Der Bezugspunkt des Vertretenmüssens beim Schadensersatz statt der Leistung [1 ed.] 9783428527434, 9783428127436

Zu den umstrittensten Problemen des reformierten Schuldrechts gehört der Bezugspunkt des Vertretenmüssens beim Schadense

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Der Bezugspunkt des Vertretenmüssens beim Schadensersatz statt der Leistung [1 ed.]
 9783428527434, 9783428127436

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Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 381

Der Bezugspunkt des Vertretenmüssens beim Schadensersatz statt der Leistung Von Valentin Todorow

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

VALENTIN TODOROW

Der Bezugspunkt des Vertretenmüssens beim Schadensersatz statt der Leistung

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 381

Der Bezugspunkt des Vertretenmüssens beim Schadensersatz statt der Leistung Von Valentin Todorow

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Freien Universität Berlin hat diese Arbeit im Jahre 2007 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D 188 Alle Rechte vorbehalten # 2009 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 978-3-428-12743-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Diese Untersuchung wurde von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Freien Universität Berlin im Jahre 2007 als Dissertation angenommen. Rechtsprechungs- und Literaturnachweise sind auf dem Stand von Januar 2007. Besonders danken möchte ich meinem Doktorvater Professor Dr. Detlef Leenen, der den entscheidenden Anstoß zu dem Thema der Untersuchung gegeben, diese während ihrer Entstehungszeit betreut und mir mit wertvollen und kritischen Anregungen geholfen hat. Das Gefühl, bei ihm stets ein offenes Ohr und, wenn ich das sagen darf, von Interesse am Thema leuchtende Augen zu finden, hat mich manch düstere Arbeitsphase durchstehen lassen. Herzlich danke ich auch Professor Dr. Martin Schwab für die Übernahme und schnelle Erstellung des Zweitgutachtens. Eine juristische Dissertation mag ein eher spröder Gegenstand einer Widmung sein. Und doch: Meinen Eltern, die mich in jeder Hinsicht so sehr unterstützt haben, gilt mein größter Dank. Ihnen sei diese Arbeit gewidmet. Berlin, im September 2008

Valentin Todorow

Inhaltsverzeichnis § 1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Problembeschreibung und Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Mangelleistung und Nichtleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 2 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Nacherfüllungsfrist in § 281 I 1 BGB als Abgrenzungskriterium a) Mehrkosten eines Deckungskaufes, Reparaturkosten, Minderwert der Kaufsache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Entgangener Gewinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die weitere Abgrenzung anhand von § 281 IV BGB . . . . . . . . . . . . . . 3. Die nur statt der Leistung ersatzfähigen Schäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Besonderheit dieser Schäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die Abgrenzung bei Unmöglichkeit der Nacherfüllung . . . . . . . . . . . . a) Die Unmöglichkeit als Abgrenzungskriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . b) § 283 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) § 311a II BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Folgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die unterschiedliche Beurteilung des Vertretenmüssens . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Vertretenmüssen in Bezug auf die Mangellieferung . . . . . . . . . . . a) Garantieübernahme und Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausdehnung des Beschaffungsrisikos auf die Mangelfreiheit der Ware? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Vertretenmüssen in Bezug auf das Ausbleiben der Nacherfüllung

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§ 3 Mögliche Antworten und die Auffassungen im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . I. Die Mangellieferung als alleiniger Bezugspunkt der Haftung . . . . . . . . . . 1. Zielsetzung der Schuldrechtsreform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Denkbare Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das Ausbleiben der Nacherfüllung als alleiniger Bezugspunkt der Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. S. Lorenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das verbindende Element der Konzeptionen von S. Lorenz und Schur

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Inhaltsverzeichnis III. Zweifaches Vertretenmüssen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Mangellieferung und Ausbleiben der Nacherfüllung als alternative Bezugspunkte der Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Handlungseinheit oder zwei selbständige Pflichtverletzungen . . . . . . . 2. Ehmann/Sutschet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Garantiehaftung bei behebbaren Mängeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Alternative Bezugspunkte bei unbehebbaren Mängeln . . . . . . . . . .

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§ 4 Das vom Verkäufer zu vertretende Ausbleiben der Nacherfüllung als Haftungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die zu untersuchende Fallgruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die bisherige Haftung aus den §§ 480 I, 326 BGB a. F. beim Gattungskauf III. Die Nacherfüllungspflicht als bloße Obliegenheit des Verkäufers? . . . . . 1. Praktische und systematische Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Steuerungswirkung durch wirtschaftliches Eigeninteresse des Verkäufers? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Widerspruch zum Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Praktische Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Folgerungen für die möglichen Bezugspunkte der Haftung . . . . . . . . . . . .

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§ 5 Das nicht zu vertretende Ausbleiben der Nacherfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . I. Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der unterschiedliche Wortlaut von § 281 BGB und § 283 BGB . . . . . . . III. Die Geltung unterschiedlicher Konzeptionen als denkbare Antwort . . . . IV. Die Wertungswidersprüchlichkeit unterschiedlicher Ergebnisse . . . . . . . . V. Anwendung nur einer der beiden Normen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. „Vorübergehende Unmöglichkeit“ der Nacherfüllung . . . . . . . . . . . . . . 2. § 281 BGB als Auffangtatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Leerlaufen von § 281 I 1 Alt. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unstimmigkeiten des § 281 I 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 6 Die Zufallshaftung nach § 287 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bedeutung von § 287 S. 2 BGB für die Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Verzug mit der mangelfreien Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verzugsbeginn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Auffassung von Grigoleit/Riehm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verzug mit der ursprünglich geschuldeten mangelfreien Leistung? b) Generelle Entbehrlichkeit der Mahnung nach § 286 II Nr. 4 BGB?

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Inhaltsverzeichnis

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3. Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Vertretenmüssen in § 286 IV BGB bei Mangelleistung . . . . . b) „Spätes“ Einsetzen der Zufallshaftung nach § 287 S. 2 BGB . . . . III. Die haftungsausschließende Vorwirkung des Verzuges . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zwei Phasen der Verzögerung der Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Bezugspunkt der Haftung bei Nichtleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Übertragung des Haftungsmodells der Nichtleistung auf die Mangelleistung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gleichstellung von Mangelleistung und Nichtleistung . . . . . . . . . . . . . . 2. Übertragung auch hinsichtlich der ursprünglichen Mangellieferung? . 3. Die Funktion der Mahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Die analoge Anwendung von § 287 S. 2 BGB infolge schuldhafter Mangellieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Rechtsgedanke von § 287 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Übertragbarkeit des Rechtsgedankens von § 287 S. 2 BGB auf andere Pflichtverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vertragswidriger Gebrauch der Leih- oder Mietsache und zufällige Unmöglichkeit der Rückgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Auffassung des Schrifttums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Motive zum BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wertende Vergleichbarkeit von Verzug und schuldhafter Mangellieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unrechtsgehalt des Verzuges und der schuldhaften Mangellieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zufallsrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Funktion des Fristsetzungserfordernisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Der Anwendungsbereich der „nicht wie geschuldet“ erbrachten Leistung in § 281 I 1 Alt. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Ausblick auf das weitere Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 7 Besonderheiten des haftungsausfüllenden Tatbestandes . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verschuldensunabhängigkeit des haftungsausfüllenden Tatbestandes . . . . 1. Argument für das Konzept alternativer Bezugspunkte . . . . . . . . . . . . . . 2. Existenzberechtigung von § 287 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Nach Fristablauf eintretende Schäden an Rechtsgütern des Käufers . . II. Adäquanztheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. § 287 S. 2 BGB nur bei adäquat-kausalem Zusammenhang? . . . . . . . 2. § 287 S. 2 BGB nur bei inadäquat-kausalem Zusammenhang? . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

§ 8 Garantieübernahme im Sinne von § 276 BGB und zufälliges Ausbleiben der Nacherfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Unbeachtlichkeit zufälliger Nacherfüllungshindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Haftungsgrund bei Garantieübernahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. „Nacherfüllungsfeindlichkeit“ der Garantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abbedingung des Vorrangs der Nacherfüllung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verschuldenssurrogat oder eigenständige vertragliche Haftungsgrundlage? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bisheriges Verständnis der Zusicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Garantieübernahme und § 311a II BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 9 Weitere Abstimmungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Betriebsausfallschäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gleichbehandlung von Mangelleistung und Nichtleistung? . . . . . . . . . 2. Mahnung bzw. Terminbestimmung als Anspruchsvoraussetzungen? . . 3. Betriebsausfallschäden als zugleich mangelbedingte und verzögerungsbedingte Schäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Keine Schlechterstellung des mangelhaft liefernden Verkäufers . . . . . II. Die Haftung wegen Verzögerung der Nacherfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Direkter und analoger Anwendungsbereich von § 287 S. 2 BGB . . . . 2. Vorübergehende Unmöglichkeit der Nacherfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Fälligkeit in § 281 I 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Schadensersatz statt der Leistung ohne Vorliegen der Verzugsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Haftungsbegrenzende Bestandteile von § 287 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . 1. Zufall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Hypothetische Schadensursachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Haftung bei Entbehrlichkeit der Fristsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. § 311a II BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Diskussion um den Haftungsgrund in § 311a II BGB . . . . . . . . . 2. Das Leistungshindernis in § 311a II 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Zufallshaftung im Rahmen von § 311a II BGB . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 10 Zusammenfassung der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157

§ 1 Einführung I. Problembeschreibung und Fragestellung Die Schuldrechtreform hat die Schadensersatzhaftung bei Sachmängeln der Kaufsache grundlegend neu gestaltet. Im früheren Recht konnte der Käufer gemäß den §§ 463, 480 II BGB a. F. Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur verlangen, wenn der Verkäufer entweder den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Eigenschaft zugesichert hatte, die der Kaufsache dann in Wirklichkeit fehlte. Traf den Verkäufer hingegen Fahrlässigkeit in Bezug auf den Mangel, führte dies zwar zu einem Anspruch des Käufers wegen positiver Vertragsverletzung, über den er aber lediglich sog. Mangelfolgeschäden an seinen sonstigen Rechtsgütern geltend machen konnte. Mangelschäden – mangelbedingter Minderwert der Sache, Kosten eines Deckungskaufes, Reparaturkosten, entgangener Gewinn – waren den §§ 463, 480 II BGB a. F. vorbehalten und also außerhalb von Arglist und Zusicherung einem Ersatzanspruch nicht zugänglich.1 Im neuen Recht nun haftet der Verkäufer auf Schadensersatz statt der Leistung – der den bisherigen Schadensersatz wegen Nichterfüllung abgelöst hat – nach Maßgabe der allgemeinen Vorschriften §§ 280 I, III, 281, 283, 311a II BGB,2 und das bedeutet: Wie die Haftung anderer Schuldner auch richtet sich die Haftung des mangelhaft leistenden Verkäufers danach, ob er die Pflichtverletzung – so §§ 280 I, III, 281, 283 BGB – bzw. seine Unkenntnis des Leistungshindernisses – § 311a II 2 BGB – zu vertreten hat. Die Grundnorm des „Vertretenmüssens“ ist § 276 I BGB, der außer Vorsatz auf der einen und schuldunabhängigen Elementen wie Garantieübernahme und Beschaffungsrisiko auf der anderen Seite auch die Fahrlässigkeit nennt. Eine zweite wesentliche Neuerung der Schuldrechtsreform betrifft die Rolle der Nacherfüllung. Im bisherigen Kaufrecht des BGB tauchte die Nacherfüllung eher nur am Rande auf. § 480 I BGB a. F. gab dem Käufer einer Gattungssache das Recht, Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache zu fordern. Der Käufer konnte aber auch sofort Wandelung (heute: Rücktritt), Minderung oder nach § 480 II BGB a. F. Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Daneben 1 So die Rechtslage nach der Rechtsprechung, etwa BGH vom 2. 6. 1980, BGHZ 77, 215, 217 f., gefolgt von weiten Teilen der Literatur, Nachweise bei Soergel/ U. Huber, vor § 459 Rn. 54 Fn. 28. 2 Die besondere kaufrechtliche Norm § 437 Nr. 3 BGB verweist lediglich auf die eben genannten Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts, ohne eigene Voraussetzungen aufzustellen.

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§ 1 Einführung

kannte das Gesetz noch die Möglichkeit der Parteien, die Nachbesserung der mangelhaften Sache vertraglich zu vereinbaren, § 476a BGB a. F. Im neuen Recht dagegen nimmt die Nacherfüllung eine zentrale Stellung ein. Nicht nur ist der Käufer gemäß den §§ 437 Nr. 1, 439 BGB – gleich ob Stück- oder Gattungskauf – berechtigt, vom Verkäufer Nacherfüllung zu verlangen. Der Käufer muss vielmehr grundsätzlich zunächst Nacherfüllung verlangen und so dem Verkäufer Gelegenheit geben, den Mangel durch Nacherfüllung zu beheben, bevor er zu anderen Rechtsbehelfen greift. Dieser sog. Vorrang der Nacherfüllung kommt zum Ausdruck im Fristsetzungserfordernis des § 281 I 1 BGB. Erst wenn der Käufer dem Verkäufer erfolglos eine Frist zur Nacherfüllung bestimmt hat, darf er danach zum Schadensersatz statt der Leistung übergehen. Diese beiden Neuerungen zusammen – Schadensersatzhaftung statt der Leistung bei Vertretenmüssen zum einen, Vorrang der Nacherfüllung zum anderen – ergeben folgendes Problem. Verlangt der Käufer nach erfolglosem Ablauf der Nacherfüllungsfrist gemäß § 281 BGB Schadensersatz statt der Leistung, ist zuvor zweierlei geschehen: zunächst die ursprüngliche Mangellieferung, später das Ausbleiben fristgerechter Nacherfüllung. Das für den Schadensersatz statt der Leistung nach § 280 I 2 BGB erforderliche Vertretenmüssen kann nun jeweils unterschiedlich zu beurteilen sein: Der Verkäufer hat zum Beispiel die Nichtvornahme fristgerechter Nacherfüllung zu vertreten, nicht aber die Mangellieferung, oder er hatte umgekehrt zwar die Mangellieferung sehr wohl zu vertreten, das Ausbleiben der Nacherfüllung bei Fristablauf beruhte aber auf Gründen, die er nicht zu vertreten hat. Die entsprechende Situation ist auch dort denkbar, wo die Nacherfüllung schlicht daran scheitert, dass sie unmöglich3 ist. Die Lage ist hier zwar insofern eine andere, als die Nacherfüllungspflicht des Verkäufers nach § 275 BGB ausgeschlossen ist. Zudem verlangen die für den Schadensersatz statt der Leistung dann in Betracht kommenden §§ 283, 311a II BGB keine – sie wäre auch sinnlos – Fristsetzung zur Nacherfüllung. Wiederum aber hat der Verkäufer vielleicht einerseits die Umstände nicht zu vertreten, die bei § 283 BGB nach Vertragsschluss zur Unmöglichkeit der Nacherfüllung geführt haben, wohingegen er andererseits die Mangellieferung sehr wohl zu vertreten hatte. Oder es verhält sich gerade umgekehrt. Sogar bei einem von Anfang an unbehebbaren Mangel – die Pflicht zu mangelfreier Leistung nach § 433 I 2 BGB war schon bei Vertragsschluss gemäß § 275 BGB ausgeschlossen – könnte es im Rahmen von § 311a II BGB entscheidend darauf ankommen, welche „zu vertretende Unkenntnis“ Satz 2 der Norm meint. Der Verkäufer mag nämlich zuweilen seine

3 Mit „Unmöglichkeit“ sollen hier stets nicht nur die tatsächliche Unmöglichkeit im Sinne von § 275 I BGB, sondern auch ein grobes Missverhältnis im Sinne von § 275 II BGB gemeint sein.

II. Mangelleistung und Nichtleistung

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Unkenntnis des Mangels zu vertreten haben, nicht aber die Unkenntnis von dessen Unbehebbarkeit.4 Die Frage ist demnach: Was muss der Verkäufer zu vertreten haben, die ursprüngliche Mangellieferung oder das Ausbleiben der Nacherfüllung (§§ 281, 283 BGB) bzw. die Unkenntnis des Mangels oder die der Unbehebbarkeit (§ 311a II BGB)? Diese Frage nach dem Bezugspunkt des Vertretenmüssens beim Schadensersatz statt der Leistung will die folgende Untersuchung beantworten.

II. Mangelleistung und Nichtleistung Gegenstand der Untersuchung ist dabei die eben beschriebene Situation bei sachmangelhafter Leistung. Das bedeutet jedoch keineswegs, dass die Nichtleistung – um im Kaufrecht zu bleiben: der Verkäufer liefert die Kaufsache überhaupt nicht – ganz aus dem Blick gelassen werden könnte. Die Schuldrechtsreform hat die Sachmängelhaftung ihrer bisherigen Sonderstellung in den §§ 459 ff. BGB a. F. enthoben und weitgehend in das allgemeine Schuldrecht eingebunden. Die hier interessierende Schadensersatzhaftung statt der Leistung ergibt sich jetzt bei Mangelleistung wie bei Nichtleistung aus den §§ 280 ff., 311a II BGB. Es kann deshalb hier nicht etwa darum gehen, einen besonderen Rechtsgrund gerade der Sachmängelhaftung zu bestimmen und von dort aus Rückschlüsse auf die Voraussetzungen des Schadensersatzes statt der Leistung zu ziehen. Die Aufgabe besteht vielmehr darin, herauszufinden, wie die bisher nur für die Nichtleistung geltenden Grundsätze des allgemeinen Schuldrechts praktisch überzeugend und systematisch stimmig auch auf die Mangelleistung anzuwenden sind. Im Laufe der Untersuchung werden etwa das Zusammenspiel von primärer Leistungspflicht und sekundärer Ersatzpflicht anzusprechen sein sowie die Störungsformen Unmöglichkeit und Verzug. Die Schadensersatzhaftung bei Mangelleistung und bei Nichtleistung richtet sich aber nicht nur nach denselben Normen, sondern ist eben dadurch auch in gleicher Weise strukturiert. Hier wie dort setzt der Schadensersatz statt der Leistung Vertretenmüssen voraus, jeweils gilt der Vorrang der (Nach-)Erfüllung in Gestalt des Fristsetzungserfordernisses in § 281 I 1 BGB. Die Nichtleistung bietet daher ebenfalls stets zwei potentielle Bezugspunkte der Haftung. Die Leistung wird zunächst bei Fälligkeit nicht erbracht und bleibt dann auch bei Fristablauf noch oder wegen Unmöglichkeit aus. Untersucht man also die §§ 281, 283, 311a II BGB darauf, worin der Bezugspunkt der Haftung und damit des Vertretenmüssens bei mangelhafter Leistung liegt, kommt man gar nicht umhin, 4 Die umgekehrte Konstellation ist hier wohl nicht denkbar: Wer bei Vertragsschluss weiß oder wissen muss, dass der Mangel unbehebbar ist, der kennt selbstverständlich schon den Mangel als solchen.

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§ 1 Einführung

immer wieder auch einen vergleichenden Blick auf die Nichtleistung zu werfen. Es wird sich dabei herausstellen, dass bei aller gemeinsamen Behandlung im allgemeinen Schuldrecht die Mangelleistung doch Besonderheiten gegenüber der Nichtleistung aufweist, die gerade auch für den Schadensersatz statt der Leistung zu beachten sind.

III. Gang der Untersuchung Zunächst ist in § 2 dieser Arbeit der Gegenstand der Untersuchung nach zwei Richtungen hin näher zu beschreiben. Zum einen werden die statt der Leistung ersatzfähigen Schäden zu bestimmen und gegen die neben der Leistung ersatzfähigen Schäden abzugrenzen sein. Zum anderen wird dargestellt, nach welchen je unterschiedlichen Maßgaben das Vertretenmüssen in Bezug auf die ursprüngliche Mangellieferung einerseits und in Bezug auf das Ausbleiben der Nacherfüllung andererseits zu beurteilen ist. In § 3 der Arbeit werden anschließend denkbare Antworten auf die Frage nach dem Bezugspunkt der Haftung vorgestellt, wobei es zugleich das Meinungsbild im Schrifttum samt den dort vorgebrachten Argumenten nachzuzeichnen gilt. Vor diesem Hintergrund soll alsdann die Bestimmung des Bezugspunktes der Haftung in Angriff genommen werden. Dabei ist § 4 zunächst der Frage gewidmet, ob die Schadensersatzhaftung auch ohne Vertretenmüssen der ursprünglichen Mangellieferung allein darauf gründen kann, dass der Verkäufer das Ausbleiben der Nacherfüllung zu vertreten hat. Hier wird zu klären sein, um welche Art von Pflicht es sich bei der Nacherfüllung handelt: Ist sie eine echte Leistungspflicht, deren Nichterfüllung die Grundlage von Schadensersatzpflichten bildet, oder bedeutet sie lediglich eine Art Obliegenheit des Verkäufers, deren Missachtung, mögen damit auch andere Nachteile wie etwa Rücktritt oder Minderung seitens des Käufers einhergehen, gerade keine Schadensersatzhaftung des Verkäufers zu begründen vermag? Danach wird die umgekehrte Konstellation zu untersuchen sein, in welcher der Verkäufer zwar die Mangellieferung durchaus zu vertreten hat, das Ausbleiben der Nacherfüllung indes auf Umständen beruht, die er nicht zu vertreten hat. In § 5 wird sich zeigen, dass diese Konstellation besondere Probleme aufwirft. Den Schlüssel zur Lösung enthält, so die These, § 287 S. 2 BGB, auf dessen Betrachtung in § 6 und § 7 der Schwerpunkt der Untersuchung liegt. § 287 S. 2 BGB begründet eine Haftung für zufällige, nach § 276 BGB nicht zu vertretende Nacherfüllungshindernisse, beschränkt diese Haftung aber auf die Zeit des Verzuges. Die Frage ist deshalb: Entfaltet § 287 S. 2 BGB im Umkehrschluss Wirkung zu Gunsten des Verkäufers insofern, als eben nur der Verzug – und nicht die Mangellieferung! – eine Pflichtverletzung ist, in deren Folge der Verkäufer für das nach § 276 BGB nicht zu vertretende Ausbleiben der Nacherfüllung einzustehen hat? Wie sich zeigen wird, gebietet § 287 S. 2

III. Gang der Untersuchung

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BGB zwar den Umkehrschluss, dass die Leistungsverzögerung vor Verzugsbeginn keine Zufallshaftung auslöst. Zugleich aber enthält § 287 S. 2 BGB den allgemeinen Rechtsgedanken, dass bei Zusammentreffen von zu vertretender Pflichtverletzung und nicht zu vertretendem weiteren Leistungshindernis – hier: schuldhafte Mangellieferung und zufälliges Nacherfüllungshindernis – der Schuldner auch für das zufällige Ausblieben der Leistung einstehen muss. Nachdem bei der Behandlung dieser Fragen das Vertretenmüssen in Form des Verschuldens an der Mangellieferung im Vordergrund stand, soll in § 8 der Arbeit dann die Übernahme einer Garantie im Sinne von § 276 BGB – die bisherige Eigenschaftszusicherung – in den Blick genommen werden. Schließlich gilt es in § 9, die zuvor entwickelte Lösung mit verschiedenen benachbarten Problemfeldern abzustimmen.

§ 2 Grundlagen I. Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung Diejenigen Merkmale, die den Schadensersatz statt der Leistung von seinem Gegenüber, dem Schadensersatz neben der Leistung unterscheiden, sind zum einen die nach § 280 III BGB „zusätzlichen Voraussetzungen“ des Schadensersatzes statt der Leistung, also der erfolglose Fristablauf in § 281 BGB und die Unmöglichkeit in § 283 BGB. Zum anderen verhalten sich die Schadensersatzarten in unterschiedlicher Weise zum primären Anspruch auf Erfüllung. Während der Schadensersatz statt der Leistung, was der Name schon nahe legt und § 281 IV BGB beweist, eben an die Stelle des Erfüllungsanspruchs tritt, können Schadensersatz neben der Leistung und Erfüllungsanspruch zugleich und nebeneinander geltend gemacht werden. Beide Unterschiede sind für die Abgrenzung von Bedeutung. 1. Die Nacherfüllungsfrist in § 281 I 1 BGB als Abgrenzungskriterium § 281 BGB erfasst ausweislich seines zusätzlichen Fristsetzungserfordernisses diejenigen Schäden, deren Eintritt der Verkäufer durch fristgerechte Nacherfüllung noch verhindern kann.5 Bevor der Käufer für einen solchen Schaden Ersatz verlangt, muss er dem Verkäufer eine Nacherfüllungsfrist setzen. Das Fristsetzungserfordernis ist nun dort ohne Sinn, wo ein Schaden bereits endgültig eingetreten ist, noch bevor er durch Nacherfüllung abgewendet werden könnte. Ob der Verkäufer den Mangel später behebt oder nicht, spielt für diesen Schaden keine Rolle. So liegt es etwa, wenn der Käufer den Mangel überhaupt erst mit Schadenseintritt bemerkt. Eine Fristsetzung käme hier zur Vermeidung des bereits eingetretenen Schadens allemal zu spät. Der Schaden 5 So im Grundsatz, mit Unterschieden in der Formulierung, die ganz überwiegende Auffassung, etwa Palandt/Heinrichs, § 280 Rn. 18; S. Lorenz, NJW 2002, S. 2497, 2500; MünchKomm/Ernst, § 280 Rn. 66; Bamberger/Roth/Faust, § 437 Rn. 47; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, Rn. 505 ff.; Canaris, Karlsruher Forum 2002, S. 40; HKBGB/Schulze, § 281 Rn. 11; Jauernig/Stadler, § 281 Rn. 4; Erman/Westermann, § 280 Rn. 11; ein etwas anderes Konzept verfolgt AnwK-BGB/Dauner-Lieb, § 280 Rn. 72 ff., ohne freilich in den Ergebnissen abzuweichen (siehe ebendort Rn. 83). Kritisch allerdings Hellwege, Die §§ 280 ff. BGB, S. 59 (dazu sogleich unten a)).

I. Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung

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ist deshalb nicht statt, sondern neben der Leistung ersatzfähig, sei es über den einfachen Schadensersatz nach § 280 I BGB, sei es über den Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung nach den §§ 280 II, 286 BGB.6 a) Mehrkosten eines Deckungskaufes, Reparaturkosten, Minderwert der Kaufsache Zum Schadensersatz statt der Leistung nach § 281 BGB gehören mit Blick auf das Fristsetzungserfordernis stets die Mehrkosten eines Deckungskaufes, die Reparaturkosten sowie der durch Reparatur oder Ersatzlieferung behebbare Minderwert der Kaufsache. Den Eintritt dieser Schäden kann der Verkäufer immer durch fristgerechte Nacherfüllung vermeiden, für sie ist also immer § 281 BGB zuständig. Hellwege hält dem entgegen, eine am Fristsetzungserfordernis orientierte Abgrenzung müsse, entgegen ihrer berechtigten Absicht, in konsequenter Anwendung dazu führen, dass die eben genannten Schäden zuweilen gerade nicht § 281 BGB, sondern dem Schadensersatz neben der Leistung zuzuweisen seien.7 Das Fristsetzungserfordernis in § 281 BGB tauge daher nicht als Abgrenzungskriterium. Als Beleg dienen Hellwege die Fälle der verfrühten Selbstvornahme der Mängelbeseitigung. Lasse der Käufer die Sache reparieren oder nehme er einen Deckungskauf vor, jeweils ohne dem Verkäufer zuvor eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt zu haben, so sei der Schaden in Gestalt der Reparatur- oder Deckungskosten endgültig eingetreten und also eine Fristsetzung zur Nacherfüllung nunmehr sinnlos.8 Käme es für die Abgrenzung der Schadensersatzarten aber darauf an, ob die Nacherfüllungsfrist zur Abwendung des Schadens noch Sinn ergebe oder nicht, müsste § 281 BGB hier folglich ausscheiden. Vielmehr wären die Selbstvornahmekosten dann über den einfachen Schadensersatz neben der Leistung gemäß § 280 I BGB ersatzfähig, ein Ergebnis, das kaum vertretbar erscheine.9 Dem ist insoweit zuzustimmen, als es im Ergebnis in der Tat nicht angeht, dass der Käufer die ihm entstandenen Kosten der verfrühten Selbstvornahme 6 Die innerhalb des Schadensersatzes neben der Leistung noch vorzunehmende Abgrenzung zwischen § 280 I BGB einerseits und den §§ 280 II, 286 BGB andererseits soll an dieser Stelle offen bleiben. Diese Abgrenzung ist vor allem für den Ersatz sog. Betriebsausfallschäden von Bedeutung, dazu unten § 9 I. 7 Hellwege, Die §§ 280 ff. BGB, S. 59, 69. 8 Hellwege, Die §§ 280 ff. BGB, S. 59 (Reparatur), S. 69 (Deckungskauf). Stellt man darauf ab, dass durch die Selbstvornahme Unmöglichkeit der Nacherfüllung eingetreten ist (etwa S. Lorenz, Karlsruher Forum 2005, S. 115), so entfiele das Fristsetzungserfordernis, da der Schadensersatz statt der Leistung sich nunmehr nach § 283 BGB richtete. 9 Hellwege, Die §§ 280 ff. BGB, S. 59.

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§ 2 Grundlagen

der Nacherfüllung über § 280 I BGB liquidiert.10 Der von § 281 I 1 BGB mit dem Fristsetzungserfordernis angeordnete Vorrang der Nacherfüllung wäre ausgehebelt, wenn der Käufer, statt eine Frist zu setzen, die Nacherfüllung kurzerhand selbst vornehmen und sich alsdann, sofern der Verkäufer die Mangellieferung zu vertreten hatte, mit Hilfe von § 280 I BGB schadlos halten könnte. Nicht zu überzeugen vermag aber die Ansicht Hellweges, eben dieses Ergebnis sei Konsequenz der am Sinn des Fristsetzungserfordernisses orientierten Abgrenzung. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Frage, ob eine Nacherfüllungsfrist zur Abwendung des Schadens sinnvoll ist, kann gerade nicht derjenige nach bereits erfolgter Selbstvornahme durch den Käufer sein. Die Kosten der Selbstvornahme sind dann immer schon eingetreten.11 Entscheidend ist vielmehr, dass zu dem früheren Zeitpunkt, da der Käufer vor der Entscheidung steht, entweder eine Frist zu setzen oder die Mangelbehebung selbst vorzunehmen, die Selbstvornahmekosten des Käufers noch durch Nacherfüllung seitens des Verkäufers vermieden werden können.12 Deshalb unterliegt der Käufer hier stets dem Fristsetzungserfordernis von § 281 BGB. Der Schaden in Gestalt von Reparaturoder Deckungskosten gehört daher immer zu § 281 BGB. Freilich sind die Anspruchsvoraussetzungen von § 281 BGB nicht erfüllt, wenn es am erfolglosen Fristablauf fehlt, während § 280 I BGB dem Käufer nicht hilft, weil es sich nicht um einen neben der Leistung ersatzfähigen Schadensposten handelt. b) Entgangener Gewinn Im Unterschied zu den eben besprochenen gibt es Schadensposten, die zum Zeitpunkt einer möglichen Fristsetzung bald schon endgültig eingetreten, bald durch fristgerechte Nacherfüllung noch abwendbar sein mögen. Sie unterliegen daher keiner festen Zuordnung, sondern sind je nach Lage des Falles bald statt, 10 Das dürfte unstreitig sein. Eine andere, umstrittene Frage ist die, ob der Käufer diejenigen Kosten herausverlangen kann, die der Verkäufer seinerseits infolge der verfrühten Selbstvornahme der Nacherfüllung durch den Käufer erspart, dazu (ablehnend) BGH vom 23. 2. 2005, NJW 2005, S. 1348 ff. mit Nachweisen. 11 Missverständlich daher die Formulierung von Heinrichs, § 281 BGB betreffe diejenigen Schäden, „die durch Nacherfüllung beseitigt werden können.“ (in: Festschrift für Schlechtriem, S. 503, 513, Hervorhebung nicht im Original; so auch Palandt/Heinrichs, § 280 Rn. 18; ebenfalls auf Beseitigen des Schadens stellen ab Canaris, Karlsruher Forum 2002, S. 40, Erman/Westermann, § 280 Rn. 11, U. Huber, Festschrift für Schlechtriem, S. 521, 525). Dann dürften die Kosten der Selbstvornahme aber in der Tat nicht zu § 281 BGB gehören, da sie, einmal entstanden, nicht mehr durch Nacherfüllung zu beseitigen sind. An der Formulierung Heinrichs setzt denn auch die zuvor beschriebene Kritik Hellweges an (Die §§ 280 BGB ff., S. 56 f.). 12 Die treffenderen Formulierungen Vermeiden, Verhindern oder Abwenden (und nicht Beseitigen, siehe vorige Fußnote) des Schadens sind auch in der Literatur üblich, etwa Jauernig/Stadler, § 280 Rn. 4; MünchKomm/Ernst, § 280 Rn. 66; Staudinger/ Otto, § 280 E 13; Bamberger/Roth/Faust, § 437 Rn. 51; Emmerich, Leistungsstörungen, § 21 Rn. 16 (S. 324); Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, Rn. 506.

I. Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung

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bald neben der Leistung ersatzfähig. Das betrifft namentlich den entgangenen Gewinn aus der geplanten Weiterveräußerung der Kaufsache. Kann der Käufer den gewinnbringenden Weiterverkauf ohne weiteres noch realisieren, falls der Verkäufer den Mangel innerhalb einer bestimmten Frist behebt, dann muss der Käufer eine solche Frist setzen. Nach erfolglosem Fristablauf kann der Verkäufer wegen des entgangenen Gewinns Schadensersatz statt der Leistung nach § 281 BGB verlangen. Hat sich der gewinnbringende Weiterverkauf dagegen allein infolge des Mangels bereits mit dessen Auftauchen endgültig zerschlagen, geht es um Schadensersatz neben der Leistung.13 Dagegen spricht nicht, dass auf diese Weise ein und derselbe Schaden bald unter § 280 I BGB, bald unter § 281 BGB fällt.14 Dieses Phänomen ist eben Ausfluss des Fristsetzungserfordernisses in § 281 BGB, in dessen Lichte vielmehr eine pauschale Zuordnung des entgangenen Gewinns nicht überzeugend erscheint. Rechnete man den entgangenen Gewinn stets zum Schadensersatz neben der Leistung,15 so dürfte der Käufer dafür immer sofort, ohne Fristsetzung Ersatz verlangen. Das ist dann nicht einsichtig, wenn der Käufer den Gewinn ebenso noch würde realisieren können, falls der Verkäufer den Mangel innerhalb einer bestimmten Frist durch Nacherfüllung behebt. Das Fristsetzungserfordernis von § 281 BGB ist in derartigen Fällen aus Sicht des Verkäufers sinnvoll, ohne den Käufer über Gebühr zu belasten.16 Ordnet man den entgangenen Gewinn dagegen stets dem Schadensersatz statt der Leistung zu, so leuchtet im umgekehrten Fall nicht ein, warum der Käufer noch eine Nacherfüllungsfrist setzen und deren erfolglosen Ablauf abwarten soll, bevor er Ersatz für einen bereits feststehenden, durch erfolgreiche Nacherfüllung ohnehin nicht mehr zu verhindernden Gewinnausfall verlangen darf. Dass die Fristsetzung hier sinnlos ist, spricht entscheidend dafür, den entgangenen Gewinn diesmal nicht § 281 BGB, sondern dem Schadensersatz neben der Leistung zuzuweisen. Wenig überzeugend erscheint demgegenüber der Vorschlag, auch in diesen Fällen den entgangenen Gewinn § 281 BGB zuzuordnen, dann aber die Fristsetzung für gemäß § 281 II BGB entbehrlich zu erklären.17 § 281 BGB passt hier nicht: Der Käufer mag ja, obwohl der gewinnbringende Weiterverkauf sich bereits zerschlagen hat, durchaus noch Interesse daran

13 AnwK-BGB/Dauner-Lieb, § 280 Rn. 74; U. Huber, Festschrift für Schlechtriem, S. 521, 525 f.; Tiedtke/Schmitt, BB 2005, S. 615, 618; S. Lorenz, NJW 2005, S. 1889, 1891; ders., Karlsruher Forum 2005, S. 42 f. 14 So aber die Kritik von Erman/Grunewald, § 437 Rn. 14. 15 So Erman/Grunewald, § 437 Rn. 14. 16 Das gilt allgemein bei Schäden, deren Eintritt noch nicht feststeht, sondern durch fristgerechte Nacherfüllung zu vermeiden ist, vgl. Oechsler, NJW 2004, S. 1825, 1829 f. 17 So Grigoleit/Riehm, AcP 203, S. 727, 741 f.

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§ 2 Grundlagen

haben, im Wege der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache zu erhalten. Dann wird er Nacherfüllung verlangen und daneben den bereits endgültig entgangenen Gewinn als Schadensersatz fordern wollen. Dieser Weg ist ihm in § 281 BGB versperrt, weil mit dem Verlangen von Schadensersatz statt der Leistung zugleich der Anspruch auf die Leistung – hier: auf Nacherfüllung – gemäß § 281 IV BGB untergeht. 2. Die weitere Abgrenzung anhand von § 281 IV BGB Bislang ging es vornehmlich um die Frage, im Hinblick auf welche Schäden der Käufer zunächst unter Fristsetzung Nacherfüllung verlangen muss, bevor er Schadensersatz fordert: Das sind wie eben gesehen diejenigen Schäden, die zunächst noch nicht endgültig eingetreten, sondern durch Nacherfüllung des Verkäufers noch abwendbar sind. Damit ist aber nicht gesagt, dass diese Schäden später nach erfolglosem Ablauf der Nacherfüllungsfrist allesamt ausschließlich nach § 281 BGB ersatzfähig wären. Im weiteren zeitlichen Verlauf von der Fristsetzung an über den erfolglosen Fristablauf hinweg können Schäden, die zunächst noch durch Nacherfüllung abwendbar waren, zu endgültigen Schäden werden. Beispiel:18 Der Käufer, ein Lebensmittelhändler, erwirbt für seinen Lagerraum eine Kühlanlage, die sich als nicht funktionstauglich erweist. Die Lebensmittel könnten einige Tage ohne Kühlung durchaus überstehen, danach würden sie verderben. Der Käufer setzt dem Verkäufer daher eine entsprechend knapp bemessene, unter den gegebenen Umständen aber angemessene Frist von zwei Tagen, um den Mangel zu beheben. Die Frist verstreicht, einige Lebensmittel verderben. Dieser Schaden, der zunächst durch fristgerechte Nacherfüllung noch abwendbar gewesen wäre, ist nunmehr endgültig eingetreten. Natürlich möchte der Käufer diesen Schaden ersetzt haben. Vielleicht hat er aber zudem Interesse daran, daneben auch weiterhin vom Verkäufer Nacherfüllung zu verlangen, weil dies der einfachste Weg für ihn ist, letztlich eine mangelfreie Kühlanlage zu erhalten. Die sich jetzt, nach Fristablauf stellende Frage ist also die, ob der Käufer, der Schadensersatz für die verdorbenen Lebensmittel fordert, zugleich weiter Nacherfüllung verlangen darf. Wenn es sich um einen ausschließlich nach § 281 BGB statt der Leistung ersatzfähigen Schadensposten handelte, wäre das zu verneinen. § 281 IV BGB verhindert, dass – wie zuvor schon im Falle des endgültig entgangenen Gewinns bemerkt – der Käufer Schadensersatz statt der Leistung und Nacherfüllung nebeneinander verlangen kann.

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Nach Tiedtke/Schmitt, BB 2005, S. 615, 616.

I. Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung

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Der Grund dieser Wirkung von § 281 IV BGB betrifft indessen Schäden von der Art der verdorbenen Lebensmittel gerade nicht. Hier kommt nun der funktionale Unterschied zwischen dem Schadensersatz statt der Leistung und dem Schadensersatz neben der Leistung zum Tragen. Während dieser den Erfüllungsanspruch des Gläubigers unberührt lässt, tritt jener an die Stelle der geschuldeten Leistung,19 hier also an die Stelle der Nacherfüllung. Der Käufer soll die Leistung nicht gleichsam doppelt erhalten dadurch, dass ihm nach Fristablauf ein Anspruch sowohl immer noch auf Nacherfüllung als auch nach § 281 BGB auf Schadensersatz statt der Leistung zusteht.20 Der Käufer hat lediglich die Wahl zwischen den beiden Ansprüchen.21 Er kann daher nach Fristablauf nicht zugleich die Nachlieferung einer mangelfreien Sache und Ersatz etwa der Mehrkosten eines von ihm vorgenommenen Deckungskaufes fordern. Auf diese Weise würde das – sog. positive – Interesse des Käufers an einer mangelfreien Sache zweimal befriedigt werden. Gemäß § 281 IV BGB erlischt deshalb der Anspruch auf Nacherfüllung, sobald der Käufer Schadensersatz statt der Leistung verlangt. Die Gefahr der Doppelbefriedigung des Käufers besteht im Falle der verdorbenen Lebensmittel aber nicht. Wenn der Verkäufer diesen Schaden ersetzt, erhält der Käufer dadurch noch keine mangelfreie Kühlanlage. Es vermag daher nicht zu überzeugen, den Ersatz der verdorbenen Lebensmittel nur statt und nicht neben der Nacherfüllung zuzulassen.22 Der Käufer wäre ohne erkennbaren Grund der Möglichkeit beraubt, neben Ersatz des mittlerweile endgültig eingetretenen Schadens weiterhin Nacherfüllung zu verlangen.23 Derselbe Schaden also, der zunächst, da noch durch Nacherfüllung abwendbar, nur unter Fristsetzung gemäß § 281 I BGB ersatzfähig war, ist mit Blick auf § 281 IV BGB später, da endgültig eingetreten, neben der Leistung ersatzfähig.24

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AnwK-BGB/Dauner-Lieb, § 280 Rn. 73. Anders, ohne im praktischen Ergebnis abzuweichen, S. Lorenz, Karlsruher Forum 2005, S. 43: Ziel der Grundentscheidung zwischen Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung sei es nicht, die mehrfache Befriedigung eines Interesses zu verhüten, sondern den Vorrang der Primärleistung vor dem Schadensersatz zu sichern. 21 Nach Ansicht des BGH (vom 20. 1. 2006, NJW 2006, S. 1198 f.) sind aber nicht die Regeln der Wahlschuld (§ 262 ff. BGB) anzuwenden, sondern stehen die Ansprüche im Verhältnis elektiver Konkurrenz; kritisch dazu M. Schwab, JZ 2006, S. 1030 ff. 22 So aber wohl Tiedtke/Schmitt, BB 2005, S. 615, 617 f. Noch weitergehend Recker, NJW 2002, S. 1247 f., der alle mangelbedingten Begleit- und Folgeschäden von vornherein § 281 BGB zuordnet. 23 Canaris, Karlsruher Forum 2002, S. 41; AnwK-BGB/Dauner-Lieb, § 280 Rn. 75. 24 Siehe MünchKomm/Ernst, § 280 Rn. 67: Die Grenze zwischen dem durch Nacherfüllung noch abwendbaren und daher nur statt der Leistung ersatzfähigen Schaden einerseits und dem unwiderruflich eingetretenen, neben der Leistung ersatzfähigen Schaden andererseits verlaufe im Zeitablauf dynamisch; ebenso S. Lorenz, Karlsruher Forum 2005, S. 42. 20

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§ 2 Grundlagen

3. Die nur statt der Leistung ersatzfähigen Schäden Die Abgrenzung des Schadensersatzes statt der Leistung nach § 281 BGB vom Schadensersatz neben der Leistung berührt demnach, je nach Zeitpunkt der Beurteilung, unterschiedliche Problemlagen. Zunächst geht es darum, ob der Verkäufer den Schaden noch durch Nacherfüllung abwenden kann und der Käufer deshalb eine Nacherfüllungsfrist setzen muss. Nach erfolglosem Fristablauf ist dann maßgebend, dass die Geltendmachung eines jetzt immer noch durch Nacherfüllung abwendbaren Schadens es gebietet, den Nacherfüllungsanspruch des Käufers über § 281 IV BGB auszuschließen.25 Die auf diese Weise vorzunehmende Abgrenzung bringt zwar noch weitere Fragen mit sich. So ist umstritten, ob der Käufer, wenn er denn nach Fristablauf nicht weiterhin Nacherfüllung, sondern tatsächlich Schadensersatz statt der Leistung verlangt, die vorher endgültig entstandenen, an sich neben der Leistung ersatzfähigen Schäden als Rechnungsposten in den Schadensersatz statt der Leistung einbeziehen darf.26 Das mag hier aber dahinstehen. Diejenigen Schadensposten nämlich, die immer und nur statt der Leistung ersatzfähig sind, können nunmehr bestimmt werden. Das sind der Minderwert der Kaufsache sowie die nach Fristablauf anfallenden Reparaturkosten oder Mehrkosten eines Deckungskaufs. Diese Schäden sind nicht nur, wie oben gesehen, zunächst stets durch Nacherfüllung noch abwendbar. Ihr Ersatz tritt zudem nach Fristablauf immer an die Stelle der Nacherfüllung, weil das Interesse des Käufers an einer mangelfreien Sache andernfalls zweimal befriedigt würde. Verlangt der Käufer nach Fristablauf Ersatz einer dieser Schäden, muss gemäß § 281 IV BGB der Nacherfüllungsanspruch untergehen. Hinzu kommt in bestimmten Fällen der entgangene Gewinn. Er ist dann allein statt der Leistung ersatzfähig, wenn der Käufer nicht nur bei Fristsetzung in der Lage war, die Sache in mangelfreiem Zustand gewinnbringend einzusetzen, sondern dies auch nach Fristablauf weiterhin ist. Der Käufer darf nun nicht sowohl den entgangenen Gewinn ersetzt bekommen als auch durch Nacherfüllung eine mangelfreie Sache erhalten, die er anschließend noch gewinnbringend weiterverkaufen könnte. Schadensersatz für einen nach Fristablauf noch immer nicht endgültig entgangenen Gewinn gibt es daher nur statt der Nacherfüllung, mit der Folge, dass das Schadensersatzverlangen gemäß § 281 IV BGB den Nacherfüllungsanspruch zum Erlöschen bringt.

25 Bamberger/Roth/Faust, § 437 Rn. 51: Zu § 281 BGB gehören solche Schäden, die zum Zeitpunkt des Schadensersatzverlangens (§ 281 IV BGB) immer noch durch Nacherfüllung zu vermeiden wären; ebenso S. Lorenz, Karlsruher Forum 2005, S. 41 f., der auf den „letztmöglichen Zeitpunkt“ der Leistungserbringung abstellt und damit denjenigen des Schadensersatzverlangens (§ 281 IV BGB) meint. 26 Dazu mit Nachweisen AnwK-BGB/Dauner-Lieb, § 280 Rn. 85.

I. Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung

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4. Die Besonderheit dieser Schäden Die gerade für diese Untersuchung zu betonende Eigenart der genannten Schäden liegt darin, dass bei ihrer Entstehung stets zwei Ursachen am Werk sind. Der Verkäufer hat sowohl zunächst ursprünglich mangelhaft geliefert als auch später die Nacherfüllung nicht innerhalb der gesetzten Frist vorgenommen. Ursprüngliche Mangellieferung und Ausbleiben der Nacherfüllung stehen nicht nur irgendwie im Raum, sondern sind beide gleichermaßen für den statt der Leistung ersatzfähigen Schaden ursächlich geworden. Der Schaden wäre zum einen dann nicht eingetreten, wenn der Verkäufer ursprünglich nicht mangelhaft, sondern mangelfrei geliefert hätte. Zum anderen gäbe es aber auch dann keinen mangelbedingten Minderwert, keine Reparatur- oder Deckungskaufkosten und keinen Verlust einer weiterhin gewinnbringenden Weiterveräußerungsgelegenheit, wenn der Verkäufer den Mangel durch fristgerechte Nacherfüllung behoben hätte. Der Schadensersatz neben der Leistung bleibt von dieser, den Schadensersatz statt der Leistung prägenden Besonderheit durchaus nicht ganz unberührt. Ist der Schaden vor Fristsetzung bereits endgültig eingetreten, kommt zwar allein die Mangellieferung als ursächliche Pflichtverletzung in Betracht. Der Anspruch aus § 280 I BGB kann hier nur davon abhängen, ob der Verkäufer die Mangellieferung zu vertreten hat. Zwei Schadensursachen sind aber etwa beim Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung (§§ 280 II, 286 BGB) im Spiel. Gerät der Verkäufer gemäß § 286 BGB in Verzug mit der Nacherfüllung, so beruht ein in der Folge eintretender Schaden ebenso auf der ursprünglichen Mangellieferung wie auf dem Verzug mit der Nacherfüllung. Zu erinnern ist auch an das oben gegebene Kühlanlagen-Beispiel, in dem die Lebensmittel des Käufers nach Fristablauf verderben. Dieser Schaden ließe sich jeder beliebigen Anspruchsgrundlage zuordnen: § 281 BGB, wenn man den endgültig eingetretenen Schaden als Rechnungsposten in den Schadensersatz statt der Leistung einbezieht,27 den §§ 280 II, 286 BGB, wenn man die Verzögerung der Nacherfüllung im Auge hat, oder auch § 280 I BGB, wenn man eine Beeinträchtigung der sonstigen Rechtsgüter des Käufers stets dem einfachen Schadensersatz zuweisen will. Auch letztere Einordnung würde indes nichts daran ändern, dass der Verderb der Lebensmittel sowohl auf dem Mangel der Kühlanlage beruht als auch auf der Nichtvornahme fristgerechter Nacherfüllung. Die Frage also, worauf das sich das Vertretenmüssen zu beziehen hat, vermag man nicht dadurch zu umgehen, dass man den Schaden von der einen in die andere Anspruchsgrundlage verschiebt. Seltsam wäre ohnehin, wenn das praktische Ergebnis – Schadensersatz ja oder nein – eben davon abhinge, wo man den Schaden

27

Siehe soeben bei Fn. 26.

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§ 2 Grundlagen

einordnet.28 Die Frage nach dem Bezugspunkt der Haftung betrifft demnach zwar insbesondere, aber doch nicht allein den Schadensersatz statt der Leistung. Die Beantwortung wird deshalb im Laufe der Untersuchung mit dem Schadensersatz neben der Leistung abzustimmen sein.29 5. Die Abgrenzung bei Unmöglichkeit der Nacherfüllung Unter etwas anderen Vorzeichen als zuvor verläuft die Abgrenzung der Schadensersatzarten, wenn die Nacherfüllung gemäß § 275 BGB unmöglich ist. Die im Rahmen von § 281 BGB maßgebenden Abgrenzungskriterien – Fristsetzungserfordernis und § 281 IV BGB – sind hier nicht zu gebrauchen. Die Schadensersatzhaftung statt der Leistung richtet sich im Falle gemäß § 275 BGB ausgeschlossener Leistungspflicht nach den §§ 283, 311a II BGB. Diese Normen kennen weder ein Fristsetzungserfordernis noch eine § 281 IV BGB entsprechende Vorschrift. Beide Merkmale des § 281 BGB sind bei Unmöglichkeit der Nacherfüllung denn auch überflüssig. Der Käufer braucht keine Nacherfüllungsfrist zu setzen, wenn der Verkäufer wegen § 275 BGB ohnehin nicht zur Vornahme der Nacherfüllung verpflichtet ist. Und ist der Nacherfüllungsanspruch hier bereits durch § 275 BGB ausgeschlossen, ist eine § 281 IV BGB entsprechende Regelung entbehrlich. a) Die Unmöglichkeit als Abgrenzungskriterium Die Abgrenzung hat sich an demjenigen Merkmal zu orientieren, welches diesmal die §§ 283, 311a II BGB vom Schadensersatz neben der Leistung unterscheidet. Das ist die Unmöglichkeit der Nacherfüllung. Als Voraussetzung eines Schadensersatzanspruches ergibt die Unmöglichkeit dort keinen Sinn, wo der Schaden gar nicht auf sie zurückzuführen ist. Das ist etwa dann der Fall, wenn bei erst nach Vertragsschluss eintretender Unmöglichkeit – § 283 BGB – der Schaden allein aufgrund des Mangels schon entstanden ist, bevor die Nacherfüllung unmöglich wird.30 Die gekaufte Waschmaschine zum Beispiel überhitzt und beschädigt Kleidungsstücke des Käufers. Diesen Schaden wie den entsprechenden Ersatzanspruch kann es nicht berühren, wenn später die Nacherfüllung aus irgendwelchen Gründen unmöglich wird. Ebenso liegt es, wenn der Mangel gleichzeitig sowohl einen Schaden des Käufers als auch seine eigene Unbehebbarkeit verursacht. Die defekten Bremsen des gekauften Gebrauchtwa28 Dass die Zuordnung eines bestimmten Schadens zu einer bestimmten Anspruchsgrundlage das daraus folgende praktische Ergebnis nicht plausibel zu erklären vermag, ist aus dem bisherigen Schuldrecht hinlänglich bekannt, Stichwort etwa „nahe“ und „entfernte“ Mangelfolgeschäden. 29 Unten § 7 I. 3., § 9 I. 30 S. Lorenz, NJW 2002, S. 2497, 2500.

I. Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung

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gens beispielsweise führen zu einem Unfall, bei dem der Käufer Verletzungen und der Wagen Totalschaden erleiden. Die Körperverletzung, wie zuvor die Beschädigung der Kleidungsstücke, hat nichts zu tun mit der Unmöglichkeit der Nacherfüllung. Diese Schäden sind daher nicht nach § 283 BGB statt der Leistung, sondern gemäß § 280 I BGB neben der Leistung ersatzfähig.31 b) § 283 BGB § 283 BGB kann mithin nur solche Schäden erfassen, die durch das bzw. erst nach dem Unmöglichwerden der Nacherfüllung entstehen.32 Das bedeutet allerdings nicht, dass sämtliche Schäden, deren Eintritt demjenigen der Unmöglichkeit zeitlich nachfolgt, zu § 283 BGB gehörten. Auch solche Schäden nämlich mögen mit der Unmöglichkeit der Nacherfüllung in keinerlei Zusammenhang stehen. Beispiel: Der zunächst noch versteckte Mangel der schon erwähnten Waschmaschine zeigt sich nach zwei Monaten, weil jetzt beim Waschen Schäden an Kleidungsstücke entstehen. Der Käufer verlangt Ersatz dieses Schadens sowie Nacherfüllung. Es stellt sich heraus, dass der Mangel durch Reparatur ohnehin nicht zu beheben ist. Ersatzlieferung scheidet aber ebenfalls aus, weil die Gattung seit nunmehr einem Monat ausverkauft ist (die Waschmaschine gehörte einer speziell bezeichneten, auslaufenden Modellreihe an). Hier liegt die Unmöglichkeit der Nacherfüllung – Ausverkauf der Gattung – zeitlich vor dem Schadenseintritt, ohne freilich mit diesem etwas zu tun zu haben. Insofern vermag die in der Literatur zum Teil vorgeschlagene Abgrenzung nicht zu überzeugen, § 283 BGB erfasse alle Schäden, die vermieden worden wären, wenn der Verkäufer zum Zeitpunkt des Eintritts der Unmöglichkeit nacherfüllt hätte.33 Damit müsste der Schaden an den Kleidungsstücken § 283 BGB zugeordnet werden:34 Bei hypothetischer Ersatzlieferung zum Zeitpunkt des Ausverkaufs der Gattung wäre die Waschmaschine fortan mangelfrei gewesen und die Kleider wären nicht beschädigt worden. Das ändert indessen nichts daran, dass der Ausverkauf der Gattung und also die Unmöglichkeit tatsächlich in keinem Zusammenhang mit dem Schadenseintritt stehen. Der Schaden an den Kleidungsstücken wäre genauso auch dann eingetreten, wenn die Waschmaschine jetzt noch nachlieferbar wäre. Es leuchtet daher nicht ein, warum die 31 Schadensersatz neben der Leistung nach den §§ 280 II, 286 BGB wegen Verzögerung der Nacherfüllung kommt in diesen Beispielen nicht in Betracht. 32 S. Lorenz, NJW 2002, S. 2497, 2500. 33 Bamberger/Roth/Faust, § 437 Rn. 51; dem folgend Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht Rn. 506. 34 Vgl. die in der vorigen Fußnote genannten Autoren, die konsequent sämtliche der Unmöglichkeit zeitlich nachfolgenden Schäden an sonstigen Rechtsgütern des Käufers zu § 283 BGB zählen.

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§ 2 Grundlagen

Unmöglichkeit der Nacherfüllung Voraussetzung für den Ersatz der beschädigten Kleider sein sollte. Dieser Schaden passt nicht zu § 283 BGB, weil Anspruchsvoraussetzung und ersatzfähiger Schaden dort beziehungslos nebeneinander stünden. Stimmiger erscheint demnach, den Anwendungsbereich von § 283 BGB auf diejenigen Schäden zu beschränken, deren Eintritt mit der Unmöglichkeit der Nacherfüllung in Zusammenhang steht.35 Der Käufer macht den mangelbedingten Minderwert der Waschmaschine geltend, weil diese nur für Kochwäsche fehlerfrei funktioniert. Dieser Schaden hat durchaus etwas mit der Unmöglichkeit der Nacherfüllung zu tun. Wäre die Gattung noch vorhanden, dann hätte der Käufer zunächst gemäß § 281 I 1 BGB Nachfrist setzen müssen, woraufhin der Verkäufer ein mangelfreies Exemplar hätte beschaffen können. Die Unmöglichkeit verhindert hier, dass der Mechanismus des § 281 BGB einsetzt und der Schadenseintritt dabei durch Ersatzlieferung abgewendet wird. Im selben Zusammenhang zur Unmöglichkeit steht der entgangene, bei Mangelfreiheit noch erzielbare Gewinn. Dieser Schaden ist ebenfalls entweder durch Nacherfüllung noch zu vermeiden oder ist es allein deshalb nicht, weil in der Zwischenzeit die Nacherfüllung unmöglich geworden ist. Damit erfasst der Schadensersatz statt der Leistung in § 283 BGB die gleichen Schadensposten wie in § 281 BGB:36 Mangelbedingter Minderwert und Ausfall eines weiterhin gewinnbringenden Einsatzes der mangelfreien Kaufsache.37 Der für die Abgrenzung zum Schadensersatz neben der Leistung maßgebliche Zeitpunkt ist hier allein derjenige des Schadensersatzverlangens. Ist der Schaden zu diesem Zeitpunkt nur deshalb nicht mehr abwendbar, weil die Nacherfüllung mittlerweile unmöglich geworden ist, kommt § 283 BGB zur Anwendung. Im Beispiel betrifft dies den mangelbedingten Minderwert der Waschmaschine. Könnte die Nacherfüllung hingegen, wenn sie noch möglich wäre, an dem Schaden ohnehin nichts mehr ändern – etwa an der schon eingetretenen Beschädigung von Kleidungsstücken –, dann geht es um Schadensersatz neben der Leistung. c) § 311a II BGB Diese Maßgaben gelten dann auch für den Schadensersatz statt der Leistung nach § 311a II BGB, der bei anfänglicher, schon zu Vertragsschluss bestehender 35 So S. Lorenz, NJW 2002, S. 2497, 2500: Schadensersatz statt der Leistung ist „allein derjenige Schaden, der sich aus dem endgültigen Ausbleiben der Leistung [sprich hier: aus der Unmöglichkeit] ergibt.“ (Hervorhebung so nicht im Original). 36 So im Ergebnis auch AnwK-BGB/Dauner-Lieb, § 280 Rn. 82. 37 Reparatur- und Deckungskosten können in § 283 BGB nicht anfallen, da ja die Nacherfüllung und also Reparatur wie Ersatzbeschaffung unmöglich sind. Eine Ausnahme bilden die Fälle der verfrühten Selbstvornahme durch den Käufer, sofern man diese Fälle § 283 BGB zuordnet, so S. Lorenz, Karlsruher Forum 2005, S. 115.

I. Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung

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Unmöglichkeit mangelfreier Leistung eingreift. Diejenige Auffassung in der Literatur, die sämtliche der Unmöglichkeit lediglich zeitlich nachfolgenden Schäden dem Schadensersatz statt der Leistung zuweist, muss den Anwendungsbereich von § 311a II BGB entsprechend weit abstecken: Bestand von vornherein keine Möglichkeit mangelfreier Leistung, umfasse der Schadensersatz statt der Leistung alle Schäden, die vermieden worden wären, wenn der Verkäufer ursprünglich mangelfrei geliefert hätte.38 Der Schadensersatz neben der Leistung spielt in dieser Sichtweise bei anfänglich unbehebbaren Mängeln gar keine Rolle.39 Das vermag wieder aus dem oben genannten Grund nicht zu überzeugen. Leidet etwa die Waschmaschine bereits zu Vertragsschluss an einem versteckten, unbehebbaren Mangel – Reparatur wie auch Ersatzlieferung (es mag sich um das letzte Exemplar oder einen Stückkauf gehandelt haben) scheiden von vornherein aus – und verursacht dieser Mangel beim ersten Waschgang Schäden an der Kleidung des Käufer, dann haben die Schäden mit der Unbehebbarkeit des Mangels wiederum nichts zu tun. Die Kleidung wäre auch dann beschädigt worden, wenn der Mangel der Waschmaschine anfänglich reparabel gewesen wäre, ja das vielleicht sogar jetzt noch ist. § 311a II BGB wirkt hier ebenso wie zuvor § 283 BGB fehl am Platz, weil die als Anspruchsvoraussetzung genannte Unmöglichkeit in keiner Beziehung zu dem eingetretenen Schaden steht. Anders liegt es, wenn der Käufer den mangelbedingten Minderwert oder den entgangenen, bei Mangelfreiheit erzielbaren Gewinn ersetzt verlangt. Diese Schäden beruhen insofern auf der anfänglichen Unmöglichkeit, als sie ohne die Unmöglichkeit jetzt noch abwendbar wären. Sie sind daher als Schadensersatz statt der Leistung gemäß § 311a II BGB ersatzfähig. 6. Folgerung Insgesamt betrachtet ist der Schadensersatz statt der Leistung nach den §§ 281, 283, 311a II BGB wie folgt zu charakterisieren. Er betrifft solche Schäden, deren Entstehung sowohl die Mangellieferung als auch das Ausbleiben der Nacherfüllung voraussetzt.40 Die Mangellieferung zunächst ist immer ursächlich für den Schaden. Der weitere Zusammenhang dann zwischen Ausbleiben der Nacherfüllung und Schaden ist zwar bei § 281 BGB einerseits und den §§ 283, 311a II BGB andererseits nicht ganz derselbe. In § 281 BGB beruht der Schaden „unmittelbar“ auf dem Unterlassen der Nacherfüllung,41 während die Unmöglichkeit in den §§ 283, 311a II BGB mehr mittelbar über die Verhinderung 38 39 40 41

Bamberger/Roth/Faust, § 437 Rn. 51. So ausdrücklich Tiedtke/Schmitt, BB 2005, S. 615, 617. Siehe schon oben § 2 I. 4. zu § 281 BGB. Im Sinne der „Quasi-Kausalität“ des Unterlassens.

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§ 2 Grundlagen

der andernfalls möglichen Schadensabwendung auf den Schadenseintritt wirkt. Doch ist das einerlei. Auf der Hand liegt, dass diese Besonderheit der statt der Leistung ersatzfähigen Schäden nicht nur der Grund ist, warum sich hier die Frage nach dem Bezugspunkt der Haftung überhaupt stellt. Vorauszusehen ist vielmehr, dass diese Eigenart auch eine wichtige Rolle spielen wird, wenn es an die Beantwortung der Bezugspunktfrage geht.

II. Die unterschiedliche Beurteilung des Vertretenmüssens Für diese Untersuchung nicht minder grundlegend als die Abgrenzung der Schadensersatzarten ist der Umstand, dass die Beurteilung des Vertretenmüssens im Hinblick auf die Mangellieferung und im Hinblick auf das Ausbleiben der Nacherfüllung zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann. Deswegen ist die Frage nach dem Bezugspunkt der Haftung überhaupt von Interesse. Hat der Verkäufer beides zu vertreten oder hat er beides nicht zu vertreten, so ist ohne Belang, worin nun eigentlich der Bezugspunkt der Haftung liegt. Allein in denjenigen Fällen, in denen Verkäufer das eine zu vertreten hat und das andere nicht, kommt der Frage nach dem maßgeblichen Bezugspunkt der Haftung praktische Bedeutung zu, weil die Antwort nun darüber entscheidet, ob der Käufer den statt der Leistung ersatzfähigen Schaden vom Verkäufer ersetzt bekommt oder nicht. 1. Das Vertretenmüssen in Bezug auf die Mangellieferung a) Garantieübernahme und Verschulden Der Verkäufer hat die Mangellieferung zu vertreten zum einen dann, wenn er die vertragsgemäße Beschaffenheit der Kaufsache zugesichert hatte. In neuer Terminologie liegt darin die Übernahme einer Garantie im Sinne von § 276 BGB. Fehlt es an einer solchen Garantieübernahme, kommt ein Vertretenmüssen hinsichtlich des Mangels in Betracht unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens. Dieses umfasst nach § 276 I 1 BGB Vorsatz und Fahrlässigkeit. Ein Mangelverschulden kann sich ergeben aus der Verursachung des Mangels, etwa im Falle unsachgemäßer Transportweise oder Lagerung der Kaufsache; ist der Verkäufer zugleich Hersteller, ist auch an Produktionsfehler zu denken.42 Ansonsten trifft den Verkäufer dann ein Verschuldensvorwurf, wenn er eine mangel42 MünchKomm/Westermann, § 437 Rn. 27. Ein Produktionsverschulden des Herstellers wird freilich dem nachfolgenden Händler nicht gemäß § 278 BGB zugerechnet; so die ständige Rechtsprechung, siehe etwa BGH vom 21. 7. 1967, BGHZ 48, 118, 120 f.; BGH vom 25. 9. 1968, NJW 1968, S. 2238, 2239; BGH vom 16. 5. 1984, WM 1984, S. 1059; bestätigend BT-Drucks. 14/6040, S. 210; zum neuen Recht OLG Köln vom 21. 12. 2005, NJW-RR 2006, S. 677. A. A. aber E. Schmidt, Festschrift für Heinrichs, S. 511 ff.; dem folgend etwa MünchKomm/Grundmann, § 276 Rn. 31.

II. Die unterschiedliche Beurteilung des Vertretenmüssens

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hafte Sache liefert, obwohl er den Mangel kannte oder – Fahrlässigkeit – hätte kennen müssen.43 Dabei ist zu beachten, dass der Händler, der die Kaufsache von dritter Seite bezieht und weiterverkauft, grundsätzlich nicht verpflichtet ist, die Ware auf eventuelle verborgene Mängel hin zu untersuchen.44 Im Grundsatz befindet sich der Händler also nicht in fahrlässiger Unkenntnis eines bei Lieferung an den Käufer noch versteckten Mangels. Hier dürfte auch die dem Verkäufer in § 280 I 2 BGB zugewiesene Beweislast für fehlendes Vertretenmüssen nicht etwa dazu führen, dass der Händler regelmäßig wegen Misslingens des Entlastungsbeweises auf Schadensersatz haften würde.45 Vermag der Händler nämlich darzutun, dass die Ursache des Mangels außerhalb seines Unternehmensbereiches liegt, so trifft nunmehr den Käufer die Beweislast dafür, dass aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise eine Untersuchungspflicht des Händlers bestand.46 In ausnahmsweise schuldhafter Unkenntnis mag sich der Händler je nach Lage des Falles etwa befinden, wenn konkrete Anhaltspunkte für Mängel vorlagen und ihm deshalb eine nähere Untersuchung geboten erscheinen musste, oder wenn er als besonders sachkundiger Fachmann bestimmte Mängel problemlos hätte feststellen können.47 b) Ausdehnung des Beschaffungsrisikos auf die Mangelfreiheit der Ware? Außer Verschulden und Garantieübernahme nennt § 276 BGB noch die Übernahme eines Beschaffungsrisikos als Grund des Vertretenmüssens. Dabei hat § 276 BGB insbesondere den Verkäufer von Gattungsware im Auge. Indem dieser nicht ein bestimmtes, sondern irgendein Stück aus der vereinbarten Gattung zu leisten verspricht, erklärt er regelmäßig inzident, er sei zur Beschaffung der Ware imstande.48 Dadurch übernimmt er die Gewähr für die Beschaffungsmöglichkeit und mithin das Beschaffungsrisiko.49 Für die Nichtleistung bedeutet 43

Erman/Grunewald, § 437 Rn. 25. Ständige Rechtsprechung, grundlegend BGH vom 25. 9. 1968, NJW 1968, S. 2238, 2239; bestätigend BT-Drucks. 14/6040, S. 210. 45 U. Huber, Festschrift für Ulmer, S. 1165, 1189. 46 Soergel/U. Huber, § 463 Anh. Rn. 54 (zur früheren Haftung wegen positiver Vertragsverletzung). Unter neuem Schuldrecht OLG Karlsruhe vom 2. 9. 2004, ZGS 2004, S. 432, 434: Das OLG sah den Entlastungsbeweis durch den beklagten Verkäufer mangelhafter Bodenfliesen (die gelieferten Fliesen entsprachen nicht der vereinbarten Qualitäts-Klassifizierung) nur deshalb als nicht erbracht an, weil der Verkäufer nicht dargelegt hatte, bei seinem Lieferanten Fliesen der vereinbarten Beschaffenheit bestellt zu haben. Wenn er dies aber dargelegt hätte, dann hätte er mit dem weiteren Hinweis, Zwischenhändler zu sein, seiner Darlegungs- und Beweislast aus § 280 I 2 BGB für das Fehlen eines Mangelverschuldens nachkommen können. 47 Siehe Soergel/U. Huber, § 433 Anh. I Rn. 100 ff. 48 Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 267. 49 Jaurnig/Stadler, § 276 Rn. 44. 44

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dies, dass der Gattungsverkäufer ohne Verschulden sowohl in Verzug geraten als auch auf Schadensersatz statt der Leistung haften kann.50 Lässt ihn etwa sein gewohnter Lieferant im Stich, muss er sich an andere zugängliche Quellen halten. Tut er das nicht, hat er das Ausbleiben der Leistung zu vertreten, mag ihn auch am Ausfall des gewohnten Lieferanten kein Verschulden treffen. Eine andere Frage ist, ob das Beschaffungsrisiko sich über die bloße Beschaffung hinaus auch auf die Beschaffenheit der Ware, ihre Mangelfreiheit erstreckt. Das wird im Schrifttum zum Teil befürwortet.51 Folgt man dem, hätte der Gattungsverkäufer auch die Mangellieferung ohne Rücksicht auf Verschulden zu vertreten. Als Stütze dieser Ausdehnung des Beschaffungsrisikos auf die Mangelfreiheit dient insbesondere § 243 I BGB. Weil danach der Gattungsverkäufer eine Sache mittlerer Art und Güte zu leisten habe, beinhalte das von ihm übernommene Beschaffungsrisiko zugleich, dass die von ihm beschaffte Sache mangelfrei sei.52 Dieses Argument vermag indes nicht zu überzeugen.53 § 243 BGB betrifft die Konkretisierung der Gattungsschuld, und lediglich im Hinblick darauf ist dem ersten Absatz der Norm eine Aussage zu entnehmen. Mit einer Sache, die nicht von mittlerer Art und Güte – mangelhaft – ist, kann der Gattungsverkäufer nicht gemäß § 243 II BGB die Konkretisierung der Gattungsschuld auf diese bestimmte Sache herbeiführen. Die Mangellieferung lässt das Beschaffungsrisiko des Verkäufers also fortbestehen.54 Ob allerdings der Gattungsverkäufer die Mangellieferung infolge des Beschaffungsrisikos zu vertreten hat, ist damit nicht gesagt. Dagegen spricht bereits die Regel, dass das Beschaffungsrisiko nur sog. typische Beschaffungshindernisse erfasst, solche Hindernisse also, die gerade mit der speziellen Eigenart der Schuld als Beschaffungsschuld zusammenhängen.55 Das Versiegen einer bestimmten Bezugsquelle etwa ist ein Risiko, das nur die Beschaffungsschuld kennt. Ein derartiges Hindernis kann der Leistung nicht im Wege stehen, wenn dem Verkäufer die ge50

Im Grundsatz allgemeine Meinung. Canaris, Karlsruher Forum 2002, S. 42 ff.; Graf von Westphalen, ZGS 2002, S. 154, 157 f.; von Wilmowsky, JuS 2002, Beilage zu Heft 1, S. 24. 52 Canaris, Karlsruher Forum 2002, S. 43; von Wilmowsky, JuS 2002, Beilage zu Heft 1, S. 24. 53 Gegen eine Ausweitung des Beschaffungsrisikos auf die Mangelfreiheit spricht sich auch die überwiegende Auffassung im Schrifttum aus, etwa Palandt/Heinrichs, § 276 Rn. 32; Bamberger/Roth/Grüneberg, § 276 Rn. 42; Jauernig/Stadler, § 276 Rn. 48; Buck, in: Das Schuldrecht 2002, S. 105, 153. Ebenso mit jeweils eingehender Begründung AnwK-BGB/Dauner-Lieb, § 276 Rn. 26; Dauner-Lieb/Dötsch, DB 2001, S. 2535, 2536; Bamberger/Roth/Faust, § 437 Rn. 76; Vollkommer, in: Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 123, 129; Leenen, Festschrift für Schirmer, S. 369, 378 ff. 54 Das Beschaffungsrisiko ist daher von Bedeutung, wenn es darum geht, ob der Verkäufer das spätere Ausbleiben der Nachlieferung zu vertreten hat, dazu sogleich unter 2. 55 Vgl. nur Bamberger/Roth/Grüneberg, § 276 Rn. 42. 51

II. Die unterschiedliche Beurteilung des Vertretenmüssens

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schuldete Ware bei Vertragsschluss schon zur Verfügung steht, wie es regelmäßig bei der Stückschuld oder bei der Schuld aus eigenem Vorrat der Fall ist. Das Risiko hingegen, dass die Sache an einem zunächst verborgenen Mangel leidet, besteht hier wie dort.56 Das Auftauchen eines Mangels liegt daher außerhalb der Risikoübernahme des Beschaffungsschuldners.57 Hinzu kommt, dass die oben beschriebenen, restriktiven Grundsätze zur Annahme einer Untersuchungspflicht des Zwischenhändlers zumindest teilweise unterlaufen würden, wenn dieser ohnehin schuldunabhängig für Mängel der beschafften Sache einstehen müsste.58 Allemal hinfällig wären die von der Rechtsprechung an eine Eigenschaftszusicherung (jetzt: Übernahme einer Garantie, § 276 BGB) gestellten Anforderungen, mit deren Hilfe bislang die Schadensersatzhaftung nach § 480 II BGB a. F. dosiert wurde.59 Schließlich findet eine Risikoübernahme, die über die typischen Beschaffungshindernisse hinaus auch etwaige Mängel der Ware umfasst, keinen Anhalt in der vertraglichen Kaufpreisvereinbarung.60 Die Kosten der Beschaffung als solcher kann der Händler kalkulieren und in den Kaufpreis einstellen. Ist die Beschaffung im Einzelfall aufgrund eines typischen Beschaffungshindernisses schwieriger als erwartet, lässt sich die schuldunabhängige Einstandspflicht als Äquivalent deuten für die Freiheit des Verkäufers bei der Wahl der Bezugsquelle, da er umgekehrt auch von einer unerwartet günstigeren Einkaufsmöglichkeit profitiert.61 Vergleichbare Erwägungen tun sich im Hinblick auf die Mangelfreiheit der Ware nicht auf, im Gegenteil. Da nie auszuschließen ist, dass einzelne Stücke der vereinbarten Gattung unter versteckten Mängeln leiden, müsste der Händler vor der Weitergabe der Ware aufwendige und teure Untersuchungen vornehmen, um die Mangelfreiheit des beschafften Stücks sicherstellen zu können.62 Dieser Aufwand steht nicht nur regelmäßig außer Verhältnis zur Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Mängeln, sondern würde auch, tatsächlich betrieben und in den Kaufpreis eingestellt, dem Verkäufer am Markt nicht bezahlt werden.63 So wenig daher 56

Vgl. Bamberger/Roth/Faust, § 437 Rn. 76. Vollkommer, in: Das neue Schuldrecht in der Praxis, S. 123, 129. 58 Canaris (Karlsruher Forum 2002, S. 43) beschränkt die Risikoübernahme auf sog. Mangelschäden. Ersatz von Mangelfolgeschäden schuldet der Gattungsverkäufer also auch nach Canaris nur bei Verschulden, so dass dort jedenfalls die Grundsätze der Rechtsprechung zu den Untersuchungspflichten des Händlers von Bedeutung blieben. Der Gesetzgeber der Schuldrechtsreform allerdings betrachtete das Verschuldensprinzip als Schutz des Verkäufers gerade auch vor der neu geschaffenen Haftung auf Ersatz sog. Mangelschäden, BT-Drucks. 14/6040, S. 209 f. 59 AnwK-BGB/Dauner-Lieb, § 276 Rn. 26; Dauner-Lieb/Dötsch, DB 2001, S. 2535, 2536. 60 Leenen, Festschrift für Schirmer, S. 369, 379. 61 Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 267. 62 Leenen, Festschrift für Schirmer, S. 369, 379. 63 Leenen, Festschrift für Schirmer, S. 369, 379. 57

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§ 2 Grundlagen

der Kaufpreis den Aufwand abdeckt, der zur Ausschaltung des Risikos verborgener Mängel der beschafften Sache notwendig wäre, so wenig deckt er eine Schadensersatzhaftung ab, die unabhängig vom Verschulden allein auf einer Übernahme dieses Risikos beruht.64 Insgesamt betrachtet ist hier ein wichtiger Unterschied zwischen Nichtleistung und Mangelleistung zu beobachten. Während der Verkäufer, der die Ware von Dritter Seite bezieht, die Nichtleistung im Rahmen des von ihm übernommenen Beschaffungsrisikos ohne Rücksicht auf Verschulden zu vertreten hat, hat er einen Mangel nur zu vertreten bei Verschulden oder aufgrund der Übernahme einer Garantie für die Beschaffenheit der Ware (früher: Eigenschaftszusicherung). 2. Das Vertretenmüssen in Bezug auf das Ausbleiben der Nacherfüllung Hat der Verkäufer die ursprüngliche Mangellieferung nicht zu vertreten – ihn trifft weder ein Verschuldensvorwurf noch hat er eine Garantie übernommen –, so ist damit keineswegs gesagt, dass er auch ein späteres Ausbleiben der Nacherfüllung nicht zu vertreten hätte. Diese Frage ist wiederum nach § 276 BGB zu beantworten. Zu vertreten hat der Verkäufer das Ausbleiben der Nacherfüllung einmal dann, wenn ihm gerade diesbezüglich ein Verschulden vorzuwerfen ist, etwa weil er auf die Fristsetzung des Käufers hin die Vornahme der Nacherfüllung schlicht „verschläft“, sie rundheraus verweigert oder beim Versuch der Mangelbehebung die nicht nachlieferbare Kaufsache fahrlässig weiter beschädigt und die Reparatur dadurch vollends unmöglich macht. Daneben kommt jetzt in der Tat beim Gattungskauf die Übernahme des Beschaffungsrisikos ins Spiel. Wie schon bemerkt führt die Lieferung mangelhafter Ware nicht zur Konkretisierung der Schuld auf eben das gelieferte Stück, § 243 I BGB. Taucht ein Mangel auf, kann zwar der Käufer die Konkretisierung herbeiführen, indem er nicht etwa Ersatzlieferung mangelfreier Ware, sondern Reparatur des gelieferten Stückes verlangt.65 Fordert der Käufer aber Ersatzlieferung, trägt der Verkäufer nach wie vor das Beschaffungsrisiko.66 Scheitert also die fristgerechte Ersatzlieferung an typischen Beschaffungshindernissen, hat der Verkäufer dies zu vertreten.67 Im Hinblick auf die Reparatur schließlich kann sich der Verkäufer regelmäßig nicht mit dem Einwand entlasten, dazu fachlich nicht in der Lage zu sein. Vielmehr muss er dann einen sachverständigen Dritten, etwa

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Vgl. Leenen, Festschrift für Schirmer, S. 369, 379. Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 260. 66 U. Huber, Festschrift für Schlechtriem, S. 521, 532. 67 U. Huber, Festschrift für Schlechtriem, S. 521, 531; Bamberger/Roth/Faust, § 437 Rn. 84 und 98. 65

II. Die unterschiedliche Beurteilung des Vertretenmüssens

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eine Fachwerkstatt einschalten.68 Tut er das nicht, hat er die Nichtvornahme der Nacherfüllung ebenso zu vertreten wie im Übrigen gemäß § 278 BGB ein Verschulden des Dritten hinsichtlich Verzögerung oder Unzulänglichkeit der Reparatur. An all dem ändert nichts, dass der Verkäufer die Mangellieferung nicht zu vertreten hatte. Ebenso gibt es umgekehrt Fälle, in denen der Verkäufer nach § 276 BGB nur die Mangellieferung zu vertreten hat, nicht aber das Ausbleiben der Nacherfüllung. Aufgrund der spezifischen Eigenart der Kaufsache etwa vermag allein der Verkäufer höchstpersönlich die Reparatur vorzunehmen, woran er indes durch Krankheit gehindert ist.69 Hatte der Verkäufer den Mangel verschuldet, führt dies nicht etwa dazu, dass er deshalb auch die Nichtvornahme fristgerechter Nacherfüllung verschuldet hätte. Das Mangelverschulden ändert hier nichts daran, dass den Verkäufer an der Krankheit und damit an dem Umstand, der die fristgerechte Nacherfüllung verhindert, gerade kein Verschulden trifft. Diese Situation, dass der Verkäufer zwar die ursprüngliche Mangellieferung, nicht aber das Ausbleiben der Nacherfüllung nach § 276 BGB zu vertreten hat, kann auch beim Gattungskauf eintreten. Was nämlich das Beschaffungsrisiko hinsichtlich der Ersatzlieferung angeht, so wirkt sich dieses zwar dann, aber eben auch nur dann zu Lasten des Verkäufers aus, wenn gerade ein typisches Beschaffungshindernis die Nacherfüllung verzögert. Wie beim vollständigen Ausbleiben der ursprünglichen Lieferung sind auch hier zu Gunsten des Verkäufers die Grenzen des Beschaffungsrisikos zu beachten. Taucht also ein atypisches, von außerhalb des übernommenen Risikos herstammendes Hindernis auf, so hat der Verkäufer das dadurch bedingte Ausbleiben fristgerechter Nacherfüllung nicht zu vertreten. Beispielhaft zu nennen sind zum einen etwa Krankheit, unberechtigte Verhaftung oder plötzliche Ablehnung der Belieferung durch den Hersteller, zum anderen äußere Umstände wie Streik, Computervirus, Handelsembargo, Hochwasser etc.70 Wiederum ist auch offenkundig, dass ein Mangelverschulden des Verkäufers – er mag die beschaffte, zunächst mangelfreie Sache unsachgemäß gelagert haben – in diesen Fällen nicht etwa den Vorwurf begründen kann, der Verkäufer habe einen solchen späteren, mit dem Mangel in gar keinem Zusammenhang stehenden Umstand ebenfalls verschuldet. Mitunter kann es vorkommen, dass der Verschuldensvorwurf sich über den Mangel hinaus auf das Ausbleiben der Nacherfüllung erstreckt. So liegt es allerdings nur dort, wo ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Mangel auf der einen Seite und denjenigen Umständen auf der anderen besteht, die dem späteren Ausbleiben der Nacherfüllung zugrunde liegen.71 Zum Beispiel verursacht 68 69 70 71

U. Huber, Festschrift für Schlechtriem, S. 521, 529. Vgl. Schur, JA 2006, S. 223. Siehe nur Bamberger/Roth/Grüneberg, § 276 Rn. 42. Schmieder/Volz, JA 2005, S. 778, 779 f.

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§ 2 Grundlagen

der vom Verkäufer verschuldete Defekt der Bremsen einen Unfall, durch den der gekaufte Gebrauchtwagen einen Totalschaden erleidet, so dass die Behebung des Mangels nunmehr unmöglich ist. Aufgrund seines Verschuldens an dem Bremsdefekt hat der Verkäufer hier den Unfall und damit die Unmöglichkeit der Nacherfüllung verschuldet. Außerhalb solcher Fälle führt ein Mangelverschulden aber nicht dazu, dass der Verkäufer zugleich auch das Ausbleiben der Nacherfüllung verschuldet hätte.

§ 3 Mögliche Antworten und die Auffassungen im Schrifttum Auf die Frage nach dem Bezugspunkt der Schadensersatzhaftung statt der Leistung gibt es vier denkbare Antworten: allein die Mangellieferung, allein das Ausbleiben der Nacherfüllung, beide kumulativ oder beide alternativ.72

I. Die Mangellieferung als alleiniger Bezugspunkt der Haftung Der auf den ersten Blick wohl am nächsten liegende Anknüpfungspunkt für den Schadensersatz statt der Leistung bei Sachmängeln ist der Sachmangel selbst. Den Bezugspunkt des Vertretenmüssens bildete dann allein die Lieferung der mangelhaften Sache, nicht das Ausbleiben der Nacherfüllung. In einem solchen Konzept haftete der Verkäufer auf Schadensersatz statt der Leistung nur dann, wenn er die Mangellieferung zu vertreten hat. Nahe liegend erscheint diese Lösung des Problems deshalb, weil man bei unbefangener Betrachtung annehmen sollte, dass die Haftung wegen Sachmängeln in eben diesem „namensgebenden“ Umstand, dem Mangel selbst, ihren Bezugspunkt findet. Das Gesetz führt denn auch den Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 281, 283, 311a BGB als Teil der „Rechte des Käufers bei Mängeln“ – so die Überschrift zu § 437 BGB –, während es Rechte des Käufers bei Ausbleiben der Nacherfüllung nirgends ausdrücklich erwähnt. 1. Zielsetzung der Schuldrechtsreform Zudem war es ein zentrales Anliegen der Schuldrechtsreform, einem Mangelverschulden des Verkäufers entgegen der bisherigen Rechtslage haftungsbegründende Bedeutung für den Schadensersatz statt der Leistung zu verschaffen. Diese Zielsetzung hatte indes weniger mit der neu geschaffenen Nacherfüllungspflicht als mit den Besonderheiten des alten Schuldrechts zu tun. So sah es der Reformgesetzgeber als wesentlichen Nachteil an, dass der Käufer bislang auf den Ersatz sog. Mangelfolgeschäden beschränkt sein sollte, wenn dem Verkäufer hinsichtlich des Mangels Fahrlässigkeit vorzuwerfen war.73 Diese jeden-

72 73

Vgl. Tiedtke/Schmitt, BB 2005, S. 615, 621. BT-Drucks. 14/6040, S. 87.

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§ 3 Mögliche Antworten und die Auffassungen im Schrifttum

falls von Rechtsprechung und herrschender Lehre angenommene Einschränkung der Ersatzpflicht wegen positiver Vertragsverletzung74 wollte der Gesetzgeber beseitigen und von nun an die Fahrlässigkeitshaftung auch auf den sog. Mangelschaden ausweiten.75 Es ging bei der Reform der Schadensersatzhaftung mithin gerade um eine neue Erfassung derjenigen Fälle, in denen ein Verschulden in Bezug auf den Mangel im Spiel ist. Vor diesem Hintergrund erschiene es nun merkwürdig, wenn die Mangellieferung nach Ansicht des Gesetzgebers gar nicht Bezugspunkt der neu konzipierten Haftung wäre. In der Tat gingen die Verfasser der Regierungsbegründung wohl davon aus, dass die Haftung sich allein auf die Mangellieferung beziehe. So soll mit der Reform keine unangemessene Verschärfung der Haftung verbunden sein, da „der Schadensersatzanspruch nicht entsteht, wenn der Verkäufer den Sachmangel (. . .) nicht zu vertreten hat.“76 Dies beim Wort genommen kann nur bedeuten, dass die Haftung in solchen Fällen ausscheiden muss, in denen der Verkäufer zwar das Ausbleiben der Nacherfüllung, nicht aber den Mangel selbst zu vertreten hat. Dennoch ergibt die Regierungsbegründung kein klares Bild. In anderem Zusammenhang liest man nämlich, der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung sei „davon abhängig, dass der Schuldner schuldhaft nicht leistet oder nicht nacherfüllt.“77 Dieses „oder“ deutet darauf hin, dass die Haftung wahlweise auf den Mangel oder eben, sofern der Verkäufer diesen nicht zu vertreten hat, auf die Nichtvornahme der Nacherfüllung zu beziehen ist.78 Weg von dem Mangel als einzig relevanten Bezugspunkt der Haftung führt auch die Äußerung, die Einführung eines Anspruchs auf Nacherfüllung verlange eine Sanktion, wenn der Verkäufer die Nacherfüllung verzögert und dies von ihm zu vertreten ist.79 Zwar wird als Sanktion dann nur der Ersatz des Verzögerungsschadens gemäß den §§ 280 II, 286 BGB und nicht auch der Schadensersatz statt der Leistung thematisiert. Wenn demnach aber die Nacherfüllung eine Pflicht sein soll, die Gegenstand des Verzuges nach § 286 BGB ist, dann müsste sie doch eine Leistungspflicht sein und den für solche Pflichten geltenden Regeln insgesamt unterliegen, mithin auch Gegenstand und Bezugspunkt der Schadensersatzhaftung statt der Leistung sein können. Die Zielsetzung der Reform, die Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung zu erweitern, mag also ebenso wie manche Aussage der Regierungsbegründung den Schluss nahe legen, dass in der Vorstellung des Gesetzgebers der Mangel

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Nachweise zum Meinungsstand bei Soergel/Huber, vor § 459 Rn. 51 ff. BT-Drucks. 14/6040, S. 210, 226. 76 BT-Drucks. 14/6040, S. 209 f. (Hervorhebung nicht im Original); eine ähnliche Aussage findet sich auch auf S. 226 im Zusammenhang mit der Beweislastverteilung. 77 BT-Drucks. 14/6040, S. 140 (Hervorhebung nicht im Original). 78 Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht Rn. 542. 79 BT-Drucks. 14/6040, S. 225. 75

I. Die Mangellieferung als alleiniger Bezugspunkt der Haftung

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den Bezugspunkt auch der neu geordneten Haftung bilden sollte. Aufgrund der sich insgesamt widersprechenden Hinweise der Regierungsbegründung dürfte es gleichwohl nicht angehen, den Gesetzgeber als Vertreter einer bestimmten Position zu bezeichnen oder auch nur als argumentative Stütze, gleich für welche Lösung, heranzuziehen.80 2. Denkbare Begründung In der Literatur sucht man vergeblich nach Stimmen, die ausdrücklich allein den Mangel und ausdrücklich nicht das Ausbleiben der Nacherfüllung zum maßgeblichen Ansatzpunkt der Haftung erklären. Bisweilen findet sich zwar die Aussage, der Verkäufer müsse die Lieferung der mangelhaften Sache zu vertreten haben.81 Indes wird diese Ansicht weder begründet noch zu anderen Auffassungen abgegrenzt, so dass nicht klar ist, ob es sich wirklich um Stellungnahmen zur Frage des Bezugspunktes der Haftung handelt. Argumente, die für die Mangellieferung als Bezugspunkt der Haftung sprechen, sind aber durchaus zu finden. Als Ausgangspunkt einer möglichen Begründung springt § 280 III BGB ins Auge. Demnach kann der Käufer Schadensersatz statt der Leistung nur unter den gegenüber § 280 I BGB zusätzlichen Voraussetzungen der §§ 281, 283 BGB verlangen. Dies kann man so verstehen, dass das Ausbleiben der Nacherfüllung – bis Fristablauf oder wegen Unmöglichkeit – in den §§ 281, 283 BGB etwas anderes darstellen muss als die Pflichtverletzung in § 280 I BGB.82 Gehörten nämlich Unmöglichkeit und Fristablauf schon selbst zur Pflichtverletzung in § 280 I BGB, könnten sie nicht mehr gemäß § 280 III BGB etwas zu ihr „Zusätzliches“ sein. Schieden damit die Nichtvornahme fristgerechter Nacherfüllung wie die Unmöglichkeit der Nacherfüllung als Pflichtverletzung in § 280 I 1 BGB und damit als Bezugspunkt des Vertretenmüssens in § 280 I 2 BGB aus, bliebe nur die Mangellieferung übrig, diese Rolle zu übernehmen. In einem solchen Konzept tauchen zwei Fragen auf. Unklar ist zunächst die Funktion von Unmöglichkeit und Nichtvornahme fristgerechter Nacherfüllung. Haftungsgrund können sie nicht sein, wenn sie wie zuvor beschrieben nicht die

80 Anders offenbar Tiedtke (Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht Rn. 542), der den Willen des Gesetzgebers – wegen der oben bei Fn. 77 zitierten Stelle aus der Regierungsbegründung – als Argument für eine wahlweise Haftungsbegründung ins Feld führt. 81 Etwa P. Huber in: P. Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, Kap. 13 Rn. 111; Haas, in: Haas/Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland, Das neue Schuldrecht, Kap. 5 Rn. 224 f.; HK-BGB/Saenger, § 437 Rn. 7. 82 Vgl. Korenke, Fälle zum reformierten Schuldrecht, S. 48, der freilich die Haftung aus den §§ 281, 283 BGB in doppeltem Bezug sieht, in Sachmängelfällen also wohl davon abhängig macht, dass der Verkäufer sowohl den Mangel als auch das Ausbleiben der Nacherfüllung zu vertreten hat, dazu unten III.

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§ 3 Mögliche Antworten und die Auffassungen im Schrifttum

von § 280 I BGB angesprochenen Pflichtverletzungen sind. Sie bilden aber nach § 280 III BGB die zusätzlichen, ihn von anderen Schadensersatzarten abhebenden Voraussetzungen des Schadensersatzes statt der Leistung. Dessen Besonderheit könnte daher ihre spezielle Aufgabe erklären. Der Schadensersatz statt der Leistung steht in einem Alternativverhältnis zur Nacherfüllung. Der Käufer kann nur entweder Nacherfüllung oder deren Wert als Schadensersatz statt der Leistung verlangen, nicht beides. Andernfalls erhielte der Käufer die mangelfreie Sache gleichsam doppelt, einmal „in natura“ im Wege der Nacherfüllung und einmal in Geld im Wege des Schadensersatzes.83 Die Voraussetzungen des Schadensersatzes statt der Leistung müssen deshalb regeln, wann der Käufer Nacherfüllung und wann Geldersatz verlangen darf. § 281 I 1 BGB bestimmt, dass der Käufer, mag ihm Geldersatz eigentlich lieber sein, grundsätzlich zuerst Nacherfüllung fordern und dem Verkäufer hierfür Frist setzen muss. Insofern ließe sich das Ausbleiben der Nacherfüllung bei Fristende weniger als Haftungsgrund für den Verkäufer als vielmehr als Befreiungsgrund für den Käufer verstehen,84 weil dieser nämlich von nun an nicht mehr auf den Nacherfüllungsanspruch beschränkt ist. Ebenso die Unmöglichkeit der Nacherfüllung: Kann der Mangel ohnehin nicht durch Nacherfüllung behoben werden, darf der Verkäufer gemäß § 283 BGB85 sofort statt der Nacherfüllung Schadensersatz verlangen, vorausgesetzt, dass der Verkäufer den Mangel zu vertreten hat. Ein zweiter klärungsbedürftiger Punkt betrifft die Rolle der Nacherfüllungspflicht. Denkt man an den oben erwähnten Satz aus der Regierungsbegründung, die Einführung eines Anspruchs auf Nacherfüllung verlange eine Sanktion, wenn der Verkäufer die Nacherfüllung verzögert und dies von ihm zu vertreten ist,86 so fällt auf: Das vom Verkäufer zu vertretende Ausbleiben der Nacherfüllung wird, wenn die Mangellieferung den alleinigen Bezugspunkt der Haftung bilden soll, eben nicht sanktioniert, jedenfalls nicht mit dem Schadensersatz statt der Leistung. Dieser schiede ja aus, wenn der Verkäufer nur die Nichtvornahme oder die Unmöglichkeit der Nacherfüllung zu vertreten hat, nicht aber die zum einzigen Bezugspunkt der Haftung erhobene Mangellieferung. Man könnte immerhin überlegen, ob der Ersatz des Verzögerungsschadens nach den §§ 280 II, 286 BGB als Sanktion in Betracht kommt. Doch wäre – wie bereits angedeutet – schwer verständlich, warum die Nacherfüllung zwar Gegenstand des Anspruchs aus den §§ 280 II, 286 BGB sein kann, nicht aber des Anspruchs aus den §§ 280 III, 281 BGB. Konsequenterweise müsste man daher die Nacherfüllungspflicht wohl als eine solche Pflicht verstehen, deren Nicht83

Siehe dazu bereits oben § 2 I. 2. In Anlehnung an Jakobs, Unmöglichkeit und Nichterfüllung, S. 73. 85 Oder gemäß § 311a II BGB, wenn der Mangel schon bei Vertragsschluss unbehebbar war. 86 BT-Drucks. 14/6040, S. 225; oben bei Fn. 79. 84

II. Das Ausbleiben der Nacherfüllung

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erfüllung überhaupt keine Schadensersatzhaftung auslöst. Die Nacherfüllungspflicht geriete damit in die Nähe einer bloßen Obliegenheit des Verkäufers:87 Typisch für diese Art von Verpflichtung ist gerade, dass ihre Missachtung keine Schadensersatzpflicht, sondern lediglich gewisse andere Rechtsnachteile zur Folge hat.88 So könnte man auch die Wirkungsweise einer schadensersatzlosen Nacherfüllungspflicht beschreiben. Ihre Verletzung bliebe ohne echte Sanktion, wäre aber insofern nachteilig für den Verkäufer, als er sich dann den weiteren Mängelrechten des Käufers ausgesetzt sähe – Rücktritt, Minderung und, so er den Mangel zu vertreten hat, Schadensersatz statt der Leistung –, Käuferrechten also, denen er allesamt durch erfolgreiche Nacherfüllung hätte entgehen können. Diese Situation fände durchaus ein gewisses Vorbild im alten Rechtszustand, nämlich in der bisherigen Behandlung von Fällen, in denen ein vorrangiger Nachbesserungsanspruch, den es im Gesetz ja nicht gab, vertraglich vereinbart wurde: Nahm der Verkäufer die vereinbarte Behebung des Mangels dann doch nicht vor, sollte dieses Unterlassen zwar zur Folge haben, dass die ursprünglichen Mängelrechte des Käufers – Wandelung oder Minderung – wiederauflebten, nicht aber selbst Grundlage eines Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung sein.89

II. Das Ausbleiben der Nacherfüllung als alleiniger Bezugspunkt der Haftung Wie die eben versuchsweise begründete Ansicht allein auf die Mangellieferung, so könnte man auch einzig auf das Ausbleiben der Nacherfüllung als Bezugspunkt der Haftung abstellen. Allein das Vertretenmüssen hinsichtlich der Gründe für das Ausbleiben der Nacherfüllung bestimmte dann über Haftung und Nichthaftung, während der Mangel selbst und die Frage, ob der Verkäufer diesen zu vertreten hat, keine Rolle spielten. 1. S. Lorenz Als entschiedenster Verfechter dieser Position kann S. Lorenz gelten.90 Hintergrund ist die Integration der Sachmängelhaftung in das allgemeine Leistungs87

Vgl. Baumann, AcP 187, S. 511, 520 f., der die Pflicht zu mangelfreier Leistung im alten Gewährleistungsrecht als Obliegenheit des Verkäufers deutete. 88 Vgl. nur Palandt/Heinrichs, vor § 241 Rn. 13. 89 Siehe U. Huber, Leistungsstörungen, Band II, § 45 II 2 (S. 424 f.). 90 Grundlegend NJW 2002, S. 2947 ff.; siehe auch ders., Karlsruher Forum 2005, S. 49 ff., 70 ff., 73 ff.; in diese Richtung schon ders. JZ 2001, S. 742, 744, S. Lorenz/ Riehm, Lehrbuch, Rn. 534 f., sowie Münch, Jura 2002, S. 361, 368. Ebenso Reischl, JuS 2003, S. 453, 455 ff.; Jaurnig/Berger, § 439 Rn. 7; Juris-PraxisKomm/Alpmann, § 281 Rn. 37, § 283 Rn. 11; Jauernig/Stadler, § 281 Rn. 12; Schmieder/Volz, JA 2005, S. 778, 780; Dauner-Lieb, Festschrift für Konzen, S. 63, 80 ff.; MünchKomm/

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§ 3 Mögliche Antworten und die Auffassungen im Schrifttum

störungsrecht. Die von der Schuldrechtsreform unternommene Anbindung der Sachmängelhaftung an das allgemeine Leistungsstörungsrecht bedeutet, dass die Mangelleistung nunmehr gleich der Nichtleistung mit den Mitteln des allgemeinen Schuldrechts behandelt wird. Die Pflicht zu mangelfreier Leistung kann wegen Unmöglichkeit ausgeschlossen sein, § 275 BGB, die Mangelleistung führt zur Anwendung der §§ 280 ff., 311a II, 323 ff. BGB. Diese Situation nutzt Lorenz zu folgender Überlegung. Wenn die Mangelleistung denselben Regeln unterliege wie die Nichtleistung, dann könne sie ebenso wie jene nur zwei denkbare Gründe haben: Entweder dem Verkäufer sei die Lieferung einer mangelfreien Sache unmöglich oder er verzögere die durchaus mögliche Lieferung einer mangelfreien Sache.91 S. Lorenz nennt das „qualitative Unmöglichkeit“ und „qualitative Verspätung“.92 Die mangelhafte Leistung ist mit S. Lorenz jetzt nicht mehr eine Haftungskategorie neben Unmöglichkeit und Verzögerung der Leistung, sondern ein Unterfall von Unmöglichkeit und Verzögerung der Leistung. Sachmängelgewährleistung sei, wie S. Lorenz sagt, immer entweder „Unmöglichkeitsrecht“ oder „Verspätungsrecht“,93 und nicht, wie man hinzufügen möchte, „Sachmängelrecht“. Daraus ergibt sich dann S. Lorenz’ Konzeption der Schadensersatzhaftung. Stelle die Mangelleistung lediglich einen Unterfall von Unmöglichkeit und Verzögerung der Leistung dar, so könne in ihr gegenüber diesen Kategorien keine eigenständige Pflichtverletzung liegen. Das betreffe zwar nicht den Schadensersatz neben der Leistung, wo das Schicksal der Leistung, deren Möglichkeit oder Unmöglichkeit, regelmäßig nicht von Belang ist. Dort könne die ursprüngliche Lieferung der mangelhaften Sache durchaus die haftungsbegründende Pflichtverletzung darstellen.94 Anders aber beim Schadensersatz statt der Leistung: Hier hänge die Anwendung von § 281 BGB, § 283 BGB oder § 311a II BGB davon ab, ob der Mangel noch behebbar ist oder nicht, bzw. davon, wann die Unbehebbarkeit des Mangels eingetreten ist. Das Vertretenmüssen sei daher nicht in Bezug auf den Mangel, sondern auf seine Nichtbehebung zu beurteilen.95 War die Behebung des Mangels im Wege der Nacherfüllung noch möglich, so laute im Rahmen von § 281 BGB die entscheidende Frage, ob der VerWestermann, § 437 Rn. 24; nur für § 283 BGB auch: Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, Rn. 528 ff.; Tiedtke/Schmitt, BB 2005, S. 615, 620 f.; Hirsch, Jura 2003, S. 289, 295 f. 91 NJW 2002, S. 2497 (linke Spalte). 92 NJW 2002, S. 2497 f. Der Begriff „qualitative Unmöglichkeit“ oder auch „teilweise Unmöglichkeit in Bezug auf die Qualität“ hat eine lange, mindestens bis F. Mommsen zurückreichende Tradition und spielte später eine wichtige Rolle in der Kontroverse um die Berechtigung der positiven Vertragsverletzung (PVV), vgl. U. Huber, Leistungsstörungen I, § 3 II 3 c (S. 85 ff.), Chiusi, Jura 2003, S. 217, 220. 93 NJW 2002, S. 2498 (linke Spalte). 94 NJW 2002, S. 2500; Karlsruher Forum 2005, S. 51. 95 NJW 2002, S. 2501; ebenso Karlsruher Forum 2005, S. 70 ff.

II. Das Ausbleiben der Nacherfüllung

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käufer die Gründe zu vertreten hat, die zur Nichtvornahme fristgerechter Nacherfüllung geführt haben.96 Handelt es sich um einen unbehebbaren Mangel, so bilde die Unmöglichkeit der Nacherfüllung den Bezugspunkt des Vertretenmüssens. Im Rahmen von § 283 BGB hafte der Verkäufer also auf Schadensersatz statt der Leistung, sofern er die Umstände zu vertreten hat, die zur nachträglichen Unmöglichkeit der Nacherfüllung geführt haben, während die Haftung im Rahmen von § 311a II 2 BGB davon abhänge, ob der Verkäufer die anfängliche Unbehebbarkeit des Mangels kannte oder seine Unkenntnis hiervon zu vertreten hat.97 In allen diesen Fällen komme es dagegen nicht darauf an, ob der Verkäufer den Mangel zu vertreten hat oder nicht.98 2. Schur Neben S. Lorenz vertritt namentlich Schur die Auffassung, den Bezugspunkt der Schadensersatzhaftung statt der Leistung bilde allein das Ausbleiben der Nacherfüllung. Ausgangspunkt seiner Thesen zum Leistungsstörungsrecht ist Schurs Überzeugung gemeinsamer Grundlagen von deliktischer und vertraglicher Haftung.99 Beide Haftungsbereiche sind für ihn vergleichbar unter anderem in ihrem Bezug auf fest umrissene, nach außen erkennbare Tatbestände. Im Deliktsrecht seien dies in erster Linie die Rechte und Rechtsgüter des § 823 I BGB. In Bezug auf sie könne das Verhalten des mutmaßlichen Deliktstäters als rechtswidrig bewertet werden. In gleicher Weise sei nun im vertraglichen Haftungsrecht die Haftung auf gesetzlich typisierte, nach außen offenkundige Tatbestände bezogen, nämlich auf die Herbeiführung der nachträglichen Unmöglichkeit und auf den Verzug des Schuldners.100 Die Qualifizierung des Schuldnerverhaltens als tatbestandsmäßige Leistungspflichtverletzung erfolge zum einen in Bezug auf das äußere Ereignis der Unmöglichkeit.101 Das systematische Pendant zu diesem nach außen erkennbaren Ereignis sei im Falle der Verzögerung der Leistung die Mahnung, daneben auch deren Substitute wie etwa das Verstreichen einer für die Leistung nach dem Kalender bestimmten Zeit.102 In diesem Rahmen und in Bezug auf diese äußeren Ereignisse könne das Verhalten des Schuldners als rechtswidrig und somit insgesamt als Leistungspflichtverletzung bewertet werden.

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NJW 2002, S. 2503. NJW 2002, S. 2501. 98 NJW 2002, S. 2501, 2503. 99 Leistung und Sorgfalt, S. 3, 71. 100 Leistung und Sorgfalt, S. 3 und S. 74 f. 101 Leistung und Sorgfalt, S. 74. 102 Leistung und Sorgfalt, S. 75 und S. 88 f. 97

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§ 3 Mögliche Antworten und die Auffassungen im Schrifttum

Konsequenzen hat dies zunächst für die Haftung bei Nichtleistung. Nach Schur stellt die bloße Nichtleistung bei Fälligkeit keine relevante Pflichtverletzung dar.103 Die Nichtleistung bei Fälligkeit sei kein dergestalt nach außen offenkundiges Ereignis, dass sie die an den Begriff der Pflichtverletzung zu stellende Aufgabe – die Umschreibung rechtswidrigen Verhaltens des Schuldners im Rahmen eines fest umrissenen Tatbestandes – erfüllen könnte. Vielmehr müsse die bloße Nichtleistung bei Fälligkeit noch durch ein äußeres Ereignis zu einer Leistungspflichtverletzung qualifiziert werden, eben durch Unmöglichkeit, Mahnung etc.104 Schur begreift allein diese Fälle als Leistungspflichtverletzung, die bloße Nichtleistung bei Fälligkeit dagegen als der Pflichtverletzung vorgelagert.105 Diese Konzeption der Haftung entwickelte Schur noch unter Geltung des alten Schuldrechts.106 Die soeben dargestellten Grundsätze sind aber durchaus von gewissermaßen „zeitlosem“ Charakter, und Schur überträgt sie denn auch auf das reformierte Gesetz.107 Angleichungen muss er nur in Hinsicht auf die Verzögerung der Leistung vornehmen, nachdem im Zuge der Schuldrechtsreform der Schadensersatz statt der Leistung vom Verzug abgekoppelt wurde. § 281 BGB verlangt eine Nachfrist und deren erfolglosen Ablauf, nicht mehr, wie noch die §§ 286 II, 326 BGB a. F., Verzug des Schuldners. Das äußere Ereignis, das in § 281 BGB die Verzögerung der Leistung zur Leistungspflichtverletzung qualifiziert, liegt für Schur nunmehr im erfolglosen Fristablauf.108 Während also im Falle der §§ 280 II, 286 BGB das Schuldnerverhalten nach wie vor durch die Nichtleistung trotz Mahnung zur Leistungspflichtverletzung qualifiziert werde, geschehe dasselbe in § 281 BGB durch die Nichtleistung trotz Fristablauf. Nur auf die Nichtleistung trotz Fristablauf – keinesfalls auf die ursprüngliche Nichterfüllung bei Fälligkeit – sei dann auch das Verschulden109 zu beziehen.110 103

Leistung und Sorgfalt, S. 3, S. 48 ff. und öfter. Leistung und Sorgfalt, S. 74 f. 105 Ähnlich Eike Schmidt, Schuldverhältnis, Rn. 201 f.; Oechsler, Vertragsrecht, Rn. 150. 106 „Leistung und Sorgfalt“ erschien im Jahre 2001. Schur behandelt darin (S. 75 ff.) zwar den Entwurf der Schuldrechtskommission aus dem Jahre 1992, konnte den Diskussionsentwurf eines Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes aus dem Jahre 2000 aber weitgehend nur noch in Fußnoten einbeziehen, vgl. das Vorwort zu „Leistung und Sorgfalt“. 107 In Schapp/Schur, Einführung in das Bürgerliche Recht, Rn. 271 ff.; Schur, JA 2006, S. 223, 226 ff. 108 Schapp/Schur, Einführung in das Bürgerliche Recht, Rn. 286 und 290; andeutungsweise schon Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 78, mit Blick auf den Kommissionsentwurf. 109 Schurs Konzept gilt der Verschuldenshaftung, nicht anderen Formen des Vertretenmüssens. 110 Ebenso Reichenbach, Jura 2003, S. 517 f. (in Anlehnung an Schur); im Ergebnis auch Jauernig/Stadler, § 281 Rn. 12; Palandt/Heinrichs, § 281 Rn. 16: Die Nicht104

II. Das Ausbleiben der Nacherfüllung

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Ausgehend von diesem Verständnis der §§ 280 I, III, 281, 283 BGB ist es dann nur noch ein kleiner Schritt hin zu einem Konzept, in dem das Ausbleiben der Nacherfüllung den allein entscheidenden Bezugspunkt des Schadensersatzes statt der Leistung bei Sachmängeln bildet. Man muss lediglich die für die Nichtleistung entwickelten Grundsätze auf die mangelhafte Leistung übertragen, mit anderen Worten: die Nichtleistung bei Fälligkeit und die ursprüngliche Mangellieferung gleichsetzen: Gleich der Nichtleistung bei Fälligkeit sei die ursprüngliche Lieferung der mangelhaften Sache ebenfalls noch der Pflichtverletzung vorgelagert.111 Eine Verletzung der Leistungspflicht könne demnach allein in der Herbeiführung der nachträglichen Unmöglichkeit der Nacherfüllung und in der Nichtvornahme der Nacherfüllung bis Fristablauf liegen.112 Das Verschulden sei also, ebenso wie in der oben dargestellten Konzeption von S. Lorenz, nicht auf die Mangellieferung, sondern auf die Unmöglichkeit der Nacherfüllung bzw. die Nichtvornahme fristgerechter Nacherfüllung zu beziehen. 3. Das verbindende Element der Konzeptionen von S. Lorenz und Schur Schur sowohl wie S. Lorenz setzen an bei den Kategorien Unmöglichkeit und Verzögerung der Leistung, mithin bei Kategorien aus dem Bereich der Nichtleistung, und übertragen das dort gefundene Haftungsmuster auf die mangelhafte Leistung. Auf diese Weise verliert die mangelhafte Leistung ihre Position als eigenständige Leistungsstörung neben Unmöglichkeit und Verzögerung. Beide Autoren behandeln die mangelhafte Leistung vielmehr als einen Unterfall der Nichtleistung, ja im Grunde als Nichtleistung. Die Nichterfüllung etwa der Pflicht zu Übergabe und Übereignung der Kaufsache (§ 433 I 1 BGB) einerseits und andererseits die Nichterfüllung der Pflicht, die Sache frei von Sachmängeln zu verschaffen (§ 433 I 2 BGB), gehorchen nach Lorenz und Schur ein und demselben Haftungsregime, demjenigen von Unmöglichkeit und Verzögerung der Leistung. Die mangelhafte Leistung wird so geradewegs zur Nichtleistung, nämlich zur Nichtleitung einer mangelfreien Sache. Während S. Lorenz diesen Vorgang durch die Begriffe „qualitative Unmöglichkeit“ und „qualitative Verzögerung“ schon terminologisch deutlich zum Ausdruck bringt, wird er bei Schur erst auf den zweiten Blick sichtbar. Schur kennt eigentlich neben der erfüllung bei Fälligkeit sei zwar eine Pflichtverletzung, entscheidend für das Vertretenmüssens aber der Zeitpunkt des Fristablaufs. 111 Reichenbach, Jura 2003, S. 512, 519: „Für § 281 BGB liegt die maßgebliche Pflichtverletzung ebenso wenig in der Schlechtleistung wie sie in der Nichtleistung trotz Fälligkeit besteht.“ 112 So Schur, ZGS 2002, S. 243; Schapp/Schur, Einführung in das Bürgerliche Recht, Rn. 291 ff.; Schur, JA 2006, S. 223, 228; Reichenbach, Jura 2003, S. 512, 518 f.

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§ 3 Mögliche Antworten und die Auffassungen im Schrifttum

Herbeiführung der Unmöglichkeit und der durch Mahnung oder Fristablauf qualifizierten Verzögerung noch einen dritten Typ von Leistungspflichtverletzung, und zwar die sog. Schlechtleitung, namentlich also eben die mangelhafte Leistung.113 Es scheint daher zunächst so, als ob Schur die mangelhafte Leistung etwa in § 281 I 1 Alt. 2 BGB als eigenständige Haftungskategorie verstünde. Aber: „Bei genauerer Betrachtung resultiert auch dieser Anspruch aus einer Verzögerung der Leistung, nämlich der Verzögerung der Nacherfüllung nach Erbringung einer nur mangelhaften Leistung. § 281 I 1 2. Alt stellt damit einen Spezialfall der in § 281 I 1 1. Alt geregelten Verzögerung der Leistung dar.“114 Ebenso beruhe die Haftung in § 283 BGB nicht auf der Lieferung mangelhafter Ware, sondern auf der Herbeiführung der nachträglichen Unmöglichkeit der Nacherfüllung.115 Schur versteht also, wie S. Lorenz, die Haftung auf Schadensersatz statt der Leistung bei Sachmängeln nicht als Haftung wegen des Mangels, sondern, entsprechend der Situation bei Nichtleistung, als Haftung wegen (Herbeiführung der) Unmöglichkeit und wegen Verzögerung der Leistung, sprich: wegen Unmöglichkeit und Verzögerung der Nacherfüllung.

