Demgegenüber sind die Bedenken Haueisens i n erster Linie verfahrensrechtlicher Natur. Aus der Tatsache, daß i n der Regel nur „angemeldete" Ansprüche auf den Erben übergehen, glaubt er schließen zu dürfen, daß eine Vererbung der Schulden, w e i l sie „Spiegelbild" öffentlich-rechtlicher Leistungen seien, jedenfalls dann nicht stattfinden könne, wenn ein vorheriges Tätigwerden der Verwaltung unterblieben sei 169 . Das ist zum einen inkonsequent, weil Haueisen den Erben schließlich doch für die Schulden des Erblassers haften lassen möchte. Zum zweiten w i r d bei dieser Gegenüberstellung angeblicher Parallelen der entscheidende Unterschied übersehen: Dem Gesetz widerspricht es, wenn einem Leistungsempfänger Vermögenswerte, die i h m nicht gebühren, überlassen werden; umgekehrt führt die Nichtgeltendmachung eines Anspruchs durch den Erblasser zu keiner rechtswidrigen Situation, die danach verlangt, auch nach dem Tode des Erblassers beseitigt zu werden. Der einzelne ist (nur) berechtigt, Ansprüche zu erheben, die Verwaltung dagegen ist verpflichtet, rechtswidrig erbrachte Leistungen zurückzurufen. Diesem Vergleich fehlt somit als Argument gegen die Vererbung jede Durchschlagskraft. Gegen die Vererbbarkeit einer bereits geltend gemachten, aber noch nicht bindend festgestellten Schuld führt Haueisen ferner das verfahrensrechtliche Argument ins Feld, einer Fortsetzung des Verwaltungsverfahrens fehle die erforderliche gesetzliche Grundlage. Dabei verknüpft Haueisen die Vererbung m i t der Befugnis der Verwaltung, ihre Ansprüche, und insbesondere den Erstattungsanspruch, m i t dem Leistungsbescheid durchzusetzen, wofür er die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften als nicht ausreichend ansieht. Dadurch werden aber die Fragen des Verfahrensrechts mit denen des materiellen Rechts unzulässigerweise vermengt. Es besteht kein Anlaß, i m Hinblick auf die „scharfe Waffe" des Leistungsbescheides vor der Annahme der Vererblichkeit zurückzuschrecken. Wenn ernste Bedenken — etwa rechtsstaatlicher A r t — gegen die Zulässigkeit des Verwaltungsakts gegenüber dem Erben bestehen sollten, könnte diese A r t der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs als verfassungswidrig 169

Haueisen, a.a.O., S. 551.

III. Der Erstattungsanspruch der Verwaltung gegen D r i t t e 9 7 verworfen werden, ohne daß dadurch der materielle Anspruch berührt würde. Weil sich alle Einwände Haueisens am Verfahren orientieren, sind sie für die materiell-rechtliche Frage nach der Vererbung, obwohl sie gerade diese zu beantworten suchen, i n Wahrheit ohne Belang. Der Erstattungsanspruch ist also nach dem Tode des Schuldners stets gegen dessen Erben gerichtet, und zwar unabhängig davon, ob er gegenüber dem Erblasser bereits festgestellt, nur geltend gemacht oder noch nicht einmal angemeldet worden war.

2. Der Erstattungsanspruch gegen sonstige haftende Personen I n zivilrechtlichen Gesetzen finden sich neben der Haftungsverpflichtung des Erben einige weitere gesetzliche Anordnungen der Haftung für die Verbindlichkeit anderer. Davon sei vor allem hervorgehoben die Haftung bei der Vermögensübernahme (§419 BGB), beim Erbschaftskauf (§2382 BGB), i m ehelichen Güterstand der Gütergemeinschaft (§§1437, 1459 BGB) sowie beim Erwerb eines Handelsgeschäfts (§25 HGB). I n allen diesen Fällen ist wie bei der Vererbung fraglich, ob derjenige, dessen (Mit-)Haftung durch zivilrechtliche Normen angeordnet wird, auch für öffentlich-rechtliche Verpflichtungen, insbesondere für Erstattungsverbindlichkeiten, haftet und welcher Hechtsnatur eine derartige Haftung gegebenenfalls ist. Diese Frage ist für Steuern und Gerichtskosten gesetzlich i n § 120 RAO und § 99 Nr. 3 G K G dahin geregelt, daß sich die Haftung auch auf diese öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen erstreckt und daß der Haftende ebenfalls kraft öffentlichen Rechts verpflichtet ist — m i t der Folge, daß bei den Steuerschulden i m Streitfall die finanzgerichtliche Zuständigkeit gegeben ist 1 7 0 . Daher ist zu fragen, ob i m Sinne des § 120 RAO auch bei anderen öffentlich-rechtlichen Verbindlichkeiten zu verfahren ist und diese Vorschrift also i m wesentlichen n u r deklaratorische Funktion hat 1 7 1 . Unbestritten ist, daß die nach bürgerlichem Recht für Verbindlichkeiten eines anderen Haftenden auch für dessen öffentlich-rechtliche Verpflichtungen einzustehen haben, soweit diese nicht persongebunden sind. Jedoch scheint auch hier nicht ganz klar zu sein, auf welcher Grundlage die Haftung des bürgerlich-rechtlich Verpflichteten beruht. no V 171

g L

Tipke-Kruse,

RAO, § 330 Anm. 4.

Das ist i m steuerrechtlichen Schrifttum vorherrschende Auffassung, vgl.

Becker-Riewald-Koch,

RAO Bd. I, § 120 Anm. 1, S. 373, und — allerdings

m i t Einschränkungen — Tipke-Kruse, 7

Weber

a.a.O., § 120 A n m . 1.

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3. Teil: Der Erstattungsanspruch des Staates gegen den Einzelnen

Das Bundessozialgericht hat i n einem Urteil vom 11. November 1966178 zur Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs gegenüber einem Vermögensübernehmer i m Sinne von § 419 BGB erklärt, die Haftung dieser Person bestünde kraft Zivilrechts. Zwischen der Versorgungsbehörde und dem gemäß §419 BGB Haftenden existiere kein öffentlich-rechtliches Verhältnis, da eine Rechtsbeziehung erst auf Grund eines bürgerlich-rechtlich geregelten Vorgangs entstanden sei; die Beziehung sei daher privatrechtlicher Natur. Dem ist zu widersprechen. Zwar ist richtig, daß ohne die Existenz des § 419 BGB eine Rechtsbeziehung zwischen der Versorgungsbehörde und dem Vermögensübernehmer nicht entstanden wäre. Aber durch die Stellung dieser Haftungsübernahmevorschrift i m Bürgerlichen Gesetzbuch kann der gegen den primär Leistungsverpflichteten bestehende öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch nicht i n einen zivilrechtlichen Anspruch umgemünzt werden. Das Gericht wiederholt hier nicht den Versuch, einen Bereicherungsanspruch nach § 812 BGB zu konstruieren 178 . Daß es sich davon enthält, verdient Beifall. Jedoch ist dann andererseits um so weniger erklärlich, woraus der zivilrechtliche Anspruch ableitbar sein soll; immerhin liegt ja ursprünglich ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zugrunde. § 419 BGB kann den behaupteten zivilrechtlichen Anspruch nicht zur Entstehung bringen, weil diese Vorschrift keine selbständige Anspruchsgrundlage ist. Der Regelung des §419 und allen sonstigen gesetzlichen Anordnungen der Mithaftung anderer — einschließlich der §§ 1922, 1967 BGB — ist gemeinsam, daß sie sich darauf beschränken, Verbindlichkeiten (gegebenenfalls auch Rechte) auf einen neuen Rechtsträger zu übertragen bzw. auf i h n mitzuerstrecken. Diese Vorschriften sind daher, obwohl man sie i n zivilrechtlichen Gesetzen findet, ebenso wie die §§1922, 1967 BGB völlig neutral i m Hinblick auf die Rechtsnatur der von ihnen transportierten Rechte und Pflichten. Aus diesem Grunde hat das Reichsgericht 174 Recht m i t der lapidaren Feststellung, § 419 BGB spreche einfach von „Gläubigern" des Veräußerers und zu diesen gehöre auch der Staat m i t seinen öffentlich-rechtlichen Forderungen. M i t h i n sind Personen, die kraft Zivilrechts zur Erfüllung der Erstattungsverbindlichkeit eines anderen verpflichtet sind, Schuldner einer öffentlich-rechtlichen Verbindlichkeit. 172

BSG 25, 268. Wie es das i n einem F a l l der Erbenhaftung getan hat, vgl. BSG 14,15, dazu oben 3. Teil, I I I . 1 b. 174 RG 71, 377 (380). 173

III. Der Erstattungsanspruch der Verwaltung gegen Dritte

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3. Die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs gegen Dritte Wenn sonach feststeht, daß die Hechtsnachfolger des Erstattungsschuldners sowie sonstige haftende Personen dem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch — und nicht einem Anspruch des Zivilrechts — ausgesetzt sind, eröffnet sich das Problem, auf welche Weise der Gläubiger seinen Erstattungsanspruch durchsetzen kann. Gegenüber dem u r sprünglichen Erstattungsschuldner ist der Leistungsbescheid zulässig. Es ist umstritten, ob diese Möglichkeit auch gegenüber dem Rechtsnachfolger besteht. Unter zwei Gesichtspunkten könnten dieser Möglichkeit Bedenken entgegenzusetzen sein. Erstens w i r d eingewendet, das Bestehen eines hoheitlichen Überordnungsverhältnisses, das i m Verhältnis des Staates (oder einer sonstigen juristischen Person des öffentlichen Rechts) zum Leistungsempfänger selbst noch gerade vorausgesetzt werden könne, fände jedenfalls i m Verhältnis zu dritten Personen sein Ende 1 7 5 . Zweitens w i r d ein Hinderungsgrund für den Leistungsbescheid auch i n der Tatsache gesehen, daß der Verpflichtung des Rechtsnachfolgers oder Mithaftenden ein bedeutendes zivilrechtliches Moment zugehört, w e i l „die Haftung des Nachfolgers auf rein bürgerlich-rechtlichen Vorschriften" beruhe 1 78 . a) Die Unzuständigkeit

des ordentlichen

Gerichts

Durch diesen zweiten Aspekt sah sich Bischoff veranlaßt, hinsichtlich der nach Zivilrecht zu beurteilenden Haftungsfrage für die Zuständigkeit des Zivilgerichts einzutreten und diesem Gericht gegebenenfalls auch die Entscheidungsbefugnis „über die öffentlich-rechtliche Vorfrage i m Wege der sogenannten ,Inzidentkontrolle'" mitzuübertragen 1 7 7 . Als V o r b i l d dafür galt Bischoff die damalige Regelung des § 330 RAO, der die Zuständigkeit des Zivilrechtswegs für den Fall vorsah, daß der i n Anspruch genommene Dritte nicht die Schuld als solche bestritt, aber den zivilrechtlichen Haftungstatbestand als nicht gegeben ansah. Die Zuständigkeit des Zivilgerichts hätte den Vorzug, daß über die zivilrechtliche Frage der Haftung das Zivilgericht entscheiden könnte, dem hierfür i n höherem Maße die sachliche Kompetenz zukommt. Diese Lösung hätte andererseits den Nachteil, daß unter Umständen die Geltendmachung eines Anspruchs entweder an zwei Gerichten betrieben werden oder die öffentlich-rechtliche Seite des Anspruchs von dem hierfür nun weniger kompetenten ordentlichen Gericht mitentschieden werden müßte. 175

176 177



So z.B. Bayer. V H G , Z B R 1968, 324 - 326.

Bischoff, Bischoff,

NJW 1965, 1419. a.a.O., S. 1419/1420.

100

3. Teil: Der Erstattungsanspruch des Staates gegen den Einzelnen

Vor allem aber spricht gegen die Zuständigkeit des Zivilgerichts, daß die Durchsetzung eines öffentlich-rechtlichen Anspruchs i n Rede steht und m i t h i n eine Streitigkeit des öffentlichen Rechts vorliegt. Für die gerichtliche Zuständigkeit ist entscheidend, welche Rechtsnatur der umstrittene Anspruch hat, nicht aber welche Rechtsnatur gewissen Vorfragen zukommt, über die sich die Parteien uneinig sind. Insofern war es auch ein Mißstand, daß §330 RAO i n der alten Fassung eine Zuständigkeit des Zivilgerichts vorsah. Die neue Fassung dieser Vorschrift 1 7 8 trifft die Regelung, daß das Finanzamt entscheidet, wenn der i n Anspruch genommene Dritte bestreitet, zur Erfüllung der Schuld verpflichtet zu sein. Gegen diese Entscheidung ist dann der Weg zum Finanzgericht gegeben 179 . Für die Frage der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs gegen den Rechtsnachfolger des Schuldners scheidet also die Möglichkeit der Zivilklage von vornherein aus, so daß nur noch zu ermitteln ist, ob sich die Verwaltung, wie gegenüber dem Hauptschuldner, auch gegenüber dem Rechtsnachfolger des Verwaltungsakts bedienen darf — so ist die Regelung i m Steuerrecht (§ 330 RAO η. F.) — oder ob sie i m Streitfall die verwaltungsgerichtliche Klage erheben muß. b) Die Zulässigkeit

des Verwaltungsakts

Das Problem der Zulässigkeit des Verwaltungsakts gegenüber D r i t ten stellt sich nicht für diejenigen, die der Verwaltung schon das Recht streitig machen, gegen den Hauptschuldner mit den Mitteln des Verwaltungsakts vorzugehen 180 . Geht man indessen richtigerweise davon aus, daß jedenfalls der Erstattungsschuldner durch Verwaltungsakt in Anspruch genommen werden kann, so liegt es durchaus nahe, seinen Rechtsnachfolger gleichermaßen zu behandeln. Das Bundessozialgericht hat, nachdem es zunächst des Vererbungsproblems nicht recht Herr geworden war 1 8 1 , in einer späteren Entscheidung das Wesentliche getroffen mit der Bemerkung, der Erbe trete voll i n die Stellung seines Rechtsvorgängers i n verfahrensrechtlicher und materiell-rechtlicher Hinsicht ein 1 8 2 . I n der Tat ist nicht einzusehen, warum der Erbe, dem schon das Vermögen des Erblassers zukommt, eine noch bessere Rechtsposition erhalten soll, als der Erblasser selbst gehabt hat. Umgekehrt ist ebenso 178

179

§ 330 R A O w u r d e geändert durch A O Ä G v o m 15. 9.1965 (BGBl. 1,1356).

Vgl. Becker-Riewald-Koch,

RAO Bd. IV, § 330 Anm. 2; Tipke-Kruse,

a.a.O., § 330 A n m . 4. 180 Vgl. oben 3. Teil, I I . 181 Vgl. BSG 15, 14ff.; dazu oben l . b . 182 BSG 24,190 (192).

III. Der Erstattungsanspruch der Verwaltung gegen Dritte

101

unerfindlich, warum der Gläubiger eine Beeinträchtigung seiner Position soll hinnehmen müssen. Der Übergang des Vermögens auf den Erben läßt sich nicht mehr rechtfertigen, wenn er auf Kosten der Gläubiger geht. I n Wahrheit kann man dann nicht einmal mehr von einem Vermögens„übergang" sprechen, wenn sich das Vermögen i n der Hand des Erben, sei es auch nur i n verfahrensrechtlicher Hinsicht, verbessert. I n diesem Sinne ist auch das geltende Erbrecht darauf bedacht, bei aller Wohltat, die es dem Erben gewährt, die Ansprüche der Gläubiger nicht zu schmälern. I n den sonstigen Fällen der Haftung Dritter mag dies auf den ersten Blick weniger einleuchten, da hier i m allgemeinen dem Gläubiger der ursprüngliche Schuldner erhalten bleibt. Gleichwohl ist zu beachten, daß die Haftung Dritter nach dem Gesetz eine volle Haftung ist, deren guter Sinn darin beschlossen liegt, daß sie jedes Risiko von dem Gläubiger fernhält. Der Verzicht auf Differenzierungen zugunsten des Dritten läßt deutlich genug erkennen, daß der Gläubiger i n jedem Fall den Haftenden als vollwertigen Schuldner soll betrachten dürfen. Damit vertrüge es sich nicht, wenn man den Haftenden beim Erstattungsanspruch besser als den eigentlichen Schuldner stellen wollte. Diesen Erwägungen tragen gewichtige Stimmen Rechnung, die den Leistungsbescheid auch gegenüber dem Rechtsnachfolger zulassen 183 . Nun w i r d hiergegen allerdings geltend gemacht, der Erbe und sonstige Rechtsnachfolger ständen zur Verwaltung nicht i n dem Verhältnis hoheitlicher Über- und Unterordnung, das für den Erlaß eines Leistungsbescheides Zulässigkeitsvoraussetzung sei 184 . Das Bundessozialgericht, das hinsichtlich des Erben diese Bedenken nicht t e i l t 1 8 5 , erhebt sie i n bezug auf den Vermögensübernehmer des §419 B G B 1 8 · . Das Gericht hält i n dieser Entscheidung die Inanspruchnahme eines D r i t t e n durch Leistungsbescheid f ü r grundsätzlich bedenklich wegen des Mangels einer „öffentlich-rechtlichen Beziehung zwischen Versorgungsträger u n d Adressaten des Verwaltungsakts"; n u r f ü r den Erben sei eine Ausnahme zu machen, w e i l dieser i n v o l l e m Umfang an die Stelle des Erblassers trete. Da jedoch andere haftende Personen nicht i n dieser Weise i n die Rechtsstellung des ursprünglich Verpflichteten einrückten, sei eine weitere „ A u s 183 Vgl. B V e r w G 15,234 ff.; B G H , DVB1.1961,133; Bettermann, DVB1.1961, 921-923; Wolff, Verwaltungsrecht I, §42 I I I d, Hess. V H G , Z B R 1968, 410. 184 Neuerdings Bayer. V G H , Z B R 1968, 324 (326), unter Berufung auf «BVerwG 24, 225 (228); 25, 72 (77), u n d B V e r w G Z B R 1968, 47. Der Bayer. V G H läßt aber i m m e r h i n nicht unerwähnt, daß das Bundesverwaltungsgericht i n einem U r t e i l v o m 9.1.1963 (BVerwG 15, 234 [237]) „als selbstverständlich vorausgesetzt" habe, „daß die Rückforderung von Leistungen nach dem LastAusglG von den Erben mittels Leistungsbescheides erfolgen kann". Die Entscheidungen, auf die sich der Bayer. V G H beruft, betreffen gerade nicht die H a f t u n g eines Rechtsnachfolgers. 185 Vgl. BSG 24,190. 186 BSG 25,268.