III. Zweifaches Vertretenmüssen Eine weitere denkbare Auffassung ist, die Ersatzpflicht von einem doppelten Vertretenmüssen des Verkäufers abhängig zu machen. Die Schadensersatzhaftung statt der Leistung träte dann nur unter der Voraussetzung ein, dass der Verkäufer sowohl die ursprüngliche Mangellieferung als auch das spätere Ausbleiben der Nacherfüllung zu vertreten hat.116 Auch der Weg zu diesem Standpunkt könnte von einem bestimmten Haftungsmuster bei Nichtleistung ausgehen und dann in der Anwendung dieses Musters auf die Mangelleistung liegen. Man müsste dafür allerdings die Ausgangsposition – die Haftung bei Nichtleistung – anders strukturieren als Schur es tut: Der nichtleistende Schuldner dürfte entgegen Schur nur dann auf Schadensersatz statt der Leistung haften, wenn er nicht lediglich die spätere Unmöglichkeit oder den späteren erfolglosen Fristablauf, sondern eben auch schon die ursprüngliche Nichtleistung bei Fälligkeit zu vertreten hat. Ein solches Haftungsmodell entwirft Korenke.117 Er findet dafür zwei gesetzliche Anhalts113 Leistung und Sorgfalt, S. 3; Schapp/Schur, Einführung in das Bürgerliche Recht, Rn. 272, 291 ff. 114 Schapp/Schur, Einführung in das Bürgerliche Recht, Rn. 294; ebenso Schur, JA 2006, S. 223, 228. 115 Schur, ZGS 2002, S. 243. 116 So für behebbare Mängel Hirsch, Jura 2003, S. 289, 292 ff.; für die Nichtleistung Korenke, Fälle zum reformierten Schuldrecht, S. 44 ff., dazu sogleich im Text. 117 Fälle zum reformierten Schuldrecht, S. 44 ff., insbesondere S. 48 f. und S. 56 f.

III. Zweifaches Vertretenmüssen

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punkte, und zwar zum einen die Zurückverweisungen auf § 280 I BGB in den §§ 281, 283 BGB, zum anderen die Aussage von § 280 III BGB: Gemäß dieser Norm haftet der Schuldner auf Schadensersatz statt der Leistung nur unter den gegenüber § 280 I BGB zusätzlichen Voraussetzungen der §§ 281, 283 BGB. Korenke folgert daraus, dass die Unmöglichkeit in § 283 BGB und der erfolglose Fristablauf in § 281 I 1 BGB von der Pflichtverletzung in § 280 I BGB unterschieden werden müssten. Andernfalls ließen sich Unmöglichkeit und Fristablauf nicht als etwas „Zusätzliches“ zur Pflichtverletzung von § 280 I BGB begreifen.118 Die Pflichtverletzung in § 280 I BGB könne deshalb nicht die Unmöglichkeit der Leistung oder deren Ausbleiben bei Fristablauf, sondern nur die schlichte Nichterfüllung bei Fälligkeit sein. Diese müsse der Schuldner nach § 280 I 2 BGB zu vertreten haben. Sollte das der Fall sein, kämen anschließend Unmöglichkeit oder Fristablauf als zusätzliche Voraussetzungen ins Spiel. In Bezug nunmehr auf Unmöglichkeit oder Fristablauf sei dann das Vertretenmüssen ein zweites Mal zu erörtern. Dies erschließt sich für Korenke aus den Zurückverweisungen auf § 280 I BGB in den §§ 281, 283 BGB („unter den Voraussetzungen von § 280 I“). Die entscheidende Erwägung dürfte dabei folgende sein:119 Die Voraussetzungen von § 280 I BGB, sprich: die zu vertretende Nichtleistung bei Fälligkeit, muss man mit Korenke bereits geprüft und bejaht haben, um über § 280 III BGB zu den §§ 281, 283 BGB gelangen zu können. Eine anschließende Zurückverweisung wieder auf § 280 I BGB mit dem Inhalt, dass die Haftung eben die zu vertretende Nichtleistung bei Fälligkeit voraussetze, wäre dann überflüssig.120 Die zu vertretende Nichtleistung bei Fälligkeit in § 280 I BGB ist ja für Korenke Bedingung dafür, überhaupt bis zu der Stelle des Gesetzes vorrücken zu können, von der aus dann auf § 280 I BGB zurückverwiesen wird. Einen sinnvollen, da eigenständigen Regelungsgehalt vermag man so betrachtet den Rückverweisungen der §§ 281, 283 BGB nur zu entnehmen, wenn dadurch die zusätzlichen Voraussetzungen der §§ 281, 283 BGB mit der in § 280 I BGB genannten Voraussetzung des Vertretenmüssens in Verbindung gebracht werden. Das Vertretenmüssen wäre daher infolge der Rückverweisungen ein zweites Mal zu prüfen, diesmal freilich in Bezug auf die gegenüber § 280 I BGB zusätzlichen Voraussetzungen der §§ 281, 283 BGB, also in Bezug auf Fristablauf bzw. Unmöglichkeit.

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Siehe schon oben I. 2. Korenke führt nicht im Einzelnen aus, warum die Zurückverweisungen der §§ 281, 283 BGB ergeben sollen, dass das Vertretenmüssen erneut und nun in Bezug auf Unmöglichkeit und Fristablauf zu prüfen sei. 120 Siehe auch von Wilmowsky, JuS 2002, Beilage zu Heft 1, S. 4: „unsinniger Verweisungskreislauf“. 119

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§ 3 Mögliche Antworten und die Auffassungen im Schrifttum

Korenke überträgt dieses Modell nicht ausdrücklich auf die mangelhafte Leistung.121 Es liegt aber auf der Hand, wie eine solche Übertragung aussähe. Wiederum wären, wie bei Schur, die ursprüngliche Nichtleistung bei Fälligkeit und die ursprüngliche Mangelleistung auf eine Stufe zu stellen, diesmal freilich mit der Folge, dass die Haftung bei mangelhafter Leistung ein Vertretenmüssen des Mangels gerade voraussetzt. Das mangelbezogene Vertretenmüssen allein reichte dann aber noch nicht aus, um die Ersatzpflicht des Verkäufers auszulösen. Vielmehr müsste der Verkäufer auch noch die spätere Unmöglichkeit der Nacherfüllung oder die spätere Nichtvornahme fristgerechter Nacherfüllung zu vertreten haben. Weitgehend auf diese Weise strukturiert Hirsch die Haftung des Verkäufers bei Mangelleistung.122 Auch er argumentiert mit der Zurückverweisung auf § 280 I BGB, jedenfalls mit derjenigen in § 281 I 1 BGB. Anders als Korenke, der daraus das Erfordernis eines zweiten Vertretenmüssens folgert, sieht Hirsch in der Zurückverweisung aber bereits die Begründung dafür, dass der Mangel selbst den ersten Bezugspunkt der Haftung bilden muss. Die zurückverweisenden Worte „unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1“ bezögen sich nämlich grammatisch innerhalb von § 281 I 1 BGB auf die Worte „nicht wie geschuldet erbringt“.123 Die „nicht wie geschuldet“ erbrachte Leistung, mithin die ursprüngliche mangelhafte Leistung, müsse sich deshalb als eine Pflichtverletzung nach § 280 I 1 BGB darstellen, die vom Verkäufer nach § 280 I 2 BGB zu vertreten ist. Das Vertretenmüssen sei also immer zunächst einmal auf den Mangel zu beziehen.124 Hirsch erörtert dann zwei Fallkonstellationen, die deutlich machen, dass er zusätzlich noch ein weiteres Vertretenmüssen für erforderlich hält. Es geht zum einen um den Fall, in dem der Verkäufer zwar den Mangel nicht zu vertreten hatte, im weiteren Verlauf aber schuldhaft die fristgerechte Nacherfüllung unterlässt. Hirsch lehnt hier eine Haftung des Verkäufers auf Schadensersatz statt der Leistung ab: Ein Verschulden bei der Nacherfüllung könne das erforderliche Vertretenmüssen bei der ursprünglichen mangelhaften Lieferung nicht ersetzen.125 Das gleiche Ergebnis findet Hirsch auch für den umgekehrten Fall, in dem den Verkäufer durchaus ein Verschulden hinsichtlich des Mangels trifft, dann aber die Nacherfüllung vor Ende der gesetzten Frist aus vom Verkäufer 121 Korenke behandelt keinen Fall, in dem es um die Haftung auf Schadensersatz statt der Leistung bei Sachmängeln ginge. 122 Jura 2003, S. 289, 292 ff. 123 Da in den §§ 311a, 283 BGB die „nicht wie geschuldet“ erbrachte Leistung nicht genannt wird, bezieht Hirsch (Jura 2003, S. 289, 295 ff.) dort das Vertretenmüssen im Anschluss an S. Lorenz (NJW 2002, S. 2497 ff.) allein auf die Unmöglichkeit der Nacherfüllung, Jura 2003, S. 295 ff. 124 Jura 2003, S. 293. 125 Jura 2003, S. 293 f. mit Fn. 57.

IV. Mangellieferung und Ausbleiben als alternative Bezugspunkte der Haftung 47

nicht zu vertretenden Gründen unmöglich wird.126 Die Ersatzpflicht des Verkäufers entfalle hier, weil sein Vertretenmüssen am Ende der Frist nicht mehr fortbestehe.127 In diesem Argument dürfte der vielleicht entscheidende Aspekt der Auffassung Hirschs zum Ausdruck kommen: Er versteht offensichtlich – indem er den Fortbestand des Vertretenmüssen bis hin zum Fristablauf verlangt – die mangelhafte Leistung als einen zeitlich gestreckten Haftungstatbestand, dessen Anfang sowohl wie dessen Ende der Verkäufer zu vertreten haben muss.

IV. Mangellieferung und Ausbleiben der Nacherfüllung als alternative Bezugspunkte der Haftung Denkbar ist schließlich, die Haftung auf Schadensersatz statt der Leistung alternativ zu begründen, das heißt: wahlweise auf die ursprüngliche Mangellieferung oder auf das Ausbleiben der Nacherfüllung zu stützen. Ebenso wie in dem zuvor dargestellten Konzept fänden auch hier beide potentiellen Bezugspunkte des Vertretenmüssens ihren Platz, anders als dort aber nicht im Sinne von „sowohl – als auch“, sondern im Sinne von „entweder – oder“. Der Verkäufer haftete also bereits dann auf Schadensersatz statt der Leistung, wenn er nur eins von beidem, entweder die ursprüngliche Mangellieferung oder das Ausbleiben der Nacherfüllung, zu vertreten hat.128 1. Handlungseinheit oder zwei selbständige Pflichtverletzungen Ein möglicher Weg zu einer solchen Haftungskonzeption ist im Ausgangspunkt durchaus vergleichbar mit der oben beschriebenen Sichtweise Hirschs. Namentlich Otto stellt, ähnlich wie Hirsch auch, auf den Zeitraum von der ur126 Hirsch behandelt also offenbar die zwischen Lieferung und Fristablauf eintretende Unmöglichkeit der Nacherfüllung als einen Fall von § 281 BGB, nicht als Fall von § 283 BGB. 127 Jura 2003, S. 293 rechte Spalte. 128 So Bamberger/Roth/Faust, § 437 Rn. 43, 65 ff.; U. Huber, Festschrift für Schlechtriem, S. 521, 527 ff.; Fest, Jura 2005, S. 734, 737; Staudiger/Otto, § 280 D 10 ff.; Palandt/Weidenkaff, § 437 Rn. 37; AnwK-BGB/Dauner-Lieb, § 280 Rn. 37 (anders nunmehr dies., Festschrift für Konzen, S. 63, 80 ff.: Ausbleiben der Nacherfüllung als alleiniger Bezugspunkt); Looschelders, Schuldrecht AT, Rn. 609; Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 4 Rn. 84; Hellwege, Die §§ 280 ff. BGB, S. 28 f., 81 ff.; Braun, ZGS 2004, S. 423, 424 ff.; Systematischer Kommentar zum Kaufrecht/ Wolff, § 437 Rn. 64; Kaiser, in: Staudinger/Eckpfeiler, S. 295, 336 ff.; Beckmann, in: Staudinger/Eckpfeiler, S. 513, 546; Prütting/Wegen/Weinreich/Schmidt-Kessel, § 280 Rn. 17, § 281 Rn. 4; Brömmelmeyer, JZ 2006, S. 493, 497; Grunewald, Kaufrecht, § 9 Rn. 85; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, Rn. 538 ff., Tiedtke/Schmitt, BB 2005, S. 615, 620 ff. (jeweils nur für § 281 BGB; in § 283 BGB beziehen Tiedtke bzw. Tiedtke/Schmitt das Vertretenmüssen allein auf die Unmöglichkeit der Nacherfüllung). In Richtung einer alternativen Haftungsbegründung können auch die Thesen von Ehmann/Sutschet, JZ 2004, S. 62 ff. gedeutet werden, dazu unten IV. 2.

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§ 3 Mögliche Antworten und die Auffassungen im Schrifttum

sprünglichen Mangellieferung bis hin zum späteren Scheitern der Nacherfüllung ab. Otto sieht darin einen als Handlungseinheit zu verstehenden Prozess, der erst mit der endgültigen Schädigung des Käufers bei Fristablauf vollendet sei.129 Dieses Verständnis bedeutet indes für Otto, im Unterschied zu Hirsch, gerade nicht, dass der Verkäufer stets kumulativ sowohl Beginn als auch Schlusspunkt des Schädigungsvorgangs zu vertreten haben müsse. Vielmehr bildeten alle diejenigen Umstände gleichermaßen einen möglichen Bezugspunkt des Vertretenmüssens, die dazu geführt haben, dass der Verkäufer die Leistung bis Fristablauf nicht erbringt.130 Deshalb genüge einerseits schon das vom Verkäufer zu vertretende Scheitern der Nacherfüllung, um die Haftung auf Schadensersatz statt der Leistung auszulösen. Gelinge es dem Verkäufer jedoch, sich wegen der Nichtvornahme der Nacherfüllung zu entlasten, könne andererseits auch allein sein Verhalten im Zusammenhang mit der ursprünglichen Mangellieferung entscheidend sein. Denn der Verkäufer habe dadurch bereits die Ursache gesetzt für Unwägbarkeiten während der Nacherfüllung und müsse daher in der Verantwortung bleiben.131 Andere Autoren begreifen die ursprüngliche Mangellieferung und das spätere Ausbleiben der Nacherfüllung nicht als einheitlichen Schädigungsvorgang, sondern sehen dabei zwei selbständige Pflichtverletzungen am Werk.132 Jede der beiden Pflichtverletzungen kann nach dieser Auffassung als eigenständige Grundlage der Haftung und damit als Bezugspunkt des Vertretenmüssens fungieren. Während also Otto den Bezugspunkt der Haftung innerhalb des von ihm einheitlich gedachten Schädigungsprozesses variabel handhabt, teilen diese Autoren den Vorgang von vornherein in zwei Pflichtverletzungen, die dann wahlweise als Grundlage der Ersatzpflicht des Verkäufers herangezogen werden können. Im Ergebnis führen beide Vorstellungen zu einem Konzept der alternativen Haftungsbegründung. Gewisse Unterschiede bestehen aber in der Gesetzesanwendung. Otto hält bei behebbaren Mängeln immer § 281 I 1 2. Alt BGB für die zutreffende Anspruchsgrundlage, gleich ob der Verkäufer den Mangel oder die Nichtvornahme fristgerechter Nacherfüllung zu vertreten hat.133 Der Prozess von ursprünglicher Mangellieferung bis hin zum späteren Ausbleiben der Nacherfüllung stellt nach Ottos Meinung eben eine einzige Pflichtverletzung dar in Gestalt „nicht wie geschuldet“ erbrachter Leistung. Für diese Pflichtverletzung

129

In: Staudinger, § 280 D 11, 13; zustimmend Harke, ZGS 2006, S. 9, 10. Staudinger/Otto, § 280 D 11. 131 Staudinger/Otto, § 280 D 13. 132 So Bamberger/Roth/Faust, § 437 Rn. 43; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, Rn. 540; Tiedtke/Schmitt, DB 2005, S. 615, 622 f.; Braun, ZGS 2004, S. 423, 425; Hellwege, Die §§ 280 ff. BGB, S. 28; wohl auch U. Huber, Festschrift für Schlechtriem, S. 521, 527 ff. 133 In: Staudinger, § 280 D 13. 130

IV. Mangellieferung und Ausbleiben als alternative Bezugspunkte der Haftung 49

ist dann allein die zweite Alternative in § 281 I 1 BGB zuständig,134 mag dabei auch die Anbindung des Vertretenmüssens variieren, je nachdem, was der Verkäufer im Einzelfall nun tatsächlich zu vertreten hat. Verschiebt Otto auf diese Weise den Bezugspunkt des Vertretenmüssens innerhalb derselben Anspruchsgrundlage, so tauscht etwa Faust mit den seiner Ansicht nach selbständigen Pflichtverletzungen auch die Anspruchsgrundlage aus: Nur im Falle der ursprünglichen Mangellieferung gehe es um eine „nicht wie geschuldet“ erbrachte Leistung gemäß § 281 I 1 Alt. 2 BGB, beim späteren Unterlassen fristgerechter Nacherfüllung hingegen darum, dass der Verkäufer die geschuldete Leistung „nicht erbringt“ im Sinne von § 281 I 1 Alt. 1 BGB.135 Steht dagegen ein nachträglich unbehebbarer Mangel in Rede, so wechselt auch Faust je nach Lage des Falles lediglich den Bezugspunkt der Haftung innerhalb derselben Anspruchsgrundlage, nämlich innerhalb von § 283 BGB.136 § 283 BGB erwähnt ja, anders als § 281 I 1 BGB, die „nicht wie geschuldet“ erbrachte Leistung nicht ausdrücklich und kann insofern auch nicht ohne weiteres in zwei Anspruchsgrundlagen aufgeteilt werden. Im praktischen Ergebnis spielen diese Unterschiede aber allesamt keine Rolle. Otto wie Faust stützen die Haftung bei behebbaren wie bei unbehebbaren Mängeln alternativ auf die ursprüngliche Mangellieferung oder auf das Ausbleiben der Nacherfüllung. 2. Ehmann/Sutschet Ein ganz eigenes System der Schadensersatzhaftung bei Sachmängeln errichten Ehmann und Sutschet.137 Wenn ihre Konzeption hier unter dem Stichwort der alternativen Haftungsbegründung oder überhaupt als Beitrag zum Thema des Bezugspunktes der Haftung beschrieben wird, so mag dies auf den ersten Blick verwundern. Ehmann/Sutschet machen die Frage nach dem Bezugspunkt des Vertretenmüssens nämlich weitgehend – im Bereich mit finanziellen Mitteln behebbarer Mängel – überflüssig. Ihrer Ansicht nach haftet der Verkäufer bei Ausbleiben der an sich möglichen Nacherfüllung immer auf Schadensersatz statt der Leistung, ohne dass es dabei auf irgendein Vertretenmüssen ankäme. Bestimmt der Käufer dem Verkäufer eine Frist zur noch möglichen Behebung des Mangels, kann er mit Ehmann/Sutschet nach erfolglosem Fristablauf Scha134 Und zwar auch dann, wenn die Nacherfüllung unmöglich wird, vgl. Staudinger/ Otto, § 280 D 13, wo Otto die vor Ablauf der Nachfrist eintretende Unmöglichkeit der Nacherfüllung zu § 281 I 1 BGB rechnet und nicht zu § 283 BGB (anders freilich § 281 C 5); ebenso Hirsch (Jura 2003, S. 289, 293), siehe oben Fn 126. Vgl. auch Hellwege (Die §§ 280 ff. BGB, S. 81 ff.): § 281 BGB und § 283 BGB seien bei nicht zu vertretender Unmöglichkeit der Nacherfüllung nebeneinander anwendbar. 135 In: Bamberger/Roth, § 437 Rn. 90. 136 In: Bamberger/Roth, § 437 Rn. 109. 137 JZ 2004, S. 62 ff.; Modernisiertes Schuldrecht, S. 41 ff., 61 ff.

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§ 3 Mögliche Antworten und die Auffassungen im Schrifttum

densersatz statt der Leistung verlangen. Dieser Anspruch sei kein verschuldensabhängiger Schadensersatzanspruch, sondern eine Garantiehaftung, die nichts anderes voraussetze, als dass der Käufer die geschuldete Nachleistung (Nachbesserung oder Ersatzlieferung) nicht fristgerecht erhält.138 a) Garantiehaftung bei behebbaren Mängeln Ehmann/Sutschet begründen dies vordergründig damit, dass jedem Leistungsversprechen eine Garantiehaftung auf das Erfüllungsinteresse des Gläubigers immanent sei.139 Hinter dieser zunächst nach bloßer Behauptung klingenden Erklärung steckt indes eine Überlegung, die Ehmann/Sutschet anhand zweier Aspekte des Nacherfüllungsanspruches anstellen, nämlich dessen Unabhängigkeit von einem Verkäuferverschulden zum einen und seiner gerichtlichen wie vollstreckungsrechtlichen Durchsetzbarkeit zum anderen.140 Gemäß § 439 BGB hat der Käufer Anspruch auf Nacherfüllung, gleich ob der Verkäufer den zu behebenden Mangel zu vertreten hat oder nicht. Das hat der Gesetzgeber klar gesehen und gewollt.141 Die Besonderheit der Herangehensweise von Ehmann/ Sutschet liegt nun darin, dass sie zunächst diese primäre Erfüllungsebene – die Ebene der Durchsetzung des Anspruchs auf Nacherfüllung „in natura“ – zu Ende verfolgen und erst vor diesem Hintergrund dann den sekundären Anspruch auf Geldersatz in den Blick nehmen. Ehmann/Sutschet halten sich damit an ein Grundprinzip des alten wie neuen Schuldrechts. Anders als etwa im anglo-amerikanischen Recht, wo der Gläubiger vom vertragsbrüchigen Schuldner grundsätzlich nur Geldersatz und gerade nicht Erfüllung in natura, nicht „specific performance“ verlangen darf, ist der Gläubiger im BGB zwar berechtigt, Erfüllung in natura zu fordern und einzuklagen, er darf aber nicht nach seinem Belieben stattdessen auch Geldersatz verlangen:142 Von dem insofern eben primären Erfüllungsanspruchanspruch kann der Gläubiger nur unter bestimmten Voraussetzungen auf den sekundären Geldersatz übergehen, nämlich bei Fristablauf und bei Unmöglichkeit, was in § 280 III BGB („zusätzliche Voraussetzungen“ der §§ 281, 283 BGB) sogar deutlicher als bisher gesetzlichen Ausdruck gefunden hat.143

138

JZ 2004, S. 63. JZ 2004, S. 64; Modernisiertes Schuldrecht, S. 90 f. 140 JZ 2004, S. 63 bei und in Fn. 8 sowie in Fn. 13. 141 BT-Drucks. 14/6040, S. 231. 142 Vgl. U. Huber, Leistungsstörungen II, § 35 I, V (S. 139 ff., 162 ff.). 143 Siehe zu einem vor diesem Hintergrund denkbaren Verständnis von Unmöglichkeit und Fristablauf als Befreiungsgründe für den Gläubiger (und nicht als Haftungsgründe für den Schuldner) oben I. 2. 139

IV. Mangellieferung und Ausbleiben als alternative Bezugspunkte der Haftung 51

Es erscheint danach durchaus gemäß den systematischen Vorgaben, wenn Ehmann/Sutschet zunächst einmal fragen, was der Käufer als Gläubiger der Nacherfüllung eigentlich auf der primären Erfüllungsebene zu erreichen vermag.144 Bleibe, so ihre Feststellung, die mögliche fristgerechte Nacherfüllung aus, könne der Käufer auf Nacherfüllung klagen und das stattgebende Urteil in der Regel gemäß § 887 ZPO vollstrecken.145 Dadurch werde der Käufer ermächtigt, die Nacherfüllung, sofern sie auch durch einen Dritten erfolgen kann (also vertretbare Handlung im Sinne von § 887 ZPO ist), letztlich auf Kosten des Verkäufers vornehmen zu lassen.146 Auf diese Weise dürfe der Käufer am Ende der primären Erfüllungsebene seinen Leistungsanspruch in einen Geldersatzanspruch – den Anspruch auf Ersatz der Kosten der Ersatzvornahme – umstellen, und zwar unabhängig davon, ob den Verkäufer auf dem Weg dorthin irgendein Verschulden traf.147 Nichts anderes, so wohl der weitere und entscheidende Gedanke, könne dann gelten, wenn der Käufer nach Fristablauf nicht den Weg über die Leistungsklage gehe, sondern seinen primären Leistungsanspruch schon gemäß § 281 I, IV BGB auf den sekundären Geldersatz umstelle. Hier bei § 281 BGB wie dort bei § 887 ZPO hänge der Geldersatzanspruch nicht von einem Verschulden des Verkäufers ab, beruhe mithin auf einer Garantiehaftung.148 b) Alternative Bezugspunkte bei unbehebbaren Mängeln Benötigen Ehmann/Sutschet demnach gar keinen ausgewiesenen Bezugspunkt für das Vertretenmüssen, solange die Nacherfüllung nur möglich ist und ausbleibt, so lässt sich doch sagen, dass in ihrem Konzept im Falle unbehebbarer Mängel wahlweise die Mangellieferung oder die Unmöglichkeit der Nacherfüllung diesen Bezugspunkt bilden. Die Unmöglichkeit der Nacherfüllung zunächst ist zwar für Ehmann/Sutschet kein Haftungstatbestand, sondern der einzige Entlastungsgrund der Garantiehaftung.149 Von der Garantiehaftung sei der Verkäufer nur befreit, falls die Nacherfüllung unverschuldet anfänglich oder nachträglich unmöglich ist.150 Hat der Verkäufer die Unmöglichkeit dagegen zu 144 So insbesondere ihre Vorgehensweise in Modernisiertes Schuldrecht, § 3 I, II (S. 41 ff.). 145 JZ 2004, S. 63 in Fn. 13 a. E. 146 Vgl. Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, § 3 I 5 (S. 43 f., zum Werkvertrag). 147 JZ 2004, S. 63 Fn. 13. 148 Ganz deutlich ausgesprochen wird dieser Gedankengang von Ehmann/Sutschet nicht, ihr Text in JZ 2004, S. 63 unter b) ist aber wohl in diesem Sinne zu verstehen. 149 JZ 2004, S. 64. 150 Und zwar objektiv unmöglich, nicht lediglich mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden im Sinne der §§ 275 II, 439 III BGB, vgl. JZ 2004, S. 64. Ehmann/Sutschet zielen darauf ab, so dem in den §§ 275 II, 439 III BGB angelegten „Schwellenproblem“ zu entgehen (dazu MünchKomm/Ernst, § 275 Rn. 29).

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§ 3 Mögliche Antworten und die Auffassungen im Schrifttum

vertreten, bleibe er verhaftet.151 Man muss also, erweist sich der Mangel als unbehebbar, mit Ehmann/Sutschet das Vertretenmüssen in Bezug auf die Unmöglichkeit der Nacherfüllung allemal prüfen, um zu erfahren, ob der Verkäufer aus der Garantiehaftung befreit ist. Insofern ist die Unmöglichkeit der Nacherfüllung durchaus Bezugspunkt des Vertretenmüssens. Daneben kann nach Ehmann/Sutschet die Haftung aber auch auf ein Verschulden gründen, das dem Verkäufer im Zusammenhang mit dem Mangel selbst vorzuwerfen ist. Die bisherigen Haftungstatbestände der culpa in contrahendo und der positiven Vertragsverletzung beanspruchten auch im neuen Recht Geltung, und zwar nach Wegfall der § 463 BGB a. F. entnommenen Sperrwirkung nunmehr für sämtliche Schäden des Käufers, die auf Fahrlässigkeit des Verkäufers beruhen, namentlich also auch für solche Schäden, die statt der Leistung zu ersetzen sind.152 Diese Verschuldenshaftung habe zwar im Bereich behebbarer Mängel aufgrund der dort geltenden Garantiehaftung keine praktische Bedeutung für den Schadensersatz statt der Leistung. Sie komme aber dann zum Tragen, wenn der Verkäufer wegen von ihm nicht zu vertretender Unmöglichkeit der Nacherfüllung aus der Garantiehaftung befreit sei. Die Verletzung von Untersuchungs-, Informations-, Obhut- oder anderen Sorgfaltspflichten, die den Verkäufer in Bezug auf die Mangelfreiheit der Kaufsache treffen können, begründe seine Haftung auf Schadensersatz statt der Leistung in solchen Fällen, in denen er die Unmöglichkeit der Nacherfüllung nicht zu vertreten hat. Auf diese Weise gelangen bei unbehebbaren Mängeln auch Ehmann/Sutschet zu alternativen Bezugspunkten des Vertretenmüssens: Entweder der Verkäufer hat die Unmöglichkeit der Nacherfüllung zu vertreten und wird deshalb nicht aus der Garantiehaftung befreit, oder er hat den Mangel verschuldet und unterliegt deshalb der Verschuldenshaftung.

151

JZ 2004, S. 64. JZ 2004, S. 61, 65 f. Ähnlich Harke (ZGS 2006, S. 9, 11), der im Falle vom Verkäufer nicht zu vertretender Unbehebbarkeit des Mangels zurückgreift auf eine in der ursprünglichen Mangellieferung liegende Verletzung der „Verhaltenspflicht, die Leistung nicht zu behindern“. 152

§ 4 Das vom Verkäufer zu vertretende Ausbleiben der Nacherfüllung als Haftungsgrundlage Nachdem die verschiedenen Konzeptionen, den Bezugspunkt der Haftung zu bestimmen, vorgestellt wurden, gilt es nun, einen ersten Maßstab für deren Beurteilung zu finden. Zu diesem Zweck soll zunächst eine der möglichen Fallvarianten in den Blick genommen und geprüft werden, welche Konzepte dort zu einer überzeugenden Lösung führen und welche nicht. Die denkbaren Fallvarianten setzen sich zusammen aus der zu vertretenden oder nicht zu vertretenden Mangellieferung auf der einen Seite in Kombination mit dem zu vertretenden oder nicht zu vertretenden Ausbleiben der Nacherfüllung auf der anderen Seite. Offensichtlich uninteressant sind die Fälle, in denen der Verkäufer beides – sowohl die Mangellieferung als auch das Ausbleiben der Nacherfüllung – zu vertreten hat. Nach allen Konzeptionen haftet der Verkäufer hier auf Schadensersatz statt der Leistung. Unergiebig, da unproblematisch, ist auch die umgekehrte Konstellation, in welcher der Verkäufer nichts zu vertreten hat, weder den Mangel noch das Ausbleiben der Nacherfüllung. Zwar akzeptieren, wie gesehen, Ehmann/Sutschet dort allein das Ausbleiben der Nacherfüllung infolge nicht zu vertretender objektiver Unmöglichkeit als Entlastungsgrund,153 während andere den Verkäufer bereits dann freisprechen, wenn er die Umstände nicht zu vertreten hat, auf denen die im Sinne der §§ 275 II, 439 III BGB unverhältnismäßigen Kosten der Nacherfüllung beruhen.154 Doch betrifft dies lediglich den graduellen Unterschied, ab welchem Ausmaß von nicht zu vertretender Schwierigkeit der Nacherfüllung – erst objektive Unmöglichkeit oder schon besonders hohe Kosten – die Schadensersatzhaftung ausscheiden soll, nicht dagegen die hier interessierende Frage, ob die Nichtvornahme der Nacherfüllung überhaupt Bezugspunkt der Haftung ist.

I. Die zu untersuchende Fallgruppe Einen echten Prüfstein bilden demgegenüber die Fälle, in denen der Verkäufer nur eins von beidem zu vertreten hat, in denen er also entweder zwar die Mangellieferung, nicht aber das Ausbleiben der Nacherfüllung, oder umgekehrt zwar das Ausbleiben der Nacherfüllung, nicht hingegen die Mangellieferung zu

153 154

Oben § 3 IV. 2. b) mit Fn. 150. Etwa S. Lorenz, NJW 2002, S. 2497, 2501 bei und in Fn. 33.

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§ 4 Das vom Verkäufer zu vertretende Ausbleiben der Nacherfüllung

vertreten hat. Hier gelangt man zu unterschiedlichen Ergebnissen, je nachdem, worin man den Bezugspunkt der Haftung erkennt. Nur mit Blick auf diese Fallgruppen kann man deshalb untersuchen, welche der oben beschriebenen Konzeptionen tatsächlich zu überzeugen vermag. Die erste zu untersuchende Fallvariante soll nun diejenige sein, in welcher der Verkäufer die ursprüngliche Mangellieferung nicht zu vertreten hatte, später aber die Nacherfüllung bis Fristablauf nicht vornimmt aus Gründen, die er sehr wohl zu vertreten hat. Diese Situation wird zum Beispiel bei Zwischenhändlern nicht selten eintreten: Was den Mangel selbst angeht, treffen den Zwischenhändler nach der bisherigen Rechtsprechung zum einen nur im Ausnahmefall Untersuchungspflichten hinsichtlich des Zustands der Kaufsache, zum anderen gilt der Hersteller, der den Mangel verschuldet haben mag, nicht als Erfüllungsgehilfe des Händlers gegenüber dessen Abnehmer, so dass auch § 278 BGB dem Händler nicht zum Vertretenmüssen gereicht.155 Liefert also der Zwischenhändler eine Sache, die mit einem noch versteckten Mangel behaftet ist, so wird er, solange er weder eine Zusicherung abgegeben noch den Mangel selbst schuldhaft verursacht hat, die Mangellieferung im Regelfall nicht zu vertreten haben. Anders bei späterem Ausbleiben der Nacherfüllung. Verlangt der Käufer Nacherfüllung, nachdem ein behebbarer Mangel bei ihm sichtbar wurde, und nimmt der Verkäufer diese nicht fristgerecht vor, so wird das Vertretenmüssen diesmal häufig zu bejahen sein,156 sei es wegen finanziellen Unvermögens, sei es wegen des Beschaffungsrisikos, das den Händler hinsichtlich der Nachlieferung einer Gattungssache etwa bei Engpässen auf der vorherigen Handelsstufe trifft, sei es schlicht wegen schuldhaften Zögerns. In dieser Fallkonstellation geht es, da der Verkäufer den Mangel nicht zu vertreten hat und die Haftung deshalb nicht auf der ursprünglichen Mangellieferung beruhen kann, um die Frage, ob die Nichtvornahme der Nacherfüllung als selbständiger haftungsbegründender Bezugspunkt des Schadensersatzes statt der Leistung nach den §§ 280 I, III, 281 BGB in Betracht kommt. Anders gewendet muss sich hier erweisen, ob ein Vertretenmüssen der Mangellieferung stets notwendige Voraussetzung der Haftung ist, ob mit anderen Worten der Verkäufer ohne Vertretenmüssen des Mangels niemals auf Schadensersatz statt der Leistung haftet. Und hinsichtlich der denkbaren vier Möglichkeiten, den Bezugspunkt der Haftung zu bestimmen, fällt hier eine Entscheidung für und gegen jeweils zwei der oben vorgestellten Konzepte. Während nämlich mit denjenigen Stimmen, welche die Haftung allein oder alternativ auf das Ausbleiben der Nacherfüllung beziehen, fehlendes Vertretenmüssen des Mangels keine befreiende Wirkung entfalten kann, soll umgekehrt das Ausbleiben der Nacherfüllung in denjenigen Konzeptionen keine selbständig haftungsbegründende Rolle spie155 156

Oben § 2 II. 1. a). Oben § 2 II. 2.

II. Bisherige Haftung aus den §§ 480 I, 326 BGB a. F.

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len, welche das Vertretenmüssen allein oder im Rahmen kumulativer Haftungsbegründung auf die Mangellieferung beziehen.

II. Die bisherige Haftung aus den §§ 480 I, 326 BGB a. F. beim Gattungskauf Die Frage, ob die Nichtvornahme der Nacherfüllung selbständige Haftungsgrundlage sein kann, mag zunächst ungewohnt wirken, wenn man die frühere Schadensersatzhaftung bei Sachmängeln vor Augen hat. Die bislang im Vordergrund des Interesses stehenden Haftungen aus den §§ 463, 480 II BGB a. F. und wegen positiver Vertragsverletzung bezogen sich immer und selbstverständlich auf den Mangel, jene darauf, dass der Verkäufer nicht vorhandene Eigenschaften der Kaufsache zusicherte oder einen Mangel arglistig verschwieg, diese darauf, dass er Untersuchungs-, Aufklärungs- oder andere Sorgfaltspflichten hinsichtlich des Zustands der Sache verletzte. In der Literatur findet sich gleichwohl die Aussage, es sei, jedenfalls beim Gattungskauf, „schon immer so gewesen“, dass die Haftung allein auf der Nichtvornahme der Nacherfüllung gründen konnte, wenn der Verkäufer den Mangel nicht zu vertreten hatte.157 Demnach wäre dem alten Schuldrecht doch eine vergleichbare Konstellation bekannt gewesen, deren Behandlung dann für die Beantwortung der Frage nach dem Bezugspunkt der Haftung im neuen Schuldrecht hilfreich sein sollte. Die bisherige Rechtslage beim Gattungskauf, die nunmehr möglicherweise zum Vorbild dienen könnte, war folgende. § 480 I BGB a. F. gab dem Käufer einer mangelhaften Gattungssache das Recht, Nacherfüllung in Gestalt der Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache zu verlangen.158 Kam der Verkäufer dem nicht nach, durfte der Käufer nach erfolgloser Fristsetzung unter den Voraussetzungen von § 326 I BGB a. F. Schadensersatz wegen Nichterfüllung – den Vorgänger des jetzigen Schadensersatzes statt der Leistung – geltend machen.159 Es ging dabei um Fälle wie diesen:160 Kaufgegenstand waren zum Einbau in Kondensatoren bestimmte Rohre, die der Verkäufer seinerseits vom italienischen Hersteller bezog. Die Rohre wiesen Undichtigkeiten auf, die von den Kunden des Käufers diesem gegenüber beanstandet wurden. Der Käufer forderte nun gemäß § 480 I BGB a. F. Ersatzliefe157 U. Huber, Festschrift für Schlechtriem, S. 521, 530; vgl. auch S. Lorenz, NJW 2002, S. 2497, 2502 bei und in Fn. 42. 158 Der Verkäufer musste dies aber, anders als jetzt gemäß § 281 I 1 BGB, nicht tun, sondern konnte sofort nach § 480 II BGB a. F. Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. 159 BGH vom 9. 6. 1999, BGHZ 142, 36; ebenso bereits RG vom 18. 12. 1928, RGZ, 123, 212, 215, wo es auf die Frage aber nicht entscheidend ankam. 160 Vgl. den der Entscheidung BGH vom 9. 6. 1999, BGHZ 142, 36 zugrunde liegenden Sachverhalt.

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§ 4 Das vom Verkäufer zu vertretende Ausbleiben der Nacherfüllung

rung, gegen die der Verkäufer zu Unrecht verschiedene Einwände erhob. Nach erfolglosem Ablauf einer Nachfrist nahm der Käufer einen Deckungskauf vor, dessen Kosten er als Schadensersatz geltend machte. Der BGH bejahte hier die Möglichkeit des Käufers, über § 326 BGB a. F. Schadensersatz wegen Nichterfüllung seines Ersatzlieferungsanspruchs zu verlangen.161 Zur Feststellung der Voraussetzungen von § 326 BGB a. F. verwies der BGH die Sache indes an das Berufungsgericht zurück, wobei nicht klar wird, worauf sich seiner Meinung nach die Haftung beziehen sollte. In Betracht kamen – insofern betrifft die Entscheidung in der Tat genau das Thema dieser Untersuchung – die ursprüngliche Lieferung der mangelhaften Rohre und die spätere Nichtvornahme der Ersatzlieferung. Vieles spricht dafür, dass der BGH, ganz im Sinne des oben angeführten Zitates, das Vertretenmüssen des Verkäufers im Rahmen der §§ 326 I, 284, 285 BGB a. F.162 allein auf die Verzögerung der Ersatzlieferung bezogen sah. So begründete der BGH die Anwendbarkeit von § 326 BGB a. F. auf den Nachlieferungsanspruch aus § 480 I BGB a. F. im Wesentlichen mit der Erwägung, dass andernfalls der Verzug des Verkäufers hinsichtlich der Ersatzlieferung ohne Sanktion bliebe.163 Eine Sanktion für den Verzug konnte die Haftung aus § 326 BGB a. F. aber doch nur dann sein, wenn sie im Übrigen ein Vertretenmüssen der ursprünglichen Mangellieferung gerade nicht voraussetzte. Wäre nämlich ein solches Vertretenmüssen nach Meinung des BGH erforderlich gewesen, hätte die Haftung aus § 326 BGB a. F. in allen Fällen, in denen der Verkäufer den Mangel nicht zu vertreten hatte, trotz Nichtvornahme der Ersatzlieferung ausscheiden müssen, so dass folglich der Verzug des Verkäufers eben doch ohne Sanktion geblieben wäre. Gleichwohl fällt es schwer, der alten Rechtslage eine eindeutige Vorgabe zu entnehmen, wie die im neuen Schuldrecht sich stellende Frage nach dem Bezugspunkt der Schadensersatzhaftung statt der Leistung zu beantworten ist. Ein Mangelverschulden des Verkäufers stand in der beschriebenen Entscheidung zwar nicht in Rede. Der BGH hat aber neben § 326 BGB a. F. auch einen Schadensersatzanspruch aus den §§ 463 S. 2, 480 II BGB a. F. wegen Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft der gelieferten Rohre angesprochen, den er mit Blick auf die Gewährleistungsfrist von § 477 BGB a. F. dann nicht weiter erörterte.164 Das Vorliegen einer Zusicherung würde nun – im Sinne der neuen §§ 280 I 2, 276 BGB – bedeuten, dass der Verkäufer schon den Mangel als solchen zu vertreten hatte oder jedenfalls aufgrund der Zusicherung haftet. Dadurch verlöre die Entscheidung für das Problem, ob die Nichtvornahme der Nacherfüllung 161

BGH vom 9. 6. 1999, BGHZ 142, 36, 38 f. § 326 BGB a. F. setzte Verzug nach § 284 BGB a. F. voraus und führte damit das Erfordernis des Vertretenmüssens über § 285 BGB a. F. in sich. 163 BGH vom 9. 6. 1999, BGHZ 142, 36, 40. 164 BGH vom 9. 6. 1999, BGHZ 142, 36, 38. 162

II. Bisherige Haftung aus den §§ 480 I, 326 BGB a. F.

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alleiniger Haftungsgrund sein kann, jede Aussagekraft.165 Zwar scheint es so, als ob der BGH nicht nur den Anspruch aus § 480 II BGB a. F., sondern überhaupt die Existenz einer Zusicherung dahingestellt sein ließ.166 Dies deutet wiederum darauf hin, dass es seiner Meinung nach auf das Vorliegen einer Zusicherung, mithin auf ein Vertretenmüssen des Mangels, für den Anspruch aus § 326 BGB a. F. gar nicht ankam. Jedoch vermisst man eine klare Aussage des BGH zur Rolle der Zusicherung im Rahmen von § 326 BGB a. F. Immerhin barg diese Frage durchaus einige Sprengkraft. Kaum eine Eigenart des früheren Gewährleistungsrechts war so umstritten wie die Beschränkung des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung auf die Fälle der Arglist und der Zusicherung in den §§ 463, 480 II BGB a. F.167 Ein von Arglist oder Zusicherung unabhängiger, ja von einem Bezug auf den Mangel überhaupt losgelöster Anspruch aus § 326 BGB a. F. beim praktisch so wichtigen Gattungskauf hätte daher für das alte Schuldrecht eigentlich eine kleine Sensation bedeuten müssen. Dass der BGH diesen Schritt tatsächlich gehen, dass er also nicht nur § 326 BGB a. F. auf die Ersatzlieferungspflicht anwenden, sondern die Haftung auch allein mit der Nichtvornahme der Ersatzlieferung begründen wollte, diesen Schluss lässt die Entscheidung, die insoweit gerade schweigt, wohl nicht zu. Auch die Literatur zum alten Schuldrecht ist in diesem Punkt wenig aufschlussreich. Die Anwendung von § 326 BGB a. F. auf den Ersatzlieferungsanspruch aus § 480 I BGB a. F. war zwar nicht unbestritten.168 Die Diskussion behandelte aber lediglich die systematischen Voraussetzungen der Anwendbarkeit von § 326 BGB a. F. auf den Anspruch aus § 480 I BGB a. F. Der Streit drehte sich mithin um eher abstrakte Probleme wie die zweifelhafte Rechtsnatur des Ersatzlieferungsanspruchs – Erfüllungsanspruch oder Gewährleistungsanspruch – und eine denkbare Sperrwirkung des besonderen Gewährleistungsrechts gegenüber dem allgemein-schuldrechtlichen Anspruch aus § 326 BGB a. F. Die Frage nach dem Bezugspunkt der Haftung wurde hingegen auch von denjenigen, welche die Anwendung von § 326 BGB a. F. befürworteten, soweit ersichtlich nicht gestellt. Eine Aussage zu diesem Thema findet sich dann bezeichnenderweise in einer Klausurlösung, wo man ja im Prüfungsaufbau von § 326 BGB a. F. zwangsläufig auf die Frage des Vertretenmüssens stoßen musste.169 Und 165 In der Vorgängerentscheidung des RG vom 18. 12. 1928, RGZ 123, 212 wurde eine Zusicherung des Verkäufers ausdrücklich bejaht. 166 Die Ausführungen in BGH vom 9. 6. 1999, BGHZ 142, 36, 38 unter II. weisen in diese Richtung, ohne eindeutig zu sein. 167 Vgl. nur MünchKomm/Emmerich (3. Auflage), vor § 275 Rn. 226 ff. mit Nachweisen. 168 Vgl. die unfangreichen Nachweise in BGH vom 9. 6. 1999, BGHZ 142, 36, 39. 169 Schreiber/J. Heinrichs, Jura 1993, S. 145, in Anlehnung an die Entscheidung des BGH vom 22. 5. 1985, NJW 1985, S. 2526. Diese Entscheidung glich im Sachverhalt der oben bei Fn. 160 beschriebenen Entscheidung des BGH vom 9. 6. 1999, BGHZ 142, 36 – diesmal ging es um italienische Wanderschuhe –, behandelte aber

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§ 4 Das vom Verkäufer zu vertretende Ausbleiben der Nacherfüllung

dort wurde nun das Vertretenmüssen im Rahmen der §§ 326, 284, 285 BGB a. F. gerade nicht auf das Ausbleiben der Ersatzlieferung, sondern auf den Mangel selbst bezogen, nämlich darauf, dass der Verkäufer die ursprüngliche Ware nach Erhalt vom Hersteller zu oberflächlich auf Mängel hin untersucht habe.170 Eine direkte Linie von der bisherigen Rechtslage beim Gattungskauf hin zum jetzigen Schadensersatz statt der Leistung, dessen alleinige Grundlage das Ausbleiben der Nacherfüllung bilden kann, ist nach alledem nicht erkennbar. Damit soll nicht gesagt sein, dass die Nichtvornahme der Ersatzlieferung niemals den Bezugspunkt der Haftung aus den §§ 480 I, 326 BGB a. F. bildete, sondern nur, dass dies nicht feststellbar ist. Die bisherige Rechtslage beim Gattungskauf war im Rückblick betrachtet zu wenig eindeutig, als dass sie Hinweise geben könnte, ob und inwiefern der Bezugspunkt der Haftung nach neuem Schuldrecht im Ausbleiben der Nacherfüllung liegt.

III. Die Nacherfüllungspflicht als bloße Obliegenheit des Verkäufers? Aufschlussreicher als der Blick zurück ins alte Schuldrecht sollte ein Blick auf die Situation sein, die bestünde, wenn das Ausbleiben der Nacherfüllung nicht selbständige Grundlage der Haftung wäre. Die Nacherfüllungspflicht erhielte dadurch, es wurde bereits angesprochen, den Charakter einer bloßen Obliegenheit des Verkäufers.171 Sie wäre als eine „Pflicht minderer Intensität“172 zu begreifen insofern, als ihre Nichterfüllung – im Unterschied zur Nichterfüllung herkömmlicher Leistungspflichten – keine Ersatzpflicht in Gestalt des Schadensersatzes statt der Leistung nach sich zöge, sondern den Verkäufer nur dadurch belastete, dass er die übrigen Mängelrechte des Käufers, namentlich Rücktritt oder Minderung, zu gewärtigen hätte. 1. Praktische und systematische Konsequenzen Der Verkäufer könnte demnach die fristgerechte Nacherfüllung aus von ihm zu vertretenden Gründen unterlassen, ohne auf Schadensersatz statt der Leistung zu haften, solange er nur die ursprüngliche Mangellieferung nicht zu vernur den Ersatz des Verzugsschadens aus § 286 I BGB a. F., nicht den Schadensersatz wegen Nichterfüllung aus § 326 BGB a. F. und wurde deshalb oben in Fn. 159 nicht als Rechtsprechung zu § 326 BGB a. F. angeführt. § 326 BGB a. F. bildete aber ein Hauptproblem des von Schreiber/J. Heinrichs aufbereiteten Klausurfalles. 170 Schreiber/J. Heinrichs, Jura 1993, S. 147 unter 2 b. In dem Klausurfall sollte der Zwischenhändler also ausnahmsweise eine Untersuchungspflicht verletzt haben. 171 Siehe zu dieser denkbaren Begründung einer allein auf die Mangellieferung bezogenen Haftung oben § 3 I. 2. 172 Der Begriff stammt von R. Schmidt, Die Obliegenheiten, S. 3 und öfter.

III. Die Nacherfüllungspflicht als bloße Obliegenheit des Verkäufers?

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treten hatte. Für den oben besprochenen BGH-Fall173 würde dies bedeuten, dass der Verkäufer der mangelhaften Rohre, sofern ihn kein Mangelverschulden traf und er auch keine Zusicherung abgegeben hatte, die dem Käufer entstandenen Mehrkosten des Deckungskaufes nicht gemäß den §§ 280 I, III, 281 BGB ersetzen müsste, obwohl er die Nachlieferung unter Erhebung unberechtigter Einwände und damit schuldhaft bis Fristablauf nicht erbracht hat. Ebenso bei der Stückschuld. Kaufgegenstand mag zum Beispiel ein Gebrauchtwagen sein, der an einem für den Verkäufer bis zur Übergabe nicht erkennbaren, erst später beim Käufer zutage tretenden schweren Motordefekt leidet. Eine Zusicherung, welche die Abwesenheit dieses – im Übrigen auch bei einem Gebrauchtwagen als Mangel zu qualifizierenden – Defekts umfassen würde, hat der Verkäufer nicht gegeben. Als der Käufer den Mangel bemerkt, verlangt er vom Verkäufer Reparatur innerhalb einer angemessenen Frist. Der Verkäufer kommt dem aufgrund von Überlastung, Geldmangel, Vergesslichkeit – kurzum aus einem Grund, den er zu vertreten hat – nicht nach. Nach Fristablauf lässt der Käufer den Wagen in einer Werkstatt reparieren und fordert Schadensersatz in Höhe der dadurch entstandenen Kosten.174 Auch in diesem Fall hat der Käufer, sofern man der Nacherfüllungspflicht die Qualität als selbständigen Bezugspunkt der Haftung abspricht, keinen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß den §§ 280 I, III, 281 BGB. Denn die ursprüngliche Mangellieferung hat der Verkäufer nicht zu vertreten, während die Nichtvornahme der Nacherfüllung als Grundlage der Haftung ausscheidet. Ein solches Verständnis der Nacherfüllung bliebe in seinen systematischen Auswirkungen nicht auf die Ebene der Schadensersatzhaftung beschränkt. Auch die Möglichkeit, die Nacherfüllung vor Gericht einzuklagen, müsste dem Käufer dann verwehrt sein. Es wäre widersprüchlich, wenn der Verkäufer zwar einerseits die Nacherfüllung „schadensersatzlos“ unterlassen dürfte, andererseits aber vom Gericht zur Vornahme der Nacherfüllung verurteilt werden könnte. Der Widerspruch tritt besonders deutlich hervor, sobald man die von Ehmann/ Sutschet eröffnete Perspektive der Vollstreckbarkeit einbezieht.175 Im obigen Gebrauchtwagenbeispiel gäbe die Klage auf Nacherfüllung dem Käufer die Möglichkeit, das stattgebende Urteil zu vollstrecken, mithin sich gemäß § 887 I ZPO zur Vornahme der Reparatur auf Kosten des Verkäufers ermächtigen zu lassen. Im Ergebnis würde der Käufer also über den primären (Nach-)Erfüllungsanspruch genau das Ziel erreichen, welches ihm auf der sekundären Ebene des Schadensersatzes versperrt sein soll. Ob man, wie Ehmann/Sutschet es tun, 173

Soeben II., Sachverhalt bei Fn. 160. Der Fall hat nichts zu tun mit dem unter dem Stichwort „Selbstvornahme der Nacherfüllung“ diskutierten Problem, das nur entsteht, wenn der Käufer vor Fristablauf oder ohne Fristsetzung den Mangel selbst beseitigt. 175 Oben § 3 IV. 2. a). 174

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§ 4 Das vom Verkäufer zu vertretende Ausbleiben der Nacherfüllung

aus diesem Zusammenhang von Primär- und Sekundärebene schließen muss, dass der Verkäufer im Bereich behebbarer Mängel einer Garantiehaftung unterliege,176 mag dahinstehen.177 Ein Gebot der Konsequenz ist aber jedenfalls, dem Käufer die Klage auf Nacherfüllung abzuschneiden, wenn man ihm keinen Schadenersatzanspruch einräumt wegen der vom Verkäufer zu vertretenden Nichtvornahme der Nacherfüllung. Dass man dem Käufer einen klagbaren Anspruch auf Nacherfüllung in natura verweigern muss, sofern man die Nacherfüllungspflicht als alleinige Grundlage des Schadensersatzes nicht anerkennt, gilt indes nur in denjenigen Fällen, in denen der Verkäufer den Mangel nicht zu vertreten hatte. Dort kann der Schadensersatzanspruch ja einzig auf das zu vertretende Ausbleiben der Nacherfüllung gestützt werden. Erlaubt man dies gerade nicht – weil man das Vertretenmüssen des Mangels als alleinige oder kumulative, jedenfalls stets erforderliche Voraussetzung der Haftung ansieht –, so entstünde, ließe man gleichwohl einen klagbaren Anspruch auf Nacherfüllung zu, in der Tat der zuvor beschriebene Widerspruch. Der Käufer könnte durch Leistungsklage etwas erreichen, was ihm auf der Ebene des Schadensersatzes statt der Leistung versagt sein soll. Hatte der Verkäufer die Mangellieferung hingegen zu vertreten, begründete eben dies – allein oder in Verbund mit der zu vertretenden Nichtvornahme der Nacherfüllung – die Haftung auf Schadensersatz statt der Leistung. In diesen Fällen wäre es nunmehr ein Gebot der Konsequenz, dem Käufer den Weg der Leistungsklage gerade offen zu halten. Denn es ließe sich schwerlich einsehen, warum der Käufer bei Ausbleiben der durchaus möglichen Nacherfüllung zwar mit Fristablauf Schadensersatz fordern, nicht aber gerichtlich auf Vornahme der Nacherfüllung klagen dürfte. Zusammengefasst bedeutet das Vorstehende: In einem Konzept, das die Nacherfüllungspflicht als selbständige Haftungsgrundlage nicht kennt, entscheidet das Vertretenmüssen des Mangels darüber, ob dem Käufer nach erfolglosem Fristablauf entweder beide Ansprüche wahlweise zustehen – Nacherfüllung in natura und Schadensersatz statt der Leistung – oder ob ihm beide Ansprüche gleichermaßen verwehrt sind. Damit hinge letztlich nicht nur der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung, sondern bereits der Nacherfüllungsanspruch selbst davon ab, dass der Verkäufer den Mangel zu vertreten hatte. Als eine Art Obliegenheit des Verkäufers müsste die Nacherfüllungspflicht mithin in all denjenigen Fällen gelten, in denen es an einem Vertretenmüssen des Mangels fehlt, während sie als vollwertige Leistungspflicht zu behandeln wäre, sofern der Verkäufer den Mangel zu vertreten hatte.

176 177

Oben § 3 IV. 2. a). Dagegen etwa S. Lorenz, Karlsruher Forum 2005, S. 121 f.

III. Die Nacherfüllungspflicht als bloße Obliegenheit des Verkäufers?

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2. Beurteilung Hat man sich diese Konsequenzen vor Augen geführt und versucht nun, ein solches Konzept zu beurteilen, so verdienen zwei Aspekte Beachtung. a) Steuerungswirkung durch wirtschaftliches Eigeninteresse des Verkäufers? Zunächst mag man losgelöst von Gesetz und Systematik fragen, ob es praktisch sinnvoll ist, die Nacherfüllungspflicht bei nicht zu vertretenden Mängeln als bloße Obliegenheit des Verkäufers zu deuten. Die Entscheidung über die Nacherfüllung würde dadurch allein in das Gutdünken des Verkäufers gelegt, der weder auf Vornahme der Nacherfüllung verklagt noch wegen Nichtvornahme der Nacherfüllung in Haftung genommen werden könnte. Dennoch erschiene ein solches Modell durchaus nicht unplausibel, solange das Interesse des Käufers an der Nacherfüllung zwar nicht durch Klage und Schadensersatzanspruch, wohl aber durch andere Instrumente weitgehend gewahrt würde. Die Leistungsfähigkeit eines „Obliegenheits-Modells“ hinge mithin im wesentlichen davon ab, welche Steuerungswirkung von den Nachteilen ausginge, die dem Verkäufer bei Unterlassen der Nacherfüllung drohten, davon mit anderen Worten, welcher Anreiz zur Vornahme der Nacherfüllung dadurch gesetzt würde, dass der Verkäufer andernfalls Rücktritt oder Minderung seitens des Käufers zu fürchten hat. Man wird dazu vielleicht sagen können, dass ein nüchtern kalkulierender Verkäufer die Nacherfüllung – trotz der damit verbundenen, gemäß § 439 II BGB von ihm zu tragenden Kosten – in aller Regel vornehmen wird, wenn er auf diesem Wege immerhin einen Teil des Kaufpreises zu retten vermag, den er im Falle eines Rücktritts des Käufers ja vollständig verlöre. Schon sehr viel weniger sicher ist aber, wie der Verkäufer sich bei vorab kaum kalkulierbaren, möglicherweise sehr hohen Nacherfüllungskosten verhält. Und nur spekulieren kann man über die Frage einer präventiven Verhaltenssteuerung durch Rücktritt und Minderung, darüber also, ob der Verkäufer sich unabhängig vom konkreten Fall generell und vorbeugend darum bemühen würde, dass die Nacherfüllung in möglichen Gewährleistungsfällen tatsächlich durchgeführt wird, etwa indem er den Eingang und die Bearbeitung von Nacherfüllungsbegehren in seinem Unternehmen sorgfältig organisiert, finanzielle Rücklagen bildet oder den Zugang zu Ersatzteilen sichert. Ob und in welchem Ausmaß solche ebenfalls mit Zeit und Geld verbundenen Maßnahmen sich lohnen gegenüber einer dadurch verringerten Anzahl von Rücktritts- und Minderungsfällen, vermag letztlich nur der einzelne Verkäufer selbst zu beurteilen. Es mag demnach zwar sein, dass auch ohne gerichtlichen Zwang und Schadensersatzpflicht schon das wirtschaftliche Eigeninteresse des Verkäufers ihn tendenziell zur Vornahme der Nacherfüllung anhalten und damit zugleich das Interesse des Käufers an der Beseitigung des Mangels sichern würde. Insgesamt lassen sich solche Steuerungswirkungen aber wohl nur schwer einschätzen.