102

3. T e i l : Der Erstattungsanspruch des Staates gegen den Einzelnen

dehnung der Ausnahmefälle v o m Grundsatz nicht gerechtfertigt", zumal hier i m allgemeinen die Frage der bürgerlich-rechtlichen H a f t u n g Gegenstand des Streits sei, w ä h r e n d die Erbenstellung normalerweise keine Probleme aufgäbe. Wenn die zivilrechtlichen Probleme aber i m Vordergrund stünden, sei die Zuständigkeit des ordentlichen Gerichts gegeben. Das Gericht vermengt hier, w o h l veranlaßt durch die i m Sozialrecht normalerweise vorgesehenen Möglichkeiten der Durchsetzung des Erstattungsanspruchs durch Verwaltungsakt, das Problem des hoheitlichen Vorgehens m i t dem der gerichtlichen Zuständigkeit. Das Bundessozialgericht hätte die Ansicht vertreten können, der nach §419 B G B Haftende sei nicht „gewaltunterworfen", w e n n es sie nicht damit begründet hätte, daß das Verhältnis des Anspruchsberechtigten zum Schuldner zivilrechtlicher N a t u r sei. Das Bundessozialgericht hatte selbst früher zutreffend ausgeführt 1 8 7 , die öffentlich-rechtliche N a t u r des Erstattungsanspruchs ändere sich nicht, w e n n der Inhaber der Verpflichtung wechsele, denn es käme nicht auf die Person des Verpflichteten an, sondern auf die Rechtsnatur der Leistung. Deswegen ist die Inanspruchnahme eines Erben durch Verwaltungsakt auch keine Ausnahme von dem Grundsatz, daß n u r öffentlich-rechtliche Ansprüche durch Verwaltungsakt individualisiert w e r den könnten — eine solche Ausnahme wäre gar nicht zulässig 1 8 8 —, sondern sie ist die durchaus naheliegende Konsequenz daraus, daß der Erbe v o m Erblasser eine m i t Leistungsbescheid durchsetzbare öffentlich-rechtliche V e r bindlichkeit übernommen hat. Die „Ausnahme-Theorie" liefert also keinen durchgreifenden E i n w a n d gegen die Zulässigkeit des Verwaltungsakts. I m H i n b l i c k a u f d i e einzige A l t e r n a t i v e : V e r w a l t u n g s a k t o d e r L e i s t u n g s k l a g e i s t a b e r w e i t e r z u fragen, ob das F e h l e n eines persönlichen S u b o r d i n a t i o n s v e r h ä l t n i s s e s b e i m Rechtsnachfolger d e n L e i s t u n g s bescheid ausschließt u n d d i e V e r w a l t u n g i m S t r e i t f a l l z u r g e r i c h t l i c h e n Klage zwingt. D i e A b l e h n u n g des Leistungsbescheides m i t d e m H i n w e i s a u f d e n M a n g e l eines Ü b e r - / U n t e r o r d n u n g s v e r h ä l t n i s s e s b e r u h t a u f d e r A n n a h m e , d e r u r s p r ü n g l i c h L e i s t u n g s v e r p f l i c h t e t e habe d e n V e r w a l t u n g s a k t deswegen z u d u l d e n , w e i l er i n e i n e m (höchst-)persönlichen U n t e r w e r f u n g s v e r h ä l t n i s z u r V e r w a l t u n g stünde. B e i m E r s t a t t u n g s a n s p r u c h i s t das aber g a r n i c h t d e r entscheidende G r u n d f ü r d i e Z u l ä s s i g k e i t des Verwaltungsakts. Z w a r m a g bisweilen der Erstattungsschuldner i n e i n e m d e r a r t i g e n V e r h ä l t n i s z u m E r s t a t t u n g s g l ä u b i g e r stehen, e t w a als B e a m t e r , aber d a n n k a n n durchaus f r a g l i c h sein, ob sich dieses V e r h ä l t n i s auch gerade a u f das E r s t a t t u n g s v e r h ä l t n i s bezieht. D a ß sich d e r E r s t a t t u n g s s c h u l d n e r d u r c h V e r w a l t u n g s a k t z u r E r ^ b r i n g u n g seiner L e i s t u n g h e r a n z i e h e n lassen m u ß , l i e g t v i e l m e h r d a r a n , daß d e r z u r H e r s t e l l u n g d e r gesetzmäßigen V e r m ö g e n s v e r t e i l u n g v e r p f l i c h t e t e n V e r w a l t u n g f ü r d i e eine Seite d e r E r f ü l l u n g dieser A u f 187

BSG 24,190 (192). iss V o n einer Ausnahme spricht hingegen ebenfalls Haueisen, 709 (710), i n seinem Rechtsprechungsbericht.

DVB1.1969,

III. Der Erstattungsanspruch der Verwaltung gegen Dritte

103

gäbe, für die Gewährung von Leistungen, das Instrument des Verwaltungsakts zu Gebote steht und ihr dementsprechend dieses Instrument auch für die andere Seite, die Rückforderung, zustehen muß 1 8 9 . Dieser Grund rechtfertigt es auch, i n gleicher Weise gegen den Rechtsnachfolger des Schuldners vorzugehen 190 . Sofern das Verhältnis der Uber- und Unterordnung dazu dienen soll, den Einwand der fehlenden ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage zu entkräften, so ist daran zu erinnern, daß es sich bei der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs durch Verwaltungsakt ohnehin nicht i m üblichen Sinne u m einen „Eingriff" i n die persönliche Rechtssphäre des Erstattungsschuldners handelt. Der Erstattungsanspruch läßt als Kehrseite des Leistungsanspruchs die Freiheitssphäre des einzelnen prinzipiell unberührt, so daß seine Geltendmachung durch Verwaltungsakt ein persongebundenes Unterwerfungsverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner nicht voraussetzt. Das ist oben 191 dargelegt worden. Daraus ergibt sich die Schlußfolgerung, daß die Möglichkeit des Leistungsbescheides nicht verknüpft ist m i t einem besonderen Herrschaftsverhältnis des Leistungsberechtigten zum Erstattungsschuldner. Sie ist verbunden m i t der Erstattungsverbindlichkeit selbst und besteht daher gegenüber jedem, der diese Verbindlichkeit erfüllen muß.

189

Vgl. oben 3. Teil, I I . 3. So richtig auch der Hess. V G H , Z B R 1968, 410/411, der gleichfalls nicht auf das Subordinationsverhältnis, sondern darauf abstellt, daß das Erstattungsverhältnis die U m k e h r u n g des Leistimgsverhältnisses ist. 191 3. Teil, I I . 3. 190

Vierter Teil

D e r Ërstattungsanspruch gegen den Staat Der Erstattungsanspruch des einzelnen gegen den Staat hat i m Gefüge öffentlich-rechtlicher Leistungsansprüche, die dem einzelnen gegen den Staat auf Grund vorangegangener Rechtsbeeinträchtigung zustehen, keinen festen Platz. Das liegt nicht allein daran, daß der Erstattungsanspruch selbst bislang nur mangelhaft fundiert und ausgeformt ist, sondern es hat seinen Grund auch i n der Tatsache, daß sich die Gesamtheit staatlicher Ersatzleistungen kaum i n ein geschlossenes System bringen läßt 1 . I n diesem „System" öffentlich-rechtlicher Ansprüche des einzelnen t r i t t der Erstattungsanspruch m i t dem „enteignungsgleichen Eingriff" und dem „Folgenbeseitigungsanspruch" i n Berührung. Das Verhältnis des Erstattungsanspruchs zu diesen beiden Rechtsinstituten ist umstritten. Es muß hier vorab behandelt werden, weil verschiedentlich behauptet wird, der Erstattungsanspruch ginge in diesen Ansprüchen ganz oder teilweise auf. Träfe es zu, daß der Erstattungsanspruch durch andere Ansprüche weitgehend konsumiert würde, dann erübrigte sich insoweit eine Erörterung des Erstattungsanspruchs des einzelnen gegen den Staat. Es bedarf einiger Darlegungen für den Nachweis, daß sich das Erstattungsprinzip als festes Element zwischen weniger scharf konturierten Ansprüchen behaupten kann.

A. Der Ërstattungsanspruch im „System" staatlicher Ersatzleistungen I. Erstattungsanspruch und enteignungsgleicher Eingriff Der Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff und der Erstattungsanspruch haben enge Berührungspunkte. Betrachtet man — ohne zunächst tiefer einzudrängen — den enteignungsgleichen Eingriff als eine 1 Das hat vor allem Heidenhain, Amtshaftung und Entschädigung, S. 66 ff., dargelegt.

Α. I. Erstattungsanspruch und enteignungsgleicher Eingriff

105

rechtswidrige Enteignung 2 und die (rechtmäßige) Enteignung i n ihrer „klassischen" Ausprägung, so kann man leicht zu der Schlußfolgerung gelangen, daß sich i n dem Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff der Grundsatz der Rückgängigmachung rechtswidriger Vermögensverschiebungen gerade verwirkliche. Ursprünglich war die Enteignung, die „klassische Enteignung", ein Güterbeschaffungsvorgang; „es handelte sich u m ein hoheitliches Ersatzgeschäft, der Sache nach, wenn auch nicht juristisch u m einen ,Zwangskauf' (§ 4 I 11 ALR), m i t dessen Hilfe für bestimmte, vom öffentlichen Wohl her legitimierte Unternehmungen Sachgüter beschafft w u r den" 3 . Von hier aus müßte sich der enteignungsgleiche Eingriff — also die rechtswidrige Enteignung — als eine rechtsgrundlose Güterbeschaffung oder Vermögensverschiebung darstellen und somit als ein Erstattungstatbestand zu begreifen sein. I n diesem Sinne hatte insbesondere Katzenstein 4 eine Entschädigungspfiicht des Staates für rechtswidrige Eingriffe aus dem Rechtsgedanken der ungerechtfertigten Bereicherung hergeleitet. M i t diesem Versuch einer Begründung der Entschädigung für rechtswidrige Eingriffe hat sich ausführlich Heidenhain 5 auseinandergesetzt. Heidenhain sucht nachzuweisen, daß zwar der Rechtsgedanke der Leistungskondiktion durch Rechtsprechung und Lehre i m öffentlichen Recht Anerkennung gefunden habe, daß jedoch die Eingriffskondiktion des Bürgerlichen Gesetzbuchs keine Übertragung ins öffentliche Recht gefunden habe. Es sei unrichtig, den Anspruch aus Enteignung als „publizistisches Gegenstück zur bürgerlich-rechtlichen condictio"® anzusehen und demzufolge A r t . 153 Abs. 2 W R V auf rechtswidrige Eingriffe entsprechend anzuwenden, „wenn der zum Wohl der Gesamtheit erfolgende rechtswidrig-schuldlose Eingriff i h r objektiv zu Gute kommt" 7 . Schon Stödter 8 habe darauf hingewiesen, daß die Entschädigung aus Enteignung nach A r t . 153 Abs. 2 W R V den Rechtsverlust des Enteigneten und nicht die Bereicherung des Enteignenden abzugleichen habe. Das folge daraus, daß die Entschädigung aus Enteignung auf der Garantie des Eigentums beruhe, die sich bei der Enteignung als Eigentumswertgarantie darstelle. A n die Stelle des enteigneten Rechts trete i m 2

Wie der Bundesgerichtshof i h n seit B G H Z 6,270 ff. verstanden hat. W. Weber, Eigentum und Enteignung, i n : Die Grundrechte, B d I I , S. 331 ff., 338. 3

4

5 6 7 8

Katzenstein, Die Entschädigungspflicht des Staates, S. 80 ff., 89 ff. Heidenhain, a.a.O., S. 75 ff. Katzenstein, a.a.O., S. 89; zitiert bei Heidenhain, a.a.O., S. 77. Katzenstein, a.a.O., S.98; Heidenhain, a.a.O., S.77. Stödter, öffentlich-rechtliche Entschädigung, S. 229.

106

. Teil: Der Erstattungsanspruch gegen den

Vermögen des Enteigneten dessen Wert; Enteignungsobjekt und Entschädigung würden gegeneinander ausgetauscht. Die Entschädigung aus Enteignung bemesse sich infolgedessen allein nach dem Rechtsverlust des Enteigneten u n d nicht nach der Bereicherung des Enteignenden. Gleichwohl hätte man — fährt Heidenhain 9 fort — den Rechtsgedanken der Eingriffskondiktion ins öffentliche Recht übertragen und damit die Haftung des Staates für rechtswidrige Eingriffe auf eine überzeugende Grundlage stellen können. Statt dessen hätten Lehre und Rechtsprechung weitergehend jeden rechtswidrigen Eingriff i n Vermögenswerte Rechte als entschädigungspflichtig angesehen, unabhängig davon, ob der Staat durch den rechtswidrigen Eingriff einen Vorteil erlangt habe oder nicht. A n diesen Ausführungen ist richtig, daß das Institut des enteignungsgleichen Eingriffs i n seiner heutigen Ausprägung weder aus dem Rechtsgedanken der ungerechtfertigten Bereicherung begründbar ist noch daß es i h n verwirklicht. Ebensowenig wie die Enteignung noch älteren Vorstellungen der Güterbeschaffung verpflichtet ist, kann der enteignungsgleiche Eingriff als rechtsgrundloser „Zwangskauf" begriffen werden. Fraglich ist indessen, welche Auswirkungen die Existenz des enteignungsgleichen Eingriffs auf das Erstattungsprinzip hat. Nach Heidenhain geht i m öffentlichen Recht die „Eingriffskondiktion" i n dem enteignungsgleichen Eingriff auf, da Lehre und Rechtsprechung weitergehend jeden rechtswidrigen Eingriff als entschädigungspflichtig ansähen. Diese Schlußfolgerung ist unzutreffend. Zwar ist tatsächlich der Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff nicht an die Voraussetzung einer Bereicherung des Staates gebunden, und insofern w i r d i n weiterem Umfang entschädigt, als nach dem Rechtsgedanken der ungerechtfertigten Bereicherung erstattet würde. Aber das bedeutet nicht, daß i n allen diesen Fällen der Erstattungsgedanke obsolet wäre. Das ergibt sich daraus, daß die Rechtsfolge bei Tatbeständen eines rechtswidrigen, also enteignungsgleichen Eingriffs Entschädigung ist, während die Rechtsfolge rechtsgrundloser Vermögensverschiebung auf Erstattung lautet. Entschädigung ist ein Schadensausgleich unter Ausschluß der Naturalrestitution 1 0 ; dagegen zielt die Erstattung gerade auf die Wiederherstellung des früheren Zustandes ab. Daher bleibt für den Erstattungsanspruch neben dem Instit u t des enteignungsgleichen Eingriffs wegen der unterschiedlichen Rechtsfolgen durchaus eine Existenzberechtigung. 9 10

Heidenhain, a.a.O., S. 78.

Vgl. hierzu die eindringende Analyse des Entschädigungsbegriffs Weyreuther, Gutachten zum 47. Dt. Juristentag, S. 57 - 63.

bei

Α. I. Erstattungsanspruch und enteignungsgleicher Eingriff

107

Die Annahme Heidenhains, die heutige rechtliche Behandlung enteignungsgleicher Eingriffe verdränge die bereicherungs- oder erstattungsrechtliche Beurteilung rechtswidriger hoheitlicher Eingriffe, beruht auf unzutreffenden Voraussetzungen und Deduktionen. Wenn frühere Versuche, das Enteignungsrecht m i t kondiktionsrechtlichen Begriffen zu erfassen, gescheitert sind, so folgt daraus nicht, daß bereicherungs« oder erstattungsrechtliche Aspekte bei hoheitlichen Eingriffen überhaupt nicht Platz greifen könnten; es bedeutet nur, daß das Enteignungs- und Entschädigungsrecht solche Aspekte nicht kennt. Heidenhain glaubt freilich für sich anführen zu dürfen, daß der Erstattungsanspruch nur für die Leistungskondiktion gelte, während eine öffentlich-rechtliche Eingriffskondiktion nicht anerkannt sei. Wie oben dargelegt wurde 1 1 , hat tatsächlich die Eingriffskondiktion keine öffentlich-rechtliche Parallele. Aber dabei ist zu beachten, daß der Begriff des „Eingriffs" i m Sinne der Eingriffskondiktion ein anderer ist als der des Enteignungsrechts. Eine Eingriffskondiktion kann nämlich nur dann vorliegen, wenn die Vermögensverschiebung nicht der Erfüllung einer (vermeintlichen) Verbindlichkeit dient. Demgegenüber besteht in den meisten Fällen enteignungsgleicher Eingriffe eine Leistungsbeziehung, und zwar immer dann, wenn der einzelne als Pflichtiger i n Anspruch genommen wird. Wenn aber eine solche Leistungsbeziehung anzunehmen ist, so greift auch der Erstattungsanspruch ein. Die Besonderheit der ungerechtfertigten Vermögensverschiebungen öffentlichen Rechts besteht darin, daß sich bei ihnen nicht — wie i m bürgerlichen Recht — die Begriffe „Leistung" und „Eingriff" antithetisch gegenüberstehen, sondern miteinander verschmolzen sind. Seine Leistungsansprüche verwirklicht der Staat i n der Regel m i t dem Instrument des Verwaltungsakts und notfalls m i t dessen zwangsweiser Durchsetzung. Wenn aber Leistungsansprüche solchermaßen realisiert werden, dann eignet jeder dieser Leistungsbeziehungen ein Eingriffsmoment, das die Qualifizierung des Vorgangs als eines enteignungsgleichen Eingriffs gestattet. So ist es kein Widerspruch, wenn i m öffentlichen Recht Erstattungsanspruch und enteignungsgleicher Eingriff nebeneinander i n Geltung sind. W i r d durch Verwaltungsakt ein Anspruch des Staates geltend gemacht und durchgesetzt, so entsteht i m Falle der verwaltungsgerichtlichen Anfechtung ein Erstattungsanspruch. Unabhängig von der verwaltungsgerichtlichen Klage kann jedoch ein Anspruch auf Entschädigung aus enteignungsgleichem Eingriff entstehen 12 . Das Institut des enteig11

2. Teil, 1.1.

12

Vgl. Heidenhain, a.a.O., S. 89.

108

. Teil: Der Erstattungsanspruch gegen den

nungsgleichen Eingriffs steht damit nicht an Stelle des Erstattungsanspruchs; es steht neben ihm und berührt seine Existenz nicht.

II. Erstattungsanspruch und Folgenbeseitigungsanspruch 1. Allgemeines

Der Erstattungsanspruch des einzelnen gegen den Staat w i r d i n der Regel m i t dem Folgenbeseitigungsanspruch i n Verbindung gebracht und als dessen Unterfall vorgestellt. Diese Auffassung geht zurück auf Bachof, der den Erstattungsanspruch unter dem Titel „Der Folgenbeseitigungsanspruch als Erstattungsanspruch" 13 zur Darstellung gebracht hat. Bachof stützt sich dabei vornehmlich auf Lassar, der zum abgabenrechtlichen Erstattungsanspruch äußert: „Der Anspruch ist gerichtet auf die Beseitigung der Folgen des Verwaltungsakts" 1 4 . Hierzu bemerkt jedoch Rösslein 15 zutreffend, i n Wahrheit sei für den Erstattungsanspruch Lassars die Rechtsgrundlosigkeit der Vermögensverschiebung entscheidend gewesen, nicht aber die Tatsache des rechtswidrigen hoheitlichen „Eingriffs". Die Formulierung Lassars erklärt sich lçdiglich aus seinem Bemühen, den Erstattungsanspruch klar gegenüber dem zivilrechtlichen Bereicherungsanspruch abzusetzen. Das ergibt sich insbesondere aus dem von Lassar1® formulierten allgemeinen Grundsatz: „Eine causa-lose öffentliche Leistung, deren Inhalt einen Vermögenswert hat, ist demjenigen zu erstatten, auf dessen Kosten sie bewirkt ist." I n entsprechender Allgemeinheit wurde oben 17 das Erstattungsprinzip entwickelt: Die Gesamtheit der Rechtsnormen, die Vermögensverschiebungen anordnen, für zulässig erklären oder verbieten, zielt auf eine bestimmte Vermögenszuordnung ab, also auf einen zu verwirklichenden Zustand. Zur Erreichung dieses gesetzmäßigen Zustandes ist es aber nicht nur geboten, die angeordneten Vermögensverschiebungen zu vollziehen, sondern auch ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen rückgängig zu machen. Dieses Prinzip läuft ebenso wie die von Lassar aufgestellte Regel auf eine allgemeine Rückgängigmachung rechtswidriger Vermögensverschiebung hinaus. Da es insofern für Bereicherungen sowohl des Staates als auch des einzelnen Gültigkeit hat, kann der Erstattungsanspruch i n 13 Bachof, Die verwaltungsgerichtliche Klage auf Vornahme einer A m t s handlung, S. 100. 14 Lassar, a.a.O., S. 178. 15 Rösslein, Der Folgenbeseitigungsanspruch, S. 88/89. 16 Lassar, a.a.O., S. 226. ,7 2. Teil, I I .