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§ 4 Das vom Verkäufer zu vertretende Ausbleiben der Nacherfüllung

b) Widerspruch zum Gesetz Sicher ist hingegen, dass ein „Obliegenheits-Modell“ der Nacherfüllung nicht dem Gesetz entspricht. Das betrifft namentlich die oben beschriebene Eigenschaft dieses Modells, die Entstehung der Nacherfüllungspflicht davon abhängig zu machen, dass der Verkäufer den Mangel zu vertreten hatte. Der Gesetzgeber wollte die Nacherfüllungspflicht gerade nicht unter diese einschränkende Voraussetzung stellen, sondern dem Käufer bei jedem behebbaren Mangel, gleich ob vom Verkäufer zu vertreten oder nicht, einen Anspruch auf Nacherfüllung einräumen.178 Das hat im Gesetz auch Ausdruck gefunden. Gemäß § 437 Nr. 1 BGB kann der Käufer bei einem Mangel unter den Voraussetzungen von § 439 BGB Nacherfüllung verlangen, ohne dass dabei von einem Vertretenmüssen die Rede wäre. Dagegen wird das Vertretenmüssen dort, wo es Voraussetzung für die Entstehung eines Mängelanspruchs sein soll, ausdrücklich genannt, nämlich über § 437 Nr. 3 BGB in § 280 I 2 BGB für die Entstehung von Schadensersatzansprüchen. Hinzu kommt die Regelung in § 275 II 2 BGB. Diese Norm soll, wie sich aus der Wendung „unbeschadet des § 275 II“ in § 439 III BGB ergibt, neben § 439 III BGB Antwort geben auf die Frage, ab welchen Kosten der Verkäufer die Nacherfüllung verweigern darf. Bei der Bestimmung der noch zumutbaren finanziellen Anstrengungen ist nun nach § 275 II 2 BGB zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis, hier: der Verkäufer den Mangel, zu vertreten hat. Der Regelungsgegenstand der Norm – der Ausschluss der Leistungspflicht – betrifft damit zu vertretende wie nicht zu vertretende Mängel gleichermaßen. Das Vertretenmüssen des Mangels soll mithin lediglich die finanzielle Begrenzung der Nacherfüllungspflicht beeinflussen, nicht schon deren Entstehung. Zu beachten ist schließlich die EU-Kaufrechtsrichtlinie. Art. 3 III der Richtlinie gibt dem Käufer einen Anspruch auf Nacherfüllung, der allein die Vertragswidrigkeit der Ware, nicht aber Vertretenmüssen seitens des Verkäufers voraussetzt. Das „Obliegenheitsmodell“ bedeutet demgegenüber eine Verschlechterung der Position des Käufers, indem es den Nacherfüllungsanspruch nur dann einräumt, wenn der Verkäufer den Mangel zu vertreten hat. Dieses Modell gerät deshalb im sachlich-personalen Anwendungsbereich der Richtlinie, dem Verbrauchsgüterkauf, zusätzlich in Konflikt mit europäischen Vorgaben, während es inner- wie außerhalb dieses Bereiches dem reformierten BGB widerspricht.

178 BT-Drucks. 14/6040, S. 231: „Die Pflicht zur Nacherfüllung trifft den Verkäufer unabhängig davon, ob er den Mangel zu vertreten hat oder nicht.“

III. Die Nacherfüllungspflicht als bloße Obliegenheit des Verkäufers?

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c) Praktische Ergebnisse Derartige Abweichungen von der gesetzlichen Ausgangslage wären allenfalls dann in Kauf zu nehmen, wenn die praktischen Ergebnisse ein solches Vorgehen erforderlich machten. Im Hinblick auf die Voraussetzungen der Nacherfüllungspflicht war schwer einzuschätzen, inwiefern das „Obliegenheits-Modell“ interessengerechte Ergebnisse erzielt.179 Man mag es durchaus als angemessen empfinden, dass derjenige Verkäufer, der den Mangel zu vertreten hat, intensiver in die Pflicht genommen wird – durch Klage und Ersatzanspruch – als derjenige, der den Mangel nicht zu vertreten hat und somit nach seinem wirtschaftlichen Eigeninteresse über die Vornahme der Nacherfüllung entscheiden darf. Allein, vor dem Hintergrund des Widerspruches, in dem ein solches Verständnis der Nacherfüllungspflicht zum Gesetz steht, gehört schon der systematische Auslöser, der dieses Verständnis erst erzwingt, auf den praktischen Prüfstand. Der damit angesprochene Auslöser für das „Obliegenheits-Modell“ ist die Auffassung, das Vertretenmüssen des Mangels sei stets notwendige Voraussetzung des Schadensersatzes statt der Leistung: In der Folge kann die Nichtvornahme der Nacherfüllung keinen selbständig haftungsbegründenden Bezugspunkt des Schadensersatzes statt der Leistung bilden, und weiterhin konsequent muss dann ebenso wie die sekundäre Ersatzpflicht schon die primäre Nacherfüllungspflicht unter der Voraussetzung stehen, dass der Verkäufer den Mangel zu vertreten hat.180 Die Frage lautet daher, ob es mit Blick auf die praktischen Ergebnisse erforderlich erscheint, den Schadensersatz statt der Leistung stets von einem Vertretenmüssen des Mangels abhängig zu machen. Das wäre der Fall – und damit der in den Konsequenzen dieser Auffassung liegende Widerspruch zum Gesetz vielleicht zu rechtfertigen –, wenn die gegenteilige Annahme, die Nichtvornahme der Nacherfüllung könne sehr wohl eine selbständige, mithin auch bei fehlendem Vertretenmüssen des Mangels hinreichende Haftungsgrundlage bilden, zu ganz unhaltbaren Ergebnissen führte. Davon kann aber keine Rede sein. Nimmt der Verkäufer die Nacherfüllung nicht vor aus Gründen, die er zu vertreten hat, und entsteht dem Käufer deshalb ein Schaden etwa, wie in den oben gegebenen Beispielen, in Gestalt der Kosten für Deckungskauf oder Reparatur, so erscheint vielmehr fragwürdig, warum der Verkäufer gegen den Ersatzanspruch des Käufers erfolgreich soll einwenden können, er habe die ursprüngliche Mangellieferung nicht zu vertreten gehabt. Immerhin geht es um ein vom Verkäufer zu vertretendes Unterlassen – die Nichtvornahme der Nacherfüllung –, das einen Schaden des Käufers nach sich zieht. Ließe man es nicht zu, dass der Ersatzanspruch sich hier allein auf das zu vertretende Ausbleiben der Nacherfüllung stützen kann, müsste der Käufer also

179 180

Soeben 2. a). Siehe soeben 1.

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§ 4 Das vom Verkäufer zu vertretende Ausbleiben der Nacherfüllung

einen Schaden tragen, dessen Entstehung der Verkäufer zu vertreten hat. Auf diese Weise würden die Folgen des Verkäuferverschuldens ebenso wie eigentlich dem Verkäufer zugewiesene Risiken, namentlich das seiner finanziellen Leistungsfähigkeit und das Beschaffungsrisiko, in Ansehung der Nacherfüllung auf den Käufer abgewälzt. Auch die vom Verkäufer schuldhaft verursachte Unbehebbarkeit des Mangels ginge zu Lasten des Käufers: Ist die Nacherfüllung bloße Obliegenheit, kann die Herbeiführung ihrer Unmöglichkeit ebenso wenig wie ihre Nichtvornahme bis Fristablauf als Grundlage von Schadensersatzpflichten dienen. Führt mithin der Verkäufer die Nachbesserung der mangelhaften Sache schuldhaft derart unsachgemäß durch, dass der Mangel – den er als solchen nicht zu vertreten hatte – im Anschluss nicht etwa behoben, sondern im Gegenteil vollends unbehebbar ist, so hätte der Käufer dennoch keinen Anspruch aus § 283 BGB auf Ersatz des Minderwertes der nunmehr irreparabel mangelhaften Sache.181 All dies zu vermeiden, indem man das Ausbleiben der Nacherfüllung als selbständige Haftungsgrundlage begreift, erscheint eher geboten denn unangemessen. Das wird noch unterstrichen, wenn man den Verzögerungsschaden mit in den Blick nimmt. Für das „Obliegenheitsmodell“ dürfte konsequenterweise die Nichtvornahme der Nacherfüllung auch im Rahmen der §§ 280 II, 286 BGB keinen selbständigen Haftungsgrund darstellen. Mit einer Nacherfüllungspflicht, verstanden nicht als Leistungspflicht sondern als bloße Obliegenheit, vermag der Verkäufer nicht in Verzug zu geraten. Vergisst also der Verkäufer, der den Mangel nicht zu vertreten hatte, aus Nachlässigkeit die fristgerechte Reparatur des defekten Gebrauchtwagens, und sieht sich der Käufer, auf ein Auto angewiesen, nach Fristablauf genötigt, vorübergehend einen Mietwagen zu nehmen, so stünde dem Käufer ein Anspruch aus den §§ 280 II, 286 BGB auf Ersatz der Mietwagenkosten nicht zu, obwohl dieser Schaden doch auf schuldhafter Verzögerung seitens des Verkäufers beruht. Inwiefern allein das fehlende Vertretenmüssen des ursprünglichen Mangels imstande sein soll, ein solches Ergebnis zu rechtfertigen, ist nicht erkennbar. Der Widerspruch zum Gesetz, in den man im Hinblick auf die Voraussetzungen der primären Nacherfüllungspflicht unweigerlich gerät, wenn man die sekundäre Ersatzpflicht stets von einem Vertretenmüssen des Mangels abhängig macht, wird demnach keineswegs durch irgendwelche praktischen Vorteile auf der Schadensersatzebene ausgeglichen. Im Gegenteil, die in Anbetracht des Widerspruches zur Gesetzeslage ohnehin schon bestehenden Bedenken gegen eine solche Gestaltung der Haftung finden sich hier sogar noch bestätigt. Im Ergeb181 Dieser Anspruch kann für den Käufer, obwohl er den Kaufpreis ohnehin nach § 441 BGB mindern darf, durchaus von Interesse sein. Im Falle eines für ihn günstigen Geschäfts – der Kaufpreis liegt unter dem Wert der Sache in mangelfreiem Zustand – erhält er dabei mehr als im Wege der Minderung, vgl. MünchKomm/Ernst, § 281 Rn. 127.

IV. Folgerungen für die möglichen Bezugspunkte der Haftung

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nis ist daher festzuhalten: Die Haftung auf Schadensersatz statt der Leistung setzt ein Vertretenmüssen des ursprünglichen Mangels nicht voraus, sondern kann allein darauf gründen, dass der Verkäufer das spätere Ausbleiben der Nacherfüllung zu vertreten hat.

IV. Folgerungen für die möglichen Bezugspunkte der Haftung Von den denkbaren Möglichkeiten, den Bezugspunkt des Schadensersatzes statt der Leistung zu bestimmen, kommen nach diesem Ergebnis fortan zwei nicht mehr in Betracht. Der Vorschlag, die Haftung allein auf die Mangellieferung zu beziehen, vermag ebenso wenig zu überzeugen wie die Auffassung, der Schadensersatz statt der Leistung setze stets voraus, dass der Verkäufer sowohl Mangellieferung als auch Ausbleiben der Nacherfüllung zu vertreten hat. In beiden Konzeptionen gibt es keine Haftung ohne Vertretenmüssen des Mangels, findet mithin das Ausbleiben der Nacherfüllung als selbständige Haftungsgrundlage keinen Platz. Es bleibt die Frage, ob die Haftung ausschließlich auf die Nichtvornahme der Nacherfüllung zu beziehen ist, oder ob letztere und die Mangellieferung wahlweise zur Haftungsbegründung herangezogen werden können. Die Beantwortung dieser Frage wird Aufgabe der weiteren Untersuchung sein.

§ 5 Das nicht zu vertretende Ausbleiben der Nacherfüllung Im vorigen Kapitel wurde festgestellt, dass das Ausbleiben der Nacherfüllung, so vom Verkäufer zu vertreten, den haftungsbegründenden Bezugspunkt des Schadensersatzes statt der Leistung bilden kann, mag es auch am Vertretenmüssen der ursprünglichen Mangellieferung fehlen. Hierin stimmen die beiden noch zur Wahl stehenden Konzeptionen – Ausbleiben der Nacherfüllung als alleiniger Bezugspunkt oder dies und die Mangellieferung als alternative Bezugspunkte – überein. Unterschiedlich beurteilen sie dagegen die umgekehrte Konstellation, in der es am Vertretenmüssen hinsichtlich des Ausbleibens der Nacherfüllung fehlt, während der Verkäufer die ursprüngliche Mangellieferung sehr wohl zu vertreten hatte. Die Frage ist, ob hier das Vertretenmüssen der ursprünglichen Mangellieferung die Haftung allein zu begründen vermag, auch wenn der Verkäufer das Ausbleiben der Nacherfüllung nicht zu vertreten hat.

I. Beispiele Der Käufer erwirbt mehrere Kisten Rotwein eines bestimmten Winzers und eines bestimmten Jahrgangs, die der Verkäufer als Großhändler seinerseits vom Winzer aus dem Ausland bezieht. Als der Käufer den Wein einige Wochen später mit Gewinn weiterverkaufen will, muss er anlässlich einer Verkostung mit seinem Abnehmer feststellen, dass der Wein nahezu „Essig“ ist. Wie sich herausstellt, hatte der Verkäufer die Ware vor Weiterlieferung an den Käufer in den heißen Sommertagen nicht hinreichend vor Hitze und Sonneneinstrahlung geschützt. Der Käufer verlangt Nachlieferung, die der Verkäufer unterdessen vorzunehmen außerstande ist, da der Vorrat des Winzers in der Zwischenzeit veräußert und am Markt nicht mehr erhältlich ist. Bezieht man mit S. Lorenz und Schur den Schadensersatz statt der Leistung allein auf das Ausbleiben der Nacherfüllung, schiede die Haftung des Verkäufers in diesem Beispiel wohl aus. Das Ausbleiben der Nachlieferung mangelfreien Rotweins hat der Verkäufer nicht nach § 276 BGB zu vertreten. Namentlich das Beschaffungsrisiko des Gattungsverkäufers vermag nur Hindernisse zu erfassen, die der noch möglichen Beschaffung im Wege stehen, umfasst mithin nicht die hier gegebene Unmöglichkeit der (Nach-)Lieferung.182 An der ur182

Bamberger/Roth/Grüneberg, § 276 Rn. 41.

I. Beispiele

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sprünglichen Mangellieferung hingegen trifft den Verkäufer zwar ein Verschuldensvorwurf, weil er den Wein fahrlässig falsch gelagert und dadurch dessen Verderben verursacht hat. Die Mangellieferung selbst soll aber gerade nicht Bezugspunkt der Haftung sein, wenn man diese Rolle einzig und allein dem Ausbleiben der Nacherfüllung vorbehält, so dass die Schadensersatzpflicht statt der Leistung trotz Mangelverschulden des Verkäufers abzulehnen wäre. Anders lautete hingegen die Entscheidung, wenn man alternativ neben dem Ausbleiben der Nacherfüllung auch die Mangellieferung zum Bezugspunkt der Haftung bestimmte. In Anwendung dieses Konzeptes müsste der Verkäufer, obwohl er die Unmöglichkeit der Nacherfüllung nicht zu vertreten hat, sehr wohl Schadensersatz statt der Leistung zahlen, gestützt eben auf die von ihm verschuldete ursprüngliche Mangellieferung. Fallgestaltungen, in denen der Verkäufer das Ausbleiben der Nacherfüllung nicht zu vertreten hat, sind nicht nur dort anzutreffen, wo die Nacherfüllung unmöglich wird. Auch die durchaus mögliche Nacherfüllung kann aus Gründen unterbleiben, für die der Verkäufer nicht verantwortlich ist. So verhält es sich, wenn in Abwandlung des oben gegebenen Beispiels zwar der geschuldete Rotwein noch am Markt erhältlich ist, der Verkäufer aber das Ersatzlieferungsbegehren des Käufers zunächst überhaupt nicht zu Gesicht oder Gehör bekommt, weil er unfallbedingt einige Zeit auf der Intensivstation liegt. Aus dem Krankenhaus entlassen findet der Verkäufer neben dem früheren Ersatzlieferungsbegehren bereits die Aufforderung zur Zahlung des Differenzbetrages aus einem Deckungskauf, den der Käufer mittlerweile nach ergebnislosem Fristablauf getätigt hat und dessen Mehrkosten er jetzt über den Schadensersatz statt der Leistung auszugleichen sucht. Auch hier ist in Bezug auf das Ausbleiben der Nacherfüllung weder ein Verschulden des Verkäufers zu erkennen noch das von ihm als Gattungsschuldner zu tragende Beschaffungsrisiko verwirklicht. Letzteres betrifft nur typische Beschaffungshindernisse, nicht dagegen solche Umstände, die, wie der unfallbedingte Krankenhausaufenthalt, mit der Eigenart der Schuld als Beschaffungsschuld nichts zu tun haben.183 Fehlt es mithin am Vertretenmüssen hinsichtlich des Ausbleibens der Nacherfüllung, hängt das Ergebnis des Falles wiederum entscheidend davon ab, ob die Haftung allein auf das spätere Ausbleiben der Nacherfüllung zu beziehen ist oder alternativ daneben auch auf die ursprüngliche Mangellieferung.

183

Bamberger/Roth/Grüneberg, § 276 Rn. 42. Siehe auch schon oben § 2 II. 1. b).

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§ 5 Das nicht zu vertretende Ausbleiben der Nacherfüllung

II. Der unterschiedliche Wortlaut von § 281 BGB und § 283 BGB Geht man an die Beantwortung dieser Frage und dabei vom Gesetz aus, springt ein merkwürdiger Unterschied zwischen § 281 BGB einerseits und § 283 BGB andererseits ins Auge. § 281 I 1 BGB ist seinen eigenen Worten nach zuständig, „soweit der Schuldner die fällige Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbringt.“ Die Norm nennt damit zwei mögliche Haftungsgründe, nämlich die überhaupt nicht erbrachte Leistung zum einen sowie die nicht wie geschuldet erbrachte Leistung184 zum anderen. Das Wort „oder“ deutet darauf hin, dass diese beiden Haftungsgründe in einem Alternativverhältnis zueinander stehen: Die Haftung aus § 281 I 1 BGB kann dem Wortsinn nach darauf beruhen, dass der Schuldner nicht geleistet hat, oder darauf, dass er nicht wie geschuldet geleistet hat.185 Das Ausbleiben der Nacherfüllung ließe sich unschwer in die Nichtleistungsvariante des § 281 I 1 BGB hineinlesen, da der Verkäufer die geschuldete Leistung – die Nacherfüllung – eben überhaupt nicht erbringt, wenn er die Nacherfüllung nicht vornimmt. Die ursprüngliche Mangellieferung demgegenüber bildete dann, so ließe sich weiter argumentieren, einen dazu ausweislich des Wortes „oder“ alternativen Haftungsgrund im Sinne der zweiten Variante von § 281 I 1 BGB.186 Das nach § 280 I 2 BGB für den Ersatzanspruch erforderliche Vertretenmüssen – die Rückverweisung auf § 280 I BGB soll dies für § 281 BGB zum Ausdruck bringen187 – fände in dieser Auslegung im Ausbleiben der Nacherfüllung wie in der ursprünglichen Mangellieferung zwei mögliche Anknüpfungspunkte. § 281 I 1 BGB passt, seinen Wortlaut auf diese Weise verstanden, also sehr viel besser zu einem Konzept alternativer Bezugspunkte als zu der Auffassung, die Haftung bezöge sich ausschließlich auf das Ausbleiben der Nacherfüllung und keinesfalls auf die Mangellieferung selbst. Anders § 283 BGB. Die „nicht wie geschuldet“ erbrachte Leistung findet dort keine Erwähnung. Die Norm stellt – abgesehen von der Rückverweisung auf § 280 I BGB, die wiederum die Bindung der Haftung an ein Vertretenmüssen verdeutlichen soll188 – einzig auf die Unmöglichkeit der Leistung ab, darauf nämlich, dass der Schuldner nach § 275 BGB nicht zu leisten braucht. Gleichwohl ist nicht weniger als § 281 BGB auch § 283 BGB für die Fälle mangelhafter Leistung zuständig. Das steht ausdrücklich in § 437 Nr. 3 BGB und wird durch die Verweisung auf § 281 I 3 BGB in § 283 S. 2 BGB bestätigt. Nennt 184 Gemeint ist damit die Schlechtleistung, vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 138, und also nach gängiger Terminologie gerade auch die mangelhafte Leistung. 185 Vgl. Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, Rn. 542. 186 So Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, Rn. 542. 187 BT-Drucks. 14/6040, S. 137 f. 188 BT-Drucks. 14/6040, S. 142.

III. Die Geltung unterschiedlicher Konzeptionen als denkbare Antwort

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nun § 283 BGB als einziges Tatbestandsmerkmal die Unmöglichkeit der Leistung, so dürfte damit zugleich der hier maßgebliche Anknüpfungspunkt für das Vertretenmüssen bezeichnet sein. Es geht demnach in § 283 BGB nicht darum, dass der Verkäufer die Mangellieferung, sondern darum, dass er die Unmöglichkeit mangelfreier Leistung zu vertreten hat. Die Unmöglichkeit mangelfreier Leistung kann in § 283 BGB, je nach Zeitpunkt des Unmöglichwerdens, in zwei Formen auftreten. Wird der Mangel nach der ursprünglichen Mangellieferung unbehebbar, macht dies die Nacherfüllung unmöglich. Tritt die Unbehebbarkeit des Mangels dagegen zwischen Vertragsschluss und Lieferung ein, ist nicht nur die spätere Nacherfüllung, sondern bereits die erste mangelfreie Lieferung unmöglich.189 Für das Vertretenmüssen bedeutet das aber keinen Unterschied. Der Verkäufer hat die nach Vertragsschluss eintretende Unmöglichkeit, sei es bereits der ursprünglich mangelfreien Lieferung, sei es der Nacherfüllung, dann zu vertreten, wenn er die Umstände zu vertreten hat, die der Unbehebbarkeit des Mangels zugrunde liegen.190

III. Die Geltung unterschiedlicher Konzeptionen als denkbare Antwort Man könnte nun in Anbetracht der unterschiedlichen Aussagen von § 281 BGB auf der einen und § 283 BGB auf der anderen Seite die Untersuchung an dieser Stelle abbrechen und sich darauf verständigen, das Gesetz verfolge eben in den beiden Normen divergierende Haftungskonzepte. Die Frage nach dem Bezugspunkt der Haftung wäre dann für die §§ 281, 283 BGB je unterschiedlich zu beantworten. Während in § 281 BGB die ursprüngliche Mangellieferung und die Nichtvornahme fristgerechter Nacherfüllung alternative Bezugspunkte bildeten, bezöge sich die Haftung aus § 283 BGB ausschließlich auf die Unmöglichkeit mangelfreier Leistung.191 Die Ergebnisse der beiden Rotwein-Beispiele192 fielen auf diese Weise unterschiedlich aus, sofern man den einen Beispielsfall nach § 281 BGB und den 189 War der Mangel schon bei Vertragsschluss unbehebbar, kommt § 311a II BGB und nicht § 283 BGB zur Anwendung. 190 Deshalb wird im Folgenden für § 283 BGB weiterhin schlicht auf das „Ausblieben der Nacherfüllung“ abgestellt, womit auch die Konstellation erfasst sei, in welcher der Mangel zwischen Vertragsschluss und Lieferung unbehebbar wurde und damit Unmöglichkeit nicht nur der Nacherfüllung, sondern bereits der ursprünglich mangelfreien Leistung (§ 433 I 2 BGB) eintrat. 191 So Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, Rn. 535, 547 ff.; Tiedtke/Schmidt, BB 615, 623. Zu unterschiedlichen Konzeptionen für § 281 BGB und § 283 BGB gelangt auch Hirsch (Jura 2003, S. 289, 292 ff., 295 f.), der die Haftung aus § 283 BGB ausschließlich auf die Unmöglichkeit der Nacherfüllung bezogen sieht, diejenige aus § 281 BGB aber von einem doppelten Vertretenmüssen sowohl des Mangels als auch der Nichtvornahme der Nacherfüllung abhängig macht, siehe oben § 3 III. 192 Oben I. (erster und dritter Absatz).

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§ 5 Das nicht zu vertretende Ausbleiben der Nacherfüllung

anderen nach § 283 BGB löst. Bringt man dort, wo die fristgerechte Nachlieferung am Krankenhausaufenthalt des Verkäufers scheitert, § 281 BGB zur Anwendung – die Nacherfüllung ist ja nicht dauerhaft gemäß § 275 BGB ausgeschlossen – so gelangt man mit der vom Wortlaut nahe gelegten Auslegung von § 281 BGB zur Haftung des Verkäufers. Er muss dem Käufer die Kosten des nach Fristablauf vorgenommenen Deckungsgeschäftes ersetzen, da er die „nicht wie geschuldet“ erbrachte Leistung wegen seines Mangelverschuldens zu vertreten hatte. Scheitert die Ersatzlieferung hingegen am Ausverkauf der Ware, ist die Nacherfüllung fortan gemäß § 275 BGB ausgeschlossen. Löst man diesen Fall deshalb über § 283 BGB, schiede die Schadensersatzpflicht hier aus, da der Verkäufer die Unmöglichkeit nicht nach § 276 BGB zu vertreten hat.

IV. Die Wertungswidersprüchlichkeit unterschiedlicher Ergebnisse Unabhängig davon, welches der beiden Ergebnisse – Haftung oder Nichthaftung – letztlich zutreffend ist, gilt es zunächst festzustellen, dass jedenfalls die Unterschiedlichkeit der Ergebnisse nicht zu überzeugen vermag. Warum es einen entscheidenden Unterschied ausmachen soll, ob die Nacherfüllung nun an einem Unfall des Verkäufers oder am Ausverkauf der Gattung scheitert, will nicht einleuchten. Hier wie dort handelt es sich gleichermaßen um ein Hindernis, das der Verkäufer nicht zu vertreten hat, und man sucht vergeblich nach einem Argument, welches zu erklären imstande wäre, aus welchem Grund der Verkäufer in dem einen Fall infolge seines vorangegangenen Mangelverschuldens haftet, während er in dem anderen Fall bei gleichem Mangelverschulden nicht haftet. Tiedtke selbst, der sie ausdrücklich propagiert, nennt die unterschiedliche Behandlung der beiden Fälle „inkonsequent“ und „sachlich bedenklich“, nimmt sie aber dennoch hin unter Verweis auf die unterschiedliche Konzeption des Gesetzes in den §§ 281, 283 BGB.193 Das vermag nicht zu überzeugen. Ob nämlich tatsächlich in § 281 BGB einerseits und § 283 BGB andererseits unterschiedliche Konzeptionen am Werke sind, ist bislang nicht klar. Lediglich ein erster Blick auf den Wortlaut – namentlich auf die alternative Nennung der „nicht wie geschuldet“ erbrachten Leistung in § 281 BGB und auf das diesbezügliche Schweigen in § 283 BGB – legt die Geltung je unterschiedlicher Konzeptionen nahe. Diese ersten Hinweise der §§ 281, 283 BGB dürfen indes für die weitere Auslegung nicht leitend sein. Andernfalls drohte ein Wertungswiderspruch. Die Aussage, der Verkäufer habe den Mangel bzw. das Ausbleiben der Nacherfüllung zu vertreten oder nicht zu vertreten, kommt ja nicht von ungefähr, sondern beruht stets auf einer wertenden Beurteilung, die den konkreten Verkäufer oder generell eine Verkäufer193

Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, Rn. 536.

V. Anwendung nur einer der beiden Normen?

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gruppe betreffen kann. So mag man lediglich bestimmte Verkäufer etwa als Hersteller oder aufgrund ihrer besonderen Fachkunde für verpflichtet halten, die Kaufsache vor Auslieferung genau zu untersuchen, andere Verkäufer hingegen nicht – mit der jeweils entsprechenden Folge für die Frage des Mangelverschuldens.194 Dasselbe gilt – auch wenn hier eine Pflicht des Verkäufers sehr viel regelmäßiger zu bejahen sein wird – hinsichtlich des Ausmaßes an Sorgfalt, welches dieser oder jener Verkäufer zwischen Vertragsschluss und Lieferung auf den Umgang mit der Kaufsache, ihren Schutz oder ihre Verpackung zu verwenden hat.195 Und ebenso ist Resultat einer wertenden, vom typischen Leistungsversprechen ausgehenden Beurteilung, dass der Gattungsverkäufer weitgehend das Beschaffungsrisiko trägt, ohne doch für die nachträgliche Unmöglichkeit der Beschaffung oder atypische Hindernisse einstehen zu müssen.196 Wenn also in den beiden Rotwein-Beispielen (oben I., erster und dritter Absatz) der Verkäufer einerseits die ursprüngliche Mangellieferung zu vertreten hat – weil er die ihm obliegende Pflicht zu sorgfältiger Lagerung missachtete – und andererseits das Ausbleiben der Nacherfüllung beide Male nicht zu vertreten hat – weil jeweils Umstände jenseits der Grenze seines Beschaffungsrisikos entgegenstanden –, so handelt es sich um zwei Fälle, die unter Wertungsgesichtspunkten gleich gelagert sind. In Anbetracht dessen ist jede Auslegung der §§ 281, 283 BGB zu vermeiden, die dazu führt, dass innerhalb der Fallgruppe, in welcher der Verkäufer zwar den Mangel verschuldet, das Ausbleiben der Nacherfüllung aber nicht zu vertreten hat, je nach Art des Nacherfüllungshindernisses unterschiedliche Ergebnisse erzielt werden.

V. Anwendung nur einer der beiden Normen? Als Zwischenergebnis ist demnach festzuhalten, dass sämtliche Fälle, in denen zu vertretende ursprüngliche Mangellieferung einerseits und nicht zu vertretendes Ausbleiben der Nacherfüllung andererseits aufeinander treffen, im Ergebnis gleich behandelt werden müssen. Dies lässt sich von verschiedenen Richtungen her erreichen. Auf der einen Seite liegt der Versuch, entgegen den sich widersprechenden Hinweisen der Wortlaute der §§ 281, 283 BGB eine dennoch für beide Normen gleichermaßen geltende, einheitliche Konzeption des Bezugspunktes der Haftung zu entwickeln – sei es, dass immer alternative Bezugspunkte zur Verfügung stehen, sei es, dass immer das Ausbleiben der Nacherfüllung den allein maßgeblichen Bezugspunkt bildet. Solches Bemühen um eine geschlossene Konzeption erscheint in der Tat unausweichlich, sofern die §§ 281, 283 BGB die Behandlung des Fallmaterials unter sich aufteilen, indem 194

Siehe BT-Drucks. 14/6040, S. 210. Vgl. allgemein zu den verschiedenen Sorgfalts- oder Nebenpflichten des Verkäufers Staudinger/Beckmann, § 433 Rn. 90 ff. 196 Zur Begründung etwa Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 267 f. 195

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§ 5 Das nicht zu vertretende Ausbleiben der Nacherfüllung

hier § 283 BGB die gemäß § 275 BGB dauerhaft ausgeschlossene Nacherfüllung – im Beispiel den Ausverkauf des Rotweins – und dort § 281 BGB alle sonstigen Hindernisse erfasst – etwa den Krankenhausaufenthalt. Diese Aufteilung des Fallmaterials durch die §§ 281, 283 BGB in Verbindung mit der Geltung je unterschiedlicher Bezugspunkte der Haftung bewirkt ja gerade, dass man, wie zuvor beschrieben, für vergleichbar liegende Fälle zu unterschiedlichen und damit zu wertungswidersprüchlichen Ergebnissen gelangt. Bevor man es aber unternimmt, den Bezugspunkt der Haftung in den §§ 281, 283 BGB einheitlich zu bestimmen, könnte man das Problem zunächst einmal von der anderen Seite her angehen und versuchen, das Fallmaterial einheitlich zu erfassen. Dafür müsste man einen Weg finden, auf dem sämtliche Fälle des nicht zu vertretenden Ausbleibens der Nacherfüllung entweder nur über § 281 BGB oder nur über § 283 BGB abgewickelt und so dem gleichen Ergebnis zugeführt werden können. Gelänge dies, wäre eine parallele Gestaltung der beiden Normen hinsichtlich ihres Bezugspunktes womöglich nicht erforderlich, weil das Ziel, alle Fälle des nicht zu vertretenden Ausbleibens der Nacherfüllung im Ergebnis gleich zu behandeln, bereits über eine Operation am Anwendungsbereich der Normen erreicht wäre. Sowohl für die alleinige Anwendung von § 281 BGB als auch für diejenige von § 283 BGB stehen nun begriffliche wie systematische Einfallstore offen. 1. „Vorübergehende Unmöglichkeit“ der Nacherfüllung Zum einen ließe sich der Anwendungsbereich von § 283 BGB, um mit dieser Norm zu beginnen, in dem Maße zu Lasten von § 281 BGB ausdehnen, in welchem der Begriff der Unmöglichkeit und damit der Einstieg zu § 283 BGB erweitert wird. Zu diesem Zwecke in Betracht kommt namentlich die sog. „vorübergehende Unmöglichkeit“. Überblickt man die Fälle, in denen die Nacherfüllung nicht an einem der Tatbestände von § 275 BGB, sondern an anderen, vom Verkäufer gleichwohl nicht zu vertretenden Umständen scheitert, dann fällt auf, dass solche Hindernisse regelmäßig einen temporären Charakter aufweisen. So ist der Verkäufer des verdorbenen Rotweins solange zur Ersatzlieferung außerstande, wie der Krankenhausaufenthalt ihn von seinen Geschäften abhält. Das Beispiel ist ohne weiteres austauschbar, etwa gegen plötzliches regionales Hochwasserchaos, das den Verkäufer von seinen Geschäftsräumen abschneidet, einen Computervirus, der das Betriebssystem des Verkäufers lahm legt, einen Militärputsch im Herkunftsland der Ware, in dessen Folge ein Handelsembargo deren Bezug einstweilen verbietet, oder gegen einen von der Gewerkschaft ausgerufenen Streik.197 All diesen Ereignissen gemeinsam ist, dass sie den Verkäu197 Zu den Erscheinungsformen zeitweiliger Leistungshindernisse Däubler, Festschrift für Heldrich, S. 55, 57 f.

V. Anwendung nur einer der beiden Normen?

fer nicht endgültig, sondern nur für einen ungewissen Zeitraum an der Nacherfüllung menfassende Beschreibung durchaus nahe, nahme der Nacherfüllung vorübergehend – unmöglich.

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mehr oder weniger gewissen oder hindern. Insofern liegt die zusamdem Verkäufer sei hier die Vorfür die Dauer des Hindernisses –

Die Rechtsfolgen der vorübergehenden Unmöglichkeit sind unklar. Der Gesetzgeber der Schuldrechtsreform hat, nachdem die vorübergehende Unmöglichkeit zunächst Aufnahme in § 275 des Regierungsentwurfs gefunden hatte,198 auf eine sie betreffende Regelung am Ende doch verzichtet.199 Das Schrifttum geht überwiegend davon aus, dass der Schuldner für die Dauer des Leistungshindernisses entsprechend § 275 BGB von seiner primären Leistungspflicht befreit ist.200 Daran anknüpfend könnte man nun argumentieren, dass, werde schon die primäre Nacherfüllungspflicht entsprechend dem die dauerhafte Unmöglichkeit betreffenden § 275 BGB vorübergehend ausgeschlossen, in solchen Fällen insgesamt die bei dauerhafter Unmöglichkeit geltenden Vorschriften Anwendung finden sollten. Hinsichtlich des Schadensersatzes statt der Leistung wäre dies – neben § 311a II BGB – § 283 BGB. Die oben gegebenen Rotwein-Beispiele201 wären in der Folge allesamt – mag die Nacherfüllung nun am Ausverkauf der Gattung oder am Krankenhausaufenthalt des Verkäufers scheitern – mit demselben Ergebnis zu lösen: Stets schiede die Haftung des Verkäufers gemäß § 283 BGB aus, weil er die dauerhafte oder vorübergehende Unmöglichkeit der Nacherfüllung nicht zu vertreten hat. Betrachtet man nach diesem begrifflichen Transfer von § 281 BGB hin zu § 283 BGB noch einmal die Fallkonstellationen, in denen der Verkäufer nur die ursprüngliche Mangellieferung, nicht aber das Ausbleiben der Nacherfüllung zu vertreten hat, dann stellt man fest: Für § 281 BGB bleibt nunmehr in der Tat kaum ein Anwendungsbereich. Zwar sind theoretisch neben den vorübergehenden äußeren Leistungshindernissen ebenso auch „innere“ Hindernisse geeignet, den Verkäufer, ohne dass er dies zu vertreten hätte, von der Vornahme der an sich möglichen Nacherfüllung abzuhalten. Angesprochen sind die Fälle, in denen der Verkäufer einem unverschuldeten Irrtum unterliegt hinsichtlich des Bestehens seiner Nacherfüllungspflicht.202 Einen solchen Fall bekäme man als 198 BT-Drucks. 14/6040, S. 6. § 275 dieser Fassung lautete: „Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit und solange diese (. . .) unmöglich ist.“ 199 Siehe den Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 14/7052, S. 183. 200 Vgl. Schulze/Ebers, JuS 2004, S. 265, 267 mit Nachweisen in Fn. 36; a. A. Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, § 3 IV (S. 55 ff.). 201 Oben I. (erster und dritter Absatz). 202 Siehe U. Huber, Leistungsstörungen I, § 27 I (S. 662, 664): Die vorübergehende Unmöglichkeit zum einen und der Irrtum über das Bestehen der Leistungspflicht zum anderen bilden die beiden Fallgruppen der nicht zu vertretenden Leistungsverzögerung.

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§ 5 Das nicht zu vertretende Ausbleiben der Nacherfüllung

„vorübergehende Unmöglichkeit“ der Nacherfüllung wohl nicht zu fassen, so dass hier kein Weg an der Anwendung von § 281 BGB vorbeiführte. Indes stellen die entschuldbaren Irrtümer lediglich eine Randerscheinung dar. Entweder der Verkäufer befindet sich in einer Art Tatsachenirrtum, weil er gar nichts von seiner Verpflichtung weiß, wie etwa in dem Beispiel, in dem ihm infolge seines Krankenhausaufenthaltes das Nacherfüllungsbegehren des Käufers erst verspätet zur Kenntnis gelangt. Dann geht es aber im Grunde wieder um die äußeren Umstände, welche die Kenntnisnahme verhindern, mithin um die Fallgruppe der vorübergehenden Unmöglichkeit. Oder der Verkäufer befindet sich hinsichtlich des Bestehens seiner Nacherfüllungspflicht in einem Rechtsirrtum, der bis auf einzelne besonders gelagerte Ausnahmefälle praktisch nie zu entschuldigen ist.203 Schon der begriffliche „Trick“ mit der vorübergehenden Unmöglichkeit genügt also, § 281 BGB hier nahezu flächendeckend auszuschalten und die Fälle, in denen der Verkäufer zwar die Mangellieferung, nicht aber das Ausbleiben der Nacherfüllung zu vertreten hat, einheitlich über § 283 BGB abzuwickeln – mit dem Ergebnis, dass Schadensersatz statt der Leistung stets ausschiede. 2. § 281 BGB als Auffangtatbestand Denselben Vorgang – nämlich in den §§ 281, 283 BGB zwar, wie vom jeweiligen Wortlaut nahe gelegt, unterschiedliche Haftungskonzepte gelten zu lassen, dann aber das Fallmaterial nur einer der beiden Normen zuzuweisen – kann man ebenso in die entgegengesetzte Richtung hin zu § 281 BGB betreiben. Dafür müsste man das Verhältnis der §§ 281, 283 BGB zueinander überdenken. Bislang ging diese Untersuchung stillschweigend von dem aus, was das Gesetz auf den ersten Blick auszusagen scheint, davon nämlich, dass § 281 BGB ausweislich seines Fristsetzungserfordernisses diejenigen Fälle erfasst, in denen die Nacherfüllung noch möglich ist, während § 283 BGB ausweislich des von ihm vorausgesetzten Ausschlusses der Leistungspflicht gemäß § 275 BGB diejenigen Fälle erfasst, in denen die Nacherfüllung unmöglich ist. Damit sehr eng, aber eben vielleicht nicht notwendig verbunden ist die Vorstellung, dass die beiden Normen sich gegenseitig ausschließen, dass also § 281 BGB nur im Falle noch möglicher Nacherfüllung eingreift, bei Unmöglichkeit der Nacherfüllung aber niemals zum Zuge kommt, weil dafür § 283 BGB exklusiv zuständig ist. An dieser Stelle könnte man nun einhaken. Die ursprüngliche Mangellieferung findet als „nicht wie geschuldet“ erbrachte Leistung in § 281 BGB Erwähnung, nicht aber in § 283 BGB. Dieser Umstand ließe sich möglicherweise be203 Vgl. (allgemein zum Rechtsirrtum über das Bestehen einer Leistungspflicht) U. Huber, Leistungsstörungen I, § 29 III (S. 710 ff.).

V. Anwendung nur einer der beiden Normen?

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reits für die Bestimmung des Anwendungsbereichs und des Verhältnisses der beiden Normen fruchtbar machen. Man könnte daraus nämlich folgern, dass für einen Schadensersatzanspruch, der sich auf die ursprüngliche Mangellieferung stützt, ausschließlich § 281 BGB und niemals § 283 BGB anwendbar sei, während erst der davon zu unterscheidende Schadensersatzanspruch, dem das Ausbleiben der Nacherfüllung zugrunde liegt, je nach Möglichkeit oder Unmöglichkeit der Nacherfüllung entweder in § 281 BGB oder in § 283 BGB seinen Platz habe. In diesem Sinne systematisiert Hellwege die §§ 281, 283 BGB.204 Er begreift § 281 BGB als Auffangtatbestand, der zwar dort, wo die §§ 281, 283 BGB an dieselbe Pflichtverletzung anknüpften – an das Ausbleiben der Nacherfüllung – im Falle der Unmöglichkeit von § 283 BGB als Spezialregelung verdrängt werde. Dort aber, wo die beiden Normen an unterschiedliche Pflichtverletzungen anknüpften – § 281 BGB an die ursprüngliche Mangellieferung, § 283 BGB an die spätere Unmöglichkeit der Nacherfüllung – erfasse § 281 BGB die zu vertretende Mangellieferung auch dann, wenn die Nacherfüllung gemäß § 275 BGB ausgeschlossen sei.205 Das bedeutet, dass in der Fallkonstellation, in welcher der Verkäufer nur die ursprüngliche Mangellieferung, nicht aber das Ausbleiben der Nacherfüllung zu vertreten hat, diesmal § 283 BGB keine Rolle mehr spielte. § 283 BGB bliebe zwar bei Unmöglichkeit der Nacherfüllung anwendbar, dem Fehlen seiner Voraussetzung – Vertretenmüssen der Unmöglichkeit – wäre aber keineswegs zu entnehmen, dass der Verkäufer nicht Schadensersatz statt der Leistung zahlen muss. Die Haftung ergäbe sich vielmehr aus § 281 I 1 Alt. 2 BGB auf Grund der zu vertretenden Mangellieferung. Auf diese Weise gelänge es, wie schon mit Hilfe der vorübergehenden Unmöglichkeit, das Fallmaterial stets demselben, diesmal gegenteiligen Ergebnis zuzuführen, ohne doch den Bezugspunkt der Haftung für die §§ 281, 283 BGB einheitlich bestimmen zu müssen. 3. Kritik Die Frage ist nun, ob es überzeugt, einen der beiden soeben vorgestellten Wege einzuschlagen. a) Leerlaufen von § 281 I 1 Alt. 2 BGB Gegen die umfängliche Anwendung von § 283 BGB auf das nicht zu vertretende Ausbleiben der Nacherfüllung spricht, dass damit die „nicht wie geschuldet“ erbrachte Leistung in § 281 I 1 Alt. 2 BGB weitgehend überflüssig wäre. 204 205

Fn. 6.

Die §§ 280 ff. BGB, S. 81 ff. Hellwege, Die §§ 280 ff. BGB, S. 81 f.; ebenso Fest, Jura 2005, S. 734, 735

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§ 5 Das nicht zu vertretende Ausbleiben der Nacherfüllung

Diejenige Fallgruppe nämlich, in welcher der Verkäufer das Ausbleiben der Nacherfüllung gemäß § 276 BGB zu vertreten hat – weil er sie vergisst, zu Unrecht verweigert oder aus anderen von ihm zu vertretenden Gründen nicht erbringt –, ließe sich bereits zwanglos mit der Nichtleistungsvariante § 281 I 1 Alt. 1 BGB erfassen.206 Käme nun § 281 I 1 Alt. 2 BGB auch dann nicht zur Anwendung, wenn der Verkäufer nur die ursprüngliche Mangellieferung zu vertreten hat, bliebe der Wendung: „nicht wie geschuldet“ bei Mangelleistung kaum ein Anwendungsbereich.207 Ein anderer Anwendungsbereich als die Mangelleistung ist indes für § 281 I 1 Alt. 2 BGB schwerlich denkbar, da bei Schlechtleistung von Arbeitsverträgen § 281 BGB überhaupt nicht anwendbar ist, während bei Schlechtleistung von Dienstverträgen regelmäßig bereits § 280 I BGB greift.208 b) Unstimmigkeiten des § 281 I 1 BGB Indessen sind Einwände ebenso dagegen zu erheben, § 281 I 1 Alt. 2 BGB als Auffangtatbestand zu begreifen, der stets im Falle zu vertretender ursprünglicher Mangellieferung zum Zuge komme. Bei näherem Zusehen treten nämlich Schwierigkeiten auf, die ursprüngliche Mangellieferung überhaupt mit § 281 BGB zu erfassen. Die Leistungen des Verkäufers, die im Sinne von § 281 I 1 BGB als „nicht oder nicht wie geschuldet erbracht“ bezeichnet werden könnten, sind neben der Nacherfüllung diejenigen, zu denen er gemäß § 433 I BGB verpflichtet ist. Das sind die Übergabe und Übereignung, § 433 I 1 BGB, sowie die Mangelfreiheit der Sache, § 433 I 2 BGB. Problematisch ist nun, § 433 I BGB und § 281 I 1 BGB zu kombinieren. Eine überflüssige Verdoppelung wäre zunächst die Konstruktion, der Verkäufer habe die Pflicht aus § 433 I 2 BGB „nicht wie geschuldet“ erbracht. Vielmehr hat er eine mangelfreie Leistung schlicht nicht erbracht, wenn er mangelhaft liefert. In Betracht käme daher zum einen, dass der Verkäufer durch Übergabe und Übereignung einer mangelhaften Sache die in § 433 I 1 BGB genannte Leistung (Übergabe und Übereignung) „nicht wie geschuldet“ erbringt. Diese Lesart geht freilich nicht auf. Durch die Mangellieferung verletzt der Verkäufer offensichtlich die Pflicht zu mangelfreier Leistung aus § 433 I 2 BGB. Warum dann aber § 281 BGB nicht diese Pflicht, sondern diejenige zu Übergabe und Übereignung nach § 433 I 1 BGB in Bezug nehmen soll, leuchtet nicht ein. Denkbar bliebe zum anderen, die ursprüngliche Mangellieferung als Fall der Nichtleistung nach § 281 I 1 Alt.1 BGB zu verstehen, da 206

Siehe dazu aber noch unten § 6 VI. Übrig blieben allenfalls die Fälle, in denen der Verkäufer die Nacherfüllung mangelhaft – „nicht wie geschuldet“ – vornimmt. 208 Palandt/Heinrichs, § 281 Rn. 44. 207

V. Anwendung nur einer der beiden Normen?

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der Verkäufer entgegen § 433 I 2 BGB eine mangelfreie Leistung „nicht erbringt“. Die „nicht wie geschuldet“ erbrachte Leistung in § 281 I 1 Alt. 2 BGB liefe so aber wiederum ins Leere. Hinzu kommt noch eine weitere Ungereimtheit, die § 281 I 1 BGB im Zusammenhang mit der ursprünglichen Mangellieferung aufweist. § 281 I 1 BGB spricht davon, dass „der Schuldner die fällige Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbringt“. Die Fälligkeit der Leistung wird hier als Voraussetzung genannt gleichermaßen für die Nichtleistungsvariante wie für die Variante der „nicht wie geschuldet“ erbrachten Leistung. Der Fälligkeit zugänglich ist zwar die Pflicht zu Übergabe und Übereignung nach § 433 I 1 BGB. Durch die ursprüngliche Mangellieferung verletzt der Verkäufer aber die Pflicht aus § 433 I 2 BGB. Wenn nun die ursprüngliche Mangellieferung als Verletzung der Pflicht aus § 433 I 2 BGB einen Platz in § 281 I 1 BGB finden soll – sei es als nicht erbrachte, sei es als nicht wie geschuldet erbrachte Leistung –, dann müsste die ursprünglich gemäß § 433 I 2 BGB geschuldete mangelfreie Leistung fällig gewesen sein. Die Fälligkeit indes betrifft allein den zeitlichen Aspekt einer Leistung und bezeichnet zunächst aus Sicht des Gläubigers den Zeitpunkt, von dem an er die Leistung verlangen darf.209 Aus der Perspektive einer eventuellen Pflichtverletzung des Schuldners markiert die Fälligkeit den Zeitpunkt, von dem an die Verzögerung der Leistung frühestens pflichtwidrig sein könnte. Wo also die Fälligkeit, wie in § 281 I 1 BGB, als Voraussetzung einer Pflichtverletzung dienen soll, ergibt dieses Erfordernis nur Sinn, sofern der Zeitpunkt der Fälligkeit auch überschritten werden kann. Eine solche zeitliche Dimension kennt die ursprüngliche Pflicht zu mangelfreier Leistung aber nicht. Hat der Verkäufer einmal mangelhaft geliefert, kann er nicht mehr ursprünglich mangelfrei leisten, sondern nur noch den Mangel im Wege der Reparatur oder Ersatzlieferung beheben. Ab der Mangellieferung schuldet er gemäß § 439 BGB Nacherfüllung, nicht mehr gemäß § 433 I 2 BGB ursprünglich mangelfreie Leistung. Die Mangellieferung bedeutet also gerade nicht, dass ein „Fälligkeitszeitpunkt“ speziell der ursprünglich geschuldeten mangelfreien Leistung überschritten und diese Leistung fortan verzögert würde.210 So gelesen könnte der Wortlaut von § 281 BGB sogar dafür sprechen, die Haftung allein auf das Ausbleiben der Nacherfüllung zu beziehen. Anders nämlich als die ursprünglich geschuldete mangelfreie Leistung ist die Nacherfüllung der Fälligkeit in § 281 I 1 BGB zugänglich. Sie kann unterlassen, fortan verzögert und später nachgeholt werden. Versäumt der Verkäufer die fällige und fristgerechte Nacherfüllung, könnte also die Nichtleistungsvariante des § 281 I 1 209

Palandt/Heinrichs, § 271 Rn. 1. Vgl. auch S. Lorenz, Festschrift für U. Huber, S. 423, 429; ders., Karlsruher Forum 2005, S. 73: Der ursprüngliche Erfüllungsanspruch werde durch den Nacherfüllungsanspruch abgelöst und sei daher nicht mehr „fällig“ im Sinne von § 281 BGB. 210

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§ 5 Das nicht zu vertretende Ausbleiben der Nacherfüllung

Alt. 1 BGB greifen. § 281 I 1 Alt. 2 BGB fände dann auf die ursprüngliche Mangellieferung mangels Fälligkeit der ursprünglich mangelfreien Leistung niemals Anwendung. Auch diese Auslegung begegnet andererseits also dem Einwand, § 281 I 1 Alt. 2 BGB ins Leere laufen zu lassen. c) Zwischenergebnis § 281 I 1 BGB erweist sich demnach mit Blick auf die ursprüngliche Mangellieferung als Gleichung, die nie ohne Rest aufgeht. Keiner der beiden oben vorgestellten Lösungswege vermag daher vollständig zu überzeugen. Ob man nun mithilfe der „vorübergehenden Unmöglichkeit“ den Anwendungsbereich von § 283 BGB ausdehnt oder § 281 I 1 Alt. 2 BGB als Auffangtatbestand für die zu vertretende ursprüngliche Mangellieferung begreift, stets gibt es einen Teil von § 281 I 1 BGB, der dazu nicht passt. Entweder läuft die „nicht wie geschuldet“ erbrachte Leistung des § 281 I 1 Alt. 2 BGB ins Leere. Oder man gibt § 281 I 1 Alt. 2 BGB zwar einen Anwendungsbereich, indem dort die ursprüngliche Mangellieferung erfasst wird, muss dann aber Unstimmigkeiten an anderen Stellen – der Bezug auf die Pflichten von § 433 I BGB, das Erfordernis der Fälligkeit – in Kauf nehmen.

VI. Zusammenfassung und Ausblick Im vorstehenden Kapitel wurde deutlich, dass die Konstellation, in welcher der Verkäufer nur die ursprüngliche Mangellieferung, nicht aber das Ausbleiben der Nacherfüllung zu vertreten hat, besondere Schwierigkeiten aufwirft, die beim Wortlaut des Gesetzes beginnen. Die Wendung: „nicht oder nicht wie geschuldet“ in § 281 I 1 BGB scheint auf ein Konzept alternativer Bezugspunkte hinzudeuten, während § 283 BGB die „nicht wie geschuldet“ erbrachte Leistung nicht erwähnt und damit auf das Ausbleiben der Nacherfüllung als alleinigen Bezugspunkt weist. Die nächstliegende Lösung, in den §§ 281, 283 BGB eben unterschiedliche Konzeptionen gelten zu lassen, vermochte indes nicht zu überzeugen. Es wäre wertungswidersprüchlich, je nach Art des nicht zu vertretenden Nacherfüllungshindernisses zu unterschiedlichen Ergebnissen zu gelangen. Auch die dann vorgestellten Möglichkeiten, das Fallmaterial entweder mithilfe der „vorübergehenden Unmöglichkeit“ allein § 283 BGB oder aber allein § 281 BGB als Auffangtatbestand zuzuweisen, konnten, unabhängig vom jeweils erzielten Ergebnis, nicht restlos befriedigen. § 281 I 1 BGB erwies sich dabei einer reibungslosen Auslegung nicht zugänglich. Der Wortlaut der §§ 281, 283 BGB gibt demnach generell keine brauchbaren Hinweise für die Bestimmung des Bezugspunktes der Haftung. Sowohl weisen die §§ 281, 283 BGB in unterschiedliche Richtungen als auch ist § 281 I 1 BGB mit Blick auf die ursprüngliche Mangellieferung in sich unstimmig. Syste-

VI. Zusammenfassung und Ausblick

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matische und teleologische Erwägungen rücken deshalb in den Vordergrund.211 Mit ihrer Hilfe soll im Folgenden die Frage beantwortet werden, ob der Verkäufer auf Schadensersatz statt der Leistung haftet, wenn er nur die ursprüngliche Mangellieferung, nicht aber das Ausbleiben der Nacherfüllung zu vertreten hat.

211 Dass die historische Auslegung für den Bezugspunkt des Vertretenmüssens zu keinen eindeutigen Schlüssen führt, wurde oben § 3 I. 1. bereits festgestellt.

§ 6 Die Zufallshaftung nach § 287 S. 2 BGB Betrachtet man die Konstellation, in welcher der Verkäufer zwar die ursprüngliche Mangellieferung, nicht aber das Ausbleiben der Nacherfüllung zu vertreten hat, einmal unbefangen vom praktischen Ergebnis her, so liegt ein offensichtlich richtiges Ergebnis keineswegs auf der Hand. Für die Schadensersatzhaftung statt der Leistung spricht das Vertretenmüssen der ursprünglichen Mangellieferung. Eine Position, welche die Haftung hier ablehnt, müsste erklären können, warum den Verkäufer keine Schadensersatzpflicht statt der Leistung trifft, obwohl er etwa schuldhaft eine mangelhafte Sache geliefert hat. Gleichwohl gegen die Haftung spricht das fehlende Vertretenmüssen hinsichtlich des Ausbleibens der Nacherfüllung. Das Besondere eines statt der Leistung ersatzfähigen Schadenspostens ist, dass er stets auf zwei Ursachen zurückgeht, auf das Ausbleiben der Nacherfüllung wie auf die Mangellieferung selbst.212 Der Verkäufer hätte also – anders als beim Schadensersatz neben der Leistung – den statt der Leistung zu ersetzenden Schaden immer noch durch Nacherfüllung abwenden können, wenn von ihm nicht zu vertretende Umstände ihn nicht daran gehindert hätten. Auf Seiten des Verkäufers streitet also der Grundsatz „casus a nullo praestantur“ – für Zufall wird nicht gehaftet –, wonach nicht zu vertretende Hindernisse den Schuldner von primärer Leistungs- wie von sekundärer Ersatzpflicht befreien.213 Der bloße Hinweis auf das Vertretenmüssen der Mangellieferung vermag deshalb zwar die Schadensersatzhaftung neben der Leistung, nicht aber diejenige statt der Leistung ohne weiteres zu begründen. Eine vergleichbare Situation regelt § 287 S. 2 BGB. Auch dort treffen zu vertretende und nicht zu vertretende Umstände aufeinander. Der Schuldner gerät zunächst in Verzug – der gemäß § 286 IV BGB Vertretenmüssen voraussetzt – und haftet fortan nach § 287 S. 2 BGB bei Ausbleiben der Leistung auch für Zufall, d. h. auch für gemäß § 276 BGB von ihm nicht zu vertretende Hindernisse.214 Der Schuldner haftet hier also in Folge seines ursprünglichen Vertretenmüssens (§ 286 IV BGB) auch dann auf Schadensersatz statt der Leistung, wenn er den Schaden durch Nachholung der Leistung hätte abwenden können

212

Siehe oben § 2 I. 4. und 6. Dazu U. Huber, Leistungsstörungen I, § 3 I 6 (S. 74 ff.). 214 Unter „Zufall“ werden solche Ereignisse verstanden, die weder der Gläubiger zu verantworten noch insbesondere der Schuldner gemäß § 276 BGB zu vertreten hat, siehe U. Huber, Leistungsstörungen II, § 34 III 2 (S. 127); Knütel, NJW 1993, S. 900 f.; Hirsch, Jura 2003, S. 42, 45. 213

II. Der Verzug mit der mangelfreien Leistung

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und nur durch Umstände daran gehindert wurde, die er isoliert betrachtet nicht zu vertreten hat.