Α. II. Erstattungsanspruch und Fplgenbeseitigungsanspruch

109

diesem allgemeinen Sinn keinesfalls eine Unterart des Folgenbeseitigungsanspruchs darstellen 18 . 2. Formeller Folgenbeseitigungsanspruch Das schließt jedoch nicht aus, daß der Erstattungsanspruch partiell ein Unterfall des Folgenbeseitigungsanspruchs ist, und zwar soweit es u m die Rechtsfolgen der Aufhebung eines rechtswidrigen, belastenden Verwaltungsakts geht, der bereits vollzogen war. § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO erklärt es für zulässig, daß das Gericht auf Antrag des Klägers i m Anfechtungsprozeß auch über die Rückgängigmachung der Vollziehung eines aufgehobenen Verwaltungsakts entscheiden kann. § 113 V w G O umschreibt die Rechtsfolge der Aufhebung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts i n derartiger Allgemeinheit, daß von i h r der Erstattungsanspruch und der Folgenbeseitigungsanspruch gleichermaßen erfaßt werden 1 9 . Setzt man die i n dieser Vorschrift angesprochene Rückgängigmachung der Vollziehung m i t der Folgenbeseitigung gleich, sieht man also den Folgenbeseitigungsanspruch i n § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO gesetzlich niedergelegt, dann geht i n einem so verstandenen Folgenbeseitigungsanspruch der Erstattungsanspruch als dessen Unterfall auf. I n der Tat hindert nichts daran, den Folgenbeseitigungsanspruch i n einem solchermaßen umfassenden Sinn zu verstehen. N u r muß dann Klarheit darüber bestehen, daß dieser Folgenbeseitigungsanspruch lediglich eine prozessuale Kategorie darstellt, denn § 113 V w G O begründet keinen materiellen Anspruch. Die Vorschrift trifft nur eine Verfahrensregelung, die einen nach Tatbestand und Rechtsfolgen genau umrissenen materiellen Anspruch voraussetzt. Das w i r d gelegentlich übersehen 20 , kommt aber bereits i n der Amtlichen Begründung des Regierungsentwurfs 2 1 zum Ausdruck, nach der § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO nur die prozessuale Möglichkeit zur Geltendmachung des als materiellen Rechtsinstituts vorausgesetzten Folgenbeseitigungsanspruchs eröffnen soll. I n Übereinstimmung hiermit hat Weyreuther 22 i m Sinne der herrschenden Meinung richtig hervorgehoben, der Anspruch des § 113 Abs. 1 18

Darauf hebt Rösslein, Der Folgenbeseitigungsanspruch, S. 89, ab. Vgl. hierzu unten Β . I I . 20 ζ. B. v o m B V e r w G , DÖV 1964, 712, das aus § 113 Abs. 1 S. 2 u n d 3 V w G O eine Verpflichtung zur Rückzahlung einer zu Unrecht eingezogenen Gebühr ableitet; der i n dem F a l l gegebene Erstattungsanspruch w i r d als Folgenbeseitigungsanspruch bezeichnet. 21 Bundestagsdrucksache I I I . / N r . 55 S. 43. 22 Weyreuther, Gutachten zum 47. Dt. Juristentag, S. 43. 19

110

. Teil: Der Erstattungsanspruch gegen den

S. 2 VwGO sei kein Folgenbeseitigungsanspruch, sondern „ein Anspruch, der beklagten Behörde die Folgenbeseitigung aufzugeben" 23 . Man kann also einräumen, daß sich der Erstattungsanspruch, soweit er nach Aufhebung eines bereits vollzogenen, rechtswidrigen Verwaltungsakts entstanden ist, als Unterfall eines nur prozeßrechtlich und formal aufgefaßten Folgenbeseitigungsanspruchs darstellt. 3. Materieller Folgenbeseitigungsanspruch Viel wichtiger ist aber die Frage, ob der Folgenbeseitigungsanspruch auch als Rechtsinstitut des materiellen Rechts den Erstattungsanspruch als einen Unterfall i n sich aufnimmt oder ob der Erstattungsanspruch gegenüber dem Folgenbeseitigungsanspruch selbständig ist. Der Folgenbeseitigungsanspruch als materieller Anspruch gehört zu den problematischsten und umstrittensten Rechtsinstituten des allgemeinen Verwaltungsrechts. Das beweist die Fülle der literarischen Bemühungen, die sämtlich nicht zu einer einheitlichen Auffassung geführt haben 24 . Bei der Beantwortung der Frage nach dem Verhältnis vom Folgenbeseitigungsanspruch zum Erstattungsanspruch kann daher nicht von dem Folgenbeseitigungsanspruch ausgegangen werden, sondern es müssen die Begründungsversuche i m einzelnen in Betracht gezogen werden. Dabei kann es sich hier freilich nicht darum handeln, alle bisher vorgetragenen Varianten des Folgenbeseitigungsanspruchs detailliert zu schildern; insoweit sei auf die Darstellungen von Rösslein und Weyreuther verwiesen. I n großen Umrissen ergibt sich folgendes Bild. I n dem Bemühen, aus der bloßen Tatsache der Rechtswidrigkeit der Beeinträchtigung von Rechten des einzelnen durch hoheitliches Handeln bestimmte Rechtsfolgen zu deduzieren, haben Bachof, Menger und Haas umfassende materielle Ansprüche konstruiert, während Bettermann und Schleeh i n Anlehnung an bürgerlich-rechtliche Beseitigungsansprüche dem Folgenbeseitigungsanspruch ζ. T. engere und jedenfalls schärfere Konturen gegeben haben. Neuerdings sind Rösslein und Weyreuther i n Erweiterung der Konstruktion Bettermanns m i t der Ableitung des Folgenbeseitigungsanspruchs aus der Verletzung der Freiheitsgrundrechte zu 23

Vgl. auch Heidenhain,

Amtshaftung u n d Entschädigung, S. 131 A n m . 35;

Redeker-v. Oertzen, §42 Anm. 4 e und §113 Anm. 8; Rösslein, a.a.O., S. 14;

Schleeh, AÖR92 (1967), 60; weitere Nachweise bei Weyreuther, a.a.O., S. 43. 24 Vgl. die ausführlichen Übersichten v o n Rösslein, Der Folgenbeseitigungsanspruch, u n d Weyreuther, Gutachten zum 47. Dt. Juristentag, sowie die Verhandlungen des 47. Dt. Juristentages, Bd. I I , T e i l L , m i t den Referaten

von Bender, S. 7 ff., und Haas, S. 32 ff., und vor allem der Diskussion, S. 52 ff.

Α. II. Erstattungsanspruch und Flgenbeseitigungsanspruch

111

einem Anspruch auf Beseitigung der Statusverletzung vorgedrungen. Geht man den Lösungsversuchen i m einzelnen nach, so ergibt sich bei aller ihrer Verschiedenheit ein gewisses Gesamtbild, das die Bestimmung des Verhältnisses des Erstattungsanspruchs zum Folgenbeseitigungsanspruch zuläßt. a) Bachof, Menger, Haas Für Bachof, der m i t seiner Schrift aus dem Jahre 195125 den Folgenbeseitigungsanspruch erstmals als eigenständigen materiellen Anspruch ausgeformt hat, ist der Folgenbeseitigungsanspruch auch nach materiellem Verständnis dem Erstattungsanspruch begrifflich übergeordnet. Das ergibt sich für Bachof folgerichtig aus seiner Konstruktion des Folgenbeseitigungsanspruchs. Nach seiner Ansicht findet der Folgenbeseitigungsanspruch seinen Ansatz i m Rechtsstaatsprinzip, das jedoch selbst nicht die Anspruchsgrundlage bildet, sondern eher den Ausgangspunkt für die Erwägung, daß die Verwaltung rechtswidrigen Beeinträchtigungen, die sie zugefügt hat, nicht gleichgültig gegenüberstehen kann. Dies zeigt isich deutlich i n dem schon zitierten Satz Bachofs 29, daß es rechtsstaatlichem Denken wenig entsprechen würde, wenn sich die Behörde dabei beruhigen dürfte, daß die Vollziehung des rechtswidrigen Verwaltungsakts nun einmal geschehen sei. Daß durch die Möglichkeit der vorläufigen Vollziehung die Rechtswidrigkeit hoheitlichen Handelns in Kauf genommen werde, sei entscheidend dafür, daß die Verwaltung notwendigerweise die Pflicht habe, die Vollziehung wieder rückgängig zu machen, wenn der Verwaltungsakt nachträglich als rechtswidrig aufgehoben worden ist. Daraus glaubt Bachof i n Analogie zum Entschädigungsrecht die Pflicht der Verwaltung entnehmen zu dürfen, über die bloße Beseitigung der noch fortbestehenden rechtswidrigen Beeinträchtigung hinaus dem Betroffenen seinen Schaden zu ersetzen, wobei sich allerdings die Pflicht der Verwaltung auf den Ersatz des unmittelbaren Schadens beschränken soll. Ein so weit gehender Folgenbeseitigungsanspruch umgreift notwendigerweise auch den Erstattungsanspruch, der sich nach Bachof ohnehin schon längst vom Erstattungsgedanken entfernt hat, da bereits Lassar nicht mehr auf die Bereicherung als Wesensmerkmal des Erstattungsanspruchs abgestellt habe. Wenn aber der Erstattungsanspruch einfach auf Beseitigung der Folgen des Verwaltungsakts gerichtet ist, ohne daß 25

Bachof, Die verwaltungsgerichtliche Klage auf Vornahme einer A m t s handlung. 26 Bachof, a.a.O., S. 98.

112

. Teil Der Erstattungsanspruch gegen den

das Moment der Bereicherung noch Bedeutung hat 2 7 , dann hat der Erstattungsanspruch überhaupt erst durch Bachofs Folgenbeseitigungskonstruktion seine richtige Begründung erfahren. Dabei handelt es sich u m einen Erstattungsanspruch, der nach Tatbestand und Rechtsfolge umfassender ist als der hier vertretene. Bachofs Begründung des Folgenbeseitigungsanspruchs kann indessen heute nicht mehr für maßgeblich erachtet werden. Gegen Bachof sind wesentliche Bedenken geltend gemacht worden, und die K r i t i k hat sich durchgesetzt. Zunächst w i r d eingewendet, ein Entschädigungsanspruch — dem Aufopferungs- und Enteignungsrecht entlehnt — sei gerade nicht i n der Lage, zu dem gewünschten Ergebnis der Naturalrestitution zu führen. Außerdem sei unerfindlich, wie der Verwaltungsrechtsweg zu begründen sei, wo doch die Rechtsinstitute, die Bachof zur Analogie heranzieht, vor die ordentliche Gerichtsbarkeit gehörten. Vor allem aber könne Bachof nicht schlüssig dartun, m i t welcher Berechtigung dem Betroffenen der Ersatz des mittelbaren Schadens versagt sein solle 28 . Diesen Argumenten ist nichts hinzuzufügen. Der Folgenbeseitigungsanspruch w i r d i n der Version Bachofs heute nicht mehr vertreten 29 . Der Grund hierfür mag — wie Rüfner 30 annimmt — darin liegen, daß Bachofs Theorie von der Rechtssprechung zum enteignungsgleichen Eingriff sozusagen überholt wurde. A u f ähnlicher Linie wie die Argumentation Bachofs liegt die Deutung des Folgenbeseitigungsanspruchs von Menger und Haas. Diese Autoren 3 1 glauben, allen Schadensersatz- und Restitutionsansprüchen läge der Gedanke der öffentlich-rechtlichen Wiedergutmachung zugrunde. Dieser Gedanke verpflichte den Staat, der i n Ausübung öffentlicher Amtstätigkeit jemanden i n seiner Rechtsstellung widerrechtlich beeinträchtigt habe, „den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn die Beeinträchtigung nicht eingetreten wäre" 3 2 . I n der Umarmung durch einen so weitgespannten Folgenbeseitigungsanspruch würde der Erstattungsanspruch des einzelnen gegen den Staat ebenfalls seine eigenständige Existenz aufgeben müssen. Indessen unter27

So hat Bachof die Darlegungen Lassars mißverstanden, vgl. oben I I . 1. Vgl. zu allen Einwänden: Schleeh, AÖR92 (1967), 64 ff., m i t weiteren Nachweisen. 29 Vgl. Heidenhain, a.a.O., S. 126ff.; Schleeh, AÖR92 (1967), 64ff.; Rüfner, DVB1. 1967, 186, 187. 39 DVB1. 1967, 186/187. 31 Menger, i n : Gedächtnisschrift f ü r W. Jellinek, S. 347; Grundrechte Bd. I I I / 2 S. 717 (733, 749 f.); Haas, System der öffentlich-rechtlichen Entschädigungspflichten. 32 Schleeh, AÖR92 (1967), 64 A n m . 21. 28

Α. II. Erstattngsanspruch und Flgenbeseitigungsanspruch

113

liegt auch diese Konstruktion Mengers und Haas 1 erheblichen Bedenken. Gegen eine derart allgemein gefaßte Anspruchsgrundlage ist zum einen der V o r w u r f der Uferlosigkeit zu erheben, die i m System öffentlich-rechtlicher Ersatzleistungen alle Konturen verwischt; i n diese Richtung geht der V o r w u r f Schleehs, der zutreffend bemerkt, man könne nicht „praktisch die Rechtsfolge des § 249 BGB für bloß rechtswidriges — also schuldloses Handeln" anordnen, ohne zum geltenden Recht i n Widerspruch zu geraten 33 . Insbesondere ist aber kritisch anzumerken — das hat Heidenhain nachgewiesen 34 —, daß es bedenklich ist, die Anfechtungsklage, die Entschädigung für rechtswidrige Eingriffe und die Amtshaftung, aus denen allen jener „Wiedergutmachungsanspruch" abgeleitet wird, auf einen Nenner zu bringen. Die Amtshaftung beruhe auf der gegen den Beamten persönlich gerichteten privatrechtlichen Forderung, während der materielle Anspruch, der der Anfechtungsklage und der Entschädigung für rechtswidrige Eingriffe zugrunde liege, öffentlich-rechtlich sei und sich nicht gegen den Beamten persönlich, sondern unmittelbar gegen den Staat richte. Auch dieser Wiedergutmachungsanspruch kann m i t h i n nicht als geltend vorausgesetzt werden. I n der Auseinandersetzung m i t Bachof, Menger und Haas hat sich die Erkenntnis verbreitet, daß aus der bloßen Tatsache der Rechtswidrigkeit einer Schädigung des einzelnen durch die Verwaltung nicht allgemeine Schadensersatz- oder Wiedergutmachungsansprüche abgeleitet werden können, sondern daß Rechtsfolgen gefunden werden müssen, die auf die unmittelbare Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes beschränkt sein müssen. b) Bettermann,

Schleeh

I n diese Richtung geht die Lehre Bettermanns, die weithin Nachfolge gefunden hat. Bettermann hat den Folgenbeseitigungsanspruch als quasinegatorischen Beseitigungsanspruch entwickelt 3 5 , dessen dogmatischer Anknüpfungspunkt i n dem bürgerlich-rechtlichen Beseitigungsanspruch zu finden sei. Dieser i n Analogie zu den §§ 12, 862, 1004 BGB gebildete Anspruch sei i n das öffentliche Recht zu übertragen 38 . Nach Bettermanns Konstruktion ist der Erstattungsanspruch kein Unterfall des Folgenbeseitigungsanspruchs, da ein nach bürgerlich33 84 35 38

8

Schleeh, AÖR92 (1967), 64. Heidenhain, Amtshaftung u n d Entschädigung, S. 133. D Ö V 1955, 528 ff. Bettermann, a.a.O., S. 534/535.

Weber

114

. Teil: Der Erstattungsanspruch gegen den

rechtlichem Vorbild entwickelter quasinegatorischer Beseitigungsanspruch nicht zur Rechtsfolge der Erstattung führen kann. Folgerichtig hat daher Bettermann den Erstattungsanspruch als Parallele zu § 812 BGB — auf dem Weg über § 717 Abs. 3 ZPO — dem Folgenbeseitigungsanspruch an die Seite gestellt 37 . A u f ähnlicher Ebene liegt der Lösungsversuch Schleehs 38, der glaubt, die crux des Folgenbeseitigungsanspruchs darin erkennen und damit das Problem lösen zu können, daß i m Grunde zwei A r t e n des Folgenbeseitigungsanspruchs aufzudecken und zu berücksichtigen seien. Die Janusköpfigkeit des Folgenbeseitigungsanspruchs ist nach Schleeh bereits i m bürgerlichen Recht vorgezeichnet, das allerdings vom öffentlichen Recht noch zu wenig zur Kenntnis genommen sei 39 . Danach sei die dem öffentlichen Recht noch unbekannte, aber i m Zivilrecht bereits ausgebildete Erkenntnis auszuwerten, daß es zwei A r t e n des Beseitigungsanspruchs gebe, nämlich zum einen den negatorischen und zum anderen den deliktischen Beseitigungsanspruch. Diese Unterscheidung sei für das öffentliche Recht fruchtbar zu machen. Daher müsse ein negatorischer Beseitigungsanspruch anzuerkennen sein, der einerseits zwar kein Verschulden seitens des handelnden Organs voraussetze, andererseits aber dafür als Rechtsfolge auch nur auf Vornahme des actus contrarius gerichtet sei. Daneben existiere aber — ebenso wie i m bürgerlichen Recht — ein deliktischer Beseitigungsanspruch, der zwar Verschulden seitens des handelnden Staatsorgans zur Voraussetzung habe, bei dem aber der Verengung der Tatbestandsvoraussetzungen eine Erweiterung der Rechtsfolgen gegenüberstünde: Der deliktische Beseitigungsanspruch soll zur vollen Naturalrestitution führen. Auch Schleeh kann — ebenso wie Bettermann — den Erstattungsanspruch nicht i n einem materiellen Sinne als Unterfall des Folgenbeseitigungsanspruchs bezeichnen — eine Tatsache, die er selbst klarstellt 4 0 . Daran ändert auch nichts die Existenz des deliktischen Beseitigungsanspruchs, dessen Rechtsfolgen weiter gehen als die des Erstattungsanspruchs, da die Tatbestandsvoraussetzungen dieses Anspruchs enger sind. c) Rösslein, Weyreuther Das Fazit der bisherigen Erörterungen lautet dahin, daß der Erstattungsanspruch zwar als ein Unterfall des Folgenbeseitigungsanspruchs 37 38 39 49

Bettermann, a.a.O., S. 534. AÖR92 (1967), 58 ff. AöR 92 (1967), 58. AöR 92 (1967), 74 A n m . 69.

Α. II. Erstattungsanspruch und Folgenbeseitigungsanspruch

115

Bachofs sowie des Wiedergutmachungsanspruchs, den Menger und Haas entwickelt haben, betrachtet werden muß, daß aber diese Konstruktionen nicht als geltend angesehen werden können. Der Erstattungsanspruch ist andererseits keine dem Folgenbeseitigungsanspruch untergeordnete Kategorie, wenn man den Überlegungen Bettermanns und Schleehs folgt und den Folgenbeseitigungsanspruch als einen negatorischen Beseitigungsanspruch bürgerlich-rechtlicher Prägung begreift. Dieser Folgenbeseitigungsanspruch würde also eine Erörterung des f Erstattungsanspruchs nicht überflüssig machen. Obwohl jedoch insbesondere Bettermanns Darlegungen eine breite Wirkung beschieden war, ist doch die theoretische Erörterung bei seinem Beseitigungsanspruch nicht stehen geblieben. Rösslein und Weyreuther haben sich von den herkömmlichen Rechtsfiguren des Entschädigungsanspruchs und des Beseitigungsanspruchs gelöst und als entscheidend auf die Verletzung der Grundrechtssphäre des einzelnen abgestellt. So faßt Rösslein den Folgenbeseitigungsanspruch als „Reaktionsanspruch auf eine Statusverletzung" 41 auf, der in dem „freiheitlichindividuumfreundlich konzipierten Bürger-Staat-Verhältnis des Grundgesetzes" seine Wurzel habe und als „Reaktion auf eine Verletzung des status negativus" entstehe 42 . Ähnlich ist für Weyreuther die Verletzung eines Freiheitsgrundrechtes oder eines i h m gleichstehenden Anspruchs auf Unterlassen Geltungsgrund und Tatbestand des Folgenbeseitigungsanspruchs, der auf „Beseitigung" geht, die „durch Wiederherstellung eines i h m ähnlichen und möglichst i h m gleichwertigen Zustandes zu erfolgen habe" 4 3 . Rösslein und Weyreuther treffen sich darin, daß die durch die Grundrechte umschriebene Freiheitssphäre des einzelnen für die öffentliche Gewalt derart unantastbar sein müsse, daß die Verwaltung etwa geschehene Verletzungen rückgängig zu machen habe. Wenn diese Rückgängigmachung als „Beseitigung" beschrieben wird, so ist doch der Inhalt dieses Anspruchs nicht dem negatorischen oder quasinegatorischen Beseitigungsanspruch Bettermanns gleichzusetzen; dieser w i r d vielmehr ausdrücklich abgelehnt. Beseitigung heißt hier i n einem allgemeineren Sinne Wiederherstellung des früheren Zustandes und umfaßt daher i m Falle der Vermögensverschiebung auch die Rechsfolge der Erstattung 44 . 41

42 43

44



Rösslein, Der Folgenbeseitigungsanspruch, S. 57, Überschrift des Teils B.

Rösslein, a.a.O., S. 83. Weyreuther,

Gutachten zum 47. Dt. Juristentag, S. 105.

Rösslein, a.a.O., S. 89.

116

. Teil: Der Erstattungsanspruch gegen den

Nach den Selbstzeugnissen Rössleins und Weyreuthers ist aber der Erstattungsanspruch kein Unterfall des Folgenbeseitigungsanspruchs, sondern er konkurriert m i t ihm 4 5 . Der Erstattungsanspruch beruhe — so sagt Weyreuther — i m Gegensatz zum Folgenbeseitigungsanspruch auf der Rechtsgrundlosigkeit der Leistung und dem allgemeinen von Lassar formulierten Rechtsgedanken, daß das Rechtsgefühl den Ausgleich einer ohne rechtfertigende Kausalbeziehung erfolgten Vermögensverschiebung verlange 4®. Für die Entstehung des Erstattungsanspruchs käme es auch nicht einmal auf das Vorliegen eines Bescheids an 47 . Vollends weiche der Erstattungsanspruch vom Folgenbeseitigungsanspruch darin ab, daß jener auch umgekehrt einem Träger der öffentlichen Verwaltung gegenüber einer Zivilperson zustehen könne 48 . Beide Ansprüche hätten daher nicht nur einen völlig selbständigen Grund, sondern auch divergierende Anwendungsbereiche 49 . Aus diesen Feststellungen Weyreuthers und Rössleins läßt sich indessen eine Anspruchskonkurrenz nicht rechtfertigen. Beide Autoren gehen von der Voraussetzung aus, daß es einen einheitlichen Erstattungsanspruch gebe, bei dem an einen einheitlich beschriebenen Tatbestand — die rechtsgrundlose Vermögensverschiebung — eine bestimmte Rechtsfolge — die Erstattung — geknüpft sei. Das erklärt den von Weyreuther gezogenen „Rückschluß, daß für dieses Ergebnis (sc. der Erstattungspflicht) alle sonstigen Umstände des geschilderten Sachverhalts unerheblich sind" 5 0 . Von dieser Voraussetzung aus ergibt sich i n der Tat das typische B i l d einer Anspruchskonkurrenz. Aber der äußere Eindruck von der Einheitlichkeit des Erstattungsanspruchs täuscht. Gewiß ist für die Begründung des Erstattungsprinzips allein die Rechtswidrigkeit der Vermögensverschiebung entscheidend. A l l e sonstigen Umstände sind aber nur für die Begründung des Prinzips unerheblich; sie sind wesentlich für die Ausformung des Erstattungsanspruchs i m einzelnen. Wie wenig präzise die Rechtsfolge „Erstattung" Umfang und Inhalt des Erstattungsanspruchs beschreibt, verdeutlichen die umfangreichen Darlegungen, die zum Erstattungsanspruch des Staates gegen den einzelnen nötig waren 5 1 . Und sie zeigen vor allem, daß bei der näheren Bestimmung der Rechtsfolge Erstattung die „sonstigen Umstände" i n hohem Maße berücksichtigt werden müssen. Insbesondere ist keineswegs 45 46 47 48 49 59 51

Rösslein, a.a.O., S. 89; Weyreuther, a.a.O., S.23. Weyreuther, a.a.O., S. 22. Weyreuther, a.a.O., S.23; Rösslein, a.a.O., S.89. Rösslein, a.a.O., S. 89. Rösslein, a.a.O., S. 89. Weyreuther, a.a.O., S. 22/23. Oben 3. Teil.

Α. II. Erstattungsanspruch und Flgenbeseitigungsanspruch

117

gleichgültig, ob der Erstattungsanspruch gegen den einzelnen oder gegen die Verwaltung gerichtet ist, ob die Vermögensverschiebung auf Grund eines Verwaltungsakts erfolgte oder nicht. Hier ergeben sich jeweils unterschiedliche Erstattungsansprüche, denen zwar die Bezeichnung und der Geltungsgrund gemeinsam sind, die sich aber i n ihrer Ausgestaltung unterscheiden. Wenn jedoch von einem einheitlichen Erstattungsanspruch, wie i h n Rösslein und Weyreuther voraussetzen, nicht die Rede sein kann, so ist der Folgenbeseitigungsanspruch allein m i t dem Erstattungsanspruch des einzelnen gegen die Verwaltung nach Aufhebung eines rechtswidrigen, belastenden Verwaltungsakts i n Beziehung zu setzen. Wenn eine Vermögensverschiebung auf Grund eines Verwaltungsakts sowohl nach dem Erstattungsprinzip als auch aus dem Rechtsgrund der Folgenbeseitigung zur Rechtsfolge der Erstattung führt, so ist insoweit ein einziger Anspruch gegeben. Das Ergebnis läßt sich dann zwar „auf die eine wie die andere Weise rechtfertigen" 52 , aber die „Rechtfertigungen" dürfen nicht m i t Tatbestand und Rechtsfolge verwechselt werden. Die Existenz eines jeden Rechtsanspruchs läßt sich aus verschiedenartigen Erwägungen rechtfertigen. Wenn an den einen Tatbestand der auf Grund eines Verwaltungsakts erfolgten Vermögensverschiebung die eine Rechtsfolge des Rückgewähr- oder Erstattungsanspruchs anschließt, dann mag dies begründet werden m i t dem Erstattungsprinzip oder m i t der Pflicht zur Beseitigung der Verletzungen von Freiheitsgrundrechten — jedenfalls sind die Tatbestände ebenso wie die Rechtsfolgen identisch. Das ist nicht Anspruchskonkurrenz, sondern Anspruchsidentität. Das setzt allerdings voraus 53 , daß nach Erstattungsgrundsätzen die Vermögensverschiebung stets i n vollem Umfang rückgängig zu machen und die Berufung auf den Wegfall der Bereicherung ausgeschlossen ist, da andernfalls der Erstattungsanspruch hinter dem Folgenbeseitigungsanspruch zurückbleibt und dann aber gleichfalls nicht m i t dem Folgenbeseitigungsanspruch konkurriert, sondern angesichts des weitergehenden Anspruchs gegenstandslos wird. d) Ergebnis Zusammenfassend läßt sich zum Verhältnis Folgenbeseitigungsanspruch — Erstattungsanspruch folgendes festhalten. Begreift man den Folgenbeseitigungsanspruch als eine bloß prozessuale Kategorie i m Sinne des 113 Abs. 1 S. 2 VwGO, dann ist der Erstattungsanspruch insoweit partiell ein Unterfall des Folgenbeseitigungs52 53

Weyreuther,

a.a.O., S. 23.

Vgl. dazu unten Β . I.

118

. Teil: Der Erstattungsanspruch gegen den

anspruchs. Das kann indessen nicht von der Aufgabe entbinden, die Ausgestaltung des Erstattungsanspruchs als eines materiellen Anspruchs näher zu untersuchen. Der Folgenbeseitigungsanspruch i m materiellen Sinne hat verschiedenartige Begründungen und Ausprägungen erfahren. I n den Konstruktionen Bachofs, Mengers und Haas' müßte der Erstattungsanspruch partiell seine Existenz aufgeben, w e i l diese Autoren aus Tatbeständen, die auch Erstattungstatbestände umfassen, Rechtsfolgen deduzieren, i n denen die Erstattung aufgeht. Diese Konstruktionen können jedoch nicht als maßgeblich betrachtet werden, da sich Lehre und Rechtsprechung seit geraumer Zeit darauf konzentrieren, einen enger begrenzten 54 Folgenbeseitigungsanspruch herauszuarbeiten. Bettermann u n d Schleeh nehmen Rechtsfiguren des bürgerlichen Rechts zu Hilfe, u m das Problem des Folgenbeseitigungsanspruchs zu lösen. Der Folgenbeseitigungsanspruch erscheint danach als öffentlichrechtliche Parallele zu bürgerlich-rechtlichen Beseitigungsansprüchen, woraus erhellt, daß dem Erstattungsanspruch neben einem solchen Folgenbeseitigungsanspruch eine eigene Existenzberechtigung durchaus zukommt. Rösslein und Weyreuther schließlich fassen den Folgenbeseitigungsanspruch gleichfalls als Beseitigungsanspruch auf, sie verzichten jedoch auf die Hilfe bürgerlich-rechtlicher Rechtsinstitute. Ihrer Auffassung nach ist der Folgenbeseitigungsanspruch auf die Beseitigung einer jeden Grundrechtsverletzung gerichtet 55 . Der Folgenbeseitigungsanspruch i n dieser Form führt i m Falle rechtswidriger Vermögensverschiebungen zur Rechtsfolge der Erstattung, also zu eben der Rechtsfolge, die aus dem Erstattungsprinzip folgt. Sofern der Erstattungsanspruch i n diesem F a l l m i t dem Folgenbeseitigungsanspruch Rössleins und Weyreuthers gleichlautet, ergibt sich eine Anspruchsidentität. Ist der Erstattungsanspruch allerdings einzuschränken — etwa durch den Rechtsgedanken des § 818 Abs. 3 BGB —, dann reicht der Folgenbeseitigungsanspruch über den Erstattungsanspruch hinaus. Der Erstattungsanspruch würde i n dem Fall hinsichtlich aller Tatbestände, bei denen der Folgenbeseitigungsanspruch eingreift, obsolet. Erörterungen zum Umfang des Erstattungsanspruchs brächten wenig Nutzen, wenn der Folgenbeseitigungsanspruch vor allem Weyreuthers geltendes Recht wäre. Da aber die Diskussion u m den Folgenbeseiti54 Daß i n mancher Hinsicht Bachofs Folgenbeseitigungsanspruch wiederum zu eng gewesen sein mag, wie Henke, Das subjektive öffentliche Recht, S. 95, hervorhebt, kann hier auf sich beruhen. 65 Die erheblichen Differenzen, die zwischen beiden Autoren i m übrigen bestehen, dürfen hier außer Betracht bleiben.

Β. Die Ausgestaltung des Erstattungsanspruchs

119

gungsanspruch noch i m Fluß ist 5 6 , erübrigt es sich nicht, vom sicheren Boden des Erstattungsgrundsatzes aus die Rechtsfolgen der einschlägigen Tatbestände zu ermitteln.

B. Die Ausgestaltung des Eretattungsanspruchs Wenn dem Erstattungsanspruch i m Gefüge öffentlich-rechtlicher Leistungsansprüche des einzelnen gegen den Staat mindestens bis zur endgültigen Klärung des Folgenbeseitigungsanspruchs die volle Daseinsberechtigung zuerkannt werden muß, dann sind nunmehr einige Überlegungen zu einer Ausgestaltung anzustellen. Wann der Erstattungsanspruch entsteht und welche Tatbestände also überhaupt zu untersuchen sind, ist oben bei der Ableitung des Erstattungsprinzips nur global umrissen worden. Rückgängig zu machen sind danach rechtswidrige Vermögensverschiebungen aller A r t . Rechtswidrig ist eine Vermögensverschiebung, wenn der ihr zugrundeliegende Verwaltungsakt nicht oder nicht mehr gültig ist oder wenn — falls kein Verwaltungsakt ergangen ist — keine Rechtsnorm die Vermögensverschiebung sanktioniert. Geht man weiter ins Detail und sucht man die Erstattungstatbestände i m einzelnen zu erfassen, so eröffnet sich eine bemerkenswerte Vielzahl von Tatbeständen, die einen Erstattungsanspruch zur Entstehung bringen. Die wichtigsten Erstattungsfälle hebt das Steuerrecht, i n dem der Erstattungsanspruch eine ausführliche gesetzliche Regelung erfahren hat, i n den §§ 151, 152 RAO hervor. Danach entsteht der Erstattungsanspruch, wenn u n d soweit auf Grund eines später aufgehobenen, zurückgenommenen oder geänderten Bescheids zuviel gezahlt worden ist (§151 RAO). Ferner ist zu erstatten, was zu Unrecht beigetrieben oder ohne vorherige Festsetzung durch das Finanzamt zu Unrecht entrichtet worden ist 5 7 . Es ist müßig zu fragen, ob hiermit das ganze Spektrum vorstellbarer unrechtmäßiger Vermögensverschiebungen erfaßt ist, wenn jedenfalls der Grundsatz feststeht, daß jede rechtswidrige Bereicherung erstattet 50 Das w i r d durch die Verhandlungen des 47. Deutschen Juristentages, Bd. I I , T e i l L , eindrucksvoll dokumentiert, auf denen Bender, a.a.O., S. 14, zutreffend die Bemerkung Rössleins, Der Folgenbeseitigungsanspruch, S. 13, zitiert hat, i n allen entscheidenden Fragen des Folgenbeseitigungsanspruchs gingen die Meinungen auseinander. 57 Vgl. i m einzelnen § 152 RAO.

120

. Teil: Der Erstattungsanspruch gegen den

werden muß 58 , ob sie nun von den §§ 151, 152 RAO oder vergleichbaren Tatbeständen erfaßt w i r d oder nicht.

I. Der Umfang des Erstattungsanspruchs 1. Vorbemerkung Der Erstattungsanspruch ist gerichtet auf die Rückgewähr der rechtsgrundlos erbrachten Leistung. Von dieser Feststellung aus scheinen sich weitere Überlegungen zum Umfang des Erstattungsanspruchs von selbst zu erledigen, da m i t ihr die Rechtsfolge der Erstattungstatbestände m i t offenbar hinlänglicher Deutlichkeit beschrieben ist. Tatsächlich begnügt sich das Steuerrecht bei der Behandlung des Umfangs dieses Anspruchs m i t den Formulierungen: „ . . . so ist, was zu Unrecht gezahlt worden ist, zurückzuzahlen" (§ 151 S. 1 RAO)

und „ . . . so ist der zu Unrecht gezahlte Betrag zu erstatten (§ 152 Abs. 2 RAO).

Diese Formulierungen stützen ersichtlich die Annahme, daß der Umfang des Erstattungsanspruchs kein Problem aufgibt. Gleichwohl erledigt sich damit das Thema noch nicht. Das Steuerrecht läßt den Gesichtspunkt der Bereicherung, genauer: den des Wegfalls der Bereicherung völlig außer Betracht. Gerade er bezeichnet aber ein Kernproblem jedenfalls des bürgerlichen Bereicherungsrechts, das i n den §§ 818—820 BGB den Umfang der Herausgabepflicht des Leistungsempfängers und insbesondere dessen Haftung nach einem Wegfall der Bereicherung regelt. Dort bestimmt §818 Abs. 3 BGB als Grundsatz, daß „die Verpflichtung zur Herausgabe... ausgeschlossen (ist), soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist". Dieser Grundsatz w i r d sodann von §819 BGB erheblich eingeschränkt: für den Fall, daß der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang kennt oder ihn später erfährt, ist er vom Zeitpunkt des Empfangs oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre. Bis heute ist noch keine endgültige Klarheit darüber geschaffen, welche Bedeutung dem Wegfall der Bereicherung für den Erstattungsanspruch des öffentlichen Rechts zukommt. 58 Sofern nicht ein Verwaltungsakt der Erstattung entgegensteht; vgl. z.B. § 21 Verwaltungskostengesetz (oben 1. Teil, A n m . 18).

Β. I. Der Umfang des Erstattungsanspruchs

121

Für den Erstattungsanspruch des Staates gegen den einzelnen ist die hiermit verbundene Problematik oben 59 erörtert worden. Hinsichtlich des Erstattungsanspruchs des einzelnen gegen den Staat stellt sich das Problem i n geringerer Schärfe. Aber auch hier ist eine gewisse Unsicherheit erkennbar, die vor allem dadurch gefördert wird, daß man den Erstattungsanspruch vielfach als einen einheitlichen Anspruch betrachtet, für den auch das Problem des Wegfalls der Bereicherung einheitlich zu lösen sei. Dabei w i r d übersehen, daß der Erstattungsanspruch gegen den Staat und der gegen den einzelnen sich zwar aus einem einheitlichen Grundgedanken rechtfertigen, daß aber ihre Ausgestaltungen i n solchem Maße divergieren, daß i n kaum einer Beziehung von dem einen Erstattungsanspruch auf den anderen geschlossen werden kann 6 0 . M i t dem Stichwort vom Wegfall der Bereicherung w i r d kein beliebiges, peripheres Problem des Erstattungsanspruchs berührt. Nicht zu Unrecht hat Bachof 1 i h m grundsätzliche Bedeutung zugemessen m i t der Bemerkung, Lassar ginge nicht mehr von dem Rechtsgedanken der Erstattungspflicht aus, wenn er bestreite, daß die Behörde zur Zeit der Erstattungsforderung noch bereichert sein müsse. I n der Tat: Hält man unbesehen den Wegfall der Bereicherung i m öffentlichen Recht — sofern die Verwaltung als Erstattungsschuldner auftritt — für unerheblich, dann entfernt man sich vom Erstattungsanspruch überhaupt. Denn i m Falle des Wegfalls der Bereicherung gelingt nicht mehr die Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes. Verzichtet man also entsprechend dem Steuerrecht generell auf die Prüfung der Frage, ob die Bereicherung der Verwaltung i m Augenblick der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs noch fortbesteht, so muß man hierfür eine Begründung beibringen, die dem Erstattungsprinzip keinen Abbruch tut. I m Schrifttum zum Erstattungsanspruch w i r d die Anwendbarkeit des § 818 Abs. 3 BGB (oder seines Rechtsgedankens) vorwiegend unter dem Eindruck des Steuerrechts seit jeher verneint, jedoch m i t unterschiedlichen Begründungen. Unterschiedlich sind allerdings auch die Er59

3. Teil, I. Unrichtig insofern ζ. B. Rösslein, Der Folgenbeseitigungsanspruch, S. 89, der die Verschiedenheit von Folgenbeseitigungsanspruch u n d Erstattungsanspruch u.a. damit begründet, daß beim Folgenbeseitigungsanspruch k e i n Raum f ü r eine entsprechende A n w e n d u n g des § 818 Abs. 3 B G B sei, was das Bundesverwaltungsgericht f ü r den Erstattungsanspruch i m m e r h i n offen ließe; die hierfür von Rösslein, a.a.O., S. 89 A n m . 35, zitierten Entscheidungen B V e r w G 6, 1 ; 6, 323, betreffen jedoch n u r den Erstattungsanspruch des Staates gegen den einzelnen. 61 Bachof, Die verwaltungsgerichtliche Klage auf Vornahme einer A m t s handlung, S. 105. 69

122

. Teil: Der Erstattungsanspruch gegen den

stattungstatbestände, und zwar je nachdem, ob der Vermögensverschiebung ein Verwaltungsakt zugrunde gelegen hat oder nicht.

2. Vermögensverschiebungen auf Grund Verwaltungsakts Wenn der einzelne nach hoheitlicher Aufforderung eine Leistung erbringt oder wenn die Erbringung der Leistung gar zwangsweise durchgesetzt wird, unterscheidet sich der Erstattungstatbestand wegen der i h m eigenen Elemente des Forderns u n d Nehmens wesentlich von der ungerechtfertigten Bereicherung des bürgerlichen Rechts. Das ist für E. R. Huber der Ansatz, von dem aus er gegen die Einrede des § 818 Abs. 3 BGB Stellung n i m m t m i t der Begründung, „es wäre gegen alle öffentliche Moral und gegen alle gute Verwaltungsräson, wenn der Staat, nachdem er seine hoheitliche Zwangsgewalt benutzt hat, u m unrechtmäßig Abgaben einzutreiben, dem Rückgewähranspruch durch Berufung auf den Wegfall der Bereicherung zu entgehen suchen wollte" 6 2 . Diese Argumentation E. R. Hubers hebt deutlich auf das Handeln der Verwaltung, auf den hoheitlichen Eingriff ab 63 . Damit w i r d insofern etwas Richtiges angedeutet, als die Tatsache des Eingriffs, den das bürgerliche Recht i n dieser Form — nämlich als rechtmäßigen Eingriff — nicht kennt, eine erhöhte Verantwortlichkeit des Eingreifenden m i t sich bringen muß. Indessen muß doch ernsthaft die Frage gestellt werden, ob dies allein hinreicht, dem Rechtsgedanken des § 818 Abs. 3 BGB die Geltung für das öffentliche Recht abzusprechen. Zu leicht kann sich so die Erstattungspflicht i n eine Verursachungshaftung und der Erstattungsanspruch i n einen quasideliktischen Anspruch verwandeln; dann gerät der Erstattungsanspruch i n bedenkliche Nähe zu dem unsicheren Terrain des Folgenbeseitigungsanspruchs, womit sich außerdem die schwierige Aufgabe stellt, den V o r w u r f Bachofs zu entkräften, eine derartige Haftung könne nicht auf Erstattungsrecht gestützt werden. Hält man sich enger an den Erstattungsgedanken, so liegt eine andere Überlegung zur Lösung des Problems näher. Die Verpflichtung des Bereicherten geht i m Grundsatz dahin, den gesetzmäßigen Zustand wiederherzustellen; diese Pflicht beruht auf der Annahme, daß eine solche Wiederherstellung prinzipiell möglich ist. Nicht mehr möglich ist sie jedoch, wenn die Bereicherung inzwischen 68 E. R. Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 103 S. 622; zustimmend HambOVG, VerwRspr. 19, 923 (926). 63 Ebenso H. Weber, JuS 1970, 169 (173), der hierin einen Mangel „an der die Analogie (zu §818 Abs. 3 BGB) rechtfertigenden Kongruenz zu einer rechtsgeschäftlichen Leistung" sieht.