I. Bedeutung von § 287 S. 2 BGB für die Untersuchung Die Zufallshaftung nach § 287 S. 2 BGB ist in zweifacher Hinsicht von Bedeutung. Zum einen hat die Frage, ob die zu vertretende Mangellieferung den Bezugspunkt der Haftung bilden kann, dort im Ergebnis keine praktische Relevanz, wo das vom Verkäufer nicht zu vertretende Nacherfüllungshindernis während des Verzuges eintritt. In einem solchen Fall haftet der Verkäufer ohnehin auf Grund des Verzuges über § 287 S. 2 BGB auf Schadensersatz statt der Leistung. Deshalb wird zu klären sein, wann der Verzug mit der mangelfreien Leistung und damit der unmittelbare Anwendungsbereich von § 287 S. 2 BGB beginnen.215 Darüber hinaus birgt § 287 S. 2 BGB systematischen Argumentationsstoff. Der Zufallshaftung während des Verzuges könnte im Umkehrschluss zu entnehmen sein, dass der Schuldner erst während des Verzuges für Zufall haftet und nicht etwa schon vorher, oder auch, dass der Schuldner nur infolge des Verzuges und nicht infolge einer andersartigen Pflichtverletzung – der zu vertretenden Mangellieferung – für Zufälle einstehen muss. Das spräche gegen die zu vertretende ursprüngliche Mangellieferung als Bezugspunkt der Haftung. Dadurch nämlich müsste der Verkäufer bei zufälligen Nacherfüllungshindernissen unabhängig vom Verzug Schadensersatz statt der Leistung zahlen, also etwa auch dann, wenn die Nacherfüllung schon vor Verzugsbeginn durch Zufall unmöglich wird. Andererseits könnte § 287 S. 2 BGB auch in die gerade entgegengesetzte Richtung weisen. Dies wäre der Fall, wenn die Norm einen dahin nach Verallgemeinerung drängenden Rechtsgedanken enthielte, dass der Schuldner infolge einer ersten zu vertretenden Pflichtverletzung – gleich welcher Art – auch für nicht zu vertretende weitere Leistungshindernisse haftet. Die ursprüngliche zu vertretende Mangellieferung begründete damit – wenn nicht als Bezugspunkt der Haftung, so doch als Auslöser der Zufallshaftung – die Schadensersatzhaftung statt der Leistung.216

II. Der Verzug mit der mangelfreien Leistung Zunächst sei die Frage in den Blick genommen, ab wann der Verkäufer sich in Verzug mit der mangelfreien Leistung befindet und in dessen Folge gemäß § 287 S. 2 BGB für zufällige Nacherfüllungshindernisse haftet.

215 216

Dazu unten II. Zu diesen Fragen unten III.–V.

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§ 6 Die Zufallshaftung nach § 287 S. 2 BGB

1. Verzugsbeginn Der Verzugsbeginn bei mangelhafter Leistung wird in der Literatur unterschiedlich bestimmt. Umstritten ist vornehmlich, wann der Verkäufer in Verzug gerät, nachdem der Käufer die Nacherfüllung angemahnt hat: mit Zugang der die Nacherfüllung betreffenden Mahnung,217 mit Verstreichen der von da an zur sofortigen Nacherfüllung erforderlichen Zeit218 oder erst mit Ablauf der Nacherfüllungsfrist219. Das mag hier dahinstehen. Der Verzugsbeginn ist hier deshalb von Interesse, weil in seiner Folge der Verkäufer ohnehin gemäß § 287 S. 2 BGB für nunmehr eintretende zufällige Nacherfüllungshindernisse einstehen muss, mithin das Problem der ursprünglichen Mangellieferung als Bezugspunkt der Haftung im Falle während des Verzuges eintretender Hindernisse keine praktische Relevanz hat. Die Frage, ob der Verkäufer sofort mit oder erst wenige oder einige Tage nach Zugang der Mahnung im Sinne von § 286 I BGB – die regelmäßig in der Aufforderung oder Fristsetzung zur Nacherfüllung liegt –220 in Verzug gerät, hat zwar ebenfalls praktische Bedeutung. Im vorliegenden Zusammenhang erscheint aber die Frage wichtiger, ob der Verzug und in dessen Folge der Anwendungsbereich von § 287 S. 2 BGB bereits mit der ursprünglichen Mangellieferung beginnen. Dies wird deutlich, wenn man an versteckte Mängel denkt: Bis der Käufer einen bei Erhalt der Sache noch versteckten Mangel entdeckt und daraufhin Nacherfüllung verlangt – worin regelmäßig eine Mahnung im Sinne von § 286 I BGB liegt –,221 können Wochen, Monate oder auch nahezu die gesamte Gewährleistungszeit von regelmäßig zwei Jahren (§ 438 I Nr. 3 BGB) vergehen, ein vergleichsweise großer Zeitraum also, in dem zufällige Nacherfüllungshindernisse – Untergang bzw. Ausverkauf der Gattung, Handelsembargo, Unfälle, Krankheit etc. – eintreten können. 2. Die Auffassung von Grigoleit/Riehm Den Standpunkt, der Verkäufer gerate bereits durch die zu vertretende ursprüngliche Mangellieferung in Verzug, haben namentlich Grigoleit/Riehm bezogen.222 Sie stützen sich dabei auf zwei Annahmen. Zum einen befinde sich 217 Etwa Büdenbender in: Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring, Das neue Schuldrecht in der anwaltlichen Praxis, § 8 Rn. 62. 218 Etwa Bamberger/Roth/Faust, § 437 Rn. 14. 219 Oechsler, Vertragsrecht, Rn. 150. 220 BT-Drucks. 14/6040, S. 225; Bamberger/Roth/Faust, § 437 Rn. 141; U. Huber, Leistungsstörungen I, § 19 I 3 b (S. 457, zu vergleichbaren Fällen hinsichtlich der Aufforderung zur Mängelbeseitigung im bisherigen Miet- und Werkrecht). Dies dürfte unstreitig sein. Umstritten ist nur, insbesondere bei der Fristsetzung, ab wann die darin enthaltene Mahnung den Verzug auslöst, siehe die Positionen bei Fn. 217–219. 221 Siehe vorige Fußnote. 222 AcP 203, S. 727, 754 ff.

II. Der Verzug mit der mangelfreien Leistung

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der Verkäufer durch die zu vertretende Mangellieferung in Verzug mit der ursprünglich gemäß § 433 I 2 BGB geschuldeten mangelfreien Leistung.223 Dieser Verzug beginne zum anderen sofort mit der Lieferung, da die nach § 286 I BGB grundsätzlich erforderliche Mahnung unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gemäß § 286 II Nr. 4 BGB stets entbehrlich sei.224 a) Verzug mit der ursprünglich geschuldeten mangelfreien Leistung? Beides vermag nicht zu überzeugen. Das betrifft zunächst den von Grigoleit/Riehm angenommenen Verzug hinsichtlich der ursprünglichen Pflicht zu mangelfreier Leistung (§ 433 I 2 BGB). Der Verzug ist die Pflichtverletzung in zeitlicher Hinsicht und setzt also voraus, dass die Leistung zeitlich verzögert wird. Bereits im Zusammenhang mit der Fälligkeit in § 281 I 1 BGB war indes zu erkennen, dass die ursprünglich mangelfreie Leistung gar nicht verzögert werden kann.225 Hat der Verkäufer einmal mangelhaft geliefert, kann er fortan nicht mehr ursprünglich mangelfrei leisten, sondern nur noch den Mangel beheben im Wege der Nacherfüllung. Zwar gleichen sich die ursprüngliche Leistungspflicht und die Nacherfüllungspflicht im Falle der Ersatzlieferung gemäß § 439 I Alt. 2 BGB: Beide Male soll der Verkäufer eine mangelfreie Sache liefern. Dennoch geht es um Unterschiedliches:226 hier um Behebung des Mangels durch Nacherfüllung gemäß § 439 BGB, dort um ursprünglich mangelfreie Leistung gemäß § 433 I 2 BGB. Die Verpflichtung zu mangelfreier Leistung besteht von der Mangellieferung an nicht mehr als ursprüngliche Pflicht aus § 433 I 2 BGB fort, vielmehr schuldet der Verkäufer nunmehr Nacherfüllung gemäß § 439 BGB.227 Die Pflicht zu mangelfreier Leistung aus § 433 I 2 BGB mag demnach durch die ursprüngliche Mangellieferung zwar verletzt werden, nicht aber wird ihre Erfüllung fortan verzögert. Als zeitliche Pflichtverletzung fassbar ist allein die Nichtbehebung des Mangels durch Nacherfüllung. Die Nacherfüllung wird von der Mangellieferung an verzögert und bildet dann – unter den Voraussetzungen von § 286 BGB – den Gegenstand des Verzuges. Verzug mit der mangelfreien Leistung bedeutet also immer Verzug mit der Nacherfüllung.228 Einen Verzug mit der ursprünglich

223 AcP 203, S. 727, 758, ausdrücklich gegen die Vorstellung, es handele sich um Verzug hinsichtlich der Nacherfüllung. 224 AcP 203, S. 727, 755 ff. 225 Oben § 5 V. 3. b). 226 Vgl. auch S. Lorenz, Karlsruher Forum 2005, S. 72: Die beiden Ansprüche seien ausweislich des Wahlrechts des Käufers in § 439 BGB und der Sonderverjährung des § 438 BGB „sicherlich nicht identisch“. 227 Dazu etwa Canaris, Schuldrechtsmodernisierung 2002, S. XXV: „Gewährleistungsrechtliche Modifikation des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs“. 228 MünchKomm/Ernst, vor § 275 Rn. 13.

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§ 6 Die Zufallshaftung nach § 287 S. 2 BGB

gemäß § 433 I 2 BGB geschuldeten mangelfreien Leistung hingegen gibt es nicht.229 b) Generelle Entbehrlichkeit der Mahnung nach § 286 II Nr. 4 BGB? Bleibt die weitere Annahme von Grigoleit/Riehm, eine Mahnung sei im Falle mangelhafter Leistung stets nach § 286 II Nr. 4 BGB entbehrlich. Überträgt man dies von dem von Grigoleit/Riehm angenommenen Verzug mit der ursprünglich geschuldeten mangelfreien Leistung auf den wie gesehen einzig in Betracht kommenden Verzug mit der Nacherfüllung, so begänne eben dieser Verzug just in dem Moment der ursprünglichen Mangellieferung – mit der Konsequenz der sofort einsetzenden Zufallshaftung nach § 287 S. 2 BGB. Die Zielrichtung von Grigoleit/Riehm – nur vor diesem Hintergrund wird ihre Argumentation verständlich – ist freilich gar nicht die Anwendung von § 287 S. 2 BGB, sondern der Ersatz sog. mangelbedingter Betriebsausfallschäden.230 Es geht Grigoleit/Riehm also um solche Fälle, in denen etwa eine Maschine für den Betrieb des Käufers geliefert wird, diese nicht funktioniert und der Käufer dadurch sofort Produktionsausfälle zu beklagen hat. Hat der Verkäufer den Mangel verschuldet, so ist umstritten, ob solche Schäden allesamt ohne weiteres gemäß § 280 I BGB ersatzfähig sind, oder ob sie Verzögerungsschäden im Sinne der §§ 280 II, 286 BGB darstellen mit der Folge, dass der Käufer gemäß § 286 I BGB grundsätzlich nur für die nach einer vorangegangenen Mahnung entstandenen Ausfälle Ersatz verlangen kann.231 Grigoleit/Riehm gehen in diesem Streit eine Art Mittelweg, indem sie einerseits zwar Betriebsausfallschäden allein den §§ 280 II, 286 BGB zuordnen,232 andererseits dort aber die Mahnung über § 286 II Nr. 4 BGB für entbehrlich halten und so dasselbe Ergebnis erzielen wie bei Anwendung von § 280 I BGB. Die Entbehrlichkeit der Mahnung begründen Grigoleit/Riehm dabei mit der von der Nichtleistung zu unterscheidenden Situation bei mangelhafter Leistung.233 Die Nichtleistung – der Verkäufer liefert die Sache überhaupt nicht – 229 Ein solcher Verzug kommt auch vor Lieferung nicht in Betracht: Solange der Verkäufer die Sache überhaupt noch nicht geliefert hat, geht es um den Verzug mit der Lieferung als solcher. Das gilt auch, wenn der Käufer die Sache wegen des Mangels zurückweist: Dazu ist er nach § 266 BGB berechtigt, ohne in Annahmeverzug zu geraten (MünchKomm/Krüger, § 266 Rn. 4, 18); der Verkäufer hat auch in diesem Fall seine Pflicht zu Übergabe und Übereignung aus § 433 I 1 BGB noch nicht erfüllt, so dass er unter den Voraussetzungen von § 286 BGB bereits mit der Erfüllung dieser Pflicht in Verzug gerät. Die Konstruktion eines Verzuges hinsichtlich der Pflicht zu mangelfreier Leistung aus § 433 I 2 BGB erscheint daneben überflüssig. 230 Siehe AcP 203, S. 727, 754. 231 Dazu noch unten § 9 I. 232 AcP 203, S. 727, 754 f. 233 AcP 203, S. 727, 755 f.

II. Der Verzug mit der mangelfreien Leistung

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liege für den Käufer offen zutage, er könne daher unschwer durch Mahnung reagieren und so die Voraussetzungen des Anspruches aus den §§ 280 II, 286 BGB schaffen, bevor ein bei weiterem Ausbleiben der Leistung drohender Schaden eintritt. Dagegen werde bei mangelbedingten Betriebsausfallschäden der Mangel häufig erst aus Anlass des durch ihn bereits verursachten Betriebsausfalls entdeckt. Dem Käufer biete sich in solchen Fällen also vor Schadenseintritt überhaupt keine Chance, den Verkäufer noch zu mahnen und so erst in Verzug zu setzen. Das daraus resultierende besondere Schutzbedürfnis des Käufers einer mangelhaften Sache habe in der Interessenabwägung nach § 286 II Nr. 4 BGB Berücksichtigung zu finden mit der Folge, dass die Mahnung hier stets entbehrlich sei. Inwiefern diese Argumentation hinsichtlich Betriebsausfall- oder ähnlicher neben der Leistung zu ersetzender Schäden berechtigt ist, wird noch zu behandeln sein.234 Den hier interessierenden Schadensersatz statt der Leistung trifft sie aber jedenfalls nicht. Denn statt der Leistung ersatzfähig sind allein diejenigen Schäden, die durch die Mangellieferung noch nicht endgültig eingetreten, sondern durch Nacherfüllung noch abwendbar sind.235 Der Käufer hat daher, solange der Mangel behebbar ist, nach Entdeckung des Mangels immer Gelegenheit, durch Aufforderung zur Nacherfüllung236 den Verzug des Verkäufers in Gang zu setzen, bevor der statt der Leistung zu ersetzende Schaden eintritt. Ein generell erhöhtes, möglicherweise in § 286 II Nr. 4 BGB zu beachtendes Bedürfnis danach, dass der Verkäufer in Abweichung von der Regel des § 286 I BGB ohne Mahnung in Verzug gerät, besteht daher mit Blick auf den Schadensersatz statt der Leistung gerade nicht. Hinzu kommt, dass § 286 II Nr. 4 BGB ohnehin nur die Mahnung entbehrlich zu machen vermag, nicht dagegen die übrigen Verzugsvoraussetzungen (§ 286 II BGB: „Der Mahnung bedarf es nicht, wenn . . .“). Bezweifeln könnte man bereits, ob die Nacherfüllung überhaupt – wie § 286 I 1 BGB verlangt – fällig sein kann, solange der Verkäufer die Kaufsache zwar schon geliefert, indessen der versteckte Mangel sich noch nicht gezeigt und der Käufer noch nicht Nacherfüllung verlangt hat.237 Jedenfalls aber setzt der Verzug gemäß § 286 IV 234

Unten § 9 I. Oben § 2 I. 236 In der regelmäßig eine Mahnung im Sinne von § 286 I BGB liegt, siehe oben bei und in Fn. 220. 237 Der Fälligkeitszeitpunkt für die Nacherfüllung ist umstritten. In der Diskussion sind der Gefahrübergang, die Fälligkeit der Lieferung als solcher sowie die Geltendmachung des Nacherfüllungsanspruches, vgl. Schürholz, Die Nacherfüllung im neuen Kaufrecht, S. 53 f. mit Nachweisen. Dieses Problem sei hier aber beiseite gelassen, da es nur für den Sonderfall Bedeutung hat, in dem der Verkäufer mangelhaft liefert, bevor überhaupt die Lieferung selbst fällig ist, und dann die Frage auftaucht, ob der Käufer sofort Nacherfüllung verlangen darf oder warten muss bis zur Fälligkeit der Lieferung. 235

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§ 6 Die Zufallshaftung nach § 287 S. 2 BGB

BGB das Vertretenmüssen der Verzögerung der Leistung voraus. Wurde zuvor festgestellt, dass den Gegenstand des Verzuges die Nacherfüllung bildet, so ist die Nacherfüllung auch diejenige in § 286 IV BGB genannte Leistung, deren Verzögerung der Verkäufer, soll er in Verzug geraten, zu vertreten haben muss. Ein Vertretenmüssen in Bezug auf die Verzögerung der Nacherfüllung dürfte jedoch schwerlich zu bejahen sein, wenn der Verkäufer von seiner Verpflichtung zur Nacherfüllung noch gar nichts weiß.238 Eben dies ist aber, sofern der Verkäufer nicht gerade vorsätzlich mangelhaft geliefert hat, solange der Fall, bis der Käufer den Mangel – regelmäßig in Gestalt einer Mahnung – anzeigt und Nacherfüllung verlangt. 3. Folgerungen Demnach bliebt zweierlei festzuhalten: Gegenstand des Verzuges mit der mangelfreien Leistung ist die Nacherfüllungspflicht, und der Beginn dieses Verzuges setzt gemäß § 286 I BGB grundsätzlich eine Mahnung voraus. Beide Feststellungen haben jeweils ihre Bedeutung für diese Untersuchung: a) Das Vertretenmüssen in § 286 IV BGB bei Mangelleistung Gründet der Verzug und damit die Zufallshaftung nach § 287 S. 2 BGB nicht auf der ursprünglichen Mangellieferung, sondern auf der Verzögerung der Nacherfüllung, so kommt es für die Anwendung von § 287 S. 2 BGB nicht darauf an, ob der Verkäufer den Mangel zu vertreten hat. Das für den Verzug und also für die Anwendung von § 287 S. 2 BGB nach § 286 IV BGB erforderliche Vertretenmüssen bezieht sich auf die Nichterfüllung derjenigen Pflicht, die Gegenstand des Verzuges ist. Das ist die Nacherfüllungspflicht und nicht die ursprüngliche Verpflichtung zu mangelfreier Leistung. Für den Verzug mit der mangelfreien Leistung ist daher entscheidend, ob der Verkäufer im Zeitpunkt des Vorliegens der übrigen Voraussetzungen von § 286 BGB die Verzögerung der Nacherfüllung zu vertreten hat.239 b) „Spätes“ Einsetzen der Zufallshaftung nach § 287 S. 2 BGB Da der Verzug mit der Nacherfüllung gemäß § 286 I BGB grundsätzlich eine Mahnung voraussetzt und also frühestens mit deren Zugang beginnt, behält das Problem der ursprünglichen Mangellieferung als Bezugspunkt der Schadensersatzhaftung statt der Leistung durchaus praktische Relevanz. Für § 287 S. 2 238 Vgl. zu vergleichbaren Konstellationen im alten Recht (Mängelbeseitigung bei Miet- und Werkvertrag) U. Huber, Leistungsstörungen I § 19 I 3 b (S. 457 f.). 239 MünchKomm/Ernst, § 280 Rn. 71.

III. Die haftungsausschließende Vorwirkung des Verzuges

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BGB als Verzugsfolge bleibt oftmals nur ein relativer schmaler zeitlicher Anwendungsbereich, je nachdem, wie lange Zeit nach der Lieferung der Käufer den Mangel entdeckt und dann – regelmäßig in Gestalt zugleich einer Mahnung – Nacherfüllung verlangt. Im Falle davor sich ereignender zufälliger Nacherfüllungshindernisse stellt sich nun weiterhin die Frage, ob der Verkäufer auf Schadensersatz statt der Leistung haftet, wenn er die ursprüngliche Mangellieferung zu vertreten hat.

III. Die haftungsausschließende Vorwirkung des Verzuges Obwohl die Frage nach der Rolle der ursprünglichen Mangellieferung also vornehmlich zufällige Hindernisse vor Verzugsbeginn betrifft, muss die Beantwortung doch ebenfalls bei § 287 S. 2 BGB ansetzen. Dass § 287 S. 2 BGB die Zufallshaftung erst während des Verzuges anordnet, legt nämlich den Umkehrschluss nahe, dass vor Verzugsbeginn gerade noch keine Zufallshaftung gelten soll. Dies wiederum könnte bedeuten, dass die ursprüngliche Mangellieferung nicht Bezugspunkt der Schadensersatzhaftung statt der Leistung sein darf. Denn letzteren Falles würde der Verkäufer auch dann auf Schadensersatz statt der Leistung haften, wenn bereits zwischen Mangellieferung und Verzugsbeginn zufällige Nacherfüllungshindernisse eintreten. 1. Zwei Phasen der Verzögerung der Leistung Der besagte Umkehrschluss ist zunächst bei der Nichtleistung zu ziehen, dort also, wo zum Beispiel der Verkäufer die Kaufsache nicht mangelhaft, sondern überhaupt nicht liefert. Die Nichtleistung bedeutet, von der Art der Pflichtverletzung her betrachtet, einzig eine zeitliche Verzögerung der Leistung. Die Leistung wird von der Fälligkeit über die Mahnung bis hin zum Fristablauf verzögert. Das Gesetz knüpft nun bestimmte Folgen an die Verzögerung der Leistung erst von demjenigen Zeitpunkt an, da die Verzögerung sich gemäß § 286 BGB als Verzug darstellt. Dies gilt für den Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung nach § 280 II BGB ebenso wie für die Zufallshaftung nach § 287 S. 2 BGB, die beide an den Verzug gekoppelt sind. Würde man die in § 280 II BGB und § 287 S. 2 BGB vorgesehenen Rechtsfolgen bereits vor Verzugsbeginn greifen lassen auf Grundlage der vorherigen, noch nicht den Tatbestand von § 286 BGB erfüllenden Verzögerung der Leistung, so würde dies die Verzugsvoraussetzungen, namentlich das Mahnungserfordernis, unterlaufen. Es ist indes nicht einsichtig, warum das Gesetz in § 286 BGB besondere Voraussetzungen aufstellen sollte, unter denen die Verzögerung der Leistung haftungsrechtliche Folgen hat, wenn dieselben Folgen sich bereits aufgrund der bloßen Verzögerung ohne die Voraussetzungen von § 286 BGB einstellen könnten.

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§ 6 Die Zufallshaftung nach § 287 S. 2 BGB

Die Verzögerung der Leistung ist somit in zwei Phasen aufzuteilen.240 Die erste Phase beginnt mit Fälligkeit – gemäß § 271 BGB in der Regel sofort nach Vertragsschluss – und endet mit Verzugsbeginn. In diesem Zeitraum bleibt die Leistungsverzögerung für die Zufallshaftung wie für den Ersatz von Verzögerungsschäden folgenlos.241 Symptom dessen ist etwa, dass die Kosten der den Verzug erst begründenden Mahnung nicht ersatzfähig sind.242 Die Verzugsvoraussetzungen entfalten in dieser Phase haftungsausschließende Vorwirkung, weil ihnen im Umkehrschluss zu entnehmen ist, dass die Verzögerung der Leistung vor Verzugsbeginn noch nicht sanktioniert sein soll.243 Der Schuldner kann deshalb im Zeitraum zwischen Fälligkeit und Verzugsbeginn die Leistung noch so schuldhaft verzögern und doch nicht dafür haftbar gemacht werden. Die zweite Phase ist dann eben der Verzug gemäß § 286 BGB, erst von dessen Beginn an dem Schuldner nach § 287 S. 2 BGB die Zufallshaftung und nach § 280 II BGB die Verzögerungsschäden zugewiesen sind. 2. Der Bezugspunkt der Haftung bei Nichtleistung Diese haftungsausschließende Vorwirkung des Verzuges hat entscheidende Bedeutung für den Bezugspunkt der Schadensersatzhaftung statt der Leistung bei Nichtleistung. Liefert zum Beispiel der Verkäufer bei Fälligkeit überhaupt nicht und verstreicht später noch die vom Käufer gemäß § 281 I 1 BGB gesetzte Nachfrist, stehen wiederum zwei denkbare Bezugspunkte der Haftung aus § 281 BGB zur Auswahl, nämlich die Nichtleistung bei Fälligkeit und die Nichtleistung bei Fristablauf. Der Wortlaut von § 281 I 1 BGB spricht auch hier dafür, dass beide alternativ als Bezugspunkte der Haftung dienen, da in beiden Fällen der Verkäufer „die fällige Leistung nicht erbringt“ (§ 281 I 1 Alt. 1 BGB). Der Verkäufer bzw. allgemein der Schuldner würde so auf Schadensersatz statt der Leistung haften, wenn er entweder die Nichtleistung bei Fälligkeit oder diejenige bei Fristablauf zu vertreten hat.

240 Vgl. Wahl, Schuldnerverzug, S. 193 ff. Wahl nimmt sogar drei „Zeitstufen im Schuldverhältnis“ an, weil er auch die Phase vor Fälligkeit mitzählt. 241 Wahl, Schuldnerverzug, S. 196; Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 89; Reichenbach, Jura 2003, S. 512, 518; Wilhelm, JZ 2004, S. 1055, 1057; siehe auch BTDrucks. 14/6040: „Eine bloße Verzögerung der Leistung über die Fälligkeit hinaus soll für den Schuldner noch keine wesentlichen Rechtsnachteile erzeugen. Vielmehr entspricht es der beizubehaltenden Rechtstradition, dass solche Nachteile erst im Schuldnerverzug eintreten.“; so wörtlich auch bereits der Abschlussbericht der Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts (1992), S. 137. 242 Siehe etwa BGH vom 31. 10. 1984, NJW 1985, S. 320, 324; Palandt/Heinrichs, § 286 Rn. 48. 243 Eine Ausnahme von diesem Grundsatz bilden gesetzlich angeordnete Fälligkeitszinsen, etwa gemäß § 353 HGB beim beiderseitigen Handelsgeschäft oder gemäß § 641 IV BGB für die Vergütung beim Werkvertrag.

III. Die haftungsausschließende Vorwirkung des Verzuges

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Und doch ist allein die Nichtleistung bei Fristablauf Bezugspunkt der Haftung,244 nicht hingegen die Nichtleistung bei Fälligkeit.245 Zwar setzt § 281 BGB, anders als § 326 BGB a. F., Verzug nicht mehr voraus. § 281 I 1 Alt. 1 BGB darf aber nicht in Widerspruch zu den Verzugsvorschriften ausgelegt werden. Denn hier wie dort ist die gleiche Pflichtwidrigkeit des Schuldners betroffen – die Verzögerung der Leistung –, die von der Fälligkeit über die Fristsetzung bis über den Fristablauf hinaus andauert.246 Die Nichtleistung bei Fälligkeit als Bezugspunkt der Haftung stünde nun in Widerspruch zu § 287 S. 2 BGB.247 Ereignet sich ein zufälliges Leistungshindernis zwischen Fälligkeit und Mahnung und dauert es noch an, wenn die vom Gläubiger unterdessen oder zugleich mit der Mahnung gesetzte Nachfrist abläuft, würde eine auf die frühere Nichtleistung bei Fälligkeit gestützte Haftung aus § 281 BGB bedeuten, dass der Schuldner entgegen der Verzugsbindung des § 287 S. 2 BGB auch für vor Verzugsbeginn eintretende zufällige Leistungshindernisse einstehen müsste. Ein weiterer Widerspruch bestünde zu § 280 II BGB. Das wird wiederum anhand von solchen zufälligen Hindernissen deutlich, die zwischen Fälligkeit und Mahnung eintreten. Der Schuldner gerät hier nach § 286 IV BGB durch die Mahnung nicht in Verzug, da er infolge des zufälligen Hindernisses die Verzögerung der Leistung nicht mehr zu vertreten hat. Bezugspunkt des Vertretenmüssens in § 286 IV BGB im Falle der Nichtleistung ist nämlich die Nichtleistung bei Mahnung, nicht diejenige bei Fälligkeit.248 Das ergibt der Umkehrschluss aus § 287 S. 2 BGB.249 Andernfalls geriete der Schuldner trotz zufälligem Leistungshindernis in Verzug, obwohl doch erst der Verzug die Zufallshaftung nach § 287 S. 2 BGB auslöst.250 Bildete die Nichtleistung bei Fälligkeit nun den Bezugspunkt der Schadensersatzhaftung statt der Leistung, dann wäre diese Haftung zu bejahen, so der Schuldner den Fälligkeitszeitpunkt in noch zu vertretender Weise hatte verstreichen lassen. Der Gläubiger könnte also 244 Ebenso Palandt/Heinrichs, § 281 Rn. 16: entscheidend für das Vertretenmüssen sei der Zeitpunkt des Fristablaufs; Jauernig/Stadler, § 281 Rn. 12; S. Lorenz, Karlsruher Forum 2005, S. 49 f.; ders., Festschrift für U. Huber, S. 423, 426 f. 245 So aber Looschelders, Schuldrecht AT, Rn. 609; Staudinger/Otto, § 280 D 11; Kaiser, in: Staudinger/Eckpfeiler, S. 295, 335 f. 246 Nicht zu folgen ist deshalb Schmidt-Kessel, der den Verzug, da § 281 BGB ihn anders als noch § 326 BGB a. F. nicht mehr zur Voraussetzung habe, als „systematisches Fossil“ bezeichnet, das durch die Schuldrechtsreform einen „dramatischen Funktionsverlust“ habe hinnehmen müssen (Schlechtriem/Schmidt-Kessel, Schuldrecht AT, Rn. 653 f.; Prütting/Wegen/Weinreich/Schmidt-Kessel, § 286 Rn. 2). 247 So wohl auch S. Lorenz, Festschrift für U. Huber, S. 423, 426 f. 248 Kohler, JZ 2004, S. 961, 963; Palandt/Heinrichs, § 286 Rn. 39; Erman/Hager, § 286 Rn. 56; S. Lorenz, Karlsruher Forum 2005, S. 47 f.; ders., Festschrift für U. Huber, S. 423, 425; a. A. aber MünchKomm/Ernst, § 286 Rn. 104. 249 S. Lorenz, Karlsruher Forum 2005, S. 48; ders., Festschrift für U. Huber, S. 423, 425. 250 S. Lorenz Karlsruher Forum 2005, S. 48.

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§ 6 Die Zufallshaftung nach § 287 S. 2 BGB

bei zwischen Fälligkeit und Mahnung eingetretenen zufälligen Leistungshindernissen Schadensersatz statt der Leistung verlangen, ohne gemäß §§ 280 II, 286 BGB zum Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung berechtigt zu sein. Das ist nicht einsichtig. Wenn der Gläubiger schon einen einzelnen Verzögerungsschaden nicht ersetzt bekommt, dann darf er erst recht nicht wegen derselben Verzögerung insgesamt Schadensersatz statt der Leistung verlangen können.251 Sonst erhielte zum Beispiel der Käufer eines nicht gelieferten PKW einerseits nach Fristablauf gemäß § 281 BGB Ersatz für die Mehrkosten eines als Deckungskauf erworbenen Wagens, obwohl er andererseits für die Kosten eines nach Fristablauf bloß vorübergehend genutzten Mietwagens nach § 280 II BGB keinen Ersatz erhielte.252 3. Zwischenergebnis Festzuhalten ist demnach: Den Bezugspunkt der Schadensersatzhaftung statt der Leistung bei Nichtleistung bildet in § 281 BGB nie die Nichtleistung bei Fälligkeit, sondern stets die Nichtleistung bei Fristablauf. Entsprechendes gilt für die Haftung nach § 283 BGB. Sie bezieht sich ebenfalls nicht auf die ursprüngliche Nichtleistung bei Fälligkeit, sondern auf die spätere Unmöglichkeit der Leistung. Der Grund ist wiederum, dass der Schuldner andernfalls entgegen der Verzugsbindung von § 287 S. 2 BGB auch ohne Verzug für die zufällige Unmöglichkeit einstehen müsste. Hat der Schuldner also das Ausbleiben der Leistung bei Fristablauf bzw. wegen Unmöglichkeit weder nach § 276 BGB noch – da er sich beim Eintritt des zufälligen Leistungshindernisses nicht in Verzug befand – über § 287 S. 2 BGB zu vertreten, so haftet er nicht auf Schadensersatz statt der Leistung, mag er die Nichtleistung bei Fälligkeit auch zu vertreten haben.

IV. Übertragung des Haftungsmodells der Nichtleistung auf die Mangelleistung? Nachdem mit Hilfe der haftungsausschließenden Vorwirkung des Verzuges der Bezugspunkt der Haftung bei Nichtleistung bestimmt werden konnte, sei der Blick nun wieder auf die Mangelleistung gerichtet. Die Frage ist, ob das zuvor beschriebene Haftungsmodell der Nichtleistung auch für die Mangelleistung gilt.

251

MünchKomm/Ernst, § 281 Rn. 18. Vorausgesetzt, dass das zwischen Fälligkeit und Mahnung eingetretene zufällige Hindernis nach Fristablauf noch andauert. Dann befindet sich der Schuldner nach Fristablauf immer noch nicht in Verzug (§ 286 IV BGB). 252

IV. Übertragung des Haftungsmodells der Nichtleistung auf Mangelleistung?

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1. Gleichstellung von Mangelleistung und Nichtleistung Diejenigen Literaturstimmen, welche den Bezugspunkt der Haftung bei Mangelleistung allein auf das Ausbleiben der Nacherfüllung legen, übertragen das Haftungsmodell der Nichtleistung auf die Mangelleistung.253 So wie dort die spätere Nichtleistung bei Fristablauf bzw. wegen Unmöglichkeit den alleinigen Bezugspunkt der Haftung bildet, übernehme hier das Ausbleiben der Nacherfüllung diese Stellung. In Folge dieser Übertragung stünden dann die Nichtleistung bei Fälligkeit und die ursprüngliche Mangellieferung auf einer Stufe, beide seien für den Schadensersatz statt der Leistung ohne Bedeutung.254 Diese „Gleichschaltung von völliger Nichtleistung und qualitativer Nichtleistung“255 wird vornehmlich gestützt auf die im Zuge der Schuldrechtsreform erfolgte Integration des Gewährleistungsrechts in das allgemeine Schuldrecht: Fortan stelle die Mangelleistung ebenso wie die Nichtleistung strukturell stets einen Fall von Verzögerung oder Unmöglichkeit der (mangelfreien) Leistung dar.256 2. Übertragung auch hinsichtlich der ursprünglichen Mangellieferung? Die gesetzestechnische Angleichung von Mangelleistung und Nichtleistung im allgemeinen Schuldrecht vermag indes parallele Haftungskonzeptionen nur insoweit zu rechtfertigen, als beide Leistungsstörungen die gleiche Pflichtwidrigkeit aufweisen. Das Haftungsmodell der Nichtleistung folgt daraus, dass die Nichtleistung sich in der Verzögerung der Leistung erschöpft. Die Leistung wird hier stets nur zeitlich verzögert, sei es bei Fälligkeit, bei Mahnung, bei Fristablauf oder, in § 283 BGB, bis zum Unmöglichwerden. Deshalb entfaltet der Verzug hier im Umkehrschluss haftungsausschließende Vorwirkung hinsichtlich der gesamten ihm vorangegangenen Nichtleistung,257 mit den entsprechenden Folgen für den Bezugspunkt der Haftung in den §§ 281, 283 BGB.258 Eine Übertragung dieses Haftungsmodells auf die Mangelleistung wäre demnach konsequent, soweit auch die Mangelleistung sich in der Verzögerung der Leistung erschöpft. Das ist der Fall im Hinblick auf die Nacherfüllung. Ihr Ausbleiben 253 Vgl. S. Lorenz, Festschrift für U. Huber, S. 423, 428 f.; Schur, JA 2006, S. 223, 226 ff.; Dauner-Lieb, Festschrift für Konzen, S. 63, 80 ff.; Reichenbach, Jura 2003, S. 512, 518 f.; siehe auch schon oben § 3 II. 3. 254 Vgl. Reichenbach, Jura 2003, S. 512, 519: „Für § 281 BGB liegt die maßgebliche Pflichtverletzung ebenso wenig in der Schlechtleistung wie sie in der Nichtleistung trotz Fälligkeit besteht.“ 255 Dauner-Lieb, Festschrift für Konzen, S. 63, 81. 256 S. Lorenz, Karlsruher Forum 2005, S. 65; ders., NJW 2002, S. 2947, 2499 unter IV; Dauner-Lieb, Festschrift für Konzen, S. 63, 64 f., 80. 257 Siehe soeben III. 1. 258 Soeben III. 2.

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besteht gleich der Nichtleistung in ihrer zeitlichen Verzögerung, sei es bei Fälligkeit,259 bei Mahnung, bei Fristablauf oder bis zum Unmöglichwerden. Die Nichtleistung bei Fälligkeit findet ihre Entsprechung also in der Nichtvornahme der bloß fälligen Nacherfüllung. Wie jene ist auch diese, mag der Verkäufer sie zu vertreten haben, ohne Bedeutung für die Schadensersatzhaftung. Nicht notwendig hingegen stehen Nichtleistung bei Fälligkeit und ursprüngliche Mangellieferung auf einer Stufe. Unklar erscheint nämlich, inwiefern auch die ursprüngliche Mangellieferung, gleich der Nichtleistung bei Fälligkeit, als bloße Verzögerung der (mangelfreien) Leistung begreifbar ist. Die Mangellieferung bedeutet jedenfalls keine Verzögerung der Erfüllung der ursprünglichen Pflicht zu mangelfreier Leistung aus § 433 I 2 BGB. Diese ist einer Verzögerung gar nicht zugänglich, da der Verkäufer nach der einmal erfolgten Mangellieferung nicht mehr gemäß § 433 I 2 BGB ursprünglich mangelfrei leisten kann.260 Denkbar ist daher allenfalls, die ursprüngliche Mangellieferung als Beginn der zeitlichen Verzögerung der Nacherfüllung zu verstehen. Dann leuchtete aber nicht recht ein, warum sich die Pflichtwidrigkeit der Mangellieferung in dieser beginnenden zeitlichen Verzögerung der Nacherfüllung erschöpfen sollte. Es handelt sich doch auch um einen Verstoß gegen die ursprüngliche Pflicht zu mangelfreier Leistung (§ 433 I 2 BGB), die durch die Mangellieferung zwar nicht verzögert, sehr wohl aber verletzt wird. So betrachtet sind im Zusammenhang mit der ursprünglichen Mangellieferung zwei unterschiedliche Arten von Pflichtwidrigkeiten zu beobachten, nämlich eine beginnende zeitliche und eine qualitative.261 Das allein auf die zeitliche Pflichtwidrigkeit zugeschnittene Haftungskonzept der Nichtleistung passt daher nicht auf die ursprüngliche Mangellieferung. 3. Die Funktion der Mahnung Dass demnach trotz Integration des Gewährleistungsrechts in das allgemeine Schuldrecht das Haftungskonzept der Nichtleistung nicht „1 zu 1“ auf die Mangelleistung übertragbar ist, wird durch teleologische Gesichtspunkte bestätigt. Sinn und Zweck der haftungsausschließenden Vorwirkung des Verzuges – auf der das Haftungskonzept der Nichtleistung gründet – betreffen nur die Nichtleistung bei Fälligkeit, nicht hingegen die ursprüngliche Mangellieferung.

259

Zu diesem Zeitpunkt oben Fn. 237. Siehe schon oben § 5 V. 3. b). 261 Ähnlich (im Hinblick auf mangelbedingte Betriebsausfallschäden) S. Lorenz, Karlsruher Forum 2005, S. 44 f.: „Durch die Lieferung einer mangelhaften Sache wird nicht nur die Pflicht zu rechtzeitiger Lieferung (einer mangelfreien Sache), sondern auch die Pflicht zu mangelfreier Lieferung aus § 433 I 2 BGB verletzt.“ (Hervorhebung bereits im Original). 260

IV. Übertragung des Haftungsmodells der Nichtleistung auf Mangelleistung?

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Den teleologischen Hintergrund der haftungsausschließenden Vorwirkung des Verzuges bildet die Funktion der Mahnung. Die Mahnung hat Warnfunktion zum Schutze des Schuldners.262 Die Verzögerung der Leistung soll erst dann Konsequenzen für den Schuldner haben, wenn der Gläubiger ihm dies durch die Mahnung noch einmal dringlich vor Augen geführt hat.263 Dieselbe Stoßrichtung haben die Entbehrlichkeitstatbestände in § 286 I 2, II, III BGB. In diesen Fällen ist die Mahnung gerade deshalb entbehrlich, weil sich schon aus anderen Umständen für den Schuldner eindeutig ergibt, dass er jetzt unbedingt leisten muss.264 Die Verzögerung wird also erst von dem Moment an sanktioniert, da dem Schuldner aufgrund der Mahnung oder eines ihrer Surrogate klar sein muss, dass er fortan nicht mehr mit Kulanz des Gläubigers rechnen darf,265 mag ihm auch schon vorher durchaus bewusst gewesen sein, dass er die Leistung eigentlich bereits hätte erbringen sollen. Anders ist die Situation bei Mangelleistung. Der Verkäufer wird – außer bei Vorsatz hinsichtlich des Mangels – nach der Lieferung zunächst davon ausgehen, seine Leistung erbracht zu haben. Von dem Mangel und mithin von seiner Nacherfüllungspflicht wird er zumeist erst dadurch erfahren, dass der Käufer ihn zur Nacherfüllung auffordert. Darin liegt regelmäßig zugleich eine Mahnung im Sinne von § 286 I BGB.266 Die Mahnung hat hier also weniger die Funktion, den Verkäufer wegen der Folgen weiterer Verzögerung zu warnen, als vielmehr die Aufgabe, ihn überhaupt erst über die Mangellieferung und die Existenz seiner Nacherfüllungspflicht zu informieren.267 Nun könnte man argumentieren, dass hier, wo der Verkäufer bis zur Mahnung sogar überhaupt nichts von seiner Verpflichtung weiß, die vorangegangene Pflichtwidrigkeit erst recht nicht sanktioniert werden kann. Das trifft aber nur zu auf die Folgenlosigkeit der vorherigen Verzögerung der Nacherfüllung. Diese hat der Verkäufer ohnehin nicht zu vertreten, solange er von seiner Nacherfüllungspflicht nichts weiß. Weder dies noch die übliche Warnfunktion der Mahnung besagen hingegen etwas über die mögliche (Un-)Sanktionierbarkeit der ursprünglichen Mangellieferung.268 Insbesondere liegt der bei Nichtleistung leitende Gedanke hier neben der Sache, das Ausbleiben der Leistung werde erst dann sanktioniert, wenn dem Schuldner aufgrund der Mahnung klar sein müsse, dass der Gläubiger weiteren 262 Siehe etwa Canaris, ZIP 2003, S. 320, 322 f.; Grigoleit/Riehm, AcP 2003, S. 727, 744 ff.; Emmerich, Leistungsstörungen, § 16 Rn. 15 (S. 234); Jauernig/Stadler, § 286 Rn. 17. 263 Emmerich, Leistungsstörungen, § 16 Rn. 15 (S. 234). 264 Emmerich, Leistungsstörungen, § 16 Rn. 15 (S. 234). Motive II, S. 57. 265 Grigoleit/Riehm, AcP 2003, S. 727, 745. 266 Oben Fn. 220. 267 Vgl. U. Huber, Leistungsstörungen I, § 17 I 1 (S. 413), § 19 I 3 b (S. 457 f.). 268 Vgl. Canaris, ZIP 2003, S. 321, 328 (im Zusammenhang mit mangelbedingten Betriebsausfallschäden).

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Aufschub nicht länger dulde. Dieser Gedanke betrifft nur fortdauernde Pflichtwidrigkeiten – die Verzögerung der Lieferung als solcher oder der Behebung des Mangels –, nicht hingegen ein vergangenes punktuelles Fehlverhalten wie die Mangellieferung. Die Gegenposition von Schur vermag nicht zu überzeugen. Schur ist der Auffassung, das in der Mahnung liegende Warnsignal sei bei Mangelleistung und Nichtleistung gleichermaßen sinnvoll.269 Zur Begründung führt er an, es mache „keinen entscheidenden Unterschied, ob der Schuldner gänzlich untätig bleibt oder aber nur im Hinblick auf die Mängelbehebung.“270 Das ist allerdings gerade kein Argument für die Irrelevanz der ursprünglichen Mangellieferung entsprechend der Nichtleistung bei Fälligkeit.271 Vielmehr folgt daraus wiederum nur, dass die Verzögerung der Nacherfüllung gleich der Nichtleistung erst von der Mahnung an sanktioniert werden darf. Schur gibt der Mahnung noch eine weitere Funktion. Der Mahnung falle die Aufgabe zu, die Nichtleistung nach außen hin offenkundig zu machen und so die Qualifizierung des Schuldnerverhaltens als Pflichtverletzung zu ermöglichen.272 Neben den Schuldnerschutz in Gestalt der Warn- oder Informationsfunktion der Mahnung tritt bei Schur das Interesse der Rechtsordnung an klar umrissenen Haftungstatbeständen. Doch vermag auch eine so verstandene Mahnung lediglich die Folgenlosigkeit der Nichtleistung bei Fälligkeit zu erklären. Die bloße Nichtleistung bei Fälligkeit ohne Mahnung oder eines ihrer Substitute mag häufig noch zu unbestimmt und zu wenig greifbar erscheinen, als dass daran Sanktionen geknüpft werden könnten. Der Mangel demgegenüber stellt einen äußerlich zutage tretenden und gesetzlich in § 434 BGB klar umrissenen Tatbestand dar. Das der Mangellieferung zugrunde liegende Verhalten des Verkäufers – etwa die unsorgfältige Lagerung der Ware – wird also bereits durch den Mangel selbst nach außen hin offenkundig. Einer Mahnung zum Zwecke der Qualifikation der Mangellieferung als Pflichtverletzung bedarf es daneben nicht.273

V. Die analoge Anwendung von § 287 S. 2 BGB infolge schuldhafter Mangellieferung Im Vorstehenden wurde untersucht, welche Schlüsse aus § 287 S. 2 BGB für die Verzögerung der Leistung zu ziehen sind, mithin für die Pflichtverletzung in 269

JA 2006, S. 223, 227. JA 2006, S. 223, 227 rechte Spalte (Hervorhebung nicht im Original). 271 So aber im Ergebnis Schur, JA 2006, S. 223, 228. 272 Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 75, 88 f.; siehe bereits oben § 3 II. 2. 273 Schur dienen Mahnung bzw. Fristsetzung auch nur zur Qualifikation wiederum des Unterlassens der Nacherfüllung als Pflichtverletzung, JA 2006, S. 223, 226 f. 270

V. Die analoge Anwendung von § 287 S. 2 BGB

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zeitlicher Hinsicht. Erkennbar wurde dabei das Haftungsmodell der Nichtleistung. Darin bildet nie die Nichtleistung bei Fälligkeit, sondern immer die spätere Nichtleistung bei Fristablauf bzw. wegen Unmöglichkeit den Bezugspunkt der Haftung nach §§ 281, 283 BGB. Dieses Modell ist freilich nicht ohne weiteres auf die Mangelleistung übertragbar. Der Grund ist, dass zwar das Ausbleiben der Nacherfüllung, nicht aber die ursprüngliche Mangellieferung sich als rein zeitliche Verzögerung der Leistung begreifen lässt. Vielmehr handelt es sich bei der ursprünglichen Mangellieferung um eine andersartige Pflichtverletzung in qualitativer Hinsicht. Im Hinblick auf sie entfaltet der Verzug keine haftungsausschließende Vorwirkung, was namentlich anhand der Funktion der Mahnung deutlich wurde. Ob der ursprünglichen Mangellieferung nun aber haftungsbegründende Bedeutung zukommt, ist nach wie vor offen. Fest steht bislang nur, dass dies nicht etwa deshalb ausscheidet, weil das Haftungskonzept der Nichtleistung auf die Mangelleistung zu übertragen wäre. Das systematische Argumentationspotential von § 287 S. 2 BGB ist unterdessen noch nicht ausgeschöpft. Die Norm lässt nicht nur Rückschlüsse auf die Haftung wegen zeitlicher Verzögerung der Leistung zu, sondern auch auf die Haftung wegen andersartiger Pflichtverletzungen. Im Leistungsstörungsrecht findet sich eine Zufallshaftung nur als Folge der zeitlichen Pflichtverletzung in Gestalt des Verzuges.274 Das könnte einerseits im Umkehrschluss bedeuten, dass die Zufallshaftung eben allein Folge des Verzuges und gerade nicht Folge einer andersartigen Pflichtverletzung wie etwa der ursprünglichen Mangellieferung sein soll. Diese wäre dann nicht imstande, bei nicht zu vertretendem – zufälligem – Ausbleiben der Nacherfüllung die Schadensersatzhaftung statt der Leistung zu begründen. Auf der anderen Seite könnte § 287 S. 2 BGB einen verallgemeinerungsfähigen Rechtsgedanken enthalten, welcher die Zufallshaftung auch bei anderen Pflichtverletzungen als dem Verzug zu tragen vermag. In diesem Fall würde die ursprüngliche Mangellieferung möglicherweise geradezu analog § 287 S. 2 BGB eine Haftung trotz zufälliger Nacherfüllungshindernisse auslösen. 1. Der Rechtsgedanke von § 287 S. 2 BGB Erforderlich ist demnach zunächst ein Blick auf den Rechtsgedanken von § 287 S. 2 BGB. Die Norm beruht auf der Erwägung, dass eine rechtzeitig erbrachte Leistung dem Gefahrenbereich des Schuldners entzogen worden wäre und deshalb nunmehr dem Gläubiger zur Verfügung stünde.275 Das zufällige

274 Außerhalb des Leistungsstörungsrechts ordnen § 678 BGB bei der unberechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag und § 848 BGB bei deliktischem Sachentzug eine Zufallshaftung an. 275 Statt vieler Soergel/Wiedemann, § 287 Rn. 2.

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Ereignis steht zwar in keiner Ursachenkette mit dem Verzug, bei rechtzeitiger Leistung aber hätte der Leistungsgegenstand sich wohlbehalten beim Gläubiger befunden und wäre nicht beim Schuldner Opfer des Zufallsereignisses geworden. Beispielsweise hätte im Falle der Nichtleistung die rechtzeitige Lieferung der Kaufsache einen Blitzeinschlag in das Lager des Verkäufers nicht verhindert, nur wäre eben die Kaufsache dann bereits beim Käufer gewesen und nicht mitsamt dem Lager des Verkäufers vom Blitz zerstört worden. Diese Erwägung träfe durchaus auch im Falle der Mangellieferung zu: So hätte die ursprüngliche Lieferung einer mangelfreien Sache etwa den späteren Ausverkauf der Gattung nicht verhindert, nur wäre eben die Leistung des Verkäufers nicht „Opfer“ des Ausverkaufes geworden, weil es auf eine Ersatzlieferung dann gar nicht ankäme. Betrachtet man nun die Struktur der von § 287 S. 2 BGB geregelten Situation, lässt sich der Gedanke der Norm allgemeiner fassen; zudem wird die Ähnlichkeit von Verzug und Mangellieferung deutlicher. Im Falle von § 287 S. 2 BGB treffen zwei potentielle Bezugspunkte der Haftung aufeinander, von denen der Schuldner aber nur den einen – die Verzögerung auf die Mahnung oder eines ihrer Surrogate hin – nach den §§ 276, 278 BGB zu vertreten hat (§ 286 IV BGB), während der andere – das weitere Ausbleiben der Leistung – auf Zufall beruht. § 287 S. 2 BGB bestimmt, dass der Schuldner, der die ursprüngliche Pflichtverletzung zu vertreten hat, auch für zufällige weitere Umstände einstehen muss. § 287 S. 2 BGB erweist sich damit als Ausprägung des Rechtsgrundsatzes: Wer sich auf unerlaubtes Gebiet begibt, muss für sämtliche Folgen einstehen, mögen sie auch auf Zufall beruhen.276 Im Bereich des Vertragsrechts würde dieser Satz lauten: Wer sich auf vertragswidriges Gebiet begibt, der haftet auch für Zufall. § 287 S. 2 BGB spricht diesen Satz aus für den Verzug, für das in zeitlicher Hinsicht vertragswidrige Gebiet. Damit tritt die strukturelle Vergleichbarkeit von Verzug und ursprünglicher Mangellieferung in ihrem Verhältnis zum späteren Ausblieben der Leistung zutage. Die hier zu untersuchende Situation – Vertretenmüssen der Mangellieferung einerseits, zufälliges Ausbleiben der Nacherfüllung andererseits – ist in der Struktur eben diejenige, welche § 287 S. 2 BGB im Auge hat: Vertretenmüssen zunächst in Bezug auf die Verzögerung der Leistung einerseits (§ 286 IV BGB), späterhin zufälliges Ausbleiben der Leistung andererseits. In beiden Fällen treffen zwei potentielle Bezugspunkte der Haftung aufeinander, von denen der Verkäufer jeweils nur den einen zu vertreten hat – die Lieferung der mangelhaften Sache bzw. den Verzug –, während der andere, nämlich das weitere Ausbleiben der Nacherfüllung bzw. der Leistung, auf Zufall beruht. Hier wie dort betritt der Verkäufer bildlich ge-

276 Vgl. Liebs, Lateinische Rechtsregeln, V 16; vgl. auch Knütel, JuS 2001, S. 209, 211; ders., NJW 1993, S. 900, 901 mit Fn. 18, der die Nähe dieses Grundsatzes zu § 287 S. 2 BGB hervorhebt.

V. Die analoge Anwendung von § 287 S. 2 BGB

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sprochen vertragswidriges Gebiet, einmal in Ansehung der Zeit, einmal in Ansehung der Qualität der Leistung. 2. Übertragbarkeit des Rechtsgedankens von § 287 S. 2 BGB auf andere Pflichtverletzungen In Anbetracht dieser Gemeinsamkeiten ist nun zu prüfen, ob die Zufallshaftung, die gemäß § 287 S. 2 BGB für die Pflichtverletzung in zeitlicher Hinsicht gilt, auch für die Pflichtverletzung in qualitativer Hinsicht zu gelten hat. Die Frage ist also, ob derjenige Verkäufer, den ein Verschulden277 an der Mangellieferung trifft, analog § 287 S. 2 BGB auch für das zufällige Ausbleiben der Nacherfüllung einzustehen hat. Eine solche Analogie setzt – neben dem Fehlen einer gesetzlichen Regelung, das zu bejahen ist, nachdem die §§ 281 I 1, 283 BGB über die Auswirkungen der schuldhaften Mangellieferung keinen Aufschluss zu geben vermochten278 – zweierlei voraus. Zum einen die Übertragbarkeit des in § 287 S. 2 BGB zum Ausdruck gekommenen Rechtsgedankens auf andere Pflichtverletzungen als den Verzug (dazu sogleich), zum anderen die Übertragbarkeit gerade auf die schuldhafte Mangellieferung (dazu unten 3.). a) Vertragswidriger Gebrauch der Leih- oder Mietsache und zufällige Unmöglichkeit der Rückgabe Die Beantwortung der Frage, ob § 287 S. 2 BGB abschließend oder im Gegenteil auf andere Pflichtverletzungen als den Verzug übertragbar ist, sollte dort ansetzen, wo bereits bisher vergleichbare, im BGB jedoch nicht geregelte Konstellationen zu finden waren, die durch das Zusammentreffen von zu vertretender Pflichtverletzung einerseits und zufälligem Ausbleiben der Leistung andererseits geprägt waren. Durchsucht man mit dieser Vorgabe das Vertragsrecht, stößt man auf ein entsprechendes Problem im Rahmen der Gebrauchsüberlassung. Bei der Leihe etwa gab und gibt es den im Gesetz nicht ausdrücklich geregelten Fall, dass der Entleiher die Sache vertragswidrig gebraucht, sie insbesondere unbefugt an einen Dritten weitergibt, bei dem die Sache dann durch Zufall untergeht oder abhanden kommt. Einerseits verhält sich der Entleiher hier vertragswidrig, in 277 Die folgenden Ausführungen betreffen nur das Vertretenmüssen der Mangellieferung in Form des Verschuldens und die Frage, inwiefern der Gedanke von § 287 S. 2 BGB hierauf Anwendung finden könnte. Für die Zusicherung der Mangelfreiheit oder einer bestimmten Eigenschaft kommt dies nicht in Betracht, weil der Verkäufer dabei nicht vertragswidriges Gebiet betritt, sondern das Gebiet der vertraglichen Haftung erweitert. Der Zusammenhang von Zusicherung und zufälligem Ausbleiben der Nacherfüllung soll daher noch gesondert erörtert werden, unten § 8. 278 Oben § 5 IV., V.