Β. I. Der Umfang des Erstattungsanspruchs

123

weggefallen ist. I n dem Falle ist zu fragen, wer die dann notwendige Einbuße i n Kauf zu nehmen hat. Das Bürgerliche Gesetzbuch bürdet sie dem Empfänger nur dann auf, wenn dieser den Mangel des rechtlichen Grundes kannte (§ 819 Abs. 1 BGB). M i t diesem für das bürgerliche Bereicherungsrecht allein maßgebenden Moment der Kenntnis hält das Bürgerliche Gesetzbuch das Rechtsinstitut der ungerechtfertigten Bereicherung von deliktischen oder quasideliktischen Gesichtspunkten — wie dem der Verursachung durch Eingriff — frei. Entsprechendes hat auch für das öffentliche Recht zu gelten. Wegen der unterschiedlichen Ausgangslage ergibt sich daraus jedoch für das öffentliche Recht das abweichende Resultat, daß der Verwaltung, wenn sie sich mit Hilfe eines rechtswidrigen Verwaltungsakts bereichert hat, gegenüber dem Erstattungsanspruch die Berufung auf den Wegfall der Bereicherung verwehrt ist. Wo auch immer die Verwaltung m i t dem Verwaltungsakt — und der i h m folgenden Vollstreckung — arbeiten darf, w i r d das Ziel einer beschleunigten Klärung der Sach- und Rechtslage verfolgt. I m Dienste der beschleunigten Durchführung des Verfahrens obliegt es dem einzelnen, binnen kürzester Frist seine Rechte durch Widerspruch und A n fechtungsklage geltend zu machen. Die Folge dessen ist, daß die unmittelbare Zugriffsmöglichkeit zu einem nur vorläufigen Resultat führt. Weil die durch Verwaltungsakt herbeigeführte vorläufige Vermögensverschiebung m i t Ablauf der kurzen Widerspruchs- bzw. A n fechtungsfrist zu einer endgültigen gerinnt, besteht bis zu diesem Zeitpunkt ein intensivierter Schwebezustand. Dieser ist von erstattungsrechtlicher Relevanz. Denn der Schuldner eines zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs w i r d nicht zuletzt deswegen durch § 818 Abs. 3 BGB geschützt, w e i l er bis zum Ablauf der Verjährungsfrist von 30 Jahren (§§ 194, 195 BGB) m i t einer Rückforderung rechnen muß und i h m ein ruhiger Genuß der i n Empfang genommenen Leistung nicht möglich wäre, wenn er i n vollem Umfang haften müßte. Wenn demgegenüber der Verwaltung nach Ablauf k u r zer Frist das Behaltendürfen endgültig gesichert ist, so muß sie bis zu diesem Zeitpunkt i n besonderem Maße damit rechnen, daß gegen sie ein Erstattungsanspruch geltend gemacht wird. Da der Schwebezustand, also der Zustand der Unsicherheit über die endgültige rechtmäßige Vermögenszuordnung, derart geschrumpft und damit intensiviert ist, darf sich die Verwaltung währenddessen nicht dem ruhigen Verbrauch des Empfangenen zuwenden. Es entspricht der ratio des 818 Abs. 3 BGB, daß nur derjenige Leistungsempfänger zu schützen ist, der keinen Anlaß hat, an der Rechtmäßigkeit des Leistungsempfangs zu zweifeln. Wenn die Verwaltung

124

. Teil: Der Erstattungsanspruch gegen den

Leistungen des einzelnen anfordert, so darf sie sich — zumal dann der einzelne nicht aus freiwilligem Entschluß geleistet hat — auf die Rechtmäßigkeit ihres eigenen Handelns solange nicht verlassen, wie ihr Behaltendürfen nicht endgültig gesichert ist. Gegenüber dem Erstattungsanspruch nach einer Vermögensverschiebung auf Grund eines Verwaltungsakts kann sich die Verwaltung m i t hin nicht auf einen Wegfall der Bereicherung berufen.

3. Sonstige Vermögensverschiebungen Daraus folgt indessen noch nichts für den Erstattungsanspruch nach solchen Vermögenszuwendungen des einzelnen, denen kein Verwaltungsakt zugrunde gelegen hat. Das Steuerrecht läßt den Einwand des Bereicherungswegfalls ganz generell unberücksichtigt, ohne auf die Tatsache des Eingriffs durch Leistungsbescheid und den damit gegebenen intensivierten Schwebezustand abzustellen. Diese Behandlung der Bereicherungsfrage findet ihre Stütze i n der Auffassung Skaupys 64, es sei i n der Regel nicht anzunehmen oder es werde sich fast niemals ein kausaler Zusammenhang dafür nachweisen lassen, daß die Bereicherung ohne bleibenden Nutzen für den Bereicherten verbraucht sein sollte. Hierauf käme es bei § 818 Abs. 3 BGB aber an. A u f dasselbe Ergebnis zielt die Bemerkung Meier-Braneckes, der Bürger könne nicht das Risiko der Entreicherung tragen, wenn der Steuerfiskus zu Unrecht etwas verlange 65 . Meier-Branecke hebt hier zwar i n erster Linie auf das Steuerrecht ab, für das der Wegfall der Bereicherung ohnehin kein Problem darstellt, und ferner scheint er das „verlangen", also die Vermögensverschiebung auf Grund eines Verwaltungsakts, besonders akzentuieren zu wollen, aber m i t der Bemerkung vom „Risiko der Entreicherung" greift er über die oben (2.) behandelten Fälle hinaus. Zunächst einmal hat Skaupy insofern Recht, als die Verwaltung i n aller Regel keine Gelegenheit haben wird, sich auf einen Wegfall der Bereicherung zu berufen. Damit ist aber natürlich nicht ausgeschlossen, daß gelegentlich dennoch auf Seiten der Verwaltung ein derartiger Verlust zu beklagen ist 6 6 ; aus diesem Grund ist Skaupys Argumentation 64 Skaupy, Die ungerechtfertigte Bereicherung i m öffentlichen Recht, S. 70. Ebenso v. Canstein, Der Erstattungsanspruch i m Steuerrecht, S. 150/151. 65 AöR n. F. 11. Bd. (1926), 230 (259). 66 Das Hamb. OVG, VerwRspr. 19, 923 (925), hat allerdings die Möglichkeit des Wegfalls der Bereicherung bei staatlichen Verbänden i n Zweifel gezogen, w e i l hier nach genau festzulegenden u n d abzurechnenden Haushaltsplänen

Β. II. Die gerichtliche Geltendmachung des Erstattungsanspruchs

125

mangelhaft, denn man kann Rechte nicht schon deswegen ausschließen, weil sich kaum einmal Gelegenheit bietet, sie geltend zu machen. Trotzdem ist gerade hier die Tatsache erheblich, daß der Bereicherungswegfall die seltene Ausnahme darstellt; dadurch gewinnt die Formulierung Meier-Braneckes vom „Risiko der Entreicherung" Bedeutung. Wenn der Bereicherungsgläubiger des bürgerlichen Rechts die Interessen des nicht mehr bereicherten Schuldners, also die Interessen von seinesgleichen respektieren muß, so kann i h m dies einleuchten, da ohne die Regelung des § 818 BGB der i h m zukommende Vorteil für den Schuldner eine unbillige Härte bedeutete. Nicht einsichtig ist es jedoch, wenn dem Erstattungsgläubiger (im öffentlichen Recht) fast durchgehend die volle aufgewendete Leistung zurückgewährt wird, i n seltenen Ausnahmefällen aber der einzelne für eine zufällig eingetretene Entreicherung der hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Leistungsempfangs gutgläubigen Verwaltung soll geradestehen müssen. Es verträgt sich nicht m i t dem Gleichheitsgrundsatz des A r t . 3 GG, einer kleinen Minderheit von Erstattungsgläubigern einen Bereicherungsverlust aufzubürden, der nicht in ihrem Verantwortungsbereich liegt. Diese vereinzelten Gläubiger erbrächten ein Sonderopfer, für das es keine innere Rechtfertigung gäbe. Man mag einwenden, der einzelne dürfe eben grundsätzlich nur damit rechnen, die noch vorhandene Bereicherung — also gegebenenfalls einen minderen Betrag als den aufgewendeten — zurückzuerhalten; damit sei eine Gleichbehandlung gewährleistet. Indessen bliebe dabei unberücksichtigt, daß der einzelne dieses Risiko nicht bewußt eingeht, denn er erbringt eine Leistung gerade i n der festen Annahme der Rechtmäßigkeit seiner Verpflichtung. Aus diesem Grunde muß der Verwaltung generell verwehrt sein, sich auf den Wegfall der Bereicherung zu berufen.

II. Die gerichtliehe Geltendmachung des Erstattungsanspruchs Eine Erörterung der Frage, wie der einzelne seinen Erstattungsanspruch gegen die Verwaltung geltend zu machen hat, muß von der Tatsache ausgehen, daß der Erstattungsanspruch auf Grund verschiedenartiger Tatbestände entstehen kann. Unter prozeßrechtlichen Aspekten ist dabei allerdings nicht jede der denkbaren Tatbestandsvarianten von eigener Relevanz. Wenn gewöhnlich Vermögensverschiebungen auf Grund eines Verwaltungsakts besonders abgehoben werden von Bereicherungen, die sich ohne einen zugrundeliegenden Verwaltungsakt gewirtschaftet werde. Dem mag zuzustimmen sein, jedoch trifft dieses A r g u ment nicht generell für sämtliche Leistungen des einzelnen zu, vgl. H . Weber, JuS 1970, 169 (173).

126

. Teil: Der Erstattungsanspruch gegen den

vollziehen, so muß i m Hinblick auf das Prozeßrecht festgehalten werden, daß diese Unterscheidung hier weniger eine Rolle spielt. Entscheidend ist vielmehr, ob zum Zeitpunkt des Prozesses ein die Vermögensverschiebung rechtfertigender Verwaltungsakt noch besteht, weil dann i n erster Linie dieser (belastende) Verwaltungsakt Gegenstand des Rechtsstreits ist, während es i n allen übrigen Fällen allein um die Frage der Rückgängigmachung des Realaktes geht — mag dieser eine freiwillige Leistung gewesen sein oder auf einem bereits zurückgenommenen, schon früher aufgehobenen oder nichtigen Verwaltungsakt beruht haben. Die Problematik des Erstattungsanspruchs entsteht i n ihrer Gesamtheit dann, wenn die Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts erbracht oder beigetrieben worden ist und dieser Verwaltungsakt noch Bestand hat. Eine Rückgängigmachung der Vermögensverschiebung setzt zunächst die Beseitigung des Verwaltungsakts voraus, die der betroffene einzelne m i t der Anfechtungsklage beseitigen kann (§ 42 Abs. 1 VwGO). Die Erstattungsverpflichtung entsteht dann erst als Folge der Aufhebung; aber das schließt nicht aus, daß auch über sie i n demselben Prozeß m i t entschieden wird. § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO sieht nämlich vor, daß das Gericht zugleich m i t der Aufhebung eines vollzogenen Verwaltungsakts auf Antrag auch aussprechen kann, „daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat". Indessen könnte man an der Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf den geschilderten Sachverhalt zweifeln angesichts des §113 Abs. 3 VwGO, der gleichfalls diesen Sachverhalt zu regeln scheint m i t der Anordnung: „ K a n n neben der Aufhebung eines Verwaltungsaktes eine Leistung verlangt werden, so ist i m gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur L e i stung zulässig."

Ob auf den Erstattungsanspruch § 113 Abs. 3 VwGO anzuwenden ist, wie Klinger 67 und Koehler 68 glauben, oder ob, wie vorwiegend angenommen wird, nur § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO den Fall trifft, ist eine Frage, die das grundsätzliche Verhältnis dieser beiden Vorschriften zueinander berührt. Die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs wäre ein Fall des §113 Abs. 3 VwGO, wenn die Verwaltung m i t der nach §113 Abs. 1 S. 2 VwGO zugelassenen gerichtlichen Anordnung der Rückgängigmachung der Vollziehung des aufgehobenen Verwaltungsakts nur zum Erlaß von Verwaltungsakten verpflichtet werden könnte. Davon geht 67 68

Kommentar, § 113 A n m . 4. Kommentar, § 113 A n m . C I I 3.

Β. II. Die gerichtliche Geltendmachung des Erstattungsanspruchs

127

Koehler 69 aus, dessen Auffassung gestützt w i r d durch die Amtliche Begründung zu § 114 des Regierungsentwurfs 70 , die i n dem Antrag auf Entscheidung nach § 113 Abs. 1 S. 2 sachlich eine Verpflichtungsklage sieht: M i t der Verpflichtungsklage w i r d gemäß § 42 Abs. 1 VwGO die Verurteilung zum Erlaß eines Verwaltungsakts begehrt. Die Beweiskraft der Amtlichen Begründung verliert indessen an Wert, wenn man ihre weitere Äußerung i n Betracht zieht, daß § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO die prozessuale Möglichkeit zur Geltendmachung des Folgenbeseitigungsanspruchs eröffnen solle 71 . Der Folgenbeseitigungsanspruch richtet sich aber i n der Regel nicht auf den Erlaß eines Verwaltungsakts, sondern auf die Vornahme eines Realaktes. Hinzu kommt, daß der Wortlaut des § 113 Abs. 1 S. 2 V w G O eine Beschränkung seines Anwendungsbereichs auf Rückgängigmachungen durch Verwaltungsakt nicht erkennen läßt. Demgegenüber ist freilich einzuräumen, daß man aus §113 Abs. 3 VwGO i m Rückschluß zu einer derartigen Beschränkung des § 113 Abs. 1 S. 2 V w G O gelangen könnte: Da §113 Abs. 3 VwGO für die m i t der Anfechtungsklage verbundene Leistungsklage zur Verfügung stehe — so könnte man sagen —, müsse § 113 Abs. 1 S. 2 V w G O auf die Verpflichtungsklage beschränkt werden. Eine solche restriktive Interpretation des § 113 Abs. 1 S. 2 V w G O hätte jedoch — abgesehen davon, daß sie m i t dem Wortlaut der Bestimmung i n Konflikt geriete — vor allem den wesentlichen Nachteil, daß eine besondere Leistungsklage zu erheben wäre, wenn nur ein Realakt begehrt würde, daß man sich aber m i t einem einfachen (Zusatz-)Antrag begnügen könnte 7 2 , wenn man mehr, nämlich den Erlaß eines Verwaltungsakts verlangte. Ein derartiger Rückschluß könnte allenfalls dann überzeugen, wenn sonst dem § 113 Abs. 3 VwGO kein sinnvoller Anwendungsbereich verbliebe. Das ist aber nicht der Fall. Freilich läßt die Amtliche Begründung zu §114 des Regierungsentwurfs 73 mißverständlich verlauten: „Gedacht ist hier an die Fälle, daß sich aus der Aufhebung des Verwaltungsakts materiell-rechtlich unmittelbar ein Anspruch gegen die Behörde ergibt." M i t dieser Formulierung könnte auch die Anwendbarkeit des § 113 Abs. 3 auf den Erstattungsanspruch begründet werden. I h r eigentlicher Sinn erschließt sich aber i m Zusammenhang m i t dem Wort „neben" i n § 113 Abs. 3 VwGO. 89

Koehler, a.a.O., § 113 A n m . C Bundestagsdrucksache I I I / N r . 71 a.a.O., S. 43. 72 Dieser A n t r a g bedeutet noch M D R 1966, 260. 78 Bundestagsdrucksache I I I / N r . 79

II. 55 S. 43. nicht einmal eine Klageänderung, B V e r w G , 55 S. 43.

1

2

8

.

Teil: Der Erstattungsanspruch gegen den

Wenn der Leistungsanspruch „neben" dem Aufhebungsanspruch steht, kann er einerseits schwerlich auf die Rückgängigmachung gerichtet sein, denn dann ergibt er sich aus der Aufhebung 74 . Andererseits kann er nicht beziehungslos neben der Aufhebung stehen, sondern er muß durch sie i n anderer Weise ausgelöst werden. I n anderer Weise kann m i t der Aufhebung eines Verwaltungsakts ein solcher Leistungsanspruch entstehen, der sich zwar unmittelbar aus dem Gesetz ergibt, aber wegen des i m Streit befindlichen Verwaltungsakts nicht realisiert werden konnte und erst m i t der Aufhebung des Verwaltungsakts wiederauflebt. I n diesem Sinne hat Ule 7S das typische Beispiel für § 113 Abs. 3 VwGO genannt: „Klagt ζ. B. ein Beamter auf Aufhebung der Entlassungsverfügung, so kann er damit die Klage auf Zahlung des i h m über den Zeitpunkt der Entlassung zustehenden Gehalts verbinden." 7 8 Dieser Leistungsanspruch ergibt sich als materiellrechtlicher Anspruch unmittelbar aus der Aufhebung der Entlassungsverfügung; er ist aber nicht die Verlängerung der Aufhebung in dem Sinne, wie die Rückgängigmachung des Vollzugs des Verwaltungsakts die Umsetzung der nur rechtlichen Aufhebung des Verwaltungsakts i n die Realität bedeutet. Der Leistungsanspruch ist nicht in der Rechtswidrigkeit des Vollzugs eines Verwaltungsakts — wie der Anspruch auf Rückgängigmachung — begründet; vielmehr hat er seinen Geltungsgrund i n Rechtsvorschriften, die den Anspruch gewähren, ohne an vorherige Rechtsbeeinträchtigungen anzuknüpfen, deren Anwendung aber durch den Verwaltungsakt (Entlassungsverfügung) gehindert war. Damit steht dieser Anspruch „neben" der Aufhebung des Verwaltungsakts. Da der Anwendungsbereich des §113 Abs. 3 VwGO solchermaßen bestimmt und begrenzt werden kann, ist aus dieser Vorschrift m i t h i n kein Rückschluß auf einen begrenzten Anwendungsbereich des § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu ziehen. Eine restriktive Interpretation des § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO folgt also weder aus dem Wortlaut des Gesetzestextes noch wäre sie sinnvoll, weil es keine Rechtfertigung dafür gibt, für das auf die Vornahme nur eines Realaktes gerichtete Begehren die besondere Erhebung einer Leistungsklage vorzusehen, wenn sogar der Erlaß eines Verwaltungsakts schon durch bloßen Antrag verlangt werden kann. 74 Die Amtliche Begründung bedient sich allerdings gerade dieser Formulierung, sie weicht damit aber v o m Gesetzestext ab. 75 Ule, Verwaltungsgerichtsbarkeit, §113 A n m . I I I . 76 I n diesem Sinne äußern sich auch Schunck-de Clerk, § 113 A n m . 2e, die jedoch darüber hinaus annehmen, § 113 Abs. 3 V w G O gelte auch f ü r die V e r bindung der Anfechtungsklage m i t der Verpflichtungsklage; w i e Ule w o h l

auch Eyermann-Fröhler,

§ 113 Anm. 58.

Β. II. Die gerichtliche Geltendmachung des Erstattungsanspruchs

129

Der Erstattungsanspruch ist also auf dem Wege des Antrags nach § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO geltend zu machen. Dieses Ergebnis könnte man auch dann — und zwar einfacher — erzielen, wenn man i n jeder Rückgängigmachung des Vollzugs eines Verwaltungsakts wiederum einen Verwaltungsakt sähe. Dann käme die gerichtliche Geltendmachung der Erstattungsanspruch sachlich einer Verpflichtungsklage gleich, womit die Anwendbarkeit des § 113 Abs. 3 VwGO von vornherein ausgeschlossen wäre. Das würde allerdings eine Erweiterung des üblichen Verwaltungsaktsbegriffs zur bloßen „Amtshandlung" voraussetzen, von der immerhin die Amtliche Begründung auszugehen scheint, wenn sie das Urteil nach § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO als Verpflichtungsurteil bezeichnet. Die Frage einer solchen Erweiterung des Verwaltungsakts zur Amtshandlung ist nicht nur von Bedeutung für die Auslegung dieser Vorschrift. Sie berührt das gesamte Klagensystem der Prozeßordnung und erhält damit insbesondere Gewicht für die hier noch zu erörternde Geltendmachung derjenigen Erstattungsansprüche, für deren gerichtliche Durchsetzbarkeit nicht die Beseitigung eines Verwaltungsakts Voraussetzung ist. Ob diese Ansprüche m i t der Leistungsklage oder m i t der Verpflichtungsklage zu verfolgen sind, hängt ab von dem zugrundezulegenden Begriff des Verwaltungsakts. Eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Verpflichtungsklage haben sich vor allem Eyermann-Fröhler und Bettermann angelegen sein lassen. So bestimmt der Kommentar von Eyermann-Fröhler 77 das Klagensystem danach, ob zwischen der Verwaltung und dem Bürger ein Verhältnis der Subordination oder ein solches der Koordination gegeben ist. Nur bei Koordinationsverhältnissen sei die Leistungsklage zulässig. Sofern dagegen über ein Subordinationsverhältnis Streit bestünde, müsse der Bürger die Verpflichtungsklage erheben, da sich hier jede Handlung der Verwaltung — bestehe sie auch nur i n der Vornahme eines Realakts — als hoheitliche Regelung und damit als Verwaltungsakt darstelle. Ähnlich empfiehlt Bettermann 7S den Anwendungsbereich der Verpflichtungsklage dahin zu erweitern, daß m i t ihr jede hoheitliche Maßnahme begehrt werden könne, deren Ablehnung oder Unterlassung einen Verwaltungsakt darstelle. Hierfür stützt sich Bettermann insbesondere auf §113 Abs. 4 VwGO, der i m Zusammenhang m i t dem Verpflichtungsurteil von der „Amtshandlung" spricht. 77 78

9

Vgl. dort insbesondere § 42 A n m . 14 ff. N J W 1960, 649 ff.

Weber

130

. Teil: Der Erstattungsanspruch gegen den

Gegen diese Bemühungen ist geltend gemacht worden, daß die Verwaltungsgerichtsordnung für eine Unterscheidung i n subordinationsund koordinationsbezogene Streitigkeiten nichts hergebe 79 und Bettermann nur versuche, den an sich eindeutigen Wortlaut des § 42 VwGO hinsichtlich der Verpflichtungsklage „von § 113 V w G O her (zu) korrigieren" 8 0 . Einer solchen Argumentationsweise sei entgegenzuhalten, daß der Begriff der Amtshandlung i n § 113 Abs. 4 V w G O offenbar synonym m i t Verwaltungsakt gebraucht werde 8 1 und es überdies ohnehin problematisch sein dürfte, den Begriff des Verwaltungsakts von der eher untergeordneten, „ n u r die Fassung des Urteilstenors betreffenden" Vorschrift des § 113 Abs. 4 V w G O her zu bestimmen 82 . Der Schlußfolgerung Rössleins 83, daß sonach m i t der Verpflichtungsklage nur der Erlaß eines Verwaltungsakts i m engeren Sinne begehrt werden könne, hat sich kürzlich m i t Nachdruck das Bundesverwaltungsgericht 84 angeschlossen. Die Entscheidung enthält den zusätzlichen H i n weis, daß kein Grund für die Annahme bestehe, der Begriff des Verwaltungsakts habe i n den §§ 42 und 43 VwGO verschiedene rechtliche Bedeutungen. Gegen diese dem Wortlaut der Verwaltungsgerichtsordnung eng verbundene Auffassung hat neuerdings Bettermann 85 i n einer tiefgreifenden Anmerkung zu dem soeben zitierten U r t e i l wiederum Stellung genommen. I n polemischer Wendung gegen die „Buchstabenjurisprudenz" des Gerichts eröffnet er den Blick auf die sachlichen Konsequenzen und legt dar, daß eine weitgehende Zulassung der Leistungsklage wesentliche Nachteile m i t sich brächte. Ungünstig sei einerseits für die Verwaltung der Wegfall des Vorverfahrens (und damit die Ausschaltung der Selbstkontrolle vor dem Prozeß), die Beseitigung der Klagefrist sowie die bei der Leistungsklage erreichbare vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils. Andererseits habe ebenso der Kläger Nachteile hinzunehmen. So sei etwa die Ausschaltung der Widerspruchsbehörde auch für i h n unvorteilhaft ebenso wie die Tatsache, daß der einzelne überhaupt nur dann klagen könne, wenn er einen Anspruch habe; vor allem Ermessensleistungen könne er dann gar nicht durchsetzen, w e i l kein Bescheidungsurteil zu seinen Gunsten möglich sei. 79

80 81 82 83 84 85

Hegel, DÖV 1965, 413/414.

Rösslein, Der Folgenbeseitigungsanspruch, S. 53. Hegel, a.a.O., S. 415. Hegel, a.a.O., S. 415. a.a.O., S. 54, m i t weiteren Nachweisen dort i n Anm. 33. DVB1. 1969, 700, 701. DVB1. 1969, 703 ff.

Β. II. Die gerichtliche Geltendmachung des Erstattungsanspruchs

131

Alle diese Erwägungen mögen die Annahme nahelegen, daß der Wirkungskreis der Verpflichtungsklage zweckmäßigerweise erweitert werden sollte. Das wäre, wenn man nach Bettermanns Vorschlag dem Modell der Zweistufentheorie i n der Subventionsverwaltung 8 ® folgt, konstruktiv in der Weise denkbar, daß man i n jeder Amtshandlung wenigstens verdeckt eine Hoheitsentscheidung sähe; diese müßte auf die Vornahme bzw. Ablehnung der Amtshandlung gerichtet sein. Eine derartige Konstruktion dürfte die Möglichkeit eröffnen, bei zahlreichen subordinationsrechtlichen Amtshandlungen die i n mancher Hinsicht zweckmäßigere Verpflichtungsklage zuzulassen. Hier ist freilich nicht der Ort, zu dem grundsätzlichen Meinungsstreit abschließend Stellung zu nehmen. I m Hinblick auf den Erstattungsanspruch ergeben sich schon aus der vorgetragenen Bestandsaufnahme sämtliche für dieses Thema wesentlichen Feststellungen und Ergebnisse. I m Falle der Anfechtungsklage gegen einen vollzogenen Verwaltungsakt ist das praktisch weniger bedeutsame Problem zu entscheiden, welcher Klageform der gemäß § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO mögliche Zusatzantrag sachlich gleichkommt. Hier muß man auch nach den Konsequenzen Bettermanns der Leistungsklage den Vorzug geben. Denn die Rückgängigmachung einer Vermögensverschiebung stellt als solche einen Realakt dar. Diesem Realakt allein deswegen Verwaltungsaktsqualität zuzusprechen, weil der vorangegangene Leistungsbefehl diese Qualität hatte, ist nicht angängig; schließlich ist der actus contrarius zum Leistungsbescheid nicht die Erstattung der Leistung, sondern die Aufhebung des Verwaltungsakts. I n der Amtshandlung „Erstattung" kann auch kein verdeckter Verwaltungsakt gesehen werden, weil aus der Aufhebung des ersten Verwaltungsakts, der Gegenstand des Prozesses gewesen ist, unmittelbar die Verpflichtung zur Rückgewähr folgt 8 7 . Daher ist entgegen der Amtlichen Begründung jedenfalls beim Erstattungsanspruch das Erkenntnis gemäß § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO i n der Sache ein Leistungsurteil. Aus ähnlichen Erwägungen ist für die gerichtliche Geltendmachung sonstiger Erstattungsansprüche die Leistungsklage als richtige Klageform anzusehen. Das folgt nach herkömmlichen und überwiegenden Vorstellungen daraus, daß das Verlangen nach Rückgewähr einer rechts86 87

Vgl. dazu oben 3. Teil, I I . 1.

Das gilt selbst f ü r den Fall, daß der aufgehobene Leistungsbescheid n u r wegen formeller Mängel oder auch etwa wegen unzureichender Begründung einer Ermessensentscheidung f ü r u n w i r k s a m erklärt worden ist, w e i l damit wenigstens zunächst der Rechtsgrund für die Vermögensverschiebung entfallen ist u n d noch dahinsteht, ob i n Z u k u n f t eine neue Verpflichtung erzeugt werden kann.



132

. Teil: Der Erstattungsanspruch gegen den

grundlos erbrachten Leistung immer auf die Vornahme eines Realakts abzielt. Dieser Realakt läßt sich aber auch nach Bettermanns Argumentation nicht zum Verwaltungsakt überhöhen. Sofern sich die Vermögensverschiebung auf Grund eines bereits zurückgenommenen Verwaltungsakts vollzogen hat, entspricht die Situation der des § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO. Nicht anders als dort handelt es sich darum, die Tatsachenlage der Rechtslage anzupassen. Der Verwaltungsakt, der i n sonstigen Amtshandlungen verdeckt erkennbar sein mag, ist hier kein auch nur verborgenes Element der Erstattung; denn eine Hoheitsentscheidung liegt schon i n der Rücknahme des Leistungsbescheids. M i t i h r hat die Verwaltung ihre Pflicht zur Rückgewähr anerkannt. Wenn der Vermögensverschiebung von Anfang an kein Verwaltungsakt zugrunde gelegen hat, ist der Erstattungsanspruch gleichfalls m i t der Leistungsklage durchzusetzen. Auch hier ist das Begehren auf die Vornahme eines Realakts gerichtet. Der Erstattung muß freilich eine Entscheidung der Verwaltung darüber vorausgehen, ob sie die Leistung erbringen w i l l oder nicht. Dieser internen Entschließung kann allerdings Verwaltungsaktsqualität nicht beigemessen werden. Denn irgendein Entschluß muß sämtlichen Verwaltungshandlungen rein realen Charakters zugrundeliegen. Eine rechtliche Regelung hingegen kann nur dort erkannt werden, wo die Verwaltung Bewilligungen aussprechen muß. Bewilligungsbescheide braucht sie aber dann nicht zu erlassen, wenn sie einfach zur Erbringung einer konkreten Leistung aufgefordert wird. Hier ist entweder zu leisten (dann entsteht kein Problem) oder die Leistung zu verweigern — dann muß i m Prozeß über eine Klage auf Leistung entschieden werden. Wenn demgegenüber die Zweistufentheorie gewisse Vorabentscheidungen staatlicher Stellen als Verwaltungsakt wertet, so dient eine solche Annahme dem besonderen Zweck, das öffentlich-rechtliche Moment einer an sich privatrechtlich ausgestalteten Subventionierung sichtbar und verwaltungsrechtlich greifbar werden zu lassen. Diese Konstruktion zwingt indessen nicht zu der Folgerung, daß nun in jedem Entschluß der Verwaltung ein Verwaltungsakt zu sehen sei. Vielmehr kann die Zweistufentheorie nur zu der Erkenntnis verhelfen, daß derartige Entschlüsse i n begründeten Fällen als Verwaltungsakt angesehen werden können. I n der vorhin zitierten Anmerkung hat Bettermann 188 dagegen den allgemeinen Nachweis zu führen versucht, daß dem Modell der Zweistufentheorie grundsätzlich zu folgen und also generell ein dem Real88

DVB1. 1969, 703 ff.

Β. II. Die gerichtliche Geltendmachung des Erstattungsanspruchs

133

akt vorgeschalteter Verwaltungsakt zu konstruieren sei. Dem kann nicht gefolgt werden, weil gerade Bettermanns Argumentation nicht allgemein, sondern nur für bestimmte Fallgruppen gilt, denen insbesondere die hier interessierenden Erstattungen nicht zugehören. Seine Vorbehalte gegen die Zulassung der Leistungsklage i m Subordinationsverhältnis orientieren sich fast ausschließlich an jenen Handlungen, die i m Ermessen der Behörde stehen. Weil es bei ihnen darauf ankommt, daß die Verwaltung Gelegenheit hat, ihre Entscheidung noch einmal zu überprüfen, und weil bei Ermessensakten dem einzelnen ein wirksamer Rechtsschutz nur dann garantiert ist, wenn die Entscheidung der Behörde als Verwaltungsakt qualifiziert wird, mag i n diesen Fällen der von Bettermann propagierten Verpflichtungsklage der Vorzug zu geben sein. Wo aber für eine Ermessensausübung kein Raum ist — und das gilt für die Erstattungen — erübrigt sich die dem Subventionsrecht entlehnte Konstruktion. Der richtige K e r n der von Bettermann teilweise nicht zu Unrecht kritisierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts 89 liegt darin, daß das Gericht zu differenzieren sucht zwischen Ermessensakten und sonstigen Verwaltungshandlungen. Damit w i r d zwar nicht — wie Bettermann zutreffend bemerkt — der Verwaltungsakt hinreichend definiert, weil für den Begriff des Verwaltungsakts i m Grundsatz die Ermessensfrage irrelevant ist; aber der Abgrenzungsversuch des Gerichts nimmt doch bei allen jenen „Amtshandlungen", die nach Herkommen gerade nicht Verwaltungsakte sein sollten, konkret auf die Einwände Bettermanns Rücksicht, die sich eben auf Ermessenshandlungen beziehen. Ob solche Rücksichten berechtigt sind, braucht hier nicht entschieden zu werden. Denn jedenfalls zwingt eine Anerkennung der i n Rede stehenden Ermessenshandlungen als Verwaltungsakte nicht zu einer generellen Erweiterung des Verwaltungsaktsbegriffs. Daraus folgt, daß alle Erstattungsansprüche des einzelnen gegen den Staat prozessual i m Wege der Leistungsklage geltend zu machen sind 90 .

89

DVB1. 1969, 700 ff. So auch Wolff, Verwaltungsrecht I , § 4 4 1 4 ; E. R. Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, §103, S. 621/622; O V G Münster, DÖV 1961, 469. 90

Fünfter

Teil

Erstattungsanspruch und Verzinsung I. Die Problemstellung Die Erstattungsansprüche Staat/Bürger sowie Bürger/Staat unterscheiden sich i m einzelnen erheblich voneinander. Beide entspringen jedoch einem einheitlichen Prinzip u n d erweisen sich gleichermaßen als Parallelinstitute zur ungerechtfertigten Bereicherung des bürgerlichen Rechts. Sie sind zwar nicht den Subtilitäten der zivilrechtlichen Normierung verhaftet 1 , aber ihre Problematik findet dort manche Entsprechung. So drängt sich insbesondere die nun abschließend zu behandelnde Frage auf, ob sich der Erstattungsanspruch ebenso wie der Bereicherungsanspruch auch auf Nutzungen und Zinsen erstrecken soll. Für das bürgerliche Recht w i r d der Anspruch auf Nutzungen i n § 818 BGB normiert; von einem Zinsanspruch ist zwar i m Bereicherungsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht ausdrücklich die Rede, er ergibt sich aber ebenfalls aus § 818 Abs. 1 BGB. Nach dieser Vorschrift dürfen indessen nur w i r k l i c h gezogene Zinsen verlangt werden 2 , wie auch nur tatsächlich gezogene Nutzungen herauszugeben sind 3 . Das Problem, ob auch der Erstattungsanspruch u m Nutzungs- und Zinsanspruch zu erweitern ist, w i r d i m Schrifttum unterschiedlich beurteilt. Da rechtsgrundlose Leistungen i m öffentlichen Recht selten i n nutzungsfähigen Sachgütern bestehen, sondern überwiegend i n Form von Geldleistungen erbracht werden, konzentriert sich die Problematik i m wesentlichen auf den Zinsanspruch. Zur allgemeinen Zinsproblematik hebt das Schrifttum vielfach hervor, eine generelle Verzinsung öffentlich-rechtlicher Ansprüche sei ab1

Das konnte oben 2. Teil, I., dargetan werden. Vgl. Soergel-Siebert, §818 A n m . 7: „Der Kläger muß beweisen, daß der Bereicherte Zinsen gezogen hat, falls nicht ohne weiteres anzunehmen ist, daß der Bereicherte Zinsen gezogen hat, w i e ζ. B. bei einem Bankier (RG 53, 363 371)"; f ü r die Staatskasse sei dies entspr. RG72, 153 nicht anzunehmen; i n diesem Sinne auch Palandt, § 818 A n m . 3. 2

3

Vgl. n u r B G H 35, 360.

I. Die Problemstellung

135

z u l e h n e n 4 . A b e r diese Ä u ß e r u n g e n schließen n a t ü r l i c h n i c h t aus, daß g e l e g e n t l i c h dennoch e i n ö f f e n t l i c h - r e c h t l i c h e r A n s p r u c h z u v e r z i n s e n ist. W i e k o m p l i z i e r t u n d u m s t r i t t e n die D i n g e h i e r sind, h a t v o r a l l e m Götz 5 d e u t l i c h gemacht. A u c h höchstrichterliche E n t s c h e i d u n g e n aus n e u e r e r Zeit® h a b e n z u e i n e r abschließenden K l ä r u n g d e r P r o b l e m a t i k nicht führen können. So i s t gleichfalls die F r a g e d e r V e r z i n s u n g des bis h e u t e u n g e k l ä r t geblieben.

Erstattungsanspruchs

Die allgemeine U n k l a r h e i t zeigt sich besonders deutlich i n der wechselvollen Geschichte des Zinsanspruchs beim steuerrechtlichen Erstattungsanspruch, über die bis zum Jahre 1920 Lassar berichtet 7 . Lassar stellt abschließend fest 8 , unverkennbar sei eine Tendenz der Hechtsentwicklung dahin, daß v o n allen zu erstattenden Geldleistungen auch Zinsen geschuldet w e r den. Diese v o n Lassar beobachtete Tendenz hat sich jedoch i m Steuerrecht nicht durchgesetzt. Denn weder ging das Preußische Oberverwaltungsgericht von seiner ständigen Rechtsprechung der Ablehnung einer Verzinsung ab, noch Schloß sich das Reichsgericht dieser Tendenz an. Die von Lassar zitierte Entscheidung, die als erste einen öffentlich-rechtlichen Zinsanspruch bejahte 9 , blieb singulär. Das Preußische Oberverwaltungsgericht stützte seine Ablehnung auf die Erwägung, auch die materiell rechtswidrige Steuerveranlagung begründe eine formelle Zahlungspflicht des einzelnen, die erst durch die Aufhebung der Veranlagung beseitigt w e r d e 1 0 ; der Staat besitze also bis dahin das Geld nicht widerrechtlich. Anders dachte allerdings i n diesem P u n k t das Oberverwaltungsgericht Hamburg, dessen Entscheidung v o m 9.7.1930 11 i n neuerer Zeit besondere Beachtung gefunden hat. Das Gericht hatte damals eine V e r zinsung des Erstattungsanspruchs i n Anlehnung an § 818 Abs. 1 B G B gewährt. Es ging dabei v o n der Annahme aus, der Staat werde i m Zweifel „nicht unerhebliche" Beträge zinstragend angelegt haben u n d müsse eine nicht zinstragende Verwendung selbst beweisen. Auch das Oberverwaltungsgericht Koblenz 1 2 hat einen Zinsanspruch bejaht, i h n jedoch aus einem V e r zug gemäß §§ 284 ff. B G B begründet. Die Steuergesetzgebung verhält sich seit dem Jahre 1934 einer Verzinsung des Ersattungsanspruchs gegenüber ausdrücklich ablehnend. So bestimmte § 12 des Steuersäumnisgesetzes v o m 24.12.1934 13 : „Das Reich, die Länder, Gemeinden u n d die Gemeindeverbände zahlen keine Steuerzinsen (weder bei Erstattung oder Vergütung noch bei Hinterlegung baren Geldes)." Eine 4 Vgl. n u r B V e r w G 14, 1 (3); Götz, DVB1. 1961, 433, 434; Bachof, Ve rfassungsrecht, Verwaltungsrecht, Verfahrensrecht, Bd. I I , Nr. 383 ff. (S. 362 ff.). 5 DVB1. 1961, 433. β Größtenteils nachgewiesen bei Bachof, a.a.O., Nr. 383 ff. 7 Lassar, Der Erstattungsanspruch, S. 123, 130, 144, 169, 172, 181, 190. 8 Lassar, a.a.O., S. 232. 9 R G 92, 379. 19 Götz, a.a.O., S. 434. 11 Entsch. I I I , 110 ff. 12 AS 1, 313. 13 RGBl. I S. 1271; ähnlich §20 Abs. 3 S t A n p G v o m 16.10.1934 (RGBl. I S. 925).

136

5. Teil: Erstattungsanspruch und Verzinsung

leichte Änderung dieses Zustandes brachte das Steueränderungsgesetz vom 13.7.1961 14 . Der § 4 des i n diesem Zusammenhang neu bekannt gemachten Steuersäumnisgesetzes 15 bestimmte nunmehr: „Steueransprüche, Erstattungsund Vergütungsansprüche, sowie Ansprüche auf Rückzahlung hinterlegter Gelder werden n u r verzinst, wenn dies i n Steuergesetzen vorgeschrieben ist." I n Ergänzung hierzu normierte § 155 RAO — eingefügt durch A r t . 17 Ziff. 6 StÄndG 19611® — eine Verzinsung des Erstattungsanspruchs vom Zeitpunkt der Rechtshängigkeit beim Gericht an. Eine nochmalige Änderung der Rechtslage brachte die FGO v o m 6.10.1965 17 , deren §162 Nr. 24 den §155 RAO aufhob und an dessen Stelle den ähnlich lautenden § 111 FGO treten ließ 1 8 . Hiernach ist heute für das Steuerrecht unzweifelhaft, daß der Erstattungsanspruch als solcher nicht zu verzinsen ist, sondern daß auf i h n lediglich Rechtshängigkeits- oder Prozeßzinsen zu zahlen sind.

Wenngleich also damit i m Steuerrecht klare Verhältnisse vorliegen, bleibt doch i m übrigen, d. h. i m allgemeinen das Zinsproblem bestehen. Z u i h m haben sich neuerdings insbesondere Bachof, Haueisen u n d Götz geäußert 19 , und zwar — i m Gegensatz zum Steuerrecht — übereinstimmend zugunsten eines derartigen Anspruchs. Bachof 0 schließt sich der Begründung des Oberverwaltungsgerichts Hamburg an, die tatsächliche Vermögensverschiebung umfasse auch die unrechtmäßigerweise gezogenen Nutzungen (und Zinsen), so daß diese gleichfalls zu erstatten seien. A u f derselben Linie befindet sich Haueisen 21 , der zudem gegen die Rechtsprechung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts geltend macht, sobald rechtskräftig festgestellt sei, daß kein Anspruch bestanden habe, stehe auch fest, daß das „Erlangte" von vornherein ohne rechtlichen Grund geleistet worden sei. Darum könne auch verlangt werden, daß es samt Nutzungen (und Zinsen) wieder herausgegeben werde. Noch weiter geht Götz 22 , der i n entsprechender Anwendung des § 288 Abs. 1 S. 1 BGB stets Verzugszinsen von 4 °/o berechnen w i l l , „darüber hinaus nur bei Nachweis besserer Anlagemöglichkeit und -üblichkeit".