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der Regel schuldhaft, indem er die Sache einem Dritten überlässt. Andererseits beruht die Unmöglichkeit der Leistung des Entleihers, nämlich die Unmöglichkeit der Rückgabe der Sache an den Verleiher, auf Zufall. Beispiele hierfür wären die Zerstörung der Leihsache bei dem Dritten durch einen unverschuldeten Brand oder Unfall, ebenso das dauerhafte Abhandenkommen der Sache nach einem Diebstahl, an welchem den Dritten keinerlei Schuld trifft, die der Entleiher nach § 278 BGB zu vertreten hätte. Die Bestimmungen des BGB zur Leihe halten für dieses Zusammentreffen von zu vertretender Pflichtverletzung auf der einen Seite und zufälliger Unmöglichkeit auf der anderen keine Regelung parat. § 603 BGB bestimmt lediglich, dass der Entleiher ohne Erlaubnis des Verleihers nicht berechtigt ist, die Sache einem Dritten zu überlassen, während § 605 Nr. 2 BGB dem Verleiher ein Kündigungsrecht einräumt, falls der Entleiher es doch tut. Grundlage für Schadensersatzansprüche des Verleihers, nicht nur in der hier beschriebenen Konstellation, waren bislang entweder die positive Vertragsverletzung des Entleihers in Gestalt des vertragswidrigen Gebrauchs (PVV) oder § 280 BGB a. F. basierend auf der Unmöglichkeit der Rückgabe der Sache. Nunmehr ergeben sich die entsprechenden Ersatzansprüche des Verleihers wohl aus § 280 I BGB (vertragswidriger Gebrauch) oder den §§ 280 I, III, 283 BGB (Schadensersatz statt der Leistung bei Unmöglichkeit der Rückgabe). Die Voraussetzungen der denkbaren Anspruchsgrundlagen waren und sind aber in dem hier interessierenden Fall – schuldhaft vertragswidrige Weitergabe der Sache und dann zufällige Unmöglichkeit der Rückgabe – nicht erfüllt. Die bisherige Haftung wegen PVV griff nach herrschender Meinung nicht, da das zufällige Ereignis – Brand, Unfall, Diebstahl – regelmäßig nicht adäquat kausale Folge des vertragswidrigen Gebrauchs war.279 § 280 I BGB als nunmehr gesetzliche Regelung der PVV ist gemäß § 280 III BGB nicht anwendbar, wenn es wie hier um Schadensersatz statt der Leistung geht, etwa um den Wert der untergegangenen Leihsache.280 Der für den Schadensersatz statt der Leistung bei Unmöglichkeit zuständige § 283 BGB wiederum scheitert ebenso wie früher der entsprechende § 280 BGB a. F. zunächst daran, dass der Entleiher die Unmöglichkeit der Rückgabe nach den §§ 276, 278 BGB nicht zu vertreten hat.

279 Anders aber MünchKomm/Kollhosser, §§ 602, 603 Rn. 3. Zu dieser Frage, soweit sie den Schadensersatz statt der Leistung und § 287 S. 2 BGB betrifft, noch unten 7. 280 Denn: die Rückgabe der Leihsache hätte trotz vertragswidrigem Gebrauch noch geleistet werden können, wenn nicht das zufällige Ereignis die Rückgabe unmöglich gemacht hätte.

V. Die analoge Anwendung von § 287 S. 2 BGB

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b) Auffassung des Schrifttums Danach stellt sich unweigerlich die Frage der Zufallshaftung, die Frage also, ob der Entleiher, weil er sich schuldhaft vertragswidrig verhält, auch für die zufällige Unmöglichkeit der Rückgabe einstehen und somit gemäß § 283 BGB etwa den Wert der Sache ersetzen muss. Man könnte nun argumentieren, dass die Zufallshaftung ausscheide, da diese allein § 287 S. 2 BGB vorbehalten sei, der hier freilich mangels Verzuges des Entleihers nicht eingreift. Die Antwort des Schrifttums geht indessen in die entgegengesetzte Richtung: Im Ergebnis wird die Zufallshaftung des Entleihers allenthalben befürwortet.281 Zum Teil geschieht dies ohne weiteres durch den Satz, bei schuldhaft vertragswidrigem Gebrauch hafte der Entleiher auch für den zufällig eintretenden Schaden.282 Wo aber Raum für eine Begründung ist, wird maßgeblich gerade auf § 287 S. 2 BGB abgestellt, indem der in der Norm zum Ausdruck gekommene Rechtsgedanke auf diesen Fall übertragen283 bzw. § 287 S. 2 BGB ausdrücklich analog herangezogen wird.284 Mitunter freilich findet sich der Hinweis, die Frage sei umstritten,285 wobei namentlich Larenz als vermeintliche Opposition genannt wird.286 Dieser betont zwar in der Tat, dass die Zufallshaftung vom Gesetz nur für wenige Ausnahmefälle (§§ 287 S. 2, 848 BGB) vorgesehen sei und ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung nicht angenommen werden könne.287 Indes führt Larenz, wie sich aus dem Kontext und der dazu gehörenden Fußnote ergibt, dieses Argument allein gegen eine Auffassung von Reichel und Heck ins Feld, die viel weiter gingen und den Standpunkt bezogen, der Entleiher habe sogar bei vertragsgemäßem Gebrauch und ohne jedes Verschulden für zufällige Schäden zu haften.288 Eine Stellungnahme zu der hier interessierenden Frage, ob derjenige 281

Zu einem nur scheinbaren Streitstand sogleich im Text. Palandt/Weidenkaff, § 603 Rn. 2; Erman/Werner, § 603 Rn. 1; Soergel/Kummer, § 602 Rn. 2; RGRK/Gelhaar, § 603 Rn. 3. Vgl. auch BGH vom 3. 7. 1962, BGHZ 37, 306, 310: „Die Haftung [wegen unerlaubter Weitergabe des geliehenen KFZ an einen Dritten] umfasst den Ersatz jeden Schadens, der durch die unbefugte Benutzung des Wagens verursacht wurde“. 283 Knütel, NJW 1993, S. 900, 901; ders., JuS 2001, S. 209, 211; Bamberger/Roth/ Wagner, § 603 Rn. 2. 284 Staudinger/Reuter, § 602 Rn. 3; Fikentscher, Schuldrecht (9. Auflage), Rn. 404; Gitter, Gebrauchsüberlassungsverträge, § 5 C I (S. 167); Wacke, Festschrift für Hübner, S. 669, 694. 285 So etwa, jeweils ohne Nachweis zur Gegenauffassung, Palandt/Weidenkaff, § 603 Rn. 2; Gitter, Gebrauchsüberlassungsverträge, § 5 C I (S. 167). 286 Bei Wacke, Festschrift für Hübner, S. 669, 694. 287 Schuldrecht II/1, § 50 (S. 295). 288 Reichel, LZ 1922, S. 543 ff.; ihm folgend Heck, Schuldrecht, § 104, 3 (S. 323). Reichels Grundgedanke war, dass der Verleiher, der dem Entleiher die Sache ja unentgeltlich überlässt, altruistisch handele und daher auf keinem Schaden sitzen bleiben 282

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Entleiher, der die Sache schuldhaft vertragswidrig gebraucht, auch bei zufälliger Unmöglichkeit der Rückgabe haftet, ist Larenz’ Lehrbuch dagegen nicht zu entnehmen. c) Motive zum BGB Dennoch könnte Larenz’ Argument in dem Sinne zu verstehen sein, dass die Zufallshaftung, weil sie im Gesetz so selten vorkomme, eben stets ausdrücklich normiert sein müsse und überall dort ausscheide, wo es, wie auch im vorliegenden Zusammenhang, an einer gesetzlichen Anordnung fehle. Gegen eine solche Argumentation spricht jedoch, dass der Gesetzgeber die Frage der Zufallshaftung bei vertragswidrigem Gebrauch der Leihsache durchaus gestellt und bejaht hat. Den Motiven ist zu entnehmen, „dass der Entleiher, wenn er von der geliehenen Sache schuldvoller Weise vertragswidrigen Gebrauch macht, auch wegen des Zufalles haftet, welcher Folge dieses vertragswidrigen Gebrauches ist“.289 Dies müsse, so die Motive weiter, nicht besonders hervorgehoben werden, „da es sich aus den allgemeinen Grundsätzen über Schadensersatz wegen verschuldeter Nichterfüllung ergibt“.290 Eine gesetzliche Regelung der Zufallshaftung fehlt demnach für den Fall des vertragswidrigen Gebrauchs der Leihsache nicht etwa deshalb, weil der Gesetzgeber eine solche Haftung nicht wollte, sondern vielmehr aufgrund seiner Meinung, sie sei bereits allgemeinen Grundsätzen zu entnehmen. Danach ist jedenfalls festzuhalten, dass die Verfasser des BGB die Zufallshaftung nicht auf den Verzug beschränken, sondern daneben etwa bei vertragswidrigem Gebrauch der Leihsache zur Anwendung bringen wollten. Unklar erscheint aber, wie die Entnahme der Zufallshaftung „aus den allgemeinen Grundsätzen über Schadensersatz wegen verschuldeter Nichterfüllung“ vonstatten gehen sollte. Die Motive verweisen für die Zufallshaftung bei vertragswidrigem Gebrauch der Leihsache lediglich auf die §§ 240 und 224 des I. Entwurfes zum BGB,291 die späteren §§ 280 und 276 BGB a. F. (§§ 283 und 276 BGB n. F.), mithin auf die Regelung des Schadensersatzes bei Unmöglichkeit und die des Vertretenmüssens. Diese Vorschriften helfen aber in den hier interessierenden Fällen zunächst nicht weiter, weil der Entleiher die Unmöglichkeit der Rückgabe nach § 276 BGB ja gerade nicht zu vertreten hat, die Haftung nach § 280 BGB a. F. bzw. § 283 BGB also ausscheiden müsste.

dürfe, also auch nicht auf einem solchen Schaden, bei dessen Entstehung keinerlei Verschulden oder Vertragswidrigkeit des Entleihers im Spiel war. 289 Motive II, S. 450. 290 Motive II, ebendort. 291 Motive II, ebendort.

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Deutlicher werden die Motive im Zusammenhang mit dem parallel gelagerten Problem bei vertragswidrigem Gebrauch der Mietsache. Angesprochen ist die unberechtigte Weitergabe der Mietsache an einen Dritten, bei dem sie dann durch Zufall untergeht. Die mietrechtlichen Bestimmungen schweigen zu diesem Fall. Im Gesetz wird lediglich gesagt, dass der Mieter ohne Erlaubnis des Vermieters nicht berechtigt ist, die Mietsache einem Dritten zu überlassen (§ 540 I BGB, § 549 I BGB a. F.), und dass der Vermieter seinerseits das Recht hat, nach Abmahnung auf Unterlassung zu klagen, falls der Mieter es doch tut (§ 541 BGB, § 550 BGB a. F.). Was aber soll gelten, wenn die Mietsache bei dem Dritten, an den der Mieter die Sache schuldhaft vertragswidrig weitergegeben hat, durch Zufall zerstört wird und der Vermieter nun statt der unmöglichen Rückgabe den Wert der Sache als Schadensersatz verlangt? Zu dieser Frage heißt es in den Motiven: „Hat der Mieter den Gebrauch unstatthafter Weise an einen Anderen überlassen, so tritt nach den allgemeinen Grundsätzen (§ 224 I, § 218; vergl. auch § 251) insofern eine noch strengere Haftung ein, als er auch den durch die Überlassung des Gebrauches an den Dritten entstandenen zufälligen Schaden zu vertreten hat“.292 Zunächst ist dadurch wiederum klargestellt, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit einer Zufallshaftung bei vertragswidrigem Gebrauch der Mietsache gesehen und befürwortet hat. Nunmehr wird aber auch erkennbar, wo aus den allgemeinen Grundsätzen die Zufallshaftung wohl hergeleitet werden sollte: Neben dem wieder genannten § 224 I (der Vorgänger von § 276 BGB) verweisen die Motive hier noch auf die §§ 218, 251 des I. Entwurfes, die späteren §§ 249 und 287 S. 2 BGB. 3. Wertende Vergleichbarkeit von Verzug und schuldhafter Mangellieferung Wie diese beiden von den Motiven im Zusammenhang mit der Zufallshaftung genannten Normen – § 249 BGB und § 287 S. 2 BGB – sich zueinander verhalten, wird noch zu untersuchen sein.293 Nachdem nunmehr feststeht, dass die Zufallshaftung des § 287 S. 2 BGB nicht auf den Verzug beschränkt, sondern auf andere Pflichtverletzungen übertragbar ist, gilt es zunächst zu klären, ob eine solche Übertragung speziell auf die schuldhafte Mangellieferung geboten ist. Die analoge Anwendung von § 287 S. 2 BGB auf den Fall der schuldhaften Mangellieferung wäre zu bejahen, wenn die rechtlichen Wertungen, welche in der Zufallshaftung während des Verzuges zum Ausdruck kommen, gleichermaßen auf die in Frage stehende Zufallshaftung desjenigen Verkäufers zuträfen, der schuldhaft eine mangelhafte Sache liefert. Bislang wurde zwar dargelegt, 292 293

Motive II, S. 397. Unten § 7 I.

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§ 6 Die Zufallshaftung nach § 287 S. 2 BGB

dass Verzug und schuldhafte Mangellieferung im Hinblick auf die Situation der Zufallshaftung insofern vergleichbar sind, als die Struktur der Sachverhalte jeweils durch eine zu vertretende Pflichtverletzung einerseits und das zufällige Ausbleiben der Leistung andererseits geprägt ist. Jedoch dürfte diese eher äußerliche Ähnlichkeit der Sachverhalte noch nicht ausreichen, eine Analogie zu tragen.294 Hinzukommen muss eine gleichsam „innere“ Verwandtschaft der Fälle im Sinne einer Übereinstimmung der maßgeblichen Wertungen. Dies kann auch der mehrfach erwähnte Satz allein nicht leisten, wonach derjenige, der vertragswidriges Gebiet betritt, für Zufall haftet. Das Moment der Vertragswidrigkeit enthält zwar durchaus ein Stück Wertung. Indes klingt der Satz zum einen noch sehr pauschal, zum anderen schwingt darin allzu deutlich ein Ton von Bestrafung des vertragswidrig sich verhaltenden Schuldners mit, ein Gesichtspunkt, der für die vertragliche Haftung nicht leitend sein sollte.295 Es bietet sich an, nun wiederum zunächst das Schrifttum und die Motive zum vertragswidrigen Gebrauch einer Miet- oder Leihsache zu Rate zu ziehen, in der Hoffnung, dort Hinweise auf ausschlaggebende Wertungen zu finden, die sowohl bei Verzug als auch bei vertragswidrigem Gebrauch einer überlassenen Sache Wirkung entfalten. Anschließend wäre zu überlegen, ob diese Erwägungen ebenso die schuldhafte Mangellieferung betreffen. a) Unrechtsgehalt des Verzuges und der schuldhaften Mangellieferung Die im Ergebnis allenthalben befürwortete Zufallshaftung bei vertragswidrigem Gebrauch der überlassenen Sache wird auch von denjenigen Autoren, die sie in Analogie zu § 287 S. 2 BGB oder durch Übertragung des darin enthaltenen Rechtsgedankens gewinnen,296 nur selten mit begründenden Wertungselementen untermauert. Eine Ausnahme bildet Fikentscher, der § 287 S. 2 BGB insoweit auf andere vertragliche Pflichtverletzungen anwenden will, als sie ähnlich dem Verzug einen „Dauerzustand des Unrechts“ hervorriefen, der den Eintritt der Unmöglichkeit begünstige.297 Einen solchen Dauerzustand des Unrechts wird man zwar im Falle der Mangellieferung bejahen können, weil der Mangel über den Tag der Lieferung hinaus besteht. Indessen wirkt das von Fikentscher vorgeschlagene Kriterium zu sehr in der Welt des Verzuges verhaftet: Die Dauer ist ein rein zeitliches Merkmal, das dort, wo keine zeitliche, sondern eine an294

Vgl. Bydlinski, Methodenlehre, S. 475. Dazu Esser/Schmidt, Schuldrecht I/2, § 30 II (S. 169 ff.). 296 Siehe soeben 2. b), Fn. 284, 285. 297 Schuldrecht (9. Auflage), Rn. 404. Die Zufallshaftung „während eines durch Schlechterfüllung ausgelösten Zustands“ (9. Auflage, Rn. 546) wird von Fikentscher/ Heinemann (10. Auflage) nicht mehr behandelt, vgl. 9. Auflage Rn. 546 einerseits und 10. Auflage Rn. 688 andererseits. Fikentscher folgend, für den Fall der vertragswidrigen Weitergabe der Leihsache an Dritte, Staudinger/Reuter, § 602 Rn. 3. 295

V. Die analoge Anwendung von § 287 S. 2 BGB

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dere Pflichtverletzung in Rede steht, gerade nicht das verbindende, eine Analogie tragende Moment sein dürfte. Außer Fikentscher bringt noch Wacke ein wertendes Kriterium ins Spiel. Wie jener stellt Wacke auf die Vergleichbarkeit des Unrechts ab, freilich allgemeiner, indem er eine Analogie zu § 287 S. 2 BGB unter der Voraussetzung für geboten hält, dass der Unrechtsgehalt des vertragswidrigen Gebrauchs der Leihsache dem Unrechtsgehalt des Verzuges gleichkomme.298 Einem Vergleich mit dem Unrechtsgehalt des Verzuges dürfte die schuldhafte Mangellieferung nun allemal standhalten. Für den Verzug genügt nach § 286 IV BGB irgendein Vertretenmüssen, welches nicht notwendig in Gestalt des Verschuldens aufzutreten hat. Zumal beim Gattungskauf – und dort speziell auch im Falle des Verzugs mit der Nachlieferung einer mangelfreien Sache – beruht der Verzug häufig genug nicht auf Verschulden des Verkäufers, sondern auf typischen Beschaffungshindernissen wie etwa zeitweiligen Lieferengpässen, die der Verkäufer infolge der Übernahme des Beschaffungsrisikos nach § 276 BGB zu vertreten hat. Demgegenüber geht die schuldhafte Mangellieferung stets einher mit der Verletzung von Obhut-, Untersuchungs- oder anderen Sorgfaltspflichten. Der Tatbestand der schuldhaften Mangellieferung stellt also höhere Unrechtsanforderungen als derjenige des Verzuges. Während diesem schon die aus dem Inhalt des Vertrages folgende Risikoübernahme genügt, setzt jener Verhaltensunrecht voraus. Aus der Sicht eines Vergleichs der jeweiligen Unrechtsgehalte wird man also sagen müssen, dass die Zufallshaftung, wenn sie beim Verzug gilt, erst recht bei verschuldeter Mangellieferung zu gelten hat. b) Zufallsrisiko Spricht danach jedenfalls der im Vergleich zum Verzug sogar stärkere Unrechtsgehalt der schuldhaften Mangellieferung für die analoge Anwendung von § 287 S. 2 BGB, so dürfte deren wesentliche Stütze alsdann in der Funktion zu finden sein, die § 287 S. 2 BGB im Allgemeinen zugewiesen wird. § 287 S. 2 BGB steht in Verhältnis zu den §§ 275, 280 I 2 BGB. Im Falle zufälliger, also nach § 276 BGB nicht zu vertretender Unmöglichkeit haftet der Verkäufer grundsätzlich weder auf Erfüllung noch an deren Stelle auf Schadensersatz. Das erste folgt unmittelbar aus § 275 BGB, das zweite aus § 280 I 2 BGB und mittelbar wieder aus § 275 BGB, weil eine Schadensersatzhaftung bei Eingreifen von § 275 BGB auch nicht über den Umweg einer ungeachtet nicht zu vertretender Hindernisse fortbestehenden Leistungspflicht299 eingreifen kann, deren Nichterfüllung der Verkäufer dann zu vertreten haben könnte. Der 298

Festschrift für Hübner, S. 669, 694. Beispiel: die Nacherfüllungspflicht bei nicht zu vertretenden Mängeln, solange der Nacherfüllungsaufwand die Schwelle der §§ 275 II, 439 III BGB nicht übersteigt. 299

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Gläubiger – hier der Käufer als Gläubiger der mangelfreien Leistung – trägt demnach grundsätzlich das Risiko der zufälligen Unmöglichkeit der Leistung insofern, als er den mit der Unmöglichkeit verbundenen Schaden vom Schuldner nicht ersetzt bekommt.300 Diese Zuweisung des Zufallsrisikos301 an den Gläubiger entbehrt nicht einer gewissen Härte, hat doch der Gläubiger zufällige Ereignisse ebenso wenig zu verantworten wie der Schuldner. Jedoch lässt sich diese Risikoverteilung wohl immer noch besser begründen als die Alternative, die darin bestünde, dem Schuldner den von ihm nicht zu vertretenden Schaden des Gläubigers aufzuerlegen: Bei Zufällen hat eben jede Partei ihren Schaden selbst zu tragen.302 Diese Risikoverteilung wird dann während des Verzuges durchbrochen von § 287 S. 2 BGB. Der Schuldner haftet hier trotz zufälligem Ausbleiben der Leistung. Dies gilt nicht nur im Falle der Unmöglichkeit, sondern auch bei solchen zufälligen Hindernisse, welche der Leistung bei Ablauf einer gemäß § 281 I 1 BGB gesetzten Nachfrist im Wege stehen, ohne die Leistung endgültig unmöglich zu machen.303 § 287 S. 2 BGB ist demnach als Regelung der Gefahrtragung zu begreifen.304 Den Schuldner trifft, in diesem Sinne formuliert, während des Verzuges die Gefahr bzw. das Risiko des zufälligen Ausbleibens der Leistung. Die Aufgabe, das Zufallsrisiko zwischen den Parteien zu verteilen, stellt sich nunmehr auch im Anschluss an die Mangellieferung. Wie zufällige Leistungshindernisse im Allgemeinen, so bedeuten auch zufällige Nacherfüllungshindernisse ein Risiko, das es zwischen den Parteien zu verteilen gilt. Ausgangspunkt ist zunächst wiederum, dass der Käufer selbst, falls der Verkäufer den Mangel nicht zu vertreten hat, das Risiko zufälliger Nacherfüllungshindernisse trägt. Er 300 Dieser Grundsatz konnte bislang allein aus § 275 BGB a. F. abgeleitet werden, vgl. etwa U. Huber, Leistungsstörungen I, § 3 I 1 (S. 63 f.); dies dürfte nach der Schuldrechtsreform nicht mehr möglich sein, weil § 275 BGB nunmehr, anders als § 275 BGB a. F. seinem Wortlaut nach, auch Leistungshindernisse erfasst, die der Schuldner zu vertreten hat, eine Befreiung von der primären Leistungspflicht nach § 275 BGB mithin nicht notwendig zugleich auch die Befreiung von der sekundären Ersatzpflicht bedeutet. Deshalb ist hier zusätzlich die Aussage von § 280 I 2 BGB genannt, wonach die Schadensersatzpflicht Vertretenmüssen voraussetzt. 301 Gemeint ist das Risiko von Schäden, die mit dem zufälligen Ausbleiben der Leistung einhergehen. Dagegen entfällt auch bei zufälliger Unmöglichkeit die Pflicht des Gläubigers zur Gegenleistung (§ 326 I BGB) bzw. bleibt ihm bei zufälligen Hindernissen das vom Vertretenmüssen unabhängige Rücktrittsrecht (§§ 323, 326 V BGB) unbenommen. Die sog. Preisgefahr ist hier mit „Zufallsrisiko“ also nicht angesprochen. 302 Dazu Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 2 III (S. 34 f.). 303 Palandt/Heinrichs, § 287 Rn. 3; zu § 287 S. 2 BGB a. F. Soergel/Wiedemann, § 287 Rn. 5. 304 Larenz, Schuldrecht I, § 23 II (S. 355); Soergel/Wiedemann, § 287 Rn. 2; U. Huber, Leistungsstörungen II, § 34 III 1 (S. 126 f.); MünchKomm/Ernst, § 287 Rn. 3; Staudinger/Löwisch, § 286 Rn. 7.

V. Die analoge Anwendung von § 287 S. 2 BGB

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bekommt seinen damit einhergehenden Schaden vom Verkäufer nicht ersetzt.305 Dieses Risiko geht auf den Verkäufer, der den Mangel nicht zu vertreten hat, erst über, sobald er in Verzug mit der Nacherfüllung gerät, grundsätzlich also frühestens dann, wenn der Käufer in Gestalt einer Mahnung im Sinne von § 286 I BGB Nacherfüllung begehrt.306 Für bereits vor Beginn des Verzuges mit der Nacherfüllung eintretende zufällige Nacherfüllungshindernisse hat der Verkäufer nicht einzustehen. Trifft den Verkäufer hingegen ein Verschulden an dem Mangel, so ist die Situation anders zu beurteilen. Nur infolge des Verschuldens des Verkäufers konnte hier das zufällige, vor Verzugsbeginn eintretende Ereignis überhaupt Einfluss auf den Leistungserfolg gewinnen. Hätte zum Beispiel der Gattungsverkäufer nicht fahrlässig einen Mangel verursacht, so hätte der spätere Ausverkauf der Gattung gar keine Rolle gespielt. Die Kaufsache wäre ja schon mangelfrei geliefert worden, das zufällige Ereignis in Gestalt des Ausverkaufes mithin bedeutungslos gewesen. Die genannte Erwägung, welche vor Verzugsbeginn die Risikozuweisung an den Gläubiger – hier an den Käufer als Gläubiger der mangelfreien Leistung – zu rechtfertigen vermag, überzeugt danach nicht mehr. Der Grundsatz, wonach bei zufälligen Leistungshindernissen jeder seinen eigenen Schaden zu tragen habe, beruht auf dem Gedanken, dass normalerweise derjenige, bei dem der Schaden eintritt, „näher dran“ ist am Risiko eines solchen Schadens.307 Dies ist im Hinblick auf das Risiko des zufälligen Ausbleibens der Nacherfüllung dann plausibel, wenn der Verkäufer den Mangel nicht zu vertreten hat und sich bei Eintritt des Nacherfüllungshindernisses auch noch nicht in Verzug befand. In diesem Fall steht der Käufer dem bei ihm selbst eintretenden Schaden näher. Bei Mangelverschulden – ebenso wie im Verzug mit der Nacherfüllung – dürfte jedoch der Verkäufer diejenige Partei sein, die dem zu verteilenden Risiko näher steht. Ohne das Mangelverschulden des Verkäufers gäbe es kein Risiko, dass irgendwelche zufälligen Ereignisse die Nacherfüllung verhindern. Dieses von ihm schuldhaft erst geschaffene Risiko hat der Verkäufer selbst zu tragen.308

305

Der Käufer kann nur zurücktreten oder mindern. Zum umstrittenen Frage, ab wann der Verkäufer auf die Mahnung hin in Verzug gerät: oben II. 1. 307 Vgl. Koller, Risikozurechnung bei Vertragsstörungen, S. 63. 308 In diese Richtung auch MünchKomm/Ernst, § 281 Rn. 48; ähnlich Staudinger/ Otto, § 280 D 13 a. E.: Der Verkäufer habe durch die fahrlässige Lieferung die Ursache für Unwägbarkeiten während der Nacherfüllung gesetzt und müsse daher in der Verantwortung bleiben, was auch der Wertung des hier regelmäßig zu beachtenden § 287 S. 2 BGB entspreche. 306

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§ 6 Die Zufallshaftung nach § 287 S. 2 BGB

c) Die Funktion des Fristsetzungserfordernisses Gemäß § 281 I 1 BGB darf der Käufer grundsätzlich erst nach erfolglosem Ablauf einer Nacherfüllungsfrist Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wobei dieser Vorrang der Nacherfüllung unabhängig davon gilt, ob der Verkäufer den Mangel verschuldet hatte oder nicht. Der Verkäufer hat demnach die Chance, ein Mangelverschulden für den Schadensersatz statt der Leistung gleichsam ungeschehen zu machen, indem er den Eintritt eines entsprechenden Schadens durch erfolgreiche Nacherfüllung abwendet. Man könnte nun vorbringen, mit diesem „Konzept der zweiten Chance“ vertrage es sich nicht, auf das Mangelverschulden dann zurückzugreifen – und sei es wie hier als Auslöser der Zufallshaftung –, wenn der Zufall dem Verkäufer die zweite Chance aus der Hand schlägt.309 Denn in diesem Falle habe der Verkäufer, so ließe sich weiter argumentieren, ja gar keine Chance gehabt, die Nacherfüllung vorzunehmen und so den Schaden abzuwenden, während das Gesetz doch den Schadensersatz statt der Leistung grundsätzlich gerade davon abhängig mache, dass der Verkäufer eine solche Chance erhält und nicht nutzt. Diese Argumentation vermag nicht zu überzeugen. Durch die Nachfrist in § 281 I 1 BGB erhält der Verkäufer lediglich die Möglichkeit, den Eintritt eines statt der Leistung ersatzfähigen Schadens zu vermeiden und den Kaufpreis doch noch zu verdienen. Was aber gelten soll, wenn zufällige Umstände ihm diese Möglichkeit nehmen, ergibt sich daraus nicht.310 Sinn und Zweck des Nachfristerfordernisses bestätigen vielmehr die hier sich entwickelnde Zufallshaftung analog § 287 S. 2 BGB. Das Fristsetzungserfordernis lässt sich unter zwei Gesichtspunkten begründen. In rechtsethischer Hinsicht ist das Nachfristerfordernis insofern Ausdruck des Prinzips „pacta sunt servanda“, als die ursprüngliche Mangellieferung dem Käufer noch nicht das Recht gibt, vom Vertrag abzugehen.311 Dies erscheint zweitens als gerechter Ausgleich der Parteiinteressen.312 Im Falle erfolgreicher Nacherfüllung erhält einerseits der Käufer letztlich eine mangelfreie Sache, während andererseits der Verkäufer den Kaufpreis, abzüglich nur der von ihm zu tragenden Nacherfüllungskosten (§ 439 II BGB), zu retten vermag. Beide Hintergründe des Fristsetzungserfordernisses vermögen indes nicht zu rechtfertigen, dass der Verkäufer von der Schadensersatzpflicht frei wird, wenn der Zufall die Möglichkeit zur Nacherfüllung zunichte macht. Dass zum einen die ursprüngliche Mangellieferung noch kein Anlass für die sofortige Liquidierung 309 Vgl. Münch, Jura 2002, S. 361, 368, der das Konzept der zweiten Chance als Argument dafür ins Feld führt, dass allein das Ausbleiben der Nacherfüllung und nicht die ursprüngliche Mangellieferung den Bezugspunkt der Haftung bilde. 310 Fest, Jura 2005, S. 734, 736. 311 Wolf/Lange, Festschrift für Kilian, S. 801, 807 ff. 312 Etwa Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 4 Rn. 40.

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des Vertrages sein soll, besagt nichts über die Frage, ob ein ursprüngliches Mangelverschulden Anlass genug ist, den Verkäufer mit dem Risiko zufälliger Nacherfüllungshindernisse zu belasten. Diese Zufallshaftung liegt indes auf einer Linie mit dem zweiten genannten Aspekt des Fristsetzungserfordernisses. Der Käufer erleidet bei erfolgreicher Nacherfüllung lediglich keinen Nachteil. Einen solchen hätte er aber auch ohne Fristsetzungserfordernis nicht, da er dann entweder nach seiner Wahl Nacherfüllung verlangen313 oder sofort zurücktreten und bei Mangelverschulden Schadensersatz statt der Leistung fordern dürfte. Das Fristsetzungserfordernis dient also zuvorderst den finanziellen Interessen des Verkäufers,314 der den Kaufpreis durch Nacherfüllung doch noch verdienen und der Schadensersatzhaftung statt der Leistung entgehen kann. Dem entspricht es, ihm das Risiko zuzuweisen, dass die Nacherfüllung infolge zufälliger Umstände nicht gelingt. Demnach korrespondieren der Sinn des Fristsetzungserfordernisses und die Zufallshaftung analog § 287 S. 2 BGB. Zugleich wird aber auch deutlich, dass das Argumentationspotential des Rechtsgedankens von § 287 S. 2 BGB weiter reicht als das der Funktion des Fristsetzungserfordernisses. Das Fristsetzungserfordernis in §§ 281 I 1, 323 I BGB gilt nicht nur bei Mangelleistung, sondern genauso bei Nichtleistung.315 Unterschiede in der Funktion des Erfüllungsvorrangs sind dabei nicht erkennbar. Auch die Nichtleistung bei Fälligkeit erlaubt dem Gläubiger noch nicht, sofort vom Vertrag abzugehen, und wieder erhält der Schuldner die Möglichkeit, durch Nachholung der Leistung das vertragliche Entgelt zu verdienen. Betrachtet man also die Funktion des Fristsetzungserfordernisses, müsste man dazu kommen, dass die jeweilige Haftung aus § 281 I 1 BGB bei Nichtleistung und Mangelleistung parallel konzipiert ist, mithin gerade auch die Auswirkungen der Nichtleistung bei Fälligkeit und der ursprünglichen Mangellieferung sich entsprechen.316 Wie gesehen ist das aber nicht der Fall. Die Nichtleistung bei Fälligkeit hat keine haftungsrechtliche Relevanz,317 die schuldhafte Mangellieferung als Auslöser der Zufallshaftung analog § 287 S. 2 BGB sehr wohl. Die jeweils gleiche Funktion des Fristsetzungserfordernisses vermag solche Unterschiede nicht zu erklären.

313

So etwa § 480 BGB a. F. Dauner-Lieb, AnwBl. 2006, S. 430, 431 f. 315 §§ 281 I 1, 323 BGB: „. . . erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat.“ 316 Vgl. Schur, JA 2006, S. 223, 226 f., der die je gleiche Funktion des Fristsetzungserfordernisses als Argument dafür anführt, das Haftungskonzept der Nichtleistung auf die Mangelleistung zu übertragen. 317 Oben III. 314

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§ 6 Die Zufallshaftung nach § 287 S. 2 BGB

4. Zwischenergebnis Zu Beginn dieses Kapitels war festzustellen, dass für die Konstellation, in welcher der Verkäufer nur die Mangellieferung, nicht aber das Ausbleiben der Nacherfüllung zu vertreten hat, ein eindeutig richtiges Ergebnis nicht ohne weiteres auf der Hand liegt.318 Eine klärende Erwägung ist nunmehr gefunden. Der Verkäufer, der die Mangellieferung verschuldet hat, kann sich nicht darauf berufen, dass er den Schaden ohne das zufällige Hindernis noch durch Nacherfüllung hätte abwenden können. Denn infolge seines Mangelverschuldens trifft ihn das Risiko zufälliger Nacherfüllungshindernisse. In der Konstruktion entspricht dem die analoge Anwendung von § 287 S. 2 BGB im Zuge schuldhafter Mangellieferung. Den Bezugspunkt der Haftung bildet damit zwar das Ausbleiben der Nacherfüllung. Doch löst das Mangelverschulden die Zufallshaftung aus mit der Folge, dass der Verkäufer für zufällige Nacherfüllungshindernisse analog § 287 S. 2 BGB einzustehen, mithin auch diese zu vertreten hat.

VI. Der Anwendungsbereich der „nicht wie geschuldet“ erbrachten Leistung in § 281 I 1 Alt. 2 BGB Offen ist die Frage, welche Alternative von § 281 I 1 BGB nun bei Mangelleistung zur Anwendung kommt. In der hier entwickelten Konzeption ist Bezugspunkt der Haftung auch nach § 281 BGB die Nichtvornahme der Nacherfüllung, während die schuldhafte Mangellieferung als Auslöser der Zufallshaftung analog § 287 S. 2 BGB fungiert. Da die Nacherfüllung bei Fristablauf schlicht ausbleibt, liegt es nahe, die Nichtleistungsvariante in § 281 I 1 Alt. 1 BGB anzuwenden. Dagegen spricht indes, dass auf diese Weise § 281 I 1 Alt. 2 BGB weitgehend leer liefe. Denn nach der hier entwickelten Auffassung führt die schuldhafte Mangellieferung zum Vertretenmüssen des zufälligen Ausbleibens der Nacherfüllung, ohne doch selbst Bezugspunkt der Haftung etwa wegen „nicht wie geschuldet“ erbrachter Leistung gemäß § 281 I 1 Alt. 2 BGB zu sein. Um nun ein weitgehendes Leerlaufen von § 281 I 1 Alt. 2 BGB zu vermeiden, müsste dort die Nichtvornahme der Nacherfüllung hineingelesen werden. Das wiederum erscheint mit dem Wortsinn nur schwer vereinbar. Der Verkäufer erbringt die Nacherfüllung überhaupt nicht, nicht hingegen „nicht wie geschuldet“. Letzteres wäre nur der Fall, wenn der Verkäufer die Nacherfüllung als solche fehlerhaft vornimmt und dabei etwa einen neuen Mangel der Kaufsache verursacht. Diese Schwierigkeiten319 bleiben bestehen, solange man Mangellieferung und Ausbleiben der Nacherfüllung als zwei selbständige Pflichtverletzungen jeweils 318

Oben vor I.

V. Die analoge Anwendung von § 287 S. 2 BGB

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isoliert betrachtet. Auf diese Weise kommt man kaum umhin, die Nichtvornahme der Nacherfüllung als Nichtleistung der ersten Alternative von § 281 I 1 BGB zuzuweisen. Eine solche Betrachtungsweise ist indessen nicht die einzig mögliche. Zwar sind die ursprüngliche Pflicht zu mangelfreier Leistung und die Nacherfüllungspflicht keineswegs identisch.320 Das wird nicht nur an dem Wahlrecht des Käufers nach § 439 I BGB und der Sonderverjährung nach § 438 BGB, sondern auch daran deutlich, dass im Verletzungsfall das Vertretenmüssen im Rahmen von § 276 BGB für beide je unterschiedlich zu beurteilen sein kann.321 Zu erinnern ist aber an die früher schon beschriebene Sichtweise Ottos, wonach Mangellieferung und Ausbleiben der Nacherfüllung zwei Teile einer einheitlichen Pflichtverletzung in Gestalt „nicht wie geschuldet erbrachter Leistung“ seien und demzufolge beide in § 281 I 1 Alt. 2 BGB Platz fänden.322 Die Schlussfolgerung Ottos, die ursprüngliche Mangellieferung könne alternativ zum Ausbleiben der Nacherfüllung Bezugspunkt des Vertretenmüssens sein, erscheint zwar nicht zwingend. Zu einem Konzept zweier alternativer Bezugspunkte passt genauso wenn nicht besser die Vorstellung zweier selbständiger Pflichtverletzungen. Die hier entwickelte, durch das Mangelverschulden ausgelöste Zufallshaftung analog § 287 S. 2 BGB bestätigt aber die Vorstellung eines übergreifenden Zusammenhangs insofern, als Mangellieferung und Ausbleiben der Nacherfüllung nunmehr gerade nicht isoliert und beziehungslos nebeneinander stehen, sondern auf der Ebene des Vertretenmüssens miteinander verbunden sind. Dem entspricht es, das Ausbleiben der Nacherfüllung als Teil der „nicht wie geschuldet“ erbrachten Leistung im Sinne von § 281 I 1 Alt. 2 BGB zu verstehen. Das steht auch nicht in Widerspruch zum Wortlaut von § 281 I 1 Alt. 2 BGB. Durch die Nichtvornahme fristgerechter Nacherfüllung hat der Verkäufer gleichsam immer noch nicht wie geschuldet geleistet. Diese bis Fristablauf noch nicht wie geschuldet erbrachte Leistung im Sinne von § 281 I 1 Alt. 2 BGB kann der Verkäufer aus unterschiedlichen Gründen zu vertreten haben: nach § 276 BGB, etwa wenn er die Nacherfüllung fahrlässig vergisst, nach § 287 S. 2 BGB (direkt) infolge Verzuges mit der Nacherfüllung oder analog § 287 S. 2 BGB infolge schuldhafter Mangellieferung.

319

Sie sind nicht zu verwechseln mit denjenigen, die ursprüngliche Mangellieferung in § 281 I 1 BGB zu erfassen, dazu oben § 5 V. 3. b). Hier geht es darum, wie sich das Ausbleiben der Nacherfüllung in § 281 I 1 BGB einfügt. 320 S. Lorenz, Karlsruher Forum 2005, S. 72 f.; vgl. bereits oben Fn. 226. 321 Oben § 2 II. 322 Staudinger/Otto § 280 D 11, D 13, siehe bereits oben § 3 IV. 1. Ähnlich für die „nicht vertragsgemäß“ erbrachte Leistung gemäß § 323 I Alt. 2 BGB Soergel/Gsell (13. Auflage), § 323 Rn. 40: Leistungsversuch mit der mangelhaften Sache und anschließende Versäumung der Nachfrist seien im Rahmen von § 323 I Alt. 2 BGB als Einheit zu behandeln.

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§ 6 Die Zufallshaftung nach § 287 S. 2 BGB

VII. Ausblick auf das weitere Vorgehen Folgende Punkte bleiben noch zu untersuchen. Zunächst soll der Grundsatz der Verschuldensunabhängigkeit der haftungsausfüllenden Kausalität, in dem der Gedanke der Zufallshaftung ebenfalls Ausdruck gefunden hat, beleuchtet und mit dem Lösungsweg über § 287 S. 2 BGB verglichen werden (§ 7). Alsdann wird die bislang im Hintergrund gebliebene Haftung bei Übernahme einer Garantie im Sinne von § 276 BGB Beachtung finden (§ 8). Abschließend gilt es, verschiedene Problemfelder und Fallkonstellationen mit der hier entwickelten analogen Anwendung von § 287 S. 2 BGB abzustimmen (§ 9).

§ 7 Besonderheiten des haftungsausfüllenden Tatbestandes Im Folgenden soll das Verhältnis von § 287 S. 2 BGB zu bestimmten Grundsätzen des haftungsausfüllenden Tatbestandes geklärt werden. Die Regeln der Haftungsausfüllung weisen nämlich ebenfalls einen Weg, der zur Haftung trotz zufälligem Ausbleiben der Nacherfüllung führt.

I. Verschuldensunabhängigkeit des haftungsausfüllenden Tatbestandes Schon in den oben besprochenen Ausführungen der Motive betreffend den vertragswidrigen Gebrauch einer überlassenen Sache sind beide denkbaren Wege zur Zufallshaftung angelegt, derjenige über § 287 S. 2 BGB ebenso wie derjenige über die Grundsätze des haftungsausfüllenden Tatbestandes. Die Motive benennen, wie oben bemerkt, als Regelung der „allgemeinen Grundsätze über Schadensersatz wegen verschuldeter Nichterfüllung“, aus denen sich die Zufallshaftung ergebe, sowohl § 287 S. 2 BGB als auch § 249 BGB.323 § 249 BGB regelt gemeinsam mit den ihm folgenden Normen Inhalt und Umfang der Schadensersatzpflicht, den haftungsausfüllenden Tatbestand, und kommt daher erst unter der Voraussetzung zur Anwendung, dass die Schadensersatzpflicht dem Grunde nach besteht.324 Geht man nach dem Schema Haftungsbegründung einerseits, Haftungsausfüllung andererseits an die hier interessierende Fallkonstellation heran, so kommt als Haftungsgrund jeweils der Verzug, der schuldhaft vertragswidrige Gebrauch oder eben die schuldhafte Mangellieferung in Betracht. Der Zufallshaftung über § 287 S. 2 BGB bedürfte es nicht, wenn schon die Anwendung der Regeln des haftungsausfüllenden Tatbestandes – ausgelöst jeweils durch die gemäß § 276 BGB zu vertretende Pflichtverletzung als Haftungsgrund – ergäbe, dass der Schuldner auch den mit dem zufälligen Ausbleiben der Leistung einhergehenden Schaden zu ersetzen hat. Eine solche nicht in § 287 S. 2 BGB liegende, sondern den haftungsausfüllenden Tatbestand betreffende Regel könnte der Grundsatz sein, dass das Verschulden sich nicht auf die haftungsausfüllende Kausalität zu erstrecken 323 324

Siehe oben § 6 V. 2. c) bei Fn. 292. Vgl. nur MünchKomm/Oetker, § 249 Rn. 1.

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§ 7 Besonderheiten des haftungsausfüllenden Tatbestandes

braucht.325 Wer einen Haftungsgrund verwirklicht hat, der muss für den daraus entstandenen Schaden aufkommen, mochte er auch den Schadensverlauf nicht vorhersehen können. Schließt jemand zum Beispiel einen anderen im Winter fahrlässig über Nacht in ein Gebäude ein, so hat er den Gesundheitsschaden des anderen zu ersetzen, auch wenn er nicht wissen konnte, dass das Gebäude über Nacht nicht geheizt wird.326 Das Verschulden erstreckt sich in diesem Fall nur auf den Haftungsgrund (Beeinträchtigung der Freiheit), nicht dagegen auf die haftungsausfüllende Kausalität zwischen Haftungsgrund und Gesundheitsschaden. 1. Argument für das Konzept alternativer Bezugspunkte Übertragen auf die hier interessierende Konstellation könnte das bedeuten, dass es genügt, wenn das Verschulden nur die Verzögerung der Leistung, den vertragswidrigen Gebrauch der überlassenen Sache oder eben die ursprüngliche Mangellieferung erfasst. Der weitere Verlauf ausgehend von diesem Haftungsgrund über das zufällige Hindernis bis hin zum Eintritt des statt der Leistung zu ersetzenden Schadens wäre als haftungsausfüllende Kausalität zu behandeln, in Bezug auf die Vertretenmüssen – und sei es über § 287 S. 2 BGB – nicht erforderlich ist.327 Hier dürfte sich das Konzept alternativer Bezugspunkte bestätigt finden: Der Mangel selbst bildete dann nämlich den Haftungsgrund und also den Bezugspunkt des Vertretenmüssens, wohingegen das spätere Ausbleiben der Nacherfüllung als bloßes Glied der haftungsausfüllenden Kausalität auf Zufall beruhen mag, ohne dass dies der Haftung Abbruch täte.328 Der diesem Lösungsweg zugrunde liegende Gedanke ist wiederum derjenige der Zufallshaftung: Wer sich auf vertragswidriges – im Deliktsrecht: auf unerlaubtes – Gebiet begibt, den trifft die Gefahr von Zufällen. In diesem Satz wurzeln gleichermaßen die Zufallshaftung nach § 287 S. 2 BGB wie die Verschuldensunabhängigkeit des haftungsausfüllenden Tatbestandes, werden doch beide letztlich auf die entsprechende Regel „versari in re illicita“ zurückgeführt.329 325 Vgl. Palandt/Heinrichs, Vor § 249 Rn. 56; Larenz, Schuldrecht I, § 27 III a (S. 431 f.). 326 Larenz, Schuldrecht I, § 27 III a (S. 432). 327 In diese Richtung Esser/Schmidt, Schuldrecht I/1, § 8 II 4 a. E. (S. 136); ausdrücklich MünchKomm/Kollhosser, §§ 602, 603 Rn. 3, für den Fall des vertragswidrigen Gebrauchs einer Leihsache. 328 So womöglich Fest, Jura 2005, S. 734, 736 bei und in Fn. 26, der von „mittelbarem Zurechnungszusammenhang“ spricht und dabei auf eine Stelle in der Kommentarliteratur (Palandt/Heinrichs, Vor § 249 Rn. 54) verweist, in deren Folge ausgeführt wird, dass sich das Verschulden nicht auf die haftungsausfüllende Kausalität zu erstrecken braucht (Palandt/Heinrichs, Vor § 249 Rn. 56). 329 Vgl. zur Regel „versari in re illicita“ im Zusammenhang mit der Verschuldensunabhängigkeit des haftungsausfüllenden Tatbestandes etwa MünchKomm/Oetker,

I. Verschuldensunabhängigkeit des haftungsausfüllenden Tatbestandes

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Für den Schadensersatz neben der Leistung leuchtet es weiterhin auch durchaus ein, diesen Satz im haftungsausfüllenden Tatbestand zur Geltung zu bringen. Liefert der Verkäufer fahrlässig eine aus minderwertigem Holz gefertigte Schrankwand, die infolge des Mangels umfällt und dabei den einzigartigen Konzertflügel des Käufers zerstört, dann muss der Verkäufer diesen Schaden nach § 280 I BGB ersetzen, auch wenn er nicht ahnen konnte, dass der Käufer solch wertvolle Gegenstände besitzt. Infolge seines Mangelverschuldens ist es eben sein Risiko, dass in der Nähe der mangelhaften Schrankwand „zufällig“ ein teures Instrument steht. Trifft den Verkäufer hingegen an der Mangellieferung keine Schuld, bleibt der Schaden beim Käufer. 2. Existenzberechtigung von § 287 S. 2 BGB Allein, was den Schadensersatz statt der Leistung angeht ist die Zufallshaftung in § 287 S. 2 BGB beheimatet, nicht im haftungsausfüllenden Tatbestand. Dafür spricht zum einen, dass § 287 S. 2 BGB andernfalls weitgehend überflüssig erschiene, und zwar nicht nur im analogen – was ohne weiteres hinzunehmen wäre –, sondern bereits in seinem unmittelbaren Geltungsbereich während des Verzuges. Versteht man den vertragswidrigen Gebrauch der Leih- oder Mietsache und die ursprüngliche Mangellieferung jeweils als Haftungsgrund, um daraufhin das zufällige Ausbleiben der Leistung in den haftungsausfüllenden Tatbestand zu verweisen, dann müsste man konsequenterweise ebenso im Falle des Verzuges verfahren. Der Verzug selbst wäre Haftungsgrund, das unterdessen zufällige Ausbleiben der Leistung hingegen bloßes Glied der mit diesem Haftungsgrund beginnenden haftungsausfüllenden Kausalität. Dass der Zufall der Haftung nichts anhaben kann, ergäbe sich wiederum bereits aus der Verschuldensunabhängigkeit des haftungsausfüllenden Tatbestandes. Zweifelhaft wäre allein die richtige Anspruchsgrundlage: Man mag etwa § 283 BGB anwenden, dabei aber nicht die Unmöglichkeit, sondern die Verzögerung der Leistung als den nach § 276 BGB zu vertretenden Umstand ansehen.330 Vielleicht ließe sich der während des Verzuges eintretende Unmöglichkeitsschaden auch als Verzögerungsschaden begreifen und deshalb nach §§ 280 II, 286 BGB ersetzen.331 Vor solche Überlegungen stellt sich aber die Frage, warum es die Zufallshaftung in § 287 S. 2 BGB dann überhaupt gibt. Die im zweiten Halbsatz § 249 Rn. 102; Esser/Schmidt, I/2 § 33 I 1 b (S. 227 f.); im Zusammenhang mit § 287 S. 2 BGB etwa Wacke, Festschrift für Hübner, S. 669, 691 ff.; Knütel, NJW 1993, S. 900, 901. 330 Vgl. Soergel/Wiedemann, § 287 Rn. 4 zum früheren Schuldrecht, in dem § 287 S. 2 BGB nach verbreiteter Auffassung in der Tat jedenfalls dort für überflüssig galt, wo ein adäquat-kausaler Zusammenhang zwischen Verzug und Unmöglichkeit besteht; dazu sogleich unten II. 2. 331 So – wiederum zum früheren Recht – Schur, Leistung und Sorgfalt, S. 92.

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§ 7 Besonderheiten des haftungsausfüllenden Tatbestandes

der Vorschrift genannte Beachtlichkeit hypothetischer Reserveursachen dürfte zur Daseinsberechtigung kaum genügen.332 Hierfür hätte die Zufallshaftung im ersten Halbsatz von § 287 S. 2 BGB nicht nochmals ausdrücklich angeordnet werden müssen, wenn sie doch ohnehin schon aus den Grundsätzen der haftungsausfüllenden Kausalität folgte. Nimmt man dies zum Anlass, weiter nach einem Grund für die Existenz von § 287 S. 2 BGB zu suchen, stößt man auf die Eigenart des Schadensersatzes statt der Leistung. Beim Schadensersatz neben der Leistung wie im Deliktsrecht betrifft die Zufallshaftung den Fall, dass der Schadensverlauf durch Umstände beeinflusst wird – neben der Schrankwand steht einKonzertflügel, das Gebäude wird nicht geheizt –, von denen der Schuldner oder unerlaubt Handelnde vielleicht nichts wissen konnte. Beim Schadensersatz statt der Leistung geht es hingegen darum, dass der Schuldner den Eintritt des Schadens durch (Nach-)Erfüllung hätte verhindern können, wenn der Zufall ihm diese Möglichkeit nicht genommen hätte. Dies ist gerade ein wesentlicher Einwand des Verkäufers gegen seine in Frage stehende Haftung auf Schadensersatz statt der Leistung.333 Ebenso konnten bislang immer schon der Entleiher, der die überlassene Sache vertragswidrig weitergegeben hat, und der in Verzug geratene Schuldner argumentieren, welche ihre jeweils geschuldete Leistung – Rückgabe oder etwa Übergabe der Sache – ohne den Zufall noch erbracht hätten. In einen Grundsatz übersetzt berufen sich dabei alle auf die Regel „casus a nullo praestantur“, wonach zufällige Leistungshindernisse zugleich von primärer Leistungspflicht und sekundärer Ersatzpflicht statt der Leistung befreien.334 Mit dem ganz anderen Grundsatz, dass das Verschulden den haftungsausfüllenden Tatbestand nicht zu erfassen braucht, kann man diesem Argument aber nicht begegnen. Hier stünde die Aussage des einen Grundsatzes gegen diejenige des anderen, bzw. vielmehr sprächen die beiden Regeln aneinander vorbei, weil keinerlei Beziehung zwischen der Verschuldensunabhängigkeit des haftungsausfüllenden Tatbestandes einerseits und der befreienden Wirkung zufälliger Leistungshindernisse andererseits zu erkennen ist. Während diese Regel den Haftungsgrund entfallen lässt, betrifft jene den Haftungsumfang. Diejenige Regel also, welche die grundsätzlich befreiende Wirkung zufälliger Leistungshindernisse außer Kraft setzt, ist die Zufallshaftung nach § 287 S. 2 BGB,335 nicht die Verschuldensunabhängigkeit des haftungsausfüllenden Tatbestands.

332 In diese Richtung aber Heck, Grundriss des Schuldrechts, § 36, 12 b (S. 110); zu Hecks Auffassung sogleich unten 2. 333 Siehe oben § 6 vor I. und § 6 V. 3. b). 334 Siehe schon oben § 6 vor I. bei Fn. 213. 335 Oben § 6 V. 3. b).

I. Verschuldensunabhängigkeit des haftungsausfüllenden Tatbestandes

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3. Nach Fristablauf eintretende Schäden an Rechtsgütern des Käufers Hier sind auch die Fälle aus dem Bereich zu behandeln, in dem Schadensersatz statt und neben der Leistung sich überschneiden. Als es eingangs der Untersuchung die beiden Schadensersatzarten voneinander abzugrenzen galt, fiel auf, dass zuweilen auch der Schadensersatz neben der Leistung die für den Schadensersatz statt der Leistung nach § 281 BGB charakteristische Konstellation kennt, in der ein Schaden, der bei Entdeckung des behebbaren Mangels noch nicht entstanden war, erst im Zuge des Ausbleibens fristgerechter Nacherfüllung endgültig eintritt.336 Als Beispiel diente der Fall einer mangelhaften Kühlanlage:337 Die Lebensmittel des Käufers können zwar zunächst einige Tage problemlos ohne Kühlung überstehen – deshalb muss der Käufer dem Verkäufer eine entsprechende Frist zur Nacherfüllung setzen –, verderben dann aber, nachdem der Verkäufer den Mangel der Kühlanlage nicht innerhalb der gesetzten Frist beseitigt. Mit Blick auf § 281 IV BGB erwies es sich als angezeigt, diesen Schaden dem Schadensersatz neben der Leistung zuzuordnen, um den Käufer nicht ohne Not der Möglichkeit zu berauben, neben dem Ersatz der Lebensmittel auch nach Fristablauf weiterhin Nacherfüllung zu verlangen.338 Hat nun der Verkäufer die Mangellieferung verschuldet, beruht aber das Ausbleiben der fristgerechten Nacherfüllung auf Zufall – Krankheit, Streik, Hochwasser etc. –, stellt sich die Frage, ob der Verkäufer die nach Fristablauf verdorbenen Lebensmittel ersetzen muss. Da es sich, wie gesagt, um Schadensersatz neben der Leistung handelt – nach § 280 I BGB oder §§ 280 II, 286 BGB –, könnte die zuvor beschriebene Konstruktion greifen: In § 280 I BGB wäre die schuldhafte Mangellieferung haftungsbegründendes Merkmal, das zufällige Nacherfüllungshindernis hingegen stünde als Teil der haftungsausfüllenden Kausalität jenseits des Verschuldenserfordernisses. Indessen geht es hier nicht um den für die Verschuldensunabhängigkeit der haftungsausfüllenden Kausalität typischen Fall, dass der Schadensverlauf durch unvorhersehbare, eben zufällige Umstände beeinflusst wird. Vielmehr hätte der Verkäufer hier, wie es für den Schadensersatz statt der Leistung charakteristisch ist, den Verderb der Lebensmittel ohne das zufällige Hindernis noch verhindern können. Dass letzteres kein durchgreifendes Argument gegen die Haftung des Verkäufers ist, ergibt sich abermals aus § 287 S. 2 BGB. Das Mangelverschulden führt nämlich dazu, dass der Verkäufer über § 287 S. 2 BGB das Risiko zufälliger Nacherfüllungshindernisse auch insofern trägt, als damit neben der Leistung ersatzfähige Schäden einhergehen. Dem steht nicht entgegen, dass § 287 S. 2 336 337 338

Oben § 2 I. 2. und 4. Oben § 2 I. 2., Beispiel nach Tiedtke/Schmitt, BB 2005, S. 615, 616. Oben § 2 I. 2.