14

BGBl. I S. 981. I n der Fassung des StÄndG vom 14. 5.1965, die den § 4 unverändert ließ, BGBl. I S. 377. 16 BGBl. I S. 981. 17 BGBl. I S. 1477. 18 Vgl. dazu auch Fischer, N J W 1969, 1883/1884. 19 Vgl. neuestens auch Fischer, NJW 1969, 1883 ff. 20 Bachof, Die verwaltungsgerichtliche Klage auf Vornahme einer Amtshandlung, S. 105. 21 NJW 1954, 977 (980). 22 Götz, a.a.O., S. 439. 15

II. Die allgemeine Zinsproblematik im öffentlichen Recht

137

I I . Die allgemeine Zinsproblematik im öffentlichen Recht Versucht man, der Verzinsungsfrage beim Erstattungsanspruch näherzukommen, so muß man sich zunächst die Problematik des öffentlichrechtlichen Zinsanspruchs i m ganzen vor Augen führen; dabei ist insbesondere problematisch die Verzinsung öffentlich-rechtlicher A n sprüche des einzelnen gegen den Staat. Hierzu ist sogleich i m Sinne der vorher zitierten Stimmen festzustellen, daß hinsichtlich der Zinsen i n der Tat von einem allgemeinen, das öffentliche Recht beherrschenden Grundsatz nicht die Rede sein kann. Das beweisen nicht nur die Kontroversen in Lehre und Rechtsprechung zum Erstattungsanspruch, von denen soeben die Rede war, sondern es t r i t t vor allem beim allgemeinen Zinsanspruch i n der Rechtsprechung und auch — wie Götz 23 aufgezeichnet hat — i n der Gesetzgebung zutage. So steht einigen Normen, die eine Zinsleistung anordnen, eine Anzahl von Bestimmungen gegenüber, in denen die Verzinsungspflicht ausgeschlossen wird 2 4 . Führt man ordnende Gesichtspunkte i n die Problematik ein, so ergibt sich zunächst die Einteilung der Zinsen i n Verzugszinsen und Prozeßzinsen. Diese dem bürgerlichen Recht entlehnte Untergliederung hat i n das öffentliche Recht längst Eingang gefunden und erweist sich hier als nützlich 25 . Die Neigung, Prozeßzinsen zu gewähren, ist i m allgemeinen größer als die, einem Gläubiger Verzugszinsen zuzusprechen; diese sind i m Zusammenhang m i t dem Erstattungsanspruch jedoch von besonderem Interesse. 1. Verzugszinsen Problematisch ist vor allem, ob und gegebenenfalls inwieweit Verzugszinsen zu zahlen sind. Hier ergibt sich für weite Bereiche der Verwaltung, daß eine Verzinsung öffentlich-rechtlicher Ansprüche gegenwärtig nicht stattfindet. Das gilt vor allem für das Beamtenrecht. Fast alle Landesbeamtengesetze schließen die Verpflichtung zur Leistung von Verzugszinsen aus 26 , und i m Bundesrecht steht Nr. 3 der DVO zu § 38 DBG einem Anspruch auf Verzugszinsen entgegen 27 . Ferner ist dem 23

DVB1. 1961, 433, 434. Vgl. den oben zitierten § 4 SteuersäumnisG u n d die unten (1.) erwähnten Vorschriften; siehe auch Götz, a.a.O., S. 433, 434. 25 Daß dabei die Schwierigkeit der Einordnung des Vorverfahrens gemäß §§ 68 f t V w G O entsteht — hierzu insbesondere Fischer, N J W 1969, 1883 ff. — ändert hieran nichts. 20 I m einzelnen nachgewiesen bei Götz, a.a.O., S. 435. 27 Die Gültigkeit dieser Vorschrift ist nicht ganz einwandfrei, sie w i r d aber bejaht von: B V e r w G 16, 346 (349); B G H Z 10, 125; OVG Münster, DVB1. 1959, 75; Götz, a.a.O., S. 435; V G H Bad. Württ., Z B R 1969, 52 (54). 24

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5 Teil: Erstattungsanspruch und Verzinsung

Recht der Sozialversicherung und der Kriegsopferversorgung ein Zinsanspruch fremd. Das steht fest nach der Rechtsprechung des R V A 2 8 , des Reichsversorgungsgerichts 29 sowie des Bundessozialgerichts 30 . Gleiches gilt für das Bundesversorgungsrecht 31 . Dennoch gibt es öffentlich-rechtliche Vorschriften, die eine Verzinsung vorschreiben. So sehen § 99 BBauG und § 30 B L G eine Verzinsung von 2 v. H. über dem jeweiligen Diskontsatz der Bundesbank vor, § 251 L A G setzt die Höhe des Zinssatzes auf 1 v. H. für jedes begonnene Vierteljahr und § 5 Abs. 4 Altsparergesetz schließlich normiert eine Verzinsung von 4 v. H. 3 2 . Angesichts dessen zu einem allgemeinen Grundsatz vorzustoßen, muß Schwierigkeiten bereiten 33 . Jedoch erleichtern einige grundsätzliche Bemerkungen von Götz 34 den Zugang zu diesem Thema. I m Hinblick darauf, daß sich das Zinsproblem i m öffentlichen Recht stets an der bürgerlich-rechtlichen Normierung orientierte, hebt Götz die unterschiedliche Ausgangslage beider Rechtsbereiche hervor. Während nämlich i m bürgerlichen Recht der Gläubiger den Schuldner ohne weiteres durch Mahnung i n Verzug bringen könne, gehöre es i m öffentlichen Recht zur Pflicht der Behörde, nicht nur so schnell wie möglich Leistungsverpflichtungen zu erfüllen, sondern darüber hinaus das Bestehen einer solchen Verpflichtung einer genauen Prüfung zu unterziehen. Die Verwaltung dürfe also erst nach Abwägung aller rechtlichen Gesichtspunkte eine Entscheidung fällen, sie könne daher vor Erlaß des diese Entscheidung kundtuenden Verwaltungsaktes nicht i n Verzug geraten, da sie eben pflichtmäßig gehandelt habe. Ein Zinsanspruch käme allerdings dort i n Betracht, wo von der Notwendigkeit, das Bestehen einer Leistungsverpflichtung zu prüfen, nicht die Rede sein könne. Hier käme die Verwaltung am Fälligkeitstage i n Verzug. I n der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist gleichfalls unzweifelhaft, daß vor der endgültigen Entscheidung der Verwaltungsbehörde ein Verzug grundsätzlich nicht eintreten könne 35 . V o r einer endgültigen Entscheidung der Verwaltung — sagt das Gericht 38 — 23 29

30

A N 1914, 819; A N 1939, 445; A N 1929, 266. JW 1924, 574.

BSG 22, 150; 24, 16; 24, 118; 28, 218; NJW 1967, 1439; vgl. auch Haueisen,

DVB1.1969, 709 (715), u n d Schwankhart, 31

32

N J W 1970, 1301 ff.

Wilke, Handkommentar, § 66 Erl. V.

Vgl. zu diesen Vorschriften Götz, a.a.O., S. 433/434. Daß die einzelnen gesetzlichen Vorschriften keine Rückschlüsse auf die allgemeine Rechtslage zulassen, betont auch Fischer, NJW 1969, 1883. 34 a.a.O., S. 436/437. 35 Vgl. BVerwG 14, 1 (4); 15, 78 (81); 15, 106. 36 BVerwG 15, 78 (81). 33

II. Die allgemeine Zinsproblematik im öffentlichen

Recht139

könne der Berechtigte die Zahlung bestimmter Bezüge nicht verlangen, weil der Anspruch noch nicht fällig sei. Hierin ist Götz und dem Bundesverwaltungsgericht i m Prinzip zuzustimmen. Es fragt sich jedoch, ob i n den Fällen einer unangemessen verzögerten Bearbeitung nicht doch ein Anspruch auf Verzugszinsen entstehen kann. Das Bundesverwaltungsgericht geht auf diese Frage nicht ein, w e i l es die Verzugszinsen als Schadensersatz begreift und darum glaubt, die Anwendbarkeit der §§ 284 ff. BGB sei i m Rahmen von A r t . 34 GG/§ 839 BGB von dem hierfür zuständigen Zivilgericht zu prüfen 3 7 . Demgegenüber hat Bachof 8 zu Recht geltend gemacht, diese Zinspflicht sei war eine Unterart der Ersatzpflicht für Verzugsschaden, aber der Anspruch auf Ersatz dieses Schadens schließe die Geltendmachung eines weiteren Verzugsschadens (§ 288 BGB) u n d erst recht eines auf anderem Rechtsgrund beruhenden Schadens nicht aus; er sei vor allem nicht identisch m i t solchen weitergehenden und andersartigen A n sprüchen. Außerdem übersehe das Gericht, daß der Anspruch auf Ersatz des Verzugsschadens, jedenfalls soweit er aus der verzögerten Erfüllung von Geld- und anderen Gattungsschulden entstanden sei, weitgehend vom Verschulden unabhängig sei; darin zeige sich ein grundsätzlicher Unterschied zum Amtshaftungsanspruch. Sonach dürfte es i n diesen Fällen näher liegen, dem einzelnen nach öffentlichem Recht einen Zinsanspruch zu gewähren. Entscheidend i m Hinblick auf die Frage der Verzinsung des Erstattungsanspruchs ist aber, daß jedenfalls dort, wo ein Fälligkeitstermin für die vom Staat zu erbringende Leistung eindeutig feststeht, von diesem Termin an Verzugszinsen zu entrichten sind 39 . Der von Götz und dem Bundesverwaltungsgericht hervorgehobene Unterschied zwischen öffentlichem und privatem Recht (genaue Prüfungspflicht der Behörde) greift hier nicht durch. I m übrigen rechtfertigt nichts ein A b gehen von der Regel des § 288 Abs. 1 BGB, die einen allgemeinen Rechtsgedanken zum Ausdruck bringt 4 0 . § 288 BGB geht von der keineswegs auf das bürgerliche Recht beschränkten Tatsache aus, daß eine unangemessene Leistungsverzögerung bei dem Leistungsberechtigten typischerweise einen Schaden hervorruft, der darum auch ebenso typischerweise, also ohne den schwer zu erbringenden Nachweis des Eintritts eines besonderen Verzugsschadens, ersetzt werden muß. 37

B V e r w G 14, 1 (4); 15, 106 (107). Bachof, Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht, Bd. I I , Nr. 385 (S. 364). 38

39

40

Verfahrensrecht,

Götz, DVB1.1961, 433 ff.; Eckert, DVB1.1962, 11 (19). Eckert, a.a.O., S. 19/20.

Bd. I I ,

140

5. Teil: Erstattungsanspruch und Verzinsung

Der Gedanke des § 288 Abs. 1 BGB hat daher i m öffentlichen Recht, soweit er dort nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist, Anwendung zu finden. Dabei ist lediglich die Einschränkung zu machen, daß ein Verzug nicht schon dann anzunehmen ist, wenn die Verzögerung der Leistung darauf beruht, daß die Verwaltung das Bestehen der Verbindlichkeit eingehender zu prüfen hat.

2. Prozeßzinsen Die Verpflichtung zur Zahlung von Prozeßzinsen ist weithin anerkannt 4 1 . Sogar i m Steuerrecht, das i m übrigen einer Verzinsung ablehnend gegenübersteht, sind Prozeßzinsen i n § 111 FGO gesetzlich vorgesehen. Die Verpflichtung zur Zahlung von Prozeßzinsen beruht auf der Erwägung, daß der Schuldner durch den Prozeß so ernstlich auf eine — mögliche — Leistungsverpflichtung hingewiesen wird, daß er sich so behandeln lassen muß, wie wenn er m i t dem E i n t r i t t der Rechtshängigkeit i n Verzug geraten wäre 4 2 . Nichtleistung bei schwebendem Prozeß bedeutet also eine unangemessene Leistungsverzögerung, die zum Ersatz eines gewissen Mindestschadens, nämlich der Zahlung von Prozeßzinsen, verpflichtet. Dagegen hat freilich das Bundessozialgericht einen Anspruch auf Prozeßzinsen m i t aller Entschiedenheit abgelehnt 43 . Das Gericht entscheidet dabei jedoch nicht das allgemeine Problem schlechthin. Es entwickelt zunächst die These, daß der Gesetzgeber i m Bereich des Sozialversicherungsrechts einen Anspruch auf Prozeßzinsen konkludent ausgeschlossen habe. Sodann greift das Gericht zusätzlich auch auf allgemeine Erwägungen zurück u n d hebt als erstes hervor, Prozeßzinsen entsprächen nicht der Billigkeit, w e i l der Schuldner hier keine Nutzungen auf Kosten der Gläubiger zöge. Daß dieser Einwand nicht durchgreift, verdeutlicht die einfache Überlegung, daß Geldbesitz i n jedem Fall einen Vorteil bedeutet, der sich i n erster Linie i n Zinserträgen niederschlagen kann. Vor allem aber ist entscheidend, daß der Nichtbesitz finanzieller Beträge als Nach41 Für Prozeßzinsen sprechen sich aus: BVerwG 7, 75; 14, 1 (3); 15, 106; DÖV 1967, 268 (271); B G H Z 10, 125; Götz, a.a.O., S.439; Fischer, N J W 1969, 1883 ff. Gegenteiliger Ansicht: BSG 22, 150 (155), für das Sozialversicherungsrecht; i n gewisser Weise auch B V e r w G 15,78 (85) für das Wiedergutmachungsrecht.Vgl. neuestens Schwankhart, NJW 1970, 1301 ff. 42 43

Larenz, Schuldrecht I , S. 276.

BSG 22, 150; kritisch zu dieser Rechtsprechung Fischer, a.a.O., S. 1884/ 1885, m i t weiteren Nachweisen.

I I . Die

e n u n g des Erstattungsanspruchs

141

teil insofern zu Buche schlägt, als dem Nichtbesitzenden ein Schaden entsteht, der üblicherweise als Zinsverlust berechnet w i r d 4 4 . Auch der Hinweis des Bundessozialgerichts auf eine „Menge kleinlicher, viel Zeit raubender A r b e i t " 4 5 für geringe Beträge kann nicht überzeugen 46 . Sicherlich bedeutet es eine gewisse Mehrarbeit, auch noch Zinsbeträge zu berechnen, jedoch kann das unter Berücksichtigung der heutigen Möglichkeiten maschineller Berechnung derartiger Beträge nicht mehr ernsthafte Bedenken hervorrufen; neben den Aufwendungen für den (verlorenen) Prozeß dürfte diese Mehrarbeit jedenfalls nicht ins Gewicht fallen. I m Hinblick darauf muß man auch m i t Götz die Frage stellen, ob sich dieses Argument des Gerichts „aus rechtsstaatlicher Sicht bei voller Würdigung der Stellung des einzelnen als leistungsberechtigtes Verwaltungssubjekt halten kann" 4 7 . M i t h i n sind keine Besonderheiten des öffentlichen Rechts erkennbar, die einen Anspruch auf Prozeßzinsen ausschließen könnten. Darum ist i m Sinne der herrschenden Meinung ein Anspruch auf Prozeßzinsen auch i m öffentlichen Recht zuzulassen, soweit ihn der Gesetzgeber nicht ausdrücklich ausgeschlossen hat.

I I I . Die Verzinsung des Erstattungsanspruchs Die Problematik des öffentlich-rechtlichen Zinsanspruchs i m allgemeinen mußte so ausführlich wiedergegeben werden, damit der Hintergrund deutlich wurde, vor dem die Frage der Verzinsung des Erstattungsanspruchs zu beantworten ist. Diese Grundierung prägt den erstattungsrechtlichen Zinsanspruch, für den nun eigene Regeln zu entwickeln sind. Solche eigene Regeln müssen zunächst auf die Unterschiedlichkeit der verschiedenen Erstattungsansprüche Bedacht nehmen. Der Erstattungsanspruch des einzelnen ist auch hier anders zu behandeln, als der des Staates gegen den einzelnen. 1. Der Erstattungsanspruch des einzelnen gegen den Staat

Daß das Problem hier für den weiten Bereich des Steuerrechts zuungunsten eines Zinsanspruchs gelöst ist, wurde bereits vermerkt. Da44

Auch Fischer, a.a.O., S. 1885, hebt zutreffend auf die „vorenthaltene Nutzungsmöglichkeit" ab. 45 a.a.O., S. 156; das Bundessozialgericht ü b e r n i m m t diesen Gedanken v o m R V A ( A N 1914, 819, 823). 4

® Ablehnend auch Eckert, DVB1. 62, 19, und Götz DVB1. 61, 436.

47

Götz, a.a.O., S. 436, unter Berufung auf Schlochauer, S. 152, 153, 157.

öffentliches Recht,

142

5. Teil: Erstattungsanspruch und Verzinsung

m i t ist die Frage jedoch noch nicht i m allgemeinen beantwortet, sondern es bedarf — wie die Stimmen i n der Literatur zeigen — besonderer Überlegungen für die nicht geregelten Fälle. W i l l man m i t W. Jellinek 48, Bachof und Haueisen die Lösung dem Rechtsgedanken des § 818 Abs. 1 BGB entnehmen, so gerät man i n die schwierige, das ganze Zinsproblem belastende Situation, daß der einzelne der Verwaltung nachweisen muß, daß sie das Kapital tatsächlich zinstragend genutzt hat. Ein solcher Nachweis ist nicht nur schwer zu erbringen, sondern es berührt auch befremdlich, daß der Anspruch des einzelnen von einer solchen Zufälligkeit abhängig sein soll. I n diesem Sinne hebt Götz 49 m i t Recht hervor, für den einzelnen müsse es ganz ohne Interesse bleiben, was die Verwaltung m i t seinem Geld gemacht habe, insbesondere ob sie es zinstragend angelegt habe oder nicht. M i t gewisser Folgerichtigkeit läßt Götz dementsprechend entscheidend lediglich sein, „daß durch die zu Unrecht erfolgte Abgabenerhöhung dem Betroffenen auch die Möglichkeit, selbst das Geld zinstragend anzulegen, genommen wurde" 5 0 . Daher sei neben dem Kapital auch die gezogene Kapitalnutzung zu erstatten, und zwar — wie Götz 51 anfügt — „auf Grund gebotener entsprechender Anwendung des § 288 Abs. 1 S. 1 BGB durch Verzinsung in Höhe von mindestens 4 % vom Zeitpunkt der Zahlung an"; ein darüber hinausgehender Betrag werde nur dann geschuldet, wenn eine bessere „Anlagemöglichkeit und -üblichkeit" nachgewiesen werden könne. Zur Rechtfertigung dieser These beruft sich Götz auf die allgemeine Entwicklung des Erstattungsanspruchs, dessen Verselbständigung gegenüber dem Bereicherungsanspruch des Bürgerlichen Gesetzbuchs er auf das Bestreben zurückführt, dem öffentlichen Recht nicht gemäße Bestimmungen des Bereicherungsrechts auszuschalten. Diese Begründung kann nicht ganz befriedigen. Immerhin ist der Erstattungsanspruch von Haus aus kein Anspruch auf Schadloshaltung des Bürgers, dem die Verwaltung jedes Opfer zu erbringen hätte, sondern er ist und bleibt — i m Prinzip ganz ähnlich dem bürgerlich-rechtlichen Bereicherungsanspruch — ein Anspruch auf Rückgewähr. Dennoch ist Götz i m Ergebnis zuzustimmen, da sich der Erstattungsanspruch i n einem für die Verzinsungsfrage maßgeblichen Punkt vom Bereicherungsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs unterscheidet. Die wesentliche Abweichung besteht darin, daß i m bürgerlichen Recht der Leistende aus freiem Entschluß und eigener Überlegung seine 48 49 50 51

W. Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 238, 239. Götz, a.a.O., S. 439. Götz, a.a.O., S. 438. a.a.O., S. 438.