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BGB eine Zufallshaftung nur „wegen der Leistung“ vorsieht und damit Schäden an sonstigen Rechtsgütern des Gläubigers eigentlich nicht erfasst.339 Denn in Fällen wie dem Kühlanlagen-Beispiel ist Ziel der Leistung gerade der Schutz der Rechtsgüter des Käufers. Die Kühlanlage als solche sowie später die Behebung ihres Mangels durch Nacherfüllung sollen den Verderb der Lebensmittel eben verhindern. Das sog. Integritätsinteresse des Käufers, durch die Leistung nicht an seinen Rechtsgütern geschädigt zu werden, ist hier also Bestandteil seines sog. Nutzungs- oder Äquivalenzinteresses, durch die Leistung eine gebrauchstaugliche Sache seinem Vermögen zuwachsen zu sehen. So hat auch der BGH im Hinblick auf wirkungslose Produkte von einem „Zusammentreffen von Nutzungs- und Integritätsinteressen“ gesprochen, etwa im Falle einer undichten Dachabdeckfolie, die Feuchtigkeitsschäden am sonstigen Eigentum des Gläubigers entgegen ihrer Aufgabe gerade nicht verhinderte.340 Dem entsprechend treffen sich Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung in Schäden an sonstigen Rechtsgütern, die durch mangelfreie Leistung gerade verhindert werden sollten. Dieser Schaden fällt daher in den Geltungsbereich von § 287 S. 2 BGB,341 so dass der Verkäufer hier auch im Rahmen von § 280 I BGB „wegen der Leistung“ für Zufall haftet.

II. Adäquanztheorie Ein Blick auf eine weitere Besonderheit des haftungsausfüllenden Tatbestandes – die Einschränkung des Haftungsumfangs durch die sog. Adäquanztheorie – bestätigt schließlich die durchaus eigenständige Bedeutung von § 287 S. 2 BGB. Die Adäquanztheorie ist zunächst im Zusammenhang mit dem eben behandelten Grundsatz zu sehen, wonach das Verschulden sich nicht auf die haftungsausfüllende Kausalität zu erstrecken braucht. Bei ungemilderter Wirkung dieses Satzes unterläge der dem Grunde nach Verpflichtete einer dem Umfang nach uferlosen Haftung auch für ganz entfernte Folgen.342 Das deshalb allgemein für notwendig erachtete Korrektiv des Haftungsumfangs bildet vornehmlich die Adäquanztheorie: Die Haftung umfasst nur solche Schäden, deren Eintritt in 339

Vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 148. BGH vom 18. 9. 1984, NJW 1985, S. 194; vgl. etwa auch BGH vom 17. 3. 1981, BGHZ 80, 186, 189 (Spritzmittel gegen Apfelschorf). In diesen Entscheidungen ging es um die Abgrenzung bzw. die Überschneidung der Schutzbereiche von vertraglicher Haftung einerseits und deliktischer Haftung aus § 823 BGB andererseits. 341 Die Norm kann analog infolge der schuldhaften Mangellieferung oder auch direkt zur Anwendung kommen, wenn der Verkäufer sich bei Eintritt des zufälligen Hindernisses bereits in Verzug mit der Nacherfüllung befand. Zum Verhältnis von direktem und analogem Anwendungsbereich von § 287 S. 2 BGB noch unten § 9 II. 1. 342 MünchKomm-Oetker, § 249 Rn. 102. 340

II. Adäquanztheorie

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adäquat-kausalem Zusammenhang mit dem Haftungsgrund steht, während die Haftung ausscheidet, wenn die Gefahr des Schadenseintritts außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit lag bzw. durch den Haftungsgrund nicht generell erhöht wurde.343 Die Adäquanztheorie wird nun von zwei genau entgegen gesetzten Auffassungen der Literatur auch gegen den Anwendungsbereich von § 287 S. 2 BGB in Stellung gebracht. Einer Ansicht nach soll § 287 S. 2 BGB nur dort zur Anwendung kommen, wo ein adäquat-kausaler Zusammenhang zwischen Verzug und Unmöglichkeitsschaden besteht, während nach anderer, überwiegend vertretener Meinung die Norm in diesem Fall gerade nicht, sondern allein dort eingreift, wo es an einem solchen adäquat-kausalen Zusammenhang fehlt. Entsprechendes müsste dann jeweils auch für die durch die schuldhafte Mangellieferung ausgelöste Zufallshaftung gelten. Beide genannten Auffassungen vermögen indes nicht zu überzeugen. 1. § 287 S. 2 BGB nur bei adäquat-kausalem Zusammenhang? Auf den zuerst genannten Standpunkt hat sich namentlich Heck gestellt.344 Das BGB sei ursprünglich von der Bedingungs- bzw. Äquivalenztheorie ausgegangen, davon also, dass die Haftung sich ihrem Umfang nach unbegrenzt auf sämtliche Folgen des Haftungsgrundes erstrecke. Nachdem sich erst später die Adäquanztheorie allgemein durchgesetzt habe, müsse nun auch § 287 S. 2 BGB in ihrem Lichte eingeschränkt werden. Das sei zumal mit Blick auf die praktischen Ergebnisse geboten. Denn gerade in Fällen des Verzuges träten die unangemessenen Konsequenzen der uneingeschränkten Bedingungstheorie „besonders grell“ hervor.345 Heck erläutert dies an folgendem Beispiel.346 Die Abfahrt eines Schiffes im Herbst erfolgt schuldhaft um einen Tag zu spät und damit – das Abfahrtsdatum mag genau bestimmt gewesen sein, § 286 II Nr. 1 BGB (§ 284 II 1 BGB a. F.) – während des Verzuges. Das Schiff verunglückt einmal im Sturm, in Abwandlung des Beispiels kollidiert es mit einem anderen Schiff. Nur im ersten Fall bestünde nun ein adäquat-kausaler Zusammenhang zwischen Verzug und Schaden, da die Verzögerung der Abfahrt im Herbst die Gefahr erhöht habe, dass das Schiff in einen Sturm gerät. Dagegen drohe die Gefahr einer Kollision mit einem anderen Schiff an jedem beliebigen Tag gleichermaßen.347 Angenommen, der Gläubiger verlangt Ersatz des Wertes der transportierten Ware sowie des entgangenen Gewinns, den er bei Weiterverkauf der Ware am Ankunftsort erzielt hätte – also Schadensersatz statt der Leistung –, 343

Vgl. nur Palandt/Heinrichs, vor § 249 Rn. 59. Grundriß des Schuldrechts, § 12, 6 (S. 43 f.) und § 36, 12 b (S. 110). 345 Grundriß des Schuldrechts, § 12, 6 (S. 43 f.). 346 Grundriß des Schuldrechts, § 12, 4 (S. 42 f.); das Beispiel entnahm Heck dem Sachverhalt der Entscheidung des RG vom 15. 2. 1913, RGZ 81, 359. 347 Vgl. auch RG vom 15. 2. 1913, RGZ 81, 359, 362 f. 344

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so wäre demnach mit Heck der Anspruch aus den §§ 283, 287 S. 2 BGB im Falle des Sturmes zu bejahen, im Falle der Schiffskollision aber abzulehnen. Übertragen auf die Mangelleistung hingen dann die hier analoge Anwendung von § 287 S. 2 BGB und der Ersatzanspruch des Käufers ebenfalls davon ab, ob zwischen der ursprünglichen Mangellieferung und dem mit der zufälligen Unmöglichkeit der Nacherfüllung einhergehenden Schaden ein adäquat-kausaler Zusammenhang besteht. Die Adäquanz wäre zu bejahen, wenn die Nacherfüllung etwa am Ausverkauf der Gattung scheitert und es sich um eine solche Gattung handelt, die nach einiger Zeit eben ausverkauft zu sein pflegt. Hier hat die ursprüngliche Mangellieferung die Gefahr erhöht, dass die spätere Nachlieferung wegen Ausverkaufes der Gattung nicht mehr vorgenommen werden kann. Ist die Gattung hingegen normalerweise nie ausverkauft, weil sie ständig nachproduziert wird, aber zum Zeitpunkt der Nacherfüllung doch aufgrund außergewöhnlicher Umstände – Naturkatastrophe, Handelsembargo etc. – vom Markt verschwunden, so wäre ein adäquat-kausaler Zusammenhang zu verneinen. Solche Umstände hätten ebenso bereits die ursprüngliche Lieferung als solche scheitern lassen können. Inadäquat ist der Schaden zum Beispiel auch dann, wenn der Käufer eines Gebrauchtwagens den Mangel bemerkt, sich auf den Weg zum Verkäufer macht und in einen von dritter Seite verschuldeten Unfall gerät, bei dem der Wagen einen Totalschaden erleidet, der Mangel mithin unbehebbar wird. Die Gefahr eines solchen Unfalls besteht bei jeder anderen Gelegenheit gleichermaßen. Es vermag freilich aus zwei Gründen nicht zu überzeugen, derlei Überlegungen im Bereich des Schadensersatzes statt der Leistung überhaupt anzustellen. Zum einen wird man Heck nicht darin folgen müssen, dass der Blick auf das praktische Ergebnis die Anwendung der Adäquanztheorie gebiete. Schränkt man mit deren Hilfe den Geltungsbereich von § 287 S. 2 BGB ein, würde statt dem Schuldner eben dem Gläubiger der inadäquat verursachte Schaden auferlegt, obwohl der Schaden bei rechtzeitiger bzw. ursprünglich mangelfreier Leistung nicht eingetreten wäre. Das wirkt nicht minder „grell“ als die Haftung des Schuldners, bedenkt man, dass der Schuldner die Verzögerung zu vertreten bzw. die Mangellieferung verschuldet hatte. Eine der beiden Parteien muss den Zufallsschaden aber tragen, und der Gedanke von § 287 S. 2 BGB dürfte durchaus auch bei inadäquat-kausalem Zusammenhang den Ausschlag zu Lasten des Schuldners geben: Weil er die Verzögerung zu vertreten bzw. die Mangellieferung verschuldet hatte, ist er „näher dran“ an dem Risiko, dass irgendein Zufall, adäquat oder inadäquat, die Leistung bzw. Nacherfüllung unmöglich macht und dadurch ein statt der Leistung ersatzfähiger Schaden entsteht. Zum anderen dürfte die Adäquanztheorie beim Schadensersatz statt der Leistung schon von ihrer Zielsetzung her fehl am Platze sein. Die Adäquanztheorie soll den dem Grunde nach Ersatzpflichtigen vor einer dem Umfang nach ufer-

II. Adäquanztheorie

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losen Haftung schützen.348 Das mag bei deliktisch verursachten oder neben der Leistung ersatzfähigen Schäden berechtigt sein. Dort erstreckt sich die haftungsausfüllende Kausalität potentiell auf die unterschiedlichsten und weitest entfernten Folgen, die Ersatzpflicht droht also in der Tat ins Uferlose zu gehen. Dagegen ist der Schadensersatz statt der Leistung beschränkt auf ganz bestimmte Schäden, diejenigen nämlich, die mit dem Ausbleiben der Leistung bei Fristablauf bzw. wegen Unmöglichkeit einhergehen.349 Das sind der Wert der mit dem Schiff untergegangenen Ware, der mangelbedingte Minderwert der Kaufsache, daneben die Kosten eines Deckungskaufes oder einer Reparatur, die der Gläubiger bzw. der Käufer nach erfolglosem Fristablauf selbst vornimmt, oder auch, je nach Lage des Falles, der entgangene Weiterverkaufsgewinn. Diese Schäden mögen bald höher, bald niedriger ausfallen, uferlos ist die Haftung hier aber nicht. 2. § 287 S. 2 BGB nur bei inadäquat-kausalem Zusammenhang? § 287 S. 2 BGB ist demnach so zu verstehen, dass die Norm dem Schuldner für den Schadensersatz statt der Leistung – „wegen der Leistung“ – das Zufallsrisiko insgesamt zuweist, unberührt von der Adäquanztheorie. Dennoch will auch die Gegenauffassung den Anwendungsbereich der Norm durch die Adäquanztheorie beschneiden – freilich vom anderen Ende her als Heck – und hält § 287 S. 2 BGB nur dort für praktisch bedeutsam, wo die Unmöglichkeit gerade inadäquat-kausale Folge des Verzuges ist.350 Dieser Auffassung nach ist § 287 S. 2 BGB bei adäquat-kausalem Zusammenhang überflüssig, da sich die Haftung dann bereits aus der Verschuldensunabhängigkeit des haftungsausfüllenden Tatbestandes ergebe. Folgt man dem, wäre etwa in dem oben erwähnten Schiffsbeispiel die Haftung, wiewohl im Ergebnis stets zu bejahen, unterschiedlich zu konstruieren, je nachdem das Schiff einem Sturm zum Opfer fällt (adäquat-kausale Folge des Verzuges) oder durch Kollision mit einem anderen Schiff untergeht (inadäquat-kausale Folge). Im Falle des Sturmes wäre der Verzug selbst der Haftungsgrund, die Unmöglichkeit dagegen bloßes Glied der haftungsausfüllenden Kausalität. Im Falle der Schiffskollision funktioniert das freilich nicht, weil gerade kein adäquat-kausaler Zusammenhang zwischen Verzug und Unmöglichkeitsschaden besteht. Hier erst soll nun § 287 S. 2 BGB zur Anwendung kommen, diesmal also die Unmöglichkeit (des Transportes der untergegangenen Ware) den Haftungsgrund bilden, den der Schuldner wegen § 287 S. 2 BGB, ausgelöst durch den Verzug mit der Abfahrt, zu vertreten hätte. Ent348

Siehe oben bei Fn. 342. Oben § 2 I. 350 Larenz, Schuldrecht I, § 23 II a (S. 354); Soergel/Wiedemann, § 287 Rn. 4; Palandt/Heinrichs, § 287 Rn. 3; MünchKomm/Ernst, § 287 Rn. 3; Erman/J. Hager, § 287 Rn. 3. 349

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sprechend je unterschiedlich zu konstruieren wäre die Haftung dann konsequenterweise auch im analogen Geltungsbereich von § 287 S. 2 BGB, wo der Verkäufer schuldhaft mangelhaft liefert und die Nacherfüllung vom Zufall verhindert wird: Bei adäquat-kausalem Zusammenhang zwischen Mangellieferung und mit Ausbleiben der Nacherfüllung einhergehendem Schaden bildete die Mangellieferung selbst den Haftungsgrund und also den Bezugspunkt der Haftung, das Ausbleiben der Nacherfüllung hingegen wäre Bestandteil des haftungsausfüllenden Tatbestandes. Bei inadäquat-kausalem Zusammenhang demgegenüber läge der Bezugspunkt der Haftung im Ausbleiben der Nacherfüllung, während die schuldhafte Mangellieferung nunmehr als Auslöser der Zufallshaftung fungierte. Gegen dieses Vorgehen ist zunächst das einzuwenden, was oben bereits generell im Hinblick auf die Verschuldensunabhängigkeit des haftungsausfüllenden Tatbestands festzustellen war. Dieser Grundsatz vermag die hier interessierende Konstellation – zu vertretende Pflichtverletzung einerseits, zufälliges Ausbleiben der Leistung andererseits – nicht zu erfassen, weil er in keinem Zusammenhang zur grundsätzlich befreienden Wirkung zufälliger Leistungshindernisse steht.351 Abgesehen davon ist aber auch nicht einsichtig, die Haftung wie eben beschrieben unterschiedlich zu konstruieren je nach Adäquanz oder Inadäquanz des Kausalzusammenhangs. Verkehrt wirkt insbesondere die in diesem Verfahren zum Ausdruck kommende Vorstellung, § 287 S. 2 BGB sei nur bei inadäquat-kausaler Unmöglichkeit anwendbar, im Falle adäquat-kausaler Unmöglichkeit hingegen überflüssig. Die Adäquanztheorie ist ihrerseits funktional betrachtet nichts anderes als ein Instrument zur „Präzisierung von Gefahrenbereichen“:352 Manche Schäden gehören, obwohl sie kausal auf ein schuldhaftes Verhalten des Schuldners zurückzuführen sind, zum Gefahren- bzw. Risikobereich des Gläubigers, der sie dann selbst zu tragen hat. Solche Präzisierung von Gefahrenbereichen mit Hilfe der Adäquanztheorie macht aber allein Sinn beim Schadensersatz neben der Leistung, nicht beim Schadensersatz statt der Leistung. Nachdem für diesen nämlich § 287 S. 2 BGB sozusagen eine Präzisierung der Gefahrenbereiche bereits vorgenommen und das Zufallsrisiko als Ganzes dem Schuldner zugewiesen hat,353 leuchtet es nicht ein, einen Teil desselben Risikos erst aus dem Anwendungsbereich von § 287 S. 2 BGB herauszunehmen, nur um es dann von einem anderen Haftungsgrund her und unter Beachtung der Adäquanztheorie doch wieder dem Schuldner zuzuweisen. Das Verhältnis von Adäquanztheorie einerseits und § 287 S. 2 BGB andererseits ist deshalb wie folgt zu bestimmen: Nicht § 287 S. 2 BGB ist überflüssig im Falle

351 352 353

Siehe soeben I. 2. Esser/Schmidt, Schuldrecht I/2, § 33 II (S. 233). Vgl. soeben II. 1.

III. Zusammenfassung

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adäquat-kausaler Unmöglichkeit, sondern umgekehrt die Adäquanztheorie überflüssig im Geltungsbereich von § 287 S. 2 BGB.354

III. Zusammenfassung Die Regeln des haftungsausfüllenden Tatbestandes vermögen danach den Anwendungsbereich von § 287 S. 2 BGB nicht zu schmälern. Vielmehr hat sich in Ansehung sowohl der Adäquanztheorie als auch der Verschuldensunabhängigkeit des haftungsausfüllenden Tatbestands gezeigt, dass § 287 S. 2 BGB „besser passt“, wenn es die Konstellation zu beurteilen gilt, in der eine zu vertretende bzw. schuldhafte Pflichtverletzung dem später dann zufälligen Ausbleiben der Leistung vorausgeht. Insbesondere enthält § 287 S. 2 BGB – und nicht die Verschuldensunabhängigkeit des haftungsausfüllenden Tatbestandes – diejenige Regel, nach welcher der Schuldner bzw. Verkäufer auf Schadensersatz statt der Leistung haftet, obwohl er bei normalem, nicht vom Zufall beeinflussten Verlauf der Dinge die Leistung noch hätte vornehmen und dadurch die Entstehung des Schadens verhindern können. Überdies weist § 287 S. 2 BGB dem Schuldner bzw. Verkäufer das Zufallsrisiko unabhängig davon zu, ob der Schaden adäquat- oder inadäquat-kausal auf den Verzug bzw. die schuldhafte Mangellieferung zurückgeht.

354 Anders freilich die überwiegende Auffassung in der Literatur (oben Fn. 350); wie hier dagegen U. Huber, Leistungsstörungen II, § 34 III 1 (S. 126 f.).

§ 8 Garantieübernahme im Sinne von § 276 BGB und zufälliges Ausbleiben der Nacherfüllung Nachdem bislang die Frage nach dem Bezugspunkt der Haftung für den Fall des Mangelverschuldens untersucht wurde, soll im folgenden Kapitel die zweite Form des Vertretenmüssens der Mangellieferung betrachtet werden, die Garantieübernahme im Sinne von § 276 BGB. Die „Übernahme einer Garantie“ in § 276 I 1 BGB hat die bisherige Zusicherung der Mangelfreiheit bzw. einer bestimmten Eigenschaft der Kaufsache gemäß §§ 459 II, 463 S. 1, 480 II BGB a. F. ersetzt.355 Es geht dabei um Fälle, in denen der Verkäufer bei Vertragsschluss zum Beispiel die Unfallfreiheit oder eine bestimmte PS-Zahl eines KFZ, die Eignung der Maschine zu diesem oder jenem Zweck oder schlicht die Mangelfreiheit der Ware zusichert bzw., in neuer gesetzlicher Terminologie, garantiert. Hat der Verkäufer eine solche Garantie übernommen und dann auch noch, wenn der Käufer einen garantiewidrigen Mangel entdeckt, das Ausbleiben der Nacherfüllung verschuldet oder sonst gemäß § 276 BGB zu vertreten, so steht außer Frage, dass er auf Schadensersatz statt der Leistung haftet. Zweifelhaft ist aber wiederum, ob – und wenn ja: warum – der Verkäufer Schadensersatz statt der Leistung schuldet, wenn er zwar einerseits eine Garantie im Sinne von § 276 BGB übernommen hat, andererseits aber die Behebung eines garantiewidrigen Mangels an Umständen scheitert, die der Verkäufer nach § 276 BGB nicht zu vertreten hat, das Ausbleiben der Nacherfüllung also auf Zufall beruht.

I. Unbeachtlichkeit zufälliger Nacherfüllungshindernisse Die Übernahme einer Garantie im Sinne von § 276 BGB soll hier nicht neben dem Mangelverschulden als ein weiterer Grund behandelt werden, auf den die Analogie zu § 287 S. 2 BGB sich stützen könnte. Zwar mag die Übernahme einer Garantie ebenso wie das Mangelverschulden Anlass genug sein, dem Verkäufer das Risiko zufälliger Nacherfüllungshindernisse zuzuweisen. Auf diese Weise ließe sich vielleicht auch die Übernahme einer Garantie als ein Auslöser der Zufallshaftung verstehen, mit der Folge, dass der Verkäufer trotz zufälligem Ausbleiben der Nacherfüllung auf Schadensersatz statt der Leistung haftete. Indessen passt die Garantie nicht mit dem in § 287 S. 2 BGB verkörperten 355

BT-Drucks. 14/6040, S. 132.

II. Der Haftungsgrund bei Garantieübernahme

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Grundgedanken der Zufallshaftung zusammen. Wer eine bestimmte Beschaffenheit der Kaufsache zusichert bzw. garantiert, der betritt dadurch nicht etwa – wie der schuldhaft mangelhaft liefernde Verkäufer – vertragswidriges Gebiet, sondern der erweitert das Gebiet der vertraglichen Haftung. Zudem ergibt sich das Ergebnis – nämlich die Haftung auf Schadensersatz statt der Leistung trotz zufälligem Ausbleiben der Nacherfüllung – schon aus dem Sinn der Garantie selbst, nicht erst aus einer von ihr ausgelösten Zufallshaftung. Mit der Formel der Rechtsprechung lag eine Eigenschaftszusicherung vor, wenn „der Verkäufer in vertragsmäßig bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein einer Eigenschaft übernimmt und damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser Eigenschaft einzustehen.“356 Wie bislang in der Zusicherung ist heute in der Garantieübernahme das Versprechen des Verkäufers zu sehen, für das Fehlen der garantierten Beschaffenheit ohne Verschulden aufzukommen.357 Zu seiner Erklärung dieses Inhalts stünde in Widerspruch, wenn der Verkäufer im Falle eines garantiewidrigen Mangels gegen den Schadensersatzanspruch des Käufers den Einwand erhöbe, er sei infolge zufälliger Umstände zur Nacherfüllung außerstande. Der Verkäufer würde damit sein Garantieversprechen nachträglich relativieren und unter die zusätzliche Voraussetzung stellen, im Falle des Scheiterns der Nacherfüllung müsse ihn zwar nicht an dem Mangel, aber doch wenigstens am Ausbleiben der Nacherfüllung ein Verschulden treffen. Dann aber verlöre die Garantie jeden Wert: Bei unverschuldetem Ausbleiben der Nacherfüllung genügte die Garantie für die Schadensersatzhaftung des Verkäufers nicht, während sie bei vom Verkäufer verschuldetem Ausbleiben der Nacherfüllung für die Haftung gar nicht notwendig wäre. In letzterem Fall gründet die Ersatzpflicht des Verkäufers ja schon darauf, dass er das Ausbleiben der Nacherfüllung wegen diesbezüglichen Verschuldens zu vertreten hat.358 Von der eigentlichen Intention der Garantie, die Rechte des Käufers gegenüber der Verschuldenshaftung zu erweitern, bliebe auf diese Weise nichts übrig. Der Verkäufer, der eine Garantie übernommen hat, kann deshalb mit dem Einwand, das Ausbleiben der Nacherfüllung beruhe auf Zufall, keinen Erfolg haben.

II. Der Haftungsgrund bei Garantieübernahme Im Ergebnis steht damit bereits fest, dass der Verkäufer im Falle der Garantieübernahme Schadensersatz statt der Leistung auch dann schuldet, wenn die Behebung eines garantiewidrigen Mangels vom Zufall vereitelt wird. Zu klären 356 BGH vom 3. 11. 1982, NJW 1983, S. 217; BGH vom 16. 1. 1985, NJW 1985, S. 967; BGH vom 4. 6. 1997, BGHZ 135, 393, 396; so auch bereits Motive II, S. 225. 357 Vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 132; Palandt/Heinrichs, § 276 Rn. 29. 358 Oben § 4.

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§ 8 Garantieübernahme im Sinne von § 276 BGB

bleibt aber, auf welchem Weg dieses Ergebnis zu erreichen ist. Man könnte einerseits argumentieren, dass hier offenbar die ursprüngliche Mangellieferung den Bezugspunkt der Haftung bildet, da es auf die Gründe für das Ausbleiben der Nacherfüllung im Ergebnis nicht ankommen und auch § 287 S. 2 BGB diesmal keine Rolle spielen soll. Demnach beruhte die Haftung darauf, dass der Verkäufer die Mangellieferung als Bezugspunkt der Haftung infolge der Garantieübernahme zu vertreten hat. S. Lorenz andererseits sieht in der Garantie einer bestimmten Beschaffenheit zugleich die Garantie, gegebenenfalls zur Nacherfüllung in der Lage zu sein.359 Die Garantie enthielte demnach nicht nur eine Aussage über den Zustand der Kaufsache und das Einstehen des Verkäufers, sondern auch über seine Fähigkeit zur Nacherfüllung bzw. darüber, dass die Nacherfüllung möglich sein wird. Der Verkäufer hätte also infolge der Garantie ohnehin immer auch ein eventuelles Ausbleiben der Nacherfüllung zu vertreten, so dass auch dieses den Bezugspunkt der Haftung bilden könnte.360 Diese Auffassung von Lorenz, die Garantieübernahme enthalte zugleich die Erklärung, zur Nacherfüllung imstande zu sein, vermag indes nicht zu überzeugen. Versucht man einen Zusammenhang von Garantie und Nacherfüllung herzustellen, so besteht dieser doch eigentlich nur darin, dass eine Nacherfüllung gemäß der Erklärung des Verkäufers überhaupt nicht vonnöten sein wird. Die Kaufsache soll gerade die garantierte Beschaffenheit aufweisen, andernfalls gibt es Schadensersatz. Mit der Fähigkeit zur Nacherfüllung oder deren Möglichkeit hat die Garantieerklärung hingegen nichts zu tun. 1. „Nacherfüllungsfeindlichkeit“ der Garantie Gleichwohl wäre es vorschnell, nunmehr die Mangellieferung zum Bezugspunkt der Haftung bei Garantieübernahme zu erklären. Denn zunächst taucht nach dem Vorstehenden die Frage auf, wie die Garantieübernahme allgemein mit der neuen gesetzlichen Regelung der Schadensersatzhaftung zusammenpasst. In der Neuregelung spielt gerade die Nacherfüllung eine zentrale Rolle. Der Käufer muss dem Verkäufer grundsätzlich die Gelegenheit zur Nacherfüllung geben, bevor er Schadensersatz statt der Leistung nach § 281 I 1 BGB verlangt. Inhalt und Rechtsfolge der Garantie indessen kennen einen solchen Vorrang der Nacherfüllung nicht. Der Verkäufer, der dem Käufer eine Garantie für das Vorliegen einer bestimmten Beschaffenheit gibt, garantiert damit, dass entweder die Kaufsache diesen Zustand hat oder der Käufer den entsprechenden Schaden ersetzt bekommt. Der Verkäufer sagt gerade nicht, dass er im Falle des Fehlens der garantierten Beschaffenheit den zugesicherten Zustand erst noch 359 360

NJW 2002, S. 2497, 2503 unter bb. S. Lorenz, NJW 2002, S. 2497, 2503 unter bb.

II. Der Haftungsgrund bei Garantieübernahme

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herstellen und Schadensersatz nur dann leisten wird, wenn auch noch die Nacherfüllung ausbleibt.361 Beruft sich der Verkäufer im Falle eines garantiewidrigen Mangels dennoch auf die gesetzliche Regelung, die vor den Schadensersatz die Nacherfüllung setzt, so begibt er sich mithin in einen gewissen Widerspruch zu seiner eigenen Garantieerklärung.362 2. Abbedingung des Vorrangs der Nacherfüllung? Es liegt daher nicht fern, die Garantieübernahme geradezu als eine Abbedingung des gesetzlichen Vorrangs der Nacherfüllung zu deuten.363 Der Käufer, der vom Verkäufer eine Garantie erhalten hat, hätte demnach die Wahl zwischen Nacherfüllung und sofortigem Schadensersatz. Der Verkäufer dürfte den Schadensersatz fordernden Käufer also nicht auf den Vorrang der Nacherfüllung verweisen. Dieses Verständnis der Garantie läge durchaus auf einer Linie mit ihrem Sinn, die Rechte des Käufers zu erweitern. Demjenigen Verkäufer, der den Mangel verschuldet hatte, muss der Käufer ja nach § 281 I 1 BGB grundsätzlich erst noch Gelegenheit zur Nacherfüllung geben, bevor er nach erfolglosem Fristablauf Schadensersatz statt der Leistung verlangen darf. Bei einer als Abbedingung des Nacherfüllungsvorrangs verstandenen Garantie hingegen dürfte er dies sofort. Zwingend ist die Deutung der Garantieübernahme als Abbedingung des Vorrangs der Nacherfüllung aber nicht. Nicht nur bei vorangegangenem Mangelverschulden, sondern auch bei Garantieübernahme hat der Verkäufer Interesse daran, den Schaden durch Nacherfüllung abzuwenden und so noch wirtschaftlichen Gewinn aus dem Vertrag zu erzielen. Dieses Interesse hat immerhin durch das grundsätzliche Fristsetzungserfordernis in § 281 I 1 BGB gesetzlichen Ausdruck gefunden.364 Zudem entsteht dem Käufer ja gerade kein statt der Leistung zu ersetzender Schaden, wenn der Verkäufer den garantiewidrigen Mangel durch erfolgreiche Nacherfüllung behebt. Insofern erscheint es ebenfalls nicht unbegründet, zugunsten des Verkäufers auch bei Garantieübernahme einen grundsätzlichen Vorrang der Nacherfüllung vor dem Schadensersatz anzunehmen.365 Man steht damit letztlich vor dem Problem, ob die vertragliche Vereinbarung die gesetzliche Regelung einschränkt – dann Abbedingung des Vorrangs 361

Schur, ZGS 2002, S. 243, 246. Schur, ZGS 2002, S. 243, 246. 363 In diese Richtung Schur, ZGS 2002, S. 243, 246; ausdrücklich so AnwK-BGB/ Dauner-Lieb, § 281 Rn. 41; Jauernig/Stadler, § 281 Rn. 10. 364 Vgl. zur Berücksichtigung des Verkäuferinteresses durch den Vorrang der Nacherfüllung die Regierungsbegründung, BT-Drucks. 14/6040, S. 220 und S. 226, dort ausdrücklich auch für den Fall einer Garantieübernahme. 365 So etwa Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rn. 537; Ehmann/ Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, § 7 VIII (S. 213). 362

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§ 8 Garantieübernahme im Sinne von § 276 BGB

der Nacherfüllung durch die Garantieerklärung – oder ob umgekehrt die gesetzliche Regelung die vertraglichen Vereinbarung überlagert – dann Vorrang der Nacherfüllung auch bei garantiewidrigen Mängeln. 3. Verschuldenssurrogat oder eigenständige vertragliche Haftungsgrundlage? In der Bestimmung des Verhältnisses zur Nacherfüllung kommt das jeweilige Grundverständnis der Garantieübernahme zum Ausdruck:366 Stellt man ebenso wie die Verschuldenshaftung auch die Haftung bei Garantieübernahme unter den Vorrang der Nacherfüllung, so erhält die Garantie den Charakter eines bloßen Verschuldenssurrogates. Dem entspricht es, Garantiehaftung und Verschuldenshaftung überall parallel auszugestalten. Gleich dem Verschulden wäre die Garantieübernahme dann ein Umstand, aufgrund dessen der Schuldner eine Pflichtverletzung zu vertreten hat. Dagegen äußert sich ein anderes Verständnis in der Auffassung, die Garantie stelle regelmäßig eine Abbedingung des Vorrangs der Nacherfüllung dar. Die Garantie erscheint dann als selbständige Haftungsgrundlage, die sowohl gegenüber der gesetzlichen Regelung der Nacherfüllung als auch gegenüber der Verschuldenshaftung eigene Wege gehen kann. Das Verständnis der Garantieübernahme als eigenständige vertragliche Haftungsgrundlage wirkt schon deshalb überzeugender, weil der Garantieerklärung des Verkäufers ja eben dieser Inhalt entnommen wird: Nach der gängigen Formel verspricht der Verkäufer dem Käufer, im Falle eines garantiewidrigen Mangels ohne Verschulden einzustehen.367 Dann bildet aber bereits diese Garantieerklärung den Haftungsgrund und nicht erst eine Pflichtverletzung, die der Verkäufer in Parallele zur Verschuldenshaftung aufgrund der Garantie zu vertreten hätte. Es leuchtet nicht ein, die Haftung durch Bezugnahme irgendeiner Pflichtverletzung eigens aus dem Gesetz abzuleiten, wenn dadurch lediglich ein Tatbestand, der schon in der Garantieerklärung selbst enthalten ist, gleichsam von außen noch einmal in sie hinein getragen wird. Daran dürfte auch die neue gesetzliche Stellung in § 276 BGB nichts ändern. Diese Norm beschreibt zwar die Verschuldenshaftung als Grundsatz, die Übernahme einer Garantie als Ausnahme davon. Dies mag auf den ersten Blick nahe legen, die Garantie als bloßes Verschuldenssurrogat zu verstehen. Die Verortung der früheren Zusicherung im neuen § 276 BGB erfolgte aber vornehmlich aus gesetzestechnischen Gründen. Ein wesentliches Anliegen der Schuldrechtsreform im Kaufrecht war die Einführung eines Anspruches des Käufers auf Ersatz des sog. eigentlichen Mangelschadens auch bei nur einfachem Verschulden 366 Vgl. zu den beiden folgenden Interpretationsmöglichkeiten der Garantieübernahme Schur, ZGS 2002, S. 243, 245 f. 367 Siehe oben bei Fn. 357.

II. Der Haftungsgrund bei Garantieübernahme

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des Verkäufers.368 Hierfür mussten die §§ 463, 480 II BGB a. F. ihre hervorgehobene Stellung verlieren, weil aus der dortigen Beschränkung der Schadensersatzhaftung auf die Fälle der Zusicherung und der Arglist eine Sperrung der einfachen Verschuldenshaftung eben im Bereich der sog. eigentlichen Mangelschäden gefolgert wurde.369 Ganz im Sinne des Vorhabens der Schuldrechtsreform, das Gewährleistungsrecht möglichst weitgehend in das allgemeine Leistungsstörungsrecht einzufügen,370 wurde auch die Zusicherung als „Übernahme einer Garantie“ in die allgemeine Vorschrift § 276 BGB integriert. Zweck dieser Neuregelung war es, die bisher angenommene Sperrfunktion der Zusicherungshaftung (in Verbund mit der Arglist) aufzulösen, nicht dagegen, an der Zusicherungshaftung selbst etwas zu ändern.371 So finden sich in den Materialien zur Schuldrechtsreform auch keine Hinweise, die ein nunmehr gegenüber früher verändertes Verständnis vom Grund der Zusicherungshaftung andeuten würden. 4. Bisheriges Verständnis der Zusicherung Unter Geltung des alten Schuldrechts war das Verständnis der Zusicherung zwar in der Frage umstritten, worauf der Schadensersatz als Haftungsfolge der Zusicherung beruht. Die überwiegend vertretene Auffassung stellte auf den in der Zusicherung zum Ausdruck gekommenen Haftungswillen des Verkäufers ab,372 sah also die Haftungsfolge bereits in der vertraglichen Zusicherungserklärung selbst enthalten. Eine andere Auffassung lehnte das Erfordernis eines Haftungswillens namentlich in der Fallgruppe stillschweigender Zusicherungen als Fiktion ab und begriff den Schadensersatz als vom Gesetz an die Zusicherung geknüpfte Haftungsfolge.373 Diese Diskussion um das Zusammenspiel von Vertrag und Gesetz betraf indes lediglich die Rechtsfolgenseite der Zusicherung.374 Weitgehend einig war man sich dagegen, dass die Zusicherungserklärung selbst den haftungsbegründenden Tatbestand darstellte, jedenfalls also den Haftungsgrund schon in sich trug. Auch die eben genannte Minderansicht knüpfte die ihrer Meinung nach gesetzliche Rechtsfolge des Schadensersatzes an den Tatbestand der vertraglichen Zusicherung, aus dem sie allein das subjektive Erfordernis des Haftungswillens gestrichen sehen wollte. Es wurde denn auch, soweit ersichtlich, kaum je der Standpunkt bezogen, im Falle eines zusicherungswidri368

BT-Drucks. 14/6040, S. 224. So die h. M.: etwa BGH vom 2. 6. 1980, BGHZ 77, 215, 217; Larenz, Schuldrecht II/1, § 41 II e (S. 66, 70). Anderer Ansicht etwa U. Huber, AcP 177, S. 281, 342 f. 370 BT-Drucks. 14/6040, S. 94. 371 Vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 132. 372 Larenz, Schuldrecht II/1, § 41 I b (S. 42, 43) mit Nachweisen in Fn. 22. 373 So namentlich Schack, AcP 185, S. 333, 353 ff., 356. 374 Walter, Kaufrecht, § 5 II 3 a (S. 153 f.). 369

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§ 8 Garantieübernahme im Sinne von § 276 BGB

gen Mangels sei die Haftung auf eine positive Vertragsverletzung zu gründen, die der Verkäufer aufgrund seiner Zusicherung zu vertreten habe.375 Grundlage der Zusicherungshaftung war eben die Zusicherung selbst, nicht irgendeine Pflichtverletzung. Zweifelhaft war nur die anschließende Frage, ob die Zusicherung auch ihre Rechtsfolge in sich selbst trug oder zumindest diese vom Gesetz über die §§ 463, 480 II BGB a. F. an sie herangetragen wurde. 5. Garantieübernahme und § 311a II BGB Wie die Diskussion auf der Rechtsfolgenseite zu beurteilen ist muss hier nicht vertieft werden. Entscheidend ist allein, dass das bisherige Verständnis der Zusicherung als eigenständiger vertraglicher Haftungsgrund auch unter Geltung des reformierten Gesetzes für die Übernahme einer Garantie weiterhin zutreffend sein dürfte. Dies wird besonders deutlich, wenn man die neu geregelte Haftung nach § 311a II BGB bei anfänglicher Unmöglichkeit der Nacherfüllung betrachtet. Eine als Verschuldenssurrogat verstandene Garantieübernahme lässt sich in keinen sinnvollen Zusammenhang bringen mit der in § 311a II 2 BGB zum Bezugspunkt des Vertretenmüssens ernannten Unkenntnis des Leistungshindernisses. Die Unkenntnis des Leistungshindernisses ist zwar geeignet als Ansatz für den Verschuldensvorwurf, für die Frage also, ob der Verkäufer Pflichten zur Kenntnisnahme schuldhaft verletzt hat, zum Beispiel Untersuchungspflichten hinsichtlich des Zustandes der Kaufsache. Dagegen ist unverständlich, wie man parallel zum Verschulden bei Fehlen einer garantierten Beschaffenheit sagen kann, der Verkäufer habe seine Unkenntnis zu vertreten, weil er eine Garantie übernommen hat. Der Garantieerklärung des Verkäufers wird ja nicht der Inhalt entnommen, er habe die Kaufsache so oft und so ausführlich untersucht, dass er nunmehr vom Vorliegen einer bestimmten Beschaffenheit vollkommen überzeugt sei und deshalb auf Schadensersatz hafte, wenn es doch anders sein sollte.376 Eine Erklärung solchen Inhalts ergäbe auch keinerlei Sinn aus dem Mund etwa eines Händlers, der von dritter Seite bezogene Ware, vielleicht sogar originalverpackt, weiterverkauft. Auch er darf aber natürlich bestimmte Beschaffenheiten der von ihm verkauften Ware garantieren, und gerade für ihn kann die Übernahme einer Garantie bei den Vertragsverhandlungen mit seinem Abnehmer interessant sein.377 Ein Zusammenhang zwischen Garantie und Unkenntnis besteht also nur negativ insofern, als es gar nicht darauf an375 Auch nicht in diese, sondern in eine ganz eigene Richtung Süß, Wesen und Rechtsgrund der Gewährleistung für Sachmängel, S. 87 ff., der die Zusicherungshaftung nach § 463 S. 1 BGB a. F. als Haftung wegen culpa in contrahendo interpretierte, wobei er die Zusicherung (einer sich später als nicht vorhanden herausstellenden Eigenschaft) nicht etwa als Alternative zum, sondern als Verschulden begriff. 376 Vgl. Leenen, Festschrift für Schirmer, S. 369, 370 f. 377 Leenen, Festschrift für Schirmer, S. 369, 371.

III. Zusammenfassung

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kommt, ob der Verkäufer das Leistungshindernis kannte oder hätte kennen müssen.378 Damit kommt es aber für die Haftung bei Garantieübernahme letztlich überhaupt nicht auf das Vertretenmüssen der Unkenntnis an, sondern einzig auf das Vorliegen eines garantiewidrigen Mangels. Dies gilt in der Folge auch im Rahmen der §§ 281, 283 BGB. Es wäre kaum nachvollziehbar, die Garantieübernahme bald als selbständige Haftungsgrundlage, bald als Verschuldenssurrogat zu begreifen, je nachdem, ob die Nacherfüllung schon bei Vertragsschluss unmöglich war oder erst aufgrund späterer Umstände ausbleibt. So wenig also die Garantiehaftung bei anfänglicher Unmöglichkeit der Nacherfüllung Haftung wegen zu vertretender Unkenntnis ist, so wenig ist sie dann bei nachträglichem Ausbleiben der Nacherfüllung Haftung wegen zu vertretender Pflichtverletzung. Die Garantiehaftung gründet nicht insofern auf der Mangellieferung, als darin eine Pflichtverletzung liegt, sondern insofern, als die Mangellieferung den Garantiefall auslöst. Eine zunächst objektive Pflichtverletzung – in Gestalt der Mangellieferung oder des Ausbleibens der Nacherfüllung – ist dagegen Ansatzpunkt nur für die Frage, ob den Verkäufer an dieser objektiven Pflichtverletzung subjektiv ein Verschulden trifft. Allein hier stellt sich dann auch die Frage, welche Pflichtverletzung den Bezugspunkt der Haftung bildet. Für die Übernahme einer Garantie besteht lediglich das gesonderte Problem, ob der Käufer entgegen der zuvor beschriebenen „nacherfüllungsfeindlichen“ Tendenz der Garantieerklärung an das Erfordernis der Fristsetzung zur Nacherfüllung gebunden ist. Die Frage ist also, ob hier parallel zum Verschulden der Vorrang der Nacherfüllung gilt. Auch wenn man indessen den Vorrang der Nacherfüllung mit Rücksicht auf die Intention des Gesetzes und auf die berechtigten Interessen des Verkäufers regelmäßig oder im Einzelfall379 bejaht, stört dies das Verständnis der Garantieübernahme als eigenständige vertragliche Haftungsgrundlage nicht. Denn der in der Garantieerklärung des Verkäufers begründete Anspruch des Käufers hört nicht deshalb auf, ein vertraglicher zu sein, weil das Gesetz seine Geltendmachung an eine weitere Voraussetzung – Fristsetzung zur Nacherfüllung – knüpft, die in der Garantieerklärung nicht zum Ausdruck gekommen sein mag.

III. Zusammenfassung Dass derjenige Verkäufer, der eine Garantie für das Vorliegen bestimmter Beschaffenheiten übernommen hat, auch bei zufälligem Ausbleiben der Nacherfül378 Leenen, Festschrift für Schirmer, S. 369, 371 f.; Schlechtriem/Schmidt-Kessel, Schuldrecht AT, Rn. 578. 379 Vgl. MünchKomm/Ernst, § 281 Rn. 60 („Auslegungsfragen“); Schur, ZGS 2002, S. 246 („nach dem jeweiligen Einzelfall zu beurteilen“).

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§ 8 Garantieübernahme im Sinne von § 276 BGB

lung auf Schadensersatz statt der Leistung haftet, liegt nach alledem weder daran, dass er wegen der Garantie immer zugleich auch das Ausbleiben der Nacherfüllung zu vertreten hätte, noch etwa daran, dass der maßgebliche Bezugspunkt der Schadensersatzhaftung zumindest alternativ die Mangellieferung selbst wäre. Vielmehr trägt die Garantieübernahme den Haftungsgrund schon in sich. Sie bewegt sich daher außerhalb der Frage nach dem Bezugspunkt der Schadensersatzhaftung.

§ 9 Weitere Abstimmungsfragen Im abschließenden Kapitel sollen verschiedene Fallkonstellationen und Zweifelsfragen angesprochen werden, deren Lösung bzw. Beantwortung im Zusammenhang stehen mit der hier entwickelten analogen Anwendung von § 287 S. 2 BGB infolge schuldhafter Mangellieferung. Zu behandeln sind der Ersatz mangelbedingter Betriebsausfallschäden, die Haftung wegen Verzögerung der Nacherfüllung, die haftungsbegrenzenden Aspekte von § 287 S. 2 BGB, die Haftung bei Entbehrlichkeit der Nacherfüllungsfrist (§§ 281 II, 440 S. 1 BGB) sowie die Haftung bei anfänglicher Unmöglichkeit mangelfreier Leistung (§ 311a II BGB).

I. Betriebsausfallschäden In analoger Anwendung von § 287 S. 2 BGB trägt der schuldhaft mangelhaft leistende Verkäufer das Zufallsrisiko bereits ab Lieferung der Sache und also schon vor Verzugsbeginn, während das gleiche Risiko bei Nichtleistung immer erst mit Verzugsbeginn auf den Verkäufer übergeht. Erklärung hierfür und Grundlage der analogen Anwendung von § 287 S. 2 BGB war die Beobachtung, dass die mangelhafte Leistung sowohl einen zeitlichen als auch einen qualitativen Aspekt aufweist, hingegen die Nichtleistung sich in der zeitlichen Verzögerung der Leistung erschöpft.380 Eben diesen Punkt berührt auch eine Streitfrage aus dem Bereich des Schadensersatzes neben der Leistung, nämlich der Ersatz von Betriebsausfallschäden. Gemeint sind damit Fälle wie dieser: Der Käufer erwirbt vom Hersteller eine Maschine, die er in seinem Betrieb zur Produktion einsetzen will. Die Maschine erweist sich als mangelhaft, was freilich erst auffällt, als die Kunden des Käufers die von der Maschine hergestellten Produkte reklamieren.381 Der Käufer verlangt umgehend Nacherfüllung, die der Verkäufer auch unverzüglich vornimmt. Bis zur Inbetriebnahme der nun intakten Maschine sind aber schon erhebliche Ausfallschäden entstanden, die der Käufer ersetzt haben will. Er weist zutreffend daraufhin, dass der Verkäufer als Hersteller diesen Mangel der Maschine verschuldet hatte.

380 381

§ 6 IV. 2. Vgl. das Beispiel von Grigoleit/Riehm, AcP 203, S. 727, 756.

132

§ 9 Weitere Abstimmungsfragen

1. Gleichbehandlung von Mangelleistung und Nichtleistung? In der Literatur ist umstritten, unter welchen Voraussetzungen solche Betriebsausfallschäden zu ersetzen sind. Auf der einen Seite steht die Auffassung, dass mangelbedingte Betriebsausfallschäden ohne weiteres nach § 280 I BGB ersatzfähig seien.382 Im Beispielsfall bekäme der Käufer demnach seinen Schaden ersetzt. Dies lehnen andere Stimmen in der Literatur ab und berufen sich dabei auf einen ihrer Ansicht nach drohenden Wertungswiderspruch zwischen der Haftung bei Nichtleistung und der Haftung bei Mangelleistung: Solche Schäden, die entstehen, weil der Käufer die mangelhafte Kaufsache nicht wie vorgesehen nutzen kann – zumal Betriebsausfallschäden –, beruhten auf der Verzögerung mangelfreier Leistung, darauf also, dass der Verkäufer nicht rechtzeitig mangelfrei geleistet habe. Ebenso wie im Falle der Nichtleistung, wo die Lieferung als solche nicht rechtzeitig erfolgt, müsse daher der Ersatz dieser Schäden von den zusätzlichen Voraussetzungen der §§ 280 II, 286 BGB abhängen, der Verkäufer sich mithin in Verzug mit der mangelfreien Leistung befinden. Andernfalls hafte ein Verkäufer, der zwar schuldhaft mangelhaft, aber doch wenigstens überhaupt leistet, schärfer als ein Verkäufer, der gar nicht leistet. Während der nichtleistende Verkäufer nämlich gemäß den §§ 280 II, 286 BGB nur für die nach Verzugsbeginn entstehenden Verzögerungsschäden haftet – also grundsätzlich erst nach Mahnung –, müsste der mangelhaft leistende Verkäufer, wollte man § 280 I BGB hier ohne weiteres anwenden, dieselbe Art von Schäden auch schon vor Verzugsbeginn ersetzen.383 Dieser Auffassung nach bekäme der Käufer im eben gegebenen Beispiel seinen Schaden nicht ersetzt, weil der Verkäufer sich frühestens seit Zugang des Nacherfüllungsverlangens384, nicht aber bei Entstehung des Schadens in Verzug befand. Der Einwand gegen dieses Argument liegt nach dem früher schon Gesagten auf der Hand. Die unterschiedliche Behandlung von mangelhaft leistendem und nichtleistendem Verkäufer wäre nur dann wertungswidersprüchlich, wenn „die Schlechtleistung nichts anderes als eine Verzögerung der mangelfreien Leistung ist.“385 Dann wären Nichtleistung und mangelhafte Leistung gleichzustellen mit 382 So etwa Canaris, ZIP 2003, S. 321 ff., insbesondere S. 326; MünchKomm/Ernst, § 280 Rn. 56 ff.; Palandt/Heinrichs, § 280 Rn. 13; S. Lorenz, NJW 2002, S. 2497, 2501 mit Fn. 32; ders., Karlsruher Forum 2005, S. 44 f.; Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rn. 546 f.; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, Rn. 518 ff.; Ebert, NJW 2004, S. 1761 f. 383 So etwa Dauner-Lieb/Dötsch, DB 2001, S. 2535, 2537; AnwK-BGB/DaunerLieb, § 280 Rn. 60 ff.; Oetker/Maultsch, Vertragliche Schuldverhältnisse, S. 114 ff.; Schur, ZGS 2002, S. 243, 244; Oechsler, NJW 2004, S. 1825, 1828; Jauernig/Stadler, § 280 Rn. 4; Prütting/Wegen/Weinreich/D. Schmidt, § 437 Rn. 32. 384 In dem regelmäßig eine Mahnung im Sinne von § 286 I BGB liegt, siehe oben Fn. 220; zur umstrittenen Frage, ab wann die in Fristsetzung bzw. Nacherfüllungsverlangen liegende Mahnung den Verzug auslöst, siehe oben bei Fn. 217–219. 385 So AnwK-BGB/Dauner-Lieb, § 280 Rn. 66.

I. Betriebsausfallschäden

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der Folge, dass hier wie dort Ersatz von Betriebsausfallschäden nur unter den Voraussetzungen der §§ 280 II, 286 BGB gewährt werden dürfte. Die parallele Frage beim Schadensersatz statt der Leistung wurde bereits gestellt und lautete, ob der Verkäufer einer mangelhaften Sache das Risiko zufälliger Nacherfüllungshindernisse erst während des Verzuges mit der Nacherfüllung – so die entsprechende Lage bei Nichtleistung – oder schon vorher infolge Mangelverschuldens zu tragen hat. Wie damals ist auch jetzt wieder zu betonen, dass bei Mangelleistung sowohl ein qualitativer als auch ein zeitlicher Aspekt zu beobachten ist.386 Der Verkäufer liefert zum einen mangelhaft, zum anderen verzögert sich fortan die Behebung des Mangels durch Nacherfüllung. Die Nichtleistung erschöpft sich dagegen in der Verzögerung der Leistung vom Fälligkeitstag über den Verzugsbeginn bis hin entweder zur verspäteten Erbringung oder zum endgültigen Ausbleiben der Leistung. Vergleichbar sind Mangelleistung und Nichtleistung allein im Hinblick auf das Element der Verzögerung, das beiden Störungsformen eigen ist. Nur insoweit entfalten die Verzugsvoraussetzungen gleichermaßen ihre haftungsausschließende Vorwirkung. Unzulässig wäre deshalb in der Tat, die Verzögerung der Nacherfüllung schon vor Verzugsbeginn irgendwie zu sanktionieren. Hingegen findet der qualitative Aspekt der Mangelleistung – die Verletzung der ursprünglichen Pflicht zu mangelfreier Leistung nach § 433 I 2 BGB durch die Mangellieferung – bei der Nichtleistung keine Entsprechung. Insbesondere bedeutet die Nichtleistung bei Fälligkeit keine solche Entsprechung, da im Überschreiten des Fälligkeitszeitpunkts eine bloße Verzögerung der Leistung liegt. In Anbetracht dieser Ungleichheit ist es nicht wertungswidersprüchlich zur Haftung bei Nichtleistung, schon die ursprüngliche Mangellieferung, Verschulden vorausgesetzt, mit Konsequenzen zu belegen, sei es mit dem Zufallsrisiko, sei es mit der Haftung für Betriebsausfallschäden. 2. Mahnung bzw. Terminbestimmung als Anspruchsvoraussetzungen? Dass die haftungsausschließende Vorwirkung des Verzuges die ursprüngliche Mangellieferung nicht erfasst, bestätigte sich bei einem Blick auf die Mahnung, deren Warn- bzw. Informationsfunktion allein die Folgenlosigkeit der Nichtleistung bei Fälligkeit zu rechtfertigen vermochte.387 Dies wird nunmehr noch deutlicher. Die Mahnung macht als Voraussetzung eines Schadensersatzanspruches dort keinen Sinn, wo der Gläubiger vor Eintritt des Schadens gar keine Chance hatte, den Schuldner zu mahnen. Gerade so verhält es sich aber oft genug bei mangelbedingten Betriebsausfallschäden, wie in der Literatur gegen

386 387

Siehe zum folgenden bereits § 6 IV. 2. § 6 IV. 3.

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§ 9 Weitere Abstimmungsfragen

die Anwendung der §§ 280 II, 286 BGB auf diesen Fall vorgebracht wird.388 Im soeben gegebenen Beispiel389 etwa erfährt der Käufer erst durch die Reklamation seiner Kunden davon, dass die gekaufte Maschine falsch arbeitet, und kann erst jetzt daran gehen, Nacherfüllung zu verlangen und dadurch den Verzug in Gang zu bringen. Zu diesem Zeitpunkt ist der Schaden aber längst eingetreten. Bei Nichtleistung ist es dagegen regelmäßig so, dass der Käufer der Maschine durchaus noch Gelegenheit hat, den Verkäufer zu mahnen oder auf andere Weise in Verzug zu setzen, bevor wegen der Nichtleistung ein Betriebsausfallschaden entsteht. Hat zum Beispiel der Käufer die Maschine mehrere Wochen vor dem Tag bestellt, von dem an er sie in seinem Betrieb einsetzen will, hat der Verkäufer sie aber bis einige Tage vor diesem Tag immer noch nicht geliefert, so liegt es für den Käufer nahe, die Lieferung anzumahnen. Er sieht ja, dass ein Produktionsausfall droht, falls der Verkäufer die Maschine jetzt nicht bald liefert. Auch steht ihm frei, bei Vertragsschluss einen festen Termin für die Lieferung zu bestimmen, so dass der Verkäufer bei Überschreitung dieses Termins gemäß § 286 II Nr. 1 BGB ohne Mahnung in Verzug gerät. Dieses Instrument der Terminbestimmung funktioniert für die mangelhafte Leistung gerade nicht. Zunächst, durch die Nichtleistung zum bestimmten Liefertermin gerät der Verkäufer nur in Verzug mit der Lieferung als solcher. Hält nun der Verkäufer den Liefertermin zwar ein, erweist sich die rechtzeitig gelieferte Maschine aber als mangelhaft, so vermag die Terminbestimmung nicht den Verzug mit der Nacherfüllung zu begründen: Die Terminbestimmung macht die Mahnung deshalb entbehrlich, weil der Schuldner hier ohnehin weiß, wann er liefern soll oder andernfalls in Verzug gerät.390 Der mangelhaft liefernde Verkäufer weiß aber, sofern er nicht vorsätzlich gehandelt hat, von dem Mangel und seiner Nacherfüllungspflicht nichts, mag er auch den Mangel verschuldet haben. Daran kann die Bestimmung eines Liefertermins nichts ändern. 3. Betriebsausfallschäden als zugleich mangelbedingte und verzögerungsbedingte Schäden Mahnung bzw. Terminbestimmung, die für den Ersatz von Betriebsausfallschäden bei Nichtleistung guten Sinn machen, wirken also bei Betriebsausfallschäden, die im Zuge einer Mangellieferung entstehen, fehl am Platz. Grigoleit/ 388 So vor allem Canaris, ZIP 2003, S. 321, 322, 326; Gruber, ZGS 2003, S. 130, 133 f.; Medicus, JuS 2003, S. 521, 528. Es sei auch an die Auffassung von Grigoleit/ Riehm (AcP 203, S. 727, 755 ff., dazu oben § 6 II. 2.) erinnert, die zwar mangelbedingte Betriebsausfallschäden den §§ 280 II, 286 BGB zuordnen, dabei aber stets auf das Erfordernis der Mahnung verzichten wollen. 389 I (vor 1). 390 MünchKomm/Ernst, § 280 Rn. 56.

I. Betriebsausfallschäden

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Riehm folgern daraus, dass die Mahnung im Rahmen der §§ 280 II, 286 BGB bei mangelbedingten Betriebsausfallschäden generell entbehrlich sei, während sie ausdrücklich nicht die Konsequenz ziehen wollen, dass solche Schäden direkt nach § 280 I BGB ersatzfähig seien.391 Hintergrund ist ihr Ansatz, die §§ 280 ff. BGB von der Art des Schadens her zu systematisieren.392 Mit diesem Ansatz passt es nicht zusammen, dass ein Schaden, der bei Nichtleistung als reiner Verzögerungsschaden erscheint und deshalb zu den §§ 280 II, 286 BGB gehört, bei mangelhafter Leistung in anderer Gestalt auftreten und direkt nach § 280 I BGB ersatzfähig sein soll. Die entscheidende Aussage der §§ 280 II, 286 BGB ist jedoch nicht die, dass eine bestimmte Art von Schaden nur unter den Voraussetzungen des Verzuges ersatzfähig sei, sondern vielmehr die, dass eine bestimmte Art von Pflichtverletzung – die Verzögerung der Leistung – erst von Verzugsbeginn an sanktioniert wird.393 Das Gesetz bringt dies auch zum Ausdruck, indem es in § 280 II BGB nicht etwa formuliert, dass ein Verzögerungsschaden, sondern dass Schadensersatz wegen Verzögerung nur unter den Voraussetzungen von § 286 BGB verlangt werden darf.394 Sieht man nun, dass in der ursprünglichen Mangellieferung sowohl eine beginnende zeitliche – die Nichtbehebung des Mangels durch Nacherfüllung – als auch eine qualitative Pflichtverletzung stecken, dann ist der in der Folge entstehende Betriebsausfall sowohl dadurch bedingt, dass der Käufer eine mangelfreie Sache erst mit Verzögerung erhält, als auch dadurch verursacht, dass die Sache einen Mangel hat. Steht die Produktion eine Woche lang still, dann liegt das an dem Mangel selbst und daran, dass er eine Woche lang nicht behoben wurde. Betriebsausfallschäden bei Mangellieferung sind also nicht entweder reine Verzögerungsschäden oder allein mangelbedingte Schäden, sondern beides zugleich. Als verzögerungsbedingte Schäden bekommt der Käufer sie in der Tat allein nach Maßgabe der §§ 280 II, 286 BGB ersetzt, also erst von dem Zeitpunkt an, da der Verkäufer sich in Verzug mit der Nacherfüllung befindet. Als mangelbedingte Schäden hingegen sind gemäß § 280 I BGB auch die von der ursprünglichen Lieferung an entstehenden Betriebsausfallschäden zu ersetzen, vorausgesetzt, der Verkäufer hatte die Mangellieferung verschuldet. Ist schließlich Mangelverschulden zu bejahen und trat zudem der Schaden erst während des Verzuges mit der Nacherfüllung ein, so stehen § 280 I BGB und die §§ 280 II, 286 BGB in Anspruchskonkurrenz.395

391 392 393 394 395

AcP 203, S. 727, 758 ff. Dazu oben § 6 II. 2. AcP 203, S. 727, 730: „Schadensphänomenologische Systematisierung“. Haftungsausschließende Vorwirkung des Verzuges, siehe oben § 6 III. 1. Darauf macht Hellwege aufmerksam (Die §§ 280 ff. BGB, S. 15). MünchKomm/Ernst, § 280 Rn. 59 und 71.

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§ 9 Weitere Abstimmungsfragen

4. Keine Schlechterstellung des mangelhaft liefernden Verkäufers Diese „Verdoppelung“ der Haftungsgrundlage führt keineswegs dazu, dass der Verkäufer einer mangelhaften Sache bei Betriebsausfallschäden schlechter dastünde als ein Verkäufer, der die verkaufte Sache gar nicht liefert und deshalb einzig nach den §§ 280 II, 286 BGB haftet.396 Wie gesehen ist es für denjenigen Käufer, der die Sache überhaupt noch nicht erhalten hat, ein Leichtes, den Verkäufer in Verzug zu setzen, bevor wegen der Nichtleistung seine Produktion ausfällt. Entsteht tatsächlich infolge der Nichtleistung ein Betriebsausfallschaden, hatte der umsichtige Käufer zuvor allemal Gelegenheit, den säumigen Verkäufer bis zu diesem Zeitpunkt in Verzug zu setzen. Bei einem versteckten Mangel hingegen ist umgekehrt ein Schaden häufig schon eingetreten, bevor der Käufer nach Entdeckung des Mangels überhaupt erst den Verzug mit der Nacherfüllung herbeiführen kann. Die §§ 280 II, 286 BGB sind dann in der Hand des nicht belieferten Käufers wirkungsvoll, in der Hand des mangelhaft belieferten gehen sie ins Leere. Zudem wirken sich hier die unterschiedlichen Schutzvorkehrungen aus, die zu Gunsten des mangelhaft liefernden Verkäufers auf der einen Seite und zu Gunsten des nicht liefernden Verkäufers auf der anderen greifen. Zu erinnern ist daran, dass der Gattungsverkäufer im Rahmen des von ihm übernommenen Beschaffungsrisikos nur die Nichtleistung ohne Rücksicht auf Verschulden zu vertreten hat, nicht hingegen die Mangellieferung.397 Erwähnt sei zudem nochmals der Grundsatz, dass den Zwischenhändler keine Untersuchungspflichten hinsichtlich der beschafften Ware treffen.398 Der mangelhaft liefernde Verkäufer ist demnach durch das Verschuldensprinzip geschützt, da er sich wegen der Mangellieferung vorbehaltlich einer Garantieübernahme nur bei Verschulden schadensersatzpflichtig macht und dieses Erfordernis keineswegs leichthin zu bejahen ist. Die Haftung nach § 280 I BGB wird hier also häufig am fehlenden Verschulden scheitern. Der nichtleistende (Gattungs-)Verkäufer hingegen ist durch das Verschuldensprinzip kaum geschützt, da er typische Beschaffungshindernisse auch ohne Verschulden zu vertreten hat. Für seinen Schutz sorgt vielmehr die Verzugsregelung, indem die – regelmäßig zu vertretende – Verzögerung der Leistung erst mit Verzugsbeginn Konsequenzen nach sich zieht.

396 Dahin zielt indes das soeben I. 1. (vor Fn. 383) genannte Argument derjenigen Auffassung, die bei Mangellieferung wie bei Nichtleistung gleichermaßen allein die §§ 280 II, 286 BGB anwenden will. 397 Oben § 2 II. 1. b). 398 Oben § 2 II. 1. a).

II. Die Haftung wegen Verzögerung der Nacherfüllung

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II. Die Haftung wegen Verzögerung der Nacherfüllung Näherer Betrachtung bedürfen das Zusammenspiel und Verhältnis der durch die ursprüngliche Mangellieferung und durch die Verzögerung der Nacherfüllung jeweils ausgelösten Sanktionen. 1. Direkter und analoger Anwendungsbereich von § 287 S. 2 BGB Analoge und direkte Anwendung von § 287 S. 2 BGB können nebeneinander herlaufen. Das ist der Fall, wenn der Verkäufer die Mangellieferung verschuldet und später auch noch in Verzug mit der Nacherfüllung gerät. Für vor Verzugsbeginn eintretende Hindernisse muss der Verkäufer analog § 287 S. 2 BGB einstehen. Hindernisse nach Verzugsbeginn hat er hingegen sowohl direkt nach § 287 S. 2 BGB infolge Verzuges mit der Nacherfüllung als auch analog § 287 S. 2 BGB infolge schuldhafter Mangellieferung zu vertreten. Dass der Käufer dann für seinen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung zwischen zwei verschiedenen Ansätzen – schuldhafte Mangellieferung und Verzug – gleichsam wählen darf, ist nichts Ungewöhnliches. Dies entspricht zum einen der zuvor erwähnten möglichen Anspruchskonkurrenz zwischen § 280 I BGB und §§ 280 II, 286 BGB bei Betriebsausfallschäden.399 Die Wahl hat der Käufer im Übrigen aber auch, wenn der Verkäufer zuerst die Mangellieferung verschuldet und dann noch die Vornahme der Nacherfüllung schuldhaft unterlässt, oder wenn Mangelverschulden und Garantieübernahme zusammentreffen. In praktischer Hinsicht kann dies für den Käufer insbesondere mit Blick auf Beweisschwierigkeiten durchaus von Vorteil sein, so im Falle der Zufallshaftung zum Beispiel, wenn der Verzugsbeginn schwer nachweisbar, das Mangelverschulden aber unstreitig ist. 2. Vorübergehende Unmöglichkeit der Nacherfüllung Die beiden Haftungsstränge können auch ineinander greifen. Trägt der Verkäufer infolge Mangelverschuldens das Zufallsrisiko, so hat er in § 286 IV BGB die Verzögerung der Nacherfüllung analog § 287 S. 2 BGB zu vertreten, wenn ein zufälliges Nacherfüllungshindernis schon vor Beginn des Verzuges mit der Nacherfüllung eintritt. Dennoch ist zweifelhaft, ob der Verkäufer in einem solchen Fall überhaupt in Verzug mit der Nacherfüllung geraten kann. Führt das zufällige Hindernis zur endgültigen Unmöglichkeit der Nacherfüllung im Sinne von § 275 BGB, ist Verzug ausgeschlossen. Die übrigen, allesamt zeitweiligen zufälligen Nacherfüllungshindernisse wiederum – Hochwasser, Krankheit, Streik, Computervirus, Handelsembargo etc. – lassen sich, wie bereits gesehen, unter 399

Oben bei Fn. 395.

138

§ 9 Weitere Abstimmungsfragen

den Begriff „vorübergehende Unmöglichkeit“ zusammenfassen.400 Im Falle vorübergehender Unmöglichkeit plädiert die überwiegende Auffassung, was das Schicksal des (Nach-)Erfüllungsanspruches angeht, für die entsprechende Anwendung von § 275 BGB.401 Dadurch wäre der Nacherfüllungsanspruch für die Dauer des Hindernisses ausgeschlossen. Die Nacherfüllung wäre unterdessen nicht fällig, was aber § 286 I 1 BGB wie auch § 281 I 1 BGB dem Wortlaut nach voraussetzen. 3. Fälligkeit in § 281 I 1 BGB Man könnte nun den Standpunkt beziehen, der Verkäufer möge zwar das zufällige vorübergehende Nacherfüllungshindernis infolge Mangelverschuldens analog § 287 S. 2 BGB zu vertreten haben, die Haftung auf Schadensersatz statt der Leistung nach § 281 I 1 BGB scheide jedoch gleichwohl mangels Fälligkeit der Nacherfüllung aus. Dem sind drei Argumente entgegen zu halten. Zum einen könnte wie bei endgültiger so auch bei vorübergehender Unmöglichkeit § 283 BGB statt § 281 BGB Anwendung finden.402 Die Haftung wäre dann zu bejahen, da § 283 BGB die Fälligkeit der Leistung nicht voraussetzt. Das Ergebnis hinge also entscheidend davon ab, ob man vorübergehende Hindernisse § 281 BGB oder § 283 BGB zuordnet, was kaum einleuchtet. Zudem geht zwar die überwiegende Auffassung von der Anwendung des § 275 BGB auf vorübergehende Leistungshindernisse aus. Teile der Literatur lehnen dies aber ab.403 Folgt man dieser Ansicht, bliebe die Nacherfüllung auch während der Dauer des Hindernisses fällig. Zu dem gleichen Ergebnis gelangt die Auffassung, § 275 BGB stehe bei vorübergehender Unmöglichkeit nur dem primären Erfüllungsanspruch entgegen, ohne die für Sekundäransprüche erforderliche Fälligkeit der Leistung zu berühren.404 In diesem Punkt müsste also zunächst Klarheit geschaffen werden. Schließlich ist ein Wertungswiderspruch zu besorgen, sofern man die Haftung nach § 281 BGB mangels Fälligkeit der Nacherfüllung ablehnt. Der schuldhaft mangelhaft liefernde Verkäufer trüge vor Verzugsbeginn zwar analog § 287 S. 2 BGB das Risiko zufälliger endgültiger Nacherfüllungshindernisse, für die er gemäß § 283 BGB haftet, nicht aber das Risiko zufälliger vorübergehender Nacherfüllungshindernisse, die mit der Fälligkeit immer zugleich die Haftung nach

400

Oben § 5 V. 1. Vgl. Schulze/Ebers, JuS 2004, S. 265, 267 mit Nachweisen in Fn. 36; a. A. Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, § 3 IV (S. 55 ff.). 402 Oben § 5 V. 1. 403 Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, § 3 IV (S. 55 ff.) 404 Canaris, JZ 2001, S. 499, 516; Arnold, JZ 2002, S. 866, 869. 401

II. Die Haftung wegen Verzögerung der Nacherfüllung

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§ 281 BGB blockierten.405 Dieser drohende Widerspruch ließe sich zwar auch umgekehrt gegen die Haftung bei jedweden zufälligen Hindernissen ins Feld führen. Im Ergebnis schiede dann die Haftung bei endgültigen wie bei vorübergehenden zufälligen Nacherfüllungshindernissen stets aus. Dies überzeugt indes nicht, sofern man die der analogen Anwendung von § 287 S. 2 BGB zugrunde liegenden Erwägungen, namentlich die Verlagerung des Zufallsrisikos infolge Mangelverschuldens, für zutreffend hält. Die Schadensersatzhaftung statt der Leistung ist demnach zu bejahen, mag es auch im Zuge des Zufallshindernisses an der Fälligkeit der Nacherfüllung fehlen. Soweit nun § 281 I 1 BGB im Falle vorübergehender Unmöglichkeit der Nacherfüllung Anwendung findet,406 wäre die – Geltung von § 275 BGB bei vorübergehender Unmöglichkeit vorausgesetzt – fehlende Fälligkeit der Nacherfüllung im Rahmen der analogen Anwendung von § 287 S. 2 BGB unbeachtlich. Systematische Erklärung hierfür ist, dass die analoge Anwendung von § 287 S. 2 BGB an die schuldhafte Mangellieferung anknüpft – als qualitative Verletzung der Pflicht aus § 433 I 2 BGB – und nicht an eine Leistungsverzögerung, zu der allein die Fälligkeit als zeitliches Merkmal einer Pflichtwidrigkeit gehört. 4. Schadensersatz statt der Leistung ohne Vorliegen der Verzugsvoraussetzungen Dagegen wird man in § 286 BGB, der die zeitliche Pflichtverletzung zum Gegenstand hat, auf das Erfordernis der Fälligkeit nicht verzichten können. Der Verkäufer kann nicht in Verzug mit der Nacherfüllung geraten, solange diese noch nicht fällig ist. Die Situation bei vorübergehenden, noch vor Aufforderung zur Nacherfüllung407 einsetzenden zufälligen Nacherfüllungshindernissen wäre demnach die: Der schuldhaft mangelhaft liefernde Verkäufer haftet zwar gemäß §§ 281, 283 BGB mit § 287 S. 2 BGB analog auf Schadensersatz statt der Leistung, kann aber, sofern hier § 275 BGB eingreift, mangels Fälligkeit nicht in Verzug mit der Nacherfüllung geraten. In der Folge ist weder der direkte Anwendungsbereich von § 287 S. 2 BGB eröffnet noch haftet der Verkäufer gemäß §§ 280 II, 286 BGB auf Ersatz einzelner Verzögerungsschäden. Das wirkt zunächst anstößig. Die entsprechende Situation bei Nichtleistung galt es ja ge405 Siehe bereits oben § 5 IV. dazu, dass die Unterschiedlichkeit der Ergebnisse je nach vorübergehenden oder endgültigen zufälligen Nacherfüllungshindernissen als wertungswidersprüchlich abzulehnen ist. 406 Was bei voraussichtlich nur kurz andauernden Hindernissen mit Blick auf das Fristsetzungserfordernis sinnvoll sein kann. § 283 BGB erlaubte hier den sofortigen Übergang zum Schadensersatz statt der Leistung. Vgl. zur umstrittenen Einordnung der Schadensersatzhaftung bei vorübergehender Unmöglichkeit S. Lorenz, Karlsruher Forum 2005, S. 78 ff. mit Nachweisen. 407 In der regelmäßig eine Mahnung im Sinne von § 286 I BGB liegt, oben Fn. 220.

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§ 9 Weitere Abstimmungsfragen

rade zu vermeiden. Dort war widersprüchlich, die Haftung nach § 281 BGB zu bejahen und zugleich die Haftung nach §§ 280 II, 286 BGB zu verneinen.408 Grund der Widersprüchlichkeit war allerdings, dass bei Nichtleistung sowohl die Haftung nach § 281 BGB als auch die Haftung nach §§ 280 II, 286 BGB allein auf der zeitlichen Verzögerung der Leistung beruhen. Der Käufer darf nicht insgesamt Schadensersatz statt der Leistung fordern können, solange er wegen derselben Verzögerung noch nicht zum Ersatz einzelner Verzögerungsschäden berechtigt ist.409 Dieser Widerspruch ist bei schuldhafter Mangellieferung gerade nicht zu besorgen. Hier gründen nur die §§ 280 II, 286 BGB auf der späteren Verzögerung der Nacherfüllung, während die Haftung nach § 281 BGB in diesem Fall auf der schuldhaften ursprünglichen Mangellieferung beruht – wenn nicht als Bezugspunkt der Haftung, so doch als Auslöser der Zufallshaftung. Der schuldhaft mangelhaft liefernde Verkäufer muss im Übrigen durchaus auch einzelne Schäden, zum Beispiel Betriebsausfallschäden, neben der Leistung ersetzen, nur eben nicht allein als verzögerungsbedingte Schäden gemäß §§ 280 II, 286 BGB erst ab Verzugsbeginn, sondern auch bereits vor Verzugsbeginn entstandene Schäden als mangelbedingte Schäden nach § 280 I BGB.410 Hat der Verkäufer die ursprüngliche Mangellieferung hingegen nicht verschuldet, treffen ihn – entsprechend der Situation bei Nichtleistung – sowohl das Zufallsrisiko als auch die Schadensersatzhaftung neben der Leistung erst ab Beginn des Verzuges mit der Nacherfüllung.

III. Haftungsbegrenzende Bestandteile von § 287 S. 2 BGB Mit der haftungserweiternden Wirkung von § 287 S. 2 BGB sind auch die haftungsbegrenzenden Vorgaben der Norm zu übernehmen. 1. Zufall Zu nennen ist zunächst der Begriff des Zufalls. Unter diesen fallen nur solche Umstände, die einerseits zwar der Schuldner nach § 276 BGB nicht zu vertreten, die andererseits aber auch der Gläubiger nicht zu verantworten hat.411 § 287 S. 2 BGB – sei es direkt oder analog – führt deshalb nicht dazu, dass der Verkäufer Schadensersatz statt der Leistung zum Beispiel auch dann schuldete, wenn der Käufer die Nacherfüllung, ohne dem Verkäufer hierfür Frist zu setzen, kurzerhand selbst vornimmt und anschließend seine dabei entstandenen Kosten 408 409 410 411

Oben § 6 III. 2. (dritter Absatz). Oben § 6 III. 2. (dritter Absatz). Siehe soeben I. 3. U. Huber, Leistungsstörungen II, § 34 III 2 (S. 127).

III. Haftungsbegrenzende Bestandteile von § 287 S. 2 BGB

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ersetzt verlangt. In diesem Fall fehlt es nicht nur an den Voraussetzungen von § 281 BGB, da der Käufer keine Nacherfüllungsfrist gesetzt hat. Auch eine Haftung aus § 283 BGB – soweit die Selbstvornahme der Nacherfüllung gemäß § 275 BGB den Ausschluss der Nacherfüllungspflicht des Verkäufers herbeiführt –412 kommt nicht in Betracht. Die Unmöglichkeit der Nacherfüllung hat der Verkäufer weder gemäß § 276 BGB noch über § 287 S. 2 BGB zu vertreten, mag er auch den Mangel verschuldet oder sich in Verzug mit der Nacherfüllung befunden haben. Denn die verfrühte Selbstvornahme durch den Käufer liegt als vom Käufer zu verantwortender, mithin nicht „zufälliger“ Umstand außerhalb des Geltungsbereiches von § 287 S. 2 BGB. Gleiches gilt etwa, wenn der Käufer die Kaufsache aus Unachtsamkeit fallen lässt und der bis dahin noch behebbare Mangel dadurch unbehebbar wird. 2. Hypothetische Schadensursachen Die Zufallshaftung scheidet nach § 287 S. 2 Halbsatz 2 BGB weiterhin dann aus, wenn „der Schaden auch bei rechtzeitiger Leistung eingetreten sein würde.“ Bei Nichtleistung ist die Zufallshaftung demnach zum Beispiel ausgeschlossen, wenn während des Verzuges mit der Rückgabe eines geliehenen Bildes die Wohnung des Gläubigers durch einen Brand zerstört wird, dem bei rechtzeitiger Rückgabe auch das geliehene Bild zum Opfer gefallen wäre, und dann das Bild selbst beim Schuldner in der Tat durch Zufall zerstört oder ohne sein Verschulden gestohlen wird.413 Diese – sicher nicht alltägliche –414 Konstellation ist deshalb denkbar, weil die Sache während des Verzuges noch räumlich getrennt ist vom Gläubiger, so dass die eine zufällige Schadensursache bei ihm lediglich „hypothetisch“, die andere beim Schuldner aber tatsächlich wirkt. Bei Mangelleistung kann eine vergleichbare Situation eintreten, wenn der Verkäufer die Kaufsache zum Zwecke der Mangelbehebung zu sich zurückholt. Ereignen sich in dieser Zeit beim Käufer Umstände, welche die Sache dort zerstört hätten, so hätte sich ein ohnehin erst für später geplanter gewinnbringender Weiterverkauf auch bei ursprünglich mangelfreier Leistung zerschlagen. Scheitert nun die Mangelbehebung beim Verkäufer tatsächlich an Zufällen, muss der Verkäufer, auch wenn er die Mangellieferung verschuldet hatte oder sich bereits in Verzug mit der Nacherfüllung befand, den entgangenen Gewinn nicht ersetzen. Zwar hat er für das zufällige Ausbleiben der Nacherfüllung infolge Verzuges direkt nach bzw. infolge Mangelverschuldens analog § 287 S. 2 BGB einzustehen, doch greift zu seinen Gunsten der zweite Halbsatz der Norm: Der 412

Dazu S. Lorenz, Karlsruher Forum 2005, S. 115. U. Huber, Leistungsstörungen II, § 34 III 3 (S. 129 f.). 414 Nach U. Huber (Leistungsstörungen II, § 34 III 3, S. 130) sind Beispiele zu § 287 S. 2 Halbsatz 2 BGB aus der Entscheidungspraxis nicht bekannt. 413

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§ 9 Weitere Abstimmungsfragen

Schaden wäre auch bei rechtzeitiger Vornahme der Nacherfüllung bzw. auch bei ursprünglich mangelfreier Leistung eingetreten. Befindet sich die mangelhafte Sache hingegen beim Käufer, und wirken dort zufällige Ereignisse auf sie ein, greift § 287 S. 2 Halbsatz 2 BGB nicht. Wird der Käufer zum Beispiel mit dem mangelhaften Gebrauchtwagen in einen von dritter Seite verschuldeten – also nicht durch den Mangel verursachten – Unfall verwickelt, in dessen Folge der Wagen Totalschaden erleidet und ein gewinnbringender Weiterverkauf sich zerschlägt, dann fehlt es bereits an der Kausalität zwischen Mangellieferung und Schaden. Einen tatsächlichen Kausalzusammenhang zwischen Verzug bzw. Mangelverschulden und Schaden setzt die Zufallshaftung nach § 287 S. 2 BGB aber allemal voraus.415 Im Beispielsfall ist freilich der Unfall die tatsächliche Schadensursache, während diesmal die Mangellieferung lediglich möglicherweise – hypothetisch – den gleichen Schaden hätte verursachen können.

IV. Die Haftung bei Entbehrlichkeit der Fristsetzung Gegen die Auffassung namentlich von Lorenz und Schur, Bezugspunkt des Vertretenmüssens sei stets das Ausbleiben der Nacherfüllung, wird vorgebracht, dieses Konzept vermöge die Fälle nicht zu erfassen, in denen die Fristsetzung wegen besonderer Umstände nach § 281 II BGB oder wegen Unzumutbarkeit nach § 440 S. 1 BGB entbehrlich ist.416 Dort komme einzig die ursprüngliche Mangellieferung als Grundlage und Bezugspunkt der Haftung in Betracht. Als Beispiel für diese Konstellation kann ein Fall aus der jüngeren Rechtsprechung des BGH dienen:417 Einige Nächte nach dem Kauf eines Hundewelpen litt dieses plötzlich an einer Magenvergiftung, die auf falsche Ernährung durch den Verkäufer – den Züchter – zurückzuführen war. Angesichts des Zustandes des Welpen blieb keine Zeit, dem Verkäufer unter Fristsetzung Gelegenheit zur „Nacherfüllung“ zu geben. Der Käufer selbst gab das Tier daher sofort in ärztliche Behandlung, deren Kosten er anschließend vom Verkäufer ersetzt verlangte. In diesem Fall hatte der Verkäufer einerseits den „Mangel“ verschuldet, andererseits war die Fristsetzung gemäß § 281 II BGB entbehrlich.418 415

Entbehrlich sind nur Überlegungen dazu, ob der Kausalzusammenhang als adäquat oder als inadäquat zu bewerten ist, siehe oben § 7 II. 2. 416 Braun, ZGS 2004, S. 423, 425 f.; Fest, Jura 2005, S. 734, 736 f. 417 BGH vom 22. 6. 2005, NJW 2005, S. 3211. 418 Der BGH (vom 22. 6. 2005, NJW 2005, S. 3211 ff.) problematisierte und bejahte lediglich die Frage, ob die Nachfristsetzung hier gemäß § 281 II BGB entbehrlich war. Im Übrigen hielt der BGH den Anspruch aus § 281 BGB ohne weitere Ausführungen für gegeben. Die Frage nach dem Bezugspunkt der Haftung thematisierte der BGH hier nicht, anders als in der Parallelentscheidung vom 22. 6. 2005, NJW 2005, S. 2853. Dort konnte der BGH die Frage aber offen lassen, da der Verkäufer

IV. Die Haftung bei Entbehrlichkeit der Fristsetzung

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Der Einwand, ein solcher Fall ließe sich nicht lösen, wenn man den Bezugspunkt der Haftung auf das Ausbleiben der Nacherfüllung legt, trifft für die hier entwickelte Ansicht nicht zu. Danach ist Bezugspunkt der Haftung in § 281 BGB zwar das Ausbleiben der Nacherfüllung,419 dieses hat der Verkäufer bei Mangelverschulden aber analog § 287 S. 2 BGB zu vertreten. Auf diese Weise erklärt sich auch die Haftung bei Entbehrlichkeit der Fristsetzung. Der Verkäufer trägt infolge der schuldhaften Mangellieferung nicht nur das Risiko, dass die fristgerechte Nacherfüllung an zufälligen Hindernissen scheitert, sondern ebenso das Risiko, dass er aufgrund zufälliger Umstände eine Nacherfüllungsfrist gar nicht erst gesetzt bekommt. Im Beispielsfall ist es also sein Risiko, dass die Magenvergiftung sich derart akut äußert, dass der Käufer ihm nicht mittels Fristsetzung Gelegenheit zur Nacherfüllung geben muss. Den konstruktiven Bezugspunkt der Haftung braucht man dabei gegenüber dem Normalfall des § 281 I BGB nicht auszuwechseln. Die Nichtvornahme der Nacherfüllung beruht wiederum auf Umständen – hier die besonderen Umstände, die gemäß § 281 II BGB zur Entbehrlichkeit überhaupt der Fristsetzung führen –, die der Verkäufer analog § 287 S. 2 BGB infolge Mangelverschuldens zu vertreten hat. Damit ergibt sich allen Fällen, in denen der Käufer keine Nacherfüllungsfrist gesetzt hat, die Lösung aus § 287 S. 2 BGB. Dass die Fristsetzung wegen besonderer Umstände im Sinne von § 281 II BGB ausbleibt, ist analog § 287 S. 2 BGB das Risiko desjenigen Verkäufers, der die Mangellieferung verschuldet hat. War die ausgebliebene Fristsetzung hingegen nicht entbehrlich – die Magenkrankheit des Hundewelpen tritt in weniger akuter Form auf und muss lediglich in absehbarer Zeit behandelt werden –, muss der Verkäufer auch bei Mangelverschulden die dem Käufer entstandenen Tierarztkosten nicht ersetzen.420 Das Ausbleiben der Nacherfüllung beruht in diesem Fall auf einem vom Käufer zu verantwortenden Umstand – der voreiligen Selbstvornahme – und nicht auf „Zufall“ im Sinne von § 287 S. 2 BGB.421

weder den „Mangel“ des Hundewelpen (genetisch bedingte, bei Verkauf nicht erkennbare Fehlstellung der Hinterbeine) noch das Ausbleiben der „Nacherfüllung“ zu vertreten hatte (Operative Begradigung der Hinterbeine mit bleibender körperlicher Beeinträchtigung des Hundes verbunden und „Ersatzlieferung“ unmöglich wegen emotionaler Bindung des Käufers zu dem Tier). 419 Oben § 6 V. 4., VI. 420 Vgl. zum Auftreten einer weniger akuten Krankheit den Fall des BGH vom 7. 12. 2005, NJW 2005, S. 988, 989: Der BGH lehnte einen Schadensersatzanspruch des Käufers für die Kosten der tierärztlichen Behandlung einer periodischen Augenentzündung des gekauften Pferdes ab, da die unterbliebene Nacherfüllungsfrist hier nicht gemäß § 281 II BGB entbehrlich gewesen sei. 421 Siehe soeben III. 1.

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§ 9 Weitere Abstimmungsfragen

V. § 311a II BGB Leidet die Kaufsache an einem von Anfang an unbehebbaren Mangel, war also die mangelfreie Leistung bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses unmöglich, so richtet sich die Schadensersatzhaftung statt der Leistung nach § 311a II BGB. Die Haftung setzt gemäß Satz 2 der Vorschrift voraus, dass der Verkäufer das Leistungshindernis bei Vertragsschluss kannte oder seine Unkenntnis zu vertreten hat. Die Frage nach dem Bezugspunkt der Haftung liegt in § 311a II 2 BGB also etwas anders als in den §§ 281, 283 BGB. Mangellieferung und Ausbleiben der Mangelbehebung konkurrieren hier darum, worin das von § 311a II 2 BGB in Bezug genommene Leistungshindernis besteht. Zudem spricht die Norm nicht einfach davon, dass der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten haben müsse, sondern postiert zwischen Vertretenmüssen und Leistungshindernis die Unkenntnis von letzterem. 1. Die Diskussion um den Haftungsgrund in § 311a II BGB Mit diesen Eigenarten von § 311a II BGB gehen umstrittene Zweifelsfragen einher. So wird insbesondere kritisiert, die von § 311a II BGB angeordnete Rechtsfolge – Schadensersatz statt der Leistung – passe mit der schuldhaften Unkenntnis des Leistungshindernisses nicht zusammen.422 Auch dann nämlich, wenn der Schuldner das Leistungshindernis bei Vertragsschluss pflichtgemäß angesprochen hätte, hätte der Gläubiger die Leistung nie erhalten können, weil diese ja im Falle von § 311a II BGB von Anfang an unmöglich ist. Geht es etwa um Sachmängel der Kaufsache, hätte der Käufer, bei Vertragsschluss vom Verkäufer aufgeklärt, nur entweder vom Kauf Abstand oder eben die unbehebbar mangelhafte Sache nehmen können. Der statt der Leistung zu ersetzende Schaden – zum Beispiel der mangelbedingte Minderwert im Vergleich zum Wert der Sache in mangelfreiem Zustand – wäre ihm also allemal entstanden, auch bei pflichtgemäßem Verhalten des Verkäufers. Es fehle daher an der Kausalität der Pflichtverletzung bzw. am Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen schuldhafter Unkenntnis und statt der Leistung ersatzfähigem Schaden.423 Deshalb wird vorgeschlagen, die Haftung nach § 311a II BGB nicht als Haftung wegen schuldhafter Unkenntnis,424 sondern als Garantiehaftung zu verstehen, von der sich der Verkäufer freilich durch den Nachweis schuldloser Unkenntnis entlasten könne.425 Auf diese Weise erst ließe sich die Rechtsfolge Schadensersatz statt der Leistung erklären, da die Garantiehaftung, anders als die Verschul422

So etwa Altmeppen, DB 2001, S. 1399, 1400 ff. Altmeppen, DB 2001, S. 1399, 1400. 424 So aber Palandt/Grüneberg, § 311a Rn. 2, 6. 425 So etwa Ehmann/Sutschet., Modernisiertes Schuldrecht, § 4 V 7 b (2) (S. 125); dies., JZ 2004, S. 62, 66 f.; Schapp, Festschrift für Kollhosser, S. 619, 621 ff. 423

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denshaftung, nicht an die Erfordernisse von Kausalität und Rechtswidrigkeitszusammenhang gebunden sei. In eine ganz ähnliche Richtung geht die wohl überwiegende Auffassung, wonach der Haftungsgrund des § 311a II BGB in der Nichterfüllung des gegebenen Leistungsversprechens zu sehen sei und nicht in irgendeiner Pflichtverletzung.426 Auch die so begründete Haftung steht unter dem Vorbehalt, dass der Verkäufer das Leistungshindernis bei Vertragsschluss kannte oder schuldhaft nicht kannte.427 2. Das Leistungshindernis in § 311a II 2 BGB Indes spielen diese Probleme keine Rolle für die Frage nach dem Bezugspunkt der von § 311a II BGB angeordneten Haftung auf Schadensersatz statt der Leistung. Wie immer man den Haftungsgrund in § 311a II BGB konstruiert, an irgendeiner Stelle taucht unweigerlich die Frage auf, worüber denn der Verkäufer sich in schuldhafter Unkenntnis befunden haben muss – über den Mangel selbst oder über dessen Unbehebbarkeit? Die Antwort ist lediglich je nach Ansicht unter unterschiedlichen Vorzeichen zu geben, nämlich entweder im Rahmen des als Haftungsgrund verstandenen Verschuldens oder im Rahmen der Befreiung von der als Garantiehaftung begriffenen Schadensersatzpflicht. Das Leistungshindernis nun, welches der Verkäufer in § 311a II 2 BGB entweder gekannt oder schuldhaft428 nicht gekannt haben muss, wird bereits im ersten Absatz der Norm erwähnt. Dort ist die Wirksamkeit des Kaufvertrages für den Fall angeordnet, dass der Verkäufer nach § 275 BGB nicht zu leisten braucht „und das Leistungshindernis schon bei Vertragsschluss vorliegt“. Mit Leistungshindernis meint das Gesetz hier also offensichtlich die Umstände, welche den Ausschluss der Leistungspflicht nach § 275 BGB – die Unmöglichkeit – begründen. Nicht die Ursachen der Mangellieferung, sondern die Gründe für die anfängliche Unmöglichkeit mangelfreier Leistung sind also dasjenige Leistungshindernis, ungeachtet dessen nach § 311a I BGB der Vertrag wirksam ist und das der Verkäufer für die Haftung nach § 311a II BGB gekannt oder schuldhaft nicht gekannt haben muss. 3. Die Zufallshaftung im Rahmen von § 311a II BGB Häufig freilich wird sich der Kenntnisstand des Verkäufers gar nicht sinnvoll zwischen Mangel und anfänglicher Unmöglichkeit mangelfreier Leistung „auf426 Etwa Canaris, JZ 2001, S. 499, 507; MünchKomm/Ernst, § 311a Rn. 15; Erman/Kindl, § 311a Rn. 6; Jauernig/Stadler, § 311a Rn. 5. 427 MünchKomm/Ernst, § 311a Rn. 15. 428 Die Garantieübernahme im Sinne von § 276 BGB bezieht sich nicht auf die Unkenntnis des Leistungshindernisses, sondern bildet einen eigenständigen Haftungsgrund, siehe oben § 8 II. 5.

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§ 9 Weitere Abstimmungsfragen

spalten“ lassen. Wer etwa einen Unfallwagen als unfallfrei verkauft und dabei diesen Mangel kennt oder kennen muss, der weiß selbstverständlich oder muss zugleich auch wissen, dass ein solcher Mangel nicht behebbar ist. In anderen Fällen mag die Erwägung greifen, dass derjenige Verkäufer, der den Mangel der Kaufsache kennt, Informationen über dessen Behebbarkeit einzuholen hat.429 Aufgrund seiner Kenntnis des Mangels hätte der Verkäufer dann auch seine eventuelle Unkenntnis der anfänglichen Unmöglichkeit der Nacherfüllung verschuldet. Gleichwohl kann es bei anfänglicher Unmöglichkeit mangelfreier Leistung durchaus vorkommen, dass ein Verschulden nur in Bezug auf den Mangel zu bejahen ist. Die Situation ist dann die, dass der Verkäufer zwar den Mangel bei Vertragsschluss kannte bzw. fahrlässig nicht kannte, sich aber doch zugleich in schuldloser Unkenntnis hinsichtlich der Unbehebbarkeit befand. S. Lorenz bringt dazu folgendes Beispiel:430 Der Verkäufer verkauft seinen gebrauchten PKW zum Preis von 4000 A. Er weiß zwar seit längerem, dass der Wagen dazu neigt, bei Geradeausfahrt nach links zu ziehen. Aufgrund der Auskunft einer Fachwerkstatt ging er aber davon aus, dass es sich um eine Bagatelle handelt, die durch Einstellen der Spurstangen unschwer behebbar ist. Er vergisst denn auch, die Angelegenheit bei den Vertragsverhandlungen gegenüber dem Käufer zu erwähnen. Einige Zeit nach Vertragsschluss bemerkt der Käufer den Mangel, da der Wagen mittlerweile erheblich ausschert. Nun stellt sich heraus, dass erstens der Mangel in Wahrheit irreparabel ist und auch schon bei Vertragsschluss war, und dass zweitens der Wagen ohne den Mangel einen Wert von 4500 A hätte. Diesen Betrag verlangt der Käufer als Schadensersatz. Nach S. Lorenz hat der Käufer hier keinen Anspruch auf Ersatz der 4500 A aus § 311a II BGB (Schadensersatz statt der ganzen Leistung gegen Rückgabe des Wagens, §§ 311a II 3, 281 V BGB). Denn der Verkäufer habe sich auf die Auskunft der Fachwerkstatt verlassen dürfen und deshalb schuldlos in Unkenntnis der Unbehebbarkeit des Mangels befunden.431 Zweifel daran bestehen zunächst insofern, als die Fachwerkstatt Erfüllungsgehilfin gewesen sein könnte, deren wohl fahrlässige Falschauskunft der Verkäufer dann nach § 278 BGB zu vertreten hätte. Indes ist fraglich, ob § 278 BGB hier wirklich Anwendung findet. Da vor Vertragsschluss noch keine Leistungspflicht gegenüber dem späteren Käufer besteht, kann es nur um die Erfüllung der vorvertraglichen Pflicht des Verkäufers zur Vergewisserung über seine Leistungs-

429

Schur, ZGS 2002, S. 243, 247; Bamberger/Roth/Faust, § 437 Rn. 105. In: Köhler/Lorenz, Prüfe dein Wissen, Schuldrecht II, S. 71 (Fall 44). Der Fall ist hier leicht gekürzt (im Original wird der Käufer mit dem Wagen auch noch in einen Unfall verwickelt). 431 S. Lorenz in: Köhler/Lorenz, Prüfe dein Wissen, Schuldrecht II, S. 71. 430

V. § 311a II BGB

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fähigkeit gehen.432 Davon, dass der Verkäufer sich der Fachwerkstatt zur Erfüllung dieser Pflicht bedient hätte, wird man aber nicht ohne weiteres sprechen können, wenn die Auskunft aus einer Zeit stammt, da der Verkäufer noch gar nicht an einen Verkauf des Wagens dachte, die Auskunft also nicht im Rahmen eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses eingeholt wurde, sondern lediglich in die späteren Vertragsverhandlungen hineinwirkte.433 Überdies wird man vielleicht sogar in Frage stellen dürfen, ob der Grundgedanke von § 278 BGB – wer die Vorteile arbeitsteiligen Wirtschaftens nutzt, trägt als Nachteil das damit verbundene Risiko eines Fehlverhaltens der eingeschalteten Personen –434 den hier in Rede stehenden Verkauf eines Gebrauchtwagens zwischen Privatleuten überhaupt trifft. Diese Zweifelsfragen der Anwendung von § 278 BGB mögen dahinstehen. Sie muss man etwa beantworten, wenn dem Verkäufer bei Vertragsschluss schon der Mangel als solcher unbekannt war, weil die Fachwerkstatt bei der letzten Inspektion geschlampt hatte. Im oben geschilderten Fall hingegen geht es darum, dass der Verkäufer den Mangel sehr wohl kannte und sich allein hinsichtlich der Unbehebbarkeit schuldlos in Unkenntnis befand. Entgegen der Auffassung von S. Lorenz ist die Haftung nach § 311a II BGB in dieser Situation zu bejahen, trotz unverschuldeter Unkenntnis der Unbehebbarkeit des Mangels. § 287 S. 2 BGB findet auch in § 311a II BGB analoge Anwendung. Dass hier überhaupt kein zeitlicher Abstand mehr zwischen Mangellieferung und schon anfänglicher Unbehebbarkeit des Mangels besteht, stört nicht. Grundlage der analogen Anwendung von § 287 S. 2 BGB ist ja nicht die zeitliche Verzögerung mangelfreier Leistung, in deren Folge der Verkäufer immer nur spätere Zufälle zu vertreten hätte, sondern die schuldhafte Mangellieferung als qualitative Pflichtwidrigkeit. Der Zeitpunkt des Zufallshindernisses spielt für diese Zufallshaftung keine Rolle. Unschädlich ist dabei auch, dass hier die Pflicht zu mangelfreier Leistung (§ 433 I 2 BGB) wegen § 275 BGB nie entstanden ist, die ursprüngliche Mangellieferung mithin nicht gut als Verletzung dieser Pflicht bezeichnet werden kann. Dass der Verkäufer gleichwohl auf Schadensersatz statt der Leistung haftet, ergibt sich entweder bereits aus der Anordnung dieser Haftung in § 311a II BGB435 oder aus der Verweisung auf § 311a BGB in § 437 Nr. 3 BGB.436

432

MünchKomm/Ernst, § 311a Rn. 60. Die Anwendbarkeit von § 278 BGB auf Handlungen, die in keinem Bezug zu vorvertraglichen Pflichten oder konkreten Leistungspflichten gegenüber einem bestimmten Gläubiger stehen, bezweifelt etwa Erman/Westermann, § 278 Rn. 17. 434 Statt vieler MünchKomm/Grundmann, § 278 Rn. 3. 435 Vgl. Canaris, Schuldrechtsmodernisierung 2002, S. XIII f. 436 So Grunewald, Kaufrecht, § 9 Rn. 84. Folgte man dem, wäre § 437 Nr. 3 BGB bei § 311a II BGB mit zu zitieren, da ihm insoweit eine eigene Funktion zukäme. 433

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§ 9 Weitere Abstimmungsfragen

Ebenso wenig gegen die Zufallshaftung analog § 287 S. 2 BGB spricht, dass das Mangelverschulden bei anfänglicher Unmöglichkeit mangelfreier Leistung nicht kausal für den statt der Leistung ersatzfähigen Schaden ist.437 Wiederum nämlich schafft der Verkäufer durch sein Mangelverschulden bzw. die schuldhaft unterlassene Aufklärung das Risiko, dass zufällige – hier bereits bei Vertragsschluss unerkannt bestehende – Hindernisse auf den Leistungserfolg einwirken, indem sie die Nacherfüllung vereiteln. Ohne Mangelverschulden – bei pflichtgemäßer Aufklärung des Käufers über den Mangel – wäre der Kauf überhaupt nicht oder unter Ausschluss der Gewährleistung für den dem Käufer dann bekannten Mangel (§ 442 BGB) zustande gekommen. In beiden Fällen käme es auf die Möglichkeit oder Unmöglichkeit der Nacherfüllung nicht mehr an.438 Wie bei nachträglichen Nacherfüllungshindernissen hat der Verkäufer das mit dem Mangelverschulden von ihm geschaffene Zufallsrisiko auch bei anfänglicher Unbehebbarkeit des Mangels selbst zu tragen. Der schuldhaft mangelhaft liefernde Verkäufer haftet daher gemäß § 311a II BGB mit § 287 S. 2 BGB analog auf Schadensersatz statt der Leistung auch dann, wenn entgegen seiner schuldlos unrichtigen Erwartung der Mangel sich als von Anfang an unbehebbar erweist.

437 Auch der zu Vertragsschluss über den unbehebbaren Mangel aufgeklärte Käufer hätte keine mangelfreie Sache erhalten, siehe oben bei Fn. 422. 438 Anders zwar, wenn der vom Verkäufer pflichtgemäß über den Mangel aufgeklärte Käufer sich den Nacherfüllungsanspruch bei Vertragsschluss vorbehält, und sich dann herausstellt, dass der Mangel von Anfang an unbehebbar war. In diesem Fall hat der Verkäufer seine schuldlose Unkenntnis hiervon jedoch auch nicht analog § 287 S. 2 BGB zu vertreten.

§ 10 Zusammenfassung der Untersuchung Bezugspunkt des Vertretenmüssens beim Schadensersatz statt der Leistung ist in den §§ 281, 283 BGB das Ausbleiben der Nacherfüllung bei Fristablauf bzw. wegen Unmöglichkeit, in § 311a II BGB die Unkenntnis der Unmöglichkeit mangelfreier Leistung. Derjenige Verkäufer also, der das Ausbleiben der Nacherfüllung gemäß § 276 BGB zu vertreten hat, haftet auf Schadensersatz statt der Leistung auch dann, wenn er die ursprüngliche Mangellieferung nicht zu vertreten hat. Die denkbare Alternative, die Nacherfüllungspflicht als bloße Obliegenheit des Verkäufers zu verstehen und ihre Verletzung als selbständigen Haftungsgrund abzulehnen, vermochte nicht zu überzeugen (§ 4 der Untersuchung). Fehlt es hingegen umgekehrt an einem Vertretenmüssen gemäß § 276 BGB hinsichtlich des Ausbleibens der Nacherfüllung oder hinsichtlich der Unkenntnis der Unmöglichkeit mangelfreier Leistung, ist der Blick auf die Zufallshaftung nach § 287 S. 2 BGB zu richten. Diese wird nicht nur durch den Verzug mit der Nacherfüllung ausgelöst (§ 287 S. 2 BGB direkt), sondern auch durch die schuldhafte Mangellieferung (§ 287 S. 2 BGB analog). Die entscheidenden Schritte hin zu dieser durch Mangelverschulden – nicht durch Garantieübernahme, die außerhalb der Haftung wegen Pflichtverletzung steht (§ 8) – ausgelösten Zufallshaftung analog § 287 S. 2 BGB seien nochmals zusammengefasst. Ausgangspunkt war, dass die §§ 281, 283 BGB keinen Aufschluss geben über die Relevanz der schuldhaften Mangellieferung für den Schadensersatz statt der Leistung (§ 5). § 287 S. 2 BGB dagegen bietet Stoff für zwei denkbare Umkehrschlüsse. Aus der Verzugsbindung der Norm könnte zunächst folgen, dass die Verzögerung der Leistung in der Zeit vor Verzugsbeginn noch keine Zufallshaftung mit sich bringt. Die Verzugsbindung von § 287 S. 2 BGB könnte zweitens bedeuten, dass andere Pflichtverletzungen als der Verzug eine Zufallshaftung nicht auszulösen vermögen. Der erstgenannte Umkehrschluss ist in der Tat zu ziehen (§ 6 III.). Für die Nichtleistung bedeutet dies, dass Bezugspunkt der Haftung in den §§ 281, 283 BGB allein die Nichtleistung bei Fristablauf bzw. wegen Unmöglichkeit ist, nicht hingegen die bloße Nichtleistung bei Fälligkeit. Dieses aus der haftungsausschließenden Vorwirkung des Verzuges hinsichtlich der ihm vorangegangenen Verzögerung sich ergebende Modell ist indessen auf die ursprüngliche Mangellieferung nicht übertragbar (§ 6 IV.). Die Pflichtwidrigkeit der ursprünglichen Mangellieferung erschöpft sich nämlich nicht in der (beginnenden) zeitlichen Verzögerung der Nacherfüllung. Vielmehr bedeutet die Mangellieferung in qualitativer Hinsicht

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§ 10 Zusammenfassung der Untersuchung

die Verletzung der Pflicht zu mangelfreier Leistung aus § 433 I 2 BGB. Der zweite denkbare Umkehrschluss aus § 287 S. 2 BGB ist freilich gerade nicht zu ziehen. Im Gegenteil ist § 287 S. 2 BGB insbesondere in seiner Funktion, dem Schuldner das Zufallsrisiko zuzuweisen, vom direkt erfassten Fall des Verzuges auf andere Pflichtverletzungen und namentlich auf die schuldhafte Mangellieferung übertragbar (§ 6 V.). Die analoge Anwendung von § 287 S. 2 BGB infolge schuldhafter Mangellieferung erwies sich alsdann überlegen gegenüber der ebenfalls denkbaren Konstruktion, die Mangellieferung zum haftungsbegründenden, das zufällige Nacherfüllungshindernis hingegen zum haftungsausfüllenden Tatbestand zu rechnen (§ 7). Insbesondere wird § 287 S. 2 BGB im analogen wie im direkten Anwendungsbereich den Besonderheiten des Schadensersatzes statt der Leistung besser gerecht als die Verschuldensunabhängigkeit des haftungsausfüllenden Tatbestandes. Überdies ist im Rahmen von § 287 S. 2 BGB die Unterscheidung zwischen adäquat und inadäquat durch die Mangellieferung verursachten Schäden hinfällig. Schließlich liegt der Wert der Zufallshaftung analog § 287 S. 2 BGB nicht allein darin, für den Bezugspunkt des Vertretenmüssens eine Erklärung und Konstruktion zu bieten. Sie trägt darüber hinaus bei zur Lösung einiger der Bezugspunktfrage benachbarter oder mit ihr zusammenhängender Problemfelder. Genannt seien der Anwendungsbereich von § 281 I 1 Alt. 2 BGB (§ 6 VI.), der Ersatz nach erfolglosem Fristablauf eintretender Schäden an Rechtsgütern des Käufers (§ 7 I. 3.), der Ersatz mangelbedingter Betriebsausfallschäden (§ 9 I.), die Auswirkungen vom Käufer zu verantwortender Nacherfüllungshindernisse (§ 9 III. 1.) sowie die Haftung bei Entbehrlichkeit der Fristsetzung (§ 9 IV.).

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■Sachwortverzeichnis Adäquanztheorie 116 ff. Alternative Bezugspunkte des Vertretenmüssens siehe Mangellieferung Analogie 101 ff. Anspruchskonkurrenz 135 Anwendungsbereich – von § 281 BGB 74 f. – von § 283 BGB 72 ff. Äquivalenzinteresse 116 Äquivalenztheorie 117 Arbeitsvertrag (Schlechtleistung bei) 76 Auffangtatbestand (§ 281 BGB als) 74 f. Ausbleiben der Nacherfüllung – als selbständige Haftungsgrundlage 53 ff. – Haftung nach altem Schuldrecht 55 ff. Ausschluss der Leistungspflicht nach § 275 II BGB 53, 62, 103

Entgangener Gewinn (Zuordnung zu den Schadensersatzarten) 18 ff. Erfüllungsgehilfe 28, 54, 146 f. EU-Kaufrechtsrichtlinie 62 Fälligkeit – als Voraussetzung einer Pflichtverletzung 77 – der Nacherfüllung 85 – der Pflicht zu Übergabe und Übereignung 77 – der ursprünglich mangelfreien Leistung 77, 83 – und vorübergehende Unmöglichkeit 138 f.

casus a nullo praestantur 80, 114

Garantie – Abbedingung des Vorrangs der Nacherfüllung 125 f. – als Verschuldenssurrogat 126 f. – Garantiehaftung bei behebbaren Mängeln 50 f. – Übernahme einer Garantie für die Beschaffenheit der Kaufsache 28, 31, 122 ff. Gefahrtragung 104 Geschäftsführung ohne Auftrag 95

Deliktsrecht – gemeinsame Grundlage deliktischer und vertraglicher Haftung 41 – Zufallshaftung 95, 112 Dienstvertrag (Schlechtleistung bei) 76

Haftungsausfüllender Tatbestand (Verschuldensunabhängigkeit) 111 ff., 120 Hersteller (als Erfüllungsgehilfe des Verkäufers) 28, 54 Hypothetische Schadensursachen 141 f.

Entbehrlichkeit der Fristsetzung 142 f. Entbehrlichkeit der Mahnung 84 ff.

Integritätsinteresse 116 Irrtum 73 f.

Bedingungstheorie siehe Äquivalenztheorie Beschaffenheitsgarantie siehe Garantie Beschaffungsrisiko 29 ff., 32, 33, 54, 66, 71, 103, 136 Betriebsausfallschäden 84 f., 131 ff.

158

Sachwortverzeichnis

Kalendermäßige Bestimmung der Leistungszeit 40, 133 f. Konkretisierung bei Gattungsschuld 30, 32 Konzept der „zweiten Chance“ 106 Kumulative Bezugspunkte des Vertretenmüssens siehe Mangellieferung Leerlaufen (von § 281 I 1 Alt. 2 BGB) 75 f., 78, 108 f. Mahnung 40, 82, 84 ff., 87, 92 ff., 133 f. Mangelfolgeschaden 11, 24, 31, 35 Mangelleistung – als Kategorie des Leistungsstörungsrechts 43 f. – als zeitlich gestreckter Haftungstatbestand 47 Mangellieferung – als alleiniger Bezugspunkt des Vertretenmüssens 35 ff. – und Ausbleiben der Nacherfüllung als alternative Bezugspunkte des Vertretenmüssens 47 ff. – und Ausbleiben der Nacherfüllung als Handlungseinheit 47 f. – und Ausbleiben der Nacherfüllung als kumulative Bezugspunkte des Vertretenmüssens 44 ff. Mangelschaden 11, 31, 126 Nacherfüllung (siehe auch Unmöglichkeit der Nacherfüllung) – als Obliegenheit des Verkäufers 39, 58 ff. – im alten Schuldrecht 11 f., 55 ff. – Selbstvornahme 17, 114 f. – Vorrang 106 f., 125 f. Nacherfüllungsanspruch – Unabhängigkeit vom Vertretenmüssen der Mangellieferung 50, 62 – Vollstreckung 51, 59 f. Nacherfüllungsfrist

– Abgrenzung der Schadensersatzarten 16 ff. – Funktion des Fristsetzungserfordernisses 106 f. „Näher-dran“ Prinzip 105, 118 „Nicht wie geschuldet erbrachte“ Leistung 48, 68, 74 ff., 108 f. Nichtleistung – als Verzögerung der Leistung 87 – bei Fälligkeit als Pflichtverletzung 42, 88 f., 92 – Bezugspunkt des Vertretenmüssens 88 f. Nutzungsausfallschäden siehe Betriebsausfallschäden Nutzungsinteresse siehe Äquivalenzinteresse pacta sunt servanda 106 Positive Vertragsverletzung 11, 35 f., 52, 98, 128 Rechtsirrtum 74 Rechtswidrigkeitszusammenhang 144 f. Schadensersatz neben der Leistung – Abgrenzung vom Schadensersatz statt der Leistung 16 ff. – Bezugspunkt des Vertretenmüssens 23 f. – haftungsausfüllende Kausalität 113, 114 – nach Fristablauf eintretende Schäden an Rechtsgütern des Käufers 115 f. Schadensersatz statt der Leistung – Abgrenzung vom Schadensersatz neben der Leistung 16 ff. – ersatzfähige Schäden 16 ff. – und haftungsausfüllende Kausalität 113 f. – und Minderung 64 Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung 89 f., 135 Schlechtleistung 43, 68, 76

Sachwortverzeichnis Schuldhafte Mangellieferung (Unrechtsgehalt) 102 f. Selbstvornahme der Nacherfüllung siehe Nacherfüllung specific performance 50 Übergabe und Übereignung (Pflicht zu) 76 f. Unmöglichkeit (siehe auch Unmöglichkeit der Nacherfüllung) – anfängliche 26 f., 128 f., 144 ff. – qualitative 40, 43 – Unbehebbarkeit des Mangels (Zeitpunkt) 69 – vorübergehende 72 f., 137 ff. Unmöglichkeit der Nacherfüllung – Abgrenzung der Schadensersatzarten 24 ff. – als Befreiungsgrund für den Käufer 38 – und Garantiehaftung auf das Erfüllungsinteresse 51 f. Unterlassen („Quasi-Kausalität“ bei) 27 Untersuchungspflichten des Verkäufers 29, 31, 54, 136 versari in re illicita 112 Verschulden – der Mangellieferung 28 f. – des Ausbleibens der Nacherfüllung 32, 33 f. Verschuldensprinzip 136 Vertretenmüssen – der Mangellieferung 28 ff. – des Ausbleibens der Nacherfüllung 32 ff. Verzug – Bezugspunkt des Vertretenmüssens in § 286 Abs. 4 BGB 86, 89

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– haftungsausschließende Vorwirkung 78 f., 91 – mit der Nacherfüllung 83 – mit der ursprünglich geschuldeten mangelfreien Leistung 83 f. – und Bezugspunkt des Vertretenmüssens bei Nichtleistung 89 – Unrechtsgehalt 102 f. – Verzugsbeginn bei mangelhafter Leistung 22 ff. Verzugsbeginn siehe Verzug Vorrang der Nacherfüllung siehe Nacherfüllung Wahlrecht des Käufers nach § 439 BGB 109 Warnfunktion der Mahnung 93 f. Wirtschaftliches Eigeninteresse des Verkäufers (an der Nacherfüllung) 61 Wortlaut (der §§ 281, 283 BGB) 68 f. Zufall 80, 140 f. Zufallshaftung – bei vertragswidrigem Gebrauch der Leih- oder Mietsache 97 ff. – beim Schadensersatz neben der Leistung 115 f. – infolge schuldhafter Mangellieferung 101 ff. – Rechtsgedanke von § 287 S. 2 BGB 95 ff. – und Adäquanztheorie 117 ff., 119 ff. – und haftungsausfüllende Kausalität 111 ff. Zufallsrisiko 103 ff., 118, 120, 131, 133, 139, 148 Zusicherung 122, 127 f.