I I . Die

e n u n g des Erstattungsanspruchs

143

(rechtsgrundlose) Leistung erbringt; demgegenüber stehen die Vermögensverschiebungen i m öffentlichen Recht grundsätzlich unter der Regie der Verwaltung, die — überlegen an Rechtswissen und Zwangsbefugnissen — ihre Rechtsbeziehungen zum einzelnen i m wesentlichen selbst gestaltet. Daraus ergibt sich i m Zusammenhang m i t den Ausführungen zum Zinsanspruch i m allgemeinen zwingend der Grundsatz der generellen Verzinsung des Erstattungsanspruchs. Wenn nämlich die Verwaltung i m allgemeinen vom Zeitpunkt der Fälligkeit an zur Zinsleistung verpflichtet ist, so muß sie es erst recht dann sein, wenn sie selbst einen Anspruch des einzelnen auf Rückgewähr zuvor dadurch zum Entstehen brachte, daß sie eine ihr nicht zustehende Leistung abforderte. Dagegen läßt sich nicht einwenden, der Erstattungsanspruch sei mit der Erbringung der Leistung noch gar nicht entstanden oder jedenfalls noch nicht fällig, solange die Vermögensverschiebung noch durch einen zwar rechtswidrigen, aber bis zur Aufhebung gültigen Verwaltungsakt gerechtfertigt sei. Dieser Ansicht des Preußischen Oberverwaltungsgerichts ist nicht nur m i t Haueisen 52 entgegenzuhalten, daß die spätere Aufhebung immerhin ex tunc w i r k t . Dem Gericht muß vor allem folgendes entgegnet werden: Wenn die Verwaltung ungerechtfertigterweise eine Leistung fordert, so w i r d m i t der Vermögensverschiebung als solcher zwar der Erstattungsanspruch nicht automatisch fällig, so daß ein Verzug — anders als Götz zu glauben scheint — i m eigentlichen Sinne nicht gegeben ist. Da aber die Verwaltung für die Vermögensverschiebung, d. h. für deren Rechtmäßigkeit selbst verantwortlich ist, verfehlt sie hier ihre Verpflichtung zu gesetzmäßigem Handeln i n noch höherem Maße, als wenn sie m i t der Erfüllung einer Verbindlichkeit i n Verzug gerät. I m Verzugsfalle zahlt sie nicht trotz bestehender Verpflichtung; i m Erstattungsfalle nimmt sie sogar, ohne dazu berechtigt zu sein. Sie begründet also m i t ihrer hoheitlichen Autorität oder gar m i t der ihr zu Gebote stehenden Zwangsgewalt einen materiell unrechtmäßigen, nur formal rechtmäßigen Zustand, der über die Situation, die bei der Nichtzahlung trotz Fälligkeit besteht, insofern hinausgeht, als die (Rück-)Leistungsverpflichtung auf eigenem rechtswidrigem Handeln beruht, während die Verzugshaftung lediglich auf ein der Rechtsordnung widersprechendes Unterlassen gegründet ist. Insofern liegt hier ein gesteigerter Verzug vor, bei dem auch derjenige die Verzinsungspflicht der Verwaltung anerkennen muß, der sonst die Verwaltung nur zur Zahlung von Prozeßzinsen verpflichtet wissen will. i2

N J W 54, 977, 980.

144

5. Teil: Erstattungsanspruch und Verzinsung

Der innere Zusammenhang m i t den Prozeßzinsen besteht i n der potenzierten Leistungsverweigerung, die auch dem bürgerlichen Bereicherungsrecht nicht fremd ist. Allerdings läßt hier § 819 Abs. 1 BGB eine verschärfte Haftung des Bereicherungsschuldners nur bei dessen positiver Kenntnis von der Rechtsgrundlosigkeit der Leistung eingreifen. Daß diese engen Haftungsvoraussetzungen natürlich dort nicht anzuwenden sind, wo die Leistung auf Grund einer einseitigen Anforderung erbracht wird, liegt auf der Hand; denn der Verwaltung ist nicht nur — wie dem einzelnen i m Privatrecht — aufgegeben, keine Leistungen zu fordern, deren Unrechtmäßigkeit sie kennt, sondern sie ist darüber hinaus verpflichtet, erst dann Leistungen anzufordern, wenn sie von deren Rechtmäßigkeit überzeugt ist. Aus dieser besonderen Verantwortlichkeit rechtfertigt sich eine Zinspflicht der Verwaltung ohne Rücksicht auf ihre Kenntnis von der Rechtswidrigkeit ihrer Forderung. Zu einer anderen Beurteilung gelangt man lediglich in den selteneren Fällen, i n denen der einzelne ohne jede hoheitliche Aufforderung eine Leistung erbringt. Hier folgt aus dem Erstattungsprinzip, also aus dem Grundsatz der Rückgängigmachung der Vermögensverschiebung, daß ebenso wie nach § 818 BGB nur die wirklich gezogenen Nutzungen und Zinsen, weil sie dem Entreicherten gebühren, zu erstatten sind. 2. Der Erstattungsanspruch des Staates gegen den einzelnen Die Problematik der Verzinsung dieser Erstattungsansprüche unterscheidet sich grundsätzlich von dem soeben erörterten Problem. Während bei dem Erstattungsanspruch gegen den Staat aus gewichtigen Gründen nicht an den Rechtsgedanken des § 818 Abs. 1 BGB angeknüpft werden kann und die Verzinsungspflicht dort vielmehr aus anderen, den Grundsätzen der Haftung aus Verzug und Rechtshängigkeit nahestehenden Erwägungen zu deduzieren ist, zwingt hier nichts zu einem Abweichen von genuin bereicherungsrechtlichen Grundsätzen. Das bedeutet freilich nicht eine Anwendung des § 818 Abs. 1 BGB i m öffentlichen Recht oder auch nur eine Verallgemeinerung seines Rechtsgedankens; denn diese Vorschrift bringt nur zum Ausdruck, was der Erstattungsgrundsatz an sich schon gebietet. Wie Bachof 3 zutreffend bemerkt, umfaßt die Vermögensverschiebung auch die unrechtmäßigerweise gezogenen Nutzungen und damit ebenso die Zinsen. Da die Zuwendung diese zu gewinnenden Vorteile miteinschließt, muß die Rückgängigmachung der Vermögensverschiebung den Gewinn aus der Innehabung des Geleisteten grundsätzlich mitumgreifen. 53 Die verwaltungsgerichtliche Klage auf Vornahme einer Amtshandlung, S. 105; ebenso v. Canstein, Der Erstattungsanspruch i m Steuerrecht, S. 150/151.

I I . Die

e n u n g des Erstattungsanspruchs

145

Hiergegen könnte allenfalls geltend gemacht werden, die zusätzliche Nutzungs- oder Zinsforderung entbehre der gesetzlichen Grundlage, die bei Eingriffen i n Vermögenspositionen des einzelnen erforderlich sei. Das wäre richtig hinsichtlich der Verzinsung normaler gesetzlicher Leistungsansprüche, die etwa i m Steuerrecht als Säumniszuschläge geregelt sind 54 . Beim Erstattungsanspruch indessen ist die Lage insofern eine andere, als hier nicht einmal der Hauptanspruch selbst der ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage bedarf 55 . Noch weniger kann für die diesen Anspruch nur begleitenden und aus i h m fließenden Nebenforderungen ein Gesetz als rechtfertigender Grund verlangt werden. Weil sie ein Teil dessen sind, was zugewendet wurde, gilt auch für sie das Erstattungsprinzip, das seinerseits von ausdrücklicher gesetzlicher Anerkennung unabhängig ist. Wenn damit eine Pflicht des einzelnen Leistungsempfängers zur Erstattung von Nutzungs- und Zinsvorteilen grundsätzlich anzuerkennen ist, so folgt doch daraus noch keine generelle Verzinsungspflicht. Vielmehr muß hier zunächst weiter geklärt werden, ob der Erstattungspflicht bloß dasjenige unterliegt, was der Leistungsempfänger an Erträgen tatsächlich gewonnen hat, oder ob — weitergehend — zu erstatten ist, was dem Erstattungsgläubiger an Nutzungs- und Zinsmöglichkeiten entgangen ist. Eine Klärung dieser Frage ist dem Erstattungsbegriff selbst nicht zu entnehmen; denn aus der Sicht des Erstattungsschuldners kann nur der tatsächliche Vermögenszuwachs „erstattet" werden, während umgekehrt der Erstattungsgläubiger keine „Erstattung" i n einer Rückgewähr sehen kann, die i h m Vorteile, die er selbst hätte nutzen können, vorenthält. Die Frage stellt sich demnach dahin, zu wessen Lasten die nicht erfolgte Nutzung zu gehen hat. Da der Erstattungsgrundsatz auf die Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes gerichtet ist, muß diese Frage unter dem Aspekt gesehen werden, welcher Zustand dem Gesetz, zu dem die Vermögensverschiebung i n Widerspruch geriet, gemäß ist. Hierzu ist zunächst festzustellen, daß der gutgläubige Leistungsempfänger einem Zinsanspruch allenfalls insoweit ausgesetzt sein kann, als er tatsächlich Zinsvorteile erlangt hat. Das folgt aus den Uberlegungen, die oben 5 · zum Komplex des Vertrauensschutzes anzustellen waren. Denn der gesetzmäßige Zustand ist für den gutgläubigen einzelnen dann nicht wiederhergestellt, wenn er durch die Erstattungspflicht schlechter gestellt wird, als er sonst gestanden hätte. M i t Rücksicht auf seine Stellung gegenüber der Verwaltung ist darauf abzuheben, daß der 54

Steuersäumnisgesetz v o m 13. J u l i 1961 (BGBl. I S. 981). « Vgl. oben 2. Teil, I I . 3. M 3. Teil, 1.4. 10

Weber

146

5. Teil: Erstattungsanspruch und Verzinsung

einzelne schützenswert ist, wenn er sich auf die zu seinen Gunsten getroffene Verwaltungsentscheidung verläßt. Daraus ist sogar die weitere Folgerung zu ziehen, daß selbst i n den Fällen tatsächlicher Zinsgewinnung die Erstattungspflicht ausgeschlossen sein kann. Das gilt selbstverständlich dann, wenn der Vertrauensschutz vollständig durchgreift; hier entfällt m i t der Erstattungspflicht auch (mangels eines verzinsungsfähigen Substrats) die Verzinsungspflicht. Bei bloßen Einschränkungen des Erstattungsanspruchs mag ein Zinsanspruch nicht völlig ausgeschlossen sein, jedoch dürfte es i n aller Regel widersinnig sein, eine schon nach Vertrauensschutz-Gesichtspunkten getroffene Festsetzung des zu erstattenden Betrages noch u m eine exakte Zinsberechnung zu ergänzen. Welche Nutzungs- oder Zinsvorteile der einzelne aus der Zuwendung gezogen hat, sollte hier schon vorher bei der Frage Berücksichtigung finden, in welchem Umfang Vertrauensschutz zu gewähren ist. Das Verzinsungsproblem stellt sich jedoch i n anderer Gestalt dar, wenn der Empfänger von der Rechtswidrigkeit der Leistung Kenntnis hatte. Für solche Fälle ordnet i m bürgerlichen Recht §819 BGB an, der Bereicherungsschuldner hafte so, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre — das würde einen allgemeinen Zinsanspruch rechtfertigen. Nun besteht sicherlich kein Grund, den bösgläubigen Erstattungsschuldner nachsichtiger zu behandeln als den Bereicherungsschuldner des bürgerlichen Rechts. Aber eine vergleichbare Inpflichtnahme des einzelnen i m öffentlichen Recht muß auf den Vorbehalt des Gesetzes Rücksicht nehmen, der nur dann beiseite gelassen werden kann, wenn erstattungsrechtliche Aspekte eine derart weite Haftung zu legitimieren vermögen. Aus dem Erstattungsgedanken folgt — i n genauer Umkehrung der soeben dargelegten Erwägungen zum gutgläubigen Leistungsempfang — i n diesem Fall, daß der einzelne für den Staat den gesetzmäßigen Zustand wiederherzustellen verpflichtet ist. Denn hier ist es der Staat und nicht der einzelne, der auf die Rechtmäßigkeit der Leistung vertraut hat. Da es gesetzmäßig gewesen wäre, wenn der Leistende die Leistung und ihre Nutzungsmöglichkeit behalten hätte, muß der Leistungsempfänger, der m i t dem Behalten der Zuwendung einer Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes bewußt entgegengewirkt hat, für das dem Staat Entgangene einstehen. Demnach ist eine generelle Verzinsungspflicht anzuerkennen, wenn der Leistungsempfänger von der Rechtswidrigkeit der Zuwendung Kenntnis hatte.

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Der Erstattungsanspruch des öffentlichen Rechts, N J W 1954, S.

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Sachverzeichnis Abgabenordnung 9, 13 f., 41, 94, 97, 99 f., 119 ff., 136 s. auch Steuerrecht Abschlagzahlungen auf W a h l k a m p f kostenerstattung s. Parteienfinanzierung Amtshaftung 113, 139 Amtshandlung (als Verwaltungsakt) 129 ff. Analogie 11, 29 Anfechtungsklage 109, 113, 126 ff. Arbeitsförderungsgesetz 50, 66, 69 Arglistige Täuschung 64 A n m . 47 s. auch Erschleichung von Leistungen Beamtenrecht (Besoldungsrecht) 42 ff., 50 ff., 62 ff., 74 ff., 92, 102, 137 Bereicherung auf sonstige Weise s. Eingriffskondiktion Bereicherung durch Leistung s. Leistungskondiktion Bereicherungswegfall 43, 49 ff., 60 ff., 68 f., 117 f., 120 ff. Bescheidungsurteil 130 ff. Beseitigungsanspruch 110, 113 ff., 118 Bewilligungsbescheid 42 ff., 45, 52, 64, 73 Anm. 90, 80, 132 Deutsches Richtergesetz 51 A n m . 9 Eingriffsbefähigung 77 f., 80 ff., 83 Eingriffsbefugnis 77 f., 81 f. Eingriffsermächtigung 70 Eingriffskondiktion 22 ff., 105 ff. Enteignung 23, 105 Enteignungsgleicher Eingriff 23 ff., 104 ff. Entschädigung 31 f., 105 ff., 111 Erbenhaftung 86 ff., 100 ff. Erbgang 89 f., 91 ff. Erbrecht (im öffentlichen Recht) 91 ff., 100 ff. Erbschaftskauf 97 ff.

Ermessen 42, 44, 63, 85 f., 130, 133 s. auch Verwaltungsakt Erschleichung von Leistungen 25, 54, 63 Erstattung (Begriff) 9 ff. Erstattungsgesetz 9 A n m . 3, 75 Erstattungsprinzip 29, 36 ff., 61 f., 79 f., 108, 117 f., 145 Fiskustheorie 13 Folgenbeseitigungsanspruch 30 ff., 104, 108 ff., 121 A n m . 60, 122, 127 Fürsorgepflicht des Dienstherrn 57, 76, 84 Geltendmachung des Erstattungsanspruchs — durch den einzelnen 125 ff. — durch den Staat 69 f., 74 ff., 99 ff. Geltendmachung öffentlich-rechtlicher Forderungen des Staates 69 ff., 74 ff., 99 ff. Geschäftsführung ohne A u f t r a g 9 Gesetzesvorbehalt 38 ff., 70, 75, 79 f. Gesetzmäßigkeit der V e r w a l t u n g 14, 27, 29 ff., 74 Gesteigerter Verzug 143 Gewaltverhältnis s. Subordinationsverhältnis Gütergemeinschaft 97 ff. Handelsgeschäft (Haftung des E r w e r bers) 86, 97 ff. Höchstpersönlichkeit öffentlich-rechtlicher Positionen 87 f., 91, 93 Kehrseite des Leistungsanspruchs 19, 80, 103 Koordinationsverhältnis 71 ff., 81, 129 ff. s. auch Subordinationsverhältnis Kriegsopferversorgung s. Verwaltungsverfahrensgesetz (KOV)

Sachverzeichnis Landesverwaltungsgesetz von Schleswig-Holstein 12, 72 A n m . 83 Lastenausgleich 53, 65, 68, 73 A n m . 90, 101 A n m . 184, 138 Leistungsbescheid 69 ff., 74 fi., 79 ff., 95 f., 99 ff., 131 f . Leistungsklage 127 ff. Leistungskondiktion 18 ff., 23 ff., 105 ff. Leistungszweck 19, 21 Materielle Rechtskrafttheorie 47 Musterentwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes von 1963 12, 72 A n m . 83 Nachlaßverbindlichkeit s. Erbenhaftung, Erbrecht Nutzungen 134 ff. öffentlich-rechtlicher Vertrag 64 A n m . 48, 71 f., 81 öffentliche Sache 25 ff. öffentliches Eigentum 26 Parteienfinanzierung 9, 85 f. Parteistreitigkeit 71 f. Prozeßzinsen 137, 140 ff., 144 Rechtsgrund 18 ff., 40 ff., 45 if. Rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen — nach bürgerlichem Recht 17 ff., 28 — nach öffentlichem Recht 19 ff., 27 ff. Rechtssicherheit 34 A n m . 43, 48 f., 84 Rechtswidrigkeit der Vermögensverschiebung 27 ff., 40, 45, 119 Reichsabgabenordnung s. Abgabenordnung Reichsversicherungsordnung 65 Reziproker Steueranspruch 19 A n m . 9 Richter i n eigener Sache (beim Leistungsbescheid) 75, 82 f. Rückerstatten 10 Rückforderungsanspruch 10 Rücknahme rechtswidriger V e r w a l tungsakte 30 f., 32 ff., 38 ff., 43, 51 ff., 65 ff., 79 Schadensersatzanspruch des Dienstherrn 74 ff., 83 A n m . 130, 84 Schlichte Leistungsgewährung 64, 67 ff. Soldatengesetz 51 A n m . 9, 74 ff., 78 Sozialgerichtsgesetz 65

153

Sozialrecht Abgrenzung öffentlich-rechtlicher Sozialleistungen von zivilrechtlichen Zuwendungen 19 ff. Bereicherungswegfall 50, 68 f. Erstattungsanspruch gegen Rechtsnachfolger 88 ff., 98, 100 ff. Rücknahme begünstigender V e r waltungsakte 65 ff. Schlichte Leistungen 67 if. Umfang des Erstattungsanspruchs 62 ff., 65 ff., 68 f. Zinsen 138, 140 f. Statusverletzung 111, 115 Steuerrecht Bereicherungswegfall 120, 124 Finanzpflicht 81 f. Erstattungstatbestände 119 f. Prozeßzinsen 140 Ubergang der Steuerschuld auf Rechtsnachfolger 88, 91 f., 94 f., 97, 99 f. Verwaltungsakt als Rechtsgrund 47 Verzinsung des Erstattungsanspruchs 135 f., 144 f. s. auch Abgabenordnung Subjektives öffentliches Recht 37 A n m . 46, 44 Subordinationsverhältnis 20 f., 71 ff., 74, 76 ff., 101 ff., 129 ff. Subventionsrecht 19 Anm. 10, 62 ff., 65, 71 ff., 131 f. Umkehrbarkeit der rechtswidrigen Vermögensverschiebung 34 ff. Ungerechtfertigte Bereicherung (nach bürgerlichem Recht) 11, 17 ff., 28, 60 ff., 92 Vererblichkeit öffentlich-rechtlicher Positionen 87 ff. s. auch Erbenhaftung, Erbgang, Erbrecht Vermögensübernahme 86, 97 ff., 101 f. Verpflichtungsklage 127 ff. Vertrauensschutz 33, 43 f., 48 ff., 60 f., 64 ff., 145 f. Verwaltungsakt Begünstigender 32 ff., 41 ff., 65 ff. s. auch Bewilligungsbescheid Belastender 30 ff., 38 ff., 41, 122 ff., 125 ff. s. auch Leistungsbescheid Bindungswirkung 41, 46 f., 94 ff. Deklaratorischer u n d konstitutiver 42 ff., 46, 52 ff.

154

averzeichnis

Erbrecht 93 ff. Feststellender 43 f. Rechtsgrund 40 ff., 45 ff. Rücknahme 30 f., 32 ff., 38 ff., 43, 51 ff., 65 ff., 79 Verwaltungsgerichtsordnung 30, 41, 109 f., 126 ff., 137 A n m . 25 Verwaltungskostengesetz 12 A n m . 18, 120 A n m . 58 Verwaltungsverfahrensgesetz (Kriegsopferversorgung) 50, 66, 69, 88 f., 90, 95 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 70 ff. Verzinsung öffentlich-rechtlicher Ansprüche 134 ff. Verzugszinsen 137 ff. Vorbehalt des Gesetzes 38 ff., 70, 75, 79 f., 146 Vorbehaltszahlung (Rückforderung v o m Erben) 89 ff., 95 f.

Vorrang des Gesetzes

35

Wahlkampfkostenerstattung s. Parteienfinanzierung Wegfall der Bereicherung s. Bereicherungswegfall Wi(e)dererstatten 10 Wiedergutmachung (öffentlich-rechtliche) 112 f., 115, 140 A n m . 41 Wirtschaftssubventionen s. Subventionsrecht Württembergischer E n t w u r f einer Verwaltungsrechtsordnung von 1931 12 Zinsen 134 ff. Zweckwidrige Verwendung einer Leistung 64 A n m . 46 Zweistufentheorie 19 A n m . 10, 72 f., 131 f. s. auch Subventionsrecht